§§ 1149, 1229 BGB als Ausgangspunkt für ein allgemeines Rechtsprinzip des Verfallverbots: Eine rechtshistorische, dogmatische und ökonomische Analyse der lex commissoria [1 ed.] 9783428582990, 9783428182992

Auch heute ist die Frage nach den Grenzen einer zulässigen Verwertung einer dinglichen Sicherheit durch den Gläubiger ni

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§§ 1149, 1229 BGB als Ausgangspunkt für ein allgemeines Rechtsprinzip des Verfallverbots: Eine rechtshistorische, dogmatische und ökonomische Analyse der lex commissoria [1 ed.]
 9783428582990, 9783428182992

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 531

§§ 1149, 1229 BGB als Ausgangspunkt für ein allgemeines Rechtsprinzip des Verfallverbots Eine rechtshistorische, dogmatische und ökonomische Analyse der lex commissoria

Von

Sven Gunkel

Duncker & Humblot · Berlin

SVEN GUNKEL

§§ 1149, 1229 BGB als Ausgangspunkt für ein allgemeines Rechtsprinzip des Verfallverbots

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 531

§§ 1149, 1229 BGB als Ausgangspunkt für ein allgemeines Rechtsprinzip des Verfallverbots Eine rechtshistorische, dogmatische und ökonomische Analyse der lex commissoria

Von

Sven Gunkel

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier hat diese Arbeit im Jahre 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2021 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-18299-2 (Print) ISBN 978-3-428-58299-0 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Arbeit ist im Sommersemester 2020 am Fachbereich Rechtswissenschaft an der Universität Trier als Dissertation angenommen worden und berücksichtig die Literatur bis Februar 2020. Die Arbeit entstand in meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Deutsche Rechtsgeschichte von Prof. Dr. Franz Dorn. Ihm gebührt – als Betreuer dieser Arbeit – der erste und wichtigste Dank. Nicht nur für die fachlich hervorragende Betreuung, die gewinnbringende und abwechslungsreiche Zeit am Lehrstuhl, sondern auch für die Unterstützung in jeder Lebenslage möchte ich ganz herzlich Danke sagen. Zudem bin ich Herrn Prof. Dr. Thomas Rüfner für seine Tätigkeit als Zweitgutachter und die wertvollen inhaltlichen Anregungen zu Dank verpflichtet, die Eingang in die Arbeit gefunden haben. Dank gilt auch all meinen Kollegen, die mich unterstützt haben, für fachliche Diskussionen zur Verfügung standen und mir die eine oder andere abwechslungsreiche Stunde jenseits des akademischen Handwerks bereiten konnten. Insbesondere möchte ich hier meinen Bürokollegen Herrn Sebastian Borger nennen, den ich für seine Unbeschwertheit, seine Gelassenheit in allen Lagen und seinen Humor dankend hervorheben möchte. Zusätzlich will ich mich bei meiner Familie und meinen Freunden bedanken, die mir stets mit Rat und Tat zur Seite standen und immer – d. h. auch in Phasen mit wenig Zeit – das notwendige Verständnis aufbrachten. Besonderen Dank schulde ich meiner Mutter, die mir trotz aller Umstände stets ein Anker und eine Quelle der Weisheit war und ist. Eine Herzensangelegenheit ist es mir zum Abschluss, Camilla Sophia Haake für ihre bedingungslose Unterstützung, die Liebe und die wertvollen Augenblicke neben dem juristischen Arbeiten zu danken. Ohne sie wäre diese Arbeit so nicht möglich gewesen. Trier, März 2021

Sven Gunkel

Inhaltsverzeichnis Teil 1 Einführung

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A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1. Einführung und Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2. Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1. Ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2. Die Verortung des Rechtsprinzips in der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3. Die Wirkung des Rechtsprinzips in der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 a) Savigny als Wegweiser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 b) „Objektive“ und „subjektive“ Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 c) Schlussfolgerungen für das Rechtsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Teil 2 Die rechtshistorische Analyse

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C. Die Entwicklung der lex commissoria und deren Verbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Das Recht der römischen Realsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Das römische pignus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Die lex commissoria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2. Das Verbot des Verfalls unter Kaiser Constantin im Jahre 320 bzw. 326 . . . . . . . . . 50 3. Wie wirkte sich das Verbot der lex commissoria aus? – Codex und Digesten . . . . . 57 a) Stellt das Fragment in Marcellus D. 13.7.34 eine Ausnahme dar? Geht es um die Personen, den Zeitpunkt oder das verwendete Rechtsinstitut? . . . . . . . . . . . . . . . 59 b) Blieb der Verkauf des Pfandes durch den Schuldner an den Gläubiger erlaubt?

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c) Worum ging es in Scaevola D. 18.1.81 pr.? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 d) Die datio in solutum als Ausnahme zum Verfallverbot? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4. Zusammenfassung und Fortwirkung des Verbots im justinianischen Recht . . . . . . . 77 D. Der Verfall und sein Verbot in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik . . . . 81 1. Die Rezeption der lex comissoria nach römischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 a) Die mittelalterliche Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

8

Inhaltsverzeichnis b) Die weiteren Entwicklungsschritte in der Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 aa) DuMoulin und seine Nachfolger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 bb) Jacques de Godefroy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 cc) Die Ansichten der Pandektistik und die neue Auslegung inspiriert durch Adolph Dietrich Weber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Der Geltungsgrund der lex commissoria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 aa) Begründung durch die „boni mores“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Begründung mittels des christlichen Wucherverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 cc) Begründung mittels des Naturrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 dd) Begründung des Verbots durch das positive Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 d) Zusammenfassende Überlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2. Das „deutsche“ Pfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 a) Das Fahrnispfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 b) Das Grundpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3. Der „Konflikt“ zwischen römischer und germanisch-deutscher Ausgestaltung . . . . 119

E. Regelung des Verfallverbots im Partikularrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Gab es eine historische Entwicklungslinie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Das Verfallverbot im Recht des alten Reiches: die Reichspolizeiordnung von 1577 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Das ältere Partikularrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Der Wandel vom älteren zum neueren Partikularrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 aa) Die Entwicklung vom CMBC 1754 zum Bayrischen Entwurf eines BGB von 1861 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Die Entwicklung vom Hochfürstlich Sachsen Weimar-Eisenachischen Pfand-Mandat von 1758 zum Weimarer Pfandgesetz von 1839 . . . . . . . . . . 128 cc) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Systematische Ausgestaltung im Partikularrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 a) Die abstrakte Norm am Beispiel des sächsischen BGB von 1865 . . . . . . . . . . . . 130 b) Die Einzelregelung im Rahmen des Instituts am Beispiel des Württembergischen Pfandrechts von 1825 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 3. Inhaltliche Ausgestaltung des Verfallverbots im Partikularrecht . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Keine Äußerung zum Verfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Totalverbote des Verfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 c) Totalverbote des Verfalls unter ausdrücklicher Ablehnung der im römischen Recht entwickelten Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 aa) Das österreichische ABGB von 1811 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 bb) Das Hessische Pfandgesetz von 1858 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 d) Totalverbote mit Ausnahmevorbehalt einzelner uneigentlicher Verfallklauseln 138 aa) Verkauf des Pfands an den Gläubiger – nach D. 20.5.12 pr. . . . . . . . . . . . . . 138 bb) Verkauf des Pfands an den Gläubiger zu einem gerechten Preis – nach D. 20.1.16.9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Inhaltsverzeichnis

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cc) Verfall des Pfands durch Überlassung an Zahlungs statt – nach D. 46.3.45 pr. 140 dd) Die nachträgliche Verfallabrede – nach D. 13.7.34 – und die preußische Sonderregel zu D. 18.1.81 pr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 4. Aussagen der Partikularrechte zum Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 5. Zusammenfassende Überlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 F. Das BGB und seine Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1. Ein Überblick der Gesetzgebungsgeschichte des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Die Materialien zum § 1149 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Teilentwurf Sachenrecht (TE) mit Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 aa) Wurde das Verfallverbot durch das Gesetz des Norddeutschen Bundes aus dem Jahr 1867 abgeschafft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Umfang und Bedeutung des Verfallverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 b) Protokolle der 1. Kommission und die Zwischenschritte bis zum Ersten Entwurf (E I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 c) Die von den Redaktoren erstellten und veröffentlichten Motive zum E I . . . . . . 162 d) Gutachterliche Äußerungen zum E I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 e) Vom E I bis zur Norm des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Die Materialien zum § 1229 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Teilentwurf Sachenrecht (TE)mit Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) Protokolle der 1. Kommission und die Zwischenschritte bis zum Ersten Entwurf (E I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 c) Die von den Redaktoren erstellten und veröffentlichten Motive zum E I . . . . . . 174 d) Gutachterliche Äußerungen zum E I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 e) Vom E I bis zur Norm des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4. Wie stehen die Materialien zu einem Prinzip des Verfallverbots? . . . . . . . . . . . . . . 178 a) Argumente, die gegen ein Prinzip sprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Argumente, die für ein Prinzip sprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 c) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Teil 3 Die dogmatische Analyse

182

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 1. § 1149 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) Zum Zweck der Befriedigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 aa) Rechtsprechung des RG in: RGZ 92, 101 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 bb) Urteil des KG vom 28. Juli 1932 I X 446/32 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 cc) Das Urteil in ROHG 7, 65 f. und die Bestätigung durch das RG in RGZ 130, 227 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

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Inhaltsverzeichnis b) Übertragung oder Veräußerung des Grundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 c) Nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 d) Weitere direkte Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 e) Die analoge Anwendung von § 1149 BGB auf dinglich nicht gesicherte Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 aa) Der Beschluss des LG Stuttgart vom 23. 12. 1971 – Az: 1 T 16/71 . . . . . . . 195 bb) Die Rechtsprechung des BGH in BGHZ 130, 101 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (1) Inhalt und Problematik des Falls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (2) Die Lösung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (3) Kritik und Korrektur durch den Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 cc) Kann ein Schuldnerschutz über § 138 Abs. 1 BGB die Lösung sein? . . . . . . 205 (1) Hintergründe zum § 138 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (2) Würdigung des BGH in BGHZ 130, 101 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 (3) Kritik an der Konzeption des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 dd) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 ee) Fortgesetzte Linie der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (1) BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (2) BayObLG vom 07. 11. 1996 – 2Z BR 111/96 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 g) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 2. § 1229 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 a) Falls der Gläubiger nicht oder nicht rechtzeitig befriedigt wird . . . . . . . . . . . . . 224 b) Vor Eintritt der Verkaufsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 c) Vereinbarungen, nach welchen dem Gläubiger das Eigentum an der Sache zufallen oder übertragen werden soll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 aa) Dingliche und schuldrechtliche Verfall- und Übereignungsabreden . . . . . . . 227 bb) Zur Abgrenzung schuldrechtlicher und dinglicher Abreden: RG in SchlHolAnz 1924, S. 149 ff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 cc) Zur Anwendbarkeit und zum Entstehungszeitpunkt der Verfallklausel: RG in SeuffA Bd. 65, Nr. 244 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 dd) Erfasst die Nichtigkeit einer schuldrechtlichen Verfallklausel auch die Verfügung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 d) Gesetzliche Ausnahmefälle zum Verbot des § 1229 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 aa) Abtretung an Zahlungs statt beim Forderungspfand nach § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 bb) Privatverkauf nach §§ 1245, 1246 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 cc) Das gewerbliche Pfandrecht nach § 1259 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 dd) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 e) Weitere Problemfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 aa) Die Verfallklausel als Ausgangspunkt der Auslegung des Parteiwillens . . . . 245 bb) Das irreguläre Pfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

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3. Ergebnis der dogmatischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 a) § 1149 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 b) § 1229 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 c) Abstraktheit, Akzessorietät und der innere Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . 255 H. Ein Rechtsprinzip des Verfallverbots mit normativer Anwendung? . . . . . . . . . . . . . . . 257 1. Das deskriptive Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 2. Das normative Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 a) Was ist der Anknüpfungspunkt für ein Rechtsprinzip des Verfallverbots? . . . . . 259 b) Was ist der Inhalt des Verbots? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 c) Welche dinglichen Sicherheiten sind erfasst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 3. Lösungsvorschlag für ein normatives Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 4. Anwendung auf die Sicherungsübereignung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 a) „Gibt es die Sicherungsübereignung?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 b) Gilt § 1229 BGB für das Innenverhältnis der Sicherungsübereignung? . . . . . . . 265 c) Die Anwendung der normativen Kriterien eines Rechtsprinzips des Verfallverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 d) Ergebnis für die Sicherungsübereignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 5. Anwendung auf die Sicherungszession? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 a) Überblick über die Sicherungsabtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 b) Die geschichtliche Entwicklung der Sicherungsabtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 c) Die Diskussion um die Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 d) Anwendung der normativen Kriterien eines Rechtsprinzips des Verfallverbots

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e) Ergebnis für die Sicherungsabtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 6. Anwendung auf die Vormerkung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 a) Ein Überblick über das Institut der Vormerkung und seine Entstehung . . . . . . . 281 b) Die Vormerkung als Sicherung einer Verfallklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 c) Die Anwendung der normativen Kriterien eines Rechtsprinzips des Verfallverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 aa) Der Tatbestand des Rechtsprinzips des Verfallverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 bb) Gefährdungslage des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 cc) Rechtsfolge einer Anwendung des Verfallverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 d) Ergebnis für die Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 7. Die Anwendung auf das „Sale-and-lease-back“-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 8. Abgrenzung gegenüber anderen Vertragskonstruktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 a) Das Strafversprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 b) Der Wiederkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 9. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

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I. Die „Bestätigung“ des Verfallverbots? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 1. Ökonomische Analyse der §§ 1149, 1229 BGB und eines Rechtsprinzips . . . . . . . 300 a) Die ökonomische Analyse des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 b) Anwendung auf die Normen der §§ 1149, 1229 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 aa) Kosten des Zustands „A“ – Kosten des Verfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 bb) Kosten des Zustands „B“ – Kosten der gesetzlichen Verwertung . . . . . . . . . 310 cc) Ergebnis des Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 c) Kritik durch die Verhaltensökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 d) Abschließendes Ergebnis der ökonomischen Analyse des Verfallprinzips . . . . . 320 2. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen ein Prinzip des Verfallverbots . . . . . . . . . . 321 a) Vereinbarkeit mit dem grundrechtlichen Eigentumsschutz (Art. 14 GG) . . . . . . 322 aa) Die direkten Anwendungsfälle der §§ 1149, 1229 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . 323 bb) Die analogen Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 b) Bedeutung für ein Rechtsprinzip des Verfallverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 3. Der Verfall im Zusammenhang von Schuld und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 4. Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 J. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367

Abkürzungsverzeichnis a. A. ABGB ALR Art. Aufl. BB Bd. BGB BGH BGHZ bspw. BverfG BverfGE bzw. C. CIC CTh D. d. h. f. ff. GG HRG Hrsg. i. E. insb. InsO JuS LZ m. w. N. NIÖ NJW OLG OLGE RG RGKR RGZ RhNotZ Rn. S. s. o.

Andere Ansicht Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für die österreichischen Erblande Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten Artikel Auflage Betriebsberater Band Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Beispielsweise Bundesverfassungsgericht Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen beziehungsweise Codex Corpus Iuris Civilis Codex Theodosianus Digesten das heißt folgende folgende Grundgesetz Handwörterbuch der Deutschen Rechtsgeschichte Herausgeber im Ergebnis Insbesondere Insolvenzordnung Juristische Schulung Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht mit weiteren Nachweisen (Neue) Institutionenökonomik Neue Juristische Wochenschrift Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte Reichsgericht Reichsgerichträtekommentar Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Zeitschrift für das Notariat Randnummer Seite siehe oben

14 s. u. SeuffA sog. Sp. TE vgl. z. B. ZEuP ZfIR ZIP ZRG GA ZRG RA

Abkürzungsverzeichnis siehe unten Seufferts Archiv Sogenannte/n/s Spalte Teilentwurf vergleiche zum Beispiel Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Rechtsgeschichte der Savigny-Stiftung – Germanistische Abteilung Zeitschrift für Rechtsgeschichte der Savigny-Stiftung – Romanistische Abteilung

Teil 1

Einführung A. Einführung 1. Einführung und Problemaufriss Geht man von der gesetzlichen Konzeption des Pfand- und Hypothekenrechts aus, sieht der Gesetzgeber des BGB in diesen akzessorischen und dinglichen Sicherungsrechten ein Mittel, mit dem sich ein Gläubiger vor dem Zahlungsausfall des Schuldners schützen kann. Die in den Normen der §§ 1113 ff. und der §§ 1204 ff. BGB beschriebenen Institute sehen im Fall des Zahlungsausfalls wie selbstverständlich die Befriedigung des Gläubigers mit dem durch öffentlichen Verkauf erzielten Erlös der Sache vor. Mit anderen Worten, die dinglichen Sicherheiten des Hypotheken- und Pfandrechts wurden als Verkaufspfand konstruiert. Insbesondere wurde in den Normen der §§ 1149, 1229 BGB die Möglichkeit ausgeschlossen, die Art und Weise der Verwertung vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit abzuändern. Nach dem Tatbestand ist neben dem „Verfall“ des Pfandes, bei dem der Schuldner vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit zugunsten des Gläubigers auf sein Eigentum an dem verpfändeten Gegenstand verzichtet, auch die Abweichung vom gesetzlich vorgeschriebenen Verwertungsverfahren erfasst. Schaut man auf die lange Entwicklungsgeschichte des Verfallverbots – des Verbots der pfandrechtlichen lex commissoria –, zeigt sich, dass dieses seit jeher unterschiedlich bewertet wurde.1 Letztlich verwundert die Aufnahme des aus dem römischen Recht rezipierten Verbots in das BGB nicht. Es stellte sich jedoch seit diesem Zeitpunkt die Frage, welcher Anwendungsbereich den Regelungen der §§ 1149, 1229 BGB zuteil wurde. Wann liegen die Tatbestandsmerkmale der Normen vor? Gibt es Ausnahmen, wie sie in den früheren Rechtsordnungen anerkannt waren?

1 Schon vor dem BGB wurden Versuche unternommen, die Rechtsnatur des Verbots zu ergründen. Besonders hervorzuheben ist die Leistung Warnkönigs, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein umfassendes Quellenstudium betrieb, siehe: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388; sowie: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 25, S. 60 – 114; 226 – 255; 420 – 439.

16

Teil 1: Einführung

Nicht weniger erheblich war die Frage nach dem Normzweck. Immer wenn der Tatbestand nicht anwendbar war, aber eine entsprechende Anwendung möglich schien, wurde über eine Erweiterung der Normen mittels Analogie diskutiert. Dabei spielte die gesetzlich nicht geregelte Sicherungsübereignung eine besondere Rolle. War das Verbot des Verfalls auf diese anzuwenden? Verbot nicht sogar der § 1229 BGB die Sicherungsübereignung als Institut? Die erste weitreichende dogmatische Bearbeitung dieser Fragen für das BGB unternahm Raape im Jahr 1913, der eine weite Anwendung des Verbots forderte. Seine dogmatische Arbeit bemüht sich um eine saubere Abgrenzung des Verbots von anderen Instituten und um eine inhaltliche Bestimmung. Auf dieser Grundlage schloss sich die für die heutige Rechtsentwicklung wohl wesentlichste Bearbeitung des Problems an, die Arbeit von Gaul aus dem Jahr 1968.2 Die für ihn entscheidende Frage war die Anwendung der Normen auf die gesetzlich nicht ausgestaltete Sicherungsübereignung. Die Antwort stützte er auf eine neue Erkenntnis: Nach seinem Dafürhalten lag im Verbot des Verfalls ein „allgemeines Prinzip“3, das in den Normen der §§ 1149, 1229 BGB Ausdruck fand. Das Verfallverbot sollte nicht auf die gesetzlich geregelten Fälle beschränkt bleiben, sondern bei einer vergleichbaren Interessenlage eine entsprechende Anwendung verlangen. Für Gaul war – mit einem kurzen Blick auf die rechtsgeschichtliche Entwicklung – klar, dass die Norm sollte den Schuldner schützen sollte. Immer, wenn eine entsprechende Gefahrenlage für den Schuldner erkennbar war, war nach dem allgemeinen (Rechts-)Prinzip des Verfallverbots eine entsprechende Anwendung des Verbots geboten. Mit einem neuen methodischen Ansatz – der Verwendung eines Rechtsprinzips – bestätigte sich auch die Anwendung des Verbots auf die Sicherungsübereignung.4 Die Arbeit Gauls rückte auch in den Blick der Rechtsprechung, als das LG Stuttgart 1976 in einer Entscheidung5 das Verfallverbot des § 1149 BGB analog auf einen dinglich nicht gesicherten Bürgen anwendete, dem ein Grundstück verfallen war. Das ausschlaggebende Argument war die Aufnahme der Idee eines Rechtsprinzips, das die entsprechende Anwendung auf den zu entscheidenden Fall leicht machte. Das Urteil wurde schnell in die gängigen Kommentare der Zeit übernommen, die die Wertung des LG Stuttgarts mit dem Verweis auf die Arbeit Gauls bestätigten und von nun an das Verfallverbot als „allgemeinen Rechtsgrundsatz“ anerkannten.6 2

Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351 ff. Zitat: Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351, 380. 4 Siehe im Gesamten: Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351 ff. 5 Urteil des LG Stuttgart, Az.: 1 T 16/71, in: BWNotZ 1976, S. 86 ff. 6 Eickmann, in: Rebmann/Säcker, Münchener Kommentar BGB §§ 854 – 1296, § 1149, 2. Aufl. von 1986, Rn. 12; Bassenge, Palandt BGB-Kommentar, § 1149, 54. Aufl. von 1995, Rn. 1; Konzen, in: Soergel, BGB-Kommentar §§ 854 – 1296, Bd. 6, § 1149, 12. Aufl. von 1989, Rn. 4. 3

A. Einführung

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Dieser Rechtszustand bestand bis ins Jahr 1995, als der BGH erstmals in einem Urteil7 zu der Problematik des dinglich nicht gesicherten Gläubigers im Rahmen eines Dreipersonenverhältnisses Stellung nahm. Im zugrundeliegenden Sachverhalt sah sich die Schuldnerin eines Darlehns einer Verfallklausel ausgesetzt, die zugunsten einer Bürgin auf das mit einer dritten Person abgeschlossene und durch Grundschuld gesicherte Darlehn der Schuldnerin Bezug nahm. Der BGH verweigerte der Schuldnerin sowohl die direkte als auch die analoge Anwendung des § 1149 BGB und widersprach der vorausgegangenen Entscheidung des LG Stuttgart und damit der mittlerweile weit verbreiteten Meinung im Schrifttum. Normzweck der §§ 1149, 1229 BGB sollte nicht mehr der Schuldnerschutz sein, sondern ein Verbot der Umwandlung der dinglichen Sicherheit. War der Begünstigte einer Verfallklausel schon nicht dinglich gesichert, konnte eine Anwendung des § 1149 BGB nicht in Betracht kommen. Zudem sei – mit Blick auf die Gesetzgebungsgeschichte – auch die Beschreibung als „allgemeiner Rechtssatz“ abzulehnen. Nach dem Urteil von 1995 wurde in späteren Entscheidungen stets auf die geänderte Rechtsvorstellung Bezug genommen.8 Im Schrifttum bejahen9 heute hingegen ebenso viele Autoren das Rechtsprinzip, wie andere es ablehnen10. Zudem setzt sich die Diskussion auch im Rahmen der Sicherungsübereignung fort.11 Bis heute kann damit die wissenschaftliche Bearbeitung der Problematik nicht als abgeschlossen gelten. Wie kommt es, dass sich beide Positionen auf die historische Entwicklung der Norm berufen? Die vorliegende Arbeit möchte eine wissenschaftlich tragfähige Antwort geben. Beleuchtet werden in der Auseinandersetzung drei Problemkreise: Erstens: Wie weit reicht die Geltung der Normen der §§ 1149, 1229 BGB, geht sie über den unmittelbaren Anwendungsfall des Hypotheken- und Pfandrechts hinaus?12 7

Urteil des BGH, in: BGHZ 130, 101. BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002, in: NJW 2003, S. 1041 ff.; BayObLG vom 07. 11. 1996 – 2Z BR 111/96, in: DNotZ 1997, S. 727 ff. 9 Konzen, in: Soergel, BGB-Kommentar (§§ 1018 – 1296), § 1149, Rn. 4; Liedler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1149, Rn. 12; Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351 ff. 10 Wenzel, in: Erman, BGB-Kommentar, Bd. II, § 1149, Rn. 1; Bassenge, in: Palandt, BGBKommentar, § 1149; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 25; Wilhelm: Sachenrecht, Rn. 1634 mit Fn. 2607. 11 Bejahend: Kindl, in: BeckOK BGB, § 930, Rn. 36; Meller-Hannich/Schilken, Nomos BGB-Kommentar, Bd. 3, § 930, Rn. 78; Eckert, BGB-Handkommentar, § 930, Rn. 25; Jauernig, in: Jauernig, BGB-Kommentar, § 930, Rn. 37; Henssler, in: Soergel, BGB-Kommentar (§§ 845 – 984), Anh. § 930, Rn. 80; Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 925 – 984; Anh. zu §§ 929 ff.), Anh. zu §§ 929 – 931, Rn. 234; Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 57, Rn. 16. Ablehnend: Bayer, in: Erman, BGB-Kommentar, Bd. II, Anh. §§ 929 – 931, Rn. 26; Bassenge, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 930, Rn. 33; Westermann: Sachenrecht, § 44 V 2 c), S. 355. So wohl auch BGH NJW 1980, S. 226, 227. 12 Insbesondere mit Bezug auf die Arbeiten von: Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351 ff.; Raape: Die Verfallklausel. Für das heutige 8

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Teil 1: Einführung

Zweitens: Wenn man eine über den Wortlaut hinausgehende Anwendung annimmt, wie weit geht dieser Anwendungsbereich? Ist von einem tiefergehenden und weitreichenden Rechtsprinzip des Verfallverbots auszugehen oder bleibt der Anwendungsbereich auf einzelne Institute beschränkt? Im Vordergrund stehen: - die gesetzlich nicht ausgestalteten Institute der Sicherungsübereignung und der Sicherungsabtretung, - die Vormerkung, die eine schuldrechtliche Verfallklausel sichert, - und das Vertragskonstrukt des „Sale-and-lease-back“-Verfahrens. Drittens: Was ist der tiefergehende und damit bestimmende Normzweck des Verfallverbots? Hier stehen sich zwei grundverschiedene Interpretationen gegenüber. Zum einen wird hervorgehoben, dass der Normzweck des Verfallverbots dem Schutz des Schuldners dient. Die Gegenmeinung weist der Norm den Zweck zu, dem gesetzlich vorgesehenen Verwertungsverfahren zur Durchsetzung zu verhelfen. Die Arbeit setzt sich das Ziel, auf die aufgeworfenen Fragen einzugehen und mit einer rechtshistorischen und dogmatischen Analyse eine Antwort auf die im Titel als Frage formulierte These zu entwerfen: Stellen die Normen der §§ 1149, 1229 BGB den Ausgangspunkt für ein Rechtsprinzip des allgemeinen Verfallverbots dar?

2. Gang der Darstellung Der Gang der Darstellung orientiert sich an den beschriebenen Zielen dieser Arbeit. In einem ersten einleitenden Schritt soll der Versuch unternommen werden, zu definieren, was ein Rechtsprinzip ausmacht. Daran schließt sich im 2. Teil eine rechtshistorische Analyse des Verfalls und dessen Verbots an, wobei insbesondere die Zulässigkeit des Verfalls in den unterschiedlichen Epochen der Rechtsgeschichte zu beleuchten sein wird. Den Endpunkt stellt die Aufnahme des Verbots in das heutige BGB dar. Auf dieser Grundlage wird in einer dogmatischen Analyse im 3. Teil der Stand der Forschung zum Institut des Verfalls dargestellt und beleuchtet. Dabei stehen die heutigen Normen der §§ 1149, 1229 BGB im Vordergrund. Im Anschluss ist zu überprüfen, ob sich Antworten auf die oben angedeuteten Diskussions- und Problemfelder finden lassen. In einem letzten Schritt ist das Ergebnis mittels der angesprochenen Anwendungsfälle zu überprüfen.

Schrifttum etwa: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 25.

B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung

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B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung Die Rechtsprechung spricht trotz des Rückgriffs auf die Arbeit Gauls von einem „allgemeinen Rechtssatz“ oder dem „Rechtsgrundsatz“ des Verfallverbots.13 In dieser Arbeit wird hingegen der auch von Gaul genutzte und häufig synonym verwendete Begriff des „Rechtsprinzips“ verwendet, da er zum einen in der wissenschaftlichen Methodenlehre weit verbreitet ist und zum anderen eine bessere Abgrenzung ermöglicht.14 Zu Beginn stellt sich die Frage, was ist ein Rechtsprinzip? Wie kann ein vermutetes Rechtsprinzip hergeleitet werden? Und gibt es bestimmte Voraussetzungen, die das Vorliegen eines solchen Prinzips beweisen können? Diese Fragen sind in ihrer Komplexität nicht leicht zu beantworten, da es sich bei dem Begriff des „Prinzips“ um ein schwer zu fassendes Institut handelt, das bei dem Versuch einer Definition eine Standortbestimmung im Bereich der Methodenlehre verlangt.

1. Ein Überblick Am Beginn steht die Wortanalyse. In der lexikalischen Semantik bedeutet das Wort „Prinzip“, das vom lateinischen Wort „principum“ stammt, so viel wie „Anfang“ oder „Beginn“.15 Dies gibt einen Hinweis, in welche Richtung die Suche nach einem Rechtsprinzip gehen wird. So umschreibt der Duden das Prinzip als eine feste Regel, die zur Richtschnur gemacht wird und durch die das Denken und Handeln geleitet werden. Zudem soll es eine allgemeingültige Regel oder Grundlage sein, auf 13 Beginnend beim: Urteil des LG Stuttgart, Az.: 1 T 16/71, in: BWNotZ 1976, S. 86 ff.; dann ablehnend in: BGHZ 130, 101, juris-Rn. 8. 14 Sowohl im Völkerrecht (nach Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut) als auch im Europarecht (Art. 340 Abs. 2 AEUV) gelten die „allgemeinen Rechtsgrundsätze“ als eigene Rechtsquelle, sie sind somit Rechtsbegriffe mit eigener Bedeutung. Demgegenüber ist der Begriff des „Rechtssatzes“ auch auf die übrigen geschriebenen Normen anwendbar und unterscheidet sich nur durch den „allgemeinen“ Charakter in der Bezeichnung. Um dieser Verwirrung vorzubeugen, ist der Begriff des „Rechtsprinzips“ naheliegend. Auch die führenden Werke der Rechtstheorie gehen einen ähnlichen Weg: Röhl benutzt ausschließlich den Begriff des Rechtsprinzips und behandelt ihn in einem eigenen Kapitel (§ 33), siehe: Röhl: Allgemeine Rechtslehre, S. 283; Rüthers behandelt die hinter den geschriebenen Normen stehende Wirkung des Rechts unter dem Begriff des „Rechtsprinzips“, wobei er eine synonyme Verwendung des Begriffs „Rechtsgrundsatz“ gestattet, siehe: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 756 ff.; Larenz verwendet ausschließlich den Begriff des „Rechtsprinzips“, siehe: Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 333 ff., 421 ff.; Bydlinski bearbeitet – als österreichischer Jurist – unter den „allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ des § 7 ABGB die Rechtsprinzipien als entscheidende Quelle, da sie begrifflich am besten fassbar seien, siehe: Bydlinski: Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 482 f., 583. Zudem spricht Gaul vom „allgemeinen Prinzip des Verfallverbots“, siehe: Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351, 380. 15 Wortbedeutung laut Duden, Online-Ressource 05. 02. 2021: http://www.duden.de/recht schreibung/Prinzip.

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Teil 1: Einführung

der etwas aufgebaut ist. Zuletzt wird das Prinzip als Gesetzmäßigkeit oder Idee beschrieben, die einer Sache zugrunde liegt.16 Diese Erklärung lässt die Schwierigkeit erahnen, den Sinn des Prinzips zu erfassen. So reichen die Synonyme für das Wort Prinzip von „Leitlinie“ und „Idee“ über „Maßstab“, „Regel“, „Grundgesetz“ zu „Gesetzmäßigkeit“ und „System“.17 Was ein Prinzip ausmacht, bleibt im allgemeinen Sprachgebrauch vage und lässt sich ohne weiteren Bezug nicht definieren. Erst in einem bestimmten Kontext entsteht die spezifische Bedeutung eines Prinzips. So hängt „das Handeln aus Prinzip“ von ethischen Grundüberzeugungen einer Person ab oder die Gesetzmäßigkeit der Schwerkraft, als Prinzip der Physik, von den naturwissenschaftlichen Grundlagen. Wie steht es um diese Problematik in der Rechtswissenschaft? Nicht ohne Grund zeigen die oben genannten Synonyme, dass gerade aus Sicht der Rechtswissenschaft unter einem Prinzip grundverschiedene Begriffe verstanden werden könnten, deren Bedeutungen – als juristische Fachbegriffe verstanden – weit auseinanderliegen. Ausgangspunkt dieser Arbeit ist, in Einklang mit der heute verbreiteten Ansicht in der juristischen Methodenlehre, die Existenz von Rechtsprinzipien allgemein anzuerkennen.18 Es ist jedoch festzustellen, dass die Definitionen des Rechtsprinzips – außer der Anerkennung – kaum Gemeinsamkeiten aufweisen. Der Grund hierfür ist, dass auch in der Rechtswissenschaft die Konturlosigkeit des Prinzips einen offenen Raum für viele unterschiedliche Interpretationen und rechtliche Argumentationsmuster bietet. Dabei muss immer hinterfragt werden, mit welchem Ziel auf ein Prinzip verwiesen wird. Eine kleinschrittige Definition des Prinzips bietet Röhl in seiner Allgemeinen Rechtslehre19. Er sieht das Rechtsprinzip als „Tiefenstruktur des Rechts“, das hinter den geschriebenen Regeln steht und ein Ausdruck für allgemeinere Rechtsgrundsätze oder Rechtsgedanken ist.20 Nach ihm haben diese Rechtsprinzipien meist eine Doppelfunktion, die zum einen in einer „Modellfunktion“ und zum anderen in einer „Direktivfunktion“ besteht.21 Damit meint er auf Seiten des Modellhaften, dass Prinzipien den Aufbau und die Struktur der Rechtsordnung mitprägen und diese in bestimmter Weise vorzeichnen. In dieser Form helfen sie die Rechtsordnung zu verstehen, indem sie unverbundene, einzelne Regelungen zusammenfassen. Bei16 Im Gesamten: Duden, Online-Ressource 05. 02. 2021: http://www.duden.de/rechtschrei bung/Prinzip. 17 Begriffe zitiert nach: Duden, Online-Ressource, abgerufen am 05. 02. 2021: http://www. duden.de/rechtschreibung/Prinzip. 18 Vgl. etwa: Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft; Röhl: Allgemeine Rechtslehre; Zippelius: Juristische Methodenlehre; Wank: Die Auslegung von Gesetzen; Rüthers/ Birk/Fischer: Rechtstheorie; Bydlinski: Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff; Fischer: Topoi verdeckter Rechtsfortbildungen im Zivilrecht; Fikentscher: Methoden des Rechts in vergleichender Darstellung. 19 Röhl: Allgemeine Rechtslehre. 20 Im Gesamten: Röhl: Allgemeine Rechtslehre, § 33, S. 283. 21 Röhl: Allgemeine Rechtslehre, § 33, S. 283.

B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung

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spielhaft ist für ihn das Abstraktionsprinzip oder der Typenzwang im Sachenrecht.22 Ferner entscheidet sich der Gesetzgeber etwa im Prozessrecht für bestimmte Konstruktionen, wenn er dem Modell der Dispositionsmaxime an anderer Stelle das Offizialprinzip gegenüberstellt. Hierdurch werden die Normen in den einzelnen Verfahrensordnungen charakterisierbar.23 Wesentliche Rechtsprinzipien zeichnen sich für ihn ferner dadurch aus, dass sie – über diese beschreibende (deskriptive) Funktion hinaus – eine direktive Funktion besitzen und damit normative Geltung beanspruchen.24 Sie erschöpfen sich nicht darin, dass ein Regelungskomplex als Prinzip beschrieben werden kann, sondern aus der Existenz als Prinzip wird eine rechtliche Wirkung abgeleitet. Am Beispiel des Abstraktionsprinzips wird neben der Erkenntnis, dass Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft unabhängig nebeneinanderstehen, auch die rechtliche Konsequenz deutlich, dass diese Geschäfte unabhängig voneinander (abstrakt) gelten müssen. Dieser normative Gehalt kann auf die Regelungsweite der Normen, aus denen das Prinzip abgeleitet wird, beschränkt bleiben, was Röhl etwa bei der zum Prinzip erhobenen Gehilfenhaftung so annimmt.25 Andererseits kann die Direktivfunktion manchmal, über die Reichweite der konkretisierenden Regelungen hinaus, einen „normativen Überschuss“26 beinhalten. Dieser normative Überschuss von Prinzipien, der insbesondere bei der Gesetzesanwendung zu berücksichtigen ist, wird gerne als Teil des „inneren Systems“27 beschrieben. Wie weitreichend diese Zusammenfassung ist, wird erst in der Gegenüberstellung zu anderen Prinzipiendefinitionen deutlich. Röhl betrachtet Prinzipien als kleinteilige Bestandteile der Rechtsordnung und bewertet diese unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Dogmatik. Er sucht nach Gemeinsamkeiten von bestehenden und akzeptierten Prinzipien und leitet hieraus deduktiv eine Definition des Prinzips ab.

22 Etwa: Bydlinski: System und Prinzipien des Privatrechts, der in einem beeindruckenden Werk, häufig treffend, über 130 einzelne Prinzipien im bürgerlichen Recht nachzuweisen versucht; vgl. auch Röhl: Allgemeine Rechtslehre, § 33, S. 283. 23 Röhl: Allgemeine Rechtslehre, § 33, S. 284. 24 Röhl: Allgemeine Rechtslehre, § 33, S. 283 f. 25 Er verweist hierfür auf die Normen der §§ 278, 831 BGB, obwohl nur der § 278 BGB eine Haftung für fremdes Verschulden regelt. Über die genaue Struktur des von ihm erkannten Prinzips äußert er sich nicht. Siehe: Röhl: Allgemeine Rechtslehre, § 33, S. 284. 26 Begriff nach Röhl: Allgemeine Rechtslehre, § 33, S. 283 f.; vgl. auch: Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 421. 27 Begriff nach: Heck: Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, S. 139 ff., 149 ff. Siehe etwa: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 142; Röhl: Allgemeine Rechtslehre, S. 439 f.; Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 474 ff.; Engisch/Würtenberger: Einführung in das juristische Denken, S. 141 f., insb. Fn. 135 m. w. N.; Larenz: Richtiges Recht.

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Teil 1: Einführung

Andere Autoren untersuchen die Aufgabe von Prinzipien in einem anderen Kontext. Die Vertreter der analytischen Rechtstheorie28 versuchen Prinzipien abstrakt zu analysieren, indem sie die Überlegung voranstellen, dass es sich bei Prinzipien um Argumentationsregeln handelt. Sie werden als „prima-facie-Normen oder als Gründe für anwendbare Regeln“29 gesehen, die den gesetzlichen Normen vorgelagert sind. In der Praxis bedeutet dies, dass Prinzipien selbst keine subsumierbaren Regeln enthalten, sondern mithilfe bestimmter Verfahren in solche umzuwandeln sind. Letztendlich fungieren die Rechtsprinzipien als Rechtfertigungsgrundlage, vor der aktuelle Normen zu hinterfragen sind.30 Diese Interpretation von Prinzipien ist stark an die Beobachtungen im Verfassungsrecht angelehnt. Sie zeigt sich etwa bei der Verfassungsbeschwerde und ihren Abwägungen im Rahmen einer möglichen Grundrechtsverletzung. In diese Richtung geht auch der recht neue Ansatz,31 im Bereich des Zivilrechts nach rahmensetzenden Prinzipien zu suchen.32 Nach dieser Vorstellung bedürfen die Rechtsprinzipien als abstrakte Regelungswerte einer Konkretisierung, um eine Anwendung zu ermöglichen. Die Normen des BGB stellen wiederum teilweise eine Rückanbindung an diese Rechtsprinzipien dar.33 Andere Autoren34 gehen weiter und interpretieren Prinzipien als Verbindung zwischen Regeln und abstrakt-gültigen Rechtsideen. Für sie handelt es sich bei Prinzipien um moralische Wertungsgrundlagen. Diese „rechtsethischen Prinzipien“35 haben hiernach jenseits des geschriebenen Rechts ihre Geltung aufgrund ihrer abstrakten Natur. Sie dienen damit als Begründung für Entscheidungen, die durch 28 Begriff nach: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 756d. Wobei festzustellen bleibt, dass im Bereich der Methode der Rechtsanwendung und -untersuchung die Begriffe häufig auseinandergehen. Vertreter sind hiernach: Ronald Dworkin und Robert Alexy. Diese Rechtstheorie ist stark an der anglo-amerikanischen Rechtsordnung orientiert, die auf Rechtsquellen wie Präjudizen und richterlichem Gewohnheitsrecht fußt. 29 Zitiert nach: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 756c. 30 Siehe Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 756d mit Verweis auf: Dworkin/Wolf: Bürgerrechte ernstgenommen, S. 45 ff.; Alexy: Theorie der Grundrechte, S. 71 ff. 31 Zu einem Ausbleiben einer breiten Prinzipiendiskussion in der Nachkriegszeit und der BRD siehe die Untersuchung Kauhausens, die Lehrbücher und Zeitschriften der Zeit analysiert, vgl. Kauhausen: Nach der „Stunde Null“. Prinzipiendiskussionen im Privatrecht nach 1945, S. 206 – 216 und S. 270 f. Zudem die historische Auseinandersetzung Rückerts mit dem „Prinzip gleicher rechtlicher Freiheit“ an der Spitze des BGB, vgl.: Rückert: Vor § 1, Das BGB und seine Prinzipien: Aufgabe, Lösung, Erfolg, in: Schmoeckel/Rückert, u. a., HKK, Bd. I, Rn. 86 – 116, insb. 117. 32 So etwa Möllers, der den Ansatz von allgemeinen Rechtsprinzien im Rahmen der „Rechtsdogmatik“ darstellt, vgl. Möllers: Juristische Methodenlehre, § 9, Rn. 1 – 27, für das Zivilrecht: § 9, Rn. 28 – 60. 33 Vgl. Möllers, der das Prinzip der „Privatautonomie“ Instituten und Interessenserwägungen gegenüberstellt und systematisiert, siehe: Möllers: Juristische Methodenlehre, § 9, Rn. 33 – 60. 34 Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft; Canaris: Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz; Canaris: Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 93 ff., insb. S. 106 ff. 35 Begriff nach Larenz, siehe: Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 421 ff.

B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung

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bestimmte moralische und rechtspolitische Überzeugungen getragen sind.36 So ist der Ursprung der Rechtsprinzipien neben der gesetzten Rechtsordnung und der „Rechtsidee“ insbesondere die Begründung aus „der Natur der Sache“.37 Damit hängt die Verwendung des Prinzips und das jeweilige Verständnis in der Rechtswissenschaft stark von der bezweckten Aussage und der vertretenen Rechtsvorstellung ab. Ist man auf der Suche nach einer Grundstruktur des Rechts, dann lädt das Prinzip zur Auseinandersetzung ein. Erst mit einem klaren methodischen Ansatz erhält das Prinzip eine Kontur. Daher soll nun eine kurze Analyse der Prinzipien in der Rechtsordnung folgen.

2. Die Verortung des Rechtsprinzips in der Rechtsordnung Um die Wirkung eines Prinzips im Zivilrecht zu veranschaulichen, wenden wir uns Röhls kleinschrittigem Ansatz zu. Im Wesentlichen besteht die Rechtsordnung aus Gesetzesnormen, die durch die verschiedenen Normsetzungsverfahren auf den Ebenen des Bundes, der Länder und anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts entstehen. In einer Normhierarchie sind diesen die Regelungen des Grundgesetzes (GG) als Verfassung vorgelagert. Damit ist klar, dass Gesetzesrecht in unserem demokratischen Rechtsstaat als unmittelbar verbindlich anzusehen ist, da es vom „Volke“ als Souverän des Staates gesetzt wurde, vgl. Art 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG. Diese Grundentscheidung wird von der Norm des Art. 20 Abs. 3 GG ergänzt: „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“

Hier taucht die scheinbare Tautologie von „Gesetz und Recht“ auf. Diese im Staatsrecht seit jeher umstrittene Begriffskombination38 bleibt auch in der heutigen Interpretation in ihrer umfassenden Bedeutung unscharf. Im Wesentlichen wird diskutiert, ob diese Formel lediglich alle Formen des positiven, d. h. gesetzten Rechts umfassen soll39 oder ob durch die Erweiterung des Gesetzes um „das Recht“ auch 36 Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 421. Zudem seine eigenen Ausführungen zum „Richtigen Recht“, in denen er die Idee des „relativ richtigen Rechts“ von Stammler weiterentwickelt – vgl. Stammler: Die Lehre von dem richtigen Rechte; Larenz: Richtiges Recht, S. 12 – 44. 37 Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft; Canaris: Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 56 f., S. 70; Canaris: Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 106 ff. 38 Diese im Frühkonstitutionalismus des 19. Jh.s das erste Mal auftauchende Formel bleibt bis zur Entstehung des Grundgesetzes und auch darüber hinaus umstritten, hilfreich ist die Untersuchung von Hoffmann: Das Verhältnis von Gesetz und Recht, insb. S. 27 ff.; ebenso Sachs in Sachs: Grundgesetz, Art. 20, Rn. 103 f., Fn. 454 m. w. N. 39 Die Grenze der Rechtsprechung ist auf positives Recht und Gewohnheitsrecht beschränkt, vgl. Hofmann in: Brockmeyer/Hofmann/Schmidt-Bleibtreu: GG-Kommentar, Art. 20, Rn. 90; Jarass, in: Jarass/Pieroth: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 20, Rn. 38; dabei kommt dem Gesetz als Parlamentsgesetz besondere Bedeutung zu, während das

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Teil 1: Einführung

materielle Gerechtigkeitsvorstellungen einfließen sollen.40 Treffend formuliert das BVerfG: „Die traditionelle Bindung des Richters an das Gesetz, ein tragender Bestandteil des Gewaltentrennungsgrundsatzes und damit der Rechtsstaatlichkeit, ist im Grundgesetz jedenfalls der Formulierung nach dahin abgewandelt, daß die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden ist. Damit wird nach allgemeiner Meinung ein enger Gesetzespositivismus abgelehnt. Die Formel hält das Bewusstsein aufrecht, daß sich Gesetz und Recht zwar faktisch im allgemeinen, aber nicht notwendig und immer decken. Das Recht ist nicht mit der Gesamtheit der geschriebenen Gesetze identisch. Gegenüber den Satzungen der Staatsgewalt kann unter Umständen ein Mehr an Recht bestehen, das seine Quelle in der verfassungsmäßigen Rechtsordnung als einem Sinnganzen besitzt und dem geschriebenen Gesetz gegenüber als Korrektiv zu wirken vermag; es zu finden und in Entscheidungen zu verwirklichen, ist Aufgabe der Rechtsprechung.“41

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes gibt es hinter den geschriebenen Normen der Rechtsordnung ein „Mehr“, das als „Korrektiv“ hilft, das Recht als „Sinnganzes“ zu vervollständigen. Nach dieser Überzeugung sind oberste Gerichte legitimiert, in ihren Urteilen von der engen, positivierten Rechtsordnung „abzuweichen“. Damit hat das BVerfG anerkannt, dass die Rechtsordnung in der Realität nicht frei von Widersprüchen ist und durch ein historisches Heranwachsen oft uneinheitlich bleibt. Infolgedessen sieht es die Schaffung eines widerspruchsfreien Gefüges als Aufgabe des Rechtsanwenders an, der auf Grundlage von Wertentscheidungen durch „interpretative Harmonisierung“ die bestehenden juristischen Probleme durch Entscheidung zu lösen hat.42 Ebendiese Interpretation hat das BVerfG seit 1951 aufgenommen und deutet in ständiger Rechtsprechung das Grundgesetz als die zugrundeliegende objektive Wertordnung.43 Daher sind mit den Worten des BVerfG alle Verfassungsbestimmungen mit der „Wertordnung des Grundgesetzes“ in Übereinstimmung zu bringen.44 Ferner sind die Elemente einer „objektiven Ordnung“ als „verfassungsrechtliche Grundentscheidungen für alle Bereiche des Rechts“ bindend.45

übrige „Recht“ als eine Art Auffangtatbestand für die übrigen Formen von Recht (etwa Satzungen etc.) gedacht ist, so etwa: Hilbert: An welche Normen ist der Richter gebunden?, in: JZ 2013, S. 130 ff. 40 Sachs und Mangoldt wollen im „Recht“ ein überpositives Korrektiv erblicken, das der Rechtsprechung unter dem Aspekt der „Gerechtigkeit“ einzugreifen erlaubt. Siehe: Sachs: Grundgesetz, Art. 20, Rn. 106 f. und Mangoldt: Das Bonner Grundgesetz. 41 BVerfGE 34, 269, 287, vgl. auch Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 368 f. 42 Siehe im Gesamten: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 752. 43 Siehe: BVerfGE 1, 13, 32 f.; BVerfGE 7, 198, 204, 206 f., ebenso Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 752. 44 BVerfGE 19, 206, 220; BVerfGE 30, 1, 19; BVerfGE 30, 173, 193; BVerfGE 35, 79, 112; BVerfGE 39, 1, 36. 45 Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 753, m. V. a.: BVerfGE 73, 261, 269.

B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung

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Diese Feststellung bedarf an dieser Stelle besonderer Aufmerksamkeit. Denn hiermit wird eine wesentliche Weiche bei der Suche nach dem Prinzip gestellt. Es ist die Antwort der heutigen Rechtsordnung auf die Frage nach dem Geltungsgrund des Rechts – einer Grunddebatte der Rechtsphilosophie. Sie lässt sich, unabhängig von der seit Jahrhunderten geführten Auseinandersetzung, auf zwei Grundideen zurückführen: zum einen auf die Position des Naturrechts und zum anderen auf die des Rechtspositivismus. Vereinfacht gesagt, ist „das Naturrecht“ ein überpositives Recht, das seine Bedeutung in der Gegenüberstellung zum gesetzten (positivierten) Recht erhält.46 Meist tritt es mit dem Anspruch auf, eine unveränderliche Gerechtigkeit zu beinhalten. Hierdurch kommen dem Naturrecht zwei wesentliche Aufgaben zu. Zum einen kann es als Rechtfertigung des bestehenden Rechts dienen, wodurch eine existierende gesellschaftliche Ordnung bestätigt wird; damit kann es konservativ bzw. systemstabilisierend wirken. Zum anderen kann eine über dem gesetzten Recht stehende Wertordnung dazu dienen, die bestehende Ordnung in ihren Werten zu kritisieren, um diese zu verändern. Hier kommt dem Naturrecht die Funktion des Widerstands bzw. der reformierenden oder gar revolutionierenden Veränderung zu.47 Dies lässt sich sehr einfach mit der Wandlungsfähigkeit des Begriffs „Natur“ erklären. So ist die Umschreibung des Begriffs „Naturrecht“ eine Zusammenfassung von sehr unterschiedlichen rechtstheoretischen Vorstellungen, die jeweils die Geltung von Rechtsnormen mit diesem Argumentationsmuster begründen.48 Mit Blick auf die rechtliche Bedeutung des Naturrechts kann auf ein in die Welt objektiv eingestiftetes Recht geschlossen werden, wie es etwa die Schule der Stoa mit ihrem kosmologischen Naturrecht tat.49 Ebenso ist hierauf aufbauend, über die Lehre von Augustinus, auf Thomas von Aquin50 zu verweisen, der das Naturrecht als göttliche Vorgabe und Offenbarung begriff. Durch die Möglichkeit des Menschen zur Einsicht und Erkenntnis aus seiner natürlichen Rationalität wurde das Naturrecht zum Vernunftrecht des 17. und 18. Jahrhunderts, welches als dem menschlichen Verstand zugängliches Recht mit überpositivem Gehalt beschrieben wurde.51 Allen diesen 46 Dreier: Artikel: „Naturrecht“, in: Reifferscheid, Ergänzbares Lexikon des Rechts, S. 1; Zippelius: Artikel: „Naturrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3 Sp. 933. 47 So stellt Rüthers fest, dass eine Revolution nur damit gerechtfertigt werden kann, dass die bestehende Ordnung mit überpositiven Normen nicht in Einklang steht. Rüthers/Fischer/Birk: Rechtstheorie, Rn. 416. 48 Vgl.: Zippelius: Artikel: „Naturrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3 Sp. 933 f. 49 Kaufmann/Hassemer/Neumann: Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, S. 38 f. 50 Kaufmann/Hassemer/Neumann: Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, S. 42 ff.; Zippelius: Rechtsphilosophie, S. 68 ff. 51 Wesentliche Vertreter nach: Zippelius: Artikel: „Naturrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3 Sp. 935 f.: Grotius, Pufendorf, Wolff, Hobbes, Locke, Leibniz, Kant und Hegel; siehe ebenso: Dreier: Artikel: „Naturrecht“, in: Reifferscheid, Ergänzbares Lexikon des Rechts, S. 2 – 4; Kaufmann/Hassemer/Neumann: Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, S. 49 ff.; Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 445 ff.

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Teil 1: Einführung

Thesen ist gemein, dass sie die Frage nach der Geltung des Rechts damit beantworten, dass es eine „natürliche“ Legitimation gibt. Das heißt, eine über dem Recht stehende Sphäre dient als Grundlage des positiven Rechts. Als Argumentationsmuster hat sich dieser Ansatz bis heute erhalten. Beispielhaft hierfür ist die „Renaissance“ des Naturrechts52 nach dem Zweiten Weltkrieg und die Rechtsprechung des BGH zum DDR-„Unrecht“.53 Das Naturrecht sieht sich jedoch dem Vorwurf des Zirkelschlusses und dem „Rationalitätszweifel“54 ausgesetzt. Es wird befürchtet, dass die Werte des vertretenen Naturrechts im Vorfeld aus der eigenen Überzeugung hergeleitet werden. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass das jeweilige Naturrecht stark von den Lebensumständen und Wertvorstellungen einer Zeit abhängt, also geschichtlich und gesellschaftlich bedingt ist. Die Geschichte zeigt, dass der Anspruch auf unveränderliche Gültigkeit immer wieder durch den Wandel der Umstände widerlegt wurde, sodass das Naturrecht meist eben nicht „unverrückbar“ zu gelten scheint.55 Aus dieser Überlegung und dem Historismus der Zeit des 19. Jahrhunderts entwickelt sich der juristische Positivismus. Ihm ist nach der sogenannten Trennungsthese56 zu eigen, dass es keinen zwingenden Zusammenhang zwischen Recht und Moral geben muss. Damit entfällt auch die Notwendigkeit, das positive Recht mit dem Naturrecht als Gerechtigkeitsquelle zu legitimieren. Verknappt ausgedrückt wird dadurch ein Vorrang des positiven Rechts vor dem als gerecht propagierten Naturrecht begründet.57 Kritiker halten diesem Ansatz entgegen, dass danach auch das moralisch verwerflichste Recht positives Recht sein kann. Dabei wird meist auf das „Unrecht“ des NS-Staates verwiesen, dessen Ursache häufig mit dem Rechtspositivismus in Verbindung gebracht wird.58 Diese Vereinfachung ist wissenschaftlich nicht mehr haltbar, da auch der Nationalsozialismus erheblich mit einem unverrückbaren 52 Begriff etwa: Horn: Einführung in die Rechtswissenschaft und Rechtsphilosophie, Rn. 377. 53 In diesem Kontext sind insbesondere die Mauerschützenprozesse (BGHSt 39, 1; 39, 168; 41, 101) und die „Täter-hinter-dem-Täter“-Rechtsprechung (BGHSt 40, 218) zu beachten. Auseinandersetzung etwa: Erb: Die Schutzfunktion von Art. 103 Abs. 2 GG bei Rechtfertigungsgründen., in: ZStW 108, S. 266; Dreier: Gustav Radbruch und die Mauerschützen, in: JZ 52, S. 412. 54 Begriff nach: Dreier: Artikel: „Naturrecht“, in: Reifferscheid, Ergänzbares Lexikon des Rechts, S. 5. 55 Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 411 ff., 445 ff., 575 ff. 56 Dreier: Artikel: „Naturrecht“, in: Reifferscheid, Ergänzbares Lexikon des Rechts, S. 5. 57 Richtungsweisend hierfür ist Kelsens Wirken, siehe hierzu etwa Kelsen: Reine Rechtslehre, S. 201 f. 58 Kaufmann/Hassemer/Neumann: Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart, S. 81; Radbruch: Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht, in: Süddeutsch Juristenzeitung 1946, S. 105. A. A. Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 575; ebenso: Laudenklos/Rohls/Wolf, in: Rückert/Seinecke/Foljanty: Methodik des Zivilrechts – von Savigny bis Teubner, Rn. 1518, beide m. w. N.

B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung

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Wertemodell arbeitete.59 Nichtsdestotrotz zeigt dieses Beispiel die theoretische Schwäche eines reinen Rechtspositivismus auf. Der angesprochene Widerstreit dieser rechtsphilosophischen Positionen ist in der Rechtswirklichkeit jedoch eher theoretischer Natur. Häufig ist in dieser abstrakten Gegenüberstellung die Problematik des Geltungsbegriffes nicht ausreichend berücksichtigt.60 Wie dargestellt, geht auch das BVerfG einen Mittelweg, indem es sich auf den Weg eines positiven Rechts begibt, dieses jedoch um das „Unrechtsargument“61 und das „Prinzipienargument“62 erweitert. Vereinfacht ausgedrückt, wird mit der Radbruch’schen Formel die Befolgung von „gesetzlichem Unrecht“ in Frage gestellt63 und mit der Wertordnung aus Verfassungsgrundsätzen ist eine solide Grundlage für Wertentscheidungen angelegt. Dies führt so weit, dass manche Autoren von „normiertem Naturrecht“ sprechen.64 Aber auch dieses Verständnis der Struktur des Grundgesetzes als Übereinstimmung mit dem Naturrecht ist gefährlich. Denn so kann der Begriff „des Rechts“ (Art. 20 Abs. 3 GG) als Eingangstür für überpositive Werte geöffnet werden.65 Der oben 59

Hierzu ausführlich: Rüthers: Entartetes Recht, S. 22 ff.; Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 546 – 574; Rüthers: Die unbegrenzte Auslegung, S. 91 ff.; Rüthers: Wir denken die Rechtsbegriffe um …; Rüthers: Das Ungerechte an der Gerechtigkeit, S. 83 ff. 60 Zippelius: Artikel: „Naturrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3 Sp. 938. 61 Begriff nach: Dreier: Artikel: „Naturrecht“, in: Reifferscheid, Ergänzbares Lexikon des Rechts, S. 6, mit dem Verweis auf das Urteil des BVerfG zum gesetzlichen Unrecht der NS-Zeit (vgl. insb. BVerfGE 23, 98); Dreier: Der Begriff des Rechts, in: NJW 1986, S. 890, 891 f. 62 Begriff nach: Dreier: Artikel: „Naturrecht“, in: Reifferscheid, Ergänzbares Lexikon des Rechts, S. 6, Verweis auf die Entscheidung des BVerfG in: BVerfGE 34, 269, 286 f., in der es die bereits erwähnte Wertordnungsrechtsprechung entwickelt; Dreier: Der Begriff des Rechts, in: NJW 1986, S. 890, 892 f. 63 Gustav Radbruch: „Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, daß das positive, durch Satzung und Macht gesicherte Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn, daß der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, daß das Gesetz als ,unrichtiges Recht‘ der Gerechtigkeit zu weichen hat. Es ist unmöglich, eine schärfere Linie zu ziehen zwischen den Fällen des gesetzlichen Unrechts und den trotz unrichtigen Inhalts dennoch geltenden Gesetzen; eine andere Grenzziehung aber kann mit aller Schärfe vorgenommen werden: wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewußt verleugnet wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur ,unrichtiges‘ Recht, vielmehr entbehrt es überhaupt der Rechtsnatur. Denn man kann Recht, auch positives Recht, gar nicht anders definieren als eine Ordnung und Satzung, die ihrem Sinne nach bestimmt ist, der Gerechtigkeit zu dienen.“ – Radbruch: Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht, in: Süddeutsch Juristenzeitung 1946, S. 105 ff. (107). 64 Westermann: Wesen und Grenzen der richterlichen Streitentscheidung im Zivilrecht, S. 26 ff. 65 Hoffmann kommt mit Blick auf die historische und verfassungsrechtliche Dimension des Begriffspaares zu dem Ergebnis, dass „Gesetz und Recht“ gemäßigt positivistisch auszulegen sei. Hierin sei die „Vorstellung der Optimierung des Rechts“ ausgedrückt und zudem bleibe gleichzeitig für eine „Fortentwicklung des Gerechtigkeitsgedankens“ ausreichend Raum: Hoffmann: Das Verhältnis von Gesetz und Recht, S. 282 ff.; bestätigend: Rüthers/Birk/Fischer:

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Teil 1: Einführung

abstrakt angerissene Streit ist mit Blick auf die Verfassungswirklichkeit eben zugunsten einer gemäßigt positiven Deutung zu entscheiden, die eine Ermächtigung zur „gesetzesunabhängigen Rechtsanwendung“ bewusst ablehnt.66 Jedoch ist unter dieser Schwelle anzunehmen, dass „das Recht“ einen erweiterten Sinngehalt enthält, der über eine enge positivistische Rechtsordnung hinausgeht.67 Offen bleibt die Frage, warum es dieser „Werte“ als Grundlage überhaupt bedarf. Wie kann ein Gesetz unvollständig oder widersprüchlich sein? Außer durch die einfache Tatsache, dass auch in der Gesetzgebung Fehler begangen werden, erklärt sich dieser Umstand aus der Rechtswissenschaft selbst: Kurz: die Rechtswissenschaft ist keine Naturwissenschaft. Sie beschäftigt sich nicht mit genau messbaren oder zu errechnenden Ist-Zuständen, aus denen mit empirischer oder deduktiver Methode ein neues Ergebnis abgeleitet werden kann – wie es etwa in der Mathematik oder der Logik geschieht. Dreh- und Angelpunkt dieser Wissenschaften sind Aussagesätze.68 Hiervon unterscheidet sich die Rechtswissenschaft dadurch, dass sie sich mit dem richtigen Handeln beschäftigt. Es geht ihr um wertbezogene Äußerungen, die letztlich in der Frage münden: Was soll ich tun? Diese Frage wird auf Grundlage eines Wertesystems durch rechtliche bzw. gesetzliche Ge- und Verbote beantwortet. Anders als bei naturwissenschaftlichen „Wahrheiten“ steht in der Rechtswissenschaft das „Sollen“ im Mittelpunkt. Dieses Selbstverständnis findet sich bereits in der alten Philosophie, als man die scientia (= Wissenschaft) von der prudentia (= Klugheit) trennte. So wird die Auseinandersetzung mit dem Recht erst während der Aufklärung zur „Rechtswissenschaft“ und verdrängte damit langsam den Ausdruck der „Rechtsklugheit“ – der Jurisprudenz. Zusammengefasst kann die Rechtswissenschaft keine „richtigen Erkenntnisse“ oder „naturwissenschaftlich Exaktes“ liefern,69 sondern sie ist und bleibt normativ und „bewertet“. Folglich benötigt sie aufgrund der relativen Natur einen Bezugspunkt – ein Wertesystem. In diese Interpretation fügt sich auch die vermittelnde Auslegung des BVerfG zum „Recht“ in Art. 20 Abs. 3 GG: Das Recht, das einer

Rechtstheorie, Rn. 265 – 267. Ferner weist Rüthers auf die Gefahr positivistischen Naturrechts hin, das in der Anwendung letztlich nur eine Scheinsicherheit gebe, da es ebenfalls von den zugrundeliegenden Werten abhängt – vgl. im Gesamten zum NS-Recht, das er explizit als Naturrecht einordnet: Rüthers: Entartetes Recht. 66 Dies stellt das BVerfG etwa bei der Anerkennung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Soraya-Entscheidung heraus, siehe: BVerfGE 34, 269, 286 f.; ebenso BVerfGE 128, 193, 209 f. 67 Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 368; mit kritischer Würdigung der Wandlungen des „Mehrwerts“: Engisch/Würtenberger: Einführung in das juristische Denken, S. 307 ff., m. w. N. 68 Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 584. 69 Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 439, appelliert ferner, die vermeintlich gebotene Anpassung an die „exakten Wissenschaften“ zu unterlassen und die Rechtswissenschaft als „verstehende Wissenschaft“ mit eigenen Stärken zu schätzen; Rüthers/Birk/ Fischer: Rechtstheorie, Rn. 584.

B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung

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Wertordnung bedarf, bezieht diese aus dem Grundgesetz und dem vom Grundgesetz einbezogenen Völker- und Europarecht.70 Mit dieser Entscheidung der Rechtsordnung kann eine Herleitung eines Prinzips nur aus bzw. anhand der Wertordnung des Grundgesetzes erfolgen. Folglich ist die Herleitung eines Prinzips aus allgemeingültigen und abstrakten Gerechtigkeitsvorstellungen (wie sie etwa im Naturrecht mit der Herleitung aus der „Natur der Sache“ erfolgte), aus logischer Deduktion (wie sie in der Rechtsschule der „Begriffsjurisprudenz“ erfolgte)71 oder aus der freien Rechtsschöpfung des Richters (Freirecht) abzulehnen. All dies sind Methoden der Vergangenheit, die auf die Systemwechsels im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert zurückgehen. In dieser Zeit fand der Wechsel von einer grundsätzlich freien, durch Wissenschaft und Rechtsprechung geprägten Rechtsfortbildung zu einer positivierenden Gesetzgebung72 statt, die auf verfassungsrechtlicher Grundlage73 beruhte. Im Verfassungsstaat wird durch den Gesetzgebungsprozess ein Verfahren zur Verfügung gestellt, in welchem die politischen Strömungen in der Bevölkerung auf die Gesetzgebungsorgane einwirken können und die Gesetzgebung legitimieren. Damit ist die Rechtssetzung ein politischer, durch den Willen des Volkes – als dem Souverän – gesteuerter Akt. Diese Entwicklung verstärkt den geltenden Anspruch der Gesetzesbindung, der gegenüber den Gerichten und der Rechtsfortbildung (vgl. Art. 102 WRV von 1919)74 geäußert wird. Ein Verstoß gegen die Gesetzesbindung ist, wie oben durch das BVerfG ausgeführt, ein der Lebenswirklichkeit geschuldeter, notwendiger Vorgang. Dennoch muss er immer Ausnahmefall bleiben und sich als behutsame Rechtsfortbildung an den strengen Grenzen der durch das Grundgesetz vorgegebenen Wertordnung orientieren. Damit wird die Methodenfrage auch eine Verfassungsfrage.75

70 An dieser Stelle kann das genaue Verhältnis von deutschem Verfassungsrecht zu Europaund Völkerrecht nicht vertieft werden, ausführlich hierzu: Herdegen: Europarecht, S. 229 ff.; Talmon: Die Grenzen der Anwendung des Völkerrechts im deutschen Recht, in: JZ 2013, S. 12 ff.; Geiger: Grundgesetz und Völkerrecht, § 11, S. 25 ff. Zudem BVerfGE 74, 359, 370 zur Wirkung der EMRK, die ohne Verfassungsrang (vgl. Art. 59 Abs. 2 GG) als Auslegungshilfe der deutschen Grundrechte dient; ebenso: Sauer: Staatsrecht III, § 3, S. 25 ff. 71 Rückert, in: Rückert/Seinecke/Foljanty: Methodik des Zivilrechts – von Savigny bis Teubner, Rn. 1387 ff. 72 Hierzu ist auf die vielfältigen Gesetzesinitiativen der Zeit zu verweisen, wie etwa im ADHGB, GVG, RStGB, HGB, BGB, UrhG usw. 73 Vgl. hierzu etwa die Reichsverfassung von 1871 oder die Weimarer Reichsverfassung von 1919 WRV. 74 Art. 102 WRV lautete: Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Eine ähnliche Regelung gab es in der Reichsverfassung von 1871 noch nicht, jedoch statuierte 1877 § 1 GVG eine ähnliche Regelung: Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige, nur dem Gesetze unterworfene Gerichte ausgeübt. Schröder: Gesetzesbindung des Richters und Rechtsweggarantie im Mehrebenensystem, S. 28. Siehe hierzu ausführlich: Rückert, in: Rückert/Seinecke/Foljanty: Methodik des Zivilrechts – von Savigny bis Teubner, Rn. 1402 f. 75 Methodenlehre als Verfassungsfrage: Rückert/Seinecke/Foljanty: Methodik des Zivilrechts – von Savigny bis Teubner, Rn. 38 ff., 1357 ff.

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Teil 1: Einführung

Einige Autoren, wie die der analytischen Rechtstheorie, sehen in diesen Grundwerten der Wertordnung die gesuchten Prinzipien. Dem ist angesichts der oben aufgezeigten sprachlichen Dehnbarkeit des Begriffs nicht zu widersprechen. Trotzdem erscheint es zur besseren Unterteilung angebracht, hier andere Begriffe wie etwa „Werte“ oder „verfassungsrechtliche Grundsätze“ zu verwenden. Denn neben den „großen Werten“ (Grundrechten, Verfassungsprinzipien)76, die die heutige Rechtsordnung im Wesentlichen gestalten, spielen auch „kleinere Prinzipien“ eine erhebliche Rolle, wie es der Ansatz von Röhl zeigt. Die Rechtsprinzipien sind im Rahmen der Rechtsanwendung im inneren System des „Rechts“ verortet und sind damit Teil der Rechtsordnung und der Wertordnung des Grundgesetzes. Um ihre normative Geltung als Tiefenstruktur des Rechts zu verstehen, ist ein Blick auf die „konkrete“ Methodik der Rechtswissenschaft notwendig.

3. Die Wirkung des Rechtsprinzips in der Rechtsordnung Konkret beschäftigt sich die Rechtswissenschaft mit der Anwendung von Rechtsnormen auf Lebenssachverhalte. Hierzu bedient sie sich der Methodenlehre, die den rechtlichen Gehalt einer Norm herzuleiten versucht.77 Eben hier liegt das oben beschriebene Problem: Die Norm gibt keinen Ist-Zustand wieder, sondern schreibt meist in Konditionalsätzen, bestehend aus Tatbestand und Rechtsfolge, ein bestimmtes Verhalten (Sollen) vor. Um herauszufinden, was das Gesollte ist, nutzt die Methodenlehre mehrheitlich einen „Kanon“ von Auslegungsmethoden, die handwerkliche Vorgehensweisen umschreiben. Dabei arbeitet sie sich von der grammatischen (Wortlaut) über die systematische und die historische (Entstehungsund Wirkgeschichte)78 Auslegung zur telelogischen (Sinn und Zweck) Auslegung vor.79 Es ist allerdings umstritten, ob die telelogische Auslegung eine eigenständige Methode darstellt oder aber nur das Ziel der Auslegung enthält.80 Zusätzlich wird 76

In diesem Bereich führend Alexy, der eine eigene Methode auf diesen Überlegungen aufbaut, siehe hierzu: Alexy: Theorie der Grundrechte, S. 75 ff.; Alexy/Dreier: Rechtssystem und praktische Vernunft, S. 405, 415; Alexy/Erbguth: Verfassungsrecht und einfaches Recht – Verfassungsgerichtsbarkeit und Fachgerichtsbarkeit., S. 7 ff.; zusammenfassend: Rüthers/Birk/ Fischer: Rechtstheorie, Rn. 758 ff. 77 Vgl. die einleitende Erklärung in: Wank: Die Auslegung von Gesetzen, § 1, S. 3 ff. 78 Wobei strittig ist, ob es bei der historischen Auslegung auf die „entstehungszeitliche“ (subjektive) oder „geltungszeitliche“ (objektive) Wertung der Norm ankommt – siehe: Rüthers/ Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 784, 796 ff., m. w. N. zu den Vertretern; ebenso: Engisch/ Würtenberger: Einführung in das juristische Denken, S. 159 ff. 79 Vgl. hierzu: Engisch/Würtenberger: Einführung in das juristische Denken, S. 130 ff., Fn. 18; ebenso: Bydlinski: Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 428 ff.; Zippelius: Juristische Methodenlehre, S. 35 ff.; Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 320 ff. 80 Etwa zutreffend: Fischer: Topoi verdeckter Rechtsfortbildungen im Zivilrecht, S. 559 ff.; Rüthers/Fischer/Birk: Rechtstheorie, Rn. 725.

B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung

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häufig auf die verfassungs- und europarechtskonforme Auslegung verwiesen, die sich meist mit normhierarchischen Überlegungen auseinandersetzt.81 Diese Auslegungsmethoden sollen wiederum nicht alternativ angewendet werden, sondern wirken scheinbar kumulativ als ein Kanon zusammen, auf dessen Grundlage das gefundene Ergebnis fußt. Diese allgemeine Darstellung muss kritisch hinterfragt werden.82 Eine kumulative Anwendung der Auslegungsmethoden führt häufig dazu, dass ein Ergebnis wegen rechtspolitischen Erwägungen oder einer propagierten Gerechtigkeitsüberzeugung vorzugswürdig erscheint, indem es durch eine Überhöhung von einer oder mehreren Methoden begründet wird.83 Bei der Anwendung ist daher insbesondere an die oben genannten verfassungsrechtlichen Vorgaben zu denken, die über Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 GG eine klare Bindung des Rechtsanwenders an das Gesetz (und das Recht) vorgeben und damit belegen, dass das Grundgesetz nicht „methodenneutral“ ist.84 Aber wie funktioniert diese Methode? a) Savigny als Wegweiser Als Begründer dieser methodischen Arbeitsweise gilt Friedrich Carl von Savigny (1779 – 1861)85 mit dem ersten Band seines „Systems des heutigen Römischen Rechts“.86 Aus Savignys eigenen Worten wird deutlich, dass er diesen Gesamtkanon – für ihn waren es die grammatische, logische, historische und die systematische Auslegung87 – nur für Gesetze in „gesundem Zustand“88 gelten lassen wollte, also für 81

Vgl. Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 763 ff., 767 ff.; Larenz: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 339; kritisch etwa Wank: Die Auslegung von Gesetzen, S. 57 f., der von „rangkonformer Auslegung“ spricht und dies als Teil des „inneren Systems“, d. h. als systematische Auslegung sieht. 82 Eine anschauliche Darstellung des Problems: Wank: Die Auslegung von Gesetzen, S. 29 ff. 83 Fischer: Topoi verdeckter Rechtsfortbildungen im Zivilrecht, S. 559 ff.; Rüthers/Fischer/ Birk: Rechtstheorie, Rn. 696 f. insb. zur historischen Auslegung, Rn. 813 ff. 84 Rückert/Seinecke, in: Rückert/Seinecke/Foljanty: Methodik des Zivilrechts – von Savigny bis Teubner, Rn. 32 ff., nennt dabei in Rn. 39 insb.: das Demokratiegebot (Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG), die richterliche Gesetzesunterworfenheit (Art. 97 Abs. 1 GG), die doppelte Bindung der Rechtsprechung an „Gesetz und Recht“ (Art. 20 Abs. 3 GG) und die Rechtmäßigkeitskontrolle durch die Justiz mit der vorausgehenden Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG). 85 Friedrich Carl von Savigny (1779 – 1861) gilt als Hauptvertreter der historischen Rechtsschule und war Professor in Landshut und Berlin. Ab 1842 war er preußischer Minister, legte aber infolge der Revolution von 1848 sein Amt nieder. Wissenschaftlich setzte er u. a. mit seinem „System des heutigen Römischen Rechts“ neue Maßstäbe. Siehe: Schröder: Artikel: „Friedrich Carl von Savigny“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 380 – 388; Rückert, in: Rückert/Seinecke/Foljanty: Methodik des Zivilrechts – von Savigny bis Teubner, Rn. 86 ff. 86 Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, S. 216 ff. 87 Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, S. 213 f.

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Teil 1: Einführung

jene mit einem eindeutigen Ergebnis der Auslegung. Anders sah er es bei „mangelhaften Gesetzen“ ohne eindeutige Antwort.89 Es gebe zwei mögliche Fehler: I. „[Den] Unbestimmte[n] Ausdruck, der also überhaupt keinen vollendeten Gedanken führt … [und] II. [den] Unrichtige[n] Ausdruck, in dem der von ihm unmittelbar bezeichnete Gedanke von dem wirklichen Gedanken des Gesetzes verschieden ist.“90

Diesen stellte er drei mögliche Hilfsmittel gegenüber: „Das erste Hülfsmittel besteht in dem inneren Zusammenhang der Gesetzgebung; ein zweytes in dem Zusammenhang des Gesetzes mit seinem Grunde; ein drittes in dem inneren Werthe des aus der Auslegung hervorgehenden Inhalts.“91

Damit systematisierte Savigny die Auslegung von Gesetzen, wobei er anerkannte, dass es bei dem unrichtigen Ausdruck eine Grenze für die Auslegung aus dem „inneren Werthe“ beachtet werden musste: „Der innere Werth des Resultats endlich ist unter allen Hülfsmitteln das gefährlichste, indem dadurch am leichtesten der Ausleger die Gränzen seines Geschäfts überschreiten und in das Gebiet des Gesetzgebers hinüber greifen wird. Daher kann dieses Hülfsmittel lediglich bey der Unbestimmtheit des Ausdrucks (der ersten Art von Mängeln) angewendet werden, nicht zur Ausgleichung des Ausdrucks mit dem Gedanken.“92

Selbstverständlich ist anzumerken, dass bei der Analyse von historischen Quellen am Anfang die Erkenntnis stehen muss, dass bedeutsame rechtliche Vorgänge und Rechtsfragen immer von den sozialen, ökonomischen und gesamtkulturellen Umständen der Zeit abhängen. So kann nur unter Beachtung der Lebensvorgänge und des zeittypischen Hintergrundes eine weitergehende Aussage über den tatsächlichen rechtlichen Gehalt einer historischen Quelle/Norm gewonnen werden.93 Darum gehen monokausale Erklärungen und Lösungsansätze grundsätzlich an der historischen Wirklichkeit vorbei. Ähnlich ist dies bei der methodischen Bearbeitung des Rechts, die ebenso Teil des rechtswissenschaftlichen Kontextes ist.94 Daher ist es verfehlt, Savignys Methodenlehre unreflektiert auf den heutigen Verfassungsstaat anzuwenden. So ist in seinem Rechtsverständnis angedeutet, dass es stark auf 88 Begriff nach: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, S. 222; Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 701. 89 Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, S. 222. 90 Zitiert nach: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, S. 222. 91 Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, S. 222. 92 Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, S. 225. 93 Schlosser/Sturm/Weber: Die rechtsgeschichtliche Exegese, S. 80. 94 So weist Schröder nach, dass die wissenschaftliche Methode außer vom Wissenschaftsbegriff stark vom Gesetzesbegriff und dessen Verständnis abhängt, vgl: Schröder: Recht als Wissenschaft; ebenso: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, §§ 8 – 19, insb. zusammenfassend: § 20, Rn. 640 ff.; ähnlich mit Kritik an der heutigen Methodenlehre: Rückert/Seinecke/ Foljanty: Methodik des Zivilrechts – von Savigny bis Teubner, Rn. 17 ff.

B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung

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„Ausdrücke“ gemünzt ist, aus denen neue Erkenntnisse gewonnen werden sollten. Trotz der fehlenden Übertragbarkeit von Savignys rechtlicher Analyse sind zwei Schlüsse richtungsweisend: Zum einen hob er hervor, dass bei weiter Auslegung eines erkennbar unrichtigen Ausdrucks Vorsicht geboten war, da die Grenze zwischen der Anwendung von Recht und dessen Setzung bzw. Fortbildung verwischt werden konnte. Zum anderen war er für einen Erkenntnisgewinn aus dem „Wertesystem“ offen. Was bedeuten diese Erkenntnisse für die heutige systematische Methodenlehre? Auch sie sieht in der systematischen Auslegung ein wesentliches Erkenntnismittel. Häufig wird dabei zwischen dem äußeren und dem inneren System unterschieden.95 Das äußere System, schon bei Savigny als erstes Hilfsmittel angedeutet, beschreibt eine ordnende Gesamtschau der Normen innerhalb eines Gesetzes oder der gesamten Rechtsordnung. Daraus lassen sich deskriptiv Erkenntnisse und Unterteilungen gewinnen – etwa die Unterteilung in Zivil- und Öffentliches Recht. Ausgangspunkt ist, dass eine einzelne Norm nie alleine steht, sondern sich in ein breites Feld von einzelnen Normen einfügt, die in ihrer Gesamtheit „mosaikgleich“96 die Rechtsordnung bilden. Dabei sei eine Einordnung in charakteristische Gruppen, wie Anspruchsgrundlagen und Hilfsnormen, ebenso erwähnt wie die äußere Betrachtung der „Stellung“97 einer Norm im Gesetzestext. Dieses äußere Einfügen der Norm kann für die Auslegung genutzt werden, indem es Rückschlüsse auf ihren Wirkungszusammenhang zulässt.98 Darüber hinaus wird seit Philipp Heck99 das oben erwähnte innere System als Erkenntnisquelle gesehen – hier geht es um den Normzweck. Es ist bei Savigny in den letzten beiden Hilfsmitteln angedeutet, dem „inneren Grund“ und dem „inneren Werth“. Es wird nach dem Existenzgrund der Norm gesucht. Diese Suche hat die Regelungsabsicht des Gesetzgebers zum Ziel. Sobald man Recht als politisches Gestaltungsmittel begreift, löst das Recht Interessenkonflikte durch „Sollens-Anordnungen“. Mittels einer gesetzgeberischen Wertung – dem Akt der Rechtssetzung – wird zugunsten oder zulasten bestimmter in Frage stehender Interessen entschieden. Im Idealfall bringt die Norm diese Entscheidung in ihrem Wortlaut zum Ausdruck. In der Anwendung der Norm durch den Rechtsanwender ist damit ein eindeutiges Ergebnis verfassungsrechtlich geboten (s. o.). 95

Wank: Die Auslegung von Gesetzen, S. 55 ff. Begriff und Vergleich nach Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 143. 97 Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 140, mit weiteren Beispielen aus den verschiedenen Rechtsgebieten: Wank: Die Auslegung von Gesetzen, S. 55 ff. 98 Wank: Die Auslegung von Gesetzen, S. 55; Bydlinski: Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 443. 99 Heck: Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, S. 139 ff., 149 ff. Heck geht davon aus, dass die innere Ordnung der Rechtsnormen eine widerspruchsfreie Einheit, ein Sinnganzes bildet, das es zu verstehen und zu deuten gilt. 96

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Teil 1: Einführung

Ist der Normzweck hingegen nicht eindeutig aus dem Wortlaut der Norm zu erfassen, muss sich die Erkenntnis anschließen, dass eine „telelogische Auslegungsmethode“ keine Hilfe sein kann. Die Suche nach dem Normzweck ist das Ziel und kann nicht gleichzeitig das Mittel der Auslegung sein. Als zweite Erkenntnis ist festzuhalten, dass der Normzweck die eigentliche Grenze der Auslegung darstellt. Wie ist jedoch der Normzweck zu ermitteln? Wenn Recht durch den Gesetzgeber – den Souverän – in Kraft gesetzt wird, steht dessen Wille im Zentrum der Auslegung. Dies hat den Grund in seiner Stellung als Souverän, durch welche die Geltung der Norm letztendlich legitimiert wird. Ob dieser Wille jedoch „objektiv“ oder „subjektiv“ zu ermitteln ist, ist in der Rechtswissenschaft umstritten.100 b) „Objektive“ und „subjektive“ Auslegung Grundlage dieser Differenzierung ist die Überlegung, dass, außer im Zeitpunkt der Inkraftsetzung der Norm, meist zwei „Gesetzgeber“ vorhanden sind: zum einen der historische Gesetzgeber, dessen Wille unmittelbar in die Rechtsnorm eingeflossen ist; zum anderen der Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Normanwendung, dessen einziger Willensakt die bisherige „Nichtabschaffung“ der Norm darstellt.101 Hat sich ein Rechtsanwender mit einer Rechtsnorm zu beschäftigen, spricht das Rechtsanwendungsgebot der Verfassung (s. o.) grundsätzlich für die wortlautgetreue Anwendung der Norm. Was passiert aber, wenn die Norm aufgrund gesellschaftlicher oder technischer Entwicklungen nicht mehr „aktuell“ erscheint? Oder wenn ein Sachverhalt in den „Lückenbereich“ fällt, in dem die Rechtsordnung keine klare Antwort vorgibt? Zuletzt stellt sich die Auslegungsfrage bei einer Kollision von Normen gleichen Rangs, wenn der Konflikt nicht durch spezielle methodische Überlegungen zu beseitigen ist.102 Grundgedanke der objektiven Auslegung ist es, dass es sich bei den Gesetzen um eigenständige Regelungsanweisungen handelt, die bisweilen „klüger als der Ge100 Ausführliche Positionen des Streits bei: Engisch/Würtenberger: Einführung in das juristische Denken, S. 160 ff., m. w. N. Er ordnet Savigny, Windscheid, Regelsberger, Enneccerus, Bierling, Heck, Stammler, Petraschek und Nawiasky den Subjektivisten zu. Zu den Vertretern der objektiven Methode zählt er: Binding, Wach und Kohler. Als Vertreter der vermittelnden Ansichten sieht er Bartholomeyczik, Dahm und Larenz. Rüthers zählt zudem Westermann, Brox und G. und D. Reinicke zu den subjektiven Vertretern. Den Objektivisten schlägt er Thibaut als einen Hauptvertreter zu, m. w. N. Rüthers/Birk/ Fischer: Rechtstheorie, Rn. 483; Rüthers: Methodenrealismus in Jurisprudenz und Justiz, in: JZ 61, S. 53 f. 101 Engisch/Würtenberger: Einführung in das juristische Denken, S. 162 ff. 102 Hier sei u. a. auf die Normhierarchie, den Lex-posterior-Grundsatz oder den Spezialitätsgrundsatz verwiesen, worin jeweils eine Wertung des Gesetzgebers zu erkennen ist, siehe hierzu: Engisch/Würtenberger: Einführung in das juristische Denken, S. 235 ff.; sehr ausführlich: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, § 23, ab Rn. 822 ff.

B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung

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setzgeber“ sein können.103 Damit ist gemeint, dass die durch den historischen Gesetzgeber vorgegebenen Regelungsabsichten nicht mehr mit den Werten der Gesellschaft übereinstimmen. Daher wird angenommen, dass die „objektive“ Auslegung gebietet, die Norm in anderer Weise anzuwenden, indem man die Regelung vom historischen – in diesem Sinne als „subjektiv“ bezeichneten – Normzweck loslöst.104 Bei der Auslegung der Norm sollen „objektive“ Kriterien genutzt werden, die in diesen Fällen den ungelösten Interessenkonflikt zu einem angemessenen Ergebnis führen.105 Die besagten objektiven Kriterien lassen sich nach Karl Larenz und Claus-Wilhelm Canaris in zwei Gruppen einteilen: Zum einen sind dies die „objektive[n] Zwecke des Rechts, wie Friedenssicherung und gerechte Streitentscheidungen, [und die] ,Ausgewogenheit‘ einer Regelung im Sinne optimaler Berücksichtigung der im Spiele befindlichen Interessen.“ Zum anderen das jedem Gesetz zu unterstellende Streben nach einer „Regelung, die ,sachgemäß‘ ist. Nur wenn man dem Gesetzgeber diese Absicht unterstellt, wird man im Wege der Auslegung zu Resultaten gelangen, die eine ,angemessene‘ Lösung auch im Einzelfall ermöglichen.“106

Ansatzpunkt für Kritik an diesem Vorgehen sind gerade die „objektiven Kriterien“, die zur Auslegung herangezogen werden. Woher stammt die „Objektivität“? Handelt es sich bei dieser Methode noch um Auslegung? Sie wird schließlich nicht aus dem Gesetz selbst gewonnen. Falls nicht, woher stammen dann die gesellschaftlichen und politischen Wertungen, mit denen die Lücke des Gesetzes geschlossen wird? Letztlich führen diese Fragen zu der Antwort, dass der Rechtsanwender selbst entscheidet. Die Schließung der Lücke erfolgt nicht durch Auslegung. Der in der Norm angelegte historische Normzweck gilt nicht (mehr) und kann auch nicht als Auslegungsmaßstab herangezogen werden. Daran schließt sich die Erkenntnis an, dass es sich um Rechtsfortbildung handeln muss. Zwar ist die Rechtsfortbildung essenziell, da so der „Alterung“ der Gesetze vorgebeugt werden kann. Aufgrund des Rechtsverweigerungsverbots des Art. 19 Abs. 4 GG ist die Rechtsprechung dazu verpflichtet, mit Richterrecht im Lücken-

103

Thibaut, Anton Friedrich Justus: Theorie der logischen Auslegung des römischen Rechts, § 9, ab S. 27, insb. S. 40 ff.; Engisch/Würtenberger: Einführung in das juristische Denken, S. 161, m. w. N.; ebenso: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 796 f. 104 Siehe hierzu etwa: Engisch/Würtenberger: Einführung in das juristische Denken, S. 113; Bydlinski: Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 434 ff. 105 Für eine Einordnung der Rechtsprechung als Hilfsgesetzgeber: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 235 – 253. 106 Im Gesamten zitiert nach: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 801; ursprünglich zitiert nach: Larenz/Canaris: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 153, 413 ff.

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Teil 1: Einführung

bereich Rechtssicherheit zu schaffen.107 Jedoch sollte diese notwendige Rechtsfortbildung nicht mit dem Begriff der „objektiven Auslegung“ vermischt werden. Sie stellt einen nicht unerheblichen Eingriff in die Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3, Art. 97, Art. 100 GG) dar, die zugunsten der Rechtssicherheit (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten ist. Jedoch sollte diese Rechtsfortbildung in klare Bahnen gelenkt werden und sie sollte von der Auslegung als einem Akt der Rechtsanwendung getrennt werden. Einen wesentlichen Beitrag leistet Rüthers, der eine Drei-Stufen-Theorie vorstellt: Rüthers setzt mehrere Grundüberlegungen voraus. Für ihn ist die Methodenlehre selbst als Akt der Rechtsbearbeitung wertneutral. Jedoch ist das Recht selbst ein politisches Instrument, das in jedem Ge- und Verbot einen Interessenausgleich in dem zugrundeliegenden Interessenkonflikt anordnet. Damit stellt auch die wertende Anwendung des Rechts durch den Rechtsanwender einen Akt dar, der die politische Wertgrundlage des Gesamtsystems in die Privatrechtsordnung übersetzt.108 Auf dieser Grundlage sieht er den „Normzweck (als) das zentrale Ziel jeder Gesetzesauslegung“, dem die anderen Kriterien als Hilfsmittel untergeordnet sein müssen.109 Zu Ende gedacht bedeutet dies zudem, dass nicht der Wortlaut die äußerste Grenze der Auslegung darstellt, denn der Normzweck könne, müsse aber nicht im Wortlaut erkennbar sein.110 Auf diesem Wege stellt auch die „Korrektur“ des Wortlauts am Normzweck noch keine Gesetzesabweichung dar, sondern ist nach Rüthers gerade im Konfliktfall, mit der Vorrangstellung des Normzwecks, geboten. Für Rüthers beruht die Ermittlung des Normzwecks auf der Entstehungsgeschichte. Hierdurch erhält die historische Auslegung eine herausragende Stellung. Die Entstehungsgeschichte umfasst drei Elemente, die zum Verständnis einer Norm untersucht werden müssen. Ohne diese können „Texte ohne Kontext nahezu beliebige Bedeutungsinhalte annehmen […]“111: „1. Der historisch-gesellschaftliche Kontext. Welche Konfliktsituationen und Interessen haben zu der Normsetzung geführt („Interessenforschung“)? 107 Jedoch ist der Gesetzesanwender weniger frei als der Gesetzgeber, da er lediglich zum „konkretisierenden Nachvollzug“ der Gesetze angehalten ist, siehe hierzu: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 235 ff., 529, mit Verweis auf: Heck: Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz, in: Archiv für die Civilistische Praxis 112, S. 1 ff., 228, 250. Ob sich daraus eine Rechtsquelle im Richterrecht sehen lässt, muss hier offen bleiben. Die faktische Bindungswirkung könnte für eine solche Überlegung sprechen, siehe: Pierson in: Rückert/Seinecke/Foljanty: Methodik des Zivilrechts – von Savigny bis Teubner, Rn. 962, m. V. auf Rüthers: Die unbegrenzte Auslegung, S. 269. 108 Rüthers: Die unbegrenzte Auslegung, S. 437 f.; Rüthers: Das Ungerechte an der Gerechtigkeit, S. 86 ff.; so auch: Pierson, in: Rückert/Seinecke/Foljanty: Methodik des Zivilrechts – von Savigny bis Teubner, Rn. 971. 109 Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 725. 110 Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 743. 111 Rüthers: Methodenrealismus in Jurisprudenz und Justiz, in: JZ 61, S. 53, S. 57 f.

B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung

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2. Der geistes- und dogmengeschichtliche Kontext: Die Bedeutung der verwendeten Gesetzesbegriffe im Zeithorizont der Normentstehung. 3. Die Regelungsziele (Normzwecke) der Gesetzgebung, als die Ermittlung der Steuerungsziele derer, die auf die Formulierung und die Durchsetzung des Erlasses der Normen maßgeblichen Einfluss hatten.“112

Für Rüthers stellt die Ermittlung der Entstehungsgeschichte die bedeutendste Quelle der Interpretation dar, es drohe sonst, wie bei der Auslegung nach Wortlaut und System, die Gefahr, dass von außen Elemente und Wertungen in das Recht hineingetragen werden, die eben nicht in der Norm angelegt sind. Nimmt man den historischen Normzweck als Grenze der Auslegung, stellt jede Auslegung jenseits dessen eine Rechtsfortbildung dar, die als solche klar von der Auslegung zu trennen ist.113 Auch Rüthers tritt für die Notwendigkeit der Rechtsfortbildung ein, jedoch stellt er zur Wahrung der „Methodenehrlichkeit“114 die Bedeutung eines klaren und sauberen methodischen Modells heraus.115 Dieses teilt er in drei Stufen ein: An erster Stelle steht die Ermittlung des historischen Normzwecks, unter der Berücksichtigung der oben genannten drei Elemente. Dieses Ergebnis ist in einem zweiten Schritt daraufhin zu überprüfen, ob der Normzweck weiterhin gilt. Für Rüthers ist das Bestehen der Norm und des in ihr angelegten Normzwecks ein Indiz für den weiteren Geltungsanspruch. Bei einem abweichenden Ergebnis ist die Grenze zur Rechtsfortbildung überschritten. Hieraus ergibt sich eine Begründungspflicht des Rechtsanwenders, wenn er von dem angelegten Zweck abweichen möchte. Diese Begründung ist insbesondere dann einfach, wenn technische, gesellschaftliche oder ökonomische Entwicklungen der bisherigen Geltungsweise entgegenstehen oder aber ein grundlegender Wertewandel das Erreichen des Normzwecks „unerreichbar“ macht bzw. ihn „gegenstandslos“ werden lässt. In einem dritten Schritt ist zu überprüfen, ob der neuen, durch Rechtsfortbildung geänderten (Nicht-)Anwendung ihrerseits Anwendungshindernisse entgegenstehen, die eine Rechtsfortbildung verbieten. Rüthers denkt hierbei insbesondere an Vertrauenstatbestände oder die Lex-posterior-Regel.116 112 Zitiert nach: Rüthers: Methodenrealismus in Jurisprudenz und Justiz, in: JZ 61, S. 53, 59; vertiefte Darstellung in: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 777, 763. 113 Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 792 ff. 114 Begriff nach Rüthers, der eine klare Trennung von der Normauslegung und der Rechtsfortbildung verlangt. Rüthers ist Verfechter einer klaren und methodisch „sauberen“ Methodenlehre, die er in Deutschland in Gefahr sieht; etwa Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 792 ff.; im Ganzen: Rüthers: Methodenrealismus in Jurisprudenz und Justiz, in: JZ 61, S. 53 ff.; Rüthers: Klartext zu den Grenzen des Richterrechts, in: NJW 2011, S. 1856 ff. 115 Vgl. Pierson, in: Rückert/Seinecke/Foljanty: Methodik des Zivilrechts – von Savigny bis Teubner, Rn. 922 ff. 116 Hierzu im Gesamten: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 730b ff., ebenso Rn. 788; Rüthers: Gesetzesbindung oder freie Methodenwahl? – Hypothesen zu einer Diskussion, in: ZRP 2008, S. 48, 50.

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Teil 1: Einführung

Dieser Interpretation schloss sich der 1. Senat des BVerfG in einem Beschluss vom 25. Januar 2011 an, hiernach ist die weite objektive Auslegung abzulehnen. Es sei die Pflicht des Rechtsanwenders, den „Willen des Gesetzgebers unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig in Geltung [zu] bringen“, wobei er der Norm eben nicht den „vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen“ darf.117 Damit wird anscheinend die frühere, eher als „objektiv“ zu bezeichnende Auslegungsmethode der oberen Gerichte aufgegeben.118 Dementsprechend muss das Modell von Rüthers als die vielversprechendere Variante angesehen werden. Die Idee, es gäbe eine objektiv-teleologisch zu begründende und damit „richtige“ Antwort auf den Konfliktfall, ist nicht nachvollziehbar und kann nur auf dem Modell einer einheitlichen und widerspruchsfreien Rechtsordnung beruhen. „Richtiges Recht“ widerspricht den oben ausgeführten Grundlagen unserer Rechtsordnung, da die „richtigen Antworten“ ihrerseits Wertungen darstellen, die ohne verfassungsrechtliche Legitimation über die Auslegung in die Norm hineininterpretiert werden. Die Rechtsfortbildung als Instrument jenseits des Gesetzes ist notwendig, muss sich jedoch an bestimmte Grenzen halten, die nicht über die Methode der Auslegung zu überschreiten sind. Es handelt sich bei Antworten aus dem inneren System um das Finden des Normzwecks, der einen Rückschluss auf das Sollen gebietet. Aus der dargestellten verfassungsrechtlich gebotenen Methode kann dies nur der subjektivhistorische Normzweck des Rechtssatzes sein. Darum ergibt sich auch eine Hierarchie der Auslegungsmethoden. Die historische Auslegung stellt die wesentliche Grundlage dar, dabei können der Wortlaut und systematische Überlegungen (i. S. d. äußeren Systems) hilfreich sein. Das Ziel der Auslegung ist der Normzweck (telos), der somit als Methode des Erkenntnisgewinns ausscheiden muss.

117 Hierzu: BVerfG, NJW 2011, S. 836 ff. Dort heißt es: „Die Gewaltenteilung schließt es aus, dass die Gerichte Befugnisse beanspruchen, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen worden sind, indem sie sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben und damit der Bindung an Recht und Gesetz entziehen. Richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass der Richter seine eigenen materiellen Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzt. Der Befugnis zur Rechtsfortbildung sind mit Rücksicht auf den Grundsatz der Gesetzesbindung der Rechtsprechung Grenzen gesetzt. Der Richter darf sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen. Er muss die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und den Willen des Gesetzgebers unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung bringen.“ Vgl. hierzu: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 799; vertiefte Auseinandersetzung: Rüthers: Klartext zu den Grenzen des Richterrechts, in: NJW 2011, S. 1856 ff. 118 Früher etwa die strenge Andeutungstheorie, RGZ 52, 334 (342); RGZ 169, 122 (124); RGZ 142, 36 (40); BGHZ 4, 369 (375); BFH JZ 1965, S. 459 f.; später modifizierte Andeutungstheorien durch die Literatur, siehe für w. N.: Rüthers/Birk/Fischer: Rechtstheorie, Rn. 734, 799.

B. Das Rechtsprinzip in der Rechtsordnung

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c) Schlussfolgerungen für das Rechtsprinzip Aus den oben dargestellten Überlegungen ergeben sich für das Rechtsprinzip folgende Grundannahmen: Das Prinzip ist nah an die anfänglich dargestellte Vorstellung Röhls angenähert. Prinzipien sind „Tiefenstrukturen“, die hinter dem Gesetz – im „Recht“ (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG) – zu finden sind. Sie haben eine modellhafte, beschreibende Seite und können darüber hinaus direktive Eigenschaften umfassen. Wie weit dieser normative Gehalt reicht, ist in Betrachtung des einzelnen Rechtsprinzips zu beantworten. Sollte eine normative Geltung vorhanden sein, wirkt diese als zu berücksichtigender Normzweck über das innere System auf die Regelungen ein und muss bei der Auslegung von Normen bei der „Sollens-Anordnung“ berücksichtigt werden. Herauszustellen ist, dass das Rechtsprinzip seine äußeren Grenzen durch die Wertordnung des Grundgesetzes erhält. Das Rechtsprinzip kann nicht dazu dienen aus der „Natur der Sache“ oder einer „Rechtsidee“ neue, nicht mit der Wertordnung des Grundgesetzes vereinbare Regelungen in das Zivilrecht hineinzutragen. Andererseits legt der oben angeführte methodische Auslegungsansatz nahe, dass, sofern der historische Gesetzgeber von der Existenz eines Prinzips mit normativem Überschuss ausgegangen ist, dieses auch in der heutigen Rechtsordnung enthalten sein muss. Er schuf zu diesem Zeitpunkt Normen, die sich – die „Tiefenstruktur“ des Rechts voraussetzend – als Einzelregelung in den systematischen Kontext einfügen sollten. Zu diesem systematischen Kontext zählt insbesondere auch das Geflecht aus Normzwecken („innere System“). Der Zweck der geschaffenen Norm sollte und musste im konkreten Regelungsbereich auf die in diesem Rechtsgebiet herrschenden Grundlagen zurückgehen. Sei es weil der Gesetzgeber das Ziel verfolgte, an besagter Stelle ausdrücklich den normativen Gehalt des Prinzips in der Norm zu verwirklichen, da es ihm feststellungsbedürftig erschien, oder aber weil er an dieser Stelle mit einer gegenteiligen Normierung eine Ausnahme zu dem zugrundeliegenden Prinzip schaffen wollte. So oder so lässt sich daraus ableiten, dass – sofern man das Prinzip beweisen will – eine gesetzliche Grundlage für die Ausformung eines Prinzips als „abstraktes Regelungskonzept“ gegeben sein muss. Alle weiteren Möglichkeiten, ein Prinzip zu erkennen, liegen sehr weit außerhalb beweisbarer Tatsachen und dürften sich höchstens durch eine neue gesetzliche Anordnung oder durch richterrechtliche Rechtsfortbildung in die Rechtsordnung tragen lassen. Damit ergibt sich ein konkreter Arbeitsauftrag für diese Arbeit. Grundlage ist die historische Analyse der Normen der §§ 1149, 1229 BGB. Diese könnten als gesetzliche Grundlage auf die Existenz eines prinzipiellen Verfallverbots im Sachenrecht hindeuten. Hierfür muss untersucht werden, wie sich der Gesetzgeber des BGB den Regelungskontext vorstellte und inwieweit in den besagten Normen dieser Kontext Ausdruck findet. Diese historische Grundlage verlangt eine Auseinandersetzung mit den Materialien des Gesetzgebers und den Grundlagen der Rechtsordnung der damaligen Zeit. Falls der Gesetzgeber auf frühere Normen verweist, sind diese ebenfalls in die historische Entwicklung miteinzubeziehen.

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Teil 1: Einführung

Von diesem Ergebnis hängt der weitere Verlauf der Untersuchung ab. Lässt sich in dieser Entwicklungslinie ein Prinzip des Verfallverbots erkennen, spricht dies für seine Existenz. Jedoch wurden die Normen außerhalb des Verfassungsrahmens des Grundgesetzes geschaffen, sodass ihre Geltung im Rahmen der heutigen Wertordnung des Grundgesetzes hinterfragt werden muss. Bei einem unklaren Ergebnis muss mit der Zweifelsüberlegung der methodischen Arbeitsweise davon ausgegangen werden, dass ein Rechtsprinzip nicht existiert. Denn die Beweislast liegt bei demjenigen, der die Existenz oder aber die Wirkung des Rechtsprinzips „beweisen“ möchte. Dann schlösse sich die Frage an, ob das Prinzip durch Rechtsfortbildung dem BGB zugrundegelegt werden soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Eigenschaft des Prinzips, mit seiner normativen Wirkung als Tiefenstruktur des Rechts, keine Quelle der Herleitung darstellen kann, sondern lediglich seine Wirkungsweise beschreibt. Kurz gesagt, das Verfallverbot als Prinzip zu interpretieren, befreit nicht davon, die normative Geltung – und damit seine Regelungswirkung – detailliert zu beweisen. Tritt dieser Fall ein, muss überprüft werden, ob durch Rechtsfortbildung ein solches Prinzip in der Rechtsordnung dienlich sein könnte. Insbesondere ist zu klären, welche Gründe für und welche gegen es sprechen könnten.

Teil 2

Die rechtshistorische Analyse C. Die Entwicklung der lex commissoria und deren Verbot Der Auseinandersetzung mit dem konkreten Verfallverbot der Normen §§ 1149, 1229 BGB soll die historische Untersuchung vorangehen. Die Materialien des BGB führen die Aufnahme des Verfallverbots in das geltende Recht stets auf das römische Recht und dessen Rezeption in die Partikularrechte zurück.119 Am Beginn der Darstellung muss ein Überblick über das System der relevanten Realsicherheiten des römischen Rechts stehen. Denn um die Verfallabrede – die sogenannte lex commissoria – zu erfassen, ist der Blick auf das ihr zugrundeliegende römischrechtliche Institut des pignus zu richten. Das pignus, das am Ende seiner Entwicklung das römische Besitzpfandrecht darstellte, hatte mehrere Entwicklungsstufen, die unmittelbaren Einfluss auf die Verfallklausel und deren Verbot hatten.

1. Das Recht der römischen Realsicherheiten Die Struktur der Sicherheiten des römischen Rechts war mit der des heutigen Rechts durchaus vergleichbar. Sie bestand aus Personalsicherheiten und Realsicherheiten. Früh traten die Personalsicherheiten in Erscheinung, die wegen der unbeschränkten Haftung des Schuldners weit verbreitet waren.120 Im Gegensatz dazu spielten die Realsicherheiten eine untergeordnete Rolle. Im Wesentlichen beschränkten sich diese auf das pignus, die hypotheca und die fiducia cum creditore.121 Nach heutigem Verständnis stand das pignus für das Faustpfandrecht, die hypotheca für ein besitzloses Pfandrecht und die fiducia cum creditore122 für eine Form der 119

Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 380. Zimmermann: The law of obligations, S. 115 f.; Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, S. 457. 121 Siehe: Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, S. 457 ff. 122 An dieser Stelle wird nur auf die eigennützige Treuhand der fiducia cum creditore eingegangen. Diese erfolgte im Interesse des Erwerbers, der das Institut als Sicherungsmittel nutzen konnte. Davon ist die fiducia cum amico contracta zu unterscheiden, die als fremdnützige Treuhand im Interesse des Veräußerers lag und damit als Vermögensaufbewahrung und -verwaltung genutzt wurde. Daher ist sie nicht Teil der hier behandelten eigennützigen Real120

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

Sicherungsübereignung. Dieses systematische, moderne Verständnis der Rechtsinstitute geht auf die Pandektistik des 20. Jahrhunderts zurück. In der römischen Rechtswirklichkeit waren diese Institute einem häufigen Wandel unterworfen und standen bisweilen fast deckungsgleich nebeneinander, teils sich grundverschieden gegenüber.123 Es zeigt sich, dass die Realsicherheiten ab dem zweiten Jahrhundert nach Christus eine Blüte erlebten und meist dann zur Anwendung kamen, wenn es sich um größere Kredite handelte.124 Das Verhältnis von pignus zu fiducia lässt sich außer durch den dogmatischen Anwendungsbereich der Institute vor allem durch die historische Verwendung im Rechtsverkehr abgrenzen. So ist eine Auffälligkeit, dass res mancipi125 zur Sicherheit wohl überwiegend fiduziarisch übereignet und res nec mancipi126 meist verpfändet wurden. Dies setzte sich auch in der Spätklassik fort, als beide Institute für beide Gegenstandsgruppen anwendbar waren.127 Für das römische Recht war es nicht untypisch, dass mehrere Institute ähnliche bis deckungsgleiche Anwendungsbereiche hatten. Deutlich wird dies bei den Übereignungstatbeständen, bei denen sich für unterschiedliche Arten der Gegenstände unterschiedliche Übereignungsformen etabliert hatten.128 Nach der Angleichung beider Institute in der klassischen Periode verschwand die fiducia immer weiter. Diese Entwicklung gipfelte letztlich in der Beseitigung der fiducia unter Justinian. Häufig wurde in den zusammengetragenen klassischen Quellen, die als Exzerpte zum CIC zusammengefügt wurden, mittels Interpolationen die fiducia sprachlich durch das pignus ersetzt. Auch die spätere Rechtsentwicklung sah das pignus als den relevanten Ansicherheiten. In der folgenden Bearbeitung ist bei Verwendung der Kurzform „fiducia“ stets die „fiducia cum creditore“ gemeint. Ausführlich: Harke: Römisches Recht, § 15, Rn. 11, S. 263 f.; ebenso: Kaser/Knütel/Lohsse: Römisches Privatrecht, § 31, Rn. 7 – 13, § 24, Rn. 8. 123 Vgl. hierzu ausführlich zur vorklassischen und klassischen Entwicklung: Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, § 108 ff., S. 457; spätere Entwicklung: Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. II, § 250 ff., S. 312 ff. 124 Hierzu ausfürhlich: Braukmann: Pignus; Knütel: Rezension zu Braukmann, Pignus. Das Pfandrechtunter dem Einfluß der vorklassischen und klassischen Tradition der römischen Rechtswissenschaft (Göttingen 2008), in: Iura 58, S. 303 ff.; Schanbacher: Entwicklungen in der römischen Pfandrechtsdoktrin, in: Mach/Nemec, u. a., Festschrift für Peter Blaho, S. 403 – 413. Zu diesem Befund kommt Verhagen bereits für das 1. Jh. n. Chr. in seiner Untersuchung zum Archiv der Sulpizier: siehe: Verhagen: Das Verfallpfand im frühklassischen römischen Recht, in: The Legal History Review 79, S. 1, 10. Ebenso: Krämer: Das besitzlose Pfandrecht, S. 182. 125 Dem Begriff der „res mancipi“ ist eine Gruppe von Gegenständen zugeordnet. Zu ihnen zählen: italienische Grundstücke, die Sklaven und das Großvieh (Rinder, Pferde, Esel, Maultiere und Maulesel), daneben die Feldservituten; Kaser/Knütel/Lohsse: Römisches Privatrecht, § 18, Rn. 8 – 11, § 28, Rn. 5. 126 Der Gegenbegriff der „res nec mancipi“ umfasst alle weiteren Sachen, siehe: Kaser/ Knütel/Lohsse: Römisches Privatrecht, § 18, Rn. 8. 127 Verhagen: Das Verfallpfand im frühklassischen römischen Recht, in: The Legal History Review 79, S. 1, 9 f. 128 Die beiden Formalgeschäfte der „in iure cessio“ und der „mancipatio“ standen neben der formfreien „traditio“, siehe die knappe Gegenüberstellung bei: Honsell: Römisches Recht, S. 33 f., 58 ff.

C. Die Entwicklung der lex commissoria und deren Verbot

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knüpfungspunkt für die Auseinandersetzung mit der Pfandverwertung an.129 Diese Untersuchung trägt dieser Entwicklung Rechnung, indem das pignus in den Mittelpunkt gerückt wird. a) Das römische pignus Das römische pignus war als dingliches Recht eigener Art eine prätorische Schöpfung.130 Es wurde zur Sicherung einer oder mehrerer Forderungen des Gläubigers bestellt. Dabei wurde über die persönliche Haftung des Schuldners hinaus ein Vermögensobjekt des Schuldners oder eines Dritten zur Verfügung gestellt, an dem das beschränkt dingliche Recht zugunsten des Gläubigers begründet wurde. Im Falle der Nichterfüllung der besicherten Forderung gestattete dieses dem Gläubiger, sich zum Zeitpunkt der Fälligkeit an dem Gegenstand zu befriedigen.131 Vereinfacht gesagt, standen dem Gläubiger und dem Schuldner wechselseitig die Klage(n) der actio (quasi) Serviana132 zu, um ihre Rechte aus dem Pfandverhältnis zu schützen. Der Gläubiger konnte die actio (quasi) Serviana als actio in rem geltend machen, um die Sache zur Verwertung herauszuverlangen. Der Schuldner konnte mit ihr, im Falle der Befriedigung der Forderung, die sich aus der schuldrechtlichen Pfandabrede ergebende Herausgabe der Sache geltend machen oder konnte, im Falle des Verkaufs durch den Gläubiger, die Herausgabe des überschüssigen Erlöses (des superfluum) verlangen.133 Dabei bestand vorklassisch keine Akzessorietät zwischen Pfandrecht und Forderung.134 Erst später mit der Verselbstständigung der Leistungspflicht ging das Pfandrecht mit der zugrundeliegenden Verpflichtung unter.135 Damit galt das

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Kaser/Knütel/Lohsse: Römisches Privatrecht, § 31, Rn. 9. Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, S. 459; für die Klagen auch: Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 61 ff.; Kaser/Hackl: Das römische Zivilprozessrecht, S. 256 Anm. 43, S. 275 Anm. 11, S. 399 Anm. 30 und 32, jeweils m. w. N. 131 Schanbacher: Artikel: „pignus“, in: Cancik/Schneider, Der neue Pauly, Bd. 9, Altertum, Or – Poi, Sp. 1010 – 1012; Zoltán: Artikel: „pignus“, in: Ziegler/Sontheimer, Der kleine Pauly, Bd. 4, Nasidius bis Scaurus, Sp. 849. 132 Meist wurde diese Bezeichnung verwendet. Für „actio quasi Serviana“ D. 16.1.13.1; Inst. 4.6.7 und 31. Diese Klagen werden auch „vindicatio pignoris“ (D. 20.1.28; 29 pr.; 20.1.16.3; 20.4.12 pr.) oder „actio pigneraticia“ (D. 44.2.19; 11.10; 44.2.30.1; 13.7.41; 20.6.9 pr.) genannt. Eine Systematisierung scheidet hingegen wohl aus. Siehe im Gesamten: Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, § 111, S. 472 f., insb. Anm. 43, 44, 45. 133 Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, § 111, S. 469 ff. und S. 536 f. Dabei verweist Kaser auf den entsprechenden Titel der Digesten: D. 13.7; zudem für das „superfluum“: Diocl. C. 8.27.20. 134 Schanbacher: Forderung und Pfand – Die Anfänge der Akzessorietät beim römischen Pfandrecht, in: Harke, Drittbeteiligung am Schuldverhältnis, S. 141 – 155. 135 Végh: Artikel: „pignus“, in: Ziegler/Sontheimer, Der kleine Pauly, Bd. 4, Nasidius bis Scaurus, Sp. 849; Schanbacher: Artikel: „pignus“, in: Cancik/Schneider, Der neue Pauly, Bd. 9, Altertum, Or – Poi, Sp. 1010 f. 130

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

römische pignus ab der klassischen Phase als weit entwickelt und dient bis heute für viele kontinentaleuropäische Rechtsordnungen als Vorbild.136 Das römische pignus soll – wie auch der Jurist Gaius in D. 50.16.238.2 andeutete – seine Bedeutung von dem römischen Wort „pugnus“ für „Faust“ ableiten. Eine heute widerlegte Ansicht vertrat daher fälschlich die Meinung, dass das pignus lediglich als Besitzpfandrecht ausgestaltet war.137 Dernburg hingegen vermutete, nach Blick auf die griechische Entsprechung, eine Herkunft aus dem lateinischen „pangere“ (befestigen).138 Damit käme dem Wort „pignus“ die Bedeutung eines Befestigungs- oder Sicherungsmittels zu, worin sich die rechtliche Bedeutung widerspiegelte. Ebenso käme eine Herleitung aus dem Wortstamm „*pig“ bzw. „*pik“ in Frage, dem eine einfache Bedeutung wie „stecken“ oder „stechen“ innewohnte.139 Eine wirklich gesicherte Herleitung aus einem dieser Ursprünge muss leider offen bleiben. In der historischen Forschung glaubt man, dass die Ursprünge des Instituts mindestens bis ins 4. Jahrhundert vor Christus zurückgehen und es sich aus der staatlichen Stellung von Geiseln entwickelte. Dahinter könnte die Idee der persönlichen Versicherung stecken, die über die bloße „Vereinbarung“ hinausgeht und denjenigen, der etwas einzuhalten versprach, motivierte, das Versprechen zu erfüllen.140 Heute ist erwiesen, dass es – neben dem pignus datum als Übergabepfand – die Bestellung eines Pfandrechts ohne Sachübergabe gab, das sogenannte pignus conventum.141 Der wohl aus dem griechischen Sprachraum stammende Begriff der hypotheca, der gelegentlich von späteren Juristen als Ausdruck für das besitzlose Pfandrecht verwendet wurde, verdrängte die sprachliche Verwendung von pignus als Oberbegriff für die Pfandrechte nicht.142 Bei der Bestellung eines pignus conventum war vorausgesetzt, dass der Verpfänder eine zu verpfändende Sache, die in seinem Eigentum stand, durch eine Abrede an den Gläubiger verpfändete, um eine ihm 136 Verhagen: Das Verfallpfand im frühklassischen römischen Recht, in: The Legal History Review 79, S. 1, 10; ebenso in der Bewertung: Krämer: Das besitzlose Pfandrecht, S. 1 ff., 6. 137 Siehe: Zoltán: Artikel: „pignus“, in: Ziegler/Sontheimer, Der kleine Pauly, Bd. 4, Nasidius bis Scaurus, Sp. 849 f. Ausführliche Stellungnahme bei: Braukmann: Pignus, S. 27, Fn. 35. Dieser fügt auch an, dass die Herleitung Gaius’ sich etymologisch durchaus stützen lässt. 138 Dernburg: Das Pfandrecht, Band I, S. 49, Fn. 14; Braukmann: Pignus, S. 27. 139 Stichwort: „pignus“, in: Walde/Hofman: Lateinisches etymologisches Wörterbuch, Band II (M – Z), S. 301 f.; ebenso: Braukmann: Pignus, S. 27. 140 Die Entwicklungsstufen wurden bereits weitreichend in verschiedenen Untersuchungen beleuchtet: Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, §§ 108 ff., S. 456 ff.; Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. II, §§ 250 ff., S. 312 ff.; Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht; eine neuere Betrachtung: Braukmann: Pignus, m. w. N. Zur Bewertung des 19. Jh.s: Dernburg: Das Pfandrecht. Band I; Dernburg: Das Pfandrecht. Band II. 141 Zoltán: Artikel: „pignus“, in: Ziegler/Sontheimer, Der kleine Pauly, Bd. 4, Nasidius bis Scaurus, Sp. 849 f. 142 Der Begriff der hypotheca wurde seinerseits ab der Klassik nur noch für das besitzlose Pfand verwendet: Meyer-Larin: Artikel: „hypotheke“, in: Ziegler/Sontheimer, Der kleine Pauly, Bd. 2, Dicta Catonis bis Iuno, Sp. 1285 f.; Schanbacher: Artikel: „hypotheke“, in: Cancik/Schneider, Der neue Pauly, Bd. 5, Altertum, Gru–Iug, Sp. 817 f.

C. Die Entwicklung der lex commissoria und deren Verbot

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gegenüber bestehende Forderung zu sichern. Im Fall des pignus datum musste zudem eine Übergabe der Sache vom Schuldner an den Gläubiger erfolgen. Die Entwicklung der dem Gläubiger zustehenden Verwertungsrechte wird in der modernen Literatur sehr unterschiedlich bewertet. Der Streit erstreckt sich im Wesentlichen auf das vorklassische Pfandrecht. Man ist sich zwar einig, dass es sich beim vorklassischen Pfand um eine Vorstufe zum klassischen Pfandrecht handelte. Wie es konkret ausgestaltet war, wird jedoch sehr unterschiedlich beurteilt. Im Kern werden zwei gegensätzliche Positionen vertreten. Entweder sollte nach der im Wesentlichen von Kaser143 begründeten Ansicht die Verwertung durch Verfall erfolgen. Er spricht davon, dass sich der Verfall aus einem „Gebot der Rechtslogik“ ergebe: Wurde eine Sache von jemandem mit dem Versprechen hingegeben, diese solle eine Leistung sichern, dann sollte derjenige die Sache zurückgeben, sobald das Versprechen erfüllt war, und der andere sollte sie behalten dürfen, wenn nicht erfüllt wurde.144 Dabei schloss Kaser im Umkehrschluss auf den Verfall, da andere Alternativen145 ihn nicht überzeugten. Der Ansatz, dass das Pfand auch ohne Erfüllung der Schuld einfach zurückgegeben werden musste, ist wenig glaubhaft. Auch die Verschärfung, dass es sich um ein Bewahrungspfand handelte, das zur Aufbewahrung berechtigte, bis die Schuld erfüllt wurde, ist für ihn schwer vorstellbar. Denn es wäre, wenn dem Schuldner die Möglichkeit zur oder das Interesse an der Auslösung verloren ging, ein dauerhafter Schwebezustand entstanden. Kaser lehnte den Gedanken, dass sich der Gläubiger durch eine Vollstreckung aus dem Pfand befriedigen konnte, aufgrund der Mängel der frühen Vollstreckungsordnung ab.146 Zuletzt dürfte die Überlegung, dass dem Pfandrecht das Recht des Gläubigers auf Zerstörung der Sache innewohnte (pignus caedere), dem Interesse des Gläubigers widersprochen haben.147 Damit bliebe, neben dem Verfall, der Verkauf der Pfandsache, wie er sich überwiegend in der Klassik zeigte. Hierfür hätte es aber einer Verfügungsbefugnis des Gläubigers an der Sache bedurft. Für Kaser konnte sich diese nur aus der ursprünglichen Gestalt des Pfandes als Verfallpfand ergeben, bei der sich das Recht zum Verkauf aus dem Verfall der Sache an den Gläubiger ableitete. Dem Gläubiger kam die Pflicht zu, das Pfand zu verkaufen und den Erlös bestimmungsgemäß zu verwenden.148 Nichtsdestotrotz räumt Kaser

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Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 12 ff. Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 14, dort auch das Zitat. 145 Er führt hier fünf mögliche Varianten an, die er ablehnt: Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 14 f. 146 Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 14, m. w. N. zu dieser Theorie. 147 Belege für die magistratische Pfändung (pignoris capio) als Koerzitionsmittel gegen Ungehorsam durch eine „verachtungsvolle Vernichtung der Sache“, m. w. N. Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 15, Fn. 79; zustimmend: Braukmann: Pignus, S. 10. 148 Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 15 f.; zustimmend: Verhagen: Das Verfallpfand im frühklassischen römischen Recht, in: The Legal History Review 79, S. 1, 45 f. 144

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

ein, dass die Verfallabrede ausdrücklich nur für die fiducia belegt ist,149 sodass ein Beweis für den Verfall beim pignus fehlt.150 Diese Problematik bestätigt sich auch in anderen Untersuchungen. Verhagen zeigt mittels einer Untersuchung am Archiv der Sulpizier aus Pompeji auf, dass die archivierten Urkunden teilweise nicht die Abreden umfassen, die nach dem heutigen Stand der rechtshistorischen Wissenschaft enthalten sein müssten. Es spricht jedoch einiges dafür, dass die Erklärung in dem Fehlen der nicht formbedürftigen pacta liegt, die überwiegend nicht in den Urkunden erhalten sind.151 Dies ist auch bei seiner Untersuchung zu den Verfallabreden auffällig. Da jedoch weitreichende Aufzeichnungen fehlen, ist hieraus kein streitentscheidendes Ergebnis ableitbar, sondern es muss bei einer – wenn auch schlüssigen – Vermutung bleiben.152 Die andere verbreitete Theorie zur Verwertung im vorklassischen Recht setzt auf das Zurückbehaltungsrecht, das dem oben genannten Bewahrungspfand entspricht.153 Hauptargumente sind die fehlenden Quellenbelege für ein Verfallpfand und ferner der Zweifel an der rechtlichen Konstruktion eines solchen. So verweisen etwa Wacke154 oder Noordraven155 darauf, dass es an einer Eigentumsübertragung fehle. Anders als etwa bei der fiducia, bei der für die res mancipi eine bedingte Eigentumsübertragung erfolgte, stellte das pignus eine Beschränkung des Rechtsinhabers dar, das den Pfandgläubiger zu einer Zurückbehaltung berechtigte. Nichtsdestotrotz spricht, neben den bereits von Kaser angeführten Argumenten, ein Rechtsvergleich mit anderen frühen Rechtsordnungen dafür, dass sich beim Pfandrecht Kasers „Gebot der Rechtslogik“ bestätigen lässt. Verhagen gelingt der 149 Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 15, ausführlich Fn. 82: mit Verweis auf Pomp. D. 18, 3, 2 und Ulp. Eod. 3. Diese Stellen stammen aus Kommentaren zur fiducia – Beleg: Lenel: Palingenesia juris civilis, Bd. 2, Sp. 147 zu Pomp. Nr. 798 und Sp. 619 zu Ulp. Nr. 905. 150 Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 15, mit Verweis auf Burdese, der Belege gefunden haben will: Burdese: lex commissoria e ius vendendi nella fiducia e nel pignus, S. 112 – 118. Dies scheint nicht zu überzeugen, so auch: Kaser: Rezension: Alberto Burdese, Lex commissoria e ius vendendi nella fiducia e nel pignus, in: ZRG (RA) 67 (1950), S. 557, 564. 151 Zu einem solchen Ergebnis kommt etwa auch: Gröschler: Darlehnsvalutierung und Darlehnszinsen in den Urkunden aus dem Archiv der Sulpizier, in: Altmeppen/Reichard, u. a., Festschrift für Rolf Knütel zum 70. Geburtstag, S. 387 ff., 399, der die fehlenden Zinsabreden im Archiv der Sulpizier untersucht und sich dabei mit einer Theorie von Verboven auseinandersetzt, der das Fehlen der Abreden mittels sofortiger Rückübertragung der Zinsen aus der Darlehnssumme erklären möchte, vgl. Verboven: The Sulpicii from Puteoli and Usury in the Early Roman Empire, in: The Legal History Review 71, S. 7 ff. 152 Verhagen: Das Verfallpfand im frühklassischen römischen Recht, in: The Legal History Review 79, S. 1, 45 f. 153 Lehre Bewahrungspfand: Wacke: Max Kasers Lehren zum Ursprung und Wesen des römischen Pfandrechts, in: ZRG (RA) 115 (1998), S. 168 ff.; ebenso: Braukmann: Pignus, S. 50 – 55; Noordraven: Die fiduzia im römischen Recht, S. 24. 154 Wacke: Max Kasers Lehren zum Ursprung und Wesen des römischen Pfandrechts, in: ZRG (RA) 115 (1998), S. 168, 177. 155 Noordraven: Die fiduzia im römischen Recht, S. 24.

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Beleg, dass sich im griechischen Recht und in den frühmittelalterlichen „germanischen“ Rechtsordnungen die Pfandverwertung vom Verfallpfand herleitete.156 Daneben bieten die Vertreter der Verfalltheorie auch Argumente, die an der rechtlichen Gegenargumentation des Bewahrungspfandes zweifeln lassen. So sei die Trennung von Eigentum und einem beschränkt dinglichen Recht in der vorklassischen Zeit nicht zu erkennen gewesen. Kaser nennt es eine „undifferenzierte rechtliche Sachgewalt“, die als „Vorstufe des Eigentums“ diente, dabei teilte sich dieses Eigentum bei der Verpfändung nach seiner Funktion auf. Der Pfandgläubiger erhielt ein ablösbares Eigentum mit Sicherungsfunktion – eine Art „Pfandeigentum“157 –, dem Verpfänder stand das restliche, darüber hinausgehende „Eigentum“ zu. Bei der Nichtbefriedigung durch den Schuldner erstarkte das Pfandeigentum des Gläubigers zum Volleigentum und der Verpfänder verlor seinen Teil.158 Im Ergebnis verfiel das Eigentum des Verpfänders dem Pfandgläubiger. Dies sei möglich, da wohl zu Beginn jeder Übergabe des Pfandes eine traditio innewohnte, die mit einer Bedingung für den Fall der Pfandreife einen Eigentumsübergang durch datio in solutum umfasste.159 Wurde das Pfandrecht besitzlos bestellt, erfolgte der Verfall zusammen mit der Besitzverschaffung im Rahmen der traditio. Zudem spricht die oben angedeutete wirtschaftliche Bedeutung von fiducia und pignus dafür, dass beide Institute auch in ihren Ursprüngen keine weitreichenden rechtlichen Unterschiede haben sollten. Da sie anfangs für unterschiedliche Gegenstandsgruppen als einzige (und später als bevorzugte) Sicherungsinstitute dienten, hat der Rechtsverkehr wegen der gleichen Funktion des pignus für die res nec mancipi, die der Sicherungsfunktion der fiducia für die res mancipi entsprach, eine ähnliche Rechtsfolgenwirkung verlangt.160 Damit spricht einiges für die Ansicht, dass das römische Pfand in der vorklassischen Zeit als Verfallpfand ausgestaltet war.

156 Verhagen: Das Verfallpfand im frühklassischen römischen Recht, in: The Legal History Review 79, S. 1, 12, Anm. 53, m. w. N.: insb. die Formulae Turonenses, Appendix 1, in: Zeumer: Formulae Merowingici et Karolini aevi, S. 163; ebenso in seiner ausführlichen Arbeit: Planitz: Das deutsche Grundpfandrecht. 157 Begriff nach: Verhagen: Das Verfallpfand im frühklassischen römischen Recht, in: The Legal History Review 79, S. 1, 15. 158 Zitate: Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 72 – 73, m. w. N.; ebenso: Noordraven: Die fiduzia im römischen Recht, S. 23. 159 Verhagen: Das Verfallpfand im frühklassischen römischen Recht, in: The Legal History Review 79, S. 1, 16 f.; so auch Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 72 – 74, der als Beleg weitere Quellen nennt. 160 Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 114 – 115; ebenso: Verhagen: Das Verfallpfand im frühklassischen römischen Recht, in: The Legal History Review 79, S. 1, 14 f.: Dies zeige sich etwa auch bei den Personalsicherheiten, bei denen auf drei durch stipulatio begründbare Bürgschaftsformen verwiesen wird: die sponsio, die fidepromissio und die fideiussio, von denen erst durch Justinian die ersten beiden zugunsten der fideiussio abgeschafft wurden. Verhagen verweist auf: Noordraven: Die fiduzia im römischen Recht, S. 35, der jedoch zu einer anderen Schlussfolgerung gelangt.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

Erst als im klassischen Recht die „Denkform der beschränkten Sachenrechte (sog. iura in re aliena)“161 entstand und damit die Aufhängung des Pfandes an der eigentumsrechtlichen Frühform verdrängt wurde, entwickelte sich die oben beschriebene Dogmatik zum Pfandrecht. Grundlage für die sich etablierenden Verwertungsformen blieb jedoch die ursprüngliche Vorstellung des Verfalls. Dieser trat entweder in Form der datio in solutum162 oder in Form eines Verkaufs des Pfandgegenstands an den Pfandgläubiger163 auf. Daneben entstand das in der klassischen Praxis vorherrschende Verkaufspfand, das dem Gläubiger das Recht einräumte, das Pfand zur Verwertung in einem (öffentlichen) Verfahren an einen Dritten zu veräußern. Vermutlich beruhte auch dieses Recht auf der ursprünglichen Vorstellung der Pfandverwertung durch Verfall.164 Hinsichtlich weiterer Entwicklungen und Streitfragen soll an dieser Stelle auf tiefergehende Untersuchungen zum pignus verwiesen werden.165 In der tatsächlichen Praxis erfolgte die Verwertung in beiden Formen, sodass sich das Verkaufspfand fortschreitend zum Normalfall entwickelte, der Verfall aber weiterhin eine Verwertungsmöglichkeit blieb. Entscheidend war die Abrede zwischen Schuldner und Gläubiger. b) Die lex commissoria Aus diesem Rechtszustand entwickelte sich in der Praxis die Verfallklausel. Denn hatten die Parteien den Verfall in oben beschriebener Form beabsichtigt, musste dies durch eine Nebenabrede – die lex commissoria – Teil des Pfandvertrages werden. Von der Wortbedeutung ist das „lex“ mit „Klausel“ zu übersetzen, während „commissoria“ – vom lateinischen „committere“ stammend – mit „auf den Verfall bezogen“ zu übersetzen ist.166 Der Ausdruck selbst entstammte wohl der nachklassischen Zeit167 und trat ursprünglich neben der hier behandelten Nebenabrede des Pfand161

Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 73. Siehe hauptsächlich: Ulp. D. 46.3.45 pr.; C. 8.13(14).1; C. 8.34(35).1; C. 8.13(14).13; s. u., unter: 3. d). 163 Hier sind folgende Stellen wesentlich: Marcellus D. 13.7.34; Tryphonin D. 20.5.12 pr.; Marcian D. 20.1.16.9; Scaevola D. 18.1.81 pr. (für eine Bürgschaftskonstruktion); siehe zudem unten 3. a) bis c). 164 Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 74; vgl. ebenso die obigen Ausführungen. 165 Insbesondere: Braukmann: Pignus; Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, §§ 108 ff., S. 456 ff.; Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. II, §§ 250 ff., S. 312 ff.; Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht; zur älteren Literatur siehe: Dernburg: Das Pfandrecht. Band I und Dernburg: Das Pfandrecht. Band II. 166 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 166, insbesondere Fn. 106, m. w. N.; ebenso Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 110 Fn. 2. A. A. Burdese: lex commissoria e ius vendendi nella fiducia e nel pignus, S. 14, Anm. 1, der an die ursprüngliche Bedeutung von committere anknüpft: „zusammenschicken“ bzw. „zusammenfügen“. 167 Levy: Weströmisches Vulgarrecht, das Obligationenrecht, S. 189; ebenso: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 110, Fn. 2. 162

C. Die Entwicklung der lex commissoria und deren Verbot

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rechts als eine Abrede im römischen Kaufrecht auf. Die Ähnlichkeiten beschränkten sich jedoch auf die Grundzüge.168 In beiden Varianten wurde an die Bedingung der späteren Nichtleistung des Schuldners der Wechsel des Sacheigentums geknüpft. Bei der kaufrechtlichen lex commissoria fiel das Eigentum an der Kaufsache an den Verkäufer zurück, bei der pfandrechtlichen Abrede des Verfalls fiel das Eigentum an der verpfändeten Sache an den Gläubiger.169 Wesentlicher Unterschied war der Charakter des zugrundeliegenden Geschäftes. Während die kaufrechtliche Abrede eine auflösende Bedingung beinhaltete, bei der der Verkäufer das Eigentum an einem ihm ehemals rechtlich zugeordneten Gegenstand zurückerhielt, fiel dem Gläubiger bei der pfandrechtlichen Abrede aufschiebend bedingt das Eigentum an einem fremden Gegenstand zu. Somit konnte die kaufrechtliche Abrede nach heutigem Verständnis dem kaufrechtlichen Leistungsstörungsrecht zugeordnet werden,170 da sie bei einer Nichtleistung des Käufers einem Rücktrittsrecht des Verkäufers nahe stand. Dies galt umso mehr, als dem Verkäufer wohl ein Wahlrecht zwischen der normalen Vertragserfüllung und den Rechten aus den Nebenabreden zustand.171 Eine Ansicht172 sah ein solches Wahlrecht auch als Teil der pfandrechtlichen Abrede,

168 So werden die beiden Institute auch im CIC eindeutig voneinander getrennt. Während die kaufrechtliche lex commissoria primär in dem Digestentitel D. 18.3 in „De lege commissoria“ und dem Codextitel C. 4.54 in „De pactis inter emptorem et venditorem compositis“ geregelt wird, ist dies bei den pfandrechtlich relevanten Stellen, die den Kauf des Pfandes durch den Gläubiger betreffen, anders. Diese sind dem Pfandrecht zugeordnet: Paul. D. 13.7.20.3 in „De pigneraticia actione vel contra“, bei Marican D. 20.1.16.9 in „De pignoribus et hypothecis et qualiter ea contrahantur et de pactis eorum“, bei Marican D. 20.5.5.1, Modest D. 20.5.6 und Tryph. D. 20.5.12 pr. in „De distractione pignorum et hypothecarum“ – siehe ausführlich: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 167 und Fn. 109. 169 Die Ähnlichkeit der beiden Klauseln stellt Peters besonders deutlich anhand ihrer sprachlichen Ähnlichkeit heraus: Beim Kauf: „si ad diem pecunia soluta non sit, ut fundus inemptus sit.“ Pomp. D. 18.3.2. Beim Pfand: „si ad diem pecunia soluta non sit, ut fundus emptus sit.“ – siehe: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 166. 170 Zur Abgrenzung und der kaufrechtlichen Ausgestaltung des Eigentumsvorbehalts (lex commissoria): Maaß: Die Geschichte des Eigentumsvorbehalts, insbesondere im 18. und 19. Jahrhundert, S. 31 ff. 171 Auf dieses Wahlrecht deuten folgende Stellen hin: Pomp. D. 18.3.2, Ulp. D. 18.3.3 und Pap. Frag. Vat. 3. Siehe hierzu: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht. Zu dieser Stelle und zur lex commissoria beim Kauf: Liebs: Der Sieg der schönen Rutiliana. Lex Commissoria displicebat, in: Medicus/Seiler, Festschrift für Max Kaser zum 70. Geburtstag, S. 375 – 390. 172 Dernburg: Das Pfandrecht. Band II, S. 276; Burdese: lex commissoria e ius vendendi nella fiducia e nel pignus, S. 116 ff.; Levy: Weströmisches Vulgarrecht, das Obligationenrecht, S. 188 f.

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andere vertreten hingegen, dass der pfandrechtliche Verfall auch ohne dieses Wahlrecht möglich war.173 Dies soll an dieser Stelle offen bleiben.174 Vorerst standen sich diese verschiedenen Verwertungsformen des Pfandrechts rechtlich gleichwertig gegenüber. Es war letztlich der Ausgestaltung der Parteien bei Abschluss der Pfandabrede überlassen, ob die Verwertung einerseits in Form des direkten Verfalls mittels einer lex commissoria oder andererseits mittels einer „uneigentlichen“ Abrede in Form einer datio in solutum bzw. einer Verkaufsabrede zwischen Verpfänder und Pfandgläubiger erfolgen sollte. Diese Freiheit ändert sich mit dem Verbot der lex commissoria unter Kaiser Constantin im Jahr 320 bzw. 326.

2. Das Verbot des Verfalls unter Kaiser Constantin im Jahre 320 bzw. 326 Das Verbot der lex commissoria erlangte seine weite Verbreitung durch die mit Gesetzeskraft wirkende Aufnahme in den Codex (C. 8.34(35).3) des Corpus Iuris Civilis (CIC) unter Justinian im Jahre 529 bzw. 533. Der Übernahme in das CIC ging die Aufnahme in den Codex Theodosianus (CTh) aus dem Jahre 438 voraus, in dem das Gesetz ebenfalls unter CTh. 3.2.1 mit einer interpretatio175 überliefert ist. Wann genau das Gesetz Constantins selbst erlassen wurde, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Die subscripto des CIC und die des CTh weisen auf einen Erlass im Jahre 326 hin. Ob diese jedoch verlässlich ist, kann bezweifelt werden.176 So kommt Seeck in seiner Untersuchung dazu, dass das Gesetz auf das Jahr 320 zu datieren sei.177 In der Herrschaftszeit Constantins lassen sich zwei Phasen der gesteigerten Gesetzgebungstätigkeit beobachten. Das Gesetz fällt somit entweder in die erste Phase in den Jahren 318 – 321 oder in die zweite Phase der Jahre 324 – 326.178 Bei diesem Gesetz, aus dem Codex des CIC zitiert, stellt sich das Verbot des Verfalls wie folgt dar: C. 8.34(35).3 173 Raape: Die Verfallklausel, S. 76 ff.; so auch Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 167 f. und Fn. 112. 174 Für die spätere Rechtsentwicklung wird ein solches Wahlrecht nicht als Voraussetzung gesehen. Ob dies im römischen Recht galt, ist bisher nicht abschließend geklärt, siehe Fn. 172 und 173. 175 Die zur Auslegung herangezogene interpretatio des Codex Theodosianus stammt aus der Lex Romana Visigothorum, in der sie überliefert wurde, siehe unten: Fn. 181. 176 So sollen mindestens die Hälfte der Angaben im CTh nicht verlässlich sein, siehe: Raape: Die Verfallklausel, S. 83, mit Verweis auf: Seeck: Die Zeitfolge der Gesetze Constantins, in: ZRG (RA) 10 (1889), S. 177, 206. 177 Seeck: Die Zeitfolge der Gesetze Constantins, in: ZRG (RA) 10 (1889), S. 177, 224. 178 Raape: Die Verfallklausel, S. 83 – 85. Ausführlich dazu m. w. N.: Liebs: Konstantin als Gesetzgeber, in: Demandt/Engemann, Konstantin der Große, S. 97 ff.

