1618. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges [1 ed.]
 9783205206903, 9783205204138

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Robert Rebitsch (Hg.)



1618 Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges

2017 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR

Gedruckt mit Unterstützung durch Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Kultur Erzdiözese Wien Dekanat der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Innsbruck Vizerektorat für Forschung der Universität Innsbruck

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Prager Fenstersturz, 1618, aus: Matthäus Merian d. Ä., Theatrum Europaeum, 1646-1738 Universitätsbibliothek Augsburg, Digitale Sammlungen

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Inhalt

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Ein Ensemble neuralgischer Zonen Europäische Konfliktfelder um 1600 Michael Rohrschneider . . . . . . . . . . . . . .

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Die Ursachen des Dreißigjährigen Krieges Axel Gotthard . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Die protestantische Union 1608–21 Ein regionales Verteidigungs- oder antikaiserliches Offensivbündnis? Stefan Ehrenpreis . . . . . . . . . . . . . . . .

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Angstgetriebene Politik Maximilian von Bayern und die Katholische Liga Michael Kaiser . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 „Schlimmer noch als die Böhmen …“ Der Putsch vom 20. Juli als letzter Akt des Bruderzwists Lothar Höbelt . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Religiös-politische Unruhen in Böhmen und der (dritte) Prager Fenstersturz Jan Kilián . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

Der militärische Beginn des Dreißigjährigen Krieges Robert Rebitsch . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . Personen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . .

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rag, 23. Mai 1618. „Und haben also die vorgemelten Personen selbst den Herrn v. Martinicz, indem er sich Gott dem Allmächtigen mit diesen Worten ‚Jesu, fili Dei vivi misere mei, Mater Dei memento mei‘ treulich befehlend, in schwarzen, kannavassenen Mantl samt Rapier und Dolch, aber ohne Hut, welcher mit schöner von Gold und Edelsteinen gezierter Schnur ihm aus der Hand weggerissen, mit blosen Haubt voran zum Fenster hinaus in den, gar bei 30 Ellen tiefen und steinerigen, Schloßgraben jammerlich gestierzet und ausgeworfen. Als er oft nacheinander die heiligsten Namen ‚Jesu Maria‘ stark ausgeruft, hat ihm solcher erschröcklicher Wurf und Fall, aus sonderbahrer, durch vornehmste unser lieben Frauen Vorbitte erlangten Gnade und Barmhertzigkeit Gottes, nicht allein an Leben nichts, sondern auch an der Gesundheit gar wenig geschadet. Wie dann insgemein gesagt, auch von etlichen frommen, gottesfürchtigen Leuten – so selbst dieses deutlich gesehen haben sollen – vor Gewiß standhaftig bekennet wird, daß oberhalb des am allerersten hinunterfallenden Herr v. Martinicz in der Luft die allerselligste und lobwürdigste Jungfrau Maria, Mutter Gottes, als seine vortreffliche Patronin erschienen, welche ihm mit ihrem ausgebreiteten und unterlegten Mantl in dem Fall gleichsam aufgehalten, desto sanfter zu der Erden mählich fallen lassen und also von gewissen Tod beim Leben und Gesundheit gnädiglich zu erhalten geholfen hat. […] Darnach dem Herrn Slavata, so auch Gott dem Herrn andächtig abgeruft sagend ‚Deus propitius esto mihi peccatori‘, haben sie erst die Finger an seiner rechten Hand, mit der er sich etwan angehalten, sehr bis auf Blut zerschlagen und also immer fort eben durch dasselbige Fenster ohne Hut, in schwarzem, sammettern Mantl und mit Rapier hinabgeworfen, welcher alsbald er auf die Erden gefallen, hat sich noch wohl um

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8 Ellen weiter und tiefer, als Herr v. Martinicz, in den Graben ­hinuntergewältzet und gar sehr mit dem Kopf in seinem schweren Mantl verwickelt. Letztlich noch der dritte, Herr M. Philipus Fabricius, röm. Kais. Mt Rat und des Kgr. Böheim secretarius, […]“, so berichtete der kaiserliche Statthalter Jaroslav Bořita von Martinitz von seinem Rausschmiss aus einem Fenster der Prager Burg.1 Für ihn und seinen Leidensgenossen Wilhelm Slavata von Chlum und Košumberg und Philipp Fabricius ging der Sturz aus etwa siebzehn Meter Höhe glimpflich aus. Alle drei überlebten. Die beiden Statthalter waren davon überzeugt, dass sie ihr Leben Maria Mutter Gottes zu verdanken hatten. Martinitz wurde für seine Stand­ haftigkeit 1621 von Kaiser Ferdinand II. zum Reichsgrafen erhoben, der böhmische Kanzleisekretär Fabricius wurde mit etwas Verspätung in den Reichs- und böhmischen Ritterstand aufgenommen und mit dem Prädikat „von Hohenfall“ nobilitiert. Heutige Marketingexperten könnten dieses Adelsprädikat wohl nicht treffender entwerfen. Die Täter während dieses Tumults in der Kanzlei der Statthalterei im Hradschin waren aufgebrachte protestantische Ständevertreter unter der Führung von Heinrich Matthias Graf von Thurn, die ihre im Majestätsbrief von 1609 verbrieften konfessionspolitischen Rechte verletzt sahen. Selbst wenn die beiden verhassten Statthalter, die noch dazu der spanischen und damit der besonders ständefeindlichen Partei zugerechnet wurden, mit dem Leben davonkamen, war dieser radikale Coup freilich als ein Mord­versuch und als ein rebellischer Anschlag auf die habsburgische Staatsmacht zu werten. Das konnte von Seiten Wiens nicht ungesühnt bleiben. Die übrigen drei habsburgischen Statthalter, Adam von Sternberg, Adam von Waldstein und Diepold von Lobkowitz, wurden freilich entmachtet, aber sonst krümmten ihnen die neuen Herren kein Haar. Die Jesuiten hingegen, deren Vertreter eine der Säulen der Gegenreformation waren, mussten sofort Böhmen verlassen. Die

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politischen Verhältnisse im Königreich Böhmen änderten sich nun schnell. Bereits am 25. Mai konstituierte sich in Prag ein Landtag, der eine Direktorenregierung von 30 Mann aus den drei Ständen einsetzte. Dieser Prager Fenstersturz von 1618 ist einer der bekanntesten Anlassfälle für einen Krieg in der Geschichte. Der Prager Fenstersturz von 1618, im Übrigen genau genommen der dritte in der böhmisch-tschechischen Geschichte (es gab einen während der Hussitenzeit 1419 sowie den zweiten von 1483, und der ungeklärte Tod des tschechoslowakischen Außenministers Jan Masaryk 1948 wird als vierter Prager Fenstersturz bezeichnet), hat den gleichen Bekanntheitsgrad wie zum Beispiel die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Gattin in Sarajewo 1914. Dieser durch den Fenstersturz ausgelöste Krieg wurde zum brutalsten Krieg in der deutschen Geschichte vor dem Ersten Weltkrieg. Doch warum löste dieser Zwischenfall in Prag, der an sich als innerhabsburgische Angelegenheit angesehen werden könnte, einen so langen und überaus verlustreichen Konflikt aus, der das ganze Heilige Römische Reich deutscher Nation ins Unglück stürzte? Schließlich ging es um verbriefte Rechte im Majestätsbrief von 1609, die den Böhmen von ihrem König Rudolf gewährt wurden, und nicht um Auslegungsstreitigkeiten des Augsburger Religionsfriedens von 1555, die das ganze Reich betrafen. Dabei war die Zugehörigkeit Böhmens zum Reich alles andere als klar. Die böhmischen Länder (bestehend aus dem Königreich Böhmen, das das politische Zentrum darstellte, der Markgrafschaft Mähren, dem Herzogtum Schlesien und den beiden Lausitzen) hatten eine sehr komplexe, zumindest nicht so leicht zu fassende Bindung zum Reich. Seit 1526 trugen die Habsburger die Wenzelskrone in dieser ständisch dominierten Monarchie. Der erste – wohlgemerkt von den Ständen gewählte – Habsburger, der die Wenzelskrone trug, war Ferdinand, der mit der jagiellonischen Prinzessin

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Anna von Ungarn und Böhmen verheiratet war.2 Diese dynastische Verbindung ging auf die von Kaiser Maximilian I. geschickt eingefädelte Heiratspolitik mit den Jagiellonen zurück. Gleich zu Beginn legte man dem Habsburger eine Wahlkapitulation vor, also durch den neuen Herrscher zu bestätigende Zusagen gegenüber den Ständen. Das finanzstarke Königreich Böhmen war zu Beginn des 17. Jahrhunderts das bedeutendste Herrschaftsgebiet im habsburgischen Länderkonglomerat: Um 1600, so schätzt man, hatten Böhmen, Mähren und Schlesien an die 3 Millionen Einwohner, womit die Länder der Wenzelskrone nicht nur wirtschaftlich, sondern auch demographisch herausragend waren.3 Mit der Reichsverfassung selbst, mit einer reichs- und steuerrechtlichen sowie politischen Abhängigkeit vom Sacrum Imperium Romanum Nationis Germanicae, wollte man in Böhmen allerdings nichts zu tun haben. Die böhmischen Stände beharrten im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts durchgehend darauf, dass Böhmen kein Reichslehen sei. Die politischen Vertreter des böhmischen Königreichs nahmen nicht an Sitzungen des Kurkollegs teil (außer bei Kaiserwahlen), waren nicht in die Rechtssprechung des Reichskammergerichts involviert und spielten keine aktive Rolle in der Reichskreisverfassung. So hielten es auch die habsburgisch-böhmischen Könige bis auf Rudolf II., der aus taktischen Gründen im habsburgischen Bruderzwist die Reichslehenschaft thematisierte. Das sehr differenziert gesehene lehnsrechtliche Verhältnis zum Reich wurde freilich noch durch die Tatsache verkompliziert, dass die böhmischen Könige aus dem Haus Habsburg das Reichsoberhaupt stellten oder zumindest präsumtive Nachfolger auf dem Reichsthron waren.4 Und der böhmische König war natürlich einer der sieben Kurfürsten. Konfessionell gesehen war Böhmen alles andere als homogen: Es gab um 1600 ca. 10 % Katholiken, in etwa 80 % waren Utraquisten, eine auf den Hussitismus zurückgehende Glaubensrichtung,

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und der Rest waren Lutheraner und Böhmische Brüder. Die Utraquisten wiederum hatten sich in Alt- und Neuutraquisten gespalten, wobei die Altutraquisten eher dem Katholizismus nahestanden und die Neuutraquisten gut mit der Lehre aus Wittenberg leben konnten. Die böhmischen Brüder (Bruderunität, Unitas Fratrum) waren eine aus den Reformgruppen des Hussitismus stammende pazifistische Bewegung, die streng nach dem Evangelium lebte, im 16. Jahrhundert von Luther, Bucer und Calvin beeinflusst wurde und eine eigene Organisation bildete. 1575 gelang es den nicht-katholischen Ständen mit der Confessio Bohemica Kaiser Maximilian II. – wenn auch nur mündlich – religionspolitische Forderungen abzuringen. Damit erlangten die Nicht-Katholiken Böhmens eine gewisse Rechtssicherheit, auf die sie sich berufen konnten. Im Zuge des Bruderzwists im Hause Habsburg musste dann Kaiser Rudolf im sogenannten Majestätsbrief von 1609 weitreichende Zugeständnisse machen. Der bereits vollkommen regierungsunfähige Kaiser und König von Böhmen verbriefte den Ständen nichts weniger als freie Religionsausübung. Mit Matthias kam ein neuer Kaiser. Und 1617 wählten die Stände Erzherzog Ferdinand zum böhmischen König. Dieser Mann war alles andere als ein Wunschkandidat der utraquistischen und lutherischen Stände, galt er doch als strenger Gegenreformator und wurde in der protestantischen Propaganda sogar als Tyrann bezeichnet. Trotzdem wurde er gewählt. Ein Jahr darauf, 1618, protestierte man heftig gegen die habsburgische Politik. Der Kaiser in Wien ließ Versammlungen diverser Ständevertreter zwar verbieten, dennoch marschierten viele erhitzte Gemüter an diesem 23. Mai auf den Hradschin und stellten die Statthalter in ihrer Kanzlei zur Rede. Es ging also um ständische Freiheiten, von denen ein wichtiger Teil eben die Freiheit der evangelischen Religion war. Den Wunsch nach ständischer Freiheit kannte man auch im Reich. Dort war das Schlagwort der „teutschen libertät“ seit den Zeiten des Universal-

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monarchen Karls V. geläufig.5 Die „teutsche libertät“ gehörte zum traditionellen Reichs- und Herrschaftsverständnis zumindest der großen deutschen Reichsstände, die auf territorialherrschaftliche Souveränität und Freiheit im Verband des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation pochten und die sich gegen die befürchteten zentral-monarchischen, – zu Zeiten Karls V. eben – vermeintlich aus Spanien kommenden Regierungspraktiken des Reichsoberhauptes stellten. Das hieß nicht, dass diese Reichsstände die Institution des Kaisers selbst in Frage stellten, nur musste sich dieses Reichsoberhaupt an die Grundgesetze des Reiches und an die Wahlkapitulation halten. Wahlkapitulationen kannte man auch – wie bereits erwähnt – in Böhmen. Die protestantischen Stände des Reiches hatten somit großes Verständnis für einen Kampf um ständische Freiheit und um Religionsfreiheit. Aber Verständnis für den Aufstand war eine Sache, militärische Hilfeleistung eine andere. Sobald aber der böhmische Konflikt auf das „ruinös polarisiert(e)“ (Axel Gotthard) Reich überschwappte, fiel er auf äußerst fruchtbaren Boden. Denn immer mehr hatten sich die Gräben im Laufe des letzten Drittels des 16. Jahrhunderts und zu Beginn des 17. Jahrhunderts zwischen Altgläubigen und Protestanten vertieft. Die Zeit der – rechtlich gefinkelten – Kompromisse war vorbei. Politisch gipfelte der Aufstand in Böhmen im Juli 1619 in ein eigenes Verfassungswerk der fünf Kronländer. „Die Confoederatio Bohemica war ein ständisch-föderatives Verfassungs- und Staatsmodell, das allen Ländern zusicherte, gleichberechtigt bei der Gestaltung und Änderung der politisch-gesellschaftlichen Ordnung beteiligt zu sein“, urteilte ein guter Kenner der böhmischen Verfassungsgeschichte der Frühen Neuzeit.6 Insofern war es also ein Alternativmodell zur monarchischen Herrschaftsverfügung von oben. In der Präambel der Länderkonföderation wurde festgelegt:

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„Bezeugen aber daneben vor Gott und aller Welt, daß diese hochnotwendige christliche Union und Bündnis niemanden zu unbillichem Verdruk und Nachteil, sondern allein zu Beförderung Gottes Ehre, zu beständigem Schuz und Rettung eines jeden Landes Privilegien und Freiheiten und dahin angesehen sei, damit die unirte Länder Privilegien und Freiheiten regiret, die freie Übung der Religion, Inhaltes der böhmischen und schlesischen Majestätsbriefe haben und auf alle unverhoffte weitere Turbirung ein Land dem andern in Treuen bei- und zuspringen möge.“7

Es galt in erster Linie die Macht der Stände und die Freiheit der evangelischen Religion verfassungsmäßig zu verankern. Die Stände konstituierten sich zuerst und suchten sich danach einen König aus. Das Modell der Wahlmonarchie war dabei freilich nicht neu, nur der Weg zu dieser Monarchie und die den Ständen eingeräumte Macht. Nach der Schlacht am Weißen Berg, im November 1620, scheiterte dieses Verfassungs- und Staatsmodell nicht an seiner Konzeption, sondern an den machtpolitischen Verhältnissen. 2018 jährt sich das Ereignis des Prager Fenstersturzes zum 400. Mal. Dieses Gedenkjahr zum Ausbruch einer der größten kriegerischen Katastrophen der mitteleuropäischen Geschichte gibt Anlass, die internationalen Rahmenbedingungen, die Vorgeschichte des Konfliktes, die politische und militärische Polarisierung im Reich, die konfessionspolitischen Verhältnisse in Böhmen und die Politik Habsburgs zu beleuchten sowie den militärischen Beginn des Krieges darzustellen. Die hier publizierten Beiträge richten sich an ein breites, am Dreißigjährigen Krieg interessiertes Lesepublikum. In den verschiedenen Aufsätzen geht es daher nicht um eine akademisch umfassende Diskussion des Forschungstandes. Diese sieben Beiträge, durchaus verschieden in ihren Ansätzen, wollen die angesprochenen politischen, konfessionellen und militärischen Entwicklungslinien hin zum Krieg und zu Beginn

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des Krieges darstellen. Gewisse Schlüsselereignisse und Entwicklungen kommen dabei in mehreren der Beiträge zur Sprache, jedoch jeweils unter den verschiedenen thematischen Perspektiven. Michael Rohrschneider wirft einen Blick auf die Staatenwelt Europas um 1600, die von mehreren dynamischen Wandlungsprozessen mit großem Konfliktpotential geprägt war. Der Krieg war geradezu ein manifestes Charakteristikum dieser Entwicklungsprozesse im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Dieses Europa bestand aus zusammengesetzten Herrschaften, sogenannten composite states bzw. composite monarchies (Herrschaften der Habsburger), aber auch aus bereits beinahe zentralisierten Flächenstaaten (Frankreich). Besondere Sprengkraft entwickelten die Spannungen zwischen Habsburg und Frankreich. In diesem Spannungsfeld lagen auch die Eidgenossen sowie die italienische Staatenwelt. Der Konflikt der großen Dynastien Europas wirkte sich maßgeblich auf den Dreißigjährigen Krieg aus, wie auch die Auseinandersetzungen zwischen Spanien und der Republik der Niederlande. Im Norden ließen die Ansprüche auf das dominium maris Baltici die Anrainerstaaten der Ostsee kaum zur Ruhe kommen. Und in Südosteuropa war das Haus Habsburg und das Reich mit der Abwehr der Osmanen beschäftigt. Das Heilige Römische Reich deutscher Nation lag sozusagen in der geografischen Mitte veritabler Konfliktzonen. Axel Gotthard sieht den Dreißigjährigen Krieg unmissverständlich als Konfessionskrieg. Er legt dar, wie die konfessionellen und mentalen Gräben im Reich im Laufe der Jahrzehnte nach dem Religionsfrieden von 1555 immer tiefer wurden. Auf beiden Seiten fühlte man sich von der anderen Glaubensrichtung in seiner Existenz bedroht. Der Augsburger Religionsfriede war im 17. Jahrhundert nicht mehr tragfähig, Institutionen des Reiches, an erster Stelle der Reichstag, versagten. Die Kommunikation unter den konfessionellen Parteien riss ab. Es bildeten sich auf beiden Seiten mili-

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tärische Bündnisse. Die Krise am Niederrhein um die Herzogtümer Jülich, Kleve und Berg im Jahre 1610 und in den folgenden Jahren brachte das schwellende Konfliktpotential fast zum Explodieren. Nur durch Zufall und mit viel diplomatischer Mühe konnte ein großer Krieg verhindert werden. Die Krise in Böhmen brachte das Pulverfass dann tatsächlich zum Explodieren, wenngleich die Brisanz des Fenstersturzes im Reich nicht so schnell erkannt wurde. Stefan Ehrenpreis schildert die Gründung, Entwicklung und Interessenslage der Protestantischen Union, wobei er die Frage stellt, welchen Zweck dieses Sonderbündnis im Reich verfolgte. Selbst in der Protestantischen Union trafen sehr unterschiedliche Interessen aufeinander – konfessionell zwischen Lutheranern und Calvinisten, politisch zwischen einer reichs- und außenpolitisch defensiv und einer offensiv orientierten Gruppierung. Gerade die Kurpfalz, die das Direktorium der Union innehatte, betrieb mit der Annäherung an das anglikanische England eine rege Außenpolitik. Die Annahme der böhmischen Königskrone durch Friedrich V. stürzte die Union letztendlich in eine große Krise, die ihr Ende bedeutete. Die Kurpfalz instrumentalisierte die Mitglieder der Union für die eigene Politik schließlich über Gebühr. Obzwar konfessionell ausgerichtet und zur Sicherung und zum Ausbau eigener Positionen gegründet, scheiterte dieses Sonderbündnis an den divergierenden politischen Strategien seiner Mitglieder. Michael Kaiser betrachtet sozusagen das Pendant zur Protestantischen Union, die Katholische Liga. Auch dieser Sonderbund war bei weitem kein homogener Zusammenschluss gleichgesinnter Interessen. Als zentrales Motiv der Gründung und des Erhalts sieht Kaiser die Angst. Angst vor feindlichen Maßnahmen der Anderen war die treibende Kraft ein militärisches Bündnis aufzustellen. Herzog Maximilian von Bayern war die zentrale historische Persönlichkeit der Liga, die eigentlich zwei Direktoren hatte, das oberländische und das rheinische Direktorium. Als die Habsbur-

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ger durch Erzherzog Maximilian, dem Deutschmeister, immer mehr in den Bund drängten, nahmen die Konflikte mit dem bayerischen Herzog zu und Maximilian von Bayern legte schließlich sein Amt nieder. Erst in Folge des böhmischen Aufstands ließ sich der Wittelsbacher durch verschiedene Zusagen überzeugen, die Liga wiederum zu aktivieren. Ein militärischer Siegeszug durch Böhmen und ins Reich folgte. Mit dem Prager Frieden 1635 wurde die Katholische Liga, die seit der verlorenen Schlacht bei Breitenfeld ein Schatten ihrer selbst war, aufgelöst. Lothar Höbelt betrachtet in seinem Beitrag die Entwicklungen im Hause Habsburg seit dem sogenannten Bruderzwist. Dieser innerfamiliäre Konflikt hatte enorme Auswirkungen auf das Königreich Böhmen, das – wie in der Einleitung schon ausgeführt – konfessionell äußerst heterogen war. Nach dem Aufstand in Böhmen fand im Hause Habsburg der letzte Akt des „Bruderzwists“ statt. Die Erzherzöge Ferdinand und Maximilian ließen den Kanzler von Kaiser Matthias, Kardinal Melchior Khlesl, festnehmen und nach Tirol verfrachten. Dieser Staatsstreich ist eine Besonderheit in der Geschichte der österreichischen Habsburger, wenngleich die Bedeutung der Absetzung des Kardinals für den Fortgang des Krieges weit weniger klar zu sein scheint. Zudem thematisiert Höbelt das nicht immer unkomplizierte Verhältnis zwischen Madrid und Wien und die Bedeutung der frei werdenden Regimenter des Gradiskakrieges für die Verteidigung der österreichischen Erblande. Jan Kilián schildert die konfessionelle Entwicklung Böhmens und das Vertiefen der konfessionellen Gräben bis hin zum Prager Fenstersturz. Anhand der beiden als Fanal geltenden religiösen Dauerkonflikte in den Städten Klostergrab/Hrob und Braunau/ Broumov wird deutlich, wie sehr Verfassungsfragen und politische Abhängigkeitsverhältnisse mit konfessionellen Befindlichkeiten Hand in Hand gingen. Sowohl in Klostergrab als auch in Braunau eskalierten Auseinandersetzungen protestantischer Bürger mit der

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katholischen Obrigkeit. Diese beiden Fälle erzürnten die evangelischen Ständevertreter so sehr, dass eine radikalisierte und religiös motivierte Minderheit die Statthalter auf den Hradschin zur Rede stellte und schließlich die drei vorhin bereits erwähnten Repräsentanten des Hauses Österreich aus dem Fenster warf. Im abschließenden Beitrag führt Robert Rebitsch in die militärischen Rahmenbedingungen zu Beginn des Krieges ein und gibt einen Überblick über die beiden gegenüberstehenden Heere, dem habsburgischen Heer und dem böhmischen Ständeheer, aus dem im Herbst 1619 ein böhmisch-pfälzisches Heer wurde. Zu Beginn hatten die Kontrahenten mit den gleichen Problemen einer notorischen finanziellen und logistischen Unterversorgung zu kämpfen. In Folge jedoch gelang es der habsburgischen Führung wesentlich besser potentielle Verbündete zu aktivieren. Schon von Beginn an stand die Weltmacht Spanien auf Seiten ihrer Wiener Verwandten und nach der Kaiserkrönung von Ferdinand II. konnte Maximilian von Bayern samt der Katholischen Liga gewonnen werden. Der im August 1619 zum böhmischen König gewählte Friedrich von der Pfalz konnte die Protestantische Union für ein militärisches Eingreifen nicht überzeugen. Auch in der internationalen Partnersuche reüssierte der König von Böhmen nicht. So ging die erste Runde des Dreißigjährigen Krieges, der böhmisch-pfälzische Krieg, an die Casa de Austria.

Anmerkungen 1

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DBBTI 2, Nr. 50, 48f. und zu den Ereignissen die immer noch lesenswerte Studie von Sturmberger 1959, sowie neuerdings in tschechischer Sprache Fukala 2016. Als Überblick zur böhmischen Geschichte vgl. Alexander 2008, S. 192–241; Hoensch 1997, S. 199–209 und S. 220–230 sowie auch Höbelt 2012, S. 67–97. Zu den Bevölkerungszahlen Winkelbauer 2003, Teil 1, S. 13–23.

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Zum Verhältnis zwischen dem Königreich Böhmen und dem Reich vgl. für unsere Epoche Begert 2003, S. 303–478. Zum Themenkomplex der „teutschen libertät“ vgl. die Aufsätze in Duchhardt/Schnettger 1999. Bahlcke 2003, S. 98; und zur Confoederatio auch Becker 1993. DBBTI II, Nr. 419, S. 153.

Ein Ensemble neuralgischer Zonen Europäische Konfliktfelder um 1600 Michael Rohrschneider

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ie in Entstehung begriffene Staatenwelt Europas war um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert von mehreren dynamischen Wandlungsprozessen geprägt, die nicht nur die traditionellen Mächteverhältnisse in der Christenheit fundamental herausforderten, sondern zugleich auch ein großes bellizitäres Potenzial entfalteten. Am Ende dieser ebenso langwierigen wie komplexen Entwicklung, die mit einer sukzessiven Überwindung mittelalterlich-gradualistischer Ordnungsvorstellungen einherging, stand die Etablierung des neuzeitlichen Systems prinzipiell gleichrangiger, souveräner Mächte, das unter erheblichen Spannungen und in einer nahezu ununterbrochenen Kriegsfolge konstituiert wurde. Der Frühneuzeithistoriker Heinz Schilling hat diesen Sachverhalt in einer 1991 erschienenen grundlegenden Studie über die Formung und gestaltenden Kräfte des europäischen ­Staatensystems mit der treffenden Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass „die Existenz eines Mächteeuropa und das faktisch nie zum Erlahmen kommende Ringen um seine konkrete Gestaltung erst als Epochenmerkmal der frühen Neuzeit gelten können“.1 Die im Folgenden zu untersuchenden internationalen Beziehungen um 1600 waren durch diesen Prozess in massiver Weise betroffen. Somit hat es seine Berechtigung, in diesem Kontext von einer regelrechten „Vorsattelzeit der Moderne“2 zu sprechen. Dass die Genese des neuzeitlichen Europa in dieser Phase so krisenhaft und kriegsintensiv verlief, hat die Geschichtswissen-

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schaft seit jeher beschäftigt. Jenseits monokausaler Erklärungsversuche sind die um 1600 bestehenden Konfliktfelder von der jüngeren Forschung in größere strukturelle Zusammenhänge eingebettet worden, um die Kriegsanfälligkeit der damaligen Staatenwelt zu erklären. Der fundamentale Prozess der neuzeitlichen Staatsbildung (verstanden als Formierung und zunehmende Verdichtung von Herrschaft bei gleichzeitiger Abgrenzung nach außen), die umwälzenden Folgen der Konfessionalisierung sowie die erhebliche Kommunikationsverdichtung seit dem 16. Jahrhundert sind in diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben. Die Fragilität der um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert bestehenden Ordnungsvorstellungen und -systeme gilt es im Folgenden näher zu analysieren. Dabei wird eine makropolitische methodische Vorgehensweise gewählt, welche die unterschiedlichen Schlüsselkonflikte Europas verstärkt in ihren dynamischen Wechselwirkungen darstellt, wobei als Nukleus der Darstellung diejenige Dynastie gewählt wird, die von sämtlichen nachfolgend behandelten Konfliktzonen mittel- bzw. unmittelbar betroffen war: das Haus Österreich (casa de Austria).

Das Europa der composite monarchies Die Territorien der spanischen und österreichischen Linien des Hauses Österreich sind Paradebeispiele für die Tatsache, dass die frühmodernen Staatswesen oftmals Herrschaftskonglomerate waren, die nicht über ein geschlossenes, arrondiertes Gebiet im Stile neuzeitlicher Flächenstaaten verfügten, sondern aus räumlich mitunter deutlich voneinander getrennten Territorien bestanden. Die Historiker Helmut G. Koenigsberger und John H. Elliott haben für diese Staatswesen den Begriff composite states bzw. composite monarchies eingeführt; im Deutschen wird alternativ der Terminus Mehrfachherrschaft verwendet.3 Diese frühmodernen ‚Staaten‘

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waren aus mehreren, zumeist sehr unterschiedlich verfassten territorialen Bestandteilen zusammengesetzt, deren einigende Klammer in aller Regel allein die Person des Monarchen bzw. seine Dynastie war. Es gab Mehrfachherrschaften, deren territoriale Bestandteile gemeinsame Grenzen aufwiesen, wie zum Beispiel Polen und Litauen, Savoyen und Piemont oder auch England und Wales. Andere composite monarchies setzten sich aus Gebieten zusammen, die durch fremde Territorien oder sogar Meere von­ einander getrennt waren. Brandenburg-Preußen mit seinen vom Niederrhein bis nach Ostpreußen reichenden Gebietsteilen und eben auch die Herrschaftskonglomerate der beiden habsburgischen Linien lassen sich hier exemplarisch nennen. Für die Fragestellung der vorliegenden Studie ist hierbei der Befund der neueren Forschung von besonderer Relevanz, dass der Struktur derjenigen composite monarchies, die sich aus räumlich voneinander separierten Herrschaftsteilen zusammensetzten, insofern ein besonderes bellizitäres Potenzial innewohnte, als die spezifische Streulage von zeitgenössischen (staatlichen und nicht-staatlichen) Akteuren als grundlegendes außenpolitisch-militärisches Problem wahrgenommen wurde:4 Wie konnte und sollte man die territoriale Integrität eines politischen Gemeinwesens bewahren, das aufgrund seiner nur locker zusammenhängenden räumlichen Struktur gegebenenfalls nur schwer zu verteidigen war? Unmittelbare Auswirkungen hatte dieses Problem im Hinblick auf zwei neuralgische Punkte im Westen Europas, die nachfolgend behandelt werden. Gemeint ist zum einen der habsburgisch-französische Antagonismus, der im Dreißigjährigen Krieg zu einem neuerlichen Höhepunkt gelangte, und zum anderen der niederländische Aufstand, der Europa immerhin rund acht Jahrzehnte lang in Atem hielt.

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Die katholischen Vormächte: Habsburg versus Frankreich Das „Duell um Europa“5 zwischen dem Haus Österreich und Frankreich zählt zu den Fundamentalkonflikten der Frühen Neuzeit.6 Ausgehend von der burgundischen Heirat des Habsburgers Maximilian I. und der Italienpolitik der französischen Valois-Könige im späten 15. Jahrhundert entwickelte sich das habsburgisch-französische Ringen zu einer „konkurrenzfixierte[n] Kriegsserie“7, die sich im Zeitalter Karls V. zuspitzte und nach Phasen vorübergehender Entspannung seit 1559 bzw. 1598 im Jahre 1635 erneut in einen offen ausgetragenen Krieg mündete. Vier Aspekte seien in diesem Kontext besonders hervorgehoben: Erstens besaß dieser Dauerkonflikt eine offenkundige geostrategische Komponente, denn auf französischer Seite wurde die Lage der spanischen composite monarchy, deren territoriale Bestandteile das französische Territorium nahezu umschlossen, als existenzielle Bedrohung wahrgenommen. Auch das hartnäckige Ringen um die militärischen Nachschubwege Spaniens zu Land von Italien in die Niederlande, die sogenannte Spanische Straße (camino español), muss in diesem größeren räumlichen Zusammenhang gesehen werden. Dieser für Spanien essentielle Truppenkorridor konnte seit dem Abschluss des französisch-savoyischen Vertrages von Lyon (17. Januar 1601) von Frankreich blockiert werden. Das war aus der Sicht des Madrider Hofes insofern höchst problematisch, als der Seeweg seit 1588 durch die Niederlage der Armada gegen die englische Flotte ebenfalls faktisch versperrt war und auch nachfolgende spanische Invasionspläne und -versuche auf den britischen Inseln nicht erfolgreich umgesetzt wurden. Die daraus resultierende Fragilität der Verbindungslinien innerhalb des zerstreuten spanischen Herrschaftsverbandes wurde von französischer Seite als deutlicher Schwachpunkt der spanischen Monarchie ausgemacht. So stand beispielsweise die auf den Erwerb bzw. die Kontrolle von

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Pforten und Einfallspassagen im Heiligen Römischen Reich und Italien ausgerichtete Außenpolitik des französischen Kardinalpremiers Richelieu in engem Zusammenhang mit diesem Sachverhalt. Zweitens wiesen die Beziehungen der beiden katholischen Vormächte Spanien und Frankreich unverkennbar agonale Komponenten auf. Es ging aus französischer Perspektive darum, den Suprematieanspruch Spaniens, der damals führenden militärischen Macht Europas, und das mutmaßliche Streben der Habsburger nach einer Universalmonarchie zu bekämpfen. Im 16. Jahrhundert hatte dieser Konflikt sogar die chevalereske Form eines persönlichen Duells zwischen Kaiser Karl V. und König Franz I. von Frankreich angenommen. Aus den konkurrierenden Prätentionen resultierten, wie der Augsburger Historiker Johannes Burkhardt in seinen Arbeiten aufgezeigt hat, einander letztlich ausschließende Hegemonialansprüche Habsburgs und Frankreichs, die sich auch auf kulturellem Terrain eindrucksvoll manifestierten und sich in ihrer Unvereinbarkeit als maßgeblicher Faktor dafür erwiesen, dass sich der Konstituierungsprozess des neuzeitlichen Europa so kriegsintensiv gestaltete.8 Fast schon paradox mutet es in diesem Zusammen­hang an, dass das habsburgische und französische Streben nach einer Vorrangstellung, das sich im zeremoniellen Bereich in gravierenden Präzedenzstreitigkeiten niederschlug,9 auf ähnlich gearteten universalen Anschauungen gründete. Denn der im Sinne einer defensiven Bewahrung der eigenen Weltmachtstellung gedachten habsburgischen Leitvorstellung einer pax austriaca, also einer europäischen Friedensordnung, die durch die beiden Linien der casa de Austria kontrolliert wurde, stand das französische Ziel einer Sprengung der habsburgischen Präponderanz und Realisierung des eigenen Führungsanspruchs in nichts nach.10 Dass diese konkurrierenden Zielsetzungen ebenso unvereinbar wie kriegsbegünstigend waren, sollte sich im Verlauf des 17. Jahrhunderts in aller Deutlichkeit zeigen.

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Damit in direkter Verbindung stand drittens die von der jüngeren Forschung hervorgehobene Reputationsfixierung leitender Akteure um 1600.11 Prestigedenken, Gesichtswahrung sowie der Erwerb von Ehre und Ruhm waren zentrale Gesichtspunkte außenpolitischen Denkens und Handels, die mindestens gleichberechtigt neben geostrategischen, konfessionellen, dynastischen oder auch wirtschaftlichen Faktoren standen. Für die spanischen Zeitgenossen war dies eng verbunden mit dem unbedingten Willen, die territoriale Integrität der eigenen Monarchie und die Suprematiestellung in der christianitas aufrechtzuerhalten − koste es, was es wolle. Kaum anders verhielt es sich mit leitenden französischen Akteuren, die sich in diesem Punkt nicht prinzipiell, sondern allenfalls graduell von ihren reputationsorientierten spanischen Widersachern unterschieden und ihrerseits alles daransetzten, den französischen König zum mächtigsten und angesehensten Monarchen der Welt zu erheben. Schließlich ist viertens der wahrnehmungsgeschichtliche Aspekt des habsburgisch-französischen Antagonismus herauszustellen, welcher ein Beispiel par excellence dafür ist, dass die internationalen Beziehungen in der Frühen Neuzeit immer wieder in nicht unerheblichem Maße durch langfristige Vorurteile, Stereotype und Feindbilder belastet wurden, wobei in diesem Fall unter anderem die tradierte Vorstellung einer natürlichen, perpetuierten Feindschaft zwischen Spaniern und Franzosen („inimité permanente“12) eine signifikante Rolle spielte. Derartige Perzeptionsmuster hatten erhebliche Rückwirkungen auf die Gestaltung der bilateralen Beziehungen beider Parteien. Allerdings ist einschränkend festzuhalten, dass solche Feindbilder immer wieder zurückgedrängt wurden, wenn es im politischen Interesse der Beteiligten lag. Die sogenannte Diplomatische Revolution (renversement des alliances) von 1756, als die jahrhundertelang schier unversöhnlichen Kontrahenten Frankreich und Österreich eine Allianz schmiedeten, die Preußen im Siebenjährigen Krieg an den Rand des

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Abgrunds brachte, ist wohl das prominenteste Beispiel für diesen Sachverhalt. Schon im Verlauf des 16. Jahrhunderts deuteten sich Chancen an, nach langen Jahren militärischer Auseinandersetzungen endlich eine dauerhafte Verständigung zwischen dem Haus Österreich und Frankreich zu bewerkstelligen. Nachdem der habsburgische Machtbereich im Gefolge der Abdankung Kaiser Karls V. zwischen seinem Sohn Philipp II. und seinem Bruder Ferdinand I. aufgeteilt worden war, schien die vielbeschworene habsburgische Umklammerung Frankreichs zunächst an Bedrohlichkeit zu verlieren. Der militärische Druck des Hauses Österreich verringerte sich allerdings zunächst nicht, sodass der französische König Heinrich II. im Frieden von Cateau-Cambrésis (3. April 1559) auf seine italienischen und burgundischen Ansprüche verzichten musste. Frankreich schied jedenfalls als ernsthafter außenpolitischer Kontrahent in der Folgezeit vorerst aus, da es zwischen 1562 und 1598 durch eine Serie von kriegerischen konfessionellen Auseinandersetzungen im Inneren erschüttert wurde, die das Land vor eine Zerreißprobe stellten und die Königsgewalt massiv erschütterten. Gegen Ende des Jahrhunderts eskalierten die außenpolitischen Spannungen jedoch so weit, dass der Bourbone Heinrich IV. von Frankreich dem spanischen König Philipp II. im Januar 1595 offiziell den Krieg erklärte. Trotz der durch die Religionskriege geschwächten inneren Lage vermochte Frankreich, das mit England und den Niederlanden eine Tripelallianz einging, sich gegen Spanien zu behaupten: Der von der päpstlichen Diplomatie vermittelte Frieden von Vervins (2. Mai 1598), der von den beiden französischen Bündnispartnern als Verrat Frankreichs angesehen wurde, bestätigte die Bestimmungen des Friedensschlusses von Cateau-Cambrésis und legte die wechselseitige Restitution aller Eroberungen vertraglich fest.

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Der Frieden von 1598 bildete gemeinsam mit den Friedens- bzw. Waffenstillstandsschlüssen mit England (1604) − König Jakob I. verzichtete nach seinem Regierungsantritt 1603 vorerst auf einen offenen Konfliktkurs gegenüber Spanien − und den Generalstaaten (1609) eine Trias, die der spanischen Monarchie in Westeuropa eine Ruhepause verschaffte. In dieser etwa bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges währenden Phase der pax hispanica waren die Beziehungen Spaniens zum französischen Nachbarn zwar durch wechselseitige Verständigungsbemühungen geprägt, allerdings verschlechterten sich die bilateralen Beziehungen der Höfe von Ma­drid und Paris phasenweise doch so sehr, dass sie einem kalten Krieg gleichkamen. Einen dauerhaften Frieden hat die vertragliche Trias der Jahre 1598, 1604 und 1609 letztlich nicht nach sich gezogen. Während die langfristige strategische Gesamtkonzeption des Hofes von Madrid prioritär eine Wahrung der spanischen Suprematiestellung, eine unbedingte Verteidigung der katholischen Religion und eine Bezwingung der aufständischen Niederländer vorsah − was ausdrücklich eine mögliche Wiederaufnahme der Kriegsführung einschloss −, zeichnete sich in den letzten Lebensjahren Heinrichs IV. immer deutlicher ab, dass der Bourbone bereit war, den Hegemon Spanien herauszufordern und einen europäischen Großkonflikt zu wagen. Aufgrund seiner Ermordung am 14. Mai 1610, gut ein Jahr nach dem Ausbruch des Jülich-Klevischen Erbfolgestreits (1609–1614), blieb ein neuerlicher Krieg gegen Spanien jedoch vorerst aus. Die Gemahlin Heinrichs, Maria von Medici, sah sich angesichts der labilen Stellung ihrer Regentschaft für den noch unmündigen Ludwig XIII. veranlasst, auf größere außenpolitische Wagnisse zu verzichten. Sie steuerte gegenüber Spanien vielmehr einen Verständigungskurs, dessen sichtbarster Ausdruck die Doppelhochzeit der französischen Königstochter Elisabeth mit dem präsumtiven spanischen Thronfolger Philipp (IV.) bzw. Ludwigs XIII. mit der spanischen Infantin Anna war.

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Siglo de oro versus gouden eeuw: Das niederländisch-spanische Ringen Dass das ebenso riesige wie heterogene spanische Reich, das sich weit über den europäischen Kontinent hinaus erstreckte und ungeheure koloniale Dimensionen aufwies, um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angelangt war, haben bereits die Zeitgenossen sehr deutlich erkannt. Der „übergroße Wirkungsbereich“13 der Habsburger, dessen Integrität immer stärker durch langfristige strategische Überlastung gefährdet wurde, geriet in eine veritable Krise, als sich die niederländischen Untertanen Philipps II. an der Peripherie der spanischen composite monarchy anschickten, die als Joch, Tyrannei und landfremd empfundene spanische Herrschaft abzuwerfen.14 Ziel der Aufständischen war die Wahrung der herkömmlichen verfassungspolitischen und konfessionellen Freiheiten gegen die erkennbaren Versuche der spanischen Landesherrschaft, traditionelle ständische Rechte zu beschneiden und gegenreformatorische Maßnahmen durchzusetzen. Gezielt propagandistisch in Szene gesetzt wurde von niederländischer Seite in diesem Kontext die sogenannte Schwarze Legende (leyenda negra), die ein eindeutig negatives Spanienbild suggerierte, das von nationalen Vorurteilen und Stereotypen dominiert wurde (Tyrannei, Inquisition, Rückständigkeit, Überheblichkeit, Fanatismus etc.). Nicht zuletzt infolge der auswärtigen Unterstützung der Aufständischen und der intensiven internationalen Verflechtungen maßgeblicher Akteure − die Nassau-Oranier sind das wohl bekannteste Beispiel − wurde der niederländische Bürger- und Glaubenskrieg zu einer Angelegenheit der internationalen Beziehungen, die von weitreichender Bedeutung für die Politik der europäischen Mächte war. Eine Analyse des durch eine Vielzahl von heterogenen Aufstandsbewegungen und Unruhen charakterisierten Achtzigjähri-

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gen Krieges (1568–1648) um die Unabhängigkeit der wirtschaftlich prosperierenden, aufständischen Republik der Vereinigten Niederlande offenbart, dass Spanien trotz seiner militärischen Potenz und fast schon im Stile eines ‚Kolosses auf tönernen Füßen‘ nicht mehr in der Lage war, die zentrifugalen Tendenzen innerhalb des eigenen Herrschaftsbereichs einzudämmen und den außenpolitischen Herausforderungen, die sich an allen Ecken und Ende stellten, mit Erfolg entgegenzutreten. Im zeitgenössischen Diskurs wurden diese Erosionserscheinungen ausdrücklich thematisiert. Das Bewusstsein, einer Verfallsepoche der spanischen Geschichte anzugehören, war schon in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts weit verbreitet. So äußerte König Philipp IV. in späteren Jahren ganz unumwunden, der Niedergang seiner Monarchie sei ganz maßgeblich auf den Abschluss des spanisch-niederländischen Waffenstillstandes von 1609 zurückzuführen15. Dem galt es aus der Sicht Madrids entschieden entgegenzusteuern, um den Bestand des eigenen Weltreiches zu sichern, und zwar auch und gerade in den Niederlanden. Massive Befürchtungen hinsichtlich eines möglichen Dominoeffekts bei Verlust einer Besitzung wurden am spanischen Hof immer wieder geäußert. Auch spielten Revanchegedanken erkennbar eine Rolle, die eine Revision der als demütig empfundenen Waffenstillstandsregelung mit den häretischen niederländischen Rebellen, so die spanische ­Diktion, zum Ziel hatte. Aus Sicht der niederländischen Aufständischen war im Verlauf des langen Konfliktes wiederholt ein unmittelbares militärisches Scheitern zu befürchten. Ihnen hätte im Zuge einer vollständigen Niederlage sicherlich ein ähnliches Schicksal gedroht wie den aufständischen Böhmen, die nach der verlorenen Schlacht am Weißen Berg (1620) ihr Leben und ihre Güter verloren. Gestärkt durch die erfolgreichen und nachfolgend international breit rezipierten Heeresreformen der Nassau-Oranier, gelang es der jungen niederlän-

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dischen Republik aber, sich militärisch zu behaupten, wobei der Verlauf der Auseinandersetzungen weniger durch größere Feldschlachten als vielmehr durch einen sehr intensiven Festungs- und Belagerungskrieg geprägt war. Der spanisch-niederländische Konflikt wies mehrere Komponenten auf, die im Rahmen der habsburgisch-französischen Auseinandersetzung von deutlich geringerer Bedeutung waren. Zuvorderst ist hier der bereits erwähnte Faktor Konfession zu nennen. Während der Antagonismus zwischen dem spanischen rex catholicus und dem französischen roi très chrétien letztlich ein innerkatholisches Ringen war, trug der Aufstand der calvinistischen nördlichen Niederlande einen fundamental konfessionellen Charakter, der auch Rückwirkungen auf die Außenbeziehungen hatte. In den Jahrzehnten vor 1600 vollzog sich im Zeichen einer immer engeren Verzahnung von Religion und Politik generell ein entscheidender Wandel in den internationalen Beziehungen Europas hin zu einer bipolaren konfessionellen Blockbildung.16 So manifestierten sich konfessionelle Erwägungen im Rahmen der außenpolitischen Entscheidungsfindung am Madrider Hof gegen Ende des 16. Jahrhunderts immer deutlicher, was ganz maßgeblich mit dem Selbstverständnis der spanischen Könige zusammenhing, als Pfeiler und Verteidiger des katholischen Glaubens zu agieren. Hingegen wurde auf calvinistischer Seite gerade die innerprotestantische Irenik als diplomatisches Instrument eingesetzt, um trotz der unübersehbaren dogmatischen Differenzen zu den Lutheranern eine gemeinsame protestantische Bündnispolitik zu generieren. Diese konfessionelle Polarisierung zwischen Katholiken und Protestanten hatte zweifelsohne konfliktverschärfende Wirkung und gipfelte in den erbitterten Glaubensauseinandersetzungen der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, wobei die politischen und militärischen Fronten keineswegs immer entlang trennscharf voneinander zu unterscheidenden konfessionellen Lagern

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verliefen. Die bereits erwähnte innerkatholische Rivalität zwischen Spanien und Frankreich, das auch und gerade protestantische anti­ habsburgische Bündnispartner um sich scharte, demonstriert diesen Befund besonders illustrativ. Insofern hat die neuere Forschung mit guten Gründen davor gewarnt, das seit einigen Jahrzehnten breit akzeptierte Konfessionalisierungsparadigma17 uneingeschränkt auf die internationalen Beziehungen zu transferieren. Denn selbst die Orientierung der betont katholisch ausgerichteten Außenpolitik Spaniens blieb im 16. und 17. Jahrhundert keineswegs einem starren konfessionellen Primat unterworfen. Vielmehr war man am Madrider Hof notgedrungen durchaus bereit, religiös fundierte Bedenken zurückzustellen und einen Modus vivendi mit protestantischen Mächten zu finden. Das Beispiel der nördlichen Niederlande zeigt dies überdeutlich: Im Frieden von Münster (30. Januar 1648) gelang es der Republik, die lang ersehnte spanische Anerkennung der Unabhängigkeit und somit den völkerrechtlichen Status eines souveränen Staates zu erwirken. Noch ein weiterer Aspekt verdeutlicht die Unterschiedlichkeit der Konfliktlagen, mit denen Spanien um die Jahrhundertwende an den verschiedenen Schauplätzen konfrontiert war. Verglichen mit dem spanisch-französischen Konflikt, bei dem wirtschaftliche Faktoren zwar durchaus eine nicht unwesentliche, aber keineswegs maßgebliche Rolle spielten, wies der niederländische Unabhängigkeitskampf eine substanziellere ökonomische Komponente auf. Denn die vergleichsweise bevölkerungsschwachen nördlichen Niederlande entwickelten sich in ihrem Goldenen Jahrhundert (gouden eeuw) zur führenden europäischen See- und Handelsmacht, die Spanien nicht nur in Europa, sondern global herausforderte, worauf Madrid unter anderem mit Handelsembargos reagierte. Die junge niederländische Republik, dominiert durch die Provinz Holland, avancierte zum Stapelmarkt Europas18, und Amsterdam stieg zu einem Zentrum des atlantisch-europäischen Handels

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auf. Langfristiger Hintergrund dieses Aufschwungs war zum einen die grundsätzliche Verlagerung von Wirtschafts- und Handelsschwerpunkten in den nordwesteuropäischen Raum, der daraus resultierte, dass es dem Osmanischen Reich gerade seit die Einnahme Zyperns 1571 im östlichen Mittelmeer gelang, militärische Kontrolle über traditionell wichtige Handelswege zu erlangen. Zum anderen blockierten die aufständischen Niederländer den Seeverkehr über die Schelde, sodass die reiche Handelsstadt Antwerpen erheblich an ökonomischen Möglichkeiten verlor und einen ­Niedergang erlebte. Auch im Bereich von Gewerbe und Landwirtschaft entwickelten die nördlichen Niederlande, die auf eine moderne Infrastruktur zurückgreifen konnten, eine Vorbildfunktion, ganz zu schweigen von der immensen Ausstrahlungskraft im wissenschaftlichen und künstlerischen Bereich, die zu einem vielfältigen Kulturtransfer führte. Dass man am Madrider Hof die auf unterschiedlichsten Sektoren erkennbare Blüte der aufständischen Provinzen mit großer Sorge betrachtete, muss nicht eigens betont werden, zumal der niederländische Krisenherd nur schwer zu isolieren war. Schon die Tatsache, dass die Generalstaaten im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts über die konfessionellen Grenzen hinweg zu einem wichtigen Bündnispartner Frankreichs wurden, vermag die dynamischen Interdependenzen zwischen den unterschiedlichen Konfliktfeldern und -regionen zu verdeutlichen, mit denen die spanische compos­ ite monarchy fortwährend konfrontiert war. Auch die Kontakte führender niederländischer Akteure ins Heilige Römische Reich deutscher Nation19 mussten für den spanischen Hof Anlass zur Wachsamkeit sein, denn davon war in der Regel der Kaiser in seiner Funktion als Reichsoberhaupt zumindest mittelbar betroffen. Wie sehr sich die Belange der spanischen Linie der casa de Austria mit den spezifischen Interessen der österreichischen Habsburger amalgamierten, wird im Folgenden noch deutlicher werden.

