Zivilpersonen im modernen Luftkrieg: Herausforderungen des Rechts des bewaffneten Konflikts im Hinblick auf den Schutz von Zivilpersonen im Rahmen von Luftoperationen [1 ed.] 9783428559046, 9783428159048

»Nichts ist so beständig wie der Wandel.« Diese Aussage von Heraklit gilt auch für den Krieg, der sich von einem Kampf »

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Zivilpersonen im modernen Luftkrieg: Herausforderungen des Rechts des bewaffneten Konflikts im Hinblick auf den Schutz von Zivilpersonen im Rahmen von Luftoperationen [1 ed.]
 9783428559046, 9783428159048

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Schriften zum Völkerrecht Band 237

Zivilpersonen im modernen Luftkrieg Herausforderungen des Rechts des bewaffneten Konflikts im Hinblick auf den Schutz von Zivilpersonen im Rahmen von Luftoperationen

Von

Olivia Barth

Duncker & Humblot · Berlin

OLIVIA BARTH

Zivilpersonen im modernen Luftkrieg

Schriften zum Völkerrecht Band 237

Zivilpersonen im modernen Luftkrieg Herausforderungen des Rechts des bewaffneten Konflikts im Hinblick auf den Schutz von Zivilpersonen im Rahmen von Luftoperationen

Von

Olivia Barth

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0251 ISBN 978-3-428-15904-8 (Print) ISBN 978-3-428-55904-6 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinem Ehemann

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2018/2019 von der Juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) als Dissertation angenommen. Sie befindet sich auf dem Bearbeitungsstand vom 29. Juni 2019. Mein aufrichtiger Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Wolff Heintschel von Heinegg, für seine Unterstützung und Betreuung, seine wertvollen Anregungen und Ratschläge sowie die zügige Erstellung des Erstgutachtens. Besonders dankbar bin ich für das entgegengebrachte Vertrauen und die Freiheit, die mir im Rahmen der Bearbeitung des Promotionsthemas gewährt wurde. Bedanken möchte ich mich ferner bei Frau Prof. Dr. Carmen Thiele für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Schließlich gebührt meinen Eltern, insbesondere meiner Mutter, Dank für die Begleitung und Unterstützung während meines universitären und beruf­ lichen Werdegangs. Ganz besonderer Dank gilt meinem Ehemann, Christoph Barth, der mich während meiner Promotion stets bedingungslos, geduldig und ermutigend unterstützt hat. Ohne seinen Rückhalt und Zuspruch wäre mir insbesondere die berufsbegleitende Fertigstellung dieser Arbeit nicht möglich gewesen – ihm ist diese Arbeit gewidmet. Meerbusch, im Januar 2020

Olivia Barth

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung 

19

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 C. Gegenstand und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Kapitel 2

Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen 

A. Entwicklung des Luftkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriff des Luftkrieges  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Ebenen“ der Luftkriegsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arten von Luftkriegsoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verwendeter Begriff des Luftkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entwicklung des Luftkrieges und der Luftfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anfänge der Luftfahrt – Erste Luftkriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bemannte Luftfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unbemannte Luftfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Moderne Luftfahrt – Moderne Luftkriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bemannte Luftfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unbemannte Luftfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26 26 26 27 29 29 29 30 30 34 36 36 38

B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 I. Zivile Opfer und bewaffnete Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Kritik an den Opferzahlen im Luftkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Probleme der Bestimmung aussagekräftiger Opferzahlen . . . . . . . . . . 41 II. Schutz von Zivilpersonen und zivile Opfer im Rahmen von ausgewählten bewaffneten Konflikten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1. Zivile Opfer im Rahmen ausgewählter konventioneller bewaffneter Konflikte ohne oder bei unwesentlichem Einsatz von Luftstreitkräften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2. Opferzahlen im Rahmen ausgewählter konventioneller bewaffneter Konflikte bei wesentlichem Einsatz von Luftstreitkräften im Lichte der Praxis von Luftoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

10 Inhaltsverzeichnis 3. Opferzahlen im Rahmen ausgewählter moderner bewaffneter Konflikte bei wesentlichem Einsatz von Luftstreitkräften im Lichte der Praxis von Luftoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 III. Auf Luftkriegsoperationen zurückzuführende zivile Opfer . . . . . . . . . . . . 56 1. Anzahl ziviler Opfer im Rahmen von Luftoperationen . . . . . . . . . . . . 57 2. Verhältnis ziviler Opfer im Rahmen von Luftoperationen und Operationen konventioneller Kriegsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Kapitel 3

Rechtsrahmen der Untersuchung 

60

A. Luftkriegsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kodifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Haager Deklaration von 1899 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haager Landkriegsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Chicagoer Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Genfer Konventionen und Zusatzprotokolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Allgemeine Regelungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Völkergewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60 61 61 62 64 64 67 67

B. Humanitäres Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Regelungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kodifikationen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erste Genfer Konvention  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. St. Petersburger Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haager Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Genfer Konventionen und Zusatzprotokolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Genfer Gasprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Haager Kulturgutabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. UN-Waffenkonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Rom-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Völkergewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Martens’sche Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundprinzipien des Humanitären Völkerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70 70 73 73 73 74 74 75 75 75 76 76 77 78

C. Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kodifizierung und Völkergewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis Humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte . . . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit beider Rechtsbereiche  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zusammenspiel Humanitäres Völkerrecht – Menschenrechte im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Subsidiäre Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rückverweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80 80 82 83 89 89 90 91

Inhaltsverzeichnis11 3. Kollisionen Humanitäres Völkerrecht – Menschenrechte  . . . . . . . . . . a) Lex-posterior-Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Meistbegünstigungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Lex-specialis-Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Extraterritoriale Geltung der Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Fazit: Humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte . . . . . . . . . . . . .

92 93 93 94 94 100

D. Fazit: Zusammenspiel der für das Luftkriegsrecht geltenden Regelungen . . . 103 Kapitel 4

Herausforderungen des Rechts des bewaffneten Konflikts im Rahmen von modernen Luftoperationen 

104

A. Herausforderungen an den Schutz von Zivilpersonen im Hinblick auf den Unterscheidungsgrundsatz und das Exzessverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 I. Schutz von Zivilpersonen nach dem Luftkriegsrecht im Lichte des Unterscheidungsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 1. Der Unterscheidungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 a) Begriff und Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Der aus dem Unterscheidungsgrundsatz resultierende Schutz von Zivilpersonen im Rahmen von Luftoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Notwendige Unterscheidung nach Art. 48 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . 110 aa) Status von Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (1) Kombattanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (2) Zivilpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 (3) An Feindseligkeiten teilnehmende Zivilpersonen . . . . . . . 115 (4) Organisierte bewaffnete Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (5) Regierungstruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Status von Objekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (1) Militärische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 (2) Zivile Objekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 b) Zweifelsvermutung nach Art. 50 Abs. 1 S. 2 ZP I und Art. 52 Abs. 3 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Verbot von gezielten Angriffen auf Zivilpersonen nach Art. 51 Abs. 1, Abs. 2 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 d) Verbot unterschiedsloser Angriffe nach Art. 51 Abs. 4 und 5 ZP I . 126 e) Weiterer Schutz von Zivilpersonen und zivilen Objekten . . . . . . . . 128 aa) Schutz nach Art. 51 Abs. 6, Art. 52 ZP I: Verbot von Repressalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 bb) Schutz nach Art. 51 Abs. 7 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 cc) Schutz nach Art. 51 Abs. 8 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

12 Inhaltsverzeichnis dd) Schutz nach Art. 52–56 ZP I sowie Art. 14, 15, 16 ZP II . . . . 131 ee) Schutz nach Art. 13, 14 ZP II in nicht-internationalen ­bewaffneten Konflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 ff) Mindestschutz nach Art. 75 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 II. Schutz von Zivilpersonen nach dem Luftkriegsrecht im Lichte des Exzessverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Das Exzessverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 a) Begriff und Abgrenzung zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . 137 b) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 c) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 d) Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 aa) Kodifizierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 bb) Völkergewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2. Der aus dem Exzessverbot resultierende Schutz von Zivilpersonen  . . 148 3. Abgrenzung zu den Vorsichtsmaßnahmen bei Angriffen . . . . . . . . . . . 149 a) Vorsichtsmaßnahmen des Angreifers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 aa) Verpflichtung, Verluste an der Zivilbevölkerung und an zivilen Objekten zu vermeiden oder auf ein Minimum zu beschränken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 bb) Verpflichtung, sicherzustellen, dass die Angriffsziele tatsächlich militärische Ziele darstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 cc) Verpflichtung, von einem Angriff unter bestimmten Bedingungen Abstand zu nehmen oder ihn einzustellen . . . . . . . . . . 155 dd) Verpflichtung, das Ziel auszuwählen, durch welches die Zivilbevölkerung am Wenigsten beeinträchtigt wird  . . . . . . . 157 ee) Verpflichtung, Angriffen eine wirksame Warnung voraus­ gehen zu lassen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 ff) Minimumstandard des Art. 57 Abs. 4 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . 160 gg) Verpflichtung, Vorsichtsmaßnahmen gegen die Wirkungen von Angriffen vorzunehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 b) Vorsichtsmaßnahmen des Verteidigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 c) Verhältnis Vorsichtsmaßnahmen des Angreifers zu denen des Verteidigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 III. Herausforderungen im Hinblick auf den Unterscheidungsgrundsatz und das Exzessverbot in modernen Luftoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Statusfragen von Luftfahrzeugen und ihrer Besatzung . . . . . . . . . . . . . 163 a) Begriff des Luftfahrzeugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) Kategorisierung von Luftfahrzeugen und ihrer Besatzung . . . . . . . 165 aa) Militärische Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 bb) Zivile Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 cc) Sanitätsluftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 dd) Kartellluftfahrzeuge (cartel aircrafts) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 ee) Such- und Rettungsoperationen vornehmende Luftfahrzeuge . 176 ff) Humanitäre Hilfe leistende Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . 176

Inhaltsverzeichnis13 c) Unbemannte Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 bb) Arten unbemannter Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 (1) Unterscheidung nach der Größe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 (2) Unterscheidung nach der Art des Steuerungssystems . . . . 180 cc) Einsatzmöglichkeiten von Drohnen in bewaffneten ­Konflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 dd) Kategorisierung unbemannter Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . 184 (1) Drohnen als Waffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (2) Drohnen als Luftfahrzeuge  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (3) Drohnen als militärische Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . 187 ee) Rechtsstellung der am Einsatz von Drohnen beteiligten ­Personen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 d) Nicht-internationale bewaffnete Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Verwischen der Kategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Lockerung der Kombattantenkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 aa) Ausgangsposition  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 bb) Lockerung der Kombattantenkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 cc) Kritik und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten durch Zivilpersonen . 199 aa) Teilnahme an Feindseligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 bb) Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 cc) Konnexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 dd) Zeitraum der Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 ee) Rechtsfolgen der unmittelbaren Teilnahme an Feind­ seligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 ff) Exkurs: Moderne Söldner  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 c) Vermeintliche Kategorie der unrechtmäßigen Kombattanten . . . . . 213 aa) Die sogenannte dritte Kategorie der unrechtmäßigen ­Kombattanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 bb) Kritik und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 d) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 3. Bestimmung eines militärischen Ziels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 b) Kritik und Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 4. Kollateralschadensbestimmung und Abwägungsproblematik  . . . . . . . 227 a) Begriff des Kollateralschadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 b) Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 aa) Begriff des „konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteils“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 bb) Abwägung im Lichte des Begriffs „in keinem Verhältnis“ . . . 231 c) Verhältnis zu unterschiedslosen Angriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 d) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

14 Inhaltsverzeichnis 5. Verpflichtungen im Rahmen des „praktisch Möglichen“ („feasible“) . 236 a) Verpflichtung, Risiken auf sich zu nehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 b) Pflicht zu neuester Waffen- und Informationstechnologie . . . . . . . 239 c) Maß der angewandten Gewalt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 d) Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 6. Menschliche Schutzschilde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 a) Rechtsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 b) Unbeabsichtigtes Nebeneinanderpositionieren von militärischen Zielen und Zivilpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 aa) Unverschuldetes Nebeneinanderpositionieren . . . . . . . . . . . . . 246 bb) Ausnutzen des Nebeneinanderpositionierens . . . . . . . . . . . . . . 247 c) Beabsichtigtes Nebeneinanderpositionieren von militärischen Zielen und Zivilpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 aa) Unfreiwillige Schutzschilde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 bb) Freiwillige Schutzschilde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 d) Auswirkungen des Einsatzes menschlicher Schutzschilde . . . . . . . 250 e) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 f) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 7. Moderne Konfliktformen als Herausforderungen des modernen Luftkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 a) Asymmetrische Konflikte als Herausforderungen des modernen Luftkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 bb) Das Wesen asymmetrischer Konflikte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 cc) Ausprägungen asymmetrischer Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 dd) Heutige asymmetrische Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 ee) Luftkriege und asymmetrische Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 ff) Herausforderungen für den Schutz von Zivilpersonen  . . . . . . 262 gg) Das Recht des bewaffneten Konflikts in asymmetrischen Konflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 hh) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 b) Hybride Kriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 bb) Ausprägungen hybrider Kriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 cc) Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 dd) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 8. Luftblockaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 a) Begriff und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 b) Errichtung, Durchsetzung und Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 c) Auswirkungen auf den Schutz von Zivilpersonen . . . . . . . . . . . . . . 279 d) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 9. Sicherheitszonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 a) Sicherheitszonen am Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

Inhaltsverzeichnis15 aa) Neutrale Zonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unverteidigte Ortschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sanitärzonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Demilitarisierte Zonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sicherheitszonen in der Luft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausschlusszonen (Air Exclusion Zones) . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Flugverbotszonen (No Fly Zones) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Air Defense Identification Zones . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Luftkampfzonen (Air Fight Zones/Air Combat Zones) . . . . . . c) Kritik und Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

283 284 284 285 285 285 287 290 291 291 294

B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts . . . . . . I. Zulässigkeit unbemannter Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einordnung unbemannter Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorteile und Nachteile gegenüber bemannten Flugzeugen . . . . . . . . . . a) Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vereinbarkeit unbemannter Luftfahrzeuge mit dem Recht des bewaffneten Konflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prüfung unbemannter Luftfahrzeuge am Maßstab des Art. 36 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Maßstab des Art. 36 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Verfahren der Vorabkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Prüfung von unbemannten Luftfahrzeugen am Maßstab des Art. 36 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Prüfung von unbemannten Luftfahrzeugen an den Grund­ prinzipien des Rechts des bewaffneten Konflikts . . . . . . . . . . . . . . aa) Vereinbarkeit mit dem Unterscheidungsgrundsatz . . . . . . . . . . (1) Ferngesteuerte unbemannte Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . (2) Autonome unbemannte Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vereinbarkeit mit dem Exzessverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ferngesteuerte unbemannte Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . (2) Autonome unbemannte Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vorsichtsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Vereinbarkeit mit dem Perfiderieverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verbot autonomer Systeme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Herausforderungen des Einsatzes und der Entwicklung unbemannter Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Herabsetzen der Gewaltschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausbreitung bewaffneter Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Technologische Asymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verstoß gegen das Prinzip der Ritterlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

294 295 295 297 297 299 301 301 301 303 304 305 305 306 308 310 311 313 314 317 321 325 325 326 327 328 329

16 Inhaltsverzeichnis 5. Absenken der Hemmschwelle zum Töten und Bagatellisierung der Tötung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Entmenschlichung des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Programmierung des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Ausbreitung der Technologie und fehlende Kontrollierbarkeit . . . . . . . 9. Verantwortlichkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auswirkungen des Einsatzes unbemannter Luftfahrzeuge auf den Schutz von Zivilpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

331 334 336 338 340 341 343

Kapitel 5

Fazit: Kein Änderungsbedürfnis des Rechts des bewaffneten Konflikts zur Gewährleistung eines effektiven Schutzes von Zivilpersonen im Rahmen moderner Luftkriege  347

A. Rechtsrahmen und Rechtsanwendung des humanitären Völkerrechts in modernen bewaffneten Konflikten zum Schutz von Zivilpersonen . . . . . . . I. Bewertung des Rechtsrahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausreichender Schutzstandard im Rahmen von Luftoperationen . . . . . 2. Anwendung auf moderne Konfliktformen und Technologien . . . . . . . 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bewertung der Rechtsanwendung und Durchsetzung als tatsächliche Herausforderungen im Rahmen von Luftoperationen . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schutz von Zivilpersonen im Rahmen moderner Luftoperationen . . . . . . IV. Kein Bedürfnis für Neuregelungen, Änderungen oder Anpassungen . . . .

348 348 348 351 354 354 358 360

B. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422

Abkürzungsverzeichnis Air Force L. Rev. Air Force Law Review AJIL American Journal of International Law Am. U. J. Int’l American University Journal of International Law & Policy L. & Pol’y Am. U. L. Rev. American University Law Review Army Law. The Army Lawyer ASIL The American Society of International Law ASPJ Air and Space Power Journal AUIntLawJl Australian International Law Journal Bd. Band BYIL British Yearbook of International Law Cal. W. Int’l LJ California Western International Law Journal Case W. Res. J. Int’l L. Case Western Reserve Journal of International Law Cath U L Rev Catholic University Law Review Chicago J Int’l L Chicago Journal of International Law Chin. J. Int. Law Chinese Journal of International Law CIA Central Intelligence Agency Colum. Sci. & Columbia Science and Technology Law Review Tech. L Rev. Cornell Int’l LJ Cornell International Law Journal Denv. J. Int’l Denver Journal of International Law & Policy L. & Pol’y EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EJIL European Journal of International Law Geo LJ Georgetown Law Journal GYIL German Yearbook of International Law HRLR Human Rights Law Review Humanitäres Völker- HuV-I recht – Informationsschriften ICJ International Court of Justice ICTY The International Criminal Tribunal for the former Yugo­ slavia IGH Internationaler Gerichtshof

18 Abkürzungsverzeichnis IKRK ILM IRRC

Internationales Komitee vom Roten Kreuz International Legal Materials International Review of the Red Cross/Revue internationale de la Croix-Rouge ISQ International Studies Quarterly Israel L. Rev. Israel Law Review IYHR Israel Yearbook on Human Rights J. App. Phil Journal of Applied Philosophy JC&SL Journal of Conflict and Security Law JICJ Journal of International Criminal Justice JLTP Journal of Law, Technology and Policy JME Journal of Military Ethics J. Peace Res Journal of Peace Research Mil. L. & L. War Rev. Military Law & Law of War Review Mil. L. Rev. Military Law Review Mil. Rev. Military Review NavalWarCollRev Naval War College Review NILR The Netherlands International Law Review NIPP National Institute for Public Policy NSJ Harvard Law School National Security Journal NYIL Netherlands Yearbook of International Law NYU J Intl L&Pol New York Journal of International Law and Politics Popul. Dev. Rev. Population and Development Review RDMDG Revue de droit militaire et de droit de la guerre Tex Int’l L. J. Texas International Law Journal USAFA J. Leg. Stud. United States Air Force Academy Journal of Legal Studies Vand J Transnat’l L Vanderbilt Journal of Transnational Law Virginia J Int’l L Virginia Journal of International Law YHRDLJ Yale Human Rights & Development Law Journal YIHL Yearbook of International Humanitarian Law ZLW Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht

Kapitel 1

Einleitung A. Einführung „Krieg“ nach dem klassischen Verständnis, das die meisten Menschen von diesem Begriff haben, existiert heute praktisch kaum noch. Dieses Grundbild eines Krieges bezieht sich auf eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Staaten – in der völkerrechtlichen Terminologie einen internationalen bewaffneten Konflikt. Die frühen Kriege vom Altertum bis hin in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts waren solche Konflikte zwischen Staaten. Soldaten standen sich gegenüber und kämpften unmittelbar gegeneinander. Die Gestalt des Krieges hat sich jedoch im Laufe der Zeit gewandelt.1 Nach dem großen Leid, das die zwei Weltkriege über die Menschheit gebracht haben2, waren die Staaten bemüht, solche extremen Auseinandersetzungen zwischen Staaten zu vermeiden. Daher entschlossen sie sich, zum einen das Gewaltverbot in der am 26. Juni 1945 verabschiedeten Charta der Vereinten Nationen3 als zwingendes Prinzip zu verankern. Zum anderen führte aber auch die Aufrüstung im „Kalten Krieg“ zu einer erheblichen Abschreibung, da dadurch mit dem vorhandenen Waffenmaterial nun das gesamte Leben auf der Erde gleich mehrfach vernichtet werden konnte (sogenannter „overkill“4). Es entstand hierdurch eine Art „Gleichgewicht des

1  Vgl. hierzu umfassend Münkler, Der Wandel des Krieges, S. 27 ff., 137 ff.; Kiss, Der „neue Terrorismus“, in: Böttcher (Hrsg.), Europäische Perspektiven, 2002, S.  121 ff. 2  Zu der humanitären, sozialen und ökonomischen Bilanz allein des Zweiten Weltkrieges vgl. statt vieler Murray/Millet, A War to Be Won, 2001, S. 554 ff. 3  Charta of the United Nations (UN-Charta), 1 UNTS XVI, in Kraft getreten am 24. Oktober 1945; Gesetz zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur UNCharta, BGBl. 1973 II, S. 430, 431 ff. 4  Z. T. auch „Mehrfachvernichtungskapazität“ genannt. Hierunter wird die durch das Wettrüsten während des Kalten Krieges geschaffene Möglichkeit verstanden, einen Gegner mit dem vorhandenen Waffenbestand mehr als nur einmal zu vernichten. Die sog. „Overkill-Kapazität“ gibt bezogen auf den jeweiligen Gegner an, wie oft dieser vernichtet werden kann (z. B. bezogen auf die Bevölkerung im Land des Gegners). Siehe näher Rosenberg, International Security 7/4 (1983), S. 3 ff.; Ruloff, Wie Kriege beginnen, 2004, S. 168; Stöver, Der Kalte Krieg, 2007, S. 22; Moltmann, Das

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Kap. 1: Einleitung

Schreckens“.5 Plakativ ist die zugrundeliegende Logik auch umschrieben worden mit „wer zuerst schießt, stirbt als Zweiter“.6 Als Folge daraus gab es zu keinem Zeitpunkt eine direkte kriegerische Auseinandersetzung zwischen den Atommächten.7 Die Grundannahme besteht darin, dass kein Staat so irrational sei, für die Vernichtung des Gegners auch die eigene Vernichtung in Kauf zu nehmen. Die Konsequenz dieser Entwicklungen war, dass es zunehmend weniger internationale bewaffnete Konflikte gab.8 Auch wenn die derzeit vorherrschenden Kriegsformen überwiegend Konflikte im Inneren von Staaten oder gemischt interne/internationale Konflikte sind, also Auseinandersetzungen wie Bürgerkriege, asymmetrische Konflikte oder internationalisierte bzw. transnationale Konflikte, so ist in der Zukunft wieder ein Anstieg internationaler Konflikte, unter anderem aufgrund aufkommender Ressourcenknappheit9, zunehmender politischer Spannungen und steigender nationalistischer Tendenzen, zu erwarten.10 Atomzeitalter, 1999, S. 3; Mützenich, Deutsche Rüstungskontrollpolitik, in: FS Mutz, 2008, S. 116, 120; Wortmann, Frieden oder Sicherheit, 1988, S. 2, 9. 5  Mützenich, Deutsche Rüstungskontrollpolitik, in: FS Mutz, S. 116, 120; Wortmann, Frieden oder Sicherheit, 1988, S. 2; Moltmann, Das Atomzeitalter, 1999, S. 3; Løgstrup, Norm und Spontaneität, 1989, S. 356 ff.; Mastny, Die NATO im sowjetischen Denken und Handeln 1949 bis 1956, in: Wiggershaus/Krüger (Hrsg.), Konfrontationsmuster des Kalten Krieges 1946 bis 1956, 2003, S. 321 ff.; Woyke, Handwörterbuch Internationale Politik, 2008, S. 210 ff. Das englischsprachige Pendant zum Gleichgewicht des Schreckens stellt der Begriff der „Mutual Assured Destruction“ (MAD) dar, der maßgeblich durch Wohlstetter, Foreign Affairs 37/2 (1959), S. 211 ff. geprägt wurde. Ergänzend hierzu Keller, Rezeption des Völkerrechts, 2003, S. 25 ff.; Siedschlag/Opitz/Troy/Kuprian, Grundelemente der internationalen Politik, 2007, S. 40, 41; von Bredow, Zähmung einer unheimlichen Option, Nuklearer Schlagabtausch als Fortsetzung der Politik, in: Stamm-Kuhlmann/Wolf (Hrsg.), Raketenrüstung und internationale Sicherheit von 1942 bis heute, 2004, S. 99, 108 ff. 6  Czempiel, Kluge Macht, 1999, S. 47; Goergen, Zugänge zur Ethik, 2010, S. 117; Riklin, Die dauernde Neutralität der Schweiz, in: Häberle (Hrsg.), Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 40, 1991/1992, S. 1, 27. 7  Zu der Verlagerung von Auseinandersetzungen auf sogenannte „Stellvertreterkriege“ und andere Regionalkonflikte vgl. Matthies, Kriege: Erscheinungsformen, Kriegsverhütung, Kriegsbeendigung, in: Knapp/Krell (Hrsg.), Einführung in die Internationale Politik, 2004, S. 398, 399 ff.; Dülffer, Europa im Ost-West-Konflikt 1945– 1990, 2004, S. 4. 8  Link, Konfliktformationen des Internationalen Systems im Wandel, in: Knapp/ Krell (Hrsg.), Einführung in die Internationale Politik, 2004, S. 368, 375 ff. 9  Heintschel von Heinegg, Das maritime ius in bello im 21. Jahrhundert, in: Frowein/Scharioth/Winkelmann/Wolfrum (Hrsg.), FS Eitel, 2003, S. 543; Gasser, Humanitäres Völkerrecht, 2007, S. 2; Müller, Internationaler Terrorismus, in: Knapp/Krell (Hrsg.), Einführung in die Internationale Politik, 2004, S. 480 ff. 10  Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, Kapitel 16, S. 1276, Rn. 1, 2.



A. Einführung21

Diese Änderungen in der Gestalt des Krieges blieben nicht ohne Einfluss auf die Mittel und Methoden der Kriegsführung. Kämpften früher Soldaten noch unmittelbar „Mann gegen Mann“, so sind militärische Operationen heutzutage weitgehend durch automatisierte Vorgänge gekennzeichnet, wobei sich die Kriegsparteien in zunehmend größerer Entfernung gegenüberstehen. Viele Angriffe werden aus der Distanz geplant, koordiniert und gesteuert.11 Vor allem der Luftkrieg hat seit dem Zweiten Weltkrieg fortwährend an Bedeutung gewonnen und spielt eine wesentliche Rolle in modernen bewaffneten Konflikten.12 Die steigende Bedeutung des Luftkriegs bringt gleichermaßen Vor- und Nachteile mit sich. Vorteilhaft für die angreifende Partei ist es, dass nun beispielsweise in wirkungsvoller Weise im Hinterland des Feindes und an strategisch wichtigen Stellen (unabhängig von deren geographischer Belegenheit) zugeschlagen werden kann, anstatt dass sich das Kriegsgeschehen, wie früher, als Waffen lediglich eine beschränkte Reichweite hatten, nur auf die Staatsgrenze beziehungsweise einen räumlich eng begrenzten Konfliktbereich konzen­ triert.13 Es entstand die Möglichkeit wirkungsvoll aus einer weiten Entfernung heraus zu agieren14, was in vielen Fällen zu geringen bis nahezu keinen Opferzahlen auf der mit Luftfahrzeugen angreifenden Seite führte. Solche geringen Opferzahlen stellen regelmäßig einen zumindest politischen Vorteil dar, da hohe Opferzahlen bei der heute herrschenden Medienberichterstattung einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Meinung haben.15 Moderne Luftkriege sind dementsprechend darauf ausgelegt, Soldaten zu schützen und möglichst effektiv und präzise vorzugehen. Auf der anderen Seite bereiten aber die zunehmende Distanz und die zunehmenden technischen Innovationen Grund zur Sorge. Den Vorteilen moderner Technologien für die Kriegführenden scheinen in vielen Fällen erhebliche Nachteile für Zivilpersonen gegenüberzustehen. Die bewaffneten Kon11  Sparrow, Robotic Weapons and the Future of War, in: Tripodi/Wolfendale (Hrsg.), New Wars and New Soldiers, 2011, S. 117, 118 f. 12  Als im Rahmen von Luftkriegen ausgetragene bewaffnete Konflikte sind insbesondere der Zweite Golfkrieg (1990–1991), der NATO-Einsatz gegen die Bundesrepublik Jugoslawien (1998–1999), der Konflikt zwischen den USA und ihren Alliierten und Afghanistan (seit 2001), die Intervention der „Koalition der Willigen“ im Irak (2003), der Libanonkrieg (2006) und der Bürgerkrieg in Libyen (2011) zu nennen. 13  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 3. 14  Kennedy/Andreopoulos, The Laws of War, in: Howard/Andreopoulos/Schulman (Hrsg.), The Laws of War, 1997, S. 214, 216 f. 15  Vgl. hierzu exemplarisch die Darstellung der Bedeutung der öffentlichen Meinung und der Medien im Rahmen des Vietnamkrieges in Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2006, S. 150 ff.

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Kap. 1: Einleitung

flikte der jüngsten Zeit führten regelmäßig zu höheren zivilen Opferzahlen als frühere „klassische Kriege“. Im Zweiten Irakkrieg 2003 beispielsweise war die Zahl der zivilen Opfer mehr als drei Mal höher als die der militärischen Opfer.16 Im Syrienkonflikt lag die Zahl der konfliktbezogenen Opfer im Zeitraum März 2011 bis März 2018 bei etwa 354.000, davon etwa 106.000 Zivilpersonen.17 Diese Ungleichheit zwischen den Opferzahlen von Zivilpersonen und Kombattanten18 scheint eine Art Trend im Verlauf moderner bewaffneter Konflikte darzustellen. Zum Vergleich war der Anteil der zivilen Opfer in früheren Konflikten sehr viel niedriger. Im Ersten Weltkrieg lag der Anteil der zivilen Opfer z. B. bei etwa fünf bis zehn Prozent. Im Zweiten Weltkrieg lag er – insbesondere aufgrund der extremen Kriegsführung in der zweiten Kriegshälfte – bei bis zu 50 Prozent.19 In den 1990ern waren nahezu drei Viertel aller Opfer bewaffneter Konflikte Zivilpersonen und in manchen Konflikten betrug der Anteil fast 90 Prozent.20 Diese Zahlen mögen durch die Mitberücksichtigung von Nachkriegsopfern, die durch die Auswirkungen des Krieges in Form von Krankheiten oder Hungersnöten ums Leben gekommen sind, überhöht sein, dennoch belegen sie die relativ wie absolut dramatisch gestiegenen Gesamtzahlen ziviler Opfer in bewaffneten Konflikten.21 Zivilpersonen wurden z. T. zielgerichtet, z. T. aber auch rein willkürlich und ohne erkennbaren militärischen Nutzen zu Angriffszielen gemacht. Bei dieser reinen Gewaltanwendung handelte es sich vielfach um eine „Demonstration von Stärke“, wobei Angriffe durch kriegführende Parteien verschiedentlich unter Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht erfolgten und Zivilpersonen als Kollateralschäden im Rahmen von Angriffen auf bestimmte militärische Ziele ums Leben kamen oder verletzt wurden.22 16  El-Din Amer, The Protection of Civilian Population, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, 2006, S. 17, 24. 17  Presseberichterstattung zum Bericht des britischen Syrian Observatory for Human Rights vom 12. März 2018, https://www.rte.ie/news/newslens/2018/0312/946802– syrian-war-deaths/ (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 18  Zum Begriff des Kombattanten vgl. die Ausführungen in Kapiel 3 A. 19  UN-Sicherheitsrat, U.N. Doc. S/PV.5319, S. 16; UN-Sicherheitsrat, U.N. Doc. S/PV.3980, S. 11; zum Anstieg ziviler Opfer in Relation zu gefallenen Soldaten im 20. Jahrhundert vgl. auch Fritzsche, Life and Death in the Third Reich, 2008, S. 221; Kaldor, New & Old Wars, 2006, S. 107; Bergsdorf, Die Politische Meinung 497 (2011), S. 59, 62. 20  UN-Sicherheitsrat, U.N. Doc. S/2001/331, S. 1 Nr. 3; Kaldor, New & Old Wars, 2006, S. 107. 21  Carpenter, ISQ 49/2 (2005), S. 295, 318. 22  Grosscup, Strategic Terror, The Politics And Ethics of Aerial Bombardment, 2006, S. 7 ff.; siehe dazu exemplarisch für Somalia: Gettleman, Foreign Policy, 2009, S. 17 ff.; für die Demokratishe Republik Kongo: International Committee of the Red



B. Problemaufriss23

B. Problemaufriss Auch wenn die Frage nach dem Schutz von Zivilpersonen nicht neu ist, so besteht dennoch in der Rechtswissenschaft Unklarheit darüber, wie sich die Kriegsform des Luftkrieges, verbunden mit den auf diesem Gebiet neusten technologischen Entwicklungen, auf den Schutz von Zivilpersonen auswirkt. Wie vorstehend erwähnt, tragen Zivilpersonen in den modernen bewaffneten Konflikten des ausgehenden 20. Jahrhunderts und des 21. Jahrhunderts einen Großteil der Kriegslast, obgleich (oder vielleicht gerade weil) Konfliktparteien über immer weiter entwickelte Präzisionswaffen und neueste Technologien verfügen. Die rasante Entwicklung der Technologie erlaubt es den Konfliktparteien, die eigenen Streitkräfte im Gegenzug für das Exponieren von gegnerischen Zivilpersonen besser zu schützen. Die Zivilbevölkerung zahlt mithin den Preis für den Fortschritt der Waffentechnik. Dies gilt unbeschadet der humanitären Bemühungen auf anderen Ebenen, so durch das humanitäre Völkerrecht, internationale Organisationen und andere humanitäre Einrichtungen. Daran, dass Zivilpersonen heutzutage die Hauptlast eines Krieges tragen, erkennt man deutlich, dass die Frage des Schutzes von Zivilpersonen nicht nur fortbleibend relevant ist, sondern auch in ihrer Bedeutung fortwährend ansteigt. Das humanitäre Völkerrecht ist entwickelt worden, um Zivilpersonen vor Schädigungen zu bewahren.23 Vor dem Hintergrund der stark steigenden zivilen Opferzahlen und dem disproportional hohen Anteil ziviler Opfer im Vergleich zu getöteten Kombattanten, ist fraglich, ob das humanitäre Völkerrecht dabei gescheitert ist, Zivilpersonen vor modernen militärischen Operationen effektiv zu schützen.24 Fraglich ist, ob das tradierte Völkerrecht, das der Zeit „traditioneller“ internationaler bewaffneter Konflikte entstammt, noch in der Lage ist, angemessen auf die Entwicklungen jüngster Zeit, insbesondere vor dem Hintergrund neuster Luftwaffentechnologie, zu reagieren und Zivilpersonen aus­ reichend zu schützen. Ist die moderne Luftkriegsführung per se nachteilig für Cross, Democratic Republic of Congo: Mounting Concern as Civilian’s Plight Worsens, Presseerklärung vom 8. Juni 2009; für Sri Lanka: Philip, The Hidden Massacre, Times UK, Artikel vom 29. Mai 2009; für Irak: siehe das Projekt zur Ermittlung der menschlichen Kosten eines Krieges, Iraq Body Count, verfügbar unter https://www. iraqbodycount.org/ (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 23  Cullen, The Concept of Non-International Armed Conflict in International Humanitarian Law, 2010, S. 189; Solis, The Law of Armed Conflict, International Humanitarian Law in War, 2010, S. 23; Pictet, Development and Principles of International Humanitarian Law, 1985, S. 61. 24  Statt vieler Fellmeth, Tex Int’l L. J. 43/3 (2008), S. 453, 457.

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Kap. 1: Einleitung

den Schutz von Zivilpersonen? Ist das humanitäre Völkerrecht in der Lage, Zivilpersonen in heutigen Luftkriegen ausreichend zu schützen? Ist eine Überholung des humanitären Völkerrechts notwendig? Diesen Fragen wird die vorliegende Untersuchung nachgehen.

C. Gegenstand und Gang der Untersuchung Gegenstand dieser Dissertation sind die aktuellen Herausforderungen des Rechts des bewaffneten Konflikts im Bereich des Schutzes von Zivilpersonen im Rahmen von Luftkriegen sowie die Frage der Aktualität, Angemessenheit und Bedeutung der bestehenden Regelungen im Hinblick auf diese Herausforderungen. In dieser Arbeit wird untersucht, welche Rolle Zivilpersonen in heutigen Luftoperationen spielen und welchen daraus abgeleiteten Problemen die moderne Luftkriegsführung im Hinblick auf den Schutz von Zivilpersonen ausgesetzt ist. Zudem hinterfragt diese Arbeit, welche Maßstäbe an diesen Schutzanspruch trotz – oder auch gerade aufgrund – moderner, automatisierter und autonomisierter Waffen und des Einsatzes von neuster Technik zu setzen sind, und ob diese in ausreichendem Maße durch das vorhandene Völkerrecht gedeckt sind. Zunächst wird in Kapitel 2 ein Überblick über die Entwicklung des Luftkrieges im Zusammenspiel mit der Entwicklung der Luftfahrt gegeben. Sodann wird die Entwicklung ziviler Opfer anhand der Praxis ausgewählter konventioneller und moderner bewaffneter Konflikte näher beleuchtet, insbesondere mit Blick auf die Entwicklung dieser Opferzahlen durch den Einsatz von Luftstreitkräften. Es wird herausgearbeitet, ob und inwieweit diese Op­ ferzahlen tatsächlich im Verlauf der Zeit gestiegen sind und ob und inwieweit dies auf Luftoperationen und eine mangelnde Regelung des Rechts des bewaffneten Konflikts zurückzuführen ist. Im Anschluss wird in Kapitel 3, da das Luftkriegsrecht nach wie vor nicht kodifiziert ist, der auf Luftoperationen anwendbare Rechtsrahmen als Grundlage der weiteren Prüfung einzelner Herausforderungen des Luftkrieges analysiert und das in Luftkriegen anwendbare Recht herausgearbeitet. In Kapitel 4 werden die aktuellen Herausforderungen des Rechts des bewaffneten Konflikts im Hinblick auf den Unterscheidungsgrundsatz sowie das Exzessverbot im Rahmen von modernen Luftoperationen herausgearbeitet. Der Fokus liegt dabei auf Herausforderungen, die mit dem Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge, vor allem autonomer Drohnen, einhergehen. Dabei wird insbesondere die Frage der Vereinbarkeit dieser neuen Technologien mit dem bestehenden humanitären Völkerrecht aufgeworfen.



C. Gegenstand und Gang der Untersuchung25

Abschließend wird in Kapitel 5 der Frage nachgegangen, ob das humanitäre Völkerrecht diesen aufgezeigten Herausforderungen, die mit modernen Luftkriegen einhergehen, gerecht wird, insbesondere ob dieses in der Lage ist, die rapiden technologischen Entwicklungen in Bezug auf den Luftkrieg, insbesondere was (autonome) Drohnen betrifft, ausreichend zu regeln oder ob es als veraltet anzusehen ist. Diese Arbeit schließt sodann mit einer zusammenfassenden Stellungnahme zu den in dieser Arbeit aufgeworfenen Fragestellungen.

Kapitel 2

Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen Es besteht ein enger Konnex zwischen dem technologischen Fortschritt in der Luftfahrt und der Entwicklung des Luftkriegs sowie dem auf den Luftkrieg anwendbaren Recht. Vor diesem Hintergrund wird in der Folge, ausgehend von dem Begriff des Luftkrieges, die Entwicklung der Luftfahrt und von Luftoperationen beschrieben. Sodann folgt ein Überblick über das in Luftkriegen und bei Luftoperationen anwendbare Recht.

A. Entwicklung des Luftkrieges I. Begriff des Luftkrieges Luftkrieg wird im Allgemeinen definiert als Einsatz der Luftwaffe bestehend aus Luftaufklärung, Luftverteidigung und -transport.1 Frühere Defini­ tionen bezeichneten ihn als die Kriegsführung in der Luft2 sowie als Form des Kampfes, die sich aus der Einführung von Luftstreitkräften ergab und die vor dem Ersten Weltkrieg noch völlig unbekannt war.3 Begriffsmäßig wird der Luftkrieg unterteilt in einen Krieg in der Luft, einen Krieg aus der Luft und einen Krieg gegen die Luft. Der Krieg in der Luft wurde als Krieg um die Luftherrschaft, der Krieg aus der Luft als sämtliche kriegerischen Handlungen, die sich mittels Flugzeugen oder Flugkörpern mittelbar oder unmittelbar gegen Land oder See richten und der Krieg gegen die Luft als alle Mittel der Luftabwehr, verstanden.4 Dabei umfasste der Begriff des Luftkrieges bis in den Zweiten Weltkrieg hinein lediglich Kriegshandlungen der Besatzungen von militärischen Luftfahrzeugen.5 Angesichts der Entwicklung moderner bewaffneter Konflikte sowie der neusten Technologien umfasst der Luftkriegsbegriff heute jedoch mehr als nur die Kampf1  Assheuer,

Die Zeit – Das Lexikon, Teil 9, 2005, S. 162. Grosse Brockhaus, 7. Band, 1955, S. 357. 3  Der Große Brockhaus, 11. Band, 1932, S. 637. 4  Galland, Die Ersten und die Letzten, 1953, S. 86. 5  Spetzler, Luftkrieg und Menschlichkeit, 1956, S. 18. 2  Der



A. Entwicklung des Luftkrieges27

handlungen der Besatzungen von militärischen Luftfahrzeugen. So stellt der Luftkrieg nach modernem Verständnis eine Form der Kriegsführung dar, in der militärische Operationen in und aus der Luft durch Luftstreitkräfte, die Luftfahrzeuge als Waffen- und Geräteträger für Kampf- und Kampfunterstützungsaufgaben verwenden, durchgeführt werden.6 Operationen sind dabei militärische Handlungen, die zeitlich und räumlich zusammenhängen und auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet sind.7 Ein Einsatz liegt vor, wenn die Streitkräfte insgesamt, Teile davon oder einzelne Soldaten, ihren vorgegebenen Auftrag erfüllen.8 Zu unterscheiden sind bewaffnete Konflikte in und aus der Luft über Land sowie solche in und aus der Luft über der Hohen See.9 Nur Erstgenannte sind Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Auch im nach Art. II Weltraumvertrag10 rechtlich freien Weltraum11 durchgeführte Operationen, die sich in den Bereich der Raumfahrt einordnen lassen, werden in der vorliegenden Arbeit nicht weiter betrachtet. 1. „Ebenen“ der Luftkriegsführung In begrifflicher Hinsicht lassen sich mehrere „Ebenen“ der Luftkriegsführung unterscheiden: die strategische, die operative sowie die taktische Ebene. Auf der strategischen Ebene werden Kriegsziele festgelegt, sowie Mittel und Methoden zu deren Erreichung.12 Die Strategie wird als der Gebrauch des Gefechts, also eine Verbindung der einzelnen Gefechte zu einem Ganzen,

6  Brockhaus, Online-Enzyklopädie, verfügbar unter: https://brockhaus.de/ecs/ enzy/article/luftkrieg (zuletzt abgerufen am 25. Juni 2019). 7  Zum Operationsbegriff der Luftwaffe siehe Internetauftritt der Luftwaffe der Bundeswehr, Rubrik „Service“, Unterkategorie „Begriffserklärungen“: http://www. luftwaffe.de/ (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 8  Zum Einsatzbegriff der Luftwaffe siehe Internetauftritt der Luftwaffe der Bundeswehr, Rubrik „Service“, Unterkategorie „Begriffserklärungen“: http://www.luft waffe.de/ (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 9  Zum räumlichen Anwendungsbereich des Seekriegsrechts: Heintschel von Heinegg, Seekriegsrecht und Neutralität im Seekrieg, 1995, S. 191 ff. 10  Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper, UNTS Bd. 610, S. 205. 11  Siehe ausführlich zur Abgrenzung des Weltraums vom Luftraum: Schladebach, Lufthoheit, 2014, S. 169 ff. 12  Jordan, Zeitgeschichtliche Forschungen, Band 35: Krieg um die Alpen, 2008, S. 196; U.S. Department of Defense, Dictonary of Military and Associated Terms, Joint Publication 1-02, vom 8.11.2010, geändert am 15.08.2016, S. 227.

28

Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

dem „Endzweck des Krieges“, bezeichnet.13 Sie soll die Kampfhandlungen der Streitkräfte auf allen Kriegsschauplätzen zur Erreichung des G ­ esamtzieles eines Krieges vereinen. Der strategische Luftkrieg richtet sich gegen feind­ liche Flugplätze und Stellungen sowie die Teilstreitkräfte Heer und Marine sowie gegen die Wirtschaft und die Bevölkerung des Feindlandes.14 Auf der taktischen Ebene werden Gefechte geplant und ausgeführt, um militärische Ziele der taktischen Einheiten zu erreichen.15 Die Taktik stellt den Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht dar und beinhaltet die Gefechtsführung der Truppen, also Mittel und Verfahren zur Erreichung des Schlacht­ erfolges.16 Unter den Begriff der Taktik fallen alle Aktivitäten, die dazu dienen, ein kurzfristiges Ziel zu erreichen. Damit ist die kurzfristig angelegte Taktik Teil der Strategie.17 Zur Hauptaufgabe der Taktik gehören die detaillierte Ausarbeitung der Theorie und die Anwendung praktischer Methoden der Vorbereitung und Führung des Gefechts.18 Der taktische Luftkrieg richtet sich in Angriff und Verteidigung gegen die feindliche Luftwaffe in der Luft. Die eigenen Land- und Seestreitkräfte werden durch unmittelbares Eingreifen der Luftwaffe in die Kämpfe unterstützt.19 Die operative Ebene ist die Ebene des Krieges, auf welcher Kriegszüge und größere Operationen geplant, durchgeführt und aufrechterhalten werden.20 Die Operation steht zwischen Taktik und Strategie und sie beinhaltet die Führung der Truppen über mehrere Gefechte hinweg.21 Der operative Luftkrieg, auch als Luftangriff bezeichnet, ist die Bekämpfung der lebenswichtigen Ziele im feindlichen Hinterland durch Bomberverbände, ferngesteuerte Körper oder Fernraketen.22 13  von Clausewitz, Bemerkungen über die reine und angewandte Strategie des Herrn von Bülow, in: von Porbeck (Hrsg.), Neue Bellona, 1805, S. 252, 271. 14  Assheuer, Die Zeit – das Lexikon, Teil 9, 2005, S. 162. 15  U.S. Department of Defense, Dictonary of Military and Associated Terms, Joint Publication 1-02, vom 8.11.2010, geändert am 15.08.2016, S. 234. 16  von Clausewitz, Bemerkungen über die reine und angewandte Strategie des Herrn von Bülow, in: von Porbeck (Hrsg.), Neue Bellona, 1805, S. 252, 271. 17  Jordan, Zeitgeschichtliche Forschungen, Band 35: Krieg um die Alpen, 2008, S. 196. 18  Brühl/Charisius/Dorst (Hrsg.), Wörterbuch zur Deutschen Militärgeschichte, Schriften des Militärgeschichtlichen Instituts der Deutschen Demokratischen Repu­ blik, Bd. 1, A–Me, 1985, S. 417. 19  Assheuer, Die Zeit – das Lexikon, Teil 9, 2005, S. 162. 20  U.S. Department of Defense, Dictonary of Military and Associated Terms, Joint Publication 1-02, vom 8. November 2010, geändert am 15. August 2016, S. 176. 21  Jordan, Zeitgeschichtliche Forschungen, Band 35: Krieg um die Alpen, 2008, S. 196. 22  Der Grosse Brockhaus, 7. Band, 1955, S. 358.



A. Entwicklung des Luftkrieges29

2. Arten von Luftkriegsoperationen Im Rahmen des Luftkrieges werden militärische Operationen in Form von Luft-Luft-, Luft-Boden- bzw. Boden-Luft-Operationen durchgeführt.23 Luft-Luft-Operationen, der sogenannte „Krieg in der Luft“, beinhalten das Austragen bewaffneter Konflikte in der Luft. Im Rahmen solcher Operationen greifen sich in der Luft befindende Luftfahrzeuge andere sich ebenfalls in der Luft befindende Luftfahrzeuge an. Im Rahmen von Luft-Boden-Operationen, des sogenannten „Krieges aus der Luft“, werden Aufklärung und Bekämpfung von sich am Boden befindenden militärischen Zielen mittels sich in der Luft befindender Luftfahrzeuge durchgeführt. Die Bekämpfung sich in der Luft befindender Luftfahrzeuge durch bodengestützte Flugabwehr, der sogenannte „Krieg gegen die Luft“, wird in die Kategorie der Boden-Luft-Operationen eingeordnet. 3. Verwendeter Begriff des Luftkrieges Dem Begriff des Luftkrieges, der dieser Untersuchung zugrunde gelegt wird, unterfallen alle beteiligten Konfliktparteien, welche an kriegerischen Luftoperationen teilnehmen. Eine Abgrenzung kann dabei nicht allein nach den verwendeten Arten von Waffen erfolgen, da dies aufgrund der vielseitigen Einsatzmöglichkeiten von Waffen in modernen bewaffneten Konflikten keine scharfe Trennlinie zwischen dem Luft-, dem Land- und dem Seekrieg mehr bildet. Geographisch erstreckt sich der Luftkrieg, unter anderem aufgrund der großen Reichweite moderner Technologien, auf das gesamte Gebiet, in welchem ein bewaffneter Konflikt herrscht. Der im Rahmen dieser Arbeit verwendete Begriff des Luftkrieges bezeichnet daher bewaffnete Konflikte, die mithilfe von Luftoperationen gegen sich in der Luft und am Boden befindende Ziele ausgetragen werden.

II. Entwicklung des Luftkrieges und der Luftfahrt Die Entwicklungen in der Luftfahrt bedingten und bedingen auch heutzutage die Entwicklung des Luftkriegs. Zwischen beiden bestand und besteht nach wie vor ein Konnex. Die innovativsten technologischen Errungenschaften wurden und werden für den militärischen Gebrauch entwickelt und zu einem späteren Zeitpunkt auch oft zivil genutzt. Im Folgenden wird dieses 23  Siehe

dazu ausführlich: Galland, Die Ersten und die Letzten, 1953, S. 68 f.

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Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

Zusammenspiel von den Anfängen der Luftfahrt bis hin in die Gegenwart dargelegt. 1. Anfänge der Luftfahrt – Erste Luftkriege Luftfahrzeuge wurden bereits vor ungefähr 2.350 Jahren von den Alten Chinesen zu Kriegszwecken benutzt.24 Diese setzten Drachen als bemannte, angebundene Segelflieger zu militärischen Aufklärungszwecken ein.25 Die moderne Luftfahrt und damit auch der Luftkrieg begannen allerdings erst deutlich später: a) Bemannte Luftfahrt Die Anfänge der modernen Luftfahrt26 gehen auf die ab 1783 vorgenommenen Heißluftballonflüge durch die Gebrüder Montgolfier zurück.27 Diese sogenannten Freiballons waren Luftfahrzeuge ohne Motor, die nach dem Prinzip „leichter als Luft“ entwickelt wurden.28 Zum ersten Mal wurden 1849 Heißluftballons im Krieg verwendet, als Österreich plante, Venedig anhand kleiner mit Zeitzündern versehener, von Heißluftballons getragener Bomben zu bombardieren.29 Sodann wurden Ballons im US-amerikanischen Bürgerkrieg30 eingesetzt.31 Auch die Franzosen benutzen Heißluftballons im deutsch-französischen Krieg,32 um die militärischen Linien bei der Belagerung von Paris zu durchbrechen.33 Angeregt durch die Brüder Montgolfier wurde der Einsatz von Ballons (Montgolfièren) in der Folgezeit immer weiter 24  Ausführlich zur Geschichte des Luftkrieges Parks, Air Force L. Rev. 32/1 (1990), S.  1 ff. 25  Collier, A History of Air Power, 1974, S. 1. 26  Zur ausführlichen Darstellung der Entwicklung der Luftfahrt vgl. Bölkow, Ein Jahrhundert Flugzeuge, 1990, S. 8–51. 27  Schladebach, Luftrecht, 2007, Rn. 32; Van Creveld, The Age of Airpower, 2011, S. 3; Moedebeck, Die Luftschifffahrt, 2016, S. 5 ff. 28  Bélafi, Ferdinand Graf von Zeppelin, 1990, S. 10; Polte, Hubschrauber: Geschichte Technik Einsatz, 2011, S. 13. 29  Collier, A History of Air Power, 1974, S. 9. 30  Amerikanischer Bürgerkrieg von 1861–1865, auch Sezessionskrieg genannt, zwischen den aus den Vereinigten Staaten ausgetretenen Südstaaten und den in der Union verbliebenen Nordstaaten. 31  Schladebach, Luftrecht, 2007, Rn. 36; Van Creveld, The Age of Airpower, 2011, S. 7. 32  Deutsch-Französischer Krieg von 1870–1871. 33  Schladebach, Luftrecht, 2007, Rn. 36; Gómez, IRRC 80/830 (1998), S. 371, 373.



A. Entwicklung des Luftkrieges31

optimiert und es wurden Flüge in immer größere Höhen unternommen. 1783 hatte der erste Hydrogenballon, die sogenannte Charlière, ein mit Wasserstoff gefüllter Ballon, seinen Jungfernflug.34 Dieser ersetzte den weniger effizienten Heizluftballon, da er robuster und wiederverwendbar war und zudem die Überwindung größerer Distanzen ermöglichte.35 Es blieb jedoch das Problem der Unlenkbarkeit dieser Ballone, d. h. die Abhängigkeit von Windströmungen, bestehen. Als im Zuge der industriellen Revolution Eisenbahnen und Dampfschiffe das Verkehrswesen zu dominieren begangen, wurde versucht, die Dampfmaschine auch in der Luftfahrt einzusetzen, insbesondere um das Lenkbarkeitsproblem zu lösen.36 1888 fand der erste Flug mit einem Luftschiff statt, welches durch einen Benzinmotor von Gottlieb Daimler betrieben wurde.37 Ab 1891 führte Otto Lilienthal erfolgreich Gleitflüge durch und verhalf dem Flugprinzip „schwerer als Luft“ damit zum Durchbruch.38 Zum Ende des 19. Jahrhunderts fanden erste kontrollierte Flüge statt und ab 1900 begann das Zeitalter der Motorflüge.39 Anfang des 20. Jahrhunderts hatten die Starrluftschiffe, die sogenannten Zeppeline, benannt nach Ferdinand Graf von Zeppelin, ihre Hochzeit.40 Sie wurden insbesondere auf transatlantischen Verkehrsverbindungen eingesetzt.41 Zeppeline wurden ebenfalls dem Prinzip „leichter als Luft“ entsprechend entwickelt.42 Mit dem Unglück der Hindenburg begann jedoch die Bedeutung von Motorflugzeugen zu steigen. Ebenfalls zu dieser Zeit wurden die ersten Fluggesellschaften gegründet.43 Zudem verhalf die Erfindung kleiner, mobiler Verbrennungsmotoren, wie sie durch Gottlieb Daimler und durch Carl Benz für den Einsatz in Straßenund Wasserfahrzeugen aus dem Ottomotor entwickelt worden waren, der Luftfahrt zum Durchbruch.44 Mit Hilfe eines solchen Benzinmotors gelang 34  Nimführ,

Leitfaden der Luftschiffahrt und Flugtechnik, 2013, S. 46 ff. Die Luftschifffahrt, 2016, S. 7 ff. 36  Moedebeck, Die Luftschifffahrt, 2016, S. 14. 37  Bleiber/Meyer, Der Traum vom Fliegen, 2000, S. 29; Kleinheins/Meighörner, Die großen Zeppeline, 2005, S. 6. 38  Van Creveld, The Age of Airpower, 2011, S. 3 ff. 39  Flugpioniere dieser Zeit waren unter anderem Jath, Kress, Gilmore, Pearse und Weißkopf, die mit Fahrrad- und Maschinenbau- sowie Tragflächen-Experimenten wesentliche Entwicklungsimpulse gaben. 40  1900 wurde der Prototyp LZ 1 von Zeppelin fertiggestellt. 41  Kleinheins/Meighörner, Die großen Zeppeline, 2005, S. 234. 42  Bélafi, Ferdinand Graf von Zeppelin, 1990, S. 10; Polte, Hubschrauber: Geschichte Technik Einsatz, 2011, S. 13. 43  Schladebach, Luftrecht, 2007, Rn. 60. 44  Jahns/Schüffler, Logistik, 2008, S. 112. 35  Moedebeck,

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Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

den amerikanischen Gebrüdern Wright im Jahre 1903 der erste erfolgreiche gesteuerte Motorflug, der durch die von ihnen erfundene aerodynamische Flugsteuerung um alle drei Achsen möglich wurde.45 Dies stellte den Beginn des gesteuerten Motorfluges dar, der ebenfalls dem Prinzip „schwerer als Luft“ folgt.46 Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Luftfahrzeuge nicht systematisch in Kriegen eingesetzt.47 Das erste Mal fanden sie bei der Eroberung Libyens durch Italien (1911) und im Griechisch-Türkischen Krieg48 Verwendung.49 Auch in den Balkankriegen (1912/13) kamen Flugzeuge zum Einsatz.50 Vor dem Ersten Weltkrieg wurden Luftfahrzeuge zu Kommunikationszwecken als Übermittler von Nachrichten an Bodentruppen eingesetzt.51 Bedeutsamer Impulsgeber für die motorisierte Luftfahrt war der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, der dazu führte, dass nahezu alle Kriegsparteien Flugzeuge einsetzten.52 Luftschiffe erwiesen sich als zu stark gefährdet, sodass Flugzeuge verstärkt eingesetzt wurden.53 Zivile Konstrukteure schufen aus den unzuverlässigen, anfälligen und unsicheren ersten Flugzeugmodellen neue militärische Kampfmittel.54 So wurden bereits im Ersten Weltkrieg tausende Kampfflugzeuge produziert, wenn auch ihre gesamtstrategische Bedeutung noch gering war.55 Die jeweiligen Maschinen waren regelmäßig unbewaffnet, erst später wurden die Luftfahrzeuge mit Maschinengewehren an ihren Propellern aufgerüstet.56 Der kriegerische Nutzen war zunächst auf 45  Gómez, IRRC 80/830 (1998), S. 371; Van Creveld, The Age of Airpower, 2011, S. 5, 6. 46  Bélafi, Ferdinand Graf von Zeppelin, 1990, S. 10; Polte, Hubschrauber: Geschichte Technik Einsatz, 2011, S. 13. 47  ICRC, Air and Naval Warfare, Artikel vom 29. Oktober 2010. 48  Griechisch-Türkischer Krieg von 1919–1922 zwischen dem Königreich Griechenland und dem anatolischen Teil des früheren Osmanischen Reichs. 49  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 3. 50  Rousseau, Le Droit des Conflicts Armés, 1983, S. 356. 51  Blom, Unmanned Aerial Systems, 2010, S. 6. 52  Siebert/Klonowski/Neitzel, Unmanned Aerial Vehicles, in: Luhmann/Müller (Hrsg.), Photogrammetrie – Laserscanning – Optische 3D-Messtechnik, 2009, S. 376, 377; Kennett, The First Air War 1914–1918, 1991, S. 1–22. 53  Wolf, Einleitung, in: Rossow/Wolf/Horst (Hrsg.), Handbuch der Luftfahrzeugtechnik, 2014, S. 27. 54  Übersicht über die technische Entwicklung der militärischen Luftfahrzeuge vgl. Bölkow, Ein Jahrhundert Flugzeuge, 1990, S. 375–433. 55  Typische Flugzeuge gegen Ende des Krieges waren die Jagdflugzeuge Fokker DVII (Deutschland) und Sopwith Camel (Vereinigtes Königreich) und als Bombenflugzeug die zweimotorige Vickers Vimy (ebenfalls Vereinigtes Königreich). 56  Olsen, A History of Air Warfare, 2010, S. 10.



A. Entwicklung des Luftkrieges33

die Aufklärung und Unterstützung von Bodentruppen begrenzt57, die jedoch während des Ersten Weltkrieges überwiegend noch mittels Ballons erfolgte.58 Von 1917 an führten technologische Fortschritte, ein verbessertes Training sowie die Pattsituation im Bodenkrieg an der deutsch/französischen Front zu einem Anstieg des Interesses an Langstrecken-Bombardements über die Bodenfront hinweg.59 Dies revolutionierte die bisherige Form der Kriegsführung. Zugleich führten diese technischen Fortschritte aber zu einer Ausdehnung des Krieges von der Front ins Hinterland und damit zu einer zunehmend stärkeren Beeinträchtigung von Zivilpersonen. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg machte die Entwicklung der Luftfahrt im zivilen und militärischen Bereich große Fortschritte.60 Von nachhaltiger Auswirkung war der Aufbau einer Luftfahrtindustrie und der für den Flugverkehr notwendigen Infrastruktur (Flughäfen, Funkanlagen etc.).61 Erst seit dem Spanischen Bürgerkrieg62 (1936–1939) wurden Flugzeuge zur bestimmenden Waffe im Krieg.63 Dieser Trend setzte sich auch im Zweiten Weltkrieg durch. Ab 1933 begann Deutschland mit einer systematischen Aufrüstung, insbesondere seiner Luftwaffe.64 Auch die Flugzeugentwicklung erlebte unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges einen enormen Aufschwung.65 Gegen Kriegsende gelangten die Kolbentriebwerke, vor allem im Hinblick auf Fluggeschwindigkeit und Größe, an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.66 Ersetzt wurden diese schließlich durch Strahltriebwerke (z. B. in der Messerschmitt Me262 oder der Gloster Meteor).67 In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Motorflugzeuge zum wichtigsten Luftverkehrsmittel. In diese Zeit fällt auch die Entwicklung der 57  Overy,

Strategic Bombardement Before 1939, 1998, S. 11, 13, 14. Unmanned Aerial Systems, 2010, S. 6. 59  Overy, Strategic Bombardement Before 1939, 1998, S. 11, 15. 60  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 8. 61  Friebertshäuser, Geschichte der Luftfahrt, 2013, S. 23. 62  Spanischer Bürgerkrieg von 1936–1939 zwischen der Zweiten Spanischen Republik und den rechtsgerichteten Putschisten unter General Francisco Franco. 63  Bölkow, Ein Jahrhundert Flugzeuge, 1990, S. 394 ff. 64  Berend, Markt und Wirtschaft, 2007, S. 62. 65  Zur Entwicklung im Zweiten Weltkrieg vgl. Bölkow, Ein Jahrhundert Flugzeuge, 1990, S.  35 ff.; Friebertshäuser, Geschichte der Luftfahrt, 2013, S. 48–77. 66  Bölkow, Ein Jahrhundert Flugzeuge, 1990, S. 38, 39. 67  Zur Entwicklung der Strahltriebwerke vgl. Schabel, Die Illusion der Wunderwaffen, 1994, S. 35 ff.; Bölkow, Ein Jahrhundert Flugzeuge, 1990, S. 38 ff. 58  Blom,

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Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

ersten leistungsfähigen Hubschrauber, des Schleudersitzes, der Radartechnologie sowie diverser Raketen.68 b) Unbemannte Luftfahrt Der Legende nach soll bereits im antiken Griechenland das erste unbemannte Luftfahrzeug, eine mechanische Taube, konstruiert worden sein, die allerdings nur kurze Zeit in der Luft blieb.69 Aber, auch unabhängig davon, ging die Entwicklung der unbemannten Luftfahrt derjenigen der bemannten Luftfahrt voraus, da Fluggeräte vor ihrem bemannten Einsatz regelmäßig unbemannt getestet und weiterentwickelt wurden.70 Im 19. Jahrhundert waren unbemannte Wetterballone zur Atmosphärenund Klimaforschung im Einsatz und schon im Jahr 1804 wurde ein flugfähiges unbemanntes Gleitflugmodell von Cayley gebaut.71 1871 entwickelte Pénaud das Modellflugzeug Planaphore, welches in der Lage war, 60 Meter weit zu fliegen.72 1901 testeten die Gebrüder Wright den unbemannten Drachen Wright Glider, einen Vorläufer der „Querruder“.73 Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Drohnen als Zielscheiben für militärische Luftübungen verwendet. Die zunehmende Reichweite von Flugzeugen und die daraus resultierende längere Flugzeit führten ab 1914 zur Entwicklung von Autopilotsystemen, die einen Beitrag zur Entlastung der Piloten leisten sollten und die letztlich durch die Weiterentwicklung der Funktechnologie und der ersten Kreisel­ systeme in der Konstruktion von gänzlich unbemannt einzusetzenden Fluggeräten mündeten, auch wenn deren Wiederverwertbarkeit nicht immer gegeben war.74 1918 baute Kettering Prototypen von unbemannten Luftfahrzeugen, welche als sogenannte „Bugs“ bekannt wurden und für den Einsatz als eine Art 68  Friebertshäuser, Geschichte der Luftfahrt, 2013, S. 48, 57; zur Entwicklung von Hubschraubern vgl. Bittner, Flugmechanik der Hubschrauber, 2014, S. 1–18. 69  Valavanis, Advances in Unmanned Aerial Vehicles, 2007, S. 15, 16. 70  Zur Entwicklung der unbemannten Luftfahrt vgl. Yenne, Attack of the Drones, 2004, S.  15 ff.; Valavanis, Advances in Unmanned Aerial Vehicles, 2007, S. 15 ff. 71  Brinkmann/Zacher, Die Evolution der Segelflugzeuge, 1999, S. 13. 72  Brady, The American Aviation Experience, 2002, S. 23; Anderson, Inventing Flight, 2004, S. 35. 73  Biographiq (Hrsg.), The Wright Brothers, 2008, S. 13 ff.; Howard, A Biography of the Wright Brothers, 1998, S. 61 ff. 74  Siebert/Klonowski/Neitzel, Unmanned Aerial Vehicles, in: Luhmann/Müller (Hrsg.), Photogrammetrie – Laserscanning – Optische 3D-Messtechnik, 2009, S. 376, 377.



A. Entwicklung des Luftkrieges35

Bombe hinter feindlichen Linien genutzt werden konnten.75 Der Erste Weltkrieg endete jedoch, ohne dass diese zum Einsatz gelangten. Im Jahr 1931 setzte die britische Royal Air Force funkgesteuerte Maschinen des Typs „Fairey IIIF“ als Zieldrohnen für Jagdpiloten ein.76 Eine der ersten weiterentwickelten Versionen dieser Maschinen trug die Bezeichnung „DH.82B Queen Bee“.77 Die Zeichnung „bee“ (engl. für Biene) soll dazu geführt haben, dass sich der Begriff „Drohne“ für unbemannte Luftfahrzeuge etabliert hat.78 Ausgangspunkt für die unbemannten Luftfahrzeuge in ihrer heutigen Gestalt waren Langstreckenraketen, aus deren Technologie wiederverwendbare unbemannte Luftfahrzeuge zu Überwachungs- und Spionagezwecken sowie zur Kampfunterstützung entwickelt wurden.79 1942 wurde die Flugerprobung für den ersten Marschflugkörper aufgenommen, der von der nationalsozialistischen Propaganda als sog. „Vergeltungswaffe 1“ („V1“) bezeichnet wurde und 1944 erstmalig zum Bombardement von London verwendet wurde sowie von welchem nachfolgend etwa 10.000 Flugkörper abgefeuert wurden.80 Diese Raketen werden zum Teil als die ersten erfolgreichen unbemannten Luftfahrzeuge angesehen,81 obwohl ihnen das Merkmal der Wiederverwendbarkeit fehlte. Parallel zur Entwicklung der V1 setzten die Briten und Japaner im Zweiten Weltkrieg Ballonbomben ein, die gleichfalls nicht wiederverwendbar waren und damit ebenfalls unbemannten Luftfahrzeugen im heutigen Verständnis nicht gleich­ kamen.82 Letztlich waren aber die Erfindung und der Einsatz des V1-Systems 75  Blom,

Unmanned Aerial Systems, 2010, S. 46. History, in: Barnhart/Hottman/Marshall/Shappee (Hrsg.), Introduction to Unmanned Aircraft Systems, 2012, S. 6; Zaloga, Unmanned Aerial Vehicles, 2008, S. 7. 77  Jarnot, History, in: Barnhart/Hottman/Marshall/Shappee (Hrsg.), Introduction to Unmanned Aircraft Systems, 2012, S. 6; Zaloga, Unmanned Aerial Vehicles, 2008, S. 7. 78  Lange, Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003), S. 18. 79  Jarnot, History, in: Barnhart/Hottman/Marshall/Shappee (Hrsg.), Introduction to Unmanned Aircraft Systems, 2012, S. 8 f.; Kaiser, ZLW 55 (2006), S. 344, 345. 80  Jarnot, History, in: Barnhart/Hottman/Marshall/Shappee (Hrsg.), Introduction to Unmanned Aircraft Systems, 2012, S. 8 f.; Sloggett, Drone Warfare, 2014, S. 24 ff. Im Nachgang hierzu wurde die Rakete Aggregat 4 (im Volksmund auch V2) entwickelt, die in den letzten Kriegstagen zum Einsatz kam. Diese wurde nach dem Krieg unter Leitung der US-Armee zu einem Trägersystem der Raumfahrt weiterentwickelt. 81  Schladebach, Lufthoheit, 2014, S. 279; Kaiser, ZLW 55 (2006), S. 344, 345. 82  Biermann/Wiegold, Drohnen: Chancen und Gefahren einer neuen Technik, 2015, S.  15 ff. 76  Jarnot,

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durch das nationalsozialistische Deutschland der Anlass für das US-amerikanische Nachkriegs-Drohnenprogramm, da hierdurch die Gefahr solcher unbemannten Systeme verdeutlicht worden war.83 2. Moderne Luftfahrt – Moderne Luftkriege a) Bemannte Luftfahrt Im August 1945 warfen die USA mittels der Langstreckenbomber B-29 Superfortress zwei Atombomben über Japan ab.84 Die Sowjetunion führte im August 1949 erste Tests mit Atomwaffen durch.85 Die Ära der Nuklearwaffen begann und leitete den Kalten Krieg ein. Im Rahmen des Wettrüstens im Kalten Krieg wurden die Entwicklungen des Zweiten Weltkrieges fortgeführt.86 So wurden auch die Forschungsergebnisse des Deutschen Reiches sowohl auf US-amerikanischer wie auch auf sowjetischer Seite genutzt und deutsche Wissenschaftler und Techniker rekrutiert (Operation Overcast87).88 Vor allem die Luftwaffen profitierten von der starken Aufrüstung.89 Im Kalten Krieg endete in der Militärluftfahrt die Ära der Propellerflugzeuge und das „Jet-Zeitalter“ brach an.90 Die zunächst noch eingesetzten Bombenflugzeuge wurden im Wege des technischen Fortschritts von Interkontinental­ raketen (Inter-Continental-Ballistic-Missile – ICBM) verdrängt, die schneller ihr Ziel erreichten und keinen Piloten benötigten.91 Zudem gewann die Luftaufklärung zunehmend an Bedeutung. Die verbesserte Satellitentechnologie löste dabei die Aufklärung mit Luftfahrzeugen ab, da mit der unbemannten 83  Vgl. NOVA, Spies that Fly, verfügbar unter https://www.pbs.org/wgbh/nova/ spiesfly/ (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 84  Olsen, A History of Air Warfare, 2010, S. 86. 85  Olsen, A History of Air Warfare, 2010, S. 86. 86  Friebertshäuser, Geschichte der Luftfahrt, 2013, S. 78  ff.; Stöver, Der Kalte Krieg, 2007, S. 178 ff. 87  Die Operation Overcast war ein militärisches Geheimprojekt der Vereinigten Staaten von Amerika im Jahr 1945, um deutsche Wissenschaftler und Techniker im militärischen Bereich abzuwerben; Pavelec, The Jet Race and the Second World War, 2007, S.  150 ff.; Veve, Paperclip, U.S. Operation (1946–1954), in: Zabecki (Hrsg.), Germany at War, 400 Years of Military History, 2014, S. 990. 88  So wurde von der Ta 183 die MiG 15 abgeleitet. Die zu Kriegsende noch nicht ganz fertig gebaute Messerschmitt P. 1101 wurde in den USA mit einem US-Triebwerk ausgerüstet und diente der Erforschung des Effektes unterschiedlicher Flügelpfeilungen – daraus entstand unter anderem die Bell X-5. 89  Stöver, Der Kalte Krieg, 2007, S. 146. 90  Friebertshäuser, Geschichte der Luftfahrt, 2013, S. 78; vgl. zum Einsatz von Jets im Kalten Krieg Bowman, Cold War Jet Combat, 2016. 91  Miller, The Cold War, 1998, S. 95 ff.



A. Entwicklung des Luftkrieges37

Aufklärung aus dem Weltraum heraus eine sichere, zuverlässige und vor allem schwer zu entdeckende Methode der Aufklärung möglich wurde.92 In zahlreichen Stellvertreterkriegen setzten die Vereinigten Staaten von Amerika und die Sowjetunion ihre neusten militärischen Technologien gegeneinander ein.93 In den 1950ern wurden die Flugleistungen durch die Einführung von Gasturbinen in der zivilen Luftfahrt deutlich gesteigert.94 Im Verlauf des Koreakrieges wurden Propellermaschinen erstmals durch Jets ersetzt.95 Neben Bodenangriffen fanden auch vermehrt Luftkämpfe statt.96 Mitte der 1950er Jahre erreichte das serienmäßige Kampfflugzeug Lockheed F104 („Starfighter“) im Horizontalflug zweifache Schallgeschwindigkeit.97 Ende der 1950er Jahre drängten die ersten großen Jets, die Boeing 707, die Douglas DC-8, die De Havilland CometIV sowie die Tupolev Tu104, auf den Markt und lösten eine Revolution im Weltluftverkehr aus.98 Die 1960er stellten die Ära der Überschalljets99 dar, die geprägt war von dem Streben, die Reisezeit durch Erhöhung der Fluggeschwindigkeit zu verkürzen.100 Im Vietnam-Krieg nahm der Luftkrieg eine zentrale Rolle ein.101 Zudem nahm der Einsatz von Lenkwaffen zu.102 Auch dieser Krieg war stark politisch bestimmt. Luftangriffe sollten eine Kapitulation erzwingen. Luftfahr92  Petersen,

Understanding Surveillance Technologies, 2007, S. 579 f. Der Kalte Krieg, 2007, S. 356 ff. 94  Rick, Gasturbinen und Flugantriebe, 2013, S. 37 ff. 95  Eingesetzte Propellerflugzeuge waren die North American P-51D „Mustang“, die Douglas B-26 „Invader“, die Fairey „Firefly“ FB.5, die Hawker Sea Fury FB.11, die Douglas AD-1 „Skyraider“ oder die Vought AU-1 „Corsair“. Eingesetzte Düsenflugzeuge waren beispielsweise die F-84 „Thunderjet“, Gloster „Meteor“, Grumman F9F „Panther“ oder die McDonnell F2H „Banshee“. 96  Am 10. November 1950 beim ersten Kampf zwischen zwei Jets, wurde eine F-80 Shooting Star durch eine MiG-15 abgeschossen. 97  Kaplan, Fighter Aces of the Luftwaffe in World War II, 2007, S. 127. 98  Schulz, Verkehrsträger im Tourismus, 2009, S. 21. 99  Wolf, Einleitung, in: Rossow/Wolf/Horst (Hrsg.), Handbuch der Luftfahrzeugtechnik, 2014, S. 36. 100  Wolf, Einleitung, in: Rossow/Wolf/Horst (Hrsg.), Handbuch der Luftfahrzeugtechnik, 2014, S. 35, 36. 101  Frey, Geschichte des Vietnamkriegs, 2006, S. 126  ff.; ausführlich Frankum, Like Rolling Thunder, 2005. 102  Frankum, Like Rolling Thunder, 2005, S. 158; Michel, Air Combat Over North Vietnam, 1997, S. 181–209; Nordvietnam setzte die „SA-2“ zur Luftabwehr ein, 1972 auch die tragbare „SA-7“. Die USA setzten Anti-Radar-Lenkwaffen ein, ferngesteuerte oder fernsehgelenkte Bomben. Ab Anfang der 1970er-Jahre kamen lasergelenkte Bomben zum Einsatz. 93  Stöver,

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zeuge wurden neben Bombardements dazu eingesetzt, Entlaubungsmittel („Agent Orange“) und Napalm abzuwerfen.103 Dennoch blieb der versprochene Erfolg aus. Der Vietnamkrieg veränderte die Bedeutung des Luftkrieges im Rahmen von militärischen Operationen. Luftoperationen gewannen im Vergleich zu Bodenoperationen zunehmend an Bedeutung.104 Dies ging Hand in Hand mit der Entwicklung von Militärhubschraubern zur Luftnah­ unterstützung, die Truppentransporte erleichterten und es ermöglichten, Bodentruppen nach erfolgreichen Luftbombardements vor Ort abzusetzen.105 Die zunächst unbewaffneten Hubschrauber wurden im Laufe der Zeit zu sogenannten „Gunships“ aufgerüstet. Anfangs war die Bewaffnung der Hubschrauber provisorisch, indem Maschinengewehre oder Raketenpods an diesen befestigt wurden. Im Laufe des Krieges wurden jedoch originäre Kampfhubschrauber entwickelt und eingesetzt.106 Im Rahmen des Zweiten Golfkrieges wurden erstmalig satelliten- und computergestützte Waffensysteme, wie präzisionsgelenkte Bomben, Tarnkappenbomber und Marschflugkörper, eingesetzt.107 Der Zweite Golfkrieg wurde überwiegend durch Luftoperationen entschieden, welche von den USA und ihren Verbündeten durchgeführt wurden, wobei mehr als 1.000 Angriffe pro Tag geflogen wurden.108 Die damit einhergehenden Erfolge führten zu einer zunehmenden Verdrängung von reinen Bodenoperationen. Die Infanterie wurde erst im Nachgang zu Luftoperationen eingesetzt.109 b) Unbemannte Luftfahrt Im Verlauf des Kalten Krieges wurden unbemannte Luftfahrzeuge vermehrt zu Aufklärungszwecken eingesetzt, um wichtige Informationen in schwer zugänglichen bzw. fremder Lufthoheit unterstehenden Gebieten zu gewinnen.

103  Lewis, The American Culture of War, 2012, S. 260; Tilford, in: Tucker (Hrsg.), The Encyclopedia of the Vietnam War, 2011, S. 31 ff. 104  Hartsook/Slade, Air War, 2012, S. 35 ff. 105  Lee, Military Technologies of the World, 2009, S. 122 ff.; eingesetzt wurden die Bell UH-1 „Huey“ sowie danach der Bell AH-1. 106  Klußmann/Malik, Lexikon der Luftfahrt, 2004, S. 168. 107  Helmig, Die Transformation der Streitkräfte im 21. Jahrhundert, 2008, S. 69. 108  Stahel, Luftverteidigung – Strategie und Wirklichkeit, 1993, S. 75; Warden, Employing Air Power in the Tweny-first Century, in: Shultz/Pfaltzgraff (Hrsg.), The Future of Air Power, 1992, S. 70 ff. 109  Warden, Employing Air Power in the Tweny-first Century, in: Shultz/Pfaltzgraff (Hrsg.), The Future of Air Power, 1992, S. 70 ff.



A. Entwicklung des Luftkrieges39

Der Vietnamkrieg verlieh den bis dato überwiegend als Zielscheiben für militärische Übungen eingesetzten Drohnen eine neue Bedeutung. Sie wurden nun vermehrt zur Aufklärung verwendet. In diesem Zusammenhang wurden die unbemannten Luftfahrzeuge „Firebee“ sowie die „Lightening Bugs“ bekannt.110 Diese Technologie reichten die USA in der Folge an Israel weiter, das auf dieser Grundlage die nächste Generation von unbemannten Luftfahrzeugen, den „Scout“ und den „Pioneer“, entwickelte.111 Nach schweren Verlusten der israelischen Luftwaffe durch Flugabwehrraketen im JomJippur-Krieg (1973), wurde von 1973 bis 1975 das erste sog. „BattlefieldUAV-System“ zur Kampfzonenüberwachung unter dem Namen „Mastiff“ entwickelt und schließlich auch 1982 im Libanonkrieg durch Israel gegen die syrische Armee eingesetzt.112 Der erste umfassende Einsatz fand 1982 im Zuge der Libanon-Invasion statt.113 Israel benutzte Drohnen überwiegend als Köder. Sobald die syrische Armee anfing, auf die Drohnen zu schießen, konnte Israel die jeweilige Bodenstation ausfindig machen und gezielt angreifen.114 Der erfolgreiche Einsatz von Drohnen im Libanon-Konflikt führte dazu, dass eine Reihe weiterer Staaten selbst Drohnenprogramme aufnahmen, auch wenn Drohnen zunächst nur in Kombination mit bemannten Luftfahrzeugen eingesetzt wurden.115 Die USA benutzen seit 1991 eine Bandbreite an unterschiedlichen unbemannten Luftfahrzeugen für Kampfeinsätze. In dieser Zeit hat sich der Einsatz von Drohnen von bloßer Aufklärung zwecks Zielidentifizierung hin zu zielgerichteten Angriffen fortentwickelt. Eingesetzt wurden Aufklärungsdrohnen wie der AAI RQ-2 Pioneer, Northrop Grumman RQ-4 und Kampfdrohnen wie der General Atomics MQ-1 Predator, General Atomics MQ-1C Gray Eagle, General Atomics MQ-9 Reaper, Northrop Grumman RQ-5 Hunter. Zudem wurden auch technisch weniger anspruchsvolle kleinere Drohen wie Pointer, AeroVironment WaspIII, Honeywell RQ-16A T-Hawk und AeroVironment RQ-11 Raven und AeroVironment RQ-20 Puma für den Einsatz vor Ort für Bodentruppen konzipiert. So lassen sich die Drohnen Pointer, T-Hawk und Wrasp III beispielsweise im Rucksack transportieren, bei Bedarf vor Ort aufbauen und innerhalb von wenigen Minuten einsetzen.

110  Sloggett,

Drone Warfare, 2014, S. 87. Drone Warfare, 2011, S. 1, 2. 112  Lange, Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003), S. 18. 113  Lange, Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003), S. 18, Olsen, A History of Air Warfare, 2010, S. 149, 150. 114  Olsen, A History of Air Warfare, 2010, S. 150. 115  Olsen, A History of Air Warfare, 2010, S. 155. 111  Shestko,

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Im Rahmen des zweiten Golfkrieges gewannen Drohnen durch taktische Luftaufklärung, Luftüberwachung, Zielerfassung und Schadensfeststellung zunehmend an Bedeutung. Im Rahmen der Operation Desert Storm kam es zudem zu der ersten Kapitulation durch irakische Soldaten vor einer Pioneer Drohne, indem diese weiße Fahnen vor ihr schwenkten.116 Seither wurden Drohnen in den bewaffneten Konflikten in Serbien, Bosnien Herzogovina, Kuwait, Irak und Afghanistan eingesetzt.117 Seit dem sogenannten „Krieg gegen den Terror“ wurden auch zunehmend bewaffnete Drohnen eingesetzt, die Funktionen der Aufklärung mit Kampfhandlungen vereinten. Insbesondere Predator Drohnen wurden für zahlreiche gezielte Tötungen in Afghanistan, Pakistan, im Jemen und in Somalia eingesetzt.118 Heutzutage werden unbemannte Luftfahrzeuge in bewaffneten Konflikten zu Zwecken der Informationsgewinnung, Überwachung und Aufklärung, aber darüber hinaus auch für Luftangriffe, elektronische Angriffe sowie für Such- und Rettungseinsätze eingesetzt.

B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges Im Folgenden wird, nach einer kurzen Darstellung der Kritik an Luftoperationen aufgrund ansteigender Opferzahlen119 und der Problematik der Bestimmung konkreter und aussagekräftiger Opferzahlen, die Entwicklung der Opferzahlen, insbesondere ziviler Opfer, in ausgewählten bewaffneten Konflikten mit und ohne Einsatz von Luftstreitkräften betrachtet.

I. Zivile Opfer und bewaffnete Konflikte In nahezu allen kriegerischen Auseinandersetzungen sind auch Zivilpersonen unter den Opfern. Es liegt in der Natur des Krieges, dass dieser Menschenleben fordert. Dazu gehört auch, dass im Rahmen von kriegerischen 116  Blom,

S. 57.

Unmanned Aerial Systems, 2010, S. 89; Singer, Wired for War, 2009,

117  O’Connell, U.S. Combat Drones Operate Outside International Law, Flying Blind, America Press vom 15. März 2010, S. 11, 12; O’Connell, Lawful Use of Combat Drones, 2010, S. 1; Olsen, A History of Air Warfare, 2010, S. 249, 250. 118  Siehe z. B. The Bureau of Investigative Journalism, Afghanistan: Reported US Air and Drone Strikes 2016. 119  Soweit im Folgenden auf Opfer Bezug genommen wird, bezieht sich dies, sofern nicht explizit anders dargestellt, auf Todesopfer. Nicht näher behandelt werden Verwundete, Vertriebene, Gefangene, Verschwundene usw., auch wenn diese ebenfalls als Opfer bewaffneter Konflikte anzusehen sind.



B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges 41

Auseinandersetzungen neben den Kombattanten und Kämpfern auch Zivilpersonen zu Schaden kommen. Dies berücksichtigt auch das Recht des bewaffneten Konflikts. Es verbietet nämlich Opfer im Rahmen militärischer Operationen nicht grundsätzlich, unabhängig davon, ob es sich dabei um Kombattanten oder Zivilpersonen handelt. Diese sind aber so gering wie möglich zu halten.120 1. Kritik an den Opferzahlen im Luftkrieg Trotz dessen, dass grundsätzlich auch Zivilpersonen im Rahmen von bewaffneten Konflikten als Kollateralschäden zu Schaden kommen können, wird an modernen Luftkriegsoperationen allgemein kritisiert, dass diese zu viele Menschenleben fordern und dass die Zahl ziviler Opfer zunehme, sodass verhältnismäßig mehr Zivilpersonen als Kombattanten zu den Opfern zählen. Es wurde konkret vorgetragen, dass der Anteil ziviler Opfer zu denen der Kombattanten von zunächst fünf Prozent und zehn Prozent auf 50 Prozent im Zweiten Weltkrieg anstieg121 und zum Ende des 20. Jahrhunderts dann 75 Prozent bis 90 Prozent betrug.122 2. Probleme der Bestimmung aussagekräftiger Opferzahlen Nach wie vor gibt es einen Mangel an verlässlichen Informationen bezüglich der Zahl ziviler Opfer in bewaffneten Konflikten.123 Problematisch bei der Bestimmung aussagekräftiger Opferzahlen im Rahmen von bewaffneten Konflikten sind sowohl der Zugang zu Informationen, wie aber auch die Richtigkeit und Verlässlichkeit vorhandener Informationen, die z. T. zu Propaganda- oder anderen Zwecken benutzt werden, insbesondere im Hinblick auf die Einordnung der Opfer in die Kategorien des humanitären Völkerrechts. Zunächst ist es schwierig, unabhängig von verlässlichen Informationen, überhaupt Zugang zu Informationen über Opfer bewaffneter Konflikte zu erlangen.124 So ist die Datenbeschaffung in einigen Ländern nicht nachvollziehbar, viele Staaten weigern sich, Informationen preiszugeben und oft 120  Rogers,

Law on the Battlefield, 2004, S. 108. Probleme des Völkerrechts, 1989, S. 203; Mey, Deutsche Sicherheitspolitik 2030, 2001, S. 161. 122  Siehe Report of the Secretary General to the Security Council on the Protection of Civilians in Armed Conflicts, U.N. Doc. S/2001/331, 30. März 2001, Rn. 3; Münkler, Die neuen Kriege, 2004, S. 28; Goldstein, War and Gender, 2001, S. 399 f. 123  Siehe dazu ausführlich Brzoska, SIPRI Yearbook 2007, S. 94–106. 124  Leitenberg, Death in Wars and Conflicts in the 20th Century, 2006, S. 1, 3 ff. 121  Graefrath,

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werden propagandabedingt keine realistischen Zahlen veröffentlicht. Auch lassen sich die Zahlen entsprechend der intendierten Botschaft leicht manipulieren, z. B. indem der Kreis der Opfer weiter oder enger gefasst wird. Viele der öffentlich verfügbaren Angaben beruhen auf sogenannten passiven Untersuchungsverfahren, registrieren also Todesfälle, die von den Medien gemeldet bzw. von Krankenhäusern, Leichenhallen oder sonstigen Stellen registriert werden. Jedoch vermögen auch diese Zahlen nicht alle betroffenen Fälle zu erfassen, so werden beispielsweise oft nur solche erfasst, die tatsächlich das Krankenhaus erreichen.125 Eine verbreitete Fehlerquelle ist etwa, dass Personen, die bereits bei der Ankunft in einem Krankenhaus verstorben sind, gar nicht erst registriert werden.126 In Krisengebieten, in denen es keine funktionierende Regierung mehr gibt, gibt es zudem keine Sterberegister, Totenscheine oder Ähnliches.127 Vor diesem Hintergrund wird passiven Untersuchungsverfahren vorgeworfen, dass sie lediglich 20 Prozent der tatsächlichen Opfer erfassen.128 Die im Internet abrufbaren Statistiken sind oft von zweifelhafter Qualität und sehr anfällig dafür, genau diejenigen Ergebnisse zu präsentieren, welche die veröffentlichende Stelle aufzeigen möchte. Dies lässt sich am Beispiel des Zweiten Weltkriegs veranschaulichen: Der Zweite Weltkrieg hat in absoluten Zahlen mehr Opfer gefordert als jeder andere Krieg der Geschichte, Gleiches gilt, wenn man die Zahl an Toten pro 100.000 Menschen der Bevölkerung pro Konfliktjahr betrachtet.129 Dennoch gibt es Datenerhebungen, die nicht nur die absolute Opferzahl heranziehen, sondern diese beispielsweise ins Verhältnis zu der Größe der Weltbevölkerung setzen.130 Verwendet man diese Herangehensweise, dann hat der Zweite Weltkrieg nicht die höchste (relative) Opferzahl verursacht. Darüber hinaus ist in vielen Fällen offen, wer als Opfer eines bewaffneten Konflikts anzusehen ist. Personen, die im Rahmen von militärischen Operationen sterben, zählen unstreitig zu den Opfern bewaffneter Konflikte. Weniger eindeutig ist dies bei Personen, die lediglich als mittelbare Folge eines bewaffneten Konflikts sterben, z. B. in Folge von Hunger oder Krankheiten, oder die lediglich verletzt werden oder Opfer von sexuellen Gewalttaten werden. Zudem können Opferzahlen über die unmittelbaren Kriegsopfer hi­ naus auch allgemein Gewaltopfer beinhalten, z. B. Opfer von Gewaltstraftaten, die im vermeintlich rechtsfreien Umfeld eines Krieges begangen werden. 125  Africa

Watch, Somalia No Mercy in Mogadishu, 1992, S. 1, 4. Watch, Somalia No Mercy in Mogadishu, 1992, S. 1, 4. 127  Africa Watch, Somalia No Mercy in Mogadishu, 1992, S. 1, 4. 128  Siehe dazu ausführlich die Burnham et al., A Mortality Study, 2002–2006. 129  HSRP, Human Security Report 2013, 2014, S. 1, 5. 130  So zum Beispiel Pinker, Why Violence Has Declined, 2011, S. 142. 126  Africa



B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges 43

Letztlich ist festzustellen, dass es in vielen Fällen schwer zu bestimmen ist, wer als Zivilperson anzusehen ist und wer nicht. Dies ist nicht nur ein gewichtiges Problem im Rahmen des Unterscheidungsgrundsatzes, sondern wirkt sich darüber hinaus auch auf die Bestimmung von Opferzahlen aus. Vor diesem Hintergrund wurden Zweifel an dem Wert von 80 Prozent bis 90 Prozent ziviler Opfer im Rahmen moderner bewaffneter Konflikte geäußert.131 Seit dem Kalten Krieg ist die Zahl bewaffneter Konflikte zudem stark rückläufig und so wird zum Teil sogar vertreten, dass das Verhältnis von zivilen Opfern zu militärischen Opfern von 9:1 ein „Mythos“ sei.132

II. Schutz von Zivilpersonen und zivile Opfer im Rahmen von ausgewählten bewaffneten Konflikten Nachfolgend werden konventionelle bewaffnete Konflikte mit und ohne Einsatz von Luftstreitkräften sowie moderne bewaffnete Konflikte unter Einsatz von Luftstreitkräften im Hinblick auf den Zivilpersonen zukommenden Schutz sowie die Verursachung von zivilen Opfern näher beleuchtet, um diese dann im Anschluss zueinander ins Verhältnis zu setzen. Vor dem Hintergrund der vorstehend unter Ziffer I. dargelegten Beobachtungen sind die zitierten Angaben, obschon sie aus anerkannten und neutralen Quellen stammen, mit Vorsicht zu genießen. 1. Zivile Opfer im Rahmen ausgewählter konventioneller bewaffneter Konflikte ohne oder bei unwesentlichem Einsatz von Luftstreitkräften Angaben zu den Opferzahlen im 100-jährigen Krieg (1337–1453) weisen eine erhebliche Bandbreite auf. So sprechen einzelne Quellen von 2,3 bis 3,3 Mio. Opfern, andere sogar von bis zu 10 Mio. Opfern, ohne dass jedoch zivile Opfer gesondert ausgewiesen werden.133 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass in diese Zeit auch die Pestepidemie fiel, die viele Menschenleben gekostet hat und es daher nicht eindeutig nachvollziehbar ist, wie viele Menschen tatsächlich als unmittelbare Folge des Krieges gestorben sind. Die Opferzahlen des 30-jährigen Krieges (1618–1648) schwanken zwischen 3 Mio. und 11,5 Mio. Toten. Als wahrscheinlicher Wert wird, auch 131  ICRC, Arms Availability and the Situation of Civilians in Armed Conflict, 1999, S. 3–4. 132  HSRP, Human Security Report 2005, 2005, S. 15–16. 133  Baumgartner, France in the Sixteenth Century, 1995, S. 9 ff., 33 ff.

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Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

unter Berücksichtigung von zivilen Opfern, ein Wert von 8 Mio. angenommen.134 Die genaue Zahl der Opfer des Taiping-Aufstandes (1851–1864) ist nicht bekannt. Schätzungen bezüglich des 15 Jahre anhaltenden Konflikts zwischen der Qing-Regierung und chinesischen Aufständischen bewegen sich in einer Größenordnung von 20 bis 30 Mio. Opfern.135 Der Erste Weltkrieg (1914–1918) kostete ca. 17 bis 20 Mio. Menschen das Leben und brachte weitere 20 bis 21 Mio. Verletzte hervor, womit die Op­ ferzahlen insgesamt bei ca. 40 Mio. liegen, von denen ca. 9,5 bis 11 Mio. Kombattanten und ca. 7 bis 10 Mio. Zivilpersonen waren.136 Im Ersten Weltkrieg nahm der Einsatz von Luftfahrzeugen stark zu (siehe Kapitel 2 A. II.). Der Erste Weltkrieg, an dessen Ende sich drei Viertel der Weltbevölkerung im Kriegszustand befanden, war der erste sogenannte „totale Krieg“, in welchem Zivilpersonen unmittelbar ins Kriegsgeschehen hineingezogen wurden. Der Russische Bürgerkrieg (1917–1921) zwischen den kommunistischen Bolschewiki einerseits und einer heterogenen Gruppe aus Konservativen, Demokraten, gemäßigten Sozialisten, Nationalisten und der Weißen Armee andererseits führte Schätzungen zufolge zu 9 bis 10 Mio. Toten.137 Genaue Opferzahlen sind nur schwer ermittelbar, da Millionen von Zivilpersonen durch indirekte Folgen des Krieges gestorben sind, denn es wurde nicht differenziert nach Toten durch Hungersnot, Seuchentoten, gefallenen Kombattanten und getöteten Zivilpersonen.138 Es wurde keine Statistik über die Kriegsopfer geführt, vielmehr stellte sich bei der Volkszählung 1926 heraus, dass in dieser Region nun 28 Mio. Menschen weniger lebten.139 Während des Russischen Bürgerkrieges wurden zwar auch Bombenangriffe gegen die 134  Davis, Europe: A History, 1996, S. 568; McFarlane, The Savage Wars of Peace, 2003, S. 51. 135  Mühlhahn, China und der westliche Imperialismus in: Leutner/Mühlhahn (Hrsg.), Kolonialkrieg in China, 2007, S. 16; Ho, Studies in the Population of China, 1368–1953, 2013, S. 246–247; Bossel, Zufall, Plan und Wahn, S. 210; Lee, Die Geschichte der Rezeption des Konfuzianismus, 2003, S. 338. 136  Tucker (Hrsg.): The Encyclopedia of World War I, 2005, S. 273; Overmans, Kriegsverluste, in: Hirschfeld/Krumeich/Renz (Hrsg.), Enzyklopädie Erster Weltkrieg, 2009, S.  663 ff. 137  Davies, Europe: A History, 1996 S. 928 ff.; Hausmann, Die unfriedliche Zeit, in: Hettling/Echternkamp (Hrsg.), Gefallenengedenken im globelen Vergleich, 2013, S. 413, 419. 138  Plaggenborg, Experiment Moderne, 2006, S. 28; Barth, Europa nach dem Großen Krieg, 2016, S. 43. 139  Plaggenborg, Experiment Moderne, 2006, S. 28; Plaggenborg, Sowjetische Geschichte in der Zeitgeschichte Europas, in: Nützenadel/Schieder (Hrsg.), Zeitgeschichte als Problem, 2004, S. 225, 232.



B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges 45

Reiterarmeen der Weißgardisten von General Mamontow geflogen, jedoch wurden Luftfahrzeuge aufgrund der fehlenden Mittel und ihrer rückständigen Technologie überwiegend zu Aufklärungszwecken verwendet. 2. Opferzahlen im Rahmen ausgewählter konventioneller bewaffneter Konflikte bei wesentlichem Einsatz von Luftstreitkräften im Lichte der Praxis von Luftoperationen Der Japanisch-Chinesische Krieg (1937–1945) führte allein auf der chinesischen Seite zu bis zu 30 Mio. Toten, davon sollen etwa 20 Mio. Todesopfer auf Feindseligkeiten zurückzuführen sein, die von der japanischen Armee ausgingen.140 Unter diesen 20 Mio. Toten sollen ca. 3 Mio. chinesische Soldaten gewesen sein. Von den übrigen zivilen Opfern starben ca. 9 Mio. bei Kämpfen und ca. 8 Mio. bei nicht-militärischen Zwischenfällen. Während der Invasion der Japaner in China wurden beispielsweise allein im Rahmen des Massakers von Nanking ca. 200.000 bis 300.000 Menschen getötet, da­runter überwiegend Zivilpersonen.141 Um 900.000 Menschen starben infolge des Aufbrechens der Dämme des gelben Flusses. Auf japanischer Seite wurden ca. 1 Mio. Gefallene, Verletzte und Vermisste gemeldet. Die genauen Zahlen sind, wie so oft, nicht nachvollziehbar und umstritten. Eine Aufarbeitung dieses Konflikts fand nahezu nicht statt. Während dieses Krieges wurden Luftstreitkräfte zunehmend eingesetzt. Japanische Luftstreitkräfte griffen gezielt zivile Siedlungen an. Es wurden strategische Bombardements auf chinesische Großstädte wie Shanghai, Wuhan und Chongqing vorgenommen. Die am 22. und 23. September 1937 begonnenen Bombardierungen von Nanjing und Guangzhou führten zu verbreiteten Protesten, welche schließlich in einer Resolution des Far Eastern Advisory Committee des Völkerbunds mündeten. Zwischen Fe­ bruar 1938 und August 1943 wurden auf diese Städte rund 5.000 Bombenangriffe geflogen. China hatte keine ernstzunehmende Flotte oder Luftwaffe. Die Sowjetunion unterstütze China mit Kampfeinsätzen aus der Luft. Auch die USA unterstützten China und bombardierten Japan. Dies führte dann über den Angriff auf Pearl Harbour zum Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Jedoch wurden, insbesondere seitens der Japaner, auch viele Gräueltaten ohne den Einsatz von Luftstreitkräften begangen, so plünderten die Japaner beispielsweise Dörfer und brannten diese nieder, ermordeten Menschen, zwangsprostituierten Frauen, setzten Senfgas und Arsenverbindungen ein und begingen Menschenversuche sowie Massenvergewaltigungen.142 140  Reid/Pilny, Asiens Energiehunger, 2011, S. 48; Pöcher, Kriege und Schlachten in Japan von 1922 bis 1945, 2012, S. 77. 141  Spang, Karl Haushofer und Japan, 2013, S. 548. 142  Chang, The Rape of Nanking, 1997, S. 6; Buruma, Erbschaft und Schuld: Vergangenheitsbewältigung in Deutschland und Japan, 1994, S. 113.

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Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

Nach offiziellen Statistiken soll der Zweite Weltkrieg (1939–1945) zu 55 bis 85 Mio.143 Toten geführt haben, wobei die höhere Zahl auch mittelbar kriegsbezogene Tote durch Krankheiten und Hunger beinhaltet. Die Bombardierungen von Städten wie Coventry, Dresden, Hamburg, Hiroshima, London, Nagasaki, Rotterdam, Tokyo und Warschau führten jeweils zu erheblichen Opfern unter der Zivilbevölkerung.144 Schätzungen zufolge fielen dem Bombenkrieg der Alliierten bis zu 600.000 Zivilpersonen und den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki knapp 200.000 zum Opfer.145 Es wird davon ausgegangen, dass die Zahl der zivilen Opfer insgesamt die Zahl der getöteten Kombattanten übersteigt. Statistiken weisen Opferzahlen von 26,2 Mio. Soldaten und 29 Mio. Zivilpersonen aus.146 Im Rahmen der Luftangriffe hat man begonnen, Warnungen im Vorfeld von Angriffen auszusprechen.147 Diese dienten dem Schutz von Zivilpersonen, auch wenn sie eher als gegen die Gegner gerichtete Androhung mit der Intention, diese zum Kapitulieren zu bewegen, vorgenommen wurden.148 Die meisten zivilen Opfer kamen im Rahmen des Zweiten Weltkrieges jedoch nicht durch Luftangriffe, sondern die systematische Ermordung seitens des NSRegimes ums Leben. Hinsichtlich der koreanischen und chinesischen Verluste im Rahmen des Koreakrieges (1950–1953) liegen keine konkreten Opferzahlen vor. Schätzungen zufolge resultierte dieser Krieg in ca. 4,5 Mio. Toten, davon ca. 1 Mio. Südkoreaner, ca. 2,5 Mio. Nordkoreaner, ca. 1 Mio. Chinesen sowie ca. 40.500 UN-Soldaten, die meisten von ihnen US-Amerikaner.149 Von diesen ca. 4,5 Mio. Toten entfiel fast ein Drittel auf Zivilpersonen, wobei die meisten Zivilpersonen durch den Bombenkrieg umkamen, bei dem die USLuftwaffe im Rahmen des Bombardements nordkoreanischer Städte auch Napalm-Brandbomben einsetzte.150 450.000 Tonnen an Bomben wurden vor allem von der U.S. Air Force abgeworfen, wobei 32.357 Tonnen Napalm 143  55 Mio.: Fink, Stress of War, Conflict and Disaster, 2010, S. 280; 65 Mio.: National Death Tolls for the Second World War, verfügbar unter http://necrometrics. com/ww2stats.htm (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019); bis zu 85. Mio.: Blankertz, Widerstand, Aus den Akten Pinker vs. Anarchy, 2016, S. 114. 144  Rusinek, Ende des Zweiten Weltkriegs, in: Rusinek (Hrsg.), Kriegsende 1945, 2004, S. 7, 8. 145  Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4, 2003, S. 943. 146  Hartmann, Geschichte des modernen Japan, 1996, S. 207. 147  Green, The Contemporary Law of Armed Conflict, 2000, S. 157; Parks, Air Force L. Rev. 32/1 (1990), S. 1, 157. 148  Sharvit/Neuman, International Law Studies 87 (2011), S. 359, 365. 149  Denisov, Überlegungen zur Verantwortlichkeit der Konfliktparteien, in: Bonwetsch/Uhl (Hrsg.), Korea – ein vergessener Krieg?, S. 21; Stöver, Der Kalte Krieg, 2007, S. 95. 150  Winkler, Geschichte des Westens, S. 139 ff.



B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges 47

zum Einsatz kamen. Zum Schutz der Zivilpersonen gaben die UN-Streitkräfte im Vorfeld von Luftangriffen allerdings Warnungen an diese ab.151 Angaben bezüglich der Opfer des Vietnamkrieges (1964–1975) bewegen sich zwischen 800.000152 und 3 bis 4 Mio.153 Toten. Schätzungen zufolge verloren ca. 60.000 US-Soldaten, ca. 1 Mio. südvietnamesische Soldaten und etwa 2 Mio. Zivilpersonen ihr Leben.154 Die Schätzungen der Gesamtzahl der Opfer fallen so unterschiedlich aus, da zum einen Kriegszeitraum und Kriegsgebiete unterschiedlich bestimmt wurden, amtliche Aufzeichnungen fehlten, geheim gehalten oder gefälscht wurden und viele Opfer nicht identifizierbar oder unauffindbar waren, und es zum anderen keine genauen Zahlen über Getötete und Verwundete in Nordvietnam gab.155 Nordvietnam veröffentlichte nämlich während des Krieges keine oder viel zu niedrige Verlustzahlen, um eine Demoralisierung oder Aufstände der eigenen Bevölkerung zu vermeiden. Nichtsdestotrotz ist es erkennbar, dass die Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung im Vergleich zu denen der Kombattanten besonders erheblich waren. Als Ursachen für diese hohen Verlustzahlen werden die hochtechnisierte Kriegsführung, massive Flächenbombardements, Artilleriebeschuss in bewohnten Gegenden, das wahllose Töten in Free-FireZonen, die Gleichsetzung von Bauern mit Guerillakämpfern und der Einsatz chemischer Kampfmittel auf Distanz angesehen.156 Die USA warfen viermal so viele Bomben ab, wie während des gesamten Zweiten Weltkrieges und es wurden ca. 50 Mio. Liter des Laubvernichtungsmittels Agent Orange versprüht.157 Die Luftoperation Operation Rolling Thunder, welche die USStreitkräfte zwischen 1965 und 1968 gegen die Republik Vietnam flogen, konzentrierte sich zunächst auf militärische Ziele, die der Versorgung der Aufständischen dienten.158 Die Luftangriffe breiteten sich jedoch rasch aus

151  Parks, Air Force L. Rev. 32/1 (1990), S. 1, 157; Rogers, Law on the Battlefield, 2004, S. 94; Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. II: Practice, 2005, Part 1, S. 409, Rn. 485. 152  Hirschman/Preston/Loi, Popul. Dev. Rev. 21/4 (1995), S. 783 ff. 153  Siehe dazu ausführlich Rummel, Statistics of Democide, Table 10.1. North Korean Democide: Estimates, Sources, and Calculations 1997. 154  Steininger, Der Vietnamkrieg, in: Jäger/Beckmann (Hrsg.), Handbuch der Kriegstoten, 2011, S. 427, 436. 155  Steininger, Der Vietnamkrieg, in: Jäger/Beckmann (Hrsg.), Handbuch der Kriegstoten, 2011, S. 427, 436. 156  Adas, The United States’ Occupation of Vietnam, in: Daum/Gardner/Mausbach (Hrsg.), America, the Vietnam War, and the World, 2003, S. 27, 37 f. 157  Steininger, Der Vietnamkrieg, in: Jäger/Beckmann (Hrsg.), Handbuch der Kriegstoten, 2011, S. 427, 436. 158  Stewart (Hrsg.), American Military History, Vol. II, 2009, S. 303.

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Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

und trafen Städte wie Hanoi und Huế sowie den größten Hafen des Landes Haiphong, um den Willen der Bevölkerung direkt anzugreifen.159 Im Rahmen der Jugoslawienkriege, auch Balkankonflikt genannt, kostete der 10-Tage-Krieg in Slowenien (1991) Schätzungen zufolge bei den slowenischen Truppen 19 Tote und bei der jugoslawischen Volksarmee 44 Tote.160 Nach Angaben der kroatischen Regierung aus dem Jahr 1995 forderte der Kroatienkrieg (1991–1995) 12.131 Tote auf Seiten der Kroaten, darunter 8.100 Zivilisten, und 6.780 Tote auf Seiten der dort lebenden Serben.161 Für den Bosnienkrieg (1992–1995) ging der Ausschuss des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien („ICTY“) von einer kriegsbezogenen Opferzahl von 104.732 aus, wovon 42.106 Zivilpersonen waren und 62.626 Soldaten.162 Für den Kosovokrieg (1999) gibt es keine genauen, offiziellen Zahlen. Die Opferzahlen beruhen vielmehr auf Flüchtlingsberichten und Massengrabfunden. Dennoch soll dieser Konflikt, insbesondere vor dem Hintergrund der dort erfolgten Lufteinsätze der NATO, im Folgenden näher beleuchtet werden. Zentrales Problem im Kosovokonflikt war der Schutz von Zivilpersonen und die Begrenzung der Auswirkungen auf Zivilpersonen im Rahmen der Militäroperationen.163 Die meisten zivilen Opfer sollen auf fälschlich erfolgte Angriffe auf Zivilpersonen zurückzuführen sein, die unzutreffend als Streitkräfte identifiziert worden waren.164 So wurden ein Flüchtlingsfahrzeug sowie die Chinesische Botschaft in Belgrad aus Versehen bombardiert. Die NATO und ihre Strategie, lediglich auf den Luftkrieg als Mittel der Kriegsführung zu setzen und den Einsatz von Landstreitkräften abzulehnen, waren dadurch stark der Kritik ausgesetzt.165 Auch wurden viele der entstandenen Kollateralschäden als eindeutig exzessiv und die Angriffe damit als rechtswidrig angesehen.166 Die Probleme, denen die NATO im Kosovokrieg ausgesetzt war, betra159  Clodfelter,

The Limits of Air Power, 2006, S. 102. for Slovenia 1991, Website of the Government of the Republic of Slovenia, Public Relations ans Media Office, verfügbar unter: http://www.slovenija2001. gov.si/10years/path/war/, zuletzt abgerufen am 25. Juni 2019. 161  ICJ, Application Instituting Proceedings filed on 2 July 1999, Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Croatia v. Yugoslvia), S. 8. 162  Zwierzchowski/Tabeau, The 1992–95 War in Bosnia and Herzegovina, 2010, S. 1, 16. 163  Siehe dazu ausführlich Clark, Waging Modern War, 2001, S. 438–440. 164  Human Rights Watch, Report, Under Orders: War Crimes in Kosovo, 2001, S. 442, 443. 165  Tomuschat, Völkerrechtliche Aspekte des Kosovo-Konflikts, in: Lutz (Hrsg.), Der Kosovo-Krieg, 1999/2000, S. 31, 33. 166  Human Rights Watch, Report, Under Orders: War Crimes in Kosovo, 2001, S. 443. 160  War



B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges 49

fen weniger den Unterscheidungsgrundsatz als vielmehr die Definition militärischer Ziele.167 Die Luftangriffe, die sich ursprünglich nur gegen militärische Objekte wie Kasernen, Artilleriestellungen, Luftabwehrbatterien und Flugplätze richteten, verlagerten sich auf Ziele, die im weiteren Sinne militärischen Zwecken zugerechnet werden konnten, in erster Linie aber der Versorgung der Zivilbevölkerung dienten. So wurden z. B. Kraftwerke angegriffen, was zu Ausfällen in der Strom- und Wasserversorgung der Zivilbevölkerung führte.168 Der Krieg wurde damit zum Teil auch zu einem Krieg gegen das serbische Volk.169 Als fragwürdig wurden ferner etwa auch Angriffe auf die serbische Radio- und Fernsehstation in Belgrad angesehen, da der militärische Status dieser Einrichtung bezweifelt wurde.170 Schließlich wurde die militärische Funktion angegriffener Brücken in Frage gestellt.171 Bei aller Kritik172 wurde der NATO jedoch weder vorgeworfen, gegen den Unterscheidungsgrundsatz noch gegen das Exzessverbot verstoßen zu haben. Der Schwerpunkt der Kritik lag vielmehr auf der Verletzung der Pflicht, die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen im Vorfeld von Angriffen zu treffen bzw. Angriffe trotz unvollständiger bzw. fehlerhafter Informationen stattfinden zu lassen. Als wohl die größten Fehler im Rahmen der NATO-Angriffe, die Leben zahlreicher ­Zivilpersonen forderten, sind die Angriffe auf einen Zug auf der Grdelica ­Brücke, auf einen Flüchtlingskonvoi in der Nähe von Djajovica, auf ein Wohngebiet im Süden von Belgrad, einen zivilen Bus auf der Lusana Brücke, auf die chinesische Botschaft in Belgrad, auf die Varvarin Brücke sowie der Streubombenangriff auf den Nis Flugplatz, der einen Marktplatz sowie ein Krankenhaus traf und der Angriff gegen die Militärbarracken in Srdulica, bei welchem ein Krankenhaus angegriffen wurde, anzusehen.173 Die Bemühungen der NATO im Rahmen der Operation Allied Forces im Vorfeld von Luftangriffen Warnungen zum Schutz der Zivilbevölkerung abzugeben, wurden vor dem Hintergrund kritisiert, dass die NATO im Luftraum über der ehemaligen Republik Jugoslawien uneingeschränkte Lufthoheit besaß und damit keine Gegenangriffe fürchten musste.174 Auch die Warnungen der NATO beim Angriff 167  Bring,

International Law Studies 78 (2002), S. 257, 258. Völkerrechtliche Aspekte des Kosovo-Konflikts, in: Lutz (Hrsg.), Der Kosovo-Krieg, 1999/2000, S. 31, 33. 169  Tomuschat, Völkerrechtliche Aspekte des Kosovo-Konflikts, in: Lutz (Hrsg.), Der Kosovo-Krieg, 1999/2000, S. 31, 33. 170  Bring, International Law Studies 78 (2002), S. 257, 260. 171  Human Rights Watch, Report, Civilian Death in the NATO Air Campaign, 2000, S. 1. 172  Amnesty International, Report, NATO/Federal Republic of Yugoslvia, 2000, S. 29. 173  Bring, International Law Studies 78 (2002), S. 257, 264. 174  Rowe, IRRC 82/837 (2000), S. 147, 154. 168  Tomuschat,

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Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

auf den Serbischen Radio- und Fernsehturm in Belgrad wurden als nicht ausreichend angesehen, vor allem, da diese elf Tage vor dem Angriff abgegeben wurden, was als zu lange Zeitspanne angesehen wurde, als dass noch von ihrer Aktualität auszugehen sei. Den NATO-Luftstreitkräften wurde weiter vorgeworfen, dass sie gegen den Zweifelsgrundsatz verstoßen hätten, indem sie bei Zweifeln über den Status von Objekten ihre Angriffe nicht abgebrochen hätten.175 Dabei darf jedoch auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass einzelne Operationen durchaus abgebrochen wurden. So sollte 1999 ein Konvoi aus mehreren Fahrzeugen angegriffen werden, jedoch kamen den NATO-Befehlshabern während der Ausführung Zweifel hinsichtlich der Einordnung dieser Fahrzeuge als militärische Ziele auf. Sie entsandten daher ein weiteres Aufklärungsflugzeug, welches zu dem Schluss kam, dass es sich um sowohl militärische wie auch zivile Fahrzeuge handelte. Die Operation wurde zunächst für über 20 Minuten ausgesetzt und sodann vollständig abgebrochen und die Kampfflugzeuge wurden zurückgerufen.176 Natürlich hätten diese Zweifel bereits vor der ersten Angriffswelle geäußert werden können, aber es ist trotzdem hervorzuheben, dass die militärische Operation im Ganzen abgebrochen wurde zum Schutz der sich innerhalb des Konvois befindenden Zivilpersonen. Betreffend die verschiedentlich dennoch falsch identifizierten Angriffsobjekte wurde der NATO k ­ onkret vorgeworfen, dass sie ihre Luftangriffe aus Höhen von mehr als 15.000 Fuß flog, um Schaden von den eigenen Piloten abzuwenden, was aber zu schlechteren Identifikationsmöglichkeiten der anvisierten Ziele führte.177 Es wird deswegen vorgebracht, dass die NATO, sofern dies die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung verringert hätte, verpflichtet gewesen wäre, tiefer zu fliegen.178 Dabei darf jedoch auch nicht unberücksichtigt ­bleiben, dass die gegnerische Konfliktpartei durchaus mit unfairen Mitteln kämpfte. So handelte es sich beispielsweise bei den im Rahmen des Korisa Vorfalls zu Tode gekommenen Zivilpersonen um solche, die als menschliche Schutzschilde eingesetzt wurden.179 Bei aller berechtigten Kritik ist darüber hinaus auch zu beachten, dass eine ex post Kritik regelmäßig auf umfänglicheren Informationen beruht als die Situationseinschätzung im Einsatzzeitpunkt, sodass letztere regelmäßig mit erheblichen Unsicherheiten behaftet war, die in die erforder­liche Abwägung einflossen.

175  Bring,

International Law Studies 78 (2002), S. 257, 261. IRRC 82/837 (2000), S. 165, 174, 175. 177  Bring, International Law Studies 78 (2002), S. 257, 266. 178  Die Kritik darstellend und ihr entgegnend, Lambeth, NATO’s Air War for Kosovo, 2001, S. 140 ff. sowie Daalder/O’Hanlon, NATO’s War to Save Kosovo, 2000, S.  121 ff. 179  Human Rights Watch, Report, Under Orders: War Crimes in Kosovo, 2001, S. 443, 444, 447 f. 176  Rogers,



B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges 51

3. Opferzahlen im Rahmen ausgewählter moderner bewaffneter Konflikte bei wesentlichem Einsatz von Luftstreitkräften im Lichte der Praxis von Luftoperationen Die Schätzungen der Opferzahlen des Nahostkonflikts gehen weit aus­ einander. Dabei wird vor allem die Zählweise der Opfer stark kritisiert.180 Nach Angaben des UN-Nothilfebüros Ocha handelte es sich bei zwei Dritteln der Todesopfer im Gaza Konflikt 2014 um Zivilpersonen.181 Palästinensischen Angaben zufolge waren 70 Prozent der Todesopfer Zivilpersonen und zwei Drittel davon Frauen und Kinder.182 Ein wesentlicher Kritikpunkt an diesen Statistiken ist jedoch, dass sich beispielsweise die Hamas-Kämpfer aus taktischen Gründen nicht als Kombattanten zu erkennen gaben, sondern sich als Zivilpersonen tarnten, was zu Unklarheiten bei der Bestimmung ziviler Opfer führt. Die Diskrepanz zwischen den Opferzahlen auf palästinensischer und israelischer Seite ist zudem eklatant. Diese ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass Israel moderne Technologien einsetzte, die ein präzises Angreifen ermöglichten und zum anderen, dass Israel Vorsichtsmaßnahmen im Sinne von Warnungen an die Zivilbevölkerung vor Angriffen aussprach.183 Ungeachtet dessen werden jedoch verschiedene Kritikpunkte gegen die israe­ lische Angriffsführung vorgebracht, so etwa dass nicht immer berücksichtigt wurde, dass die Hamas menschliche Schutzschilde einsetzte und dass die Bevölkerungsdichte in den Angriffsgebieten so hoch war, dass stets Kollateralschäden zu erwarten seien. Das Bemühen der israelischen Streitkräfte, Kollateralschäden zu vermeiden, führte dazu, dass die Hamas gezielt Zivilpersonen für ihre Zwecke einsetzten und darauf spekulierten, dass Israel entweder nicht angreifen werde oder aber Kollateralschäden für Propagandazwecke genutzt werden können. In Somalia sind inoffiziellen Schätzungen zufolge nahezu 1 Mio. Menschen aufgrund des Bürgerkrieges gestorben. Der Konflikt resultierte zudem in fast 1 Mio. Flüchtlingen und fast 5 Mio. durch Hunger und Krankheiten bedrohten Menschen.184 Durch den Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen 180  Richter/Stein, Comments on B’Tselem’s Civilian Casualty Estimates in Operation Cast Lead, 2009; Schneider, Gegen die Bilder ist unser Text machtlos, FAZ, Artikel vom 3. August 2014; Borgstede, Der zynische Krieg mit den Opferzahlen in Gaza, Die Welt, Artikel vom 22. Juli 2014. 181  United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Occupied Palestinian Territory, Hostilities resulted in the largest loss of civilian life in the Gaza Strip since 1967, 2014. 182  Münch, Zerfetzte Welt, Reportage Süddeutsche Zeitung, vom 12. Juli 2014. 183  Siehe dazu im Einzelnen: Sharvit/Neuman, International Law Studies 87 (2011), S.  359, 369 ff. 184  Siehe dazu United Nations Operation in Somalia II, Background.

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Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

in Somalia sind beispielsweise im Zeitraum von 2001–2015 bei 15 bis 19 Angriffen 25 bis 108 Menschen ums Leben gekommen, darunter auch viele Zivilpersonen.185 In diesem Konflikt waren die somalischen Stamm­ führer der stark aufgerüsteten, mit neusten Technologien versehenden USamerikanischen Luftwaffe nicht gewachsen und griffen daher, um dieses Ungleichgewicht zu kompensieren, zu primitiven Waffen und Kommunika­ tionsmitteln, verbunden mit barbarischen Taktiken.186 Die Anzahl der Todesopfer wird im Afghanistan-Konflikt (seit 2001) auf ca. 110.000 geschätzt, wovon ca. 30.000 auf Zivilpersonen entfallen.187 In diesem Konflikt setzten die Koalitionsstreitkräfte aufgrund der Gegebenheiten der Landschaft, der Distanz und der Infrastruktur in Afghanistan hauptsächlich auf Luftstreitkräfte.188 Seit Anbeginn der Militäroperationen in ­Afghanistan im Jahr 2001 geben die NATO-Streitkräfte im Vorfeld von Angriffen Warnungen zum Schutze der Zivilbevölkerung ab.189 Im Hinblick auf die Durchführung von Luftangriffen und insbesondere die Zielidentifizierung hat man sich vermehrt auf Geheimdienstinformationen und Aufklärung verlassen, da eine visuelle Identifizierung aufgrund der geographischen Gegebenheiten und der fehlenden Unterscheidbarkeit von Kämpfern und Zivilpersonen aufgrund des Nichttragens von Uniformen und des Fehlens sonstiger Unterscheidbarkeitskennzeichen nicht möglich war.190 Auch hier blieben Schädigungen von Zivilpersonen nicht aus. Zwei sehr prominente Fehler im Rahmen von Luftangriffen, nämlich der Angriff auf ein Warenlager des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz („IKRK“) sowie auf eine Hochzeitsgesellschaft191 führten dazu, dass die Koalitionsstreitkräfte dermaßen in den Fokus der Öffentlichkeit rückten, dass sie freiwillig Maßnahmen implementierten, die über die Anforderungen nach dem Recht des bewaffneten Konflikts hinausgingen. So wurden beispielsweise Verpflichtungen begründet, weitestgehend Präzisionswaffen einzusetzen und erst das Feuer zu erwidern, nachdem feststand, dass keine unschuldigen Zivilpersonen in der Nähe waren.192 Dabei war die Anzahl ziviler Opfer im Rahmen von geplanten Angriffen viel geringer als bei ungeplanten, dynamischen Angriffsoffensiven, die im Rahmen der Verteidigung von Bodentruppen vorgenommen wurden.193 185  Schulzke,

S. 93.

The Morality of Drone Warfare and the Politics of Regulation, 2017, Lambakis/Kiras/Kolet, NIPP 21/4 (2002), S. 241 ff. Update on the Human Costs of War for Afghanistan and Pakistan,

186  Weiterführend 187  Crawford,

2016, S. 1. 188  Schmitt, International Law Studies 85 (2009), S. 307, 309. 189  Sharvit/Neuman, International Law Studies 87 (2011), S. 359, 366. 190  Schmitt, International Law Studies 85 (2009), S. 307, 308. 191  Siehe dazu im Detail Murphy, AJIL 96/1 (2002), S. 237, 247. 192  Schmitt, International Law Studies 85 (2009), S. 30, 312 f.



B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges 53

Die Zahl der zivilen Todesopfer in dem seit 2003 andauernden Konflikt im Irak beträgt knapp 200.000 bei knapp 270.000 Todesopfern insgesamt.194 Damit liegt das Verhältnis von zivilen zu militärischen Opfern, je nach Statistik, zwischen 5:1 und 3:1. Allerdings sind diese Zahlen nicht unumstritten.195 Es wird vermutet, dass die tatsächliche Opferzahl mindestens vier- bis fünfmal so hoch ist.196 Dabei ist jedoch zu beachten, dass die meisten zivilen Opfer nicht durch Luftangriffe zu Tode kamen. So waren beispielsweise in den Jahren 2003–2008 lediglich fünf Prozent der zivilen Opfer auf Luftangriffe zurückzuführen.197 Im Rahmen des Irak-Konflikts nahm der Einsatz von Präzisionswaffen seitens der Koalitionsstreitkräfte zu. So stellten beispielsweise im Rahmen der Operation Desert Storm lediglich acht Prozent der durch die Luftstreitkräfte abgeworfenen Waffen Präzisionswaffen dar, wohingegen diese Zahl im Rahmen der Operation Iraqi Freedom auf 68 Prozent anstieg.198 Auch wurde zugleich darauf verzichtet, zivile Infrastruktureinrichtungen anzugreifen, sodass selbst Human Right Watch anerkannte, dass die Koalitionsstreitkräfte bedeutsame Schritte in Richtung des Schutzes der ­ Zivilpersonen während der Luftoperationen unternommen hatten.199 Auch im Irak wurden Zivilpersonen im Vorfeld von Angriffen mittels Flugblättern gewarnt.200 Einen wesentlichen Beitrag zur präzisen Kriegsführung und der Minimalisierung von Kollateralschäden hat jedoch der Einsatz unbemannter Flugsysteme geleistet. Dadurch war es möglich, umfassende Aufklärungsmaßnahmen durchzuführen.201 Dennoch wurde insbesondere den USA vorgeworfen, Angriffe verübt zu haben, ohne ausreichende Informationen über die Identität ihrer Opfer zu besitzen.202 Dies beruht darauf, dass Angriffe aufgrund von Informationen erfolgten, dass sich bestimmte Personen 193  Human Rights Watch, Report „Troops in Contact“, Airstrikes and Civilian Deaths in Afghanistan, 2008, S. 1, S. 4. 194  Siehe dazu Statistica, Statistik zur Anzahl der dokumentierten zivilen Todesopfer im Irakkrieg und in den folgenden Jahren von 2003 bis 2017 sowie den Iraq Body Count, Statistic Documented Civilian Deaths from Violence. 195  Siehe dazu ausführlich IPPNW, Report, Body Count, Opferzahlen nach 10 Jahren „Krieg gegen den Terror“, 2015, S. 1, 10 ff. 196  IPPNW, Report, Body Count, Opferzahlen nach 10 Jahren „Krieg gegen den Terror“, 2015, S. 1, 15. 197  Hsiao-Rei Hicks et al., New England Journal of Medicine 360/16 (2009), S. 1585, 1586. 198  Mahnken, Technology and the American Way of War since 1945, 2008, S. 223. 199  Human Rights Watch, Off Target: The Conduct of the War and Civilian Casualties in Iraq, 2003, S. 6, 17. 200  Sharvit/Neuman, International Law Studies 87 (2011), S. 359, 366. 201  Dunlap, International Law Studies 86 (2003), S. 139, 141 f. 202  Human Rights Watch, Off Target: The Conduct of the War and Civilian Casualties in Iraq, 2003, S. 23, 38.

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Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

beispielsweise in einem bestimmten Gebäude befänden, wobei sie zur Ortung der betreffenden Personen Satellitentelefonabhörtechnologien benutzten. Die Verlässlichkeit solcher Identifizierungsmethoden wurde jedoch in Zweifel gezogen, da allein der Aufenthaltsort eines Mobiltelefons nicht ohne Weiteres auf den Standort seines Eigentümers schließen lasse. Der Unterscheidungsgrundsatz verlangt jedoch, dass, sofern sich Angriffe gegen bestimmte Individuen richten, diese im Vorfeld des Angriffs auch als solche identifiziert werden. Grundsätzlich aber funktionierte die Begrenzung von Kollateralschäden durch Vorsichtsmaßnahmen sehr gut, sofern es sich um vorher festgelegte Ziele und geplante Angriffe handelte, wohingegen Angriffe auf plötzlich auftauchende Ziele, bei denen keine Zeit vorhanden war, erforderliche Aufklärungsmaßnahmen durchzuführen, in unverhältnismäßigen Bombardements mündeten.203 Auch wurden Angriffe regelmäßig nachts verübt, da sich dann kaum Zivilpersonen auf den Straßen aufhielten und so Kollateralschäden minimisiert werden konnten.204 Im Rahmen dieses ungleichen Konflikts, in welchem Berichten zufolge die irakische Luftwaffe nie den Boden verlassen hatte, wohingegen die Koalitionskräfte mehr als 20.000 Einsätze flogen, bei denen insgesamt nur sieben Flugzeuge durch feindliche Angriffe Schaden nahmen,205 bedienten sich die Iraker menschlicher Schutzschilde, missbrauchten die geschützten Embleme des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes, platzierten militärische Objekte in die Nähe von Moscheen und Krankenhäusern und legten ihre Uniformen ab, um sich unter der Zivilbevölkerung zu verstecken und einen zivilen Anschein zu erwecken.206 Der seit 2009 andauernde bewaffnete Konflikt in Pakistan forderte bislang ca. 62.000 Todesopfer.207 Dabei gerieten insbesondere die Drohnenangriffe seitens der USA in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Den USA zufolge, die nur vereinzelt Informationen zu den konkreten Angriffen preisgeben, handelte es sich um präzise ausgeführte Angriffe, die auf verlässlichen Geheimdienstinformationen aufbauten und sich weit überwiegend gegen ­Individuen richten, die Angehörige bewaffneter Truppen (z. B. Taliban oder Al-Qaida) waren. Demgegenüber wenden Kritiker ein, dass diese Drohnen203  Human Rights Watch, Off Target: The Conduct of the War and Civilian Casualties in Iraq, 2003, S. 20. 204  Human Rights Watch, Off Target: The Conduct of the War and Civilian Casualties in Iraq, 2003, S. 17. 205  Moseley, Operation Iraqi Freedom: By the Numbers, Assessment and Analysis Devision, 2003, S. 3. 206  Geiß, IRRC 88/864 (2006), S. 757, 762; Schmitt, War, Technology and International Humanitarian Law, 2005, S. 35, 38; Human Rights Watch, Off Target: The Conduct of the War and Civilian Casualties in Iraq, 2003, S. 78–79; Parks, Chicago J Int’l L 4/2 (2003), S. 493. 207  Crawford, Update on the Human Costs of War for Afghanistan and Pakistan, 2016, S. 1.