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„Imp. Constantinus A. ad populum. Quoniam inter alias captiones praecipue commissoriae pignorum179 legis crescit asperitas, placet infirmari eam et in posterum omnem eius memoriam aboleri. [1.] Si quis igitur tali contractu laborat, hac sanctione respiret, quae cum praeteritis praesentia quoque depellit et futura prohibet. Creditores enim re amissa iubemus recuperare quod dederunt. D. II k. Febr. Serdicae Constantino A. VII et Constantio C. Conss. [a. 326]“ „D. K. Constantin an das Volk: Weil unter andern gefährlichen Contracten vorzüglich die Härte des Nebenvertrages vom Verfall der Pfänder wächst, so scheint es Uns angemessen, denselben aufzuheben, und sein Andenken für die Zukunft ganz und gar zu vertilgen. 1. Wenn aber Jemand einen solchen Contract wider sich hat, so soll er durch gegenwärtige Verordnung aufgehoben sein, welche die bereits geschlossenen, wie noch jetzt geschlossen werdenden, aufheben und die zukünftigen verhindern soll. Denn Wir befehlen, dass die Gläubiger, indem die Sache ihnen wieder genommen wird, wieder erhalten sollen, was sie gegeben haben. Geg. zu Serdica d. 30. Januar u. d. Constantin VII. U. Constant. (326.)“180

Für die inhaltliche Bedeutung ist zudem die interpretatio des Codex Theodosianus wichtig, die in der Lex Romana Visigothorum überliefert ist. Sie kann als Verständnishilfe genutzt werden und näheren Aufschluss darüber geben, welche Bedeutung Kaiser Constantin dem Gesetz geben wollte. ICTh 3.2.1: „Commissoriae cautiones dicuntur, in quibus debitor creditori suo rem ipsi oppigneratam ad tempus vendere per necessitatem conscripta cautione promittit: quod factum lex ista revocat et fieri penitus probhibet, ita ut, si quis creditor rem debitoris sub tali occasione visus fuerit comparare, non sibi de instrumentis blandiatur, sed cum primum voluerit ille, qui obpressus debito vendidit, pecuniam revocet et possessionem suam recipiat.“ „[Verfallsvereinbarung] werden diejenigen genannt, in welchen der Schuldner in einer in Zwangslage niedergeschriebenen Kaution seinem Gläubiger die ihm auf Zeit verpfändete Sache zu verkaufen verspricht. Diese Handlung widerruft das Gesetz und verbietet es durchaus, vorzunehmen, mit der Massgabe, dass, wenn Jemand, der Gläubiger ist, eine Sache des Schuldners aus einem solchen Anlass zu erwerben befunden gewesen sein wird, er sich nicht mit den Dokumenten schmeicheln soll: vielmehr soll derjenige, welcher unter dem Drucke der Schuld verkauft hat, sobald er gewollt haben wird, das Geld zurückgeben und seinen Besitz zurückempfangen.“181 179

Das „pignorum“ ist die einzige Ergänzung der Norm bei der Übernahme in das CIC. Im CTh fehlt es, siehe hierzu: Mommsen/Meyer: Theodosiani libri XVI cum constitutionibus Sirmondianis et leges novellae ad Theodosianum pertinentes. Vol. 1, S. 130 f. 180 Lateinischer Text: Krüger: Corpus Iuris Civilis. Vol. 2. Codex Iustinianus, S. 348; Cenderelli: Divieto della „lex commissoria“: principio generale o regola occasionale?, in: Cenderelli, Scritti romanistici, S. 317, 325 f. Übersetzung siehe unter: C. 8,35,3: Otto/ Schilling: Das Corpus Juris Civilis, Bd. 6, S. 221 f. 181 Lateinischer Text: Mommsen/Meyer: Theodosiani libri XVI cum constitutionibus Sirmondianis et leges novellae ad Theodosianum pertinentes. Vol. 1, S. 130 f.; Cenderelli: Divieto della „lex commissoria“: principio generale o regola occasionale?, in: Cenderelli, Scritti ro-

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Nach dem Wortlaut des Verbots kam der Nebenabrede des Verfalls eine besondere Härte („asperitas“) zu, worin bereits das später immer wieder betonte Motiv der „Zwangslage“ Anklang fand. Daher wurde das Institut aufgehoben und aus der Erinnerung gestrichen. Ferner sollten alle bestehenden und zukünftigen Klauseln unwirksam sein. Wie die Rechtsfolgen des Verbots bei ausgeübtem Verfall aussehen sollten, wird unterschiedlich beurteilt. Anknüpfungspunkt für die unterschiedliche Beurteilung ist der Schlusssatz der interpretatio des Verbots. Zum einen wird vertreten, dass die Rechtsfolgen des Verfalls durch das Verbot vollständig umzukehren waren. Vor dem Verbot bedeutete die Verfallklausel, dass der Gläubiger in zweifacher Hinsicht bessergestellt wurde: Er erhielt den Pfandgegenstand und konnte den bereits zurückgezahlten Betrag der Schuld behalten. Die Aufgabe des Verfallverbots war es nach dieser Ansicht in Anlehnung an den Schlusssatz der interpretatio, diesen Missstand zu beseitigen. Konsequent wird durch Auslegung sowohl das „possessionem suam recipiat“ als auch das „pecuniam revocet“ auf den Schuldner bezogen, sodass ihm das Recht zustand, den Gegenstand zurückfordern und zusätzlich das Geld zurückzuerhalten, das er bereits zur Tilgung der Schuld geleistet hatte.182 Die Ansicht ist wohl abzulehnen. Eher dürfte – wie in der Übersetzung zugrunde gelegt – die Rechtsfolge des Verbots eine reine Rückabwicklung des Verfalls vorgesehen haben, sodass der Schuldner vom Gläubiger die Sache wiedererlangen konnte und der Gläubiger sein Geld erhielt. Damit wäre das „pecuniam revocet“ auf den Gläubiger zu beziehen und das „possessionem suam recipiat“ auf den Schuldner. Hierfür spricht auch die Verwendung des „suam“ in Bezug auf den Besitz, da der vorherige Satz („sed cum primum voluerit ille, qui obpressus debito vendidit“) so formuliert war, dass er sich auf den Schuldner bezog. Auch inhaltlich ergäbe sich durch die doppelte Rückforderung des Schuldners ein Widerspruch, da der Gläubiger dann seinerseits in doppelter Weise benachteiligt gewesen wäre. An die Stelle der doppelten Besserstellung des Gläubigers wäre durch das Verfallverbot die doppelte Besserstellung des Schuldners getreten. Zwar könnte das Verbot eine solche Straffunktion zur Abschreckung enthalten haben, dennoch erscheint es vorzugswürdig, dass ein Ausgleich zwischen Gläubiger und Schuldner herzustellen war, der beide Seiten in ihren Interessen berücksichtigte. Nach anderer Ansicht war das Verbot weiter eingeschränkt. Es sollte nur dann einschlägig werden, wenn der Gläubiger dem Schuldner die Abrede des Verfalls abgenötigt hatte. Zum Beleg wird die Stelle des „per necessitatem conscripta cautione“ in der interpretatio angeführt. Peters stellt jedoch klar, dass diese Begrifflichkeit keinen Hinweis auf das tatsächliche Zustandekommen der Abrede be-

manistici, S. 317, 326. Übersetzung: Conrat: Breviarium Alaricianum. Römisches Recht im Fränkischen Reich, S. 239. 182 Vergleiche die englische Übersetzung in: Pharr: The Theodosian Code and Novels and the Sirmondian Constitutions, S. 65.

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inhaltet, sondern vielmehr Teil der Rechtssprache im Rahmen der lex commissoria war.183 Demnach bestand die Rechtsfolge des Verbots darin, dass nur die Abrede des Verfalls unwirksam wurde und nicht das gesamte Pfandgeschäft als solches. Dies bedeutet, dass der Schuldner letztlich sein Eigentum an der Sache erst mit der Zahlung der gesicherten Schuld erhalten konnte. Überspitzt fasst Levy das Verbot als einen Zahlungsaufschub zusammen.184 Jedoch verkennt er, dass dies nur für vor dem Verbot geschlossene Verfallabreden gegolten hätte. Dem Gläubiger stand also nach der Nichtigkeit der Verfallklausel das ursprüngliche Verwertungsrecht des Verkaufs an einen Dritten zu, bei dem er einen etwaigien Überschuss an den Schuldner hätte herausgeben müssen. In der Folge war der Schuldner in diesen Fällen über die Verwertungsform des Verkaufs geschützt. Verfallabreden, die nach dem Erlass getroffen wurden, waren von dieser Problematik nicht betroffen gewesen, da sie von Beginn an keine Wirkung mehr entfalten konnten. Die Gründe für Kaiser Constantin, dieses Verbot als nötig zu erachten, geben bis heute Rätsel auf.185 Es gibt keine eindeutige Antwort der Rechts- und Rechtsgeschichtswissenschaft darauf, auf welchen Umstand das Gesetz Constantins zurückging. Das gesetzgeberische Ziel, den Missbrauch durch die Klauseln des Pfandverfalls zu verbieten, wird bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes und der interpretatio erkennbar. Der Schutz des Einzelnen, der sich mittels der Klausel durch den Verlust seines Pfandgegenstandes bedroht sah, stand somit klar im Vordergrund. Ob es für Kaiser Constantin weitere Veranlassung gab, die Abrede der lex commissoria zu verbieten, wird unterschiedlich beantwortet. So geht etwa Raape davon aus, dass Kaiser Constantin in seiner Jugendzeit, die er als Geisel bei Diocletian verbrachte, starke Bezüge zum hellenistischen Recht entwickelt hat. Raape beobachtete in seiner Papyrusstudie, dass die Gläubiger, soweit die Verwertung des Pfands wirtschaftlich nicht ausreichend Mittel generierte, gegen den personenverschiedenen Bürgen vorgingen. Aus dieser Beobachtung schloss er, dass die Haftung auf den Pfandgegenstand beschränkt war. Folglich ersetzte das Pfand die Schuld, woraus er den Namen des „Ersatzpfandes“ ableitete.186 Raape nimmt an, dass zur Zeit Constantins der Pfandverfall die in der hellenistischen Praxis herrschende – wenn nicht

183 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 165 mit Stellungnahme in Fn. 98. 184 Kritik an der Stelle bei: Levy: Weströmisches Vulgarrecht, das Obligationenrecht, S. 192; ablehnend: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 165. 185 Zur weitreichenden Gesetzgebungstätigkeit Constantins m. w. N.: Liebs: Konstantin als Gesetzgeber, in: Demandt/Engemann, Konstantin der Große, S. 97 – 108. Nachweise insb.: S. 97, Fn. 1. 186 Raape: Der Verfall des griechischen Pfandes.

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gar alleinige – Form der Pfandverwertung gewesen ist.187 Durch den Verfall sei die Haftung aus der gesicherten Forderung abgelöst worden und der Gläubiger galt als durch den Schuldner befriedigt. Das Ziel Constantins sei die Reform des griechischen Pfandrechts gewesen. In dem Verbot des Pfandverfalls sah Constantin, als mutmaßlicher Kenner der griechischen Praxis, das Mittel, dem durch den Verfall möglichen Missbrauch Einhalt zu gebieten.188 Raape stützt sich bei dieser Theorie im Wesentlichen auf Vermutungen und die Vita Constantins.189 Dieser Hintergrund scheint nicht unmöglich und mag seinen Beitrag zum Zustandekommen des Gesetzes geleistet haben, es bleibt aber zu bezweifeln, dass hierin der entscheidende Anstoß für die Gesetzgebung ausgemacht werden kann. Die Wissenschaft verweist hingegen auf die wirtschaftlichen Hintergründe zur Zeit Constantins.190 Danach lag der Grund für das Verbot in der in großer Zahl auftretenden missbräuchlichen Verwendung der lex commissoria. Das Interesse der Gläubiger, die Abrede des Verfalls wieder vermehrt aufzugreifen, dürfte mit der schlechten wirtschaftlichen und fatalen finanzpolitischen Lage des Römischen Reiches im dritten und vierten Jahrhundert erklärbar sein. Zum Verständnis ist ein kurzer Blick auf das römische Geldsystem notwendig. Untersuchungen zeigen, dass sich das römische Geldsystem von seinem Aufkommen als Nachahmung griechischer Vorbilder vom vierten Jahrhundert vor Christus bis ca. in das zweite Jahrhundert nach Christus stetig entwickelte und bis zu seinem Höhepunkt – wohl auch durch seine weitflächige Verbreitung – als unangefochtenes Zahlungsmittel innerhalb des Römischen Reiches angenommen wurde.191 Dabei beruhte der Erfolg des trimetallischen Währungssystems aus Kupfer-, Silber- und Goldmünzen auf seiner Stabilität. Die anfangs vom Materialgehalt der Münzen und den festen Wechselkursen gewährte Sicherheit wurde später durch die vom römischen Staat veranlasste Prägung und die damit verbundene forma publica zusätzlich gestärkt. Diese Gewährleistung und die rechtlichen Rahmenbe-

187 Raape: Die Verfallklausel, S. 85 ff., dabei verweist er auf seine Untersuchung: Raape: Der Verfall des griechischen Pfandes, S. 28, 48 ff., 59, 96 ff. 188 Raape: Die Verfallklausel, S. 88 ff., zum Zweck, s. S. 90. 189 Siehe etwa die Ausführungen zu Lebenswandel und Sprachkenntnissen: Raape: Die Verfallklausel, S. 96. 190 Hierzu: Schnabacher mit einer Beschreibung historischer Quellen und den geschichtswissenschaftlichen Meinungen: Schanbacher: Die Gegenwart der Geschichte in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – BGHZ 130, 101, in: Beck-Mannagetta/Böhm, u. a., Der Gerechtigkeitsanspruch des Rechts, S. 653 ff.; Callu/Marandon: L’inflazione nel IV secolo (295 – 361): il contributo delle analisi, in: Giardina, Società romana e impero tardoantico, Bd. 1, Rom, S. 559 – 599. 191 Hierzu die Zusammenfassung der ausführlichen Untersuchung von Wolters: Nummi Signati, S. 411 ff.; ebenso: Bange: Kreditgeld in der römischen Antike, S. 25 ff.; ein Überblick bei: Reden: Money in classical antiquity, insbsondere: S. XV, 92 ff.,110 – 114, m. w. N.

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dingungen192 führten dazu, dass auch trotz der weitreichenden Materialverschlechterung der Münzen im zweiten und dritten Jahrhundert vorerst keine Preissteigerung zu beobachten war.193 Verschiedene Untersuchungen legen nahe, dass bis in die zweite Hälfte des zweiten Jahrhunderts lediglich ein jährlicher Preisanstieg von maximal einem Prozent anfiel.194 Ein rapider Preisanstieg trat erst auf, als der „Staat“ selbst ab der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts zur Abwendung politischer Notlagen durch mehrfache Reduzierung des Edelmetallgehalts der Münzen zur Destabilisierung der Währung beitrug.195 Meist lag der Versuch zugrunde, die Staatsmittel künstlich zu erhöhen, indem man aus den alten Münzen unter Beimischung minderwertiger Metalle mehr Münzen schlug, um die so gewonnenen Finanzmittel zur Bezahlung zusätzlicher Soldaten und Söldner zu verwenden. Hierdurch vermehrte sich die Anzahl der in Umlauf befindlichen Münzen erheblich. Nach den Untersuchungen von Hopkins scheint sich das Geldvolumen in den einzelnen Reichsteilen verdreifacht und später sogar verachtfacht zu haben.196 Der hierdurch einsetzende Preisverfall erfasste die täglichen Preise und nach Verzögerung wohl auch das Kreditgeschäft mit seinen Sicherheiten. Nahm man ein Darlehn auf, konnte erwartet werden, dass sich der Materialwert der Münzen in der Zwischenzeit derart reduzierte, dass der Kreditgeber zwar nominell die gleiche Anzahl an Münzen zurückerhielt, aber insgesamt durch den geringeren Materialwert Verlust verzeichnete. Anfangs noch folgenlos, erschütterten diese inflationären Tendenzen das Vertrauen in die Währung.197 Dass die unternommenen politischen Versuche des beginnenden vierten Jahrhunderts, wie etwa das Höchstpreisedikt und die Währungsreform Diocletians,198 die Lage stabilisieren konnten, wird weitestgehend bezweifelt.199 Es 192 Wolters: Nummi Signati, S. 362 ff., dabei ist neben vielen strafrechtlichen Regelungen insbesondere auf die lex Cornelia zu verweisen, die neben den weitreichend ausgestalteten Münzvergehen eben auch festsetzte, dass echte Münzen nicht zurückgewiesen werden durften. 193 Wolters: Nummi Signati, S. 371 ff., 417. 194 Hierzu: Wolters: Nummi Signati, S. 409, mit Verweis auf: Duncan-Jones: The economy of the Roman Empire, S. 25 ff.; Burnett: The Coinage of Rome and Magna Graecia in the Late Fourth and Third Century B.C., in: Schweizerische Numismatische Rundschau (SNR) 56, S. 92, 108 f. 195 Wolters nennt hier etwa die Reduzierung des Silbergehalts unter Septimus Severus, Caracallas 212, 215 n. Chr., von Balbinus und Pupienus 238 n. Chr. und weitere Reduzierungen um 249 und 253 n. Chr. Wolters: Nummi Signati, S. 403 f.; hierzu im Überblick zu Inflation im römischen Reich: Reden: Money in classical antiquity, insbsondere: S. 137 ff. m. w. N. 196 Vgl. hierzu das Schaubild, Hopkins: Taxes and Trade in the Roman Empire 200 B.C. – A.D. 400, in: Journal of Roman Studies 70, S. 101, 113. Zustimmend:Wolters: Nummi Signati, S. 398 ff., 403 ff. 197 Siehe hierzu die Ausführungen von Callu und Marandon zum 3. Jahrhundert: Callu/ Marandon: L’inflazione nel IV secolo (295 – 361): il contributo delle analisi, in: Giardina, Società romana e impero tardoantico, Bd. 1, Rom, S. 559 ff.; ebenso: Wolters: Nummi Signati, S. 371 ff., 417. 198 Interessant die Untersuchung von Ruschenbusch: Diokletians Währungsreform vom 1.9.301, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 26, S. 193, S. 193 ff., 209 f. 199 Etwa die Ausführungen von: Harl: Coinage in the Roman economy, 300 B.C. to A.D. 700, S. 158 – 180.

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schloss sich eine Kreditnot an, da gerade die Gewährung von mittel- und langfristigen Krediten in einem solchen Wirtschaftsumfeld unattraktiv ist. So führte die Münzverschlechterung dazu, dass ältere, werthaltige Münzen gehortet wurden und die Vergleichbarkeit der Münzen gleichen „Zahlenwerts“ abnahm. Daneben löste sich die Vertretbarkeit der Münzen aus unterschiedlichen Metallen auf, da die festen Wechselkurse zwischen Gold-, Silber- und Kupfermünzen nicht mehr staatlich durchgesetzt wurden oder sich zu häufig änderten.200 Diese Währungsunsicherheiten führten dazu, dass auf wenige Kreditgeber viele Kreditnehmer trafen, die zudem aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Krise des Reichs hohen Kreditbedarf hatten. Die Kreditgeber dürften in dieser Situation eindeutig die stärkere wirtschaftliche Stellung innegehabt haben und konnten diese gegenüber den Kreditnehmern zu ihrem Vorteil durchsetzen. In einem solchen Umfeld wirken Verfallklauseln sehr zugunsten der Gläubiger. Ist der Verfall des Pfandgegenstands nicht rechnungspflichtig, kann sich der Kreditgeber Pfandgegenstände versprechen lassen, die im Wert deutlich über dem Darlehn liegen. Im nicht unwahrscheinlichen Fall der Nichtzahlung erhielt er den Pfandgegenstand für die Summe des Darlehns. So konnte er preisgünstig Gegenstände erlangen, die auch gegenüber der Geldwährung wertbeständig blieben oder gar durch die Inflation im Wert stiegen. Im Fall des rechnungspflichtigen Verfalls war der Kreditgeber ebenfalls im Vorteil, da er den Schuldner zum Zeitpunkt der Nichtbefriedigung in Geld auszahlen musste, das nun nicht mehr so werthaltig war wie das Geld, das er ausgegeben hatte. Auch hier bestand für die Kreditgeber die Möglichkeit des Gewinns. Hatte er sich einen gegenüber der Kreditsumme wertvolleren Pfandgegenstand verpfänden lassen, konnte er die Zahlung des Restbetrages mit dem nun weniger werthaltigen Geld vornehmen. Auch in diesem Fall gelangte er vergünstigt an den höheren Wert des Pfandgegenstandes. Die drastische Formulierung des Verbots unter Constantin lässt darauf schließen, dass es sich gegen diesen verbreiteten Missbrauch der Verfallklauseln zum Vorteil der Kreditgeber richtete, die überproportional von der wirtschaftlichen „Krise“201 des Reiches profitiert haben dürften. 200 Siehe etwa für die Zeit Diokletians: Ruschenbusch: Diokletians Währungsreform vom 1.9.301, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 26, S. 193, S. 209 f.; dies änderte sich erst unter Constantin, der ein neues Währungssystem schuf, bei dem der Goldsolidus als Verrechnungsgröße mit festem Goldgehalt (d. h. al pezzo) geprägt wurde und damit seine Funktion als klassische Geldmünze verlor. Siehe hierzu: Jones, A. H. M.: Inflation under the Roman Empire, in: The Economic History Review, New Series 5, S. 293, 298 ff.; ebenso: Wolters: Nummi Signati, S. 410. 201 Der Begriff der „Krise“ im 3. Jh. n. Chr. ist umstritten. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Krise“ in: Liebeschuetz: Was there a crisis of the third century?, in: Hekster/Kleijn, u. a., Crises and the Roman Empire, S. 11 – 20. Es sprechen viele Untersuchungen für einen solchen Begriff, sodass er hier verwendet wird. So etwa auch: Stolte: A crisis of jurisprudence? The end of legal writing in the classical tradition, in: Hekster/Kleijn, u. a., Crises and the Roman Empire, S. 355 – 366; Ligt: Some thoughts on the nature of the

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Die Reform Constantins bezweckte die Beseitigung eines allgemeinen Missstands, wobei er die Form des Verbots der lex commissoria in der oben beschriebenen Weise als wirksames Mittel ansah.

3. Wie wirkte sich das Verbot der lex commissoria aus? – Codex und Digesten202 Bis heute wird darüber diskutiert, wann inhaltlich eine solche verbotene Verfallklausel vorlag. Die Pandektistik und insbesondere Dernburg begriffen die eigentliche Verfallklausel als eine dingliche, das Pfandrecht verändernde Abrede. Für ihn sah nach eigenem Bekunden eine verbotene Verfallklausel wie folgt aus: „Si pecunia intra diem certum soluta non sit, fundus creditoris esto.“203 „Falls die Geldsumme an dem Tag ihrer Fälligkeit nicht zurückbezahlt ist, soll das Stück Land [d. h. der Pfandgegenstand] dem Gläubiger gehören.“204

Diese eigentliche Verfallklausel ist unumstritten durch die Anordnung Constantins verboten worden. Sie setzte einen bedingten dinglichen Eigentumsübergang voraus, der im Falle der Nichtbefriedigung des durch das Pfandrecht besicherten Geschäfts wirksam wurde. Darüber hinaus ließ Dernburg den eigentlichen Verfall nur dann unter die lex commissoria fallen, wenn es sich um einen einseitig bindenden Vertrag handelte. War also der Gläubiger nicht gebunden und hatte er ein Wahlrecht, ob er einen Verfall oder doch lieber die „normale“ Verwertung durch Verkauf wählen wollte, dann sollte demographic ,crisis‘ of the second century B.C., in: Hekster/Kleijn, u. a., Crises and the Roman Empire, S. 167 – 182; Manders: Mapping the representation of roman imperial power in times of crisis, in: Hekster/Kleijn, u. a., Crises and the Roman Empire, S. 275 – 290; Nappo: The impact of the third century crisis on the international trade with the East, in: Hekster/Kleijn, u. a., Crises and the Roman Empire, S. 233 – 244; Eck: Krise oder Nichtkrise – das ist hier die Frage. Köln und sein Territorium in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts, in: Hekster/Kleijn, u. a., Crises and the Roman Empire, S. 23 – 44; Visky: Appunti su alcune norme di diritto privato del IV secolo conseguenti alla precedente crisi economica, in: Università degli studi di Perugia, Atti dell’Accademia Constantiniana III, S. 423 ff.; ebenso: Witschel: Krise, Rezession, Stagnation? 202 Der Stand der Wissenschaft nach: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht; Verhagen: Das Verfallpfand im frühklassischen römischen Recht, in: The Legal History Review 79, S. 1; Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109 ff.; Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, S. 470 f.; Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. II, S. 319 ff.; Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 12 ff. 203 Dernburg: Das Pfandrecht. Band II, S. 276. Er leitete diese Formulierung ab, etwa von: Cato de re rust. Cap. 146: „si quid deporatverit, domini esto“. Nach dieser Stelle sollten die Geräte des Erntepächters dem Verpächter verfallen sein, wenn dieser sie nach der Ernte vom Grundstück entfernte. 204 Übersetzung nach: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 114.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

keine verbotene lex commissoria vorliegen. Dies wird heute weitestgehend mit Verweis auf die Entwicklungsgeschichte und den Zweck hinter dem Verbot abgelehnt.205 Diese Ansicht beruhte auf den weiteren im CIC enthaltenen Fragmenten, die für Dernburg als geltendes Recht durch Harmonisierung vereinheitlicht werden mussten. Es ist vorab anzumerken, dass eine weitergehende Interpretation des Verbots, indem es mit anderen Stellen in den Digesten in Bezug gesetzt wird, stark von der Perspektive des Interpretierenden abhängt. Während die Perspektive nach der Kodifikation von Justinian – der eine Vereinheitlichung und Bewahrung des Rechts erstrebte – auf Wechselbezüge stärkere Rücksicht nehmen kann, da von einer gewollten Einheitlichkeit ausgegangen werden kann, muss die Perspektive vor der justinianischen Kodifikation kritischer sein und hinterfragen, in welchem ursprünglichen Regelungszusammenhang die aufgenommen älteren Stellen gestanden haben könnten. In dieser Arbeit wird vorrangig die erste Perspektive eingenommen, da diese für die spätere Entwicklung maßgeblich war und die Interpretation des Verfallverbots und seiner Ausnahmen wesentlich prägte. An dieser Stelle erfolgt eine moderne Sicht auf die Stellen, die helfen können das Verbot einzuordnen und die unterschiedlichen Ansichten und Argumente greifbar zu machen. Denn es macht einen Unterschied, ob auch weitere, nach heutigem Verständnis uneigentliche Varianten des Verfalls erfasst wurden oder nicht. Bei einer Antwort auf diese Überlegungen wird auf verschiedene Fragmente aus dem CIC verwiesen, die im Zusammenhang mit der Verfallklausel stehen (könnten). Insbesondere sind schuldrechtliche Abreden wie Kaufvertragsklauseln mit Bedingung206 oder eine Abrede des Erhalts der verpfändeten Sache an Erfüllungs statt (datio in solutum) zu nennen.207 Ferner wird häufig über weitere Elemente des Verfalls diskutiert, etwa ob jede Klausel erfasst sein sollte208 oder eine solche nur dann unter das Verbot des Verfalls fiel, wenn sich ein relevantes Missverhältnis zwischen dem Wert der Sache und der Höhe der gesicherten Forderung zulasten des Schuldners ergab.Andererseits wird etwa eingewandt, dass eine Verfallabrede durchaus für den Schuldner auch positive Seiten haben konnte, insbesondere dann, wenn bei einem Verkauf an einen Dritten nur eine niedrigere Summe als die geschuldete Darlehnssumme zu erwarten gewesen sei.209 205

Raape: Die Verfallklausel, S. 76 f. Hier sind folgende Stellen wesentlich: Marcellus D. 13.7.34; Tryphonin D. 20.5.12 pr.; Marcian D. 20.1.16.9; Scaevola D. 18.1.81 pr. (für eine Bürgschaftskonstruktion). 207 Vornehmlich: Ulp. D. 46.3.45 pr.; C. 8.13(14).1; C. 8.34(35).1; C. 8.13(14).13. 208 So etwa: von Lübtow: Catos leges venditioni et locationi dictae, in: Symb. R. Taubenschlag Bd. III, EOS 48/III 1956, S. 337. 209 In diesem Sinne: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 164 f. und Fn. 98. 206

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Diese Problemkreise sollen nun mittels eines kritischen Blicks auf die Fragmente untersucht werden. a) Stellt das Fragment in Marcellus D. 13.7.34 eine Ausnahme dar? Geht es um die Personen, den Zeitpunkt oder das verwendete Rechtsinstitut? Eine mögliche Ausnahme zum Verfallverbot von Kaiser Constantin wird in der Konstruktion eines bedingten Kaufs gesehen. Man führt sie auf das Fragment von Marcellus in D. 13.7.34 zurück, das seinerseits auf die Mitte des zweiten Jahrhunderts datiert wird: „Marcellus libro singulari responsorum Titius cum credidisset pecuniam Sempronio et ob eam pignus accepisset futurumque esset, ut distraheret eam creditor, quia pecunia non solveretur, petit a creditore, ut fundum certo pretio emptum haberet, et cum impetrasset, epistulam, qua se vendidisse fundum creditori significaret, emisit: quaero, an hanc venditionem debitor revocare possit offerendo sortem et usuras quae debentur. Marcellus respondit secundum ea, quae proposita essent, revocare non posse.“ „Marcellus in der Einzelschrift ,Rechtsgutachten‘ Titius gab dem Sempronius ein Darlehen und nahm deswegen ein Pfand an. Als der Schuldner das Geld nicht zurückzahlte und deshalb der Verkauf des Pfandes bevorstand, bat Sempronius den Gläubiger, er möge das [verpfändete] Grundstück zu einem bestimmten Preis kaufweise übernehmen. Als er dies erreicht hatte, händigte er ihm ein Schreiben aus, in dem er bestätigte, das Grundstück an den Gläubiger verkauft zu haben. Ich frage, ob der Schuldner diesen Verkauf rückgängig machen kann, indem er das Kapital und die geschuldeten Zinsen anbietet. Marcellus hat geantwortet, nach dem, was vorgetragen wurde, könne er ihn nicht rückgängig machen.“210

In der Wissenschaft gibt es einen lebhaften Diskurs darüber211, wie der Sachverhalt des Gutachtens zu verstehen ist. So wird diskutiert, ob hier zwei212 oder drei213 Personen beteiligt waren. Einiges spricht für die mehrheitliche Ansicht,214 dass neben 210

Lateinischer Text und Übersetzung: Behrends/Knütel u. a.: Corpus Iuris Civilis, Bd. III, S. 191 (Erstübersetzer: Reinhard Zimmermann). 211 Eine Zusammenstellung der unterschiedlichen Interpretationen findet sich bei: Zülch: Der liber singularis responsorum des Ulpius Marcellus, S. 63 – 72. 212 Artikel: „fiducia“, Manigk, in: Wissowa/Kroll: Paulys Realencyclopädie der (classischen) Altertumswissenschaft, Bd. 6, Sp. 2268, 2304 f.; Kreller: Rezension: Walter, Erbe, Die Fiduzia im römischen Recht., in: ZRG (RA) 61 (1941), S. 462, 466 Anm. 19; mit dieser Idee liebäugelt auch: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 120, der hier eine verbotene Form der Verfallabrede erkennen möchte. 213 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 140 f., m. w. N. 214 Peters führt aus grammatikalischer Sicht aus, dass das Subjekt zu „petit a creditore“ „Titus“ sei und nicht Sempronius, weshalb er nicht mit dem creditor identisch sein könne. Ferner schiene die Nachricht des Sempronius mit der Aufforderung der Rückgabe überflüssig. Ausführlich hierzu: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen

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dem Kreditgeber Titius und dem Verpfänder Sempronius ein Dritter, der als „creditor“ bezeichnet wurde, beteiligt sein musste. Titius gewährte dem Sempronius aus den Mitteln des „creditors“ ein Darlehn, das mittels eines Pfands durch Sempronius an Titius selbst besichert wurde.215 Nach dem Ausbleiben der rechtzeitigen Rückzahlung bat Titius den Dritten (creditor), das Grundstück zu einem bestimmten Preis zu übernehmen. Die Quelle qualifiziert dies als Verkauf. Als ihm das gelungen war, benachrichtigte er Sempronius hierüber. Dieser wollte das Pfand auslösen, erhielt jedoch durch das Gutachten des Marcellus die Auskunft, dass dies ausgeschlossen sei. Nach der Rechtsansicht des Marcellus war dieser Verkauf des Pfandgläubigers (Titius) an den Dritten (creditor) wirksam, sodass Sempronius ihn nicht verhindern konnte. Entscheidend war zum einen, dass der Dritte (creditor) durch die Vermittlung des Titius das Grundstück erwerben konnte; zum anderen, dass dieser Erwerbsvorgang im vorliegenden Fall nach der nicht rechtzeitigen Rückzahlung des Darlehns erfolgte. Damit wird in diesem Fragment der Ansatz deutlich, dass der Pfandgläubiger nach dem Zeitpunkt der „Pfandreife“ das Grundstück erwerben konnte. Einen anderen Ansatz vertritt Noordraven, der den rechtlichen Gehalt des Fragments in eine doppelte fiducia uminterpretiert, da aus seiner Sicht Titius’ Recht zur Veräußerung nur mittels einer Stellung als (Sicherungs-)Eigentümer erklärbar war. Danach hätte sowohl zwischen Titius und Sempronius als auch zwischen Titius und dem Dritten (creditor) eine fiducia vereinbart worden sein müssen. Titius befreite sich mittels einer datio in solutum von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Dritten, indem er seinerseits das ihm als Sicherheit von Sempronius übereignete Grundstück dem Dritten an Zahlungs statt „veräußerte“.216 Gegen diese Ansicht führt Peters aus, dass eine solche Interpretation weder aus sprachlichen noch aus inhaltlichen Gründen notwendig ist. Zudem mache es für die rechtliche Beurteilung keinen Unterschied, ob eine Verpfändung oder eine Sicherungsübereignung stattgefunden habe.217 Dem ist insofern zu widersprechen, als Titius in dieser Variante des Sachverhalts eine andere Rechtsstellung besäße. Nach Noordraven verfiele ihm das Grundstück und er gäbe es an den Dritten weiter. Titius käme – neben seiner Position als Sicherungsnehmer der fiducia – zugleich die Rolle des Kreditgebers zu. In der Folge läge bereits mit der Pfandreife das Recht zur Verwertung vor. Da er das Grundstück dann einer dritten Person übereignete, hätte er mittels einer datio in solutum über eigenes Eigentum verfügt und auch als berechtigter Eigentümer und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 140 f.; ebenso: Zülch: Der liber singularis responsorum des Ulpius Marcellus, S. 67 – 75. 215 Kaser weist in diesem Zusammenhang Titius eine Bankiertätigkeit zu: Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 74, Fn. 91. 216 Noordraven: Die fiduzia im römischen Recht, S. 266. 217 Ausführlich hierzu Peters, der sich gegen Ersetzung von „fiduciam“ durch „pignus“ eintritt: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 141, Anm. 10, m. w. N. auch für die gegenteilige Ansicht.

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gehandelt. Damit würde das Übereignungsgeschäft an den Dritten (creditor) gegenüber Sempronius keinen Verfall darstellen. Ähnlich wäre es, wenn das durch die fiducia gesicherte Darlehnsgeschäft zwischen Sempronius und dem Dritten (creditor) vorgelegen hätte, dann wäre das Grundstück über die Vermittlung von Titius zu dem Dritten gelangt, sodass dieser das Grundstück erhalten hätte. In beiden Varianten wäre die Handlung aus einer Eigentümerposition vorgenommen worden, die kein Verbot im Sinn des C. 8.34(35).3 auslösen konnte. Ein uneigentlicher Verfall ließe sich nur konstruieren, wenn durch das Verbot auch die fiducia erfasst war. Andernfalls ließe sich durch die Umdeutung des Sicherungsgeschäfts der Widerspruch zum Verfallverbot Kaiser Constantins tatsächlich vermeiden. Hieran ist aber problematisch, dass es zum einen das Verbot zur Zeit des Marcellus noch nicht gab und zum anderen die fiducia zur Zeit Constantins bereits weitreichend aus der Rechtspraxis verschwunden war. Es handelt sich somit um eine Interpretation, die, wie die mittelalterlichen Juristen es taten, alle Quellen als parallel geltende Regelungen betrachtet. Zwar ließe ließe sich mit dem Verweis auf die ausdrückliche Erweiterung der Codexstelle um das „pignorum“ begründen, dass das Verbot zur Zeit Justinians die fiducia nicht erfassen sollte, jedoch beruhte diese Änderung vielmehr auf einer Rechtsanpassung, mit der die „veraltete“ fiducia endgültig aus dem Regelungsbereich ausscheiden sollte.218 Die Anpassung stellte in der Folge keine bewusste rechtliche Differenzierung zwischen den Instituten dar. Im CTh fehlt diese Beschränkung wiederum, sodass umgekehrt auch der von Peters pauschal getroffenen Aussage, dass es keinen Unterschied mache, ob D. 13.7.34 ein Pfandrecht oder eine Sicherungsübereignung beinhaltete, nicht uneingeschränkt zugestimmt werden kann. Ungeachtet dessen bleibt der Ansatz von Noordraven eine Vermutung und ist wohl mit den übrigen Argumenten von Peters abzulehnen. Nimmt man an, im Fragment D. 13.7.34 wäre die Abrede als Pfandrecht ausgestaltet, käme es zu einem Widerspruch mit den aus den Paulussentenzen stammenden Fragmenten in P.S. 2,13,3 und 4: „3. Debitor creditori vendere fiduciam non potest: sed alii si velit vendere potest, ita ut ex pretio eiusdem pecuniam offerat creditori, atque ita remancipatam sibi rem emptori praestet. 4. Si per suppositam personam creditor pignus suum invito debitore comparaverit, emtio non videtur et ideo quandoque lui potest: ex hoc enim causa pignoris vel fiduciae finiri non potest.“ 3. Der Schuldner kann dem Gläubiger die zur Sicherung übereignete/verpfändete Sache nicht verkaufen: Aber er kann, wenn er will, sie einem anderen verkaufen, um so mit diesem Kaufpreis den Gläubiger zu befriedigen sowie die ihm zurückübereignete Sache dem Käufer zu gewähren. 4. Wenn sich der Gläubiger sein Pfand durch einen Strohmann ohne den Willen des Schuldners verschafft, kann man den Kauf nicht als gültig ansehen und daher kann man (das

218 Schanbacher: Artikel: „fiducia“, in: Cancik/Schneider, Der neue Pauly, Bd. 4, Altertum, Epo – Gro, Sp. 509 f.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse Pfand) irgendwann auslösen: aufgrund dessen kann nämlich der Grund des Pfands oder der fiducia nicht beendet werden.219

Der angesprochene Widerspruch zeigt sich darin, dass das Grundstück in D. 13.7.34 auf Vermittlung des Titius trotz der Beschränkung in P.S. 2.13.3 und 4 auf den Dritten (creditor) überging. Inhaltlich verbarg sich hinter P.S. 2.13.3 und 4 ein Schutz des Schuldners. Es war ihm nach § 3 rechtlich nicht möglich, die Sache dem Gläubiger zu verkaufen, sodass er im Umkehrschluss auch vor einem solchen Geschäft geschützt wurde. Ferner umfasste § 4 das Verbot eines Insichgeschäfts, bei dem der Pfandgläubiger gegen den Willen des Schuldners mithilfe eines Mittelsmanns das Grundstück erwarb. Eine Kollusion zulasten des Schuldners war so zu verhindern.220 Widersprüchlich war also im Fragment des Marcellus zudem, dass Sempronius diesen Kauf rückgängig machen wollte, obwohl er nach der Stelle in den Paulussentenzen aufgrund der Umstände nicht wirksam zustande gekommen wäre. Zusammengefasst kann eine Antwort auf die Frage, ob ein Verkauf an den Gläubiger selbst oder mittels eines Strohmanns wirksam war, nicht abschließend erfolgen. Eine Antwort ist insbesondere für die Klassik und Spätklassik schwierig. Letztlich bleiben die besprochenen Quellen widersprüchlich und führen zu keinem klaren Ergebnis. Versuche, die beiden Stellen miteinander zu vereinbaren, indem man etwa D. 13.7.34 aufgrund einer angeblichen Interpolation auf die fiducia beschränkt oder aber bei P.S. 2.13.3 und 4 die fiducia herausstreicht, mögen vertretbare Ansätze sein. Sie richten sich aber gegen den überlieferten „Quellentext“ und bleiben einen unwiderlegbaren Beleg schuldig. Man könnte die Stellen auch über den Zeitpunkt der Abrede harmonisieren. Nach D. 13.7.34 würde danach vor der Pfandreife das Verbot aus den Paulussentenzen gelten, nach Pfandreife stünde den Parteien ein Spielraum zur Auswahl der Verwertungsform offen. Ebenso könnten sich die Stellen auf unterschiedliche Institute bezogen haben: D. 13.7.34, wie es Noordraven vorschlägt, auf die datio in solutum, P.S. 2.13.3 und 4 dagegen auf den bedingten Kauf. Der Anwendungsbereich einer kaufrechtlichen Abrede würde dann durch die Paulussentenzen begrenzt, da ein direkter Verkauf an den Gläubiger genauso zur Nichtigkeit führte wie das Insichgeschäft mittels eines Dritten. Eine „freiwillige“ Übertragung durch datio in solutum wäre, wie in D. 13.7.34 angedeutet, zugunsten des Gläubigers weiterhin möglich gewesen, solange sie durch einen neuen Willensakt getragen den Zweck verfolgte, den Gläubiger für die bestehende Schuld zu befriedigen. Zuletzt könnte man die Entstehungszeiten der Regelungen berücksichtigen und zu einem anderen Anwendungsergebnis gelangen. Bei dem Fragment des Marcellus, 219 Lateinischer Text: Arndts von Arnesberg, Karl Ludwig: Iulii Paulli receptarum sententiarum ad fillium libri quinque, in: Böcking/Bethmann-Hollweg, u. a., Corpus iuris Romani anteiustiniani. Vol. 1, Sp. 69; Übersetzung durch den Verfasser. 220 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 141.

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dessen Wirken in der Mitte des zweiten Jahrhunderts lag, handelt es sich historisch um die älteste Regelung. Folglich hätte sie später in ihrer Geltung durch das Fragment der Paulussentenzen, die ca. aus dem Jahr 300 stammen, erweitert und beschränkt werden können. Zuletzt trat das Verbot Kaiser Constantins aus dem Jahr 320 bzw. 326 in Kraft und verbot die entsprechenden Abreden. Nach einer Lex-posteriorAuslegung wäre die Anwendbarkeit der beiden anderen Fragmente entfallen, da sie durch das Kaisergesetz verdrängt worden wären. Das allgemeine Verbot der Verfallklausel hätte sich durchgesetzt. Für die justinianische Rechtssetzung des CIC wäre dies anders zu bewerten. In dieses Gesetzeswerk wurde das Verbot in C. 8.34(35).3 mit der Ergänzung des „pignorum“ aufgenommen und der Digestenstelle in D. 13.7.34 gegenübergestellt. Die Paulussentenzen erhielten keine Aufnahme, worin eine Abänderung der Rechtsordnung im justinanischen Recht gesehen werden könnte. Letztlich blieb es beim Verbot des Verfalls mit der Möglichkeit, die Verwertung nach dem Zeitpunkt der Pfandreife i. S. von D. 13.7.34 abzuändern. Ein abschließendes Urteil muss ausbleiben. Es mangelt nicht an Interpretationsmöglichkeiten, sondern es fehlen die Belege. b) Blieb der Verkauf des Pfandes durch den Schuldner an den Gläubiger erlaubt? Weitere Fragen warf der direkte Verkauf des Pfandes durch den Schuldner an den Gläubiger auf. Anscheinend beschäftigte sich erst die spätklassische Literatur mit dieser Frage. Das vorausgehende Schweigen spricht für die Vorstellung, dass ein direkter Verkauf der Sache an den Gläubiger als unwirksam erachtet wurde.221 Drei Fragmente und ihre Stellung zueinander gewähren einen Einblick in die Zulässigkeit eines solchen Geschäfts. Zuerst Tryphonin in D. 20.5.12 pr.: „Tryphoninus libro octavo disputationum Rescriptum est ab imperatore libellos agente Papiniano creditorem a debitore pignus emere posse, quia in dominio manet debitoris.“ „Tryphonin im 8. Buch seiner Erörterungen Als Papinian die kaiserliche Eingabenkanzlei leitete, ist vom Kaiser der Bescheid erteilt worden, daß der Gläubiger dem Schuldner die Pfandsache abkaufen kann, weil sie [ungeachtet der Verpfändung] Eigentum des Schuldners bleibt.“222

Diese Stelle beinhaltet zwei Kernaussagen: Zum einen stellt sie fest, dass zur Zeit Papinians (ca. 142 – 212) der Verkauf der verpfändeten Sache möglich war, da der Schuldner als Eigentümer der Sache weiterhin verfügungsbefugt war. Darüber hinaus 221

Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 142. 222 Lateinischer Text und Übersetzung: Behrends/Knütel u. a.: Corpus Iuris Civilis, Bd. III, S. 648 (Erstübersetzer: Andreas Wacke).

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grenzt das Fragment die rechtliche Stellung des Pfandschuldners (pignus) gegenüber der Rechtsstellung des Treuhandschuldners (fiducia) ab, bei der dieser durch Übertragung des Eigentums keine Verfügungsbefugnis mehr innehatte. Über den historischen Kontext schweigt die Quelle. Offen bleibt somit, ob es sich um eine neue vertragliche Kaufabrede handelte oder ob diese mit der Verpfändung verabredet worden war. Weitere Informationen in diese Richtung gibt ein Fragment, das aus der vatikanischen Sammlung stammt: fragmentum vaticanum 9 „Creditor a debitore pignus recte emit, siue in exordio contractus ita conuenit siue postea, nec incerti pretii uenditio uidebitur, si conuenerit, ut pecunia fenoris non soluta creditor iure empti dominium retineat, cum sortis et usurarum quantitas ad diem soluendae pecuniae praestitutam certa sit.“ „Ein Gläubiger kann den Pfandgegenstand rechtswirksam von seinem Schuldner kaufen, unabhängig davon ob dies bereits bei Vertragsschluss oder erst später vereinbart wurde. Eine Vereinbarung, wonach der Gläubiger, bei ausbleibender Darlehnszahlung, den Pfandgegenstand aufgrund des Rechts aus dem Kauf als Eigentümer behalten darf, kann nicht als Kauf für einen unbestimmten Preis betrachtet werden, da der Gesamtbetrag, bestehend aus Hauptsumme plus Zinsen bis zum zuvor vereinbarten Fälligkeitstag, feststeht.“223

Dieses Fragment trifft weitreichende Aussagen. Den Parteien stand es, über den Text von D. 20.5.12 pr. hinausgehend, ausdrücklich frei, ob sie einen solchen Verkauf bereits zu Beginn der Verpfändung oder erst später, unabhängig von dieser, vereinbaren wollten. Der im Fragment aufgeworfene zweite Fall, dass ein Kaufvertrag mit der Bedingung verabredet wurde, dass der Gläubiger die Sache „bei ausbleibender Zinstilgung“ behalten sollte, entspricht nach den bisherigen Ergebnissen einer uneigentlichen Verfallabrede. Das Fragment betont, dass der Kauf nicht aufgrund eines fehlenden Kaufpreises unwirksam sein konnte, da sich dieser aus der Addition von der Hauptsumme des Darlehns und den vereinbarten Zinsen ergab. Da ein Kauf nicht unwirksam war, bedeutet dies, dass das Fragment eine uneigentliche Verfallsabrede in Gestalt eines Kaufs als wirksam erachtete. In eine ganz ähnliche Richtung weist auch die dritte Stelle, die aus den Digesten stammt – Marican D. 20.1.16.9: „Potest ita fieri pignoris datio hypothecaeve, ut, si intra certum tempus non sit soluta pecunia, iure emptoris possideat rem iusto pretio tunc aestimandam: hoc enim casu videtur quodammodo condicionalis esse venditio. et ita divus Severus et Antoninus rescripserunt.“ „Die Bestellung eines Faustpfandes oder eines besitzlosen Pfandes, Hypothek, kann so geschehen, daß der Gläubiger, falls das Geld nicht innerhalb der bestimmten Frist bezahlt worden ist, die Sache, die dann nach ihrem gerechten Preis zu schätzen ist, nach dem Recht eines Käufers besitzen soll; in diesem Fall ist nämlich gewissermaßen ein bedingter Verkauf

223 Lateinischer Text: Krüger/Mommsen u. a.: Collectio librorum iuris anteiustiniani in usum scholarum. Vol. 3, S. 21. Freie Übersetzung orientiert an: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 116.

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gegeben. Und so haben der vergöttlichte Kaiser Septimus Severus und der Kaiser Antoninus [Caracalla] auf Anfrage entschieden.“224

Das Fragment Marcians, der selbst in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts zu verorten ist, scheint die Aussage im fragmentum vaticanum 9 zu bestätigen. Die wiedergegebene kaiserliche Entscheidung besagt, dass die Konstruktion einer uneigentlichen Verfallabrede mittels eines auf die Nichtleistung bedingten Kaufs rechtswirksam war. Der Kaufpreis bildete sich aber nicht aus der addierten Summe des besicherten Geschäfts, sondern musste ein „iustum pretium“ sein. Daher musste der Kaufpreis dem objektiven Wert der verpfändeten Sache entsprechen. Unklar blieb, auf welchen Zeitpunkt bei der Ermittlung des objektiven Werts der Sache abzustellen war. Verhagen schlägt vor, dass sich das „tunc“ innerhalb von „si … aestimandam“ als Verweis auf „si intra certum tempus non sit soluta pecunia“ beziehen müsse, sodass der Zeitpunkt des Bedingungseintritts entscheidend war – das entsprach dem Zeitpunkt der Säumnis. Dafür spricht auch der Charakter einer uneigentlichen Verfallabrede, da sie in ihren Rechtsfolgen auf die Bedingung der Nichtbefriedigung zugeschnitten war.225 In der Gesamtschau ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass vor der Zeit Papinians der Kauf der Pfandsache durch den Gläubiger wohl nicht (einheitlich) als wirksam betrachtet wurde. Es bedurfte somit der Klarstellung in D. 20.5.12 pr., damit sich die Juristen im Anschluss mehrfach mit dieser Thematik beschäftigten. Dies deutet auf einen Wandel im Verständnis der Pfandverwertung hin, deren Entwicklung sich, wie die des Pfandrechts insgesamt, bis in die Spätklassik kontinuierlich fortsetzte.226 Peters versucht sich in der Auseinandersetzung mit der Frage, warum der Regelungsgehalt der Fragmente notwendig war, an einer Antwort. Bis zu diesem Zeitpunkt scheint, wie bereits festgestellt, die Verwertung des Pfands überwiegend durch den Verkauf des verpfändeten Gegenstandes an einen Dritten erfolgt zu sein. Dem Pfandgläubiger stand somit ein häufig als „ius vendendi“ bezeichnetes Recht zu – das Recht, die Sache zu verkaufen. Wenn nun der Gläubiger aber auch das Recht hatte, die Sache selbst zu kaufen, er quasi ein Recht „ius emendi“ geltend machte, trafen nach Peters das Recht, zu verkaufen, und das Recht, zu kaufen, aufeinander. Dies soll der strengen Vorstellung des römischen Rechts widersprochen haben, da ein Kauf an eigenen Sachen unwirksam gewesen sei.227 Unter dieser Prämisse würden sich die Klarstellungen aus 224 Lateinischer Text und Übersetzung: Behrends/Knütel u. a.: Corpus Iuris Civilis, Bd. III, S. 621 (Erstübersetzer Andreas Wacke). 225 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 116. 226 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 143 mit Fn. 20, m. w. N. 227 Zu dieser Problematik ausführlich m. w. N.: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 144 f. und Fn. 27; Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, S. 549.

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fragmentum vaticanum 9 und D. 20.1.16.9 als eine notwendige rechtliche Erläuterung erklären, damit der Gläubiger das Recht, die Pfandsache selbst zu erwerben, wirksam ausüben konnte. Andere Ansichten vermuten, das Ziel der Fragmente habe darin gelegen, die Verfügungsbefugnis des Schuldners zu betonen. Die Berechtigung, trotz erfolgter Verpfändung weiter über den Gegenstand verfügen zu können, war sowohl ein wesentlicher Entwicklungsschritt zur Möglichkeit der Mehrfachverpfändung228 als auch ein wichtiges Abgrenzungskriterium zur fiducia229. Das Bild bleibt auch deswegen undurchsichtig, weil die Stelle Marcians der Interpolation verdächtig ist. So wird unterstellt, die Kompilatoren des CIC hätten die Stelle „iusto pretio tunc aestimandam“ in D. 20.1.16.9 aus Harmonisierungsgründen eingefügt, um die Regelungen zum Pfand zu vereinheitlichen. Der objektiv ermittelte gerechte Preis sei jedoch eine Figur, die sich gerade beim Kauf nicht mit der im römischen Recht hochgehaltenen Idee des Vorrangs der Parteiabrede vertrage. Das Konzept sei daher zwar Teil des justinianischen, aber nicht Teil des spätklassischen römischen Rechts.230 Um den Konflikt für die spätklassische Zeit gar unabhängig von den benannten Stellen zu lösen, werden weitere Ansätze zum Schutz des Schuldners konstruiert. Peters unterstellt etwa, dass die spätklassischen Juristen bedingte Verkaufsabreden ohne Einschränkung zuließen, da sie diese Geschäfte dann in eine datio in solutum umdeuten konnten, die dem Schutz des Schuldners besser gerecht wurde. So hätte der angedeutete Konflikt angeblich gar nicht bestanden.231 Levy spricht sich im Rahmen des bedingten Kaufs für einen Schutz des Schuldners über die actio pigneraticia aus, die wie in der Klassik dazu dienen sollte, den über den Wert der besicherten Forderung hinausgehenden Wert der Pfandsache herauszuverlangen.232 Jedoch wird 228 Früher soll mit der Verpfändung eine Verfügungsbeschränkung des Schuldners einhergegangen sein: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 144, Fn. 22, mit Verweis auf: Rabel: Die Verfügungsbeschränkungen des Verpfänders. 229 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 144, mit Verweis auf: von Lübtow: Catos leges venditioni et locationi dictae, in: Symb. R. Taubenschlag Bd. III, EOS 48/III 1956, S. 335. 230 Siehe hierzu im Gesamten: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 146 und Fn. 31 mit Verweis auf: Pomp./Ulp. D. 4.4.16.4 und Paul. D. 19.2.22.3. 231 Diese Idee ist abzulehnen, da die datio in solutum keinen höheren Schutz bot. Hierzu näher unten unter: 4. d). A. A.: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 146, 148. 232 Levy: Weströmisches Vulgarrecht, das Obligationenrecht, S. 190; so auch Manigk, Artikel: „pignus“, in: RE 20, S. 1272, verwiesen durch Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 146 und Fn. 36.

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diese Ansicht von Peters mit einem Verweis auf D. 13.7.20.3233 abgelehnt.234 Dort wurde dem Schuldner die Klage versagt, wenn der Gläubiger den Pfandgegenstand gekauft hatte. Auch diese Ansätze überzeugen letztlich nicht. Zusammengefasst fällt die Antwort auf die Frage, was im spätklassischen römischen Recht galt, schwer. Grundsätzlich konnte der Gläubiger mit dem Schuldner die Abrede treffen, dass er die verpfändete Sache kaufen konnte. Jedoch lag es damit im Ermessen des Schuldners, ob er sich hierauf einließ. War eine uneigentliche Verfallabrede des bedingten Kaufs zusammen mit der Bestellung des Pfandrechts vereinbart worden, muss die Frage offenbleiben, inwieweit der Wert der verpfändeten Sache im Kaufpreis Berücksichtigung fand. Entweder ergab er sich aus der Addition von Darlehnssumme und Zinsen (fragmentum vaticanum 9), wodurch auch der Kauf rechtlich wirksam wurde, oder aber er war, bei aller Kritik an der Quelle D. 20.1.16.9, objektiv zum Zeitpunkt der Säumnis zu bestimmen. Nach der oben angesprochenen Meinung Levys wäre im ersten Fall ein eventueller Überschuss möglicherweise durch die actio pigneraticia einklagbar gewesen. Die beiden Stellen widerspruchsfrei miteinander zu harmonisieren, ist wohl anscheinend nicht möglich. Für das justinianische Recht fällt die Antwort leichter, da das fragmentum vaticanum 9 (bewusst) nicht übernommen worden war. Der auf die Nichtleistung bedingte Kauf war weiterhin als Ausnahme zum Verbot des Verfalls im Codex möglich. Jedoch war bei einem solchen Geschäft der „objektive Wert“ zu berücksichtigen, da der Schuldner vermutlich ausreichend geschützt war. c) Worum ging es in Scaevola D. 18.1.81 pr.? Bis heute dient eine weitere Stelle in diesem Regelungszusammenhang als Grundlage für die Diskussion um das Verfallverbot: die Digestenstelle der von Quintus Cervidius Scaevola (ca. 2. Jh. n. Chr.) verfassten responsa in D. 18.1.81 pr.:235 „Scaevola libro septimo digestorum Titius cum mutuos acciperet tot aureos sub usuris, dedit pignori sive hypothecae praedia et fideiussorem Lucium, cui promisit intra triennium proximum se eum liberaturum: quod si id 233 Lateinischer Text und Übersetzung nach: Behrends/Knütel u. a.: Corpus Iuris Civilis, Bd. III, S. 185 (Erstübersetzer: Reinhard Zimmermann): Text: D. 13.7.20.3: „Paulus libro vicensimo nono ad edictum […] §3 Interdum etsi soluta sit pecunia, tamen pigneraticia actio inhibenda est, veluti si creditor pignus suum emerit a debitore.“ Übersetzung: „Paulus im 29. Buch zum Edikt […] §3 Mitunter ist die Pfandklage zu verweigern, obwohl die Schuldsumme bezahlt worden ist, zum Beispiel wenn der Gläubiger sein Pfand vom Schuldner gekauft hat.“ 234 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 147. 235 Schanbacher: Die Gegenwart der Geschichte in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – BGHZ 130, 101, in: Beck-Mannagetta/Böhm, u. a., Der Gerechtigkeitsanspruch des Rechts, S. 639 ff.; Sigel: Rechtsgutachten des Quintus Cervidius Scaevola, S. 30 ff., zum Autor ab S. 5 ff.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse non fecerit die supra scripta et solverit debitum fideiussor creditori, iussit praedia empta esse236, quae creditoribus obligaverat. quaero, cum non sit liberatus Lucius fideiussor a Titio, an, si solverit creditori, empta haberet supra scripta praedia. respondit, si non ut in causam obligationis, sed ut empta habeat, sub condicione emptio facta est et contractam esse obligationem.“ „Scaevola im 7. Buch seiner Digesten Titius gab, als er eine bestimmte Anzahl Goldstücke verzinslich als Darlehen erhielt, Grundstücke als Besitzpfand oder Hypothek und stellte den Lucius als Bürgen. Diesem versprach er, ihn in den nächsten drei Jahren von der Bürgschaft zu befreien. Falls dies bis zur oben genannten Zeit nicht geschehen würde und er als Bürge dem Gläubiger die Schuld habe bezahlen müssen, so sollten die den Gläubigern verpfändeten Grundstücke ihm als Käufer zustehen. Ich frage, ob dann, wenn Lucius von der Bürgschaft durch Titius nicht befreit worden ist, die oben genannten Grundstücke als von ihm gekauft zu betrachten seien, sofern er den Gläubiger befriedigt habe? Er hat das Gutachten erteilt, wenn er [Lucius] sie nicht als verpfändet, sondern als verkauft zugewiesen erhielt, so sei der Kauf unter einer Bedingung geschlossen und daher das Schuldverhältnis wirksam zustande gekommen.“237

In dem Fragment trift die Realsicherheit des Pfandrechts auf die Personalsicherheit der Bürgschaft, die beide zur Sicherung einer Darlehnsschuld des Titius’ bestellt worden waren. Im Wesentlichen gibt das Fragment Auskunft darüber, wie die zusätzliche Abrede zwischen Titius und Lucius zu bewerten war. Nach dem Gutachten von Scaevola soll es sich bei der Abrede um einen bedingten Kauf gehandelt haben, der nach dem Eintritt der Bedingung rechtswirksam zustande gekommen war. Relativierend fügte er an, dass dies nicht der Fall sei, falls die Parteien in der Abrede lediglich eine Verpfändung beabsichtigt hätten. Da hierzu nichts weiter ausgeführt wurde, blieb es im Zweifelsfall bei der bedingten Kaufabrede. In der Folge übernahm nicht der Gläubiger des Darlehns die Sache, sondern der Bürge Lucius, der seinerseits für die Verbindlichkeit des Schuldners eintreten musste.238 Fraglich ist nun, wie die Abrede in dieser zeitlich früheren Quelle nach Erlass des Verfallverbots unter Kaiser Constantin zu bewerten ist. Handelte es sich – aus nachjustinianischer Perspektive – bei dieser Konstruktion tatsächlich um eine Verfallabrede oder lagen bereits die Voraussetzungen für eine solche nicht vor? Zum anderen, falls es sich um eine verbotene Verfallabrede handelte, spricht dieses Fragment eine Privilegierung des Bürgen aus?

236

esse“.

Textvorschlag: Behrends/Knütel u. a.: Corpus Iuris Civilis, Bd. III, S. 469: „empta

237 Lateinischer Text und Übersetzung: Behrends/Knütel u. a.: Corpus Iuris Civilis, Bd. III, S. 469 f. (Erstübersetzer: Heinrich Honsell); Abweichende Übersetzung mit ausführlicher Analyse bei: Sigel: Rechtsgutachten des Quintus Cervidius Scaevola, S. 30 ff. 238 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 142 und Fn. 14; ausführlich zu der Problematik: Sigel: Rechtsgutachten des Quintus Cervidius Scaevola, S. 33 ff.

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Die Interpretationen fallen unterschiedlich aus. Verhagen geht etwa so weit, diese Form des Verkaufs an den Bürgen als eine (getarnte) Verfallabrede einzuordnen.239 Ähnliche sahen es wohl auch die Verfasser des preußischen ALR, das in Teil I Titel 20 § 35 die Verfallklausel zugunsten des Bürgen ausdrücklich verbot.240 Darin lag wohl die Annahme, dass es sich in D. 18.1.81 pr. um eine Verfallklausel handelte, die als Ausnahmeregelung gestattete wurde. Dem trat das ALR entgegen und stellte sich gegen die vermutete Ausnahme. Grundsätzlich lag die Ähnlichkeit von D. 18.1.81 pr. mit einer eigentlichen Verfallabrede zwischen einem Pfandgläubiger und einem Schuldner auf der Hand. Es wurde mittelbar an die Bedingung angeknüpft, dass der Schuldner den Gläubiger nicht befriedigt hatte. Denn der Schuldner hatte versprochen den Bürgen (fideiussor) von seiner Verbindlichkeit gegenüber den Gläubigern zu befreien, indem er seinerseits dem Gläubiger die Darlehnsschuld zurückzahlen wollte. Nach dieser Vorstellung war die Gefahrenlage aus Sicht des Schuldners ähnlich: Er verpflichtete sich weitreichend zu Beginn des Pfandgeschäfts, um Kredit zu erhalten. Seinerseits drohte ihm der Verlust des Pfandgegenstands. Ob dieser dem Bürgen oder dem Gläubiger verfiel, war aus Sicht des Schuldners unerheblich. Über das Vorliegen einer Verfallklausel war, nach dieser Ansicht, aus dem Blickwinkel des Schuldners zu entscheiden. Mit dieser Annahme hätte die Stelle in D. 18.1.81 pr die Verfallkonstruktion zugunsten des Bürgen als Ausnahme vom Verfallverbot festgestellt und diese ausdrücklich erlaubt. Nach anderer Ansicht lag bereits keine Verfallabrede vor, da es sich um ein Dreipersonenverhältnis handelte. Die Voraussetzung, dass ein Pfandrecht so umgestaltet wurde, dass, im Fall der Nichtzahlung der gesicherten Forderung, der Pfandgegenstand beim Pfandgläubiger verblieb, sei nicht erfüllt. Entscheidend war, im Unterschied zu der eigentlichen Verfallklausel, dass der Bürge als Dritter die Grundstücke erhielt und eben nicht der Gläubiger, dessen Darlehn gesichert werden sollte. Die typische Gefahr, dass sich der Schuldner für den Krediterhalt dem Gläubiger auslieferte, sei somit nicht erfüllt gewesen. Die Aufnahme von D. 18.1.81 pr. sei gar nicht auf die Verfallklausel bezogen, vielmehr sollte ein anderer Aspekt zur Übernahme in das CIC geführt haben. Kaser deutet an, es sei um die Feststellung gegangen, dass der Pfandbesteller, trotz der Verpfändung der Sache an den Darlehnsgläubiger, die Sache bedingt an den Bürgen habe weiterveräußern dürfen. Ziel des Fragments sei es, die Verfügungsbefugnis des Pfandbestellers, trotz der bereits ausdrücklich erfolgten Verpfändung, zu bestätigen.241 Inhaltlich bleibt ungeklärt, ob dieses Fragment tatsächlich im Zusammenhang mit dem Verbot des Verfalls stand. Das Fragment wirft die Frage auf, ob eine Verfall239 Mittelbar auf Kaser verweisend: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 117, mit Fn. 38 – Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 74, Fn. 91. 240 Siehe unten: Abschnitt E. Zu eine ähnlichen Bewertung kommt auch Raape: Die Verfallklausel, S.44. 241 Im Gesamten: Kaser, Studien zum römischen Pfandrecht, S. 74, Fn. 91; Sigel: Rechtsgutachten des Quintus Cervidius Scaevola, S. 48 ff.

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klausel mit ihren typischen Gefahren, wie sie das Verbot in C. 8.34(35).3 verhindern wollte, auch in einem Dreipersonenverhältnis auftreten konnte. Zwar trat auch im Rahmen eines Pfandgeschäfts die bedingte Abrede auf, dass die Verwertung des Pfands anders als durch Verkauf an einen Dritten erfolgen sollte. Dennoch war mit dem Bürgen eine dritte Person Bezugspunkt der Abrede. Am wahrscheinlichsten ist hingegen, dass das römische Recht in dem Fragment keine abschließende Regelung zur Lösung der Problematik getroffen hatte. Für diese Einschätzung spricht auch der relativ frühe Ursprung des Fragments.242 d) Die datio in solutum als Ausnahme zum Verfallverbot? Wie bereits angedeutet, bildete das Institut der datio in solutum immer einen Anknüpfungspunkt im Rahmen der Diskussion um das Verfallverbot. Die datio in solutum, was übersetzt so viel wie „Hingabe zur/als Erfüllung“ bedeutet, stellte rechtlich eine Sonderform eines Erlöschenstatbestands dar. Abstrakt bot der Schuldner dem Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an. Mit der Annahme des an Zahlungs statt Gegebenen durch den Gläubiger erlosch die ursprüngliche Verpflichtung.243 Zwar war die rechtliche Ausgestaltung zwischen datio in solutum und dem bedingten Verkauf als Geschäft mehr als unterschiedlich,244 bei der Verwendung als uneigentliche Verfallabrede ergaben sich hingegen Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den beiden Instituten.245 Letztlich funktionierten beide Konstrukte in diesem Zusammenhang ähnlich. Während bei der datio in solutum der Pfandgegenstand an die Stelle der geschuldeten Leistung trat, wurde beim bedingten Kauf der Pfandgegenstand für den Kaufpreis der geschuldeten Summe246 versprochen. Als Abgrenzungskriterium kommen zwei Anknüpfungspunkte in Betracht. Zum einen hätten die bei der Abrede verwendeten Worte daraufhin ausgelegt werden können, ob auf einen „Verkauf“ oder eine „Überlassung an Zahlungs statt“ zu schließen war. Demnach wäre die rechtliche Beurteilung von den eventuell willkürlich gebrauchten Worten der Parteien abhängig gewesen. Zum anderen hätte der Zeitpunkt der Abrede entscheidend sein können. Eine mit der Verpfändung geschlossene Abrede hätte wohl für einen Verkauf gesprochen, während eine später 242

Im Ergebnis ebenso: Sigel: Rechtsgutachten des Quintus Cervidius Scaevola, S. 51 f. Honsell: Römisches Recht, S. 104 f. Dabei setzte sich die Rechtsaufsicht der Sabinianer durch, dass die ursprüngliche Forderung ipse iure erlosch, da der Schuldner so behandelt wurde, als ob er die geschuldete Leistung gebracht hätte. Die Rechtsansicht der Prokulianer, dem Schuldner nur eine exceptio doli gegen die Klage des Gläubigers auf Erfüllung der ursprünglichen Leistung zuzusprechen, konnte sich nicht durchsetzen. 244 Etwa bei dem Vergleich der möglichen Klagen, siehe: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 154, Fn. 65 – Verweis auf: Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, S. 638, Fn. 38. 245 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 154 f. 246 Bzw. für einen gerechten Preis, s. o. die Ausführungen zu D. 20.1.16.9 unter: 3. a). 243

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eingegangene Abrede auf eine „Verrechnung“ in Form der Hingabe an „Zahlungs statt“ hindeutete. Die Unterscheidung war wegen der sehr unterschiedlichen Rechtsfolgen für den Schuldner relevant, die bei der datio in solutum stark von denen des Kaufs abwichen. Ausgangspunkt für die Unterscheidung war: Ulp. D. 46.3.45 pr.: „Ulpianus libro primo responsorum Callippo respondit, quamvis stipulanti uxori vir spoponderit dirempto matrimonio praedia, quae doti errant obligata, in solutum dare, tamen satis esse offerri dotis quantitatem.“ „Ulpian, Erstes Buch der Rechtsgutachten [Ulpianus] hat dem Callippus das Gutachten erteilt: Obwohl der Ehemann der Ehefrau, welche es sich stipuliert, gelobt habe, nach getrennter Ehe die Grundstücke, welche für das Heirathsgut verpfändet waren, an Zahlungsstatt zu geben, so genüge es doch, wenn der Betrag des Heirathsguts angeboten werde.“247

In dieser Stelle verfasste Ulpian (gest. 223 n. Chr.) ein Rechtsgutachten zu einem Fall, in dem ein Ehemann Grundstücke für den Herausgabeanspruch der dos seiner Ehefrau nach Beendigung der Ehe verpfändete. Er hatte der Frau mittels einer datio in solutum die Grundstücke für die Zukunft zugesagt. Ulpian gewährt dem Mann das Recht, die Grundstücke auszulösen, indem er den Wertbetrag der dos aufwendete. Auf den ersten Blick erschließt sich nicht, wie diese Stelle eine Beurteilung der Verfallklausel beeinflussen konnte. Jedoch ergab sich im Umkehrschluss der Gedanke, dass der Mann trotz der Hingabe der Grundstücke ein Wahlrecht hatte: Er konnte es entweder bei der datio in solutum belassen oder er hatte das Recht, die Grundstücke auszulösen. Damit bestand bis zu einem späteren (nicht genannten) Zeitpunkt die Möglichkeit, die Abrede der datio in solutum rückgängig zu machen. War dies die typische Rechtsnatur einer datio in solutum, konnte die Auswirkung, in welcher rechtlichen Gestalt eine Verfallabrede konstruiert wurde, erheblich sein. Peters geht in seiner Analyse so weit, dass er hieraus ein eigenes, in sich logisches Modell konstruiert. Die datio in solutum, die nach dieser den Schuldner schützenden Interpretation von D. 46.3.45 pr. eine besondere Stellung hatte, habe sich daher besonders dann geeignet, wenn der Wert des verpfändeten Gegenstandes erheblich höher gewesen sei als die besicherte Forderung. Selbst wenn der Verfall durch die Bedingung der Nichtleistung eingetreten sei, habe der Schuldner immer noch die Möglichkeit gehabt, das Pfand auszulösen.248 Andererseits habe sich nach Peters der Kauf angeboten, wenn der verpfändete Gegenstand gleichwertig mit der gesicherten Forderung gewesen sei. Denn anders als nach der oben angesprochenen Interpretation sei der Schuldner an den Verkauf der Sache gebunden gewesen und habe diesen nicht rückgängig machen können. Peters räumt jedoch selbst ein, dass es für diese 247 Lateinischer Text: Krüger/Mommsen: Corpus Iuris Civilis. Vol. 1. Institutiones Digesta, S. 800; Übersetzung: Otto/Schilling: Corpus Iuris Civilis, Bd. 4, S. 745. 248 Mit Bezug auf D. 46.4.45 pr. deutet auch Kaser diese Abschwächung der befreienden Wirkung der datio in solutum an: Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 19 f., insb. Anm. 116.

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Interpretation keine Belege gibt. Lediglich lasse sich logisch erschließen, dass die datio in solutum in diesem Sinne mehr „forderungsbezogen“ war.249 So sei es den Parteien primär um die Tilgung der Forderung gegangen, die hingegebene Sache sei hinter diese zurückgetreten. Beim Kauf sei dies anders, dieser sei „sachbezogen“, sodass die Orientierung an dem Wert der Sache erfolge. Peters gesteht zu, dass bei den belegten Stellen der Gegenstand immer dem Wert der Forderung entsprechen konnte, während beim Kauf – außer bei der Stelle des fragmentum vaticanum 9 – der Kaufpreis von der Forderung abweichen konnte,250 was, sofern dies kein Zufall war, eher gegen diese Interpretation gesprochen hätte. Nach dieser Ansicht sei grundsätzlich eine datio in solutum gegeben. Ausnahmsweise sei es andersherum gewesen, wenn der Wert der Sache von den Parteien besonders berücksichtigt worden sei.251 Diese – aus nachjustinianischer Perspektive – weitreichende Interpretation als Verfallabrede252 trifft auch auf Widerstand.253 Zwar befindet sich das Fragment inhaltlich an der Schnittstelle von datio in solutum und Pfandrecht. Jedoch interpretierte Ulpian die Abrede der Parteien als eine Wahlschuld, bei der der Schuldner entweder Rückzahlung der dos anbieten durfte oder der Frau die Grundstücke belassen konnte. Dieser Inhalt konnte nur mittelbar als Grundlage für weitere Überlegungen dienen, die abstrakt etwas über die Natur der datio in solutum aussagen. Das Fragment selbst konnte demnach auch in keinem Zusammenhang zum eigentlichen Problem der Verfallabrede stehen. Weder wurde eine Verbindung zur Bedingung der Nichtbefriedigung hergestellt noch ergab sich ein Zusammenhang zu den spezifischen Risiken der wucherischen Ausbeutung.254 Die Darstellung des Ablösungsrechts der datio in solutum hätte damit wohl auch an jedem anderen, nicht pfandrechtlichen Beispiel erfolgen können. Für Ablehnung der weitreichenden Auslegung von D. 46.3.45 pr. sprechen auch weitere Stellen, die aus dem Codex stammen. Zum einen das Fragment in C. 8.13(14).1:

249 Zitate: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 156. 250 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 156. 251 Siehe insgesamt: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 155 – 157. 252 Kaser: Studien zum römischen Pfandrecht, S. 19 f.; Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 155 – 157. Diese weite Interpretation als Verfallabrede wurde wohl schon von Azo, Accursius und Bartolus vorgenommen, wie Verhagen betont, obwohl er selbst dies kritisch sieht, siehe: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 118, Fn. 44. 253 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 118. 254 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 117 f.

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„Impp. Severus et Antoninus AA Timotheo. Debitor, qui pignoribus profitetur se creditoribus cedere, nihilo magis liberabitur. PP. v k. Mart. Severo A. II et Albino conss. [194]“ „1. D. K. Sever. an Timotheus. Der Schuldner, welcher erklärt, er wolle seinen Gläubigern die Pfänder abtreten, wird dadurch keineswegs befreiet. Geg. D. 25. Febr. u. d. C. Sever. II. u. Albin. II. [194.]“255

Diese Stelle scheint stark verkürzt, sodass der ursprüngliche Bedeutungszusammenhang im Dunkeln bleibt. Der Regelungsinhalt, der durch das „cedere“ („weichen“) stark dafür spricht, dass eine datio in solutum geregelt war, geht in die Richtung, dass der Schuldner eben durch diese nicht frei wurde. Daher führte die Vereinbarung einer datio in solutum nicht dazu, dass der Schuldner von seinem Pfandrecht befreit werden konnte. In der Rechtsfolge bedeutete diese kaiserliche Anordnung, dass der Schuldner das Recht behielt, seine Forderung zu begleichen, um seine Pfandgegenstände auszulösen. Andererseits verlor er die Möglichkeit, es bei der Überlassung des Grundstücks zu belassen, um damit das Pfandrecht zum Erlöschen zu bringen. Für die Verwertung des Pfandes durch die Vereinbarung der datio in solutum bedeutete dies, dass diese uneigentliche Verfallabrede keine abschließende Form der Verwertung darstellen konnte, da dem Schuldner das Recht der Auslösung weiterhin offenstand. Sie verlor ihre Wirksamkeit, das Pfandverhältnis zum Abschluss zu bringen. Ebenso spricht es für dieses Ergebnis, den eigentlichen Kern der Regelung von C. 8.13(14).1 im Gläubigerschutz zu sehen. Denn der Gläubiger sollte vor der Möglichkeit des Schuldners geschützt werden, durch ein einseitiges Angebot zur datio in solutum von seiner Schuld frei zu werden. Damit zeigt sich an dieser Stelle die heute noch geltende Regelung des § 364 Abs. 1 BGB, der eine Annahme an Erfüllungs statt nur mit einer einvernehmlichen Annahme des Gläubigers ermöglicht.256 In eine ähnliche Richtung ist wohl auch die Codexstelle in C. 8.34(35).1 zu beurteilen: „Qui pactus est, nisi intra certum tempus pecuniam quam mutuam accepit solveret, cessurum creditoribus, hypothecae venditionem non contraxit, sed id comprehendit, quod iure suo creditor in adipiscendo pignore habiturus erat. Communi itaque iure creditor hypothecam vendere debet.“ „Derjenige, der sich bereit erklärt, Gläubigern [Pfandgegenstände] abzutreten, sofern er das ihm geliehene Geld nicht innerhalb einer bestimmten Zeit zurückgezahlt hat, einigt sich nicht auf einen Verkauf des Pfandgegenstandes, sondern bringt die Befugnis zum Ausdruck, die der Gläubiger bei dem Erwerb des Pfandes [ohnehin] haben würde. Der Gläubiger muss 255

Lateinischer Text: Krüger: Corpus Iuris Civilis. Vol. 2. Codex Iustinianus, S. 340; Übersetzung unter: C. 8.14.1: Otto/Schilling: Das Corpus Juris Civilis, Bd. 6, S. 185. 256 Argumentation im Gesamten bei: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 118. Dies galt im römischen Recht ebenfalls, allenfalls bei vertretbaren Sachen kommt ein aliud pro alio solvi invito creditore in Betracht, siehe für das römische Recht: Kaser/Knütel/Lohsse: Römisches Privatrecht, § 53, Rn. 11, m. w. N.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse den Pfandgegenstand deshalb in Übereinstimmung mit den allgemein geltenden Rechtsregeln verkaufen.“257

Aufgrund des in dem Fragment benutzten „cessurum“, das sprachlich für eine datio in solutum spricht, ordnete das Fragment die Abrede des Überlassungsgeschäftes als eine Leistung an Zahlungs statt ein.258 Die heutige Literatur versteht das in C. 8.33(34).1 behandelte Institut daher mehrheitlich als datio in solutum.259 Inhaltlich entfiel nicht die uneigentliche Verfallabrede, sondern sie wurde in eine Verkaufsabrede umgedeutet, die dem Gläubiger seine ihm ohnehin zustehenden Rechte des Pfandvertrags erhielt. So stand dem Gläubiger weiterhin das bereits angesprochene „ius vendendi“ zu, die Berechtigung, den verpfändeten Gegenstand zu verkaufen.260 Dass diesem Fragment besondere Regelungsnähe zum Verbot Kaiser Constantins zukommt, erschließt sich daraus, dass beide aus demselben, sehr kurzen Titel stammen: „De pactis pignorum et de commissoria lege in pignoribus rescindenda“ („Von den Pfandverträgen und der Aufhebung des Nebenvertrages des Verfalls bei Pfändern“).261 Dieses anscheinend eindeutige Ergebnis wird wiederum durch andere Stellen des Codex relativiert. Insbesondere die Stelle von Diokletian C. 8.13(14).13 fällt auf: „(Impp. Diocletianus) … AA. Et CC Matronae. Cum dominam non minorem viginti et quinque annis ea quae obligaverat tibi iure dominii possidere permisisse et in solutum dedisse precibus significes, dominae contractus et voluntas ad firmitatem tibi sufficit. S. III k. Mai. Heracliae AA. Conss. [a 293]“ „Diokletian an eine Matrone Da du in deinem Bittschreiben angibst, es habe die über fünfundzwanzig Jahre alte Eigentümerin die dir verpfändeten Gegenstände dir vermöge Eigentumsrechts zu besitzen gestattet und an Zahlungs Statt gegeben, so genügt der Contract und Wille der Eigentümerin zur Festhaltung für dich. Geg. zu Heraclea D. 29. April h. d. C. d. K. 293“ 262 257 Lateinischer Text: Krüger: Corpus Iuris Civilis. Vol. 2. Codex Iustinianus, S. 348; Übersetzung nach: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 117 mit Fn. 39. 258 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 156 ff. 259 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 117; Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 157. 260 So auch: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 117; Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 157. 261 Text: Krüger: Corpus Iuris Civilis. Vol. 2. Codex Iustinianus, S. 348; Übersetzung: Otto/Schilling: Das Corpus Juris Civilis, Bd. 6, S. 221. 262 Lateinischer Text: Krüger: Corpus Iuris Civilis. Vol. 2. Codex Iustinianus, S. 340; Übersetzung unter: C. 8.14.13: Otto/Schilling: Das Corpus Juris Civilis, Bd. 6, S. 187.

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Die Bittstellerin fragt in ihrer Schrift, ob ihr das Eigentum an den ihr an Zahlungs statt überlassenen Gegenständen zustand oder ob sie fürchten musste, kein Eigentum durch die einfache „nur“ durch Vertrag vereinbarte datio in solutum erlangt zu haben. Zuerst fällt auf, dass die datio in solutum der Verpfänderin mit der Gläubigerin als uneingeschränkt wirksam betrachtet wurde. In welchem Regelungskontext dieses Fragment stand, wird hingegen unterschiedlich beantwortet. Eine Ansicht sieht in diesem Fragment die wesentliche Klarstellung, dass es für die Wirksamkeit des Eigentumsübergangs an die Gläubigerin nur auf den Vertrag und den Willen der Verpfänderin ankam und er eben von keiner weiteren Voraussetzung, wie einer impetratio dominii, abhing. Damit hätte es zur Wirksamkeit dieser Abrede keines Antrags der Gläubigerin an den Kaiser bzw. ein kaiserliches Gericht bedurft.263 Nach Ansicht von Peters ist in diesem Fragment die Lockerung der datio in solutum von der strengen, oben angedeuteten Auslegung der Spätklassiker zu erkennen. Dabei stützt er seine Argumentation darauf, dass für die Schuldnerin der Begriff der domina verwendet wurde und dieser über die Wortbedeutung der „Eigentümerin“ hinausgehend den gesellschaftlichen Status der Schuldnerin andeuten sollte. Für die anfragende Gläubigerin wurde hingegen der auf einen geringeren Status hindeutende Ausdruck der matrona verwendet. Damit sollte im vorliegenden Fall die Ausnahme zum Verbot einer Verfallabrede geboten sein, da durch die schwache Gläubigerin kein wucherischer Missbrauch zu befürchten war.264 Diese Interpretation geht Hand in Hand mit Peters sehr weiter Auslegung der oben besprochenen Stelle D. 46.3.45 pr. Im Ergebnis wäre die datio in solutum ablösbar gewesen, was durch eine weitere Bestätigung der Wirksamkeit einer datio in solutum als Ausnahme vom Verfallverbot in C. 8.13(14).13 weiteren Aussagegehalt erlangen würde. Nach Peters wäre die datio in solutum als uneigentliche Verfallabrede nicht vom Verbot erfasst worden, da aufgrund der Ablösbarkeit kein Bedürfnis des Schuldnerschutzes bestanden hätte und eine wucherische Ausbeutung durch den Gläubiger nicht möglich erschien. Gegen diese Ansicht spricht, dass die Stelle wohl nicht im Regelungszusammenhang mit dem Verbot des Verfalls stand. Letztlich ging es zwar um einen Fall der Überlassung der Gegenstände an Erfüllungs statt, der Zusammenhang mit der Bedingung der Nichtbefriedigung ist jedoch nicht zu erkennen.265 Es dürfte sich in 263

In diesem Sinne und zum Institut der „impetratio dominii“: Burdese: lex commissoria e ius vendendi nella fiducia e nel pignus, S. 206 ff.; von Lübtow: Catos leges venditioni et locationi dictae, in: Symb. R. Taubenschlag Bd. III, EOS 48/III 1956, S. 336. 264 Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 158 und Fn. 79; eine weitere Bekräftigung sieht er zudem in der Stelle C. 4.51.3, die er ebenfalls in diesen Kontext der Auslegung einordnet, siehe S. 160. A. A. Felgentraeger: Antikes Lösungsrecht, S. 114. 265 Ebenso: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 117 f., 120 f.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

dem Fragment D. 46.3.45 pr. schlicht um eine von der Nichtbefriedigung unabhängige Abrede gehandelt haben. Ob es in dem Fragment um die Lösung der datio in solutum von weiteren Voraussetzungen ging oder ob sich darin eine andere Absicht verbarg, kann an dieser Stelle offen bleiben. Diese Stelle hingegen mit D. 46.3.45 pr. als eine Grundlage für eine Lossagung vom Verfallverbot zu interpretieren, scheint aufgrund des fehlenden Bezugs zur Bedingung der Nichtbefriedigung nicht richtig. Das Argument, dass die Verwertungsform der datio in solutum dem Kauf (sei es durch den Gläubiger oder den Verkauf an einen Dritten) gleichstand, wird auch nicht durch die Stelle C. 8.19(20) pr. und § 1266 begründet. Zwar werden in dem Fragment der Kauf und die datio in solutum im Rahmen der mehrfachen Verpfändung in einem Atemzug genannt, sodass es scheinbar keine wesentlichen Unterschiede in der Wirksamkeit der Geschäfte gab, jedoch ist auch hier nur von einer generellen Befriedigung die Rede, die nicht von der Nichtbefriedigung des Gläubigers abhängig gemacht wurde. Kernregelung des Fragments war das Recht des nachrangigen Gläubigers, der seine pfandrechtlichen Ansprüche gegen den Schuldner nur geltend machen konnte, wenn er gegenüber dem ersten Gläubiger die ausstehende Schuld des Schuldners übernahm. Diese Privilegierung des ersten Gläubigers ergab sich aus dem Prioritätsprinzip („praecedentis contractus“) und hatte keinen Zusammenhang mit dem Problemfeld des Verfallverbots. Als Resultat ist festzustellen, dass die Vereinbarung der datio in solutum zwischen dem Pfandgläubiger und dem Schuldner grundsätzlich nicht durch das Verfallverbot Constantins beeinträchtigt war. Sie konnten somit zur Verwertung des Pfands eine solche vereinbaren. Kritisch bewertet werden muss hingegen die Frage, ob die datio in solutum als uneigentliche Verfallklausel dazu dienen konnte, das Verbot der lex commissoria zu umgehen. Konnte also eine datio in solutum mit der Bedingung der Nichtbefriedigung so verknüpft werden, dass sie durch das Verbot in C. 8.34(35).3 nicht erfasst wurde? Dass dem tatsächlich so war, wird mit D. 46.3.45 pr. begründet. Insgesamt muss dies aber aus den oben genannten Gründen abgelehnt werden. Hierfür spricht, neben einer weiten Auslegung des 266 C. 8.20.1 – Lateinischer Text: C. 8.19(20) pr. und 1. „Imp. Alexander A. Athenioni. Si vendidit is qui ante pignus accepit, persecutio tibi hypothecaria superesse non potest. 1. Cum autem debitor ipsi priori creditori eadem pignora in solutum dederit vel vendiderit, non magis tibi persecutio adempta est, quam si aliis easdem res debitor venumdedisset: sed ita persequens res obligatas audieris, si, quod eidem possessori propter praecedentis contractus auctoritatem debitum est, obtuleris. PP. v id. Mai Agricola et Clemente conss. [a 230].“ Übersetzung: „(Wenn ein älterer Gläubiger ein Pfand verkauft hat). § 1 D.K. Alexand. an Anthenion. Wenn der, welcher ein Pfand früher empfangen, dasselbe verkauft hat, so kann dir keine weitere hypothekarische Rechtsverfolgung zustehen. Wenn aber der Schuldner dem älteren Gläubiger dieselben Pfänder an Zahlungsstatt gegeben, oder verkauft hat, so ist dir deine rechtliche Verfolgung ebensowenig genommen, als wenn er die nämlichen Gegenstände Andern verkauft hätte. Allein wenn du die dir verpfändeten Gegenstände in rechtlichen Anspruch nimmst, wirst du nur dann Gehör erhalten, sobald du das, was demselben Besitzer auf den Grund des früher geschlossenen Contracts verschuldet wird, angeboten hast. Geg. D. 15. Mai u. d. C. Agricola und Clement. (230)“ Lateinischer Text: Krüger: Corpus Iuris Civilis. Vol. 2. Codex Iustinianus, S. 344; Übersetzung: Otto/Schilling: Das Corpus Juris Civilis, Bd. 6, S. 203 f.

C. Die Entwicklung der lex commissoria und deren Verbot

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Verbots in C. 8.34(35).3, eben auch die Anordnung in C. 8.34(35).1, wonach eine solche datio in solutum in eine „normale“ Verwertungsabrede in Form des Verkaufs an einen Dritten umzudeuten war. Letztlich kann man der datio in solutum mit dem Verweis auf C. 8.13(14).1 sogar jegliche Verwertungsfunktion absprechen, da dem Schuldner sogar die Befreiung von dem Pfandverhältnis verweigert wurde. Jedoch wird dieses sehr verknappte Fragment eine andere Bedeutung gehabt haben. Dass all diese Stellen fast unverändert in das CIC übernommen wurden, lässt auch eine Änderung dieser Rechtsvorstellung im justinianischen Recht eher unwahrscheinlich erscheinen.

4. Zusammenfassung und Fortwirkung des Verbots im justinianischen Recht Zusammengefasst gibt die kaufrechtliche Konstruktion als – nach heutiger Bezeichnung – „Ausnahme“ zum Verfallverbot in der Gesamtschau ein undeutliches Bild ab. Das Verbot durch Constantin könnte auch den bedingten Kauf als uneigentliche Form des Verfalls umfasst haben. In einem modernen Versuch, die Quellen nach Erlass des Verbots zu harmonisieren ohne den ursprünglichen Kontext der Stellen vor dem Erlass völlig außen vor zu lassen, spricht das Fragment der P.S. 2.13.3 – 4 für einen Ausschluss. Demgegenüber legt die Stelle in D. 13.7.34 nahe, dass ein uneigentlicher Verfall möglich sein konnte, wenn der Verfall nach Eintritt der Bedingung durch eine neue kaufrechtliche Abrede vereinbart wurde. Für einen Verkauf durch den Schuldner steht die Stelle in D. 20.5.12 pr., die aber nur den nicht bedingten Kauf umfasst und damit wohl keinen Bezug zur pfandrechtlichen lex commissoria aufweist. Das fragmentum vaticanum 9 spricht sich wiederum eindeutig für die Möglichkeit des uneigentlichen Verfalls mittels einer bedingten kaufrechtlichen Abrede aus. Dieser rechnungsfreie Verfall hätte sich als Kaufpreis aus der Darlehnssumme und den Zinsen zusammengesetzt. Dem widerspricht die Stelle in D. 20.1.16.9 insoweit, als danach in einer solchen bedingten Kaufabrede der objektive Wert der Sache „quasi rechnungspflichtig“ zu berücksichtigen war. Für das justinianische Recht entschlackt sich dieses Bild. So wurde das Verbot übernommen und ihm die Stellen in D. 13.7.34 und in D. 20.1.16.9 zur Seite gestellt. In der Folge ergibt sich – sofern man die Stellen in Übereinstimmung bringen möchte – das Bild eines Verbots des dinglichen und schuldrechtlichen Verfalls, bei dem der uneigentliche Verfall durch bedingten Verkauf nur dann zulässig war, wenn der Schuldner nicht in Gefahr war: Dies war dann der Fall, wenn entweder eine Abrede den Verfall nur unter Anrechnung des Werts des Pfandgegenstands („iusto pretio“) gestattete oder der Verfall durch eine weitere Abrede nach dem Zeitpunkt der Pfandreife verabredet wurde. Die Annahme, die datio in solutum als Ausnahme zum Verfall zu akzeptieren, wurde mit einem Verweis auf D. 46.3.45 pr. begründet. Jedoch beinhaltete dieses Fragment keine Bedingung der Nichtbefriedigung. Vielmehr wurde durch

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

C. 8.13(14).1 eine dauerhafte Verwertung im pfandrechtlichen Sinne ausgeschlossen, da der Schuldner durch Übereignung des Pfandgegenstands an Erfüllungs statt nicht frei werden konnte. Ferner wurde die datio in solutum in C. 8.34(35).1 so umgedeutet, dass dem Gläubiger nur das allgemeine Verkaufsrecht an einen Dritten zustand. Damit dürfte die datio in solutum als Ausnahme zum Verfall ausscheiden. Für dieses Ergebnis spricht auch die unveränderte Übernahme der Stellen in das CIC unter Kaiser Justinian. Auch die mögliche Ausnahme in D. 18.1.81 pr. hat wohl eher keine direkte Verbindung zum Verfallverbot. Zwar ließe sich im Rahmen des Dreipersonenverhältnisses aus Schuldner, Gläubiger und Bürge die typische Gefahr einer Verfallklausel für den Schuldner erkennen, jedoch sprach die Kürze der Regelung gegen einen Bezug zum Verfallverbot. Der beabsichtigte Zweck des Verfallverbots stand wohl im direkten Bezug zu den historischen Hintergründen. Bis zum Verbot durch Kaiser Constantin war die Verwertung des römischen Pfands in vielfältigen Formen möglich. Die Normierung war wohl vorwiegend eine Antwort auf die wirtschaftlich unruhigen Zeiten. Im Rahmen dieser Krisenzeit lag eine möglichst weite Auslegung des Verbots nahe, da sie sich gegen konkrete Missstände richtete.267 Die Übernahme des Verbots der lex commissoria unter Justinian in das CIC deutet darauf hin, dass das Verbot nicht gegenstandslos geworden war. Interessant ist jedoch, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zur Zeit Justinians nicht für eine uneingeschränkte Aufrechterhaltung des Verbots sprachen. Nach Sarris hatten sich die wirtschaftlichen Grundbedingungen zusehends stabilisiert.268 Insbesondere wurde das Währungsrisiko durch die politischen Maßnahmen unter Ailustasios I. (491 – 518) drastisch reduziert. Diesem waren weitreichende Reformen des Finanzund Währungssystems gelungen, indem er den unter Constantin (306 – 337) eingeführten „Solidus“ als Goldstandard aufgegriffen und neue, auf diesem beruhende Kupfermünzen, die sogenannten „Folles“, ausgegeben hatte.269 Trotz einiger Währungsschwankungen blieb die Währung bis ins siebte Jahrhundert stabil.270 Dies führte zu einem wirtschaftlichen Wachstum, von dem insbesondere Aristokraten und 267 Für eine sehr weite Auslegung: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 164. 268 Sarris: Economy and society in the age of Justinian, S. 200 ff. 269 Allgemein wird dies als der Beginn des byzantinischen Währungssystems beschrieben, vgl. Hahn: Moneta Imperii Byzantini, Bd. 1, Von Anastasius I. bis Justinianus I. (491 – 565), S. 7 ff., 32 ff., 99 ff. 270 Vergleiche die Ausführungen und die Münzrecherchen von: Hahn: Moneta imperii Byzantini, Bd. 2, Von Justinus II. bis Phocas (565 – 610); Hahn: Moneta imperii Byzantini, Bd. 3, Von Heraclius bis Leo III., Alleinregierung (610 – 720), Allgemeiner Teil, S. 9 ff., Herrscher ab S. 37 ff., Materialnachweise ab S. 91 ff.; Hahn: Moneta imperii Byzantini, Bd. 3, Von Heraclius bis Leo III., Alleinregierung (610 – 720), Allgemeiner Teil, S. 9 ff., Herrscher ab S. 83 ff.; Materialnachweise ab S. 211 ff.

C. Die Entwicklung der lex commissoria und deren Verbot

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Großgrundbesitzer profitierten, denen die Stabilität der Währung entgegenkam. Für die ärmere städtische Bevölkerung und die Arbeiter war diese Reform bedrohlich, da sich die täglichen Geschäfte, die in niedrigen Beträgen vorgenommen wurden, verteuerten.271 Der ärmere Kreditnehmer war weiterhin in einer deutlich schwächeren Position als der Kreditgeber, sodass durch das starke wirtschaftliche Gefälle die abstrakte Gefahr der Verfallklausel weiterhin begründet war. Ein allein auf der wirtschaftlichen Grundlage beruhendes Interesse des Kaisers an der Verfallabrede scheint auszuscheiden, da er den aristokratischen Eliten näherstand als dem ärmeren Teil der Bevölkerung. Eher dürfte sich das Verbot aus anderen Gründen erhalten haben. Sei es als althergebrachtes Kaisergesetz, sei es als Teil vergangener, wirtschaftlich erfolgreicher Stabilisierungsmaßnahmen, die sicherheitshalber aufrechterhalten wurden. Ebenso könnte das Gesetz nur „zufällig“ übernommen worden sein. Jedoch ist die Ergänzung des Verbots aus CTh. 3.2.1 um das Wort „pignorum“272 ein Argument, dass die Norm zwar ohne große Änderungen übernommen werden konnte, die Ergänzung zur Klarstellung jedoch als wichtig empfunden wurde.273 Es spricht für eine neue rechtliche Bewertung, die mit der Aufnahme des spätklassischen Verbots in den Codex einherging. Denn mit der Aufnahme in das justinianische Recht wurde das Verbot anderen Stellen als gleichwertig gegenübergestellt, die ihrerseits teilweise der Klassik entstammten. Sie standen dem Verbot gegenüber, obwohl sie aus einer Zeit stammten, in der das Verbot selbst noch nicht existierte. In der Folge wurden die stark verkürzten Fragmente aus ihrem ursprünglichen Kontext herausgelöst und in einen neun Regelungszusammenhang gesetzt, der teilweise weit von ihrem ursprünglichen Regelungsgehalt entfernt lagen.274 Wie die Ausgestaltung konkret aussah, kann nur näherungsweise mittels weitreichender Interpretationen beantwortet werden. Sicherlich begibt man sich bei jeder Interpretation in den Bereich der Vermutung: War die Aufnahme der Fragmente durch die Kompilatoren ein bewusstes Vorgehen mit dem Ziel, die Stellen als Ausnahmen zum Verbot der lex commissoria zu statuieren? Handelte es sich gar um einen Akt konkreter Rechtsgestaltung? Oder beruht der Zusammenhang der Fragmente doch nur auf einer Auslegung, sodass eine Korrektur nicht geboten scheint. Sind es logische oder ökonomische Gründe, die für Ausnahmen sprechen, da das Verbot sonst zu weitreichend gewesen wäre? Insgesamt herrscht eine undurchsichtige Gemengelage, die für Fragen nach der Auslegung der heutigen uneigentlichen Verfallklauseln keine klare Antwort bereithält. Es handelt sich dabei aber nicht um ein modernes Problem. Auch nach der „Wiederentdeckung“ 271 Banaji: Agrarian change in late antiquity. Gold, labour, and aristocratic dominance, S. 36, 52, 66; Sarris: Economy and society in the age of Justinian, S. 200 ff. 272 S. o. bereits in: Fn. 179. 273 Es muss offenbleiben, ob dies eine tiefere Bedeutung hatte oder schlicht der Beseitigung der fiducia geschuldet war. Dies spräche wiederum für einen praktischen und pragmatischen Vorgang. 274 So auch: Raape: Die Verfallklausel, S. 78.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

des römischen Rechts blieben die folgenden Generationen stets bemüht klare und einheitliche Antworten zu finden, die das römische Recht nicht liefern kann bzw. konnte. Dennoch erstaunt die Klarheit der Antworten, die in der Folge gegeben wurden, teilweise.275

275 Siehe hierzu die Auseinandersetzung mit der Verfallabrede im Rahmen der Rezeption im Abschnitt D.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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D. Der Verfall und sein Verbot in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik Die mittelalterliche Auseinandersetzung mit der Verwertung des Pfands lässt sich im Wesentlichen in zwei grobe Entwicklungslinien untergliedern. Auf der einen Seite steht die Entwicklungslinie der mittelalterlichen Übernahme des alten römischen Rechts in neuer Gestalt; auf der anderen die Ausarbeitung des Pfandrechts in der neu in Erscheinung tretenden Rechtspraxis des Frühmittelalters, die stark von der germanischen Rechtsauffassung der in der Völkerwanderung eintreffenden Volksstämme geprägt ist. Diese Gegenüberstellung stellt eine Vereinfachung dar, da die in Rechtskreisen organisierte mittelalterliche Welt keine unverrückbaren Trennlinien zwischen der einen oder anderen Rechtsgestaltung ermöglichte. Jedoch unterstützt eine Gegenüberstellung das Verständnis der unterschiedlichen Interpretationen. Dies umfasst insbesondere den Konflikt, in welchem sich beide Entwicklungslinien befanden, mit der Folge, dass sie nur alternativ gelten konnten. Bei der Rechtsanwendung bedurfte es einer Entscheidung, welcher Pfandverwertung man folgte. Die Entscheidung ist auch in den Partikularrechten zu erkennen, die sich sehr bewusst mit der Verwertung des Pfands beschäftigten. Daher dient die Darstellung an diesem Punkt als Überleitung zum Verständnis der im folgenden Abschnitt bearbeiteten Partikularrechte.

1. Die Rezeption der lex comissoria nach römischem Recht Nach dem „Untergang“ des Römischen Reiches im Westen Europas lässt sich ein entsprechender Niedergang in der rechtswissenschaftlichen Durchdringung des Rechts beobachten. Aufgrund der veränderten politischen und wirtschaftlichen Umstände gab es vorerst kein Bedürfnis nach einem differenzierten und komplexen Recht und einer dieses bearbeitenden Rechtswissenschaft. Im Vordergrund standen germanische Rechtsgewohnheiten, die jedoch auch oft mit römischen Recht durchsetzt waren. Dies änderte sich erst nach der „Wiederentdeckung“ des römischen Rechts (in Form einer Ausgabe der Digesten) und dessen wissenschaftlicher Bearbeitung um 1070 in Bologna.276 Von dort aus „eroberte“ das römische Recht die Welt ein drittes Mal.277 Dieser komplexe Vorgang wird in der Rechtswissenschaft gerne als die „Rezeption des 276 Diese Verkürzung ist historisch nicht korrekt, da u. a. die Rechtsschule von Pavia das Römische Recht als solches weiter bearbeitete, sodass der Begriff der „Wiederentdeckung“ eine Umschreibung für ein beginnendes praktisches Interesse am römischen Rechts ist. 277 Anlehnung an das Zitat Jherings: „Drei Mal hat Rom der Welt Gesetze dictiert, drei Mal die Völker zur Einheit verbunden, das erste Mal, als das römische Volk noch in der Fülle seiner Kraft stand, zur Einheit des Staats, das zweite Mal, nachdem dasselbe bereits untergegangen, zur Einheit der Kirche, das dritte Mal in Folge der Reception des römischen Rechts im Mittelalter zur Einheit des Rechts; das erste Mal mit äußerem Zwange durch die Macht der Waffen,

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

römischen Rechts“ bezeichnet und meint die Nutzbarmachung der alten Rechtsquellen für die damalige Rechtspraxis.278 Dies vollzog sich in vielen kleineren Schritten, an deren Beginn die Bearbeitung des römischen Rechts durch Irnerius (vor 1100 bis nach 1125) und die sich ihm anschließenden Glossatoren stand. Von diesen sind insbesondere die als Quattuor doctores zusammengefassten Bulgarus (gest. 1166), Martinus Gosia (gest. zw. 1158 und 1166), Hugo de Porta Ravennate (gest. 1168) und Jacobus de Porta Ravennate (gest. 1178) zu erwähnen. Seinen Höhepunkt fand das Wirken der Glossatoren in der Zusammenfassung der durch Accursius (1181/85 – 1259/63) geschaffenen und von seinem Lehrer Azo (vor 1190 – 1220) beeinflussten279 Glossa ordinaria.280 Dieser sehr nahen Bearbeitung des Textes durch Randbemerkungen schloss sich nun die Bearbeitung des römischen Rechts unter praktischen Gesichtspunkten an. Die sogenannten Kommentatoren prägten den praktischen Umgang mit dem römischen Recht primär durch ihre namensgebenden Kommentierungen und Konsilien. Diese Methode wird im Wesentlichen mit den südfranzösischen Juristen um Jacobus de Ravanis (1230/40 – 1290) und Petrus de Bellapertica (gest. 1308) verbunden, denen sich in Italien im 14. Jahrhundert die bekanntesten Vertreter der Kommentatoren Bartolus de Saxoferrato (1313/14 – 1357) und Baldus de Ubaldis (1319/23 – 1400)281 anschlossen.282 Am Ende dieser Entwicklung steht das als ius commune bezeichnete, wissenschaftlich durchdrungene und von neuen Wertungen geprägte

die beiden anderen Male durch die Macht des Geistes.“ – siehe: Jhering: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, Bd. I, S. 1. 278 Dabei werden ganz unterschiedliche Gründe und Ursachen für die Rezeption angeführt, die wohl multikausal zu dieser Entwicklung geführt haben, vgl. etwa: Wieacker: Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, ab S. 26; Koschaker: Europa und das römische Recht, ab S. 55; Schlosser: Neuere Europäische Rechtsgeschichte, S. 56 ff. 279 Die Lebensdaten finden sich in: Dorn: Artikel: „Irnerius“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 223 – 228; Dorn: Artikel: „Accursius“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 13 – 16; Dorn: Artikel: „Azo“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 36 – 41; Weimar: Artikel: „Irnerius“, in: Stolleis, Juristen. Ein biographisches Lexikon, S. 325 f. – dort auch die: „Quattuor doctores“. 280 Dieses „Standardwerk“ der mittelalterlichen Rechtswissenschaft führte zu dem schönen Ausspruch: „quicquid non agnoscit glossa nec agnoscit forum“ – „Was die (accursische) Glosse nicht anerkennt, hat auch vor Gericht keinen Bestand“ – siehe (auch zum Zitat): Schlosser: Neuere Europäische Rechtsgeschichte, S. 71. 281 Lebensdaten in: Weimar: Artikel: „Jacobus de Ravanis“, in: Stolleis, Juristen. Ein biographisches Lexikon, S. 329; Weimar: Artikel: „Petrus de Bellapertica“, in: Stolleis, Juristen. Ein biographisches Lexikon, S. 493 f.; Krauß: Artikel: „Bartolus de Saxoferrato“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 45 – 49; Krauß: Artikel: „Baldus de Ubaldis“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 41 – 44. 282 Dies ist eine stark vereinfachte Darstellung, die der deutlich komplexeren Wirklichkeit gegenübersteht. Vgl. hierzu etwa: Schlosser: Neuere Europäische Rechtsgeschichte, ab S. 69 – 88.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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römische Recht. Aus diesem entwickelten sich viele weitere Strömungen, die neben der im 16. und 17. Jahrhundert aufkommenden naturrechtlichen Methode standen.283 Interessant ist nun, ob und wie dieser Prozess das Verbot der lex commissoria beeinflusst hat. Sicher ist, dass es als Teil des römischen Rechts aufgegriffen und behandelt wurde. Dabei sollen zwei Ebenen beleuchtet werden: zum einen, wie das Verbot der lex commissoria inhaltlich interpretiert wurde, und zum anderen, worin der Geltungsgrund des Verbots liegen sollte. Die Darstellung erfolgt in drei Stufen. Zu Beginn steht die Übernahme des Verbots bei den Glossatoren und Kommentatoren, die die Interpretation der lex commissoria wesentlich beeinflussten. Ferner ist die weitere Rechtsentwicklung zu betrachten, wobei aufgrund der großen Anzahl von Abhandlungen nur bestimmte Interpretationslinien dargestellt werden. Zuletzt werden die unterschiedlichen Begründungen für die Übernahme des Verfallverbots berücksichtigt. Insgesamt orientiert sich diese Darstellung an der modernen Vorarbeit Verhagens284 und dem umfassenden, aus dem 19. Jahrhundert stammenden Werk von Leopold August Warnkönig (1794 – 1866)285. Beide setzten sich umfassend mit der Rezeptionsgeschichte der lex commissoria auseinander. a) Die mittelalterliche Interpretation Die meistbeachtete Quelle der mittelalterlichen Rechtswissenschaft ist wohl die Glossa ordinaria des Accursius, der mit seinem Werk die wesentlichen Interpretationen der Rechtswissenschaft seiner Zeit zusammenstellte. Für Accursius ist die Abrede der lex commissoria, die er fälschlich als pactum legis commissoriae bezeichnete,286 durch die Codexstelle C. 8.34(35).3 verboten. Nach seiner Interpretation war die Abrede jedoch nur unwirksam, wenn sie dem Pfandgläubiger bei Pfandreife das Eigentum am Pfandgegenstand zufallen ließ, ohne dass er einen möglichen Mehrwert herausgeben musste. Konkret umfasste seine Kommentierung zur Stelle C. 8.34(35).1, die ihrerseits eine bedingte Abrede in Form der Leistung an 283

Ebenso: Schlosser: Neuere Europäische Rechtsgeschichte: zum gelehrten Recht, S. 89 ff., zum juristischen Humanismus, S. 114 ff.; zum Usus modernus pandectarum, S. 129 ff.; zum Naturrecht, S. 145 ff. und 161 ff. 284 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109 ff.; Verhagen: Das Verfallpfand im frühklassischen römischen Recht, in: The Legal History Review 79, S. 1 ff.; Verhagen: Het vervalbeding bij panden hypotheek, in: Groninger Opmerkingen en Mededelingen. Magazijn voor Leerstellige Rechtsvergelijking op Historische Grondslag. Bd. 26, S. 65 ff. 285 Siehe hierzu: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388; Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 25, S. 60 – 114; 226 – 255; 420 – 439. Lebensdaten: Holthöfer: Artikel: „Warnkönig, Leopold August“, in: Stolleis, Juristen. Ein biographisches Lexikon, S. 661 ff. 286 Siehe hierzu: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 125, Fn. 68, mit Ausführungen u. w. N.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

Erfüllungs statt (datio in solutum) so umdeutete, dass sie nur zum Verkauf berechtigte, folgende Anmerkung unter der Verknüpfung „Creditoribus“: „Et nota quod hoc non est pactum legis commissoriae, sed quoddam ei simile: et ideo inutile. Nam nihil operatur. Sicut enim creditor alias potuit vendere pignus vel ex pacto vel ex lege: ita et nunc. Et idem dicas si dixit se daturum in solutum, ut sit inutile: ut [D. 46.3.45.pr.]. Pactum autem legis commissoriae esset, ut si non solvam intra certum tempus, creditoris sit pignus: vel habeat pro pecunia sua emptum, vel sit ius faciendi quod vult: vel similia. Sed si sic dicam, habeas tunc emptum tanta pecunia quanti tunc valuerit, valet: ut [D. 20.1.16.9].“ „Und bedenke, dass die in der Stelle behandelte Vertragsgestaltung keine Verfallabrede darstellt, einer solchen aber gleichartig ist und deshalb ebenso unwirksam ist. Denn sie bewirkt nichts. So wie der Gläubiger den Pfandgegenstand ansonsten, entweder kraft Vereinbarung oder kraft Gesetzes, hätte verkaufen können, so gilt es auch hier. Gleichermaßen würdest Du es für unwirksam erklären, wenn er sagte, die Sache an Erfüllungs statt zu geben, so wie bei [D. 46.3.45.pr]. Eine Verfallabrede läge jedoch vor, wenn, bezahlte ich nicht innerhalb einer bestimmten Frist, der Pfandgegenstand dem Gläubiger gehören, der Gläubiger die Sache im Wege eines Kaufs für einen seiner Forderung entsprechenden Betrag erworben haben oder der Gläubiger mit der Sache nach freiem Belieben verfahren können sollte, oder wenn etwas Ähnliches vereinbart würde. Aber wenn ich sagen würde: Du kannst das Gekaufte für einen Preis haben, der seinen Wert zu diesem Moment entspricht, ist dies wirksam, so wie bei [D. 20.1.16.9].“287

Damit differenzierte Accursius verschiedene Formen der lex commissoria und versuchte diese zu systematisieren. Er unterschied die eigentliche Verfallabrede von den uneigentlichen Verfallabreden, bei denen jedoch nicht alle vom Verbot erfasst sein sollten. Neben dem eigentlichen Verbot gab es für ihn weitere Abreden mit gleicher Wirkung. Liest man die Passage in anderer Reihenfolge, ergeben sich somit zum ersten die Kategorie des Kaufs zum gerechten Preis, zum zweiten die Abrede, dass der Gläubiger frei über das Eigentum des Schuldners verfügen kann, und zuletzt die vergleichbaren Abreden, denen etwa die datio in solutum des ersten Satzes zuzuordnen ist. Während die zweite und die letzte Kategorie der uneigentlichen Verfallabreden unwirksam sein sollten, blieb für ihn der Kauf für einen gerechten Preis vom Verbot ausgespart, was er mittels eines Verweises auf die Stelle D. 20.1.16.9 begründete. Eine weitergehende Äußerung, warum dies inhaltlich unbedenklich war, fehlt. Verhagen hat in seiner Darstellung auf eine parallele Argumentation von Azo, dem akademischen Lehrer des Accursius, hingewiesen, die deutlich macht, worin der Grund liegen könnte. Dieser führte in seiner Glosse zur Codexstelle C. 8.34(35) das Folgende aus: 287 Lateinischer Text: Accursius: Accursii Glossa in Codicem, Viora (Hg.) – Corpus glossatorum juris civilis Bd. 10, 1968, S. 506; ebenso: Accursius: Codex Dn. Iustiniani Sacratissimi Imp. PP. Augusti, repetitae praelectionis. Accvrsii Commentariis, Ac Contii, Et Dionysii Gothofredi Atque Aliorvm Qvorvndam illustrium Iurisconsultorum lucubrationibus illustrati, Sp. 2160. Übersetzung orientiert an: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 125, Fn. 69.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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„Non enim valet talis vel talis emptio pignoris in fraudem legis commissoriae facta, cum cogatur hinc debitor vendere. Et haec fraus bene potest percipi a iudice quando fiat: ut scilicet si res sit sic empta pr xx quae valet c. si vero ea res parum plus valeat, bene valet et tenet talis emptio: quia emptio non prohibetur hinc, sed fraus.“ „Unwirksam ist nämlich ein Kauf des Pfandgegenstandes zur Umgehung der lex commissoria, weil der Schuldner dann zu einem Verkauf gezwungen würde. Liegt eine Gesetzesumgehung vor, kann der Richter dies einfach erkennen: wenn nämlich vereinbart wird, dass eine Sache für 20 verkauft werden soll, obwohl sie 100 wert ist. Falls die Sache allerdings ein wenig mehr wert ist, ist der Kauf wirksam und bleibt in Kraft, da schließlich nicht der Kauf der Sache, sondern die Gesetzesumgehung verboten ist.“288

Damit war der bedingte Kauf an sich wirksam, er durfte jedoch nicht zur Umgehung des Verfallverbots genutzt werden. Zudem ist herauszulesen, dass der Gläubiger den Schuldner wahrscheinlich aufgrund seines Kreditbedarfs zwingen konnte („cogere“), den Pfandgegenstand zu einer geringeren Summe als der Schuldsumme zu verkaufen. Der Verkauf zu einem gerechten Preis mit begrenzter Abweichung war jedoch zu akzeptieren, da er im Umkehrschluss eben nicht auf Zwang beruhte. Diese Ausführung Azos spricht aufgrund der rechtlichen Übereinstimmung für eine ähnliche Bewertung durch Accursius, obwohl dies natürlich Spekulation bleiben muss. Jedoch stimmte Azo auch in der Bewertung einer datio in solutum mit Accursius überein: „intuilia sunt pacta legis commissoriae in pginoribus. quae est ut non soluta pecunia ad diem res fiat creditoris, quasi sibi vendita: ut [C. 8.34.1] Item et si debitor promisit se daturum in solutum: ut [D. 46.3.45].“ „Verfallabreden beim Pfand sind unwirksam. Nach diesen gilt die Sache als an den Gläubiger verkauft und ihm gehörend, wenn die Schuld am Tag ihrer Fälligkeit nicht bezahlt ist, so wie bei [C. 8.34.1]. Dasselbe ist der Fall, wenn der Schuldner eine datio in solutum des Pfandgegenstandes verspricht, so wie bei [D. 46.3.45].“289

Die Ansicht hatte weitreichende Wirkung. Dennoch muss der Ansatz, die Digestenstelle D. 46.3.45 in Bezug zum Verfallverbot zu setzen, bezweifelt werden, da sie sich inhaltlich wohl nicht auf das Verfallverbot bezog.290 Damit kann es sich bei Azos Vorgehen nur um einen weiten, methodisch der Analogie nahekommenden Ansatz handeln. Auch zur Frage, ob in D. 18.1.81 eine Ausnahme zum Verfallverbot zu erkennen ist, nahm Accursius Stellung. Für ihn war in diesem Fragment kein Fall einer ver288 Lateinischer Text bei: Azo: Azonis Lectura super codicem. Hugolini apparatus in tres libros, Viora (Hg.) – Corpus glossatorum juris civilis Bd. 3, 1966, Kommentar zu C. 8.34(35), S. 642. Übersetzung nach Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 126 f., Fn. 77. 289 Lateinischer Text: Azo: D. Azonis summa aurea, id est, Locuples iuris civilis thesaurus, S. 1145. Übersetzung zitiert nach: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 126, Fn. 72. 290 Siehe oben in Abschnitt C., unter: 3. d).

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

botenen Verfallabrede behandelt, wie er unter dem Anknüpfungspunkt „Communi itaque“ klarstellte. „Sed ibi non creditori, sed fideiussori remanebat pignus: et ideo non est pactum legis commissoriae, vel ei simile.“ „Doch dort bleibt der Pfandgegenstand nicht bei dem Gläubiger, sondern bei dem Bürgen: Deshalb liegt weder eine Verfallabrede noch eine vergleichbare Vereinbarung vor.“291

Nach ihm war diese Rechtsfrage auf das Verhältnis von Gläubiger und Schuldner beschränkt, sodass der Bürge für das Verbot der lex commissoria unerheblich war. Die Leistung des Accursius liegt in der Ausarbeitung des Verbots, indem er mittels der scholastischen Methode die Grenzen des Verbots absteckte. Verhagen legt dar, dass er etwa mittels Analogie die vergleichbaren Fälle erfasste, während er andere mit dem Argument der Spezialität ausschließen wollte.292 Beispielhaft ist die Frage nach der Bestimmung des gerechten Preises durch Dritte. So erkannte er dabei das Problem, dass im Rahmen der Digestenstelle D. 19.2.25 pr. die Festlegung des Mietpreises durch ein Urteil eines Dritten als ausdrücklich unwirksam betrachtet wurde. Er wollte die Festlegung des „gerechten Preises“ jedoch als einen speziellen Fall aus dem Problemkreis ausscheiden lassen.293 Im Rahmen seiner Glosse zu D. 20.1.16.9 erlaubte er, dass eine dritte Partei, deren Aufgabe die Feststellung des gerechten Preises war, durchaus im Nachhinein bestellt werden konnte.294 Als Begründung lieferte er ein aus der Praxis stammendes Argument: Wäre dies nicht möglich gewesen, wäre ein Schuldner sonst nur schwer an Geld gekommen.295 Damit unterstellte Accursius der Regelung eine gewisse Flexibilität. Ob auch die nachträgliche Vereinbarung einer Verfallabrede nicht vom Verbot erfasst sein könnte, erörterte Accursius noch nicht. Er setzte das in diesem Rahmen diskutierte Digestenfragment D. 13.7.34 selbst noch nicht in Verbindung mit dem Verbot des Verfalls. Es diente ihm lediglich als Argument in einem Themenbereich, der für diese Rechtsfrage unerheblich war.296 291

Lateinischer Text: Accursius: Codex Dn. Iustiniani Sacratissimi Imp. PP. Augusti, repetitae praelectionis. Accvrsii Commentariis, Ac Contii, Et Dionysii Gothofredi Atque Aliorvm Qvorvndam illustrium Iurisconsultorum lucubrationibus illustrati, Spalte 2160 f. Übersetzung orientiert an: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 126, Fn. 73. 292 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 127. 293 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 127 mit Fn. 80. 294 Vergleiche die Ausführungen: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 127. 295 Vergleiche: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109 mit Verweis auf die Glosse Accursius’ zu D. 20.1.16.9 auf S. 127, mit lateinischem Text in: Fn. 79. 296 Vergleiche die Ausführungen von Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 128.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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Die Möglichkeit, die nachträgliche Verfallabrede aus dem Verbot auszuklammern, geht auf Jacobus de Ravanis zurück. Dieser stellte das Digestenfragment D. 13.7.34 in den Kontext des Verfallverbots, wobei er dieses als Beleg dafür interpretierte, nachträglich getroffene Verfallabreden als wirksam zu betrachten.297 Kommentar zu C. 8.34(35).3 unter der Anknüpfung „Quoniam“: „Si autem pactum fuit habitum post contractum eo casu valet pactum. vt [D. 46.3.82] et [D. 13.7.34]. Et si queritur ratio diversitatis est in promptu: lex vidit quod debitores constituti in magna necessitate convenerunt cum creditoribus quoquo modo voluerent creditores dum modo ipsi debitores habeant pecuniam: unde ipsa necessitate creditores extorquent pacta damnosa ipsius creditoris [wahrscheinlich: ipsis debitoribus]: et ideo pactum legis comissorie tunc habitum reprobatur. Sed ex quo debitor habet pecuniam ipse est extra necessitatem. Unde non presumit lex quod possit ita extroqueri ab eo pactum damnosum sibi. Unde ex eo paciscitur post contractum valet pactum.“ „Wenn die Abrede jedoch nach Vertragsschluss getroffen wurde, ist sie wirksam, so wie bei [D. 46.3.82] und [D. 13.7.34]. Und wenn nachgefragt wird, kann der Grund für den Unterschied direkt genannt werden: Das Gesetz hat erkannt, dass Schuldner, die sich in großer Not befinden, mit ihren Gläubigern vereinbaren, was die Gläubiger wollen, um so an das Geld zu kommen. Wegen dieser Notsituation zwingen die Gläubiger ihren Schuldnern nachteilige Klauseln auf. Und deshalb wird eine auf diese Weise bewirkte Abrede abgelehnt. Doch sobald der Schuldner das Geld empfangen hat, befindert er sich nicht mehr in einer Notsituation. Deshalb nimmt das Gesetz nicht an, dass Schuldner sich dann immer noch zu einer derartigen Abrede erpressen lassen können. Folglich ist eine nach Vertragsschluss getroffene Abrede wirksam.“298

Damit sah Jacobus de Ravanis den Schutz des Schuldners als maßgebliches Element an, um diesen vor der typischen Zwangslage zu bewahren. Sobald seine Entscheidungsfreiheit nicht mehr beeinflusst wurde, er also sein Darlehn erhalten hatte, konnte er frei darüber entscheiden, ob er das Risiko des Verfalls eingehen mochte oder nicht. Dazu passt auch der Verweis Jacobus de Ravanis’ auf D. 46.3.82, wo es um das Versprechen einer Rückübereignung einer Mitgift an den ursprünglichen Eigentümer ging, welches unter der Bedingung der vorzeitigen Auflösung einer Ehe geschlossen wurde. Die Parallelität lag für Jacobus de Ravanis wohl in dem Zustand der Unsicherheit des Versprechenden. Solange die Person keine Ehe geschlossen oder kein Darlehn erhalten hatte, stand er unter dem Druck, jede Bedingung einzugehen, nur um das in Rede stehende Geschäft zu vereinbaren. Erst wenn die Ehefrau auch im Fall der Scheidung einverstanden war, die Mitgift zurückzu-

297 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 127. Weitergehende Bearbeitung auf S. 128. 298 Lateinischer Text nach: Ravanis: Lectura super Codic. [Adscripta Petro de Bellapertica] Lectura insignis et fecunda super prima parte Codicis Domini Justiniani, Kommentar zu C. 8.34.3, „Quoniam“, Folio 382. Übersetzung orientiert an: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 128 (Textverbesserungen des lateinischen Texts nach der von Verhagen angepassten Fassung: a. a. O., S. 128, Fn. 85).

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

gewähren, war dieser Vorgang nicht zu beanstanden, da es sich um einen freieren Willensentschluss gehandelt hat.299 Diese Ansicht übernahm auch Petrus de Bellapertica in seinem Kommentar zu C. 8.34(35).3 unter der Anknüpfung „Quoniam“: „Et est ratio huius legis: debitor omne pactum cum creditore in(h)iret ut haberet pecuniam. Ideo cum non satisfecerit poterit dominium amittere sine consensu; ideo etc. Set ubi ex intervallo fecit non est inductus necessitate.“ „Dies ist die ratio des Gesetzes: um an Geld zu kommen, wird ein Schuldner jegliche Abrede mit seinen Gläubigern treffen. Deshalb [akzeptiert der Schuldner], dass er ohne jedwede Zustimmung sein Eigentum verlieren kann, falls er die Schuld nicht bezahlt. Doch wenn er dies nach Ablauf einiger Zeit tat, geschah dies nicht aus einer Not heraus.“300

Die Ansicht wurde auch von vielen nachfolgenden Rechtsgelehrten, wie Cinus da Pistoia (1270 – 1336/37), Bartolus und später Hugues Doneau (auch „Donellus“ 1527 – 1591), übernommen.301 Sie war damit eine der Grundlinien, die auf den Grund des Verbots schließen lassen: Der Schuldner bedarf des Schutzes. Bartolus, als bekanntester Vertreter, übernahm die Ansichten zum Verfallverbot weitestgehend und kam annähernd zu denselben Ergebnissen. Er unterschied ausdrücklich zwischen eigentlichen Verfallabreden, die er als Vereinbarung „per verba directa“ bezeichnete, und uneigentlichen Verfallabreden, der er als Vereinbarungen „per verba obliqua“ einordnete. Zu letzterer Kategorie zählte er etwa die bedingte Übertragung des Eigentums als Leistung an Erfüllungs statt.302 Auch er erkannte den Kauf für einen gerechten Preis mit dem Verweis auf D. 20.1.16.9 an, was er bei seinem Kommentar zu diesem Digestenfragment ausführte. Fehlte eine Vereinbarung über den Kaufpreis, so war für Bartolus von dem wirklichen Wert des Pfandgegenstands auszugehen, sodass er durch den Richter festgesetzt werden musste.303 Damit wurde ein Kauf ohne Preisvereinbarung nicht unwirksam, sondern zu einem 299 Vergleiche die Argumentation bei Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 129. 300 Lateinischer Text und Übersetzung mit Nachweis der Archivherkunft bei: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 130 mit Fn. 89 und 90. Er nennt die Handschrift aus Cambridge (Peterhouse College 34, fo. 234 rb-234 v. a.) mit Verweis auf: Petrus de Bellapertica, Kommentar zu C. 8.34(35).3, unter: „Quoniam“. 301 Siehe hierzu: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 130 mit Fn. 91, m. w. N. Lebensdaten in: Weimar: Artikel: „Cinus de Sighibuldis“, in: Stolleis, Juristen. Ein biographisches Lexikon, S. 133 f.; Stapelfeldt/Schröder: Artikel: „Hugo Donellus“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 118 – 121. 302 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 130 f. 303 Hierzu: Bartolus de Saxoferrato: Codex iustinianus in duodecim libros Codicis commentaria, in: Bartolus de Saxoferrato, Opera Omnia, Kommentar zu C. 8.34(35).3 unter: „Quoniam“, S. 785; Ausführungen bei Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 131 f., Fn. 96.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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„gerechten Preis“ geschlossen, der durch den Richter, als Dritten, objektiv zu bestimmen war. Die mögliche Ausnahme der nachträglichen Verfallklausel war nach Bartolus wirksam, wie er bei der Besprechung von D. 13.7.34 klarstellte: „… secundum unam lecturam ratio differentie est, quia ab initio cum debitor eget pecunia, faceret creditori omne pactum, quod vellet, ut pecuniam habeat, ideo reprobatur. Continet enim in se quandam asperitatem et volentiam in (C. 8.34.3). quae ratio cessat, quando istud pactum apponitur ex intervallo, etc.“ … Nach einer Vorlesung304 ist die Art und Weise [der Verfallabrede] zu unterscheiden: Da von Beginn (ab initio), wenn ein Schuldner Geld braucht, der Gläubiger alle Abreden in dem Vertrag vorgeben kann, die er wollte, damit der Schuldner das Geld erhalte, ist [diese Art der Verfallabrede] zu verwerfen. Sie enthält die Härte und den Zwang von [C. 8.34.3]. Dieser Grund schwindet, wenn diese Abrede mit Abstand (ex intervallo) hinzugefügt wird.305

Damit unterschied auch Bartolus die von Beginn getroffene Abrede als „ab initio“ von der nachträglich – zumindest nach der Auszahlung des Geldes – getroffenen Abrede („ex intervallo“). Allerdings sollte eine nachträgliche Verfallabrede jedoch nur zu einer retentio des Pfandgläubigers führen und ihm eben keine actio gewähren.306 Dies bedeutete, dass der Pfandgläubiger, falls er sich im Besitz der Sache befand, eine Klage auf Herausgabe (actio pigneraticia) des Pfandbestellers mittels eines ihm zustehenden Zurückbehaltungsrechts abwehren konnte, jedoch für den Fall, dass er die Sache nicht im Besitz hatte, den Pfandbesteller seinerseits auch nicht auf Herausgabe verklagen konnte. Durch diese Differenzierung stellte für Bartolus die nachträgliche Verfallabrede nur beim Faustpfandrecht eine echte Privilegierung dar.307 Diesen Ansichten schlossen sich die meisten Juristen des ius commune an,308 sodass auf dieser Grundlage ein weitreichender Konsens entstand. In der Folge 304 Verhagen meint, dass es sich bei der „lectura“ um eine Arbeit von Cinus da Pistoia zum Codex handelt. Bartolus führe dieselbe Begründung an wie: Jacobus de Ravanis, Petrus de Bellapertica und Cinus da Pistoia. Dazu: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 132. 305 Lateinischer Text: Bartolus de Saxoferrato: Digestum vertus in primum tomum Pandectarum commentaria, in: Bartolus de Saxoferrato, Opera Omnia, Kommentar zu D. 13.7.34, „Titius“, S. 696; Verweis mit leichter Textkorrektur bei: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 132, Fn. 102. Übersetzung durch den Verfasser. 306 Vgl. Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 133, mit weiteren Ausführungen. 307 Siehe hierzu: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 133. Die Stelle findet sich bei: Bartolus de Saxoferrato: Digestum novum in tertium tomum Pandectarum commentaria, in: Bartolus de Saxoferrato, Opera Omnia, Kommentar zu D. 46.3.45, S. 658 – 662. 308 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 133, Fn. 107, m. w. N. unter anderem auf Baldus de Ubalis, Antonius Faber und Negusantius.

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wurden eigentliche Verfallabreden als unwirksam betrachtet. Die uneigentlichen Verfallabreden sollten ebenfalls vom Verbot erfasst werden, es sei denn, der Schuldner war nicht in Gefahr. Dies galt zum einen für den bedingten Verkauf für einen „gerechten Preis“ und zum anderen für den Fall der nachträglichen Vereinbarung einer solchen Abrede. Dabei führte die nachträgliche Verfallabrede lediglich zu einem Zurückbehaltungsrecht, wodurch das Faustpfandrecht privilegiert wurde. Die communis opinio lässt sich mit einem auf Petrus de Bellapertica zurückgehenden Schema zusammenfassen. Hier nach Albericus de Rosate (gest. 1344): Contrahitur pactum legis commissoriae 1. Aut cum tertio, puta cum fidejussore – valet. 2. Aut cum creditore principali, a) aut pro justo pretio – valet. b) aut pro debito, aa) ex intervallo – valet. bb) ab initio – non valet. 309

Man fasst die Abreden des Verfalls [wie folgt] zusammen. 1. Entweder mit einem Dritten, wie zum Beispiel einem Bürgen – ist sie wirksam. 2. Oder aber mit dem Hauptgläubiger: a) entweder für einen gerechten Preis – ist sie wirksam, b) oder aber für die Schuld aa) mit Abstand – ist sie wirksam, bb) zu Beginn – ist sie nicht wirksam.310

Auffällig ist, dass die mittelalterlichen Juristen die in Abschnitt C. aufgeworfenen Fragen stets mittels der scholastischen Methode untersuchten, wodurch sie zu klaren Aussagen gelangten. Die aufgezeigten Widersprüche werden durch Analogien und harmonisierende Interpretationen in Einklang gebracht, sodass am Ende ein einfaches Schema steht, das die Grenzen des Verfallverbots klar fassen kann. Das Verbot wurde aus dem Codex übernommen und mit den weiteren Codex- und Digestenstellen zu einem Verbot-Ausnahme-Verhältnis systematisiert. Ob diese Interpretation auch den praktischen Bedürfnissen geschuldet ist, muss offenbleiben.311 b) Die weiteren Entwicklungsschritte in der Neuzeit Die weitere Entwicklung des Verfallverbots ist unübersichtlich und von einer großen Zahl wissenschaftlicher Auseinandersetzungen geprägt. Dabei lassen sich jedoch verschiedene Stufen der Entwicklung ausmachen, bei denen einzelne Arbeiten wohl einen größeren Einfluss gewonnen haben als andere. Für eine genaue Wissenschaftsgeschichte der dogmatischen Bearbeitung ist auf die Arbeit Warn-

309 Lateinischer Text: Albericus de Rosate: Commentarii in secundam codicis partem, Kommentar zu C. 8.34(35).3, „Quoniam“, Folio 156. Häufig zitiert, etwa bei: Brinkmann: Die Lex commissoria beim Pfandrecht, S. 4; Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 13. 310 Übersetzung durch den Verfasser. 311 Siehe hierzu die germanisch-deutsche Entwicklungslinie, s. u. unter: 2.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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königs zu verweisen.312 Erwähnenswert sind drei Entwicklungsabschnitte. Die erste Stufe markiert die Arbeit Charles DuMoulins (auch Molinaeus 1500 – 1566), die zweite beruht auf dem Wirken Jacques de Godefroy (auch Gothofredus 1587 – 1652)313 und zuletzt ist für die deutschsprachige Entwicklung die Arbeit Adolph Dietrich Webers (1753 – 1817) entscheidend. aa) DuMoulin und seine Nachfolger Jede weitere Auseinandersetzung mit der lex commissoria fußte auf der Grundlage der communis opinio. Dabei schuf etwa die Arbeit von DuMoulin314 neue Ansätze, die später von Diego de Covarias Leyvaias (auch Covarruvias 1512 – 1577)315 und der neuen vernunftrechtlichen Interpretation aufgegriffen wurden. In der Folge wichen sie in manchen Punkten von der communis opinio ab, da sie die Verfallabrede deutlich enger verstanden wissen wollten, jedoch wurde in ihren Arbeiten ein tiefergehendes Verständnis der Problematik deutlich. So führte DuMoulin in seiner Questio 52, 364 Folgendes aus: „Tria autem sunt de substantia formali pacti, legis commissoriae stricte et proprie sumptae. Primum, quod fiat super pignore vel hypotheca, et verbis directis, non obliquis, ut etiam communiter omnes tradunt. Secundum, quod de dando creditori in solutum, pro debito, pro quo res est hypothecata. Tertium, quod non pure, nec de praesenti, sed in casum, quo debitum non erit solutum in termino. Haec est proprie et stricte lex, id est pactio commissoria pignorum, videlicet ut pignora cadant in commissum, debito ad diem non soluto.“ Drei Dinge gehören zur wesentlichen Form von Verfallabreden im strengen und eigentümlichen Sinn. Erstens, dass diese unter einem Pfandrecht oder einer Hypothek mit ausdrücklichen Worten und nicht indirekt geschlossen werden, wie alle gemeinschaftlich überliefern. Zweitens, dass die verpfändete Sache dem Gläubiger als Leistung für die Schuld gegeben werden wird. Drittens, dass nicht einfach und nicht in der Gegenwart, sondern in dem Fall geleistet wird, dass die Schuld nicht gezahlt wird. Dies ist die eigentümliche und strenge Abrede, es ist die Verfallabrede des Pfands, nämlich dass die Pfandgegenstände verfallen, wenn die Schuld zu diesem Tag nicht gezahlt ist.316 312

Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388; Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 25, S. 60 – 114; 226 – 255; 420 – 439. 313 Lebensdaten in: Nitschke: Artikel: „Molinaeus, Carolus“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 540 f.; Nitschke: Artikel: „Gothofredus, Jacobus“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 517. 314 Vgl. Bearbeitung: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 134 ff. 315 Lebensdaten in: Seelmann: Artikel: „Covarubias (Covarruvias) y Leyva, Diego de“, in: Stolleis, Juristen. Ein biographisches Lexikon, S. 148 f. Vgl. Bearbeitung: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 138 ff. 316 Lateinischer Text: DuMoulin: Tractatus commerciorum et usurarum redituumque pecunia constitutorum et monetarum, Questio 52, Rn. 364, S. 350. Übersetzung durch den Ver-

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DuMoulin formulierte in seiner Abhandlung das erste Mal eine genaue Definition einer eigentlichen Verfallabrede, die aus drei Elementen bestand. Im Rahmen einer dinglichen Sicherheit (Pfandrecht oder Hypothek) verfiel der Pfandgegenstand dann dem Gläubiger an Leistungs statt zu Eigentum, wenn der Schuldner nicht rechtzeitig seine durch das Pfandrecht besicherte Schuld zurückzahlte. Diese drei Elemente mussten zusammenkommen, damit eine verbotene Verfallabrede vorlag. Fehlte eines dieser Elemente, blieb die Abrede wirksam. Ohne Pfandrecht war eine bedingte Übertragung unproblematisch möglich. Auch wenn ein Pfandrecht am Pfandgegenstand bestellt war, konnte der Schuldner weiter über den Gegenstand verfügen, ihn veräußern oder dem Gläubiger an Erfüllungs statt leisten. Er konnte jedoch nicht bei Abschluss des Pfandrechts dieses für den Fall der Nichtbefriedigung bedingte Versprechen vom Schuldner verlangen. Dies hatte zur Folge, dass DuMoulin das Verfallverbot sehr eng auslegte, sodass auch die Abrede des bedingten Verkaufs für einen gerechten Preis nicht unter dieses Verbot fiel. Hintergrund ist, dass für eine eigentliche Verfallabrede der Eigentumsübergang durch Leistung an Erfüllungs statt fehlte. Nichtsdestotrotz war für ihn eine solche Abrede wegen des Wucherverbots unzulässig, wenn es um die Besicherung einer Darlehnsforderung ging.317 Das Risiko des Schuldners, die Sache zu einem zu niedrigen Preis zu verlieren, wäre ein Verstoß gegen das Wucherverbot gewesen. Letztlich handelte es sich nicht um einen freien Willensentschluss, denn er hätte auch zu einem anderen als dem gerechten Preis verkaufen können wollen.318 Anders wäre es, wenn der Rückzahlungsanspruch fällig war, dann hätte eine in diesem Sinne nachträgliche („notabili intervallo“) Verfallklausel dennoch wirksam sein können, sofern der Käufer gutgläubig war und keine anderen Mängel ersichtlich waren.319 Da DuMoulin ansonsten nicht zwischen den Zeitpunkten unterschied, war grundsätzlich auch die nachträgliche Verfallabrede, wie er sie definierte, vom Verbot umfasst, sodass er sich gegen die herrschende Meinung stellte. Seine Leistung war die genaue Definition des Verbots der lex commissoria, was andererseits dazu führte, dass Lücken entstanden, die er aus praktischen Gründen mit dem Wucherverbot füllte. Damit änderte sich der unmittelbare Anwendungsbereich des Verfallverbots. Für die Rechtspraxis blieben die Geschäfte jedoch mittels des Wucherverbots gefasser. Verweis durch Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 134 f. 317 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 136 und Fn. 119, 129, mit Verweis auf: DuMoulin: Tractatus commerciorum et usurarum redituumque pecunia constitutorum et monetarum, Questio 52, Rn. 365, S. 352. 318 Siehe hierzu ausführlich: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 136 f., m. w. N. 319 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 137 mit Fn. 121: Verweis auf: DuMoulin: Tractatus commerciorum et usurarum redituumque pecunia constitutorum et monetarum, Quaestio 52, Rn. 361, S. 348 f. Dort auch der zitierte Begriff „notabili intervallo“.