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Der Aufstieg einer dritten Universalmacht? Schwedens Ansprüche auf das dominium maris Baltici Zwei strukturelle Faktoren, die bereits hervorgehoben wurden, spielten auch im nordosteuropäischen Raum eine zentrale Rolle: Zum einen waren Dänemark, Polen-Litauen und auch Schweden, das über Finnland herrschte und im Westfälischen Frieden Territorien im Heiligen Römischen Reich erlangte, allesamt composite monarchies.20 Zum anderen enthielt das Ringen um die Vorherrschaft in der Ostsee (dominium maris Baltici) ebenfalls eine universalistische Komponente, denn das schwedische Selbstverständnis rekurrierte maßgeblich auf das gotische Erbe der Völkerwanderungszeit.21 Dass dies, wie noch näher auszuführen ist, einen umfassenden Herrschaftsanspruch nach sich zog, der mit den hegemonialen Ambitionen Habsburgs und Frankreichs schwer bzw. gar nicht in Einklang zu bringen war, sollte sich im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges sehr deutlich zeigen. Das skandinavische Königreich Schweden wurde jedenfalls zu einem der maßgeblichen Aufsteiger in der europäischen Staatenwelt des 17. Jahrhunderts. Angetrieben von der traditionellen Konkurrenz gegenüber dem Dauerrivalen Dänemark, entwickelte sich der schwedische Herrschaftsverbund zu einer dynamisch-expansiven Kraft mit dezidierten Großmachtambitionen. Militärische Konflikte mit den unmittelbaren Nachbarn waren die Folge. Blicken wir zunächst auf das Königreich Dänemark. Die dänische Mehrfachherrschaft setzte sich um 1600 aus mehreren Komponenten zusammen, die im Prinzip unterschiedlich verfasst waren. Hierzu zählten neben Dänemark, das damals Gebiete im heutigen Südschweden umfasste und den Öresund kontrollierte, unter anderem auch Norwegen, Island, Grönland, die Färöer sowie strategisch wichtige Ostseeinseln (Bornholm, Gotland und Ösel), ferner die Herzogtümer Schleswig und Holstein sowie das Land Dithmar-

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schen. Die beiden letztgenannten Gebiete waren Bestandteile des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Der dänische König verfügte daher als Herzog von Holstein über Sitz und Stimme auf dem deutschen Reichstag und auf den Kreistagen des Niedersächsischen Reichskreises. Für die dänischen Herrscher aus dem Hause Oldenburg waren die Ambitionen des schwedischen Nachbarn politisch, militärisch und insbesondere auch wirtschaftlich höchst problematisch. Allerdings eröffneten die dänischen Besitzungen auf dem schwedischen Festland Möglichkeiten, der vollen Entfaltung der schwedischen Ansprüche entgegenzutreten und die eigene Schlüsselstellung an der Ostsee zu festigen. Im sogenannten Kalmar-Krieg (1611–1613), in dem Dänemark noch einmal seine Stellung gegenüber Schweden behaupten konnte, prallten die Ansprüche der beiden Kontrahenten zu Beginn des 17. Jahrhunderts erneut aufeinander. Hier trat bereits ein Akteur in den Vordergrund, der die weit ausgreifenden Ansprüche Schwedens in der Folgezeit wie kein zweiter personifizierte: König Gustav II. Adolf, der „Löwe aus Mitternacht“, wie er schon von den Zeitgenossen genannt wurde. Der schwedische Monarch stammte aus der jüngeren Linie des Hauses Wasa, die zum Zuge gekommen war, nachdem der katholische König Sigismund (seit 1587 König von Polen und Großfürst von Litauen) aus der mittleren Linie der Wasa in Schweden abgesetzt und dessen lutherischer Onkel im Jahre 1600 als Karl IX. zum König ernannt worden war. Gustav Adolf, dem Sohn Karls IX., gelang es, die militärische Schlagkraft des bevölkerungsarmen, agrarisch geprägten Schweden erheblich zu erhöhen − mit weitreichenden Konsequenzen, wie sich im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges zeigen sollte. Diese Entwicklung hatte mittel- und langfristig nicht nur massive Auswirkungen auf die traditionell gespannten Beziehungen Schwedens zu Dänemark. Auch das durch die Lubliner Union von 1569 geschaffene und vergleichsweise bevöl-

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kerungsstarke Wahlreich Polen-Litauen wurde durch die schwedischen Avancen erheblich unter Druck gesetzt.22 Das schwedisch-polnische Verhältnis war ohnehin in mehrfacher Hinsicht belastet. Zum einen hatte Sigismund nach seiner Absetzung nicht auf seinen Anspruch auf den schwedischen Königsthron verzichtet. Der innerdynastische Konflikt der Wasa blieb daher noch geraume Zeit eine Konstante der Mächtepolitik im nordosteuropäischen Raum. Zum anderen spielte der Faktor Konfession in diese Auseinandersetzung mit hinein, denn dem katholischen Sigismund stand mit Gustav II. Adolf ein streng lutherisch gesinnter Monarch gegenüber, der sich selbst als Verteidiger des protestantischen Glaubens verstand und auch entschieden mit diesem Anspruch auftrat. Zum dritten stellte es sich heraus, dass der schwedische Gotizismus einen Herrschaftsanspruch beinhaltete, der sogar über die Erringung des dominium maris Baltici hinaus eine Herausforderung für die europäische Mächtepolitik darstellte. Ganz ähnlich wie die spanischen Zeitgenossen nahmen maßgebliche schwedische Akteure Bezug auf das Erbe der gotischen Völkerwanderungsreiche, wenn es galt, umfassende eigene Herrschaftsansprüche zu untermauern. Johannes Burkhardt hat den schwedischen Gotizismus prägnant als „Eventualimperialismus aus universalistischem Erbe“23 bezeichnet und betont, in welch starkem Maße die mythische Bezugnahme auf die Goten von schwedischer Seite instrumentalisiert wurde, um in legitimatorischer Weise die eigenen außenpolitischen Ansprüche zu propagieren. „Unter Gustav Adolf und seiner gelehrten adligen Umwelt [...] wurden schwedisches Prioritätsbewußtsein und Nachahmung der Goten geradezu Regierungsprogramm.“24 Noch auf dem Westfälischen Friedenskongress spielte dies eine Rolle. Dass solche Suprematievorstellungen mit den universalistischen Ansprüchen der Habsburger und Frankreichs letztlich nicht kompatibel waren, wurde bereits angedeutet. Gleiches galt übrigens

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auch für die Ambitionen des ebenso flächen- und bevölkerungsstarken wie noch nicht saturierten Russland, das sich seit dem 16. Jahrhundert als Weltreich stilisierte und im Verlauf des 18. Jahrhunderts Schweden als nordosteuropäische Vormacht ablöste. Abgeleitet wurden die russischen Ansprüche unter anderem von dem vermeintlichen Transfer der oströmischen Tradition im Gefolge des Falls Konstantinopels 1453 nach Moskau als „drittes Rom“ − der Titel „Zar“ („Kaiser“/„Caesar“) bringt dies treffend zum Ausdruck25 −, was vonseiten des habsburgischen Kaisertums ebenso konsequent zurückgewiesen wurde wie die vielfach kolportierten Ansprüche Gustav Adolfs auf die Kaiserwürde im Heiligen Römischen Reich. Die schwedische Politik der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist ein markantes Beispiel dafür, wie sehr Großmachtambitionen früher oder später durch eingeschränkte wirtschaftliche und finanzielle Möglichkeiten reduziert wurden. Reichskanzler Axel Oxenstierna, der nach dem Tod Gustav Adolfs in der Schlacht bei Lützen 1632 den Kurs der schwedischen Politik steuerte, musste dies im weiteren Verlauf des Krieges schmerzlich erfahren. Zwar gelang es Schweden, die beiden großen Konkurrenten Dänemark und Polen-Litauen auf Distanz zu halten; weitgehende imperiale Träume stießen jedoch auf massive Widerstände. Dass sowohl die spanischen als auch die österreichischen Habsburger im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges Flottenpläne im Nordostseebereich zu realisieren versuchten − der kaiserliche General Wallenstein erhielt 1628 den programmatischen Titel eines „Generals des Ozeanischen und Baltischen Meeres“ −, ist somit nicht nur als Ausdruck von Handelskonkurrenz zu den nördlichen Niederlanden zu verstehen. Die Flottenpolitik der Habsburger verdeutlichte auch, dass Madrid und Wien erkannten, von welch großer Bedeutung es war, sich aktiv in das Ringen in dieser Region einzuschalten.26

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Wider den „christlichen Erbfeind“: Die Auseinandersetzung der Habsburger mit dem Osmanischen Reich Bei aller Berechtigung, die west- und mitteleuropäischen Interessenlagen der casa de Austria hervorzuheben, darf nicht in Vergessenheit geraten, dass den Habsburgern um 1600, bildlich gesprochen, ein Damoklesschwert über dem Haupt schwebte, dessen Bedeutung kaum zu überschätzen ist: die Bedrohung durch das Osmanische Reich. Die spanischen Habsburger stießen im Mittelmeer und an der nordafrikanischen Küste auf die Osmanen und erzielten 1571 im Verbund mit den übrigen Mächten der Heiligen Liga in der Seeschlacht von Lepanto (Naupaktos im Golf von Patras) einen auch psychologisch wichtigen Sieg über die Flotte der Osmanen.27 Auf diesem Kriegsschauplatz kehrte vorerst Ruhe ein, da sich Philipp II. von Spanien in der Folgezeit anderen Konflikt­feldern mit Priorität zuwandte und die Osmanen ihren Fokus nunmehr auf die Auseinandersetzung mit den österreichischen Habsburgern legten. Folge dieser Schwerpunktverlagerung war der sogenannte Lange Türkenkrieg (1593–1606).28 Nachdem im Frieden von Adrianopel der Zweite Österreichische Türkenkrieg (1566–1568) mit einer Bestätigung des Status quo beendet worden und nachfolgend trotz fortgesetzter kleinerer Konflikte eine große militärische Auseinandersetzung ausgeblieben war, schickten sich die Osmanen unter Sultan Murad III. 1593 erneut an, einen umfassenden Angriff auf das Territorium der österreichischen Habsburger vorzunehmen. Aus dieser expansiven Politik resultierte ein langwieriger Kleinkrieg, der vor allem auf Festungen im ungarischen Raum, also an der Nahtstelle der österreichischen und osmanischen Herrschaftsbereiche, konzentriert war. Beiden Seiten gelang es hierbei nicht, entscheidende militärische Erfolge zu erzielen. Förderlich für die Friedensbereitschaft beider Kontrahenten waren Belastungen an anderen Fronten.29 Während sich die Osma-

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nen mit einer militärischen Offensive des Safawidenreiches konfrontiert sahen, mussten sich die Habsburger eines Aufstands erwehren, der 1604 unter der Führung des ostungarischen calvinistischen Magnaten Stephan Bocskai, seit 1605 Fürst von Siebenbürgen, ausbrach. Ursache dieses Aufstandes war vor allem der erhöhte Steuerdruck infolge des Türkenkrieges; aber auch konfessionelle Differenzen sowie die instabile Lage im Fürstentum Siebenbürgen, das ein tributpflichtiger Vasallenstaat der Hohen Pforte war, spielten eine Rolle. Diese Komplikationen an anderen Schauplätzen förderten offenbar die Verständigungsbereitschaft der Osmanen und Habsburger, die dann am 11. November 1606 im ungarischen Grenzgebiet den Frieden von Zsitvatorok schlossen. Dieser Friedensschluss war zwar in territorialer Hinsicht ein Status quo-Frieden, er bedeutete jedoch insofern eine Zäsur in den osmanisch-habsburgischen Beziehungen, als die Osmanen nicht mehr auf jährlichen Tributzahlungen bestanden und der römisch-deutsche Kaiser dem Sultan erstmals faktisch gleichgestellt wurde. Ein solches Zugeständnis wäre noch vor dem Krieg aus Sicht der Hohen Pforte angesichts des stets zur Schau gestellten Überlegenheits- und Weltmachtanspruchs undenkbar gewesen. Vorausgegangen war am 23. Juni des Jahres der Frieden von Wien zwischen Stephan Bocskai und Erzherzog Matthias von Österreich, dem späteren Kaiser, der sich damals in einem offenen Konflikt mit dem noch amtierenden, allerdings nur eingeschränkt regierungsfähigen Reichsoberhaupt Rudolf II. befand und nachfolgend auch den Frieden von Zsitvatorok schloss. Die habsburgisch-osmanischen Beziehungen wurden durch dieses Friedensabkommen langfristig geprägt, denn es folgte eine jahrzehntelange Phase, während der es zu keiner neuerlichen großen Auseinandersetzung kam und die beiden Kontrahenten Optionen bot, die durch den Friedensschluss gegebenen Handlungsspielräume an anderen Brennpunkten in die Waagschale zu werfen.

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Für den Ausbruch und den Verlauf des Dreißigjährigen Krieges erwies sich diese „Rückenfreiheit“ der Habsburger im Südosten von großer Bedeutung. Erst 1663/64 sollte es zu einem neuerlichen offenen Türkenkrieg Österreichs kommen. Wichtig bleibt im Hinblick auf die habsburgisch-osmanische Auseinandersetzung um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert festzuhalten, dass dieser Konflikt weit mehr als nur politisch-militärischer Natur in engerem Sinne war. Die neuere Forschung hat anhand eingehender Studien herausgearbeitet, wie sehr diese Konfrontation auch weltanschauliche, religiöse, wirtschaftliche und nicht zuletzt mentalitätsgeschichtliche Dimensionen aufwies. Zu den konkurrierenden umfassenden Herrschaftsansprüchen „kamen Gegensätze zwischen Christentum und Islam, divergierende ökonomische Interessen, das wechselseitige Bewusstsein zivilisatorischer Überlegenheit, Alteritätskonstruktionen (die Wahrnehmung des Anderen als ‚fremd‘ wirkte identitätsbildend) und Feindbilder. So galten die Christen bei den Osmanen als Giauren (Ungläubige), die verachtet werden müssten.“30 Die zeitgenössische Publizistik liefert zahllose Beispiele dafür, wie plakativ die diesbezüglichen antitürkischen Feindbilder, Vorurteile und Stereotype waren. Sie wurden gezielt ausgenutzt, um den Gegner zu diskreditieren und die Reihen der christlichen Mächte zu schließen. Die Türken, die perhorreszierten „Erbfeinde“ der Christenheit, galten als Geißel Gottes (flagellum Dei), mit der die Sünden der Christenheit abgestraft wurden. Erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts verlor das Bild des ebenso übermächtigen wie furchteinflößenden Orientalen an Wirkungsmacht.31 Dass diese tradierten Feindbilder sogar noch im gegenwärtigen Diskurs eine Rolle spielen und gegebenenfalls instrumentalisiert werden, wenn es politisch opportun erscheint − so ist in rechtspopulistischen Kreisen seit einiger Zeit öffentlich von der „dritten Türkenbelagerung Wiens“ die Rede −, zeugt eindrucksvoll von ihrer langfristigen Wirksamkeit.

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Trotz der skizzierten prinzipiellen Gegnerschaft der Habsburger zum Osmanischen Reich, wie sie um 1600 erneut offen zutage trat, sollte nicht in Vergessenheit geraten, dass die wechselseitigen Beziehungen der beiden Mächte auch durch Versuche der Friedensstiftung und des Konfliktmanagements nachhaltig bestimmt waren.32 65 Friedensverträge bzw. Waffenstillstandsabkommen, die vom 16. bis zum 18. Jahrhundert geschlossen wurden, belegen dies in aller Deutlichkeit. Sogar Freundschaftsvorstellungen spielten in der Kommunikation zwischen den Habsburgern und den Osmanen nachweislich eine Rolle. Sie unterlagen in langfristiger Perspektive einem deutlich wahrnehmbaren Wandlungsprozess, der von einem hierarchisch verstandenen Freundschaftsverständnis, das von einem Überlegenheitsgefühl der Osmanen getragen wurde, hin zu Freundschaftsvorstellungen führte, deren Grund­ lage die prinzipielle Gleichrangigkeit der Partner war.

Zwischen habsburgisch-französischem Antagonismus und osmanischer Bedrohung: Die italienische Staatenwelt und die Eidgenossenschaft Die italienische Staatenwelt,33 in der sich vergleichsweise früh moderne Formen verstetigter diplomatischer Vertretungen herausbildeten, genoss um 1600 noch eine Phase verhältnismäßiger Ruhe, die aber in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts aufgrund mehrerer regionaler Konflikte endete. Dies hing zum einen damit zusammen, dass mehrere bedeutende italienische Territorien zur spanischen composite monarchy gehörten und somit von den Auseinandersetzungen Spaniens mittel- oder unmittelbar betroffen waren. Zuvorderst zu nennen sind in diesem Kontext die Vizekönigreiche Neapel und Sizilien im Süden, Sardinien und insbesondere das Herzogtum Mailand, das aufgrund seiner großen strategischen Bedeutung von den Zeitgenossen als Schlüssel Italiens bzw.

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Herz der spanischen Monarchie bezeichnet wurde und ein traditioneller Streitpunkt zwischen Habsburg und Frankreich war. Zum anderen war mit Herzog Karl Emanuel I. von Savoyen ein ehrgeiziger Herrscher in Norditalien auf den Plan getreten, der gezielt versuchte, die durch die Religionskriege geschwächte Lage Frankreichs zugunsten eigener territorialer Ambitionen auszunutzen und in der Tradition des mittelalterlichen Arelat-Königtums eine royale Standeserhöhung zu erreichen.34 Größere territoriale Zielsetzungen Savoyens, die sich auf französische Gebiete bezogen, ließen sich allerdings aufgrund der militärischen Überlegenheit Frankreichs nicht durchsetzen. Der bereits erwähnte französisch-savoyische Vertrag von Lyon (1601) beendete vorerst die militärische Auseinandersetzung beider Mächte und eröffnete Frankreich Handlungsoptionen im norditalienisch-alpinen Raum. Eng mit den Konfliktschauplätzen im Norden Italiens verbunden war die Lage in der Eidgenossenschaft, die eine Art von Übergangs- und Brückenstellung zwischen Italien und Frankreich bzw. dem Heiligen Römischen Reich einnahm und traditionell als Reservoir für die Anwerbung von Söldnern von Bedeutung war.35 Der Schweiz kam insbesondere im Hinblick auf die Spanische Straße eine Schlüsselfunktion zu, da zwei wichtige spanische Nachschub­ routen nach Flandern unmittelbar eidgenössische Territorien betrafen: Zum einen der passo de Suizos, also die Route von Mailand durch die Eidgenossenschaft über den Sankt Gotthard-Pass bis nach Waldshut, in das Elsass, nach Lothringen und schließlich nach Flandern, und zum anderen die Traverse über die Bündner und Veltliner Pässe. Insofern verwundert es nicht, dass Heinrich IV. von Frankreich zu Beginn des 17. Jahrhunderts Allianzverträge mit den protestantischen Kantonen erneuerte, um sich über die Schweizer Alpenpässe Einfallsmöglichkeiten nach Italien zu sichern, wohingegen Spanien seinerseits Bündnisverträge mit den katholischen Eidgenossen erneuerte. „Auch zwischen Frankreich und

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Spanien wurden somit bereits zu Beginn des Jahrhunderts die Weichen für den Entscheidungskampf um die Vorherrschaft in Ober­ italien gestellt, der eine knappe Generation später [...] durchgefochten werden sollte.“36 Für die Römische Kurie, die ein engmaschiges Nuntiatur-Netz im katholischen Europa aufbaute, bedeutete das spanisch-französische Ringen um politische und militärische Macht in Italien traditionell eine Gratwanderung, da das Papsttum immer wieder in die Verlegenheit kam, sich in diesem Konflikt positionieren zu müssen. Aber auch die Türkengefahr stellte eine erhebliche Herausforderung für Rom dar, der sich Papst Clemens VIII. tatkräftig stellte, war er doch nicht nur als padre comune für den Frieden unter den katholischen Mächten zuständig, sondern zugleich auch als italienischer Landesherr unmittelbar von osmanischen Expansionsbestrebungen betroffen.37 Eine große Allianz christlicher Mächte gegen das Osmanische Reich im Stile der Heiligen Liga von 1571 kam während des Langen Türkenkrieges nicht zustande. Ausschlaggebend hierfür waren Vorbehalte Frankreichs, Polens und auch Venedigs, das seit jeher sehr stark von den kriegerischen Aktivitäten des Osmanischen Reiches betroffen und damals auf die Etablierung eines Modus vivendi mit der Hohen Pforte bedacht war. Immerhin gelang es der päpstlichen Diplomatie aber, dem Kaiser nicht unbeträchtliche finanzielle Unterstützung zu verschaffen. Dies trug im Verbund mit der Türkenhilfe der Reichsstände maßgeblich dazu bei, dass sich Kaiser und Reich im Türkenkrieg behaupten konnten.

Im Zentrum der neuralgischen Zonen: Das Heilige Römische Reich deutscher Nation In der geografischen Mitte der geschilderten Konfliktzonen lag ein politisches Gebilde, das bislang noch weitgehend ausgeklammert

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blieb: das Heilige Römische Reich deutscher Nation. Hier manifestierten und bündelten sich in vielfältiger Weise strukturelle Schwächen und krisenhafte Erscheinungen des Mächtesystems mit hohem bellizitären Potenzial. Zu nennen wären etwa die kriegsverschärfende Wirkung von konfessioneller Intoleranz, die ­Auswirkungen von Wirtschafts- und Handelskonkurrenz, ferner Konstituierungsprobleme, die mit Staatsbildungsprozessen einhergingen, darüber hinaus die sich wechselseitig ausschließenden Universalansprüche Habsburgs, Frankreichs und Schwedens sowie − last but not least − die spezifische Verfassungskrise im Reich, die auch Rückwirkungen auf die Außenbeziehungen hatte und zu den wesentlichen Ursachen des Dreißigjährigen Krieges zu rechnen ist.38 Wie sehr das Reich um die Jahrhundertwende mit den bereits skizzierten Konfliktzonen im Westen, Norden und Südosten verflochten war, mögen einige wenige Hinweise verdeutlichen. Zunächst einmal ist auf die Tatsache hinzuweisen, dass an der Spitze des Reiches seit Generationen ein habsburgischer Herrscher stand. Dies sollte sich bis 1740 auch nicht ändern. Das Reichsoberhaupt war somit zugleich österreichischer Landesherr und überdies Repräsentant einer Dynastie, deren tradierter Wahlspruch A.E.I.O.U. (Austriae est imperare urbi universo) keine Zweifel da­ran aufkommen ließ, dass sie die umfangreichen Herrschaftsan­sprüche verinnerlicht hatte, die traditionell mit der Kaiserwürde einhergingen. Die Reichspolitik der frühneuzeitlichen Herrscher aus dem Hause Österreich von deren landesherrlicher Politik trennscharf unterscheiden zu wollen, stößt allerdings auf unüberwindbare Schwierigkeiten; zu stark waren die Interdependenzen beider Bereiche. Nimmt man noch die Erfordernisse der − wenngleich stets fragilen − innerhabsburgischen dynastischen Solidarität und das daraus resultierende Postulat einer wechselseitigen außenpolitischen Unterstützung der Höfe von Madrid und Wien hinzu, dann

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wird leicht erkennbar, in welch hohem Maße auch die Politik der Wiener Hofburg im Heiligen Römischen Reich den Bedürfnissen des habsburgischen Gesamthauses Rechnung tragen musste.39 Faktisch führte diese dynastische Konstellation immer wieder dazu, dass die österreichischen Habsburger aus Madrid bzw. Brüssel aufgefordert wurden, in den Konflikten Spaniens, die ja häufig unmittelbar Reichsgebiet tangierten, zugunsten der Schwesterlinie einzugreifen und gezielt spanische Interessenpolitik zu betreiben. Des Weiteren ist noch einmal explizit auf den Faktor „Konfession“ hinzuweisen.40 Die Reformation ging nicht nur von deutschem Boden aus und verbreitete sich von dort weiter in Europa, sondern Konfessionalisierung, Staatsbildung und Mächtepolitik amalgamierten sich im Reich in einer besonders signifikanten Art und Weise. So entwickelte sich der kurpfälzische Hof von Heidelberg zu einem weit ausstrahlenden Zentrum des calvinistischen Bekenntnisses. Maßgebliche kurpfälzische Akteure entfalteten eine aktivistische Außenpolitik – Christian I. von Anhalt-Bernburg ist hier als außenpolitischer Spiritus rector an erster Stelle zu nennen −, die explizit antikatholisch ausgerichtet war und den Schulterschluss mit anderen protestantischen Mächten suchte. Bayern entwickelte sich dagegen unter Maximilian I. von Bayern zu einer katholischen Vormacht im Reich, die mit der Gründung der Katholischen Liga (1609) das militärische Pendant zu der von kurpfälzischer Seite maßgeblich initiierten Protestantischen Union (1608) schuf. Diese militärischen Schutzbünde waren letztlich Ausdruck der Tatsache, dass die traditionellen Mechanismen der Konfliktvermeidung und -beilegung im Reich infolge der konfessionell geprägten politischen Auseinandersetzungen nicht mehr griffen. „Die desintegrativen Kräfte ließen sich nicht mehr bändigen.“41 Viele Reichsstände suchten Schutz und Sicherheit stattdessen jenseits der herkömmlichen Institutionen, da die blockierten Reichsorgane, insbesondere der Reichstag und das Reichskammergericht, de

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facto nicht mehr handlungsfähig waren. Wie sehr diese konfessionelle Frontstellung neu auftretende politisch-dynastische Krisen verschärfen konnte, zeigte sich, als 1609 am Niederrhein mit dem Tod Herzog Johann Wilhelms von Jülich-Kleve-Berg der sogenannte Jülich-Klevische Erbfolgestreit ausbrach, der Europa bis an den Rand eines großen Krieges brachte.

Ausblick Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass das in statu nascendi befindliche europäische Staatensystem um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert nicht mehr in bipolarer Weise durch den habsburgisch-französischen Antagonismus dominiert wurde, sondern in zunehmendem Maße eine multipolare Struktur aufwies, die zahlreichen dynamischen Prozessen unterlag: Traditionelle Akteure mussten sich behaupten (Haus Österreich und Frankreich), neue bzw. aufstrebende Mächte drängten in den Vordergrund und erlebten einen bemerkenswerten Aufstieg (Niederlande und Schweden), alte Feinde büßten vorerst nichts von ihrem Bedrohungspotenzial ein (Osmanisches Reich). Insgesamt gesehen lässt sich eine zunehmende Verflechtung der neuralgischen Zonen konstatieren. „Indem sich Konflikte mit ähnlich gelagerten Gegensätzen der benachbarten Mächtekreise verkoppelten, ergaben sich wichtige Impulse für die Entstehung eines die regionalen Mächtekreise überwölbenden gesamteuropäischen Mächtekreises.“42 Trotz der geschilderten Konfliktanfälligkeit des pluralistische Strukturen herausbildenden Mächtesystems sollte man sich davor hüten, aus den nicht zu übersehenden Problemen der internationalen Beziehungen um 1600 notwendigerweise die Entstehung des Großen Krieges abzuleiten. Die Genese und der konkrete Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges waren keineswegs in deterministischer Weise Resultat struktureller Defizite der Staatenwelt um 1600. Viel-

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mehr bestanden erhebliche Potenziale zur friedlichen Konfliktlösung, die auch immer wieder erfolgreich umgesetzt werden konnten. Die um die Jahrhundertwende vereinbarten Friedenschlüsse bzw. Waffenstillstandsabkommen Spaniens mit Frankreich, England und den Niederlanden sind eindrucksvolle Belege dieses Sachverhalts. Die zweifelsohne vorhandene Bellizität und Kriegsaffinität der Frühen Neuzeit, die sich in einer regelrechten Omnipräsenz des Krieges manifestierte, ist somit nur eine Seite der Medaille; die prinzipielle Friedensfähigkeit43 der Zeitgenossen, wie sie sich eindrucksvoll 1648 in Münster und Osnabrück in Szene setzte, bildet die andere Seite, ohne die der janusköpfige Charakter frühneuzeitlicher Mächtepolitik nur unvollkommen beschrieben wäre.

Anmerkungen 1 Schilling 1991, S. 19. 2 Schilling 2007, S. 5. 3 Vgl. Koenigsberger 1986; Elliott 1992; Bosbach 2005. 4 Vgl. Rohrschneider 2002. 5 Lutz 1984, S. 31. 6 Zum Folgenden vgl. die konzisen Darstellungen von Bérenger 2002 und Babel 2005. 7 Burkhardt 1991, S. 139. 8 Vgl. Burkhardt 1992, S. 30–50. 9 Siehe zuletzt Weller 2013. 10 Vgl. Kampmann 1994, insbesondere S. 75; Rohrschneider 2007, S. 31. 11 Zum Faktor Reputation vgl. insgesamt Rohrschneider 2010. 12 Siehe hierzu Malettke 1996, S. 39. 13 In Anlehnung an Schulin 1999. 14 Aus der Fülle von Literatur zum Aufstand der nördlichen Niederlande seien das Standardwerk von Parker 1979 und die gute Überblicksdarstellung von van der Lem 1996 hervorgehoben. 15 Vgl. Poelhekke 1948, S. 10 Anm. 3. 16 Hierzu und zum Folgenden Schilling 2007, hier pointiert S. 396f. 17 Zum Konfessionalisierungsparadigma siehe jüngst Brockmann/Weiss 2013. 18 Vgl. Schilling 2007, S. 54–67.

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19 Zu den Verflechtungen des niederländischen Aufstands mit dem Heiligen Römischen Reich ist grundlegend Arndt 1998. 20 Vgl. den Überblick zu den skandinavischen composite monarchies bei Gustafsson 1998. 21 Zum schwedischen Gotizismus vgl. insgesamt Zellhuber 2002 und Schmidt-Voges 2004. 22 Zur Entstehung des Doppelreichs Polen-Litauen insgesamt vgl. jüngst Frost 2015. 23 Burkhardt 1992, S. 57. 24 Ebd., S. 57f. 25 Vgl. Burkhardt 1997, S. 523f. 26 Siehe hierzu Brockmann 2011, insbesondere S. 282–290. 27 Hierzu und zum Folgenden zusammenfassend Strohmeyer 2012, S. 91–94. 28 Grundlegend zum Langen Türkenkrieg ist nach wie vor Niederkorn 1993. 29 Zusammenfassend Kampmann 2008, S. 15f. 30 Strohmeyer 2012, S. 90. 31 Vgl. Wrede 2004, S. 66–216. 32 Vgl. Strohmeyer 2013. 33 Vgl. die wichtige mikropolitische Perspektivenerweiterung bei von Thiessen 2010. 34 Zur Politik Savoyens während der Regierungszeit Karl Emanuels I. vgl. Osborne 2002. 35 Grundlegend zur eidgenössischen Politik im Spannungsfeld des französisch-spanischen Ringens sind Bolzern 1982 und Wendland 1995. 36 Schilling 2007, S. 470. 37 Vgl. ebd., S. 244–253 und 492f.; Braun 2014. 38 Vgl. die aufschlussreichen Beiträge in Schulze 2002. 39 Ausführlich dazu das Sammelwerk von Martínez Millán/González Cuerva 2011. 40 Zu den internationalen Implikationen der konfessionellen Auseinandersetzungen im Heiligen Römischen Reich siehe die pointierte Darstellung bei Schilling 2007, hier vor allem S. 477–491. 41 Gotthard 2016, S. 44. 42 Schilling 2007, S. 462. 43 Vgl. generell Schilling 1998 sowie Kampmann u.a. 2011.

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Mentalitätsgeschichtliche Voraussetzungen

I

n das Konfessionelle Zeitalter wird nur hineinfinden, wer bereit ist, sich auf die tiefe Frömmigkeit vormoderner Menschen einzulassen. Der Glaube imprägnierte nicht nur sonntags alle Lebensbereiche. Zuhause in der Wohnstube gab es eine fromme Nische mit Kreuz und Andachtsbildern, vor denen regelmäßig gebetet wurde. Vielleicht symbolisiert, ohne dass man das überstrapazieren müsste, die Kirchenglocke die alles durchdringende Kraft des Glaubens. Sie war Zeitmesser wie heute die Armbanduhr; sie rief zum Gottesdienst, aber oft auch zu Ratssitzungen und zum Wochenmarkt; sie läutete, weil ein Feuer ausgebrochen oder aber ein feindliches Heer im Anmarsch war; sie rief zu bestimmten Stunden zum Gebet, unspezifisch oder um Schutz vor dem islamischen Osmanischen Reich zu erflehen („Türkenglocke“). Weil die jeweils maßgebliche Konfession das kulturelle Leben fest im Griff hatte,1 formten sich im Zuge des Zerfalls des christ­ lichen Abendlandes in verschiedene Glaubensgemeinschaften mehrere Kulturkreise aus. Auch das machte sich keinesfalls nur sonntags bemerkbar. Die farben-, überhaupt sinnenfrohe Frömmigkeit Südostdeutschlands prägte die Künste dort nicht minder als die eher nüchterne, intellektuelle, wortzentrierte lutherische Religiosität den Norden. Nicht nur die Theologie (als „Kontroverstheologie“), auch Malerei und Flugschriftenproduktion stellten sich in

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den Dienst der konfessionellen Propaganda, der konfessionellen Polemik; beispielsweise hingen in vielen Kirchen Bekenntnisgemälde2, die die Grenzmarkierungen zu den ‚falschen‘ Konfessionen herausstrichen oder diese gar als teuflisch denunzierten. Vielleicht am deutlichsten an der Architektur merkt man die kulturelle Prägekraft der Konfessionen ja noch heute, es gibt ‚typisch katholische‘ Stadtbilder mit ihren vielen prächtigen Klosteranlagen und (zumal barocken) Kirchenbauten; weil die evangelische Welt nach der „Sequestration“ des stattlichen, nun umgewidmeten Kirchenbesitzes kaum mehr öffentliche Bautätigkeit nötig hatte, muten ‚typisch evangelische‘ Stadtbilder altertümlicher an. Sogar beim Wahlverhalten gibt es (schrumpfende) konfessionelle Unterschiede, aber man könnte von Großer Politik hinabsteigen bis hin zu Faschingsbräuchen oder der Brauereidichte einer Region. Salopp gesagt: Reichhaltig ist dies wie das, der Humor und das Bier, nur in einst katholischen Gegenden. Weil die Reformation in Mitteleuropa territorienweise eingeführt (oder aber bekämpft) wurde, hatte hier ein politisches System − nämlich der Reichsverband − mehrere Wege zum Seelenheil und mehrere Kulturkreise zu überwölben. Heiraten über Konfessionsgrenzen hinweg hat es so gut wie keine gegeben. Und es entwickelten sich, der konfessionellen Spaltung wegen, auch die geistigen Austauschprozesse mit den europäischen Nachbarn in ganz verschiedene Richtungen. Die katholischen Gebiete orientierten sich kulturell eher als an ihren protestantischen Nachbarn an Italien, Spanien, den habsburgischen Niederlanden (das heutige Belgien, mit Brüssel). Lutherische Eliten aber kommunizierten mit Skandinavien, auch mit England; in der calvinistischen Pfalz schaute man, eher als ins benachbarte katholische Trier, nach Den Haag oder Genf.

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Der juristische Kampf Dass in Mitteleuropa gleichsam eine Ebene tiefer als in den werdenden Nationalstaaten der Iberischen Halbinsel, West-, Nordwest- und Nordeuropas darüber entschieden wurde, welche Konfession die vor Ort maßgebliche war, hat 1555 der Augsburger Religionsfrieden besiegelt. Er sprach den regionalen Obrigkeiten − ob Kurfürst, Fürst oder Graf, in Reichsstädten dem Stadtrat − das Recht zu, zwischen „alter religion“ und „augspurgischer confession“ zu wählen und diese Option allen Bewohnern des von ihnen regierten Territoriums verbindlich vorzuschreiben. Frühe Fachdidaktik versuchte es als „Ius reformandi“ der Territorialobrigkeit griffig zu machen, prägte die Merkformel „cuius regio, eius religio“ (Herr Hinz und Frau Kunz pflegten es sich auf Deutsch zusammenzureimen: „wo ich leb, so ich bet“). „Underthanen“, die sich mit der Glaubenswahl ihrer Obrigkeit nicht abfinden wollten und konnten, durften auswandern. Weniger über die einfachen Grundprinzipien des Ersten Religionsfriedens als über eine Reihe teilweise recht komplizierter, teilweise ziemlich auslegungsoffener Spezialbestimmungen, die das „Ius reformandi“ der Landesobrigkeit durchlöchern oder doch in einem Spannungsverhältnis zu ihm stehen, hat sich Deutschlands Konfessionelles Zeitalter zerstritten. Uns muss hier, exemplarisch,3 eine einzige dieser Spezialbestimmungen genügen. Sie liest sich ganz modern: In denjenigen unter den reichsstädtischen Kommunen, in denen beide Konfessionen „in gang und gebrauch“ seien, solle das „also bleiben“, sollten Protestanten und Katholiken weiterhin „fridlich und ruewig bei- und nebenainander wonen“. Was heute nur vernünftig klingt und ganz unproblematisch anmutet, hat damals die größten Verwicklungen ausgelöst, nicht nur, weil das hehre Ideal keinerlei Ausführungsbestimmungen flankierten, die beispielsweise die Zuteilung von Kirchenraum oder die kon-

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fessionelle Zusammensetzung von Stadtrat wie kommunaler Verwaltung geregelt hätten. Um nur eine für die Väter des Religionsfriedens nicht vorhersehbare Folge zu erwähnen: Wenn der Stadtrat für die einen mit Recht Weihnachtspause einlegte, lebten die anderen innerlich schon am 3. Januar des Folgejahres, und übrigens auch an einem anderen Wochentag. Denn seit 1582 datierten Katholiken und Protestanten nicht mehr einheitlich, die Katholiken waren den Protestanten um zehn Tage voraus. Der Reichsstädteparagraph hielt aber nicht nur die bikonfessionellen unter den Reichsstädten in Atem. Im Streit der konfessionsspezifischen Interpretationsschulen wurde alsbald fraglich, ob reichsstädtischen Magistraten überhaupt ein „Ius reformandi“ eigne. Die katholische Auslegungslinie verneinte das; allenfalls der Kaiser könne eine katholische Reichsstadt der Reformation zuführen oder bikonfessionell machen. Das sahen die Reichsstädte selbst und alle Protestanten Deutschlands ganz anders. Jahrzehntelang rang man in Aachen darum, ob diese 1555 katholische Kommune Heimstatt auch für Protestanten (oft Glaubensflüchtlinge aus Westeuropa) werden dürfe. Zweimal stellten Truppen benachbarter katholischer Territorien die Vorherrschaft des Katholizismus in Aachen gewaltsam wieder her. Katholische Truppen marschierten 1607 auch in Donauwörth ein, mit besonders gravierenden Folgen für diese Stadt. Die schwäbische Kommune (Donauwörth lag im Schwäbischen Reichskreis) war überwiegend evangelisch, doch schützte der Religionsfrieden den kleinen katholischen Rest, ein gutes Dutzend Familien. Von Dillinger Jesuiten ermuntert, nahmen sie ihre Prozessionen zu verschiedenen Kirchlein des Umlands wieder auf. Dabei mussten sie zwangsläufig über Stadtgebiet ziehen, keinesfalls unumgänglich indes war die mit fliegenden Fahnen eingeschlagene Route über den Marktplatz. Das musste Pöbeleien provozieren, weil Protestanten Prozessionen zutiefst ablehnten − sie waren es ihrem See-

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lenheil schuldig, derlei vor der eigenen Haustüre nicht zu dulden: also Prügelszenen, die Fahnen werden durch den Straßenkot geschleift, so aus katholischer Sicht natürlich entweiht. Der zuständige Fürstbischof schaltete den − durch und durch katholischen − Reichshofrat ein, das kaiserliche unter den beiden obersten Reichsgerichten. Der Gerichtshof entschied, wenig überraschend, für die katholische Seite. Nach erneuten Prozessionen, erneuten Tumulten verhängte er 1607 die Reichsacht über die Stadt. Mit der Exekution beauftragte Kaiser Rudolf II. nicht etwa den eigentlich zuständigen Obristen des Schwäbischen Reichskreises („Landfriedensschutz“, wie man das damals nannte, war Kreis­ sache), also den lutherischen Herzog von Württemberg, sondern Maximilian von Bayern: für alle Protestanten ein himmelschreiender Rechtsverstoß! Wie konnte man sich unter solchen Umständen noch auf den Rechtsschutz des Reiches verlassen? Maximilian exekutierte demonstrativ robust, übergab die Pfarrkirche den Jesuiten und unterwarf Donauwörth seiner angeblich „kommissarischen“ Verwaltung. Daraus wird nie mehr Selbstverwaltung, Donauwörth mutiert zur bayerischen Landstadt. All das musste Deutschlands Protestanten empören, auch, und zumal in Süddeutschland, ängstigen.

Die Paralyse des politischen Systems Wenige Wochen nach der Machtdemonstration von Donauwörth hub in Regensburg ein Reichstag an. Schon erregt an der Donau eintreffend, forderten die evangelischen Teilnehmer, die Verbindlichkeit des Religionsfriedens im Reichsabschied zu bekräftigen, was die katholische Seite reflexhaft abschlug. Motiviert hat den protestantischen Antrag, außer der Empörung Donauwörths wegen, eine die evangelischen Residenzen alarmierende publizistische Debatte unter katholischen Autoren; gebildete Zeitgenossen wuss-

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ten, wo sie die entsprechende Streitfrage in Sachregistern fanden: unter „f “ nämlich, für „fides“. „An fides haereticis servanda?“: so hat man die von immer mehr altgläubigen Autoren frohgemut bejahte Frage rubriziert, ob man ein Häretikern gegebenes Wort denn nicht einfach brechen dürfe. Immer mehr katholische Autoren erklärten, Vereinbarungen mit Ketzern komme grundsätzlich keine Rechtskraft zu. Deshalb also sollte der Reichsabschied den Religionsfrieden bestätigen, so bekräftigen. Indem sich die „Politici“ demonstrativ von publizistischen Ruhestörern und Schreibtischextremisten distanzierten, würden sie ein Fundament für wieder vertrauensvolle politische Zusammenarbeit legen und sich gleichsam selbst aus dem Sumpf ziehen − so das Kalkül der Antragssteller. Stattdessen verlor man nun vollends den Boden unter den Füßen. Die katholische Seite witterte verschlagene Hintergedanken, und auch wenn sich über sie nur vage rätseln ließ − auf den Leim gehen würde man dem Widerpart natürlich nicht. Es ist bezeichnend für das kommunikative Desaster der Vorkriegsjahre, wie sich die katholischen Reichstagsteilnehmer, anstatt ein konstruktives Gespräch mit den evangelischen Kollegen und auf diesem Wege Aufklärung zu suchen, in immer neuen finsteren Verschwörungsphantasien ergingen. Es mochte ja alles Mögliche hinter dem evangelischen Antrag stecken, eines freilich ganz gewiss nicht: Was in den Zeilen statt zwischen ihnen stand. Im Streit über den evangelischen Antrag4 zerbrach der Reichstag. Die Legislative des Reiches war lahm gelegt. Fast schon wider besseres Wissen wird man sich 1613 noch einmal zum Reichstag versammeln, aber der verläuft ganz unerquicklich, hinterlässt auf beiden Seiten Erbitterung und selbstgerechten Zorn über die Verstocktheit der Gegenseite. Es ein weiteres Mal mit dieser Tagungsform zu versuchen, war in zeitgenössischer Einschätzung vergebliche Liebesmüh; erst 1640 wird man es wieder wagen. Eine ganze Politikergeneration hat kei-

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nen Reichstag erlebt, kein Forum gekannt, das alle Reichsstände zusammengeführt hätte, um friedlich, mit Worten anstatt mit Waffen, Interessen aufeinander abzustimmen und Entscheidungen für den Reichsverband zu fällen. Dass der Dreißigjährige Krieg bis in seine Spätphase hinein keinen Reichstag gesehen hat, ist höchst bezeichnend. Mit dem Reichstag war nun nicht nur ein zentrales, war zudem das letzte bis dahin überhaupt noch arbeitsfähige Reichsorgan lahm gelegt. Des eskalierenden Streits der Interpretationsschulen wegen waren zuvor schon alle anderen Reichsorgane ausgefallen oder unwirksam geworden. Werfen wir einige Schlaglichter auf die wichtigsten von ihnen! Den Rechtsfrieden im Reich sollten zwei oberste Reichsgerichte verbürgen. Aus unterschiedlichen Gründen waren sie dazu schon im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges nicht mehr in der Lage. Der mit Vertrauensmännern des Kaisers besetzte Reichshofrat verschrieb sich seit den 1590er Jahren unübersehbar den katholischen Lesarten des Religionsfriedens, ging vollends seit 1606 auf Konfrontationskurs zu Deutschlands Protestanten. Die akzeptierten deshalb seine Rechtsprechung in interkonfessionellen Streitfällen nicht mehr − denn bei den „Hofprozessen“ würden Politik und Rechtsprechung ungut vermischt. Damit waren um den Religionsfrieden kreisende Auslegungsprobleme nicht mehr konsensstiftend justiziabel. Der Soziologe Niklas Luhmann hat die Auswirkungen von Gerichtsverfahren einmal so beschrieben: Der Prozessteilnehmer finde sich „wieder als jemand, der die Normen in ihrer Geltung und die Entscheidenden in ihrem Amte bestätigt und sich selbst die Möglichkeiten genommen hat, seine Interessen als konsensfähig zu generalisieren und größere soziale oder politische Allianzen für seine Ziele zu bilden“. Das Verfahren habe die Funktion, „den einzelnen, wenn er nicht zustimmt, thematisch und sozial so zu

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isolieren, dass sein Protest folgenlos bleibt“.5 Man wird den inkriminierten „Hofprozessen“ alle diese Wirkungen nicht zusprechen können: Evangelische Beklagte, die von ihnen überzogen wurden, interpretierten die fraglichen „Normen“, nämlich den Reichsabschied von 1555, ganz anders als jenes Gericht, das sie als Entscheidungsinstanz gar nicht akzeptierten. Weil zahlreiche evangelische Reichsstände die Auslegungskunst des Reichshofrats ablehnten, konnte der einzelne Prozessverlierer durchaus „politische Allianzen für seine Ziele“ bilden, kollektive Entrüstung an Protestantenkonventen mobilisieren, seine Niederlage skandalisieren und zum evangelischen „Gravamen“ machen. Die Reichsgerichte produzierten nicht mehr problemlos exekutierbare Urteile und „folgenlos“ bleibenden Protest, sondern folgenreiche Proteste und schwer exekutierbare Urteile. Das ständische Reichskammergericht war konfessionell ausgewogener besetzt, aber die Probleme waren deshalb nur anders, nicht kleiner. Beispielsweise blockierten sich Katholiken und Protestanten häufig schon in jenen Extrajudizialsenaten gegenseitig, die darüber zu entscheiden hatten, ob ein Streit überhaupt gerichtsanhängig wurde. Damit konnte die konfliktkanalisierende Kraft des Verfahrens (wir dürfen die befriedenden Effekte der Rechtsprechung ja nicht nur bei den Endurteilen verorten) nicht mehr wirksam werden. Andere Probleme kamen hinzu, aber um Detailfülle und Vollständigkeit soll es hier ja nicht gehen − jedenfalls war die Wirksamkeit auch dieses Gerichtshofs stark beeinträchtigt. Um erneut Luhmann zu zitieren: Er hat einmal zu Recht betont, ein politisches System müsse „die Entscheidbarkeit aller aufgeworfenen Probleme garantieren“.6 Dazu war der Reichsverband im frühen 17. Jahrhundert nicht mehr in der Lage. Es lag nicht nur daran, dass die oberstrichterliche Rechtsprechung schwer beschädigt war. Dem Reich kamen überhaupt sukzessive die Foren des Meinungsaustauschs und der friedlichen Kon-

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fliktbereinigung abhanden. Der Versuch des Reichsdeputationstags (gewissermaßen ein verkleinertes Abbild des Reichstags), sich einiger vom Kammergericht nicht mehr lösbarer Rechtsstreitigkeiten anzunehmen, führte 1601 zu seiner Sprengung. Der Rheinische Kurfürstentag, eine fürs Spätmittelalter zentral wichtige, noch im 16. Jahrhundert bedeutsame Tagungsform zerbrach irreversibel an der Unlust der drei rheinischen Erzbischöfe, sich mit dem calvinistischen Kurpfälzer an einen Tisch zu setzen.7 Man blieb lieber unter sich, wollte die Feindbilder gar nicht mehr dem Realitätstest aussetzen. Der Kurpfälzer und der Kurfürst von Brandenburg traten dem Kurverein nicht bei, weil die geistlichen Amtskollegen „mit lauter Martialischen unndt Kriegerischen Gedanken“8 erfüllt seien sowie „gewissens halben“.9 Im frühen 17. Jahrhundert war von allen Institutionen des Reiches nur noch der Reichstag − leidlich − arbeitsfähig. Das macht die Sprengung der Regensburger Tagung von 1608 so fatal. Aufmerksamen Zeitgenossen entging das nicht: „De comitiis si quid vis, omnia ibi lenta et turbulenta et uno verbo ad bellum spectant“10 („wenn Du wissen willst, wie der Reichstag verläuft − hier geht alles zäh voran und doch drunter und drüber, kurz, Krieg ist in Sicht“). In evangelischen Akten dieser Monate grassiert eine Formulierung, die nicht modernem Deutsch entspricht und doch noch heute verständlich ist: „krieg steht ins haus“; es gerann rasch zum Topos. Wie sollten Konflikte fortan noch kanalisiert und gewaltlos geschlichtet werden? Musste man da nicht, um seine Interessen zu verfechten, fast zwangsläufig früher oder später zu den Waffen greifen? Noch im Frühjahr 1608 schlossen sich eine Reihe evangelischer Reichsstände in Auhausen zur evangelischen Union zusammen, die katholische Seite wird 1609 mit der Liga nachziehen. Damit stehen wir unübersehbar in der Vorkriegszeit. Halten wir in einem Zwischenresümee fest, was sie charakterisiert hat! Unter dem Dach des Einen Reiches belauerten sich zwei

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Konfessionsbündnisse; es waren diesem Reich Foren der friedlichen Konfliktbereinigung abhanden gekommen; und viele Zeitgenossen bangten vor einer baldigen kriegerischen Entladung der sich seit den 1580er Jahren aufbauenden Spannungen, es gab im Verlauf der Vorkriegsdekade unterschiedlich virulente, doch stets merkliche Kriegsfurcht. Man könnte, noch einfacher und noch grundsätzlicher, konstatieren, dass es kein Grundvertrauen und keinen Grundkonsens mehr gab. Das für den Politikbetrieb eigentlich so wichtige Grundvertrauen in die Verlässlichkeit der Mitakteure hatten die Ausführungen der Vorkriegspublizistik zum Problem „an fides haereticis servanda“ unterminiert. Und es war der Konsens nicht nur über Inhalte, auch über das politische Verfahren dahingeschwunden. Vielleicht ist dieser Satz erläuterungsbedürftig. Im Widerstreit der divergierenden Lesarten des Texts von 1555 schrumpfte nicht nur die gemeinsame Schnittmenge zweier Auffassungen von Reich, Recht und Gesetz − auch der Konsens über die Abarbeitung solcher Dissense im politischen Verfahren hatte sich verflüchtigt. Drangen die in der Union organisierten Protestanten im Vorkriegsjahrzehnt auf die „Komposition“, eine Bereinigung der virulenten interkonfessionellen Streitfragen am Runden Tisch ohne Majorisierung, pochten Katholiken auf die Entscheidungskompetenzen von Reichstagsmehrheit, Reichshofrat und Kaisertum. Die Protestanten hatten sich gefälligst überstimmen und aburteilen zu lassen. Alles andere war dreister „Ungehorsam“, wie der zentrale Vorwurf des katholischen Reichsdiskurses lautete. Protestanten waren eben „ungehorsam“. In Schreiben aus Wien flankierte diesen Vorwurf gewohnheitsmäßig, in allen Adressaten evidenter Anspielung aufs Lehnswesen, das Postulat der „Trew“. Die nach dem Verständnis der damaligen Zeit zentralen Fragen wollten Katholiken per Majorität oder auch durch Wiener Anordnungen entschieden sehen, Protestanten aber frei aushandeln. (Die Nachkriegsordnung wird

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dann der protestantischen Auffassung Tribut zollen, durch paritätische Regelungen auf vielen Ebenen; am Reichstag ist fortan, was für die evangelische Minorität zu den Essentials gehört, zwischen den Konfessionsparteien auszuhandeln − darauf läuft die „itio in partes“ des Westfälischen Friedens von 1648 hinaus.)

Die einzige interkonfessionelle Gemeinsamkeit: Gefühl der Bedrohung Seit 1609 standen sich unter dem Dach des Reiches zwei Konfessionsbündnisse (weil Bündnisse zur Wahrung konfessioneller Besitzstände) gegenüber. Nur eines einte beide Lager von Anfang an: die Bedrohungsanalyse. Der Widerpart war in wenig skrupulöser Offensive, selbst stand man mit dem Rücken an der Wand. Sogar die beiden Bundessatzungen zeigen es: Die Auhausener schlossen sich zusammen zur Abwehr drohender „thetlichkeiten“, „wieder [...] unbefugten gewallt“. Es drohten „feindtliche thetliche handtlungen“, weil der Widerpart darauf aus war, „in dem gelibten Vatterlandt eine Unruhe nach der andern antzurichten, die friedliebende und gehorsame Stendte des Reichs zu uberziehen, und zubekriegen“ und so die „verfassung des Reichs in einen haufen zuewerfen“. Man vereinbarte sogar, wie nach „außgang des Kriegs“, der also offenbar absehbar war, im Erfolgsfall mit erobertem Gebiet verfahren würde. Die Ligasatzung beginnt mit der Feststellung, dass „sich die leiff gantz sorgsamb und gefärlich erzaigen“, beschwört feindliche „Thatthandlungen“, es drohten die „Catholische Stennde des Reichs, von den unrüebigen“, also von unruhigen Leuten, „vergewaltigt, und uberzogen“ zu werden, ja, es war die „ausreittung der alten wahren allein seelig machenden Religion [...] beneben undertrückhung aller gleichmessiger billicheiten, recht und Reichssatzungen zuegewartten“.11 Ein pfälzischer Spitzendiplomat12 beschwor die als prekär empfundene Situation des deutschen Protestantismus im Brief an einen

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Kollegen (also nicht etwa in propagandistischer Absicht für Mitund Nachwelt) einmal so: Die Katholiken haben „une generale et universelle intention, à exercer notre patience et à nous ruiner“, sie sind „par tout le monde presque coniuré à notre ruine“ − eine fast weltweite Verschwörung zum Zwecke der Vernichtung des Protestantismus also. Auf der anderen Seite charakterisierte der Erzkanzler des Reiches, der Erzbischof von Mainz, die reichspolitische Lage intern folgendermaßen: „Der Teufell feyert nit, seine instrumenta schlaffen nit, alle liste unnd gedichte gehen dahin wie im Römischen Reich Teutscher Nation die kayserliche Authoritet [...] vernichtiget, die catholische religion außgerottet, die geistliche Chur-, Fürsten und Stendte undertruckt unnd allein Calvini geist und dem zu gethane herrn alles eignen gefallens regieren und dirigieren möchten.“13 Es hatten „ohngehorsamb, ohntrew, betrug und list uber hand genomen, [so] dass sich weder auf tewere wort, vertrösten und versprechen, noch auch brief und sigel, ja den schwur und aid selbsten ichtwas zu verlassen“. Die Evangelischen versuchten halb Europa, ja, „Türcken und Tartarn“ zur „underdrückung“ des katholischen Glaubens zu mobilisieren − musste man sich denn von ihnen „vertrücken und verschlingen lassen“?14 Nicht nur in gedruckten konfessionellen Polemiken sind die Übergänge von der Vorkriegszeit in die Kriegsjahre hinein fließend. Übrigens werden den Dreißigjährigen Krieg alle maßgeblichen Akteure − dieser Ausblick sei hier erlaubt − subjektiv aus einem Gefühl der Schwäche, der Bedrohung heraus bestreiten. Dass die in Paris maßgeblichen Politiker ihr Königreich geradezu notorisch im habsburgischen Klammergriff sahen, ist bekanntlich eine Grundtatsache der europäischen Mächtepolitik seit dem ausgehenden Mittelalter, Wurzelgrund ihres zentralen Antagonismus; mittlerweile wurde aber auch instruktiv aufgezeigt, dass „Olivares’ foreign policy was [...] essentially defensive“.15 Es war gleichsam die Urfurcht von Richelieu wie von Olivares, Opfer einer Allianz

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mächtiger Feinde zu werden. Beide ängstigte jener „cauchemar des coalitions“ (Alptraum − man ergänze: feindlicher − Koalitionen), den eine französische Zeitung wenige Jahre nach dem Staatsbildungskrieg von 1871 Bismarck attestieren wird. Subjektiv meinten die in Madrid, Wien16 und Paris maßgeblichen Akteure keinesfalls, von einer stabil starken Position aus demnächst vollends die Hegemonialstellung in Europa erringen zu können.17 Und die Männer um Gustav Adolf? Sie ängstigte der „tyrannische“ Furor18, mit dem Kaiser und Gegenreformation in Norddeutschland das Unterste zuoberst kehrten, und es ängstigten jene habsburgischen Ostseepläne, die eigentlich dem Achtzigjährigen Krieg erwuchsen.19 Gustav Adolf sah sich genötigt, einer Gefahr präventiv vorzubauen, ehe sie wirklich bedrohlich wurde. Der Schwedenkönig führte einen Krieg, den man ihm, in seinem subjektiven Erwartungshorizont, demnächst sowieso aufzwingen würde, lieber fern der eigenen Grenzen, in Deutschland. Nach Gustav Adolfs Tod aber wollten die Schwedischen nur noch einigermaßen reputierlich aus einer längst unleidlich gewordenen Auseinandersetzung wieder herauskommen. Wir kehren in die Vorkriegszeit zurück und können resümieren! Ohne handlungsfähige politische Organe, ohne Grundkonsens und ohne Grundvertrauen in die politischen Partner war der Reichsverband nicht mehr steuerbar. Es bedurfte nur noch des sprichwörtlichen Funkens, der die brisante Mischung zum Explodieren brachte.