B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges 55

angriffe unterschiedslos erfolgten und den Tod von hunderten von Zivilpersonen zur Folge hatten.208 Im Jemen sind konservativen Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge seit März 2015 mindestens 10.000 Menschen ums Leben gekommen.209 Es wird geschätzt, dass 93 Prozent der Toten und Verletzten im Jemen Konflikt Zivilpersonen gewesen seien.210 Die meisten Zivilpersonen wurden nach UN-Angaben bei Luftangriffen der von Saudi-Arabien angeführten Militärallianz getötet und stellen ungefähr die Hälfte der Todesopfer dar.211 Über 2,5 Mio. Menschen sind nach UN-Angaben seit Beginn der Militärintervention bis Dezember 2015 zum Verlassen ihrer Häuser als Binnenflüchtlinge gezwungen worden. Als Hauptgründe für die hohe Zahl ziviler Opfer wird angeführt, dass die Konfliktparteien Streuwaffen in dicht besiedelten Gebieten einsetzen.212 Auch wenn die arabische Koalition bestreitet, ihre Angriffe gegen Zivilpersonen gerichtet zu haben, so sprechen die Zahlen stark dafür, dass sie entweder nicht die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen trafen oder nicht hinreichend zwischen Zivilpersonen und Kämpfern differenzierten. Die Intervention 2011 in Libyen erfolgte zum Schutz von Zivilpersonen. Neben der Einhaltung einer Flugverbotszone sowie einer Seeblockade im Mittelmeer wurden die in Libyen durchgeführten Luftangriffe vollständig mithilfe von Präzisionswaffen ausgeführt, es wurden vielfach Bomben mit einem kleinen Detonationswert abgeworfen und es wurde auf Wochentage und Tageszeiten der Angriffe geachtet.213 Zudem wurde nur aufgrund von Geheimdienstinformationen angegriffen und auch nur, wenn Zivilpersonen davon nicht betroffen waren, ansonsten wurden solche Operationen abgebrochen.214 Dies führte zu insgesamt geringen zivilen Opferzahlen im Rahmen der Luftoperationen. So starben bei der Militäroffensive 2011 insgesamt 72 Zivilpersonen.215 Auch hier waren die NATO-Angriffe der Kritik ausge208  Siehe dazu ausführlich Amnesty International, Report, „Will I be Next?“, US Drone Strikes in Pakistan, 2013. 209  Vgl. z. B. Artikel im The Guardian, Yemen death toll has reached 10,000, UN says, vom 16. Januar 2017. 210  Vgl. z. B. Artikel im The Guardian, 93 % of deaths and injuries in Yemen are civilian – this must change, vom 27. Oktober 2015. 211  Human Rights Watch, World Report 2017, 2017, S. 675 ff. 212  Solvang, The Tragic Civilian Toll of Airstrikes in Yemen, Human Rights Watch, Artikel vom 13. Oktober 2015. 213  NATO, Statement by the NATO Spokesperson on Human Rights Watch Report, Pressemitteilung der NATO vom 14. Mai 2012. 214  NATO, Statement by the NATO Spokesperson on Human Rights Watch Report, Pressemitteilung der NATO vom 14. Mai 2012. 215  So Human Rights Watch, Report, Unacknowledged Deaths, Civilian Casualties in NATO’s Air Campaign in Libya, 2012, S. 4, 65.

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Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

setzt. Es gab zwar insgesamt wenige Opfer, aber diese seien im Rahmen von Angriffen gestorben, die nicht gegen militärische Ziele gerichtet waren und damit das humanitäre Völkerrecht verletzten.216 Seit der Bürgerkrieg 2014 wieder entfachte, wurden ca. 6.000 Opfer gezählt.217 Es kam zu schwerwiegenden Verletzungen des humanitären Völkerrechts, so wurden unterschiedslose Angriffe und unmittelbare Angriffe auf Zivilpersonen verübt, die in einer humanitären Krise mündeten.218 Die Opferzahlen des seit 2011 andauernden Syrischen Bürgerkrieges wurden Anfang Februar 2016 auf ca. 470.000 geschätzt.219 Der Bürgerkrieg verursachte 4,8 Mio. Auslandsflüchtlinge und 6,1 Mio. Binnenflüchtlinge.220 1 Mio. Menschen lebten Mitte 2016 in belagerten Gebieten ohne Zugang zu humanitärer Hilfe.221 Das syrische Zentrum für politische Forschung (SCPR) hat ermittelt, dass von 2010 bis 2016 ca. 1,4 Prozent der Bevölkerung getötet wurden, was für das Jahr 2015 eine Sterberate von 10,8 per Tausend ergibt.222 Diese Zahlen beruhen jedoch, wie so viele in bewaffneten Konflikten, auf Schätzungen, da die Konfliktpartien, allen voran der Islamische Staat eine systematische Dokumentation verhindern.223 Dabei verübten sämtliche Parteien des Konflikts rechtswidrige Angriffe auf Zivilpersonen. Syrische und russische Luftangriffe richteten sich gegen Zivilpersonen bzw. trafen diese unterschiedslos in ihren Häusern, auf Märkten, in Schulen und Krankenhäusern. Ferner wurden unter anderem international verbotene Streubomben und Brandwaffen sowie chemische Waffen unter Verletzung des Chemiewaffenabkommens eingesetzt.224

III. Auf Luftkriegsoperationen zurückzuführende zivile Opfer Luftangriffe stellen insbesondere seit dem Ende der 1990er Jahre eine begehrte Form der Kriegsführung dar. Sie ermöglichen im Gegensatz zum Einsatz von Bodentruppen eine effizientere Form der Kriegsführung mit re216  Siehe dazu Human Rights Watch, Report, Unacknowledged Deaths, Civilian Casualties in NATO’s Air Campaign in Libya, 2012, S. 4 ff. 217  Siehe für eine Übersicht der Opfer: Libya Body Count. 218  Amnesty International, Annual Report 2015/2016, 2016, S. 233. 219  Human Rights Watch, World Report 2017, 2017, S. 571. 220  Human Rights Watch, World Report 2017, 2017, S. 571. 221  Human Rights Watch, World Report 2017, 2017, S. 571. 222  Syrian Center for Policy Research, Report, Forced Dispersion, A Demographic Report on Human Status in Syria, 2016, S. 9. 223  Yourish/Lai/Watkins, Death in Syria, Artikel in der New York Times vom 14. September 2015. 224  Human Rights Watch, World Report 2017, 2017, S. 572, 573.



B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges 57

duzierten Risiken für die eigenen Streitkräfte. Dadurch wird ein schnelleres Erzwingen einer Kapitulation herbeigeführt und zudem wird mehr Zeit für die Zielidentifizierung und Entscheidungsfällung gelassen, was bei Zweifeln weitere Anläufe ermöglicht, ohne den Druck, die Sprengkörper schnell loszuwerden, und die Angst, möglicherweise selbst unter Beschuss zu geraten.225 Dafür wird der Luftmacht vorgeworfen, sie neige dazu, Kollateralschäden hervorzurufen und eine asymmetrische Kriegsführung zu provozieren, als einzig effektive Antwort gegenüber der Überlegenheit der eingesetzten Luftstreitkräfte.226 1. Anzahl ziviler Opfer im Rahmen von Luftoperationen Es ist zwar richtig, dass Zivilpersonen Opfer moderner bewaffneter Konflikte sind und diese teilweise bewusst in Kauf genommen werden. Dennoch ist das Angreifen von Zivilpersonen kein neues Phänomen.227 Genghis Khan schlachtete im Rahmen seiner Eroberung von Euroasiens im 13. Jahrhundert ganze Dörfer ab, General Sherman verfolgte während des Amerikanischen Bürgerkrieges in den 1860ern eine Doktrin des totalen Krieges und die Briten bedienten sich während des Boer-Krieges in Südafrika zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Praktiken sogenannter „verbrannter Erde“.228 Auch viele der Kriege im 19. und frühen 20. Jahrhundert beinhalteten systematische Angriffe auf Zivilpersonen. Im Rahmen des Spanischen Bürgerkrieges fand in Guernica ein gegen die Zivilbevölkerung gerichtetes Massenbombardement statt, während des Zweiten Weltkrieges wurden Blitzbombardements gegen Städte wie London und Rotterdam sowie Flächenbombardements gegen deutsche Städte wie Dresden vorgenommen, ganz zu schweigen von den Brandbombenangriffen auf japanische Städte wie Tokio, Kobe und Osaka sowie dem Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki. Zudem fällt auf, wenn man die oben erwähnten Opferzahlen näher betrachtet, dass diese seit Beginn des Einsatzes von Luftstreitkräften im Verhältnis zu konventionellen Kriegen gesunken sind. Es wird neuerdings vermehrt festgestellt, dass sowohl Gewalt wie auch Opferzahlen bewaffneter Konflikte im Vergleich zu konventionellen Kriegen stark zurückgegangen 225  Adam 226  Adam

432.

Robert, International Law Studies, Volume 78, 2002, S. 401–432, 415. Robert, International Law Studies, Volume 78, 2002, S. 401–432, S. 414,

227  Siehe dazu ausführlich: Jewell/Spagat/Jewell, MSE and Casualty Counts: Assumptions, Interpretation and Challenges, in: Seybolt/Aronson/Fischhoff (Hrsg.), Counting Civilian Casualties, 2013, S. 185 ff. 228  Seybolt, Significant Numbers: Civilian Casualties and Strategic Peacebuilding, in: Seybolt/Aronson/Fischhoff (Hrsg.), Counting Civilin Casualties, 2013, S. 15.

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Kap. 2: Luftkrieg – Entwicklung und Auswirkungen auf Zivilpersonen

sind.229 Es wird vertreten, dass wir derzeit in der friedvollsten Zeit des menschlichen Daseins leben.230 Im 17. Jahrhundert haben Religionskriege in Europa ca. zwei Prozent der Bevölkerung der Kriegführenden das Leben gekostet.231 In den bewaffneten Konflikten des 20. Jahrhunderts, darunter den zwei Weltkriegen mit ihren extremen Auswüchsen, starben hingegen 0,7 Prozent.232 Der Befriedungs-, Zivilisierungs- und Humanitarisierungsprozess führte zum Rückgang der Gewalt und damit der Kriege und Zahl der Kriegsopfer.233 Auch die Zahl bewaffneter Konflikte zwischen Staaten hat seit den 1950ern abgenommen, ebenso wie die Zahl innerstaatlicher bewaffneter Konflikte seit dem Kalten Krieg stetig abgenommen hat.234 Mitte 2016 hat das Uppsala Conflict Data Program (UCDP) 50 bewaffnete Konflikte mit staatlichen Akteuren und 60 ohne die Beteiligung staatlicher Akteure gezählt mit insgesamt über 102.000 konfliktbezogenen Todesopfern.235 Mitte 2016 erreichte der Stand an bewaffneten Konflikten seinen Höchststand mit 52 bewaffneten Konflikten mit staatlichen Akteuren und 73 ohne die Beteiligung staatlicher Akteure mit insgesamt knapp 120.000 konfliktbezogenen Todesopfern.236 Obwohl dies seit 1999 die bis dahin höchste Anzahl an andauernden bewaffneten Konflikten in der Geschichte war, ist die Anzahl der Todesopfer im Vergleich zu den Kriegen des 20. Jahrhunderts relativ gering.237 2. Verhältnis ziviler Opfer im Rahmen von Luftoperationen und Operationen konventioneller Kriegsführung Aber es muss auch berücksichtigt werden, dass ein allgemeiner Rückgang an Kriegsopfern noch nichts darüber aussagt, in welchem Verhältnis diese zueinanderstehen, d. h. wie hoch der Anteil an Zivilpersonen ist. In diesem Zusammenhang ist bei der Entwicklung der Opferzahlen auffällig, dass sich das Verhältnis ziviler Opfer zu Opfern der Kriegführenden, trotz der geringe229  UCDP, Battle-Related Deaths Dataset, 1989–2011; UCDP, Non-State Conflict Dataset, 1989–2011; UCDP, One-Sided Violence Dataset, 1989–2011; siehe auch ausführlich: Pinker, Why Violence Has Declined, 2011, der jedoch jegliche Formen von Gewalt untersucht. 230  Pinker, Violence Vanquished, The Wall Street Journal, Artikel vom 24. September 2011; Melander, Organized Violence in the World 2015, S. 1 ff. 231  Pinker, Why Violence Has Declined, 2011, S. 50. 232  Pinker, Why Violence Has Declined, 2011, S. 50. 233  Pinker, Why Violence Has Declined, 2011, S. xxiv, 72, 133. 234  HSRP, Human Security Report 2013, 2014, S. 1, 3. 235  UCDP, Number of Conflicts; UCDO, Number of Deaths. 236  UCDP, Number of Conflicts; UCDO, Number of Deaths. 237  Pettersson/Wallensteen, J. Peace Res 52/4 (2015), S. 536.



B. Entwicklung ziviler Opfer im Rahmen des Luftkrieges 59

ren Gesamtopferzahlen, verkehrt hat. Durch den Einsatz von Luftstreitkräften, insbesondere von unbemannten Luftfahrzeugen, haben diese im Verhältnis zu Zivilpersonen abgenommen. Es ist in diesem Zusammenhang jedoch auch zu berücksichtigen, dass Zivilpersonen nicht nur Opfer in heutigen bewaffneten Konflikten sind, sondern zu großen Teilen auch an diesen teilnehmen. Dies stellt auch einen wesentlichen Unterschied im Vergleich zu konventionellen bzw. alten Kriegen der Vergangenheit dar und wirkt sich auch auf die Opferzahlen aus. Zudem gehen die Öffentlichkeit und insbesondere die Medien davon aus, dass jegliche Kollateralschäden rechtswidrig sind und üben dadurch Druck auf die Kriegführenden aus. Damit werden aus militärischer Sicht unrealistische Hürden aufgestellt, die mehr als die bloße Einhaltung des Rechts des bewaffneten Konflikts verlangen. Auch eine dahingehende nahezu tagesaktuelle und mithilfe des Internets die ganze Welt erreichende Berichterstattung vermag den Eindruck zu vermitteln, dass Zivilpersonen in modernen Konflikten zunehmend zu Schaden kommen. Als Ursache für steigende Zahlen von zivilen Opfern werden die neue Art der Kriegsführung, die sogenannten „neuen Kriege“238 oder „Kriege der dritten Art“239 angeführt, die mit dem derzeit bestehenden Recht des bewaffneten Konflikts angeblich nicht zu vereinbaren seien. Denn dieses orientiere sich an klassischen, konventionellen Kriegen und könne mit diesen modernen Formen nicht umgehen. Geprägt sind diese neuen Kriege neben ihrer Privatisierung und der asymmetrischen Kriegführung vor allem durch den Luftkrieg. Es drängt sich daher die Frage auf, ob das Recht des bewaffneten Konflikts in der Lage ist, mit modernen Luftkriegen umzugehen und einen ausreichenden Schutz für Zivilpersonen innerhalb dieser zu bieten. Dem wird im Folgenden in Kapitel 5 nachgegangen, nach einer Herausarbeitung des Rechtsrahmens für Luftoperationen (Kapitel 3) und der Darstellung sich da­ raus ergebener Herausforderungen an das bestehende, auf Luftoperationen anwendbare Recht (Kapitel 4).

238  Siehe zum Begriff der neuen Kriege Kaldor, New & Old Wars, 2006; Münkler, Die neuen Kriege, 2004. 239  Holsti, The State, War and State of War, 1996, S. 28, 36.

Kapitel 3

Rechtsrahmen der Untersuchung Da das Luftkriegsrecht bislang nicht kodifiziert ist, ist der Schutz von Zivilpersonen bei Luftoperationen im Rahmen von bewaffneten Konflikten aus einer Reihe völkerrechtlicher Regelungen abzuleiten, die im Folgenden dargestellt werden.

A. Luftkriegsrecht Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Luftkrieg trotz seines exponentiellen Bedeutungsgewinns nur durch wenige grundlegende Prinzipien des Kriegsrechts in Verbindung mit tradiertem Vertragsrecht geregelt.1 Bis heute hat sich diese Situation nicht verändert und es existieren nach wie vor keine besonderen völkervertragsrechtlichen Regelungen für Einsätze im Rahmen von Luftoperationen in bewaffneten Konflikten. Damit ist das Luftkriegsrecht, anders als das Land- und Seekriegsrechts, das einzige Teilgebiet des Rechts des bewaffneten Konflikts, welches noch nicht kodifiziert worden ist.2 Der Grund dafür ist unter anderem in der Entwicklung des Luftkrieges zu sehen.3 Zur Zeit der wesentlichen kriegsrechtlichen Kodifikationen zum Ende des 19. bzw. 20. Jahrhunderts wurden Luftfahrzeuge noch nicht als wesentliches Mittel der Kriegsführung eingesetzt.4 Der Einsatz war auf Ballons zum Zwecke der Aufklärung beschränkt5, deren untergeordneter Einsatz keine Kodifizierung erforderte. Zudem waren Zivilpersonen zu dieser Zeit in erheblich geringerem Umfang den Gefahren des Krieges ausgesetzt, da die Auswirkungen der Konflikte, von Seeangriffen abgesehen, nicht über die Front hinausreichten. Schließlich hat die Staatengemeinschaft bis heute keinen Konsens im Hinblick auf die Kodifizierung verbindlicher Regelungen für den Luftkrieg finden können. 1  Meyer,

Air Force L. Rev. 51 (2001), S. 143, 146. der Heydte, Air Warfare, in: EPIL I, 1992, S. 82 ff. 3  Vgl. zur Entwicklung des Luftkrieges Kap. 2 A. 4  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 3. 5  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 3. 2  von



A. Luftkriegsrecht61

Trotz des Mangels umfassender spezieller luftkriegsrechtlicher Kodifika­ tionen finden Luftoperationen im Rahmen eines bewaffneten Konflikts nicht in einem rechtsfreien Raum statt.

I. Kodifikationen Es existieren einzelne Regelungen, die einen Bezug zum Luftkrieg aufweisen. Diese sind in verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen verstreut. Im Folgenden werden diese Kodifikationen in Bezug auf den Luftkrieg näher beleuchtet. 1. Haager Deklaration von 1899 Auf der ersten Haager Friedenskonferenz wurde am 29. Juli 1899 das erste sich auf den Luftkrieg beziehende völkerrechtliche Abkommen geschlossen, die Haager Deklaration von 1899.6 Sie verbot das Werfen von Geschossen und Sprengstoffen aus Luftschiffen oder auf anderen ähnlichen Wegen. Dieses Verbot belegt das Bewusstsein der unterzeichnenden Staaten hinsichtlich des Potentials einer neuen Art der Kriegsführung.7 Trotz des absoluten Verbots konnte eher von einem Moratorium als von einer Abrüstungsklausel im Sinne eines immerwährenden Verbots von Luftangriffen die Rede sein.8 Dafür spricht vor allem die begrenzte Geltungsdauer der Erklärung von fünf Jahren. Tatsächlich erlosch die Deklaration auch nach Ablauf dieser fünf Jahre, das Verbot aber wurde in das XIV. Haager Abkommen von 19079 übernommen. Dieses Abkommen trat jedoch mangels Ratifikation nicht in Kraft. Es erstarkte auch nicht zu Völkergewohnheitsrecht. Es galt nur für den Kriegsfall zwischen den wenigen unterzeichnenden Vertragsparteien und sollte zudem auf der dritten Friedenskonferenz erneuert werden, die jedoch

6  Abkommen, betreffend das Verbot des Werfens von Geschossen und Sprengstoffen aus Luftschiffen oder auf anderen ähnlichen neuen Wegen, RGBl. 1901, S. 470 ff.; dazu Bekanntmachung, betreffend die Ratifikation der auf der Haager Friedenskonferenz am 29.07.1899 unterzeichneten Abkommen und Erklärungen und die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden, sowie die von den Vereinigten Staaten von Amerika, von Rumänien und von Serbien bei der Unterzeichnung und der Ratifikation des Abkommens zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle gemachten Vorbehalte vom 10.09.1901, RGBl. 1901, S. 482 ff. 7  Parks, Air Force L. Rev. 32/1 (1990), S. 1. 8  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare-Contemporary Issues, 2006, S. 3, 4. 9  Erklärung vom 18.10.1907 über das Verbot des Werfens von Geschossen und Sprengstoffen aus Luftschiffen.

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

nicht stattfand, da der Erste Weltkrieg ausbrach.10 Damit war dieses Verbot als solches bedeutungslos geworden. 2. Haager Landkriegsordnung Von großer Bedeutung ist die dem IV. Haager Abkommen angefügte Haager Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkrieges, die sogenannte Haager Landkriegsordnung („LKO“).11 Nach Ansicht des Internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg sei die LKO von allen zivilisierten Nationen anerkannt und stelle die Gesetzte und Gebräuche des Krieges deklaratorisch fest.12 Die Prinzipien der LKO haben damit den Rang von Völkergewohnheitsrecht. Der Luftkrieg wurde darin zwar nicht explizit geregelt, jedoch werden die in der LKO enthaltenen Regelungen dahingehend interpretiert, dass sie auch auf Angriffe aus der Luft auf Ziele an Land Anwendung finden.13 Art. 25 und Art. 26 LKO befassen sich mit Bombardierungen und Angriffen im Landkrieg und werden auch als auf den Luftkrieg anwendbar angesehen.14 Art. 25 LKO weist insoweit einen Bezug zum Luftkrieg auf, als dass er Angriffe oder Bombardierungen unverteidigter Städte, Dörfer, Wohnungen oder Gebäude – mit welchen Mitteln auch immer – verbietet.15 Dies stellt ein absolutes Verbot von Angriffen auf unverteidigte Städte dar. Die zugrundeliegende Ratio ist, dass diese auch ohne Bombardierungen eingenommen werden können. Zwar wird der Luftkrieg nicht direkt in Art. 25 LKO erwähnt, aber die Wortwahl „mit welchen Mittel es auch sei“ umfasst dem intendiert weiten Anwendungsbereich nach auch das Bombardieren aus der Luft.16 Diese Inter10  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare – Contemporary Issues, 2006, S. 3, 4. 11  IV. Haager Abkommen, Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges vom 18.10.1907 mit Anlage zum Abkommen: Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkrieges (Haager Landkriegsordnung), RGBl. 1910 S. 107, 375 (Hague Regulations respecting the Laws and Customs of War on Land, Annexed to Hague Convention (II), 1899, and Hague Convention (IV), 1907, 36 Stat. 2277). 12  Roberts/Guelff, Documents on the Laws on War, 2000, S. 78. 13  Rogers, The Principle of Proportionality, in: Hensel (Hrsg.), The Legitimate Use of Military Force, 2008, S. 189, 192; Coenca Bros v. Germany (1927) 7 M. A.T. 683. 14  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 3, 5. 15  Artikel 25 LKO: Es ist untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mittel es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen. 16  Oppenheim, in: Oppenheim/Lauterpacht (Hrsg.), International Law, 1952 S. 412; Jennings, BYIL 22 (1945), S. 258, 259; Blix, BYIL 49 (1978), S. 31, 41.



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pretation wird durch die travaux préparatoires gestützt, aus denen hervorgeht, dass diese Worte auf die Initiative Frankreichs hin eingefügt wurden, welches eine Suspension der Haager Deklaration mit dem Verbot des Werfens von Waffen aus Ballons befürchtete. Abgesehen von den Fällen, in denen Luftstreitkräfte der unmittelbaren Unterstützung von Bodentruppen dienen, ist Art. 25 LKO für die Praxis des Luftkrieges jedoch von eher untergeordneter Relevanz, da es sehr unwahrscheinlich ist, dass die Luftstreitkräfte in der Lage sein werden, Orte am Boden einzunehmen.17 Zudem ist das Merkmal der „unverteidigten Stadt“ nicht eindeutig auszulegen und damit nicht praxisgerecht. Art. 26 LKO bestimmt, dass ein Befehlshaber vor Beginn eines Bombardements, den Fall eines Sturmangriffs ausgenommen, alles in seiner Macht Stehende tun muss, um die Behörden davon in Kenntnis zu setzen.18 Dieser Artikel scheint offenkundig nur auf das Bombardement von verteidigten Orten Anwendung zu finden, denn er soll explizit nicht auf Bombardements, die Sturmangriffen vorausgehen, anwendbar sein. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass bei Sturmangriffen das Überraschungselement aus taktischer Sicht wichtig ist. Erwiesen hat sich die Anwendung von Art. 25 und Art. 26 LKO in zwei Schiedssprüchen, nämlich in Coenca Brothers v. Germany (1927) und Kiriadolou v. Germany (1930).19 Darüber hinaus gibt es noch drei weitere Regelungen in der LKO, die auf den Luftkrieg Bezug nehmen, Art. 27, 29 und 53 LKO. Art. 27 LKO bestimmt, dass gewisse Vorsichtsmaßnahmen bei Angriffen auf verteidigte Orte zu treffen sind. Das Fehlen der Worte „mit welchen Mitteln auch immer“ kann darauf schließen lassen, dass diese Bestimmung keine Anwendung auf den Luftkrieg finden soll.20 Art. 29 LKO verpflichtet die Parteien dazu, Personen, die in Luftschiffen transportiert werden, um Mitteilungen zu überbringen, nicht als Spione anzusehen. Art. 53 LKO erlaubt es dem besetzten Staat, Mittel in der Luft in Beschlag zu nehmen, die dazu dienen, Nachrichten zu übermitteln sowie Personen und Vermögenswerte zu transportieren.

17  Blix,

BYIL 49 (1978), S. 31, 33. 26 LKO: „Der Befehlshaber einer angreifenden Truppe soll vor Beginn der Beschießung, den Fall eines Sturmangriffs ausgenommen, alles, was an ihm liegt, tun, um die Behörden davon zu benachrichtigen.“ 19  Annual Digest, 1927–1928, Case No. 389; Annual Digest, 1929–1930, Case No. 301. 20  Rogers, The Principle of Proportionality, in: Hensel (Hrsg.), The Legitimate Use of Military Force, 2008, S. 189, 193. 18  Artikel

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

3. Chicagoer Abkommen Die vorangeschrittene Entwicklung der Luftfahrt im militärischen, aber auch zivilen Bereich wurde in dem Pariser Luftfahrtabkommen,21 dem ersten multilateralen Vertrag auf dem Gebiet des Luftrechts, welcher aufgrund des erhöhten Aufkommens zivilen Luftverkehrs der Regelung der zivilen Luftfahrt diente, sowie dem Chicagoer Abkommen („CA“)22, welches das Pari­ ser Luftfahrtabkommen ablöste, aufgegriffen. Das CA findet nach Art. 3 Abs. a CA nur auf Zivilluftfahrzeuge Anwendung. Nach Art. 3 Abs. b CA ist es nicht anwendbar auf Staatsluftfahrzeuge, einschließlich solcher, die im Militär-, Zoll- und Polizeidienst eingesetzt werden. Um jedoch die Sicherheit aller Luftverkehrsteilnehmer sicherzustellen, sind militärische Luftfahrzeuge gehalten, die Vorschriften des CA zu befolgen, solange sich dies nicht n ­ egativ auf Militäroperationen auswirkt. Dementsprechend bestimmt Art. 89 S. 2 CA, dass die Bestimmungen dieses Abkommens im Kriegsfall nicht die Handlungsfreiheit eines der betroffenen Vertragsstaaten beeinträchtigen. 4. Genfer Konventionen und Zusatzprotokolle Die Invasion Italiens in Äthiopien (1935–1936), der spanische Bürgerkrieg (1936–1939), der Einsatz der Japanischen Luftwaffe während der Invasion in China in den 1930ern sowie die Ereignisse während des Zweiten Weltkrieges, inklusive der am 6. und 9. August 1945 über Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombomben, verdeutlichten, dass Regelungen erforderlich waren, um Luftoperationen im Fall eines bewaffneten Konflikts zu regeln. Im Rahmen der Nürnberger Prozesse wurde kein Beitrag zur Kodifikation des Luftkriegsrechts geleistet, da sich die Alliierten aufgrund des tu quoqueArguments entschlossen, die unterschiedslosen Luftangriffe seitens Deutschlands nicht zum Gegenstand der Prozesse zu machen.23 1949 fand auf Einladung des Schweizer Bundesrates eine diplomatische Konferenz statt, an der 71 Staaten sowie internationale Organisationen einschließlich dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz sowie der Liga der Rotkreuz-Gesellschaften teilnahmen.24 Ziel der Konferenz war es, beste21  Pariser Luftverkehrsabkommen vom 13. Oktober 1919 (Convention for the Regulation of Aerial Navigation, LNTS Bd. 11, S. 173). 22  Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 (BGBl. 1956 II S. 411; UNTS Bd. 15, S. 295) zuletzt geändert durch Protokoll vom 10. Mai 1984 (BGBl. 1996 II S. 210, 1999 II S. 307; 23 ILM 705–707). 23  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 3, 8. 24  Spetzler, Luftkrieg und Menschlichkeit, 1956, S. 51, S. 219.



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hende völkerrechtliche Regelungen unter Berücksichtigung der Erfahrungen der vergangenen Kriege zu aktualisieren. Im Vordergrund stand dabei der Schutz der Zivilbevölkerung. Dies führte dazu, dass die 1949 verabschiedeten Genfer Konventionen25 („GK“) sich nur mit dem humanitären Völkerrecht im engeren Sinne auseinandersetzen und keinerlei Bestimmungen für Kampfhandlungen enthalten. Somit sind nur einige ihrer Regelungen auf das Luftkriegsrecht anwendbar. So erstrecken Art. 13 Abs. 4 und Art. 13 Abs. 5 GK I die Anwendbarkeit der GK I auf zivile Besatzungsmitglieder von militärischen Luftfahrzeugen und Besatzungen der Zivilluftfahrt der am Konflikt beteiligten Parteien. Das Genfer Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen vom 12. August 1949 („GK III“)26 spricht genau dieser Personengruppe den Status von Kriegsgefangenen zu. Des Weiteren behandeln die Art. 36–37 GK I, Art. 39–40 GK II und Art. 22 der GK IV den Status und Schutz von Sanitätsluftfahrzeugen. 1977 wurden die GK durch zwei Zusatzprotokolle27 („ZP“) ergänzt. Das ZP I erneuerte das Haager und das Genfer Recht und stellt damit völkervertragsrechtliche Regelungen auf, die auch für die Militärluftfahrt im Falle bewaffneter Konflikte von Bedeutung sind. Diese Regelungen stellen größtenteils kodifiziertes Völkergewohnheitsrecht dar. Zu beachten ist allerdings, dass die Vereinigten Staaten von Amerika, die die größte Luftwaffe der Welt unterhalten, nicht Vertragspartei des ZP I sind.28 Das ZP I enthält eine Reihe von Regelungen, die sich mit dem Luftkrieg befassen, so zum Beispiel Art. 42 und Art. 49 ZP I, die sich auf Kriegsoperationen beziehen und Absprünge aus sich in Not befindenden Luftfahrzeugen 25  I. Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde vom 12. August 1949, BGBl. 1954 II, S. 783, UNTS Bd. 75, S. 31 (GK I); II. Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See vom 12. August 1949, BGBl. 1954 II, S. 813, UNTS Bd. 75, S. 85 (GK II); III. Genfer Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen vom 12. August 1949, BGBl. 1954 II, S. 838; UNTS Bd. 75, S. 135 (GK III); IV. Genfer Abkommen zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949, BGBl. 1954 II, S. 917, UNTS Bd. 75, S. 287 (GK IV). 26  III. Genfer Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen vom 12. August 1949, BGBl. 1954 II, S. 838; UNTS Bd. 75, S. 135. 27  I. Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte vom 8. Juni 1977, BGBl. 2009 II, S. 222, UNTS Bd. 1125, S. 3 (ZP I); II. Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte vom 8. Juni 1977, BGBl. 1990 II, S. 1637, UNTS Bd. 1125, S. 609 (ZP II). 28  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 3, 12.

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

sowie Angriffe aus der Luft regeln, sowie Art. 24–31 ZP I, die den Status, Schutz und Einsatz von Sanitätsluftfahrzeugen erfassen. Darüber hinaus gibt es noch allgemeine Regelungen, die ebenfalls auf den Luftkrieg Anwendung finden können wie Art. 35, 37 und 57 ZP I. Über Art. 53 ZP I findet auch die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten von 195429 auf den Luftkrieg Anwendung. Fraglich ist, wie es sich auswirkt, dass das Kapitel II des ZP I, welches sämtliche Regelungen zum Schutz von Zivilpersonen vor Angriffen in bewaffneten Konflikten enthält, gemäß Art. 49 Abs. 3 ZP I nur auf solch Angriffe eines Schiffes oder Flugzeuges Anwendung findet, die sich gegen Objekte zu Land richten und sich damit nicht direkt auf Angriffe bezieht, welche sich auf die Luft oder auf die See beschränken. Art. 49 Abs. 3 ZP I erfasst jede Kriegführung zu Land, in der Luft oder auf der See, welche die Zivilbevölkerung, Zivilpersonen oder zivile Objekte auf dem Land in Mitleidenschaft ziehen kann. Das ZP I findet ferner auf jeden von der See oder aus der Luft gegen Ziele auf dem Land geführten Angriff Anwendung, lässt aber im Übrigen die Regeln des in bewaffneten Konflikten auf der See oder in der Luft anwendbaren Völkerrechts unberührt. Art. 49 ZP I umgrenzt den Anwendungsbereich des ZP I, dessen meiste Regelungen bereits Völkergewohnheitsrecht darstellen. Das bedeutet aber nicht, dass dadurch Zivilpersonen beispielsweise in Flugzeugen keinen Schutz vor gegen sie gerichteten Angriffen genießen. Im Gegenteil, es wird explizit klargestellt, dass die Regeln des bewaffneten Konflikts zur See und in der Luft im Übrigen unberührt bleiben. Damit stellt dies keine Lücke im Schutz von Zivilpersonen dar. Dieser ist nach den nicht kodifizierten luftkriegsrechtlichen ­Regelungen des Völkergewohnheitsrechts zu beurteilen. Auch wenn theoretisch keine Lücke betreffend den Schutz von Zivilpersonen besteht, so besteht nach wie vor eine Kodifikationslücke. Das HPCR Manual mit seinem Kommentar hat versucht, diese zu füllen und dies auch erfolgreich gemeistert.30 Der Kern der Regelungen des ZP II wird als Völkergewohnheitsrecht angesehen, auch wenn es umstritten war, ob dem ZP II völkergewohnheitsrechtliche Geltung zukommt, insbesondere da nicht alle Staaten Vertragsparteien des ZP II sind.31 29  Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict, Den Haag, 14. Mai 1954 (249 UNTS 240). 30  Siehe zum HPCR Manual und seinem Kommentar Kapitel 3 A. II. 31  ICTY, Urteil vom 2. Oktober 1995, Az. IT-94-1-AR72, Prosecutor v. Tadic, Rn. 117; ICTY, Decision on the Joint Defence Motion to Dismiss the Amended Indictment for Lack Jurisdiction based on the Limited Jursidiction Reach of Articles 2 and 3, vom 02.03.1999, Case No. IT-95-14/2PT, Prosecutor v. Kordic & Cerkez, Rn. 30.



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2005 wurde ein drittes Zusatzprotokoll zur Einführung eines auch im Rahmen von Luftoperationen zu beachtenden zusätzlichen Schutzzeichens beschlossen. 5. Allgemeine Regelungen Ferner gibt es eine Reihe allgemeiner Vorschriften, die auf keinen besonderen Bereich der Kriegsführung zugeschnitten sind und daher auch auf den Luftkrieg Anwendung finden. So beispielsweise die 1980 abgeschlossene Konvention nebst drei Protokollen über Anwendungsverbote und Beschränkungen für Brandwaffen einschließlich Napalm, Landminen und heimtückische Fallen, sowie das vollständige Einsatzverbot von Splitterwaffen, deren Splitter im menschlichen Körper durch Röntgenstrahlen nicht nachgewiesen werden können.32 Sie stellt, da diese Waffen im Rahmen von Luftangriffen zur Anwendung gelangen können, faktisch auch eine Regelung betreffend den Luftkrieg dar.

II. Völkergewohnheitsrecht Wie bereits zuvor dargestellt, hatte das Völkervertragsrecht bis Mitte des 20. Jahrhunderts wenig Einfluss auf die Praxis des Luftkriegsrechts. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Luftfahrt und der damit einhergehenden fundamentalen Änderung des Kriegswesens haben bestehende Regelungen, wie solche der LKO zu unverteidigten Städten, Besatzungen und Bombardierungen, weitestgehend an Bedeutung verloren. Nach dem Ersten Weltkrieg und den verheerenden Auswirkungen des damit einhergehenden Einsatzes von militärischen Luftfahrzeugen wurden zunächst Versuche unternommen, das Gefahrenpotential des Luftkriegs zu beschränken oder gar zu unterbinden.33 So sah der Vertrag von Versailles eine Abrüstung Deutschlands vor.34 Da dies keine Dauerlösung sein konnte, wurde in der Folge versucht, eine Kodifizierung der für den Luftkrieg geltenden Regelungen nach dem Vorbild der LKO zu erreichen. So wurde auf der Washingtoner Abrüstungskonferenz35 von den Siegermächten des Ersten 32  Parks,

IRRC 30/279 (1990), S. 535 ff. The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 3, 6. 34  Der Friedensvertrag von Versailles vom 28. Juni 1919 sah in seinem Teil V. (Art. 153–213) Bestimmungen über Landheer, Seemacht und Luftfahrt vor. Art. 198 besagte unter anderem: „Deutschland darf Luftstreitkräfte weder zu Lande noch zu Wasser als Teil seines Heerwesens unterhalten.“ 35  Washingtoner Abrüstungskonferenz vom 12. September 1921 bis 6. Februar 1922. 33  Ronzitti,

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

Weltkrieges eine Juristenkommission eingesetzt, die vom 11. Dezember 1921 bis zum 19. Februar 1923 in Den Haag tagte und einen Entwurf für das gesamte Luftkriegsrecht bestehend aus 62 Artikeln erstellte, die sogenannten Haager Luftkriegsregeln („LKR“).36 Art. 22 LKR bestimmt, dass das Bombardieren zwecks Terrorisierung der Zivilbevölkerung und Zerstörung oder Beschädigung von Eigentum nichtmilitärischen Charakters oder zur Verletzung von Nichtkombattanten verboten ist. Angriffe sind nach Art. 24 LKR nur rechtmäßig, wenn sie sich gegen militärische Ziele richten. Dabei werden militärische Ziele als solche definiert, deren gänzliche oder teilweise Zerstörung für den Kriegführenden einen klaren militärischen Vorteil darstellen würde. Art. 24 Abs. 2 LKR stellt in diesem Zusammenhang eine Liste mit militärischen Zielen auf.37 Die Haager Luftkriegsregeln wurden jedoch nie in einen verbindlichen völkerrechtlichen Vertrag eingegliedert und sind daher nicht bindend. Es ist auch nicht eindeutig geklärt, ob sie in Gänze völkergewohnheitsrechtliche Geltung erlangt haben.38 So stellte das US-Department der Air Force fest, dass nicht der gesamte Kodex Völkergewohnheitsrecht darstelle.39 Es wird vertreten, dass die LKR allenfalls den Charakter repräsentativer Regelungen haben, die nach Ansicht der Juristenkommission in einen Vertrag eingegliedert werden sollten und damit eine Art Ausgangspunkt für künftige Luftkriegskodifikationen darstellen.40 Nichtsdestotrotz kommt ihnen, da sie das Handeln von Kriegführenden wie auch neutralen Staaten beeinflussen, große 36  Haager Regeln des Luftkrieges vom 19. Februar 1923, Rules of Aerial Warfare, General Report of the Commission of Jurists at the Hague, AJIL, Supplement, 17 (1923), S.  245 ff. 37  Diese Liste umfasst Truppen, Festungswerke, militärische Anlagen oder Depots, Fabriken, die wichtige und wohlbekannte Mittelpunkte der Herstellung von Waffen, Munition und sonstigem Heeresgerät bilden, sowie für militärische Zwecke wesentliche Verkehrslinien nach Herrmann, Gasschutz und Luftschutz, 2/5 (1935), S. 29, 31. 38  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare Contemporary Issues, 2006, S. 3, 7; Spaight, Air Power and War Rights, 1947, S. 42–43; Oppenheim, in: Oppenheim/Lauterpacht (Hrsg.), International Law, Bd. II, 1952, S. 519; Parks, Air Force L. Rev. 32/1 (1990), S. 1 ff., Green, Essays on the Modern Law of War, 1999, Kap. 7; Schindler/Toman, The Laws of Armed Conflict, 1988, S. 315 ff. 39  U.S. Department of the Air Force, Air Force Pamphlet 110-31, International Law – The Conduct of Armed Conflict and Air Operations (1976), Rn. 5-3 (c); Green, The Law of War in Historical Perspective, in: Schmitt (Hrsg.), FS Grunawalt, 1998, S. 39, 58. 40  Post, War Crimes in Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare Contemporary Issues, 2006, S. 158; Breau, Civilian Causalties and Nuclear Weapons, in: Black-Branch/Fleck (Hrsg.), Nuclear Non-Proliferation in International Law, Vol. 1, 2014, S. 105, 111.



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praktische Bedeutung als bis dato einzigem wesentlichem Versuch zu, die Regeln des Luftkrieges zu kodifizieren.41 Diese Entwurfsregeln des Luftkrieges stimmen größtenteils mit dem geltenden Gewohnheitsrecht und den geltenden gewohnheitsrechtlichen Grundsätzen überein, wie sie in den Vorschriften zum Land- und Seekrieg für durch und gegen Luftfahrzeuge begangene Feindseligkeiten geregelt sind.42 Sie sind zwar kein positives Recht, aber Völkerrechtler sehen sie dennoch als maßgebend in Bezug auf das Luftkriegsrecht an.43 Als Hilfsmittel zum Nachweis von bestehendem Völkergewohnheitsrecht können neben den LKR beispielsweise die Resolutionen des Völkerbundes von 1932 und 1938 herangezogen werden. Auf der Abrüstungskonferenz des Völkerbundes (1932–1934) wurden Vorschläge für ein absolutes Verbot von Luftangriffen diskutiert. Diese konnten sich jedoch nicht durchsetzen. Dennoch wurde im Juli 1932 eine Resolution von der Abrüstungskommission verabschiedet, welche ein absolutes Verbot von gegen die Zivilbevölkerung gerichteten Luftangriffen enthielt.44 Aufgrund der Erfahrungen im Spanischen Bürgerkrieg (1936–1939) und im Zweiten Sino-Japanischen Krieges (1937–1945), in denen der Luftkrieg an Bedeutung gewann und weiträumige Bombardierungen vorgenommen wurden, sah sich die Staatengemeinschaft gezwungen, 1938 im Völkerbund eine Resolution zu verabschieden, durch die das absichtliche Angreifen der Zivilbevölkerung verboten wurde.45 Darüber hinaus stellt das im Jahre 2009 im Rahmen des Harvard Program on Humanitarian Policy and Conflict Research veröffentlichte Manual on International Law Applicable to Air and Missile Warfare („HPCR Manual“) und der dazu gehörende 2010 veröffentlichte HPCR Commentary on the HPCR Manual on International Law Applicable to Air and Missile Warfare („HPCR Commentary“) die derzeit aktuellste Zusammenfassung geltender Luftkriegsregeln dar. Diese Regelwerke sind zwar nicht Bestandteil eines 41  Grey,

Air Warfare, 2016, S. 88. Parks, Air Force L. Rev. 32/1 (1990), S. 1 ff.; Spieker, Haager Regeln des Luftkriegs von 1923, HuV-I 3(1990), S. 134 ff. 43  Gardam, Necessity, Proportionality and the Use of Force by States, 2004, S. 55; Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 60, Rn. 15; Oppenheim, in: Oppenheim/Lauterpacht (Hrsg.), International Law, Bd. II, 1952, S. 518–527 f.; Seger, The Law of Neutrality, in: Clapham/ Gaeta (Hrsg.), The Oxford Handbook of International Law in Armed Conflict, 2014, S. 248, 252; Hensel, The Protection of Cultutal Objects During Armed Conflicts, in: Hensel (Hrsg.), The Law of Armed Conflict, 2007, S. 53. 44  Spetzler, Luftkrieg und Menschlichkeit, 1956, S. 163. 45  Ronzitti, The Codification of Law of Air Warfare, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 3, 8. 42  Vgl.

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

völkerrechtlichen Vertrages, sie fassen aber das bis dato geltende Recht der Luftkriegsführung zusammen. Es ist anerkannt, dass direkte Angriffe auf Zivilpersonen im Rahmen von Luftbombardements verboten sind.46 Dabei sind Zivilpersonen jedoch nicht vor Kollateralschäden geschützt, sofern ein angemessenes Verhältnis zwischen dem militärischen Vorteil und dem der Zivilbevölkerung zugefügten Schaden besteht.47 Unter Völkerrechtlern besteht Einvernehmen darüber, dass unterschiedslose Methoden der Kriegsführung verboten sind, aber es besteht bislang kein Konsens darüber, was als unterschiedsloser Angriff anzusehen ist.48

B. Humanitäres Völkerrecht Da das Luftkriegsrecht selbst nicht umfassend kodifiziert ist, ist hinsichtlich bestehender Lücken der speziellen luftkriegsrechtlichen Regelungen ein Rückgriff auf das allgemeine humanitäre Völkerrecht geboten.

I. Regelungsbereiche Die Kodifizierung des Rechts des bewaffneten Konflikts ist in der Gesamtschau der vergangenen Jahrhunderte eine eher neuere Entwicklung. Das ­humanitäre Völkerrecht war größtenteils ein Gebilde aus gewohnheitsrecht­ lichen Regelungen. So sind weite Teile des Rechts des bewaffneten Konflikts erst im 20. Jahrhundert kodifiziert worden. Es wird grundsätzlich zwischen drei unterschiedlichen Regelungsbereichen unterschieden, die für unterschiedliche Zusammenhänge im Rahmen von bewaffneten Konflikten geschaffen wurden, dem sognannten Haager Recht, dem Genfer Recht und dem Neutralitätsrecht. Das sogenannte Haager Recht besteht aus den Haager Abkommen von 1899 und 1907, in denen die Rechte und Pflichten der Konfliktparteien hinsichtlich der Kampfhandlungen und der Wahl der Mittel und Methoden der 46  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn.  1863; Spetzler, Luftkrieg und Menschlichkeit, 1956, S. 123. 47  Vgl. zum völkergewohnheitsrechtlichen Status Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian law, Vol. I: Rules, 2005, Rule 14, S. 46 ff.; ICTY, Final Report to the Prosecutor by the Committee established to review the NATO Bombing Campaign against the Federal Republic of Yugoslavia vom 8. Juni 2000, Rn. 20. 48  Siehe nur Rogers, The Principle of Proportionality, in: Hensel (Hrsg.), The Legitimate Use of Military Force, 2008, S. 189, 201.



B. Humanitäres Völkerrecht71

Kriegsführung geregelt sind.49 Dieser Rechtsbereich umfasst alle Kriegsschauplätze sowie alle Kampfmittel und ist damit auch auf den Luftkrieg anwendbar, wenn es auch für diesen keinen dezidierten Regelungskanon gibt.50 Das Haager Recht wurde entworfen, um den Verlauf von Militäroperationen zu regeln und betraf daher ursprünglich nur die Beziehungen zwischen den Konfliktparteien. Da Staaten aufgrund ihrer Staatensouveränität die Freiheit haben, grundsätzlich alles zu tun und zu lassen, gibt das Recht des bewaffneten Konflikts nicht vor, was erlaubt ist, sondern was aufgrund seiner exzessiven Auswirkungen verboten ist. Es legt die erlaubten Mittel und Methoden der Kriegsführung mit Hilfe von Verboten fest. Dabei ist ­zwischen verschiedenen Kategorien der verbotenen Mittel und Methoden zu unterscheiden, die sich auf Waffen oder auf die Kriegsdurchführung oder auf bestimmte Personengruppen oder Erklärungen und Ankündigungen beziehen können. Das sogenannte Genfer Recht umfasst, wie der Name bereits indiziert, die vier GK. Es regelt durch Aufforderungen und Verbote den Schutz der sogenannten geschützten Personen, die sich aus den potentiellen und tatsächlichen Opfern des Krieges zusammensetzten.51 Dabei handelt es sich um Personen, die nicht (mehr) am bewaffneten Konflikt teilnehmen, also verwundete und kranke Kombattanten, Kombattanten, denen der Kriegsgefangenenstatus zukommt, und insbesondere Zivilpersonen. Es umfasst ebenfalls alle Kriegsbereiche, also den Land-, See- und Luftkrieg. Der Luftkrieg ist weniger präzise geregelt, aber zahlreiche allgemeine Regelungen sind auf Luft-gegen-BodenFeindlichkeiten anwendbar.52

49  Tomuschat, Human Rights – Between Idealism and Realism, 2003, S. 246; Hobe, Einführung in das Völkerrecht, 2014, S. 530 f.; Akhavan, JICL 6/1 (2008), S. 21, 33; Greenwood, Historical Development and Legal Basis, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of Humanitarian Law, 2008, Rn. 101, Introductory Remarks, vor Rn. 501; Pictet, Die Grundsätze des Humanitären Völkerrechts, 1967, S. 8; Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 678; Matthiesen, Wiedergutmachung für Opfer internationaler bewaffneter Konflikte, 2012, S. 25; Darge, Kriegsverbrechen im nationalen und internationalen Recht, 2010, S. 110. 50  David, Principes de droit des conflicts armés, 2008, S. 71, 239; Detter, The Law of War, 2000, S. 158 f., Bassiouni, Virginia J Int’l L 42 (2001–2002), S. 81, 115 f.: Lauterpacht, BYIL 29 (1952), S. 360, 363 f. 51  Schmidt, Humanitäres Völkerrecht für die Praxis, 2008, S. 29; Tomuschat, Human Rights- Between Idealism and Realism, 2003, S. 246; Matthiesen, Wiedergutmachung für Opfer internationaler bewaffneter Konflikte, 2012, S. 25; Darge, Kriegsverbrechen im nationalen und internationalen Recht, 2010, S. 110; Pictet, Die Grundsätze des Humanitären Völkerrechts, 1967, S. 9. 52  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 17.

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

Des Weiteren existiert das Neutralitätsrecht als Spezialmaterie des Rechts des bewaffneten Konflikts, welches die Rechtsbeziehungen eines kriegführenden Staates einerseits und eines Drittstaates, der an diesem Konflikt nicht beteiligt ist, andererseits, regelt. Der am bewaffneten Konflikt unbeteiligte Staat wird, sofern er bestimmte Voraussetzungen erfüllt, als sogenannter neutraler Staat bezeichnet.53 Die grundlegenden Normen des Neutralitätsrechts sind im HA V geregelt.54 Es wurde vertreten, dass das Haager Recht, das als Kodifizierung der Reglungen und Bräuche des Krieges und als Leitfaden für die Streitkräfte gilt, und das Genfer Recht, welches dem Schutz von Individuen dient und nicht den Krieg als solchen regelt, voneinander zu trennen sind und dass darüber hinaus nur das Genfer Recht aufrechterhalten und fortentwickelt werden sollte.55 Dieser Ansatz verkennt jedoch, dass sowohl das Haager wie auch das Genfer Recht zum Kern des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Rechts gehören. Zudem ist eine solche Trennung zu kritisieren, da beide Rechte in komplementärer Art auf die Minderung menschlichen Leidens zielen. So hat auch das Haager Recht humanitären Charakter.56 Darüber hinaus ist die Grenze zwischen Haager und Genfer Recht fließend, sodass die Vernachlässigung des einen Bereiches zugleich den anderen Bereich bedeutungslos machen würde.57 Eine solche Trennung erscheint heutzutage nicht mehr sinnvoll, da beide Rechtszweige im ZP I und ZP II zusammengefügt wurden.58 Damit ist es zu einer Vermischung des Haager und des Genfer Rechts im Sinne einer Konvergenz beider Regelungsbereiche unter dem Konzept der Humanität gekommen.58

53  Bindschedler, Neutrality, Concept and General Rules, in: EPIL III, 1997, S.  549 ff.; Schindler, Transformations in the Law of Neutrality since 1945, in: FS Kalshoven, 1991, S. 367ff; Bothe, The Law of Neutrality, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of Internaional Humanitarian Law, 2013, S. 549 ff.; Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 279, 280, 282; Schweis­ furth, Völkerrecht, 2006, S. 492, Rn. 2. 54  V. Haager Abkommen betreffend die Rechte und Pflichten der neutralen Mächte und Personen im Falle eines Landkriegs vom 18. Oktober 1907, RGBl. 1910, S. 151; 205 CTS 299. 55  Herczegh, Recent Problems of International Humnitarian Law, in: Haraszti (Hrsg.), Questions of International Law, 1977, S. 77, 84. 56  Kimminich, Schutz der Menschen in bewaffneten Konflikten, 1979, S. 15. 57  Schlochauer/Krüger/Mosler/Scheuner (Hrsg.), Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. 2, 1961, S. 358. 58  Heintschel von Heinegg, Entschädigung für Verletzungen des humanitären Völkerrechts, in: Heintschel von Heinegg et al. (Hrsg.), Entschädigung nach bewaffneten Konflikten, 2003, S. 1, 8.



B. Humanitäres Völkerrecht73

II. Kodifikationen im Einzelnen Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Abkommen, die das Recht des bewaffneten Konflikts betreffen, daher wird hier nur auf die grundlegenden Abkommen eingegangen. Die meisten Verträge des humanitären Völkerrechts entstanden als Antwort auf post factum Sorgen bezüglich bestimmter Aspekte dieses Rechts.60 1. Erste Genfer Konvention Die Entwicklung der Kodifizierung des humanitären Völkerrechts, welche in den heutigen zahlreichen Kodifikationen mündete, begann 1864 mit dem Abschluss der ersten Genfer Konvention betreffend die „Linderung des Loses der im Felddienst verwundeten Militärpersonen“.61 Von dem Schweizer Henry Dunant nach seinen Erfahrungen in der Schlacht von Solferino angeregt, fand 1863 eine internationale Konferenz in Genf statt, die Menschlichkeit und eine Begrenzung des Leids im Krieg forderte.62 Dies war die Ini­tiale für den diplomatischen Kongress in Genf im folgenden Jahr, in dessen Rahmen die Erste Genfer Konvention konzipiert wurde. 2. St. Petersburger Erklärung Die Entwicklung von Explosions- und Brandgeschossen, die nicht mehr nur auf Kriegsmittel begrenzt werden konnten, führte 1868 zum Beschluss der St. Petersburger Erklärung63. Diese enthielt bereits erste Verhältnismäßig59  Heinsch, Die Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechts durch die Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda, 2007, S. 44; von Arnauld, Völkerrecht, 2016, S. 520, Rn. 1156. 60  So wurde der Lieber-Code angeregt durch den US-amerikanischen Bürgerkrieg; die Schlacht von Solferino mündete in der Gründung des Internationalen Roten Kreuzes; dem Russisch-Japanischen Krieg folgte die Genfer Konvention von 1906 und das Haager Abkommen von 1907; nach dem Ersten Weltkrieg wurden das Gas Protokoll von 1925 und die Genfer Konvention von 1929 beschlossen; der Zweite Weltkrieg führte zu den vier Genfer Abkommen von 1949 und dem Kulturabkommen von 1954. 61  Genfer Konvention betreffend die Linderung des Loses der im Felddienst verwundeten Militärpersonen vom 22. August 1864, PreußGS 1865, S. 841, CTS Bd. 129, S. 361. 62  Siehe Dunant, A Memory of Solferino, 1859. 63  Declaration Renouncing the Use, in Time of War, of Explosive Projectiles under 400 Grammes Weight (St. Petersburger Deklaration) vom 29. November/11. Dezember 1868, Königlich Preußischer Staatsanzeiger vom 3. Dezember 1868, Nr. 286, S. 4786, CTS Bd. 138, S. 297.

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

keitserwägungen, indem sie unter anderem den Gebrauch von Waffen verbot, die unnötigerweise Leiden der außer Gefecht gesetzten Soldaten vergrößerten oder zu ihrem Tod führten, was nicht mehr vom eigentlichen Kriegsziel erfasst war. Darüber hinaus wurden Sprenggranaten mit einem Gewicht von unter 400 Gramm verboten. Heutzutage ist die St. Petersburger Erklärung jedoch nur noch aufgrund der in ihrer Präambel statuierten Grundprinzipien relevant.64 3. Haager Abkommen Als Haager Abkommen werden die Konventionen bezeichnet, die auf den Haager Friedenskonferenzen 1899 und 1907 abgeschlossen wurden. Dieses sogenannte Haager Recht besteht aus 13 Abkommen, von denen das IV. Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges mit der als Anlage angeschlossenen LKO65 das bei Weitem wichtigste Dokument ist. Sie enthält vor allem Regelungen zur Kriegsführung. Heutzutage findet sie überwiegend bezogen auf die in ihr enthaltenen Verbote von Mittel und Methoden der Kriegsführung (Art. 23 ff.) sowie die Rechte und Pflichten von Kriegführenden in besetzten Gebieten (Art. 42 ff.) Anwendung. 4. Genfer Konventionen und Zusatzprotokolle Das sogenannte Genfer Recht besteht hauptsächlich aus vier Konventionen und drei Zusatzprotokollen. Die vier Genfer Konventionen von 1949 basieren auf zwei 1929 abgeschlossenen Genfer Konventionen, die den Schutz von Verwundeten und Kranken gegenüber der ersten Konvention von 1864 erneuerten und neue Regelungen in Bezug auf die Behandlung von Kriegsgefangenen hinzufügten. Der Schutz der Zivilpersonen wurde in der vierten Konvention zum ersten Mal umfassend geregelt. Die vier Genfer Konventionen von 1949 gelten gemäß ihrem Art. 2 Abs. 1 für alle internationalen bewaffneten Konflikte, unabhängig von einer etwaigen Kriegserklärung. Bürgerkriege als rein 64  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 53. 65  Abkommen, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs vom 18. Oktober 1907, RGBl. 1910, S. 107 ff., CTS Bd. 205, S. 277. Dazu Bekanntmachung über die Ratifikation von zwölf auf der Zweiten Haager Friedenskonferenz abgeschlossenen Abkommen vom 18. Oktober 1907 und die Hinterlegung der Ratifika­tionsurkunden sowie über die von den Vereinigten Staaten von Amerika, von Österreich-Ungarn und von Russland gemachten Vorbehalte vom 25. Januar 1910, RGBl. 1910, S. 375.



B. Humanitäres Völkerrecht75

innerstaatliche Konflikte sind formell ausgenommen, werden jedoch über den gemeinsamen Art. 3 der Genfer Konventionen, ebenso wie andere innere Konflikte, einbezogen. Inhaltlich verbesserten und erweiterten die ersten drei Konventionen die bereits bestehenden Normen der Verträge von 1929 und der LKO in Bezug auf Verwundete, Kranke und Kriegsgefangene, während die vierte Konvention eine grundlegende Neuerung darstellte, die den Schutz von Zivilpersonen betrifft. Es stellte sich heraus, dass die aufgestellten Grundprinzipien des Kriegsrechts in ihrer Interpretation sehr weit auslegbar waren und viele Staaten dies in bewaffneten Konflikten auszunutzen wussten.66 Die tatsächliche Entwicklung, darunter auch die Zunahme nicht-internationaler bewaffneter Konflikte und deren ungenügende rechtliche Erfassung, führten, da eine Vertragsrevision wegen des Widerstandes vieler Staaten keinen Erfolg versprach, 1977 zur Verabschiedung der ersten beiden Zusatzprotokolle zu den Genfer Konventionen, die auf Entwürfe des IKRK zurückgingen. 5. Genfer Gasprotokoll 1925 wurde das Genfer Gasprotokoll67 abgeschlossen, welches den Gebrauch chemischer und biologischer Waffen verbietet, jedoch keine Vorgaben zu deren Entwicklung, Herstellung und Lagerung macht. 6. Haager Kulturgutabkommen Des Weiteren gibt es noch das Haager Abkommen zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten von 1954 mit seinen zwei Zusatzprotokollen von 1954 und 1999.68 7. UN-Waffenkonvention Des Weiteren existieren noch die UN-Waffenkonvention von 198069 mit ihren fünf Protokollen, die sich mit bestimmten konventionellen Waffenarten beschäftigen, sowie das Chemiewaffenübereinkommen von 199369. 66  Beard,

AJIL 103 (2009), S. 409, 426. über das Verbot der Verwendung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von bakteriologischen Mitteln im Kriege vom 17.06.1925, BGBl. 1929 II, S. 174, LNTS Bd. 94, S. 65. 68  Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten vom 14. Mai 1954, BGBl. 1967 II, S. 1233, UNTS Bd. 249, S. 215. 69  Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verur67  Protokoll

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

8. Rom-Statut Bedeutsam ist schließlich auch das Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofes („StIStGH“).71 Zwar behandelt es nicht direkt das Recht des bewaffneten Konflikts, sondern beschäftigt sich mit der Ahndung von internationalen Verbrechen, aber damit auch Kriegsverbrechen, und trägt so als Teil des Völkerstrafrechts, vor allem durch Art. 8 Abs. 2 des StIStGH-Statuts, der den Begriff des Kriegsverbrechens definiert, zur Entwicklung des humanitären Völkerrechts bei.72

III. Völkergewohnheitsrecht Neben dem kodifizierten humanitären Völkerrecht gibt es noch eine Reihe völkergewohnheitsrechtlicher Normen, die sowohl im internationalen als auch nicht-internationalen bewaffneten Konflikt Anwendung finden.73 Das Völkergewohnheitsrecht, welches die Grundlage für das humanitäre Völkerrecht gelegt hat, gilt parallel zu dem soeben erwähnten und grundsätzlich nur zwischen den jeweiligen Partien geltenden Völkervertragsrecht. Die entscheidende Frage und zugleich auch das größte Problem in diesem Bereich ist, welche Normen des Rechts des bewaffneten Konflikts Völker­ gewohnheitsrecht darstellen.74 Einen Anhaltspunkt vermag die Studie des IKRK zu geben, die anhand einer fundierten Untersuchung die Normen herausgearbeitet hat, die abgesehen von den allseits akzeptierten Genfer Abkommen als Völkergewohnheitsrecht angesehen werden können.75 Demnach kann durchaus die Mehrheit der Regeln des Rechts des bewaffneten Konflikts, welche sich in den konventionellen internationalen Abkommen finden sachen oder unterschiedslos wirken können, BGBl. 1992 II, S. 958; BGBl. 1993 II, S. 935, UNTS Bd. 142, S. 137. 70  Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen vom 13. Januar 1993, BGBl. 1994 II, S. 807, UNTS Bd. 1974, S. 45. 71  Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998, UNTS Bd. 2187, S. 90. 72  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 55. 73  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Introduction, S. XXXV. 74  Siehe dazu ausführlicher Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/ Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 61, Rn. 31 ff. 75  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, Vol. II: Practice, 2005; einen Überblick bietet Müller, HuV-I 22/3(2009), S. 131, 136; dazu Stellung nehmend: Fleck, HuV-I 22/3 (2009), S. 120 ff.; kritisch: Bellinger/Haynes, IRRC 89/866 (2007), S. 443 ff.



B. Humanitäres Völkerrecht77

lassen, also die Mehrheit der Regeln der Haager und Genfer Abkommen sowie der Genfer Zusatzprotokolle, als Völkergewohnheitsrecht angesehen werden.76 1. Die Martens’sche Klausel Die Martens’sche Klausel lässt sich in der Präambel des II. Haager Abkommens, des IV. Haager Abkommens und des V. Haager Abkommens sowie in den Art. 63 GK I, Art. 64 GK II, Art. 142 GK III und Art. 158 GK IV sowie dem ZP I, dem Genfer Gasprotokoll und der Waffenkonvention von 1981 wiederfinden. Sie wurde im Rahmen der Haager Friedenskonferenz von 1899 von dem russischen Diplomaten und Völkerrechtsprofessor Friedrich (Feodor) Fromhold von Martens77 vorgeschlagen. Sie zielte darauf ab, die Lücken des entstehenden Rechts des bewaffneten Konflikts zu schließen, die durch nur unzureichende Regelung aller Bereiche des Krieges entstanden waren, indem die Kriegführenden dazu verpflichtet wurden, sich stets auf zivilisierte und humane Art zu verhalten, selbst wenn die konkrete Situation nicht explizit durch das Kriegsrecht geregelt war: „Solange, bis ein vollständiges Kriegsgesetzbuch festgestellt werden kann, halten es die hohen vertragsschließenden Theile für zweckmäßig, festzusetzen, daß in den Fällen, die in den von ihnen angenommenen Bestimmungen nicht vorgesehen sind, die Bevölkerung und die Kriegführenden unter dem Schutze und den herrschenden Grundsätzen des Völkerrechts bleiben, wie sie sich aus den unter gesitteten Staaten geltenden Gebräuchen, aus den Gesetzen der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens herausgebildet haben.“78

Der Martens’schen Klausel zufolge verblieben die Kriegführenden in Situationen, die nicht durch kodifizierte Regelungen erfasst sind, unter dem Schutz und der Herrschaft der Prinzipien des Völkerrechts, wie sie sich aus den feststehenden Gebräuchen, aus den Grundsätzen der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens ergeben. Der Zweck dieser Klausel war nicht nur die Fortgeltung des Völkergewohnheitsrechts durch die Festsetzung der humanitären Ideale und Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts zu bestätigen, die stets unabhängig von Veränderungen des technologischen, politischen oder sozialen Umfelds des Krieges als von 76  Cassese, UCLA Pac. Basin L.J. 3/1–2 (1948), S. 55, S. 86–97; Penna, Customary International Law and Protocol I, in: Swinarski (Hrsg.), FS Pictet, 1984, S. 201 ff.; ICJ, ICJ Reports (2004), Rn. 89. 77  Friedrich (Feodor) Fromhold von Martens (1845–1909), zur Person und zum Lebenswerk vgl. Uibopuu, Friedrich Freiherr von Martens – Jurist, Politiker, Humanist, in: WGO Monatshefte für Osteuropäisches Recht (1/2006), S. 19 ff.; Cassese, EJIL 11/1 (2000), S. 187, 189. 78  RGBl. 1901, S. 423, 425, 426.

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

höchster Bedeutung anzusehen sind.79 Vielmehr sollte sie auch Argumentatio­ nen im Sinne von expressio unius est exclusio alterius entgegenzuwirken, die behaupteten, dass eine bestimmte Handlung, die nicht explizit durch einen Vertrag verboten ist, ipso facto erlaubt sei.80 Darüber hinaus kann die Klausel als Grundlage bzw. Anhaltspunkt für die Entwicklung neuer Regelungen des Rechts des bewaffneten Konflikts dienen.81 Auch kann sie bei der Interpretation des Kriegsrechts behilflich sein, indem sie auf die Anwendung von Völkergewohnheitsrecht und internationaler Menschenrechte im Zusammenhang mit humanitärem Völkerrecht Bezug nimmt.82 Die Martens’sche Klausel wurde seitens der internationalen Rechtsprechung als Völkergewohnheitsrecht und damit als Teil des positiven, anwendbaren Rechts anerkannt.83 2. Grundprinzipien des Humanitären Völkerrechts Das Recht des bewaffneten Konflikts besteht aus einer Reihe von allgemeinen Prinzipien, wovon vier als Grundprinzipien zu qualifizieren sind, nämlich die militärische Notwendigkeit, die Humanität, der Unterscheidungsgrundsatz sowie das Exzessverbot. Militärische Notwendigkeit erlaubt es, den Grad an Gewalt anzuwenden, der erforderlich ist, um das rechtmäßige Ziel des Konflikts, die teilweise oder vollständige Unterwerfung des Gegners, so schnell wie möglich und mit minimalen Verlusten an Leben und Ressourcen zu erreichen, wobei dieser Einsatz von Gewalt nicht anderweitig rechtlich verboten sein darf und kon­ trolliert werden sollte.84 79  Cassese, EJIL 11/1 (2000), S. 187, 192, 193; Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 63. 80  Ticehurst, IRRC (37/1997), S. 317; Münch, ZaöRV 36 (1976), S. 347, 348; Greenwood, Geschichtliche Entwicklung und Rechtsgrundlagen, in: Fleck (Hrsg.), Handbuch des Humanitären Völkerrechts, 1994, S. 1, 25; Strebel, in: EPIL III, 1997, S. 327. 81  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 63. 82  Cassese, EJIL 11/1 (2000), S. 187, S. 189 f.; Meron, AJIL 94 (2000), S. 239, 288; Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 63. 83  Shaw, Nuclear Weapons and International Law, in: Pogany (Hrsg.), Nuclear Weapons and International Law, 1987, S. 3; Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 36, Rn. 56, § 525; ICJ, ICJ Reports 1 (1996), S. 226, 259, Rn. 84, 78. 84  U.S. Military Tribunal at Nuremberg, Judgement of 19 February 1948, in: U.S. Government Printing Office (Hrsg.), Trials of War Criminals Before the Nuremberg Military Tribunals under Control Council Law No. 10, Volume XI/2 (Hostage



B. Humanitäres Völkerrecht79

Das Prinzip der Humanität verbietet das Zufügen von Leid, das nicht notwendig ist, um ein rechtmäßiges militärisches Ziel zu erreichen. Zusammen unterliegen die Prinzipien der militärischen Notwendigkeit und der Humanität dem Exzessverbot, welches verlangt, dass Parteien von Angriffen absehen, welche, selbst gegen rechtmäßige militärische Ziele ausgeführt, wahrscheinlich Leid und Zerstörung hervorrufen und in keinem Verhältnis zum militärischen Ziel stehen, also exzessiv sind. Eingebettet in diese Prinzipien ist der Unterscheidungsgrundsatz, der verpflichtet, zwischen militärischen und zivilen Zielen zu unterschieden, wobei nur militärische Ziele angegriffen werden dürfen. Der Unterscheidungsgrundsatz bestimmt, dass eine Unterscheidung von militärischen Objekten und Kombattanten auf der einen, sowie zivilen Objekten und Zivilpersonen auf der anderen Seite, gemacht werden muss und dass nur militärische Objekte und Kombattanten angegriffen werden dürfen.85 Das Exzessverbot besagt, dass die aus einer Militäraktion resultierenden Verluste nicht exzessiv im Vergleich zu dem erwarteten militärischen Vorteil sein dürfen. Wenn nur das Prinzip der Humanität zur Geltung gelangen würde, wären die Regelungen des Kriegsrechts nicht praktikabel umsetzbar und wären in einer feindlichen Umgebung wertlos.86 Andererseits würde eine Ausrichtung des Kriegsrechts allein an der militärischen Notwendigkeit dazu führen, dass ein Kommandeur alle Maßnahmen ergreifen könnte, die er als nützlich für den Gewinn des Krieges ansehen würde.87 Daher müssen diese Prinzipien in ein Verhältnis zueinander gesetzt werden.88 Das Prinzip der Humanität ergänzt das der militärischen Notwendigkeit, indem es Gewalthandlungen, die nicht notwendig für das Erreichen eines militärischen Vorteils sind, verbietet. Da sich beide Prinzipien gegenseitig ergänzen, werden die Begriffe der miliCase), Rn. 1253; Downey, AJIL 47 (1953), S. 251, 254; Bothe/Partsch/Solf, New Rules for Victims of Armed Conflicts, 2013, S. 194–195; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2010, S. 6; Greenwood, Historical Development and Legal Basis, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of International Humanitarian Law, 2008, S. 1, 35–36; Green, The Contemporary Law of Armed Conflict, 2008, S. 147. 85  Sandoz, International Humanitarian Law in the Twenty-First Century, in: YIHL 6 (2003), S. 6; A Shah, Islamic Law and the Law of Armed Conflict, 2011, S. 73. 86  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 43. 87  Dinstein; The Principle of Proportionality, in: Larsen/Cooper/Nystuen (Hrsg.), Searching for a Principle of Humanity in International Humanitarian Law, 2013, S. 72, 73; Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 43. 88  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S.  392, Rn. 1389; Detter, The Law of War, 2000, S. 395; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2010, S. 5.

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

tärischen Notwendigkeit und der Humanität teilweise austauschbar verwendet. Einige Stimmen sehen die Prinzipien der militärischen Notwendigkeit und der Humanität sogar als Teil desselben Prinzips an.89 Das Verhältnis der beiden Prinzipien zueinander wird in Artikel 16 des Lieber Codes90 manifestiert: „Military necessity does not admit of cruelty – that is, the infliction of suffering for the sake of suffering or for revenge, nor of maiming or wounding except in fight, nor of torture to extort confessions. It does not admit of the use of poison in any way, nor of the wanton devastation of a district. It admits of deception, but disclaims acts of perfidy; and, in general, military necessity does not include any act of hostility which makes the return to peace unnecessarily difficult.“

Die Regelungen des Rechts des bewaffneten Konflikts sind Ausprägungen dieser Prinzipien.91 Diese Prinzipien stellen eine Grundlage dar, die es erlaubt, bestehende Regelungslücken zu schließen und die kodifizierten Regelungen des Rechts des bewaffneten Konflikts zu interpretieren.

C. Menschenrechte Im Rahmen von Luftkriegsoperationen spielen Menschenrechte ebenfalls eine wichtige Rolle. Der Einsatz von Gewalt ist zum einen durch das humanitäre Völkerrecht eingeschränkt und unterfällt zum anderen auch den Prinzipien der Menschenrechte.92 Im Folgenden wird das Verhältnis der Menschenrechte zum humanitären Völkerrecht erläutert.

I. Kodifizierung und Völkergewohnheitsrecht Bereits in Art. 1 Ziff. 3 der UN-Charta ist die Förderung und Festigung der Menschenrechte und Grundfreiheiten als ein Ziel der Vereinten Nationen 89  Greenwood, Historical Development and Legal Basis, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of International Humanitarian Law, 2008, S. 1, 38; Gardam, Necessity, Proportionality, and the Use of Force by States, 2004, S. 7; ICRC, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 79. 90  Instructions for the Government of Armies of the United States in the Field (Lieber Code), 24. April 1863; Der Lieber Code, eine Anweisung an die Truppen der Nordstaaten im Amerikanischen Bürgerkrieg (1861–1865), stellte das erste schriftlich fixierte Regelwerk in der Geschichte mit Vorgaben zur Kriegsführung dar. 91  Pictet, Development and Principles of International Humanitarian Law, 1985, S.  61 ff.; Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 45. 92  Siehe Melzer, Targeted Killing in International Law, 2008, S. 243; O’Connell, Ad Hoc War, in: FS Fleck, 2004, S. 405 ff.



C. Menschenrechte81

aufgeführt.93 Nach Art. 13 der UN-Charta ist die Generalversammlung befugt, zur Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion durch Empfehlungen beizutragen. Die erste allgemeine Ausformulierung der internationalen Menschenrechte erfolgte 1948 in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen94. Auch wenn dieser unverbindlichen Empfehlung der Vereinten Nationen keine Rechtsverbindlichkeit zukommt, hat sie dennoch einen hohen Stellenwert, da sie einen Katalog der Menschenrechte beinhaltet, der weltweite Geltung beansprucht.95 Wesentliche völkerrechtliche Verträge im Bereich des Menschenrechtsschutzes sind die regional geltende Europäische Menschenrechtskonvention („EMRK“)96 und die Amerikanische Menschenrechtskonvention („AMRK“)97 sowie der universell geltende Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte („IPbpR“)98. Einige Verträge weisen einen ausführlichen Katalog an Menschenrechten auf, andere haben nur einzelne Themen wie das Verbot des Völkermordes oder der Folter zum Gegenstand.99 Im Wesentlichen lassen sich Menschenrechte nach der Art der Rechte in drei Dimensionen unterteilen: Die erste Dimenstion beinhaltet die bürger­ lichen und politischen Rechte (Freiheits- und Abwehrrechte), wozu u. a. das 93  Art. 1 Ziff. 3 der UN-Charta: „[…] die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu festigen“. 94  Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948, Res. GA 217A (III), U.N.-Doc. A/810, S. 71 (1948). 95  Schmidt, Humanitäres Völkerrecht für die Praxis, 2008, S. 15. 96  Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, vom 4. November 1950, BGBl. 1952 II, S. 685, 953; UNTS Bd. 213, S. 221, zuletzt geändert durch Protokoll Nr. 14 vom 13. Mai 2004 m.W.v. 1. Juni 2010, BGBl. 2010 II, S. 1198; CETS No. 194. 97  American Convention on Human Rights, adopted at the Inter-American Specialized Conference on Human Rights, San José, Costa Rica, vom 22. November 1969, UNTS Bd. 1144, S. 123. 98  Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1973 II, S. 1553; UNTS Bd. 999, S. 171. 99  Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide – CPPCG, (Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, am 9. Dezember 1948 von UN-Generalversammlung als Resolution 260 A (III) beschlossen, am 12. Januar 1951 in Kraft getreten, UNTS Bd. 78, S. 277; United Nations Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment – CAT (UN-Antifolterkonvention von den Vereinten Nationen beschlossene Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984, UNTS Bd. 1465, S. 85).

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

Recht auf Leben sowie das Verbot der Folter und Sklaverei zählen; die zweite Dimension besteht aus den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten (Sozialrechte), wie der Vereinigungsfreiheit; und die dritte Dimension enthält die kollektiven Rechte, wie z. B. das Recht auf eine lebenswerte Umwelt, auf Frieden, Solidarität und Abrüstung, auf Teilhabe am gemeinsamen Erbe der Menschheit sowie das Recht, über natürliche Ressourcen zu verfügen.100 Mit Abschluss menschenrechtlicher Verträge vollzog sich der Wandel weg von der Annahme, dass die Art und Weise wie ein Staat seine Staatsangehörigen behandelt, ausschließlich seine eigene Angelegenheit und keine Sache des Völkerrechts sei.101 Die sich weiter entwickelnde Vertragspraxis führte zur Anerkennung eines Großteils der Menschenrechte auch im Völkergewohnheitsrecht.102 Dies betrifft noch nicht alle in den Verträgen verankerten Menschenrechte, sondern nur einen Grundbestand an Menschenrechten wie das Recht auf Leben und Freiheit der Person, das Verbot unmenschlicher Behandlung, das Folterverbot, das Gebot, ein ordentliches Gerichtsverfahren vor Verurteilung vorzunehmen und vor allem das Gebot, wegen Religion, Rasse und Geschlecht nicht zu diskriminieren.103

II. Verhältnis Humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte Das Zusammenspiel des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte ist zum einen durch die Frage der gleichzeitigen Anwendbarkeit beider Rechtsbereiche, und zum anderen durch die Frage nach dem konkreten Verhältnis beider Bereiche zueinander, geprägt. Da diese Thematik bereits ausführlich in der Rechtsprechung und Literatur und Praxis der Menschenrechtsorgane behandelt wurde104, folgt hier lediglich ein Umriss der grundlegenden Problematik.

weiterführend Riedel, EuGRZ 16 (1989), S. 9 ff. Arnauld, Völkerrecht, 2016, S. 131, Rn. 308. 102  Doehring, Völkerrecht, 2004, Rn.  974; Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, 2017, S. 17, Rn. 54. 103  Doehring, Völkerrecht, 2004, Rn. 974. 104  Siehe nur Heintze, HuV-I 24/1 (2011), S. 4 ff.; Solis, The Law of Armed Conflict: International Humanitarian Law in War, 2010; Greenwood, Case W. Res. J. Int’l L 43 (2010–2011), S. 491 ff.; Hampson, IRRC 90/871 (2008), S. 549 ff.; Krieger, JC&SL 11/2 (2006), S. 265 ff. 100  Dazu 101  von



C. Menschenrechte83

1. Anwendbarkeit beider Rechtsbereiche Es haben sich bezüglich der Anwendbarkeit beider Rechtsbereiche im Wesentlichen zwei Lager gebildet. Die einen befürworten ein alternatives Verhältnis der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts, die anderen sprechen sich für ein kumulatives Verhältnis aus. In diesem Zusammenhang haben sich drei Thesen entwickelt, die im Folgenden näher beleuchtet werden.105 Der klassischen Trennung in Kriegs- und Friedensrecht entsprechend wird im Rahmen der Separationsthese vertreten, dass das Menschenrechtssystem und das System des humanitären Völkerrechts für unterschiedliche Konstellationen geschaffen wurden und daher in sich abgeschlossene, verschiedene, eigenständige Rechtsbereiche darstellen, die nicht gleichzeitig zur Anwendung gelangen können und sich damit wechselseitig ausschließen.106 Mit Eintritt des Kriegszustandes würden die Verträge des Friedensrechts, darunter auch die Menschenrechtsverträge, ipso facto beendet oder ausgesetzt und wären damit in bewaffneten Konflikten nicht anwendbar, sondern ausschließlich das humanitäre Völkerrecht.107 Begründet wird dies damit, dass Men105  Siehe dazu ausführlich Heintze, HuV-I 16/4 (2003), S. 172, 173 f.; Vasak, Recueil des Cours 1974–IV, S. 333, 350 ff.; IKRK, The Red Cross and Human Rights, Working document prepared by the International Committee of the Red Cross in collaboration with the Secretariat of the League of Red Cross Societies, Geneva, September 1983, Council of Delegates, Geneva, 13–14 October 1983, Doc. CD/7/1, S.  27 ff.; Schindler, Kriegsrecht und Menschenrechte, in: FS Kägi, 1979, S. 327, 345 ff.; Robertson, Humanitarian Law and Human Rights, in: Swinarski (Hrsg.), FS Pictet, 1984, S. 793, 800 ff. 106  Kimminich, Schutz der Menschen in bewaffneten Konflikten, 1979, S. 28; Mushkat, GYIL 21 (1978), S. 150 ff.; Schäfer, Zum Verhältnis Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht, 2006, S. 11, 37; Additional Response of the United States to Request for Precautionary Measures – Detainees in Guantanamo Bay, Cuba, vom 15. Juli 2002, S. 3 ff., verfügbar unter: http://www.state.gov/s/l/38642.htm (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 107  Berber, Kriegsrecht, 1969, § 19; Delbrück, War, Effect on Treaties, in: EPIL IV (2000), S. 1367–1373; Detter, The Law of War, 2000, S. 346 ff.; Heintze, Fortentwicklung des humanitären Völkerrechts durch den Menschenrechtsschutz, in: Heintze/ Ipsen (Hrsg.), Heutige bewaffnete Konflikte als Herausforderungen an das humani­ täre Völkerrecht, 2011, S. 163, 164; Siehe dazu auch United Nations, Economic and Social Council, E/1990/6/Add.32 vom 16. Oktober 2001, Substantive session of 2002, Implementation of the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, Second periodic reports submitted by States parties under articles 16 and 17 to the Covenant, Addendum, Israel, Rn. 5; United Nations, International Covenant on civil and political rights, CCPR/C/ISR/2001/2, vom 4. Dezember 2002, Human Rights Committee, Considerations of reports submitted by States parties under article 40 of the Covenant, Second Periodic Report, Addendum, Israel, Rn. 8; United Nations, Economic and Social Council, E/1989/5/Add.14, vom 14. Mai 2001, Sub-

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

schenrechte primär das Verhältnis der Staaten zu ihren Staatsangehörigen in Friedenszeiten regeln, während das humanitäre Völkerrecht auf den Schutz der feindlichen Staatsangehörigen im Rahmen von bewaffneten Konflikten ausgerichtet sei.108 Aufgrund der alternativen Anwendung beider Rechtsgebiete komme es auch zu keinerlei Konkurrenz- bzw. Kollisionsproblemen.109 Demgegenüber gelangt die Konvergenzthese zum größtmöglichen effektiven Schutz von Individuen zu einer kumulativen Anwendung beider Rechtsgebiete durch einen Zusammenschluss bzw. eine Verschmelzung und damit zu einem einheitlichen Komplex der Menschenrechte unter verschiedenen institutionellen Dächern.110 Dabei werden entweder das Völkerrecht111 oder die Menschenrechte112 als Oberbegriff gewählt und das jeweils andere stantive session of 1999, Implementation of the International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights, Additional information submitted by States parties to the Covenant following the consideration of their reports by the Committee on Economic, Social and Cultural Rights, Addendum, Israel, Rn. 2.; United Nations, International Covenant on Civil and Political Rights, CCPR/C/USA/3, vom 28. November 2005, Human Rights Committee, Considerations of Reports Submitted by States parties under Article 40 of the Covenant, Third periodic reports of States parties due in 2003, United States of America, Rn. 130; United Nations, Convention against Torture and other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment, CAT/C/SR.703, vom 12. Mai 2006, Committee against Torture, 36th session, Summary Record of the 703rd Meeting held at the Palais des Nations, Geneva on Friday, 5 May 2006, at 10 a. m., regarding the Consideration of Reports submitted by States parties under article 19 of the Convention (continued), second periodic report of the United States of America, Rn. 14. 108  Pictet, Development and Principles of International Humanitarian Law, 1985, S. 3; hierzu auch Schindler, Kriegsrecht und Menschenrechte, in: FS Kägli, 1979, S. 327. 109  Vgl. Meyrowitz, Revue du droit public 88 (1972), S. 1059 ff. 110  Meron, Human Rights in Internal Strife, 1987, S. 28. 111  Ein Ansatz nimmt das humanitäre Völkerrecht als Oberbegriff und fasst die Menschenrechte darunter, indem er zunächst eine Unterscheidung zwischen humanitärem Völkerrecht im engeren und im weiteren Sinne vornimmt und das humanitäre Völkerrecht im engeren Sinne und die Menschenrechte dann als Zweige des humanitären Völkerrechts im weiteren Sinne ansieht, so Pictet, Die Grundsätze des Humanitären Völkerrechts, 1967, S. 7 ff.; Pictet, Humanitarian Law and the Protection of War Victims, 1975, S. 13 ff.; Blischtschenko, Die Definierung des humanitären Völkerrechts, in: Blumenwitz/Randelzhofer (Hrsg.), FS Berber, 1973, S. 75, 77 f. 112  Für die Menschenrechte als Oberbegriff: Robertson/Merrils, Human Rights in the Word, 1996, S. 174 ff.; Draper, IYHR 1 (1971), S. 191, 198 und 206; Robertson, in: Swinarski (Hrsg.), FS Pictet, 1984, S. 797; Robertson/Merrills, Human Rights in the World, 1996, S. 310. Die gelegentlich zu findende Bezeichnung des humanitären Völkerrechts als „Human Rights in Armed Conflicts“, z. B. in verschiedenen UNResolutionen kann als Anhaltspunkt für ein solches Verständnis angesehen werden. So zum Beispiel Dinstein, Human Rights in Armed Conflict, in: Meron (Hrsg.), Human Rights in International Law, 1984, S. 345 ff.; International Conference on Human



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Rechtsgebiet daraus abgeleitet. Der eine Zweig ist demnach hauptsächlich in Friedens-, der andere in Kriegszeiten anwendbar. Nach der These der Komplementarität sind das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte nicht identisch, sondern gleichgeordnete, aber voneinander verschiedene, wenn auch eng verbundene und sich zum Teil überschneidende Gebiete des Völkerrechts, die sich gegenseitig ergänzen.113 Lange wurden das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte als voneinander getrennte Rechtsgebiete angesehen. Dies war der strikten Aufteilung von Friedens- und Kriegsrecht geschuldet. Heutzutage ist diese jedoch aufgrund der vielfältigen Verbindungen beider Rechtsgebiete als überholt anzusehen.114 Beide Rechtsgebiete dienen humanitären Zwecken und beide finden unmittelbar auf Individuen Anwendung.115 Ursprünglich galt das Völkerrecht nur zwischen Staaten. Mit dem Entstehen der GK 1949 vollzog sich jedoch ein Wandel innerhalb des Rechts des bewaffneten Konflikts und der Schutz von einzelnen Personen rückte in den Vordergrund.116 Da das Recht des bewaffneten Konflikts viele Lücken aufwies, traten Menschenrechte zum Schutz einzelner Personen neben dieses. Zudem enthalten viele Menschenrechtsverträge Derogationsregelungen für Notstandssituationen117, Rights, U.N. Doc. A/CONF.32/41, S. 5 (Resolutionen I: Respect for and Implementation of Human Rights in Occupied Territories) und S. 18 (Resolution XXIII: Respect for Human Rights in Armed Conflicts); UN-Generalversammlung, U.N. Doc. A/ RES/24/2597. 113  Gasser, GYIL 45 (2002), S. 149, 154 f., 161; Gasser, Das humanitäre Völkerrecht, in: Haug (Hrsg.), Menschlichkeit für alle, 1991, S. 499, 583; Partsch, Human Rights and Humanitarian Law, in: Bernhardt (Hrsg.), EPIL II, 1995, S. 911 f.; Reimann, Menschenrechtsstandard in bewaffneten Konflikten, in: Swinarski (Hrsg.), FS Pictet, 1984, S. 771, 777; Bothe, ZaöRV 65 (2005), S. 615, 621. 114  Ipsen, International Law Preventing Armed Conflicts and International Law of Armed Conflict, in: Swinarski (Hrsg.), FS Pictet, 1984, S. 349; Schäfer, Zum Verhältnis Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht, 2006, S. 10 ff. 115  Greenwood, Case W. Res. J. Int’l L 43 (2010), S. 491, 498. 116  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 275. 117  So enthalten Art. 4 IPbpR, Art. 15 EMRK sowie Art. 27 der AMRK jeweils eine Liste sogenannter notstandsfester Rechte, von denen auch während bewaffneter Konflikte nicht abgewichen werden darf. Andere Verträge, wie der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) und die Afrikanische Charta der Rechte des Menschen und der Völker (Afrikanische Charta), enthalten zwar keine entsprechende Regelung, aber auch keine ausdrückliche Bestimmung, wonach deren Anwendbarkeit während bewaffneter Konflikte ausgeschlossen sein soll. Das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Antifolterkonvention, UNTS Bd. 1465, S. 85,) stellt in seinem Art. 2 Abs. 2 ausdrücklich fest, dass Krieg oder ein sonstiger öffentlicher Notstand nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden darf.

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

einschließlich bewaffneter Konflikte, in denen sie Bezug auf das Recht des bewaffneten Konflikts nehmen. Andere Verträge118 enthalten zwar keine entsprechenden Regelungen, schließen ihre Anwendbarkeit in bewaffneten Konflikten aber auch nicht explizit aus.119 Das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Antifolterkonvention) stellt in seinem Art. 2 Abs. 2 ausdrücklich fest, dass Krieg oder ein sonstiger öffentlicher Notstand nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden darf. Darüber hinaus enthalten insbesondere jüngere spezielle Menschenrechtsverträge120 ausdrückliche Bestimmungen zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten. Auch Art. 72 ZP I und der zweite Absatz der Präambel des ZP II gehen von einer grundsätzlichen Geltung der Menschenrechte in bewaffneten Konflikte aus. So besagt Art. 72 ZP I, dass die „Bestimmungen dieses Abschnitts […] die sonstigen anwendbaren Regeln des Völkerrechts über den Schutz grundlegender Menschenrechte in einem internationalen bewaffneten Konflikt“

ergänzen. In Bezug auf den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt heißt es in der Präambel des ZP II: „Sowie eingedenk dessen, dass die internationalen Übereinkünfte über die Menschenrechte der menschlichen Person einen grundlegenden Schutz bieten.“

Dem Internationalen Gerichtshof („IGH“) zufolge finden Menschenrechtsverträge in Kriegszeiten weiterhin unter dem Vorbehalt einiger Derogationsregelungen und unter voller Beachtung des Rechts des bewaffneten Konflikts Anwendung: „More generally, the Court considers that the protection offered by human rights conventions does not cease in case of armed conflict, save through the effect of provisions for derogation of the kind to be found in Article 4 of the International Covenant on Civil and Political Rights.“121 „The Court observes that the protection of the International Covenant of Civil and Political Rights does not cease in times of war, except by operation of Article 4 of 118  Siehe

z. B. IPwskR und Afrikanische Charta. CCPR Commentary, 2005, Art. 4 CCPR, Rn. 12 f. 120  Vgl. Art. 38 des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes, BGBl. 1992 II, S. 121, 122; UNTS Bd. 1577, S. 3; Fakultativprotokoll vom 25. Mai 2000 zum Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten, BGBl. 2004 II, S. 1354, 1355; UNTS Bd. 2173, S. 222. 121  Legal Concequences of a Wall in the Occuped Palestinian Territory, Advisory Opinion, 9 July 2004, ICJ Reports 2004, S. 136, Rn. 106; bestätigt in: ICJ, ICJ Reports (2005), S. 168, Rn. 216; ICJ, ICJ Reports (1996), Rn. 25. 119  Nowak,



C. Menschenrechte87 the Covenant whereby certain provisions may be derogated from in time of national emergency. Respect for the right to life is not, however, such a provision. In principle, the right not arbitrarily to be deprived of one’s life applies also in hostilities.“122

Ebenso gehen die Vereinten Nationen in Resolutionen der UN-Generalversammlung wie auch das UN-Menschenrechtsausschuss, die Amerikanische Menschenrechtskommission und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte („EGMR“) von einer grundsätzlichen Anwendbarkeit der Menschenrechtsverträge im Rahmen bewaffneter Konflikte aus.123 Auch die Literatur geht zunehmend davon aus, dass Menschenrechte ihre Geltung in bewaffneten Konflikten nicht verlieren, jedoch sind die Rechtfolgen in Fällen von Konkurrenzen bzw. Kollisionen weiterhin umstritten.124 Dies alles spricht für die Geltung von Menschenrechtsverträgen auch während bewaffneter Konflikte.125 Nur ein Zusammenspiel beider Rechtsgebiete kann einen umfassenden Schutz gewährleisten.126 Die Separationsthese ver122  ICJ, Legal Concequences of a Wall in the Occuped Palestinian Territory, Advisory Opinion, 9 July 2004, ICJ Reports 2004, 136, Rn. 106. 123  Siehe z. B. UN-Sicherheitsrat, U.N. Doc. S/RES/237 (1967), Präambel, 2. Satz; UN-Generalversammlung, U.N. Doc. A/RES/52/145, Rn. 3; UN-Generalversammlung, U.N. Doc. A/RES/25/2675, Rn. 1; so auch AGMR, Bámaca Velásquez Case (Petition No. 11.129), Urteil vom 25. November 2000, Series C No. 70 (2000), Rn.  204 ff.; AKMR, Coard et al. v. United States, Case 10.951, Report No. 109/99, vom 29. September 1999, Rn. 39; U.N.-Commission on Human Rights, U.N. Doc. A/ RES/46/135; U.N.-Commission on Human Rights, U.N. Doc. E/CN.4/1998/75; AKMR, Juan Carlos Abella v. Argentina, Case 11.137, Report No 55/97, OEA/ Ser.L/V/II.95, Doc. 7 rev. at 271, 18 November 1997, Rn. 158 ff.; AKMR, Resolution No. 2/11, Regarding the Situation of the Detainees at Guantanamo Bay, United States, MC 259–02, S. 2; International Covenant on Civil and Political Rights, U.N. Doc. CCPR/C/21/Rev.1/Add. 13, Rn. 11.; EGMR, Loizidou v. Turkey (Preliminary Objections), Urteil vom 23.03.1995, Az.: 15318/89, Rn. 62; EGMR, Isayeva, Yuspova and Basayeva v. Russia, Urteil vom 24.02.2005, Az.: 57947/00, 57948/00, 57949/00, Rn.  168 ff. 124  Bothe, Humanitäres Völkerrecht und der Schutz der Menschenrechte, in: FS Tomuschat 2006, S. 63, 66; Doswald-Beck/Vité, IRRC 75/800 (1993), S. 99 ff.; Draper, IYHR 1 (1971), S. 191 ff.; Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/ Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 62, Rn. 52 ff.; Heintze, IRRC 86/856 (2004), S.  798 ff.; Herdegen, Völkerrecht, 2018, § 56, Rn. 35 ff.; Klein, MRM 1/2004, S. 5, 15; Lubell, IRRC 87/860 (2005), S. 737 ff.; Schäfer, Zum Verhältnis Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht, 2006, S. 10 f.; Vinuesa, YIHL 1 (1998), 69 ff.; Watkin, AJIL 98 (2004), S. 1, 10. 125  Schmahl, Der Menschenrechtsschutz in Friedenszeiten im Vergleich zum Menschenrechtsschutz im Krieg, in: Hasse/Müller/Schneider (Hrsg.), Humanitäres Völkerrecht, 2001, S. 41, 71 ff.; Fischer, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, 2004, § 71, Rn. 4 ff. 126  Bothe, The Historical Evolution of International Humanitarian Law, in: FS Fleck, 2004, S. 37 ff.; Droege, IRRC 90/871 (2008), S. 501, 502.

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mag daher nicht zu überzeugen. Aber auch die Konvergenzthese ist abzulehnen, da eine tatsächliche Verschmelzung beider Gebiete, insbesondere wegen des unterschiedlichen institutionellen Rahmens wenig realistisch und auch nicht wünschenswert ist. Trotz großer inhaltlicher Übereinstimmungen beider Rechtsgebiete gibt es ebenso große Unterschiede zwischen beiden, so bei den Anwendungsvoraussetzungen, Durchsetzungsmechanismen und bestimm­ ten anwendbaren Prinzipien, wie dem Prinzip der militärischen Notwendigkeit. Eine gegenseitige Ergänzung beider Rechtsgebiete zur Lückenschließung nach der These der Komplementarität gewährleistet einen insgesamt besseren Schutz. Eine gegenseitige Annäherung und Ergänzung der beiden Gebiete kann insbesondere dem Art. 72 ZP I und dem zweiten Absatz der Präambel des ZP II sowie Art. 38 der Kinderrechtskonvention und deren Fakultativprotokoll entnommen werden. Ältere Menschenrechtsabkommen stellen über Derogationsregelungen (Art. 4 Abs. 1 IPbpR, Art. 15 Abs. 1 EMRK und Art. 27 Abs. 1 AMRK) sicher, dass die abweichenden Maßnahmen nicht den sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen, insbesondere nicht dem humanitären Völkerrecht, zuwiderlaufen dürfen.127 In institutioneller Hinsicht findet ebenfalls eine wechselseitige Ergänzung der Systeme statt.128 Im Rahmen der Überwachung der Einhaltung des einen Rechtsbereiches wird der andere miteinbezogen. Eine gewisse Zusammenführung lässt sich im Bereich des Völkerstrafrechts, z. B. in der Verabschiedung der Statute für die Tribunale für das ehemalige Jugoslawien129 und Ruanda130 von 1993 und 1994 sowie des Internationalen Strafgerichtshofs von 1998, verzeichnen.131 Damit finden die Regelungen des humanitären Völkerrechts nur auf bewaffnete Konflikte Anwendung. Die Menschenrechte finden über Friedenszeiten hinaus auch im Rahmen bewaffneter Konflikte Anwendung, nämlich 127  Fitzpatrick,

Human Rights in Crisis, 1994, S. 59 f. RDMDG 31 (1992), S. 117 ff.; Heintze, ZfR (2000), S. 506, 507 ff.; O’Donnell, IRRC 38/324 (1998), S. 481 ff.; Weissbrodt, Vand J Transnat’l L 21 (1988), S.  313 ff. 129  Statute of the International Criminal Tribunal for the Prosecution of Persons responsible for Serious Violations of International Humanitarian Law committed in the Territory of the Former Yugoslavia since 1991, UNSC Res. 827, U.N. Doc. S/ RES/827 (1993), 32 ILM (1993), S. 1159 ff. 130  Statute of the International Criminal Tribunal for the Prosecution of Persons responsible for Genocide and other Serious Violations of International Humanitarian Law committed in the Territory of the Rwanda and Rwanda Citizens responsible for Genocide and other such violations committed in the Territory of neighbouring States, between 1 January and 31 December 1994, UNSC Res. 955, U.N. Doc. S/RES/955 (1994), 33 ILM (1994), S. 1598 ff. 131  Benison, Geo LJ 88 (1999), S. 141 ff.; Dugard, IRRC 38/324 (1998), S. 445 ff.; Kalshoven/Zegveld, Constraints on the Waging of War, 2001, S. 35 f., 185 ff. 128  Hampson,



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im Sinne der Martens’schen Klausel immer dann, wenn das Recht des bewaffneten Konflikts Lücken aufweist, sodass eine Person unter dem Schutz der Prinzipien der Humanität und den Forderungen des öffentlichen Gewissens verbleibt.132 M. E. ist es erstaunlich, dass angesichts der Martens’schen Klausel, welche von Kriegführenden den Schutz der Grundsätze der Menschlichkeit fordert, und des Art. 72 ZP I, der die anwendbaren Regeln des Völkerrechts über den Schutz grundlegender Menschenrechte in einem internationalen bewaffneten Konflikt ergänzt, überhaupt noch über die Anwendbarkeit der Menschenrechte in Situationen des bewaffneten Konflikts diskutiert wird.133 2. Zusammenspiel Humanitäres Völkerrecht – Menschenrechte im engeren Sinne Trotz der überwiegend bestehenden Einigkeit über die Berücksichtigung der Menschenrechte in bewaffneten Konflikten stellt sich die Frage nach der praktischen Umsetzung. Heutzutage überschneiden sich und interagieren das Recht des bewaffneten Konflikts und die Menschenrechte in vielerlei Hinsicht, und zwar durch subsidiäre Anwendung, Rückverweisung eines Bereichs auf den anderen sowie durch Verschmelzung.134 Diese Mechanismen werden im Folgenden erläutert. a) Subsidiäre Anwendung Das Recht des bewaffneten Konflikts gelangt nur in Situationen eines bewaffneten Konflikts zur Anwendung, wohingegen die Menschenrechte stets, unabhängig von Krieg oder Frieden, zur Anwendung kommen.135 Keine Anwendung findet das humanitäre Völkerrecht jedoch auf interne Unruhen, wie Aufstände und einzelne, sporadische Gewaltakte oder Terrorangriffe, also alle Fälle eines öffentlichen Notstandes, die nicht die Schwelle des bewaffneten Konflikts überschreiten, wohingegen die Menschenrechte in diesen Situationen nach einer Subsidiaritätsregelung anwendbar bleiben und die 132  Heintze, HuV-I 16/4 (2003), S. 172, 173; Ipsen, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, 2004, § 65, Rn. 21; Greenwood, Historical Development and Legal Basis, in: Fleck (Hrsg.) The Handbook of Humanitarian Law, 2008, Rn. 101, 102, 201; Gasser, GYIL 45 (2002), S. 149, 156. 133  So auch Heintze, HuV-I 24/1 (2011), S. 4. 134  Hampson, IRRC 90/871 (2008), S. 549 ff.; Schabas, Israel L. Rev. 40/2 (2007), S. 592–613. 135  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 270.

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Lücke in dem Schutz, die durch die Nichtanwendung des humanitären Völkerrechts entstanden ist, schließen.136 Damit garantieren die Menschenrechte bei Überschreitung der Grenzen des humanitären Völkerrechts durch diese Subsidiaritätsregelung einen humanitären Standard. b) Rückverweisung Durch Rückverweisungen nimmt das Recht des bewaffneten Konflikts als eine Art Interpretationsanleitung auf die Menschenrechte Bezug.137 Diese können hilfreich sein bei der Auslegung, Bestimmung und Konkretisierung von Begriffen im Recht des bewaffneten Konflikts.138 Umgekehrt kann aber auch das Recht des bewaffneten Konflikts dazu herangezogen werden, Menschenrechte zu konkretisieren. So bleibt nach Ansicht des IGH das unabdingbare Recht auf Leben nach Art. 6 IPbpR auch zu Zeiten eines bewaffneten Konflikts anwendbar, seine Ausprägung wird aber durch die Situation des bewaffneten Konflikts beeinflusst. Dem IGH zufolge stellt das Recht des bewaffneten Konflikts eine Art modifizierendes lex specialis dar.139 Dabei handelt es sich nicht um einen typischen Fall des lex specialis, bei dem eine Norm Vorrang gegenüber einer anderen hat, sondern um eine Art der vervollständigenden Anwendung beider Normen, um eine geeinte Interpretation zu erhalten. In der Konsequenz ist dieser Ansatz eher als Rückverweisung, denn als Fall einer klassischen lex specialis zu begreifen.140 Solch Verweisungen werden immer dann relevant, wenn Fragen in Bezug auf Rechte aufkommen, die von beiden Rechtsgebieten geschützt werden, wie beispielsweise im Fall des Schutzes des Rechts auf Leben vor willkürlicher Beraubung, des Verbotes unmenschlicher und herabsetzender Behandlung, des Verbotes von Angriffen auf die physische und psychische Unversehrtheit, des Rechts der Freiheit vor willkürlicher Inhaftierung und Festnahme, sowie im Fall sub­ stanzieller Grundrechte. 136  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 270, 271. 137  Siehe dazu Prosecutor v. Kunarac (Trial Judgement) IT-96-23-T, 2 Februar 2001, Rn. 465–497 sowie Prosecutor v. Kronjelac (Trial Judgement) IT-97-25-, 15. März 2002, Rn. 181, 188, die das Case Law des EGMR benutzen, um den Begriff der Folter in einem kriegsrechtlichen Kontext zu definieren. 138  ICJ, ICJ Reports (1996), Rn. 25; ICJ, ICJ Reports (2004), Rn. 106; ICJ, Armed Activities on the Territory of the Congo, Democratic Republic of the Congo v. Uganda, 2005, ICJ Reports, Rn. 216; Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 271. 139  ICJ, ICJ Reports (1996), Rn. 25; ICJ, ICJ Reports (2004), Rn. 106. 140  Kolb, Human Rights and Humanitarian Law, in: Wolfrum (Hrsg.), EPIL IV, 2000, S.  1040 ff.



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c) Verschmelzung Die Teheraner Konferenz der Vereinten Nationen 1968 setzte eine Bewegung für die Beachtung der Menschenrechte in bewaffneten Konflikten zum Schutz der Zivilpersonen und Inhaftierten in Gang.141 Im Rahmen dessen entstanden auf völkerrechtlicher Ebene viele Texte, inklusive einer Reihe wichtiger Resolutionen und damit ein besonderer Zweig der Menschenrechte, die in Notstandssituationen und in bewaffneten Konflikten zur Anwendung gelangen.142 Eine wichtige Rolle spielten dabei UN-Berichte, denn anders als Menschenrechtsorgane, sind UN-Organe nicht auf den materiellen Anwendungsbereich ihrer Jurisdiktion beschränkt, sodass diese Berichte beide Rechtsbereiche berücksichtigen.143 Auch der minimale humanitäre Standard beruht auf einer komplexen Verschmelzung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte. Der Minimumstandard soll das durch die Wechselwirkung zwischen dem humanitären Völkerrecht und den Menschenrechten entstandene Paradoxon beseitigen, wodurch es Staaten zustand, in Fällen eines nationalen Notstandes, der nicht das Level eines bewaffneten Konflikts erreichte, die Anwendung bestimmter Menschenrechte außer Kraft zu setzten. Da dies in einem niedrigeren Schutzniveau in Friedenszeiten verglichen mit Kriegszeiten resultierte, wurde der Versuch unternommen, sog. Minimumregeln aufzustellen, die sowohl in Friedens-, Krieges- und in Zeiten des nationalen Notstandes zur Anwendung gelangen (sogenannte „notstandsfeste“ Menschenrechte). So erklärte der IGH im „Nicaragua-Fall“, dass es einen humanitären Mindeststandard an Menschenrechten in Art. 3 der GK gebe, welcher auch im humanitären Völkerrecht zur Anwendung gelange.144 Das Recht auf Leben, als Kern der Menschenrechte, ist Teil dieses Mindeststandards. Diesen sogenannten „harten Kern“ der Menschenrechte bilden darüber hinaus das Folterverbot, das Verbot der Sklaverei und das Recht auf Rechtsfähigkeit.145 Weitere Menschenrechtsgarantien des humanitären Völkerrechts, die auch im bewaffneten 141  International Conference on Human Rights, Human Rights in Armed Conflict, Resolution XXIII adopted by the Inertational Confrence on Human Rights, Teheran, vom 12. Mai 1968, verfügbar unter: http://icrc.org/ihl.nsf/FULL/430?OpenDocument (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 142  UN-Generalversammlung, U.N. Doc. A/RES/23/2444; Basic Principles for the Protection of Civilian Population in Armed Conflict UNGA Res 2675 (XXV), 9. Dezember 1970; Declaration on the Protection of Woman and Children in Emergency and Armed Conflict UNGA Res 3318 (XXIX), 14. Dezember 1974. 143  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 271. 144  ICJ, Urteil vom 27.06.1986, Case Concerning Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua, ICJ-Reports 1986, S. 14. 145  Koenig, Menschenrechte, 2005, S. 52 ff.

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Konflikt Anwendung finden, sind, abgesehen vom gemeinsamen Art. 3 der GK, vor allem in Art. 75 ZP I und Art. 4 ZP II enthalten. Obwohl das Recht auf Leben als das höchste Recht eines Menschen angesehen wird, da alle übrigen Rechte ohne dieses an Bedeutung verlieren146, und es zudem im Hinblick auf die willkürliche Verletzung des Lebens in der Literatur als zu dem ius cogens des Völkerrechts zugehörig angesehen wird147, ist das Töten von Menschen in bewaffneten Konflikten nichtsdestotrotz erlaubt, solange die Regeln des humanitären Völkerrechts eingehalten werden. Somit findet das Menschenrecht auf Leben in bewaffneten Konflikten nur eingeschränkt Anwendung. 3. Kollisionen Humanitäres Völkerrecht – Menschenrechte Die gleichzeitige Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte führt zu der Frage, wie beide Bereiche interagieren, insbesondere wie Kollisionen im Falle sich widersprechender Regelungen zu lösen sind.148 Der IGH hat in seinem Atomwaffengutachten wie auch in seinem Mauergutachten herausgearbeitet, wie bei verschiedenen Arten von Rechten Kollisionen entstehen können.149 Dies ist z. B. der Fall beim Aufeinandertreffen von Rechten, die sich in beiden Rechtsgebieten wiederfinden. Entweder können diese problemlos gleichzeitig angewendet werden oder aber, wenn sie in ihrem Schutzbereich und/oder vorhandenen Einschränkungsmöglichkeiten voneinander abweichen, miteinander in Konflikt geraten. Rechte hingegen, die ausschließlich in dem einen oder dem anderen Rechtsgebiet enthalten sind, und die nicht mit denen des jeweils anderen Rechtskomplexes in Konflikt stehen, sind grundsätzlich anwendbar, ohne dass es zu Konkurrenzproblemen kommt. Nichtsdestotrotz ist zu beachten, dass selbst dann, wenn bestimmte Rechte ausschließlich in dem einen oder anderen Rechtsgebiet geregelt sind, diese zu anderen im Widerspruch stehen können. So kann ein 146  Sandoz/Swinarski/Zimmermann

(Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Art. 6, Rn. 1. Schießbefehl an der DDR-Grenze und ius cogens, AVR 32 (1994), S. 130, 141; Werle/Burghardt, Die Tötungen an der deutsch-deutschen Grenze – Verbrechen gegen die Menschlichkeit?, in: Geisler/Kraatz/Kretschmer/Schneider/Sowada (Hrsg.), FS Geppert, 2011, S. 757, 769; Kokott, Der Schutz der Menschenrechte im Völkerrecht, in: Brunkhorst/Köhler/Lutz-Bachmann (Hrsg.), Recht auf Menschenrechte, 1999, S. 176, 182. 148  Akehurst, BYIL 47 (1975), S. 273 ff.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 1984, §§ 640 ff. und 786 ff.; s. dazu ausführlich Wilting, Vertragskonkurrenz im Völkerrecht, 1996; Bothe, Humanitäres Völkerrecht und der Schutz der Menschenrechte, in: FS Tomuschat, 2006, S. 63, 77 ff. 149  ICJ, ICJ Reports (1996), S. 226, 240; ICJ, ICJ Reports (2004), S. 136, 178. 147  Hobe/Tietje,



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Recht beispielsweise mit dem Fehlen einer widersprüchlichen Norm, einer anderen Regelung und/oder den Besonderheiten des bewaffneten Konflikts kollidieren.150 Im Folgenden wird beleuchtet, wie mögliche Konkurrenzen zwischen den beiden Rechtsgebieten bei den aufgezeigten Problemfällen im Einzelnen zu lösen sind. a) Lex-posterior-Grundsatz Dem Lex-posterior-Grundsatz zufolge geht das spätere Recht dem früheren vor (lex posterior derogat legi priori).151 Dies wäre dann der Fall, wenn eine zeitlich früher konzipierte Norm als veraltet anzusehen ist und derart im Widerspruch zu einem neueren Recht steht, dass sie mit diesem nicht in Einklang zu bringen ist. Das Bestehen eines solchen Widerspruchs ist allerdings in der völkerrechtlichen Praxis eher theoretischer Natur, sodass der lex-posterior-Grundsatz nur zur Anwendung gelangt, wenn das neuere Recht eine eindeutige Absicht enthält, einer älteren konkreten Regelung vorzugehen.152 Ansonsten ist es bei völkerrechtlichen Normen schwer bis unmöglich zu bestimmen, ob eine Regelung neueres Recht darstellt, da nicht eindeutig festgelegt ist, auf welche Kriterien (Ratifizierung, Inkrafttreten etc.) abzustellen ist und insbesondere das Völkergewohnheitsrecht zeitlich allenfalls schwer bestimmbar ist. Aus diesen Gründen vermag der Lex-posterior-Grundsatz in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen. b) Meistbegünstigungsprinzip Dem Meistbegünstigungsprinzip zufolge käme einer Person stets das Recht zugute, das den jeweils höheren Schutz bietet.153 Dieses Prinzip lässt sich in Menschenrechtsverträgen in sogenannten Günstigkeitsklauseln („saving clauses“)154 wiederfinden, wonach die Bestimmungen dieser Verträge nicht 150  Z. B. ist die Kriegsgefangenschaft eine Form der Freiheitsentziehung und bringt grundsätzlich das Recht auf Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit mit sich, siehe dazu Art. 9 Abs. 4 Zivilpakt, Art. 7 Abs. 6 AMRK, Art. 5 Abs. 4 EMRK. 151  Kälin, SZIER 3 (1993), S. 233, 241; Künzli, Der Verpflichtungsgrad internationaler Menschenrechte, 2001, S. 104, 107. 152  So Ben-Naftali/Shany, Israel L. Rev. 37 (2003–2004), S. 17, 103. Zu beachten sind dabei aber auch Regelungen des Vertragsrechts, vgl. Art. 30 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969, BGBl. 1985 II, S. 927 ff.; UNTS Bd. 1155, S. 331. 153  Krieger, ZaöRV 62 (2002), S. 669, 693. 154  Siehe dazu die Kollisionsklauseln des Art. 5 Abs. 2 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl

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herangezogen werden dürfen, um die in einem Vertragsstaat durch Übereinkommen oder Gewohnheitsrecht geltenden günstigeren Menschenrechte zu beschränken. Im humanitären Völkerrecht findet sich eine entsprechende Regelung in Art. 75 Abs. 8 ZP I. Problematisch könnte jedoch die Konstellation sein, in der die günstigere Norm aus dem Bereich der Menschenrechte stammt und dadurch die Gefahr besteht, dass deren Anwendung den Besonderheiten des bewaffneten Konflikts entgegenstehen könnte. Zu beachten ist aber, dass auch von günstigeren Menschenrechten nach den Derogationsklauseln abgewichen werden kann. c) Lex-specialis-Grundsatz Im Atomwaffengutachten versucht der IGH einer solchen Kollision im Rahmen des Rechts auf Leben im Sinne des Art. 6 IPbpR mithilfe der Auslegung zu begegnen. Der in Art. 6 Abs. 1 S. 2 IPbpR enthaltene Begriff „willkürlich“ lasse es demnach zu, die Norm im Lichte des humanitären Völkerrechts als lex specialis auszulegen.155 Soweit eine Kollision nicht bereits durch Derogations- oder Einschränkungsmöglichkeiten aufgehoben werden kann, greift dem IGH zufolge der Lex-specialis-Grundsatz, wonach die speziellere Regelung des humanitären Völkerrechts vorgeht oder als besondere Rechtfertigung eines Eingriffs in ein Menschenrecht dient. Jedoch weisen nicht alle Normen solch unbestimmte Rechtsbegriffe auf, sodass diese Art der Auslegung nicht in jedem Fall möglich ist. Nichtsdestotrotz ist dieser Ansatz zu bevorzugen, da er zugleich dem Schutz der Menschenrechte gerecht wird und auf die Besonderheiten des Rechts des bewaffneten Konflikts einzugehen vermag.156 4. Extraterritoriale Geltung der Menschenrechte Traditionell waren Menschenrechtskonventionen so gestaltet, dass sie das Verhältnis zwischen dem jeweiligen Staat und den seiner Jurisdiktion unterstehenden Individuen regeln sollten. Sie waren also territorial beschränkt. Die Globalisierung bewaffneter Konflikte hat bewirkt, dass der Einflussbereich und die Einflussnahmemöglichkeiten der Staaten eine erheblich größere geographische Reichweite haben. 1973 II, S. 1569 ff., 992 UNTS 3; Art. 5 Abs. 2 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1973 II, S. 1553 ff., UNTS Bd. 999, S. 171; Art. 53 EMRK; Art. 29 AMRK. 155  Siehe ICJ, ICJ Reports (1996), Rn. 25. 156  So auch Heintze, HuV-I 18/3 (2005), S. 177, 178; Schabas, Israel L. Rev. 40/2 (2007), S. 592; Schöndorf, International Law and Politics (2004), S. 1, 61.



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Dies trifft im besonderen Maße auf internationalisierte bewaffnete Konflikte zu, in denen Staaten ihre Streitkräfte auf dem Staatsgebiet eines anderen Staates einsetzen, um gegen Aufständische, Terroristen und andere nichtstaatliche Akteure vorzugehen.157 Auch wenn diese Konflikte einen interna­ tionalen Charakter haben, so sind sie dem Recht des bewaffneten Konflikts zufolge als nicht-internationale bewaffnete Konflikte zu klassifizieren, da eine Beteiligung von zwei oder mehreren Staaten für die Klassifizierung als internationaler bewaffneten Konflikt erforderlich wäre. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit die aus einzelnen Menschenrechtskonventionen resultierenden Verpflichtungen zum Schutz der Menschenrechte auf extraterritoriale Handlungen außerhalb des Gebietes von Beitrittsstaaten dieser Konventionen reichen. Der EGMR, der Menschenrechtsausschuss nach dem IPbpR sowie der IGH haben sich bereits mit dieser Frage befasst. Diese Thematik wurde ferner in der Literatur behandelt158, daher folgt hier lediglich ein Umriss der wesentlichen Ergebnisse. Die meisten Menschenrechtsübereinkommen erwähnen eine extraterrito­ riale Anwendung nicht explizit, sondern sprechen von Hoheitsgewalt.159 Die wichtigsten dieser Menschenrechtskonventionen sind die EMRK und der IPbpR. Die EMRK besagt in ihrem Art. 1 hinsichtlich des Anwendungsbereichs der Konvention, dass die Vertragsparteien die Konventionsrechte allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen zusichern. Die englischen und französischen Originalfassungen sprechen dabei von jurisdiction bzw. juri­ diction. Ins Deutsche übersetzt wird dies u. a. mit „Hoheitsgewalt“ oder „Herrschaftsgewalt“.160 Im Folgenden wird der Begriff der Hoheitsgewalt verwendet. Gemeint ist die Befugnis eines Staates, die Rechts- und Lebensverhältnisse von natürlichen und juristischen Personen umfassend zu regeln in Form einer Ausübung von Hoheitsgewalt, die von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Organisation gekennzeichnet ist und damit einen rechtlichen Herrschaftsraum des Staates begründet.161 Grundsätzlich umfasst das völkerrechtliche Verständnis von Hoheitsgewalt als Ausprägung staatlicher Souve157  Van

Schaack, Int’l L. Stud. 20 (2014), S. 20, 21. u. a. Milanovic, Extraterritorial Application of Human Rights Treaties, 2011; Gondek, The Reach of Human Rights in a Globalizing World, 2009. 159  Z. B. die Anti-Folter Konvention, AMRK, UN-Konvention über die Rechte des Kindes. 160  Amtliche Übersetzung der EMRK, Bekanntmachung der Neufassung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 29.10.2010, BGBl. II 2010, S. 1198 ff.; Amtliche Übersetzung der EMRK vom 27.05.2002, BGBl 2002 II, S. 1054  ff.; Amtliche Übersetzung der EMRK vom 22.08.1952, BGBl II 1952, S. 685 ff. 161  Krieger, ZaöRV 62 (2002), S. 669, 671. 158  Vgl.

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Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

ränität eine Ausübung dieser im Staatsgebiet. Auf dem Gebiet eines anderen Staates ist dies dem betreffenden anderen Staat vorbehalten, sofern nicht eine vertragsrechtliche oder gewohnheitsrechtliche Ausnahme besteht. Die Anknüpfung der EMRK an die Hoheitsgewalt schließt eine exterritoriale Wirkung im Grundsatz jedoch nicht aus. Ohne Anknüpfung an das Territorium des Staates kann Hoheitsgewalt nämlich auch über dieses hinweg ausgeübt werden. Der EGMR hat sich in zahlreichen Entscheidungen mit der extraterritorialen Wirkung der EMRK auseinandergesetzt.162 Danach sei die Ausübung der Hoheitsgewalt grundsätzlich auf das Territorium des Konventionsstaates beschränkt. Nur in Ausnahmefällen sei eine extraterritoriale Anwendung der EMRK möglich, beispielsweise dann, wenn sich eine Person zwar außerhalb des Staatsgebiets des Konventionsstaates, aber im Gewahrsam oder unter der Kontrolle eines Hoheitsträgers dieses Staates befindet.163 Der EGMR geht davon aus, dass Hoheitsgewalt immer dann ausgeübt wird, wenn eine Vertragspartei effektive Kontrolle über fremdes Hoheitsgebiet ausübt.164 Aus effektiver Kontrolle folge menschenrechtliche Verantwortlichkeit für Rechtsverletzungen. Dabei ist nicht entscheidend, ob der Staat die Rechtsverletzung selbst vorgenommen hat. Es bestehe vielmehr eine Gesamtverantwortlichkeit, so auch für die Handlungen der lokalen territorialen Verwaltung. Das extraterritoriale Handeln muss eine Situation begründen, in der die Staatsorgane Personen oder Sachen derart kontrollieren, dass die extraterritoriale Hoheitsausübung der innerstaatlichen vergleichbar ist. Dies kann durch effektive Gebietskontrolle oder eine entsprechende Zustimmung der Regierung des betreffenden Gebietes erreicht werden. Dabei wird der Schutz der EMRK jedoch nicht allein durch Einzelakte von Hoheitsträgern eröffnet. So hat der EGMR 2001 im Fall Banković klargestellt, dass sich der Schutz der EMRK nur ausnahmsweise auf extraterritoriale Handlungen erstreckt. Die EMRK wirke im Wesentlichen im Rechtsraum der Vertragsstaaten und sei nicht dafür geschaffen, auf das Verhalten dieser Staaten überall in der Welt angewandt zu werden.165 Daher begründe die Zurechenbarkeit einer Handlung zum Vertragsstaat für sich allein noch keine extraterritoriale Anwendbar162  So u. a. in den foglenden Entscheidungen des EGMR: Loizidou v. Turkey (Preliminary Objections), Urteil vom 23.03.1995, Az.: 15318/89; Banković v. Belgium, Urteil vom 12.12.2001, Az.: 52207/99; Issa v. Turkey, Urteil vom 16.11.2004, Az.: 31821/96; Al Skeini and Others v. The United Kingdom, Urteil vom 7.07.2011, Az.: 555721/07; Hirsi Jamaa and Others v. Italy, Urteil vom 23.02.2012, Az.: 27765/09. 163  EGMR, Al Skeini and Others v. The United Kingdom, Urteil vom 7.07.2011, Az.: 555721/07, Rn. 134 ff. 164  EGMR, Loizidou v. Turkey (Preliminary Objections), Urteil vom 23.03.1995, Az.: 15318/89, Rn. 62. 165  EGMR, Banković v. Belgium, Urteil vom 12.12.2001, Az.: 52207/99, Rn. 80.



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keit.166 Nur Einzelakte, die auf Grundlage der Hoheitsgewalt erfolgen, sind in der Lage, eine extraterritoriale Wirkung zu entfalten. Notwendig ist dabei über das hoheitliche Handeln hinaus, dass der rechtliche Herrschaftsraum des jeweiligen Staates ausgedehnt wird, beispielsweise wenn ein Territorium während einer militärischen Operation unter die effektive Kontrolle eines Staates gestellt wird.167 Eine punktuelle, kurzfristige Handlung, wie die Bombardierung aus der Luft, ist nicht geeignet, Hoheitsgewalt über die am Boden befindlichen Menschen auszuüben. So hat der EGMR entschieden, dass die Beherrschung des Luftraums keine wirksame Gebietskontrolle über ein Territorium vermitteln kann, wie sie Art. 1 EMRK voraussetzt. Diese Banković-Entscheidung des EGMR ist aufgrund des Verneinens der Bombardierung aus der Luft als extraterritorialen Akt, da sie keinen Akt der Ausübung von Hoheitsgewalt darstellte, obschon eine effektive Kontrolle des Luftraumes bestand, und der damit einhergehenden Versagung der Anwendbarkeit der EMRK, auf Kritik gestoßen.168 Auch der IPbpR knüpft an Hoheitsgewalt an und bestimmt in seinem Art. 2 Abs. 1: „Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, die in diesem Pakt anerkannten Rechte zu achten und sie allen in seinem Gebiet befindlichen und seiner Herrschaftsgewalt unterstehenden Personen […] zu gewährleisten.“

Trotz Berufungen auf den Wortlaut dieser Norm („und“) seitens einiger Staaten169 haben der IGH und der Menschenrechtsausschuss nach dem IPbpR diese Norm ihrem Ziel und Zweck entsprechend dahingehend ausgelegt, dass Hoheitsgewalt auch außerhalb eines Staatsgebietes ausgeübt werden könne.170 Darüber hinaus stellt der IGH in seinem Mauergutachten, abgesehen von der Verletzung negativer Pflichten aus dem IPbpR, auch Verletzungen positiver Pflichten aus dem Sozialpakt und der Konvention über die Rechte des Kindes fest, sodass Staaten sowohl positiven wie auch negativen Verpflichtungen außerhalb ihres eigenen Staatsgebietes unterliegen.171 Der IGH hat diese Rechtsprechung im Fall zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Uganda bestätigt und dahingehend ergänzt, dass eine Besatzungsmacht nicht nur für das Handeln ihrer eigenen Organe hafte, sondern sie 166  EGMR,

Banković v. Belgium, Urteil vom 12.12.2001, Az.: 52207/99, Rn. 75. Issa v. Turkey, Urteil vom 16.11.2004, Az.: 31821/96, Rn. 69, 72, 74 f. 168  Siehe dazu beispielsweise Lawson, Life after Bankovic, in: Coomans/Kamminga (Hrsg.), Extraterritorial Application of Human Rights Treaties, 2004, S. 83– 123; Altiparmark, JC&SL 9/2 (2004), S. 213 ff.; Roxstorm/Gibney/Einarsen, 23 BU Int’l L.J. 1/2005, S. 55 ff.; Milanovic, 8 HRLR 3/2008, S. 411 ff. 169  Schäfer, Guantanamo Bay – Status der Gefangenen und habeas corpus, 2003, S.  5, 14 f. 170  ICJ, ICJ Reports (2004), S. 136, Rn. 109. 171  ICJ, ICJ Reports (2004), Rn. 109–113, 134 ff. 167  EGMR,

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zudem auch eine Überwachungspflicht für andere nicht-staatliche Akteure treffe.172 Zudem sprach sich der IGH in dem Fall von Bosnien-Herzegowina und Serbien-Montenegro für die extraterritoriale Anwendbarkeit der Völkermordkonvention aus.173 Die Konvention finde stets auf einen Staat Anwendung, unabhängig davon, wo dieser handelt. Eine territoriale Einschränkung ist lediglich in Art. VI der Völkermordkonvention zu sehen, da dieser dazu verpflichtet, dass ein Prozess wegen Völkermordes auf dem Gebiet des Staates stattfinden muss, von dem die vorgeworfene Handlung begangen wurde. Auch im Fall Georgiens gegen die Russische Föderation sprach sich der IGH für die extraterritoriale Anwendbarkeit von Menschenrechtskonventionen aus.174 Unter den Vertragsstaaten selbst hingegen herrscht bislang kein Konsens diesbezüglich, auch wenn die Mehrheit der Staaten eine extraterritoriale Geltung des IPbpR bejaht.175 Die UN-Generalversammlung ging in ihrer Resolution bzgl. des Israel-Libanon-Konflikts 2006 ebenfalls von einer ex­ traterritorialen Geltung der Menschenrechte aus, indem sie Israel aufforderte, seinen Verpflichtungen in Bezug auf Menschenrechte nachzukommen.176 Fraglich ist, wie diese Grundsätze auf Luftoperationen anzuwenden sind. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der restriktiven Entscheidungen des EGMR im Fall Banković, in dem die Bombardierung aus der Luft als extraterritorialer Akt nicht zur Anwendbarkeit der EMRK führte, da sie keinen Akt der Ausübung von Hoheitsgewalt darstellte, obschon eine effektive Kontrolle des Luftraumes bestand. Zwar wurde diese Entscheidung als besondere Einzelfallentscheidung bezeichnet, sie ist aber aufgrund ihres Bezugs zu Luftoperationen von Relevanz. In diesem Zusammenhang wird angeführt, dass eine bloße Ausübung von Lufthoheit ohne territorialen (Boden-)Kontakt 172  ICJ, Armed Activites on the Territory of Congo, Demokratische Republik Congo v. Uganda, Urteil vom 19. Dezember 2005, ICJ Reports 2005, S. 168, Rn. 179 f., 216f. 173  ICJ, ICJ Reports (2007), S. 43, Rn. 153, 154. 174  ICJ, Case Concerning Application of the International Convention of the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (Georgia v. Russian Federation), Request for the Indication of Provisional Measueres, Anordnung vom 15. Oktober 2008, Rn. 109. 175  Eine extraterritoriale Geltung des IPbpR annehmend: s. jeweils die Written Statements Frankreichs, der Liga der Arabischen Staaten, Malaysias sowie der Schweiz zum Mauergutachten des IGH (explizit) sowie die Written Statements von, Ägypten, Brasilien, Guinea, Indonesien, Jordanien, Kuba, Kuwait, Kanada, Libanon, Marokko, Schweden, Sudan, Südafrika und Syrien (konkludent), jeweils verfügbar unter: unter https://www.icj-cij.org/en/case/131/written-proceedings (zuletzt abgerufen am 22.06.2019); s. zum Streitstand Weingärtner, Menschenrechtsbindung bei Out-of-Area-Einsätzen der Bundeswehr, in: Weiß (Hrsg.), Menschenrechtsbindung bei Auslandseinsätzen deutscher Streitkräfte, 2006, S. 9–13; Dennis, AJIL 99 (2005), S.  119 ff. 176  UN-Generalversammlung, U.N. Doc. A/RES/61/154.