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nauso eingeschränkt, wie es die herrschende Lehre des ius commune herausgearbeitet hatte. Dies ist die zweite Weichenstellung DuMoulins: Er stellte die Verfallabrede in eine Reihe mit dem Wucherverbot. Mit dieser Interpretation überzeugte er. So berief sich etwa auch Covarruvias als Hauptvertreter der Schule von Salamanca320 auf diesen Geltungsgrund des Verfallverbots. Inhaltlich übernahmen auch die niederländischen Naturrechtler das Verbot. Während Hugo Grotius (1583 – 1645) streng am römischen Vorbild des Verbots festhielt,321 erweiterte Johannes Voet (1647 – 1713) seine Interpretation.322 Seine Begründung nahm Abstand vom christlich begründeten Wucherverbot und übertrug den Geltungsgrund des Verfallverbots auf das Motiv der „abstrakten Gerechtigkeit“. Diese verlangte ihrerseits, Rechtsmissbrauch zulasten des Schuldners zu verhindern.323 So führt Voet zur Gefahr der lex commissoria aus: „Quippe quo cum id agatur, ut debito intra certum tempus non soluto apud creditorem pignus pro debito remaneat, maximi saepe momenti ac pretii res in aeris alieni exigui cederent exsolutionem; debitore egeno ac praesentis rei nummariae angustia presso facile patiente, dura quaeque et inhumana contra se scribi, dum ante insertum legi commissoriae diem molliora sibi tempora ac fortunam meliorem pollicetur, atque ita pacti asperitatem solutione se aversurum sperat; cui tamen spei, lubricae satis ac fallaci, eventus deinde haud raro non respondet. […]“ Freilich wenn vereinbart wurde, dass, wenn die Schuld nicht in der bestimmten Zeit beglichen worden ist, das Pfand für die Schuld beim Gläubiger bleibt, verfallen oft Sachen von größter Bedeutuung und größtem Wert zur Tilgung geringfügiger Schulden. Weil der bedürftige und von Geldnot bedrängte Schuldner es leicht hinnimmt, dass jegliche Härten und Grausamkeiten gegen ihn niedergeschrieben werden, während er sich vor dem für in der Verfallklausel bestimmten Tag angenehmere Zeiten und ein besseres Schicksal verspricht, und so hofft er, die Härte der Vereinbarung durch Zahlung abzuwenden; welcher Hoffnung – ziemlich rutschig und trügerisch – nachher das Ergebnis sehr häufig nicht entspricht.324

320

Siehe hierzu: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 138 ff. 321 Verhagen verweist auf: Grotius: Inleidinge tot de Hollandsche rechts-geleerdheid, II.48.41 – siehe: Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 141 und Fn. 137, 138. Lebensdaten: Moosheimer: Artikel: „Hugo Grotius“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 187 – 194. 322 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 141. Lebensdaten: Moosheimer: Artikel: „Johannes Voet“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 470 – 472. 323 Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 141. 324 Lateinischer Text: Voet: Commentarius ad Pandectas duobus tomis distributus, Liber XX, Titulus I, 25, S. 696 f. Übersetzung durch den Verfasser. Auf diese Stelle verweist auch: Weber: Versuche über das Civilrecht und dessen Anwendung, S. 354, Anm. 2.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

Damit war für Voet das Motiv des Wuchers obsolet. Zwar verwies er auf die Vorarbeiten Covarruvias,325 dennoch ging er dazu über, die Verfallklausel und deren Folgen als eine abstrakte Gefahr für den Schuldner zu bewerten. Die Gefahr bestand darin, dass der Schuldner glaubte, er könne bis zum Verstreichen der Frist die Schuld zurückzahlen. Diese Hoffnung war aber „rutschig und trügerisch“ (lubricae satis ac fallaci), sodass der Schuldner letztlich vor sich selbst zu schützen war. Er sollte nicht die Möglichkeit haben, sich aus falscher Hoffnung dieser Härte und Gefahr, die eine Verfallabrede bedeutete, auszusetzen. Diese Interpretation ist wohl bis heute eine der führenden Argumentationslinien, wie sie unter anderem bei Raape verwendet wird.326 bb) Jacques de Godefroy Eine weitere wesentliche Zwischenstufe ist in der Bearbeitung von Jacques de Godefroy zu sehen, der mit seinem Kommentar zum Codex Theodosianus auch viele wissenschaftliche Probleme rund um die lex commissoria löste.327 Sein Werk erschien erst nach seinem Tod, im Jahre 1665, obwohl es wahrscheinlich bereits um das Jahr 1639 entstand.328 Sein Wirken lag in der dogmatischen und systematischen Auseinandersetzung mit dem römischen Recht. So gelang ihm die Widerlegung der Ansicht, dass der Kern des Verbots der lex commissoria darin bestand, die fiducia abzuschaffen.329 Er führte den Nachweis, dass der Verfall bis zum Verbot unter Kaiser Constantin Teil der Rechtspraxis war.330 Zudem hinterfragte er die Quellen, die seit den Glossatoren im Zusammenhang mit dem Verfallverbot behandelt worden waren. Dabei gelang ihm der Beweis, dass einige Stellen aus dem Kreis der Bearbeitung ausscheiden mussten.331 Godefroy warf mit den Werkzeugen der – auch durch ihn aufkommenden – humanistischen Jurisprudenz (mos gallicus) einen neuen Blick auf die lex commissoria. 325

Verhagen: Die Vereinbarung des Pfandverfalls im ius commune, in: ZEuP 2011, S. 109, 141, Fn. 140. 326 Genauere Ausführungen zur dogmatischen Ausarbeitung der Klausel, unten in: Abschnitt G. 327 Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 4. 328 Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 23 f. 329 Godefroy: Codex Theodosianus, Bd. 1, S. 294 f. 330 Godefroy: Codex Theodosianus, Bd. 1, S. 295. Anders sahen dies unter anderem Antonius Faber, Donnellus und auch Balduinus, siehe hierzu m. w. N. in den Quellen: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 332. 331 Godefroy fasst seine Ergebnisse selbst zusammen und nennt 16 Fehlinterpretationen: Godefroy: Codex Theodosianus, Bd. 1, S. 295; ebenso: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 4 ff., 23 f.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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Er glich seine Ansichten mit antiken Quellen ab und arbeitete neben Quellen in lateinischer auch mit solchen in griechischer Sprache. Dieses Vorgehen führte ihn zu neuen Ansätzen, die teils im Widerspruch mit den Ansichten des vom mos italicus geprägten ius commune standen. Warnkönig geht soweit, dass Godefroys Kommentierung als die „schönste Darstellung unserer Lehre“ beschreibt, „in welcher … das Geschichtliche mit größerer Vorliebe und Ausführlichkeit bearbeitet ist, als die dogmatisch praktischen Fragen.“332 Seine wissenschaftliche Klarheit und Überzeugungskraft brachten viele Neuerungen mit sich, die heute unzweifelhaft sind. Beispielhaft nahm er die Argumente zur oben besprochenen Problemfeld der datio in solutum in D. 46.3.45 pr. vorweg, die er nutzte, um die historische Zäsur durch das Verbot von Kaiser Constantin zu belegen.333 cc) Die Ansichten der Pandektistik und die neue Auslegung inspiriert durch Adolph Dietrich Weber Die mehrheitlich vertretene Sicht der Pandektistik auf das Verbot der lex commissoria kann exemplarisch durch die Werke von Glück, Vangerow und Windscheid verdeutlicht werden. Diese aus unterschiedlichen Entwicklungsphasen der Pandektistik stammenden Werke waren als Zusammenstellung des römischen Rechts konzipiert und widmeten sich in unterschiedlicher Breite einer Darstellung des pfandrechtlichen Verfallverbots. Das von 1813 zeitlich frühste Werk von Glück beschrieb die lex commissoria als eine „[…] Verabredung, wodurch bey Schließung eines Contractes festgesetzt wird, dass derjenige Theil seines Rechts aus dem Contract verlustig seyn solle, welcher seiner Verbindlichkeit nicht zur bestimmten Zeit nachkommen würde.“334 Glück berief sich im Rahmen der Abgrenzung der kaufrechtlichen lex commissoria von der pfandrechtlichen auf die Arbeit von Faber, wonach seiner Ansicht nach die Verfallklausel wie folgt geregelt war: „Wendet man dieses auf Verpfändungen an, so wird unter Lex Comissoria in pignore derjenige Vertrag verstanden, wodurch ausbedungen wird, daß das Pfand, im Falle die Schuld nicht zur bestimmten Zeit wieder bezahlt werden würde, verfallen seyn, und dem Gläubiger, ohne weitern Verkauf, für die schuldige Summe eigenthümlich verbleiben solle. [… Da] dieser Vertrag wegen der Härte und Habsucht der Gläubiger für die Schuldner sehr nachtheilig war, so ist derselbe, um alle unbillige Bedrückungen und Vervortheilungen,

332 Zitat in: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 23. 333 Vgl. die Darstellung oben in: Abschnitt C., unter: 3. d). Hierzu zudem: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 332; Godefroy: Codex Theodosianus, Bd. 1, S. 295 334 Glück: Ausführliche Erläuterung der Pandecten. Bd. 14, S. 86. f.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse denen sie von Seiten der Gläubiger ausgesetzt waren, in Zukunft zu verhüten, in dem neueren römischen Recht gänzlich verboten worden.“335

Den Ursprung des Verbots sah Glück im Gesetz von Kaiser Constantin und ging mit Verweis auf Gothofredus Arbeit davon aus, dass dem Verbot eine Zeit vorausging, in der die Verabredung der Verfallklausel erlaubt war.336 In zeitlicher Hinsicht umfasste das Verbot nach Glück sowohl die zu Beginn – d. h. mit dem Pfandvertrag – geschlossene Abrede des Verfalls ebenso, wie die nachträglich verabredete Klausel. Denn das Gesetz wolle nicht, „daß die Gläubiger sich die Verlegenheit der Schuldner zu Nutze machen sollen, um sie um das Ihrige zu bringen.“337 Für die mittelbar vorgebrachte Begründung des Verbotszwecks als Schuldnerschutzvorschrift verwies er insbesondere auf Voet.338 Auch die immer wieder diskutierte eidliche Bekräftigung einer Verfallklausel nach kanonischem Recht änderte für Glück nichts an einer Unwirksamkeit der Abrede. Sodann widmete er sich den oben diskutierten Stellen, die als Ausnahmen vom Verbot der lex commissoria betrachtet werden konnten. Die Stelle Maricans in D. 20.1.16.9 sei nicht vom Verbot erfasst worden. Als Begründung führte er an, dass keine „Besorgniß einer Vervortheilung“ bestehen konnte, denn der Wert des Pfandgegenstandes war durch eine zu bestimmende „billige Taxe“ gewahrt.339 Schwerer zu beurteilen sei, ob ein zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses festgesetzter Preis verabredet werden konnte. Glück sah keinen Grund das Verbot umfassend anzuwenden, sofern der Schuldner nichts dabei verlor und der Zweck des Verbots gewahrt blieb.340 Ebenso verfuhr er mit der Stelle von Scaevola. Glück meinte, dass die Abrede zugunsten des Bürgen nur gültig war, wenn dieser „die verpfändeten Grundstücke für einen billigen Preiß käuflich erhalten solle; ungültig hingegen wenn die Absicht der Interessenten dahin gehe, daß der Bürge die Hypothek bloß für dasjenige, was er dem Gläubiger für den Schuldner bezahlt hat, zum Eigentum bekommen solle. […] Denn in dem Falle ist der commissorische Vertrag unverkennbar. Daß hier nicht dem Gläubiger selbst, sondern einem Dritten das Pfand zufällt, macht keinen Unterschied.“341 Als Begründung führte er die Gefahr der Gesetzesumgehung an. Es sei wesentlich, dass der Schuldner „keinen Schaden leidet.“342

335

Glück: Ausführliche Erläuterung der Pandecten. Bd. 14, S. 87, Fn. 58; S. 89. Glück: Ausführliche Erläuterung der Pandecten. Bd. 14, S. 90 – 91, Fn. 66. 337 Glück: Ausführliche Erläuterung der Pandecten. Bd. 14, S. 92. 338 Glück: Ausführliche Erläuterung der Pandecten. Bd. 14, S. 92, Fn. 69. 339 Glück: Ausführliche Erläuterung der Pandecten. Bd. 14, S. 96 – 98, zudem Fn. 77, in der er neben weiteren Autoren insbesondere auf Baldus, und Gothofredus verweist. 340 Glück: Ausführliche Erläuterung der Pandecten. Bd. 14, S. 99 f. 341 Zitat: Glück: Ausführliche Erläuterung der Pandecten. Bd. 14, S. 102. 342 Glück: Ausführliche Erläuterung der Pandecten. Bd. 14, S. 103. 336

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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Das Werk von Vangerow aus dem Jahr 1851343 bestätigte viele Aspekte von Glück und berief sich in vielen Punkten auf die weitreichende Arbeit von Warnkönig.344 Auch für Vangerow war das Verfallverbot unabhängig von seiner zeitlichen Verabredung unwirksam.345 Er widmete sich in seiner kurzen Darstellung zudem der genaueren Begrenzung des Verbots und sah den inneren Zusammenhang zwischen der Bedingung der Nichtleistung und der Rechtsfolge des Verfalls als wesentliches Kriterium an. Durch das Verbot sei weder die unbedingte Leistung an Zahlungs statt noch der unbedingte Kauf des Pfandgegenstands ausgeschlossen worden. Erst wenn an die Bedingung der Nichtleistung angeknüpft wurde, sei die Abrede unwirksam gewesen. „Wenn sich nachweisen läßt, daß ein solcher bedingter Kauf im Wesentlichen nur zur Umgehung des Konstantinischen Verbots der lex comm. abgeschlossen worden, daß er also eine verschleierte lex Commissoria ist, muß er natürlich als ungilitig angesehen werden, und zwar wird dies wohl immer der Fall sein, wenn als Kaufpreis gerade der Betrag der Schuld verabredet worden ist, während dies umgekehrt dann nicht leicht angenommen werden kann, wenn die Verabredung dahin geht, daß der Kaufpreis erst später, zur Zeit der eingetretenen Bedingung, bestimmt werden soll […].“346

Aus der Differenzierung wird deutlich, dass Vangerow auch einen zur Zeit des Bedingungseintritts bestimmten und damit gerechten Preis für die Pfandsache als Ausnahme vom Verbot anerkannte. Die Ausnahme von Scaevola interpretierte er – wohl nicht zutreffend347 – als eine reine Pfandbestellung und widersprach damit ausdrücklich Glück und Warnkönig.348 Das von 1891 stammende Werk Windscheids fasste die Thematik des Verfallverbots äußerst knapp zusammen. Nach seiner Ansicht konnte die Pfandsache nur beim Gläubiger verbleiben, wenn der Schuldner dies gestattete, wobei „eine im Voraus für den Fall der Nichtzahlung der Schuld zur Verfallzeit gegebene Gestattung … nichtig [war].“349 Er betonte, dass das Verbot des Verfalls aus den römischen Quellen stammte, zudem aber auch von der Reichspolizeiordnung von 1577 auf343

Vangerow: Lehrbuch der Padekten. Bd. 1.2. Siehe: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388 und Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 25, S. 60 – 114; 226 – 255; 420 – 439. Diese umfassende Arbeit ist auch Grundlage dieser Dissertation. 345 Vangerow: Lehrbuch der Padekten. Bd. 1.2, S. 988 f. 346 Zitat: Vangerow: Lehrbuch der Padekten. Bd. 1.2, S. 991. 347 Siehe hierzu die Auslegung oben Abschnitt C., unter: 3. a). 348 Vangerow: Lehrbuch der Padekten. Bd. 1.2, S. 991. Auch er thematisiert im Anschluss die eidliche Bekräftigung des Verfallverbots. Er ist der Ansicht, dass nach kanonischem Recht der Eid die lex commissoria bestehen lasse, wenn nicht eine „wahre turpitudo“ – eine wahre Unsittlichkeit seitens des Gläubigers – vorläge. Ihm stünde dann nach allgemeinen Regeln eine „relaxatio juramenti“, eine Erleichterung vom Eid zu, die die Verfallabrede beseitige. 349 Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts. Bd. I, S. 722. 344

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

gegriffen wurde. Als Ausnahme von der Regel erkannte er den bedingten Kauf zu einem zu schätzenden Preis an und den Fall, dass die Sache zu einem angemessenen Preis verkauft wurde. Nach seiner Vorstellung war dies möglich, wenn er den Wert der Sache erreichte oder überstieg.350 Er setzte sich zudem mit der von ihm verneinten Rechtsfrage auseinander, ob § 1 des Gesetzes vom 14. November 1867 das Verfallverbot aufgehoben hatte. Das Gesetz hatte – nach seiner Ansicht – die Aufgabe, die restriktiven Wuchertatbestände im Partikularrecht neu zu ordnen und zu liberalisieren. Bei der Begründung, warum das Verbot des Verfalls hiervon unberührt blieb, macht er sich die ablehnende Rechtsprechung der Länder zu eigen.351 Auch der rückläufige Umfang der Bearbeitung zeigt, dass die meisten Autoren der Pandektistik im Wesentlichen auf die Vorarbeiten der früheren Schulen vertrauten und ihre Wertungen übernahmen. Eine neue Sicht auf das Verfallverbot bewirkte die Arbeit von Adolph Dietrich Weber, der in einer Gegenbewegung zur bisherigen Entwicklung den Anwendungsbereich des Verfallverbots stark erweiterte, indem er den Zweck des Schuldnerschutzes besonders hervorhob. Die auf ihn zurückgehende Definition der lex commissoria von Christian Friedrich Mühlenbruch (1785 – 1843) zeigt deutlich, welche Neuinterpretation dieser Ansicht zugrunde lag: „Gesetzlich mißbilligt ist übrigens die lex commissoria, d. h. die Verabredung, daß im Fall einer Säumniß des Schuldners der Gläubiger die Sache statt seiner Forderung behalten solle. Dadurch ist freilich ein Verkauf des Pfandes an den Gläubiger oder eine in solutum datio nicht schlechthin verboten; soll indessen der Zweck des Gesetzes vollständig erreicht werden, so muß man wohl die bei Errichtung des Pfandvertrags getroffene Verabredung: daß der Schuldner zur Verfallzeit verkaufen müsse – wenn auch für einen alsdann zu bestimmenden oder durch den Handelscours bestimmten Preis, ferner, daß der Bürge für die von ihm gezahlte Schuldsumme das Pfand behalten dürfe, für ebenso ungültig erklären, als diejenigen Nebenberedungen, welche ganz offenbar in fraudem legis eingegangen sind, wenngleich die buchstäblichen Bestimmungen des Pandektenrechts für die Giltigkeit angeführt werden können.“352

Dabei sind insbesondere zwei wesentliche Neuerungen in der Definition enthalten: Es gab keine Ausnahmen des Verfallverbots durch Verkauf zu einem gerechten Preis oder einem Börsenkurs und keine Ausnahme zugunsten des Bürgen. Weber argumentierte methodisch, indem er die systematische Stellung von Digesten 350 Siehe zum gesamten: Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts. Bd. I, S. 722 f., Fn. 4. Er erwähnt auch weitere Literaturansichten, die auf eine Angemessenheit des Preises keine Rücksicht nehmen, wie etwa Dernburg: Das Pfandrecht. Band II, §§ 118 f. und Vangerow. Dessen Anmerkung interpretiert er falsch, da Vangerow – wie oben ausgeführt – eine gegenteilige Auffassung vertritt. 351 Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts. Bd. I, S. 773, Fn. 4. Ausführlich zu der Problematik: unten Abschnitt F., unter: 2. a) aa). 352 Zitat in: Mühlenbruch: Lehrbuch des Pandekten-Rechts, Bd. 2, § 318, S. 226 – dort jedoch m. w. N.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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und Codex betrachtete. Seiner Meinung nach war das Verbot umfassend und verdrängte als späteres Edikt ausdrücklich die älteren Regelungen der Digesten.353 Ferner hielt er die Wortwahl des Verbots für eindeutig, die die „Unvollkommenheit des bisher gegoltenen Rechts nicht undeutlich zu erkennen giebt […]“. Ferner sei kein Grund vorhanden, „woraus sich die Nothwendigkeit einer Einschränkung dieser allgemeinen Verordnung darthun ließe, folglich die widerstreitenden Stellen der Pandekten, als antiquarisches Recht, derselben weichen müssen“.354 Daneben war für ihn der Wortsinn der lex commissoria entscheidend. Dies führe dazu, dass man hierunter bei verpfändeten Sachen „jede Verwillkührung des Schuldners verste[h]t, wodurch derselbe auf den Fall der Nichterfüllung seiner Verbindlichkeit Rechten in Ansehung des Pfandes entsagt, die er sonst gehabt hätte, und dem Gläubiger Verbindlichkeiten erläßt, die ihm würden oblegen haben.“355 Da das römische Recht die weite Abrede ausdrücklich verbot, sei im Umkehrschluss die „Abrede des Rechtsverzichts“ die Grenze, die mögliche Ausnahmen zum Verfallverbot einhalten müssten. Der Schuldner durfte durch eine Abrede nicht auf ihm zustehenden Rechte verzichten und umgekehrt konnte er dem Gläubiger belastende Ansprüche nicht erlassen. Der wesentliche Punkt der Überlegung ist nun, dass für Weber damit auch der uneigentliche Fall der Verfallklausel – in Form des Verkaufs für einen gerechten Preis – als Ausnahme zum Verfallverbot ausscheiden musste. Auch die Ausnahme zugunsten des Bürgen musste vom Verbot erfasst sein. Durch Weber entstand eine vom Zweck des Schuldnerschutzes getragene Auslegung des Verfallverbots, wonach die Verfallklausel weitreichend zu verbieten war. Die neue Ansicht fand weitere Unterstützer356 und prägte somit eine neue Interpretation des Verfallverbots hin zu einem umfassenden Ausschluss vieler Verfallklauseln, die nach dem reziptierten römischen Recht noch erlaubt schienen. Die rege Diskussion um die Reichweite des Verfallverbots zeigte die Schwierigkeit, Grenzen des römischen Rechts auszumachen, das als geltende Rechtsordnung keine klaren Antworten bot.357

353

Weber: Versuche über das Civilrecht und dessen Anwendung, § 7, S. 365 ff. So verweist er auf: Thibaut, Anton Friedrich Justus: Theorie der logischen Auslegung des Römischen Rechts, S. 176. 354 Weber: Versuche über das Civilrecht und dessen Anwendung, § 7, S. 366. 355 Weber zitiert nach: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 316. 356 Hier ist etwa der besagte Christian Friedrich Mühlenbruch zu nennen, vgl. Mühlenbruch: Lehrbuch des Pandekten-Rechts, Bd. 2, § 318, S. 225 f.; ebenso Johann Adam von Seuffert (1797 – 1857): Seuffert: Erörterungen einzelner Lehren des Römischen Privatrechts. Bd. 2, Abschnitt XX, S. 98 ff., jeweils m. w. N. 357 Inwieweit die Auslegung Webers „richtig“ war, kann diskutiert werden. Weitreichende Kritik äußert Warnkönig, siehe: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, ab S. 324 ff.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

c) Der Geltungsgrund der lex commissoria Dass die Interpretation der lex commissoria so kontrovers blieb, beruhte, außer auf der rechtlich nicht zu fassenden Grundlage des römischen Rechts, auf der unzureichenden Begründung des Verfallverbots. Es wurde auf der Grundlage der unterschiedlichen rechtlichen Methoden immer wieder versucht, den Zweck des Verbots zu erfassen, daraus ergab sich ein breites Spektrum an Erklärungsmodellen. Die umfassende Untersuchung von Warnkönig zeigt, dass es in der historischen Bearbeitung im Wesentlichen vier Argumentationsmuster gab, um die lex commissoria zu begründen.358 Die Begründung auf Grundlage der „boni mores“, die Begründung mittels des christlichen Wucherverbots, eine naturrechtliche Begründung und letztlich die Begründung durch positives Recht zum Schutz des Schuldners. Die Ausführungen zum Geltungsgrund erlauben damit ihrerseits Rückschlüsse auf den im Verfallverbot erkannten Zweck. aa) Begründung durch die „boni mores“ Während Azo und Accursius keinen Grund für das Verbot des Verfalls nannten, bezeichnete Odofredus (gest. 1265) die Abrede der lex commissoria als „contra bonos mores“359. Unter diese Bezeichnung fasste Warnkönig die meisten Ansichten der Glossatoren- und Kommentatorenzeit.360 Geltungsgrund war nach dieser Interpretation die Sittenwidrigkeit, die auf dem Maßstab der „gesunden Volksmoral“ beruhte. Geschäfte, die gegen diese guten Sitten verstießen, wurden nach römischem Recht als turpia bezeichnet.361 Diese Interpretation könnte auf die Form des Verbots zurückgehen, die einem Kaisergesetz Constantins mit klaren und starken Worten entsprach.362 Dabei stand der Versuch der scholastischen Methode im Vordergrund, eine harmonische Auslegung des römischen Rechts zu erreichen. Die Begründung fügte sich damit in die Vorstellung der fortgesetzten Geltung des römischen Rechts ein. Das bestehende Verbot der lex commissoria war bestimmend und bedurfte keiner 358 Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 357, beginnend ab: S. 351. 359 Verweis auf Odofredus: „quoniam hoc modo nullus creditor vellet pignus accipere, nisi fieret istud pactum, et hoc est contra bonos mores, nam per hoc creditores invitarentur ad malum.“ – zitiert nach: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 352. Übersetzung: „Da auf diese Weise kein Gläubiger bereit ist, ein Pfand zu akzeptieren, wenn nicht diese Klausel entstände, und diese ist gegen die guten Sitten, dann würden die Gläubiger durch diese zum Bösen aufgefordert.“ 360 Neben Odofredus etwa Cynus, Albericus und Castrensis, siehe: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 352 f. 361 Knapp hierzu: Kaser/Knütel/Lohsse: Römisches Privatrecht, § 9, Rn. 9. 362 S. o. die Ausführungen zum Verbot Constantins und der Interpretatio: Abschnitt C., unter: 2.

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tiefergehenden Begründung. Vielmehr waren die Grenzen des Verbots und seine Anwendbarkeit in der Praxis der Schwerpunkt. Die Begründung diente auch als Grundlage für weiterführende Argumente, wie sie etwa Doneau im 16. Jahrhundert ausführte: „Est autem contra bonos mores, quia invitat creditorem ad delinquendum & fraudandum eos, qui non consentiunt, quod genus totum improbari constat. […] Invitamentum ad fraudandum huiusmodi est: nam si impune licebit creditori hoc pacisci, semper hanc legem in pecunia credenda adiicient creditores & res ad se quam minimo transferent: debitores autem necessitate pecuniae accipiendae constricti & hanc legem & aliam quamvis facile suscipient, ut sibi pecunia potiri liceat. […]“ Sie verstößt aber gegen die guten Sitten, weil sie den Gläubiger einlädt, sich zu vergehen und diejenigen zu betrügen, die nicht zustimmen. Es steht fest, dass alle Verträge dieser Art verworfen sind. Die Verlockung zu betrügen ist dergestalt: denn wenn es dem Gläubiger gestattet sei, dies ungestraft zu vereinbaren, werden die Gläubiger bei der Verleihung von Geld diese Klausel immer hinzufügen und die Sache so billig wie möglich auf sich übertragen; die Schuldner aber, die durch die Notwendigkeit Geld anzunehmen gezwungen sind, nehmen diese Klausel und eine andere beliebige leicht an, damit es für sie ermöglicht wird, das Geld zu erlangen.363

Nach Doneau folgte aus den guten Sitten, dass die Abrede des Verfalls verboten sein musste, da andernfalls der Gläubiger regelrecht aufgefordert wurde, die Position des Schuldners auszunutzen. Der Schuldner hatte keine Möglichkeit, Widerstand zu leisten, da er auf den Krediterhalt angewiesen war. Ob aus dem römischen Institut der „guten Sitten“ tatsächlich diese Auslegung folgen musste, bleibt fraglich. Dennoch boten sie eine weithin akzeptierte Quelle für „sittliche“ Argumente. bb) Begründung mittels des christlichen Wucherverbots Der Geltungsgrund, der die größte Tragweite hatte, war die Interpretation auf der Grundlage des christlichen Wucherverbots. Neben der Auslegung der mittelalterlichen Legistik war die Kanonistik treibende Kraft bei der Suche nach dem Geltungsgrund des Verbots der lex commissoria. Die Kanonisten sahen diesen meist in der sogenannten „usuraria pravitas“364, die von dem Gedanken getragen war, dass nicht nur die reine Absprache eines Zinsversprechens unter das Zinsverbot fallen musste, vielmehr war jeder Vertrag zu untersagen, der dem Gläubiger mehr zukommen ließ, als er bei seinem Versprechen seinerseits gegeben hatte.365 Der Abrede der lex commissoria unterstellte man im Rahmen des Pfandgeschäfts genau diesen 363 Lateinischer Text: Oswald: Hugues Doneau. Opera Omnia, Bd. 9, Sp. 1226, Anmerkung zu C. 8.35.3, Randziffer 4. Übersetzung durch den Verfasser. 364 Begriff nach: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 361, m. w. N. 365 Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 361.

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Zweck: Der Gläubiger wollte sich zulasten des Schuldners bereichern. Eine solche Vereinbarung war, nach dieser Ansicht, nicht mit dem göttlichen Recht zu vereinbaren. Sie ging wohl bis auf Henricus de Segusio (auch Hostiensis um 1200 – 1271) zurück und wurde von den meisten späteren Kanonisten übernommen.366 Wie angedeutet war es die Interpretation der Kanonistik, die auch DuMoulin prägte und sich einflussreich bei den Kommentatoren verbreitete. An ihr wurde bis weit in das 19. Jahrhundert festgehalten, wenn auch die Reichweite des Verbots gerne etwas abgeschwächt wurde.367 Diesem Geltungsgrund schlossen sich einige der bedeutenden Vertreter der Strömung des Usus modernus Pandectarum an. So sahen sowohl Samuel Stryk (1640 – 1710)368 als auch Benedikt Carpzov (1595 – 1666)369 den Grund des Verbots in der Ähnlichkeit der Verfallabrede mit dem Wucher. Dieser Einordnung schlossen sich viele Partikularrechte an, wie es sich etwa ganz konkret für den Bayrischen CMBC nachweisen lässt, da Kreittmayr in seinen Anmerkungen zum CMBC explizit auf Stryks Ansatz zurückgriff.370 cc) Begründung mittels des Naturrechts Das dritte Begründungsmodell ließ sich auf das neu aufkommende Natur- bzw. Vernunftrecht zurückführen. Danach lag der Geltungsgrund des Verfallverbots im 366 Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 353. Lebensdaten in: Müller: Artikel: „Hostiensis (Henricus de Segusio)“, in: Stolleis, Juristen. Ein biographisches Lexikon, S. 302 f. 367 Warnkönig schreibt etwa DuMoulin folgendes Zitat zu: „[…] in lege commissoria formalem usuram non esse, sed in fraudem usurarum evenire posse.“ Übersetzt: „[…] In der förmlichen Verfallabrede liegt kein Wucher, aber beim betrügerischen Wucher kann sie [die Verfallabrede] sich ereignen.“ Siehe: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 354. Jedoch findet sich bei DuMoulin nur eine längere Fassung an besagter Stelle, siehe hierzu: DuMoulin: Tractatus commerciorum et usurarum redituumque pecunia constitutorum et monetarum, Questio 369, S. 355. 368 Stryk: Samuelis Strykii, JC. Specimen Usus Moderni Pandectarvm Ad Libros V. Priores in Academia Francofurtana Publicis Disputationibus Exhibitum. Bd. 3, Liber XIII, Titulus 7, § 9, S. 46; Verweis in: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 356, Fn. 94. Lebensdaten in: Hof: Artikel: „Samuel Stryk“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 432 – 436. 369 Carpzov: Definitiones forenses ad institutiones electorales saxonicas, Partis II, Const. XXX, Def. XLII, S. 533; Verweis in: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 356. Lebensdaten in: Kleinheyer: Artikel: „Benedikt Carpzov“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 92 – 97. 370 Siehe ausführlich unten in Abschnitt E., unter: 1. c). Die Anmerkung Kreittmayrs zu Stryk: Kreittmayr: Anmerkungen über den Codicem Maximilianeum Bavaricum Civilem. Zweyter Theil, S. 641.

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Naturrecht. Wobei dieses nur für den eindeutigen Fall gelten sollte, dass die Abrede der lex commissoria den Gläubiger auf Kosten des Schuldners unbillig bereicherte. In diese Richtung ging etwa die Auslegung Voets, der das Verbot des Verfalls auf der Grundlage der Gerechtigkeit als zwingend ansah.371 Die meisten Vertreter dieser Argumentationslinie hatten einen Ansatz, der der Begründung des Verfallverbots mittels des christlichen Wucherverbots nahe war, jedoch trennten sie das Verbot von der Grundlage im göttlichen Recht. Vielmehr wurde das Verbot auf die Grundlage der abstrakten Vernunft gehoben.372 dd) Begründung des Verbots durch das positive Recht Einen etwas anderen Weg beschritt das vierte Begründungsmodell. Auch hier wurde das Vernunftrecht bemüht, jedoch stand die Grundlage des Rechts dem Verfall nicht entgegen. Vielmehr war, da das Naturrecht den Verfall nicht aus sich heraus verbot, das Verbot lediglich durch positive Rechtssetzung in Kraft getreten. Beispielhaft ist die bei Samuel Pufendorf (1632 – 1694) zu findende Beschreibung:373 „[…] Ast sterilibus pignoribus saepe solet addi lex commissoria, ut nisi intra certum tempus reluantur, cedant creditori. Id quod naturaliter non est iniquum; inprimis ubi pignus non pluris sit, quam debitum, & usurae intermedii temporis: aut si quod excedit domino restituatur. Etsi legibus Romanis ea lex commissoria sit vetita, quod per avaritiam creditorum egeni ac necessitate pressi debitores rebus suis facile exui possint, dum pignori opponent, que multo plurisquam debitum sunt. Recte quoque; ita conveniri potest, ut pecunia destinato die non soluta, pignus velut emtum esse debeat justo pretio, tunc arbitrio boni viri constituendo, aut ante constituto; vel etiam ut tunc pignus recte aestimatum in solutum detur. […]“ Aber den ertraglosen Pfändern pflegt man häufig die lex commissoria beizufügen, damit sie, wenn sie nicht innerhalb der bestimmten Frist eingelöst werden, dem Gläubiger verfallen. Das ist von Natur aus nicht unbillig; vor allem wo das Pfand nicht mehr [wert] ist, als die Schuld und die Zinsen der dazwischen [liegenden] Zeit: oder wenn etwas darüber hinausgeht, es dem Herrn erstattet wird. Und wenn nach den Gesetzen der Römer diese lex commissoria verboten ist, weil durch die Habgier der Gläubiger die bedürftigen und durch die Notlage bedrückten Schuldner leicht ihrer Sachen entledigt werden können, dann traten sie einem Pfand entgegen, das viel mehr [wert] ist als die Schuld. Richtig kann auch dergestalt vereinbart werden, dass, wenn das Geld nicht am bestimmten Tag gezahlt worden ist, das Pfand wie zum gerechten Preis gekauft sein soll, sei es zu einem von einem ehrbaren Mann dann festzulegenden oder vorher festgelegten [Preis]; oder auch dass das Pfand richtig geschätzt an Erfüllungs statt gegeben werde.374 371

Siehe oben das Zitat Voets, unter: a) aa). Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 357. 373 Lebensdaten in: Hof: Artikel: „Samuel Pufendorf“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 362 – 367. 374 Lateinischer Text: Pufendorf: De Iure Naturae Et Gentium Libri Octo (1672), lib. V, cap. 10, § 14, S. 695 f. Übersetzung durch den Verfasser, orientert an: Hertius/Barbeyrac: 372

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Damit sollte die Abrede des Verfalls nicht gegen das Naturrecht verstoßen, jedoch sprach seine mögliche Ungerechtigkeit dafür, es in speziellen Fällen zu verbieten. Diese Fälle waren stark am römischen Recht orientiert und erschlossen sich eben auch aus der „vernünftigen“ Sichtweise des Naturrechts. Damit war das Verfallverbot Teil des positiven Rechts, da es eine sinnvolle Komponente hatte. Jedoch ließ sich das Verbot nur mit der Schutzfunktion zugunsten des Schuldners rechtfertigen. In eine etwas andere Richtung argumentierte Christian Gottlieb Riccius (1697 – 1784).375 Für ihn war die Abrede des Verfalls ebenfalls mit dem Naturrecht vereinbar. Er begründete dies mit der naturrechtlichen Vorstellung, dass eine Person nach Belieben über das Ihrige verfügen konnte, daher sollte es dem Gläubiger erlaubt sein, sein Geld auch nur nach seinen Bedingungen zu verleihen. Die Möglichkeit des Schuldners, sich in diese Gefahr zu begeben, begründete er mit den deutschen Rechtsgewohnheiten, die das Begründen einer Schuldverbindlichkeit mit einer Strafklausel erlaubten.376 In eine ähnliche Richtung, aber etwas vorsichtiger argumentierte auch Christian Thomasius (1655 – 1728).377 Für ihn war, in Abgrenzung zu einer verbotenen Abrede, zu untersuchen, ob eine wucherische Absicht bei Abschluss einer Verfallklausel vorlag, wobei davon auszugehen sei, dass grundsätzlich eine Vermutung zugunsten eines erlaubten Geschäfts herrsche.378 Damit zeigt sich, dass es keine einheitliche Meinung zum Geltungsgrund des Verfallverbots im positiven Recht gab. Es kam auf die Rechtsgewohnheit an, ob man das Verbot übernahm oder nicht. Zentral für eine Begründung im positiven Recht ist auch hier der Schuldnerschutz, der ein Verfallverbot rechtfertigen konnte, obwohl der Verfall mit dem Naturrecht grundsätzlich vereinbar sein sollte.

Samuel von Pufendorff, Acht Bücher vom Natur- und Völcker-Rechte, Bd. 2, Buch V, Titel 10, § 14, S. 168. 375 Lebensdaten in: Landsberg: Artikel: „Riccius“, in: Historische Commission bei der königl. Akademie der Wissenschaften, Allgemeine Deutsche Biographie Band 28 (1889), S. 409 f. 376 Riccius: Christiani Gottlieb Riccii problema iuris Germanici, num pactum commissorium circa pignora in Germanorum fora, in quibus id quondam, testantibus diplomatibus ac litterariis, monumentis, etiam usu valuit, rusus sit invehendum et adprobandum?, § 2, S. 3 – 5. Interpretation: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 363. 377 Lebensdaten in: Hof: Artikel: „Christian Thomasius“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 453 – 460. 378 Thomasius: Dissertatio inauguralis iuridica de usu practico accuratae distinctionis inter emtionem cum pacto de retrovendendo et contractum pignoratitium, ab Cap. II, S. 7, insb. Cap. IV, S. 59. Ebenso verweist Thomasius selbst auf dieses Ergebnis, siehe: Thomasius: Notae ad singulos Institutionum et Pandectarum Titulos varias iuris Romani antiquitaates imprimis usum eorum hoiernum in foris Germaniae ostendentes in usum auditorii Thomasiani, Lib. XIII, Tit. VII, S. 171. Verweis und Interpretation in: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 24, S. 1 – 38; 312 – 388, S. 362.

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d) Zusammenfassende Überlegung Zwar nannten die Glossatoren nur mittelbar Gründe für das Verbot der lex commissoria, auffällig ist jedoch, dass sie das Verbot nur aufrechterhalten wollten, wenn der Schuldner in Gefahr war. Wurde der Pfandgegenstand für einen gerechten Preis durch den Gläubiger erworben, sollte die Abrede wirksam sein. Dazu passt, dass sie sich Gedanken darüber machten, dass die Feststellung durch eine dritte Partei problematisch sein konnte, dies aber aus praktischen Gründen notwendig blieb. Diese Interpretationslinie wurde im Verlauf der Bearbeitungsgeschichte viele Male abgeändert oder mit neuen Argumenten versehen. Die Darstellung der vertretenen Ansichten zum Geltungsgrund zeigt ferner, dass das Verbot der lex commissoria für lange Zeit stets im Zusammenhang mit dem Wucherverbot oder mit der sündhaften Tat des Gläubigers in Verbindung gesetzt wurde. Hieraus entstanden ähnliche Ansichten, die auf einer vernunftrechtlichen Grundlage fußten. Erst der Schritt, das Verbot des Verfalls als Norm des positiven Rechts anzusehen, das keine Entsprechung im Naturrecht hatte, löste es von einer moralischen Verknüpfung. Dennoch wurde es überwiegend mit dem Zweck gerechtfertigt, den Schuldner vor dem Gläubiger zu schützen. Unabhängig vom Begründungsansatz diente der Kern des Verbots dem Schutz des Schuldners. Diese Erkenntnis ist hervorzuheben. Seit der Einführung durch Kaiser Constantin spricht einiges für diese Wirkrichtung des Verbots. Der durch die Gesetzesmaterialien vorgenommene Verweis auf die römische Tradition bedeutet, dass auch die grundsätzliche Wirkrichtung des römischen Verfallverbots Teil der Rechtssetzungsidee sein muss. Der Kern des Verbots enthielt den Schuldnerschutz und dürfte nach der gemeinrechtlichen Konstruktion ein Schutzgesetz für den Schuldner dargestellt haben. Die Partikulargesetze379 nahmen umfassend das Verbot der lex commissoria nach römischen Vorbild auf, wobei sich der Umfang unterschied. Dies soll im Abschnitt E. gezeigt werden, um damit auf das Gesetzgebungsverfahren des BGB überzuleiten.

2. Das „deutsche“ Pfandrecht Nach dem vorangegangenen Blick auf das „römische“ Pfandrecht, das eine der wesentlichen Entwicklungslinien bildete, soll die zeitlich etwas versetzt entstehende „deutsche“ Pfandrechtsentwicklung analysiert werden, die den Anknüpfungspunkt für die in den Materialien zitierten Partikularrechte darstellte. Es ist nicht ganz richtig, von einer originär „deutschen“ Pfandrechtsentwicklung zu sprechen, die es in dieser Schärfe als Gegenüber zum römischen Recht wohl nicht gab. Vielmehr verbirgt sich hinter dieser Begrifflichkeit die Übernahme der Ansichten des germanistischen Zweigs der historischen Rechtsschule. Jedoch kommt zum Ausdruck, dass 379

Bearbeitung unten im Abschnitt E.

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es eine weitere, vom germanischen Gewohnheitsrecht stammende, praktische Anwendung von Pfandrechten gab. Zu dieser Entwicklung gibt es weitreichende Untersuchungen, deren Aussagen in den letzten Schlussfolgerungen zwar meist von den Ansichten des 19. Jahrhunderts gefärbt sind,380 die aber inhaltlich Parallelen aufdecken konnten.381 Die tatsächliche Entwicklung dürfte zwar von der systematischen Gesamtdarstellung der meisten Autoren abweichen, die kompilatorische Arbeit, die im Zusammentragen von weit verstreuten Rechtsgewohnheiten geleistet wurde, stellt dennoch eine anschauliche Quellenarbeit dar, die Gemeinsamkeiten in der Rechtsentwicklung veranschaulichen kann. Dies gelang etwa Planitz382 im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, der auf Grundlage dieser weiten Quellenstudien ein plastisches Bild der germanisch-deutschen Rechtsentwicklung auf dem Gebiet des Grundpfandrechts zeichnete. Auch er kommt zu dem Ergebnis, dass die Darstellung aufgrund der Verschiedenheiten des lokalen Rechts auf oberflächliche Gemeinsamkeiten beschränkt bleiben muss und daher nur eine tendenzielle Entwicklung beschrieben werden kann. a) Das Fahrnispfandrecht Die Wortherkunft des Pfandrechts383 bzw. des „Pfands“ stammt vom althochdeutschen „pfant“ bzw. altsprachlichen „pant“, welches das genommene Pfand beschrieb384 und damit erklärt, warum das Pfandrecht zu Beginn als durchaus einheitlicher Rechtsbegriff zu verstehen ist. In diesem Sinne verwendete es beispielsweise auch der Sachsenspiegel, ohne zwischen den „verpfändeten“ Gegenständen zu unterscheiden. Der Sachsenspiegel sprach dem durch „Pfändung“ entstandenen 380 Dabei sei an die Kritik an der historischen Rechtsschule generell und insb. an die Kritik an der „Germanistik“ erinnert. Diese „Wissenschaft des Deutschen Privatrechts“ strebte ein einheitliches, dem römischen Recht ebenbürtiges „System“ der deutschen Rechtsgewohnheiten an. Wobei eine „objektive“ und der historischen Wirklichkeit angenäherte Betrachtung erst im 20. Jh. gelang, als mit dem geltenden Recht die Wissenschaft als Rechtsquelle stark in den Hintergrund trat und das „deutsche Privatrecht“ als historische Wissenschaft begriffen wurde. Hierzu: Thieme: Artikel: „Deutsches Privatrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 702 – 709, insb. Sp. 703, 706 f.; ebenso, sogar noch kritischer: Luig: Artikel: „Deutsches Privatrecht“, in: Cordes/Lück, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 993 – 1003, insb. 1002, jeweils m. w. N. 381 Franken: Geschichte des französischen Pfandrechts (1879); Meibom: Das deutsche Pfandrecht (1867); Kohler: Pfandrechtliche Forschungen (1882); Weber: Deutsches Hypothekenrecht (1887); Schwind: Wesen und Inhalt des Pfandrechts (1899); siehe insb. das Werk Gierkes, das viele weitere Nachweise beinhaltet: Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, § 155, S. 809, Fn. 1. 382 Siehe: Planitz: Das deutsche Grundpfandrecht. 383 Ausführlich: Hagemann: Artikel: „Pfandrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3, Sp. 1684 – 1688. Der Artikel verweist insb. auf: Buchholz: Abstraktionsprinzip und Immobiliarrecht; Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 809 ff., 955 ff.; Hübner: Grundzüge des Deutschen Privatrechts, S. 402 ff., 469 ff. 384 Hagemann: Artikel: „Pfandrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3, Sp. 1685; so auch schon Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 810, m. w. N. in Fn. 2.

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Pfandrecht eine einheitliche Rechtsfolge zu, den Verkauf durch gerichtliches Verfahren.385 Dem muss vorausgehen, dass eine systematische Konstante des „Deutschen Privatrechts“ sich tatsächlich in den Quellen wiederfindet: die unterschiedliche Behandlung von einzelnen Gegenstandsgruppen. So wurde die „Fahrnishabe“ streng von den Rechten an Grund und Boden getrennt, die in der Systematik des Deutschen Privatrechts als „Liegenschaften“ bezeichnet wurden.386 Auch die Bestellung und die Verwertung der Sicherheiten wurden aufgrund der unterschiedlichen Einordnung in den meisten rechtlichen Quellen unterschiedlich geregelt. Dem ging jedoch der nächste Entwicklungsschritt voraus: das privatrechtlich begründete Pfandrecht. Dieses war wohl zuerst an der Fahrnis entstanden und wurde, wie Gierke es formulierte, in das Liegenschaftsrecht „verpflanzt“, wo es eine eigenständige Entwicklung nahm.387 Ein häufig genannter Grund lag wahrscheinlich in der verhältnismäßig früh ausgeprägten Verfügungsbefugnis an der beweglichen Habe. Während zu Beginn der germanischen Rechtsentwicklung die Rechte an „Grund und Boden“ gemeinschaftlich ausgeübt wurden, sei es als Genossenschaftsgut oder Gemeinschaftseigentum der Sippe, war das bewegliche Vermögen der einzelnen Person zugeordnet.388 So konnte ohne die Einwilligung weiterer Personen darüber verfügt werden. Dies umfasste eben auch die Bestellung eines „privaten Pfandrechts“, das als „Wette“ bezeichnet wurde. Zur Begründung wurde dem Gläubiger der Wettgegenstand übergeben, den er behalten durfte, falls der Schuldner seinem gesicherten Versprechen nicht nachkam. Begrifflich war der Gegenstand „verfallen“ bzw. „verwettet“. Das „Pfand“ war zu Beginn als Sachpfand der alleinige Anknüpfungspunkt der „Haftung“, während der Schuldner darüber hinaus nicht haftete. Dies traf auch bei einem abweichenden Wert des verwetteten Gegenstands zu, war er mehr wert als die durch das Versprechen geschuldete Summe, verblieb der Mehrwert beim Gläubiger.389 Dem entspricht die Vorstellung, dass der Schuldner zwar ein Lösungsrecht hatte, diese Auslösung des Pfandgegenstands aber keine Pflicht war.390 Erst später erweiterte sich die Haftung zu einer Vermögenshaftung, bei der das gesamte Vermögen der Person einbezogen wurde, indem der Schuldner über die 385

Sachsenspiegel: als Vollstreckungsmittel siehe Ssp. III 87, 2; Abschnitte zum Fronboten finden sich in Ssp. I 53,3 und III 56,2; mit weiteren Hinweisen zum Ssp. und einer Übersetzung: Hirsch: Der Sachsenspiegel (Landrecht), S. 150, 267, 296 f., insb. auch im Glossar, S. 323. 386 Die Erkenntnis, dass die Trennung von Fahrnis und Liegenschaftsrecht als systematische Gruppen ein Verdienst der Wissenschaft des Dt. Privatrechts war: Thieme: Artikel: „Deutsches Privatrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 702, 706. Zur Veranschaulichung: Ogris: Artikel: „Fahrnis, Fahrhabe“, in: Cordes/Lück, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 1474 – 1477; Thier: Artikel: „Liegenschaftsrecht“, in: Cordes/Haferkamp, u. a., HRG, Bd. 3 (im Entstehen), Sp. 985 – 992, jeweils m. w. N. 387 Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, § 169, S. 955 f., dort auch der zitierte Begriff. 388 Siehe hierzu etwa: Conrad: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. I, S. 40 f.; ebenso: Thier: Artikel: „Liegenschaftsrecht“, in: Cordes/Haferkamp, u. a., HRG, Bd. 3 (im Entstehen), Sp. 986 f. 389 Siehe im Gesamten: Hagemann: Artikel: „Pfandrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3, Sp. 1684; dort auch die zitierten Begriffe. 390 Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 957, Fn. 9.

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Sachhaftung hinaus gelobte, für ein Zurückbleiben des Wertes mit seinem übrigen Vermögen einzustehen.391 Rechtlich war das Pfandrecht an der Fahrnis überwiegend als Besitzpfand ausgestaltet, bei dem der Pfandgläubiger die leibliche Gewere erhielt, die als wesentlicher Bestandteil des Pfandrechts betrachtet wurde. Damit erklärt sich auch, dass das Pfandrecht entfiel, wenn die Sache an den Schuldner zurückgegeben wurde.392 Diese Berechtigung umfasste das Innehaben der Sache, ob damit das Recht einherging, die verpfändete Sache zu nutzen, ist nicht einheitlich zu beantworten. In der Wissenschaft des Deutschen Privatrechts versucht man mit einem Beleg der überwiegenden Quellen in die eine oder andere Richtung zu argumentieren.393 Jedenfalls bleibt festzuhalten, dass ein solches Nutzungsrecht durchaus vereinbart werden konnte, sodass, wie Gierke es darstellte, bei einer Kuh die gewonnene Milch auf die Pfandsumme angerechnet werden konnte.394 Mit dem Faustpfandprinzip ging die Pflicht zur Aufbewahrung und dem Erhalt des Gegenstands einher, sodass der Pfandbesitzer den Gegenstand weder veräußern noch versetzen durfte. Für diesen Fall schuldete der Pfandbesitzer dem Pfandbesteller meist einen am Wert orientierten Ersatz. Dem entsprach das Recht auf unversehrte Rückgabe, das anfangs sogar bei unverschuldetem Untergang einen Ersatz vorsah. Von dieser Gefahrtragung konnte der Pfandbesteller den Pfandbesitzer freistellen, was ab dem 13. Jahrhundert dazu führte, dass man von einer in diesem Sinne ausgestalteten Rechtsregel ausging. Folge war das Verschwinden der Gefahrtragung des Gläubigers.395 Wie angedeutet, erfolgte die Verwertung des Pfands meist durch Verfall. Gerade beim Fahrnispfand lässt sich die Entwicklung der Verwertung gut verfolgen. In einigen Volksrechten,396 wie dem Recht der Burgunder und dem Recht der Lango391 Gerne wird dies als „geloben zu Pfande“ bezeichnet, vgl. Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 957, die Fn. 10 enthält Quellenangaben. Die gleiche Entwicklung beschreibt: Hagemann: Artikel: „Pfandrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3, Sp. 1685. 392 Meibom: Das deutsche Pfandrecht, S. 327; Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 956, insbesondere Fn. 6, die auf Quellen und weitere Bearbeitungen verweist. 393 Vgl. hierzu die wertende Darstellung der unterschiedlichen Positionen bei: Meibom: Das deutsche Pfandrecht, S. 328 ff. Hier wird u. a. am Streitgegenstand der Ssp-Stelle III Titel 5, § 5, diskutiert, ob sich aus der Haftung des Pfandbesitzers beim Tode eines Nutztieres ein solches Nutzungsrecht herleiten lässt. 394 Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 958. 395 Hagemann: Artikel: „Pfandrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3, Sp. 1685; Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 958, Fn. 15, u. a. mit dem Verweis auf den Ssp. III Art. 5, § 4. 396 Diese auch als „leges barbarorum“ bezeichneten „Volksrechte“ sind eine Quellengruppe von Rechtstexten, die im Frühmittelalter – in Anknüpfung an die Römische Rechtssetzungsgewalt – einem Herrschaftsanspruch des jeweiligen germanischen Volksstammes entstammten und dem geltenden Personalitätsprinzip folgend häufig eine nur auf den Stamm begrenzte Geltung hatten. Der Begriff stammt aus der historischen Rechtsschule. Siehe hierzu: Kaufmann: Artikel: „Volksrecht, Volksrechte“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 1004 – 1006,

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barden, gab es konkrete Regelungen zum Verfall.397 Die Leges Burgundionum von ca. 516 äußerten sich im Liber constitutionum 19, 6 wie folgt hierzu: „Modus vero pignerum hic erit, ut tertiam partem fideiussor amplius tollat, quam summa debiti est, et denunciet coram testibus debitori. Quod si intra tres menses soluto debito pignera sua non receperit, postmodum ea requirendi pontificum non habebit.“ „Die Art und Weise, zu pfänden, ist aber dergestalt: Ein Drittel über die Schuldsumme hinaus soll der Bürge [an Pfändern] nehmen und das vor Zeugen dem Schuldner verklaren. Wenn der dann in Dreimonatsfrist nicht seine Schuld bezahlt und seine Pfänder heimholt, hat er fürder kein Recht, sie auszulösen.“398

Hierbei handelte es sich um einen Verfall kraft Rechtsgewohnheit, der nach dem Verstreichen der Einlösungsfrist durch den Schuldner dazu führte, dass der Pfandgläubiger das Eigentum an der verpfändeten Fahrnissache erhielt.399 Der Verfall wurde als die angedachte Rechtsfolge der Verwertung beschrieben, worin sich der Gegensatz zum römischen Recht zeigte. Im langobardischen Recht war dies zu Beginn nicht so. Nach dem Edictus Rothari c. 251 und 252 erfolgte kein Verfall. Der Gläubiger erlangte aus gerichtlicher und außergerichtlicher Pfandnahme beim Eintritt des Einlösungsverzugs nur ein Gebrauchs- und Nutzungsrecht, ohne dass der Schuldner das Einlösungsrecht verlor.400 Unter dem König Liutprand (712 – 744) und seinem Edicutum Liutprandt änderte sich diese rechtliche Einordnung durch den c. 108: „Si quis fideiussorem aut debitorem suum pigneraverit, et ipsum pignus recolligere neglexerit et id per 12 dies dimiserit, tunc ille qui ipsum pignus abud se habet, si servus aut aniclla est, custodiat eum, ut ei fugam non faciat, et faciat eum sibi operas facere sicut suum proprium servum aut ancilllam. Et insuper habeat licenciam repignerare usque in secundam vicem, ut sint ipsa pignera in triplum quantum ipsum debitum est. Et si per 30 dies pignera ipsa debitor aut fideiussor recolligere neglexerit, si in Neustria aut in Austria fuerit, amittat ipsa pignera et non habeat facundiam requirendi. Si vero in Tuscie partibus fuerit, habeat spacium in dies 60: nam si super 60 dies fuerint, similiter amittat pignera sua. Et insuper potestatem habeat qui pigneravit, causam suam per legem agere et procurare.“ „[Gesetzt,] jemand hat bei seinem Bürgen oder Schuldner gepfändet, und dieser säumt, das Pfand auszulösen, und läßt es zwölf Tage lang [dort]: dann soll der Inhaber des Pfandes es, falls es Knecht oder Magd ist, wohl verwahren, damit es nicht zur Flucht kommt, und mag sich Dienste von ihm leisten lassen, wie von dem eigenen Knecht oder der [eigenen] Magd. Außerdem kann er noch ein zweites Mal [ihn] pfänden, so daß er [dreifach] so viel insb. Sp. 1005; inhaltlich: Erler: Artikel: „leges barbarorum“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 2, Sp. 1672 f. 397 Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 959 f., Fn 21. 398 Lateinischer Text: Ludwig Rudolf von Salis (Hrsg.), Leges Burgundionum (MGH LL nat. Germ. II 1), Hannover 1892. Übersetzung: Beyerle: Gesetze der Burgunden, S. 37. 399 Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 960, Fn. 21, 23; Brunner: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 450 f. 400 Deutlich etwa in der Übersetzung nach: Beyerle: Die Gesetze der Langobarden. Teil I, Edictus Rothari, S. 55 f.

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Pfand[wert] hat, als jene Schld beträgt. Säumt [dann] der Schuldner oder Bürge 30 Tage lang mit der Auslösung der Pfänder, so hat er sie verscherzt, soferne die [Beteiligten] innerhalb von Neustrien oder Austrien [seßhaft] sind, und kann sie [fürder] nicht [mehr] fordern. Befinden [Schuldner und Bürge] sich aber im Lande Tuszien, dann hat [jeder] bis zu 60 Tagen Frist, und wenn die 60 Tage vorüber sind, dann sind die Pfänder ebenfalls verfallen. Überdies kann der, der gepfändet hat, [nun] seine Sache nach Gesetz [und Recht] betreiben und wahrnehmen.“ 401

Die außergerichtliche Pfändung, wie sie hier beschrieben wird, hatte einen mehrstufigen Ablauf. Zuerst durfte der Gläubiger das Pfand lediglich zwölf Tage nach Verspätung der Pfandeinlösung in Verwahrung halten. Nach dem Ablauf dieser Frist hatte er das Recht, die Sache ihrem Gebrauch nach zu nutzen und einen Gewinn zu ziehen. Nach dem Verstreichen einer weiteren Frist, die sich nach dem Aufenthaltsort des Schuldners bemaß, verfiel das Pfand dem Gläubiger, sodass er es nach dem Gesetz wie eigenes Gut verwenden konnte. Außerdem konnte der Gläubiger den Druck auf den Schuldner erhöhen, indem er zweimal nachpfändete und weitere Gegenstände bis zur dreifachen Summe an sich nahm.402 Die anderen Volksrechte schwiegen zur Frage der Pfandverwertung. Es wurde jedoch in der älteren Literatur angemerkt, dass es auch in diesen eine entsprechende Pfandverwertung gegeben haben könnte.403 Es ist nicht möglich, ab diesem Punkt von einer einheitlichen Rechtsentwicklung auszugehen. Es zeigt sich vielmehr, dass bei den sich anschließenden Rechtsquellen des Mittelalters ein weites Spektrum der Verwertung möglich war. Teilweise wurde der Verkauf des Pfandes angeordnet,404 teilweise fand sich die ausdrückliche Verfallklausel.405 Ferner ergab sich aus einigen Regelungen zum Verkauf nicht eindeutig, ob diese den Pfandbesitzer berechtigten das Pfand zu verkaufen, eben weil es ihm zu Eigentum verfallen war. Häufig ergab sich aus der Befugnis zum Verkauf nicht der zwingende Beweis, dass der Verfall ausgeschlossen war. Eine weitere Version, die konzipiert wurde, war ein gerichtliches Verfahren, das dem Schuldner das Recht zur Einlösung nahm. Beispielhaft ist etwa die Regelung des Freiberger Stadtrechts Teil I, § 37:

401

Lateinischer Text: Pertz: Monumenta Germaniae Historica, Bd. IV, S. 451. Übersetzung: Beyerle: Die Gesetze der Langobarden. Teil II, Novellen, S. 61. 402 So auch: Brunner: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 450 f. 403 Hierzu: Brunner: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 451 f.; Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 960 f. 404 Quellen bei: Meibom: Das deutsche Pfandrecht, S. 332, Fn. 215. 405 Meibom: Das deutsche Pfandrecht, S. 332 ff. Hier findet sich der Verweis auf viele mittelalterliche Quellen und Urkunden. Besonders interessant: S. 332, Fn. 218, eine Urkunde aus dem Jahre 1325; ferner der Verweis auf ein Judenprivileg, das den Verfall als Verwertung anordnete, S. 333, Fn. 219.

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„(§37) Wirt einem manne gesatzit kistenpfant oder allirhande varnde habe,406 di man getriben unde getragen mac, di sal man nirgen eigen zu rechte niwan in den vir benken, alse man si ufgebutit zwei dinc; in daz dritte dinc sal he si triben oder tragen unde sal sprechen also: ,Her richter, diz pfant bite ich uf zume dritten male unde bite einis urteils: wes ich nur zu rechte dran warten sulle‘. So sal man im teilen: habe he im gevolget, alse recht si, so sull iz im der richter eigen, unde he sal im sin urkunde geben. So sal der richter an daz pfant grifen unde sal iz im in di kant geben unde sal vregen: wes iz si unde wi vil iz im ste. Daz sal der schriber schreiben. […]407 So sal he eines urteilis biten: wen im di pfant geeignet sint, wo he si nu zu rechte uf biten sulle. So sal man im teilen: sint diselben pfant eines besezzenen mannes oder wes si sin, der in dem wicbilde wone, deme sal man si zu huse unde zu hove tragen unde sal si da ufbiten. Sint aber si eines uzmanis, so sal man si uf dem marcte ufbiten. So muz he dem butele einen pfenninc geben. Der sal di pfant nehmen unde sal si brengen zu huse unde hove unde sal zwene nakebure nehmen dazu, di besezzen sint, unde sal sprechen also: ,Diese pfant sint geeignet dem manne, daz uch daz wizlich si. Wold ir si noch losen bi disem tage, daz muget ir tun. Tut ir des nicht, so sint si sin‘. […] Waz die phanz bezzer sint, wen sie sten, daz mac er behalden, he mac iz ouch widergeben, ab he wil.“ 408

In diesem Abschnitt aus dem Freiberger Stadtrecht ging der Gläubiger zu Gericht und erschien öffentlich dreimal mit dem Pfand. Beim dritten Mal konnte er die Verwertung verlangen, dazu musste er unter Leistung einer Gebühr das Pfand dem Richter übergeben, der es an den Stadtbüttel übergab und diesen anwies, sofern der Schuldner besitzender Stadtbewohner („besezzenen mannes“) war oder innerhalb der Stadt wohnte („in dem wicbilde wone“), das Pfand am Wohnsitz („zu huse unde zu hove“) öffentlich auszustellen. Wohnte er außerhalb („uzmanis“), so sollte die Verkündung auf dem Markt erfolgen. Dabei wurde dem Schuldner angedroht, dass er den Fahrnisgegenstand nicht mehr herausverlangen konnte, wenn er ihn nicht rechtzeitig auslöste. In der Konsequenz verblieb der Pfandgegenstand beim Gläubiger und wurde seins („so sint si sin“). Falls der Pfandgegenstand mehr wert war als die besicherte Schuldsumme, äußerte sich das Freiberger Recht explizit: Der Mehrwert stand dem Pfandbesitzer zu. Es stand in seinem Willen, ob er ihn herausgab oder nicht. Dieser Mechanismus war eine häufig vorkommende Ausformung des Verfalls, bei dem das Einlösungsrecht des Pfandbestellers ausgeschlossen wurde. Diese Präklusion wurde durch den Gläubiger vor Gericht betrieben. Nach einer bestimmten Frist, der Handlungen der öffentlichen Bekanntmachung vorausgingen, verfiel der Gegenstand dem Gläubiger. Meibom ordnete die Pfandverwertung als Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein, bei dem häufig durch einen Kompromiss die Interessen 406

Das Kistenpfand war eine Umschreibung für das Besitzpfandrecht an beweglichem Gut. Hintergrund war, dass der Pfandbesitzer die Gegenstände in Kisten verwahrte. Ogris: Artikel: „Kistenpfand“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 2, Sp. 837. 407 Es folgen Gebührenangaben. 408 Zitiert nach: Ermisch: Das Freiberger Stadtrecht, S. 36 – 38.

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beider Parteien bei der Herstellung von Öffentlichkeit berücksichtigt wurden. Das Verfahren wurde am Gerichtssitz des Gläubigers begonnen, es verlangte aber auch eine Bekanntmachung in der Sphäre des Schuldners.409 Zwar kann die Frage nach der Rechtsnatur der Verfallklausel als Institut des germanischen Rechts aus heutiger Sicht nicht mit Sicherheit geklärt werden, jedoch könnte in dieser Verwertungsform ein Indiz verborgen sein. Planitz äußerte die Vermutung, dass die Verfallklausel einen strafrechtlichen Charakter habe. Anders als das römische Recht, das den Pfandverfall wohl als bedingte Eigentumsübertragung ansah, bei der durch Nichtbezahlung der gesicherten Schuld die Eigentumsübertragung automatisch erfolgte, sei der Ursprung des germanischen Verfalls ein auf praktischen Gesichtspunkten beruhender dauerhafter Ausschluss des Rückforderungsrechts. Diesem solle ein strafender Charakter410 innewohnen, der dazu führe, dass mit der nicht rechtzeitigen Einlösung das Eigentum verfiel. Streng genommen läge in dem Verstreichen der Frist eine das „Eigentum begründende Kraft“, die durch die ausgeschlossene Rückforderung entstand.411 Für diese Ansicht sprechen ebenso Urkunden aus den Kölner Schreinsbüchern, die den Verfall als Strafe („poena“) bezeichnen.412 Parallel zur Rezeption des römischen Rechts kam das öffentliche und hoheitliche Verkaufspfand auf, das sich insbesondere in Regionen mit hoher wirtschaftlicher Tätigkeit entwickelte. So führte in vielen Städten, wie z. B. in Köln, der Fernhandel zur Etablierung der Geldwirtschaft, bei der die Liquidität der Finanzmittel eine wesentlich höhere Rolle spielte als der tatsächliche Erwerb von Gegenständen. Sah das Partikularrecht413 das historisch „neuere“ Verkaufsverfahren vor, das gerne nach

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Meibom: Das deutsche Pfandrecht, S. 335 ff. Hier verweist er ferner auf das Recht in Goslar und das Meißener Rechtsbuch. Er zitiert die anschauliche Verkürzung des Meißener Rechtsbuchs: „he wende daz phand in sinen nucz unde sy von jeme ledik unde loz.“, S. 337. Meibom bezeichnet es nach der Edition von Ortloff (von 1836) als „das Rechtsbuch nach Distinktionen“, vgl. Ortloff: Sammlung deutscher Rechtsquellen, Bd. 1. Inhaltlich zum Meißener Rechtsbuch: Munzel: Artikel: „Meißener Rechtsbuch“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3, Sp. 461 – 463. 410 Hierzu etwa auch der Pfandverfall als Strafe i. e. S., das Sellert als ein eigenes pfandrechtliches Sicherungsmittel einordnet, vgl. Sellert: Artikel: „Pfandverfall als Strafe“, in: Erler/ Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3, Sp. 1706 f. 411 Planitz: Das deutsche Grundpfandrecht, ab S. 178 ff., insb. 181 f., dort auch das Zitat. Für den strafenden Charakter des Verfalls bereits: Meibom: Das deutsche Pfandrecht, S. 330. 412 Planitz: Das deutsche Grundpfandrecht, S. 181, Fn. 1, mit zitierten Quellentexten. In diesen mittelalterlichen Urkunden (von 1266 und 1353) wird der Verfall als Strafe für die nicht rechtzeitige Befriedigung benannt. Dort heißt es: „cessit in penam“ bzw. „nomine pene cedet“. 413 Etwa die ausdrücklich so bezeichneten Gantordnungen von Augsburg (1447), Solothurn (1543), Ulm (1565), Bern (1569) und München (1571). Ferner die Regelungen in Stadtrechten: Bremgarten (1417); Nürnberger Reformation (1479), Artikel XI; Freiburger Stadtrecht (1520), Teil I, § 13. Einige territoriale Ordnungen greifen dies zum Teil auf, wie das Württembergische Landrecht (1555) und die Bayrische Gerichtsordnung (1611); vgl. hierzu: Ogris: Artikel: „Gant“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 1385; Forster: Artikel „Gant“, in: Cordes/ Lück, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 1932 f., jeweils m. w. N.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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den Quellen als „Gant“414 bezeichnet wurde, erfolgte die Vollstreckung durch den Pfandverkauf. Dieser wurde meist öffentlich durch eine von der Obrigkeit bestellte Person vorgenommen, die den Pfandgegenstand in Verwahrung nahm und diesen in einem öffentlichen Verfahren, das zeitlich begrenzt war, zum Kauf anbot. Der Schuldner konnte das Pfand bis zum Ablauf auslösen. Der Zuschlag bei der Versteigerung stand dem letzten Gebot zu, das bis zum Verlöschen einer Kerze abgegeben wurde. Es entstand eine Formalisierung des Verfahrens, der auch eine durch Aufzeichnungen gestützte Feststellung der vorrangig zu befriedigenden Gläubiger vorausging.415 Ein anschauliches Beispiel bietet etwa das Freiburger Stadtrecht, das eine Bearbeitung des Juristen Ulrich Zasius (1461 – 1535)416 darstellt, der damit das römische Recht und die einheimischen Rechtstraditionen vereinheitlichte. Es zeigte das Verkaufen des Pfands auf der Gant im 13. Artikel des Ersten Teils: „Von angriff vergantung vnd verkauffung der pfand / Vnd erstmals wie varende pfand angriffen sollen werden. SO der schultherr varend hab vnd gu˚ t zu˚ pfand hette / vn{d} siner schuld nit me warten / sonder sin pfand verkauffen wolt / das sol er dem schuldner so verr er anheimsch ist / vierzehen tag vorhin durch ein Stattknecht vnder ougen verkünden / so verr er jn erlangen mag / woelt er sich aber nit finden lassen / oder moecht kom{m}enlich nit funden werde{n} / oder hett er sich geuarlicher wyse vß der Statt gethon / so sol im der Stattknecht zu˚ huß vnd hoff verkünden. Hett aber der schuldner anderßwo sin wonung / so sol im nach gelegenheit der verri oder nehe siner wonung mit erkantnuß vnd des Schultheissen verkundbrieff durch ein geschwornen Stattbotten verkündt werden. […]417 Ist dan{n} sach dz der schuldner mittlerzyt bezalt / hat sin weg / bezalt er nit / so sol daßselb varend verpfendt gu˚ t / zu˚ m ersten für die geschwornen Stattkoeuffer einen gelegt / vnd veyl gehapt / vnd darnach / ob es in. xiiij. tagen nit verkoufft würd / am nechste{n} donstag oder Sambstag noch dem obberürte{n} zil / alhie an offne{m} marckt mit offnem ru˚ ff vn{d} gant / durch ein Stattknecht / vmb bargelt dem so am meysten daruff püttet hingegeben / vnd dhein geferd darin{n} fürgenome{n} / ouch was daruß geloeßt / durch den Stattknecht

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Zur Herkunft des Begriffs insbesondere: Ogris: Artikel: „Gant“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 1384 f.; Forster: Artikel „Gant“, in: Cordes/Lück, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 1932 f. Hiernach stammt das Wort vom lat. „in quantum“, was „wie viel“ bedeutet und über das Oberdeutsche in den Sprachgebrauch überging. Bezug ist die Frage nach dem Gebot in der öffentlichen Versteigerung. A. A. Meibom: Das deutsche Pfandrecht, S. 103, Fn. 249. 415 Forster: Artikel „Gant“, in: Cordes/Lück, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 1933. 416 Lebensdaten in: Pahlmann/Schröder: Artikel: „Ulrich Zasius“, in: Kleinheyer/ Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 485 – 489. 417 An dieser Stelle folgt eine Regelung für den Fall, dass der Schuldner geflohen ist und/ oder nicht auffindbar bleibt. In diesem Fall hat der Gläubiger zwei Möglichkeiten, entweder er sucht den Schuldner weiter oder er verlässt sich auf das Verstreichen einer Frist von sechs Wochen und drei Tagen, nach der eine erneute Verkündung im ehemaligen Machtbereich des Schuldners erfolgt. Nach dem Verstreichen der letzten Frist gilt die Fiktion, dass der Schuldner das Pfand nicht mehr lösen wird und es schließt sich die folgende Verkaufsregelung an.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

mit wissen des Schultheissen dem schultherrn fürderlichen vnd on verzyehen bezalt werden. […]“418

Inhaltlich erfolgte die Verwertung des Pfands durch Verkauf, der durch den „Stattknecht“ betrieben wurde. Vorrangig wurde den „geschwornen Stattkoeuffer(n)“ die Gelegenheit zum Erwerb gegeben, bis dann ein öffentlicher Verkauf auf dem Markt erfolgte, bei dem jeder bieten konnte. Der Schutz des Schuldners war durch das Verfahren sichergestellt, indem die persönliche Verkündung des Verkaufs „vnder ougen“ bzw. derart erfolgen musste, dass diese in seinem Machtbereich an seiner Heimstatt auf „huß und hoff“ stattfand. Interessant ist diese Verwertungsform, da das Freiburger Stadtrecht zudem das Verfallverbot in seinem zweiten Teil Artikel VIII, Titel 13 statuierte: „Vnzimlich pact vnd geding sollen in verpfandungen nichtig sin. Wir haben bißhar erfaren / das in versatzung der pfanden / mencherley vnzimblicher pact angedingt worden / namlich das man die pfandt in einer vermeinte zit nit loesen sol / on des schultherren wille{n} / oder es würt gedingt / wo der schuldner nach geschehner erfordru{n}g / oder vff das versprochen zil / nit bezale / daß das pfandt des schultherren eigen / oder ein kouff sye {et}c. Darumb setzen vnd woellen wir / das solich vnd andre vnzimlich pact / die durch arglistig gesu˚ ch erfunden werde{n} / zenichte{n} syent / besonder mag der schuldner sin pfand erloesen / wen er wil. Er mags ouch dem gloubiger zu˚ kouffen geben / doch das es durch erber erfaren lüt geschetzt / vn{d} die übermaß dem schuldner nach billicheit haruß bezalt werd. Wo aber der kouff nit statt hett / sol der gloubiger oder schuldtherr das pfand im selbs nit behalten. Er sol es ouch mit eignem gewalt onerfolgt rechtens / nit angriffen noch verkouffen / ob im glichwol im schuldbrieff nachgelassen wer / das der so wen{n} er der schuldner nit lenger warten wil / mag vnd sol er das vff offner gant nach vnser Stattrecht / wie obstatt verkouffen lassen.“419

In der Argumentation folgte das Freiburger Stadtrecht den römischen Vorbildern, der Verfall als Verwertung wurde abgelehnt und der Verkauf sollte nach der „gant“ erfolgen. Interessant ist jedoch, dass im Unterschied zum römischen Recht der Verkauf nicht durch Privatverkauf erfolgen durfte. Im Gegenteil war die eigenmächtige Pfandnahme ebenso verboten wie der eigenmächtige Verkauf des Pfands. Dem Freiburger Stadtrecht gelang ein Kompromiss. Zum einen wurde das römisch-rechtliche Verbot des Verfalls übernommen, zum anderen wurde der Privatverkauf zu einem germanischen Traditionen entsprechenden öffentlichen und hoheitlichen Verkauf umgewandelt. Damit wird das Freiburger Stadtrecht seinem Ruf als Rechtsreformation gerecht. Gleichzeitig zeigt es symptomatisch den Konflikt zwischen den beiden Rechtstraditionen auf. Entgegen der hier behandelten Regelung des Freiburger Stadtrechts dürfte meist die subsidiär geltende Vermutung des römischen Rechts vorherrschend gewesen 418

Köbler: Nüwe Stattrechten und Statuten der loblichen Statt Fryburg im Pryßgow gelegen, Teil I, Artikel XIII, Titel 1, S. 75 = Fo. 26 a. 419 Köbler: Nüwe Stattrechten und Statuten der loblichen Statt Fryburg im Pryßgow gelegen, Teil II, Artikel VII, Titel 13, S. 108 = Fo. 42 a.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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sein, die für den Fall, dass keine Verwertungsabrede getroffen worden war, für eine Verwertung durch Verkauf sprach. Dies galt insbesondere dann, wenn eine gesetzliche Norm das Verkaufsverfahren explizit regelte. Ein Nebeneffekt dieses Wandels war die Anwendung des Begriffs „Pfand“ auf das gesamte Verfahren, sodass die „Wette“ als schuldrechtliche Grundlage verdrängt wurde.420 Nichtsdestotrotz blieb es weiterhin in vielen Territorien möglich, den Verfall des Pfandes zu vereinbaren. Erst mit der weiten Durchdringung der Rechtskreise durch das römische Recht setzte sich das Verfallverbot immer weiter durch. Konkreter Teil des Rechts wurde es schließlich in den Gesetzgebungen des 18. und 19. Jahrhunderts, in denen sowohl der Verkauf nach festen Regeln ablief als auch die abweichende Vereinbarung durch ein rezipiertes Verfallverbot ausgeschlossen war.421 Damit setzte sich der Kompromiss, wie ihn etwa das Freiburger Stadtrecht vorgab, weitreichend in der deutschen Rechtsentwicklung durch. b) Das Grundpfandrecht Im Liegenschaftsrecht gab es eine vergleichbare Entwicklung, jedoch gestalteten sich die Regeln teilweise anders. Das Pfandrecht an Liegenschaften wurde meist als „Satzung“ bezeichnet.422 Die Begrifflichkeit ging auf die Lehre des Deutschen Privatrechts im beginnenden 20. Jahrhundert zurück, die die Satzung als Oberbegriff für die in den Quellen benannten Institute verwendete.423 Unter diesem Begriff umfasste die Satzung das vertraglich begründete Grundpfandrecht des Liegenschaftsrechts.424 Dabei wird bis heute regelmäßig zwischen der „älteren“ und der „jüngeren“ Satzung unterschieden.425 Die ältere Satzung war in der Art als Besitzpfand ausgestaltet, dass dem Pfandgläubiger der Gegenstand in die leibliche Gewere übergeben wurde. Das Institut war, dem römischen Institut der fiducia cum creditore ähnelnd, eine treuhänderische Konstruktion, bei der dem Gläubiger Eigentum zufiel, das nur durch den Vorbehalt 420

Hagemann: Artikel: „Pfandrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3, Sp. 1685. Siehe unten die Ausführungen zum Partikularrecht in Abschnitt E. 422 Artikel verweist auf: Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 809 ff.; Hübner: Grundzüge des Deutschen Privatrechts, S. 402 ff.; 469 ff. 423 Bspw. „satzunge“, „zu rechter satzung geben“, „zu phante setzen“ oder „erster satz“, diese entsprechen in der Verwendung später den lateinischen Begriffen: pignus, hypotheca, impignaoratio, siehe: Ogris: Artikel: „Satzung (Pfandrecht)“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1310 f. 424 Ogris: Artikel: „Satzung (Pfandrecht)“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1310 f. 425 Die Trennung entstammt der Idee Brunners und wird heute übernommen, siehe: Ogris: Artikel: „Satzung (Pfandrecht)“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1310 f. Jedoch ist dies kritisch zu sehen: Die Trennung beruht auf der Vorstellung eines Eigentumspfands, das sich so nicht belegen lässt. Ausführlich dazu: Planitz: Das deutsche Grundpfandrecht, S. VII f., S. 176 ff. 421

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

eines „schuldnerischen Einlösungsrechts“ beschränkt war.426 Es entwickelte sich in zwei Richtungen weiter: zum einen zum Verkauf unter Vorbehalt des Wiederkaufs und zur sogenannten „älteren Satzung im eigentlichen Sinne“.427 Diese war so ausgestaltet, dass der Pfandgeber die Eigengewere am Pfandgegenstand behielt, diese jedoch durch die leibliche Satzungsgewere des Pfandgläubigers beschränkt wurde. Die Eigengewere ruhte und erlaubte dem Gläubiger das Verwaltungs- und Nutzungsrecht auszuüben. Ferner war es dem Pfandgläubiger verboten, den Gegenstand weiter zu verpfänden, und der Pfandgeber konnte seinerseits nach Beendigung der Satzung den Gegenstand herausverlangen oder vorher die Sache veräußern.428 Damit war die ältere Satzung ein Nutzpfand, das durch Zahlung der Schuldsumme endete. Zum einen konnte dies in Form der Totsatzung (auch „vifgage“) durch Anrechnung der Nutzungserträge auf die Schuldsumme erfolgen, bis diese abgegolten war. In der anderen Variante, der Ewigsatzung („mortgage“), blieb das Nutzpfand unverändert bis zur Auslösung bestehen.429 Diese Ausgestaltung hatte weitreichende wirtschaftliche und politische Bedeutung, da als Pfandgegenstand nicht nur einzelne Grundstücke, sondern auch weitreichende Grundherrschaften, Territorien, (Reichs-)Städte und sonstige Hoheitsrechte verpfändet werden konnten. Die Nutzung des Instituts entwickelte sich zum politischen Instrument des Land- und Rechtserwerbs.430 Dem wird die jüngere Satzung als Gegenbegriff gegenübergestellt. Diese war ein meist im städtischen Gebiet auftretendes Institut, das einem besitzlosen Pfand entsprach. Dem Pfandgeber verblieb die leibliche Gewere, während der Gläubiger eine anwartschaftliche Gewere erhielt, die ihn berechtigte, Verfügungen des Schuldners mit dem Pfandgegenstand zu verhindern. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass dies dem Bedürfnis des Realkredits deutlich mehr entsprach, da dem Pfandgeber nun gegebenenfalls die Grundlage seines Erwerbs erhalten blieb.431 426

Ogris: Artikel: „Satzung (Pfandrecht)“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1311; dort der zitierte Begriff. 427 Zitat nach: Ogris: Artikel: „Satzung (Pfandrecht)“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1311. 428 Ogris: Artikel: „Satzung (Pfandrecht)“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1311. 429 Planitz: Grundzüge des deutschen Privatrechts, S. 56; ebenso: Ogris: Artikel: „Satzung (Pfandrecht)“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1311, dort auch die zitierten Begriffe; Hagemann: Artikel: „Pfandrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3, Sp. 1685. 430 Ogris verweist darauf, dass es häufig bei Eingehung politische Interessen gab, die eine Auslösung des Pfandes erschweren sollten. Es konnte die Begleichung in Raten ausgeschlossen sein, die Auslösung auf Eigenmittel begrenzt oder die Auslösung befristet werden, wobei nach Fristende die Auslösung ausschied. Vgl. Ogris: Artikel: „Satzung (Pfandrecht)“, in: Erler/ Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1311 f. 431 Ogris: Artikel: „Satzung (Pfandrecht)“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1312.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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Dass sich diese Art der Pfandbestellung in der Praxis durchsetzen konnte, lag an weiteren Entwicklungen, die durch öffentliche Bezeugung die Publizität wahrten. Erst die Möglichkeit, die Bestellung vor einem Rat oder einem Gericht vorzunehmen und sie anschließend mittels Bucheintrag zu erfassen, schuf die Grundlage der besitzlosen Grundpfandrechte.432 Hierin lag der wesentliche Unterschied zum Pfandrecht an beweglichem Gut. Durch andere „Publizitätsträger“, die mittelbar dem heutigen Grundbuch433 als Vorbild dienten, wurde erreicht, dass die verpfändete Liegenschaft im Besitz des Schuldners verbleiben konnte. Diese Entwicklung begann mit der Rechtspraxis des elften und zwölften Jahrhunderts und mündete in die Stadtbücher434. In diesen wurden neben anderen Verfügungen insbesondere Übertragungen und Belastungen von Grundstücken verzeichnet, um die Akte öffentlich bekannt zu machen und dauerhaft zu verzeichnen.435 Diese Tendenz zur Aufzeichnung war anfangs deklaratorisch, um den Beweis zu erleichtern, und erfolgte später meist mit konstitutivem Ansatz. Exemplarisch hierfür waren, neben den Kölner Schreinsbüchern, die „Grundbücher“ nach lübischem Recht (auch Amts-, Oberstadtbuch oder „ervebok“ genannt), die nun auch die Rangfolge der eingetragenen Rechte beachteten.436 Diese Entwicklung zur öffentlichen Bestellung437 war Ausdruck einer neuen Wirtschaftsordnung, in deren Mittelpunkt meist der Handel und die Geldwirtschaft standen.438 Dies war zudem ein Grund, dass weitere dem Rechtsverkehr nützliche Änderungen möglich wurden. Neu war etwa die mehrfache Verpfändung, bei der es sich um eine Verpfändung des Wertübermaßes zur vorangegangenen Verpfändung handelte, deren Verwertung durch das Prioritätsprinzip gewahrt wurde. Auch im Liegenschaftsrecht entwickelte sich das Vollstreckungsverfahren weiter, das auf einem Einschalten der Obrigkeit beruhte. So wurde die selbstständige Pfandnahme des Gläubigers häufig durch Stellen der Obrigkeit verdrängt. Die Vollstreckung 432 Ogris: Artikel: „Satzung (Pfandrecht)“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1312. 433 Hess: Artikel: „Grundbuch“, in: Cordes/Lück, u. a., HRG, Bd. 2, Sp. 569 – 574. 434 Hierzu vertieft: Klötzer: Artikel: „Stadtbuch“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1849 – 1851. 435 Hess: Artikel: „Grundbuch“, in: Cordes/Lück, u. a., HRG, Bd. 2, Sp. 569 f. 436 Ausführlich: Hess: Artikel: „Grundbuch“, in: Cordes/Lück, u. a., HRG, Bd. 2, Sp. 570 f., dort auch die zitierten Begriffe. Ob die Entstehung der Landtafeln in ständischen Territorien in diese Entwicklung einzubeziehen ist, muss hier offen bleiben, für eine Einbeziehung: Hofmeister: Artikel: „Landtafel“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 1590, 1592. Zu den Kölner Schreinsbüchern: Becker: Artikel „Schreinsbuch, Schreinskarte“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1496 – 1499. 437 Buchholz stellte diese abstrakt als „Rechtsformalismus“ umrissene Entwicklung als eine Interpretation des 19. Jh.s dar, deren System sich aus der ursprünglichen Gewohnheit ableite und in der heutigen „Publizität“ münde: Buchholz: Abstraktionsprinzip und Immobiliarrecht, Kapitel 1, ab S. 17 ff.; so letztlich auch: Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 809 ff. 438 So auch: Ogris: Artikel: „Gant“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 1384, der in dem städtischen Wandel von der Natural- zur Geld- und Kreditwirtschaft den Grund für die Veränderungen der Vollstreckungsrechte sah.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

erfolgte damit über den Rat oder das Gericht in einem öffentlichen Verfahren, bei dem häufig ein Wandel vom Verfall- zum Verkaufspfand zu beobachten war.439 Meist bestand das Verfahren aus mehreren Akten, in dessen Verlauf festgestellt wurde, dass der Schuldner seine Verpflichtung nicht erfüllt hatte und das Grundstück deshalb eingezogen werden sollte.440 Das Weitere hing es davon ab, ob die Verwertung den Verfall oder den Verkauf des Grundstücks als Befriedigungsrecht vorsah. Wo die Vollstreckungsinstanz bei der Verwertung des Pfandes den Verfall vorsah, wurde die Übereignung an den Gläubiger sichergestellt.441 Die Autoren des Deutschen Privatrechts betitelten diese Form des Pfandrechts auch als „Substanzpfand“, da die Sache ihrer Substanz nach für die Schuld eintrat.442 Sah das Partikularrecht das Verkaufsverfahren vor, erfolgte der Pfandverkauf, ähnlich wie beim Fahrnispfand. Planitz kritisierte diese strenge Trennung in jüngere und ältere Satzung. Sachlich richtiger erscheint es, die systematische Einteilung aufzubrechen und sich an den charakteristischen Merkmalen der Grundpfandrechte zu orientieren. So stand das Nutzpfandrecht, dessen wesentlicher Kern die Nutzung des verpfändeten Guts ausmachte, dem Substanzpfand gegenüber. Bei diesem fand sich zu Beginn überwiegend der Verfall als Verwertungsform, später entwickelte sich, den wirtschaftlichen Interessen folgend und wohl auch mittelbar dem Vordringen des römischen Rechts geschuldet, das Verkaufspfand. Vereinfacht gesagt, erfolgte die Befriedigung beim Nutzpfand „durch“ das Grundstück, während beim Substanzpfand der Gläubiger „aus“ dem Grundstück befriedigt wurde. Bei dieser Entwicklung war jedoch die geografische Lage wie auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Region zu berücksichtigen: In ländlichen Regionen fand sich weiterhin meist das Nutzungsoder das Substanzpfand in Form des Verfalls, während im städtischen Bereich mit Handelswirtschaft das Substanzpfand in Form des Verkaufspfands zu beobachten war.443 Die Rezeption des römischen Rechts führte zu weiteren Veränderungen des einheimischen Rechts. Wesentlich war, dass im römischen Pfandrecht nicht zwischen beweglichen und unbeweglichen Gegenständen unterschieden wurde. An all diesen Gegenständen konnte ein formloses Pfandrecht bestellt werden, sodass nach 439 Im Detail: Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 822 und Fn. 73, 74; ebenso: Ogris: Artikel: „Satzung (Pfandrecht)“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 1313. 440 Hierfür werden von den Autoren des Deutschen Privatrechts gerne Begriffe wie die „Fronung“, „Verbot“, „Kummer“, „Sperre“ oder „Besate“ verwendet; vgl. Meibom: Das deutsche Pfandrecht, S. 103 f.; Gierke belässt es nur bei der „Fronung“, siehe: Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 822. 441 Gierke verweist auf einige Stadtrechte ab dem 12. Jh., etwa die von Freiberg, Goslar, Hamburg, Verden, Bremen, Schwerin, Luzern; vgl. Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 822, Fn. 73. 442 Richtungsweisend hierzu: Planitz: Das deutsche Grundpfandrecht, S. 176 ff.; ebenso: Hagemann: Artikel: „Pfandrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3, Sp. 1685. 443 Planitz unterscheidet deutlich differenzierter auch zwischen besitzlosen und den Besitz voraussetzenden Grundpfandrechten. Die hier genannten Schlussfolgerungen finden sich bei: Planitz: Das deutsche Grundpfandrecht, S. 52 ff., 78 ff., 128 ff., 176 ff.

D. Der Verfall in der mittelalterlichen und neuzeitlichen Dogmatik

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heimischen Gewohnheiten die Publizität nicht gewahrt wurde.444 Wesentlich war der Unterschied ebenfalls bezüglich sogenannter Generalhypotheken und der Mehrfachverpfändung, die zwar grundsätzlich dem Prioritätsprinzip folgten, dabei aber auch privilegierte Pfandrechte erlaubten, die später bestellt wurden, jedoch vorrangig befriedigt werden sollten. Die Wissenschaft vom Deutschen Privatrecht bewertet diese Entwicklung primär negativ.445 Jedoch darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit dem Vordringen des römischen Rechts eine an den römischen Begriffen orientierte wissenschaftliche Durchdringung des Pfandrechts entstand, die insbesondere in den Mischformen aus römischem und einheimischem Recht eine besondere Blüte entfaltete. Beispielhaft sind etwa die Stadtrechtsreformationen, die die lokalen Gewohnheiten bezüglich der öffentlichen Bestellung bewahrten. Zudem war es ab der „Wiederentdeckung“ des römischen Rechts schwierig, eindeutig zwischen dem römischen Recht und den einheimischen Rechtsgewohnheiten zu unterscheiden. Tatsächlich war eine einheitliche Regelung des Pfandrechts erst mit den im 18. Jahrhundert entstehenden Hypothekenordnungen zu beobachten,446 die viele der deutschrechtlichen Grundsätze wieder aufnahmen.447

3. Der „Konflikt“ zwischen römischer und germanisch-deutscher Ausgestaltung Die Gegenüberstellung zeigt, dass nach der Vorstellung des römischen Rechts der Verfall grundsätzlich zu verbieten und nur in bezeichneten Fällen eine Ausnahme gestattet war. Das germanisch-deutsche Recht hatte hingegen weniger Scheu, den Verfall weiterhin als Verwertungsform des Pfandrechts beizubehalten. Deutlich wird aber auch, dass es häufig in Abstimmung mit dem römischen Recht in den Stadt- und Landrechtsreformationen eine Änderung gab, die die Verwertung des Pfands in einem öffentlichen und hoheitlichen Verfahren verlangte. Der eigenmächtige Privatverkauf war meist nicht mehr vorgesehen. Möglich machten dies die im Mittelalter und in der Neuzeit aufkommenden Institute, wie die Stadt- und Grundbücher. Es wurde die „Publizität“ geschaffen, die bis heute fester Bestandteil der Sicherungsrechte geblieben ist. Damit war ein Kompromiss zu erkennen, der auch in den Partikularrechten vielfach aufgenommen wurde.448 444 Hess: Artikel: „Grundbuch“, in: Cordes/Lück, u. a., HRG, Bd. 2, Sp. 571; ebenso: Dusil: Artikel: „Grundpfandrechte“, in: Cordes/Lück, u. a., HRG, Bd. 2, Sp. 589. 445 Gierke bezeichnet diese Entwicklung als „Rückschritt“, siehe: Gierke: Deutsches Privatrecht, Bd. 2, S. 827. 446 Vergleiche hierzu die Darstellung von: Coing: Europäisches Privatrecht, Bd. I, S. 336 – 340. 447 Hagemann: Artikel: „Pfandrecht“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 3, Sp. 1687, speziell nennt er das Prioritätsprinzip, die öffentliche Bestellung für die Publizität und die damit verbundene Etablierung von öffentlichen Grundbüchern. 448 Das war auch dem Gesetzgeber des BGB bereits aufgefallen, zusammenfassend: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 380.

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E. Regelung des Verfallverbots im Partikularrecht Wie in den vorherigen Abschnitten angeführt, stellen die Reichs- und Partikularrechte einen wesentlichen Anknüpfungspunkt für die rechtshistorische Untersuchung dar. Diese wurden meist mit dem Anspruch verfasst, den Rechtszustand zu fixieren. Immer, wenn das Verfallverbot in diesen Rechtsquellen aufgenommen worden ist, muss von einer grundsätzlichen Geltung des Verbots ausgegangen werden. Interessant und nahe liegend ist, dass die Ausgestaltung des Verbots ebenso facettenreich erfolgte wie die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der lex commissoria. Anzumerken ist zudem, dass bereits der Vorentwurf des BGB, der im folgenden Abschnitt behandelt wird, für die künftigen §§ 1149449und 1229450 BGB auf bestimmte ältere Partikularrechte verwies. Von diesen können nicht alle Normen betrachtet werden, jedoch sollen wesentliche Zwischenschritte und Unterschiede aufgezeigt werden und zudem, was diese Normen ausmachte und wie sie sich für den Gesetzgeber des BGB darstellten. Dabei sind vier Aspekte wesentlich. Als Erstes, die Frage ob es bei der Regelung des Verbots eine historische Entwicklungslinie, die etwa vom älteren zum jüngeren Partikularrecht erkennbar wird. Gab es – zweitens – Unterschiede bei der systematischen Einordnung der Regelung? Drittens, wie waren die Verbote inhaltlich ausgestaltet, gab es ein einheitliches Verbot? Viertens, wie äußern sich die Partikularrechte zum Normzweck des jeweiligen Verbots? Der Aufbau des Abschnitts orientiert sich an diesen aufgeworfenen Fragen. Dabei soll an einzelnen Beispielen auch die inhaltliche Bandbreite der Gestaltungsformen verdeutlicht werden.

1. Gab es eine historische Entwicklungslinie? Die Frage, ob es eine einheitliche Entwicklungslinie in der Ausgestaltung des Verfallverbots gab, lässt sich angesichts der Fülle der Rechtssetzungsakte kaum 449

So verwies der Vorentwurf auf ihm vorausgegangene Rechtssetzungen, die das Verbot im Rahmen der Hypothek bestätigten: die Reichs-Polizei-Ordnung von 1577: Tit. 20 § 5; das bayrische Landrecht: II. 6 § 18; das preußische ALR: I. 20, § 33; das österreichische ABGB: § 1371; der Code Civil: Art. 2078; das sächsische BGB: § 383; der bayrische Entwurf: III Art. 361; Pfandgesetz von Württemberg: Art. 91; Pfandgesetz von Weimar: § 106; Pfandgesetz von Hessen: Art. 91. Aufzählung nach: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 663. 450 Es werden dann für bewegliche Sachen folgende „landesrechtliche Verbote“ des Verfalls benannt: das preußische ALR: I. 20, § 33; das bayrische Landrecht: II. 6 § 18; der Code Civil: Art. 2078; das sächsische BGB: § 383; Pfandgesetz von Württemberg: Art. 257; Pfandgesetz von Hessen: Art. 188; Pfandgesetz von Weimar: § 106; Braunschw. Verordnung vom 4. Juni 1772; Hamburgisches Stadtrecht, II 4 Art. 10; Österreichisches ABGB, § 1371; Italien. BGB, Art. 1884; Niederl. BGB, 1200; Züricher GB, § 869; Schweizer ObligationenRecht Entw. (1879), Art. 239. Aufzählung nach: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 821.

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beantworten. Auffällig ist, dass bestimmte Muster erkennbar werden, die aber leider nicht zu verallgemeinern sind. Es soll mit der reichsrechtlichen Normierung des Verfallverbots begonnen werden. Im Anschluss ist der Blick auf die einzelnen Partikularrechte zu werfen, wobei die Entwicklungstendenz am Beispiel von Bayern und Sachsen-Weimar verdeutlicht werden soll. a) Das Verfallverbot im Recht des alten Reiches: die Reichspolizeiordnung von 1577 Auf reichsrechtlicher Ebene gab es nur eine wesentliche Normierung des Verfallverbots in der Reichspolizeiordnung von 1577. Die Quellengattung der Polizeiordnung trat als Rechtssetzungsakt in der frühen Neuzeit auf. Neben den Polizeiordnungen auf territorialer Ebene, bei denen sich das Interesse der Territorialherren vom privaten Bereich auf die „öffentliche Ordnung“ erweiterte, standen die Polizeiordnungen auf Reichsebene. Diese Ordnungen aus den Jahren 1530, 1548 und 1577 bildeten mit der Constitutio Criminalis Carolina von 1532 die wesentlichen Justizgesetze des Reiches.451 Dabei diente der Titel der 1548 erschienenen Reichspolizeiordnung als Programm. Diese war mit „Der Römisch-Kayserlichen Majestät Ordnung und Reformation guter Policey, zu Beförderung des gemeinen Nutzens“ überschrieben und hatte nach heutiger Interpretation den Anspruch, einen Rahmen für die territorialen Polizeiordnungen vorzugeben.452 Die Reichspolizeiordnung von 1577, die die juristisch am weitesten greifende Polizeiordnung war, enthielt in Titel XX, § 5 eine Regelung zum Verfallverbot: „XX. Titul. Von Jueden und ihrem Wucher. § 5 Widerrechtlich Geding in Verfallung des Unterpfands. Und dieweil man in Erfahrung kompt, daß die Juden mit den Christen sondere Geding machen / da die eyngesatzte Pfand in benannter Zeit nicht gelöst würden / daß alsdann dieselbige ihnen verfallen seyn sollten. Wann aber dassselbig den Rechten zuwider, so ordnen wir, daß solche Geding verbotten, und nichtig seyn, sonder sollen die Juden die genommene Pfand, da dieselbige in gebührender Zeit von den Schuldigern nicht gelöst würden, durch Erkanntnuß ihrer Obrigkeit, wie sichs zu Recht gebührt, umgeschlagen, verkaufft, und das übrig Geld, da dem Juden das sein entricht, dem Schuldiger gefolgt, und herausser geben werden: Demnach sollen auch die Obrigkeiten daran seyn, damit ihre Befelchhaber mit den Jüden diser Policeyordnung zugegen nichts practiciren, oder handlen.“453 451 Siehe zu den reichsrechtlichen und territorialen Polizeiordnungen: Conrad: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 257 – 260; ebenso: Kroeschell/Cordes/Nelsen-von Stryk: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 306 – 319. Zur Reichsgesetzgebung: Buschmann: Reichsgesetzgebung, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 4, Sp. 581 – 594. 452 Wieacker: Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 204 ff., zudem die Quellen in: Fn. 451. 453 Polizeiordnung von 1577, zitiert nach: Heiliges Römisches Reich: Neue und vollständigere Sammlung der Reichs-Abschiede: welche von den Zeiten Kayser Conrads des II. bis jetzo auf den Teutschen Reichs-Tägen abgefasset worden, Bd. 1/2 (990 – 1747), S. 390.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

Die Reichspolizeiordnung verfügte eine Umdeutung: Die Verfallklausel, die einem Juden gegenüber eingegangen wurde, sollte „nichtig seyn“ und die „Geding verbotten“ werden. Aus dem zweiten Teil ergab sich hingegen, dass nicht das gesamte Pfandgeschäft entfiel. Vielmehr sollte das als „recht“ empfundene Verkaufsverfahren („umgeschlagen, verkaufft“) zur Anwendung gelangen und das überschüssige Geld, eingenommen durch den Verkauf, dem Schuldner ausgezahlt werden. Dieses Verfahren wurde unter die Aufsicht der „Obrigkeit“ gestellt, sodass diese an die Regelung der Ordnung gebunden war. Der Titel war mit „Von Jüden und ihrem Wucher“ überschrieben und brachte hiermit die Nähe des Verfalls zum Wucher zum Ausdruck. Das Verbot der lex commissoria wurde als Spezialfall gegen den Wucher der Juden angeordnet, jedoch war die Regelung als allgemeines Verbot an die Territorialherren gerichtet, solche Abreden abzuändern und sie gegebenenfalls anders abzuwickeln. Warnkönig beschrieb die Norm der Polizeiordnung als eine „Quasi-Vollzugsanordnung“ für das konstantinische Gesetz.454 Die Regelung ist interessant, weil sie die erste und einzige reichsrechtliche Feststellung des Verfallverbots darstellte. Eine weitere Entwicklung fand nicht statt, da es auf reichsrechtlicher Ebene zu keinen weiteren privatrechtlichen Normen kam, die den Bereich des Pfandrechts auch nur im weiteren Sinn regelten. Damit blieb die Reichspolizeiordnung eine für das alte Reich und seine Nachfolger einzigartige Ausnahme. Eine Zuständigkeit der Reichsebene für den Bereich des Privatrechts ergab sich erst (wieder) mit dem Verfassungsstaat, der eine umfassende, allgemein gültige Kodifikation des Bürgerlichen Rechts in Form des BGB ermöglichte.455 b) Das ältere Partikularrecht Das ältere Partikularrecht regelte den Verfall nicht einheitlich. Bis ins 15. Jahrhundert war die geordnete Rechtssetzung sehr unterschiedlich und, insbesondere für das Privatrecht, meist in wirtschaftlichen und kulturellen Zentren wie den Städten anzutreffen. Hier entstanden, wie im Abschnitt D. angedeutet, die ersten tiefergehenden pfandrechtlichen Regelungskomplexe, die mit Übernahme des römischen Rechts auch das Verbot des Verfalls aufnahmen. Eine Regelung des Verfallverbots enthielten exemplarisch: das Württembergische Landrecht in zwei Redaktionen (von 1585 und 1609)456, das Landrecht der Markgrafschaft Baden-Hochberg von 1622,457 454

Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 25, S. 60 – 114; 226 – 255; 420 – 439, S. 429 f. 455 Zur Entstehungsgeschichte des BGB siehe Abschnitt F., unter: 1. Ebenso die kurze Darstellung in: Gmür/Roth: Grundriss der deutschen Rechtsgeschichte, S. 171 ff. 456 Des Fürstenthums Würtemberg gemeine Landtordnungen vom Jahr 1585, S. 234 – 235; Des Herzogthums Würtemberg erwnewert Landrecht von 1609 und 1626, S. 258 – 259. Verweis in: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 25, S. 60 – 114; 226 – 255; 420 – 439, S. 430, unter Zitierung des Volltexts in Fn. 33.

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die Churpfälzische Landes- und Gerichtsordnung von 1582458, das Landrecht von Sachsen-Gotha von 1695459 und das wortgleiche Landrecht von Sachsen-Altenburg von 1705460. Warnkönig zitiert zudem noch die entsprechenden Normen der „Chursächsischen Verordnung vom Jahre 1609“, der „Polizeiordnung der Reichsstadt Friedberg von 1680“, „der Stadt Worms reformierten Statuten und Ordnungen usw. von 1498“ und der „Satzung, Statuten und Ordnungen beständiger guter Regierung der weiland Reichsstadt Worms von 1631“.461 Diesen Verfallverboten stehen hingegen auch viele ältere Rechte gegenüber, die schlicht die Verwertung des Pfandes regelten462 oder gar keine Stellung zur Pfandverwertung nahmen. So lässt sich das in Abschnitt D. gefundene Ergebnis auch im Partikularrecht bestätigen. Der Verfall war in der germanisch-deutschen Rechtsvorstellung fester Bestandteil des Pfandrechts und wurde häufig durch das römische Recht verdrängt. Folglich wurde in den meisten Partikularrechten, mit der Aufnahme römisch-rechtlicher Institute bzw. mit der Abänderung des Pfandrechts nach römischer Vorstellung, der Verfall verboten. Zum Beleg sei etwa auf das Freiburger Stadtrecht von 1520 verwiesen,463 bei dem sich der bereits erwähnte historische Kompromiss dieser Zeit besonders deutlich zeigte. In diesem war der Privatverkauf nur nach öffentlicher Schätzung möglich, darüber hinaus wurde der öffentliche und hoheitliche Verkauf des Pfandgegenstands der Normalfall – durch das sogenannte Verfahren der „gant“. Dem stand bekräftigend das an den Gläubiger gerichtete Verbot der eigenmächtigen Pfandnahme zur Seite. Die Idee der öffentlichen und hoheitlichen Verwertung des Pfandgegenstands setzte sich mehr und mehr in den folgenden Partikularrechten durch.

457

Das Landrecht der Fürstenthümer und Landen der Markgrafschaft Baaden und Hochberg von 1622, S. 172 f.; ebenso das erneuerte Landrecht von 1700, S. 276, vgl. hierzu: Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 25, S. 60 – 114; 226 – 255; 420 – 439, S. 431, Fn. 34. 458 Die Churpfälzische Landes- und Gerichtsordnung von 1582, S. 29, dort: Teil II, Titel 16. 459 Regelung in: Teil II, Cap. 4, Tit. 20, letzter §, in: Fürstliche Sächsische Landes-Ordnung Des … Herrn Ernsten, Hertzogen zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg … von 1695, S. 261. 460 Fürstlich Sachsen Altenburgische Landesordnung von 1705, Thl. II, Cap. 4, Titl. 20 §. ult. Dort der wortgleiche Text des Landrechts von Sachsen-Gotha. Vertiefte Informationen zur Gesetzgebungsgeschichte Sachsens: Holzborn: Die Geschichte der Gesetzespublikation, S. 112 f. 461 Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 25, S. 60 – 114; 226 – 255; 420 – 439, S. 430 – 437, dort zitiert er die aufgezählten Normen. Fälschlich ordnet Warnkönig auch das Böhmische Landrecht von 1627 (Ferdinandi II. vernewerte Landesordnung des Erbkönigreichs Böhaimb von 1627) in diese Kategorie ein, jedoch enthält es nur ordnende Regeln, wie der Verfall erfolgen sollte, siehe im Landrecht, K. XXXVI, S. 313 f. 462 Hier wäre etwa das unten behandelte Hochfürstlich Sachsen Weimar-Eisenachischen Pfand-Mandat von 1758 zu nennen, ferner das Böhmische Pfandrecht von 1627, siehe: Fn. 461. 463 Siehe oben Abschnitt D., unter: 2. a).

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Als Beispiel für die Aufnahme des Verfallverbots in das ältere Partikularrecht sollen die Hamburger Statuten von 1604 dienen. Diese regelten das Verfallverbot in ihrem zweiten Teil, Titulus 4, Articulus 10: „Es mag aber keine Verpfändung dergestalt und mit dem Beding geschehen, daß wenn das Pfand innerhalb gewisser vorbestimmter Zeit nicht wieder eingelöst und die Schuld bezahlt wird, alsdann dasselbig Pfand des Gläubigers eigen seyn soll und fürder nicht mehr eingelöst werden möge: solch geding ist als wucherlich, wann es gleich mit einem Eid betheuert wäre, für nichtig und kraftlos zu halten.“464

Das Verbot wurde mit der „wucherlichen“ Natur der zugrundeliegenden Abrede begründet. Diesem Ansatz entsprach auch der Zusatz, dass eine durch Eid bekräftigte Verfallabrede keine Geltung beanspruchen konnte. Grundlage des Verbots war die alte Vorstellung, dass durch den Verfall das Einlösungsrecht des Schuldners ausgeschlossen wurde. Sollte eine solche Abrede dennoch geschlossen werden, war sie für „nichtig und kraftlos“ zu erklären. Somit wird die Nähe zur germanisch-deutschen Interpretation des Verfalls deutlich, die im Abschnitt D. beleuchtet wurde. c) Der Wandel vom älteren zum neueren Partikularrecht Der Verfall blieb territorial sehr unterschiedlich geregelt. Neben der frühen Aufnahme des Verbots in Gebieten, die römisch-rechtlichen Einflüssen ausgesetzt waren, gab es ebenso häufig die Aufrechterhaltung des Verfalls nach germanischdeutscher Tradition. Meist wurde nur das Verfahren der Pfändung als Akt der Rechtsbestellung und das Verfahren der rechtlichen Durchsetzung verfestigt. Eine wesentliche Grenze der Normentwicklung findet sich im Übergang vom 18. in das 19. Jahrhundert. Am Recht von Bayern kann beispielhaft die Weiterentwicklung des Verfallverbots verfolgt werden, während etwa das Beispiel Sachsen-Weimars verdeutlicht, wie das Verbot als „neue“ Norm aufgenommen wurde. aa) Die Entwicklung vom CMBC 1754 zum Bayrischen Entwurf eines BGB von 1861 Das Bayrische Landrecht gab bis zum Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (CMBC) von 1754 keinen Aufschluss über die Regelung des Verfalls.465 Erst mit der neuen Normsetzung, die wesentlich auf den Arbeiten von Wiguläus Xaverius Aloysius Freiherr von Kreittmayr (1705 – 1790)466 beruhte, änderte sich dies. So 464

Der Stadt Hamburgk Gerichtsordnung und Statuta, 1605, S. 179 f. So enthalten weder das (Ober-)bayrische Landrecht von 1346 noch dessen Reformation aus dem Jahre 1518 entsprechende Normen. Insbesondere blieb auch das bayrische Landrecht von 1616 stumm, siehe: Landrecht, Policey: Gerichts-, Malefitz- und andere Ordnungen. Der Fürstenthumben Obern und Nidern Bayrn, München 1616. 466 Zu den Lebensdaten und dem Wirken: Kleinheyer: Artikel: „Wiguläus Xaverius Aloysius von Kreittmayr“, in: Kleinheyer/Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten. S. 256 – 260. 465

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statuierte der CMBC im „Sechsten Kapitel des zweiten Theils“, überschrieben mit „Von den Unterpfanden (Pignoribus vel Hypothecis)“, folgende Norm: „§ 18. Von dem Pacto commissorio in Pfandschaften Das sogenannte Pactum commissorium, Kraft dessen dem Creditori das Pfand auf den Fall, wenn solches zur bestimmten Zeit nicht gelöst wird, heimfällig sein soll, ist von keiner Giltigkeit, und weil dieses auch öfters in Fraudem Legis solchergestalt verdeckt wird, daß es dem äußerlichen Schein nach mehr für einen Wiederkaufs- oder anderen dergleichen Contract aufgenommen werden könnte, so soll man doch auf solche simulierte Pacta, zumal bei anscheinendem Wucher eben so wenig als auf obbenanntes Pactum sprechen, und den Handel im Zweifel allzeit mehr für eine Verpfändung als einen Wiederkauf ansehen.“467

Aus der Formulierung wird deutlich, dass das Bayrische Landrecht zur Regelung des Verfallverbots an die Idee des römischen Rechts anknüpfte, an der sich der CMBC auch sprachlich orientierte („Pacto commissorio“). Inhaltlich gelang dies, indem man die Abrede des Verfalls für ungültig erklärte und weitere Abreden, die in Umgehung des Gesetzes („Fraudem legis“) getroffen wurden, ebenfalls erfasst wissen wollte. Immer wenn der „äußerliche Schein“ dafür sprach, dass es sich in einem „Wiederkaufs- oder (einem) anderen dergleichen Contract“ nur um ein Scheingeschäft („simulierte pacta“) handelte, sollte das Verbot greifen. Damit wurde auch an die römisch-rechtlichen Begrifflichkeiten angeknüpft. Entscheidend war, dass es den Verdacht auf „anscheinenden Wucher“ geben musste. Diesem Verdacht wurde eine Vermutung zur Seite gestellt, die „im Zweifel“ für die Einordnung der Abrede als Verpfändung sprach, die zur Anwendung des Verbots führte. Inhaltlich strebte die Norm ein umfassendes Verbot an, das Umgehungsgeschäfte, insbesondere die nach römischem Recht als Ausnahme akzeptierten bedingten Verkaufsabreden, untersagen wollte. Anknüpfungspunkt für das tatbestandliche Vorliegen einer Verfallklausel war die zeitliche Begrenzung des Auslösungsrechts, worin eine Beschreibung nach deutsch-rechtlicher Tradition zum Ausdruck kam. Es handelte sich um eine gemischte Regelung, die in sich nicht ganz stimmig sein konnte. Es wurde mit römischer Dogmatik ein Institut verboten, das nach deutscher Tradition – mit der zeitlichen Präklusion des Auslösungsrechts – einen anderen Anknüpfungspunkt statuierte. Aus den Anmerkungen Kreittmayrs geht hervor, dass er die sehr unterschiedlichen Interpretationen zum Verfall zusammenführen wollte und dabei jede wesentliche Quelle berücksichtigte. Als Lösung versuchte er mittels Auslegung mögliche Verfallklauseln zu erfassen, um zu einem sachgerechten Ergebnis zu gelangen.468

467

Danzer: Das Bayerische Landrecht vom Jahre 1756 in seiner heutigen Geltung, S. 99. Über das Grundverständnis der Verfallklausel als Wucher nimmt er Stellung zum gemeinen und zum kanonischen Recht und geht auf die bedeutenden Interpretationen von Riccius, Pufendorf, Stryk und Lauterbach ein. Er legt ferner die Reichspolizeiordnung (1577) aus und berücksichtigt das weitere Schrifttum. Tatsächlich ist sein Ergebnis in die Norm des CMBC eingegangen. Siehe: Kreittmayr: Anmerkungen über den Codicem Maximilianeum Bavaricum Civilem. Zweyter Theil, S. 641 f. 468

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Der Bayrische Entwurf eines BGB von 1861469 ging insgesamt deutlich differenzierter vor und wollte, als eine umfassende Kodifikation, die geregelte Materie abschließend erfassen. Die Norm des Art. 361, die das allgemeine Verfallverbot enthielt, war in der „Ersten Abtheilung. Allgemeine Bestimmungen“ des „Siebten Hauptstücks – Pfandrecht“ geregelt: „Die vor Eintritt der Fälligkeit der versicherten Forderung abgeschlossene Uebereinkunft, daß dem Pfandgläubiger, im Falle er nicht befriedigt würde, das Pfand an Zahlungsstatt oder zu einem anderen im Voraus bestimmten Werthanschlage verfallen, oder daß der Verkauf des Pfandes in anderer als der gesetzlich vorgeschriebenen Art erfolgen soll, ist nichtig.“470

Diese Norm war als allgemeine Bestimmung den eigentlichen Instituten vorangestellt, die unter dem Oberbegriff des „Pfandrechts“ geregelt waren. Damit war sowohl die „Hypothek“ („Zweite Abtheilung“), das „Nutzungspfand an Liegenschaften“ („Dritte Abtheilung“), die „Verpfändung beweglicher Sachen“ („Vierte Abtheilung“) und die „Verpfändung von Rechten“ („Fünfte Abtheilung“) von der Norm geprägt. Das Verfallverbot als allgemeine Norm stand somit direkt neben der Definition des Pfandgegenstands (Art. 350), der Feststellung der Akzessorietät zwischen Forderung und Pfandrecht (Art. 356 Abs. 1) und der Regelung einiger Sonderfälle. Unter das gesetzliche Verbot fiel demnach ausdrücklich die Abrede des Verfalls des Pfandgegenstands an Zahlungs statt, die Abrede des Verkaufs, auch wenn ein bestimmter Wert veranschlagt worden war, und letztlich die Verkaufsabrede, die von der gesetzlich vorgeschriebenen Art abwich. Davon abgesehen war die nachträgliche Verfallabrede, die solche Regelungen enthielt, gestattet.471 Die Verwertung des Pfandrechts war, je nach Institut, unterschiedlich ausgestaltet. Während die Hypothek, neben der Beschränkung einiger Verfügungsrechte des Eigentümers (Art. 378 – 380), dem „Hypothekgläubiger“ den „Anspruch auf … Zwangsversteigerung oder auf Einweisung in die Früchte … und auf Befriedigung aus dem Erlöse der Sache oder aus den Früchten“ zuwies (Art. 381), erlangte der „Nutzungspfandgläubiger“ „das Recht auf Einweisung in den Fruchtgenuß und auf Befriedigung aus demselben“ (Art. 416 Abs. 1). Das Pfandrecht an beweglichen Sachen war als Faustpfand ausgestaltet (Art. 421), das zur Begründung zwingend die Übergabe der Sache vorsah (Art. 422 Abs. 1) und seinerseits erlosch, falls der Pfandgläubiger die Sache zurückgab (gesetzliche Vermutung in Art. 436). Die Verwertung des Faustpfands erfolgte nach Art. 428 Abs. 1 durch Verkauf „nach den Vorschriften der Prozeßordnung über die Pfändung von Fahrnissen im Vollstre469 Hier wird der dritte Band der Reihe „Neudrucke privatrechtlicher Kodifikationen und Entwürfe des 19. Jahrhunderts“ verwendet: Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern: 1861 – 1864, mit Motiven. Die zitierten Normen stammen aus diesem Werk, S. 279 – 295. 470 Zitat: Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern: 1861 – 1864, mit Motiven, S. 280. 471 Siehe auch die ausdrückliche Erlaubnis, die in den Motiven zum Ausdruck kommt, unten: 2. Ursprünglich in: Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern: 1861 – 1864, mit Motiven, S. 716 f.

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ckungsverfahren“. Der aus diesem Verfahren hervorgegangene „Erlös“ diente zur Befriedigung des Gläubigers. Im Zweifel kam dem Faustpfandgläubiger das Recht der Fruchtziehung zu, deren Ertrag er „zuvörderst an den Zinsen und anderen Nebenforderungen … demnächst an der Haupforderung abzurechnen“ hatte (Art. 430 Abs. 2). Die Verpfändung von Rechten war als letzte „Abtheilung“ angefügt. Auf eine allgemeine Definition wurde verzichtet, vielmehr waren für die einzelnen gesetzlich vorgesehenen Fälle spezielle Regeln aufgestellt, die jedoch nicht abschließend erschienen.472 Interessant war, dass zur Verpfändung von Forderungen grundsätzlich die Schuldurkunde zu übergeben war, woran sich bei Fälligkeit eine abweichende Verwertung anschloss. Nach Art. 444 Abs. 1 sollte die Verpfändung nach der zum vereinbarten Zeitpunkt nicht erfolgten Befriedigung als Abtretung der Forderung gelten. Folglich müsste in dieser kraft Gesetz eintretenden Forderungsabtretung eine Form des Verfalls zu erkennen sein. Darauf deutete auch der zweite Absatz hin. Dieser bestimmte, dass, sofern eine kraft Gesetz eintretende Abtretung nicht möglich war, der Pfandgläubiger berechtigt war „die gerichtliche Einweisung in die Forderung zu verlangen“. Abgemildert wurde dieser uneigentliche Verfall dadurch, dass Art. 445 Abs. 1 ausdrücklich festhielt, dass der Pfandgläubiger zur „Herausgabe des etwaigen Ueberschusses an den Verpfänder“ verpflichtet war. Der Entwurf des Bayrischen BGB zeigte sehr differenzierte Lösungen für unterschiedliche Problemkreise und achtete im Rahmen des Verfalls sehr strikt und umfassend auf die Einhaltung des Verbots. Selbst bei akzeptierten Ausnahmen wurden die unterschiedlichen Interessen des Gläubigers und des Schuldners berücksichtigt. In der Gegenüberstellung fällt auf, dass die Verfallklausel nun völlig anders interpretiert wurde. Während der CMBC noch ein umfassendes Verbot aufstellte, das Umgehungsgeschäfte nach „äußerem Anschein“ untersagte, sofern der „Anschein des Wuchers“ vorlag, ging der Bayrische Entwurf differenzierter vor. Er erfasste das Verbot tatbestandlich sehr genau: Anknüpfungspunkt war nicht mehr der zeitliche Ausschluss des Einlösungsrechts (Präklusion), sondern der bedingte Verzicht auf die gesetzlich vorgesehene Verwertung, worunter auch Verkäufe und Leistungen an Zahlungs statt fielen. Die zeitliche Komponente des Verfalls kam im Bayrischen Entwurf in der praktischen Überlegung zum Ausdruck, dass die nachträgliche Änderung der Verwertungsform, getragen durch einen neuen Willensentschluss, nicht verboten sein sollte.

472 Aufgezählt wurden: die „Verpfändung des Platzrechtes, einer Reallast oder eines anderen fruchtbringenden Rechtes an fremden Liegenschaften“ (Art. 439), das „Recht an einer fremden Sache“ (Art. 440), der „Nutznießer“ eines „Nutzungsrechtes“ (Art. 441 Abs. 1), die Möglichkeit, „Hypothekforderungen“ zu verpfänden (Art. 442), und die Möglichkeit der „Verpfändung einer durch Faustpfand gesicherten Forderung“ (Art. 443 Abs. 1); siehe hierzu: Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern: 1861 – 1864, mit Motiven, S. 294 f.

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bb) Die Entwicklung vom Hochfürstlich Sachsen Weimar-Eisenachischen Pfand-Mandat von 1758 zum Weimarer Pfandgesetz von 1839 Besonders interessant ist der Unterschied zwischen dem Pfand-Mandat von Sachsen-Weimar und dem späteren Weimarer Pfandgesetz. Zuerst der Art. 7 des Hochfürstlich Sachsen Weimar-Eisenachischen Pfand-Mandats aus dem Jahr 1758:473 „Soll ein Pfand, auf welches nur Drey Rthlr. oder weniger, geliehen worden, daferne es zur gesetzten Zeit, der von dem Creditore beschehenen zweymaligen Erinnerung ohnerachtet, nicht eingelöset würde, ein halb Jahr nach der Verfall-Zeit, ohne weitere Frist und Nachsicht, ipso Jure dem Creditori verfallen seyn. Woferne aber das hergeliehene Pfand über Drey Rthlr. beträgt, soll selbiges, ein halb Jahr nach Ablauf der zu Einlösung bestimmten Zeit, mit Beycitirung des Schuldners, oder, falls, dieser abwesend seyn sollte, eines blos ad hunc actum ex officio zu bestellenden Curatoris absentis, von einer des Pfandes verständigen Person, ohnverzüglich gerichtlich taxiret, in denen gedruckten wöchentlichen Anzeigen zweymal ausgeboten, und so dann auf einen verzehen tägigen, zugleich anzusetzenden Tag, ohne weitere Nachsicht, dem meistbiethenden Fremden, oder auch dem Creditori zugeschlagen, der etwan verbleibende Ueberschuß aber, nach Abzug der Haupt-Summe, Zinßen, und Kosten, in die Gerichte geliefert, von diesen auch dem Schuldner ohnaufhältlich zugestellet werden.“474

Für die Verwertung eines Pfandgegenstands von geringerem Wert – geringer als drei Reichs-thaller – war der Verfall die normale Verwertungsform, während für einen Gegenstand von höherem Wert – einer Summe jenseits von drei Reichsthalern – ein Verfahren angeordnet wurde, dass dem oben beschriebenen „Gant-Verfahren“ recht ähnlich war. Der Pfandgegenstand wurde nach dem Ablauf einer Frist von einem halben Jahr und nach einem sich anschließenden gerichtlichen Termin, bei dem auch der Schuldner oder ein öffentlich bestellter Vertreter geladen worden war, der Verwertung zugeführt. Das Gericht schrieb den Pfandgegenstand zwei Mal aus und veräußerte ihn dann in einer öffentlichen Versteigerung, bei der jeder – damit auch der Gläubiger – auf den Gegenstand bieten konnte. Der Gläubiger erhielt den Erlös, wobei ein Überschuss nach Abzug der „Verfahrenskosten“ an den Schuldner ausgekehrt wurde. Das Weimarer Pfandgesetz von 1839 war deutlich umfassender und enthielt detaillierte Bestimmungen zum Gegenstand des Pfandrechts, den gegenseitigen Pflichten von Gläubiger und Schuldner, der Verwertung des Pfands und über die entsprechenden Zuständigkeiten. Unter anderem regelte es die Verwertung und das Verbot des Verfalls. So bestimmte das Pfandgesetz vom 06. Mai 1839: „§ 105 – Weder Faustpfand noch Hypothek ertheilt dem Gläubiger die Befugniß zum außergerichtlichen Verkaufe des Pfandes. § 106 – Die Uebereinkunft, daß im Falle nicht geleisteter Zahlung das Pfand ohne Verkauf dem Gläubiger verfallen, oder demselben alsdann für einen geringern Preis als die ge473 474

Verwendet: Hochfürstliches Sachsen Weimar-Eisenachisches Pfand-Mandat, Jena 1758. Hochfürstliches Sachsen Weimar-Eisenachisches Pfand-Mandat, S. 6 – 8.

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richtliche Taxe, oder bei verpfändeten Schuldurkunden auf den Inhaber um einen geringern Preis als deren Kurs verkauft seyn soll, ist ungültig.“475

Das Verbot im § 106 geht deutlich weiter, als nur den eigentlichen Verfall zu verbieten. Es bestimmte konsequent, dass jede Abrede, die den Verkauf des Gegenstands zu einem geringeren als dem gerichtlich bestimmten Wert oder dem Kurswert der Inhaberschuldurkunde vorsah, ungültig war. Im Umkehrschluss war jeder Verkauf zum gerichtlich festgestellten Preis als wirksam anzusehen. Damit kannte das Weimarer Pfandrecht die Ausnahme des „Verkaufs für einen gerechten Preis“, die nach neuzeitlicher Interpretation bereits im römischen Recht in D. 20.1.19.9 angelegt war. In Weimar war der Schritt der Entwicklung deutlich größer als in Bayern. Die inhaltlich „ältere“ Form der Pfandverwertung mittels eines Verfallverfahrens wurde durch ein Verbot des Verfalls ersetzt, das diesen – bis auf einen „Verkauf zum gerechten Preis“ – ausschloss und ein hoheitliches Verkaufsverfahren anordnete. Für den eigenmächtigen Privatverkauf und den Verfall zulasten des Schuldners blieb kein Platz mehr. cc) Zwischenfazit Die aufgezeigten partikularrechtlichen Regelungen zeigen die große Entwicklung und die Umsetzung der Erfahrungen, die beim Erlass von Gesetzen eingebracht wurden. Aus heutiger Sicht könnte man dies als eine Professionalisierung im Bereich der Normsetzung bezeichnen, die auch bei der Ausgestaltung des Verfallverbots zum Tragen kam. Der Sprung wird besonders im Übergang des 18. in das 19. Jahrhundert deutlich. Die vorher eher erzählend ausgestalteten Normen, die neben der Regelung oft die Regelungsabsicht in blumigen Worten umfassten, wandelten sich tendenziell zu klaren Normen, die mittels Tatbestand und Rechtsfolge den Interessenkonflikt eindeutig entschieden. Inhaltlich ist zu erkennen, dass die Regelungen nicht mehr, wie die deutsch-rechtliche Grundlage des Verfalls es vorsah, auf das zeitliche Element der Auslösungspräklusion verwiesen, sondern einheitlich direkt an die Bedingung der Nichtbefriedigung anknüpften. Mit dieser Wandlung wurde auch die tatbestandliche Erfassung uneigentlicher Verfallklauseln einfacher. Denn das Anknüpfen des Verbots an die „Bedingung der Nichtbefriedigung“, an die sich die inhaltliche Veränderung des Pfandrechts anschloss, war klarer zu erfassen als die Anknüpfung an den bedingten Ausschluss der Auslösbarkeit (Präklusion). Erst mit diesem Schritt, eine Verfallklausel dogmatisch präziser auszumachen, wurde das Verfallverbot regelungstechnisch erfassbar. Insgesamt bedeutete diese neue Form der Anknüpfung einen entscheidenden Wandel, der deutlich besser zu der ausdifferenzierten pfandrechtlichen Dogmatik passte, die aus römischen Traditionen entstanden war. 475 Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen Weimar-Eisenach, auf das Jahr 1839, 23. Jahrgang, S. 259 – 342.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

Territorien, die im 19. Jahrhundert keine neue Rechtssetzung übernahmen, blieben hingegen häufig auf der Stufe des „älteren“ Partikularrechts stehen. In der Gesamtbetrachtung kann somit nicht von einer zwangsläufigen Rechtsentwicklung gesprochen werden, da sie nicht einheitlich und umfassend auftrat, jedoch lässt sich bei entsprechenden Normen dieser Stufen eine solche Tendenz erkennen.

2. Systematische Ausgestaltung im Partikularrecht Für das ältere Recht erübrigt sich die Überlegung, aus dem Aufbau und der Struktur des Gesetzes auf einen Aussagegehalt zu schließen. Zwar zeigte sich durch das Überwinden der Legalordnung im römischen Recht ein Ansatz der Systematisierung. Jedoch ist der Schritt zur systematischen Rechtssetzung erst seit den naturrechtlichen Kodifikationen tiefergehend zu erkennen. Die Idee, Normen abstrakt zu verfassen, ebnete den Weg für die systematische Durchdringung des Rechts. In den neueren Gesetzen – dabei ist insbesondere an die Normen ab dem 19. Jahrhundert zu denken – findet sich gelegentlich ein solches Vorgehen wieder. Grundsätzlich gab es zwei Arten, das Verbot systematisch zu ordnen: zum einen eine abstrakte Norm, die dem Regelungskomplex der dinglichen Sicherheiten vorgelagert war, zum anderen entsprechende Einzelregelungen, die sich auf das jeweilige Institut bezogen. a) Die abstrakte Norm am Beispiel des sächsischen BGB von 1865 Das sächsische BGB476 regelte unter der „Dritten Abtheilung“ mit der amtlichen Überschrift „Von dem Pfandrechte“ einen ersten Abschnitt: das „Pfandrecht im Allgemeinen“ (§§ 369 – 386). Dieser bestimmte in § 369, dass ein „Pfandrecht“, wobei Pfandrecht als Oberbegriff für die dinglichen Sicherheiten diente, einem Gläubiger „zur Sicherung einer Forderung“ bestellt wurde und zur „Befriedigung“ aus der Sache berechtigte. Diese Befriedigung war gemäß § 378 erst nach Fälligkeit der besicherten Forderung möglich. Aus der Formulierung der §§ 380 – 382 ist auf eine Verwertung zu schließen, die grundsätzlich durch Verkauf erfolgte. Dem Eigentümer der Pfandsache stand nach dem Verkauf der Anspruch auf den verbleibenden „Ueberschuß“ zu (§ 381). Sofern sich beim Verkauf der verpfändeten Sache kein Käufer fand, hatte „der Pfandgläubiger das Recht, dieselbe um den Schätzungswerth an Zahlungsstatt zu übernehmen“ (§ 382). An diese Regelung schloss sich das Verfallverbot des § 383 an: „Die vor der Verfallzeit der Pfandschuld getroffene Verabredung, daß im Falle der Nichtbefriedigung dem Pfandgläubiger das Pfand für die gesicherte Forderung oder für einen 476 Verwendet: Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1863/1865, dort ist das Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen von 1863 zitiert, die „Dritte Abtheilung“ beginnt ab S. 46 ff. Dort auch die zitierten Paragraphen.

E. Regelung des Verfallverbots im Partikularrecht

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anderen Betrag verfallen sein oder ein Verkauf des Pfandes in anderer, als der gesetzlich vorgeschriebenen Art, erfolgen soll, ist nichtig.“477

Damit wird die „Verabredung“ des Verfalls ausgeschlossen, sofern sie nicht nachträglich, d. h. nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit getroffen wurde. Ausdrücklich umfasst waren der eigentliche Verfall, bei dem der Pfandgegenstand an „Zahlungs statt“ an die Stelle der Forderung trat, und der Verfall für eine im Vorfeld festgeschriebene Summe. Die Verwertung sollte durch Verkauf nach der im Gesetz vorgeschriebenen Art erfolgen. Um dieses Ziel zu erreichen, war – nach den Motiven – das Verbot des Verfalls, das aus dem römischen Recht übernommen worden war, bewusst auch auf die dort vorgesehenen Ausnahmefälle erweitert worden.478 Diese Norm war den weiteren Abschnitten, die die einzelnen Pfandgegenstände näher regelten, vorgelagert. Das Pfandrecht an unbeweglichen Sachen, die in den §§ 387 ff. geregelte „Hypothek“, sah als Rechtsfolge ein Wahlrecht des Gläubigers vor. Entweder konnte er den Anspruch auf „Zwangsversteigerung des verpfändeten Grundstücks“ bewirken oder durch „gerichtliche Sequestration“, d. h. durch Einsetzung in das Grundstück, die Befriedigung aus der Fruchtziehung suchen, § 424. Daran schloss sich das „Pfandrecht an beweglichen Sachen“ an, das im dritten Abschnitt als „Faustpfand“ ausgestaltet war und konstitutiv eine Übergabe voraussetzte, § 466. Dem Pfandgläubiger war die Position des Verwahrers zugedacht (§ 475), bei der das Nutzungsrecht grundsätzlich nicht umfasst war (§ 476). Nach Fälligkeit hatte der Pfandgläubiger das Recht, die Sache zu verkaufen (§ 479), wobei er sich einer „öffentlichen Versteigerung durch eine hierzu verpflichtete Person“ bedienen musste. Bei „Handelswaaren“ konnte der Verkauf auch „aus freier Hand“ erfolgen, sofern „verpflichtete Mäkler“ zum „gangbaren Marktpreis“ tätig wurden, § 480. Pfandrechte konnten ferner an „Rechten“ (vierter Abschnitt) bestellt werden, wobei zwischen der „Verpfändung von Gerechtigkeiten“ (ab § 495), d. h. Rechten an Grundstücken, der „Verpfändung von Werthpapieren“ (ab § 499) und der „Verpfändung von Forderungen“ (ab § 502) unterschieden wurde. Während die Gerechtigkeiten, dabei insbesondere der Nießbrauch, den Regeln des Pfandrechts an unbeweglichen Sachen gleichgestellt wurden (§ 495), waren die Pfandrechte an 477

Siehe wie in: Fn. 476: Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1863/ 1865, S. 47. 478 Zur Begründung führen die Motive an: „In diesem § ist das gemeinrechtliche Verbot der sog. lex commissoria auch auf Fälle, die bisher nicht darunter begriffen waren, z. B. auch wenn die Ueberlassung der Sache an den Gläubiger für einen durch gerichtlich bewirkte oder sonst auf einem billigen arbitrium beruhende aestimatio zu bestimmenden Preis geschehen soll, extendirt worden, weil, wenn den Bedrückungen des Schuldners durch den Gläubiger mit Erfolg vorgebeugt werden soll, die Ungültigkeit aller und jeder im Voraus getroffenen Verabredungen, welche auf eine die Stelle der Zahlung vertretende Ueberlassung des Pfandes gehen, ohne Unterschied, ausgesprochen werden muß. Aus demselben Grunde hat man auch dem im Voraus getroffenen Uebereinkommen über die Modalität der Veräußerung des Pfandes die verbindliche Kraft abgesprochen.“ Zitiert nach: Siebenhaar: Commentar zu dem bürgerlichen Gesetzbuche für das Königreich Sachsen. Bd. 1, S. 358, dort auch die bestätigende Kommentierung zum § 383.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

„Werthpapieren“ und Forderungen dem Faustpfand angenähert (§§ 499, 502 f.). Zur Verwertung der „Werthpapiere“ war der Pfandgläubiger berechtigt, diese durch „verpflichtete Mäkler“ „nach dem Curswerte aus freier Hand“ zu verkaufen, § 499. Bei der Verwertung der Forderungen war die Besonderheit vorgesehen, dass im Falle der „Nichtzahlung“ eine „Abtretung der Forderung zum Zweck der Erhebung und nöthigenfalls Einklagung“ erfolgte. Damit trat im Zeitpunkt der Fälligkeit der besicherten Forderung eine cessio legis der verpfändeten Forderung ein, die der Pfandgläubiger folglich im eigenen Namen erheben und einklagen konnte. Aus dem Erlös zog er nun seine Befriedigung. In der Gesamtschau wird deutlich, dass das Verfallverbot als allgemeine Norm allen dinglichen Sicherheiten vorgelagert war. Sofern eine Ausnahme besser geeignet schien, die Interessen der Parteien zu wahren, musste eine weitere gesetzliche Regelung eingefügt werden, um das allgemeine Verbot abzuändern. Dies geschah etwa im Bereich der Forderungsverpfändung, bei der ein eigentlicher Verfall durch cessio legis der Forderung erfolgte. Den gleichen Ansatz enthielt, wie bereits oben ausgeführt, der Bayrische Entwurf eines BGB.479 Dort war das Verfallverbot in der „Ersten Abtheilung“ als „Allgemeine Bestimmung“ den einzelnen Instituten des Pfandrechts vorangestellt.480 b) Die Einzelregelung im Rahmen des Instituts am Beispiel des Württembergischen Pfandrechts von 1825 Ein Gegenbeispiel zum Sächsischen BGB bildete etwa das Württembergische Pfandgesetz von 1825,481 dem ein kurzer Überblick vorangehen soll. Das Württembergische Pfandgesetz definierte den Umfang des Unterpfands in Art. 90 Abs. 1 als ein „dingliche[s] Recht“, das dem Berechtigten erlaubte, „seine Befriedigung aus der für die Forderung verpfändeten Sache zu begehren“. Daneben stand die Klage aus den „in der Hauptsache eingegangenen Rechts-Geschäfte[n]“. Gegenstand konnten „unbewegliche Sachen und Rechte, welche den Immobilen gesetzlich gleich kommen“ sein. Publizität bei Bestellung des Unterpfandrechts entstand nach Art. 75 durch Eintragung in ein sogenanntes „Unterpfand-Buch“ oder ein „Güter-Buch“ (Art. 160). Diese Eintragung war nach Art. 2 konstitutiv, da „nur durch die Mitwirkung der Obrigkeit und mittelst obrigkeitlicher Eintragung in das Unterpfandsbuch“ das Recht entstehen konnte. Dies geschah bei den „Gemeinde-Räthen“ oder bei den „Kreis-Gerichts-Höfen“ (Art. 158). Im Verfahren der Unterpfands-Behörde (Kapitel 3, ab Art. 163) waren die Bestellung (ab Art. 173 ff.), die Lösung des Unterpfandrechts (Art. 210 ff.) und die 479

Siehe oben, unter: 1. c) aa). Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern: 1861 – 1864, mit Motiven, siehe hierzu: das Inhaltsverzeichnis des 3. Teils: S. 222. 481 Verwendet in der Fassung: Das Pfand-Gesetz für das Königreich Württemberg, Stuttgart, 1825. 480

E. Regelung des Verfallverbots im Partikularrecht

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Zuständigkeiten der Unter-Pfands-Behörde festgelegt (ab Art. 223 ff.). Interessant war bei der Veräußerung (Art. 203 ff.), dass das Unterpfandrecht durch Versteigerung nur dann erlosch, wenn die Verkaufssumme der gesicherten Forderung entsprach. War dies nicht der Fall und der Gläubiger des Unterpfandrechts bestand auf seinem Anspruch, blieb der Rest der Forderung zulasten des neuen Eigentümers im „Unterpfand-Buch“ eingetragen, Art. 204. Das Erlöschen des Unterpfandrechts war in Art. 123 numerisch auf bestimmte Fälle abschließend beschränkt. Neben dem Untergang der Sache (Nr. 2) und dem Erlöschen des Rechts des Pfandbestellers an der Sache (Nr. 6) stand der Verzicht des Pfandgläubigers auf das Pfandrecht (Nr. 4), der Zeitablauf eines befristet bestellten Pfandrechts (Nr. 3) und die Tilgung, das Erlöschen bzw. die Nichtigkeitserklärung der zu besichernden Forderung (Nr. 1). Als „ordentliche“ Verwertungsform war nur der gerichtliche Verkauf vorgesehen (Nr. 5). Hierzu passt auch das im Abschnitt D. eingefügte Verbot des Verfalls, das unter der Überschrift „Von den Rechts-Verhältnissen des Pfand-Gläubigers und des Schuldners“ gefasst wurde. Der Art. 91 besagte: „Der Neben-Vertrag, durch welchen dem Gläubiger das Recht, die Veräußerung des Unterpfands zu bewirken, entzogen werden soll, ist ungültig. Ebenso ungültig ist eine Uebereinkunft, daß im Falle nicht geleisteter Zahlung das Unterpfand ohne Verkauf dem Gläubiger verfallen seyn soll. Gleich kraftlos ist das dem Schuldner oder Eigenthümer abgenommene Versprechen, daß derselben auf die Sache kein weiteres Unterpfand bestellen wolle.“482

Dabei fällt auf, dass ausdrücklich lediglich der eigentliche Verfall ausgeschlossen wurde: der Verlust des Eigentums durch den Eintritt der Bedingung der Nichtbefriedigung. Es enthält sogar darüber hinaus die Formulierung „ohne Verkauf“, sodass im Umkehrschluss der Verkauf des Schuldners an den Gläubiger wohl weiterhin möglich war. Ob dies einen „gerechten“ Preis umfasste oder sich schlicht aus der Darlehnssumme und den Kosten ergab, blieb offen. Aus den Erlöschensgründen für das Pfandrecht lässt sich jedoch ferner ableiten, dass das Pfandrecht eben auch erlosch, wenn etwa die zugrundeliegende Forderung abgegolten wurde, sei es etwa durch Aufrechnung oder eine neue Abrede. Zudem wurde das Verfallverbot systematisch in einer Norm mit anderen, die Rechtsstellung begrenzenden Abreden verbunden. Damit scheint das Verfallverbot weniger einen schützenden Charakter gehabt zu haben, sondern es hatte wohl vielmehr den Zweck, das Pfandrecht in seiner Art zu definieren. Ebenfalls Teil der Württembergischen Pfandrechtsordnung war das Faustpfandrecht, das in einer zweiten „Abtheilung“ an die ausführlichen Normen zum Unterpfandrecht angefügt war. Es blieb aber im Umfang und der Ausgestaltung deutlich hinter der breiten Regelung des Unterpfands zurück. Gegenstand des Faustpfandrechts waren nach Art. 245 Abs. 1 „bewegliche Sachen und Aktiv-Forderungen“. Notwendig waren die Übergabe (Art. 245 Abs. 2), das Ausstellen einer Urkunde (Art. 246) und die Verfügungsberechtigung (Art. 247 Abs. 1). Bei Aufgabe 482

Zitierte Norm: Das Pfand-Gesetz für das Königreich Württemberg, S. 34.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

des Besitzes erlosch das Pfandrecht an der Sache (Art. 258 Abs. 1). Dies galt nicht, wenn dies ohne das Zutun des Gläubigers geschah (Art. 258 Abs. 2). Dem Gläubiger stand kein Nutzungsrecht zu, außer es war ihm ausdrücklich zugewiesen worden – Art. 254 Abs. 1. Er hatte aber allgemeine Pflichten zu beachten, die in einem allgemeinen Teil dem Grund- und Faustpfandrecht systematisch vorangestellt waren, vgl. Art. 249, mit Verweis auf Art. 4 ff. Es erscheint naheliegend, dass die Verwertung in ähnlicher Weise erfolgen sollte wie beim Unterpfand, jedoch fehlte ein eindeutiger Verweis. Ausdrücklich war aber auch hier in Art. 257 das Verfallverbot aufgenommen worden: „Der Neben-Vertrag, daß das Pfand dem Gläubiger als Eigenthum anheimfallen soll, wenn derselbe zur Verfallzeit nicht bezahlt werde, ist unzuläßig und ohne rechtliche Gültigkeit.“483

Wesentlich war, dass das Verfallverbot ausdrücklich aufgenommen und für so wesentlich erachtet wurde, dass es ein Teil der lediglich 13 Normen des Faustpfandrechts wurde. In den allgemeinen Normen, die für Unterpfand und Faustpfand gleichermaßen galten, war vorgesehen, dass die zu besichernde Forderung bestimmt (Art. 11) und der Pfandgegenstand durch die Obrigkeit zu schätzen war, außer man einigte sich ausdrücklich, dass dies unterbleiben sollte und ein bestimmter Wert zugrunde gelegt wurde, Art. 12. Damit war eine Grundlage für eventuelle uneigentliche Verfallabreden gelegt. Denn es war fest bestimmt, welchen Wert die Sache nach grundsätzlicher Schätzung hatte und zu welchem Preis sie verpfändet worden war. Bei kaufrechtlichen Abreden war damit die Rechtslage geklärt. Auffällig ist, dass das Verfallverbot nicht als Norm in den allgemeinen Teil aufgenommen wurde, sondern speziell bei den Instituten geregelt war. Vergleicht man beide Varianten miteinander, zeigt sich, dass beide Ansätze Vorund Nachteile hatten. Während die abstrakte und vorangestellte Norm auf einen einheitlichen Gedanken schließen ließ, hatte sie den Nachteil, dass keine direkte Anpassung an das jeweilige Institut möglich war. Es wurde meist die Verwertung ausführlich ausgestaltet, sodass erst bei näherer Betrachtung ein Zusammenhang mit der allgemeinen Norm möglich wurde. Diesen Nachteil glich die doppelte Normierung aus, sie war an das Institut angepasst und konnte auch mit anderen Verboten systematisch zusammengezogen werden, wie es das Beispiel des Art. 91 WeimPfG deutlich macht. Hingegen war die Frage problematisch, ob die Anwendung auf die konkret geregelten Institute beschränkt bleiben sollte. Zudem konnte sich die Rechtsfrage stellen, ob das Verbot des Verfalls bei den einzelnen Instituten unterschiedliche Tatbestände voraussetzte und in der Folge auch abweichende Rechtsfolgen auslösen konnte. In der Konsequenz hätte das Schutzniveau der Regelungen unterschiedlich sein können.