Woher weht der Funken, der das Pulverfass zum Explodieren bringt? Dass die Funken, die seit 1619 Teile Europas in Brand setzten, aus Böhmen herüber wehten, ist höchst bezeichnend: Denn Böhmen hatte, wie anderswo in diesem Buch gezeigt werden wird, eine lan-

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ge Tradition konfessioneller Heterogenität und ständischer Aufmüpfigkeit. Dass die Funken, die seit 1619 Teile Europas in Brand setzten, aus Böhmen herüber wehten, ist ganz zufällig − auch so kann man es sehen: eine Frage der Perspektive. Für die zweite Sichtweise spricht, dass das Reich spätestens seit 1608 ein Pulverfass war (wie wir soeben sahen), das sich im Vorkriegsjahrzehnt mehrfach an Querelen weitab von Prag, nämlich an niederrheinischem Konfliktpotenzial zu entzünden drohte (was nun zu zeigen sein wird). „Henri Quatre“, der zum Katholizismus konvertierte französische König Heinrich IV. glaubte 1609, am Niederrhein einen Ansatzpunkt gefunden zu haben, um in die ihm vorschwebende „rupture générale“, einen großen antihabsburgischen Befreiungsschlag, ausgerechnet Deutschlands Protestanten verwickeln zu können. Diese bangten damals um das Schicksal einiger konfessionell noch nicht festgelegter niederrheinischer Territorien. Um was handelte es sich da? Zunächst einmal um ein Länderkonglomerat, das nur die Dynastie zusammenhielt: drei Herzogtümer (Jülich, Kleve, Berg) und zwei Grafschaften (Mark, Ravensberg). Johann Wilhelm, nominell − er galt als geistig umnachtet − seit 1592 Herr über die vereinigten niederrheinischen Herzogtümer, war kinderlos, und es wurde früh klar, dass das auch so bleiben würde. Lange Jahre war da ein brisanter Erbfall abzusehen, alle möglichen Prätendenten konnten in den Archiven schürfen lassen und ihre Ansprüche begründen; schließlich gab es ein halbes Dutzend selbsternannter Erbanwärter. Warum aber war der absehbare Erbstreit so brisant? Nun, zum einen waren die niederrheinischen Herzogtümer konfessionell gemischt − ein um 1600 schon selten gewordener Sachverhalt. Die Konfessionenkarte war hier noch gesprenkelt, die fraglichen Territorien waren, um es in der derzeit angesagten Fachterminologie auszudrücken, noch nicht „konfessionalisiert“. Als eine der letzten noch nicht definitiv die-

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ser oder jener Religionspartei zugehörigen Regionen konnten die niederrheinischen Herzogtümer schon reichsintern einiger Aufmerksamkeit sicher sein. Aber sie genossen auch höchste internationale Aufmerksamkeit. Natürlich präferierten jene calvinistischen Politiker, die in den separatistisch eingestellten niederländischen Nordprovinzen Spaniens maßgeblich waren, im Osten einen protestantischen Nachbarn, während man sich in den Habsburg treuen südlicheren Gebieten − ungefähr das, was wir heute als Belgien kennen − katholische Anrainer wünschte. Habsburg wollte seine Position am Niederrhein ausbauen und der ewige Rivale Habsburgs in Europa, Frankreich, suchte dies zu verhindern. Die geostrategischen Gegebenheiten verliehen dem vorhersehbaren Erbstreit europäisches Gewicht. Akut wurde das niederrheinische Erbfolgeproblem im März 1609. Zwei der Prätendenten, die Unionsmitglieder Pfalz-Neuburg und Kurbrandenburg, suchten rasch vollendete Tatsachen zu schaffen, entsandten ihre Erbanwärter an der Spitze von Truppen ins strittige Gebiet, das sie militärisch okkupierten. In den damaligen Akten firmieren sie als die „Possedierenden“: als diejenigen, die − man ergänze: unabhängig von der strittigen Rechtslage − nun einmal faktisch im Besitz der Erbmasse waren (lat. possessio = Besitz, Besitznahme). Im Dortmunder Vertrag einigten sie sich auf die gemeinsame Regierung des Landes. Rudolf II. hingegen proklamierte, die strittigen Gebiete stünden vorläufig unter kaiserlicher Verwaltung, so lang, bis der Reichshofrat entschieden habe, wer erbberechtigt sei; zum Administrator ernannte er den habsburgischen Erzherzog Leopold. Der rüstete zu, zog schließlich mit Truppenmacht an den Niederrhein. Dort engagierte sich mittlerweile auch die Union immer offener − so hatte Christian von Anhalt, die Graue Eminenz des Heidelberger Kurhofes, den Oberbefehl über die Truppen der „Possedierenden“ übernommen, und 1610 sandte die Union zweimal Truppen ins Elsass, um Leopolds Werbungen

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dort zu stören: eindeutig offensive Operationen auf bundesfremdem Gebiet, ein gefährlicher Präzedenzfall, gewagt, weil man sich französischer Rückendeckung sicher wähnte. Beim zweiten Einfall ins Elsass gab es große Verwüstungen und viele, vielleicht über hundert Tote. War schon der zweite Einfall ins Elsass ohne Zustimmung, auch nur vorherige Kenntnis der meisten Unionsstände erfolgt, mit anderen Worten: das Projekt einiger ‚Aktivisten‘ im Bündnis von Auhausen, hegte Christian von Anhalt noch viel weitergehende Pläne. Seine Auhausener Verbündeten nur sparsam und sehr selektiv hierüber informierend, verhandelte er in Paris mit König Heinrich über gemeinsame antihabsburgische Militäraktionen am Niederrhein. In beider Augen eröffnete die Jülicher Erbfolgekrise Chancen, die Stärkung des Protestantismus im Reich mit einer Zurückdrängung des spanischen Einflusses auf den Nordwesten des Kontinents, ja, überhaupt einer einschneidenden Schwächung der Position Habsburgs in Europa zu verbinden. Sie wollten den niederrheinischen Erbkonflikt mit der antispanischen Europapolitik Frankreichs verquicken. Ersterer sollte Paris den Vorwand zum Losschlagen liefern und deutsche Unterstützung eintragen. Im Februar 1610 fixierten die Auhausener und Emissäre aus Paris im Vertrag von Schwäbisch Hall die Truppenkontingente für gemeinsame Militäroperationen am Niederrhein, wo Jülich inzwischen von Söldnern der österreichischen Habsburger unter Erzherzog Leopold besetzt worden war − sie gelte es mit vereinten Kräften von dort zu vertreiben. Der Vertragstext birgt, genau gelesen, die Möglichkeit bedenklicher Weiterungen. Falls Henri Quat­ re wegen seines Engagements in und um Jülich von den Madridern oder den Brüsselern angegriffen würde, stünde ihm die Union mit viertausend Mann zu Fuß und tausend Reitern zur Seite, heißt es da; umgekehrt sicherte Heinrich den Unionsständen, falls die „sur le sujet de Julliers, ou autre concernant l’union“ (wegen Jülichs oder

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aus einem anderen das Bündnis betreffenden Grund) attackiert würden, achttausend Fußsoldaten und zweitausend Berittene zu. Eklatant war, dass sich die Auhausener verpflichteten, keinen Vertrag, „qui importe à la cause commune“ (der für die gemeinsame Sache relevant ist), ohne vorherige Zustimmung des Bourbonen abzuschließen20 − einmal ins Kampfgeschehen am Niederrhein verwickelt, würde es für die Union keinen billigen diplomatischen Notausgang mehr geben. Die Unionsfürsten ließen sich auf eine gemeinsame Intervention ein, von der sie wissen mussten, dass sie eskalieren konnte und dass sie in diesem Fall ihren mächtigen Verbündeten aus Paris nicht mit eigenen Kräften würden bremsen können. Sie gingen insofern ein schwer kalkulierbares Risiko ein. Dass der Kampf um Jülich für Heinrich wohl von vornherein lediglich die Ouvertüre zu viel weiter reichenden Schlägen gegen das Haus Habsburg, und zumal seinen spanischen Zweig sein sollte, wussten die meisten Auhausener freilich nicht, und sie kannten nicht das Ausmaß seiner Zurüstungen. Denn Heinrich palaverte nicht nur, er stellte ein nach damaligen Maßstäben imposantes Heer auf die Beine − eine Nordarmee von zwanzigtausend Mann, eine südliche von zwölftausend: Ein Zangengriff auf Habsburg wurde da offenbar vorbereitet, wofür sonst so immense Rüstungsanstrengungen? Wie weit Heinrich gehen wollte, ob er gar vorhatte, zu einem Angriff auf die Iberische Halbinsel weiterzuschreiten, wissen wir nicht. Jedenfalls spielte sich Gewaltiges ab in Frankreich, und die Union wäre mit dabei gewesen − als Heinrich, am 14. Mai 1610, von der Hand eines Wirrkopfs, eines konfessionellen Fanatikers ermordet wurde: ein Paradebeispiel dafür, welches Gewicht biographischen Zufälligkeiten für vormoderne geschichtliche Abläufe zukommen kann. Heinrich starb ohne regierungsfähigen Nachfolger; an der Seite einer Regentin zweifelhafter Legitimität und zweifelhafter Intelligenz wollten selbst die Verwegensten unter Deutschlands Protestanten dann

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doch nicht gegen die Weltmacht Habsburg marschieren. Auch Paris stellte seine antihabsburgischen Projekte augenblicklich zurück. Wie im Vertrag von Schwäbisch Hall vereinbart, halfen französische Truppen bei der Belagerung von Jülich, das am 1. September 1610 kapitulierte. Danach zogen sie sich nach Frankreich zurück. Mitteleuropa war damals einem großen Krieg bedenklich nah. Wir erkennen schon hier, 1610, viele Konfrontationsmuster, die das Reich dann 1619 tatsächlich (erneut wegen regionaler Querelen, bei denen die allermeisten Reichsstände unmittelbar gar nichts zu gewinnen haben) in den Kriegsstrudel ziehen werden: Die Polarisierung des politischen Systems ist so weit vorangeschritten, dass man seine konfessionspolitischen Anliegen militärisch verteidigen zu dürfen und zu müssen meint, sogar außerhalb des engeren regionalen Umfelds, sogar im Grenzsaum des Reiches. Das Gefühl, überall in die Enge getrieben zu werden, ist so bedrängend, dass Defensive, Vorwärtsverteidigung und Prävention in der subjektiven Wahrnehmung der Beteiligten an Trennschärfe einbüßen. Wie erneut 1619/20, war das Ausmaß der Konfrontationsbereitschaft schon im Frühjahr 1610 nicht überall gleich, weshalb − wiederum prototypisch − Christian von Anhalt vorpreschte, im Grunde bis hin zur Täuschung der meisten Verbündeten, die ‚lediglich‘ die konfessionelle Ausrichtung der niederrheinischen Herzogtümer im Blick hatten. So wenig das Gros der Unionsstände um 1620 eigentlich böhmische Interessen hatte, so wenig gab es für die allermeisten Unierten 1610 am Niederrhein unmittelbar etwas zu gewinnen; die Aussicht, dem anderen konfessionellen Lager eins auszuwischen, es zu schädigen, zu demoralisieren − das reichte als Anreiz. Die Ermordung Heinrichs IV. dürfte einen großen Krieg unter Beteiligung der deutschen Protestanten vereitelt haben. Nur vier Jahre später drohten erneut kriegerische Verwicklungen, in die wir uns noch weniger vertiefen wollen. Die Spannungen zwischen den Brandenburgern und den mittlerweile von einem

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katholischen Pfalzgrafen regierten Neuburgern eskalierten, holländische und spanische Truppen setzten sich in Bewegung. War der Reichsverband schon so ruinös polarisiert, dass ihn nach den traditionellen französisch-habsburgischen Rivalitäten nun die seit Generationen mal virulenten, mal latenten Spannungen zwischen Madrid und Den Haag in den Kriegsstrudel zu reißen drohten? Im November 1614 gelang, sozusagen im letzten Augenblick, internationaler Vermittlung der Interimsvergleich von Xanten. Für die verfeindeten „Possedierenden“ wurden je eigene Verwaltungszonen gezirkelt. (An Berlin kamen Kleve, Mark, Ravensberg: Kurbrandenburg setzte sich also dauerhaft am Niederrhein fest − Keimzelle dessen, was einmal viel später, seit der Rheinkrise von 1840, als Preußens „Wacht am Rhein“ besungen werden wird.) Wieder war eine Atempause gewonnen. Wieder hatte sich gezeigt, dass der Zustand des Reiches mittlerweile so prekär war, dass sich jede Querele in seinem Inneren oder auch in der Nachbarschaft, irgendwo an seinen weitgeschwungenen Grenzen, zum Flächenbrand auswachsen konnte.

Was Zeitgenossen und was Historiker für wichtig halten Im Sommer 1618 schien es so weit gekommen. Weil da im Mai in Prag zwei Statthalter und ein Sekretär in einen Schlossgraben gefallen waren? Aber nein! Diese böhmischen Quisquilien nahm man an den Unionshöfen zunächst nicht gar so furchtbar ernst (Maximilian von Bayern freilich, auch das sollte erwähnt werden, hat die Dimension der Prager Vorgänge früh erfasst21). Deutschlands Protestanten schauten, wieder einmal, sorgenvoll zum Rhein. Dort hatten gerade − Reprise des zweiten Einfalls ins Elsass acht Jahre zuvor − einige ‚Aktivisten‘ unter den Unionsfürsten auf eigene Faust militärisch eine spektakuläre Abrissaktion gedeckt. Es ging um Fortifikationsmaßnahmen des Speyerer Fürstbischofs Philipp Chris-

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toph, in einem Städtlein namens Udenheim. Dass er erste misstrauische Anfragen mit der Auskunft beschied, er wolle „seine darumb gelegene vischwasser zur etwas mehrerm nutzen bringen“22, empfand man an den Unionshöfen als Provokation, dort hatte man keine Karpfenweiher, sondern „blutdurstige Practicken“ der „Jesuwider“ im Blick, schließlich gehörte das Hochstift zum Gegenbündnis, zur katholischen Liga. Da konnte man nicht einfach naiv zuschauen − vielmehr wurden die frisch gemauerten Anlagen im Juni 1618 in einen Schutthaufen verwandelt. Würde das größere militärische Verwicklungen provozieren? Bis in den Herbst des Jahres hinein schenken Unionsakten der Udenheimer Abrissaktion mehr Aufmerksamkeit als Nachrichten aus dem fernen Böhmen, wo einige enervierte Ständeaktivisten Mitglieder der habsburgischen Statthalterregierung aus dem Fenster geworfen hatten. Nicht dort, sondern in Udenheim hatte sich Hochbedeutsames ereignet − meinte man: Zeitgenossen können eben selten das historische Gewicht dessen, was sie miterleben, triftig taxieren. Wir wissen nicht, ob die Finanzkrisen der letzten Jahre einmal als Anfang vom Ende des kapitalistischen Wirtschaftssystems firmieren werden (ahnte man 1989 etwas vom Zusammenbruch des Ostblocks?) oder als wirtschaftsgeschichtliche Fußnote. Angeblich stand die Welt am 31. Dezember 1999 wegen gewisser Datierungsprobleme älterer, aber in wichtigen Funktionen arbeitender Computer am Vorabend einer Katastrophe − dieses damalige Bangen heutzutage auch nur in einer Fußnote einzugestehen, ist uns peinlich, das verdrängen wir lieber. Also, es hat Monate gedauert, bis Deutschlands Protestanten die Bedeutung des Prager Fenstersturzes zu erfassen begannen. Nicht der Prager Fenstersturz, der Udenheimer Mauersturz schien Kriegsgefahr heraufzubeschwören. Unsere Blicke in den Westen des Reiches erhärten eine Vermutung, die Kapitel 5 eingeleitet hatte: dass nämlich nicht nur folgerichtig anmuten kann, wenn da der Anstoß zum Dreißigjährigen

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Krieg aus dem traditionell konfessionell zerklüfteten, traditionell aufmüpfigen Böhmen kam − sondern mit dem gleichen Recht ganz beliebig, gleichsam zufällig. Denn um ein Haar wäre ja ein großer Krieg schon 1610 ausgebrochen, dann drohten 1614 erneut größere militärische Verwicklungen, und auch 1618 schauten die Zeitgenossen eigentlich bangen Herzens ganz woanders hin, wieder einmal an den Rhein.

Die Sympathien sortieren sich 1618 entlang der konfessionellen Trennlinie Dass Deutschlands Protestanten im Sommer 1618 gar nicht angestrengt nach Prag gestarrt haben, liegt auch daran, dass es dort im Osten um sehr eigene, eben spezifisch böhmische (und übrigens, jedenfalls aus heutiger Warte, keinesfalls nur konfessionspolitische) Probleme ging. Der Prager Fenstersturz ereignete sich im Grenzsaum des Reiches, in einer Zone mit verdünnter Reichspräsenz. Akten des frühen 17. Jahrhunderts subsumieren Böhmen meistens gar nicht dem politischen Verband des Reiches. Als die böhmischen Aufständischen an die Hilfe der Auhausener appellierten, fanden diese im Staatsrecht nichts, was sie dazu hätte verpflichten können: Es sei nämlich „Bohemen dem reich nit underworffen“, urteilten sie. Die „unions Verfassung“ ziele „uf conservation der reichs Constitution“, Böhmen aber habe „aigene zunge, gesatzungen und ordnungen“. Es sei der Union „scopus uf ußländische nit gemeinet“.23 Die Zeitgenossen urteilten hier eindeutiger, als es die moderne Forschung tut.24 Wir müssen uns weder in letztere noch überhaupt in komplizierte staatsrechtliche Sachverhalte vertiefen, ganz eindeutig ist nämlich ein anderer Befund: Hatten sich Union und Liga wegen des eskalierenden Auslegungsstreits um den Augsburger Religionsfrieden und zur Verteidigung ihrer eigenen, konfessionsspezi-

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fischen Lesarten des Texts von 1555 formiert, stritt man in Böhmen über einen anderen Text, den Majestätsbrief von 1609. So gesehen, gingen die Nöte der böhmischen Ständeführer die Union von Auhausen nichts an, und nichts die Nöte der Habsburger in ihren Erbländern die katholische Liga − sie hätte sich hierfür keinesfalls mobilisieren lassen müssen. Aus Böhmen flog der sprichwörtliche Funken heran, der das Pulverfass zum Explodieren brachte. Seriöse Kriegsursachenforschung muss aber, um im Bild zu bleiben, an der explosiven Mischung ansetzen, die das Reich zum entzündbaren Pulverfass gemacht hat, nicht die Lunte inspizieren. Anstatt alle Kraft auf die Einhegung der regionalen böhmischen Querelen und die Abschirmung des Reiches von diesem Krisenherd zu verwenden, ließen sich die konfessionspolitischen Lager des polarisierten Reichsverbands sukzessive in die böhmischen Auseinandersetzungen hineinziehen. Die Unionsfürsten sympathisierten eben 1618/19 nicht mit einem von seinen Untertanen bedrängten hochadeligen Standesgenossen, dem Habsburger. Sie sympathisierten vielmehr mit den aufbegehrenden Glaubensgenossen,25 und der Direktor der Union, Friedrich V. von der Pfalz, ließ sich von ihnen zum neuen Böhmenkönig wählen. Die darniederliegende Liga revitalisierte sich und kam Ferdinand von Habsburg zu Hilfe − was kriegsentscheidend war. Dass Friedrich von der Pfalz, als frischgebackener König von Böhmen, nur einen Prager Winter erleben durfte, entschied im November 1620, in der ersten berühmten Schlacht des Dreißigjährigen Krieges, ein Triumph der Ligatruppen. Der Bayernherzog persönlich hatte den Schlachtruf ausgegeben: „Maria!“ So hallten denn die Hänge des Weißen Berges am 8. November wider vom tausendfach ausgestoßenen „Maria“, „Maria“, „Sancta Maria“. Die geschlagenen Verteidigungstruppen unterstanden jenem Christian von Anhalt, den wir schon am Niederrhein angetroffen haben.

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Die Anlässe waren zwar böhmisch. Aber die regionalen Querelen dieses Königreiches weiteten sich rasch zu Kämpfen zwischen Deutschlands Katholiken und Protestanten aus.

Kann die moderne Politik aus dem damaligen Desaster lernen?26 Dass sich das Reich, nachdem es 1610 und 1614 zweimal (und nicht aus eigener Kraft!) um Haaresbreite an einem großen Krieg vorbeigeschrammt war, in die regionalen böhmischen Querelen hineinreißen ließ, sagt etwas über den Zustand dieses politischen Systems aus. Der Reichsverband war nach 1555 eine Zeitlang unterwegs gewesen zu integrativer Verdichtung über weltanschauliche Gräben hinweg, aber am Ende relativierten nicht die systemimmanenten politischen Sachzwänge den konfessionellen Dissens, sondern das doppelte Wahrheitsmonopol schüttelte ihm nicht frommende Zwänge ab. Deren Sachlogik war indes unabweislich, das politische System wurde blockiert und trudelte dann in den dreißigjährigen deutschen Konfessionskrieg. Ist der Augsburger Religionsfrieden an allem schuld? Die Berufspolitiker an den westfälischen Kongressorten waren davon überzeugt. Deshalb haben sie den Ersten Religionsfrieden von 1555 sehr wortreich kommentiert, modifiziert, korrigiert. Die den Zweiten Religionsfrieden einleitenden Passagen diagnostizieren: „Praesenti bello magnam partem gravamina, quae inter utriusque religionis electores, principes et status imperii vertebantur, causam et occasionem dederunt“ − Ursache wie Anlass des Dreißigjährigen Krieges seien überwiegend jene „Gravamina“ gewesen, die katholische und evangelische Reichsstände einander vorzuhalten pflegten. Lateinisch „Gravamina“ heißt einfach „Beschwerden“. Das allein erklärt nichts. Die Konfessionsparteien der Jahrzehnte vor und um 1600 pflegten einander in ellenlangen Listen wieder und wieder

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unhaltbare bösartige Verdrehungen des Religionsfriedens vorzuwerfen. Diese Beanstandungslisten nannten sie ihre „Gravamina“. So, jetzt sollten wir den zitierten Satz verstehen. Die Diagnostiker von 1648 sagen damit: Der Dreißigjährige Krieg brach als Konfessionskrieg aus, nämlich als Ringen um die rechte Auslegung des Ersten Religionsfriedens. Die politische Friedenskonzeption von Augsburg eilte ihrer Zeit in der Tat in manchen Hinsichten zu weit voraus. Ob sie gerade deshalb für die moderne Politik von Interesse sein kann? Verschiedene Dauerkonflikte, nicht nur der im Nahen Osten, entwickelten sich in den letzten Jahrzehnten vom Gegeneinander der Nationalismen zunehmend, auf dem Wege einer eminenten Re-Politisierung des Religiösen, zum Gegeneinander religiöser Fundamentalismen. Fundamentalisten lehnen Kompromisse ab − der Augsburger Text erwuchs großer Verhandlungs- und auch einer gewissen Kompromissbereitschaft. Fundamentalismen akzeptieren keine Grenzen − der Religionsfrieden versuchte die vielfältigen Besitz­ ansprüche beider Seiten gegeneinander abzugrenzen. Der Augsburger Religionsfrieden versuchte zu erreichen, was derzeit vielerorts auf der Erde als so dringlich erachtet wird: religiösem Dissens seine politische Brisanz zu nehmen. Allerdings erwies sich der Augsburger Ansatz, das ausschließlich auf dem Wege der Verrechtlichung des Dissenses zu versuchen, als nicht dauerhaft tragfähig. Es gab 1555 gar keine realistische Alternative zum Versuch, den Wahrheitsdissens durch seine Verrechtlichung politisch handhabbar zu machen − durch seine Privatisierung politisch neutralisieren konnte man ihn nämlich nicht. Denn die Säkularisierung des einst christlichen Abendlandes, ob wir sie nun ideengeschichtlich als Siegeszug der Toleranz beschreiben oder aber soziologisch als Ausdifferenzierung verschiedener Lebensbereiche: Sie stand 1555 erst noch bevor. Sie vollzog sich auf langen und nicht immer gradlinigen Wegen, aber zwei Schübe, die nicht in strikter Scheidung aufeinander folg-

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ten, sondern gleichsam eine gemeinsame zeitliche Schnittmenge aufweisen, sind hierbei besonders wichtig gewesen: Jene Konfession, die einst alle Lebensbereiche vollständig imprägniert hatte, wurde zunächst einmal zu einem öffentlich relevanten Teilbereich gesellschaftlicher Wirklichkeit neben anderen, wie dem Recht oder der Politik, die eigenen Sachlogiken folgen durften − im Fall der Politik der schon um 1620 geläufigen, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts inflationär beschworenen „Staatsräson“. In einem zweiten lang gestreckten Schritt wurde die Konfession sodann einer Privatsphäre zugeordnet, in die die öffentliche Hand gar nicht mehr hineingreifen sollte − Kehrseite dieser neuen Freiräume war eine gewisse Einbuße an öffentlicher Relevanz. Jene „aufgeklärten“ intellektuellen Eliten des 18. Jahrhunderts, die die Weltanschauung zunehmend zur Privatsache erklärt haben, pochten ferner auf Respekt vor Teilwahrheiten und Heilschancen abweichender Glaubensbekenntnisse. Wenn auch andere Religionen Teilwahrheiten enthalten, der Mensch womöglich überhaupt nur Teilwahrheiten erhaschen kann,27 ist die Ausrottung anderer Weltanschauungen nicht mehr sittlich geboten, sondern bei der Wahrheitssuche kontra­ produktiv. Wenn jeder seines (irdischen und womöglich ewigen) Glückes Schmied ist, enthebt das den Staat seiner Verantwortung dafür. Jenes Seelenheil der „schäfelein“, das zentrales Anliegen staatlicher Politik im Konfessionellen Zeitalter gewesen war, kann nun der Privatsphäre zugewiesen, damit aus dem Raum des Politischen verbannt werden. Das Staatswohl definiert sich ohne Rücksicht aufs ewige Wohl der Bevölkerung. Politik, Recht, Glauben; öffentlicher Raum und Privatsphäre: Erst solche Segmentierungen erlauben es, die Suche nach Heilswahrheiten dem individuellen Gewissen aufzubürden und das ewige Wohl der Bevölkerung aus den Staatszielen auszuscheiden (womit es auch nicht mehr auf dem Gewissen der Obrigkeit lastet und weshalb es zu befördern nicht mehr als ihre vornehmste Amts-

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pflicht gilt). In heutigen westlichen Ländern sind solche Ausdifferenzierungen so selbstverständlich, dass wir Weltanschauungen, die sie nicht zur Kenntnis nehmen oder akzeptieren wollen, als „fundamentalistisch“ bezeichnen. Indes waren solche Ausdifferenzierungen in den Jahrzehnten um 1600 nur in Weniger Augen legitim. Es gehört zu den avantgardistischen Zügen der Augsburger Ordnung, dass die „Politici“ von 1555 (eigentlich war der mentale Durchbruch schon drei Jahre zuvor in Passau erfolgt) die Bewältigung des Konfessionsdissenses selbstbewusst in ihre Hände nehmen zu dürfen meinten. Aber hinter dieses Modernitätslevel fielen selbst große Teile der Eliten eine Generation später wieder zurück. Seit den 1580er Jahren grassiert in den Flugschriften28 der Vorwurf der Hybris, was die „Politici“ 1555 versucht hätten, sei anmaßend gewesen, nicht „ihres ambts“, illegitim. Politik überhebe sich, wenn sie mehr sein wolle als „Ancilla theologiae“. Und für das Gros der nicht alphabetisierten oder gar publizierenden Menschen dürften die angedeuteten Ausdifferenzierungsprozesse zwischen verschiedenen ‚Sachgebieten‘ noch nicht einmal denkbar gewesen sein. Auch eine konsequente Scheidung von öffentlichem Regelbereich und privatem Rückzugsraum hätten sie sich nur schwer vorstellen können. Die allermeisten Politiker der Jahre um und nach 1600 waren nicht mit sich im Reinen, wenn sie nicht der Wahrheit zum Sieg zu verhelfen und das Seelenheil möglichst vieler Menschen zu ermöglichen suchten: Dieses Kernproblem des konfessionell gespaltenen Reiches konnte der Religionsfrieden nicht neutralisieren. Insofern hat er weniger den Konfessionsdissens als den Diskurs über ihn verrechtlicht. Die Konfessionsparteien der Jahrzehnte um 1600 kämpften nicht wirklich um Rechtspositionen, sondern im Dienste der von ihnen exklusiv besessenen universalen Wahrheit, sie kämpften um Seelen. Weil aber 1555 besiegelt worden war, dass der diskursive Aus-

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tausch mit dem Widerpart auf der Bühne der Reichspolitik in den Begrifflichkeiten des Rechts erfolgte, weil die 1555 festgelegte diskursive Währung Paragraphen des Religionsfriedens auf die Verhandlungstische packte und nicht Glaubensartikel, hatte man die eigenen Wahrheiten als einzig wahre Auslegungen der Augsburger Ordnung zu verfechten. Den damaligen Akteuren zu unterstellen, dass sie den Religionsfrieden dabei zynisch missbraucht, dass sie einfach verlogene Schlagworte vor sich hergetragen hätten, wäre unangemessen − nicht, weil Menschen des Konfessionellen Zeitalters edler und wahrhaftiger gewesen wären als der kapitalistische Homo oeconomicus (wer wollte das ermessen!); aber weil bei ihnen Recht, Politik und Theologie − in modernen Augen verschiedene Sachgebiete mit ihren je eigenen Sachlogiken − eben völlig ineinander verschränkt waren. Diese Menschen fochten für viel mehr als ‚nur‘ für Rechtspositionen, doch spricht nichts dafür, dass sie nicht davon überzeugt gewesen wären, dass das Recht auf ihrer Seite stand. Sie kämpften für ihr gutes Recht, von dem sie schon deswegen nicht abrücken konnten, weil es auf ihre Wahrheit und ihre Gerechtigkeit verwies. Weil man mit jeder Nachgiebigkeit auf dem juristischen Kampfplatz Seelenheil verspielte, konnte man nicht „durch die finger sehen“, wie das die Jahrzehnte um 1600 formulierten, konnte man, modern gesagt, nicht einfach bisweilen „alle Fünf grade sein lassen“, musste man vielmehr unerbittlich auf seinen Paragraphen herumreiten. Eben deshalb wirkte die „Verrechtlichung“ eines zentralen Problems der Reichspolitik in diesem Fall nicht befriedend. Die 1555 ausgeklammerte Wahrheitsfrage drängte eine Generation später machtvoll in die gelehrten und in die politischen Diskurse zurück. Es wurde immer schwieriger, einen Kernbereich reichspolitischen Aushandelns und reichspolitischen Krisenmanagements gegen das anbrandende Wahrheitsproblem, die Kon-

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kurrenz eines doppelten, je exklusiven Wahrheitsmonopols abzuschirmen. Die Verrechtlichung des Konfessionsdissenses mündete in die Abdankung der Politik zu Gunsten der Rechthaberei. Ob man wirklich aus der Geschichte − oder doch nur aus eigenen Fehlern lernen kann? Lernen wir aus der Geschichte, dass haltbare interkonfessionelle Friedensschlüsse nur zwischen Bekenntnisgemeinschaften möglich sind, die ihre Phase von „Aufklärung“ durchlaufen haben? Setzen sie eine individualistische, liberal impräg­nierte Anthropologie voraus? Die Rubrizierung als „liberal“ meint in diesem Fragesatz kein bestimmtes, natürlich erst recht kein aktuelles Parteiprogramm! Gemeint ist jene lange, auf Adam Smith und andere Theoretiker des 18. Jahrhunderts zurückgehende Denk­tradition, die jedem Individuum „the pursuit of happiness“ zubilligt, jedem Individuum das Recht einräumt und die Bürde zumutet, „seines eigenen Glückes Schmied“ zu sein. Um nach dieser Begriffsklärung wieder zu unserem Fragesatz zurückzukehren: Setzen interkonfessionelle Friedensschlüsse Gesellschaften mit liberal imprägnierter Anthropologie voraus, die − mit vielen anderen Lebensbereichen − auch die Weltanschauung gleichsam privatisiert (oder doch, wie beispielsweise in Deutschland, jedenfalls teilprivatisiert) haben? Wissenschaftlich stringent beantworten kann Geschichtsschreibung solche Fragen nicht, sie kann sie nur aufwerfen.

Anmerkungen 1

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Vgl. viel ausführlicher Axel Gotthard, „Luthers Thesen und die Folgen. Deutsche Geschichte im Zeichen der konfessionellen Polarisierung 1517–1648“ im Internetportal der Bundeszentrale für politische Bildung (www.bpb.de/ reformation). Eines der Unterkapitel bei „Wirkungen und Fernwirkungen der Reformation“ thematisiert „Konfession und Kultur“. Zwei Beispiele, mit knappen Bildinterpretationen: Gotthard 2016, S. 18–22; ausführlich zur evangelischen Seite: Brückner 2007.

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Überblick über alle Problemzonen von 1555: Gotthard 2013, S. 52–57. Viel ausführlicher: Gotthard 2004. Ich muss hier etwas abkürzen, habe mich mit der Sprengung des Reichstags von 1608 wiederholt beschäftigt; zuletzt: Gotthard 2016, S. 30–33. Luhmann 1989, S. 117 bzw. S. 121. Ebd., S. 21. Vgl. zu diesem wenig bekannten Sachverhalt Gotthard 1995, besonders S. 65–78. Johann Sigismund von Brandenburg an Johann Georg von Sachsen, 10. April 1614 (Or.), Hauptstaatsarchiv Dresden Locat 7384 Dritte Buch Churfürstlicher Vereinigung und Verbrüderung 1611–1652, f. 25–27. Vgl. auch Johann Sigismund an Friedrich V. von der Pfalz, 10. April 1614 (Or.), Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kasten schwarz 10101, f. 399. Erklärung des Berliner Emissärs Daniel Matthias lt. Protokoll der Dresdner Beratungen vom November 1617 (mit sächsischer, pfälzischer und brandenburgischer Beteiligung sowie der des kaiserlichen Gesandten Johann Georg von Hohenzollern), Hauptstaatsarchiv Dresden Locat 10677 Ander Buch Succession am Römischen Reich, f. 318. „Vertrauliches Schreiben aus Regensburg“, 29. April 1608, Stieve 1895, Nr. 161. Abdr. der Satzungen: Lorenz 1991, Nr. 6 bzw. Nr. 12. Nämlich Großhofmeister Johann Albrecht von Solms; an Benjamin Bouwinghausen, 18. Januar 1617, Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kasten blau 89/5. Mainzer Gutachten, wohl aus der Feder des Kurfürsten selbst, von 1611, zit. nach Litzenburger 1985, S. 266. Johann Schweikhard von Mainz an Melchior Khlesl, 17.Dezember 1612, Chroust 1906, Nr. 318. Guarino 2014, S. 55. Instruktiv für das notorische Bedrohungs- und Überlastungssyndrom an der Hofburg Höbelt 2008. Anders Johannes Burkhardt, der den Dreißigjährigen Krieg unter anderem mit diesem Argument wiederholt als „Staatsbildungskrieg“ charakterisiert hat. Ich will mich mit dieser strukturgeschichtlichen Kategorie hier nicht weiter auseinandersetzen, vgl. stattdessen Gotthard 2016, S. 292–296. Ferdinand als „tyrant“ zu charakterisieren, „had become common in domestic debates“ der Stockholmer: Piirimäe 2014, S. 79. Man wollte den sezessionistischen niederländischen Nordprovinzen ihre merkantilen Lebensadern abschneiden; pointiert gesagt, provozierte Habsburg in der Absicht, dem Achtzigjährigen Krieg eine Wendung zu geben, eine Fortsetzung des Dreißigjährigen Krieges. Vertrag von Schwäbisch Hall, 12. Februar 1610, Lünig 1711, S. 278–282.

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21 Übrigens interpretierte er die Auseinandersetzungen, eindeutiger als die moderne Forschung, als konfessionell motiviert. Es drohten „extensiones in exstirpationem plenam catholicae religionis“, in Böhmen wie danach im Reich. − Ich will hier keine Wahrnehmungsgeschichte des Prager Fenstersturzes bieten, vgl. nämlich Gotthard 2014, Kapitel B: ‚Guerra di stato‘ oder ‚guerre de religion‘? Zur Wahrnehmung des böhmischen Aufstands in Europa. 22 So referiert der Nebenabschied des Heilbronner Unionstags, 8. Mai 1618 (Or.), Hauptstaatsarchiv Stuttgart A90A tom. 19, f. 285–287. 23 Die Zitate: Protokoll der Rothenburger Beratungen, Hauptstaatsarchiv Stuttgart A90A tom. 20, f. 474–538; Instruktion der Ulmer, 10. September 1618 (Entwurf), Stadtarchiv Ulm A1338, Nr. 3866. 24 Vgl. aus einer reichhaltigen Literatur zuletzt Begert 2003. Ich werde das Verhältnis Böhmens zum Reichsverband demnächst in der Verwaltungsgeschichte Österreichs analysieren, im Kapitel „die habsburgischen Erbländer als Teile des Alten Reiches“. 25 In der Sprache der Unionstagsprotokolle verdichtet sich die zeitgenössische Sinnsuche und Sinnzuweisung in einem Topos: Es handle sich in Böhmen um eine „religion sach“, versicherten sich die Auhausener inflationär, sei keine „region sach“, kein säkularer Machtkampf. 26 So fragte ich schon in anderen Zusammenhängen, insofern können die folgenden Abschnitte, von einigen Erläuterungen und auch einigen Ergänzungen abgesehen, nichts völlig Neues bieten. 27 Weil wir uns hier geistesgeschichtlich in einer anderen Epoche bewegen, sind vielleicht sparsame Erläuterungen angezeigt. Schon die Protagonisten des Deismus pflegten − um es in der hier notwendigen Verknappung salopp zu sagen − die verschiedenen Weltreligionen auf ihre vermeintlichen Goldnuggets hin abzuklopfen. Die zweite Kursivsetzung mag ein Lessing-Zitat illustrieren: „Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit und in seiner Linken den einzigen immer regen Trieb nach Wahrheit, obschon mit dem Zusatze, mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte und spräche zu mir: Wähle! Ich fiele mit Demut in seine Linke und sagte: Vater, gib! Die reine Wahrheit ist ja doch nur für Dich allein!“ 28 Ginge man mehr in die Details, ergäben sich, natürlich, konfessionsspezifische Unterschiede. Auf evangelischer Seite hatte der Religionsfrieden lange Zeit eine ‚gute Presse‘, hier kenne ich Fundamentalkritik erst aus den Kriegsjahren. Auch frohgemute Bekenntnisse (!) zu mangelnder Vertragstreue waren lange Zeit eine ‚katholische Spezialität‘. Hingegen begegnet der Vorwurf (!), der Widerpart halte sich nicht an einmal getroffene Verabredungen, schon in der Vorkriegspublizistik gewohnheitsmäßig auf beiden Seiten.

Die protestantische Union 1608–21 Ein regionales Verteidigungs- oder antikaiserliches Offensivbündnis? Stefan Ehrenpreis

Bündnisse in der Reichspolitik des 16. Jahrhunderts

I

m Laufe des 16. Jahrhunderts hatte es immer wieder Einungen und Gründungen von Bünden durch deutsche Fürsten gegeben, die der Reichsverfassung durchaus entsprachen, solange sie sich nicht gegen Kaiser und Reich richteten. Einige davon hatten das Wohlwollen der habsburgischen Kaiser gefunden – so etwa der Schwäbische Bund (1488–1534) oder auch der Landsberger Bund (1556–1599). Diese Bünde waren föderale Organisationen zur Landfriedenssicherung und standen in Traditionen ähnlicher Vereinigungen des Spätmittelalters.1 Daneben wurden jedoch im Zuge der Auseinandersetzung um die Religionsfrage auch bereits in der ersten Jahrhunderthälfte Bündnisse zur Verteidigung der eigenen konfessionellen Position gegen andere gegründet. Der mit Abstand wichtigste war der Schmalkaldische Bund (1531–1546/47) der protestantischen Fürsten und Reichsstädte zur Verteidigung der reformatorischen Veränderungen in ihren Gebieten.2 Kaiser Karl V. sah diese Vereinigung als politisch-militärischen Gegner an und führte bei günstiger Gelegenheit 1547/48 den „Schmalkaldischen Krieg“ gegen sie, der mit seinem Sieg und der Gefangennahme der fürstlichen Oberhäupter des Bundes endete. Mit diesem Ausgang des Konflikts waren zukünftige Bestrebungen protestantischer Sonderbündnisse im Reich zunächst diskreditiert, erst recht nach dem

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Abschluss des Augsburger Religionsfriedens von 1555, der den Religionskonflikt durch Kompromiss still zu stellen beanspruchte. Die nachfolgende Gründung des Landsberger Bundes suchte dann auch, sich einen überkonfessionellen Anstrich zu geben und lud neben etlichen geistlichen ausdrücklich auch protestantische Reichsstände zum Beitritt ein, was beispielsweise die Reichsstadt Nürnberg ebenfalls tat.3 Im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts schoben sich jedoch innerhalb der protestantischen Gruppe unter den Reichsständen andere Kooperationsformen in den Vordergrund, insbesondere in Verbindung mit dem europäischen Ausland. Vor allem die Kurpfalz, Württemberg und Hessen schufen enge diplomatische Kontakte mit protestantischen Eliten in Frankreich und der niederländischen Republik. Seit den 1570er Jahren griff Pfalzgraf Johann Casimir mehrfach mit militärischer Hilfe für die Hugenotten in den französischen Bürgerkrieg ein, engagierte sich im gescheiterten Kurkölner Reformationsversuch von 1582 und kämpfte gemeinsam mit niederländischen Truppen gegen die ins Rheinland einfallende spanisch-flandrische Armee. Auch am Oberrhein kam es zu Abwehrmaßnahmen der lutherischen Reichsstände Württemberg, Baden und der Reichsstadt Straßburg gegen die mit Rekatholisierungsabsichten einhergehenden Einfälle der französischen katholischen Liga unter der Führung Lothringens.4 Seit den 1590er Jahren wurde die Idee eines umfassenden europäischen Bündnisses der protestantischen Mächte unter Einschluss der protestantischen Reichsstände konkreter. Dieses kam zwar tatsächlich nie zustande, da die außenpolitischen Interessen Frankreichs, Englands, Schottlands und der Niederländischen Republik nie nur konfessionell bestimmt waren.5 Das Bestreben war jedoch in zweierlei Hinsicht folgenreich: Zum einen öffnete es über den Zeitraum von drei Jahrzehnten hinweg für die protestantischen Reichsstände immer wieder mögliche Optionen, die es auszuloten galt. Zum

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anderen riefen die außenpolitischen Aktivitäten Bedrohungsszenarien bei den katholischen Reichsständen hervor, die deren Konfliktbereitschaft zumindest zeitweise immer wieder erhöhte und sie ihrerseits europäische Bündnispartner suchen ließ. In den Jahren vor 1608 erzeugten die europäischen Bündnismöglichkeiten auch unterschiedliche strategische Optionen für ein protestantisches Ständebündnis. Während eine defensiv eingestellte Gruppe der protestantischen Reichsstände eher an eine Zusammenarbeit nur innerhalb des Reiches dachte, war eine offensivere Gruppe an der europäischen Variante interessiert, womit sich freilich eine größere politische Dimension und damit ein größeres Risiko und eine erhöhte finanzielle Verpflichtung verband. Zugleich stieg auch mit der internationalen Dimension die Abhängigkeit der relativ schwachen Reichsstände von ungleich größeren europäischen Monarchien. Die Diskussion um ein europäisches versus eines rein deutschen Bündnisses beherrschte daher von Anfang an die politische Debatte in der Union bis hinein in die Krise von 1618.

Gründungsgeschichte und Mitgliederinteressen Die langen Verhandlungen zu einem neuen gemeinsamen Bündnis der Protestanten im Reich kamen anlässlich des Reichstags 1608 zu einem Abschluss, der mit dem Scheitern des Reichstages zusammenhing. Die Acht über die Reichsstadt Donauwörth und deren Exekution durch Bayern, die unerledigten Religionsprozesse vor dem Reichskammergericht, die päpstliche Unterstützung für die Rekatholisierungsversuche der Ordensleitungen, die Kompetenzausweitung des kaiserlichen Reichshofrats und die Unmöglichkeit, auf dem Reichstag eine Übereinkunft in Fragen der Interpretation des Augsburger Religionsfriedens zu finden, förderten einen schon länger debattierten Zusammenschluss protestantischer Reichsstände in einem Verteidigungsbündnis. Die Gründung eines Zusam-

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menschlusses protestantischer Reichsstände sollte auch den europäischen Mächten als Zeichen dienen, dass ihre Partner im Reich eine ernst zu nehmende Größe darstellten. Neben den ungelösten Problemen der Reichsverfassung und einer drohenden katholischen Allianz von Madrid, dem Papst und katholischen Reichsständen unter Führung Bayerns waren im Frühjahr 1608 aber auch positive Signale hörbar, vor allem die Entstehung einer protestantischen Opposition unter den Landständen des österreichisch-habsburgischen Länderkomplexes. In der Gründungsphase der Union lassen sich deutlich zwei gemeinsam agierende Aktionszentren feststellen, einmal der Heidelberger Hof als treibende Kraft einer Einigung deutscher Protestanten als Teil einer „protestantischen Internationale“ mit stark reformiert-calvinistischem Charakter. Andererseits spielte der Herzog von Württemberg eine ähnlich wichtige Rolle als Überwinder der zaudernden Haltung unter den eher defensiven protestantischen Reichsfürsten und Reichsstädten, denen an einem Erhalt der Reichsverfassung und einer „Komposition“ mit der Mehrheit der ebenfalls defensiven katholischen Reichsfürsten gelegen war. Der Stuttgarter Hof konnte sich das Vertrauen der lutherischen Kräfte, die nicht der kaiserloyalen sächsischen Linie folgten, erhalten und stellte einen Garant für ein erfolgreiches Krisenmanagement dar.6 Das Gründungsdokument wurde am 14. Mai 1608 im ansbachischen früheren Kloster Auhausen von der Kurpfalz, Württemberg, Brandenburg-Ansbach, Brandenburg-Kulmbach/Bayreuth, BadenDurlach und Pfalz-Neuburg unterzeichnet. Bis 1610 traten Kurbrandenburg, Hessen-Kassel, Pfalz-Zweibrücken, Anhalt sowie Oettingen und die Reichsstädte Straßburg, Nürnberg (mit vier kleineren fränkischen Reichsstädten), Ulm (mit acht kleineren schwäbischen Reichsstädten), Speyer und Worms hinzu. 1617 trat Pfalz-Neuburg nach längerer Inaktivität aus der Union aus, da Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm zum katholischen Glauben übergetreten war.

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Widmen wir uns zunächst der konfessionellen Zusammen­ setzung. Unter den Gründungsmitgliedern waren fünf lutherische, aber nur ein reformiert-calvinistischer Fürst. Letzterer, der Pfälzer Kurfürst, war allerdings das einzige Mitglied aus der ranghöchsten Kurie des Reichstags. Die Mitgliederzahl stieg im Laufe der nächsten beiden Jahre auf 28 an, wovon vier (Kurpfalz, Pfalz-Zweibrücken, Hessen-Kassel und Anhalt) reformiert waren. Das hinzugekommene zweite Mitglied aus der Kurie der Kurfürsten, der brandenburgische Landesherr, trat zwar 1613 zum reformierten Glauben über, spielte jedoch aus Gründen, die unten behandelt werden, dann keinen sehr aktiven Part mehr in der Union. Die reformierte Gruppe spielte also rein quantitativ keine große Rolle, sondern eine Mehrheit war fest in der lutherischen Konfession verankert. Obwohl die aktive Führungsgruppe der Union in den Quellen oft als „calvinisch“ bezeichnet wird, ist dies kein eigentlich religiös konnotierter Begriff, sondern zielte auf eine aktive Rolle dieser Gruppe in der europäischen Bündnispolitik und in den Änderungsentwürfen für die Reichsverfassung.7 Die Spannungen zwischen Lutheranern und Calvinisten im Reich und in der europäischen Politik schlugen sich auch in der Gründungsakte der Union nieder, in der allen Untertanen der beteiligten Territorien (gedacht waren offensichtlich vor allem die Prediger) ein Hetze gegen die andere Konfession verboten und nur theologische Fachdebatten erlaubt blieben.8 Gegen Widerstände unter den Kirchenleitungen und den Landständen einiger lutherischer Mitgliedsgebiete, beispielsweise in Württemberg und Pfalz-Neuburg sowie in den Reichsstädten Ulm und Nürnberg, hielten die Obrigkeiten am protestantisch-übergreifenden Bündnis fest und setzten die Prärogative des politischen Diskurses durch. Dies kam gelegentlich auch im höfischen Zeremoniell zum Ausdruck: Anlässlich der Heirat 1612 zwischen dem reformierten Prinzen Otto von Hessen-Kassel mit einer lutherischen baden-durla-

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chischen Prinzessin einigten sich die fürstlichen Väter auf die zukünftige Teilnahme der Braut an den öffentlichen reformierten Gottesdiensten in Kassel. Privat durfte sie jedoch weiter ihre lutherischen Bücher benutzen.9 Im Zeichen zunehmender reichspolitischer Spannungen feierten Lutheraner und Reformierte 1617 sogar das einhundertjährige Reformationsjubiläum gemeinsam.10 Eine wichtige Rolle bei der Bedeutung der Mitgliedschaft spielte neben der Religionsfrage auch die Ständehierarchie. Hier dominierten die Reichsfürsten, die sich analog der Geschäftsordnung des Reichstages eine Prärogative gegenüber den Städten verliehen. Im Gegensatz zu den Verfahren auf dem Reichstag bildeten jedoch die beiden Kurfürsten in der Union formal keine gesonderte Kurie, sondern reihten sich in die Fürstengruppe ein. Durch ihre Funktion als Direktor der Union erhielt jedoch die Kurpfalz eine Sonderposition, die auf ihrer besonderen Bedeutung in der jahrelangen Vorbereitungsphase beruhte. Im alltäglichen Procedere der Unionstage und bei ihren vorbereitenden Treffen spielte der Vorrang der Kurpfalz gegenüber anderen aktiven Mitgliedern wie Württemberg, Baden oder Ansbach keine Rolle. Eine gesonderte Position unter den Mitgliedern spielten die Grafen, die als finanzschwache und politisch kaum ins Gewicht fallende Gruppe keinen großen Einfluss entfalten konnten. Im Laufe des späten 16. Jahrhunderts war jedoch die Gruppe der Wetterauer Grafen größtenteils zum Calvinismus übergewechselt und orientierte sich nach 1600 auf die Kurpfalz, in deren Ratsdienste eine Reihe von Grafen eintraten. Ihre Funktion war also mehrheitlich die einer Klientelgruppe für das Direktorium, obwohl die Wetterauer selbst nicht Mitglied der Union wurden sondern eine ganze Reihe einflussreicher Berater stellten. Eine besondere Motivlage zum Beitritt spielte auch bei den Reichsstädten, die alle lutherisch regiert wurden, eine Rolle. Neben der Befürchtung, ähnlich wie die Reichsstadt Donauwörth durch

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die Rekatholisierungsbemühungen des kaiserlichen Reichshofrats die Unabhängigkeit zu verlieren, hatten die reichsstädtischen Eliten Angst vor einer Revolte der eigenen Bürger gegen ihr oligarchisches innerstädtisches Machtmonopol und suchten Verbündete, um gegen Umsturzversuche, wie sie in Köln 1610 oder in Frankfurt 1612 geschahen, gewappnet zu sein.11 Für Nürnberg lässt sich außerdem noch ein regionales Zusatzinteresse nachweisen: Mit dem Beitritt suchte man das Verhältnis zum Nachbarn Brandenburg-Ansbach zu verbessern, das durch lokale Gebietsstreitigkeiten seit langen Jahrzehnten erheblich angespannt war.12 Im Schlepptau der größeren Städte schlossen sich zahlreiche kleinere fränkische und schwäbische Reichsstädte der Union an. Um die Gefahr der Zweitrangigkeit trotz größter Finanzverpflichtung zu umgehen, wollten die Städte eine Gleichrangigkeit mit den Fürsten bei Abstimmungen erreichen, was jedoch nicht gelang.