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keine Ausübung von Hoheit im Sinne von Art. 1 EMRK sei.177 Dieser Ansatz ist kritikwürdig. Würde man das Vorliegen von effektiver Kontrolle an das Vorhandensein von Bodentruppen knüpfen, bestünde die Gefahr einer missbräuchlichen Ausnutzung der eröffneten Handlungsspielräume. Dann könnten sich Staaten der Anwendung der Menschenrechte dadurch entziehen, dass sie anstatt von Bodeneinsätzen Lufteinsätze fliegen, die gegen Menschenrechte verstoßen dürften, da diese hier nicht zur Anwendung gelangen würden. Entscheidend ist, ab wann ein Staat einen Grad an Kontrolle über ein fremdes Territorium ausübt, der eine extraterritoriale Anwendung der Menschenrechte rechtfertigt. Der EGMR stellt dabei auf die Ausübung physischer Macht und Kontrolle über eine Person durch Staatsvertreter („the excercise by state agents of physical power and control over the person in question“) ab.178 Im Loizidou-Fall hat der EGMR diese Kontrolle als Konsequenz einer Militäraktion angenommen, im Rahmen derer ein Staat einen bestimmten Bereich außerhalb seines Staatsgebietes mittels seiner Streitkräfte oder seiner Regierungsverwaltung sichert. Im Lichte der Banković-Entscheidung folgt daraus, dass eine tatsächliche Präsenz in dem betreffenden Gebiet, in dem eine extraterritoriale Anwendung von Menschenrechten stattfinden soll, erforderlich ist. Fraglich ist, ob eine solche auf den Boden beschränkt ist. Dies ist m. E. aus folgenden Gründen zu verneinen. Im Banković-Fall wurde das Fehlen von Kontrolle in dem speziellen Einzelfall des isolierten Luftangriffs auf eine Radio-Station festgestellt. Diese Annahme kann nicht auf alle Luftoperationen verallgemeinert werden, da ansonsten Menschenrechte in diesem Zusammenhang per se nicht zur Anwendung kämen, da Angriffe aus der Luft keine unmittelbare Kontrolle, vergleichbar mit der Präsenz von Bodentruppen, darstellen. Eine Kontrolle muss zumindest dann angenommen werden, wenn sich ein Angriff als einer von vielen darstellt, die zwecks Herstellung von Lufthoheit ausgeführt werden und damit eine effektive Kontrolle des Luftraums und in der Folge auch der sich am Boden befindenden Personen darstellen würde. Es bleibt allerdings z. B. bei Drohnenangriffen ohne Piloten, Fingerabdrücke etc., das Problem der erschwerten Beweisführung, wie im Issa-Fall beschrieben, bestehen. Was vereinzelte Luftangriffe betrifft, so fallen diese nicht unter die Hoheitsgewalt eines Staates über ein außerhalb seines Staatsgebiets liegendes Territorium und lösen damit keine Anwendbarkeit von Menschenrechten aus. Nichtsdestotrotz finden solche Angriffe nicht im rechtsfreien Raum statt, sondern sind nach wie vor an das humanitäre Völ177  Zimmermann/Jötten,

MRM 15 (2010), S. 5, 7. and Others v. The United Kingdom, Application no. 55721/07, Urteil vom 7. Juli 2011, Rn. 133–136. 178  ECHR, Al-Skeini

100

Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

kerrecht gebunden. Damit schließt der EGMR eine Ausübung von Kontrolle mittels Lufthoheit durch seine Banković-Entscheidung nicht aus. 5. Fazit: Humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte Die Auffassung, dass das Friedensrechts im bewaffneten Konflikt vollständig durch das Kriegsrecht abgelöst wird, ist nicht mehr haltbar. Das humanitäre Völkerrecht und die internationalen Menschenrechte können sich nicht gegenseitig ausschließen. Auch kann das eine Recht das andere nicht überlagern, vielmehr existieren sie nebeneinander.179 Beide gehören einem großen Ganzen, dem Völkerrecht, an. Dieses Rechtssystem lässt sich nicht in Bereiche einteilen, die unabhängig voneinander existieren, ohne sich auf andere Bereiche auszuwirken.180 Das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte sind damit während eines bewaffneten Konflikts grundsätzlich kumulativ anwendbar, es sei denn die Anwendbarkeit der Menschenrechte wird für den Fall eines bewaffneten Konflikts ausdrücklich ausgeschlossen.181 Zudem kann von manchen Rechten nach Maßgabe so genannter Notstandsklauseln in Zeiten bewaffneter Konflikte abgewichen werden. Unabhängig von den vertraglichen Verpflichtungen sind alle Staaten daher auch während bewaffneter Konflikte grundsätzlich an die Einhaltung der Menschenrechte gebunden.182 Dies gilt sowohl für nicht-internationale bewaffnete Konflikte im Sinne der gemeinsamen Art. 3 der GK und Art. 1 Abs. 1 ZP II als auch für internationale bewaffnete Konflikte und Besetzungen im Sinne der gemeinsamen Art. 2 der GK und Art. 1 Abs. 3 und 4 ZP I. Für interne Konflikte, welche die Schwelle des gemeinsamen Art. 3 der GK und des Art. 1 Abs. 1 ZP II nicht überschreiten, sind die Verträge des humanitären Völkerrechts jedoch im Gegensatz zu den Menschenrechtsverträgen nicht anwendbar. Das Verhältnis der Rechtsbereiche des humanitären Völkerrechts und der Menauch zutreffend Greenwood, Case W. Res. J. Int’l L 43 (2010), S. 491, 503. Case W. Res. J. Int’l L 43 (2010), S. 491, 504. 181  Dazu Frowein, IYHR 28 (1998), S. 1, 11, 16; Heintze, GYIL 45 (2002), S. 60, 61 f.; Künzli, Der Verpflichtungsgrad internationaler Menschenrechte, 2001, S. 104. 182  Oraá, The Protection of Human Rights in Emergency Situations under Customary International Law, in: Goodwin-Gill/Talmon (Hrsg.), FS Brownlie, 1999, S. 413–437; United Nations, International Human Rights Instruments, HRI/GEN/1/ Rev.7, 12 May 2004, Compilation of General Comments and General Recommendations adopted by Human Rights Treaty Bodies, General Commens adopted by the Human Rights Committee, General Comment No. 29, Article 4: Derogations During a State of Emergency, S. 184 ff.; United Nations, Economic and Social Council, E/C.12/1/Add.69, Committee on Econmic, Social and Cultural Rights, 2. (extraordinary) session, 13–31 August 2001, Consideration of Reports submitted by States Parties under Articles 16 and 17 of the Covenant, Concluding Observations of the Committee on Economic, Social and Cultural Rights, Israel, Rn. 12. 179  So

180  Greenwood,



C. Menschenrechte101

schenrechte ist wechselseitig ausgeprägt. Es handelt sich um ein sich gegenseitig in materiell-rechtlicher Hinsicht, in der Auslegung und durch die verschiedenen Überwachungsmechanismen ergänzendes Verhältnis.183 Lücken können durch das jeweils andere Rechtsgebiet geschlossen werden. Damit sind nicht nur die Menschenrechte im Lichte des humanitären Völkerrechts als lex specialis auszulegen, sondern können auch bei der Auslegung des humanitären Völkerrechts herangezogen werden.184 Deutlich wird dies insbesondere dadurch, dass viele aus dem Bereich der Menschenrechte stammenden Begriffe zur Konkretisierung bzw. Auslegung von Begriffen des humanitären Völkerrechts herangezogen werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass gleichen Begriffen je nach Rechtsgebiet eine unterschiedliche Bedeutung zukommen und ihnen ein anderes Konzept zugrunde liegen kann.185 Das humanitäre Völkerrecht spielt vor allem auch bei den Derogationsregelungen der Menschenrechtsverträge eine wichtige Rolle. Eine der Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit einer Derogation nach Art. 4 Abs. 1 IPbpR, Art. 15 Abs. 1 EMRK und Art. 27 Abs. 1 AMRK ist jeweils, dass die derogierenden Maßnahmen anderen völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht zuwiderlaufen, sodass auch das humanitäre Völkerrecht zu beachten ist. Demnach kann von an sich derogierbaren Rechten auch während eines bewaffneten Konflikts aufgrund bestehender anderer Verpflichtungen nicht abgewichen werden. Auch wenn nicht jede Lösung möglicher Widersprüche in jeder Konkurrenzkonstellation abschließend geklärt ist, lässt sich sagen, dass im Falle eines Widerspruchs zwischen bestimmten Normen dieser beiden Rechtsgebiete das humanitäre Völkerrecht als spezielleres Recht grundsätzlich vorgeht.186 183  Kälin/Gabriel, Human Rights in Times of Occupation, in: Kälin (Hrsg.), Human Rights in Times of Occupation, 1994, S. 1, 27 ff.; vgl. auch Legal Concequences of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, Request for Advisory Opinion, Order of 19 December 2003, Written Statements of The League of Arab states, January 2004, X.1, Rn. 10.1; ICJ, Request for Advisory Opinion, Legal Concequences of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, Written Statement of the French Republic, 30 January 2004, Rn. 39; Legal Concequences of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, Request for Advisory Opinion, Written statement addressed to the International Court of Justice by the Swiss Confederation pursuant to the Order of the Court of 19 December 2003, Rn. 33. 184  Schäfer, Zum Verhältnis Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht, 2006, S. 43 ff.; ICJ, ICJ Reports (2004), Rn. 106. 185  Doswald-Beck/Vité, IRRC 75/800 (1993), S. 99, 103 ff. 186  Siehe dazu beispielsweise United Nations, Economic and Social Council, E/ CN.4/2005/7, 22 December 2004, Commssion on Human Rights, 61. Session, Item 11(b) of the provisional agenda, Civil and Political Rights, Including the Questions of Disappearances and Summary Executions, Extrajudicial, summary or arbitrary executions, Report of the Special Rapporteur, Philip Alston, Rn. 46–53; UN-Generalversammlung, Human Rights Council, U.N. Doc. A/HRC/4/20, Rn. 18–19; UN-Ge­

102

Kap. 3: Rechtsrahmen der Untersuchung

Zur Bestimmung des Verhältnisses im Einzelnen ist jedoch im konkreten Fall zu prüfen, ob es sich um einen internationalen oder nicht-internationalen Konflikt handelt. Sodann sind die Rechtsnormen herauszuarbeiten, die auf den jeweiligen Konflikt anwendbar sind und es ist zu untersuchen, welchen Verträgen die Konfliktparteien angehören und ob sie gegebenenfalls zulässige Vorbehalte zu diesen Verträgen angebracht haben. Mit einzubeziehen sind auch die Normen des allgemeinen Völkerrechts, insbesondere wenn sie als zwingendes Recht (ius cogens) anerkannt sind.187 Danach bestimmt sich die Regelungsdichte und somit die potentielle Überschneidung der beiden Rechtsgebiete. Zu berücksichtigen sind immer auch die vorhandenen Einschränkungs- und Derogationsmöglichkeiten bestimmter Rechte. Ferner sind die Unterschiede zwischen den Verträgen innerhalb des jeweiligen Rechtsgebiets zu berücksichtigen. Im Rahmen von extraterritorialen Handlungen setzt die Anwendbarkeit der Menschenrechte die Ausübung von Hoheitsgewalt voraus. Eine extraterritoriale Anwendung ist deswegen zu verneinen, wenn eine Maßnahme nicht als Ausübung von Hoheitsgewalt eingeordnet wird. Dies hat der EGMR mit Blick auf die Luftangriffe gegen Jugoslawien im Fall Banković verneint. Darüber hinaus hatten einige Saaten die grundsätzliche Möglichkeit einer extraterritorialen Anwendung der Menschenrechte verneint.188 Dem ist jedoch nicht zu folgen. Der wesentliche Punkt bei der extraterritorialen Anwendung von Menschenrechten ist, dass ein Staat für Menschenrechtsverletzungen haftet, die außerhalb seines Territoriums an unter seiner Hoheitsgewalt stehenden Personen begangen werden. Der Staat muss für solche Menschenrechtsverletzungen einstehen, die unter seinem Schutzschirm der Hoheitsgewalt geschehen. Er übt Einfluss auf die seiner Hoheitsgewalt unterneralversammlung, Human Rights Council, U.N. Doc. A/HRC/11/2/Add.5, Rn. 71– 73, 83. 187  Chetail, IRRC 85/850 (2003), S.  235, 242  ff.; Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, S. 352 ff.; Kadelbach, Zwingendes Völkerrecht, 1992, S. 256 ff.; Klein, Menschenrechte und Ius cogens, in: FS Reuss, 2005, S. 151 ff.; Meron, Human Rights and Humanitarian Norms as Customary Law, 1989, S. 79 ff.; Schäfer, Jahrbuch Öffentliche Sicherheit 2004/2005, S. 79, 82 f.; AGMR, Bámaca Velásquez Case (Petition No. 11.129), Urteil vom 25. November 2000, Series C No. 70 (2000), Rn. 27. 188  So Israel bezüglich der besetzten Palästinensischen Gebiete, dazu ablehnend der UN-Menschenrechtsausschuss: CCPR/C/79/Add. 93, 18 August 1998 Sixtythird session, Consideration of Reports submitted by States Parties under Article 40 of the Covenant, Concluding observations of the Human Rights Committee, Rn. 10 und CCPR/CO/78/ISR, 21 August 2003, Seventy-eighth Session, Consideration of Reports submitted by States Parties under Article 40 of the Covenant, Concluding obervations of the Human Rights Committee, Rn. 11; wie auch ablehnend zu einer solchen Position der USA: U.S. Supreme Court, Hamdan v. Rumsfeld, Urteil vom 29. Juni 2006, 126 S.Ct. 2749 (2006), ILM 45 (2006), S. 1130.



D. Fazit103

stehenden Menschen aus. Das hoheitliche Staatsgebiet umfasst dabei auch den Luftraum über dem gesamten Land- und Seegebiet eines Staates. Luftangriffe, die Ausprägung der Erlangung von Lufthoheit über dem Staatsgebiet eines anderen Staates sind, begründen Hoheitsgewalt in dem jeweiligen Luftraum. Diese vermag aber nicht immer auch eine Hoheitsgewalt auf dem Boden zu begründen. Dies ist selbst dann nicht anzunehmen, wenn LuftBoden-Angriffe vorgenommen werden, da diese im Regelfall nicht in der Lage sind, effektive Kontrolle über sich am Boden befindende Menschen auszuüben.

D. Fazit: Zusammenspiel der für das Luftkriegsrecht geltenden Regelungen Trotz des Einflusses, welchen die Entwicklung und der Einsatz von Luftfahrzeugen auf die Kriegsführung hatten, existieren kaum luftkriegsrechtliche Kodifikationen. Dennoch finden Luftoperationen nicht im rechtsfreien Raum statt. Der Rechtsrahmen für Lufteinsätze im Rahmen von bewaffneten Konflikten besteht aus dem allgemeinen humanitären Völkerrecht, i. e. allen allgemeinen für alle Arten der Kriegsführung geltenden Regelungen sowie spezifischen, im Luftkriegsrecht entwickelten Völkergewohnheitsrechtsgrundsätzen und den Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts, die stets und unabhängig von der jeweiligen Kriegsart zur Anwendung gelangen. Auch für den Land- und Seekrieg bestimmte Regelungen können herangezogen werden, soweit dies mit der Eigenart des Luftkrieges vereinbar ist. Da­ rüber hinaus sind die anwendbaren Regelungen im Lichte der Menschenrechte zu beleuchten, da im Rahmen von bewaffneten Konflikten sowohl das humanitäre Völkerrecht wie auch bestimmte Menschenrechte Anwendung finden, wobei sich die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht gegenseitig ergänzen und im Falle eines Widerspruchs das humanitäre Völkerrecht als spezielleres Recht vorgeht. Da das Luftkriegsrecht im Vergleich zum Land- oder Seekriegsrecht kein komplettes Regelwerk aufweist und die einzelnen in den verschiedenen Abkommen enthaltenden, auf den Luftkrieg anwendbaren Regelungen fragmentarischer Natur sind, ist es schwierig Luftoperationen in der Praxis darauf aufzubauen. Die Ausführenden sind gezwungen, auf Völkergewohnheitsrecht und allgemeine kriegsvölkerrechtliche Regeln zurückzugreifen, deren Anwendung im konkreten Fall oft unsicher ist und einen gewissen Interpreta­ tionsspielraum eröffnet. Fraglich ist, wie sich ein solcher Mangel an Regelungen auf den Schutz von Zivilpersonen bei Luftoperationen im Rahmen von bewaffneten Konflikten auswirkt. Darauf wird im Folgenden näher eingegangen.

Kapitel 4

Herausforderungen des Rechts des bewaffneten Konflikts im Rahmen von modernen Luftoperationen Mit der fortschreitenden Entwicklung der Luftfahrt und dem Einsatz von militärischen Luftfahrzeugen in bewaffneten Konflikten nahmen Sorgen hinsichtlich des Schutzes von Zivilpersonen im Rahmen von Luftkriegen zu. Obwohl zunehmend moderne Technologien zum Einsatz gelangen, scheint es so, als würden Aufklärung und gezielte Angriffe auf rechtmäßige militärische Ziele paradoxer Weise immer schwieriger. Die Mittel und Methoden des modernen Luftkrieges, insbesondere bei Einsatz von unbemannten (autonomen) Luftfahrzeugen, stellen somit eine der größten Herausforderungen des Rechts des bewaffneten Konflikts im 21. Jahrhundert dar. Die Herausforderungen moderner Luftkriege für das Recht liegen größtenteils in der Einhaltung zweier Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts, nämlich des Unterscheidungsgrundsatzes sowie des Exzessverbotes. Die nachfolgend näher betrachtet werden. Sodann werden die im Zusammenhang mit modernen Luftoperationen auftretenden Probleme im Hinblick auf den Schutz von Zivilpersonen näher beleuchtet und die eventuellen Defizite des geltenden Rechts herauskristallisiert.

A. Herausforderungen an den Schutz von Zivilpersonen im Hinblick auf den Unterscheidungsgrundsatz und das Exzessverbot I. Schutz von Zivilpersonen nach dem Luftkriegsrecht im Lichte des Unterscheidungsgrundsatzes Der Unterscheidungsgrundsatz ist von grundlegender Bedeutung für das Recht des bewaffneten Konflikts.1 Er stellt das Fundament dar, auf welchem 1  Ipsen, Combatants and Non-Combatants, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of Humanitarian Law in Armed Conflicts, 2013, S. 79; Hobe, Der asymmetrische Krieg als Herausforderung der internationalen Ordnung und des Völkerrechts, in: Heintze/ Ipsen (Hrsg.), Heutige bewaffnete Konflikte als Herausforderungen an das humani-



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot105

die Kodifikationen der Gesetze und der Gebräuche des Krieges ruhen.2 Vom IGH wird der Unterscheidungsgrundsatz sogar als zu den elementaren Erwägungen der Menschlichkeit („elementary considerations of humanity“) zählend angesehen und als eines der Grundprinzipien, die das humanitäre Völkerrecht ausmachen („cardinal principles (…) constituting the fabric of humanitarian law“), charakterisiert.3 Der Unterscheidungsgrundsatz ist eine zentrale Komponente der Theorie des gerechten Krieges und gehört zum Kern des humanitären Völkerrechts.4 Luftkriege stellen besonders große Herausforderungen für den Unterscheidungsgrundsatz dar.5 Dies ist im Wesentlichen bedingt durch die sich rasant entwickelnde Technologie, das Wiederaufleben asymmetrischer Konflikte und das Verwischen einer klaren Grenze zwischen Kombattanten und Zivilpersonen. 1. Der Unterscheidungsgrundsatz Der Unterscheidungsgrundsatz soll Zivilpersonen in Rahmen von bewaffneten Konflikten und damit auch bei Luftoperationen einen umfassenden Schutz bieten. Im Folgenden werden Umfang und Auswirkungen dieses Prinzips auf den Zivilpersonen in Luftkriegen zukommenden Schutz näher beleuchtet. a) Begriff und Grundsatz Der Unterscheidungsgrundsatz verlangt, dass stets zwischen Kombattanten und Zivilpersonen sowie militärischen Zielen und zivilen Objekten zu unter-

täre Völkerrecht, 2011, S. 69, 74; Schmitt, Targeting in Operational Law, in: Gill/ Fleck (Hrsg.), The Handbook of International Law of Military Operations, 2015, S. 269, 272; Watkin, 21st Century Conflict and International Humanitarian Law: Status Quo or Change?, in: Schmitt/Pejic (Hrsg.), International Law and ­ Armed Conflict: Exploring the Faultlines, 2007, S. 265, 276; Detter, The Law of War, 2000, S. 135; Plaw, JME 9/1 (2010), S. 3, 5; Dorman, AUIntLawJl 12 (2005), S. 83, 84. 2  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S.  598, Rn. 1863; Parks, Air Force L. Rev. 32/1 (1990), S. 1, 4. 3  ICJ, ICJ Reports (1996), Rn. 78. 4  Plaw, JME 9/1 (2010), S. 3, 5; so Dorman, AUIntLawJl 12 (2005), S. 83, S. 84, wonach sich das Recht des bewaffneten Konflitks im Prinzip auf den Unterscheidungsgrundsatz reduzieren lässt. 5  El-Din Amer, The Protection of Civilian Population, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, 2006, S. 17.

106 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

scheiden ist.6 Damit soll gewährleistet werden, dass die Zivilbevölkerung vor Angriffen geschützt ist sowie Mittel und Methoden der Kriegsführung auf das Erforderliche begrenzt werden.7 Nur Angriffe auf rechtmäßige militärische Ziele sind erlaubt.8 Der vom Unterscheidungsgrundsatz ausgehende Schutz umfasst alle Personen und Objekte, so auch medizinisches oder geistliches Personal oder diejenigen, die nicht mehr an Feindseligkeiten teilnehmen, wie Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige und Kriegsgefangene. Der Unterscheidungsgrundsatz gilt universal, also in Bezug auf Individuen, die Bevölkerung insgesamt und ziviles Eigentum.9 Er stellt eine zweigeteilte Verpflichtung dar: Zunächst sind Zivilpersonen von Kombattanten und zivile Objekte von militärischen Objekten zu unterscheiden. Nur letztere, also Kombattanten und militärische Objekte, dürfen sodann rechtmäßig zum Gegenstand von Angriffen gemacht werden. Die Unterscheidung auf erster Ebene ist damit von zentraler Bedeutung und es ist, um ein sicheres Schutzniveau zu gewährleisten, stets eine eindeutige Zuordnung vorzunehmen. Ein Individuum z. B. kann nur einen Status innehaben, entweder es ist ein Kombattant oder eine Zivilperson.10 b) Hintergrund Die Regelung, dass nur militärische Ziele rechtmäßig angegriffen werden dürfen, lässt sich auf den Grundsatz zurückführen, dass das Ziel eines bewaffneten Konflikts das politische Durchsetzen gegenüber dem Gegner bzw. das Obsiegen über gegnerische Streitkräfte durch militärische Unterwerfung sein soll.11 Gewaltakte dürfen diesem Zweck entsprechend nur auf das Überwältigen gegnerischer Streitkräfte abzielen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass, wenn erst die Streitkräfte neutralisiert worden sind, auch der politisch, psychologisch oder wirtschaftlich stärkste Feind nicht länger bestehen kann.12 6  Vgl. hierzu ausführlich Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 1863 ff.; ICJ, ICJ Reports (1996), Rn. 78; Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Regel 1, S.  3 f. 7  Van Engeland, Civilian or Combatant, 2011, S. 28. 8  Schmitt, YHRDLJ 2/1 (1999), S. 143, 148–149; Johnson, Can Modern War Be Just?, 1984, S. 27; Carnahan, Air Force L. Rev. 17/2 (1975), S. 39, S. 40. 9  Van Engeland, Civilian or Combatant, 2011, S. 28. 10  Maxwell, Mil. Rev. 84/3 (2004), S. 17. 11  Sassoli, Legitimate Targets of Attacks under International Humanitarian Law, 2003, S. 3; Oeter, Means and Methods of Combat, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of International Humanitarian Law, 2013, S. 115, 116. 12  Schmitt, IYHR (2003), S. 59, 68; Sassoli, Legitimate Targets of Attacks under International Humanitarian Law, 2003, S. 3.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot107

Dieser Grundsatz findet sich auch im Prinzip der militärischen Notwendigkeit wieder und begrenzt damit die Reichweite zulässiger kriegerischer Handlungen. Auch wenn es kriegstaktisch unter Umständen effektiver wäre, Gewaltakte auch gegen Personen oder Objekte von politischer, wirtschaftlicher oder psychologischer Wichtigkeit zu verüben, um einen Feind in ggfs. kürzerer Zeit zu besiegen, so sind auch solche Maßnahmen am Unterscheidungsgrundsatz zu messen. c) Rechtsgrundlagen Bereits im Lieber Code von 186313, der St. Petersburger Erklärung von 186814, der Brüsseler Konferenz von 187415 sowie dem Oxford Manual von 188016 lassen sich erste Ansätze der Kodifizierung des Unterscheidungsgrundsatzes erkennen.17 Als Ursprung der Kodifizierung des Unterscheidungsrundsatzes wird jedoch Art. 25 LKO angesehen. Art. 25 LKO verbietet es, Städte, Dörfer, Wohnstätten oder (zivil genutzte) Gebäude, mit welchen Mitteln auch immer, anzugreifen oder zu beschießen. Diese Regelungen wurden durch die Haager Luftkriegsregeln, insbesondere Art. 22, 24 und 25 LKR bestätigt.18 13  Art. 22 Lieber Code: „Nevertheless, as civilization has advanced during the last centuries, so has likewise steadily advanced, especially in war on land, the distinction between the private individual belonging to a hostile country and the hostile country itself, with its men in arms. The principle has been more and more acknowledged that the unarmed citizen is to be spared in person, property, and honor as much as the exigencies of war will admit.“. 14  St. Petersburger Deklaration vom 11. Dezember 1868. 15  Art. 15 der Deklaration über die Gesetze und Gebräuche des Krieges der Brüsseler Konferenz von 1874 (27. Juli – 27. August 1874): „Fortified places are alone liable to be besieged. Open towns, agglomerations of dwellings, or villages which are not defended can neither be atttacked nor bombarded.“. 16  Art. 1 des Manuel des lois de la guerre sur terre (Oxford Manual von 1880) des Institut de Droit international: „The state of war does not admit of acts of violence, save between the armed forces of belligerent states. Persons not forming part of a belligerent armed force should abstain from such acts.“. 17  Präambel der Petersburger Erklärung von 1868 betreffend Nichtanwendung der Sprenggeschosse im Kriege, 29.11/11.12.1868: „The only legitimate object which states should endeavor to accomplish during war ist to weaken the military forces of the enemy.“, vgl. Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, S. 1. 18  Art. 22 LKR stellt ein grundsätzliches Verbot jeglicher Luftangriffe auf, die auf die Zivilbevölkerung abzielen. Art. 24 LKR versucht rechtmäßige Luftangriffe zu definieren und Kriterien aufzustellen, die den Schutz von Zivilpersonen sicherzustellen vermögen. Art. 25 LKR stellt bestimmte zivile Plätze und Gebäude unter zusätzlichen und speziellen Schutz im Rahmen von Luftangriffen.

108 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Explizit und verbindlich kodifiziert ist der Unterscheidungsgrundsatz in Art. 48 ZP I:19 „Um Schonung und Schutz der Zivilbevölkerung und ziviler Objekte zu gewährleisten, unterscheiden die am Konflikt beteiligten Parteien jederzeit zwischen der Zivilbevölkerung und Kombattanten sowie zwischen zivilen Objekten und militärischen Zielen; sie dürfen daher ihre Kriegshandlungen nur gegen militärische Ziele richten.“

Ergänzt wird Art. 48 ZP I durch Art. 51 Abs. 2, 52 Abs. 2 ZP I, die den Unterscheidungsgrundsatz aufgreifen sowie Art. 50 Abs. 1 S. 2, 52 Abs. 1 S. 2 ZP I, die einen Regelungsmechanismus implementieren, nach welchem in Zweifelsfällen von einer Eigenschaft als Nichtkombattant bzw. nicht-militärisches Objekt auszugehen ist. Die Geltung des Unterscheidungsgrundsatzes im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt ergibt sich daneben aus dem Gemeinsamen Art. 3 der GK, Art. 13 ff. ZP II sowie entsprechendem Völkergewohnheitsrecht. Der Unterscheidungsgrundsatz stellt zudem eine anerkannte Norm des Völkergewohnheitsrechts dar und ist somit für alle Kriegführenden zwingend, unabhängig davon, um welche Konfliktart es sich handelt. Er ist damit auch für Staaten bindend, die nicht Vertragspartei des ZP I sind (wie z. B. die USA und Israel).20 19  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Regel 1, S. 3 f.; Robertson, USAFA J. Leg. Stud. 8 (1997), S. 35; Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 598. 20  So der ICJ in seinem Atomwaffengutachten, ICJ Reports (1996), S. 257; und auch Dinstein, International Law Studies 84 (2008), S. 183; Schmitt, YHRDLJ 2/1 (1999), S. 143, 148; Sassoli, Legitimate Targets of Attacks under Internatioal Humanitarian Law, 2003, S. 1; Robertson, USAFA J. Leg. Stud. 8 (1997), S. 35; Rogers, Law on the Battlefield, 1996, S. 7; Quéguiner, The Principle of Distinction, in: Hensel (Hrsg.), The Legitimate Use of Military Force, 2008, S. 161, 164; Henckaerts/ Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, S. 1, S. 3; Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law: Vol. II: Practice, 2005, Parts 1 and 2: Die Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und Kombattanten wird in Regel 1 festgehalten, die der Feststellung rechtmäßiger Angriffsziele dient. Regel 6 wiederholt den in Art. 51 Abs. 3 ZP I niedergelegten Grundsatz, dass Zivilpersonen den ihnen gewährten Schutz verlieren, soweit und solange sie unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Die Studie zeigt auch die völkergewohnheitsrechtliche Natur vieler aus dem Unterscheidungsgrundsatz resultierender Verpflichtungen auf, wie des Verbots von unmittelbar gegen Zivilpersonen und zivile Objekte gerichteten Angriffen (Regeln 1–7), des Verbots von Gewalthandlungen und -drohnungen, deren primärer Zweck es ist, Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerugn zu verbreiten (Regel 2), der Definitionen von militärischen Zielen sowie zivilen Objekten (Regeln 8–10), des Verbots unterschiedsloser und unverhältnismäßiger Angriffe (Regeln 11–14) sowie der Vorsichtsmaßnahmen bei und gegen die Auswirkungen von Angriffen (Regeln 15–24).



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot109

Nach Art. 53 S. 2 WVK ist eine zwingende Norm des allgemeinen Völkerrechts eine Norm, die von der internationalen Staatengemeinschaft in ihrer Gesamtheit angenommen und anerkannt wird als eine Norm, von der nicht abgewichen werden darf und die nur durch eine spätere Norm des ­allgemeinen Völkerrechts derselben Rechtsnatur geändert werden kann. Vor diesem Hintergrund wird vertreten, dass aufgrund des fundamentalen Charakters des Unterscheidungsgrundsatzes eine Anerkennung dessen als ius cogens21 sachgerecht sei.22 Es werden allerdings auch Argumente gegen den ius cogens-Charakter des Unterscheidungsgrundsatzes vorgebracht, die von einer allgemeinen Leugnung des Konzepts des ius cogens bis zu der Annahme, dass das ZP I es zulasse, dass Staaten bei der Ratifizierung in Einklang mit Art. 19 WVRK die Regelungen des ZP I betreffende Vorbehalte äußern können und Art. 48 ZP I nicht davon ausgenommen sei, reichen, wobei letztere Argumente gegen den ius cogens-Charakter sprechen.23 Auch wenn viele Institutionen zurückhaltend betreffend den ius cogensCharakter sind, so gibt es Anhaltspunkte für seine Bestätigung, so z. B. das Atomwaffengutachten des IGH24, worin dieser den Unterscheidungsgrundsatz als grundlegend („cardinal“) und unverletzlich („intransgressible“) beschreibt. Auch der ICTY erklärte im Kaff Kupreskic-Fall, dass die meisten Normen des humanitären Völkerrechts, insbesondere solche, die Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozide verbieten, unabdingbare Völkerrechtsnormen oder ius cogens darstellen.25 Angesichts der Tatsache, dass es in diesem Fall um Kriegsverbrechen in Form von unterschiedslosen Angriffen auf Zivilpersonen ging, lässt sich diese Aussage auch auf den Unterscheidungsgrundsatz übertragen. Auch wenn der Unterscheidungsgrundsatz nicht eindeutig als Norm des ius cogens zu qualifizieren ist, so wäre dies zumindest aufgrund der damit 21  Einen Anhaltspunkt dafür, welche Normen als ius cogens anzusehen sind, vermag Art. 53 der WVRK zu geben, indem er einen Vertrag für nichtig erklärt, der im Zeitpunkt seines Abschlusses im Widerspruch zu einer zwingenden Norm des allgemeinen Völkerrechts steht. Satz 2 zufolge ist eine zwingende Norm des allgemeinen Völkerrechts im Sinne der WVRK eine Norm, die von der internationalen Staatengemeinschaft in ihrer Gesamtheit angenommen und als eine Norm anerkannt wird, von der nicht abgewichen werden darf und die nur durch eine spätere Norm des allgemeinen Völkerrechts derselben Rechtsnatur geändert werden kann. 22  Quéguiner, The Principe of Distinction, in: Hensel (Hrsg.), The Legitimate Use of Military Force, 2008, S. 161, 169. 23  Kolb, Ius in bello, 2003, S. 226, 227. 24  ICJ, ICJ Reports (1996), S. 257, Rn. 79. 25  ICTY, Urteil vom 14.  Januar 2000, Az.: IT-95-16-T, Prosecutor v. Kupreškić, Rn. 520.

110 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

einhergehenden Rechtfolgen m. E. wünschenswert. Eine entsprechende Einordnung würde nämlich zur Nichtigkeit gegenteiliger, widersprechender Regelungen führen.26 Zudem würde eine abweichende Staatenpraxis nicht zur Aufhebung des Prinzips führen, da dazu dann ein neuer Konsens auf gleichem normativen Level, also eine neue ius cogens-Norm, benötigt werden würde.27 Zudem würde dies zu der absoluten Geltung des Unterscheidungsgrundsatzes führen, welcher dann nicht von anderen Parteien und deren Verhalten in Frage gestellt werden könnte.28 2. Der aus dem Unterscheidungsgrundsatz resultierende Schutz von Zivilpersonen im Rahmen von Luftoperationen Die Ausprägungen des Unterscheidungsgrundsatzes tragen in vielerlei Hinsicht zum Schutz von Zivilpersonen im Rahmen von Luftkriegsoperationen bei. Im Folgenden wird dies näher beleuchtet. a) Notwendige Unterscheidung nach Art. 48 ZP I Gemäß Art. 48 ZP I sind die Konfliktparteien in einem bewaffneten Konflikt, und damit auch im Luftkrieg, zum Schutz der Zivilbevölkerung sowie ziviler Objekte verpflichtet, jederzeit zwischen der Zivilbevölkerung und zivilen Objekten einerseits, sowie Kombattanten und militärischen Objekten andererseits, zu unterscheiden.29 Kriegshandlungen dürfen sich dabei nur gegen militärische Ziele richten. Die diesbezügliche Grundregel lautet, dass das anvisierte Angriffsziel militärischer Natur sein muss und ein absicht­licher Angriff ziviler Personen und Objekte in keinem Fall statthaft ist. Zum Teil wird begrifflich der Unterscheidungsgrundsatz hierauf verengt („discrimi­ nation“-Ansatz).30 26  Kolb,

Ius in bello, 2003, S. 224. The Specificities of Humanitarian Law, in: Swinarski (Hrsg.), FS Pictet, 1984, S. 265, 273. 28  Quéguiner, The Principle of Distinction, in: Hensel (Hrsg.), The Legitimate Use of Military Force, 2008, S. 172. 29  Teilweise wird auch lediglich zwischen militärischen und nicht-militärischen Zielen unterschieden. Im Rahmen dieser Untersuchung wird jedoch entsprechend der nach wie vor üblichen Kategorisierung zwischen Zivilpersonen, zivilen Objekten sowie Kombattanten und militärischen Zielen differenziert. 30  Dies wird dabei abgeleitet aus Art. 51 Abs. 4 ZP I: „Unterschiedslose Angriffe sind verboten. Unterschiedslose Angriffe sind a) Angriffe, die nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden, b) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, die nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden können, oder c) Angriffe, bei denen Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, deren Wirkungen nicht entsprechend den Vorschriften dieses 27  Abi-Saab,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot111

aa) Status von Personen Wesentlich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Angriffs und damit des Schutzes von Zivilpersonen ist die Identität der Person, gegen die sich ein solcher richtet. Da das Töten der gegnerischen Streitkräfte einen integralen Bestandteil militärischer Operationen im Rahmen von bewaffneten Konflikten darstellt,31 sind nur Kombattanten rechtmäßige militärische Angriffsziele (Art. 48, Art. 52 Abs. 2 S. 1 ZP I). Zivilpersonen hingegen dürfen nicht Ziel von militärischen Angriffen sein, solange und sofern sie nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen (Art. 48 ZP I, Art. 51 Abs. 1, 2, 3, Art. 52 Abs. 1, 2 ZP I, Art. 13 ZP II).32 Die Bestimmung, wer als Zivilperson anzusehen ist, ist negativ ausgestaltet und orientiert sich an der Definition des Kombattantenbegriffs. (1) Kombattanten Art. 43 ZP I sowie Art. 4A Abs. 1 bis 3, 6 GK III33 bestimmen im Wesentlichen, dass im Rahmen internationaler bewaffneter Konflikte nur Angehörige von Streitkräften Kombattanten sind. Nur diese sind berechtigt, an Feindseligkeiten teilzunehmen. Dabei handelt es sich nach Art. 43 II ZP I in erster Linie um die Angehörigen regulärer Streitkräfte eines Staates, mit Ausnahme von medizinischem Personal, Geistlichen, zivilem Verteidigungspersonal und Mitgliedern der Streitkräfte, denen ein ziviler Verteidigungsstatus zukommt (z. B. im Bereich der Verwaltung tätige Mitglieder).34 Wer dabei zu den regulären Streitkräften eines Staates gehört, bestimmt sich nach innerstaatlichem Recht.35 Auch die irregulären Streitkräfte zählen zu den Kombattanten, sofern sie einem verantwortlichen Befehlshaber unterstehen, ihre Waffen offen tragen und sich von der Zivilbevölkerung unterscheiden.36 Keine Kombattanten sind hingegen Spione (Art. 29 LKO, Art. 46 ZP I) sowie Söldner (Art. 47 ZP I).

Protokolls begrenzt werden können und die daher in jedem dieser Fälle militärische Ziele und Zivilpersonen oder zivile Objekte unterschiedslos treffen können.“ 31  Byers, War Law, 2005, S. 127. 32  Zur unmittelbaren Teilnahme von Zivilpersonen siehe Kapitel 4 A. I. 2. aa) (3). 33  III. Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen, BGBl. 1954 II, S. 838, UNTS Bd. 75, S. 135. 34  The Commander’s Handbook on the Law of Naval Operations, 2007, S. 5–2. 35  ICRC, Interpretive Guideline on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 25. 36  The Commander’s Handbook on the Law of Naval Operations, 2007, S. 5–2.

112 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Da eine Unterscheidung in modernen bewaffneten Konflikten nicht zweifelsfrei und ohne Weiteres nur auf Basis der Zugehörigkeit zu Streitkräften eines Staates getroffen werden kann, ist im Rahmen der Definitionsfindung auf Art. 4A der GK III abzustellen. Dieser stellt im Zusammenhang mit dem Kriegsgefangenenstatus Kriterien auf, die insbesondere vor Einführung des ZP I auf die Definition von Kombattanten schließen ließen. Demnach müssen die betroffenen Personen in einem Hierarchieverhältnis stehen, um einzelne Vendetta- und Kriegsakte von Individuen auszuschließen, einer expliziten Kennzeichnungspflicht gerecht werden, ihre Waffen offen tragen (soweit dies praktikabel ist) und bei ihren Operationen die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhalten. Darüber hinaus wird verlangt, weitere nicht kodifizierte Voraussetzungen für den Kombattantenstatus zu berücksichtigen.37 Es reicht nicht aus, dass Kombattanten Befehlen nachgehen, vielmehr muss es eine Einbindung in eine Organisationsstruktur geben und ein Kombattant muss einer der Konfliktparteien angehören.38 Personen, die ohne Bezug zu einer der Konfliktparteien am Konflikt teilnehmen, können keine rechtmäßigen Kombattanten sein. Zudem darf keine Zugehörigkeits- oder Treuepflicht gegenüber einer gegnerischen Macht bestehen. So kann ein Soldat eines Staates nicht gegen diesen Staat in den Krieg ziehen. In einem solchen Fall würde es sich um eine Rebellion innerhalb der Streitkräfte des betreffenden Staates handeln, für die dieser Staat selbst verantwortlich ist und auf die innerstaatliches Recht zu Anwendung kommt. Aus der Einordnung als Kombattant folgen bestimmte Rechte und Pflichten. So haben nur Kombattanten das Recht, unmittelbar und straffrei an Kampfhandlungen teilzunehmen.39 Dafür können sie im Gegenzug aber auch jederzeit selbst zum rechtmäßigen Ziel von Angriffen gemacht werden. Dies gilt auch, wenn sie außer Dienst sind, da sich die Rechtmäßigkeit eines Angriffes allein aus ihrem Kombattantenstatus ableitet.40 Kombattanten sind allerdings nicht komplett schutzlos gestellt. So folgen aus dem Status z. B. Rechte im Fall einer Gefangennahme nach der GK III41, wie der Status der 37  Dinstein, The Conduct of Hostilities under The Law of International Armed Conflict, 2004, S. 36–37. 38  Ipsen, Combatants and Non-Combatants, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of International Humanitarian Law, 2013, S. 79, 85 f. 39  Art. 43 Abs. 2 ZP  I; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2010, Rn. 78. 40  Art. 48 S. 2 ZP I; Rogers, Law on the Battlefield, 2013, S. 8; Dinstein, International Law Studies 84 (2008), S. 183, 184; Hampson, International Law Studies 87 (2011), S. 187, 198; Schmitt, NYU J Int’l L & Pol 42/3 (2010), S. 697, 704. 41  Art. 23 c) LKO; Art. 12 Abs. 1 GK I; Art. 12 Abs. 2 GK II; und im Allgemeinen: Art. 41 Abs. 1 ZP I; Byers, War Law, 2005, S. 127.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot113

Kriegsgefangenen und die Kombattantenimmunität.42 Kombattanten dürften zudem nicht angegriffen werden, wenn sie außer Gefecht gesetzt sind (hors de combat). Wenn nicht eindeutig feststeht, ob es sich bei einer Person um einen Kombattanten handelt oder nicht, sollte dieser nach Art. 5 Abs. 2 GK III vorsorglich erst einmal der Kriegsgefangenenstatus gewährt werden bis ein Gericht der gefangennehmenden Partei entscheidet, ob der Person ein solcher Status zukommt. Die Kombattantenimmunität bewirkt, dass Kombattanten nicht strafrechtlich dafür belangt werden können, dass sie an Feind­ seligkeiten teilgenommen haben, wobei dies aber nicht die Verurteilung für Kriegsverbrechen und allgemeine Verbrechen ausschließt.43 Im Gegensatz zum Kriegsgefangenenstatus, welcher unter Umständen auch Zivilpersonen zukommen kann, basiert das Prinzip der Kombattantenimmunität auf einem quid pro quo-Element, das voraussetzt, dass die in ihren Genuss kommenden Personen sich während der Kriegshandlungen zum rechtmäßigen Ziel gemacht haben müssen, sodass die Kombattantenimmunität nur und ausschließlich Kombattanten im internationalen bewaffneten Konflikt zugutekommt.44 Der Kombattantenstatus an sich existiert nur im Recht des internationalen bewaffneten Konflikts.45 Das Äquivalent zum Kombattantenstatus im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt ist der sog. „Kämpferstatus“, der gleichfalls bedeutet, dass eine Person grundsätzlich ein legitimes militärisches Ziel sein kann. Ein legitimes Ziel werden solche Personen dann, wenn sie unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, also als Kämpfer in Aktion treten oder eine andauernde Kampffunktion (sog. „continuous combat function“)46 innehaben.47

42  Art. 44 I ZP I; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2010, Rn. 94 ff.; Ipsen, Combatants and Non-Combatants in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of International Humanitarian Law, 2013, S. 79, 94, Rn. 312; Maxwell, Mil. Rev. 84/3 (2004), S. 17, 18. 43  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 203. 44  Corn/Smidt, Army Law. 319 (1999), S. 14. 45  Dies verdeutlicht vor allem die Völkergewohnheitsrechtsstudie des IKRK, Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Rule 11, S. 37. 46  Siehe dazu ausführlich Kap. 4 A. I. 2 a) aa) (3)–(5). 47  Solis, The Law of Armed Confllict: International Humanitarian Law in War, 2010, S. 206; Ohlin, Targeting Co-Belligerents, 2011, S. 60, 82 ff.

114 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

(2) Zivilpersonen Um einen umfassenden und lückenlosen Schutz zu gewährleisten, werden Zivilpersonen negativ definiert als Personen, die keine Kombattanten sind. So definiert Art. 50 Abs. 1 S. 1 ZP I jede Person als Zivilperson, die keiner der in Art. 4A Abs. 1–3 und 6 GK III und in Art. 43 ZP I bezeichneten Kategorien angehört. Regel 5 der Völkergewohnheitsstudie des IKRK besagt, dass Zivilpersonen Personen sind, die nicht Mitglieder der Streitkräfte sind.48 Dabei ist jedoch zu beachten, dass nicht alle Mitglieder der Streitkräfte Kombattanten sind und nicht jede Person, die kein Mitglied der Streitkräfte ist, eine Zivilperson ist. Alle Personen, die nicht als Kombattant den Streitkräften angehören, stellen Zivilpersonen dar, dies schließt auch Per­ sonen ein, die die Streitkräfte begleiten, wie z. B. Kriegskorrespondenten, Unterhaltungskünstler und Handelsleute.49 Hintergrund dieser negativen Definition ist, dass durch positive Definitionen von Kombattanten und Zivilpersonen entstehende Lücken vermieden werden sollten. Solche Lücken könnten nämlich zu einer Absenkung des Schutzniveaus führen, insbesondere wenn spezielle Fälle nicht eindeutig unter die Definitionen fallen und deswegen angenommen werden könnte, es gäbe Personen, die weder Kombattanten noch Zivilpersonen seien, sondern einer Art „Zwischenkategorie“ angehören würden, wodurch deren Schutz gefährdet würde.50 Das auf nicht-internationale Konflikte anwendbare ZP II enthält keine Definition des Begriffs der Zivilpersonen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Meinungen bezüglich der Frage, wer Zivilpersonen in einem nichtinternationalen Konflikt sind, stark auseinandergehen. Es ist nicht geklärt, ob Mitglieder der bewaffneten Oppositionsgruppen als Zivilpersonen, die ihren Schutz vor Angriffen durch die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten verloren haben, zu behandeln sind. Diese Unklarheit spiegelt sich als Regelungslücke im Vertragsrecht wieder, indem das ZP II keine Definition von Zivilpersonen vorsieht. Obwohl nicht definiert, wird der Begriff der Zivilpersonen jedoch mehrfach im ZP II vorausgesetzt.51 48  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, S. 17. 49  Ipsen, Combatant and Non-Combatants, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of Humanitarian Law in Armed Conflicts, 2013, S. 79, 104 f. 50  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 127. 51  So regelt Art. 13 ZP II den allgemeinen Schutz von Zivilpersonen vor den von Kampfhandlungen ausgehenden Gefahren. Art. 13 Abs. 2 ZP II sieht vor, dass weder die Zivilbevölkerung als solche, noch einzelne Zivilpersonen das Ziel von Angriffen sein dürfen und dass die Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem haupt-



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot115

Im Gegensatz zu Kombattanten und Kämpfern sind Zivilpersonen in internationalen und nicht-internationalen bewaffneten Konflikten zu schützen und dürfen nicht zum Ziel von Angriffen gemacht werden (Art. 51 Abs. 1, 2 ZP I, Art. 13 Abs. 1, 2 ZP II). Ihnen kommt damit als unmittelbare Folge des Unterscheidungsgrundsatzes Immunität zu. Im Zweifelsfall gilt eine Zivilperson stets als Zivilperson (Art. 50 Abs. 1 S. 2, 52 Abs. 1 S. 2 ZP I). Ausnahmsweise kann einer Zivilperson zudem der Status eines Kriegsgefangenen zugutekommen. Voraussetzung dafür ist, dass solch Personen die Streitkräfte begleiten, jedoch keine Waffen tragen (außer sie wurden ausdrücklich vom Befehlshaber zu Selbstverteidigungszwecken dazu ermächtigt52), keine Truppenschutzfunktionen wahrnehmen,53 keine erkennbar militärischen Uni­ formen tragen (außer sie wurden dazu vom Befehlshaber ermächtigt), aber ein Symbol tragen, dass ihren zivilen Status klar erkennbar herausstellt, sowie einen Genfer-Konventionen-Ausweis bei sich führen, der sie als die Streitkräfte begleitenden Zivilpersonen ausweist und sie berechtigt, bei Festnahme wie Kriegsgefangene behandelt zu werden54. Grundsätzlich gilt der Zivilpersonen zukommende Schutz nach Art. 51 Abs. 3 ZP I bzw. Art. 13 Abs. 3 ZP II soweit und solange diese nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. (3) An Feindseligkeiten teilnehmende Zivilpersonen Zivilpersonen können dann zu legitimen militärischen Zielen werden und den ihnen zukommenden Schutz vor Angriffen verlieren, sofern und solange sie aktiv und unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen.55 Es exisitert kein Verbot, welches es Zivilpersonen verbietet, an Feindseligkeiten teilzunehmen, sie verlieren durch solch Handlungen lediglich den ihnen zukommenden Schutz.56 Der Verlust des Schutzes vor Angriffen ist zeitlich begrenzt auf die Dauer der Teilnahme an Feindseligkeiten und der Status als Zivilpersächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, ist verboten. Dieser Schutz kommt den Zivilpersonen nach Art. 13 Abs. 3 ZP II solange zu, wie sie nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. 52  Office of the Assistant Secretary of the Army, CAF Guidebook, 2003, S. 33, 4.2.6; U.S. Department of Defense, DODD 1404.10, 1992, S. 10, Rn. 6.9.8. 53  U.S. Army Field Manual 3–100.21, Kap. 6. 54  Oscar/Moore, Contractors on the Battlefield, 1997, S. 2. 55  Art. 51 Abs. 3 ZP I; dies ist auch völkergewohnheitsrechtlich anerkannt, vgl. dazu Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Rule 6; weiterführend: Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2010, Rn. 362 ff. 56  Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 64, Rn. 7.

116 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

son bleibt im Übrigen erhalten.57 Sie werden nicht zu Kombattanten.58 Konsequenz ist, dass diesen Zivilpersonen nur ein minimaler Schutz entsprechend den in Art. 75 ZP I geregelten grundlegenden Garantien zu­gutekommt, der jedoch keinen Kriegsgefangenenstatus beinhaltet, sondern vielmehr gewisse prozessuale Rechte sicherstellt.59 Die Einordnung einer Zivilperson als unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmend hat grundlegende Auswirkungen auf das dieser Person zukommende Schutzniveau. So bleiben beispielsweise unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmende Zivilpersonen bei den Abwägungen und Vorkehrungen im Rahmen des Exzessverbots und den gebotenen Vorsichtsmaßnahmen bei Angriffen unberücksichtigt. Sie können zudem im Gegensatz zu Kombattanten für Ihr Handeln strafrechtlich verfolgt werden und genießen keinen Kriegsgefangenenstatus, sondern nur den Schutz des Minimumstandards aus Art. 75 ZP I und dem gemeinsamen Art. 3 der GK sowie der nicht suspendierten Menschenrechte.60 Auch wenn der Status dieser Zivilpersonen damit dem von unprivilegierten Kombattanten ähnelt, denn sie verlieren die ihnen nach der GK IV zustehende Immunität, erlangen aber keinen Schutz durch die GK III, so ist es in diesem Zusammenhang wichtig zu betonen, dass es im Völkerrecht keine Grau­ zonen und damit auch keine unrechtmäßigen bzw. unprivilegierten Kombattanten gibt.61 (4) Organisierte bewaffnete Gruppen In einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt stehen sich organisierte bewaffnete Gruppen, wie sie in Art. 1 Abs. 1 ZP II bezeichnet werden, sowie Regierungstruppen gegenüber. Die Kategorie der Kombattanten erstreckt sich allerdings nicht auf die organisierten bewaffneten Gruppen.62 Das Recht des nicht-internationalen bewaffneten Konflikts kennt weder im Gemeinsamen Art. 3 der GK noch im ZP II den Begriff des Kombattanten. Die Kombattantenimmunität, die den Kombattanten im internationalen bewaffneten Konflikt zugutekommt, gibt es im nicht-internationalen bewaffne57  ICRC, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 70; Schmitt, NYU J Int’l L & Pol 42/3 (2010), S. 697, 698; Boothby, NYU J Int’l L&Pol 42/3 (2010), S. 741, 754. 58  Anders Dinstein, International Law Studies 84 (2008), S. 183, 188. 59  Siehe dazu im Einzelnen Art. 75 Abs. 4 ZP I. 60  Schmitt, Humanitarian Law and Direct Participation in Hostilities by Private Contractors or Civilian Employees, 2004, S. 6; Heintschel von Heinegg, International Law Studies 87 (2011), S. 463, 468; ICRC, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 13. 61  Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 108. 62  Lubell, Extraterritorial Use of Force against Non-State Actors, 2010, S. 103.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot117

ten Konflikt nicht.63 Der beiden Seiten eines internationalen bewaffneten Konflikts gewährte Kombattantenstatus entstammt dem im internationalen bewaffneten Konflikt herrschenden Prinzip der Gleichheit der kriegführenden Parteien nach dem Recht des bewaffneten Konflikts. Diese Gleichheit existiert nicht in Bezug auf die Parteien eines nicht-internationalen bewaffneten Konflikts. Zudem sind die Staaten nicht willens, Aufständischen die mit dem Kombattantenstatus einhergehenden Privilegien zukommen zu lassen.64 Dennoch wird oft, auch im Rahmen der Völkergewohnheitsrechtsstudie des IKRK, der Begriff des Kombattanten für diese benutzt, um sie von den zu schützenden Zivilpersonen abzugrenzen. Auch werden Begriffe wie „Kämpfer“ („fighter“) zu ihrer Klassifizierung verwendet.65 Darüber hinaus gehend wurde entsprechend vorgeschlagen, eine Kategorie des Kämpfers für den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt als Pendant zum Kombattanten im internationalen bewaffneten Konflikt einzuführen. Danach seien Kämpfer Personen, die dem administrativen Militärapparat einer Konfliktpartei angehörten und legitime Angriffsziele seien, ohne jedoch Privilegien zu genießen. Auch könnten solche Personen, anders als an Feindseligkeiten teilnehmende Zivilpersonen, ihren Schutz nicht wiedererlangen, sobald sie ihre Teilnahme an Feindseligkeiten beendeten.66 Der Begriff der Kämpfer eignet sich allerdings aufgrund seiner zu großen Nähe und in einigen Sprachen sogar synonymen Bedeutung zum Kombattantenbegriff nicht als hinreichend klares Abgrenzungskriterium. Eine eindeutige Abgrenzung ist aber notwendig, da Mitgliedern nichtstaatlicher bewaffneter Truppen im Unterschied zu Kombattanten gerade kein Kombattantenstatus zukommt. Organisiert an Kampfhandlungen teilnehmende Personen sind kein Teil der Streitkräfte und erfüllten auch nicht die erforderlichen Voraussetzungen nach Art. 1 HKLO, Art. 13 GK I, Art. 4 GK III, wonach die Gesetze, Rechte und Pflichten des Krieges nicht nur für Streitkräfte, sondern auch für Milizen und Freiwilligen-Korps gelten können.67 Sie tragen regelmäßig kein sichtbares Emblem und ihr Verhalten, welches vorsätzliches Töten und Verletzen von Zivilpersonen beinhaltet, steht im Widerspruch zum Kriegsvölkerrecht. Sie sind demnach keine Kombattanten, was zur Folge hat, dass ihnen weder der Kriegsgefangenenstatus 63  Solf,

The American Univerity Law Review, Volume 33, 1983, S. 53, 57–61. Der asymmetrische Krieg als Herausforderung der internationalen Ordnung und des Völkerrechts, in: Heintze/Ipsen (Hrsg.), Heutige bewaffnete Konflikte als Herausforderungen an das humanitäre Völkerrecht, 2011, S. 69, 75. 65  San Remo Manual on the Law of Non-international Armed Conflict, 2006, Abschnitt 1.1.2., 4. 66  Bothe, Töten und getötet werden – Kombattanten, Kämpfer und Zivilisten im bewaffneten Konflikt, in: FS Delbrück, 2005, S. 67, 72 ff. 67  Maxwell, Mil. Rev. 84/3 (2004), S. 17, 20. 64  Hobe,

118 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

noch die Immunität gegenüber vorgenommenen Schädigungshandlungen zukommen.68 Demnach bleibt nach dem humanitären Völkerrecht nur noch die Kategorie der Zivilpersonen zur Einstufung übrig. Sie sind damit als unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmende Zivilpersonen anzusehen, deren Schutzniveau für die Dauer ihrer Teilnahme an Feindseligkeiten absinkt. Diese Einordnung ist aber der Kritik ausgesetzt, immerhin nehmen diese Personen an Feindseligkeiten gegen den Staat teil. Es wird argumentiert, dass man diese Personen, wenn man sie nicht als Kombattanten einstuft, erst recht nicht als Zivilpersonen ansehen sollte, da diesen dadurch mehr Schutz als Kombattanten gewährt würde.69 In diesem Zusammenhang wird oft auf die bereits oben erwähnte sogenannte dritte Kategorie von unrechtmäßigen Kombattanten verweisen, welche es dem Recht des bewaffneten Konflikts zufolge jedoch nicht gibt. Unabhängig davon, ob es wünschenswert wäre, eine solche Kategorie anzuerkennen, die die Abgrenzung der verschiedenen Personengruppen weiter verkomplizieren würde, reicht das existierende Recht dazu nicht aus und entsprechendes Völkergewohnheitsrecht fehlt.70 Aufgrund der mit einer solchen Kategorie einhergehenden Verwischung der ansonsten trennscharfen Kategorisierung ist die Kategorie der unrechtmäßigen Kombattanten abzulehnen. Eine an Kampfhandlungen teilnehmende, nicht unter den Kombattantenbegriff fallende Person ist kein unrechtmäßiger Kombattant, sondern ein krimineller Zivilist und behält damit ihren Status als Zivilperson, kann aber für ihre Handlungen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, da ihr eine Kombattantenimmunität in jedem Fall nicht zukommt. Durch die Teilnahme an Feindseligkeiten sind diese Personen am Konflikt beteiligt und so de facto-Kombattanten. Sie können als unrechtmäßige Kombattanten bezeichnet werden, dies ändert allerdings nichts an ihrem Status als Zivilpersonen, auch wenn sie durch ihre Teilnahme an Feindseligkeiten zum legalen Angriffsziel werden.71 Da diese kämpfenden Personen problemlos als unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmende Zivilpersonen eingeordnet werden können, besteht auch kein Bedürfnis, eine Kategorie des Kämpfers einzuführen.72 68  Kleffner,

NILR 54 (2007), S. 315, 322. The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2004, S. 249. 70  U.S. Supreme Court, Urteil vom 28. Juni 2004, Hamdi v. Rumsfeld, 43 ILM (2004), S. 1166–1179, Rn. 24. 71  Götze, Fragen der Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts, 2002, S. 139; zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Anwendung des auf die IKRKAuslegungshilfen und allgemeine Regeln des Humanitären Völkerrechts gestützten Begriffes der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten, wonach die an Kampfhandlungen teilnehmenden Personen den ihnen zustehenden Status als Zivilpersonen für die Zeit der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten verlieren. 69  Dinstein,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot119

Damit erfahren Aufständische im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt keinerlei besondere Behandlung, so kommt ihnen weder ein Kombattantenstatus noch der daraus abgeleitete Status eines Kriegsgefangenen zugute.73 Während Kombattanten für ihre Teilnahme am Kampfgeschehen nicht belangt werden dürfen, unterliegen Aufständische der Verurteilung nach innerstaatlichem Recht und werden bei Gefangennahme wie gewöhnliche Kriminelle behandelt. Ihnen kommt aber ein gewisser Minimalschutz nach dem gemeinsamen Art. 3 der GK sowie in manchen Fällen nach dem ZP II zugute.74 Grundlegende Verfahrensgarantien stellen der gemeinsame Art. 3 Abs. 1 d) der GK sowie Art. 6 Abs. 2–4 ZP II auf. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang insbesondere Art. 6 Abs. 5 ZP II, der die nach der Beendigung des Konflikts an der Macht befindlichen Stellen zu weitgehender Amnestie für die am vorherigen Konflikt Beteiligten anhält. Dies gilt allerdings nur für Schädigungshandlungen unter Einhaltung des humanitären Völkerrechts, sodass Kriegsverbrechen in jedem Fall geahndet werden können.75 Aufständische, die sich an das Recht des bewaffneten Konflikts halten, können dadurch einen Vorteil erlangen, indem ihnen, obwohl sie keinen Anspruch auf den 72  So auch Schaller, Humanitäres Völkerrecht und nichtstaatliche Gewaltakteure, 2007, S. 29. 73  Gasser, Humanitäres Völkerrecht, 2007, S. 78; Emanuelli, International Humanitarian Law, 2009, S. 181. 74  Dem gemeinsamen Art. 3 der GK zufolge sollen Personen, die nicht direkt an Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der bewaffneten Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die infolge Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeiner anderen Ursache ausser Kampf gesetzt wurden, unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt werden, ohne jede Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der Farbe, der Religion oder des ­Glaubens, des Geschlechts, der Geburt oder des Vermögens oder aus irgendeinem ähnlichen Grunde. Angriffe auf Leib und Leben, namentlich Mord jeglicher Art, Verstümmelung, grausame Behandlung und Folterung sowie Gefangennahme von Geiseln, Beeinträchtigung der persönlichen Würde, namentlich erniedrigende und entwürdigende Behandlung, Verurteilungen und Hinrichtungen ohne vorhergehendes Urteil eines ordnungsmässig bestellten Gerichtes, das die von den zivilisierten Völkern als unerlässlich anerkannten Rechtsgarantien bietet sind unter allen Umständen verboten. Die Verwundeten und Kranken sollen geborgen und gepflegt werden und eine unparteiische humanitäre Organisation, wie das IKRK, kann den am Konflikt beteiligten Parteien ihre Dienste anbieten. Die Vorschriften des ZP II ergänzen den gemeinsamen Art. 3 der GK. Da sie viel detailierter sind, können sie zur Auslegung der Vorschriften des gemeinsamen Art. 3 der GK verwendet werden. Art. 5 Abs. 1 ZP II bezieht sich auf Personen, denen aus Gründen im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt die Freiheit entzogen ist und gewährt ihnen Mindestgarantien, die wenn sie nicht garantiert werden können, zur Freilassung der Gefangenen führen. 75  ICTY, Urteil vom 2. Oktober 1995, Az. IT-94-1-AR72, Prosecutor v. Tadic, Rn. 128–136.

120 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Status eines Kriegsgefangenen haben, tendenziell eher Kriegsgefangenen entsprechende Haftbedingungen eingeräumt werden.76 (5) Regierungstruppen Im Gegensatz zu den organisierten bewaffneten Gruppen, die gegen die Regierung kämpfen, kommen Regierungstruppen Kombattantenprivilegien im Rahmen nicht-internationaler bewaffneter Konflikte zugute. Dies beruht auf der Annahme, dass sich ein Staat grundsätzlich rechtmäßig verhält, wenn er sich auf einen nicht-internationalen bewaffneten Konflikt mit Regierungsgegnern einlässt, da ihm die Möglichkeit zustehen muss, sich gegen Aufständische zur Wehr zu setzen.77 Die Regierungstruppen agieren aufgrund von Anordnungen des Staates und handeln somit rechtmäßig, sofern sie sich an geltendes Recht halten. Daher ist kein Grund ersichtlich, warum ihnen nicht der Kombattantenstatus zustehen sollte. Aufständische hingegen, die den Staat bekämpfen, handeln rechtswidrig. Dies wird vor allem mit dem e contrario-Argument begründet, dass Aufständische, die rechtmäßig gegen den Staat vorgehen, von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt werden und sich der Konflikt damit in einen internationalen bewaffneten Konflikt wandelt, was zur Folge hat, dass Aufständischen auch der Kombattantenstatus zugutekommt.78 Dieses Argument stützt auch die Annahme, dass bereits aus logischen Gründen den Streitkräften eines Staates als einem originären Beispiel für Kombattanten auch in einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt der Kombattantenstatus zugutekommen sollte.79 bb) Status von Objekten Nach dem Unterscheidungsgrundsatz ist in Hinblick auf Objekte stets zwischen zivilen Objekten und militärischen Zielen zu unterscheiden, wobei nur letztere nach Art. 52 Abs. 1 S. 1 ZP I zum Gegenstand von Angriffen und Repressalien gemacht werden dürfen. Da zivile Objekte entsprechend dem zuvor für Zivilpersonen dargestellten Ansatz negativ zu militärischen Zielen abgegrenzt werden (Art. 52 Abs. 1 S. 2 ZP I), wird im Folgenden zunächst auf den positiv definierten Begriff der militärischen Ziele eingegangen.

76  Gasser,

Humanitäres Völkerrecht, 2007, S. 78, 79. YIHL 13 (2010), S. 311, 324. 78  Schmitt, YIHL 13 (2010), S. 311, 324. 79  Schmitt, YIHL 13 (2010), S. 311, 324. 77  Schmitt,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot121

(1) Militärische Ziele Nach Art. 52 Abs. 2 ZP I sind militärische Ziele solche, die aufgrund ihrer Beschaffenheit, ihres Standortes, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Verwendung wirksam zu militärischen Handlungen beitragen und deren gänzliche oder teilweise Zerstörung, Inbesitznahme oder Neutralisierung unter den in dem betreffenden Zeitpunkt gegebenen Umständen einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt. Demnach muss ein legitimes militärisches Angriffsziel zwei Kriterien kumulativ erfüllen: Es muss zum einen effektiv zum militärischen Handeln des Feindes beitragen und zum anderen muss die Erfassung, Zerstörung oder Neutralisierung dieses Objekts der angreifenden Seite einen eindeutigen militärischen Vorteil verschaffen.80 Nur eine militärische Natur des Objekts reicht also nicht aus, um dieses als militärisches Ziel zu qualifizieren. Auch ist für die Beurteilung des wirksamen Beitrags zu militärischen Handlungen die politische, wirtschaftliche, soziale oder psychologische Bedeutung eines Objekts unerheblich, vielmehr kommt es auf eine militärische Nutzung an. Ansonsten wäre eine solche Beurteilung zu spekulativ und die Kategorie der rechtmäßigen Angriffsziele nahezu endlos, denn in modernen bewaffneten Konflikten können nahezu alle Objekte auf irgendeine Art zur Fortführung des Krieges beitragen.81 Auch können nur materielle, greifbare Dinge legitime Angriffsziele darstellen.82 Dabei sind die Begriffe des militärischen Ziels und des militärischen Objekts nicht deckungsgleich, so können auch zivile sowie dual-use Objekte militärische Ziele sein.83 Ein legitimes Ziel ist anzunehmen, wenn zusätzlich zu den vorstehend genannten Voraussetzungen, die Zerstörung, Inbesitznahme oder Neutralisierung des betreffenden Objekts unter den gegebenen Umständen des Einzelfalles einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt.84 Ein eindeutiger militärischer Vorteil ist ein bedeutender unmittelbarer Vorteil, also keiner, der kaum erkennbar ist und der sich nur auf lange Sicht herausstellen könnte. Der Vorteil 80  Sassóli/Cameron, The Protection of Civilian Objects, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 35, 48. 81  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 131. 82  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 2007– 2008; Dinstein, International Law Studies, 78 (2002), S. 139 ff., S. 142; Sassóli, Legitimate Targets of Attacks under International Humanitarian Law, 2003, S. 2. 83  Bothe/Partsch/Sol/Eaton, New Rules for Victims of Armed Conflicts, 2013, Art. 52, Rn. 2.4.2; kritisch in Bezug auf dual-use Objekte Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 65, Rn. 28. 84  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 131.

122 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

muss zudem bestimmt, konkret und von militärischer Natur sein und darf kein politischer oder propagandistischer Vorteil sein. Objekte, die nur hypothetischen oder möglichen militärischen Zwecken dienen, stellen keine militärischen Ziele dar.85 Durch diese Kriterien und den Ausschluss indirekter Beiträge sowie möglicher Vorteile wird eine zu weite Interpretation und damit eine Aushöhlung der Definition verhindert.86 Ein militärischer Vorteil ist dabei nur aus dem Gesamtverständnis des militärischen Einsatzes, der ganzen Operation und nicht aus einem Angriff heraus zu verstehen.87 Es kann sein, dass ein Objekt abstrakt betrachtet einem militärischen Zweck dient und trotzdem nicht angegriffen werden darf, wenn kein militärischer Vorteil aus seiner Zerstörung zu erwarten ist.88 Solche Angriffe wären auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der militärischen Notwendigkeit verboten, da sie nicht notwendig zur Erreichung des Kriegszieles sind. Was genau einen militärischen Vorteil darstellt, ist anhand einer Einzelfallentscheidung zu bewerten. Entscheidend sind dabei die dem Angreifer im gegebenen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen. Daher ist diese Einzelfallentscheidung abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls. Das Recht des nicht-internationalen bewaffneten Konflikts kennt keine Definition des militärischen Ziels.89 Der gemeinsame Art. 3 der GK und das ZP II regeln das Recht des bewaffneten Konflikts vielmehr durch Ge- und Verbote. Art. 13 Abs. 2 ZP II sieht vor, dass weder die Zivilbevölkerung als solche, noch einzelne Zivilpersonen zu Angriffszielen gemacht werden dürfen. Daraus lässt sich ableiten, dass die Zivilbevölkerung kein legitimes militärisches Ziel ist und Entsprechendes gilt für die für die Zivilbevölkerung lebensnotwendigen Objekte und anderen Sachgüter (Art. 14 ZP II). Die für internationale bewaffnete Konflikte geltende Definition des militärischen Ziels kann jedoch als Auslegungs- und Interpretationshilfe zur Bestimmung von rechtmäßigen Angriffszielen auch im Rahmen nicht-internationaler Konflikte herangezogen werden.90 85  Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 65, Rn. 30; Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 131. 86  Sassóli/Cameron, The Protection of Civilian Objects, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 35, 48. 87  Schmitt, Targeting in Operational Law, in: Gill/Fleck (Hrsg.), The Handbook of the International Law of Military Opeations, 2015, S. 269, 279; Oeter, Methods and Means of Combat, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of Humanitarian Law in Armed Conflicts, 2013, S. 115, 175 f. 88  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 131. 89  Gasser, Humanitäres Völkerrecht, 2007, S. 85. 90  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Customary Study, Regeln 1–6.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot123

(2) Zivile Objekte Das humanitäre Völkerrecht erstreckt den Unterscheidungsgrundsatz und die daraus folgende Immunität auch auf zivile Objekte und ziviles Eigentum. So sieht Art. 52 Abs. 1 S. 1 ZP I vor, dass zivile Objekte weder angegriffen noch zum Gegenstand von Repressalien gemacht werden dürfen. Die Definition solcher zivilen Objekte ist dabei, ebenso wie die korrespondierende Definition von Zivilpersonen, negativer Art (Art. 52 Abs. 1 S. 2 ZP I). Ein illegitimes Ziel ist danach jedes Objekt, das nicht eindeutig als legitimes militärisches Ziel identifiziert werden kann. Ziel dieser weiten und flexiblen, negativen Definition ist auch hier eine möglichst umfassende Gewährleistung des Schutzes ziviler Objekte. b) Zweifelsvermutung nach Art. 50 Abs. 1 S. 2 ZP I und Art. 52 Abs. 3 ZP  I Einen Schutz von Zivilpersonen gewähren auch die Zweifelsvermutungen der Art. 50 Abs. 1 S. 2 ZP I und Art. 52 Abs. 3 ZP I. Die Zweifelsvermutung des Art. 50 Abs. 1 S. 2 ZP I besagt, dass sofern Zweifel bestehen, ob es sich bei einer Person um eine Zivilperson handelt, diese als Zivilperson anzusehen ist. Dadurch wird zum Schutz der Zivilpersonen sichergestellt, dass diesen auch bei Unklarheiten bezüglich ihres Status der größtmögliche Schutz zugutekommt, indem diese solange als Zivilpersonen gelten, bis ihr Status widerlegt wird.91 Es gab Meinungsverschiedenheiten im Rahmen der traveaux préparatoire dahingehend, ob Art. 50 Abs. 1 ZP I der Regelung des Art. 5 Abs. 2 GK III widerspreche, die vorsieht, dass im Zweifelsfall eine Person, die Feindseligkeiten begangen hat, unter dem Schutz der GK III stehe und wie ein Kriegsgefangener zu behandeln sei. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass sich die beiden Absätze auf unterschiedliche Situationen beziehen. Im Fall des Art. 5 Abs. 2 GK III geht es um Personen, die Feindseligkeiten verübt haben und bei Gefangennahme behaupten, Kombattanten zu sein. Diesen Personen kommt dann im Zweifel zunächst der Kriegsgefangenenstatus zu, um ihnen so vorerst den größtmöglichen Schutz zu gewähren, denn als Zivilpersonen würde ihnen keine Kombattantenimmunität bei Gefangennahme zugutekommen. Im Fall des Art. 50 Abs. 1 ZP I sind einer Person gegenüber, was ihren Status anbelangt, im Gesamtkontext Zweifel aufgekommen, sodass diese Person dann als Zivilperson zu behandeln ist, um auch ihr den größtmög­

91  Sandoz/Swinarski/Zimmermann

(Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 612.

124 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

lichen Schutz in der jeweiligen Situation zu gewähren.92 Damit kommt es vor dem Hintergrund der Gewährung des größtmöglichen Schutzes in jeglichen Situationen zu keinen Widersprüchen. Die Einführung der Zweifelsvermutung spricht dafür, dass es bereits beim Verfassen des ZP I Situationen in bewaffneten Konflikten gab, in denen der Status einer Person nicht zweifelsfrei festzustellen war. Deswegen wurden keine engeren Definitionen von Zivilpersonen oder Kombattanten festgelegt und es wurden auch keine Zwischenkategorien eingefügt. Enge Definitionen wurden als zu riskant angesehen und bargen die Gefahr von rechtsschutzfreien Räumen und von Manipulationen des Rechts des bewaffneten Konflikts durch Befehlshaber oder andere beteiligte Personen, sobald diese und ihre Armeen unter starkem Druck standen, Entscheidungen zu treffen.93 Dies spricht dafür, dass die Zweifelsvermutung eine Art Auffangregelung für jene Fälle darstellen soll, die aufgrund der Ausprägung der Definitionen nicht von vornherein eindeutig einer der geregelten Kategorien unterfallen. Im Umkehrschluss wirkt sich dies auch auf die Definitionen von Kombattanten und Zivilpersonen aus. Es bedeutet nämlich, dass das Konzept des Kombattanten klar und eindeutig definiert werden muss. Die Definition von Zivilpersonen hingegen weist einen hohen Grad an Flexibilität auf, damit so vielen Personen wie möglich ausreichend Schutz zukommt. Das humanitäre Völkerrecht muss flexibel bleiben, um sich an neue Situationen anzupassen und in diesen effektiv zu wirken.94 Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch Art. 50 Abs. 2 und Abs. 3 ZP I, die bestimmen, dass die Zivilbevölkerung alle Zivilpersonen umfasst und auch dann Zivilbevölkerung bleibt, wenn sich unter den Zivilpersonen einzelne Personen befinden, die selbst keine Zivilpersonen sind. Dadurch erfährt die Gesamtheit der Zivilpersonen einen erhöhten Schutz und das Schutzniveau steht nicht zur Disposition einzelner Personen, die ggf. aus ihrer Mitte heraus Handlungen begehen, die militärischer Natur sind. Art. 52 Abs. 3 ZP I enthält eine korrespondierende Zweifelsvermutung zugunsten von zivilen Objekten, indem er im Zweifelsfall vermutet, dass ein in der Regel für zivile Zwecke bestimmtes Objekt nicht dazu verwendet wird, wirksam zu militärischen Handlungen beizutragen. Damit wird ein solches Objekt bei Zweifeln über seinen Charakter als ziviles Objekt eingestuft. Zwar ist es im Einzelfall schwierig, zu beweisen, dass ein normalerweise für zivile Zwecke genutztes Objekt nun militärischen Zwecken dienen 92  Sandoz/Swinarski/Zimmermann

ZP I.

93  Van 94  Van

(Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Art. 50 Abs. 1

Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 30. Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 36.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot125

soll, da dies oftmals heimlich erfolgt. Wenn jedoch diese Zweifelsvermutung nicht existieren würde, könnten Kriegführende ein solches Objekt und damit auch die sich darin befindenden Zivilpersonen aufgrund eines bloßen Verdachts angreifen. Daher ist es unerlässlich positiv festzustellen, was militärische Ziele sind, um diese von zivilen Zielen abgrenzen zu können. Die Definition und damit die Qualifikation als militärisches Ziel setzt das Überschreiten einer gewissen Grenze voraus.95 Wenn diese Grenze überschritten ist, dann ist das Ziel ein militärisches, wenn nicht, dann handelt es sich um ein ziviles Objekt. Denn alles, was kein militärisches Ziel ist, ist qua definitionem ein ziviles Objekt (Art. 52 Abs. 1 ZP I). Demnach gibt es nichts, was dazwischen fallen könnte. Dementsprechend wird richtigerweise auch vertreten96, dass es auch keine dual-use-Objekte geben kann. Wenn die militärische Bedeutung eines Objekts ausreichend groß ist, um die definitorische Schwelle zu überschreiten, dann handelt es sich um ein militärisches Ziel, bei dem ein eventueller gleichzeitiger ziviler Gebrauch bei der Einordnung vorerst keine Rolle spielt. Ein solches Objekt kann deswegen legitimer Weise zum Gegenstand von Angriffen gemacht werden. Der gleichzeitige zivile Gebrauch ist erst im zweiten Schritt, nämlich bei der Frage, auf welche Art und Weise das Ziel angegriffen werden kann, von Bedeutung.97 c) Verbot von gezielten Angriffen auf Zivilpersonen nach Art. 51 Abs. 1, Abs. 2 ZP  I Nach Art. 51 Abs. 1 ZP I (wortgleich mit Art. 13 Abs. 2 ZP II für nichtinternationale bewaffnete Konflikte) genießen die Zivilbevölkerung und einzelne Zivilpersonen einen allgemeinen Schutz vor den von Kriegshandlungen ausgehenden Gefahren. Daher stellt Art. 51 Abs. 2 ZP I fest, dass weder die Zivilbevölkerung als solche, noch einzelne Zivilpersonen das Ziel von Angriffen sein dürfen. Auch die Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, ist verboten. Ein bewaffneter Konflikt, der innerhalb eines Staates stattfindet, wirkt sich nahezu immer in dieser Weise auf die Zivilbevölkerung aus und verbreitet Angst und Schrecken unter dieser. Dies ist aber nicht Gegenstand von Art. 51 Abs. 2 ZP I. Vielmehr handelt es sich hier um ein Verbot 95  Hampson, The Principle of Proportionality in the Law of Armed Conflict, in: Perrigo/Whitman (Hrsg.), The Geneva Conventions under Assualt, 2010, S. 42, 46. 96  Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2016, S. 120; Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 65, Rn. 28. 97  Hampson, The Principle of Proportionality in the Law of Armed Conflict, in: Perrigo/Whitman (Hrsg.), The Geneva Conventions under Assualt, 2010, S. 42, 46.

126 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

von Angriffen bzw. deren Androhungen, die als Ziel haben, Angst und Schrecken zu verbreiten, ohne dass sie, wie bei rechtmäßigen, auf militärische Ziele gerichteten Angriffen, einem militärischen Vorteil dienen und sich lediglich als Nebeneffekt auf die Zivilbevölkerung auswirken. Angriffe, die nur als Nebeneffekt Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerung verbreiten, sind erlaubt.98 Dieser Schutz wirkt sich in zweifacher Hinsicht aus, zum einen dürfen Zivilpersonen nicht zum direkten Ziel von Angriffen gemacht werden, so sind Angriffe stets gegen militärische Ziele zu richten, und zum anderen sind unverhältnismäßige Kollateralschäden von Zivilpersonen bei Angriffen auf militärische Ziele verboten. d) Verbot unterschiedsloser Angriffe nach Art. 51 Abs. 4 und 5 ZP I Als direkte Ausprägung des Unterscheidungsgrundsatzes bestimmt Art. 51 Abs. 4 ZP I, dass unterschiedslose Angriffe verboten sind.99 Dieses Verbot gilt auch völkergewohnheitsrechtlich.100 Die Angriffsdefinition ist zum Schutz der Zivilpersonen so weit gefasst, dass sie die gesamte Bandbreite an Angriffsformen umfasst, von dem Angriff eines einzelnen Soldaten bis hin zu einer groß angelegten Offensive aller Streitkräfte eines Staates, unabhängig davon, auf welchem Gebiet diese stattfinden. Nach Art. 51 Abs. 4 ZP I sind Angriffe unterschiedslos, wenn sie a) nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden, b) Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, die nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden können, oder c) Kampfmethoden oder -mittel angewendet werden, deren Wirkungen nicht entsprechend den Vorschriften des ZP I begrenzt werden können und die daher in jedem dieser Fälle militärische Ziele und Zivilpersonen oder zivile Objekte unterschiedslos treffen können. Darin enthalten ist auch das Verbot von unterschiedslos wirkenden Waffen und Mitteln. So verbietet Art. 51 Abs. 4 a) ZP I den unterschiedslosen Einsatz von Waffen und Art. 51 Abs. 4 b) und c) ZP I unterschiedslose Waffen. Art. 51 Abs. 4 a) ZP I bezieht sich auf Waffen, die unabhängig davon, ob sie 98  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn.  1940; Bothe/Partsch/Solf, New Rules for Victims of Armed Conflicts, 2013, S. 342; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Laws of International Armed Conflict, 2004, S. 116. 99  Dinstein, The Conduct of Hostilites under the Law of International Armed Conflict, 2010, S. 127. 100  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, S. 37 ff.; HPCR Commentary, 2010, S. 88 ff.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot127

auf ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden können, es jedenfalls in der speziellen Situation nicht werden, und dadurch unterschiedslos wirken. Diese Waffen werden nicht bereits aufgrund ihrer Natur verboten, sondern nur eine bestimmte Art der Anwendung solcher Waffen, nämlich eine unterschiedslose Anwendung, wird verboten.101 Da dabei auf das Willenselement des Zielens abgestellt wird, stellt diese Art eines aberatio ictus, wenn also ein bestimmtes militärisches Ziel anvisiert wurde, dieser Angriff aber aufgrund eines technischen oder menschlichen Versagens fehlschlägt und dadurch zivile und militärische Ziele unterschiedslos getroffen werden, richtigerweise keinen Verstoß gegen dieses Verbot dar. Art. 51 Abs. 4 b) ZP I hingegen bezieht sich auf Waffen, die aufgrund ihrer Natur nicht auf ein bestimmtes militärisches Ziel gerichtet werden können.102 Diese Waffen können grundsätzlich nie im Einklang mit dem Unterscheidungsgrundsatz verwendet werden, da sie nicht diskriminierend eingesetzt werden können. Eine Ausnahme mag für den Fall bestehen, dass sie unterschiedslos gegen lediglich militärische Ziele zum Einsatz gelangen. Art. 51 Abs. 4 c) ZP I verbietet Angriffe, sofern die Kampfmittel und -methoden, die angewendet werden, in ihrer Wirkung nicht entsprechend den Vorschriften des ZP I begrenzt werden können. Die Ausprägungen dieses Verbots, insbesondere was seine Bestimmtheit und praktische Handhabung anbelangt, sind umstritten.103 Art. 51 Abs. 5 ZP I sieht Beispiele für im Sinne von Art. 51 Abs. 4 ZP I als unterschiedslos zu qualifizierende Angriffe vor. So ist beispielsweise nach Art. 51 Abs. 5 a) ZP I ein Angriff als unterschiedslos anzusehen, bei dem durch Bombardierung, gleich mit welchen Methoden oder Mitteln, mehrere deutlich voneinander getrennte militärische Einzelziele in einer Stadt, einem Dorf oder einem sonstigen Gebiet, in dem Zivilpersonen oder zivile Objekte ähnlich stark konzentriert sind, wie ein einziges militärisches Ziel behandelt werden. Demnach sind unterschiedslose Bombardements, wie Flächenbombardements, grundsätzlich verboten. Vorausgesetzt wird dabei stets ein ausreichend großer Abstand zwischen den einzelnen Zielen, der separate Angriffe zulassen würde.104 Art. 51 Abs. 5 b) ZP I betrifft komplexere Situationen, in denen ein militärisches Ziel angegriffen wird, dieses jedoch Kollateralschäden an Zivilpersonen und zivilen Objekten zu verursachen vermag. So ist ein Angriff als unterschiedslos anzusehen, bei dem damit zu rechnen ist, dass er auch Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung, die 101  Schmitt,

IRRC 87/859 (2005), S. 445. Weapons and the Law of Armed Conflict, 2016, S. 68 f. 103  Rogers, Law on the Battlefield, 1996, S. 22; Bothe/Partsch/Solf, New Rules for Victims of Armed Conflicts, 1982, S. 305. 104  HPCR Commentary, 2010, S. 90. 102  Boothby,

128 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen. Auffallend ist, dass Art. 51 Abs. 5 ZP I im Rahmen des letzten Beispiels Verhältnismäßigkeitskriterien mitberücksichtigt und damit den Unterscheidungsgrundsatz mit dem Exzessverbot verschränkt, indem solche Angriffe als unterschiedslos angesehen werden, die exzessiven Schaden verursachen. Auch das dritte Definitionselement von unterschiedslosen Angriffen nach Art. 51 Abs. 4 ZP I ist unbestimmt, denn es gibt keine Regelung im ZP I, welche speziell die Auswirkungen der Mittel und Methoden der Kriegsführung begrenzen würde. Man kann darin einen Verweis auf die Verhältnismäßigkeitsvorschrift des Art. 57 ZP I sehen, jedoch wäre dies überflüssig, da Art. 57 ZP I ohnehin direkt anwendbar ist.105 Es könnte sich aber auch um einen Verweis auf das ZP I als Ganzes handeln, jedoch fehlt es dieser Regelung an der erforderlichen Präzision, um eine Verletzung zu einem Kriegsverbrechen werden zu lassen.106 Bei der Beurteilung, ob ein Angriff unterschiedslos ist, kommt es auf den Angriff als Ganzes an, nicht auf einzelne voneinander getrennte Teile eines Angriffs. Der Befehlshaber muss seine Entscheidung auf Grundlage seiner Einschätzung der ihm vorliegenden Informationen anhand von allen ihm in dem gegebenen Zeitpunkt zugänglichen Quellen treffen.107 Damit handelt es sich stets um Einzelfallentscheidungen. e) Weiterer Schutz von Zivilpersonen und zivilen Objekten Aus dem Unterscheidungsgrundsatz leiten sich weitere den Schutz von Zivilpersonen betreffende Regelungen ab, welche die Unterscheidung von Zivilpersonen und zivilen Objekten von Kombattanten und militärischen Zielen voraussetzen. aa) Schutz nach Art. 51 Abs. 6, Art. 52 ZP I: Verbot von Repressalien Zum Schutz unschuldiger Zivilpersonen reihen sich Art. 51 Abs. 6, Art. 52 ZP I in eine Reihe von Bestimmungen im ZP I ein, die Repressalien verbieten (Art. 20, Art. 53, Art. 54, Art. 55 und Art. 56 ZP I). 105  Rogers,

Law on the Battlefield, 2004, S. 26. Law on the Battlefield, 2004, S. 26. 107  Roberts/Guelff, Documents on the Law of War, 2000, S. 511; Doswald-Beck, The Value of the Geneva Protocols for the Protection of Civilians in: Meyer (Hrsg.), Armed Conflict and the New Law, 1989, S. 137, 156, 157. 106  Rogers,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot129

Eine Repressalie im bewaffneten Konflikt ist eine Verletzung des Rechts des bewaffneten Konflikts durch eine Partei als Antwort auf eine Verletzung des Rechts des bewaffneten Konflikts einer anderen Partei, um diese dazu zu bewegen, das Recht des bewaffneten Konflikts zu beachten.108 Repressalien sind nicht als Vergeltungsmittel, sondern eher als Beugemittel zur Rechtswiederherstellung zu verstehen. Es handelt sich dabei um allgemeine, zwingende Verbote, von denen nicht einmal zugunsten der militärischen Notwendigkeit abzuweichen ist.109 Zivilpersonen sollen nicht für Handlungen bestraft werden, die sie nicht selbst begangen haben.110 Inwieweit Repressalien im Recht des bewaffneten Konflikts erlaubt sind, ist streitig. Das Recht des bewaffneten Konflikts verbietet Repressalien nicht allgemein, sondern sieht eine Reihe von speziellen Vorschriften vor, wobei die darin enthaltenen Verbote so breit gefächert sind, dass den Staaten nur ein begrenzter Spielraum bleibt, was erlaubte Repressalien betrifft.111 Ein verbleibender Minimalanwendungsbereich für Repressalien wird mit dem Argument verteidigt, dass diese aufgrund des schwachen Durchsetzungsmechanismus des Rechts des bewaffneten Konflikts das effektivste und oft auch das einzige zur Verfügung stehende Mittel darstellen, das den Gegner wieder zum Einhalten der Regeln des bewaffneten Konflikts zu bewegen vermag.112 Zudem verhindern sie einen militärischen Nachteil, der entstehen würde, wenn man einem Gegner ausgeliefert wäre, der selbst andauernd gegen das Recht des bewaffneten Konflikts verstößt.113 Andere hingegen vertreten, dass Repressalien ein primitives Mittel seien, um Nachgiebigkeit zu erzwingen und daher stets als rechtswidrig anzusehen sind. Darüber hinaus werden sie zum Teil als „barbarisch“ bezeichnet114, da sie die Unschuldigen verletzen, um dadurch mittelbar das Verhalten der Schuldigen zu beeinflussen, was nur zu unkontrollierter Gewalt, dem Provozieren von Gegenrepressalien führe und in einer Eskalation der Gewalt enden würde. Ein generelles Verbot von Repressalien gegen alle Zivilpersonen wird vor allem mit dem Prinzip der Humanität sowie dem Aspekt, dass die Grund108  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 173. 109  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 1984. 110  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 1984. 111  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 174. 112  Schlochauer/Krüger/Mosler/Scheuner (Hrsg.), Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. 3, 1962, S. 105. 113  UK LOAC Manual, 2004, Rn. 16.16–16.19.2. 114  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 173.

130 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

prinzipien des Kriegsrechts unabhängig vom Verhalten der gegnerischen Partei stets einzuhalten sind, begründet.115 Demnach sei nicht ersichtlich, warum unschuldige Zivilpersonen sterben sollten, weil die andere Partei das Recht verletzt habe. Zustimmung findet diese Ansicht in den Tendenzen der modernen Staatenpraxis116 und der negativen Reaktion der UN-Generalversammlung auf Repressalienfälle.117 Repressalien können dennoch unter bestimmten Einschränkungen völkerrechtlich zulässig sein. Auf ihren Einsatz finden allerdings fünf strenge Vo­ raussetzungen Anwendung.118 Zunächst muss der Zweck der Repressalie stets das Sichern der zukünftigen Rechtsbeachtung, nicht beispielsweise eine Bestrafung für eine begangene Rechtsverletzung sein. Die Repressalie muss ultima ratio sein, d. h., kein anderes weniger eingriffsintensives Mittel zur Sicherung der Rechtseinhaltung darf vorhanden sein. Die Repressalie muss verhältnismäßig sein in Bezug auf das durch die Rechtsverletzung erlittene Übel. Darüber hinaus muss die Entscheidung, auf Repressalien zurückzugreifen, auf höchster Regierungsebene getroffen werden. Die Repressalie muss beendet werden, sobald der gegnerische Kriegführende (wieder) in Einklang mit geltendem Recht handelt. Aufgrund dieser strengen Kriterien ist kaum ein Fall vorstellbar, in dem ein internationaler Angriff auf Zivilpersonen oder zivile Objekte als rechtmäßig angesehen wird, weil er als Repressalie zu qualifizieren ist. Dennoch ist dem Konzept der Repressalie aufgrund der Erwägungen der militärischen Notwendigkeit ein Minimalanwendungsbereich einzuräumen. In nicht-internationalen bewaffneten Konflikten werden Repressalien nicht minder kontrovers diskutiert. Der Gemeinsame Art. 3 der GK und Art. 4 Abs. 2 ZP II verbieten es, Personen, die hors de combat sind und NichtKombattanten zu welcher Zeit auch immer und an welchem Ort auch immer anzugreifen. Daraus wird geschlossen, dass Repressalien, zumindest solche gegen Nicht-Kombattanten, verboten sind.119 Darüber hinaus wurde argumentiert, dass das Konzept der Repressalien sich nie bis hin zum nicht-internationalen Konflikt ausgebreitet habe, da in diesen Konflikten der Schutz der 115  ICTY, Urteil vom 14.  Januar 2000, Az.: IT-95-16-T, Prosecutor v. Kupreškić, Rn.  527 ff. 116  Siehe im Detail zur Staatenpraxis Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol II: Practice, 2005, Part VI, Chapter 41, S.  3303 ff. 117  UN-Generalversammlung, U.N. Doc A/RES56/83, § 3, Annex. 118  UK LOAC Manual, 2004, Rn. 16.17; ICTY, Urteil vom 12. Juni 2007, Az.: IT-95-11-T, Prosecutor v. Martic, Rn. 165–467. 119  ICTY, Urteil vom 12. Juni 2007, Az.: IT-95-11-T, Prosecutor v. Martic, Rn. 1264.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot131

Zivilpersonen immer sehr hohe Priorität hatte.120 Andererseits wurde den souveränen Staaten das Recht zugestanden, Maßnahmen, die Repressalien gleichkommen, zu ergreifen, da das Recht des bewaffneten Konflikts diese im Rahmen des nicht-internationalen Konflikts nicht verbietet. Die Rechtslage in nicht-internationalen Konflikten bezüglich Repressalien ist nicht eindeutig, aber auf jeden Fall müssen die restriktiven Kriterien für die Zulässigkeit von Repressalien im internationalen bewaffneten Konflikt auch im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt Anwendung finden, da sie verbunden sind mit dem Konzept der Repressalien im modernen bewaffneten Konflikt. bb) Schutz nach Art. 51 Abs. 7 ZP I Art. 51 Abs. 7 ZP I verbietet es, Zivilpersonen einzusetzen, um militärische Ziele vor Angriffen durch ihre Präsenz abzuschirmen und Kriegshandlungen zu decken, zu begünstigen oder zu behindern. Zu der Thematik menschlicher Schutzschilde siehe Abschnitt A. III. 6. in diesem Kapitel. cc) Schutz nach Art. 51 Abs. 8 ZP I Art. 51 Abs. 8 ZP I bestimmt, dass eine Partei nicht deswegen von der Einhaltung des Rechts des bewaffneten Konflikts enthoben ist, weil eine andere Partei eines der oben genannten Verbote verletzt hat. Damit wird sichergestellt, dass die Parteien sich trotz möglicher Verstöße gegen das Recht des bewaffneten Konflikts weiterhin an diesem orientieren und es nicht bei dem ersten gegnerischen Verstoß als obsolet behandeln. Dies trägt zum Schutz von Zivilpersonen durch das Beibehalten eines Rechtsrahmens und damit auch der darin vorgesehenen Schutzvorschriften wesentlich bei. dd) Schutz nach Art. 52–56 ZP I sowie Art. 14, 15, 16 ZP II Weiteren Schutz von Zivilpersonen und ziviler Objekten gewähren die Art. 52 bis 56 ZP I sowie Art. 14, 15 und 16 ZP II. Diese enthaltenen Verbote von Angriffen auf zivile und kulturelle Objekte sowie Eigentum, Kulturstätten, für die Zivilbevölkerung lebensnotwendige Objekte sowie Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten (wie beispielsweise Staudämme, Deiche und Kernkraftwerke) sowie solche, die der natürlichen Um120  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, S. 527–529.

132 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

welt schaden und damit auch die Gesundheit und das Leben der Zivilpersonen gefährden können. Es wäre sinnlos Zivilpersonen vor Angriffen zu schützen, wenn man gleichzeitig Angriffe auf für sie lebensnotwendige In­ stallationen, die beispielsweise die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln garantieren, erlaubte. Daher verbietet auch Art. 54 ZP I das Aushungern der Zivilbevölkerung und Angriffe, die sie von lebensnotwendigen Einrichtungen abschneiden. Art. 54 ZP I stellt Völkergewohnheitsrecht dar.121 Darüber hinaus verbietet Art. 53 ZP I die Zerstörung von Kulturgütern und Kultstätten und Art. 54 Abs. 2 ZP I die Zerstörung von für die Zivilbevölkerung lebensnotwendigen Einrichtungen, wie etwa landwirtschaftlichen Gebieten, Ernte- und Viehbeständen, die zur Erzeugung von Nahrungsmitteln genutzt werden, oder Trinkwasserversorgungsanlagen und -vorräten sowie Bewässerungsanlagen. Dies gilt selbst dann, wenn sie militärische Ziele darstellen, aber ihre Zerstörung besondere Gefahren für die Zivilbevölkerung birgt, die sich insbesondere in schweren Verlusten manifestieren können. In die gleiche Schutzrichtung zielen auch Art. 27 LKO und Art. 5 IX. Haager Abkommen von 1907.122 Zudem können einige Installationen, wie Atomkraftwerke oder Dämme zerstörerische Kräfte freisetzen, wenn sie angegriffen werden, daher spricht ihnen das Recht des bewaffneten Konflikts Immunität vor Angriffen zu. Art. 56 ZP I listet in Bezug darauf einige Installationen auf, denen besonderer Schutz vor Angriffen zukommt, wobei diese Auflistung jedoch nicht abschließend ist.123 Auch ist der in Art. 56 ZP I gebotene Schutz nicht absolut, sodass Ausnahmen vorgesehen sind, wenn diese Installationen militärische Ziele darstellen und ein Angriff nicht zur Freisetzung von zerstörerischen Kräften führt oder die Installationen bedeutend und unmittelbar Militäroperationen unterstützen und ein Angriff die einzige Möglichkeit der Beendigung 121  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 147. 122  Art. 5 IX. Haager Abkommen, betreffend die Beschießung durch Seestreitkräfte in Kriegszeiten vom 18. Oktober 1907, RGBl. 1910, 256 ff., 205 CTS 345; dazu Bekanntmachung über die Ratifikation von zwölf auf der Zweiten Haager Friedenskonferenz abgeschlossenen Abkommen vom 18. Oktober 1907 und die Hinter­ legung der Ratifikationsurkunden sowie über die von den Vereinigten Staaten von Amerika, von Österreich-Ungarn und von Russland gemachten Vorbehalte, vom 25. Januar 1910, in RGBl. 1910, 375. „Bei der Beschießung durch Seestreitkräfte sollen von dem Befehlshaber alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, um die dem Gottesdienste, der Kunst, der Wissenschaft und der Wohltätigkeit gewidmeten Gebäude, die geschichtlichen Denkmäler, die Hospitäler und Sammelplätze für Kranke oder Verwundete soviel wie möglich zu schonen, vorausgesetzt, dass sie nicht gleichzeitig zu einem militärischen Zwecke Verwendung finden.“ 123  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 149.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot133

dieser Unterstützung darstellt. Jedoch sind in diesem Zusammenhang auch die Regelungen bezüglich Vorsichtsmaßnahmen bei Angriffen sowie das Exzessverbot zu beachten, was dazu führt, dass beispielsweise ein Angriff auf ein Atomkraftwerk nie als verhältnismäßig anzusehen sein wird. Schließlich sind Angriffe gegen unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten und Gebäude, mit welchen Mitteln auch immer, nach Art. 25 LKO unzulässig. Dabei wird diese Norm jedoch als nur auf den unselbstständigen, nicht aber auf den selbstständigen Luftkrieg anwendbar angesehen.124 Dies lässt sich im Kern aus der Ratio der Art. 25, 26 LKO ableiten. So ist eine vorherige Ankündigung des Angriffs beim strategischen Luftkrieg nicht möglich. Das Angriffsverbot des Art. 25 LKO ist ferner deckungsgleich mit dem in Art. 59 ZP I und Art. 1 IX. Haager Abkommens von 1907. Zu Zwecken der Unterscheidung müssen einige Objekte durch Embleme identifizierbar gemacht werden, wie beispielsweise medizinische Einheiten und Fahrzeuge (Art. 12, 21 ZP I und Art. 11 ZP II), kulturelle Objekte und Kulturstätten (Art. 53 ZP I, Art. 16 ZP II), für das Überleben der Zivilbevölkerung unabdingbare Objekte (Art. 54 ZP I, Art. 14 ZP II) und die natürliche Umwelt (Art. 55 ZP I) sowie Arbeiten und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten (Art. 56 ZP I, Art. 15 ZP II), unverteidigte Orte (Art. 59 ZP I) und demilitarisierte Zonen (Art. 60 ZP I). ee) Schutz nach Art. 13, 14 ZP II in nicht-internationalen bewaffneten Konflikten Die grundlegenden konventionellen Rechtsquellen des nicht-internationalen bewaffneten Konflikts sind die Menschenrechte, der Gemeinsame Art. 3 der GK und das ZP II, welches in Ergänzung des Gemeinsamen Art. 3 der GK Anwendung findet. Art. 3 der GK ist eine Art kleine Konvention und wird als Völkergewohnheitsrecht angesehen. Er schreibt Minimumstandards vor, die für Zivilpersonen und solche Personen, die nicht mehr am Konflikt teilnehmen, gelten. Er listet in seinem Abs. 1 eine Reihe verbotener Handlungen auf, wie Angriffe auf Leib und Leben, namentlich Mord jeglicher Art, Verstümmelung, grausame Behandlung und Folterung, die Gefangennahme von Geiseln, die Beeinträchtigung der persönlichen Würde, namentlich erniedrigende und entwürdigende Behandlung und Verurteilungen und Hinrichtungen ohne vorhergehendes Urteil eines ordnungsmäßig bestellten Gerichtes, und stellt damit 124  Castrén, The Present Law of War and Neutrality, 1954, S. 404; Meyer, Völkerrechtlicher Schutz der friedlichen Personen und Sachen gegen Luftangriffe, 1935, S. 135.

134 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

die von den zivilisierten Völkern als unerlässlich anerkannten Rechtsgarantien dar. Diese Handlungen sind absolut zu jeder Zeit und unter allen Umständen verboten. Ergänzt wird Art. 3 der GK durch das ZP II, welches jedoch im Vergleich zu Art. 3 der GK einen begrenzteren Anwendungsbereich hat. Das ZP II findet nur auf Konflikte mit einer gewissen Intensivität Anwendung und nicht wie Art. 3 der GK auf alle Situationen nicht-internationaler bewaffneter Konflikte. Der Schutz des ZP II erinnert stark an den des Art. 75 ZP I.125 Art. 27, 31, 34 und 64 bis 77 ZP II gehen detailliert auf die in Art. 3 der GK vorgesehenen Regelungen ein. Schutz von Zivilpersonen gewähren zudem Art. 13, 14, 17 ZP II, die an die Vorschriften des ZP I anknüpfen und allgemeinen Schutz der Zivilbevölkerung vor Angriffen, Schutz der für die Zivilbevölkerung lebensnotwendiger Objekte, Schutz von Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte, Schutz von Kulturgut und Kultstätten sowie das Verbot von Zwangsverlegungen enthalten. Die Unzulänglichkeiten des Völkervertragsrechts in nicht-internationalen Konflikten sind nichtsdestotrotz enorm. So behandelt der gemeinsame Art. 3 der GK, welcher auf alle bewaffneten Konflikte Anwendung findet, Personen, die sich in der Macht des Gegners befinden, nicht jedoch den Verlauf der Feindseligkeiten, sodass er beispielsweise nichts zum Unterscheidungsgrundsatz sagt. Im ZP II ist der Unterscheidungsgrundsatz zwar nicht explizit geregelt, jedoch lässt sich aus Art. 13 ZP II, der den Schutz der Zivilbevölkerung behandelt, darauf schließen. Die Immunität von Zivilpersonen ist nicht explizit erwähnt. Im Vergleich zu Art. 48 ZP I, dem Pendant für nichtinternationale bewaffnete Konflikte, ist Art. 13 ZP II sehr knapp. Es stellen sich jedoch keine großen Probleme im Bereich der Anerkennung des Unterscheidungsgrundsatzes für den nicht-internationalen Konflikt. So sprechen sich Staaten126, verschiedene internationale Organisationen127, der IGH128, der UN-Sicherheitsrat129, die UN-Generalversammlung130 und der 125  Van

Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 68. u. a. Canada LOAC Maual, 2001, Chapter 17, Section 4, S. 17–1 ff.; Australia, ICC (Consequential Amendments) Act (2002), Schedule 1, §§ 268.35, 268.77; Article 116(10) of the Criminal Code of the Azerbaijan Republic, 1999; Ireland, Geneva Conventions Act as amended (1962), Section 4 para. 1, para 4; Netherlands, International Crimes Act, 2003, Section 5 para. 5 lit. m and section 6 para. 3 lit. a; Belgiums Statement before the United Nations General Assembly, U.N. Doc. A/ PV.1765, 25 September 1969, §§ 130–133. 127  Siehe u. a. Deklaration des Europarates, Council of Europe, Committee of Ministers, Declaration on Nagorno-Karabakh, 1992; OAU, Declaration of the OAU Assembly of Heads of State and Government on the Situation in Angola, 1993, Section 5; ICRC, War Crimes, Working paper prepared by the ICRC for the Preparatory Committee for the Establishment of an International Criminal Court New York, 1997, Section 1 para. b) lit. i) and Section 3 para. vi). 128  ICJ, ICJ Reports (1996), S. 257, Rn. 78–79. 126  Siehe



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot135

ICTY131 richtigerweise eindeutig für die Anwendung dieses Grundsatzes im nicht-internationalen Konflikt aus. Auch die IKRK-Völkergewohnheitsrechtsstudie führte eine Beurteilung dieses Prinzips als Völkergewohnheitsrecht durch und zeigte im Rahmen der Analyse der Staatenpraxis sowie der opinio juris die völkergewohnheitsrechtliche Natur dieses Prinzips sowie vieler sich davon ableitender Regelungen im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt auf. Darüber hinaus verdeutlicht die Studie, dass die Entwicklung dieser völkergewohnheitsrechtlichen Regelungen größtenteils aus den Grundprinzipien, die das Recht des internationalen bewaffneten Konflikts regeln, herrührt. Da derselbe allgemeine Unterscheidungsgrundsatz in allen Fällen des bewaffneten Konflikts anwendbar ist, folgt daraus, dass das detailliertere Regelungssystem des internationalen bewaffneten Konflikts als Beispiel für die Entwicklung des Rechts des nicht-internationalen bewaffneten Konflikts dienen wird.132 Das Völkergewohnheitsrecht füllt viele Lücken des Völkervertragsrechts in Bezug auf den Verlauf von Feindseligkeiten im Rahmen von nicht-internationalen Konflikten und führt somit zu einer Reihe von Regelungen, die parallel zu denen aus dem ZP I anwendbar sind. Teilweise gehen sie über die vorhandenen Regelungen des gemeinsamen Art. 3 der GK und des ZP II hinaus. Dadurch wurden die beiden Konfliktarten in Bezug auf den Unterscheidungsgrundsatz aneinander angeglichen. ff) Mindestschutz nach Art. 75 ZP I Um einen rechtlichen Schwebezustand zu vermeiden, gewährt das humanitäre Völkerecht allen Beteiligten Schutz, auch denen die zwischen die Kategorien der Zivilpersonen und der Kombattanten zu fallen scheinen. Art. 75 ZP I, der auch Völkergewohnheitsrecht darstellt, sieht einen Mindestschutz für die129  Siehe u. a. UN-Sicherheitsrat, U.N. Doc. S/RES/564 (1985), Ziff. 1; UN-Sicherheitsrat, U.N. Doc. S/RES/819 (1993), Präamble; UN-Sicherheitsrat, U.N. Doc. S/RES/918 (1994), Präamble; UN-Sicherheitsrat, Statement by the President, U.N. Doc. S/PRST/1998/13, S. 1. 130  Siehe u. a. UN-Generalversammlung, U.N. Doc. A/RES/51/112, Ziff. 9; UNGeneralversammlung, U.N. Doc. A/RES/23/2444, Ziff. 1 lit. (b). 131  Siehe u. a. ICTY, Urteil vom 2. Oktober 1995, Az.: IT-94-1-AR72, Prosecutor v. Tadic, Rn. 100–127; ICTY, Urteil vom 12. Juni 2007, Az.: IT-95-11-T, Prosecutor v. Martic, Rn. 10, 11–14; ICTY, Decision on the Joint Defence Motion to Dismiss the Amended Indictment for Lack Jurisdiction based on the Limited Jursidiction Reach of Articles 2 and 3, vom 02.03.1999, Case No. IT-95–14/2PT, Prosecutor v. Kordic & Cerkez, Rn. 31; ICTY, Urteil vom 14. Januar 2000, Az.: IT-95-16-T, Prosecutor v. Kupreškić, Rn. 521. 132  Zegveld, Accountability of Armed Opposition Groups in International Law, 2002, S. 77.

136 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

jenigen vor, die als unprivilegierte Kombattanten bezeichnet werden. Dieser Artikel ist als eine Ausprägung der Martens’schen Klausel anzusehen.133 Er gewährt solchen Personen grundlegende Garantien, denen die GK keinen vorteilhafteren Schutz zukommen lassen. So gewährt Art. 75 ZP I eine unter allen Umständen humane Behandlung ohne jede nachteilige Unterscheidung auf Grund von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion oder Glauben, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder einer sonstigen Stellung oder anderer ähnlicher Unterscheidungsmerkmale. Verboten sind Angriffe auf das Leben, die Gesundheit oder das körperliche oder geistige Wohlbefinden von Personen, insbesondere vorsätzliche Tötungen, Folter jeder Art (gleich ob körperlich oder seelisch), körperliche Züchtigung und Verstümmelung, Beeinträchtigung der persön­ lichen Würde, insbesondere entwürdigende und erniedrigende Behandlung, Nötigung zur Prostitution und unzüchtige Handlungen jeder Art, Geiselnahme, Kollektivstrafen und die Androhung einer dieser Handlungen.

II. Schutz von Zivilpersonen nach dem Luftkriegsrecht im Lichte des Exzessverbots 1. Das Exzessverbot Das Exzessverbot kommt zur Anwendung, wenn zivile Schädigungen im Rahmen von Angriffen auf rechtmäßige militärische Ziele nicht vermieden werden können.134 Es wird als ein Meilenstein und Kernstück des humanitären Völkerrechts angesehen und das Recht des bewaffneten Konflikts selbst wird als Ausprägung dieses Grundsatzes verstanden.135 Das Exzessverbot ist jedoch kein für sich stehender Rechtsgrundsatz, sondern es hängt eng mit dem Unterscheidungsgrundsatz in Form einer logischen Abfolge zusammen.136 Bevor man im Rahmen des Exzessverbots zu Verhältnismäßigkeitserwägungen gelangt, ist zunächst festzustellen, ob das anvisierte Angriffsziel überhaupt ein rechtmäßiges Angriffsziel ist. Ansonsten wäre ein solcher Angriff rechtswidrig, unabhängig davon, ob es exzessive Auswirkungen auf Zivilpersonen gäbe.137 Das Exzessverbot stellt damit zusätzlich zum Unter133  Van

Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 42. YIHL 13 (2010), S. 311, 322. 135  Johnson, The Aeronautical Journal 72/692 (1968), S. 685; siehe allgemein zum Exzessverbot: Watkin, YIHL 8 (2005), S. 3 ff. 136  Hampson, The Principle of Proportionality in the Law of Armed Conflict, in: Perrigo/Whitman (Hrsg.), The Geneva Conventions under Assualt, 2010, S. 45; Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 49. 137  Hampson, The Principle of Proportionality in the Law of Armed Conflict, in: Perrigo/Whitman (Hrsg.), The Geneva Conventions under Assualt, 2010, S. 42, 45. 134  Schmitt,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot137

scheidungsgrundsatz eine Begrenzung von Angriffen dar. Zu beachten ist, dass das Exzessverbot die Frage betrifft, ob ein militärisches Ziel angegriffen werden darf, nicht ob es sich um ein militärisches Ziel handelt. a) Begriff und Abgrenzung zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Neben dem Begriff des Exzessverbotes wird oft auch der Begriff des Prinzips der Verhältnismäßigkeit bzw. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes synonym verwendet. Der Begriff der Verhältnismäßigkeit und damit zusammenhängende Verhältnismäßigkeitsabwägungen kommen in vielen Rechtsbereichen vor, was eine Abgrenzung erforderlich macht. Die Grundlagen des Verhältnismäßigkeitsprinzips finden nämlich in Kriegs- wie auch in Friedenszeiten Anwendung. Verhältnismäßigkeit ist aber nicht gleichzusetzen mit Verhältnismäßigkeit und weist in unterschiedlichen Situationen unterschied­ liche Bedeutungen auf. Im deutschen Verfassungsrecht ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip ein aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteter allgemeiner Grundsatz des öffentlichen Rechts, an welchem alle staatlichen Eingriffe in Rechte des Einzelnen zu messen sind.138 Demzufolge müssen staatliche Eingriffe geeignet sein, das angestrebte Ziel zu erreichen oder zu fördern, sie müssen erforderlich sein, d. h. es darf kein milderes, genauso effektives Mittel zur Verfügung stehen und der mit dem Eingriff verbundene Schaden darf nicht in einem groben Missverhältnis zu dem angestrebten Zweck stehen.139 Im völkerrechtlichen Sinne kommt die Verhältnismäßigkeit als ein unabdingbares Anwendungsprinzip des menschenrechtlichen Individualschutzes zur Anwendung. Sowohl die Einschränkung eines derogierbaren Menschenrechts unter normalen Verhältnissen als auch die Außerkraftsetzung eines solchen Menschenrechts in einer Notstandssituation sind nur unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit zulässig. Der EGMR prüft, ob ein Eingriff notwendig war, d. h. einem zwingenden sozialen Bedürfnis (pressing social need) und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.140 Abgesehen von den nicht abdingbaren Menschenrechten, können alle anderen Menschen138  Grzeszick, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Band III, 2018, Art. 20 GG, Rn. 107; Huster/Rux, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK, Grundgesetz, 2017, Rn. 190; vgl. nur BVerfG, Beschluß vom 5. März 1968, Az.: 1 BvR 579/ 67, NJW 1968, S. 979, 981; BVerfG, Beschluß vom 9. März 1994, Az.: 2 BvL 43/92, NJW 1994, S. 1577, 1579. 139  Antoni, in: Hömig/Wolff (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Handkommentar, 2016, Art. 20, Rn. 13; Papier, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Band II, 2018, Art. 14, Rn. 694 ff. 140  EGMR, Urteil vom 17. Dezember 2004, Pedersen and Baadsgaard v. Denmark, Az. 49.017/99, Rn. 68 ff.

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rechte unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden. Damit dies nur in rechtmäßiger Weise geschieht, müssen die Einschränkungen auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, einem öffentlichen Interesse entsprechen und verhältnismäßig sein. So muss eine Situation eine etwaige Einschränkung unbedingt erfordern und die Notstandsmaßnahme muss notwendig und geeignet sein, um die Notsituation zu bewältigen und sie muss das mildeste zur Verfügung stehende Mittel zum Erreichen dieses Ziels sein (Art. 15 EMRK). Die Verhältnismäßigkeit im menschenrechtlichen Sinne entspricht im Wesentlichen der des deutschen Verfassungsrechts. Das im Rahmen des humanitären Völkerrechts zur Anwendung gelangende Exzessverbot darf jedoch nicht im Lichte des aus dem deutschen Recht geläufigen „Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“ betrachtet werden.141 Denn das Völkerrecht stellt nur darauf ab, dass der Angriff nicht zu übermäßigen Schädigungen im Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil führen darf und schließt damit „schlichte Unverhältnismäßigkeit“ gerade nicht aus.142 Im Recht des bewaffneten Konflikts geht es um die Verringerung von zivilen Opfern und Schädigungen von zivilen Objekten. Oft werden Angriffe, die Kollateralschäden beinhalten, vorschnell von Kritikern als unverhältnismäßig eingestuft. Das völkerrechtliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit bzw. zutreffender gefasst das „Exzessverbot“ behandelt nicht die Waffengleichheit zwischen den Kriegsparteien und auch nicht die Abwägung der Kollateralschäden gegen den zu erwartenden militärischen Vorteil im Rahmen einer praktischen Konkordanz, wie dies im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach deutschem Recht der Fall wäre. Auch liegt diesem Grundsatz nicht das gegeneinander Abwägen von Verlusten auf beiden Seiten zugrunde, auch wenn dies in der Laiensphäre wiederholt unter das Verhältnismäßigkeitsprinzip subsumiert wurde. Bei dem Exzessverbot handelt es sich vielmehr um eine spezifisch militärische Verhältnismäßigkeitsklausel, die nicht zu vergleichen ist mit dem friedensrechtlichen Übermaßverbot, denn „kein Verhältnis“ ist nicht gleichzusetzen mit dem engeren Maßstab fehlender Angemessenheit, da die Tötung unbeteiligter Menschen nie angemessen im menschenrechtlichen Sinne sein kann.143 Das bedeutet, dass erforderliche Abwägungen im Frieden und im bewaffneten Konflikt aus völkerrechtlicher Sicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. 141  Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 65, Rn. 34; Wagner, JZ 2007, S. 61, 64. 142  Dreist, UBWV 2006, S. 329, 339. 143  Generalbundesanwaltschaft, Einstellungsbeschluss gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 StPO im Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein und Hauptfeldwebel W. wegen des Verdachts einer Strafbarkeit nach dem VStGB und anderer Delikte vom 16. April 2010, 3BJs 6/10–4, S. 63, S. 64; Dörmann, in: MüKo, StGB, 2018, Bd. 8, § 11 VStGB, Rn.  90 ff.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot139

Es geht im humanitären Völkerrecht im Grundsatz darum, dass die Kriegführenden bei Angriffen auf militärische Ziele sicherstellen müssen, dass jeglicher Kollateralschaden an Zivilpersonen nicht außer Verhältnis zum angestrebten militärischen Vorteil steht.144 Der dabei anzulegende Standard ist „exzessiv“, also ein vergleichendes Konzept und nicht „extensiv“, was ein absolutes Konzept wäre.145 In diesem Zusammenhang sind die deutschen Bekanntmachungen von Übersetzungen von Verträgen des humanitären Völkerrechts zu erwähnen – bei denen es sich zwar nicht um die authentischen, zur Auslegung heranzuziehenden Texte handelt –, die jedoch im deutschsprachigen Raum als durchaus irreführend anzusehen sind, da sie Bestimmungen zu „excessive collateral damages“ unter Anspielung auf den Verhältnismäßig­ keitsgrundsatz übersetzen. Art. 51 Abs. 5 Buchst. b) ZP I in der deutschen Übersetzung: „[…] ein Angriff, bei dem damit zu rechnen ist, dass er auch Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen“. (Hervorh. dies.)146

Die Texte der relevanten Vertragssprachen deuten jedoch keineswegs auf einen Verhältnismäßigkeitsbezug hin, so wird beispielsweise das Wort „proportionality“ nicht verwendet. Vielmehr stellt der Wortlaut des Art. 51 Abs. 5 b) ZP I in seiner englischen Originalfassung auf die Vermeidung exzessiver Kollateralschäden ab („excessive in relation to“): Art. 51 Abs. 5 Buchst. b) ZP I in der englischen Fassung: „[…] an attack which may be expected to cause incidental loss of civilian life, injury to civilians, damage to civilian objects, or a combination thereof, which would be excessive in relation to the concrete and direct military advantage anticipated.“ (Hervorh. dies.)

Zudem wurde bei der Erstellung der Regelungen des ZP I bewusst Abstand genommen von dem Begriff der Verhältnismäßigkeit.147 Aus der Übernahme einer offensichtlich fehlerhaften Übersetzung allein kann daher nicht der ge144  Cassese,

International Law, 2005, S. 417. IRRC 87/859 (2005), S. 445, 457. 146  Zusatzprotokoll vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I), in: Dokumente zum Humanitären Völkerrecht/Documents on International Humanitarian Law, 2007; Siehe auch: Art. 57 Abs. 2 Buchst. a) iii) und Art. 57 Abs. 2 Buchst. b) ZP I; Art. 3 Abs. 8 Buchst. c des Protokolls über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Minen, Sprengfallen und anderen Vorrichtungen in der am 3. Mai 1996 geänderten Fassung (BGBl. 1992 II 968, BGBl. 1997 II, S. 806, UNTS Bd. 2048, S. 93). 147  Kalshoven, NYIL 9 (1978), S. 107, 117. 145  Schmitt,

140 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

setzgeberische Wille abgeleitet werden, das Exzessverbot des humanitären Völkerrechts in ein Verhältnismäßigkeitspostulat im Sinne einer Art Unverhältnismäßigkeitsverbots zu wandeln. Die Fehlinterpretation des Exzessverbots, die auf einer unrichtigen oder zumindest nicht präzisen Übersetzung der Vertragstexte in Bezug auf das Exzessverbot beruht148, findet sich in der völkerstrafrechtlichen Literatur, wo vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Verhältnismäßigkeitsmaßstab die Rede ist149, in der Literatur zum humanitären Völkerrecht, wo vom Verhältnismäßigkeitsgebot oder Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gesprochen wird150 und auch in der Praxis von Militärjuristen wieder151. Im Lichte der voranstehenden Erwägungen wird im Folgenden zu Abgrenzungszwecken der Begriff des Exzessverbotes verwendet. b) Grundsatz Dem Exzessverbot kommt beim Schutz von Zivilpersonen in internationalen bewaffneten Konflikten fundamentale Bedeutung zu.152 Es baut auf dem Gedanken auf, dass der Zweck nicht die Mittel rechtfertige und es eine Werte­barriere gebe, die auch eine Demokratie nicht überschreiten dürfe. Das Exzessverbot verbietet einen unverhältnismäßigen Angriff und kategorisiert ihn als einen Spezialfall der Unterschiedslosigkeit. Danach sind jegliche Angriffe zu unterlassen, bei denen damit zu rechnen ist, dass sie auch Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursachen, die in keinem Verhältnis zu dem erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen, d. h. exzessiv sind. Im humanitären Völkerrecht findet sich keine Definition des Begriffs „exzessiv“ wieder, dennoch ist „exzessiv“ auf keinen Fall mit „extensiv“ zu verwechseln, so können auch extensive Schädigungen von Zivilpersonen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht stehen.153 148  Auf die Differenz zwischen der englischen authentischen Fassung und der deutschen Übersetzung hinweisend Dreist, UBWV 2006, S. 329, 339. 149  Vgl. Safferling/Kirsch, JA 2010, S. 81, 84; Kreß/Nolte, Im ungleichen Krieg, FAZ.NET, Artikel vom 31. Dezember 2009. 150  Vgl. Gasser, Humanitäres Völkerrecht, 2007, S. 27; Oeter, Kampfmittel und Kampfmethoden, in: Fleck (Hrsg.), Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, 1994, S. 89, 143 f., Schaller, Rechtssicherheit im Auslandseinsatz, 2009, S. 7. 151  Vgl. Poretschkin, HuV-I 23/2 (2010), S. 83–85. 152  Cohen/Shany, JICJ 5/2 (2007), S. 310, 319. 153  Heintschel von Heinegg, Precautions in Attack, in: MPEPIL, 2015, Rn. 14.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot141

Das Exzessverbot bringt zwei widerstreitende Interessen zum Ausgleich, nämlich zum einen die militärische Notwendigkeit und zum anderen humanitäre Erwägungen.154 Dabei werden zwei widersprüchliche Ziele, die militärische Befehlshaber verfolgen müssen, nämlich militärische Überlegenheit zu einem minimalen Aufwand zu erreichen und zivile Schäden zu minimieren, zu einem Ausgleich gebracht.155 Dies steht im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht, welches selbst einen Kompromiss zwischen zwei widersprüchlichen Erwägungen, humanitären auf der einen und militärischen auf der anderen Seite, begründet.156 Es stellt die unvermeidbare Verbindung zwischen dem Prinzip der militärischen Notwendigkeit einerseits und dem der Menschlichkeit andererseits dar, wo diese beiden zu gegensätzlichen Ergebnissen führen.157 Der militärische Vorteil einer Operation, den ein Befehlshaber im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung herauszuarbeiten hat, beruht auf einer subjektiven Betrachtung, die der militärische Befehlshaber basierend auf seinen Erfahrungen und Auswertungen des Zieles im Kontext der gesamten militärischen Operation und den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Informationen, vornimmt.158 Das Ergebnis dieser Abwägung muss zu einem angemessenen Ausgleich beider Aspekte führen, wobei nicht beide gleichzeitig zu vollkommener Geltung gelangen können. So muss die Verhältnismäßigkeit von Fall zu Fall (rule of reason) entschieden werden, um der erforderlichen Abwägung gerecht zu werden. Einige beziehen das Exzessverbot auf einen Vergleich der Opferzahlen auf beiden Seiten der Konfliktparteien.159 Ein solcher Ansatz greift m. E. allerdings zu kurz. Als allgemeine Regel kann in Bezug auf das Exzessverbot festgelegt werden, dass es nicht die Menge oder die Art der angewandten Gewalt beschränkt, sondern die erwarteten Ergebnisse berücksichtigt.160 In seinem Kern geht das Exzessverbot davon aus, dass Zivilpersonen im Verlauf eines Angriffs gegen legitime militärische Ziele geschädigt werden kön154  Bothe/Partsch/Solf, New Rules for Victims of Armed Conflict, 1982, S. 309; Rogers, Law on the Battlefield, 2004, S. 21; El-Din Amer, The Protection of Civilian Population, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, 2006, S. 17, 22, 23. 155  Fenrick, Mil. L. Rev.98 (1982), S. 91, 92. 156  Israeli High Court of Justice, Urteil vom 13. Dezember 2006, Az. HCJ 769/02, Public Committee against Torture in Israel v. Government of Israel, Rn. 23. 157  McDougal/Feliciano, Law and Minimum World Public Order, 1961, S. 524– 530. 158  Detter, The Law of War, 2016, S. 250; Henderson, The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 72. 159  O’Connell, Unlawful Killing with Combat Drones, 2010, S. 10. 160  Jenks, NDL Rev. 85 (2009), S. 649, 667.