483

Das Pfand-Gesetz für das Königreich Württemberg, S. 89.

E. Regelung des Verfallverbots im Partikularrecht

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3. Inhaltliche Ausgestaltung des Verfallverbots im Partikularrecht Bei der Frage der inhaltlichen Ausgestaltung setzt sich das vermutete Bild fort. Bei der Rechtssetzung der einzelnen Partikularrechte gab es auch inhaltlich keine Konstante oder ein zu verallgemeinerndes Muster. Vielmehr zeigte sich auch in der Rechtssetzung die unterschiedliche Interpretation des Verfalls in der rechtlichen Ausgestaltung. Gut sichtbar wird dies insbesondere an den angesprochenen Ausnahmen, die im Folgenden gegliedert veranschaulicht werden sollen. Denn neben den Partikularrechten, die sich nicht zum Verfall äußerten oder simple Totalverbote statuierten, wie die älteren Normen, gab es viele Varianten. Meist waren Totalverbote vorgesehen, die etnweder Ausnahmen ausdrücklich ablehnten oder eben für einzelne Formen des Verfalls Ausnahmevorbehalte regelten. a) Keine Äußerung zum Verfall Neben den älteren Rechten, die keine Normierung zum Verfall statuierten, gab es auch neuere Gesetzgebungen, die auf eine Normierung des Verfallverbots verzichteten. So nennt der Vorentwurf zum BGB zwei „neuere“ Partikularrechte, die kein Verfallverbot enthielten: das braunschweigische Pfandgesetz von 1878 und das oldenburgische Pfandgesetz von 1876.484 Ebenfalls prominent ist der Dresdner Entwurf zum BGB (DresdE) von 1866, der ebenfalls kein Verbot des Verfalls statuierte, obwohl er Regelungen zum Pfandrecht enthielt. So findet sich weder unter den „Verstärkungsmitteln des Vertrags“, wie etwa der „Bedingung“, der „Draufgabe“ oder der „Vertragsstrafe“ (Art. 118 – 141) eine solche Regelung, noch bei dem Pfandrecht als Schuldverhältnis (Art. 954 – 959).485 b) Totalverbote des Verfalls Ein anderer Ansatz war es, den Verfall umfassend zu verbieten. Dies zeigte sich insbesondere bei den älteren Partikularrechten. Dabei wurde entweder – wie es die Hamburger Statuten von 1604 taten – an die germanisch-deutsche Interpretation des Verfalls angeknüpft, oder es wurde auf die römisch-rechtliche Tradition verwiesen, wonach der Verfall nach dem „Gemeinen Rechte“ zu verbieten war. Beispielhaft für dieses Vorgehen war etwa das Landrecht von Sachsen-Gotha.486 Daher kann an dieser Stelle auf die Liste der „älteren Partikularrechte“ von Warnkönig verwiesen wer-

484

Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 822. Francke: Entwurf eines allgemeinen deutschen Gesetzes über Schuldverhältnisse. (DresdE), S. 23 – 28, 194 f. 486 Fürstliche Sächsische Landes-Ordnung Des … Herrn Ernsten, Hertzogen zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg … von 1695, S. 261. 485

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

den.487 Bei diesen ist auffällig, dass sich häufig keine Verweise auf die römischrechtlichen Ausnahmen finden, sondern nur das Totalverbot rezipiert wurde. c) Totalverbote des Verfalls unter ausdrücklicher Ablehnung der im römischen Recht entwickelten Ausnahmen Diesem „schweigenden“ Totalverbot traten die „jüngeren“ Partikularrechte entgegen. Bei diesen fand sich, neben dem eigentlichen Verbot des Verfalls, häufig ein ausführlich gestalteter Rahmen, der die nach der Interpretation des gemeinen Rechts möglichen Ausnahmen des Verfalls aufgriff und ablehnte. So gehen etwa das österreichische ABGB von 1811 und das Hessische Pfandgesetz von 1858 vor. aa) Das österreichische ABGB von 1811 Besonders eindrucksvoll ist die naturrechtliche Kodifikation des österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB).488 Es statuierte in Art. 1371 ein umfassendes Totalverbot: „Alle der Natur des Pfand- und Darlehnsvertrages entgegen stehende Bedingungen und Nebenverträge sind ungültig. Dahin gehören die Verabredungen: daß nach der Verfallzeit der Schuldforderung das Pfandstück dem Gläubiger zufalle; daß er es nach Willkühr, oder in einem schon im voraus bestimmten Preise veräußern, oder für sich behalten könne; daß der Schuldner das Pfand niemahls einlösen, oder ein liegendes Gut keinem Anderen verschreiben, oder daß der Gläubiger nach der Verfallzeit die Veräußerung des Pfandes nicht verlangen dürfe.“489

Zudem wurde auch die Fruchtziehung des Gläubigers aus der verpfändeten Sache für ungültig erklärt, wenn sie nicht ausdrücklich vereinbart war, Art. 1372 ABGB. Das ABGB regelte in seinem ersten Satz das Verbot des Verfalls umfassend, da dieser gegen die Natur des Pfand- und Darlehnsvertrages verstoße. Im zweiten Satz des Artikels ging es auf fast alle nach dem römischen Recht diskutierten Ausnahmen ein und lehnte diese ab. Explizit wurde der eigentliche Verfall in Form einer dinglichen Verfügung (1. Variante) verboten, ebenso der Privatverkauf des Gläubigers an einen Dritten (2. Variante) oder zu einem vorher bestimmten Preis (3. Variante). Auch der „Verkauf“ an sich selbst mittels eines vorher bestimmten Preises, der auf eine datio in solutum (Übertragung an Zahlungs statt) hindeutete, war ausgeschlossen.490 Zudem 487

Siehe oben und Fn. 461. Zur Entstehungsgeschichte, der Bedeutung und Wirkung des ABGB siehe: Brauneder: Europäische Privatrechtsgeschichte, S. 114 ff. 489 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten Deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie (ABGB), Wien, 1811. 490 Diese Variante erschließt sich in folgender Lesart des zweiten Satzes: „Dahin gehören die Verabredungen, … daß er es … (zu) einem im voraus bestimmten Preise … für sich behalten könne.“ Dies ist möglich, da die Varianten durch ein „oder“ sprachlich gleichgestellte Varianten bilden. 488

E. Regelung des Verfallverbots im Partikularrecht

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war der einseitige Verzicht des Schuldners auf das Einlösungsrecht ausgeschlossen (5. Variante). Auch die Beschränkung des Schuldners, liegendes Gut keinem anderen zu verschreiben (6. Variante), war auschgeschlossen. Demnach waren Abreden ausgeschlossen, die dem Schuldner verboten, weitere Verfügungen zu tätigen, wie etwa das Recht, weitere Pfandrechte zu bestellen. Zuletzt (7. Variante) stellte das ABGB dem Gläubiger eine Schutznorm zur Seite, die verbot, dass dieser auf die Veräußerung des Pfandes verzichtete.491 Die letzten beiden im römischen Recht diskutierten Ausnahmen waren letztlich ebenfalls erfasst. Die Ausnahme „des Verkaufs für einen gerechten Preis“ war durch das generelle Verbot des Verkaufs an den Gläubiger oder einen Dritten ausgeschlossen. Dass eine nachträgliche Verfallabrede nicht erlaubt wurde, erschloss sich aus dem Totalverbot des ersten Satzes. Ein Teil der Literatur meinte später, dass die nachträgliche Verfallabrede dennoch statthaft sei, jedoch beruhte diese Interpretation nicht auf dem Tatbestand der zugrundeliegenden Norm.492 bb) Das Hessische Pfandgesetz von 1858 In eine ähnliche, jedoch nicht so umfassende Richtung ging das hessische Pfandrecht von 1858,493 obwohl es nicht mit dem Anspruch auftrat, den Bereich der Sicherheiten umfassend zu regeln. Dort enthält der Art. 91 das Verfallverbot in folgender Form: „Der Vertrag, daß im Fall nicht erfolgender Zahlung das Unterpfand dem Pfandgläubiger für die Schuldsumme oder für eine andere bestimmte Summe verfallen sein soll, ist ungültig. Auch ist der Vertrag ungültig, daß der Pfandgläubiger in jenem Fall das Recht haben soll, das Unterpfand außergerichtlich zu verkaufen.“

Das hessische Pfandrecht interpretierte das Verfallverbot recht umfassend, sodass der Verfall für eine bestimmte Summe, damit auch der bedingte Kauf, als erlaubte Ausnahme zu dem Verbot ausscheiden musste (Abs. 1). Daneben war dem Gläubiger der Privatverkauf ohne Einhaltung des gerichtlichen Verfahrens verboten (Abs. 2). Dem stimmte auch die zeitgenössische Literatur zu, die das Verbot umfassend in-

491 Diese Auslegung hat sich bis in die heutige Rechtspraxis erhalten, m. w. N. zu Rspr. und Literatur: Petrasch, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB). Bd. 2 §§ 1175 – 1502, § 1371 ABGB, S. 901 – 903; Feil: ABGB-Handkommentar für die Praxis, Bd. VIII (§§ 1342 – 1502), § 1371, S. 42; Klang: Kommentar zum ABGB, Bd. 4 (§§1293 – 1502), § 1371, S. 259 ff.; Faber, in: Schwimann/Kodek, ABGB-Praxiskommentar. Bd 6 (§§ 1293 – 1503 ABGB), §§ 1371, 1372 ABGB, S. 1020 ff. 492 Es wurde auf den Normzweck verwiesen, der unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes eine nachträgliche Verfallklausel erlauben sollte. Siehe hierzu: Petrasch, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB). Bd. 2 §§ 1175 – 1502, § 1371 ABGB, § 1371, Rdnr. 3, S. 902. 493 Gesetz, das Pfandrecht betreffend, vom 15. 9. 1858, in: Großherzoglich-hessisches Regierungsblatt aus dem Jahr 1858, S. 449 – 496.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

terpretierte.494 Nicht zu beantworten ist hingegen, wie es mit weiteren, nicht genannten Ausnahmen war, wie etwa der nachträglichen Verfallklausel. Es dürfte aber in die Richtung gegangen sein, dass, sofern sie nicht ausdrücklich erlaubt waren, die im römischen Recht diskutierten Ausnahmen nicht statthaft waren. Das Verbot war konkret aufgestellt, ausdrücklich erwähnt wurden demnach nur die für den Gesetzgeber feststellungsbedürftigen Ausnahmen. d) Totalverbote mit Ausnahmevorbehalt einzelner uneigentlicher Verfallklauseln Neben dieser Form war häufig, wohl an den Ausnahmen des römischen Rechts orientiert, in vielen Partikularrechten ein unterschiedlich ausgedehnter Ausnahmevorbehalt vorgesehen. Dabei wurden bestimmte uneigentliche Verfallformen nicht durch das Verbot erfasst, was ausdrücklich in die jeweilige Norm aufgenommen wurde. Diese Varianten deuten wohl auf eine Verbindungslinie zur praktizierten Rechtswissenschaft im gemeinen Recht hin, die sich – wie in Abschnitt D. dargestellt – sehr umfassend mit dem Verbot der lex commissoria und eben auch mit den (vermeintlich) erlaubten Ausnahmen im römischen Recht beschäftigte. aa) Verkauf des Pfands an den Gläubiger – nach D. 20.5.12 pr. Diese Ausnahme sah vor, dass der Gläubiger den Pfandgegenstand mittels eines aufschiebend bedingten Kaufvertrags erwarb, wenn die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung fällig wurde. Dabei bestand die Verwertung des Pfandrechts darin, dass der Gläubiger den Pfandgegenstand entweder zu dem im Vorfeld vereinbarten Preis erwarb oder zu einem Preis, der sich aus der Darlehnssumme, den Zinsen und Kosten zusammensetzte. Ein Beispiel für diese eher selten auftretende Ausnahme einer uneigentlichen Verfallabrede schuf das Württemberger Pfandrecht von 1825. Es sah vor, dass der Schuldner das Pfand an den Gläubiger verkaufen konnte. Zwar war grundsätzlich eine öffentliche Schätzung des Pfandgegenstandes vorgesehen. Von dieser konnten die Parteien jedoch Abstand nehmen. In der Konsequenz bedeutete dies, dass sich Gläubiger und Schuldner auf einen Wert des Pfandgegenstandes einigen konnten, zu dem das Pfand, nach Fälligkeit der gesicherten Forderung, als verkauft galt.495

494 Müller: Das Pfandrecht nach dem großherzoglich hessischen Gesetze vom 15. September 1858, S. 195 f. 495 S. o. unter: 2. b).

E. Regelung des Verfallverbots im Partikularrecht

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bb) Verkauf des Pfands an den Gläubiger zu einem gerechten Preis – nach D. 20.1.16.9 Nach dieser Ausnahme war das Verbot des Verfalls nicht einschlägig, wenn der Gläubiger dem Schuldner den Pfandgegenstand zu einem „gerechten“ Preis abkaufte. Die Abrede enthielt meist einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag, der bei Bedingungseintritt, meist der Fälligkeit der besicherten Forderung, zustande kam. Ein Beispiel war das Weimarer Pfandgesetz von 1839. In der Norm des § 106 WeimPfG war die Abrede des Verkaufs an den Gläubiger nur ausgeschlossen, wenn der Pfandgegenstand „demselben alsdann für einen geringern Preis als die gerichtliche Taxe, oder bei verpfändeten Schuldurkunden auf den Inhaber um einen geringern Preis als deren Kurs verkauft seyn soll […]“.496 Danach war im Umkehrschluss eine Abrede zum Verkauf des Pfandgegenstands zu einem gerichtlich festgelegten Preis als Ausnahme zum Verfallverbot akzeptiert. Ebenso ging etwa die Braunschweiger Verordnung vom 04. Juli 1772 vor, die das Verfallverbot in das braunschweigische Recht einführte. In der 1843 erschienenen Zusammenstellung der braunschweigischen Privatrechtsordnung von Adolf Steinacker497 wurde das Verbot außer durch die Grundlage im römischen Recht, das in Braunschweig als subsidiäre Rechtsquelle weiterhin galt, mit dem Verweis auf die Verordnung vom 04. Juli 1772 begründet. Darin waren „simulirte WiederkaufsContracte“ verboten. Es wurde angeordnet, dass der Käufer „die gekaufte Sache gegen Erstattung des Kaufgeldes wieder herauszugeben, oder eventuell den wahren Werth derselben zu erstatten [hatte]“. Daneben leitete Steinacker das Verbot, „das erhaltene Pfand eigenmächtig zu verkaufen …, oder in eigenem Nutzen zu gebrauchen …“, aus dem römischen Recht ab, dessen „Uebertreten … mit Strafe bedroht [war].“498 Diese Strafandrohung ging auf die Verordnung vom 09. August 1763 zurück.499 Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das braunschweigische Recht sehr nah am gemeinen römischen Recht orientiert war. Lediglich der eigenmächtige Verkauf war ausgeschlossen. Insbesondere war es dem Gläubiger nicht gestattet, den Gegenstand ohne die Erstattung des tatsächlichen Wertes zu behalten. Es soll nicht unterschlagen werden, dass das später erarbeitete Braunschweigische Pfandgesetz von 1878 kein Verbot des Verfalls enthielt. Ob dies aber ein bewusster Akt der Gesetzgebung war oder ein Versehen, muss offen bleiben.500 496

Zum Weimarer Pfandgesetz, siehe oben, unter: 1. c) bb), dort auch der Quellennachweis. Siehe sein Werk: Steinacker: Particulares Privatrecht des Herzogthums Braunschweig, Wolfenbüttel, 1843. 498 Zitate in: Steinacker: Particulares Privatrecht des Herzogthums Braunschweig, S. 446. 499 Steinacker: Particulares Privatrecht des Herzogthums Braunschweig, S. 446 mit Fn. 7, 8 und 9. 500 Spannend ist, dass der spätere Vorentwurf auf die „alte“ Braunschweiger Verordnung von 1772 verwies: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 821, zudem oben: Fn. 450. 497

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

cc) Verfall des Pfands durch Überlassung an Zahlungs statt – nach D. 46.3.45 pr. Nach dieser Ausnahme wurde der Pfandgegenstand dem Gläubiger an Zahlungs statt überlassen, worin die Idee der römisch-rechtlichen datio in solutum nach D. 46.3.45 pr. zum Ausdruck kam. Sehr anschaulich ist diese Variante in der naturrechtlichen Kodifikation des französischen Code Civil von 1804.501 Dieser übernahm in Art. 2078 das Verfallverbot wie folgt: „Le créancier ne peut, à défaut de paiement, disposer du gage; sauf à faire ordonner en justice que ce gage lui demeurera en paiement et jusqu’à due concurrence, d’après une estimation faite par experts, ou qu’il sera vendu aux enchères. Toute clause qui autoriserait le créancier à s’approprier le gage ou à en disposer sans les formalités ci-dessus, est nulle.“ „Der Gläubiger kann nicht, wenn die Zahlung ausbleibt, über das Faustpfand verfügen: doch kann er eine gerichtliche Verfügung dahin auswirken, daß dasselbe ihm entweder bis zum Betrage seiner Forderung nach einer von Sachverständigen vorgenommenen Schätzung an Zahlungsstatt gelassen, oder durch eine Versteigerung verkauft werde. Jede Verabredung, welche dem Gläubiger das Recht einräumt, ohne die obigen Förmlichkeiten das Faustpfand eigenthümlich zu behalten, oder darüber zu verfügen, ist nichtig.“502

Sowohl der erste als auch der zweite Absatz dieser Regelung für das Faustpfandrecht erklärten jede Abrede für nichtig, die dem Gläubiger ein umfassendes, auf die Fälligkeit der besicherten Forderung bedingtes Verfügungsrecht einräumte. Entscheidend war das Wahlrecht des Gläubigers aus dem ersten Absatz. Er konnte entweder den Pfandgegenstand bis zur Höhe der besicherten Forderung an Zahlungs statt annehmen, oder er konnte ihn in einem öffentlichen Versteigerungsverfahren veräußern lassen. Bei der ersten Variante handelte es sich um eine uneigentliche Verfallklausel, die der römisch-rechtlichen Ausnahme der datio in solutum nach D. 46.3.45 pr. entsprach. Das Ziel, eine Übervorteilung des Gläubigers zulasten des Schuldners zu verhindern, wurde durch die Schätzung des Pfandgegenstands durch einen Sachverständigen gewahrt. Danach stand dem Gläubiger kein Vorteil zu, der über die Höhe der besicherten Forderung hinausging („bis zum Betrage seiner Forderung“). Die Alternative der öffentlichen Versteigerung sicherte den Schuldner über die Form der Verwertung, woran auch die ausdrückliche Regelung des zweiten Absatzes anknüpfte. Versprach der Schuldner dem Gläubiger eine von den „obigen Förmlichkeiten“ abweichende Verwertung, hatte dies keine Gültigkeit. Ausdrücklich wurden darüber hinaus der dingliche Verfall zu Eigentum, ohne dass eine öffentliche Schätzung erfolgt war (Abs. 2, Alt. 1), und eine Verfügungsermächtigung (Abs. 2, Alt. 2) ausgeschlossen. 501

Zur Entstehungsgeschichte, Verbreitung und Wirkung des Code Civils, siehe: Brauneder: Europäische Privatrechtsgeschichte, S. 112 ff. 502 Französischer Text und Übersetzung, in: Napoleons Gesetzbuch. Einzig officielle Ausgabe für das Großherzogthum Berg, 1810, S. 880 f.

E. Regelung des Verfallverbots im Partikularrecht

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dd) Die nachträgliche Verfallabrede – nach D. 13.7.34 – und die preußische Sonderregel zu D. 18.1.81 pr. Die Ausnahme, die hier als „nachträgliche Verfallabrede“ bezeichnet wird, begrenzte das Verbot des Verfalls in zeitlicher Hinsicht. Die in Rede stehenden Verfallklauseln waren demnach nur für den Zeitraum zwischen Pfandbestellung und Fälligkeit der besicherten Forderung verboten. Damit war zu dessen Zeitpunkt keine inhaltliche Änderung des Pfandrechts möglich, sondern erst nachdem die Forderung fällig geworden war. In diese Richtung gingen etwa das bereits behandelte Sächsische BGB von 1861 in § 383503 und der Bayrische Entwurf eines BGB von 1865 in Art. 361.504 Wesentlich für diese zeitliche Beschränkung war vor allem das preußische Allgemeine Landrecht (ALR) von 1794.505 Das Verfallverbot wurde im Teil 1, Titel 20, §§ 33 – 35 wie folgt geregelt: „§. 28. Der Verkauf des Pfandes muß in der Regel gerichtlich an den Meistbietenden geschehen. §. 29. Ein Vertrag, daß es dem Gläubiger freistehen solle, bei ausbleibender Zahlung das Pfand außergerichtlich zu verkaufen, ist zwar an sich zu Recht beständig. §. 30. Ist jedoch dergleichen Vertrag gleich bey Schließung des Pfandcontrakts, oder sonst vor der Verfallzeit, errichtet worden: so kann der Gläubiger das Pfand nicht unter dem Betrage einer mit Zuziehung des Schuldners, durch Sachverständige aufgenommenen Taxe außergerichtlich verkaufen. §. 31. Wenn der Schuldner, nach eingetretenem Zahlungstermine, sich den außergerichtlichen Verkauf durch den Gläubiger ohne weitern Vorbehalt gefallen läßt: so hat es dabey sein Bewenden. §. 32. Doch ist in beyden Fällen (§. 30. 31.) außer der Einwilligung des Schuldners, auch die des etwanigen von diesem verschiedenen Eigenthümers der verpfändeten Sache nothwendig. §. 33. Ein Vertrag, daß bey ausbleibender Zahlung die verpfändete Sache dem Gläubiger für die Schuld, oder für einen im voraus bestimmten Werth zufallen soll, ist in Ansehung beyder Theile ohne Wirkung. §. 34. Wenn aber nach eingetretenem Verfalltage der Gläubiger und Schuldner über den Werth, wofür die verpfändete Sache dem erstern überlassen seyn solle, sich vereinigen: so hat ein solches Abkommen zwischen ihnen verbindliche Kraft. §. 35. Ein Vertrag, daß das von dem Hauptschuldner eingelegte Pfand dem Bürgen verfallen solle, wenn dieser von der Bürgschaft nicht befreyt würde, ist ungültig.“506 503 Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1863/1865, S. 47; zudem oben unter: 2. a). 504 Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern: 1861 – 1864, mit Motiven, S. 280; zudem oben unter: 1. c). 505 Siehe zur Gesetzgebungsgeschichte, Bedeutung und Wirkung des ALR: Brauneder: Europäische Privatrechtsgeschichte, S. 110 ff. 506 Zitiert nach: Hattenhauer: Allgemeines Landrecht für die Preussischen Staaten von 1794, S. 287.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

Grundsätzlich erfolgte die Verwertung durch gerichtlichen Verkauf (§ 28)507, der nach einem festgelegten Verfahren ablief (§§ 197 ff.). Gegenstand des Pfandrechts waren bewegliche und unbewegliche Sachen (§ 71). Während bei beweglichen Sachen die Übergabe zur Bestellung ausreichte (§ 94), war bei unbeweglichen Sachen „die gerichtliche Verlautbarung … und der Vermerk des bestellten Pfandrechts im Hypothekenbuch hinzukommen“ notwendig (§ 100). War vor der Fälligkeit der Forderung verabredet worden, dass der Gläubiger das Pfand frei veräußern durfte, war dieser Vertrag nur wirksam, wenn dies zu einer durch Sachverständige „aufgenommenen Taxe“ geschah (§ 30). Somit war das vor der „Verfallzeit“ verabredete Versprechen des Schuldners, den Privatverkauf des Gläubigers zu dulden, ausgeschlossen. Dem Schuldner sowie, bei Personenverschiedenheit von Verpfänder und Eigentümer, dem Eigentümer stand zudem nach §§ 31, 32 das Recht zu, durch Einspruch (Umkehrschluss aus „gefallen läßt“) diesen Privatverkauf zu verhindern. Das Verbot des Verfalls fand sich ausdrücklich in § 33, wonach eine Abrede des direkten Verfalls „für die Schuld“ (1. Alt.) oder die Abrede des Verfalls zu einem „im voraus bestimmten Werth“ (2. Alt.) ohne Wirkung sein sollte. Tatbestandlich wurde an die Bedingung der „ausbleibenden Zahlung“ angeknüpft. Entscheidend war aber, dass dieses Verbot nach § 34 nur bis zum Eintreten des Verfalltages galt. Sollten sich Gläubiger und Schuldner zu diesem Zeitpunkt „nachträglich“ darüber einigen, zu welchem Wert die Sache dem Gläubiger überlassen werden sollte, hatte dieses „Abkommen … verbindliche Kraft“. Das ALR geht in dieser Form davon aus, dass eine zweite Einigung nach der Fälligkeit der besicherten Forderung wirksam war. Dies entsprach der Vorstellung des römischen Rechts in D. 13.7.34.508 Einen Sonderfall stellt das ALR dar, da es neben der „nachträglichen Verfallklausel“ eine ausdrückliche Regelung zu D. 18.1.81 pr. enthält. Das ALR interpretierte D. 18.1.81 pr. als eine auf das Verfallverbot bezogene Ausnahme, wie es bereits das gemeine Recht getan hatte. Eine Abrede des Schuldners, die dem in Anspruch genommenen Bürgen das Pfand zufallen lassen sollte, war ausdrücklich verboten.509 Es erweiterte das Verfallverbot auf Dreipersonenverhältnisse, beließ es jedoch anders als Partikularrechte mit umfassendem Verbot bei dem einen wissenschaftlich diskutierten Fall des Bürgen.510 Für die Gesetzgebungsgeschichte des BGB war das preußische ALR besonders interessant, da es zu personellen Kontinuitäten bei der Mitwirkung zum BGB kam. Insbesondere sind Reinhold Johow (1823 – 1904) und Alexander Achilles (1833 –

507

Alle Paragraphen stammen aus dem Zwanzigsten Titel des Ersten Theils des ALR. Siehe oben in Abschnitt C., unter: 3. a). 509 So interpretierten es auch die preußischen Juristen, etwa: Achilles, in: Koch, Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten. Kommentar in Anmerkungen, Erster Theil. Zwanzigster Titel (ALR I 20), S. 667, Fn. 62. 510 Diesen Zusammenhang stellt ausdrücklich schon Raape her: Raape: Die Verfallklausel, S. 44. 508

E. Regelung des Verfallverbots im Partikularrecht

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1900) zu nennen, die am wesentlichen Kommentar zum ALR mitarbeiteten, wobei von letzterem gar die Kommentierung zur Verfallklausel stammte.511

4. Aussagen der Partikularrechte zum Regelungszweck Die oben aufgeworfene Frage, welchen Grund die Partikularrechte für die Normierung des Verfallverbots angaben, kann nur im Überblick beantwortet werden. Quellen, die auf den Normzweck schließen lassen, können – sofern vorhanden – die Äußerungen der Normen selbst sein. Daneben treten veröffentlichte Motive des Gesetzgebers, die einen Einblick in die Beweggründe geben. Zuletzt kann auch die Einschätzung von Gelehrten der Rechtswissenschaft einen Zugang gewähren, jedoch ist hierbei Vorsicht geboten. Viele Kommentierungen dürften subjektive Interpretationen darstellen und können nur begrenzt Aufklärung über den Regelungszweck geben. Vor allem die „älteren“ Partikulargesetze waren noch von der heutigen knappen und in Tatbestand und Rechtsfolge untergliederten Normierung entfernt. Sie gaben häufig Einblick und „erklärten“ den Grund des Verbots. So sprach etwa das Freiburger Stadtrecht (1520) beim Verfall von einem „vnzimbliche[n] pact“, der durch „arglistig gesuch“ des Gläubigers verlangt wurde, Teil 2, Artikel VIII, Titel 13. Die Abrede war nicht mit den moralischen Vorstellungen vereinbar und konnte keine Wirksamkeit beanspruchen. Damit geht die Beurteilung einher, dass die Verabredung von Seiten des Gläubigers als arglistig zu bewerten ist, mithin als ein vorsätzlicher Verstoß gegen das Recht.512 Die Hamburger Statuten von 1604 sprechen bei der Abrede des Verfalls von „wucherlich“,513 sodass er als Form des Wuchers zu verbieten war. Auch der CMBC von 1754 ordnete das Verbot des „pactum commissorium“ beim Vorliegen von „anscheinendem Wucher“ an. Hierzu zählte auch die Erfassung aller Schein- und Umgehungsgeschäfte.514 Grund war damit ebenfalls die Nähe zum Wucher, was als Begründung für ein Verbot ausreichte. Warnkönig beobachtete dieses Vorgehen bei weiteren Partikularrechten.515 Diese Einordnung als Wucher ist bis ins 18. Jahrhundert bei sehr vielen Rechten wesentlich. Damit bestätigt sich die Verbindungslinie zu der Einordnung des Verfallverbots durch die Rechtswissenschaft der Zeit, die als Grund häufig auf das christliche Wucherverbot verwies.516 511 Vergleiche: Achilles, in: Koch, Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten. Kommentar in Anmerkungen, Erster Theil. Zwanzigster Titel (ALR I 20), S. 665 – 667. 512 Zum Freiburger Stadtrecht, siehe oben Abschnitt D., unter: 2. a). 513 Siehe oben Abschnitt E., unter: 1. b). 514 Siehe oben Abschnitt E., unter: 1. c) aa). 515 Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 25, S. 60 – 114; 226 – 255; 420 – 439, S. 438, unter: Nr. 1. 516 Siehe oben Abschnitt D., unter: 4.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

Dem stellte Warnkönig gegenüber, dass es auch andere Ansätze gab, die Verfallklausel zu begründen.517 Er berief sich auf die Zusammenstellung des Frankfurter Rechts in dem Werk des aus Frankfurt stammenden Juristen Justinian von Adlerflycht (1761 – 1831), der „Das Privatrecht der freien Stadt Frankfurt“518, das auf dem gemeinen Recht fußte, in fünf Bänden zusammentrug. Im „Ersten und Zweiten Theil“ von 1824 soll es nach Warnkönig darum gegangen sein, festzustellen, dass das Frankfurter Recht die lex commissoria verbot, da der Verfall dem Wesen des Verkaufspfands widersprach: „Der Vertrag, daß der Gläubiger das Pfand nicht verkaufen solle, wird nicht geachtet, weil die Befriedigung durch den Verkauf der Sache dem Pfandrecht wesentlich ist. Auf der anderen Seite ist aber auch der Vertrag (lex commissoria) nichtig, welcher dahin geht, daß dem Gläubiger im Falle unterbleibender Zahlung, ohne Verkauf das Pfand verfallen seyn solle. Doch ist er nicht ungültig, wenn er erst nach der Verpfändung geschlossen wird. Auch ist es kein ungültiger kommissorischer Vertrag, wenn bei der Verpfändung ausgemacht wird, der Gläubiger könne die Sache für einen, jetzt oder dereinst zu bestimmenden billigen Preis käuflich behalten, oder sie solle dem für den säumigen Schuldner zahlenden Bürgen zufallen.“519

Nach Warnkönigs sehr verkürzter Zitierung – er beließ es beim ersten Satz – sollte die Stelle zeigen, dass auch nach dem gemeinen Recht der Verkauf des Pfands so wesentlich war, dass er den Kern des Verfallverbots im Frankfurter Recht ausmachte. Daher sei die Begründung mittels des „Wesens“ des Pfandrechts nur möglich, wenn man die Ausnahmen des Verfalls, die nicht über den Verkauf erfolgten, gleich als feststellungsbedürftig ansah, da sie gegen den so verstandenen Kern des Pfandrechts verstießen. Diese Interpretation dieser kurzen Stelle dürfte viel zu weitreichend sein, vielmehr dürfte es die Absicht Adlerflychts gewesen sein, dem im römischen Recht verankerten Gedanken eines Verbots unter Ausnahmevorbehalt Ausdruck zu verleihen. Wie in den vorherigen Abschnitten ausgeführt, ist dies eine typisch neuzeitliche Interpretation des römischen Rechts, dessen Kern eher in der schuldnerschützenden Tendenz lag.520 Hingegen passt die Aussage des österreichischen ABGB zu diesem Erklärungsmuster, dieses bestimmte im ersten Satz des Artikels 1371, dass „[a]lle der Natur des Pfand- und Darlehnsvertrages entgegen stehende Bedingungen und Nebenverträge … ungültig [waren]“. Das ABGB unterstellte auch das Verfallverbot dieser Kategorie und erklärte den Verfall damit als mit der Natur des Pfandrechts unvereinbar. 517

Warnkönig: Dogmengeschichtliche Darstellung der Lehre von der Lex commissoria beim Pfandrechte, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 25, S. 60 – 114; 226 – 255; 420 – 439, S. 437 mit Fn. 18. 518 Zu den Lebensdaten, in: Muther: Artikel: „Adlerflycht, Justinian Freiherr von“, in: Historische Commission bei der königl. Akademie der Wissenschaften, Allgemeine Deutsche Biographie Band 1 (1875), S. 86; sein Werk: Adlerflycht: Das Privatrecht der freien Stadt Frankfurt. Erster und zweiter Theil von 1824. 519 Adlerflycht: Das Privatrecht der freien Stadt Frankfurt. Erster und zweiter Theil, S. 370. 520 Siehe oben Abschnitt C. und D.

E. Regelung des Verfallverbots im Partikularrecht

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Ein Gegenbeispiel für die von Warnkönig angeregte Einschätzung dürfte etwa der Kommentar Johann Caspar Bluntschlis (1808 – 1881)521 zum Verfallverbot des § 869 des Privatrechtlichen Gesetzbuchs des Kantons Zürich sein, in dem deutlich wurde, wie subjektiv die Rechtswissenschaft das Verfallverbot bewertete: „1. Verfallvertrag. Mit derartigen Verträgen suchen die Wucherer wie die Spinnen kurzsichtige und unbedachtsame Schuldner den Mücken ähnlich abzufangen und auszusaugen. Sie spekulieren darauf, daß die letztern nicht im Stande sein werden, den Zahlungstermin einzuhalten, und daß ihnen dann das Pfand um einen Spottpreis zufalle, während umgekehrt der Schuldner sich, um Geld zu erhalten und von der Hoffnung getäuscht, bis zum Zahlungstermin wieder bei Kasse zu sein, nur zu leicht bereden läßt, solche, wie er meint, nicht bindende Verträge einzugehen, die ihn dann auch wider Willen halten würden, wenn das Gesetz nicht hier den Schein der Freiheit verwerfen würde, um die wirkliche Freiheit zu retten.“522

Die Herabwürdigung des Gläubigers, die sich in der metaphorischen Gleichsetzung mit einer Spinne zeigte, verdeutlichte die starke negative Bewertung, die nach Bluntschli der Abrede zukam. Daher muss hinsichtlich der Verwertbarkeit der wissenschaftlichen Bewertung des Verfallverbots eine gewisse Vorsicht herrschen. Es kommt zum Ausdruck, dass der Schuldner, geblendet durch seine eigene Hoffnung, vor seiner „rechtlichen Freiheit“, eine solche Klausel zu vereinbaren, zu schützen war, damit seine „wirkliche Freiheit“ geschützt werden konnte. Viel besser kann man die Schutzfunktion der von ihm besprochenen Norm nicht zusammenfassen. Vor allem da der Wortlaut der Norm des Kantons beim Verfall von einem „wucherlichen Geschäft“ sprach.523 Diese Argumentationslinie zeigte sich auch bei den späteren Partikulargesetzen. Die zum Entwurf eines Bayrischen BGB mitveröffentlichten Motive gaben für die Normierung des Verfallverbots in Art. 361 eine klare Regelungsabsicht vor: „Der Art. 361 reproduzirt eine schon im römischen Rechte aufgestellte Beschränkung der Vertragsfreiheit bei der Bestellung des Pfandrechtes, durch welche der Schuldner gehindert wird, sich wucherlichen Stipulationen eines übermächtigen Kapitalisten zu unterwerfen, in der nur zu oft täuschenden Hoffnung, daß er noch rechtzeitig die Mittel erlangen werde, ihren verderblichen Vollzug abzuwenden. Die Veräußerung des Pfandes (Art. 381, 428) und die Beobachtung der durch das Gesetz vorgeschriebenen sichernden Formen sind allein geeignet, den wirklichen Werth der Sache zu ergeben. Gegen jede zwiderlaufende Verabredung ist absolute Nichtigkeit verhängt. Durch die Bestimmung des Art. 361 ist übrigens 521

Zu den Lebensdaten: Forster: Artikel: „Johann Caspar Bluntschli“, in: Kleinheyer/ Schröder, Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, S. 70 – 73. 522 Zitierter Kommentar zu § 869 in: Bluntschli: Privatrechtliches Gesetzbuch für den Kanton Zürich, Bd. 2, Sachenrecht, S. 20. 523 Die Norm aus dem Privatrechtlichen Gesetzbuch des Kantons Zürich lautete: „§ 869 – Der sogenannte Verfallvertrag, wonach die zu Faustpfand gegebene Sache dem Gläubiger, wenn derselbe nicht bezahlt wird, anstatt der Forderung zu Eigenthum zufallen soll, ist als ein wucherliches Geschäft verboten und ungültig. Dagegen ist der Schuldner nicht gehindert, das Pfand an den Pfandgläubiger fest zu verkaufen.“ Siehe hierzu: Bluntschli: Privatrechtliches Gesetzbuch für den Kanton Zürich, Bd. 2, Sachenrecht, S. 20.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

nicht ausgeschlossen, daß, nachdem die versicherte Forderung fällig geworden, über die Art der Befriedigung des Gläubigers jedes an sich nicht verbotene Uebereinkommniß getroffen werden könne.“524

Als Begründung diente der Verweis auf das römische Recht und die dort enthaltene Tendenz, den Schuldner zu schützen. Die Motive verwendeten für die Beschreibung dramatische Worte, wonach der „übermächtige Kapitalist“ mittels „wucherlichen Stipulationen“ den „verderblichen Vollzug“ der Verfallklausel erstrebte. Es war nach der Vorstellung Aufgabe des Gesetzes, den Schuldner vor sich selbst und seiner „täuschenden Hoffnung“ zu schützen, indem es auf der formalen Verwertung durch öffentlichen und hoheitlichen Verkauf bestand. Zudem war es andererseits aus Sicht des Gesetzes in Ordnung, die nachträgliche Verfallklausel zu erlauben, was eine bestimmte Flexibilität ermöglichte. Für eine solche Erwägung sprach auch die Ausnahme vom Verfallverbot für die Forderungsverpfändung (Art. 444 Abs. 1).525 Andere partikulare Rechtsordnungen enthielten keine Aussagen über den Grund des Verfallverbots, sodass keine eindeutige Schlussfolgerung möglich ist. Dennoch ist auffällig, dass viele Partikularrechte das römische Verfallverbot aufgriffen, es übernahmen und in den Zusammenhang mit dem Wucher brachten, als Schutznorm für den Schuldner. Wie weit etwaige Ausnahmen gefasst waren, war sehr unterschiedlich. Dennoch war es wohl das Ziel, die im römischen Recht enthaltenen Wertungen zu übernehmen. Gegenpol hierzu war die vereinzelt auftretende Einordnung des Verfallverbots als mit dem Wesen bzw. der Natur des Pfandrechts unvereinbar. Dass damit der Schuldnerschutz als Grund der Normierung ausscheiden sollte, muss stark bezweifelt werden, da etwa das in Rede stehende ABGB die ausführlichsten Ausnahmeverbote statuierte.

5. Zusammenfassende Überlegung Eine einheitliche Rechtsentwicklung des Verfallverbots lässt sich nur insoweit erkennen, als die neueren Partikularrechte sich umfassender und detaillierter mit dem Verbot auseinandersetzen. Je älter ein Partikularrecht war, desto wahrscheinlicher war ein Totalverbot, wenn nicht gar eine Verwertung durch einen geregelten Verfall. Inhaltlich bewerten die neueren Partikularrechte den Verfall nach römisch-rechtlicher Interpretation, sodass auch eine Auseinandersetzung mit den möglichen Ausnahmen geboten schien. Möchte man die Ausnahmen nach der Häufigkeit ihrer Regulierung einschätzen, stellt man fest, dass die Ausnahme in Form des Verkaufs an 524

Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern: 1861 – 1864, mit Motiven, S. 716 f. 525 Siehe die Ausführung oben, unter: 1. c); zudem: Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern: 1861 – 1864, mit Motiven, S. 295.

E. Regelung des Verfallverbots im Partikularrecht

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den Gläubiger526 und die Überlassung an Zahlungs statt527 eher selten erlaubt waren. Der Verfall zugunsten bzw. zulasten des Bürgen ist lediglich im ALR thematisiert worden. Gelegentlich zeigte sich die Ausnahme des Verkaufs für einen gerechten Preis, diese wurde von einigen Partikularrechten als angemessen angesehen.528 Am häufigsten war die zeitliche Begrenzung des Verbots verbreitet, wonach die Verabredung einer nachträglichen Verfallklausel erlaubt war.529 Erst die „neueren“ Partikularrechte machen eine Auseinandersetzung mit der Systematik mögich. Es wurde entweder eine Einzelregelungen im jeweiligen Institut vorgenommen oder man stellte eine allgemeine und abstrakte Norm den dinglichen Sicherheiten voran. Die Zweckfrage kann nicht einheitlich beantwortet werden, jedoch lassen einige Äußerungen eher auf eine Anknüpfung an die römisch-rechtliche Tradition schließen. Anknüpfungspunkt der Partikularrechte war meist das aus dem Mittelalter stammende Wucherverbot mit dem Ziel des Schuldnerschutzes. Mehrfach wurde aber auch auf die „trügerische Hoffnung“ des Schuldners auf Rückzahlung des Darlehns verwiesen, die ihn nachteilige Abreden eingehen ließ. Das Partikularrecht, das vor dem BGB in Geltung war, lässt sich in mehrere größere Rechtskreise einteilen: etwa des ALR, des Code Civil (als Rheinisches Recht), des ABGB. Zu diesen trat das Recht einzelner Territorien, wie etwa das Recht Bayerns oder Württembergs, und zuletzt der Geltungsbereich des Gemeinen (Römischen) Rechts. Jeder dieser Rechtskreise hatte das Verbot des Verfalls übernommen. Die Frage, ob ein Verfallverbot in einer gesamtdeutschen Rechtsordnung aufgenommen werden sollte, dürfte damit einfach zu bejahen gewesen sein. In welcher Form das Verfallverbot ausgestaltet werden sollte, konnte sich nicht eindeutig aus dem Partikularrecht bestimmen. Denn trotz einer gewissen historischen Entwicklungslinie blieb die systematische und inhaltliche Ausgestaltung des Verfallverbots uneinheitlich. Der Gesetzgeber des BGB stand vor der Aufgabe, eine Entscheidung zu treffen und aus diesen historischen Vorbildern eine eigene Variante zu formen, deren Entwicklung im folgenden Abschnitt nachgezeichnet werden soll. Dabei bezog der Gesetzgeber wie oben angedeutet auch rechtsvergleichend weitere Rechtsordnungen mit ein.530 526

Hessisches Pfandgesetz, durch die Art der Verwertung. Jedoch auch hier Grundsatz der öffentlichen Schätzung, siehe oben unter: 4. d). 527 Der Code Civil Art. 2078 Abs. 1, Var. 1, siehe oben unter: 4. d). 528 Neben einigen älteren Pfandrechten insbesondere: Weimarer Pfandgesetz von 1825 und die Braunschweiger Verordnung von 1772, siehe oben, unter: 4. d). 529 Dies sah das preußische ALR (1794), das Sächsische BGB (1865) und der Entwurf eines Bayrischen BGB vor. Diese neuen Quellen waren wohl auch für die Gesetzgebung des BGB wesentlich. 530 Der Vorentwurf berücksichtigte bei seinen Erwägungen für den späteren § 1229 BGB: das Italienische BGB (Art. 1884), das Niederl. BGB (Art. 1200), das Züricher GB (§ 869) und

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

F. Das BGB und seine Materialien Ziel der dogmatischen Analyse ist die Ermittlung des ursprünglichen Normzwecks, der durch den historischen Gesetzgeber bei Normerlass beabsichtigt war. Erst wenn die Entstehungsgeschichte des BGB näher beleuchtet wird, wird deutlich, dass nicht von einem homogenen Gesetzgeber ausgegangen werden kann. Bei dem Versuch, den historischen Normzweck zu erfassen, ist man auf die wissenschaftliche Bearbeitung und insbesondere die vom Gesetzgeber selbst veröffentlichten Gesetzesmaterialien angewiesen. Darüber hinaus ist der Blick auf die Dokumente zu richten, die nicht offiziell veröffentlicht wurden, mittlerweile der heutigen Rechtswissenschaft dennoch zur Verfügung stehen.

1. Ein Überblick der Gesetzgebungsgeschichte des BGB Den Beginn der Gesetzgebung leitete das verfassungsändernde Gesetz der nationalliberalen Abgeordneten Eduard Lasker und Johannes von Miquel ein, das dem Reich die Gesetzgebungskompetenz für „das gesamte Bürgerliche Recht“ übertrug.531 Daraufhin setzte der Bundesrat 1874 eine „Vorcommission“ ein, die neben der Erstellung eines Gutachtens „Über Plan und Methode für die Aufstellung des Entwurfs eines Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches“532 die wichtige Aufgabe hatte, die Mitglieder der 1. Kommission zu benennen. Die 1. Kommission arbeitete ihrerseits von 1874 bis 1887 in vielen Sitzungen den Ersten Entwurf (E I) aus, den sie dann im Jahr 1887 vorstellte.

den Schweizer Entw. zum ObligationenRecht (1879), Art. 239, siehe: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 821. Das Verfallverbot im Schweizer Entw. zum Obligationen Recht (1879) in Art. 239 fand sich auch im veröffentlichten Obligationenrecht im Art. 222 wieder: „Der Vertrag, gemäß welchem das Faustpfand dem Gläubiger, wenn derselbe nicht bezahlt wird, als Eigenthum zufallen soll, ist ungültig.“ – siehe: Schweizer Bundesblatt 33. Jahrgang III. Nr. 26. 18. Juni 1881, S. 8 ff., 152. Das Gesetzbuch des Kantons Zürich (§ 869) ist oben behandelt worden, siehe unter: 4. Mit dem „Italienischen BGB“ war der „Codice civile del regno d’Italia“ von 1865 gemeint, der in Art. 1884 folgende Norm vorsah: „Il creditore non può disporre del pegno pel non effettuato pagamento: ha però il diritto di far ordinare giudizialmente che il pegno rimanga presso di lui in pagamento e lino alla concorrenza del debito secondo la stima da farsi per mezzo di periti, oppure che sia venduto all’incanto.“ – vgl. Codice Civile del regno d’Italia, 1865, S. 439 f. 531 Die Fassung des Art. 4 der Reichsverfassung lautete nun: „Der Beaufsichtigung seitens des Reichs und der Gesetzgebung desselben unterliegen die nachstehenden Angelegenheiten: […] Nr. 13 die gemeinsame Gesetzgebung über das gesamte bürgerliche Recht, das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren; […]“, siehe: Reichsgesetzblatt 1873, S. 379. 532 Siehe hierzu: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Allgemeiner Teil: §§ 1 – 240: TeilBd. 1. (§§ 1 – 144), S. 170 ff.; Benöhr: Die Grundlage des BGB – Das Gutachten der Vorkommission von 1874, in: Juristische Schulung 1977, S. 79 ff.

F. Das BGB und seine Materialien

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Diese 1. Kommission bestand aus elf Mitgliedern, von denen insbesondere der preußische Obertribunalrat Reinhold Heinrich Sigismund Johow533, der preußische Geheime Justizrat Karl Dietrich Adolf Kurlbaum und der preußische Appellationsgerichtsrat Gottlieb Karl Georg Planck534 zu erwähnen sind.535 In der 1. Kommission wurde für jedes der 5 Bücher des BGB ein Redaktor ernannt, dem ein Hilfsarbeiter zugeordnet wurde. Für das Sachenrecht war dies Johow, dem die Hilfsarbeiter Alexander Achilles536, Karl Martini und Victor Friedrich August von Liebe zugeteilt wurden.537 Diese hatten die Aufgabe, bei der Erstellung der Teilentwürfe (TE) behilflich zu sein. Für das Sachenrecht lag dieser Teilentwurf 1880 vor, der zudem eine umfangreiche Begründung umfasste.538 Nach Vorlage der anderen Teile begannen im Oktober 1881 die Beratungen der 1. Kommission, die erst Ende des Jahres 1887 endeten. Die Protokolle (Prot. I.) dieser Beratungen wurden nur metallographiert, sie sollten demnach nicht veröffentlicht werden. Trotzdem liegen sie heute in gedruckter Form vor und bieten eine hilfreiche Grundlage.539 Die in der Beratung getroffenen Beschlüsse wurden anschließend in einem Redaktionsausschuss redigiert. Für das Sachenrecht ergaben sich somit eine „Vorläufige Zusammenstellung der Beschlüsse zu den Materien des Sachenrechts“ Papes (VorlZust) und eine „Redaktionsvorlage“ Johows (RedVorl). Letztlich führten diese zur „Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen des Sachenrechts“ (ZustSachR). Diese wurde erneut beraten und zum „Kommissionsentwurf“ (KE), der, nachdem er 1887 nochmals überarbeitet wurde, schließlich den verabschiedeten 1. Entwurf (E I) darstellte. Der E I gelangte 1888 in den Bundesrat und wurde mit den Motiven als Begründung beschlossen und veröffentlicht, um sie der Öffentlichkeit 533 Kurzbiographie Johows, in: Jahnel: Kurzbiographien der Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuchs, in: Schubert, Materialien zur Entstehungsgeschichte des BGB, Einführung, Biographien, Materialien, S. 74, m. w. N. 534 Ausführlich: Schroeder: Gottlieb Planck (1825 – 1910) – „Ziehvater“ des BGB, in: Juristische Schulung 2000, S. 1046 ff.; Jahnel: Kurzbiographien der Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuchs, in: Schubert, Materialien zur Entstehungsgeschichte des BGB, Einführung, Biographien, Materialien, S. 80 ff. 535 Verweis im Gesamten: Dölemeyer: Kodifikationsbewegung, in: Coing, Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, S. 1581 f. 536 Zu seinen Verdiensten: Gebhard: Nachruf Reichsgerichtsrat a. D. Dr. Achilles, in: Deutsche Juristen-Zeitung V., S. 474. Interessant aus heutiger Sicht sein Mitwirken am RGRK; ebenso: Kurzbiografie Achilles, in: Jahnel: Kurzbiographien der Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuchs, in: Schubert, Materialien zur Entstehungsgeschichte des BGB, Einführung, Biographien, Materialien, S. 91 f. 537 Kurzbiografie v. Liebes in: Jahnel: Kurzbiographien der Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuchs, in: Schubert, Materialien zur Entstehungsgeschichte des BGB, Einführung, Biographien, Materialien, S. 89; kurz: Fortunato: Vom römisch-gemeinen Recht zum Bürgerlichen Gesetzbuch, in: ZJS 2009, S. 327, 339. 538 Dabei wird hier die Ausgabe von Schubert zugrundegelegt: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 1; Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2. 539 Insbesondere: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, für die Normen der §§ 1149, 1229 BGB.

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zum kritischen Hinterfragen zugänglich zu machen. Diese Motive werden gerne als eine Hauptquelle der Gesetzesauslegung gesehen, jedoch waren sie lediglich durch die Hilfsarbeiter der Redaktoren erstellt worden und erhielten keine Genehmigung der 1. Kommission. Für das Sachenrecht540 waren dies Achilles und v. Liebe.541 Die Aufforderung zur Kritik wurde rege aufgenommen und durch das Reichsjustizamt gesichtet, zusammengetragen und in einer „Zusammenstellung der gutachtlichen Äußerungen zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs“ 1890 und 1891 in sechs Bänden veröffentlicht. Diese wurden um die „Zusammenstellung der Äußerungen der Bundesregierung zu dem Entwurf eines BGB“ ergänzt.542 Auf Druck des Reichsjustizamts beschloss der Bundesrat 1890 den Entwurf durch eine 2. Kommission zu bearbeiten, der nun auch Vertreter der Wirtschaft und Praktiker anderer Berufe angehören sollten. Diese begann, nach der konstituierenden Sitzung im Dezember, Anfang April 1891 ihre Beratungen.543 Im Herbst 1890 – bevor die 2. Kommission ihre Arbeit aufnahm – trat im Reichsjustizamt die sogenannte „Vorkommission“ zusammen, die die Aufgabe des Reichsjustizamts wahrnahm, Gesetzentwürfe auszuarbeiten. So entstanden auf Grundlage des „E I“ Entwürfe für den Allgemeinen Teil, für das Schuldrecht und zu Teilen für das Sachenrecht, die dann in die 2. Kommission eingebracht wurden. Aufgrund der zeitaufwendigen Arbeit verringerte sich der Ausarbeitungsvorsprung der Vorkommission zu den Beratungen der 2. Kommission so sehr, dass die Sitzungen letztlich, bis zum Ende der Vorkommission im April 1893, parallel erfolgten.544 Insgesamt kam die 2. Kommission in 456 Sitzungen zusammen und tagte somit von April 1891 bis Anfang 1896. Ihre Protokolle (Prot. II) waren, anders als die Protokolle der 1. Kommission, zur Veröffentlichung bestimmt und liegen heute geordnet vor.545 540

Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR. Im Gesamten: Dölemeyer: Kodifikationsbewegung, in: Coing, Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, S. 1589 ff. 542 Ausführlich hierzu: Hattenhauer: Vom Reichsjustizamt zum Bundesministerium der Justiz, in: Bundesministerium der Justiz, Vom Reichsjustizamt zum Bundesministerium der Justiz. Festschrift zum 100jährigen Gründungstag des Reichsjustizamtes am 1. Januar 1877, S. 9 – 118; Finkenauer: Eigentum und Zeitablauf – das dominium sine re im Grundstücksrecht, S. 25, Fn. 14, 15. 543 Die 2. Kommission besaß zehn – später elf – ständige Mitglieder und wurde durch zwölf – später dreizehn – nicht ständige Mitglieder ergänzt, die keine Juristen waren. Im Gesamten: Schulte-Nölke: Das Reichsjustizamt und die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 164 ff.; Dölemeyer: Kodifikationsbewegung, in: Coing, Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, S. 1590 ff. m. w. N. und einer Liste der Mitglieder der 2. Kommission. 544 Darstellung bei: Finkenauer: Eigentum und Zeitablauf – das dominium sine re im Grundstücksrecht, S. 26; im Gesamten: Schulte-Nölke: Das Reichsjustizamt und die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 164, 169, 175, 177 f., 183. 545 Mugdan hat diese chronologisch geordnet und mit den Motiven in fünf Büchern veröffentlicht. Für das Sachenrecht siehe: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR. 541

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Zum Redigieren setzte der Bundesrat eine zeitnah tagende Redaktionskommission ein, die eine „vorläufige Zusammenstellung der Beschlüsse der RedaktionsKommission“ (E I-VorlZust) erstellte. Nach Genehmigung dieser Beschlüsse durch die Gesamtkommission wurden diese als „Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktions-Kommission“ (E I-ZustRedKom) eingearbeitet und die einzelnen Bücher als 2. Entwurf (E II) veröffentlicht.546 Nach der Revision des 2. Entwurfs, auch zweite Lesung genannt, wurde der revidierte Entwurf (E II rev.) dem Bundesrat zugeleitet. In einem Verfahren, das nur zu geringen Änderungen führte, wurden durch Mitglieder der 2. Kommission, die als „Kommissare des Reichskanzlers“ an den Sitzungen teilnahmen, die Beschlüsse eingearbeitet. Der hierdurch entstandene 3. Entwurf (E III) wurde dem Reichstag vorgelegt.547 Nach zwei Lesungen im Reichstag wurde das BGB mit wenigen Änderungsvorschlägen am 14. 07. 1896 angenommen.548 Nach der Billigung durch den Bundesrat549 wurde das Gesetz von Kaiser Wilhelm II. sanktioniert und im Reichsgesetzblatt verkündet.550 In Kraft trat das BGB am 01. 01. 1900.

2. Die Materialien zum § 1149 BGB a) Teilentwurf Sachenrecht (TE) mit Begründung Der erste Blick richtet sich auf den Teilentwurf des Sachenrechts und dessen angefügte Begründung. Auffällig ist zu Beginn, dass sich die Bearbeiter für zwei einzelne Normen entschieden hatte, die im Institut der „Hypothek“ in § 392 und im Institut des „Pfandrechts“ in § 450 geregelt waren. Da die Begründung des TE die Normen einzeln behandelte, sollen diese ebenfalls separat betrachtet werden. „§ 392 Die Verabredung, daß der Eigenthümer, wenn er nicht nach Eintritt der Fälligkeit der Hypothek Zahlung leisten würde, das Grundstück dem Gläubiger eigenthümlich überlassen soll, ist nichtig.

546 Der Allgemeine Teil wurde 1892, das Schuldrecht 1892 – 93, das Sachen- und Familienrecht 1894 und das Erbrecht 1895 veröffentlicht, siehe: Dölemeyer: Kodifikationsbewegung, in: Coing, Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, S. 1593. 547 In der sogenannten „XII. Kommission des Reichstags“, an deren Beratungen die Mitglieder der 2. Kommission als „Kommissare des Bundesrats“ teilnahmen, wurde der 3. Entwurf in 53 Sitzungen beraten. Siehe: Finkenauer: Eigentum und Zeitablauf – das dominium sine re im Grundstücksrecht, S. 27, m. w. N. 548 Siehe hierzu: Dölemeyer: Kodifikationsbewegung, in: Coing, Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, S. 1596, m. w. N. 549 Zustimmung des Bundesrats in der Sitzung vom 14. 07. 1896, Prot. Bundesrat 1896, §§ 451, 478. 550 Reichsgesetzblatt vom 24. 08. 1896, RGBl 1896, S. 195 ff.

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Von einer Verabredung, durch welche der Gläubiger ermächtigt wird, das Grundstück zum Zwecke seiner Befriedigung ohne Mitwirkung des Vollstreckungsgerichts zu verkaufen, kann jeder Theil bis zum Abschlusse des Verkaufes zurücktreten.“ 551

Die Norm des Hypothekenrechts war in zwei Absätze untergliedert. Während sich im ersten Absatz das eigentliche Verfallverbot fand, war im zweiten Absatz ein Rücktrittsrecht festgesetzt, welches für die Abrede des Privatverkaufs, d. h. „ohne Mitwirkung des Vollstreckungsgerichts“, bis zum Abschluss des Verkaufs vorgesehen war. Das Verbot der eigentlichen Verfallklausel enthielt, anknüpfend an die Bedingung der Nichtzahlung trotz Fälligkeit der Hypothek, die Nichtigkeit der „eigenthümlichen Überlassung“. Da eine entsprechende Abrede nichtig war, ließ sich im Umkehrschluss hieraus ein Verbot einer solchen ableiten. Der TE knüpft in seiner Begründung an die Lehre der Pandektistik an und verwies auf das unter Kaiser Constantin erlassene Verbot im Codex (C. 8.35.3). Dazu führte der TE historisch zutreffend aus, dass nach dem Stand der damaligen Rechtswissenschaft solche Verfallklauseln bis zum Verbot üblich waren. Belegt wird dies durch einen Verweis auf Puchtas Institutionen.552 „Bei den Römern war es nicht ungewöhnlich, der Pfandbestellung die lex commissoria hinzuzufügen, d. i. die Verabredung, daß, wenn der Schuldner seiner Verbindlichkeit zur Verfallzeit nicht Genüge leisten würde, das Pfand dem Gläubiger für die Forderung verfallen sein sollte. Es ist nicht zweifelhaft, daß dieser Vertrag vielfach zur wucherlichen Ausbeutung kreditbedürftiger Personen benutzt worden ist.“553

Damit wird „unzweifelhaft“ bestätigt, dass Kern des damaligen Verbots der Schutz des kreditbedürftigen Schuldners vor Ausbeutung war. Der TE belegte durch eine Auflistung, dass auch die Partikulargesetze dieses Verbot der lex commissoria in großer Zahl übernommen hatten.554 Dieser Feststellung schließt sich ein damals weit diskutiertes Problem an. Es war umstritten, „ob nicht das Verbot mit der Aufhebung der Beschränkungen des vertragsmäßigen Zinssatzes durch das Bundesgesetz vom 14. November 1867 … gefallen ist“.555 aa) Wurde das Verfallverbot durch das Gesetz des Norddeutschen Bundes aus dem Jahr 1867 abgeschafft? Um die Zusammenhänge zu verstehen, ist ein allgemeiner Blick auf die Zinsgestaltung zu werfen. Ausgangspunkt ist die Vorstellung, dass bei der Verleihung einer 551

Nach: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 1, S. 79. Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 663, mit Verweis auf: Puchta: Cursus der Institutionen, Bd. 2, § 247, S. 701 f. 553 Zitiert nach: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 663. 554 Die Aufzählung findet sich in: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 663; siehe die systematisierte Darstellung in Abschnitt E. 555 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 663. 552

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Geldsumme mehr Geld zurückzugeben war, als ursprünglich verliehen wurde. Dieser Zins, früher auch wertneutral als Wucher bezeichnet,556 war in der Vergangenheit häufigem Wandel unterworfen. Beginnend im römischen Recht, war schon nach dem Zwölftafelgesetz ein Höchstzins von einem Zwölftel vorgesehen.557 Dieser wurde durch spätere Kaisergesetze erst auf 12 % und dann unter Justinian (C. 4.32.26.2) mit einigen Ausnahmen auf 6 % pro Jahr festgesetzt. Diese Grenze blieb lange bestehen und wurde häufig mit dem römischen Recht rezipiert.558 Die Kirche trat, mit dem Verweis auf die Bibel, dem Zinsnehmen entgegen. Das Verbot galt hingegen nur für Christen untereinander, sodass häufig außenstehende Volksgruppen die wichtige Funktion der Kreditvergabe übernahmen.559 Mit der schwindenden Autorität der Kirche durch konfessionelle Auseinandersetzungen und dem praktischen Bedarf der sich zur Geldwirtschaft umwandelnden Gesellschaft wurde ab dem 16. Jahrhundert das Zinsnehmen immer häufiger ausgeübt. Als Lösung gegen einen Missbrauch war in vielen Rechtskreisen (wohl auch nach altem Vorbild) eine Höchstgrenze vorgesehen. So sahen sowohl die Reichspolizeiordnung von 1577 als auch der Jüngste Reichsabschied von 1654 einen Höchstzins von 5 % vor.560 Bereits die nach Deutschland vordringende Französische Revolution sah eine kurzfristige Freigabe der Zinsen vor, welche jedoch kurz darauf wieder zurückgenommen wurde. Erst die in der Mitte des 19. Jahrhunderts aufkommende Bewegung zur Zinsliberalisierung hatte nachhaltige Wirkung. In den „deutschen“ Staaten wurde der Zins weitreichend durch das Gesetz des Norddeutschen Bundes vom 14. November 1867 freigegeben, das im Anschluss von den süddeutschen Staaten inhaltlich übernommen wurde.561 Die umfassende 556

Strätz: Artikel: „Wucher“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 1538. Wobei umstritten ist, ob dies als jährlicher (dann 100 % im Jahr) oder monatlicher Zins (entspräche 8,33 %) gelten sollte. Siehe: Landau: Artikel: „Zins“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 1707, 1709. 558 Siehe m. w. N.: Landau: Artikel: „Zins“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 1707, 1709 f. 559 Im Mittelpunkt standen das Alte Testament (Ps. 14,5; Ez 18,7 ff.) und das Neue Testament (Lk. 6, 34 f.), wonach Zinsnehmen eine Sünde gegen die christliche Bruderliebe bedeutete. Es wurde im Konzil von Nicaia (325) für Geistliche festgelegt (Decr. Gratiani d. 47 c.2) und später von Leo d. Großen (440 – 461) auf die Laien ausgeweitet (Decr. Gratiani C. 14 q. 4 c. 8). Kapitalverleiher waren insbesondere Lombarden, Kawerzen und Juden. Siehe ausführlich m. w. N.: Becker: Artikel „Zinsverbote“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 1719 f. Erst der Codex Iuris Cononici von 1917 ging dazu über, Zinsvereinbarungen grundsätzlich anzuerkennen, der CIC von 1983 regelt diesen Zusammenhang nicht mehr, Strätz: Artikel: „Wucher“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 1538 f. 560 Reichspolizeiordnung von 1577 in Tit. 17, §§ 1, 8 und 9, der Ewige Reichsabschied in § 174, siehe hierzu: Landau: Artikel: „Zins“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 1707, 1710; ebenso: Becker: Artikel „Zinsverbote“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 1719, 1721. 561 Erst kam es zu einzelstaatlichen Liberalisierungen in Württemberg 1849, Oldenburg, Bremen und Lübeck 1858, Sachsen und Frankfurt 1864, zuletzt Bayern 1867. Es folgte das einstimmig angenommene Gesetz des Norddeutschen Bundes, das 1870 von allen süddeutschen Ländern mit Ausnahme Bayerns (inhaltlich galt es über das Landesgesetz von 1867) über557

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Liberalisierung ohne bremsende rechtliche Instrumente führte rasch zu einem Steigen der Zinsen und wurde rückblickend als problematisch betrachtet.562 Nicht ganz unschuldig war wohl auch die Wirtschaftskrise der „Gründer“ in den 1870er Jahren, die zumindest in der Wahrnehmung der Zeit nicht unerhebliche Verwerfungen nach sich zog.563 Eine Gegenmaßnahme war die Idee eines flexiblen Wucherverbots, das auf Reichsebene 1880 erst auf strafrechtlicher Ebene eingeführt und später auch im Privatrecht angewendet wurde. Ins BGB gelangte dieser Ansatz mittels der Norm des § 138 Abs. 2 BGB. Umstritten war, welche Auswirkungen das Gesetz der Zinsliberalisierung auf das Verbot der Verfallklausel hatte, denn, wie oben angedeutet, stand es häufig in der interpretativen Nähe des Wuchers.564 Im ersten Paragrafen des Bundesgesetzes vom 14. November 1867 wurde für den gesamten Norddeutschen Bund verbindlich angeordnet, dass vertragliche Vereinbarungen über Zinsen und Nebenabreden frei gestaltet werden konnten: „Die Höhe der Zinsen, sowie die Höhe und die Art der Vergütung für Darlehen und für andere kreditierte Forderungen, ferner Konventionalstrafen, welche für die unterlassene Zahlung eines Darlehns oder einer sonst kreditierten Forderung zu leisten sind, unterliegen der freien Vereinbarung.“565

Diese Norm lässt erst beim zweiten Blick erkennen, wie hier eine Abschaffung des Verbots der lex commissoria erfasst sein konnte. Der § 1 spricht von Konventionalstrafen. Dabei könnte die lex commissoria als rechnungsfreier Verfall des Eigentums als ein Institut verstanden werden, dessen Zweck in der Strafe des pflichtwidrig handelnden Schuldners lag. Ein solches Strafversprechen wurde durch das Bundesgesetz vom 14. November 1867 ausdrücklich freigegeben. Nicht nur die pandektistische Wissenschaft versuchte zu belegen, dass dieses Gesetz keine Auswirkung auf die Lehre vom Verfall haben sollte.566 Dabei beschritt sie den einfachen Weg, dem Verfallverbot eine über das Wucherverbot hinausgehende Bedeutung

nommen wurde. Siehe, m. w. N.: Landau: Artikel: „Zins“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 1707, 1711 f. 562 Ausführlich: Haferkamp: § 138 BGB, in: Schmoeckel/Rückert, u. a., HKK, Bd. I, Rn. 12, mit Verweis auf: Luig: Vertragsfreiheit und Äquivalenzprinzip im gemeinen Recht und im BGB., in: Bergfeld, Aspekte europäischer Rechtsgeschichte, S. 182, 186 f., 201. 563 Siehe ausführlich: Schmoeckel: „Gründerkrise“ und „Grosse Depression“. Zur notwendigen Revision einer Geschichtsdeutung, in: ZRG (GA) 132 (2015), S. 251, insb. 252 – 271. 564 Siehe oben in Abschnitt E. Dort wurde das Verfallverbot als Teil der „guten Sitten“ oder als christliches Wucherverbot eingeordnet, beides Regelungsaspekte des späteren § 138 BGB. Die Materialien thematisieren hingegen nur den Aspekt des „Wuchers“, siehe etwa: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 663. 565 Randa: Zur Lehre von den Zinsen und der Conventionalstrafe: Mit Rücksicht auf das österreichische Gesetz vom 14. Juni 1868 u. das norddeutsche Bundesgesetz vom 14. November 1867, S. 43. 566 Ausführlich m. w. N. geht etwa Brinkmann auf diese Problematik ein: Brinkmann: Die Lex commissoria beim Pfandrecht, S. 54 ff.

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zuzusprechen. 567 Diesem Ansatz entsprach auch das Reichsgericht in einem Urteil vom 05. Oktober 1880:568 „Das Verbot der Lex commissoria ist nicht ein Verbot des Wuchers. Vielmehr enthält die Constantinische lex ein im Interesse des Gemeinwohls erlassenes, allgemeines, nicht auf den Fall des Wuchers beschränktes, absolutes Verbot einer gewissen Verpfändungsweise.“569

Das Reichsgericht machte geltend, dass der Gesetzgeber mit dem „Gesetz betreffend der vertragsgemäßen Zinsen“ gar nicht das Motiv haben konnte, weitreichende pfandrechtliche Schutzvorschriften abzuschaffen. Da es in der dem Reichsgericht vorgelegten Rechtssache um das im preußischen Recht verankerte Verfallverbot ging, äußerte es sich beispielhaft zum ALR. Dessen Wortlaut stellte eindeutig ein absolutes Verbot auf, das weder eine Interessenabwägung noch unbestimmte Rechtsbegriffe vorsah.570 Weiter führte das RG aus: „… Auch wenn man annehmen könnte, Motiv für das Verbot der Lex commissoria sei gewesen, den Wucher zu erschweren, und dieses Motiv sei, da der Wucher freigegeben, weggefallen, würde der blosse Wegfall des Motivs das Verbot selbst nicht beseitigt haben. Überdies lässt sich nicht einmal behaupten, dass mit der Freigabe des Wuchers das Motiv für das Verbot der Lex commissoria weggefallen ist. Der Gesetzgeber kann füglich es für zweckmäßig erachten, den Wucher freizugeben und doch Vorschriften zu geben, welche es dem Wucherer erschweren, die Not des bedrängten Schuldners auszubeuten. Die Entstehungsgeschichte des Verbots der lex commissoria führt auf solche Absicht; denn das Verbot ist zu einer Zeit erlassen worden, wo der Wucher selbst statthaft war und dem Gläubiger die wucherische Ausbeutung des Schuldners nur erschwert werden sollte.“571

Das Reichsgericht bezog eindeutig Stellung, es lehnte die Abschaffung der lex commissoria ab. Argumentativ führte es aus, dass der Zweck der langen Rechtstradition die Erschwerung des Wuchers war, indem in bestimmten gesetzlich geregelten Fällen eine Einschränkung der Privatautonomie vorgesehen worden war. Die Freigabe der Zinsen steht damit nicht im Zusammenhang, da das Verbot auch galt, als der Wucher selbst nicht verboten war.572 Da kein unmittelbarer Zusammenhang bestehe, lehnte das Gericht zudem eine Änderung des älteren Rechts ab, ohne eine ausdrückliche Erwähnung der Regelungsmaterie im betreffenden Gesetz von 1867. Um zu einem anderen Ergebnis zu gelangen, fehlten zudem Materialien des Gesetzgebers, die in eine solche Richtung deuten konnten.573 Dieser Argumentations567

Brinkmann: Die Lex commissoria beim Pfandrecht, S. 56. RGZ Bd. 2, Nr. 86, S. 333 ff. 569 RGZ Bd. 2, Nr. 86, S. 334. 570 Siehe oben die Ausführungen in Abschnitt E. 571 RGZ Bd. 2, Nr. 86, S. 336 f. 572 Was rechtshistorisch nicht ganz richtig ist, wie oben angedeutet, gab es Höchstzinsen als Schutz vor dem Wucher, dennoch wirkt das Argument logisch, da eine Freigabe der Zinsen nicht bedeutet, dass alle Institute rechtlich abgeändert werden sollten. 573 RGZ Bd. 2, Nr. 86, S. 335 f. 568

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ansatz für das Verfallverbot bestand darin, den umfassenden Änderungsansatz des Bundesgesetzes zu hinterfragen. Treffend verknappte es das Reichsgericht in einem weiteren Urteil vom 02. April 1881: „Es ist keineswegs die Absicht gewesen, die Wuchergesetze im vollen Umfang mit allen ihren Konsequenzen aufzuheben. Nur die bedrückendsten Beschränkungen der Vertragsfreiheit sollen beseitigt werden.“574

Es betont konsequent die Besonderheit der lex commissoria im Bereich des Pfandund Hypothekenrechts, um es von einem einfachen Wucherverbot abzuheben. Diese Differenzierung des Reichsgerichts mag der Ausgangspunkt dafür sein, dem Verfallverbot eine über den Schuldnerschutz hinausgehende Bedeutung beizumessen, die sich auch in der Gesetzgebungsgeschichte des BGB niederschlägt. Wie weit dieser Ansatz ging, der das Verfallverbot von einer Norm des Schuldnerschutzes zu einer Schutznorm für das Rechtsinstitut uminterpretierte, wird zu zeigen sein. Es kann dennoch festgehalten werden, dass das Verbot des Verfalls durch das Gesetz des Norddeutschen Bundes nicht abgeschafft wurde. Die Begründung zum TE listete nun selbst wissenschaftliche Autoritäten für beide Positionen auf575 und ließ eine Stellungnahme folgen: „Der Entwurf geht davon aus, daß die lex commissoria von dem Stande der Wuchergesetzgebung allein nicht abhängig gemacht werden kann. a. Die schon vom römischen Gesetzgeber erkannten Gefahren, welchen der Verpfänder durch die lex commissoria sich aussetzt, bestehen auch heute noch. Aber das Verbot dieses Vertrages hat zugleich einen juristischen Grund. Wenn das römische Pfandrecht wesentlich in dem Rechte des Verkaufes der Sache zum Zweck der Befriedigung des Gläubigers beruht, so empfängt es durch die lex commissoria einen anderen, ihm an sich fremden Inhalt. Das Verbot hat daher ohne Rücksicht auf sein wirtschaftliches Motiv die Bedeutung, daß die Hypothek diesen Inhalt nicht haben soll. Soweit es mithin in Gesetzen erlassen ist, welche der Hypothek den römischen Pfandrechtsbegriff zu Grunde gelegt haben, scheint sein Fortbestand durch die Gesetzgebung von 1867 kaum in Frage gestellt werden zu können.“576

Das Verbot des Verfalls sollte weiterbestehen und nach dem römischen Vorbild den Schuldner vor wirtschaftlichen Risiken schützen. Anders als im römischen Recht wurde aber nicht mehr das Verkaufsrecht des Gläubigers als Grundlage gesehen, 574

RGZ Bd. 4, Nr. 12, S. 51 ff., 53. Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 663. Für den Entfall sprachen: Förster: Preußisches Grundbuchrecht, S. 174 und Förster: Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts, Bd. 2, § 190, Note 30, S. 365; Meibom: Das mecklenburgische Hypothekenrecht, § 18, Note 49 und 50, S. 136 f. Gegen den Entfall: Dernburg: Lehrbuch des preußischen Privatrechts und der Privatrechtsnormen des Reichs, Bd. 1, § 339, insb. Note 7, S. 855; Regelsberger: Das Bayerische Hypothekenrecht, § 80, S. 363; Ob.Trib zu Berlin 30. März 1871, Entsch. Bd. 65, S. 81 und Strithorst’s Archiv Bd. 80, S. 351. Das vormalige Reichs-Oberhandelsgericht erwähnte die Frage als eine zweifelhafte, ohne sie zu entscheiden, in dem Urteil vom 2. Januar 1872, Entsch. Bd. 4, S. 357. 576 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 663. 575

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sondern das gesetzliche Verwertungsverfahren, wie es sich in der damaligen Rechtsordnung entwickelt hatte.577 bb) Umfang und Bedeutung des Verfallverbots Der TE lehnte die lex commissoria klar ab und bestätigte das Verbot. Der Grund war die schwache Stellung des Hypothekenschuldners, der sich durch die Verfallklausel bedroht sehen musste. Die Gesetzgebung von 1867 wurde auch mittels wissenschaftlicher Expertise und logischer Argumente so interpretiert, dass sie keinen Einfluss auf die bestehenden Verbote in den Partikulargesetzen hatte. Das Verfallverbot war von der „Wuchergesetzgebung“ unabhängig. Das Verfallverbot erhielt zu seiner Begründung neben der Säule des Schuldnerschutzes eine zweite Säule, den Schutz der Hypothek vor zu weitreichenden Änderungen der gesetzlich ausgestalteten Form. Anknüpfungspunkt war hingegen nicht die völlige Veränderung des Verbots hin zu einem Schutz des Instituts, sondern eine Erweiterung seiner Aufgabe. Dogmatisch ging der TE sogar noch weiter: „b. Für den Entwurf kann es sich hiernach fragen, ob überhaupt noch ein Verbot der lex commissoria nöthig ist, um deren Fernhaltung von der Hypothek zu sichern. Gewiß ist, daß, wenn nichts bestimmt wird, die Parteien der Hypothek selbst nicht den Inhalt geben können: der Eigenthümer solle zahlen und, wenn die Zahlung am Verfalltage unterbleibt, das Grundstück zu Gunsten des Gläubigers verlieren. Eine solche Gestaltung würde nicht blos mit dem Wesen der Hypothek, sondern auch mit der Ordnung der vertragsmäßigen Eigenthumserwerbung in Widerspruch treten.“ 578

Die Abrede der lex commissoria war danach nicht „blos mit dem Wesen der Hypothek“ unvereinbar, sondern auch mit der „vertragsmäßigen Eigenthumserwerbung“. Dies lag an der Konstruktion des TE, der in den §§ 117, 119 TE den Eigentumsübergang nur unter besonderen Voraussetzungen erlaubte: „§ 117 Das Eigentum an einem Grundstück wird, im Falle der Uebertragung, durch Auflassung und deren Eintragung im Grundbuche erworben.

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Der TE übernimmt diese Begründung ebenfalls für die Partikularrechte, die keinen Verkauf des belasteten Grundstücks vorsahen, sondern dem Hypothekengläubiger nur einen Zahlungsanspruch gegen den Eigentümer aus dem Grundstück zusprachen. Bei diesen wäre, anders als bei Rechtsordnungen, die den Verkauf als Verwertung vorsahen, der Zahlungsanspruch durch den dinglichen Verfall ersetzt worden. Das Wesen solcher Ordnungen wäre völlig verändert worden, was dem TE nicht statthaft erschien. Die Motive zum TE kamen daher zu folgendem Schluss: „Die bestehenden Gesetze gestatten wohl Vereinbarungen über die Art der Zwangsvollstreckung in das Grundstück, nicht aber die vertragsmäßige Ausschließung der letzteren.“ Siehe: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 663 f.; Zitat: S. 664. 578 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 664, unter: b).

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

§ 119 Die Auflassung unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung ist unzulässig. Das bedingte oder betagte Recht auf Auflassung kann jedoch im Grundbuche eingetragen werden. Ist der Eigenthümer verpflichtet, das Eigentum unter einer auflösenden Bedingung oder einem Endtermine zu übertragen, so ist er im Zweifel zur Auflassung nur verpflichtet, wenn die Eintragung seines bedingten oder betagten Rechts auf Rückauflassung von dem Erwerber bewilligt wird.“579

Damit schied aus Sicht des Teilentwurfs die eigentliche Abrede der lex commissoria als dinglich wirkende Verfallklausel aus. Der Eigentumsübergang hätte einer Änderung des Grundbuchs bedurft. Ferner war, selbst wenn man die Pfandbestellung als bedingte Auflassung umdeutete, diese nach § 119 Abs. 1 TE unzulässig. Der TE kam daher zu dem Schluss, dass eine Normierung des Verbots einer dinglich wirkenden Verfallklausel nicht notwendig gewesen war, da sie den Grundlagen des Rechts entgegenlief. Anders sah es laut TE bezüglich schuldrechtlicher (obligatorischer) Abreden aus: „Dagegen können die obligatorischen Wirkungen der lex commissoria nur durch eine gegen sie sich richtende Gesetzesvorschrift entzogen werden. Wenigstens gestattet die Verabredung, daß der Eigenthümer, falls er nicht zur Verfallzeit zahle, das Grundstück für die Hypothek oder einen sonst bestimmten (Preis) oder durch Abschätzung desselben zu bestimmenden Preis dem Gläubiger zu überlassen habe, recht wohl die Auffassung, daß die Parteien einen bedingten Verkauf gewollt haben, und ein solches Geschäft wird nach gemeinem Recht für gültig gehalten. Es liegt aber auf der Hand, daß das Verbot der lex commissoria seinen Zweck nur unvollkommen erreichen kann, wenn nicht auch derartige Fälle von ihm getroffen werden.“ 580

Die obligatorische Verpflichtung sei der Grund für die Aufnahme des Verbots. Zudem sei das Verbot umfassend zu statuieren, um die nach römischem Recht möglichen Ausnahmen weitestgehend auszuschließen. Darunter fielen gerade die häufig erlaubten Varianten des bedingten Verkaufs, unabhängig davon, ob ein gerechter Preis vereinbart war oder nicht. Auch das Versprechen, das Grundstück für einen bestimmten oder geschätzten Preis an Zahlungs statt zu übertragen (datio in solutum), schied damit aus.581 Denn wären diese Ausnahmen anerkannt worden, hätte der Zweck des Verbots nicht erfüllt werden können. „Der Entwurf schlägt deshalb, wesentlich im Einklang mit den vorhandenen Kodifikationen, vor, zu bestimmen, daß die Verabredung, daß der Eigenthümer, wenn er nicht nach Eintritt der Fälligkeit der Hypothek Zahlung leisten würde, das Grundstück dem Gläubiger eingethümlich überlassen soll, nichtig ist.“582 579

S. 33. 580

Zitiert nach: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 1,

Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 664, unter: b). Diese Stellungnahme des TE ist wesentlich, da die in den vorherigen Abschnitten besprochenen Ausnahmen umfassend abgelehnt wurden. Siehe dazu: Abschnitt D. und E. 582 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 664, unter: b). 581

F. Das BGB und seine Materialien

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Nach dieser Formulierung übernahm der TE nur die Ausnahme der nachträglichen Verfallabrede, die er mit einem Verweis auf das preußische ALR begründete (ALR I 20 § 34).583 Die Frage, ob eine Verfallklausel zugunsten des Bürgen verboten werden sollte, wie es das preußische Recht in ALR I 20 § 35 vorsah, wurde vom TE bewusst nicht abschließend beantwortet: „Für den Entwurf besteht keine Veranlassung, eine solche Vorschrift zu geben. Die Folge davon ist, daß einem Vertrage des beregten Inhalts dingliche Wirkung nicht verschafft werden kann. Ob derselbe für die Kontrahenten verbindliche Kraft hat, ist nach den Bestimmungen des Rechts der Schuldverhältnisse zu entscheiden.“584

Im Recht der Schuldverhältnisse ist es nicht zu einer solchen Regelung gekommen. Ob dies als eine finale Entscheidung gedeutet werden kann, muss an dieser Stelle offen bleiben. Die Begründung des TE stellte ausdrücklich fest, dass die Norm nicht den zur damaligen Zeit diskutierten Fall betraf, dass Gläubiger und Schuldner eine von der Hypothek unabhängige Übereinkunft trafen, das Grundstück zu verkaufen und zu übereignen. Nach einem Urteil des Reichs-Oberhandelsgerichts zur preußischen Norm sollte dies möglich sein, da dem Eigentumsübergang eine von der Hypothek unabhängige und unbedingte Verfügung zugrunde lag, die tatbestandlich nicht vom preußischen Verfallverbot erfasst war.585 Der zweite Absatz der Norm erlaubte den Privatverkauf durch den Gläubiger, sofern die Parteien jeweils bis zum Abschluss des Verkaufs von diesem Geschäft zurücktreten konnten. Hintergrund war, dass nach der Vorstellung des TE keine inhaltliche Änderung der Hypothek entstand, sondern lediglich das gesetzliche Vollstreckungsverfahren versagt wurde. „Die öffentliche Ordnung gestattet aber nicht, den Eintritt dieses Verfahrens, wenn dessen Voraussetzungen einmal vorhanden sind, gegen den Willen des einen oder des anderen Theils durch ein Privatverfahren zu ersetzen. Ein hierauf gerichteter Vertrag ist freilich um deswillen nicht nichtig. … [Der Verkauf] kann nur in Vertretung des Eigenthümers erfolgen und muß daher unterbleiben, sobald dieser ausdrücklich oder stillschweigend … erklärt, daß er ihn nicht wolle. … Deshalb wird vorzuschreiben sein, daß von einer Verabredung, durch 583

Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 664. Zitiert nach: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 664. 585 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 664, Fn. 3: „Urtheil des vormaligen Reichs-Oberhandelsgerichts vom 19. September 1872, Entsch. Bd. 7, S. 65“. Problematisch war, dass in dem Fall keine Hypothek bestellt worden war, sondern im Rahmen eines Darlehnsvertrags das Recht für den Gläubiger vereinbart wurde, dass dieser das Grundstück bis zu einem Stichtag (Febr. 1856) für die Darlehnssumme erwerben könne. Dieses Recht übte der Gläubiger aus. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass eine solche Abrede, die unabhängig von der Rückzahlung des Darlehns ausgestaltet war, nicht unter das Verfallverbot des preußischen Rechts falle, da die typischen Gefahren einer solchen Abrede hier gerade nicht vorgelegen hätten. 584

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

welche der Gläubiger ermächtigt wird, das Grundstück zum Zwecke seiner Befriedigung ohne Mitwirkung des Gerichts zu verkaufen, jeder Theil bis zum Abschlusse des Verkaufes zurücktreten kann.“586

In diesem Rahmen schloss der TE zusätzlich die nach römischem Recht mögliche Hypothekenform aus, die auf Bestellung eines Nießbrauchrechts gegen Entgelt gerichtet war. Das Verbot sei ausdrücklich durch die „Nichtregelung“ zum Ausdruck gebracht worden.587 b) Protokolle der 1. Kommission und die Zwischenschritte bis zum Ersten Entwurf (E I) Der TE Sachenrecht war Beratungsgrundlage der 1. Kommission, sodass § 392 als zukünftige Norm des entstehenden BGB beraten wurde. In der Zusammenstellung von Jakobs und Schubert, die die Materialien des Entstehungsprozesses zusammentrugen, wird deutlich, dass die 1. Kommission den ersten Absatz der Norm „mit Vorbehalt der Fassung“ aus den in der Begründung (hier auch Motive zum TE genannt) angeführten Gründen übernahm.588 Kurlbaum hatte den Antrag (Nr. 317) gestellt, die Norm sprachlich wie folgt umzugestalten, wobei eine inhaltliche Abweichung vom TE nicht beabsichtigt war: „Der Vertrag, durch welchen der Gläubiger berechtigt werden soll, zum Zwecke seiner Befriedigung die Uebertragung des Eigenthums an dem mit der Hypothek belasteten Grundstücke zu verlangen, ist nichtig. Von dem Vertrag, durch welchen der Gläubiger berechtigt werden soll, zum Zwecke seiner Befriedigung das mit der Hypothek belastete Grundstück außerhalb des Weges der Zwangsvollstreckung zu veräußern, kann jeder Theil zurücktreten, so lange die Veräußerung nicht erfolgt, auch ein zu Veräußerung verpflichtender Vertrag nicht geschlossen ist.“589

Erfasst werden sollten weiterhin nur die Abreden, die vor Fälligkeit der Hypothek geschlossen worden waren.590 Darüber hinaus war für die Kommission lediglich die Feststellung wesentlich, dass „der Fall nicht betroffen werde, wenn der Veräußerer sich den Rückfall des Eigenthums unter der Bedingung, daß der Erwerber das durch Hypothek zu sichernde Kaufgeld nicht pünktlich zahlen würde, ausbedungen habe“.591 Dies sollte nach den §§ 119 u. 120 TE592 weiterhin möglich sein. 586 Zitiert nach: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 665. 587 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 665, a. E. 588 Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 592. 589 Zitat aus den Protokollen der 1. Kommission (Prot. I, S. 5110), zitiert nach: Jakobs/ Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 592. 590 Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 592. 591 Zitat aus den Protokollen der 1. Kommission (Prot. I, S. 5111 f.), zitiert nach: Jakobs/ Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 592.

F. Das BGB und seine Materialien

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Ähnlich ging man bezüglich des zweiten Absatzes vor, den man nach den Ausführungen des TE inhaltlich billigte. Die Protokolle führen darüber hinaus aus: „Die Mehrheit war jedoch der Ansicht, daß die vor Fälligkeit getroffene Vereinbarung des Privatverkaufes ebenfalls nichtig sein müsse, weil das bloße Rücktrittsrecht den Eigenthümer nicht dagegen schütze, daß der Gläubiger hinter dem Rücken desselben das Grundstück veräußere. Die Annahme des Entwurfes erfolgte deshalb mit der Maßgabe, daß der Vertrag für nichtig zu erklären sei, sofern er vor der Fälligkeit geschlossen werde. In Ansehung eines nach der Fälligkeit errichteten Vertrages verständigte man sich, daß ein erheblicher Grund, aus welchem die Gültigkeit desselben unter den Vertragsschließenden beanstandet werden könnte, nicht vorliege.“593

Da es keine differenzierenden Anknüpfungspunkte der Verbote gab, bot es sich an, die Absätze in einer Norm zu vereinen. Dieser Ansatz blieb der „Redaktion“ vorbehalten.594 Tatsächlich setzte sich dieser Ansatz in der weiteren Gestaltung der Norm durch. Ferner wurde sogar die Abrede, die im heutigen § 1136 BGB enthalten ist, in die Norm eingefügt. So lautete die Norm nach § 11c VolZust: „Der vor Fälligkeit der Forderung abgeschlossene Vertrag, durch welchen dem Gläubiger das Recht zugestanden wird, zum Zweck seiner Befriedigung die Uebertragung des Eigenthums an dem mit der Hypothek belasteten Grundstück zu verlangen oder dessen Veräußerung in anderer Art als durch Erwirkung der Zwangsvollstreckung zu bewirken, ingleichen der Vertrag, durch welchen der Eigenthümer des Grundstücks auf das Recht verzichtet, das Grundstück zu veräußern oder weiter zu belasten, ist nichtig.“595

Die Norm wurde dann kaum verändert als § 1051 in die RedVorl übernommen.596 Kaum verändert gelangte sie als § 1050 in die ZustSachR:

592 Diese entsprechen den heutigen §§ 925, 926. Weitere Ausführungen: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht I §§ 854 – 1017, S. 523 ff. 593 Zitat aus den Protokollen der 1. Kommission (Prot. I, S. 5112), zitiert nach: Jakobs/ Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 592. 594 Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 592. 595 Zitiert nach: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 592 f. Dieser hat jedoch den zusätzlichen Satzteil („ … ingleichen der Vertrag, durch welchen der Eigenthümer des Grundstücks auf das Recht verzichtet, das Grundstück zu veräußern oder weiter zu belasten, …“) in eine Fußnote ausgegliedert und verweist auf die Ausführungen zu § 1136 BGB. 596 § 1051 RedVorl lautete: „Der zwischen dem Eigenthümer des mit der Hypothek belasteten Grundstückes und dem Gläubiger vor der Fälligkeit der Forderung geschlossene Vertrag, durch welchen dem Gläubiger das Recht zugestanden wird, bei mangelnder Befriedigung wegen der fällig gewordenen Forderung zum Zwecke dieser Befriedigung die Uebertragung des Eigenthums des belasteten Grundstückes an ihn zu verlangen oder dessen Veräußerung in anderer Weise als im Wege der Zwangsvollstreckung zu bewirken, ingleichen der Vertrag, durch welchen der Eigenthümer des Grundstücks auf das Recht verzichtet, das Grundstück zu veräußern oder weiter zu belasten, ist nichtig.“ Zitiert nach: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 593.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

„Der zwischen dem Eigenthümer des belasteten Grundstückes und dem Gäubiger vor der Fälligkeit der Forderung geschlossene Vertrag, durch welchen dem Gläubiger für den Fall, daß seine Befriedigung unterbleibt, das Recht zugestanden wird, zum Zwecke seiner Befriedigung die Uebertragung des Eigenthumes des Grundstückes zu verlangen oder dessen Veräußerung in anderer Weise als im Wege der Zwangsvollstreckung zu bewirken, ingleichen der Vertrag, durch welchen der Eigenthümer des Grundstücks auf das Recht verzichtet, das Grundstück zu veräußern oder weiter zu belasten, ist nichtig.“597

So wurde das Verbot unverändert in § 1050 KE aufgenommen. In § 1077 des 1. Entwurfs (E I) wurde die Norm mit der Maßgabe übernommen, dass es statt „Eigenthumes an dem Grundstücke“ nun „Eigenthum des Grundstückes“ heißen sollte.598 Damit blieb es inhaltlich weitestgehend bei der Begründung des TE. c) Die von den Redaktoren erstellten und veröffentlichten Motive zum E I Die meistbeachtete Quelle zur Auslegung stellten die nicht genehmigten Motive der Schriftführer dar. Für die Norm des heutigen § 1149 BGB waren diese von Achilles zusammengestellt worden und orientierten sich inhaltlich sehr an den „Motiven“ des TE. Das Verfallverbot ist in § 1077 E I in der oben beschriebenen Form gefasst und wurde in den Motiven unter der Überschrift „Verträge gegen den gesetzlichen Inhalt des Anspruchs aus der Hypothek“ vorgestellt. „Drei Verträge sind es vorzugsweise, welche den Inhalt der Hypothek berühren: die sog. lex commissoria, die Vereinbarung, daß die Veräußerung in anderer Weise als im Wege der Zwangsvollstreckung bewirkt werden soll, und der Vertrag, durch welchen der Eigenthümer sich verpflichtet, das Grundstück nicht zu veräußern oder weiter zu belasten.“599

In der Auseinandersetzung mit dem Verbot der lex commissoria führten die Motive nun Folgendes als Begründung aus: „Auch der Entw. geht davon aus, daß das Verbot der lex comm. bei der Hypothek durchaus nicht in der Wuchergesetzgebung allein seine Stütze findet. Zweifellos ist, daß dieser Vertrag dingliche Wirkung nicht haben kann, da er durch die §§ 1062 und 1075 gegebenen Inhalt der Hypothek wesentlich verändern, eine besondere Kategorie von Hypotheken schaffen würde. Die Rücksicht auf den Realkredit verlangt eine solche Nebenform nicht. Die Zulassung derselben würde vielmehr den soliden Kredit erheblich gefährden, indem sie dem Gläubiger ein Mittel böte, die vielleicht nur vorübergehende Verlegenheit des Eigenthümers zur Erlangung ungewöhnlicher Vortheile zu benutzen, ohne das Kreditbedürfnis desselben zu befriedigen. … Soll aber das Gesetz seinen Zweck erreichen, die Beziehungen zwischen dem Hypothekengläubiger und dem Eigenthümer vor dem Eindringen eines der Hypothek an sich fremden Elements zu bewahren, so muß es nicht blos von der Zulassung 597 Zitiert nach: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 593. 598 Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 593. 599 Zitiert nach: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 379.

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der lex comm. absehen, sondern zugleich den obligatorischen Vertrag verbieten, durch welchen der Gläubiger das Recht erhalten soll, für den Fall, daß er nicht rechtzeitig befriedigt würde, die Uebertragung des Eigenthums an dem Grundstücke zum Zwecke seiner Befriedigung zu verlangen. Die Bestimmung des Entw. richtet sich indessen gegen eine Vereinbarung dieses Inhalts nur unter der Voraussetzung, daß dieselbe vor der Fälligkeit der Forderung getroffen ist. Der nach der Fälligkeit geschlossene Vertrag wird von dem geltenden Rechte nicht für ungültig erklärt, und auch für den Entw. liegt ein erheblicher Grund zur Beanstandung seiner Gültigkeit nicht vor.“600

Die starke Verknappung der Diskussion führte zu einer leichten Veränderung des inhaltlichen Zusammenhangs. Während aus den Motiven des TE deutlich hervorging, dass das Verbot der lex commissoria eine weitere Grundlage erfahren sollte, die auf der rechtlichen Auseinandersetzung mit der (Anti-)Wuchergesetzgebung des 19. Jahrhunderts beruhte, wirkte es in den von Achilles zusammengestellten Motiven so, als stellte diese Überlegung den umfassendsten Teil der Vorarbeiten dar. Die unumstrittene Grundlage des römisch-rechtlichen Schuldnerschutzes klingt zwar auch bei Achilles an, jedoch bleibt sie hinter der Bedeutung zurück, die der TE dem Schuldnerschutz gab. Der einführende Satz des TE lautete wie folgt: „Der Entwurf geht davon aus, daß die lex commissoria von dem Stande der Wuchergesetzgebung allein nicht abhängig gemacht werden kann.“601, machte Achilles daraus: „Auch der Entw. geht davon aus, daß das Verbot der lex comm. bei der Hypothek durchaus nicht in der Wuchergesetzgebung allein seine Stütze findet.“602 Der TE wollte den Einfluss des Bundesgesetzes von 1867 auf das Verfallverbot eindeutig ausschließen, da es in keiner Verbindung zu diesem stand. Das Verbot der lex commissoria war, wie es der Satz zum Ausdruck bringt, nicht von der (Anti-) Wuchergesetzgebung abhängig. Bei Achilles klingt es, als ob die Wuchergesetzgebung doch Einfluss auf das Verbot hatte, sodass der Schutz des Schuldners vor den Gefahren des Wuchers nicht allein die Grundlage des Verbots bilden konnte. Daran schlossen sich seine Ausführungen zum Schutz der Hypothek vor inhaltlichen Änderungen an, die den größten Teil seiner zusammengetragenen Gesetzesmotivation darstellten. Daraus ergibt sich eine andere Gewichtung, die tatsächlich zu Missverständnissen führen kann.603

600

Zitiert nach: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 380. TE Sachenrecht, siehe oben: Fn. 576, dort: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 663. 602 Zitiert nach: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 380. 603 Die spätere Rechtsprechung des BGH orientierte ihre Auslegung des Normzwecks ausschließlich an der Darstellung Achilles’, was tatsächlich zu einem Missverständnis mit erheblicher Bedeutung führte. Siehe Abschnitt G., unter: 1. e). 601

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

d) Gutachterliche Äußerungen zum E I In den vom Reichsjustizamt veröffentlichten Gutachten604 wurde von Freiherr v. Cetto die zeitliche Begrenzung des Verbots kritisiert. Während er ein generelles Verbot „zweckmäßiger“ empfunden hätte, erkannte auch er in der Möglichkeit des nachträglich verabredeten Privatverkaufs einen den Interessen der Parteien entsprechenden Ansatz. Ansonsten wurde durch Bähr die gesetzliche Form der Hypothek kritisiert, durch die – konkret auch durch § 1077 E I – eine antichretische Ausgestaltung ausgeschlossen war, obwohl dies dem „wirtschaftlichen Bedürfnisse in kleinbäuerlichen Verhältnissen“ nicht entsprechen würde. Dem widersprach hingegen v. Meibom, der die gesetzliche Konzeption der Hypothek auch im Hinblick auf § 1077 E I lobte und die Wichtigkeit des gesetzlichen Verwertungsverfahrens für eine funktionierende Kreditwirtschaft betonte.605 e) Vom E I bis zur Norm des BGB Trotz dieser Gutachten kam es in der 2. Kommission und den Zwischenschritten bis zur letztlich veröffentlichten Norm des BGB zu keiner wesentlichen Änderung der Regelung. Wie auch die Protokolle der 2. Kommission zeigen, blieb es bei einfachen sprachlichen Änderungen. Der § 1077 E I wurde in der 2. Kommission unbeanstandet übernommen.606 In dieser Form fand die Vorschrift als § 1077 Aufnahme in den E I-VorlZust.607 Ab der E I-ZustRedKom, dort in § 1077, hat die Norm dann die Fassung, die in § 1149 BGB Gesetz geworden ist.608

3. Die Materialien zum § 1229 BGB a) Teilentwurf Sachenrecht (TE) mit Begründung Die zweite Norm des Verfallverbots wurde durch den TE Sachenrecht in § 450 aufgenommen, der im Rahmen des Pfandrechts geregelt war:

604

Siehe für § 1077 des E I, in: Reichs-Justizamt: Zusammenstellung der gutachterlichen Aeußerungen zu dem Entwurf eines BGB, S. 314. Dort das Gutachten von Fr. v. Cetto und Bähr. 605 Das Gutachten von v. Meibom findet sich unter § 1075 E I, in: Reichs-Justizamt: Zusammenstellung der gutachterlichen Aeußerungen zu dem Entwurf eines BGB, S. 312 f., Nr. 4 b). 606 Vergleiche die Protokolle der 2. Kommission: (Prot. II, S. 4424 ff.), in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 815. 607 Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 593. 608 Das bedeutet auch in den Zwischenschritten des § 1056 E II, § 1033 E II rev. und zuletzt des § 1132 E III fand sich der heutige Wortlaut. Hierzu: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 593.

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„§ 450 Ein vor Fälligkeit der gesicherten Forderung geschlossener Vertrag, daß im Fall mangelnder Zahlung das Eigenthum des Pfandes dem Gläubiger zufallen solle, ist nichtig.“609

Ebenfalls begründete man in den Motiven zum Teilentwurf die Übernahme des Verbots mit einem Verweis auf das römische Recht. So sei die lange Zeit übliche lex commissoria als eigentliche Verfallklausel ein Überbleibsel „der alten fiducia“. Diese Interpretation muss heute wohl als widerlegt gelten,610 jedoch spielt sie auch im TE keine Rolle, da sofort auf das Verbot der Verfallklausel im Codex und die im TE zur Hypothek ausgeführte Begründung verwiesen wurde.611 Daran schließt sich, dem Vorgehen bei der Hypothek ähnelnd, eine Auflistung der entsprechenden Verbote im Partikularrecht und in anderen Rechtsordnungen an.612 Für den TE ist das Verfallverbot im Rahmen des Pfandrechts anders zu begründen: „Das Verbot der lex commissoria führt sich ein als ein Ausnahmegesetz. Was durch dasselbe gehindert werden soll, das ist ein gewisser vertragsmäßiger Eigenthumsübergang. Die Ausnahmebestimmung trifft mithin, sofern man mit dem Entwurfe Eigenthum nicht durch bloßen Vertrag, sondern durch Uebergabe übertragen läßt, die Lehre von der Tradition, und die erste Voraussetzung für dieselbe muß sein, daß ohne sie ein wirksamer Eigenthumsübertragungsvertrag vorliegen würde.“613

Es sollte die wesentliche Aufgabe des Verfallverbots sein, den Eigentumsübergang durch schlichte vertragliche Abrede zu verhindern. In diese Richtung ging bereits die gesamte Ausgestaltung des TE, der in § 132 TE festsetzte: „Das Eigenthum an einer beweglichen Sache wird im Falle der Uebertragung erworben durch die in dieser Absicht erfolgte Uebergabe der Sache von Seiten des Eigenthümers an den Erwerber.“614

Der TE führte weiter aus:

609

Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 1, S. 89. Das Zitat und den Wortlaut der Ansicht, in: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 821; siehe zu dem Verhältnis von pignus und fiducia oben: Abschnitt C., unter: 1. 611 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 821; mit Verweis auf: die Motive S. 1691; siehe hierzu oben, unter: 2. TE und Begründung. 612 „In Ansehung beweglicher Sachen“ werden die folgenden Normen aufgelistet: das preußische ALR: I. 20, § 33; das bayrische Landrecht: II. 6, § 18; der Code Civil: civ. Argum. Art. 2078; das sächsische BGB: § 383; Pfandgesetz von Württemberg: Art. 257; Pfandgesetz von Hessen: Art. 188; Pfandgesetz von Weimar: § 106; Braunschw. Verordnung vom 4. Juni 1772; Hamburgisches Stadtrecht, II 4 Art. 10; Österreichisches ABGB, § 1371; Italien. BGB, Art. 1884; Niederl. BGB, 1200; Züricher GB, § 869; Schweizer ObligationenRecht Entw. (1879), Art. 239. Aufzählung nach: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 821; siehe hierzu Abschnitt E., hier werden viele der Normen systematisch eingeordnet. 613 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 822 = S. 1850 der Motive zum TE. 614 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 1, S. 35. 610

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

„Bei Behandlung der lex commissoria ist die Aufgabe des Sachenrechts eine beschränkte. Hier ist nur zu prüfen, ob bezüglich des dinglichen Vertrages, durch welchen Eigenthum an beweglichen Sachen übertragen wird, und welche den einzigen und nothwendigen Weg bildet, um dem Gläubiger das Eigenthum am Pfande zu verschaffen und verfallen zu lassen, aus Anlaß des Pfandverkehrs eine Einschränkung der Verfügungsbefugniß des Eigenthümers nöthig ist, denn das die Eigenschaft einer lex perfecta tragende Verbot richtete sich in richtiger gesetzgeberischer Fassung an den Verpfänder und nicht an den Pfandgläubiger.“615

Damit sah der TE das Verbot der lex commissoria im Pfandrecht als eine dogmatische Durchsetzung des römischen Traditionserfordernisses. Man interpretierte diese sogar als Verbotsnorm an den Pfandbesteller. Der verwendete Ausdruck der „lex perfecta“ zeigt, dass dem Verstoß gegen den Tatbestand des Verbots auch eine Sanktion folgte: die Nichtigkeit der verbotenen Verfallabrede. Dennoch sei dies nicht der einzige Grund für die Aufnahme des Verbots: „In dem Verfallvertrage liegt zugleich die Ausbedingung eines oft wucherisch erscheinenden Vortheils, und dadurch gewinnt die lex commissoria einen Vergleichungspunkt mit anderen wucherischen Abreden. Eine gesetzliche Abhülfe gegen solche wegen ihres unsittlichen Zwecks zu mißbilligende Verträge würde nur insoweit in den Bereich des Sachenrechts fallen, als durch dieselbe ein Rechtssatz des Sachenrechts abgeändert wird.“616

Der TE griff ebenfalls das Motiv des Wuchers auf, um diesen Zweck nicht als Aufgabe des Sachenrechts zu sehen, sofern für diesen Teil keine weitreichenden Änderungen aufkommen sollten. Daher sei streng zu unterscheiden, was der zu verwerfende Inhalt einer Verfallklausel darstelle: „Man muß, wie gesagt, sehr wohl unterscheiden die Vereinbarung, daß der Verpfänder im Fall mangelnder Zahlung die Sachen dem Gläubiger unter gewissen Bedingungen oder wohl einfach zur Strafe zu überlassen verpflichtet sein solle, und zwischen dem stipulierten Eigenthumsübergange. Nur die letzte Stipulation wird im römischen Rechte als lex commissoria bezeichnet und unter Verbot gestellt.“617

Die wohl nicht richtige Erkenntnis zum Kerninhalt des römischen Verbots bestätigte der TE mit dem Verweis auf den führenden Pandektisten Dernburg. Die in diesem Sinne eigentliche Verfallklausel sei aufgrund der inhaltlichen Änderung des Pfandrechts verboten worden.618 Dass viele Landrechte das Verbot anders ausgestalteten,619 wird abgetan:

615 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 822 = S. 1850 der Motive zum TE. 616 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 822. 617 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 822. 618 Genauer sei der Kern einer Verfallklausel nur vorhanden, wenn sie „Bestandtheil des gegen jeden Dritten wirkenden dinglichen Rechts des Gläubigers [war].“ So: Dernburg: Das Pfandrecht. Band II, § 123; Verweis in: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 822, Fn. 1. 619 Siehe hierzu die Darstellung in: Abschnitt E.

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„Die neueren Gesetzgebungen haben, wie man annehmen darf, die römischen Vorschriften herübernehmen und nicht gerade eine neue, erweiterte, die obligatorischen wucherischen Vortheile treffende Bestimmung geben wollen, wenn auch die Fassung nicht immer genau ist, und man unter Verfall denkbarer Weise auch die Pflicht des Verpfänders zur Eigenthumsübertragung verstehen könnte.“620

Um dieser Auslegung weitere Bekräftigung zu geben, wird in der Auseinandersetzung, ob das Gesetz des Norddeutschen Bundes über die Aufhebung der Zinsbeschränkungen vom 14. November 1867 das Verbot der lex commissoria abgeschafft habe, auf ein Urteil des preußischen Obertribunals in Berlin verwiesen. Dabei wurde der Schlusssatz des Urteils zitiert und zur Einordnung des Verfalls als Autorität verwendet. Dort hieß es: „Nicht die Absicht des Wuchers, die Höhe und der Umfang des unerlaubten Gewinnes und des unberechtigten Nachtheiles, sondern die Eigenthumsübertragung an dem Pfande selbst, in ihrer Abstraction von allen Nebenmomenten, begründet die absolute Wirkungslosigkeit und Nichtigkeit jenes, als lex commissoria bezeichneten, Nebenvertrages.“621

Dabei verschwieg der TE, dass es in dem Urteil um den Unterschied von der lex commissoria zum Institut der Conventionalstrafe ging. Der Anwendungsbereich der Conventionalstrafe, die nach dem preußischen Recht stark beschränkt war, war wohl tatsächlich durch das angesprochene Gesetz von der Liberalisierung betroffen und sollte zur Erleichterung des Kreditwesens freigegeben werden.622 Dabei führte die Entscheidung aus, dass die Conventionalstrafe nach dem preußischen Recht, wie sie ALR I 5 § 292 bestimmte, eben anders ausgestaltet war: „Das charakteristische Moment der Conventionalstrafe ist daher, wie im gemeinen Rechte, so im Allgemeinen Landrechte, in der vertragsmäßigen Vorausbestimmung des Schadensanspruches für den Fall der Nichterfüllung einer Verbindlichkeit zu suchen, und die Eigenschaft derselben als eines Verstärkungsmittels für die Erfüllung einer Obligation ist nur von untergeordneterer und unwesentlicher Bedeutung.“623

Das Gericht sah es als seine Aufgabe, herauszuarbeiten, dass die lex commissoria rechtsdogmatisch sich eben nicht wesensgleich mit der Conventionalstrafe durch die Straffunktion auszeichnete. Das Ergebnis vor Augen, dass das Verbot des Verfalls nicht aufgehoben werden sollte, versuchte das Gericht den Unterschied zur betroffenen Conventionalstrafe so groß wie möglich erscheinen zu lassen. Dabei stellte das Gericht auf den wesentlichsten Unterschied zwischen einer schuldrechtlichen Conventionalstrafe und der im Fall tatsächlich verabredeten dinglichen Verfallklausel ab: die im Rahmen des Pfandrechts auftretende Rechtsfolge des verfallenden Eigentums. Ob das Gericht die Natur des Verfallverbots grundsätzlich nur auf diese dingliche Wirkung beschränken wollte, kann nicht umfassend aus der Darstellung 620

Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 822. Entscheidungen des Preußischen Obertribunals, Bd. 65, S. 38. Zitat auf S. 45. 622 §1 Gesetz vom 14. November 1867 (Norddeutscher Bund); Urteil des Preußischen Obertribunals, Bd. 65, S. 40. 623 Entscheidungen des Preußischen Obertribunals, Bd. 65, S. 38. Zitat auf S. 41. 621

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gefolgert werden. Entscheidend bei dieser Einschätzung dürfte gewesen sein, dass das Vorliegen des Tatbestands des Verfallverbots in dem verhandelten Fall unbestritten war. Die Rechtsfrage war nur, ob das im Fall einschlägige Verbot nicht vorher durch das andere Gesetz verdrängt worden war. Ob die Kernaussagen des Urteils umfassend das Verfallverbot umgestaltet hatten, wie es der TE an dieser Stelle behauptete, kann auch aus heutiger Sicht nicht eindeutig angenommen werden. Der TE setzte sich in seiner weiteren Begründung mit dem Problem auseinander, was denn Aufgabe des Verbots sei. Da es nicht um die „wucherliche“ Kernfrage ging, musste der Zweck des Verbots doch in der Problematik des Eigentumsübergangs begründet liegen. Denn falls das künftige bürgerliche Recht den Schuldner vor Wucher schützen wollte, war es zumindest nicht Aufgabe des Sachenrechts, ein solches Verbot auszusprechen. Dies hätte nach Ansicht des TE im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen oder des Obligationenrechts erfolgen müssen. Dies verfolgte der TE konsequent und betrachtete die lex commissoria als inhaltliche Änderung des Pfandrechts. Der TE wollte um jeden Preis verhindern, dass durch die Verabredung der lex commissoria das Erfordernis der Übergabe (traditio) umgangen werden konnte. Doch sah er sich gut auf diese Problematik vorbereitet. Denn sollte angeführt werden, dass in der zwecks Verpfändung erfolgten Übergabe gleichzeitig eine Übergabe zwecks Eigentumsübertragung liegen konnte, trat er mit § 132 TE entgegen. Nach dieser Norm konnte die Übergabe zur Übereignung einer beweglichen Sache nur „in der Absicht der Eigenthumsübertragung“ erfolgen. Als andere Variante sprach der TE die Möglichkeit aus, die lex commissoria ganz als bedingte Eigentumsübertragung zu interpretieren. Für diesen Fall war aber mit § 137 TE eine Sicherung aufgenommen worden: „§ 137 Wird der Eigenthumsübertragung eine aufschiebende Bedingung beigefügt, so geht gleichwohl das Eigenthum der Sache mit der Uebergabe auf den Empfänger über. Wird der Eigenthumsübertragung eine auflösende Bedingung beigefügt, so fällt nicht mit dem Eintritte der Bedingung das Eigenthum der Sache an den Veräußerer zurück.“624

Dazu führen die Motive zum TE aus: „Wird indessen wie im Entwurfe §. 137 die Hinzufügung einer Bedingung in der Weise für wirkungslos erklärt, daß sie auf den beabsichtigten Eigenthumsübergang einflußlos ist und dieser vor sich geht, gleich als wenn keine Bedingung hinzugefügt wäre, so wird es Niemandem einfallen können, eine Verpfändung mit Verfallabrede gleichzeitig als Eigenthumsübertragungsvertrag zu qualifizieren. Nähme man den Eigenthumsübertragungswillen an, so könnte eben weiter von einer Verpfändung gar nicht mehr die Rede sein, denn es ginge trotz der beigefügten Bedingung Eigenthum über, und aus der Verpfändung würde ein ganz anderes Geschäft, etwa Verkauf auf Rückkauf.“625

624 625

Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 1, S. 36. Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 823.

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Damit kommt der TE zu einem klaren Ergebnis. Eine dingliche Verfallabrede, die zu einem direkten Übergang des Eigentums durch Bedingungseintritt führte, war durch die Konstruktion des TE (§§ 132, 137) ausgeschlossen. Eine schuldrechtliche Verfallabrede, deren Erfüllung in der Übertragung des Eigentums mittels eines neuen Rechtsgeschäfts erfolgte, war dagegen zulässig. Die Aufgabe des Verfallverbots war eine dogmatische und hatte nichts mit dem Schuldnerschutz zu tun. Der Aufgabe, „ein[en] Eigenthumsübergang durch bloßen Vertrag“626 auszuschließen, war Genüge getan. War darüber hinaus der Schuldner zu schützen, musste dies in einem anderen Teil des TE erfolgen, da es nicht als Aufgabe des Sachenrechts angesehen wurde. „Diese Erwägungen führen zu einem gegenüber der heutigen Doktrin eigenthümlichen Resultate, nämlich daß der Mangel einer dinglichen Wirkung einer beigefügten lex commissoria, als die Verneinung des Eigenthumsanfalls an den Gläubiger, gar nicht Folge einer prohibitiven gesetzlichen Ausnahmebestimmung, sondern lediglich Folge der strikten Anwendung der gesetzlichen Normen über den vertragsmäßigen Eigentumsübergang ist.“627

Einfach ausgedrückt, das Verbot der lex commissoria war eigentlich überflüssig, da es durch die Anwendung der Normen nicht zu einem Verfall kommen konnte. Diese Begründung des Verfallverbots stand in völligem Widerspruch zu den Äußerungen im Rahmen des Verfallverbots der Hypothek. Dort war der Schuldnerschutz die wesentliche Aufgabe der Schutznorm. Die dogmatische Überlegung, dass auch das Institut zu schützen war, stützte den ursprünglichen Ansatz, da dem Schuldner über das Verfahren der gesetzlich garantierten Verwertung eine weitere Sicherheit zukam. Bei der Hypothek konnte sich die Norm nur auf die obligatorische Ebene beziehen, da die bedingte Eigentumsübertragung von unbeweglichen Sachen nach der Konstruktion des TE ausdrücklich ausgeschlossen war. Beim Pfandrecht sollte diese Aufgabe entfallen. Die Normierung des Verbots war insgesamt überflüssig.628 b) Protokolle der 1. Kommission und die Zwischenschritte bis zum Ersten Entwurf (E I) In der 1. Kommission wurden die § 449 und § 450 zusammen diskutiert. Der Zusammenhang für diese Untersuchung wird im Ergebnis der 1. Kommission deutlich. Der § 449 TE lautete: „Ein Vertrag, daß der Gläubiger den Verkauf des Pfandes nicht fordern dürfe, ist nichtig, soweit damit etwas Anderes bestimmt sein soll, als daß der Gläubiger seine Befriedigung nur aus den Früchten und Nutzungen verlangen kann. Das solchem nichtigen Vertrage beigefügte Strafgedinge ist ebenfalls nichtig.“629 626 627 628 629

Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 824. Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 2, S. 824. Zu den Aussagen über die Hypothek im TE, siehe oben unter: 2. a). Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 1, S. 88.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

Dabei ist diese Norm inhaltlich weniger bedeutend als die von der 1. Kommission getroffene Entscheidung, diese Norm, trotz einiger Änderungsanträge, umfassend zu streichen. Als Begründung wurde Folgendes in den Protokollen der 1. Kommission aufgenommen: „Ein dinglich Berechtigter könne sich in Ansehung des Gebrauchs des ihm zustehenden Rechts gegenüber dem Eigentümer der belasteten Sache binden und beschränken. Nun werde zwar eine derartige obligatorische Bindung, welche den Zweck des dinglichen Rechts vereitele, einen gewissen inneren Widerspruch enthalten. Aber eben um deswillen würden auch derartige Verträge im Rechtsleben kaum vorkommen. Keinesfalls aber genüge die Befürchtung eines solchen Widerspruches zwischen einem obligatorischen Vertrage und dem Zwecke eines dinglichen Rechtes, dessen Ausübung durch den obligatorischen Vertrag beschränkt werde, um einen Rechtssatz prohibitiver Natur aufzustellen, da das sich ergebende Resultat vielleicht dem richtig erkannten Interesse der Betheiligten nicht entspreche, keinesfalls aber ein öffentliches Interesse verletze.“630

Damit ließ die 1. Kommission Spielraum für den Parteiwillen. Sofern jemand eine solche Abrede, die den Verzicht auf das Verkaufsrecht begründete, eingehen wollte, war es ihm freigestellt. Grenze für ein Verbot („Rechtssatz prohibitiver Natur“) war demnach „ein öffentliches Interesse“, das nach diesem verlangte. Ansonsten vertraute man auf den Rechtsverkehr, der nach seinen Interessen auf widersprüchliche Abreden verzichten würde. Diese Feststellung ist für die nun behandelte Norm des § 450 TE besonders interessant, da es sich um einen solchen Rechtssatz mit prohibitiver Natur handelte: „Ein vor der Fälligkeit der gesicherten Forderung geschlossener Vertrag, daß im Fall mangelnder Zahlung das Eigentum des Pfandes dem Gläubiger zufallen solle, ist nichtig.“631

Wesentlicher Anknüpfungspunkt der Diskussion in der 1. Kommission war der zu Beginn der Sitzung eingebrachte Antrag des Referenten Johow. Der Antrag enthielt zwei Änderungsvorschläge: unter „lit. a“ die Erweiterung der bereits im TE enthaltenen Verfallklausel und die Zusammenlegung mit dem Verbot einer Verfügungsbeschränkung zulasten des Schuldners, wie sie im § 472 TE enthalten war. Die Norm sollte wie folgt abgeändert werden: „Der Vertrag, durch welchen unter der Bedingung, daß der Schuldner nicht erfülle, dem Pfandgläubiger das Eigenthum an der verpfändeten Sache übertragen wird, und der vor dem Eintritte des Verkaufsrechtes des Pfandgläubigers abgeschlossene Vertrag, durch welchen dem Pfandgläubiger das Recht zugestanden wird, zum Zwecke seiner Befriedigung die Uebertragung des Eigenthums an der verpfändeten Sache zu verlangen, ingleichen der Vertrag, durch welchen der Eigenthümer auf das Recht verzichtet, die Sache zu veräußern oder weiter zu belasten, sind nichtig. Bei Sachen, welche einen Börsen- und Marktpreis haben, kann zwischen dem Eigenthümer und dem Pfandgläubiger auch vor Eintritte des Verkaufsrechtes vereinbart werden, daß der 630 Zitat aus den Protokollen der 1. Kommission (Prot. I, S. 5600 f.), zitiert nach: Jakobs/ Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 915. 631 Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 1, S. 89.

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Pfandgläubiger berechtigt sein solle, die Sachen, statt dieselben zu verkaufen, zu dem für den Tag der Fälligkeit sich ergebenden Tageskurse zu übernehmen.“632

Dabei wurde der dinglichen Verfallklausel das Verbot der obligatorischen Verfallklausel zugefügt. Ferner sah der Antrag im Abs. 2 die Ausnahme des Privatverkaufs vor, sofern der Pfandgegenstand einen „Börsen- und Marktpreis“ hatte. Ferner war in Johows Antrag unter „lit. b“ überlegt worden, ob nicht bei der Verpfändung von Geld dem Gläubiger das Recht zugestanden werden sollte, sich direkt aus diesem zu befriedigen. „Ist Geld Gegenstand des Pfandrechtes, so erlangt der Pfandgläubiger mit dem Eintritte des Verkaufsrechtes die Befugniß, sich wegen seiner Forderung aus dem Gelde zu befriedigen. (Verbleibt ein Ueberschuß, so ist der Pfandgläubiger verpflichtet, denselben dem Eigenthümer herauszugeben.“)633

Dieser Antrag wurde durch weitere Anträge modifiziert und war wesentliche Diskussionsgrundlage der 1. Kommission. Man sprach sich letztlich gegen die formulierten Ausnahmen im Antrag aus, wie sie im Abs. 2 des „lit. a“ und „lit. b“ enthalten waren. Ebenfalls nahm man von der Zusammenlegung mit § 472 TE Abstand. Am Ende blieb es bei der Erweiterung des dinglichen Verfallverbots auf schuldrechtliche Abreden, die eine Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums enthielten. Damit sah das Ergebnis der 1. Kommission wie folgt aus: „Der Vertrag, durch welchen unter der Bedingung, daß der Schuldner nicht erfülle, dem Pfandgläubiger das Eigenthum an der verpfändeten Sache übertragen wird, und der vor dem Eintritte des Verkaufsrechtes des Pfandgläubigers abgeschlossene Vertrag, durch welchen dem Pfandgläubiger das Recht zugestanden wird, zum Zwecke seiner Befriedigung die Uebertragung des Eigenthums an der verpfändeten Sache zu verlangen, ist nichtig.“634

Als Begründung für die Aufnahme des obligatorischen Verbots wurde ausdrücklich auf die Argumentation im Rahmen der Hypothek verwiesen: „Die im Antrage 1a Abs. 1 enthaltene Vorschrift, welche den auf eventuelle Uebertragung des Eigenthumes der verpfändeten Sache gerichteten obligatorischen Vertrag betreffe, rechtfertige sich aus denselben Gründen, welche für die Annahme einer ähnlichen Vorschrift bei der Hypothek – Beschluß zu § 392 des Entw., Prot. S. 5109 – 5112 –, maßgebend seien. Wegen der Möglichkeit, daß bei beweglichen Sachen der Verpfändungsvertrag zugleich eine bedingte Tradition enthalte, sei eine solche bedingte Tradition, welche den gleichen im öffentlichen Interesse reprobirten635 Zweck verfolge, wie der für nichtig erklärte obligatorische Vertrag, ebenfalls für nichtig zu erklären.“636

632

Zitat aus den Protokollen der 1. Kommission, Prot. I, S. 5602. Antrag Nr. 374 von Johow. Zitiert nach: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 915 f. 633 Ebd., siehe: Fn. 632. 634 Zusammenfassung der Abänderung der Norm in der 1. Kommission, erstellt nach: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 916. 635 Sicher von lateinisch: „reprobata“, was so viel wie „missibilligt“ bedeutete.

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Mit diesem knappen Hinweis nahm die 1. Kommission Abstand von den Ausführungen in den Motiven des TE. Damit dürften die Ausführungen zur Hypothek, soweit sie auf das Pfandrecht übertragbar sind, den Grund für das Verbot wie folgt wiedergeben. Kern des dinglichen und nun auch obligatorischen Verbots war der Schuldnerschutz, dem der Schutz des Instituts vor einer umfassenden inhaltlichen Änderung zur Seite stand. Rechtlich war das Verbot der lex commissoria durch die Liberalisierungsgesetzgebung nicht betroffen, sondern sollte den kreditbedürftigen Schuldner vor sich selbst schützen. Dabei stand die abstrakte Gefahr im Vordergrund, dass der Schuldner die bedrohlichen Abreden in der Hoffnung auf den künftigen Krediterhalt einging, da er glaubte, den Eintritt der Bedingung verhindern zu können, die zu einem völligen Verlust des Pfandgegenstands an den Gläubiger führen konnte. Der Gläubiger sollte wiederum durch die Nichtigkeit solcher Abreden davon abgehalten werden, die beschriebene Situation zulasten des Schuldners auszunutzen oder diesem gar Kredit zu gewähren in der spekulativen Hoffnung, den verpfändeten Gegenstand zu erhalten. Dass dies zu einer umfassenden Übernahme im Pfandrecht führte, zeigte sich an anderer Stelle. Beim Entschluss, eine dem heutigen § 1136 BGB vergleichbare Norm beim Pfandrecht nicht aufzunehmen, war eine ausdrückliche Regelung vorgesehen. Diese erklärt solche Abreden für nichtig, die dem Eigentümer des Grundstücks weitere Verfügungen oder Belastungen untersagen. „Eine solche Uebertragung erscheine nicht genügend gerechtfertigt. Bei dem Pfandrecht an beweglichen Sachen sei für den Eigenthümer die Möglichkeit, die verpfändete Sache ohne Konsens des Pfandgläubigers zu veräußern oder weiter zu belasten, nur unter besonderen Umständen und in seltenen Fällen gegeben, da die Inhabung des Pfandgläubigers oder Pfandhalters meist hindernd im Wege stehen. Gegenüber dieser thatsächlichen Beschränkung des Eigenthümers in der weiteren Veräußerung und Belastung sei eine vertragsmäßige obligatorische Bindung zur Unterlassung der weiteren Veräußerung und Belastung praktisch nur von einer sehr geringen Bedeutung. Es liege deshalb kein Bedürfniß vor, die für die Hypothek beschlossene prohibitive Vorschrift hierher zu übertragen.“637

Dem Ansatz, das Bedürfnis und die Interessen der Parteien zu berücksichtigen, entsprach die 1. Kommission auch insoweit, als sie keine weitere Ausnahme des Pfandrechts zuließ. So wurde der Privatverkauf des Pfandgegenstands durch den Gläubiger nach Börsen- und Marktpreis als Sonderform ausgeschlossen. Zwar sei die Gefahr für den Schuldner geringer, dennoch „… drohten [solche Abreden] … mannigfache Verwickelungen herbeizuführen und eine unlautere Spekulation des Gläubigers zu Ungunsten des Schuldners immerhin zu begünstigen. Ihr einziger Vortheil sei in der Ersparung des Verkaufes nach dem Eintritte der Fälligkeit und der mit einem solchen Verkaufe verbundenen Kosten zu suchen. Dieser Vortheil

636

Zitat aus den Protokollen der 1. Kommission: Prot. I, S. 5604. Zitiert nach: Jakobs/ Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296. 637 Zitat aus den Protokollen der 1. Kommission: Prot. I, S. 5604 f. Zitiert nach: Jakobs/ Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 916 f.

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sei aber nicht so hoch anzuschlagen, um eine Ausnahme von der aufgestellten Regel zu bestimmen.“638

Aufnahme erhielt jedoch die Verwertung von verpfändetem Geld, bei welchem ein Verkauf als Verwertung überflüssig sei. Problematisch erschien der 1. Kommission der Ablauf des Eigentumswechsels. Wobei man letztlich davon ausging, dass der Gläubiger dem Schuldner mangels persönlicher Übergabe des Gegenstands, eine Erklärung abzugeben habe, in welcher er seine Befriedigung aus dem verpfändeten Geld anzeige.639 In der RedVorl und dem ZustSachR hatten die Normen des TE als §§ 1139, 1140 RedVorl bzw. §§ 1140, 1141 ZustSachR Eingang gefunden. So lauteten sie im ZustSachR wie folgt: „§ 1140 ZustSachR Der vor dem Eintritte der im § 1138 Abs. 2 (RedVorl: § 1137 Abs. 2) bestimmten Voraussetzungen zwischen dem Eigenthümer des Pfandes und dem Pfandgläubiger geschlossene Vertrag, durch welchen vereinbart ist, daß, wenn der Pfandgläubiger nicht befriedigt werde, (RedVorl: daß bei mangelnder Befriedigung des Gläubigers wegen der fällig gewordenen Forderung) zum Zweck dieser Befriedigung das Eigenthum an dem Pfande auf den Pfandgläubiger übergehen oder dieser berechtigt sein soll, die Uebertragung des Eigenthumes an ihn zu verlangen, ist nichtig. § 1141 ZustSachR Ist Geld Gegenstand des Pfandrechtes und hat der Pfandgläubiger dasselbe in seiner Inhabung, so erlangt er mit dem Eintritte der in § 1139 Abs. 2 (RedVorl: § 1134 Abs.) bestimmten Voraussetzung die Befugniß, sich wegen der fälligen Forderung aus dem Geld zu befriedigen. Ist der Pfandgläubiger verpflichtet, das Geld in Zahlung anzunehmen, so erlangt der Eigenthümer mit dem Eintritte jener Voraussetzungen (RedVorl: erlangt der Eigenthümer gleichzeitig) die Befugniß, von dem Pfandgläubiger zu verlangen, daß er sich daraus befriedige. Die Befriedigung ist mit dem Zeitpunkte als bewirkt anzusehen, in welchem der Pfandgläubiger gegenüber dem Eigenthümer erklärt, sich aus dem Gelde befriedigen zu wollen, oder der Eigenthümer gegenüber dem zu Annahme des Geldes in Zahlung verpflichteten Pfandgläubiger erklärt, daß er dessen Befriedigung aus dem Gelde verlange.“640 638 Zitat aus den Protokollen der 1. Kommission: Prot. I, S. 5605 f. Zitiert nach: Jakobs/ Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 917. 639 Die von Johow in Antrag 1 lit. b vorgeschlagene Norm fand in folgender Form als § 450a Aufnahme: „Ist Geld Gegenstand des Pfandrechtes, so erlangt der Gläubiger mit dem Eintritte des Verkaufsrechtes die Befugniß, sich wegen seiner Forderung aus dem Gelde zu befriedigen. Die Befriedigung gilt als bewirkt mit dem Zeitpunkte in welchem der Gläubiger gegenüber dem Eigenthümer den Willen erklärt, aus dem Gelde sich zu befriedigen oder, sofern der Gläubiger das Geld als Zahlung annehmen muß, in dem Zeitpunkte, in welchem der Eigenthümer dem Pfandgläubiger erklärt, daß er dessen Befriedigung aus dem Gelde verlange.“ Zitat aus den Protokollen der 1. Kommission, Prot. I, S. 5606. Die Argumentation findet sich in: Prot. I, S. 5606 – 5608. Zitiert nach: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 917 f. 640 Zitiert nach: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 919.

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Im Anschluss erfolgten nur kleine sprachliche Veränderungen. Die Regelung wurde damit als §§ 1140, 1141 KE bzw. dann in §§ 1167, 1168 E I Teil des Ersten Entwurfes.641 c) Die von den Redaktoren erstellten und veröffentlichten Motive zum E I Achilles stellt in den zum E I mitveröffentlichten Motiven ähnliche Überlegungen an, wie er sie auch im Rahmen der Hypothek ausführte. Besonders feststellungsbedürftig schien ihm die Diskussion um die Problematik eines vertraglichen Eigentumsübergangs. Während in den Protokollen keine klare Aussage getroffen wurde, fügte Achilles Folgendes an: „Bei beweglichen Sachen bleibt nach den Bemerkungen zu § 874642 dahingestellt, ob die Beifügung einer aufschiebenden Bedingung mit dem Traditionserfordernisse bei der vertragsmäßigen Uebertragung des Eigenthumes vereinbar ist. Sollte man dies aber auch verneinen, so bleibt noch die praktisch ziemlich ebensoweit reichende Möglichkeit der Annahme einer den Tradenten dinglich bindenden Offerte, wenn dem Empfänger die Inhabung eingeräumt ist (vgl. Bemerkungen zu § 901 Abs. 2). Es würde mithin immerhin mit dinglicher Wirkung vereinbart werden können, daß im Falle des Ausbleibens der Zahlung das Eigenthum des Pfandes auf den Pfandgläubiger übergehen soll.“643

Diesen Möglichkeiten sei nach den Motiven durch das römische Recht im Codex ein Riegel vorgeschoben worden, den auch die „neuere Gesetzgebung“ als notwendig erkannt hatte. Grund für das Verbot sei nach diesen Motiven, „… die Bedrohung des Schuldners durch eine solche lex comm. [zu verbieten], weil diese ein Mittel zu Bedrückung der unvorsichtigen oder in einer Nothlage befindlichen Schuldner ist. – Der Entw. schließt sich dem geltenden Rechte an.“644

Interessant sind die Ausführungen Achilles’ zur überterritorialen Gesetzgebung. Wie in den Materialien diskutiert, fügte er an, dass das Liberalisierungsgesetz „betr. die vertragsmäßigen Zinsen v. 14. Nov. 1867“ keinen Einfluss auf das Verbot des 641

So wurde der Anfang des § 1140 geändert: „Der vor dem …“ wurde durch „Ein vor dem …“ ersetzt. Zudem wurden am Ende die Worte „an ihn“ gestrichen. Zitat und Nachweis in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 919. 642 Diese Norm entsprach dem heutigen § 929 BGB. In der Form des § 874 E I lautete sie wie folgt: „Zur Uebertragung des Eigenthums an einer beweglichen Sache durch Rechtsgeschäft ist ein zwischen dem Eigenthümer und dem Erwerber unter Uebergabe der Sache zu schließender Vertrag erforderlich, welcher die Willenserklärung der Vertragsschließenden enthält, daß das Eigentum auf den Erwerber übergehen soll. […]“ Zitat nach: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht I §§ 854 – 1017, S. 591 f. Achilles führt dazu aus: „[…] 8. Ueber die bedingte und betagte Eigenthumstradition schweigt der Entw. Es wird mithin die wirksame Hinzufügung einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung nicht ausgeschlossen sein, soweit nicht etwa aus der Natur des Erfordernisses der Besitzübergabe oder aus dem Begriff des Eigenthumes ein Anderes sich ergeben sollte.“ Siehe: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 187. 643 Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 458, unter: 1. 644 Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 458.