Organisation und Finanzierung Mit der Gründung wurde die bereits zuvor geübte politische Praxis, sich zu politischen Gesprächen unter protestantischen Reichsfürsten oder ihren Vertretern zu treffen, in ein regelmäßig tagendes Institut überführt, die „Unionstage“, die mindestens halbjährlich abgehalten werden sollten. Als erstes Ziel des Bündnisses wurde die gegenseitige Hilfe bei einem Angriff auf ein Mitglied verabredet, daneben aber auch die „Aufrechterhaltung des Friedens und Einigkeit im Reich“ als Formel, die die unwiderrufliche Anerkennung des protestantischen Glaubens beinhaltete sowie alle als Übergriffe gekennzeichneten Rechtssprüche des Kaiserhofes in Religionssachen für obsolet erklärte. Zu diesen Zwecken wurde eine Kasse geschaffen, in der die Mitglieder je nach territorialer Größe und Leistungsfähigkeit analog der Reichsmatrikel eine Einlage einzuzahlen hatten, um militärische Defensivmaßnahmen

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finanzieren zu können. Im Verteidigungsfall sollten zusätzliche Zahlungen und Truppengestellungen zu leisten sein. Letzteres wurde mehrfach zum Streitpunkt: Wer statt Geld lieber Soldaten stellte, musste für deren genügende Ausstattung sorgen und sie einem Unions-Oberkommando unterstellen, was in konkreten Fällen umstritten war. Als organisatorische Zentrale fungierte ein gewähltes Direktorium, das die Kurpfalz übernahm, die damit einen erheblichen Einfluss auf die alltägliche Koordination politischer, finanzieller und militärischer Aktivitäten besaß. Diese Position hat ihr in der Unionsgeschichte niemand streitig machen wollen, da kein anderes Mitglied willens und fähig war, den Apparat dieses Direktoriums personell und organisatorisch schultern zu können. Die Bedeutung des Direktoriums kam in der herausragenden Stellung einiger kurpfälzischer Räte zum Ausdruck, die in der Unionspolitik führend engagiert waren. Vor allem Christian von Anhalt (1568–1630), hochadliger Leiter des kurpfälzischen Geheimen Rats, und Ludwig Camerarius (1573–1651), ein aus einer angesehenen Nürnberger Gelehrtenfamilie stammender Jurist13, spielten bei Gesandtschaften und auch internen Verhandlungen eine Hauptrolle. Allerdings hatten auch andere Unionsmitglieder gebildete Räte, die als langjährige Reichspolitiker sich besonders den Beziehungen ihrer Herren zur Union annahmen, wie etwa der württembergische Rat Benjamin Bouwinghausen.14 Wie weit das Direktorium die Politik der Union zu beeinflussen suchte, zeigte sich beispielsweise 1611, als in der chaotischen Spätphase und dem „Bruderzwist“ Kaiser Rudolfs II. der bayerische Herzog Maximilian mit der Union Fühlung aufnahm, um kriegerische Handlungen zu verhindern: Die Verhandlungen führten allein kurpfälzische Räte und ohne Rücksprache mit anderen Unionsmitgliedern.15 Dies führte zwar zu Kritik, wurde mangels Alternativen letztlich aber akzeptiert.

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Wie jedes Bündnis im Reich waren die Finanzfragen entscheidende Konfliktpunkte im Verhältnis der Mitglieder zueinander. Die Größenordnungen werden deutlich, wenn man einen internen Bericht vom September 1610 berücksichtigt: Nach dem Engagement der Union im Jülich-Klevischen Erbfolgestreit waren Kosten von 400.000 Gulden zu begleichen. Zur Abwicklung wurde ein gesonderter Ausschuss als „Kriegsrat“ eingesetzt, dem vier fürstliche und zwei städtische Vertreter angehörten. Am Ende zahlte beispielsweise die Reichsstadt Nürnberg einen Anteil von 80.000 Gulden (offiziell als Anleihe) gegen die Zusicherung, dass die Truppen nach dem eingetretenen Ende der Gefahr abgerüstet werden sollten.16 Fürstliche Mitglieder wie Kurbrandenburg und Pfalz-Neuburg hingegen waren mit ihren Beiträgen jahrelang rückständig, ohne dass eine Handhabe bestand, sie zur Zahlung zu zwingen. Die Finanzfrage wäre zu entschärfen gewesen, wenn weitere zahlungskräftige und -willige Mitglieder hätten gewonnen werden können. Der Union gelang es nach 1610 jedoch nicht mehr, den Kreis der Mitglieder entscheidend zu erweitern. Verhandlungen mit den welfischen Linien des Hauses Braunschweig führten zu keinem Erfolg, ebenso blieb Kursachsen auf Distanz, was für alle norddeutschen Protestanten eine erhebliche Belastung darstellte. So standen etwa die Fürsten von Anhalt unter erheblichem Druck des mächtigen Nachbarn, sich nicht allzu kaiserfeindlich zu zeigen.17 Die Zeitgenossen interpretierten die Dresdner Haltung als Folge des konkurrierenden Machtanspruchs der Kurpfalz und Kursachsens, den Protestantismus im Reich zu repräsentieren und anzuführen: „es ist ihnen mehr um’s Direktorium zu tun“, äußerte ein mit Unionssachen betrauter Jurist der Reichsstadt Kempten über das Problem, dass Sachsen mit Heidelberg hatte.18 Das Jahr 1617 stellt sich als Schlüsseljahr innerhalb der organisatorischen Strukturen dar: Das 1608 auf zehn Jahre geschlossene Bündnis musste verlängert und dabei mögliche Änderungen des

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Vertrages diskutiert werden. Ein Ergebnis war, dass sich das Kurfürstentum Brandenburg aus der Union faktisch zurückzog. Zwar wurde kein offener Austritt erklärt, aber kurbrandenburgische Vertreter nahmen an den Bundessitzungen nicht mehr teil. Im Gegensatz dazu bildeten die Kurpfalz, Brandenburg-Ansbach, Baden und Württemberg eine Kerngruppe, die politisch intensiv diskutierte und bei denen die Fürsten auch oft persönlich an den Korrespondenztagen der Union teilnahmen. Ein interessantes Beispiel für inoffizielle Treffen dieser Gruppe ist das Stuttgarter Fest anlässlich einer fürstlichen Kindstaufe im März 1614. Hier traten die Unionsfürsten auch in einem antikisierenden Theaterspiel gemeinsam auf.19 Die militärische Struktur der Union war lange Zeit eher gering. Es gab zwar eine Reihe von allseits anerkannten Regimentskommandeuren und Spezialisten für das Geschäft der Soldatenwerbung. Wie das Unionsgeneralat im Kriegsfall aber tatsächlich zusammengesetzt würde, blieb dem konkreten Fall überlassen. Erst in der unmittelbaren Krisensituation im Sommer 1619 wurden Beratungen zum Entwurf einer Kriegsratsordnung begonnen.20 Prompt stritt man sich über die konkrete Bestallung des Oberkommandos und der Kompetenzen gegenüber den Kommandeuren der Truppen, die einzelne Mitglieder aufzustellen beabsichtigten. Beachtenswert ist auch, dass einige Unionsmitglieder ihre politisch-militärischen Vorkehrungen zur Verteidigung nicht nur auf die Bündnispflichten, sondern auch auf ältere traditionelle Verbindungen aufbauten. So schloss Landgraf Moritz von Hessen-Kassel 1618 einen Beistandsvertrag mit dem benachbarten lutherischen Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel ab, der die gegenseitige militärische Hilfe zur Verteidigung beider Länder regelte und regionale Sicherungsmaßnahmen vorsah.21 Die der Union zugewandten Wetterauer Grafen organisierten ein auf regionalen Milizen beruhendes „Defensivwerk“, das für eine Truppenstellung für andere Zwecke ungeeignet war.22

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Ein weiterer Punkt des Scheiterns war die eigentlich vereinbarte Vertraulichkeit, zeitgenössisch „geheime Correspondenz“ genannt. Schon die Unionsgründung war über Mittelsmänner, die über Beziehungen an Höfen von Unionsfürsten verfügten, dem Kaiserhof bekannt geworden. Selbst die inneren Zwistigkeiten zwischen Fürsten und Städten auf den Unionstagen waren nicht geheim zu halten und zogen Abwerbeversuche katholischer Fürsten nach sich.23 Die über Jahrzehnte geübte Praxis der Diskussion zwischen der politischen Elite im Reich, unabhängig von Konfession und territorialen Interessen, war auch unter den angespannten Verhältnissen nach 1608 noch nicht ganz abgerissen.

Politische Strategien bis 1613 Die Situation des Jahres 1608 zeigt zwar keine unmittelbare existentielle Bedrohung des Protestantismus im Reich, jedoch kulminierten in diesem Jahr mehrere Szenarien, die dem Protestantismus im Reich seinen begrenzten Einfluss vor Augen führten. Das wohl wichtigste war das Scheitern des Reichstages bei dem Versuch, die konfessionellen Gegensätze abzumildern, die juristischen Streitfragen zu lösen und eine neue Türkensteuer zur Verteidigung gegen das Osmanische Reich für den Kaiser zu beschließen. Der Konflikt um die Acht gegen die Reichsstadt Donauwörth und deren Vollstreckung durch Bayern verhinderte eine Annäherung der oppositionellen protestantischen und der kaiserloyalen Fraktionen unter den Reichsständen. Die Streitpunkte schienen unüberbrückbar, die Reichszentrale durch den Konflikt zwischen Kaiser Rudolf II. mit seinen Brüdern gelähmt und chaotisch-unberechenbar zugleich. Die Unionsgründung entsprang bei den süddeutschen Mitgliedern dem Gefühl einer mehrfachen Bedrohung: durch die kaiserliche Rechtsprechung, durch katholische Offensiven insbesondere der Orden und durch Rom sowie durch eine europäische außenpoli-

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tische Situation, die nach Jahrzehnten protestantischer Erfolge nun Rückschläge sah. Zu letzterem zählt vor allem das in weiten Kreisen des Reiches – und auch bei einigen katholischen Fürsten – geteilte Bild der Weltmacht Spanien als einem aggressiven und nach „Universalmonarchie“ strebenden Faktor der europäischen Politik. Die mehrmaligen Vorstöße spanischer Truppen von den südlichen Niederlanden auf Reichsboden in Rheinland und Westfalen (1598/99, 1605, 1609) schienen dies zu bestätigen.24 Die spanischen Truppen hatten in ihrem zeitweiligen Besatzungsgebiet die Ausübung der protestantischen Konfessionen verhindert und in Wesel und Aachen große reformierte Gemeinden gewaltsam aufgelöst. Diese Sicht auf längerfristig wirkende Entwicklungen wurde auch nach 1608 noch durch neue Ereignisse weiter angefacht. Im Jahre 1610 drohte mit dem Pfälzischen Administrationsstreit ein neuer Hebel des Kaiserhofes, um Einfluss auf die Politik des wichtigsten Unionsmitglieds nehmen zu können. Für den minderjährigen Friedrich V., der nach dem Tod seines Vaters Kurfürst wurde, kam als nahester Verwandter der lutherische Herzog Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg als Vormund in Frage, der überdies als Erbprätendent im Jülich-Klevischen Erbfolgestreit für die Gunst Kaiser Rudolfs II. anfällig war. Alternativ wurde von der pfälzischen Regierung der reformierte Graf Johann II. von Zweibrücken vorgeschlagen, mit dem politische und konfessionelle Kontinuität gewahrt werden konnte. Letztere Regelung setzte sich schließlich durch, da der Kaiserhof durch den anhaltenden Bruderzwist zwischen Rudolf und Matthias lahmgelegt war. Ein anderer aktuell entstandener Konfliktstoff stellte die Union vor neue innere Probleme: der mit dem Aussterben der einheimischen Dynastie 1609 ausgebrochene Jülich-Klevische Erbfolgestreit. Aussichtsreiche Erbprätendenten waren zwei Unionsmitglieder: Kurbrandenburg und Pfalz-Neuburg. In der Anfangsphase des

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Konflikts schien sich Kaiser Rudolf II. der Lande bemächtigen zu wollen. Zur Abwehr entschloss sich die Union zu einer Unterstützung beider protestantischer Erbprätendenten mit eigenen Truppen und einem Hilfeersuchen an den französischen König, das die Kurpfalz übermittelte. Die Union stellte ein Heer von 5000 Soldaten zur Vertreibung des kaiserlichen Kommissars Erzherzog Leopold auf und auch der französische König Henri IV. musterte Truppen. Seine Ermordung kurz vor dem Aufbruch zum Feldzug verhinderte dann aber die französische Intervention, so dass stattdessen die Niederlande die erfolgreiche Belagerung der Hauptfestung Jülich unterstützten. Ein von Erzherzog Leopold im Elsass aufgestelltes Hilfsheer zerschlugen die Unionstruppen in einem raschen Feldzug im März und Mai 1610 – die einzige wirklich erfolgreiche militärische Tat des Bündnisses.25 Gleichzeitig vermittelte der hessische Landgraf Moritz eine Übereinkunft beider Erben, die Lande gemeinsam regieren zu wollen. Die Union hatte also nicht wenig zum Erbantritt der beiden protestantischen Mächte beigetragen, was Kurbrandenburg zum Eintritt in die Union bewog. Um die Konkurrenz zwischen diesen beiden Erbanwärtern nach dem vorläufigen Sieg nicht anzuheizen, beschloss die Union ab 1612, sich im Streit um die Erbfolge der reichen Länder am Niederrhein für neutral zu erklären, keines der beiden Mitglieder zu unterstützen und aus dem Streit resultierende militärische Konflikte nicht mehr als Bündnisfall anzusehen. Für Letzteres hatten besonders die Unionsstädte plädiert, da sie ansonsten eine unabsehbare Kostenexplosion befürchteten. Da sich die beiden Erb­ prätendenten einem Konflikt europäischen Ausmaßes gegenübersahen, in dem neben dem Kaiser und dem Papst auch die Großmächte Spanien, Frankreich und die Republik der Niederlande involviert waren, war es für die Union eine innere Notwendigkeit, sich nicht weiter zu engagieren. Allerdings entspannte sich die Lage nach 1614 durch eine faktische kaiserliche Anerkennung der Län-

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derteilung zwischen Kurbrandenburg und Pfalz-Neuburg und durch einen Waffenstillstandsvertrag zwischen Spanien und Den Haag. Durch den Übertritt Pfalz-Neuburgs zum Katholizismus war nun aber Berlin als einziger Erbanwärter der Union übrig geblieben und erhoffte sich eine stärkere Unterstützung durch die Union, die diese aber verweigerte, da die noch offene reichsrechtliche Situation unabsehbare Risiken barg, an die die Finanzkraft des Bündnisses nicht gebunden werden durfte. Kurbrandenburg fühlte sich daher im Stich gelassen und beendete stillschweigend die Mitarbeit, so dass die Union neben Pfalz-Neuburg ein weiteres Mitglied verlor. Im Ergebnis schwächten also die langfristigen Folgen des Erbfolgestreits die Union erheblich, weil ein innerhalb des Reiches ranghohes Mitglied die Bündnisverpflichtung einstellte und dies auch noch der wichtigste norddeutsche Partner gewesen war – die Union wurde endgültig ein rein süd- und südwestdeutsches Regionalbündnis.26 Bezeichnenderweise belieferten Nürnberger Waffenproduzenten beide Seiten, selbst die Spanier, mit militärischer Ausrüstung, wie die Kurpfalz beim Rat klagte, der jedoch nur oberflächliche Kontrollen der Waffenlieferungen unternahm.27

Die Union und die außenpolitische Situation in Europa Seit den 1570er Jahren suchte die Kurpfalz enge Verbindungen mit europäischen protestantischen Bündnispartnern und mischte sich mit Hilfstruppen insbesondere in den französischen konfessionellen Bürgerkrieg ein. Mit der Unionsgründung konnte man den europäischen Partnern nun ab 1606 eine attraktivere Bündnischance bieten. Gleichzeitig zahlten sich ältere persönliche Verbindungen zwischen kurpfälzischen, englischen, niederländischen und französisch-hugenottischen Politikern und Regierungsräten aus.28

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Seit im Jahre 1606 Pläne zu einer Heirat des pfälzischen Kurprinzen Friedrich mit der Tochter des englischen Königs Jakob I. auftauchten, hielt die pfälzische Unionspolitik an dieser europäischen Bündnisoption fest. Während eines Besuchs Christians von Anhalt am englischen Hof 1610 gab Jakob I. seine grundsätzliche Zustimmung zu Heirat und Bündnis, lehnte aber die angebotene Präsidentschaft über die Union ab.29 Im Frühsommer 1612 wurde ein sechsjähriges Bündnis zwischen Union und England geschlossen, das als Auftakt eines großen protestantisch-europäischen Bündnisses angesehen wurde. Ein Schwenk in der Außenpolitik des Königs zugunsten einer Annäherung an Spanien machten diese weitgespannten Pläne jedoch obsolet. Spanienfreundliche Haltungen und eine Instrumentalisierung protestantischer Verbindungen führten zu einer Fraktionierung am Londoner Hof, die die englische Politik bis in das erste Jahrzehnt des Dreißigjährigen Krieges kennzeichnete. Die diplomatischen Kontakte zwischen London und Heidelberg wurden nach 1612 auch nicht ausgebaut.30 Die Gruppe der protestantisch-aktiven Außenpolitiker Englands überzeugten den König jedoch, trotz unklarer Linie die Einwilligung zur kurpfälzischen Hochzeit nicht zu ändern und sich damit die Option auf eine protestantische Führungsrolle in Europa offen zu halten. So wurde die englische Prinzessin Elisabeth 1613 unter großem Pomp nach Heidelberg geführt und dort mit dem späteren Kurfürsten Friedrich V. verehelicht. Die Hochzeit stellte ein glanzvolles Fest des kurpfälzischen Hofes dar, der die Ebenbürtigkeit mit einer europäischen Dynastie bewies und den Führungsanspruch innerhalb des deutschen Protestantismus bekräftigte.31 Neben England war die Republik der Niederlande der zweite „natürliche“ Verbündete der Union. Seit dem Ausbruch der Revolte gegen die spanische Oberherrschaft 1568 hatten protestantische Reichsfürsten den Aufstandsführer Wilhelm von Oranien unterstützt, insbesondere seine dynastischen Verwandten des Hauses

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Nassau. Im Umfeld der Republikgründung 1576 gewährten die Kurpfalz und Hessen-Kassel Kredite und Söldnerwerbungen, wobei für die seit 1566 reformiert-calvinistische Kurpfalz auch konfessionelle Verbindungen – ähnlich wie bei der Hilfe für die französischen Hugenotten – eine Rolle spielten.32 Schon im Kurkölnischen Krieg 1583–1595 spielten die Niederländer aber auch umgekehrt eine Rolle als Mitkämpfer für die Sache protestantischer Fürsten im Westen des Reiches, was sich aus der dauerhaften Gegnerschaft zur spanischen Statthalterschaft in Brüssel erklärt. Freilich fand die niederländische Unterstützung ihre Grenzen in der Finanzierung und in ihren eigenen militärischen Interessen, die ein Engagement auf Reichsboden auf wenige feste Plätze am Niederrhein beschränkte. Nach dem Übertritt des französischen Königs Henri IV. zum Katholizismus 1589 wurden die Niederlande jedoch zum wichtigen Verbündeten aller europäischen Mächte, die gegen Spanien standen. Der niederländische Reichsgesandte Brederode wurde daher zu einem gesuchten Gesprächspartner von Hessen-Kassel und der Kurpfalz. Aus wirtschafts- wie außenpolitischen Gründen verband sich die Republik um 1600 außerdem mit den nordund ostdeutschen Hansestädten. Im Gegensatz zum expansionistischen Frankreich sahen viele Reichspolitiker die Niederlande als uneigennützigen Partner an.33 Zwei Beistandsverträge zwischen den Generalstaaten und der Union kamen zwar 1613/14 zustande, wirkten sich dann aber in der Böhmischen Krise nicht aus.

Der Weg in den Krieg Nach dem vorläufigen Ende des Jülicher Erbfolgestreits durch die Verträge Kurbrandenburgs und Pfalz-Neuburgs untereinander und mit Kursachsen setzte unter Kaiser Matthias eine kurzzeitige Beruhigung der reichspolitischen Lage ein, die von seinem Hauptberater Kardinal Khlesl durch eine „Kompositionspolitik“ zwischen

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protestantischen und katholischen Reichsständen genützt wurde. Die wirklichen Interessen der Politik Khlesls sind bis heute unklar; es ging ihm jedenfalls sicher auch um eine weitere Vertiefung der Spaltung der protestantischen Reichsstände in eine von Kursachsen geleitete Mehrheitsgruppe und eine kleine Minderheit unter kurpfälzischer Führung sowie um eine Isolierung der außenpolitischen Bündnisbestrebungen. Khlesl gelang es jedoch nicht, grundlegendes Vertrauen zu schaffen und das katholische Lager auf den Kaiser einzuschwören. Vielmehr behielt Bayern eine Sonderrolle als Beschützer der Reichskirche und als Bündnispartner für Spanien, was wiederum die süddeutschen Unionsmitglieder aufs Höchste alarmierte. Die Kaiserwahl nach dem Tod von Matthias 1619 brachte mit Ferdinand II. einen Habsburger auf den Thron, der sich von der Strategie seines Vorgängers abwandte und die Interessen seiner katholischen Klientel in den Mittelpunkt stellte. Als Sprengsatz für die Entwicklung hin zum großen Krieg erwies sich dann aber der Konflikt innerhalb der österreichisch-habsburgischen Länder. Im sich seit Sommer 1618 dramatisch verschärfenden Konflikt zwischen der habsburgischen Krone Böhmens und den dortigen oppositionellen Landständen zeigten sich zwei Elemente der aktiven antikaiserlichen Politik der Union: Man mischte sich energisch in die inneren Angelegenheiten der habsburgischen Länder ein, um die kaiserliche Position zu schwächen, und setzte dabei auch auf die Hilfe europäischer Mächte.34 Eine Schlüsselrolle spielte auf kurpfälzischer Seite dabei die Tatsache, dass man mit der Oberpfalz ein Böhmen unmittelbar benachbartes Territorium besaß und der dortige Statthalter Christian von Anhalt über herausragende Kontakte zur protestantischen Adelsopposition in den habsburgischen Ländern verfügte. Die Zusammenarbeit zwischen den Führern der österreichisch-böhmischen Landstände und dem Unionsdirektorium konnte über geheime direkte Kanäle vorbereitet werden. Auch innerhalb der aktivistischen Führungsgruppe gab es jedoch

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unterschiedliche strategische Ansätze. Der hessische Landgraf Moritz setzte auf eine enge Abstimmung mit anderen europäischen Mächten, die er zu einem „Universalkonvent“ zusammenrufen wollte. Die kurpfälzischen Unionspolitiker hielten dies erfahrungsgemäß für eine Unmöglichkeit, da England, die Niederlande und Dänemark unterschiedlichen Interessen folgten und der Versuch eines geplanten europäischen Bündnisses fehlschlagen und nur eine Zeitverzögerung mit sich bringen würde. Ohne Abstimmung mit den anderen Unionsmitgliedern beschlossen die kurpfälzischen Räte eine Vorwärtsstrategie, um die anderen Unionsmitglieder und die europäischen Verbündeten zum Handeln zu zwingen. Moritz warf daher den Heidelbergern nicht zu Unrecht vor, „gleichsam den andren daß modell vormahlen [zu] wollen und sie die andre stende daruber nicht zu rath gezogen“.35 Allerdings führte die kurpfälzische Entscheidung zur Annahme der böhmischen Königskrone tatsächlich zu einer erzwungenen Solidarisierung der anderen Unionsmitglieder. Es war allen deutlich, dass eine Isolierung Friedrichs V. zum Ende der Union führen würde, ohne damit eine höhere Sicherheit erreichen zu können. Trotz vielfältiger Bedenken, mit der Offensive in Böhmen jede friedliche Übereinkunft unmöglich zu machen, schloss sich die Union als Ganzes den militärischen Rüstungen an. Allerdings war eine Reserviertheit gegenüber den kurpfälzischen Ambitionen weit verbreitet, insbesondere stellte man die Frage, ob die böhmische Königskrone nicht nur als ein Privatinteresse Friedrichs V. anzusehen sei.36 Auf dem Nürnberger Unionskonvent vom November 1619 traten die Meinungsverschiedenheiten zu Tage. Hessen-Kassel, Brandenburg-Kulmbach, Anhalt und die Reichsstädte versuchten bremsend auf die Kurpfalz, Baden und Brandenburg-Ansbach einzuwirken, während Württemberg auf eine offensive Linie einschwenkte. Letztere sahen den böhmischen Aufstand gegen die Habsburger als allgemein-protestantische Angelegenheit an und

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wollten die Chance nicht vorüber gehen lassen, das habsburgische Kaisertum im Reich entscheidend zu schwächen. Eine bis heute nicht geklärte Frage ist die nach dem Versprechen englischer Unterstützung. Möglicherweise nährte die protestantisch-europäische Partei am Hof Jakobs I. bei den Kurpfälzern und den Württembergern die Illusion, Teile des englischen Adels würden mit königlicher Unterstützung ein Hilfsheer für Böhmen aufstellen. Seit Januar 1620 musste der württembergische Verhandlungsführer Bouwinghausen, der über glänzende Kontakte in England verfügte, aber eine resignierte Haltung bekennen. König Jakob I. verstand sich damals eher als Schiedsrichter Europas und versuchte 1620 in diplomatischen Verhandlungen mit Spanien, die pfälzischen Erblande zu schützen, aber die böhmischen Ambitionen zu verurteilen.37

Die Schlacht am Weißen Berg und die Auflösung der Union 1621 Die militärischen Vorbereitungen der Union waren zwar seit dem Ausbruch des Böhmischen Aufstandes fortgeschritten, aber die Truppen waren – ähnlich wie auch auf habsburgischer Seite – von unterschiedlichen Auftraggebern angeworben worden. Die Unionstruppen kämpften gemeinsam mit dem Heer der böhmischen Ständeopposition, die ihrerseits von den Landständen Nieder- und Oberösterreichs Zuwachs erhielt. Aus dem Ausland standen nur wenige niederländische und englische Söldner zur Verfügung. Für die Kurpfalz stellte sich das Problem, neben Böhmen auch das weit entfernte kurpfälzische Heimatterritorium schützen zu müssen. Französische Hilfe war im Westen nicht zu erwarten und die französische Diplomatie riet der Kurpfalz von einer Annahme der böhmischen Krone ab.

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Für die katholisch-habsburgische Seite standen spanische Truppen am Rhein bereit, aber weitere Unterstützung war ungewiss. Allerdings sah sich nun auch die Union genötigt, bei fehlender europäischer Unterstützung die eigenen Kräfte zu konzentrieren. Auf Druck des skeptischen Teils der Unionsstände und als Kompromissangebot an die katholischen Reichsfürsten handelte das Direktorium mit der Liga den am 3. Juli 1620 abgeschlossenen Vertrag von Ulm aus, in dem sich die Union verpflichtete, kein Territorium der Liga anzugreifen und ihre Truppen von der bayerischen Westgrenze abzuziehen. Dies erlaubte es den bayerischen Truppen, dem Kaiser ein Hilfsheer zuzusenden, das mit zum Sieg am Weißen Berg vor den Toren Prags beitrug. So führte eine für die Union strategische Notwendigkeit zu einer Schwächung der eigenen Position.38 Eine weitere Schwächung erlitt der neue böhmische „Winterkönig“ auch durch die unüberlegt vollzogene Entfernung aller katholischen Inneneinrichtung des Prager Veitsdoms, die als calvinistische „Reinigung“ der Kirche in der protestantischen Öffentlichkeit des Reiches verstanden und weitgehend abgelehnt wurde. Auch in den böhmischen Landständen wuchs die Unruhe, als Friedrich dazu überging, einige kurpfälzische Räte in die böhmische Regierung zu berufen.39 Die Hauptschlacht fand am 8. November 1620 am Weißen Berg nicht weit vor Prag statt und endete nach nur zwei Stunden mit einer verheerenden Niederlage der Union und ihrer Verbündeten unter den böhmisch-österreichischen Landständen. Die unklaren Festlegungen im Kriegsrat unter Leitung Christians von Anhalt und des Markgrafen von Ansbach hatten mit zur Entscheidung beigetragen, da der Einsatz der Artillerie im herbstlichen Nebel nur ungenügend koordiniert werden konnte. Fluchtartig verließ Friedrich V. Prag und zog sich nach Schlesien zurück, das er Ende Januar 1621 verließ. Seine Stammlande wurden bereits von spanischen Truppen überflutet, so dass er sich ins Exil in die Niederlande begab.

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Noch Ende 1620 trugen kurpfälzische Räte Ideen vor, sich in ein Bündnis mit dem Osmanischen Reich zu begeben, um Habsburg einen Zweifrontenkrieg aufzunötigen – eine nicht realisierbare Option.40 Ebenso blieben diplomatische Aktionen in Norddeutschland und beim dänischen König erfolglos. Auf dem letzten Unionstag im Februar 1621 in Heilbronn ging es daher nur noch um die Reaktion auf die Niederlage und die isolierte Gesamtsituation, Kurfürst Friedrich und Christian von Anhalt waren bereits vom Kaiser in die Acht erklärt worden. Kaiserliche Räte wiesen jedoch bei Kontakten zu anderen Unionsständen darauf hin, man sei sich in Wien bewusst, dass die böhmische Angelegenheit von vielen Unionsmitgliedern nicht geteilt worden sei und diese könnten auf Milde hoffen. Die Stimmung beschrieb der kurpfälzische Rat Camerarius treffend: „Die unierte Kur- und Fürsten […] wollten gern den kopff aus der schlingen ziehen und nur sich conservirn, ess gehe Kurpfalz wie es wolle“.41 Die Reichsstadt Nürnberg wollte zunächst jedoch kein Ende der Union, da man um die Rückzahlung der erheblichen Kredite fürchtete, die man seit 1619 geleistet hatte. Letztlich kam jedoch bis Ende April 1621 keine Mehrheit für eine Verlängerung des Unionsvertrags, der im Mai 1621 regelkonform auslief und hätte erneuert werden müssen, zustande. Zu viele Mitglieder hofften auf die Möglichkeit einer bilateralen Übereinkunft mit dem Kaiser. So endete die Union nicht durch eine bewusste Abstimmung, sondern durch Inaktivität und fehlende Beschlussfähigkeit.

Zusammenfassung Die protestantische Union begann 1608 als ein Bündnis, das durch Bedrohungsanalysen zustande gekommen war, aber auch Chancen zur Sicherung und zum Ausbau der eigenen Position im Reich und

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in Europa verfolgen wollte. Trotz funktionierender politischer Abstimmung in den ersten Jahren des Bestehens häuften sich Probleme, zum Teil durch Erfolge für einzelne Fürsten, die sich dann als saturiert zurückzogen, oder durch ein Verblassen ursprünglicher Ängste vor dem Kaiser. Als eines der Grundprobleme kann die Haltung des Direktors Kurpfalz angesehen werden, der nicht zu einer Homogenisierung der Unionsmitgliedschaften tendierte, sondern andere Mitglieder für die eigene politische Strategie instrumentalisierte. Die außenpolitischen Strategien, die eine aktive Gruppe um die Kurpfalz und Württemberg betrieb, scheiterten langfristig an den wechselnden Interessen der europäischen Partner, deren Unterstützungspotential überschätzt wurde. Aber auch innerhalb des Reiches zeigten sich Schwächen. Ein vollständiger Zusammenschluss aller protestantischen Reichsstände kam niemals zustande, insbesondere das politisch (und finanziell) wichtige Kursachsen stand in Opposition zur politischen Bedrohungsanalyse der Union. Im auch Kursachsen interessierenden Jülich-Klevischen Erbfolgestreit war eine Unionsmitgliedschaft eher hinderlich. Nord- und ostdeutsche protestantische Territorien sahen sich keinem katholischen Nachbarn, der sie bedroht hätte, gegenüber. Eine Optionsmöglichkeit entstand seit 1618 durch zunehmende Risse im habsburgischen Machtbereich, dessen oppositionelle Landstände sich mit der Union verbanden. Eine kurpfälzische Herrschaft in Prag, die 1619 zunächst realisiert wurde, trug jedoch nicht zu einer wirklichen Radikalisierung anderer Unionsstände bei, die sich halbherzig dem böhmischen Kronabenteuer angeschlossen hatten. Fehler des kurpfälzischen Direktoriums, Ausbleiben der Unterstützung durch die europäischen Verbündeten und ungenügende langfristige militärische Vorbereitungen führten zur Niederlage, in deren Folge sich die Union auflöste. Dass auch die Liga langfristig an den Sonderinteressen einzelner Mitglieder scheiterte, zeigt die Fragilität der Sonderbundsidee im Reich unter den Verhältnissen des Kon-

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fessionellen Zeitalters auf: Konfessionalisierung in den Territorien konnte mit politischen Strategien nicht kongruent gehen.

Anmerkungen 1 Generell hierzu Carl 2005. 2 Vgl. Haug-Moritz 2002. 3 Hierzu als Spezialstudie Mogge 1976. 4 Zusammenfassend Beiderbeck 2003, S. 39–46. 5 Siehe zur Interpretation außenpolitischer Grundhaltungen abwägend Schilling 2007. 6 So überzeugend und zusammenfassend Gotthard 2010. 7 Zur Begrifflichkeit siehe Gotthard 2003, S. 163f. 8 Lorenz 1991, S. 71. 9 Horstkemper 2003, S. 228. 10 Schönstädt 1978. 11 Vgl. die Nürnberger Haltung bei Briefe und Akten 1870, Bd. 3, S. 341. 12 Gürsching 1932, S. 8. 13 Vgl. die bis heute gültige Biographie Schubert 1955. 14 Vgl. zu ihm Gotthard 2003. 15 Briefe und Akten 1870, Bd. 9, S. 36. 16 Gürsching 1932, S. 31, 34 und 36. 17 Gotthard 1993. 18 Horstkemper 2003, S. 238. 19 Watanabe-O’Kelly 1993, S. 56-59. 20 Horstkemper 2003, S. 231. 21 Horstkemper 2003, S. 233. 22 Menk 1981, S. 144-149. 23 Gürsching 1932, S. 27. 24 Schmidt 2001. 25 Ritter 1889, Bd. 2, S. 335f. und 341–343. 26 Zur wichtigen, ausgleichenden Rolle Hessen-Kassels im Erbfolgestreit siehe Menk 2000. 27 Gürsching 1932, S. 24. 28 Adams 2003, S. 69f. 29 Ebd., S. 74. 30 Ebd., S. 76–79. 31 Vgl. zum kulturellen Kontext Smart 2013. 32 Arndt 2003, S. 97–101.

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Ebd., S. 113 und 118. Zusammenfassend zu dieser viel diskutierten Frage Bahlcke 2003. Horstkemper 2003, S. 232. Das Nähere bei Schubert 1955, S. 66–107. Adams 2003, S. 81–83, sowie Gotthard 2003, S. 177–179. Gotthard 2003, S. 179–182. Schubert 1955, S. 83f. Ebd., S. 87f. Zitiert bei Schubert 1955, S. 95.

Angstgetriebene Politik Maximilian von Bayern und die Katholische Liga Michael Kaiser

Krisensymptome im Heiligen Römischen Reich

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m Anfang war die Angst. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts erfasste eine tiefgreifende Verunsicherung das Heilige Römische Reich. Zwar gab es mit dem Augsburger Religionsfrieden aus dem Jahr 1555 nun schon seit einem halben Jahrhundert eine reichsrechtliche Grundlage für das Zusammenleben der katholischen und der lutherischen Konfessionsangehörigen im Reich. Doch der Religionsfrieden erschien immer brüchiger. Gründe dafür gab es viele, und einige lagen in den unzureichenden Regelungen dieses Friedens. So war die Frage, ob geistlicher Besitz zu säkularisieren sei, wenn sich der Kirchenfürst der neuen Lehre anschlösse, nicht abschließend geklärt – und bot Anlass für vielfachen Streit. Die ungeklärten Punkte im Religionsfrieden kamen nicht von ungefähr. Sie waren vielmehr Ausdruck der massiven Spannungen zwischen den Religionsparteien, die eben nicht alle Fragen abschließend klären konnten. Um das Gesamtwerk des Friedens nicht zu gefährden, waren strittige Themen im Vertrag ausgelassen oder bewusst undeutlich formuliert worden. Diese „Dissimulation“ galt durchaus als Prinzip der Konfliktmoderation, war aber auch Ausdruck eines Misstrauens, das der Religionsfrieden nur mühsam überdecken konnte. Dahinter stand die Erwartung, mitunter auch die Hoffnung darauf, dass die Regelung von 1555 nur vorübergehend gelten würde: In beiden konfessionellen Lagern gab es Strö-

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mungen, die im Religionsfrieden nur eine Atempause sahen, bis der Streit erneut aufflammen und eine endgültige Lösung zugunsten der eigenen Seite hervorbringen würde. Zudem hatte sich der reformatorische Impuls, als sich das Luthertum zur Konfessionskirche verfestigte, noch lange nicht erschöpft. Das Bedürfnis, den Reformansatz Luthers weiterzutragen, artikulierte sich in der sog. Zweiten Reformation, die sich vor allem aus Ansätzen speiste, die Johann Calvin entwickelt hatte. Als Reformierte oder Calvinisten verbreitete sich diese Bewegung im späten 16. Jahrhundert immer stärker im Reich, und gewann mit der Kurpfalz und später auch mit Kurbrandenburg zwei prominente Reichsfürsten. Die Calvinisten sahen sich heftigen Anfeindungen der katholischen, aber besonders der lutherischen Seite ausgesetzt. Bedrohlich war zudem, dass ihre Konfession nicht im Religionsfrieden eingeschlossen war, sie damit außerhalb der Rechts- und Friedensordnung im Reich standen. Recht und Frieden zu wahren, wurde im Reich an der Schwelle des 17. Jahrhunderts immer schwieriger. Die konfessionellen Streitigkeiten brachen immer häufiger auf, und, was noch schlimmer war, sie ließen sich immer weniger moderieren. Für die Beilegung derartiger Streitfälle hatte sich in den Jahrzehnten zuvor das Reichskammergericht als wichtige und allgemein akzeptierte Instanz etabliert. Doch dieser Trend zur Verrechtlichung von Konflikten wurde durch den konfessionellen Streit gestoppt, als die Besetzung des Gerichts eine konfessionelle Schieflage bewirkte und diese Instanz damit diskreditiert wurde. Auch der Reichstag als ausgleichendes Forum für reichsinterne Konflikte wurde nun immer mehr durch den Konfessionsstreit behindert und schließlich lahmgelegt. Unverkennbar war in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts, dass die Probleme reichsweit zunahmen. Ebenso wuchsen Misstrauen und damit eine allgemeine Konfliktbereitschaft. Dass genau jetzt eingeübte politische Mechanismen zur Konfliktregulierung ausfielen,

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verdüsterte zusätzlich die politische Stimmung: Was funktionierte eigentlich noch im Reich? Und auf wen konnte man sich noch verlassen?1 Es gab natürlich nicht nur konfessionell motivierte Streitigkeiten. Fast alle Konflikte besaßen auch eine politische Dimension, die durch ein dynastisch geprägtes Machtstreben gekennzeichnet war. So spielte bei der Besetzung eines Bischofstuhls eben nicht nur die Konfessionspolitik hinein, sondern auch das Streben eines Fürstenhauses, einen Vertreter der eigenen Familie an die Spitze dieses Hochstifts zu befördern. Allgemein verschärften der Kampf um verbreiterte Einflusssphären und der Aufbau eigener politischer Klientelgruppen im Reich die Rivalitäten gerade unter den führenden Dynastien. Diese reklamierten zwar alle für sich, ihre Politik mit den Interessen des Heiligen Römischen Reiches abzustimmen. Doch letztlich setzten die dynastischen Egoismen den Reichsverband und seine Institutionen erheblich unter Druck. In dieser angespannten Situation löste dann ein lokaler Vorfall eine Kettenreaktion aus, die die aggressive und konfliktbereite Stimmung im Reich widerspiegelte. Eine katholische Prozession in der lutherisch dominierten Reichsstadt Donauwörth wurde im Jahr 1606 gewaltsam beendet. Als die Stadt einen kaiserlichen Vermittlungsversuch zurückwies, fühlte sich das Reichsoberhaupt so brüskiert, dass über Donauwörth die Reichsacht verhängt wurde. Mit der Ausführung wurde Maximilian von Bayern beauftragt, der Ende 1607 die Stadt einnahm und besetzte. Dies war insofern unrechtmäßig, als reichsrechtlich der Herzog von Württemberg zuständig gewesen wäre. Aber der bayerische Fürst verfolgte – hier zeigte sich partikulares dynastisches Interesse – eigene Ambitionen und wollte die Stadt letztlich ins bayerische Territorium eingliedern. Unter Berufung auf sein landesherrliches Recht verbot er sodann die Ausübung des lutherischen Glaubens in Donauwörth: Eine widerrechtlich durchgeführte Reichsexekution mit gegenreformatorischer Note – dies war der

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letzte Anstoß für besorgte protestantische Reichsstände, sich bereits im Mai 1608 in der Union zusammenzuschließen. Dies mochte die Ängste auf protestantischer Seite beruhigen, löste aber umso mehr Befürchtungen bei den katholischen Reichsständen aus. Im Folgejahr schlossen sie sich zur Katholischen Liga zusammen. Die Geschichte der Katholischen Liga lässt sich aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Fragen der Reichs- und Reichsverfassungspolitik spielen bei diesem Sonderbund eine wichtige Rolle, konfessionspolitische Aspekte sind von großer Bedeutung, und dynastische Konkurrenzen und Machtpolitik werden später noch erwähnt werden. Im Folgenden soll gleichwohl die Angst als treibende Kraft verstanden werden, die die politischen Akteure immer wieder motivierte. Als analytische Kategorie ist die Angst noch nicht sehr weit erschlossen worden; dabei zeigen eine Reihe von Studien ganz unstrittig, wie historisch wirkmächtig dieses Phänomen ist.2 Die obigen einleitenden Ausführungen lassen bereits erkennen, dass die Angst im frühen 17. Jahrhundert nur deswegen eine Rolle spielen konnte, weil den Menschen jener Tage Gewissheiten und ein Gefühl der Sicherheit abhandenkamen. Schließlich hat dieser Aspekt auch biographische Bezüge: Die Geschichte der Katholischen Liga ist untrennbar mit der Persönlichkeit Maximilians von Bayern verbunden: einem Fürsten, dessen Charakter neben aller politischer Raffinesse und allem diplomatischen Geschick starke Züge von Misstrauen und auch Unsicherheit hatte. Man tut der historischen Bedeutung Maximilians keinen Abbruch, wenn man ihn als Kind seiner Zeit auch eine Politik verfolgen sieht, die zumindest in Teilen angstgetrieben war.

Die Gründung der Katholischen Liga Angesichts der krisenhaften Zuspitzung gab es unter den katholischen Reichsständen nur einen, der die Fähigkeiten und das For-

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mat hatte, eine Sammlungsbewegung der katholischen Kräfte im Reich zu organisieren: Maximilian von Bayern. Die bayerischen Wittelsbacher hatten sich bereits eine Generation zuvor im Kölner Krieg als Vorkämpfer für die Belange der katholischen Kirche im Reich präsentiert, und Maximilian war nicht zuletzt durch sein Engagement im Fall Donauwörths auf der reichspolitischen Ebene als prononcierter Vertreter der katholischen Sache hervorgetreten. Dass sein durchaus als rabiat empfundenes militärisches Vorgehen die protestantischen Stände erschreckt hatte, diskreditierte ihn aus katholischer Sicht in keiner Weise.3 Vielmehr zeigte sich hier seine Tatkraft, die eine schon ältere Idee zu verwirklichen half. Denn bereits einige Jahre früher war das Konzept eines Sonderbundes unter geistlichen Reichsfürsten diskutiert worden, allerdings ergebnislos.4 Die Gründung der Liga entpuppte sich tatsächlich als eine schwere Geburt. Zunächst gelang es, auf einer Versammlung im Juli 1609 süddeutsche geistliche Reichsfürsten für einen oberdeutschen Bund mit dem Herzog von Bayern an der Spitze zu gewinnen. Nur wenige Wochen später organisierten sich die drei geistlichen Kurfürsten in einer rheinischen Gruppe, die sich den Oberdeutschen anschließen wollte. Erst im Februar 1610 kam es zu einer Versammlung in Würzburg, die beide Gruppen vereinigte und somit als erster vollgültiger Bundestag der Katholischen Liga gilt. Kennzeichnend blieb die Doppelstruktur des Bundes, der sich aus einem Oberländischen und einem Rheinischen Direktorium zusammensetzte. Im ersteren führte Kurmainz das Direktorium, im letzteren der Herzog von Bayern. Diesem fiel außerdem noch das Amt des Bundesobersten zu, mit dem die militärische Leitung der Ligatruppen an Bayern kam. Maximilian nahm das Oberkommando über die Ligaarmee auch sehr ernst, wollte aber den operativen Teil an einen kriegserfahrenen Militär übergeben. Für diese Aufgabe hatte der bayerische Fürst just in dieser Zeit Johann Tserclaes von Tilly gewin-

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nen können, den er aus kaiserlichen in bayerische Dienste übernahm und zu seinem Generalleutnant, d.h. seinem militärischen Stellvertreter, machte. Die sich hier abzeichnende bayerische Dominanz haben die anderen Ligamitglieder von Anfang an als problematisch empfunden. Einige geistliche Fürsten hatten Bedenken, dass ein solcher Sonderbund auch als Spitze gegen die Habsburger verstanden werden würde. Der Kurfürst von Mainz und der Fürstbischof von Konstanz drängten daher auf eine Beteiligung des Hauses Österreich. Andere fürchteten, dass ein konfessionell ausgerichteter Bund wie die Liga die Situation im Reich eher verschärfen als beruhigen würde. Diese Zweifel waren von kurmainzischer Seite geäußert worden, aber auch vom Würzburger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn. Als konfessioneller Rigorist bekannt, mochte die Haltung Julius Echters verwundern, spiegelte aber die Sorgen eines Reichsstandes, der sich auch geographisch in einer exponierten Situation sah: In gefährlicher Nachbarschaft zu protestantischen Ständen stellte er sich die Frage, ob ein Bündnis wie die Liga wirklich Schutz zu leisten imstande sein würde. Der Mainzer Kurfürst Johann Schweikhard von Kronberg favorisierte ohnehin einen überkonfessionellen Bund, der vermittelnd und ausgleichend im Reich wirken sollte. Folgerichtig plädierte Kurmainz für die Einbeziehung Kursachsens in die Liga. Der Kurfürst von Sachsen hatte sich bereits geweigert, der Protestantischen Union beizutreten, und schreckte ebenso vor einer Mitgliedschaft in der Liga zurück. Tatsächlich hatte die Idee eines überkonfessionellen Bundes in dieser Zeit überhaupt nicht mehr die Strahlkraft, um politisch wirksam zu sein. Letztlich überwogen doch die Ängste alles Kalkül, das einen moderierenden Umgang mit den politischen Spannungen empfahl. Für die geistlichen Fürsten am Mittelrhein wird man ein regelrechtes „Bedrohungssyndrom“ annehmen müssen, demzufolge nicht einfach nur die Beset-

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zung des einen oder anderen Bischofsstuhls in Frage stand, sondern gleich das Überleben der katholischen Religion.5 Bezeichnenderweise hatte sich gerade derselbe Mainzer Kurfürst, der ansonsten durchaus zur differenzierenden politischen Analyse fähig war und Kompromisse suchte, in Schreckensszenarien verstiegen, die in der Ausrottung der Katholiken und im Sturz des Kaisertums gipfelten. „Der Teufell feyert nit“ – auch eine derartige Aussage stand für apokalyptische und mit Endzeitvorstellungen verwobene Vorstellungen der unmittelbar bevorstehenden Konflikte.6 Am Ende setzte sich also der Gedanke durch, dass angesichts der unverkennbaren Spannungen eine präventive Bewaffnung sogar stabilisierend oder zumindest abschreckend wirken würde. Oder wie es in zeitgenössischen Beratungen formuliert wurde: „[…] und mochte ein schwert das ander in der schaiden halten“.7 Dieser Argumentation konnten sich letztlich sehr viele geistliche Reichsstände anschließen. So waren in der Gründungsphase 1609/10 die drei geistlichen Kurfürsten der Liga beigetreten, dazu noch die Hochstifte Würzburg, Bamberg, Augsburg, Regensburg, dazu Worms und Speyer sowie Straßburg und Konstanz, auch Passau; 1613 kamen noch das Hochstift Eichstätt sowie die Fürstabtei Fulda hinzu, mit den Hochstiften Lüttich, Münster und Hildesheim waren weitere Stände vertreten, die vom Kölner Kurfürsten Ferdinand in Personalunion regiert wurden. Ohnehin unterstützte Ferdinand als jüngerer Bruder Maximilians von Bayern vielfach die Münchener Vorstellungen und trug so zur Konsolidierung der Liga im bayerischen Sinne bei. Neben den drei geistlichen Kurfürsten stellten die Fürstbischöfe das Rückgrat der Katholischen Liga dar und prägten mit diesen den Charakter dieses Bundes.8 Dazu kamen noch weitere Mitglieder wie der Abt von Kempten, der Propst von Ellwangen, dazu die schwäbischen Prälaten, auch die schwäbischen Reichsgrafen und Herren, auch der Graf von Rietberg näherte sich dem Bund, eben-

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so die Reichsstadt Köln, dazu dann auch einige schwäbische Reichsstädte, die noch katholisch waren. Großen Einfluss besaßen diese Ligastände nicht. Entsprechend gering war ihre Beteiligung an den Ligatagen. Fasst man die Kurfürsten und Hochstifte als Kerngruppe der Liga auf, so wird man in den anderen eher assoziierte Mitglieder sehen, die in einem deutlich gelockerten Verhältnis zum Bund standen. Ihre Teilhabe war im Laufe der Jahre nicht immer klar erkennbar. Manche Stände schieden ganz aus dem Bund aus, wie die Reichsstadt Köln, die für die kommenden Krisen- und Kriegsjahre anstelle eines prononcierten Bekenntnisses zum katholischen Sonderbund eine (zumindest vordergründige) Neutralitäts- oder zumindest kaisertreue, aber nicht ligistische Politik verfolgte.9 Es gab auch Stände, die im Laufe der Jahre hinzukamen wie das Hochstift Basel oder das Stift Essen. Ihre Annäherung an den Bund war meist nur temporär und stets Ausdruck einer spezifischen politischen Kondition, überdeutlich bei den Hochstiften Osnabrück und Verden, die im Rahmen einer aktiven Gegenreformation für die katholische Reichskirche und dann auch die Liga gewonnen wurden. Diese sehr divergente ständische Qualität ihrer Mitglieder lässt erahnen, wie heterogen auch die politische Willensbildung innerhalb des Bundes sein musste – keineswegs stellte er einen homogenen Block von beeindruckendem politischen Durchsetzungsvermögen dar. Wenn zumal in den Kriegsjahren dieser Eindruck auftauchte, war dies eher Zeugnis für die Führungskraft Maximilians von Bayern als Bundesoberst, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, wie strukturell zerklüftet die Binnenstruktur der Liga tatsächlich war. Vordergründig war vor allem die Zweiteilung des Bundes sichtbar und damit auch die des Direktoriums. Damit sollte aber nicht nur Maximilians Führungsanspruch relativiert oder zumindest ausbalanciert werden. Ebenso wurde hier dem ständischen Gefälle innerhalb der Liga Rechnung getragen, denn faktisch

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war das Rheinische Direktorium ein kurfürstliches. Im Oberländischen waren noch die Fürstbischöfe die ranghöchsten Mitglieder, während die Äbte, Prälaten und andere in ihrer ständischen Qualität deutlich hinter den Kurfürsten blieben. Auch Maximilian konnte als Herzog zunächst nicht mithalten; als die später im Krieg erworbene Kurwürde diesen Unterschied nivellierte, war er jedoch schon unangefochtener Lenker und Leiter der Liga. Insgesamt ließ die Heterogenität der Ligastände aber das Merkmal umso deutlicher hervortreten, das alle Stände, von einem schwäbischen Grafen über eine Reichsstadt bis zu einem Fürstbischof und Kurfürsten hin, verband: Es war die Katholizität, um die sich jeder sorgte und für die jeder zu streiten oder zumindest Geld in Form seines Ligabeitrags aufzubringen bereit war.