142 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

nen.161 Das Recht des bewaffneten Konflikts verbietet es also trotz moderner Menschenrechte nicht kategorisch, Zivilpersonen Schaden zuzufügen. Diese dürfen aber nicht unmittelbar angegriffen werden, denn dann wäre auch ein Prinzip, welches zulässige kollaterale Schädigungen von Zivilpersonen beschränkte, irrelevant.162 Damit ist das Exzessverbot anwendbar, wenn Kollateralschäden an Zivilpersonen entstehen, die im Rahmen eines Angriffs auf ein rechtmäßiges militärisches Ziel zwar vorhersehbar, aber nicht gewollt waren. Jegliche Arten von Vergleichen von Opferzahlen verkennen die Intension des Exzessverbots, militärische Nutzen und humanitäre Erwägungen zu einem Ausgleich zu bringen. Opferzahlenvergleiche werden dieser komplexen und facettenreichen Abwägung, für die es keine allgemeine stets zutreffende Formel gibt, nicht gerecht. Festzuhalten ist, dass das Exzessverbot sowie die damit verbundene Bewertung von Kollateralschäden sowie militärischen Vorteilen, die von subjektiven Elementen getragen ist, ein komplexer Prozess sind und keine exakte Wissenschaft.163 c) Hintergrund In früheren Kriegen war die Zivilbevölkerung, abgesehen von Seeangriffen oder Blockaden, kaum von den Auswirkungen des Krieges betroffen, sodass sich aus dieser Zeit auch so gut wie keine Erwägungen bezüglich des Exzessverbots auffinden lassen. Erst der Lieber Code164 und die St. Petersburger Erklärung165 lassen auf erste Verhältnismäßigkeitserwägungen schlie161  Beard,

AJIL 103 (2009), S. 409, 427. Chin. J. Int. Law 2/1 (2003), S. 175, 195. 163  Heintschel von Heinegg, Proportionality and Collateral Damage, in: MPEPIL, 2015, Rn. 24. 164  Art. 68 des Lieber Codes bestimmt, dass die unnötige oder racheartige Zerstörung von Leben rechtswidrig ist, und Art. 15 des Lieber Codes enthält zudem eine Regelung, die als frühe Ausprägung des Exzessverbots angesehen werden kann: „Military necessity admits of all direct destruction of life or limb of ‚armed‘ enemies, and of other persons whose destruction is incidentally ‚unavoidable‘ in the armed contests of the war; it allows of the capturing of every armed enemy, and every enemy of importance to the hostile government, or of peculiar danger to the captor; it allows of all destruction of property, and obstruction of the ways and channels of traffic, travel, or communication, and of all withholding of sustenance or means of life from the enemy; of the appropriation of whatever an enemy’s country affords necessary for the subsistence and safety of the army, and of such deception as does not involve the breaking of good faith either positively pledged, regarding agreements entered into during the war, or supposed by the modern law of war to exist. Men who take up arms against one another in public war do not cease on this account to be moral beings, responsible to one another and to God.“; vgl. dazu Wells, War Crimes and the Law of War, 1991, S. 7. 162  Jaworski,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot143

ßen. Nichtsdestotrotz war es zu dieser Zeit bereits anerkannt, dass nicht alles im Krieg erlaubt war, sondern nur das, was notwendig war, um den Gegner zu besiegen.166 Dadurch wurden Zivilpersonen indirekt geschützt. Verhältnismäßigkeitserwägungen lassen sich auch in Art. 24 Abs. 4 der LKR finden.167 Jedoch wurden die Luftkriegsregeln nie bindendes Recht, sodass das Exzessverbot im Völkervertragsrecht vorerst ungeregelt blieb. Dennoch waren auch schon zu dieser Zeit militärische Handlungen verboten, die extrem unverhältnismäßig zu dem zu erreichenden Ziel zu sein schienen.168 Auch wenn das Exzessverbot bereits in mehreren Abkommen angelegt war und auch im Schrifttum behandelt wurde, wurde es dennoch bis in die 1970er Jahre nicht von den Staaten als verbindliche Regelung anerkannt. Die weiter zunehmende Bedeutung des Luftkrieges veränderte dies jedoch. Die Möglichkeit, aus der Luft anzugreifen, brachte Fragen der Immunität von Zivilpersonen und damit auch der Verhältnismäßigkeit in den Vordergrund. Mit der Luftmacht kam auch die Möglichkeit, den Feind hinter der Front in dicht bevölkerten Gebieten des Hinterlandes weiträumig anzugreifen und damit auch große Verluste unter der Zivilbevölkerung und an zivilen Objekten zu verursachen. Vor und während des Zweiten Weltkrieges trat das Prinzip der Humanität hinter dem Prinzip der militärischen Notwendigkeit zurück. Als militärisch notwendig wurde das angesehen, was notwendig war, um den Krieg zu gewinnen. Das Prinzip der Humanität fand darin keine Berücksichtigung und damit kamen auch keine Fragen bezüglich der Verhältnismäßigkeit auf.169 Mit den schrecklichen Leiden der Zivilbevölkerung während des Zweiten Weltkrieges reifte aber die Einsicht, dass solch Exzesse verhindert werden müssen, sodass das Exzessverbot in der Nachkriegszeit zunehmend

165  So stellt die Präambel der St. Petersburger Deklaration fest, dass das einzige rechtmäßige Ziel, das in einem Krieg angestrebt werden darf, das Schwächen der gegnerischen Streitkräfte ist. 166  Art. 22 HA IV besagt, dass das Recht der Kriegführenden, den Feind zu verletzen, nicht unbegrenzt ist. Auch verbietet das Abkommen die unnötige Zerstörung von Eigentum, das Bombardement von unverteidigten Städten, Dörfern oder Gebäuden und verlangt, dass Gebäude von künstlerischem, religiösem, wissenschaftlichem und historischem Wert sowie Krankenhäuser weitgehend verschont bleiben (Art. 23 g), Art. 25, Art. 27 HA IV). 167  Art. 24 Abs. 4 LKR: In der unmittelbaren Umgebung der Landstreitkräfte ist die Bombardierung der Städte, Dörfer, Ansiedlungen und Gebäude berechtigt, vorausgesetzt, daß eine begründete Vermutung besteht, daß die militärischen Ansammlungen dort belangreich genug sind, um das Bombardement im Hinblick auf die der Zivilbevölkerung daraus erwachsenden Gefahr zu rechtfertigen. 168  Hall, A Treatise on International Law, 1924, S. 635. 169  Rogers, The Principle of Proportionality, in: Hensel (Hrsg.), The Legitimate Use of Military Force, 2008, S. 189, 196.

144 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Berücksichtigung fand.170 So enthielt das US-Militärrechtshandbuch 1956 einen expliziten Bezug auf das Exzessverbot, indem es in seinem § 41 erklärte, dass die Verluste an Leben sowie die Schädigungen von Eigentum nicht außer Verhältnis zum erzielten militärischen Vorteil stehen dürfen.171 Darüber hinaus präsentierte das IKRK 1957 auf der XIX. Internationalen Konferenz des Roten Kreuzes in Delhi seine nach dem Expertentreffen 1954 in Genf kreierten und 1956 veröffentlichten Entwurfsregelungen, welche in ihrem Art. 8 unverhältnismäßige Angriffe verboten.172 In seinem Kommentar zu diesen Entwurfsregelungen erklärte das IKRK, dass das Exzessverbot einen allgemeinen Rechtsgrundsatz darstelle, welchen die Experten auf dem Treffen 1954 bestätigt hätten. Da es jedoch trotz der Unterstützung des ­UN-Generalsekretärs keine Reaktion auf diesen Entwurf gab,173 wurde das Exzessverbot noch nicht allgemein anerkannt, obwohl es Einigkeit unter der Staatengemeinschaft zu geben schien, dass z.  B. Flächenbombardements verboten werden sollten.174 Schließlich entwarf das IKRK 1973 die Zusatzprotokolle zu den GK, welche spezifische Verweise auf das Exzessverbot enthielten. Art. 46 des Entwurfs verbot Angriffe mit beiläufigen Schädigungen der Zivilbevölkerung und ziviler Objekte, die unverhältnismäßig im Vergleich zum unmittelbaren erwarteten militärischen Vorteil waren. Das Wort unverhältnismäßig tauchte auch in Art. 50 des Entwurfs auf, der sich mit Vorsichtsmaßnahmen beschäftigte.175 Die Intention dieses Entwurfs war es, die beiläufigen Auswirkungen des Angreifens militärischer Ziele einzuschränken.176 Die Meinungen darüber, wie dies geschehen sollte, gingen weit auseinander177 und so wurde im Endeffekt das Wort „unverhältnismäßig“ nicht in den Text aufgenommen, auch wenn der Text eindeutig ein Verhält170  Best,

War and Law since 1945, 1994, S. 323. States Department of the Army, The Law of Land Warfare, 1956, Rn. 41, 129. 172  ICRC, XIX. International Conference of the Red Cross, Draft Rules for the Limitation of the Dangers Incurred by the Civilian Population in Time of War, draft submitted by the ICRC, Geneva, 1956, in: Schindler/Toman (Hrsg.), The Laws of Armed Conflicts, 2004, S. 187 ff. 173  UN-Generalversammlung, U.N. Doc. A/RES/23/2444; IRRC 9/104 (1969), S. 613–619. 174  Levie, When Battle Rages, How Can We Protect?, 1971, S. 28. 175  Federal Political Department, Official Records of the Diplomatic Conference on the Reaffirmation and Development of International Humanitarian Law Applicable in Armed Conflicts, Geneva, 1974–1977, Vol. I., 1978. 176  Federal Political Department, Official Records of the Diplomatic Conference on the Reaffirmation and Development of International Humanitarian Law Applicable in Armed Conflicts, Geneva, 1974–1977, Vol. XIV, 1978, S. 37. 177  Federal Political Department, Official Records of the Diplomatic Conference on the Reaffirmation and Development of International Humanitarian Law Applicable in Armed Conflicts, Geneva, 1974–1977, Vol. XIV, 1978, S. 48 ff. 171  United



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot145

nismäßigkeitsprinzip enthält. Damit wurde das Exzessverbot erstmals in Art. 51 Abs. 5 (b) und Art. 57 Abs. 2 (b) ZP I kodifiziert. Die USA, obwohl nicht Vertragspartei des ZP I, nahmen das Exzessverbot bereits 1976 mit einem im Vergleich zu Art. 57 ZP I ähnlichen Wortlaut in ihr U.S. Air Force Manual auf. Heutzutage ist es selbstverständlich, das Exzessverbot in die militärischen Handbücher mitaufzunehmen und dies gilt nicht nur für Vertragsstaaten des ZP I.178 Auch der ICTY bekräftigte, sich auf Art. 51 Abs. 5 und Abs. 6 ZP I berufend, dass selbst wenn sich ein Angriff gegen ein rechtmäßiges militärisches Ziel richte, dieser keinen Schaden für die Zivilbevölkerung darstellen dürfe, der unverhältnismäßig wäre in Bezug auf den konkreten und unmittelbaren erwarteten Vorteil.179 Das Atomwaffengutachten des IGH enthält ebenso einige Hinweise auf die Verhältnismäßigkeit, jedoch im Zusammenhang mit dem Konzept der Selbstverteidigung und nicht mit dem Recht des bewaffneten Konflikts. Auch im StIStGH fand das Exzessverbot Beachtung, wonach die Verletzung des Exzessverbots eine schwerwiegende Verletzung der im bewaffneten Konflikt anwendbaren Rechte und Gebräuche und darüber hinaus ein Kriegsverbrechen darstelle. In Art. 8 Abs. 2 b) iv) StIStGH wird dieses Kriegsverbrechen folgendermaßen erläutert: „vorsätzliches Führen eines Angriffs in der Kenntnis, dass dieser auch Verluste an Menschenleben, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder weitreichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die eindeutig in keinem Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen;“

Diese Definition des Exzessverbots wird als am Nächsten an der völkergewohnheitsrechtlichen Regelung liegend angesehen.180

178  Rogers, The Principle of Proportionality, in: Hensel (Hrsg.), The Legitimate Use of Military Force, 2008, S. 189, 205; für eine Übersicht der jeweiligen Regelungen in diversen Militärhandbüchern vgl. Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. II: Practice, 2005, Part I, Chapter 4, S.  299 ff. 179  ICTY, Urteil vom 12. Juni 2007, Az.: IT-95-11-T, Prosecutor v. Martic, Rn. 18. 180  Rogers, The Principle of Proportionality, in: Hensel (Hrsg.), The Legitimate Use of Military Force, 2008, S. 189, 208.

146 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

d) Rechtsgrundlagen aa) Kodifizierungen Trotz der großen Bedeutung, die dem Exzessverbot zukommt, gibt es keine eigene Kodifizierung dessen. Es lässt sich jedoch an zwei unterschiedlichen Stellen des ZP I wiederfinden, zum einen im Rahmen des Verbots von unterschiedslosen Angriffen und zum anderen im Rahmen der Behandlung von Vorsichtsmaßnahmen bei Angriffen. So beinhaltet Art. 51 Abs. 5 b ZP I das Exzessverbot, erwähnt es jedoch nicht explizit, sondern verbietet Angriffe, bei denen damit zu rechnen ist, dass auch Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht werden, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen: „Unter anderem sind folgende Angriffsarten als unterschiedslos anzusehen: […] b) ein Angriff, bei dem damit zu rechnen ist, dass er auch Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen.“ (Hervorh. dies.)

Dieselbe Wortwahl enthalten auch Art. 57 Abs. 2 a) iii) ZP I und Art. 57 Abs. 2 b) ZP I. bb) Völkergewohnheitsrecht Das IKRK hat das Exzessverbot in Regel 14 seiner Völkergewohnheitsrechtsstudie aufgenommen: „Launching an attack which may be expected to cause incidental loss of civilian life, injury to civilians, damage to civilian objects, or a combination thereof, which would be excessive in relation to the concrete and direct military advantage anticipated, is prohibited.“ (Hervorh. dies.)

Demnach ist ein Angriff, welcher beiläufig Zivilpersonen tötet oder verletzt oder zivilen Objekten Schaden zufügt oder eine Kombination dieser Möglichkeiten beinhaltet, was in keinem Verhältnis zum konkreten und unmittelbaren, anvisierten militärischen Vorteil steht, verboten.181 Abgesehen von diesem Verbot, wird das Exzessverbot auch noch als eine Art Mahnruf in Regel 18 und 19 der Völkergewohnheitsrechtsstudie erwähnt: 181  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Rule 14.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot147 „Each party to the conflict must do everything feasible to assess whether the attack may be expected to cause incidental loss of civilian life, injury to civilians, damage to civilian objects, or a combination thereof, which would be excessive in relation to the concrete and direct military advantage anticipated.“182 (Hervorh. dies.) „Each party to the conflict must do everything feasible to cancel or suspend an attack if it becomes apparent that the target is not a military objective or that the attack may be expected to cause incidental loss of civilian life, injury to civilians, damage to civilian objects, or a combination thereof, which would be excessive in relation to the concrete and direct military advantage anticipated.“183 (Hervorh. dies.)

Auch der ICTY ist der Überzeugung, dass das Exzessverbot im Völkergewohnheitsrecht existiert und dass seine Ausprägung der des ZP I entspricht.184 Zudem hat das Exzessverbot mittlerweile in den militärischen Hand­ büchern nahezu aller Staaten Einzug gefunden.185 Folglich stellt das Exzessverbot Völkergewohnheitsrecht dar.186 Es ist daher davon auszugehen, dass das Exzessverbot umfassend bindend ist. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Vertragsstaaten des das Exzessverbot kodifizierenden ZP I, wie auch bezüglich der Staaten, die das ZP I nicht unterzeichnet haben, bei denen jedoch davon auszugehen ist, dass sie das Prinzip in seiner Essenz grundsätzlich akzeptieren, auch wenn sie der Definition dieses Prinzips im ZP I im Einzelnen widersprechen mögen. Als Völkergewohnheitsrecht repräsentierende Definition kann die des Art. 8 Abs. 2 b) iv) StIStGH angesehen werden (siehe oben). Dem liegt zugrunde, dass diese Regelung auch von Nicht-Vertragsparteien des ZP I entworfen worden ist und ihrer Formulierung nach, einen Mittelweg zwischen den unterschiedlichen bei der Ratifizierung des ZP I kundgetanen Meinungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Exzessverbots aufzeigt.187

182  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Rule 14, Rule 18. 183  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Rule 14, Rule 19. 184  ICTY, Urteil vom 14.  Januar 2000, Az.: IT-95-16-T, Prosecutor v. Kupreškić, Rn. 524. 185  Rogers, The Principle of Proportionality, in: Hensel (Hrsg.), The Legitimate Use of Military Force, 2008, S. 189, 205. 186  Kalshoven, NYIL 9 (1978), 107, 116; Fenrick, Mil. L. Rev. 98 (1982), S. 91, 96; Stein, Collateral Damage, Proportionality and Individual International Criminal Responsibility in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 157, 158. 187  Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2004, S. 123.

148 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

2. Der aus dem Exzessverbot resultierende Schutz von Zivilpersonen Selbst wenn ein rechtmäßiges Angriffsziel angegriffen wird, sind weitere zusätzliche Vorkehrungen zum Schutze der Zivilbevölkerung zu treffen, damit die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt und das Exzessverbot nicht verletzt wird. Denn im Lichte des Exzessverbots kann der Angriff eines militärischen Ziels, welches als legitimes Angriffsziel identifiziert wurde, dennoch rechtswidrig sein, wenn es zu einem exzessiven Kollateralschaden kommt, bei dem Zivilpersonen oder zivile Objekte zu Schaden kommen (Art. 51 Abs. 5 b und Art. 57 ZP I). Angriffe müssen wohl durchdacht erfolgen und auf eine militärische Niederlage des Gegners gerichtet sein.188 Sie dürfen Zivilpersonen und zivilen Objekten keinen Schaden zufügen, der außer Verhältnis zum unmittelbar erstrebten militärischen Vorteil stehen würde. Die Abgrenzung von erlaubten und verbotenen Angriffen hängt von der jeweiligen Situation im Einzelfall ab.189 Während mit der Berufung auf die militärische Notwendigkeit die ausnahmsweise Zulässigkeit einer grundsätzlich unzulässigen Kampfhandlung geltend gemacht wird, wird mit der Berufung auf den unverhältnismäßig hohen zivilen Schaden die ausnahmsweise Unzulässigkeit eines grundsätzlich zulässigen Angriffs auf militärische Ziele berücksichtigt.190 Das Exzessverbot schränkt Schädigungshandlungen durch vier Voraussetzungen ein, an denen diese zu messen sind. Zunächst müssen fundierte Informationen vorliegen, bevor eine Zivilperson oder ein ziviles Objekt als rechtmäßiges Ziel eingeordnet werden können.191 Ansonsten würden Grundlagen des humanitären Völkerrechts unterlaufen werden, denn unschuldige Zivilpersonen dürfen nicht zu Schaden kommen. Es müssen daher der erwartete militärische Vorteil und die voraussichtlichen Verluste in der Zivilbevölkerung ermittelt werden.192 Schädigungen von Personen und Objekten, die der Angreifende nicht erwartet und auf Grundlage der ihm vorliegenden Informationen auch nicht voraussehen konnte, zählen nicht zum Kollateralschaden, sofern der Angreifende die fehlende Voraussicht der Schädigungen ver188  Byers,

War Law, 2005, S. 119. Necessity, Proportionality, and the Use of Force by States, 2004, S. 106; ICTY, Final Report to the Prosecutor by the Commitee Established to Review the NATO Bombing Capaign Against the Federal Republic of Yogoslawia, 2000, Rn. 50; Bothe/Partsch/Solf, New Rules for Victims of Armed Conflict, 1982, S. 310; Fenrick, Mil. L. Rev. 98 (1982), S. 91, 111; Byers, War Law, 2005, S. 119. 190  Fleck, Mil. L. & L. War Rev. (1966), S. 85, 99. 191  Newton/May, Proportionality in International Law, 2014, S. 113 f. 192  Gardam, Necessity Proportionality, and the Use of Force by States, 2004, S. 94. 189  Gardam,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot149

nünftigerweise nicht vorausgesehen hat.193 Das gilt auch für den militärischen Vorteil, der nur insoweit in die Abwägung einzubeziehen ist, wie dieser voraussehbar war.194 Dieses Abstellen auf eine ex ante-Perspektive trägt dem Umstand Rechnung, dass es im Rahmen von bewaffneten Konflikten keine hundertprozentige Informationssicherheit und damit vollständige Voraussehbarkeit gibt.195 In dieser Situation kommt es darauf an, ob in ausreichendem Maße Vorsichtsmaßnahmen im Vorfeld des Angriffs ergriffen worden sind, denn nach Art. 57 Abs. 2 a) iii) ZP I sind Befehlshaber verpflichtet, alles praktisch Mögliche zu tun, um genaue Informationen zwecks Vermeidung von Kollateralschäden zu gewinnen.196 Des Weiteren ist von einem Angriff abzusehen, wenn mildere, genauso effektive Mittel zur Verfügung stehen (etwa Haft, Verhör oder Verurteilung), wobei auf diese Mittel nicht zurückzugreifen ist, wenn dies nicht möglich ist oder nur mit einer zu hohen Gefährdung eigener Soldaten einhergeht. Es wird jedoch auch vertreten, dass diese Anforderung einen Widerspruch zum humanitären Völkerrecht darstelle, welches gerade erlaube, Kombattanten zu töten, auch wenn nicht-tödliche Methoden zur Verfügung stehen, da ansonsten Zivilpersonen, die an Feindseligkeiten teilnehmen und damit rechtswidrig handeln, mehr Schutz zukäme als rechtmäßig handelnden Kombattanten.197 Darüber hinaus ist rückwirkend eine gründliche Nachforschung bezüglich der genauen Identifizierung der gezielt getöteten Person und der Umstände des Angriffs vorzunehmen. 3. Abgrenzung zu den Vorsichtsmaßnahmen bei Angriffen Vorsichtmaßnahmen sind insbesondere im Luftkrieg von großer Bedeutung. Bedingt durch die große Schnelligkeit der vorgenommenen Kampfhandlungen und der räumlichen Distanz, die dem Luftkrieg immanent ist, ist es sehr wichtig, im Vorfeld zu verifizieren, dass das anvisierte Ziel ein militärisches ist. In Anerkennung dessen, dass die bei einem Angriff vorliegenden Informationen nicht fehlerfrei sind, verlangt das Recht des bewaffneten Kon193  Gasser, Humanitäres Völkerrecht, 2007, S. 75; HPCR Commentary, 2010, S. 33; ICTY, Urteil vom 30. November 2006, Az. IT-98-29-A, Prosecutor v. Galic, Rn. 58. 194  ICTY, Urteil vom 30. November 2006, Az. IT-98-29-A, Prosecutor v. Galic, Rn. 58; HPCR Commentary, 2010, S. 91, 92. 195  Oeter, Kampfmittel und Kampfmethoden in bewaffneten Konflikten und ihre Vereinbarkeit mit dem hunamitären Völkerrecht, in: Hasse/Müller/Schneider (Hrsg.), Humanitäres Völkerrecht, 2001, S. 78, 92. 196  HPCR Commentary, 2010, S. 33; Oeter, Methods and Means of Combat, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of International Humanitarian Law, 2013, S. 115, 200 ff. 197  Cohen/Shany, JICJ 5/2 (2007), S. 310, 314.

150 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

flikts das Vornehmen bestimmter Vorsichtsmaßnahmen im Vorfeld von Angriffen (Art. 57, Art. 58 ZP I).198 Die Verpflichtungen sind dabei nicht nur auf den Angriff selbst beschränkt, sondern erstrecken sich teilweise auch auf die gesamte Militäroperation (so Art. 57 Abs. 1, Abs. 4 ZP I). Dabei müssen alle möglichen („all feasible“199) Maßnahmen getroffen werden. Dieser Grundsatz ist eine Ausprägung des Ausgleichs zwischen humanitären Erwägungen und der militärischen Notwendigkeit. Vorsichtsmaßnahmen stehen in engem Zusammenhang mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit und dem Exzessverbot, denn sie sollen sicherstellen, dass Zivilpersonen in militärischen Operationen weitestgehend verschont werden, sodass nur militärische Ziele angegriffen werden und sie dienen dazu, Kollateralschäden zu vermeiden bzw. diese in ihrem Umfang und Ausmaß zu begrenzen. Damit leisten die in Art. 57 ZP I200 formulierten Vorsichtsmaßnahmen, welche Völkergewohnheitsrecht darstellen und damit auch bei Luftangriffen berücksichtigt werden müssen, einen weiteren Beitrag neben dem Unterscheidungsgrundsatz und dem Exzessverbot zum Schutz von Zivilpersonen im Luftkrieg. Sie sind einsatzbezogener und präziser als die Vorschriften über das Exzessverbot. Die Verpflichtung, Vorsichtsmaßnahmen im Vorfeld von Angriffen zu treffen, richtet sich dabei sowohl an den Angreifer wie auch an den Angegriffenen. Die Verpflichtung, Vorsichtsmaßnahmen im Rahmen von Luftangriffen zu treffen, besteht auch beim Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge.201 a) Vorsichtsmaßnahmen des Angreifers aa) Verpflichtung, Verluste an der Zivilbevölkerung und an zivilen Objekten zu vermeiden oder auf ein Minimum zu beschränken Art. 57 Abs. 1 ZP I stipuliert eine Verpflichtung für die für Militäroperationen Verantwortlichen, die Verluste an Zivilpersonen und Schäden an zivilem Eigentum auf ein absolutes Minimum zu begrenzen. Der Begriff „Militäroperation“ ist dahingehend zu verstehen, dass damit jegliche Bewegungen, Manöver oder andere durch die Streitkräfte in Bezug auf das Kampfgeschehen

198  Jenks,

NDL Rev. 85 (2009), S. 649, 668. Protokoll I; dazu Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Rules 15 ff. 200  Art. 57 ZP I gilt für internationale bewaffnete Konflikte; es ist jedoch allgemein anerkannt, dass die Verpflichtungen des Art. 57 ZP I trotz des rudimentären Wortlauts des Art. 13 ZP II auch in nicht-internationalen bewaffneten Konflikten zur Anwendung finden. 201  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt G, Regel 39, S. 135, 136. 199  Art. 57



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot151

vorgenommenen Aktivitäten verstanden werden.202 Diese generelle Verpflichtung unterscheidet nicht zwischen den verschiedenen Arten der Kriegsführung zu Land, zur See und zur Luft. Obwohl lediglich Art. 57 Abs. 4 ZP I einen expliziten Verweis auf den Luftkrieg enthält, wird die allgemeine Regelung des Art. 57 Abs. 1 ZP I auch als auf den Luftkrieg anwendbar angesehen. Generelle Prinzipien sollen in jeglicher Art der Kriegsführung zur Anwendung gelangen.203 Diese Regelung ergänzt Art. 48 ZP I, welcher den Parteien eines Konflikts vorschreibt, stets zwischen Zivilpersonen und Kombattanten sowie zivilen und militärischen Zielen zu unterscheiden. Sie wird auch als notwendige Folge des Unterscheidungsgrundsatzes angesehen.204 Die Kodifizierung dieser Grundsätze trägt grundlegend zum Schutz von Zivil­personen und zivilen Objekten bei. bb) Verpflichtung, sicherzustellen, dass die Angriffsziele tatsächlich militärische Ziele darstellen Art. 57 Abs. 2 a) i) ZP I verpflichtet die Angreifer, alles praktisch Mög­ liche zu tun, um sicherzugehen, dass die Angriffsziele weder Zivilpersonen noch zivile Objekte sind und nicht unter besonderem Schutz stehen, sondern militärische Ziele sind und dass der Angriff nicht nach dem ZP I verboten ist. Diese Verpflichtung stellt eine Unterkategorie der allgemeinen Verpflichtung dar, zivile Opfer zu vermeiden und die Zivilbevölkerung weitestgehend zu schonen. Nach Art. 57 Abs. 2 a) i) ZP I wird der Angreifer dazu verpflichtet, sich vor dem Angriff zu versichern, dass es sich bei den anvisierten Objekten um militärische Ziele handelt. Die Identifizierung dieser Ziele sollte mit größtmöglicher Sorgfalt erfolgen, insbesondere, wenn es sich um Ziele handelt, die in weiter Entfernung liegen. Die Personen, welche über einen Angriff entscheiden, tun dies auf Grundlage aller ihnen vorliegenden Informa­ tionen. Hierbei handelt es sich im Rahmen des Luftkrieges insbesondere um visuelle Identifikationsmöglichkeiten, Antworten auf Radiowarnungen, Infrarot, Radar, elektronische Signale, Identifikationskennzeichen, Anzahl und Formation der Luftfahrzeuge, Flughöhe, Geschwindigkeit, Flugstrecke, Flugprofil und andere Flugcharakteristika sowie vor und während des Fluges von der Flugsicherung erhaltene Informationen.205 Man kann hingegen nicht verlangen, dass die Planer eines Angriffs eine persönliche Kenntnis von dem 202  Sandoz/Swinarski/Zimmerman

1981.

203  HPCR

(Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 1979–

Commentary, 2010, Section G, Rule 30, S. 124, 125. von Heinegg, Precautions in Attack, in: MPEPIL, 2015, Rn. 1. 205  Schmitt, Air Law and Military Operations, in: Gill/Fleck (Hrsg.), The Handbook of the International Law of Military Operations, 2010, S. 303, 314, Rn. 18.14. 204  Heintschel

152 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

anzugreifenden Ziel haben.206 Das Sammeln von Informationen in Bezug auf das anvisierte Angriffsziel hängt im Wesentlichen auch von der technischen Ausstattung des Angreifers ab. Dennoch verlangt Art. 57 Abs. 2 a) i) ZP I nicht, dass die Konfliktparteien stets die neusten, modernsten und fortschrittlichsten Technologien zu Aufklärungszwecken besitzen müssen.207 Aber es wird verlangt, dass die neusten, modernsten und fortschrittlichsten der Partei zur Verfügung stehenden Technologien zu Aufklärungszwecken eingesetzt werden, um die möglichst verlässlichsten Informationen zu erhalten.208 In Zweifelsfällen, wenn nicht genügend Informationen zur Verfügung stehen, sind weitere Informationen einzuholen, bevor ein Ziel angegriffen werden darf.209 Auch müssen Informationen nicht nur über das Angriffsziel selbst, sondern auch beispielsweise über seine Umgebung erlangt werden, um sich ein klares Bild der Gesamtsituation zu verschaffen und so Kollateralschäden begrenzen zu können. Abzustellen ist dabei auf die Informationen, die zum Zeitpunkt der Entscheidungsfällung zur Verfügung stehen.210 Problematisch sind plötzlich auftauchende militärische Ziele, die keine oder nur wenig Zeit lassen, um Aufklärungsmaßnahmen vorzunehmen. Zudem können Abweichungen auftreten zwischen den Informationen, die dem Befehlshaber vorliegen und denen, die der ausführende Pilot übermittelt bekommt oder die er beim Ausführen des Befehls wahrnimmt. Der Pilot kann einerseits nicht all die Informationen über den Angriff in seiner Gesamtheit vorliegen haben, die der mit der jeweiligen militärischen Operation betraute Befehlshaber hat. Andererseits wird er ganz andere Informationen durch die Nähe zum anvisierten Ziel erhalten können als der aus der Ferne operierende Befehlshaber. Problemtisch ist daher die Frage, wie der Pilot die Situation am Boden und die Einschätzung des Befehlshabers in der Ferne zu beurteilen hat. Kann er sich im Kollisionsfall darauf verlassen oder ist davon auszugehen, dass der Befehlshaber einer Fehleinschätzung im Vergleich zu dem durch den Piloten Wahrgenommenen unterliegt. Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch der Umgang mit im Vorfeld von Angriffen aufkommenden Zweifeln. So wird vertreten, dass diesbezüglich eine Pflicht des militärischen Befehlshabers bestehe, zusätzliche Informationen über das Ziel einzuholen und weitere Aufklärungsmaßnahmen vorzunehmen, um sicherzustellen, dass die anvisierten Angriffsziele 206  Amer, The Protection of Civilian Population, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare, Contemporary Issues, 2006, S. 17, 26, 27. 207  Quéguiner, IRRC 88/864 (2006), S. 793, 797, 798. 208  Quéguiner, IRRC 88/864 (2006), S. 793, 797, 798; siehe dazu auch HPCR Commentary, 2010, Regel 32 (a), S. 126. 209  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 2195. 210  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt G, Regel 31 (a), S. 126.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot153

tatsächlich legitime militärische Ziele darstellen.211 Es wird vertreten, dass eine solche Strategie des Zurückhaltens des Angriffs ein absolutes Muss für die Sicherstellung des Unterscheidungsgrundsatzes sei, auch wenn ein bewaffneter Konflikt dadurch länger dauern sollte.212 Andere sehen diese Pflicht zur absoluten Zweifelsbeseitigung richtigerweise als zu weitgehend an.213 Denn die Verpflichtung zur Vornahme alles praktisch Möglichen beinhalte neben humanitären Erwägungen auch militärische Erwägungen.214 Auch wurde dieser relative Standard im Rahmen der traveaux preparatoire bewusst gewählt, um keinen absoluten Standard zu begründen.215 Damit steht den Befehlshabern korrekterweise ein Ermessensspielraum im Hinblick auf die Verwendung der ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen zu.216 Eine Pflicht zur absoluten Zweifelsbeseitigung würde auch nicht dem Wesen des Krieges, welcher durch den sogenannten Nebel des Krieges geprägt ist, entsprechen. So gehört es oft zur Strategie eines Kriegführenden, die Zielidentifizierung durch Kriegslisten zu behindern und Angriffe auf falsche Ziele zu lenken.217 Eine absolute Zweifelsbeseitigungspflicht ist deswegen nicht praktikabel. Das bedeutet aber nicht, dass Befehlshaber nicht verpflichtet sind, sicherzustellen, dass die ihnen vorliegenden Informationen nicht veraltet sind oder in der Zwischenzeit entscheidende Veränderungen am Charakter des Zielobjekts oder seiner Umgebung eingetreten sind. Ebenso beansprucht die aus Art. 50 Abs. 1 ZP I und Art. 52 Abs. 3 ZP I folgende Zweifelsregelung nach wie vor Geltung, sodass eine Person bzw. ein Objekt solange nicht angegriffen werden darf, wie nicht sein Status festgestellt wurde. Die konkreten Maßnahmen erfordern stets eine Einzelfallentscheidung anhand der jeweiligen zu dem relevanten Zeitpunkt gegebenen Umstände. 211  Quéguiner, IRRC 88/864 (2006), S. 793, 798; Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 680. 212  Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 20. 213  Henderson, The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 163; Schmitt, Fault Lines in the Law of Attack, in: Breau/Jachec-Neale (Hrsg.), Testing the Boundries of International Humanitarian Law, 2006, S. 277, 304; ICTY, Final Report to the Prosecutor by the Commitee Established to Review the NATO Bombing Capaign Against the Federal Republic of Yogoslawia, 2000, Rn. 29; Schmitt, Fault Lines in the Law of Attack, in: Breau/Jachec-Neale (Hrsg.), Testing the Boundries of International Humanitarian Law, 2006, S. 277, 304. 214  Henderson, The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 165. 215  Henderson, The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 163. 216  ICTY, Final Report to the Prosecutor by the Commitee Established to Review the NATO Bombing Capaign Against the Federal Republic of Yogoslawia, 2000, Rn. 29. 217  Quéguiner, IRRC 88/864 (2006), S. 793, 799.

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Zudem bestimmt Art. 57 Abs. 2 a) ii) ZP I, dass im Vorfeld von Angriffen alles praktisch Mögliche zu tun ist, um Verluste unter der Zivilbevölkerung bei der Wahl der Angriffsmittel und -methoden, die Verwundung von Zivilpersonen und die Beschädigung ziviler Objekte, die dadurch mit verursacht werden könnten, zu vermeiden und in jedem Fall auf ein Mindestmaß zu beschränken. Dadurch wird eine grundsätzliche, von der Pflicht der Beachtung des Exzessverbots zunächst unabhängige, allgemeine, aber relative Kollateralschadensminimierungspflicht begründet.218 Die Verpflichtungen zur Vornahme von Vorsichtsmaßnahmen sind damit nicht absolut, sondern werden begrenzt durch das praktisch Mögliche.219 Aufgrund der Beschränkung auf das praktisch Mögliche ist bei der Zielbestimmung auf die tatsächlich vorhandenen Informatioen zu der jeweils relevanten Zeit, also zum Zeitpuhnkt der Entscheidungsfindung, abzustellen. Es soll gerade keine Rückschau stattfinden.220 Damit verbleibt die Wahl der Angriffsmittel und -methoden eine Frage des Einzelfalls, gemessen an den jeweils zum Zeitpunkt eines Angriffs vorherrschenden Umständen und variiert von Situation zu Situation, auch abhängig davon, welche Konfliktpartei involviert ist und welche Mittel und Methoden dieser zur Verfügung stehen.221 Zu unterscheiden sind Angriffsmittel unter anderem nach ihrer Präzision, ihrer Reichweite, ihrem Sprengradius und auch ihrer Fehlerquote.222 Angriffsmethoden lassen sich nach dem Zeitpunkt des Angriffswinkels, der Entfernung, aus welcher ein Angriff erfolgt, dem Angriffszielpunkt sowie der Angriffshöhe unterscheiden.223 Die Kosten des jeweiligen Angriffsmittels spielen keine Rolle, denn „praktisch möglich“ ist nicht gleichzusetzen mit „finanziell möglich“.224 Dabei ist dann eine Wahl vor dem Hintergrund der militärischen Operation als Ganzes zu treffen, wobei auch diesbezüglich den jeweiligen Befehls­ habern ein Beurteilungsspielraum zusteht. Des Weiteren begründet Art. 57 Abs. 2 a) iii) ZP I die Pflicht, von einem Angriff Abstand zu nehmen, bei dem damit zu rechnen ist, dass er auch Verluste unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die 218  Henderson,

The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 168. von Heinegg, Precautions in Attack, in: MPEPIL, 2015, Rn. 7. 220  Heintschel von Heinegg, Precautions in Attack, in: MPEPIL, 2015, Rn. 8. 221  Henderson, The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 173; Rogers, Law on the Battlefield, 1996, S. 69; Schmitt, IRRC 87/859 (2005), S. 445, 460, 461. 222  Henderson, The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 169, 170; Schmitt, IRRC 87/859 (2005), S. 445, 447. 223  Dinstein, The Conduct of Hostilites under the Law of International Armed Conflict, 2010, S. 143; Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 682; Quéguiner, IRRC 88/864 (2006), S. 793, 800, 801; HPCR Commentary, 2010, S. 127. 224  Schmitt, IRRC 87/859 (2005), S. 445, 462. 219  Heintschel



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot155

Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen. Diese Verpflichtung ist absoluter Natur, sie verpflichtet nicht nur im Rahmen des praktisch Möglichen. Sie dient dazu, die praktische Wirksamkeit des Exzessverbots zu gewährleisten.225 cc) Verpflichtung, von einem Angriff unter bestimmten Bedingungen Abstand zu nehmen oder ihn einzustellen Art. 57 Abs. 2 b) ZP I stellt die Verpflichtung auf, einen Angriff zu beenden oder zu unterbrechen, wenn das Ziel kein militärisches ist, es unter besonderem Schutz steht oder der Angriff zufällige Verluste an Zivilpersonen oder zivilen Objekten zu verursachen vermag, die exzessiv im Verhältnis zum konkreten unmittelbaren militärischen Vorteil wären. Diese Verpflichtung, Angriffe unter bestimmten Bedingungen zu beenden oder zu unterbrechen, richtet sich nicht nur an diejenigen, die Angriffe planen oder über diese entscheiden, sondern auch an diejenigen, die sie ausführen. Die Verpflichtung, einen Angriff bei drohender Verletzung des Unterscheidungsgrund­ satzes oder des Exzessverbots auszusetzen, garantiert die Verantwortlichkeit und das Einhalten dieser Grundsätze auf allen Operationsebenen.226 Diese Verpflichtung richtet sich neben den Befehlshabern auf der planerischen Ebene vor allem an die Personen, die Angriffe durchführen.227 Wenn sich Luftfahrzeuge in einem Einsatz befinden, um vermeintliche militärische Ziele zu eliminieren, sich aber während dieses Einsatzes he­ rausstellt, dass es sich möglicherweise nicht um rechtmäßige militärische Ziele handelt, so sind die Piloten verpflichtet, die Operation erst einmal auszusetzen, ihren Vorgesetzten zu berichten und auf eine Bestätigung des Charakters des anvisierten Ziels zu warten. Wenn keine weiteren Informationen zur Verfügung gestellt werden, sind die Piloten verpflichtet, den Angriff abzubrechen.228 Der Abbruch bei Zweifeln soll unabhängig davon erfolgen, ob im Rahmen einer militärischen Operation bereits erste Angriffe stattgefunden haben oder noch nicht. Zur Gewährleistung des größtmöglichen Schutzes von Zivilpersonen dürfen fälschlicherweise vorgenommene Angriffe auf nicht rechtmäßige militärische Ziele nicht allein deswegen fortgeführt werden, weil die Operation bereits begonnen hat. Die Verpflich225  Henderson,

The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 182. (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 2220. 227  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 686; Henderson, The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 186. 228  Australian Military Manual, Australian Defence Force Manual on the Law of Armed Conflict, ADFP 37 (1994), Rn. 832. 226  Sandoz/Swinarski/Zimmermann

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tung, unter gewissen veränderten Umständen, die einen Angriff rechtswidirg erscheinen ließen, von diesem Abstand zu nehmen, gilt strikt und absolut und untersteht als solche nicht den Beschränkungen durch das praktisch Mögliche.229 Die Abbruchverpflichtung besteht aber nur bei Vorliegen erwiesener Umstände. Unter Heranziehung von Art. 31 Abs. 1 WVK ist dies der Fall, wenn es sich für den Normadressaten als offensichtlich und klar erkennbar darstellt, dass das Angriffsziel nicht-militärischer Natur ist oder der Angriff voraussichtlich zu exzessiven Kollateralschäden führen würde. Damit genügen bloße Zweifel entgegen anderer Ansichten230 nicht. Auch hier erfordert die Abwägung im Hinblick auf den aus der Gesamtoperation erwarteten militärischen Vorteil, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die von den Befehlshabern im Rahmen eines Beurteilungsspielraums zu fassen ist. Die Angehörigen der Streitkräfte sollen aber nicht dazu angehalten werden, die Befehle ihrer Vorgesetzten ohne Weiteres in Frage zu stellen.231 Es bedarf daher substantieller Anhaltspunkte für einen Abbruch, die klar darauf hindeuten, dass diese Umstände offenkundig nicht im Rahmen der vorherigen Angriffsplanung berücksichtigt wurden. Was den Abbruch von Angriffen aufgrund der Nichteinhaltung des Unterscheidungsgrundsatzes anbelangt, ist die Durchführung und Praxis eindeutiger als in Fällen eines Abbruchs wegen einer Verletzung des Exzessverbots, denn ob ein militärisches oder ziviles Ziel angegriffen wird, kann auf jeder Operationsebene, mithin auch auf der Ebene der Ausführenden, erkennbar sein. Ob hingegen ein Kollateralschaden exzessiv ist im Verhältnis zu dem aus einem Angriff resultierenden unmittelbaren militärischen Vorteil vermag der Ausführende vielfach nicht festzustellen, da ihm das diesbezügliche Wissen und die erforderlichen Informationen für die Frage der Bewertung des militärischen Vorteils fehlen, die typischerweise nur die Befehlsebene besitzt. Daran knüpft auch Art. 85 Abs. 3 ZP I an, indem er die strafrechtliche Verantwortlichkeit auch in einer solchen Situation den Befehlshabern einer Operation auferlegt und nicht den Ausführenden.232 Dies entbindet die Ausführenden aber nicht von der Vornahme eigener situationsbedingter Einschätzungen, denn plötzliche Veränderungen in der Umgebung des anvisierten militärischen Ziels können beispielsweise nicht von den Befehlshabern im Vorfeld erfasst werden. Dies entspricht auch Art. 57 Abs. 2 b) ZP I, der in solchen Situationen eigenes Denken und ein Handeln entgegen den vorher 229  Heintschel

von Heinegg, Precautions in Attack, in: MPEPIL, 2015, Rn. 18. IRRC 88/864 (2006), S. 793, 804. 231  Henderson, The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 184. 232  Bothe/Partsch/Solf, New Rules for Victims of Armed Conflicts, 1982, S. 366, 367. 230  Quéguiner,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot157

erhaltenen Befehlen voraussetzt.233 Dies kann dazu führen, dass geplante Angriffe vorerst auszusetzen sind, wenn die neuen Umstände hinreichend gravierend sind und es für den Ausführenden als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass eine Neubewertung erforderlich ist. dd) Verpflichtung, das Ziel auszuwählen, durch welches die Zivilbevölkerung am Wenigsten beeinträchtigt wird Art. 57 Abs. 3 ZP I verlangt, dass solche militärischen Mittel zu gebrauchen sind, die den geringsten Schaden bei der Zivilbevölkerung und zivilen Objekten nach sich ziehen. Bei der Auswahl des Angriffszieles aus mehreren Zielen mit gleichwertigem militärischem Vorteil muss, sofern eine solche Auswahl möglich ist, das Ziel ausgesucht werden, dessen Angriff die geringste Gefahr und den geringsten Schaden für die Zivilbevölkerung oder zivile Objekte darstellt. Dieses Prinzip wird als „das Kleinere von zwei Übeln“ bezeichnet.234 Dabei wird, anders als in der Definition im Rahmen der Art. 51, 52 ZP I, nicht auf einen konkreten, unmittelbaren oder eindeutigen Vorteil abgestellt (diesbezüglich steht dem Befehlshaber einen Beurteilungsspielraum zu). Zivilpersonen ist jedoch im Rahmen der Abwägung ein höherer Stellenwert zuzurechnen als dem Schutz ziviler Objekte, unabhängig davon, um welche konkreten Individuen es sich handelt.235 Bei zivilen Objekten hingegen sind die Zweckbestimmung des zivilen Objekts und die Auswirkungen ihrer Zerstörung auf die Zivilbevölkerung sowie deren Ersetzbarkeit als valide Kriterien mit in die Abwägungsentscheidung einzustellen.236 Aber auch hier steht dem Befehlshaber ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. In der Praxis bedeutet dies, dass für ein Abschneiden wichtiger Verkehrswege keine Bahnhöfe angegriffen werden dürfen, die sich in Städten befinden, sondern dass stattdessen gezielt wichtige Bahntrassen angegriffen werden sollen, die sich entfernt von bewohnten Gebieten befinden.237 Auch Angriffe auf Telefonnetze sind beispielsweise jenseits besiedelter Gebiete vorzunehmen, sofern dies denselben militärischen Vorteil bietet. Darüber hinaus muss der Angreifende auch solche Mittel und Methoden der Kriegsführung wählen, die unnötige Leiden verhindern und unvermeidliche Verluste der 233  Quéguiner,

IRRC 88/864 (2006), S. 793, 805. (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987. 235  Rowe, IRRC 82/837 (2000), S. 147, 163; Bothe/Parth/Solf, New Rules for Victims of Armed Conflicts, 1982, S. 368; Parks, Air War and the War of Law, 1990, S. 148. 236  Henderson, The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 192. 237  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 2226. 234  Sandoz/Swinarski/Zimmermann

158 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Zivilbevölkerung oder Schäden ziviler Objekte auf ein Minimum reduzieren. Auch die Angriffsrichtung spielt eine Rolle, so sollten beispielsweise, wenn sich ein geschütztes Gebäude westlich des Ziels befindet, Angriffe idealiter vom Süden oder Norden her erfolgen, um Beschädigungen und Kollateralschäden so gering wie möglich zu halten.238 Das bedeutet aber weder, dass die Kriegführenden verpflilchtet sind, stets die neusten Technologien und die präzisesten Waffen einzusetzen, noch dass es sich nur um rechtmäßige militärische Ziele handelt, sofern keine Kollateralschäden entstehen.239 ee) Verpflichtung, Angriffen eine wirksame Warnung vorausgehen zu lassen Art. 57 Abs. 2 c) ZP I enthält die Verpflichtung, vor einem Angriff eine Warnung abzugeben, damit Zivilpersonen die Möglichkeit erhalten, das Angriffsgebiet vor einem Angriff zu verlassen und Zuflucht suchen können, um so sich selbst und ihr Eigentum in Sicherheit zu bringen. Ähnliche Regelungen lassen sich in Art. 19 des Lieber Codes sowie in Art. 16 der Brüsseler Deklaration240 und Art. 26 LKO finden. Wenn die Umstände es also erlauben, muss bei Angriffen, welche die Zivilbevölkerung beeinträchtigen könnten, jedoch nicht bei solchen, die nur zivile Objekte beeinträchtigen könnten, eine effektive Warnung vorausgehen. In der Vergangenheit war die Abgabe einer solchen Warnung regelmäßig unproblematisch, da die Kampfhandlungen, welche eine Gefahr für die Zivilbevölkerung darstellten, größtenteils durch die Artillerie vorgenommen wurden und als solche nicht auf ein Überraschungsmoment angewiesen waren. Auch konnten die Angegriffenen ihre militärischen Ziele wegen der Warnung nicht besser verteidigen. Deswegen schmälerte eine Warnung nicht den militärischen Vorteil der Angreifenden. Eine Ausnahme von dieser Verpflichtung, eine effektive ­ ­Warnung abzugeben, besteht bei Vorliegen von Umständen, die eine solche Warnung nicht zulassen, z. B. wenn das Überraschungsmoment entscheidend ist für den Erfolg des Angriffs. Trotz dieser Ausnahme ist diese Regelung angesichts der Fortentwicklung der Kriegsführung, insbesondere was den Luftkrieg anbelangt, vielfach Kritik ausgesetzt. Sie wird als veraltet und nicht mehr zeitgemäß angesehen.241 Das Überraschungsmoment ist oftmals entscheidend bei der modernen Luftkriegsführung, insbesondere angesichts 238  HPCR

Commentary, 2010, Abschnitt G, Regel 32 (b), S. 127. von Heinegg, Precautions in Attack, in: MPEPIL, 2015, Rn. 29. 240  Deklaration „über die Gesetze und Gebräuche des Krieges“ vom 27. August 1874; Project of an International Declaration concerning the Laws and Customs of War, 27. August 1874. 241  Rowe, IRRC 82/837 (2000), S. 147, 154. 239  Heintschel



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot159

effektiver Luftfahrzeug-Abwehrtechnologien. Dennoch zeigt die Staatenpraxis, dass diese Regelung nicht veraltet ist, im Gegenteil, im Rahmen moderner bewaffneter Konflikte werden solche Warnungen weiterhin abgegeben242 und auch viele militärische Handbücher sehen eine solche Verpflichtung weiterhin vor.243 Warnungen sind dabei so speziell und detailliert abzugeben, wie die Umstände es zulassen.244 Das Abgeben von Warnungen kann beispielsweise durch das Abwerfen von Flugblättern oder mittels Rundfunkübertragung umgesetzt werden.245 Die konkrete Ausgestaltung der Warnungen hängt von der Ausstattung der jeweiligen Partei und anderer Faktoren ab, die die Praktikabilität beeinflussen, sodass eine entsprechende Einschätzung, was die beste Wirkung entfaltet, im Einzelfall zu treffen ist. Nicht ganz eindeutig geht aus der Verpflichtung hervor, wie detailliert eine Warnung sein sollte bzw. wie diese auszugestalten ist, um mit dem Recht des bewaffneten Konflikts in Einklang zu stehen.246 Abstrakte Warnungen zu Beginn von militärischen Operationen müssen durch präzisere, zeitlich näher an den konkreten Angriffen liegende Warnungen ersetzt bzw. ergänzt werden.247 Was die zeitliche Komponente anbelangt, ist ebenfalls eine Einzelfallentscheidung zu treffen. Eine unpräzise Warnung weit im Voraus kann wirksamer sein, als eine präzise Warnung kurz vor einem Angriff, wenn im Nachgang zu der Warnung keine ausreichende Zeit verbleibt das Gebiet zu verlassen. Ebenso verhält es sich mit der Reichweite. Eine Warnung, die weit im Vorfeld eine bestimmte Gruppe an Personen erreicht, wird wirksamer sein als eine Warnung, die an die gesamte Zivilbevölkerung ergeht, jedoch erst kurz vor dem Angriff erfolgt.248 In anderen Situationen vermag die Abgabe von Warnschüssen im Vorfeld eines Angriffs die einzig wirksame Warnung darzustellen.249 Eine effektive Warnung führt jedoch weder dazu, dass ein rechtswidriger Angriff rechtmäßig wird, noch dass der Angreifer von den ihm obliegenden Pflichten zur Einhaltung des humanitä242  So gab die NATO im Rahmen der Operation Allied Forces in der ehemaligen Republik Jugoslawiens Warnungen ab, siehe dazu Rowe, IRRC 82/837 (2000), S. 147, 154. 243  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law: Vol. II: Practice, 2005, Part 1, S. 400–413. 244  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt G Regel 37, S. 132, 133. 245  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt G Regel 37, S. 132. 246  Dinstein, The Conduct of Hostilites under the Law of International Armed Conflict, 2004, S. 128. 247  Quéguiner, IRRC 88/864 (2006), S. 793, 808. 248  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt G Regel 37, S. 133. 249  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt G Regel 37, S. 133.

160 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

ren Völkerrechts, insbesondere zum Treffen weiterer Vorsichtsmaßnahmen, befreit wird.250 ff) Minimumstandard des Art. 57 Abs. 4 ZP I Der Minimumstandard des Art. 57 Abs. 4 ZP I besagt, dass bei Kriegshandlungen auf See oder in der Luft jede am Konflikt beteiligte Partei im Einklang mit den Rechten und Pflichten alle angemessenen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen hat, die sich aus den Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts für sie ergeben, um Verluste unter der Zivilbevölkerung und Beschädigungen ziviler Objekte zu vermeiden. Hintergrund dieser Regelung ist, dass gem. Art. 49 Abs. 3 ZP I die Vorschriften des Teil IV des ZP I nur insoweit auf Kriegshandlungen zur See und in der Luft anwendbar sind, als dass sie Auswirkungen auf Zivilpersonen und zivile Objekte auf dem Land entfalten. Da jedoch diese Pflichten heutzutage anerkanntermaßen Teil des Luftkriegsrechts sind251, kommt Art. 57 Abs. 4 ZP I keine eigenständige Bedeutung zu. gg) Verpflichtung, Vorsichtsmaßnahmen gegen die Wirkungen von Angriffen vorzunehmen Gemäß Art. 58 ZP I müssen die Konfliktparteien Vorsichtsmaßnahmen gegen die Wirkungen von Angriffen vornehmen. Diese Verpflichtung zu sogenannten passiven Vorsichtsmaßnahmen trifft jede Konfliktpartei für ihr Territorium zugunsten ihrer Staatsangehörigen oder in von ihr kontrollierten Gebieten. Die Kriegführenden dürfen davon ausgehen, dass die jeweils gegnerische Partei ihre vertraglichen Verpflichtungen einhalten wird und den Zivilpersonen zukommenden Schutz respektiert, nichtsdestotrotz müssen sie ihrerseits alle erdenklichen Maßnahmen treffen, um das Wohlergehen ihrer Bevölkerung zu sichern.252 Art. 58 ZP I enthält zwei Hauptpflichten, zum einen die Verpflichtung, die Zivilbevölkerung, einzelne Zivilpersonen und zivile Objekte bzw. die ihnen innewohnende Nutzung aus der Umgebung militärischer Ziele zu entfernen (Art. 58 a) ZP I) und zum anderen das Verbot, militärische Ziele innerhalb oder in der Nähe von dicht bevölkerten Gebieten anzulegen (Art. 58 b) ZP I). Darüber hinaus enthält Art. 58 ZP I noch eine generelle, allgemein gehaltene Verpflichtung, weitere notwendige Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um die 250  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt G Regel 37, S.  134; UN-Generalversammlung, Human Rights Council, U.N. Doc. A/HRC/3/2, Rn. 151, 158. 251  HPCR Commentary, 2010, S. 124 ff. 252  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 2229 f.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot161

Zivilbevölkerung, einzelne Zivilpersonen und zivile Objekte vor den mit Kriegshandlungen verbundenen Gefahren zu schützen. Keine dieser Verpflichtungen ist jedoch absolut, denn sie alle sind dadurch begrenzt, dass sie einzuhalten sind, „soweit dies praktisch irgend möglich ist“ (Art.  58 Abs. 1 ZP I). b) Vorsichtsmaßnahmen des Verteidigers Die Hauptvorschrift, die sich an den Verteidiger richtet, ist Art. 51 Abs. 7 ZP I, welcher das Verbot enthält, Zivilpersonen dazu zu benutzen, militärische Angriffe fernzuhalten. Diese Regelung findet auf zivile Objekte jedoch keine Anwendung. Der Verteidiger, der sich ihrer bedient, wandelt sie durch die Nutzung zu militärischen Zielen um. (Auch) zivile Objekte werden von Art. 58 ZP I erfasst, welcher vorsieht, dass der sich Verteidigende grundlegende Vorsichtsmaßnahmen treffen muss, um Zivilpersonen und zivile Objekte vor den Auswirkungen von Angriffen auf militärische Ziele zu schützen, wie z. B. Zivilpersonen und zivile Objekte (bzw. den ihnen innewohnen Nutzen) aus der Nähe militärischer Ziele zu entfernen und zu verhindern, dass sich militärische Ziele in oder in der Nähe von stark besiedelten Gebieten positionieren. Schon der Wortlaut lässt darauf schließen, dass diese Verpflichtungen schwächer sind, als die des Angreifers. Sie müssen nur zu dem maximal möglichen Ausmaß eingehalten werden und der Verteidiger muss nur bemüht sein, die Zivilpersonen zu entfernen und es zu vermeiden, in diesem Bereich militärische Ziele anzusiedeln. c) Verhältnis Vorsichtsmaßnahmen des Angreifers zu denen des Verteidigers Die größten Differenzen bestehen in Bezug auf das Ausmaß der geteilten Verantwortlichkeit sowohl des Angreifenden wie auch des Angegriffenen für den Schutz von Zivilpersonen und zivilen Objekten vor unterschiedslosen Angriffen. Die USA haben stets behauptet, dass beide Seiten die gleiche Verantwortlichkeit treffe.253 Andere hingegen meinen, dass der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck des ZP I darauf hindeuten, dass der Angreifende die Hauptverantwortung trägt. Weder das Völkergewohnheitsrecht noch das Völkervertragsrecht sehen Regelungen vor, die einem sich verteidigenden Staat Verpflichtungen auferlegen, die mit denen eines Angreifers vergleichbar wären. 253  U.S. Department of the Air Force, Air Force Pamphlet 110-31, International Law – The Conduct of Armed Conflict and Air Operations and the Linebacker Bombing Campaigns of the Vietnam War, 1976; Parks, Air Force L. Rev. 32/1 (1990), S. 1, 149 ff.

162 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Die Verpflichtung, Mittel und Methoden der Kriegsführung auszusuchen, die dazu bestimmt oder in der Lage sind, Schäden an zivilen Objekten und Schädigungen der Zivilbevölkerung zu vermeiden bzw. diese zu begrenzen, stellt Einschränkungen in vielerlei Hinsicht dar. Diese können sich auf den Zeitpunkt eines Angriffs beziehen, so sind einige militärische Ziele beispielsweise am Besten nachts anzugreifen, wenn die Zivilbevölkerung sich nicht mehr auf den Straßen aufhält.254 Diese Verpflichtung wirkt sich auch auf den Ort des Angriffs aus, so sollen beispielsweise dicht besiedelte Gebiete nicht angegriffen werden. Auch die Art und Weise der Angriffsausführung kann eingeschränkt werden, so sollten beispielsweise im Golfkrieg Brücken in besiedelten Gebieten attackiert werden, indem Kampfflugzeuge sich entlang des Flusses bewegten und aus dieser Position heraus ihre Bomben abwarfen, um sicherzustellen, dass diese Bomben, sollten sie ihr Ziel verfehlen im Fluss und nicht in den sich ringsum befindenden besiedelten Gebieten landen. Art. 57 Abs. 2 a) ii) ZP I verlangt den Einsatz der präzisesten zur Verfügung stehenden Waffen. Das bedeutet, dass an die verschiedenen Kriegsführenden unterschiedliche Anforderungen gestellt werden. Der Standard des Schutzes, der Personen zukommt, hängt damit von der technischen Ausstattung der jeweiligen Kriegsführenden ab.255 Es wird vertreten, dass dies dem Grundsatz der Gleichheit zwischen den Kriegführenden widerspricht.256 Dies wird jedoch zum Wohle des Schutzes von Zivilpersonen hingenommen. Befürchtet wird, dass diese Regelung dazu führen würde, dass die Staaten die Entwicklung neuer Technologien aus Kostengründen zurückhalten würden, um diese nicht in jeder Situation anwenden zu müssen. Moderne Technologien beinhalten jedoch nicht nur den Nachteil, dass sie teuer sind, sondern bringen vor allem viele militärische Vorteile mit sich.257 Aus dieser Regelung kann sich jedoch keine Verpflichtung für Staaten ableiten, stets die modernsten Waffentechnologien anzuschaffen, auch wenn sie die diesbezüglichen Mittel dazu haben.258

254  Quéguiner,

IRRC 88/864 (2006), S. 793, 800. Chin. J. Int. Law 2/1 (2003), S. 175, 201. 256  Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2004, S. 126. 257  Quéguiner, IRRC 88/864 (2006), S. 793, 802. 258  Schmitt, The Impact of High and Low-Tech Warfare on the Principle of Distinction, 2003, S. 10. 255  Jaworski,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot163

III. Herausforderungen im Hinblick auf den Unterscheidungsgrundsatz und das Exzessverbot in modernen Luftoperationen Im Recht des bewaffneten Konflikts existieren, wie oben dargestellt, eindeutige Kriterien für die Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und zivilen Objekten einerseits und Kombattanten und sonstigen militärischen Zielen andererseits. Obwohl nur Angriffe auf rechtmäßige militärische Ziele erlaubt sind, zählen, wie in Kapitel 2 herausgearbeitet, nach wie vor Zivilpersonen zu den größten Opfern in bewaffneten Konflikten. Das Problem liegt wie so oft nicht in der Theorie, sondern in der Praxis. Die Situationen in der Realität, welche die Anwendung des Unterscheidungsgrundsatzes und des Exzessverbots erfordern, sind im Gegensatz zur Theorie meist nicht so eindeutig. So stellen moderne bewaffnete Konflikte das Recht des bewaffneten Konflikts, was den Schutz von Zivilpersonen anbelangt, insbesondere im Rahmen von Luftoperationen, vor große Herausforderungen. Diese resultieren unter anderem aus der fortschreitenden Entwicklung der Waffentechnik, dem Anstieg asymmetrischer Konflikte, der die veränderten Umstände moderner Kriegsführung berücksichtigenden Anwendung der Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts und dem damit einhergehenden Verwischen der Kategorien der Kombattanten und Zivilpersonen sowie der militärischen Ziele und zivilen Objekte. Im Folgenden werden diese Herausforderungen, die vor allem an den Unterscheidungsgrundsatz sowie das Exzessverbot im Rahmen von Luftkriegsoperationen gestellt werden, näher beleuchtet. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Auswirkungen der modernen Technologie auf den Schutz von Zivilpersonen und zivilen Objekten, insbesondere im Hinblick auf unbemannte Luftfahrzeuge. Denn moderne Luftkriege sind vor allem durch automatische, nahezu autonome Vorgänge und eine wachsende Entfernung zwischen den Soldaten und dem Kampfgebiet gekennzeichnet, sodass eine zunehmende Prägung durch den Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge für Zwecke der Aufklärung als auch im Rahmen von Kampfeinsätzen festzustellen ist. 1. Statusfragen von Luftfahrzeugen und ihrer Besatzung Das Recht des bewaffneten Konflikts knüpft gewisse Rechte und Pflichten an bestimmte Kategorien von Personen und Objekten. Dem Unterscheidungsgrundsatz folgend dürfen nur Kombattanten und militärische Objekte als rechtmäßige militärische Ziele angegriffen werden. Demzufolge dürfen militärische Luftkriegsoperationen nur von Militärflugzeugen durchgeführt werden und nur solche stellen ihrem Wesen nach rechtmäßige Angriffsziele

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dar, wohingegen Zivilluftfahrzeuge den ihnen nach dem humanitären Völkerrecht zukommenden Schutz genießen und deshalb nicht zum Gegenstand von Angriffen gemacht werden dürfen. Auch hängen die Rechte und Pflichten, die Luftfahrzeugen obliegen, größtenteils von ihrem Status ab. Zudem wirkt sich der Status auf die Frage der Überflugrechte von Luftfahrzeugen aus. Daher ist eine Unterscheidung zwischen den im Luftkrieg vorkommenden Kategorien an Luftfahrzeugen von großer Bedeutung. Im Folgenden werden daher die im Luftkrieg eingesetzten Luftfahrzeuge, ihre Besatzung sowie die an ihrem Einsatz beteiligten Personen im Hinblick auf ihre Rechte und Pflichten sowie die Einordnung als rechtmäßige militärische Ziele näher beleuchtet. a) Begriff des Luftfahrzeugs Um den Status der am bewaffneten Konflikt im Rahmen von Luftopera­ tionen teilnehmenden Luftfahrzeuge näher zu bestimmen, wird zunächst einmal zwecks Feststellung, welche Flugobjekte von diesem erfasst werden, der Begriff der Luftfahrzeuge umrissen. Es gibt keine international anerkannte Definition eines Luftfahrzeugs. Das CA, welches nur in Friedenszeiten und nur für die Zivilluftfahrt gilt, gibt aber einen diesbezüglichen Anhaltspunkt, indem es zwischen zivilen Luftfahrzeugen und Staatsluftfahrzeugen unterscheidet, jedoch ohne diese zu definieren. Die internationale Zivilluftfahrtorganisation definiert im Rahmen von Annexen zu dem CA ein Luftfahrzeug als eine Maschine, die sich in der Atmosphäre durch Reaktionen der Luft, ausgenommen Reaktionen der Luft gegen die Erdoberfläche, halten kann: „Any machine that can derive support in the atmosphere from the reactions of the air other than the reactions of the air against the earth’s surface.“259

Ein Flugzeug hingegen wird definiert als ein motorgetriebenes Luftfahrzeug, das schwerer als Luft ist und seinen Auftrieb hauptsächlich durch aerodynamische Reaktionen auf seinen Oberflächen erhält, die bei bestimmten Flugbedingungen unverändert bleiben (unbewegliche Tragflächen): „A power-driven heavier-than-air aircraft, deriving its lift in flight chiefly from aerodynamic reactions on surfaces which remain fixed under given conditions of flight.“260 259  International Civil Aviation Organization, International Standards, Annex 7 to the Convention on International Civil Aviation, Aircraft Nationality and Registration Marks, 2003, Kapitel 1, 1. Definitionen, S. 1. 260  International Civil Aviation Organization, International Standards, Annex 7 to the Convention on International Civil Aviation, Aircraft Nationality and Registration Marks, 2003, Kapitel 1, 1. Definitionen, S. 1; International Civil Aviation Organiza-



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot165

Das 2009 veröffentlichte „Manual on International Law applicable to Air and Missile Warfare“, welches das insoweit geltende Recht des Luftkrieges kodifiziert261, ist darüber hinaus zur Definitionsbestimmung heranzuziehen. Regel 1 lit. d HPCR Manual definiert Luftfahrzeuge als Fahrzeuge, unabhängig davon ob sie bemannt oder unbemannt sind, die sich in der Atmosphäre durch Reaktionen der Luft, ausgenommen Reaktionen der Luft gegen die Erdoberfläche, halten können, einschließlich Fahrzeugen mit entweder festen oder rotierenden Tragflächen: „any vehicle – whether manned or unmanned – that can derive support in the atmosphere from the reactions of the air (other than reactions of the air against the earth’s surface), including vehicles with either fixed or rotary wings“.

Damit ist der Begriff der Luftfahrzeuge weiter als der der Flugzeuge, da Luftfahrzeuge sowohl schwerer, wie auch leichter als Luft sein können und damit auch Ballons und Luftschiffe sowie nicht motorangetriebene Luftfahrzeuge, die schwerer als Luft sind, wie Drachen und Segelflieger, erfasst werden, wohingegen Flugzeuge im Prinzip nur Flugzeuge und Helikopter umfassen. Das HPCR Manual erwähnt darüber hinaus auch explizit unbemannte Luftfahrzeuge als zu den Luftfahrzeugen gehörend. b) Kategorisierung von Luftfahrzeugen und ihrer Besatzung Im Wesentlichen wird zwischen zwei Kategorien an Luftfahrzeugen unterschieden, Staatsluftfahrzeugen und zivilen Luftfahrzeugen. Einen ersten Anhaltspunkt für die Definition von Staatsluftfahrzeugen gibt Art. 3 b) des in Friedenszeiten zur Anwendung gelangenden CA, wonach Staatsluftfahrzeuge solche Luftfahrzeuge sind, die einem Staat gehören oder von einem solchen für nicht-gewerbliche Zwecke, also für militärische Zwecke sowie für den Zoll oder die Rechtsdurchsetzung genutzt werden. Zu Zwecken der Rechtsdurchsetzung genutzte Luftfahrzeuge sind Polizeiluftfahrzeuge sowie Luftfahrzeuge anderer Behörden, die mit der Rechtsdurchsetzung betraut werden. Die Kategorie der Staatsluftfahrzeuge beinhaltet demnach Militär-, Polizei- und Zollluftfahrzeuge, während alle anderen Luftfahrzeuge ziviler Natur sind. Das humanitäre Völkerrecht weicht von dieser vom CA vorgenommenen Kategorisierung teilweise ab. So werden nach dem Recht des bewaffneten Konflikts nur tatsächliche Militärflugzeuge als militärische Luftfahrzeuge behandelt und etwa Post- oder Polizeiluftfahrzeuge als zivile Luftfahrzeuge tion, International Standards, Annex 2 to the Convention on International Civil Aviation, Rules of the Air, 2005, Kapitel 1, Definitionen, S. 1. 261  Bruderlein, in: HPCR Commentary, 2010, Foreword, S. iii.

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angesehen.262 Für die Zwecke des humanitären Völkerrechts ist es notwendig, Unterkategorien zu bilden, und zwischen militärischen Luftfahrzeugen, zivilen Luftfahrzeugen, Sanitätsluftfahrzeugen sowie Kartellluftfahrzeugen zu unterscheiden. aa) Militärische Luftfahrzeuge Militärische Luftfahrzeuge gehören der Kategorie der Staatsluftfahrzeuge an.263 Im Einklang mit dem Seerechtsübereinkommen („SRÜ“)264 und der dort enthaltenen Definition von Kriegsschiffen265 werden militärische Luftfahrzeuge definiert als solche Luftfahrzeuge, die von den Streitkräften eines Staates betrieben werden, dessen Kennzeichnungen tragen, unter dem Befehl eines Mitglieds der Streitkräfte stehen und deren Besatzung den Regeln der militärischen Disziplin unterliegt (Art. 3, 7, 14 LKR).266 Auch die modernste dieser Definitionen in Regel 1 lit x HPCR Manual bestimmt, dass es sich um ein militärisches Luftfahrzeug handelt, wenn es durch aerostatische Kräfte fahren kann oder dank aerodynamischer Kräfte fliegen kann, von den Streitkräften eines Staates betrieben wird, dessen Hoheitszeichen trägt, von einem Angehörigen dieser Streitkräfte befehligt und von Personen kontrolliert oder gesteuert wird oder programmiert wurde, die einem militärischen Disziplinarsystem unterliegen. Das Militär muss dabei nicht der Eigentümer des Luftfahrzeugs sein, es reicht, dass das Luftfahrzeug vom Militär geleast wird, solange es vom Mili262  Green,

The Contemporary Law of Armed Conflict, 2008, S. 174. zum Rechtstatus von militärischen Luftfahrzeugen: Meyer, ZLW 12 (1963), S. 133 ff.; Milde, Status of Military Aircraft in International Law, in: Benkö/Kröll (Hrsg.), Luft- und Weltraumrecht im 21. Jahrhundert, 2001, S. 152 ff.; Hailbronner, in: Bernhardt (Hrsg.), EPIL IV 2000, S. 605 ff. 264  Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982, BGBl. 1994 II, S. 1799, UNTS Bd. 1833, S. 3. 265  Analogie zu Art. 29 SRÜ, welcher eine Definition von Kriegsschiffen aufweist. 266  Siehe Abschnitt A Art. 1 Abs. x HPCR; diese Definition beruht auf Art. 3 LKR („A military aircraft shall bear an external mark indicating its nationality and military character.“), Art. 7 LKR („… external marks … shall be so affixed that they cannot be altered in flight. They shall be as large as practicable and shall be visible from above, from below and from each side.“) und Art. 14 LKR („A military aircraft shall be under the command of a person duly commissioned or enlisted in the military service of the state; the crew must be exclusively military.“), die als Völkergewohnheitsrecht darstellend angesehen werden. Sie lässt sich auch in Art. 13 Abs. (j) San Remo Manual wiederfinden („Military aircraft means an aircraft operated by commissioned units of the armed forces of a State having the military marks of that State, commanded by a member of the armed forces and manned by a crew subject to regular armed forces discipline.“). 263  Ausführlich



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot167

tär betrieben wird und die vorangestellten Kriterien erfüllt.267 Auch wenn ein Luftfahrzeug eines dieser Kriterien nicht erfüllt, kann es dennoch ein militärisches Ziel darstellen.268 Da militärischen Luftfahrzeugen der Kombattantenstatus zukommt, unterliegen sie der Kennzeichnungspflicht und müssen eindeutig durch ein nationales Emblem gekennzeichnet sein, welches der gegnerischen Partei mitzuteilen ist. Luftfahrzeuge müssen eine nationale Identität haben, außer sie repräsentieren internationale staatliche Organisationen, wie die Vereinten Nationen, und haben dadurch eine internationale Rechtspersönlichkeit inne. Dabei dürfen sie nur die Nationalität eines Staates tragen, weitere Kennzeichnungen sind aber möglich.269 Militärische Luftfahrzeuge müssen sowohl die Kennzeichen ihrer Staatenzugehörigkeit wie auch ihres militärischen Charakters tragen, diese können jedoch in einem Zeichen vereinigt sein (Art. 3, 7 LKR). Das Nationalitätszeichen sollte sich von denen der anderen Staaten unterscheiden.270 Die Kennzeichnung muss aus verschiedenen Blickwinkeln ausreichend gut sichtbar sein, um das militärische Luftfahrzeug von anderen Staatsluftfahrzeugen und von Zivilluftfahrzeugen zu unterscheiden. Trotz dieser Verpflichtung gut sichtbare Kennzeichnungen zu gebrauchen, verwenden Staaten, insbesondere auf Sondereinsätzen, gedämpfte, kleine oder sonst schlecht erkennbare Kennzeichnungen, gegen die jedoch auch keinerlei gewichtige Widersprüche aus der Staatenpraxis geäußert wurden.271 Nur entsprechend gekennzeichnete militärische Luftfahrzeuge dürfen Rechte der Kriegsführenden ausüben.272 Auch anderen Staatsluftfahrzeugen ist es verwehrt, Rechte der Kriegsführenden auszuüben.273 Jedes militärische Luftfahrzeug, welches dieser Verpflichtung nicht nachkommt und trotzdem an Feindseligkeiten teilnimmt, handelt rechtswidrig. Dies führt dazu, dass all seine Besatzungsmitglieder als Kriegsverbrecher behandelt werden, selbst wenn sie selbst und ihre Passagiere uniformiert sind.274 Wenn zivile Luftfahrzeuge zu Kampfzwecken verwendet werden sollen, müssen diese in die Luftwaffe eingegliedert und ordnungsgemäß gekennzeichnet werden.275 267  Schmitt, Air Law and Military Operations, in: Gill/Fleck (Hrsg.), The Handbook of the International Law of Military Operations, 2010, S. 303, 310, Rn. 18.11; Riesch, Der Begriff „Militärluftfahrzeug“ im Luftrecht, 1934, S. 38. 268  HPCR Commentary, 2010, S. 46. 269  HPCR Commentary, 2010, S. 48. 270  Green, The Contemporary Law of Armed Conflict, 2008, S. 174. 271  Schmitt, Air Law and Military Operations, in: Gill/Fleck (Hrsg.), The Handbook of the International Law of Military Operations, 2010, S. 303, 311, Rn. 18.11. 272  HPCR Commentary, 2010, S. 48. 273  HPCR Commentary, 2010, S. 48. 274  Green, The Contemporary Law of Armed Conflict, 2008, S. 176. 275  Green, The Contemporary Law of Armed Conflict, 2008, S. 176.

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Militärische Luftfahrzeuge müssen zudem unter dem Befehl eines Mitglieds der Streitkräfte stehen, welches Kontrolle über das Luftfahrzeug ausübt.276 Sie sollten, sofern möglich, stets identifizierbare Uniformen oder Fliegeranzüge tragen.277 Bei bemannten Luftfahrzeugen muss sich der Befehlshaber an Bord des Luftfahrzeuges befinden, er muss aber nicht notwendiger Weise der Pilot sein. Durch das Merkmal der Programmierung werden aber auch unbemannte Luftfahrzeuge erfasst. Diese können von einem Mitglied der Streitkräfte ferngesteuert werden. Die Besatzung muss nicht physisch an Bord des militärischen Luftfahrzeugs anwesend sein, sodass auch ferngesteuerte und sogar autonome Drohnen unter den Begriff des militärischen Luftfahrzeugs fallen.278 Trotz der Verpflichtung, dass ein militärisches Luftfahrzeug eine Besatzung haben sollte, die der militärischen Disziplin unterliegt, ist es nicht nötig, dass die gesamte Besatzung aus Kombattanten besteht. Aus Art. 4 A Abs. 4 GK III, der von zivilen Mitgliedern der Besatzung eines militärischen Luftfahrzeugs spricht, folgt, dass die Besatzung eines militärischen Luftfahrzeugs auch Zivilpersonen beinhalten kann. Diesen kommt dann bei Gefangennahme, ebenfalls wie der aus Kombattanten bestehenden Besatzung eines militärischen Luftfahrzeugs, der Kriegsgefangenenstatus zugute.279 Zivilpersonen als Teil der Besatzung beeinflussen den Status des Luftfahrzeugs als militärisches Luftfahrzeug nicht.280 Aufgrund des hoheitlichen Merkmals in der Definition von militärischen Luftfahrzeugen können jedoch Luftfahrzeuge, die von nicht-staatlichen Akteuren, zivilen Dienstleistern, einschließlich privater Militärunternehmen, eingesetzt werden, nicht den Status von militärischen Luftfahrzeugen innehaben. Sie können aber rechtmäßige militärische Ziele darstellen.281 Auch von privaten Unternehmen eingesetzte Luftfahrzeuge sind zivile Luftfahrzeuge und dürfen als solche nicht an Kampfhandlungen im Rahmen von bewaffneten Konflikten teilnehmen.282 So verliert ein von diesen betriebenes militärisches Luftfahrzeug seinen Status.283 Der Anwendungsbereich der Regeln für die Militärluftfahrt in bewaffneten Konflikten umfasst den Einsatz von militärischen Luftfahrzeugen als Aufklärungs- und Kampfflugzeuge bei taktischen (Unterstützung der Land- oder 276  San

Remo Maual, Rn. 13 j). Flags and Uniforms in War, in: Lachenmann/Rüdiger (Hrsg.), The Law of Armed Conflict and the Use of Force, 2017, S. 382. 278  HPCR Commentary, 2010, S. 47. 279  Art. 4 A Abs. 4 GK III; HPCR Commentary, 2010, S. 47. 280  HPCR Commentary, 2010, S. 47. 281  HPCR Commentary, 2010, S. 47. 282  HPCR Commentary, 2010, S. 48. 283  HPCR Commentary, 2010, S. 48. 277  Stephens/Skousgaard,



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Seestreitkräfte) oder strategischen (im feindlichen Hinterland durchgeführten) Operationen, als Transportflugzeuge oder für sonstige militärische Zwecke.284 Die militärischen Luftfahrzeuge der Kriegführenden dürfen zivile Luftfahrzeuge abfangen und durchsuchen, um ihre Identität, ihre Fracht und Art des Einsatzes festzustellen.285 Wenn das Luftfahrzeug feindlichen Charakters ist, kann eine Gefangennahme erfolgen. Für das Abfangen und Durchsuchen müssen vernünftige Gründe bestehen und der Flugplatz, auf welchem das Luftfahrzeug zur Landung gezwungen wird, muss erreichbar, sicher und für den Flugzeugtyp zum Landen und Starten geeignet sein. Wenn ein geeigneter Flugplatz nicht vorhanden ist, kann das Luftfahrzeug von seiner ursprünglichen Flugroute abgedrängt werden.286 Als Staatsluftfahrzeugen kommt militärischen Luftfahrzeugen Immunität gegen fremde Durchsuchungen zugute und fremde Amtspersonen dürfen sie ohne die Erlaubnis des Luftfahrzeugführers nicht betreten. Wenn der Luftfahrzeugführer sich nicht in Einklang mit den örtlichen Rechten oder Bräuchen verhält, kann das Luftfahrzeug aufgefordert werden, sich unverzüglich zu entfernen. Militärischen Luftfahrzeugen ist es gestattet, zu Aufklärungs- und Dokumentationszwecken über die internationalen Gewässer zu fliegen und dabei sogar das Territorium eines anderen Staates, inklusive seiner militärischen Einrichtungen, zu fotografieren.287 Da die Definition von militärischen Luftfahrzeugen nicht an eine besondere Bauweise oder Ausstattung eines Luftfahrzeugs knüpft, können auch Zivilluftfahrzeuge zu militärischen Luftfahrzeugen umgewidmet werden, sofern sie die dazu erforderlichen Voraussetzungen erfüllen.288 Eine Bewaffnung ist keine Voraussetzung der Qualifizierung als militärisches Luftfahrzeug.289 Nur militärischen Luftfahrzeugen stehen die Rechte von Kriegführenden zu (Art. 13, 16 LKR), sodass nur diese Angriffe vornehmen dürfen. Daraus 284  Bentzien, ZLW 33 (1984), S. 30, 33; Wörterbuch zur Deutschen Militärgeschichte, Band 2, 1985, S. 542, Green, The Contemporary Law of Armed Conflict, 2008, S. 176. 285  U.S. Department of the Navy, The Commander’s Handbook on the Law of Naval Operations, 2007, Rn. 7.6. 286  San Remo Manual, Rn. 125. 287  Green, The Contemporary Law of Armed Conflict, 2008, S. 175. 288  Schmitt, Air Law and Military Operations, in: Gill/Fleck (Hrsg.), The Handbook of the International Law of Military Operations, 2010, S. 303, 311, Rn. 18.10, 18.12; HPCR Commentary, 2010, S. 47; dies wurde bereits in Art. 9 der LKR festge­stellt: „A belligerent non-military aircraft, whether public or private, may be converted into a military aircraft, provided that the conversion is effected within the jurisdiction of the belligerent state to which the aircraft belongs and not on the high seas.“. 289  HPCR Commentary, 2010. S. 47.

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folgt auch, dass militärische Luftfahrzeuge bewaffnet sein dürfen.290 Zugleich stellen alle militärischen Luftfahrzeuge, mit Ausnahme von Sanitätsluftfahrzeugen und cartel aircrafts, zu jeder Zeit auch militärische Angriffsziele dar, sofern ihnen kein besonderer Schutz zugutekommt.291 Ihr Status als militärisches Luftfahrzeug hat zur Folge, dass sie aufgrund ihrer Natur zu militärischen Angriffszielen werden. Die ihnen innewohnende Mobilität und Möglichkeit, aus der Ferne ohne größere Selbstgefährdung Angriffe durchzuführen, führt dazu, dass ihre Zerstörung, Beschädigung oder Neutralisierung stets einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt.292 Dies gilt unabhängig von ihrer Funktion, sodass ein militärisches Luftfahrzeug, das damit beauftragt wird, Zivilpersonen zu transportieren, nichtsdestotrotz ein militärisches Luftfahrzeug und damit zunächst ein legitimes Angriffsziel bleibt. Der Anwesenheit von Zivilpersonen kommt erst im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung und dem damit einhergehenden Exzessverbot Beachtung zu.293 Luftfahrzeuge können auch, ohne dass es sich um militärische Luftfahrzeuge handelt, durch ihren Einsatz oder Zweck zu militärischen Angriffszielen werden. Militärische Luftfahrzeuge sind aufgrund ihres Angriffscharakters und dem Prinzip der Lufthoheit eines Staates über seinem Staatsgebiet nicht befugt, staatsfremden Luftraum zu überfliegen, ohne eine vorherige Zustimmung des betroffenen Staates einzuholen.294 Ein solcher Überflug ohne Erlaubnis stellt eine Luftraumverletzung dar.295 Eine Ausnahme stellt das Recht der friedlichen Durchfahrt über Wasser dar (Art. 37–54 SRÜ). Sollte sich ein solches Luftfahrzeug ohne die erforderliche Genehmigung im fremden Luftraum befinden, muss es allen Befehlen des Bodenstaates Folge leisten. Dabei darf der Bodenstaat das Luftfahrzeug aber nicht unnötig in Gefahr bringen. Sofern es sich jedoch seinen Befehlen widersetzt und der Grund für seinen Überflug nicht feststellbar ist, darf das Luftfahrzeug zur Landung gezwungen werden und wenn notwendig auch angegriffen und zerstört werden.296 Dabei darf der Bodenstaat das Gebot der Menschlichkeit nicht unbeachtet lassen und nur ein 290  Bentzien,

ZLW 33 (1984), S. 30, 36. Remo Manual, Rn. 65. 292  HPCR Commentary, 2010, S. 47; Schmitt, Air Law and Military Operations, in: Gill/Fleck (Hrsg.), The Handbook of the International Law of Military Operations, 2010, S. 303, 313, Rn. 18.14. 293  Schmitt, Air Law and Military Operations, in: Gill/Fleck (Hrsg.), The Handbook of the International Law of Military Operations, 2010, S. 303, 313, Rn. 18.14. 294  Siehe dazu ausführlich: Schladebach, Lufthoheit, 2014, S. 185 ff. 295  Fischer, in: Ipsen, Völkerrecht, 2004, § 55 Rn. 44; Hobe, Einführung in das Völkerrecht, 2014, S. 487; Schladebach/Platek, JuS 2010, S. 499, 501; Schladebach, Luftrecht, 2007, Rn. 171. 296  Bentzien, Der unerlaubte Einflug von Luftfahrzeugen, 1982, S. 82. 291  San



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot171

Maß an Gewalt einsetzen, dass der drohenden vom Luftfahrzeug ausgehenden Gefahr entspricht.297 Dies stellt sich in der Praxis jedoch als problematisch dar, da es schwer ist, die Absichten eines fremden militärischen Luftfahrzeugs zu ermitteln.298 Ebenso ist es militärischen Luftfahrzeugen von Kriegführenden nicht gestattet, neutralen Luftraum zu durchfliegen, auch nicht im Rahmen der Nacheile, außer der neutrale Staat bietet dem Gegner Zuflucht. Irrtümlicher Weise durch neutralen Luftraum fliegende militärische Luftfahrzeuge der Kriegführenden müssen zunächst zum Verlassen des neutralen Luftraums aufgefordert werden und können, wenn sie dem nicht Folge leisten, im Rahmen der Verteidigung des neutralen Staates vom Boden oder von der Luft aus angegriffen werden. bb) Zivile Luftfahrzeuge Zivile Luftfahrzeuge werden negativ definiert als alle Luftfahrzeuge, die keine Staatsluftfahrzeuge sind.299 Art. 17 CA sieht vor, dass zivilen Luftfahrzeugen die Nationalität des Staates ihrer Registrierung zukommt. Sie dürfen nur in einem Staat registriert sein und müssen Staatszugehörigkeits- sowie Registrierungskennzeichnungen aufweisen (Art. 18, 20 CA). Zivile Luftfahrzeuge sind, unabhängig davon, ob sie der eignen, der gegnerischen oder einer neutralen Partei angehören, zivile Objekte und als solche gegen unmittelbare und unverhältnismäßige Angriffe geschützt, sofern sie nicht zu militärischen Zielen werden (Art. 49 ZP I). Unabhängig von diesem Schutz dürfen zivile Luftfahrzeuge jedoch abgefangen, inspiziert und unter bestimmten Voraussetzungen auch als Preis festgehalten werden.300 Zivile Luftfahrzeuge können unter bestimmten Voraussetzungen als militärische Luftfahrzeuge, vor allem als Transportflugzeuge eingesetzt werden.301 Ein ziviles Luftfahrzeug, welches beispielsweise in die Luftwaffe eines Kriegsführenden eingegliedert wird oder welches zu diesem Zweck unterwegs vom Hersteller zu einer der kriegführenden Parteien ist, verliert seinen 297  Whiteman,

Digest of International Law, 1963, S. 328. International Law and the Use of Force by States, 1963, S. 373. 299  Bentzien, Der unerlaubte Einflug von Luftfahrzeugen, 1982, S. 34; HPCR Manual, 2009, Abschnitt A Art. 1 Abs. h definiert zivile Luftfahrzeuge als solche, die keine militärischen Luftfahrzeugen oder andere Staatsluftfarhzeuge sind und stellt damit die Abgrenzung zu militärischen Luftfahrzeugen, die bereits in die Kategorie der Staatsluftfahrzeuge fallen deutlicher hervor. 300  HPCR Manual, 2009, Abschnitt H, Regel 48, 49; HPCR Manual, 2009, Abschnitt U, Regel 134, Regel 140. 301  Bentzien, ZLW 33 (1984), S. 30, 36. 298  Brownlie,

172 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Status als ziviles Luftfahrzeug. Der Besatzung eines solchen Luftfahrzeugs kommt bei Gefangennahme, ebenso wie den zivilen Besatzungsmitgliedern eines militärischen Luftfahrzeugs, der Kriegsgefangenenstatus zugute.302 Dieser kommt ihnen jedoch nur zugute, wenn ein ziviles Luftfahrzeug rechtmäßig angegriffen wurde. Wurde es hingegen unrechtmäßig angegriffen, müssen die Besatzungsmitglieder sowie die zivilen Passagiere freigelassen werden oder im Einklang mit der GK IV behandelt werden.303 Falls Zweifel am Status eines zivilen Luftfahrzeuges bestehen, soll es aufgefordert werden, diese zu widerlegen und falls es dies nicht kann oder es sich herausstellt, dass das Luftfahrzeug an nicht zivilen Aktivitäten beteiligt ist, darf es angegriffen werden. Zivile Luftfahrzeuge, die in die Nähe von militärischen Operationen fliegen, sollten ihre Flugpläne mit dem entsprechenden Flugsicherungsdienst absprechen und dürfen die vereinbarte Flugroute dann nicht ohne Freigabe des Flugsicherungsdienstes verlassen.304 Im Fall einer unvorhersehbaren Situation, die die Sicherheit des Luftfahrzeugs und seiner Insassen gefährdet, muss das Luftfahrzeug unverzüglich die zuständigen zivilen und militärischen Behörden benachrichtigen. Es handelt sich hierbei um keine zivilen Luftfahrzeugen auferlegte Pflicht, aber durch die Abstimmung des Flugplans wird die Sicherheit des Luftfahrzeugs und seiner Insassen erhöht, sodass ein solches Vorgehen dringend empfohlen ist.305 Grundsätzlich sollen zivile Luftfahrzeuge Gebieten, in denen Militär­ operationen stattfinden, fernbleiben.306 So sollten sie vermeiden, in Gebiete zu fliegen, die von den Kriegführenden als eingeschränkte Überfluggebiete oder Kampfgebiete deklariert wurden, da dies das Risiko eines Angriffs erhöht und damit die sich an Board befindenden Zivilpersonen unnötig gefährdet. Wenn ein ziviles Luftfahrzeug ein solches Gebiet ohne vorherige Zustimmung befliegt, sich auf Aufforderung nicht identifizieren kann und die gegebenen Befehle nicht befolgt, kann rechtmäßig angenommen werden, dass es sich nicht um einen zivilen Flug handelt und das Luftfahrzeug darf angegriffen werden.307 Das Nichtbefolgen militärischer Anweisungen führt jedoch nicht dazu, dass ein ziviles Luftfahrzeug seinen Status verliert. Es handelt sich vielmehr um eines von vielen Kriterien im Rahmen der Beurteilung, ob das Luftfahrzeug eine Bedrohung darstellt, gegen die vorzugehen 302  HPCR

Commentary, 2010, S. 47. The Contemporary Law of Armed Conflict, 2008, S. 181. 304  Siehe dazu HPCR Manual, 2009, Abschnitt H, IV. 305  Schmitt, Air Law and Military Operations, in: Gill/Fleck (Hrsg.), The Handbook of the International Law of Military Operations, 2010, S. 303, 311, Rn. 18.12. 306  San Remo Manual, Rn. 72. 307  Green, The Contemporary Law of Armed Conflict, 2008, S. 181. 303  Green,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot173

ist. Um die Sicherheit für zivile Flüge in der Nähe von Militäroperationen zu erhöhen, ist ein NOTAM (Notice to Airmen) mit Informationen bezüglich der Militäroperationen, die eine Gefahr darstellen könnten, herausgeben, sofern dies zu den gegebenen Umständen militärisch möglich ist.308 Zivile Passagierflugzeuge stellen eine Unterkategorie der zivilen Luftfahrzeuge dar. Zivile Passagierflugzeuge sind solche, die erkennbar als zivile Luftfahrzeuge zu identifizieren sind und dazu verwendet werden, zivile ­Passagiere zu transportieren, unabhängig davon ob es sich dabei um einen Linien­dienst handelt oder nicht.309 Ihnen kommen der allgemeine, zivilen Objekten nach dem humanitären Völkerrecht zustehende Schutz sowie die Immunität vor Angriffen zugute. Sie dürfen nur angegriffen werden, wenn sie durch ihren Einsatz zu militärischen Zwecken zu einem militärischen Ziel werden. Auch wenn zivile Passagierflugzeuge eigentlich nur zivile Luftfahrzeuge sind, kommt ihnen nach dem Völkergewohnheitsrecht zusätzlich ein besonderer Status zugute, der sich aus ihrer Bedeutung für die nationale und internationale Luftfahrt und vor allem aus der hohen Anzahl der sich an Board befindenden Zivilpersonen ableitet.310 Der daraus resultierende er308  San

Remo Manual, Rn. 75. Manual, 2009, Abschnitt A, Art. 1 Abs. (i); San Remo Manual, Rn. 13

309  HPCR

(m).

310  Dieser besondere Status wird in vielen militärischen Handbüchern verdeutlicht: Art. 13 (m) San Remo Manual: „ ‚Civil airliner‘ means a civil aircraft that is clearly marked and engaged in carrying civilian passengers in scheduled or non-scheduled services along Air Traffic Service routes.“; Art. 12.7 des Manual of the Law of Armed Conflict des UK Ministry Of Defence.: „ ‚Civil airliner‘ means a civil aircraft that is clearly marked and engaged in carrying civilian passengers in scheduled or nonscheduled services along air traffic service routes.“; Art. 8.6.3. The Commander’s Handbook on the Law of Naval Operations: „Certain classes of enemy vessels and aircrafts are exempt under the law of naval warfare from capture or destruction provided they are innocently employed in their exempt category. These specially protected vessels and aircrafts must not take part in the hostilities, must not hamper the movement of combatants, must submit to identification and inspection procedures, and may be ordered out of harm’s way. These specifically exempt vessels and aircrafts include: … (6) Civilian passenger vessels at sea and civil airliners in flight are subject to capture but are exempt from destruction. Although enemy lines of communication are generally legitimate military targets in modern warfare, civilian passenger vessels at sea, and civil airliners in flight, are exempt from destruction, unless at the time of the encounter they are being utilized by the enemy for a military purpose (e. g., transporting troops or military cargo) or refuse to respond to the directions of the intercepting warship or military aircraft. Such passenger vessels in port and airliners on the ground are not protected from destruction.“; auch das Chicagoer Abkommen sieht für Friedenszeiten einen besonderen Schutz von zivilien Passagierflugzeugen vor. So wurde nach mehreren Abschüssen von zivilen Passgierflugzeugen Art. 3 bis CA eingefügt, der vorsieht, dass Staaten vom Waffeneinsatz gegen Zivilluftfahrzeuge absehen müssen.

174 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

höhte Schutz äußert sich in der Annahme einer höheren Schwelle für die Einordnung eines zivilen Passagierflugzeuges als militärisches Ziel. Selbst wenn feststeht, dass ein ziviles Passagierflugzeug zu einem militärischen Ziel geworden ist, bleibt die Vermutung erhalten, dass es zivile Passagiere transportiert, was sich auf die Verhältnismäßigkeitsabwägung auswirkt.311 Trotz dieses erhöhten Schutzes kann ein ziviles Passagierflugzeug zu einem militärischen Ziel werden, wenn es beispielsweise Streitkräfte, militärische Vorräte oder Ausrüstungen transportiert oder zu Geheimdienstzwecken eingesetzt wird oder entführt und als Waffe verwendet wird.312 Bevor ein Passagierflugzeug in solchen Fällen jedoch angegriffen wird, sollte vorher versucht werden, es zum Landen und evtl. Durchsuchen zu zwingen. Ein Angriff ist nur zulässig, wenn kein anderes Mittel, Kontrolle über das Flugzeug auszuüben, erfolgreich ist und die Schädigung der Passagiere nicht unverhältnismäßig im Vergleich zum daraus erlangten militärischen Vorteil ist. Entscheidungen, die den Angriff ziviler Passagierflugzeuge betreffen, sollten auf der höchsten Entscheidungsebene erfolgen.313 Im Zweifel soll vermutet werden, dass ein ziviles Passagierflugzeug keinen Beitrag zu militärischen Handlungen erbringt.314 cc) Sanitätsluftfahrzeuge Sanitätsluftfahrzeuge sind solche Luftfahrzeuge, die ausschließlich für den Transport von Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen und für die Beförderung von Sanitätspersonal und -material verwendet werden (Art. 39 GK II, Art. 8 g), f), j) ZP I). Dabei kann es sich um Staats- oder Zivilluftfahrzeuge handeln, die entweder von den Kriegführenden, von Neutralen oder von unparteiischen nichtstaatlichen Organisationen betrieben werden. Sanitätsluftfahrzeuge genießen einen besonderen Schutz.315 Nach Art. 24–30 ZP I bedarf es in oder über Landgebieten, die von eigenen oder befreundeten Streitkräften tatsächlich beherrscht werden, oder in oder über Seegebieten, die nicht tatsächlich von einer gegnerischen Partei beherrscht werden, zur Schonung und zum Schutz von Sanitätsluftfahrzeugen keiner Vereinbarung mit der gegnerischen Partei. Diese können aber zwecks größerer Sicherheit erfolgen. Den Streitkräften gehörende Sanitätsluftfahrzeuge inklusive Sanitätspersonal sind Nichtkombattanten und müssen, um in den Genuss des ihnen zustehenden Schutzes zu kommen, neben den Landesfarben deutlich sichtbar auf den 311  Siehe

dazu HPCR Manual, 2009, Abschnitt J. I. dazu HPCR Manual, 2009, Regel 63. 313  HPCR Manual, 2009, Regel 69. 314  HPCR Manual, 2009, Regel 59. 315  HPCR Manual, 2009, Regel 75 ff. 312  Siehe



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot175

unteren, oberen und seitlichen Flächen das rote Kreuz auf weißem Hintergrund bzw. den roten Halbmond oder den roten Löwen mit roter Sonne als Schutzzeichen tragen.316 Jedoch dient diese Art der Kennzeichnung lediglich der Identifizierung der Sanitätsluftfahrzeuge als solcher und ist nicht kon­ stitutiv für den ihnen zukommendenen Rechtsstatus.317 Nur Sanitätsluftfahrzeuge, die als solche gekennzeichnet und auch benutzt werden, sind immun gegen Angriffe. Sie dürfen von den Kriegführenden solange nicht angegriffen werden, wie sie in Höhen, zu Stunden und auf Strecken fliegen, die von allen Kriegführenden ausdrücklich vereinbart sind.318 In Ermangelung gegenteiliger Vereinbarungen ist das Überfliegen feindlichen oder vom Feind besetzten Gebietes untersagt.319 Sanitätsflugzeuge haben jedem Befehl zum Landen oder Wassern Folge zu leisten und können nach einer gegebenenfalls durchgeführten Inspektion weiterfliegen.320 Im Falle einer unbeabsichtigten Landung auf feindlichem oder vom Feind besetztem Gebiet kommt den Verwundeten und Kranken sowie der Besatzung des Luftfahrzeugs der Kriegsgefangenenstatus zugute.321 Sollte ein solches Luftfahrzeug Kombattanten oder militärische Ausrüstung transportieren oder anderweitigen als den zuvor genannten Pflichten nachkommen, kommt ihm nicht der Status eines Sanitätsluftfahrzeugs zu, auch wenn es zusätzlich einige Verwundete transportiert hat. Such- und Rettungsluftfahrzeuge sind nicht als Sanitätsluftfahrzeuge anzusehen. dd) Kartellluftfahrzeuge (cartel aircrafts) Sog. cartel aircrafts sind Luftfahrzeuge, denen für bestimmte Zwecke ein sicheres Geleit zugestanden wird. Sowohl zivile Luftfahrzeuge wie auch Staatsluftfahrzeuge können als cartel aircrafts dienen. Ihnen kommt dann ein besonderer Schutz gegen Angriffe zugute.322 Diesen Status erlangen sie durch Vertrag zwischen den Kriegführenden, der zugleich auch die Bedingungen des Überflugs genau ausgestaltet, wobei ein Verstoß gegen diesen Vertrag zum Statusverlust führt.323 316  Bentzien,

ZLW 33 (1984), S. 30, 36. von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 64 Rn. 29. 318  Bentzien, ZLW 33 (1984), S. 30, 46. 319  Bentzien, ZLW 33 (1984), S. 30, 46. 320  Bentzien, ZLW 33 (1984), S. 30, 46. 321  Verdross, Völkerrecht, 1964, S. 452. 322  HPCR Manual, 2009, Regel 64 ff. 323  Schmitt, Air Law and Military Operations, in: Gill/Fleck (Hrsg.), The Handbook of the International Law of Military Operations, 2010, S. 303, 309, Rn. 18.09. 317  Heintschel

176 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

ee) Such- und Rettungsoperationen vornehmende Luftfahrzeuge Luftfahrzeuge, die militärische Such- und Rettungsoperationen vornehmen, sind als militärische Luftfahrzeuge einzustufen. Da Kombattanten rechtmäßige Angriffszeile darstellen, sofern sie nicht verwundet, krank oder schiffbrüchig sind, kommt Luftfahrzeugen, die militärische Such- und Rettungsoperationen vornehmen, kein besonderer Schutz zugute. Ausnahmen davon sind möglich, sofern dies im Vorhinein zwischen den Parteien entsprechend vereinbart wurde. Zivile Luftfahrzeuge, die für die Suche und Rettung von Kombattanten eingesetzt werden, nehmen dadurch an Feindseligkeiten teil und werden damit zu militärischen Zielen. Sanitätsluftfahrzeuge sind von solchen Tätigkeiten durch das humanitäre Völkerrecht ausgeschlossen (Art. 28 Abs. 4 ZP I). ff) Humanitäre Hilfe leistende Luftfahrzeuge Luftfahrzeugen, die mit dem Schutz von Zivilpersonen und humanitären Hilfs- oder UN-Aktivitäten betraut sind, die nicht dazu führen, dass man sie als Konfliktpartei einstufen würde, kommt ein besonderer Schutz zugute. Sie dürfen nicht angegriffen werden, wenn sie ihre Flüge unparteiisch durchführen und die von den Konfliktparteien aufgestellten Bedingungen bezüglich der Durchführung dieser Flüge einhalten. Unter diesen Umständen sind die Kriegführenden verpflichtet, solchen Aktivitäten zuzustimmen, um der unter ihrer Kontrolle stehenden Zivilbevölkerung Hilfe zu leisten, wenn diese Nahrung, medizinische Vorräte oder andere zum Überleben unerlässliche Dinge benötigt.324 Da jedoch eine Einigung der Konfliktparteien diesbezüglich erforderlich ist, können diese Bedingungen aufstellen, unter denen solch humanitäre Flüge durchgeführt werden dürfen. Die Hilfsaktivitäten können entweder durch Staaten, insbesondere neutrale Staaten oder unparteiische humanitäre Hilfsorganisationen, wie das IKRK, durchgeführt werden. c) Unbemannte Luftfahrzeuge aa) Begriff Es gibt viele unterschiedliche Bezeichnungen für unbemannte Luftfahrzeuge. Diese werden im Folgenden erläutert. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Begriffe „unbemanntes Luftfahrzeug“, „Drohne“, „unmanned aerial vehicle“ („UAV“) und unmanned combat aerial vehicle („UCAV“), nicht aber unmanned aircraft system („UAS“), synonym verwendet. 324  HPCR

Commentary, 2010, Regel 100 a), Rn. 5.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot177

Unter dem Begriff „unbemanntes Luftfahrzeug“ sind Flugkörper zu verstehen, die nach ihrer Grundkonzeption auf eine Wiederverwendbarkeit angelegt sind und autonom oder von einem Menschen ferngesteuert Missionen durchführen können. Daneben werden noch andere Begrifflichkeiten verwendet. So spricht das US-Verteidigungsministerium von UAV, worunter es ein angetriebenes Luftfahrzeug versteht, das keinen ihn bedienenden Menschen transportiert, aerodynamische Kräfte nutzt, selbstständig oder ferngesteuert fliegen kann, verbrauchbar oder wiederverwendbar sein kann und eine töd­liche oder nicht tödliche Ladung transportiert, wobei ballistische und semiballistische Vehikel, Marschflugkörper oder Artilleriegeschosse nicht als unbemannte Luftfahrzeuge angesehen werden.325 Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich der Begriff „Drohne“ für ein unbemanntes Luftfahrzeug durchgesetzt. Dieser der Tierwelt entlehnte Begriff ist, soweit ersichtlich, auf eines der ersten unbemannten Luftfahrzeuge zurückzuführen, die DH.82B Queen Bee. Als UCAV werden bewaffnete Drohnen bezeichnet. Die Boeing X-45 ist in diesem Zusammenhang das erste serienmäßige Modell einer solchen. Das bekannteste UCAV ist die Predator-Drohe.326 Es existieren unterschiedliche Ausführungen dieses Typus, wie der Predator B AUS oder der MQ-9-Reaper, die über 30 Stunden in der Luft bleiben können.327 Solche UCAVs sind mit Raketen bewaffnet und mit Infrarot-, Wärme- oder Nachtsichtgeräten ausgestattet. Die U.S. Air Force benutzt den Begriff UAS328, wobei darunter eher das gesamte System von unbemannten Luftfahrzeugen, also die fliegende Drohne, die Bodenstation und die Station zum Lenken und Überwachen der Drohne zu verstehen sind. Zu einem UAS gehören im Wesentlichen drei Komponenten, die Kontrollstation, die Kommunikationsinfrastruktur sowie die Trägerplattform. Von der Kontrollstation aus wird die Route entwickelt und/oder das Luftfahrzeug ferngesteuert. Bei autonomen UAVs können von dort aus auch noch Steuerdirektiven oder Autorisierungsbefehle ausgehen. Die Entfernung der Kontrollstation kann von wenigen hundert Metern bis mehreren hundert Kilometern reichen. Insoweit unterscheiden sich die Einsatzgebiete der verschiedenen UAV-Typen. Meist werden mehrere unbemannte Luftfahr325  U.S. Department of Defense, Dictionary of Military and Associated Terms, Joint Publication 1-02, 2001, S. 577. 326  Siehe dazu im Detail: General Automics, Aeronautical, Vorstellung der Pre­ dator Drohnen, verfügbar unter: http://www.ga-asi.com (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 327  Siehe dazu im Detail: General Automics, Aeronautical, Vorstellung der Predator Drohnen, verfügbar unter: http://www.ga-asi.com/products/aircraft/predator_b.php (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 328  Carlile, Army Magazine, 2010, S. 35.

178 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

zeuge von einer Kontrollstation aus geführt.329 Die Kommunikationsinfrastruktur stellt die Verbindung von Sender und Empfänger her. Möglich ist diese Verbindung insbesondere über Funk, Laser oder Satellit. Als Trägerplattform wird das eigentliche physiologische Luftfahrzeug bezeichnet, welches mit den verschiedensten Sensoren- und Waffensystemen ausgerüstet sein kann. bb) Arten unbemannter Luftfahrzeuge Es lassen sich verschiedene Arten von unbemannten Luftfahrzeugen mit unterschiedlichen Eigenschaften für unterschiedlichste Einsatzarten unterscheiden. Das reicht von nur wenige Gramm schweren und nur wenige Zentimeter großen Drohnen wie der Black Widow330 bis hin zum über 11,5 Tonnen schweren und eine Flügelspannweite von über 35 m aufweisenden Global Hawk.331 (1) Unterscheidung nach der Größe Die Elektronik wird durch den technischen Fortschritt immer kleiner und so unterliegen auch unbemannte Luftfahrzeuge der Miniaturisierung. Die Traglast von Small UAVs, von kleinen unbemannten Luftfahrzeugen also, beträgt wenige Kilogramm und ihre Größe oft weniger als einen Meter.332 Sie sind im Prinzip kleine, ferngesteuerte Flugobjekte mit einer Datenverbindung zur Bodenstation. Micro UAVs sind in ihrer Gesamtheit noch kleiner. Ihr Gewicht bewegt sich im Bereich von wenigen Gramm, ihre Größe im Bereich von Zentimetern und es ist kein Ende der andauernden Miniaturisierung in Sicht. Micro und Small UAVs fliegen in geringen Höhen, die typischerweise Teil des unkontrollierten Luftraums sind, sofern es sich nicht um die Umgebung eines Flughafens handelt. Die Fluggeschwindigkeit ist bei beiden Arten von Drohnen gering und ihre Reichweite ist beschränkt.333 Sie brauchen keinen Flugplatz zum Starten und Landen. Der Start erfolgt in der Regel manuell oder per Katapult und die Landung erfolgt auf kleinen offe329  Lange,

S. 9.

Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003),

330  Siehe dazu im Detail: http://www.airvectors.net/avp61.html (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 331  Siehe dazu im Details Webiste von Northrop Grumman RQ-4, verfügbar unter: https://www.northropgrumman.com/Capabilities/RQ4Block20GlobalHawk/Pages/ default.aspx (zuletzt abgerufen am 25. Juni 2019). 332  Kaiser, ZLW 55 (2006), S. 344, 345. 333  Kaiser, ZLW 55 (2006), S. 344, 345.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot179

nen Feldern oder via Auffangvorrichtungen.334 Als Beispiele für diese Art von Drohnen sind die Black Widow, die Hornet und die Wasp zu nennen.335 Medium Altitude Long Endurance UAVs („MALE-UAVs“) sind unbemannte Luftfahrzeuge, die in einer mittleren Flughöhe fliegen und die in Gewicht und Leistungsfähigkeit den bemannten militärischen und zivilen Flugzeugen sehr ähnlich sind. Als mittlere Höhen gelten Flugbereiche zwischen 5.000 und 15.000 Metern (16.000–50.000 ft). Sie operieren damit in dem Bereich des Luftraums, in welchem Luftverkehr stattfindet und benutzen auch Flughäfen zum Landen und Starten. Ihre Ausdauer in der Luft beträgt mindestens 24 Stunden. Die verschiedenen in diese Kategorie fallenden Drohnen haben ein maximales Startgewicht von etwa 0,5 bis 2,5 Tonnen mit Nutzlasten zwischen 150 und 400 kg.336 Im zivilen Gebrauch wird diese Art von Drohnen auf Dauer mit ihren bemannten Pendants konkurrieren. Ihre Wirtschaftlichkeit wird in der Literatur plakativ umschrieben mit den drei „Ds“, nämlich „dull, dangerous and dirty“.337 Die Hauptaufgabe dieser Art von Drohnen ist die taktische Aufklärung wichtiger Ziele, die den Einsatz wertvollerer Offensivkapazitäten, wie vor allem Kampfflugzeuge, rechtfertigen.338 MALE-UAV benötigen für Start und Landung kleine Pisten oder Flugplätze.339 Als Beispiel für ein MALE-UAV ist der Heron TP (Eitan) zu nennen.340 High Altitude Long Endurance UAVs („HALE-UAVs“) stellen eine neue Kategorie von Luftfahrzeugen dar, die kein bemanntes Pendant hat. Darunter lassen sich besonders hoch fliegende und ausdauernde Drohnen subsumieren. Ihre Flughöhe kann bis zu 100.000 ft., also umgerechnet 30.480 Meter, betragen. Durch diese besondere Flughöhe soll insbesondere die Möglichkeit eines Vorgehens gegen diese Drohnen seitens einer gegnerischen Konfliktpartei eingeschränkt werden. In Anbetracht der hohen Kosten von Luftabwehrraketen, die es schaffen, in dieser Höhe zu operieren, sind nur wenige Staaten in der Lage, ihren Luftraum bis zu dieser Höhe zu sichern. Drohnen dieses Typs haben eine Höchstflugdauer von zwei Wochen, vorgeblich sogar von Monaten. Die meisten von ihnen sollen als langfristige stationäre Platt334  Kaiser,

ZLW 55 (2006), S. 344, 345. dazu im Detail: http://hp.kairaven.de/bigb/mav.html (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 336  Lange, Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003), S. 10. 337  So Kaiser, ZLW 55 (2006), S. 344, 345. 338  Lange, Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003), S. 10. 339  Lange, Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003), S. 10. 340  Siehe dazu im Detail: http://defense-update.com/20071202_heron-tp-eitan.html (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 335  Siehe

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formen genutzt werden. Von ihrer großen Reichweite wird nur ein geringerer Nutzen gezogen. Ihr Zweck ist insbesondere die Ergänzung oder sogar Ersetzung von bestehenden Satellitendiensten. Abgesehen davon, dass sie weit über der für normale zivile und auch militärische Flugzeuge liegenden Höhe operieren, müssen diese Drohnen bestehende Flughäfen nutzen und den gemeinsamen Luftraum während des Aufsteigens und Absinkens durchqueren. Als Beispiel der unter diese Kategorie fallenden Drohnen wäre der Global Hawk von Northrop Grumman zu nennen.341 (2) Unterscheidung nach der Art des Steuerungssystems Ferner kann zwischen ferngesteuerten und autonomen Drohnen unterschieden werden. Ferngesteuerte Drohnen werden auch „Remotely Piloted Vehicles“ („RPV“) oder „Remote Controlled UAVs“ genannt. Sie werden von einem sich am Boden befindenden Operator gesteuert und benötigen verlässliche Datenübertragungsverbindungen zwischen dem Luftfahrzeug und dem dieses kontrollierenden Bodenpersonal. Der Operator befindet sich in einer Kontrollstation und erhält mittels Instrumenten und Kameras Fluglageinformationen und steuert die Drohne vor dem Hintergrund des sich dadurch ergebenden Lagebildes mit einem Joystick fern.342 Sein ihm zur Seite stehender Systembediener steuert die an Bord befindliche Sensorik und Bewaffnung. Dabei wird faktisch das Konzept des zweisitzigen bemannten Flugzeuges übernommen, in dem ein Pilot und ein (Waffen-)Systembediener die Besatzung bilden. Die von den USA im Irak und in Afghanistan eingesetzten Drohnen wurden z. B. aus Nevada heraus gesteuert.343 Diese Methode hat den Nachteil, dass der Operator nicht wie ein sich im Flugzeug befindender Pilot die Lage und die gesamte Situation erfassen kann, denn er nimmt das Geschehen an Bord nicht in gleicher Weise sinnesmäßig wahr. So entgehen ihm Eindrücke wie die der Beschleunigung und Geräuschkulisse. Manchmal verfügt er zudem nur über eine beschränkte Sicht. Die ihm vorliegenden Informationen speisen sich alleine aus der Sensorik der Drohne. Hier kann es bei der Datenübertragung jedoch zu Verzögerungen kommen, die auch eine Größenordnung von mehreren Sekunden haben können, was sich insbesondere auf die Möglichkeit zur Vornahme schneller Manöver auswirkt. 341  Siehe dazu im Detail: http://defense-update.com/20050409_globalhawk.html, zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019. 342  Lange, Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003), S. 16. 343  Singer, Wired for War, 2009, S. 389.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot181

Im Gegensatz zu ferngesteuerten Drohnen folgen autonome Drohnen einer fest vorprogrammierten Route und halten diese unabhängig von menschlichem Einfluss ein. Sie fliegen selbstständig, d. h., dass Lagekontrolle, Navigation und Subsystemkontrollen vom Bordcomputer durchgeführt werden. Der Operator hat insoweit während des größten Teils des Einsatzes lediglich eine Art „Richtlinienkompetenz“. Er autorisiert die Drohne zur Ausführung von Flugmanövern, definiert die Flugrichtung und steuert die Sensoren und Effektoren. Die Datenübermittlung für die Steuerung ist dabei die Achillesferse dieser Systeme. Moderne UAS können auch beim Abbruch der Datenverbindung noch selbstständig zum vorgegebenen Stützpunkt zurückkehren, einfachere Modelle hingegen „fallen einfach vom Himmel“.344 Einige Stimmen stellen bei der Definition von Drohnen auf die Beziehung zum Operator ab, wonach autonome Systeme solche sind, die längere Zeit ohne eine Form externer Kontrolle operieren können.345 Andere hingegen stellen auf die Fähigkeiten des Systems selbst ab und bezeichnen ein System als autonom, das in der Lage ist, in einem vorgegebenen Rahmen zu unterscheiden und zu entscheiden und so sein eigenes Verhalten zu steuern.346 Der Unterschied zwischen autonomen Systemen und anderen sehr komplexen militärischen Systemen ist, dass autonome Systeme in der Lage sind, in einer bestimmten Situation selbst eine bestimmte Entscheidung zu treffen, während andere komplexe militärische Systeme erst zur Anwendung gelangen, wenn eine Entscheidung bereits getroffen wurde.347 Verbreitet ist auch eine Mischform aus teilweise autonomen und teilweise ferngesteuerten Kontrollsystemen, die charakteristisch ist für heutzutage als autonom angesehene Drohnen, da die Entwicklung vollkommen autonomer Drohnen bislang noch nicht abgeschlossen ist. Es wird deswegen auch von semi-autonomen Drohnen gesprochen. Die heutigen UAS benötigen sämtlich noch eine Mitwirkung des Menschen. Dies wird oft als „man in the loop“348 bezeichnet. Mit dem Begriff „autonom“ ist keineswegs der Science Fiction geprägte Begriff der Roboter mit eigner Persönlichkeit aufgrund von künstlicher Intelligenz zu verstehen. Plakativ gefasst sind die mit „autonom“ bezeichneten 344  Lange,

S. 16.

Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003),

345  Bekey, Autonomous Robots, 2005, S. 1; Goodrich/Schultz, Foundations and Trends in Human-Computer Interaction 1/3 (2007), S. 203, 217. 346  Francois (Hrsg.), International Encyclopedia of Systems and Cybernetics, Vol. 1, 2004, S. 51; U.S. Department of Defense, Task Force Report, The Role of Autonomy in DoD Systems, 2012, S. 1. 347  McFarland, IRRC 97/900 (2015), S. 1313, 1333. 348  Klein, ASPJ (2003), S. 1, 5.

182 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

sogenannten Roboter eher mit Waschmaschinen als mit dem Terminator aus dem gleichlautenden Film vergleichbar und daher eher als „automatisch“ denn als „autonom“ in diesem Begriffsverständnis einzustufen.349 Ein „automatischer“ Roboter führt eine vorprogrammierte Abfolge von Operationsoder Bewegungssequenzen in einem strukturierten Umfeld durch, wie beispielsweise ein Roboterarm, der ein Auto lackiert.350 Der Entscheidungsprozess von autonomen Robotern verläuft in den Kategorien „wenn-dann“,351 nämlich wenn A passiert, dann muss B getan werden. Demnach sind autonome Systeme roboterartige Waffensysteme, die anspruchsvolle Sensoranalysen benutzen, um eigenständig ein angemessenes Ziel zu erspähen und die Entscheidungen über die Angemessenheit unterschiedlicher Handlungen als Reaktion auf diese Situation treffen. Zur Zeit sind sie aber darauf angewiesen, nach menschlicher Erlaubnis zu fragen, bevor sie z. B. möglicherweise tödliche Angriffe vornehmen, aber dies ist technologisch gesehen keine Notwendigkeit.352 Die nächste Autonomiestufe würden Systeme darstellen, die nicht nur vorprogrammierte moralische Regeln oder Prinzipien befolgen, sondern in der Lage wären, ihre eigenen Prinzipien, Pflichten und Gründe und damit ihre eigenen moralischen Entscheidungen zu treffen. Dies würde letztlich eine vollkommene Autonomie darstellen.353 Offen bleibt, ob so komplexe Entscheidungsmuster tatsächlich entsprechend zu programmieren und zu implementieren sind und ob vielfältige Entscheidungsalternativen und Situationsumstände dann adäquat Berücksichtigung finden können. Drohnen verfügen zwar über keine traditionelle Besatzung wie bemannte Luftfahrzeuge, aber ferngesteuerte und auch semiautonome Systeme benötigen heutzutage immer noch Personen, die diese kontrollieren, die bereits erwähnten „men in the loop“. Ein künftiger Ansatz des „man on the loop“ sähe vor, dass der Mensch nur noch für das Ein- und Ausschalten der Drohnen zuständig wäre, anstatt diese nach dem Konzept des „man in the loop“ einzeln zu kontrollieren.354 Die Videoaufnahmen, die die Drohnen erstellen, werden nicht nur dem Operator, sondern auch den Bodentruppen vor Ort, 349  Schörning, Die Automatisierung des Krieges, in: Schmidt-Radefeldt/Meissler (Hrsg.), Automatisierung und Digitalisierung des Krieges, 2012, S. 33, 39; Sharkey, JME 9/4 (2010), S. 369, 376. 350  Wallach/Allen, Moral Machines: Teaching Robots Right from Wrong, 2009, S. 8; Sharkey, JME 9/4 (2010), S. 369, 376. 351  Sharkey, JME 9/4 (2010), S. 369, 377. 352  Asaro, How Just Could a Robot War Be?, in: Briggle/Waelbrs/Brey (Hrsg.), Current Issues in Computing and Philosophy, 2008, S. 50, 51. 353  Asaro, How Just Could a Robot War Be?, in: Briggle/Waelbrs/Brey (Hrsg.), Current Issues in Computing and Philosophy, 2008, S. 50, 51. 354  Sharkey, JME 9/4 (2010), S. 369, 378.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot183

den Befehlshabern in der Kriegsregion sowie dem Verteidigungsministerium zugeleitet. Es ist möglich, dass Drohnen in der Zukunft anhand von Computern programmiert werden, die ihnen vorgeben, wie sie wohin fliegen und wen sie wie und wo angreifen sollen, ohne dass es eines Menschen bedarf, der Entscheidungen zu treffen hat.355 Das anvisierte Ziel in der Entwicklung von Drohnen ist, dass diese ihr Ziel autonom erfassen und es zerstören, ohne dass es einer menschlichen Intervention bedarf.356 Ein Einsatz von autonomen Drohnen liegt möglicherweise gar nicht so weit in der Zukunft, wie man vielleicht vermuten würde. Bereits heute gibt es beispielsweise den SLAM-ER von Boeing, einen Marschflugkörper, der eine automatische Zielerkennungsfunktion aufweist, die es ihm erlaubt, ein Ziel auszusuchen, wenn dieses in das Operationsgebiet gelangt, sowie den BAT von Northrop Grumman, der seine Ziele völlig autonom orten, identifizieren, angreifen und zerstören kann.357 Auch erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang das Low Cost Autonomous Attack System („LOCAAS“) der U.S. Air Force, das autonom nach Zielen sucht, diese lokalisiert, identifiziert, angreift und zerstört.358 Oft werden Systeme heutzutage als autonom bezeichnet, die unabhängig von unmittelbarer menschlicher Kontrolle handeln können, meist wenn sie eine bestimmte Flugbahn einhalten oder ein Angriffsziel verfolgen können. Diese werfen jedoch vielfach keine anderen ethischen Bedenken auf, als solche, die bei Langstreckenraketen bereits bestehen.359 Alle heutzutage eingesetzten, auch wenn als autonom bezeichneten, Systeme, benötigen auf ­irgendeinem Level immer noch menschliche Kontrolle, auch wenn die Notwendigkeit dieser Kontrolle technologiebedingt immer geringer wird. cc) Einsatzmöglichkeiten von Drohnen in bewaffneten Konflikten Drohnen können sowohl im zivilen wie auch im militärischen Bereich eingesetzt werden, wobei der tatsächliche Einsatzschwerpunkt im militärischen Bereich liegt. Dort lassen sich strategische Drohnen, die weiträumige Aufklärung über feindlichem Gebiet betreiben, operative Drohnen, die so355  Singer,

Armed Forces and the Future of War, 2009. IEEE Intelligent Systems, Vol. 23, Issue 4, 2008, S. 14–17. 357  Beal, Jane’s Defence Weekly, 33/6 (2000), S. 22 ff. 358  Siehe https://defense-update.com/20060726_low-cost-autonomous-attack-sys tem.html und https://fas.org/man/dod-101/sys/smart/locaas.htm (beides zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 359  Sparrow, J. App. Phil 24/1 (2007), S. 62, 65. 356  Sharkey,

184 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

wohl zu Aufklärungs- wie auch zu Angriffszwecken in militärischen Einsätzen verwendet werden, und taktische Drohnen, die sich in geringer Flughöhe auf kurzen Strecken bewegen und Befehlshabern vor Ort die Überwachung feindlicher Aktivitäten ermöglichen, unterscheiden.360 Ursprünglich waren Drohnen eher Aufklärungs- als Kampfplattformen und spielten daher als eigenständige Waffensysteme nur eine untergeordnete Rolle.361 Zum ersten Mal übernahmen sie während des Kosovokrieges Kampfaufgaben, indem sie potentielle Ziele identifizierten, die daraufhin von bemannten Luftfahrzeugen zerstört werden konnten.362 Durch den Einsatz von Kampfdrohnen konnte die Zeit zwischen der Ortung und der Vernichtung von feindlichen Zielen von drei Tagen auf nur fünf Minuten reduziert werden.363 Der Einsatz nicht bewaffneter Drohen erfolgt vor allem zu Aufklärungszwecken. Die gefahrlose Aufklärung des feindlichen Territoriums wird damit noch weit hinter der Kampffront möglich. Als bekannte Aufklärungsdrohnen sind die verschiedenen Modelle des Global Hawk zu nennen.364 Daneben kommt Drohnen, insbesondere den UCAV, eine große Bedeutung in Kampfeinsätzen zu. Dabei übernehmen Drohnen Aufgaben, die vom Truppen- und Nachschubtransport bis hin zu gezielten Angriffen reichen. Bewaffnete Drohnen, wie die unterschiedlichen Predator-Systeme, werden als Kampfmittel im Rahmen von Militäroperationen eingesetzt. Meist ist eine trennscharfe Differenzierung zwischen beiden vorgenannten Einsatzmöglichkeiten im militärischen Bereich nicht möglich. Aufklärung und Angriff liegen im Rahmen einer Mission bereits in zeitlicher Hinsicht oft nah beieinander, sodass es vielfach zu Überschneidungen kommt. Die Drohnen werden in der Nähe des Kampfgebietes gestartet und landen dort auch, aber operiert und kontrolliert werden sie rund um die Uhr vom Heimatland aus.365 dd) Kategorisierung unbemannter Luftfahrzeuge Drohnen sind im Grundsatz Kriegswaffen.366 Zwar werden sie in der gleichen Art und Weise verwendet wie Raketenwerfer und Bombenflugzeuge sowie andere Trägerraketen, sind aber dennoch von diesen abzugrenzen. 360  Möckli,

CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 78 (2010), S. 1. CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 78 (2010), S. 2. 362  Möckli, CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 78 (2010), S. 2. 363  Möckli, CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 78 (2010), S. 2. 364  Siehe für mehr Informationen bzgl. der verschiedenen Modelle: http://www. northropgrumman.com/Capabilities/GlobalHawk/Pages/default.aspx (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 365  Donnelly, Long-Distance Warriors, Time Magazine, Artikel vom 4. Dezember 2005, S. 1, 2. 366  O’Connell, Drones under International Law, 2010, S. 1. 361  Möckli,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot185

(1) Drohnen als Waffen Abzugrenzen sind Drohnen, insbesondere bewaffnete Drohnen, von Waffen und vor allem von sogenannter präzisionsgelenkter Munition, die unbemannt mittels eigenen Antriebs und externer Steuerung oder auch selbstständig zur Zerstörung eines Ziels in dieses gelenkt werden kann. Waffen sind Kampfmittel, die in der Lage sind, entweder Verletzungen oder den Tod von Personen, sowie Schaden oder Zerstörung von Objekten, zu verursachen.367 Die Schädigungen werden durch die Drohne, jedoch nicht durch sie selbst, sondern durch die von ihr mitgeführten Waffen vorgenommen. Diese Schädigung erfolgt also mittelbar. In diesem Zusammenhang kann eine Parallele zu den durch Kampfflugzeuge verursachten Schädigungen gezogen werden, die gleichfalls Waffen abwerfen. Drohnen weisen eine Parallele zu Streubomben auf, da beim Einsatz von Streubomben ein Behälter abgeworfen wird, der sich erst öffnen muss, um die darin enthaltenen Bomben freizugeben und erst diese führen dann, vergleichbar mit den abgeworfenen Waffen einer Drohne, zur eigentlichen Schädigungshandlung. Ungeachtet dessen wird die Gesamtheit von Behälter und enthaltenen Bomben als Streubombe und somit als Waffe angesehen. Man kann jedoch nicht ohne Weiteres eine Drohne mit diesem Behälter vergleichen, da dieser ausschließlich dem Transport der Bomben dient. Eine Drohne ist viel mehr als nur eine Hülle für Waffen. Drohnen haben mehr Funktionen, die mit denen eines Kampfflugzeugs vergleichbar sind, das ebenfalls Behälter mit darin enthaltenden Bomben abwirft. Der Behälter ist Teil der Bomben, er gehört als Material zu den Bomben und nicht zum Luftfahrzeug. Somit ist er beliebig austauschbar durch andere Arten von Bomben, auch solche ohne einen Behälter. Dies hat keinen Einfluss auf den Status des abwerfenden Luftfahrzeugs. Entscheidendes Differenzierungsmerkmal in Bezug auf Drohnen ist ihre Wiederverwendbarkeit. Alle mit einem Sprengkopf ausgestatteten Systeme wie Raketen oder Torpedos sind darauf ausgerichtet, ein bestimmtes Ziel zu treffen und dabei zu explodieren und dadurch zerstört zu werden. Sie sind trotz der Tatsache, dass sie selbststeuernd sind und teilweise ihre Fluglage selbst beeinflussen können, jedoch mehr oder minder gelenkte („smarte“) Munition und mithin nicht wiederverwendbar und daher keine Drohnen.

367  HPCR Manual, 2009, Regel 1 lit. ff („ ‚Weapon‘ means a means of warfare used in combat operations, including a gun, missile, bomb or other munitions, that is capable of causing either (i) injury to, or death of, persons; or (ii) damage to, or destruction of, objects“).

186 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Drohnen können unter den Begriff des Waffensystems fallen, worunter mehr als eine bloße Ansammlung von Waffen fällt, nämlich neben den eigentlich erforderlichen Waffen auch alles erforderliche Gerät, Material und jedes Mittel der Ablieferung und des Einsatzes, da Drohnen Waffen an den Einsatzort transportieren.368 Sie stellen aber selbst keine Waffen dar. (2) Drohnen als Luftfahrzeuge Die oben erwähnten Definitionen von Luftfahrzeugen unterscheiden bis auf die des HPCR Manuals, die unbemannte Luftfahrzeuge explizit mit einschließt, nicht nach unbemannten und bemannten Luftfahrzeugen. Es wird also nicht verlangt, dass Luftfahrzeuge durch Piloten geführt werden müssen, die in dem Luftfahrzeug selbst sitzen. Es ist nicht einmal die Rede von Piloten im Rahmen dieser Definitionen. Das Argument, dass das CA wahrscheinlich zum Zeitpunkt seines Entstehens nicht von unbemannten Luftfahrzeugen ausging und daher aus Selbstverständlichkeit, dass ein Flugzeug auch einen Piloten haben muss, dies in der Definition nicht erwähnt hat, vermag angesichts der Tatsache, dass Art. 8 des Abkommens369 von unbemannten Luftfahrzeugen spricht, nicht zu überzeugen. Nichtsdestotrotz gibt es Piloten, die Drohnen steuern, ihr Aufenthaltsort ist nur nicht im, sondern außerhalb des Flugobjekts. Drohnen sind also per definitionem als Luftfahrzeuge und nicht als Raketen anzusehen. Nichts Anderes gilt für bewaffnete Drohnen. Das HPCR Manual unterscheidet in Regel 1 lit. dd und Regel 1 lit. ee zwischen Luftfahrzeugen, die entweder unbewaffnet sind oder nicht zur Kontrolle einer Waffe eingesetzt werden können und Luftfahrzeugen, deren Technologie zur Kontrolle von Waffen eingesetzt werden kann. Dies macht deutlich, dass es sich weder bei UAVs noch bei UCAVs um Waffen handelt. Die Bewaffnung ist ein optionaler Zusatz.