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Verfalls haben sollte. Das Gesetz von 1867 hatte nach den Ausführungen Achilles’ das Verbot nicht freigeben wollen. Sollte es wider Erwarten dennoch dazu geführt haben, sei der § 1167 E I eine Modifikation des Gesetzes. Methodisch verdränge es als jüngeres Recht die alte Regelung aus dem Jahr 1867.645 Darüber hinaus äußerte sich Achilles zu dem Wuchergesetz von 1880. Dieses Gesetz wurde durch keine andere Quelle der Materialien in Zusammenhang mit der lex commissoria gesetzt. Inhaltlich lässt sich durchaus eine Nähe konstruieren. Artikel 1 des Gesetzes fügt unter anderen Normen den § 302a in das Strafgesetzbuch des Deutschen Reichs ein: „Wer unter Ausbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Anderen für ein Darlehen oder im Falle der Stundung einer Geldforderung sich oder einem Dritten Vermögensvortheile versprechen oder gewähren läßt, welche den üblichen Zinsfuß dergestalt überschreiten, daß nach den Umständen des Falles die Vermögensvortheile in auffälligem Mißverhältnisse zu der Leistung stehen, wird wegen Wuchers mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft. Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.“646

Später wurde die Anwendbarkeit der Norm in der Sphäre des bürgerlichen Rechts bestätigt, was zur damaligen Zeit sehr kritisch bewertet wurde.647 Wohl auch deswegen sah sich Achilles zu einem Statement veranlasst. Das Wuchergesetz von 1880 verbot den Wucher weitgehend, normierte aber einen Tatbestand mit hohen Anforderungen. Er formulierte es so: „Die Bestimmungen des WucherG. v. 24. Mai 1880 würden unter Umständen auch die Gültigkeit der lex comm. bei dem Pfandvertrage in Frage stellen; doch würde die Anwendbarkeit dieser Vorschriften von dem Vorliegen der besonderen Voraussetzungen des gesetzlich verbotenen Wuchers abhängen, während hier so weit zu gehen ist, daß die lex comm. bei dem Pfandvertrage an sich ohne Rücksicht auf die besondere Gestaltung des Falles von der Nichtigkeit betroffen wird.“ 648

Demnach standen die Normen nicht in Konkurrenz, sondern konnten beide anwendbar sein. Jedoch war das Verbot des Verfalls als „abstrakte“ Norm nicht von den Voraussetzungen des Wuchers abhängig, bei dem etwa die im Einzelfall konkret zu 645 Als Bekräftigung verwies Achilles zum einen auf die Ausführungen der Motive zur Hypothek, zum anderen belegte er das Ergebnis mit Entscheidungen des Reichsgerichts (Bd. 2, S. 334) und des Oberhandelsgerichts (Bd. 4, S. 357 und Bd. 7, S. 65), siehe: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 458. 646 Zitat aus: Gesetz betreffend den Wucher vom 24. 5. 1880, RGBl. Band 1880, Nr. 10, S. 109. 647 Haferkamp: § 138 BGB, in: Schmoeckel/Rückert, u. a., HKK, Bd. I, Rn. 12, mit Fn. 99; Luig: Vertragsfreiheit und Äquivalenzprinzip im gemeinen Recht und im BGB., in: Bergfeld, Aspekte europäischer Rechtsgeschichte, S. 182, 188. Siehe zu zeitgenössischen Ausführungen bei: Henle: Die Wuchergesetze vom 24. Mai 1880 und 19. Juni 1893, S. 34, 37; Kritik bei: Schwarze, Ludwig Friedrich Oskar von: Reichsgesetz, betreffend den Wucher: Vom 24. Mai 1880, S. 29 ff., zu den weitreichenden Tatbestandsmerkmalen, S. 40 ff. 648 Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 458.

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beweisenden subjektiven Elemente des Geschädigten, wie die „Ausbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Anderen“, und das „auffällige Mißverhältnis“ von „Vermögensvortheil“ und „Leistung“ vorliegen mussten. Mit dieser Äußerung gab Achilles der Auslegung bezüglich des Verhältnisses von § 138 Abs. 2 BGB und § 1229 BGB eine deutliche Tendenz, die sich aus den anderen Materialien so nicht nachvollziehen lässt. Dort wurde weder das Wuchergesetz angesprochen noch ein Hinweis zum Verhältnis zum späteren § 138 Abs. 2 BGB gegeben. Abschließend gab Achilles knapp die Ergebnisse des bisherigen Rechtssetzungsverfahrens wieder. Die nachträgliche Vereinbarung des Verfalls, bei der die Eigentumsübertragung Grundlage der „Tilgung der gesicherten Forderung durch datio in solutum“ war, blieb möglich. Eine Überlassung des Pfands zum Börsen- und Marktpreis sei ebenfalls auszuschließen, da eine solche Ausnahme geeignet wäre „unlautere(r) Spekulation … Vorschub zu leisten“.649 Vom „Zweck“ der Norm leitete Achilles ab, dass sowohl der „dingliche“ als auch „obligatorische Vertrag, welcher dem Gläubiger ein bedingtes Forderungsrecht auf Uebertragung des Eigenthumes giebt …“, umfasst war.650 Nicht erfasst werden sollten hingegen auflösend bedingte Rechtsgeschäfte. Dabei nannte er zwei Fälle: „… die auflösend bedingte Eigenthumsübertragung, welche insbes. in der Weise vereinbart werden kann, daß der das Eigentum durch const. poss.651 übertragende Verkäufer an der innebehaltenen Sache ein Pfandrecht wegen des Kaufgeldes und den Rückfall des Eigentumes bei Nichtzahlung des Kaufgeldes sich vorbehält. Ebensowenig werden die Fälle der unbedingten Tradition mit Ausbedingung eines obligatorischen Rückkaufsrechtes zu Gunsten des Kreditnehmers getroffen.“652

Damit schloss Achilles seine Ausführungen zu § 1167 E I. Das von ihm festgehaltene Ergebnis war nah an den tatsächlichen Diskussionen angelegt und zeichnete ein plausibles Bild der Überlegungen. Nur die Unsicherheit, in welcher Form der Eigentumsübergang möglich sein sollte, zeigte sich erneut. Zudem setzte er eine Auslegungsgrundlage für das Verhältnis des späteren § 1229 BGB zu § 138 Abs. 2 BGB, die in sonst keiner Quelle ausdrücklich angesprochen wurde.

649 Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 458, unter: 2. dort auch die Zitate. 650 Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 458, unter: 3. dort auch das Zitat. 651 Die Abkürzung „const. poss.“ stand sicher für das constitutum possessorium (das Besitzkonstitut). Inhaltlich zu § 930 BGB und m. w. N. zur Herkunft im römischen Recht: Baur/ Baur/Stürner: Sachenrecht, § 7, Rn. 32 ff., S. 74 ff.; knappe Erklärung für das röm. Recht: Honsell: Römisches Recht, S. 55; Wacke, Besitzkonstitut, S. 18 – 20. 652 Zitat nach: Motive, Bd. III, S.679 f., in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 458.

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d) Gutachterliche Äußerungen zum E I Auch zu § 1167 E I finden sich Äußerungen in der Zusammenstellung des Reichsjustizamtes. In seinem Gutachten kritisierte Cosack, dass das Verbot des Verfalls zu leicht zu umgehen war. Seine Kritik knüpft an die in den Motiven ausdrücklich angesprochene Ausnahme an, dass das Verfallverbot nicht den Fall erfassen sollte, bei dem ein Vorbehaltskauf vereinbart wurde. Er erwog, dass der Gläubiger die Pfandsache vom Schuldner kaufen könne, um dann mit der angesprochenen Konstruktion dennoch die Bedingung der Nichtzahlung durch den Schuldner zu verankern. Als Lösung schlug er vor, alle Geschäfte, die mittels Bedingung zur Sicherung genutzt werden könnten, den Regeln des Faustpfandrechts zu unterstellen.653 In der Folge wäre auch diese Konstruktion vom Verbot des Verfalls erfasst worden. Dieser Kritik schloss sich auch Wernick an, der ebenfalls wie Leist davon ausging, dass das Verbot des Verfalls durch Vertragsgestaltung umgangen werden könnte. Auch hier war die in den Motiven genannte Ausnahme, „daß der § 1167 E I auf resolutiv bedingte Eigenthumsübertragungen und auf Traditionen mit Ausbedingung eines obligatorischen Rückkaufsrechtes zu Gunsten des Kreditnehmers nicht Anwendung finden solle …“, Grundlage der Kritik. Über den § 1167 E I hinausgehend, sprachen sie sich gegen die Normierung des heutigen § 930 BGB aus, der die Möglichkeit schuf, ohne Übergabe des unmittelbaren Besitzes Eigentum zu übertragen. Sie sahen Schwierigkeiten, dass dieses als „constitutum possessorium“ bezeichnete Institut zum einen den Grundlagen des Sachenrechts widerspräche und zum anderen zu Problemen mit dem Pfandrecht führen werde. Sie sahen das Besitzkonstitut als Gefahr, da die Norm des § 930 BGB nach ihrer Vorstellung die Grundlage für Scheingeschäfte und Gesetzesumgehungen bot. Sie sollte damit eine Umgehung des Verfallverbots ermöglichen. Auch wenn diese Bedenken nicht weiter durch die 2. Kommission berücksichtigt wurden, zeigten sich in den Gutachten die späteren Schwierigkeiten im Umgang mit der Sicherungsübereignung.654 Wie das Verhältnis von Sicherungsübereignung und Verfallverbot bestellt war und wie es nach dem heutigen Stand der Wissenschaft aussieht, stellt den Rechtsanwender weiterhin vor Probleme.655 e) Vom E I bis zur Norm des BGB Im Rahmen der 2. Kommission lag lediglich ein redaktioneller Antrag vor. Achilles selbst schlug vor, die Norm des § 1167 E I wie folgt zu fassen: 653 Äußerungen zu § 1167 des E I in: Reichs-Justizamt: Zusammenstellung der gutachterlichen Aeußerungen zu dem Entwurf eines BGB, S. 394 f. 654 Reichs-Justizamt: Zusammenstellung der gutachterlichen Aeußerungen zu dem Entwurf eines BGB, S. 394, Verweis auf die Ausführungen in den Gutachten zu § 805 E I, S. 47 ff. 655 Zum Verhältnis von Pfand und Sicherungsübereignung siehe unten: Abschnitt I. Dort wird ein mögliches Prinzip des Verfallverbots dogmatisch am Institut der Sicherungsübereignung überprüft.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

„Eine vor dem Eintritte der Voraussetzungen des Pfandverkaufs getroffene Vereinbarung, nach der dem Gläubiger, falls dessen Befriedigung nicht erfolgen würde, das Eigenthum an der Sache zufallen oder übertragen werden soll, ist nichtig.“656

Abgesehen von dieser sprachlichen Änderung wurde die Norm „sachlich“ gebilligt.657 Anders lief es bei der Norm des § 1168 E I. Diese spezielle Norm für verpfändetes Geld wurde kritisch bewertet. Letztlich entschied sich die 2. Kommission, eine solche Regelung restlos zu streichen. Eine Begründung erfolgte nicht. Jedoch lässt sich aus den Anträgen schließen, dass es letztlich keine Einigung gab, wie und wann die Annahme des Geldes als Form der Verwertung vonstattengehen sollte.658 Daher beließ man es bei den allgemeinen Regeln. Die Norm wurde mit weiteren leichten sprachlichen Änderungen als § 1167 E IVorlZust659 übernommen. In der Norm des § 1165a E I-ZustRedKom hatte sie erstmals die heutige gesetzliche Form des § 1229 BGB.660

4. Wie stehen die Materialien zu einem Prinzip des Verfallverbots? Es schließt sich die Frage an, ob in den Materialien des BGB das Prinzip des Verfallverbots erkennbar wird. a) Argumente, die gegen ein Prinzip sprechen Als Erstes muss festgehalten werden, dass die Materialien ein mögliches Prinzip des Verfallverbots nicht ausdrücklich erwähnten. Daher kann die Frage nicht einfach 656

Zitat aus den Protokollen der 2. Kommission, Prot. II, Bd. 3, S. 467, zitiert nach: Jakobs/ Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 919; ebenso: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 927. 657 Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 919. 658 Dabei wird in unterschiedlicher Formulierung eine Erklärung des Pfandgläubigers an den Pfandbesteller diskutiert, die diesem die Verwertung des Geldes anzeigt oder ob eine Bewirkung der Befriedigung mit dem Zeitpunkt der Pfandreife automatisch eintreten solle. Ferner wurde eine Einschränkung beantragt, wonach eine Bewirkung der Befriedigung nicht erfolgen solle, falls dem Pfandgläubiger ein Zurückbehaltungsrecht an dem Gelde zustehe. Siehe hierzu ausführlich: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 919 f. 659 Mit dem Wortlaut: „Eine vor dem Eintritt der im § 1165 Abs. 2 bestimmten Voraussetzungen getroffene Vereinbarung, nach welcher dem Pfandgläubiger, falls dessen Befriedigung nicht erfolgen würde, das Eigenthum an der Sache zufallen oder übertragen werden soll, ist nichtig.“ Zitiert nach: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 920. 660 Das heißt, die Regelung war wortgleich in: § 1136 E II, § 1214 E II rev, § 1212 E III. Im E I ZustRedKom und E II war der konditionale Nebensatz mit „wenn“ statt „falls“ begonnen worden. Hierzu ausführlich: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 920, mit Fn. 7.

F. Das BGB und seine Materialien

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mit Ja oder Nein beantwortet werden. Vielmehr erhöht diese Erkenntnis die Hürden für eine positive Feststellung eines entsprechenden Prinzips. Zudem stellt sich in der Betrachtung heraus, dass das BGB zwei einzelne Regelungen im Institut der Hypothek und dem Institut des Pfandrechts einer allgemeinen und abstrakt vorangestellten Norm vorgezogen hat. Dieses Vorgehen entgegen einigen historischen Vorgängern spricht für eine bewusste Entscheidung für diese Form der Regelung. Es muss jedoch festgehalten werden, dass das gesamte Buch des Sachenrechts von allgemeinen Normen Abstand nahm und die konkreten Rechtsinstitute hintereinander regelte. Beide Argumente sprechen gegen das Vorliegen eines Prinzips. b) Argumente, die für ein Prinzip sprechen Um Argumente für die Existenz eines Prinzips zu finden, muss auf tieferen Ebenen gesucht werden. Es finden sich Indizien, die für ein Prinzip sprechen. Zuerst wird mit Blick auf die historischen Materialien deutlich, dass den beiden Normen ein einheitlicher Normkern angedacht war, dessen Zweck im Schutz des Schuldners begründet lag. Daneben wird dieser Kern des Schuldnerschutzes durch eine zweite Säule getragen, die auch in der historischen Bewertung immer wieder eine Rolle spielte: der Erhalt des Verwertungsverfahrens nach den gesetzlichen Vorschriften. Dass diese Überlegung hingegen eine untergeordnete Rolle spielte, zeigt sich besonders deutlich bei der Korrektur der 1. Kommission, die die Begründung des TE zum § 450 TE völlig umgestaltete. Während der Teilentwurf zum Sachenrecht (TE) im Rahmen des Pfandrechts noch von einer primär dogmatischen Aufgabe ausging, griff die 1. Kommission korrigierend ein. Der Schuldnerschutz war – wie bei der Hypothek – der entscheidende Grund zur Übernahme des als „geltendes Recht“ wahrgenommenen Verfallverbots. In diesem Zusammenhang war durch die Auseinandersetzung mit der Liberalisierungsgesetzgebung von 1867 argumentativer Druck auf das Verfallverbot ausgeübt worden. Dieser führte zu einer weitreichenden Diskussion um den Kern des Verfallverbots. Die Verfallklausel ging nach der Vorstellung des Gesetzgebers über den reinen Wucherschutz hinaus und hatte zum anderen mehr als den reinen Strafcharakter innerhalb eines Sicherungsgeschäfts im Sinn. Im Umkehrschluss zeigt die Auseinandersetzung im Rahmen der 1. Kommission und bestätigt durch die Motive von Achilles, dass das Verbot aktuell blieb und auch für das BGB Geltung beanspruchen sollte, indem es den Schuldner vor dinglichen und schuldrechtlichen Abreden schützte. Es findet sich im Unterschied zur Wuchergesetzgebung die weiterführende Begründung, dass §§ 1149, 1229 BGB vor einer abstrakten Gefährdung des Schuldners durch die Abrede einer eigentlichen und uneigentlichen Verfallklausel schützen sollten. Anders als etwa bei der Wuchergesetzgebung (§ 138 Abs. 2 BGB) ging es nicht um eine konkrete Gefährdung, die weitere besondere Umstände, wie eine konkrete Notlage oder ein Missverhältnis zulasten einer Partei, voraussetzte.

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Teil 2: Die rechtshistorische Analyse

An diese Idee knüpfte auch die einzige übernommene Einschränkung des Verbots an. So blieb die nachträgliche Verfallklausel wirksam. Die einzig sinnvolle Interpretation der zeitlichen Begrenzung des Verbots liegt darin, dass man davon ausging, nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit habe sich der Grund für das Verbot aufgelöst. Die nachträgliche Verfallklausel führte dazu, dass, nachdem der Schuldner vor der abstrakten Gefahr geschützt worden war, die konkreten Gefahren tatsächlich über § 138 BGB zu regulieren waren. Auf der anderen Seite obliegt es dem Schuldner, eine für ihn passende Form zu wählen, um seiner eingegangenen Verpflichtung nachzukommen. Entweder kann er eine „neue“ Verfallabrede abschließen, die durch einen durch neuen Willensakt getragenen ist, oder er kann das das gesetzliche Verwertungsverfahren selbst wälen. Der Schuldner ist frei in der Abwägung und kann auch die flexible Form der Verfallabrede wählen. Andererseits kann der Schuldner unter keinen Umständen dem Zwang unterliegen, in den Verfall einzuwilligen, um Kredit zu erhalten. Es bleibt seine Entscheidung. Neben dieser Funktion des Verfallverbots als Schutznorm vor der abstrakten Gefahr stand der Wunsch, das gesetzliche Verwertungsverfahren als Normalfall zu etablieren. Es muss als großer historischer Fortschritt bewertet werden, dass die hoheitliche und öffentliche Form der Verwertung einen fairen Interessenausgleich zwischen dem Anspruchsinhaber als Rechtssuchendem und dem Anspruchsgegner anstrebte. Letztlich dürfte sich auch in der Betonung des dogmatischen Arguments eine weitere Überlegung verbergen. In dem Verwertungsverfahren steckte weniger die reine Durchsetzung des Verfahrens als Teil des formellen Rechts als vielmehr die Wahrung der hinter den Normen stehenden Ausgleichsgedanken. Das hoheitliche und öffentliche Verfahren bot Vorteile, die sowohl den Schuldner als auch den Gläubiger schützten. Dies ist die Schnittstelle, die § 1149 und § 1229 BGB mit dem Verwertungsverfahren der ZPO und des ZVG verbindet. Als materiell-rechtliche Norm schützt sie den Interessenausgleich der Parteien, indem Abreden, die sich (auch) gegen das Verwertungsverfahren richteten, verboten werden. Dennoch ist dieser Schutz nicht absolut, nach der Fälligkeit von Hypothek und Pfandrecht ist eine Abweichung möglich. Damit stehen die Interessen der beiden Parteien im Vordergrund und werden zu einem Ausgleich gebracht. Das oben genannte Argument, dass die zweifache Normierung des Verfallverbots gegen einen tiefergehenden Normzweck sprechen würde, kann auch auf andere Weise entkräftet werden. Es kann durch eine Erhöhung der Flexibilität erklärt werden, der sich die 1. Kommission häufig verpflichtet fühlte. Man achtete genau auf bestehende Regelungsbedürfnisse und differenzierte zwischen Hypothek und Pfandrecht. Beispielhaft ist dies bei den Ausführungen der 1. Kommission zu einer dem heutigen § 1136 entsprechenden Norm im Pfandrecht zu erkennen. Anders als bei der Hypothek sah man kein Bedürfnis, ein Verbot derartiger Abreden aufzuordnen, die dem Schuldner weitere Verfügungen untersagten. Nach der Vorstellung der 1. Kommission würde der Rechtsverkehr solche Abreden als sinnlos erkennen und selbstständig unterlassen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass jede prohibitive Norm durch den Gesetzgeber genau geprüft wurde und nur die als wesentlich

F. Das BGB und seine Materialien

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empfundenen Verbote aufgenommen wurden. Darunter insbesondere das Verbot des Verfalls. c) Zwischenfazit Die Argumente für ein Prinzip sind nicht unbedeutend. Es bleibt jedoch bei der Feststellung, dass die Materialien nicht von einem Prinzip des Verfallverbots sprechen. Ruft man sich die dogmatische Einordnung eines Prinzips in Abschnitt B. ins Gedächtnis, kann die Existenz eines Prinzips nicht ohne weitere Zwischenschritte bestätigt werden. Nach der rechtshistorischen Analyse bedarf es einer dogmatischen Analyse: Wie ordnen Rechtsprechung und Lehre die Normen der §§ 1149, 1229 BGB ein? Wie wäre der Tatbestand eines Prinzips ausgestaltet? Hält die Einordnung der praktischen Überprüfung einiger problematischer Konstellationen stand? Diese Fragen sollen nun in den anschließenden Abschnitten beleuchtet werden.

Teil 3

Die dogmatische Analyse G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB Nach der rechtshistorischen Analyse soll nun die heutige Interpretation der Normen nach dem Stand der Rechtswissenschaft in Lehre und Rechtsprechung im Vordergrund stehen. Wie wird das Verbot der §§ 1149 und 1229 BGB interpretiert? Gibt es Problemfelder, die mit dem Normzweck in Bezug stehen? Wie wurde in diesen Fällen entschieden und deckt sich dies mit dem bisherigen Ergebnis? Neben der Frage, ob dies für oder gegen ein Prinzip des Verfallverbots spricht, kann eine solche Untersuchung Auskunft darüber geben, ob es überhaupt ein Bedürfnis nach einem solchen gibt.

1. § 1149 BGB Der Wortlaut des § 1149 BGB: „Unzulässige Befriedigungsabreden661 Der Eigentümer kann, solange nicht die Forderung ihm gegenüber fällig geworden ist, dem Gläubiger nicht das Recht einräumen, zum Zwecke der Befriedigung die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück zu verlangen oder die Veräußerung des Grundstücks auf andere Weise als im Wege der Zwangsvollstreckung zu bewirken.“

Die Hypothek, als akzessorisches Sicherungsmittel, dient der Absicherung des Gläubigers, indem neben den schuldrechtlichen Anspruch aus dem Forderungsverhältnis ein weiterer dinglicher Anspruch gegen den Eigentümer aus der Hypothek tritt. Dieser Anspruch ist anders als die schuldrechtliche Forderung nicht an die Person des Schuldners gebunden, bei dem – wie etwa durch die (Privat-)Insolvenz662 – das Risiko besteht, dass die Erfüllung des Anspruchs ausfällt. Vielmehr ist 661

Die nun amtliche Überschrift wurde mit dem „Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts“ vom 29. November 2001 (BGBl. I 2001, Nr. 61, S. 3138, 3204) veröffentlicht und trat mit dem Gesetz am 01. 02. 2002 in Kraft; damit ist sie seit der vollständigen Neubekanntmachung des BGB vom 2. Januar 2002 (BGBl I 2002, Nr. 2, S. 42, 217) Teil der Norm. 662 Zwar ist es nach § 1 S.1 InsO das Ziel eines Insolvenzverfahrens, das Vermögen des Schuldners zu verwerten und den Erlös an die Gläubiger zu verteilen, jedoch setzt die Eröffnung des Verfahrens einen Insolvenzgrund voraus, §§ 16 ff. InsO, in dessen Folge der Schuldner die fälligen Ansprüche meist nicht mehr bedienen kann. In der Praxis bedeutet dies, dass die angemeldeten Forderungen nur bis zu einer im Verfahren zu bestimmenden Quote bedient werden

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB

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dieser dingliche Anspruch gegen den Eigentümer des Grundstücks gerichtet, das mit der Hypothek belastet wurde. Diese Person kann, muss jedoch nicht mit dem Schuldner der gesicherten Forderung identisch sein. Der Anspruch richtet sich nach § 1147 Abs. 1 BGB auf die Duldung der Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück. Diese erfolgt in dem nach dem Gesetz vorgeschriebenen Verfahren der §§ 1 – 161 ZVG. Dies bedeutet in der Regel eine Veräußerung durch öffentliche Versteigerung, §§ 15 ff. ZVG. Vereinfacht gesagt, wird der Erlös bis zur Höhe der gesicherten Forderung an den Gläubiger ausgekehrt, während der Überschuss an den Schuldner geht, §§ 105 ff. ZVG. Der § 1149 BGB ist eine Norm des Hypothekenrechts, deren Tatbestand dem Gläubiger die Möglichkeit abspricht, vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit Abreden mit dem Eigentümer zu treffen, die eine Befriedigung des Gläubigers entgegen der Norm des § 1147 Abs. 1 BGB abwandeln. Ausdrücklich sind Abreden ausgeschlossen, die eine Verwertung durch die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück vorsehen (1. Var.) oder in sonstiger Weise von der im Gesetz vorgeschriebenen Form der Zwangsvollstreckung abweichen (2. Var.). Der Wortlaut bestimmt, dass der Eigentümer dem Gläubiger kein abweichendes Verwertungsrecht einräumen kann, sodass eine solche Abrede nichtig ist.663 Damit das Verbot eingreift, müssen die Tatbestandsmerkmale erfüllt sein. Was aber verbirgt sich hinter dem „Zwecke der Befriedigung“? Wann handelt es sich um eine Übertragung des Eigentums, wann um eine Veräußerung des Grundstücks auf andere Weise als im Wege der Zwangsvollstreckung? Zu welchem Zeitpunkt greift das Verbot der Abrede? a) Zum Zweck der Befriedigung Das Verbot ist nach dem Wortlaut einschlägig, wenn die Abrede zum „Zwecke der Befriedigung“ getroffen wird. Wie diese Formulierung zu interpretieren ist, beantwortet die herrschende Literatur664 mit dem Verweis auf die Norm des § 1229 BGB als Auslegungshilfe. Dort ist eine Abrede nichtig, die das Eigentum verfallen lässt, „falls er [der Gläubiger] nicht oder nicht rechtzeitig befriedigt wird“. Dies wird dem Wortlaut des § 1149 BGB „zum Zwecke der Befriedigung“ gleichgestellt. Als Beleg können. Vereinfacht gelten die Forderungen danach als bedient und dem Schuldner kommt – etwa beim Verbraucherinsolvenzverfahren (§§304 ff. InsO) – nach einer Wohlverhaltensphase die Restschuldenbefreiung (§§ 286 ff. InsO) zugute. Bei juristischen Personen soll die Zahlungsfähigkeit durch einen Insolvenzplan (der meist eine Kürzung der Ansprüche vorsieht, §§ 217 ff. InsO) wiederhergestellt werden, um – falls möglich – das Unternehmen zu erhalten, vgl. § 1 S. 1 InsO. 663 Strecker, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1149, S. 1153; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 1; Liedler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1149, Rn. 5. 664 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 9 f. m. w. N.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

lassen sich die oben ausgewerteten Gesetzesmaterialien anführen, die bei der Konzeption der beiden Normen ausdrücklich keinen inhaltlichen Unterschied vorsahen.665 Das Verbot ist einschlägig, wenn es zu einer Verknüpfung kommt, die rechtlich als Bedingung einzuordnen ist, § 158 BGB. Für den Fall des Forderungsausfalls bzw. der nicht rechtzeitigen Befriedigung lässt sich der Gläubiger etwas anderes „zum Zwecke der Befriedigung“ versprechen. Was genau damit gemeint ist, wird erst deutlich, wenn man dem „Befriedigungszweck“ andere mögliche Zwecke gegenüberstellt. Wesentlich ist er vom Zweck der „Sicherung“666 und dem der „Strafe“667 zu unterscheiden. Der Sicherungszweck grenzt sich zu den beiden anderen durch die rechtliche Erweiterung der Sicherungsposition des Gläubigers ab. Zu denken ist an Abreden, die der Erhöhung der Hypothekensumme dienen oder die die Hypothek in eine fiduziarische Sicherheit wie die Sicherungsübereignung umwandeln. Den Sicherungszweck zeichnet aus, dass keine dauerhafte Vermögensverschiebung stattfinden soll, sondern vorübergehende Rechtspositionen ausgetauscht werden, um das wirtschaftliche Risiko des Sicherungsnehmers zu reduzieren. Er erhält als Kompensation für einen möglichen Ausfall des Schuldners einen weiteren oder einen erweiterten insolvenzfesten Anspruch. Ebenfalls unterscheidet sich ein Strafzweck vom Befriedigungszweck des § 1149 BGB. Ihm ist zu eigen, dass eine entsprechende Abrede die Rechtsfolge vorsieht, den Verstoß gegen eine vertragliche Pflicht, über einen möglichen Schaden hinaus, zu bestrafen und wirtschaftlich „schmerzhaft“ zu machen. Damit wird in einer Kosten-Nutzen-Rechnung der Verstoß gegen die Pflicht kostenintensiver, wodurch der Anreiz des Schuldners zur Pflichterfüllung erhöht wird. Der im Gesetz vorgesehene Regelfall, bei dem dieser Strafzweck am deutlichsten hervortritt, ist das Institut der Vertragsstrafe in den §§ 339 – 345 BGB. Natürlich tritt neben diese Grundlage das Interesse, Beweisprobleme oder Fragen des Verschuldens zu erleichtern. Möglich wird dies, da die Vertragsstrafe meist an objektive Umstände anknüpft.668 Die inhaltliche Ähnlichkeit der Institute war schon in der Vergangenheit kontrovers diskutiert worden, wie die Abgrenzung in der 1. Kommission des BGB zeigte.669 Wegen des unterschiedlichen Zwecks fallen die Strafversprechen grundsätzlich nicht unter § 1149 BGB. Die Grenze ist dann überschritten, wenn der Zweck einer Abrede überwiegend in der Befriedigung des Gläubigers liegt. Soll etwa das Grundstück des Hypothekenschuldners dem Gläubiger als Vertragsstrafe als Eigentum verfallen, kann die Vertragsstrafe zugleich eine Verfallklausel nach 665

S. o. in: Abschnitt F.; ebenso: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 9, 25. 666 Begriff nach: Raape: Die Verfallklausel, S. 23 ff. 667 Begriff nach: Raape: Die Verfallklausel, S. 27 ff. 668 Ausführlich zur Vertragsstrafe: Looschelders: Schuldrecht AT, Rn. 768 – 771; Stürner, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 339 ff., Rn. 1 f. 669 Siehe oben in Abschnitt F., unter: 1.

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB

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§ 1149 BGB darstellen. Dabei tritt der Verfall des Grundstücks an die Stelle der Befriedigung nach § 1147 Abs. 1 BGB. Der eventuelle Mehrwert des Grundstücks wird nicht herausgegeben, sondern fällt zur Strafe an den Sicherungsnehmer. Eine solche Abrede reicht derart in den Befriedigungszweck hinein, dass das Verbot des Verfalls eingreifen muss.670 Was beinhaltet der Befriedigungszweck? Der Gläubiger und der Schuldner beabsichtigen bei der Abrede einen „inneren Zusammenhang“671 zwischen der Verfallklausel selbst und dem Hypothekenverhältnis. Vereinfacht gesagt, trifft der Schuldner mit dem Gläubiger die Vereinbarung, dass für den Fall der Nichterfüllung seiner Leistungspflichten eine Konsequenz eintritt, die vom gesetzlichen Verwertungsverfahren abweicht und es dem Gläubiger erleichtert, für den Ausfall aus seiner hypothekarisch gesicherten Forderung einen Ersatz zu erlangen. Die Verknüpfung entsteht durch die Bedingung der Nichtbefriedigung, an die sich die inhaltliche Änderung der Hypothek anschließt. Die Norm sieht in ihrem Tatbestand zwei Möglichkeiten vor: zum einen, dass dem Gläubiger das Eigentum am belasteten Grundstück zufallen soll, zum anderen, dass eine Abweichung von der gesetzlichen Form der Durchsetzung getroffen wird. Mit der Formulierung „auf andere Weise als im Wege der Zwangsvollstreckung“ wurde ein Auffangtatbestand geschaffen, der abgesehen von der Zwangsversteigerung alle anderen Formen der Verwertung ausschließt. Für das Verständnis des „inneren Zusammenhangs“ sind drei einführende Urteile wichtig: aa) Rechtsprechung des RG in: RGZ 92, 101 In dem ersten672 vor dem Reichsgericht verhandelten Fall gewährte der Beklagte dem Kläger ein Darlehn in Höhe von 7.000 Mark, das im November 1914 fällig wurde. Seinerseits ließ er sich eine Hypothek bestellen, die für die Nichtzahlung der Darlehnssumme zum Termin der Fälligkeit einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums am Grundstück vorsah. Dieser Anspruch wiederum wurde mittels einer Auflassungsvormerkung besichert. Interessant für das RG war, dass der notarielle Vertrag von einem durch den Zahlungsausfall aufschiebend bedingten „Kaufangebot“ sprach. Es war demnach nicht die Rückzahlung der 7.000 Mark durch den Kläger vorgesehen, vielmehr sollte der Beklagte weitere Hypotheken, die auf dem Grundstück lasteten, übernehmen und dem Kläger zusätzliche 3.000 Mark auszahlen. Brisant war der Fall zudem, da nach Beginn des Ersten Weltkriegs die Zahlungsfrist mehrfach verlängert wurde und der mit Vollmacht handelnde Vater die wesentlichen Entscheidungen traf. Es kam zum Rechtsstreit, als sich Unklarheiten über weitere nicht wirksame mündliche Abreden zeigten. Der Kläger wünschte gegen Zahlung von 7.000 Mark die Löschung der Hypothek und der Auflassungsvormerkung und ver670 671 672

Zur Abgrenzung ebenso: Raape: Die Verfallklausel, S. 72 ff. Ausdruck des „inneren Zusammenhangs“ nach BGHZ 130, 101, 108 = juris-Rn. 15. RGZ 92, 101.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

langte die Feststellung, dass er weiter nichts schuldete. Umgekehrt begehrte der Beklagte in Widerklage die Auflassung. Das RG entschied in Ansehung des Klägervortrags, dass § 1149 BGB einschlägig war. Ebenfalls sei es unerheblich, dass über die Figur der „Annahme an Erfüllungs statt“ (§§ 364, 365 BGB) die Abwicklung der Hypothek in Form eines Kaufvertrages ausgestaltet war. Entscheidend war das Versprechen des Klägers, das Eigentum am Grundstück zu übertragen, falls er die Darlehnsforderung nicht bis zur einschlägigen Frist erfüllen werde. Damit stellte das RG klar, dass die rechtliche Bedingung, die an die Nichterfüllung der gesicherten Forderung anknüpfte, wesentlicher Teil einer nach § 1149 BGB verbotenen Verfallklausel war.673 bb) Urteil des KG vom 28. Juli 1932 I X 446/32 674 Streitpunkt war die von einem Grundstückseigentümer für seinen Darlehnsgeber bestellte Hypothek, die weitreichende Nebenabreden enthielt. Relevant für die Interpretation des § 1149 BGB war insbesondere die Abrede, dass der Eigentümer für den Fall, dass die zugrunde gelegte Währung der Reichsmark mehr als ein Zehntel zur Vergleichswährung des Dollars (1 RM = 4,2 USD) verlöre, dem Darlehnsgeber und gleichzeitigem Hypothekengläubiger ein ideelles Viertel am Grundstück übereignen sollte. Für den Fall der vormerkungsbesicherten Auflassung war gleichzeitig eine Löschungsbewilligung der Hypothek durch den Darlehnsgeber vorgesehen. Das Kammergericht musste die Frage beantworten, ob diese Abreden gegen § 1149 BGB verstießen. Es verneinte dies mit dem Hinweis, dass die Abreden zwar einen Anspruch auf Eigentumsübertragung enthielten, der durch eine Bedingung ausgelöst wurde, diese Bedingung jedoch nicht die Nichtbefriedigung durch den Schuldner betraf, sondern an allgemeine Umstände anknüpfte, die von der Befriedigung des Gläubigers durch den Schuldner unabhängig waren. Folglich fehlte der innere Zusammenhang zwischen der Auflassungsvormerkung und dem Befriedigungszweck. cc) Das Urteil in ROHG 7, 65 f. und die Bestätigung durch das RG in RGZ 130, 227 Zuletzt das zeitlich erste Urteil, das sich mit dem Problem der Verfallklausel beschäftigte.675 Obwohl es sich mit einer Vertragsgestaltung befasste, die wegen einer Verbotsnorm des preußischen ALR nichtig sein sollte, sahen die vorangehenden Urteile des RG und des KG durch dieses Urteil eine Rechtsprechungstradition begründet. Die Urteile zitierten die Entscheidung des ROHG als richtungsweisend für die Auslegung des Verfallverbots in § 1149 BGB. Das ROHG hatte zu 673

In der rechtlichen Argumentation verweist das RG auf die Entscheidung des ROHG zu § 33 ALR I 20 (s. o.), die „Motive“ zum BGB (Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 680) und die Monographie von Raape: Die Verfallklausel, S. 16 ff. 674 KG vom 28. Juli 1932 I X 446/32 = HRR 1933 Nr. 198. 675 ROHG, Bd. 7, S. 65 f.

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB

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entscheiden, ob eine Vertragsgestaltung gegen das im preußischen Recht enthaltene Verfallverbot verstieß.676 Der in Rede stehende Vertrag enthielt eine Abrede, die dem Darlehnsgeber zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit zusprach, vom Forderungsinhaber die verpfändeten Forderungen für eine den Darlehnsbetrag übersteigende Summe zu erwerben. Das ROHG sah hierin keinen Fall des in ALR § 33 I 20 statuierten Verbots, da das Recht, die Forderungen zu erwerben, eben nicht abhängig davon war, dass keine Befriedigung durch den Darlehnsschuldner erfolgt. Besonders deutlich wurde dies durch den Zeitpunkt des Verkaufs, der vor dem Tag der Fälligkeit der besicherten Forderung lag. Genau diese Wertung griff das RG in einer zweiten richtungsweisenden Entscheidung wieder auf.677 Durch die Parteien war ein notarieller Kaufvertrag geschlossen worden, der rechtlich nicht in das Konstrukt des Darlehns und der Hypothek eingebunden war. Die geschuldete Summe von 22.500 Reichsmark wurde dem Eigentümer, der zugleich Schuldner war, mittels zweier Darlehnsverträge ausgezahlt. Im Zeitpunkt, als der Kaufvertrag geschlossen wurde, war ein Darlehn fällig, das andere nicht. Nach dem Urteil des RG war dies – entgegen dem Klägerbegehren – nicht relevant, da es keinen inneren Zusammenhang zwischen den Darlehn und dem geschlossenen notariellen Kaufvertrag gab. In einem „Orbiter Dictum“ fügt das RG an, dass die Verbotsnorm des § 1149 BGB in diesem Fall nur einschlägig gewesen wäre, wenn mit der Bestellung der Hypothek eine bedingte Verfall- oder Veräußerungsverpflichtung eingegangen worden wäre, die bei Nichtbefriedigung des Darlehnsvertrags eingegriffen hätte. Dies war nach Ansicht des RG nicht von den Parteien beabsichtigt worden.678 Die Urteile bestätigen das Ergebnis der rechtshistorischen Analyse.679 Das Verbot ist einschlägig, wenn im Rahmen eines Hypothekenverhältnisses durch eine Abrede eine Verknüpfung zwischen der abgeänderten Verwertung des Grundstücks und der Nichtbefriedigung des gesicherten Anspruchs hergestellt wird. Diese Verknüpfung erfolgt durch die rechtliche Konstruktion der Bedingung, die den „inneren Zusammenhang“ begründet. Es reicht demnach nicht aus, dass eine Hypothek, eine Grundstücksverfügung und eine Bedingung aufeinandertreffen. Die Abrede muss vielmehr so gestaltet sein, dass im Rahmen der Hypothek unter der Bedingung der Nichtbefriedigung des besicherten Anspruchs der Anspruch aus der Hypothek (§ 1147 Abs. 1 BGB) inhaltlich umgewandelt wird, dass eine Verfügung des Grundstücks oder eine andere Verwertungsform erfolgen soll. Dieser „innere Zusammenhang“ muss dabei nicht deutlich hervortreten, sondern kann sich in der rechtlichen Ausgestaltung verbergen, wie das Urteil des RG (RGZ 92,101) zeigte. 676 ALR § 33 I 20: „Ein Vertrag, daß bei ausbleibender Zahlung die verpfändete Sache dem Gläubiger für die Schuld oder für einen im Voraus bestimmten Werth zufallen soll, ist in Ansehung beider Theile ohne Wirkung.“ Zur Auslegung der Norm siehe die Ausführungen in: Abschnitt E. 677 In RGZ 130, 227. 678 Siehe RGZ, 130, 227, 229. 679 Siehe die Analyse in: Abschnitt F.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

Denn trotz der Ausgestaltung als Kaufvertrag bzw. einer Annahme des Grundstücks an Erfüllungs statt nach §§ 364, 365 BGB sah das RG eine Nichtigkeit nach § 1149 BGB. Zuletzt zeigte der Fall des ROHG, dass der Blick auf den „inneren Zusammenhang“ einer längeren Rechtsprechungstradition folgt, die das RG selbst aufgriff. Demnach wird über den Wortlaut einer Vertragsgestaltung hinaus eine genaue Prüfung der Interessenlage verlangt. Dieser Gedanke geht in der rechtswissenschaftlichen Literatur auf das Werk von Raape680 zurück, der mit seiner 1913 erschienenen Monographie zur lex commissoria in den Urteilen stets zitiert wird. Er stellte am Beispiel des Kaufvertrages heraus, wie es um die Interessen der Beteiligten steht. Für ihn war das Verbot des § 1149 BGB einschlägig, wenn es den Parteien in erster Linie um die Befriedigung ging. Am deutlichsten sprach die Konstruktion der Bedingung für diesen Zusammenhang. „Der Schuldner legt Wert darauf, das Eigentum zu behalten; und der Gläubiger legt keinen Wert darauf, es zu erhalten. Und wenn wirklich der Schuldner das Grundstück sogleich verkaufen möchte, um sich in dieser Art bares Geld zu verschaffen – der Gläubiger lehnt es offenbar ab, denn sonst würden ja wohl die Parteien sogleich einen Kauf schließen. Nur im Notfall will der Gläubiger das Grundstück übernehmen, nur dann, wenn es nicht anders geht, wenn er nur so zu seinem Gelde kommen kann. Umgekehrt verhält es sich, wenn der Gläubiger sogleich das Grundstück haben möchte; dann liegt es offenbar am Schuldner, daß es nur zu einer bedingten Übertragung kommt. Einer von beiden widerstrebt dem Verkauf auf alle Fälle.“681

In der Theorie erscheint die Interpretation logisch. In der Praxis ist das Vorliegen des „inneren Zusammenhangs“ schwer zu beurteilen. Es wird letztlich nach dem inneren Beweggrund einer Abrede gefragt, die nicht zwingend äußerlich in der rechtlichen Gestaltung erkennbar sein muss. Es ist durch Auslegung des Vertragsverhältnisses zu ermitteln, ob eine Abrede die Voraussetzung des „inneren Zusammenhangs“ erfüllt und damit das Verbot des Verfalls ausgelöst wird. Nicht nur die benannten Urteile bestätigen diesen Eindruck, auch die Gesetzesmaterialien lassen vermuten, dass es nicht auf die formale bzw. wörtliche Ausgestaltung der Abrede ankommt, sondern die Interessenlagen der Parteien entscheidend sind. Denn anders als das römische Vorbild nahm der Gesetzgeber von der Aufnahme weitreichender Ausnahmen Abstand. Zweck des Verbots ist folglich der Schuldnerschutz.

680

Johann Friedrich Leo Raape (1878 – 1964) lehrte, nach erfolgreicher Ausbildung, Bürgerliches Recht in Halle mit einem Schwerpunkt im römischen Recht. Sein bevorstehender Lehraufenthalt in Tokio wurde durch den 1. Weltkrieg verhindert. Er wurde in der Masurenschlacht verwundet, arbeitete dann für das Kriegsministerium und wurde als Kriegsgerichtsrat eingesetzt (1916). Nach dem Ruf an die Universität Hamburg (1932, Rektor 1933) wurde er in den 30er und 40er Jahren führender Vertreter für das IPR in Deutschland. Auf der Rektorenkonferenz im April 1933 schlug er einen Protest gegen die Entlassung jüdischer Hochschullehrer vor, der aber abgewiesen wurde. 1948 emeritiert, lehrte er bis 1963. Siehe: Magnus: Artikel: „Raape, Johann Friedrich Leo“, in: Hockerts, Die historische Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften, Neue deutsche Biographie Bd. 21, S. 58 f. 681 Raape: Die Verfallklausel, S. 18 f.

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB

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Auch die Rechtsprechung teilt diese Interpretation, indem sie keine Unterscheidung zwischen einem „rechnungsfreien“ und einem „rechnungspflichtigen Verfall“ vornimmt. Beim rechnungsfreien Verfall wird der Wert des Grundstücks nicht berücksichtigt, der Anspruch auf Übertragung des Grundstücks tritt zur Befriedigung des Gläubigers im Zeitpunkt des Verfalls an die Stelle der Forderung. Der rechnungspflichtige Verfall hingegen berücksichtigt den Wert des Grundstücks, sei es durch einen Schätzwert zum Zeitpunkt der Fälligkeit oder durch einen im Vorhinein bestimmten Wert. Dieser Wert dient als Aufrechnungsgrundlage gegenüber der Forderung, sodass für den Anspruch auf Übertragung des Grundstücks ein möglicher Überschuss herauszugeben ist. Beide Varianten sind durch den § 1149 BGB erfasst, der jede Form der Verfallabrede ausschließt.682 Die weite Auslegung des Verfallverbots zeigt, dass der im Verbot des römischen Rechts angelegte Versuch, die Wuchergefahr zu bannen, im heutigen Recht durch einen abstrakten Tatbestand aufgegriffen wurde. Es wird dem Schuldner versagt, vor Eintritt der gefährlichen Situation auf die Rechtsbehelfe zu verzichten, die ihm das Gesetz für den Eintritt der Sachlage zugewiesen hat.683 Das aus den Gesetzesmaterialien erarbeitete Ergebnis684 wird damit auch in Rechtsprechung und Literatur akzeptiert. Offen ist bisher hingegen, wie weit die Konzeption des „inneren Zusammenhangs“ reicht. Dies ist später schwerpunktmäßig zu untersuchen.685 b) Übertragung oder Veräußerung des Grundstücks Tatbestandlich unterscheidet § 1149 BGB zwei Verbote, zum einen das Verbot der Verfallabrede (1. Variante) und das Verbot der Veräußerungsabrede (2. Variante). Im Wortlaut spricht der § 1149 BGB lediglich von der „Einräumung eines Rechts“, das den Gläubiger berechtigt, die Übertragung des Eigentums am Grundstück oder eine Veräußerung anderer Art zu verlangen. Damit wird nicht zwischen schuldrechtlichen oder dinglichen Abreden unterschieden, die ein solches Recht einräumen könnten. Jedoch ist aus der Norm des § 925 Abs. 2 BGB ersichtlich, dass eine Auflassung, als dingliche Einigung des gewillkürten Übertragungsvorgangs nach §§ 873, 925 BGB, nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung 682 Auch hier hat Raape weitreichend die Interpretation und die Begriffe mitgeprägt. So war bis zur differenzierten Auseinandersetzung die Frage offen, ob der sogenannte „rechnungspflichtige Verfall“ überhaupt unter § 1149 BGB fiel. Siehe: Raape: Die Verfallklausel, S. 16 ff. Hierauf Bezug nehmend: BGHZ 130, 101, 104 f.; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 7; so auch RGZ 130, 227; siehe Fn. 689. 683 Ebenso: Boesebeck, Anmerkung zu: RG Urteil v. 22. Mai 1935, Az: V 469/34, in: JW 1935, S. 2886 f. Das Urteil stärkt die Rechtsprechung in RGZ 130, 227 ff. Die Form der Regelungstechnik ist bis heute in Verwendung, etwa wenn § 476 Abs. 1 S. 1 BGB dem Verbraucher versagt, vor der Mitteilung eines Mangels auf die Rechte des Mängelgewährleistungsrechts zu verzichten. 684 Siehe oben Abschnitt F., unter: 2. 685 Siehe unten, unter: 1. e).

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getroffen werden kann. Geschieht dies, ist die Auflassung nichtig.686 Man spricht davon, dass die Auflassung bedingungsfeindlich sei.687 Der Tatbestand des § 1149 BGB verlangt durch die Formulierung „zum Zwecke der Befriedigung“ aber gerade einen inneren Zusammenhang durch die Bedingung der Nichtleistung (i. S. d. § 1149 BGB). Insofern ist eine dingliche Abrede, die einen Eigentumsübergang unter die Bedingung der Nichtleistung stellt, schon aus der Konzeption des § 925 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Daher ist § 1149 BGB nur für schuldrechtliche Abreden einschlägig. Dieser Gedanke kommt auch in der Argumentation der Gesetzesmaterialien zum Ausdruck.688 Das Verbot der Verfallabrede richtet sich gegen eine schuldrechtliche Verpflichtung, die eine Übereignung des Grundstücks vorsieht. Der Anspruch auf das besondere Verfahren der Zwangsvollstreckung nach § 1147 Abs. 1 BGB wird durch einen schuldrechtlichen Anspruch auf Grundstücksübertragung ersetzt.689 Nach der Kommentarliteratur stellt dies den Grundfall des § 1149 BGB dar.690 Mit dem Bezug auf Urteile des RG und des BGH691 wird die Variante sehr weit gefasst. Denn neben einem direkten schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks werden auch Geschäfte erfasst, die zur Eingehung eines weiteren Verpflichtungsgeschäfts verpflichten, das wiederum eine Übertragung des Grundstücks zum Inhalt hat. Neben der einfachen kaufrechtlichen Abrede, das Grundstück bei Nichtleistung im Zeitpunkt der Fälligkeit in Zahlung zu nehmen,692 wird auch die Einräumung eines schuldrechtlichen Vorkaufsrechts im Sinne des § 463 BGB ausgeschlossen. Ob in diesem Fall § 1149 BGB alleinige Verbotsnorm ist oder auch der Regelungsbereich des § 1136 BGB betroffen ist, der Abreden für nichtig erklärt, bei denen sich der Eigentümer gegenüber dem Gläubiger verpflichtet, das Grundstück nicht weiter zu belasten oder zu veräußern, kann offen bleiben.693 Nach der Literatur sind nach § 1149 BGB auch solche Abreden für nichtig zu erklären, die keine unmittelbare Veräußerungsverpflichtung statuieren, sondern in ihrer Wirkung mittelbar einer solchen Pflicht gleichstehen. Dies läuft parallel zum Schutzumfang des § 311b Abs. 1 S. 1 BGB. Von der Norm erfasste Abreden, die durch eine rechtliche Konstruktion oder durch starke wirtschaftliche Bindung einer 686 Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 22 III 3, Rn. 6; Vieweg/Werner: Sachenrecht, § 3, Rn. 22 ff. 687 Vieweg/Werner: Sachenrecht, § 11, Rn. 5; § 13, Rn. 22. 688 Siehe oben, in: Abschnitt F., unter: 2. 689 Beispielhaft gilt der Fall RGZ 130, 227, siehe oben, unter: 1. a) aa). 690 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 5, 7; Strecker, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1149, S.1154. 691 RGZ 92, 101; 130, 227, 228 f.; BGHZ 130, 101. 692 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 5, 7; Strecker, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1149, S.1154. 693 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1136, Rn. 6; § 1149, Rn. 5.

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Veräußerungsverpflichtung entsprechen, bedürfen einer notariellen Beurkundung.694 Immer dann, wenn diese Schwelle überschritten ist, handelt es sich um ein Rechtsgeschäft mit gleicher Wirkung, das einer Veräußerungsverpflichtung entspricht und auch im Sinne des § 1149 BGB erheblich ist.695 Wird also ein solches Geschäft mit der Bedingung der Nichtbefriedigung der Forderung verknüpft, kann das Verbot des § 1149 BGB eingreifen. Die Rechtsprechung bestätigt die Wertung in einem Urteil des BayObLG696. Der Gläubiger hatte sich, bedingt auf die Fälligkeit des gesicherten Anspruchs, vom Eigentümer ein Ankaufsrecht versprechen lassen, das eingreifen sollte, wenn ihm grundsätzlich das Recht zur Befriedigung aus der Hypothek zustand. Ein Ankaufsrecht als gesetzlich nicht geregelter Sonderfall sieht vor, dass der Grundstückskauf nach Begründung des Ankaufsrechts nur von der Entscheidung des Ankaufberechtigten abhängt. Dies kann entweder in der Form eines Optionsvertrags geschehen, bei dem die Ausübung der Kaufoption durch den Berechtigten den Vertrag zu Stande kommen lässt, oder in der Form, dass der Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Ausübung des Ankaufsrechts durch den Berechtigten steht, § 158 Abs. 1 BGB. Damit ersetzte das Ankaufsrecht des Sachverhalts den Anspruch aus § 1147 Abs. 1 BGB und stand im „inneren Zusammenhang“ mit der Hypothek. In der Konsequenz stellte das Gericht die Nichtigkeit der Abrede nach § 1149 BGB fest. Nach Ansicht des BayObLG bestand daher ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung gegenüber einer weiteren Partei, da das nichtige Ankaufsrecht nicht durch eine Vormerkung gesichert werden konnte.697 Die Literatur hält darüber hinaus auch die Abrede für nichtig, die dem Gläubiger das Wahlrecht lässt, ob er die Übereignung des Grundstücks verlangt oder das Verfahren im Rahmen der Zwangsvollstreckung in Anspruch nehmen möchte.698 Demgegenüber wandelt eine Veräußerungsabrede im Sinne des § 1149 Var. 2 BGB den Anspruch aus § 1147 Abs. 1 BGB in der Weise um, dass der Eigentümer veranlasst wird, ohne das Verfahren der Zwangsvollstreckung zu achten, das Grundstück an eine dritte Person zu übertragen. Voraussetzung für das Eingreifen des Verbots ist, dass diese Veräußerungspflicht aufgrund der Nichtbefriedigung des besicherten Anspruchs erfolgen soll. Das Verbot, das primär eine Berechtigung zum freihändigen Verkauf ausschließen sollte, ist zudem so offen formuliert, dass es als Auffangtatbestand verstanden werden kann. Die Untersuchung der Gesetzesmaterialien zeigt, dass die konkreten rechtlichen Konstruktionen, die durch das Verbot 694

BGH Beschluss vom 08. 12. 2005 – IX ZR 296/01, hierauf verweisend m. w. N. und Bsp.: Schumacher, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 311b, 311c), § 311b, Rn. 104 ff.; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 6. 695 Kurz hierzu: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 6. 696 BayObLG vom 03.07.1992 – 2Z BR 45/92, DNotZ 1993, 386. 697 So: BayOLG vom 03. 07. 1992 – 2Z BR 45/92, juris-Rn. 22, 25; ebenso: NJW-RR 1997, 590 f.; DNotZ 1997, S. 727 – 729. Diese Entscheidung entspricht der Rechtsprechung des RG: JW 1935, S. 2886 f. 698 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 7.

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erfasst werden sollten, immer umfassender durch eine abstrakte Formulierung ausgeschlossen wurden.699 Die Rechtsprechung hat bisher keine Abrede mit der zweiten Variante erfasst, sondern die verbotenen Klauseln stets als Unterfälle der Verfallabrede interpretiert. Abgesehen von der Seltenheit solcher Fälle, ist es für den durch die Abrede begünstigten Gläubiger meist attraktiver, das Grundstück zu erhalten und dann selbst nach seinem Ermessen über das Grundstück verfügen zu können. Eine solche Gestaltung ist flexibler, als wenn er die Übertragung lediglich auf eine dritte Person veranlassen kann. c) Nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit Betrachtet man den Tatbestand des § 1149 BGB, unterteilt dieser das Rechtsverhältnis der Hypothek in mehrere Zeitabschnitte. Die Fälligkeit der Forderung trennt den Abschnitt von der Bestellung der Hypothek bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit von dem Abschnitt, der sich vom Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung bis zum Abschluss der Zwangsvollstreckung erstreckt. Die normierten Verbote der Abreden betreffen, ganz nach den historischen Vorbildern, nur den ersten Zeitabschnitt. Diese Interpretation ergibt sich nach Ansicht der Literatur ohne Zweifel aus der Formulierung der Norm.700 Anknüpfungspunkt ist dabei die Fälligkeit der Hypothekenforderung. Diese lässt sich grundsätzlich leicht bestimmen und richtet sich nach dem zugrundeliegenden Forderungsverhältnis. Ist die Forderung hingegen nur teilweise fällig, können sich Schwierigkeiten ergeben. Zum einen stellt sich die Frage, ob die Teilfälligkeit das Tatbestandsmerkmal der „Fälligkeit der Forderung“ auslösen kann. Dies bestätigt die Literatur mit einigen Bedenken.701 Schon Raape hatte dieses Tatbestandsmerkmal als den Schwachpunkt des Gesetzes bezeichnet, da über die Teilfälligkeit das Verbot leicht zu umgehen ist, indem man künstlich den Zeitpunkt der Fälligkeit einer Teilleistung nach vorn verschiebt. Als Lösung schlägt er vor, auszulegen, ob die Leistung eines geringen Teils nur der Umgehung des Verbots dient oder einen sachlich gerechtfertigten Grund hat.702 Zum anderen wird der Fall diskutiert, der die rechtzeitige Tilgung eines Teils der Teilschuld betrifft. In dieser Situation könnte, in Anwendung des gerade Gesagten, die Fälligkeit der Forderung ausgelöst werden, sodass das Verbot des § 1149 BGB zurücktreten müsste. Da die teilweise Fälligkeit der Forderung einer Fälligkeit im 699 Siehe oben die sprachliche Entwicklung der Norm in den verschiedenen Stufen der Gesetzgebung, in Abschnitt F., unter: 2. 700 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 16, m. w. N. 701 Strecker, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1149, S. 1153, Anm. 1; auf diesen verweisend: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 16; so schon: Raape: Die Verfallklausel, S. 38. 702 Raape: Die Verfallklausel, S. 38.

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Sinne des § 1149 BGB entspricht, müsste eine Verfallklausel wirksam zu verabreden sein. Wenn aber die fällige Forderung teilweise getilgt würde, stellt sich die Frage, ob der Zeitpunkt der Fälligkeit weiter fortbesteht. Nach Ansicht einiger Stimmen der Literatur ist hier eine telelogische Reduktion geboten. Andernfalls sei die Umgehung des Verbots zu einfach möglich. In konkreter Anwendung des Normzwecks müsste eine Verfallabrede vorerst gültig sein, verlöre aber mit der Tilgung der Teilschuld wieder an Wirksamkeit. Geboten sei dies aus dem Zweck des Schuldnerschutzes.703 Tatsächlich ist diese Argumentation mit Blick auf die historischen Grundlagen des Verbots vorzugswürdig. Problematisch für die Anknüpfung an die Fälligkeit der Forderung sind auch solche Geschäfte, die von Beginn an als fällig gestellt werden. Durch eine Hypothek lässt sich auch ein abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis sichern. Nach dem Gedanken des Schuldnerschutzes muss in diesen Fällen das Tatbestandsmerkmal der Fälligkeit umgestaltet werden. Der Zweck der Vorschrift würde umgangen, wenn nur auf die grundsätzliche fällig bestellte Forderung Bezug genommen würde. Grundlage zur Bestimmung des Zeitpunkts der Fälligkeit im Sinne des § 1149 BGB muss der mit dem Schuldversprechen oder dem Schuldanerkenntnis in Zusammenhang stehende Hauptanspruch sein. Beim Schuldanerkenntnis wird man auf diese Weise den in der Praxis herrschenden Verhältnissen gerecht.704 Denn sowohl das gesetzlich geregelte abstrakte Schuldanerkenntnis (i. S. d. § 781 BGB) wie auch das kausale bzw. deklaratorische Schuldanerkenntnis705 führt letztlich nur zu einer Beweiserleichterung bzw. einem Einredeverzicht und stellt keinen neuen eigenen Rechtsgrund dar.706 Folglich ist die Anknüpfung an den anerkannten Hauptanspruch logisch, um den Zweck von § 1149 BGB zu wahren. Ansonsten könnte mit der Bestellung eines abstrakten Schuldverhältnisses der Regelungskomplex der Verbotsnorm vollständig ausgehebelt werden, da eine Fälligkeit von Anfang an bestünde. Ähnlich logisch erscheint eine Argumentation, die sich auf das Schuldversprechen (i. S. d. § 780 BGB) bezieht.707 Dabei ist einzuwenden, dass nach dem Wortlaut eine selbstständige Verpflichtung begründet wird. An diesem Punkt erfolgt grundsätzlich eine Auslegung des Parteiwillens, wie „abstrakt“ das Schuldversprechen ausgestaltet ist. An die Auslegung, ob ein sogenannter Abstraktionswille vorliegt, wurden durch die Rechtsprechung weitreichende Voraus-

703

Böttcher: Veräußerung von Immobilien während eines Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahrens, in: ZfIR 2010, S. 521, 538; ebenso: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 16. 704 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 24. 705 Wie es in st. Rspr. des BGH anerkannt ist, wie etwa BGHZ 66, 250, 253 f. belegt. 706 Siehe hierzu: Medicus/Lorenz: Schuldrecht, § 123, Rn. 1043 – 1050; Buck-Heeb, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, § 780 BGB, Rn. 11, 13, 18, m. w. N. 707 So auch: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 24; zur inhaltlichen Ausgestaltung: Buck-Heeb, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGBKommentar, § 780 BGB, Rn. 1 – 8.

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setzungen geknüpft.708 Verkürzt ausgedrückt, stehen sich das Interesse des Gläubigers eines Schuldversprechens und das Interesse des Hypothekenschuldners gegenüber. Während der eine aufgrund der Abstraktheit möglichst schnell sein Recht durchsetzen möchte, soll der andere geschützt werden. Da in § 1149 BGB nach der historischen Auslegung der Schuldnerschutz im Vordergrund steht, muss eine Abwägung zugunsten des Eigentümers ausfallen. Trotz der Fälligkeit des abstrakt bestellten Schuldversprechens ist zur Beurteilung, ob eine Verfallabrede wirksam ist, auf den Zeitpunkt der im Zusammenhang stehenden ursprünglichen Forderung abzustellen. Dem Gläubiger wäre die Durchsetzung grundsätzlich nicht verwehrt, jedoch bleibt er bis zur Fälligkeit der zugrundeliegenden Forderung auf die gesetzlichen Verwertungsformen beschränkt. d) Weitere direkte Anwendungsfälle Nach der gesetzlichen Konzeption ist die Norm des § 1149 BGB sowohl auf die Institute der Grund- und Rentenschuld (§ 1192 BGB) als auch auf die Reallast (§ 1107 BGB) zu übertragen. Im Fall der Grundschuld ist der Anwendungsbereich ähnlich anzupassen wie bei der Hypothek, die ein abstraktes Schuldversprechen sichert. Grund ist, dass Grundschulden nach gängiger Praxis meist fällig bestellt werden. Das Verbot muss folglich an den Zeitpunkt der Fälligkeit der zugrundeliegenden Forderung anknüpfen, um zu sachgerechten Ergebnissen zu gelangen.709 Dies gilt insbesondere dann, wenn die Grundschuld von § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB erfasst wird. Sofern sie eine Geldforderung sichert, tritt eine Fälligkeit demnach erst nach der Kündigung der Grundschuld ein, deren Frist nach § 1193 Abs. 1 S. 2 BGB sechs Monate beträgt. In der Folge darf eine Verfallabrede erst dann vereinbart werden, wenn sowohl die Grundschuld als auch die Forderung fällig sind.710 e) Die analoge Anwendung von § 1149 BGB auf dinglich nicht gesicherte Gläubiger Der meistbeachtete Problemfall betrifft die analoge Anwendung des Verfallverbots auf dinglich nicht gesicherte Gläubiger. In den Blickpunkt rückte der Ansatz 708 So wird der Wille gefordert, eine „neue und selbständige Verpflichtung“ einzugehen (BGH NJW 2008, S. 1589, 1590). Ebenso wird verlangt, eine Verpflichtung müsse ausdrücklich vom Grundgeschäft – d. h. von den „wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen“ (BGH NJW 1999, S. 574, 575) – losgelöst sein. Für das Kriterium einer Auslegung: BGH NJW-RR 1995, S. 1391 f. und BGHZ 161, S. 273, 279. Ausführlich, m. w. N.: Buck-Heeb, in: Prütting/ Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, § 780 BGB, Rn. 7 f. 709 Böttcher: Veräußerung von Immobilien während eines Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahrens, in: ZfIR 2010, S. 521, 537; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGBKommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 24. 710 Lohaus: Die Verwertungsvollmacht für einen Grundpfandrechtsgläubiger, in: Casper, Forum Immobilienrecht 2009, S. 80, 85, m. w. N.

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durch die Arbeit von Gaul, der für ein allgemeines Rechtsprinzip des Verfallverbots eintrat. Das LG Stuttgart griff in einer Entscheidung den Gedanken auf, dass den §§ 1149, 1229 BGB über die direkte Anwendung hinaus ein rechtlicher Gehalt innewohnt. Es wandte die Norm des § 1149 BGB analog auf einen durch Verfallklausel begünstigten Forderungsgläubiger an, dem keine dingliche Sicherheit zustand. aa) Der Beschluss des LG Stuttgart vom 23. 12. 1971 – Az: 1 T 16/71 In dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte das LG Stuttgart die rechtliche Streitfrage zu entscheiden, ob die Beschwerde gegen eine Zurückweisung eines Antrags auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung des Grundbuchamts statthaft war. Dieses hatte die Eintragung des Anspruchs auf Auflassung verweigert, da aus Sicht des Amts der zu sichernde Anspruch wegen Sittenwidrigkeit nichtig war. Dem Anspruch lag ein Vertragswerk zugrunde, in dem sich die Eigentümer des Grundstücks zur Sicherung von zwei Darlehn in Höhe von 100.000 und 25.000 DM unter anderem dazu verpflichteten, eine monatliche Leibrente von 1.000 DM an die Darlehnsgeber zu zahlen. Der Anspruch auf Leibrente wurde durch eine Verfallklausel verstärkt, die vorsah, dass, sofern die Schuldner mehr als zwei Monate mit der Zahlung der Leibrente im Rückstand blieben, ein „Kaufvertrag“ über das Grundstück der Eigentümer geschlossen wurde. Der Kaufpreis sollte sich, bedingt auf die Nichtleistung, aus der Darlehnssumme und den Zinsen zusammensetzen und durch Aufrechnung mit den Darlehnsforderungen verrechnet werden. Der Anspruch der Darlehnsgeber auf Übereignung des Grundstücks sollte wiederum durch eine Auflassungsvormerkung gesichert werden, die das Grundbuchamt aber – als dem Rechtsstreit zugrundeliegender Umstand – verweigerte. Zudem sollten die Schuldner fällige Grundschulden im Gesamtbetrag von 139.000 DM, die auf weiteren Grundstücken lasteten, an die Darlehnsgläubiger übertragen, um die Darlehn weiter zu sichern. Für das Grundbuchamt war neben der starken Sicherungsposition der Darlehnsgläubiger die besondere wirtschaftliche Situation der Schuldner ausschlaggebend, die den Darlehnsvertrag abschlossen, um ein weiteres ihrer Grundstücke vor der bereits angesetzten Zwangsversteigerung zu bewahren. Das LG Stuttgart stimmte der rechtlichen Bewertung des Grundbuchamts insoweit zu, als es die Nichtigkeit des zugrundeliegenden Anspruchs bestätigte. Wesentlich war für die Kammer hingegen eine Nichtigkeit aufgrund von § 134 BGB, die auf einer entsprechenden Anwendung des § 1149 BGB beruhte. Nur eine entsprechende Anwendung kam in Frage, da § 1149 BGB tatbestandlich nicht erfüllt war.711 711

Grundsätzlich beinhalten die Normen des §§ 1149, 1229 BGB eine eigene Nichtigkeitswirkung, sodass § 134 BGB nicht benötigt wird. Bei der analogen Anwendung stellt die Rechtsprechung auf die Rechtsfolge des § 134 BGB ab, da die Wirkung der Verfallverbote nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgt, vgl. etwa BGH, Urteil vom 25. 10. 2002, Az.: V ZR 253/02, juris-Rn. 5; OLG Brandenburg, Urteil vom 14. 03. 2012, Az.: 4 U 142/10, juris-Rn. 86.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

Weder war eine neue dingliche Sicherheit verabredet worden, die das Darlehn sicherte, noch wurden die übertragenen Grundschulden inhaltlich geändert. Dennoch sollte zugunsten der Schuldner eine vergleichbare Interessenlage vorliegen, die eine Analogie rechtfertigte. „Das gesetzliche Verbot der Verfallklausel gilt nicht nur, soweit es um die Befriedigung von Ansprüchen aus einer Hypothek (§ 1149 BGB), einer Grund- oder Rentenschuld (§ 1192 BGB), einer Reallast (§ 1107 BGB) oder eines Pfandrechts an beweglichen Sachen (§ 1229 BGB) und an Rechten (§§ 1275, 1277 BGB) geht. Diese Regelungen lassen sich nicht als erschöpfende Ausnahmebestimmungen qualifizieren, sie sind vielmehr Ausdruck eines allgemeinen Rechtssatzes und müssen deshalb in gleichartigen Fällen angewendet werden. Notwendigkeit und Umfang der Analogie folgen aus dem Grund des Verbots.“712

Das LG betonte die Gefahr der Verfallklausel, bei der der Schuldner in der Hoffnung, zum Zeitpunkt der Fälligkeit zahlen zu können, unvernünftige Risiken eingeht, die er entweder aus Leichtsinn nicht erkannt hat oder die aus den besonderen Umständen seiner wirtschaftlichen Zwangslage herrühren:713 „[Es] wird deutlich, daß dem Verbot ein materiales Unwerturteil zugrunde liegt, eine in der Notwendigkeit eines angemessenen Schuldnerschutzes begründete Mißbilligung derartiger Abreden, und daß es nicht etwa durch die besondere Ausgestaltung der Verwertungsrechte bedingt ist, in deren Zusammenhang es geregelt wurde. […] Ein solches Unwerturteil hat allgemeine Geltung. Die Verfallklausel ist deshalb nicht nur in den vom Gesetz ausdrücklich geregelten Fällen unzulässig, sondern überall, wo ihr dieselbe Gefährlichkeit beigemessen werden muß. Denn die Rechtswidrigkeit einer Vereinbarung kann nicht durch eine besondere Ausgestaltung beseitigt werden, wenn dabei der Grund der Mißbilligung unverändert erhalten bleibt.“714

Das LG verwies darauf, dass es keine obergerichtliche Entscheidung des Problems des dinglich nicht gesicherten Gläubigers gab. Man entschloss sich daher, auf die Ausarbeitung Gauls, der die Frage der analogen Anwendung des Verbots auf die Sicherungsübereignung behandelt hatte, zurückzugreifen. „Im Grundsatz schließt sich die Kammer der Meinung der Minderheit an, sie teilt die zuletzt von Gaul […] überzeugend begründete Auffassung, daß das Verbot der Verfallklausel als allgemeines Rechtsprinzip umfassende Geltung beansprucht.“715

Im Anschluss gab das LG zu bedenken, dass die abgetretene fällige Grundschuld die Beurteilung nicht änderte, da sie von der Verfallklausel unabhängig als zusätzliche Sicherheit der Darlehnsschulden betrachtet werden musste. Darüber hinaus bestehe grundsätzlich, trotz einer fällig bestellten Grundschuld, nicht die Mög-

712

LG Stuttgart, BWNotZ 1971, S. 87. Das LG Stuttgart verweist auf die Rspr. des RG in RGZ 130, 227 und auf Gauls Ausführungen, siehe: BWNotZ 1971, S. 87. 714 Zitat: LG Stuttgart, BWNotZ 1971, S. 87. 715 Zitat: LG Stuttgart, BWNotZ 1971, S. 87. 713

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB

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lichkeit, diese im Sinne der §§ 1149, 1192 BGB inhaltlich abzuändern, bevor die gesicherte Forderung ihrerseits fällig ist.716 Die Wertung des LG Stuttgart wurde in der Kommentarliteratur anerkannt. Die Argumentation, aus dem Normzweck des Schuldnerschutzes auf ein allgemeines Rechtsprinzip zu schließen, überzeugte die Literatur, die die analoge Anwendung der §§ 1149, 1229 BGB auf dinglich nicht gesicherte Gläubiger bereitwillig aufgegriff.717 bb) Die Rechtsprechung des BGH in BGHZ 130, 101 Eine Zäsur stellte die Rechtsprechung des BGH im Jahre 1995 dar, die sich bewusst gegen den Beschluss des LG Stuttgart richtete. Zunächst sollen der Inhalt und das durch den 5. Senat entschiedene rechtliche Problem erörtert werden, bevor die Bedeutung der Entscheidung näher beleuchtet wird. (1) Inhalt und Problematik des Falls Auf Vermittlung der Beklagten erwarb die Klägerin ein Grundstück zum Preis von 240.000 DM. Finanziert wurde der Kauf durch Bankdarlehn, dessen Tilgung über Lebensversicherungsverträge erfolgen sollte, die die Klägerin mit der C-Bank abschloss. Das Darlehn wurde durch Grundschulden auf dem Kaufgrundstück gesichert, zudem bürgte die Beklagte selbstschuldnerisch für das Darlehn. Die Bürgschaft war auf 5 Jahre befristet, den Tilgungszeitraum der Lebensversicherungsverträge. Am 10. Mai 1990 schlossen die Klägerin und die Beklagte einen notariellen Vertrag, in dem sich die Klägerin verpflichtete, der Beklagten das Grundstück zu übertragen, wenn sie mit zwei fälligen Zins- und Tilgungsraten der Lebensversicherungsverträge in Verzug geraten sein sollte. Rechtlich war für diesen Fall vorgesehen, dass die Beklagte das Recht habe, einen Übertragungsvertrag in Stellvertretung der Klägerin unter Aufhebung des § 181 BGB mit sich selbst zu schließen und die Auflassung zu erklären. Die Beklagte hatte für diesen Fall wiederum die Pflicht, die noch bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten der Klägerin zu übernehmen.

716

Siehe: LG Stuttgart, BWNotZ 1971, S. 87; so auch die Literatur, siehe oben, unter: 1. d). Eickmann, in: Rebmann/Säcker, Münchener Kommentar BGB §§ 854 – 1296, § 1149, 2. Aufl. von 1986, Rn. 12; Bassenge, Palandt BGB-Kommentar, § 1149, 54. Aufl. von 1995, Rn. 1; Konzen, in: Soergel, BGB-Kommentar §§ 854 – 1296, Bd. 6, § 1149, 12. Aufl. von 1989, Rn. 4. 717

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

notarieller Vertrag vom 10. Mai 1990

Klägerin

Beklagte Darlehn § 488

Grundschuld §§ 1113, 1192, 873

C-Bank

selbstschuldnerische Bürgschaft §§ 765, 773 I Nr.1 BGB

Im Lauf des Jahres 1991 trat der Fall ein. Die Klägerin geriet sowohl mit den Zinszahlungen als auch mit den Beiträgen der Lebensversicherung zwei Monate in Verzug, woraufhin die C-Bank den Rückzahlungsanspruch fällig stellte. Sie forderte von der Beklagten als Bürgin die Summe von 209.969,85 DM, die diese jedoch bis zum Zeitpunkt des Verfahrensbeginns noch nicht gezahlt hatte. Die Beklagte nahm nun das im notariellen Vertrag vom 10. Mai 1990 zugestandene Recht in Anspruch und schloss in Ausübung der Vollmacht einen Übertragungsvertrag mit sich selbst. Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung des Eigentumswechsels jedoch ab. Die Klägerin stellte den Antrag auf Feststellung, dass der notarielle Vertrag nichtig war, während die Beklagte in Widerklage die Zustimmung der Klägerin zur Eintragung als Alleineigentümerin des Grundstücks begehrte. Die Vorinstanzen gaben der Klägerin Recht und wiesen die Widerklage ab. Der BGH entschied zugunsten der Beklagten.718 (2) Die Lösung des BGH Als wesentlichen Grund für eine Nichtigkeit führten die Vorinstanzen einen Verstoß gegen § 1149 BGB an, da es sich um eine „verborgene Verfallklausel“ gehandelt habe. Die endgültige Vollrechtsübertragung – wie auch in der Rechtsprechung des LG Stuttgart – sei zum Zwecke der Befriedigung der Bürgin verabredet worden. Zwar war der Anspruch aus dem notariellen Vertrag nicht hypothekarisch gesichert, jedoch liege ansonsten „exakt der Fall des § 1149 BGB“ vor. Für eine Anwendung spreche, dass dem Verbot der „Charakter eines allgemeinen Rechtssatzes“ zukomme. Der BGH fasst die Argumentation der Vorinstanz des OLG mit den Worten zusammen: „Die §§ 1149, 1229 BGB müßten deshalb auf entsprechende Vereinbarungen mit nicht grundpfandrechtlich gesicherten Gläubigern von Grundstückseigentümern analog ange718

Siehe im Gesamten den Tatbestand von: BGHZ 130, 101, 102 f. = juris-Rn. 1 – 7.

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB

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wendet werden, weil die Interessenlage der Beteiligten und der Grund der Mißbilligung identisch seien.“719

Diesem Ergebnis widerspricht der BGH umfassend. Der 5. Senat bestätigt in seiner Darstellung den Tatbestand der Norm und erklärt mit Verweis auf Achilles’ Zusammenstellung der Motive: „Die eigentümliche Gefahr einer solchen Vereinbarung liegt unter anderem darin, daß der Schuldner, um in der Gegenwart Kredit zu erhalten, in den Verlust der meist wertvolleren Pfandsache für den in der Zukunft liegenden und von ihm nicht ernst genommenen Fall der Zahlungsschwierigkeiten einwilligt in der trügerischen Hoffnung, er werde vor dem Verfallstag durch Zahlung das Pfand einlösen können (Gaul, AcP 168, 351, 374 m. w. N.). Die Verfallabrede eröffnet damit einen Weg zur Knebelung des unvorsichtigen oder in einer Notlage befindlichen Schuldners. Das Bürgerliche Gesetzbuch mißbilligt nach dem uneingeschränkten Wortlaut der Verbotsnorm derartige Verfallabreden bereits wegen ihrer abstrakten Gefährlichkeit.“720

Dennoch sei entscheidend, dass der Anspruch des notariellen Vertrags auf Auflassung gerade nicht dinglich gesichert worden war. Dieses Kriterium gebe den Ausschlag, eine erweiterte Anwendung abzulehnen. Es bestehe die Sorge, dass das Verbot „[…] dann nämlich auf Fälle angewendet [würde], die dem im Gesetz entschiedenen gerade nicht rechtsähnlich sind, weil sie ihnen in einem maßgeblichen Punkt nicht gleichen“. Der BGH leitet damit zu seiner eigenen Interpretation der Verbotsnorm im § 1149 BGB über: „Das Bürgerliche Gesetzbuch hat mit den einschlägigen Bestimmungen die ,lex commissoria‘ vom reinen Wucherschutz gelöst und so ausgestaltet, daß der Pfandschuldner vor Eintritt der Forderungsfälligkeit nicht auf die zu seinem Schutz gebotene Verwertung des Pfands durch den Verfall ,an Zahlungs statt‘ verzichten kann. Hintergrund dieses Verbots ist mithin die Hingabe einer (dinglichen) Sicherheit und die Vorstellung, der ,Verpfänder‘ werde dann ausreichend geschützt, wenn der Pfandgläubiger bei Fälligkeit der gesicherten Forderung gezwungen ist, den Pfandgegenstand im Wege der gesetzlich vorgesehenen Verwertungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Die vertragliche Umwandlung in ein Verfallpfand sollte ausgeschlossen werden. (vgl. Motive zum Entwurf des BGB, Band III, S. 680, 681; Raape, Die Verfallklausel bei Pfand und Sicherungsübereignung, 1913, S. 30). Die §§ 1149, 1229 BGB sind somit eine Sonderregelung über die Realisierung einer dinglichen Sicherheit, d. h. eine charakteristische Voraussetzung des Verfallverbots ist unter anderem die Abrede des Verfalls einer Sicherheit in ihrer Eigenschaft als Sicherheit. Nicht aber bedeutet das Verbot die generelle Anerkennung einer besonderen Schutzwürdigkeit des Sacheigentümers.“721

Der BGH unterstellt mit Hinweis auf die Gesetzgebungsgeschichte, dass das BGB das Verfallverbot als ein Umwandlungsverbot betrachte. Die vertragliche Umgestaltung der Hypothek war ausgeschlossen, um die inhaltliche Änderung der Hypothek (und des Pfandrechts) zu verhindern. Der BGH verweist weiter auf die 719 720 721

Zitat in: BGHZ 130, 101, 103 f. = juris-Rn. 8. Zitat in: BGHZ 130, 101, 104 = juris-Rn. 8. Zitat in: BGHZ 130, 101, 105 f. = juris-Rn. 14.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

Möglichkeit eines Vertragsstrafenversprechens und pocht mit dem „Prinzip der Vertragsfreiheit“ darauf, dass der Schutz über die Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) zu erfolgen hat. Im konkreten Fall: „Das Verbot der Verfallabrede ist deshalb auf entsprechende Vereinbarungen mit pfandrechtlich nicht gesicherten Gläubigern unanwendbar.“722 Zusammengefasst kommt der BGH zu folgenden Ergebnissen: 1. Im vorliegenden Fall komme keine direkte Anwendung des Verfallverbots nach § 1149 BGB in Betracht. Grund sei der fehlende „innere Zusammenhang“. Die gesicherte Forderung – nach Ansicht des BGH die Bürgschaftsforderungsch – werde zwar durch eine Verfallklausel verstärkt, die einen Anspruch auf Auflassung des Grundstücks beinhalte, sei aber ihrerseits nicht dinglich gesichert. Die Grundschuld – als Anknüpfungspunkt des § 1149 BGB – sei der Bank zur Sicherung der Darlehnsforderung bestellt worden, sodass die Bürgschaftsforderung ohne eine dingliche Sicherung keinen Anwendungsfall von § 1149 BGB darstellen könne. Insbesondere wandle die Verfallabrede die dingliche Sicherheit nicht derart um, dass sie einen Verbleib des Grundstücks beim Gläubiger vorsähe oder vom gesetzlichen Verwertungsverfahren abweiche, sondern begründe einen von der Grundschuld unabhängigen eigenen Anspruch. Alle Tatbestandsmerkmale lägen zwar einzeln vor: eine zu sichernde Forderung, eine Verfallabrede, die unter der Bedingung der Nichtleistung stehe, und eine dingliche Sicherheit. Jedoch fehle zwischen den einzelnen Elementen der notwendige „innere Zusammenhang“, der die Rechtsfolge des § 1149 BGB auslösen könne. 2. Eine entsprechende Anwendung der Norm des § 1149 BGB komme ebenfalls nicht in Betracht, da es sich nicht um eine Schuldnerschutznorm handle, sondern um ein Umwandlungsverbot, das insbesondere den Schutz der dinglichen Sicherheiten bezweckt. Weitreichende Analogien würden die Norm zu einer „Eigentümerschutznorm“ umwandeln, die – nach Ansicht des BGH – vom Gesetzgeber so nicht gewollt war. 3. In der Konsequenz sei dem Schuldner nach allgemeinen Normen, wie dem § 138 BGB, Schutz zu gewähren.

(3) Kritik und Korrektur durch den Normzweck Das Ergebnis wurde in der Literatur mit gemischten Reaktionen aufgenommen. Während einige Autoren die Entscheidung guthießen,723 fand sie auch scharfe Kritik.724 Sie muss differenziert bewertet werden. 722

Zitat in: BGHZ 130, 101, 107 = juris-Rn. 14. Bestätigend: Rimmelsbacher: Besprechung: BGH, Urteil vom 23. Juni 1995 (V ZR 265/ 93, Karlsruhe), in: Wirtschafts- und Bankrecht (WuB) WuB 1 F 1 a. – 14.95, S. 1163, 1166 f.; Klanten: Entscheidungsbesprechung BGH-Urteil vom 23. 06. 1995 (V ZR 265/93), in: JA 1996, S. 441 – 443; mit dem Versuch einer historischen Herleitung aus dem römischen Recht: Schanbacher: Die Gegenwart der Geschichte in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – 723

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB

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Der BGH lehnt den „inneren Zusammenhang“ zwischen Bürgschaft, dinglicher Sicherung und der bedingten Verfallabrede ab. Maßgeblich zur Beurteilung, ob das Verbot eingreife, sei eine objektive Perspektive. Letztlich tritt die Auflassung des Grundstücks nicht – wie von § 1149 BGB vorausgesetzt – an die Stelle der gesicherten Forderung (Bürgschaft). In der Folge wird der Sicherungszweck der Grundschuld auch nicht durch die Verfallabrede inhaltlich derart geändert, dass der Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung (§ 1147 BGB) nun zur Befriedigung in einen Auflassungsanspruch umgewandelt wird. Der eigenständige Anspruch auf Auflassung entsteht unabhängig von der Grundschuld, da er an die Nichtleistung im Darlehnsverhältnis zwischen der Bank und der Klägerin anknüpft. Dieses Verhältnis greift zwar auch die Grundschuld auf, da der Rückzahlungsanspruch der Darlehnsnehmerin (Klägerin) durch sie gesichert wird. Diese Beziehung reicht aber nicht aus, um das Tatbestandsmerkmal des „inneren Zusammenhangs“ im Rahmen des § 1149 BGB zu begründen. Man könnte zwar entgegenhalten, dass – wie der BGH selbst schlussfolgert – die Grundschuld letztlich der Bürgin zustehen würde, wenn sie ihrerseits ihre vertraglichen Verpflichtungen aus dem notariellen Vertrag und aus der Bürgschaftsabrede einhielte.725 Dennoch erfolgt keine inhaltliche Änderung aufgrund der Verfallabrede. Die Rechtsfolgen des notariellen Vertrags, die Berechtigung zur Ausübung einer unwiderruflich erteilten Auflassungsvollmacht, tritt zugunsten der Bürgin lange vor dem Zeitpunkt ein, zu dem sie durch die Grundschuld berechtigt ist. Ein weiteres Argument, dass der notarielle Vertrag ausdrücklich eine Verbindung der Geschäfte herstelle, ist zwar in Bezug auf die Auflassungsvollmacht und die Übernahme der Verpflichtungen zutreffend, hingegen bleibt die dingliche Sicherheit davon unberührt. Die Konstruktion verharrt auf einer schuldrechtlichen Ebene und kann damit keinen direkten Anwendungsfall von § 1149 BGB darstellen. In diesem Punkt ist dem BGH zuzustimmen. Darüber hinaus lehnt das Urteil des 5. Senats auch eine analoge Anwendung des Verfallverbots ab. An diesem Punkt soll zunächst die Frage erörtert werden, warum die Abrede des notariellen Vertrags für die Bürgin attraktiv war.

BGHZ 130, 101, in: Beck-Mannagetta/Böhm, u. a., Der Gerechtigkeitsanspruch des Rechts, S. 639, 658 f. 724 Ablehnend: Tiedtke: Verfallabrede ohne Bestellung eines (Grund-)Pfandrechts, in: ZIP 1996, S. 57 – 61; Tiedtke: Rechtsprechungsbericht: Die Entscheidungen des BGH zum Realkredit seit dem 1. 1. 1995, in: WiB 1996, S. 1039, 1043; mit kritischem Unterton: Eickmann: Kurzkommentar zum BGH-Urteil vom 23. 06. 1995 (V ZR 265/93), in: EWir 1995, S. 1183 f.; Schulz: Anmerkung zum BGH-Urteil vom 23. 06. 1995 (V ZR 265/93), in: JR 1996, S. 242, 245 ff.; im Rahmen eines Prüfungsaufbaus ebenso: Schanbacher: Der praktische Fall – Bürgerliches Recht: Der überrumpelte Grundschuldner, in: Jus 1999, S. 44, 47. 725 Die herrschende Meinung wendet §§ 774, 401, 412 BGB analog auf selbstständige Sicherungsrechte an. Nach Zahlung der Bürgschaft erhielte die Bürgin einen Anspruch auf Übertragung der Grundschuld. So auch der BGH in: BGHZ 130, 101, juris-Rn. 15.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

Die Bürgin erhielt durch den notariellen Vertrag die Möglichkeit, bedingt auf den Zahlungsausfall in dem Verhältnis zwischen Bank und Klägerin, sich selbst die Auflassung des durch Grundschuld belasteten Grundstücks zu erklären. Sollte die Klägerin – wie geschehen – nicht mehr an die Bank leisten, stand der Beklagten das Recht zu, die Auflassung an sich selbst zu erklären und zur Eigentümerin des Grundstücks zu werden. Zwar bedeutet dies, dass sie grundsätzlich auch aus der Bürgschaft haftet, jedoch ist die Übertragung des Grundstücks nicht an die Befriedigung der Bank gekoppelt. Sie erlangt schnellstmöglich Zugriff auf das Grundstück, ohne vorab an die Bank leisten zu müssen. Der Sinn der notariellen Abrede wird bei einem Vergleich mit der Rechtsposition der Bürgin deutlich, wenn die notarielle Abrede nicht vereinbart worden wäre. Die Bank hätte wiederum keine Leistungen durch die Klägerin erhalten und hätte die Beklagte – als selbstschuldnerische Bürgin – nach §§ 765 Abs. 1, 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Anspruch genommen. Nachdem die Bürgin den gegen sie gerichteten Anspruch aus der Bürgschaft befriedigt hätte, wäre durch gesetzlichen Forderungsübergang (cessio legis) die Forderung der Bank auf sie übergegangen. Zwar hätte sie bei der Grundschuld – anders als bei der Hypothek (§§ 412, 401 Abs. 1 BGB) – nicht auf einen automatischen Übergang der selbstständigen Sicherungsrechte hoffen können, dennoch geht die wohl überwiegende Meinung davon aus, dass ihr aus dem Bürgschaftsvertrag mit der Bank ein Anspruch auf Übertragung der Grundschuld nach §§ 774 Abs. 1 S. 1, 412, 401 analog zugestanden hätte.726 Die Bürgin könnte nun, nachdem sie die Bank befriedigt hätte, den übergegangenen Anspruch gegen die Klägerin durchsetzen. Zudem könnte sie nach § 1147 BGB – da die Forderung fällig war – in das Grundstück vollstrecken. Rechtlich wäre ihr verwehrt gewesen, die Übertragung des Grundstücks an sich zu verlangen. Sie wäre, sofern die Klägerin nicht nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit einer Abrede zur Verwertung des Grundstücks zugestimmt hätte, auf das gesetzliche Verwertungsverfahren verwiesen gewesen. Nur durch einen erneuten, gemeinsamen Willensakt von Klägerin und Beklagter hätte die Bürgin (Beklagte) an das Grundstück gelangen können. Im Fall des BGH war es das Ziel der Bürgin (Beklagten), an das Grundstück zu gelangen, wenn die Klägerin nicht leisten würde. Aus der Abrede geht die Absicht hervor, das Grundstück sogar ohne vorherige eigene Leistung erhalten zu können. Es zeigt sich, dass der vertraglichen Konstruktion der notariellen Abrede von Seiten der Bürgin eine Spekulation auf die fehlende Zahlungsfähigkeit der Klägerin zugrunde 726

Während akzessorische Sicherungsrechte nach §§ 774 Abs. 1 S. 1, 412, 401 BGB direkt übergehen, soll dies auch für selbstständige Sicherungsrechte analog gelten, sofern keine Abreden zwischen dem Sicherungsgeber und dem Gläubiger bestehen, die einen solchen Übergang verhindern. BGH, in: WM 67, S. 213, 214; BGHZ 110, 41, juris-Rn. 11, m. V. a.: BGHZ 42, 53, 56; 78, 137, 143; 80, 228, 233; 92, 374, 378. Ausdrücklich für die Sicherungsgrundschuld: BGH NJW 2001, S. 2327, 2330. Die Literatur stimmt dem zu: Brödermann, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, § 774, Rn. 14; Sprau, in: Palandt, BGBKommentar, § 774, Rn. 9, jeweils m. w. N.

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lag. Erst der notarielle Vertrag mit der Verfallklausel mit vergleichbarer Wirkung – der unwiderruflich erteilten Vollmacht zur Auflassungserklärung mit sich selbst unter Aufhebung des Verbots des Insichgeschäfts nach § 181 Var. 1 BGB – ermöglichte der Bürgin überhaupt den Zugriff auf das Grundstück. Es ist zudem anzumerken, dass die Bürgin das Grundstück ohne Anrechnung der bereits durch die Klägerin erbrachten Leistungen erhielt, da Voraussetzung für den bedingten Auflassungsanspruch letztlich nur das Ausbleiben der Leistungen im Verhältnis von der Klägerin und der Bank war. Die Bürgin erklärte sich zudem nur dann zur Gewährung der Bürgschaft bereit, wenn der notarielle Vertrag abgeschlossen werden würde. Damit fußt die Bürgschaft, die das Darlehn durch die Bank ermöglichte, letztlich auf dem notariellen Vertrag, der die Verfallklausel beinhaltete und eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten für den Fall der Nichtleistung vorsah. Die Klägerin versprach somit, vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit der gesicherten Forderung (zwischen ihr und der Bank) auf das Eigentum am Grundstück zu verzichten. Da sie ohne den notariellen Vertrag das gesamte Geschäft nicht abschließen konnte, hoffte sie darauf, dass sie die Leistungen erbringen werde, und nahm das hohe Risiko in Kauf, das Grundstück zu verlieren. Bedenklich ist der notarielle Vertrag aus Sicht der Klägerin auch deshalb, weil keine Anrechnung der Leistungen erfolgte. Hätte sie – wie geschehen – Leistungen erbracht und hätte dann nicht mehr leisten können, hätte die Beklagte das Grundstück letztlich für die Bürgschaftsleistung an die Bank erhalten. Da sie als Bürgin jedoch nur insoweit haftete, als die Forderung ausblieb, wurde der Beklagten das Grundstück – zulasten der Klägerin – lediglich für die noch ausstehende „Restsumme“ übertragen. Schlussendlich hat die Klägerin für die Beklagte geleistet und je länger sie vertragstreu geleistet hätte, desto schlechter wäre ihre Position geworden. Diese Problematik hat der BGH wohl ansatzweise erkannt und eine Lösung über die analoge Anwendung der Herabsetzung der Vertragsstrafe angedeutet, bei der eine Abmilderung der „analogen“ als Vertragsstrafe behandelten Verfallklausel vorgesehen ist. Jedoch würde das Grundstück dann – sofern über das Institut der Vertragsstrafe eine sachgerechte Anrechnung überhaupt möglich ist – nur nicht „rechnungsfrei“ an die Bürgin verfallen. Das Grundstück wäre dennoch aus dem Vermögen der Klägerin „verschwunden“. Für die Klägerin trat in diesem Fall das Grundstück an die Stelle der Forderung, ohne dass eine Anrechnung der bereits erfolgten Leistungen oder eines entsprechenden Grundstückswertes erfolgte. In dem Sachverhalt treffen zwei Umstände aufeinander. Zum einen fehlt der für den Tatbestand des § 1149 BGB notwendige innere Zusammenhang, der die abstrakte Gefahr einer Verfallklausel begründet. Zum anderen hat sich aber aus den Umständen eine konkrete Gefahr für die Schuldnerin ergeben, die der abstrakten Gefahr entspricht, vor der der § 1149 BGB den Schuldner nach der historischen Analyse schützen möchte. Es stellt sich die Frage, wie der Normzweck und der Tatbestand zusammenhängen. Bedingt der Normzweck den Tatbestand? Ist der Schuldnerschutz nur dann zu berücksichtigen, wenn alle Tatbestandsmerkmale

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

vorliegen oder erlaubt der Schuldnerschutz über das Vorliegen des inneren Zusammenhangs hinwegzusehen, wenn die abstrakte Gefahr konkret vorliegt? Der 5. Senat entschied sich, eine Analogie des § 1149 BGB auf den Sachverhalt abzulehnen. „Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann dieses Verbot aber nicht losgelöst von der Hingabe eines dinglichen Sicherungsrechts als Schutznorm für jeden Eigentümer gegenüber seinen Gläubigern verstanden und ausgeweitet werden. Es würde dann nämlich auf Fälle angewendet, die dem im Gesetz entschiedenen gerade nicht rechtsähnlich sind, weil sie ihnen in einem maßgeblichen Punkt nicht gleichen.“727

Grundlage für die Lösung des 5. Senats war der Verweis auf den historischen Normzweck. Nach dem BGH sei der dingliche Schutz des Instituts wesentlicher Bestandteil des Verbots in § 1149 BGB, sodass eine analoge Anwendung auf einen dinglich nicht gesicherten Gläubiger nicht möglich sei. Wie im Abschnitt F. aufgezeigt, trifft diese einseitige Interpretation des Normzwecks so nicht zu. Ursächlich für die einseitige Auslegung dürfte die Verwendung der von Achilles zusammengestellten Motive sein, die der BGH als Quelle für seine Ansicht angibt. Dessen Zusammenstellung ging recht einseitig an den wesentlichen Diskussionspunkten in der 1. Kommission vorbei.728 Im Gesetzgebungsprozess sollte die Auseinandersetzung mit der Gesetzgebung der Wucherliberalisierung von 1869 keine inhaltliche Änderung des Verbots bewirken, vielmehr war mit dem Ausschluss der Umwandlung in ein Verfallpfand ein weiteres Argument für die Aufnahme des Verfallverbots hinzugetreten. Der Schluss des 5. Senats, dass es sich bei § 1149 BGB letztlich „nur“ um eine „Sonderregelung über die Realisierung einer dinglichen Sicherheit“ handelt, schießt über das Ziel hinaus.729 Denn sehr wohl steht die „besondere Schutzwürdigkeit des Sacheigentümers“ weiterhin im Zentrum der Norm. Zwar ist die Aussage des BGH nachvollziehbar, dass § 1149 BGB nicht direkt angewendet werden kann, wenn die dingliche Sicherheit nicht im Sinne der Norm inhaltlich geändert wird. Im Raum steht aber eine Erweiterung der Anwendung über eine Analogie für den Fall, dass zwar der innere Zusammenhang im Tatbestand des § 1149 BGB fehlt – aus Sicht des Schuldners aber dennoch eine konkrete Gefahr vorliegt, die der abstrakten Gefahr einer nach § 1149 BGB verbotenen Verfallklausel entspricht. Nach der gängigen Definition einer Analogie bedarf sie einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage. Dass die Interessenlage für die Schuldnerin im Verfahren vor dem BGH vergleichbar war, wurde bereits durch einen Vergleich der Rechtsposition mit und ohne Verfallklausel des notariellen Vertrags deutlich. Dem stimmten auch die Vorinstanzen zu.730 Betrachtet man zudem die Ausführungen der Gesetzesmaterialien, die sich an historischen Vorbildern orientierten und den Schuldner vor der abstrakten 727 728 729 730

BGHZ 130, 101, juris-Rn. 13. Siehe oben in Abschnitt F., unter: 2. c) und 3. c). Zitate in: BGHZ 130, 101, juris-Rn. 15. BGHZ 130, 101, 103 = juris-Rn. 8.

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Gefahr schützen wollten, die eine Verfallklausel begründen konnte, erweckt es den Anschein, dass – sofern ein solcher Fall bedacht worden wäre – eine Anwendung des Verfallverbots durchaus gewollt gewesen wäre.731 Im Mittelpunkt steht der Gedanke, dass der Schuldner sich nicht dem Zwang ausgesetzt sehen soll, eine für ihn nachteilige Abrede einzugehen, um Kredit zu erhalten. Er soll sich nicht – wie es schon Voet formulierte732 – der trügerischen Hoffnung hingeben, er werde die Leistung schon erfüllen, sodass die verabredeten „schlimmen“ Folgen der eingegangenen Risiken nicht eintreten werden. Diesem Zweck kann nur gedient werden, wenn seine Perspektive maßgeblich berücksichtigt wird. Erstaunlicherweise formuliert der BGH den genannten Gedanken des historischen Normzwecks selbst, um die Zusammenfassung der historischen Grundlage des Verbots einzuleiten.733 Offen bleibt die Frage, ob eine planwidrige Regelungslücke besteht, die eine Analogie notwendig macht. Der BGH verneint dies mit der Anwendung der allgemeinen Normen. Der 5. Senat bietet eine Berücksichtigung des Schuldnerschutzes nach § 138 BGB an, der eine „konkrete Sittenwidrigkeitsprüfung“ beinhaltet. cc) Kann ein Schuldnerschutz über § 138 Abs. 1 BGB die Lösung sein? Zu Beginn stellt sich die Frage, wie der BGH den als notwendig erkannten Schuldnerschutz über § 138 BGB im Urteil konkret berücksichtigt hat. Zur Beurteilung dieser Lösung soll der Schutz mit der Analogie nach § 1149 BGB verglichen werden. (1) Hintergründe zum § 138 BGB Es ist einleitend anzumerken, dass auch die Entwicklung der Norm des § 138 Abs. 1 BGB in engem Zusammenhang mit der bereits dargestellten Wuchergesetzgebung stand. Der Wucher wurde im 19. Jahrhundert von einer festen Prozentgröße zu einer relativen Formel umgewandelt, die ihn mittels besonderer Tatbestandsvoraussetzungen durch § 138 Abs. 2 BGB flexibel erfassen sollte.734 Die „guten Sitten“des § 138 Abs. 1 BGB wurden nach dem Vorbild der römischen „boni mores“ aufgenommen. Diese deuten auf den ersten Blick auf eine Koppelung des Rechts an die Gebote von Ethik, Moral oder Sittlichkeit hin. Aus Sicht der Rechtsanwendung handelt es sich um philosophisch aufgeladene Begriffe, über die

731

Siehe im Gesamten oben: Abschnitt F. Siehe oben Abschnitt D., unter: 1. b) aa). 733 Siehe oben das Zitat, unter: 1. e) bb). 734 Siehe hierzu oben ausführlich in Abschnitt F., unter: 3. c). Das strafrechtliche Wucherverbot von 1880 ähnelt dem heutigen Wortlaut des § 138 Abs. 2 BGB und dem § 291 StGB sehr. 732

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

in der Vergangenheit und in der Gegenwart keine Einigkeit erzielt werden konnte735 und die eher ein Hindernis darstellen, als die Rechtsfrage zu erleichtern. Auch die im Rahmen des § 826 BGB aus den Motiven gewonnene Anstandsformel, dass die guten Sitten den Zustand beschreiben, den alle „billig und gerecht Denkenden“ als angemessen erachten, ist in der Anwendung wenig hilfreich. Letztlich würde es sich um einen sozialwissenschaftlichen Ansatz handeln, der Untersuchungen über die empirische Verbreitung von Vorstellungen verlangt. Die „guten Sitten“ wirken als Leerformel, die im Kräfteverhältnis von der Rückbindung an das geltende Recht und die Verfassung geprägt ist.736 In der Praxis hat sich daraus ein Richterrecht entwickelt, dass mit einer großen Zahl von Fallentscheidungen eine kasuistische Orientierung für künftige Entscheidungen bietet. Aus den Einzelentscheidungen lassen sich gemeinsame und abstrakte Merkmale herausarbeiten, die dann in Fallgruppen zusammengefasst werden können und als „gute Sitten“ in das Recht hineinwirken. Einige Stimmen in der Literatur bezeichnen dies als Kunstgriff, da aus Elementen, die erst „ex post“ erkennbar werden, ein „bewegliches System“ konstruiert wird, das dem damalig entscheidenden Richter versperrt war.737 Tatsächlich beruht dieser Ansatz auf der im 19. Jh. entstandenen Vorstellung, Fallgruppen zu sammeln, die einen „Ist-Zustand“ wiedergeben. Ganz nach Vorbild des römischen Rechts entstanden so kasuistische Rechtsprechungssammlungen.738 Die Motive lassen durchaus für die frühe Norm des § 106 E I739 auf eine solche Interpretation schließen: „Die Vorschrift stellt sich als ein bedeutsamer gesetzgeberischer Schritt dar, der vielleicht nicht ohne Bedenken ist. Dem richterlichen Ermessen wird ein Spielraum gewährt, wie ein solcher großen Rechtsgebieten bisher unbekannt ist. Fehlgriffe sind nicht ausgeschlossen. Bei der Gewissenhaftigkeit des deutschen Richterstandes darf indessen unbedenklich darauf vertraut werden, daß die Vorschrift nur in dem Sinne angewendet werden wird, in dem sie gegeben ist.“740

In den Protokollen der 1. Kommission fehlt dieser Satz. Dort wird wesentlich über das Element der „öffentlichen Sicherheit“ als Streitpunkt berichtet, das später ge735

Haferkamp: § 138 BGB, in: Schmoeckel/Rückert, u. a., HKK, Bd. I, Rn. 1, m. V. a. Sack: Das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden und die Moral als Bestimmungsfaktoren der guten Sitten, in: NJW 1985, S. 761, 765. 736 Haferkamp: § 138 BGB, in: Schmoeckel/Rückert, u. a., HKK, Bd. I, Rn. 1. Dort wird mit einiger Kritik eine Zuständigkeitsverschiebung auf das „BVerfG als oberstes Zivilgericht“ gesehen. 737 Haferkamp: § 138 BGB, in: Schmoeckel/Rückert, u. a., HKK, Bd. I, Rn. 2. Kritik in: Bydlinski: Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 584; Schmoeckel: Der maßgebliche Zeitpunkt zur Bestimmung der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB, in: Archiv für die Civilistische Praxis (AcP) 197, S. 1 ff., 37. 738 Haferkamp: § 138 BGB, in: Schmoeckel/Rückert, u. a., HKK, Bd. I, Rn. 3 und Fn. 21 m. w. N. 739 § 106 E I lautete: „Ein Rechtsgeschäft, dessen Inhalt gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstößt, ist nichtig.“ 740 Zitiert nach: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 1, Einführung und AT, S. 469.

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strichen wurde.741 Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Motive fehlgehen, die Konzeption des § 138 Abs. 1 BGB als neue Entwicklung zu beschreiben.742 Dennoch ist die Interpretation durchaus richtig und entsprach der späteren Funktion der Norm in der Rechtsprechung. Es entwickelten sich „Bündel von Rechtsprechungstraditionen“, die auch ohne Präjudizen das Recht mittels der Selbstbindung der Richter ordneten. In der Literatur gibt es weitreichende Untersuchungen zu den Traditionen und dazu, wie diese dem Wandel unterworfen waren.743 Dabei steht für die Thematik der Verfallklausel die gut dokumentierte Entwicklung des Kreditwuchers im Vordergrund. Die Rechtsprechung folgt einer Tradition, die bereits im 19. Jahrhundert begründet wurde.744 Noch heute findet bei Problematiken des Äquivalenzverhältnisses sowohl der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB als auch die allgemeine Norm der Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) Anwendung. Methodisch soll der zweite Absatz dem ersten Absatz als Spezialvorschrift (lex specialis) vorgehen.745 Der Tatbestand des zweiten Absatzes untergliedert sich in einen objektiven und einen subjektiven Teil, wobei objektiv ein „auffälliges Missverhältnis“ zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegen muss. Entscheidend ist, neben dem Austauschcharakter des Geschäfts, dass dieses Merkmal einer Einzelfallprüfung bedarf, bei der die jeweiligen Umstände zu berücksichtigen sind. Der Gesetzgeber hat bewusst von einer festen Wertrelation Abstand genommen, um die Flexibilität der Verbotsnorm zu gewähren. Relevante Umstände, die Berücksichtigung finden können, sind, neben einem Vergleich mit den üblichen Abreden im Markt, die allgemeine Marktlage, die Risikoverteilung und der Spekulationscharakter eines Geschäfts.746 Ferner muss das „auffällige Missverhältnis […] unter Ausbeutung einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheb741 Haferkamp: § 138 BGB, in: Schmoeckel/Rückert, u. a., HKK, Bd. I, Rn. 4, Verweis auf Rn. 10. 742 Die Motive liegen falsch, da Generalklauseln mit dem Verweis auf die „guten Sitten“ weitverbreitet waren. Unter anderem finden sie sich ab dem 16. Jh., ab dem 19. Jh. sind sie durchgehend anerkannt. Auch in der wissenschaftlichen Literatur der Pandektistik und ihrer deutsch-rechtlichen Entsprechung werden sie beschrieben. Siehe: Haferkamp: § 138 BGB, in: Schmoeckel/Rückert, u. a., HKK, Bd. I, Rn. 4, m. V. a. die Arbeit: Schmidt: Die Lehre von der Sittenwidrigkeit der Rechtsgeschäfte in historischer Sicht. 743 Ausführlich: Haferkamp: § 138 BGB, in: Schmoeckel/Rückert, u. a., HKK, Bd. I, Rn. 5 – 21. Dort wird die Entwicklung in den Stufen des 19. und 20. Jahrhunderts beleuchtet, wobei die Zeit des Nationalsozialismus und die Anwendung in der DDR besondere Brüche darstellen. 744 Haferkamp: § 138 BGB, in: Schmoeckel/Rückert, u. a., HKK, Bd. I, Rn. 12 – 18. 745 Ellenberger, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 138, Rn. 13, 65; Ahrens, in: Prütting/ Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, § 138, Rn. 51; so auch die Rechtsprechung: BGHZ 125, 137. 746 Daraus haben sich höchstrichterlich anerkannte Fallgruppen entwickelt, die in rechtlichen Verhältnissen eine klare Linie vorgeben. Vergleiche etwa: Ellenberger, in: Palandt, BGBKommentar, § 138, Rn. 77 – 106.

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lichen Willensschwäche eines anderen“ zustande gekommen sein, § 138 Abs. 2 BGB. Zu der objektiven Erfüllung eines dieser Tatbestandsmerkmale muss die Kenntnis von der schwächeren Position treten, die der andere Teil bewusst ausgenutzt hat (subjektives Element). Eine besondere Ausbeutungsabsicht ist hingegen nicht erforderlich.747 Liegen die Voraussetzungen vor, ist die Abrede nichtig. Hilfsweise führen in ständiger Rechtsprechung über § 138 Abs. 1 BGB auch „wucherähnliche Geschäfte“ zur Nichtigkeit. Da § 138 Abs. 2 BGB die Anwendung des Abs. 1 nicht ausschließt, greift die Rechtsprechung auf die allgemeine Sittenwidrigkeit zurück. In dieser Fallgruppe wird die Sittenwidrigkeit durch das auffällige Missverhältnis begründet, wenn noch ein weiteres „Sittenwidrigkeitselement“ erfüllt ist. Denn ist beim anderen Teil eine „verwerfliche Gesinnung“ zu erkennen, kann eine Sittenwidrigkeit wegen eines „wucherähnlichen Geschäfts“ angenommen werden. Anders als beim Wuchertatbestand des zweiten Absatzes kann aus den Umständen objektiv auf eine solche „Gesinnung“ geschlossen werden. Nach der Rechtsprechung bedarf es hierfür einer deutlichen objektiven Diskrepanz von Leistung und Gegenleistung, die eine widerlegliche Vermutung begründet.748 (2) Würdigung des BGH in BGHZ 130, 101 Die Ausführungen des BGH zur Schutznorm des § 138 BGB fallen sehr knapp aus. Nach Ansicht des 5. Senats begründet der Umstand, dass der Vertrag für die Klägerin in der Übernahme nachteilig war, allein keine Sittenwidrigkeit. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, zitiert wird ein Senatsurteil vom 8. November 1991, muss von einer „verwerflichen Gesinnung […] erst dann ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung“.749 Der Senat berechnet daraufhin die Kosten, die der Klägerin durch die Durchführung des notariellen Vertrags vom 10. Mai 1990 und die Übernahme des Grundstücks entstanden waren. In der Differenz zum aufgewendeten Kaufpreis ergibt sich ein Verlust von 5,4 %. Dies reicht aus Sicht des BGH nicht aus, um eine Sittenwidrigkeit zu begründen, weder nach § 138 Abs. 1 BGB noch nach § 138 Abs. 2 BGB. Weitere Umstände hatte die Klägerin nicht vorgebracht, sodass von einer Nichtigkeit des Vertrags wegen Wuchers oder eines „wucherähnlichen Geschäfts“ im Rahmen des § 138 BGB nicht ausgegangen werden konnte. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Klägerin sich in keiner Zwangslage befand, da ihr durch den Grundstückskauf keine wirtschaftlichen oder persönlichen Nachteile drohten. Sie hatte das gekaufte Objekt der Vermietung zugeführt und nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Auch die mögliche Unerfahrenheit oder ein Leicht747

Ellenberger, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 138, Rn. 74. Ellenberger, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 138, Rn. 25 – 30; Ahrens, in: Prütting/ Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, § 138, Rn. 125 ff., 131; zur widerleglichen Vermutung in ständiger Rechtsprechung: BGHZ 98, 178; 104, 107; 128, 267. 749 BGHZ 130, 101, juris-Rn. 19. 748

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sinn könne keine Rolle spielen, da die Klägerin in einem notariellen Vertrag über die Gefahr der Übernahmevereinbarung aufgeklärt wurde: „Auch wenn diese entsprechend ihrem von der Beklagten bestrittenen Vortrag von dem beurkundenden Notar nicht gesondert über die Tragweite der Vereinbarung belehrt worden sein sollte, kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, sie habe in verwerflicher Weise die Situation der Klägerin für das eigene übersteigerte Gewinnstreben ausgenutzt. […] In der Gesamtwürdigung […] überschreitet die Übernahmevereinbarung nicht die Grenze dessen, was die Parteien im Rahmen der ihnen vom Gesetz zugestandenen Entscheidungsund Gestaltungsfreiheit verantworten können.“750

Der BGH lehnt auch die Vorstellung einer „unangemessenen Übersicherung“ ab. In Betracht kam diese Fallgruppe des § 138 Abs. 1 BGB wegen der Verknüpfung der Verpflichtung zur Grundstücksübertragung mit dem Zahlungsverzug der Klägerin. Dazu führt der BGH aus: „Es ist deshalb nicht von vornherein zu mißbilligen, wenn der Beklagten daran gelegen war, zu Lasten der Klägerin eine Gegenleistung für ihre Bürgenverpflichtung zu erhalten. Zwar kann der Auftragsbürge weder ohne weiteres seine Befreiung noch Vorschüsse zur Befriedigung des Gläubigers verlangen (vgl. §§ 774, 775 BGB). Bei einem Verzug des Hauptschuldners mit einer Teilleistung hat der Bürge nur einen Anspruch auf Befreiung von dem Teil der Bürgenschuld, durch den derjenige Teil der Hauptforderung gesichert wird, mit dem der Hauptschuldner in Verzug geraten ist. […] Die Regelung des § 775 BGB ist jedoch dispositiv […]. Den Beteiligten ist es deshalb unbenommen, das von dem Bürgen übernommene Risiko weiter einzuschränken. Angesichts der fast vollständigen Fremdfinanzierung des Grundstückskaufs der Klägerin lag es im Interesse beider Parteien, die mit einer gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche der Kreditgeber verbundenen zusätzlichen Kosten zu vermeiden. Dies wird durch die vereinbarte Übernahme des Grundstücks bei gleichzeitiger Übernahme der noch offenen Kredite erreicht, da damit wirtschaftlich ein Eintritt der Beklagten in den Grundstückskauf der Klägerin bewirkt wird. Daß dies zu völlig ausgewogenen Bedingungen erfolgt, wird durch § 138 Abs. 1 BGB nicht gefordert.“751

In der Folge steht der Klägerin kein Schutz aus § 138 BGB zu, da aus Sicht des BGH die konkreten Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt sind.752 (3) Kritik an der Konzeption des BGH Auffällig ist, dass die vom BGH angewendeten Fallgruppen des § 138 BGB nicht auf die eigenen Gefahren der Verfallklausel eingehen. Der BGH betrachtet nicht, ob sich im Sachverhalt die abstrakte Gefahr, die in einer Konstellation des § 1149 BGB angedeutet ist, konkret niederschlug, um dies im Rahmen des § 138 BGB zu be750

BGHZ 130, 101, juris-Rn. 23. Zitat in: BGHZ 130, 101, juris-Rn. 21. 752 Auch bei diesem Ergebnis widersprechen einige Stimmen in der Literatur. Sie sehen durchaus eine Sittenwidrigkeit in der Abrede, siehe: Schulz: Anmerkung zum BGH-Urteil vom 23. 06. 1995 (V ZR 265/93), in: JR 1996, S. 242, 245 ff.; Tiedtke: Verfallabrede ohne Bestellung eines (Grund-)Pfandrechts, in: ZIP 17, S. 57, 59 ff. 751

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rücksichtigen. Vielmehr wendet er die etablierten Fallgruppen der Norm mit ihren entwickelten Tatbeständen an und kommt zu dem Ergebnis, dass diese im vorliegenden Fall keine Rolle spielen. Es wäre interessant gewesen, welche konkreten Gefahren der BGH in der Verfallklausel sieht und welche Kriterien notwendig sind, dass diese zu einer Sittenwidrigkeit führt. Nach der Lösung über die etablierten Fallgruppen der „wucherähnlichen Geschäfte“ und der „Übersicherung“ werden nur sehr erhebliche Kosten erfasst. So deutet der 5. Senat in seinen Ausführungen den Fall an, bei dem der Wert des verfallenen Grundstücks die besicherte Forderung um das Doppelte übertrifft. Erst dann könne objektiv auf eine subjektive, „verwerfliche Gesinnung“ geschlossen werden. Letztlich dürfte allein dieses Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung, unabhängig von der verabredeten Verfallklausel, die Sittenwidrigkeit auslösen. Damit wäre die sittenwidrige Grenze im Rahmen der Verfallabrede nur im äußersten Fall erfasst, wenn eine rechnungsfreie Klausel versprochen würde, die den doppelten Wert der Forderung übersteigt. Es ist mehr als fraglich, ob dies einen angemessenen Schutzmechanismus darstellt. Der BGH unterlässt es auch – wie ihm nach der Konzeption von § 138 Abs. 1 BGB offensteht –, eine eigene Fallgruppe für Verfallklauseln zu erstellen, bei der der Schutzgedanke des § 1149 BGB Berücksichtigung findet. Eine weitere Hürde stellt das subjektive Element des § 138 BGB dar, das durch den betroffenen Eigentümer selbst zu beweisen ist. Denn letztlich muss sich der durch die Verfallklausel Betroffene gegen die Abrede mit der Einrede der Sittenwidrigkeit wehren, indem er die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale belegt. Der vorliegende Fall zeigt, wie schwierig dies sein kann. Demgegenüber sieht die Lösung über § 1149 BGB analog einen abstrakten Schutz vor. Sofern die vergleichbare Interessenlage vorläge, müsste der Betroffene keine subjektiven Umstände belegen, die sich seiner Sphäre entziehen. Für den konkreten Fall ist anzumerken, dass die Bürgin – als Begünstigte der Verfallabrede – nicht darauf angewiesen war, eine Verknüpfung mit dem fremden Schuldverhältnis vorzunehmen. Es war ihre Initiative, die Verbindung der Verträge über die Fälligkeit der Darlehnsforderung herzustellen. Nur durch diesen für den Schuldner einengenden Vorgang wollte sie den Kredit vergeben. Über die allgemeinen Normen des BGB ist die Bürgin ausreichend geschützt, wenn sie in Anspruch genommen wird und leistet.753 Im vorliegenden Fall vermied es die Bürgin zu leisten, trotzdem sollte sie nach der vertraglichen Abrede das Eigentum am Grundstück erhalten, wenn die Bedingung der Nichtbefriedigung gegenüber einem Dritten eingetreten war. Die Bürgin wollte, wie auch der BGH selbst feststellte, mehr, als ihr nach der gesetzlichen Konzeption zustand. Während der BGH dies als Teil der Privatautonomie bewertet, erscheint es mit Blick auf den Normzweck des 753 Siehe oben, unter: 1. e) cc); denn trotz einer möglichen Selbstständigkeit der Sicherungsrechte ist von einem Übergang der dinglichen Sicherheiten auszugehen, trotz der fehlenden Akzessorietät (§§ 774, 412, 401 analog), vgl. Fn. 726.

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§ 1149 BGB vorzugswürdig, den Schuldner über eine analoge Anwendung der Norm zu schützen. Auch der marginale Schutzumfang, wie ihn der 5. Senat über § 138 BGB anwendet, spricht für ein solches Ergebnis. Will man weder § 1149 BGB analog anwenden noch den Schutzgedanken innerhalb des § 138 BGB berücksichtigen, ließen sich über eine analoge Anwendung der Vertragsstrafe die Grundsätze der Rechtsprechung auf die Problematik in diesem Fall übertragen.754 Der BGH hat festgestellt, dass die Kriterien zur Herabsetzung einer Vertragsstrafe auch im Rahmen eines vertraglichen Verzichts auf Ansprüche zu berücksichtigen sind. Diese stünden der Vertragsstrafe auf Leistung gleich.755 Wie die ältere Literatur ausführte, kann man die Abrede einer dinglich oder schuldrechtlich wirkenden Verfallklausel in die Nähe der Vertragsstrafe rücken, da sich an die Bedingung der Nichterfüllung eine Verpflichtung zur Leistung anschließt, die bei der Verfallklausel aus einer dinglichen Verfügung besteht. Dieser Ansatz ist abzulehnen, da der Zweck der Abrede nicht ausreichend beachtet wird. Das Ziel einer Verfallklausel dient der Sicherung und nicht der Strafe.756 Auch eine analoge Anwendung der §§ 339, 343 BGB ist denkbar, wenn der Schutz über § 1149 BGB versagt wird. Eine ähnliche Argumentation nutzt der BGH in späteren Fällen, bei denen er die Abmilderung der „Vertragsstrafe“ nach dem heutigen § 343 BGB in Erwägung zieht, um die Notwendigkeit einer analogen Anwendung von § 1149 BGB abzulehnen.757 Nach den Grundsätzen der Verfallklausel wäre gemäß § 343 Abs. 1 S. 1 BGB zu berücksichtigen, ob eine Strafe unverhältnismäßig hoch ist und ob deshalb eine Abmilderung der Strafe nach Billigkeit notwendig ist.758 Beachtung findet „jedes berechtigte Interesse des Gläubigers“, nicht nur das „Vermögensinteresse“ (§ 343 Abs. 1 S. 2 BGB). Daneben steht der Zweck der Strafe, den Schuldner zur Leistung anzuhalten. Sie dient somit aus Sicht des Gläubigers als Druck- und Sicherungsmittel.759 Im vorliegenden Fall bedeutete die Möglichkeit der Bürgin, sich ohne eine Leistung an den Darlehnsgeber das Eigentum übertragen zu lassen, eine übermäßig hohe Strafzahlung. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn man die Interessenlage bei fortschreitender Erfüllung des Vertragskonstrukts betrachtet. Je länger sich die Schuldnerin vertragstreu zeigt und leistet, desto besser wird die Position der Bürgin. Denn im Fall eines späteren Zahlungsausfalls erhielte die Bürgin trotz der Leistungen der Schuldnerin das gesamte Grundstück, obwohl sie 754

Schulz: Anmerkung zum BGH-Urteil vom 23. 06. 1995 (V ZR 265/93), in: JR 1996, S. 242, 246. 755 In der Rechtsprechung wird auch der Verzicht auf Ansprüche, die als verfallen bezeichnet werden, als eine Form der Vertragsstrafe bewertet. Urteil des BGH vom 27. 06. 1960 – VII ZR 101/59 = BGH NJW 1960, 1568; ebenso: Urteil vom 22.5. 1968 – VIII ZR 69/66 = BGH NJW 1968, 1625 f. 756 Dazu oben im Rahmen des § 1149 BGB unter: 1. a). 757 Siehe unten im Urteil: BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002, behandelt unter: f) aa). 758 Grüneberg, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 343, Rn. 1 und 6, m. w. N. 759 Stürner, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, § 343, Rn. 7 f.; Grüneberg, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 343, Rn. 6, jeweils m. w. N.

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nur für die geringere Restschuld der Schuldnerin in Anspruch genommen werden kann. Diese Konstruktion kann nicht richtig sein, da nach dem Gedanken der Vertragsstrafe die Schuldnerin zur fortgesetzten Leistung angehalten werden soll. Nach dem notariellen Vertrag würde eine Fortsetzung der Leistung für die Schuldnerin bedeuten, ihre Position zu verschlechtern. Auch nach diesem Ansatz wäre eine Abwandlung im Sinne des Regelungsgedankens in § 1149 BGB notwendig. Sei es, dass die Schuldnerin anteilig Miteigentümer des Grundstücks bliebe oder sie von der Bürgin eine Rückzahlung der bereits geleisteten Summe verlangen könnte. Beides unterlässt der BGH. In einem späteren Urteil760 scheint sich der BGH dieser Ansicht anzunähern. Im Rahmen einer durch Vormerkung gesicherten Verfallklausel war – ganz nach dem hier vorgestellten Ergebnis – auf eine Nichtigkeit nach § 138 BGB entschieden worden.761 Leider erreicht der BGH sein Ergebnis, indem er die Grundsätze der Vertragsstrafe anwendet und den Schutz nach § 138 Abs. 1 BGB nur geringfügig erweitert. In konkreter Überprüfung der Klausel stellt der 5. Senat zwar fest, dass „die Verfallklausel […] eine gänzlich unangemessene, die Beklagte einseitig begünstigende Regelung dar[stellt] und [sie] deshalb ebenfalls nicht mit den guten Sitten zu vereinbaren [ist]“. Demnach ist eine Verfallklausel durchaus legitim, wenn sie die andere Partei zur Vertragstreue anhält. Im Vertrag war aber nicht berücksichtigt worden, dass für den Fall einer späteren Nichtleistung die regelmäßig zu erbringenden Rentenzahlungen nicht erstattet wurden. Je länger die Kläger vertragstreu zahlten, desto höher war der Verlust bei einem späteren Ausbleiben der Leistung. „Die Kläger stehen mithin umso schlechter, je vertragstreuer sie sich verhalten, und desto besser, je früher sie die Rentenzahlung einstellen. Damit wird die Druckfunktion der Verfallklausel in ihr Gegenteil verkehrt.“762 Im Ergebnis wird über den Gedanken der Vertragsstrafe das Element eines rechnungsfreien Verfalls abgelehnt. Zwar hätte die Konstellation auch der Klägerin im Fall von BGHZ 130, 101 weitergeholfen, die eigentümliche Gefahr der Verfallklausel wird dennoch nicht umfassend berücksichtigt. dd) Bewertung Um den historisch gewollten Schuldnerschutz zu berücksichtigen, wären viele Überlegungen denkbar. Nähme man den Schuldnerschutz in der konkreten Sittenwidrigkeitsprüfung des § 138 BGB auf, indem man eine eigene Fallgruppe der Verfallklausel bildete, könnte man die planwidrige Regelungslücke verneinen. Von 760

Urteil des BGH vom 17. 10. 2008, Az. V ZR 14/08. Wolfsteiner will in dem Urteil einen Bezug zur Behandlung des Problems der vormerkungsgesicherten Verfallklausel im Rahmen des § 1149 BGB sehen, da er im Sachverhalt des Urteils eine hypothekengleiche Wirkung der Abreden erkannt hatte, Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 25, m. w. N. Siehe dazu ausführlich: Abschnitt H., unter: 6. b) und c). 762 Zitate im Urteil des BGH vom 17. 10. 2008, Az. V ZR 14/08, juris-Rn. 9. 761

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diesem Ansatz nahm der BGH Abstand und wendete nur die bekannten Fallgruppen an, die die besondere Situation der Verfallklausel nicht ausreichend berücksichtigten. Dieser Widerspruch ist mit dem Normzweck des Verfallverbots nicht vereinbar und bedarf einer Korrektur, indem das Schutzniveau über eine Analogie des § 1149 BGB angeglichen wird. Auch die analoge Anwendung der Regeln über das Strafversprechen überzeugt nur bedingt, da eine Analogie mit einer anderen Analogie ersetzt wird. Vorzugswürdig bleibt eine Lösung über die analoge Anwendung des § 1149 BGB.763 Diese Ansicht findet auch in der Literatur breites Echo.764 Der im Sachverhalt auftretende Umstand, dass sich die abstrakte Gefahr einer Verfallklausel ohne das Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale des § 1149 BGB in einer konkreten Gefahr für den Schuldner verwirklicht, spricht für das Ergebnis. Die vom Gesetzgeber erkannte abstrakte Gefahr einer Verfallklausel, indiziert eine Schutzwürdigkeit für den Schuldner, unabhängig davon, ob er sich wirklich in Gefahr befindet. Es entspricht einer Vermutung, dass die abstrakte Gefahr so groß ist, dass bei der Mehrzahl von Fällen der Schuldner vor sich selbst zu schützen ist. Entspricht die konkrete Gefahr, die hier der Klägerin droht, dieser Situation, reicht es nicht aus, dass das Verbot des Verfalls an die inhaltliche Änderung einer dinglichen Sicherheit anknüpft, um dem Schuldner den Schutz zu verweigern. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass der 5. Senat die analoge Anwendung nicht grundsätzlich ausschloss, sondern in Fällen einer fehlenden dinglichen Sicherheit den notwendigen inneren Zusammenhang als entscheidendes Kriterium betrachtete. Das Urteil beschränkt die analoge Anwendung auf andere dingliche Sicherheiten nicht. Im Umkehrschluss könnte eine analoge Anwendung auf gesetzlich nicht geregelte dingliche Sicherheiten vom BGH Anerkennung finden. In diesem Punkt findet sich der entscheidende Unterschied der Rechtsprechung des LG Stuttgart und des BGH. Während im Fall des LG – obwohl es nicht thematisiert wurde – die Verfallklausel durch eine Auflassungsvormerkung verstärkt worden war, war im Sachverhalt des BGH die Wirkung der Verfallklausel auf eine schuldrechtliche Ebene beschränkt. Leider findet sich die Unterscheidung in der fortgesetzten obergerichtlichen Rechtsprechung nicht wieder. ee) Fortgesetzte Linie der Rechtsprechung Die Rechtsprechung in BGHZ 130, 101 diente in weiteren Urteilen als Grundlage, die oben angeführte Kritik der Literatur zu entkräften. 763

So auch: Schulz: Anmerkung zum BGH-Urteil vom 23. 06. 1995 (V ZR 265/93), in: JR 1996, S. 242, 246; i. E. auch die Vertreter der Literatur in Fn. 764. 764 Im Ergebnis ebenso: Tiedtke: Verfallabrede ohne Bestellung eines (Grund-)Pfandrechts, in: ZIP 17, S. 57 – 61; Tiedtke: Rechtsprechungsbericht: Die Entscheidungen des BGH zum Realkredit seit dem 1. 1. 1995, in: WiB 1996, S. 1039, 1043; Eickmann: Kurzkommentar zum BGH-Urteil vom 23. 06. 1995 (V ZR 265/93), in: EWir 1995, S. 1183 f.; Schulz: Anmerkung zum BGH-Urteil vom 23. 06. 1995 (V ZR 265/93), in: JR 1996, S. 242, 245 ff.; im Rahmen eines Prüfungsaufbaus: Schanbacher: Der praktische Fall – Bürgerliches Recht: Der überrumpelte Grundschuldner, in: Jus 1999, S. 44, 47.

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(1) BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002 Der 5. Senat nutzte die Entscheidung im Jahr 2002, um das gefundene Ergebnis noch deutlicher hervortreten zu lassen. Die Beklagte erwarb im Jahr 1993 ein Grundstück zum Preis von 480.000 DM und war aufgrund der Insolvenz des damaligen Bauträgers zu einer weiteren Zahlung von 290.000 DM gezwungen. Um das Gebäude dennoch gewinnbringend zu nutzen, sah sich die Beklagte gezwungen, das Einfamilienhaus zu einem Dreiparteienhaus umzubauen. Für das Vorhaben wurde der Erwerb des Nachbargrundstücks im Wert von 86.400 DM notwendig. In erheblicher Geldnot wandte sie sich an den Kläger, der ihr als Architekt empfohlen worden war. Dieser gewährte in einem notariell beglaubigten Vertrag vom 20. November 1998 ein Darlehn in Höhe von 410.000 DM mit einer Verzinsung von 5 % p. a. Dieser Vertrag sah vor, dass dem Kläger bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Darlehns am 31. Oktober 1999, bedingt für den Fall der Nichtbefriedigung, ein Anspruch auf Übereignung des Grundstücks zustand, der mittels Auflassungsvormerkung besichert wurde. Zudem war der Kläger berechtigt, das Grundstück der Beklagten mit einer Grundschuld bis zur Höhe von 410.000 DM zuzüglich Zinsen zu belasten, sofern es zur Auszahlung der Geldsumme notwendig war. Der Kläger nahm dieses Recht in Anspruch, indem er bei der R.-Bank M. in seinem Namen ein Darlehn aufnahm und der Bank eine Grundschuld in besagter Höhe am Grundstück der Beklagten bestellte. Das Geld reichte der Kläger nun an die Beklagte weiter. Als die Beklagte keine Zahlungen vornahm, klagte der Kläger auf Übertragung des Eigentums am Grundstück, die Beklagte verlangte in Widerklage die Löschung der Auflassungsvormerkung. Während das LG Köln dem Kläger Recht gab, wandelte das OLG Köln das Urteil zugunsten der Beklagten ab.765 Der BGH als Revisionsinstanz widersprach dem OLG. Anders als von der Berufungsinstanz angenommen, sei weder eine Nichtigkeit wegen § 134 BGB i. V. m. § 1149 BGB analog noch eine Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB anzunehmen. Hauptbegründung des 5. Senats war der Verweis auf die vorangegangene Entscheidung in BGHZ 130, 101.766 Wesentlich für eine direkte Anwendung des § 1149 BGB sei, dass, neben der Voraussetzung eines „inneren Zusammenhangs“ in Form der Bedingung der Nichtbefriedigung, die Eigentumsübertragung eine Umgehung einer zwingend vorausgesetzten Sachverwertung darstelle. Dies sei nicht der Fall, da die Grundschuld an sich nicht inhaltlich geändert worden sei. Aber auch eine „entsprechende Anwendung“ sei auszuschließen, „weil der vorliegende Sachverhalt trotz ggf. ähnlicher Interessenlage auf der Seite der Beklagten nicht mit dem im Gesetz geregelten [Fall] vergleichbar ist“.767 Grund sei letztlich das fehlende dingliche Sicherungsrecht auf Seiten des Gläubigers. Zwar sei aus Sicht des Schuldners die Interessenlage vergleichbar, würde aber in diesem Fall nicht überzeugen. Zur oben 765

BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002, NJW 2003, 1041 – juris-Rn. 1 – 5. BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002, NJW 2003, 1041 – juris-Rn. 8, mit Verweis auf BGHZ 130, 101, 105. 767 BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002, NJW 2003, 1041 – juris-Rn. 9. 766

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angesprochenen Kritik in der Literatur, dass sehr wohl eine vergleichbare Interessenlage vorliege, äußerte sich der 5. Senat wie folgt: „Sie [die Kritik] verkennt nämlich, daß der in § 1149 BGB auch zum Ausdruck kommende Schutz des Schuldners vor der Gefahr, sein Grundstückseigentum aus Unerfahrenheit oder aus einer Notlage heraus lediglich gegen die Tilgung von Schulden, die unter Umständen erheblich geringer sein können als der Wert des Grundstücks, zu verlieren […], nicht der maßgebliche Gesetzeszweck ist. Dieser Schutz wird dem Grundstückseigentümer bereits über § 138 BGB und, falls die Verfallabrede als eine wirksame Vertragsstrafenvereinbarung anzusehen ist, über § 343 BGB gewährt. Das Verbot der Verfallabrede ist vielmehr ein sachenrechtliches Instrument zur Regelung der Art der Realisierung eines Pfandrechts […].“768

Der BGH bezieht sich mit dieser Formulierung auf die in BGHZ 130, 101 begründete Interpretation des historischen Normzwecks, wobei § 1149 BGB von ihm als Schutznorm für das sachenrechtliche Institut verstanden wird. Diese irrige Annahme bildet die wesentliche Grundlage für die Entscheidung. Die Argumentation kann ohne diese Prämisse nicht überzeugen, da die Interessenlage des Schuldners – wie der 5. Senat selbst zugibt – durchaus vergleichbar ist. Die methodische Grundlage zur Analogie, die der 5. Senat mit der „entsprechenden Anwendung“ und dem Verweis auf „BGHZ 105, 140, 143“ zu Rate zieht, geht selbst in diese Richtung. Dort führt das Urteil zu den Voraussetzungen aus, nach denen eine analoge Anwendung einer Gesetzesvorschrift möglich ist: „Eine solche [analoge Anwendung] kommt nur dann in Frage, wenn der zur Beurteilung stehende Sachverhalt mit dem vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat. Aus diesem Grunde genügt es nicht, daß auf der Seite eines der Beteiligten […] das gleiche Interesse vorliegt, das der Gesetzgeber in einer einen anderen Fall betreffenden Gesetzesvorschrift schützen wollte […]. Es muß vielmehr geprüft werden, ob der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlaß der entsprechend anzuwendenden Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre.“769

Der entwaffnend wirkende Verweis ist eine Scheinbegründung. Denn wie sollte ein Abwägungsergebnis ausfallen, wenn der historische Normzweck primär den Schuldner schützt? Wäre der besagte Fall bedacht worden, ist es schwer vorstellbar, dass nun der Schuldner nicht zu schützen wäre, nur weil eine dritte Person in das Vertragsgeflecht einsteigt. Typischerweise ist der Schuldner vor der Gefahr zu schützen, ein deutlich überhöhtes Risiko einzugehen, das er ohne seine Notlage meiden würde. Im vorliegenden Fall war die Beklagte aufgrund anderer Umstände verschuldet und hätte selbst keinen weiteren Kredit erhalten. Erst nachdem er sich durch den notariellen Vertrag vom 20. November 1998 verpflichtete, für den Fall der Nichtbefriedigung das Eigentum an den Kläger zu übertragen, war dieser bereit, ihm ein Darlehn zu gewähren. Dieses ließ sich der Kläger durch eine Bank selbst gewähren und mit dem fremden Eigentum des Beklagten sichern. In der Bewertung gibt 768 769

BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002, juris-Rn. 10. BGHZ 105, 140, 143 = juris-Rn. 7.

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es letztlich wohl keinen Fall, der deutlicher für die trügerische Hoffnung steht, dass der Schuldner doch noch alles zum Guten wenden werde, sofern er nur (noch mehr) Kredit erhalte. Vor einer solchen abstrakten Gefahr, aus der Kreditnot heraus das unverhältnismäßige Risiko einer Verfallklausel einzugehen, sollte der § 1149 BGB bei direkter Anwendung schützen. Die Interessenlage für den Schuldner ist vergleichbar. Auch der Kläger nutzte bewusst ein Vertragskonzept, das ihm – in einem Dreipersonenverhältnis von Beklagtem, Kläger und Bank – einen Anspruch auf Eigentumsübertragung gewährte, aufschiebend bedingt auf die Nichtbefriedigung des besicherten Anspruchs. Erst durch die weite Sicherung, bei der der Schuldner alles verlieren kann, ist der Gläubiger bereit, Kredit zu gewähren. Letztlich verringert der Gläubiger sein persönliches Risiko, indem er das Risiko des Schuldners erhöht. Ob der innere Zusammenhang der Verfallklausel zur Grundschuld der Bank entstanden ist, ist problematisch. Zwar ist eine Verknüpfung entstanden, indem der Vertrag etwa eine Vollmacht zum Abschluss einer Grundschuld beinhaltete, dennoch ist auch hier keine inhaltliche Änderung der Grundschuld zu erkennen. Wenn man die fehlende dingliche Sicherung der Verfallklausel bemängelt, dann ist aber auf ihre dingliche Sicherung durch die Vormerkung zu verweisen, die den bedingten Anspruch auf Eigentumsübertragung sicherte. Im Gegensatz zum Fall in BGHZ 130, 101 muss berücksichtigt werden, dass durch diese eine dinglich wirkende Sicherung der Verfallklausel vorliegt. Ob in diesen Fällen eine analoge Anwendung geboten ist, soll später beleuchtet werden.770 In der Literatur wird das Urteil unterschiedlich beurteilt. Während es zum Teil Beifall findet,771 merkt etwa Wolfsteiner an, dass die Interessenlage der Parteien im Fall sehr wohl dem Grundfall des § 1149 BGB vergleichbar war.772 Er stellt den Vergleich an, dass sogar ein direkter Fall von § 1149 BGB vorgelegen hätte, wenn sich der Architekt (Kläger) selbst die Grundschuld hätte bestellen lassen, um diese dann an die Bank abzutreten. Insbesondere handele es sich bei § 1149 BGB um eine Norm, die rein schuldrechtliche Abreden betreffe, sodass die Vollmacht zur Belastung des Grundstücks ein anderes Gewand erhalte. Denn entgegen der Auffassung des 5. Senats bestand ein einheitliches Rechtsgeschäft, das ohne die Vollmacht zur Belastung des Grundstücks wohl dazu geführt hätte, dass der Kläger selbst nicht zur Darlehnsgewährung fähig gewesen wäre. Damit ordnet Wolfsteiner die Bestellung der „Vollmacht“ als ein Umgehungsgeschäft ein, mit dem der innere Zusammenhang

770

Siehe hierzu Abschnitt H., unter: 6. Volmer: Besprechung des BGH-Urteils vom 25. 10. 2002 (V ZR 253/01), in: EWir 2003, S. 1081 f. Volmer verkennt die Bedeutung der Rechtsprechung, indem er in § 1149 BGB ein grundsätzliches Verbot der Sicherungsübereignung an Grundstücken erkennen will und daher die Nichtanwendung positiv bewertet. Ansonsten macht er sich die Argumente des 5. Senats zu eigen, dass ein Schuldnerschutz nach §§ 138, 343 BGB ausreichend sei. 772 Wolfsteiner: Anmerkung zum BGH-Urteil vom 25. 10. 2002 (V ZR 253/01), in: DNotZ 2003, S. 129–131. 771

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von Grundschuld und der Abrede zur bedingten Eigentumsübertragung verschleiert werden sollte.773 Zusammengefasst steht das Urteil des BGH in einer Linie mit BGHZ 130, 101. Auch hier überzeugt der Versuch, einen Schutz über § 138 BGB zu konstruieren, nicht, da keine ausreichende Darlegung der Tatsachen durch die Beklagte erfolgt war. So war im Verfahren vor dem Berufungsgericht nur aus einer „übereinstimmenden Vorstellung der Parteien“ auf den Grundstückswert geschlossen worden, ohne dass eine vom BGH geforderte Ermittlung des tatsächlichen Verkehrswerts erfolgt war.774 Zwar übertraf der Wert des Grundstücks tatsächlich das besicherte Darlehn um das Doppelte, jedoch konnte nach Ansicht des BGH ohne die Ermittlung dieser Tatsache nicht von einer „verwerflichen Gesinnung“ im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB ausgegangen werden.775 Sofern man keine Fallgruppe der Verfallklausel im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB anerkennt, zeigt die inhaltlich richtige Argumentation des BGH die Schwäche einer Kontrolle nach § 138 BGB auf. Zum einen liegt die Beweislast, die Umstände darzulegen, beim Eigentümer des Grundstücks, zum anderen müssen dem Initiator der Abrede konkrete subjektive Elemente nachgewiesen werden, die ein abstrakter Schutz durch ein allgemeines Verfallverbot nach § 1149 BGB analog nicht erfordert. (2) BayObLG vom 07. 11. 1996 – 2Z BR 111/96 Der Kläger in erster Instanz beantragte die Berichtigung des Grundbuchs nach dem Verfahren der §§ 22, 29 GBO, da es nach seiner Ansicht unrichtig war. Hintergrund war ein notarieller Vertrag, in dem der Beklagte dem Kläger ein Darlehn in Höhe von 3,9 Millionen DM gewährte, das eine dem Vertrag zu entnehmende Verzinsung vorsah. Zudem wurde einer dem Beklagten zugeordneten Bank eine Grundschuld in Höhe von 1,4 Millionen DM inklusive Zinsen bestellt. Zur Sicherung der Zinsen versprach der Kläger dem Beklagten einen Nießbrauch. Abschließend sah der Vertrag ein Kaufangebot des Klägers (Darlehnsnehmer) an den Beklagten (Darlehnsgeber) vor, das für die Dauer von 26 Monaten ab Auszahlung des Darlehns befristet war. Dieses Angebot wurde nur unter der Bedingung wirksam, dass der Darlehnsnehmer (Kläger) das Darlehn zum Zeitpunkt des Rückzahlungstermins zwei Monate noch nicht gezahlt hatte und dass er mit der Zinszahlung länger als 21 Tage im Rückstand war. Sollte die Bedingung eintreten, konnte der Darlehnsgeber durch eine Mahnung eine 21-tägige Frist auslösen, nach deren Ablauf das Angebot nach weiteren 21 Tagen als angenommen galt. Zur Sicherung dieses Anspruchs wurde dem Darlehnsgeber (Beklagten) eine Auflassungsvormerkung bestellt. Die 773 Weiter kritisiert er die gläubigerfreundliche Rechtsprechung des BGH in BGHZ 130, 101, die faktisch Kreditgeber dazu einlade, Schuldnern „ihre Knebel anzulegen“, Wolfsteiner: Anmerkung zum BGH-Urteil vom 25. 10. 2002 (V ZR 253/01), in: DNotZ 2003, S. 129, 131. 774 BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002, juris-Rn. 12. 775 Siehe im Gesamten mit Zitat: BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002, juris-Rn. 12.