Die Liga zwischen Wittelsbach und Habsburg Maximilian von Bayern hatte sich mit seinem Konzept der Liga als einem dezidiert katholischen Bund durchgesetzt. Schon in der Gründungsphase 1609/10 war deutlich geworden, dass er damit nicht nur auf Zustimmung stieß, auch einige katholische Fürsten im Reich hatten teilweise Zweifel und zögerten. Schwere Bedenken löste die so gestaltete Liga erst recht bei den Habsburgern aus. Ihnen missbehagte ein Sonderbund, der die meisten und wichtigsten katholischen Reichsstände unter Führung der bayerischen Wittelsbacher zusammenführte: eine katholische Sammlungsbewegung also, an deren Spitze nicht das Haus Habsburg stand? Undenkbar aus Wiener Sicht. Für das machtbewusste Haus Österreich ging es in dem Moment auch um die Führungsrolle innerhalb des Reiches und den Einfluss auf entsprechende Klientelgruppen. Es ist wichtig zu sehen, dass die Katholische Liga nicht nur im Gegensatz zu den in der Union organisierten protestantischen Reichsständen stand. Einen Gegensatz gab es eben auch innerhalb der katholi-

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schen Partei, und er war nicht konfessionell begründet, sondern fußte auf der Machtrivalität zwischen den Wittelsbachern und den Habsburgern. Angesichts des schnellen Endes der Union im Krieg, die zunächst in völliger Untätigkeit verharrte und sich 1621 selbst auflöste, lässt sich durchaus festhalten, dass der Konflikt der beiden katholischen Häuser für die Geschicke der Katholischen Liga prägender war als der mit der Union. Für die Beteiligten war diese Konstellation keineswegs überraschend. Gerade Kurmainz, das stets bemüht war, im Einklang mit den politischen Vorstellungen in Wien zu handeln, war sich dessen sehr bewusst. Eine gewisse Nähe zum Kaiserhof war fester Bestandteil einer kurmainzischen politischen Ratio und keineswegs auf einen bestimmten Kurfürsten festgelegt: Vielmehr zog sich diese Grundüberzeugung von Johann Adam von Bicken über Johann Schweikhard von Kronberg, der das Kurfürstentum in die Liga führte, bis hin zu den beiden Kurfürsten in Kriegszeiten, Georg Friedrich von Greiffenclau und besonders Anselm Casimir Wambold zu Umstadt. Immerhin konnte sich Kurmainz auf diese Weise auch einen eigenen politischen Spielraum gegenüber dem dominierenden München erhalten, nicht zuletzt durch das Oberländische Direktorat. Diese Möglichkeit sah der Erzbischof von Salzburg, Wolf Dietrich von Raitenau, nicht. Das Erzstift als Mitglied für die Liga zu gewinnen, wäre ein wichtiger Prestigeerfolg gewesen, und Maximilian von Bayern versuchte dies auch tatsächlich. Doch der Salzburger wich aus und machte letztlich deutlich, dass er mit Maximilian keine gemeinsame Politik betreiben konnte: Zu groß waren die Gegensätze zwischen den beiden. Neben einer persönlich motivierten Abneigung ließen sich auch handfeste Interessenkonflikte kaum moderieren, wie besonders die jahrelang währenden Streitigkeiten über den Salzhandel verdeutlichen. Als der Konflikt eskalierte und Wolf Dietrich von Raitenau von bayerischen Truppen

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gefangen gesetzt wurde, konnte Maximilian dem neu zu wählenden Erzbischof das Versprechen abringen, der Liga beizutreten. Doch Marx Sittich von Hohenems blieb wie sein Vorgänger auf Distanz zu Bayern und hielt Maximilian dauerhaft hin, ohne dass Salzburg jemals Mitglied der Liga geworden wäre. Nicht anders verhielt sich der nächste Fürsterzbischof Paris von Lodron, denn das Erzstift tat gut daran, die grundsätzliche Äquidistanz zwischen Bayern und Habsburg zu wahren. Nicht weniger schwierig gestaltete sich die Situation für die Prälaten und Grafen im Schwäbischen Raum. Sie orientierten sich traditionell am Haus Österreich, Schwaben gehörte zur „klassischen Klientelregion der Habsburger“.10 Gleichwohl ließen sie sich in der Gründungsphase darauf ein, der Liga unter bayerischer Führung beizutreten; die beiden Fürstbischöfe von Konstanz und Augsburg waren die entscheidenden Schrittmacher gewesen. Die Ernüchterung folgte jedoch auf dem Fuß, als bereits seit dem Frühsommer 1610 Truppen der Protestantischen Union durch das Schwäbische zogen. Während die katholischen Stände panisch reagierten, war man in München gelassener. Jedenfalls sah Maximilian von Bayern keineswegs den Bündnisfall gegeben. Anstelle von wirksamen militärischen Gegenmaßnahmen suchte der bayerische Herzog den diplomatischen Kontakt zur Union.11 Für diese durchaus besonnene und politisch kluge Haltung zahlte Maximilian jedoch einen hohen Preis. Denn die schwäbischen Ligastände sahen die Glaubwürdigkeit der Liga als funktionierendes Verteidigungsbündnis, von dem gerade sie sich Schutz erhofft hatten, vollkommen erschüttert. Die Ereignisse des Sommers 1610 wurden so zu einer Grund­ erfahrung der katholischen Reichsstände in Schwaben, die das Verhältnis zur Liga dauerhaft prägen sollte – das Misstrauen gegenüber München konnten sie nie wieder ganz ablegen. Das Umdenken bei den schwäbischen Prälaten folgte prompt, wie es der Abt von Salem auf den Punkt brachte: „Wenn Österreich

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nit inn unsre Ligam khumbt […], so ist es umb uns inn diesen Landen beschehen, und würdt uns dise Liga gar nichts nutzen noch befördersam sein“.12 Zwar gab es mit Erzherzog Leopold, der Fürstbischof von Passau war, bereits einen Habsburger in der Liga. Doch das Haus Habsburg sollte noch stärker eingebunden werden. Dies betrieb vor allem Melchior Khlesl, Bischof von Wien (und später Kardinal), der als Direktor des kaiserlichen Geheimen Rats die Politik unter Kaiser Matthias maßgeblich prägte. Auf dem Regensburger Reichstag 1613 gelang es ihm, eine neue Verfassung für die Liga durchzusetzen, die die Errichtung eines dritten Direktoriums vorsah, das von Erzherzog Maximilian, Bruders des Kaisers, Deutschmeister und Regent in oberösterreichischen Ländern, übernommen wurde. In Abänderung des ursprünglichen Bundeszwecks wurde jetzt weniger die Erhaltung der katholischen Religion, als vielmehr die Wahrung kaiserlicher Wohlfahrt und Hoheit als Ziel der Liga deklariert. Damit wurde nicht nur der gestiegene Einfluss Habsburgs evident, sondern auch eine deutliche Entkonfessionalisierung des Bundes. Dies lag ganz in der Zielsetzung Khlesls, dessen sog. Kompositionspolitik auf einen Abbau der konfessionellen Spannungen im Reich abzielte und dabei den Reichsgedanken als integratives Moment neu zu beleben dachte.13 Aus Maximilians Sicht überzeugte dies nicht. In der verstärkten Betonung des Reichsgedankens sah er vor allem kaum verhüllte habsburgische Interessen, und da der überkonfessionelle Ansatz Khlesls auch Zugeständnisse an die protestantische Seite vorsah, konnte der bayerische Herzog auch dies nicht mittragen. Konsequenterweise verweigerte sich der bayerische Fürst dieser Neuausrichtung der Katholischen Liga. In der klaren Erkenntnis, dass er in dieser Konstellation kaum noch seine Interessen würde verfolgen können, beschränkte er sich nun auf eine regionale Vereinigung, die als oberländisches Direktorium neben Bayern die Hochstifte Würzburg, Bamberg, Eichstätt, Augsburg, später noch Passau

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und Regensburg, sowie die Propstei Ellwangen umfasste. Als in der Folge die Konflikte zwischen ihm und Erzherzog Maximilian als Inhaber des österreichischen Direktoriums immer heftiger wurden, legte der bayerische Herzog sein Direktorium ganz nieder. Die Liga war damit praktisch am Ende; die kaiserliche Politik drängte explizit darauf, dass „Alle Bindtnussen verlassen vnd vermitten bleiben vnd eingestellt werden“.14 Ein oberdeutscher Bund, der 1617 die fränkischen Hochstifte mit Bayern in einer Defensionsvereinigung zusammenführte, war der traurige Rest. Letztlich war die Katholische Liga, so wie sie 1609 konzipiert und 1610 dann ins Leben gerufen wurde, gescheitert. Ins Aus gesteuert hat sie die überlegen geführte Reichspolitik Kardinal Khlesls, der gezielt den Ausgleich zwischen den Konfessionsparteien befördern wollte. Wenn dieser sagte, „der namen der catholischen union, bund oder heiligen liga sei odios“,15 so diskreditierte er damit genau den Ansatz eines konfessionell definierten Bundes, den Maximilian anstrebte. Dass Khlesl die Union der Protestanten genauso bekämpfte wie die Katholische Liga, war für den Bayern beinahe unerheblich. Denn hinter diesem reichspolitischen Dissens stand vor allem der habsburgisch-wittelsbachische Gegensatz. Er war der Hauptgrund für das Scheitern der Liga. Damit soll gar nicht der habsburgischen Seite Schuld oder Verdienst zugeschoben werden. Denn auch Maximilian hatte in seiner Ligapolitik stets auch bayerische Interessen mitbedacht; der Konflikt um schwäbische Klientelgruppen machte dies deutlich. Wien sorgte sich in diesen Momenten vor allem um den schwindenden Einfluss im Reich. Dass diese Furcht in den Vordergrund rückte und nicht so sehr die Sorge um die katholische Kirche, war allerdings nur möglich, weil die Protestantische Union ihrerseits schwach blieb. Wenn Habsburg sich in der Phase ganz der Ausschaltung der Liga widmen und damit Maximilian von Bayern in die Schranken weisen konnte, so lernte dieser damals, dass er neben der Auseinander-

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setzung mit Lutheranern und Calvinisten immer auch die katholischen Habsburger im Auge behalten musste. Die dynastische Rivalität blieb auch in den Jahren des Krieges ein Grundakkord der Politik Maximilians.

Die Neugründung der Liga Mit den böhmischen Unruhen 1618 kamen die Bedrohungsszenarien mit Macht zurück. Die habsburgische Herrschaft in den Erblanden stand vor dem völligen Zusammenbruch, als sich die regionalen Eliten gegen die fürstliche Herrschaft erhoben, angestachelt durch die gegenreformatorische Religionspolitik der Habsburger. Dass sich Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz zum böhmischen König wählen ließ, veranschaulichte die Dramatik der Situation: Ein calvinistischer Reichsfürst verdrängte den althergebrachten katholischen Herrscher. Dieser konnte sich zudem in den österreichischen Stammlanden kaum noch sicher fühlen, und auch der Fürst von Siebenbürgen, einem Pufferterritorium zwischen Habsburgermonarchie und Osmanischem Reich, machte gegen Wien mobil. Der Tod Kaiser Matthias’ im Frühjahr 1619 bescherte den Habsburgern dazu noch das Problem der Nachfolge im Kaiseramt. Die Krise des dynastischen Rivalen bot Maximilian von Bayern keineswegs den Anlass für Schadenfreude, ihm war die Dramatik der Situation durchaus bewusst.16 Kaum waren erste Nachrichten über die Ereignisse in Böhmen bekannt geworden, äußerte er seine tiefe Besorgnis über die Gefährdung der katholischen Religion im Reich allgemein – bezeichnenderweise gegenüber dem Kurfürsten von Mainz.17 Unübersehbar war aber auch, dass vor allem die Habsburger in Not waren und dringend Hilfe benötigten. Erzherzog Ferdinand hatte sich als der Kopf des Hauses etablieren können, im August 1619 gelang es ihm sogar, sich als Ferdinand II. zum Kaiser wählen zu lassen. Dass ein Politikwechsel in Wien

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anstand, wurde am Sturz des Ligagegners Kardinal Khlesl deutlich, den Ferdinand bereits im Sommer 1618 (also noch zu Lebzeiten von Kaiser Matthias) aus allen Führungsfunktionen hatte entfernen und dann internieren lassen. Dies war nicht zuletzt ein deutliches Signal nach Bayern, dass die auf Ausgleich setzende Kompositionspolitik ein Ende gefunden hatte. Ferdinand II. benötigte nach wie vor dringend militärische Unterstützung, und eine Reaktivierung der Katholischen Liga war naheliegend. Dass man dieser Idee am kaiserlichen Hof positiv gegenüberstand, berichtete ein bayerischer Gesandter Ende Oktober 1618.18 Maximilian war bereit, den Bund neu zu beleben, er sondierte deswegen ohnehin schon mit den anderen katholischen Ständen. Es war bezeichnend für die empfundene Gefahrensituation, dass die geistlichen Kurfürsten am schnellsten handelten und sich im Januar 1619 gemeinsam mit den Hochstiften Bamberg und Würzburg zusammenschlossen. Die Eigenmächtigkeit konnte Maximilian verschmerzen, da die geistlichen Reichsstände bewusst an die Liga von 1609 anknüpften und explizit das Ziel formulierten, sich mit den oberländischen Ständen zu vereinen.19 Der bayerische Herzog zog also nach und organisierte im Mai 1619 mit einigen oberländischen Ständen die sog. „Reassumption“ der Katholischen Liga: auch hier also ein bewusstes Wiederanknüpfen an den Sonderbund, der 1609/10 ins Leben gerufen worden war. In den folgenden Wochen und Monaten schlossen sich weitere katholische Reichsstände an, und im Dezember 1619 kam dann in Würzburg ein Ligatag zusammen. Hier kamen sowohl die Vertreter des rheinischen Direktoriums als auch diejenigen des oberländischen zusammen; es war die erste Vollversammlung der neubegründeten Liga. Die Struktur des Bundes folgte ganz dem Vorbild der Erstgründung. Eine neue oder gemeinsame Verfassung wurde nicht erarbeitet, stattdessen verpflichteten sich die beiden Direktorien zur gegenseitigen Hilfsleistung.

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Stärkster Antrieb für die Bundesstände, also die Mitglieder der Liga, war nach wie vor die gemeinsame Verteidigung. Die „Defension“ zu gewährleisten, war erklärtes Ziel der Vereinigung, gleichberechtigt mit der „erhaltung der wahren catholischen religion“20: Die Liga verstand sich also nach wie vor als ein konfessionell definiertes Bündnis, das sich vor Aggression schützen wollte. Und damit entsprach die Liga, wie sie sich im Jahr 1619 erneuert hatte, auch vollkommen den Vorstellungen Maximilians. Entscheidend war im Weiteren das Verhältnis zum Haus Habsburg; nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre war für den bayerischen Herzog ein eigenes Direktorium unter österreichischer Führung nicht hinnehmbar. Im klaren Bewusstsein, was diese Befindlichkeiten in München anging, hatte Ferdinand II. bereits im Sommer 1618 signalisiert, „daß diser zeit unser gesambtes haus in dem reich aus gewisen ursachen [… sich] der liga nit beipflichtig machen solle“.21 Die Habsburger waren also bereit, die Liga dem bayerischen Fürsten als Instrument seiner Politik zu überlassen – ein erstes bedeutendes Zugeständnis an die Münchener Wittelsbacher. Doch auch wenn sich die Katholische Liga nun wieder, ganz nach bayerischem Gusto, von neuem organisierte, blieb unklar, wie dieser Bund den bedrängten Habsburgern von konkretem Nutzen sein sollte. Um eine solche Unterstützung zu bewerkstelligen, bedurfte es weiterer Abmachungen zwischen den beiden Häusern Österreich und Bayern. Diese kamen zustande, als Ferdinand  II., gerade in Frankfurt zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs erwählt, auf der Rückreise in München Halt machte, um mit Maximilian über ein regelrechtes Bündnis zu verhandeln. Am 8. Oktober 1619 wurde der Münchener Vertrag geschlossen, der militärische Hilfsleistungen für den bedrängten Kaiser vorsah.22 Damit war endgültig auch die Liga von kaiserlicher Seite als ein Schutzbündnis akzeptiert, das in erster Linie für den Schutz der Ligastände selbst, erst dann für die Belange des Kaisers zuständig war. Maxi-

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milian ließ sich diese Unterstützung, die er mit einigen Vorbehalten abfederte, etwas kosten: Der Habsburger musste die Erstattung der Kriegskosten versprechen, bei mangelnder Liquidität auch durch territoriale Pfänder; ferner versprach Ferdinand die Übertragung der pfälzischen Kur auf die Münchener Linie der Wittelsbacher und billigte schließlich, dass eventuelle Eroberungen bei Maximilian bleiben sollten: Konkret ging es hier um die Oberpfalz, vielleicht auch noch die rheinpfälzischen Gebiete. Von der reichsrechtlichen Dimension und dem daraus resultierenden Konfliktpotential, das den anbrechenden Krieg auf Jahre und Jahrzehnte hinaus befeuern sollte, braucht hier nicht die Rede zu sein. In diesem Kontext ist aber zu betonen, dass der Münchener Vertrag nicht nur ein Bündnis zwischen Bayern und dem Kaiser beschloss, sondern auch eine wesentliche Grundlage für das Wirken der Liga darstellte: Erst hiermit konnte sich die Liga wirklich sicher sein, mit der Billigung des Reichsoberhaupts in die anstehenden Konflikte ziehen zu können. Der Münchener Vertrag stellte also neben der Neukonstituierung der Liga durch die rheinischen Kurfürsten und die „Reassumption“ sowie den Würzburger Ligatag ein weiteres Gründungsdokument dieses Bundes dar. Allerdings wurde dieser Vertrag ohne Beteiligung der Bundesstände geschlossen, was umso schwerwiegender war, als in München tatsächlich militärische Hilfsleistungen für ein Nicht-Ligamitglied, nämlich den habsburgischen Kaiser, vereinbart wurden. So gesehen war der Münchener Vertrag vor allem zu Lasten Dritter, nämlich aller Ligastände außer Bayern, abgeschlossen worden. Mochte auch die Verteidigung der Ligalande besonders betont worden sein, war klar, dass die Armee, die die Liga im Jahr 1619/20 aufbaute, vor allem auch zugunsten der Habsburger kämpfen würde. Dies war auch deswegen zu erwarten, da Maximilian eigene Kriegsziele festgeschrieben hatte – Ziele zumal, die nirgends in der Gründungsurkunde der Liga auftauchten, für die er gleichwohl die Ligatruppen

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würde einsetzen wollen. Mit dem Münchener Vertrag wurde also eine Verwendung der Liga vereinbart, die nicht unbedingt mit der Grundidee des Bundes übereinstimmte. War das noch ein Defensionsbündnis, wenn der Bundesoberste Maximilian mit den Ligatruppen immer auch dafür streiten sollte, dass die Kurwürde bayerisch werden würde? Man wird diese Dimension bei der 1619 neugegründeten Liga nicht wegdiskutieren können. Gleichwohl blieb das Grundanliegen der Ligastände unangetastet: Wesentliches Motiv dafür, sich dem Bund anzuschließen, war die Angst um die katholische Religion und das Streben, den erwarteten Gefährdungen gewappnet entgegentreten zu können. Wie konkret dies war, zeigte sich bereits im Sommer 1619, als die für die Kaiserlichen angeworbene Kavallerie auf eichstättischem Gebiet von Truppen des Pfälzers angegriffen wurde: Völlig erschrocken verlangte der Fürstbischof von Eichstätt die Einberufung eines Ligatages, der Ende August tatsächlich zusammenkam. Maximilian konnte auch gar nicht anders als diesem Wunsch zu willfahren. Er musste zeigen, dass er die Lektion aus dem Sommer 1610 gelernt hatte, als er auf die Sorgen der schwäbischen Ligastände nur beschwichtigend reagiert, aber auf ein starkes Signal verzichtet hatte. Die Liga war bereit, sich dem als unausweichlich angesehenen Kampf zu stellen.23 Für die hier nötigen Rüstungen brauchte die Liga entsprechende Finanzmittel. Diese Leistungen sollten ein beständiges Thema auf den Ligatagen sein. Letztlich mussten die Bundesstände die hier beschlossenen Gelder für die Ligatruppen als Steuer in ihren eigenen Territorien erheben. Das Beispiel des oberschwäbischen Klosters Rot zeigt, welche Rolle dabei die Angst vor einer militärischen Eskalation spielte: Abt Joachim verwies auf „Krieg, Zwytracht, Zerrettung, mißtrawen“ im Heiligen Römischen Reich und leitete daraus die Notwendigkeit ab, sich im Rahmen der „Schirmbs ainigung“ (also der Liga) zu engagieren und „wegen des

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gegentheils mächtigkheit vnd starckher Kriegßuerfaßung widerumb nothwendiglich ein starckhe gegenuerfassung“ zu organisieren.24 War dies nur ein Trick der Obrigkeit, um die Untertanen umso bereitwilliger zu Steuerleistungen zu motivieren? Gerade das Beispiel Maximilians von Bayern lässt erkennen, dass die Fürsten genauso dachten. Tiefsitzende Befürchtungen veranlassten den bayerischen Herzog schon früh, Geld zu horten, damit er im akuten Bedrohungsfall handlungs-, sprich verteidigungsfähig sein würde. Die „versicherung unserer fürstendomb und catholischer religion im reich“ war hier das entscheidende Motiv, wie das Testamentscodizill von 1612 zeigte.25 Mit entsprechenden Finanzreserven ausgestattet und der neugegründeten Liga als politischem Instrument in seiner Hand konnte Maximilian von Bayern nun in die Auseinandersetzungen ziehen, die sich rasch zum Krieg im ganzen Reich auswuchsen.

Die Katholische Liga im Krieg In historischen Darstellungen hält sich vielfach und hartnäckig das Missverständnis, dass sich im Dreißigjährigen Krieg die Katholische Liga und die Protestantische Union gegenseitig bekriegt hätten. Dies war nicht der Fall. Als sich die Truppen der Liga 1620 in Marsch setzten, um auf Seiten des Kaisers in den Böhmischen Krieg einzugreifen, hatte sich die Union durch den Ulmer Vertrag im Juli 1620 gerade ins politische Aus manövriert. Und als die Regimenter der Liga unter der Führung Tillys einige Monate später am Weißen Berg den entscheidenden Sieg erfochten, gab es kaum noch eine nennenswerte Streitmacht der Union. Bereits im Mai 1621 löste sie sich auf. Der Krieg war damit aber nicht vorbei. Im Gegenteil, die Sache Friedrichs, des Königs von Böhmen und Kurfürsten von der Pfalz, fand noch viele Unterstützer, und so begann sich das Kriegsgeschehen ins Reich zu verlagern. Die Truppen der Katholischen Liga

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kämpften nun gegen die Heere Mansfelds, des Markgrafen von Baden und Christians von Halberstadt, später noch gegen König Christian IV. von Dänemark. Dass Tilly all diese Feldzüge siegreich beendete, muss nicht im Einzelnen ausgeführt werden; wichtig ist zu sehen, dass diese Kämpfe allesamt namens des Kaisers geführt wurden. Maximilian legte Wert darauf, dass die Liga nie in Verdacht kam, kraft eigenen Rechts Krieg zu führen. Vielmehr ließ er sich von Kaiser Ferdinand II. beauftragen, die Feinde des Reiches, des Kaisers und der katholischen Religion niederzuwerfen. Dieses Prinzip der Execution, d.h. einer Kriegführung, die ausschließlich kaiserliche Aufträge ausführte, sollte der Liga eine reichsrechtliche Legitimität verleihen – und vor allem auch das Odium eines konfessionell geführten Kriegs zumindest von Maximilian fernhalten. Hier zeigten sich die positiven Auswirkungen des Münchener Vertrags: Die Liga unter der Leitung ihres Bundesobersten Maximilian kämpfte namens des Kaisers. Dieser Ansatz schlug sich auch in Formalien nieder: Maximilian, der seit 1623 Kurfürst von Bayern war und damit ein zentrales dynastisches Ziel realisiert hatte, legte Wert darauf, dass die Armee der Liga als „kaiserlich“ tituliert wurde. Sie als „bayerisch“ zu bezeichnen, entriss ihr genau die Legitimität, die der Bundesoberst so dringend gewahrt wissen wollte. Wie konnte die Liga, wenn sie Krieg für den Kaiser führte, noch ihre eigenen Interessen wahren? Tatsächlich lag hier ein strukturelles Spannungsmoment. Denn die Ligastände zahlten vor allem deswegen ihre Beiträge zum Erhalt der Armee, damit diese sie beschützte. Das Prinzip der Defension war in der Bundesakte prominent formuliert und wurde von den einzelnen Ligisten immer wieder eingeklagt. Als Kurmainz im Herbst 1621 von Mansfeldischen Truppen bedroht wurde, wies Maximilian seinen Generalleutnant ganz generell an, „dz man socorrir, wo eß vonnötten“;26 Tilly sollte so schnell wie möglich in die bedrohte Region ziehen und die gegnerischen Verbände abwehren – denn dies war der zen-

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trale Auftrag des Bundes. Erst recht war dies auch bei Kurköln erforderlich; Kurfürst Ferdinand war zudem Fürstbischof von Paderborn, Münster und Lüttich und sah diese weitverteilten Territorien immer wieder den Überfällen feindlicher Truppen ausgesetzt; entsprechend häufig klagte er Hilfsleistungen ligistischer Einheiten zur Abwehr dieser Übergriffe ein.27 Im Laufe der 1620er Jahre brachten die Erfolge der ligistischen Waffen eine gewisse Beruhigung auf Seiten der Kaiserlich-katholischen Reichsstände. Auf den Ligatagen, auch wenn sie nun gar nicht mehr so häufig stattfanden – zwischen 1621 und 1630 gab es nur sieben derartige Versammlungen der Ligastände –, spielte immer mehr die Frage eine Rolle, ob es noch nötig sei, eine derart kostspielige Armee aufrechtzuerhalten. Zumindest waren Truppenabdankungen immer wieder ein Thema. Offenbar hatte sich die Angst, die anfangs der 1620er Jahre noch sehr ausgeprägt gewesen war, deutlich gelegt. Allerdings gab es ab 1625 eine neue Bedrohung, die es dann doch geraten erschienen ließ, dass die katholischen Reichsstände unter Waffen blieben. In dem Jahr begann Wallenstein eine Armee für den Kaiser aufzubauen. Dies war zunächst von Maximilian gewünscht, der angesichts überbordender Kriegslasten für die Liga Entlastung forderte. Allerdings hatte dies sofort Auswirkungen auf den Status der Bundesarmee. Denn allein die Existenz der Armee unter Wallenstein stellte das bisherige Monopol der Liga, für den Kaiser Krieg zu führen, infrage: Seitdem es eine ‚echte‘ kaiserliche Armee gab, büßte die Liga viel von ihrer Legitimation und Daseinsberechtigung ein. Doch auch praktisch erhöhte Wallenstein den Druck auf die Ligaarmee, indem die ungeahnten Dimensionen der Wallensteinischen Rüstung die Liga binnen kurzem an den Rand zu drängen drohten. Wo sollten ligistische Regimenter noch einquartiert werden, wenn allenthalben Wallensteinische Einheiten in Garnison lagen? Zwar konnten die Ligatruppen bei den Bun-

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desständen selbst Quartier nehmen, doch dies bedeutete Belastungen für die eigenen Untertanen, die jedes Ligamitglied unbedingt vermeiden wollte. Zum Ende der 1620er Jahre stand die Sache des Kaisers und seiner Verbündeten, d.h. der Liga, glänzend da: Die Feinde waren besiegt, die Gefährdung der katholischen Konfession war abgewendet, ja mithilfe des Restitutionsediktes konnte im Reich eine gegenreformatorische Politik in Gang gebracht werden, wie sie sich einige Jahre zuvor kaum ein katholischer Reichsfürst hätte träumen lassen. Die Spannungen im katholischen Lager waren trotzdem immens: Letztlich sah sich die Katholische Liga durch die Armee Wallensteins in ihrer Existenz bedroht, ja Maximilian unterstellte dem kaiserlichen Generalissimus, dass es ihm nur noch um die Vernichtung der Liga gehe.28 Wallenstein, als Emporkömmling ohnehin von den stolzen Reichsfürsten verachtet, galt daher als der eigentliche Feind, den es nun zu bekämpfen galt. Die Entscheidung fiel auf dem Regensburger Kurfürstentag 1630. Der Kaiser ließ sich darauf ein, seinen Generalissimus zu entlassen. Mit seiner Forderung, Tilly, den militärischen Führer der Liga, auch mit dem Kommando über die nun führungslosen kaiserlichen Truppen zu betrauen, nivellierte er allerdings den Erfolg der Liga. Ja, man kann vom „Regensburger Kompromiss“ reden, da die vereinbarte Doppelfunktion Tillys auch die Funktionalität der Liga entscheidend schwächte.29 Letztlich hatten beide Seiten, der Kaiser wie die Liga, in Regensburg verloren. In welchem Ausmaß dies geschehen sollte, zeigte sich auf dem nächsten Feldzug, der 1631 gegen den schwedischen König Gustav Adolf geführt werden musste. Tilly war in der Doppelfunktion als ligistischer und kaiserlicher Feldherr überfordert. Die Ligastände sahen es höchst ungern, dass ihre Truppen im Nordosten des Reiches Krieg führten – weit weg von den eigenen Territorien, die sie doch eigentlich beschützen

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sollten. Gleichzeitig musste Tilly den kaiserlichen Anforderungen an die Kriegführung genügen. Letztlich wurde er zerrieben von den gegensätzlichen Anweisungen, die er mal aus München, mal aus Wien erhielt. Am Ende wurden die kaiserlich-ligistischen Truppen, die der Generalleutnant in seinem Doppelamt führte, Opfer dieser wenig konsistenten und nicht abgestimmten Kriegführung. So kam es im September 1631 zum Debakel von Breitenfeld, das den Nimbus Tillys für immer zerstörte. Danach brach unter den Ligaständen wieder die Angst aus, die zu Anfang des Kriegs geherrscht hatte. Der Ligatag zu Ingolstadt zum Jahreswechsel 1631/32 zeigte, dass die Bundesstände nicht mehr fähig waren, sich zu reorganisieren. Dem schwedischen Siegeszug nach Breitenfeld hatten sie nichts mehr entgegenzusetzen. Jeder katholische Reichsstand versuchte vielmehr, sich allein in Sicherheit zu bringen – der Glaube daran, in einem Defensionsbündnis gemeinsam Politik gestalten zu können, war dahin. Der Tod Tillys im Frühjahr 1632 und die Einnahme Münchens kurz darauf waren symbolische Schlusspunkte für eine mehr als zehnjährige Phase, in der die Katholische Liga die maßgebliche politische und militärische Kraft im Reich gewesen war.

Ende der Liga – Ende der Angst? Maximilian von Bayern war stets ein Realist; so hat er ohne jede Beschönigung in einer Notiz zum Ingolstädter Ligatag festgehalten, dass „in effectu die Liga dissolviert und nur der blosse namen noch uberig“.30 Die Entwicklung in den folgenden Monaten und Jahren bot wenig Anlass, diese Einschätzung zu revidieren. Wie wenig überhaupt noch die Hoffnung auf einer Wiedererrichtung der Liga beruhte, zeigten die Versuche verschiedener Ligastände, separate Abkommen mit Schweden zu finden oder auch Unterstützung von Frankreich zu bekommen. Das Konzept einer gemein-

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sam organisierten Defensionsverfassung war offenbar nachhaltig diskreditiert. Daran änderte auch die Verbesserung der militärischen Lage nichts. Selbst als die Schweden im Spätsommer 1634 bei Nördlingen eine schwere Niederlage einstecken mussten, gab dies dem Gedanken einer „Reassumption“, wie man sie 1619 erstaunlich schnell in die Wege hat leiten können, keinen Auftrieb. Politisch stand für die kaiserliche Seite ohnehin Kursachsen im Fokus aller Bemühungen. Es galt, diesen führenden protestantischen Reichsstand unbedingt wieder auf die Seite des Kaisers zu ziehen. Dies gelang dann mit dem Prager Frieden im Jahr 1635, der zunächst zwischen dem Kaiser und dem Kurfürsten von Sachsen geschlossen wurde; die anderen Reichsstände traten diesem Frieden dann bei. Letztlich hatte dieses Friedenswerk nicht Bestand, weil die auswärtigen Mächte in diese politische Konzeption, die nur auf den Rahmen des Reiches bezogen war, nicht eingebunden waren. Doch änderte dies nichts daran, dass im Prager Frieden wesentliche Verabredungen getroffen wurden, die nicht mehr in Frage gestellt wurden. Dazu gehörte eben auch das Schicksal der Katholischen Liga: „Ferner sollen in und mit aufrichtung dießes friedenschlußes und deßen publication alle und jede uniones, ligae, ­foedera und dergleichen schlüße, auch darauf gerichtete aidt und pflichte gäntzlich aufgehoben sein […]“.31 Diese Regelung stand aber im Kontext der Neuordnung des Kriegswesens allgemein. So erhielten die Kurfürsten von Sachsen, Brandenburg und Bayern auch ein Generalat, das sie ermächtigte, Truppen zu unterhalten. Zusammen mit der kaiserlichen Armee stellten die drei Kurfürsten die Reichsarmee, über die nominell der Kaiser den Oberbefehl innehatte. Faktisch änderte sich für Maximilian von Bayern nicht viel. Und insoweit die Liga für ihn eine Möglichkeit darstellte, mit Billigung des Kaisers eine aktive, militärisch gestützte Reichspolitik zu betreiben, war dies immer noch möglich, ohne dass er auf explizite Executionsbefehle aus Wien

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warten musste. War es am Ende sogar „gar kein schlechter Tausch“ für Maximilian? Denn ersparte er sich nicht nach 1635 den „lästigen Streit“ mit den Ligaständen um die Finanzierung der Truppen und die Fragen, wie man am besten die Defension der Ligalande sicherstellen konnte?32 Eine solche Sichtweise ist nachvollziehbar, doch lässt sie den Aspekt aus, dass die Liga als politisches Instrument einfach das Werk Maximilians war.33 In der Blütezeit der Liga, als sie für die kaiserliche Reichspolitik eine konkurrenzlose Stütze darstellte, befand sich auch Maximilian auf dem Höhepunkt seines Einflusses. Gerade in der Konkurrenz zum Haus Habsburg konnte die Liga als Ausdruck einer Wittelsbachischen Hegemonie verstanden werden – Maximilian lag sicher nicht falsch, wenn er im Aufstieg Wallensteins immer auch eine Emanzipation Ferdinands II. aus der Abhängigkeit der Liga sah.34 Doch diese Verhältnisse waren mit dem militärischen Zusammenbruch Ende 1631 endgültig vorbei, der Prager Frieden setzte dann den formalen reichsrechtlichen Schlusspunkt. Im weiteren Verlauf des Krieges bis hin zum Westfälischen Frieden vermochte Maximilian von Bayern auch nicht mehr an die Konstellation aus den 1620er Jahren anzuknüpfen. So gesehen war die Geschichte der Liga zunächst Teil der Vorgeschichte des Dreißigjährigen Kriegs. Hier wurden Verhältnisse geprägt, die auch für die Jahre des Kriegs entscheidend sein sollten. Insbesondere im ersten Kriegsjahrzehnt prägte die Katholische Liga unter Maximilian von Bayern den Verlauf der Ereignisse. Die spezifische Ausrichtung der Liga als eines konfessionellen Bundes sowie der latente Gegensatz zur Wiener Politik gehörten dazu. Die Kritik an der Liga war aber nie nur dynastisch oder habsburgisch geprägt. Dass sie auf protestantischer Seite verhasst war, überrascht nicht. Bemerkenswert war aber die Kritik von kursächsischer Seite. Anfang 1631, als absehbar war, dass der Krieg das Reich mit neuer Intensität heimsuchen würde, hieß es in einer kursächsischen

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Resolution, dass es zu wünschen wäre, „daß weder die Union, noch die darauff erfolgte Catholische Liga niemals herfürgebrochen, vnd man allerseits bey den Reichsverfassungen geblieben, würde gewißlich der zustandt des geliebten Vaterlands Teutzscher Nation viel beßer vnd erträglicher sich befinden“.35 Dies war zum einen Ausdruck des reichstreuen Politikstils, wie er für Kursachsen lange Jahre typisch war. Aber zum anderen brach sich hier auch die Erkenntnis Bahn, dass Protestantische Union wie Katholische Liga letztlich ungeeignete Mittel waren, um eine konstruktive Reichspolitik zu betreiben. Von den Angstzuständen, die in den früheren Jahren politikbestimmend gewesen waren, war zum Ende des Kriegs nicht mehr oder nicht mehr so deutlich die Rede. Sicher war man später bereit, konfessionelle Kompromisse einzugehen, auch wenn es schwerfiel. Das Gefühl tiefer Verunsicherung mochte nicht mehr die Politik prägen. Doch die konfessionellen Vorbehalte waren noch vorhanden, wie sich beispielhaft an einer Episode vom Kriegsende zeigte. Als Maximilian von Bayern nach dem Friedensschluss seine Truppen abdankte, war er bedacht, verdiente und bewährte Militärs in seinen Diensten zu halten. So hielt der Kurfürst große Stücke auf Obristwachtmeister Federbusch, der im Regiment Puech Dienst tat. Maximilian wollte ihm ein Kommando in der Residenzstadt München geben, als aber bekannt wurde, „das er obrist wachtmaister nit der Catholischen religion [sei]“36, war es damit aus. Umgehend wurde Federbusch von diesem Posten entfernt: Der Kurfürst war zwar bereit gewesen, im Reich Frieden mit den Protestanten zu schließen. Doch in seinem Herrschaftsbereich achtete er nach wie vor auf die ‚richtige‘ Konfession, zumal bei einem derart wichtigen Posten. So hatte der Krieg mit der Angst angefangen; am Ende des Krieges war zumindest immer noch sehr viel Misstrauen da.

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Anmerkungen Zum Schwinden des „politischen Grundvertrauens“ Gotthard 2016, bes. S. 28–30. 2 Siehe dazu Bosbach 2000. Die Angst muss sicher auch mit komplementären Begriffen wie Sicherheit und Vertrauen zusammen gedacht werden, siehe Kampmann/Niggemann 2013, und Frevert 2003. 3 Wohl aber auf protestantischer Seite, siehe das so hellsichtige wie beschwörende Wort, das Pfalzgraf Philipp Ludwig am 17. November 1607 in seinem Geheimen Rat äußerte, bei Kossol 1976, S. 167. 4 Dazu Neuer-Landfried 1968, S. 12–17, weiteres Material dazu bei Stieve 1883, vor allem S. 679–790. 5 Zum Begriff und Phänomen Gotthard 2002, S. 140–168. 6 Litzenburger 1985, S. 266. Das Zitat stammt aus dem Jahr 1611. 7 Vermutlich ein Gutachten aus dem Umfeld des Mainzer Kurfürsten, ca. Ende 1603, siehe Stieve 1883, S. 686 Anm. 1; ähnlich formuliert im Umfeld des Eichstätter Ligatags 1619, siehe Wolf/Breyer 1811, Bd. 4, S. 241. 8 Zu den Mitgliedern der Liga siehe das Verzeichnis bei Neuer-Landfried 1968, S. 232f. Zur inneren Struktur der Liga auch Kaiser 2001. 9 Bergerhausen 2006, S. 95–109. 10 Hölz 2010, S. 73. 11 Hölz 2001, S. 189f. 12 Am 18.September 1610, bei Hölz 2001, S. 193. 13 Press 1991, S. 185–190, und Lanzinner/Schormann 2001, S. 195f. 14 Kaiser Matthias an Kurmainz, Prag 3.April 1617, Ziegler 1992, Nr. 194, S. 839f. 15 Zitiert bei Albrecht 1998, S. 440. 16 Vgl. Albrecht 1998, S. 509, der anlässlich des Münchener Vertrags betont, dass ungeachtet der harten Bedingungen Maximilian eben keine Demütigung der Habsburger beabsichtigte. 17 Maximilian von Bayern an Kurmainz, München 25.Juni 1618, BA 1966, S. 39f. 18 Bericht Georg Brugglacher, ca. Anfang November 1618, BA 1966, S. 87, Anm. 1. 19 Neuer-Landfried 1968, S. 162. 20 So die Gründungsurkunde der Katholischen Liga, bei Ziegler 1992, S. 732– 737, hier S. 732, Abschnitt 1. 21 Ferdinand an Erzherzog Maximilian, 10. August 1618, BA 1966, S. 65, Anm. 1. 22 Das Material dazu bei Ziegler 1992, Nr. 202–208, S. 858–870; zum Vertrag selbst Neuer-Landfried 1968, S. 171–178, und Albrecht 1998, S. 503–509. 23 Neuer-Landfried 1968, S. 168. 24 „proposition die Steur betreffendt, so den 18. may ao [1]620 des Gotshaus 1

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Rhot vnderthonen vorgehalten worden“ (Indorsat), HStA Stuttgart B 486 Bü 986. 25 Dollinger 1968, S. 172f. 26 Herzog Maximilian an Generalleutnant Tilly, Hirschberg 27. Oktober 1621, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Dreißigjähriger Krieg Akten 123 unfol. Konzept. 27 Generell dazu Kaiser 1997/98. 28 Kurfürst Maximilian an die bayerischen Gesandten nach Wien, München 21. Mai 1629, Goetz 1948, S. 421. 29 Kaiser 1999, S. 279–302. 30 Eigenhändige Notiz Kurfürst Maximilians, o.O. o.D. [ca. Anfang 1632], Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Kasten schwarz 131 fol. 105f. 31 Bierther 1997, S. 1626, Nr. 79. 32 So Gotthard 1995, S. 110. 33 Albrecht 1998, S. 446. 34 Kaiser 1999, S. 515f. 35 Kursächsische Resolution „in puncto der verfassung“, 18. März 1631 a. St., Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, Locat 8096 5. Buch Leipziger Konvent fol. 39–41 hier fol. 40. 36 Kurfürst Maximilian an Oberst Puech, o.O. 19. Mai 1649, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Kurbayern Äußeres Archiv 3028 fol. 236 Konzept.

„Schlimmer noch als die Böhmen …“ Der Putsch vom 20. Juli als letzter Akt des Bruderzwists Lothar Höbelt

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ie Szene ist später gerne ausgeschmückt worden: Am Tiefpunkt der habsburgischen Fortune im Sommer 1619 bedrängen die protestantischen Stände Österreichs unter den Enns ihren Landesherren, Ferdinand II., in der Hofburg. Man sprach später oft, in Anlehnung an das Jahr 1848, von einer „Sturmpetition“. Einer ihrer Wortführer, Freiherr Andreas von Thonradl, hält Ferdinand ein Stück Pergament unter die Nase und drückt ihm die Feder in die Hand: „Nandl, (er)gib Dich“. In dem Moment ertönt aus dem Burghof Trompetenschall: Die Dampierre-Dragoner reiten – wie die US Cavalry im klassischen Western – gerade noch rechtzeitig in den Burghof ein und retten den Kaiser (der damals freilich noch kein Kaiser war) aus seiner misslichen Lage. Das Regiment erhielt das Privileg zugesprochen, nie aufgelöst zu werden und seinen Werbetisch im Burghof aufstellen zu dürfen. Sein Kommandant durfte jederzeit unangemeldet beim Kaiser erscheinen. Ein britischer Autor hat erst unlängst mit dieser phantasievoll ausgeschmückten Szene seine großangelegte Geschichte der altösterreichischen Armee beginnen lassen.1 Im Film wäre die Rolle des gebürtigen Lothringers Dampierre unweigerlich John Wayne zugefallen. Die Realität war – wie so oft – nicht ganz so dramatisch. Doch wie bei John Wayne, der immer wieder ähnliche Rollen auf den Leib geschrieben bekam, handelte es sich auch bei dem später so verklärten Auftritt vom Juni 1619 nicht um das erste Mal, dass

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Dampierre eine tragende Rolle in der habsburgischen Politik dieser Tage spielte. Der Erste Weltkrieg wurde einmal beschrieben als der 3. Balkankrieg. Der Dreißigjährige Krieg, oder besser: der Stände-Aufstand von 1618/19, der sich mit all seinen Weiterungen so lange fortschleppte, bis aus ihm ein Dreißigjähriger Krieg wurde, war in gewisser Weise der letzte Akt des „Bruderzwists in Habsburg“. Zumindest war der Bruderzwist eine notwendige Voraussetzung für die Art und Weise, wie dieser Konflikt entstand. Der Absolutismus, oder vielleicht nüchterner gesagt: die zentralisierte, administrative Monarchie, war in ganz Europa auf dem Vormarsch; auch im Ringen der beiden Konfessionen, die sich zunehmend verfestigt und verhärtet hatten, war seit den 1570er und 1580er Jahren eine Schubumkehr zu verzeichnen: Der Katholizismus hatte sich eine Generation nach dem Kollaps von 1552 (und dem Augsburger Religionsfrieden, der rettete, was zu retten war) erholt und gab wiederum kräftige Lebenszeichen von sich. Nur in den habsburgischen Erblanden war – mit Ausnahme Tirols – ein gegenläufiger Trend zu verzeichnen. Schuld daran war eben der „Bruderzwist in Habsburg“: Zwei Brüder, die beiden ältesten Söhne Kaiser Maximilians II., Rudolf und Matthias, warben beide um die Gunst der mehrheitlich protestantischen Stände der Erbländer. Beide hatten sich im Sinne der Familiensolidarität nicht immer ganz linientreu verhalten: Rudolf zeigte allen Erwartungen seiner spanischen Vettern, ihnen im Konflikt mit den störrischen niederländischen Provinzen zu Hilfe zu kommen, die kalte Schulter; Matthias hatte sich in jungen Jahren gar einmal als Galionsfigur der niederländischen Stände gegen Madrid instrumentalisieren lassen. Aber diese Phase lag lange zurück. Rudolf hatte – ganz im Widerspruch zum vielgerühmten Pluralismus seines Prager Hoflebens – den Unmut seiner Familie erregt, eben weil er gegen jede politische Vernunft am Krieg gegen

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die Ungläubigen und an einer scharf gegenreformatorischen Linie in Ungarn festhielt, solange bis die Familie ihm 1606 in der Person Matthias einen Sachwalter zur Seite stellte, zunächst einmal zumindest in ungarischen Angelegenheiten.2 Überzeugte Katholiken waren sie beide, Matthias und Rudolf, weit mehr als ihr Vater Maximilian, der noch mit diversen Konzessionen an den Protestantismus geliebäugelt, ja selbst das Abendmahl in beiderlei Gestalten empfangen hatte.3 Matthias beschäftigte als ersten, ja fast allmächtigen Ratgeber und Minister einen leibhaftigen Kardinal, Melchior Khlesl, als Wiener Bäckersohn einer der berühmten Aufsteiger der Renaissance. Doch bei aller Rechtgläubigkeit, die beiden Brüder protegierten mit der einen Hand zwar eine katholische Hofpartei, umwarben aber mit der anderen die protestantischen Stände. Beim ersten Akt des Bruderzwists hatte es sich noch um eine Rettungsaktion gehandelt, um das Erbe zu sichern und den Verlust Ungarns zu verhindern. Mathias schloss 1606 mit den aufständischen Ungarn und den Osmanen Frieden. Doch danach entwickelte der Bruderzwist zunehmend eine gewisse Eigendynamik. Matthias ließ sich von den ungarischen, niederösterreichischen und mährischen Ständen auf den Schild heben, um Rudolf endgültig aufs Altenteil zu setzen; Rudolf sah sich um Hilfe bei den böhmischen und schlesischen Ständen um. Der Preis dafür war der berühmte Majestätsbrief, der nicht bloß Glaubensfreiheit zusicherte, zumindest für den Adel und seine Untertanen, sondern den Protestanten auch institutionelle Garantien gewährte; ähnliche Zugeständnisse musste auch Matthias seinen Gefolgsleuten machen. Selbstverständlich traute bei all diesen Händeln niemand so ganz seinen Partnern. Immerhin: Matthias gewann 1609 und 1611 auch die beiden nächsten Runden der militärischen Konfrontation mit Rudolf, der zum Schluss fremde Söldner ins Land holte und damit auch noch die böhmischen Stände vergraulte.4

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Wie hatte die Umgebung auf den Bruderzwist reagiert? Die katholischen Kurfürsten hielten sich an den Kaiser; allein deshalb schon entstand zeitweilig der Eindruck, die Protestanten setzten auf Matthias. Auch innerhalb der Familie entstand Verwirrung: Ursprünglich hatten alle Erzherzöge das Vorgehen Matthias’ gebilligt. Doch sobald der Streit eskalierte, ging die Verwandtschaft auf Distanz zu Matthias. Die Verwandtschaft, das waren die jüngeren Brüder der beiden: Einer von ihnen, Albrecht (1559–1621), war mit der Tochter Philipps II. verheiratet und verwaltete die Spanischen Niederlande. Auch er war 1606 gerade damit beschäftigt, einen Waffenstillstand herbeizuführen, nämlich in dem fruchtlosen Ringen gegen die Holländer. Der letzte der Brüder, Maximilian (1558–1618), war Deutschmeister und Regent von Tirol. Beide blickten mit Entsetzen auf das Treiben ihrer Brüder. Albrecht war weit vom Schuss; Maximilian hielt mit seiner Analyse nicht hinter dem Berg. Für ihn war Khlesl der böse Geist, der seinen Bruder zu all den suspekten Extratouren verleitete. Allen vier Brüder gemeinsam war ihre Kinderlosigkeit. Das Erbe der Hauptlinie würde demnach früher oder später an die Seitenlinie fallen. Die Seitenlinie residierte in Graz und regierte von dort aus Innerösterreich, das bis zur Adria reichte – und de facto auch das (formell ungarische) Kroatien umfasste. Den zweiten Sohn der Grazer Linie, den Erzherzog Leopold (1586–1632), hatte Rudolf auf seine Seite gebracht, ihn vielleicht sogar als Nachfolger im Reich favorisiert. Leopold war zwar nie zum Priester geweiht worden, als Fürstbischof von Passau und Straßburg aber ebenfalls Reichsfürst. Doch Leopolds außer Rand und Band geratene Söldner hatten Rudolf 1611 um sein letztes Renommee gebracht. Wesentlich war die Haltung seines älteren Bruders, des eigentlichen Erben, des Erzherzogs Ferdinand (1578–1637), der wesentlich vorsichtiger zu Werk ging. Er hielt sich am Höhepunkt des Bruderzwists, dem Rat seiner Mutter folgend, an eine „beschai-

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dene, vernünfftige und verschwiegene Neutralität“5 zwischen den beiden Streithähnen. Mit Rudolfs Tod 1612 schien das Dilemma vorerst bereinigt. Matthias wurde anstandslos zum Kaiser gewählt. Er heiratete, musste die Hoffnung auf Nachkommen aber bald aufgeben. Ferdinand hatte damit in der Nachfolgefrage die besten Karten, auf lange Sicht zumindest. Die beiden kinderlosen jüngeren Brüder Rudolfs waren bereit, zu seinen Gunsten auf ihr Erbe zu verzichten. Theoretisch konnte auch noch die spanische Linie Ansprüche geltend machen, denn in Spanien galt die weibliche Erbfolge: Die Mutter König Philipps III. (1598–1621) war eine Schwester Rudolfs gewesen. Aber Spanien ließ sich im Oñate-Vertrag 1617 mit der Aussicht auf den Erwerb des Sundgaus im Elsass abfinden. In den Erblanden war die Nachfolge damit geregelt; im Reich selbstverständlich nicht, da musste man einen Wahltag abwarten. Selbst wenn die Kurfürsten den Habsburgern mehrheitlich wohlgesonnen waren, musste jeder Anschein sorgsam vermieden werden, dass man ihre Zustimmung als selbstverständlich betrachte. Zwischen den Erbländern und dem Reich angesiedelt war die Situation in den Königreichen Böhmen und Ungarn, die nach eigener Auffassung selbstverständlich ebenfalls Wahlreiche waren, aus habsburgischer Sicht jedoch ebenfalls Erbländer darstellten, die bloß ein wenig pfleglich behandelt werden wollten. Ein beliebter Trick bestand darin, Wahlen durchzuführen noch zu Lebzeiten des Herrschers, „vivente Imperatore“, solange seine geballte Macht die Wahl des gewünschten Erben praktisch garantierte. Aus eben diesem Grund, weil man unter diesen Umständen kaum lukrative Wahlkapitulationen abschließen konnte, versuchten die Stände – die Reichsstände, wie die böhmischen oder ungarischen – einer solchen Farce auszuweichen. Den böhmischen Ständen rückte man 1617 deshalb mit einem besonders perfiden Trick auf den Leib. Man ließ die Stände nicht