368  HPCR

Manual, 2009, Regel 1 lit. ff. Rn. 2. Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt von Chicago von 1944, AS 1971 1305, BGBl. 1956 II, 411, UNTS Bd. 15, S. 295: „Ein Luftfahrzeug, das ohne Pilot geflogen werden kann, darf ohne Pilot das Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates nur mit besonderer Bewilligung dieses Staates und gemäß den Bedingungen dieser Bewilligung überfliegen. Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass der Flug eines solchen Luftfahrzeuges ohne Pilot in Gebieten, die Privatluftfahrzeugen offenstehen, so überwacht wird, dass eine Gefährdung von Privatluftfahrzeugen vermieden wird.“ 369  Art. 8



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot187

(3) Drohnen als militärische Luftfahrzeuge Der Aspekt, dass Drohnen bewaffnet sind und dass sie diese Waffen auch einsetzen können, macht ein unbemanntes Luftfahrzeug allein nicht schon zu einem militärischen Luftfahrzeug.370 Dazu ist, wie bereits dargestellt, die Erfüllung weiterer Voraussetzungen erforderlich. Daran anknüpfend nutzen Drohnen die Aerodynamik, um zu fliegen. Sie stehen regelmäßig auch im Dienst des Militärs und sind mit Hoheitszeichen des sie einsetzenden Staates gekennzeichnet. Es spielt also keine Rolle für die Qualifikation als militärisches Luftfahrzeug, ob eine Drohne bewaffnet ist oder nicht oder zu welchem Zweck sie eingesetzt wird. Fraglich ist, wie es sich auswirkt, dass Drohnen keine Besatzung haben, wie dies in Art. 14 LKR und Regel 1 lit. x. d) und e) des HPCR Manuals verlangt wird. Der Begriff „Besatzung“ verlangt per definitionem, dass es sich um Personen in einem Luftfahrzeug handelt. Es wird aber als ausreichend angesehen, wenn die Person, welche die Drohne steuert oder sie programmiert hat, zum Militärpersonal gehört.371 Die Kontrolle, die diese Person ausübt, muss eine Einzelfallkontrolle sein, nicht bloß eine Kontrolle der Einheit, welche die Drohne einsetzt.372 Bei mehr oder weniger autonomen Drohnen, bei denen die Flugroute im Vorhinein festgelegt wurde, kann es vorkommen, dass diese Programmierung beispielsweise schon beim Hersteller erfolgt ist. Dieser ist aber im Regelfall keine Militär-, sondern eine Zivilperson. In dieser Konstellation ist es wichtig, dass eine Militärperson zwischengeschaltet ist, bevor es zum konkreten Einsatz der Drohne kommt. Der Hersteller mag die Flugroute im Rahmen der Programmierung der Drohne festlegen, aber diese muss noch „in den Einsatz geschickt werden“. Diese Entscheidung treffen dann wiederum Angehörige der Streitkräfte, sodass vom Vorliegen einer solchen Zwischenschaltung im Regelfall auszugehen sein dürfte. Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind und eine Zivilperson die Drohne steuert oder über ihren Einsatz entscheidet, dann verliert die Drohne den Status eines militärischen Luftfahrzeugs.373 Dies bedeutet, dass die Drohne nach den geltenden Regeln des Kriegsrechts nicht mehr berechtigt wäre, an Feindseligkeiten teilzunehmen und Angriffshandlungen vorzunehmen.374 Dennoch kann sie selbst angegriffen werden und bleibt daher ein 370  HPCR

Commentary, 2010, Regel 1 lit. dd. Rn. 3. Commentary, 2010, Regel 1 lit. x Rn. 4, Rn. 6. 372  HPCR Commentary, 2010, Regel 1 lit. x Rn. 4. 373  HPCR Commentary, 2010, Regel 1 lit. x. Rn. 6, 15. 374  Art. 13. LKR; HPCR Manual, 2009, Regel 17 lit. a. 371  HPCR

188 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

zulässiges militärisches Ziel, da die Regeln der Luftkriegsführung objektbezogen sind.375 Unbemannte Luftfahrzeuge, die vom Militär betrieben werden, fallen unter die Kategorie der militärischen Luftfahrzeuge, unabhängig davon ob sie bewaffnet sind oder nicht und trotz des Aspekts, dass sie ferngesteuert betrieben werden.376 Auch Drohnen, die den militärischen Luftfahrzeugen zuzuordnen sind, sind als solche zu kennzeichnen. Dies folgt bereits aus dem Zweck der Erleichterung der Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Zielen. So dürfen sich diese Kennzeichen etwa nicht am Größenverhältnis im Vergleich zu der Kennzeichnung von bemannten Luftfahrzeugen orientieren und bei einer kleinen Drohne nicht so klein sein, dass man sie gar nicht oder nur schwer erkennen kann. Das würde zu einer faktischen Umgehung der Kennzeichnungspflicht führen. Im Lichte der zunehmenden Miniaturisierung mag besonders bei kleinen Drohnen eine solche Kennzeichnung im Einzelfall problematisch sein. Abgesehen von Drohnen selbst sind auch gegnerische Bodenstationen sowie die Kommunikationswege zwischen dieser und der Drohne legitime militärische Angriffsziele, da sie wirksam zu militärischen Handlungen beitragen und damit ihre Zerstörung, Inbesitznahme oder Neutralisierung einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt.377 Der Einordnung als legitimes militärisches Ziel steht auch nicht entgegen, dass eine Bodenstation von Privatpersonen betrieben wird oder sich auf einem Privatgrundstück befindet.378 ee) Rechtsstellung der am Einsatz von Drohnen beteiligten Personen Auch wenn Drohnen technologisch hoch entwickelt sind, so werden immer noch Menschen benötigt, um Drohnen in Militäroperationen einzusetzen. Denn auch Drohnen müssen entwickelt, gebaut und programmiert werden. Menschen setzen sie in Bewegung und steuern sie und sind darüber hinaus mit der Wartung und Reparatur betraut. Die Rechtsstellung dieser am Drohneneinsatz im weiteren Sinne beteiligten Personen bestimmt, welche Rechte und Pflichten ihnen zukommen sowie ob sie selbst ihrerseits rechtmäßige Angriffsziele darstellen.

375  Heintschel von Heinegg, Seekriegsrecht und Neutralität im Seekrieg, 1995, S. 318 ff.; HPCR Manual, 2009, Regel 1 lit. x, Regel 17 lit. a; Green, The Contemporary Law of Armed Conflict, 2008, S. 211. 376  Schmitt, Air Law and Military Operations, in: Gill/Fleck (Hrsg.), The Handbook of the International Law of Military Operations, 2010, S. 303, 310, Rn. 18.11. 377  Frau, HuV-I 24/2 (2011), S. 60, 69 f. 378  Frau, HuV-I 24/2 (2011), S. 60, 69 f.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot189

Grundsätzlich muss die Besatzung eines militärischen Luftfahrzeugs aus rechtmäßigen Kombattanten im Sinne des Völkerrechts bestehen. Nur solche sind befugt, bewaffnete Schädigungshandlungen gegen militärische Ziele vorzunehmen. Kennzeichnend für Drohnen ist jedoch, dass sie unbemannt sind. Sie haben gerade keine an Bord befindliche Besatzung. Der Begriff der Besatzung ist aber weit auszulegen und damit sind auch die Operatoren einer Drohne, eventuell sogar alle an den mittels Drohnen durchgeführten Militäropera­ tionen mitwirkenden Personen, darunter zu fassen. Jeder, der damit betraut wird, Militäroperationen mittels Drohnen durchzuführen, müsste ebenfalls den vorstehend erläuterten Anforderungen des Kombattantenstatus gerecht werden. Sofern Streitkräfte Drohnen steuern und an mittels Drohnen durchgeführten Militäroperationen teilnehmen, erfüllen sie unstreitig den Status von Kombattanten und dürfen daher rechtmäßig Angriffe gegen legitime Ziele verüben und stellen auch selbst rechtmäßige Angriffsziele dar. Problematischer ist die Bewertung, wenn Zivilpersonen an Drohneneinsätzen beteiligt sind, wie dies beispielsweise beim Personal der CIA der Fall ist, das Einsätze von US-Drohnen steuert und koordiniert. Diese sind zwar im Vergleich zu ihrem militärischen Pendant günstiger379, aber die Legitimität des Einsatzes von Zivilpersonen ist streitig, denn grundsätzlich haben nur Mitglieder der Streitkräfte eines Staates als Kombattanten das Recht, tödliche Gewalt anzuwenden, ohne sich deswegen vor einem Gericht zur Rechenschaft ziehen lassen zu müssen. Uniformierte Mitglieder der Streitkräfte fallen zweifelsfrei unter die Definition eines Kombattanten, während dies bei zivilen Operatoren und Befehlshabern von Drohnen nicht der Fall ist.380 Zivile Drohnen-Operatoren können leicht als unrechtmäßige bzw. illegale Kombattanten nach dem Recht des bewaffneten Konflikts angesehen werden. Dies hat zur Folge, dass ein solcher Operator für seine Handlungen verurteilt werden könnte, ohne dass ihm im Gegensatz zu einem militärischen Operator ein Kriegsgefangenenstatus zugutekommt.381 Es wird vertreten, dass Zivilpersonen unter bestimmten Umständen rechtmäßig Drohnenoperationen vornehmen können, nämlich wenn die Zielpersonen unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, eine Ergreifung im Rahmen der internationalen Strafverfolgung nicht möglich ist und im Beispiel der CIA der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika oder ein spezieller Kombattantenbefehls­ haber mit Zustimmung des Präsidenten diesen Operationen zustimmt.382 379  Butler, USAF Vice Chief Cites LOAC Concerns over Civilian UAV Pilots, Inside the Air Force, Artikel vom 8. November 2002, S. 5. 380  Klein, ASPJ (2003), S. 1 ff. 381  Klein, ASPJ (2003), S. 1, 5. 382  Shestko, Drone Warfare, 2011, S. 1, 19, 20.

190 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Soweit Zivilpersonen im Rahmen des Einsatzes von Drohnen mit bestimmten Funktionen betraut sind, ist zu prüfen, ob diese als unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmend anzusehen sind. Dazu müssten sie die oben erwähnten Kriterien der Schadensverursachung bzw. Schadenswahrscheinlichkeit, der Kausalität und der beabsichtigten Veränderung der Lage zugunsten einer und zulasten der anderen Konfliktpartei erfüllen.383 Wenn Zivilpersonen Drohnen einsetzen, insbesondere, wenn sie dabei Wirkmittel einsetzen, nehmen sie unmittelbar an Feindseligkeiten teil, da durch diesen Einsatz die „threshold of harm“ überschritten wird, der Einsatz der Waffen kausal für den entstehenden Schaden ist und dieser auch beabsichtigt ist. Das IKRK hat den Einsatz ferngesteuerter Waffensysteme, wie unbemannter Luftfahrzeuge, in seiner Studie zur unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten als ein Beispiel für eine solche Teilnahme angeführt.384 Wenn Zivilpersonen Drohnen hingegen nur steuern, ohne Waffen abzufeuern, dann fehlt es an den Kriterien des Schadens und der erforderlichen Feindseligkeit und somit wäre eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten nicht gegeben. Diese Betrachtung scheint jedoch zu eng zu sein. Es kann nicht auf den konkreten Erfolg ankommen, sodass die Absicht und die Möglichkeit einer Schädigung als ausreichend anzusehen sind. Damit reichen auch Handlungen aus, die aufgrund ihrer Natur und ihres Zieles dazu bestimmt sind, der gegnerischen Konfliktpartei Schaden zuzufügen, um eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu bejahen.385 Unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen, heißt auch nicht, dass eine physische Anwesenheit am Ort des Geschehens erforderlich ist.386 Von daher spielt die Distanz zwischen dem Operator und dem Einsatzort der Drohne in diesem Zusammenhang keine Rolle. Dies ist nicht zuletzt aus der Konzeption der modernen Kriegsführung abzuleiten.387 Entscheidend ist demnach nur, dass Zivilpersonen am Kriegsgeschehen selbst aktiv beteiligt sind, ohne dass auf Ortsbezüge abgestellt wird. Solange sie also die sog. „continuous combat function“ aufweisen, sind auch sie als legitime militärische Ziele zu qualifizieren. Damit wird beispielsweise ein Taliban-Kommandant, der sich zu Hause aufhält, durch seine ansonsten andauernd ausgeübte Funktion zu ei383  Siehe

dazu Kapitel 4 A. I. 2. a) aa) (3) dieser Arbeit. Direct Partivipation in Hostilities: Questions and Answers, 2009. 385  Israeli High Court of Justice, Urteil vom 13. Dezember 2006, Az.: HCJ 769/02, Public Committee against Torture in Israel v. Government of Israel, Rn. 33. 386  ICRC, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 55. 387  ICRC/TMC Asser Institute, Third Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities, Summay Report, 2005, S. 35. 384  ICRC,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot191

nem legitimen militärischen Ziel.388 Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass auch Drohnen-Operatoren bzw. Kommandeure, die Drohnen-Operationen überwachen, legitime militärische Ziele darstellen, auch wenn sie sich zu Hause aufhalten. Was in diesem Zusammenhang zu Problemen führen kann, da sich diese Personen nahezu immer in einem anderen Staat aufhalten, als demjenigen, in dem die kriegerischen Auseinandersetzungen stattfinden. Fraglich ist, ob eine andere Bewertung für einen Drohnen-Befehlshaber gilt, der die Drohne nicht selbst steuert, sondern diese lediglich überwacht oder in den Einsatz schickt. Einerseits könnte insoweit vertreten werden, dass die konkreten Tatbeiträge des Befehlshabers unzureichend sind, um selbst Feindseligkeiten darzustellen, andererseits ist es aber sachgerecht, da die Drohne keine eigene Verantwortlichkeit aufweisen kann, insoweit eine Zurechnung der Feindseligkeiten der Drohne vorzunehmen, soweit ein Kausalzusammenhang zwischen diesen und der dem Befehlshaber bekannten Programmierung besteht. Aus diesen anerkannten Grundsätzen ist für Zwecke des Einsatzes autonomer Systeme abzuleiten, dass Drohnen-Operatoren und -Kommandeure (also Personen die Drohnen-Einsätze lenken und die Drohnen beaufsichtigen bzw. zu bestimmten Maßnahmen autorisieren), gleichfalls den Status eines Kombattanten bzw. Kämpfers haben und damit legitime militärische Ziele darstellen. Die Vor- und Nachbereitungshandlungen eines Drohneneinsatzes erfordern eine differenziertere Betrachtung hinsichtlich der Kriterien der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten. Die zeitliche Nähe stellt insoweit kein Kriterium im Rahmen der Einordnung dar, sondern ist als bloßes Indiz anzusehen.389 Maßgeblich sind vielmehr die konkret verrichtete Tätigkeit und ihre jeweilige Bedeutung für den Einsatz der Drohne. Personen, die Drohnen mit Kampfmitteln für einen konkreten Einsatz aufrüsten, nehmen nach den oben näher erläuterten Kausalitätsbestimmungen unmittelbar an Feindseligkeiten teil und stellen damit legitime militärische Ziele dar. Durch die Aufrüstung wird die Möglichkeit einer Schädigungshandlung geschaffen und auch wenn es sich nicht um den letzten Schritt vor dem Schadenseintritt handelt und der noch folgende Abschussbefehl eine eigenständige Handlung darstellt, so stellt diese Handlung doch einen integralen Bestandteil des Angriffs dar, ohne den die Militäroperation nicht wirksam durchgeführt werden kann. Ebenso sind das Betanken, die Programmierung der Flugroute und andere Startvorbereitungen, die keine Aufrüstung mit Waffen darstellen, Vorbereitungshandlungen eines konkreten Angriffs und stellen, da sie darauf abzielen eine Schädigung hervorzurufen, eine unmittelbare Teilnahme an Feindselig388  Van

Schaack, YIHL 14 (2011), S. 255, 287. Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 55. 389  ICRC,

192 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

keiten dar.390 Auch das Starten und Landen einer Drohne als Teil der modernen Kriegsführung sind als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu bewerten.391 Die Nachbereitung eines Einsatzes, die Reparatur und Wartung einer Drohne oder ihre Bergung, z. B. nach einem Absturz, zielen nicht auf einen konkreten Einsatz ab.392 Sie stellen daher keine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten dar. Da sie zeitlich gesehen nach dem Einsatz erfolgen, können sie auch nicht kausal für ihn sein. Auch stellen sie nicht schon wieder eine vorbereitende Maßnahme dar, denn durch sie wird lediglich die generelle Kampffähigkeit der Drohne wiederhergestellt, sodass die Maßnahmen nicht schon auf einen konkreten Einsatz abzielen.393 Die Entwicklung und Herstellung einer Drohne ist mit der Arbeit in einer Waffenfabrik vergleichbar.394 Diese ist nach Völkergewohnheitsrecht nicht als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten anzusehen.395 Die Rechtstellung der an der Entwicklung, Herstellung und dem Einsatz von Drohnen beteiligten Personen entspricht weitestgehend den bekannten Kategorien des humanitären Völkerrechts. Der Einsatz von Zivilpersonen im Rahmen der Entwicklung, Herstellung und des Einsatzes von Drohnen lässt sich im Allgemeinen nicht vermeiden und ein dahingehendes Verbot wäre auch nicht durchsetzbar. Jedoch wirkt sich dies negativ auf die Unterscheidung von Zivilpersonen und Kombattanten aus, indem dadurch die klar abgegrenzten Grenzen der Kategorien des Unterscheidungsgrundsatzes verwischen, insbesondere durch den Einsatz von Zivilpersonen in kombattantenähnlichen Positionen, wie beispielsweise als Operator. Dies gefährdet nicht an Feindseligkeiten teilnehmende Personen, die nicht ohne Weiteres von den an Feindseligkeiten teilnehmenden Personen zu unterscheiden sind. d) Nicht-internationale bewaffnete Konflikte Die Kategorien der unterschiedlichen Luftfahrzeuge gelten ebenso im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt mit der Ausnahme, dass dort die Kategorie der neutralen Luftfahrzeuge nicht exisitiert, da es im Recht des 390  HPCR

Manual, 2009, Regel 29 lit. ix), Regel 29 lit. xi. Interpretive Guidelines on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 67. 392  Frau, HuV-I 24/2 (2011), S. 60, 67. 393  Gasser/Dörmann, Protection of the Civilian Population, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of International Humanitarian Law, 2013, S. 231, 258, Rn. 519. 394  Frau, HuV-I 24/2 (2011), S. 60, 69. 395  ICRC, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 53. 391  ICRC,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot193

nicht-internationalen bewaffneten Konflikts keine Neutralität gibt. Das Neu­ tralitätsrecht findet nur auf internationale bewaffnete Konflikte Anwendung, während in nicht-internationalen Konflikten das Interventionsverbot in interne Angelegenheiten Anwendung findet. Das Neutralitätsrecht gibt nur Staaten Rechte und Pflichten auf, nicht den Individuen.396 Auch verfügen nur die Regierungstruppen über Militär- sowie Staatsluftfahrzeuge. Darüber hi­ naus ist es z. B. den Aufständischen nicht möglich, rechtlich verbindliche Anweisungen wie beispielsweise eine NOTAM, zu äußern. 2. Verwischen der Kategorien Das Verwischen der Grenzen zwischen den Kategorien der Zivilpersonen und der Kombattanten steht im Mittelpunkt der Debatte betreffend das Versagen des Schutzes von Zivilpersonen im Rahmen moderner bewaffneter Konflikte. Der Unterscheidungsgrundsatz scheint zu verschwimmen, sobald Zivilpersonen an bewaffneten Konflikten teilnehmen. Die Schwierigkeit, die Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilpersonen aufrecht zu erhalten, hängt eng mit der Entwicklung des Luftkrieges und der damit einhergehenden Distanz zwischen den Beteiligten zusammen. Es zeichnet sich eine Entwicklungslinie betreffend den Status von Personen dahingehend ab, dass zunehmend mehr Personen auf die Trennlinie zwischen den Kategorien der Zivilpersonen und der Kombattanten zu fallen scheinen und die erforderliche eindeutige Zuordnung zunehmend komplexer wird. Dazu leisten viele einzelne Faktoren, die im Folgenden näher beleuchtet werden, ihren Beitrag. a) Lockerung der Kombattantenkriterien Die Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und Kombattanten trägt, wie oben dargestellt, wesentlich zum Schutz von Zivilpersonen bei. Grundvoraussetzung dafür ist eine klare Abgrenzung von Kombattanten zu Zivilpersonen. Da lediglich Kombattanten positiv definiert sind, sind die Tatbestandsmerkmale der Kombattantendefinition für die Unterscheidung und damit den Schutz von Zivilpersonen von großer Bedeutung. Die Lockerung der Kombattantenkriterien, nach welcher nun weniger strenge Anforderungen an die Kennzeichnungspflicht gestellt werden, ist vor diesem Hintergrund kritisch zu hinterfragen.

396  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S.  280 f.

194 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

aa) Ausgangsposition Grundsätzlich sind Kombattanten bei unmittelbarer Teilnahme an Feindseligkeiten zur äußerlichen Unterscheidung von der Zivilbevölkerung verpflichtet. Art. 44 Abs. 3 S. 1 ZP I verlangt, dass sich Kombattanten von der Zivilbevölkerung unterscheiden müssen, solange sie an einem Angriff oder an einer Kriegshandlung zur Vorbereitung eines Angriffs beteiligt sind.397 Der Sinn und Zweck des Art. 44 Abs. 3 S. 1 ZP I ist es, die Unterscheidbarkeit zwischen am Konflikt teilnehmenden sowie geschützten Personen und Neutralen zu wahren und die beiden letzteren vor den Auswirkungen des bewaffneten Konflikts zu schützen. Die Zivilbevölkerung soll dadurch geschützt werden, dass Kombattanten ein Anreiz gegeben wird, ihre Waffen offen zu tragen und sich so von der Zivilbevölkerung zu unterscheiden.398 Die Konfliktparteien sollen die Identität der geschützten Personen nicht missbrauchen. Zudem sind Kombattanten, die den regulären Streitkräften angehören, dem Völkergewohnheitsrecht entsprechend dazu verpflichtet, bei unmittelbarer Teilnahme an Feindseligkeiten Uniformen zu tragen (Art. 44 Abs. 7 ZP I). Für alle anderen Kombattanten gilt, dass sie zwar keine Uniform tragen müssen, aber ihrer Unterscheidungspflicht durch das Tragen eines bleibenden und von weitem erkennbaren Unterscheidungszeichens (Kopfbedeckungen, Armbinden o. ä.) nachkommen müssen (Art. 4A Nr. 2 GK III). Sie müssen dieses Zeichen bei offiziellen Missionen, Treffen mit dem Feind und jedem förmlichen Kontakt tragen.399 Sie sind jedoch nicht verpflichtet, es zu tragen, wenn sie im Hinterland arbeiten oder wenn sie trainieren.400 Auch müssen sie das Zeichen nicht nachts beleuchten, da dies ihre Tarnung untergraben 397  Das Haager Recht sah keine explizite Kennzeichnungspflicht der Streitkräfte vor. Dies wird damit erklärt, dass dies zu der Zeit als so selbstverständlich galt, dass es keiner Erwähnung bedurfte. So bezieht sich auch Art. 44 Abs. 7 ZP I auf die allgemein anerkannte Staatenpraxis in Bezug auf das Tragen von Uniformen durch Kombattanten, die den regulären, uniformierten bewaffneten Einheiten einer am Konflikt beteiligten Partei angehören. Die einzige Regelung diesbezüglich im Haager Recht enthält die Verpflichtung für Milizen und Freiwilligenkorps, feste, aus einiger Entfernung erkennbare, unterscheidbare Emblems zu tragen (Art. 1 Haager Regeln). Wie sich die Kombattanten in konkreter Ausführung unterscheiden sollen, ist dem gesunden Menschenverstand der Militärbehörden überlassen, sie müssen sich nur von selbstdarstellerischen Zivilpersonen unterscheiden, indem sie irgendeine Art von Kampfkleidung mit irgendwelchen Unterschiedungsmerkmalen. Art. 23 f) LKO verbietet den Mißbrauch von militärischen Abzeichen oder Uniformen des Feindes. 398  Federal Political Department, Official Records of the Diplomatic Conference on the Reaffirmation and Development of International Humanitarian Law Applicable in Armed Conflicts, Geneva, 1974–1977, Volume XV, 1978, S. 402, Rn. 88. 399  Levie, International Legal Studies 59 (1978), S. 529 ff. 400  Van Engeland, Civilian or Combattant?, 2011, S. 38.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot195

würde.401 Camouflage durch das Ausnutzen der geographischen Gegebenheiten einer Region ist als Kriegslist erlaubt, das Verdecken des Zeichens in der Absicht den Gegner zu täuschen, verstößt hingegen gegen das humanitäre Völkerrecht. Nach Art. 39 ZP I ist es darüber hinaus verboten, in einem bewaffneten Konflikt Flaggen oder militärische Kennzeichen, Abzeichen oder Uniformen neutraler oder anderer nicht am Konflikt beteiligter Staaten zu verwenden sowie Flaggen oder militärische Kennzeichen, Abzeichen oder Uniformen gegnerischer Parteien während eines Angriffs oder zu dem Zweck zu verwenden, Kriegshandlungen zu decken, zu erleichtern, zu schützen oder zu behindern. Diese Vorschrift soll explizit nicht die bestehenden allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts, die auf Spionage oder auf den Gebrauch von Flaggen in der Seekriegsführung anzuwenden sind, berühren. Grundsätzlich muss ein Kombattant auch alle in Art. 4 GK III sowie Art. 43 und 44 ZP I aufgezählten kumulativen Kriterien erfüllen, um den Kriegsgefangenenstatus beanspruchen zu können. Das Recht des bewaffneten Konflikts sieht damit im Grundsatz ein solides Regelwerk hinsichtlich der Einordnung und damit auch Unterscheidung von Kombattanten vor. bb) Lockerung der Kombattantenkriterien Art. 44 ZP I lockert die Bedingungen, die eine Person zu erfüllen hat, um als Kombattant zu gelten, mit der Folge, dass damit neben Aufständischen auch Zivilpersonen unter den Kombattantenbegriff fallen können und ihnen der Kriegsgefangenenstatus zustehen kann. So sieht Art. 44 Abs. 3 S. 2 ZP I eine Ausnahme bezüglich der Kennzeichnungspflicht von Kombattanten vor. Danach soll ein Kombattant in Situationen, in denen er sich wegen der Art der Feindseligkeiten nicht von der Zivilbevölkerung unterscheiden kann, den Kombattantenstatus behalten, vorausgesetzt, dass er in solchen Fällen a) während jedes militärischen Einsatzes seine Waffen offen trägt und b) während eines militärischen Aufmarsches vor Beginn eines Angriffs, an dem er teilnehmen soll, seine Waffen so lange offen trägt, wie er für den Gegner sichtbar ist. Handlungen in Einklang mit diesen Voraussetzungen gelten nicht als heimtückisch im Sinne des Artikels 37 Abs. 1 c) ZP I. Wenn also Kombattanten humanitäres Völkerrecht verletzen, kommt ihnen nach wie vor der Kriegsgefangenenstatus zugute, sofern sie sich während und vor dem jeweiligen Angriff von Zivilpersonen unterscheiden und ihre Waffen offen tragen (Art. 44 Abs. 2, 3 ZP I).

401  Van

Engeland, Civilian or Combattant?, 2011, S. 38.

196 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Hintergrund dieser Lockerung ist, dass die in der GK III für Kombattanten vorgesehenen Kriterien es irregulären Streitkräften schwer machen, zu agieren, denn Heimlichkeit und das Überraschungsmoment sind beispielsweise das Wesen von Guerillakriegen.402 Aufgrund der Tatsache, dass Guerillakämpfer nur selten in der Lage sind, die Kombattantenkriterien zu erfüllen und aus der Besorgnis heraus, dass diese aufgrund dessen dazu neigen könnten, diese Kriterien gänzlich unbeachtet zu lassen, lockert Art. 44 ZP I die Anforderungen.403 Dabei orientiert sich das ZP I eher an der unmittelbaren Teilnahme als an der Mitgliedschaft in Streitkräften. Art. 43, 44 ZP I passen das Konzept der Kombattanten an die Selbstbestimmungskriege an. So spricht Art. 43 Abs. 1 ZP I nicht von Armeen, sondern von Streitkräften einer am Konflikt beteiligten Partei bestehend aus der Gesamtheit der organisierten bewaffneten Verbände, Gruppen und Einheiten, die einer Führung unterstehen. Dadurch wird die Kategorie der Kombattanten für Guerillakämpfer geöffnet und ihnen steht auch im Fall der Gefangennahme der Kriegsgefangenenstatus zu, sofern sie die dafür erforderlichen Kriterien erfüllen. Das ZP I lockert die Verpflichtung, jederzeit ein erkennbares Zeichen zu tragen, lässt aber die Pflicht, sich jederzeit von Zivilpersonen zu unterscheiden, bestehen. Das Kriterium des offenen Tragens von Waffen während der Feind­ seligkeiten und vor dem Angriff rückt dabei in den Vordergrund.404 Wenn Guerillakämpfer diese Vorschriften nicht respektieren, verwirken sie ihren Status als Kombattanten und können innerstaatlich für ihre Akte zur Rechenschaft gezogen werden. In der Praxis tragen die regulären Streitkräfte eines Staates nahezu permanent Uniformen. Dem steht Art. 44 ZP I nicht entgegen, im Gegenteil, so besagt Art. 44 Abs. 7 ZP I, dass mit den Regelungen dieses Artikels nicht bezweckt werden sollte, die allgemein anerkannte Staatenpraxis in Bezug auf das Tragen von Uniformen durch Kombattanten zu ändern, die den regulären, uniformierten bewaffneten Einheiten einer am Konflikt beteiligten Partei angehören. cc) Kritik und Stellungnahme Die Lockerung der Kombattantenkriterien für Aufständische ist vielfach auf Kritik gestoßen. Dies resultierte sogar darin, dass einige Staaten deswegen dem ZP I nicht beigetreten sind. Art. 44 Abs. 3 ZP I stellt daher auch kein Völkergewohnheitsrecht dar und sein Anwendungsbereich ist auf inter402  Baxter, BYIL 28 (1951), S. 323, 323–328; IKRK-Kommentar, 1987, S. 520, Rn. 1684. 403  IKRK-Kommentar, 1987, S. 529, Rn. 1698. 404  Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 41.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot197

nationalisierte bewaffnete Konflikte im Sinne von Art. 1 Abs. 4 ZP I beschränkt.405 Der heutige Art. 44 ZP I ist eine der umstrittensten Regelungen der Konferenz, auf der das ZP I beschlossen wurde.406 Der Regelung wurde vorgeworfen, die Unterscheidung zwischen Kombattanten, die das Recht des bewaffneten Konflikts beachten und solchen, die es nicht tun, zu verwischen und damit dem Missbrauch Tür und Tor zu öffnen. Sie sei zudem schädlich für den Schutz von Zivilpersonen. Grundsätzlich ist es sicherlich nicht im Sinne des humanitären Völkerrechts, dass dieses partiell ausgehebelt wird, um seine Befolgung zu erleichtern. Es ist richtig, dass nur durch eine klare Unterscheidbarkeit, wozu die Pflicht für Kombattanten, Uniformen zu tragen, gehört, Zivilpersonen der größtmögliche Schutz zukommt.407 Zudem gefährden Kombattanten in Zivil grundsätzlich nicht nur andere Zivilpersonen, sondern auch sich selbst, da ihnen somit nicht die anderen Kombattanten zustehende volle Schutzwirkung des humanitären Völkerrechts zukommt.408 Das Recht des bewaffneten Konflikts wandte sich daher traditionell sogar gegen die Vornahme von Feindseligkeiten ohne das Tragen von Uniformen.409 Dem Argument, dass es besser gewesen wäre, wenn das Tragen von Uniformen für alle Kombattanten verpflichtend wäre,410 ist jedoch entgegenzuhalten, dass dies nicht der Realität moderner bewaffneter Konflikte entspricht, die eben nicht mehr aus der Teilnahme ausschließlich regulärer Streitkräften besteht. Es ist daher zu berücksichtigen, warum diese Lockerung eingeführt wurde und wann sie zur Anwendung gelangt. Auch wenn dies nicht ausdrücklich so kodifiziert wurde, so wurde diese Ausnahme für Situationen geschaffen, in denen sich Kombattanten Guerilla-Kriegsmethoden bedienen. Sie soll in besetzten Gebieten sowie nationalen Befreiungskriegen zur Anwendung gelangen und insbesondere Guerillakämpfer dazu bewegen, sich an das Recht des bewaffneten Konflikts zu halten. Da Guerillakämpfe zum Alltag moderner bewaffneter Konflikte gehören, sollen diese nicht außerhalb des Rechts gestellt werden. Da sie sich jedoch dem traditionellen Recht des bewaffneten Konflikts nicht anpassen können, sollen sie durch besondere Bestimmungen integriert werden, um zu verhindern, dass sie das Recht missachten, weil sie sich ohnehin nicht daran halten können. 405  Ipsen, Combatants and Non-Combatants, in: Fleck (Hrsg.), The Handbook of International Humanitarian Law, 2013, S. 79, 91. 406  IKRK-Kommentar, 1987, S. 521, Rn. 1684. 407  Carnahan, Akron L. Rev. 19/4 (1986), S. 543, 545. 408  Byers, War Law, 2005, S. 128. 409  Carnahan, Akron L. Rev. 19/4 (1986), S. 543, 545. 410  Carnahan, Akron L. Rev. 19/4 (1986), S. 543, 545; Rogers, Law on the Battlefield, 2004, S. 40.

198 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Durch die Lockerung der Kombattantenkriterien werden Aufständische, die sich nicht an das Recht des bewaffneten Konflikts halten, nun besser behandelt. Denn ohne diese Lockerung würden Aufständische bei Nichteinhaltung des Rechts beispielsweise dadurch, dass sie sich zu Perfideriezwecken als Zivilpersonen ausgeben, anstatt den Kombattanten zustehenden Schutz zu erhalten, viel strenger verurteilt werden, ihren Kriegsgefangenenstatus verlieren und nur vom für unprivilegierte Kombattanten bestehenden Schutz profitierten. Jedoch ist dabei zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit für einen Kombattanten sich allein dadurch von der Zivilbevölkerung zu unterscheiden, dass er seine Waffen offen trägt, auch für die regulären Streitkräfte unter denselben besonderen Bedingungen wie für Mitglieder der Guerillakämpfer besteht.411 Sodass die Kritik, dass Guerillakämpfer nun besser gestellt werden als reguläre Streitkräfte und nun nicht mehr für den Verstoß gegen den Unterscheidungsgrundsatz und die damit einhergehende Gefährdung von Zivilpersonen bestraft werden,412 nicht zutreffend ist. Der Wortlaut des Art. 44 ZP I stellt einen Kompromiss dar und beruht auf der Erwägung, den Schutz der Guerillakämpfer so weit wie möglich zu erhöhen, um diese dazu anzuhalten, sich an das Recht des bewaffneten Konflikts zu halten, ohne dabei den Schutz der Zivilpersonen aus den Augen zu verlieren und ihn in einem nicht akzeptablen Umfang zu reduzieren. Es stellt daher einen Fortschritt dar, dass versucht wurde, das Recht des bewaffneten Konflikts an die Realität der Konflikte anzupassen, indem den Guerillakämpfern ein Anreiz gegeben wird, sich von der Zivilbevölkerung zu unterscheiden, wo dies ihnen möglich ist. Dadurch, dass die Vorschrift kein Beispiel nennt für die besonderen Situationen, in denen es Kombattanten nicht möglich ist, sich von der Zivilbevölkerung zu unterscheiden, bleibt sie flexibel und offen für alle Situationen, die die Praxis hervorbringt. Dennoch ist nicht zu vergessen, dass es sich bei dieser Lockerung um eine Ausnahme für besondere Fälle und eben nicht die Regel handelt. Eine Aufklärung und Vermittlung des humanitären Völkerrechts ist zwar wünschenswert, wäre aber zu dem gegebenen Zeitpunkt keine tatsächliche Alternative gewesen. So ist die Lockerung der Kombattantenkriterien als Zwischenschritt in Richtung Beachtung des Rechts durch die Bindung der Aufständischen an das Recht zu sehen. Damit trägt diese Vorschrift eher dem Schutz von Zivilpersonen bei, als dass sie diesen konterkariert. Diese Lockerung hat sogar positive Auswirkungen auf den Schutz von Zivilpersonen. Denn dadurch, dass sie zur Beachtung des Rechts des bewaffneten Konflikts und zum offenen Tragen von Waffen anhält, stellt sie die Weiche hin zu einer 411  IKRK-Kommentar, 412  Carnahan,

1987, S. 532, Rn. 1703. Akron L. Rev. 19/4 (1986), S. 543, 545.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot199

Ausweitung der Unterscheidbarkeit, denn ohne die damit einhergehenden Anreize würde diese nur noch weiter zurückgedrängt werden. Dass Aufständische von sich aus das Recht des bewaffneten Konflikts achten, erscheint realitätsfern. Besser ist es also, sie halten sich überwiegend bzw. zu kleinen Teilen daran als gar nicht. Dennoch ist nicht zu vernachlässigen, dass diese Lockerung die Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und Kombattanten im Rahmen von Luftoperationen erschwert. Dies gilt für klassische Lufteinsätze, beispielsweise mit Kampfjets, ebenso wie für moderne Luftoperationen mittels Drohnen, da die Erkennbarkeit von Kombattanten durch das Tragen von Uniformen zurückgegangen ist und damit eine äußerlich feststellbare Orientierungshilfe für das Kategorisieren von Personen weggefallen ist. Damit sind die Beteiligten nun stärker auf im Rahmen der vorherigen Aufklärung gewonnene Informationen angewiesen. b) Unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten durch Zivilpersonen Die zunehmende Teilnahme von Zivilpersonen an Feindseligkeiten erhöht das Risiko von zivilen Schädigungen. Denn für die angreifende Partei wird es dadurch schwieriger, die an Feindseligkeiten teilnehmenden Zivilpersonen von den geschützten Zivilpersonen zu unterscheiden. Nach der Ratio der GK gibt es keinen Grund, aktiv an Feindseligkeiten teilnehmende Zivilpersonen zu schützen. Kommt es zu einer Teilnahme an solchen Aktivitäten, verliert die Zivilperson nicht etwa ihren Status, jedoch die ihr zukommende Immunität für die Dauer der betreffenden Handlungen (Art. 51 Abs. 3 ZP I), wobei nach h. M. auf den jeweiligen Einzelakt (sog. specific acts approach) abzustellen ist.413 Für diesen Zeitraum wird die Zivilperson nach Art. 51 Abs. 3 ZP I selbst zum legitimen militärischen Ziel. In der Praxis ist es oft problematisch zu beurteilen, wann eine solche Teilnahme zu bejahen ist und wann eine Zivilperson rechtmäßig angegriffen werden darf. Dies hängt mit der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten zusammen. Wann eine solche vorliegt, ist umstritten.414 413  Melzer, Targeted Killing in International Law, 2008, S. 347 ff.; nach anderer Ansicht entfällt die Immunität eines Zivilisten für die gesamte Dauer seiner Mitgliedschaft in einer Organisation, die Feindseligkeiten begeht (sog. membership approach): Vgl. etwa Quéguiner, Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2003, S. 9 f. 414  ICRC, Interpretive Guideline on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 41–64; Dinstein, The Conduct of Hostilites under the Law of International Armed Conflict, 2010, S. 146 ff.; HPCR Commentary, 2010, Abschnitt F; ICJ, Public Committee Against Torture, Rn. 34.

200 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Wenn jede Zivilperson, die die Streitkräfte in irgendeiner Form unterstützt, ihre Immunität verlieren würde, würde dies den Unterscheidungsgrundsatz und den damit einhergehenden Schutz unterlaufen. Als extremes Beispiel wäre zu nennen, dass das Militär in vielen Ländern durch Steuern mitfinanziert wird, sodass es dann heißen könnte, dass, da jeder Staatsbürger Steuern zahle, die ganze Zivilbevölkerung des Staates ihre Immunität verlieren würde, was abwegig ist. Das IKRK mit seiner Interpretationsleitlinie hat versucht, diesen Konflikt aufzulösen. Die Leitlinie ist zwar nicht verbindlich und wurde kritisiert415, aber dennoch kommt ihr bei der Auslegung von Art. 51 Abs. 3 ZP I und Art. 4 Abs. 1 ZP II eine gewisse Autorität zugute und damit dient sie als ­Interpretationshilfe.416 Im Übrigen ist auf die in Art. 31 und 32 WVK niedergelegten Grundsätze der Vertragsauslegung zurückzugreifen. Dabei ist die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten als Ausnahme zum grundsätz­ lichen Schutz von Zivilpersonen vor direkten Angriffen eng auszulegen.417 In diesem Zusammenhang ist es zur Ausgestaltung von drei konstitutiven, eine unmittelbare Teilnahme kumulativ begründenden Elementen gekommen418: Zivilpersonen nehmen unmittelbar an Feindseligkeiten teil, wenn die jeweiligen Handlungen voraussichtlich kausal für einen Schaden sind. Dies ist der Fall, wenn die Handlung voraussichtlich die militärischen Operationen bzw. militärische Kapazität einer Partei nachteilig beeinflussen wird oder der „threshold of harm“ auf andere Weise erreicht wird, d. h., wenn Personen oder Objekte, die gegen direkte Angriffe geschützt sind, getötet oder verletzt bzw. zerstört oder beschädigt werden.419 Der Schaden muss dabei nicht eintreten, eine objektive Wahrscheinlichkeit für den Schadenseintritt genügt. Die Handlung muss auch kausal für den Schaden sein in Gestalt einer unmittelbaren ursächlichen Verknüpfung zwischen dem Akt oder einer koordinierten militärischen Operation, deren Bestandteil der Akt ist, und dem zugefügten Schaden, sogenannter unmittelbarer Kausalzusammenhang.420 Darüber hinaus muss es beabsichtigt gewesen sein, eine Konfliktpartei durch diese Handlung zu unterstützen und der anderen Partei den zuvor erwähnten Scha415  Schmitt, NYU J Int’l L & Pol 42/3 (2010), S. 697, 714; Parks, NYU J Int’l L & Pol 42/3 (2010), S. 769 ff. 416  Vgl. ICRC, Interpretive Guideline on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009. 417  Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 42. 418  Schmitt, NSJ 1 (2010), S. 5, 27 ff. 419  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, Regel V. 420  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, Regel V.



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den zuzufügen.421 Damit ist ein bestimmter Zusammenhang zwischen der jeweiligen Handlung und dem bewaffneten Konflikt erforderlich. Mangels allgemein anerkannter abstrakt-genereller Definition verbleibt es dabei aber bei einer Einzelfallentscheidung.422 aa) Teilnahme an Feindseligkeiten Zunächst muss eine Zivilperson an Feindseligkeiten teilnehmen. Als Feindseligkeiten werden Akte der Gewalt verstanden, die eine Verbindung zu einem bewaffneten Konflikt aufweisen und bei denen die betreffende Person einen Bezug zu den Feindseligkeiten einerseits und dem eingetretenen Schaden andererseits hat.423 Der IKRK-Kommentar führt aus, dass das Verhalten einer Zivilperson eine direkte und unmittelbare militärische Gefahr darstellen muss, um als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten qualifiziert werden zu können. Als solche unmittelbare Teilnahme werden Tätigkeiten bezeichnet, die ihrer Natur und ihrem Zweck nach beabsichtigen, Streitkräften und militärischen Objekten Schaden zuzufügen.424 Dabei genügt es bereits, wenn sich die Handlung in irgendeiner Weise auf die militärischen Operationen oder die militärische Fähigkeit einer Partei schädigend auswirkt, sodass es auf eine physische oder funktionale Schädigung militärischer Objekte nicht ankommt.425 Daraus folgt, dass der Begriff der Feindseligkeiten weiter geht als der Angriffsbegriff, welcher gemäß der Legaldefinition in Art. 49 Abs. 1 ZP I eine Gewaltanwendung voraussetzt.426 Alternativ muss die fragliche Schädigung voraussichtlich zu einer Schädigung von durch das Recht des internationalen bewaffneten Konflikts vor direkten Angriffen geschützten Personen oder Objekten führen.427 Das Erfordernis einer im Gegensatz zur ersten Alternative vorgeschlagenen Überschreitung einer qualifizierten Schadensschwelle bei dieser nicht-militärischen Schädigung, damit die jeweiligen 421  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, Regel V. 422  ICTY, Urteil der Appeals Chamber vom 18. Juli 2008, Az.: IT-01-42-A, Prosecutor v. Strugar, Rn. 176–179; ICTY, Urteil vom 2. Oktober 1995, Az.: IT-94-1-AR72, Prosecutor v. Tadic, Rn. 616; Schmitt, NYU J Int’l L & Pol 42/3 (2010), S. 697, 711; Heintschel von Heinegg, International Law Studies 87 (2011), S. 463, 468. 423  von Devivere, Kritische Justiz 1 (2008), S. 24, 25. 424  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 1942. 425  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 47, 48. 426  Melzer, Constitutive Elements of „Direct Participation in Hostilities“, 2005, S. 3. 427  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 49.

202 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Akte mit dem Einsatz von Mitteln und Methoden der Kriegführung oder einer Schädigung des Feindes gleichzusetzen sind428, hat sich nicht durchgesetzt.429 Diese Einbeziehung nicht-militärischer Schädigungen unabhängig vom Überschreiten einer bestimmten Schwelle erfolgt im Sinne eines stärkeren Schutzes von Zivilpersonen, da dadurch nicht nur Tötungen und Verletzungen von Zivilpersonen und Beschädigungen und Zerstörungen ziviler Objekte, sondern beispielsweise auch Geiselnahmen mit in den Schädigungsbegriff fallen.430 Entscheidend ist, ob sich eine Handlung im Ergebnis schädigend auswirkt, sodass lediglich solche Handlungen nicht als Teilnahme an Feindseligkeiten einzustufen sind, die unter keiner Betrachtungsweise in einer Schädigung des Feindes resultieren können. Aufgrund der Zweifelsvermutung des zivilen Status müssen Beweise vorliegen, dass Zivilpersonen den ihnen normalerweise zukommenden Schutz verwirkt haben. Dies kann nicht vermutet werden.431 Allerdings muss die direkte Teilnahme an Feindseligkeiten enger ausgelegt werden als das bloße Leisten eines Beitrages zum Kriegsgeschehen. So sind die Mitwirkung an der Waffenproduktion, der Militärtechnik oder militärischen Transporten nicht als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten anzusehen.432 Nichtsdestotrotz sind solche Produktionswerke, Maschinenfabriken oder Transporte rechtmäßige militärische Ziele, ungeachtet dessen, dass sich Zivilpersonen darin befinden. Zivilpersonen sind dahingehend den Gefahren des Krieges ausgesetzt, dass sie bei einem Angriff auf militärisches Personal oder militärische Einrichtungen beiläufig zu Schaden kommen können. Es ist nur in wenigen Fällen möglich, das Ausmaß eines Angriffs von Vornherein auf das anvisierte Objekt zu beschränken, denn eine Waffe kann auch einmal nicht ordnungsgemäß funktionieren oder durch Abwehrmaßnahmen umgeleitet werden, oder eine Zivilperson kann irrtümlicher Weise aufgrund von fehlerhaften Geheimdienstinformationen zum Ziel von Angriffen gemacht werden. Ebenso sind in militärischen Einrichtungen arbeitende Zivilpersonen, die selbst keine rechtmäßigen Angriffsziele darstellen, in Gefahr, wenn solch Objekte angegriffen werden. Problematisch sind außerdem Fälle wie der eines zivilen Waffentransporteurs. Ein Lastwagen mit Waffen stellt unstreitig ein militärisches Ziel dar. Der ihn steuernde Fahrer ist allerdings eine Zivilperson. Folglich ist der mit 428  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 50. 429  Schmitt, NYU J Int’l L & Pol 42/3 (2010), S. 697, 724. 430  Schmitt, NYU J Int’l L & Pol 42/3 (2010), S. 697, 724. 431  Hampson, The Principle of Proportionality in the Law of Armed Conflict, in: Perrigo/Whitman (Hrsg.), The Geneva Conventions under Assault, 2010, S. 42, 47. 432  Rogers, Law on the Battlefield, 2004, S. 9.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot203

Waffen beladene Lastwagen ein rechtmäßiges militärisches Ziel und damit ein Angriff auf den Lastwagen rechtmäßig. Ein zielgerichteter Angriff auf den Lastwagenfahrer hingegen könnte jedoch als direkter Angriff auf eine Zivilperson einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstellen. Fraglich ist in diesem Fall, ob die Zivilperson an Feindseligkeiten teilnimmt und damit den ihr zukommenden Schutz verwirkt hat, was bei einer Fahrt in der Kampfzone sicher zu bejahen ist, außerhalb davon aber wohl eher abzulehnen sein wird, sodass der Lastwagenfahrer im Rahmen der Abwägung nach dem Exzessverbot als möglicher Kollateralschaden Berücksichtigung finden muss. Umstritten ist, ob schon reine Vorbereitungen von Feindseligkeiten und die Rückkehr von solchen unter den Begriff der Teilnahme fallen.433 Teilweise wird eine Handlung als Teilnahme an Feindseligkeiten anlehnend an ein sehr extensives Begriffsverständnis schon dann bejaht, wenn eine Zivilperson bloß Waffen trägt oder ohne solche zu tragen, Feindseligkeiten ausführt.434 Andererseits wird vertreten, dass eine sich auf Feindseligkeiten vorbereitende Zivilperson höchstens als an Feindseligkeiten teilnehmend angesehen werden kann, wenn sie dabei offen Waffen trägt.435 Die Vorbereitung der Schädigung militärischer oder ziviler Personen oder Objekte dient den Feindseligkeiten und erbringt einen erheblichen Beitrag zu diesen. Daher ist eine u ­ nmittelbare Teilnahme auch bei konkreten Vorbereitungshandlungen eines Angriffs zu bejahen, unabhängig davon, ob eine Zivilperson dabei offen Waffen trägt. Zudem sollte als unmittelbare Teilnahme nicht nur der physische Akt, den jemand als letztes Glied in einer Kette von Ereignissen begeht, sondern alle Akte der Glieder dieser Kette, angesehen werden. Was für einen Sinn hätten Angriffe, wenn sie sich nicht gegen die Leute richten könnten, die für Feindseligkeiten verantwortlich sind. In diesem Sinne hat der Israelische High Court das Konzept der unmittelbaren Teilnahme auf Personen erweitert, die bestimmte Handlungen entscheiden oder planen und auch auf solche, die andere anwerben, führen und zu Angriffen entsenden, wobei allerdings nicht Personen erfasst werden, die strategische Analysen, logistische oder finan­ zielle Unterstützung oder Propaganda betreiben, da dies eine indirekte Teilnahme sei.436

433  Sandoz/Swinarski/Zimmermann

(Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 1943. (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 1943. 435  Cassese, International Law, 2005, S. 421. 436  Israeli High Court of Justice, Urteil vom 13. Dezember 2006, HCJ 769/02, Public Committee against Torture in Israel v. Government of Israel, Rn. 37, 40. 434  Sandoz/Swinarski/Zimmermann

204 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

bb) Kausalität Zwischen der als Teilnahme an Feindseligkeiten zu klassifizierenden Handlung und dem zu erwartenden Schaden muss eine Kausalitätsbeziehung in Form eines hinreichend engen Kausalzusammenhangs bestehen, damit eine Teilnahme an Feindseligkeiten als unmittelbar anzusehen ist.437 Fraglich ist, welche Anforderungen an die Kausalität im Zusammenhang der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten zu stellen sind. Die IKRKAuslegungshilfen setzen dabei auf eine Ein-Schritt-Kausalität, nach welcher der Schaden oder die Gefährdung „in one causal step“ festgestellt wird.438 Hierzu ist jedoch kritisch zu bemerken, dass dieser Ansatz nicht die Realität der modernen Kriegsführung abbildet, die gerade durch das Zusammenwirken mehrerer Personen gekennzeichnet ist. Die Handlungen der modernen Kriegsführung werden nämlich nicht nur von einer Person vorgenommen und münden nicht unmittelbar in der Schädigung. Vielmehr ist ein verwobenes Geflecht an verschiedenen Personen bei einer Militäroperation tätig. Daher ist eher darauf abzustellen, dass die vorgenommene Handlung ein integraler Bestandteil einer konkreten und koordinierten militärischen Aktion sein muss, welche wiederum den erforderlichen „threshold of harm“ erreicht.439 Die Handlung muss aber nicht conditio sine qua non für den Eintritt der Schädigung sein.440 Vielmehr muss eine isolierte Handlung oder eine militärisch koordinierte Operation in ihrer Gesamtheit die zu erwartende Schädigung in einem kausalen Schritt herbeiführen, wobei „war sustaining activities“ und Handlungen, die lediglich den „general war effort“ einer Partei fördern und die weitere Kriegsführung sicherstellen und damit nur als eine mittelbare Teilnahme gelten, ausgeschlossen werden.441 Personen, die 437  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 46; Schmitt, NYU J Int’l L & Pol 42/3 (2010), S. 697, 725; Melzer, Targeted Killing under the International Normative Paradigms of Law Enforcement and Hostilities, 2007, S. 28; Melzer, NYU J. Int’L L. & Pol. 42/3 (2010), S. 831, 865; Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRKKommentar, 1987, S. 516; Melzer, Targeted Killing under the International Normative Paradigms of Law Enforcement and Hostilities, 2007, S. 28. 438  ICRC, Interpretive Guidelines on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 53. 439  ICRC, Interpretive Guidelines on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 54 f. 440  ICRC, Interpretive Guidelines on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 54. 441  Dinstein, Internaional Law Studies 84 (2008), S. 183, 190; Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 65 Rn. 29; Kalshoven/Zegveld, Constraints on the Waging of War, 2001, S. 98; Sandoz/ Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 618.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot205

sich daran beteiligen, sind somit keine legitimen militärischen Ziele, da sie nicht die Kriterien der an Feindseligkeiten teilnehmenden Zivilpersonen erfüllen. Sie erhöhen aber durch ihre Aktivitäten und die damit verbundene Nähe zu militärischen Zielen das Risiko, Opfer von zulässigen Kollateralschäden zu werden (vgl. insoweit Art. 51 Abs. 5 lit. b ZP I442). Dieser einschränkende, nicht jegliche in irgendeinem Zusammenhang mit der Schädigung stehende Handlungen umfassende Kausalitätsbegriff trägt durch die bewirkte restriktive Handhabung der Qualifizierung als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zum Schutz von Zivilpersonen bei, da so die Rechtfertigungsmöglichkeiten für Schädigungen an Zivilpersonen begrenzt werden. cc) Konnexität Die schädigende Handlung muss zudem in einem bestimmten objektiven Zusammenhang zum bewaffneten Konflikt stehen, um diese von Handlungen am Rande von Feindseligkeiten abzugrenzen. Dieser Zusammenhang ist unzweifelhaft gegeben, wenn die Handlung eine Konfliktpartei zum Vorteil der anderen schädigt (sogenannter „belligerent nexus“).443 Entscheidend ist dabei im Einklang mit dem Begriff der Schädigungshandlung sowie unter Heranziehung der Definition des militärischen Ziels das Abstellen auf eine Schädigung. Dabei ist es aber auch möglich, dass eine Zivilperson beide Konfliktparteien schädigt;444 nicht hingegen, dass eine Handlung sich lediglich vorteilhaft auswirkt, ohne einer der Konfliktparteien zu schaden. Dieser Ansatz ist sachgerecht, denn in heutigen modernen bewaffneten Konflikten erfolgen Schädigungshandlungen nicht notwendigerweise immer auch zum Vorteil einer Partei, sodass diese Auslegung als praxisnah zu bezeichnen ist.

442  Art. 51 Abs. 5 lit. b ZP I: „Unter anderem sind folgende Angriffsarten als unterschiedslos anzusehen […] b) ein Angriff, bei dem damit zu rechnen ist, dass er auch Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen.“ 443  ICRC, Interpretive Guidelines on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 58 ff. 444  Schmitt, NYU J Int’l L & Pol 42/3 (2010), S. 697, 736.

206 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

dd) Zeitraum der Teilnahme Eine Zivilperson darf nach Art. 51 Abs. 3 ZP I nur angegriffen werden, solange sie an Feindseligkeiten teilnimmt.445 Wenn diese Zeit verstrichen ist, greift ihre Immunität wieder ein. Ein wichtiger und durchaus umstrittener Punkt ist die Bestimmung der Zeitspanne der unmittelbaren Teilnahme der Zivilpersonen an Feindseligkeiten, denn die Zivilpersonen verlieren ihren Schutz ab dieser Teilnahme für deren Dauer. Grundsätzlich besteht Einigkeit darüber, dass Zivilpersonen ihren Schutz nur für die Dauer der speziellen Handlung, die eine unmittelbare Teilnahme darstellt, verlieren und dass diese Zeitspanne auch die Vorbereitung, die Ausführung und den Rückzug mitumfasst.446 Umstritten ist hingegen, wie diese Zeitspanne zu bestimmen ist, insbesondere vor dem Hintergrund wiederkehrender Teilnahmehandlungen und den dazwischen liegenden Zeiträumen. Das IKRK ist der Auffassung, dass Zivilpersonen nur während der Zeitspanne angegriffen werden dürfen, in der sie tatsächlich an der jeweiligen Feindseligkeit teilnehmen. Damit gehen die Suspendierung und das Wiederaufleben der Immunität vor Angriffen stets synchron einher mit dem Beginn und dem Ende der jeweiligen direkten Teilnahme an den Feindseligkeiten und somit erstreckt sich die Immunität auch auf den Zeitraum zwischen einzelnen Akten.447 Diese Wiedergewinnung der Immunität ist, sofern die Teilnahmehandlungen lediglich spontan, unorganisiert oder sporadisch erfolgen, zwingend notwendig, um Zivilpersonen einen umfassenden Schutz zukommen zu lassen, auch wenn es dadurch unter Umständen zu einer Erschwerung des effektiven Vorgehens gegen unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmende Zivilpersonen kommen könnte.448 Das IKRK folgt nicht der Auffassung, dass Mitglieder organisierter bewaffneter Gruppen, die einer Konfliktpartei angehören, ihren Schutz für die Dauer ihrer Mitgliedschaft, also der Zeit, in welcher sie Kampffunktionen übernehmen, verlieren. Solche Personen erlangen dem IKRK zufolge ihre Immunität nach der jeweiligen Feindseligkeit wieder und bleiben nach innerstaatlichem Recht für das Ergreifen von Waf445  Zur völkergewohnheitsrechtlichen Geltung: Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, S. 19; HPCR Commentary, 2010, Regel 28, Rn. 2, S. 118. 446  Dinstein, International Law Studies 84 (2008), S. 183, 189, 190; Melzer, NYU J. Int’L L. & Pol. 42/3 (2010), S. 831, 879; IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S.  65 ff.; Boothby, NYU J Int’l L&Pol 42/3 (2010), S. 741, 746. 447  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 70. 448  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 71.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot207

fen verantwortlich. Bei Zweifeln über ihren Status sind sie als geschützte Zivilpersonen anzusehen. So greift die Immunität einer Zivilperson, die nur einmal einen Angriff begeht und sich danach von solchen Tätigkeiten abwendet, wieder ein und kann nicht unter Anknüpfung an die Vergangenheit negiert werden, sodass generell eine unmittelbare Teilnahme nur für die jeweilige Einzelhandlung angenommen wird.449 Dies gilt jedoch auch für Personen, die mehrere Einzelakte verüben. Auch deren Immunität ist nach Beendigung eines jeden einzelnen Aktes wiederhergestellt, sog. „revolving door of protection“. Die Auffassung des IKRK, dass Zivilpersonen, die sich an temporären oder nicht-Kampfeinsätzen beteiligen, nur während exakt der Zeitspanne angegriffen werden dürfen, in der sie an der Feindseligkeit teilnehmen, wurde richtigerweise kritisiert.450 Dadurch würde man Terroristen das jeweils Beste der beiden Welten zukommen lassen, nämlich den Schutz einer Zivilperson und die Rechte eines Kombattanten.451 Daher wurde vertreten, dass die Immunität zu Gunsten eines Terroristen, der sich einer Terrororganisation auf Dauer fest angeschlossen hat und regelmäßig Terrorakte verübt, in der zwischen diesen Anschlägen liegenden Zeit nicht wieder eingreift, da er diese regelmäßig zur Vorbereitung des Anschlags nutzt und daher eine andauernde Gefahr darstellt.452 Er verliere seinen Schutz also für die Dauer seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe, was dann zur Folge habe, dass er überall und zu jederzeit angegriffen werden darf.453 Diese MitgliedschaftsThese, die Unterstützer als rechtmäßige Angriffsziele ansieht, kennt nur wenige Grenzen und ist daher problematisch. Diese Art der Definition ist nahezu uferlos. Zudem stellt der Aspekt, dass diese Person dann jederzeit, also auch bei privaten Aktivitäten angegriffen werden darf, zugleich ein moralisches Problem dar, denn in diesem Fall würde erlaubt werden, eine unbewaffnete Person zu töten. Eine Begrenzung hat daher der eingeschränkte Mitgliedschaftsansatz versucht vorzunehmen, der nicht das Angreifen aller Mitglieder einer bewaffneten Gruppe zu jeder Zeit erlaubt, sondern nur das Angreifen von Kämpfern und zwar auch dann, wenn sie nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Dies stellt insoweit eine Verbesserung im Vergleich zur herkömmlichen Mitgliedschaftstheorie dar, da so nicht Unterstützer angegrif449  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, Regel IV. 450  So auch Parks, NYU J Int’l L & Pol 42/3 (2010), S. 769 ff.; Vogel, Denv. J. Int’l L. & Pol’y 39/1 (2010), S. 101, 121; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2004, S. 29. 451  Vogel, Denv. J. Int’l L. & Pol’y 39/1 (2010), S. 101, 121. 452  Harvard University, Policy Brief, October 2007, S. 10. 453  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, Regel VII.

208 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

fen werden, die nur indirekt an Feindseligkeiten teilnehmen. Andererseits gewährt dieser Ansatz in zeitlicher Hinsicht mehr Spielraum als der Einzelaktansatz.454 Es sollte eine Unterscheidung zwischen Mitgliedern bewaffneter Gruppen, die wichtige Kampffunktionen wahrnehmen und solchen, die sporadisch auf einer Art ad hoc-Basis an Feindseligkeiten teilnehmen, geben. Das Abstellen auf ein reines Mitgliedschaftsargument ermöglicht gefährliche Präzedenzfälle, die dann zu einer Ausweitung des Konzepts der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten führen. Daher wird der Mitgliedschaftsansatz in allen seinen Ausformungen als inakzeptabel und gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßend angesehen.455 Man darf Angriffe auf Menschen, die ihre Waffen nicht erhoben haben, allein aufgrund ihrer Einstellung oder Mitgliedschaft in einer bestimmten Gruppe nicht erlauben. Dazu benötige es eines objektiven Ansatzes. Denn wenn sich ein Terrorist von weiteren Angriffen distanziert, sollte der Schutz wiederaufleben, unabhängig davon, ob seine Mitgliedschaft in einer Organisation noch fortbesteht. Dies ist überzeugend, sollte aber darauf beschränkt werden, dass es solange gilt, wie die entsprechenden Zivilpersonen keine Bedrohung für eine der Konfliktparteien darstellen. Abzustellen ist dabei auf die Gegenwart und das tatsächliche Handeln und nicht auf bloße Zukunftsprognosen. Problematisch ist aber, dass es in der einzelnen Situation nicht immer klar ist, ob es weitere, nachfolgende Teilnahmeakte geben wird. Diese Unklarheit wird dem Zweifelsprinzip entsprechend zugunsten der Zivilpersonen ausgelegt. Solange diese Unklarheit nicht beseitigt werden kann, gelten die Personen als Zivilpersonen. Wenn und soweit verlässliche Informationen zur Verfügung stehen, die darauf schließen lassen, dass die in Frage stehenden Personen beabsichtigen, an Feindseligkeiten teilzunehmen, ist die Immunität aber aufgehoben, denn diese an Feindseligkeiten teilnehmenden Zivilpersonen sind nicht gleichzusetzen mit gar nicht an Feindseligkeiten teilnehmenden Zivilpersonen.456 Zudem ist nicht auf die Dauer einzelner Akte, sondern auf eine Serie von Akten innerhalb eines bestimmten Zeitraums abzustellen. Es dürfe erst nach einem eindeutigen Rückzug von den Feindseligkeiten in Form eines unmissverständlichen Ausstiegsaktes oder einer andauernden Nicht-Teilnahme an Feindseligkeiten zum Wiederaufleben des Schutzes kommen.457 Entgegen möglicher Einwände ist jedoch die innere Einstellung der betroffenen Person bei der Beseitigung von Unklarheiten unerheblich. Entsprechend dem An454  Harvard

University, Policy Brief, October 2007, S. 10. auch Quéguiner, Direct Participation in Hostilities under International Humanitaran Law, 2003 und Van Engeland, Civilians or Combatants?, 2011, S. 110. 456  Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2010, S. 148; Boothby, NYU J Int’l L&Pol 42/3 (2010), S. 741, 757, 465. 457  Schmitt, NSJ 1 (2010), S. 5, 16; Boothby, NYU J Int’l L&Pol 42/3 (2010), S. 741, 760. 455  So



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot209

griffsbegriff und der Kategorisierung von Schädigungshandlung zur Einordnung einer Handlung als Teilnahme an Feindseligkeiten ist lediglich entscheidend, ob objektiv eine Bedrohung vorliegt. Diese kann auch zwischen den einzelnen Akten angenommen werden. So ist nicht nachvollziehbar, warum eine Person, wenn sie lediglich kurz Abstand von der Teilnahme an Feindseligkeiten nimmt, keine latente Bedrohung darstellen soll. Es ist dabei aber erforderlich, dass ein ausreichender Zusammenhang zwischen den einzelnen Akten besteht, der die Einstufung als fortlaufende latente Bedrohung zulässt. Die Unterscheidung zwischen status- und handlungsbezogener Immunitätsaufhebung ist hier nicht in Frage zu stellen, die jeweilige Handlung ist lediglich weiter auszulegen. Zusammenfassend ist damit die Zeitspanne, während welcher Zivilpersonen ihren Schutz verlieren, kurz und restriktiv eingegrenzt, sodass sie nur während der Zeit ihre Immunität verlieren, während welcher sie unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Außerhalb dieser Zeitspanne können sie aber mangels Kombattantenprivileg für ihre Taten verhaftet und gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden, aber sie dürfen nicht mehr angegriffen werden.458 Dies dient dazu, Missbrauch zu vermeiden, denn sonst könnte stets behauptet werden, dass Zivilpersonen in der Vergangenheit an Feindseligkeiten teilgenommen haben und daher nun legitime Angriffsziele darstellen. Diese Begrenzung gilt jedoch nicht, sofern sie objektiv noch weiterhin eine akute Bedrohung darstellen. Es ist wichtig in diesem Zusammenhang zu betonen, dass es im Völkerrecht keine Grauzonen und damit keine unrechtmäßigen Kombattanten geben darf. ee) Rechtsfolgen der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten Die Auffassung des IKRK, dass der Gewalt gegen unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmende Zivilpersonen enge Grenzen zu setzten sind, was es unter Umständen erforderlich macht, auf nicht-letale Maßnahmen zurückzu­ greifen,459 ist abzulehnen. Die Rechtsfolge der Teilnahme an Feindseligkeiten ist die Suspendierung des Schutzes von Zivilpersonen und darunter auch des Verbots direkter Angriffe, was dazu führt, dass an Feindseligkeiten unmittelbar teilnehmende Zivilpersonen für die Dauer ihrer Teilnahme vorbehaltlich des Verbots der Verursachung exzessiver Kollateralschäden und der Einhaltung weiterer Vorsichtsmaßnahmen in gleicher Weise wie Kombattanten angegriffen werden dürfen. Eine Einschränkung der Gewaltanwendung gegen458  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 128. 459  IKRK, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 78, 81, 82.

210 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

über an Feindseligkeiten unmittelbar teilnehmenden Zivilpersonen durch Anwendung von Verhältnismäßigkeitskriterien widerspricht sowohl dem Völkervertrags- wie auch -gewohnheitsrecht und würde zudem zu einer Vermischung des Rechts des bewaffneten Konflikts und der Menschenrechte führen.460 Daher ist diese abzulehnen. ff) Exkurs: Moderne Söldner Als moderne Söldner werden neben Freiwilligen, die etwa am islamischen Dschihad teilnehmen, Mitglieder privater Militärunternehmen, die von Staaten eingesetzt werden, bezeichnet.461 Der Einsatz privater Militär- und Sicherheitsunternehmen hat sich seit den 1990-er Jahren stark erhöht und sie übernehmen verschiedene Aufgaben, die traditionell von staatlichen Streitkräften wahrgenommen wurden, wie Sicherheit, Logistik, technische Unterstützung, Training, Schutz, Informationssammlung, Analyse, Gewahrsam, Teilnahme an Feindseligkeiten und sogar die Befragung von Gefangenen. Auch humanitäre Helfer fangen aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage an, private Unternehmen zu ihrem Schutz einzusetzen, was Pro­ bleme mit sich bringt, da humanitäre Helfer immer neutral sein sollten. Die Verantwortung für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch die Angestellten der privaten Unternehmen obliegt dem sie beauftragenden Staat. Das Montreux Dokument ist das Ergebnis einer Initiative des IKRK zu Sicherstellung, dass die Angestellten das humanitäre Völkerecht kennen.462 Durch ihren Einsatz droht der Unterscheidungsgrundsatz zu verwischen.463 Es kommt zu einer Überlappung der Rollen, indem Zivilpersonen Aufgaben übernehmen, die eigentlich Kombattanten zustehen. Damit verschwimmt der Unterscheidungsgrundsatz. Obwohl private Militär- und Sicherheitsunternehmen verschiedentlich mit modernen Söldnern verglichen wurden, ist ihre Einordnung als Söldner nicht unproblematisch, da sie nicht in die Definition von Söldnern passen.464 460  Schmitt, NSJ 1 (2010), S. 5, 41; Parks, NYU J Int’l L & Pol 42/3 (2010), S. 769, 829. 461  Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 125 mit dort aufgeführten Beispielen. 462  ICRC, Montreux Document, Montreux Document, On pertinent international legal obligations and good practices for states related to operations of private military and security companies during armed conflict, 2009. 463  Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 127. 464  Williamson, Status and Obligations of Mecendaries and Private Military/Security Companies under International Humanitarian Law, in: Gumedze (Hrsg.), Elimination of Mecendaries, 2008.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot211

Art. 47 Abs. 2 ZP I definiert den Begriff des Söldners als jemanden, (i) der im Inland oder Ausland zu dem besonderen Zweck angeworben wurde, in einem bewaffneten Konflikt zu kämpfen, (ii) der tatsächlich unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt, (iii) der an Feindseligkeiten vor allem aus Streben nach persönlichem Gewinn teilnimmt und von oder im Namen einer am Konflikt beteiligten Partei tatsächlich die Zusage einer materiellen Vergütung erhalten hat, die wesentlich höher ist als die den Kombattanten der Streitkräfte dieser Partei in vergleichbarem Rang und mit ähnlichen Aufgaben zugesagte oder gezahlte Vergütung, (iv) der weder Staatsangehöriger einer am Konflikt beteiligten Partei ist noch in einem von einer am Konflikt beteiligten Partei kontrollierten Gebiet ansässig ist, (v) der nicht Angehöriger der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei ist und (vi) der nicht von einem nicht am Konflikt beteiligten Staat in amtlichem Auftrag als Angehöriger seiner Streitkräfte entsandt worden ist.465 Es wird vertreten, dass kein Söldner diese kumulativ aufgestellten Kriterien erfüllen könne und die Definition somit leerlaufe.466 Es ist anzunehmen, auch wenn nicht explizit in Art. 47 ZP I erwähnt, dass auf Instruktoren und Berater von Söldnern ebenfalls die Regelungen im Hinblick auf Söldner gelten.467 Der angestrebte persönliche Gewinn ist entscheidend für die Definition von Söldnern. Es ist jedoch umstritten, was darunter zu verstehen ist. Der Begriff der Bereicherung wird als ein psychologisches Element angesehen, das schwer abzugrenzen ist.468 So wird vertreten, dass das wahre Kennzeichen eines Söldners seine Hingabe für den Krieg seiner selbst Willen sei.469 Diese Definition bietet jedoch kein greifbares Kriterium. Daher ist darauf abzustellen, was Söldner tun und nicht darauf, warum sie es tun.470 Söldner gehören nicht den Streitkräften an und sind damit keine Kombattanten, sondern private „Dienstleister“, die engagiert werden, um meist gegen Bezahlung an Feindseligkeiten im Rahmen bewaffneter Konflikte teilzunehmen. Sie nehmen genuin militärische Aufgaben wahr, gehören jedoch nicht

465  Die 1989 aufgestellte Konvention gegen das Recruitment, den Einsatz, die Finanzierung und das Training von Söldnern (GA Res. 44/34 (1989) vom 4. Dezember 1989, UNTS Bd. 2163, S. 75) orientiert sich auch an der Defintion des ZP I, führt ihr jedoch noch mehr Details zu und verfolgt einen das Söldnertum kriminalisierenden Ansatz. Da die Konvention jedoch nicht weiträumig genug ratifiziert worden ist, verbleibt es als allgmein geltende Defintion bei der des ZP I. 466  Hampson, NYIL 22 (1991), S. 3. 467  Kwakwa, The International Law of Armed Conflict, 1992, S. 109. 468  Kwakwa, The International Law of Armed Conflict, 1992, S. 110. 469  Mockler, The Mecenaries, 1985, S. 35–36. 470  Her Majesty’s Stationery Office, Report of the Committe of Privy Concellors appointed to inquire in to the recruitement of mecenaries, 1976, S. 2.

212 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

dem Militär an. Sie werden erst zu Söldnern, wenn sie in den Kampf ziehen.471 Söldnern steht weder der Status eines Kombattanten, der eines Kriegsgefangenen oder sonst einer Kategorie von nach den GK geschützten Personen zu (Art. 47 Abs. 1 ZP I). Söldnern kommen als Nichtkombattanten, die an Feindseligkeiten teilgenommen haben, nach Art. 45 Abs. 3 ZP I die grundlegenden Garantien und der ihnen nach dem Völkergewohnheitsrecht zustehende Schutz zugute, d. h. sie müssen human behandelt werden.472 Söldnern kommt sowohl in internationalen wie auch in nicht-internationalen bewaffneten Konflikten ein Minimalschutz zugute und auch das Völkergewohnheitsrecht spricht ihnen einen allgemeinen Schutz zu.473 Private Militär- und Sicherheitsunternehmen nehmen oft nicht unmittelbar an Kampfhandlungen teil, z. B. wenn sie Aufgaben der Transportdienstleistungen, Verpflegung, oder Luftraumüberwachung übernehmen, sodass die oben genannte Definition oft nicht auf diese zutrifft. Tatsächlich läuft es bei der Kategorisierung privater Unternehmer auf eine Einzelfallentscheidung hinaus, die die Natur des Vertrages, der ihrem Einsatz zugrunde liegt, das Level an Integration in die Struktur, die Frage, ob der Unternehmer bewaffnet ist, die Natur der Arbeit sowie der tatsächlichen Operation berücksichtigt. Grundsätzlich sind private Unternehmer Zivilpersonen und als solche geschützt. Sofern sie jedoch an Feindseligkeiten teilnehmen, verwirken sie ihren Schutz mit der Folge, dass sie keinen Kriegsgefangenenstatus innehaben und nach nationalem Recht zu verurteilen sind. Bei Gefangennahme kommt ihnen der durch das Völkergewohnheitsrecht, das innerstaatliche Recht und die Menschenrechte garantierte Minimumstandard zugute. Von Söldnern und privaten Militär- und Sicherheitsfirmen abzugrenzen sind Zivilpersonen, die beim Militär arbeiten. Als Resultat der Privatisierung einiger staatlicher Armeen und aus dem Bedarf an Fachwissen heraus, verstärkten viele Staaten die Rollen von Zivilpersonen beim Militär. Diese Zivilpersonen arbeiten in Kriegsgebieten, was große Risiken und Gefahren mit sich bringt. Diese Personen, wie Anwälte und Verwaltungsassistenten, nicht jedoch Militärärzte und geistiges Personal, stellen aufgrund der Rolle, die sie im Militär spielen, rechtmäßige Ziele dar. Zivilpersonen, die fürs Militär arbeiten, wie Köche oder Fahrer beispielsweise, können nicht zu rechtmäßigen Zielen gemacht werden, da sie nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilneh-

471  Aldrich, 472  Fallah,

AJIL 75/4 (1981), S. 764, 766, 776. IRRC 88/863 (2006), S. 599, 606; ausführlich dazu Green, IYHR 8

(1978), S.  9 ff. 473  Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 122.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot213

men.474 Nichtsdestotrotz stellen diese Personen keine Quasi-Kombattanten oder Ähnliches dar, denn es gibt keinen halben zivilen oder Kombattantenstatus. Eine Zivilperson, die in die Strukturen des Militärs eingegliedert ist und unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt, ist während dieser Teilnahme ein Kombattant. Die Gefahr des Verwischens der Kategorien hat sich proportional zum Einsatz von Söldnern und privaten militärischen Unternehmen sowie der Zunahme der Bedeutung von Guerilla-Kämpfern erhöht. Durch das Tragen ziviler Kleidung sind die feindlichen Streitkräfte nicht mehr ohne Weiteres in der Lage, eine Gruppe von der anderen zu unterscheiden.475 Neben Söldnern und privaten militärische Unternehmen pflegen auch Spezialeinheiten, die beispielsweise in den USA einen sehr wichtigen Teil des US-Militärs darstellen, für gewöhnlich in zivil kämpfen.476 Ihr Einsatz fordert die klare Kate­ gorisierung des Rechts des bewaffneten Konflikts heraus, denn dadurch verschwimmt die an sich so klare Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und Kombattanten. c) Vermeintliche Kategorie der unrechtmäßigen Kombattanten Eigentlich sieht das Recht des bewaffneten Konflikts nur zwei Kategorien vor, Kombattanten und Zivilpersonen. Dennoch ist der Begriff der unrechtmäßigen Kombattanten in der Literatur, in Militärhandbüchern und in der Rechtsprechung wiederzufinden. Das erste Mal wurde er 1942 in der Entscheidung des U.S. Supreme Courts ex parte Quirin verwendet, der zwischen rechtmäßigen und unrechtmäßigen Kombattanten unterschied.477 Das Gericht erkannte den sogenannten unrechtmäßigen Kombattanten den Status der Kriegsgefangenen ab, sagte jedoch nichts darüber, welcher Status ihnen stattdessen zukommen sollte. Unter dem Begriff der unrechtmäßigen Kombattanten werden Personen erfasst, die nicht die Voraussetzungen für den Kombattantenstatus erfüllen, aber dennoch an Feindseligkeiten teilnehmen, obwohl sie dazu nicht berechtigt sind.478 Dieses Begründen einer weiteren Kategorie gefährdet die ansonsten klare Unterscheidung von Kategorien nach dem

474  ICRC, Interpretive Guideline on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 33, 53 ff. 475  Byers, War Law, 2005, S. 119. 476  Byers, War Law, 2005, S. 128. 477  Vgl. U.S. Supreme Court, Urteil vom 31. Juli 1942, Ex parte Quirin et al., in: Heintschel von Heinegg (Hrsg.), Casebook Völkerrecht, 2005, S. 314, 358. 478  Vgl. dazu Wieczorek, Unrechtmäßige Kombattanten und humanitäres Völkerrecht, 2005, S. 38.

214 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Recht des bewaffneten Konflikts und damit einhergehend den Schutz von Zivilpersonen. Dies wird im Folgenden näher erläutert. aa) Die sogenannte dritte Kategorie der unrechtmäßigen Kombattanten Teilweise wird entgegen der klaren Kategorisierung des humanitären Völkerrechts vertreten, dass es mehr als bloß zwei Kategorien von Personen im Recht des bewaffneten Konflikts geben müsse.479 In diesem Sinne wird differenziert zwischen privilegierten Kombattanten, die das Recht des bewaffneten Konflikts beachten und eindeutig anhand der von der GK III aufgestellten Kriterien zu identifizieren sind, sowie unrechtmäßigen Kombattanten, die das Recht des bewaffneten Konflikts nicht beachten und sich nicht eindeutig von Zivilpersonen unterscheiden.480 Erstere, die ein Recht haben, an Feindseligkeiten teilzunehmen, seien rechtmäßige Kombattanten, während letztere, ohne dieses Recht, als unrechtmäßige Kombattanten anzusehen seien.481 Damit werde eine unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmende Zivilperson eo ipso zu einem unrechtmäßigen Kombattanten, was bedeutet, dass sie ihren Status als Zivilperson verliert, aber keinen ordnungsgemäßen Kombattantenstatus gewinnt.482 Diese Personen fallen in keine der vom humanitären Völkerrecht vorgesehenen Kategorien. Sie stehen zwischen beiden Kategorien und gefährden diese dadurch gleichermaßen. Da solche Personen nicht die Anforderungen der Art. 4 a GK III, Art. 43 und Art. 44 ZP I erfüllen, sind sie Zivilpersonen, die unmittelbar am bewaffneten Konflikt und damit an Feindseligkeiten teilnehmen. Angegriffen werden dürfen sie nur während ihrer unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten. Ansonsten können sie dadurch, dass sie damit das Recht des bewaffneten Konflikts verletzen, zwar festgenommen und nach dem Recht des jeweils festnehmenden Staates verurteilt werden,483 nach dem humanitären Völkerrecht aber würden sie die Zivilpersonen zukommende Immunität genießen. In diesem Zusammenhang wird daher vertreten, dass es nicht akzeptabel sei, Personen, die beispielsweise bewaffnet in der 479  McDonald,

YIHL 8 (2005), S. 221, 222. umfassend zum Thema der unrechtmäßigen Kombattanten: Dörmann, IRRC, 2003, Vol. 85, No. 849, S. 45–74; Dinstein, IYHR 32 (2002), S. 247 ff.; ausführlich auch: Wieczorek, Untrechtmäßige Kombattanten und das Humanitäre Völkerrecht, 2005; Guillory, Air Force L. Rev. 51 (2001), S. 111, 115 f. 481  Dörmann, IRRC 85/849 (2003), S. 45, 46. 482  Dinstein, The System of Status Groups in International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 145, 151; Vogel, Denv. J. Int’l L. & Pol’y 39/1 (2010), S. 101, 119. 483  Rivkin/Casey, The National Interest 73 (2003), S. 57, 61. 480  Siehe



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot215

Absicht sich in die Luft zu sprengen einen Bus betreten, und solche, die sich in diesem Bus befinden, gleichermaßen als Zivilpersonen zu behandeln.484 Es sei daher wichtig, eine Unterscheidung zwischen rechtmäßigen und unrechtmäßigen Kombattanten in der Absicht zu treffen, die unrechtmäßigen Kombattanten zu delegitimieren und zu stigmatisieren, da dies eine unentbehrliche Komponente von erfolgreichen Anti-Terrorismus Strategien sei.485 Dementsprechend seien sie für die Dauer des gesamten Konflikts als unrechtmäßige Kombattanten zu behandeln und könnten daher rechtmäßig angegriffen werden, aber keinen Schutz beanspruchen. Diese Unterkategorie soll vermeintlich für einen höheren Schutz von Zivilpersonen sorgen.486 In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass ein unrechtmäßiger Kombattant nicht notwendiger Weise das humanitäres Völkerrecht verletzen muss und nicht per se ein Kriegsverbrecher ist, denn eine Einstufung als unrechtmäßiger Kombattant bedeutet lediglich, dass die Person bestimmte Bedingungen, die unabdinglich für den Kombattanten- und damit Kriegsgefangenenstatus sind, nicht erfüllt, sodass ihr nur der sogenannte „Umhang der Immunität“ abgenommen wird.487 Das heißt aber nicht, dass diese Personen schutzlos sind.488 bb) Kritik und Stellungnahme Weder im kodifizierten Recht des bewaffneten Konflikts noch im Völkergewohnheitsrecht lässt sich eine Unterscheidung zwischen rechtmäßigen und unrechtmäßigen Kombattanten wiederfinden.489 Daher wird entgegen den zuvor genannten Ansichten richtigerweise vertreten490, dass eine dritte Kate484  David,

Ethics & International Affairs, 17/1 (2003), S. 138, 140. The National Interest, 73 (2003), S. 57, 63. 486  Meron, Some Legal Aspects of Arab Terrorists’ Claims to Privileged Combatancy, in: Shoham (Hrsg.), FS Cohn, 1971, S. 225 ff. 487  Dinstein, The System of Status Groups in International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 145, 154. 488  Dinstein, The System of Status Groups in International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 145, 154; Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/ Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 63 Rn. 16. 489  Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 61 Rn. 1; U.S. Supreme Court, Urteil vom 28. Juni 2004, Hamdi vs. Rumsfeld, 43 ILM (2004), S. 1166–1179, Rn. 24. 490  Wieczorek, Unrechtmäßige Kombattanten und humanitäres Völkerrecht, 2005, S. 107; U.N. Commission on Human Rights, U.N. Doc. E/CN.4/2001/121, S. 19, Rn. 62; Kretzmer, EJIL 16/2 (2005), S. 171, 191; Cassese, Expert Opinion on Israel’s 485  Rivkin/Casey,

216 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

gorie von Personen, die sich zwischen den Kategorien der Kombattanten und Zivilpersonen befinde, nicht notwendig ist. Das Konzept der unrechtmäßigen Kombattanten hat keine Grundlage im humanitären Völkerrecht. Wenn ein Kombattant die Kriterien des Art. 4 GK III oder Art. 43 und 44 ZP I nicht erfüllt, wird er bestimmter Privilegien beraubt und damit zu einem unprivilegierten Kombattanten, der nach Art. 75 ZP I geschützt wird.491 Ebenso verhält es sich mit unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmenden Zivilpersonen.492 So verbietet das Recht des bewaffneten Konflikts während eines internationalen bewaffneten Konflikts Individuen, die nicht Mitglieder der Streitkräfte sind, nicht, sich an Feindseligkeiten zu beteiligen. Vielmehr kommen diese unprivilegierten Kriegführenden nicht in den Genuss der mit dem Kombattantenstatus einhergehenden Privilegien.493 Somit können diejenigen, die nicht rechtmäßige Kombattanten sind, unter dem Recht des Staates, der die Gerichtsbarkeit über diese Individuen und den Rechtsverstoß inne hat, verurteilt werden und können, da sie unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, angegriffen werden, aber weder sie noch der der sie einsetzende Staat verletzen das humanitäre Völkerrecht durch die bloße Teilnahme am bewaffneten Konflikt.494 Im Rahmen eines nicht-internationalen bewaffneten Konflikts unterliegen Aufständische im Gegensatz zu Kombattanten, die für ihre Teilnahme am Kampfgeschehen nicht belangt werden dürfen, der Verurteilung nach innerstaatlichem Recht und werden bei Gefangennahme wie gewöhnliche Kriminelle behandelt. Ihnen kommt aber ein gewisser Minimalschutz nach dem gemeinsamen Art. 3 der GK sowie in manchen Fällen nach dem ZP II zugute.495 Grundlegende Targeted Killings, 2003, S. 16–18; Schaller, Humanitäres Völkerrecht und nichtstaatliche Gewaltakteure, 2007, S. 29. 491  Paust, Cath U L Rev 56/3 (2007), S. 759 ff.; Baxter, BYIL 28 (1951), S. 323– 345; Dörmann, IRRC 85/849 (2003), S. 45, 46. 492  Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 47. 493  Schmitt, YIHL 13 (2010), S. 311, 324. 494  Schmitt, YIHL 13 (2010), S. 311, 324; Dinstein, The Condct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2004, S. 27–44; HPCR Manual, 2009, Rule 28. 495  Dem gemeinsamen Art. 3 der GK zufolge sollen Personen, die nicht direkt an Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der bewaffneten Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die infolge Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeiner anderen Ursache ausser Kampf gesetzt wurden, unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt werden, ohne jede Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der Farbe, der Religion oder des Glaubens, des Geschlechts, der Geburt oder des Vermögens oder aus irgendeinem ähnlichen Grunde. Angriffe auf Leib und Leben, namentlich Mord jeglicher Art, Verstümmelung, grausame Behandlung und Folterung sowie Gefangennahme von Geiseln, Beeinträchtigung der persönlichen Würde, namentlich erniedrigende und entwürdigende Behandlung, Verurteilungen und Hinrichtungen ohne vorhergehendes Urteil eines



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot217

Verfahrensgarantien stellen der gemeinsame Art. 3 Abs. 1 d) der GK sowie Art. 6 Abs. 2–4 ZP II auf. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang insbesondere Art. 6 Abs. 5 ZP II, der die nach der Beendigung des Konflikts an der Macht befindlichen Stellen zu weitgehender Amnestie für die am vorherigen Konflikt Beteiligten anhält. Dies gilt allerdings nur für Schädigungshandlungen unter Einhaltung des humanitären Völkerrechts, sodass Kriegsverbrechen in jedem Fall geahndet werden können.496 Aufständische, die sich an das Recht des bewaffneten Konflikts halten, können dadurch einen Vorteil erlangen, indem ihnen, obwohl sie keinen Anspruch auf den Status eines Kriegsgefangenen haben, so tendenziell eher Kriegsgefangenen entsprechende Haftbedingungen eingeräumt werden.497 Das Völkergewohnheitsrecht verlangt, dass jede Person für sich selbst entscheidet, welcher Kategorie sie angehören möchte, und sich dann auch entsprechend dieser Wahl verhalten muss.498 Das Fehlen einer weiteren Kategorie im Recht des bewaffneten Konflikts ist bewusst und gewollt. Es ist fernliegend, dass bei der Ausarbeitung des Genfer Regelwerks zwar an Regelungen zu Söldnern und Spionen gedacht worden ist, aber eine dritte Kategorie unrechtmäßiger Kombattanten schlicht vergessen wurde. Die Abwesenheit einer solchen Regelung spricht eher dafür, dass man nur zwei Kategorien schaffen wollte, unter welche alle Personen fallen sollten, auch diejenigen, die unberechtigt an Feindseligkeiten teilnehmen.499 Dafür spricht auch der Aspekt, dass im Rahmen des Entwurfs des ZP I ein Quasi-Kombattanten-Status zwar vorgeschlagen, aber verworfen wurde.500 Auch die Existenz des Art. 51 Abs. 3 ZP I zeigt, dass die Autoren des Genfer Regelwerks an die Situation gedacht haben, in der eine Person ordnungsmäßig bestellten Gerichtes, das die von den zivilisierten Völkern als unerlässlich anerkannten Rechtsgarantien bietet sind unter allen Umständen verboten. Die Verwundeten und Kranken sollen geborgen und gepflegt werden und eine unparteiische humanitäre Organisation, wie das IKRK, kann den am Konflikt beteiligten Parteien ihre Dienste anbieten. Die Vorschriften des ZP II ergänzen den gemeinsamen Art. 3 der GK. Da sie viel detaillierter sind, können sie zur Auslegung der Vorschriften des gemeinsamen Art. 3 der GK verwendet werden. Art. 5 Abs. 1 ZP II bezieht sich auf Personen, denen aus Gründen im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt die Freiheit entzogen ist und gewährt ihnen Mindestgarantien, die wenn sie nicht garantiert werden können, zur Freilassung der Gefangenen führen. 496  ICTY, Urteil vom 2. Oktober 1995, Az.: IT-94-1-AR72, Prosecutor v. Tadic, Rn. 128–136. 497  Gasser, Humanitäres Völkerrecht, 2007, S. 78, 79. 498  Dinstein, The System of Status Groups in International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 145, 150. 499  Dörmann, IRRC, 85/849 (2003), S. 45, 60. 500  Pictet (Hrsg.), ICRC Commentary on the Additional Protocols, 1986, S. 515 f.

218 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

unberechtigt an Feindseligkeiten teilnimmt. Man könne diese klare Regelung nicht dadurch umgehen, dass man zusätzlich den Status eines „unlawful combatant“ konstruiert, der selbst nicht töten darf, aber jederzeit getötet werden kann.501 Auch die Zweifelsregelung, wonach in einem Zweifelsfall dem Individuum ebenfalls der Kriegsgefangenenstatus zugutekommt (Art. 5 GK III, Art. 45 ZP I), spricht gegen ein Konzept von unrechtmäßigen Kombattanten, denn dieser entsprechend gibt es nur zwei Kategorien, zwischen denen zu entscheiden ist.502 Das kategorische Absprechen von Schutz steht zudem der Intention des humanitären Völkerrechts entgegen, allen Beteiligten bewaffneter Konflikte ein Mindestmaß an Individualschutz zu gewähren.503 Eine dritte Kategorie eines gleichsam „vogelfreien“ illegalen Kämpfers, der stets ein legitimes Angriffsziel darstellt und keinen Schutz genießt, suggeriert eine tatsächlich nicht bestehende Regelungslücke. Es gibt keinen rechtsfreien Raum und kein Herausfallen aus den Kategorien des bestehenden humanitären Völkerrechts. Daher ist auch der Begriff des illegalen, unprivilegierten bzw. unrechtmäßigen Kombattanten zu kritisieren.504 Die Bezeichnung einer Person als unrechtmäßiger Kombattant impliziert, dass diese zwischen den Kategorien auf illegale Weise operiert und ihr daher alle Rechte abgesprochen werden. Es ist jedoch nach dem Recht des bewaffneten Konflikts nicht vorgesehen und auch nicht sachgerecht, dass eine Person, weil sie gegen das Recht verstoßen hat, rechtslos gestellt wird. Zudem ist der Begriff irreführend, da es sich dabei um Nichtkombattanten handelt und nicht um eine dritte Kategorie.505 Die Kategorisierung als unrechtmäßiger Kombattant knüpft an ein besonderes Verhalten an, das den statusgemäßen Schutz der Zivilpersonen zeitweilig außer Kraft setzt, ihn aber nicht grundsätzlich beseitigt.506 Der unrechtmäßige Kombattant bleibt zu jedem Zeitpunkt Zivilperson und wird durch seine Teilnahme an Feindseligkeiten nicht etwa selbst zum Kombattanten. Somit bildet er gerade keine dritte Kategorie.507 Daher handelt es sich bei 501  Bothe,

in: Graf Vitzthum/Proelß (Hrsg.), Völkerrecht, 2016, S. 644, Rn. 66. Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 45. 503  Meron, AJIL 94 (2000), S. 239 f.; Gasser, IRRC 84/847 (2002), S. 547, 569 f. 504  So auch Schaller, Humanitäres Völkerrecht und nichtstaatliche Gewaltakteure, 2007, S. 19; Watkin, AJIL 98 (2004), S. 1, 16; Cassese, Expert Opinion on Israel’s Targeted killing, 2003, S. 5, Rn. 7; Hoffman, IYHR 31 (2001), S. 161, 166; Kretzmer, EJIL 16/2 (2005) S. 171, 190, Fn. 85; Schmitz-Elvenich, Targeted Killing, 2008, S.  210 f. 505  von Arnauld, Völkerrecht, 2016, S. 540, Rn. 1214. 506  Schmitz-Elvenich, Targeted Killing, 2008, S. 211. 507  Israeli High Court of Justice, Urteil vom 13. Dezember 2006, Az. HCJ 769/02, Public Committee against Torture in Israel v. Government of Israel, Rn. 7. 502  Van



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot219

der Bezeichnung einer Person als unrechtmäßiger Kombattant nur um eine Person, die ohne Berechtigung direkt an Feindseligkeiten teilgenommen hat. Die Bezeichnung bedeutet hingegen nicht, dass diese Person einer dritten, ungeschriebenen rechtlichen Kategorie angehört, deren Rechte nicht in den GK bzw. den ZP zu diesen geregelt sind. Es gibt keine illegalen oder unrechtmäßigen Kombattanten, sondern nur Kombattanten, die ihre Kombattantenimmunität verlieren und Zivilpersonen, die unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen und dadurch die ihnen gewährte Immunität verlieren, und beiden wird ein Minimalschutz gewährt. Es gibt keine Grauzone im humanitären Völkerrecht und keine Personen, die zwischen die Kategorien fallen. Die einzig effektive Methode, die Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und Kombattanten aufrecht zu erhalten, ist eine klare Unterscheidung zwischen den Kategorien.508 Wenn eine solche nicht mehr gewährleistet wäre, würde dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet und im Endeffekt würden unschuldige Zivilpersonen am Meisten darunter leiden. Nach der Konzeption des humanitären Völkerrechts fällt keine Person zwischen die Kategorien. d) Zwischenfazit Das Recht des bewaffneten Konflikts sieht einen kohärenten Rahmen für die Kategorisierung von an bewaffneten Konflikten beteiligten Personen und Objekten vor. Seinem Grundgedanken zufolge gibt es keine Person, die nicht in eine der vorgesehenen Kategorien fällt und somit werden unerwünschte Lücken vermieden. Soweit Lücken zu existieren scheinen (wie im Falle unrechtmäßiger Kombattanten) so können diese Lücken im Wege der Auslegung und unter Rekurs auf die bestehenden Kategorien geschlossen werden. Das bestehende Recht ist durch seine weiten Definitionen und das Konzept einer einseitigen positiven und darauf bezogenen negativen Definition flexibel genug, um neuere Entwicklungen aufzufangen. Hiervon zu unterscheiden sind die praktischen Probleme, die durch neue Konfliktarten entstehen und die eine eindeutige Zuordnung im konkreten Konfliktfall nicht immer leicht machen. Ein Änderungsbedarf für das Recht lässt sich aus diesen praktischen Problemen aber nicht herleiten, zumal nicht klar ist, wie eine Rechtsänderung diese Probleme beseitigen würde.

508  Dinstein, The System of Status Groups in International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 145, 150.

220 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

3. Bestimmung eines militärischen Ziels a) Definition Art. 52 Abs. 2 ZP I definiert militärische Ziele, soweit es sich um Objekte handelt, als Objekte, die aufgrund ihrer Beschaffenheit, ihres Standorts, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Verwendung wirksam zu militärischen Handlungen beitragen und deren gänzliche oder teilweise Zerstörung, Inbesitznahme oder Neutralisierung unter den in dem betreffenden Zeitpunkt gegebenen Umständen einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt.509 Diese Definition gelangt auch im Rahmen von Luftoperationen zur Anwendung. Es lassen sich mithin zwei Kernmerkmale identifizieren: (i) das fragliche Objekt muss einen wirksamen militärischen Beitrag leisten und (ii) ein Angriff auf dieses Objekt muss in einem eindeutigen militärischen Vorteil resultieren. Das Merkmal der „Beschaffenheit“ im Rahmen des „wirksamen militärischen Beitrags“ bezieht sich auf alle Objekte, die unmittelbar von den Streitkräften benutzt werden, wie Waffen, militärisches Equipment, Transportmittel, Hauptquartiere und Kommunikationszentren.510 Mit dem Begriff des „Standortes“ sind Orte gemeint, denen eine militärische Bedeutung zukommt, weil sie eingenommen oder dem Gegner verweigert werden müssen oder weil dieser gezwungen werden muss, sich aus ihnen zurückzuziehen.511 Mit „Zweckbestimmung“ ist der später beabsichtigte Gebrauch eines Objekts gemeint, während „Verwendung“ die derzeitige Funktion des Objekts bezeichnet.512 Die Begriffe der Beschaffenheit, des Standorts, der Zweckbestimmung und der Verwendung sind ausreichend weit gefasst, als dass sie dem militärischen Befehlshaber einen gewissen Handlungsspielraum zukommen lassen, aber andererseits auch zugleich den Anforderungen eines effektiven Beitrags zu Militärhandlungen und eines eindeutigen militärischen Vorteils gerecht werden. Durch die Wahl des Begriffs „wirksam“ wurde versucht, die Reichweite der Definition nicht zu weit auslegbar und interpretierbar zu machen und so indirekte Beitrage sowie mögliche Vorteile auszuschließen. Entscheidend ist dabei die Sachlage im Zeitpunkt des unmittelbar bevorstehenden Angriffs. Der zweite Teil der Definition beschränkt den ersten, ansonsten nahezu grenzenlosen Teil, indem als Ergebnis eines Angriffs auf ein Objekt verlangt 509  Siehe

dazu auch Kapitel 4 A. I. 2. a) bb) (1) in dieser Arbeit. (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 2020. 511  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 2021. 512  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 2022. 510  Sandoz/Swinarski/Zimmermann



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot221

wird, dass dieser in einem eindeutigen militärischen Vorteil resultiert. Der Begriff „eindeutig“ schließt eine nicht auf korrekten Informationen beruhende Einschätzung des militärischen Vorteils aus.513 Darüber hinaus ist ein konkreter, erkennbarer militärischer und kein hypothetischer oder spekulativer militärsicher Vorteil gemeint.514 Zudem soll dieser Begriff das Exzessverbot als Interpretationskriterium für den Begriff des militärischen Zieles ausschließen, da ein Angriff einen eindeutigen militärischen Vorteil bewirken kann, unabhängig davon, ob er einen Kollateralschaden verursacht oder nicht.515 Erst nachdem die Einordnung eines Ziels als „militärisches Ziel“ erfolgt ist, kommen Verhältnismäßigkeitserwägungen im Rahmen des Exzessverbots zum Tragen. Im Rahmen dieser Erwägungen ist der militärische Vorteil des Angriffs gegen den potentiell beim Angriff entstehenden Kollateralschaden abzuwägen. Das Merkmal „unter den in dem betreffenden Zeitpunkt gegebenen Umständen“ verleiht dem einschränkenden zweiten Teil der Definition eine gewisse Flexibilität, indem es eine Einzelfallbeurteilung ermöglicht. Es stellt eine Herausforderung dar, den Begriff des militärischen Zieles mit ausreichender Präzision zu definieren, da es aufgrund der vielen variablen Faktoren auf eine Einzelfallentscheidung hinausläuft, ob ein Ziel als militärisches Ziel zu klassifizieren ist. Die im Rahmen der Definition des ZP I verwendeten Rechtsbegriffe sind auslegungsbedürftig. Wann ein Objekt wirksam zu militärischen Handlungen beiträgt und wann seine Zerstörung, Inbesitznahme oder Neutralisierung der eigenen Seite einen eindeutigen militärischen Vorteil bietet, sind sodann anhand von Einzelfallentscheidungen nach den jeweiligen dann gegebenen Umständen zu bestimmen. Das eine ist jedoch nicht automatisch die Kehrseite des anderen. Der wirksame Beitrag zu militärischen Handlungen und der durch einen Angriff erreichte militärischen Vorteil sind voneinander zu trennen. Ein Objekt mag einen wirksamen Beitrag zu militärischen Handlungen leisten, aber der Vorteil seiner Zerstörung, Inbesitznahme oder Neutralisierung kann unter Umständen als nicht eindeutig einzustufen sein. Es lässt sich im Ausgangspunkt festhalten, dass rein zivile Ziele nie militärisches Personal oder Sachen von militärischer Bedeutung beinhalten sowie dass ein ziviles Objekt, welches militärisches Personal oder Dinge von militärischer Bedeutung enthält, stets als ein militärisches Ziel anzusehen ist.

513  Sandoz/Swinarski/Zimmermann

(Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 2024. New Rules for Victims of Armed Conflicts, 2013, S. 326. 515  Rauch, Mil. L. & L. War Rev. 21 (1982), S. 66, 67. 514  Bothe/Partsch/Solf,

222 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

b) Kritik und Stellungnahme Die Definition eines „militärischen Ziels“ im ZP I wurde verschiedentlich kritisiert. So wurde die Definition allgemein als nicht konstruktiv bezeichnet. Eine abstrakte Definition verbunden mit einer nicht abschließenden Liste an Regelbeispielen wäre vorzugswürdig gewesen.516 In diesem Zusammenhang wurde auch der subjektive Ansatz der Definition kritisiert, indem in Frage gestellt wurde, wie der vorgesehene Nutzen von Einrichtungen durch den Feind in Erfahrung gebracht werden solle und dass objektive Kriterien diesbezüglich hilfreicher seien.517 Die Kritik am subjektiven Ansatz der Definition verkennt jedoch, dass objektive Kriterien nur mithilfe einer Aufzählung möglich sind und eine solche nie abschließend sein wird und diese sich auch nicht an veränderte Umstände und technologische Entwicklungen anpasst. Auch wenn im gegebenen Zeitpunkt eine Ausfüllung von Regelbeispielen durch ergänzende Auslegung möglich wäre, so würde die technologische Entwicklung doch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem immer stärkeren Auslegungs- und Interpretationserfordernis führen und damit die Regelbeispiele und deren Bindungswirkung zunehmend „aufweichen“. Eine Aufzählung kann im besten Fall nur veranschaulichend sein. Darüber hinaus ist es für den Schutz von Zivilpersonen vorteilhafter, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, im Rahmen derer alle Einzelheiten und Besonderheiten des konkreten Falles Berücksichtigung finden. Bei einer Vorkategorisierung besteht eine erhebliche Gefahr, dass diese den Umständen des Einzelfalls nicht gerecht wird. Ferner wurde die geographische Ausdehnung der Definition mit dem Argument kritisiert, dass diese Definition es zulasse, dass ein ganzes Gebiet zu einem militärischen Ziel erklärt werde.518 Dadurch würde ein ganzes Landgebiet als militärisches Ziel anerkannt werden und Flächenbombardements unter Negierung des Unterscheidungsgrundsatzes legalisiert werden.519 Dem wurde entgegengehalten, dass auch ein ganzes Landgebiet durchaus rechtmäßiger Weise als militärisches Ziel behandelt werden kann, wenn ihm eine militärische Bedeutung zukommt.520 Das IKRK schränkt dies nur insoweit ein, dass es sich dabei um ein Landgebiet von begrenztem Ausmaß in einem Kampfgebiet handeln muss.521 Diese Einschränkung in Bezug auf die Lage 516  Rosenblad,

Mil. L. & L. War Rev. 15 (1976), S. 53, 90. The Law of War, 2000, S. 283. 518  Roberts/Guelff, Documents on the Laws of War, 2000, S. 499–512. 519  Würkner-Theis, Fernverlegte Minen und humanitäres Völkerrecht, 1990, S. 121. 520  Gasser, Some Legal Issues concerning Ratification of the 1977 Geneva Protocols in: Meyer (Hrsg.), Armed Conflict and the New Law, 1989, S. 81, 87. 521  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 2026. 517  Detter,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot223

des Gebietes im Kampfgebiet wird jedoch als unangemessene Beschränkung angesehen, die nicht im Einklang mit der im ZP I enthaltenen Definition des militärischen Zieles stehe. Richtigerweise ist festzuhalten, dass auch ein Landgebiet ein militärisches Ziel sein kann, sofern es die dafür erforderlichen Definitionsmerkmale erfüllt. Dies führt jedoch nicht automatisch dazu, dass dadurch gegen den Unterscheidungsgrundsatz verstoßen wird, denn dieser ist unabhängig von der Einordnung als militärisches Ziel bei Angriffen zu beachten. Ebenfalls stark kritisiert wurde die vermeintlich zu restriktive Auslegung des Art. 52 ZP I. Damit wendet sich diese Ansicht beispielsweise gegen die einschränkenden Interpretationen von Human Rights Watch und Amnesty International im Rahmen der NATO Operation Allied Force im Kosovo522, die zwar nicht zu der Lehrmeinung der fähigsten Völkerrechtler im Sinne des Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut zählen, denen jedoch als Nichtregierungsorganisationen ein gewisses Gewicht vor allem im Hinblick auf die öffentliche Meinung zukommt. Es wurde vertreten, dass man sich dadurch der Realität des Krieges verschließe und sich gegen das Völkergewohnheitsrecht wende, welches die Staatenpraxis vor der Unterzeichnung des ZP I widerspiegelte.523 So besagte beispielsweise die post-Haag Definition eines militärischen Zieles, dass das Ziel alles oder überall sein kann, vorausgesetzt es trägt zur Zeit des Angriffs effektiv zu militärischen Handlungen der Gegenseite bei und ein Angriff darauf führt zu einem eindeutigen militärischen Vorteil. Diese Definition wurde als zu weit gehend abgelehnt. Als ebenfalls zu weite Interpretationen des militärischen Ziels wurden Vorschläge angesehen, nach denen der Begriff „militärisch“ so zu interpretieren ist, dass genug Ermessensspielraum für strategische, psychologische und politische Vorteile besteht und der Begriff „eindeutig“ nicht so zu verstehen ist, dass das Erhoffte ausgeschlossen werde. In diesem Zusammenhang wurde Art. 52 Abs. 2 ZP I auch vorgeworfen, den Einsatz der Luftmacht einzuschränken, indem dieser an bestimmte militärisch-taktische Bemühungen gekoppelt wird und so die Realität des Krieges verkenne, nämlich dass Krieg auf einem strategischen Level ausgetragen werde, mit strategischen und nicht nur taktischen Zielen.524 Untermauert wird diese Ansicht damit, dass das Besiegen des Gegners nicht nur das Erreichen strikt militärischer Vorteile beinhalte und dass das Ziel des Krieges nicht nur einfach das Besiegen der gegnerischen Streitkräfte sei.525 Man ziehe in den Krieg, um einen politischen Zweck zu errei522  Human

2000.

523  Meyer,

Rights Watch, Report, Civilian Death in the NATO Air Campaign,

Air Force L. Rev. 51 (2001), S. 143, 164. Air Force L. Rev. 51 (2001), S. 143, 166, 167. 525  Meyer, Air Force L. Rev. 51 (2001), S. 143, 167. 524  Meyer,

224 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

chen.526 Die Zerstörung der Streitkräfte des Feindes sei nie das Ziel eines Krieges, sondern nur das Mittel zu dem Zweck des Entfernens eines Hindernisses auf dem Weg zur Überwindung des Kampfeswillens des Gegners.527 Daraus, dass das politische Objekt das Ziel sei, zu dessen Erreichung der Krieg als Mittel diene, folge, dass Mittel nie isoliert von ihrem Zweck betrachtet werden können.528 Das höchste Ziel einer Kriegspartei sei es, dem Feind ihren Willen aufzuzwängen und die Entwicklung der Luftmacht stelle das stärkste Mittel zur Erreichung dieses Zieles dar, weil sie Operationen in der „dritten Dimension“ vorsehe, um die Feldstreitkräfte zu umgehen und direkt die Fähigkeit und den Kampfwillen des Feindes anzugreifen.529 Luftmacht sei das dominierende Instrument zum Ausüben von Einfluss auf den Feind, um den Krieg zu beenden.530 Restriktive Interpretationen des Art. 52 Abs. 2 ZP I würden diese sich durch Luftmacht auftuenden Fähigkeiten unnötig eingrenzen. Das Zerstören von rein militärischen Zielen ist nicht immer der effizienteste oder humanste Weg, um sein Kriegsziel zu erreichen.531 So wird vertreten, dass Art. 52 Abs. 2 ZP I im Einklang mit dem geltenden Völkergewohnheitsrecht, insbesondere der Staatenpraxis als Teil davon, so zu interpretieren sei, dass eine Zerstörung auch von Zielen, die sich nur auf unmittelbare, taktisch-militärische Aspekte des bewaffneten Konflikts beziehen, erlaubt wird.532 Auch sollte die Interpretation von Objekten, die zu militärischen Handlungen beitragen, erweitert werden.533 Nach der verbreiteten Theorie des „ergebnisbasierten Angreifens“ wird sich das gewünschte Ziel aus dem Ergebnis des Angreifens bestimmter Verbindungen, Knoten oder Objekte ergeben.534 Wenn man den Feind als ein „System“ ansieht, können Angriffe auf bestimmte Ziele, die politisch, finanziell oder psychologisch für das gegnerische Regime wichtig sind, größere Wirkungen entfalten als Angriffe, die militärische Operationen betreffen.535 Aus diesem Grund wird z. T. vertreten, dass die zivile Unterstützung für das

526  Warden, Airpower Journal 9/1 (1995), S. 40, 43; Meyer, Air Force L. Rev. 51 (2001), S. 143, 181. 527  Meyer, Air Force L. Rev. 51 (2001), S. 143, Baker, NavalWarCollRev 55/1 (2002), S. 11, 22. 528  von Clausewitz, On War, 1976, S. 87. 529  Meyer, Air Force L. Rev. 51 (2001), S. 143, 181, 182. 530  Siehe dazu auch Futrell, Ideas, Concepts, Doctrine, 1989, S. 340–345. 531  Meyer, Air Force L. Rev. 51 (2001), S. 143, 182. 532  Meyer, Air Force L. Rev. 51 (2001), S. 143, 171. 533  Dunlap, Strategic Review 28/3 (2000), S. 9, 17. 534  Montgomery, International Law Studies 78 (2002), S. 189, 190. 535  Roberts, International Law Studies, 78 (2002), S. 401, 418; Warden, Airpower Journal, 9/1 (1995), S. 40.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot225

Kriegsgeschehen ein rechtmäßiges Angriffsziel darstelle.536 Von anderer Seite werden sogar alle Ziele direkt als militärische Ziele angesehen, deren Angriff dazu beiträgt, dass die Kriegsdauer verkürzt wird.537 Darüber hinaus wird vertreten, dass das Ziel nicht notwendiger Weise mit bestimmten Kampfoperationen direkt in Verbindung stehen müsse um, wie vom ZP I gefordert, einen wirksamen Beitrag zu Militärhandlungen zu leisten.538 Alle Objekte (abgesehen von denen, die unter einem speziellen Schutz stehen) können rechtmäßige Angriffsziele werden.539 Andere ersetzen Militärhandlungen durch kriegskämpfende oder kriegsunterstützende Fähigkeiten und beziehen Ziele mit ein, die indirekt aber effektiv die Fähigkeit des Gegners, Krieg zu führen, unterstützen.540 Diejenigen, die von einer weiten Definition des Begriffs des militärischen Zieles ausgehen, vertreten, dass das Angreifen von Bankkonten, finanziellen Institutionen, Geschäften und Unterhaltungsseiten langfristig wirksamer sein kann als Angriffe auf z. B. dual-use-Objekte.541 Allerdings ist zu beachten, dass eine solche Argumentation die Gefahr birgt, dass auch andere, aus humanitärer Sicht weitaus kritischere Ziele, wie z. B. Krankenhäuser, Kindergärten, religiöse Heiligtümer oder Altenheime ins Visier genommen werden könnten, jeweils mit der Begründung, dass die Zerstörung solcher Einrichtungen den Willen des Militärs und der Regierung, den Krieg fortzuführen, am Meisten beeinträchtigen würde.542 Vor diesem Hintergrund wurde von einer Seite eine flexible Definition erwogen, die Intensität, Dauer, Gegenstand und Ort des Konflikts in die Betrachtung einbezieht und sich entsprechend ausdehnt oder kontrahiert.543 Von anderer Seite wurde eine immanente Begrenzung durch Menschenrechte gefordert.544 536  Crawford,

Fletcher Forum of World Affairs, 21/2 (1997), S. 101, 102. IRRC 82/837 (2000), S. 129, 132. 538  Dinstein, International Law Studies, 78 (2002), S. 139, S. 145; Carnahan, Air Force L. Rev. 18 (1976), S. 32, 61. 539  Sassóli, Legitimate Targets of Attacks under International Humanitarian Law, 2003, S. 2. 540  Thomas/Duncan, Annotated Supplement to the Commander’s Handbook on the Law of Naval Operations, 1997, International Law Studies 73 (1999), Rn. 8.1.1; skeptisch diesbezüglich: Dinstein, International Law Studies, 78 (2002), S. 139, 146. 541  Meyer, Air Force L. Rev. 51 (2001), S. 143, 181. 542  Sassóli, Legitimate Targets of Attacks under International Humanitarian Law, 2003, S. 6. 543  DeSaussure, Am. U. Int’l. L. Rev. 2/2 (1987), S. 511, 512; Fenrick, EJIP 12/3 (2001), S. 489, 494. 544  Bothe, EJIL 12/3 (2001), S. 531, 535; ICTY, Final Report to the Prosecutor by the Commitee Established to Review the NATO Bombing Capaign Against the Federal Republic of Yogoslavia, 2000, Rn. 37. 537  Burger,

226 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Der Kritik hinsichtlich der Weite der Definition wird entgegengehalten, dass die Definition des militärischen Vorteils weit genug ist, um viele Ziele angreifen zu können. Ein Angreifer werde seinen Einsatz aber so konzentrieren, dass er dabei den größtmöglichen Vorteil mit geringst möglichem Einsatz erlangt und so wird er beispielsweise nicht nur deswegen das ganze Kommunikationssystem eines Landes angreifen, weil es durch die feindlichen Streitkräfte genutzt werden kann, sondern wird nur solche Punkte angreifen, die ihm den besten Vorteil verschaffen.545 Das Einbeziehen von den Krieg unterstützenden Zielen in den Begriff der militärischen Ziele könnte in Angriffen auf Zivilpersonen resultieren.546 Wenn ein militärisches Ziel identifiziert wird, muss der Angriff in Einklang mit anderen kriegsrechtlichen Regelungen ausgeführt werden, um die kein Weg vorbei führt.547 Nahezulegen, dass das militärische Ziel von seiner politischen Grundlage getrennt werden sollte, verkennt den Zweck des Krieges.548 Und auch wenn der Begriff der kriegsunterstützenden Ziele stark umstritten sein mag, so beschreibt er die gegenwärtige Staatenpraxis in bewaffneten Konflikten.549 Trotz des daraus resultierenden militärischen Vorteils sollte die Definition militärischer Ziele nicht zu weit ausgelegt werden. Ziel eines bewaffneten Konfliktes ist zwar regelmäßig, den Willen des Gegners zu bezwingen, sodass das Erlangen eines nicht-militärischen Vorteils über den Gegner diesbezüglich effektiv ist. Jedoch würde die Ausweitung des Begriffs des rechtmäßigen militärischen Ziels beispielsweise auf die Absicht, den Kampfwillen der gegnerischen Bevölkerung unmittelbar zu beeinflussen, dazu führen, dass dem Krieg keine Grenze mehr gesetzt würde. Dies ist kritikwürdig und sollte m. E. keine Zustimmung finden. Dementsprechend ist die Definition des militärischen Ziels auch in Bezug auf ihre geographische Ausdehnung vor dem Hintergrund des Verbots unterschiedsloser Angriffe restriktiv zu handhaben. Landgebiete sind daher nur unter bestimmten Bedingungen ausnahmsweise als militärische Ziele anzusehen. In der praktischen Anwendung ist die Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Objekten mit viel Aufwand verbunden, in zeitlicher wie 545  Rogers,

Law on the Battlefield, 2004, S. 70. International Law Studies, 78 (2002), S. 139 ff. 547  Parks, Asymmetries and the Identification of Legitimate Military Objectives, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 65, 98. 548  Parks, Asymmetries and the Identification of Legitimate Military Objectives, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 65, 99. 549  Parks, Asymmetries and the Identification of Legitimate Military Objectives, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 65, 99. 546  Dinstein,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot227

auch in personeller Hinsicht. Aus diesem Grund besteht unzweifelhaft eine Gefahr, dass Befehlshaber die Auswahl nicht stets mit der gebotenen Präzision fällen, und insbesondere auf niedrigerer Ebene dazu neigen könnten, weniger vorsichtig bei der Auswahl ihrer Angriffsziele zu sein.550 Wie hoch die Anforderungen an die Beweiskraft des Beitrags zu militärischen Handlungen und der Eindeutigkeit des militärischen Vorteils sind, hängt ebenfalls vom konkreten Einzelfall ab. Aufgrund der durch Aufklärung gewonnenen Informationen muss ein Befehlshaber es für überwiegend wahrscheinlich halten, dass ein Objekt wirksam zu militärischen Handlungen verwendet wird oder werden kann und seine Zerstörung, Inbesitznahme oder Neutralisierung einen eindeutigen militärischen Vorteil bietet. Eine vollständige Gewissheit gibt es dabei nicht, vor allem, da Vieles erst im Nachgang eines Angriffs zutage tritt, hier aber keine Rückschau, sondern die Umstände zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung aus der Perspektive des Entscheidenden relevant sind. Diesem steht im Sinne der Praktikabilität ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Zu beachten ist jedoch, dass nachdem ein Ziel als militärisches Ziel und damit potentielles Angriffsziel festgelegt wurde, der Unterscheidungsgrundsatz und das Exzessverbot zur Anwendung gelangen, die diesen Beurteilungsspielraum effektiv beschränken und im Ergebnis möglicherweise einen Angriff auf das militärische Ziel nicht erlauben. Das ZP I garantiert mit seiner subjektiven Definition von militärischen Objekten gekoppelt mit der Zweifelsvermutung und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ein hinreichendes Schutzniveau für Zivilpersonen. Auch ist durch die im ZP I vorgesehene Definition ein gutes Gleichgewicht zwischen einer Begrenzung der Angriffsziele zum Schutze von Zivilpersonen und der Effektivität der Kriegsführung gewährleistet, ohne dass entweder der Schutz der Zivilpersonen unterlaufen würde und dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird oder dass andererseits Militäroperationen ineffektiv und undurchführbar werden. Die negative Definition von zivilen Objekten, wie bereits die negative Definition von Zivilpersonen, führt dazu, dass ein umfassender und lückenloser Schutz gewährleistet wird. 4. Kollateralschadensbestimmung und Abwägungsproblematik Auch wenn Zivilpersonen nicht zum direkten Ziel militärischer Angriffe gemacht werden dürfen, so kann es dennoch vorkommen, dass sie zu Schaden kommen. Da sich solche Kollateralschäden nicht grundsätzlich vermeiden lassen, ist es zum größtmöglichen Schutz von Zivilpersonen erforderlich, dass klar umrissen ist, in welchen Fällen Kollateralschäden gleichsam als „notwendiges Übel“ hinzunehmen sind. Die Bestimmung dessen, was als 550  So

auch Gonsalves, Mil. L. & L. War Rev. (1982), S. 189, 192.

228 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

rechtmäßiger Kollateralschaden anzusehen ist, stellt eine Herausforderung im Zusammenhang mit dem Schutz von Zivilpersonen in modernen Luftopera­ tionen dar, denn im Nachgang zu nahezu jedem Luftfangriff mit zivilen Opfern wird den Luftstreitkräften vorgeworfen, rechtswidrige Kollateralschäden verursacht zu haben. a) Begriff des Kollateralschadens Art. 51 Abs. 5 lit. b ZP I bestimmt, dass Angriffe verboten sind, bei denen damit zu rechnen ist, dass sie auch zu Verlusten an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung führen, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursachen, die zu dem erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil in einem krassen Missverhältnis stehen. Das HPCR-Manual definiert Kollateralschäden als „incidental loss of civilian life, injury to civilians and damage to civilian objects or other protected objects or a combination thereof, caused by an attack on a lawful target.“551

Das US-Verteidigungsministerium definiert einen Kollateralschaden als eine unbeabsichtigte oder nebensächliche Verletzung oder Schädigung von Personen und/oder Objekten, die in dem gegebenen Zeitpunkt und zu den gegebenen Umständen keine rechtmäßigen militärischen Ziele gewesen wären, wobei dieser Schaden nicht rechtswidrig ist, sofern er nicht exzessiv im Lichte des angestrebten gesamten militärischen Vorteils des konkreten Angriffs ist.552 Kollateralschäden sind also akzidentielle Schäden, die bei gegen legitime Angriffsziele gerichteten Schädigungshandlungen an zivilen Objekten und Zivilpersonen entstehen. Das Konzept des Kollateralschadens basiert auf dem Vorsatzprinzip. So zählt zum Kollateralschaden der unabsichtliche oder nebensächliche Schaden, der als Folge von auf anvisierte gegnerische Streitkräfte oder Einrichtungen gerichteten Militäraktionen entsteht und Objekte oder Personen beeinträchtigt, wobei der Schaden sowohl bei gegnerischen, neutralen, den eigenen oder auch verbündeten Personen und Objekten auftreten kann.553 Zu den unabsichtlich oder nebensächlich geschädigten Personen können auch Zivilpersonen zählen. Vorsätzlich angegriffene Zivilpersonen hingegen zählen nicht zu den Kollateralschäden.554 Kombattanten 551  HPCR

Manual, Section A: Definitions, Ziff. 1 lit. l. of Defense, Dictonary of Military and Associated Terms, Joint Publication 1-02, vom 8.11.2010, geändert am 15. August 2016, S. 35. 553  U.S. Department of the Air Force, Intelligence Tageting Guide – Air Force Pamphlet 14-210 Intelligence, 1998, S. 180–183. 554  HPCR Commentary, 2010, S. 33. 552  U.S. Department



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot229

und an Feindseligkeiten teilnehmende Personen, die bei Angriffen zu Schaden kommen, sind ebenfalls keine Kollateralschäden, da es sich um rechtmäßige Angriffsziele handelt.555 Ebenso zählen Kombattanten, denen aufgrund von Kampfunfähigkeit Immunität vor Angriffen zukommt, nicht zu Kollateralschäden, da sie trotz ihrer Immunität nicht den Status von Zivilpersonen innehaben, auf den es aber ankommt.556 Gegen das Abstellen auf den Vorsatz im Rahmen der Definition eines ­ ollateralschadens ist einzuwenden, dass lediglich der Versuch, den Tod von K Zivilpersonen nicht zu beabsichtigen, nicht ausreiche, um Zivilpersonen ausreichenden Schutz zukommen zu lassen. Es reiche nicht aus, nicht zu versuchen, Zivilpersonen zu töten, man müsse versuchen, sie nicht zu töten.557 Zum Schutz von Zivilpersonen ist daher ein positives Engagement, deren Leben zu schützen, erforderlich, auch wenn dies bedeute, dass Soldatenleben gefährdet werden. b) Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne Falls Zivilpersonen im Rahmen von Angriffen zu Schaden kommen, muss dieser Schaden verhältnismäßig sein, um einen zulässigen Kollateralschaden darzustellen. Auch ein rechtmäßiges Ziel darf nicht angegriffen werden, wenn der Kollateralschaden im Vergleich zu dem aus diesem Angriff stammendem militärischen Vorteil in keinem Verhältnis steht. Der Vorteil muss dabei unmittelbar und vorhersehbar sein. Bei diesem Umkehrschluss ist jedoch zu beachten, dass nicht der unverhältnismäßige Kollateralschaden, sondern nur der exzessive verboten ist. Damit begründet nicht jeder zu erwartende Kollateralschaden einen Verstoß gegen das Exzessverbot.558 Selbst wenn das Exzessverbot das Entstehen von Kollateralschäden zulässt, ist das bewusste Verursachen von verhältnismäßigen, aber vermeidbaren Kollateralschäden nicht erlaubt.559 In der Praxis ist der Befehlshaber verpflichtet, die Verhältnismäßigkeitsabwägung vorzunehmen, d. h. die militärischen Vorteile einer Aktion und die zivilen Beeinträchtigungen gegeneinander abzuwägen. Er muss entscheiden, 555  Heintschel von Heinegg, International Law Studies 87 (2011), S. 463, 468; HPCR Commentary, 2010, S. 33; Schmitt, Humanitarian Law and Direct Participation in Hostilities by Private Contractors or Civilian Employees, 2004, S. 6. 556  Henderson, The Contemporary Law of Targetting, 2009, S. 206. 557  Lichtenberg, The Ethics of Retaliation, in: Gehring (Hrsg.), War after September 11, 2003, S. 11, 18. 558  Heintschel von Heinegg, Humanitäres Völkerrecht, in: Heintschel von Heinegg (Hrsg.), Casebook Völkerrecht, S. 314. 559  Benvenuti, EJIL 12/3 (2001), S. 503, 509.