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drei Rechte, die Grundschuld zugunsten der Bank, der Nießbrauch und die Auflassungsvormerkung zugunsten des Darlehnsgebers, wurden am 29. 11. 1993 im Grundbuch eingetragen. Gegen diese Eintragung wandte sich der Kläger. Nach dem Vortrag des Klägers machte die Eintragung der Auflassungsvormerkung das Grundbuch unrichtig, da der zu sichernde Anspruch als Veräußerungsklausel im inneren Zusammenhang mit der Grundschuld stand und daher gegen das Veräußerungsverbot des § 1149 BGB verstoßen würde. In der Folge müsste auch die Eintragung des Nießbrauchs nach § 139 BGB entfallen, da dieser die Zinszahlung besichere und nur als einheitliches Vertragskonzept von den Parteien gewollt war (§ 139 BGB). Diesem Vortrag stimmte das LG in erster Instanz zu. Das BayObLG als Beschwerdeinstanz hob das Urteil auf und wandte sich gegen diese Argumentation. Es erkannte die Anwendbarkeit des § 1149 BGB auf die Grundschuld an, jedoch führte es aus: „Das Verbot kann aber nicht losgelöst von der Hingabe eines dinglichen Sicherungsrechts als Schutznorm für jeden Eigentümer gegenüber seinen Gläubigern verstanden und ausgeweitet werden. Die §§ 1149, 1229 BGB sind somit eine Sonderregelung über die Realisierung einer dinglichen Sicherheit, d. h. eine charakteristische Voraussetzung des Verfallverbots ist u. a. die Abrede des Verfalls einer Sicherheit in ihrer Eigenschaft als Sicherheit. Nicht aber bedeutet das Verbot die generelle Anerkennung einer besonderen Schuldnerschutzwürdigkeit des Sacheigentümers (BGH NJW 1995, 2635 f.)776. Das Verbot der Verfallabrede ist deshalb auf den vorliegenden Vertrag, durch den der Vormerkungsberechtigte pfandrechtlich nicht gesichert wurde, unanwendbar.“777

Wesentlich zu der Entscheidung des BayObLG trug der Umstand bei, dass der Beklagte selbst nicht Gläubiger der Grundschuld war. Zwar war er Darlehnsgeber, dem, falls die Rückzahlung des Darlehns ausfallen sollte, der durch Auflassungsvormerkung gesicherte Übertragungsanspruch des Kaufvertrags zustand, jedoch war die Grundschuld, die – nach Ansicht des BayObLG – alleiniger Anknüpfungspunkt für die Norm des § 1149 BGB war, einem Dritten, der Bank, versprochen. Der Gläubiger der Forderung (aus dem Darlehn) und der Gläubiger der Grundschuld waren personenverschieden, sodass das OLG den inneren Zusammenhang zwischen der (grund-) pfandrechtlichen Sicherheit und der Auflassungsvormerkung als nicht gegeben ansah. Wieder wurde die dingliche Sicherheit nicht zum Zwecke der Befriedigung inhaltlich geändert. Inhaltlich war die Entscheidung, § 1149 BGB nicht direkt anzuwenden, richtig. Fraglich bleibt die Verweigerung der analogen Anwendung. Auch die Literatur kritisiert die Entscheidung. So merkt Eickmann778 in seiner Besprechung des Falls an, dass diese Entscheidung materiell-rechtlich höchst zweifelhaft sein müsse, wenn man die Bestellung der Grundschuld mit der Bestellung einer Hypothek vergleiche. Denn in einem solchen Fall hätte wohl ein direkter 776

Siehe neben dem Hinweis im Abschnitt. A., oben unter: 1. d). Das Urteil entspricht BGHZ 130, 101. 777 Zitat: BayOblG vom 07. 11. 1996 – 2Z BR 111/96, , NJW-RR 1997, 590 – juris-Rn. 17. 778 Eickmann: Anmerkung zum Beschluss des BayObLG vom 7. 11. 1996 – 2Z BR 111/96, in: DNotZ 1997, S. 727 ff.

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Anwendungsfall des § 1149 BGB vorgelegen. Wie bereits dargestellt, wurde die Anwendung des § 1149 BGB mehrfach abgewandelt, um dem Schutzgedanken der Verbotsnorm auch im Rahmen der Grundschuld gerecht zu werden.779 Letztlich wurde die Grundschuld genutzt, um eine dritte Person (die Bank) zulasten des Schuldners zu sichern, damit er Kredit erhalten konnte. Wirtschaftlich stand diese Grundschuld in der Sphäre des Darlehnsgläubigers, denn er hatte den Schuldner dazu veranlasst, die Grundschuld nicht ihm, sondern der Bank zu bestellen. Seinen eigenen Anspruch auf Übertragung des Grundstücks, der sich aus einem Eintreten der bedingten Verfallklausel ergab, ließ er sich wiederum mit einer Auflassungsvormerkung sichern. Zwischen dem Darlehnsgläubiger und der Bank war zudem eine Abrede getroffen, dass die Bestellung der Grundschuld zugunsten der Bank treuhänderisch für den Forderungsinhaber (hier den Darlehnsgläubiger) erfolgte. Zwar war wieder kein direkter innerer Zusammenhang gegeben, faktisch war der Schuldner jedoch in einer der abstrakten Gefahr entsprechenden Weise konkret bedroht. Aus seiner Sicht verfiel das Grundstück dem Darlehnsgläubiger durch eine vor Fälligkeit verabredete Verfallklausel. Das gesamte Vertragskonstrukt ließ den Schuldner darauf hoffen, dass er leistungsfähig bleibe und die „schlimmen“ Folgen ausbleiben werden. Nicht zu vernachlässigen ist die Auflassungsvormerkung, die als dingliche Sicherung für den Anspruch auf Eigentumsübertragung zugunsten des Darlehnsgläubigers wirkte. Damit ist die Aussage des BayObLG, die Verfallklausel trete völlig ohne dingliche Sicherung auf, nicht korrekt. Auch in dieser Konstellation erweckt die schlechte Position des Schuldners den Anschein, dass eine analoge Anwendung des § 1149 BGB zum Zweck des Schuldnerschutzes geboten ist.780 Der „innere Zusammenhang“ ist in diesen Dreipersonenverhältnissen immer dann problematisch, wenn die dingliche Änderung des Grundpfandrechts ausbleibt, aber dennoch der dritten Person weitreichende Vorteile entstehen, die nach der gesetzlichen Konzeption so nicht gerechtfertigt sind. In der Literatur wird vertreten, dass Verbote auch dann einschlägig sind, wenn ein Veräußerungsanspruch zugunsten einer von dem Gläubiger abhängigen Person bestellt wird, wenn er durch den Erwerber des Anspruchs eine Vermittlungsprovision erhält oder an der Finanzierung durch den Erwerber gewinnbringend beteiligt ist.781 Solche Abreden, die eine Veräußerung an einen Dritten im Interesse des Gläubigers zum Inhalt haben, können zudem als Verfügungsbeschränkung des § 1136 BGB gesehen werden, da hierdurch spätere Verfügungen im Ergebnis unmöglich werden.782

779

Siehe etwa oben die Ausführungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit, unter: 1. c). So auch: Eickmann: Anmerkung zum Beschluss des BayObLG vom 7. 11. 1996 – 2Z BR 111/96, in: DNotZ 1997, S. 727 ff.; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 8. 781 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 8. 782 Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 8. 780

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Dass die Entscheidung des bayrischen OLG Zuspruch fand,783 erklärt sich durch die Bedeutung für das formelle Verfahren des Berichtigungsanspruchs nach §§ 22, 29 GBO. Denn das Urteil enthielt Ausführungen zu den Anforderungen an die Beweiserhebung der öffentlichen Urkunden, §§ 22, 29 GBO. So konnte im vorliegenden Fall, nach dem Beweisverfahren mittels öffentlicher Urkunden, kein für den Schuldner günstiges Ergebnis belegt werden. Die Abrede zwischen der Bank und dem Darlehnsgeber, die die treuhänderische Ausgestaltung der Grundschuld hätte belegen können, wurde nicht Teil des notariell beglaubigten Vertrags. Nach dem Verfahren der §§ 22, 29 GBO konnte nicht mit ausreichender Sicherheit der Grund für die Bestellung der Grundschuld belegt werden, der eine Berichtigung des Grundbuchs in formeller Hinsicht benötigt hätte. Damit ist das Urteil für das Grundbuchverfahren maßgeblich, für die materielle Auslegung des § 1149 BGB ist es bedenklich.784 Der Fall zeigt die besondere Bedeutung, die der Auslegung eines Vertragsverhältnisses für den Normzweck zukommt. Immer ist die konkrete Ausgestaltung zu berücksichtigen, damit nicht durch eine „Auslagerung“ der dinglichen Sicherheit an eine dritte Person die Umgehung des Verbots in § 1149 BGB ermöglicht wird. g) Zusammenfassung Der historische Normzweck fordert eine weite Auslegung des § 1149 BGB, um den Schuldner umfassend vor der abstrakten Gefahr zu schützen, zu viel zu riskieren. Sofern der Tatbestand der Norm des § 1149 BGB vorliegt, führt die abstrakte Gefahr einer solchen Verfallklausel zur Nichtigkeit. Dabei ist weitestgehend anerkannt, dass die Schwächen des Verbots nicht leichtfertig genutzt werden dürfen, um die Verbotsnorm zu umgehen. Wie die als fällig bestellte Grundschuld oder die selbstständigen und abstrakten Schuldversprechen zeigen, wird die Fälligkeit dann auf den zugrundeliegenden Anspruch bezogen, um die zeitliche Komponente des Verbots zu wahren. Kritisch werden die Erweiterungen des Verfallverbots bewertet, die über den direkten Anwendungsbereich der Norm hinausgehen. Am Anfang der Überlegung stand eine analoge Anwendung auf andere Sicherungsinstitute. An die Stelle der gesetzlich anerkannten Sicherheiten785 soll eine Erweiterung des § 1149 BGB auf 783

Etwa in OLG Zweibrücken vom 08. März 2012, Az: 3W 146/11. Zu diesem Ergebnis kommt auch Eickmann in seiner Urteilsbesprechung, in: Eickmann, Anmerkung zum Beschluss des BayObLG vom 7. 11. 1996 – 2Z BR 111/96, in: DNotZ 1997, S. 727 ff., der es so ausdrückt: „Hätte der Senat sich damit [er meint mit der Ausführung zum Verfahren nach § 22 GBO] begnügt, wäre nichts anzumerken. Seinen materiellen Feststellungen hingegen muß widersprochen werden.“ Zustimmend auch: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 8. 785 Wie sie schon vom LG Stuttgart genannt wurden: die Hypothek (§ 1149 BGB), die Grund- und Rentenschuld (§ 1192 BGB), die Reallast (§ 1107 BGB) und das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§ 1229 BGB) und an Rechten (§§ 1275, 1277 BGB), siehe: LG Stuttgart, BWNotZ 1976, S. 87. 784

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dingliche Sicherheiten treten, die nicht gesetzlich geregelt sind.786 Die in der Literatur vertretene Ansicht, eine solche Anwendung sei notwendig, da es sich beim Verfallverbot um ein allgemeines Rechtsprinzip handele, führte zu einer Ausweitung der Anwendung. Das LG Stuttgart nahm die in der Literatur vertretene Ansicht als Grundlage, um auch dinglich nicht gesicherte Gläubiger mit dem Verbot zu erfassen. Es argumentierte, der Literatur folgend, wesentlich mit dem historischen Normzweck der gesetzlichen Verbote in §§ 1149, 1229 BGB. Der Schuldnerschutz müsse zu einer Anwendung des Verfallverbots führen, wenn sich der Schuldner einer konkreten Gefahr ausgesetzt sieht, die die Normen abstrakt durch ihren Tatbestand ausschließen wollten. Diesem Beschluss trat der BGH787 entgegen und widersprach dieser Auslegung des Normzwecks mit Verweis auf die von Achilles erstellten Motive. Nach dem BGH war der Schuldnerschutz nur eine mittelbare Folge des als Kern des Verbots ausgemachten Umwandlungsverbots der dinglichen Sicherheiten. Mit einiger Vorsicht zeigt sich in dieser Interpretation ein Missverständnis der Gesetzesmaterialien, da sie bei genauer Analyse primär den Schutz des Schuldners im Blick hatten. Wie oben in Abschnitt F. ausgeführt, sollte – wie es schon die 1. Kommission ausdrücklich ausgesprochen hatte788 – das Verbot den kreditbedürftigen Schuldner vor sich selbst schützen. Im Vordergrund stand die abstrakte Gefahr, dass der Schulder eine solche Abrede in der Hoffnung auf den künftigen Krediterhalt einging, deren Eintritt er zu verhindern glaubte und die dennoch zum völligen Verlust des Pfandgegenstands an den Gläubiger führen konnte. Der Gläubiger sollte wiederum abgehalten werden, die beschriebene Situation zu Lasten des Schulnders auszunutzen oder diesem gar in der spekulativen Hoffnung Kredit zu gewähren, mit dem Ziel den verpfändeten Gegenstand zu erhalten. Ob dieser über die analoge Anwendung von § 1149 BGB oder durch § 138 BGB zu berücksichtigen ist, kann nicht abschließend beantwortet werden. Solange die Rechtsprechung dem Schuldner aber eine eigene Fallgruppe im Rahmen des § 138 BGB verweigert, die Verfallklauseln objektiv ermittelt und als sittenwidrig anerkennt, ist der Schutz nach § 1149 BGB analog vorzuziehen. In einem späteren Urteil des 5. Senats789 scheint der BGH, im Rahmen einer durch Vormerkung gesicherten Verfallklausel, das hier vorgestellte Ergebnis der Nichtigkeit durch § 138 BGB zu stützen. So will auch Wolfsteiner in dem Urteil einen Bezug zur Behandlung des Problems der vormerkungsgesicherten Verfallklausel im Rahmen des § 1149 BGB erkennen, da sich im Sachverhalt des Urteils eine hypothekengleiche Wirkung der Abreden verberge.790 Leider erreicht der BGH sein Ergebnis, indem er die Grundsätze der Vertragsstrafe anwendet und den Schutz nach § 138 Abs. 1 BGB er786

Diese Problematik wird im folgenden Abschnitt betrachtet, siehe: Abschnitt H. Siehe: BGHZ 130, 101, oben unter: 1. e). 788 Siehe oben Abschnitt F., unter: 2. b). 789 Urteil des BGH vom 17. 10. 2008, Az. V ZR 14/08, NJW 2009, 1135. 790 Insbesondere: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 25, m. w. N. 787

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weitert. In konkreter Überprüfung der Klausel stellt der 5. Senat fest, dass „die Verfallklausel […] eine gänzlich unangemessene, die Beklagte einseitig begünstigende Regelung dar[stellt] und [sie] deshalb ebenfalls nicht mit den guten Sitten zu vereinbaren [ist]“. Die schuldrechtlich wirkende Verfallklausel soll nach den Gesichtspunkten der Vertragsstrafe behandelt werden. Der BGH stellte klar, dass eine Verfallklausel durchaus legitim ist, wenn sie die andere Partei zur Vertragstreue anhält. Im Vertrag war aber nicht berücksichtigt, dass für den Fall einer späteren Nichtleistung die regelmäßig zu erbringenden Rentenzahlungen nicht erstattet wurden. Je länger die Kläger vertragstreu zahlten, desto höher war der Verlust bei einem späteren Ausbleiben der Leistung. „Die Kläger stehen mithin umso schlechter, je vertragstreuer sie sich verhalten, und desto besser, je früher sie die Rentenzahlung einstellen. Damit wird die Druckfunktion der Verfallklausel in ihr Gegenteil verkehrt.“791 Zu unterscheiden sind aber solche Fälle, bei denen – anders als in BGHZ 130, 101 – eine andere dingliche Sicherung die Verfallklausel verstärkt. Sowohl im Fall des LG Stuttgart als auch in den folgenden, sich auf BGHZ 130, 101 berufenden Urteilen spielte die dinglich wirkende Vormerkung eine Rolle. In diesen Fällen kann eine analoge Anwendung von § 1149 BGB geboten sein, da – wie der BGH selbst betont – eine Analogie nur dann auszuschließen ist, sofern der Gläubiger überhaupt nicht dinglich gesichert ist. Die Problematik der analogen Anwendung des Verfallverbots auf eine vormerkungsgesicherte Verfallklausel wird im nächsten Abschnitt beleuchtet. Zuerst wird ein Blick auf die Norm des § 1229 BGB geworfen.

2. § 1229 BGB Der Wortlaut des § 1229 BGB: „Verbot der Verfallvereinbarung792 Eine vor dem Eintritt der Verkaufsberechtigung getroffene Vereinbarung, nach welcher dem Pfandgläubiger, falls er nicht oder nicht rechtzeitig befriedigt wird, das Eigentum an der Sache zufallen oder übertragen werden soll, ist nichtig.“

Das Pfandrecht des BGB in den §§ 1204 ff. dient als akzessorisches Sicherungsrecht, das der Verpfänder einer Sache (§ 1204 Abs. 1 BGB) oder eines Rechts (§ 1273 Abs. 1 BGB) dem Gläubiger zur Sicherung einer diesem zustehenden Forderung bestellt. Durch das Pfandrecht erhält der Gläubiger ein dingliches Verwertungsrecht an dem Gegenstand, das ihn auch im Fall der Zwangsvollstreckung (§ 805 ZPO) gegen den Schuldner oder von dessen Insolvenz (§ 50 InsO: mittels eines Absonderungsrechts) zur vorzugswürdigen Befriedigung berechtigt. 791

Rn. 9.

Zitate im Urteil des BGH vom 17. 10. 2008, Az. V ZR 14/08, NJW 2009, 1135 – juris-

792 Die nun amtliche Überschrift wurde mit dem „Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts“ vom 29. November 2001 (BGBl. I 2001, Nr. 61, S. 3138, 3205) veröffentlicht und trat mit dem Gesetz am 01. 02. 2002 in Kraft; damit sind sie seit der vollständigen Neubekanntmachung des BGB vom 2. Januar 2002 (BGBl. I 2002, Nr. 2, S. 42, 225) Teil der Norm.

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Das Mobiliarpfandrecht ist als Faustpfandrecht ausgestaltet und kann durch rechtsgeschäftliche Bestellung oder durch einen gesetzlichen Tatbestand entstehen.793 Beim rechtsgeschäftlichen Pfandrecht belastet der Besteller die Sache – so der gesetzliche Normalfall – durch Einigung und Übergabe mit einem beschränkt dinglichen Recht, um die Forderung des Pfandgläubigers zu sichern. Dogmatisch ist dies als Teilrechtsabspaltung aus dem Eigentum einzuordnen, bei der durch die Übergabe das besondere Interesse des Rechtsverkehrs an der Publizität gewahrt wird. Damit ist ein Besitzkonstitut (§ 930 BGB) ausgeschlossen, jedoch kann eine Übergabe durch Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 931 BGB ersetzt werden. Auch ist die Übergabe der Pfandrechtsbestellung nach § 1206 BGB erleichtert. Es ist nicht notwendig, dass der Verpfänder überhaupt keine Besitzposition behält, vielmehr ist auch die Einräumung des Mitbesitzes ausreichend, wenn „sich die Sache unter dem Mitverschluss des Gläubigers befindet oder, falls sie im Besitz eines Dritten ist, die Herausgabe nur an den Eigentümer und den Gläubiger gemeinschaftlich erfolgen kann […]“, § 1206 BGB. Hintergrund ist, dass weder der Gläubiger noch der Verpfänder alleine auf die Sache zugreifen kann und diese Situation aus Sicht des Gesetzes zur Wahrung der Publizität ausreicht.794 Im Fall des Forderungsausfalls steht dem Gläubiger das Recht zur Verwertung zu. Diese kann er mittels des gesetzlichen Normalfalls der öffentlichen Versteigerung betreiben (§ 1233 Abs. 1 BGB) oder aber eine andere Verwertungsform nutzen, etwa die Verwertung nach Vollstreckungsrecht (§ 1233 Abs. 2 BGB), nach Parteivereinbarung (§§ 1245, 1259 BGB) oder mittels einer entsprechenden Entscheidung des Gerichts (§ 1246 BGB).795 Er hat die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des § 1243 BGB zu wahren,796 wobei unterschiedliche Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung vorgesehen sind, wie eine Schadensersatzpflicht des Gläubigers zugunsten des Verpfänders gemäß § 1243 Abs. 2 BGB oder zum Schutz des Ersteigerers die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nach § 1244 BGB. Ebenso wie bei der Hypothek findet im Anschluss eine Auskehrung an den Gläubiger statt, der den Erlös bis zur Summe der Forderung erhält, während dem Schuldner etwaige Überschüsse zufallen. § 1247 S. 1 BGB ordnet an, dass der Erlös aus der Verwertung, soweit er dem „Pfandgläubiger zu seiner Befriedigung gebührt“, die Forderung zum Erlöschen bringt. Der Wortlaut, dass die Forderung als vom Eigentümer „berichtigt“ gilt (§ 1247 S. 1 BGB), fingiert, dass der Schuldner den Gläubiger befriedigt hat, indem sein Eigentum in den durch die Versteigerung entstehenden Geldbetrag „umgewandelt“ wurde. In der Konsequenz bedeutet dies 793

Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 55 A I, Rn. 2. Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 55 B II, Rn. 16. 795 Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 55 B IV, Rn. 25. 796 Dies sind nach § 1243 Abs. 1 BGB: das Bestehen des Pfandrechts, die Pfandreife (§ 1228 Abs. 2 BGB), die Begrenzung der Verkäufe von Pfändern auf das Notwendige (§ 1230 S. 2 BGB), die öffentliche Bekanntmachung der Versteigerung (§ 1237 BGB) und das Einhalten der Öffentlichkeit bei Versteigerung (§ 1235 BGB), bei Gold- und Silbersachen das Erreichen des Metallwerts (§ 1240 BGB). 794

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aber auch bei einem Dreipersonenverhältnis aus Gläubiger, Schuldner und einem personenverschiedenen Verpfänder, dass dem ehemaligen Eigentümer der verpfändeten Sache die Ansprüche des Gläubigers gegen den Schuldner nach §§ 268 Abs. 3 S. 1, 1249 BGB zustehen. Ferner drückt der Wortlaut mit „gebührt“ aus, dass dies nur bis zur Schwelle der Forderungshöhe stattfinden soll, ansonsten gilt die Surrogation des § 1247 Abs. 2 BGB. An die Stelle des Pfandes tritt der überschüssige Erlös, der dem ehemaligen Eigentümer der verpfändeten Sache zusteht.797 Diese grundsätzlichen Regelungen zur Akzessorietät und bezüglich der Verwertung des Pfands gelten nach § 1257 BGB auch für ein gesetzlich entstandenes Pfandrecht. Diese Pfandrechte entstehen über Sondertatbestände, wobei es neben den Besitzpfandrechten, wie dem des Werkunternehmers (§ 647 BGB), des Lagerhalters (§ 475 b HGB) oder des Spediteurs (§ 464 HGB), auch so genannte „besitzlose“ Pfandrechte gibt. Diese, wie etwa das Vermieter- und das Verpächterpfandrecht (§§ 562 ff.; 578, 581 Abs. 2, 592 BGB), zeichnen sich durch das „Einbringen“ der Sache des Schuldners in die Eigentumssphäre des Gläubigers aus, sodass auch der Begriff der „Einbringungspfandrechte“ verwendet wird.798 In diesem Geflecht steht § 1229 BGB. Trotz eines anderen Wortlauts hat § 1229 BGB nach Ansicht von Literatur und Rechtsprechung799 grundsätzlich den gleichen Inhalt und die gleiche Funktion wie der § 1149 BGB. Er normiert, dass solche Abreden zwischen Gläubiger und Schuldner des Pfandverhältnisses nichtig sein sollen, die einen direkten Übergang des Eigentums (1. Var.) oder einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums (2. Var.) vor dem Zeitpunkt der Verkaufsberechtigung, der sogenannten Pfandreife nach § 1228 Abs. 2 BGB, vorsehen. Es folgt ein Überblick über die Voraussetzungen und den Tatbestand des § 1229 BGB.

a) Falls der Gläubiger nicht oder nicht rechtzeitig befriedigt wird Aus dem Wortlaut leitet sich ab, dass auch bei § 1229 BGB der wesentliche Anknüpfungspunkt des Verbots die Bedingung der Nichtbefriedigung sein muss. Literatur und Rechtsprechung vertreten die Ansicht, dass die Normen gemeinsam 797

Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 55 B IV, Rn. 29. Siehe hierzu: Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 55 C I, Rn. 36 f. 799 RG Urteil vom 22. Mai 1935; V 469/34 in: JW 1935, S. 2886: Dieses Urteil setzt sich mit der Auslegung der beiden Normen §§ 1149, 1229 BGB auseinander und stellt fest, dass sie die gleiche Wirkrichtung in ihrem Normgefüge haben: „Zutreffend geht das RG davon aus, daß dem § 1149 BGB derselbe Gedanke zugrunde liege, der auf dem Gebiete des Pfandrechts an beweglichen Sachen im § 1229 BGB Ausdruck gefunden hat […]. Bei der Auslegung der einen ist deshalb auch die Fassung der anderen Bestimmung zu beachten (RGZ 30, 227 = JW 1931, 606).“ So auch die Literatur: W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1229, Rn. 1, 7; Habersack, in: Soergel, BGB-Kommentar (§§ 1018 – 1296), § 1229, Rn. 1; Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1229, Rn. 1. 798

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gelesen werden müssen.800 So wird in den Entscheidungen zum Hypothekenrecht801 die Interpretation des § 1149 BGB ausdrücklich auch auf das Pfandrecht nach §§ 1204 ff. BGB übertragen. Kernelement ist die Bedingung der Nichtbefriedigung des Gläubigers. Der Eigentumsübergang hängt allein von dem künftigen und ungewissen Ereignis der Befriedigungsleistung des Schuldners ab. Bestätigt wird dies etwa durch ein Urteil des RG.802 Neben einer prozessrechtlichen Fragestellung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 537 ZPO musste das RG materiell über die Anwendbarkeit des § 1229 BGB auf eine Abrede zwischen dem Kläger und dem Beklagten entscheiden. Dabei nahm der Kläger ein Darlehn in Höhe von 100.000 Reichsmark auf, das er mit einem Pfand in Form einer aus 398 Büchern bestehenden Bibliothek besicherte. Zusätzlich führte der Vertrag aus: „Das Darlehn ist fällig am 01. Oktober 1923, jedoch steht es Ihnen (dem Beklagten) alsdann frei, mir weitere 50.000 Mark zu zahlen, worauf die Bücher in Ihren Besitz gelangen, d. h. Sie können von mir Rückzahlung des Darlehns gegen Rückgabe der Bücher fordern oder verzichten auf Rückzahlung des Darlehns und die Bücher gehen gegen eine weitere Zahlung von 50.000 Mark an Sie über.“

Das RG bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts, das die Anwendbarkeit von § 1229 BGB ablehnte, da die Abrede das Wahlrecht des Gläubigers nicht an die Bedingung der Nichtbefriedigung anknüpfte. Vielmehr bestand das Recht zur Übernahme vom Zeitpunkt der Fälligkeit an und unterlag nur der Wahl des Gläubigers. Zwar bestand das Problem, dass der Gläubiger sein Wahlrecht nicht erkennbar zum Ausdruck brachte, jedoch sah das RG diese Wahl spätestens mit der Prozesseröffnung als ausgeübt an. Hätte der Kläger die Möglichkeit in Anspruch nehmen wollen, das Wahlrecht durch Verzug einseitig nach § 264 Abs. 2 BGB auszuüben, hätte er dies dem Beklagten anzeigen und ihn mittels einer Fristsetzung zur Ausübung auffordern müssen. Dies geschah nicht, sodass das RG nach Verneinung des § 138 BGB den Beklagten im Recht sah. Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass das Verbot des § 1229 BGB nicht allein durch eine Bedingung oder einen bedingten Eigentumsübergang ausgelöst wird. Vielmehr muss in der Verfallabrede an das künftige ungewisse Ereignis der Nichtbefriedigung angeknüpft werden. Der Gläubiger hatte die Wahl, ob er entweder den Anspruch auf Rückzahlung verlangen wollte oder einen automatischen Verfall des Eigentums gegen die Zahlung einer weiteren Geldsumme vorzog. Die Bedingung lag außerhalb der Verantwortung des Schuldners. Das Wahlrecht schloss an den Willen des Gläubigers an, nicht an die fehlende Leistungsfähigkeit des Schuldners im Zeitpunkt der Pfandreife. In der

800 801 802

Siehe oben, unter: 1. RGZ 92, 101; 130, 227; BGHZ 130, 101; RG in: SeuffA 81 Nr. 8; RG in JW 1935, 2886. RG Urteil vom 8. Juli 1926, IV 65/62 = SeuffA Bd. 81, Nr. 8 = Warneyer 1926, Nr. 153.

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Literatur wird dies als der „leistungsfähige Schuldner“803 beschrieben, der neben dem Pfand dem Gläubiger eine Kaufoption als Sicherheit einräumt, die unabhängig von seiner Leistungsfähigkeit besteht.804 b) Vor Eintritt der Verkaufsberechtigung Ähnlich wie bei § 1149 BGB findet das Verbot des § 1229 BGB seine zeitliche Grenze in der Verkaufsberechtigung des Gläubigers. Auch im Pfandrecht entstehen durch diese Einteilung mehrere Phasen, in denen unterschiedliche Regelungen gelten. Vor der Bestellung und bis zum Eintritt der Verkaufsberechtigung kann der Verpfänder der Sache bzw. des Rechts grundsätzlich nicht auf die gesetzliche Pfandverwertung i. S. d. §§ 1204, 1233 ff. BGB verzichten. Erst mit dem Eintritt der Pfandreife erlangen die Parteien die Möglichkeit, das Pfandrecht inhaltlich abzuändern. Dies schließt die Möglichkeit des Verfalls ein. Wie dies juristisch ausgestaltet werden kann, bleibt der Parteivereinbarung überlassen. Im Umkehrschluss ist nach Pfandreife die gesetzliche Grenze der Verfallvereinbarung der generelle Schuldnerschutz nach § 138 BGB. Der Zeitpunkt der Pfandreife ist nach § 1228 Abs. 2 BGB gesetzlich definiert. Diese Pfandreife tritt ein, wenn die besicherte Forderung „ganz oder zum Teil fällig ist“.805 Falls der besicherte Anspruch nicht als Zahlungsanspruch ausgestaltet ist, greift man auf den Zeitpunkt zurück, in dem er in einen solchen übergeht. Damit bleibt eine Verfallvereinbarung wirksam, solange sie nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit geschlossen wird. Nach Ansicht der Literatur ist dies nach dem Wortlaut des § 1228 Abs. 2 S. 1 BGB auch bei teilweiser Fälligkeit der Fall.806 c) Vereinbarungen, nach welchen dem Gläubiger das Eigentum an der Sache zufallen oder übertragen werden soll Anders als bei § 1149 BGB, der aufgrund der sachenrechtlichen Besonderheit bei Grundstücken grundsätzlich nur schuldrechtliche Verfall- bzw. Veräußerungsabreden umfasst, ist der Anwendungsbereich der pfandrechtlichen Norm weiter. In Übereinstimmung mit der rechtshistorischen Analyse sind in einem ersten Schritt alle dinglichen Verfallabreden erfasst, bei denen bedingt auf den Zeitpunkt der Pfandreife ein automatischer Eigentumsübergang der verpfändeten Sache an den 803 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1229, Rn. 6; Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1229, S. 1472, unter: 2. c). 804 Auf diese Entscheidung verweisend: RGZ 92, 105 f.; 130, 229; so auch: Raape: Die Verfallklausel, S. 12, 14. 805 Wortlaut des § 1228 Abs. 2 S. 1 BGB. 806 Raape: Die Verfallklausel, S. 37 ff.; Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1229, S. 1472, unter: 2a); Wolff/Raiser: Sachenrecht, § 165, S. 690, Fn. 9; Habersack, in: Soergel, BGB-Kommentar (§§ 1018 – 1296), § 1229, Rn. 4.

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB

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Pfandgläubiger eintritt. Auch schuldrechtliche Abreden werden erfasst, da diese als Umgehungsgeschäft zu den dinglichen Abreden einzuordnen sind.807 Die Literatur unterstellt wie bei der Hypothek auch beim Pfandrecht den rechnungspflichtigen Verfall dem Verbot. Mit Verweis auf die Rechtsprechung zum Hypothekenrecht ist ein Verfall der Pfandsache mit Anrechnung des über die besicherte Forderung hinausgehenden Betrags genauso vom Verbot erfasst wie Abreden, die einen bestimmten Gegenwert, einen festen Marktpreis zum Zeitpunkt der Pfandreife oder vergleichbare flexible Börsen- oder Marktpreise festlegen.808 Obwohl es nicht ausdrücklich durch die Rechtsprechung festgestellt wurde, dürften auch die Gerichte dies mit dem Hinweis auf die gemeinsame Wirkrichtung von § 1229 BGB und § 1149 BGB ähnlich sehen. aa) Dingliche und schuldrechtliche Verfall- und Übereignungsabreden Bei genauer Betrachtung lassen sich verschiedene Varianten unterscheiden. Anders als bei der Hypothek gibt es im Mobiliarsachenrecht durchaus die Möglichkeit, eine Eigentumsübertragung mit einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung zu verbinden. Dies ermöglicht eine „eigentliche“, dinglich wirkende Verfallabrede. Sie ist so ausgestaltet, dass sich der Gläubiger, im Fall der Nichtbefriedigung des besicherten Anspruchs, das bedingte Eigentum an der Sache übertragen lässt, §§ 929, 158 BGB.809 Daneben tritt die schuldrechtliche Verfallabrede, die einen schuldrechtlichen Anspruch auf Sachübereignung begründet, sofern die Bedingung der Nichtbefriedigung eingetreten ist. Zuletzt ist auch eine erweiterte schuldrechtlich wirkende Abrede denkbar, dass der Pfandgläubiger einen bedingten Anspruch auf Abschluss eines schuldrechtlichen Vertragsverhältnisses hat, das seinerseits zur späteren Verfügung verpflichtet. Dies entspricht einer ähnlichen Problematik wie bei den hypothekarischen Sicherheiten. Hierunter fallen etwa Vorverträge oder Ankaufrechte, die dem Gläubiger eine bevorzugte Erwerbsposition einräumen.810 Ziel ist es, Versuche zu verhindern, das Verbot der dinglichen Verfalloder Veräußerungsabrede durch schuldrechtliche Abreden zu umgehen. Auffällig ist, dass schuldrechtliche Verfall- oder Veräußerungsabreden beim Pfandrecht selten zu gerichtlicher Auseinandersetzung führen. Sie sind entweder von geringerer prakti-

807 Siehe im Gesamten: W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1229, Rn. 1, mit Verweis auf: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 821. Dort heißt es, auch diese seien „ein Mittel zur Bedrückung der unvorsichtigen oder in einer Notlage befindlichen Schuldner“. 808 Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 821; Raape: Die Verfallklausel, S. 15 ff.; Wolff/Raiser: Sachenrecht, § 165, unter I. 4, S. 688; Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1229, S. 1471 f. unter 1a); Schmidt, in: Erman, BGBKommentar, Bd. II, § 1229, Rn. 3. Nur der heutige § 1259 BGB bildet eine Ausnahme. 809 Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1229, S. 1472. 810 Siehe oben, unter: 1. b).

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scher Bedeutung oder die Möglichkeit, dingliche Abreden zu schließen, macht die schuldrechtliche Umgehung unattraktiv. Wie eine frühe Entscheidung des OLG Hamburg aus dem Jahr 1911811 verdeutlicht, bedarf auch das Verbot der Verfallklausel nach § 1229 BGB der Auslegung. Im Urteil gab das OLG Hamburg der Berufung einer in erster Instanz gescheiterten Klägerin statt, die sich gegen den Eigentumserwerb der Beklagten an einem Motor wendete, der möglicherweise in einem Theaterpachtvertrag als „Theaterinventar“ eingebracht worden war. Im Pachtvertrag hieß es in § 14: „Der Pächter ist in diesem Falle [gemeint ist die Kündigung wegen des Ausbleibens von zwei Monatsmietraten] verpflichtet, das gesamte von ihm eingebrachte Theaterinventar der Verpächterin als Entschädigung für die Nichtinnehaltung des Pachtvertrages zu belassen und [es] geht in solchem Falle das Eigentum an dem Theaterinventar auf die Verpächterin über.“

Dass diese Klausel eine verbotene Verfall- bzw. Veräußerungsverpflichtung nach § 1229 BGB darstellte, war unbestritten. Problematisch war, dass das LG in erster Instanz meinte, dass das Pfandrecht erst nach dem Abschluss der Abrede entstand und daher nicht die Wirkung des Verbots des § 1229 BGB auslösen könne. Das OLG widersprach und verwies auf den Wortlaut, der nur auf die Pfandreife als zeitliche Grenze abstellt. Auch aus dem Schutzzweck der Norm wäre es unsinnig, eine weitere Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Entstehung des Pfandrechts zu berücksichtigen. Diese Entscheidung gilt in der Wissenschaft seitdem als Bestätigung dafür, dass es für die Wirksamkeit des Verbots unerheblich ist, ob das Pfandrecht vor, während oder erst nach der Klausel entstanden ist. Interessant ist die Entscheidung ferner für die Auslegung, ob es sich um eine Verfall- oder Veräußerungsklausel handelt. Zwar spricht § 14 des Pachtvertrages von einem „Übergehen des Eigentums“, jedoch widersprach diese Auslegung der gesetzlichen Dogmatik des Eigentumsübergangs nach den §§ 929 ff. BGB. Es fehlte die willentliche Übergabe zum Zweck der Eigentumsübertragung. Nach der Abrede müsste eine Eigentumsübertragung nur durch dingliche Einigung möglich sein, was aber nach den Normen des BGB ausgeschlossen ist. Hier stellte das OLG klar, dass auch über eine Verfallklausel der Eigentumserwerb nach den allgemeinen sachenrechtlichen Vorschriften zu erfolgen hat. Ist dies dogmatisch nicht möglich, kann die Abrede höchstens als Verpflichtung interpretiert werden, dass der Eigentümer das Eigentum nach den sachenrechtlichen Normen zu übereignen habe. In der Auslegung zeigt sich, dass der Zeitpunkt der Entstehung des Pfandrechts für die Frage, ob eine Klausel unter das Verbot des § 1229 BGB fällt, unerheblich ist. Zudem bestimmt sich die Grenze zwischen einer dinglich wirkenden Verfallklausel und einer schuldrechtlichen Veräußerungsabrede im Zweifel nach den allgemeinen sachenrechtlichen Regelungen. Ist ein automatischer Eigentumsübergang nach der 811

HansGZ 1911 B, S. 10 f.

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB

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Ausgestaltung des BGB nicht möglich, kann es sich nur um ein schuldrechtliches Versprechen zur Eigentumsübertragung handeln. Die Tendenz, die Klausel als eine eigenständige Anknüpfung für die Auslegung zu sehen, bestätigte auch das RG in seiner Rechtsprechung.812 Es führte aus, dass, solange keine Tatsachen vorgebracht werden, die an dieser gegenseitigen Bereitschaft zur Bestellung der Pfandsicherheit zweifeln lassen, dennoch eine wirksame Pfandbestellung zu vermuten ist. Die Abrede der Verfallklausel gibt weder Anlass, wegen der Teilnichtigkeit auf die Gesamtnichtigkeit der Pfandbestellung zu schließen (§ 139 BGB), noch kann die Verfallklausel als Grundlage für eine Nichtigkeit wegen Wuchers oder wegen Sittenwidrigkeit dienen (§ 138 BGB). Durch die Schutznorm des § 1229 BGB ist die Verfallabrede nichtig und wird aus dem Pfandvertrag gestrichen. Es bleibt eine nach den gesetzlichen Vorschriften zu beurteilende Pfandbestellung übrig. Überlegungen, die Nichtigkeit der gesamten Pfandbestellung nach § 139 BGB oder § 138 BGB zu begründen, können nur durch einen sonstigen, nicht an der Verfallklausel anknüpfenden Umstand des Vertrags begründet werden.813 Die Existenz einer nach § 1229 BGB nichtigen Verfallklausel reicht hierfür nicht. Diese durchaus überzeugende Ausführung traf auch in der Literatur auf Zustimmung.814 Es entspricht auch der Interessenlage: Der Gläubiger will eine Sicherheit für seine Forderung und der Schuldner ist seinerseits bereit, eine Verpfändung einzugehen. Letztlich ist nur die inhaltliche Ausgestaltung des Pfandrechts, in Form des Verfall- bzw. des Veräußerungsanspruchs am Pfand, nicht mit der gesetzlichen Konzeption vereinbar und spricht für eine Wirksamkeitsvermutung, falls nicht andere Tatsachen etwas anderes nahelegen.815 Wie im Hypothekenrecht sind die Vertragskonstruktionen auslegungsbedürftig, wie die beiden folgenden Urteile verdeutlichen.

812 Grundlegend ist: RG in SeuffA Bd. 65 Nr. 62 = RG in JW 1909, S. 719 (Nr. 6): In diesem Urteil begehrte der Kläger vom Konkursverwalter der Firma f. und N. die „abgesonderte Befriedigung aus zwei Fuhren Weißblech, die der Gemeinschuldner ihm in Faustpfand übergeben hatte, zur Sicherung für bestimmte Darlehn.“ Der Konkursverwalter entgegnete, wie das RG als zutreffend ansah, dass in der Abrede eine unwirksame Verfallabrede vereinbart worden war, da das zur Sicherheit verpfändete Weißblech nach einer Frist von acht Tagen in das Eigentum des Klägers übergehen sollte, sofern die Darlehn nicht bis dahin befriedigt werden würden. Grundsätzlich führe jedoch die Nichtigkeit der Verfallklausel nicht zu einer Nichtigkeit der gesamten Pfandrechtsbestellung. Es sei nach § 139 BGB zu beurteilen und im Zweifel sei in der Suche des Gläubigers nach Sicherheit und der Bereitschaft des Schuldners, diese zu gewähren, ein gegenseitiges Interesse an der Wirksamkeit der Pfandrechtsbestellung zu sehen. 813 So auch: Schärtle, BeckOK BGB, § 1229, Rn. 3. 814 Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1229, S. 1471 f., unter 1a); Kregel, RGRK Kommentar zum BGB (§§ 1204 – 1296), § 1229, Rn. 1. 815 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1229, Rn. 10; Habersack, in: Soergel, BGB-Kommentar (§§ 1018 – 1296), § 1229, Rn. 5; Westermann/Eickmann/Gursky: Sachenrecht, § 129 IV 1.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

bb) Zur Abgrenzung schuldrechtlicher und dinglicher Abreden: RG in SchlHolAnz 1924, S. 149 ff. Der dem Urteil des RG zugrundeliegende Sachverhalt ereignete sich im November 1922 und war stark von der Inflation der Goldmark geprägt. Der Beklagte lieh dem Kläger 10.000 Mark zur Begleichung einer Rechnung in seiner Weinwirtschaft und erhielt vom Kläger im Gegenzug einen holländischen Zehnguldenschein. Während der Kläger dies als Verpfändung des Geldscheins ansah, ging der Beklagte von einer Leistung des Guldenscheins an Zahlungs statt aus. Es wurde vereinbart, dass der Kläger den Schein binnen drei Tage wieder einlösen könne. Nachdem diese Frist verstrichen war, was auch an der Nichterreichbarkeit des Beklagten lag, ging der Streit vor Gericht. Der Beklagte verweigerte die Herausgabe und war nur unter der Voraussetzung zur Rückgabe bereit, dass eine an die Geldentwertung angepasste Zahlung in Höhe von 290.000 Mark erfolgen würde. Das RG hatte zu entscheiden, wie der Sachverhalt rechtlich einzuordnen war. Dabei spielte die dreitägige Wiedereinlösungsfrist eine besondere Rolle. Da über verschiedene Gesetze eine Verpfändung von ausländischen Geldnoten gestattet war und die hohe Preisdifferenz zwischen den holländischen Gulden und der Mark gegen eine Leistung an Zahlungs statt sprach, interpretierte das RG die Wiedereinlösefrist als eine Fälligkeitsvereinbarung im Rahmen eines Pfandrechts, die den Verfall des Guldenscheins in das Eigentum des Klägers bewirkt hätte. Da dies jedoch gegen § 1229 BGB verstieß, war nach § 139 BGB zu prüfen, ob die Verpfändung auch ohne Verfallvereinbarung erfolgt wäre. Das RG bejahte dies unter dem Aspekt des Sicherungszwecks der Übergabe des Guldenscheins. Es stellte sich letztlich heraus, dass der Beklagte den Schein nicht mehr besaß, da er ihn seinerseits eingetauscht hatte. In dieser Verfügung sah das RG einen nicht unter den Normen des Pfandrechts wirksamen Privatverkauf, der den Beklagten nach § 1243 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig machte – wozu das RG ihn dann in angemessener Höhe816 verurteilte. Die Wiedereinlösungsfrist war für das RG das entscheidende Auslegungskriterium, die rechtlich nicht eindeutige Abrede als Mobiliarpfand mit Verfallklausel zu interpretieren, wobei das Pfand trotz des unwirksamen Verfalls nach § 139 BGB als wirksam zu erachten war. Die Abrede der befristeten Wiedereinlösung war als Pfandbestellung einzuordnen, der eine verbotene Verfallklausel beigefügt worden war.817 Damit begründete das RG in solchen Fällen eine Auslegungstendenz für das Vorliegen eines Pfandgeschäfts. In der Folge war das Institut des Pfandrechts mit allen gesetzlichen Grenzen auf den Sachverhalt anzuwenden.818 816 Zur genauen Berechnung der Währungsdifferenzen, siehe: RG in SchlHolAnz 1924, S. 150 f. 817 So die Aufnahme der Entscheidung in der Literatur: Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1229, S. 1472. 818 Das RG verneinte damit einen Verkauf mit befristeter Rückkaufsoption oder eine einfache Leistung an Erfüllungs statt, die in der historischen Entwicklung durchaus als Ausnahmen

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cc) Zur Anwendbarkeit und zum Entstehungszeitpunkt der Verfallklausel: RG in SeuffA Bd. 65, Nr. 244 Der Fabrikant M verkaufte dem Buchdrucker L eine Tiegeldruckpresse, wobei M sich das Eigentum vorbehielt. Die leihweise zur Benutzung an L überlassene Maschine brachte dieser in eine durch den Beklagten vermieteten Geschäftsraum ein. Der Mietvertrag enthielt eine Abrede, dass dem Vermieter für den Fall der nicht rechtzeitigen Mietzahlung die eingebrachten Sachen für die Forderungen in der Art haften sollten, dass der Beklagte über die Maschine wie über sein Eigentum verfügen konnte. Der Verkäufer trat nun all seine Rechte zur Durchsetzung an einen Dritten – den Kläger – ab, der dann seine Rechte als Eigentümer gegenüber dem Beklagten gerichtlich geltend machte. Denn als L den Mietforderungen nicht nachkam, setzte der Beklagte sein vermeintliches Vermieterpfandrecht an der Tiegeldruckpresse durch und hielt diese in Besitz. Bei der Frage nach einem bestehenden Herausgabeanspruch musste das RG beurteilen, ob dem Beklagten ein Pfandrecht bestellt worden war. Es kam zu dem Ergebnis, dass – da die Tiegelpresse nicht im Eigentum des L gestanden hatte – kein gesetzliches Pfandrecht nach § 559 BGB a. F. (heute § 562 BGB) entstehen konnte. Ferner lag auch kein vertragliches Pfandrecht vor, da L die Maschine nicht an M übergeben hatte und es somit an einer zur Begründung des Pfandrechts notwendigen Übergabe nach § 1205 BGB fehlte. Trotzdem betonte das RG, „… wird im vorliegenden Falle jene Regel [gemeint § 1229 BGB] zur Anwendung kommen müssen, weil ihre Zweckbestimmung, einen unvorsichtigen oder notleidenden Schuldner vor Bedrückung zu schützen, ebenso zutrifft, wenn der Gläubiger ein wirkliches Pfand besitzt, wie wenn er es nur zu haben vermeint“. Wäre das Pfandrecht entstanden, hätte hier eine Nichtigkeit nach § 1229 BGB vorgelegen, da an die Nichtbefriedigung der Mietforderung der Verfall des Eigentums an der Tiegelpresse anknüpfte. Daneben betonte das RG, dass „[…] diese Rechtsvorschrift […] zwingender Art und deshalb von Amts wegen zu beachten [war]“.819 In der Literatur wird dieses Urteil als Klarstellung interpretiert, dass trotz der Nichtexistenz des Pfandrechts die Verfallklausel nichtig ist. Sofern das Pfandrecht später entsteht, bleibt die vorher vereinbarte Verfallklausel trotzdem ungültig.820 Jedoch erhält das Urteil in Anbetracht der neueren Dogmatik neue Bewandtnis. Nach heutiger Auffassung steht dem L durch den Vorbehaltskauf zwar kein Eigentum zu, jedoch erhielte er ein Anwartschaftsrecht als Rechtsposition. An diesem Anwartschaftsrecht, das als wesensgleiches Minus zum Eigentum an einer Sache wie dieses behandelt wird, kann in analoger Anwendung der §§ 1204 ff. BGB ein Pfandrecht entstehen, das den Regeln des Mobiliarpfands folgt. Insbesondere wird zum Verfallverbot anerkannt waren. Es entspricht damit dem Normzweck des § 1229 BGB, das Verbot möglichst umfassend zu interpretieren. 819 RG in SeuffA Bd. 65, Nr. 244, S. 461. 820 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1229, Rn. 8; Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1229, Anm. 1 a); Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1229, Rn. 4.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

die Möglichkeit bejaht, dass an diesem ein Einbringungspfandrecht des Vermieters aus § 562 BGB begründet wird.821 Das Anwartschaftsrecht folge zwar weiter den besonderen Regeln des Vorbehaltskaufs (insbesondere den Rücktrittsregeln), verhielte sich bei der Begründung des Pfandrechts durch Einbringung aber wie das normale Eigentum. Insbesondere entstünden das Recht zur Verwertung und das Recht zur Zurückbehaltung.822 Sieht man das Urteil unter diesem Aspekt, ist die damalige Klarstellung wichtig. Die Nichtigkeit der Verfallabrede über § 1229 BGB ließe nicht die Entstehung des Pfandrechts an dem Anwartschaftsrecht entfallen, da es keine Indizien gab, die an der widerleglichen Vermutung des § 139 BGB zweifeln ließen. Problematisch wäre das Anwartschaftsrecht. Da der Vermieter wegen der fehlenden Eigentumsstellung des L weder ein vertragliches noch ein gesetzliches Pfandrecht an der Tiegelpresse selbst erwerben konnte, kam nur das Anwartschaftsrecht des L an dieser als Anknüpfung in Betracht. Dem Kläger wurde die Rechtsposition des Verkäufers vollständig nach § 398 abgetreten, sodass er – nachdem der Käufer L wohl keine Zahlungen mehr vorgenommen hat – mittels Rücktritt die auflösend bedingte Eigentumsübertragung nach §§ 929, 158 BGB aufheben konnte. Die für den Beklagten entscheidende Rechtsposition des Anwartschaftsrechts wäre untergegangen. Allenfalls ein gutgläubiger Erwerb des gesetzlichen Vermieterpfandrechts nach §§ 1207, 1208, 1257 BGB käme in Betracht. Ein gutgläubiger Erwerb eines Vermieterpfandrechts wird hingegen umfassend abgelehnt. Neben der Argumentation, dass § 1257 BGB dem Wortlaut nach nur für ein „bestehendes Pfandrecht“ anwendbar ist,823 wird die Analogie der §§ 1207, 1208 BGB abgelehnt. Diese knüpfen über den Verweis auf die §§ 932, 934, 935 BGB an die Besitzposition des nicht berechtigten Pfandbestellers an, die er auf den vermeintlichen Pfandgläubiger überträgt. Bei Einbringungspfandrechten, wie dem Vermieterpfandrecht, taugt diese Anknüpfung nicht, da es sich um besitzlose Pfandrechte handelt, die keinen Anknüpfungspunkt für den Rechtsschein des Besitzes und die subjektiven Elemente des Gutglaubensschutzes bieten können.824 Entscheidend ist dabei nicht die Zuordnung als gesetzliches Pfandrecht, sondern die Besitzlosigkeit der möglichen Pfandposition.825 821 Hierzu: Weidenkaff, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 565, Rn. 9; Bassenge, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 929, Rn. 40. 822 Die Problematik, wie ein verpfändetes Anwartschaftsrecht zu verwerten ist, wird breit diskutiert. Wobei wohl von einer Doppelpfändung von Anwartschaftsrecht und Sache auszugehen sein wird, entgegen der Theorie der reinen Sachpfändung (§§ 808 ff. ZPO) und der Theorie der reinen Rechtspfändung (analog § 1287 BGB, § 847 ZPO), siehe: Baur/Baur/ Stürner: Sachenrecht, § 59, B IV, Rn. 41, m. w. N. 823 Zur kritischen Würdigung dieser Herleitung, siehe: Wiegand, in: Staudinger, BGBKommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1257, Rn. 9 ff. 824 Ursprünglich begründet in: Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1257, Anm. 3 a), m. w. N. der älteren Literatur; Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1257, Rn. 6 m. w. N. der jüngeren Literatur. 825 Dass ein gutgläubiger Erwerb beim Werkunternehmerpfandrecht breit diskutiert und mittlerweile über vermittelnde Ansichten akzeptiert wird, liegt an der Besitzposition des

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Das RG hat in seiner Entscheidung Weitsicht bewiesen. Zwar entsprechen die Ausführungen nicht (mehr) der heutigen Rechtsauffassung, jedoch fügt sich die Interpretation der Verfallklausel gut in die heutige Dogmatik ein. Neben der schon in der Literatur beachteten Aussage, dass eine Verfallklausel grundsätzlich nichtig ist, unabhängig vom Entstehungszeitpunkt und von der Wirksamkeit der Pfandbestellung, ergeben sich aus dem Fall zusätzliche Erkenntnisse. Selbst bei der Verpfändung des Anwartschaftsrechts wäre eine unzulässige Befriedigungsabrede nach § 1229 BGB erheblich gewesen und hätte zur Nichtigkeit geführt. Der Anwendungsbereich des Verbots der Verfallklausel erweitert sich von der verpfändeten Sache selbst auf das Pfandrecht am Anwartschaftsrecht. Auch eine in diesen Fällen vorgenommene inhaltliche Änderung des Pfandrechts, die von der gesetzlichen Ausgestaltung im Rahmen des § 1229 BGB abweicht, ist bis zum Zeitpunkt der Pfandreife beschränkt.826 Zudem erstreckt sich der Anwendungsbereich des Verfallverbots unzweifelhaft auch auf gesetzliche Pfandrechte. dd) Erfasst die Nichtigkeit einer schuldrechtlichen Verfallklausel auch die Verfügung? Welche Folge hat die Nichtigkeit einer schuldrechtlichen Verfallklausel für eine bereits erfolgte Verfügung? Diese Situation wird in der Literatur und der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Ein Teil der Literatur827 vertritt ein Durchschlagen der Nichtigkeit der schuldrechtlichen Abrede auf das dingliche Verfügungsgeschäft. Begründet wird dies mit dem Verweis auf den Schutzzweck des § 1229 BGB, der ohne ein Durchschlagen auf das Verfügungsgeschäft nicht vollends gewahrt sei. In der Rechtsprechung des RG findet sich ein Urteil828, das sich der Problematik im Ansatz nähert: Durch den Schuldner war eine Hypothek verpfändet worden. Diese Konstellation wird grundsätzlich so interpretiert, dass der Anspruch aus § 1147 Abs. 1 BGB zur Sicherheit mittels eines Forderungspfandrechts belastet wird, §§ 1273 Abs. 1, 1274 Abs. 1 S. 1 BGB.829 Im vorliegenden Fall war zur Verwertung eine nicht genauer beschriebene Abrede vereinbart worden, die nach Ansicht des RG gegen das Verbot des § 1229 BGB verstieß. Jedoch hatte der Schuldner den Anspruch aus der Werkunternehmers, die eine Anknüpfung am Besitz nach §§ 1207, 1208, 1257 BGB möglich macht. Die herrschende Ansicht argumentiert mit einer Analogie zu § 366 Abs. 3 HGB oder einer allgemeinen Ermächtigung des Eigentümers zum Erhalt der Sache nach § 185 BGB analog, ausführlich: Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1257, Rn. 12 – 14. 826 So etwa: Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1229, S. 1273 f., unter: 1a), mit Verweis auf dieses Urteil. 827 Schärtle, BeckOK BGB, § 1229, Rn. 2; Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1229, Rn. 2; Habersack, in: Soergel, BGB-Kommentar (§§ 1018 – 1296), § 1229, Rn. 5, m. w. N. in Fn. 19. 828 RG Urteil vom 29. April 1916; RG 1916 V. 55/16, in: Das Recht 1916, Nr. 1305. 829 So etwa: Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 38 IIIa, Rn. 19.

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Abrede nach dem Zeitpunkt der Pfandreife bereits erfüllt. Vermutlich hatte er die dem Hypothekenverhältnis zugrundeliegende Forderung dem Pfandgläubiger übertragen. Für das RG stand die Frage im Raum, ob die Nichtigkeit der ursprünglichen Verfallklausel auch auf die Erfüllung der Abrede durch die Abtretung durchschlug. Das RG verneinte dies allgemein und stellte auf die Abstraktheit der Abtretung gegenüber dem zugrundeliegenden schuldrechtlichen Anspruch der Verfallklausel ab. Mit den Normen der §§ 812 ff. BGB sei im bürgerlichen Recht ein System zur Rückabwicklung vorgesehen, sodass es eines Durchschlagens der Nichtigkeit des „Verpflichtungsgeschäfts“ (Verfallklausel) auf das „Erfüllungsgeschäft“ (Abtretung) nicht bedürfe. In der Konsequenz stünde dem Besteller ein Anspruch aus dem Bereicherungsrecht zur Verfügung, um seine abgetretene Rechtsposition zurückzuerhalten. Da in der Abtretung nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit eine abweichende Verwertungsabrede nach §§ 1284, 1282 BGB zu sehen sei, könne der Besteller diesen nicht in Anspruch nehmen. Die Abtretung des Pfandbestellers war als neues Geschäft zu betrachten, in dem er seinen Willen zum Ausdruck brachte, über die „verpfändete Hypothek“ abschließend zu verfügen. Eine solche Abrede ist nach § 1284, 1282 BGB nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit (§ 1228 Abs. 2 BGB) grundsätzlich möglich. Für die abstrakte Frage, ob eine Nichtigkeit einer Verfallklausel auf die erfolgte Verfügung durchschlagen soll, antwortet das RG mit einem klaren „Nein“. Eine Kondizierung der Rechtsposition über die §§ 812 ff. BGB sei vorzugswürdig.830 Dass dieses Ergebnis so im Grundsatz haltbar ist, muss bezweifelt werden. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Bringt der Pfandbesteller eindeutig zum Ausdruck, trotz der Verfallklausel verfügen zu wollen, entspricht das den Grundregeln des § 1284 BGB. Sollte der Entschluss zur Verfügung aber auf der vermeintlichen Verpflichtung durch die Verfallabrede beruhen, ist ein Durchschlagen der Nichtigkeit wegen des Normzwecks geboten. Die Situation, nur Kredit zu erhalten, wenn er die weitreichende Änderung des Pfandrechts akzeptiert, beeinflusst die Willensentscheidung nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit. Denn die Bedrängnis, der sich der Pfandbesteller bei Bestellung des Pfandrechts ausgesetzt sah, wirkt dann auf den Zeitraum nach der Fälligkeit fort. Nach dem in § 1229 BGB zugrundeliegenden Schuldnerschutz muss dem Pfandbesteller klar sein, dass er nicht verfügen muss. Dem entspricht auch die Anwendung des § 1229 BGB auf Abreden nach § 1284 BGB, wie es § 1277 S. 2 BGB fordert.831 Es muss daher die grundsätzliche Vermutung gelten, dass mit dem Erfüllungsgeschäft kein neuer Willensentschluss getroffen wurde. Erst wenn eindeutige Belege vorliegen, dass dem Pfandbesteller klar ist, dass er nicht verfügen muss, kann das Gegenteil angenommen werden. Eine gegenteilige Vermutung kann nicht richtig sein.

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RG Urteil vom 29. April 1916; RG 1916 V. 55/16, in: Das Recht 1916, Nr. 1305. Schmidt, in: Erman, BGB-Kommentar, Bd. II, § 1284, Rn. 3; Kregel, RGRK Kommentar zum BGB (§§ 1204 – 1296), § 1282, Rn. 10. 831

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d) Gesetzliche Ausnahmefälle zum Verbot des § 1229 BGB Besonderes Interesse gilt den diskutierten gesetzlichen Ausnahmen zum Verfallverbot. Der Gesetzgeber hat sich mit diesen Normen entschieden, von der Anwendung des Verfallverbots Abstand zu nehmen. Interessant sind die Hintergründe und mögliche Erklärungen. aa) Abtretung an Zahlungs statt beim Forderungspfand nach § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB Die Ausnahme des § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB findet sich im Rahmen der Forderungsverpfändung. Der Forderungsgläubiger verpfändet dem Pfandgläubiger eine Forderung gegen einen Dritten, um einen eigenen Anspruch zu sichern. Die Norm des § 1282 BGB stellt eine Möglichkeit dar, wie die Verwertung eines Forderungspfandes, unbeschadet des § 1277 BGB, abweichend ausgestaltet werden kann. Grundsätzlich erfolgt diese nach § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB, sodass dem Pfandgläubiger nach dem Zeitpunkt der Pfandreife (§ 1228 Abs. 2 BGB) das Recht zur Einziehung der Forderung ohne Mitwirkung des Bestellers zusteht. Dieses Recht umfasst nach § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB bei Sachforderungen den gesamten, bei Geldforderungen den zur Befriedigung erforderlichen Betrag. Um den Pfandgegenstand zu verwerten, muss neben der Pfandreife der gesicherten Forderung auch die zu verwertende Forderung ihrerseits bestehen und fällig sein. Inhaltlich stellt das Recht zur Einziehung eine eigene Rechtsposition dar, die aber keinen Forderungsübergang bedeutet. Vielmehr erwirbt der Pfandgläubiger ein vom Pfandrecht abhängiges Recht, das zur Ausübung die Pflichten der ordnungsgemäßen Einziehung und einer Anzeige umfasst, § 1285 Abs. 2 BGB. Er kann vom Schuldner des Verpfänders Leistung an sich verlangen (§ 1282 Abs. 1 S. 1 a. E.), er kann, falls die Fälligkeit der verpfändeten Forderung von einer Kündigung abhängt, kündigen (§ 1283 Abs. 3 BGB) und den Schuldner mahnen, um ihn in Verzug zu setzen.832 Ferner kann er auch Nebenrechte geltend machen833 oder gegen eine Forderung des Schuldners zu seinen Gunsten aufrechnen. Die zum Erwerb des Leistungsgegenstandes notwendigen Erklärungen können nur noch zwischen dem Schuldner und dem Pfandgläubiger als gesetzlichem Vertreter des Gläubigers erfolgen.834 Zur Durchsetzung muss der Pfandgläubiger gegen den Schuldner auf Leistung klagen, wobei er das Bestehen des Pfandrechts und der Pfandreife zu beweisen hat. Der Pfandgläubiger gilt in diesem Sinne als Rechtsnachfolger des Gläubigers, § 727 ZPO.835 Durchsetzen lässt sich das Pfandrecht an der Forderung mittels der Zwangsvollstreckung. Im Fall des § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB entspricht dies der Rechtsfolge in § 835 ZPO. Um dieses 832

Bassenge, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 1282, Rn. 4. Etwa kann der Pfandgläubiger die Zwangsversteigerung des Grundstücks betreiben, sofern eine Hypotheken- oder Grundschuld verpfändet wurde, siehe: Bassenge, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 1282, Rn. 4. So auch die Rechtsprechung: RG Recht 1909, 1518. 834 Bassenge, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 1282, Rn. 2. 835 Bassenge, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 1282, Rn. 5. 833

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

gerichtliche Verfahren zu erleichtern, kann der Pfandgläubiger, soweit er zur Einziehung berechtigt ist, nach § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB die Abtretung der Geldforderung an Zahlungs statt verlangen. Der Bedeutungsgehalt dieser Norm wird unterschiedlich beurteilt. Wiegand beschreibt sie als „echte“ Ausnahme zum Verfallverbot des § 1229 BGB, die zeitliche Wirkung entfaltet. Eine vor Pfandreife liegende Abrede, die für den Fall der Nichtzahlung auf die gesicherte Forderung eine Abtretung an Zahlungs statt erlaubt, soll trotz der grundsätzlichen Geltung des § 1229 BGB über den Verweis in § 1277 S. 2 BGB möglich sein.836 Ausgeschlossen sei nur eine Abrede, die dem Pfandgläubiger diese Abtretung auch dann ermöglichen soll, wenn er zur Einziehung der Forderung (§ 1282 Abs. 1 S. 1 BGB) nicht berechtigt wäre.837 Erst diese Erweiterung der Rechtsposition sei die unverhältnismäßige Abrede, die über §§ 1229, 1277 S. 2 BGB zur Nichtigkeit führe. Die Gegenmeinung geht von einer generellen Anwendbarkeit des Verfallverbots aus. § 1229 BGB beanspruche neben § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB seine Wirksamkeit, da er im Bereich des Forderungspfandes über § 1277 S. 2 BGB als unabdingbar gefasst wird.838 Auch die Möglichkeit mittels einer Parteivereinbarung i. S. d. § 1284 BGB, der eine Anwendbarkeit der §§ 1281 – 1283 BGB als abdingbare Normen beschreibt, ändere daran nichts, da der § 1277 S. 2 BGB dort eben nicht genannt werde. Er bleibt als Schranke bestehen.839 Die Unstimmigkeit bedarf einer differenzierten Betrachtung. In zeitlicher Hinsicht stellt die Möglichkeit in § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB keine Ausnahme zum Verfallverbot dar. Wie die amtliche Überschrift des § 1282 BGB belegt, ist die Norm auf

836 D. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1282, Rn. 8, 11, m. V. a.: Habersack, in: Soergel, BGB-Kommentar (§§ 1018 – 1296), § 1284, Rn. 3. Der Verweis überzeugt nicht. Habersack stellt diese Behauptung auf und belegt sie nur mittels eines Verweises auf seine Kommentierung zum § 1281, Rn. 2. Dort wird festgestellt, dass § 1281 BGB durch § 1284 BGB abdingbar ist. Es folgt die Stellungnahme, dass die durch AGB gewährte Berechtigung, eine Kündigung und Einziehung der Forderung vor Fälligkeit zu verlangen, wohl nach AGB-Recht („ABG-Ges § 9 Abs. 2 Nr. 1“) als unwirksam zu betrachten sei. Wie dies entgegen dem Wortlaut (und dem Zweck) eine Ausnahme vom Verfallverbot rechtfertigt, erklärt sich nicht. Denn auch seine Ausführungen zur Sicherungszession, die eine Einziehung vor Pfandreife ermögliche, haben keinen Bezug zum § 1282 BGB. Letztlich erklärt sich die Ansicht Wiegands wohl durch ein Missverständnis der Kommentierung von Habersack. 837 D. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1284, Rn. 4. 838 Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1282, S. 1594, unter: 2.; Kregel, RGRK Kommentar zum BGB (§§ 1204 – 1296), § 1282, Rn. 6 ff.; Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1282, Rn. 11; Schmidt, in: Erman, BGB-Kommentar, Bd. II, § 1282, Rn. 8. 839 Schmidt, in: Erman, BGB-Kommentar, Bd. II, § 1284, Rn. 3; Kregel, RGRK Kommentar zum BGB (§§ 1204 – 1296), § 1282, Rn. 10. Argumentiert wird mit dem Wortlaut des Gesetzes.

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die „Leistung nach Fälligkeit“840 beschränkt. In konsequenter Anwendung ist jede vor Fälligkeit getroffene Abrede, die Forderung an Zahlungs statt abzutreten, unwirksam. Andererseits stellt die Möglichkeit, die Abtretung an Zahlungs statt zu verlangen, eine Ausnahme zum Aussagekern des § 1229 BGB dar. § 1229 BGB schützt den Schuldner nicht nur durch das Verbot, Verfallklauseln zu schließen, sondern verhindert zudem über das Verbot, die gesetzliche Verwertung – als Ausdruck des Schuldnerschutzes – inhaltlich abzuändern. Nach § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB steht dem Pfandgläubiger die einseitige Berechtigung zu, die Einziehung der Forderung, als gesetzliche Verwertungsform, in eine einseitig durchsetzbare Abtretung des Rechts umzuwandeln. Er ist nicht auf die Form der Parteivereinbarung angewiesen, die der Verpfänder verweigern könnte, sondern erlangt durch die Abtretung doch die Stellung als Zessionar. Ausgleichend übernimmt er das Risiko des Forderungsausfalls. Denn sollte die Forderung gegenüber dem Schuldner keinen Erfolg versprechen, gilt der Pfandgläubiger dennoch als durch den Verpfänder befriedigt. Der Besteller, der seine verpfändete Forderung an Zahlungs statt abgetreten hat, wird von der Haftung frei.841 Diese Interpretation bestätigt sich bei Betrachtung der Entstehungsgeschichte. Während die 1. Kommission noch um eine Lösung rang, war die Erleichterung, dem Pfandgläubiger bei der Geldforderung eine Abtretung an Zahlungs statt zu ermöglichen, in der 2. Kommission akzeptiert.842 Betont wurde umfassend, dass diese Ausnahme immer nur nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit (§ 1228 Abs. 2 BGB) möglich sein durfte.843 Der § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB stellt damit eine „unechte“ Ausnahme zum Verbot des § 1229 BGB dar, da er den Handlungsspielraum des Pfandgläubigers nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit erweitert. Vor Fälligkeit wird das Verbot nicht beschränkt. Da die Anwendungsgrenze des § 1229 BGB bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit besteht, steht der § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB streng genommen nicht in Konkurrenz zur Norm. Wichtig ist umgekehrt 840 Die nun amtliche Überschrift wurde mit dem „Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts“ vom 29. November 2001 (BGBl. I 2001, Nr. 61, S. 3138, 3205) veröffentlicht und trat mit dem Gesetz am 01. 02. 2002 in Kraft; damit ist sie seit der vollständigen Neubekanntmachung des BGB vom 2. Januar 2002 (BGBl I 2002, Nr. 2, S. 42, 225) Teil der Norm. 841 OLG Hamburg HRR 36, Nr. 20; KG JW 1938, 2494; zustimmend die Literatur: Kregel, RGRK Kommentar zum BGB (§§ 1204 – 1296), § 1282, Rn. 6; Bassenge, in: Palandt, BGBKommentar, § 1282, Rn. 8; D. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1282, Rn. 12 ff. 842 Der erste Vorschlag, eine Ausnahme für eine Geldforderung ausdrücklich aufzunehmen, ging in der 1. Kommission von v. Weber aus (Antrag Nr. 421, in: Prot. I, S. 5731). Er wurde jedoch als einer von vielen Vorschlägen verworfen. Man entschied sich für einen komplexen Mittelweg (Prot. I, S. 5722 – 5746), siehe: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 1060, 1064 – 1068. In der 2. Kommission wurde der Vorschlag, dem Pfandgläubiger bei einer Geldforderung eine Abtretung an Zahlungs statt zu ermöglichen, von Jacubezky (Nr. 172) eingebracht und in der 2. Kommission aufgenommen. So wurde der Vorschlag Teil des § 1218 Abs. 2 E I-VorlZust und mit einigen Änderungen als § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB in der heutigen Fassung Gesetz, vgl. Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 1092 – 1095. 843 Ebd. mit dem Verweis auf den damaligen § 1165 Abs. 2 E I, dem heutigen § 1228 Abs. 2 BGB. So auch schon Jacubezky in seinem Antrag Nr. 172, siehe: Fn. 842.

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die Feststellung, dass bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit auch bei der Forderungsverpfändung keine Abrede erlaubt ist, die das Pfandrecht inhaltlich abändert. Interessant könnte diese Konzeption bei der Betrachtung einer Sicherungsabrede sein. Falls sich die Problematik der Verfallvereinbarung auch im Rahmen der Sicherungsabrede öffnet, spräche die Bewertung in der Norm des § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB für eine Anwendung des Verbots. Eine solche Überlegung wird auch durch die vergleichbare Bewertung der Insolvenzordnung getragen. Dort werden nach § 51 Nr. 1 InsO ein „übertragenes Recht“ (Sicherungszession) und eine verpfändete Forderung (§ 50 Abs. 1 InsO) gleich behandelt, da sie den Rechtsinhaber zur Absonderung aus der Insolvenzmasse berechtigen.844 bb) Privatverkauf nach §§ 1245, 1246 BGB Möglicherweise könnten die Normen des §§ 1245, 1246 BGB als Ausnahme zum Verfallverbot verstanden werden. § 1245 Abs. 1 S. 1 BGB erlaubt es dem Eigentümer der verpfändeten Sache und dem Pfandgläubiger, von den Vorschriften der §§ 1234 bis 1240 BGB abzuweichen. Die genannten Normen schreiben die öffentliche Versteigerung als gesetzlichen Normalfall vor und dienen dem Schuldnerschutz, indem etwa die Androhung der Versteigerung, deren Öffentlichkeit und die Verkaufsbedingungen genau festgelegt werden. Beim Verkauf der Sache, der mit dem Eigentumsverlust des Eigentümers einhergeht, wird somit ein Mindeststandard eingehalten. Ferner wird der gesetzliche Inhalt des Pfandrechts festgelegt, von dem unter Einhaltung des § 1245 BGB rechtsgeschäftliche Änderungen durch die Parteien zugelassen werden.845 Diese Möglichkeit, von den gesetzlichen Verwertungsnormen abzuweichen, hat dort Grenzen, wo Rechte Dritter betroffen sind, § 1245 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB. Ferner setzt § 1245 Abs. 2 BGB die Grenze, dass ein Verzicht auf den Schutz durch § 1235 BGB und § 1237 S. 1 BGB – die eine durch besondere Bekanntmachung ermöglichte öffentliche Versteigerung vorsehen – erst dann möglich ist, wenn die Verkaufsberechtigung (§ 1228 Abs. 2 BGB) des Gläubigers vorliegt. Ebenso gilt dies nach § 1240 BGB auch für den Mindestverkaufswert bei Gold- und Silbersachen. Selbst wenn § 1245 BGB eine Ausnahme darstellt, die den Privatverkauf unter vereinfachten Bedingungen ermöglicht, ist der Verzicht auf die öffentliche Versteigerung erst nach dem Eintritt der Pfandreife erlaubt. Vorherige Abreden sind nach § 1245 BGB unwirksam. Es steht den Parteien zu, den öffentlichen Verkauf in einen Privatverkauf umzuwandeln; eine andere Verwertungsart – wie der eigentliche Verfall – scheidet ausdrücklich aus.846 Eine Konstruktion, die dem Pfandgläubiger für den verpfändeten Gegenstand ein Ankaufsrecht oder ein Recht 844

Siehe unten Abschnitt H., unter: 3. Hierin eine Verfallklausel zu sehen, ist abzulehnen: Wunderlich: Verpfänder, Pfandeigentümer und Pfandschuldner, S. 91 ff.; W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1245, Rn. 3. 846 Kregel, RGRK Kommentar zum BGB (§§ 1204 – 1296), § 1245, Rn. 1; W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1245, Rn. 3, a. E. 845

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zum Abschluss eines Kaufvertrags einräumt, kann nicht unter § 1245 BGB gefasst werden.847 Es bleibt bei dem Verbot des § 1229 BGB. § 1246 BGB stellt in diesem Zusammenhang einen persönlichen Anspruch der Beteiligten dar, eine Vereinbarung nach § 1245 BGB, die in den Verhandlungen gescheitert ist, aber nach billigem Ermessen den Interessen der Beteiligten am besten entspricht, vor Gericht durchzusetzen. Der gerichtliche Entscheid ändert den Inhalt des Pfandrechts mit rechtsgestaltender Natur ab.848 Ein Blick in die Gesetzesmaterialien eröffnet die Hintergründe. Der TE des Sachenrechts sah noch keine Berechtigung vor, von den gesetzlich bestimmten Verfahren abzuweichen. Erst die 1. Kommission diskutierte frei über diese Möglichkeit. Der Referent Johow schlug in seinem weitreichenden Änderungsantrag sogar eine Umkehrung vor. Die Parteien sollten einen Vertrag schließen können, der die grundsätzlich freie Verwertungsform auf das gesetzliche Verwertungsverfahren beschränkte.849 Im Diskurs wurden die Formen zusammengeführt. Man einigte sich auf ein strenges gesetzliches Verfahren, von dem nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit durch dinglichen Vertrag abgewichen werden konnte. Dabei stand die gerichtliche Abänderung des Pfandvertrages im Vordergrund, der aber, nach Würdigung der 1. Kommission, die privatvertragliche Vereinbarung nach Fälligkeit gleichstehen musste.850 Ab der Stufe der Redaktionsvorlage der 1. Kommission wurden die Normen §§ 1149, 1150 RedVorl bis auf sprachliche Änderungen nicht mehr in Frage gestellt, sodass sie letztlich in den §§ 1245, 1246 BGB aufgenommen wurden.851 847

Im Umkehrschluss zustimmend: das RG mit Urteil v. 04. Juli 1902, VII. 157/1902, in: Gruchot 48, S. 409 ff.: Hier stellte das RG fest, dass eine Abrede zum Privatverkauf nach § 1245 BGB, wie alle Abreden, die das Pfandrecht inhaltlich ändern, nach den allgemeinen Pfandrechtsnormen zu prüfen sei. Auch unter dem Gesichtspunkt des § 1229 BGB. Jedoch sah das RG für diesen Fall den § 1229 BGB als nicht einschlägig an, da dem Gläubiger durch die in Rede stehende Abrede nicht der Eigentumserwerb versprochen worden war, sondern ein Recht zum Privatverkauf begründet wurde. Hauptproblem des Falls war, dass der Schuldner Konkurs angemeldet hatte, für das RG hatte die inhaltliche Änderung des Pfandrechts nach § 1245 BGB jedoch auch im Konkursfall und für Rechtsnachfolger Wirkung behalten. So auch: W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1245, Rn. 5; Wunderlich: Verpfänder, Pfandeigentümer und Pfandschuldner, S. 91 ff. 848 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1246, Rn. 1, 5. 849 Hierzu: Johows Antrag Nr. 374, in Prot. I., S. 5612 f. – siehe in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 925 f. 850 Der Diskurs lässt sich in den Protokollen nachvollziehen: Prot. I., S. 5613 – 5651. Der Ansatz für ein gerichtliches Änderungsverfahren und eine privatvertragliche Lösung waren von Kurlbaum (Antrag 410, Nr. 3 und 4) und von v. Weber (Antrag 408) eingebracht worden, siehe: Prot. I., S. 5651 – 5654 – in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 943 – 945. Daran schloss sich die Überlegung an, welche Normen durch Vertrag abdingbar waren und welche nicht, sodass eine privatvertragliche Änderung nur nach Fälligkeit als angemessen angesehen wurde: Prot. I, S. 5654 – 5565 – in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 945 – 947. 851 Siehe die Ausführungen in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, ab S. 945 – 957, insb. S. 948, 954.

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Die Normen der §§ 1245, 1246 BGB bieten grundsätzlich keine Möglichkeit, vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit vom Verfallverbot abzuweichen. Dennoch sind sie für die Auslegung interessant, da sie die Berechtigung verkörpern, nach Pfandreife den Inhalt des Pfandrechts zu verändern. Der inhaltliche Schutz des Pfandrechts wird nach der Pfandreife aufgegeben, um die Verwertung durch Verkauf einem Verfall zu öffnen. Das Ergebnis der historischen Analyse bestätigt, dass der inhaltliche Schutz des Pfandrechts für den Gesetzgeber nur nachrangig von Bedeutung war. Denn die Umwandlung nach § 1245 BGB bedarf der Mitwirkung beider Parteien. § 1246 BGB erweitert diese Möglichkeit der inhaltlichen Änderung des Pfandrechts um einen Anspruch, der eine entsprechende Rechtsgestaltung durch gerichtliche Entscheidung beinhaltet. Immer dann, wenn die beiderseitigen Interessen am besten durch eine inhaltliche Änderung des Pfandrechts gewahrt werden, kann der andere Teil die Zustimmung des unwilligen Vertragspartners durch gerichtlichen Entscheid ersetzen. Die §§ 1245, 1246 BGB stehen für den Vorrang des Parteiwohls vor der strikten Einhaltung der gesetzlichen Pfandverwertung. cc) Das gewerbliche Pfandrecht nach § 1259 BGB Die Norm des § 1259 BGB wurde durch das „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG vom 06. 06. 2002 über Finanzsicherheiten und zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes und anderer Gesetze vom 05. 04. 2004“852 in das BGB eingefügt. Einerseits geht § 1259 BGB inhaltlich über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus, andererseits beschränkt er die Anwendbarkeit auf das Institut des Pfandrechts. Ziel der Richtlinie war es, „einheitliche Mindeststandards für die Bestellung, Verwertung und Insolvenzfestigkeit von Kreditsicherheiten“ zu schaffen.853 Die Inkraftsetzung der Norm ist in der Literatur auf große Kritik gestoßen, da insbesondere an der Zweckmäßigkeit und der methodischen Ausgestaltung große Zweifel gehegt wurden.854 Inhaltlich erlaubt die Vorschrift, durch vertragliche Abrede von der gesetzlich vorgeschriebenen Verwertung abzuweichen. Sie weist damit Ähnlichkeiten zu der Norm des § 1245 BGB auf, jedoch knüpft § 1259 BGB an einen bestimmten Personenkreis und bestimmte Pfandgegenstände an.855 Die nach § 1259 S. 1 BGB getroffene Abrede ist in ihrer Wirkung als dinglich zu bewerten, da 852

BGBl 2004, Teil I, S. 502, vom 05. April 2004. Zitiert nach: Horn: Sicherungsrechte an Geld- und Wertpapierguthaben im internationalen Finanzverkehr, in: Häuser/Hammen, u. a., Festschrift für Walther Hadding zum 70. Geburtstag am 8. Mai 2004, S. 893 ff.; hierauf verweisend: W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1259, Rn. 1. 854 Riehm: Die überschießende Umsetzung vollharmonisierender EG-Richtlinien im Privatrecht, in: JZ 2006, S. 1035 ff.; Bürge: Das römische Recht und das Drama der Umsetzung der Richtlinie über die Finanzsicherheiten in das deutsche BGB, in: Waldburger, Wirtschaftsrecht zu Beginn des 21. Jahrhunderts, S. 495 ff. 855 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1259, Rn. 3. Auch in den ersten Urteilen bestätigt sich diese Interpretation von § 1259 BGB, etwa: LG Krefeld mit Urteil (12 O 36/11) vom 02. 10. 2012, juris-Rn. 40. 853

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– wie in § 1245 BGB – eine inhaltliche Änderung des Pfandvertrags erfolgt, die auch Dritten gegenüber Wirkung entfaltet. Da die Änderung mit § 1259 BGB eine gesetzliche Grundlage findet, ist nach Ansicht der Literatur das Numerus-claususPrinzip des Sachenrechts gewahrt.856 Nach dem Wortlaut des § 1259 Abs. 1 S. 1 BGB müssen sowohl der Pfandgläubiger als auch der Eigentümer entweder im privatrechtlichen Sinn „Unternehmer“ sein oder, falls öffentlich-rechtlich organisiert, als juristische Personen des öffentlichen Rechts oder als öffentlich-rechtliches Sondervermögen auftreten. Die Unternehmereigenschaft richtet sich nach § 14 BGB und umfasst jede natürliche und juristische Person (d. h. auch rechtsfähige Personengesellschaften wie die GbR), die eine gewerbliche, selbstständige oder freiberufliche Tätigkeit ausübt. Die Erwähnung der öffentlich-rechtlichen Institute zeigt, dass diese, sofern sie nicht unter den privatrechtlichen Unternehmerbegriff fallen, zu solchen Abreden berechtigt sein sollen. Auch öffentlich-rechtliche Sondervermögen, die an sich keine Rechtspersönlichkeit besitzen, können von dem Anwendungsbereich des § 1259 BGB profitieren.857 Die Norm spricht vom „Eigentümer“, sodass in Sonderfällen, in denen der Eigentümer und der Verpfänder personenverschieden sind, die Eigenschaft nur durch den Eigentümer erfüllt werden muss. So kann ein vom Eigentümer bevollmächtigter Stellvertreter auch als Verbraucher die Verpfändung vornehmen. In Bezug auf den Pfandgegenstand bleibt die einzige tatbestandliche Voraussetzung, dass sein Wert nach einem Börsen- oder Marktpreis bestimmt ist. Ein Börsen- oder Marktpreis ergibt sich, wenn der Gegenstand an einer Börse oder einem Markt derart häufig gehandelt wird, dass sich laufende Preise bilden, die das Berechnen eines Durchschnittspreises ermöglichen.858 Für einen Börsenpreis sind die nach § 24 Abs. 1 S. 1 BörsenG859 festgelegten Kriterien maßgeblich. Für Marktpreise gelten die allgemeinen Kriterien der §§ 1221, 1235 BGB. Hierunter fallen nicht nur Pfandrechte an Finanzsicherheiten, sondern auch Gegenstände, bei denen nach Stimmen in der Literatur eher fraglich ist,860 ob ihnen der Anwendungsbereich der Norm eröffnet sein sollte. So können Kraftfahrzeuge, die nach handelsüblichen Preistabellen ge856

Rn. 3.

W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1259,

857 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1259, Rn. 8 f. 858 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1221, Rn. 2. 859 Die Vorschrift des § 24 Abs. 1 S. 1 BörsenG lautet: „Preise, die während der Börsenzeit an einer Börse festgestellt werden, sind Börsenpreise.“ 860 Bürge: Das römische Recht und das Drama der Umsetzung der Richtlinie über die Finanzsicherheiten in das deutsche BGB, in: Waldburger, Wirtschaftsrecht zu Beginn des 21. Jahrhunderts, S. 495, 499 ff.; W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1259, Rn. 15. Andere Autoren bezeichnen dies als richtlinienkonforme Auslegung: Riehm: Die überschießende Umsetzung vollharmonisierender EG-Richtlinien im Privatrecht, in: JZ 2006, S. 1035 ff.; ebenso: Bülow, Nomos BGB-Kommentar, Bd. 3, § 1259, Rn. 28 f.

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handelt werden (z. B. nach der Schwacke-Liste), ebenso unter die Norm des § 1259 BGB fallen wie Edelmetallbarren oder Münzen.861 Nach § 1259 S. 1 BGB ist es möglich, die Verwertungsform des Pfands inhaltlich abzuändern. Die Vereinbarung über die Verwertung kann in drei Varianten erfolgen: den Verkauf aus freier Hand zum laufenden Preis (Var. 1), die Vornahme durch einen Dritten (Var. 2) oder die Verwertung durch das Zufallen des Eigentums an den Pfandgläubiger (Var. 3). Während die beiden ersten Varianten eine Abweichung von den Verkaufsmodalitäten darstellen, ist die dritte Variante der klassische Fall einer dinglichen Verfallabrede. § 1259 S. 1 Var. 3 BGB erlaubt damit, bestätigt durch § 1259 S. 3 BGB, eine gesetzliche Ausnahme zur Vorschrift des § 1229 BGB. Abreden, die eine Verwertung durch einen für den Fall der Nichtbefriedigung des Pfandgläubigers bedingten Eigentumsübergang vorsehen, können nach dem Wortlaut „sofort bei der Verpfändung vereinbar[t]“ werden. In diesem Fall gilt die besicherte Forderung nach § 1259 S. 2 BGB in der Höhe des bei Fälligkeit geltenden, durch den Markt oder die Börse bestimmten Preises als berichtigt. Darin ist eine dem § 1247 BGB angenäherte Regelung zu sehen, die bei Gleichwertigkeit von Forderung und dem Börsen-/Marktpreis zum Zeitpunkt der Fälligkeit eine Tilgungswirkung eintreten lässt.862 Dogmatisch sind aufgrund fehlender Einheitlichkeit der Richtlinie zwei Konstruktionen denkbar: eine zum Fälligkeitszeitpunkt durch das Gesetz vorgeschriebene und damit automatisch eintretende Verrechnung („ipso iure compensatur“) und eine Leistung an Zahlungs statt.863 Dabei wird generell die automatische Verrechnung vorgezogen. Sollte sich die Forderung nicht mit dem Börsen-/Marktpreis im Zeitpunkt der Fälligkeit decken, verbleibt dem Gläubiger für den Fall, dass die Tilgungswirkung hinter der Höhe der geschuldeten Summe zurückbleibt, ein Anspruch auf Zahlung der Differenz. Im umgekehrten Fall, wenn der verpfändete Gegenstand einen höheren Wert als die besicherte Forderung hatte, ergeben sich zwei Varianten: Der Pfandgläubiger könnte Alleineigentum am Pfand erhalten, hätte aber den Restbetrag auszuzahlen, oder er erhält mit dem ehemaligen Pfandeigentümer eine nach dem 861

Schmidt, in: Erman, BGB-Kommentar, Bd. II, § 1259, Rn. 4; Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1259, Rn. 10; W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1259, Rn. 15. Wegen eines zu weiten Anwendungsbereichs wird etwa von Bürge gefordert, den Tatbestand des § 1259 S. 1 BGB telelogisch zu reduzieren; Bürge: Das römische Recht und das Drama der Umsetzung der Richtlinie über die Finanzsicherheiten in das deutsche BGB, in: Waldburger, Wirtschaftsrecht zu Beginn des 21. Jahrhunderts, S. 495 ff., 512. 862 So auch die weit überwiegende Ansicht der Literatur: Schmidt, in: Erman, BGBKommentar, Bd. II, § 1259, Rn. 9; Bülow, Nomos BGB-Kommentar, Bd. 3, § 1259 Rn. 28 f.; Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1259, Rn. 29 f.; W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1259, Rn. 19. 863 Siehe hierzu: Bürge: Das römische Recht und das Drama der Umsetzung der Richtlinie über die Finanzsicherheiten in das deutsche BGB, in: Waldburger, Wirtschaftsrecht zu Beginn des 21. Jahrhunderts, S. 495, 499; W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1259, Rn. 19.

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Verhältnis von Forderung und Börsen-/Marktpreis zu bestimmende Stellung als Miteigentümer. Dabei scheint die zweite Variante einer gesetzesnahen Anwendung des § 1247 S. 1 BGB bei ungeteilten bzw. unteilbaren Gegenständen näher zu sein und ist damit vorzugswürdig. Ein Teil der Literatur bewertet dies mit Verweis auf die Richtlinie gegenteilig, da eine Stellung als Alleineigentümer dem Parteiinteresse eher entsprechen würde.864 Die erste Lösung überzeugt, da sie mit dem Modell des § 1247 S. 1 BGB systematisch näher an den Grundsätzen des Pfandrechts orientiert ist.865 Gegen eine grundsätzliche Korrektur durch das allgemeine Parteiinteresse spricht, dass die Parteien zur Klarstellung eine konkrete Vereinbarung im Einzelfall treffen können. Entspricht eine Abrede nicht den Voraussetzungen des § 1259 BGB,866 müssen die allgemeinen Regeln des Pfandrechts gelten. Das schließt den § 1229 BGB ein, sodass eine solche Abrede unwirksam sein muss. Ist der Verkauf erfolgt und bleibt der Erlös hinter dem Börsen- oder Marktpreis zurück, steht dem Besteller gegen den Pfandgläubiger ein Schadensersatzanspruch zu. Einige Stimmen der Literatur weisen dem Pfandgläubiger die Beweislast zu, den niedrigen Erlös anspruchsvernichtend zu rechtfertigen.867 Nach einer anderen Ansicht ist die Wirkung des § 1259 S. 2 BGB auf diese Situation analog anzuwenden. Dann wäre nach einer Fiktion die Tilgung zum Börsen-/Marktpreis eingetreten und der Gläubiger gälte trotz des hinter dem Börsen-/Marktpreis zurückbleibenden Erlöses als zu diesem Preis befriedigt.868 Die Ausnahme des § 1259 BGB zum Verbot des § 1229 BGB wird durch die amtliche Überschrift als „Verwertung des gewerblichen Pfandrechts“ gefasst. Dies zeigt die gesetzgeberische Äußerung, eine Ausnahme zum Verfallverbot durch die Tatbestandsmerkmale des § 1259 BGB zu rechtfertigen. Nach dem persönlichen Anwendungsbereich der Norm werden nur gewerblich tätige Marktteilnehmer erfasst, bei denen ausreichend Expertise vorhanden ist, die Konsequenzen einer sol864 So auch: W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1259, Rn. 20; ähnlich sieht es auch Bülow, der aber eine Vereinbarung verlangt: Bülow, Nomos BGB-Kommentar, Bd. 3, § 1259, Rn. 30. 865 So auch die Idee des Gesetzgebers. Der Entwurf für das Gesetz führt in Artikel 3, Nr. 2 aus: „Die Rechtsfolge ist insoweit in § 1259 Satz 2 BGB-E in Anlehnung an § 1247 BGB (Erlös aus dem Pfand) geregelt.“ Siehe: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2002/ 47/EG vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten und zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes und anderer Gesetze, in: DZWIR 2003, S. 408 – 426. Artikel 3: S. 410, Ausführungen: S. 420. 866 In der Literatur wird insbesondere der Fall eines versehentlichen oder auf Grund einer Täuschung erfolgenden Irrtums über die Unternehmerstellung diskutiert. So auch: W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1259, Rn. 7 – 9, 21. A. A. Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1259, Rn. 34 ff. 867 Grundlage für diese Meinung ist der Gesetzesentwurf, der sich in diese Richtung äußern soll, siehe hierzu: Wimmer: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der FinanzsicherheitenRichtlinie, in: ZIP 2003, S. 1563 ff. 868 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1259, Rn. 21.

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chen Abrede zu durchschauen. Zudem wird durch den sachlichen Anwendungsbereich der Wert des Pfandes börsen- bzw. marktnah ermittelt. Beide Einschränkungen sprechen für die Bewertung des Gesetzgebers, dass die typischen Gefahren des § 1229 BGB nur begrenzt vorliegen und eine inhaltliche Änderung des Pfandrechts von Anfang an freigegeben werden kann. Inhaltlich stellt die Norm das Parteiinteresse vor den inhaltlichen Schutz des Pfandrechts. Zwar wird die Ausnahme des § 1259 BGB als dem Pfandrecht fremd bezeichnet,869 jedoch ist eine solche Bewertung mit Blick auf die Gesetzesmaterialien nicht haltbar. So war in der 1. Kommission eine Ausnahme zu § 1229 BGB diskutiert worden, bei der eine vertragliche Übernahme des Pfandgegenstands zum Börsen- oder Marktpreis denkbar war.870 Der Ansatz wurde von der 1. Kommission verworfen und im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht wieder aufgegriffen. Letztlich konnte man sich nicht einigen, zu welchem Zeitpunkt der Markt- oder Börsenpreis erhoben werden sollte. Zur Auswahl standen die Erhebung bei Bestellung des Pfandvertrages, eine Festsetzung bei Fälligkeit des besicherten Anspruchs und ein vertraglich festgelegter Zeitpunkt.871 All diese Zeitpunkte konnten wiederum auch für „eine unlautere Spekulation des Gläubigers zu Ungunsten des Schuldners“ genutzt werden. Man entschied sich auch wegen der Gefahr für den Schuldner auf eine solche Regelung zu verzichten.872 Die Regelung des § 1259 BGB beantwortet diese Frage mittlerweile, indem der Zeitpunkt der Fälligkeit als maßgeblich festgesetzt wird. Dafür stellen sich neue Probleme, die zeigen, dass die 1. Kommission zu Recht Schwierigkeiten mit der Fassung einer solchen Ausnahme hatte. Man könnte die heutige Regelung in § 1259 BGB auch als neue Interpretation des alten Problems bezeichnen, bei der man alte Probleme löste und neue schuf. dd) Bewertung In der Gesamtbetrachtung entspricht nur die „Verwertung des gewerblichen Pfandrechts“ in § 1259 BGB einem Ausnahmetatbestand. Die Normen des 869 Bürge: Das römische Recht und das Drama der Umsetzung der Richtlinie über die Finanzsicherheiten in das deutsche BGB, in: Waldburger, Wirtschaftsrecht zu Beginn des 21. Jahrhunderts, S. 495 ff.; Riehm: Die überschießende Umsetzung vollharmonisierender EGRichtlinien im Privatrecht, in: JZ 2006, S. 1035 ff. 870 Siehe den Antrag Nr. 374 des Redaktors Johow, der beim § 450 TE einen zweiten Absatz einfügen wollte. Dieser lautete: „Bei Sachen, welche einen Börsen- oder Marktpreis haben, kann zwischen dem Eigenthümer und dem Pfandgläubiger auch vor dem Eintritte des Verkaufsrechtes vereinbart werden, daß der Pfandgläubiger berechtigt sein solle, die Sachen, statt dieselben zu verkaufen, zu dem für den Tag der Fälligkeit sich ergebenden Tageskurse zu übernehmen.“ Siehe: Prot. I., S. 5602 – in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 915 f. 871 Vergleiche etwa die Anträge Johows (Nr. 374) und Kurlbaums (Nr. 399, Nr. 5), die unterschiedliche Zeitpunkte vorsahen. Die Begründung findet sich in: Prot. I, S. 5605 – 5608. 872 Im Gesamten, ebd. Das Zitat findet sich in: Prot. I, S. 5605 – Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht II §§ 1018 – 1296, S. 917.

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§ 1282 Abs. 1 S. 3 BGB und der §§ 1245, 1246 BGB erlauben inhaltliche Änderungen erst nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit und stellen damit in zeitlicher Hinsicht keine Ausnahme zum Verfallverbot des § 1229 BGB dar. Das Gesetz stellt lediglich eine erweiterte Berechtigung der Parteien für bestimmte Sachverhalte fest. Man kann aus den Normen mittelbar für das Verfallverbot schließen, dass das Ergebnis der historischen Analyse bestätigt wird, da der Schuldnerschutz im Mittelpunkt steht. Einen größeren Zusammenhang gibt es nicht. Der § 1259 BGB lässt eine Ausnahme unter erhöhten persönlichen und sachlichen Voraussetzungen zu, die eine Gefährdung des Schuldners reduzieren. Erfahrene Personen verfügen über Gegenstände, deren Preis mittels Markt- oder Börsenpreis objektiv „abgesichert“ wird. e) Weitere Problemfälle Wie weitreichend die Diskussion um das Verfallverbot ist, wird durch die folgenden Problemfälle deutlich, bei denen das Verfallverbot häufig eine nicht unerhebliche Rolle spielt. aa) Die Verfallklausel als Ausgangspunkt der Auslegung des Parteiwillens In Anlehnung an ein Urteil des BGH873 diskutiert die Literatur den Fall, ob eine nichtige Verfallabrede auch als Grundlage für eine Auslegung des Parteiwillens dienen kann. Der BGH unterstellte, da nicht nur die Verwertungsabrede nichtig war, sondern auch die durch das Pfandrecht besicherte Hauptforderung, dass die Parteien auch einen möglichen Bereicherungsanspruch durch das Pfand sichern wollten. Der BGH schloss aus der Bereitschaft, das Pfandrecht mittels einer Verfallabrede zu verstärken, dass der Besteller um jeden Preis für die Sicherung der verpfändeten Forderung aufkommen wollte. Im ersten Schritt ist festzustellen, dass durch die strikte Akzessorietät des Pfandrechts kein Pfandrecht entstehen kann, wenn die gesicherte Forderung nichtig ist oder selbst nicht entsteht.874 Was passiert aber, wenn die eigentlich zu sichernde Forderung untergeht und an ihre Stelle eine andere Forderung tritt, wie etwa ein Schadensersatz- oder ein Bereicherungsanspruch? Für eine Erweiterung des Pfandrechts auf die „andere“ Forderung sprechen die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs, der allgemein wohl aus wirtschaftlichen Umständen eine solche weite Haftung des Pfandrechts begrüßen würde. Gegen eine solche Interpretation spricht die strenge Akzessorietät, die eine direkte Anknüpfung an eine bestimmte Forderung verlangt.

873

BGH NJW 1968, S. 1134 ff. Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 797; so auch die Rechtsprechung: RGZ 153, 147; BGHZ 23, 293, 299; BGH NJW 1998, S. 2592, 2596; W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204; W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204, Rn. 19. 874

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Der BGH hat sich in seinem Urteil einer vermittelnden Ansicht angeschlossen,875 die auf den Parteiwillen abstellt. Es muss mittels Auslegung festgestellt werden, ob die Parteien eine Erstreckung auf derartige Ansprüche beabsichtigt hatten. Diese Ansicht geht auf Flad876 zurück, der konkret die Auslegung des Parteiwillens als Ausgangspunkt sehen will und damit einer Umdeutung (§ 140 BGB) des Pfandrechts ausdrücklich widerspricht. Entscheidend ist für ihn, ob nach dem Parteiwillen – verwiesen wird explizit auf die Norm des § 157 BGB – eine generelle Sicherheit beabsichtigt war, die über die bloße Absicherung des Gläubigers für eine konkrete Forderung hinausgehen sollte. Es sei zu überprüfen, ob der Schuldner den Willen habe, den Gläubiger „auf jeden Fall hinsichtlich der Rückzahlung des Geldes zu sichern“.877 Genau diesen Schritt unternahm der BGH mit Blick auf die Verfallabrede. Der Besteller sicherte dem anderen zu, wie ein Eigentümer über die Sache verfügen zu können, wenn er ihn nicht rechtzeitig befriedigen würde. Zwar war diese Abrede nach § 1229 BGB nichtig, jedoch wurde nach Ansicht des BGH unzweifelhaft deutlich, dass der Schuldner weitgehende Bereitschaft zeigte, auch andere subsidiäre bzw. sekundäre Ansprüche als den ursprünglich besicherten Anspruch zu sichern. Die Kommentarliteratur878 behandelt das Urteil als Spezialfall, jedoch treffen in dem Urteil zwei Situationen aufeinander: ein pfandrechtlich gesicherter Anspruch, der aus anderen Gründen als § 1229 BGB nichtig ist, und eine nichtige Verfallabrede. Die Verfallklausel als Auslegungsquelle für den Parteiwillen zu nutzen, kann nicht überzeugen. § 1229 BGB will den Pfandbesteller schützen, indem er die abstrakte Gefährlichkeit dieser Konstellation erkennt und den Parteien eine entsprechende inhaltliche Änderung des Pfandvertrags untersagt. Dahinter steht die Annahme, dass der Besteller seine konkrete Position häufig falsch einschätzt und einer trügerischen Hoffnung nachgibt, dass er bis zur Fälligkeit alles zum Guten wenden werde. Ferner droht die Gefahr, dass der Pfandgläubiger dies weiß und durch Spekulation ausnutzt. Nimmt man das Ergebnis der historischen und dogmatischen Analyse zur Kenntnis, kann es nicht überzeugen, eine aus dem Verstoß nach § 1229 BGB nichtige Willensäußerung des Pfandbestellers als Grundlage für eine Erweiterung des Pfandvertrages zu interpretieren. Das Urteil trifft zudem auf eine andere Schwierigkeit: Es ist schwer, einen Nachweis zu führen, dass die Parteien die Haftung grundsätzlich auch auf andere Forderungen als die ursprünglich besicherte Forderung erweitern wollten. Häufig findet sich kein Beleg, sodass jede Auslegungshilfe genutzt werden muss, um zu einem sachgerechten Ergebnis zu gelangen. So wird hier die Verfallklausel als Ausgangspunkt für eine solche Erweiterung des Pfandrechts gesehen, obwohl sich dies mit dem Normzweck des § 1229 BGB nicht vereinbaren lässt. Aus diesem 875 876 877 878

BGH NJW 1968, S. 1134. Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1204, S. 1412, unter: 2. b). BGH VIII ZR 218/65: juris-Rn. 16. Kregel, RGRK Kommentar zum BGB (§§ 1204 – 1296), § 1229, Rn. 2.

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Grund fordern einige Stimmen in der Literatur879 eine widerlegliche Vermutung zugunsten einer erweiterten Pfandbestellung. Die meisten Parteien dürften eine vergleichbare Situation, dass an die Stelle der Hauptforderung eine „Hilfsforderung“ tritt, nicht bedacht haben. Grundsätzlich sei in der Bestellung eines Pfandrechts die Absicht zu erkennen, dem Gläubiger eine dingliche Sicherung zu gewähren, unabhängig davon, welcher Rechtsgrund der Forderung zugrunde liegt. Diese weitreichende Haftung des Pfandrechts komme dann in Betracht, wenn die Ansprüche ihren Ursprung in der besicherten Forderung haben.880 Diese weitreichende pfandrechtliche Frage muss an dieser Stelle offenbleiben.881 Am überzeugendsten ist es, keine Auswechslung zu erlauben, sondern dem Pfandgläubiger ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB am Pfandgegenstand einzuräumen, bis die neu entstandene Forderung erfüllt ist.882 Voraussetzung ist, dass sich aus dem Parteiwillen eine so weitreichende Haftung erkennen lässt. Eine nach § 1229 BGB nichtige Verfallklausel darf nicht als Grundlage für eine Auslegung herangezogen werden. bb) Das irreguläre Pfandrecht Im weiteren Zusammenhang mit dem Verbot des Verfalls steht die Diskussion um die Rechtsnatur des sogenannten „irregulären Pfandrechts“. Handelt es sich bei dem nach bürgerlichem Recht883 nicht geregelten Institut um ein „echtes Pfandrecht“ nach §§ 1204 ff. BGB? Könnte das irreguläre Pfandrecht sogar wegen § 1229 BGB nichtig sein? Oder stellt es umgekehrt eine Ausnahme zum Verfallverbot dar? Dem Grundgedanken nach soll ein potentieller Pfandgläubiger durch ein irreguläres Pfandrecht ermächtigt werden, die ihm zur Sicherheit übergebene Sache für sich zu verwenden, indem er sie verbraucht oder veräußert. Er hat dem Schuldner, sofern dieser die besicherte Forderung erfüllt, an Stelle des Pfandgegenstands eine gleichartige, vertretbare Sache zurückzugewähren.884 Der Grund der Bestellung des 879

Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 55, Rn. 12; Westermann: Sachenrecht, § 128 III 1, S. 900 f.; i. E. schon: Heck: Grundriß des Sachenrechts, § 102, 2), S. 417. 880 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204, Rn. 21. 881 Als äußerste Grenze muss die Umwandlung in ein nicht akzessorisches Sicherungsmittel verhindert werden, sodass kein beliebiger Austausch stattfinden darf. So auch die Rechtsprechung: OLG Karlsruhe OLGE 15, 393. 882 Schmidt, in: Erman, BGB-Kommentar, Bd. II, § 1204, Rn. 11 f.; Habersack, in: Soergel, BGB-Kommentar (§§ 1018 – 1296), § 1204, Rn. 17; Bassenge, in: Palandt, BGB-Kommentar, § 1204, Rn. 10. 883 Evtl. stellt die Regelung in § 17 i. V. m. § 13 DepotG eine gesetzliche Anerkennung dar, siehe: Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1204, Rn. 9 mit Fn. 37. 884 Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 55, A I, Rn. 5; Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1204, Rn. 9, m. V. a., die ein solches Institut anerkennt: BGHZ 127, 138; OLG Düsseldorf NJW 1978, S. 2511. Siehe zudem die Normierung eines solchen irregulären Pfandrechts in § 17 i. V. m. § 13 DepotG.

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„irregulären Pfandes“ besteht dabei aus Sicht der Parteien in der Sicherung des dem Pfandgläubiger zustehenden Anspruchs. Für das Pfandrecht ist diese Grundkonzeption problematisch, da mit dem Eigentumsübergang des Pfandgegenstands das Pfandrecht und das Eigentum in der Person des Pfandgläubigers zusammenfallen, sodass das Pfandrecht nach § 1256 Abs. 1 S. 1 BGB untergeht. Auch die Fiktion des § 1256 Abs. 2 BGB löst diese Problematik nicht, da sie das Pfandrecht zugunsten des Eigentümers nur so behandelt, als bestünde es. Der Eigentümer ist aber nicht mehr der ursprüngliche Besteller, sondern der Pfandgläubiger, dem der Pfandgegenstand zu Eigentum übertragen wurde. In der Konsequenz ist das irreguläre Pfandrecht nach den sogenannten „nichtpfandrechtlichen Theorien“ nicht als „echtes“ Pfandrecht zu qualifizieren, sondern entspricht eher einem (Sicherungs-)Darlehn,885 einem unregelmäßigen Verwahrungs- oder einem Aufrechnungsvertrag. Alternativ kann es nach Auslegung des Parteiwillens auch eine Mischung aus diesen Elementen beinhalten. Wesentlich für diese Auslegung ist der „Numerus clausus“ des Sachenrechts, der eine Erweiterung dinglicher Sicherheiten grundsätzlich ausschließt, sofern es keine gesetzlichen Anhaltspunkte gibt. Gegen diese Meinung wird angeführt, dass die alternativ vorgeschlagenen Auslegungen dem durch die Parteien gewollten Sicherungscharakter nicht gerecht werden können, der einem „irregulären Pfandrecht“ innewohnt.886 Andere887 interpretieren das irreguläre Pfandrecht in Anlehnung an das österreichische Recht als ein „Pfandrecht an der eigenen Schuld“. Damit erhielte der Empfänger des „irregulären Pfandrechts“ ein Pfandrecht am Rückforderungsrecht des Bestellers.888 Diese Variante wurde von den Banken in ihre AGB aufgenommen, die somit diese Variante des Pfandrechts an der eigenen Schuld vorsehen, AGBBanken-Nr. 14.889 Eine solche Lösung dürfte aber an der Willensbildung der Parteien scheitern, die das ursprüngliche Pfandrecht vor Augen hatten.890 885 Etwa nach Meinung von Damrau geht der weite Auslegungsbereich auf ein sprachliches Abgrenzungsproblem zurück, wonach eigentlich ein „Sicherungsdarlehn“ gemeint sei, siehe etwa: Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1204, Rn. 9. Dieses Missverständnis lasse sich häufig finden, etwa in: OLG Bamberg SeuffA 64, Nr. 48; Meyer: Das irreguläre Pfandrecht, S. 13: W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204, Rn. 54. 886 Im Gesamten: W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204, Rn. 55, m. w. N. 887 Die Meinung ist im 19. Jh. von Pfaff begründet worden, siehe: Pfaff: Geld als Mittel pfandrechtlicher Sicherstellung. Ebenso: Meyer: Das irreguläre Pfandrecht, S. 4 ff. In der Rechtsprechung: OLG Düsseldorf WM 1992, S. 1937. 888 Bürge: Das römische Recht und das Drama der Umsetzung der Richtlinie über die Finanzsicherheiten in das deutsche BGB, in: Waldburger, Wirtschaftsrecht zu Beginn des 21. Jahrhunderts, S. 501. 889 „[…] Nr. 14 Vereinbarung eines Pfandrechts zugunsten der Bank Abs. 1. Einigung über das Pfandrecht: Der Kunde und die Bank sind sich darüber einig, dass die Bank ein Pfandrecht an den Wertpapieren und Sachen erwirbt, an denen eine inländische Geschäftsstelle im bankmäßigen Geschäftsverkehr Besitz erlangt hat oder noch erlangen wird. Die Bank erwirbt ein Pfandrecht auch an den Ansprüchen, die dem Kunden gegen die Bank aus der bankmäßigen

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Meist wird ein Mittelweg beschritten. Das irreguläre Pfandrecht wird als „echtes“ Pfandrecht abgelehnt, die Vorschriften über das Sachpfand werden jedoch entsprechend angewendet.891 Insbesondere ist auf die §§ 1223, 1252 BGB zu verweisen, die nach dem Erlöschen der besicherten Forderung eine Verpflichtung zur Rückgewähr begründen. Der Pfandgläubiger ist zur Rückerstattung verpflichtet, sobald die gesicherte Forderung erloschen ist. Der Besteller kann diese Rückerstattung nur gegen Befriedigung des Pfandgläubigers verlangen. Dabei besteht auch kein Zurückbehaltungsrecht wegen anderer nicht vom irregulären Pfandrecht gesicherter Forderungen, sodass die Möglichkeit einer Aufrechnung „nicht konnexer“ Forderungen mit der Forderung auf Rückerstattung ausscheiden muss.892 Um den zwischen den Parteien gewollten Sicherungszweck zu erhalten, wird die Norm des § 1256 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeklammert, der ein Erlöschen des Pfandrechts beim Zusammentreffen von Eigentum und Pfandrecht des Pfandgläubigers zur Folge hätte. Als Grund wird darauf verwiesen, dass die entsprechende Anwendung der Regelungen des Sachpfands die Interessenlage der Parteien am besten widerspiegelt.893 Wie steht es mit der Anwendbarkeit des § 1229 BGB im Rahmen des irregulären Pfandrechts? Grundsätzlich soll die Norm nach Ansicht weiter Teile der Literatur anzuwenden sein.894 Es bedarf jedoch einer Abwandlung, da der Eigentumsverlust des Bestellers dem Institut des irregulären Pfandrechts gerade immanent ist. Anders als beim Sachpfand, bei dem durch die Verfallklausel das Eigentum automatisch an den Pfandgläubiger fällt, soll dies beim irregulären Pfandrecht dem zum Zeitpunkt der Bestellung vorweggenommenen Verzicht auf den schuldrechtlichen Rückforderungsanspruch entsprechen. Verzichtet der Schuldner – vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit des besicherten Anspruchs und auflösend bedingt für den Fall der Nichtbefriedigung – auf den Anspruch auf Rückforderung, soll dies gegen den in § 1229 BGB zum Ausdruck gebrachten Schutzgedanken verstoßen.895

Geschäftsverbindung zustehen oder künftig zustehen werden (zum Beispiel Kontoguthaben). […]“ Zitiert nach: Bunte: AGB-Banken Kommentar, S. 209 – 223, Hervorhebungen durch den Verfasser. 890 So auch: Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1204, Anm. 2a h); W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204, Rn. 55, m. w. N.; so auch: Oertmann: Das Pfandrecht an eigner Schuld (pignus debiti), in: AcP 91, S. 61, 91. 891 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204, Rn. 54 ff.; so wohl auch: Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1204, Rn. 9. 892 OLG SeuffA 64 Nr. 48. 893 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204, Rn. 56. 894 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1229, Rn. 12, m. w. N.; auch Damrau meint, dass der § 1229 BGB anzuwenden sei: Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1204, Rn. 9. 895 Oertmann: Das Flaschenpfand, in: LZ 1918, S. 479 – 485, 483 m. w. N.; Raape: Die Verfallklausel, S. 66 ff.

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Die am häufigsten diskutierten Anwendungsfälle des irregulären Pfandrechts sind die Barkaution und das Flaschenpfand.896 Warum die Barkaution ein irreguläres Pfandrecht darstellen soll, erschließt sich nicht sofort, denn grundsätzlich kann ein Pfandrecht an Geld auch durch ein „echtes“ vertragliches oder gesetzliches Pfandrecht begründet werden. Voraussetzung ist aber, dass das Geld im Eigentum des Pfandbestellers bleibt. Es darf demnach kein Verlust nach den allgemeinen sachenrechtlichen Vorschriften eintreten, indem etwa das Bargeld in einem verschlossenen Umschlag oder einer Geldkassette übergeben wird. Ebenfalls entsteht ein echtes Pfandrecht an dem durch den Mieter in seine Wohnung eingebrachten Bargeld. In all diesen Fällen sind die Normen der §§ 1204 ff. BGB anzuwenden, jedoch wird die Verwertung über §§ 1228, 1233 ff. BGB erleichtert, indem der Gläubiger berechtigt ist, sich das Geld im Falle der Pfandreife bis zur Höhe seiner Forderung anzueignen.897 In den meisten anderen Fällen, wie der Barkaution im Miet- und Pachtvertragsrecht, wird diskutiert, ob ein irreguläres Pfandrecht vorliegt. Legt man den Willen der Parteien aus, dürfte im Zweifel ein Eigentumsübergang gewollt sein. Der Vermieter hat die Kaution zu verzinsen, eine Eigentümerposition des Bestellers an den übergebenen Geldscheinen steht dem entgegen, hat aber für diesen nur geringen Mehrwert.898 Ein „echtes“ Pfandrecht kann nicht entstehen. Nach der vermittelnden Ansicht ist demnach von einem irregulären Pfandrecht auszugehen.899 In diesen Fällen versucht man dem Sicherungsgedanken mit der analogen Anwendung der Pfandrechtsnormen gerecht zu werden. Dass der Bestellung keine dingliche Wirkung zukommt, wird durch die fehlende insolvenzrechtliche Absicherung deutlich. Im Falle der Insolvenz des Vermieters kann der Mieter die Kaution nur dann nach § 47 InsO aussondern, wenn der Vermieter sie getrennt von seinem Vermögen an896

Häufig wird auch noch die Sicherheitsleistung durch Sperrung eines Bankguthabens zugunsten des Gläubigers einer Forderung genannt. Hierzu richtungsweise die Rechtsprechung: OLG Hamm BB 1963, 1117; OLG Koblenz BB 1974, S. 199. Auch in diesen Fällen wird im Hinblick auf den Sicherungszweck der Kautionsleistung eine Freigabeverpflichtung des Gläubigers in Höhe des Betrages bejaht, der zur Deckung seiner gesicherten Forderung nicht benötigt wird, BGH NJW, 1984, 1749. Zustimmend auch: W. Wiegand, in: Staudinger, BGBKommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204, Rn. 58. 897 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204, Rn. 53. 898 Die Zinspflicht ist in der Rechtsprechung anerkannt: OLG Düsseldorf OLGZ 1978, 329; so auch: Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1204, Rn. 7. 899 Die Unterscheidung, ob ein reguläres oder irreguläres Pfandrecht vereinbart ist, wurde lange nach RGSt JW 1931, S. 1247 bzw. OLG Bamberg SeuffA, Bd. 64 Nr. 48 beurteilt, wonach eine Verzinsungsvereinbarung dafür spreche, dass ein irreguläres Pfandrecht gewollt sei. Dies überzeugt heute nicht mehr, da heute auch ohne eine ausdrückliche Vereinbarung die Kaution nach §§ 1213, 1214 zu verzinsen ist. Der Pfandgläubiger ist dann, nach Fälligkeit und Nichtbefriedigung der gesicherten Ansprüche, nur zur Rückzahlung des Überschusses verpflichtet – BGH NJW 1984, 1749; so auch: W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204, Rn. 57.

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gelegt hat.900 Lehnt man die Konstruktion des „irregulären Pfandrechts“ ab, kann die Barkaution als treuhänderisch gebundenes Darlehn qualifiziert werden, bei dem der Sicherungsgedanke darin zum Ausdruck kommt, dass der Vermieter den aufschiebend bedingten Rückzahlungsanspruch des Mieters mit den gesicherten Forderungen (Schadensersatz- oder Mietzinsansprüche) aufrechnen kann.901 Wenn man die Barkaution als „irreguläres Pfandrechts“ anerkennt, handelt es sich um eine analoge Anwendung der Normen, die ein Verbot des § 1229 BGB nicht zwingend erfordern. Dennoch erweckt es den Anschein, dass eine Lösung über die Pfandrechtsnormen eine konsequente gesetzliche Anwendung des Verfallverbots begünstigt. Man wandelt den Tatbestand ab, indem nicht die Übertragung des Eigentums, sondern der vor Pfandreife vereinbarte Verzicht auf den Rückgewähranspruch als Anknüpfungspunkt für das Verbot des § 1229 BGB genutzt wird. Entscheidend ist nicht der von beiden Parteien gewollte Verlust des Eigentums, sondern der für den Schuldner gefährliche, frühzeitige Verzicht auf seine Rechte. Komplexer ist der Fall des Flaschenpfands. Dieser wird in der Literatur sehr unterschiedlich beurteilt.902 Meist ist die rechtliche Beurteilung davon abhängig, welche Aspekte des Flaschenpfandes im Vordergrund stehen. Vereinfacht zusammengefasst, wird beim „Flaschenpfand“ beim Kauf von Getränken oder anderen Flüssigkeiten eine zusätzliche Summe für das Verpackungsmaterial mitgezahlt, die der Käufer bei Rückgabe der Flasche als „Pfand“ zurückerhält. Die gezahlte Geldsumme kann in der Tat als Sicherung begriffen werden, die sich der Getränkehandel für seine Ansprüche auf Rückgabe der Verpackung durch den Abnehmer bestellen lässt. Diese Sicherheit erstreckt sich meist zusätzlich auf die Behältnisse (z. B. Getränkekästen), die beim Kauf miterworben werden. In dieser Form kann das Flaschenpfand nur als irreguläres Pfandrecht betrachtet werden, da das Eigentum am Geld mit Übergabe an der Kasse und/oder der Vermischung mit der Einkaufssumme untergeht. In dieser Form stellt das Flaschenpfand eine klassische Barkaution dar. Die Übergabe der Flaschen entspricht einer miet- oder leihrechtlichen Überlassung. Zu Beginn ging auch der BGH bei Einheitsflaschen von einem Flaschendarlehn aus, bei dem einem Verkäufer Flaschen in gleicher Anzahl zurückzugewähren waren. Dieser Anspruch auf Rückgabe sei mit einer zusätzlichen Summe Geldes gesichert worden, deren Rückzahlung nach Rückgabe zu erfolgen hatte.903 Problematisch an dieser Konstellation ist § 1229 BGB. Denn der Kunde, als Besteller des irregulären Pfandrechts an dem Geldbetrag, würde zu Beginn des irregulären pfandrechtlichen Verhältnisses bedingt auf die Rückgewähr des „Flaschenpfandes“ verzichten. Das 900

Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 55, A I, Rn. 5; BGH NJW 2008, 1152. Emmerich, in: Emmerich/Sonnenschein, Miete-Handkommentar, § 551, Rn. 3a; i. E. auch: Weidenkaff, in: Palandt, BGB-Kommentar, Einf v § 535, Rn. 120 f. 902 Ausführungen Martinek: Das Flaschenpfand als Rechtsproblem, in: Jus 1987, S. 514 ff.; Martinek: Leergut im Zwischenhandel, in: Jus 1989, S. 268; Bork: Rechtsfragen bei der Verwendung von Mehrwegverpackungen, in: BB 1987, S. 909 ff.; Schäfer/Schäfer: Eigentumsund schadensersatzrechtliche Probleme des Pfandleergutes, in: ZIP 1983, S. 656, 659 f. 903 BGH NJW 1956, S. 298. 901

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

Verbot griffe ein. Auch die Auslegung einiger Stimmen,904 es handle sich um eine im Vorfeld vereinbarte Vertragsstrafe, ist problematisch, da die Vertragsstrafe als ein vom Verfallverbot erfasster Umgehungsversuch bewertet werden kann. Der Versuch, dieses Problem durch weitere Konstruktionen zu umgehen, bei denen dem Gläubiger aus dem irregulären Pfandrecht bei Nichtrückgabe der Flaschen ein Schadensersatzanspruch erwächst, der dann vom „Flaschenpfand“ als irregulärem Pfandrecht abzuziehen sei, erleichtert die Schwierigkeiten nicht.905 Denn auch wenn der Mehrbetrag herauszugeben ist, handelt es sich lediglich um einen Fall des rechnungspflichtigen Verfalls, der nach ständiger Rechtsprechung des RG und des BGH ebenfalls ausgeschlossen ist. Nach überzeugender heutiger Ansicht, der sich nun auch der BGH angeschlossen hat, handelt es sich beim Flaschenpfand von Einheitsflaschen nicht mehr um ein pfandrechtliches Verhältnis. Vielmehr soll es sich beim sogenannten „Flaschenpfand“ um den Mitverkauf der Flasche handeln, bei dem der Verkäufer bezüglich der Flasche ein Rückkaufrecht gewährt. Der Anspruch auf die „Rückgabe“ des „Flaschenpfands“ ist vom Zustandekommen des Rückkaufs abhängig. Dieser Kaufvertrag ist durch die Rückgabe der Flasche im Laden bedingt. Gibt der Kunde die Flasche zurück, kommt der Rückkauf zustande und er erhält den Kaufpreis in Höhe des „Flaschenpfands“. Dabei würde das durch den Verkäufer zurückbehaltene „Flaschenpfand“ in Wirklichkeit das Entgelt für nicht zurückgegebene Flaschen darstellen. Es hat damit den Charakter eines Kaufpreises und ist von pfandrechtlichen Konstruktionen losgelöst.906 Auch bei besonderen Verpackungen, etwa Flaschen mit besonderer Form (Individualflaschen), handelt es sich nicht um ein irreguläres Pfandrecht, sondern um eine Leihe der Flasche. Der zusätzlich durch den Kunden zu entrichtende Betrag ist als Barkaution einzuordnen, die als Darlehn die Rückforderung der Flasche sichert.907 Damit scheidet das Flaschenpfand aus dem Problemkreis des Verfallverbots aus. Zusammengefasst stellt die Konstruktion des „irregulären Pfandrechts“ eine schuldrechtliche Vertragsgestaltung dar, bei der in Übereinstimmung mit dem Par904 Dürkes: Rechtsfragen um Verpackungsmaterial, in: BB 1948, S. 68, 73; Dürkes: Die Überlassung von Verpackungsmitteln als Darlehen, in: BB 1956, S. 25, 27; Flad, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,2, § 1229, S. 1472, unter: 2a). 905 W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1229, Rn. 12, m. V. a.: W. Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1204 – 1296; SchiffsRG), § 1204, Rn. 54 ff., 59. 906 So auch: Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, S. 697 f.; Westermann: Sachenrecht, § 126 I 2, S. 889; so jetzt auch Habersack, in: Soergel, BGB-Kommentar (§§ 1018 – 1296), § 1204, Rn. 33; ebenso: Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 55 A I 3 b), Rn. 5; Martinek: Das Flaschenpfand als Rechtsproblem, in: Jus 1987, S. 514, 520; maßgebliche Entscheidungen: BGH NJW 2007, 2912; OLG Hamburg OLGE 45, 150. 907 So auch: Damrau, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 1204, Rn. 8; Bassenge, in: Palandt, BGB-Kommentar, Einf v § 1204, Rn. 7. Dort die Unterteilung in Einheitsund Individualflaschen; den letzteren werden die Gruppenflaschen – Flaschen einer Unternehmensgruppe – gleichgestellt.

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB

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teiwillen bestimmte Pfandrechtsnormen analog angewendet werden. Grundsätzlich geht die Eigenschaft als dingliches Sicherungsinstitut unter, da die Eigentumsposition des Bestellers aufgelöst wird. An die Stelle tritt ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückgewähr in gleicher Art und Weise. Diese Konstruktionen mögen vergleichbare Gefahren generieren, wie sie beim Pfandrecht nach § 1229 BGB ausgeschlossen werden, jedoch ist vorab zu klären, wie eine konkrete Vertragsgestaltung „gewollt“ war. Eine automatische Anwendung des § 1229 BGB ist nicht geboten, da die dingliche Sicherung des Pfandgläubigers fehlt und die Herausgabe nicht an eine bestimmte Sache anknüpft, sondern mittels eines schuldrechtlichen Anspruchs eine Sache vergleichbarer Art zurückzuerstatten ist.

3. Ergebnis der dogmatischen Analyse a) § 1149 BGB Nach einer Analyse des heutigen Rechtszustands ist gut zu erkennen, dass die Rechtsprechung der Norm des § 1149 BGB einen weiten Anwendungsbereich einräumt. Nicht nur eigentliche Verfallabreden unterstehen dem Verbot, sondern auch solche Abreden, die diesen in der Wirkung gleichen. Sie sind als Ersatz- oder Umgehungsgeschäfte zu verstehen und damit nichtig. Kaufrechtliche Abreden sind ebenso erfasst wie solche mit vergleichbarer Wirkung (Idee des § 311b Abs. 2 BGB), auch Abreden, die eine Übernahme des Grundstücks an Erfüllungs statt vorsehen, führen zur Nichtigkeit. Ein entscheidendes Element der Rechtsprechung ist, in Anlehnung an die Arbeit Raapes,908 nicht zwischen rechnungspflichtigem und rechnungsfreiem Verfall zu unterscheiden, beide Varianten fallen nach den Urteilen des RG und des BGH uneingeschränkt unter das Verbot. Demnach sind bei der Hypothek alle Abreden bis zum Zeitpunkt der Pfandreife umfassend ausgeschlossen, sofern die weit zu interpretierenden Tatbestandsmerkmale vorliegen. Entscheidend für das Vorliegen einer verbotenen Klausel ist die Bedingung der Nichtbefriedigung, die einen inneren Zusammenhang zwischen der gesicherten Forderung und der inhaltlichen Änderung der dinglichen Sicherheit herstellt. Zudem ist diese Voraussetzung für die obergerichtliche Rechtsprechung entscheidend, eine analoge Anwendung auf dinglich nicht gesicherte Gläubiger abzulehnen. Als Begründung dient der historische Normzweck, der angeblich die dingliche Sicherheit als Umwandlungsverbot inhaltlich schützen sollte. Als Quelle greift die Rechtsprechung auf die Darstellung der von Achilles erstellten Motive zum E I zurück, die nur eine verknappte Zusammenfassung der in der 1. Kommission diskutierten Abgrenzung der Verfallklausel von der Wucherliberalisierung von 1867 enthalten. Die Motive deuten auf ein Missverständnis des Normzwecks durch den 908 Urteile: RGZ 92, 101; 130, 227, 228 f.; BGHZ 130, 101 mit Verweis auf: Raape: Die Verfallklausel.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

5. Senat.909 In der Folge verweigert der BGH Schuldnern einen umfassenden Schutz nach § 1149 BGB analog, obwohl sich in den entschiedenen Sachverhalten eine konkrete Gefahr entfaltet hatte, die bei Vorliegen des Tatbestands abstrakt vermutet worden wäre. Ob der Schutz des Schuldners vor Verfallklauseln abschließend über eine Analogie des § 1149 BGB zu gewähren ist oder dieser als eigene Fallgruppe im Rahmen des § 138 BGB zu berücksichtigen ist, kann offenbleiben. Solange die Gefahren der Verfallklausel im Rahmen des § 138 BGB durch die Rechtsprechung verharmlost werden, ist eine Analogie aus dem Normzweck des § 1149 BGB zum Schuldnerschutz geboten. Noch unbeantwortet ist die Frage, ob gesetzlich nicht geregelte dingliche Sicherheiten vom Verbot erfasst werden. Anders als bei dinglich nicht gesicherten Gläubigern handelt es sich bei einer Erweiterung des Tatbestands um eine Erstreckung auf andere dingliche Sicherheiten. In der Literatur wird eine solche analoge Erweiterung mittels eines allgemeinen Rechtsprinzips gefordert, die Rechtsprechung bezog nur mittelbar Stellung, indem eine Analogie ohne dingliche Sicherung abgelehnt wurde. Widersprechen würde diese Stellungnahme einer Erweiterung nicht.910 Welche dinglichen Sicherheiten zu berücksichtigen sind, soll im anschließenden Abschnitt untersucht werden. b) § 1229 BGB Die Ausgestaltung des Verfallverbots beim Pfandrecht zeigt starke Parallelen zu der der Hypothek, unterscheidet sich andererseits auch vom Regelungsumfang des § 1149 BGB. Während die Reichweite des Verfallverbots auch beim Pfandrecht viele Ausgestaltungen ausschließt, sind die Grenzen nicht so eindeutig erkennbar. Die Flexibilität erhält das Pfandrecht durch die Möglichkeit, nicht nur körperliche, sondern auch unkörperliche Gegenstände zu verpfänden, sofern diese auch bei künftigen Forderungen bestimmbar sind. Die unverrückbare zeitliche Schranke stellt die Fälligkeit des gesicherten Anspruchs dar. Erst nach dem Zeitpunkt der Pfandreife werden Verfallabreden durch unsere Rechtsordnung geduldet. Der Gläubiger kann ohne das Zutun des Schuldners nicht anders an den Pfandgegenstand gelangen, als ihn selbst in der öffentlichen Versteigerung (§ 1239 BGB) zu ersteigern. In diesem Fall stellt das Gesetz den Schutz durch die vorgeschriebene Verwertungsart sicher.911 Im Grundsatz bedarf es beim Pfandrecht nur geringer Korrekturen durch den Normzweck, da Dreipersonenverhältnisse nicht üblich sind. Trotz einiger Kritik ist die gesetzliche Ausnahme zum Verbot des § 1229 BGB nicht von geringer Bedeu909

Siehe oben Abschnitt F., unter: 2. c). Siehe BGHZ 130, 101. Dass die Vormerkung auch eine solche dingliche Sicherheit darstellen könnte, wird in der folgenden Rechtsprechung nicht ausreichend berücksichtigt, um darin eine entsprechende Wertung zu sehen. 911 Pointierte Darstellung bei: Peters: Der Erwerb des Pfandes durch den Pfandgläubiger im klassischen und im nachklassischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, S. 138. 910

G. Die Normen §§ 1149, 1229 BGB

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tung. Zwar wird der inhaltlichen Änderung nach § 1259 BGB unterstellt, es handele sich um eine von außen in das Pfandrecht getragene Umsetzung einer europäischen Richtlinie, die keine systematisch saubere Abwandlung des Pfandrechts schafft, jedoch kann sie auch als Ausdruck des historischen Normzwecks gesehen werden. Diese recht neue Ausnahme zum Verfallverbot zeigt, dass im gewerblichen Bereich in engen Grenzen von der Durchsetzung des Verbots abgesehen wird. Zum einen wird der Schuldnerschutz bestätigt, zum anderen könnte es ein praktischer Ansatz sein, den Schutz des Pfandrechts im gewerblichen Bereich abzuschwächen. Bei genauerer Betrachtung scheiden die darüber hinaus diskutierten Ausnahmen (§ 1245 und § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB) zum § 1229 BGB aus, da sie das Pfandrecht erst nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit für inhaltliche Änderungen öffnen. Dass nach Fälligkeit der gesicherten Forderung die Abrede einer Verfallklausel möglich bleibt und in § 1259 BGB sogar eine Ausnahme vor Fälligkeit anerkannt ist, unterstützt die Sicht der historischen Analyse. Wie kann ein Umwandlungsverbot der Norm im Vordergrund stehen, wenn die Umwandlung dennoch umfassend möglich bleibt? Vielmehr ist die zeitliche Komponente das entscheidende Kriterium des Schuldnerschutzes, um eine weitreichende rechtliche Selbstbindung und den Rechtsverzicht des Schuldners zu seinem eigenen Besten auszuschließen. Nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit ermöglicht die Grenze der Fälligkeit eine flexible und für alle Parteien sachgerechte Abwicklung. Eine Selbsttäuschung des Schuldners ist dann nicht mehr zu erwarten. c) Abstraktheit, Akzessorietät und der innere Zusammenhang Die am Anfang gestellte Frage nach dem Bedürfnis nach einem Rechtsprinzip des Verfallverbots muss differenziert beantwortet werden. Die dogmatische Analyse der Normen der §§ 1149, 1229 BGB zeigt, entsprechend der historischen Analyse, dass von der weiten Auslegung des Verbots nicht auf ein bestehendes Rechtsprinzip geschlossen werden kann. In konsequenter Anwendung des Normzwecks, der den Schuldner vor abstrakten Gefahren schützen will, ist dennoch eine weite Auslegung geboten. In der konkreten Auseinandersetzung mit der Grundschuld zeigt sich, dass die Problematik um die Anwendung des Verbots nicht auf die fehlende Akzessorietät der Grundschuld zurückgeht. Die Erkenntnis ist für den weiteren Fortgang der Untersuchung wesentlich, da es bei der entsprechenden Anwendung auf weitere Fallkonstellationen keine „Grenze der Abstraktheit“ zu berücksichtigen gilt. Die Tendenz der Rechtspraxis, die vom Gesetz wohl als Hauptsicherungsinstitute vorgesehenen Sicherungsrechte912 vermehrt durch nichtakzessorische Sicherungsrechte abzulösen, hat kaum Einfluss auf die weitere Auseinandersetzung.913 Vielmehr steht 912 Siehe hierzu die gesetzliche Konstruktion von Hypothek (§§ 1113 ff. BGB) und Pfandrecht (§§ 1204 ff. BGB). 913 So wird die Hypothek mehr und mehr durch die Grundschuld und die Sicherungsübereignung verdrängt, während das Pfandrecht seinerseits durch die Sicherungsübereignung und -abtretung ersetzt wird. Bei der Grundschuld wird nach dem Wortlaut des § 1192 Abs. 1

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

die Frage im Mittelpunkt, ob der Schuldner in den konkreten Situationen des Schutzes bedarf, wie er in der direkten Anwendung der §§ 1149, 1229 BGB geboten wird.914 Hauptanknüpfung ist dabei das als „innerer Zusammenhang“ beschriebene Tatbestandsmerkmal, das von der Akzessorietät zu unterscheiden ist. Im folgenden Abschnitt soll untersucht werden, ob sich übergeordnete Kriterien fassen lassen, die für eine entsprechende Anwendung auf Problemfälle nutzbar sind. Sofern sie in einer Konstellation zu erkennen sind, könnte eine entsprechende Anwendung des Verfallverbots geboten sein. Zudem könnte diese Sammlung von Kriterien einen Ausgangspunkt für ein durch Rechtsfortbildung anzuregendes Prinzip darstellen.915 Im Anschluss sollen die Problemfälle konkret daraufhin überprüft werden, ob sich ein überzeugendes Konzept ergibt.

BGB grundsätzlich auf die Regelungen der Hypothek zurückgegriffen, jedoch mit dem Hinweis, dass sie nur anzuwenden sind, „soweit sich nicht daraus ein anderes ergibt, dass die Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt“. Ähnlich wird bei der Sicherungsübereignung diskutiert, inwieweit die Reglungen des Sachpfandrechts auf sie anzuwenden sind. 914 Es könnte eine wirtschaftliche oder eine sphärenorientierte Betrachtungsweise notwendig sein, die in der Anwendung den Schuldnerschutz berücksichtigt. 915 Siehe die Ausführungen in Abschnitt B.