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unter sich beraten, sondern fragte ihre Mitglieder einfach öffentlich, ob sie mit der Wahl Ferdinands zum Nachfolger einverstanden seien. Eine solche Umfrage, nahe an einem Verhör, zählte zu den Angeboten, die man schwer ablehnen konnte: Ferdinand galt danach zwar als gewählt, aber die Ressentiments über die Behandlung durch das Erzhaus waren massiv, zumal Ferdinand als engagierter Verfechter der Gegenreformation galt, der in seiner Steiermark die diesbezüglichen Adelsprivilegien auf ein Minimum reduziert, evangelische Prediger vertrieben, die Städte rekatholisiert und entfremdete Kirchen wieder in Besitz genommen hatte. In Böhmen gärte es; man sann auf Revanche. Zwar war die Zahl der Verschwörer klein; aber der konfessionelle Faktor machte es wahrscheinlich, dass die Mehrzahl des Adels sich im Zweifelsfall gegen die Habsburger entscheiden würde und gegen die katholische Adelsclique, die ihnen zuarbeitete. In diesem Zusammenhang sind die Konflikte zu sehen, die 1618 schließlich zum Auslöser des Aufstandes wurden: der Streit um die Kirchen in Braunau und Klostergrab, der sich schon lange hinzog, lange vor der Wahl des gefürchteten Gegenreformators Ferdinand, der an einer Verschärfung der Konflikte hic et nunc nicht interessiert sein konnte. Er hatte mit seiner Wahl genügend Staub aufgewirbelt. Sobald er einmal sein Erbe angetreten hatte und zum Kaiser gekrönt worden war, mussten sich protestantische Ständepolitiker vor ihm in Acht nehmen. Doch augenblicklich lag es in seinem Interesse, sie in Sicherheit zu wiegen, noch dazu wo er sich im Frühjahr 1618 auch um die Wahl zum ungarischen König bewarb, wo die Verhältnisse noch viel heikler waren. Als die Nachricht vom Fenstersturz eintraf, befand sich vom ganzen kaiserlichen Hofstaat nur der Oberstkämmerer in Wien; alle anderen weilten beim ungarischen Reichstag in Preßburg. Den Konflikt jetzt schon eskalieren zu lassen – solange das Gesetz des Handelns noch bei ihnen lag – war vielmehr im Inter-

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esse der böhmischen Stände. War der Aufstand aber einmal ausgebrochen, musste Ferdinand auf einer energischen Niederwerfung bestehen, wollte er der Krone nicht verlustig gehen. Vor diesem Hintergrund ist der anfangs verdeckte, dann offene Konflikt am Kaiserhof zu betrachten. Zwischen den beiden Cousins Matthias und Ferdinand ging der Bruderzwist in seine letzte Runde. Ausgetragen wurde er jedoch als Stellvertreterkrieg: Zwischen Matthias’ allmächtigem Minister Khlesl und dessen Intimfeind Erzherzog Maximilian. Khlesl hatte Ferdinand gereizt und enerviert, weil er die Nachfolgeregelung ständig hinausschob, alle Pläne konterkarierte, einen Wahltag gegen den anderen ausspielte, den Kurfürstentag im Reich verschob, weil Ungarn jetzt plötzlich Vorrang genoss, morgen vielleicht wieder umschwenkte. Für die Nachfolge Ferdinands bringe Khlesl soviel Sympathie auf wie ich für die Angelegenheiten der Moskowiter oder Perser, formulierte es der Nuntius.6 Schon seit Jahren hatte Maximilian dem spanischen Botschafter seinen Plan vorgetragen, Khlesl zu entmachten, wenn es sein müsse mit Gewalt.7 Der Fenstersturz, seine Vorgeschichte und die Reaktion darauf, waren der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Khlesl hatte auf der einen Seite zur Unzeit einen Aufstand provoziert – und er erweckte auf der anderen Seite den Eindruck, dass er nichts tat, oder jedenfalls zu wenig, um seiner Herr zu werden. Steckte dahinter bloß Unfähigkeit, oder mehr? Ausgehend von diesem Verdacht war es dann nicht mehr allzu weit bis zu der Verschwörungstheorie, die zwischen den Zeilen anklingt, zumindest auf der Gerüchtebörse gehandelt wurde: Khlesl stecke ja doch mit den Protestanten unter einer Decke, er wolle die Krise benützen, um über einen Kompromiss mit den Protestanten die Nachfolgeregelung doch noch umzustoßen. Die Zeit schien gekommen, den Kardinal endlich unschädlich zu machen – ein Entschluss, der sehr an die Komplotte erinnert, die überzeug-

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te französische Katholiken („devots“) in Zukunft immer wieder gegen Kardinal Richelieu schmieden sollten, freilich mit anderem Ausgang. Es stellt sich die Frage: War Khlesl wirklich so nachgiebig? Der Kontrast zwischen Khlesl und Maximilian war aus konfessioneller Perspektive kein so deutlicher. Es handelte sich da keineswegs um den Aufeinanderprall von Ideologen oder Überzeugungstätern. Khlesl hatte als Gegenreformator begonnen, Maximilian stand als Deutschmeister einer multikonfessionellen Gemeinschaft vor; anfangs war er sogar von den Pfälzern als Kandidat für den Kaiserthron in Betracht gezogen worden.8 Politisch mochten sich die Koordinaten seit den Anfangsjahren beider Kontrahenten verschoben haben. Doch Maximilian soll sogar noch nach dem Fenstersturz geklagt haben: „Ihr Katholiken und Priester seid schuld an diesem Aufruhr.“9 Den Hintergrund für diese Anklage bildete vermutlich der Vorwurf, Khlesl habe seine Zustimmung zum Abriss der beiden umstrittenen Kirchen gegeben, die 1618 den Stein des Anstoßes bildeten, und Böhmen dann mit der Übersiedlung des Hofes nach Wien seinem Schicksal überlassen. Khlesl wiederum schickte zwar den Baron Khuen-Belasi als seinen Vertrauten zu Verhandlungen nach Böhmen, doch Khuen machte den Ständen keineswegs irgendwelche verlockenden Angebote. Jegliche Milde war an eine vorhergehende Unterwerfung und Abrüstung der Rebellen geknüpft: Die Böhmen müssten „der schuldigkeit nach submittiren“.10 An dem Majestätsbrief wolle man zwar auch weiterhin festhalten. Das klang auf den ersten Blick versöhnlich. Doch es ging ja gerade um die korrekte Auslegung des Majestätsbriefs in diesem Konflikt. Khuen kam Ende Juni aus Prag zurück mit der pessimistischen Einschätzung, die Böhmen hätten es auf die Annullierung der Wahl Ferdinands abgesehen. Allenfalls der Geldmangel sprach für eine friedliche Lösung.11 Als Khlesl später der Prozess gemacht wurde, war das Einverständnis mit den Böh-

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men einer der vier Anklagepunkte. Doch während sich für all seine übrigen Sünden – vor allem für seine oft abfälligen Kommentare über seinen Gönner Matthias, geschweige denn seinen hinhaltenden Widerstand gegen die „Sukzession“ Ferdinands – viele Indizien und Zeugen fanden, blieb dieser Punkt während der gesamten Verhandlung merkwürdig unterbelichtet. Einzig Dampierre behauptete, der böhmische Rebellenführer Thurn habe sich in einem Brief gebrüstet, er wolle Khlesl schon noch befreien.12 Über die Notwendigkeit von Rüstungen gaben sich Matthias und Khlesl keinen Illusionen hin. Am 23. Mai hatte der Fenstersturz stattgefunden. Bereits Anfang Juni ergingen die Werbepatente, wurde über Musterplätze und Durchmarschrechte verhandelt: 5000 Mann sollten neu angeworben werden.13 Mindestens ebensoviele standen bereits zur Verfügung. Denn die Habsburger verfügten über eine Armee, die sie gerade im Begriff waren, abzudanken; stattdessen konnte man sie nach Böhmen in Marsch setzen – und dabei noch diplomatische Gutpunkte sammeln. Das Heer, um das es sich handelte, war nicht mit den Dimensionen Wallensteins oder Gustav Adolfs zu messen. Aber es bildete den harten Kern der Truppen, die 1618/19 den böhmischen Aufstand zwar nicht niederwarfen, aber immerhin verhinderten, dass die Habsburger an der Donau überrannt wurden, bevor ihnen ihre spanische Verwandtschaft und ihre bayerischen Nachbarn zu Hilfe kommen konnten. Dieses Heer stand in Friaul. Es hatte ohne viel Fortune im Gradiskakrieg gegen Venedig gekämpft. Die Auslöser des Krieges waren die Uskoken, die Flüchtlinge aus dem osmanischen Herrschaftsbereich, die sich an der Militärgrenze niedergelassen hatten. Nur dass es sich dabei um eine Militärgrenze zur See handelte – und es die Uskoken bei ihren Kaperfahrten nicht immer so genau nahmen, ob sie jetzt osmanische oder venezianische Schiffe aufbrachten und plünderten. Den Kaiserlichen wiederum ging es auf die Nerven, wie die Venezianer die gesamte Adria als „mare nostro“

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betrachteten und z.B. den Triestinern das Leben schwer machten, die immer erst um Erlaubnis fragen mussten, wenn sie aus dem Golf ausliefen. Der Gradiskakrieg war eine Privatfehde Ferdinands. Der Kaiserhof hielt sich aus diesen Querelen heraus. Khlesl zumal stand im Ruf, von den Venezianern regelmäßig Bestechungsgelder zu kassieren, die seine Neutralität verbürgten.14 Wenn schon aus Wien keine Unterstützung für Ferdinand kam, dann vielleicht von den Spaniern. Vielleicht nicht unbedingt von Madrid, denn für den Herzog von Lerma, den Favoriten Philipps III., genoss der Kampf gegen die Moslems eindeutig Priorität. Er beschäftigte sich mit der Vorbereitung eines Unternehmens gegen Algier (das schon Karl V. misslungen war). Aber die spanischen Prokonsuln in Italien, der Vizekönig von Neapel (Osuna) und der Statthalter in Mailand (Villafranca) hatten nicht übel Lust, den arroganten Venezianern eine Lektion zu erteilen (die sich ihrerseits nicht scheuten, holländische Unterstützung in Anspruch zu nehmen). Osuna schickte seine Flotte in die Adria, vor der Insel Curzola kam es im November 1617 zu einer regelrechten Seeschlacht mit den Venezianern. Im spanischen Mailand standen Truppen Gewehr (oder doch zumindest Muskete) bei Fuß, um Druck auf Venedig auszuüben. Ferdinands Schwager Philipp III. hatte eben erst im Oñate-Vertrag die Erbansprüche Ferdinands anerkannt (gegen die bewusste kleine Entschädigung im Elsass). Warum sollten die Synergieeffekte zwischen dem Grazer Hof und den spanischen Verwandten nicht auch in Italien zum Tragen kommen?15 Doch Madrid spielte in einer anderen Liga. Die Verhältnisse am Madrider Hof waren gerade im Umbruch begriffen. Lerma hatte die Expedition gegen Algier im Visier; sein Sohn, der Herzog von Uceda, galt als Gönner Osunas; doch der kommende Mann, Balthasar de Zúñiga, war über den italienischen Kleinkram erhaben. Für ihn zählten in erster Linie die Niederlande und das Reich. Er setzte sich deshalb für einen Frieden mit Venedig ein, der am

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26. September 1617 in Madrid abgeschlossen wurde. Bis die Nachricht „die Isonzofront“ erreichte, hatten die Truppen schon ihre Winterquartiere bezogen. Vor dem Frühjahr würden sie nicht aufbrechen, egal wohin. Die Friedensbedingungen besagten, die Kaiserlichen sollten für die Kontrolle oder Unschädlichmachung der Uskoken sorgen, die ins Landesinnere zu deportieren wären; ihre Schiffe wurden dann auch tatsächlich in Fiume verbrannt; im berüchtigten Piratennest Zengg sollte eine kaiserliche Garnison etabliert werden, die auf Zucht und Ordnung hielt, was freilich eine Aufgabe war, für die sich niemand so recht begeistern wollte, vor allem, wenn das eine um das andere Mal der Sold ausblieb. (In Spanien kam man später auf die Idee, den Hafen vielleicht besser gleich an die Venezianer zu verkaufen.)16 Die Venezianer sollten dafür die Landstriche im habsburgischen Küstenland räumen, die sie während des Krieges besetzt hatten. Dazu war die Markusrepublik aber erst bereit, wenn sie sicher sein konnte, dass auch Ferdinand – und die Spanier – ihre Truppen wirklich abgezogen hätten. Gut 5000 Mann, darunter die Obristen Dampierre und Marradas, standen weiterhin an der Grenze; das Regiment Dampierre war von Erzherzog Maximilian von Tirol auf eigene Kosten angeworben worden; verdächtiger noch: Das Regiment Kriechinger, 2000 Mann zusätzlicher Truppen im spanischen Sold, befand sich gerade erst aus dem Elsass im Anmarsch. Eine Zeitlang beunruhigte die Venezianer überdies das Gespenst, der neapolitanische Vizekönig Osuna – der für seine Eigenständigkeit berühmt-berüchtigt war – würde seine Flotte in Triest stationieren. (Das hätte gerade noch gefehlt!) Der berüchtigte Quertreiber Khlesl schürte die Ängste der Venezianer: Vielleicht würde Ferdinand im Rahmen seiner geheimen Verträge den Spaniern überhaupt das ganze Küstenland überlassen.17 Der Aufstand in Böhmen kam den Venezianern deshalb sehr gelegen. Die Habsburger würden für ihre Truppen jetzt wohl ander-

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wärtig Verwendung finden. Ein Regiment war schon vor dem Fenstersturz angefordert worden, als Bedeckung für den ungarischen Reichstag in Preßburg, zur Sicherheit Ferdinands und zur Einschüchterung der Opposition. Die Nachricht vom Fenstersturz traf gerade zum rechten Zeitpunkt ein, um die Auflösung der Isonzo-Armee zu verhindern: Im März hieß es noch, Marradas werde nach Spanien zurückkehren, Dampierre in die Dienste der Borghese oder Medici treten. Mitte April tauchte Dampierre dann plötzlich bei Ferdinand in Wien auf, seine Truppen sollten doch noch einen Monat länger ihren Sold erhalten. Am 19. Mai, ein paar Tage vor dem Fenstersturz, wurde berichtet, Dampierre reise jetzt doch nach Friaul zurück, um seine Reiter endgültig abzudanken. Eine Woche später war der Befehl Makulatur.18 Am 24. Juni unterzeichnete Ferdinand eine Konvention mit den Venezianern über den gegenseitigen Truppenabzug. Eine Woche später brachen die Reiter Marradas aus dem Küstenland auf, nur die Infanteristen aus dem Elsass mussten noch eine Zeitlang warten, bis genügend Wagen für ihren Tross beisammen waren.19 Der Krieg an der Adria „verlöschte“; er schlug seine Zelte jetzt ein Jahrzehnt lang nördlich der Alpen auf. Dort hatte z.B. das Regiment des Herzogs Julius Heinrich von Sachsen-Lauenburg durch sein insolentes Auftreten in Niederösterreich schon in den ersten Wochen von sich reden gemacht, als Vorgeschmack all der ‚desastres de la guerre‘, die den Dreißigjährigen Krieg so berüchtigt gemacht haben. Seine Soldateska würde „haufenweise auslaufen und Schaden tun“.20 Es war kein Wunder, wenn der Ruf laut wurde: Die gefräßigen Gäste sollten so schnell wie möglich an die Front abgeschoben werden, in Richtung böhmische Grenze. Was Ferdinand und Maximilian Mitte Juli 1618 in Zugzwang brachte, war paradoxerweise nicht das – tatsächliche oder vermeintliche – Appeasement Khlesls, das ihm später so angekreidet wurde, sondern der Befehl, die herbeizitierten Regimenter sollten

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gefälligst ihrer Pflicht nachgehen. Dampierre z.B. bekam am 18. Juli seinen Marschbefehl nach Waydhofen an der Thaya.21 Periculum in mora. Dampierre hatte vorher noch etwas zu erledigen – nämlich einen Staatsstreich auszuführen, oder doch zumindest Beihilfe dabei zu leisten. Denn Khlesl sollte nicht auch noch das Heer in die Hand bekommen. Als Kommandant der kaiserlichen Truppen war der Wallone Buquoy ausersehen, doch der befand sich erst auf der Anreise aus den Niederlanden. Khlesl wollte das Kommando inzwischen seinem Günstling Khuen-Belasi anvertrauen, Ferdinand dem Hofkriegsratspräsidenten Ernst von Mollart, der nicht zu den Anhängern Khlesls zählte. Er sei „übel zufrieden, daß man ihm nicht das geringste communiciret“, beklagte Ferdinand sein Schicksal. Angeblich wollte er schon die Flinte ins Korn werfen und verärgert in die Steiermark zurückkehren, doch sein erster Minister Eggenberg überredete ihn zum Bleiben.22 Jetzt oder nie: Die Kaltstellung Khlesls war mehr als eine bloße Hofintrige. Maximilian lockte Khlesl in die Hofburg, einige seiner Vertrauten – darunter auch unser Oberst Dampierre – nahmen ihn dort gefangen und expedierten ihn mit einer sechsspännigen Kutsche sofort aus der Stadt, in Richtung Semmering und dann weiter nach Tirol. Zur Deckung des Coups wartete vor der Stadt eine Kompanie des Regiments Dampierre, das ja ursprünglich von Maximilian aufgestellt worden war. Matthias ließ prompt die Tore der Stadt sperren, damit Dampierre mit seinen Reitern nicht hereinkam. In Wien kursierten Gerüchte über einen Gegenputsch. Wollte Matthias sich jetzt seinerseits Ferdinands und Maximilians bemächtigen, oder sich gar mit den Böhmen gegen sie verbünden? Immerhin zitierte der Nuntius den erzürnten Kaiser: Das Vorgehen der beiden Familienmitglieder sei schlimmer als dasjenige der Böhmen!23 Sollte der Bruderzwist eine neuerliche Eskalation erfahren – ein Bürgerkrieg mitten im Bürgerkrieg? Diese Aussicht auf eine Aus-

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einandersetzung zwischen Katholiken lag nicht im Interesse der Kurie. Die Entführung eines Kirchenfürsten konnte der Papst, damals noch Paul V. Borghese (1605–1621), zwar auch nicht so einfach hinnehmen. Doch selbst der Nuntius hatte ein gewisses Verständnis für die Verschwörer, auch wenn er ihre Methoden nicht billigte. Er hatte von dem Anschlag gehört und Khlesl nicht gewarnt. Zusammen mit dem Kardinal Dietrichstein, der ursprünglich am 21. Juli hätte abreisen wollen, jetzt aber als neuer leitender Minister im Gespräch war, bemühte er sich um Vermittlung. Eine Rückkehr Khlesls käme nicht in Frage, so erklärte Eggenberg stellvertretend für seinen Herrn und Meister. Im Gegenteil: Das Ansinnen sei gefährlich für den Gefangenen, weil man ihn vermutlich eher umbringen würde. Die Bemühungen konzentrierten sich deshalb darauf, ihn wenigstens aus dem Machtbereich seines Intimfeindes Maximilian zu bringen. Schließlich wurde er im Tiroler Kloster Georgenberg interniert und dann nach Rom überstellt, wo man ihm den Prozess machte (und wo ihn der nächste Papst, Gregor XV., 1623 prompt amnestierte). Die Vermittler hatten Erfolg. Matthias war sich bewusst, dass der Großteil seiner Armee aus Söldnern bestand, die auf Ferdinand schworen und/oder ihren Sold von den Spaniern erwarteten. Militärisch hatte der Kaiser im Falle einer Konfrontation da ganz eindeutig die schlechteren Karten. Auf der anderen Seite ließen Ferdinand und Maximilian sich zu einer Demutsgeste überreden. Sie baten den Kaiser um Pardon. Nach einer Woche des ohnmächtigen Protests gab Matthias nach und ließ sich doch noch zu einer gemeinsamen Erklärung an die Adresse des Papstes überreden. Die Idee war nicht von der Hand zu weisen, dass Matthias jetzt ein Schicksal bevorstand ähnlich dem, das er selbst wenige Jahre zuvor Rudolf bereitet hatte.24 Um diesen Verdacht auszuräumen und die Form zu wahren, versprach Ferdinand, sich jeder Einmischung in die Regierungsgeschäfte zu enthalten. Die Probe aufs Exempel, ob

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er dieses Versprechen auch tatsächlich zu halten bereit war, fiel aus, weil Matthias bereits im März 1619 starb. Maximilian war ihm schon im November 1618 vorausgegangen. In den Wintermonaten dazwischen aber waren keine entscheidenden Weichenstellungen erfolgt. „Die Kriegspartei entschied den weiteren Gang der Ereignisse“, resümiert Sturmberger das Ergebnis des Putsches vom 20. Juli.25 Oder symbolisierte der Sturz Khlesl bloß den Sieg der „Hardliner“, ohne tatsächlichen Kurswechsel? Als Staatsstreich des Thronfolgers nimmt der 20. Juli eine Sonderstellung in der habsburgischen Geschichte ein. Ein Militärputsch war das Markenzeichen von Republiken, von Cromwell oder den Oraniern, allenfalls noch der Osmanen, die keine Primogenitur kannten. (In Konstantinopel hatte eben erst im Frühjahr 1618 ein solcher Staatsstreich stattgefunden!) Verfahrenstechnisch verdient der Vorgang alle Achtung, oder zumindest Aufmerksamkeit. Erst Kronprinz Rudolf sollte zweieinhalb Jahrhunderte später wieder mit derlei Methoden liebäugeln (und in seinem Fall waren sie nicht ernst zu nehmen). Als Weichenstellung im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges ist die Bedeutung des 20. Juli hingegen weit weniger klar. Mit Khlesl war ein Unsicherheitsfaktor beseitigt worden, keine echte politische Alternative. Der venezianische Gesandte war voreingenommen, aber er hatte nach allem, was wir wissen, nicht unrecht mit seiner Meinung, dass Khlesl keinerlei Verzögerung kaiserlicher Gegenmaßnahmen vorzuwerfen sei. Insofern bestätigte der 20. Juli bloß eine Entscheidung, die im Prinzip bereits gefallen war. Unser Venezianer kommentierte freilich auch, Khlesls Sturz sei sehr zu bedauern, weil die Spanier jetzt wohl glaubten, dass in Zukunft in Wien alles nach ihrem Willen geschehen werde. Der spanische Botschafter Graf Oñate war in das Komplott eingeweiht und mit dem Resultat zufrieden. Die Allianz zwischen Wien und Madrid ging aus dem Szenenwechsel in Wien und Madrid – dem

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Coup in Wien und der sukzessiven Machtergreifung Zúñigas und Olivares in Spanien, dem virtuellen „Fenstersturz der alten Favoriten“26 Philipps III. – gefestigt hervor. Die Konjunkturen des Krieges, der sich über Europa ausbreitete, hingen entscheidend davon ab, wie weit sich dieses prinzipielle Einverständnis in praktische Kooperation ummünzen ließ. Am Kaiserhof gab es eine Gruppe, die gerne den konfessionellen Charakter des Krieges hervorhob. Doch entgegen der aus einer kulturkämpferischen Stimmung geborenen Polemik späterer Jahrhunderte war es Spanien, das in diesem Dreißigjährigen Krieg einen Hegemonial- und keinen Ketzerkrieg sah und deshalb fast durchwegs auf einen Ausgleich mit den Protestanten drang. Die Schwierigkeiten der Abstimmung und Koordination zwischen zwei so entlegenen kontinentalen Höfen wie Wien und Madrid wurden schon 1618 deutlich. Erst im Frühjahr 1619 entschloss sich Philipp III. zu einer massiven Intervention im Reich. Es war Hochsommer, bevor sich die spanischen Truppen auf den Weg machten. Inzwischen machten ihre deutschen Vettern noch eine militärische Krise durch. Die Böhmen unter dem Grafen Heinrich Matthias Thurn zwangen Mähren zum Mitgehen und marschierten im Juni in Niederösterreich ein. Mit Hilfe befreundeter Adeliger überquerten sie am 2./3. Juni 1619 unterhalb Wiens bei Fischamend die Donau. Zur selben Zeit verhandelten die niederösterreichischen Stände in Wien über ihr Vorgehen. Als keine Einigung erzielt werden konnte, begaben sich die Protestanten am Vormittag des 5. Juni allein zum Kaiser, um ihm zu einem Vergleich mit den Böhmen zu raten. Die Szene bildete den Ausgangspunkt für die Legende von der „Sturmpetition“. Es ist schade um die schöne Geschichte, doch leider „fehlt jeder Hinweis, daß die Protestanten die Grenzen des höfischen Anstands überschritten hätten.“27 Im Gegenteil: Als die Dampierre-Dragoner in den Burghof einritten – übrigens ohne

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ihren Oberst, der bereits auf dem Weg zur Hauptarmee war –, machte zunächst das Gerücht die Runde, Ferdinand seinerseits hätte die Ständevertreter wider allen Komment verhaften lassen. Ein Teil der Protestanten sollte sich im Herbst tatsächlich den Böhmen anschließen; im Juni freilich enttäuschten die Protestanten die Hoffnungen Thurns, sie würden ihm die Tore der Stadt öffnen. Thurn hatte keinerlei Belagerungsgeschütze mit über den Fluss gebracht. Nach einer Woche vor Wien zog seine Armee unverrichteter Dinge ab. Die Hauptarmee Ferdinands unter Buquoy hingegen hatte die Zeit genützt – und der zweiten Rebellenarmee unter Mansfeld in Böhmen bei Zablat am 10. Juni eine Niederlage beigebracht. Eine weitere Gefahr für Wien zeichnete sich schemenhaft ab, sobald der siebenbürgische Fürst Bethlen Gabor im Herbst 1619 durch Oberungarn vorstieß und im Oktober Preßburg einnahm. Auch Thurns Armee stieß ein weiteres Mal bis an die Donau vor.28 Ungarn war eine Gefahr, die Ferdinand höher einschätzte als die Böhmen. Denn in Ungarn konnte man sich nie sicher sein, ob hinter den Rebellen oder den Siebenbürgern nicht doch die Osmanen standen. Mit den Osmanen hatte Mollart gerade erst am 27. Februar 1618 in Komorn den Waffenstillstand erneuert (und sich über die Teilung der Einkünfte aus den umstrittenen Grenzgebieten geeinigt); sein Bruder Ludwig, zuvor Gardehauptmann bei Erzherzog Maximilian, befand sich als neuer Botschafter („Orator“) auf dem Weg nach Konstantinopel (man kolportierte, die Gastgeschenke, die er im Gepäck führte, seien aus dem konfiszieren Vermögen Khlesls bestritten worden). Der Großwesir bot Mollart frohgemut sogar Hilfe gegen die Aufständischen an. Doch die Verhältnisse im Osmanischen Reich waren unberechenbar. Die Großwesire wechselten in den folgenden Jahren nahezu alljährlich. Der Krieg mit Persien, der für Ablenkung gesorgt hatte, war im Herbst 1618 zu einem vorläufigen Ende gelangt. Die Osmanen nahmen

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als nächsten Gegner Polen ins Visier. Doch allzu sicher konnte man sich da nicht sein. Ferdinand griff deshalb sofort zum Appeasement. Am 16. Januar 1620 schloss er seinen Waffenstillstand mit Bethlen Gabor.29 Der sächsische Kurfürst Johann Georg hatte schon 1618 prophezeit, die Böhmen möchten dem Kaiser anfangs wohl überlegen sein, doch hinter dem Kaiser stünden der Papst und Spanien; das Blatt werde sich bald wenden: „Bei dem Kaiser sei jetzt zu Anfang noch wenig vorhanden, aber wan es lang solt wehren, so möchten Spanien, babst, pfaffen etwas tun.“30 Er behielt recht: Der Kaiser, auch wenn er inzwischen gestorben war, musste nur lang genug durchhalten. Hinter dem Kaiser, dem neuen mehr noch als dem alten, standen Verbündete, die es ernst meinten. Die Weltmacht Spanien verschob ihr Schwergewicht in drei Etappen nach Mitteleuropa: Im August 1618 hatte Lerma schweren Herzens die Expedition nach Algier verschoben; ab Frühjahr 1619 wurde ein Teil der Truppen, die dafür in Italien bereitgestellt worden waren, ins Reich expediert; im Winter 1619/20 – nach einer vorübergehenden Phase des leichtfertigen Optimismus, als man davon ausging, weitere Anstrengungen seien ja gar nicht mehr notwendig – ­wurde schließlich die Expedition gegen die Kurpfalz beschlossen, das Heimatland des böhmischen „Winterkönigs“.31 Die zweite große katholische Dynastie im Reich neben den Habsburgern waren die Wittelsbacher: Herzog Maximilian von Bayern ließ sich lange bitten und lehnte anfangs jede Vermittlung ab, verpflichtete sich im Oktober 1619 dann aber zu einer massiven Unterstützung. Mehr als die Hälfte des Heeres, das 1620 in der Schlacht am Weißen Berg siegte, war von ihm rekrutiert worden. Kursachsen entschloss sich, den Ständeaufstand als eine Rebellion zu betrachten, ein politisches Störmanöver, das Containment erforderte, keinen Religionskrieg, der auf protestantische Solidarität rechnen durfte. „Politice“, so formulierte es einer der kurfürstlichen Räte, „sein

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wir Bäpstisch“.32 Diese Hilfe war nicht umsonst – in des Wortes doppelter Bedeutung. Bayern berechnete 13 Millionen, Sachsen 4 Millionen Gulden an Spesen, beide mussten vorläufig mit territorialen Pfändern (Oberösterreich und die Lausitz) befriedigt werden. Die Böhmen jedoch mussten mit klammheimlichen Sympathien von Kleinstaaten vorlieb nehmen, mit milden Gaben, die darauf berechnet waren, die Habsburger abzulenken, ihnen zusätzliche Schwierigkeiten zu bereiten und den Konflikt zu verlängern, aber nicht ausreichten, einen wirklichen Umsturz in Mitteleuropa herbeizuführen: Venedig und Savoyen schlossen ein Bündnis und bekamen bald Angst vor der eigenen Courage. Ihr Beitrag beschränkte sich auf die Entsendung des Söldnerführers Ernst von Mansfeld, der in Böhmen ein Gastspiel absolvierte und dann weiterwanderte, in den Dienst der Niederländer. Über „Diversionen“, Ablenkungsmanöver, reichten all diese Sympathiekundgebungen nicht hinaus. All die großen Gegenspieler aber, wie sie die Habsburger im Jahrhundert davor und danach in ihre berüchtigten Zweifrontenkriege verwickelten, die „Erbfeinde“, Frankreich und die Osmanen, befleißigten sich vornehmer Zurückhaltung, ja geradezu wohlwollender Neutralität. Frankreich half sogar mit, die protestantische Union 1620 von einem Eingreifen zurückzuhalten. Unter diesen Voraussetzungen war der Sieg über die isolierten Böhmen in der ersten Runde keine besondere Überraschung. Auf die Schlacht am Weißen Berg folgten zehn Jahre von sporadischen Feldzügen und Aufräumaktionen. Erst das Duo Gustav Adolf und Richelieu schuf 1630/31 eine neue Situation.

Anmerkungen 1 2

Bassett 2015, S. 12–17. Vgl. als letzte große Studie, bisher leider nicht ins Deutsche übersetzt: Janacek 2014, S. 511ff.

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Birkenmeier 2005. Zum Bruderzwist vgl. die klassische Studie von Sturmberger 1953 aus erbländischer Sicht; aus der Außensicht neuerdings González Cuerva 2012. Franzl 1978, S. 119. Koller 2008, S. 105. Gindely 1869, S. 41–43; Koller 2008, S. 106f.; Rainer 1961/62, S. 67. Noflatscher 1987, S. 228f.; Hirn II 1936, S. 449, 466, 469, 487–491. Rainer 1961/62, S. 90; Gindely 1869, S. 242ff. Müller 1997, S. 161ff.; hier: S. 177. HHStA, Dispacci 55, Bericht Nr. 56 (23.6.1618); Sturmberger 1953, S. 264. Rainer 1961/62, S. 77, S. 102. KA, HKR-Registratur 3./5./8.6.1618. Bracewell 1992, S. 285ff.; Valentinitsch 1975, S. 504ff. González Cuerva 2012, S. 342, 360, 379, 384, 401; Forbelsky 2006, S. 85; Valentinitsch 1975, S. 518. HHStA, Dispacci 56, Berichte Nr. 72 (4.8.1618), 83 (1.9.1618); Bracewell 1992, S. 291–295; González Cuerva 2012, S. 382, 442, Valentinitsch 1975, S. 524, 526. HHStA, Dispacci 55, Berichte Nr. 19 (10.3.1618), Nr. 35 (28.4.1618), Nr. 38 (5.5.1618), Nr. 52 (16.6.1918), Nr. 65 (21.7.1618); Valentinitsch 1975, S. 516, 522; Hirn II 1936, S. 249f. HHStA, Dispacci 55, Nr. 17 (3.3.1618), Nr. 23 (16.3.1618), Nr. 34 (21.4.1618). Brightwell 1979, S. 415, 425; Forbelsky 2006, S. 114, 124f., 131. KA, HKR-Registratur 10.6.1618, auch 26.6., 1.7. und 19.7.1618. KA, HKR-Registratur, 18.7.1618. HHStA, Dispacci 55, Bericht Nr. 64 (20.7.1618); Rainer 1961/62, S. 69; Müller 1997, S. 103; vgl. auch Neck 1948, S. 167, 196. HHStA, Dispacci 55, Bericht Nr. 66 (25.7.1618); Rainer 1961/62, S. 141. HHStA, Dispacci 55, Bericht Nr. 60. Sturmberger 1953, S. 276. González Cuerva 2012, S. 467. Kretschmer 1978, S. 13, 40 (Skizze); Völker 1936. Reisner 2001. HHStA, Dispacci 55, Bericht Nr. 19 (10.3.1618), Dispacci 56, Bericht Nr. 76 (11.8.1618); Neck 1948, S. 212–217; Heinisch 1974, S. 129, 150; Heinisch 1975, S. 88, 104; Finkel 2005, S. 196ff.; vgl. auch Janacek 2014, S. 514. BA I/1, 52 (10./12.7.1618). BA I/1, 227 (28.9.1619); Brightwell 1982; González Cuerva 2012, S. 405ff., 430ff. Gotthard 1993.

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as Auftreten des böhmischen Predigers und Theologen Jan Hus, einer der wichtigen sogenannten Vorreformatoren der europäischen Geschichte, löste seit dem 15. Jahrhundert eine konfessionelle Dynamik und Diversifikation in den Ländern der Wenzelskrone aus.1 Seit den hussitischen Kriegen war die einst dominante katholische Partei mehrheitlich in der Defensive, aber freilich nicht bereit, ihre Machtpositionen zu räumen. Der bis zum Jahre 1609 herrschende Status war von den Baseler Kompaktaten, der Vereinbarung zwischen Kaiser Sigmund und den Utraquisten aus dem Jahre 1433, geschaffen worden. Die Kompaktaten stellten einen Versuch der böhmischen Hussiten dar, die vier Prager Artikel (also jene Punkte, auf die sich die radikalen und gemäßigten Hussiten im Jahre 1420 einigen konnten: Predigtfreiheit, Laienkelch, Armut der Geistlichen, Bestrafung der Todsünden) legal zu verankern.2 Während der Regierung des Königs Georg von Podiebrad (1457–1471) entstand eine neue, rein böhmische Kirche, die Unität der Böhmischen Brüder.3 Die wachsenden Animositäten zwischen Utraquisten und Katholiken während König Wladislaw Jagiellos II. (1471–1516) Regiment mündeten in blutigen Auseinandersetzungen in den Prager Städten (hier fand auch der weniger bekannte 2. Prager Fenstersturz 1483 statt, der 1. war 1419 während der Hussitenkriege)4 und drohten, in einen Bürgerkrieg überzugehen. Beide Parteien aber fanden Bereitschaft zu einem Kom-

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promiss in Form des Kuttenberger Religionsfriedens (1485).5 Zu Beginn des nachfolgenden Jahrhunderts erwuchs der böhmischen Religionsgemeinschaft jenseits der westlichen Grenze eine neue „Konkurrenz“, die Lehre des Augustinermönches Martin Luther. Im Unterschied zu den Katholiken erkannten die Lutheraner die Unterordnung ihrer Kirche gegenüber der weltlichen Macht an und ihre Priester konnten die Ehe eingehen. Da unterschieden sich die böhmischen (Alt-)Utraquisten von den Katholiken de facto nur in der Anerkennung des Laienkelches und dadurch, dass sie den Namenstag von Johannes Hus6 und Hieronymus von Prag7 feierten. In Böhmen formierte sich eine Fraktion von Neo-Utraquisten, die die lutherischen Gedanken propagierten und deutsch-lutherische Prediger nach Böhmen einluden. Auch die Böhmischen Brüder verbargen ihre Sympathie gegenüber der Lehre aus Wittenberg nicht.8 Die bedrohten Alt-Utraquisten entschieden sich im Zuge dieser Entwicklungen zu einer Verbindung mit den Katholiken, unter der Bedingung, dass ihnen das Heilige Abendmahl unter beiderlei Gestalt zu empfangen gewährt wurde. Unter diesen Verhältnissen übernahm Ferdinand I. von Habsburg (1526–1564) die Regierung in den böhmischen Ländern,9 der umgehend gegen die allzu mächtigen Beamten vorging und die Verhältnisse in Prag ausglich. Der Schmalkaldische Krieg im Reich fand bald sein böhmisches Abbild im ersten antihabsburgischen Widerstand (1546–1547), für dessen Misserfolg vor allem die Städte zahlten, die wirtschaftlich und auch machtmäßig stark geschwächt wurden.10 Ferdinand I. begann mit großem Einsatz in Böhmen auch die Rekatholisierung, wozu er die Jesuiten zu Hilfe rief (1556). Es gelang ihm ebenfalls, das Prager Erzbistum zu erneuern. Im Bewusstsein, dass in der Einheit die Kraft liegt, begannen sich die Neo-Utraquisten noch mehr den Böhmischen Brüdern zu nähern. Als dann im Jahre 1575 Kaiser Maximilian II. (1564–1576) nach Prag zum Landtag kam, baten ihn die Neo-Utraquisten um

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die Möglichkeit, ihre Konfession „einzutragen“, was ihnen der Herrscher gestattete. Die gemeinsame Kommission von Neo-Utraquisten und Böhmischen Brüdern erarbeitete sodann die Böhmische Konfession. Sie stellt einen Kompromiss zwischen der augsburgischen, utraquistischen und brüderischen Religion dar.11 Zu den Artikeln der Konfession fügten die Unterzeichner noch die Kirchenordnung für die böhmische Kirche hinzu und forderten, dass dem utraquistischen Konsistorium, eine der Leitungsinstanzen bestehend aus Geistlichen und Weltlichen, die Rechtskraft der Vertreter der Ständegemeinde erteilt werde, aus deren Kreis auch die Verteidiger der evangelischen Religion, die sogenannten Defensoren, gewählt wurden. Der von diesen Entwicklungen sichtlich überraschte Kaiser Maximilian versprach im September 1575 vor den Ständevertretern mündlich, nicht aber schriftlich und damit unverbindlich, dass er die vorgelegte Konfession zu akzeptieren beabsichtige.12 Besonders das Luthertum hatte sich in Böhmen im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts stark verbreitet, und das nicht nur in den Grenzgebieten zum Reich.13 Maximilians Nachfolger, Kaiser Rudolf II. (1576–1611),14 residierte nicht einmal ein ganzes Jahr in Prag als ihm der apostolische Nuntius Giovanni Francesco Bonhomini das Punkteprogramm der böhmischen Gegenreformation vorlegte.15 Das Hauptproblem aber bestand im Mangel an Pfarrern. Und als schier unlösbares Problem zeigten sich die Auseinandersetzungen um das Pfarramt mit den Grundherrschaften. Diese machten es dem Erzbischof an vielen Orten unmöglich, katholische Pfarrer einzusetzen. Ebenso verhielten sich einige Städte, besonders die in der Region des Vorerzgebirges, die vom Luthertum voll beherrscht waren und deren Bürger sich ungeachtet des erzbischöflichen Kollaturrechts, also des Kirchenpatronats, eigenmächtig Geistliche ihrer Konfession in die Gemeinde holten. Einige evangelische Adlige unternahmen alles dafür, dass auf ihren Gütern den katholischen Geistlichen das

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Leben so schwer wie möglich gemacht wurde. Sie ermahnten ihre Untertanen, dass sie katholischen Geistlichen keinen Zehnten zahlen durften, forderten sie zum Besuch der Dienste der evangelischen Pastoren in der Umgebung auf und hinderten sie an der Nutzung der zur Pfarrei gehörenden Liegenschaften und Einnahmen. Die katholischen Pfarrer waren dadurch vielerorts nicht in der Lage wirtschaftlich zu bestehen. Der bekannte Majestätsbrief Rudolfs aus dem Jahr 1609, freilich ein Produkt der innerfamiliären Umstände und nicht Ausdruck religiöser Toleranzpolitik des Königs, ermöglichte die Glaubensfreiheit jedem, der sich zur Böhmischen Konfession bekannte.16 In diesem Dokument, das nach der Schlacht am Weißen Berg von Kaiser Ferdinand symbolträchtig mit einem Schnitt mit einer Schere für ungültig erklärt wurde, war auch die (später so wichtige) Präambel verankert, dass sich die evangelischen Untertanen in den Königsstädten und Kammerherrschaften legal in ihren Gemeinden eigene Kirchen und Friedhöfe errichten konnten. Die Glaubensbewegung in Böhmen verstärkte sich daraufhin und man begann neue Brüdergemeinschaften und lutherische Kirchen zu schaffen. Der Majestätsbrief war ein Ergebnis des Bruderzwistes zwischen Rudolf und Matthias, infolge dessen das Heer des Passauer Bischofs Leopold in Böhmen zur Unterstützung des Kaisers einfiel und das Land plünderte (das geschah vom Januar bis März 1611). Auch die Kleinseite und Prager Burg wurden von den Söldnern aus Passau erobert, in die Altstadt und Neustadt hingegen drangen nur wenige Soldaten durch, die jedoch in kurzer Zeit liquidiert wurden. Bei der Suche nach Leopolds Männern hat (nicht nur) der Prager Pöbel einige Klöster ausgeplündert. Bei Maria Schnee in der Neustadt wurden zudem vierzehn Franziskaner ermordet. Die Situation eskalierte. Die böhmischen Stände riefen daraufhin Erzherzog Matthias zur Hilfe, seine Armee kam nach Prag und das Passauer Kriegsvolk räumte das Land. Rudolf war

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der große Verlierer im Bruderzwist, er musste abdanken. Zum neuen böhmischen König wurde Matthias gewählt.17 Der ehemalige „saturnische“ Kaiser starb ein Jahr später in der Prager Burg. Das Programm der katholischen Erneuerung bekam mit dem Antritt von Johann Lohelius, dem Abt des Prämonstratenserklosters Strahov, auf dem erzbischöflichen Sitz (1612–1622) einen deutlichen Aufschwung.18 Die Rekatholisierung in Böhmen wie auch in Mähren, Schlesien und Glatz19 war, wie langläufig bekannt, ja nicht nur erst nach der Schlacht am Weißen Berg aktuell. Damals erreichte sie allerdings Massencharakter und ging selbst gegen die freien Stände vor.20 Aber bereits vor dem Jahre 1618 beschwerten sich mehrere Dutzend Städte (zum Beispiel das königliche Kaaden/ Kadaň und das dem Freiherrn Slavata unterstehende Neuhaus/ Jindřichův Hradec sowie Marktflecken in Böhmen) über die katholische Unterdrückung, aber auch eine Reihe von Dörfern und Einzelpersonen. Dazu gehörten Landbewohner, Bürger und der evangelische niedere Adel. Viele katholische Pfarrer, so die Beschwerden, predigten sehr unduldsam gegen abweichende religiöse Lehren. Seitens der Obrigkeit erschienen Druckschriften, die sehr offen die evangelische Konfession angriffen. Besonders rücksichtslos gegenüber den Protestanten äußerte sich der Olmützer Kanonikus und Dekan Johann Ctibor Kotva von Freifeld im Martinitzschen Smečno, den später Albrecht von Waldstein als zukünftigen Bischof des geplanten Bistums von Jičín in Erwägung zog. Diese Rekatholisierung in der Friedenszeit verlief meist in relativer Ruhe, nur selten rief sie brisantere Situationen hervor – wie zum Beispiel in Komotau/Chomutov und Neustraschitz/Strašecí. Dank des Einflusses aus dem benachbarten Sachsen21 und der zahlreichen deutschen Bevölkerung hatten die Lutheraner in Komotau die Oberhand gewonnen, unterstützt auch von der früheren Obrigkeit. Der neue Besitzer der Herrschaft, der böhmische Obersthofmeister Georg Popel von Lobkowitz, ein überzeugter Katholik, rief

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im Jahre 1589 die Jesuiten nach Komotau, die hier mit seiner Unterstützung ein Kolleg errichteten. Die Konflikte ließen nicht lange auf sich warten: Das Kolleg existierte nur kurze Zeit, bis es von den Einheimischen überfallen und ausgeplündert wurde. Die Niederschlagung des Aufstands war hart, zwei der Aufständischen ließ Lobkowitz bei dem nachfolgenden Prozess hinrichten.22 Im April 1614 verlangte Erzbischof Lohelius in der Böhmischen Kammer die Kündigung des evangelischen Priesters in der Stadt Neustraschitz in der Pürklitzer Herrschaft. Er wollte dort einen neuen, katholischen Geistlichen einsetzen. Die Ratsherren antworteten, dass der evangelische Priester vom utraquistischen Konsistorium eingesetzt worden sei und legten zur Bestätigung einen Brief Rudolfs II. vor. Der Erzbischof konnte sich jedoch auf die Wünsche des Kaisers Matthias berufen, der forderte, dass alle Pfarrämter in den Grundherrschaften der Kammer in Böhmen mit katholischen Geistlichen zu besetzen seien. Im Dezember 1614 konnte bereits der Pürklitzer Hauptmann den Antritt eines neuen Pfarrers in der Stadt melden, wenn auch zunächst nur eines Interimspfarrers. Die Neustraschitzer waren aber entschlossen, das nicht zu akzeptieren und setzten sich gegen diese Resolution zur Wehr. Damit machten sie sich jedoch in den Augen des Kaisers und der Amtsträger der Rebellion gegen die Obrigkeit schuldig, wofür sie bestraft werden sollten. So wurden ihre Privilegien entzogen. Die Bürger gaben schließlich nach und baten demütig um Verzeihung. Bis auf das Braurecht und das Einbürgerungsrecht wurden ihnen die meisten Privilegien 1616 zurückgegeben. Für ihr Vergehen wurden auch einige Mitbürger inhaftiert. Sie wurden zwar recht schnell entlassen, jedoch die vier Hauptakteure, die Anführer der angeblichen Rebellion, mussten innerhalb von vier Wochen ihren Besitz verkaufen und die Stadt verlassen.23 Auch wenn einige der Vorwürfe zur Rekatholisierung übertrieben dargestellt wurden, um die katholische Unterdrückung in den

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schwärzesten Farben zu zeichnen, so war die Kernaussage jedoch wahr – in Böhmen wurde die Luft für die Protestanten dünner. In Aussig/Ústí nad Labem legte der katholische Bürgermeister den Einwohnern beträchtliche Hindernisse in den Weg, entzog ihnen ihre Bürgerrechte und drohte mit einer Einschränkung bei der Ausübung ihres Handwerks, falls sie nicht den katholischen Glauben annehmen würden. Dem Bürgermeister schloss sich ebenfalls der Dekan an, der ohne Konversion den Einheimischen nicht trauen mochte. Möglicherweise gerade wegen seines unerbittlichen religiösen Verhaltens wurde der Bürgermeister von Aussig bald von einem unbekannten Täter ermordet. Der Abt des Sedletzer Klosters in der Nähe von Kuttenberg nötigte die Untertanen, in die Konventskirche in Sedletz zu gehen, nachdem er ihnen zuvor die Schlüssel ihrer Kirche weggenommen und ihnen den Gottesdienst unmöglich gemacht hatte. Außerdem beleidigte er sie und drohte ihnen mit den höchsten Strafen nach seinem eigenen Ermessen. Der Abt schreckte auch vor Gewalttaten nicht zurück. Eines Nachts schlug er mit seinen Helfern die Tür des Hauses eines der Maliner Ratsherrn ein, bedrängte diesen auf das Gröbste, würgte ihn und drohte ihn zu erstechen. Außerdem verbot er in einem anderen Marktflecken, dessen Bewohner es ablehnten, zum katholischen Glauben überzutreten, das Vieh auf die Weide zu treiben, das daraufhin jämmerlich zu verhungern drohte, so dass die Bewohner schließlich lieber nachgaben und einer Konversion zustimmten.24 Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, dass sich der konfessionelle Konflikt auf mikrohistorischer Ebene in Böhmen verschärfte.