230 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

welche Schritte möglich sind, um herauszufinden, ob die anvisierten Objekte auch tatsächlich militärische Ziele darstellen, und welche möglichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden können, um beiläufige Schädigungen zu vermeiden. Er ist verpflichtet, mehrere verfügbare Methoden daraufhin zu prüfen, bei welcher der geringstmögliche Schaden bei vollständiger Erreichung des gewünschten Zieles zu erwarten ist. Die in die Abwägung einzubeziehenden Faktoren sind die militärische Bedeutung des Zieles, die Besiedlungsdichte der Zivilbevölkerung im Bereich des Zieles, die wahrscheinlichen beiläufigen Folgen des Angriffs, die Arten von verfügbaren Waffen sowie ihre Zielgenauigkeit, ob willkürlich Zivilpersonen oder zivile Objekte dem Angriff, eventuell auch seitens der sich Verteidigenden, ausgesetzt werden, der Angriffsmodus, sowie der Zeitpunkt des Angriffs.560 Das humanitäre Völkerrecht verlangt an vielen Stellen eine Abwägung zwischen der militärischen Notwendigkeit und der Vermeidung unnötigen Leidens sowie ziviler Verluste. So sind nach Art. 51 Abs. 5 lit. b) ZP I Angriffe unterschiedslos und damit völkerrechtswidrig, welche zivile Verluste herbeiführen, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen. Zudem bestimmt Art. 57 Abs. 2 lit. a) iii), lit. b) ZP I, dass von Angriffen, bei denen damit zu rechnen ist, dass diese zivile Verluste verursachen, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen, Abstand zu nehmen ist. Die Auslegung dieser Begriffe bereitet in der Praxis Schwierigkeiten. Zugleich hängt aber von genau dieser Auslegung maßgeblich der Schutz, der Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten zukommt, ab. Hiernach richtet sich, ob ein Angriff trotz der Gefahr und des möglichen Entstehens eines Kollateralschadens rechtmäßig ist und welche Anforderungen an diese Rechtmäßigkeit zu stellen sind. aa) Begriff des „konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteils“ Aus einem Angriff muss ein konkreter und unmittelbarer militärischer Vorteil resultieren, für dessen Bestimmung allein die ex ante-Perspektive maßgeblich ist.561 Der Begriff dieses militärischen Vorteils orientiert sich dabei an dem des militärischen Ziels nach Art. 52 Abs. 2 ZP I (siehe zuvor).562 Die Merkmale der Konkretheit und Unmittelbarkeit schränken den Begriff dahingehend ein, dass der Vorteil eine hinreichend enge kausale 560  Rogers, 561  ICTY,

Law on the Battlefield, 2004, S. 23. Urteil vom 30. November 2006, Az. IT-98-29-A, Prosecutor v. Galic,

Rn. 58. 562  Henderson, The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 204.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot231

und zeitliche Nähe zum Angriff und eine gewisse Bedeutung aufweisen muss.563 bb) Abwägung im Lichte des Begriffs „in keinem Verhältnis“ Zivile Verluste dürfen zudem nicht außer Verhältnis zum konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen. Im Rahmen dieser Abwägung ist insbesondere zu fragen, welchen Wert man den entgegenstehenden Rechtsgütern beimessen soll.564 Unklar ist ferner die Schwelle, ab deren Überschreitung zivile Verluste als unverhältnismäßig anzusehen sind. Zudem drängt sich die Frage auf, wie das Leben von Zivilpersonen gegen die Bedeutung von militärischen Zielen abgewogen werden kann.565 Erschwerend kommt schließlich hinzu, dass im Rahmen einer solchen Abwägung nicht nur auf beiden Seiten Leben stehen kann, sondern dass auch ein Vergleich von Objekten einerseits mit Leben andererseits erforderlich sein kann. Da die zur Abwägung stehenden Güter ungleich sind, ist es nicht möglich eine vernünftige, exakte Verhältnismäßigkeitsgleichung zwischen ihnen aufzustellen. Abgesehen von den Anforderungen, die Art. 51 Abs. 5 b) ZP I an die Qualifizierung des militärischen Vorteils stellt, bleibt unvermeidlich subjektiven Werturteilen überlassen, einen militärischen Vorteil mit zivilen Verlusten oder Schäden an zivilen Objekten zu vergleichen.566 Dies geht so weit, dass vertreten wird, dass das Ergebnis der Abwägung, also die Balance zwischen militärischer Notwendigkeit und humanitärem Schutz, davon abhänge, auf welcher Seite man stehe.567 Diese Position ist zweifelhaft, da bei einer Schädigung von Zivilpersonen, vor allem da es oft um Leben und Tod geht, eine objektive Betrachtung erforderlich ist. Es ist zwar möglich, Indikatoren und Kriterien für die Abwägung im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzips aufzustellen, die das subjektive Urteil auf eine objektive Grundlage stellen. Es ist aber zu beachten, dass selbst wenn man solche Kriterien he­ rausarbeitet, ihre Anwendung stets subjektiv erfolgt. In jedem Fall besteht eine immanente Gefahr, dass das Militär dem militärischen Vorteil mehr Bedeutung zukommen lässt als dem Schutz der Zivilbevölkerung. 563  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S.  683; ICTY, Urteil vom 30. November 2006, Az. IT-98-29-A, Prosecutor v. Galic, Rn. 58; HPCR Commentary, 2010, S. 92; Rogers, Law on the Battlefield, 1996, S. 60; Henderson, The Contemoporary Law of Targeting, 2009, S. 200; Bothe/Partsch/Sorf, New Rules for Victims of Armed Conflict, 1982, S. 365. 564  Fenrick, EPIL 12/3 (2001), S. 489, 489 ff. 565  Plaw, JME 9/1 (2010), S. 3, 6. 566  Shue/Wippmann, Cornell Int’l LJ 35 (2002), S. 559, 564–569. 567  Byers, War Law, 2005, S. 120.

232 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

In diesem Zusammenhang wurde vorgeschlagen, dass als Maßstab angesetzt werden sollte, ob ein Kollateralschaden so hoch sei, dass eindeutig ist, dass Zivilpersonen tatsächlich absichtlich angegriffen wurden.568 Es wurde weiter vorgeschlagen, dem menschlichen Leben einen höheren Stellenwert als Objekten einzuräumen, indem eher Angriffe auf zivile Objekte als auf Menschen, unabhängig davon, ob es sich dabei um Zivilpersonen oder auch um Kombattanten handelt, vorgenommen werden sollen.569 Auch wenn sich menschliche Schädigungen nicht vermeiden lassen, so sind diese dann als Abwägungskriterien im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen.570 Aufgrund dieser Abwägungsschwierigkeiten wurde sogar vertreten, dass, da die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung abzuwägenden Güter, wie militärische Vorteile und zivile Verluste, nicht vergleichbar seien, sie damit auch nicht gegeneinander abwägbar seien.571 Dies führe ansonsten im Endeffekt zu menschenunwürdigen Situationen, in denen erwogen wird, wie viele Menschenleben ein militärisches Ziel wert sein könnte. Eine Art Aufrechnung, wie viele Menschenleben welches militärische Ziel wert ist, ist mit der Würde des Menschen unvereinbar. Der Krieg stellt zwar eine besondere Situation dar, die andere Mittel rechtfertigt als der Friedenszustand, aber das heißt nicht im Umkehrschluss, dass Leben gegen Leben und Leben gegen Gegenstände zahlenmäßig aufgerechnet werden dürfen. So hat auch das IKRK richtigerweise zumindest der Annahme widersprochen, dass sehr hohe zivile Schädigungen durch besonders wertvolle und wichtige militärische Ziele zu rechtfertigen sind. Dies ist nicht mit den fundamentalen Regelungen des ZP I vereinbar und steht insbesondere im Widerspruch zu Art. 48 ZP I, dem Unterscheidungsgrundsatz und Art. 51 Abs. 1 und 2 ZP I, welche den allgemeinen Schutz von Zivilpersonen sowie das Verbot von Angriffen auf Zivilpersonen und zivile Objekte behandeln. Darüber hinaus sieht das IKRK jedoch eine Beschränkung von Kollateralschäden darin, dass das ZP I keine Rechtfertigung für weitreichende, schwerwiegende zivile Verluste vorsehe und schließt daraus, dass Kollateralschäden nie weitreichend und schwerwiegend sein dürfen.572 Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen, da sie nicht auf das ZP I gestützt werden 568  Fenrick,

Mil. L. Rev. 98 (1982), S. 91, 102. Targeting Hearts and Minds: National Will and Other Legitimate Military Objectives of Modern War, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 117, 125. 570  Dunlap, Targeting Hearts and Minds: National Will and Other Legitimate Military Objectives of Modern War, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 117, 125. 571  Doswald-Beck, The Value of the 1977 Geneva Protocols for the Protection of Civilians, in: Meyer (Hrsg.), Armed Conflict and the New Law, 1989, S. 137 ff. 572  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 1980. 569  Dunlap,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot233

kann, denn nur exzessive Schädigungen und Verluste sind nach dem ZP I rechtswidrig, nicht hingegen solche, die wei­ treichend und schwerwiegend sind.573 Darüber hinaus ist eine solche Auffassung bei Betrachtung des Exzessverbotes zweifelhaft. Der Kerngedanke d ­ ieses Grundsatzes ist die Gewährleistung eines Ausgleichs zwischen zwei widerstrebenden Interessen, dem militärischen Vorteil und den damit einhergehenden Schädigungen. Da­ raus folgt, dass Schäden dann nicht unverhältnismäßig sind, wenn der aus einer Operation resultierende militärische Vorteil besonders groß ist.574 Problematisch ist zudem, dass nicht eindeutig ist, was als exzessiv anzusehen ist.575 Es wird vertreten, dass Schädigungen von in militärischen Zielen arbeitenden Zivilpersonen im Rahmen von Angriffen auf solche militärischen Ziele nicht als Kollateralschäden gelten und daher auch nicht mit in die Verhältnismäßigkeitsabwägung einzubeziehen sind.576 Darüber hinaus wird vertreten, dass alle Maßnahmen der sich Verteidigenden, insbesondere Vorsichtsmaßnahmen gegen Angriffe, im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen seien.577 Eine Einbeziehung von etwaigen Fehlern der sich Verteidigenden in die Verhältnismäßigkeitsabwägung wird jedoch angezweifelt.578 Diese Zweifel mögen im Einklang mit dem Wortlaut des Exzessverbots im ZP I sein, sie berücksichtigen aber nicht, dass ein den konkreten Fall später behandelndes Gericht an allen Umständen des Einzelfalles interessiert sein wird, und so auch an den Handlungen der Gegenseite.579 Daraus folgt, dass diese, einschließlich etwaiger Fehler, einzubeziehen sind, sofern sie nach den konkreten Umständen des Einzelfalls vorhersehbar sind. Ebenfalls nicht unproblematisch ist die Frage, ob eine lang- oder kurzfristige Betrachtung vorzunehmen ist. So ist die Rede von einem konkreten und unmittelbaren militärischen Gesamtvorteil, was offen lässt, ob dieser zeitlich (und ggfs. auch geographisch) mit dem Angriffsziel unmittelbar in Verbindung stehen muss. Einige Ziele, die das Potential beinhalten, langwierige Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung zu haben (zu denken wäre etwa an die Zerstörung eines Krankenhauses), verlangen, dass Kollateralschäden unter Zugrundelegung eines solchen längeren Prognosezeitraumes betrachtet werden.580 Die Frage, wie weit oder eng man die Parameter Gebiet und Zeit 573  Rogers,

The Law on the Battlefield, 2004, S. 21. The Law on the Battlefield, 2004, S. 21. 575  Gilbert, JME 4/2 (2005), S. 100. 576  Parks, Air Force L. Rev. 32/1 (1990), S. 1, 174. 577  Parks, Air Force L. Rev. 32/1 (1990), S. 1, 174. 578  Schmitt, Book Review: Law on the Battlefield, USAFA J. Leg. Stud. 8 (1998), S. 255, 261–262. 579  Rogers, Law on the Battlefield, 2004, S. 21. 580  Fenrick, YIHL, 3 (2000), S. 53, 69. 574  Rogers,

234 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

für die Beurteilung eines militärischen Vorteils auslegt, hat große Auswirkungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung.581 Der erwartete militärische Vorteil muss sich dabei auf den militärischen Vorteil als Ganzes beziehen und nicht nur auf einen etwaigen isolierten Vorteil im Rahmen eines einzelnen Angriffs oder Teilangriffs.582 Es wird jedoch vertreten, dass dies im Einzelnen nicht von Belang sei, sofern bei beiden Komponenten jeweils dieselbe Zeitspanne herangezogen wird.583 Für den anzulegenden Maßstab der allgemeinen Sorgfalt, die bei der Abwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit eines Angriffs zu beachten ist, ist das Urteil des ICTY im Fall Prosecutor v. Galic heranzuziehen. Danach ist bei der Beurteilung, ob ein Angriff verhältnismäßig ist, zu prüfen, ob eine vernünftige, gut informierte Person bei den gegebenen Umständen, die zur Verfügung stehenden Informationen vernünftig nutzend, exzessive zivile Schädigungen bei dem Angriff erwarten konnte.584 Im Rahmen dieser Pflicht zur sorgfältigen Abwägung und der Beachtung von zivilen Beeinträchtigungen sind auch Langzeitschäden zu beachten. So müssen die Befehlshaber auch vorhersehbare Auswirkungen von Angriffen berücksichtigen.585 Dazu, wie weit in die Zukunft die Vorhersehbarkeit reichen sollte, wird in dem Urteil nichts gesagt. Widerhallende Auswirkungen müssen ebenfalls in die Verhältnismäßigkeitsabwägung einbezogen werden.586 So führte z. B. das Angreifen von Elektrizitätsanlagen 1991 während des Golfkrieges zu 40.000 bis 110.000 Toten aufgrund einer daraus resultierenden Unterbrechung der Wasserversorgung.587 Die militärisch Verantwortlichen beteuerten seinerzeit, dass sie niemals unmittelbar die Wasserversorgungseinrichtungen angegriffen hatten und dass sie nicht voraussehen konnten, dass das Abschneiden der Bürger vom Strom solch verheerende Auswirkung haben würde.588 Nach dem anzulegenden Maßstab war hier die Verknüpfung von Infrastruktureinrichtungen und Wechselwirkungen zwischen Strom- und Wasserversorgung vorherzusehen und damit entsprechend zu berücksichtigen. Das Risiko für Zivilpersonen bei Angriffen auf militärische Ziele ist im Einzelfall schwer ex ante zu bestimmen, da es eine Reihe von Faktoren gibt, 581  Fenrick,

Mil. L. Rev. 98 (1982), S. 91, 107. Documents on the Laws of War, 1989, S. 467. 583  Rogers, Mil. L. & L. War Rev. 21 (1982), S. 293, 311. 584  ICTY, Urteil vom 30. November 2006, Az. IT-98-29-A, Prosecutor v. Galic, Rn. 58. 585  British Manual of the Law of Armed Conflict, Rn. 5.33.4. 586  U.S. Joint Staff, Joint Doctrine for Targeting, Joint Publication3–60, 17. Januar 2002, S. I-6.; Schmitt, Yale Human Rts & Dev LJ 2/1 (1999), S. 143, 168. 587  Lewis, AJIL 97 (2003), S. 488, 506. 588  Lewis, AJIL 97 (2003), S. 488, 506. 582  Roberts/Guelff,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot235

die nicht vorhersehbar sind. Von einem Kriegführenden ist daher nicht zu erwarten, dass er Unvorhersehbares vorhersieht, jedoch ist er nach dem Recht des bewaffneten Konflikts dazu verpflichtet, eine vorsichtige und sorgfältige Vorbereitung eines Angriffs vorzunehmen, indem er alle ihm zur Verfügung stehenden Informationen auswertet und verwendet.589 Darüber hinaus muss ein über einen solchen Angriff entscheidender Kriegführender eine Abwägung zwischen dem militärischen Vorteil und den zivilen Schäden nach Treu und Glauben vornehmen und wenn die zivilen Schäden unverhältnismäßig im Vergleich zum militärischen Vorteil erscheinen, vom Angriff Abstand nehmen.590 Solche komplexen und detaillierten Abwägungen und Beurteilungen sollten nur von militärischen Befehlshabern vorgenommen werden, denen umfassende Informationen vorliegen. c) Verhältnis zu unterschiedslosen Angriffen Das Verhältnis des Exzessverbots und damit von Kollateralschäden einerseits und des Verbots unterschiedsloser Angriffe andererseits ist nicht eindeutig geklärt. Einer Ansicht nach sind unterschiedslose Angriffe auch dann rechtswidrig, wenn das Exzessverbot nicht verletzt wird.591 Nach anderer Ansicht hat das Exzessverbot Vorrang, sodass, auch wenn ein Angriff tatsächlich unterschiedslos sein sollte, es zu keiner Verletzung des Rechts kommt, wenn nicht gegen das Exzessverbot verstoßen wurde. Zustimmung findet letztere Ansicht in Fällen, in denen Angriffe nur technisch unterschiedslos sind und keine Zivilpersonen zu Schaden kommen.592 Richtigerweise sind die Bestimmungen des ZP I kumulativ als Anforderungen an den Befehlshaber mit der Maßgabe aufzufassen, dass bei der Planung und Vorbereitung des Angriffs sicherzustellen ist, dass einzelne militärische Ziele separat angegriffen werden und beiläufige Schäden so weit wie möglich reduziert werden und dass, sofern der beiläufige Schaden den militärischen Vorteil wahrscheinlich überwiegt, der Angriff umgestaltet oder unterlassen werden muss.593 Der Befehlshaber muss sich drei Fragen stellen, bevor er einen Angriff beginnt: (i) ob es sich bei seinem anvisierten Ziel um ein militärisches Ziel handelt, (ii) ob der Angriff unterschiedslos ist und (iii) ob es wahrscheinlich ist, dass das Exzessverbot verletzt wird. 589  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 137. 590  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 137. 591  Rauch, Mil. L. & L. War Rev. 21 (1982), S. 66, 68. 592  Siehe Rogers, Law on the Battlefield, 2004, S. 27. 593  Rogers, Law on the Battlefield, 2004, S. 27.

236 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Eine Verletzung des Verbots unterschiedsloser Angriffe liegt vor, wenn ein Angriff von unterschiedsloser Natur ist, d. h., Zivilpersonen und zivile Objekte wie auch militärische Ziele ohne Unterscheidung trifft. Dieser Regelung wird zum Vorwurf gemacht, dass sie nicht die tatsächlichen Konsequenzen eines Angriffs berücksichtigt sowie nur auf die unterschiedslose Natur abstellt und damit den tatsächlichen Schädigungen von Zivilpersonen keine Beachtung schenkt.594 Um eine schwerwiegende Verletzung des Verbots unterschiedsloser Angriffe darzustellen, muss die Zivilbevölkerung von einem Angriff auch tatsächlich betroffen sein (Art. 85 Abs. 3 (b) ZP I). Es gibt jedoch diesbezüglich keine festgeschriebenen Regelungen, vielmehr ist für jeden Einzelfall separat zu entscheiden. Vor diesem Hintergrund ist es verboten, Waffen zu verwenden, die nicht speziell auf militärische Ziele gerichtet werden können, wie biologische, bakteriologische, chemische oder nukleare Waffen und auch andere Waffen, die zwischen Zivilpersonen und Kombattanten unterscheiden können, unterschiedslos zu verwenden, z. B. im Rahmen von Flächen- anstelle von gezielten Bombardements.595 d) Zwischenfazit Die Abwägung zwischen konkreten militärischen Vorteilen und zivilen Schädigungen (einschließlich dem Eintritt von Kollateralschäden) ist nicht klar umrissen und geprägt von Prognosen und subjektiven Kriterien. Bestehende Grenzen sind stark von den Umständen des Einzelfalls geprägt und einen allgemeinen Rahmen, wann ein Angriff trotz ziviler Opfer oder Schäden an zivilen Objekten zulässig ist, gibt es nicht. Aufgrund der Einzelfallprägung ist ein solcher Rahmen schwer zu erarbeiten und allgemeine Regeln können die unterschiedlichen Sachlagen nicht zutreffend und hinreichend trennscharf abbilden. Daher wäre auch eine Ausarbeitung konkreterer Regeln diesbezüglich nicht erstrebenswert, da diese nicht sämtlichen dynamischen Situationen im Rahmen von Luftoperationen gerecht werden könnten. Dem Schutz von Zivilpersonen und zivilen Objekten ist durch eine jeweils vorzunehmende Einzelfallentscheidung genüge getan. 5. Verpflichtungen im Rahmen des „praktisch Möglichen“ („feasible“) Alle mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit und auch dem Unterscheidungsgrundsatz zusammenhängenden Verpflichtungen, insbesondere auch die Pflicht, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, laufen auf die Frage hinaus, was 594  Rogers,

Law on the Battlefield, 2004, S. 25. An Introduction to the International Law of Armed Conflicts,

595  Kolb/Hyde,

2008, S. 136.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot237

„praktisch möglich“ („feasible“), ist. An diesem Maßstab ist das Verhalten der Streitkräfte zu messen. Es besteht weitgehende Einigkeit dahingehend, dass eine Bestimmung des praktisch Möglichen nur unter Berücksichtigung aller in dem gegebenen Zeitpunkt herrschenden Umstände, inklusive humanitärer und militärischer Erwägungen, möglich ist.596 Umstritten ist aber die Pflicht der Streitkräfte, Risiken auf sich zu nehmen, um diese Prinzipien bestmöglich einzuhalten sowie die Pflicht zum Einsatz modernster Waffen- und Informationstechnologien. a) Verpflichtung, Risiken auf sich zu nehmen Es besteht Uneinigkeit darüber, welche Risiken angreifende Streitkräfte in Kauf nehmen müssen und zu welchen Verletzungen sie bereit sein sollten, um in der Lage zu sein, zwischen Zivilpersonen und Kombattanten sowie zivilen und militärischen Zielen zu unterscheiden. Problematisch ist insbesondere, wie mit Situationen umzugehen ist, in denen das Anwenden bestimmter Methoden oder Mittel der Kriegsführung zwar einerseits zu geringeren beiläufigen Schädigungen von Zivilpersonen führt, jedoch andererseits ein höheres Risiko für die Soldaten darstellt. Maßnahmen, die angewendet werden, um die eigenen Soldaten zu schützen, führen oft zu höheren Schäden für Zivilpersonen. So schützt beispielsweise das Fliegen in größeren Höhen die Piloten vor Abwehrraketen des Gegners, andererseits sind die anzugreifenden Ziele am Boden schwerer erkennbar, was zu unterschiedslosen Angriffen führen kann. NATO-Kampfflugzeuge während der Operation Allied Forces führten ihre Luftoperation aus einer Höhe aus, die für die meisten Luftwaffenabwehrsysteme unerreichbar war. Kritik wurde dahingehend geäußert, dass diese Taktik zu höheren zivilen Opferzahlen führte, als dies der Fall gewesen wäre, wenn die Flugzeuge aus geringerer Entfernung operiert hätten und deswegen seien diese Angriffe unverhältnismäßig.597 Fraglich ist, ob sich aus dem Exzessverbot herleiten lässt, dass Piloten bei Luftangriffen zwecks Vermeidung unterschiedsloser Angriffe verpflichtet sind, in geringeren Höhen zu fliegen. Zudem stellt sich die Frage nach einer Art Prioritätenverteilung im Rahmen der Vorbereitung von Angriffen. 596  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 680; Henderson, The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 161; Schmitt, Fault Lies in the Law of Attack, in: Breau/Jachec-Neale (Hrsg.), Testing the Boundaries of International Humanitarian Law, 2006, S. 277, 303; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of Inernational Armed Conflict, 2010, S. 138; Henckaerts/DoswaldBeck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, S. 54; HPCR Commentary, 2010, S. 38. 597  Schmitt, The Impact of High and Low-Tech Warfare on the Principle of Distinction, 2003, S. 9.

238 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Das Exzessverbot selbst sagt nicht unmittelbar aus, inwieweit Soldaten zu schützen sind und welchen Grad an Risiko militärische Befehlshaber ihren eigenen Leuten aufbürden dürfen. Einer Ansicht nach reiche es nicht aus, vorsätzliche Angriffe auf Zivilpersonen zu vermeiden, sondern Kombattanten müssten alles erdenklich Mögliche unternehmen, um die Wahrscheinlichkeit der Schädigungen von Nichtkombattanten zu minimieren, auch wenn sie sich dadurch selbst größeren Gefahren aussetzten.598 Dieser Ansatz wird kritisiert, indem behauptet wird, dass er die implizite Schlussfolgerung beinhalte, dass das Leben einer Zivilperson mehr wert sei als das eines Kombattanten und im Widerspruch zu den GK stehe.599 Dem ist jedoch entgegenzusetzen, dass es in diesem Zusammenhang nicht als verwerflich anzusehen ist, unterschiedliche Maßstäbe an Kombattanten und Zivilpersonen anzulegen. Kombattanten gehen ihrem Beruf nach und haben sich freiwillig und in vollem Bewusstsein des Risikos für den Kriegsdienst entschieden. Sie haben somit eine gewisse moralische, wenn auch nicht rechtliche, Verpflichtung übernommen, sich bei der Bewältigung ihrer Missionen, Gefahren auszusetzen. Dies trifft auf Zivilpersonen hingegen nicht zu. Aus der Anlegung unterschiedlicher Maßstäbe folgt jedoch keine Beurteilung dahingehend, dass die Leben von Kombattanten und Zivilpersonen unterschiedlich zu werten sind. Das humanitäre Völkerrecht sieht aber keine übermäßige Verpflichtung zum Minimieren von zivilen Schäden vor. Es ist trotz anderer Ansicht600 nicht alles erlaubt, was die Leben der eignen Personen schützt. So ist es nicht verwerflich oder rechtswidrig, wenn man seine eigenen Soldaten schützen möchte, indem man beispielsweise Flughöhen festlegt und so vermeidet, dass die gegnerischen Flugabwehrraketen die eigene Luftwaffe erreichen. Verwerflich ist es nur, wenn man sich einzig und allein auf die Luftmacht verlässt, ohne eine Bestätigung der Ziele vom Boden aus zu haben.601 Gegen die Annahme, dass der Schutz der eigenen Streitkräfte zu unverhältnismäßigen Angriffen führen kann, ist einzuwenden, dass diese das Verhältnismäßigkeitsprinzip mit den Anforderungen an im Vorfeld von Angriffen zu treffenden Vorsichtsmaßnahmen verwechselt und so ein Missverständnis von Luftangriffen aufzeigt, denn sie schließt insbesondere im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung den Schutz der eigenen militärischen Streitkräfte als wichtigen militärischen Vorteil aus.602 598  Bellamy, Just Wars: From Cicero to Iraq, 2006, S. 180; Walzer, Just and Unjust Wars, 1992, S. 155. 599  Shestko, Drone Warfare, 2011, S. 13. 600  Best, War and Law since 1945, 1994, S. 281. 601  Lippman, Cal. W. Int’l LJ 3/1 (2002), S. 1, 54–55. 602  Schmitt, The Impact of High and Low-Tech Warfare on the Principle of Distinction, 2003, S. 9.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot239

Ein gewisses Maß an Sorge um das Wohlergehen der eigenen Soldaten ist sowohl moralisch wie auch militärisch notwendig und wünschenswert.603 Soldaten sind im bewaffneten Konflikt dem Risiko ausgesetzt, getötet zu werden, was aber nicht bedeutet, dass ihrer Sicherheit im bewaffneten Konflikt keine Beachtung zu schenken ist. Es gibt keine explizite Verpflichtung für die Streitkräfte, sich selbst einer Gefahr auszusetzen, um Schädigungen von Zivilpersonen und zivilen Objekten zu vermeiden.604 Das Recht des bewaffneten Konflikts verlangt nicht, dass es keine Schädigungen von Zivilpersonen und zivilen Objekten gibt, sondern es verlangt, dass Schädigungen, unabhängig davon, ob solche an Streitkräften oder an zivilen Objekten und Zivilpersonen entstehen, stets im größtmöglichen Ausmaß reduziert werden.605 b) Pflicht zu neuester Waffen- und Informationstechnologie Umstritten ist, welche Rolle die Wahl der Mittel im Rahmen der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Angriffs spielt. Insbesondere ist fraglich, ob die Verpflichtung, alle praktisch möglichen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, auch die Pflicht beinhaltet, neueste Waffen- und Informationstechnologie anzuschaffen und darüber hinaus, ob, falls eine Konfliktpartei solche Technologie besitzt, sie verpflichtet ist, diese auch einzusetzen. In den vergangenen Jahren ist der Einsatz von Präzisionswaffen auf Seiten technologisch gut ausgestatteter Staaten wie z. B. seitens der USA stetig gestiegen. Dieser Anstieg führt nach Auswertung von Human Rights Watch zu einer Abnahme der Zahl ziviler Opfer.606 Einige Meinungen leiten hieraus eine Pflicht ab, z. B. in Stadtgebieten Präzisionswaffen zu verwenden, sowie, falls solche vorhanden sind, diese stets einzusetzen.607 Andere wiederum sehen in einer solchen Pflicht eine Diskriminierung weiter entwickelter kriegführender Staaten, die mit solch modernen Technologien ausgestattet sind und die man damit in eine besonders kostspielige Art der Kriegsführung „treibe“.608 603  Hampson, The Principle of Proportionality in the Law of Armed Conflict, in: Perrigo/Whitman (Hrsg.), The Geneva Conventions under Assault, 2010, S. 42, 53. 604  Schmitt, IRRC 87/859 (2005), S. 445, 462. 605  Rogers, Law on the Battlefield, 2004, S. 108. 606  Human Rights Watch, Off Target: The Conduct of the War and Civilian Casualties in Iraq, 2003, S. 54. 607  Human Rights Watch, Smart Bombs, Dumb Bombs, in: Human Rights Watch (Hrsg.), Needless Deaths in the Gulf War, 1991, S. 113 ff. 608  Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, Cambridge, 2004, S. 126; Schmidt, Air Force L. Rev. 24 (1991), S. 189, 231.

240 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Wenn militärische Befehlshaber verpflichtet sind, stets die am besten unterscheidenden Waffen, die ihnen zur Verfügung stehen, anzuwenden, besteht das Risiko, dass Staaten neue technologische Entwicklungen zurückhalten, um nicht gezwungen zu sein, immer die neusten und damit auch meist teuersten Waffen einsetzen zu müssen. Eine solche Entwicklung könnte zu einer Senkung des Schutzstandards von Zivilpersonen durch den Einsatz technologisch schlechterer Waffen führen. Andererseits könnte die Tatsache, dass der Einsatz von Präzisionswaffen die Zahl ziviler Opfer eines Angriffs minimiert, die diese Waffen verwendenden Streitkräfte dazu verleiten, dem Schutz von Zivilpersonen weniger Beachtung schenken, da der „typische“ Kollateralschaden bei Verwendung dieser Waffen stets geringer ausfallen würde als beim Einsatz technologisch schlechterer Waffen. Solche Erwägungen wären gleichermaßen unangemessen und sittenwidrig.609 Die Verpflichtung, stets die besten und technologisch fortschrittlichsten Waffen zu verwenden, führt dazu, dass einigen Staaten aufgrund ihrer höheren technologischen Ausstattung ein höherer Standard der Sorgfalt auferlegt wird als anderen, weniger weit entwickelten Staaten, die über solche moderne Technologie nicht verfügen. Die Festlegung eines einheitlichen technologischen Standards kann insoweit bereits deswegen keine Lösung sein, da es nicht möglich ist, eine Mindestschwelle an technologischer Entwicklung festzulegen. Man könnte sich dann an den am Wenigsten entwickelten Ländern orientieren, was faktisch einen solchen Standard von vorneherein „entwertet“. Solch ein einheitlich festgelegter Standard könnte für einige unterentwickelte, arme Länder jedoch zu hoch sein. Vorgeschlagen wurden daher verschiedene Standards für jeweils entwickelte und weniger entwickelte Nationen als Parallele zu den unterschiedlichen im internationalen Umweltrecht bestehenden Standards.610 Dies würde in einer nicht sachgerechten jeweils unterschiedlichen Interpretation des Rechts des bewaffneten Konflikts resultieren, je nachdem, welche Partei davon betroffen ist. Der Wunsch der Staaten, militärisch effizient zu sein, würde sie davon abhalten, neue Technologien zu entwickeln.611 Andere tun diesen Vorschlag mit als „über Gutgläubigkeit hinausgehend“ ab.612 Richtig ist, dass kein Staat verpflichtet werden kann, neuste Präzisionswaffentechnologie zu beschaffen. Wenn er dies jedoch tut, so kommen ihm aufgrund dessen militärische Vorteile zu, wie beispielsweise, dass er in der Lage ist, rechtmäßig bestimmte Ziele anzugreifen, wohingegen ein weniger entwickelter Staat mit den ihm zur Verfügung stehenden weniger präzisen 609  Byers,

War Law, 2005, S. 124. Naval L Rev 47 (2000), S. 115. 611  Belt, Naval L Rev 47 (2000), S. 115, 174. 612  Schmitt, YHRDLJ 2/1 (1999), S. 143, 176. 610  Belt,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot241

Waffen nach dem Exzessverbot genau diese Ziele nicht angreifen dürfte. Ein Nachteil besteht allerdings darin, dass dieser Staat dann vor dem Problem steht, welche Waffen er bei einem Angriff benutzen soll. Das heißt aber nicht, dass einer Partei die Pflicht auferlegt wird, die jeweils am Besten entwickelten Kampfmittel in jedem Fall und ohne weitere Erwägungen einzusetzen.613 So führte die Entwicklung von sog. smarter Munition nicht dazu, dass der Einsatz sog. dumb bombs grundsätzlich rechtswidrig wurde. Die fortschreitende Technik bringt aber einen Wandel im Standard bei der Auswahl von Waffen im Rahmen der zu treffenden Vorsichtsmaßnahmen mit sich. Finanzielle Aspekte werden bei den Erwägungen zum praktisch Möglichen nicht berücksichtigt, wohingegen die Konfliktparteien jedoch berücksichtigen können, dass sie nur über eine begrenzte Anzahl von smarten Waffen verfügen und diese deswegen für militärisch besonders wichtige und riskante Ziele aufgehoben werden. Ansonsten wäre ein Staat, der über ein paar Präzisionswaffen verfügt, im Gegensatz zu Staaten, die keine haben, gezwungen, mehr zu erwerben, was eine rechtswidrige Diskriminierung darstellen würde. c) Maß der angewandten Gewalt Es stellt sich die Frage, ob die den feindlichen Streitkräften gegenüber angewendete Gewalt grenzenlos sein darf. Zwischen der Höhe des Grades der angewandten Gewalt und dem dadurch entstehenden Risiko für zivile Schädigungen in Form von Kollateralschäden besteht ein Zusammenhang. Das Völkerrecht scheint eine Begrenzung nicht eindeutig vorzusehen. Die Martens’sche Klausel verpflichtet die Kriegführenden, die aus der Anwendung zwischen zivilisierten Nationen, aus den Gesetzen der Menschlichkeit und dem Diktat des öffentlichen Gewissens resultierenden Regelungen zu befolgen. Im Gegensatz dazu erlaubt die sogenannte Powell-Doktrin, dass zur Sicherstellung eines schnellen Sieges, der Gegner mit überwältigender Gewalt konfrontiert werden dürfe, um die eigenen Truppen zu schützen, insbesondere im Hinblick auf die Nutzung der technologischen Überlegenheit. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang, dass der Einsatz überwältigender Gewalt den Sieg auf Kosten von schweren Verlusten des Feindes, aber im Vergleich dazu kleinen Verlusten auf der eigenen Seite, herbeiführt. Es sei unfair, sogar feige, sehr überlegene Gewalt gegen den Feind anzuwenden, die dazu führe, dass Verluste auf der eigenen Seite minimiert werden.614 613  Sandoz/Swinarski/Zimmermann

(Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 682. Pfilosophy & Public Poplicy Quarterly, 22/3 (2002), S. 2 ff.; Kahn, Pfilosophy & Public Poplicy 19/2/3 (1999), S. 1 ff.; Gilbert, JME 4/2 (2005), S. 100, 101. 614  Kahn,

242 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Zum Vorwurf wird auch gemacht, dass in Großangriffen den feindlichen Streitkräften keine ausreichende Möglichkeit zugestanden werde, zu überleben, da die Umstände eines solchen Konflikts es Einzelnen unmöglich machten, sich zu ergeben.615 Es wird ferner vertreten, dass Art. 35 Abs. 2 ZP I bereits das Verbot der Herbeiführung von überflüssigen Verletzungen und unnötigen Leiden enthalte und ein explizites Verbot überwältigender Gewalt damit nicht erforderlich sei, insbesondere da Soldaten im Rahmen von bewaffneten Konflikten rechtmäßig angegriffen werden dürfen und sie sich auch selbst darüber im Klaren seien. Sie wüssten, worauf sie sich einlassen, sodass sie keines besonderen Schutzes bedürften. Dem ist entgegenzusetzen, dass Menschen den Streitkräften durchaus mit einer gewissen Unwissenheit beitreten, ohne genau zu wissen, worauf sie sich dadurch einlassen, und was sie konkret in bewaffneten Konflikten erwarten wird. Davon abgesehen ist zu berücksichtigen, dass viele Armeen aus Wehrdienstleistenden bestehen, deren Kampfrolle als begrenzt anzusehen ist. Maßgeblich ist, dass Streitkräfte ihre Waffen nicht über den Zweck des Obsiegens über die gegnerischen Streitkräfte ­hinaus einsetzen und auch nicht beabsichtigen, das Leiden ihrer Feinde über das Maß der Notwendigkeit hinaus zu erhöhen und dürfen im Gegenzug dafür erwarten, dass ein solches Leiden auch ihnen nicht zu Teil wird.616 Anderenfalls würden sie die Grenze dessen überschreiten, wozu sie in ihrer Rolle als Soldaten ermächtigt wurden, denn die Lizenz eines Soldaten zum Töten ist keine Erlaubnis zum Massakrieren.617 Damit darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass Soldaten sich dessen bewusst sind, dass die Art, wie sie ihren Gegner behandeln, im Umkehrschluss die Art beeinflusst, auf welche sie behandelt werden.618 Zwischen Soldaten gegnerischer Truppen bestehe eine Art stillschweigendes Abkommen im Sinne einer Gleichheit zwischen ihnen dahingehend, dass sie sich wechselseitig auf dieselbe Art und Weise behandeln, unabhängig davon, ob sie sich auf der Gewinner- oder Verliererseite befinden. Dies bedeutet aber nicht, dass die Leben auf jeder Seite gleichgewichtig beim Planen von Taktiken einzustufen sind, denn die Leben der eigenen Soldaten müssen in gewisser Weise (strategisch) höher eingestuft werden als die des Gegners, da hiervon der Sieg abhängt.619 Aber daraus lässt sich keine Pflicht zur Gefangennahme als milderes Mittel ableiten. Auch wenn das humanitäre Völkerrecht die Art und den Grad an Gewalt, der gegen rechtmäßige Ziele angewandt werden darf, nicht ausdrücklich re615  Gilbert,

JME 4/2 (2005), S. 100, 104. JME 4/2 (2005), S. 100, 103. 617  Gilbert, JME 4/2 (2005), S. 100, 104. 618  Walzer, Just and Unjust Wars, 1977, S. 34 ff. 619  Gilbert, JME 4/2 (2005), S. 100, 105. 616  Gilbert,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot243

gelt, fasst es doch den Einsatz von nicht-tödlicher Gewalt ins Auge, indem es vorgibt, dass das Recht der Kriegführenden, was die Auswahl ihrer Mittel zum Verletzen des Feindes anbelangt, nicht unbeschränkt ist (Art. 35 Abs. 1 ZP I). Vor diesem Hintergrund sollten Staaten dem Feind nicht größeren Schaden zufügen, als den, der erforderlich ist, um das rechtmäßige militärische Ziel zu erreichen.620 Es würde dem Begriff der Humanität widerstreben, einen Gegner zu töten oder ihm keine Chance zur Kapitulation zu geben, wenn keine Notwendigkeit des Einsatzes tödlicher Gewalt besteht.621 Damit wird verdeutlicht, dass die Art und der Grad der bei einer Militäroperation eingesetzten Gewalt auf das tatsächlich notwendige Maß zur Durchführung des rechtmäßigen militärischen Zwecks in den gegebenen Umständen begrenzt ist.622 Weniger als tödliche Gewalt ist angebracht, wenn ein Staat Kontrolle über das Gebiet hat, in dem die militärische Operation stattfindet623 oder wenn Streitkräfte gegen ausgesuchte Individuen in Situationen vorgehen, die vergleichbar sind mit Einsätzen in Friedenszeiten624 sowie im Rahmen von nicht-internationalen Konflikten, in denen die Regelungen weniger eindeutig sind.625 In diesen Fällen sollte der Staat, wenn möglich, gestaffelte Gewalt einsetzen und lieber gefangen nehmen anstatt zu töten.626 d) Stellungnahme Der Begriff des „praktisch Möglichen“ verlangt die Berücksichtigung dessen, was praktisch und praktikabel möglich ist unter Berücksichtigung aller zu dem gegebenen Zeitpunkt vorliegenden Umstände und Informationen, inklusive humanitärer wie auch militärischer Erwägungen. Damit sind alternative Optionen, die erst im Nachgang erkennbar werden, nicht zu berücksichtigen und einige Risiken sind zugunsten humanitärer Erwägungen hinzunehmen. Der Begriff des „praktisch Möglichen“ in Art. 57 ZP I soll daran erinnern, dass den Kriegführenden nicht etwas objektiv Unmögliches abverlangt werden kann.

620  ICJ,

ICJ Reports (1996), Rn. 78. Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 82. 622  ICRC, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 77. 623  Sassóli/Olson, IRRC 90/871 (2008), S. 599, 614. 624  ICRC, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 80–81. 625  Sassóli/Olson, IRRC 90/871 (2008), S. 599, 614. 626  Alston, Report of the Special Rapporteur on Extrajudicial, Summary or Arbitrary Executions, 2010, S. 1, 23. 621  ICRC,

244 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Im Endeffekt läuft es auf eine Einzelfallbeurteilung hinaus, was unter den gegebenen Umständen als praktisch möglich anzusehen ist, beruhend auf gesundem Menschenverstand und gutem Glauben.627 Wenn man in gutem Glauben handelt, sind aber auch Fehler möglich. Dabei ist allerdings ex post zu unterscheiden zwischen einer fahrlässigen Handlung, die rechtswidrig ist und einem Fehler im Sinne einer Fehlbeurteilung, der trotz aller getroffenen Vorsichtsmaßnahmen erfolgt ist. Nur weil bestimmte Vorsichtmaßnahmen in einigen Fällen nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben, bedeutet dies nicht, dass die betreffende Maßnahme insgesamt rechtwidrig ist.628 Der Begriff des „praktisch Möglichen“ ist letztlich ein subjektiver und unbestimmter Begriff, der anfällig für Missbrauch ist. Dies begründet ein Risiko für Zivilpersonen, denn diese können durch eine subjektive, parteiabhängige Auslegung zu Schaden kommen. Daher wäre eine allgemein anerkannte Auslegungshilfe wünschenswert. 6. Menschliche Schutzschilde Ein weiteres Problem im Rahmen moderner Luftoperationen ist das Phänomen menschlicher Schutzschilde. Dieses ist jedoch nicht neu. Zivilpersonen wurden bereits in konventionellen Kriegen, wie im Amerikanischen Bürgerkrieg, im Deutsch-Französischen Krieg und im Zweiten Weltkrieg, als menschliche Schutzschilde missbraucht.629 Jedoch stellt dieses Phänomen, vor allem in modernen bewaffneten Konflikten630, wie beispielsweise in Afghanistan, im Irak, in Somalia, im Gaza-Konflikt und auch in dem derzeit andauernden bewaffneten Konflikt in Syrien,631 keine Seltenheit dar. Bedingt durch den Wandel des Krieges hin zu Feindseligkeiten bei unklaren Gegebenheiten in urbanen Gebieten und vor dem Hintergrund des Verwischens der Kategorien von Zivilpersonen und Kombattanten stellt es ein überaus akutes Problem dar. Das Phänomen der menschlichen Schutzschilde existiert in verschiedenen Ausprägungen. Zum einen können militärische Ziele in die Nähe von Zivil627  Sandoz/Swinarski/Zimmermann

(Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, Rn. 2198. Final Report to the Prosecutor by the Committee established to Review the NATO Bombing Campaign against the Federal Republic of Yugoslavia, Rn. 29. 629  Spaight, War Rights on Land, 1911, S. 466; Pictet (Hrsg.), ICRC Commentary on the Geneva Conventions relative to the Protection of Civilian Persons, 1958, S. 208. 630  Ausführlich dazu Schmitt, IYHR 38 (2008), S. 17 ff. 631  Siehe Artikel der Huffpost, The Worldpost, verfügbar unter https://www.huf fingtonpost.com/human-rights-watch/syria-local-residents-use_b_1380609.html (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 628  ICTY,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot245

personen und zum anderen Zivilpersonen in die Nähe militärischer Ziele gelangen. Ferner kann dieses Positionieren in jedem dieser Fälle gezielt oder zufällig geschehen und die Zivilpersonen geraten entweder unfreiwillig in die Schusslinie oder werden freiwillig zu Zielen. Zunächst werden nach einer kurzen Darstellung des Rechtsrahmens die verschiedenen Sach- und Motivationslagen, die es im Zusammenhang mit menschlichen Schutzschilden gibt, näher betrachtet und diese sodann einer rechtlichen Beurteilung zugeführt. a) Rechtsrahmen Sowohl im internationalen, wie auch im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt ist es verboten, menschliche Schutzschilde einzusetzen (Art. 23 GK  III, Art. 28 GK IV und Art. 37 Abs. 1, Art. 50 Abs. 3, Art. 51 Abs. 7, Art. 51 Abs. 8 ZP I). Art. 51 Abs. 7 S. 2 ZP I verbietet es, Bewegungen der Zivilbevölkerung oder einzelner Zivilpersonen zu dem Zweck zu lenken, militärische Ziele vor Angriffen abzuschirmen oder Kriegshandlungen zu decken. Damit wird das Verbot des aktiven Einsatzes von Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde begründet. Art. 51 Abs. 7 S. 1 ZP I enthält das Verbot des passiven Einsatzes von menschlichen Schutzschilden, indem er verbietet, die Anwesenheit oder Bewegungen der Zivilbevölkerung oder einzelner Zivilpersonen dazu zu benutzen, Kriegshandlungen von bestimmten Punkten oder Gebieten fernzuhalten, insbesondere durch Versuche, militärische Ziele vor Angriffen abzuschirmen oder Kriegshandlungen zu decken, zu begünstigen oder zu behindern. Damit stellt diese Regelung ein umfassendes Verbot dar. Diesem kommt auch ein völkergewohnheitsrechtlicher Status zu.632 Zudem stellt ein Verstoß dagegen in internationalen bewaffneten Konflikten nach Art. 8 Abs. 2 StIStGH ein Kriegsverbrechen dar. Davon abzugrenzen ist eine unabsichtliche Kollokation von Zivilpersonen und militärischen Zielen, die im Verlauf eines bewaffneten Konflikts naturgemäß auftreten kann und unvermeidbar ist. Als Beispiele sind das Nutzen von zivilen Infrastruktureinrichtungen durch die Streitkräfte oder wenn diese im Rahmen eines Rückzugs auf vor den Feindseligkeiten fliehende Zivilpersonen treffen oder ein militärischer Konvoi ein Dorf durchquert, zu nennen.633 Diese Art des Zusammentreffens von Zivilpersonen und militärischen Zielen unterfällt nicht dem Verbot des Einsatzes menschlicher Schutzschilde, 632  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, S. 337–340; Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol II: Practice, 2005, Part 2, S. 2250–2370. 633  Schmitt, IYHR 38 (2008), S. 17, 26; Geiß/Devaney, IYHR 47 (2017), S. 11, 14.

246 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

auch wenn es im Ergebnis zu derselben Situation kommt, nämlich dass Zivilpersonen in der Nähe militärischer Ziele sind und damit einen Angriff auf solche ansonsten rechtmäßigen militärischen Ziele verkomplizieren. Nichtsdestotrotz wird Zivilpersonen in diesen Fällen durch Art. 58 ZP I und die darin vorgesehenen, im Vorfeld von Angriffen zu treffenden Vorsichtsmaßnahmen Schutz gewährt. Danach sollen die am Konflikt beteiligten Parteien, soweit dies praktisch irgend möglich ist, (i) sich bemühen, die Zivilbevölkerung, einzelne Zivilpersonen und zivile Objekte, die ihrer Herrschaft unterstehen, aus der Umgebung militärischer Ziele zu entfernen, (ii) es vermeiden, innerhalb oder in der Nähe dicht bevölkerter Gebiete militärische Ziele anzulegen und (iii) weitere notwendige Vorsichtsmaßnahmen treffen, um die Zivilbevölkerung insgesamt, einzelne Zivilpersonen und zivile Objekte, die ihrer Herrschaft unterstehen, vor den mit Kriegshandlungen verbundenen Gefahren zu schützen. Es ist dabei zu beachten, dass Art. 58 ZP I das Verbot des Einsatzes menschlicher Schutzschilde nicht zu ersetzen vermag. So ist das Verbot des Art. 51 Abs. 7 ZP I absoluter Natur, während Vorsichtsmaßnahmen nur insoweit zu treffen sind, wie dies „praktisch möglich“ ist. Zudem zieht ein Verstoß gegen Art. 51 Abs. 7 Z P I die persönliche strafrechtliche Verantwortlichkeit nach sich, während dies ein Verstoß gegen Art. 58 ZP I nicht tut. Zu beachten ist zudem, dass das humanitäre Völkerrecht nur verbietet, Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde zu gebrauchen, zivile Objekte hingegen in diesem Zusammenhang nicht explizit erwähnt. Einen Rechtsverstoß gegen Art. 51 Abs. 7 ZP I kann daher nur ein Einsatz ziviler Objekte als Schutzschilde darstellen, wenn sich darin Zivilpersonen aufhalten, ansonsten stellt dies einen Verstoß gegen Art. 58 ZP I dar. b) Unbeabsichtigtes Nebeneinanderpositionieren von militärischen Zielen und Zivilpersonen aa) Unverschuldetes Nebeneinanderpositionieren Das unverschuldete Nebeneinanderpositionieren von Zivilpersonen und militärischen Zielen stellt einen Standardfall der Kollokation dar. So kommt dies beispielsweise in dicht bevölkerten Gebieten vermehrt vor. Zivile Schädigungen lassen sich in diesen oft nicht vermeiden. Die Rechtmäßigkeit eines Angriffs hängt in solchen Situationen maßgeblich von der Einhaltung des Exzessverbots ab. Sofern zivile Schädigungen im Rahmen von Angriffen auf militärische Ziele nicht exzessiv zum militärischen Vorteil sind, können Angriffe demnach (abhängig von der Wichtigkeit des militärischen Ziels und dem Umfang eines Kollateralschadens) rechtmäßig sein. Davon unabhängig



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot247

bleibt die Verpflichtung der Staaten bestehen, sich zu bemühen, im Rahmen der gegen die Wirkungen von Angriffen zu treffenden Vorsichtmaßnahmen militärische Ziele so weit entfernt wie möglich von zivilen Objekten und der Zivilbevölkerung zu platzieren (Art. 58 b) ZP I) und weitere notwendige Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um diese vor den mit Kriegshandlungen verbundenen Gefahren zu schützen. bb) Ausnutzen des Nebeneinanderpositionierens Es kann auch zu zivilen Schädigungen kommen, sofern ein Nutzen aus einer bereits bestehenden, auf natürliche Weise entstandenen Situation gezogen wird, in welcher sich militärische Ziele in der Nähe von Zivilpersonen oder zivilen Objekten befinden. In dieser Variante erfolgt kein absichtliches Platzieren von Zivilpersonen in die Nähe militärischer Ziele. Unter Beachtung der dargestellten Restriktionen, die sich betreffend Kollateralschäden unter Anwendung des Exzessverbotes ergeben, können Angriffe auf diese militärischen Ziele trotz ihrer Nähe zu Zivilpersonen und zivilen Objekten rechtmäßig sein. Zivilpersonen, die sich in der Nähe von militärischen Zielen befinden, können sich im Rahmen eines Konfliktes demnach nicht auf eine Art Bestandsschutz berufen und sich darauf verlassen, dass sie von den Auswirkungen des Konflikts verschont bleiben. Davon unberührt bleiben die Verpflichtungen zur Vornahme von Vorsichtsmaßnahmen gegen die Wirkung von Angriffen. c) Beabsichtigtes Nebeneinanderpositionieren von militärischen Zielen und Zivilpersonen Ein beabsichtigtes Nebeneinanderpositionieren von militärischen Zielen und Zivilpersonen, um durch ihre Anwesenheit Schutz zu erlangen, kann in Form eines aktiven wie auch passiven Nebeneinanderpositionierens erfolgen. Unter das aktive Nebeneinanderpositionieren fallen Fälle des Positionierens der Zivilbevölkerung in der Nähe militärischer Ziele. Beim passiven Nebeneinanderpositionieren werden militärische Ziele in der Nähe von Zivilpersonen positioniert. Gemein haben diese Fälle, dass sie ein absichtliches Posi­ tionieren und damit einen Verstoß gegen Art. 51 Abs. 7 ZP I und damit eine Verletzung des Rechts des bewaffneten Konflikts darstellen. Die Absicht der Kriegführenden, Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde zu benutzen, ist beim passiven Positionieren jedoch schwer festzustellen. Militärische Ziele können aus verschiedenen Gründen in die Nähe von Zivilpersonen gelangen, ohne, wie oben beim unbeabsichtigten Positionieren dargestellt, auch sogleich einen Verstoß gegen Art. 51 Abs. 7 ZP I zu begründen. Der an das

248 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Vorliegen eines entsprechenden Vorsatzes zu stellende Maßstab darf aus Praktikabilitätsgründen nicht zu hoch sein. So wird in diesem Zusammenhang verlangt, dass der Vorsatz der kriegführenden Partei, den Gegner durch die Steigerung der potentiellen zivilen Schädigungen davon abzuhalten, das durch Zivilpersonen geschützte militärische Ziel anzugreifen, maßgeblich sei und nicht der Vorsatz des Schaffens von Immunität für das jeweils betroffene militärische Ziel.634 Die bloße Anwesenheit von menschlichen Schutzschilden führt jedoch nicht dazu, dass Angriffe auf die durch Zivilpersonen vermeintlich geschützten militärischen Ziele rechtswidrig werden. Eine Rechtswidrigkeit kommt erst dann in Betracht, wenn durch den Angriff das Exzessverbot verletzt wird, es sich also um einen beiläufigen oder kollateralen Schaden handelt, der exzessiv im Verhältnis zum konkreten, unmittelbaren militärischen Vorteil des Angreifenden ist. Es wird in diesem Zusammenhang vertreten, dass nicht alle Zivilpersonen gleich zu behandeln sind und in jedem Fall als unschuldige Zivilpersonen im Rahmen der Abwägung zwecks Einhaltung des Exzessverbots anzusehen seien. Es sei im Rahmen des Positionierens von Zivilpersonen in der Nähe militärischer Ziele danach zu unterscheiden, ob die dazu benutzten Zivilpersonen sich freiwillig als menschliche Schutzschilde zur Verfügung stellen oder ob diese unfreiwillig dazu gezwungen werden.635 aa) Unfreiwillige Schutzschilde In dieser Konstellation werden Zivilpersonen von den Kriegführenden gegen ihren Willen in der Nähe von militärischen Zielen positioniert, um diese vor Angriffen zu schützen. Sie werden gleichsam als menschliche Schutzschilde missbraucht. Dies wird absichtlich getan, um die militärischen Ziele zu schützen und dadurch die Abwägungsentscheidung im Hinblick auf die potentiellen Kollateralschäden zu beeinflussen und sich so einen Vorteil zu verschaffen. In einem solchen Fall haben sich die Zivilpersonen nichts zuschulden kommen lassen und sind gleichsam als Opfer anzusehen. Sie können nicht als an Feindseligkeiten teilnehmend angesehen werden und behalten damit ihren zivilen Schutz.636 634  Geiß/Devaney,

IYHR, 47 (2017), S. 11, 21 f. The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflicts, 2004, S. 129 ff. 636  Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflicts, 2004, S. 129 ff.; Schmitt, Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11, 27. 635  Dinstein,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot249

bb) Freiwillige Schutzschilde Diese Konstellation ähnelt der soeben beschriebenen mit dem Unterschied, dass die als menschliche Schutzschilde fungierenden Zivilpersonen dies freiwillig tun, um so militärische Ziele zu schützen. Dies kann auf Grund von Eigeninitiative oder auf Ermutigung eines Staates hin erfolgen. Es ist ungeklärt, ob das Recht des bewaffneten Konflikts Staaten dazu verpflichtet, aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um Zivilpersonen von solchen Einsätzen abzubringen. Der Staat wird aber oft keinen Einfluss darauf haben, wenn Zivilpersonen sich eigenverantwortlich in Gefahr bringen. Auf den ersten Blick scheint Art. 51 Abs. 7 ZP I nicht auf Fälle freiwilliger menschlicher Schutzschilde zu passen, denn er geht davon aus, dass Zivilpersonen entweder dazu gezwungen werden, als Schutzschilde zu fungieren oder aber sie sich ihrer Funktion nicht bewusst sind. Freiwillige menschliche Schutzschilde hingegen gehen diese Gefahr bewusst ein. Allerdings spricht Art. 51 Abs. 7 ZP I davon, menschliche Schutzschilde zu gebrauchen, was aktiv wie auch passiv durch Gewährenlassen geschehen kann. Indem Kriegführende das Positionieren von Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde zulassen, was auch ihrem Zweck des Schutzes von militärischen Zielen dient, gebrauchen sie diese.637 Abzustellen ist diesbezüglich auf den Vorsatz der Kriegführenden.638 Sich als freiwillige menschliche Schutzschilde zur Verfügung stellende Zivilpersonen können nach innerstaatlichem Recht verurteilt werden. Im Gegensatz zu Kombattanten, die menschliche Schutzschilde benutzen, stellt ihr Verhalten jedoch kein Kriegsverbrechen dar. In dem Aspekt, dass diese Zivilpersonen bewusst und von sich agieren, um einer Partei einen militärischen Vorteil zu verschaffen, könnte eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten zu sehen sein.639 So sah der Israelische High Court eine erzwungene Teilnahme als menschliches Schutzschild nicht als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten an, eine freiwillige hingegen schon.640 Das Problem daran ist, dass diese Teilnahme an Feindseligkeiten rein passiv ist. Dennoch kann die jeweilige Handlung des Darstellens eines menschlichen Schutzschildes voraussichtlich kausal für einen Schaden bei der anderen Partei sein und der eignen einen militärischen Vorteil verschaffen, indem die so geschützten militärischen Ziele nicht rechtmäßig angegrif637  Quéguiner,

IRRC 88/864 (2006), S. 793, 815, 816. IRRC 88/864 (2006), S. 793, 816. 639  So auch Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2010, S. 153. 640  Israeli High Court of Justice, Urteil vom 13. Dezember 2006, Az.: HCJ 769/ 02, Public Committee against Torture in Israel v. Government of Israel, Rn. 36. 638  Quéguiner,

250 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

fen werden können. Durch eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten verlieren Zivilpersonen den ihnen zukommenden Schutz. Man könnte sogar erwägen, ob Zivilpersonen, die sich freiwillig als menschliche Schutzschilde zur Verfügung stellen, um einen Angriff auf ein rechtmäßiges militärisches Ziel zu verhindern, damit den ihnen zukommenden Schutz aufgeben. Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass, wenn sich Zivilpersonen in der Absicht, ein Ziel zu schützen, vor dieses platzieren, sie dies in der Annahme tun, dass ihnen nach wie vor Schutz zukommt, da anderenfalls das Ziel weiterhin problemlos angegriffen werden könnte. Indem sie sich vor ein Ziel stellen, wollen sie es sozusagen durch den ihnen zukommenden Schutz mitbeschützen. Von daher ist zweifelhaft, dass sie freiwillig auf den ihnen zukommenden Schutz verzichten. Es mag durchaus richtig sein, dass die Konsequenz ihres Verhaltens, das man als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten werten kann, ist, dass ihnen ihre Immunität abgesprochen wird, aber eine freiwillige Aufgabe stellt dies nicht dar. Es wird im Zusammenhang damit vertreten, dass freiwilligen menschlichen Schutzschilden derselbe Status wie unrechtmäßigen Kombattanten zukommen sollte,641 also lediglich der Minimalschutz. Andere wiederum meinen, freiwillige menschliche Schutzschilde seien weder rechtmäßige noch unrechtmäßige Kriegführende, aber auch keine traditionellen Zivilpersonen.642 Eine Zwischenkategorie gibt es aber nach dem humanitären Völkerrecht gerade nicht, sodass diese Ansicht abzulehnen ist. d) Auswirkungen des Einsatzes menschlicher Schutzschilde Abgesehen von der Qualifizierung als menschliche Schutzschilde wird diskutiert, ob und wie sich der Aspekt des Einsatzes von menschlichen Schutzschilden, insbesondere die freiwillige Zurverfügungstellung als menschliches Schutzschild auf die im Rahmen des Exzessverbotes zu treffende Abwägungsentscheidung auswirkt. Es wird vertreten, dass menschliche Schutzschilde grundsätzlich anders zu behandeln sind als andere Zivilpersonen. Entsprechend gab es Vorschläge, dass menschliche Schutzschilde nicht in die Bewertung von Kollateralschäden aufgenommen werden sollten643 bzw. der Aspekt, dass eine Partei diese einsetze entsprechend in der Abwä641  Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2004, S. 130. 642  Parrish, The International Legal Status of Voluntary Human Shields, 2004, S. 2. 643  Rogers, Law on the Battlefield, 2004, S. 129; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of Armed Conflict, 2004, S. 130; Schmitt, The Impact of High and Low-Tech Warfare on the Principle of Distinction, 2003, S. 12.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot251

gung zu berücksichtigen sei644, damit diejenigen, die gegen das Recht verstoßen, nicht aus ihrem Fehlverhalten profitieren können. Dies würde dazu führen, dass die angreifende Partei die als menschliche Schutzschilde missbrauchten Zivilpersonen aus ihrer Verhältnismäßigkeitsabwägung gleichsam „herausrechnen“ dürfte. Damit würden solche Zivilpersonen bei der Qualifizierung von Kollateralschäden unberücksichtigt bleiben. Dieser Ansatz ist abzulehnen. Er birgt das Risiko, dass als Schutzschilde fungierende Zivilpersonen verglichen mit „normalen“ Zivilpersonen als von geringerem Wert angesehen werden.645 Richtig ist, dass sich der durch den Einsatz menschlicher Schutzschilde das Völkerrecht verletzende Staat durch diese Situation einen unrechtmäßigen militärischen Vorteil verschafft, was das Risiko erhöht, dass die andere Partei darin einen Grund sieht, ebenfalls das Recht zu verletzen. Daher muss es einen Sanktionsmechanismus geben. Dies stellen die Möglichkeit von Repressalien sowie für internationale bewaffnete Konflikte Art. 8 Abs. 2 StIStGH sicher. Es ist aber insbesondere im Hinblick auf unfreiwillige menschliche Schutzschilde nicht nachvollziehbar, warum diesen unschuldigen Zivilpersonen aufgrund einer Handlung der Kriegführenden die ihnen zukommende Immunität abgesprochen werden sollte. Diese Zivilpersonen unterscheiden sich von ihrem Status her nicht von den Zivilpersonen in den Fällen des passiven Nebeneinanderpositionierens. Allein der Rechtsverstoß einer kriegführenden Partei sollte nicht zu einem Verlust ziviler Immunität führen.646 Dem steht zudem Art. 51 Abs. 8 ZP I entgegen, der besagt, dass eine Verletzung der Verbote eine Konfliktpartei nicht ihrer rechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Zivilbevölkerung und Zivilpersonen, einschließlich der Verpflichtung, die in Art. 57 ZP I vorgesehenen vorsorglichen Maßnahmen zu treffen, enthebt. Vor diesem Hintergrund verlieren Zivilpersonen nie den ihnen durch das humanitäre Völkerrecht gewährten Status aufgrund einer Handlung eines Kriegführenden. Jedoch können sie sich dafür entscheiden, ihren Status und den damit gewährten Schutz zu verwirken, indem sie selbst unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Daher ist zu differenzieren zwischen Zivilpersonen, die freiwillig und solchen, die unfreiwillig als menschliche Schutzschilde zum Einsatz gelangen. Wenn nämlich diese Zivilpersonen als an Feindseligkeiten teilnehmend zu klassifizieren sind, resultiert dies in dem Verlust der ihnen zustehenden Immunität, was sich wiederum in einer Nichtberücksichtigung im Rahmen der 644  UK Ministry of Defense, The Joint Service Manual of the Law of Armed Conflict, 2004, Rn. 5.22.1. 645  Schmitt, Air Law and Military Operations, in: Gill/Fleck (Hrsg.), The Handbook of the International Law of Military Operations, 2010, S. 303, 306, Rn. 16.06. 646  Haas, Voluntary Human Shields, in: Arnold/Hildbrand (Hrsg.), International Humanitarian Law and the 21st Century’s Conflicts, 2005, S. 191, 200.

252 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Abwägungsentscheidung des Exzessverbotes auswirkt.647 Sie fänden somit keine Berücksichtigung im Rahmen der Kollateralschadenszählung. Das entscheidende Kriterium, um festzustellen, ob eine Person, die als menschliches Schutzschild eingesetzt wird, unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt und dadurch den ihr zukommenden Schutz verliert mit der Folge, dass sie ein legitimes Angriffsziel während der Dauer ihrer unmittelbaren Teilnahme darstellt, ist die innere Willensrichtung der beteiligten Zivilpersonen. Beim Abstellen auf die Intention der beteiligten Zivilpersonen liegt jedoch das Problem für die praktische Anwendung in dem Kriterium selbst. Es ist für einen Angreifenden zumeist unmöglich, die Intention der beteiligten Zivilpersonen in den betreffenden Situationen zu ermitteln. Deswegen ist dieses Kriterium relativ schwach und lässt den Streitkräften viel Spielraum.648 Problematisch ist nur, dass es keine praktikablere Alternative gibt. Daher wird richtigerweise vorgeschlagen, eine Art Zweifelsvermutung dahingehend zu begründen, dass im Zweifel die betreffenden Personen immer als un­ freiwillige menschliche Schutzschilde und damit immer als Zivilpersonen anzusehen sind.649 Hinsichtlich der Unterscheidung, ob es sich um freiwillige oder unfreiwillige Zivilpersonen handelt, ist daher nach wie vor die innere Willensrichtung entscheidend, jedoch muss diese objektiv zu Tage treten, damit man einer Zivilperson den ihr ansonsten zukommenden Schutz absprechen kann. Ohne eine objektive Entäußerung nach außen hin sind weder das Vorliegen eines entsprechenden Willens noch der Grad des freien Willens feststellbar. Dies kann beispielsweise durch entsprechende Äußerungen dieser Personen geschehen. Festzuhalten bleibt, dass ein militärisches Ziel, welches durch menschliche Schutzschilde „geschützt“ ist, grundsätzlich rechtmäßig angegriffen werden darf. Der durch den Einsatz menschlicher Schutzschilde begründete Verstoß gegen das Recht des bewaffneten Konflikts darf nicht dadurch verstärkt werden, dass ein solches militärisches Ziel eine allgemeine Immunität vor Angriffen erlangt. Denn damit würde ein zu großer Anreiz zu einem rechtswidrigen Verhalten gesetzt werden. Dennoch muss ein Befehlshaber bei einem Angriff auf ein solches Ziel den Unterscheidungsgrundsatz und das Exzessverbot beachten. Er muss auch vor einem solchen Angriff alles ihm Mögliche tun, um den sich mit menschlichen Schutzschilden Verteidigenden dazu zu 647  Schmitt, Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11, 27, 28; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2016, S. 181–186. 648  Kritisch Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 112 sowie grds. Geiß/Devaney, IYHR 47 (2017), S. 11 ff. 649  Hampson, The Principle of Proportionality in the Law of Armed Conflict, in: Perrigo/Whitman (Hrsg.), The Geneva Conventions under Assault, 2010, S. 42, 60.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot253

bringen, die menschlichen Schutzschilde zu entfernen.650 Dies ist jedoch nur eine moralische, keine rechtliche Verpflichtung.651 Er ist aber verpflichtet, sofern praktisch möglich, entsprechende Vorsichtsmaßnahmen vor dem Angriff, darunter auch Warnungen, abzugeben. e) Stellungnahme Menschliche Schutzschilde sind im Wesentlichen in zwei Kategorien zu unterteilen, solche, die freiwillig als menschliches Schutzschild fungieren und solche, die dazu gezwungen werden. Nur unfreiwillige menschliche Schutzschilde genießen den vollkommenden Schutz als Zivilperson nach dem humanitären Völkerrecht, während erstere durch ihren freiwilligen Einsatz als menschliches Schutzschild zu unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmenden Zivilpersonen werden. Als solche werden sie für die Dauer ihrer Teilnahme zu rechtmäßigen militärischen Zielen und können unter Beachtung des Rechts des bewaffneten Konflikts angegriffen werden. Neben dem hier angewandten subjektiven Differenzierungsansatz, der Probleme in der Praxis bereitet, da die Motivationslage von Zivilpersonen für den Angreifenden nicht immer hinreichend klar erkennbar ist, ist zusätzlich zu verlangen, dass sich der Teilnahmeakt einer Zivilperson objektiv manifestieren muss, damit diese als unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmend anzusehen ist. Es läuft im Endeffekt auf Einzelfallentscheidungen nach den konkreten Umständen des jeweiligen Falles hinaus. f) Zwischenfazit Das Verbot des Einsatzes von menschlichen Schutzschilden ist zwingender Natur und sichert Zivilpersonen Schutz vor einem Missbrauch durch die Kriegführenden zu. Auch die Zustimmung der jeweiligen Zivilperson vermag nichts daran zu ändern. Die Einstufung des Einsatzes von menschlichen Schutzschilden in internationalen bewaffneten Konflikten als Kriegsverbrechen trägt maßgeblich zum Schutz von Zivilpersonen bei. Das humanitäre Völkerrecht sieht auch im Fall von menschlichen Schutzschilden feste und abschließende Kategorien vor, die lückenlose Zuordnungen gewährleisten. Es ist in der Praxis zwar oft schwierig zu bestimmen, wie eine Person rechtlich zu qualifizieren ist, vor allem, wenn es um die unmittelbare Teilnahme von Zivilpersonen an Feindseligkeiten geht. Dennoch sind im humanitären Völkerrecht auch Zivilpersonen, die als menschliche Schutz650  David,

Principes de droit des conflits armès, 2008, S. 242. IRRC 88/864 (2006), S. 793, 815.

651  Quéguiner,

254 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

schilde eingesetzt werden, nicht schutzlos gestellt, auch nicht, wenn es sich um freiwillige menschliche Schutzschilde handelt, denn im humanitärem Völkerrecht entziehen auch Verletzungen des Rechts den Zivilpersonen nicht komplett ihren Schutz, sondern beeinträchtigen lediglich die Qualität des Schutzes. 7. Moderne Konfliktformen als Herausforderungen des modernen Luftkrieges a) Asymmetrische Konflikte als Herausforderungen des modernen Luftkrieges Asymmetrische Konflikte fordern das Recht des bewaffneten Konflikts in modernen Luftoperationen heraus. Dabei sind asymmetrische Konflikte keine neue Entwicklung, denn es gibt sie bereits so lange wie es Kriege gibt. Es liegt in der Natur der Kriegsführung nach Strategien, Taktiken und Waffen zu suchen, die entweder die eigenen Stärken untermauern (positive Asymme­ trie) oder die Schwächen des Gegners ausnutzen (negative Asymmetrie) oder auch beides bewirken.652 So sind asymmetrische Kriege seit zwei Jahrhunderten bereits ausdrücklich ein Thema in der Militärtheorie.653 Praktisch alle Kolonialkriege des späten 19. und 20. Jahrhunderts waren asymmetrische Kriege.654 Trotz dieser langen Zeit, in welcher sich das Recht des bewaffneten Konflikts bereits mit dem Thema der Asymmetrie auseinandersetzten muss, ist es immer noch Herausforderungen beim Umgang mit dieser ausgesetzt.655 Denn es kommen stets neue Aspekte im Zusammenhang mit dieser Kriegsführung auf. So ist im Rahmen dieser modernen asymmetrischen Konflikte neu, dass Terrorakte einen integralen Bestandteil darstellen.656 Die Anschläge auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington erreichten ein neues Ausmaß an Gewalt durch asymmetrische Akteure. Zum anderen lässt sich ein Wandel asymmetrischer Konflikte aufgrund neuer technologischer Entwicklungen erkennen. So ermöglicht die 652  Schmitt, Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11; Oeter, Comment: Is the Principle of Distinction Outdated?, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 53; Van Engeland, Civilian or Combattant?, 2011, S. 134. 653  Münkler, IRRC 85/849 (2003), S. 7 ff. 654  Oeter, Comment: Is the Principle of Distinction Outdated?, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 53. 655  Pfanner, IRRC 87/856 (2005), S. 149 ff. 656  Pfanner, IRRC 87/856 (2005), S. 149, 151.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot255

Verbreitung von Technologien wie dem Internet den mühelosen und anonymen Austausch von Gruppen, den Erwerb von Waffen, das Erlernen neuer Techniken und Strategien und lässt zudem Alltagsgegenstände wie Handys zu Waffen werden.657 Kennzeichnend für heutige asymmetrische Konflikte ist, dass diese keine traditionellen militärischen und als rechtmäßig anerkannten Mittel und Methoden der Kriegsführung benutzen. Ziel ist nicht der militärische Sieg, sondern das Verursachen großen Schadens an der Zivilbevölkerung sowie bedeutenden wirtschaftlichen Schadens. Die Strategien und Vorgehensweisen sind nicht auf ein Gebiet beschränkt, sodass Terrorangriffe jederzeit und überall stattfinden können. aa) Begriff Ein symmetrischer Konflikt im klassischen Sinne ist ein Konflikt, in dem sich zwei Kriegführende gegenüberstehen, die eine vergleichbare militärische Stärke innehaben und konventionelle Waffen und Strategien benutzen. Beispiele für die letzten symmetrischen Kriege sind etwa der Krieg zwischen Argentinien und dem Vereinten Königreich über die Falkland/Malvinas Inseln, der Krieg zwischen dem Irak und Iran in den 1980ern sowie der Konflikt zwischen Eritrea und Äthiopien Ende des 20. Jahrhunderts.658 In asymmetrischen Konflikten hingegen gibt es zwei oder mehrere Kriegführende, die eine unterschiedliche militärische Stärke sowie unterschiedliche Ziele, Strategien und Waffen vorweisen. Daran anlehnend wurden asymmetrische Konflikte ursprünglich definiert als Konflikte, an denen sich zwei Staaten mit ungleichen militärischen und wirtschaftlichen Ressourcen beteiligen.659 Als Reaktion auf die Zunahme des Terrorismus wurde die asymmetrische Kriegsführung verstanden als ein zum Durchbruch verhelfen der taktischen oder operationellen Unterlegenheit gegenüber den Schwachpunkten eines überlegenen Gegners, um nicht proportionale Auswirkungen zu erzeugen mit dem Ziel, den Willen des Gegners zu untergraben, damit der asymmetrische Akteur seine Ziele erreicht.660 Dieser Definition zufolge wären jedoch nahe­zu alle heutigen bewaffneten Konflikte asymmetrisch, denn die heutigen Konfliktparteien sind nahezu immer ungleich.661 Das heutige Kernproblem ist jedoch noch um einen weiteren Aspekt zu erweitern, nämlich den, dass eine Partei versucht ihre Unterlegenheit dadurch auszugleichen, dass sie auf Mit657  Van

Engeland, Civilian or Combattant?, 2011, S. 137. IRRC 87/856 (2005), S. 149, 152. 659  Thaza V. Paul, Asymmetric Conflicts: War Initiation by Weaker Powers, 1994, S. 20. 660  McKenzie, Asymmetric Threats and The Next QDR, 2000, S. 2. 661  Heintschel von Heinegg, International Law Studies 87 (2011), S. 463, 464; Heintschel von Heinegg, Asymmetric Warfare, in: MPEPIL, 2010, Rn. 1. 658  Pfanner,

256 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

tel und Methoden der Kriegsführung zurückgreift, die nicht im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts stehen.662 Viele der heutigen interna­ tionalen bewaffneten Konflikte sind asymmetrisch, was daran liegt, dass es nur noch eine militärisch überlegene Supermacht gibt, die USA, angesichts derer jeder Gegner militärisch unterlegen ist (vgl. Golfkrieg Ende der 1990er Jahre).663 Als Beispiele für interne asymmetrische Konflikte sind die Konflikte in Tschetschenien, Aceh Darfur und Somalia sowie in anderen Regionen Afrikas zu nennen.664 bb) Das Wesen asymmetrischer Konflikte Asymmetrische Konflikte unterscheiden sich ihrem Wesen nach grundlegend von symmetrischen Konflikten. So unterscheiden sich asymmetrische Kriegsführende grundlegend von den regulären Streitkräften. Reguläre Streitkräfte kämpfen in asymmetrischen Konflikten oft gegen eine Art „Geister­ armee“, die den sogenannten „Krieg der Armen“ führt.665 Sie sind anders organisiert und agieren auch anders. Eine Gruppe, die sich der asymmetrischen Kriegsführung widmet, ist mobil, diskret und handelt überraschend, sie teilt sich in kleine Gruppen und diese greifen die regulären Streitkräfte aus dem Hinterhalt an. Dabei benutzt sie ein Gebiet, dass sie gut kennt oder welches ihr die Anwendung ihrer Methoden vereinfacht. Ihre Kampfformen können politisch-strategisch, militärisch-strategisch oder eine Kombination von beidem sein und sie können in Verbindung mit symmetrischen Ansätzen vorgehen sowie unterschiedliche Methoden, Technologien, Organisation, Werte, Zeiträume oder eine Kombination dessen beinhalten und sowohl psychologische wie auch physische Dimensionen enthalten.666 Ziel asymmetrischer Kriegsführung ist nicht ein militärischer Sieg, sondern das Ausüben politischen Drucks zur Durchsetzung bestimmter Ziele.667 Asymmetrische Akteure versuchen die militärische Stärke ihres Gegners zu umgehen, seine Schwäche zu identifizieren und diese dann im größtmöglichen Ausmaß auszunutzen.668 Die Folge dessen ist ein unkonventioneller Krieg, in welchem die schwächere Partei alle erdenklichen Mittel verwendet und versucht, die 662  Heintschel

von Heinegg, Asymmetric Warfare, in: MPEPIL, 2010, Rn. 4. IRRC 87/857 (2005), S. 149, 152 f.; Heintschel von Heinegg, Asymmetric Warfare, in: MPEPIL, 2010, Rn. 1. 664  Pfanner, IRRC 87/857 (2005), S. 149, 154. 665  Abi-Saab, Rec des Cours, Vol. 165, Part IV, 1979, S. 353, 416–430. 666  Metz/Johnson II, Asymmetry and US Military Strategy: Definition Background and Strategic Concepts, 2001, S. 5, 8 f., 21 f. 667  Geiß, IRRC 88/864 (2006), S. 757, 769. 668  Pfanner, HuV-I 18/3 (2005), S. 165. 663  Pfanner,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot257

Schwächen der grundsätzlich stärkeren Partei zu Ihrem Vorteil auszunutzen.669 Es gibt kein festes Kampfgebiet, keine klare Front und die schwächere Partei bedient sich insbesondere Guerilla-Methoden. Asymmetrie findet sich dabei im ganzen Spektrum eines Konflikts, von der taktischen über die operationelle zur strategischen Ebene wieder und nimmt verschiedene Formen an.670 Auf der operationellen Ebene sind asymmetrische Konflikte geprägt von List, versteckten Operationen, Perfiderie und Terrorismus, während die militärisch-strategische Ebene beispielsweise Guerilla-Kriegsführung, Repressalien und Blitzkriege umfasst und die politisch-strategische Ebene unter anderem aus moralischer oder religiöser Kriegsführung und dem Aufeinandertreffen von Kulturen besteht.671 cc) Ausprägungen asymmetrischer Konflikte Die Ausprägungen der Asymmetrie lassen sich zusammenfassend klassi­ fizieren als technologische Asymmetrie, doktrinäre Asymmetrie, normative Asymmetrie, partizipatorische Asymmetrie sowie moralische oder rechtliche Asymmetrie.672 Insbesondere die technologische Asymmetrie spielt im Rahmen des Luftkrieges eine herausgehobene Rolle. Durch den wachsenden technologischen Fortschritt wird die Kluft zwischen z. B. regulären Streitkräften eines Staates mit einer ausgeprägten Luftwaffe und asymmetrischen Kriegführenden, die aus dem Untergrund heraus operieren, immer größer. Mit zunehmendem Fortschreiten der Technologie, worunter vor allem auch die Entwicklung der Luftwaffe zählt, wird es für technologisch weniger fortgeschrittene Kriegsparteien immer schwieriger, nah genug an den Gegner heranzukommen, um einen Angriff zu verüben. Daher greifen Sie auf Taktiken im Bereich der Perfiderie zurück. Zudem richten sie aufgrund der Unerreichbarkeit des Gegners ihre Angriffe vermehrt auf Zivilpersonen, da solch Angriffe den ansonsten unerreichbaren Gegner dort treffen, wo es am Meisten wehtut, beim Volk, im sogenannten Zentrum der Demokratie. Eine wachsende technologische Asymmetrie übt zudem einen starken Einfluss auf die Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts aus. Da die 669  Tomes,

Parameters 34/1 (2004), S. 16 ff. Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11, 13, 14. 671  Pfanner, IRRC 87/856 (2005), S. 149, 151. 672  Schmitt, Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11, 14, 15, 16. 670  Schmitt,

258 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

asymmetrisch agierende Partei nicht weiß, welche effektive Gegenwehr sie dem Gegner entgegensetzen kann, neigt sie dazu, gegen das Recht des bewaffneten Konflikts zu verstoßen, um dadurch gegenüber dem Gegner einen Vorteil aufzubauen. Das effektivste Mittel sieht sie in der Beeinträchtigung der Fähigkeit des Gegners zur Lokalisierung und Identifizierung.673 Denn einmal lokalisiert und identifiziert, steht einem Angriff nicht mehr viel ent­ gegen. Auch wenn dies auf rechtmäßige Art und Weise geschehen kann, beispielsweise durch das Verschlüsseln von Übertragungen, Camouflage, Kriegslisten, elektronische Störmaßnahmen, das Verlagern des Kampfes in ein gefährlicheres Gebiet und vieles mehr, wird dies oft dadurch erreicht, dass es den regulären Streitkräften erschwert wird, diese von der Zivilbevölkerung zu unterscheiden.674 Um dies zu vermeiden, geben die asymmetrischen Kriegführenden entweder vor, geschützten Status innezuhaben oder sie nutzen die Nähe zu geschützten Personen aus, um so Angriffen zu entgehen. Anzumerken ist, dass die schwächeren Parteien diese Art der Konflikte oft für sich entscheiden oder zumindest einen erheblichen Vorteil für sich darin beanspruchen können, insbesondere auch da sie sich nicht an das Recht halten. dd) Heutige asymmetrische Konflikte Die heutzutage am häufigsten vorkommenden asymmetrischen Kriegsformen sind Selbstbestimmungs- bzw. nationale Befreiungskriege sowie Terrorismus und seine Bekämpfung. Der Begriff des Terrorismus ist nicht abschließend definiert. Asymmetrische Kriegsführung ist aber nicht mit Terrorismus gleichzusetzen, denn die asymmetrische Kriegsführung ist nur ein Teil des Terrorismus.675 Das humanitäre Völkerrecht sieht keine Definition des Begriffs des Terrorismus vor.676 Es verbietet nur während eines bewaffneten Konfliktes verübte terroristische Akte (Art. 33 GK IV und Art. 4 ZP I, Art. 51 Abs. 2 ZP I, Art. 13 ZP II), unterschiedslose Angriffe auf Zivilpersonen (Art. 51 Abs. 4 ZP I) und Geiselnahmen von Zivilpersonen (Art. 75 ZP I, gemeinsamer Art. 3 der GK und Art. 4 Abs. 2 ZP II). In Friedenszeiten begangene terroristische Handlungen 673  Schmitt, Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11, 22. 674  Schmitt, The Impact of High and Low-Tech Warfare on the Principle of Distinction, 2003. 675  Van Engeland, Civilian or Combattant?, 2011, S. 137. 676  Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 145; Hoffman, Case W. Res. J. Int’l L. 34 (2002), S. 227, 229.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot259

unterliegen nicht dem humanitären Völkerrecht, sondern innerstaatlichem Recht sowie Menschenrechten. Es wird vertreten, dass Terroristen keine unrechtmäßigen Kombattanten seien, da solche während eines bewaffneten Konflikts gegen rechtmäßige militärische Ziele operieren und Terroristen oft in Friedenszeiten und oftmals auch gegen rechtmäßig geschützte Objekte und Personen tätig werden, sodass vorgeschlagen wird, sie eher als unrechtmäßige Kriegführende zu bezeichnen.677 Gegenstand vieler Debatten ist zudem die Frage, ob Terroristen überhaupt eine Partei der GK und ihrer ZP sein können. Es ist schwer die GK auf Gruppen anzuwenden, die diese nicht unterzeichnet haben und das darin enthaltene Recht missachten. Es wird vertreten, dass Terroristen, da sie sich nicht an die Regelungen der GK halten, auch nicht von diesen profitieren sollten und ihnen daher kein entsprechender Schutz zugutekommen sollte. Es ist eindeutig, dass die GK jede Konfliktpartei an ihre Regelungen binden und es ist auch im Interesse aller, dass Terroristen dem humanitären Völkerrecht unterfallen, um ihnen so daraus resultierende Pflichten zuzuordnen. Fraglich ist auch, wie sporadische, an verschiedenen Orten ausgeübte Akte der Gewalt zu klassifizieren sind, ob es sich dabei um in Friedenszeiten ausgeübte Gewaltakte oder um sporadische Manifestationen eines Krieges handelt.678 Die Beantwortung dieser Fragen im Detail ist nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Es soll an dieser Stelle nur der Terrorismus als Ausprägung asymmetrischer Konflikte erwähnt sein, ohne tiefer auf die sich im Rahmen des Terrorismus ergebenden Probleme einzugehen. Im Kern steht vorliegend die Frage der Auswirkungen asymmetrischer Konfliktformen auf den Schutz von Zivilpersonen. Terroranschläge wie 2001 in den USA, 2002 in Bali, Mombasa und Djerba, 2003 in Casablanca, 2004 in Madrid, 2005 in London, 2008 in Mumbai und in Pakistan, 2010 in Russland, sowie 2015 in Kuwait, Paris und 2016 in der Türkei, in Brüssel, in Nizza und in Berlin sowie 2017 in Barcelona, um nur einige zu nennen, sowie die fortdauernden Terrorangriffe in Afghanistan und Irak, zeigen eine erhöhte Tendenz von Angriffen auf die Zivilbevölkerung anstelle von militärischen Einrichtungen.679 Nationale Befreiungskriege sind durch Gruppen gekennzeichnet, die schwächer sind als der Staat oder die gegnerische Partei, die um Selbstbe677  Hoffman,

Case W. Res. J. Int’l L. 34 (2002), S. 227. Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 146; Pfanner, HuV-I 18/3 (2005), S. 165, 173. 679  Übersicht ausgewählter isalmistisch-terroristischer Anschläge, Bunedsamt für Verfassungsschutz, verfügbar unter: https://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfel der/af-islamismus-und-islamistischer-terrorismus/zahlen-und-fakten-islamismus/zufis-uebersicht-ausgewaehlter-islamistisch-terroristischer-anschlaege (zuletzt abgerufen am 25. Juni 2019). 678  Van

260 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

stimmung ringen und sich selbst als Freiheitskämpfer bezeichnen, während ihre Gegner sie zumeist als Terroristen bezeichnen. Überwiegend bedienen sie sich Guerilla-Taktiken. Die GK erwähnen Befreiungskriege praktisch gar nicht. Einige haben eine solche in ihrer Anwendbarkeit resultierende Öffnung mit dem Hinweis auf Art. 59 GK II680 und den gemeinsamen Art. 2 Abs. 3 der GK681 bejaht. Diese Normen sprechen im Zusammenhang mit dem Beitritt zu den GK nicht von Staaten, sondern von Mächten. Vor dem Erlass des ZP I fielen nationale Befreiungskriege, da sie als nicht-internationale Konflikte angesehen wurden, aus dem Anwendungsbereich des Großteils der GK heraus, sodass nur der gemeinsame Art. 3 der GK anwendbar blieb. So wurde, da sich diese Kriege immer weiterentwickelten und das bestehende Recht nicht ausreichend Schutz entfalten konnte, das ZP I entworfen. Dieses stufte nationale Befreiungskriege als internationale bewaffnete Konflikte ein und damit fanden zum einen mehr Regelungen auf diese Anwendung und zum anderen wurde der Status von Kombattanten und Kriegsgefangenen auf Selbstbestimmungskämpfer ausgeweitet (Art. 44 ZP I). Jedoch ist auch der Anwendungsbereich des ZP I begrenzt und deckt nicht alle Fälle nationaler Befreiungen ab (Art. 1 ZP I)682, so sind beispielsweise Fälle des Ringens ei680  Artikel 59 GK II: Vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an steht das vorliegende Abkommen jeder Macht zum Beitritt offen, in deren Namen es nicht unterzeichnet worden ist. 681  Gemeinsamer Art. 2 der GK: (1) Ausser den Bestimmungen, die bereits in Friedenszeiten zu handhaben sind, ist das vorliegende Abkommen in allen Fällen ­eines erklärten Krieges oder jedes anderen bewaffneten Konflikts anzuwenden, der zwischen zwei oder mehreren der Hohen Vertragsparteien entsteht, und zwar auch dann, wenn der Kriegszustand von einer dieser Parteien nicht anerkannt wird. (2) Das Abkommen ist auch bei vollständiger oder teilweiser Besetzung des Gebietes einer Hohen Vertragspartei anzuwenden, selbst wenn diese Besetzung auf keinen bewaffneten Widerstand stösst. (3) Wenn eine der im Konflikt befindlichen Mächte am vorliegenden Abkommen nicht beteiligt ist, bleiben die daran beteiligten Mächte in ihren gegenseitigen Beziehungen gleichwohl durch das Abkommen gebunden. Sie sind aber durch das Abkommen auch gegenüber dieser Macht gebunden, wenn diese dessen Bestimmungen annimmt und anwendet. 682  Art. 1 ZP I: (1) Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, dieses Protokoll unter allen Umständen einzuhalten und seine Einhaltung durchzusetzen. (2) In Fällen, die von diesem Protokoll oder anderen internationalen Übereinkünften nicht erfasst sind, verbleiben Zivilpersonen und Kombattanten unter dem Schutz und der Herrschaft der Grundsätze des Völkerrechts, wie sie sich aus feststehenden Gebräuchen, aus den Grundsätzen der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens ergeben. (3) Dieses Protokoll, das die Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zum Schutz der Kriegsopfer ergänzt, findet in den Situationen Anwendung, die in dem diesen Abkommen gemeinsamen Artikel 2 bezeichnet sind. (4) Zu den in Absatz 3 genannten Situationen gehören auch bewaffnete Konflikte, in denen Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung sowie gegen rassis-



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot261

ner kleinen, in einen Staat eingebetteten Einheit nach Selbstbestimmung nicht erfasst, da es in solchen Fällen zumeist keine fremde Besetzung stricto sensu und auch kein rassistisches Regime gibt. Im Fall transnationaler asymmetrischer Kriege sowie in Fällen des internationalen Terrorismus ist kennzeichnend, dass ein Angriff überall und jederzeit stattfinden kann.683 Nicht in der Lage auf dem Kampffeld zu überleben, bewegt die benachteiligte Partei oft auch noch den Kampf über die Grenzen des Kampfgebietes hinaus.684 Diese Konflikte überschreiten staatliche Grenzen und sind doch keine grenzüberschreitenden Konflikte zwischen Staaten.685 So unterfallen sogenannte transnationale Kriege nicht dem Recht des bewaffneten Konflikts.686 Dabei sind diese Akteure im Gegensatz zu Guerilla-Kämpfern nicht auf die Unterstützung der Zivilbevölkerung angewiesen, da sie Angriffe im Hinterland des Gegners verüben.687 Auch zwischenstaatliche Konflikte können asymmetrisch geprägt sein. Dies ist beispielsweise zwangsläufig der Fall, wenn die USA als die am Besten ausgerüstete militärische Großmacht in einen Konflikt tritt.688 ee) Luftkriege und asymmetrische Konflikte Ein Grund für das Befeuern asymmetrischer Konflikte wird im Einsatz von Luftstreitkräften liegen. Der Luftkrieg trägt entscheidend zum Aufkommen asymmetrischer Kriegsführungen bei. Moderne Luftstreitkräfte genießen aufgrund ihrer technologischen Ausstattung und den damit einhergehenden Angriffsmöglichkeiten mittlerweile keine bloße Luftüberlegenheit, sondern Luftvorherrschaft.689 Luftüberlegenheit besteht, wenn eine gewisse Dominanz einer Luftstreitkraft über die andere besteht, die dieser die Durchführung von Luftoperationen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort tische Regimes in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung kämpfen, wie es in der Charta der Vereinten Nationen und in der Erklärung über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen niedergelegt ist. 683  Pfanner, IRRC 87/856 (2005), S. 149, 155. 684  Schmitt, Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11, 33. 685  Pfanner, IRRC 87/856 (2005), S. 149, 155. 686  Heintschel von Heinegg, Asymmetric Warfare, in: MPEPIL, 2010, Rn. 34. 687  Pfanner, IRRC 87/856 (2005), S. 149, 155. 688  Pfanner, HuV-I 18/3 (2005), S. 165, 166. 689  Schmitt, Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11, 16.

262 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

ohne verhindernde Einmischung der anderen Partei erlaubt.690 Dahingegen ist von Luftvorherrschaft die Rede, wenn die Luftüberlegenheit ein solches Ausmaß erreicht, dass die gegnerische Partei nicht in der Lage ist, effektiv dagegenzuhalten.691 Dies bewirkt, dass schwächere Akteure aufgrund der Luftvorherrschaft der überlegenen Partei im Grunde keinerlei Aussicht auf Erfolg haben, einen Konflikt mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bestreiten, geschweige denn zu gewinnen. In Luftkriegen stehen sich ungleiche Parteien gegenüber, etwa eine technisch hochentwickelte Luftwaffe und eine Widerstandsbewegung. Letztere kann nur in einem Kampf gewinnen, in dem es nicht auf die klassische militärische Stärke ankommt. Daher greifen diese Akteure auf asymmetrische Mittel und Methoden der Kriegsführung zurück. Sie kommen gegen die ihnen militärisch überlegenden Parteien in einer direkten militärischen Auseinandersetzung nicht an, daher versuchen sie diese an ihren „wunden Punkten“ zu treffen und greifen beispielsweise Zivilpersonen und die Zivilbevölkerung unmittelbar an, nehmen Geiseln und verwenden Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde. Sie nutzen den Schutz von Zivilpersonen bewusst aus und gefährden diese. Das für den asymmetrischen Akteur wirksamste Mittel in einem solchen ungleichen Konflikt ist der Kampf aus dem Hinterhalt heraus, gerichtet gegen Zivilpersonen, als für einen Staat wichtige Schutzgüter. ff) Herausforderungen für den Schutz von Zivilpersonen Die asymmetrischen Akteure meinen, da ihnen ein militärischer Sieg nicht möglich erscheint, nur eine Chance zu haben, wenn sie sich nicht an das humanitäre Völkerrecht halten und dies als Vorteil gegenüber dem militärisch stärkeren Gegner ausspielen. Dies stellt das Kernproblem asymmetrischer Konflikte dar.692 Sie verstoßen entweder absichtlich selbst gegen geltendes Recht oder aber sie bringen ihren Gegner dazu, im Umgang mit diesen das Recht zu verletzen. Denn diejenigen, die sich an das Recht des bewaffneten Konflikts halten, werden dadurch benachteiligt. Sodass asymmetrische Konflikte die Gefahr bergen, dass sich keine beteiligte Partei an das Recht des bewaffneten Konflikts hält, da seine Effektivität und Effizienz zu einem großen Teil auf seiner Reziprozität beruht.693 Dieses Verhalten wirkt sich im Endeffekt nachteilig auf den Schutz von Zivilpersonen aus. 690  NATO Standardization Agency, NATO Glossary of Terms and Definitions (AAP-6), 2004, Air Superiority, S. 3–S-7. 691  NATO Standardization Agency, NATO Glossary of Terms and Definitions (AAP-6), 2004, Air Supremacy, S. 2–A-11. 692  Heintschel von Heinegg, International Law Studies 87 (2011), S. 463, 470. 693  Heintschel von Heinegg, Asymmetric Warfare, in: MPEPIL, 2010, Rn. 3.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot263

Zivilpersonen werden zu Zielen asymmetrischer Kriegsführung. Anstatt Angriffe gegen rechtmäßige militärische Ziele zu richten, werden Zivilpersonen als vermeintlich leichte Ziele mit größtmöglicher Schadensverursachung angegriffen. Eine weitere Auswirkung asymmetrischer Konflikte auf den Schutz von Zivilpersonen ist das Verwischen der Kategorien der Zivilpersonen und der Kombattanten und die damit einhergehenden negativen Konsequenzen auf den durch diese Unterscheidung garantierten Schutz von Zivilpersonen. Da asymmetrische Akteure militärisch unterlegen sind, haben sie nur wenige erfolgversprechende Alternativen, was ihre Verhaltensweisen anbelangt. Im Hinblick auf defensives Vorgehen bleiben asymmetrischen Akteuren nur das Verstecken und Untertauchen in Gebirgen, Höhlen, Untergrundeinrichtungen und Tunneln oder eben das Vermischen mit der Zivilbevölkerung. Und angesichts der neusten technologischen Fortschritte scheint das letztere vielversprechender als das Risiko anhand neuster Technologie doch noch im Untergrund aufgespürt zu werden. Die Unterscheidung und der damit in Zusammenhang stehende Schutz von Zivilpersonen sind jedoch auf die Fähigkeit, jeder Kategorie eine klar umgrenzte Definition zu geben, angewiesen. Asymmetrisch handelnde Akteure missachten absichtlich ihre Kennzeichnungspflicht und mischen sich unter die Zivilbevölkerung, um sich so vor Angriffen zu schützen. Allein das Ablegen der Uniform ist noch nicht völkerrechtswidrig, solange man nicht unter dem Deckmantel des zivilen Status Angriffe verübt, sodass dies nach Art. 4 der GK III lediglich zum Verlust der Kombattantenimmunität und des Kriegsgefangenenstatus führt.694 Teilweise werden Zivilpersonen gezwungen, Guerillakämpfer zu unterstützen und fallen ihnen nicht selten bei Widerstand zum Opfer oder aber sie unterstützen diese freiwillig, da sie beispielsweise als Gemeinschaft Selbstbestimmung zu erreichen suchen und die Guerillakämpfer als Freiheitskämpfer ansehen.695 Dadurch sind solche Personen Gefahren durch Angriffe der gegnerischen Partei ausgesetzt.696 Ihnen kommt kein allgemeiner Schutz mehr zugute, sodass sie rechtmäßig Ziele von Angriffen sein können.697 Einige sehen diese Personen als unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmende Zivilpersonen an, die unter dem Schutz der GK IV stehen, jedoch angegriffen werden dürfen, solange sie an Feindseligkeiten teilnehmen und für ihr Vorgehen bestraft werden müssen.698 Andere sehen sie als unrechtmäßige Kombat694  Geiß,

IRRC 88/864 (2006), S. 757, 764. Rec des Cours, Vol. 165, Part IV, 1979, S. 353 ff. 696  Van Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 143. 697  Heintschel von Heinegg, International Law Studies 87 (2011), S. 463, 469. 698  ICRC, Interpretive Guidance on the Notion of Direct Participation in Hostilities under International Humanitarian Law, 2009, S. 65–68. 695  Abi-Saab,

264 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

tanten an, denen weder Schutz nach der GK III noch nach der GK IV zusteht699 (siehe dazu ausführlich Abschnitt A. III. 2. c) in diesem Kapitel). Mitglieder organisierter bewaffneter Gruppen, die keiner Partei des internationalen bewaffneten Konflikts angehören, aber unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, sind entweder als Zivilpersonen anzusehen, die unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen und als solche während dieser Teilnahme rechtmäßige Angriffsziele darstellen und danach strafrechtlich verfolgt werden dürfen, oder die organisierte bewaffnete Gruppe, der sie angehören, ist Partei eines nicht-internationalen bewaffneten Konflikts, der parallel zum interna­ tionalen bewaffneten Konflikt existiert und sofern und solange ein Mitglied eine kontinuierliche Kampffunktion („continous combat function“) wahrnimmt, wird dieses zum rechtmäßigen militärischen Ziel und ihm kommen weder Kombattantenimmunität noch der Kriegsgefangenen­status zugute nach Gefangennahme.700 Mitglieder einer organisierten bewaffneten Gruppe, die in einem nicht-internationalen Konflikt gegen staatliche Streitkräfte kämpft, sind nicht als Zivilpersonen anzusehen.701 In asymmetrischen Konflikten provozieren die asymmetrisch agierenden Akteure die überlegene Partei oftmals dazu, sich aufgrund rechtswidrigen Verhaltens ebenfalls rechtswidrig zu verhalten. Dies führt dazu, dass die überlegene Partei auf Methoden wie unterschiedslose Angriffe, rechtswidrige Vernehmungsmethoden und Überstellungen sowie gezielte Tötungen oder schwer überprüfbare verdeckte Operationen zurückgreift.702 Dies schmälert ebenfalls den Zivilpersonen nach dem Recht des bewaffneten Konflikts zukommenden Schutz. Auch wirken sich systematische Verletzungen des Unterscheidungsgrundsatzes durch einen asymmetrischen Akteur auf die Interpretation und Auswirkung des Exzessverbots aus.703 Asymmetrie kann die Auslegung, Interpretation und Anwendung des humanitären Völkerrechts beeinflussen. Wenn sich Kriegführende durch normative Beschränkungen als benachteiligt ansehen, tendieren sie dazu, diese Beschränkungen zu ignorieren.704 So kann eine im Kampf benachteiligte Partei dazu neigen, die Begriffe des effektiven Beitrags zu Militärhandlungen und des eindeutigen militärischen Vorteils weit auszu699  Dinstein, The System of Status Groups, in: Heintschel von Heinegg et al. (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 145, 149. 700  Heintschel von Heinegg, International Law Studies 87 (2011), S. 463, 469. 701  Schmitt/Garraway/Dinstein, The Manual on the Law of Non-International Armed Conflict, 2006, Rn. 1.1.2. 702  Geiß, IRRC 88/864 (2006), S. 757, 758. 703  Geiß, IRRC 88/864 (2006), S. 757, 766. 704  Schmitt, Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11, 12.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot265

legen. Es wird vorgeschlagen, den Unterscheidungsgrundsatz aufzugeben oder die humanitären Maßstäbe für in nationalen Befreiungskriegen agierende Guerillas und diese unterstützende Zivilpersonen zu senken. Das würde die Situation jedoch nur verschlechtern. Der anzulegende rechtliche Maßstab ist und bleibt derselbe, aber Asymmetrie verursacht eine paradoxe Situation. Dadurch dass einige militärtechnologisch fortgeschrittene Staaten größere Fähigkeiten haben, um Vorsichtsmaßnahmen bei Angriffen anzuwenden, entsteht eine Kluft zwischen den Konfliktparteien. Je mehr eine Partei in der Lage ist, einen sogenannten „sauberen Krieg“ zu führen, umso größer sind ihre rechtlichen Verpflichtungen und umso kritischer reagiert die internationale Gemeinschaft auf kollaterale oder beiläufige Schädigungen, auch wenn diese unvermeidbar waren.705 Die Gefahr besteht im Kern darin, dass Verletzungen des humanitären Völkerrechts einer Seite zu Verletzungen des Rechts seitens der anderen Partei führen, was im Endeffekt in einem „Teufelskreis der Rechtslosigkeit“ endet. Dies wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass die Bereitschaft der Staaten, das humanitäre Völkerrecht zu befolgen auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit beruht. Damit ist die wahre Gefahr nicht in den verschiedenen Arten der Asymmetrie zu sehen, die in Rechtsverletzungen resultieren können, sondern darin, dass Asymmetrie eine Dynamik hervorruft, die die Grundlagen dieses Rechtsbereichs unterhöhlt.706 Die Marginalisierung des humanitären Völkerrechts stellt das größte Risiko dar, das Asymmetrie mit sich bringt.707 Unter asymmetrische Methoden der Kriegsführung fallen auch Selbstmord­ attentate. Diese richten sich oftmals bewusst gegen die Zivilbevölkerung. Grundsätzlich verbietet das humanitäre Völkerrecht Selbstmordattentate nicht, außer sie werden mit perfiden Mitteln und Methoden durchgeführt.708 Selbstmordattentate sind damit nicht per se völkerrechtswidrig, so können rechtmäßige Kombattanten Selbstmordattentate gegen gegnerische Kombattanten begehen, sofern diese mit dem Unterscheidungsgrundsatz vereinbar sind. Aber eine solche Taktik ist als rechtswidrig und heimtückisch anzuse705  Schmitt, Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11, 42, 43. 706  Schmitt, Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11, 47, 48. 707  Boothby, The End Justifies the Means- Should this be the Philosophy?, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 49. 708  Schmitt, Asymmetrical Warfare and International Humanitarian Law, in: Heintschel von Heinegg/Epping (Hrsg.), International Humanitarian Law Facing New Challenges, 2007, S. 11, 32; Geiß, IRRC 88/864 (2006), S. 757, 758.

266 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

hen, wenn sie von nicht uniformierten Kombattanten ausgeführt wird. Oft führen auch an Feindseligkeiten teilnehmende Zivilpersonen, die nicht ex ante identifizierbar sind, solche Selbstmordattentate aus.709 Heimtückisch sind Selbstmordattentate vor allem dann, wenn Zivilpersonen vorsätzlich ihre zivile Erscheinung ausnutzen, um in die Nähe der Opfer zu gelangen. Die Beschlagnahme von Krankenwagen, um damit Angriffe zu verüben, das Ausnutzen geschützter Objekte zu militärischen Zwecken und das Erwecken des falschen Eindrucks eines geschützten Status stellen neben Verstößen gegen den Unterscheidungsgrundsatz Perfiderie dar.710 gg) Das Recht des bewaffneten Konflikts in asymmetrischen Konflikten Asymmetrische Konflikte finden nicht in einem rechtsfreien Raum statt. Alle Parteien eines bewaffneten Konflikts sind gleichermaßen an das Recht des bewaffneten Konflikts gebunden. Verstöße asymmetrischer Akteure gegen das Recht entbinden diese nicht von der Einhaltung dessen. Asymme­ trische Konflikte stellen das Recht des bewaffneten Konflikts jedoch vor ­Herausforderungen, denn asymmetrische Akteure zielen nicht auf die militärische Niederlage ihres Gegners ab und halten sich nicht an das Recht. Das ist eine vollkommen andere Situation, als diejenige, für die das Recht des bewaffneten Konflikts konzipiert wurde. Zudem baut das Recht des bewaffneten Konflikts seine Regelungen auf dem Grundsatz der Reziprozität auf. Dieser basiert auf dem Gedanken, dass eine Partei eher geneigt ist, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten, wenn sie davon ausgehen kann, dass die jeweils andere Partei sich ebenfalls daran hält. Diesem Prinzip der Waffengleichheit zufolge kommen den Parteien eines Konflikts dieselben Rechte und Pflichten zugute. Zudem begünstigt das Recht des bewaffneten Konflikts Kriegführende, sofern sie sich an dieses halten, was dazu führt, dass diese das Recht auch tatsächlich beachten und hiervon auch profitieren.711 Vergleichbar ist dies mit einer Art Duell- oder Turniersituation, in der beide Seiten gleiche Sieges- und Überlebenschancen haben.712 Das Recht des bewaffneten Konflikts setzt eine Art „Ritterlichkeit“ und Fairness im Rahmen der Kriegsführung voraus. Diese ist in modernen bewaffneten asymmetrischen Konflikten jedoch nicht anzutreffen. Die Erwartung der Reziprozität als fundamentale Motivation für die Einhaltung des Rechts des bewaffneten Konflikts ist in asymmetrischen Konflikten illusorisch und wird ersetzt durch perfides Verhalten, verdeckte Operationen als Ersatz für offene Kämpfe in 709  Dinstein,

IYHR 34 (2004), S. 1, 4–5. IRRC 88/864 (2006), S. 757, 765. 711  Pfanner, IRRC 87/856 (2005), S. 149, 161. 712  Pfanner, HuV-I 18/3 (2005), S. 165, 171. 710  Geiß,



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der Annahme, dass spezielle Regeln für spezielle Situationen gelten.713 Gleichwohl hat aber auch das Prinzip der negativen Reziprozität keinen Platz im humanitären Völkerrecht. So kann man sich nicht auf Verstöße des humanitären Völkerrechts berufen, um selbst einen Freifahrtschein für eigene Rechtsverletzungen zu erhalten. Dennoch ist das humanitäre Völkerrecht in der Lage, asymmetrische Konflikte angemessen zu regeln. Das Recht des bewaffneten Konflikts akzeptiert die unterschiedlichen Asymmetrien und reagiert auf diese nur dahingehend, dass es einen humanitären Mindeststandard aufrechterhält.714 Abgesehen von der möglichen Anwendung internationaler Menschenrechte und des Völkerstrafrechts enthält der Gemeinsame Art. 3 der GK elementare humanitäre Erwägungen („elementary considerations of humanity“) und begründet damit einen Minimumstandard und zugleich eine Richtschnur für alle Situationen der bewaffneten Gewalt, da er universelle, verbindliche Regelungen für alle, auch die ungleichen und asymmetrischen Parteien und Situationen der bewaffneten Gewalt enthält. Auch das ZP I sieht Regelungen für Fälle asymmetrischer Konflikte vor, so spricht es beispielsweise Befreiungskriege eindeutig an und sieht in Art. 1 Abs. 4 und Art. 96 Abs. 3 ZP I spezielle Vorschriften zu nationalen Befreiungskriegen vor.715 Art. 48 ZP I, der die Parteien verpflichtet, sich von den Zivilpersonen wie auch militärische von zivilen Objekten zu unterscheiden, gilt auch in asymmetrischen Konflikten. Art. 50 Abs. 3 ZP I, der in nationalen Befreiungskriegen wichtig ist, schreibt vor, dass die Anwesenheit von Nichtzivilpersonen inmitten von Zivilperso713  Pfanner,

IRRC 87/856 (2005), S. 149. von Heinegg, Asymmetric Warfare, in: MPEPIL, 2010, Rn. 6. 715  Art. 1 Abs. 4 ZP I: Zu den in Absatz 3 genannten Situationen gehören auch bewaffnete Konflikte, in denen Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung sowie gegen rassistische Regimes in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung kämpfen, wie es in der Charta der Vereinten Nationen und in der Erklärung über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen niedergelegt ist. Art. 96 Abs. 3 ZP I: Das Organ, das ein Volk vertritt, welches in einen gegen eine Hohe Vertragspartei gerichteten bewaffneten Konflikt der in Artikel 1 Absatz 4 erwähnten Art verwickelt ist, kann sich verpflichten, die Abkommen und dieses Protokoll in Bezug auf diesen Konflikt anzuwenden, indem es eine einseitige Erklärung an den Depositar richtet. Nach Eingang beim Depositar hat diese Erklärung im Zusammenhang mit dem Konflikt folgende Wirkungen: a) Die Abkommen und dieses Protokoll werden für das genannte Organ in seiner Eigenschaft als am Konflikt beteiligte Partei unmittelbar wirksam, b) das genannte Organ übernimmt die gleichen Rechte und Pflichten wie eine Hohe Vertragspartei der Abkommen und dieses Protokolls und c) die Abkommen und dieses Protokoll binden alle am Konflikt beteiligten Parteien in gleicher Weise. 714  Heintschel

268 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

nen nicht dazu führt, dass letztere ihren Status verlieren. Art. 51 Abs. 2 ZP I legt fest, das Zivilpersonen nicht bereits deswegen angegriffen dürfen, weil sie Kombattanten unterstützen. Die Zivilbevölkerung darf auch nicht unterschiedslos angegriffen werden (Art. 51 Abs. 3, 4 ZP I) und darf auch nicht zum Ziel von Repressalien gemacht werden (Art. 51 abs. 6 ZP I). Auch die bereits erwähnte Lockerung der Kombattantenkriterien in Art. 44 ZP I erfolgte vor dem Hintergrund asymmetrischer Konflikte als Anreiz für asymmetrische Akteure, sich durch das Versprechen der Vorteile der Kombattanten­ immunität und des Kriegsgefangenenstatus an das Recht des bewaffneten Konflikts zu halten. Es erscheint jedoch in vielen Fällen asymmetrischer Konflikte schwierig, rechtliche Anreize zum Beachten des Rechts zu setzen. Beispielsweise erscheinen diese vor dem Hintergrund, dass beispielsweise Terroristen regelmäßig bereit sind, für ihre Sache zu sterben, nicht sinnvoll. So ist der Aspekt, dass asymmetrische Akteure im Nachhinein strafrechtlich verfolgt werden können, in der Praxis vor dem Hintergrund fanatischer Selbstmordattentate wenig relevant. Es ist daher zweifelhaft, ob Anreize sinnvoll sind, die durch das Gesetz gesetzt werden und bewirken sollen, dass sich asymmetrische Akteure an das Recht halten. Es ist zweifelhaft, ob vorgeschlagene Amnesien, Versöhnungsmaßnahmen und Wahrheitskommissionen zu einer erhöhten Einhaltung des Rechts des bewaffneten Konflikts führen. Indem man Ausnahmen und Lockerungen des Rechts des bewaffneten Konflikts zulässt, um die Rechtsbefolgung zu erhöhen, erhöht man zugleich die Gefährdung von Zivilpersonen. Jedoch würde eine Nichtbeachtung des Rechts als Reaktion auf eine Nichtbeachtung des Rechts eine diesbezügliche Kettenreaktion in Gang setzten, die in einer Abwärtsspirale im Hinblick auf den Schutz von Zivilpersonen münden würde. Daher ist, obwohl asymmetrische Akteure außerhalb des Rechts agieren, auf diese nicht auch außerhalb des Rechts zu reagieren. Jedoch sollten asymmetrischen Akteuren keine weiteren Erleichterungen im Hinblick auf die Einhaltung des Rechts des bewaffneten Konflikts zukommen.716 hh) Zwischenfazit Asymmetrische Konflikte stellen Kriegführende in der Praxis vor große Herausforderungen, was den Umgang mit asymmetrischen Akteuren, die gegen das Recht verstoßen, anbelangt. Dadurch und durch direkte Angriffe auf die Zivilbevölkerung gehen mit asymmetrischen Konflikten erhebliche Gefahren für Zivilpersonen einher. Dennoch ist das Recht des bewaffneten Konflikts flexibel genug, um mit asymmetrischen Konflikten umzugehen. Es 716  Heintschel

von Heinegg, International Law Studies 87 (2011), S. 463, 474.



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gibt keinen Grund, das Recht diesbezüglich anzupassen. Festzuhalten ist, dass jede Partei eines asymmetrischen Konflikts dennoch verpflichtet bleibt, sich an das Recht des bewaffneten Konflikts zu halten, unabhängig davon, ob ihr Gegenüber dies auch tut. Nur so kann ein umfassender Schutz von Zivilpersonen gewährt werden. Diejenigen, die sich nicht an das Recht halten, müssen jedoch zur Verantwortung gezogen werden. Denn es kann nicht toleriert werden, dass sie das Recht zu ihren Zwecken ausnutzen und dann aber noch von dem Schutz des Rechts, an das sie sich selbst nicht halten, profitieren. Im Übrigen sollte das Recht des bewaffneten Konflikts gerade in asymmetrischen Konflikten durch Einhaltung seiner Regelungen gestärkt werden. b) Hybride Kriege In neuster Zeit wurde vielerorts, vor allem auch im Zusammenhang mit dem Ukraine Konflikt, von einer neuen Bedrohung des Rechts des bewaffneten Konflikts durch Hybridkriege gesprochen.717 Vorgeworfen wird dem Recht in diesem Zusammenhang, dass es dieser neuen Art der Kriegsführung nicht gewachsen sei, was wiederum in einem erhöhten Risiko für Zivilpersonen resultiert. aa) Begriff Das humanitäre Völkerrecht sieht keine Definition eines Hybridkrieges vor. Der Begriff der hybriden Kriegsführung wurde erstmals 2002 im Zusammenhang mit dem Tschetschenien-Krieg eingeführt.718 Danach beinhaltete ein hybrider Krieg eine gesellschaftsspezifische Kriegsführung, bei der irreguläre und reguläre Taktiken mit modernen Informationsmitteln kombiniert werden. Hybride Kriege umfassten dabei die gleichzeitige und synergetische Kombination konventioneller und irregulärer Kampfmethoden und -mittel, terroristischer Angriffe, sowie kriminellem Verhalten in einem Kampfgebiet, um politische Ziele zu erreichen und wurden sowohl von staatlichen wie auch von nicht-staatlichen Akteuren betrieben.719 Sie wurden auf konventionellen Schlachtfeldern, in der Öffentlichkeit der Bevölkerung des angegriffe717  Münkler, Ethik und Militär 2 (2015), S. 22 f.; Asmussen/Hansen/Meiser, Hy­ bride Kriegsführung – eine neue Herausforderung?, Kieler Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 43, 2015, S. 3 ff.; O’Connell, Ethics and Armed Forces 2 (2015), S. 27 ff. 718  Wohl erstmalige Nennung durch Nemeth, Future War and Chechnya: A Case for Hybrid Warfare, 2002. 719  Vgl. Hoffmann, Conflict in the 21st Century: The Rise of Hybrid Wars, 2007, S.  28 ff.

270 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

nen Staates sowie der Heimatbevölkerung und in der internationalen Öffentlichkeit ausgetragen.720 Andere sprachen von einer Kombination politischer, militärischer, sozialer und medialer Mittel mit konventionellen, irregulären, terroristischen Methoden sowie Methoden der subversiv-kriminellen Kriegführung.721 Hybride Kriegsführung ist demzufolge ein Sammelbegriff, unter den sich unterschiedliche Formen organisierter Gewalt sowie völkerrechtlich unzulässiger Einflussnahme auf einen anderen Staat fassen lassen.722 Unter einem Hybrid-Krieg versteht man heutzutage einen bewaffneten Konflikt, in welchem staatliche und/oder nichtstaatliche Akteure, eine Bandbreite an tradi­ tionellen und unkonventionellen Mitteln der Kriegsführung anwenden. bb) Ausprägungen hybrider Kriege Hybride Kriege sind geprägt durch den Einsatz von Partisanenkämpfern, organisierter Kriminalität, Terrorismus, Massenvernichtungswaffen, Cyberangriffen, Störungen der Energieversorgung, wirtschaftlicher Kriegsführung und Propagandakampagnen. Gekennzeichnet sind hybride Kriege durch den Einsatz konventioneller wie auch irregulärer Kampfmittel und -methoden, nicht nur im militärischen, sondern auch im wirtschaftlichen Sinne, wie beispielsweise die Unterstützung von Aufstandsbewegungen oder nichtstaat­ lichen Akteuren in einem bestimmten Staat, das Verüben von Cyberangriffen und eine intensive Nutzung von Medien und Propaganda zu Zwecken eines Informationskrieges sowie um die Moral der Streitkräfte zu brechen. In ­hy­briden Kriegen wechseln Streitkräfte beispielsweise ihren Status von regulären staatlichen Streitkräften zu nichtstaatlichen Akteuren. Ziele hybrider Kriegsführung sind dabei nicht der militärische Sieg, sondern Machterlangung und Unterwerfung, unter anderem in Form einer Destabilisierung des Staates, die Herbeiführung eines Regimewechsels sowie die Schaffung von Einflusszonen.723 Dies wird zu einem Großteil durch Beeinflussung der Meinungsbildung der Zivilbevölkerung des Gegners erreicht.724 Durch das nicht öffentliche Auftreten eines Staates lassen sich seine militärischen Aktionen gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft verheimlichen, sodass der betroffene Staat bis zu einem gewissen Grad beispielsweise Sanktionen verMcCuen, Mil. Rev. (2008). Small Wars Journal, 2009. 722  Münkler, Ethik und Militär, 2 (2015), S. 1. 723  Ehrhart, Aus Politik und Zeitgeschichte 64/47–48 (2014), S. 26, 27. 724  Ehrhart, Aus Politik und Zeitgeschichte 64/47–48 (2014), S. 26, 27; Asmussen/Hansen/Meiser, Hybride Kriegsführung – eine neue Herausforderung?, 2015, S. 6; Tamminga, Hybride Kriegsführung, 2015, S. 1. 720  Vgl.

721  Glenn,



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot271

hindern kann. Der angegriffene Staat hat es schwer, einen hybriden Angriff abzuwehren, auch da sich der Gegner nicht zu erkennen gibt. Hybride Kriege werden als die Kehrseite des vernetzten Ansatzes, also der abgestimmten Anwendung diplomatischer, militärischer, humanitärer, ökonomischer, technologischer und informationeller Mittel im Krieg, angesehen.725 Als Beispiel für die moderne hybride Kriegsführung ist auch der Ukraine Konflikt zu nennen, der begann, als russische Truppen die Krim im Februar 2014 annektierten.726 Die russischen Operationsführer verbanden in der Ukrai­ne militärische und nicht-militärische Methoden, die von Bestechungen gegnerischer Amtsträger über destabilisierende Propaganda bis hin zur Artillerie mit weiter Reichweite, Mikrowellen-Strahlung und nicht tödlichen biologischen Waffen reichten und bedienten sich des irregulären Kampfes sowie der indirekten Unterstützung und verbanden beides mit Elementen konventioneller Kriegsführung.727 So wurden Uniformierte ohne Hoheitszeichen eingesetzt, um unerkannt im Kampfgebiet zu infiltrieren, das Umfeld zu destabilisieren sowie den Separatisten dabei zu helfen, den Gegner unter Druck zu setzen und die Kontrolle über das Gebiet zu erlangen. Der Einsatz russischer Spezialkräfte, die ohne Hoheitszeichen zu tragen auf der Krim einmarschierten und wichtige Positionen besetzten, war ein wichtiges Überraschungs­ moment für Russland, da die ukrainischen Truppen nicht wussten, wie sie darauf reagieren sollten.728 Gleichzeitig demonstrierte Russland entlang seiner Westgrenze militärische Stärke, indem es Truppenmanöver abhielt, vermehrt Übungsflüge im russischen und internationalen Luftraum vornahm sowie Kräfte vorstationierte, um so auch die Voraussetzungen für ein potentielles Eingreifen mit regulären Truppen zu schaffen.729 Ergänzt wurde der Russlandfeldzug in der Ukraine durch Aktionen im Cyberspace, wie Angriffe auf ukrainische Telefon- und Internetdienste sowie energiepolitische und wirtschaftliche Maßnahmen.730 Zudem nutze Russland die kritische Haltung eines großen Teils der Krim-Bevölkerung gegenüber der neuen Zentralregierung der Ukraine aus und unterstützte die für eine Abspaltung der Ukraine eintretenden prorussischen Kräfte.731 Russland setzte auch massiv Propaganda-Mittel ein und manipulierte gezielt Informationen.732 So verbreiteten 725  Tamminga,

Hybride Kriegsführung, 2015, S. 3. Hybride Kriegsführung – eine neue Herausforde-

726  Asmussen/Hansen/Meiser,

rung?, 2015, S. 2. 727  O’Connell, Ethics and Armed Forces 2 (2015), S. 2; Tamminga, Hybride Kriegs­ führung, 2015, S. 2. 728  Riesinger/Golts, Osteuropa 64/9–10 (2014), S. 119, 123. 729  Tamminga Hybride Kriegsführung, 2015, S. 2. 730  Tamminga Hybride Kriegsführung, 2015, S. 3. 731  Johnson, NATO Research Paper, Nr. 111, 2015, S. 1, 8. 732  Darczewska, The Anatomy of Russian Information Warfare, 2014, S. 5.

272 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

der Fernsehsender Russia Today sowie das Internetnachrichtenportal Sputnik gezielt falsche Informationen.733 Auch wurden sogenannte ­Internettrolle eingesetzt, die in sozialen Medien die politische Sichtweise des Kremls vertraten.734 Der russische Generalstabschef Gerassimow sagte in seiner Rede im J­anuar 2013 zum Thema nichtlineare Kriege, dass das 21. Jahrhundert von einer neuen Konfliktform geprägt sein würde. Kriege würden nicht mehr erklärt werden und folgten keinem vertrauten Muster mehr. Da sich die Grundregeln des Krieges verändert hätten, würden politische und strategische Ziele nicht mehr allein mit militärischen Mitteln zu erreichen sein. Damit sei die Bedeutung nichtmilitärischer Mittel gestiegen. Nur durch den gleichzeitigen Einsatz politischer, ökonomischer, informationeller, humanitärer und anderer nichtmilitärischer Maßnahmen in Verbindung mit dem Protestpotential in einer Bevölkerung und verdeckten militärischen Maßnahmen durch den ­ Einsatz von Spezialkräften oder Operationen im Informationsraum könne ­ aktuellen Herausforderungen begegnet werden, wobei der Einsatz regulärer Truppen erst in Betracht komme, wenn es darum gehe, einen Konflikt endgültig zu entscheiden.735 cc) Reformbedarf Gerade im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise wurde vielerorts von einer neuen Form des Konflikts, der hybriden Kriegsführung, gesprochen. Auch wiesen das US-Verteidigungsministerium und die NATO, auch schon vor der Annexion der Krim durch Russland, auf die Bedrohungen durch eine vermeintlich neue Konfliktform der hybriden Kriegsführung hin.736 Diese ist aber genauso wenig neu wie die asymmetrische Kriegsführung. Das Kombinieren unkonventioneller bzw. irregulärer Taktiken mit konventionellen ist so alt wie der Krieg selbst.737 Die Kriegsgeschichte ist voll von Beispielen für den Einsatz hybrider Kriegsführungsmittel und -methoden.738 733  Asmussen/Hansen/Meiser, Hybride Kriegsführung – eine neue Herausforderung?, 2015, S. 16. 734  Spiegel Online, Insiderin berichtet aus der Trollfabrik des Kreml, Artikel vom 29. Mai 2015, verfügbar unter: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/russischetrollfabrik-eine-insiderin-berichtet-a-1036139.html (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 735  Zur sog. gerasimov doctrine siehe Bartles, Mil. Rev. (2016), S. 30–38. 736  U.S. Department of Defense, National Defense Strategy, 2008, S. 11, 12; North Atlantic Treaty Organisation, Bi-SC Input to a New NATO Capstone Concept for the Military Contribution to Countering Hybrid Threats, 25. August 2010. 737  O’Connell, Ethics and Armed Forces 2 (2015), S. 2. 738  Tamminga, Hybride Kriegsführung, 2015, S. 1.



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Bereits von Clausewitz nannte den Krieg ein „wahres Chamäleon und eine wunderliche Dreifaltigkeit“, weil dieser immer wieder seine Erscheinungsform sowie seine Antriebsmomente und seine Dynamik verändere.739 1938 bediente sich z. B. Deutschland Deutschstämmiger bei der Erlangung des Sudetenlandes von der Tschechoslowakei. Ebenfalls als hybride Kriegsführung war Russlands Verhalten im Hinblick auf Georgien und Moldawien anzusehen. Auch überlagern sich Konflikte im Fall Syriens oder des Jemens oder auch im Rahmen des Zweiten Weltkrieges und des Konflikts im Irak. Verschiedene Vorstufen des Konzepts hybrider Kriegsführung wurden bereits in den 2000er Jahren unter den Begriffen „4th Generation Warfare“, „Compound Warfare“ diskutiert.740 Hybride Maßnahmen wurden seitens der USA beispielsweise bei der Unterstützung der Bewegung der afghanischen Mudschaheddin bei ihrem Guerillakrieg gegen die Sowjetunion, im Rahmen der Operation Enduring Freedom, im Rahmen derer die USA der gegen die Taliban kämpfenden Nordallianz militärische Hilfe leisteten741 und während des Bosnienkrieges auf verdeckte Weise den kroatischen Truppen militärisch zur Seite standen742. Auch die von der US-geführten Koalition im Irak und die britische Unterstützung der Aufständischen in Libyen lassen sich als hybride Maßnahmen anführen.743 Organisationen wie die Hisbollah oder der Islamische Staat (IS) lassen sich als hybride Akteure bezeichnen, da sie als staatsähnliche Gebilde über Kapazitäten verfügen, sowohl konventionelle wie auch irreguläre Mittel und Methoden anzuwenden.744 Der IS ist beispielsweise in der Lage, konventionelle Truppen aufzustellen und zu erhalten, während er gleichzeitig auf irregulärem Wege Terroranschläge verübt. Er nutzt zudem kriminelle Aktivitäten, um sich zu finanzieren.745 Einige Aspekte der modernen Kriegsführung sind jedoch durchaus neu, wie der Aspekt des Cyber Warfare. Dies betrifft aber nur einen Teilbereich der Kriegsführung und trifft nicht die Natur des Krieges selbst. Es wäre aber m. E. daher verfehlt anzunehmen, dass das Recht des bewaffneten Konflikts diesbezüglich überholt oder voller Lücken ist. Im Grunde handelt es sich nämlich um kein strukturell neues System. Entsprechend ist auch die Kritik zurückzuweisen, dass hybride Kriege, wie auch asymmetrische Kriege, eine neue Erscheinung und damit nicht durch das Recht des bewaffneten Kon739  von

Clausewitz, Vom Kriege, 2010, S. 46. Hybride Kriegsführung, 2015, S. 1. 741  Popescu, European Union Institute for Security Studies 4 (2015), S. 1. 742  Ehrhart, Aus Politik und Zeitgeschichte 64/47–48 (2014), S. 26, 27. 743  Siehe dazu ausführlich Hilsum, Libya in the Time of Revolution, 2012. 744  Asmussen/Hansen/Meiser, Hybride Kriegsführung – eine neue Herausforderung?, 2015, S. 10, 11. 745  Jasper/Moreland, Small Wars Journal, 2014, S. 6 f. 740  Tamminga,

274 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

flikts geregelt sind.746 Hybride Kriegsführung ist kein neues Phänomen und die fundamentalen Regeln des Krieges haben sich dadurch – auch durch das vermehrte Aufkommen hybrider Kriegsführungen – nicht verändert.747 So ist auch der Ukraine-Konflikt auf der Krim-Halbinsel als ein internationaler bewaffneter Konflikt zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine anzusehen.748 Krieg ist und bleibt auch im 21. Jahrhundert ein komplexes Phänomen, aber sein Kern hat sich nicht und wird sich auch nicht verändern.749 Sofern es sich um einen bewaffneten Konflikt handelt, findet das Recht des bewaffneten Konflikts auch Anwendung und es gibt keinen rechtsfreien Raum. Dennoch kann der Einsatz hybrider Mittel und Methoden der Kriegsführung im Bereich des Luftkrieges in der Praxis erhebliche Risiken für Zivilpersonen begründen. dd) Zwischenfazit Das Recht des bewaffneten Konflikts ist sehr gut in der Lage, mit den vermeintlich neuen Konfliktformen umzugehen. Die Regelungen des Rechts des bewaffneten Konflikts finden auch in diesen Formen bewaffneter Konflikte Anwendung. Entweder dadurch, dass sie flexibel und allgemein gehalten sind oder dadurch, dass sie bereits wie Art. 44 ZP I auf die neuen Zustände angepasst wurden. Das Beibehalten der gewohnten Struktur und des allgemein anerkannten Regelungsgefüges ist auch wichtig zur Beibehaltung und Sicherung des größtmöglichen Schutzes von Zivilpersonen. 8. Luftblockaden Luftblockaden gelangten seit dem Zweiten Weltkrieg in verschieden Konflikten wie dem Vietnam-Krieg, dem Zweiten Golfkrieg, dem Libanon-Konflikt, dem Nahost-Konflikt sowie dem Saudi-Arabischen Konflikt im Jemen zur Anwendung.750 Luftblockaden können, wie die sogenannte „Hungerblockade“ während und nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland, erhebliche Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung haben. 746  O’Connell,

Ethics and Armed Forces 2 (2015), S. 2. auch Tamminga, Hybride Kriegsführung, 2015, S. 4. 748  Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 61 Rn. 20. 749  Mansoor, Introduction, Hybrid Warfare in History, in: Murray/Mansoor, (Hrsg.), Hybrid Warfare, Fighting Complex Opponents from the Ancient World to the Present, 2012, S. 1. 750  Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of Armed Conflict, 2004, S.  105 f. 700; Darwich, GIGA Focus, Nr. 6, 2015, S. 6. 747  So



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a) Begriff und Zweck Eine Luftblockade ist eine Operation eines Kriegsführenden, die dazu dient, Luftfahrzeuge daran zu hindern, in bestimmte Luftzonen, wie den Luftraum über Küstenstreifen, die einer gegnerischen Konfliktpartei gehören, von ihr besetzt sind oder kontrolliert werden, einzufliegen oder diese zu verlassen.751 Der primäre Zweck der Errichtung einer Luftblockade besteht darin, dem Gegner das Benutzen neutraler Luftfahrzeuge zum Transport von Truppen oder Gütern zu oder aus einem blockierten Gebiet heraus zu verwehren.752 Eine Luftblockade ist dabei die einzige Kriegsmethode, die es einer kriegführenden Partei erlaubt, rechtmäßig gegnerische Exporte an Bord von neu­ tralen Luftfahrzeugen zu verhindern.753 Ohne eine Luftblockade können Waren an Board von neutralen Luftfahrzeugen nur abgefangen werden, sofern sie Schmuggelware darstellen.754 In Abgrenzung zu Maßnahmen zur Eindämmung von Schmuggelwaren geht es bei Luftblockaden aber nicht um den Inhalt der Fracht, sondern darum, ob ein Versuch unternommen wurde, einen bestimmten Luftraum zu betreten oder zu verlassen.755 Zudem sind Luftblockaden geographisch begrenzt, wohingegen gegen Schmuggler überall im internationalen Luftraum vorgegangen werden kann.756 In Abgrenzung zu Embargos, welche die Bewegung von Gütern in das eigene Staatsgebiet, aus diesem heraus oder über dieses hinweg verhindern, richten sich Blockaden gegen das Verbringen von Waren in oder aus einem feindlichen Territorium.757 Zudem richten sich Embargos gegen Importe in den Zielstaat am Herstellungsort, wägrend Blockaden in bestimmten Gebieten in der Nähe des Territoriums des Zielstaates errichtet werden.758 Auch abzugrenzen sind Blockaden von Belagerungen, die darauf ausgerichtet sind, durch das Abschneiden aller Vorräte, die Kapitulation des Gegners zu erzwingen sowie von militärischen Besatzungen, die neben einer tatsächlichen Anwesendheit militärischer Streitkräfte in fremdem Territorium und einer effektiven Kon­

751  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Rn. 3, S. 287; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1146. 752  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Rn. 4, S. 287. 753  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 147, Rn. 4, S. 288; Bundes­ ministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1146. 754  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 147, Rn. 4, S. 288. 755  Schmitt, USAFA J. Leg. Stud. 2 (1991), S. 21, 22. 756  Schmitt, USAFA J. Leg. Stud. 2 (1991), S. 21, 22. 757  Schmitt, USAFA J. Leg. Stud. 2 (1991), S. 21, 22. 758  Schmitt, USAFA J. Leg. Stud. 2 (1991), S. 21, 22.