H. Ein Rechtsprinzip des Verfallverbots mit normativer Anwendung?

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H. Ein Rechtsprinzip des Verfallverbots mit normativer Anwendung? Die dogmatische Analyse des Verfallverbots in §§ 1149, 1229 BGB hat gezeigt, dass beide Normen gemeinsame Mechanismen beinhalten, die ein direktes Eingreifen des Verbots bedingen. Über den direkten Anwendungsbereich hinaus ist eine weite Auslegung oder eine analoge Anwendung immer dann geboten, wenn bestimmte Kriterien zusammentreffen. In der Einführung wurde die Frage angeregt, ob sich aus diesen Kriterien nicht ein allgemeines Rechtsprinzip des Verfallverbots formen ließe. Wann ein Rechtsprinzip vorliegt, kann – nach den methodischen Überlegungen im Abschnitt B. – zwar nur schwer beantwortet werden. Nach Röhls Definition bedarf ein Rechtsprinzip zumindest einer modellhaften Seite, die einen Regelungszusammenhang beschreibend ordnen kann. Von Bedeutung ist ein Rechtsprinzip darüber hinaus, wenn ihm eine normative Seite zukommt, es also einen Regelungskern beinhaltet, der bei der Gesetzesanwendung zu berücksichtigen ist. Bei der rechtshistorischen Analyse der Verfallverbote in den §§ 1149, 1229 BGB stellte sich heraus, dass der Gesetzgeber des BGB ein entsprechendes Rechtsprinzip nicht ausdrücklich normiert hat. Folglich kann kein allgemeines Rechtsprinzip des Verfallverbots angenommen werden, ohne Rechtsfortbildung zu betreiben. Denn grundsätzlich obliegt es einem legislativen Akt oder einer obergerichtlichen Rechtsanwendung, ein Rechtsprinzip in Geltung zu setzen. Dennoch stießen die Literatur und die Rechtsprechung auf viel diskutierte Problemfelder, bei denen „Analogien“ oder „Rechtsgedanken“ bemüht werden, um den Anwendungsbereich des Verfallverbots auszudehnen.916 Um das entstandene uneinheitliche Meinungsmosaik zu ordnen, kann an die Ergebnisse der dogmatischen Analyse angeknüpft werden. Zunächst sind die gemeinsamen Kriterien für die Anwendungsfälle der §§ 1149, 1229 BGB zu benennen, wie sie im vorherigen Abschnitt herausgearbeitet wurden. Das deskriptive Modell könnte die Grundlage bilden, um bei strittigen Fällen die abstrakte Gefährdungslage und die vergleichbare Interessenlage zu konkretisieren. Ziel soll es sein, Tatbestandsmerkmale zu formulieren, die – unterstellt man eine weitreichende normative Wirkung des Verfallverbots – eine Anwendung einer normativen Seite erleichtern. Eben aus diesen Tatbestandsmerkmalen könnte der Ausgangspunkt für ein Rechtsprinzip geschaffen werden.

916 Siehe die Nachweise in der Einführung (Abschnitt A.) und in der dogmatischen Analyse (Abschnitt G.).

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

1. Das deskriptive Element Bei der Anwendung der Normen der §§ 1149, 1229 BGB ergeben sich Gemeinsamkeiten. Beide Regelungen sind im Rahmen einer dinglichen Sicherheit anzuwenden. Was bei § 1149 BGB die Hypothek, die Grund- oder die Rentenschuld ist, ist bei § 1229 BGB das Pfandrecht an Sachen oder an Rechten. Darüber hinaus müssen diese dinglichen Sicherheiten einen Anspruch sichern, der zu einem bestimmbaren Zeitpunkt fällig wird. Wesentlich für das Eingreifen des Verbots ist die an die Nichtbefriedigung der gesicherten Forderung anknüpfende Bedingung, die die dingliche Sicherheit vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit derart inhaltlich ändert, dass der Gegenstand entweder beim Gläubiger verbleiben (1. Var.) oder die Verwertung vom gesetzlichen Verfahren abweichen soll (2. Var.). Durch den „inneren Zusammenhang“ der Bedingung wird eine Verknüpfung zwischen Fälligkeit der Forderung und der inhaltlichen Änderung des Sicherungsrechts vorgenommen. Die inhaltliche Änderung muss – zum Zwecke der Befriedigung – so weit gehen, dass für den Sicherungsgeber eine abstrakte Gefahr geschaffen wird. Die abstrakte Gefahr der „Verfallklausel“ besteht in einer möglichen Fehleinschätzung des Schuldners bezüglich seiner wirtschaftlichen Situation. Um in der Gegenwart Kredit zu erhalten, willigt der Schuldner in die inhaltliche Änderung der Sicherung ein, deren Konsequenz er unterschätzt, da er sich in der „trügerischen Hoffnung“ befindet, bis zum Verfalltag den verpfändeten Gegenstand wirtschaftlich wieder auslösen zu können.917 Der innere Zusammenhang der Bedingung hat – wie in der dogmatischen Auseinandersetzung herausgearbeitet – keinen Bezug zur Akzessorietät zwischen Forderung und Sicherheit. Die durch die Abrede geschaffene abstrakte Gefahr besteht auch dann, wenn der Pfandgläubiger und der Forderungsinhaber auseinanderfallen. Entscheidend ist nur, dass über die Bedingung beide Rechtsbeziehungen Bezug aufeinander nehmen, indem eine dingliche Änderung der Sicherheit von der Nichtbefriedigung des gesicherten Anspruchs abhängt. Das Verbot der inhaltlichen Änderung der Sicherheit ist bei § 1149 BGB ebenso an die gesetzlich vorgesehene Verwertung (§ 1147 Abs. 1 BGB) geknüpft wie beim Pfandrecht (§ 1228 Abs. 1 BGB). Immer wenn die in der Abrede vorgesehene inhaltliche Änderung der Sicherheit von der gesetzlichen Verwertung abweicht, entspricht dies einer nach §§ 1149, 1229 BGB verbotenen „Verfallklausel“. Der Begriff der „Verfallklausel“ ist – wie gezeigt – ein Sammelbegriff für viele unterschiedliche Varianten von nicht zulässigen Abreden.918 Mit dieser Zusammenfassung der rechtshistorischen und dogmatischen Ergebnisse lässt sich für die im Gesetz ausdrücklich geregelten Fälle des Verfallverbots ein 917

So bereits die historischen Quellen, siehe: Abschnitt F. Auch die Rechtswissenschaft knüpft an diese Bewertung an, etwa: Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351, 374; ebenso wie die Rechtsprechung: BGHZ 130, 101, juris-Rn. 8. 918 Dazu insbesondere in Abschnitt G.

H. Ein Rechtsprinzip des Verfallverbots mit normativer Anwendung?

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Modell schaffen. Treten die oben genannten Tatbestandsmerkmale zusammen auf, handelt es sich um eine verbotene Verfallklausel. Durch die abstrakten Kriterien kann man dieses Konstrukt als ein deskriptives Modell begreifen, das zumindest für den direkten Anwendungsbereich der §§ 1149, 1229 BGB ein Rechtsprinzip des Verfallverbots bestätigt. Kritisch zu hinterfragen ist, ob diese Beschreibung von §§ 1149, 1229 BGB über den direkten Anwendungsbereich hinaus eine normative Komponente beanspruchen kann.

2. Das normative Element Zur Klarstellung: Ein ausdrückliches normatives Element, das über die Anwendung von §§ 1149, 1229 BGB auf ein allgemeines Rechtsprinzip hindeuten kann, hat sich in der rechtshistorischen Analyse nicht gezeigt. Methodisch ist ein normatives Element nur durch Rechtsfortbildung zu konstruieren und ist nicht Teil der Rechtsordnung. Möchte man hingegen ein Gedankenexperiment unternehmen, um eine solche normative Komponente zu konstruieren, bedarf es einiger Vorüberlegungen. a) Was ist der Anknüpfungspunkt für ein Rechtsprinzip des Verfallverbots? Der wesentliche Anknüpfungspunkt für das Verfallverbot ist die dingliche Änderung der Sicherheit, sodass zum Zwecke der Befriedigung das gesetzliche Verwertungsverfahren abgewandelt wird. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers stellte die durch die gesetzliche Normierung gefasste Form der Verwertung den besten Interessenausgleich zwischen Schuldner und Gläubiger dar. Die Normen knüpfen damit im Wortlaut an ebendieses Verfahren an. Problematisch ist die normative Wirkung eines möglichen Rechtsprinzips, wenn es sich um gesetzlich nicht geregelte Sicherheiten handelt. Dabei können zwei Wege beschritten werden: Entweder man knüpft an die Funktion der Sicherheiten an und unterstellt sie generell den gesetzlichen Vorschriften – dies wird etwa bei der Sicherungsübereignung diskutiert.919 Oder man stellt die Abrede der Parteien in den Vordergrund, deren Inhalt der Bezugspunkt für alle Auslegungsfragen wird. Eben auch für die Frage der Verwertung. Im ersten Fall ist die Anknüpfung für das Verfallverbot sehr einfach, da die gesetzlichen Vorschriften entsprechend angewendet werden und damit das Verfallverbot einen ihm bekannten Anknüpfungspunkt erhält. Im anderen Fall kann das Rechtsprinzip nur als Grenze der Privatautonomie betrachtet werden, wonach die Parteien der gesetzlich nicht geregelten Sicherheit keinen beliebigen Inhalt geben können. Die konkrete Anknüpfung für ein Rechtsprinzip wird ab diesem Punkt sehr schwierig, da der vom Gesetz vorgesehene Bezugspunkt in §§ 1149, 1229 BGB 919

Siehe unten, unter: 4.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

fehlt. Im Vordergrund kann folglich nur der „Zweck“ der Vorschriften stehen, der den Schuldnerschutz als Kern beinhaltet. Die abstrakte Gefahr, die in der Abweichung von der gesetzlichen Verwertung begründet liegt, muss im Einzelfall nachgewiesen werden. Welche Rechtsfolgen eintreten, ist dann nur nach dem Zweck zu beurteilen. Methodisch könnte man sich in Zweifelsfragen einer Vermutung zugunsten des Schuldnerschutzes bedienen, wenn in einem Rechtsverhältnis die Form der Verwertung auslegungsbedürftig ist. Auch wenn vergleichbare Fälle bei direkter Anwendung der Normen verboten wären, könnte eine Abrede auszuschließen sein – etwa bei einer unterlassenen Anrechnung des Mehrwerts des zu verwertenden Gegenstands. Insgesamt ist eine solche Interpretation unbefriedigend und bedarf der näheren Untersuchung. b) Was ist der Inhalt des Verbots? Auch diese Frage knüpft an den Bezugspunkt des Verbots an. Die klaren Antworten, die Literatur und Rechtsprechung zu den unter das Verbot fallenden Abreden getroffen haben, knüpfen an die unterschiedlichen Ausgestaltungen der Sicherheiten zur Umgehung der gesetzlichen Verwertungsform an. Vereinfacht: Wenn vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit von der gesetzlichen Verwertungsform abgewichen wird, greift das Verbot ein. Im Rahmen der §§ 1149, 1229 BGB werden zwei Varianten ausdrücklich normiert. In der 1. Variante die dingliche Verfallabrede, wonach der Pfandgläubiger den Gegenstand anstatt der Leistung auf die Forderung zu Eigentum erhält. Bei den unbeweglichen Sachen ist dies durch die Konzeption des Sachenrechts nach §§ 873, 925 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, bei den übrigen Gegenständen ist dies Inhalt des § 1229 BGB. Darüber hinaus sind die schuldrechtlichen Abreden verboten, die Ansprüche auf Übertragung oder auf Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit vergleichbarer Wirkung beinhalten. In der 2. Variante sind bis zur Fälligkeit solche Abreden ausgeschlossen, die das gesetzlich vorgesehene Verwertungsverfahren umgehen. Dieser Auffangtatbestand setzt weitreichende Grenzen für die inhaltliche Ausgestaltung der Sicherheiten. Lediglich § 1259 BGB stellt hierzu eine Ausnahme dar. Bei einem Blick auf den Inhalt eines prinzipienhaften Verbots ist zu hinterfragen, wie weitreichend das Verbot wirken kann, wenn es den im „Wortlaut“ der §§ 1149, 1229 BGB vorgesehenen Bezugspunkt nicht nutzen kann. Es lässt sich nur im Einzelfall eine Abwägung erörtern, wie weitreichend der Schuldnerschutz untergraben wird, wenn man bestimmte Abreden erlaubt. Als äußerste Grenze könnte die 1. Variante des Verbots dienen, wonach der vor Fälligkeit verabredete Verbleib des Pfandgegenstands beim Gläubiger auszuschließen ist. Diese Einzelfallprüfung kann sich wieder nur am Regelungszweck der §§ 1149, 1229 BGB orientieren.

H. Ein Rechtsprinzip des Verfallverbots mit normativer Anwendung?

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c) Welche dinglichen Sicherheiten sind erfasst? Als letztes Problem eröffnet sich die Frage, welche Sicherheiten erfasst sein können. Im Grundsatz bedarf es in Anbetracht der rechtshistorischen und dogmatischen Analyse einer pfandrechtsgleichen Sicherheit. Diese Sicherheit muss ihrer Funktion nach dinglich wirken und darf nicht auf einer schuldrechtlichen Ebene verharren. So kann etwa die Bürgschaft als pfandrechtsgleiches Recht ausgeschlossen werden, auch eine fehlende dingliche Sicherung verbietet grundsätzlich, wie der BGH richtig feststellte, eine umfassende Analogie ohne Berücksichtigung des Einzelfalls.920 Wie im Abschnitt A. angedeutet, kommen die Sicherungsübereignung und die Sicherungsabtretung als mögliche Anwendungsfelder in Frage. Die abstrakten Sicherungsmittel werden häufig aufgrund der fehlenden Akzessorietät den gesetzlichen Sicherungsmitteln vorgezogen. Bei weiteren Fällen wird mittels dinglich wirkender Institute eine Sicherungsfunktion konstruiert. Etwa bei der Vormerkung und dem „Sale-and-lease-back“-Verfahren kann darüber nachgedacht werden, dass sie durchaus als pfandrechtsgleiche Sicherheiten im Sinne des Verfallverbots behandelt werden könnten.

3. Lösungsvorschlag für ein normatives Element Für eine methodisch nicht zu beanstandende Lösung der „Prinzipienfrage“ bedarf es einer klaren Herleitung aus den bestehenden Normen der §§ 1149, 1229 BGB. Der Weg der Literatur zur Anwendung eines „allgemeinen Rechtsprinzips“ des Verfallverbots geht über eine vergleichbare Interessenlage und das Bestehen einer entsprechenden abstrakten Gefahr.921 Die Kriterien für eine normative Geltung liegen nur dann vor, wenn durch die verabredete inhaltliche Ausgestaltung einer dinglich wirkenden Sicherheit die gleiche abstrakte Gefahr entsteht, die im Rahmen der gesetzlich geregelten Sicherheiten bei einem Abweichen von dem gesetzlichen Verwertungsverfahren bestehen würde. Es ergibt sich folgende Übersicht: 1. Das Bestehen eines zu sichernden Anspruchs (Forderung). 2. Die dingliche Sicherung des Anspruchs durch ein pfandrechtgleiches Recht, dem ein Sicherungszweck für die Forderung innewohnt. 3. Die Abrede der inhaltlichen Änderung der dinglichen Sicherheit, bedingt auf die Nichtleistung. Der verpfändete Gegenstand soll zum Zweck der Befriedigung entweder 920 Der BGH lehnte eine direkte Anwendung in BGHZ 130, 101 zutreffend ab. Die geäußerte Kritik an einer Analogie bezog sich nicht auf ein Missverständnis des Tatbestands, sondern auf die Verkennung des Normzwecks. Richtigerweise dürfte bei rein schuldrechtlichen Verfallklauseln ein Schutz nach § 138 BGB durch eine eigene Fallgruppe die richtige Antwort darstellen, siehe oben: Abschnitt G., unter: 1. e) und g). 921 Siehe etwa: Raape: Die Verfallklausel, S. 61 f.; Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351, 380.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

a) beim Gläubiger verbleiben (1. Variante) oder b) in Umgehung der gesetzlichen Verwertungsvorschriften auf andere Weise verwertet werden (2. Variante). 4. Diese Abrede muss über die Bedingung der Nichtbefriedigung in einem inneren Zusammenhang mit der dinglichen Sicherheit stehen. Sie muss, wie von den Parteien beabsichtigt, einen aus der Sicherheit stammenden Befriedigungszweck verfolgen. 5. Besteht kein entsprechender Anknüpfungspunkt über ein gesetzliches Verwertungsverfahren, muss im Einzelfall überlegt werden, wie weit der Schuldner über die Mechanismen der in Rede stehenden Institute geschützt ist. Entspricht es dem Schutzniveau, das dem Schuldner im Rahmen der §§ 1149, 1229 BGB zukommt? Wenn dies nicht der Fall ist, sind die sonstigen Kriterien erfüllt, um eine Anwendung aus dem Normzweck zu ermöglichen? Nun die konkrete Anwendung auf die diskutierten Fälle.

4. Anwendung auf die Sicherungsübereignung? Um das Verfallverbot auf die Sicherungsübereignung anzuwenden, stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis die beiden Institute stehen. Wie ist die Sicherungsübereignung dogmatisch zu begründen? Ist sie eventuell wegen des Numerus-clausus-Grundsatzes des Sachenrechts oder gar wegen des § 1229 BGB selbst ausgeschlossen? a) „Gibt es die Sicherungsübereignung?“ Dogmatisch wird die Sicherungsübereignung als Sicherungsmittel verstanden, bei dem das Eigentum an einer Sache vom Sicherungsgeber auf den Sicherungsnehmer übertragen wird, um einen Anspruch zu sichern. In der Rechtspraxis ist die Sicherungsübereignung insbesondere deswegen beliebt, da sie im Gegensatz zum Pfandrecht keine konstitutive Übergabe der Sache benötigt, vergleiche demgegenüber § 1205 BGB. Das Eigentum wird ohne Übertragung des unmittelbaren Besitzes übereignet, indem mittels der Sicherungsabrede als Besitzmittlungsverhältnis (§ 868 BGB) ein Besitzkonstitut geschaffen wird, das nach §§ 929 S. 1, 930 BGB zur Eigentumsübertragung ausreicht. Nach der dogmatischen Konstruktion des bürgerlichen Rechts handelt es sich um eine Eigentumsposition, die, sobald der gesicherte Anspruch erfüllt wurde, aufgrund der Sicherungsabrede zurückzuübereignen ist.922 Selbstverständlich kann eine solche Sicherungsübereignung auch bedingt vorgenommen werden. Zum einen kann nach § 158 Abs. 1 BGB die dingliche 922 Im Gesamten: Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 826 – 832; Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 57, Rn. 8 f.

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Einigung aufschiebend bedingt werden, sodass sie vom Entstehen der gesicherten Forderung abhängig gemacht wird, um dadurch eine der Akzessorietät ähnliche Bindung zwischen der Sicherungsübereignung und der gesicherten Forderung herzustellen. Zum anderen kann die dingliche Einigung nach § 158 Abs. 2 BGB auflösend bedingt werden, sodass nach dem Erlöschen der Forderung – zumeist aufgrund Erfüllung – das Eigentum am Sicherungsgut automatisch an den Sicherungsgeber zurückfällt.923 Grundsätzlich ist aber nach Meinung des BGH von einer unbedingten Sicherungsübereignung auszugehen,924 bei der bei Erfüllung der gesicherten Forderung ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückübertragung aus der Sicherungsabrede besteht.925 In der frühen Literatur wurde die Existenz der Sicherungsübereignung häufig in Frage gestellt, da es sich um eine Umgehung des Faustpfandprinzips des Pfandrechts handeln sollte.926 Nach der Ausgestaltung des Sachenrechts des BGB, dessen Institute auf die im Gesetz genannten beschränkt sind (numerus clausus), sei eine besitzlose Bestellung des Pfandrechts ohne Publikationsakt ausgeschlossen.927 Der Diskurs ging bis auf das römische Recht zurück, wo die Sicherungsübereignung als Treuhand mit der fiducia cum creditore einen eigenen Ursprung beanspruchen sollte. Die moderne Sicherungsübereignung muss hingegen als ein Konstrukt des 19. Jahrhunderts gelten.928 Mit dem Verweis auf die oben beschriebene Ausgestaltung gilt die Sicherungsübereignung heute als anerkannt, da sie im Gesetz mit dem §§ 929, 930 BGB eine dogmatische Grundlage erhielt.929 Ebenso häufig wurde unterstützend auf § 1229 BGB verwiesen, der eine Eigentumsübertragung im Rahmen des Pfandrechts ausschließen sollte. Auch dieses Argument geht fehl, da die Eigentumsübertragung als dinglicher Verfall nur für den Zweck der Befriedigung ausgeschlossen ist. Nach der Vorstellung der Parteien erfolgt die Übereignung aber 923 Z. B. Urteil des OLG Saarbrücken v. 12. 03. 2014 – Az: 2 U 153/13, juris-Rn. 22, ZInsO 2014, 1393 – 1396. 924 Urteil des BGH v. 30. 10. 1990 Az: IX ZR 9/90 – NJW 1991, S. 353; ebenso: OLGR Saarbrücken 2006, S. 997 – 999. In der Literatur: Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 925 – 984; Anh. zu §§ 929 ff.), Anh. zu §§ 929 – 931, Rn. 196 ff.; Beckmann, juris PK-BGB, Bd. 3, § 930, Rn. 38. 925 Beckmann, juris PK-BGB, Bd. 3, § 930, Rn. 36 – 38. 926 Ein Einwand, mit dem schon viele Partikularrechte eine entsprechende Ablehnung des Besitzkonstituts (meist „constitutum possessorium“) abgelehnt hatten. So findet sich sowohl in der Begründung zum TE als auch in den Motiven von Achilles jeweils eine weitreichende Aufzählung, siehe: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 1, S. 758; Motive, Bd. 3, S. 335, unter Nr. 5, in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 186. 927 Dazu ausführlich Raape: Die Verfallklausel, S. 53 – 56, m.w.V.; ebenso: Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 826. 928 Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 820 – 825, siehe dort die dogmatische Ausführung m. w. N. 929 Beckmann, juris PK-BGB, Bd. 3, § 930, Rn. 1; Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 925 – 984; Anh. zu §§ 929 ff.), § 930, Rn. 2.

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gerade zum Zweck der Sicherung eines Anspruchs, sodass ein Verstoß gegen § 1229 BGB nicht in Betracht kommt.930 Mit Blick auf die Gesetzesmaterialien bestätigt sich dieses Ergebnis. In den Materialien zeigt sich eine wechselhafte Entwicklung. Die von Johow verantwortete Begründung zum TE akzeptierte das Besitzkonstitut grundsätzlich, äußert aber Bedenken bezüglich einer drohenden Umgehung des Faustpfandprinzips, bei der ein bestelltes Besitzkonstitut zur Sicherung einer Forderung einer Mobiliarhypothek nahekomme.931 Auch die 1. Kommission ließ offen, ob das Besitzkonstitut einer Einschränkung bedürfe.932 Erst die 2. Kommission bezog Stellung, nachdem im Diskurs der Debatte Achilles den Antrag stellte, einen § 874 a einzufügen: „Befindet sich der Veräußerer im Besitze der Sache, so kann die Uebergabe dadurch ersetzt werden, daß der Erwerber ihm den Besitz als Nießbraucher, als Miether oder Pächter oder als Verwahrer beläßt. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die Umstände ergeben, daß durch die Veräußerung dem Erwerber Sicherheit wegen einer Forderung verschafft werden soll.“933

Nach diesem Antrag hätte das BGB das Besitzkonstitut ausdrücklich erlaubt, sofern es nicht als Sicherungsmittel genutzt würde. Dem Antrag lag folgende Argumentation zu Grunde: „Die Uebereignung von beweglichen Sachen durch const. poss. werde sehr häufig dazu gemißbraucht, in Fällen, in denen ein Schuldner seinem Gläubiger dingliche Sicherheit wegen dessen Forderung verschaffen, den Besitz der Sachen aber behalten wolle, die gesetzliche Vorschrift zu umgehen, nach welcher zur Begründung des Pfandrechtes an beweglichen Sachen die Uebergabe derselben an den Gläubiger erforderlich sei (§ 1147 Abs. 3 Satz 2). Aus denselben Gründen, aus denen eine Hypothek an beweglichen Sachen nicht zugelassen werden dürfe, müsse der Gesetzgeber auch der Uebereignung zur Sicherung einer Forderung im Wege des Konstitutes entgegentreten.“934

930

So schon: Raape: Die Verfallklausel, S. 60. Johow verweist dabei ausdrücklich auf das Oldenburger Pfandgesetz v. 03. April 1876, bei dem die Mobiliarhypothek durch eine Form der Eigentumsübertragung nach dem Vorbild des Besitzkonstituts umgesetzt wurde. Ob ein Verbot notwendig ist, das das Besitzkonstitut zur Sicherung einer Forderung ausschließt, wird offen gelassen. Siehe: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 1, S. 756 – 758. 932 Die Frage sei eine zu allgemeine, um sie im Rahmen der Diskussion um das Besitzkonstitut abschließend zu beantworten. Siehe: Prot. I, S. 4033, in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht I §§ 854 – 1017, S. 588. Ebenso: Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 826, mit Verweis auf die Motive von Achilles, S. 335, in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 186. 933 Antrag Nr. 54, 68, siehe in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht I §§ 854 – 1017, S. 594. 934 Prot. II, S. 3687 f., in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 626. 931

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Während der erste Absatz des Antrags Aufnahme fand, wurde der zweite Absatz des Antrags durch die 2. Kommission bewusst abgelehnt.935 Das Besitzkonstitut wurde ohne die Einschränkung übernommen, was einer Aufnahme der Sicherungsübereignung in das BGB entsprach. Gegen das von Achilles angeführte Argument wurde angebracht: „Es handle sich bei den hier fraglichen Uebereignungen keineswegs überwiegend um illegitime Geschäfte. Vielmehr diene diese Rechtsform sehr häufig zur Befriedigung des Kreditbedürfnisses der kleinen Leute, welche dem Gläubiger allein mit ihrer beweglichen Habe Sicherheit zu gewähren im Stande seien, aber den fortdauernden Besitz und Gebrauch derselben nicht entbehren und deshalb dem Gläubiger ihre Sachen nicht als Faustpfand übergeben könnten.“936

Nachdem auch die weiteren Argumente des Antrags verneint wurden,937 stehen sich nach dieser Aussage die beiden Sicherungsrechte des Pfandrechts und der Sicherungsübereignung gleichwertig gegenüber.938 In der heutigen Literatur wird ebenso wie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Sicherungsübereignung umfassend akzeptiert.939 Sie findet in der Rechtswissenschaft umfassende Anerkennung, was nicht zuletzt auch mit der ausdrücklichen Regelung der Insolvenzordnung einhergeht. Dort wird die Sicherungsübereignung im Rahmen des § 51 Nr. 1 InsO ausdrücklich erwähnt und den Regelungen des Pfandrechts (§ 50 Abs. 1 InsO) als absonderungsfähiges Recht gleichgestellt. b) Gilt § 1229 BGB für das Innenverhältnis der Sicherungsübereignung? Spannend ist die Frage, ob der § 1229 BGB im Innenverhältnis von Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer Geltung beanspruchen kann. Wie oben angedeutet, stellt sich die Frage erst im vollen Umfang, wenn die Rechtsnatur der Si935

Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht I §§ 854 – 1017, S. 595. Prot. II, S. 3690, in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 627. 937 Insbesondere bestünde bei der Sicherungsübereignung durch Besitzkonstitut nicht das Problem, dass mehrere Gläubiger durch den fehlenden Publikationsakt wegen konkurrierender Rechte in Konflikt gerieten. Dies habe auch das Reichsgericht konstant betont (RG 26, 180). Siehe: Prot. II, S. 3689 f., in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 626 f. Ebenso mit weiteren Ausführungen: Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351, 359. 938 So auch: Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351, 359; Schubert: Die Entstehung der Vorschriften des BGB über Besitz und Eigentumsübertragung, S. 163, Anm. 840. 939 Beckmann, juris PK-BGB, Bd. 3, § 930, Rn. 1, 28 ff.; Bassenge, in: Palandt, BGBKommentar, § 930, Rn. 1, 13 ff.; Jauernig, in: Jauernig, BGB-Kommentar, § 930, Rn. 1 ff.; Wiegand, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 925 – 984; Anh. zu §§ 929 ff.), § 930, Rn. 1, 51 ff.; Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1204 ff., Rn. 15 ff.; Oechsler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), Anh. §§ 929 – 936, Rn. 1 ff. 936

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cherungsübereignung betrachtet wird. Nach der rechtlichen Konstruktion des BGB handelt es sich bei dem Sicherungseigentum um Eigentum des Sicherungsnehmers. In der Rechtspraxis ergeben sich hingegen Unsicherheiten. Besonders deutlich wird dies, wenn der Sicherungsnehmer in Insolvenz gerät. Nach Auffassung der Rechtsprechung und der Literatur steht dem Sicherungsgeber für diesen Fall ein Aussonderungsrecht nach § 47 S. 1 InsO zu. Ähnliches gilt für die Zwangsvollstreckung nach § 771 Abs. 1 ZPO, wonach der Sicherungsgeber Drittwiderspruchsklage wegen eines „die Veräußerung hindernden Rechts“ erheben kann.940 Wie kann dies möglich sein, obwohl der Sicherungsgeber doch sein Eigentum an der Sache – als die umfassendste dingliche Zuordnung – auf den Sicherungsnehmer übertragen hat? Welche dingliche Rechtsposition verbleibt beim Sicherungsgeber? Umgekehrt kann der Sicherungsnehmer – im Fall der Insolvenz des Sicherungsgebers – nicht aus § 47 InsO vorgehen. Ihm steht lediglich ein Absonderungsrecht aus § 51 Nr. 1 InsO zu, der das Sicherungseigentum durch Verweis auf § 50 Abs. 1 InsO einem Pfandrecht gleichstellt. Wurde ihm nicht die volle dingliche Position des Eigentums zugeordnet? In der Einzelzwangsvollstreckung gegen den Sicherungsgeber wird ihm inkonsequenterweise durch die herrschende Meinung doch die Drittwiderspruchsklage (§ 771 Abs. 1 ZPO) gewährt.941 Diese Diskrepanz erklärt sich erst, wenn man die Sicherungsübereignung nach ihrer Funktion beurteilt. Sie ersetzt die Mobiliarhypothek, die nach § 1205 BGB im BGB nicht als Pfandrecht konstruiert werden kann. Sie fand aus dem Bedürfnis des Rechtsverkehrs über die Hilfskonstruktion des Sicherungseigentums Aufnahme in die Rechtsordnung. Wie die Gesetzesmaterialien andeuten, sollte die Sicherungsübereignung als Mobiliarhypothek die Möglichkeit der „kleinen Leute“ erhalten, Sicherheiten zu bestellen, ohne auf den für ihren Erwerb notwendigen Besitz zu verzichten. Der Sicherungsübereignung kommt daher eine Zwitterstellung zu, sie wird nach Eigentumsregeln bestellt, verfolgt ihrem Zweck nach aber ein Pfandrecht ohne unmittelbaren Besitz des Sicherungsnehmers.942

940

Im Gesamten: Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 833 – 837. Die herrschende Meinung wendet § 771 ZPO an. Dogmatisch näher läge eine dem Pfandrecht entsprechende Anknüpfung, sodass mit § 805 Abs. 1 ZPO dem Sicherungsnehmer nur eine vorzugsweise Befriedigung an dem durch die Zwangsvollstreckung hervorgegangenen Erlös zukäme. Die in der Rechtspraxis angewendete Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage erweitert die Stellung des Sicherungsnehmers und hat durch seine Eigentumsstellung eine gewisse Berechtigung. Insgesamt erzeugt diese Anwendung hingegen einen logischen Widerspruch zwischen der Behandlung des Sicherungsguts in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz. Dies geht auf das Reichsgericht zurück: RG 91, 15, 280; 118, 209 und wird in st. Rspr. des BGH bestätigt: BGHZ 11, 37; 12, 234. Ausführlich: Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, S. 833 f. mit Fn. 53; kurze Darstellung in: Wilhelm: Sachenrecht, Rn. 2435, m. w. N. 942 Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 828. Dabei bleibt umstritten, ob der Sicherungsnehmer im Außenverhältnis in seiner Verfügungsbefugnis beschränkt ist oder nicht. Wieling möchte die Beschränkung annehmen, da sich das Sicherungseigentum eben nicht wie normales Eigentum verhalte: Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 838. Er verweist auch auf die a. A. ebd. Fn. 81: Wolff/Raiser: Sachenrecht, § 179 III 2 c; Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 57, Rn. 42. 941

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Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Anwendung des § 1229 BGB. Dass die Sicherungsübereignung keine einheitliche Rechtsnatur hat, wird aus den oben gestellten Fragen deutlich. Wieling verlangt daher auch eine entsprechende eklektische Zusammenstellung der anwendbaren Regelung. In diesem Sinne seien die Normen anzuwenden, die der entsprechenden Rechtsnatur am nächsten sind. Für die Bestellung finden sich die Antworten im Rahmen der Regelung des Eigentums. Bei Fragen des Innenverhältnisses von Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber sollte auf ausgewählte Normen des Pfandrechts zurückgegriffen werden, sofern sie nicht die Akzessorietät von Pfandrecht und Forderung oder den Besitz des Pfandgläubigers voraussetzen.943 Dieser Interpretation tritt insbesondere Oechsler944 entgegen, der eine freie Interpretation des Sicherungseigentums ohne Bezug auf das Pfandrecht bevorzugt. Diese Interpretation findet auch in der Rechtsprechung Anklang und sucht Lösungen primär über das Institut der Treuhand. Die Sicherungsübereignung wird vollständig vom Pfandrecht entkoppelt und nach den Rechten und Pflichten des Treuhandeigentums organisiert. Die gegenseitigen Verpflichtungen bestimmen sich primär aus der Sicherungsabrede und sekundär nach den Grundsätzen der Treuhand. Hilfsweise wird auf die Rechtsprechung zu anderen Treuhandverhältnissen zurückgegriffen wie etwa dem Leasing,945 um entsprechende Wertungen der Rechtsprechung auf das Innenverhältnis der Sicherungsübereignung zu übertragen.946 Der treuhänderischen Bindung kommt auch bei der Verwertung besondere Bedeutung zu, da sie eine Pflicht zur optimalen Verwertung begründet. Die Form der Verwertung ergibt sich demnach aus dem konkret Vereinbarten der Sicherungsabrede. Sofern keine Verwertungsform bestimmt wurde, besteht die Möglichkeit des freien Verkaufs. Nur hilfsweise kann auf die Regelungen des Pfandverkaufs §§ 1233 ff. BGB zurückgegriffen werden.947 Soll der Sicherungsnehmer die Sache für einen bestimmten Preis übernehmen, ist dies nach dieser Vorstellung ebenfalls möglich, sodass § 1229 BGB keine entsprechende Anwendung finden soll. Grenze ist letztlich nur der „Schutz vor Verschleuderung der Sicherheit im Verwertungsfall“. Es kommt nach Oechsler nicht auf die Verkaufsbemühungen an, sondern es gilt die Notwendigkeit, einen „realistischen Anrechnungsbetrag“ zu verabreden.948 In diesem Sinne stellt, neben den §§ 134, 826 BGB, die Sittenwidrigkeitsgrenze der ausfüllungsbedürftigen Generalklausel des § 138 BGB die inhaltliche Schranke der Sicherungsübereignung

943

Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, S. 838 f. Oechsler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), Anh. §§ 929 – 936, Rn. 49 – 51. 945 Oechsler verweist dabei auf BGH NJW 2000, 352 f., das wesentliche Punkte zusammenfasst: Oechsler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), Anh. §§ 929 – 936, Rn. 51. 946 Insbesondere: Oechsler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), Anh. §§ 929 – 936, Rn. 51 f. 947 Oechsler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), Anh. §§ 929 – 936, Rn. 51. 948 Zitate nach: Oechsler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), Anh. §§ 929 – 936, Rn. 51. 944

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dar.949 Sollten Bemessungsgrundlagen und Wertfestsetzungen durch AGB bestimmt sein, unterliegen sie ferner der Kontrolle nach den Maßstäben der §§ 307 ff. BGB. Verstoßen die Abreden gegen die treuhänderische Bindung, sollen sie nichtig sein.950 Im Gegensatz zur treuhändischen Lösung kommt der Anwendung der pfandrechtlichen Normen der Vorteil zu, auf ein konkretes gesetzlich legitimiertes Regelungskonzepts zurückgreifen zu können. Den pfandrechtlichen Regeln steht methodisch die teleologische Reduktion einzelner Normen zur Seite. Für die oben angesprochene Nichtberücksichtigung pfandrechtlicher Normen, die den Besitz des Pfandgläubigers und die Akzessorietät zwischen Forderung und Sicherheit voraussetzen, könnte die gesetzliche Verweisung des § 1192 Abs. 1 BGB im Recht der Grundschuld eine Hilfestellung sein. Auch dort finden Normen der Hypothek grundsätzliche Anwendung, sofern sie die abstrakte Rechtsnatur der Grundschuld nicht beeinträchtigen. Nach dem im Abschnitt B. erörterten Methodenansatz ist dieser Ansatz einer legitimen Rechtsanwendung deutlich näher als eine freie Rechtschöpfung. Die „Neukonzeption“ der Sicherungsübereignung auf Grundlage von Einzelentscheidungen der Rechtsprechung und des gesetzlich nicht gefassten Instituts der Treuhand droht eine unklare Rechtslage zu schaffen. Gerade die weite Interpretation stellt zwar den Parteiwillen in den Vordergrund, jedoch zeigen die Ausführungen der dogmatischen Analyse, dass § 138 BGB und der Parteiwille nicht zwingend zu sachgerechten Ergebnissen führen. Vor allem die Einordnung des Gesetzgebers, die Sicherungsübereignung als Institut der „kleinen Leute“ zu gestalten, spricht für das Aufgreifen der im Pfandrecht konzipierten Schutzgrenzen.951 Diese Grenzen werden wesentlich von § 1229 BGB bestimmt, einer Einschränkung der beiderseitigen Privatautonomie im Interesse des Schuldners.952 Was bedeutet dieses Ergebnis für die Anwendung des § 1229 BGB? Wendet man die Pfandrechtsregeln und damit auch die Verwertungsregeln an, hat der § 1229 BGB seinen ihm innewohnenden Bezugspunkt, die inhaltliche Änderung des pfandrechtsgleichen Rechts der Sicherungsübereignung vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit. Aus der Idee der Normen §§ 1229, 1245, 1246 BGB lässt sich ein für die Sicherungsübereignung geeignetes Vorgehen herleiten. Die öffentliche Versteigerung 949

Die Rechtsprechung hat eigene Fallgruppen entwickelt: die Knebelung (BGH NJW-RR 1988, S. 1012 f.), die Gläubigergefährdung (BGH NJW 1996 m, S. 847, die Globalabtretung betreffend) und die Übersicherung (BGH NJW 2003, S. 1490 – 1493, 1492), im Gesamten: Beckmann, juris PK-BGB, Bd. 3, § 930, Rn. 53 – 67. 950 Oechsler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), Anh. §§ 929 – 936, Rn. 51. Trinkner: Verwertung sicherungsübereigneter Arbeitnehmergegenstände durch den Arbeitgeber (Anmerkung zu: AG Celle vom 16. 11. 1965 2 ca 605/65), in: BB 1966, S. 579 – 580. Als Beispiel dient die Festsetzung des Händlereinkaufspreises ohne Umsatzsteuer durch AGB: KG OLGR 2002, S. 115. 951 Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 383, Fn. 80: OLG (Dresden) 35, (1917), S. 327; Enneccerus/Lehmann: Recht der Schuldverhältnisse, § 79 IV 1; Boeck, LZ 1922, S. 243; Strecker, in: Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3,1, § 930, N. 5 a 2, S. 457 f.; Thur: Der allgemeine Teil des deutschen bürgerlichen Rechts. Bd. 2, S. 193. 952 Siehe oben die Ausführungen zur Grundschuld, in: Abschnitt G.

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entspricht dem Grundsatz, ein dinglicher oder schuldrechtlicher Verfall ist vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit ausgeschlossen. Die §§ 1245, 1246 BGB ermöglichen nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit eine interessengerechte inhaltliche Änderung der gesetzlichen Verwertung. So kann entweder eine andere Verwertungsart durch neuen Willensakt verabredet werden oder beide Seiten haben die Möglichkeit, die Verwertung durch gerichtliche Entscheidung abzuändern, sofern eine andere Verwertungsform einen Mehrerlös verspricht und die Interessen aller Beteiligten gewahrt werden. Entscheidend ist, dass derjenige, der von der gesetzlichen Verwertungsart abweichen möchte, die Beweislast trägt.953 Zwar ist aufgrund der Eigentumsstellung des Sicherungsnehmers die Norm des § 1247 BGB nicht anwendbar, sodass sich ein entsprechender Anspruch aus der Sicherungsabrede ergeben muss, dennoch kann der Rechtsgedanke der Anrechnung insoweit berücksichtigt werden, eine Abrede des „rechnungsfreien Verfalls“ auszuschließen.954 c) Die Anwendung der normativen Kriterien eines Rechtsprinzips des Verfallverbots Ordnet man die Sicherungsübereignung als Mobiliarhypothek ein, ergeben sich für die Anwendung des Verfallverbots die folgenden Voraussetzungen: Bei der Sicherungsübereignung als pfandrechtgleichem Recht muss ein Anspruch gesichert werden. Der Sicherungsabrede muss vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit der gesicherten Forderung die Abrede beigefügt werden, dass im Falle der Nichtbefriedigung der übereignete Gegenstand zur Verwertung entweder im Eigentum des Sicherungsnehmers verbleibt oder dieser nicht nach den entsprechend anzuwendenden pfandrechtlichen Normen öffentlich versteigert werden soll. Sofern der Sicherungszweck der Sicherungsübereignung durch den Eintritt der Bedingung das Innenverhältnis der Sicherungsübereignung zum Zwecke der Befriedigung derart inhaltlich abwandelt, ist das Verbot des § 1229 BGB entsprechend anzuwenden. Ganz im Sinne der gesetzlichen Vermutung besteht bei Vorliegen der Kriterien die abstrakte Gefahr. Treffend kann zum Bestehen einer abstrakten Gefahr auf die Ausführungen von Gaul verwiesen werden: „Tatsächlich ist aber die Gefahr für den Schuldner hier [bei der Sicherungsübereignung] genau so groß wie dort [beim Pfandrecht]. Wenn auch der Schuldner das Eigentum sogleich auf den Gläubiger überträgt, das Bewußtsein, sich damit bereits endgültig seines Eigentums zu entäußern, hat er in diesem Augenblick noch nicht. … Im Gegensatz zur Pfandbestellung behält er das Sicherungsgut weiter in Besitz und Gebrauch, so daß man sogar sagen kann, daß er bei der rein ,vergeistigten‘ Sicherungsübereignung noch weniger an den endgültigen 953 Schon Raape beschrieb den Pfandverkauf als magna charta des Pfandrechts, bei dem der Besteller, sofern er nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit eine unabhängige Entscheidung treffen kann, der beste Richter in eigenen Angelegenheiten ist. Raape: Die Verfallklausel, S. 29, 31 f. 954 So etwa Wielings Gesamtverweis auf die §§ 1233 ff. BGB, siehe: Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, S. 838.

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Verlust denkt als bei der ,körperlichen‘ Besitzentäußerung zum Pfande. Im Moment der Sicherungsübereignung glaubt der Schuldner ebenso wie bei der Pfandbestellung, rechtzeitig zur Zurückzahlung des Darlehens in der Lage zu sein, und findet sich in dieser Zuversicht und, weil der Kredit nur so zu erlangen ist, allzu leicht bereit, den Gläubiger nicht nur durch eine die Forderung an Wert übersteigende Sache oder Sachgesamtheit zu sichern, sondern auf dessen Verlangen auch eine Verfallklausel einzuräumen. Weil die gefahrdrohende Versuchung hier also zumindest genauso groß ist wie bei den gesetzlich geregelten Sicherungsrechten, muß das Verbot der Verfallklausel auch für die Sicherungsübereignung gelten. Die vorherige Vereinbarung einer Verfallklausel ist folglich auch hier nichtig. Das berührt allerdings die Wirksamkeit der Sicherungsübereignung im übrigen nicht. Wie beim Pfandvertrag wird die Verfallklausel einfach ,gestrichen‘ und der Sicherungsnehmer ist von Rechts wegen verpflichtet, das Sicherungsgut zu verwerten und den Mehrerlös dem Schuldner auszuzahlen.“955

§ 1229 BGB wirkt mithin nicht als Verbot der Sicherungsübereignung, sondern gibt nur bei der Verwertung vor, dass vor Fälligkeit keine inhaltliche Änderung zum Zwecke der Befriedigung vorgenommen werden kann. In der Rechtsfolge gilt bei der Sicherungsübereignung das Gleiche wie beim Pfandrecht: Die Abrede des „Verfalls“ ist nichtig, die Sicherungsübereignung als solche bleibt hingegen bestehen.956 d) Ergebnis für die Sicherungsübereignung Letztlich geht die schwierige Frage, ob der Sicherungsübereignung das Verfallverbot innewohnt, auf die umstrittene Rechtsnatur der Sicherungsübereignung zurück. Erst wenn diese eindeutig geklärt ist, lässt sich die Wirkungsweise des Verfallverbots abschließend feststellen. Bewertet man die Sicherungsübereignung als Treuhandbeziehung, ergeben sich bestimmte Rechte und Pflichten, die sich entweder aus der Anwendung einzelner Regeln der ZPO oder durch die gesetzlich nicht bestimmten Grundsätze „der Treuhand“ definieren lassen. In der Konsequenz ergeben sich für die für das Verfallverbot wesentliche Frage der Verwertung zwei Gestaltungsmöglichkeiten: Entweder man arbeitet mit dem Grundsatz der Privatautonomie und überlässt den Parteien die Gestaltung umfassend oder man wendet einzelne Beschränkungen auf das gesetzlich nicht geregelte Sicherungsrecht an und andere nicht. Bei der umfassenden Freigabe der Verwertung stellt sich die Problematik der Verfallklausel nicht. Begrenzt man die Privatautonomie, arbeitet man immer mit Analogien, die eine rechtsgestaltende Wirkung haben. Dass Rechtsfortbildung möglich und notwendig ist, muss unbestritten bleiben, jedoch ergibt sich die Schwierigkeit, welche Rechte und Pflichten zu übernehmen sind und welche nicht. Die Idee der Treuhand hat dogmatisch einige Lücken geschlossen. Wenn aber spezielle Fragen, wie die nach der Anwendung eines Verfallverbots aufkommen, beginnt die Abwägung von neuem. Es müssen die Risiken und die Chancen ge955

Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351, 380. So auch: Raape: Die Verfallklausel, S. 60; Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351, 379 f.; Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 838 f. 956

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geneinander abgewogen werden, was nach Art. 19 Abs. 4 GG in einer Einzelfallrechtsprechung mündet, die keine oder nur eine späte Rechtssicherheit schafft. Ein wirklicher Schutz des Schuldners ist so nur schwer zu gewährleisten. Dies wird auch bei der dogmatischen Entwicklung der Sicherungsübereignung deutlich: Es wurde lange gerungen, bis einige Grundprinzipien herausgearbeitet wurden.957 In der Praxis wird die Verwertung durch Privatverkauf häufig in der Sicherungsabrede verankert. Ob dies eine Legitimation für die umfassende Anwendung dieser Verwertungsart darstellt, ist fraglich. Über die Konstruktion der Treuhand mit der Pflicht der bestmöglichen Vermögensverwertung werden die Interessen des Sicherungsnehmers über entsprechende Schadensersatzansprüche gewahrt. Am Ende erscheint die Position des Schuldners ähnlich, dennoch bleibt es seine Verantwortung, nachzuweisen, dass eine andere Verwertungsform mehr Geld eingebracht hätte. Letztlich wird dies nur selten gelingen, da ein konkreter Nachweis nur in Einzelfällen möglich sein wird. Aus Sicht des Schuldners ist der umgekehrte Weg vorzugswürdig, indem man grundsätzlich auf die gesetzliche Verwertung des Pfandrechts verweist, eben auch mit der Möglichkeit der §§ 1245, 1246 BGB, unter besonderen Voraussetzungen vom Verwertungsverfahren abzuweichen. Bindet man die Sicherungsübereignung an die Normen des Pfandrechts, wird eine entsprechende Anwendung des § 1229 BGB unabdingbar. Das gesamte Konstrukt der gesetzlichen Verwertung wird ebenso wie seine entsprechenden Sicherungen übernommen. Das entspricht der Wertung des Gesetzgebers, dass mit der Beschränkung der Privatautonomie bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit die Interessen des Schuldners bestmöglich gewahrt werden. Es geht dabei nicht zwingend um den größten Veräußerungserlös, vielmehr steht die Entscheidungsfreiheit im Vordergrund. Nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit steht den Parteien das Verfahren der §§ 1245, 1246 BGB zur Verfügung. Entweder einigt man sich auf eine andere Art der Verwertung oder sie kann durch gerichtlichen Entscheid abgeändert werden, sofern die Interessen von Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber gewahrt werden. So kann auch der Sicherungsnehmer eine andere Form der Verwertung durchsetzen, wenn etwa eine Veräußerung im Privatverkauf einen höheren Gewinn verspricht oder er schon einen Interessenten vorweisen kann. Eine entsprechende Anwendung schützt den Schuldner vorrangig durch das gesetzliche Verwertungsverfahren. Bei einer gerichtlichen Entscheidung zur Abwandlung des Verwertungsverfahrens werden seine Interessen ebenso berücksichtigt wie die des Sicherungsnehmers. Zuletzt hat er selbst die Möglichkeit, eine Änderung des Verwertungsverfahrens nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit durch einen neuen Willensakt zu bewirken. Wie beim Pfandrecht wirkt dieses Konzept im Interesse des Sicherungsgebers, um ihn nicht nur vor der Spekulation des Sicherungsnehmers, sondern auch vor seiner eigenen „trügerischen Hoffnung“ zu schützen. 957

Zur geschichtlichen Entwicklung in der älteren Literatur (50er bis 60er Jahre): Gaul: Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 1968 (168), S. 351, 357, insbesondere Fn. 21, m. V. a.: Larenz: Kennzeichen geglückter richterlicher Rechtsfortbildung, S. 6 f.; Wolff/ Raiser: Sachenrecht, § 179, S. 733 f. Zur neueren und älteren Literatur: Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 826 – 828.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

Letztlich gibt die hier vertretene Anwendung des § 1229 BGB auf die Sicherungsübereignung weniger eine Antwort auf die Frage nach einem allgemeinen Rechtsprinzip des Verfallverbots. Vielmehr steht die dogmatische Rechtsnatur der Sicherungsübereignung im Vordergrund. Mit einem Verweis auf die Gesetzesmaterialien zeigt sich, dass ein besitzloses Pfandrecht den Vorstellungen des BGB entsprach, da es insbesondere für die „kleinen Leute“ die einzige Möglichkeit der Sicherung darstellte. Zwar wird die Sicherungsübereignung heute vor allem im gewerblichen Bereich genutzt, dennoch erscheint es nicht plausibel, sie in ihrer inneren Ausgestaltung umfassend freizugeben. Dieser Gedanke zeigt sich im Pfandrecht etwa im § 1259 BGB, bei dem der Verfall trotz gewerblicher Nutzung nur unter engen Voraussetzungen erlaubt wird, um einen sachgerechten Schuldnerschutz zu ermöglichen. Gerade Personen, die wirtschaftlich schwächer einzuordnen sind, bedürfen eines institutionalisierten Schutzes durch die Rechtsordnung. Diesem Zweck dient der § 1229 BGB beim Pfandrecht, diesen Schutz sollte der § 1229 BGB auch bei der Sicherungsübereignung übernehmen. Der Blick auf die historische Konzeption, ergänzt um die dogmatischen Argumente, die Sicherungsübereignung als pfandrechtsgleiche Sicherheit den gesetzlichen Normen anzunähern, verlangt nach einer erweiterten Anwendung des Verfallverbots auf die Sicherungsübereignung. Dieses Ergebnis ist für die Frage nach einem allgemeinen Rechtsprinzip hilfreich, da sich auch im Rahmen der Sicherungsübereignung die Notwendigkeit eines Verfallverbots bestätigen lässt.

5. Anwendung auf die Sicherungszession? Wie bei der Sicherungsübereignung stellen sich ganz ähnliche Fragen auch im Rahmen der Sicherungsabtretung, die ihr in der Konstruktion nah verwandt ist. a) Überblick über die Sicherungsabtretung Die Sicherungsabtretung ist die Abtretung eines Rechts zur Sicherung einer Forderung des Erwerbs gegen den Sicherungsgeber oder einen Dritten.958 Die sicherungshalber abgetretenen Rechte sollen einer nichtakzessorischen fiduziarischen Sicherheit entsprechen.959 Die Sicherungszession stellt dabei eine abstrakte Verfügung dar, bei der die Sicherungsabrede den Rechtsgrund bildet. Grundsätzlich wird eine schuldrechtliche Beziehung zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer begründet, bei der meist die Person des Schuldners der zu sichernden Forderung und der Sicherungsgeber identisch sind, wie auch der Gläubiger der zu sichernden 958

Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 58, Rn. 1, m. w. N. Wesentlich für diese Definition: BGHZ 137, 212, 218 f. Daran im Anschluss die wohl h. M., etwa: Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1273 ff., Rn. 7. A. A: Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 840, der ein pfandrechtsähnliches Recht annimmt. 959

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Forderung meist als Sicherungsnehmer auftritt.960 Als Sicherungsmittel können alle abtretbaren gegenwärtigen, künftigen, bedingten, befristeten und ungewissen Forderungen genutzt werden.961 Eine Sicherungsabtretung erfolgt grundsätzlich formlos nach § 398 BGB und wird meist nicht angezeigt. In dieser Variante der stillen Sicherungszession liegt der überwiegende Grund für die häufige Verwendung der Sicherungsabtretung im Rechtsverkehr. Meist wird darauf verwiesen, dass – ähnlich wie bei der Sicherungsübereignung – keine dem Pfandrecht an Rechten ähnliche Publizität nach § 1280 BGB notwendig ist. Nach § 1280 BGB ist dem Schuldner der Forderung die Verpfändung anzuzeigen. Kann der Sicherungsgeber im Rahmen der Sicherungsabtretung darauf verzichten, wird seine im Geschäftsverkehr unabdingbare Bonität nicht gefährdet.962 Dem wird entgegengehalten, dass § 1280 BGB im Pfandrecht weniger eine Norm des Schuldnerschutzes oder eine Publizitätsanforderung darstellt, vielmehr soll er den Pfandgläubiger schützen. Durch die Anzeige kann der Schuldner der verpfändeten Forderung nach § 1281 S. 1 BGB nur noch gemeinschaftlich an den Gläubiger der Forderung und den Pfandgläubiger leisten. Dem Schuldner wird damit eine befreiende Leistung an den Gläubiger (Pfandbesteller) allein verwehrt, da sonst auch das Pfandrecht des Pfandgläubigers aufgrund der strengen Akzessorietät erledigt wäre (§ 1252 BGB).963 Letztlich wird die Nichtanwendung auf die nichtakzessorische Sicherungsabtretung beiden Argumenten gerecht. Zum einen muss der Zedent den Schuldner nicht benachrichtigen, ebenso wird ohne die Akzessorietät die Schutzfunktion des § 1280 BGB entbehrlich. Dennoch kann über die Aufnahme einer Bedingung in die Sicherungsabrede eine künstliche Akzessorietät hergestellt werden, die das Bestehen der gesicherten Forderung für die Sicherungsabtretung voraussetzt. Dabei kann aufschiebend bedingt das Bestehen der zu sichernden Forderung vorausgesetzt werden (§ 158 Abs. 1 BGB), wie auch der auflösend bedingte Rückfall des verpfändeten Anspruchs, nachdem die zu sichernde Forderung erfüllt wurde (§ 158 Abs. 2 BGB).964 Ob eine solche Abrede konkludent in die Sicherungsabrede aufgenommen ist, ist nach Ansicht der Rechtsprechung durch Auslegung zu ermitteln.965 Grundsätzlich spricht eine Vermutung eher gegen 960

Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1273 ff., Rn. 8. Damit auch der Anspruch auf Rückgewähr einer Grundschuld (BGH ZIP 1 1, 2364, Tz. 8) und alle sonstigen übertragbaren Rechte: wie Grundschulden (BGH NJW 1974, 185), Patente, Markenrechte oder Gesellschaftsanteile. Nicht abtretbar sind in diesem Sinne Urheberrechte, wohl aber deren urheberrechtliche Nutzungsrechte (etwa an einer Software): Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1273 ff., Rn. 10, m. w. N. 962 Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 839; Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 58, Rn. 1; Roth/Kieninger, Münchener Kommentar BGB (§§ 241 – 432), § 398, Rn. 103; Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1273 ff., Rn. 11, 9. 963 Hattenhauer, HKK, Bd. II.2, §§ 398 – 413, Rn. 45, insb. Fn. 298 m. w. N. 964 Allgemein wird dies unter dem Schlagwort des „entfallenden Sicherungszwecks“ behandelt, etwa: Roth/Kieninger, Münchener Kommentar BGB (§§ 241 – 432), § 398, Rn. 107; Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1273 ff., Rn. 12. 965 Etwa: BGH NJW 1986, S. 997. 961

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die Aufnahme,966 insbesondere dann, wenn eine Forderung einer Bank abgetreten oder über eine Mehrheit aus gesicherten Forderungen verfügt wurde.967 Für die Frage der Verwertung ist wieder ein Blick auf die Entwicklungsgeschichte und die Rechtsnatur zu werfen. b) Die geschichtliche Entwicklung der Sicherungsabtretung Der Sicherungsabtretung geht die komplexe Entwicklungsgeschichte der Abtretung voraus, aus der sie sich entwickelte. Dabei standen das römische Recht und das rezipierte gemeine Recht im Vordergrund, die eine Forderungsabtretung als Vollrechtsübertragung nicht zuließen. Vielmehr wurde hilfsweise eine Neubegründung des Forderungsrechts beim neuen Gläubiger erdacht (Novation durch Aktivdelegation) oder eine Geltendmachung für einen anderen angenommen (Prozessvertretung der procuratio in rem suam). Während die erste Variante der Beteiligung des Schuldners bedurfte, hatte die zweite Variante den Nachteil, dass die Forderung beim ursprünglichen Gläubiger verblieb.968 Erst unter Justinian war die Entwicklung einer Klage aus eigenem Recht mittels der actio utilis erkennbar,969 die jedoch nach der Wiederentdeckung des römischen Rechts in der Rechtspraxis der Legistik nicht angewendet wurde.970 Die deutsch-rechtliche Entwicklungslinie – sofern überhaupt von einer einheitlichen Entwicklung ausgegangen werden kann – erlaubte die Übertragung des Vollrechts, da Schuld und Haftung auseinanderfallen konnten. Dennoch war meist eine Beteiligung des Schuldners geboten. Erst später ist, wie etwa in dem Lübecker Niederstadtbuch, eine Übertragung von Forderungen ohne Beteiligung des Schuldners belegbar.971 Die breite Anerkennung einer Abtretung als Vollrechtsübertragung entstand aus dem praktischen Bedürfnis und begann beim juristischen Humanismus, wurde vom Usus modernus pandectarum aufgegriffen und fand volle Anerkennung in den vernunftrechtlichen Kodifikationen.972 Diesem Rechtszustand trat zu Anfang die 966 Gegen eine grundsätzliche Aufnahme einer konkludenten Bedingung: BGH NJW 2000, S. 957, 958. Entgegengesetzt hierzu: BGH NJW 1982, S. 275, 276. 967 Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1273 ff., Rn. 12, Verweis auf: BGH WM 69, S. 1497 f.; BGH NJW 1984, S. 1184, 1186. 968 Im Gesamten: Hattenhauer, HKK, Bd. II.2, §§ 398 – 413, Rn. 7 f., Begriffe in Rn. 8. Verweis auf: Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. I, S. 651 f., 538 ff., 653. 969 Kaser: Das römische Privatrecht, Bd. II, S. 452; Luig: Zur Geschichte der Zessionslehre, S. 6 ff.; Zimmermann: The law of obligations, S. 63; Hattenhauer, HKK, Bd. II.2, §§ 398 – 413, Rn. 9. 970 Hattenhauer, HKK, Bd. II.2, §§ 398 – 413, Rn. 11. 971 Ogris: Artikel: „Abtretung einer Forderung“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 1, Sp. 20, 21; Verweis in: Hattenhauer, HKK, Bd. II.2, §§ 398 – 413, Rn. 13. 972 Ausführlich: Hattenhauer, HKK, Bd. II.2, §§ 398 – 413, Rn. 14 – 19, m. w. N.

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historische Rechtsschule entgegen, die eine streng am römischen Recht orientierte Begriffsdefinition der Abtretung konzipierte. Dem Bild, dass die Übertragung der Forderung einer Zerstörung des Rechts entspreche, widersprach erst Windscheid entschieden. Ihm gelang der Nachweis, dass auch das römische Recht über die actio utilis bis Justinian eine Rechtsnachfolge durch Rechtsübergang entwickelt hatte.973 Von dort wurde aus praktischen Überlegungen der Weg der abstrakten Abtretung beschritten, der sich unter Anerkennung von Schuldnerschutzrechten als herrschende Auffassung durchsetzte und Aufnahme in das BGB fand. Das Institut der Sicherungsabtretung, anfangs als „Sekuritätszession“ bezeichnet, geht historisch auf eine Anerkennung der obergerichtlichen Rechtsprechung Ende des 19. Jahrhunderts zurück.974 Nach dem Inkrafttreten des BGB wurde mehrfach bestritten, dass die abstrakte Abtretung einem Sicherungszweck dienen kann. Diese Meinung kann hingegen mit einem Verweis auf die Materialien des BGB entkräftet werden. Bereits die von Achilles für das Sachenrecht erstellten Motive zum E I deuteten auf eine Anerkennung der Sicherungszession. Dort heißt es bei der Besprechung der „Bedingte(n) und betagte(n) Uebergabe“ im Rahmen der heutigen §§ 929 – 931 BGB: „Der Entw. geht davon aus, daß bedingten Eigentumstraditionen – von Cessionen gilt dasselbe – nicht etwa durch eine positive Bestimmung um deswillen entgegenzutreten sei, weil die Hinzufügung der Bedingung Sicherungszwecken dienen soll, das bedingte Geschäft mithin als Ersatz einer Verpfändung, deren strengere Erfordernisse erspart werden, gebraucht werden kann. Der Wille der Kontrahenten kann dahin gehen, daß derjenige, welchem Sicherheit verschafft werden soll, für den Fall, daß seine Befriedigung ausbleibt, Eigentümer werden oder bleiben, dabei aber vielleicht in Ansehung der Verwerthung der Sache und der Erstattung eines Ueberschusses in ähnlicher Weise, wie ein Pfandgläubiger, obligatorisch gebunden sein soll. Nur wird in dem einzelnen Falle zu untersuchen bleiben, ob dem Sicherheitsempfänger wirklich bedingtes Eigentum zugewendet werden sollte, oder ob nur eine pfandrechtliche Sicherheit bezweckt wurde und deshalb ein simulirtes Rechtsgeschäft vorliegt. In dem Zwecke der Sicherheitsleistung kann ein genügender Grund nicht gefunden werden, um die bedingte Eigentumstradition zu verbieten. Bei einer dem Verpfändungsvertrage kombinirten bedingten Eigentumstradition, welche die Lage des Eigenthümers des Pfandes zu erschweren droht, liegt die Sache anders (§ 1167; vgl. § 1077).“975

Abschließend bestätigt wird diese Bewertung in den Protokollen der 2. Kommission. Dort wurde ein Antrag, der bei der Sicherungsübereignung die Übertragung des Eigentums durch Besitzkonstitut ausschloss, sofern er zum Zwecke eines Sicherungsgeschäftes vorgenommen werden würde, abelehnt und die Wertung auch 973

Hattenhauer, HKK, Bd. II.2, §§ 398 – 413, Rn. 24, m. w. N. in Fn. 141. Nachweise zur Rspr. des Reichs-Oberhandelsgerichts und des Reichsgerichts in: Nörr/ Scheyhing/Pöggeler: Sukzessionen, S. 137, Fn. 1, 2. Ebenso: Hattenhauer, HKK, Bd. II.2, §§ 398 – 413, Rn. 45. 975 Achilles’ Zusammenstellung der Materialien: S. 337 f. in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 187. Hervorhebung durch den Verfasser. 974

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auf die Sicherungsabtretung übertragen.976 Dazu stellte die 2. Kommission lapidar fest: „Auch wäre die Annahme des Antrages kaum gerechtfertigt, wenn man nicht auch für die fiduziarische Abtretung einer Forderung eine entsprechende Bestimmung aufnähme.“977

Die Entscheidung, die Sicherungsübereignung zu dulden, entspricht damit der Entscheidung, die Sicherungsabtretung ebenfalls als Sicherungsmittel im BGB zuzulassen.978 Erkennbar wird dies auch an der bewussten Aufnahme der Sicherungsabtretung in § 223 Abs. 2 BGB (heute: § 216 Abs. 2 BGB), der eine Sicherungsübertragung von Rechten anerkennt.979 c) Die Diskussion um die Rechtsnatur Die Anerkennung der Sicherungsabtretung verrät hingegen wenig über die dogmatische Ausgestaltung. Meist wird aufgrund der historischen Kritik an dem Bestehen einer Sicherungsabtretung ein Bezug zum Pfandrecht an Rechten vermieden. Über das Institut der Treuhand wurde das Innenverhältnis der Sicherungsabrede durch Einzelrechtsprechung ausgestaltet.980 Die für diese Arbeit wesentlichen Rechtsfolgen betreffen die dogmatische Analyse der Rechtsnatur und die Verwertungsabsprachen. Nach der herrschenden Auffassung scheidet die abgetretene Forderung im Rechtssinne aus dem Vermögen des Sicherungsgebers aus, wirtschaftlich gehört sie aber weiterhin zu seiner Sphäre.981 Nach der Dogmatik der Sicherungsabtretung darf der Sicherungsgeber mit Einwilligung des Sicherungsnehmers die Forderung einziehen (§ 185 I BGB), bei der stillen Zession eben auch mit dem Recht, Leistung an sich zu fordern. Bei der offenen Zession hat er lediglich die Befugnis, Leistung an den Zessionar zu verlangen.982 Der Sicherungsnehmer darf mit einer Leistung des Schuldners der zur Sicherheit abgetretenen Forderung nur insoweit verfahren, wie es der Sicherungszweck erlaubt. Das heißt, erst wenn die Leistung auf die gesicherte Forderung ausbleibt, kann er auf diese Leistung zur Verwertung zugreifen.983

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Siehe das Zitat oben im Rahmen der Sicherungsübereignung, unter 2. Prot. II, S. 3690, in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 627. 978 So auch: Hattenhauer, HKK, Bd. II.2, §§ 398 – 413, Rn. 45. 979 So schon das RG: Urteil v. 10. 10. 1903 – I 184/03, JW 1904, S. 6. Verweis in: Hattenhauer, HKK, Bd. II.2, §§ 398 – 413, Rn. 45, Fn. 308. 980 So auch: Hattenhauer, HKK, Bd. II.2, §§ 398 – 413, Rn. 45. Für eine Angleichung: Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 806 ff. 981 Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1273 ff., Rn. 21. 982 BGHZ 140, S. 175, 181; BGH NJW 1999, S. 2110, 2111; 2002, S. 1568, 1569. 983 Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1273 ff., Rn. 21; Verweis auf: BGH NJW 2003, S. 1182, 1183. 977

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Die Verwertung der abgetretenen Forderung durch den Sicherungsnehmer erfolgt grundsätzlich – wie schon das Reichsgericht bestätigte – nach den Vorgaben der Sicherungsabrede.984 Wo die Grenzen des Innenverhältnisses der Sicherungsabtretung liegen, wird unterschiedlich beurteilt. Ähnlich wie bei der Sicherungsübereignung sind die unterschiedlichen Positionen in der jeweiligen Bewertung der Rechtsnatur des Instituts verankert. Zum einen wird auf die Regeln der Treuhand verwiesen. Die Sicherungsabtretung sei möglichst frei und ohne Rückgriff auf die Pfandrechtsnormen auszugestalten. Inhaltliche Grenzen im Innenverhältnis seien nur in Sonderfällen notwendig, wie etwa bei unangemessenen Lohn- und Gehaltszessionen. Begründet wird dies in der Literatur mit einem Verweis auf die dogmatische Nähe zur Sicherungsübereignung, die ebenfalls über die Treuhand konzipiert werde.985 In der Konsequenz sei auch bei einer möglichen Verfallklausel nicht der § 1229 BGB anwendbar, sondern es stehe eine Überprüfung des Schuldnerschutzes nach §§ 138 und 307 BGB im Raum.986 Allgemein seien die Treuhandregeln zu beachten.987 Über die Beachtung der Regeln der Treuhand ergibt sich ein einheitliches Bild mit der eben behandelten Sicherungsübereignung. Die andere Ansicht verweist ihrerseits auf die auch bei der Sicherungsabtretung zu beobachtende Zwitterstellung, die sich bei ihrer Behandlung im Rahmen der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz offenbart.988 Sofern in das Vermögen des Sicherungsnehmers vollstreckt wird, steht dem Sicherungsgeber für die zur Sicherheit abgetretene Forderung die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) zur Seite. Für den Fall der Insolvenz des Sicherungsnehmers kann der Sicherungsgeber sein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO geltend machen, wenn er die gesicherte Forderung getilgt hat oder deren Erfüllung anbietet. Im umgekehrten Fall kann sich der Sicherungsnehmer nach herrschender Auffassung ebenfalls auf die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO berufen989 und für den Fall der Insolvenz sein Absonderungsrecht nach §§ 50, 51 Nr. 1 Var 2 InsO geltend machen.990 Auch im In984 RGZ 143, 113, 116; so auch der BGH: BGH NJW 1980, S. 226; ebenso: Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1273 ff., Rn. 31. 985 Im Gesamten: Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1273 ff., Rn. 31, mit Verweis auf Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1204 ff., Rn. 65 ff. 986 Rechtsprechung: RGZ 83, 50, 53; BGH NJW 80, 226, 227; ebenso die Literatur: Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1204 ff., Rn. 66, m. w. N. 987 Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1204 ff., Rn. 67. 988 Roth/Kieninger, Münchener Kommentar BGB (§§ 241 – 432), § 398, Rn. 112 – 115, m. w. N.; Baur/Baur/Stürner: Sachenrecht, § 58, Rn. 2. 989 Es kann auf die Zusammenfassung in Fn. 941 verwiesen werden, da sich der Widerspruch der Anwendung von § 771 Abs. 1 ZPO auch bei der Sicherungsabtretung findet, statt dem Sicherungsnehmer nur eine vorzugsweise Befriedigung nach § 805 ZPO zuzugestehen. Kurze Darstellung: Wilhelm: Sachenrecht, Rn. 2435; zur Anwendung des § 805 ZPO auf Forderungen: Bülow: Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 717. 990 Nobbe, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, Vor §§ 1204 ff., Rn. 76 – 79.

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nenverhältnis zeigen sich Widersprüche: Zwar sei eine Vollrechtsübertragung gewünscht und dennoch kann der Zedent die Einziehung des Rechts für den Zessionar vornehmen.991 Ähnlich wie die Sicherungsübereignung soll die Sicherungsabtretung eine pfandrechtsähnliche Position gewähren, die in der Verwertung dem Pfandrecht an Rechten wohl grundsätzlich gleichzustellen ist. In der Folge wären auch die §§ 1275 ff. BGB und die §§ 1279 ff. BGB grundsätzlich anwendbar, soweit die Rechtsnatur als publizitäts- und akzessorietätsloses Institut beachtet wird. Es bietet sich an, die oben angedeutete Lösung für die Sicherungsübereignung auch im Rahmen der Sicherungsabtretung aufzugreifen. Grundsätzlich wären für die Verwertung die Normen des Pfandrechts an Rechten anwendbar, sofern sie keine Publizität und kein akzessorisches Bestehen der gesicherten Forderung voraussetzen. In der Konsequenz besteht über § 1281 BGB vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit nur die Möglichkeit, die Forderung gemeinsam einzuziehen. Jedoch wird dem Zedenten – auch nach heutiger Praxis – eine widerrufliche Einzugsermächtigung erteilt, §§ 185, 362 Abs. 2 BGB, die der Konstruktion des verlängerten Eigentumsvorbehalts ähnelt.992 Die Behandlung als pfandrechtsgleiches Recht im Rahmen der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz sollte als Wertung auch für das Innenverhältnis übernommen werden. Der § 1229 BGB wäre nach den Normen des Pfandrechts an Rechten auch für die Parteien einer Sicherungsabtretung anwendbar. Der Sicherungsgeber kann demnach vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit des gesicherten Anspruchs (§ 1228 Abs. 2 BGB) nicht vereinbaren, dass die zur Sicherheit abgetretene Forderung an Zahlungs statt auf den Sicherungsnehmer übertragen wird, wenn er nicht auf die gesicherte Forderung leistet. Er kann die Forderung zwar mittels Abtretung als Vollrecht zur Sicherheit übertragen, es ist ihm aber vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit der gesicherten Forderung versagt, abschließend zum Zweck der Befriedigung auf die Forderung zu verzichten. Der Sicherungsnehmer kann erst nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit – wie der gesetzliche Fall des § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB vorgibt – eine Abtretung der Forderung an Zahlungs statt verlangen und dies auch nur, „soweit“ er im Rahmen der gesicherten Forderung zur Einziehung berechtigt wäre. Ausdrücklich wird dies aus § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB deutlich, der eine Einziehung nur insoweit erlaubt, als es für die Befriedigung des Gläubigers – hier des Sicherungsnehmers – erforderlich ist. Erst nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit können die Parteien entsprechende Verfallabreden treffen. Inhaltlich würde sich nur der Zeitpunkt der durch die Rechtsprechung entwickelten Rechtsfolgen ändern, jedoch wäre eine dogmatische Herleitung über die

991 Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, S. 840, m. V. a. die Rechtsprechung: RG 155, S. 52; BGHZ 32, S. 71; BGH NJW 1981, S. 679; NJW 1986, S. 850. 992 Wieling: Sachenrecht, Bd. 1, § 18, S. 840, und § 17 VI. 1, S. 816.

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durch den Gesetzgeber legitimierten Pfandrechtsregeln möglich.993 Der Sicherungsnehmer kann nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit das gesetzliche Verwertungsverfahren in Anspruch nehmen, das eine Einziehung der Forderung vorsieht, oder aber die Abtretung an Zahlungs statt verlangen, soweit er zur Einziehung berechtigt ist. Wie durch das Verbot bezweckt, wird verhindert, dass eine deutlich höhere Forderung ohne eine Anrechnung des Mehrwerts an die Stelle der zu sichernden Forderung tritt. Diese Überlegungen sind bei der Sicherungsabtretung auch durch die Rechtsprechung mittels der §§ 138, 307 BGB aufgenommen worden. Auch bei der Sicherungsabtretung ist mit Blick auf den Schuldnerschutz aufgrund der umgekehrten Beweislast die Anwendung des § 1229 BGB der Lösung über die §§ 138, 307 BGB vorzuziehen.

d) Anwendung der normativen Kriterien eines Rechtsprinzips des Verfallverbots Das Verfallverbot wäre einschlägig, wenn das zur Sicherung einer Forderung bestellte pfandrechtsgleiche Recht der Sicherungsabtretung mit einer Abrede vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit derart abgewandelt würde, dass es vom Verwertungssystem der analog anzuwendenden Pfandrechtsvorschriften abweicht. Insbesondere ist die Abrede verboten, dass die Forderung an Zahlungs statt allein dem Sicherungsnehmer zusteht, sofern der gesicherte Anspruch nicht erfüllt wird. Der innere Zusammenhang wird durch die Verbindung der Sicherungsabtretung mit der Bedingung der Nichtleistung hergestellt, wodurch die Übertragung des Rechts zum Zweck der Sicherheit dauerhaft zum Zweck der Befriedigung umgewandelt wird. Diese inhaltliche Änderung kann erst nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit durch die Parteien verabredet werden. Der Sicherungsgeber wird über die entsprechende Anwendung des § 1229 BGB abstrakt davor geschützt, voreilig tätig zu werden und in trügerischer Hoffnung, die gesicherte Leistung erbringen zu können, bereits zu Beginn des Vertragskonstrukts abschließend auf ein Recht zu verzichten. Erst nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit besteht der auch gerichtlich durchsetzbare Anspruch des Sicherungsnehmers, sich die Forderung – „soweit“ es zur Befriedigung erforderlich ist – abtreten zu lassen. Aber erst nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit lässt sich genau bestimmen, inwieweit die Abtretung erforderlich ist. Zudem ist nach § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB ausdrücklich eine Leistung an Zahlungs statt vorgesehen, sodass der Sicherungsgeber mit der Abtretung der gesicherten Forderung frei würde. Das Risiko geht auf den Sicherungsnehmer über, die Forderung zu realisieren – soweit es zur Befriedigung erforderlich ist. Bei der alternativen Lösung der Rechtsprechung muss der Sicherungsgeber über die konkrete Schutznorm des § 138 Abs. 1 BGB beweisen, dass der zur Sicherheit übertragenen Forderung ein 993 Grund hierfür ist, dass die Sicherungsabtretung deutlich näher am weiten Pfandrecht an Rechten ausgestaltet ist, wie etwa die Sicherungsübereignung gegenüber dem Mobiliarpfandrecht, was etwa die Besitzstellung angeht. Vgl. etwa: Roth/Kieninger, Münchener Kommentar BGB (§§ 241 – 432), § 398, Rn. 103.

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über den Wert der gesicherten Forderung hinausgehender Mehrwert innewohnt. Diesen Nachteil würde die entsprechende Anwendung des § 1229 BGB – auch im Rahmen der Sicherungsabtretung – zugunsten des Sicherungsgebers umkehren. e) Ergebnis für die Sicherungsabtretung Wenn man die Rechtsnatur der Sicherungsabtretung berücksichtigt, ist auch bei der Sicherungsabtretung eine analoge Anwendung des Verfallverbots über § 1229 BGB naheliegend. Es kann auf die Argumentation im Rahmen der Sicherungsübereignung zurückgegriffen werden. Der Gesetzgeber ließ beide Institute zu, da sie im Rechtsverkehr notwendig waren. Es ist aber nicht erkennbar, warum das Schutzniveau für den Schuldner bei der Sicherungsabtretung geringer sein sollte als bei einem Pfandrecht an Rechten, wenn die Unterschiede der Rechtsnatur bei der unterschiedlichen Behandlung keine Rolle spielen. Zwar haben die Rechtsprechung und die Literatur für die Sicherungsabtretung einen weitreichenden Schutz über § 138 BGB und § 307 BGB konstruiert, dieser hat aber gerade im Rahmen der Beweislast Lücken, die einen Schutz über die abstrakte Konstruktion des § 1229 BGB für eine Verfallabrede ausschließt. Die abstrakte Gefahr wirkt damit bei einem Vorliegen als Beweiserleichterung für den Schuldner, da er die konkreten Tatbestandsmerkmale des § 138 BGB nicht selbst beweisen muss. Insgesamt bewahrt die Sicherungsabtretung mit der Anwendung der auf sie passenden Pfandrechtsnormen ihre Sonderstellung aus Vollrechtsübertragung und pfandrechtsgleichem Sicherungsinstitut und wird dem Schuldnerschutz durch die Anwendung des Verfallverbots durch §§ 1229, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB gerecht. Wenn man einen am historischen Gesetzgeber orientierten methodischen Ansatz ernst nimmt, lässt sich für die dinglichen Sicherheiten eine sehr gleichlaufende Struktur erkennen, die dem Verfallverbot eine wesentliche Rolle zuschreibt. Für ein mögliches Rechtsprinzip des Verfallverbots bedeutet die Anwendung im Rahmen der Sicherungsabtretung eine erneute Bestätigung. Auch für sie kann mit den oben aufgeführten normativen Kriterien eine prinzipielle Wirkung des Verfallverbots erschlossen werden.

6. Anwendung auf die Vormerkung? Kann die Vormerkung genutzt werden, um eine Verfallabrede zu sichern? Ist in diesem Fall das angenommene Rechtsprinzip des Verfallverbots im Rahmen der Vormerkung anwendbar? Welche Konstruktionen sind erfasst und kann mit den allgemeinen Kriterien der Schuldner vor der in Rede stehenden abstrakten Gefahr geschützt werden?

H. Ein Rechtsprinzip des Verfallverbots mit normativer Anwendung?

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a) Ein Überblick über das Institut der Vormerkung und seine Entstehung Die Vormerkung stellt im Liegenschaftsrecht ein besonderes Sicherungsinstrument dar, das in den §§ 883 – 888 BGB geregelt ist. Sie sichert einen schuldrechtlichen Anspruch auf dingliche Änderung der Zuordnung von Rechten an einem Grundstück.994 Vormerkungsfähig ist jeder Anspruch auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück sowie dessen Inhalts- oder Rangänderung.995 Die tatbestandlichen Voraussetzungen zur Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch sind in § 885 Abs. 1 BGB geregelt. Es bedarf zu ihrer Bestellung neben dem zu sichernden Anspruch entweder einer einstweiligen Verfügung (§ 885 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB i. V. m. §§ 935, 936 ZPO) oder einer Bewilligung des durch die Vormerkung betroffenen Rechtsinhabers (Var. 2). Bei der Bewilligung handelt es sich nicht um eine Einigung, sondern um eine materiell-rechtliche Willenserklärung, die, über die formelle Voraussetzung des § 19 GBO hinausgehend, die Grundlage für die Vormerkung als „dingliches Recht“ bildet.996 Hauptanwendungsfall der Vormerkung ist der Schutz des Berechtigten vor dem Zeitpunkt der durch § 873 Abs. 2 BGB vorgesehenen Bindungswirkung, da er nach Eintragung der Vormerkung gegenüber Verfügungen des Verpflichteten, dessen Rechtsnachfolgers und dessen Gläubigers geschützt ist. Dieser Schutz umfasst nach §§ 883 Abs. 2, 888 BGB rechtsgeschäftliche Zwischenverfügungen, wobei ferner der Rang des vorgemerkten Rechts Berücksichtigung findet, § 883 Abs. 3 BGB. Zudem ist der Berechtigte gegen hoheitliche Verfügungen durch Einzelvollstreckung, Arrestvollziehung (§ 833 Abs. 2 S. 2 BGB) und bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 883 Abs. 2 S. 2 BGB i. V. m. § 106 InsO) geschützt. Auch die Erben des Verpflichteten können sich nach § 884 BGB nicht auf eine Beschränkung ihrer Haftung berufen.997 Die Vormerkung ist streng akzessorisch und kann nur einen bestimmten Anspruch sichern. In der Folge kann sie nur vom Eigentümer der Liegenschaft – oder einem von diesem nach § 185 Abs. 1 BGB Berechtigten – dem Gläubiger der zu sichernden Forderung bestellt werden.998 Um zu verstehen, welche Probleme sich mit der Vormerkung verbinden, ist ein Blick auf die geschichtliche Entwicklung zu werfen. Die heutige Struktur der Vormerkung war lange umstritten. Während der Teilentwurf des Sachenrechts die Vormerkung mit Verweis auf Landesrecht aufnahm,999 äußerte sich die 1. Kommission dem Institut gegenüber skeptisch. Im Vordergrund stand die Sorge, dass die „Gleichstellung der Gläubiger im Konkurse“ unterlaufen werde, indem obligatori994

Kohler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 883, Rn. 2. Wieling: Sachenrecht, S. 325. 996 Wieling: Sachenrecht, S. 329. 997 Im Gesamten: Kohler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 883, Rn. 2 f. 998 Wieling: Sachenrecht, S. 326. 999 Im TE des Sachenrechts von Johow war diese in den §§ 37 – 39 vorgesehen. Siehe: Schubert: Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB. SachenR – Teil 1, S. 20, Begründung auf S. 428. 995

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sche Ansprüche über die grundbuchrechtliche Sicherung der Vormerkung bevorzugt würden, und das nur, weil sie sich auf „Erwerbung oder Aufhebung eines Rechtes an einem Gründstücke“ bezögen.1000 In der Konsequenz würden die Grundstücke den anderen Gläubigern entzogen, ohne dass den begünstigten Gläubigern eine größere Gefahr der Rechtsverletzung drohe. Die Aufnahme der Vormerkung wäre – nach den Bedenken der 1. Kommission – kein Ausdruck einer notwendigen Schutzwürdigkeit, sondern ergebe sich schlicht aus der Möglichkeit der grundbuchrechtlichen Grundlage des Immobiliarsachenrechts. Damit würde ein „anomales Institut“ geschaffen, das etwa im Mobiliarsachenrecht keine Entsprechung habe.1001 Dieser Feststellung folgte die Diskussion, wie weitreichend und unter welchen Voraussetzungen eine Vormerkung anzuwenden sei, was eine Vermischung mit den Fragen der Sicherungshypothek zur Folge hatte.1002 Erst in der 2. Kommission entwickelte sich die Vormerkung in der heute bekannten Form.1003 Im Laufe der Debatte wurde die Problematik auch von der Sicherungshypothek entkoppelt und als eigenes weitreichendes Institut aufgenommen.1004 Trotzdem blieb der Gedanke wesentlich, die Vormerkung auch als Sicherungsrecht zu nutzen. So sah der Antrag Jacubezkys vor: „[D]ie Vorschriften über die Vormerkung, welche bei Grundstücken eine der Sicherungshypothek, bei Rechten eine dem Pfandrecht ähnliche Belastung ist, sollen einen besonderen Abschnitt bilden und in folgender Weise abgeändert und ergänzt werden: § a. Ein Grundstück kann zur Sicherung einer auf Einräumung eines anderen Rechtes an demselben gerichteten Forderung in der Weise belastet werden, daß dem Gläubiger das Recht auf Befriedigung mittels des Grundstücks auch Dritten gegenüber zusteht (Vormerkung). Die Forderung kann auch eine künftige oder bedingte sein. […]“ 1005

Zwar wurde der weitreichende Antrag abgelehnt, doch die Ergänzung, dass auch künftige und bedingte Ansprüche durch eine Vormerkung gesichert werden konnten, erhielt Aufnahme. Gegen eine Aufnahme der Vormerkung wurde neben den schon geäußerten Bedenken vor allem die Befürchtung geäußert, dass das Grundbuch mit Ansprüchen „überfüllt werde, welche entweder nicht von Bestand seien oder sich

1000 Prot. I, S. 3693, in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht I §§ 854 – 1017, S. 321, dort auch die Zitate. 1001 Prot. I, S. 3693, in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht I §§ 854 – 1017, S. 321 f.; dort auch das entsprechende Zitat. 1002 Vgl. die Ausführungen der 1. Kommission, Prot. I, S. 3694 – 3697, 4965 – 4997, 5390 – 5394, in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht I §§ 854 – 1017, S. 322 f. 1003 Der sprachlich mit der heutigen Form verwandte Antrag geht auf Planck zurück (Antrag Nr. 14,4), siehe: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht I §§ 854 – 1017, S. 343 f. 1004 Dazu: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht I §§ 854 – 1017, S. 345 – 349. 1005 Antrag Nr. 256, I von Jacubezky, in: Jakobs/Schubert: Die Beratung des BGB, Sachenrecht I §§ 854 – 1017, S. 351.

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ihrem ganzen Wesen nach nicht für das Grundbuch eigneten“. Überspitzt zeigt sich die Befürchtung in dem Satz: „[…] man könne ebensowohl eine Vormerkung zur Sicherung eines in Aussicht genommenen Miethverhältnisses einführen, oder etwa denjenigen, der Holz auf dem Stamme gekauft habe, durch eine Vormerkung schützen. […] Jedenfalls werde man eine Vormerkung nur zulassen dürfen, soweit der Nachweis eines dringenden Bedürfnisses geliefert sei.“1006

Gegen die Kritik führen die Protokolle der 2. Kommission an: „Die Mehrheit nahm [gegen die Ablehnung der Vormerkung] folgenden Standpunkt ein: Daß ein dringendes Bedürfniß für die Zulassung der Vormerkung bestehe, lasse sich ernstlich nicht bezweifeln. Dieselbe entspreche dem in einem großen Theile von Deutschland geltenden Rechte und es sei nicht zu bezweifeln, daß von der Vormerkung vielfach Gebrauch gemacht werde. Für den Verkehr werde deshalb das BGB. eine empfindliche Lücke zeigen, wenn es die Vormerkung nicht zulasse. […] – Wenn ferner darauf hingewiesen sei, daß bei den gewöhnlichen obligatorischen Forderungen auch kein besonderer Schutz für die Realisirung derselben gewährt werde, so sei dabei übersehen, daß bei den gewöhnlichen Geldforderungen dem Gläubiger das ganze Vermögen des Schuldners zur Befriedigung dienen könne, während er bei dem durch eine Vormerkung zu sichernden Anspruche eben nur das eine Grundstück zur Realisirung seiner Forderung habe. Bei den Ansprüchen auf Erwerb von Rechten an Mobilien sei freilich ein Schutz nach Art der Vormerkung nicht vorhanden. Aber der Umstand, daß bei den Mobilien, für welche man eine dem Grundbuche entsprechende Einrichtung nicht habe, eine Sicherheit nicht gewährt werden könne, zwinge doch nicht dazu, den an sich für erforderlich erachteten Schutz auch bei den Immobilien, wo sich dafür im Grundbuche ein Mittel biete, zu versagen. … – Die Befürchtung, daß mit der Vormerkung Mißbrauch getrieben werde, und daß sie zu einer Ueberlastung des Grundbuches mit unnöthigen oder zweckwidrigen Einträgen führen könne, sei nicht gerechtfertigt. Die Erfahrung habe, wie von sachkundiger Seite bezeugt sei, gezeigt, daß fast ausnahmslos die Vormerkungen später in endgültige Eintragungen umgewandelt würden. Mißstände seien überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in nennenswerther Weise hervorgetreten, vielmehr habe sich das Institut der Vormerkung überall, wo es in Geltung stehe, als segensreich und nützlich erwiesen. Nach alledem erscheine es durchaus nothwendig, die Vormerkung auch im BGB. zuzulassen. Wolle man aber dem Berechtigten eine wirksame Rechtshülfe gewähren, so müsse man das Institut auch nicht mit solchen Beschränkungen belasten, die seine praktische Brauchbarkeit erheblich beeinträchtigen.“1007

Eben an dieser Stelle wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, die Vormerkung „auch zur Sicherung bedingter oder betagter Ansprüche“1008 zu nutzen. Um den praktischen Bedürfnissen zu entsprechen, kann durch die Vormerkung eine ähnliche 1006 Zitate nach: Prot. II, S. 3510, in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 565. 1007 Prot. II, S. 3510 – 3513, in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 565 f. 1008 Zitat als Anmerkung in einer durch Achilles gesetzten Fußnote, in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 566.

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Wirkung erzielt werden wie mit einer vom BGB bewusst abgelehnten bedingten Auflassung. Der Vormerkung kann damit im Liegenschaftsrecht eine ähnliche Bedeutung zukommen wie dem Eigentumsvorbehalt beim Fahrnispfand (§ 449 BGB), der sowohl vor rechtsgeschäftlichen als auch vor hoheitlichen Zwischenverfügungen Schutz erfährt, vgl. §§ 161 Abs. 1 S. 3, 936 Abs. 3 BGB.1009 Die Vormerkung sollte nach dem Mehrheitsentscheid der 2. Kommission als Sicherungsinstitut verwendet werden können, ein Missbrauch war hingegen auszuschließen. Im Vordergrund der Diskussion stand die Sorge vor einem Missbrauch quantitativer Art, etwa einer übermäßigen Verwendung des Grundbuchs zur Sicherung schuldrechtlicher Ansprüche, die nur einen mittelbaren Bezug zur sachenrechtlichen Ebene hatten und nur dadurch der Vormerkung offenstanden. Die heutige Praxis zeigt, dass dieser Missbrauch tatsächlich nicht stattfand. Auf der anderen Seite kann ein Missbrauch qualitativer Art nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Wie ist es zu beurteilen, wenn die offene Gestaltung der Vormerkung zur Verstärkung einer schuldrechtlichen Verfallklausel genutzt würde? Ist dann die Schwelle zum Missbrauch erreicht? b) Die Vormerkung als Sicherung einer Verfallklausel Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob die Vormerkung missbräuchlich eingesetzt werden kann, um die Wertung einer dinglichen Sicherheit – wie etwa der Hypothek – zu umgehen, die sich in § 1149 BGB ausdrückt. Die Problematik ist eröffnet, da nach § 883 Abs. 1 S. 2 BGB „die Eintragung einer Vormerkung […] auch zur Sicherung […] eines bedingten Anspruchs zulässig [ist]“. Um in den Anwendungsbereich eines dem § 1149 BGB entsprechenden Schutzes zu fallen, muss die Vormerkung als Sicherung eines Anspruchs verwendet werden, dessen Wirksamkeit von der Bedingung der Nichtbefriedigung eines Kreditgeschäftes abhängt. Der Gläubiger gewährt dem Schuldner ein Darlehn (§§ 488 ff. BGB), das bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückzugewähren ist. Um die Leistung zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu sichern, verspricht der Schuldner dem Gläubiger in einem Sicherungsvertrag einen aufschiebend bedingten schuldrechtlichen Anspruch, ihm das Grundstück zu übertragen, falls er seiner Leistungspflicht aus dem Darlehn nicht nachkommen sollte. Um den Übertragungsanspruch seinerseits zu sichern, bestellt der Schuldner dem Gläubiger zudem eine Vormerkung, die den schuldrechtlichen Anspruch „verdinglicht“. Bei dieser Konstruktion sichert die Vormerkung den Anspruch auf Eigentumsübertragung, der mittels der Bedingung der Nichtleistung mit dem zugrundeliegenden Darlehnsgeschäft verknüpft ist. Diese Konstellationen finden sich auch in gerichtlichen Entscheidungen wieder, wie in den angesprochenen

1009 Kohler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 883, Rn. 4, in diese Richtung äußern sich auch die Protokolle der 2. Kommission, Prot. II, S. 3652, in: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 3, SachenR, S. 614.

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Fällen des BGH und des BayObLG.1010 Dort war, neben einer dinglichen Sicherheit für eine dritte Partei, dem Begünstigten der Verfallklausel zusätzlich eine Auflassungsvormerkung versprochen worden. Während die Verfallklausel über die Bedingung der Nichtbefriedigung auf den zu sichernden Anspruch Bezug nahm, sicherte die Vormerkung den Auflassungsanspruch der Verfallklausel. Diese Konstruktion kann in verschiedener Form abgewandelt werden: So kann die Kreditgewährung als Hauptziel in einen bedingten Grundstückskauf eingebettet oder die Konstruktion des Wiederkaufs verwendet werden, bei der die Kreditgewährung das Hauptmotiv des Vertrages ist. Solche Finanzierungsmodelle sind über die sichernde Bedingung nicht als dauerhafte Vermögensveränderung ausgestaltet, sondern dienen über die bedingte oder vorläufige Vermögensverschiebung (auflösend bedingter Anspruch auf Übertragung) lediglich einem Sicherungszweck des zugrundeliegenden Darlehnsgeschäfts. Der Sicherungszweck wird vor allem durch die Verwendung der dinglich wirkenden Vormerkung sichtbar. c) Die Anwendung der normativen Kriterien eines Rechtsprinzips des Verfallverbots Legt man der oben beschriebenen Konstruktion die Anwendung der normativen Merkmale eines prinzipiell wirkenden Verfallverbots zu Grunde, kommt eine Anwendung des Verfallverbots in Betracht. aa) Der Tatbestand des Rechtsprinzips des Verfallverbots Als erstes Tatbestandsmerkmal verlangt das Modell die Sicherung eines Anspruchs, der in dem zur Kapitalbeschaffung verabredeten Darlehn zu finden ist. Ziel der anderen Abreden ist die Sicherung dieses Rückzahlungsanspruchs. Weiter müsste der Anspruch durch ein pfandrechtsgleiches Recht dinglich gesichert werden, dem ein Sicherungszweck für die Forderung innewohnt. Bei diesem Merkmal ergeben sich zwei Probleme. Zum einen kann bezweifelt werden, dass die Vormerkung eine dingliche Sicherung in diesem Sinne darstellt. Zum anderen ist zu fragen, ob die Vormerkung überhaupt den eigentlich zu sichernden Anspruch betrifft. Letztlich sichert sie ihrerseits nur den schuldrechtlichen Anspruch der Grundstücksübertragung. Die dem ersten Problem zugrundeliegende Rechtsnatur der Vormerkung wird sehr unterschiedlich beurteilt. Auch die Gesetzesmaterialien treffen keine abschließende Aussage über die Rechtsnatur. In der Rechtswissenschaft wird die Diskussion gerne unter dem auf Dulckeit zurückgehenden Schlagwort der „Verdinglichung obliga-

1010 BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002; BayObLG vom 07. 11. 1996 – 2Z BR 111/96, NJW-RR 1997, 590.

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torischer Rechte“ behandelt.1011 Im Vordergrund steht seitdem die Diskussion, welche Kriterien ein dingliches Recht ausmachen und ob diese bei der Vormerkung erfüllt sind. Auf Dulckeits Werk Bezug nehmend setzte sich vor allem Canaris mit dieser Differenzierung auseinander. Die allgemeine Abgrenzung über die Wirkung als absolutes und relatives Recht sei ein unscharfes Kriterium.1012 Nach Canaris liegt die fehlende dingliche Wirkung einer Forderung in dem Umstand begründet, dass sie zwar absolut gegenüber jedermann wirkt, aber keine Zuordnung eines weiteren Gegenstands vornimmt. Während etwa das dingliche Recht des Eigentums eine Sache zuordnet, ordnet ein Pfandrecht oder eine Hypothek die gesicherte Forderung zu. Eine schuldrechtliche Forderung ordnet hingegen nur sich selbst zu und hat darüber hinaus keine äußere Zuordnungswirkung. Diese Unmittelbarkeit der Gegenstandsbeziehung sei der wesentliche Unterschied eines dinglichen Rechts gegenüber einem schuldrechtlich wirkenden Recht. Denn selbst bei einem schuldrechtlichen Anspruch, der einen Gegenstand betrifft, wie etwa einem Grundstückskaufvertrag, wirkt dieser in Bezug auf den Gegenstand nur relativ dem Schuldner als Person gegenüber.1013 Ein weiteres wesentliches Merkmal sei nach Canaris die Absolutheit der Zuordnung, die er auf drei wesentliche Merkmale herunterbricht: Ein dingliches Recht habe - einen umfassenden Klageschutz, - einen den Klageschutz begleitenden Verfügungs- und Sukzessionsschutz und - ihm komme eine Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsbeständigkeit zu.1014 In der Anwendung dieser drei Elemente sei die Vormerkung einem dinglichen Recht sehr nah. Sie verfüge über einen Verfügungs- und Sukzessionsschutz nach §§ 883 Abs. 2 und 3, 888 BGB. Die Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsbeständigkeit ergebe sich aus § 106 InsO1015 und § 48 ZVG. Lediglich das Kriterium des umfassenden eigenen Klageanspruchs sei nicht erfüllt. Zur Durchsetzung ist sie auf den durch sie gesicherten schuldrechtlichen Anspruch angewiesen. So besagt die 1011 Siehe das gleichnamige Werk aus dem Jahr 1951: Dulckeit: Die Verdinglichung obligatorischer Rechte. Zur Entwicklungsgeschichte des Instituts, das auf das germanische Recht zurückgeht, siehe: Michaels, HKK, Bd. II.1, Vor § 241, Rn. 53 – 56. 1012 Canaris: Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, in: Jakobs, Festschrift für Werner Flume zum 70. Geburtstag, S. 372 – 381. 1013 Siehe: Canaris: Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, in: Jakobs, Festschrift für Werner Flume zum 70. Geburtstag, S. 373. Letztlich stützt diese Erkenntnis das Ergebnis der verkürzten Differenzierung zwischen„absolutem“ und „relativem“ Recht, die Canaris kritisiert hat. 1014 Canaris: Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, in: Jakobs, Festschrift für Werner Flume zum 70. Geburtstag, S. 373 f. So auch bestätigt von: Hauck: Die Verdinglichung obligatorischer Rechte am Beispiel einfacher immaterialgüterrechtlicher Lizenzen, in: AcP 211, S. 626, 630 f. 1015 Canaris verweist noch auf die alte Norm des § 24 KO, die inhaltlich der heutigen Norm entspricht. Siehe: Canaris: Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, in: Jakobs, Festschrift für Werner Flume zum 70. Geburtstag, S. 373 f.

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Norm des § 883 Abs. 2 BGB, dass der Vormerkungsberechtigte sein vorgemerktes Recht nicht gegen den Grundstückseigentümer richten kann, sondern nur gegen den Schuldner der gesicherten Forderung. Auch § 888 BGB trete nur als ein Hilfsanspruch auf, der als unselbstständiger Anspruch dem formellen Konsensprinzip des Grundbuchrechts geschuldet sei.1016 Dieser Auslegung widerspricht Wieling, der § 888 BGB als eigenen Durchsetzungsanspruch anerkennt und für die Rechtsnatur eines dinglichen Rechts eintritt. Gerade die Vergleichbarkeit der Vormerkung mit den dinglichen Rechten von Hypothek und Pfandrecht zeige, dass eine künstliche Differenzierung nicht geboten sei. Die Dinglichkeit sei auch bei diesen Instituten am Anfang bestritten worden. Zu lange habe der Blick auf die gesicherte Forderung die Bedeutung der Institute als dingliche Absicherung verdrängt.1017 Dieser Interpretation ist zuzustimmen, da tatsächlich die dingliche Wirkung der Vormerkung im Vordergrund steht. Letztlich ist dieser Streit ohne praktische Bedeutung, da in Problembereichen, bei denen die Rechtsnatur eine Rolle spielt, die Vormerkung zumindest analog einem dingliches Recht behandelt wird.1018 In unserem Fall erlaubt dies ebenfalls eine Einordnung als „pfandrechtsgleiches Recht“. Das zweite Problem bezieht sich auf die Konstruktion der vormerkungsbesicherten Verfallklausel. Während etwa Hypothek und Grundschuld unmittelbar auf den zu sichernden Anspruch Bezug nehmen, indem sie ihm die dingliche Sicherheit zuordnen, ist dies bei der angesprochenen Konstellation nicht der Fall. Die Vormerkung sichert den schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Grundstücks und bezieht sich nicht unmittelbar auf die zu sichernde Forderung aus dem Darlehnsgeschäft. Diese Verknüpfung entsteht aus Sicht der Vormerkung nur mittelbar, da der schuldrechtliche Anspruch auf Übereignung durch die Bedingung auf das Kreditgeschäft Bezug nimmt. Erst wenn die Bedingung eintritt, wird der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch wirksam. Die mittelbare Anknüpfung der Vormerkung über den gesicherten Verfügungsanspruch muss ausreichen, da auch in diesem Fall ein „innerer Zusammenhang“ zwischen gesicherter Forderung und der dinglichen Sicherheit der Vormerkung hergestellt wird. Noch deutlicher wird dies im umgekehrten Fall: Wird die Darlehnsforderung erfüllt, tritt die Bedingung des unmittelbar gesicherten Anspruchs auf Eigentumsübertragung nicht ein. In der Folge erlischt auch das streng akzessorische Institut der Vormerkung. Ihre rechtliche 1016 Im Gesamten: Canaris: Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, in: Jakobs, Festschrift für Werner Flume zum 70. Geburtstag, S. 381 f. 1017 Wieling: Sachenrecht, S. 324, 325, m. w. N. 1018 So ist sie etwa als absolutes Recht im Rahmen des § 823 BGB geschützt. Zustimmend: Wieling: Sachenrecht, S. 325; ebenso: Canaris: Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, in: Jakobs, Festschrift für Werner Flume zum 70. Geburtstag, S. 383 – 387. A. A. mit ausführlicher Darstellung zum Stand des Streits um die Rechtsnatur: Assmann: Die Vormerkung (§ 883 BGB), S. 277 – 291. Die Rechtsprechung vergleicht die Vormerkung im Rahmen der Diskussion um eine Anwendung von §§ 823 Abs. 2, 909 BGB mit einem Nießbrauch, einem Erbrecht und einer Dienstbarkeit und spricht dem Inhaber der Vormerkung eine „Anwartschaft“ zu, vgl. BGH JZ 1991, S. 1096; ebenso: Kohler, Münchener Kommentar BGB (§§ 854 – 1296), § 883, Rn. 7, m. w. N.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

Wirkung ist über die Bedingung wesentlich vom zugrundeliegenden Darlehnsgeschäft abhängig. Dieses Zusammenwirken über das Institut der Bedingung löst den „inneren Zusammenhang“ nicht auf, sondern verändert lediglich die Struktur der Abreden untereinander. Im Rahmen der Hypothek löst die Verfallklausel, bedingt durch die Nichtleistung auf die gesicherte Forderung, eine inhaltliche Änderung der Sicherheit aus und entfaltet durch die dingliche Verwertungswirkung der Hypothek gegenüber jedermann Wirkung. Demgegenüber erhält der Gläubiger bei der vormerkungsgesicherten Verfallklausel einen Anspruch auf Eigentumsübertragung, der über die dingliche Sicherung der Vormerkung an das Grundstück anknüpft. Jede weitere Verfügung ist dem Begünstigten gegenüber relativ unwirksam, sofern sie seinem Übereignungsanspruch entgegensteht. Damit zeigen sich bei dieser Konstruktion einige der für ein Eingreifen des prinzipiellen Verfallverbots notwendigen Voraussetzungen. Die Bedingung der Nichtleistung im Darlehnsgeschäft wirkt im Rahmen des Sicherungsvertrags als eine Verbindung zum Anspruch auf Eigentumsübertragung und stellt einen inneren Zusammenhang her. Der Anspruch auf Eigentumsübertragung tritt nach Bedingungseintritt an die Stelle des mittelbar gesicherten Darlehnsanspruchs und ersetzt diesen. Damit wird der zugrundeliegende Sicherungszweck der Vormerkung nach Bedingungseintritt zu einem Befriedigungszweck für die gesicherte Forderung umgewandelt und durch die dingliche Wirkung der Vormerkung abgesichert. Damit erschöpfen sich die Parallelen. Als entscheidendes Element fehlt bei der durch Auflassungsvormerkung gesicherten Verfallklausel die inhaltliche Änderung der „dinglichen Sicherheit“, wie sie bei §§ 1149, 1229 BGB vorausgesetzt wird. Eine direkte Anwendung scheidet ebenso aus wie die „einfache“ Analogie, bei der der Anwendungsbereich der Norm lediglich auf eine andere dingliche Sicherheit erweitert wird. Denn inhaltlich erfüllt die Vormerkung in der Verfallkonstruktion den ihr vom Gesetz zugedachten Zweck. Sie sichert den Anspruch auf Eigentumsübertragung gegen weitere Verfügungen des Eigentümers. Da sie inhaltlich nicht durch die Verfallklausel geändert wird, kann der Anknüpfungspunkt für eine rechtsgestaltende Analogie nicht im Wortlaut liegen, sondern nur dem Zweck der Verbotsnormen der §§ 1149, 1229 BGB entnommen werden. Der in dem Verfallverbot enthaltene Rechtsgedanke des Schuldnerschutzes könnte der Vereinbarung einer durch Auflassungsvormerkung gesicherten Verfallklausel im Weg stehen. Voraussetzung ist aber, dass sich die abstrakte Gefährdungslage des direkten Anwendungsfalls von § 1149 BGB auch in der Vormerkungskonstruktion niederschlägt. bb) Gefährdungslage des Schuldners Die historische Analyse der Vormerkung belegt, dass bedingte und künftige Ansprüche bewusst als Teil der vormerkungsfähigen Ansprüche aufgefasst wurden. Die Aufnahme dieses Umstands in § 883 Abs. 1 S. 2 BGB hat zur Folge, dass Konstruktionen möglich sind, mit denen man hypothekengleiche Abreden schaffen

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kann. Anders als bei der Hypothek, die Verfallklauseln vor Fälligkeit der gesicherten Forderung über § 1149 BGB ausschließt, wäre eine solche Abrede im Rahmen der Vormerkung wirksam. Der Schuldner des zu sichernden Anspruchs könnte vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit versprechen, für den Fall der Nichterfüllung auf das Grundstück zu verzichten, indem er einen Übertragungsanspruch zugunsten des Gläubigers oder einer ihm nahestehenden Person vereinbart. Im Rahmen der Hypothek und der Grundschuld verbietet die Norm des § 1149 BGB eine solche Abrede. Der Schuldner soll vor der abstrakten Gefahr geschützt werden, sich trügerisch einem zu hohen Risiko auszusetzen in der Hoffnung, er werde die ausstehende Geldsumme rechtzeitig zurückzahlen. Ihm wird versagt, aus der gegenwärtigen Notlage heraus auf ein zukünftiges durch Gesetz garantiertes Verwertungsverfahren zu verzichten. Durch die Verbotsnorm ist die Handlungs- und Entscheidungsfreiheit des Schuldners bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit gewährleistet, um nach Pfandreife entsprechende Maßnahmen treffen zu können. Dem Schuldner wird zu seinem eigenen Schutz die Möglichkeit verwehrt, aus der Notlage heraus und unter den Bedingungen des Gläubigers auf seine Handlungsfreiheit zu verzichten. Wie ist das Verhältnis der durch Auflassungsvormerkung gesicherten Verfallklausel vor dem Hintergrund dieser Überlegung zu bewerten? Wenn die Verfallklausel wie oben angesprochen als Sicherungsmittel für einen schuldrechtlichen Anspruch genutzt wird, könnte ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung des Grundstücks in dieser Weise auch vor der Fälligkeit des zu sichernden Anspruchs verabredet werden. Die Vormerkung könnte als dinglich wirkendes Sicherungsmittel zur Umgehung der Hypothek und ihrer Wertung in § 1149 BGB genutzt werden. Der Schuldner bestellt dem Gläubiger vor Fälligkeit eine dinglich wirkende Sicherheit, die jede weitere Verfügung faktisch ausschließt.1019 Seine Handlungsfähigkeit ist von Anfang an beschnitten und er kann zu seinem Schutz nicht auf ein gesetzliches Verbot zurückgreifen, das ihm – auch dem Gläubiger gegenüber – diese Verfügung untersagt. Aus finanzieller Not wird der Schuldner, die Gefahren der gegenwärtigen Notlage vor Augen, das zukünftige und aus seiner Sicht abwendbare Übel des Verfalls eingehen. Umgekehrt dürfte sich der Gläubiger zur Spekulation eingeladen fühlen, dem Schuldner Geld zur Verfügung zu stellen in der Hoffnung, er werde seine Schuld nicht bezahlen. Er spekuliert darauf, das mit Vormerkung belastete Grundstück für den Gegenwert der gesicherten Forderung zu erhalten. Das Risiko des Schuldners einer durch Auflassungsvormerkung gesicherten Verfallklausel entspricht dem Risiko des durch Verfallklausel gestärkten Hypothekenschuldners. Der Spekulationsanreiz des Gläubigers, durch die Verfallklausel an das Grundstück zu gelangen, ist in beiden Situationen identisch. Denn nur durch die Abrede kann er überhaupt mittels einer dinglichen Sicherheit an das Grundstück gelangen. Bei der Hypothek gilt der Schutz des Schuldners über § 1149 BGB, bei der Vormerkung gilt er ohne Analogie nicht. 1019 Zwar sieht der Schutz der Vormerkung nur eine relative Unwirksamkeit der Zwischenverfügungen vor, jedoch reicht diese aus, um im Rechtsverkehr diese Verfügungen auszuschließen.

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Die Materialien des BGB lassen erkennen, dass eine missbräuchliche Anwendung der Vormerkung nicht beabsichtigt war. Vielmehr sollte es den Parteien ermöglicht werden, bestimmte Sicherungen zu treffen, die faktisch über das Grundbuchwesen möglich waren. Dass dazu die Umgehung eines anderen Sicherungsinstituts zählt, um den Schuldner der Gefahr auszusetzen, die schon im Recht der Hypothek und der Grundschuld erkannt und ausdrücklich ausgeschlossen worden war, muss bezweifelt werden. Die strukturelle Ausweitung der Vormerkung auf bedingte und künftige Ansprüche darf nicht dazu führen, Wertungen an anderer Stelle in ihr Gegenteil zu verkehren. Die bestehende abstrakte Gefahr muss auch im Rahmen der Vormerkung berücksichtigt werden, indem eine entsprechende Konstruktion über eine analoge Anwendung des § 1149 BGB verhindert wird. Diesem Ergebnis widerspricht auch die maßgebliche Entscheidung des BGH in BGHZ 130, 101 grundsätzlich nicht, da sie nur die Analogie auf dinglich nicht gesicherte Gläubiger ausschloss. Problematisch ist hingegen die fehlerhafte Interpretation des historischen Normzwecks durch den BGH, da er das Verfallverbot als Umwandlungsverbot der dinglichen Sicherheit versteht.1020 Der der Analogie innewohnende Gedanke des Schuldnerschutzes der §§ 1149, 1229 BGB wird durch den BGH abgelehnt, sodass für ihn kein Anlass zur erweiterten Anwendung besteht. In einem späteren Urteil des 5. Senats1021 scheint er im Rahmen einer durch Vormerkung gesicherten Verfallklausel das hier vorgeschlagene Ergebnis der Nichtigkeit zu stützen. Auch Wolfsteiner will in dem Urteil einen Bezug zur Behandlung des Problems der vormerkungsgesicherten Verfallklausel im Rahmen des § 1149 BGB erkennen, da er im Sachverhalt des Urteils eine hypothekengleiche Wirkung der Abreden erkannt hat.1022 Leider erreicht der BGH sein Ergebnis, indem er die Grundsätze der Vertragsstrafe anwendet und den Schutz nach § 138 Abs. 1 BGB auf Fälle erweitert, die den Zweck der Vertragsstrafe nach §§ 339, 343 BGB, den Schuldner zur Leistung anzuhalten, nicht erfüllen können.1023 Das Urteil ändert die 1020 Man könnte dem BGH an dieser Stelle entgegenhalten, dass eine analoge Anwendung des Verfallverbots auf die durch Auflassungsvormerkung gesicherte Verfallklausel auch zum Schutz der Hypothek geboten ist. Letztlich wird ein neues Sicherungsinstrument geschaffen, das die Hypothek ersetzt. Nähme man den vom BGH unterstellten Schutz der dinglichen Sicherheit ernst, wäre auch ein Ersatzgeschäft durch die Vormerkung zu kritisieren, das nur zur Umgehung der Hypothek und ihrer Wertungen genutzt wird. 1021 Urteil des BGH vom 17. 10. 2008, Az. V ZR 14/08. 1022 Insbesondere: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 25, m. w. N. 1023 In konkreter Überprüfung der Klausel stellt der 5. Senat fest, dass „die Verfallklausel […] eine gänzlich unangemessene, die Beklagte einseitig begünstigende Regelung dar[stellt] und [sie] deshalb ebenfalls nicht mit den guten Sitten zu vereinbaren [ist]“. Anzumerken ist aber, dass der BGH sich nicht auf die hier vertretenen Überlegungen stützt, sondern die Verfallklausel nach den Gesichtspunkten der Vertragsstrafe behandelt. Der BGH stellte klar, dass eine Verfallklausel durchaus legitim ist, wenn sie die andere Partei zur Vertragstreue anhält. Im Vertrag war aber nicht berücksichtigt, dass für den Fall einer späteren Nichtleistung die regelmäßig zu erbringenden Rentenzahlungen nicht erstattet wurden. Je länger die Kläger vertragstreu zahlten, desto höher war der Verlust bei einem späteren Ausbleiben der Leistung. „Die

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grundsätzliche Auslegung des BGH in BGHZ 130, 101 zum Zweck des Verfallverbots nicht. Der inhaltlichen Wertung Wolfsteiners ist hingegen zuzustimmen. Die abstrakte Gefährdungslage des Schuldners entspricht bei der durch Auflassungsvormerkung gesicherten Verfallklausel der abstrakten Gefahr des direkten Anwendungsbereichs von § 1149 BGB. Mit der analogen Anwendung ist auch die Rechtsfolge analog anzuwenden. cc) Rechtsfolge einer Anwendung des Verfallverbots Wird eine entsprechende vormerkungsgesicherte Verfallklausel verabredet, ist diese in der Folge nichtig. Grundsätzlich sind die allgemeinen Regeln anwendbar, sodass die Wirksamkeit des restlichen Vertragskonstrukts nach § 139 BGB zu beurteilen ist. In den meisten Fällen dürfte die Nichtigkeit der Verfallklausel zur Gesamtnichtigkeit führen, da für entsprechende Abreden, die als Sicherungsinstrument genutzt werden, jedes der Vertragselemente notwendig ist. Ohne das Konzept der Verfallklausel hat der bedingte Übereignungsanspruch keinen Bezug zu der gesicherten Forderung. Ohne Bedingung kann der gesicherte Anspruch auf Übereignung nicht wirksam werden und die Vormerkung würde ihre Sicherungsfunktion verlieren, da sie einer strengen Akzessorietät unterliegt. Kurz, das Sicherungskonzept entfiele, nur eine Gesamtnichtigkeit käme in Betracht.1024 Aus einem wertenden Gesichtspunkt ist die Gesamtnichtigkeit der dinglichen Konstruktion der vormerkungsgesicherten Verfallklausel zu begrüßen, da eine solche Sicherheit in den meisten Fällen durch den Gläubiger initiiert werden wird. Er will den Schuldner aufgrund dessen „Zwangslage“ dazu bringen, eine Sicherheit zu bestellen, die über die Wertungen der gesetzlich vorgesehenen Sicherheiten hinausgeht und bewusst zum Nachteil des Schuldners von der Schutzvorschrift des § 1149 BGB abweicht. Mit der Gesamtnichtigkeit sieht sich der Schuldner nur dem schuldrechtlichen Darlehnsanspruch des Gläubigers ausgesetzt. Er bleibt handlungsfähig, da keine Belastung des Grundstücks eine Verfügung über das Grundstück erschwert. So kann er das Grundstück an einen Dritten veräußern oder zur Refinanzierung weitere dingliche Sicherheiten bestellen, um den Darlehnsanspruch zu erfüllen. Dem Gläubiger wird der Anreiz, eine solche Darlehnsforderung mit einer vormerkungsgesicherten Verfallklausel zu verstärken, genommen, da ihm im Zweifel keine dingliche Sicherung verbleibt, wenn der Schuldner gegen die Verfallabrede vorgeht. Ihm wird nahegelegt, von Anfang an auf die gesetzlich vorgesehen Sicherungsmittel zurückzugreifen. Kläger stehen mithin umso schlechter, je vertragstreuer sie sich verhalten, und desto besser, je früher sie die Rentenzahlung einstellen. Damit wird die Druckfunktion der Verfallklausel in ihr Gegenteil verkehrt.“ Urteil des BGH vom 17. 10. 2008, Az. V ZR 14/08, Zitate: juris-Rn. 9. 1024 Eventuell könnte eine Umdeutung des Geschäfts als § 140 BGB in Betracht kommen. Wobei die vormerkungsbesicherte Verfallklausel als Hypothek gedeutet werden könnte, jedoch dürften die grundbuchrechtlichen Vorschriften eine „Umtragung“ der Vormerkung als Hypothek nicht ohne weiteres gestatten.

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d) Ergebnis für die Vormerkung Schon Raape1025 wollte die Sicherungsübereignung an Mobilien und den vormerkungsgesicherten bedingten Übereignungsanspruch an einem Grundstück gleich behandeln. Weiter äußert er sich hingegen nicht zu der Problematik. Dem Grundsatz nach kann eine Vormerkung zur Sicherung einer Verfallklausel genutzt werden, wobei insbesondere die Umgehung des § 1149 BGB im Vordergrund steht. Der Schutzgedanke des § 1149 BGB hat im Rahmen der Hypothek die wesentliche Aufgabe, den Schuldner vor dem Gläubiger und vor sich selbst zu schützen, indem die Privatautonomie vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit eingeschränkt wird. Mit den normativ wirkenden Tatbestandsmerkmalen eines allgemein wirkenden Rechtsprinzips des Verfallverbots kann eine Umgehung durch eine vormerkungsgesicherte Verfallklausel verhindert werden. Die abstrakte Gefahr, die § 1149 BGB als Verbotsnorm ausschließt, ist in der Wertung zu berücksichtigen. Diese Wertung verkennt die Rechtsprechung in den oben angesprochenen Urteilen, die sich auf BGHZ 130, 101 berufen. Sie verneinen eine direkte Anwendung, sehen aber nicht, dass eine analoge Anwendung wegen der die Verfallklausel sicherenden Vormerkung geboten ist. Während der 5. Senat in BGHZ 130, 101 nur die dinglich nicht gesicherten Gläubiger im Auge hatte, verweigern die folgenden Urteile auch Schuldnern den Schutz, die sich einem durch Auflassungsvormerkung gesicherten Gläubiger gegenübersehen.1026 Die vormerkungsgesicherte Verfallklausel stellt den ersten „wirklichen“ Anwendungsfall für den normativen Gehalt des Rechtsprinzips dar. Die Sicherungsübereignung und die Sicherungsabtretung bauen in ihrer Rechtsnatur als pfandrechtsgleiche Rechte einen Bezug zum Verfallverbot auf, indem sie an die Normen des Pfandrechts an Sachen bzw. des Pfandrechts an Rechten anknüpfen. Mit einer einfachen analogen Anwendung des § 1229 BGB kann die entsprechende Wertung in die gesetzlich nicht ausgestalteten Sicherungsinstitute aufgenommen werden. Bei der Vormerkung ist dies anders: Es muss auf den Rechtsgedanken zurückgegriffen werden, der dem § 1149 BGB im Rahmen der Hypothek zukommt. Es besteht die gleiche abstrakte Gefahr und es droht zudem eine Umgehung der entsprechenden Wertung im Rahmen der Hypothek, die die Parteien – trotz ihrer inhaltlichen Nähe – bewusst nicht als Sicherungsmittel nutzen wollen. Die Vormerkung weicht in diesem Sinne nicht von ihrer gesetzlichen Regelung ab, da sie auch „bedingte“ und „künftige“ Ansprüche sichern kann. Vielmehr ist die Verbindung des Zwecks zur Sicherung einer Verfallklausel mit dem Mittel der Vormerkung als „verwerflich“ einzuordnen. Die vom Zweck gedachte Wertung des Verfallverbots zeigt, dass auch bei der Vormerkung das Vorliegen der abstrakten Gefahr für den Schuldner zu einer Anwendung des Verfallverbots führen muss. Die Vormerkung bestätigt aus wer1025

Raape: Die Verfallklausel, S. 58. Siehe die Besprechung in Abschnitt G., unter: 1. e) ee). Sowohl der BGH (in: BGH V ZR 253/01 vom 25. 10. 2002) als auch das bayrische OLG (in: BayObLG vom 07. 11. 1996 – 2Z BR 111/96) verkennen diesen Zusammenhang. 1026

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tender Sicht, dass ein Rechtsprinzip des Verfallverbots nützlich und hilfreich ist, den Schuldner vor gefährlichen Abreden zu schützen, wie es den Wertungen der §§ 1149, 1229 BGB entspricht. Für ein mögliches Rechtsprinzip spricht daher, dass es im Rahmen einer durch Auflassungsvormerkung gesicherten Verfallklausel den Normzweck der §§ 1149, 1229 BGB berücksichtigt.

7. Die Anwendung auf das „Sale-and-lease-back“-Verfahren Als weiterer Anwendungsfall eines prinzipiell wirkenden Verfallverbots wird in der Literatur das „Sale-and-lease-back“-Verfahren diskutiert.1027 Es stellt eine Sonderform des Leasings dar, bei dem, im Unterschied zum klassischen Leasingsvertrag, der Leasinggeber den Leasinggegenstand nicht von einem Dritten erwirbt, sondern direkt vom Leasingnehmer. Zweck der Abrede ist aus Sicht des Leasingnehmers die Beschaffung von kurzfristiger Liquidität, indem Vermögensgegenstände (zeitweise) veräußert werden. Beim „Sale-and-lease-back“-Verfahren handelt es sich somit um eine Form des Finanzierungsleasings.1028 Zwar wird die für das Leasing sonst typische Dreiecksbeziehung aus Leasingnehmer und Leasinggeber aufgelöst, dennoch bleiben die Pflichten in ihren Grundsätzen bestehen. Lediglich bei Ansprüchen aus Mängelgewähr ergeben sich Unterschiede. Der Leasinggeber schuldet die Überlassung des Leasinggegenstands zum Gebrauch, für die der Leasingnehmer eine bestimmte Leasingrate entrichtet.1029 Um zu verstehen, welche Rolle das Verfallverbot im Rahmen des „Sale-andlease-back“ spielt, muss die inhaltliche Ausgestaltung des Verfahrens näher beleuchtet werden. Grundlage des Leasings ist der „Verkauf“ (sale) des Leasingobjekts an den Leasinggeber und die sich anschließende Übertragung des Leasinggegenstands durch den Leasingnehmer an den Leasinggeber. Da in den meisten Fällen der Substanzwert realisiert werden soll, ohne dass eine Nutzungsänderung erfolgt, wird die Sache nach den einschlägigen Vorschriften übereignet: für bewegliche Sachen sind dies die §§ 929, 930 BGB, für unbewegliche Sachen die §§ 873, 925 BGB. Grundsätzlich wird in den meisten Fällen ein vorübergehendes Geschäft gewollt sein, wobei sich verschiedene Ausgestaltungen gezeigt haben. Zum einen kann der Leasingvertrag nach dem Verkauf des Leasinggegenstands eine Rückkaufspflicht vorsehen, die nach Zeitablauf eintritt, oder der Vertrag gewährt dem Leasingnehmer 1027

Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 28. Im Gesamten: Koch, Münchener Kommentar BGB (§§ 433 – 534), Finanzierungsleasing, Rn. 13, m. w. N. Einordnung der Rspr. als Finanzierungsleasing: BGHZ 109, 250, 257. Ebenso: Wirfler, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon 2017, Sale-and-Lease-backVerfahren, Rn. 2. 1029 Wirfler, Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon 2017, Sale-and-Lease-back-Verfahren, Rn. 1; so auch: Hansen: Sale-and-lease-back, in: Westphalen, Der Leasingvertrag, Rn. 2, 16 ff. Wichtige Entscheidungen zu den Pflichten im Rahmen eines „Sale-and-leaseback“-Vertrags: BGH in: NJW 1988, S. 1774 ff.; NJW-RR 1987, S. 305 ff. 1028

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lediglich eine Rückkaufsoption. Diese berechtigt den Leasingnehmer, den Leasinggegenstand am Vertragsende zu einem dem Verkaufswert entsprechenden Preis zurückzuerwerben.1030 Bei der Anwendung des Verfallverbots ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen: In der Variante der Rückkaufspflicht handelt es sich um eine dem Wiederkauf verwandte Konstruktion. Sie entspricht eher einem Kreditgeschäft, bei dem die Leasingraten die durch den Leasinggeber zur Verfügung gestellte Geldsumme des Kaufpreises bedienen. Nach dem im Leasingvertrag vorgesehenen Zeitablauf ist die Geldsumme zurückgezahlt und dem Leasingnehmer steht ein Anspruch auf Rückübereignung des Leasinggegenstandes zu. Diese Grundidee ist in das Recht des Leasingvertrages eingebettet. Die Anwendung des Verfallverbots setzt voraus, dass der Leasinggeber sich eine Verfallklausel versprechen lässt, die den „Rückkaufsanspruch“ des Leasingnehmers – der eher einem abstrakten Anspruch auf Rückübereignung entspricht – mit der auflösenden Bedingung verbindet, dass die Leasingraten gezahlt werden. Bleibt die Zahlung der Raten aus, verfällt der Leasinggegenstand dem Leasinggeber, da der Rückübertragungsanspruch des Leasingnehmers durch den Eintritt der Bedingung ausgeschlossen wird. In dieser Konstruktion ist die Übereignung des Leasingobjekts einer Sicherungsübereignung vergleichbar, die die Zahlung der Leasingraten sichert.1031 Die beigefügte Verfallklausel würde die Übereignung, die zum Zweck der Sicherheit erfolgt ist, in einen dauerhaften Zustand überführen, der zum Zweck der Befriedigung das Eigentum beim Leasinggeber belässt. Letztlich handelt es sich um eine Verfallklausel im Rahmen einer Sicherungsübereignung, die diese vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit inhaltlich umgestaltet. Auf die Sicherungsübereignung sind die gesetzlichen Verwertungsvorschriften des Pfandrechts entsprechend anzuwenden, die einen öffentlichen Verkauf vorsehen. Wird dieses Verfahren durch die Klausel so umgestaltet, dass der Leasinggegenstand zur Verwertung beim Gläubiger verbleibt, ist das Verfallverbot gemäß § 1229 BGB analog anwendbar. Wieder entsteht der innere Zusammenhang durch die Bedingung der Nichtleistung. Wendete man das Verbot des Verfalls nicht an, träte neben die der Verfallklausel innewohnenden abstrakten Gefahr der Selbstüberschätzung des Leasinggebers eine weitere Gefahr. Je nach Ausgestaltung drohte dem Leasingnehmer der Verlust des Leasinggegenstands, ohne dass die bereits gezahlten Raten angerechnet würden. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist das Verbot des Verfalls anzuwenden, da es insbesondere den rechnungsfreien Verfall unmöglich macht. Die als Rechtsfolge vorgesehene Nichtigkeit der Verfallklausel berührt die Wirksamkeit der Sicherungsübereignung nur, sofern nach § 139 BGB eine Gesamtnichtigkeit notwendig erscheint. Das Gleiche gilt für die Rechte und Pflichten der Parteien innerhalb des Leasingvertrags. 1030

Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 28. Für Wolfsteiner tritt die Sicherungsübereignung an die Stelle einer Grundpfandsicherung, siehe: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 28. 1031

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In der anderen Variante wird dem Leasingnehmer lediglich eine Rückkaufsoption zugesprochen. Im Unterschied zur ersten Variante scheidet der Gegenstand vollständig aus dem Vermögen aus, da ein Rückerwerb nur optional angedacht ist. Die Rückkaufsoption ermöglicht dem Sicherungsgeber und Leasingnehmer, das Rechtsgeschäft des Rückkaufs durch einseitige Äußerung zustande zu bringen. Damit fällt das Eigentum nicht automatisch an den Leasingnehmer zurück, sodass die Übereignung nicht als ein Sicherungsinstitut wirkt. Vielmehr stellt sie ein dem Leasingnehmer zusätzlich zugestandenes Recht dar, das die Rückabwicklung zu neuen Konditionen (Verkehrswert zum Zeitpunkt des Rückkaufs) ermöglicht. Es entspricht einem schuldrechtlichen Anspruch, ein eigentlich auf Dauer angelegtes Verhältnis umzukehren. Auch wenn zusätzlich eine Verfallklausel verabredet wurde, die die Option unter die Bedingung der ordnungsgemäßen Leistung im Rahmen des Leasingvertrages stellt, wirkt sie wie eine schuldrechtlich verabredete Vertragsstrafe. In der Anwendung der angesprochenen Kriterien eines prinzipiell wirkenden Verfallverbots scheitert die Anwendung am pfandrechtsgleichen Recht.1032 Die Übereignung mit Rückkaufsoption hat keine dingliche Komponente, sondern entspricht einer schuldrechtlichen Rückabwicklung. Ebenso fehlt der innere Zusammenhang zwischen der zum Zweck der Sicherheit verabredeten dinglichen Sicherheit, die im Bedingungseintritt zum Zwecke der Befriedigung umgestaltet wird, und einer schuldrechtlich wirkenden Verfallabrede. Damit ist eine solche Abrede nicht wegen des Verfallverbots unwirksam. Umstritten ist für bewegliche Sachen, inwieweit solche Geschäfte nach § 34 Abs. 4 GewO ausgeschlossen sind, der den Ankauf von Sachen mit Gewährung eines Rückkaufsrechts für jedermann ausschließt. Ein Urteil des BGH geht in die Richtung, die Norm weit auszulegen.1033 Das „Sale-and-lease-back“-Verfahren stellt bei genauer Betrachtung keinen eigenen Anwendungsfall des Verfallverbots dar, sondern ist ein Unterfall des Verbots im Rahmen der Sicherungsübereignung. Die dort entwickelten Grundsätze sind, sofern die Leasingkonstruktion einer Sicherungsübereignung entspricht, auf das Verfahren anzuwenden. Ist die abstrakte Gefahr über eine durch Verfallklausel verstärkte Sicherungsübereignung gegeben, muss das Verfallverbot aus den bei der Sicherungsübereignung angesprochenen Gründen1034 angewendet werden. Das „Sale-and-lease-back“-Verfahren bietet keinen Ansatz, die Bestätigung eines allgemeinen Rechtsprinzips in Frage zu stellen.

1032 So im Ergebnis auch: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 28. 1033 Urteil des BGH vom 14. 05. 2009, Az. I ZR 179/07; so etwa die Leitsätze in NJW 2009, S. 3368 ff. Ebenso: Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 28. 1034 Siehe oben, unter: 4.

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8. Abgrenzung gegenüber anderen Vertragskonstruktionen Im Rahmen der Abgrenzung soll zunächst untersucht werden, warum grundsätzlich weder das Strafversprechen noch der Wiederkauf von einem prinzipienhaft wirkenden Verfallverbot erfasst sind. Zudem ist zu überlegen, ob in bestimmten rechtlichen Konstruktionen dennoch eine Anwendung geboten erscheint. a) Das Strafversprechen Das Strafversprechen ist im heutigen Recht als Ausdruck der Privatautonomie in Form der Vertragsstrafe in die §§ 339 – 343 BGB aufgenommen worden. Die historische Entwicklung zeigt, dass die Vertragsstrafe als Institut häufig als Sicherungsmittel genutzt worden ist, um als selbstständige Vertragsstrafe ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu sichern oder um einem bestimmten „Vertragsprogramm“ zur Durchsetzung zu verhelfen (unselbstständige Vertragsstrafe).1035 Der Grundfall des Strafversprechens sieht bei Zuwiderhandlung nach § 339 S. 1 BGB die Leistung einer Geldsumme durch den Versprechenden vor, jedoch kann nach § 342 BGB auch „eine andere Leistung“ Teil einer solchen Abrede werden. Folglich kann der Schuldner eines durch Strafversprechen zu „sichernden“ Anspruchs als Strafe einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung eines Gegenstands versprechen. Damit scheint auf den ersten Blick eine inhaltliche Nähe der verwirkten Strafe zur Verfallklausel zu bestehen.1036 Grundsätzlich ist das Strafversprechen aber nicht vom Prinzip des Verfallverbots erfasst, da es nur schuldrechtlich wirkt. Zudem kann in Einzelfällen eine Anwendung nur in Betracht kommen, wenn die Leistung, die als Strafe versprochen wurde, an die ursprüngliche durch Strafversprechen verstärkte Leistung tritt („datio in solutum“). Soll die Vertragsstrafe neben die eigentliche Leistung treten, ist auch hier keine Befriedigungswirkung zu erkennen. Wenn das Strafversprechen an die Stelle der Leistung tritt und mit einer dinglichen Sicherung wie einer Vormerkung oder einer Sicherungsübereignung verbunden wird, kann über eine Anwendung nachgedacht werden.1037 Die Vertragsstrafe träte dabei eigentlich nur als zusätzliche Abrede in einer schon durch §§ 1149, 1229 BGB nichtigen Vertragskonstruktion auf. Der ursprüngliche Mehrwert des Strafzwecks ginge im Rahmen des Befriedigungszwecks der dinglichen Sicherheit unter. Das Strafversprechen ist daher als selbstständiger Auslöser einer Verfallklausel aufgrund der fehlenden dinglichen Wirkung auszuklammern. Dass der BGH in seiner Rechtsprechung immer wieder Parallelen zur 1035 Zum historischen Hintergrund: Schlinker/Willoweit: Artikel: „Vertragsstrafe“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 858 – 860; Hermann, HKK, Bd. II.2, §§ 336 – 345, Rn. 11 – 45, jeweils m. w. N. 1036 So oben angedeutet und abgelehnt in Abschnitt G. unter dem Stichwort „zum Zweck der Befriedigung“. 1037 So auch im Ergebnis: Raape: Die Verfallklausel, S. 72 ff.

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Verfallklausel herstellt, beruht auf einer Fehlinterpretation des Schutzgedankens in den §§ 1149, 1229 BGB.1038 Eine analoge Anwendung der §§ 1149, 1229 BGB ist grundsätzlich auszuschließen. Nur in besonderen Fällen kann – wie BGHZ 130, 101 gezeigt hat – darüber nachgedacht werden, den Schutzgedanken des Verfallverbots auf eine schuldrechtliche Vertragsstrafe anzuwenden. Letztlich ist dies aber nur eine Lösung der „ultima ratio“, da ein Schutz nach § 138 Abs. 1 BGB mit einer eigenen Fallgruppe für schuldrechtliche Verfallklauseln eine dogmatisch vorzugswürdige Variante darstellt. In diesem Fall bestünde auch keine Regelungslücke, die über eine Analogie zu schließen wäre.1039 b) Der Wiederkauf Auch der Wiederkauf ist eine schuldrechtliche Konstruktion, die häufig in Verbindung mit einer grundpfandrechtlichen oder pfandrechtlichen Sicherung vom Verfallverbot des Verfalls erfasst werden kann.1040 Im heutigen Recht ist der Wiederkauf (§§ 456 – 462 BGB) als ein typischer Vertrag des besonderen Schuldrechts ausgestaltet, bei dem der ursprüngliche Kauf durch das einseitig auszuübende Recht des Verkäufers zum Wiederkauf „rückabgewickelt“ werden kann.1041 Dem Wiederkauf kommt keine dingliche Wirkung zu. Inhaltlich regelt das Gesetz das Innenverhältnis zwischen dem ursprünglichen Käufer und dem Wiederkäufer. Historisch wurde der Wiederkauf häufig im Zusammenhang mit der Wucherproblematik behandelt, da er zur Umgehung des kirchlichen Zinsverbots zur „gewerblichen“ Kreditvergabe genutzt wurde. Die Kaufsumme des „Käufers“ stellte nach der Vorstellung der Parteien eine Kreditsumme dar, die nach bestimmter Zeit zurückzugewähren war. Der Kreditnehmer kaufte nun zu einem genau bestimmten Zeitpunkt „seinen“ verkauften Gegenstand für eine (meist höhere) Geldsumme zurück.1042 Vor diesem Hintergrund trat die dingliche Verfügung als Sicherheit für den Kreditgeber hinzu, die auch im heutigen „Sale-and-lease-back“-Verfahren angedeutet wird. Jetzt konnte der Gläubiger ein Interesse daran haben, seine Position durch eine Verfallklausel zusätzlich zu verstärken. Diese Konstruktion wurde lange als Wucher bewertet und sollte die Nichtigkeit zur Folge haben, was jedoch in der Praxis häufig ignoriert wurde.1043

1038

1. e). 1039

Siehe oben, in Abschnitt G., zur Rechtsprechung des BGH in BGHZ 130, 101, unter:

Vgl. die Ausführungen in Abschnitt G., unter: 1. e) ee). Nachweise in der älteren Literatur: Raape: Die Verfallklausel, S. 69 – 71. 1041 Schmidt, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, § 456, Rn. 3 f. 1042 Im Gesamten: Ogris: Artikel: „Wiederkauf“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 1368 – 1370. 1043 Ogris: Artikel: „Wiederkauf“, in: Erler/Kaufmann, u. a., HRG, Bd. 5, Sp. 1369 f. 1040

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

Im heutigen Recht spielt der Wiederkauf als Finanzierungsinstrument keine Rolle, da seine gewerbliche Nutzung nach § 34 Abs. 4 GewO für jedermann verboten ist.1044 Für eine Anwendung des Verfallverbots müssen weitere Umstände hinzutreten, da ihm allein keine dingliche Wirkung zukommt. Der Wiederkauf ist demnach nur problematisch, wenn er mit einer dinglichen Sicherheit und einer mit dieser im inneren Zusammenhang stehenden Verfallklausel verbunden wird. In diesen Fällen handelt es sich aber um direkte oder bereits besprochene analoge Anwendungsfälle der §§ 1149, 1229 BGB.

9. Ergebnis Sofern man ein einheitliches Regelungskonzept des BGB unterstellt, bei dem die Normen aus dem Pfand- und Hypothekenrecht entsprechend und unter Berücksichtigung der Eigenarten auf die gesetzlich nicht ausgestalteten Sicherheiten angewendet werden, führt dies zu einer breiten Anwendung des Verfallverbots. Dieser Geltungsanspruch im Rahmen von Sicherungsübereignung und Sicherungszession, der auf den ersten Blick als Analogie möglich ist, zeigt hingegen, dass eine gesetzesnahe Auslegungsstruktur auch für das Verfallverbot eine umfassende normative Anwendung bedeutet. Im Grunde ist das Verfallverbot deskriptiv zu fassen und wegen der Rechtsnatur von Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung als bestehende Regelung mit den Pfandrechtsnormen zu übernehmen. Denn im Rahmen der gesetzlichen Konzeption kommt ihm eine wichtige Bedeutung zu, die bei der analogen Anwendung des gesetzlichen Verfahrens zwingend zu übernehmen ist. Erst die Überlegungen im Rahmen der Vormerkung zeigen, dass eine unmittelbare analoge Anwendung nicht ausreicht. Die vormerkungsgesicherte Verfallklausel zeigt, dass der Schutzgedanke für den Schuldner auch hier von Bedeutung ist. Jedoch muss die Wirkung des Verfallverbots angepasst werden, da die inhaltliche Änderung der Vormerkung an sich ausbleibt. Erst die Kombination aus Vormerkung und dem Zweck der Umgehung des Verfallverbots im Rahmen der Hypothek (§ 1149 BGB) rückt die vormerkungsgesicherte Verfallklausel als Anwendungsfall ins Blickfeld. Zwar kann auch hier mittels analoger Anwendung des Rechtsgedankens in § 1149 BGB Abhilfe geschaffen werden, aber es war Ziel dieser Arbeit, zu zeigen, dass ein anhand normativer Kriterien entworfenes Rechtsprinzips dem Verfallverbot eine Kontur geben kann, die es im weiten Rahmen anwendbar macht. Bestätigt wird das Konzept auch durch die mögliche Abgrenzung vom Strafversprechen und dem Wiederkauf. Der Vorschlag, ein allgemeines Verfallverbot im Wege der Rechtsfortbildung anzuerkennen, würde seiner Bedeutung gerecht, die ihm als Schuldnerschutznorm in dem jeweiligen Innenverhältnis angedacht ist. Addiert man die analogen Anwendungsfälle zu den gesetzlich bestimmten Regelungen in 1044

Schmidt, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB-Kommentar, § 456, Rn. 2.