Die Causa Braunau Zwei Städte jedoch wurden entscheidend für die konfessionell-rechtlichen Streitigkeiten auf dem Weg zum Aufstand in Böh-

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men. Zunächst sei hier der Konflikt zwischen der reichen und emanzipierten Stadt Braunau/Broumov im nordöstlichen Böhmen und dem Benediktinerkloster Břevnov genannt, der zu Beginn des 17. Jahrhunderts kurz nach Antritt (1602) des neuen Abts Wolfgang Zelendar von Prošovice (Selender von Proschowitz) ausbrach. Braunau war eine sogenannte Untertanenstadt (das waren Städte in Böhmen, die weniger privilegiert waren als die Königsstädte oder Lehnsstädte, die direkt der Krone unterstanden) der Abtei Břevnov. Der Abt begann bald nach seinem Amtsantritt die mehrheitlich protestantische Bevölkerung zur Konversion zu nötigen und sich bei seinen Rekatholisierungsmaßnahmen äußerst rücksichtslos zu verhalten. Wann genau es zur konfessionellen Wende der Braunauer Bevölkerung gekommen ist, kann kaum gesagt werden. Sicher war es ein allmählicher Wandel und es ist gut möglich, dass es zum definitiven Bruch erst nach 1575 kam, als Kaiser Maximilian II. mündlich der Böhmischen Konfession zustimmte. Der Benediktinerkonvent vermochte den Vormarsch des Luthertums nicht ernstlich aufzuhalten. Die Katholiken wurden während weniger Jahrzehnte im Braunauer Land zur Minderheit. Zelendar begann deshalb energisch, der verfallenden Klosterherrschaft seine ursprüngliche Macht wiederzugeben und die „Verirrten“ erneut in den Schoß der katholischen Kirche zurückzuführen. Mit den Bürgern geriet er sofort wegen einer finanziellen Geschichte in Streit. Einstweilig hatte er zwar Erfolg, die Braunauer beschwerten sich aber über sein Vorgehen bei der Böhmischen Kammer, da es sich um eine Steuerabgabe für den Herrscher handelte, die zudem von Zelendar zu hoch angesetzt wurde. Der Abt musste das Geld der Kammer aushändigen. Schon kurz darauf, als er selber das erste Mal nach Braunau kam, befahl er den Bürgern schriftlich die strenge Einhaltung eines ordnungsgemäßen religiösen Lebens, und bei Vernachlässigung der katholischen Grundsätze drohte er mit Verweigerung des Begräbnisses auf dem katholischen Friedhof. Den

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halbherzigen und eher zum Protestantismus tendierenden Braunauer Dekan berief er ab und ersetzte ihn durch einen viel entschlosseneren Geistlichen. Dieser hatte sich im Frühjahr 1603 bei der Beerdigung der Frau des Tuchmachers Johann Burkhart von dem noch nicht beigesetzten Leib entsetzt entfernt, da der Leichenzug protestantische Lieder anstimmte. Freilich informierte der Geistliche den Abt über dieses Vorkommnis. Zelendar ließ daraufhin zwei von Burkharts Söhnen inhaftieren, womit er in der Stadt große Empörung hervorrief, vor allem unter der nichtkatholischen Jugend. Weitere konfliktreiche Vorfälle zwischen Geistlichen und Bürgern der Stadt folgten. Einer harmonischen Beziehung kamen dabei auch nicht die langen Einquartierungen kaiserlicher Soldaten entgegen, die sich auf die ungarische Front vorbereiteten und der Stadt und den Bürgern auf der Tasche lagen – die Schuld für diesen Zustand rechneten die Braunauer dem Abt an. Nach dem Jahr 1609 entschlossen sich die Braunauer Protestanten, nachdem sie vergeblich versucht hatten, eine der örtlichen Kirchen für ihren Gebrauch zu erwerben, zum Bau eines eigenen Gotteshauses. Dabei prüften sie nicht, ob sie zum Bau berechtigt waren, sie gaben sich mit den Erklärungen und mit dem Schutz der Landesstände sowie des utraquistischen Konsistoriums zufrieden. Das utraquistische Konsistorium sowie die Defensoren, die ständische Kirchenleitung, unterstützten die Braunauer dabei besonders, da sie die Meinung vertraten, dass die Klosterherrschaften eigentlich Grundherrschaften der Kammer seien und die dortigen Städte die gleichen Rechte hätten wie die Königsstädte. Materielle Unterstützung erfuhren die Protestanten Braunaus auch aus dem benachbarten schlesischen Breslau. Der streitbare Abt jedoch konnte sich aber auf den Rückhalt von Kaiser Matthias stützen, der sich nach einem gewissen Zögern schließlich voll auf dessen Seite stellte. Denn auch in Prag wurde man auf das Vorhaben in Braunau aufmerksam, schließlich stand hier ein Präzedenzfall an. So

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befassten sich im Auftrag des neuen Königs Matthias die höchsten Beamten mit der Causa. Sie kamen zum Schluss, dass die Bürger Braunaus als Untertanen des Abtes nicht zum dritten freien Stand gehörten und sie somit kein Recht hätten, eine eigene Kirche zu bauen. Der Bau wurde untersagt. Trotz des negativen Gutachtens der mehrheitlich mit Katholiken besetzten Kommission und vieler in den Weg gelegter Hindernisse seitens Zelendars wurde der Bau der Braunauer Kirche zu einem glücklichen Ende gebracht. Das sollte aber noch lange nicht das Ende der Causa Braunau sein. Dieser Streit kam gemeinsam mit der Causa Klostergrab/Hrob in Nordböhmen wiederholt auf die Agenda der Böhmischen Stände. Die evangelischen Ständevertreter, die sich vehement gegen den Abt aussprachen, konnten aber letztendlich den Kaiser nicht an seiner Resolution hindern, wonach die Braunauer Kirche versiegelt und die Schlüssel dem Abt abgegeben werden sollten. Einige Bürger wanderten im Zuge dieser Auseinandersetzung sogar in das Prager Gefängnis. 1618 schließlich wollte der Landesherr in Braunau Ernst machen. Den Kommissaren, die die Übergabe der Kirche an Zelendar sicherstellen sollten, verweigerten die Braunauer jedoch den Zugang mit der Waffe in der Hand. In dieser angespannten Situation war es nicht möglich, die Amtshandlung mit Gewalt durchzusetzen. Die Braunauer Kirche blieb also, entgegen der anhaltenden Behauptung selbst in durchaus seriösen wissenschaftlichen Arbeiten, bis nach 1620 nicht geschlossen. Es stellt sich in diesem Kontext jedoch die Frage, warum der Kaiser mit den Braunauern nicht kurzen Prozess machte? Die Antwort auf die gestellte Frage muss in Zusammenhang mit den Ereignissen in Klostergrab gesehen werden. Die böhmisch-evangelischen Stände waren über die dortigen Ereignisse zutiefst erschüttert. Im Karolinum in der Prager Altstadt fand zu jener Zeit gerade eine Versammlung statt, auf der das Unrecht gegenüber beiden Städten gelöst werden sollte. Einfach übergehen konnte der König die Lei-

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tungsinstanzen der Evangelischen nicht. Die Abgeordneten baten in einem Schreiben an die Statthalter auf dem Hradschin um Entlassung der inhaftierten Braunauer Bürger und um eine an Zelendar gerichtete Verfügung, dass er den Evangelischen keine Hindernisse beim Bekennen ihrer Konfession in den Weg legen sollte. Nicht ganz eine Woche später schrieben sie im gleichen Sinne an den Kaiser mit der Bitte um Fürsprache für die Braunauer sowie auch an die mährischen und schlesischen Stände, die ihrer Bitte jedoch nicht nachkamen. Von den Statthaltern zumindest bekamen sie im Falle der Gefangenen eine Antwort, allerdings eine abschlägige, mit dem Hinweis, dass sie zu deren Entlassung kein Recht hätten, da es sich um Gefangene des Kaisers handle. Kurz danach erhielten die Stände das berüchtigte „schwere Schreiben“ von Matthias, in dem er die ständische Versammlung untersagte.25

Die Causa Klostergrab Was aber fiel in Klostergrab/Hrob vor? Die Kleinstadt Klostergrab, am Südhang des Erzgebirges, kam zur Wende des 16. Jahrhunderts als Bestandteil der Ossegger Klosterherrschaft in Besitz des erneuerten Prager Bistums. Zur gleichen Zeit, vielleicht sogar früher, begann aus dem benachbarten Sachsen das Gedankengut Luthers einzudringen, und zu dieser reformistischen Religion fühlten sich immer mehr Klostergraber Bürger hingezogen. Die dortige katholische St. Barbara-Kirche blieb leer und verkam. Den Majestätsbrief Rudolfs II. mit seiner Zusicherung der Glaubensfreiheit legten sich die Einheimischen auf ihre Art aus. Es war jedoch so, dass es darin eine grundsätzliche rechtliche Lücke gab, die eben die Situation, die kirchlichen Grundherrschaften betreffend, nicht regelte. Die entscheidende Frage war, ob es sich bei Klostergrab um eine Stadt des Königs oder des Erzbischofs handelte. Die traditionsbewussten Klostergraber, die sich für freie Bergleute und Bürger einer

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Stadt der Kammer (also eine königliche Stadt) hielten, bezogen deshalb den Majestätsbrief ohne gröbere Bedenken auch auf sich und begannen eine eigene evangelische Kirche zu bauen. Rückhalt fanden auch die Klostergraber in der rechtlichen Beurteilung durch die Defensoren in Prag. Unter anderem durch die starke finanzielle Unterstützung Sachsens, dem Kernland des Luthertums, gelang es ihnen in relativ kurzer Zeit, dieses ambitionierte und teure Vorhaben umzusetzen. Gleichzeitig riefen sie damit allerdings eine ernste Auseinandersetzung mit der Obrigkeit, besonders aber mit dem Erzbischof Johann Lohelius hervor. Von Gesetzeswegen war der Prager Erzbischof im Recht, seine Klostergraber Untertanen aufgrund dieses Baues für Rebellen zu halten. Wagten diese doch bald darauf, seine patrimonialen Ansprüche anzuzweifeln, und verwiesen auf ein angebliches, allerdings nie existierendes, mittelalterliches Privilegium Kaiser Karls IV., wonach sie Bürger einer Königsstadt seien. Als die Bürger Klostergrabs 1616 in der Böhmischen Kanzlei in Prag ihre Dokumente vorzulegen hatten, war die besagte Urkunde des Kaisers aus dem Hause Luxemburg freilich nicht mit im Gepäck. Die im Frühjahr 1614 fertiggestellte Kirche wurde bereits im Herbst desselben Jahres für den Gottesdienst geschlossen und versiegelt. Es folgten weitere drastische Maßnahmen des Erzbischofs gegenüber den Protestanten: die Erneuerung des Stadtrates, ein Verbot, Prädikanten aufzusuchen, Entlassung des Pastors der Gemeinde, verpflichtende Besuche der katholischen Messe an Sonn- und Feiertagen. Lohelius verfolgte nun ein strenges Programm der Rekatholisierung. Sowohl der Landtag als auch der Kaiser wurden auf Veranlassung der Defensoren mit dieser Angelegenheit befasst. Matthias besprach sich in dieser Causa sogar mit Heinrich Matthias von Thurn und zwei weiteren Defensoren, zog dann aber einen Schlussstrich unter die Sache. Die Richter am Prager Appellationsgericht sahen nach langer Prüfung der Causa die Stadt Klostergrab

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als dem Erzbischof erbuntertänig. Die kaiserliche Entscheidung folgte dem Gutachten des Appellationsgerichts. Matthias entschied, dass der Erzbischof mit dem Gebäude verfahren könne, wie er es in seiner Machtbefugnis für richtig halte. Und das tat der Erzbischof auch umgehend. Am 11. Dezember 1617 erschien der Ossegger Hauptmann Mauskönig mit einer bewaffneten Rotte von etwa hundert Mann in Klostergrab und begann, die evangelische Kirche niederzureißen, die auch niemand verteidigte. Das war der große Unterschied zur Causa Braunau. Denn dort stellten sich – wie bereits erwähnt – die Protestanten dem Versuch der Schließung ihrer Kirche mit der Waffe in der Hand entgegen und verteidigten somit ihr angebliches Recht. In Klostergrab blieb nach der dreitägigen Zerstörung des Gotteshauses kein Stein auf dem anderen. Die Einrichtung der Kirche wurde für die katholische Kirche einfach konfisziert. Am 14. Dezember kam der Erzbischof persönlich nach Klostergrab, um nun endlich den Stadtrat zu erneuern. Dessen neue Zusammensetzung ist zwar nicht bekannt, wir wissen aber von der Signierung eines Revers durch die neu ernannten Ratsherren. Darin baten sie, dass ihnen der Erzbischof gnädig ihre Konspiration (wofür sie eine Strafe verdient hätten) verzeihen möge und dass er ihnen alle – mit Ausnahme von zwei – Privilegien erneuere. Eine der zwei Ausnahmen bildete dieses eben erwähnte angebliche Privileg von Karl IV. Sie erhielten jedoch andere Privilegien, wofür sich die neue Stadtführung bedankte und sich zum Gehorsam treuer Erbuntertanen verpflichtete. Zudem versprachen sie lediglich ihre „uralte“ Kirche zu besuchen und dem katholischen Pfarrer die gebührende Versorgung (die nun jene 100 Schock Groschen jährlich, gegen die sie sich so widersetzt hatten, leicht überstieg) zukommen zu lassen. Gleichzeitig wollten sie ihm weitere Vergünstigungen gewähren.26

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Auf dem Weg zum Aufstand Inzwischen war im Jahre 1617 auf der Ständeversammlung ohne größeren Einspruch der Opposition Ferdinand von Steiermark aus einer habsburgischen Nebenlinie zum neuen böhmischen König gewählt worden, weil der alternde Kaiser Matthias bisher kinderlos geblieben war.27 Gegen ihn hatten sich in der uneinigen Ständegemeinde damals nur Heinrich Matthias von Thurn und Leonhard Colonna von Fels, die späteren militärischen Anführer des Aufstands, gemeinsam mit zwei städtischen Vertretern aus der Prager Neustadt und aus Saaz ausgesprochen, die jedoch bald darauf abgesetzt wurden.28 Ohne Folgen blieb es auch nicht für Thurn selbst, der zwar auf der Leiter der höchsten Landesämter eine Stufe höher stieg, dafür jedoch die nicht geringen finanziellen Einnahmen durch Abberufung aus der einträglichen Funktion eines Karlsteiner Burggrafen verlor. Kaiser Matthias verließ schon bald daraufhin Prag, um nie wieder an die Stadt an der Moldau zurückzukehren. Er beauftragte ausgewählte höchste Beamte mit der Landesverwaltung, die Prager Statthalter. Im März 1618 wurde ohne Einverständnis des Kaisers eine protestantische Ständeversammlung ins Prager Karolinum einberufen. Hier mussten die Statt­halter den Anschuldigungen der Versammlung Rede und Antwort stehen. Der Vorwurf lautete, dass sie den Majestätsbrief an der böhmischen Peripherie, im Falle der Kirchen in Klostergrab und Braunau, verletzt hätten (es ging jedoch nicht nur um diese Vorfälle allein). Die Eskalation der Lage in Klostergrab im Dezember 1617 und die unmittelbare Intervention in Braunau im März 1618 ließen im Lager der protestantischen Ständevertreter die schlimmsten Befürchtungen hochkommen. Der Wert dieser Versammlung wurde allerdings durch die Abwesenheit der eingeschüchterten Städtevertreter herabgesetzt. So war zum Beispiel die Hauptstadt des Königreichs aus Vorsicht nicht vertreten. In dieser Situation

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war es nicht verwunderlich, dass die Statthalter, vor allem Wilhelm Slavata und Jaroslav Borsita von Martinitz, den Ständeprotest ablehnten, der auch nicht bei dem unmittelbar darauf adressierten Kaiser Gehör fand. Ganz im Gegenteil: Das Reichsoberhaupt zeigte für den Protest „seiner“ Böhmen kein Verständnis. Matthias verbot eine weitere Fortsetzung der Versammlung, nach einer späteren Anschuldigung angeblich auf Anraten der Prager Statthalter. Thurn wurde nach Wien zitiert. Der Anführer der sich formierenden Rebellen schenkte dieser Aufforderung aber kein Gehör.29 Für die protestantische Opposition gab es nun kein Zurück mehr. Sie berief für Montag, den 21. Mai 1618, in ihrem traditionellen Sitzungssaal im Karolinum eine neue Versammlung ein. Noch vor ihrer Eröffnung wurden alle Beteiligten aufgefordert, sich in der Böhmischen Hofkanzlei auf der Burg wegen eines neu eingetroffenen, sehr schwerwiegenden kaiserlichen Briefes einzufinden. Die Anwesenden hörten sich am Vormittag des betreffenden Tages die Ermahnung Kaiser Matthias’ an, sich nicht mit Angelegenheiten zu befassen, die ihnen nicht zustünden, und die angeblich ihre durch den Majestätsbrief gegebenen Rechte überstiegen. Die Empörung nach Anhörung des Briefes nahm solche Ausmaße an, dass die Teilnehmenden seine Echtheit anzweifelten.30 Es kam auch der Verdacht einer Fälschung durch die Statthalter auf. Nach Anfertigung einer Abschrift verließen sie die Burg und bereiteten ihre Antwort vor, und das in einer Situation, in der beide Parteien nicht mehr vor einer gewaltsamen Lösung zurückschreckten. Nun wurde zum ersten Mal die Notwendigkeit einer radikalen Lösung ausgesprochen, welche die Entschiedenheit der protestantischen Stände gegen die provozierenden Statthalter demonstrieren sollte. Ähnliche Schritte wurden bald darauf auf einer Sitzung der Anführer im Kleinseitener Palais des Johann Albrecht Schmiritz vorgeschlagen. Es ist gut möglich, dass im Zuge dieser Sitzung die Entscheidung zum Fenstersturz der Statthalter fiel. Dass aber auch manches

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denjenigen zugetragen wurde, die bald darauf zu unglücklichen Helden werden sollten, lässt sich sowohl aus dem plötzlichen „Unwohlsein“ des Oberstburggrafen Adam von Sternberg, als auch aus der überstürzten Flucht des von den Ständen gehassten Sekretärs Paul Michna von Weitzenau ableiten. Der meistgehasste Mann jedoch, der Oberstkanzler in Böhmen Zdenko Adalbert Popel von Lobkowitz, war wegen arbeitsmäßiger Verpflichtung langfristig in Wien. Es muss dabei betont werden, dass in die Vorbereitung der geplanten Radikallösung nur eine enge Gruppe von Personen eingeweiht war, während die meisten der Ständevertreter, die an dem schicksalshaften Tag früh auf die Burg kamen, nichts derartiges vorhatten. Am 23. Mai 1618 in den Morgenstunden begannen sich die Vertreter der Stände in dem berühmten gotischen Wladislaw-Saal zu versammeln und verhandelten noch im Nebenraum über die nachfolgende Rede. Als Sprecher wurde Pavel von Řičany ausgewählt. Danach begaben sich alle in die Kanzlei der Statthalter, wo außer den späteren Opfern Slavata, Martinitz und Philipp Fabricius auch der Oberstburggraf Adam von Sternberg und der Johanniter-Prior Matthäus Diepold von Lobkowitz anwesend waren. Die erste Frage hinsichtlich der aktuellsten Ereignisse und dem Fehlen der Prager Vertreter im Karolinum richtete Pavel von Řičany an die Statthalter. Er äußerte dabei den Verdacht, dass dieser Umstand auf Anraten von Slavata und Martinitz verursacht worden sei. Diese Sache konnten die Beschuldigten noch herunterspielen. So kamen die Radikalen gleich zum Hauptpunkt, nämlich zum Verbot der Einberufung der Ständeversammlung. Die Frage wurde aufgeworfen, wer wohl im Hintergrund dieses berüchtigten „schwerwiegenden Schreibens“ die Fäden gezogen hätte. Sicher hatten die Vertreter der Stände damit einen wunden Punkt getroffen, so dass man sich nicht über die ausweichenden Antworten der Statthalter wundern muss, die diese Angelegenheit als Dienst­

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geheimnis verstanden wissen wollten. Damit gossen sie jedoch nur Öl ins Feuer, weil nun die Anwesenden energisch eine direkte Antwort forderten und die Statthalter mit ihren Beschwerden über die Verletzungen des Majestätsbriefs konfrontierten. Leonhard Colonna klagte in dieser Sache direkt Slavata und Martinitz an, die er als Initiatoren des kaiserlichen Briefes vom März adressierte, womit er die ganze Aufmerksamkeit (und vor allem den blanken Hass) der Anwesenden auf die Vertreter des böhmischen Königs richtete. Aber eine Affekthandlung war der Fenstersturz keineswegs, hatten doch die Radikalen schon das Strafurteil für beide Statthalter im Vorfeld beschlossen und bereiteten nun nur noch den Boden für ein kollektives Handeln mit Zustimmung aller Versammelten vor. Ihr Vorhaben ging auf. Der erste Akt des Dreißigjährigen Krieges ging vonstatten, der in der Geschichte als zweiter Prager Fenstersturz bekannt geworden ist (obwohl es sich in Wirklichkeit schon um den dritten Fenstersturz in der böhmischen Geschichte handelte).31 Sternberg und Matthäus Diepold von Lobkowitz wurden aus der Kanzlei geführt, die übrigen drei Männer wurden aus dem Fenster der Böhmischen Hofkanzlei geworfen. Angesichts der Tiefe des Grabens handelte es sich seitens der Exekutoren um ein Todesurteil. Das Überleben der Defenestrierten überraschte alle und gab noch bis vor kurzem Anlass zu vielen Mutmaßungen. Dass sich angeblich unter den Fenstern der böhmischen Kanzlei ein Misthaufen befand, widerlegte schon hinreichend Josef Petráň, der wiederum ein ärztliches Gutachten vorlegte, worin er eine mildernde Wirkung des Hangs auf den Aufprall nachweisen wollte.32 Eine Rolle könnten dabei auch die damaligen festen Textilien gespielt haben, aus denen die Kleidung der Opfer angefertigt war. Slavata hingegen schrieb seine Rettung der Jungfrau Maria zu. Was sich im Graben abgespielt hat, wissen wir dank der Aussage von Martinitz. Dieser überstand den Sturz ohne die geringste Verlet-

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zung und eilte zu dem gerade herabgefallenen Fabricius. Er fragte ihn, wie es ihm ginge und der mitgenommene Sekretär soll geantwortet haben, dass er nicht begreife, was er den Ständen angetan hätte um ihn so zu behandeln. Martinitz wies ihn kurz zurecht, dass es nicht an der Zeit sei, solche Fragen zu stellen, vielmehr sollten sie schnell aufstehen, um dem am schlimmsten betroffenen Slavata zu helfen, der nach einem Aufprall mit dem Kopf auf ein Gesims blutete und in seinem Mantel zu ersticken drohte. Kurz darauf war aus dem Fenster ein Schuss zu vernehmen, der Martinitz am Mantel traf.33 In der Burg hatte man sich bereits von der Überraschung erholt, dass die Männer im Graben am Leben waren. Nachdem das ständische Gesinde, das die Szene vom Burgwall aus beobachtet hatte, ihre Herren auf die missglückte Liquidierung aufmerksam gemacht hatte, wollten die Aufständischen vollenden, was sie begonnen hatten.34 Polyxena von Lobkowitz half Slavata und Martinitz, indem sie den Beiden in ihrem nahen Palais Asyl gewährte, während Fabricius nach Wien floh, wo er als direkter Zeuge dem Kaiser einen Bericht darüber gab, was sich in Prag abgespielt hatte.35

Anmerkungen 1 Dazu z.B. Míka 1974 oder Válka 1988. 2 Vgl. Šmahel 2012. 3 Dazu Říčan 1957 oder Molnár 1952. 4 Šmahel 1986. 5 Ausführlich Šmahel 1996. 6 Auf Deutsch nun Soukup 2014. 7 Zu ihm Chadima 2016. 8 Zur Problematik Hrubý 1939. 9 Zu seiner Person neuerlich Kohler 2003 und Seipel 2003. 10 Siehe Vorel 1999. 11 Hrejsa 1912 und David 1999. 12 Pánek 1991.

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Wolkan 1883. Zu seiner Person besonders Janáček 1997, Vocelka 1985 und Evans 1973. Stloukal 1928. Zum rudolfinischen Majestätsbrief zuletzt Just 2009. Vgl. auch die älteren Arbeiten von Gindely 1858 sowie Glücklich 1917 und Krofta 1909. 17 Kunz 1897 und Autorenkollektiv 2014. 18 Zu seiner Person Dlabacz s. d. und Kadlec 2001. 19 Ruhe herrschte aber ebenso wenig z.B. in Glatz, in Schlesien und Mähren. Die Bürger von Glatz beschwerten sich besonders über „ihre“ Jesuiten. Ihretwegen waren sie gezwungen, in dem zwölf Mitglieder zählenden Rat sechs Katholiken zu ernennen, von denen es hier nicht einmal ein Dutzend gab. Aus der Grafschaft Glatz gelangten noch viele weitere Beschwerden nach Prag. Karl von Liechtenstein erwarb das schlesische Troppau mit einer Mehrheit an lutherischen Bürgern, und er begann mit einem harten Vorgehen gegen seine Gegner. In Mähren führte besonders die Familie Dietrichstein schon lange Jahre die Rekatholisierung in der Grundherrschaft Nikolsburg (Mikulov) durch. Die dortigen Bürger bekamen von der Obrigkeit den eindeutigen Befehl, dass alle Mitbewohner ohne Ausnahme zu konvertieren hätten, ansonsten kämen sie um ihren Besitz und müssten die Stadt für immer verlassen. Einige verkauften tatsächlich ihre Häuser und verließen die Stadt, die meisten jedoch konvertierten und aus Nikolsburg, einstmals eine Hochburg der Toleranz, wurde eine katholische Stadt. 20 Pánek 1995. 21 Vgl. Sieber 1965–1966. 22 Brandon 2005 sowie Holeček 1996 und Rak 2012. 23 Ausführlich Kilián 2016. 24 Šubert 1862, S. 251–255 u.a. 25 Wintera 1894 und neuerdings ausführlich zum Kirchenstreit von Braunau in Deutsch Kilián 2014 (hier auch weitere Literatur). 26 Zur Causa Klostergrab ausführlich in Deutsch Kilián 2015. 27 Zu Ferdinand siehe Bireley 1991, Franzl 1978, Hurter 1850/1864, Sturmberger 1957. 28 Kučera 1984. 29 Zu Thurn Odložilík 1944 und Pojar 1998. 30 Petráň 1996, S. 143–145. 31 Monographisch zum Fenstersturz Macháček 1918 und auf Deutsch Picek 1918. Siehe aber besonders Petráň 1996, S. 160–186. 32 Petráň 1996, S. 185–186. 33 Knihovna Národního muzea Praha [Die Bibliothek des Nationalmuseums Prag], Sign. VIII A 18 – Jaroslav Bořita von Martinice, Gründliche Beschreibung […] des Fenstersturms […], fol. 17. Siehe auch ÖNB Wien, Handschrif13 14 15 16

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tensammlung, Nr. 14678 – „Qualita della Casa Martinitz“, fol. 19–20 (eine Beschreibung des Fenstersturzes). 34 Petráň 1996, S. 193. 35 Über Fabricius Kilián 2005.

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ie erste Phase des Dreißigjährigen Krieges wird geheimhin der Böhmisch-Pfälzische Krieg genannt.1 Das Kriegstheater konzentrierte sich in den ersten beiden Jahren auf die habsburgischen Herrschaften ob und unter der Enns (hier auch Ober- und Niederösterreich genannt, obgleich natürlich die historische Bezeichnung „Oberösterreichische Länder“ die Grafschaft Tirol und die Vorlande meint) und auf Süd- und Westböhmen. Immer mehr griffen in diesem anfänglich innerhabsburgischen Konflikt Akteure des Reiches und auswärtige Mächte ein. Bereits in diesen ersten beiden Jahren wurden die Weichen auf einen langen Konflikt gestellt.

Die Heeresorganisation Obgleich die Frühe Neuzeit eine von Kriegen geprägte Epoche war, hatten die Fürsten jener Zeit kein stehendes Heer in ihren Diensten. Es gab zwar die sogenannten Landesaufgebote, auch Landesdefensionen genannt, also für den Ernstfall und nur zur Verteidigung einsetzbare Bürger, Bauern und Dienstboten, aber ständig unter Waffen stehende kampfkräftige Armeen unterhielt kaum jemand. Nur nebenbei sei bemerkt, dass sich diese Landesaufgebote im Ernstfall auch selten bewährt haben. Selbst der große politische Verband des Heiligen Römischen Reiches unterhielt kein

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stehendes Reichsheer, man konnte sich vor dem Hintergrund der massiven osmanischen Bedrohung im Südosten des Reiches lediglich auf die Festlegung eines Reichsaufgebots (einer Mischung aus Reichsheer und Lehensaufgebot) im Falle einer Bedrohung einigen. Die Organisation dieser Aufbringung zum Landfriedensschutz oblag den Reichskreisen. Berechnungsgrundlage der von den einzelnen Reichsständen zu leistenden finanziellen Unterstützungen wurde der Römermonat. Das war eine Rechnungseinheit zur Reichshilfe, die in den Reichsmatrikeln, einem Verzeichnis zur Heereshilfe, festgelegt wurde. Der historische Hintergrund der Bezeichnung „Römermonat“ war ein von Karl V. geplanter Zug nach Rom zur Kaiserkrönung, der den Reichsständen die Pflicht zur Unterstützung des Reichsoberhauptes auferlegt hätte, jedoch nie durchgeführt wurde.2 Erst mitten im Krieg, nach dem Prager Frieden von 1635, wurde auf kaiserlich-kursächsischer Initiative eine Reichsarmada geschaffen, in die Kurbayern schließlich ebenfalls aufgenommen wurde.3 Um einen Krieg offensiv führen zu können, musste man sich ein Heer einkaufen. So beauftragte der Fürst als Kriegsherr einen Militärunternehmer im Generalsrang, Söldner anzuheuern, also Männer, keineswegs immer „Landeskinder“, die für Geld kämpften.4 Der Kriegsherr stellte dem Oberbefehlshaber Werbepatente aus, mit denen dieser wiederum Offiziere beauftragen konnte, Regimenter aufzustellen. Die Regimentsinhaber mussten dabei jedoch nicht zwangsweise die Regimentskommandanten sein. Oft bestellten die Inhaber der Regimenter einen befehlshabenden Offizier für ihre Soldaten, der den Rang eines Obersten einnahm. Dieses privatwirtschaftlich organisierte Kriegswesen setzte eine gewisse Kreditwürdigkeit des Oberbefehlshabers und seiner Offiziere voraus. Finanzieren musste letztendlich jedoch der Landesherr die Aufstellung der Söldnerheere, der auf sein eigenes oder auch auf landesherrliches Vermögen zurückgreifen musste und noch viel-

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mehr von der Steuerbereitschaft der Stände, der Vertreter des Adels, der Geistlichkeit und der Städte, abhängig war. Gerade das 16. und 17. Jahrhundert war von diesem politischen, auch finanzpolitischen Dualismus zwischen dem Fürsten und der Stände geprägt.5 Aber wer auch immer für den Krieg aufkommen musste, eines war klar: Das Zitat des späteren kaiserlichen Feldherrn Raimondo Montecuccoli (das er eigentlich vom italienischen Condottiere Gian Giacomo Trivulzio übernahm), „man brauche für die Kriegführung drei notwendige Dinge: Geld, Geld, Geld“, traf in hohem Maße auch für den Dreißigjährigen Krieg zu. Als der Krieg im Laufen war, konnte man dann freilich den besetzten Feindländern Kontributionen (Abgabe von Naturalien oder Geld) auferlegen, die Länder einfach plündern, brandschatzen (das Abverlangen von Geld mit dem Versprechen, die Stadt nicht anzünden zu wollen) oder auch Schutzbriefe zur Befreiung einer Besetzung ausstellen. Die Militärunternehmer selber mussten zur Finanzierung sehr oft Darlehen aufnehmen, so dass auch das Bank- und Kreditwesen im Krieg und vom Krieg profitierte.6 Es entstand geradezu ein Netzwerk von Finanziers und Bankiers für das Kriegswesen. Eine weitere Möglichkeit, Geld aufzutreiben, waren Subsidien, die finanzielle Unterstützung befreundeter Mächte. Der Böhmisch-Pfälzische Krieg wurde nicht zuletzt über Subsidien entschieden, wie noch zu zeigen sein wird. Den Höhepunkt dieser Entwicklung – zumindest im kaiserlichen Heer – markierte Albrecht von Wallenstein.7 Der Herzog von Friedland war tatsächlich ein (Kriegs-)Unternehmer und mehr als nur ein Söldnerführer, ein Condottiere, wie wir ihn aus der italienischen Geschichte kennen. Er war der Finanzier der Armee und Rüstungsunternehmer zugleich und als Landesherr strebte er nach einer möglichst großen versorgungstechnischen Autarkie seiner Armee, die de jure nicht die seine, sondern die Ferdinands II. war. Während andere Feldherrn das Kriegstheater plündernd und brand-

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schatzend überzogen und sich auf die Logistik ihres Kriegsherrn verließen oder die Soldaten sich selbst überließen, sorgte Wallenstein für seinen eigenen Nachschub. Seine Fürstentümer und Ländereien waren das ökonomische Rückgrat der kaiserlichen Armee. Wallenstein begriff, dass Kriegführung mehr war, als nur Schlachten zu schlagen und geschickte Manöver zu führen. Eine funktionierende Logistik und somit eine erfolgreiche Kriegführung waren auf die Dauer nur durch einen wirtschaftlich starken Rückhalt zu gewährleisten. Wallenstein stieg jedoch erst 1625 ins Kriegsgeschehen ein. Zu Beginn des Krieges hatte man noch lange nicht diesen Professionalisierungsgrad in Finanzierung und Logistik erreicht. Organisiert waren die Heere der damaligen Zeit in Regimenter, die wiederum aus Kompanien bestanden. Die drei Waffengattungen der damaligen Zeit waren die Kavallerie, die Infanterie und die Artillerie. Die Kavallerie setzte sich aus den schwer gepanzerten Kürassieren, den mit Radschlosskarabinern bewaffneten Arkebusieren, die bereits leichter gepanzert waren, den erst später gebräuchlicher werdenden Dragonern, Musketiere zu Pferd, und den sogenannten irregulären Truppen zusammen. Diese irregulären Truppen, die sogenannten Crabaten, Hungarn und Kosacken, gewannen im Zuge des Krieges auf kaiserlicher Seite immer mehr an Bedeutung. Diese meist aus den ungarischen Ländern oder Polen kommende leichte Kavallerie hatte ihre Aufgabe in Stör-, Überfalls-, Verfolgungs- und Aufklärungsaktionen. Das Fußvolk bestand aus den Musketieren, die mit Gewehren (Musketen) bewaffnet, und den Pikenieren, die mit einem 5 bis 6 Meter langen Spieß ausgerüstet waren. Die Artillerie war eine äußerst kostenintensive Waffengattung. Nicht nur die Herstellung der Geschütze war teuer, auch ihr Unterhalt und ihre Fortbewegung waren aufgrund des enormen Bedarfs an Spezialisten und Pferden äußerst kostspielig. Doch der Stand der Technik hatte sich seit dem 16. Jahrhundert nicht sonderlich verbessert. Oft hatte eine Armee 50 bis

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100 Geschütze bei sich, wobei sich die Reichsarmada der in den dreißiger Jahren auftretenden schwedischen Armee meist als unterlegen zeigte. In der ersten großen Entscheidungsschlacht des Krieges am Weißen Berg hatten die Armeen der Liga und des Kaisers gerade einmal achtzehn Stück Geschütze dabei und die böhmische Ständearmee überhaupt nur sechs, wie der Oberbefehlshaber der Böhmen Christian von Anhalt berichtete.8 Die Ausstellungen des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien oder des Bayerischen Armeemuseums in Ingolstadt vermitteln einen lebhaften Eindruck der damaligen Ausrüstung und Bewaffnung der einzelnen Waffengattungen. Eine Kompanie, oder wie es noch zu Beginn des Krieges genannt wurde, ein Fähnlein zu Fuß, wies die Sollstärke von 300 Mann auf. Das Regiment bestand aus 10 Kompanien, wobei die kaiserliche Armee oft nur Stärken bis zu 1000 Mann pro Regiment erreichte. Bei der Kavallerie galt eine Stärke von 100 Mann als Anhaltspunkt für eine Kürassierkompanie. Bis zu 8 Kompanien umfasste am Anfang des Krieges ein Reiterregiment, die Durchschnittsstärke lag bei 400 Berittenen pro Regiment. Nicht selten wurden die Sollstärken von unternehmerisch tüchtigen, wenn auch unehrlichen Regimentsinhabern manipuliert.9 Zu den Praktiken der mit einem Werbepatent ausgestatteten Obristen gehörten nämlich neben dem Betrug gegenüber den eigenen Untergebenen auch die „Soldmanipulationen durch falsche Musterungen“ gegenüber dem obersten Kriegsherrn, indem man einfach eine höhere Iststärke, als tatsächlich vorhanden war, angab. Natürlich sollte von der Kammer das Äquivalent für die manipulierte und nicht für die tatsächliche Stärke an den Regimentskommandanten ausbezahlt werden.10 Taktisch war die kaiserliche Armee konservativ ausgerichtet. Zu Beginn des Krieges war noch die spanische Schule in der Formation der Tercios dominierend. Die Schlacht- oder Gewalthaufen formierten sich in einem wohlgeordnet aus Pikenieren und Mus-

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ketieren bestehenden Quadrat, um den Feind anzugreifen. Doch so „mechanisch“ und exakt formiert, wie wir die Schlachten aus den bekannten zeitgenössischen Gemälden kennen, liefen bei weitem nicht alle großen Begegnungen des Krieges ab. Abgesehen davon war der Dreißigjährige Krieg genauso geprägt vom Manöverkrieg, in dem die Feldherren bestrebt waren, den Feind abzunützen, von Verfolgungsschlachten, von kleinen Gefechten und von Belagerungen. Gerade Belagerungen spielten eine große Rolle im böhmisch-pfälzischen Krieg. Es ging um strategisch wichtige Städte und Verbindungswege, wie Pilsen/Plzeň und Budweis/ České Budějovice, Städte mit denen man das Umland und ganze Regionen beherrschen konnte, oder um die „life line“ der habsburgischen Truppen in Südböhmen, den Goldenen Steig. Auch Wien wurde in den ersten beiden Jahren nicht gerade schulmäßig belagert, aber dennoch direkt bedroht. Nördlich des habsburgischen Einflussbereichs existierten bereits seit Jahren modernere Ansätze der Kriegführung. Gustav Adolf zum Beispiel hatte seine gut ausgebildeten Truppen nach der wesentlich innovativeren niederländischen Schule des Moritz von Oranien-Nassau reformiert. Dabei war die Infanterie im taktischen Einsatz in Bataillone und Brigaden organisiert. Gegenüber den gewaltigen, aber schwerfälligeren Tercios waren diese kleineren infanteristischen Formationen in Linearformation wesentlich flexibler einsetzbar. Doch der Schwedenkönig griff erst dreizehn Jahre nach dem Fenstersturz in den Krieg ein.

Die Armee der Habsburger Auch die Habsburger hatten zum Beginn des Krieges kein einsatzbereites Heer zur Verfügung, obgleich es an Kriegen und Krisen im Vorfeld der langen militärischen Auseinandersetzung des Dreißigjährigen Krieges nicht gefehlt hatte. Man könnte den Pro-

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tagonisten des Erzhauses und ihren Militärs sogar bescheinigen, sehr kriegserfahren gewesen zu sein. Kaiser Rudolf II. führte den verlustreichen Langen Türkenkrieg von 1593 bis 1606, der mit dem Frieden von Zsitvatorok beendet wurde. Im von Franz Grillparzer sogenannten „Bruderzwist in Habsburg“ wurde dieser Kaiser, der politisch für nicht mehr tragbar gehalten wurde, von Erzherzog Matthias entmachtet. Sowohl Matthias als auch der auf der Seite Rudolfs stehende Erzherzog Leopold, der Bischof von Passau und spätere Tiroler Landesfürst, warben Truppen. Das Passauer Kriegsvolk Leopolds zog sogar in den Hradschin ein und hatte zuvor in Passau, in Südböhmen und im Land ob der Enns plündernd seine Spuren hinterlassen. Doch mit dieser Aktion war der Kaiser diskreditiert und Matthias wurde König von Böhmen.11 Rudolf starb einige Zeit darauf im Januar 1612. Militärisch bedeutend für den Beginn des Dreißigjährigen Krieges wurde – wie auch schon von Lothar Höbelt in diesem Band kurz dargelegt – der Gradiskaner Krieg, in den österreichischen Akten der „Friaulische Krieg“ (bello Veneto) genannt.12 Auslöser dieses Konflikts waren die Uskoken, übersetzt die „Entlaufenen“, ein katholisches Volk, das vor den Osmanen aus dem herzegowinischen und bosnischen Raum geflüchtet war und sich – von den Habsburger geduldet – bei Senj/ Zengg an der Adriaküste ansiedelte. Die Festung Nehaj oberhalb von Senj und die Wappen der Anführer der Uskoken vermitteln noch heute einen Eindruck von der gefürchteten Kriegstüchtigkeit dieses Flüchtlingsvolkes. Als Grenzwächter gegen osmanische Einfälle und Plünderungen leisteten sie den Habsburgern geschätzte Dienste. Von Senj aus führten die kriegerischen Uskoken nicht nur einen erbitterten Kampf gegen die Osmanen, sondern auch gegen Zadar/Zara und die venezianische Schifffahrt. Der permanente Kriegszustand dieser militärisch gut organisierten „Hajduken“ gegen Venedig sowie gegen die internationale Schifffahrt wurde mit der venezianischen Belagerung der Stadt Gradisca am Isonzo

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(Friaul) zum Krieg Ferdinands, des Landesherrn der innerösterreichischen Länder (Kärnten, Steiermark, Krain), gegen die St. Markusrepublik. Für diesen Krieg suchte der innerösterreichische Landesherr und Thronfolger in den habsburgischen Ländern nach Kampfverbänden. Von Wien wurde Ferdinand nicht unterstützt, ganz im Gegenteil, so verhinderte Kardinal Melchior Klesl (auch Khlesl) den Abmarsch berittener Truppen und verbot dem Wiener Zeughaus, Waffen für den Erzherzog zu liefern. Das war mit Bestimmtheit einer der Gründe für Ferdinand, den wichtigsten Ratgeber seines kaiserlichen Vetters inbrünstig zu hassen. Noch vor dem Tod von Kaiser Matthias, aber nach dem Fenstersturz ließen Ferdinand und Erzherzog Maximilian, der Deutschmeister, den Kardinal, der ihnen als äußerst unsicherer Kantonist in der Böhmen-Frage galt, festnehmen und nach Innsbruck bringen. Mit der Verhaftung Klesls sind wir den Geschehnissen jedoch vorausgeeilt. Der Konflikt in Friaul nahm durch die Rückendeckung des spanischen Vizekönigreichs Neapel und der Einmischung der Niederlande und Englands auf Seiten Venedigs internationale Dimensionen an. Die Grafschaft Görz und die obere Adria wurden so zum Tummelplatz des europäischen Söldnertums. Ferdinand, der sozusagen eine Privatfehde (obgleich in den zeitgenössischen Relationen freilich von einem Krieg des „hochloblichem hauß Österreich und der Herrschaft Venedig“ gesprochen wurde) führte, war froh um die wiederentdeckte Solidarität in der Casa de Austria. Allerdings war der spanische König vom Eingreifen seines eigenmächtig agierenden Vizekönigs Pedro Téllez-Girón, Herzog von Osuna, weniger begeistert. Der spanische Monarch hatte in dieser Phase andere Prioritäten als einen Kleinkrieg mit der Handelsrepublik. Wie dem auch sei, Ferdinand brauchte rasch Truppen in Friaul und bat die Standesherren der österreichischen Länder um militärische Unterstützung. Einige aus der ersten Phase des Dreißigjährigen Krieges bekannte Feldherrn wie der Franzose Henri Duval Graf de

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Dampierre, schon seit den Türkenkriegen auf habsburgischer Seite, der Spanier Don Baltasar Marradas und Rudolf von Colloredo, der spätere Militärkommandant von Böhmen und Verteidiger von Prag 1648 gegen die Schweden, waren in diesem Kriegstheater zugegen.13 Übrigens sammelte hier auch ein gewisser Albrecht von Waldstein (tschechisch: Valdštejn – Waldstein), von den Österreichern dann Wallenstein genannt, seine ersten Erfahrungen als kommandierender Offizier. Der Friede zwischen Ferdinand und Venedig wurde 1617 geschlossen, doch wurden einige Verbände – zum Glück für die Habsburger – vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges noch nicht aufgelöst. Der Grund dafür, dass nicht alle Regimenter und Einheiten auf den freien Söldnermarkt geworfen wurden, lag nicht in der weisen Voraussicht der Habsburger, dass ein langer Krieg bevorstehen könnte, sondern Kaiser Matthias und Erzherzog Ferdinand wollten die restlichen Verbände an den immer unruhigen windischen, chrabatischen und petrinianischen Grenzen (österreichische Militärgrenze zum osmanischen Gebiet) zum Grenzschutz einsetzen.14 Dann kam der Prager Fenstersturz. Erzherzog Ferdinand, der treibenden Kraft gegen den Aufstand in Böhmen, wurde im Juli das Direktorium wegen der Anordnung deß Kriegswesens wider die Böhmen vom Kaiser übertragen.15 Noch schneller, eine Woche nach dem Fenstersturz, berief Matthias Karl Bonaventura Graf von Buquoy zum Armeekommandanten (zum Obristen Feldmarschall).16 Am 12. August traf der erfahrene Offizier aus Brüssel in Wien ein. Buquoy, ein Schüler Alexander Farneses und Protegé Erzherzog Albrechts, diente bereits seit Jahrzehnten den Habsburger in den Spanischen Niederlanden, dementsprechend war er ein Anhänger der damals geltenden defensiven Doktrin. Oberste Priorität hatten dabei der Erhalt des Heeres und die Abnützung des Feindes, keineswegs die kühne, in den Augen vieler Feldherren heroische Schlacht. An Kräften hatte der aus dem damals spanischen Arras stammende Feldherr einige Rest-

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verbände aus Friaul zur Verfügung: das Regiment Stauders in einer Stärke von 600 bis 700 Mann, ein Fähnlein in einer Stärke von 100 Mann sowie das Kavallerieregiment Dampierre mit ca. 250 Mann.17 Oberst Marradas eilte mit einem 500 Mann starken Verband aus dem ehemaligen Kriegsschauplatz in Oberitalien herbei. Zu Anfang des Jahres 1619 traf das 1500 Mann starke Regiment von Oberst Rudolf Colloredo-Wallsee in Niederösterreich ein. Verstärkt wurden diese und ein weiteres Regiment durch spanische Hilfe. Der Staatsrat in Madrid beschloss Werbungen in Flandern in der Stärke von 6000 Mann durchführen zu lassen. In Wien waren vor allem Erzherzog Leopold und der Hofkriegsrat bemüht, so schnell als möglich eine feldverwendungsfähige Armee aufzustellen. Bestallungen und Werbepatente wurden bereits im Juni und Juli 1618 ausgegeben. In der Passauer Umgebung fanden sich sogar noch Soldaten des ehemaligen Passauer Kriegsvolkes von Erzherzog Leopold ein. Erzherzog Karl reiste indessen nach Polen, um sich um die Werbungen von leichter Reiterei zu kümmern. Im Juli zählte die kaiserliche Armee immerhin 9900 Mann Infanterie, 4300 reguläre Kavalleristen und 1100 Husaren. Bevor noch Buquoy nach Wien kam, wurde Dampierre mit der Charge eines Generalleutnants, also als Vertreter des Kaisers im Feld (wie Khevenhüller im Conterfet Kupfferstich berichtet)18, bedacht. Mit seinem Korps sicherte er vorerst die wichtige Stadt Budweis gegen Graf Thurn. Der Franzose Dampierre fühlte sich bei der Bestellung Buquoys, der natürlich der Mann der Spanier war, benachteiligt. In den kommenden zwei Jahren gab es daher immer ein gespanntes Verhältnis zwischen diesen beiden Generälen. Dampierre schreckte auch vor Intrigen gegen seinen Vorgesetzten nicht zurück. Aus diesem Grund wurden Dampierre vom Hofkriegsrat selbständige Kommanden eingeräumt. Sieht man sich die möglichen Verbündeten der Parteien an, so konnten beide auf beträchtliche militärische und finanzielle Unter-

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stützung hoffen. Hinter Habsburg stand immerhin die Weltmacht Spanien.19 Die Vettern in Madrid hatten schon – abgesehen von der Familiensolidarität – alleine aufgrund ihrer Ambitionen im Westen des Reiches (Sicherung des camino español von Italien in die Spanischen Niederlande) Interesse, das habsburgische Kaisertum zu stabilisieren. So unterstützten die spanischen Habsburger ihre österreichischen Verwandten nicht nur mit Truppen, die nun in sämtlichen spanischen Herrschaftsbereichen geworben wurden, sondern auch mit Geld.20 Im November bereits konnte die spanische Botschaft in Wien 300.000 Escudos (Kronen) in Empfang nehmen. Weitere Zahlungen für Werbungen quer durch Europa (Ungarn, Reich, Flandern, Polen, Italien) folgten. Etwas schwerer als Spanien ließ sich der Papst Gelder abringen. Paul V. erklärte sich jedoch zu Subsidien von 10.000 Gulden im Monat bereit. Das war bestimmt keine überwältigende, aber immerhin eine solide Unterstützung.

Das böhmische Ständeheer Konnten die Habsburger zumindest noch auf Restverbände aus dem Gradiskaner Krieg zurückgreifen, so hatten die böhmischen Stände keine stehenden Truppen unter ihrer Verfügungsgewalt, obwohl es seit dem Landtag von 1615 einen Plan zur Landesdefension mit Truppenkontingenten gab. Nach der Defenestration konstituierte sich eine provisorische Regierung bestehend aus 30 Direktoren aus den drei Ständen (Herrn- und Ritterstand sowie Städte). Als Vorsitzender dieses Direktoriums wurde Wenzel Wilhelm von Ruppa gewählt. Für das militärische Kommando mit dem Titel eines Generalleutnants wurde der führende Exponent des Aufstandes schlechthin auserkoren: Heinrich Matthias Graf von Thurn-Valsassina. Der auf Schloss Lipnitz/Lipnice geborene Lutheraner, dessen Familie nicht aus Böhmen stammte, war ein erfahrener Soldat,

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der während der Türkenkriege in der kaiserlichen Armee diente. Die bereits geschilderten Ereignisse in Braunau/Bromouv und Klostergrab/Hrob ließen den ehemals Habsburg Treuen, dessen Tschechisch bemerkenswerterweise recht mangelhaft war, zum erbitterten Oppositionellen werden. Als Sollstärke für die Armee wurden 16.000 Mann Kavallerie und Infanterie festgelegt.21 Das war eine durchwegs normale Heeresgröße jener Zeit. Der Zulauf war gut, bereits innerhalb weniger Wochen hatte man 3000 Infanteristen und 1000 Kavalleristen beisammen. Aber man durfte nicht nur auf regen Zulauf im eigenen Land hoffen, sondern es war ja auch der Kreis der potentiellen Verbündeten nicht klein. Neben den Ländern der Wenzelskrone Mähren, Schlesien und die beiden Lausitzen kamen Ungarn, die Kurpfalz mit samt der Protestantischen Union, England und die Generalstaaten in Frage. Auch mit den habsburgischen, jedoch protestantisch dominierten Kernländern Niederösterreichs (Land ob und unter der Enns) durfte man rechnen. Und dann gab es noch einen potentiellen Verbündeten: Karl Emanuel I. von Savoyen. Der ehrgeizige Fürst, dessen Herrschaft Reichslehen war, hatte große reichspolitische Ambitionen und hielt sich für den besten Nachfolger von Kaiser Matthias, ebenso kam ihm die böhmische Königskrone in den Sinn. Im Dienst des Herzogs von Savoyen stand im Jahre 1618 Ernst von Mansfeld, ein Condottiere durch und durch, der ein immerhin 3000 Mann starkes Regiment mit sich führte.22 Mansfeld war nicht unbedingt ein großer Schlachtenlenker, viel mehr war er ein ausgezeichneter Heeresorganisator, dem es immer wieder gelang, eine kampfkräftige Armee aufzustellen. Mit diesen Armeen handelte er sich den Ruf des prototypisch skrupel- und ruchlosen Söldnerführers des Dreißigjährigen Krieges ein. So marschierte der Condottiere mit seinem Regiment – auf Vermittlung der Kurpfalz und im Sold Karl Emanuels – zur Unterstützung nach Böhmen, wo er sogleich am 30. August zum General der Artillerie

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befördert wurde (sein imposanter, propagandistisch verwerteter Titel lautete daher: Durchl. zu Savojen General über das Teutsche Kriegsvolk, der Unirten Chur- und Fürsten bestellten Obristen, wie auch anjezo der dreyen Evangelischen Stände der hochlöblichen Cron Böheimb erwöhlten General über die Artillerie23). Schon zuvor hatte die kurpfälzische Politik unter Christian von Anhalt, Statthalter in der Oberpfalz und Architekt der Politik in Heidelberg, dafür Sorge getragen, dass Graf Georg Friedrich von Hohenlohe, ein durch Heirat Angehöriger der böhmischen Stände und erfahrener Offizier, als zweiter Generalleutnant, als eine Art Kriegsminister, in Prag, eingesetzt wurde. Damit setzten die böhmischen Stände zwei Generalleutnante, zwei Oberbefehlshaber, ein – im modernen Militärjargon also ein „shared command“, da es noch keinen Generalissimus, keinen Kronfeldherrn, gab. Dass sich solche Konstruktionen der geteilten Verantwortung im streng hierarchischen System des Militärs selten bewährt haben, sei nur nebenbei erwähnt. Leonhard Colonna von Fels, aus alten Tiroler Adel stammend (die Freiherrn von Völs, heutiges Südtirol) und ebenfalls erfahrener Soldat, wurde zum Feldmarschall ernannt. Somit waren Generalleutnant Thurn, Hohenlohe, Colonna von Fels und Mansfeld die wichtigsten Militärs der böhmischen Stände sub utraque. Wie im kaiserlichen Heer gab es auch im böhmischen Ständeheer massive Rivalitäten zwischen den höchsten Offizieren; so konnten sich vor allem Hohenlohe und Mansfeld nicht leiden.24 Als Mansfeld 1620 Hohenlohe direkt unterstellt werden sollte, war der Condottiere tief getroffen. Mit der Wahl des Pfälzer Kurfürsten Friedrich V. zum böhmischen König im August 1619 wurde Christian I. von Anhalt der neue Kronfeldherr. Christian, ein humanistisch sehr gut ausgebildeter Fürstensohn und Calvinist, hatte bereits vor der Kommandoübernahme über das böhmische-pfälzisch Heere als Oberbefehlshaber fungiert: 1591 als Generalleutnant eines Heeres deutsch evangelischer Reichsstände, einige Zeit später komman-

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dierte er im Streit um das Bistum Straßburg. Er, dessen erklärtes Ziel es war, die Macht des Hauses Österreichs zu brechen, wurde der Lenker der Pfälzer Politik im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges.25 So wuchs nun auch das böhmische Ständeheer stetig mit internationaler Hilfe. 2000 Mann des Regiments Mansfeld wurden vom Herzog von Savoyen unterhalten, zusätzliches Geld der Union kam aus Nürnberg und Anhalt ließ 1000 Musketen aus der Oberpfalz liefern. Unter den Ländern der Wenzelskrone selbst jedoch gab es noch kein Bündnis. Die Markgrafschaft Mähren, in der die Stimme des ausgleichsbereiten Karl von Žerotíns großes Gewicht hatte, entschied sich erst nach dem Einmarsch böhmischer Truppen für ein Bündnis. Am 31. Juli 1619 wurde die Confoederatio Bohemica26 mit allen fünf böhmischen Ländern gegründet. Dieses föderativ utraquistisch-evangelisch orientierte Ständebündnis räumte dem Generallandtag sowie den Defensorenkollegien in den Ländern eine verfassungsmäßig starke Stellung ein, wollte aber auf ein monarchisches Oberhaupt nicht verzichten. Der zu wählende König, einige Wochen später eben Friedrich, musste den Ständen weitreichende Privilegien einräumen. Da es sich von Beginn an um eine Ständeregierung handelte, also jene Staatsgewalt regierte, die das Steuerbewilligungsrecht inne hatte, möchte man meinen, dass die Finanzierung der Armee zu bewerkstelligen gewesen wäre – zumal die Länder der Wenzelskrone finanzstark waren. Aber es war genau das Gegenteil der Fall.27 Die Direktorialregierung in Prag war zu keiner Zeit in der Lage, ihr Heer vollends zu befriedigen. Die Städte beschwerten sich recht bald über die unfaire Verteilung der Besteuerung, die Spannungen innerhalb der Stände nahmen zu und die Staatsverschuldung stieg indessen stetig an. Neben adeligen Sponsoren und Konfiskationen aus dem Besitzstand katholischer Adeliger sowie der katholischen Kirche (bei deren Besitz man sich allerdings mit dem Verkauf

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schwer tat) waren die Direktoren in Prag auch auf Darlehen und Kredite aus dem Ausland angewiesen. So räumten die Herren in Den Haag beträchtliche Anleihen ein. Bis zur bitteren Niederlage zahlten die Generalstaaten, die in dieser Hinsicht wichtigsten Verbündeten, an die 550.000 Gulden aus und schickten bis zu 6000 Soldaten für Böhmen ins Feld. König Jakob I., der Schwiegervater Friedrichs V., hingegen hielt sich mit Unterstützungen vornehm zurück. Folge des mangelnden finanziellen und logistischen Rückhalts waren immer wieder ausbrechende Meutereien und kollektive Befehlsverweigerungen im böhmischen und dann auch im böhmisch-pfälzischen Heer. Um es vorwegzunehmen: Der Aufstand in Böhmen scheiterte auch am Unvermögen des Direktorenkollegiums und (später) des böhmischen Königs, die erforderlichen finanziellen Mittel für den Krieg aufzubringen.