276 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

trolle des betroffenen Gebietes auch die Ausübung von Hocheitsgewalt erfordern.759 b) Errichtung, Durchsetzung und Beendigung Luftblockaden finden lediglich in internationalen bewaffneten Konflikten Anwendung.760 Dennoch kann eine Zentralregierung in einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt dem Gegner Beschränkungen auferlegen bzgl. des Ein- und Austritts von Gebieten, die sich formell unter der territorialen Hoheitsgewalt der Zentralregierung befinden, jedoch de facto von Aufständischen kontrolliert werden.761 Diese Handlungen sind jedoch nur auf das eigene Staatsgebiet begrenzt.762 Luftblockaden richten sich gegen Luftfahrzeuge und werden durch militärische Luftfahrzeuge oder mit anderen Mitteln durchgesetzt.763 Eine Luftblockade wird regelmäßig gegen alle Luftfahrzeuge verhangen, auch wenn diese nichts transportieren.764 Denn dem Prinzip der Unparteilichkeit entsprechend muss eine Luftblockade unparteiisch gegenüber allen Staaten durchgesetzt werden, dies gilt auch für Zivilluftfahrzeuge der blockierenden Partei selbst sowie neutrale Militär- oder andere Staatsluftfahrzeuge, jedoch sind Ausnahmen zugunsten neutraler militärischer Luftfahrzeuge möglich.765 Um effektiv zu sein, muss sich die Luftblockade auch gegen unbemannte Luftfahrzeuge richten.766 Resultierend aus der völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Unverletzlichkeit des neutralen Gebiets darf eine Luftblockade nicht den Zugang zu neutralem Luftraum versperren, es muss diesbezüglich freie Durchfahrt gewährleistet werden.767 Eine Luftblockade muss seitens eines Kriegsführenden erklärt werden und alle Staaten müssen diesbezüglich unterrichtet werden.768 Grundsätzlich las759  Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 61 Rn. 24. 760  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Rn. 7, S. 287. 761  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Rn. 7, S. 287. 762  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Rn. 7, S. 287. 763  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Rn. 1, S. 287. 764  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Rn. 4, S. 287. 765  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 155, S. 49; HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 155, Rn. 1, 2, S. 294; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of Armed Conflict, 2016 Rn. 701. 766  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 151, 154, S. 49; HPCR Commentary, 2010, Aschnitt V, Rn. 5, S. 287. 767  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 150, S. 49; HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 150, Rn. 1, 2, S. 290; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1146.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot277

sen sich strategische und lokale Blockaden unterscheiden. Strategische Luftblockaden kann nur die Regierung der die Blockade verhängenden Partei erklären, während eine lokale Luftblockade auch von dem zuständigen Befehlshaber erklärt werden kann und in ihrem Ausmaß und ihrer Dauer beschränkt ist.769 Die Benachrichtigung über die Errichtung einer Luftblockade muss an alle Staaten ergehen, da sie allen Luftfahrzeugen gegenüber durchgesetzt wird, unabhängig von ihrer Nationalität, so ist sie auch stets allen betroffenen neutralen Staaten gegenüber mitzuteilen. Im Fall einer strategischen Luftblockade muss auch die gegnerische Regierung benachrichtigt werden, im Fall einer lokalen Luftblockade kann die Benachrichtigung auch an die Behörden des blockierten Gebietes adressiert werden.770 Die Benachrichtigung muss den Beginn, die Dauer, das Gebiet, also die Lage, und das Ausmaß bzw. die Ausdehnung der Blockade sowie den Zeitrahmen, innerhalb dessen neutrale Luftfahrzeuge die blockierte Gegend verlassen sollen, angeben.771 Eine fehlende Bestimmtheit der Benachrichtigung kann die Luftblockade unwirksam werden lassen.772 Die durchgeführten Maßnahmen müssen auch mit den angekündigten übereinstimmten.773 Darüber hinaus sollte, sofern praktisch möglich, die Errichtung der Luftblockade via N ­ OTAM bekannt gegeben werden.774 Diese wird als ausreichend angesehen. Eine darüber hinausgehende Benachrichtigung in Form einer diplomatischen Benachrichtigung hingegen ist, von Ausnahmefällen abgesehen, nicht erforderlich.775 Die Erklärung sollte Informationen über Frequenzen, Wetter- und Identifizierungsmodi und -schlüssel, Höhe, Kursanweisungen, Geschwindigkeitsbeschränkungen, Verfahren zur Beantwortung von Funkanfragen der Streitkräfte der Konfliktpartei und zur Einrichtung von Zwei-Wege-Kommunikationsmöglichkeiten sowie zu möglichen militärischen Reaktionen in Fällen, in denen die bekannt gemachten Vorgaben nicht beachtet werden oder in denen das zivile oder andere Luftfahrzeug von den Streitkräften der Konfliktpartei als Bedrohung betrachtet würde, enthalten.776 Wichtig ist, dass 768  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 148 (a), S. 48; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1146. 769  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 148 (a), Rn. 2, S. 288. 770  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 148 (a), Rn. 3, S. 288. 771  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 148 (b), S. 288; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1147. 772  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 148 (b), Rn. 1, S. 288, 289. 773  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 148 (b), Rn. 1, S. 289. 774  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1147; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of Armed Conflict, 2016, Rn. 701. 775  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 148 (c), Rn. 3, S. 289. 776  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1147.

278 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

eine Benachrichtigung erfolgt. Mit welchen Mitteln diese auch umgesetzt wird, ist grundsätzlich sekundär, denn es kommt primär darauf an, dass sie die zu Benachrichtigenden erreicht. Auch die Beendigung, zeitweise Aufhebung, das Wiedererrichten, die Erweiterung bzw. Ausdehnung oder sonstige Änderungen von Luftblockaden müssen angekündigt werden und alle Staaten müssen entsprechend benachrichtigt werden, sofern praktikabel via NOTAM.777 Keine Anwendung findet diese Bestimmung in Fällen, in denen die blockierende Partei sich aufgrund von Unwetter zeitweilig zurückzieht, insbesondere, wenn die Wetterbedingungen keinen Luftverkehr erlauben.778 Nach der Wiedererrichtung einer Blockade sind dieselben Anforderungen an diese zu erfüllen, wie bei der Ersterrichtung.779 Der bloße Umstand, dass Militärflugzeuge sich nicht in der Luft befinden, um die Luftblockade durchzusetzen, bedeutet nicht, dass diese zeitweise aufgehoben oder beendet wurde.780 Eine Luftblockade muss zudem effektiv sein, d. h. sofern erlassen, muss sie auch durchgesetzt werden.781 Ob sie dies ist, ist eine Tatsachenfrage.782 Das ist der Fall, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass jedes Einoder Ausfliegen des Blockadegebietes von der blockierenden Partei entdeckt und verhindert wird und ein solches Verhalten daher als gefährlich gilt.783 Es kommt also auf die Durchsetzbarkeit der Luftblockade an. Eine Luftblockade muss unparteilich gegenüber allen Staaten durchgesetzt werden.784 Um effektiv zu sein, müssen nicht stets militärische Luftfahrzeuge zum Durchsetzten der Blockade in der Luft sein, eine elektronische Überwachung und/oder der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge werden als ausreichend angesehen.785 Sofern die blockierende Partei in der Lage ist, sofort auf eine versuchte Verletzung der Luftblockade zu reagieren, bleibt die Luftblockade effektiv.786 Die blockierende Partei muss dabei auch nicht in unmittelbarerer Nähe der 777  HPCR Manual, Abschnitt V, Regel 149 (a), (b), S. 290; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1147. 778  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 149 (a), Rn. 2, S. 290. 779  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 148 (b), Rn. 3, S. 290. 780  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 148 (b), Rn. 4, S. 290. 781  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 151, S. 49; HPCR Kommentar, Abschnitt V, Regel 151, Rn. 1, S. 291; Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of Armed Conflict, 2016, Rn. 701. 782  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1146. 783  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 151, Rn. 2, S. 291. 784  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1148. 785  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 151, Rn. 3, S. 291. 786  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 151, Rn. 3, S. 291.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot279

Luftblockade stationiert sein.787 Es ist keiner anderen Kategorie an Luftfahrzeugen als militärischen Luftfahrzeugen erlaubt, Luftblockaden durchzusetzen.788 Dazu muss die blockierende Partei ein ausreichendes Maß an Luft­ hoheit über dem blockierten Gebiet innehaben.789 Hat sich eine Luftblockade als nicht effektiv erwiesen, ist sie nichtig und weitere militärische Maßnahmen sind dann rechtswidrig.790 Es kann jedoch eine erneute Luft­blockade unter Einhaltung aller erforderlichen Voraussetzungen errichtet werden. Sofern notwendig, d. h. mangels anderer Alternativen, muss Luftfahrzeugen in Notlagen gestattet werden, den blockierten Luftraum zu überfliegen, dies steht der Effektivität jedoch nicht im Wege.791 Wegen des Effektivitätsgebots für eine Luftblockade sollten die Streitkräfte, die sie aufrechterhalten und durchsetzen, in einer Entfernung von dem blockierten Luftraum stationiert werden, welche eine effektive Durchsetzung auch erlaubt. c) Auswirkungen auf den Schutz von Zivilpersonen Die Errichtung und Durchsetzung von Luftblockaden bergen Risiken für die Zivilbevölkerung. Es kann dazu kommen, dass Zivilluftfahrzeuge unbeabsichtigt eine Luftblockade durchbrechen. Eine Luftblockade gilt als durchbrochen, wenn ein Luftfahrzeug ihre Außengrenze, wie in der vorangegangenen Benachrich­ tigung näher bestimmt, durchquert.792 Der Versuch, eine Luftblockade zu brechen, wird in zwei Fällen als gegeben angenommen, (i) wenn ein Luftfahrzeug aus dem blockierten Gebiet heraus startet und zweifelsfrei in Richtung der äußeren Grenze der Luftblockade fliegt oder (ii) wenn es sich im internationalen Luftraum befindet, jedoch eine Route fliegt, die unweigerlich auf den blockierten Luftraum führt.793 Vernünftige Gründe für einen Bruch der Luftblockade bzw. eine solche Absicht sind gegeben, wenn ein ziviles Luftfahrzeug auf Aufforderung falsche Informationen bezüglich seiner Fracht oder seines Ziels angibt oder sich vor den Grenzen der Luftblockade befindet als warte es nur darauf, dass das patrouillierende Luftfahrzeug verschwindet, 787  HPCR Manual, Abschnitt V, Regel 152, S.  49; HPCR Kommentar, Abschnitt V, Regel 152, Rn. 1, 2, S. 292. 788  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 153 (a), Rn. 2, S. 292. 789  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 154, S. 49. 790  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1152. 791  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 153 (b), S. 49; HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 153 (b), Rn. 1, 2, S. 292, 293; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1148. 792  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 156, Rn. 3, S. 295. 793  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 156, Rn. 4, S. 295.

280 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

um sodann die Blockade zu durchbrechen.794 Wenn ein ziviles Luftfahrzeug versucht zu flüchten, steht dem blockierenden Staat das Recht der Nacheile zu. In diesem Rahmen ist das zivile Luftahrzeug weiter dem Risiko eines rechtmäßigen Angriffs ausgesetzt.795 Dieses Recht endet jedoch, sofern das Luftfahrzeug das Hoheitsgebiet eines neutralen Staates überfliegt.796 Da es nur um die Effektivität und die Durchsetzung der Luftblockade geht, dürfen keine Strafmaßnahmen gegen das zivile Luftfahrzeug verhängt werden, auch darf es nicht in Zukunft für einen in der Vergangenheit liegenden Verstoß gegen die Luftblockade gefangengenommen werden.797 Dem Effektivitätsgebot entsprechend muss ein ziviles Luftfahrzeug, sofern vernünftige Gründe dafür sprechen, dass dieses eine Luftblockade gebrochen hat oder beabsichtigt, dies zu tun, zur Landung, Inspektion, Beschlagnahme oder Umleitung gezwungen werden.798 Leisten zivile Luftfahrzeuge Widerstand gegen das Abfangen, die Anweisung zur Landung oder die Beschlagnahme sind diese nach vorheriger Warnung der Gefahr eines Angriffs ausgesetzt.799 Die zivile Besatzung eines solchen Zivilluftfahrzeuges wird sodann als an Feindseligkeiten teilnehmend angesehen.800 Darüber hinaus kann sich das Aufrechterhalten einer Luftblockade, das keinerlei Luftfahrzeuge mit den notwendigen Versorgungsmitteln durchlässt, erheblich auf das Leben der betroffenen Zivilpersonen auswirken, da diese Schwierigkeiten bekommen, an Lebensmittel sowie Medikamente zu gelangen. Die Blockade in Deutschland während und nach dem Zweiten Weltkrieg setzte die Zivilbevölkerung Hungersnöten aus.801 So wurde diese auch oft Hungerblockade genannt.802 Daher ist das Errichten oder Aufrechterhalten einer Luftblockade verboten, sofern ihr einziger oder primärer Zweck das Aushungern der Zivilbevölkerung oder das Versagen anderer lebensnotwen794  HPCR

Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 156, Rn. 5, S. 295. Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 156, Rn. 9, S. 296. 796  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 156, Rn. 9, S. 296. 797  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 156, Rn. 10, S. 296. 798  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 156, S. 50; HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 156, Rn. 1, 2, S. 295; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1146. 799  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 156, S. 50; HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 156, Rn. 8, S. 296; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1149; Schmitt, USAFA J. Leg. Stud. 2 (1991), S. 21, 48. 800  Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of Armed Conflict, 2016, Rn. 702. 801  Vincent, The Politics of Hunger: The Allied Blockade of Germany 1915–1919, 1985, S. 124. 802  Gillespie, A History of the Laws of War, Vol. II, 2011, S. 73. 795  HPCR



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot281

diger Dinge ist.803 Eine Luftblockade wirkt sich naturgemäß auf die Zivilbevölkerung des blockierten Gebietes aus, welche einem erhöhten Risiko der Entziehung lebensnotwendiger Mittel und damit auch dem Hunger, ausgesetzt wird.804 Verboten ist eine Luftblockade aber nur, wenn dies der primäre oder einzige Zweck der Luftblockade ist, nicht, wenn es sich nur um einen Nebeneffekt handelt, die Luftblockade aber primär einem rechtmäßigen militärischen Zweck dient.805 Das Errichten oder Aufrechterhalten einer Luftblockade ist demnach verboten, wenn das Leiden der Zivilbevölkerung exzessiv im Verhältnis zum konkreten und unmittelbaren von der Luftblockade erwarteten militärischen Vorteil anzusehen ist bzw. ein solches zu erwarten ist.806 Leiden bedeutet dabei nicht bloße Unannehmlichkeit.807 Wenn eine Luftblockade zunächst kein exzessives Leiden verursacht, diese Situation später aber in ein solches umschlägt, ist eine Luftblockade aufzuheben, bzw. der Durchflug von entsprechenden Luftfahrzeugen zur Versorgung der Zivilbevölkerung zu erlauben.808 Sofern die Zivilbevölkerung nicht angemessen mit Lebensmitteln und anderen lebensnotwendigen Dingen versorgt wird, muss die blockierende Partei für eine freie Durchfahrt solcher Lieferungen sorgen, beispielsweise durch Errichtung eines humanitären Luftkorridors.809 Um einem Missbrauch vorzubeugen, steht der blockierenden Partei dabei das Recht zu, die Bedingungen, einschließlich Inspektionen, vorzugeben, unter denen eine solche Durchfahrt ermöglicht wird.810 Die Verteilung der Vorräte darf unter die Bedingung gestellt werden, dass diese unter der Aufsicht einer Schutzmacht oder humanitären Organisation, die Unparteilichkeit garantiert, wie dem IKRK, stattfindet.811 Die blockierende Partei ist verpflichtet, die Durchfahrt für medizinische Versorgungsgüter für die Zivilbevölkerung oder die verwundeten und kranken Mitglieder der Streitkräfte zu ihren Bedingungen zu gestatten.812

803  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 157 (a), S. 50; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1150. 804  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 157 (a), Rn. 3, S. 296. 805  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 157 (a), Rn. 3, S. 296. 806  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 157 (b), S. 50. 807  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 157 (b), Rn. 2, S. 297. 808  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt V, Regel 157 (b), Rn. 3, S. 297. 809  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 158, S. 50; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1151. 810  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 158 (a), S. 50; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1151. 811  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 158 (b), S. 50; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1151. 812  HPCR Manual, 2009, Abschnitt V, Regel 159, S. 51.

282 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Ferner kann eine Luftblockade keine Übersendungen an die Zivilbevölkerung ausschließen.813 Der Ein- und Ausflug von Sanitätsluftfahrzeugen sowie solchen, denen ein sicherer Überflug gewährt wird, hängen von dem Einverständnis der die Blockade errichteten Partei ab.814 d) Zwischenfazit Luftblockaden können in der Praxis verheerende Folgen für die Zivilbevölkerung haben, dies ist jedoch nicht auf eine unzureichende Regelung des Rechts des bewaffneten Konflikts zurückzuführen. Das Recht des bewaffneten Konflikts regelt Luftblockaden umfassend und weist diesbezüglich eindeutige Regelungen auf. Für die Praxis bleibt im Rahmen der Zulässigkeit einer Luftblockade jedoch die Frage nach der Abwägung von zivilem Leiden und militärischen Vorteil. Diese wiederkehrende Abwägungsproblematik ist subjektiv und nicht klar umreißbar, was gewisse Risiken zulasten von Zivilpersonen birgt. 9. Sicherheitszonen Im Einklang mit Art. 58 a) ZP I sind die Kriegführenden im Rahmen von Luftoperationen verpflichtet, soweit wie möglich sicherstellen, dass die sich unter ihrer Hoheitsgewalt befindende Zivilbevölkerung aus der Nähe der militärischen Operationen entfernt wird. Dies spiegelt sich auch in Art. 58 c) ZP I wieder, der vorschreibt, die Zivilbevölkerung durch die Vornahme von Vorsichtsmaßnahmen weitestgehend zu schützen. Zu diesem Zwecke sieht Art. 14 GK IV die Errichtung von Sanitäts- und Sicherheitszonen vor. Diese können auch im Rahmen von bewaffneten Luftkriegsoperationen zum Schutz der Zivilbevölkerung am Boden und in der Luft errichtet werden. Solch Schutzgebiete werden auch sog. safe havens, safety zones, Sicherheitszonen oder Zonen für Flüchtlinge genannt.815 Sie sollen die Einhaltung des Unterscheidungsgrundsatzes und des Exzessverbots stärken. Mit der Entwicklung und Zunahme des Luftkrieges gewinnen solche Zonen zunehmende Bedeutung. Die Errichtung von Sicherheitszonen ist jedoch, wie nachfolgend dargelegt, vielerorts Kritik ausgesetzt.

813  HPCR

Commentary, 2010, Abschnitt V, Rn. 6, S. 287. Commentary, 2010, Abschnitt V, Rn. 6, S. 287. 815  Van Engeland, Civilian or Combattant?, 2011, S. 72. 814  HPCR



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot283

a) Sicherheitszonen am Boden Sicherheitszonen stellen völkerrechtlich befriedete Räume dar. Zu Beginn oder im Verlauf der Feindseligkeiten können die Konfliktparteien im gegenseitigen Einvernehmen solche Sicherheitszonen errichten. Schutzmächte oder das IKRK sind für diese Zonen verantwortlich mit dem Ziel, Kranken, Verletzten, Alten sowie Kindern unter 15 Jahren, Schwangeren und Müttern mit Kindern unter sieben Jahren Schutz vor Feindseligkeiten zu gewähren. In diesen Zonen sind die sich darin befindenden Zivilpersonen geschützt. Innerhalb dieser Zonen dürfen keine Kampfhandlungen stattfinden. Die Zonen müssen als solche erkennbar und mit einem eindeutig unterscheidbaren Zeichen versehen werden. Das Fehlen des Anbringens eines solchen Zeichens kann als Perfiderie und damit als schwerer Verstoß gegen das Völkerrecht geahndet werden, was auch ein Kriegsverbrechen darstellen kann (Art. 85 ZP I). Zur Kennzeichnung von Sanitäts- und Sicherheitszonen wird ein roter Schrägbalken auf weißem Grund verwendet.816 Die GK IV und das ZP I unterscheiden vier Arten von Sicherheitszonen, neutrale Zonen, unverteidigte Ortschaften, Sanitärzonen und -ortschaften sowie demilitarisierte Zonen. aa) Neutrale Zonen Art. 15 GK IV sieht neutrale Zonen zum Schutz der Zivilpersonen vor Auswirkungen des Krieges vor, welche unmittelbar oder durch einen neutralen Staat oder eine humanitäre Organisation oder durch eine Konfliktpartei geschaffen werden können.817 Neutrale Zonen dienen dem Schutz von Personen ohne jegliche Unterscheidung vor den Gefahren des Krieges (Art. 15 GK IV). Zudem verbietet Art. 60 ZP I, Kriegshandlungen auf Zonen auszu816  Art. 6

des Ersten Anhangs zum GK IV. 15 GK IV: Jede am Konflikt beteiligte Partei kann entweder direkt oder durch Vermittlung eines neutralen Staates oder einer humanitären Organisation der gegnerischen Partei vorschlagen, in den Kampfgebieten neutrale Zonen zu schaffen, die dazu bestimmt sind, die folgenden Personen ohne jeglichen Unterschied vor den Gefahren des Krieges zu schützen: a. die verwundeten und kranken Kombattanten oder Nichtkombattanten; b. die Zivilpersonen, die nicht an den Feindseligkeiten teilnehmen und die sich während ihres Aufenthaltes in diesen Zonen keiner Arbeit militärischer Art widmen. Sobald sich die am Konflikt beteiligten Parteien über die geographische Lage, die Verwaltung, die Versorgung mit Nahrung und die Kontrolle der in Aussicht genommenen neutralen Zone verständigt haben, soll eine schriftliche Vereinbarung geschlossen und von den Vertretern der am Konflikt beteiligten Parteien unterzeichnet werden. Diese Abmachung soll den Anfang und die Dauer der Neutralisation der Zone festsetzen. 817  Artikel

284 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

dehnen, denen durch ausdrückliche Vereinbarung der Status von entmilitarisierten Zonen zuerkannt wurde, wenn die Ausdehnung der betreffenden Vereinbarung zuwiderläuft.818 Die Personen, welche in neutralen Zonen in Obhut genommen werden können, sind verletzte und kranke Kombattanten und Nichtkombattanten sowie Zivilpersonen, die nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Wenn sie sich in diesen Zonen aufhalten, dürfen sie nicht für das Militär ­arbeiten oder sich an militärischen Aktionen in diesen Zonen beteiligen. Die Details bezüglich der Lage, Dauer, Verwaltung und Überwachung dieser Zonen obliegen den Absprachen unter den Konfliktparteien. bb) Unverteidigte Ortschaften Art. 59 ZP I sieht die Errichtung unverteidigter Ortschaften vor, in denen keine Kampfhandlungen vorgenommen werden dürfen. Diese müssen mittels erkennbarer, unterscheidbarer Zeichen markiert sein (Art. 59 Abs. 5, Abs. 7 ZP I). Dabei sind strikte Voraussetzungen einzuhalten, so müssen alle Kombattanten, Waffen und mobiles militärisches Equipment ausgelagert werden und fixe militärische Einrichtungen dürfen nicht benutzt werden. Ferner dürfen keine Feindseligkeiten oder Handlungen, die die Militäroperationen unterstützen, von der Bevölkerung vorgenommen werden. Wenn nur eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt wird, verliert die Ortschaft ihren Status als geschützte Zone und kann wieder rechtmäßig angegriffen werden. cc) Sanitärzonen Nach Art. 23 GK I können zum Schutz verwundeter und kranker Soldaten sowie ihrem Hilfspersonal Sanitäts- und Sicherheitszonen errichtet werden. Sanitätszonen und -orte können auch bereits in Friedenszeiten auf eigenem oder auf besetzten Gebiet eingerichtet werden, um den Verwundeten und Kranken sowie dem mit der Organisation und Verwaltung dieser Zonen und Orte und mit der Pflege der dort zusammengefassten Personen beauftragten Personal Schutz vor den Folgen des Krieges zu bieten (Art. 23 GK I). Zur näheren Ausgestaltung und Anerkennung der errichteten Sanitätszonen können die Parteien untereinander Vereinbarungen schließen. Solche Zonen können nach Art. 14 GK IV, der den Anwendungsbereich des Art. 23 GK I ausweitet, für alle Gebrechlichen, Betagten, Kinder unter 15 Jahren, Schwangeren und Mütter von Kindern unter sieben Jahren errichtet werden. 818  Bentzien, Die völkerrechtlichen Schranken der nationalen Souveränität im 21. Jahrhundert, 2007, S. 131.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot285

dd) Demilitarisierte Zonen Art. 60 ZP I schafft demilitarisierte Zonen, in denen keine Militäropera­ tionen ausgeführt und keine Feindseligkeiten ausgeübt werden dürfen. Diesen Zonen liegt ein Übereinkommen der Konfliktparteien zugrunde, welches mündlich, schriftlich oder durch Mediation mit Hilfe einer Schutzmacht oder humanitären Organisation abgeschlossen werden kann. Auch dieses Gebiet muss sowohl kombattanten- wie auch waffenfrei sein. Es darf sich keine militärische Ausrüstung in der Zone befinden und es dürfen keine Feindseligkeiten begangen werden. Sofern sich Polizei in der Zone aufhält, dann nur, um für Recht und Ordnung innerhalb der Zone zu sorgen. Wenn eine der Parteien diese Abmachung verletzt, verliert die Zone ihren Schutzstatus.819 b) Sicherheitszonen in der Luft Grundsätzlich hat jeder souveräne Staat das Recht, seine Hoheitsgewalt über den sich über seinem Staatsterritorium liegenden Luftraum auszuüben und somit den Einflug sowie Überflug in diesem Bereich zu regulieren.820 In internationalen bewaffneten Konflikten werden Luftraumbeschränkungen mithilfe von sogenannten Ausschlusszonen sowie Flugverbotszonen errichtet und durchgesetzt. Eine Ausschlusszone beschränkt die Freiheit der Luftfahrt über internationalem Luftraum, Flugverbotszonen hingegen über dem eigenen Territorium eines Staates oder im feindlichen Luftraum. Abzugrenzen sind diese Zonen von Luftblockaden. Luftblockaden werden errichtet, um Luftfahrzeuge daran zu hindern, einen bestimmten Luftraum, der von einem Kriegführenden kontrolliert oder von diesem besetzt wird oder aber zu seinem Staatsgebiet gehört, zu betreten oder zu verlassen und ziehen damit eine Art Grenzvorhang.821 Sicherheitszonen hingegen stellen einen dreidimensionalen Luftraum dar. aa) Ausschlusszonen (Air Exclusion Zones) Eine Ausschlusszone im Luftkriegsrecht ist ein dreidimensionaler Luftraum jenseits der territorialen Souveränität von Staaten, in welchem eine Konfliktpartei umfassende Kontrollrechte für sich in Anspruch nimmt in der Annahme, von bestimmten Regelungen des Rechts des bewaffneten Konflikts befreit zu sein, und den Zugang von Luftfahrzeugen in diesem Luft819  Van

Engeland, Civilian or Combatant?, 2011, S. 73, 74. Air Exclusion Zones, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare: Contemporary Issues, 2006, S. 107. 821  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, S. 236, Nr. 9. 820  Venturini,

286 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

raum anderen Staaten gegenüber versagt oder beschränkt.822 Ausschluss­zonen dürfen nur in internationalen bewaffneten Konflikten errichtet werden.823 Sie haben keine wirtschaftliche Zielsetzung und dürfen daher nicht dazu benutzt werden, um feindliche Exporte zu beschränken oder zu verhindern.824 Eine Ausschlusszone wird vielmehr errichtet, um militärische Mittel von hohem Wert zu verteidigen oder geschützte Personen und Objekte zu schützen. Davon abgesehen können sie auch zur geographischen Begrenzung des Kampfgebietes errichtet werden, indem Gebiete außerhalb der Zone von Kriegshandlungen ausgenommen werden. Es wird zwischen stationären und beweglichen Ausschlusszonen unterschieden. Eine stationäre Ausschlusszone umfasst einen durch Koordinaten festgelegten dreidimensionalen Raum, also ein bestimmtes Gebiet, einschließlich des darüber befindlichen Luftraums.825 Die Errichtung von statio­ nären Ausschlusszonen ist als ein völkerrechtliches Ausnahmerecht nur unter den folgenden Voraussetzungen zulässig: (i) Einhaltung des Rechts des bewaffneten Konflikts innerhalb der Ausschlusszone, (ii) keine über die legitimen nationalen Sicherheits- und Verteidigungsbedürfnisse hinausgehenden Rechte und (iii) Gewährung angemessener Fristen zum Verlassen der Z ­ one.826 Eine bewegliche Ausschlusszone umfasst den dreidimensionalen Raum um die Verbände der Seestreitkräfte herum, ändert also seine Position mit Fortbewegung des jeweiligen Verbandes.827 Bewegliche Ausschluss­ zonen sind nur zulässig, wenn sie vorab in allgemeiner Form öffentlich bekannt gegeben werden.828 In der Erklärung sind die beanspruchten Rechte festzulegen. Da Ausschlusszonen den ansonsten ungehinderten Luftverkehr im internationalen Luftraum behindern, sollten sie in ihrem Wesen und ihrem Umfang nach begrenzt sein. Die Ausdehnung, Lage und Dauer der Ausschlusszone und die ihrerseits auferlegten Beschränkungen hängen zwar vom jeweiligen Einzelfall ab, jedoch müssen sie aufgrund militärischer Notwendigkeit gerechtfertigt sein und dürfen somit nicht über das hinausgehen, was vernünf822  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, S. 235 Nr. 3; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1055. 823  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1148. 824  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, Regel 105 (a), S. 237. 825  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1057. 826  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1058. 827  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1057. 828  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1059.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot287

tigerweise als militärisch erforderlich anzusehen ist.829 Zudem müssen Beginn, Dauer, Lage, Ausdehnung und die auferlegten Beschränkungen der Ausschlusszone allen Betroffenen gegenüber ordnungsgemäß (vorzugsweise via NOTAM) bekannt gemacht werden.830 Eine Ausschlusszone darf den Luftraum eines neutralen Staates weder umfassen noch vollständig sperren.831 Soweit militärische Erwägungen dies zulassen, sind für die neutrale Luftfahrt besondere Luftkorridore zur freien Durchfahrt freizuhalten.832 Die Errichtung einer Ausschlusszone darf den Luftraum neutraler Staaten weder umfassen noch komplett versperren.833 Die Rechte neutraler Staaten müssen gebührend berücksichtigt werden und dies erstreckt sich nicht nur auf Gebiete, in denen neutrale Staaten Lufthoheit ausüben.834 bb) Flugverbotszonen (No Fly Zones) Eine Flugverbotszone, eine sogenannte no fly zone, ist ein dreidimensionaler Luftraum, der in bewaffneten Konflikten von einer kriegführenden Partei entweder im eigenen oder fremden nationalen Luftraum errichtet wird und in welchem die kriegführende Partei den Luftverkehr einschränkt oder verbietet.835 Flugverbotszonen werden üblicherweise errichtet, um einen anderen Staat daran zu hindern, seine Luftmacht und Lufthoheit auszuüben, als Sanktion, um einen Staat zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen, um künftige militärische Operationen vorzubereiten, um den gegnerischen Staat im Ansehen seiner Bevölkerung und der Staatengemeinschaft zu schwächen oder zu sonstigen politischen Zwecken.836 Durch die Errichtung einer Flugverbotszone über fremdem Staatsgebiet wird die Lufthoheit des betroffenen Staates, meist gegen den Willen dieses Staates, eingeschränkt. In einer Flugverbotszone ist es dem Staat, welchem gegenüber diese verhängt wurde, nämlich untersagt, Lufthoheit über den Luftraum, welcher in der Flugver829  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, Regel 107 (b), S. 240; Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1148. 830  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1148; HPCR Commentary, 2010, Section P, Rule 107 (c), S. 240. 831  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1148. 832  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, Regel 107 (b), S. 240. 833  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, Regel 107 (d), S. 240. 834  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, Regel 107 (e), S. 241. 835  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, S. 235, Nr. 4; HPCR Commentary, 2010, Section P, Rule 108, S. 242; Venturini, Air Exclusion Zones, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare: Contemporary Issues, 2006, S. 107, 118. 836  Mueller, Denying Flight, Strategic Options for Employing Not-Fly Zones, 2013, S. 8–11.

288 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

botszone liegt, auszuüben. Flugverbotszonen können nicht im internationalen Luftraum errichtet werden837 und dürfen sich zudem nicht auf neutralen Luftraum erstrecken. Die Ausdehnung, Lage und Dauer dieser Zonen sowie die diesbezüglichen Durchsetzungsmaßnahmen sind begrenzt auf solche, die im Rahmen der militärischen Notwendigkeit oder zum Schutz geschützter Personen und Objekte erforderlich sind. Wie bei Ausschlusszonen sind die Errichtung, Durchsetzung, Dauer, Lage sowie das Ausmaß von Flugverbotszonen allen Betroffenen, insbesondere allen möglicherweise betroffenen ­Zivilluftfahrzeugen, unabhängig ob es sich dabei um neutrale, eigene oder gegnerische Luftfahrzeuge handelt, ordnungsgemäß mitzuteilen (vorzugsweise via NOTAM).838 Gegenüber gegnerischen militärischen Luftfahrzeugen muss keine Mitteilung erfolgen, da diese Angriffsziele darstellen. Durchgesetzt werden Flugverbotszonen mit Luftfahrzeugen oder Raketen, unter Umständen auch mit Kriegsschiffen.839 Luftfahrzeuge, die eine Flugverbotszone ohne Erlaubnis betreten, dürfen rechtmäßigen Angriffen ausgesetzt werden, wobei jedoch gilt, dass ein unautorisierter Aufenthalt in einer Flugverbotszone als Indikator für eine feindliche Gesinnung gesehen werden kann, aber die alleinige Anwesenheit in einer solchen Zone nicht für einen Angriff ausreicht.840 In bewaffneten Konflikten unterfällt die Errichtung von Flugverbotszonen dem humanitären Völkerrecht sowie anderen anwendbaren Regelungen des Völkerrechts. Auch wenn ein ohne Autorisierung in eine Flugverbotszone fliegendes Luftfahrzeug ohne Warnung angegriffen werden darf, findet nach wie vor das humanitäre Völkerrecht Anwendung, sodass der Unterscheidungsgrundsatz und das Exzessverbot zur Anwendung gelangen und daher Zivilluftfahrzeuge, die als solche identifiziert wurden, ihre Immunität vor Angriffen behalten. Angriffe auf scheinbar zivile Luftfahrzeuge sind nur als ultima ratio auszuführen.841 Denn auch eine Flugverbotszone ist keine Freischusszone und die Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts finden Anwendung. In der Staatenpraxis kamen Flugverbotszonen bereits mehrfach zum Einsatz. Zwischen den zwei Weltkriegen gebrauchte die British Royal Air Force Luftmacht um durch Luftüberlegenheit ihre Kolonialherrschaft in Somalia, Mesopotamien und Aden zu etablieren.842 Nach dem Golfkrieg 1991 und 1992 schufen Frankreich, die USA und Großbritannien Flugverbotszonen in

837  HPCR

Commentary, 2010, Abschnitt P, Regel 108, S. 242. Commentary, 2010, Abschnitt P, Regel 109, S. 242. 839  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, S. 235, Nr. 8. 840  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, Regel 110, Nr. 2, S. 242. 841  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, Regel 110, Nr. 3, S. 242. 842  Parsons, Airpower Journal VIII/2 (1994), S. 28. 838  HPCR



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot289

kurdischen und schiitischen Gebieten des Iraks.843 Diese Zonen blieben bis 2002 wirksam, gestützt auf der Resolution 688 (1991) des UN-Sicherheitsrates844, die den Schutz der Zivilbevölkerung des Iraks proklamierte. Problematisch war jedoch, dass diese Resolution die Errichtung einer Flugverbotszone nicht ausdrücklich erwähnte, jedoch von den USA und Großbritannien so ausgelegt und durchgesetzt wurde.845 Zudem wurde dadurch in das dem Irak zustehende, sich über den über seinem Staatsgebiet liegenden Luftraum erstreckende Hoheitsrecht eingegriffen, was dazu führte, dass diese Zonen z. T. als rechtswidrig errichtet angesehen wurden.846 Auch im Rahmen der Operation Deny Flight 1992 und 1994 wurden Flugverbotszonen in Bosnien Herzegowina von den Vereinten Nationen errichtet.847 Resolution 781 (1992) des UN-Sicherheitsrates sah erstmals ausdrücklich die Errichtung einer Flugverbotszone über dem Luftraum Bosnien-Herzegowinas vor848, die sämtliche Militärflüge über dem Luftraum Bosnien-Herzegowinas verbot. Sodann wurde 1993 durch die Resolution 816 (1993) des UN-Sicherheits­ rates849 dieses Verbot auf alle Flüge mit Starr- und Drehflüglern ausgedehnt und der Sicherheitsrat ermächtigte die Durchsetzung dieser Flugverbotszone mittels der Operation Deny Flight. Das Mandat beinhaltete später auch die Luftunterstützung der UN-Friedenstruppen in Bosnien und in Kroatien sowie den Schutz von UN-Sicherheitszonen am Boden.850 Auch gegen Libyen wurden 2011 Flugverbotszonen errichtet. Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen des libyschen Regimes unter Machthaber Al-Gaddafi unter Einsatz der lybischen Luftwaffe wurde durch die Resolution des UN-­ Sicherheitsrates 1973 (2011) eine Flugverbotszone über dem gesamten Libyschen Staatsgebiet verhangen.851 Die Flugverbotszone über Libyen wurde kombiniert mit Luftangriffen, die die libysche Luftwaffe vernichteten, sodass die Flugver-

843  Hobe/Fremuth, ZLW 60 (2011), S. 389, S. 394; Kaiser, ZLW 60 (2011), S. 402, 405; Schmitt, Yale J Int’l L 36 (2011), S. 45, 49. 844  UN-Sicherheitsrat, U.N. Doc. S/RES/688 (1991). 845  Kaiser, ZLW 60 (2011), S. 402, 405; Schmitt, Yale J Int’l L 36 (2011), S. 45, 49. 846  Venturini, Air Exclusion Zones, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare: Contempory Issues, 2006, S. 119; Gray, BYIL 65/1 (1995), S. 135, 160. 847  Venturini, Air Exclusion Zones, in: Ronzitti/Venturini (Hrsg.), The Law of Air Warfare: Contempory Issues, 2006, S. 118 f. 848  U.N. Doc. S/RES/781 (1992), Ziffer 1; Mueller, Denying Flight, Strategic Options for Employing Not-Fly Zones, 2013, S. 3, 4. 849  U.N. Doc. S/RES/816 (1993); Mueller, Denying Flight, Strategic Options for Employing Not-Fly Zones, 2013, S. 4. 850  Mueller, Denying Flight, Strategic Options for Employing Not-Fly Zones, 2013, S. 4. 851  UN-Sicherheitsrat 1973, U.N. Doc. S/RES/1973 (2011).

290 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

botszone später zwar noch in Kraft war, das lybische Regime jedoch keine Luftmacht mehr ausüben konnte.852 cc) Air Defense Identification Zones Seit den 1950er Jahren haben einige Staaten, wie beispielsweise die USA, Kanada, Frankreich und Japan Luftraumüberwachungs- und -verteidigungszonen über der sich an ihre Küsten- und Territorialgewässer anschließenden Hohen See ausgerufen. Diese Zonen werden unter anderem als „air defense zones“ bzw. „air defense identification zones“ (ADIZ), „contiguous air space zones“, Luftverteidigungszonen, Identifikationszonen oder Flugsicherheits­ zonen bezeichnet. Ihr Zweck besteht darin, so früh wie möglich eine umfassende Identifikation eines einfliegenden Luftfahrzeuges vornehmen zu können. Jedes Luftfahrzeug, das diese Zonen durchqueren möchte, muss sich identifizieren, indem ihm bestimmte Informationen wie Geschwindigkeit, Kurs und Zielort, abverlangt werden. Ihm kann sogar der Überflug verweigert werden, wenn es nicht beweisen kann, dass es nur durch diese Zone durchfliegt und keine Absicht hegt, den nationalen Luftraum zu betreten.853 Solche Zonen schließen sich üblicherweise an den hoheitlichen Luftraum eines Staates an und dienen als eine Art Pufferzonen. Da sie nicht innerhalb des Hoheitsgebietes eines Staates errichtet werden, ist ihre völkerrechtliche Zulässigkeit mangels eindeutiger Rechtsgrundlage unklar. Da die Errichtung von Luftsicherheitszonen außerhalb des Küstenmeeres von Staaten eine Ausdehnung der Lufthoheit darstellt, die weder völkervertragsrechtlich noch völkergewohnheitsrechtlich zulässig ist, werden diese Zonen z. T. als völkerrechtswidrig angesehen.854 In der Praxis erstrecken sie sich meist über mehrere hundert Seemeilen auf die offene See hinaus.855 Eine solche, jedoch abseits des Küstenmeers gelegene, Zone wurde 1957 von der NATO zu Beginn des Kalten Krieges errichtet und erstreckte sich bis 1989 entlang der deutsch-deutschen Grenze zwischen der DDR und der BRD und durch den Bayrischen Wald bis zur Grenze zu Österreich.856 Hintergrund war das Verhindern von Einflügen militärsicher Luftahrzeuge aus dem damaligen Ostblock. Zum wollte man dabei in der Lage sein, bei Annährungen an die deutsch-deutsche Grenze schnell reagieren zu können. Die USA betreiben folgende Luftverteidigungs- und -identifikationszonen: die Con­tiguous U.S. 852  Mueller, Denying Flight, Strategic Options for Employing Not-Fly Zones, 2013, S. 6. 853  Green, The Contemporary Law of Armed Conflict, 1993, S. 175. 854  Schladebach, Lufthoheit, 2014, S. 463. 855  Schladebach, Lufthoheit, 2014, S. 443. 856  Weiße, NATO-Intelligence, 2013, S. 48.



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot291

ADIZ, entlang der Westküste, Ostküste und dem Golf von Mexiko, die Alaska ADIZ, die Hawaii ADIZ und die Guam ADIZ.857 Zudem wurde als Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 im Rahmen der Operation Liberty Shield eine ADIZ über Washington errichtet.858 Daneben gab es noch ADIZ über New York und Chicago. Zunächst wurden alle Zonen zeitlich beschränkt erreichtet und die über New York und Chicago aufgehoben, während die über Washington 2008 als permanente ADIZ bestehen blieb.859 Dadurch wurde das ursprüngliche Konzept einer ADIZ als Pufferzone vor dem Küstenmeer erweitert auf die innerstaatliche Anwendung.860 Zudem haben Südkorea, Japan und China Luftverteidigungs- und -identifikationszonen, wobei sich die japanische und die chinesische Zone teilweise überlappen. dd) Luftkampfzonen (Air Fight Zones/Air Combat Zones) Kriegführende können Luftkampfzonen, sogenannte „air fight zones“ bzw. „air combat zones“, über dem Territorium und den Territorialgewässern der gegnerischen Partei festlegen, sofern sie diese über deren Festlegung in Kenntnis setzen. Jedes Luftfahrzeug, das in eine solche Zone fliegt, ist militärischen Feindseligkeiten ausgesetzt mit Ausnahme von neutralen Luftfahrzeugen, denen auch nicht der Überflug über internationalen Luftraum verwehrt werden darf.861 c) Kritik und Stellungnahme Sicherheitszonen genießen durch Vorkommnisse in der Vergangenheit einen äußerst schlechten Ruf und sind zunehmend in Kritik geraten. Die Kritik an Sicherheitszonen am Boden ist vor allem auf die Vorfälle in den Jahren 1993 in Bosnien und 1994 in Ruanda zurückzuführen. In Bosnien wurde unter anderem die Stadt Srebrenica zur Sicherheitszone erklärt, in welcher später ein Massaker an Zivilpersonen verübt wurde, das die sich dort befindenden UN-Truppen nicht verhindert haben. Ebenso wurde in Ruanda eine Flüchtlingszone geschaffen, in welcher es nach dem Rückzug Frankreichs zu einem Völkermord kam. 857  Dutton, AJIL 103 (2009), S. 691, 698; Hailbronner, Der Schutz der Luftgrenzen im Frieden, 1972, S. 73. 858  Elias, U.S. Policy and Strategy in the Age of Global Terrorism, 2009, S. 388. 859  Elias, U.S. Policy and Strategy in the Age of Global Terrorism, 2009, S. 388; Jaffe, Airspace Closure and Civil Aviation: A Strategic Resource for Airline Managers, 2015, S. 28. 860  Elias, U.S. Policy and Strategy in the Age of Global Terrorism, 2009, S. 388. 861  Green, The Contemporary Law of Armed Conflict, 2008, S. 177.

292 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Im Hinblick auf Sicherheitszonen in der Luft sind insbesondere Ausschlusszonen umstritten. Dies gründet darauf, dass solche Zonen in der Nachkriegszeit als sogenannte Kriegszonen („war zones“ und „barred areas“) errichtet wurden, die unter Verletzung des Rechts des bewaffneten Konflikts in unbegrenzter Kriegsführung resultierten.862 Seit den 1990ern gewannen Ausschlusszonen jedoch zunehmend an Akzeptanz unter der Prämisse, dass sie keine rechtsfeien Räume darstellten, sondern lediglich der geographischen Begrenzung von Kriegshandlungen dienten.863 Die Ausrufung von Ausschlusszonen wurde von der Staatenpraxis bestätigt, was aber nicht bedeutet, dass damit anerkannt wurde, dass eine kriegführende Partei sich innerhalb einer solchen Zone der Beachtung des Rechts des bewaffneten Konflikts eigenmächtig entbinden kann.864 Dennoch lässt sich daraus ableiten, dass ­ neben no-fly zones, die allgemein akzeptiert werden, die Staatenpraxis gezeigt hat, dass exclusion zones erlaubt sind.865 Trotz aller Kritik werden Ausschlusszonen durchaus gewisse Vorteile zugestanden, so begrenzen sie die geographische Ausdehnung von Kampfhandlungen im Rahmen eines bewaffneten Konflikts und dienen der Warnung für neutrale Luftfahrzeuge und setzen diese damit nicht der Gefahr aus, Opfer eines Kollateralschadens zu werden.866 Trotz der geäußerten Kritik sind Sicherheitszonen in bewaffneten Konflikten wichtig und notwendig, um Zivilpersonen den Schutz zukommen zu lassen, der ihnen zusteht. Lediglich ihre Umsetzung bedarf Verbesserung. Die Herausforderung im Rahmen der Sicherheitszonen besteht vor dem Hintergrund der Praxis darin, dass Zivilpersonen in einer solchen Zone auch wirklich sicher sind. So sollte beispielsweise sichergestellt werden, dass die Schutzmächte aus diesen Zonen nicht abgezogen werden dürfen, solange der Konflikt noch andauert. Darüber hinaus sollte eine Art Schutzsystem aufgestellt werden, das diese Zone verteidigt. Diese Verteidigung kann auch von außerhalb der Zone erfolgen, damit die Zone nicht ihren Status verliert. Zudem wäre es empfehlenswert, innerhalb der Zone eine Art Alarmsystem zu etablieren, das auslöst, sobald die Zivilpersonen innerhalb der Zone in Gefahr sind und aufgrund dessen die Schutzmächte dann ausrücken. Festzuhalten bleibt, dass die Kriegführenden gleichermaßen innerhalb wie außerhalb einer solchen Zone verpflichtet sind, das Recht des bewaffneten 862  HPCR

Commentary, 2010, Abschnitt P, S. 236, Nr. 7. Commentary, 2010, Abschnitt P, S. 235, Nr. 7. 864  HPCR Commentary, 2010, Abschnitt P, S. 235, Nr. 6. 865  U.S. Department of the Navy, The Commander’s Handbook on the Law of Naval Operations, 2007, paras 7.8, 7.9.; San Remo Manual, Rn. 108. 866  Australian Book of Reference 5179 Manual of International Law, Rn. 8.18, HPCR Commentary, S. 235, Nr. 6. 863  HPCR



A. Schutz von Zivilpersonen – Unterscheidungsgrundsatz u. Exzessverbot293

Konflikts zu beachten. Luftsicherheitszonen werden nicht in einem rechtsfreien Raum errichtet und durchgesetzt. Einer unbeschränkten Kriegsführung dienende Zonen, sogenannte free-fire zones, sind richtigerweise verboten.867 Entsprechend werden Luftfahrzeuge, die keine militärischen Luftfahrzeuge sind, nicht alleine dadurch zu legitimen militärischen Zielen, dass sie eine solche Zone betreten.868 Unautorisierte Präsenz in einer Ausschlusszone mag ein Indiz für eine feindliche Absicht darstellen, aber der Unterscheidungsgrundsatz sowie das Exzessverbot sowie die Verpflichtung zu entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen im Vorfeld von Angriffen gelten unverändert fort. Daher verlieren Zivilluftfahrzeuge, die in eine Ausschlusszone fliegen, auch nicht allein dadurch den ihnen zukommenden Schutz und werden nicht automatisch zu legitimen Angriffszielen. Die Tatsache, dass Luftfahrzeuge diese Zonen anfliegen, kann einen Anhaltspunkt dafür geben, dass das Luftfahrzeug in kritische Aktivitäten verwickelt ist. Dennoch ist in jedem Fall eine Einzelfallprüfung erforderlich, bevor Maßnahmen gegen ein solches Luftfahrzeug ergriffen werden. Diese Zonen sind jedoch keine Feuer-freiZonen, in welchen der Luftkrieg uneingeschränkt stattfinden kann. Solch Zonen sind unabhängig davon, wo sie errichtet werden, rechtswidrig. Die Kriegsführenden sind stets an das humanitäre Völkerrecht gebunden. Daher ist es ihnen versagt, Zonen zur unbegrenzten Durchführung von Luftoperationen einzuführen.869 Das hindert diese jedoch nicht daran, in unmittelbarer Umgebung der Feindseligkeiten Maßnahmen zum Schutz vor diesen und zur Regulierung des Luftverkehrs zu ergreifen.870 Die exclusion und no-fly ­zones dürfen nicht mit dem Recht der Kriegführenden verwechselt werden, Zivilluftfahrzeuge einschließlich neutraler Luftfahrzeuge in der Nähe von Feindseligkeiten zu kontrollieren. Ein Kriegführender hat das Recht, zum Zwecke der militärischen Notwendigkeit, den Flug von Luftfahrzeugen in der Nähe von Feindseligkeiten zu verbieten oder vorgeschriebene Flugrouten anzuordnen (Art. 30 LKR).871 Auch stellen solche Zonen keine Warnungen vor den sich in der Nähe stattfindenden Feindseligkeiten für sich nährende Luftfahrzeuge dar.

867  HPCR

Commentary, 2010, Abschnitt P, Regel 105 (b), S. 237, 238. Commentary, 2010, Abschnitt P, Regel 105 (a), S. 237. 869  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1143. 870  Bundesministerium der Verteidigung, Handbuch Humanitäres Völkerrecht, ZDv15/2, 2013, Rn. 1143. 871  U.S. Department of the Navy, The Commander’s Handbook on the Law of Naval Operations, 2007, paras 7.8, 7.9; San Remo Manual, Rn. 108. 868  HPCR

294 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

d) Zwischenfazit Sicherheitszonen können, sofern ordnungsgemäß eingerichtet und durchgesetzt, zum Schutz von Zivilpersonen beitragen und sind deswegen zu begrüßen. Problematisch ist insoweit allerdings die praktische Umsetzung, insbesondere die Sicherstellung des Schutzes von Zivilpersonen. Der bestehende Rechtsrahmen hingegen ist nicht zu beanstanden und gewährleistet einen hinreichenden Schutz, wobei im Einzelfall unter Anknüpfung an die Maßstäbe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Exzessverbotes die Sachlage mit Blick auf die Rechtmäßigkeit des Vorgehens zu prüfen ist.

B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts Das Luftkriegsrecht ist ein Gebiet, welches erheblich durch technologische Entwicklungen geprägt wird. Luftoperationen sind an das humanitäre Recht gebunden. Nichtsdestotrotz stellen insbesondere neue technologische Entwicklungen das auf Luftkriege anwendbare Recht vor stetig neue Herausforderungen. Drohnen gewinnen im Rahmen der Luftkriegsführung aufgrund ihrer umfangreichen und kostengünstigen Einsatzmöglichkeiten zunehmend an Bedeutung. Der Trend der Entwicklung der „Air Force“ zu einer sogenannten „Chair Force“872 hält an. Zugleich verändern unbemannte Systeme durch zunehmende Automatisierung und Anonymisierung das Kriegsbild. Dies geht so weit, dass die Entwicklung und der Einsatz der Drohnentechnologie als nicht nur eine technologische Evolution, sondern als eine Revolution angesehen werden. Sie werden als ein Symbol des Wandels der Kriegführung verstanden, vergleichbar mit der Erfindung des Schießpulvers, der Druckerpresse oder des Flugzeuges.873 Die Entwicklung und der Einsatz von Drohnen fordern das Recht des bewaffneten Konflikts jedoch auch heraus und werfen eine Reihe rechtlicher, und vor allem auch sozialer, ethischer sowie moralischer Bedenken auf.874 Im Folgenden werden die beim Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen im bewaffneten Konflikt entstehenden Herausforderungen an das Recht des bewaffneten Konflikts dargestellt, wobei der Fokus auf den Anforderungen liegt, die die moderne Kriegsführung im Rahmen der Anwendung des huma872  Gast, Rüstungsindustrie am Bodensee, TAZ, Artikel vom 10. Oktober 2010, S. 1, 3. 873  Möckli, CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 78 (2010), S. 1. 874  Trachok, Harvard National Security Journal, Artikel vom 2. Dezember 2009.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts295

nitären Völkerrechts an den Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen stellt. Zu erörtern sind danach insbesondere die Vereinbarkeit des Einsatzes von Drohnen mit den geltenden Grundsätzen des Luftkriegsrechts sowie die Auswirkungen ihres Einsatzes auf den Schutz von Zivilpersonen.

I. Zulässigkeit unbemannter Luftfahrzeuge Die Meinungen hinsichtlich der Zulässigkeit unbemannter, und insbesondere autonomer, Luftfahrzeuge gehen weit auseinander. Verschiedene Stimmen sprechen sich für ein totales, präventives Verbot autonomer Luftfahrzeuge aus, da diese mit dem Recht des bewaffneten Konflikts nicht in Einklang zu bringen seien.875 Andere Stimmen sind der Meinung, dass ferngesteuerte sowie autonome unbemannte Luftfahrzeuge grundsätzlich in der Lage seien, in Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts zu operieren.876 Weitergehend wird zum Teil vertreten, dass sie dies unter Zugrundelegung des heutigen Entwicklungsstandes bereits besser könnten als Menschen.877 Es folgt eine Einordnung unbemannter, und insbesondere autonomer Luftfahrzeuge, die Darstellung ihrer Vor- und Nachteile, die Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit dem Recht des bewaffneten Konflikts sowie die Auseinandersetzung mit den Herausforderungen, die ihr Einsatz an dieses stellt, jeweils im Lichte der ihnen entgegengebrachten Kritik. 1. Einordnung unbemannter Luftfahrzeuge Zur Einordnung unbemannter Systeme wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass diese (bei heutigem Entwicklungsstand) eine Zwischenkategorie zwischen der Kategorie der Waffen bzw. Waffensysteme und der der Kombattanten darstellen.878 Begründet wird dies damit, dass Waffen wie auch Waffensysteme stets passive Werkzeuge seien, die von Menschen benutzt werden, um Schädigungen zu verursachen, während autonome und zu einem geringeren Teil aber auch ferngesteuerte Systeme aktiv agieren und kaum bis gar keine menschliche Kontrolle und Entscheidungen erfordern und sich daher nicht in die Kategorien der Waffen und Waffensysteme einordnen 875  Human Rights Watch, Report, Losing Humanity: The Case against Killer Robots, 2012; Resolution des Europäischen Parlaments zum Einsatz von bewaffneten Drohnen (2014/2567(RSP)) vom 25. Februar 2014; Asaro, IRRC 94/886 (2012), S.  687 ff. 876  Arkin, Governing Lethal Behavior in Autonomous Robots, 2009, S. 30–36. 877  Adams, Parameters 2 (2001), S. 57 ff. 878  Liu, IRRC 94/886 (2012), S. 627–652.

296 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

ließen.879 Sie seien zwar keine passiven Waffen, andererseits aber auch keine nach dem Recht des bewaffneten Konflikts geschützten Kombattanten, sodass sie gleichsam eine neue Zwischenkategorie darstellen würden.880 Dieser Auffassung ist m. E. nicht zuzustimmen – richtigerweise sind auch moderne Drohnen, unabhängig davon, ob diese ferngesteuert werden oder autonom sind, als Waffensysteme zu klassifizieren. Insoweit gilt das in Kapitel 4 A. III. 1.c) dd) zu ferngesteuerten Systemen Gesagte. Drohnen, auch autonome Drohnen, sind keine Roboter mit künstlicher Intelligenz. Zumindest nicht bei heutigem Entwicklungsstand. Die heutzutage im Einsatz befindlichen Systeme sind eher automatischer denn autonomer Natur.881 Menschliche Operatoren aktivieren und steuern diese Drohnen und können sie bei Bedarf deaktivieren.882 Man muss im Rahmen der DrohnenDiskussion allerdings darauf achten, nicht in die Falle der „Vermenschlichung von Computersystemen“ zu tappen.883 Derzeitige und auch (soweit vorhersehbar) künftige autonome Waffensysteme, mögen sie noch so ausgereift und technologisch fortschrittlich sein, sind lediglich Maschinen, die als Software eingespielte Anweisungen ausführen.884 Die Fähigkeiten und Grenzen autonomer Systeme ergeben sich aus den unmittelbaren oder mittelbaren Entscheidungen und Handlungen von Menschen.885 So ist es nicht richtig, auch wenn dies z. T. plakativ vertreten wird886, dass autonome Systeme selbst Entscheidungen treffen. Vereinfacht dargestellt funktionieren autonome Systeme auf der Grundlage einfacher logischer Handlungsanweisungen nach dem Muster, wenn X passiert, dann wird Handlung A vorgenommen, ansonsten Handlung B. Das kann dazu führen, dass es für einen technischen Laien so aussieht, als würde die Maschine eine eigene Entscheidung treffen. Dies ist aber gerade nicht der Fall, sondern die Entscheidung wurde im Vorfeld beim Programmieren der Maschine gefasst und die Maschine „wartet“ nur auf den richtigen Zeitpunkt, zu dem sie diese vorprogrammierte Routine ausführen muss.887 Dadurch dass Drohnen bereits im Vorfeld des Kampfge879  Liu,

IRRC 94/886 (2012), S. 627, 629. IRRC 94/886 (2012), S. 627, 629. 881  Beispielsweise U.S. Patriot und Phalanx anti-missile systems und das Israelische Iron Dome anti-missile system, US. Navy Fact File, MK-15 Phalanx Close-In Weapons System (CWIS); siehe dazu auch Schmitt/Thurnher, NSJ 4 (2013), S. 231. 882  ICRC, Report of the ICRC Expert Meeting on Autonomous Weapn Systems: Technical, Military, Legal and Humanitarian Aspects, 9. Mai 2014. 883  McFarland, IRRC 97/900 (2015), S. 1313, 1326. 884  McFarland, IRRC 97/900 (2015), S. 1313, 1326. 885  McFarland, IRRC 97/900 (2015), S. 1313, 1327. 886  Krishnan, Killer Robots: Legality and Ethicality of Autonomous Weapons, 2009, S. 33. 887  McFarland, IRRC 97/900 (2015), S. 1313, 1327. 880  Liu,



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts297

schehens programmiert werden und dann die vorprogrammierten Entscheidungen ausführen, die ansonsten im Rahmen eines bewaffneten Konflikts auf dem Schlachtfeld oder in seiner unmittelbaren Nähe von Befehlshabern getroffen werden, hat sich der Charakter der Entscheidung im Rahmen eines Kampfgeschehens verändert. Entscheidungen werden nunmehr außerhalb des Kriegsgeschehens von Programmierern implementiert und dadurch werden situationsbezogene Einzelfallentscheidungen von Kombattanten durch generalisierte Vorab-Entscheidungen von Planern und Programmierern ersetzt.888 Dies hat den Vorteil, dass keine emotionsbedingte, aber nicht rechtskonforme Entscheidung in der stressgeladenen Situation auf dem Schlachtfeld getroffen wird, jedoch auch den Nachteil, dass eine Einzelfallabwägung in der Facettenbreite, wie sie die besondere Situation oft erfordert, möglicherweise nicht erfolgen kann. Zu beachten ist aber, dass die Facettenbreite mit zunehmendem Fortschritt in der Programmierung erheblich zunimmt und das vorstehende erwähnte X- A/B-Schema in der tatsächlichen Programmierung erheblich mehr Variablen und Entscheidungsvarianten hat. 2. Vorteile und Nachteile gegenüber bemannten Flugzeugen Der Einsatz von Drohnen im Rahmen von Luftoperationen weist gegenüber konventionellen Luftfahrzeugen sowohl Vor- als auch Nachteile auf. a) Vorteile Unbemannte Systeme bieten breit gefächerte Einsatzmöglichkeiten, mit denen sie bemannte Luftfahrzeuge ergänzen und sogar ersetzen können. Sie erlauben es, in gefährlichen Situationen Aufklärungs- und Kampfeinsätze zu fliegen, ohne das Leben der Besatzung aufs Spiel zu setzen.889 Der Größenunterschied im Vergleich zu normalen bemannten Flugzeugen spielt in mehrerlei Hinsicht eine Rolle. So haben Drohnen aufgrund ihrer geringen Größe kleinere Signaturen und genießen daher einen höheren passiven Schutz. Die Entdeckbarkeit durch Radar, Optik, Temperatur oder Geräusch ist im Vergleich zu bemannten Flugzeugen, auch wenn nicht vollends ausgeschlossen, so deutlich geringer, wodurch sie häufig unentdeckt bleiben. Falls eine Drohne dennoch geortet werden sollte, ist sie immer noch aufgrund ihrer Größe und der kleineren Trefferfläche schwerer zu zerstören. Die Verwundbarkeit unbemannter Luftfahrzeuge ist mithin geringer.

888  McFarland, 889  O’Connell,

IRRC 97/900 (2015), S. 1313, 1333, 1339. Lawful Use of Combat Drones, 2010, S. 1.

298 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Durch ihre lange Ausdauer können sie für weit längere Zeiträume eingesetzt werden, als dies bei bemannten Luftfahrzeugen der Fall ist. Auch können für Menschen ermüdende Einsätze besser und effektiver durch Drohnen durchgeführt werden, wie z. B. lange Aufklärungs- oder Überwachungsmis­ sionen. Trotz möglicher Ruhepausen sind der Einsatzdauer von Piloten aufgrund von Lärmbelastung und allgemeiner Ermüdung Grenzen gesetzt, die ein UAV problemlos überschreiten kann.890 Große Einsatzgebiete lassen sich somit kontinuierlich überwachen, sodass die Bekämpfung eines unvermittelt auftauchenden Zieles unverzüglich eingeleitet werden kann. UCAV können beispielsweise als stationäre luftgestützte bewaffnete Überwachungssatelliten über dem gegnerischen Gebiet stationiert werden und dem Gegner so schnelle und weiträumig angelegte Bewegungen erheblich erschweren. Ein potentieller Gegner hat damit faktisch kein Hinterland, das als Rückzugsraum in Betracht kommt. Der einsatztechnische Vorteil einer hohen Flugeinsatzdauer der großen UAV Systeme, die ohne Luftbetankung über 24 Stunden dauern kann, eröffnet neue Einsatzmöglichkeiten.891 Durch ihre im Vergleich zu Hochgeschwindigkeitskampfjets geringere Geschwindigkeit entgehen ihnen zudem ihre Zielobjekte nicht durch langsame und unberechenbare Bewegungsmuster.892 Die von Drohnen eingesetzten Waffen sind verglichen mit denen von Kampfjets im Allgemeinen genauso gut, wenn nicht sogar besser.893 Auch die luftgebundene Feuerunterstützung eigener Bodentruppen bietet erhebliche Vorteile. Dabei müssen Drohnen den Gegner nicht einmal orten oder gar zerstören, ihre pure Präsenz reicht oft schon aus, um den gewünschten Einfluss auszuüben. Neben einer unmittelbaren Kapitulation als Reaktion kommt es zu einer Abnutzung der Kampfkraft des Gegners durch ständige Bewegung zwecks Verhinderung einer Entdeckung durch die Drohne. Auch ist zu berücksichtigen, dass Drohnen in Anschaffung und Betrieb deutlich günstiger sind als bemannte Luftfahrzeuge.894 Die Gesamtkosten einer Drohnenstaffel liegen 75 Prozent unter denen ihres bemannten Pendants.895 So kostet die Ausbildung eines US-Kampfjetpiloten im Schnitt 2,6 Mio. Dollar, während sich die eines Drohnenoperators im Vergleich dazu 890  Lange,

Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003),

891  Lange,

Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003),

S. 13. S. 7.

892  Möckli,

CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 78 (2010), S. 2. YIHL 13 (2010), S. 311, 320. 894  Lange, Flugroboter statt bemannter Militärflugzeuge, SWP-Studie 29 (2003), S. 5. 895  Wilson, National Journal (2001), S. 3692 ff. 893  Schmitt,



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts299

nur auf ca. 135.000 US-Dollar beläuft.896 Daher sind auch Verluste bei Drohnen grundsätzlich eher akzeptabel, was wiederum darin resultiert, dass sie tiefer fliegen können und dadurch ihre Ziele genauer identifizieren und so das Risiko von Kollateralschäden minimieren können. Darüber hinaus werden durch den Einsatz von Drohnen auch die eigenen Soldaten vor Gefahren geschützt, da diese in einem virtuellen Umfeld agieren und sich nicht auf dem tatsächlichen Schlachtfeld vor Ort befinden.897 Die geringere Distanz zu der eigenen militärischen Einheit bewirkt, dass sich die Mannschaft, die ein UAV-System bedient, einfacher mit dem Hauptquartier in Verbindung setzen kann und näher an diesem positioniert ist. Dadurch wird auf allen Autoritätsstufen die Möglichkeit geschaffen, Entscheidungsprozesse und zugrundeliegende Informationen zu überprüfen und sich selbst in das Gefecht einzubringen. Kontinuierliche Software-Updates gewährleisten zudem, dass unbemannte Luftfahrzeuge ständig auf dem neusten Softwarestand der technischen oder taktischen Entwicklung gehalten werden, ohne dass Piloten in teure und zeitaufwendige Schulungen müssen. b) Nachteile Der Bandbreite an Vorteilen stehen m. E. geringe Nachteile gegenüber. So wird kritisiert, dass es keinen Menschen mehr vor Ort in dem Luftfahrzeug selbst gibt. In diesem Zusammenhang wird vertreten, dass einer Drohne die menschliche Möglichkeit innovativer Problemlösungen fehle, die nur begrenzt durch den sie bedienenden Operators ersetzt werden könne, denn diesem fehle oft die zuverlässige Rundumsicht eines Piloten im Cockpit und die Wahrnehmung der Verhältnisse in dem Luftfahrzeug selbst.898 Dies ist m. E. jedoch nicht richtig. Ein Operator einer Drohne hat eine oftmals weitaus größere Rundumsicht aufgrund der technologischen Ausstattung einer Drohne mit Kameras und verschiedenen Sensoren, als dies bei einem Piloten im Cockpit eines Kampfjets der Fall ist, der oftmals nicht einmal genau sieht, was am Boden eigentlich passiert. Zudem kann sich ein Kampfjetpilot im Rahmen eines Einsatzes nicht vollends auf das Geschehen am Boden konzentrieren, denn er ist zudem noch mit den auf ihn einwirkenden Kräften im Cockpit, potentiellen Gefahren möglicher Abwehr und mit dem Steuern 896  Gast, Rüstungsindustrie am Bodensee, TAZ, Artikel vom 10. Oktober 2010, S. 1, 3. 897  Möckli, CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 78 (2010), S. 2. 898  Vgl. Süddeutsche Zeitung, Artikel vom 12. November 2010, „Gedränge am Himmel, Unbemannte Fluggeräte erobern den Luftraum – das könnte Passagierflugzeuge in Gefahr bringen“.

300 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

selbst beschäftigt, während ein Drohnen-Operator sich voll und ganz auf die Angriffssituation und ihre Einschätzung konzentrieren kann. Darüber hinaus gibt es jedoch durchaus berechtigte Bedenken im Hinblick auf künftige Nachteile. So wird vorgebracht, dass Drohnen erhebliche Nachteile aufweisen, die im Zusammenhang mit einer künftigen Ausbreitung dieser Technologie zu Tage treten werden. Demnach gründen die meisten Vorteile des Einsatzes unbemannter Luftfahrzeuge darauf, dass Drohnen derzeit nur von wenigen Konfliktparteien eingesetzt werden. Richtig ist, dass z. B. der Vorteil der Vermeidung der Gefährdung von Streitkräften durch den Einsatz von Drohnen in starker Abhängigkeit zu der Frage der Verfügbarkeit dieser Technologie auf Seiten einer oder beider Konfliktparteien steht. Mit zunehmender Verbreitung von Drohnen und damit einhergehend verstärktem Einsatz würde die Gefährdung von Angehörigen der Streitkräfte zunehmend durch eine allgemeine Gefährdung aller Personen, einschließlich Zivilpersonen, ersetzt werden. Zudem werden Drohnen derzeit gegen viele Konfliktparteien eingesetzt, die technologisch nicht weit entwickelt sind. Derzeit können sie nur wirkungsvoll eingesetzt werden, solange sie auf Ziele gerichtet werden, die über keine Luftabwehr verfügen, da Drohnen im Gegensatz zu bemannten Kampfflugzeugen regelmäßig nicht in der Lage sind, Gefahren für ihre eigenen Sicherheit zu erkennen.899 In sogenanntem uncontested airspace, wie z. B. in Afghanistan, bereitet dies keine Probleme, aber in einem Konflikt mit besser ausgerüsteten Kriegführenden kann dies ein relevanter Faktor sein.900 Jedoch ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass diese Kritik darauf basiert, dass sich die Technologie in der Umgebung von Drohnen verbessert und fortentwickelt, diese selbst hingegen nicht. Die vorgebrachte Kritik erfolgt aus dem Blickwinkel der heutzutage verfügbaren Drohnentechnologie. Gegenwärtig verfügt die Drohnentechnologie noch über zahlreiche Restriktionen, aber dies kann sich in Zukunft mit Fortschreiten der technologischen Entwicklung ändern. So folgten beispielsweise auf die erhöhte Entdeckbarkeit von Drohnen bereits solche mit Tarnkappen-Eigenschaften, die wesentlich schwerer vom Radar zu erfassen sind.901 Festzuhalten bleibt, dass m. E. derzeit die Vorteile die Nachteile von Drohneneinsätzen überwiegen. Zudem scheint die Relevanz einiger der diskutierten Nachteile lediglich eine Frage der Zeit und des technischen Fortschritts zu sein.

899  Möckli,

CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 78 (2010), S. 2. Die Automatisierung des Krieges, in: Schmidt-Radefeldt/Meissler (Hrsg.), Automatisierung und Digitalisierung des Krieges, 2012, S. 33, 36. 901  Schachtman, Killer Drones Get Stealthy, 2010. 900  Schörning,



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts301

3. Vereinbarkeit unbemannter Luftfahrzeuge mit dem Recht des bewaffneten Konflikts a) Prüfung unbemannter Luftfahrzeuge am Maßstab des Art. 36 ZP I Gemäß Art. 36 ZP I ist jede Vertragspartei verpflichtet, bei der Prüfung, Entwicklung, Beschaffung oder Einführung neuer Waffen oder neuer Mittel oder Methoden der Kriegführung festzustellen, ob ihre Verwendung stets oder unter bestimmten Umständen durch das ZP I oder durch eine andere auf die Vertragspartei anwendbare Regel des Völkerrechts verboten wäre. Unabhängig davon, ob alle Vertragsparteien des ZP I dem Art. 36 ZP I entsprechend, einen nationalen Implementierungsmechanismus für neue Technologien und Waffen eingeführt haben, kommt Art. 36 ZP I umfassende Geltung zu.902 Diese Verpflichtung stellt auch für andere Staaten, die nicht Vertragsparteien des ZP I sind, einen sinnvollen Grundsatz der rechtlichen Überprüfung von neuen Waffen dar, denn es ist im Interesse eines jeden Staates, die Rechtmäßigkeit seiner neuen Waffen feststellen zu lassen, um in der Lage zu sein, während eines bewaffneten Konflikts im Einklang mit den völkerrechtlichen Regelungen zu handeln. Dies wird nicht nur relevant, wenn der Staat selbst neue Waffen entwickelt hat, sondern auch wenn neue völkerrechtliche Regelungen entstehen, insbesondere wenn der Staat einem Abkommen beitritt, welches den Waffeneinsatz in irgendeiner Art und Weise beschränkt.903 aa) Maßstab des Art. 36 ZP I Nach Art. 36 ZP I sind neue Waffen oder Mittel oder Methoden der Kriegführung neben den Regelungen des ZP I auch anhand anderer, auf die Vertragsparteien anwendbarer Regeln des Völkerrechts zu überprüfen. Dabei handelt es sich um für die jeweilige Vertragspartei geltenden Verträge, die entsprechende Verbote oder Beschränkungen enthalten, wie die Konvention über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen (CCW) einschließlich ihrer fünf Zusatzprotokolle, das Genfer Giftgasprotokoll sowie das IV. Haager Abkommen inklusiver der LKO. Keine Berücksichtigung finden Regelungen des nicht-internationalen bewaffneten Konflikts sowie die der Menschenrechte, da sich aus dem Sinn und Zweck des Art. 36 ZP I ergibt, dass dieser sich auf weitere mit den Regelungen des ZP I vergleichbare Regelungen bezieht. Das ZP I gilt seinem Anwendungsbereich zufolge für internationale bewaffnete Konflikte, sodass die 902  Für eine völkergewohnheitsrechtliche Geltung des Art. 36 ZPI u. a. Boothby, Weapons and the Law of Amred Conflict, 2016, S. 252 ff. 903  Lawand, IRRC 88/864 (2006), S. 925, 926.

302 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

weiteren, den Prüfungsmaßstab der Vorabkontrolle abbildenden Regelungen ebenso mit denen des ZP I vergleichbar und damit solche für den internationalen bewaffneten Konflikt sein müssten. Art. 36 ZP I unterfallen Waffen, sowie andere Mittel und Methoden der Kriegsführung. Mittel der Kriegsführung sind im Wesentlichen Waffen oder Gerätschaften, also körperliche Gegenstände, die im Kampfgeschehen verwendet werden, um dem Gegner Schaden zuzufügen, wohingegen Methoden der Kriegsführung die Art und Weise der Verwendung von Mitteln der Kriegsführung betreffen, also taktischer oder strategischer, nicht körperlicher Natur sind und darauf abzielen, einen militärischen Vorteil zu erlangen.904 Ob eine Waffe bzw. ein Mittel oder eine Methode „neu“ im Sinne des Art. 36 ZP I ist, ist relativ anhand einer Einzelfallentscheidung aus der Sicht und am Maßstab der bereits vorhandenen Technologie des jeweils entscheidenden Staates zu bestimmen.905 Damit muss es sich nicht stets um die neusten technologischen Entwicklungen handeln. Auch bereits von anderen Staaten benutzte und in Erfüllung der Pflichten aus Art. 36 ZP I bereits geprüfte, aber von dem betreffenden Staat neu eingeführte Mittel und Methoden sind dann aus der Perspektive dieses Staates „neu“ und unterfallen damit dem Anwendungsbereich des Art. 36 ZP I.906 Auch Modifikationen bereits vorhandener Mittel und Methoden können eine Überprüfung im Sinne des Art. 36 ZP I auslösen, wenn diese in einer nicht unerheblichen völkerrechtsrelevanten Veränderung ihrer offensiven Fähigkeiten resultieren.907 Die entsprechende Rechtmäßigkeitsprüfung muss jeweils in den Zeitpunkten der Prüfung, Entwicklung und Beschaffung sowie Einführung erfolgen, wobei die Prüfung stets unter dem Blickwinkel des späteren Einsatzes erfolgt.908 Art. 36 ZP I unterfallen jedoch nicht solch Waffen, Mittel und Methoden der Kriegsführung, die als neutral einzustufen sind. Ebenso besteht diese Prüfungspflicht nur, wenn ein späterer Einsatz der jeweiligen Waffe bzw. des jeweiligen Mittels oder der Methode im Rahmen eines internationalen bewaffneten Konflikts bezweckt wird.909

904  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 167; Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 398; Parks, YIHL 8 (2005), S. 55, 118. 905  Boothby, Weapons and the Law of Armed Conflict, 2016, S. 346. 906  Parks, YIHL 8 (2005), S. 55, 114; McClelland, IRRC 85/850 (2003), S. 397, 404. 907  McClelland, IRRC 85/850 (2003), S. 397, 404. 908  McClelland, IRRC 85/850 (2003), S. 397, 402; Sandoz/Swinarski/Zimmermann, IKRK-Kommentar, S. 424. 909  Parks, YIHL 8 (2005), S. 55, 113, 114.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts303

bb) Das Verfahren der Vorabkontrolle Die Ausgestaltung des Verfahrens der Vorabkontrolle ist jedem Vertragsstaat selbst überlassen.910 Art. 36 ZP I entfaltet mangels vorhandener Übung im Sinne einer entsprechenden Staatenpraxis diesbezüglich keine völkergewohnheitsrechtliche Geltung.911 Es lässt sich auch keine Pflicht zur Vorabkontrolle aus dem Grundsatz von Treu und Glauben in Verbindung mit den außerhalb des Protokolls befindlichen Regelungen über den Einsatz von Mitteln und Methoden der Kriegsführung ableiten, da die Pflicht der Staaten, die nicht Partei des ZP I sind, lediglich darin besteht, Mittel und Methoden der Kriegsführung rechtmäßig einzusetzen. Das IKRK bemühte sich mehrfach, einen Mechanismus zu etablieren, der die Übereinstimmung von Waffen mit dem Völkerrecht feststellen sollte.912 Im Lichte der schnellen Entwicklungen der Waffentechnologien und um ­Zivilpersonen vor unterschiedslosen Auswirkungen bestimmter Waffen und Kombattanten vor unnötigen Leiden zu schützen, sollten alle neuen Waffen, Mittel und Methoden der Kriegsführung Gegenstand strenger, fachübergreifender Überprüfung sein.913 2006 erstellte das IKRK in Zusammenarbeit mit Experten aus den Bereichen des Militärs, der Regierungen und dem Völkerrecht einen Leitfaden für die rechtliche Überprüfung neuer Waffen, Mittel und Methoden der Kriegsführung.914 Die Verpflichtung zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von neuen Waffen beinhaltet, dass ein Staat eine Art permanenten Mechanismus besitzen muss, der automatisch zu jeder Zeit, zu der ein Staat neue Waffen entwickelt oder anschafft, aktiviert werden kann. Diese Prozedur sollte für die Entwicklung oder Besorgung von neuen Waffen durch Gesetz oder verwaltungsrechtliche Richtlinie verpflichtend sein. Abgesehen von diesen Minimumanforderungen ist jeder Staat frei in seiner Entscheidung, wie sein Überprüfungsmechanismus im Besondern zu gestalten ist. Im Rahmen dieses Überprüfungsmechanismus stellt sich die Frage, ob der Überprüfende nur den vorgeschlagenen oder beabsichtigten Einsatz der Waffe 910  McClelland, IRRC 85/850 (2003), S. 397, 403; ICRC, Guide to the Legal Review of Weapons Means and Methods of Warfare, Measures to Implement Article 36 of Additional Protocol I of 1977, 2006, S. 20. 911  Bothe/Partsch/Solf, New Rules for Victims of Armed Conflict, 1982, S. 199. 912  So auf der 27. Interantional Conference of the Red Cross and Red Crescent in 1999 sowie der 28. Internaional Conference of the Red Cross and the Red Crescent in 2003. 913  Siehe 2.5 der Declaration Agenda for Humanitarian Action Resolutions, 28. International Conference of the Red Cross and the Red Crescent, 2–6. Dezember 2003. 914  ICRC, Guide to the Legal Review of Weapons Means and Methods of Warfare, Measures to Implement Article 36 of Additional Protocol I of 1977, 2006.

304 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

berücksichtigen soll oder ob auch alle anderen vorhersehbaren Verwendungen und Auswirkungen berücksichtigt werden sollten.915 Art. 36 ZP I bevorzugt einen weiten Ansatz, indem er von „stets oder unter bestimmten Umständen“ spricht. Der IKRK-Kommentar legt diese Verpflichtung dahingehend aus, dass ein Staat verpflichtet ist, zu überprüfen, ob der gewöhnliche oder erwartete Einsatz einer Waffe verboten wäre, aber er ist nicht verpflichtet, alle möglichen missbräuchlichen Verwendungen dieser Waffe vorauszusehen. cc) Prüfung von unbemannten Luftfahrzeugen am Maßstab des Art. 36 ZP I Unbemannte Luftfahrzeuge sind für jeden Staat, der diese zunächst einführt bzw. weiterentwickelte Versionen auf den Markt bringt, die eine nicht unerhebliche völkerrechtsrelevante Veränderung ihrer offensiven Fähigkeiten aufweisen, an Art. 36 ZP I zu messen. Dies bedeutet, dass unbemannte Luftfahrzeuge, sofern sie nicht einem absoluten Verbot unterfallen, im Lichte der allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätze auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen sind. Gemessen an Art. 36 ZP I muss zunächst festgestellt werden, ob ein unbemanntes System per se völkerrechtswidrig ist. Dies richtet sich danach, ob dieses naturgemäß, also nach seinem bestimmungsgemäßen beabsichtigten Einsatz, unterschiedslos ist und unnötige Leiden und überflüssige Verletzungen von Kombattanten herbeiführt (Art. 35 Abs. 2 ZP I) sowie ob seine Schädigungswirkungen kontrollierbar sind (Art. 51 Abs. 4 c) ZP I). Wenige Waffen erfüllen diese Kriterien und sind tatsächlich per se rechtswidrig. Die diesbezügliche Schwelle, die ein grundsätzliches Verbot rechtfertigen könnte, ist richtigerweise sehr hoch. Es kommt viel mehr auf die Art ihrer konkreten Verwendung an, die im Einzelfall durchaus rechtswidrig sein kann.916 Weder ferngesteuerte noch autonome unbemannte Luftfahrzeuge sind m. E. per se völkerrechtswidrig. Auch ein autonomes System ist nicht allein aufgrund seiner Autonomie per se völkerrechtswidrig. Selbst wenn ein System keine unmittelbare menschliche Kontrolle mehr vorsieht, sind seine Auswirkungen nicht zwingend als nicht kontrollierbar im o. g. Sinne anzusehen. Entscheidend ist, dass der konkrete Einsatz unbemannter Systeme stets im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts erfolgt. Daher sind unbemannte Luftfahrzeuge im Rahmen der Vorabkontrolle nach Art. 36 ZP I am Maßstab der Kernprinzipien des humanitären Völkerrechts, also am Maßstab des Unterscheidungsgrundsatzes (Art. 48 ZP I), des Verbots der Verursachung über915  Lawand,

IRRC 88/864 (2006), S. 925, 927, 928. NSJ 4 (2013), S. 231, 276.

916  Schmitt/Thurnher,



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts305

flüssiger Verletzungen und unnötiger Leiden (Art. 35 Abs. 2 ZP I), des Verbots der ausgedehnten, langanhaltenden und schweren Umweltschädigung (Art. 35 Abs. 3 ZP I und Art. 55 ZP I) sowie des Verbots nichtdiskriminierender Angriffe (Art. 51 Abs. 4 lit. b und lit. c ZP I) zu messen.917 Dabei ist die normale Verwendung der jeweils betroffenen unbemannten Luftfahrzeuge im Rahmen eines bewaffneten Konflikts zu untersuchen.918 Es kann nicht darauf ankommen, ob ein Mittel bzw. eine Methode nicht auch im Einzelfall rechtswidrig zum Einsatz gelangen kann, denn es ist nicht zumutbar, jede Form des Missbrauchs vorherzusehen. Denn jedes Mittel und jede Methode kann im Einzelnen rechtswidrig verwendet werden, was jedoch keine Bedenken gegen ihre grundsätzliche Rechtmäßigkeit hervorzurufen vermag.919 Dennoch erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf alle zwar nicht im Rahmen der Konzeption des neuen Mittels oder der neuen Methoden der Kriegsführung bezweckten oder missbräuchlichen, aber vernünftiger Weise zum Zeitpunkt der Prüfung vorhersehbaren Verwendungsarten.920 b) Prüfung von unbemannten Luftfahrzeugen an den Grundprinzipien des Rechts des bewaffneten Konflikts Entscheidend für die Beurteilung der Vereinbarkeit unbemannter Luftfahrzeuge mit dem Recht des bewaffneten Konflikts ist der konkrete Einsatz unbemannter Systeme. Vor diesem Hintergrund ist der Einsatz unbemannter Systeme am Maßstab des Rechts des bewaffneten Konflikts, insbesondere an seinen Kernprinzipien, zu messen. aa) Vereinbarkeit mit dem Unterscheidungsgrundsatz Der Unterscheidungsgrundsatz muss bereits in der Konzipierungs- und Herstellungsphase beachtet werden. Ein unbemanntes Luftahrzeug, ob autonom oder ferngesteuert, muss in der Lage sein, dem Unterscheidungsgrundsatz entsprechend zu agieren, d. h. eine Unterscheidung zwischen Zivilperso917  ICRC, Guide to the Legal Review of Weapons Means and Methods of Warfare, Measures to Implement Article 36 of Additional Protocol I of 1977, 2006, S. 15 ff.; McClelland, IRRC 85/850 (2003), S. 397, 407 ff.; Lawand, IRRC 88/864 (2006), S.  925, 928 ff. 918  Boothby, Weapons and the Law of Armed Conflict, 2016, S. 343 f., Sandoz/ Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 424; Parks, YIHL 8 (2005), S. 55, 119; Bothe/Partsch/Solf, New Rules for Victims of Armed Conflicts, 1982, S. 200. 919  Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRK-Kommentar, 1987, S. 424; B ­ othe/ Partsch/Solf, New Rules for Victims of Armed Conflicts, 1982, S. 200. 920  Lawand, IRRC 88/864 (2006), S. 925, S. 928.

306 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

nen und Kombattanten treffen zu können. Anderenfalls ist es als unterscheidungsloses Mittel der Kriegsführung gemäß Art. 51 Abs. 4 lit. b) ZP I verboten.921 (1) Ferngesteuerte unbemannte Luftfahrzeuge Ferngesteuerte unbemannte Luftfahrzeuge sind der Kritik ausgesetzt, was ihre Vereinbarkeit mit dem Unterscheidungsgrundsatz anbelangt. So wird vertreten, dass der Einsatz von ferngesteuerten Drohnen unterschiedslose Angriffe begünstige.922 Die Distanz zwischen Drohne und Operator verleite Letzteren dazu, vorschnell eine Angriffsentscheidung zu treffen und erschwere zudem eine genauere Befassung mit der Zielperson oder dem Zielobjekt mangels Kommunikations-, Durchsuchungs- und Festnahmemöglichkeit, was in einer Aufweichung des Unterscheidungsgrundsatzes münde.923 Zudem wird beanstandet, dass der Operator sein Ziel nicht genau genug erkennen könne, denn Drohnen seien diesbezüglich nicht hinreichend ausgestattet. Unbemannte ferngesteuerte Luftfahrzeuge könnten nur mit Kamera-, Infrarot-, Sonar-, Laser- sowie Temperatursensoren und Radar ausgestattet werden, die lediglich Aufschluss darüber zulassen, ob es sich bei dem anvisierten Ziel um einen Menschen, ein Tier oder einen Gegenstand handelt, aber sie könnten nichts über den völkerrechtlichen Status aussagen.924 Es gibt zwar auch Systeme, die eine Gesichtserkennung ermöglichten, jedoch ist dies nach aktuellem Entwicklungsstand noch nicht in Echtzeit bei sich bewegenden Menschen möglich.925 Darüber hinaus könne der Drohnen-Operator auch nicht mit der Zielperson kommunizieren oder andere Maßnahmen treffen, wie eine Durchsuchung oder eine Festnahme. Es sei nur eine Entscheidung zwischen Angriff und Nicht-Angriff möglich.926 Es wird vertreten, dass, da der Operator selbst nicht in unmittelbarer Gefahr ist, er schneller zu einem Angriff tendiere und dies zu einer Aufweichung des Unterscheidungsgrundsatzes führe.927 921  Liu, IRRC 94/886 (2012), S. 627, 635; Boothby, IRRC 94/886 (2012), S. 579, 585; Akerson, The Illegality of Offensive Lethal Autonomy, in: Saxon (Hrsg.), International Humanitarian Law and the Changing Technology of War, 2013, S. 65, 70. 922  Kilcullen/Exum, Death from Above, Outrage Down Below, Artikel in The New York Times vom 16. Mai 2009. 923  Alston, Report of the Special Rapporteur on Extrajudicial, Summary or Arbitrary Executions, 2010, S. 25 ff. 924  Sharkey, JME 9/4 (2010), S. 369, 379. 925  Sharkey, JME 9/4 (2010), S. 369, 379. 926  Frau, HuV-I 24/2 (2011), S. 60, 64. 927  Alston, Report of the Special Rapporteur on Extrajudicial, Summary or Arbitrary Executions, 2010, Rn. 80.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts307

Dieser Kritik ist nicht zuzustimmen. Es ist zu berücksichtigen, dass die entscheidende Frage im Rahmen der Beurteilung der Beachtung des Unterscheidungsgrundsatzes viel mehr der rechtliche Status des Angriffszieles als das verwendete Waffensystem selbst ist.928 Ferngesteuerte Drohnen unterscheiden sich im Hinblick auf die Vereinbarkeit ihrer Einsätze mit dem Unterscheidungsgrundsatz nicht von bemannten Luftfahrzeugen. Drohnen sind eine neue technologische Entwicklung und damit älteren bemannten Luftfahrzeugen, was den Stand der Technik anbelangt, sogar oftmals voraus. Der Umstand, wie gut das anzugreifende Ziel zu erkennen ist, hängt wesentlich von der technischen Ausstattung des jeweiligen Luftfahrzeugs ab.929 Das heißt, dass sie in der Mehrzahl der Fälle nach hier vertretender Ansicht sogar besser für die Einhaltung des Unterscheidungsgrundsatzes sorgen können. Es ist zutreffend, dass die eine Drohne steuernde Person sich im Zeitpunkt der Steuerung in keiner akuten Gefahr für ihr Leben befindet. Aber daraus muss nicht geschlossen werden, dass es dadurch vorschnell zu unzulässigen Angriffsentscheidungen kommt. Im Gegenteil, sie befindet sich in keiner Stresssituation, in der die rationale Entscheidung beispielsweise durch situationsgetriebene Affekthandlungen überlagert wird. Der Operator einer bewaffneten Drohne hat mehr Zeit, die Informationen, die ihm zur Verfügung stehen, auszuwerten und dadurch eine genauere Identifizierung des Zielobjekts und eine umfassende Abwägung vorzunehmen.930 Abgesehen davon bietet eine Drohne eine Fülle von zusätzlichen technischen Ausstattungen, die durch das Zurverfügungstellen weiterer Informationen dem Operator die Entscheidungsfindung erleichtern. Hierzu zählt insbesondere der Einsatz weitergehender Sensortechnik sowie die Möglichkeit geringerer Überflughöhen oder geringerer Fluggeschwindigkeiten. Drohnen sind unter anderem auch mit Kameras versehen, die meist ein umfangreicheres Bild der gesamten Situation der Zielperson und ihrer Umgebung liefern können, als dies etwa ein Monitor eines Kampfflugzeuges aus – ggfs. größerer Entfernung – vermag. Darüber hinaus besteht in der Operationsbasis durch die Anwesenheit mehrerer Personen die Möglichkeit, die zu treffende Entscheidung im Kollektiv vorzunehmen und mögliche Nachlässigkeiten einer einzelnen Person gleichsam durch ein „Vier- oder Mehraugenprinzip“ zu nivellieren. Schließlich besteht die Möglichkeit, der Einbeziehung von Juristen, die dann für den Einzelfall für die Überprüfung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts zuständig sind. Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass ferngesteuerte Drohnen durchaus in der Lage sind, im Einklang mit dem Unterscheidungsgrundsatz 928  Schmitt,

YIHL 13 (2010), S. 311, 321. HuV-I 24/2 (2011), S. 60, 64. 930  So auch Beard, AJIL 103 (2009), S. 409, 434 f. 929  Frau,

308 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

eingesetzt zu werden und die jeweiligen Umstände ihres Einsatzes zum Teil sogar eine bessere Sicherstellung der Beachtung des Unterscheidungsgrundsatzes gewährleisten als dies im Rahmen des Einsatzes von bemannten Luftfahrzeugen der Fall ist. (2) Autonome unbemannte Luftfahrzeuge Autonome Drohnen werden ebenfalls stark kritisiert hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Unterscheidungsgrundsatz. Ihnen wird vorgeworfen, sie seien aufgrund ihrer technischen Ausstattung nicht in der Lage, im Einklang mit dem Unterscheidungsgrundsatz zu operieren, da ihre technische Aus­ stattung, also die Kameras, Infrarotsensoren, Sonargeräte, Laser, Radar und Temperaturmessgeräte, dazu technisch schlicht nicht fähig seien.931 Auch sei es nicht möglich, die für eine Unterscheidung notwendigen Kriterien in Computercodes umzuwandeln.932 Allgemein fehle ihnen das dazu notwendige Situationsbewusstsein, insbesondere um eine bereits für Menschen schwierige Abwägung zwischen militärischem Vorteil und zivilen Schädigungen vorzunehmen. Diese qualitative, subjektive Entscheidung sei notwendigerweise von verantwortungsbewussten, zurechnungsfähigen menschlichen Befehlshabern aufgrund ihrer Erfahrung und ihres Situationsbewusstseins zu treffen.933 Es ist richtig, dass die Fähigkeiten autonomer Systeme sich derzeit und (soweit vorhersehbar) auch in naher Zukunft darin erschöpfen, begrenzte objektive Analysen vorzunehmen. So können autonome Systeme zwar feststellen, ob es sich um einen Menschen handelt, aber sie können diesen Menschen nicht nach dem Recht des bewaffneten Konflikts kategorisieren. Denn die derzeitigen Computersysteme sind nicht in der Lage, die Identifizierung eines Status und insbesondere auch die Erkennung des Verlustes oder des Erlangens eines Status und damit von Statuswechseln, verlässlich festzustellen.934 Auch wenn sie z. B. das Mitführen einer Waffe erkennen können, so folgt daraus nicht bereits eine Einstufung als Kombattant oder Zivilperson. Dies hängt von Faktoren ab, die nicht von außen wahrnehmbar und nicht allein anhand objektiver Kriterien bestimmbar sind, und erfordert eine qualitative kontextbezogene Analyse.935 Denn Personen, die Waffen oder eine Uniform tragen, können dennoch Zivilpersonen sein (das Recht des bewaffneten Konflikts untersagt Zivilpersonen das Tragen von Waffen nicht) und 931  Sharkey,

IRRC 94/886 (2012), S. 787, 788. IRRC 94/886 (2012), S. 787, 789. 933  Sharkey, IRRC 94/886 (2012), S. 787, 789, 790. 934  Wagner, Vand J Transnat’l L 47 (2014), S. 1, 21. 935  Wagner, Vand J Transnat’l L 47 (2014), S. 1, 21. 932  Sharkey,



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts309

Personen, die keine Waffe und keine Uniform tragen (z. B. außerhalb von Kampfeinsätzen), aber den Streitkräften angehören, können Kombattanten sein. Zudem können Personen auch hors de combat sein, was ebenfalls nicht stets anhand festgelegter objektiver Kriterien von außen betrachtet erkennbar ist. Die erforderliche menschliche Wertung können autonome Systeme noch nicht erbringen. Auch ist das Abstellen auf Kennzeichnungsgegenstände in Form von Mobiltelefonen und entsprechender GPS-Daten nicht zuverlässig. Dieser mobile Gegenstand muss sich nicht zwangsläufig dort befinden, wo sich die Zielperson befindet. Eine darauf aufbauende Identifikation ist daher fehleranfällig. Dennoch ist nicht zu vernachlässigen, dass autonome Systeme im Gegensatz zu den Unzulänglichkeiten bei der Identifizierung menschlicher Ziele, bereits gegenwärtig in der Lage sind, objektbezogene Unterscheidungen vorzunehmen, zumindest was Objekte anbelangt, die allein anhand der Auswertung objektiver Daten als militärische Ziele eingestuft werden können.936 Denn die Komponenten zur Klassifizierung eines militärischen Ziels, nämlich der wirksame Beitrag zu militärischen Handlungen sowie der aus der Zerstörung des Objekts resultierende militärische Vorteil bedürfen bei derartigen Zielen keiner komplexen qualitativen Analyse. Was jedoch alle anderen militärischen Objekte anbelangt, so gilt das zuvor Gesagte, nämlich dass die abstrakte Umsetzung der Definition von militärischen Zielen in Computersprache derzeit noch nicht möglich ist. Vor allem die Bestimmung des aus der Neutralisierung oder Zerstörung voraussichtlich resultierenden militärischen Vorteils bedarf einer qualitativen Wertung. Nichtsdestotrotz gibt es Möglichkeiten, autonome Systeme im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts einzusetzen. So könnten diese bei sogenannten deliberate targeting missions, bei denen die Angriffe bereits vollumfänglich im Voraus von Menschen im Einklang mit dem Unterscheidungsgrundsatz sowie dem Exzessverbot geplant sind, eingesetzt werden.937 Zudem könnten autonome Systeme, die noch nicht vollends in der Lage sind, die erwähnte Unterscheidung im komplexen Kampfgebiet zu treffen, in Gebieten eingesetzt werden, in denen es keine Zivilpersonen und keine zivilen Objekte gibt, wie bei Angriffen auf Hoher See.938 Da dort keine Gefahr für Zivilpersonen oder zivile Objekte besteht, könnten dort auch autonome Systeme eingesetzt werden, die noch nicht vollends in der Lage sind, dem Unterscheidungsgrundsatz gerecht zu werden, da dies in solchen Gebieten keine 936  Sparrow, J. App. Phil 24/1 (2007), S. 62, 63; Wagner, Vand J Transnat’l L 47 (2014), S. 1, 21. 937  Kastan, JLTP (2013), S. 45, 57. 938  Schmitt/Thurnher, NSJ 4/2 (2013), S. 231, 263; Kastan, JLTP (2013), S. 45, 61.

310 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Rolle spielt. Davon abgesehen könnte die Einhaltung des Unterscheidungsgrundsatzes auch dadurch sichergestellt werden, dass autonome Luftfahrzeuge so programmiert werden, dass sie nie Menschen, sondern nur Objekte angreifen bzw. menschliche Ziele nur verhaltensabhängig angreifen, also beispielsweise wenn ein Mensch das autonome Luftfahrzeug angreift. Damit bleibt festzuhalten, dass derzeitige autonome Drohnen nicht in der Lage sind und voraussichtlich auch in naher Zukunft entwickelte autonome Drohnen voraussichtlich nicht in der Lage sein werden, dem Unterscheidungsgrundsatz entsprechend, subjektive Unterscheidungen zu treffen und derzeit nur eingeschränkt fähig sind, objektive Unterscheidungen vorzunehmen. In diesem Zusammenhang ist ein entsprechender technologischer Fortschritt abzuwarten. Ob und inwiefern unbemannte Luftfahrzeuge in der Lage sind, den Unterscheidungsgrundsatz einzuhalten, insbesondere, ob sie gegen militärische Ziele gerichtet werden können und damit nicht dem Verbot des Art. 51 Abs. 4 b) ZP I unterfallen, hängt von ihrer technischen Ausstattung und Programmierung ab. Ob sie zudem in der Lage sind, zwischen Kombattanten und Zivilpersonen zu unterscheiden, und insbesondere auf Statuswechsel zu reagieren und ab wann und in welchen Situationen es dann eines menschlichen Eingreifens bedarf, ist neben der technischen Ausstattung stark vom Einzelfall abhängig. bb) Vereinbarkeit mit dem Exzessverbot Die Verpflichtung, im Einklang mit dem Exzessverbot zu handeln, verlangt den Militärbefehlshabern schwierige Entscheidungen ab. So müssen sie den Wert von Menschenleben mit dem militärischen Vorteil in ein Verhältnis setzen und gegeneinander abwägen. Dieser Verhältnismäßigkeitstest findet auch bei modernen Militäroperationen, wozu Einsätze mit Drohnen zählen, Anwendung.939 Allerdings ist er in der Theorie viel einfacher zu formulieren, als in der Praxis aufgrund vieler komplexer und unsicherer Umstände umzusetzen. So wird dem Einsatz von Drohnen vorgeworfen, dass dieser eine Reihe unbeabsichtigter Tötungen mit sich bringe, denn auch wenn die Technologie sich stetig verbessere, so sei es dennoch schwer, sich über die Rechtmäßigkeit von Angriffszielen im Klaren zu sein.940 Zu beachten ist indes, dass im Rahmen der Anwendung des Exzessverbotes das verwendete Waffensystem zunächst irrelevant ist, denn es kommt nur darauf an, ob die erwarteten zivilen Schädigungen exzessiv im Vergleich 939  Beard,

AJIL 103 (2009), S. 409, 428. Unlawful Killing with Combat Drones, 2010, S. 1, 6.

940  O’Connell,



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts311

zum erstrebten militärischen Vorteil sind, den der Angreifer vernünftiger Weise erwarten konnte.941 So kann ein Angriff mittels Drohnen die Anforderungen an das Exzessverbot auch dann erfüllen, wenn es im Rahmen von Angriffen zu einer hohen Anzahl an geschädigten Zivilpersonen kommt, sofern es sich bei dem militärischen Ziel beispielsweise um einen wichtigen Führer einer Terrorvereinigung handelt, wohingegen ein Verstoß gegen das Exzessverbot vorliegen kann, wenn ein Angriff weniger wichtiger Ziele hohe Kollateralschäden nach sich zieht.942 Demnach kann ein Drohnenangriff gegen das Exzessverbot verstoßen, allerdings nur aufgrund der Konsequenzen, die ein solcher Angriff nach sich zieht und nicht deswegen, weil er durch eine Drohne durchgeführt wurde.943 Die Auswahl der Waffen spielt im Rahmen des Treffens von Vorsichtsmaßnahmen eine Rolle, sodass Drohnen nicht eingesetzt werden dürfen, wenn andere Mittel und Methoden der Kriegsführung in weniger Kollateralschäden bei gleichwertiger Aussicht auf Erfüllung der Mission resultieren würden.944 Nicht jede Art von Militäroperation kann jedoch mit Drohnen geflogen werden und die Kapazitäten dafür sind aufgrund der noch relativ neuen Entwicklung gegenwärtig nicht gegeben. Daher besteht derzeit keine Verpflichtung, stets Drohnen einzusetzen. Wenn aber eine Drohne eingesetzt wird, dann müssen auch ihre gesamten technischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden.945 (1) Ferngesteuerte unbemannte Luftfahrzeuge Bei ferngesteuerten unbemannten Luftfahrzeugen werden die zur Einhaltung des Exzessverbotes erforderlichen Entscheidungen durch den die Drohnen steuernden Operator getroffen. Grundsätzlich unterscheiden sich diese nicht von den im Rahmen von Einsätzen bemannter Luftfahrzeuge zu treffenden Erwägungen. Bei ferngesteuerten Drohnen werden jedoch durch die Distanz zum Einsatzort unterschiedliche Faktoren, die bei der Abwägung im Rahmen des Exzessverbots in anderen Fällen als kritisch zu beurteilen sind, verändert. Eine schwer zu beantwortende Frage in diesem Zusammenhang ist beispielsweise, inwieweit ein Befehlshaber dazu verpflichtet ist, seine eigenen Streitkräfte in Gefahr zu bringen, um zivile Opfer oder Schäden an zivilen Objekten zu vermeiden.946 Exemplarisch lässt sich diese Problemlage an 941  Schmitt,

YIHL 13 (2010), S. 311, 322, 323. Denv. J. Int’l L. & Pol’y 39/1 (2010), S. 101, 127. 943  Schmitt, YIHL 13 (2010), S. 311, 323. 944  Schmitt, YIHL 13 (2010), S. 311, 323, 325. 945  Frau, HuV-I 24/2 (2011), S. 60, 65. 946  ICTY, Final Report to the Prosecutor by the Committee Established to Review the NATO Bombing Campaign Against the Federal Republic of Yugoslavia vom 8. Juni 2000, Rn. 49 ff. 942  Vogel,

312 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

einem Beispiel veranschaulichen: Am 14. April 1999 griff ein NATO-Flugzeug einen Konvoi von Fahrzeugen an, der die Djakovica-Prizren-Straße im Kosovo entlangfuhr. Dabei gingen die NATO-Piloten fälschlicher Weise davon aus, dass sich bei dem Konvoi, der in Wirklichkeit aus zivilen Flüchtlingen bestand, um militärische Ziele handelte und töten im Rahmen dieses Angriffs um die 70 Zivilpersonen.947 Die NATO versuchte ihr Vorgehen damit zu rechtfertigen, dass die Wagen mit dem bloßen Auge betrachtet wie Militärfahrzeuge aussahen.948 Diese fehlerhafte Qualifizierung lag vor allem an der Flughöhe, in welcher die NATO-Flugzeuge flogen. Aus dieser großen Distanz war nicht auszuschließen, dass die Piloten nicht in der Lage waren, zivile Laster von militärischen Transportern zu unterscheiden. Dennoch wurde es vom ICTY nicht als unrechtmäßig angesehen, in dieser Höhe zu operieren, da in die im Rahmen des Exzessverbots zu treffende Abwägung auch die Minimierung der sich aus geringerer Höhe und der Erreichbarkeit für die jugoslawische Luftabwehr ergebenden Gefahr für die Piloten berücksichtigt wurde. Bei unbemannten Luftfahrzeugen besteht eine solche Gefahr hingegen nicht. Sie operieren regelmäßig in geringer Flughöhe und bringen aufgrund der zwischen den Operatoren und dem Kriegsgeschehen liegenden Distanz erstere nicht in Gefahr. Emotionen wie Angst vor dem Tod oder vor Verletzungen im Kampfgefecht sowie Stress, Wut und Rache können das Urteilsvermögen eines Menschen trüben und wirken sich damit zum Nachteil der Einhaltung des Rechts aus. Von diesen Emotionen ist ein Drohnen-Operator aufgrund der Distanz zum Kriegsgeschehen jedoch befreit, sodass er in der Lage ist, alle ihm zur Verfügung stehenden Informationen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsabwägung konzentriert und in Ruhe auszuwerten, ohne dabei Stresssituationen ausgesetzt zu sein, die sein Urteilsvermögen tangieren könnten. Die Eliminierung dieses Problemfelds beseitigt somit nicht nur eine bedenkliche Argumentationslinie betreffend fehlerhaft geführter Einsätze, sondern beeinflusst auch grundlegend, was als „praktisch möglich“ nach Art. 57 Abs. 5 ZP I angesehen werden kann, um alle in Betracht kommenden Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. So sind ferngesteuerte unbemannte Luftfahrzeuge durch ihre Technologie in der Lage, Zivilpersonen in bewaffneten Auseinandersetzungen in vielerlei Hinsicht vor unnötigen Schäden zu bewahren.

947  Gordon, Crisis in the Balkans: A NATO Account; Admits Pilot Bombed 2nd Convoy on Kosovo Road, in: N.Y. Times, Artikel vom 20. April 1999, S. A12. 948  ICTY, Final Report to the Prosecutor by the Commitee Established to Review the NATO Bombing Capaign Against the Federal Republic of Yogoslawia, 2000, Rn. 67.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts313

(2) Autonome unbemannte Luftfahrzeuge Da die Abwägungsentscheidung im Rahmen des Exzessverbotes eine vorangegangene Unterscheidung der betroffenen Personen und Objekte voraussetzt, hindert die Unfähigkeit zur Unterscheidung die Fähigkeit, im Einklang mit dem Exzessverbot zu handeln. Daher wird es derzeit und, soweit absehbar, auch in naher Zukunft, autonomen Systemen nicht möglich sein, die im Rahmen des Exzessverbotes erforderlichen Abwägungsentscheidungen zu treffen. Diese sind nämlich ebenfalls qualitativer Natur und bedürfen als solche einer einzelfallabhängigen menschlichen Wertung.949 Es wird diesbezüglich vertreten, dass dazu nur Formen künstlicher Intelligenz fähig wären.950 Oftmals wird daher die Fähigkeit einer autonomen Drohne unter dem Niveau künstlicher Intelligenz hinsichtlich der Fähigkeit zu einer ausreichend nuancierten Abwägung in Frage gestellt. Untermalt wird dies damit, dass es grundsätzlich nicht möglich sei, das Recht des bewaffneten Konflikts in abstrakt-generelle Computersprache umzuschreiben, da es stets auslegungsbedürftig sei.951 Selbst wenn es Menschen gelingen sollte, Drohnen entsprechend zu programmieren, so würden diese nicht fehlerfrei sein, denn Menschen selbst begehen Fehler und treffen ggf. die falschen Entscheidungen. Solche Fehler können durch maschinelle Anwendung multipliziert werden, wenn immer wieder auf die gleiche fehlerhafte Routine zurückgegriffen wird. Vor diesem Hintergrund wird vertreten, dass ein Computer im Abwägungsprozess nur eine unterstützende Position einnehmen kann, er jedoch weder einen Ersatz für eine individuell getroffene Entscheidung noch eine Verteidigungsgrundlage in einem Prozess darstelle.952 Entsprechend sollen die USA Berichten zufolge ein Computerprogram entwickelt haben, welches ihnen bei der Verhältnismäßigkeitsabwägung behilflich sein soll.953 Auch

949  So auch Gillespie/West, The International C2 Journal 4/2 (2010), S. 1, 13; Wagner, Vand J Transnat’l L 47 (2014), S. 1, 26; Sharkey, FIfF-Kommunikation 1 (2009), S. 26, 27. 950  Sparrow, The Ethical Challenges of Military Robots, in: Dabringer (Hrsg.), Ethical and Legal Aspects of Unmanned Systems, 2010, S. 87, S. 99; Asaro, Military Robots and Just War Theory, in: Dabringer (Hrsg.), Ethical and Legal Aspects of Unmanned Systems, 2010, S. 103, 116; Sauer/Schörning, Security Dialogue 43/4 (2012), S. 363, 374. 951  Singer, Spektrum der Wissenschaft 10 (2010), S. 70, 79; Sharkey, RUSI Defence Systems 11/2 (2008), S. 86, 87. 952  Hampson, The Principle of Proportionality in the Law of Armed Conflict, in: Perrigo/Whitman (Hrsg.), The Geneva Conventions under Assault, 2010, S. 42, 52. 953  US/UK, Conduct of the 2003 War in Iraq, Case No. 153, S. 1592–601, zitiert in Hampson, The Principle of Proportionality in the Law of Armed Conflict, in: Perrigo/Whitman (Hrsg.), The Geneva Conventions under Assault, 2010, S. 42, 52.

314 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

dieses Programm ersetzt aber nicht die menschliche qualitative Bewertung, die nach wie vor zusätzlich vorgenommen wird. Festzuhalten bleibt auch im Rahmen der Vereinbarkeit von autonomen Drohnen mit dem Exzessverbot, dass dies wesentlich von der zur Verfügung stehenden Technik abhängt. Unabhängig von dieser könnten autonome Luftfahrzeuge jedoch im Einklang mit dem Exzessverbot im Rahmen des deliberate targeting bei Einsätzen in fest vorgeschriebenen Einsatzgebieten, in denen sich beispielsweise keine Zivilpersonen aufhalten, zum Einsatz kommen. Der militärische Vorteil, der sich bei Einsätzen dieser Art auf Angriffe in ihrer Gesamtheit bezieht, wird dabei nämlich nicht vom autonomen Luftfahrzeug selbst, sondern vom jeweiligen Befehlshaber bestimmt. Festzuhalten ist, dass das Einhalten des Exzessverbots nach Art. 51 Abs. 5 lit. b) ZP I oder ein Verstoß dagegen stets eine Frage des Einzelfalls ist, sodass im Rahmen der Vorabkontrolle lediglich eine abstrakt-generelle Vereinbarkeit mit dem Exzessverbot zu berücksichtigen ist. Jede Waffe kann in ­einer rechtmäßigen und rechtswidrigen Weise zum Einsatz kommen, was jedoch allein nicht bereits für deren Rechtswidrigkeit spricht. Es wird richtigerweise vertreten, dass daher eine Berücksichtigung des Exzessverbots im Rahmen der Vorabkontrolle zu unterbleiben habe, da ein Verstoß stets eine Einzelfallprüfung im konkreten Fall erfordere und daher ein Urteil über die Rechtmäßigkeit nicht in verlässlicher Weise abgegeben werden könne.954 Trotz dessen ist es aber möglich, vorab generell abstrakt zu prüfen, ob ein unbemanntes Luftfahrzeug überhaupt in der Lage wäre, im Einklang mit dem Exzessverbot eingesetzt zu werden. Dies ist insbesondere für autonome Luftahrzeuge von Bedeutung. Denn wenn ein solches nicht in der Lage ist, im Einklang mit dem Exzessverbot eingesetzt zu werden, dann wird es Art. 36 ZP I nicht gerecht. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass ein Luftfahrzeug, welches in der Lage ist, im Einklang mit dem Exzessverbot eingesetzt zu werden und damit der Vorabkontrolle nach Art. 36 ZP I standhält, nicht im Einzelfall exzessive Kollateralschäden verursachen kann. Dies unterliegt wiederum einer Einzelfallprüfung. cc) Vorsichtsmaßnahmen Im Hinblick auf die nach Art. 57 und Art. 58 ZP I im Vorfeld von sowie bei Angriffen zu treffenden Vorsichtsmaßnahmen ist zu berücksichtigen, dass diese grundsätzlich auf einer höheren Ebene als der der eingesetzten Waffe bzw. des ausführenden Soldaten getroffen werden. Die Verantwortlichkeit für 954  Boothby, Weapons and the Law of Armed Conflict, 2016, S. 349 f.; McClelland, IRRC 85/850 (2003), S. 397, 407 ff.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts315

das Treffen von Vorsichtsmaßnahmen liegt bei dem jeweiligen Befehlshaber.955 Der Operator bzw. das Waffensystem führen lediglich Handlungen aus, die zu einem größeren Ganzen, der Militäroperation, gehören. Welche konkreten Vorsichtsmaßnahmen bezüglich der Zielidentifikation zu treffen sind, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls und hängt in besonderem Maße von den verfügbaren technischen und personellen Ressourcen der jeweiligen Konfliktpartei bei der Angriffsplanung und -entscheidung ab.956 Die konkreten Maßnahmen erfordern mithin stets eine Einzelfallentscheidung anhand der jeweiligen zu dem relevanten Zeitpunkt gegebenen Umstände. Den zu treffenden Vorsichtsmaßnahmen entsprechend sollten unbemannte Systeme dann nicht eingesetzt werden, wenn der Befehlshaber noch alternative Mittel zur Verfügung hat, welche das Risiko ziviler Schädigungen minimieren, ohne dabei den aus dem Angriff resultierenden militä­ rischen Vorteil zu schmälern. Möglicherweise können autonome Systeme selbst weitreichende und neue Vorsichtsmaßnahmen treffen, da sie mangels Selbsterhaltungsdrang höhere Risiken eingehen können. Schwierig gestaltet sich beim Einsatz von bemannten Luftfahrzeugen das Absehen oder Unterbrechen von Angriffen. Art. 57 Abs. 2 a) iii) ZP I besagt, dass von jedem Angriff Abstand zu nehmen ist, bei dem damit zu rechnen ist, dass er auch Verluste unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen. Art. 57 Abs. 2 b) ZP I verlangt, einen Angriff endgültig oder vorläufig einzustellen, wenn sich erweist, dass sein Ziel nicht militärischer Art ist, dass es unter besonderem Schutz steht oder dass damit zu rechnen ist, dass der Angriff auch Verluste unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen verursacht, die in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen. Zudem sind Angriffe nach dem gewohnheitsrechtlich anerkannten und vertragsrechtlich festgeschriebenen allgemeinen kriegsvölkerrechtlichen Grundsatz abzubrechen, wenn sich jemand ergibt oder „hors de combat“ ist, also klar kommuniziert, dass er sich ergeben möchte oder er aufgrund von Krankheiten und Verletzungen außerstande ist, sich zu verteidigen.

955  McNeal,

Geo LJ 102 (2014), S. 681, 739–750. The Contemporary Law of Targeting, 2009, S. 162; Quéguiner, IRRC 88/864 (2006), S. 793, 797; Sandoz/Swinarski/Zimmermann (Hrsg.), IKRKKommentar, 1987, S. 680. 956  Henderson,

316 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Das Aussetzen eines Angriffs oder das Absehen von einem Angriff bei dem Einsatz unbemannter Systeme ist jedoch durchaus problematisch.957 Bereits der Pilot eines Luftfahrzeugs ist nicht in der Lage, einen bereits in Gang gesetzten Angriff abzubrechen oder mit der anvisierten Zielperson zu kommunizieren, um festzustellen, ob die Parameter, auf denen seine Angriffsentscheidung basierte, noch dieselben sind. Bei unbemannten fern­ gesteuerten Luftfahrzeugen ist der Operator selbst nicht vor Ort und damit maßgeblich von der Datenübertragung der jeweiligen Situation abhängig. Ihm verbleiben grundsätzlich nur zwei Möglichkeiten, angreifen oder nicht angreifen. Abgesehen von dem Umstand, dass er aufgrund der größeren ­Distanz zwischen ihm und seinem Ziel sowie dem virtuellen Umfeld, in welchem er agiert, dazu neigen könnte, eher anzugreifen, als von einem Angriff abzusehen, insbesondere da das Angreifen mittels Drohnen einfacher ist als das Festnehmen von Personen, vor allem, weil Drohnen nicht in der Lage sind, ein mögliches Ergebensgesuch ohne Kommunikationsmöglichkeit richtig zu verstehen.958 Dies verschärft sich noch einmal beim Einsatz von autonomen Luftfahrzeugen, die ohne menschliche Intervention agieren. Nicht unberücksichtigt werden sollte aber, dass sich die Situation beim Einsatz von Kampfflugzeugen nicht anders darstellt, so besteht auch dort keine Möglichkeit der Kommunikation. Die Situation ist, im Gegenteil, noch erheblich komplexer als beim Einsatz von Drohnen, da Kampfflugzeuge nicht in der Lage sind in einer Höhe zu fliegen, die irgendeine Kommunikation zwischen Pilot und Zielperson zulassen würde. Wohingegen Drohnen, zumindest die Small- und Micro-UAVs, in viel geringeren Flug­ höhen operieren können und darüber hinaus auch mit einer Art Gegensprechanlagen ausgestattet werden und damit auf Kommunikation reagieren können,959 was bei bemannten Flugzeugen hingegen bereits im Ansatz unmöglich ist. Nichtsdestotrotz muss jedoch das Kommunikationssystem zwischen der Drohne und dem sie Steuernden funktionieren, damit ein Abbruch eines Angriffs jederzeit möglich ist. Sollte es zu Störungen in der Kommunikation kommen, so muss durch andere Maßnahmen, wie ein komplettes Ausschalten der Drohne, sichergestellt werden können, dass der Angriff abgebrochen wird. Wird dies nicht beachtet, so stellt ein solcher Angriff einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht dar.960 Bei autonomen Drohnen müsste die Möglichkeit geschaffen werden, mit der Drohne selbst zu kommunizieren. Daneben müsste diese so programmiert werden, dass sie im Zweifelsfall, um Fehlerquellen zu minimieren und größtmöglichen Schutz 957  Sassóli,

International Law Studies 90 (2014), S. 308, 337. Targeted Killing in International Law, 2008, S. 419. 959  Frau, HuV-I 24/2 (2011), S. 60, 65. 960  Frau, HuV-I 24/2 (2011), S. 60, 65. 958  Melzer,



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts317

von Zivilpersonen zu gewährleisten, von einer Kapitulation des Gegners ausgeht. Festzuhalten ist, dass auch die im Rahmen des Art. 57 ZP I zu treffenden Vorsichtsmaßnahmen ein Tätigwerden im Einzelfall erfordern. Wichtig ist hier lediglich bei unbemannten Luftfahrzeugen, dass diese grundsätzlich in der Lage sind, die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen oder eben ohne solche getroffen zu haben, von Angriffen abzusehen. Drohnen müssen daher die Möglichkeit aufweisen, von einem Angriff Abstand zu nehmen, entweder durch sie selbst oder durch menschliche Intervention. Insbesondere im Zusammenhang mit autonomen Drohnen wird vielfach eine Art menschliche Abbruchfunktion verlangt.961 Diese ist zwar gewissen Risiken ausgesetzt, so könnte es zu Situationen kommen, in denen Menschen nicht in der Lage sind, diese so gut einzuschätzen, wie dies die Maschine vor Ort tut. Zudem besteht das Risiko, dass Menschen nicht als die der Maschine Vor­ gesetzten handeln, sondern bei Zweifeln die Tendenz aufweisen, eher der Maschine als vermeintlich klügerem Gegenüber zu vertrauen. Dennoch ist eine menschliche Interventionsmöglichkeit als übergeordnete Kontrollinstanz beim Einsatz autonomer Systeme, vor allem aus moralischen Gründen wünschenswert, auch wenn die menschliche Komponente rechtlich nicht erforderlich ist. Ob in einem konkreten Fall dann ein Verstoß tatsächlich vorliegt, wird im Rahmen einer Einzelfallprüfung festgestellt werden. Im Rahmen der Vorabkontrolle erfolgt nur eine Überprüfung dahingehend, ob ein unbemanntes Luftfahrzeug grundsätzlich in der Lage ist, den Kernprinzipien des Rechts des bewaffneten Konflikts entsprechend zu handeln. dd) Vereinbarkeit mit dem Perfiderieverbot Dem Einsatz von Drohnen wird vorgeworfen, dass er heimtückisch sei. Seit jeher war es Teil der Militärtaktik seinen Gegner dazu zu verleiten, in Fallen zu treten oder Fehler zu machen, aus denen man einen militärischen Vorteil ziehen kann.962 Einige solcher Täuschungsmanöver sind jedoch verboten, da sie einen Vertrauensverstoß darstellen.963 Diese Akte werden Perfiderie genannt. Das Verbot erstreckt sich auch auf den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt. Nach Art. 37 ZP I liegt ein Akt der Perfiderie vor, wenn eine Partei durch den guten Glauben und das Vertrauen der anderen Partei darauf, dass eine 961  Thurnher,

Joint Forces Quarterly 67/4 (2012), S. 77, 83. An Introduction to the International Law of Armed Conflicts,

962  Kolb/Hyde,

2008, S. 161. 963  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 161.

318 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Situation besteht, in der ihr Schutz nach dem Recht des bewaffneten Konflikts gewährt werden würde, einen bestimmten militärischen Vorteil erlangt. Dabei nutzt eine Partei zwecks Erlangung eines militärischen Vorteils die Verpflichtung der anderen Partei aus, das Recht des bewaffneten Konflikts zu achten. Das Perfiderieverbot ist zwar in verschiedenen Regelungen enthalten,964 Art. 37 Abs. 1 S. 2 ZP I stellt in diesem Zusammenhang aber ein umfassendes Verbot auf. Art. 37 ZP I, stellt Völkergewohnheitsrecht dar. Das Perfiderieverbot lässt sich ferner in Art. 23 b), f) LKO, der „die meuchlerische Tötung oder Verwundung von Angehörigen des feindlichen Volkes oder Heeres“ und unter anderem den Missbrauch von militärischen Abzeichen oder Uniformen des Feindes sowie den Missbrauch von Genfer Abzeichen verbietet, und in Art. 54 GK I und Art. 45 GK II betreffend den Missbrauch des Zeichens des Roten Kreuzes, wiederfinden. Art. 38 und 39 ZP I verbieten Perfiderie ähnliche Akte, wie den Missbrauch von Schutz- und Nationalitätszeichen. Auch diese Normen stellen Völkergewohnheitsrecht dar.965 Der Missbrauch von Emblemen der Vereinten Nationen ist nach Art. 38 ZP I ein Kriegsverbrechen.966 Darüber hinaus finden in nicht-internationalen bewaffneten Konflikten Art. 3 und Art. 4 Abs. 2 d) ZP II Anwendung. Der Zweck des Perfiderieverbots, auch „Verbot der Heimtücke“ genannt, ist es, die Kriegsparteien dazu anzuhalten, das Recht des bewaffneten Konflikts einzuhalten, denn ohne dieses Verbot wären alle Regeln des Rechts des bewaffneten Konflikts nutzlos. Wenn eine Kriegspartei fürchten muss, dass die andere Partei die Regeln des bewaffneten Konflikts nicht einhält, wird sie selbst sich auch nicht an diese Regeln halten, was letztlich dazu führen würde, dass der Schutz nach dem Rechts des bewaffneten Konflikts leerlaufen würde.967 Drei Elemente, die kumulativ vorliegen müssen, sind konstitutiv für Perfiderie. Zunächst muss ein Akt der Täuschung bezüglich der Anwendung des Schutzes nach dem Recht des bewaffneten Konflikts vorliegen, zum anderen Ipsen, in: Ipsen, Völkerrecht, 2004, § 68 Rn. 15. (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Regel 58–63. 966  Artikel 38: Anerkannte Kennzeichen: 1.  Es ist verboten, das Schutzzeichen des roten Kreuzes, des roten Halbmonds oder des roten Löwen mit roter Sonne oder andere in den Abkommen oder in diesem Protokoll vorgesehene Zeichen, Kennzeichen oder Signale zu missbrauchen. Es ist ferner verboten, in einem bewaffneten Konflikt andere Schutz verleihende international anerkannte Kennzeichen, Abzeichen oder Sig­nale, einschliesslich der Parlamentärflagge und des Schutzzeichens für Kulturgut, absichtlich zu missbrauchen. 2.  Es ist verboten, das Emblem der Vereinten Nationen zu verwenden, sofern die Organisation dies nicht gestattet hat. 967  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 162. 964  Vgl.