H. Ein Rechtsprinzip des Verfallverbots mit normativer Anwendung?

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§§ 1149, 1229 BGB, lässt sich ein oben vorgestelltes Konzept formen, dem bei Fällen mit vergleichbarer Interessenlage eine normative Wirkung nicht abzusprechen ist.1045 Da ein Rechtsprinzip meist nur ein deskriptives und ein normatives Element verlangt, kann das Gebilde aus den notwendigen Analogien und der breiten, durch Auslegung gewonnenen Anwendung der Normen §§ 1149, 1229 BGB durchaus als ein „hinter den Normen stehendes Regelungskonstrukt“ bezeichnet werden. Die Bezeichnung als „Rechtsprinzip“ ist vom Gesetzgeber nicht verwendet worden.1046 Dies ist aber kein Hindernis, das Verfallverbot ausdrücklich als Rechtsprinzip durch Rechtsfortbildung zu entwickeln. Damit ist aus dogmatischer Sicht der Weg zu einem „Rechtsprinzip des allgemeinen Verfallverbots“, das sich stark an den gesetzlichen Normen der §§ 1149, 1229 BGB orientiert, bereitet. Hindern andere Aspekte die Annahme eines solchen Rechtsprinzips? Im folgenden Abschnitt sollen mögliche Einwände überprüft werden.

1045

schnitt. 1046

Siehe hierzu Abschnitt G. für die weite Auslegung und die Analogien in diesem AbSiehe dazu die Ausführungen in Abschnitt F.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

I. Die „Bestätigung“ des Verfallverbots? Der erarbeitete Ansatz entspricht – unter Einhaltung der in Abschnitt B. erarbeiteten Methodik – einem Akt der Rechtsfortbildung. Dogmatisch stellt sich die Frage, ob dem möglichen Rechtsprinzip andere Schranken entgegenstehen. Als Grundlage einer Bewertung sollen ökonomische Zusammenhänge betrachtet werden: Ist das Verbot des Verfalls ökonomisch notwendig? Lassen sich wirtschaftliche Zusammenhänge finden, die gegen ein Prinzip des Verfalls sprechen? Des Weiteren bleibt zu klären, ob ein mögliches Verfallprinzip mit der Wertordnung des Grundgesetzes vereinbar ist. Abschließend soll in einem kurzen Ausblick die Bedeutung des Verfallverbots über die Rechtsordnung hinaus für die Gesellschaft und ihre Volkswirtschaft beleuchtet werden.

1. Ökonomische Analyse der §§ 1149, 1229 BGB und eines Rechtsprinzips Gibt es aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften Bedenken, die gegen ein Prinzip des Verfallverbots sprechen? a) Die ökonomische Analyse des Rechts Die Ökonomie als Wissenschaft beschäftigt sich mit wirtschaftlichen Zusammenhängen. Ihr Ziel ist es, die Wirtschaft zu analysieren und in Modellen abzubilden, die Vorhersagen ermöglichen und zudem als Entscheidungsgrundlage für zukünftige Vorgänge dienen können. Das verwendete ökonomische Instrumentarium, das unter dem Stichwort der „Ökonomik“ auch auf andere Lebensbereiche angewendet werden kann, untersucht im Kern, wie sich das menschliche Entscheidungs- und Wahlverhalten unter der Annahme knapper Ressourcen verändert.1047 Für die Rechtswissenschaft ist die ökonomische Analyse des Rechts ein hilfreiches Instrument. Bei der Rechtsanwendung sind vor allem drei Bereiche interessant: der Bereich der teleologischen Auslegung, die Anwendung bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei den Grundrechten und bei Fragen der Normkonkretisierung.1048 Darüber hinaus ist die Ökonomik auch im Bereich der Rechtssetzung ein häufig 1047

Petersen/Towfigh: § 1, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 3. In allen diesen Aspekten unterstützt die ökonomische Analyse des Sachverhalts die juristische Anwendung einer oder mehrerer Rechtsnormen unter Effizienzgesichtspunkten. Wie kann etwa der Normzweck im Rahmen der teleologischen Auslegung am effizientesten umgesetzt werden? Wie können bei konkurrierenden Grundrechtspositionen die Vor- und Nachteile der betroffenen Akteure auch monetär berechnet werden? Wie sollten konkretisierungsbedürftige Normen, wie etwa der Fahrlässigkeitsmaßstab im § 276 Abs. 1 BGB, in bestimmten Konstellationen ausgelegt werden? Siehe hierzu ausführlich: Petersen/Towfigh: § 1, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 19 – 39, m. w. N. 1048

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genutztes Instrument. Zum einen sollen die Folgen einer Rechtsgestaltung nach wirtschaftlichen Kriterien abgeschätzt werden und zum anderen kann untersucht werden, wie das gesetzgeberisch gewünschte Ziel durch wirtschaftliche Anreize optimal erreicht wird.1049 Zwar ist die Ökonomie – und damit auch die Ökonomik – stark von der Mathematik geprägt, dennoch handelt es sich nicht um eine Naturwissenschaft. Ähnlich wie die Rechtswissenschaft bedarf die Ökonomik eines Grundmodells, das auf bestimmten Annahmen beruht. Folglich ist zu überlegen, welche Ausrichtung (bzw. Schule) bei der ökonomischen Betrachtung herangezogen werden sollte. Bewährt hat sich in diesem Zusammenhang die „(Neue) Institutionenökonomik“ (NIÖ)1050, die die wirtschaftliche Methode auf sogenannte „Institutionen“ anwendet. Institutionen sind in diesem Sinne weit gefasst. „Unter einer Institution verstehen wir generell einen Vertrag oder ein Vertragssystem, eine Regel oder ein Regelsystem, jeweils inklusive ihrer Durchsetzungsmechanismen, durch den oder die das Verhalten von Individuen kanalisiert wird. … Institutionen verschiedener Art bilden somit den Rahmen individuellen Handelns. Änderungen des Rahmens, d. h. der Institutionen, ziehen folglich Verhaltensänderungen nach sich, die mit dem typischen ökonomischen Instrumentarium analysiert werden können.“1051

Die NIÖ beschäftigt sich mit drei Säulen. Die erste Säule fasst die „Institutionen der Wirtschaft“ zusammen, wobei insbesondere die „Prinzipal-Agent-Theorie“ und die „Transaktionskostenökonomik“ als Grundlage dienen. Die zweite Säule bilden die „Institutionen des Rechts“. Sie fußt maßgeblich auf der wirtschaftswissenschaftlichen „Theorie der Verfügungsrechte“ und analysiert die Durchsetzungsmechanismen. Die dritte Säule stellen die „Institutionen der Politik“ dar, welche auf der Analyse der „Verfassungsökonomik“ und der „Neuen Politischen Ökonomik“ beruhen.1052 Anders als vermutet wird dabei das ökonomische Standardmodell, wie es etwa die Neoklassik propagiert, nicht in Frage gestellt, sondern um die genannten Theorien

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Petersen/Towfigh: § 1, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 40 – 42, m. w. N. 1050 Der Begriff der Institutionenökonomik leitet sich vom Hauptuntersuchungsgegenstand der „Institution“ ab. „Neu“ ist diese Schule in Abgrenzung zur älteren Bewegung des 19. und 20. Jahrhunderts. Teilweise wird dieser Zusatz jedoch wieder bestritten, da sich das Vorgehen etabliert habe. Siehe etwa die Umbenennung eines Hauptwerks in der zweiten Auflage, das bisher den Titel „Neue Institutionenökonomik“ trug: Erlei/Leschke/Sauerland: Institutionenökonomik, S. 26 – 49. 1051 Siehe: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 22, dort auch die Zitate. Ebenso: Richter/Furubotn: Neue Institutionenökonomik, S. 7. Diese merken an, dass die Definition der „Institution“ innerhalb der noch in der Entwicklung befindlichen Wissenschaft weit zu fassen sei, um keine Systeme aufgrund formalistischer Definition auszuschließen. 1052 Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 43, wobei hier die Säule der „Institutionen des Rechts“ in den beiden anderen integriert ist.

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ergänzt.1053 Diese Grundannahmen der Ökonomik sind wesentlich, um eine Anwendung auf die Rechtswissenschaft zu verstehen. Das wohl gängigste Konstrukt, um das menschliche Verhalten in Knappheitssituationen zu analysieren, ist das Homo-oeconomicus-Modell. Nach diesem hat der sogenannte „Homo oeconomicus“1054 als fiktiver Akteur eigene Präferenzen, die als gegeben und konstant anzusehen sind. Eine Präferenz beschreibt bei konkurrierenden Gütern die Bewertung, ein Gut einem anderen Gut vorzuziehen.1055 Ziel des Akteurs ist es, mittels des Gutes den eigenen Nutzen zu maximieren, der in der Befriedigung seines Bedürfnisses liegt. Dem Individuum steht dafür ein Handlungsraum zur Verfügung, der alle möglichen Handlungsalternativen umfasst. Dieser wird durch Handlungsrestriktionen beschränkt, die zum „ökonomisch relevanten Problem der Knappheitsbewältigung“1056 und zu einer notwendigen Entscheidung des einzelnen Akteurs führen. Die Wahl des Akteurs ergibt sich aus dem Zusammenspiel dieser Präferenz und dieser Restriktionen.1057 Das einzelne Individuum hat ein Bündel von Präferenzen, die sich aufgrund der Knappheitssituation der Mittel nicht alle gleichzeitig verwirklichen lassen. Präferenzen zeichnen drei Eigenschaften aus: Die Präferenz führt zu einer Unersättlichkeit des Bedürfnisses. Die Präferenzen des Individuums sind konsistent geordnet: Es ließe sich also eine genaue Liste erstellen, welche Präferenz einer anderen vorgezogen würde, sodass widerspruchsfreie und eindeutige Ergebnisse möglich sind. Zuletzt sollen Präferenzen konstant sein, d. h., sie verändern sich nicht. Diese Definition der Präferenzen führt dazu, dass Verhaltensänderungen nur auf Veränderungen der den Handlungsraum definierenden Restriktionen zurückgeführt werden können. Mithin führt nur die Veränderung von Kosten und Hindernissen, die der Erfüllung eines Bedürfnisses im Wege stehen, zu einer Verhaltensänderung.1058 Eng damit verknüpft ist das Individualprinzip. Im Kern enthält es zwei Aussagen. Zum einen richtet das Individuum sein Handeln an den eigenen Präferenzen aus (Selbstinteresse/Egoismus), sodass das Wohlergehen anderer Personen nicht Teil seiner Entscheidungsgrundlage ist. Zum anderen stellen die eigenen Präferenzen den 1053

So etwa: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 14, mit Verweis auf: Samuelson: Economic Theory and Experimental Economics, in: Journal of Economic Literature 43, S. 65–107. Die Autoren vertreten den Ansatz, dass nicht die Rationalität in Zweifel zu ziehen ist, sondern nicht alle „informellen Restriktionen“ Berücksichtigung gefunden haben. 1054 Der Begriff, der in etwa „Wirtschaftsmensch“ bedeutet, geht inhaltlich auf den englischen Nationalökonomen John Stuart Mill (1806 – 1878) zurück, siehe zur Wortherkunft: Persky: Retrospectives: The Ethology of Homo Economicus, in: The Journal of Economic Perspectives 9, S. 221 ff. 1055 Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 2; Voigt: Institutionenökonomik, S. 20 f. 1056 Zitat nach: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 3. 1057 Towfigh: § 2, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 67; ebenso: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 2. 1058 Voigt: Institutionenökonomik, S. 20 f.; Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 4.

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einzigen Referenzpunkt für Beurteilungen im Rahmen von Problemlösungen dar. Andere Bewertungsmaßstäbe müssen daher bei der Wahl des Individuums ausscheiden und werden nicht berücksichtigt. In der Ökonomik wird dabei der Fokus stets auf einzelne Zusammenhänge knapper Güter gelegt (Prinzip der Problemorientierung), sodass die übrigen nicht relevanten Aspekte aus dem erstellten Modell ausscheiden.1059 Die Vorstellung, dass ein Individuum nur durch beschränkende Restriktionen gehemmt ist, funktioniert im Modell nur, wenn es sich streng rational verhält (Rationalitätsprinzip). Es wird unterstellt, dass jeder Akteur ein KostenNutzen-Kalkül anwendet, auf dessen Grundlage er den größtmöglichen Nutzen für sich entdeckt und diese Antwort auf das Problem der Knappheitsbewältigung anwendet. Das Individuum strebt damit rational und vorhersehbar die Nutzenmaximierung an.1060 Zusammengefasst bedeutet dies, dass ein rational handelndes Individuum bei der Veränderung der Restriktionen feststellt, dass sich seine Kosten verändern und es zur Nutzenmaximierung sein Verhalten anpassen muss. Das Modell wird letztlich um zwei weitere Aspekte ergänzt. Das „Prinzip der Nicht-Einzelfall-Betrachtung“ besagt, dass die Aussagen der Ökonomik nie konkrete Beziehungen Einzelner beschreiben, sondern abstrakte Zusammenhänge erfassen. Kurz: In der entsprechenden Situation würden die meisten Individuen entsprechend handeln.1061 Das Prinzip des „methodologischen Individualismus“1062 unterstellt, dass sich auch in sozialen Systemen (Gruppen, Gesellschaften, Unternehmen, Organisationen) alle Eigenschaften durch die jeweils in den Systemen enthaltenen Individuen ergeben. Vereinfacht ausgedrückt, sind die Ergebnisse dieser kollektiven Ebene Konsequenzen der individuellen Entscheidungen.1063 Dieses ökonomische Standardmodell wird durch die Schule der NIÖ abgeändert, was insbesondere für die ökonomische Analyse des Rechts interessant ist.1064 So 1059 Siehe im Gesamten: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 3. Dies ist der häufigste Ansatzpunkt für Kritik. Letztlich kann man über ein stark begrenztes Modell die Bedeutung einzelner Restriktionen nicht abschließend klären. Damit könnte man bestimmte Zusammenhänge auch als modellkonforme Vermutung abtun. Harmloser formuliert, aber in diese Richtung gehend: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 3 f. Häufig wird dies auch als „Ceteris-paribus-Annahme“, die Annahme, dass alles andere gleich bleibt, bezeichnet, siehe: Towfigh: § 2, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 72. 1060 Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 4 f.; ebenso: Richter/Furubotn: Neue Institutionenökonomik, S. 3 f. 1061 Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 5 f. 1062 Der Begriff geht zurück auf: Schumpeter: Das Wesen und der Hauptinhalt der theoretischen Nationalökonomie, S. 88 f.; siehe hierzu: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 6, Fn. 4, mit Verweis auf: Vanberg: Die zwei Soziologien: Individualismus und Kollektivismus in der Sozialtheorie, S. 86, Fn. 4. 1063 Richter/Furubotn: Neue Institutionenökonomik, S. 2; Voigt: Institutionenökonomik, S. 21 f. 1064 Siehe etwa die Ausführungen in: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 294337, m. w. N.

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werden nach der Theorie der Verfügungsrechte (Property Rights) einem Gut, über dessen eigentlichen Marktwert1065 hinaus, mittels sogenannter „Verfügungsrechte“ zusätzliche Kostenstrukturen beigefügt.1066 Dies beruht auf der Idee, dass externe Effekte und die Rechtsstruktur der Rechtsordnung auf das Verhalten der einzelnen Individuen Einfluss nehmen. Die Institution des Rechts wirkt mit ihren Normen durch sogenannte „Transaktionskosten“ auf die Entscheidungen der Individuen ein. Anders als der neoklassische Ansatz erkennt die NIÖ die ökonomische Bedeutung des Rechts an. Das Argument für diesen neuen Ansatz scheint der rechtsphilosophischen Strömung des Utilitarismus entlehnt.1067 Denn in der Annahme, dass einzelne Individuen ihren eigenen Vorteil ohne Rücksicht auf andere maximieren würden, führte dies in der Gesamtbetrachtung zur Reduzierung des Nutzens für alle. Einschlägige Werke verwenden in Anlehnung an Thomas Hobbes (1588 – 1679)1068 den Begriff des „Hobbes’schen Dschungels“ für diesen Zustand. Erst der Schutz der Rechtsordnung gebietet diesem Zustand Einhalt. Dazu müssen Regeln, die die Verfügungsrechte schützen, rechtmäßige Handlungen fördern und unrechtmäßige Handlungen angemessen sanktionieren.1069 Ökonomisch sieht sich das einzelne Individuum mit zwei Kostengrößen konfrontiert: den Kosten, die ihm bei Nichteinhaltung der Rechtsnormen drohen, und den Kosten, die zur Aufrechterhaltung der Rechtsordnung notwendig sind. Nach der mathematischen Theorie lassen sich aus diesen Annahmen Formeln konstruieren, die sich als Kurve darstellen lassen.1070 Eine solche Kurve gäbe die errechneten „optimalen“ Kosten an, die ein staatliches System aufwenden muss, um die Sanktionen und die Entdeckungswahrscheinlichkeit für 1065 Nach der ökonomischen Theorie bildet sich der Wert eines Guts immer im Verhältnis zu einem anderen, dabei steht die Bewertung in „Geld“ für ein in alle anderen Güter transformierbares Gut. Der Preis eines Guts ergibt sich durch das ökonomische Gleichgewicht von „Angebot“ und „Nachfrage“, die sich auf einem „Markt“ bilden. Siehe hierzu: Morell: § 3 – Nachfrage, Angebot und Märkte, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, S. 45 – 82. 1066 Diese Definition der Verfügungsrechte umfasst: „die Nutzung (usus), die Veränderung (abusus), das Recht auf Aneignung der Erträge aus der Nutzung des Gutes (usus fructus) sowie das Recht auf Veräußerung des Gutes.“ – zitiert nach: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 293 f. Dort w. N. Grundlagen hierzu finden sich bei: Buchanan: Die Grenzen der Freiheit; Furubotn/Pejovich: Property Rights and Economic Theory: A Survey of Recent Literature, in: Journal of Economic Literature 10, S. 1137 – 1163; am Anfang führend: Demsetz: The Exchange and Enforcement of Property Rights, in: Journal of Law and Economics 7, S. 11 – 26; Demsetz: Some Aspects of Property Rights, in: Journal of Law and Economics 9, S. 61 – 70; Demsetz: Toward a Theory of Property Rights, in: The American Economic Review 57, S. 347 – 359. 1067 Dabei spielt insbesondere die Idee der Gesamtnutzenmaximierung von Jeremy Bentham (1748 – 1832) eine Rolle, siehe: Rüthers/Fischer/Birk: Rechtstheorie, Rn. 379 f. Zu Bentham: Stolleis: Juristen. Ein biographisches Lexikon, Artikel: „Bentham, Jeremy“, S. 79 ff. 1068 Über Thomas Hobbes mit Lebensdaten: Stolleis: Juristen. Ein biographisches Lexikon, Artikel: „Hobbes, Thomas“, S. 294 ff. 1069 Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 296. 1070 So etwa bei: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 300 f., Abbildung 5.1.

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unrechtmäßige Handlungen sicherzustellen. Dabei ist die optimale Rate der unrechtmäßigen Handlungen nicht „null“, sondern positiv, da sich die umfassende und vollständige Bekämpfung der unrechtmäßigen Handlungen als ein „ökonomisch unsinniges Ziel darstellt“.1071 Die Kosten hierfür würden die Kosten, die durch Nachteile der unrechtmäßigen Handlungen entstehen, überwiegen. Ob ein solches Modell tatsächlich zutreffende Voraussagen treffen kann, muss offenbleiben, da weitere Faktoren, die zu unrechtmäßigen Handlungen führen können, nicht berücksichtigt werden. Dass die Verfügungsrechte eine gewisse Stabilität aufweisen, kann auf die Kapitalguteigenschaft des Rechts und seine Komplexität zurückgeführt werden.1072 Danach profitiert eine funktionierende Rechtsordnung von einer relativen Konstanz der Verfügungsrechte, die dem Einzelnen das Planen und Entscheiden erleichtert und mögliche Konflikte juristisch vorhersehbar und damit gleichzeitig ökonomisch berechenbar macht. Diese Transparenz stellt über die Transaktionskosten einen Wert an sich dar, die Kapitalguteigenschaft. Diese würde durch häufige Rechtsänderungen erschüttert, da Unsicherheiten und ökonomische Ineffizienzen die Folge wären. Damit einher geht die Komplexität der Rechtsordnung, die durch das Zusammenwirken der unzähligen Rechtsnormen eine schnelle Veränderung der Rechtsordnung kaum möglich macht. Letztlich muss jede Änderung durch die politischen Akteure eingeleitet werden, die, da sie sich in der politischen Sphäre („politischer Markt“) behaupten müssen, nur bei politischer Nachfrage aktiv werden.1073 Damit lässt sich festhalten, dass die Rechtsordnung über die Transaktionskosten auf die Entscheidung des Individuums einwirkt, was sich mittels der Theorie der Verfügungsrechte als „Kostenstruktur“ des Rechts ökonomisch darstellen lässt. Einen kritischeren Ansatz vertritt die der neoklassischen Schule zugeordnete Theorie von Ronald Coase.1074 Er bewertet das Recht anders. Er versucht aufgrund der hohen Kosten, die das Recht nach dem Transaktionskostenmodell verursacht, einen anderen Lösungsvorschlag. Konflikte, bei denen ökonomische Entscheidungen des einen Individuums negativ auf den Bereich eines anderen Individuums einwirken (externe Effekte), seien unabhängig von Transaktionskosten zu lösen. Anhand seines Farmer-Rancher-Beispiels stellt Coase vor, dass es neben dem Verursacherprinzip weitere Möglichkeiten zur Regulierung von Interessenkonflikten gibt. Idee ist nicht die regulatorische Verhinderung des externen Effekts mittels eines umfassenden gesetzlichen Verbots, sondern die Kompensation des „Geschädigten“ 1071

Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 301. Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 302 f. mit Verweis auf: Buchanan: Die Grenzen der Freiheit, S. 153 ff.; Hayek: Recht, Gesetz und Freiheit, Bd. I, Regeln und Ordnung, S. 133 ff. 1073 Zu denken wäre etwa an eine Änderung der Interessenlage aufgrund anderer gesellschaftlicher Ereignisse. Dazu im Gesamten: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 302 ff. 1074 Coase: The Problem of Social Cost, in: Journal of Law and Economics 3, S. 1 – 44. Bzgl. der Einordnung, siehe: Richter/Furubotn: Neue Institutionenökonomik, S. 15. 1072

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durch den „Schädiger“. Dies hat zur Folge, dass eine „dezentrale Verhandlungslösung“ grundsätzlich zu den besten Lösungen führen soll (Coase-Theorem). Bei diesem Modell werden hingegen die Transaktionskosten der Rechtsordnung meist nicht berücksichtigt. Die NIÖ möchte das Coase-Theorem dennoch berücksichtigen und zieht aus diesem eigene Schlussfolgerungen. Es lassen sich drei Kernthesen ableiten, die wie folgt zusammengefasst werden: 1. „Eine vollständige Reduktion externer Effekte durch staatlichen Zwang dürfte in den meisten Fällen eine pareto-inferiore Maßnahme1075 sein. 2. Auch bei Auftreten von Transaktionskosten lassen sich externe Effekte bisweilen ohne staatliche Regelung internalisieren. 3. Lassen Transaktionskosten eine staatliche Regelung notwendig erscheinen, so muss diese keinesfalls in einer einfachen Anwendung des naiven Verursacherprinzips bestehen; andere Arrangements können sich als pareto-superior1076 erweisen.“1077 Für den Normgeber bedeutet gerade der dritte Ansatz, dass sich bei widerstreitenden Interessen von zwei Akteuren eine Regulierung an den Opportunitätskosten der Beteiligten zu orientieren hat. Im engeren Sinne wird unter Opportunitätskosten entgangener Nutzen verstanden, der durch die bestmögliche alternative Verwendung des wirtschaftlichen Guts hätte entstehen können.1078 Stehen sich zwei alternative rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten gegenüber, sollte eine Entscheidung getroffen werden, die kostengünstiger für die Akteure ist. Vereinfacht ausgedrückt: Es soll die dezentrale Verhandlungslösung des Coase-Theorems simuliert werden, wobei sich in der Rechtsnorm zukünftig der vom konkreten Einzelfall losgelöste, abstrakte Lösungsansatz verbergen soll.1079 An diese Idee angelehnt, hat sich die sogenannte Gesetzesfolgeabschätzung (GFA) entwickelt, die eine Form der Kosten-NutzenAnalyse der Rechtssetzung beinhaltet.1080 Auch bei der Suche nach einem in der Rechtsordnung enthaltenen Rechtsprinzip stellt sich die Frage, ob ein solches Prinzip notwendig ist oder ob eine „dezentrale Verhandlungslösung“ nach einer ökonomi1075 Der Begriff des „pareto-inferioren“ Zustands geht auf die nach Vilfredo Pareto (1848 – 1923) benannte Effizienzbeurteilung zurück. Ein Zustand ist „pareto-inferior“, wenn im Vergleich zu einem anderen Zustand eine Verbesserung möglich ist. Nach der Definition ist dies der Fall, wenn sich der Nutzen für mindestens einen Akteur erhöhen lässt. Siehe hierzu: Towfigh: § 2, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 90. 1076 „Pareto-superior“ ist der Gegenbegriff zu „pareto-inferior“ in Fn. 1075. Ist der Nutzen für mindestens einen Akteur erhöht, ist der Zustand „pareto-superior“ zum vorhergehenden Zustand. Ebenfalls: Towfigh: § 2, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 90. 1077 Zitat nach: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 309. 1078 Schäfer/Ott: Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 53. 1079 Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 311. Dort der Verweis auf: Fritsch/Wein/Ewers: Marktversagen und Wirtschaftspolitik. 1080 Dazu ein Schaubild bei: Erlei/Sauerland/Leschke: Neue Institutionenökonomik, S. 311. Die Autoren wollen die prospektive GFA (pGFA), die begleitende GFA (bGFA) und die retrospektive GFA (rGFA) unterschieden wissen.

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schen Kosten-Nutzen-Analyse nicht vorzugswürdig erschiene. Diese ist in einem Vergleich der Opportunitätskosten zu ermitteln. Zur Beurteilung, ob ein Zustand „besser“ als ein anderer ist, werden unterschiedliche Beurteilungsmaßstäbe herangezogen: die bereits angesprochene ParetoEffizienz und das Kaldor-Hicks-Kriterium. Wesentlicher Unterschied zwischen beiden ist die Bewertung der Nutzenverteilung. Während nach Pareto ein Zustand nur dann einem anderen überlegen ist, wenn – neben der Voraussetzung, dass ein Akteur einen Vorteil erhält – kein anderer schlechter gestellt wird,1081 wird dies nach Nicholas Kaldor und John Hicks nicht verlangt.1082 Nach diesen ist lediglich eine allgemeine Wohlfahrtssteigerung notwendig. Sie liegt vor, wenn theoretisch durch die Vorteile der Bessergestellten die Nachteile der Schlechtergestellten ausgeglichen werden können und zudem der Gesamtnutzen der Akteure größer ist als in dem zu vergleichenden Zustand.1083 b) Anwendung auf die Normen der §§ 1149, 1229 BGB Bei der Frage nach einem Rechtsprinzip des Verfallverbots stellt sich im Bereich der ökonomischen Analyse die Frage, ob eine solche Regelung notwendig ist. Vorab ist auf die zutreffende Kritik hinzuweisen, dass – wie bei den meisten Rechtsfragen – empirische Daten fehlen1084 und eine Anwendung nur auf der Grundlage von theoretischen Beispielen erfolgen kann. Zwar gilt das Verfallverbot bereits für die in §§ 1149, 1229 BGB ausdrücklich geregelten Fälle, während die Anwendung auf ähnliche Fälle noch breit diskutiert wird.1085 Jedoch ist diese weitreichende Differenzierung für die ökonomische Ana1081

Dabei wohnt nach der Pareto-Effizienz das Kriterium der „Einstimmigkeit“ aller Akteure inne. Das heißt, jeder Akteur hat beim Vergleich mehrerer Zustände ein Vetorecht, falls er nicht zumindest „gleichgestellt“ (indifferent) ist. Kritisiert wird dieser Maßstab, da eine Umverteilung von Gütern stets ausgeschlossen ist. Siehe hierzu ausführlich m. w. N.: Towfigh: § 2, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 89. 1082 Das Kaldor-Hicks-Kriterium geht auf die Schriften der beiden Autoren zurück: Kaldor: Welfare Propositions of Economic and Interpersonal Comparisons of Utility, in: The Economic Journal 49, S. 549 – 552; Hicks: The Foundations of Welfare Economics, in: The Economic Journal 49, S. 696 – 712. 1083 Nach Kaldor/Hicks bleibt es bei einer theoretischen Entschädigung, da eine tatsächliche Entschädigung die Wohlfahrtsgewinne aufzehren würde. Daneben wird die monetäre Berechnung der Entschädigung kritisiert. Siehe hierzu ausführlich: Towfigh: § 2, in: Towfigh/ Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 93 ff. 1084 Siehe etwa Möllers mit dem Hinweis auf die Diskussion, dass sich eine positive Verhaltenssteuerung nicht eindeutig nachweisen lasse und es nur in Einzelfällen Studien gebe. Andererseits sei aber keine positive Widerlegung möglich, vgl.: Möllers: Juristische Methodenlehre, § 5, Rn. 132, m. w. N. 1085 Zu den gesetzlich geregelten Fällen siehe Abschnitt G., die Ausgestaltung eines möglichen Verfallverbots findet sich in Abschnitt H. und die von einem Prinzip erfassten Fälle werden in Abschnitt I. dargestellt.

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lyse nicht notwendig. Nach dem im ökonomischen Modell vorgesehenen Prinzip der Problemorientierung soll vereinfacht der Zustand „A“ – ohne Verbot des Verfalls – dem Zustand „B“, der die gesetzliche Normierung für die anderen Sicherheiten übernimmt, gegenübergestellt werden. Beiden Zuständen ist die Möglichkeit gemein, Ansprüche durch dingliche Sicherheiten zu besichern. Lediglich die Form der Verwertung der Sicherheiten für den Fall der Nichtbefriedigung des Gläubigers ist im Zustand „B“ im Sinne des Prinzips des Verfallverbots auf die gesetzliche Verwertung beschränkt. Der Zustand „A“ ist davon geprägt, dass die beiden Akteure, Gläubiger und Schuldner, in Form einer dezentralen Verhandlung über die Verwertungsform bestimmen können. Sie haben die Wahl, ob die Verwertung einer dinglichen Sicherheit durch Verfall oder durch die gesetzliche Versteigerung erfolgen soll. Die Variante des Verfalls ist für diese Betrachtung die interessante, da die gesetzliche Verwertung der Variante dem Zustand „B“ entspräche und sich nicht von diesem unterscheiden würde. Nur die Möglichkeit, den Verfall als Ausnahme zu vereinbaren, wenn dies aus ökonomischer Sicht kosteneffektiver ist, stellt den für die ökonomische Analyse relevanten Vorgang dar. Daher sind die Transaktionskosten für den Zustand „A“, die durch die Verwertung des Sicherungsguts durch Verfall anfallen, den Transaktionskosten für eine Verwertung nach gesetzlicher Form, wie sie im Zustand „A“ als Entscheidungsalternative und im Zustand „B“ als alleinige Auswahlmöglichkeit besteht, gegenüberzustellen. Damit nach der Vorstellung der NIÖ eine Regelung – hier in Form eines Rechtsprinzips – sinnvoll ist, dürften die Opportunitätskosten der beiden Akteure (Gläubiger und Schuldner) bei Bestehen eines solchen Prinzips nicht höher sein als ohne ein entsprechendes Prinzip des Verfallverbots. aa) Kosten des Zustands „A“ – Kosten des Verfalls Der Gläubiger erhält den Gegenstand zu Eigentum, dies geschieht nicht durch ein Verpflichtungsgeschäft, sondern tritt mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit der besicherten Forderung ein. Dabei kommt es darauf an, um welchen Gegenstand es sich handelt. Bei beweglichen Sachen lassen sich die Kosten nur sehr schwer einschätzen. Beim Erwerb der beweglichen Sache durch den Gläubiger fallen keine festen Kostengrößen an. Dies unterstellt natürlich, dass den Parteien eine „private“ Abwicklung ohne die Inanspruchnahme der hoheitlichen Rechtsdurchsetzungsorgane gelingt. Andernfalls sind die Kosten nicht seriös abzuschätzen, denn letztlich befände man sich in der hoheitlichen Vollstreckung, die gerade als Gegenmodell gegenübergestellt werden soll. Es soll unterstellt werden, dass die Parteien rational eine „private Abwicklung“ wählen. Das Gleiche gilt auch bei einem zwecks Verwertung vorgenommenen eigenhändigen Verkauf der Sache an einen Dritten. Handelt es sich sowohl bei der Person des Gläubigers (als neuem Eigentümer der Sache) als auch bei der Person des Erwerbers um Privatpersonen, können die Kosten sehr gering ausfallen. Falls hingegen bestimmte Freibeträge überschritten werden oder auf Seiten

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des Veräußerers (dem ehemaligen Gläubiger) „Unternehmen“ im weiteren Sinne auftreten, können unter Umständen Kosten wie Einkommens- (bzw. Körperschaftssteuer), Gewerbe- oder Umsatzsteuer anfallen.1086 Diese können nur sehr schwer auf den einzelnen Erwerbsvorgang heruntergebrochen werden, da sie sich am Gesamtertrag der handelnden Person orientieren. Vereinfacht gesagt, kann lediglich die Umsatzsteuer mit 19 % (§ 12 Abs. 1 UStG) für jeden „steuerpflichtigen Umsatz“ (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), der als Bemessungsgrundlage dient, angerechnet werden. Möchte man die Kosten für die Verwertung bestimmen, bleibt ein genaues Ergebnis zwar vage, es ließe sich aber zusammenfassen, dass der Verfall einer beweglichen Sache als sehr kostengünstige Verwertungsform beurteilt werden kann. Bei unbeweglichen Sachen treten Kosten zur Übertragung der Sache auf. Zu denken wäre etwa an die Grunderwerbsteuer, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG auch an den dinglichen Vertrag der Auflassung nach §§ 925, 873 BGB anknüpft und zudem entsprechende Notarkosten nach sich zieht, die sich ebenfalls an dem Wert des Grundstücks als Bemessungsgrundlage orientieren. Möchte der Gläubiger den Gegenstand veräußern, um den dem Grundstück zugrundeliegenden Wert zu erhalten, müsste er einen eigenhändigen Verkauf organisieren. Der Kaufpreis bestimmt sich über die genaue Höhe der anfallenden Kosten, jedoch lassen sich bestimmte Posten annähernd pauschalisieren. Häufig anfallende Maklerkosten sind in ihrer Höhe beim Grundstücksverkauf nicht gesetzlich festgelegt, sie belaufen sich auf die ortsübliche Vergütung (§§ 652, 653 BGB). Naturgemäß können diese Gebühren stark schwanken, lassen sich aber nach einer Faustregel zwischen 3 und 6 % des Kaufpreises taxieren, sodass sich mit der meist entfallenden Mehrwertsteuer Kosten zwischen 3,57 und 7,14 % ergeben. Je nach Bundesland können diese Kosten unterschiedlich zwischen Grundstückskäufer und -verkäufer aufgeteilt werden.1087 Um einen Verkauf zu ermöglichen, müssen gesetzliche Formvorschriften eingehalten werden, durch die zusätzlich Notar- und Grundbuchkosten entstehen. Diese hängen konkret außer von der rechtlichen Gestaltung (etwa einem Kaufvertrag) von den Vermögen der beteiligten Personen und dem Grundstückswert ab. Schätzungen gehen von einem Betrag von ca. 1 % bis 1,5 % des zugrundeliegenden Betrags aus.1088 Zusätzlich fällt auch hier die bereits erwähnte Grunderwerbsteuer nach den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG genannten Tatbeständen an und ist nach § 11 Abs. 1 GrEStG mit einem Betrag von 3,5 % der Bemessungsgrundlage (etwa der Kaufpreissumme) zu 1086

Etwa nach dem EStG, dem KStG, dem GewStG und dem UStG. Diese Grenzen sind nicht gesetzlich festgelegt, finden sich aber auch in der Rechtsprechung wieder: siehe für 3,57 % das Urteil des LG Frankenthal vom 09. 03. 2017: Az.: 7 O 370/16, juris-Rz. 9; für die 7,14 % das Urteil des LG Frankfurt vom 22. 01. 2016, Az.: 12 O 236/ 14, juris-Rz. 1. 1088 Der genaue Betrag bestimmt sich ausschließlich nach den Gebührentiteln im Gerichtsund Notarkostengesetz (GNotKG), § 17 Abs. 1 S. 1 GNotKG. Schätzung nach Angaben der Bundesnotarkammer, Online-Ressource, abgerufen am 05. 02. 2021, unter: https://www.notar. de/themen/notarkosten/beispiele. Dort werden für eine Wohnung in Höhe von 160.000 E ca. 1,2 % des Kaufpreises kalkuliert. Ähnlich mit einem Wert von 100.000 und 200.000 E siehe: Diehn: Notarkostenberechnungen, Rn. 210 ff., 220 ff. 1087

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berechnen. Anzumerken ist, dass den Bundesländern seit dem 01. 09. 2006 nach Art. 105 Abs. 2a S. 2 GG „die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer“ zukommt und damit auch höhere Steuersätze möglich sind.1089 Für den ersten Eigentumsübergang der unbeweglichen Sache vom Schuldner an den Gläubiger fällt durch Verfall dementsprechend die Grunderwerbsteuer der Bemessungsgrundlage nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG (ab 3,5 %) an, ergänzt um die geschätzten Notar- und Grundbuchkosten (ca. 1 %). Insgesamt macht dies ca. 3,5 % bis 7,5 % des Grundstückswerts aus. Möchte der Gläubiger darüber hinaus die unbewegliche Sache verkaufen, fallen zusätzliche Kosten an. In der Variante des eigenhändigen Verkaufs des Grundstücks sind dies „Nebenkosten“ von ca. 8,07 % (unter Annahme der niedrigsten Zahlen) bis ca. 15,14 % (Annahme der höchsten Zahlen), die auf der Grundlage der Kaufpreissumme zusätzlich zu entrichten wären. Diese Kosten können zwar teilweise auf den Käufer umgelagert werden, dürften aber dann den zugrundeliegenden Kaufpreis verringern. Umgekehrt entfallen durch die Verwertungsform des Verfalls jegliche Kosten für die gesetzliche Versteigerung. Verbleibt der Gegenstand beim Gläubiger, fallen sehr geringe Kosten an. Überschlägt man die Zahlen für eine Weiterveräußerung (eigenhändiger Verkauf) großzügig, wäre für die Verwertung beweglicher Sachen mit einer Kostenlast von ca. 20 % zu rechnen. Bei einer entsprechenden „Verwertung“ einer unbeweglichen Sache käme man, stark gerundet, auf eine Belastung von ca. 13 % bis 21 % der Wertgrundlage. bb) Kosten des Zustands „B“ – Kosten der gesetzlichen Verwertung Die Verwertung im Zustand „B“ erfolgt durch die im Gesetz vorgesehene Form. Die klassische Form stellt die Zwangsversteigerung der ZPO dar (ab §§ 704 ff. ZPO). Es hängt stark davon ab, „in was“ und „weswegen“ vollstreckt wird. Um eine Vergleichbarkeit zu erreichen, soll der Einfachheit halber „wegen“ einer Geldforderung in „bewegliches Vermögen“ – genauer „in körperliche Sachen“ (§§ 808 ff. ZPO) – und „in unbewegliches Vermögen“ (§§ 864 ff. ZPO, ergänzt durch das ZVG) vollstreckt werden. Damit entfallen für den Gläubiger im ersten Schritt die oben berechneten Belastungen für einen rechtsgeschäftlichen Erwerb der Sache und einen entsprechenden eigenhändigen Verkauf an einen Dritten. Das Verfahren zur Verwertung beweglicher Sachen wird durch den Gerichtsvollzieher als zuständiges Vollstreckungsorgan betrieben. Er vollstreckt und verwertet die körperliche Sache. Entsprechend fallen Kosten nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz (GvKostG) an, die nach einer Anlage zu § 9 GvKostG mittels einer Gebührentabelle berechnet werden. Bei einer einfachen Verwertung durch Versteigerung fallen abhängig vom Aufwand, grob geschätzt, Gebühren von ca. 52,00 E bis 72,00 E an. Ist die Sache zusätzlich aus dem Gewahrsam des 1089 Fast alle Bundesländer haben von dieser Abweichungskompetenz Gebrauch gemacht, sodass der Satz der Grunderwerbsteuer deutschlandweit zwischen den ursprünglichen 3,5 % (Bayern und Sachsen) und maximal 6,5 % (etwa Schleswig-Holstein und NRW) schwankt.

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Schuldners zu entfernen, können weiter die Kosten einer Pfändung anfallen (ca. 26,00 E).1090 Zwar sind die Kosten grundsätzlich durch den Schuldner zu begleichen, jedoch muss der Gläubiger in Vorleistung treten, § 4 Abs. 1 S. 1 GvKostG. Die Verwertung durch Verkauf in öffentlicher Versteigerung (§ 814 Abs. 1 ZPO) erfolgt nach dem Verfahren der ZPO. Im Rahmen des gesetzlichen Verfahrens können nur solche Gebote den Zuschlag erhalten, die die Hälfte des gewöhnlichen Verkaufswertes erreichen. Sie stellen das Mindestgebot im Sinne des § 817a Abs. 1 S. 1 ZPO dar. Bei der Verwertung von beweglichen Sachen fallen also feste Gebühren für die Durchführung des Verfahrens an. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass die Sache deutlich unter ihrem Wert veräußert werden muss. Dieses Risiko kann als Kostenfaktor bis zu 50 % des Wertes der Sache ausmachen. Die gesetzliche Verwertung einer unbeweglichen Sache erfolgt nach dem Institut der Zwangsversteigerung. Dabei wechselt ein Grundstück im Rahmen eines öffentlichen Versteigerungstermins durch Zuschlag den Eigentümer. Der Zuschlag für das Meistgebot ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG durch die Grunderwerbsteuer erfasst (3,5 % bis 6,5 %), wobei die Höhe des Meistgebots als Bemessungsgrundlage dient. Zudem fallen Grundbuchkosten (ca. 0,5 % des Meistgebots) zur Änderung des Rechtszustands und die durch das Amtsgericht erhobene Zuschlagsgebühr (ca. 0,5 % des Meistgebots) an, die zusammen etwa mit ca. 1 % des Meistgebots zu Buche schlagen.1091 Wesentlicher Kostenfaktor ist zudem die Gestaltung der Gebote. Deren Mindesthöhe wird durch ein Wertgutachten bestimmt, das als Grundlage der Versteigerung dient. Der in diesem Gutachten festgelegte Wert des Grundstückes legt, ergänzt um die oben erwähnten Verfahrenskosten (Zuschlagsgebühr), fest, dass ein Angebot mindestens 5/10 (50 %) dieser Summe als Mindestgebot erreichen muss. Erreicht kein Gebot diese Summe, ist der Zuschlag von Amts wegen zu versagen § 85a Abs. 1 ZVG. Wenn kein Angebot die 7/10 (70 %) des ermittelten Grundstückswerts erreicht, haben die Gläubiger das Recht, niedrigeren Angeboten durch Antrag den Zuschlag verweigern zu lassen (§ 74a ZVG). Wird vom Antragsrecht im ersten Termin Gebrauch gemacht, gelten die entsprechenden Grenzen für folgende Versteigerungstermine nicht mehr. Damit kann in einem späteren Termin ein Zuschlag auch unter der Wertgrenze von 50 % zustande kommen. Die Gebühren und Kosten für eine Zwangsversteigerung liegen damit bei 4,5 % bzw. 7,5 % des Meistgebotes. Im ersten Moment erscheint dies günstig, jedoch können sich sehr hohe Verwertungskosten auf der Seite der Ersteigerungsangebote ergeben. Nach der 1090 Dies ist eine grobe Schätzung aus den Gebührentiteln 300 (Versteigerung, Verkauf oder Verwertung in anderer Weise) in Höhe von 52,00 E und Titel 205 (Bewirkung einer Pfändung) in Höhe von 26,00 E. Zusätzlich können weitere Gebührentitel dazukommen, wie beispielsweise Zeitzuschläge (Titel 500: Zeitzuschlag i. H. v. 20,00 E). 1091 Schätzung nach Überschlag auf einen Grundstückswert von 100.000 E. Rechtsgrundlagen für „Grundbuchkosten“ für die Eigentümereintragung §§ 3, 34, 69 GNotKG i. V. m. Anlage 1, Gebührentitel 14110; für die „Zuschlagsgebühr“ §§ 3, 34, 54 GKG i. V. m. Anlage 1, Gebührentitel 2214.

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gesetzlichen Konzeption können die erreichten Meistgebote weit hinter dem Wert des Grundstücks zurückbleiben, sodass sich im äußersten Fall ein Minderwert von über 50 % einstellt. Anders ausgedrückt können bei dieser Verwertungsform Kosten von über 50 % des Grundstückwertes auftreten. Schon die Materialien bestätigen die Einschätzung, dass in öffentlichen Verkaufsverfahren die Verwertungsergebnisse häufig nur bei 50 % des Wertes lagen.1092 Die gesetzliche Versteigerung schließt zwar einen Verkauf zu einem dem Wert entsprechenden Entgelt nicht aus, jedoch ist dies erfahrungsgemäß eher ein Ausnahmefall. Die Form der Zwangsversteigerung schafft ein hohes Risiko, dass ein Gegenstand für weniger als 50 % des Wertes veräußert wird. Zwar ist die Veräußerung von unbeweglichen Gegenständen auch nach dem freien Verkauf mit dem Risiko verbunden, dass der Wert des Grundstücks nicht erreicht wird. Der Gläubiger kann als Eigentümer dennoch anders über das Grundstück verfügen. Er ist flexibel, wann und unter welchen Umständen er die Veräußerung vornehmen möchte, um etwa Preisschwankungen auszusitzen oder den Wert des Grundstücks durch Investitionen zu steigern. Vergleicht man die beiden Zustände abschließend, lässt sich feststellen, dass die eigentlichen Kosten für die „dezentrale Verhandlungslösung“ nach Zustand „A“ denen der starren gesetzlichen Regelung im Zustand „B“ aus ökonomischer Sicht vorzuziehen sind. Dies liegt nicht an den fixen Kosten des gesetzlichen Verfahrens, die bei beweglichen Sachen mittels gut kalkulierbarer Gebührentatbestände berechnet werden und bei unbeweglichen Sachen letztlich „nur“ ca. 4,5 % bis 7,5 % des Meistgebots ausmachen. Vielmehr ist es das wirtschaftliche Risiko auf der Seite der Versteigerungsangebote, deren gesetzliche Untergrenze lediglich bei 50 % des eigentlichen Werts liegen kann. Durch die starre Ausgestaltung des Verfahrens ist die Zwangsversteigerung sowohl für den Gläubiger als auch für den Schuldner nicht interessant. Der Gläubiger wird die Sicherheiten des Schuldners geringer bewerten, was den Schuldner nötigt, höhere Sicherheiten zu bestellen. Umgekehrt liegen die Kosten der „privaten“ Abwicklung zwar mit ca. 20 % höher als bei der gesetzlichen Verwertung, jedoch kann gerade der Gläubiger aus seiner Stellung als Eigentümer oder Verfügungsberechtigter anders handeln. Das wirtschaftliche Risiko stellt sich in der Gesamtbetrachtung als geringer dar. Der Schuldner profitiert umgekehrt davon, dass die von ihm bestellten Sicherheiten höher zu bewerten sind, er also wirtschaftlich flexibler ist und mehr Kredit erhalten kann.

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„Nach den heutzutage bei Veräußerungen von Pfändern gemachten Erfahrungen kann man geneigt sein, die Grenze auf die Hälfte des Schätzungswerthes herabzusetzen; […]“ zu § 201 E I, dem heutigen § 237 BGB. Zwar bezieht der sich auf die Sicherheitsleistung einer beweglichen Sache, dennoch ist eine Tendenz zu erkennen. Siehe: Mugdan: Die gesamten Materialien zum BGB, Bd. 1, Einführung und AT, S. 565; Raape: Die Verfallklausel, S. 31.

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cc) Ergebnis des Vergleichs Eine ökonomische Bewertung kommt zu dem Ergebnis, dass Zustand „A“ dem Zustand „B“ sowohl nach der Theorie von Pareto als auch nach dem Kaldor-HicksKriterium überlegen ist, da der höhere Nutzen, den Gläubiger und Schuldner durch die Kostenersparnis haben, auch in Anbetracht der partiell höheren Fixkosten die hohen wirtschaftlichen Risiken der Verwertungsvariante des Zustands „B“ ausgleicht. Unter Berücksichtigung der ökonomischen Prämissen wäre es den Marktteilnehmern überlassen, in Form der „dezentralen Verhandlungslösung“ selbst zu bestimmen, inwieweit sie diese Verpflichtungen eingehen. Die Entscheidung zur Bestellung einer Sicherheit, um eine Forderung abzusichern, ist nur notwendig, wenn der Schuldner die Verbindlichkeit wirklich benötigt. Er würde es nach der Rationalitätsannahme und dem Eigennutztheorem nur tun, wenn es ihm nutzt. Die Wahrscheinlichkeit, in den vollen Verlust des verpfändeten Guts einzuwilligen, ließe sich mit einer Verteuerung der Kosten der Verfallklausel berücksichtigen, die der Schuldner bei seiner Entscheidung berücksichtigen kann. Damit würde eine allgemeine Kostenreduzierung sowohl für den Schuldner als auch für den Gläubiger für die Verabredung der Verfallabrede als Verwertung sprechen, während im Fall des Zahlungsausfalls der nicht gewollte Verlust des Pfandgegenstands eine entsprechende Verteuerung der Entscheidungsmöglichkeit zulasten des Schuldners zur Folge hätte. Die Notwendigkeit eines Verbots des Verfalls besteht hiernach nicht, da es die Transaktionskosten unnötig erhöht. c) Kritik durch die Verhaltensökonomie Dem Gesetzgeber ging es, wie oben herausgearbeitet, darum, den Schuldner zu schützen. Wie passt dies in die ökonomische Analyse? Am besten kann der scheinbare Widerspruch mit den Ansichten der neuen Schule der Verhaltensökonomie erklärt werden. Anders als nach der reinen ökonomischen Theorie mit ihren oben beschriebenen Grundannahmen führt die Berücksichtigung weiterer Erkenntnisse aus anderen Wissenschaften zu einer Erweiterung des Modells.1093 Im Mittelpunkt soll die aus dem anglo-amerikanischen Bereich stammende Strömung der „Behavioral Law and Economics“ stehen. Diese besteht aus drei Komponenten und möchte im Zusammenspiel von kognitiver Psychologie, Ökonomik und Elementen der Rechtswissenschaften ein neues Bild der Ökonomie zeichnen. Die kognitive Psychologie bietet durch ihre Untersuchungen des Gehirns einen neuen Blick auf die Verhaltensweisen der Menschen, die mitunter stark von denen im ökonomischen Standardmodell abweichen. Trotzdem sollen die ökonomischen Grundlagen, bis das Ziel eines neuen Verhaltensmodells erreicht ist, nicht verworfen werden. Vielmehr 1093 Auch Juristen schätzen dieses Bild, siehe hierzu: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 479 ff.; Fleischer/ Zimmer u. a.: Beitrag der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) zum Handels- und Wirtschaftsrecht.

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wird von einer „tiefergehenden Modifikation des Standardansatzes“ gesprochen.1094 Nach dem Standardmodell sorgt ein autonomes Marktverhalten für effiziente Ergebnisse. Eingriffe des Staates sind nur notwendig, wenn hohe Transaktionskosten (wie etwa ein Marktversagen) den freien Austausch auf dem Markt beeinträchtigen.1095 Erstaunlicherweise wirken sich viele kognitive Phänomene wie Transaktionskosten aus und können so im Standardmodell berücksichtigt werden. Man wandelt die Rationalität letztlich zu einer Art „Quasi-Rationalität“ ab, überspitzt wird auch der Begriff der „berechenbaren Irrationalität“ verwendet.1096 Nach Jolls, Sunstein und Thaler lassen sich die kognitiven Anomalien in drei Gruppen von Beschränkungen („three bounds“) einordnen: erstens die Phänomene des beschränkten Eigeninteresses (bounded self-interest), zweitens die beschränkte Rationalität (bounded rationality) und drittens Beschränkungen der Willensstärke bzw. der Selbstdisziplin (bounded willpower).1097 Es ließ sich in Experimenten belegen, dass einzelne Akteure nicht ausschließlich von der Maximierung des eigenen Nutzens beherrscht sind, sondern gewisse Fairnessnormen in ihrem Verhalten berücksichtigen.1098 Die Gründe lassen sich nicht eindeutig identifizieren, es spricht aber einiges dafür, dass es sich um ein „Prinzip der Gegenseitigkeit“1099 handelt. Dieses Prinzip wirkt bei ökonomischen Entscheidungen wie eine Einschränkung des im Homo-oeconomicus-Modells enthaltenen Eigennutztheorems, die sich verkürzt mit den folgenden Worten zusammenfassen lässt: „Wie du mir, so ich dir“. Dass es sich beim „Prinzip der Gegenseitigkeit“ nicht um eine feste ökonomische Größe handelt, lässt sich durch die Manipulierbarkeit der 1094 Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 489. 1095 Towfigh/Petersen: Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 149 ff., 491. 1096 Begriffe als Übersetzung nach den Arbeiten von: Thaler: Quasi rational economics und Ariely: Predictably irrational; siehe zudem: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 482, 494 ff., 503 ff., 539 ff. 1097 Jolls/Sunstein/Thaler: A Behavioral Approach to Law and Economics, in: Stanford Law Review 50, S. 1471, 1476; Beschreibung in: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 493. 1098 Etwa das Ultimatum-Spiel, bei dem einem Akteur aufgetragen wurde, eine Geldsumme zwischen sich und einer anderen Person aufzuteilen, belegt eine Durchbrechung der Eigennutzenmaximierung. Die andere Person hatte das Recht, das Angebot zurückzuweisen, was regelmäßig geschah, wenn das Angebot unter einem Drittel der aufzuteilenden Summe lag. Nach dem Homo-oeconomicus-Modell hätte erwartungsgemäß der entscheidende Akteur ein möglichst niedriges Angebot offerieren und der annehmende Akteur seinerseits jede Summe annehmen müssen. Siehe: Güth/Schmittberger/Schwarze: An Experimental Analysis of Ultimatum Bargaining, in: Journal of Economic Behavior and Organizsation 3, S. 367 ff. Ähnliche Ergebnisse brachte das sogenannte „Diktator-Spiel“, dass zu ähnlichen Ergebnissen kam, selbst wenn der einseitig Entscheidende nicht die Ablehnung des Angebots befürchten musste, siehe: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 497. 1099 Begriff nach Axelrods spieltheoretischer Analyse, siehe: Axelrod: Die Evolution der Kooperation; ebenso: Gintis: Game theory evolving; Verweis durch: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 498.

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Ergebnisse belegen, wenn der Bezugsrahmen verändert wird.1100 In der Rechtswissenschaft werden diese „Fairnessnormen“, die sich ökonomisch als Fairnesspräferenzen einbeziehen lassen, auch mit der Idee der positiven Generalprävention in Verbindung gebracht. Dies hat zur Folge, dass effiziente ökonomische Vorgänge durch rechtliche Gestaltungen verändert werden können, um diesen Fairnessaspekten Rechnung zu tragen.1101 Auf einer zweiten Ebene lassen sich zudem viele kognitive Effekte belegen, die, in Abweichung von der Rational-Choice-Vorstellung, eine Beschränktheit der Rationalität nahelegen. Einzelne Akteure waren nur zu einer begrenzten Rationalität in Bezug auf zukünftige Ereignisse fähig und schätzten bedingte Wahrscheinlichkeiten falsch ein.1102 Dies kann bei der Urteilsbildung, d. h. der Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten, mit denen ein ungewisses Ereignis eintrifft, und bei der Entscheidung, der Auswahl zwischen unterschiedlichen Wahlmöglichkeiten, Auswirkungen zeigen. Auf Ebene der Urteilsbildung spielen die sogenannten Heuristiken eine besondere Rolle. Kognitiv stellen sich diese „Daumenregeln“ als Fähigkeit dar, mit begrenzten Informationen und unter Zeitdruck zu wahrscheinlichen und praktikablen Lösungen zu kommen. Evolutionär waren diese kognitiven „Vereinfachungen“ notwendig, um in einer komplexen Welt überlebensnotwendige Entscheidungen in begrenzter Zeit zu treffen. Diese Regeln weichen unter bestimmten Umständen jedoch stark von den tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten ab, was sich als Verzerrungen in verschiedenen Experimenten nachweisen ließ.1103 Neben der Fehleinschätzung gegenwärtiger Vorgänge sind auch sogenannte „Rückschaufehler“ (hindsight bias) zu erkennen, die vergangene Phänomene betreffen. Verzerrt wird die eigene Einschätzung der 1100

Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 494 – 502. 1101 Ausführlich hierzu: Magen: Fairness, Eigennutz und die Rolle des Rechts., in: Engel/ Englerth, u. a., Recht und Verhalten, S. 261 ff. Matthew Rabin hat versucht, die Wirkungen dieses Effekts als Steuer mathematisch zu berücksichtigen: Rabin: Incorporating Fairness into Game Theory and Economics, in: American Economic Review 83, S. 1281 ff. Als Beispiel für den Effekt dient etwa der Schwarzhandel: er ist zwar ökonomisch effizient, aber aus Fairness rechtlich verboten, siehe: Jolls/Sunstein/Thaler: A Behavioral Approach to Law and Economics, in: Stanford Law Review 50, S. 1471, 1510 ff. 1102 Fleischer/Schmolke/Zimmer: Verhaltensökonomik als Forschungsinstrument für das Wirtschaftsrecht, in: Fleischer/Zimmer, u. a., Beitrag der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) zum Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 9, 11, 59 ff.; Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 503 ff. 1103 Gerade im Bereich der Verfügbarkeitsheuristik (availability heuristic) und der Repräsentationsheuristik (representativeness heuristic) ließen sich Verzerrungen erkennen, hierzu ausführlich: Kahneman/Tversky: Subjective Probability: A Judgment of Representativeness, in: Cognitive Psychology 3, S. 430 ff.; Kahneman/Slovic/Tversky: Judgment under uncertainty, S. 23 ff. Dass auch Juristen nicht gefeit sind vor diesen Phänomen, belegt etwa eine Untersuchung zum Sexualstrafrecht: Schweizer: Kognitive Täuschungen vor Gericht, S. 133 f. Begriff der „Daumenregel“, nach: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 507.

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Wahrscheinlichkeit, nachdem ein ursprünglich ungewisses Ereignis eingetreten ist. Kurz: Ein eingetretenes Ereignis wird nach dessen Eintritt (ex post) für wahrscheinlicher gehalten als davor (ex ante).1104 Zuletzt wird die Urteilsbildung durch das Phänomen „überzogener Optimismus und selbstwertdienliche Verzerrungen“ beeinträchtigt, das man verkürzt auch als „Wunschdenken“ beschreiben könnte. Ein erwünschtes Ergebnis führt dazu, dass ein Akteur die statistische Wahrscheinlichkeit bestimmter Ereignisse falsch einschätzt. In Experimenten wurde nachgewiesen, dass abstrakte Risiken zwar erkannt werden konnten, diese wurden jedoch nicht auf die eigene Entscheidungssituation bezogen.1105 Hinzu kommt die Tendenz zur „systematischen Selbstüberschätzung“. Zum einen fehlt die Fähigkeit, das eigene Können objektiv zu beurteilen („overconfidence bias“)1106, zum anderen zeigt sich die Fehleinschätzung, worauf ein bestimmtes Ereignis zurückzuführen ist. Man spricht vom sogenannten „self-serving bias“ („selbstwertdienliche Verzerrung“), worunter die Beobachtung gefasst wird, dass Individuen Erfolge gerne auf die eigene Leistung zurückführen, während Misserfolge mit externen Faktoren in Verbindung gebracht werden.1107 Je nach Ausgestaltung der Situation führen die kognitiven Verzerrungen damit zu einer völligen Fehleinschätzung von Wahrscheinlichkeiten. Bedenklich ist dies vor allem, da auf der Grundlage der „Urteilsbildung“ eine rationale Entscheidung gestützt werden sollte. Auch auf der Ebene der Entscheidung setzen sich kognitive Verzerrungen fort. In mehreren Studien zeigte sich das Phänomen des Ankereffekts (anchoring), wonach Einschätzungen stark von Informationen abhängig gemacht wurden, die grundsätzlich nicht Teil der eigentlichen Entscheidung waren. Die Testpersonen neigten trotz gleicher Entscheidungssituationen zu unterschiedlichen Antworten, wenn die angegebene Referenzgröße unterschiedlich war.1108 Im Widerspruch zum Rational1104

Ein berühmtes Experiment für diesen Effekt: Fischhoff: Hindsight (is not equal to) Foresight: The Effect of Outcome Knowledge on Judgment Under Unvertainty, in: Journal of Experimental Psychology 1, S. 288 ff. Siehe zudem: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 512 f.; im juristischen Kontext Belege in der Justiz: Guthrie/Rachlinski/Wistrich: Inside the Judicial Mind, in: Cornell Law Review 86, S. 777 ff.; Hastie/Schkade/Payne: Juror Judgments in Civil Cases: Hindsight Effects on Judgments of Liability for Punitive Damages, in: Law an Human Behavior 23, S. 597 ff. 1105 Weinstein: Unrealistic Optimism About Future Life Events, in: Journal of Personality and Social Pyschology 39, S. 806 ff.; Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 514. 1106 Deffenbacher: Eyewitness Accuracy and Confidence, in: Law and Human Behavior 4, S. 243 ff.; Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 515. 1107 Miller/Ross: Self-Serving Biases in the Attribution of Causality: Fact or Fiction?, in: Psychological Bulletin 82, S. 213 ff.; Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 516. 1108 Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 521 – 525; Tversky/Kahneman: Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases, in: Science 185, S. 1124 ff.; Englich/Mussweiler: Sentencing Under Un-

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Choice-Ansatz griffen die Probanden demnach auf Informationen zurück, die keinen brauchbaren Mehrwert für die Entscheidung boten. Ähnlich wirkt eine Verzerrung, die als „Aversion gegen Extreme“ (extremeness aversion)1109 bezeichnet wird. So tendieren Personen bei einer Entscheidung zwischen mehreren Auswahlmöglichkeiten zur „Mitte“ und lassen sich durch das Hinzutreten weiterer Entscheidungsmöglichkeiten beeinflussen. Während bei zwei Alternativen andere Umstände die Wahl entscheiden, lässt sich beobachten, dass, sobald eine dritte Möglichkeit hinzutritt, die mittlere als „Kompromiss“ instinktiv bevorzugt wird. Im Ergebnis spricht dies gegen die im Standardmodell propagierte feste Präferenzordnung, da diese in Wirklichkeit stark von äußeren Umständen (dem Kontext) abhängig ist.1110 Weitere Verzerrung der angeblich festen Präferenzordnung deckt die Prospect Theory auf.1111 Sie gibt eine mathematische Antwort auf mehrere kognitive Verzerrungen, die sich unter anderem im „Besitzeffekt“ (endowment effect), der „Verlustaversion“ und dem sogenannten „status quo bias“ gezeigt haben. Grundsätzlich betreffen all diese kognitiven Anomalien die Beobachtung, dass Menschen einen Zustand anders bewerten, wenn sie sich konkret in diesem befinden. So wird etwa einem eigenen Gegenstand ein höherer Wert zugeschrieben (Besitzeffekt), als ihm in der objektiven Bewertung zukommen sollte. Ebenso verändert sich die Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, abhängig davon, ob man sich im Bereich des Gewinns oder des Verlusts befindet (Verlustaversion). Bei Entscheidungen scheint der Referenzpunkt meist der gegenwärtige Status quo zu sein, sodass für eine Veränderung stärkere Anreize notwendig sind, als nach dem Standardmodell zu erwarten gewesen wäre (status quo bias).1112 Zuletzt soll die Manipulationsmöglichkeit des „Framing“ erwähnt werden. Darunter versteht man die bewusste Manipulation des Referenzpunkts, sodass unterschiedliche Entscheidungen zustande kommen, je nachdem, ob der Ausgangslage ein positiver oder ein negativer Referenzpunkt zugrunde liegt.1113 Ist der Rahmen certainty: Anchoring Effects in the Courtroom, in: Journal of Applied Social Psychology 31, S. 1535 ff. 1109 Begriff und Erklärung in: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/ Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 526 – 528, m. w. N. 1110 Höchst interessant: Kelman/Rottenstreich/Tversky: Context-Dependence in Legal Decision Making, in: Journal of Legal Studies 25, S. 287 ff. In dieser Studie sollten Probanden ein „Tötungsdelikt“ kategorisieren. In der ersten Gruppe war zwischen „qualifiziertem Mord“, „Mord“ und „vorsätzlicher Tötung“ auszuwählen, in der zweiten standen „Mord“, „vorsätzliche Tötung“ und „fahrlässige Tötung“ zur Auswahl. Die Mehrheit in beiden Gruppen tendierte zur Mitte. In der ersten Gruppe bedeutete dies „Mord“ in der zweiten „vorsätzliche Tötung“. Diesen Effekt bestätigt auch: Schweizer: Kognitive Täuschungen vor Gericht, S. 256 ff. 1111 Diese Theorie wurde von Daniel Kaneman und Amos Tversky entwickelt: Kahneman/ Tversky: Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk, in: Econometrica 47, S. 263 – 291; Kahneman/Tversky: Advances in Prospect Theory: Cumulative Representation of Uncertainty, in: Journal of Risk and Uncertainty 5, S. 297 – 323. 1112 Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 529 – 534, m. w. N. 1113 Dies wurde von Kahneman und Tversky durch ein Experiment entwickelt, bei dem die Probanden entscheiden mussten, welche Methode zur Rettung von 600 Personen geeignet war.

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(frame) negativ, zieht der Einzelne die riskantere Entscheidung vor. Auch in der Normgestaltung von Ge- und Verboten lässt sich diese Risikoneigung beeinflussen.1114 Die letzte zu betrachtende kognitive Anomalie findet sich auf der Ebene der „beschränkten Selbstdisziplin“. Letztlich beleuchtet sie das bereits bekannte Phänomen der von dem Standardmodell abweichenden Präferenzordnung aus einer anderen Perspektive. Es handelt sich um einen auch im Alltag zu beobachtbaren Konflikt zwischen „langfristigen Präferenzen“ und „kurzfristigen Präferenzen“, der im Homo-oeconomicus-Modell so nicht vorkommen kann. Hiervon abweichend können Präferenzen widersprüchlich sein, sodass etwa der kurzfristige Konsum in der Gegenwart attraktiv erscheint, aber mit Abstand und mit Blick auf die Zukunft bereut wird. Die Verhaltensökonomik versucht dies durch die Idee des „Gegenwartsbias“ (present bias) zu fassen, der sich als Überbewertung des sofortigen Konsums darstellt.1115 Als Lösung sieht ein Teil der Verhaltensökonomik die Möglichkeit der Selbstbindung, um in der Zukunft erstrebte Zustände nicht durch gegenwärtiges Verhalten zu gefährden. Ob der Mensch grundsätzlich zu einer solchen Einschätzung der zukünftigen Bedürfnisse fähig ist, wurde aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive noch nicht abschließend geklärt.1116 In der Gesamtbetrachtung all dieser Phänomene muss der Eindruck entstehen, dass die Vorhersagen des Standardmodells erheblich verzerrt sein dürften. Anders als bei sonstigen Transaktionskosten gefordert, kann es nicht die Aufgabe des Staates Bei einem negativen Referenzpunkt (es drohten mehr Todesopfer) entschieden sie sich für das riskantere Vorgehen, bei einem positiven (es drohten weniger Todesopfer) für die sicherere Version, Tversky/Kahneman: Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases, in: Science 185, S. 1124 ff.; so auch: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 535. 1114 Englerth und Towfigh führen dies an Steuererhebungsmodellen aus. Bei diesen lässt sich beobachten, dass die Steuererklärung, sofern die Steuer vor dem Erhalt des Lohns erhoben wird, weniger häufig manipuliert wird, als wenn die Steuerverpflichtung erst nach Erhalt der Entlohnung zu errechnen und zu begleichen ist. Begründet wird dies mit der Risikobereitschaft innerhalb des negativen Frames: Verluste an dem zu erleiden, was bereits erhalten wurde, lässt die Akteure risikobereiter handeln. Andererseits ist der Einzelne beim positiven Frame, der Rückzahlung der bereits gezahlten Steuern, weniger risikobereit. Siehe: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 536. 1115 Das entwickelte Modell wird als „(quasi-)hyperbolische Abzinsung“ bezeichnet und weicht von der Ökonomik ab, die, um dieses Phänomen zu berücksichtigen, das Standardmodell mittels mehrerer Präferenzsysteme abänderte. Der bekannteste Ansatz stammt von: Laibson: Golden eggs and hyperbolic discounting, in: Quarterly Journal of Economics 112, S. 443 – 447. Siehe hierzu ausführlich: Fleischer/Schmolke/Zimmer: Verhaltensökonomik als Forschungsinstrument für das Wirtschaftsrecht, in: Fleischer/Zimmer, u. a., Beitrag der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) zum Handels- und Wirtschaftsrecht, S. 26 f. 1116 Als Beispiel wird die Spielsucht angeführt, bei der die Möglichkeit, besteht sich bei den Kasinos mittels eines „Selbstausschlusses“ der Gefahrensituation zu entziehen. Unter dem Begriff des „Selbstpaternalismus“ wird dies als mögliche Regelungsalternative für andere Bereiche, wie etwa den Alkoholkonsum, vorgeschlagen. Siehe hierzu: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 543.

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sein, diese umfassend durch Regulierung zu überwinden. Die Strömung der „Behavioral Law and Economics“ überträgt die Bewertung der Erkenntnisse der kognitiven Psychologie auf den normativen Bereich. Es sei Aufgabe der wertenden Rechtswissenschaft, die negativ wirkenden kognitiven Phänomene zu selektieren und nur diesen durch Normen abzuhelfen.1117 Mit dieser Erkenntnis muss auch die Gestaltung der §§ 1149, 1229 BGB ökonomisch neu bewertet werden. Nach dem ökonomischen Standardmodell erschließt sich die Regelung der Problematik nicht. Berücksichtigt man aber die Abweichungen des menschlichen Verhaltens vom Idealbild des Homo oeconomicus durch die oben beschriebenen kognitiven Prozesse, zeigt sich das Bedürfnis von einer anderen Seite. Gegen das Risiko der Selbstüberschätzung und der falschen Beurteilung der eigenen Situation richtet sich die gesetzliche Vorstellung, dem Schuldner zum Selbstschutz bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit keine Verfügungsmöglichkeit über die Verwertung und die inhaltliche Gestaltung des gesetzlichen Verwertungsverfahrens zu geben. Das Verbot schützt den Schuldner vor Fehlentscheidungen, die im Bereich der Urteilsbildung und der Entscheidung auftreten können. Ihm wird nicht zugetraut, vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit zu beurteilen, wie wahrscheinlich der Umstand des Zahlungsausfalls ist. Ein überzogener Optimismus und selbstwertdienliche Verzerrungen hindern ihn möglicherweise an einer „objektiven“ Einschätzung. Auf der Ebene der Entscheidung lässt die „Verlustaversion“ vermuten, dass er höhere Risiken eingeht, um den „Status quo“ aufrechtzuerhalten, da er sich im Verlust befindet und sein gegenwärtiges „Eigentum“ (Besitzeffekt) zu hoch bewertet. Abschließend könnte auch ein Konflikt langfristiger und kurzfristiger Präferenzen drohen, da ein Zustand der Gegenwart (Kreditnot) einer künftigen Situation (Risiko des Verfalls bei Nichtbefriedigung) gegenübergestellt wird. Die gesetzliche Regelung des Verfallverbots verhindert die Selbsttäuschung des Schuldners bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit, da er nicht zu seinen Lasten über die inhaltliche Ausgestaltung der dinglichen Sicherheiten verfügen kann. Das gesetzliche Verwertungsmodell wird wiederum als ausreichend bewertet, die Interessen der Parteien zu berücksichtigen. Erst nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit wird den Parteien gestattet – sicher auch zur möglichst effizienten Verwertung des Pfandgegenstands – von der gesetzlichen Grundvorstellung abzuweichen. Anders ausgedrückt, ab diesem Zeitpunkt können die Akteure die für sie kostengünstigste Transaktion wählen, da insbesondere dem Schuldner keine für ihn schädlichen Heuristiken „im Wege“ stehen. Eine solche Gestaltung übernimmt die Rechtsordnung auch in anderen Bereichen, bei denen die Dispositionsfreiheit der Rechtsinhaber ex ante stärker beschränkt wird als ex post.1118 Die Gefahr der Selbstüberschätzung ist bereits in den historischen Vorbildern angedeutet und tritt insbesondere

1117 Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 491. 1118 Siehe etwa: § 311b Abs. 2 BGB, § 89 Abs. 4 S. 1 HGB oder § 476 Abs. 1 S. 1 BGB.

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bei Voet ganz deutlich hervor, die die trügerische Hoffnung des Schuldners ausdrücklich benennt.1119 Sicher ließe sich vorbringen, dass die Umstände der einzelnen Sicherungsrechte nicht identisch sind, dennoch spricht nach der ökonomischen Betrachtung unter dem Ansatz der „Behavioral Law and Economics“ einiges dafür, dass die Norm notwendig ist. Unter der Prämisse des methodologischen Individualismus und dem Prinzip der Nicht-Einzelfall-Betrachtung ist nicht anzunehmen, dass sich die Urteilsbildung und die Entscheidung der Akteure in vergleichbaren Situationen verbessert. Gerade bei den sehr komplexen Alternativfällen, die durch ein Prinzip erfasst wären,1120 legt die ökonomische Analyse nicht nahe, dass andere Entscheidungsergebnisse zu erwarten wären als bei den gesetzlich geregelten Fällen. d) Abschließendes Ergebnis der ökonomischen Analyse des Verfallprinzips Wendet man das Modell der NIÖ mit den Korrekturen der Schule der Verhaltensökonomik auf die Problematik des Verfallverbots an, ist am Ende eine klare Tendenz zugunsten des Verbots erkennbar. Die gesetzliche Regelung stellt nach dem klassischen Standardmodell der Ökonomik zwar nicht den pareto-optimalen Zustand dar, jedoch wird mittels einer Korrektur des Modells durch die Erkenntnisse der Verhaltensökonomik deutlich, dass auch andere Aspekte zu berücksichtigen sind. Insbesondere schlagen sich nun die historisch häufig erwähnten Argumente nieder. Die wirtschaftliche Stärke der Gläubigerposition trifft auf die bisweilen nicht rationale Entscheidung des Schuldners. Sein Kreditbedürfnis kann ihn dazu veranlassen, mehr zu riskieren, als er sich bereit ist einzugestehen. Diese Erkenntnis, die sich als Ergebnis des gesunden Menschenverstands in der historischen Argumentationslinie wiederfindet, lässt sich somit auch nach wirtschaftswissenschaftlichen Untersuchungen belegen. Es muss als entscheidend angemerkt werden, dass die vom ökonomischen Standardmodell abweichenden kognitiven Anomalien keine festen Größen bilden und daher im Modell nicht genau berücksichtigt werden können. Daher muss es der Rechtswissenschaft überlassen werden, ob im Bewusstsein dieser Effekte eine Regelung aufgestellt werden muss, die aus Fairnessgründen bewusst von einer nach dem ökonomischen Modell effizienteren Lösung abweicht. Dieses Ergebnis wird losgelöst von dem hier behandelten konkreten Fall auch abstrakt von einigen Vertretern der Behavioral Economics geteilt. Sie gestehen zu, „… dass diverse Rechtsinstitute und Institutionen als intuitive Reaktion auf die von ihnen präzisierten Einsichten über die Beschränktheit menschlicher Rationalität verstanden werden müssten“.1121 1119

Bereits Voet, in: Abschnitt D., unter: 1. b) aa). Siehe hierzu die diskutierten Fälle in: Abschnitt I. 1121 Zitat nach: Englerth/Towfigh: § 8 – Verhaltensökonomie, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 492; diesem liegt die Arbeit von Jolls, Sunstein und Thaler zugrunde, siehe: Jolls/Sunstein/Thaler: A Behavioral Approach to Law and Economics, in: Stanford Law Review 50, S. 1471, 1508 ff. 1120

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Dass der Gesetzgeber häufig zugunsten einer schwächeren Partei auf diese Regelungstechnik zurückgreift, ist häufig zu erkennen. Beispielhaft ist etwa auf § 476 Abs. 1 S. 1 BGB zu verweisen. Die Norm untersagt es dem Verbraucher, vor der Mitteilung eines Mangels auf die Rechte aus dem Mängelgewährleistungsrecht zu verzichten. Erst wenn der Umstand eingetreten ist, erlaubt der Gesetzgeber dem Verbraucher Vereinbarungen zu treffen, mit denen er auf seine Rechtsbehelfe verzichtet. Der schwächeren Partei soll nicht ermöglicht werden, ohne die Auswirkungen beurteilen zu können, zugunsten der stärkeren Partei auf entsprechende Rechte zu verzichten. Dieser Gedanke wurde auch in Bezug auf die Verfallklausel geäußert. Die Möglichkeit, nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit ohne wirtschaftlichen Druck über das Gut verfügen zu können, erhält dem Pfandschuldner die Entscheidungsfreiheit.1122 Ausschlaggebend ist für diese sachgerechte Lösung, dass die Parteien nach der derzeitigen Regelung in §§ 1149, 1229 BGB den kostengünstigeren und anscheinend ökonomisch vorzugswürdigen Verwertungsweg dennoch vereinbaren können – nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit. Abschließend ist daher festzustellen, dass auch die ökonomische Analyse des Rechts einem Rechtsprinzip nicht entgegensteht. Vielmehr ist sie offen für die in der rechtshistorischen und rechtsdogmatischen Analyse herausgearbeiteten Ergebnisse.

2. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen ein Prinzip des Verfallverbots Die methodische Einordnung des Abschnitts B. hat gezeigt, dass ein Rechtsprinzip nur dann zu akzeptieren ist, wenn es mit dem Rahmen der „verfassungsrechtlichen Ordnung“ des Grundgesetzes vereinbart werden kann. Als Teil des Bürgerlichen Rechts steht für das Verfallverbot eine Vereinbarkeit mit den Grundrechten im Vordergrund. Da es an die Verbotsnormen der §§ 1149, 1229 BGB angenähert ist, wirkt es ebenfalls als gesetzliches Verbot, das die Privatautonomie des Eigentümers einschränkt. Ihm ist untersagt, unter Mitwirkung der anderen Partei die auf einer Sache lastende dingliche Sicherheit vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit inhaltlich abzuändern. Bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit kann der Eigentümer die dingliche Sicherheit nur in der gesetzlich vorgesehenen Form bestellen. Sollte der verfassungsrechtliche Schutz auch die Verfügungsbefugnis über ein beschränkt dingliches Recht als Teil des Eigentums umfassen, käme eine Verletzung des nach Art. 14 GG geschützten Grundrechts in Betracht. Weiter sind zwei Dinge zu berücksichtigen: Grundsätzlich handelt es sich bei Grundrechten primär um Abwehrrechte, die der staatlichen Gewalt entgegengehalten werden können. Es kann demnach nur untersucht werden, ob die Normen der §§ 1149, 1229 BGB mit der Verfassung in Einklang stehen. Zum anderen können grundrechtliche Wertent-

1122 So schon: Boesebeck, Anmerkung zu: RG Urteil v. 22. Mai 1935, Az: V 469/34, in: JW 1935, S. 2886 f.

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scheidungen zwischen Privaten nur durch mittelbare Drittwirkung in den Bereich des Zivilrechts hineinwirken.1123 a) Vereinbarkeit mit dem grundrechtlichen Eigentumsschutz (Art. 14 GG) Zum Schutzgut des Art. 14 GG zählen alle vermögenswerten Rechte des Einzelnen, die ihm durch die Rechtsordnung so „zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf“.1124 Auf die Konzeption des Art. 14 GG geht zurück, dass sich die Schutzweite der Rechtsposition „aus der Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze bürgerlichen und öffentlichen Rechts“1125 ergibt. Zum einen sind nur Rechtspositionen geschützt, die nach den materiell-rechtlichen Grundsätzen – gemeint ist rechtskonform – erworben worden sind. In der Folge schützt Art. 14 GG nur Rechte, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen und damit als „gesicherte Rechtsposition“ zu betrachten sind.1126 Zum anderen stellen die bestehenden gesetzlichen Normen die Grenze des Eigentumsbegriffs dar. Insoweit muss ein Eingriff in das Schutzgut des Art. 14 GG immer dann ausgeschlossen werden, wenn die bestehenden Normen den Schutzumfang der Rechtsposition erst schaffen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG werden neben dem zivilrechtlichen Eigentum auch die daran anknüpfenden dinglichen Rechte, wie die Hypothek und die Grundschuld, geschützt.1127 Der Schutz umfasst grundsätzlich den Bestand, die Nutzung, die Veräußerung und die Verfügung über die grundrechtlich geschützte Position.1128 Die Gewährleistung des Eigentums ist aber nicht nur auf die materiellen Normen beschränkt, sondern schließt auch die Aspekte des „formellen“ Verfahrens ein. Der Schutz einer Rechtsposition nach Art. 14 GG gebietet somit auch immer ihren effektiven Rechtsschutz.1129 Als Eingriff kommen unmittelbare, mittelbare und faktische Einwirkungen in Betracht. Nach dem oben Gesagten stellen insbesondere neu geschaffene Normen, die eine bestehende Rechtsposition beschneiden, einen Eingriff in den Schutzbereich dar und müssen verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. Nach dem Wortlaut ist eine Rechtfertigung möglich, wenn es sich um eine 1123

Siehe hierzu: Abschnitt B. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 14, Rn. 6. Zitat nach den dort zitierten Entscheidungen: BVerfGE 112, 93, 107; 97, 350, 371; 123, 186, 258; 126, 331, 358. 1125 Zitiert nach: BVerfGE 74, 129, 148, Verweis durch: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GGKommentar, Art. 14, Rn. 18. 1126 Siehe: BVerfGE 78, 205, 211, Verweis in: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 14, Rn. 18. Dort auch der Begriff der „gesicherten Rechtsposition“. 1127 BVerwG, ZfBR 14, 60, Rn. 3; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 14, Rn. 6. 1128 Antoni, in: Hömig/Wolff, GG-Handkommentar, Art. 14, Rn. 2; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 14, Rn. 16, m. w. N. Zum Bestand: BVerfGE 102, 1, 23; zur Nutzung: BVerfGE 88, 366, 377; zur Veräußerung/Verfügung: BVerfGE 50, 290, 339. 1129 Im Gesamten: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 14, Rn. 18, 47a. 1124

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Inhalts- und Schrankenbestimmung gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG handelt.1130 Das BVerfG beschreibt ihre Wirkung wie folgt: „[Die Inhalts- und Schrankenbestimmung] ist auf die Normierung objektiv-rechtlicher Vorschriften gerichtet, die den Inhalt des Eigentums vom Inkrafttreten des Gesetzes an für die Zukunft in allgemeiner Form bestimmen.“1131 Nach der Grundrechtsdogmatik stellt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung nur dann eine Rechtfertigung eines Eingriffs dar, wenn sie die ihrerseits obliegenden verfassungsrechtlichen Schranken-Schranken berücksichtigt. Neben dem Gesetzesvorbehalt in Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG und der Institutsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ist dies insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.1132 Der Inhaltsund Schrankenbestimmung muss demnach ein legitimer Zweck zu Grunde liegen. Sie muss geeignet sein, diesen zu fördern, und es darf zur Zweckerreichung keine „mildere Alternative“ zur Verfügung stehen. Letztlich muss die Beschränkung des Eigentums in angemessenem Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Interessen stehen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Zumutbarkeit für den Betroffenen.1133 Bei der Abwägung der Interessen sind insbesondere die Intensität, die Schwere und die Tragweite einer Eigentumsbeeinträchtigung zu berücksichtigen.1134 Zusätzlich muss sich der Eingriff an der dem Eigentum zukommenden „Sicherung der persönlichen Freiheit“ messen lassen.1135 aa) Die direkten Anwendungsfälle der §§ 1149, 1229 BGB Im direkten Anwendungsbereich beschränken die Normen der §§ 1149, 1229 BGB die inhaltliche Ausgestaltung der gesetzlich definierten dinglichen Sicherheiten, die ihrerseits als Teilrechtsabspaltung dem bürgerlichen Eigentumsrecht (§ 903 BGB) entstammen. Nach der Konzeption des BGB sieht das Sachenrecht bei den dinglichen Sicherheiten ein gesetzlich vorgeschriebenes Verwertungsverfahren vor, das nach festgelegten Regeln abläuft. Personen des Privatrechts müssen zur Durchsetzung der Verwertung einer dinglichen Sicherheit auf die Mittel der Zwangsvollstreckung zurückgreifen, da der Staat Inhaber des Zwangsmonopols 1130 Antoni, in: Hömig/Wolff, GG-Handkommentar, Art. 14, Rn. 7; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 14, Rn. 33. 1131 BVerfGE 72, 66, 67; ebenso BVerfGE 52, 1, 27; 58, 137, 144 f. 1132 Antoni, in: Hömig/Wolff, GG-Handkommentar, Art. 14, Rn. 2; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 14, Rn. 35 – 39. Für die Verhältnismäßigkeit etwa der Verweis auf: BVerfGE 75, 78, 97 f. 1133 Im Gesamten: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 14, Rn. 37 – 39, m. w. N. 1134 Als allgemeine Feststellung: BVerfGE 31, 229, 243; 79, 29, 41; so auch: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 14, Rn. 40. 1135 Zitierter Begriff nach: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 14, Rn. 43. So etwa BVerfGE 100, 226 – 248: Das BVerfG berücksichtigte die besondere Schwere eines Eingriffs durch die für nichtig erklärte Norm des § 13 Abs. 1 S. 2 des rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetzes, da der Eigentümer wesentlich eingeschränkt war und keine Maßnahmen zur Vermeidung treffen konnte.

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ist.1136 In diesem Sinne rechtfertigt sich auch das staatliche Verfahren als Eingriff in das Eigentumsrecht, da es zur Durchsetzung eines materiellen Anspruchs der anderen Partei dient.1137 Die vom Grundgesetz garantierte Anwendung des Verfahrensrechts und die Verfahrensgestaltung dient als Interessenausgleich und soll dafür sorgen, dass zum einen der Gläubiger eine reale Chance auf Verwirklichung seines materiellen Anspruchs hat, zum anderen aber der Eingriff beim Schuldner nicht das notwendige Maß überschreitet.1138 In diesem Zusammenhang spielen auch die §§ 1149, 1229 BGB eine wichtige Rolle. Sie sichern das gesetzliche Verwertungsverfahren bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit vor einer inhaltlichen Änderung durch die Parteien. Anders als der BGH in seiner Rechtsprechung vermutet, handelt es sich bei dem Verbot aber nicht um ein Umwandlungsverbot zum Schutz der dinglichen Sicherheit, sondern um ein Verbot zum Schuldnerschutz.1139 Zwar wird auch das gesetzliche Verfahren gesichert, dies dient letztlich aber nur der Erhaltung der Entscheidungsfreiheit des Schuldners. Auf den ersten Blick scheint es, als ob das Verbot den Schuldner in seiner Privatautonomie beschränken und zu seinen Lasten in die Eigentumsgarantie eingreifen würde. Das Verbot beruht aber auf der Vermutung, dass einer Verfallklausel eine abstrakte Gefahr innewohnt und in der Mehrzahl der Fälle die verabredeten Klauseln für den Schuldner eine negative Wirkung entfalten. Die Gefahr besteht darin, dass der Schuldner aufgrund seiner schwachen wirtschaftlichen Position in die Kreditgewährung der Gegenwart einwilligt, da er das Risiko der zukünftigen Verpflichtungen unterschätzt.1140 Er gibt seine künftige Rechtsposition gegenüber dem Gläubiger zu bereitwillig auf, um dem gegenwärtigen Übel zu entkommen. Durch die Beschränkung kann er dies dem Gläubiger zu seinem Vorteil nicht mehr versprechen, da ihm die Verfügungsbefugnis über den Inhalt der dinglichen Sicherheit fehlt. Zudem kann er nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit, wenn er sich nicht mehr über die zukünftige Situation täuschen kann, dennoch eine andere Verwertungsform verabreden. In diesem Sinne stellt die Beschränkung der Privatautonomie für den Eigentümer nur einen geringen Eingriff dar, die aber über seinen Schutz gegenüber dem Gläubiger gerechtfertigt ist. Aus Sicht des Pfandgläubigers definieren die gesetzlichen Verbote der §§ 1149, 1229 BGB seine Rechtsposition maßgeblich, sodass ihm als Berechtigter des beschränkt dinglichen Rechts keine Verletzung des Eigentums im Sinne des Art. 14 GG drohen kann. Er erhält ohne die verbotene Verfallklausel eine Rechtsposition, die genau dem Zuschnitt des bürgerlichen Rechts entspricht. In diese Richtung geht auch die neuere verwaltungsrechtliche Rechtsprechung.1141 Eine 1136

Stöber: ZVG-Handbuch, Rn. 2. BVerfGE 46, 325, 334; Stöber: ZVG-Handbuch, Rn. 2. 1138 Stöber: ZVG-Handbuch, Rn. 3, mit Verweis auf: BGH NJW-RR 2009, S. 601; BVerfGE 46, 150. 1139 Siehe hierzu: Abschnitt F. und G. 1140 Siehe auch die Ausführungen zur ökonomischen Analyse des Rechts, oben unter: 1. 1141 Das Urteil des VG Gelsenkirchen vom 04. 07. 2014 (Az 7 K 2736/12) beschäftigt sich am Rande mit der Problematik, ob sich ein durch Verfallklausel begünstigter Pfandrechts1137

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durch Verfallklausel geänderte dingliche Sicherheit, die vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit eine vom gesetzlichen Verwertungsverfahren abweichende Verwertung beinhaltet, stellt damit keine „gesicherte Rechtsposition“ dar, die durch Art. 14 GG geschützt werden kann. Damit sind die §§ 1149, 1229 BGB verfassungskonform. bb) Die analogen Anwendungsfälle Lässt sich die Argumentation auch auf eine analoge Anwendung oder gar ein entsprechendes Rechtsprinzip übertragen, das über den direkten Anwendungsbereich andere gesetzlich nicht geregelte Sicherheiten inhaltlich mitgestaltet? Für die gesetzlich nicht ausgestalteten dinglichen Sicherheiten wie die Sicherungsübereignung und die Sicherungsabtretung hängt die Antwort stark vom Verständnis der Rechtsnatur ab. Die Arbeit hat nachgewiesen, dass die abstrakte Gefahr für beide Institute mit der der gesetzlich geregelten Institute vergleichbar ist. Da alle gesetzlich geregelten Institute dem Verfallverbot unterstellt wurden, spricht einiges dafür, die in der Rechtsnatur sehr ähnlichen abstrakten Sicherungen analog den gesetzlichen Vorschriften zu unterstellen.1142 Übernimmt man das Verwertungsverfahren mit Rücksicht auf die unterschiedliche Bestellung der Sicherungsübereignung und der Sicherungszession, ist auch die Übernahme des § 1229 BGB geboten. Das gesetzlich geregelte Verwertungsverfahren stellt in diesem Sinne eine einheitlich angewendete Definition der Verwertung sicher und gibt demnach auch über § 1229 BGB analog das Innenverhältnis dieser Sicherheiten vor. Im Rahmen der Vormerkung ist eine Analogie aus zwei Gründen geboten: zum einen wird das gesetzliche Institut der Hypothek umgangen, indem über die durch Auflassungsvormerkung gesicherte Verfallklausel ein Ersatzinstitut geschaffen wird; zum anderen wird die Wertung des Gesetzgebers zu gunsten des Schuldnerschutzes nicht berücksichtigt. Verfassungsrechtlich ist die analoge Anwendung nicht zu beanstanden, denn auch dem im Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG vorgesehenen Gesetzesvorbehalt wird durch die Normen des BGB in §§ 1149, 1229 BGB Genüge getan. Interpretiert man die Rechtsnatur der Sicherungsinstitute als Treuhand, die keine Anwendung der Pfandrechtsnormen notwendig macht, müssten die Gefahren in einer konkreten Kontrolle nach § 138 Abs. 1 BGB berücksichtigt werden, da die §§ 1149, 1229 BGB als gesetzliche Grundlage des Verbots nicht anzuwenden wären. Dennoch sollte die hinter den §§ 1149, 1229 BGB stehende Wertung berücksichtigt werden, um dem vom Gesetzgeber intendierten Schuldnerschutz gerecht zu werden. An diesem Punkt gläubiger auf die grundrechtlichen Garantien, wie Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG, berufen kann. Das VG verweist unter anderem auf § 1229 BGB als eine grundlegende Wertentscheidung des Gesetzgebers. „Der Pfandgläubiger soll daher nur soweit abgesichert werden, wie die Risiken eines Ausfalls des von ihm gewährten Darlehns erreichen“ – Urteil des VG Gelsenkirchen vom 04. 07. 2014 (Az. 7 K 2736/12), juris-Rn. 60. Das Verfahren war zur Berufung vor dem OVG Nordrhein-Westfalen, das in der Sache die Ausführungen des VG bestätigte, siehe (Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 17. 02. 2017 (Az. 4 A 1661/14). Dennoch wurde die Revision zugelassen. 1142 Siehe oben Abschnitt H., unter: 4. und 5.

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ist auch auf die im Verfassungsrecht entwickelte mittelbare Drittwirkung zurückzugreifen.1143 Es liegt eine Grundrechtsverletzung insbesondere dann vor, wenn „Auslegungsfehler“ zu erkennen sind, „die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insb. vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen […]“1144, oder wenn „bei der Auslegung und Anwendung des Privatrechts […] der Schutzbereich der zu beachtenden Grundrechte unrichtig oder unvollkommen bestimmt oder ihr Gewicht unrichtig eingeschätzt worden ist, so dass darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet“.1145 Für einen solchen Fall nimmt das BVerfG für sich eine Überprüfung der Norm und der getroffenen gerichtlichen Entscheidung in Anspruch. In unserem Fall ist das Verbot des Verfalls eine Schutznorm für den Pfandschuldner und könnte über Art. 14 GG eine Schutzpflicht für die durch Grundrechte verpflichtete staatliche Rechtsprechung begründen. Das Ausnutzen der schwachen Position des Schuldners durch den vor Fälligkeit versprochenen Verfall stellt einen erheblichen Eingriff in sein Eigentumsrecht und seine spätere Verfügungsfähigkeit durch den Gläubiger dar, somit könnte er wegen einer mittelbaren Wirkung des Art. 14 GG dem Pfandgläubiger gegenüber zu schützen sein. Der Eingriff in dessen Sphäre ist nur in zeitlicher Hinsicht erkennbar und stellt, wenn überhaupt, nur einen leichten Eingriff dar. In der Abwägung wird der in den §§ 1149, 1229 BGB angelegte Schuldnerschutz über Art. 14 GG eine Anwendung des Verfallverbots zugunsten des Schuldners aus der Schutzpflicht des Grundrechts notwendig machen. b) Bedeutung für ein Rechtsprinzip des Verfallverbots Erneut ist zu betonen, dass ein Rechtsprinzip nur durch Rechtsfortbildung mit normativer Wirkung ausgestattet werden kann. Es bedarf für eine unbestrittene Geltung einer obergerichtlichen Entscheidung1146 oder eines legislativen Aktes.1147 Erkennt man die Analogien für die gesetzlich nicht geregelten Institute an und leitet man die Anwendung des Verfallverbots für die Vormerkung aus dem Zweck der Normen der §§ 1149, 1229 BGB her, steht der Annahme eines Rechtsprinzips nichts im Wege. In jedem untersuchten Anwendungsfall verlangt der Zweck der genannten Normen eine Anwendung des Verfallverbots, sodass es in jeder durch das BGB anerkannten dinglichen Sicherheit Geltung beansprucht. 1143 Siehe zur Bedeutung der Grundrechte in der Gesetzesanwendung Abschnitt B. Zudem: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Vorb. vor Art. 1, Rn. 56 – 57. 1144 BVerfGE 103, 89, 100; 81, 242, 254; 102, 347, 262; 129, 78, 102. Nach den Entscheidungen, zitiert nach: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 1, Rn. 56. 1145 BVerfGE 112, 332, 358 f.; 134, 204, Rn. 103. Aus der Entscheidung entnommen, zitiert nach: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 1, Rn. 56. 1146 Rechtsfortbildung im Rahmen der Rechtsanwendung, Art. 19 Abs. 4 GG. 1147 Als gesetzliches Gebot, das dem Gesetzesvorbehalt des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG genügt.

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Wenn die Analogien in den Anwendungsfällen wiederum nicht im Konflikt mit der verfassungsrechtlichen Ordnung stehen, ist diese Wertung im Umkehrschluss auf ein Konzept, das die Analogien zu einem einheitlichen normativen Konzept als Rechtsprinzip vereint, zu übertragen. Das auf der Grundlage der historischen und dogmatischen Analyse gefundene Ergebnis ist sowohl mit dem verfassungsrechtlichen Rahmen als auch mit der Dogmatik des BGB zu vereinen.

3. Der Verfall im Zusammenhang von Schuld und Haftung Welche Rolle spielt das Verfallverbot in unserer Gesellschaft? Dass das Verbot des Verfalls auch in der Gegenwart eine Rolle spielt, zeigte die ausführliche Auseinandersetzung in der Rechtspolitik. So sah sich der Deutsche Notarverein im Jahr 2013 zu einer Stellungnahme1148 aufgefordert, um eine Studie1149 der Unternehmensberatung London Economics zu entkräften. Worum ging es in der Studie? Sie untersuchte die Frage, ob einem Verbraucher eine Schuldbefreiung zugestanden werden sollte, wenn er seinen Grundbesitz, der zur Sicherung eines Darlehns belastet wurde, auf den Gläubiger überträgt. Die in der Studie vorgesehene „datio in solutum“ sollte, um dem Verbraucherschutz zu dienen, als Ausnahme zum Verfallverbot des § 1149 BGB ausgestaltet sein. Der Vorschlag umfasste die Idee, neue Institute wie die „strong datio in solutum“ und die „weak datio in solutum“ zu schaffen, die letztlich dem Ansatz des rechnungsfreien (strong) und des rechnungspflichtigen (weak) Verfalls in Form der „Leistung an Erfüllungs statt“ entsprachen. Worin das genaue Ziel der Studie lag, bleibt im Dunkeln und lässt sich nur vermuten.1150 Der Deutsche Notarverein kritisiert die Studie und führt Gründe für ein Verbot der dort vorgesehenen „datio in solutum“ an: „Die Verfallabrede schafft für den Gläubiger einen Anreiz, den Schuldner gezielt in die Zahlungsunfähigkeit zu treiben bzw. ihm bei Schwierigkeiten keine Alternativen (wie Umfinanzierung, Tilgungsstreckung, Besserungsabrede etc.) anzubieten, damit er billig an das Pfandobjekt herankommt. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Darlehen schon zu einem guten Teil getilgt ist und der Schuldner dennoch wegen persönlicher Schicksalsschläge zahlungsunfähig wird.

1148 Stellungnahme des Deutschen Notarvereins vom 16. 10. 2013. Online abrufbar unter: http://www.dnotv.de/wp-content/uploads/2013-10-16-datio-in-solutum-Stellungnahme.pdf (Stand: 05. 02. 2021). 1149 Studie: „Study on means to protect consumers in financial difficulty: personal bankruptcy, datio in solutum of mortgages, and restrictions on debt collection abusive practices“ vom Dezember 2012. Online abrufbar unter: https://londoneconomics.co.uk/blog/publication/studyon-means-to-protect-consumers-in-financial-difficulty-personal-bankruptcy-datio-in-solutumof-mortgages-and-restrictions-on-debt-collection-abusive-practices/ (Stand 05. 02. 2021). 1150 Der Deutsche Notarverein vermutete eine bezahlte Studie, die im Auftrag der Finanzwirtschaft eine Angleichung des kontinentaleuropäischen Immobilienkreditwesens an das anglo-amerikanische System bewirken sollte.“

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

Der Schuldner ist bei Abschluss des Kreditvertrags auf die Erlangung der Darlehnsmittel fokussiert und bzgl. des Risikos seiner künftigen Zahlungsunfähigkeit überoptimistisch. Die Verfallabrede ist mit der Rückgewährpflicht bei Rücktritt, dem Vertragsstrafeversprechen, dem Eigentumsvorbehalt oder der Inzahlungnahme einer anderen Sache beim Kauf nicht vergleichbar. Zum einen hat hier der Käufer Alternativen. Zum anderen begegnen sich beim Kauf die Parteien auf Augenhöhe und der Käufer kann über den Wert verhandeln, mit dem die von ihm hingegebene Sache auf die Kaufpreisforderung angerechnet wird. Gerade bei einer strong datio in solutum eröffnet zudem das Bilanzrecht dem Gläubiger Gestaltungsspielraum. Er bewertet die in sein Aktivvermögen übergehende Sache niedriger als den Betrag des erlöschenden Darlehens. Der entsprechende Gutachter wird sich finden. So kann der Gläubiger zum einen stille Reserven legen und zum anderen die Differenz zwischen Wertansatz des verfallenen Pfandobjekts und der Darlehnsforderung als Verlust (und damit gewinnmindernd) ausweisen. In Höhe der Steuerquote zahlt diesen Verlust dann der Steuerzahler. Bei einer weak datio in solutum lässt sich diese Wirkung durch Einzelwertberichtigung der verbleibenden Restschuld erreichen. Dieser externe Effekt schafft ein deutliches Marktungleichgewicht und Machtgefälle zwischen den Beteiligten.“1151

Der Deutsche Notarverein kritisierte mit seiner Stellungnahme nicht nur die Studie, sondern zeigt auch auf, welche Grundlage die Norm des § 1149 BGB hat. Durch das verwendete ökonomische Modell ist die Studie stark vom (neo)klassischen Ansatz geprägt und verschweigt die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie, die eine rationale Risikoabschätzung des einzelnen Akteurs zweifelhaft erscheinen lassen.1152 Unter dieser Voraussetzung wird deutlich, welche Funktion die Normen des Verfallverbots über den eigentlichen Schuldnerschutz hinaus für die gesamte Rechts- und Wirtschaftsordnung haben. Die Normen der §§ 1149, 1139, 311b BGB wirken ausdrücklich einem durch Verfall des Eigentums möglichen Auseinanderfallen von wirtschaftlichem Risiko und persönlicher Haftung entgegen. Die von der oben benannten Studie aufgeworfene Idee, Immobiliarkredit vom Verbot des Verfalls zu lösen, ist folglich abzulehnen. Ziel einer solchen Maßnahme wäre es, dem einzelnen Verbraucher die Aufnahme eines Immobilienkredites zu erleichtern, indem er sich von dem Risiko einer langen, drückenden Verpflichtung im Einzelfall lösen könnte, indem er sich durch die Übertragung des Eigentums von seiner Schuld befreien kann. Der Kreditgläubiger erhielte als Gegenleistung das Eigentum an dem Grundstück und entließe den Schuldner aus der Verpflichtung. Dies liefert auch die Erklärung, warum das Vorhaben der Studie unter einem Label wie dem „Schutz des Verbrauchers vor finanziellen Schwierigkeiten“ („to protect consumers in financial difficulty“) veröffentlicht werden konnte. Tatsächlich wird das Risiko der persönlichen Insolvenz für den einzelnen Akteur reduziert. In einer volkswirtschaftlichen Betrachtung wird aber deutlich, dass hierdurch strukturelle Gefahren kreiert werden. Letztlich beruht das Konzept auf der Idee, dass der Kreditnehmer nur ein geringes Risiko übernimmt, da er sich schnell von der Verpflichtung lösen kann, und der 1151 Stellungnahme des Deutschen Notarvereins vom 16. Oktober 2013, S. 8 f., siehe: Fn. 1148 1152 Siehe hierzu die Ausführungen zur ökonomischen Analyse des Rechts, unter: 1.

I. Die „Bestätigung“ des Verfallverbots?

329

Kreditgeber nur ein geringes Risiko übernimmt, da seine Kreditgewährung durch einen Sachwert gesichert ist. Auf den ersten Blick sinkt für beide Parteien das Risiko. Hieraus entsteht jedoch der Anreiz zu einer unverantwortlichen Darlehnsaufnahme durch den Kreditnehmer und zugleich zu einer unverantwortlichen Darlehnsgewährung durch den Kreditgeber. Denn ein geringeres Risiko führt zu einer Erweiterung des Kreises der Personen, die als Kreditnehmer in Frage kommen. Personen, denen das Risiko ohne Verfall zu hoch ist, entschließen sich bei geringerem Risiko ein solches Konzept in Anspruch zu nehmen. Andererseits scheint es, als müssten Kreditnehmer aus Sicht der Kreditgeber nicht die Solvenzkriterien erfüllen, die sie ohne das entsprechende Auseinanderfallen von Schuld und persönliche Haftung mit dem gesamten Vermögen erfüllen müssten. Im Ergebnis unterschätzen oder verdrängen beide Seiten das wirtschaftliche Risiko, das bei einer flächendeckenden Anwendung eines solchen Systems in einer Volkswirtschaft hervorgerufen wird. Denn das Risiko verschwindet nicht; es wird auf den Gesamtmarkt übertragen, sodass das Risiko des Einzelnen systemisch wird. Diese Fehlkonstruktion beruht auf zwei Annahmen: Zum einen, dass die Zinsen der Immobilienkredite für die meisten Kreditnehmer stabil bleiben, und zum anderen, dass der Wert von Immobilien stets zunimmt. Ist dies nicht der Fall, verändert sich die Risikostruktur erheblich. Im ersten Fall können die Kreditnehmer ihre Immobilie nicht mehr halten, was in Einzelfällen nicht erheblich ist, sich in großer Zahl aber auf den Wert der Immobilien im Gesamtmarkt auswirkt. In der Konsequenz sinkt damit der Wert der mit diesen besicherten Kredite, da sie ohne persönliche Haftung des gesamten Schuldnervermögens nur mit dem Immobilienwert gesichert sind. Sollte sich der Wertzuwachs der Immobilien verändern, wirkt sich dies mittelbar auf die Flexibilität der Kreditnehmer aus, die ihr Haus nur schwer mit einem den Wert der Immobilie übersteigenden Kredit veräußern können. Im schlimmsten Fall verbinden sich beide Effekte, sodass die Zinsen steigen und der Wert der Immobilien sinkt. Wolfsteiner vergleicht diesen Ansatz mit den Vorkommnissen der Subprime-Krise in den USA von 2007.1153 Denn tatsächlich können systemische Risiken plötzlich zu einem großen volkswirtschaftlich erheblichen Verlust der Beteiligten führen, wie dies in der Immobilienkrise der USA der Fall war.1154 Dass sich eine vergleichbare Situation nicht in der Rechtsordnung des BGB ereignen kann, ist auch wesentlich auf das Verbot des Verfalls zurückzuführen, da es einen entsprechenden rechnungspflichtigen oder rechnungsfreien Verfall ausschließt. Daher sind auch Abreden, die die persönliche Haftung im obigen Sinne ausschließen und auf die dingliche Sicherheit reduzieren, nicht interessant. Wäre es nicht demnach wünschenswert, auch die in dieser Arbeit angesprochenen abseits der direkten Form verabredeten Verfallvarianten auszuschließen, indem man 1153

Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB-Kommentar (§§ 1113 – 1203), § 1149 BGB, Rn. 4. Mankiw/Taylor/Wagner/Herrmann: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 999 – 1015; Otte: Die Finanzkrise und das Versagen der modernen Ökonomie, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 2009, S. 9 – 16; Das US-Regierungsdokument: The financial crisis inquiry report, insb. S. 83 – 233. 1154

330

Teil 3: Die dogmatische Analyse

das Konzept der Rechtsordnung, mit solchen systemischen Risiken umzugehen, durch ein allgemeines Rechtsprinzip sicherstellt?

4. Schlusswort Diese Arbeit ist ein Versuch, die Diskussion über die Anerkennung des „Prinzips des Verfallverbots“ anzuregen. Wie aus der Darstellung im Einzelfall offenbar wird, kann für die unterschiedlichen Fälle der zu diskutierenden Anwendungsbereiche der vom Normzweck vorgesehene Schuldnerschutz auch durch eine „einfache Analogie“ gewahrt werden. Die vorliegende Arbeit möchte einen Schritt weiter gehen, indem ein Gesamtkonzept vorgestellt wird, das aufzeigt, dass die hinter den im Einzelfall anzuerkennenden Wertungen ein größerer Zusammenhang steht. Dieser Wertungszusammenhang könnte methodisch durch ein mittels Rechtsfortbildung anzuerkennendes allgemeines Rechtsprinzip des Verfallverbots gefasst werden. Dieses Rechtsprinzip kann zwar nicht als dem BGB innewohnend bewiesen werden, jedoch ist es in der Gesamtstruktur und der Entwicklungsgeschichte des BGB mehrfach angedeutet und hat eine wichtige Aufgabe: den Schutz des Schuldners. Da die Rechtsfortbildung nicht zu den Kernaufgaben der Rechtswissenschaft zählt, ist der Vorschlag des Rechtsprinzip in dieser Arbeit nicht nur ein Apell, bei der künftigen Rechtsanwendung den Schuldnerschutz als Kerngedanken der §§ 1149, 1229 BGB zu berücksichtigen, sondern auch den kritischen Leser von einem solchen zu überzeugen.

J. Zusammenfassung der Ergebnisse

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J. Zusammenfassung der Ergebnisse In der Einführung ist das Problem der Verfallklausel auf drei Kernfragen reduziert worden. Die vorliegende Arbeit hat auf Grundlage eines auf den Rahmen des Grundgesetzes abgestimmten Methodenkonzeptes1155 die pfandrechtliche lex commissoria rechtshistorisch und dogmatisch untersucht,1156 um Antworten auf die aufgeworfenen Fragen zu liefern. Erstens: Wie weit reicht die Geltung der Normen der §§ 1149, 1229 BGB? Geht sie über den unmittelbaren Anwendungsfall im Wortlaut des Hypotheken- und Pfandrechts hinaus? Der Anwendungsbereich des Verfallverbots, das in den §§ 1149, 1229 BGB angelegt ist, ist weit zu fassen. Der Tatbestand gilt im Immobiliarsachenrecht sowohl für die Hypothek (§§ 1113 ff. BGB), die Grund- als auch die Rentenschuld (§§ 1191 ff. BGB). Im Mobiliarsachenrecht beansprucht das Verbot sowohl im Rahmen des Pfandrechts für Sachen (§§ 1204 ff. BGB) als auch für das Pfandrecht an Rechten (§§ 1273 ff. BGB) Geltung. Entscheidend für das Eingreife des Verbots ist, dass unter der Bedingung der Fälligkeit der durch die dingliche Sicherheit gesicherten Forderung eine Verfallabrede zur inhaltlichen Änderung der Sicherheit verabredet wird. Folge ist eine zur Befriedigung des Gläubigers eintretende Abweichung von dem durch das Gesetz festgeschriebenen Verwertungsverfahren. Der Pfandgegenstand soll entweder beim Pfandgläubiger verbleiben und an die Stelle der gesicherten Forderung treten (Var. 1) oder auf andere Weise entgegen der gesetzlichen Vorschriften verwertet werden (Var. 2). Zeitlich besteht das Verbot bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit der gesicherten Forderung. Nach diesem Zeitpunkt können der Schuldner und der Gläubiger jede Form der Verwertung vereinbaren. Von dem Verbot sind sowohl der rechnungsfreie als auch der rechnungspflichtige Verfall erfasst. Ebenso kommt es für die Unwirksamkeit nicht darauf an, ob der Wert des Pfandgegenstands in der Abrede berücksichtigt wird oder nicht. Im Immobiliarsachenrecht sind von der Verbotsnorm des § 1149 BGB wegen der Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung (§ 925 Abs. 2 BGB) nur schuldrechtliche Verfallklauseln Ziel des Verbots, worunter aber alle Verpflichtungen fallen, die auch nur mittelbar im Sinne des § 311b Abs. 2 BGB eine Verfügungsverpflichtung enthalten und damit in vergleichbarer Weise den Anspruch aus § 1147 BGB inhaltlich ändern. Im Grenzbereich der Norm – der Fälligkeit des gesicherten Anspruchs – tendiert die Literatur dazu, die erkannte Schwäche des Verfallverbots zu korrigieren, obwohl der Wortlaut etwas Gegenteiliges vorgibt. Es wird an die Fälligkeit des zugrundeliegenden Anspruchs angeknüpft, das betrifft zum einen, auf der Seite der Sicherheit, die als fällig bestellte Grundschuld, zum anderen die durch Verfallklausel gesicherten und sofort fälligen schuldrechtlichen Institute des abstrakten Schuldaner1155

Abschnitt B. stellt das Methodenkonzept der Arbeit vor. Die historische Analyse findet sich im zweiten Teil (Abschnitt C. – F.) der Arbeit, während der dritte Teil (Abschnitt G. – I.) die dogmatische Betrachtung umfasst. 1156

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

kenntnisses und des Schuldversprechens. Die zeitliche Geltungsgrenze des Verbots soll wegen des Normzwecks nicht durch die sofortige Fälligkeit der Institute umgangen werden können, wenn dem Vertragsverhältnis ein anderer noch nicht fälliger Anspruch wirtschaftlich zugrunde liegt. § 1229 BGB erfasst im Rahmen des Mobiliarsachenrechts sowohl schuldrechtliche dingliche als auch dingliche Abreden, die eine bedingte Verfügung begründen. Das Gesetz sieht für das gewerbliche Pfandrecht (§ 1259 BGB), dem ein von „Unternehmern“ gehandelter, durch Börsenund Marktpreise bestimmter Pfandgegenstand zu Grunde liegt, eine Ausnahme zum Verbot des Verfalls vor. Sowohl die wissenschaftliche Literatur als auch die Rechtsprechung gestehen dem Verfallverbot einen weiten Anwendungsbereich zu, der teilweise über den Wortlaut des Verbots hinausreicht.1157 Zweitens: Wenn man eine über den Wortlaut hinausgehende Anwendung annimmt, wie weit geht dieser Anwendungsbereich? Was ist der tiefergehende und damit bestimmende Normzweck des Verfallverbots? Ob über den direkten (und erweiterten) Anwendungsbereich hinaus eine entsprechende Anwendung geboten ist, wird in der Rechtswissenschaft sehr unterschiedlich beurteilt. Die konträren Sichtweisen nehmen beide die historische Auslegung für sich in Anspruch, um die sich gegenseitig ausschließenden Positionen zu begründen. Nach der Literatur und der frühen Rechtsprechung steht der Normzweck des Schuldnerschutzes im Vordergrund, während die neuere obergerichtliche Rechtsprechung für ein Umwandlungsverbot der dinglichen Sicherheiten eintritt, dem eine dogmatische Funktion zukommt.1158 Um die Diskussion zu klären, greift die vorliegende Arbeit auf die subjektiv-historische Analyse zurück, um den Normzweck durch Auslegung zu ermitteln. Nur in dieser Weise kann ein den Grundsätzen der Verfassung entsprechender Weg zur Rechtsanwendung gewährleistet werden.1159 Das BGB orientierte sich am historischen Vorbild des Verbots im Rahmen des im römischen Recht wurzelnden pignus. In der Ausgestaltung des Verfallverbots griff man im Bewusstsein der Rechtstradition auf die unterschiedlichen Entwicklungsschritte zurück, die für das Verständnis des heutigen Konzepts unerlässlich sind. Das Pfandrecht war nach überwiegender Ansicht in vorklassischer Zeit als Verfallpfand ausgestaltet und wandelte sich im Laufe der klassischen Epoche zu einem Verkaufspfand. Dennoch blieb es über die sogenannte lex commissoria möglich, die Verwertung des Pfands durch Verfall zu vereinbaren. Der Rechtszustand änderte sich durch das Verbot des Verfalls unter Kaiser Constantin im Jahr 320/326. Es wurde untersagt, die Verwertung durch eine Verfallabrede umzugestalten, während alle bestehenden Verfallklauseln als nichtig zu betrachten waren. Grund für das Verbot war die wirtschaftliche 1157

Ergebnisse der dogmatischen Analyse unter Berücksichtigung der Literatur und Rechtsprechung im Abschnitt G. 1158 Einführung in Abschnitt A., Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung in Abschnitt G., unter: 1. e). 1159 Siehe Abschnitt B., unter: 3. b).

J. Zusammenfassung der Ergebnisse

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„Krise“ des Römischen Reichs im vierten nachchristlichen Jahrhundert. Dieser schloss sich eine Kreditkrise an, die zu weitreichendem Missbrauch der Verfallklauseln zulasten der notleidenden Schuldner führte. Durch seine starke Stellung konnte der Kreditgeber den Kreditnehmer drängen, eine riskante Verfallklausel zu vereinbaren, die dieser in der Hoffnung, rechtzeitig zahlen zu können, akzeptierte. Das als Schutzgesetz ausgestaltete Verbot wurde so auch zur Grundlage des nun vorherrschenden Verkaufspfands.1160 Neben der „eigentlichen“ Verfallklausel wurden auch mehrere Institute diskutiert, die als Ausnahmen zum Verbot verstanden werden konnten – die sogenannten „uneigentlichen“ Verfallklauseln. - Zuerst ist der auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Schuld bedingte Verkauf der Sache an den Pfandgläubiger (nach D. 20.5.12 pr.) zu nennen. Er wurde teilweise abgelehnt und mit Verweis auf D. 20.1.16.9 auf den Verkauf zu einem gerechten Preis beschränkt. - Ferner erkannte man den Verfall zugunsten eines personenverschiedenen Bürgen an, der auf Seiten des Schuldners durch den Gläubiger des Schuldners aus seiner Stellung als Bürge in Anspruch genommen wurde. Nach D. 18.1.81 pr. sollte sich der Bürge für den Fall der Inanspruchnahme den Pfandgegenstand versprechen lassen können. - Zudem sollte mit Verweis auf D. 46.3.45 pr. die Abrede des Pfandverfalls als Leistung an Zahlungs statt in Anrechnung auf die Schuld nicht unter das Verbot fallen. - Zuletzt sollte die Verabredung einer „nachträglichen“ Verfallklausel erlaubt bleiben, die nach einem gewissen Zeitraum nachträglich durch einen weiteren Willensakt von Schuldner und Gläubiger verabredet worden war, D. 13.7.34. Die Untersuchungen der modernen Rechtswissenschaft zeigen hingegen, dass es im klassischen römischen Recht kein einheitliches Regelungskonzept gab. Vielmehr standen die genannten Quellen inhaltlich häufig nicht mit dem Verbot in Zusammenhang.1161 Bei der „Wiederentdeckung“ und Verbreitung des römischen Rechts (Rezeption) war die scholastische Rechtswissenschaft dennoch bemüht, durch eine am Ziel orientierte Auslegung ein einheitliches und in sich kongruentes Regelwerk aus dem CIC zu erarbeiten. Danach sollte im Pfandrecht des gemeinen Rechts ein umfassendes Verbot des Verfalls herrschen, das, durch das mittelalterliche Wucherverbot verstärkt, Geltung beanspruchte. Ihm sollten aber die genannten Ausnahmen gegenüberstehen. Das praktische Bedürfnis für eine solche weitreichende GrundsatzAusnahme-Gestaltung war in der Gegenüberstellung zur germanisch-deutschen Rechtsentwicklung begründet. Die Verwertung des gewohnheitsrechtlichen Pfandrechts nach germanisch-deutscher Tradition erfolgte vorwiegend durch Verfall. In1160

Siehe Abschnitt C. Der Befund gilt unzweifelhaft für das klassische und spätklassische Recht. Das justinianische Recht ist durchdachter, da einzelne Fragmente (bewusst) nicht aufgenommen wurden. Siehe hierzu: Abschnitt C. 1161

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

haltlich war meist die Präklusion des Auslösungsrechts vorgesehen, bei der der verpfändete Gegenstand nach dem Verstreichen einer Frist beim Gläubiger verblieb. In der weiteren Entwicklung wurde zwar etwa durch den mos gallicus nachgewiesen, dass die herrschende Ansicht nicht mit der ursprünglichen Idee des römischen Rechts vereinbar war. Auch wurde in der wissenschaftlichen Bearbeitung die Systematisierung der als Ausnahmen angesehenen Institute verfeinert, dennoch blieb die im mos italicus erarbeitete Auslegung herrschend. Erkennbar wird dies durch die weitreichende Übernahme der entsprechenden Interpretation im Partikularrecht.1162 Argumentationsgrundlage für die Übernahme des Verbots waren vier Hauptströmungen: die Begründung durch die römisch-rechtlichen „boni mores“, durch das christliche Wucherverbot, durch das Naturrecht und zuletzt durch das positive Recht. Jedes dieser Begründungsmodelle hatte das Verbot letztlich als Instrument des Schuldnerschutzes vor Augen.1163 Während das Reichsrecht nur eine Regelung in der Reichspolizeiordnung von 1577 traf, übernahmen mehr und mehr Territorien das Verfallverbot als Teil des Privatrechts. In der Gesamtbetrachtung lassen sich bestimmte Systematisierungen vornehmen. Viele Partikularrechte zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert nahmen das Verbot als schlichtes Totalverbot auf, ohne weiter auf die Problemfälle einzugehen. „Neuere“ Partikularrechte – insbesondere an der Grenze zum 19. Jahrhundert – gingen einen differenzierteren Weg. Zum einen wurde ein Totalverbot statuiert, zum anderen waren Regelungen erkennbar, die ein grundsätzliches Verbot ausgestalteten, deren Geltung durch Ausnahmen durchbrochen war. Bei den erlaubten Ausnahmen war die nachträglich gestattete Verfallklausel, die an D. 13.7.34 angelehnt war, die häufigste. Gelegentlich war die aus D. 20.1.16.9 abgeleitete Abrede des bedingten Verkaufs zu einem gerechten Preis erlaubt, selten fand sich die Ausnahme des Verfalls als Leistung an Zahlungs statt (datio in solutum nach D. 46.3.45 pr.) und der bedingte Verkauf ohne preisliche Untergrenze (D. 20.5.12 pr.). Einen Sonderfall stellte die Aufnahme des Verfalls zugunsten des personenverschiedenen Bürgen im preußischen ALR dar, wie sie in Anlehnung an D. 18.1.81.pr. mit gegenteiliger Regelung normiert wurde.1164 Der Gesetzgeber des BGB, der das Verfallverbot als geltendes Recht ansah, stand vor der Aufgabe, das in allen Rechtskreisen geltende Verfallverbot in das BGB zu übernehmen. Es bedurfte aber eines eigenen Ansatzes, da es weder in der Wissenschaft noch im Partikularrecht ein einheitliches Konzept gab.1165 Die Lösung des BGB sah ein Totalverbot mit der zeitlichen Grenze der Fälligkeit vor. Erst nach Fälligkeit der gesicherten Forderung greift das Verbot nicht mehr ein. Die Gesetzesmaterialien sind wesentlich von der Diskussion geprägt, ob das Verfallverbot in Konflikt mit der Wuchergesetzgebung stand. Im Ergebnis war man sich einig, dass die Liberalisierung des Wuchers von 1867 das Verbot der Verfallklausel nicht aufhob. Aus dem Zweck des 1162 1163 1164 1165

Dazu: Abschnitt D. Siehe: Abschnitt D., unter: 1. c). Siehe: Abschnitt E. Ergebnis des Abschnitts E.

J. Zusammenfassung der Ergebnisse

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Schuldnerschutzes war eine Regelung notwendig, hinzu trat aber auch eine sachenrechtliche Funktion, die den Parteien die Möglichkeit der Umwandlung nahm. Letztlich war auch dieser Ansatz Ausdruck des Schuldnerschutzes, da das gesetzliche Verfahren als Standard festgesetzt wurde, um die einseitige Ausgestaltung der Verwertung zulasten einer Partei zu verhindern. Bestätigt wird das Ergebnis in der Öffnung der inhaltlichen Ausgestaltung nach Fälligkeit, da sich zu diesem Zeitpunkt nur die Lage des Schuldners ändert. Nach der Rechtstradition des Verfallverbots, ist der Schuldner vor dem künftigen Risiko einer Verfallklausel zu schützen, die er aus der gegenwärtigen Notlage und in der trügerischen Hoffnung eingeht, er werde den Zahlungsausfall schon abwenden können. Immer wenn der Tatbestand der §§ 1149, 1229 BGB erfüllt ist, greift die unwiderlegliche Vermutung, dass der Schuldner vor dieser Gefahr durch die Nichtigkeit der Verfallklausel zu schützen ist. Nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit besteht diese Gefahr nicht mehr und dem Schuldner ist eine realistische Einschätzung seiner Lage zuzutrauen. Der Schutz wird dann über allgemeine Normen gewährleistet.1166 Die von Achilles erstellten Motive zum E I von sind in diesem Zusammenhang missverständlich, stützen aber im Kontext mit den anderen Quellen das Ergebnis. Der Normzweck des Schuldnerschutzes ist als Auslegungsgrenze relevant, da er eine weite Auslegung nahelegt, um der abstrakten Gefahr der Verfallklausel Einhalt zu gebieten. Bei der Frage, ob der Normzweck der §§ 1149, 1229 BGB eine analoge Anwendung notwendig macht, muss auf dieses Ergebnis zurückgegriffen werden. Berücksichtigt man die in der historischen Auslegung erkennbare Struktur des BGB, zeigt sich ein einheitliches Konzept. Für die Sicherungsübereignung und die Sicherungsabtretung ist eine entsprechende Anwendung geboten, sofern die der Rechtsnatur entspringenden Eigenarten der Institute berücksichtigt werden. Sie sind als pfandrechtsgleiche Rechte dem gesetzlichen Verwertungsverfahren zu unterstellen, dessen zentralen Kern auch die Schutznormen der §§ 1149, 1229 BGB absichern. Die abstrakte Gefahr, die sich in der durch Auflassungsvormerkung gesicherten Verfallklausel verbirgt, spricht, neben der Umgehung der Hypothek, ebenfalls für eine analoge Anwendung des Verfallverbots. Das „Sale-and-lease-back“Verfahren scheidet aus der Diskussion aus, da es sich um eine Sicherungsübereignung im Rahmen eines Finanzierungsleasings handelt, das nach den gleichen Wertungen wie die durch Verfallklausel verstärkte Sicherungsübereignung zu behandeln ist.1167 Die Ansicht, dass auch dinglich nicht gesicherte Gläubiger mit einer Analogie nach §§ 1149, 1229 BGB zu schützen sind, ist – dem BGH entsprechend – abzulehnen, sofern der im Verbot angelegte Schuldnerschutz berücksichtigt wird. Gegen eine Analogie spricht die rein schuldrechtliche Wirkung der Abrede. Dennoch verwirklichte sich in den durch die Rechtsprechung entschiedenen Fällen die abstrakte Gefahr, die beim Eingreifen des Tatbestands von § 1149 BGB vermutet wird, 1166 1167

Ergebnis des Abschnitts F. Ergebnis des Abschnitts H.

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Teil 3: Die dogmatische Analyse

in den konkreten Umständen. Die Rechtsprechung verkennt dies und nutzt die Entscheidung zur dogmatisch richtigen Verneinung der analogen Anwendung. Es fehle an einer Regelungslücke, da über § 138 Abs. 1 BGB eine konkrete Überprüfung möglich ist. An diesem Punkt ist der Lösung der Rechtsprechung zu widersprechen, da die konkrete Gefahr einer Verfallklausel nicht ausreichend berücksichtigt wird. Die schuldrechtlich wirkende Verfallklausel sollte, bei Vorliegen der konkreten Gefahr, eine eigene Fallgruppe im Rahmen des § 138 BGB bilden und eine Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit auslösen. Zu unterscheiden ist der von den sich anschließenden Entscheidungen gleich behandelte Fall der durch Auflassungsvormerkung gesicherten Verfallklausel. In diesen Fällen ist eine analoge Anwendung des Verfallverbots – durch die dingliche Sicherheit der Vormerkung – geboten. Die durch den BGH begründete Ansicht, eine Analogie für dinglich nicht gesicherte Gläubiger abzulehnen, ist dogmatisch richtig, wird aber falsch begründet. Anders als behauptet steht beim Verfallverbot nicht das Umwandlungsverbot der dinglichen Sicherheit im Vordergrund, sondern der Schuldnerschutz. Die Fehlinterpretation des historischen Normzwecks geht auf ein Missverständnis der von Achilles erstellten Motive zum Ersten Entwurf des BGB zurück. Die historische Analyse dieser Arbeit konnte das Gegenteil belegen, da Achilles die in der 1. Kommission stattgefundene Auseinandersetzung missverständlich zusammenfasste.1168 Damit steht dem Verfallverbot eine über den direkten Anwendungsbereich hinausgehende Geltung offen, sofern es sich um eine pfandrechtsgleiche Sicherheit handelt. Die als pfandrechtsgleiche Rechte nicht geregelten Institute der Sicherungsübereignung und der Sicherungsabrede sowie die gesetzliche definierte Vormerkung, die eine Verfallklausel sichert, sind dem Verbot zu unterstellen.1169 Drittens: Ist von einem tiefergehenden und weitreichenden „Rechtsprinzip des Verfallverbots“ auszugehen oder bleibt der Anwendungsbereich auf einzelne Institute beschränkt? Ein Rechtsprinzip ist eine hinter den Normen stehende, im „inneren System“ zu berücksichtigende „Tiefenstruktur“, die bei der Rechtsanwendung (Art. 20 Abs. 3 GG) zu berücksichtigen ist. Methodisch ist sie durch die Analyse des Willens des Gesetzgebers – der Gesetzesmaterialien – zu ermitteln.1170 Die für eine analoge Anwendung ausgemachten Kriterien können zu einem Tatbestand des Rechtsprinzips geformt werden. Das Verfallverbot greift ein, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen: 1. Das Bestehen eines zu sichernden Anspruchs (Forderung). 2. Die dingliche Sicherung des Anspruchs durch ein pfandrechtgleiches Recht, dem ein Sicherungszweck für die Forderung innewohnt. 1168

Ergebnis der Untersuchung der Gesetzesmaterialien im Abschnitt F. Die Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BGH in BGHZ 130, 101 findet sich in Abschnitt G., unter: 1. e) bb). 1169 Analyse der Anwendungsfelder im Abschnitt H. 1170 Ergebnis des Abschnitts B., insb. unter: 3. c).

J. Zusammenfassung der Ergebnisse

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3. Die Abrede der inhaltlichen Änderung der dinglichen Sicherheit, bedingt auf die Nichtleistung. Der verpfändete Gegenstand soll zum Zweck der Befriedigung entweder a) beim Gläubiger verbleiben (1. Variante) oder b) in Umgehung der gesetzlichen Verwertungsvorschriften auf andere Weise verwertet werden (2. Variante). 4. Diese Abrede muss über die Bedingung der Nichtbefriedigung in einem inneren Zusammenhang mit der dinglichen Sicherheit stehen. Sie muss, wie von den Parteien beabsichtigt, einen aus der Sicherheit stammenden Befriedigungszweck verfolgen. 5. Besteht kein entsprechender Anknüpfungspunkt über ein gesetzliches Verwertungsverfahren, muss im Einzelfall geprüft werden, wie weit der Schuldner über die Mechanismen der in Rede stehenden Institute geschützt ist. Entspricht der Schutz dem Schutzumfang, der dem Schuldner im Rahmen der §§ 1149, 1229 BGB zukommt? Wenn dies nicht der Fall ist, ist zu untersuchen, ob die sonstigen Kriterien erfüllt sind, um eine Anwendung aus dem Normzweck zu ermöglichen. Nach dem zugrundeliegenden Methodenkonzept kann ein Rechtsprinzip nicht durch Auslegung begründet werden, ohne dass ein eindeutiger Beleg in der historischen Entwicklung nachweisbar ist. Da sich die Konzeption nicht eindeutig in den Gesetzesmaterialien wiederfindet, besteht das Rechtsprinzip des Verfallverbots zurzeit nicht. Die Erkenntnis hindert aber nicht, ein entsprechendes Rechtsprinzip durch Rechtsfortbildung einzuführen.1171 Die vorliegende Arbeit tritt für die Anerkennung eines Rechtsprinzips ein, das sich nah an den gesetzlichen Normen der §§ 1149, 1229 BGB orientiert. Für eine Anerkennung sprechen die Vereinbarkeit mit der Wertordnung des Grundgesetzes1172 und die ökonomische Analyse des Rechts, die über die Schule der Verhaltensökonomie das Verfallverbot als Schutz der Entscheidungsfreiheit des Schuldners anerkennt.1173 Der Ausblick auf die gesellschaftliche Relevanz im Rahmen von Schuld und Haftung spricht ebenfalls für das Ergebnis.1174

1171 1172 1173 1174

Ergebnis des Abschnitt H. Beleg in Abschnitt I., unter: 2. Ökonomische Analyse des Rechts in Abschnitt I., unter: 1. Ausblick in Abschnitt I., unter: 3.

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Sachwortverzeichnis Abstraktionsprinzip 21 actio 89 – pigneraticia 66 f., 89 – (quasi) Serviana 43 – utilis 274 f. Aktivdelegation 274 Akzessorietät 43, 126, 258, 261, 267, 273, 291 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch 136, 147 Analogie 16, 85, 200, 204, 261, 288, 298, 327, 330, 335 anchoring 316 Auflassungsvormerkung 185 f., 195, 203, 213, 217, 288 f., 292, 335 Augustinus 25 äußere System 33 Auslegung – objektiv 34 – subjektiv 34 Auslegungsmethoden 30 Aversion gegen Extreme 317 Barkaution 250 Bayrische Entwurf eines BGB 126 Begriffsjurisprudenz 29 Behavioral Law and Economics 313, 319 Beschränkungen (three bounds) 314 Besitzeffekt 317, 319 Besitzkonstitut 177, 223, 262, 264, 275 Besitzmittlungsverhältnis 262 Besitzpfandrecht 41, 44, 224 Beweislast 40, 217, 243, 269, 279 f. boni mores 100, 205, 334 Bürgschaft 68, 197, 200 Coase-Theorem 306 Code Civil 140, 147 Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis 124, 143

Codex Theodosianus 50, 94 – interpretatio 51 communis opinio 90 f. Constantin, Kaiser 50, 53, 57, 333 Constitutio Criminalis Carolina 121 Corpus Iuris Civilis 50 datio in solutum 58, 62, 70, 73, 77, 84, 136, 140, 158, 176, 296, 327 Deutsches Privatrechts 107 Dresdner Entwurf zum BGB 135 Drittwiderspruchsklage 266, 277 Eigennutztheorem 313 Eigentumsrecht 323 Eigentumsvorbehalt 278 Ersten Entwurf (E I) 148 Faustpfandprinzip 108 fiducia cum creditore 41, 60, 64, 263 Flaschenpfand 250 – 252 fragmentum vaticanum 9 64 – 66, 72 Framing 317 Freiberger Stadtrecht 110 Freiburger Stadtrecht 113, 143 Freirecht 29 Gant 113, 128 Gegenwartsbias 318 Gemeines Recht 147 Gesetz und Recht 23 Gesetzesfolgeabschätzung Gewere 108 – Eigengewere 116 – Satzungsgewere 116 Glossa ordinaria 82 f. Glossatoren 82 f., 100 Hessisches Pfandrecht Heuristiken 315 hindsight bias 315

137

306

368 Höchstpreisedikt 55 Homo-oeconomicus-Modell hypotheca 41

Sachwortverzeichnis

302

innere System 21, 30, 336 innere Zusammenhang 187, 200 f., 203, 216, 258, 287, 294 Insichgeschäft 62, 203 Insolvenz 182, 222, 250, 266, 277 f., 286, 328 Institutionen des Rechts 301 Institutionenökonomik 301 irreguläres Pfandrecht 247, 250 ius commune 82, 89, 93, 95 ius vendendi 65, 74 iusto pretio 66, 77 Jüngste Reichsabschied 153 juristischen Humanismus 274 Justinian 50 Justinian, Kaiser 153 Kaldor-Hicks-Kriterium 307 Kanonistik 101 f. Kommentatoren 82 f., 100 Kommission – 1. Kommission 148, 160, 169, 204, 264, 282 – 2. Kommission 150, 164, 177, 264, 275, 282 Leasingsvertrag 293 Legistik 101, 274 Lex-posterior-Regel 37 lex specialis 207 London Economics 327 Methodenehrlichkeit 37 Methodenlehre 30 methodologischer Individualismus 303 mos gallicus 94, 334 mos italicus 95, 334 Motive zum Ersten Entwurf 131, 149, 162, 174, 204, 221, 253, 275, 335 f. Naturrecht 25 Nicht-Einzelfall-Betrachtung

303

Normzweck des Schuldnerschutzes 18, 197, 332 Novation 274 Numerus-clausus-Prinzip 241, 248, 262 f. Ökonomik 300 overconfidence bias

316

Pandektistik 42, 57, 95, 98, 154 Pareto-Effizienz 307 Partikularrecht 122, 129, 135, 143, 146 f., 334 Pfandrecht – deutsches 105 – Fahrnis 107 pignus 41, 64, 79 Positivismus 26 Präferenz 302, 318 Präklusion 111, 127, 129, 334 preußisches Allgemeines Landrecht 69, 141, 147, 159, 167, 186, 334 Prinzip 20 – Direktivfunktion 20 – Modellfunktion 20 Prinzip der Gegenseitigkeit 314 Prinzip der Nicht-Einzelfall-Betrachtung 320 Prinzip der Problemorientierung 303, 308 Prinzipal-Agent-Theorie 301 Prinzipienargument 27 Privatautonomie 259, 268, 270 f., 292, 296, 321, 324 Rational-Choice 313, 315, 317 Recht der Burgunder 108 Recht der Langobarden 109 – Edictus Rothari 109 – Edicutum Liutprandt 109 Rechtsfortbildung 35, 256 f., 259, 270, 330 Rechtsschule von Bologna 81 Reichs-Oberhandelsgerichts 159 Reichsgericht 155, 185, 277 Reichsjustizamt 150, 164, 177 Reichspolizeiordnung 97, 121, 153 Rezeption 41, 81, 118, 333

Sachwortverzeichnis Sächsisches BGB 132 Sale-and-lease-back 18, 261, 293, 295, 297, 335 Satzung 115 – ältere 115 – jüngere 116 Schreinsbücher 112, 117 Schuldanerkenntnis 193, 332 Schuldnerschutz 17, 98, 104 f., 146, 156, 163, 172, 179, 188, 203, 205, 212, 221, 254, 260, 272 f., 277, 288, 298, 324, 330 Schuldversprechen 193, 220, 332 self-serving bias 316 Sicherungsabrede 276 Sicherungsabtretung 261, 272, 274, 276, 279, 298 Sicherungshypothek 282 Sicherungsübereignung 16, 42, 60, 177, 184, 196, 259, 261 f., 269, 277, 280, 295, 298 Sicherungszession 238, 272 f., 275, 298, 325 Sittenwidrigkeit 100, 195, 208, 214, 229, 267, 336 status quo bias 317 Strafversprechen 154, 184, 213, 296, 298 Subprime-Krise 329 superfluum 43 Theorie der Verfügungsrechte 301, 304 Thomas von Aquin 25 traditio 166, 168 Transaktionskosten 305, 308, 314

369

Transaktionskostenökonomik 301 Treuhand 263, 267 f., 270, 276 f., 325 trimetallisches Währungssystem 54 Unrechtsargument 27 Usus modernus Pandectarum

102, 274

Verdinglichung obligatorischer Rechte 286 Verfassungsökonomik 301 Verlustaversion 317 Vermieterpfandrecht 231 f. Vernunftrecht 25, 102 f. Vertragsstrafe 184, 200, 203, 211, 222, 290, 295 f. Vorcommission 148 Vorkommission 150 Vormerkung 280 Weimarer Pfandgesetz 128 Wertordnung 24 f., 27, 29, 39 f., 300, 337 Wiederkauf 116, 285, 294, 296 – 298 Wucherverbot 333 – christliches 101, 103 – des bürgerlichen Rechts 179, 200 – jüdisches 122 – naturrechtliches 104, 143 – privatrechtliches 154, 156, 175 Württemberger Pfandrecht 138 Württembergische Pfandgesetz 132 Zwangsvollstreckung 266, 277 f., 323

183, 190, 201, 235,