Die ersten militärischen Operationen In den ersten Monaten des Krieges war Habsburg klar in der Defensive.28 Zwar hatte Buquoy vor, auf Prag zu marschieren, er musste aber relativ schnell von diesem Plan absehen. Das 17.000 Mann starke Ständeheer belagerte Pilsen, das Mansfeld am 21. November erobern konnte.29 Damit setzte der Söldnerführer im Dienst der böhmischen Stände den ersten großen Coup des Krieges. Pilsen war der neuralgische Punkt im Westen Böhmens. Das kaiserliche Heer, durch Desertionen und Krankheiten bereits empfindlich geschwächt, musste schon vor der Aufgabe der westböhmischen Stadt den Rückzug in Richtung Süden antreten. Thurn trieb zuerst Dampierre und dann Buquoy vor sich her. Der böhmische Generalleutnant schlug am 3. November Dampierre und nur einige Tage später Buquoy in einem harten Rückzugsgefecht im Teichgebiet bei Lomnitz/Lomnice. Die Kaiserlichen wiesen dabei Verlustzahlen von 1500 bis 1800 Mann auf. Die habsburgischen Truppen

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mussten sich nach diesen herben Niederlagen auf Budweis und Krems, den zwei verbliebenen Stützpunkten, zurückziehen. Aber auch in den letzten verbliebenen Städten konnte man sich kaum erholen. Denn aus Budweis beklagten kaiserliche Offiziere schon bald den Mangel an Lebensmitteln und Winterbekleidung.30 Ende November standen böhmischen Truppen in Niederösterreich, in Zwettl, und damit im Rücken des von den Kaiserlichen gehaltenen Budweis. Mit dem Vorstoß in die habsburgischen Kernländer verfolgten die Böhmen den Plan, die österreichischen Protestanten für ihren Kampf zu gewinnen. Mit diesen Aktionen des Ständeheeres wurden beinahe alle Verbindungen der Kaiserlichen nach Böhmen gekappt. Einzig der sogenannte Goldene Steig, ein Saumpfad durch den Bayerischen und Böhmerwald zwischen Passau und Budweis über Krumau und Prachatitz/Prachatice, der durch Blockhäuser und „Forts“ gesichert wurde, blieb als wichtige Verbindungslinie, als „life line“ der habsburgischen Versorgung und des Nachschubs, erhalten. Sämtliche böhmische Angriffe auf diesen, für die Kaiserlichen in Südböhmen lebensnotwendigen Versorgungsweg scheiterten. Bei einem Gefecht im Jahr 1619 bei Zablat/Zablatí zwischen Mansfeldischen und kaiserlichen Truppen verlor Mansfeld sogar beträchtliche Teile seiner besten Verbände. Doch zurück zum Dezember 1618: Zu jener Zeit war die Stimmung im kaiserlichen Heer am Boden. Der Oberbefehlshaber empfahl seinem Kaiser sogar den Friedensschluss mit den Ständen: „ […] denn wo solches in wenig tagen nicht geschicht, ist zu befürchten, dass Eure Kay. Maj. undt das hochlöbliche Haus Österreich […] zur minterung möchten kommen.“ und weiter: „ […] dass die Böhmen nicht seind so gar geringe leuthe, wie etliche bey Eurer May. hoff von ihnen reden, welche ich die gantze zeit im felde wider sie liegend, dass sie männer seindt und sich ihrer haut wohl wehren können.“31 Offenbar hatte man die militärischen Fähigkeiten der Böhmen am kaiserlichen Hof sträflich unterschätzt. Dort wurden die Vorschlä-

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ge des Oberbefehlshabers zwar diskutiert, man einigte sich aber darauf, die Rüstungen rapide voranzutreiben. Nach dem Tod von Kaiser Matthias am 20. März 1619 übernahm der in Rüstungsgeschäften erfahrene Ferdinand das strategische Oberkommando als Kriegsherr der kaiserlichen Völker. Schon vor dem Tod seines Vetters ließ der Landesherr von Innerösterreich in Ungarn, Flandern, Lothringen, Italien und im Reich Söldner anwerben. Das war auch bitter nötig, denn die kaiserliche Armee war stärkemäßig auf einen Tiefpunkt angelangt. Er kaufte am europäischen Söldnermarkt ein, womit das kaiserliche Heer durch und durch international wurde. Im März alleine gab Ferdinand Bestallungen für 2500 Mann Infanterie, 2500 Kavallerie, die in Flandern gemustert wurden, und 4000 Husaren aus. Aus Neapel kam die erfreuliche Nachricht, dass 16.000 Mann an Infanterie, davon 6000 Spanier, zum Abmarsch bereit waren. Letztendlich kamen 7000 Mann aus Süditalien in Passau an. Ungefähr zur selben Zeit trafen weitere 600.000 Escudos aus Spanien ein. Die habsburgische Militärmaschinerie nahm im Frühjahr und Sommer 1619 an Fahrt auf. Diese Internationalisierung des habsburgischen Heeres, oder besser gesagt, diese Hispanisierung (1620, so ergaben Quellenstudien der kaiserlichen Kriegslisten, betrug der Anteil der spanischen Truppen bereits an die 50 % der kaiserlichen Armada32; Marradas und Buquoy schrieben sich sehr oft auf Spanisch33), brachte eine Neustrukturierung der hohen Offizierschargen mit sich: Don Baltasar Marradas wurde zum Obristwachtmeister der von Spanien bezahlten Truppen bestellt, Maximilian von Liechtenstein übernahm im Heer Buquoys das Kommando bei der Kavallerie und Rudolph von Tiefenbach bei der Infanterie. Buquoy erhielt den Rang des Generalobristleutnants. Dampierre wurde zum Obristwachtmeister zu Feld über alles Kriegsvolk zu Ross ernannt. Indessen marschierte Thurn in Mähren ein. Im Mai 1619 wurde das von Prag aus lang ersehnte Bündnis zwischen Böhmen und

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Mähren besiegelt. Und Thurn rückte weiter in Richtung österreichischer Grenze vor. Anfang Juni standen seine Truppen vor Wien. Die Bedrohung Wiens durch den böhmischen Generalleutnant fiel zeitlich zusammen mit dem Erscheinen einer niederösterreichischen Ständedelegation vor König Ferdinand.34 Ferdinand wurde durch die protestantische Delegation, die dem König und Erzherzog eine Petition (die sogenannte „Sturmpetition“, die so stürmisch nicht war) aktueller politischer und religionspolitischer Fragen überreichte, nicht bedroht, schon gar nicht attackiert. Die Gerüchteküche in Wien brodelte allerdings. Ein theatralisches Element gewann diese Szene durch das furiose Auftreten der angeforderten Verstärkung der in Krems dislozierten Dampierreschen Reiter unter Hauptmann Gilbert de St. Hilaire, die lautstark in die Hofburg einritten. Immerhin brachte es dieser Kavallerieeinheit verbriefte Privilegien ein, wie „in Dienstfällen unter Trompetenschall und mit fliegenden Fahnen durch die Hofburg und in die innere Stadt zu marschieren“35. Thurns Auftauchen vor Wien sorgte nur für kurzweiligen Schrecken. Der Generalleutnant, der für eine Belagerung einer Stadt wie Wien gar nicht gerüstet war, da es ihm unter anderem an Belagerungsartillerie fehlte, musste schon nach wenigen Tagen den Rückzug antreten. Auch der zweite Generalleutnant der Stände, Hohenlohe, war zum Rückzug gezwungen und gab die Belagerung von Budweis auf. Zu dieser Zeit war die äußerst mangelhafte Versorgung des ständischen Heeres evident. Den böhmischen und mansfeldischen Truppen ging es nicht anders als dem kaiserlichen Heer, es fehlte zunehmend an einer ausreichenden Versorgung. Am 10. Juni – also noch vor dem Abzug Thurns – kam es zur schon erwähnten Niederlage Mansfelds gegen den kaiserlichen Oberbefehlshabers bei Zablat.36 Buquoy, mit wallonischen Truppen verstärkt, lockte Mansfeld in eine Falle, aus der angeblich nur 150 Mann, darunter der Oberbefehlshaber persönlich, entfliehen konn-

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ten. Der Rest fiel oder wurde gefangen. Die Niederlage hatte noch einen äußerst prekären bündnispolitischen Aspekt. Die Kaiserlichen erbeuteten die Feldkanzlei von Mansfeld, in der sich kompromittierende Korrespondenzen des Herzogs von Savoyen befanden. Der Kaiserhof war nun endgültig über die Pläne Karl Emanuels im Bilde. Der selbsternannte Anwärter auf den Kaiserthron musste auf Distanz zu den Böhmen gehen. Neben der Feldkanzlei fielen den Siegern mit der Einnahme von Schloss Frauenberg/Hluboká nad Vltavou und Stadt und Schloss Rosenberg/Rožmberk nad Vltavou viel Geld und eine beträchtliche Anzahl Vieh in die Hände. Auch diese Niederlage war für den böhmischen Generalleutnant ein Grund, die Belagerung schleunigst abzubrechen. Die kaiserlichen Truppen konnten nun an eine Offensive denken. Dampierre sollte in Mähren angreifen und Buquoy in Südböhmen. Doch erlitt Dampierre bei Wisternitz/Věstonice gegen ein Korps der Stände eine bittere Niederlange. Währenddessen hatte sein Generalobristleutnant mit einer Meuterei der plündernden ungarischen Truppen zu kämpfen, bei der er drakonische Maßnahmen verhängen musste. Zudem machten dem kaiserlichen Heer Krankheiten und Seuchen schwer zu schaffen. Der Feldherr wurde hier mit Phänomenen konfrontiert, die geradezu prägend für den weiteren militärischen Alltag des Dreißigjährigen Krieges wurden: schwere Mängel in der Logistik, Desertionen, Meutereien, zumindest Erpressungsversuche durch die Soldateska und Krankheiten, die mehr Männer (und natürlich auch Frauen) dahinrafften wie das Kampfgeschehen selbst. Außerdem kam es auch schon – auf beiden Seiten – zu schweren Ausschreitungen der Soldateska gegen die Zivilbevölkerung. Gräueltaten und Plünderungen wurden geradezu zu einem konstitutiven Element des Dreißigjährigen Krieges. Trotz dieser Widrigkeiten machte sich Buquoy für eine Offensive bereit. Doch es trat eine dramatische Wende im Kriegsgeschehen ein.

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Der Winterkönig, Bethlen Gabor und Bürgerkrieg Am 26. August 1619, an seinem 23. Geburtstag, wurde Friedrich V. von der Pfalz, zum böhmischen König gewählt.37 Spätestens mit der Wahl des Direktors der Protestantischen Union war dieser Konflikt keine interne Angelegenheit des Hauses Österreichs mehr. Der Habsburger Ferdinand wurde ganz offiziell vom Landtag in Prag als König von Böhmen abgesetzt. Bemerkenswerterweise wurde dieser am 28. August, auch mit der Stimme der Kurpfalz zum römischen König und Kaiser des Heiligen Deutschen Reiches deutscher Nation in Frankfurt gekürt. Am 9. September folgte ebendort die Krönung.38 Mit der Wahl Friedrichs hatte man einen vermeintlich dicken Fisch an der Angel, denn der Pfälzer Kurfürst war das Haupt der Protestantischen Union und Schwiegersohn des englischen Königs Jakobs I. Zudem hatte der Calvinist beste Beziehungen zu den Oraniern und zu den Generalstaaten der Niederlande, die ihre protestantischen Brüder in Böhmen bereits finanziell unterstützten. Die böhmischen Stände hätten sich Einiges erwarten dürfen. Doch dieses Potential konnte bei weitem nicht ausgeschöpft werden. Blicken wir den Ereignissen ein wenig voraus: Die Protestantische Union sah sich weder militärisch noch mental in der Lage, ihrem Direktor bedingungslos im Kampf gegen das Reichsoberhaupt, gegen das Haus Österreich und in Folge gegen die Katholischen Liga zur Seite zu stehen. Am Ulmer Unionstag (3. Juli 1620) wurde ein Waffenstillstand mit Herzog Maximilian von Bayern beschlossen. Damit war das Militärbündnis der Protestantischen Union aus dem Spiel genommen und eigentlich auch erledigt. Die europäischen Mächte, England und Frankreich, boten keinen Rückhalt. Jakob I. war konfliktscheu und das katholische Frankreich drängte die Unierten sogar zum Waffenstillstand.39 Noch wollte man in Paris keinen Konflikt mit dem Erzrivalen, der Casa de Austria.

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Einige Tage vor der Königswahl gelang noch ein anderer Coup: Prag schloss ein Bündnis mit den Herrschaften ob und unter der Enns, die somit in die Konföderation eingebunden wurden. Besonders die Stände Oberösterreichs waren auf Konfrontation mit den Habsburgern aus, denn schon vor dem Abschluss des Bündnisses mit Prag verboten sie kaiserliche Werbungen in ihrer Herrschaft und störten die kaiserlichen Nachschubwege wie die Donau. Zudem unterbanden die protestantischen Stände den Einsatz des Landesaufgebotes für die kaiserliche Kriegsplanung. Das Landesaufgebot gehorchte den immer mehr in die Rebellion abgleitenden Ständen, die ihrerseits die Landesdefension beschlossen.40 Im März 1619 wurde das Linzer Schloss eingenommen und der Landeshauptmann vor die Tür gesetzt. Erst mehr als zwei Wochen später übernahmen die Stände die Landesverwesung, gleichzeitig nahmen sie auch Gespräche mit Prag auf. Ein Bündnis mit Böhmen wurde angebahnt. Das evangelisch-ständische Solidaritätsgefühl gegenüber den Böhmen übertraf bei weitem die vasallitische Treuepflicht gegenüber Habsburg, wenngleich auch nach dem Tod von Kaiser Matthias die Gesprächsbereitschaft gegenüber Ferdinand aufrecht blieb. Doch sahen die obderennsischen Stände eigentlich Erzherzog Albrecht, den Statthalter der Niederlande, als erbberechtigten Habsburger an, zumindest konnte man mit dieser Taktik Zeit gewinnen. Beharrlich verweigerten sie daher Ferdinand die Huldigung. Der treibende Politiker der Stände war der Calvinist Georg Erasmus Tschernembl, der bereits während des Bruderzwists in Opposition zu Matthias ging und der zu jener Zeit einen antihabsburgischen protestantischen Ständebund ins Leben rufen wollte. Genau das Gleiche wollte er nun wiederum: die Gründung eines protestantischen Bundes der Länder ob und unter der Enns mit den Ländern der Wenzelskrone und Ungarn. Den protestantischen Ständen war der neue Habsburger an der Macht mehr als suspekt. Der österreichische Historiker Hans Sturm-

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berger stellte treffend fest: „Den Protestanten hingegen erschien der katholische Reformator [Ferdinand II., Anm. d. Verf.] der innerösterreichischen Lande als der gefährlichste Feind der ständischen Libertät und des evangelischen Glaubens.“41 Im Legitimitätsdiskurs um ständische Rechte spielte jedoch nicht nur die starke calvinistische oder die zaghafte lutherische Widerstandsrhetorik, also religiöse Begründungen eine Rolle, sondern viel mehr noch sehr traditionell ausgelegte verfassungspolitische und soziale Argumentationsmuster, wie unlängst sehr überzeugend dargelegt wurde.42 Noch bevor die Konföderation mit Böhmen abgeschlossen wurde, kam es zu militärischen Aktionen der Oberösterreicher. Unter dem Landesobristen im Erzherzogtum Österreich ob der Enns, General Gotthard von Starhemberg, wurde das südböhmische Stift Hohenfurth/Vyšší Brod besetzt. Ferdinand war empört über diesen feindseligen Akt „seiner“ Stände. Während des kurzzeitigen Vorstoßes von Thurn auf Wien nahmen Vertreter der Stände Kontakt mit dem böhmischen Heerführer auf. Größere militärische Aktionen der Oberösterreicher sollten folgen. Die Niederösterreicher hingegen gingen es vorsichtiger an. Bei weitem waren im Land unter der Enns nicht alle auf bedingungslose Konfrontation eingestellt. Zwar warben die von Wien nach Horn übersiedelten protestantischen Stände Niederösterreichs, die auch ein Direktorium wählten, Truppen an und bezahlten diese aus der landesherrlichen Kasse. Es nahmen auch niederösterreichische Landessöhne an den böhmischen Streifzügen teil und man trat in die Konföderation mit Böhmen ein, doch als Ferdinand ihnen Religionsfreiheit zugestand, leisteten die Mehrheit der Stände am 13. Juli 1620 und in den folgenden Wochen die Huldigung an den neuen Landesherrn. Nur ein kleinerer, wenn man so will radikalerer Teil der Stände, die bereits nach Retz ausgewichen waren, versagte sich der Huldigung gegenüber Ferdinand. Sie wurden nach der Niederlage der Ständearmee enteignet. Dabei blieb ihnen jedoch ein härteres Schick-

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sal wie den Böhmen und auch den Kameraden jenseits der Enns erspart. Die katholischen Stände Niederösterreichs standen ohnehin auf Seiten Habsburgs und warben Truppen für Ferdinand. Dann trat noch ein Verbündeter der Stände sub utraque auf den Plan: Bethlen Gábor, Herr von Siebenbürgen, ein unter osmanischer Suzeränität stehendes calvinistischen Fürstentum. Gábor entsandte ein 12.000 Mann starkes Korps gegen Wien. Er selbst rückte mit seiner wesentlich größeren Hauptstreitmacht über Preßburg/ Bratislava nach.43 Das kaiserliche Heer hatte sich mittlerweile jedoch wieder erholt und die Truppen Buquoys zählten 17.700 Mann (13.195 Infanterie und 4575 Kavallerie), jene Dampierres in Südmähren 8639 Mann (5110 zu Fuß und 3529 Reiter).44 Die Stärke der böhmischen Truppen in dieser Phase betrug in etwa 23.000 Mann. Im Oktober vereinigten sich sowohl die beiden kaiserlichen Armeen wie auch das böhmische Ständeheer mit dem Korps von Gabor. Die vereinigten Armaden standen sich bei Ulrichskirchen gegenüber, doch Buquoy wollte keine Schlacht riskieren. Die einzige feldverwendungsfähige kaiserliche Armee sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden. Es kam lediglich zu kleineren Gefechten im Süden von Wien. Da Gábor jedoch seine ganze Streitmacht über Preßburg nachzog, war für die Kaiserlichen eine Belagerung der Residenzstadt zu befürchten. Buquoy führte seine Streitmacht in dieser bedrängten Situation in die Hauptstadt. Gábor, der über Bruck an der Leitha nach Wien ansetzte, kontrollierte mit seinen leichten Kavallerieeinheiten das südliche Niederösterreich, Mansfeld, der weiterhin den Goldenen Steig, wenn auch nicht mit letzter Vehemenz, attackieren ließ, den Süden Böhmens. Zwar gelang Mansfeld die Eroberung des wichtigen Prachatitz, womit die West-Ost-Verbindung der Kaiserlichen bedroht war, doch verzettelte er sich in Kleinkämpfen entlang dieser taktisch wertvollen Straße. Es waren aber nicht nur die auswertigen Truppen, die Habsburg in eine – zumindest vorübergehend – schwere Krise stürzte. Man

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befand sich zudem noch in einem veritablen Bürgerkrieg. Denn die Oberösterreicher machten nun – wie bereits angedeutet – Ernst. Gotthard von Starhemberg eroberte Ybbs wie auch Pöchlarn in Niederösterreich und belagerte Melk. Später verteidigte Starhemberg sein Vordringen nach Niederösterreich als eine Art „forward defending“ für das Land ob der Enns, denn irgendwie sollte auch diese Operation noch zur Landesdefension gehören. Die Truppen der niederösterreichischen Stände verstärkten indes in Österreich streifende Einheiten (auch Banden unter dem Söldner Carpison) der böhmischen Stände, die das ganze linke Donauufer der Wachau kontrollieren konnten. Die kaiserliche Armee vermochte sich hingegen nur noch in wenigen festen Plätzen zu halten. Die österreichischen Kernländer waren in diesen Monaten das Hauptkriegstheater. Wien wurde das zweite Mal belagert, allerdings schien die Lage nun wesentlich ernster zu sein. Doch Ende November/Anfang Dezember 1619 zogen sich die ständischen Armeeeinheiten aus den schon eroberten Vorstädten Wiens zurück. Was war passiert? In dieser prekären Lage kam der oberungarische Adelige György Drugeth de Hommonnai, ein Katholik und Feind Gábors, den Habsburgern zu Hilfe. Mit in Polen geworbenen Truppen (11.000 Kosaken) fiel er in Nordungarn ein. Diese vom polnischen König Sigismund geförderte Diversion erreichte ihr Ziel. Bethlen Gábor zog von Wien ab. Indes hatten die böhmischen Ständekontingente massive Probleme mit Meutereien, die durch Soldrückstände ausgelöst wurden. Die zu geringe finanzielle Basis machte sich wieder einmal bemerkbar. Somit war diese Bedrohung für die Residenzstadt der Habsburger zunächst einmal Geschichte. Das Ausbleiben böhmischer Zahlungen, Gerüchte über diverse Putschversuche in Siebenbürgen und ein gewisser Druck der Pforte auf ihren Vasallen, der unter anderem auf die kaiserliche Diplomatie in Istanbul zurückzuführen war, veranlassten den siebenbürgischen Fürsten am 19. Januar 1620 einen Waffenstillstand abzuschließen. Der unga-

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rische Woiwode sollte jedoch noch öfter von sich reden machen, weitere Angriffe folgten. Vorerst jedoch konnte der kaiserliche Oberbefehlshaber Buquoy wieder in die Offensive gehen und Ybbs zurückerobern. Die Ständetruppen befanden sich wiederum auf dem Rückzug. Neben der fast schon lebensnotwendigen Hilfe aus Polen gelang es Ferdinand, Papst Paul V. zu einer Verdoppelung der Subsidien zu bewegen. Der spanische König Philipp III. entsandte aufgrund der schweren Krise seines Vetters in Wien 12.000 Mann nach Flandern, um die Pfalz anzugreifen. Im Dezember bereits kamen die 7000 Mann aus Süditalien in Passau an, um entlang des Goldenen Steiges die Kaiserlichen in Südböhmen zu verstärken. Des Weiteren sollten 12.000 Mann Infanterie, 4000 Mann Kavallerie und 3000 Polen mit spanischen Geldern besoldet werden. Außerdem sagte der sächsische Kurfürsten Johann Georg (der im Übrigen nie Mitglied der Protestantischen Union war) zu, auf Seiten des Kaisers in den Krieg einzugreifen. Abgesehen davon, dass die Beziehungen zwischen den Wettinern und Habsburgern trotz konfessioneller Unterschiede bis auf wenige Ausnahmen (zum Beispiel der Fürstenaufstand von 1552 unter der Führung von Moritz von Sachsen gegen Karl V.) immer sehr gut waren, handelte der Landesherr Sachsens nach seiner Auffassung als treuer Kurfürst im Sinne des Reiches. Zudem ließ sich der Kurfürst seinen Einsatz mit der Verpfändung der Ober- und Niederlausitz auch fürstlich abgelten.45 Den wichtigsten Verbündeten für die kommenden Feldzüge sicherte sich Ferdinand II. auf seiner Rückreise von Frankfurt nach Wien. Er machte Station in München, bei seinem Vetter und früheren Schulfreund Maximilian I., Herzog von Bayern. Das Ergebnis des Aufenthalts war der Vertrag von München vom 8. Oktober 1619, den Michael Kaiser hier schon beschrieben hat. Durch die Reaktivierung der Katholischen Liga konnte der Kaiser unter dem Oberkommando seines Verwandten aus München überlegene Streitkräfte ins Feld führen.

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Das pfälzisch-böhmische Heer, in der Stärke von über 21.000 Mann, stand im Frühjahr 1620 im nördlichen Niederösterreich, in Eggenburg.46 Es war immer noch geplagt von Meutereien, die erst allmählich beruhigt werden konnten. Der Oberbefehlshaber musste sich persönlich nach Prag begeben, um die notwendigen Finanzmittel für die Armee einzufordern. Zerstörung, Raub, Vergewaltigung und Mord gehörten aber schon längst zum Alltag dieses Krieges – das bekam nun fast ganz Niederösterreich auch von den kaiserlichen Truppen zu spüren. Der zum Generalfeldmarschall beförderte Mansfeld wurde ebenfalls in das nördliche Niederösterreich beordert. In zwei Treffen bei Sinzendorf und Gars (April 1620), wo auch ein niederösterreichisches Ständeregiment niedergemacht wurde, mussten die Böhmen verlustreiche Niederlagen einstecken. Anhalt wagte zwar noch im Juni einen Vorstoß Richtung Süden, der jedoch von Buquoy abgewehrt werden konnte. Da auch Marradas mit seinen Spaniern den Ständetruppen in Südböhmen stark zusetzte, musste sich Anhalt aus Österreich nach und nach zurückziehen.47

Ausblick Das ausschlaggebende Moment in diesem sogenannten böhmisch-pfälzischen Krieg war ohne Zweifel der Einmarsch der Ligatruppen in Österreich und Böhmen: Am 24. Juli 1620 überschritt das bestens ausgerüstete und ausgebildete Heer der Liga unter Generalleutnant Johann Tserclaes Reichsgraf von Tilly in einer Stärke von 24.500 Mann Infanterie und 5500 Mann Kavallerie die Grenze zu Oberösterreich. Der Widerstand im Land ob der Enns war rasch zerschlagen, so dass Linz ab dem 3. August unter bayerischer Kontrolle war. Die Stände ob der Enns mussten nun dem bayerischen Herzog huldigen. Maximilian ließ 5000 Mann Besatzung in Oberösterreich zurück und 8600 wurden für den bayerischen Grenzschutz gegen Mansfeld abgestellt.

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Auf dem Marsch nach Prag fielen beträchtliche Teile des Ligaheeres noch Krankheiten, dem Hunger und der einbrechenden Kälte zum Opfer. Im September stieß Buquoy mit 15.400 Mann Infanterie und 4850 Mann Kavallerie zum ligistischen Heer.48 Maximilian und sein Feldherr Tilly mussten bei diesem Feldzug den vorsichtigen Buquoy von ihrer offensiven Strategie mehrmals überzeugen. Nicht dass Tilly von einer anderen Kriegsdoktrin beseelt gewesen wäre als Buquoy, aber er und sein Kriegsheer entschieden sich für einen schnellen Angriff auf die böhmisch-pfälzische Hauptarmada. Zuvor noch stellte der kaiserliche Oberbefehlshaber ein Korps von 6000 Mann unter Dampierre gegen den wiederum ins Feld ziehenden Bethlen Gábor, der im August zum König von Ungarn gewählt wurde, ab. Dampierre, der Siege wie auch Niederlagen in diesen zwei Jahren einstecken musste, sollte diesen Feldzug nicht überleben. Er fiel im Oktober vor Preßburg. Der neue König von Ungarn konnte jedoch keinen entscheidenden Einfluss auf den Gang der Dinge nehmen. Zudem fiel noch Mansfeld für die große Entscheidungsschlacht aus. Der mit seinen Truppen bei Pilsen stehende Söldnerführer war schon lange unzufrieden mit dem Prager Regiment und fühlte sich logistisch und finanziell im Stich gelassen, so dass er mit der kaiserlichen und bayerischen Heeresführung zu verhandeln begann. Mansfeld verlangte unter anderem 400.000 Gulden, die Zurücknahme der über ihn verhängten Reichsacht sowie die Legitimierung seines Reichsgrafenstandes. Die Verhandlungen liefen gut an, ein Waffenstillstand wurde vereinbart und Ende Oktober wurde er von König Friedrich von seinen Dienstpflichten gegenüber dem böhmisch-pfälzischen Heer entbunden.49 Gemeinsam marschierten die Ligisten und Kaiserlichen am 20. September über die böhmische Grenze. Fast zeitgleich besetzte der spanische Feldherrr Ambrosio Spínola Doria mit über 20.000 Mann die Kurpfalz und Kurfürst Johann Georg drang in die Lausitzen und Schlesien ein. Der böhmische König wurde auf allen

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Fronten angegriffen. Erst bei Prag, am Weißen Berg, stellte sich Christian von Anhalt mit dem zahlenmäßig deutlich unterlegenen und wohl auch demotivierten wie demoralisierten Ständeheer den ligistisch-kaiserlichen Truppen.50 Die von Seiten der Katholiken religiös enorm aufgeladene und fanatisierte Schlacht (sicher auch ein Grund für den Ausgang des Treffens) war schnell vorbei. Anhalt konnte die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Friedrich V. musste in aller Eile aus Prag fliehen. Der Traum vom Königtum war unerwartet schnell geplatzt. Er ging als „der Winterkönig“ in die Geschichte ein. Die habsburgische Strafjustiz kannte in Folge mit Böhmen kein Erbarmen. 27 (in der Diktion der Habsburger so genannte) Rebellen und Landfriedensbrecher wurden zum Teil auf grausame Weise 1621 hingerichtet, Leichenteile von einzelnen Verurteilten wurden – nicht unüblich für die damalige Zeit – in Prag zur Schau gestellt. Sowohl in Böhmen als auch in Mähren wurden zahlreiche Adelige enteignet, oder ihr Besitz wurde in Lehensbesitz umgewandelt.51 Die Schlacht am Weißen Berg und ihre politischen und gesellschaftspolitischen Folgen stellen einen epochalen Einschnitt in der Geschichte Böhmens bzw. Tschechiens dar. Mit dieser – ersten großen – Entscheidungsschlacht hätte der Krieg nach gut zwei Jahren sein Ende finden können. Dem war aber nicht so. Die Kriegsfurie hatte schon längst eine fatale Eigendynamik angenommen. Die Katholische Liga und das kaiserliche Heer waren siegreich und einsatzbereit. Der Bayernherzog ließ 1621 die Oberpfalz und die rechtsrheinische Pfalz besetzen, die linksrheinischen Gebiete des ehemaligen Kurfürsten, der im Januar 1621 in die Acht genommen wurde, war schon durch spanische Truppen besetzt. Heidelberg fiel 1622. Maximilian machte die kostbare Bibliotheca Palatina dem Papst zum Geschenk. Friedrich V. verlor zwar die Protestantische Union, die sich 1621 endgültig auflöste, konnte aber Dank englischer und niederländischer Unter-

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stützung doch noch auf Sympathisanten zurückgreifen. Zunächst trat Mansfeld wiederum in pfälzische Dienste. Im September 1621 erhielt Christian der Jüngere von Braunschweig-Wolfenbüttel, Bischof von Halberstadt, genannt der „tolle Halberstädter“, sein Patent als pfälzischer Offizier und 1622 griff Georg Friedrich, der Markgraf von Baden-Durlach, auf Seiten des Pfalzgrafen in die Kriegsgeschehnisse ein. Der Krieg war endgültig und mit voller Wucht im Reich angekommen.52

Anmerkungen Zu einem neuen Überblick vgl. Kaiser 2009, und auch die Überblicksskizze von Repgen 1982 (mit der klassischen Einteilung der Kriegsphasen), sowie Press 1991, S. 195–201. 2 Zur Kriegsverfassung des Reiches und zum Römermonat vgl. nur kurz Pelizaeus 2009. 3 Vgl. dazu Kraus 1988. 4 Zum Söldnerwesen und zur Heeresorganisation vgl. im Überblick Kroener 2013, S. 27–34 (dort weiterführende Literatur). 5 Wohl überlegt hat Winkelbauer 2003 seine zwei Bände in der von Herwig Wolfram herausgegebenen Reihe zur Österreichischen Geschichte den Titel „Ständefreiheit und Fürstenmacht“ gegeben. 6 Zur unternehmerischen Seite des Krieges vgl. Parrott 2012. 7 Zu seiner Person vgl. Rebitsch 2010, hier S. 127–141. 8 Frauenholz 1938, S. 71. 9 Dazu der instruktive Aufsatz von Kroener 1982, S. 107. 10 Zur Heeresorganisation vgl. Hummelberger 1963, S. 22–28 und die sehr informativen Ausführungen von Engerisser 2004, S. 447–591. 11 Nur kurz zu diesen Geschehnissen Winkelbauer 2003, Teil 1, S. 90–92 und S. 140–147. 12 Zu diesem Konflikt vgl. Bracewell 1992, und Valentinitsch 1975, sowie die aus habsburgischer Perspektive äußerst interessante „Summarische und wahrhaffte Relation …“, KA, AFA 1616/17, Ka. 46. 13 Vgl. Allmayer-Beck/Lessing 1978, S. 57–63. 14 Korrespondenzen zwischen Matthias und Ferdinand im Januar, 1618 KA, AFA 1618/19, Ka. 47. 15 Brockmann 2011, S. 74 und Anm. 47. 1

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16 Kaiser Matthias an Graf Buquoy, Wien 1.Juni 1618, in: DBBTI II, Nr. 60, 52. Zum ersten kaiserlichen Oberbefehlshaber des Krieges vgl. Broucek 1976, S. 25–57; Chaline 2012; kurz auch Findeisen 1998, S. 168–172. 17 Dazu Broucek 1976, S. 27. 18 Khevenhüller 1722, S. 218. 19 Zum Einfluss Spaniens auf den Aufstand in Böhmen vgl. die detailreiche Abhandlung von Polišenský 1991. 20 Zur Finanzsituation und zu den Subsidien im böhmischen Krieg vgl. die akribische Studie von Winkelbauer 1997, hier S. 180–195. 21 Dazu Gindely 1882, S. 43–45 und Sturmberger 1959, S. 35–37. 22 Zu diesem prägenden Söldnerführer jener Zeit vgl. Krüssmann 2010, S. 125– 212. 23 Gründlicher Bericht wie es bey Eroberung der Statt Pilsen …, 1619, KA, AFA 1618/19, Ka. 47. 24 Krüssmann 2010, S. 190. 25 Zu seiner Person vgl. die ausführliche biographische Skizze von Schubert 1957. 26 Ausführlich zur Confoederatio Bohemica und ihrer Vorgeschichte Bahlcke 1994, S. 400–445. 27 Vgl. dazu die Bemerkungen von Gindely 1882, S. 74f. und ausführlich Winkelbauer 1997, S. 195–221. 28 Zum Kriegsverlauf vgl. vor allem die quellengesättigten Darstellungen von Broucek 1976, S. 26–46 und Broucek 1992, S. 11–55; sowie immer noch wichtig der gesamte erste Band von Gindely 1882; mit Fokus auf Mansfeld vgl. Krüssmann 2010. 29 Dazu Krüssmann 2010, S. 139–146. 30 So zum Beispiel Zdenko von Kolowrat an den Kämmerer von Erzherzog Leopold, Budweis 7.Dezember 1618, KA, AFA 1618/19, Ka. 47. 31 Zitiert nach Broucek 1976, S. 29. 32 Winkelbauer 1997, hier S. 183f. 33 Dazu die Korrespondenzen dieser Generäle im KA, AFA 1618/19, Ka. 47. 34 Vgl. dazu Kretschmer 1978, vor allem S. 6–17. 35 Zitiert nach Kretschmer 1978, S. 14. 36 Zur Niederlage bei Zablat und deren Folgen vgl. Krüssmann 2010, S. 162– 167. 37 Zum pfälzischen Kurfürsten und böhmischen König vgl. den Ausstellungskatalog von Wolf 2003, sowie zu den Augustereignissen 1619 den Landtagsartikel über die Wahl des Pfalzgrafen Friedrich zum König von Böhmen, Prag 26. August 1619, in: DBBTI II, Nr. 441, S. 175f. und den Landtagsartikel über die Absetzung König Ferdinands, in: ebd., Prag 19.August 1619, Nr. 438, S. 173f.

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38 Zu Ferdinand II. vgl. die kurze biographische Skizze von Albrecht 1990. 39 Zu dieser folgenreichen Versammlung der Protestantischen Union vgl. Gotthard 2001. 40 Zu den Vorgängen im Land ob der Enns (hier wird der neue Name Oberösterreich gebraucht) vgl. ausführlich Sturmberger 1953, S. 260–335. 41 Ebd., S. 278. 42 Dazu die profunde Habilitationsschrift von Strohmeyer 2006, die als Standardwerk zur ständischen Politik und zum Widerstandsdiskurs der ober- und niederösterreichischen Stände angesehen werden darf. 43 Ausführlich zu den Operationen des siebenbürgischen Fürsten Broucek 1992, S. 18–35. 44 Zahlenangaben nach Broucek 1976, S. 35. 45 Zum Verhältnis zwischen den Häusern Habsburg und Wettin vgl. Gotthard 1993; zu Kursachsen zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges siehe Müller 1997. 46 Gindely 1882, S. 185–214. 47 Broucek 1992, S. 30–39. 48 Zahlen nach ebd., S. 35–39 und auch Albrecht 1998, S. 527f. 49 Dazu Krüssmann 2010, S. 200–211. 50 Zu dieser Schlacht vgl. die nicht ganz unumstrittene Studie von Chaline 2000. 51 Dazu konkrete Angaben liefert in aller Kürze Winkelbauer 2003, Teil 1, S. 98–104. 52 Zum weiteren Verlauf des pfälzischen Krieges vgl. nur die neueren Studien von Wilson 2009, S. 314–361; Kampmann 2008, S. 43–45; Gotthard 2016, S. 81–112.

Abkürzungen

AFA

Alte Feldakten, Kriegsarchiv, Wien

BA

Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges, Bd. I/1

DBBTI

Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illustrantia

HHStA

Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien

HKR-Registratur Hofkriegsratsregistratur HStA Hauptstaatsarchiv KA Kriegsarchiv KrA

Kriegsakten, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien

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Autorenverzeichnis

Univ.-Prof. Dr. Stefan Ehrenpreis ist Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Innsbruck. Prof. Dr. Axel Gotthard lehrt Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg. a.o. Univ.-Prof. Dr. Lothar Höbelt ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität Wien. PD Dr. Michael Kaiser ist Leiter des Referats perspectivia.net, Bibliotheken, IT bei der Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland. Doc. PhDr. Jan Kilián, Ph.D., ist Mitarbeiter für neuere tschechische Geschichte am Lehrstuhl für Geschichte der Pädagogischen Fakultät der Westböhmischen Universität in Pilsen/Plzeň. Priv.-Doz. Mag. Dr. Robert Rebitsch ist Mitarbeiter des projekt.service. büros und Lehrbeauftragter für Geschichte der Neuzeit am Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie der Universität Innsbruck. Univ.-Prof. Dr. Michael Rohrschneider ist Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit und für Rheinische Landesgeschichte an der Universität Bonn.

Personen- und Sachregister

Achtzigjähriger Krieg 59, 76, Albrecht, Erzherzog, Generalgouverneur der südlichen Niederlande 132, 177, 189 Anna von Ungarn und Böhmen 10 Augsburger Religionsfriede 14, 49, 67, 69f., 72, 73, 78, 79, 101, 130 Bethlen, Gábor, Fürst von Siebenbürgen 145, 146, 188, 191f., 195 Bicken, Johann Adam von, Kurfürst-Erzbischof von Mainz 110 Bismarck, Otto von, Reichskanzler 59 Böhmische Brüder 11, 149, 150, 151, 152 Bořita von Martinitz, Jaroslav, kaiserlicher Statthalter in Böhmen 8, 163, 164, 165f. Bocskai, Stephan, Fürst von Siebenbürgen 37 Böhmisch-Pfälzischer Krieg 17, 95–97, 119f., 169ff. Bonhomini, Giovanni Francesco, Apostolischer Nuntius 151 Bouwinghausen, Benjamin, württembergischer Rat 84, 95 Braunau/Broumov, Religionsstreitigkeiten 155ff.

Bruderzwist in Habsburg 10, 11, 16, 84, 88, 129ff., 152f., 175, 189 Bucer, Martin, Theologe und Reformator 11 Buquoy, Karl Bonaventura Graf von, kaiserlicher Oberbefehlshaber 141, 145, 177, 178, 183187, 191, 193-195 Burkhardt, Johannes, Historiker 23, 34, 75 Burkhart Johann, Tuchmacher 157 Calvin, Jean, Reformator 11 Camerarius, Ludwig, kurpfälzischer Rat 84, 97 Camino español 22, 179 Casa de Austria 17, 20, 23, 31, 36, 176, 188 Christian IV., König v. Dänemark 120 Christian I., Fürst von Anhalt-Bernburg 43, 61, 62, 64, 68, 84, 91, 93, 96, 97, 173, 189, 196 Christian, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, Bischof von Halberstadt 120, 197 Clemens VIII., Papst 41 Colloredo-Wallsee, Rudolfo, kaiserlicher General und Landeskommandant von Böhmen 177f.

Personen- und Sachregister

Composite states/composite monarchies 14, 20-22, 27, 31, 32, 39 Confoederatio Bohemica 12, 182 Cromwell, Oliver, Lordprotektor 143 Dampierre, Henri Duval Graf de, kaiserlicher General 129f., 137, 139, 141, 177f., 183, 185–187, 191, 195 Dietrichstein, Franz von, Kardinal, Fürstbischof von Olmütz und kaiserlicher Statthalter von Mähren 142 Direktorenregierung Böhmens 9, 172, 180, 183 Dominium maris baltici 14, 32–35 Donauwörth 1607 50f., 79, 82, 87, 103, 105 Drugeth de Hommonnai, György, oberungarischer Adeliger 192 Eggenberg, Johann Ulrich, Fürst von 141df. Elisabeth Stuart, Gemahlin Friedrichs V. von der Pfalz 91 Elliott, John H., Historiker 20 Fabricius, Philipp, böhmischer Kanzleisekretär 8, 164, 166 Farnese, Alessandro, Herzog von Parma 177 Federbusch, Obristwachtmeister 126 Fels, Leonhard Colonna von, Feldmarschall der böhmischen Stände 162, 165, 181

225

Ferdinand I., Kaiser 9, 25, 150 Ferdinand II., Kaiser 8, 11, 16, 17, 68, 93, 114–117, 120, 125, 129ff., 152, 162, 171, 176f., 185f., 188, 189-191, 193 Ferdinand, Kurfürst-Erzbischof von Köln 107, 121 Franz I., französischer König 23 Franz Ferdinand, österreichischer Thronfolger 9 Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz 15, 17, 68, 88, 91, 94, 96f., 114, 119, 181–183, 188, 195, 196 Georg von Podiebrad, böhmischer König 149 Georg Friedrich von BadenDurlach, Markgraf 197 Goldener Steig 174, 184, 191, 193 Gradiskakrieg, auch Friaulischer Krieg/bello Veneto 16, 137, 138, 175, 179 Gregor XV., Papst 142 Greiffenclau, Georg Friedrich von, Kurfürst-Erzbischof von Mainz 110 Grillparzer, Franz, Schriftsteller 175 Gustav II. Adolf, König von Schweden 33f., 59, 122, 137, 147, 174, 175 Heinrich IV./Henri Quatre, König von Frankreich 62f. Hohenlohe, Graf Georg Friedrich von, Generalleutnant der böhmischen Stände 181, 186

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Personen- und Sachregister

Hradschin, Prag 8, 11, 17, 159, 175 Hugenotten 78, 92 Hus, Jan, Reformator 149f. Hussiten 9–11, 149 Hieronymus von Prag, böhmischer Gelehrter 150 Jakob I., König von England 26, 91, 95, 183, 188 Johann II. von Zweibrücken 88 Johann Casimir, Pfalzgraf 78 Johann Friedrich von Württemberg 80, 103 Johann Georg I., Kurfürst von Sachsen 146, 193, 195 Johann Schweikhard, Kurfürst von Mainz, siehe Kronberg 106, 110 Johann Wilhelm, Herzog von Jülich-Kleve-Berg 44, 60 Jülich-Klevische Erbfolgestreit 15, 26, 44, 60-64, 85, 88-90, 98 Kalmar-Krieg 33 Karl IV., Kaiser160f. Karl V., Kaiser 22–25, 77, 138, 170, 193 Karl IX., König von Schweden33 Karl, Erzherzog 178 Karl Emanuel, Herzog von Savoyen 40, 180, 187 Khlesl (auch Klesl), Melchior, Kardinal 16, 92f., 112f., 115, 131f., 135–143, 145, 176 Khevenhüller von Frankenburg, Franz Christoph, kaiserlicher Rat 178

Khuen-Belasi siehe Khuen von Belasy Khuen von Belasy zu Liechtenberg, Jakob, Baron 136 Klostergrab/Hrob, Religionsstreitigkeiten 16, 134, 158-162, 180 Koenigsberger, Helmut G., Historiker 20 Konfessionalisierung 20, 30, 43, 47f., 99, 112 Kotva, Johann Ctibor von Freifeld, Dekan 153 Kronberg, Johann Schweikhard von, Kurfürst-Erzbischof von Mainz 106, 110 Landsberger Bund 77f. Langer Türkenkrieg 36–38, 41, 175, 177 Leopold V., Erzherzog von Österreich-Tirol, Fürstbischof 61f., 89, 112, 132, 152, 175, 178 Lerma, Francisco Gómez de Sandoval y Rojas, Marqués de Denia, Duque de 138, 146 Liechtenstein, Maximilian von, kaiserlicher General 185 Lobkowitz, Diepold von, kaiserlicher Statthalter in Böhmen 8, 164f. Lobkowitz, Georg Popel von, Obersthofmeister in Böhmen 153f. Lobkowitz, Polyxena von, böhmische Adelige 166 Lobkowitz, Zdenko Adalbert

Personen- und Sachregister

Popel von, Oberstkanzler in Böhmen 164 Lodron, Paris, Graf von, Fürst-Erzbischof von Salzburg 111 Lohelius, Johann, Abt von Strahov und Erzbischof von Prag 153f., 160 Ludwig XIII., französischer König 26 Luhmann, Niklas, Soziologe 53, 54 Luther Martin, Reformator 11, 102, 150, 159 Majestätsbrief 1609 8, 9, 11, 13, 68, 131, 136, 152, 159, 160, 162f., 165 Mansfeld, Peter Ernst Gf. von, Söldnerführer 145, 147, 180184, 186f., 191, 194, 195-197 Maria von Medici, Königin von Frankreich 26 Markgrafen von Ansbach 96 Marradas, Don Baltasar Graf von, kaiserlicher General und Statthalter in Böhmen 139f., 177f., 185, 194 Martinitz, siehe Bořita von Martinitz Marx Sittich von Hohenems, Erzbischof von Salzburg 111 Masaryk, Jan, tschechoslowakischer Außenminister 9 Matthias, Kaiser 11, 16, 37, 88, 92, 93, 112, 114f., 130-132, 135, 137, 141-144, 152-154, 157163, 175–177, 180, 185, 189

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Mauskönig, Hauptmann von Ossegg 161 Maximilian I., röm.-dt. König und Kaiser 10, 22 Maximilian II., Kaiser 11, 130f., 150, 151, 156 Maximilian I., Kurfürst von Bayern 15-17, 32, 51, 65, 84, 101ff., 146, 188, 193, 194-196 Maximilian III., Erzherzog von Tirol (der Deutschmeister) 16, 112f., 132, 135f., 139, 140–144, 176 Mespelbrunn, Julius Echter von, Fürstbischof von Würzburg 106 Mollart, Ernst von, Hofkriegsratspräsidenten 141 Mollart, Ludwig, Orator 145 Montecuccoli, Raimondo, kaiserlicher General 171 Moritz von Hessen-Kassel, Landgraf 86, 89, 94 Moritz von Oranien-Nassau 174 Moritz von Sachsen, Kurfürst 193 Münchner Vertrag 116f., 193 Murad III., Sultan 36 Olivárez, Gaspar de Guzmán, Conde de 58, 144 Oñate, Iñigo Vélez de Guevara y Tassis, Conde de 143 Oñate-Vertrat 1617 133, 138 Osmanen 14, 36-39, 131, 143, 145, 147, 175 Osuna, Don Pedro Téllez-Girón, 3. Herzog von, Vizekönig von Neapel 138f., 176

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Personen- und Sachregister

Otto von Hessen-Kassel 81 Oxenstierna, Axel, schwedischer Reichskanzler 35 Pax Austriaca 23 Petráň, Josef, Historiker 165 Philipp II., König von Spanien 25, 27, 36, 132 Philipp III., König von Spanien 133, 138, 144, 193 Philipp IV., König von Spanien 26, 28 Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Herzog 88 Prager Fenstersturz 9, 13, 15, 66f., 134, 163-165, 176f. Prager Friede 1635 16, 124f., 170 Reformation 43, 50, 78, 82, 102 Reichsdeputationstag 55 Reichskammergericht 10, 43, 54, 79, 102 Reichstag 14, 33, 43, 51–53, 55, 57, 79, 81f., 87, 102, 112, 134 Řičany, Pavel von, böhmischer Ständepolitiker 164 Richelieu, Armand Jean du Plessis, Herzog und Kardinal 23, 58, 136, 147 Rudolf II., Kaiser 9–11, 37, 51, 61, 84, 87–89, 130–133, 142f., 151–154, 159, 175 Ruppa, Wenzel Wilhelm von, Vorsitzender des böhmischen Direktoriums 179 Sachsen-Lauenburg, Julius Hein-

rich von, kaiserlicher Offizier 140 Schilling, Heinz, Historiker 19 Schlacht am Weißen Berg 13, 28, 68, 95-97, 119, 146, 152, 173, 196 Schmalkaldischer Bund 77, 150 Schmiritz, Johann Albrecht, böhmischer Ständepolitiker 163 Schwäbischer Bund 77 Schwarze Legende (leyenda negra) 27 Sigismund, König von Polen 33f., 192 Slawata (Slavata) von Chlum und Košumberg, Wilhelm von, kaiserlicher Statthalter in Böhmen 7f., 163-166 Smith, Adam, Ökonom 74 Sötern, Philipp Christoph von, Kurfürst-Erzbischof von Trier und Bischof von Speyer 65f. Spínola Doria, Ambrosio, Marqués de los Balbases, spanischer Feldherr 195 Starhemberg, Gotthard von, Landesobristen im Erzherzogtum Österreich ob der Enns 190, 192 St. Hilaire, Gilbert de, kaiserlicher Hauptmann 186 Sternberg, Adam von, kaiserlicher Statthalter in Böhmen 8, 164f. Sturmberger, Hans, Historiker 143, 189 Sturmpetition 129, 144, 186

Personen- und Sachregister

Teutsche libertät 11, 12 Thonradl, Freiherr Andreas von 129 Thurn(-Valsassina) Heinrich Matthias, Graf von, Generalleutnant der böhmischen Stände 8, 137, 144f., 160, 162f., 178f., 181, 183, 185f., 190 Tiefenbach (Teuffenbach), Rudolf Freiherr von, kaiserlicher General 185 Tilly, Johann Tserclaes Graf von, Generalleutnant der Liga 119, 120-123, 194f. Tschernembl, Georg Erasmus, Ständevertreter 189 Trivulzio, Gian Giacomo, Condottiere 171 Universalmonarchie 23, 88 Utraquisten 10f., 149–151 Villafranca, Pedro Alvarez de Toledo, Marqués de, Statthalter von Mailand 138 Wahlkapitulation 10, 12, 133 Waldstein, Adam Graf von, kaiserlicher Statthalter in Böhmen 8 Wallenstein (Waldstein; z Valdštejna), Albrecht Wenzel Eusebius, kaiserlicher Generalissimus 35, 121f., 125, 137, 153, 171f., 177 Wambolt von Umstadt, Anselm Kasimir, Kurfürst-Erzbischof von Mainz 110

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Weitzenau, Paul Albert Michna von, Sekretär und Geheimer Rat 164 Westfälischer Friede 32, 34, 57, 125 Wetterauer Grafen 82, 86 Wilhelm von Oranien 91 Wladislaw Jagiello II., König von Böhmen und Ungarn 149 Wolf Dietrich von Raitenau, Erzbischof von Salzburg 110f. Wolfgang Wilhelm, Pfalzgraf 80 Zablat/Zablatí, Gefecht bei 145, 184, 186 Zelendar ,Wolfgang von Proschowitz (Zelendar z Prošovic), Abt von Břevnov 156f. Žerotín, Karl von 182 Zúñiga, Baltasar de, spanischer Diplomat 138, 144

AXEL GOTTHARD

DER DREISSIGJÄHRIGE KRIEG EINE EINFÜHRUNG UTB 4555 M

Der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) war einer der längsten und blutigsten Kriege der Weltgeschichte. Diese neue Einführung arbeitet die zentralen politischen Weichenstellungen und die militärischen Schlüsselereignisse übersichtlich heraus. Sie fragt insbesondere nach den Ursachen des Krieges, diskutiert die Frage nach der Schuld und zeichnet den langen Weg zum Frieden nach. Auch die Frage, wie es den damaligen Menschen gelang, den Zeitumständen Sinn abzutrotzen und ihren mentalen Haushalt im Lot zu halten, wird thematisiert. Kurze prägnante Überblicksdarstellungen zu den wichtigen militärischen Ereignissen wechseln sich mit anschaulichen Vertiefungen ab, die über die damalige Kriegsführung, die Rolle der Söldnerheere und die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung informieren. Dieser Titel liegt auch als EPUB für eReader, iPad und Kindle vor. 2016. 390 S. 4 S/W-ABB. UND 4 S/W-KARTEN. BR. 150 X 215 MM. ISBN 978-3-8252-4555-9 [BUCH] | ISBN 978-3-8463-4555-9 [E-BOOK]

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HEINZ DUCHHARDT

1648 – DAS JAHR DER SCHLAGZEILEN EUROPA ZWISCHEN KRISE UND AUFBRUCH

Das Jahr 1648 – ein Jahr mit vielen Konnotationen, mit einer unglaublichen Spannung von »himmelhochjauchzend« bis zu »zu Tode betrübt«: in Gestalt der letzten Kriegshandlungen im Rahmen des langen europäischen Konfliktes und des mühevoll ausgehandelten Friedens von Münster und Osnabrück, von gewaltigen sozialen Aufständen und Herrscherwechseln, Palastrevolutionen und Türkenkriegen, Prozessen gegen Fürsten und dynastischer Unsicherheiten, Reformbemühungen und neuem Auf bruch in Architektur und Kunst, eines neu auf blühenden literarischen Lebens. All das wurde durch die Medien zu einem europäischen Ereignis, breit kommuniziert und rezipiert. Die »Explosion« des Zeitungswesens hatte ihre Früchte getragen. Der Historiker Heinz Duchhardt stellt eindrucksvoll dar, in welchem Ausmaß das Schlüsseljahr 1648 politisch, kulturell und gesellschaftlich prägend war und den Kontinent innehalten und Atem schöpfen ließ. Ein spannender Gang durch die europäische Staatenlandschaft. Dieser Titel liegt auch für eReader, Tablet und Kindle vor. 2015. 204 S. 14 S/W-ABB. GB. 135 X 210 MM | ISBN 978-3-412-50120-4

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