965  Henckaerts/Doswald-Beck



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts319

muss diese Täuschung mit der Zielsetzung erfolgen, dadurch einen militärischen Vorteil zu erlangen und zuletzt muss der militärische Vorteil im Töten, Verletzen oder Gefangennehmen des Gegners bestehen.968 Während Perfiderie verboten ist, sind Kriegslisten nach Art. 37 Abs. 2 ZP I erlaubt.969 Art. 37 Abs. 2 S. 2 ZP I definiert Kriegslisten als Handlungen, die einen Gegner irreführen oder ihn zu unvorsichtigem Handeln veranlassen sollen, die aber keine Regel des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts verletzen und nicht heimtückisch sind, weil sie den Gegner nicht verleiten sollen, auf den sich aus diesem Recht ergebenden Schutz zu vertrauen. Das Sammeln von Informationen über den Feind, um sich einen taktischen Vorteil zu sichern, ist ein wichtiger Aspekt der Kriegsführung. So erlaubt auch Art. 24 LKO Kriegslisten und die Anwendung der notwendigen Mittel, um sich Nachrichten über den Gegner und das Gelände zu verschaffen. Auch das Sammeln von Informationen ist notwendig, um dem Befehlshaber die Erfüllung seiner rechtlichen Anforderungen bezüglich der Verifizierung des potentiellen Zieles als militärisches Ziel und dem Treffen von Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz von Zivilpersonen zu ermöglichen. Wenn dies jedoch heimlich geschieht, dann handelt es sich dabei um Spionage.970 Eine in der Uniform der eigenen Streitkräfte operierende Person ist Art. 46 Abs. 2 ZP I zufolge kein Spion. Folgende Handlungen werden als Kriegs­ listen angesehen: Tarnung, Scheinstellungen, Scheinoperationen und irreführende Informationen. Im Rahmen von Kriegslisten wird der Feind über eine Tatsache und nicht um die Anwendbarkeit des Schutzes des Rechts des bewaffneten Konflikts getäuscht, um einen militärischen Vorteil zu erlangen, was bedeutet, dass die Täuschung eine Tatsache und nicht das Recht betrifft. Kriegslisten sind sozusagen Tricks, die angewendet werden, um einen taktischen Vorteil zu bekommen, indem der Feind in die Irre geführt wird, ohne jedoch den Missbrauch eines rechtlich geschützten Status zu beinhalten. Der 968  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 162. 969  Dinstein, The Conduct of Hostilities under the Law of International Armed Conflict, 2010, S. 570. 970  Art. 29 HLKO: Spione: Als Spion gilt nur, wer heimlich oder unter falschem Vorwand in dem Operationsgebiet eines Kriegführenden Nachrichten einzieht oder einzuziehen sucht in der Absicht, sie der Gegenpartei mitzuteilen. Demgemäß sind Militärpersonen, in Uniform, die in das Operationsgebiet des feindlichen Heeres eingedrungen sind, um sich Nachrichten zu verschaffen, nicht als Spione zu betrachten. Desgleichen gelten nicht als Spione: Militärpersonen und Nichtmilitärpersonen, die den ihnen erteilten Auftrag, Mitteilungen an ihr eigenes oder an das feindliche Heer zu überbringen, offen ausführen. Dahin gehören ebenfalls Personen, die in Luftschiffen befördert werden, um Mitteilungen zu überbringen oder um überhaupt Verbindungen zwischen den verschiedenen Teilen eines Heeres oder eines Gebiets aufrechtzuerhalten.

320 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Unterschied zwischen Heimtücke und List besteht darin, dass der Wesens­ gehalt der Heimtücke eben in dem Missbrauch des geschützten Status liegt, um unter Ausnutzung dessen die Schädigungshandlung vorzunehmen, während eine die List ausmachende Täuschung keinen solchen Missbrauch vorsieht.971 So ist der Hinterhalt eine rechtmäßiges Methode der Kriegsführung, selbst dann, wenn er durch Selbstmordattentate verübt wird, jedoch nur, sofern diese von den uniformierten Streitkräften eines Staates und nicht jedoch von Zivilpersonen oder Soldaten, die als Zivilpersonen verkleidet sind, verübt werden.972 Das Vorspielen eines zivilen Status durch das Tragen von ziviler Kleidung, um sich dadurch unbeschadet den gegnerischen Streitkräften zu nähern und diese Situation dann zu einem Angriff auszunutzen, stellt hingegen einen Verstoß gegen das Perfiderieverbot dar, ebenso das Vorgeben einer Kapitulation.973 Ob Drohnen gegen das Perfiderieverbot verstoßen, ist eine Frage des Einzelfalls. Im Rahmen der hier jedoch im Rahmen ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit und Vereinbarkeit mit dem Recht des bewaffneten Konflikts vorzunehmenden Prüfung ist festzustellen, dass sie dies nicht von Natur aus tun. Drohnen erfüllen bereits nicht das erste für die Annahme von Perfiderie notwendige Element der Täuschung bezüglich der Anwendung des Schutzes nach dem Recht des bewaffneten Konflikts. Beim regulären Einsatz von Drohnen wird weder ein guter Glaube an noch ein Vertrauen in einen Schutz nach dem Recht des bewaffneten Konflikts erzeugt. Ein solcher ist nicht einmal beim Einsatz von besonderes kleinen Drohnen, den Small- und MicroUAVs, der darauf ausgerichtet ist, dass diese Drohnen aufgrund ihrer geringen Größe schlechter bemerkt werden, gegeben. Drohnen unterliegen zwar, wie andere militärische Luftfahrzeuge, der Kennzeichnungspflicht. Jedoch unterscheiden Art. 38 Abs. 1, Art. 39 ZP I sowie Art. 23 b) und f) LKO klar zwischen Perfiderieakten und einem fehlerhaften Gebrauch von unterscheidbaren Kennzeichnungen. Durch den Einsatz von Mitteln der Kriegsführung, die sich der Aufmerksamkeit des Gegners entziehen, erschleicht sich der sie Einsetzende jedoch kein besonderes „Vertrauen“. Dies ist auch nicht anders zu beurteilen bei Drohnen, die so klein sind, dass eine Kennzeichnung keinen Sinn macht, da sie nicht der Erkennbarkeit dient. Auch das Verwenden von Drohnen, die z. B. wie Tiere aussehen, fällt eher in die Kategorie der erlaubten Kriegslisten als Camouflage. Allein der Aspekt, dass Drohnenangriffe ohne Vorwarnung aus der Distanz heraus erfolgen und der sie einsetzende Gegner damit nicht selbst vor Ort tätig wird, vermag nicht als heim­ tückisch und unter das Perfiderieverbot fallend anzusehen sein. Denn es wird 971  Rogers,

Law on the Battlefield, 2004, S. 37. Law on the Battlefield, 2004, S. 37. 973  Schmitt, IRRC 87/859 (2005), S. 445, 465. 972  Rogers,



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts321

nicht verlangt, dass Kriegführende unmittelbar am Ort des Kampfgeschehens präsent sind, noch dass sie sich bei Angriffen auf rechtmäßige militärische Ziele ankündigen. Der Einsatz von Drohnen ist daher regelmäßig in die Kategorie von Kriegslisten einzuordnen (etwa soweit es um Tarnung oder besonders unauffällige Gestaltung geht). Als Perfiderie wäre ein Einsatz nur dann zu klassifizieren, wenn er einen Gegner im Rahmen dessen dazu verleiten würde, auf bestimmte humanitär-völkerrechtliche Schutzstandards zu vertrauen. Dies wäre z. B. dann der Fall, wenn Drohnen etwa in einer Art gestaltet werden, dass sie wie zivile Objekte wirken und dadurch den Anschein erwecken, dass von ihnen keine Angriffe zu erwarten sind oder wenn sie internationale Schutzzeichen tragen und dadurch vorgeben, humanitäre Hilfe zu leisten. 4. Verbot autonomer Systeme Von einzelnen Stimmen in der Literatur wird vertreten, dass bereits die Entwicklung und Herstellung sowie der Einsatz und Gebrauch autonomer Waffensysteme präventiv und vorsorglich verboten werden sollten und zudem eine Überprüfung von Technologien erfolgen sollte, die sich in eine solche Richtung zu entwickeln drohen.974 So hatten jüngst mehr als 100 Technologie-Unternehmen in einem Brief an die Vereinten Nationen vor den Auswirkungen künstlicher Intelligenz und damit der Entwicklung und des Missbrauchs dieser gewarnt.975 Darin kritisierten sie, dass diese in dem Brief als „Waffen des Terrors“ bezeichneten Systeme eine sogenannte „dritte Revolution der Kriegsführung“ herbeiführen könnten. „Einmal erfunden, könnten sie zu bewaffneten Konflikten in einem nie dagewesenen Ausmaß führen, die schneller ablaufen würden, als Menschen sie begreifen können. Ein Verbot wurde zwar nicht explizit gefordert, jedoch wurden die Vereinten Nationen gebeten, eine Lösung für das Problem zu finden, welche die Menschen vor allen hieraus hervorgehenden Gefahren schützt. Weniger radikal war der Vorschlag von Human Rights Watch, solche autonomen Systeme präventiv zu verbieten, die es zulassen, dass tödliche Entscheidungen ohne menschlichen Beitrag und menschliche Kontrolle und Überwachung getroffen werden.976 Verlangt wird in diesem Zusammenhang 974  Asaro, IRRC 94/886 (2012), S. 687, 688; Altmann/Asaro/Sharkey/Sparrow, Mission Statement of the International Committee for Robot Arms Control, 2009; Human Rights Watch, Report, Losing Humanity: The Case against Killer Robots, 2012, S. 46. 975  Caetano, Tiberio et al., An Open letter to the United Nations Convention on Certain Conventional Weapons, vom 21. August 2017. 976  Human Rights Watch, Report, Losing Humanity: The Case against Killer Robots, 2012, S. 46, 47.

322 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

eine bedeutende menschliche Kontrolle (meaningful human control) über autonome Systeme.977 Auch wurde der Ruf laut nach Moratorien für die ­Untersuchung, Prüfung, Herstellung, den Erwerb, Einsatz und Gebrauch tödlicher autonomer Systeme, solange bis international vereinbarte Rahmenbedingungen für diese vorliegen.978 Auf der anderen Seite werden derartigen pauschalen Verbote autonomer Waffensysteme jedoch als unausgereift, unnötig und unmoralisch kritisiert.979 Verbote haben ihre Grundlage in der Begrenzung der Mittel und Methoden der Kriegsführung durch das Recht des bewaffneten Konflikts. Dies basiert auf drei Grundsätzen.980 Zum einen darauf, dass die Wahl der Mittel und Methoden der Kriegsführung nicht unbegrenzt ist (Art. 22 IV. Haager Abkommen, Art. 35 Abs. 1 ZP I), dass das Verwenden von Mitteln und Methoden, die unnötige Leiden oder überflüssige Verletzungen verursachen, verboten ist (Art. 23 e IV. Haager Abkommen, Art. 35 Abs. 2 ZP I) und dass das einzig legitime Ziel eines Krieges ist, den Gegner zu überwältigen oder seine Streitkräfte zu schwächen, um ihn so dem eigenen Willen zu unterwerfen (Präambel der St. Petersburger Deklaration). Aus diesen allgemeinen Grundsätzen leiten sich eine Reihe von Regelungen bezüglich der verbotenen Mittel und Methoden der Kriegsführung ab. Das Recht des bewaffneten Konflikts listet jedoch nicht im Detail auf, welche Mittel und Methoden erlaubt sind, sondern geht von der Annahme aus, dass alle Mittel und Methoden erlaubt sind, die nicht explizit verboten sind.981 Das bedeutet allerdings nicht, dass nur, weil ein bestimmtes Mittel oder eine bestimmte Methode nicht explizit durch einen bestimmten Vertrag verboten ist, diese(s) automatisch nach dem Recht des bewaffneten Konflikts erlaubt ist. Vielmehr ist erforderlich, dass diese(s) in Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts, wie dem Unterscheidungsgrundsatz (Art. 51 Abs. 4 ZP I), dem Prinzip der Humanität (Art. 35 Abs. 2 ZP I) und der Martens’schen Klausel (Präambel LKO) steht. Nur wenn ein bestimmtes Mittel oder eine bestimmte Methode 977  Article 36, Memorandum for Delegates to the Convention on Certain Conventional Weapons (CCW), Genf, 14.–15. November 2013; CCW Meeting, U.N. Doc. CCW/MSP/2014/3. 978  Alston, Report of the Special Rapporteur on Extrajudicial, Summary or Arbitrary Executions, 2010, S. 20–21; UN-Generalversammlung, Human Rights Council, U.N. Doc. A/HRC/23/47, S. 21. 979  Arkin, Governing Lethal Behavior in Autonomous Robots, 2009; Marchant/Allenby/Arkin/Barrett/Borenstein/Gaudet/Kittrie/Lin/Lucas/O’Meara/Silberman, Colum. Sci. & Tech. L Rev. 12 (2011), S. 272 ff.; Anderson/Waxman, Policy Review, No. 176, 2012/2013, S.  35 ff. 980  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 167. 981  Kolb/Hyde, An Introduction to the International Law of Armed Conflicts, 2008, S. 167, 168.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts323

weder durch ein spezielles Abkommen verboten, noch gegen eines der Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts verstößt, kann von einer Erlaubnis ausgegangen werden. Eine, wenn auch unvollständige, Liste der verbotenen Mittel und Methoden der Kriegsführung lässt sich in Art. 8 Abs. 2 b StIStGH finden, der Kriegsverbrechen auflistet und damit einen guten Hinweis auf das Völkergewohnheitsrecht bezüglich der verbotenen Mittel und Methoden liefert. Art. 8 Abs. 2 e StIStGH betrifft nicht-internationale Konflikte. Es fehlen jedoch eine Reihe von Mitteln und Methoden, die bei Anwendung im internationalen bewaffneten Konflikt zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit führen würden, was jedoch nicht bedeutet, dass sie im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt erlaubt sind, da die den Verboten dieser Mittel und Methoden zugrunde liegenden allgemeinen Prinzipien anwendbar bleiben.982 Als verbotene Methoden sind solche Schädigungshandlungen zu verstehen, die schon aufgrund der Eigenart der betroffenen Handlung unzulässig sind.983 Relevante Regelungen sind solche, wie das Verbot des Einsatzes von Mitteln und Methoden, die von Natur aus überflüssige Verletzungen und unnötige Leiden verursachen und das Verbot des Einsatzes von Kriegsmitteln, die nicht imstande sind, zwischen Zivilpersonen, zivilen Objekten und militärischen Zielen zu unterscheiden.984 Dies sind zugleich die Kern­ regelungen des humanitären Völkerrechts.985 Darüber hinaus legen einige Verträge und völkergewohnheitsrechtliche Regelungen gewisse Verbote oder Begrenzungen des Einsatzes von bestimmten Waffen fest.986 Zwar verstoßen autonome Systeme, wie dargelegt, nicht per se gegen das Recht des bewaffneten Konflikts, jedoch wäre die Staatengemeinschaft frei, ein entsprechendes präventives Verbot zu erlassen. Ein solches Verbot wäre relativ einfach zu erlassen und könnte so ausgestaltet sein, dass ein maximaler Grad an Autonomie festgelegt wird und alle Systeme verboten werden, die diesen überschreiten oder dass ein minimaler Grad an menschlicher Kontrolle festgesetzt wird, der einzuhalten ist. Ein solches Verbot wäre aber schwer durchzusetzen und auch in seinen Auswirkungen nicht erstrebens982  ICTY, Urteil vom 2. Oktober 1995, Az.: IT-94-1-AR72, Prosecutor v. Tadic, Rn. 119. 983  Ipsen, in: Ipsen, Völkerrecht, 2004, § 68 Rn. 14. 984  Henckaerts/Doswald-Beck (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law, Vol. I: Rules, 2005, Rules 70, 71. 985  ICJ, ICJ Reports (1996), S. 257, Rn. 78. 986  Wie bspw. das internationale Übereinkommen über Streumunition (sog. OsloÜbereinkommen) zur Ächtung von Streumunition vom 30. Mai 2008 (BGBl. 2016 II, S. 50, UNTS Bd. 2688, S. 39) oder das Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen vom 13. Januar 1993 (BGBl. 1994 II, S. 807, UNTS Bd. 1974, S. 45).

324 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

wert. So würde es nur für die Staaten gelten, die der entsprechenden Konvention beitreten und die übrigen Staaten würden die militärischen Vorteile der Systeme in Anspruch nehmen und diese weiterentwickeln, wohingegen die anderen Staaten technologisch zurückbleiben würden. M. E. ist es aus völkerrechtlicher Sicht nicht ersichtlich, warum autonome Luftfahrzeuge präventiv verboten werden sollten. Unbemannte Luftfahrzeuge, und das gilt auch für autonome Luftfahrzeuge, verstoßen nicht per se gegen das Recht des bewaffneten Konflikts. Die meisten Verbotsnormen des humanitären Völkerrechts, wie Art. 35 Abs. 2 und 3, Art. 51 Abs. 4 c) ZP I sowie Art. 55 Abs. 1 S. 2 ZP I, beziehen sich zudem auf bestimmte Wirkungsweisen von Waffen bzw. ihrer Munition, nicht jedoch auf deren Trägersysteme und sind damit nicht auf unbemannte Luftfahrzeuge anwendbar. Verboten wären sie aber nach Art. 51 Abs. 4 b) ZP I, sofern sie sich nicht gegen ein bestimmtes militärisches Ziel richten ließen und ihrer Natur nach damit militärische Ziele und Zivilpersonen und zivile Objekte unterschiedslos treffen könnten.987 Unbemannte Luftfahrzeuge, und darunter auch autonome Luftfahrzeuge, lassen sich aber gegen ein bestimmtes Ziel richten und unterfallen daher nicht diesem Verbot. Zudem befinden sich bereits autonome Systementscheidungen, wie Abstandswaffen, cruise missiles und ballistische Raketen, im Einsatz, die ihre Ziele autonom ansteuern, sodass das alleinige Kriterium der Autonomie völkerrechtskonformen militärischen Einsätzen nicht entgegensteht.988 Die diesbezügliche Kritik und das Fordern eines präventiven Verbots unterliegen in gewisser Weise einem Zirkelschluss. Es wird nämlich vertreten, dass der technologische Fortschritt derzeit noch nicht in der Lage ist, solch autonome Systeme zu entwickeln, die im Einklang mit dem Völkerrecht eingesetzt werden könnten und diese daher präventiv zu verbieten sind. Damit wird die mögliche Entwicklung der Systeme untermauert, die, sofern sie in der Lage wären, im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht zu handeln, von Nutzen wären. Es sollten doch dann eher die Systeme verboten bzw. nicht zugelassen werden, die sich im Rahmen der Vorabkontrolle nach Art. 36 ZP I als nicht ausreichend herausstellen, um das Recht des bewaffneten Konflikts einzuhalten. Das Fordern eines Verbots betrifft nicht die Frage, ob eine bestimmte Waffe zulässig und rechtmäßig ist, sondern, die Art und Weise wie eine bestimmte Entscheidung getroffen wird. Dies hat jedoch nichts mit der Zulässigkeit nach humanitärem Völkerrecht zu tun. Das Verbot autonomer Waffensysteme ist allein eine moralische bzw. ethische Frage. Zu beachten ist ferner, dass dieses Verlangen nach einem Verbot von Philosophen, nicht von Völkerrechtlern, stammt. Und dies mag in 987  Schmitt/Thurnher,

NSJ 4/2 (2013), S. 231, 249. Autonome Kriegsführung und legitime militärische Ziele, in: Frau (Hrsg.), Drohnen und das Recht, 2014, S. 35, 56. 988  Platek,



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts325

moralischer und ethischer Hinsicht auch vertretbar sein, in völkerrechtlicher Hinsicht sieht dies jedoch anders aus. Es gibt keinen rechtlichen Grund für ein entsprechendes präventives und absolutes Verbot. 5. Zwischenfazit Unbemannte Systeme verstoßen, wie vorstehend dargestellt, nicht per se gegen das Recht des bewaffneten Konflikts.989 Ob unbemannte Systeme in Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts stehen, ist eine Frage ihrer Anwendung im Einzelfall und nicht im überwiegenden Maße von ihrer grundsätzlichen Programmierung und ihren technischen Fähigkeiten abhängig. Sofern unbemannte Systeme ihre Angriffe lediglich gegen rechtmäßige militärische Ziele richten, diese voraussichtlich zu dem im Zeitpunkt der Angriffsentscheidung vorherrschenden Kenntnisstand unter Ausschöpfung aller vernünftigerweise einzubeziehenden Informationen nicht zu zivilen Kollateralschäden führen, die exzessiv zu dem erwarteten aus dem Angriff resultierenden konkreten militärischen Vorteil sind und bestimmte Vorsichtsmaßnahen im Vorfeld sowie während der Angriffe getroffen werden, spricht nichts gegen ihre grundsätzliche Zulässigkeit. Der Einsatz von Drohnen als Aufklärungsmittel scheint unbedenklicher zu sein, als der von mit Waffen ausgestatteten Drohnen für den Kampfmitteleinsatz. Problematisch könnte in diesem Zusammenhang aufgrund der fortgeschrittenen Technologie der Daten- und Informationsbeschaffung sein, inwieweit durch Einsätze von Aufklärungsdrohnen die Grundrechte von Menschen, die dadurch in ihrer Privatsphäre erheblich eingeschränkt werden können, beeinträchtigt werden. Dies steht jedoch nicht im Fokus dieser Untersuchung.

II. Herausforderungen des Einsatzes und der Entwicklung unbemannter Luftfahrzeuge Der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge und teilweise auch bereits die Entwicklung autonomer Systeme werden stark kritisiert.990 In diesem Zusammenhang werden Drohnen auch als „Killerroboter“991 oder als die „zer989  Schmitt/Thurnher,

NSJ 4/2 (2013), S. 231, 279, 280. Rights Watch, Report, Losing Humanity: The Case against Killer Robots, 2012; O’Connell, Banning Autonomous Killing, in: Evangelista/Shue (Hrsg.), The American Way of Bombing, 2014, S. 224 ff.; Asaro, IRRC 94/886 (2012), S.  687 ff.; Sharkey, IRRC 94/886 (2012), S. 787 ff.; Boothby, Conflict Law: The Influence of New Weapons Technology, Human Rights and Emerging Actors, 2014, S. 148. 991  Pike, Coming to the Battlefield, Stone-Cold Robot-Killers, Washington Post, Artikel vom 4. Januar 2009. 990  Human

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störerischsten Waffensysteme überhaupt“992 bezeichnet. Vorgeschlagen wird, den Einsatz von unbemannten Systemen in bestimmten Situationen zu verbieten und darüber hinaus die Forschung im Bereich autonomer Systeme zu kontrollieren und ggfs. zu beschränken.993 Einige zweifeln daran, dass die Technologie jemals gut genug sein könnte, um ausreichend präzise Entscheidungen zu treffen, um den rechtlichen und ethischen Anforderungen des Unterscheidungsgrundsatzes und des Exzessverbots gerecht zu werden.994 Andere sind davon überzeugt, dass dazu stets ein menschliches Urteilsvermögen erforderlich ist und tödliche Angriffe stets von einem Menschen gesteuert werden sollten, der für seine Taten zur Verantwortung gezogen werden kann.995 Wiederum andere vertreten die Auffassung, dass obwohl autonome System nicht per se gegen das humanitäre Recht verstoßen, diese als vorsorgliche Maßnahme aufgrund ihrer Risiken generell verboten werden sollten.996 Im Folgenden wird die autonomen Systemen gegenüber vorgebrachte Kritik und die Herausforderungen, welche diese an das Recht des bewaffneten Konflikts stellen, näher beleuchtet. In diesem Zusammenhang wird sodann untersucht, ob unbemannte Luftfahrzeuge gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen. 1. Herabsetzen der Gewaltschwelle Dem Einsatz von Drohnen wird vorgehalten, das Angreifen im Vergleich zu konventionellen Mitteln und Methoden der Kriegsführung zu stark zu vereinfachen und dadurch die Hemmschwelle zur Autorisierung von Gewaltanwendung bei politischen Entscheidungsträgern sowie die Schwelle zur Gewaltanwendung im Rahmen von Luftoperationen bei den Konfliktparteien selbst zu senken.997 Mittels Drohnen ist es nämlich möglich, über große Distanz hinweg unmittelbar und ohne Gefährdung für das eigene Personal 992  Singer, The New Atlantis (2009), S. 25, 41, Garlasco von Human Rights Watch zitierend. 993  Sparrow, IEEE Technology and Society Magazine (2009), S. 25, 28. 994  Human Rights Watch, Report, Losing Humanity: The Case against Killer Robots, 2012, S. 30–35. 995  Human Rights Watch, Losing Humanity: The Case against Killer Robots, 2012, S. 35–36; Asaro, IRRC 94/886 (2012), S. 687. 996  UN-Generalversammlung, Human Rights Council, U.N. Doc. A/HRC/23/47, S. 20, 21; Rappert/Moyes/Crowe/Nash, IRRC 94/886 (2012), S. 765, 767. 997  Haid, Ferngesteuerte Killer, 2010, S. 19; Asaro, How Just Could a Robot War Be?, in: Briggle/Waelbrs/Brey (Hrsg.), Current Issues in Computing and Philosophy, 2008, S.  50 ff.; Krishnan, Killer Robots: Legality and Ethicality of Autonomous Weapons, 2009, S. 145 ff.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts327

Ziele zu identifizieren und anzugreifen. Insbesondere autonomen Systemen wird daher vorgeworfen, dass sie die Gefahr des unbeabsichtigten Ausbruchs oder der Verschärfung eines Konflikts in sich tragen, da sie nicht unmittelbarer menschlicher Kontrolle unterstehen.998 Zudem ist es durch den Einsatz unbemannter Systeme nun einfacher geworden, jemanden zu töten, als ihn gefangen zu nehmen.999 Dem ist nicht zuzustimmen. Zwar ist es richtig, dass das Leben der eigenen Soldaten durch den Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge weniger gefährdet wird als durch den Einsatz konventioneller Mittel und Methoden der Kriegsführung (dies ist aber, wie dargestellt als Vorteil zu begreifen), es darf aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass ein Gegner jederzeit und in legitimer Weise die Drohnen, den Drohnen-Operator und die Basisstation angreifen darf. Dieses Bewusstsein trägt entscheidend dazu bei, jede Handlung sorgfältig abzuwägen und nichts leichtfertig zu unternehmen, das in einem bewaffneten Konflikt eskalieren könnte. Zwar bewirkt die räumliche Entfernung einen gewissen Schutz dieser Ziele, es ändert sich aber nichts daran, dass es sich um eine normale Entscheidungssituation handelt, ob Gewalt angewendet werden soll oder nicht. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt bei der Wahl der Mittel ist nicht davon auszugehen, dass die bloße Risikoabsenkung für eigenes Personal zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Gewaltanwendung führen wird. Zudem ist auch nicht erkennbar, warum insoweit andere Maßstäbe gelten sollten als für andere Waffen, wie z. B. Mittel- oder Langstreckenraketen, die gleichermaßen aus einer vergleichsweise sicheren Distanz auf Ziele gelenkt werden können. Soweit kritisiert wird, dass Drohnen den Ausbruch eines Konfliktes bewirken können, da sie nicht unmittelbarer menschlicher Kontrolle unterworfen sind, wird verkannt, dass Drohnen nicht kontrollfrei eingesetzt werden. Dies ist derzeit nicht der Fall und kann auch in Zukunft nicht gewollt sein. Die grundlegende Einsatzsetzung wird und soll auch in Zukunft nach wie vor von Menschen getroffen werden. Tatsächlich kontrolliert der Operator die verschiedenen Einsatzparameter fortlaufend und es ist unschlüssig, warum ein Drohneneinsatz den Ausbruch oder die Verschärfung eines Konfliktes bewirken könnte, bemannte Flugzeuge hingegen nicht – ein Gegner kann beides gleichermaßen als kriegerischen Akt werten und darauf mit Gewalt reagieren. 2. Ausbreitung bewaffneter Konflikte Ebenfalls kritisiert wird die Extraterritorialität der Gewaltanwendung durch den Einsatz von Drohnen. Das Recht des bewaffneten Konflikts trifft 998  Asaro, 999  Der

IRRC 94/886 (2012), S. 687, 692. Spiegel, 41/2010, S. 108 f.

328 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

keine ausdrücklichen Regelungen hinsichtlich seines geografischen Anwendungsbereichs. Es ist anerkannt, dass das Recht des bewaffneten Konflikts nicht nur lediglich im räumlichen Bereich des Schlachtfeldes, sondern in allen Gebieten der an ihm beteiligten Parteien zur Anwendung gelangt, unabhängig davon, ob dort auch tatsächlich Kampfhandlungen stattfinden. Das Recht internationaler bewaffneter Konflikte weist keinerlei Anhaltspunkte für eine geographische Beschränkung des Anwendungsbereiches des humanitären Völkerrechts auf. Vielmehr ist allgemein anerkannt, dass dieses, insbesondere zu Zwecken des Opferschutzes, überall dort zur Anwendung gelangt, wo humanitäre Folgen eines bewaffneten Konfliktes auftreten. Militärische Operationen dürfen aber nicht in Gebiete von neutralen Staaten ausgeweitet werden. Im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt hingegen gibt es Indizien für ein geographisch begrenztes Schlachtfeld.1000 Gleichwohl lassen sich transnationale Konflikte nicht an einer exakten Linie oder Staatsgrenze festmachen. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang ein sogenannter „spillover-effect“, also ein „Überschwappen“ des bewaffneten Konflikts in die grenznachbarlichen Regionen infolge von aktiven Kampfhandlungen oder der Nutzung als Rückzugsraum. Für Drohnen bedeutet dies, dass das Recht des bewaffneten Konflikts auch in dem Staat Anwendung findet, in welchem sich beispielsweise die jeweilige Bodenstation der Drohne befindet. Dadurch wird der bewaffnete Konflikt territorial weiter ausgebreitet, als dies bei konventioneller Kriegsführung, wo sich die Angriffshandlungen überwiegend auf das Schlachtfeld begrenzten, der Fall wäre. Dennoch ist dieses Risiko nicht höher bei Drohneneinsätzen als im Rahmen von konventionellen Konflikten. Denn es ist zu beachten, dass dies gerade keine weitere territoriale Ausweitung bewirkt als dies bei konventionellen Kriegen der Fall ist. In beiden Fällen ist das praktische Risiko abhängig von der technologischen Ausstattung des Gegners, d. h. der Verfügbarkeit von Waffen oder Waffensystemen, die über entsprechende räumliche Distanzen Angriffe ausführen können. Ob in einem konventionellen Krieg ein Generalstab in einem anderen Land oder in einem modernen Krieg eine Drohnenbodenstation angegriffen wird, macht keinen signifikanten Unterschied. 3. Technologische Asymmetrie Eine der Folgen von modernen Konflikten mit Einsatz von neuster Technologie ist die dadurch entstehende Asymmetrie im Hinblick auf die zum Einsatz 1000  Art. 1 ZP II: „Konflikte, die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei […] stattfinden“ sowie Artikel 3 der GK.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts329

gelangende Technologie. Nur wenigen Staaten steht die modernste Technologie zur Verfügung, die es erlaubt „chirurgisch präzise“ Angriffe durchzuführen.1001 Der Einsatz von Drohnen führt damit zwangsläufig zu Ungleichheiten, da die Drohnen einsetzende Partei gewisse Risiken für ihre eigenen Soldaten vermeiden kann, denen sich die andere Seite aber weiter ausgesetzt sieht. Es wird befürchtet, dass diese Ausgangssituation die technologisch schlechter ausgestattete Partei dazu bringt, eher zu asymmetrischen Mitteln der Kriegsführung zu greifen, um der technologischen Überlegenheit effektiv begegnen zu können, was dazu führe, dass die Zahl und Gewaltbereitschaft von Aufständischen oder Terroristen erhöht wird1002 und sich eine solche Gefahr auch im Heimatland der Drohnen operierenden Staaten niederschlagen könnte.1003 Die Gefahr, dass Konfliktparteien angesichts eines militärisch stärkeren Gegners zu asymmetrischen Mitteln und Methoden der Kriegsführung greifen, ist nicht ausgeschlossen. Diese Gefahr besteht aber stets bei dem Einsatz moderner Mittel und Methoden. Dies sollte nicht dem Einsatz und der Weiterentwicklung unbemannter Luftfahrzeuge entgegenstehen, sofern diese im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts eingesetzt werden können. 4. Verstoß gegen das Prinzip der Ritterlichkeit Mit der Entwicklung von Ritterorden gingen auch gewisse Gebräuche des Krieges, vor allem geprägt durch den Ritterkodex, einher. Ritter, die sich gegenseitig als ebenbürtig respektierten, sahen den Kampf als ehrenhaft an und kämpften „ritterlich“, d. h. sie trugen ihre Waffen offen, durch ihr Schild und ihre Helmzier gaben sie zu erkennen, wer sie waren und welcher Partei sie angehörten und bekämpften den Gegner als gleichberechtigten Kampfpartner nicht weiter, wenn dieser sich ergeben hatte. Bedingt durch den Niedergang des Rittertums verloren sich zum Ende des Mittelalters diese Sitten und Gebräuche wieder. Erwägungen der Ritterlichkeit lassen sich dennoch noch heutzutage im Recht des bewaffneten Konflikts wiederfinden, so ist das Recht des internationalen bewaffneten Konflikts durch das Prinzip der Gleichheit der kriegführenden Parteien nach dem Recht des bewaffneten Konflikts geprägt. Auch können das Perfiderieverbot oder das Verbot des Missbrauchs gegnerischer Uniformen oder Schutzzeichen als Ausdruck des Grundsatzes der Ritterlichkeit verstanden werden.1004 1001  Smith,

ISQ 46 (2002), S. 355 ff. Death from Above, Outrage Down Below, Artikel in The New York Times vom 16. Mai 2009. 1003  Kahn, Philosophy & Public Quarterly 22/3 (2002), S. 2. 1004  Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 62 Rn. 7. 1002  Kilcullen/Exum,

330 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Vor diesem Hintergrund wird die Drohnenkriegsführung als eine Art „Knopfdruckkrieg“ (engl.: „push button war“), die Angriffe aus großer Distanz ohne damit einhergehende eigene Gefährdung ermöglicht, kritisiert. Diejenigen, die töten seien selbst nicht bereit zu sterben, was ungerecht sei.1005 So wird vertreten, dass ein mittels Drohnen geführter Krieg nicht mehr „fair“ sei, da Drohnen einer Konfliktpartei einen erheblichen militärischen Vorteil verschaffen würden.1006 Auch wird vorgebracht, dass es dadurch, dass sich, insbesondere bei asymmetrischen Konflikten, eine Partei hinter ihren High-Tech-Waffen „verstecke“, zu einem Kampf zwischen Mensch und Maschine komme.1007 Der Einsatz von Drohnen wird deswegen als „post-heroisch“ oder schlicht als „feige“ bezeichnet.1008 Eine Meinung vertritt zudem die Auffassung, dass das eigene Risiko, dem sich ein Soldat im Krieg aussetzt, die Grundvoraussetzung dafür sei, um selbst das Recht zu haben, einen anderen Menschen töten zu dürfen.1009 Und wenn ein Soldat andere töten könne, ohne sich diesem Risiko auszusetzen, verliere er das Recht, genau dies zu tun und damit führe der Einsatz unbemannter Systeme zum Ende des Kriegszustandes.1010 Dieser Kritik ist nicht zuzustimmen. Das Prinzip der Ritterlichkeit ist in einer Zeit verwurzelt, in welcher Ritter gegen Ritter kämpften und Unbeteiligte dabei nur zuschauen durften und spiegelt nicht die Gegenwart in mo­ dernen bewaffneten Konflikten. Im internationalen bewaffneten Konflikt herrscht zwar das Prinzip der Gleichheit der kriegführenden Parteien nach dem Recht des bewaffneten Konflikts, aber dieses führt nicht dazu, dass der Einsatz von Drohnen rechtswidrig wäre, nur weil eine Partei solche Waffensysteme besitzt. Das Recht verlangt nicht, dass die Konfliktparteien mit gleicher Stärke oder Fähigkeit kämpfen, sondern, dass sie sich in gleicher Weise an das Recht des bewaffneten Konflikts halten.1011 Dem Prinzip der Ritterlichkeit kommt insoweit keine eigenständige Bedeutung zu.1012 Trotz aller wichtigen Versuche humanitäre Erwägungen in bewaffnete Konflikte einfließen zu lassen, sind Konflikte nicht darauf ausgelegt „fair“ im Sinne einer Gleichheit zu sein. Das Recht setzt nicht voraus, dass bestimmte Mittel 1005  Asaro, How Just Could a Robot War Be?, in: Briggle/Waelbrs/Brey (Hrsg.), Current Issues in Computing and Philosophy, 2008, S. 50, 62. 1006  Davies, IET 6/8 (2011), S. 38, 39. 1007  Schmidt-Radefeldt/Meissler, Einführung, in: Schmidt-Radefeldt/Meissler (Hrsg.), Automatisierung und Digitalisierung des Krieges, 2012, S. 9, 11. 1008  Luttwak, Foreign Affairs 74/3 (1995), S. 109 ff. 1009  Kahn, Philosophy & Public Quarterly 22/3 (2002), S. 2 ff. 1010  Kahn, Philosophy & Public Quarterly 22/3 (2002), S. 2 ff. 1011  Vogel, Denv. J. Int’l L. & Pol’y 39/1 (2010), S. 101, 127. 1012  Heintschel von Heinegg, in: Ipsen (hrsg. v. Epping/Heintschel von Heinegg), Völkerrecht, 2018, § 62 Rn. 7.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts331

und Methoden der Kriegsführung nur eingesetzt werden dürfen, solange die gegnerische Partei diese auch besitzt. Auch wenn die gegnerische Partei aufgrund ihrer Unterlegenheit zu asymmetrischen Mitteln und Methoden der Kriegsführung greift, gibt es keine Regelung des humanitären Völkerrechts, die es verbieten würde, Mittel und Methoden einzusetzen, über die die andere Partei nicht verfügt. 5. Absenken der Hemmschwelle zum Töten und Bagatellisierung der Tötung Sowohl ferngesteuerten wie auch autonomen Systemen wird vorgeworfen, dass diese zu einem Absenken der Hemmschwelle zur Tötung von Menschen führen und die Tötung von Menschen zudem durch ihren Einsatz bagatellisiert werde. Diese Kritik beruht bei ferngesteuerten Drohnen darauf, dass diese meist von zwei Personen, die an Bildschirmen sitzen, via Joystick von einer Bodenstation aus bedient werden, wobei einer die Drohne steuert und der a­ ndere die Sensoren und Waffen bedient.1013 Der erste dabei leicht entstehende Eindruck mag auf ein Computerspiel schließen lassen, aber tatsächlich handelt es sich dabei um die Teilnahme an einem bewaffneten Konflikt. Und genau daran knüpft die Kritik an. Den Operator wird eine sogenannte „PlaystationMentalität“ vorgeworfen, wonach sie angeblich durch die Videospielen ähnliche Bedienung von Drohnen den Bezug zur Realität und zur Schwere der ihrerseits vorgenommenen Handlungen verlieren würden.1014 Sie seien durch die Distanz zum eigentlichen Geschehen sowie den Aspekt, dass sie das Gesehen mittels Bildschirmen überwachen, psychologisch weniger involviert und betroffen bezüglich der Entscheidung über Leben und Tod.1015 Sie seien losgelöst und gleichgültig den menschlichen Verlusten gegenüber, sodass Vorwürfe aufkommen, dass die Fortschritte in der Technik die menschlichen Emotionen der Effektivität wegen beseitigen würden.1016 Der angeblich entstehende Realitätsverlust wird auch damit begründet, dass die Operator nicht damit zurechtkommen würden, dass sie sich zwischen den Welten des Friedens, der zivilen Welt, aus welcher sie stammen und in welche sie nach Ende 1013  Gast,

S. 1, 2.

Rüstungsindustrie am Bodensee, TAZ, Artikel vom 10. Oktober 2010,

1014  So Alston, Report of the Special Rapporteur on Extrajudical, Summary or Arbitrary Executions, 2010, Rn. 84; Singer, Wired for War, 2009, S. 395; Schmitt, YIHL 13 (2010), S. 311, 320. 1015  UN-Generalversammlung, Human Rights Council, U.N. Doc. A/HRC/23/47, S. 57; Alston, Report of the Special Rapporteur on Extrajudical, Summary or Arbitrary Executions, 2010, S. 44. 1016  Singer, Wired for War, 2009, S. 395.

332 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

des Krieges auch zurückkehren werden, und der des Krieges, in welcher sie gegen die Konventionen, Sitten und die Moral der ersten Welt verstoßen, bewegen.1017 Grundsätzlich verfügt jeder Mensch über einen biologisch machtvollen Widerstand gegen den Akt des Tötens, die sogenannte „natürliche Hemmschwelle des Tötens“. Dieser natürliche Widerstand zu Töten lässt sich jedoch durch eine gewisse Distanz (z. B. sozialer, kultureller oder ethnischer Natur) zum Opfer überwinden.1018 Handlungen, die im Rahmen des Kriegsgeschehens von Kombattanten begangen werden, werden oft als nicht persönlich beschrieben, vor allem da die Kombattanten die Personen, die sie töten, nicht kennen.1019 Es wird vertreten, dass sich dies im Rahmen der Drohnenkriegsführung verstärke und aufgrund der durch diese Technologien bewirkten Steigerung des Empfindens der Unpersönlichkeit abgeschafft zu werden droht.1020 Das Steuern von Drohnen durch weit entfernt stationierte Operator eliminiere grundlegende Hindernisse, denen Kriegführende normalerweise ausgesetzt seien, wie die Gefahr getötet zu werden sowie den Widerstand zu Töten.1021 Die Distanz beim Töten muss dabei nicht notwendiger Weise mit physischer Distanz einhergehen, sondern kann auch psychologischer Natur sein.1022 So kam die Mehrheit der Kriegsopfer in Fällen ums Leben, in denen die obsiegende Seite die verlierende verfolgte, letztere ihr also den Rücken zugewandt hatte.1023 Mit zunehmender Entfernung zum Opfer nehmen Empfindungen wie Empathie und Mitleid ab, während die Bereitschaft zum Angriff hingegen steige.1024 Dem würden auch hochauf­ lösende Bilder auf großen Bildschirmen, die Drohnen-Operator empfangen, nicht entgegenstehen, denn die Kameras blicken von oben herab, sodass es oft sehr schwer ist, die Gesichter der Opfer auszumachen.1025 1017  Irwin, Sociological Viewpoints 19 (2003), S. 2, 3; O’Connell, U.S. Combat Drones Operate Outside International Law, America Press, vom 15. März 2010, S. 11, 13. 1018  Bourke, An Intimate History of Killing, Face to Face Killing in 20th Century Warfare, 1999. 1019  So Die Beschreibung eines Kriegsveterans des Zweiten Weltkrieges in: Irwin, Sociological Viewpoints 19 (2003), S. 2, 3. 1020  Irwin, Sociological Viewpoints 19 (2003), S. 2, 3; O’Connell, U.S. Combat Drones Operate Outside International Law, America Press, vom 15. März 2010, S. 11, 12. 1021  Sharkey, JME 9/4 (2010), S. 369, 371. 1022  Sharkey, JME 9/4 (2010), S. 369, 372. 1023  Grossman, On Killing: The Psychological Cost of Learning to Kill in War and Society, 1995, S. 187. 1024  Grossman, On Killing: The Psychological Cost of Learning to Kill in War and Society, 1995, S. 187. 1025  Sharkey, JME 9/4 (2010), S. 369, 372.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts333

Dieser Kritik ist nur bedingt zuzustimmen. Richtig ist, dass sich die Art der Gewaltanwendung in den modernen bewaffneten Konflikten gewandelt hat. Diese, wenn auch furchtbaren, so aber auch hemmenden Ereignisse werden dabei nicht wie früher auf dem Schlachtfeld, auf welchem Mann gegen Mann gekämpft wurde, hautnah und persönlich erlebt, sondern man drückt weit weg vom Kampfgeschehen einen Knopf. Es kann auch sein, dass man nicht einmal einen Knopf drückt, sondern dem computergesteuerten System zuschaut, wie es einen tödlichen Angriff ausführt. Es ist richtig, dass diese furchtbaren wie auch hemmenden Ereignisse dabei nicht wie früher auf dem Schlachtfeld hautnah und persönlich erlebt werden, aber teilweise in größerer Nähe als dies beispielsweise beim Einsatz von Kampfflugzeugen der Fall ist. Die mit einem Drohneneinsatz einhergehenden technischen Mittel, wie­ hochauflösende Bilder des Geschehens, die in Echtzeit oder nahezu Echtzeit übermittelt werden, führen dazu, dass ein Operator das gesamte Ausmaß seines Handelns nach langfristigen Überwachungen des Angriffsziels direkt übertragen mitbekommt, ohne durch ihn betreffende Gefahren abgelenkt zu sein.1026 Der psychologische Effekt der Anwendung moderner Überwachungs- und Einsatztechnik wird zudem in der öffentlichen Diskussion vielfach falsch eingeschätzt. So schilderte z. B. ein Drohnen-Operator in einem Interview für die Time, dass er physisch zwar im Heimatland in seinem Büro sei, er aber mental über das Kampfgebiet fliege und dass die Eindrücke real seien.1027 Operator leiden im Vergleich zu traditionellen Kampfjetpiloten häufiger an post-traumatischen Stressstörungen, da sie der Zerstörung, die durch ihr Handeln verursacht wurde anhand von live übertragenen Bildern im Anschluss an den Angriff nur wenige Zentimeter von ihnen an Bildschirmen entfernt ausgesetzt sind, während ein Kampfjetpilot seine Bombe aus großer Höhe abwirft, aus welcher er das verursachte Leid und die Zerstörung aber nicht in gleicher Weise wahrnimmt oder ggfs. gar nicht wahrnimmt, da er nach Freisetzen der Bombe abdreht.1028 Zudem sollte nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch bei bemannten Luftfahrzeugen oder anderen Distanzwaffen oder -waffensystemen keine räumliche Nähe zum Ziel der Gewaltanwendung gegeben ist. Auch diese operieren aus einer gewissen Entfernung heraus, die aufgrund der hohen Flughöhe von Kampfflugzeugen oder des Einsatzes intelligenter Raketen teilweise größer sein kann als bei gewöhnlichen Drohneneinsätzen. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, warum bei einem Drohnenangriff ein 1026  Schmitt,

YIHL 13 (2010), S. 311, 320. Long-Distance Warriors, Time Magazine, Artikel vom 4. Dezember

1027  Donnelly,

2005, S. 1. 1028  Shestko, Drone Warfare, 2011, S. 1, 15; O’Connell, ASIL 14/36 (2010), S. 1, 2, 4; O’Connell, U.S. Combat Drones Operate Outside International Law, America Press, vom 15. März 2010, S. 11, 13.

334 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

weiteres Entfernungs- oder Distanzierungselement hinzukommen sollte, dass dazu führt, dass sich ein Operator nicht mit den zwingend erforderlichen Abwägungen, die einer jeden Gewaltanwendung vorangestellt sind, auseinandersetzt. Ferner darf im Rahmen dieser Diskussion nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich bei den an Drohnenoperationen teilnehmenden Personen um ausgebildete Mitglieder der Streitkräfte handelt. Diesen Menschen ist sehr wohl zuzugestehen, dass sie in der Lage sind, zu differenzieren zwischen einem Videospiel zu Hause auf der Couch und einer Luftoperation mit bewaffneten Drohnen. Die räumliche Distanz des Operators bewirkt m. E. im Rahmen des bewaffneten Konflikts keinen rechtlichen Unterschied, solange gewährleistet ist, dass sich der Operator an dieselben Regeln hält, die auch für jeden anderen Teilnehmer am Konflikt gelten. Dies führt im Übrigen auch zu deutlich geringeren Risiken der Falschidentifizierung des Zieles und damit der Verursachung von zivilen Schäden. In dem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass die militärischen Einrichtungen im Heimatland des Operators bzw. an dem Ort, an welchem sich der Operator befindet, zum Angriffsziel des Gegners werden können. Im Fall autonomer Drohnen weitet sich die oben aufgezeigte Kritik noch aus, indem teilweise denjenigen, die eine autonome Drohne planen und bauen, im Endeffekt die Verantwortung für den Tod von Menschen zugeschoben wird. Ihnen wird vorgeworfen, sich über ihre Handlungen überhaupt keine Gedanken zu machen. Dagegen muss jedoch eingewandt werden, dass man, auch wenn man nicht vor Ort ist, sich genauso seiner Verantwortung und den Konsequenzen seines Handelns bewusst sein kann, denn beispielsweise Menschen, die Flugzeugteile herstellen, wissen auch um Ihre Verantwortung, auch wenn Sie weder die Passagiere noch das Flugzeug dazu sehen.1029 6. Entmenschlichung des Krieges Kritisch wird gegen den Einsatz von Drohnen auch eingewendet, dass diese einer „Entmenschlichung des Krieges“ Vorschub leisten und dass letale Gewaltanwendungsentscheidungen stets von Menschen und nicht von Maschinen getroffen werden sollten.1030 Das Hauptargument der Kritiker ist dabei, dass sie nicht daran glauben, dass autonome Waffensysteme jemals 1029  Sassóli,

International Law Studies 90 (2014), S. 308, 317. IRRC 94/886 (2012), S. 787, 799; Asaro, IRRC 94/886 (2012),

1030  Sharkey,

S. 687–709.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts335

technisch in der Lage sein werden, Tötungsentscheidungen im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts zu treffen, solch Entscheidungen aber auch unabhängig davon, stets Menschen überlassen werden sollten.1031 Die Entscheidung über den Einsatz letaler Gewalt und damit über menschliches Leben sollte aufgrund einer durchdachten, fundierten menschlichen Entscheidung erfolgen.1032 Das Mindesterfordernis sei, dass letale Entscheidungen durch Menschen getroffen werden. Zudem sei erforderlich, dass der entsprechende Befehlshaber genug Zeit habe, ausreichend über die anstehende Entscheidung nachzudenken, umfangreich geschult und informiert sei und zu­ rechenbar und verantwortlich gehalten werden könne.1033 Denn zum humanitären Völkerrecht gehöre mehr, als es bloß in einen Computercode umzuwandeln, was im Übrigen auch gar nicht möglich sei, denn das humanitäre Völkerrecht bestehe aus mehr als nur simplen Regeln, es erfordere nämlich Interpretationen und an die Menschlichkeit seiner Anwender appellierendes Urteilsvermögen, um angemessen angewendet werden zu können.1034 Die menschliche Bewertung sei ein konstitutives Element im Rahmen des Beurteilungssystems jeder Form der Gewaltanwendung, insbesondere aber bei Anwendung letaler Gewalt. Selbst wenn es Technologien geben sollte, die in der Lage wären, im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts zu handeln, so sollten diese lediglich unterstützend für die menschlichen Soldaten tätig werden.1035 Sogar die USA, die zu den Staaten mit der am weitesten fortgeschrittenen Technologie zählen, sprechen sich dafür aus, dass die finale Entscheidung über den Gewalteinsatz bei den Befehlshabern und nicht beim autonomen System selbst liegen sollte.1036 Zum Erhalt der menschlichen Moral, Würde, Gerechtigkeit und des Rechts sei es notwendig, nicht zuzulassen, dass autonome Systeme Entscheidungen über menschliches Leben träfen.1037 Diese Kritik findet im humanitären Völkerrecht keine Grundlage. Das humanitäre Völkerrecht sieht keine Regelung vor, die verlangt, dass Menschen tätig werden oder wonach letale Entscheidungen Menschen vorbehalten sind. Abgesehen davon verkennt die oben bezeichnete Einstellung die Realität ei1031  Vogel, Denv. J. Int’l L. & Pol’y 39/1 (2010), S. 101, 137; Sharkey, IRRC 94/886 (2012), S. 787, 788 ff.; Human Rights Watch, Report, Losing Humanity: The Case against Killer Robots, 2012; Asaro, IRRC 94/886 (2012), S. 687–709. 1032  Asaro, IRRC 94/886 (2012), S. 687, 689. 1033  Asaro, IRRC 94/886 (2012), S. 687, 695. 1034  Asaro, IRRC 94/886 (2012), S. 687, 698 f.; Sharkey, RUSI Defence Systems 11/2 (2008), S. 86, 88. 1035  Asaro, IRRC 94/886 (2012), S. 687, 702 f. 1036  U.S. Department of Defense, DoD Directive 3000.09, Autonomy in Weapon Systems, 3(a), 2012. 1037  Asaro, IRRC 94/886 (2012), S. 687, 708.

336 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

nes bewaffneten Konflikts, indem beispielweise verlangt wird, dass ein Soldat, der sich mitten im Kampfgeschehen befindet und dessen Leben bedroht wird, sich genug Zeit nimmt, um über einen letalen Gewaltakt zu sinnen. Zudem hinkt der Vergleich eines Idealsoldaten mit dem einer imperfekten Maschine. Es stimmt, dass autonome Systeme über keine Gefühle verfügen. Aber die sie programmierenden Menschen schon, sodass dadurch gewährleistet wird, dass menschliche Erwägungen, in die Programmierung der Maschine einfließen und sich dadurch auch später im Rahmen der durch die Maschine ausgeführten Kampfhandlungen spiegeln. Davon abgesehen sollen die Entscheidungen in brenzligen und schwerwiegenden Situationen nicht von allzu vielen Emotionen gesteuert sein. Darüber hinaus setzt das humanitäre Völkerrecht keine Gefühle voraus, sondern basiert vielmehr auf objektiven Kriterien.1038 Anzumerken ist, dass diese Diskussion derzeit noch der Technik vorauseilt, denn heutzutage befinden sich, wie dargestellt, noch keine autonomen Systeme mit einer Art künstlicher Intelligenz im Einsatz. Die derzeit eingesetzten Systeme können trotz anspruchsvoller automatischer Flugprozesse, welche vollautomatische Starts und Landungen sowie das Auffinden des nächsten GPS-Wegpunktes sowie viele automatische Bilderfassungs- und -verarbeitungsprozesse ermöglichen, nicht als autonom bezeichnet werden, denn sie werden immer noch unter menschlicher Aufsicht und Kontrolle betrieben.1039 Welche technischen Möglichkeiten die Zukunft bietet, ist weitgehend noch Spekulation. Dem grundsätzlichen Vorbehalt, dass ein menschlicher Entscheidungs- und Abwägungsprozess bei einer jeden Form der Gewaltanwendung erforderlich ist, ist aber zuzustimmen. 7. Programmierung des Rechts Kritisiert wird ferner, dass insbesondere autonome Drohnen nicht in der Lage sein werden, in Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts zu handeln, da es grundsätzlich nicht möglich sei, das humanitäre Völkerrecht in Computersprache umzusetzen.1040 Computer seien nicht in der Lage, die Einstufung eines militärischen Ziels, die Unterscheidung von Zivilpersonen und Kombattanten oder die Bewertung von exzessiven Kollateralschäden vorzunehmen. So verändere sich beispielsweise der konkrete, erwartete aus einem Angriff auf ein rechtmäßiges Ziel resultierende militärische Vorteil entsprechend den Plänen des Befehlshabers und dem Verlauf und der Ent1038  Sassóli,

International Law Studies 90 (2014), S. 308, 318. IRRC 94/886 (2012), 2012, S. 687, 690. 1040  Heyns, Special Rapporteur on Extrajudical, Summary or Arbitrary Executions, Report, 39, U.N. Doc. A(HRC/23/47. 9 April 2013, S. 67. 1039  Asaro,



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts337

wicklung einer militärischen Operation stetig. Auch wird vertreten, dass eine Bewertung exzessiver Kollateralschäden im Rahmen des Exzessverbots ein subjektives Urteilsvermögen voraussetze, welches Maschinen nicht besäßen.1041 Auf der anderen Seite wird jedoch bereits hinterfragt, ob Angriffsentscheidungen überhaupt subjektiv seien.1042 Denn um zu beurteilen, ob eine Person angegriffen werden darf, kommt es eigentlich nur auf die Kategorisierung dieser Person, also ihren Status, an und nicht darauf, ob diese Person eine bestimmte Strafe verdienen würde. Nur Letzteres setze ein Urteilsvermögen hinsichtlich des Verschuldens und der Zurechnung voraus, welches autonome Systeme nicht aufweisen. Zudem gelte in solch Situationen nichts Anderes für menschliche Kriegführende. Diese werden ebenfalls nie wissen, welche Absichten ihr Gegenüber hegt, sondern werden sich lediglich nach objektiven Kriterien zwecks Einschätzung der von der Person ausgehenden Gefahren richten. Allein der erlangte militärische Vorteil ist von Bedeutung.1043 Zugegebenermaßen ist im Rahmen von nicht eindeutigen Situationen eine Ermessensentscheidung notwendig, die eine autonome Drohne unter Umständen nicht treffen kann, da ihr die menschliche Erwägungskomponente fehlt. Dabei nicht außer Acht zu lassen ist aber, dass eine Zivilperson sowie zivile Objekte im Fall von Zweifeln an ihrem zivilen Status der Zweifelsvermutung entsprechend als zivilen Status innehabend zu behandeln sind. Eine Lösung könnte darin liegen, dass man es dem System erlaubt, lediglich diejenigen Subjekte und Objekte anzugreifen, deren Status zweifelsfrei feststellbar ist,1044 oder darin, dass man es lediglich in den Gebieten einsetzt, in denen keine Zivilpersonen zu Schaden kommen können.1045 Solange es aber keine verlässliche Methode gibt, das Recht des bewaffneten Konflikts erfolgreich in Drohnen zu programmieren, müssen Menschen in den Prozess miteinbezogen werden. Vor diesem Hintergrund ist stets ein Mensch in den Bewertungs- und Entscheidungsprozess einzubinden. Dem Stand der gegenwärtigen technischen Entwicklung entsprechend ist dies unzweifelhaft erforderlich. Ob künftig Systeme die technische Möglichkeit haben werden, den Status von Subjekten oder Objekten zu erkennen und zu bewerten, kann vorliegend offenbleiben. Eine nähere Diskussion kann nur bei Kenntnis des technischen Entwicklungsstandes zu der dann gegebenen Zeit erfolgen.

1041  Human Rights Watch, Report, Losing Humanity: The Case against Killer Robots, 2012, S. 4. 1042  Sassóli, International Law Studies 90 (2014), S. 308, 332. 1043  Sassóli, International Law Studies 90 (2014), S. 308, 333. 1044  Backstrom/Henderson, IRRC 94/886 (2012), S. 483, 492. 1045  Schmitt/Thurnher, NSJ 4/2 (2013), S. 231, 235, 246, 271–276.

338 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

8. Ausbreitung der Technologie und fehlende Kontrollierbarkeit Kritisiert wird auch, dass die Ausbreitung ferngesteuerter und autonomer Drohnen die Gefahr berge, dass diese Systeme in die falschen Hände fallen und damit enormen Schaden anrichten könnten. Neben den klassischen Drohnen-Mächten USA, Israel und Großbritannien sind inzwischen bereits mehr als 40 Staaten, darunter auch Russland und China, aber auch nichtstaatliche Akteure wie die Hamas, im Besitz unbemannter Luftfahrzeuge und die weltweite Nachfrage steigt.1046 Eine solche Ausbreitung auf nicht staatliche Akteure ist besorgniserregend. Die nächste große Herausforderung wird der Aspekt sein, dass Drohnentechnologie auf beiden Seiten eines Konflikts zum Einsatz gelangt.1047 Die Drohnentechnologie ist derzeit mitunter so erfolgreich, weil zurzeit nur wenige Staaten einsatzbereite Drohnen besitzen. Diese technologische Errungenschaft führt derzeit zu einem Ungleichgewicht zwischen den am Konflikt Beteiligten. Wenn jedoch diese Technologie in die falschen Hände gerät, namentlich in die von Terroristen, wird das Wesen des bewaffneten Konflikts, den wir heute kennen, verändert. Es könnte dadurch zu einer unkontrollierten ständigen Bedrohung aus der Luft kommen. Diese Gefahr liegt angesichts der bereits in der Vergangenheit stattgefundenen Vorfälle nicht in allzu weiter Zukunft. Bereits 2009 wurde in Boston ein Mann verhaftet, der angeblich geplant hatte, mit Sprengstoff geladene Modellflugzeuge ins Pentagon fliegen zu lassen.1048 Auch das erfolgreiche Hacken und Umleiten einer PredatorDrohne durch irakische Aufständische bestätigt die Gefahr, welche von einem Einsatz von Kampfdrohnen durch nichtstaatliche Akteure ausgeht.1049 Die US-Armee entwickelt bereits tödliche Drohnen, die Soldaten im Marschgepäck mit sich führen sollen. Ein solches Modell wäre ideal für Terroristen, sollte es ihnen in die Hände fallen.1050

1046  Alston, Report of the Special Rapporteur on Extrajudical, Summary or Arbitrary Executions, 2010, Rn. 27. 1047  Lorenz/von Mittelstaedt/Schmitz, Botschafter des Todes, Spiegel Online, Artikel vom 17. Oktober 2011, den Ex-Luftwaffengeneral David Deptula zitierend. 1048  Spiegel Online, FBI vereitelt Anschlg mit Miniflugzeugen, Artikel vom 29. September 2011, verfügbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/terror plaene-in-washington-fbi-vereitelt-anschlag-mit-miniflugzeugen-a-788979.html (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 1049  Spiegel Online, Irakische Aufständische hacken US-Militärdrohne, Artikel vom 17. Dezember 2009, verfügbar unter: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/ 0,1518,667648,00.html (zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 1050  Lorenz/von Mittelstaedt/Schmitz, Botschafter des Todes, Spiegel Online, Artikel vom 17. Oktober 2011.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts339

In diesem Zusammenhang wird auch noch einmal auf das Risiko der Unkontrollierbarkeit und Unberechenbarkeit autonomer Systeme hingewiesen. Es sei autonomen Systemen inhärent, dass diese alleine Entscheidungen treffen, die nicht vorhersehbar sind1051, aber es könnte auch vorkommen, dass sie in die falschen Hände fallen, oder aber fehlerhaft funktionieren. Wenn solch Systeme in die falschen Hände fallen oder einer Fehlfunktion unterliegen, stellt sich die Frage, ob dann eine Aufrüstung mit anderen neueren und stärkeren Waffen oder effektiveren Waffenabwehrsystemen beginnt und es so zu einer Art Wettrüsten mit Robotern kommt. Diesem Risiko ist durch entsprechende präventive Maßnahmen zu begegnen. Vorgeschlagen wird dahingehend, dass unbemannte Luftfahrzeuge so programmiert werden, dass sie sich automatisch abschalten oder nicht reagieren, wenn sie völkerrechtswidrige Befehle erhalten.1052 Dies setzt jedoch voraus, dass das Recht in eine Drohne programmiert werden kann, was derzeit noch nicht in ausreichendem Maße möglich ist. Anlehnend daran, jedoch ohne Recht in Programmsprache umsetzen zu müssen, könnte man einen Mechanismus einbauen, der bei Abbruch der Verbindung zur Bodenstation eine Art Selbstzerstörungsvorgang in Gang setzt, um zu verhindern, dass diese Technologie in die falschen Hände gerät. Zudem könnte für autonome Systeme auch eine Art fester Rahmen festgelegt werden, im Rahmen dessen diese handeln, den sie aber nicht überschreiten können.1053 Dieser Rahmen könnte sich entweder inhaltlich auf die von diesen Systemen vorzunehmenden Handlungen, aber auch geographisch auf ein bestimmtes Einsatzgebiet beziehen. Dabei kommt es jedoch erheblich darauf an, was aus technischer Sicht möglich ist. Viele der aufgeworfenen Fragen werden sich erst in der Zukunft stellen und werden dann anhand der dann verfügbaren Technologie zu entscheiden sein. Die Ausbreitung von Drohnen wird sich langfristig nicht verhindern lassen. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass der Trend der allgemeinen Verbreitung von Drohnen dazu führen wird, dass sich diese Technologien auch bei Terroristen und Aufständischen ausbreiten werden. Jedoch sollte bei der Entwicklung und Herstellung dieser darauf geachtet werden, dass Vorkehrungen für einen solchen Fall getroffen werden und dass im Rahmen der Entwicklung und Herstellung sichergestellt wird, dass Drohnen stets kontrollierbar bleiben. Vor diesem Hintergrund ist es praktisch wichtig, die Verbreitung von Drohnen – soweit dies möglich ist – im Rahmen von Kriegswaffenkontrollprogrammen zu beschränken und überwachen.

1051  Sparrow,

J. App. Phil 24/1 (2007), S. 62, 70. International Law Studies 90 (2014), S. 308, 317. 1053  Sassóli, International Law Studies 90 (2014), S. 308, 326. 1052  Sassóli,

340 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

9. Verantwortlichkeit Es wird kritisiert, dass unbemannte Luftfahrzeuge und allem voran autonome Systeme das Disziplinarsystem sowie das Verantwortlichkeitssystem des Rechts des bewaffneten Konflikts untergraben würden.1054 Art. 30 IStGHStatut bestimmt jedoch, dass für jede militärische Handlung die Verantwortlichkeit abschließend bestimmt sein muss. Autonome Waffensysteme ohne identifizierbaren Operator würden niemanden aufweisen, der für ein Fehlverhalten zur Verantwortung gezogen werden könne bzw. würden sich so unvorhersehbar verhalten, dass dadurch der Kausalzusammenhang zum Operator oder Befehlshaber durchbrochen werden würde, sodass im Endeffekt niemand für durch autonome Systeme verursachte Schädigungen zur Verantwortung gezogen werden könne.1055 Diese Kritik ist abzulehnen. Nach wie vor finden die post-Nürnberg-Regelungen auf heutzutage aufkommende Fragen nach Verantwortlichkeit Anwendung, die dafür geschaffen wurden, mittelbare Täter von Kriegsverbrechen, die sich organisierter Apparate als Werkzeuge bedienen, zu verurteilen.1056 Diese Regelungen sind nach wie vor gut geeignet militärische Befehlshaber, die autonome Systeme befehligen, völkerstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, wobei es nicht darauf ankommt, ob die benutzten Werkzeuge selbst moralisch verantwortlich sind oder nicht.1057 Das Problem der vermeintlich fehlenden Verantwortlichkeit beim Einsatz unbemannter Systeme ist somit lediglich ein Scheinproblem, da unabhängig davon, wie sich die Technologie weiter entwickelt, stets ein Mensch am Anfang stehen wird, der den gesamten Prozess in Gang setzt.1058 Autonome Systeme werden sich damit stets in den von Menschen gegebenen Grenzen, nämlich den Grenzen der von Menschen programmierten Software, bewegen.1059 Der Operator muss nicht sämtliche technischen Programmierdetails kennen und verstehen, er muss aber wissen, wozu das autonome System in der Lage ist. Auf den Hersteller und den Programmierer finden in Fällen von vorsätzlicher oder fahrlässiger Fehlkonstruktionen, die in Verlusten von Menschenleben resultieren, inner1054  Human Rights Watch, Report, Losing Humanity: The Case against Killer Robots, 2012; Singer, The New Atlantis (2009), S. 25, 37; Alston, Report of the Special Rapporteur on Extrajudical, Summary or Arbitrary Executions, 2010, Rn. 84. 1055  Sparrow, J. App. Phil 24/1 (2007), S. 62 ff. 1056  Vgl. dazu ausführlich Ohlin, International Law Studies 92 (2016), S. 1 ff. 1057  Vgl. dazu ausführlich Ohlin, International Law Studies 92 (2016), S. 1 ff. 1058  Schmitt/Thurnher, NSJ 4/2 (2013), S. 231, 235, 271–276, 277; siehe dazu ausführlich auch Frau, Völkerstrafrechtliche Aspekte automatisierter und autonomer Kriegsführung, in: Frau (Hrsg.) Drohnen und das Recht, 2014, S. 235 ff. 1059  U.S. Department of Defense, Task Force Report, The Role of Autonomy in DoD Systems, 2012, S. 1, 21.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts341

staatliche Strafrechtsvorschriften sowie Produkthaftungsregelungen Anwendung. Das Recht lässt auch in dieser Hinsicht keine Lücken offen. Beachtenswert ist auch, dass die moderne Technologie, die mit einem sogenannten digitalen Fußabdruck einhergeht, es in höherem Maße ermöglicht, Handlungen konkreten Personen zuzurechnen. Festzuhalten ist daher, dass allein der Einsatz autonomer Luftfahrzeuge nicht zu einem Abbrechen der Kausalkette der Verantwortlichkeit führt. Zudem tritt neben die Verantwortlichkeit des Einzelnen auch noch die Staatenverantwortlichkeit für den Einsatz des autonomen Systems.

III. Auswirkungen des Einsatzes unbemannter Luftfahrzeuge auf den Schutz von Zivilpersonen Obwohl es im Rahmen von Drohneneinsätzen auch zu zivilen Verlusten kommt, wirkt sich der Einsatz unbemannte Luftfahrzeuge insgesamt positiv auf den Schutz von Zivilpersonen aus. Mit dem Einsatz unbemannter Systeme gehen zwar auch gewisse Risiken einher, wie technische Störungen, das Versagen der Hard – oder Software, die bei ferngesteuerten Systemen die Zusammenarbeit mit dem Operator erschweren und bei autonomen Systemen unvorhergesehene Auswirkungen entfalten können,1060 aber auf der anderen Seite stehen diesem auch viele Vorteile gegenüber, die in einem erhöhten Schutz von Zivilpersonen im Rahmen von Luftkriegen resultieren. Der Einsatz der heutzutage verfügbaren unbemannten, ferngesteuerten Luftfahrzeuge minimiert regelmäßig nicht nur Risiken für die eigenen Soldaten, sondern auch für Zivilpersonen. Dies fängt schon bei der Aufklärung und Überwachung an. Drohnen sind im Vergleich zu bemannten Luftfahrzeugen besser in der Lage, Informationen zu gewinnen, die dann als Grundlage für die Bewertung der Situation und die Ausgestaltung von Angriffen in Einklang mit dem Recht dienen. So verfügen Drohnen über eine längere Flugeinsatzdauer, die ihnen eine längere Überwachung am Stück ermöglicht. Zudem fliegen Drohnen mit im Vergleich zu ihrem bemannten Pendant geringeren Geschwindigkeiten und verfügen im Vergleich zu diesen über eine bessere technische Ausstattung, was es ihnen besser erlaubt, Zielobjekte aufzuspüren, zu identifizieren und zu verfolgen. Damit sind sie in der Lage, weitreichende und neue Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, da sie mangels Selbsterhaltungsdrang höhere Risiken eingehen können. So führen das Verkürzen der Zeitspanne zwischen der positiven Identifikation eines Zieles und 1060  Calo, Cal L Rev 103 (2015), S. 513, 534 f.; Sharkey, IRRC 94/886 (2012), S.  787 ff.

342 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

dem Angriff sowie eine geringere Flughöhe zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, dass die Situation sich in der kurzen Zwischenzeit nicht geändert hat, also das Ziel sich beispielsweise nicht bewegt hat bzw. Zivilpersonen nicht in seine Nähe gelangt sind. So waren beispielsweise die militärischen Luftfahrzeuge der NATO in Libyen 2011 zu langsam und hatten zu wenig Verweildauer im jeweiligen Luftraum (loiter time), um ein akkurates Angreifen mobiler Ziele am Boden in einer urbanen Umgebung voller Zivilpersonen zu gewährleiten, sodass vorgeschlagen wurde, dort Drohnen einzusetzen.1061 Zudem befinden sich die jeweils entscheidenden Operator in einer komfortablen und sicheren Position während des Einsatzes. Sie haben mehr Zeit als Piloten von Kampfflugzeugen, die Informationen, die ihnen zur Verfügung stehen, in Ruhe auszuwerten und befinden sich zudem in keiner Stresssituation, in der es zwecks Sicherung des eigenen Überlebens um eine rasche Entscheidungsfindung unter Druck geprägt von Emotionen wie Angst, Wut und Rache geht.1062 Auch haben die Operator die Möglichkeit, in der Operationsbasis durch die Anwesenheit mehrerer Personen, darunter auch Juristen, die für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts sorgen, die zu treffende Entscheidung im Kollektiv vorzunehmen und durch ein „Vier- oder Mehr­ augenprinzip“ Fehler auszuschließen. Dies ermöglicht die Vornahme einer umfassenden Abwägung und diese dadurch fundiertere Entscheidungsfindung resultiert wiederum in einer geringeren Wahrscheinlichkeit von exzessiven Kollateralschäden. Auch die von Drohnen eingesetzten Waffen sind oft Präzisionswaffen, die präzise Angriffe ermöglichen, die im Rahmen von sogenannten targeted killings idealiter ohne Kollateralschäden durchgeführt werden. Nach alledem wird so ein präziseres und weniger emotionsanfälliges Angreifen möglich und Barrieren menschlicher Wahrnehmung können überschritten werden. Zudem führt die Drohnentechnologie zu mehr Transparenz, beispielsweise durch die Rekonstruierung der Ereignisse für strafrechtliche Verfahren. Elektronisch gespeicherte Daten vereinfachen die Zurechenbarkeit von Handlungen.1063 Diese positive Einschätzung für ferngesteuerte unbemannte Systeme lässt sich jedoch nicht ohne Weiteres auf autonome Systeme übertragen. Dies hängt überwiegend damit zusammen, dass der diesbezügliche Stand der Technik noch nicht so weit ist, als dass sich das Recht des bewaffneten Konflikts in diese vollumfänglich programmieren ließe. Es wird zwar vertreten, dass Roboter nicht so unmenschlich wie Menschen handeln könnten, sodass 1061  Barnes, U.S. Launches Drone Strikes in Libya, Wall Street Journal, Artikel vom 22. April 2011. 1062  So auch Beard, AJIL 103 (2009), S. 409, 434 f. 1063  Alston, Report of the Special Rapporteur on Extrajudical, Summary or Arbitrary Executions, 2010, S. 30.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts343

ihr Einsatz in bewaffneten Konflikten dazu führe, dass diese das Recht des bewaffneten Konflikts besser einhalten als Menschen dies derzeit tun.1064 Dies liege daran, dass sie in einer friedlichen Umgebung von einem konzentrierten Menschen programmiert werden im Gegensatz zu einem sich in einer feindlichen Umgebung auf dem Kriegsschauplatz befindenden Soldaten, der um sein Leben fürchten muss. Roboter kennen keine Angst, keinen Hass, keinen Hunger, keine Müdigkeit und auch keinen Überlebensinstinkt.1065 Sie können mehr Informationen auf einmal aufnehmen und diese schneller verarbeiten als Menschen.1066 Natürlich können auch bei Robotern technische Defekte vorkommen, aber die Statistiken aus dem Straßenverkehr zeigen, dass die meisten Unfälle durch menschliches und nicht technisches Versagen herbeigeführt werden.1067 Dennoch ist es zumindest heutzutage nicht möglich, autonome Systeme dergestalt zu entwickeln, dass sie abseits von Ein­ sätzen im Rahmen des deliberate targeting in fest vorgeschriebenen Einsatz­ gebieten, die beispielsweise keine Zivilpersonen aufweisen, vollends im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts zum Einsatz kommen. Aufgrund der hochdynamischen Entwicklung ist es durchaus wahrscheinlich, dass künftige Innovationen weitere Verbesserungen des Schutzes bewirken und Analyse und Entscheidungsparameter es erlauben, Kollateralschäden in größerem Umfang zu vermeiden. Für autonome Systeme sind allerdings ex­ trem komplexe Entscheidungsroutinen erforderlich und die Entwicklungs­ linien sind insoweit unklar. Deswegen bleibt es weiterhin erforderlich, dass Menschen die Letztkontrolle behalten und in Drohnenroutinen eingreifen können. Soweit beim Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge Limitierungen und Fehlermöglichkeiten bestehen, sind diese nicht größer oder schlimmer als etwa bei der bemannten Luftfahrt.

IV. Zwischenfazit Drohnen weisen als neuartige Waffensysteme eine Vielzahl von Vorteilen im Rahmen von Luftoperationen auf. Derzeit überwiegen die Vorteile die Nachteile eines Drohneneinsatzes, wobei heutzutage überwiegend ferngesteuerte Systeme im Einsatz sind. Vollkommen autonome Systeme sind noch nicht einsatzbereit, da sie nach dem derzeitigen Stand der Technik nicht in der Lage sind, vollends im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts zu agieren. Sie sind nicht in der Lage, dem Unterscheidungsgrundsatz entsprechend subjektive Unterscheidungen zu treffen und derzeit nur einge1064  Sassóli,

International Law Studies 90 (2014), S. 308, 310 f. Ethical Robots in Warfare, 2009. 1066  Singer, Wired for War, 2009, S. 127, 128. 1067  Sassóli, International Law Studies 90 (2014), S. 308, 311. 1065  Arkin,

344 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

schränkt fähig, objektive Unterscheidungen vorzunehmen, was mithin in einer Unfähigkeit zur Einhaltung des Exzessverbots resultiert. Ob und inwiefern unbemannte Luftfahrzeuge in der Lage sind, vollends das humanitäre Völkerrecht einzuhalten, hängt maßgeblich von ihrer technischen Ausstattung und Programmierung ab und ist stets eine Frage des Einzelfalls. In diesem Zusammenhang ist ein entsprechender technologischer Fortschritt abzuwarten. Ab wann und in welchen Situationen es dann eines menschlichen Eingreifens bedarf, ist neben der technischen Ausstattung stark vom Einzelfall abhängig. Insbesondere im Zusammenhang mit autonomen Drohnen ist eine Art menschliche Interventionsmöglichkeit als übergeordnete Kontrollinstanz, vor allem aus moralischen Gründen, wünschenswert, auch wenn die menschliche Komponente rechtlich nicht erforderlich ist. Unabhängig davon können autonome Luftfahrzeuge jedoch bereits vorher im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts im Rahmen des deliberate targeting zum Einsatz kommen in fest vorgeschriebenen Einsatzgebieten, die beispielsweise keine Zivilpersonen aufweisen. M. E. ist es aus völkerrechtlicher Sicht nicht ersichtlich, warum autonome Luftfahrzeuge präventiv verboten werden sollten. Solange sie im Rahmen der Vorabkontrolle nach Art. 36 ZP I im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts zum Einsatz gelangen können, besteht kein Grund sie zu verbieten. Zudem wird ein solches Verbot mit zunehmender Informationsverbreitung in der Praxis immer aussichtsloser durchzusetzten.1068 Es besteht zwar ein allgemeiner fortwährender Nachrüstungs- und Verbesserungsbedarf der Drohnentechnik in Bezug auf die Einhaltung des humanitären Völkerrechts, beispielsweise im Bereich der Kapitulation oder des Unterscheidungsgrundsatzes, entsprechend dem Fortschritt der technologischen Entwicklung, aber Drohnen sind nicht per se völkerrechtswidrig. Sofern unbemannte Systeme ihre Angriffe lediglich gegen rechtmäßige militärische Ziele richten, diese voraussichtlich zu dem im Zeitpunkt der Angriffsentscheidung vorherrschenden Kenntnisstand unter Ausschöpfung aller vernünftigerweise einzubeziehenden Informationen nicht zu zivilen Kollateralschäden führen, die exzessiv zu dem erwarteten aus dem Angriff resultierenden konkreten militärischen Vorteil sind und bestimmte Vorsichtsmaßnahen im Vorfeld sowie während der Angriffe getroffen werden, spricht nichts gegen ihre grundsätzliche Zulässigkeit. Auch die Herausforderungen, die Drohneneinsätze an das humanitäre Recht stellen, vermögen kein anderes Ergebnis herbeizuführen. Die mannigfaltig kritisierten Probleme im Bereich des Einsatzes von Drohnen sind bei näherer Betrachtung nicht „drohnenspezifisch“, sondern bestehen auch etwa 1068  Platek, Autonome Kriegsführung und legitime militärische Ziele, in: Frau (Hrsg.), Drohnen und das Recht, 2014, S. 35, 36.



B. Unbemannte Luftfahrzeuge als Herausforderung des Luftkriegsrechts345

bei vielen anderen Militärtechnologien und Angriffsmitteln wie Artilleriegeschossen, Marschflugkörpern und Marschflugzeugen, Raketen und anderen Distanzwaffen, deren Rechtmäßigkeit nicht in Zweifel gezogen wird. Die Drohnendiskussion ist jedoch in weiten Teilen politisiert und emotionalisiert. Es gibt keine Garantie dafür, dass Drohnen stets im Einklang mit den Regeln des humanitären Völkerrechts eingesetzt werden. Sie sind jedoch im Grundsatz so konzipiert und können in einer Art und Weise eingesetzt werden, dass eine Wahrung des humanitären Völkerrechts möglich ist. Wie sich der einzelne Drohneneinsatz in Bezug auf die Anforderungen, die das humanitäre Völkerrecht an ihn stellt, einordnen lässt, ist eine Frage des Einzelfalls und der zu diesem Zeitpunkt jeweils gegeben Umstände. Zur Lösung moralisch-ethischer Kritikpunkte kommen abseits eines Verbotes autonomer Systeme deren Ausstattung mit einer Art Ethik-Modul, Einsatzbeschränkungen oder eine Art menschlicher Kontrolle in Frage.1069 Die Programmierung eines Ethik-Moduls ist nach derzeitigem Stand der Technik noch nicht möglich.1070 Solange autonome Systeme nicht vollends in Einklang mit den Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts eingesetzt werden können, sollten daher Einsatzbeschränkungen für diese festgelegt werden.1071 Entweder sollte ihnen grundsätzlich verboten werden, Menschen anzugreifen (auch feindliche Kombattaten) oder aber es sollte eine Beschränkung von lediglich letalen Angriffshandlungen erfolgen oder Angriffshandlungen sollten nur auf eindeutige militärische Ziele beschränkt werden. Für die Zukunft wird es im Wesentlichen um die fundamentale Frage gehen, ob autonome Systeme in der Lage sein sollen, unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit nach dem Recht des bewaffneten Konflikts, Entscheidungen über Leben oder Tod von Menschen zu treffen, ohne dass eine menschliche Mitwirkung zwingend vorgesehen ist. Derzeit sind Drohnen, die völlig autonom, ohne den Einfluss von Menschen Einsätze durchführen, bislang eine Zukunftsvision. Aufgrund des immer weiter fortschreitenden Standes der Technik ist es aber voraussichtlich bloß eine Frage der Zeit, bis vollautonome Drohnen zum Einsatz kommen. Damit zeichnet sich ein Trend dahingehen ab, dass Maschinen Menschen im Rahmen der Kriegsführung immer weiter ersetzen. Jedoch ist eine menschliche Kontrollinstanz auch für die 1069  Platek, Autonome Kriegsführung und legitime militärische Ziele, in: Frau (Hrsg.), Drohnen und das Recht, 2014, S. 35, 56 f. 1070  Am Georgia Institute of Technology in Atlanta wird derzeit an der Entwicklung einer Art künstlichen Gewissens und damit der Programmierung von Ethik gearbeitet (siehe dazu www.cc.gatech.edu/ai/robot-lab/ethics/#multi, zuletzt abgerufen am 6. Januar 2019). 1071  Platek, Autonome Kriegsführung und legitime militärische Ziele, in: Frau (Hrsg.), Drohnen und das Recht, 2014, S. 35, 57.

346 Kap. 4: Herausforderungen im Rahmen von modernen Luftoperationen

Zukunft wünschenswert. In demselben Maße wie Technologie menschlichen Fehlern entgegenwirken kann, können menschliche Beobachtungen technische Unzulänglichkeiten abschwächen. Zur eindeutigen Zielidentifizierung und größtmöglichen Vermeidung von Kollateralschäden sind in technischer Hinsicht Aufklärungs- und Zielerfassungssensoren mit Abbruchfunktionen für die Waffenauslösung notwendig, die an eine ständige Überwachung und Autorisierung durch das militärische Bedienpersonal geknüpft sind.1072 Daher ist beim Einsatz vollautonomer Systeme, nicht aus rechtlicher, wohl aber ethisch-moralischer Sicht eine Art angemessene und effektive Kontrolle im Sinne einer sogenannten meaningful control notwendig.

1072  Platek, Autonome Kriegsführung und legitime militärische Ziele, in: Frau (Hrsg.), Drohnen und das Recht, 2014, S. 35, 57.

Kapitel 5

Fazit: Kein Änderungsbedürfnis des Rechts des bewaffneten Konflikts zur Gewährleistung eines effektiven Schutzes von Zivilpersonen im Rahmen moderner Luftkriege Es wird mannigfaltige Kritik am geltenden Recht betreffend bewaffneter Konflikte dahingehend vorgebracht, dass der bestehende Rechtsrahmen vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklung moderner Luftkriege nicht geeignet sei, um einen ausreichenden Schutz von Zivilpersonen zu gewährleisten. Ein vermeintliches Schutzdefizit wird daran festgemacht, dass trotz einer zunehmend besseren technologischen Ausstattung die Zahl ziviler Opfer in modernen bewaffneten Konflikten beständig zunimmt. Ungeachtet der Frage, ob diese tatsächliche Feststellung steigender Opferzahlen – in absoluter Hinsicht oder relativ bezogen auf die Gesamtzahl der Opfer – zutreffend ist (woran aufgrund der schlechten Dokumentation und oft unzureichender und propagandistisch verfälschter Zahlen zumindest Zweifel angebracht sind), ist die Kritik am bestehenden Rechtsrahmen m. E. unberechtigt. Das humanitäre Völkerrecht gewährleistet einen umfassenden Schutz von Zivilpersonen im Rahmen von modernen Luftoperationen in bewaffneten Konflikten. Die eingangs dieser Arbeit aufgeworfene Frage, ob eine Überholung des humanitären Völkerrechts notwendig ist, ist m. E. klar zu verneinen. Im Folgenden wird unter Bezugnahme auf die vorangegangene Untersuchung zunächst zu den wesentlichen Kritikpunkten hinsichtlich der Aktualität des humanitären Völkerrechts und seiner Fähigkeit, auch in heutigen, durch den Einsatz von moderner Lufttechnologie geprägten bewaffneten Konflikten ein hinreichendes Schutzniveau für Zivilpersonen zu bieten, Stellung genommen. Sodann wird dargestellt, welche tatsächlichen Herausforderungen im Rahmen moderner Luftkriege mit Blick auf den Schutz von Zivilpersonen bestehen und dass möglicherweise steigende zivile Opferzahlen nicht auf einen unzureichenden Rechtsrahmen zurückzuführen sind. Abschließend wird begründet, warum ein Bedürfnis für eine Neuregelung oder Überarbeitung des humanitären Völkerrechts nicht besteht.

348

Kap. 5: Fazit

A. Rechtsrahmen und Rechtsanwendung des humanitären Völkerrechts in modernen bewaffneten Konflikten zum Schutz von Zivilpersonen I. Bewertung des Rechtsrahmens Wie in Kapitel 4 im Einzelnen herausgearbeitet wurde, ist das humanitäre Völkerrecht in der Lage, den aufgezeigten Herausforderungen, die mit modernen Luftkriegen einhergehen, gerecht zu werden. Es ist in der Lage, moderne Technologien bis hin zu vollautonomen Drohnen, die erst in der Zukunft eine praktische Relevanz in der Kriegsführung gewinnen werden, im bestehenden Rechtsrahmen zu erfassen und adäquat zu bewerten. Aufgrund dieser Fähigkeit wird das vorbestehende Schutzniveau für Zivilpersonen in hinreichendem Umfang gewährleistet. 1. Ausreichender Schutzstandard im Rahmen von Luftoperationen Zwar existiert derzeit kein kodifiziertes, allgemein anerkanntes Luftkriegsrecht, das humanitäre Völkerrecht gewährt Zivilpersonen aber im Rahmen von Luftoperationen einen ausreichenden Schutz durch das Zusammenspiel verschiedener Regelungen und Rechtsgrundsätze. Auch wenn kaum luftkriegsrechtliche Kodifikationen existieren, so finden kriegerische Luftoperationen nicht in einem rechtsfreien Raum statt. Völkergewohnheitsrechtlich anerkannte spezifische Regelungen des Luftkrieges (wie z. B. die Haager Luftkriegsregeln) und das allgemeine humanitäre Völkerrecht (insbesondere seine Grundprinzipien, wie der Unterscheidungsgrundsatz und das Exzessverbot) sowie einige der für den Land- und Seekrieg bestimmten Regelungen finden im Lichte der Menschenrechte Anwendung. Die wesentlichen Regelungen des internationalen bewaffneten Konflikts finden auch im Rahmen von nicht-internationalen bewaffneten Konflikten Anwendung, sodass es in den verschiedenen Arten von bewaffneten Konflikten nicht allein aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Qualifikation eines Konflikts zu divergierenden Schutzstandards für Individuen kommt. Von seiner Grundstruktur und seinem Regelungsgehalt her bietet das humanitäre Völkerrecht Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten den größtmöglichen Schutz. Durch feste und abschließende Kategorien, die lückenlose Zuordnungen gewährleisten, sieht das anwendbare Recht einen kohärenten Rahmen für die Kategorisierung von an Luftkriegen beteiligten Personen und Objekten vor. Im Wesentlichen wird dies durch ein System von Positivdefinitionen und darauf bezugnehmenden Negativdefinitionen erreicht, die gewährleisten, dass es keinen nicht erfassten „Zwischenbereich“ gibt. So sind



A. Rechtsrahmen und Rechtsanwendung des humanitären Völkerrechts349

beispielsweise die Definitionen von Zivilpersonen und zivilen Objekten negativ ausgestaltet und ermöglichen zusammen mit der positiven Definition von Kombattanten und militärischen Zielen allumfassende Kategorisierungen. Zudem trägt das Recht dem Umstand, dass es oft schwer zu bestimmen ist, welchen Status eine Person innehat, dadurch Rechnung, dass es stets zugunsten des größtmöglichen Schutzes von Zivilpersonen entscheidet (z. B. sind Personen selbst dann als Zivilpersonen geschützt, wenn sie sich in rechtswidriger Weise freiwillig als menschliche Schutzschilde zur Verfügung stellen). Durch den Unterscheidungsgrundsatz und das Exzessverbot beschränkt das humanitäre Völkerrecht zudem militärische Spielräume zugunsten des Schutzes von Zivilpersonen. Darüber hinaus ist es durch die Verwendung von Begriffen, die einen weiten Auslegungsspielraum zulassen, flexibel genug, um neuere Entwicklungen adäquat zu berücksichtigen. Dies trifft z. B. auf den Begriff des militärischen Ziels zu. Aufgrund der vielen variablen Faktoren, die in die Definition des militärischen Ziels einfließen, handelt es sich bei der Ausfüllung in der Praxis stets um eine Einzelfallentscheidung. Ein anderer definitorischer Ansatz würde die Gefahr eines under- oder eines overenforcement bergen, d. h. tatsächlich wesentliche Angriffsziele dürften nicht angegriffen werden oder Unklarheiten würden dazu führen, dass beispielsweise die zivile Unterstützung für das Kriegsgeschehen, oder der Kampfeswille der Zivilbevölkerung oder pauschal alles, was zum Kriegsgeschehen beiträgt, als militärisches Ziel und damit als rechtmäßiges Angriffsziel angesehen werden dürften. Auch eine enumerative Liste der Angriffsziele würde einer effektiven Kriegsführung entgegenstehen und ggf. zur Ausweitung entsprechender Schädigungshandlungen führen. Selbst wenn eine solche Liste über Regelbeispiele gebildet würde, die als Auslegungshilfe für eine Generalklausel dienen könnten, so würde dies die Gefahr bergen, dass die Anwendungspraxis (je nach Definition der Regelbeispiele) erweitert oder verengt würde – beides ist gleichermaßen nicht wünschenswert. Ebenso bergen die Kollateralschadensbestimmung und der Begriff des „praktisch Möglichen“ Auslegungsprobleme. So ist der Begriff des „exzessiven“ Kollateralschadens stark von (naturgemäß subjektiven) Bewertungskomponenten abhängig. Die Abwägung zwischen einem konkreten militärischen Vorteil und zivilen Schädigungen ist nicht klar umrissen und geprägt von Prognosen und situationsabhängigen Bewertungen. Auch der Begriff des „praktisch Möglichen“ ist ein subjektiver und unbestimmter Begriff und als solcher anfällig für Missbrauch, was wiederum das Risiko für Zivilpersonen begründet, durch subjektive, parteiabhängige Auslegungen zu Schaden zu kommen. Natürlich gibt es in jedem Einzelfall bei der Auslegung Grenzen, was den noch als zulässig zu qualifizierenden Rahmen anbelangt, aber jegliche ex-ante Unklarheiten gehen zu Lasten des Schutzes von Zivilpersonen.

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Kap. 5: Fazit

Darüber hinaus darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass diese Definitionen im Zusammenhang mit dem Unterscheidungsgrundsatz, insbesondere der Zweifelsvermutung und dem Exzessverbot sowie weiteren Schutzmechanismen für Zivilpersonen zu sehen sind. Damit stehen diese nicht für sich allein, sondern sind im Lichte der weiteren Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts zu sehen, die diese einschränken und damit einer ausufernd weiten Auslegung entgegenstehen. Eine Änderung bzw. Anpassung oder Klarstellung des geltenden Rechts und der entsprechenden Regelungen, ist m. E. nicht erforderlich, da die derzeitige Ausgestaltung des Rechts die bestmögliche Ausgestaltung zwecks Gewährung des möglichst umfangreichsten Schutzes ist. Neue, starre Definitionen sind abzulehnen, da sie in jedem Fall nicht die erforderliche Flexibilität aufweisen würden, um fortwährenden technologischen Veränderungen in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Die offene Gestaltung der vorhandenen Definitionen führt zu einer Bandbreite an Möglichkeiten, die sich im Gegensatz zu abschließenden Aufzählungen ohne Weiteres an veränderte Umstände und technologische Entwicklungen anpasst und damit nicht veraltet. Gerade hierin ist einer der wesentlichen Vorteile des bestehenden Rechtsrahmens zu sehen. Dies ist bereits deswegen von überragender Bedeutung, da eine wesentliche Herausforderung des humanitären Völkerrechts die Erzielung eines Konsenses zwischen den betroffenen Staaten ist. Ein fortwährendes Änderungs- und Anpassungsbedürfnis würde deswegen absehbar zu Schutzlücken führen. Auch müsste der Rechtsrahmen dann stets reaktiv (und damit naturgemäß verzögert) auf technologische Entwicklungen reagieren. M. E. ist deswegen eine Ausgestaltung über Einzelfallentscheidungen, im Rahmen derer alle Einzelheiten und Besonderheiten des konkreten Falles Berücksichtigung finden, für den Schutz von Zivilpersonen vorteilhafter, als vermeintlich objektive und abschließende Kriterien, die das Risiko bergen, dem konkreten Fall nicht gerecht zu werden. Auch das Einführen von Regelbeispielen birgt die Schwierigkeit, dass eine Normauslegung immer nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Regelbeispiele erfolgen könnte. Wenn die Regelbeispiele jedoch nicht mit hinreichendem Augenmerk auf die technologische Entwicklung gewählt werden oder veralten, wird die Norm entweder enger oder weiter und dementsprechend verengt sich der Schutz für Zivilpersonen oder er erweitert sich. Neben den Auswirkungen auf das Zivilpersonen zukommende Schutzniveau birgt dies auch die Gefahr einer Beschränkung der effektiven Kriegsführung. Vor diesem Hintergrund ist die gewählte Normsystematik, die auf Einzelfallentscheidungen im Nachgang zu einer Auslegung der Norm beruht, m. E. sachgerechter.



A. Rechtsrahmen und Rechtsanwendung des humanitären Völkerrechts351

Sämtliche im ZP I vorgesehenen Definitionen und Regelungen sind eine Ausprägung des Gleichgewichts zwischen militärischen und humanitären Erwägungen. So dienen diese Definitionen zum einen der Begrenzung der Angriffsziele zum Schutze von Zivilpersonen und stehen zum anderen nicht der Effektivität der Kriegsführung entgegen, sodass weder der Schutz der Zivilpersonen unterlaufen und dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird, noch Militäroperationen ineffektiv und undurchführbar werden. Abgesehen von Änderungsmöglichkeiten des Rechts könnte durch die Entwicklung von besseren, fortgeschrittenen Waffen und Aufklärungssystemen die Einhaltung des Unterscheidungsgrundsatzes und des Exzessverbots perspektivisch erleichtert werden, ohne dass eine Rechtsänderung notwendig wird. In jedem Fall wird die Normanwendung und damit einhergehend der tatsächlich gewährleistete Schutz von Zivilpersonen immer nur so gut sein, wie es die Überwachungs- und Geheimdienstinformationen sind, die im gegebenen Zeitpunkt zur Verfügung stehen, um z. B. eine klare Identifikation und Bewertung des Zieles sowie seiner Umgebung zu ermöglichen und damit letztendlich dem Unterscheidungsgrundsatz und dem Exzessverbot gerecht zu werden. Eine richtige Rechtsanwendung unterstellt, sind Informationen damit das entscheidende Detail, um praktisch effektiven Schutz von Zivilpersonen zu gewährleisten. 2. Anwendung auf moderne Konfliktformen und Technologien Das humanitäre Völkerrecht ist auch in der Lage, mit modernen bzw. vermeintlich neuen Konfliktformen, wie asymmetrischen Konflikten oder Hy­ bridkriegen, umzugehen, da die Regelungen des humanitären Völkerrechts ausreichend Spielraum für Anpassungen an neue Gegebenheiten zulassen. Hierdurch wird ein konsistentes Schutzniveau zugunsten von Zivilpersonen bewirkt. Der bestehende Rechtsrahmen kann unproblematisch auf moderne Technologien wie z. B. unbemannte Luftfahrzeuge angewendet werden. Der zugrundeliegende Prüfmechanismus wird durch Art. 36 ZP I vorgegeben. Im Ergebnis sind unbemannte Luftfahrzeuge danach nicht per se unzulässig, sondern es ist stets auf ihren Einsatz im konkreten Einzelfall abzustellen. Entscheidend ist, dass der Einsatz unbemannter Systeme im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts erfolgt. Daher sind unbemannte Luftfahrzeuge im Rahmen der Vorabkontrolle nach Art. 36 ZP I am Maßstab der Kernprin­ zipien des humanitären Völkerrechts, also unter anderem am Maßstab des Unterscheidungsgrundsatzes und des Exzessverbots zu messen. Ob unbemannte Systeme im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts stehen, ist eine Frage ihrer Anwendung im Einzelfall und nicht im überwiegen-

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Kap. 5: Fazit

den Maße von ihrer grundsätzlichen Programmierung und ihren technischen Fähigkeiten abhängig. Sofern unbemannte Systeme ihre Angriffe lediglich gegen rechtmäßige militärische Ziele richten und diese Angriffe voraussichtlich zu dem im Zeitpunkt der Angriffsentscheidung vorherrschenden Kenntnisstand unter Ausschöpfung aller vernünftigerweise einzubeziehenden Informationen nicht zu zivilen Kollateralschäden führen, die exzessiv zu dem erwarteten aus dem Angriff resultierenden konkreten militärischen Vorteil sind und bestimmte Vorsichtsmaßnahmen im Vorfeld sowie während der Angriffe getroffen werden, spricht nichts gegen ihre grundsätzliche Zulässigkeit. Dennoch sind unbemannte Luftfahrzeuge anhaltender Kritik ausgesetzt. Die derzeitige Hauptfrage beim Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge kann jedoch nicht ihre grundsätzliche Vereinbarkeit mit dem Recht des bewaffneten Konflikts sein (diese besteht m. E.), sondern ob sie auch in der Zukunft in der Lage sein werden, im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts zu operieren, was maßgeblich von der technischen Entwicklung der Systeme abhängt. Dies wird im Rahmen einer Vorabkontrolle nach Art. 36 ZP I zu klären sein. Sofern diese Vorabkontrolle ergibt, dass ein autonomes System zulässig ist, so gewährleisten die weiteren Vorschriften des humanitären Völkerrechts ein einheitlich hohes Schutzniveau zugunsten von Zivilpersonen. Bei näherer Betrachtung (siehe Kapitel 4. B), stellt sich heraus, dass die gegenüber unbemannten Luftfahrzeugen vorgebrachte Kritik genauso auf „konventionelle“ (bemannte) militärische Luftfahrzeuge und andere Mittel und Methoden der Kriegsführung zutrifft. Die Kritik verkennt m. E., dass die Auswirkungen moderner Technologien auf die Anwendung des Rechtsrahmens sehr begrenzte Auswirkungen haben. Viele der Einwände beziehen sich nur vermeintlich auf den Anwendungsbereich des humanitären Völkerrechts und sind tatsächlich moralischer, ethischer oder philosophischer Natur, wie die Kritik, dass einer Maschine und nicht einem Menschen die Entscheidung über Leben und Tod überlassen werde. Zu beachten ist aber, dass bei gegenwärtigem Entwicklungsstand keine autonomen Systeme existieren, die in der Lage wären, eine eigene Entscheidung über Leben oder Tod von Menschen ohne menschliche Intervention zu treffen. Technische Routinen, die die erforderlichen Abwägungen nach dem Unterscheidungsgrundsatz sowie dem Exzessverbot selbstständig treffen könnten, wären überaus komplex und es ist nicht bekannt, dass solche Routinen bereits erfolgreich entwickelt wurden. Aufgrund der Komplexität ist (ungeachtet der nicht-rechtlichen Frage, ob eine solche Routine ethisch-moralisch akzeptabel wäre) zumindest fraglich, ob dies künftig möglich wäre. Bis auf Weiteres bleibt damit im Rahmen eines dynamic targeting eine Kontrollinstanz erforderlich. Ein deliberate targeting ist derzeit hingegen zwar



A. Rechtsrahmen und Rechtsanwendung des humanitären Völkerrechts353

ohne Kontrollinstanz, aber nur in klar abgegrenzten Gebieten im Rahmen von abschließend vordefinierten Einsätzen möglich. Die Einsatzparameter werden aber auch hier von Menschen vollständig bestimmt. Der vorherrschenden Meinung ist zuzustimmen, dass eine angemessene und effektive Kontrolle, eine sogenannte „meaningful control“ in Form einer menschlichen Kontrolle im Sinne einer Überwachung des eingesetzten Systems und einer Verfolgung seiner Arbeits- und Entscheidungsprozesse mit Interventionsmöglichkeiten, aus moralischer Sicht stets erforderlich ist. Eine diesbezügliche völkerrechtliche Verpflichtung besteht allerdings nicht. Das Recht des bewaffneten Konflikts sieht keine Verpflichtung dahingehend vor, dass eingesetzte Waffensysteme ethisch oder menschlich sein müssen. Sie sollen lediglich in einer „humanen Art und Weise“ und mit Respekt vor dem mensch­ lichen Leben eingesetzt werden. Daher besteht aus völkerrechtlicher Sicht auch kein Grund, der ein präventives Verbot autonomer Systeme rechtfertigen würde. Auch wenn dies erst in der Zukunft relevant werden wird, so wird die Diskussion um das Erfordernis einer menschlichen Kontrolle bzw. Interventionsmöglichkeit trotz Kompatibilität mit den rechtlichen Regelungen des bewaffneten Konflikts zu entscheiden sein, sofern autonome Systeme entwickelt werden, die ohne menschliches Zutun in der Lage sind, selbstständig legitime militärische Ziele unter Einhaltung des Unterscheidungsgrundsatzes sowie des Exzessverbots anzugreifen. Hierzu ist ein Diskurs auf moralischethischer und philosophischer Ebene erforderlich, der nicht Gegenstand dieser Untersuchung ist. Theoretisch könnten in Zukunft vollautonome Systeme sogar zu einer Art „zero causality“-Kriegsführung beitragen, bei der Kriege auf beiden Seiten nur durch autonome Systeme in Form von sich bekämpfenden Robotern, in welche die jeweiligen Konfliktparteien sämtliche Militärkapazitäten investieren, ausgetragen werden. Diese Form der Kriegsführung würde von Maschinen wie eine Art Strategiespiel ausgetragen werden, ohne dass dabei Menschen zu Schaden kommen. Es handelt sich hierbei jedoch vorerst um eine reine Zukunftsvision, deren Eintritt zumindest unwahrscheinlich erscheit. Sie würde voraussetzen, dass Staaten ihre sonstigen vorhandenen militärischen Mittel aufgeben und sich auf den „Kampf der Roboter“ verlassen und das Ergebnis einer solchen Auseinandersetzung anerkennen. Auch auf der Ebene von Aufständischen und Terroristen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass diese sich an eine Niederlage in einem zwischen Maschinen ausgetragenen Kampf halten würden, da sie ihre Stärke wegen ihres technologischen Nachteils aus der asymmetrischen Kriegsführung ziehen. Demnach wird diese Art der Kriegsführung aller Voraussicht nach eine Zukunftsvision bleiben.

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Kap. 5: Fazit

3. Fazit Festzuhalten ist, dass weite, nicht allzu fest umrissene Regelungen, wie die derzeitigen, sinnvoller sind als starrere Festlegungen, die weniger Handlungsspielraum für unvorhergesehene Situationen und technologische Entwicklungen bieten. Die derzeitigen Regelungen sind hinreichend flexibel und eröffnen mittels Auslegungsspielräumen die Möglichkeit einer dynamischen Anpassung an sich verändernde Rahmenbedingungen. Der zum Teil durchaus plausiblen Kritik im Hinblick auf die Aktualität des Rechts vor dem Hintergrund der Praxis moderner Luftkriege ist damit zu entgegnen, dass es sich jeweils nur um eine Frage der Anwendungspraxis handelt und nicht des vorgegebenen Rechtsrahmens. So sind die im Rahmen von diesen Konflikten in Erscheinung tretenden Probleme, wie beispielsweise das sog. „Verwischen von Kategorien“ (siehe Kapitel 4 A. III. 2.), eher praktischer, denn rechtlicher Natur. Dies ist bedingt durch die unmittelbare Teilnahme von Zivilpersonen an Feindseligkeiten, den Einsatz von unrechtmäßigen Kombattanten, die sich nicht eindeutig von Zivilpersonen unterscheiden, und die Tendenz auf allen am Konflikt beteiligten Seiten, sich nicht an das Recht des bewaffneten Konflikts zu halten, wodurch die klare Unterscheidung zwischen den Kategorien in der Praxis schwieriger vorzunehmen ist.

II. Bewertung der Rechtsanwendung und Durchsetzung als tatsächliche Herausforderungen im Rahmen von Luftoperationen Die eigentlichen Herausforderungen liegen in der praktischen Anwendung des humanitären Völkerrechts. Der Wandel des Krieges resultiert darin, dass sich Parteien nicht an das Recht des bewaffneten Konflikts halten, insbesondere nicht an die Vorschriften, die den Schutz von Zivilpersonen bezwecken. In modernen Konflikten stehen sich zunehmend seltener professionelle, ihrem Beruf nachgehende Streitkräfte gegenüber, sondern zunehmend Aufständische, die emotionsbedingt in den bewaffneten Konflikt eingetreten sind. Die Art der Kriegsführung verändert sich deswegen erheblich. Das Prinzip der „Ehre und Ritterlichkeit“, das frühere Kriege prägte, lässt sich in heutigen modernen bewaffneten Konflikten kaum noch wiederfinden. Der professionelle Respekt zwischen den Konfliktparteien ist zurückgegangen, während sich Skepsis, Unglaube oder Ignoranz bezüglich der Tatsache, dass bewaffnete Konflikte tatsächlich bestimmten Regelungen unterliegen und im Krieg nicht alles erlaubt ist, ausgebreitet haben. Die Unkenntnis bzw. Verweigerung der Anwendung des Rechts des bewaffneten Konflikts führt zu Schwierigkeiten in seiner Umsetzung.



A. Rechtsrahmen und Rechtsanwendung des humanitären Völkerrechts355

Auf der anderen Seite resultiert ein wesentliches Problemfeld in modernen, und insbesondere asymmetrischen bewaffneten Konflikten aus der Kenntnis des Rechts. Im englischsprachigen Bereich wird dieses Phänomen als „lawfare“ bezeichnet. Gemeint ist damit die angewendete Strategie des Gebrauchs bzw. Missbrauchs des Rechts des bewaffneten Konflikts als Ersatz für traditionelle Mittel der Kriegsführung zur Erreichung bestimmter Kriegsziele.1 Das Recht des bewaffneten Konflikts wird insoweit für Zwecke missbraucht, für die es nicht konzipiert wurde. Die Betroffenen halten sich nicht an die Regelungen des humanitären Völkerrechts, indem sie sich z. B. unter die Zivilbevölkerung mischen und sich als Zivilpersonen tarnen. In Afghanistan wurden zivile Schädigungen z. B. so manipuliert, dass der Anschein von Verstößen der alliierten Streitkräfte gegen das Recht des bewaffneten Konflikts bzw. ethische Normen aufkam. Damit ist „lawfare“ letztlich eine Form asymmetrischer Kriegsführung, die meist gegen moderne zivilisierte Nationen eingesetzt wird. Das Problematische für die jeweils andere Partei ist, dass diese selbst weiterhin an das Recht des bewaffneten Konflikts gebunden ist, auch wenn ihr Gegner sich nicht daran hält. Resultate dieser Form der Kriegsführung sind oft hohe zivile Schädigungen, indem z. B. menschliche Schutzschilde eingesetzt werden, wodurch es im Rahmen von Kollateralschäden zu höheren zivilen Verlusten kommt, als dies ansonsten der Fall wäre. Der solche Mittel einsetzende Gegner macht sich dies zu Nutze, indem er z. B. die Schuld für die zivilen Schädigungen auf die im Einklang mit dem Recht des bewaffneten Konflikts handelnde Partei schiebt und den Eindruck erweckt und diese Fehlvorstellung verbreitet und unterhält, dass grundsätzlich im Einklang mit dem Recht stehende Kollateralschäden rechtswidrig seien. Dies führt z. T. dazu, dass sich die an das Recht des bewaffneten Konflikts haltende Partei aus Sorge, unberechtigter Weise an den öffentlichen Pranger gestellt zu werden, besonders vorsichtig verhält, indem z. B. restriktive Rules of Engagement erlassen werden, die kaum noch praktikabel sind, um die notwendigen Einsatzziele effektiv zu erreichen. Um solche Situationen zu vermeiden, muss das Recht des bewaffneten Konflikts klar kommuniziert und praktiziert werden. Dies beinhaltet zum einen den Aspekt, dass Kollateralschäden nicht per se rechtswidrig sind, sondern nur, wenn sie exzessiv sind und dies ex ante bei Anlegung der erforderlichen Sorgfalt erkennbar war. Das Recht selbst sieht bereits entsprechende Verpflichtungen vor (Art. 47 GK I, Art. 48 GK II, Art. 127 GK III und Art. 144 GK IV sowie Art. 83 ZP I und Art. 19 ZP II). Zum anderen muss deutlich werden, dass das Handeln der gegen das Recht des bewaffneten Konflikts verstoßenden Akteure die eigene Zivilbevölkerung gefährdet und diese Akteure daher die durch ihr völkerrechtswidriges Verhalten entstehen1  Dunlap,

YJIA 3/1 (2008), S. 146.

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Kap. 5: Fazit

den zivilen Schädigungen zu verantworten haben, nicht die sich an das Recht des bewaffneten Konflikts haltende Partei. Dies ist letztlich eine Frage der effektiven Rechtsdurchsetzung. Der zunehmenden Nichtbeachtung des Rechts des bewaffneten Konflikts ist aber nicht zu entnehmen, dass die Staatengemeinschaft sich grundsätzlich nicht mehr daran gebunden sieht. So sind insbesondere der Unterscheidungsgrundsatz und das mit diesem verbundene Exzessverbot langlebige und weit verbreitete Grundsätze, die detailliert ausgearbeitet und in den Militärhandbüchern der meisten Staaten dokumentiert sind. Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass beispielsweise trotz der wiederholten Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, insbesondere gegen den Unterscheidungsgrundsatz und das Exzessverbot, eine gemeine diese Grundsätze anerkennende opinio iuris der Staaten nicht zu leugnen ist. Ohne die Rechtmäßigkeit von Angriffen in den einzelnen Fällen zu bewerten, wird diese allgemeine Akzeptanz an verschiedenen Beispielen deutlich, so stand der Unterscheidungsgrundsatz selbst im Zweiten Weltkrieg im Rahmen der dort verübten Bombardements nie als solcher zur Debatte. Die Angreifenden versicherten, sie würden nur militärische Ziele angreifen. Auch im Vietnamkrieg waren sich die USA und Vietnam darüber einig, was grundsätzlich ein rechtmäßiges militärisches Angriffsziel sei und orientierten sich dabei an den Kriterien des ZP I. Ebenso zweifelten weder der Iran noch der Irak die Definition des militärischen Zieles an. Auch Israel bestand beispielsweise bei dem Einmarsch im Libanon darauf, dass die Operation nur auf Grundlage eines erwarteten konkreten unmittelbaren militärischen Vorteils erfolgte. Ein Großteil der geäußerten Kritik ist auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zurückzuführen, dies ist jedoch nicht durch eine Änderung des Rechtsrahmens, sondern durch eine bessere Rechtsanwendung und stringentere Rechtsdurchsetzung zu lösen. Hinzu kommt noch die Bedeutung der Kommunikation als wichtiger Faktor der Informationsübermittlung an die Öffentlichkeit und die Medien, um etwa einseitige, z. T. von Propaganda geleitete, Medienberichterstattungen soweit wie möglich zu vermeiden. Vorwürfe vermeintlicher Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht sind in der Lage, einen Keil zwischen die am Einsatz beteiligten Streitkräfte und die Zivilgesellschaft zu treiben, der sich auch durch einen Sieg auf dem Schlachtfeld nicht entfernen lässt. Ohne hinreichende Kenntnis und Kommunikation der Grundsätze des humanitären Völkerrechts ergibt sich eine Gefahr des „lawfare“ als Mittel der Kriegsführung. Zudem haben moderne zivilisierte Nationen im Rahmen von modernen Luftkriegen mit Kritikern aus ihren eigenen Reihen zu kämpfen. Dabei handelt es sich z. T. um pauschale Kritik, die eher von pazifistischen Erwägungen denn von einer Bewertung nach humanitärem Völkerrecht getragen ist. Von einer solchen Kritik ist die rechtliche Bewer-



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tung klar abzugrenzen, da das Recht des bewaffneten Konflikts zivile Schädigungen im Rahmen von Kollateralschäden erlaubt. Fatal an einer verzerrten Berichterstattung ist aber, dass die breite Öffentlichkeit nicht in der Lage ist, zu differenzieren, welche Handlungen tatsächlich Rechtsverstöße darstellen. Dies gilt z. B. für Kritiker, die pauschal ethische und moralische Bedenken gegen autonome Drohnen anführen und darauf anspielen, dass diese per se völkerrechtswidrig seien oder dass das Recht des bewaffneten Konflikts insgesamt veraltet und nicht in der Lage sei, mit modernen Entwicklungen umzugehen, ohne darauf hinzuweisen, dass die wesentlichen Kritikpunkte, wie die der fehlenden menschlichen Entscheidung und Kontrolle, auf Aspekten beruhen, die das humanitäre Völkerrecht nicht verlangt und die allenfalls aus ethisch-moralischen oder anderen nicht-rechtlichen Erwägungen resultieren können. Zudem stellt die Transparenz im Rahmen der Entscheidungsfindung vor einem Angriff ein Problem dar, da es in der Praxis schwer ist, festzustellen, ob die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen und Abwägungskriterien hinreichend berücksichtigt wurden, wenn es zu zivilen Opfern kommt. Der Planungs- und Entscheidungsprozess eines Befehlshabers ist schon per definitionem geheim. Da Informationen über Entscheidungsalternativen oftmals nicht dokumentiert werden, kann eine ex post-Bewertung einer Situation signifikant erschwert sein. Daher ist es durchaus erwägenswert, die Kriegführenden zu verpflichten, Aufzeichnungen zu machen und Akten über die einzelnen Angriffe zu führen, auch wenn diese nicht öffentlich gemacht werden. So ließe sich einerseits eine Bewertungs- und Vergleichsbasis schaffen und andererseits können solche Informationen genutzt werden, um verschiedene Erfahrungen auf internationaler Ebene auszutauschen. Schließlich ließen sich diese Angaben ggfs. auch bei künftigen Einsatzentscheidungen verwenden. Sicher ist es unrealistisch, so viel Transparenz zu verlangen, als dass Dritte die Abwägung und Entscheidungsfindung während des bewaffneten Konflikts überprüfen oder überwachen könnten. Jedoch würde es für eine ex post-Überprüfung bereits ausreichen, wenn die Kriegführenden Unterlagen über ihren Entscheidungsfindung- und Abwägungsprozess aufbewahren und diese nach Ablauf einer gewissen Zeit, wenn der betroffene Konflikt beendet ist, öffentlich machen oder sachkundigen Stellen zur Verfügung stellen würden. Dadurch könnte die rechtliche Bewertung und Aufarbeitung erheblich erleichtert werden und eine bessere Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit gewährleistet werden. Unstrittig bestehen verschiedene Probleme in modernen Konflikten, die zur Folge haben, dass Zivilpersonen geschädigt werden. Allerdings liegen diese identifizierten Probleme nach hier vertretener Auffassung sämtlich in der Anwendung, Durchsetzung und Kommunikation des Rechts des bewaff-

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Kap. 5: Fazit

neten Konflikts, nicht aber in dem bestehenden Rechtsrahmen. Der im Einzelfall defizitären Anwendungspraxis und dem damit einhergehenden Missbrauch ist nicht durch Änderung des Rechtsrahmens zu begegnen, sondern durch die Gewährleistung einer besseren Rechtsdurchsetzung und auch Informationsgewinnung. Die so bewirkte „richtige“ Anwendung des bestehenden Rechtsrahmens ermöglicht es diesem, seinen umfassenden Schutz zu entfalten. Durchaus wünschenswert sind daher Auslegungshilfen für die Konfliktparteien, die sich im Einzelfall einer komplexen Abwägungslage gegenübersehen. Solche Auslegungshilfen werden allerdings das Erfordernis einer regelmäßigen Aktualisierung im Lichte technischer Entwicklungen nach sich ziehen. Hinzukommt, dass den Streitkräften wie auch der Zivilbevölkerung gegenüber klar kommuniziert werden muss, dass das Recht des bewaffneten Konflikts einzuhalten ist. Militärs müssen dies entsprechend leben und sich ihrerseits an das Recht halten. Zudem müssen Verstöße gegen das Recht des bewaffneten Konflikts konsequent und adäquat geahndet werden.

III. Schutz von Zivilpersonen im Rahmen moderner Luftoperationen Hauptkritikpunkt moderner bewaffneter Konflikte unter dem Einsatz von Luftstreitkräften sind die daraus resultierenden vorgeblich hohen zivilen Opferzahlen. Diese Opferzahlen werden von Kritikern als Bestätigung dafür herangezogen, dass das Konzept des Unterscheidungsgrundsatzes und damit allgemein des Schutzes von Zivilpersonen in modernen bewaffneten Konflikten versagt habe und dass dies auf den Einsatz von Luftfahrzeugen zurückzuführen sei. Das eigentliche Problem, welches Zivilpersonen im Rahmen dieser modernen Konfliktformen gefährdet, ist jedoch die zunehmende Nichtbeachtung des Rechts des bewaffneten Konflikts, nicht aber das Recht selbst. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Recht des bewaffneten Konflikts nicht verlangt, dass keinerlei Zivilpersonen im Rahmen von bewaffneten Konflikten zu Schaden kommen. Ein solches Postulat würde vielmehr den Missbrauch des Rechts fördern, denn dann würde es genügen, eine einzelne Zivilperson als Schutzschild zu benutzen, um immun vor Angriffen zu werden. Zudem kann es bei dem Einsatz jeder beliebigen Waffe zu unbeabsichtigten Schädigungen kommen. Dies ist nicht begrenzt auf den Einsatz von Luftfahrzeugen. Nach einzelnen Studien ist der für Luftkriege erhobene Befund höherer ziviler Opferzahlen möglicherweise unzutreffend und Bodenoperationen haben ggfs. weitaus verheerendere Folgen für Zivilpersonen als Luftoperationen. Demnach waren im Rahmen des Irakkrieges von 2003 bis 2008 lediglich fünf Prozent der zivilen Opfer auf den Einsatz von Luftstreit-



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kräften zurückzuführen.2 Auch in Afghanistan soll die Präsenz der Bodentruppen die größten Risiken für die Zivilbevölkerung dargestellt haben, da die meisten zivilen Opfer im Rahmen von Luftangriffen entstanden, die zur Unterstützung der diese anfordernden Bodentruppen geflogen wurden.3 In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass es, soweit ersichtlich, keine Zunahme der absoluten zivilen Opferzahlen im Rahmen moderner Luftoperationen im Vergleich zu konventionellen Kriegen gab. Vielmehr sind die Gesamtopferzahlen in modernen bewaffneten Konflikten rückläufig. Ein gegenteiliger Eindruck wird teilweise durch die stärkere und zum Teil reißerische Medienberichterstattung und nicht nachprüfbare, ggfs. sogar manipulierte Opferzahlen vermittelt. Der absolute Rückgang ziviler Opferzahlen lässt sich unter anderem auf moderne Technologien zurückführen, die in der Lage sind, Kollateralschäden (aber auch Verluste an Menschenleben bei Kombattanten) durch verbesserte Informationsgewinnung und präzisere Angriffsmöglichkeiten zu minimieren. Drohnen tragen in diesem Zusammenhang effektiv zum Schutz von Zivilpersonen bei, so zumindest im Vergleich zu Artillerieangriffen oder Luftbombardements, denn ihre Überwachungseinrichtungen können mehr Detailinformationen aufnehmen und sie können tiefer fliegen als konventionelle Luftfahrzeuge und damit ihre Ziele präziser angreifen. Die Technik ist aber gegenwärtig sicher nicht so weit entwickelt, dass eine „zero-tolerance“ für Schädigungen an Zivilpersonen oder zivilen Objekten ernstlich in Betracht gezogen werden könnte, sodass weiterhin ein Bedürfnis für den durch das humanitäre Völkerrecht vorgegebenen Rechtsrahmen besteht. Es muss auch berücksichtigt werden, dass ein allgemeiner Rückgang der Opferzahlen nichts darüber aussagt, wie hoch der relative Anteil an Zivilpersonen ist. In diesem Zusammenhang ist bei der Entwicklung der Opferzahlen auffällig, dass sich das Verhältnis ziviler Opfer zu militärischen, trotz der geringeren Gesamtopferzahlen, scheinbar verkehrt hat. Dies ist jedoch nicht auf das Scheitern der Gewährung eines ausreichenden Schutzes durch das Recht des bewaffneten Konflikts zurückzuführen. Vielmehr liegen die Ursachen dafür in der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, wie beispielsweise in dem Einsatz der neusten Technologie in Form von unbemannten Luftfahrzeugen, die eingesetzt werden können, ohne dass sie das Leben der sie einsetzenden Soldaten unmittelbar gefährden, wodurch es zu einem Rückgang der Schädigungen an Kombattanten gekommen ist. Zum anderen ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass Zivilpersonen nicht nur unbe2  Hsiao-Rei Hicks et al., New England Journal of Medicine 360/16 (2009), S. 1585, 1586. 3  Human Rights Watch, Report, Troops in Contact: Airstrikes and Civilian Deaths in Afghanistan, 2008, S. 29.

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Kap. 5: Fazit

teiligte Opfer in heutigen bewaffneten Konflikten sind, sondern in wachsendem Maße auch an diesen teilnehmen. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied im Vergleich zu konventionellen Kriegen der Vergangenheit dar. Die vermehrte Teilnahme von Zivilpersonen an Feindseligkeiten begründet ein höheres Risiko ziviler Schädigungen. Trotz der aufgezeigten praktischen Probleme ist die moderne Luftkriegsführung nicht per se nachteilig für den Schutz von Zivilpersonen. Denn Luftangriffe stehen nicht grundsätzlich im Widerspruch zum humanitären Völkerrecht. Es besteht aber unstreitig die Gefahr (wie bei allen anderen Methoden des Krieges auch), dass sie nicht im Einklang mit dem geltenden Recht zur Anwendung gelangen. Die Faktoren, die dazu führen, dass Zivilpersonen in modernen Luftoperationen Schädigungen erleiden, liegen, wie dargelegt, in diesem Bereich. Bewaffnete Konflikte ohne Schädigungen von Zivilpersonen oder zivilen Objekten wird es realistischer Weise in absehbarer Zukunft nicht geben. Unabhängig von der Einstufung als Zivilperson und damit illegitimem militärischem Ziel sind Verluste bei Zivilpersonen als Folge eines rechtmäßigen Angriffs auf ein legitimes militärisches Ziel als Begleit- oder Kollateralschäden hinzunehmen. Dies basiert auf dem Ausgleich der widerstreitenden Interessen im Rahmen der komplexen Gemengelage, die das humanitäre Völkerrecht zu einem Ausgleich zu bringen versucht.

IV. Kein Bedürfnis für Neuregelungen, Änderungen oder Anpassungen Ein neues internationales Abkommen, welches das Luftkriegsrecht regelt, ist nicht erforderlich und wäre zudem vermutlich nur schwer praktisch durchsetzbar. Das derzeit geltende Luftkriegsrecht ist in der Lage, die durch moderne Kriegsführung gestellten Herausforderungen zu bewältigen. Eine Änderung des Rechts des bewaffneten Konflikts in Form einer Änderung der Genfer Konventionen oder ihrer Zusatzprotokolle ist nicht erforderlich, um den Schutz von Zivilpersonen in Luftkriegen zu verbessern. Der vorhandene Normkanon stellt einen hart errungenen Konsens der Staatengemeinschaft dar, der als solcher größtenteils Völkergewohnheitsrecht darstellt und dadurch auch internationale Anerkennung und Geltung für sich beansprucht. Neue Regelungen müssten erst einmal diesen Status erreichen. Dies scheint unrealistisch, da nicht garantiert werden kann, dass diese neuen Regelungen heutzutage von nahezu der gesamten Staatengemeinschaft akzeptiert würden. Dadurch bestünde die Gefahr, dass der mit dem derzeitigen Regelungsstandard einhergehende Schutzstandard untergraben würde. Um Unsicherheiten und Lücken im bestehenden und funktionalen Recht des bewaffneten Kon-



A. Rechtsrahmen und Rechtsanwendung des humanitären Völkerrechts361

flikts zu vermeiden, sollten die bestehenden Regelungen nicht angezweifelt werden. Zwar existiert kein komplettes Regelwerk zum Luftkriegsrecht, sondern eher eine Art „Flickenteppich“ aus einzelnen völkergewohnheitsrechtlichen und in verschiedenen Abkommen enthaltenden auf den Luftkrieg anwendbaren Regelungen sowie den allgemeinen Regelungen des humanitären Völkerrechts, auf die dann zurückgegriffen wird. Im Sinne eines größtmöglichen Spielraums und größtmöglicher Flexibilität sind diese weit gefasst und lassen einen Interpretationsspielraum zu, was in der Praxis die Anwendung im Eizellfall erschwert. Jedoch bieten Werke wie das HPCR-Manual und der HPCR-Kommentar, welche das geltende Luftkriegsrecht zusammenfassen und erläutern und Interpretationslinien für das bereits geltende Recht darstellen, einen guten Überblick und eine gute Basis, ohne dass es eines Konsenses bezüglich der verbindlichen Kodifikation von neuen Regelungen bedarf. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass dem HPCR-Manual kein rechtsverbindlicher Charakter zugutekommt. Es versteht sich selbst als Leitfaden für die praktische Anwendung des Luftkriegsrechts und als Hilfestellung zur Entwicklung von Einsatzregelungen und militärischen Handbüchern. Damit leistet es einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Rechtsanwendung, indem es die Regelungen des Luftkriegsrechts verbreitet. Die Forderung einer verbindlichen Kodifizierung des Luftkriegsrechts inklusive Sanktionsmechanismen, unabhängig davon wie sinnvoll und wünschenswert dies wäre, muss auch mit Blick auf die praktische Umsetzung gesehen werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Staatengemeinschaft sich auf ein solches Regelwerk einigen würde. Vor diesem Hintergrund hat das HPCR-Manual einen guten Weg eingeschlagen, indem es die bereits bestehenden Regelungen des Luftkriegsrechts denjenigen näher bringt, die diese im Alltag anzuwenden haben. Ungeachtet der Tatsache, dass das bereits geltende Recht in Bezug auf den Schutz von Zivilpersonen in Rahmen von bewaffneten Konflikten als ausreichend anzusehen ist, wären regelmäßige Aktualisierungen des HPCR-Manuals bzw. des HPCR-Kommentars m. E. dahingehend wünschenswert, dass die neusten Entwicklungen eingearbeitet werden. Zudem könnte diese Aktualisierung auch entsprechende Klarstellungen in Bezug auf generell bzw. abstrakt formulierte Regelungen, wie die des Targeting, hinsichtlich der Begrifflichkeiten des militärischen Ziels in Art. 52 Abs. 2 ZP I, des exzessiven Kollateralschadens in Art. 51 Abs. 5 ZP I, der Vorsichtsmaßnahmen in Art. 57 ZP I und insbesondere des praktisch Möglichen, zwecks Umsetzung in der Praxis enthalten. Dabei geht es nicht um die Erstellung neuer oder die Änderung bestehender Regelungen, sondern lediglich um Klarstellungen. Daneben sollte auch klargestellt werden, welche Pflichten die Vertragsparteien nach Art. 1 der GK und Art. 1 ZP I bezüglich der Sicherstellung der Einhaltung des Rechts des bewaffneten Konflikts treffen. Orientie-

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Kap. 5: Fazit

ren könnte man sich an den Leitlinien der Europäischen Union zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts4. Dabei ist es wichtig, dass die Staaten einen international anerkannten und von einer Mehrheit getragenen, sinnvollen Konsens hinsichtlich der Auslegung der jeweiligen Begriffe finden. Auch ein neues Abkommen im Hinblick auf ein Verbot oder Moratorium von autonomen Drohnen ist nicht erforderlich. Ein solches würde die Entwicklung autonomer Drohnen lediglich in den Untergrund drängen. Es wäre besser, diese regulierend zu gestalten, als sie mit dem Resultat zu verbieten, dass sie jeglicher effektiven Kontrolle entzogen sind und dadurch mit an ­Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in „die falschen Hände“ geraten würden. In diesem Zusammenhang bietet Art. 36 ZP I einen ausreichenden Regulierungs- und Prüfungsmechanismus, der verhindert, dass gegen das Recht des bewaffneten Konflikts verstoßende Drohnen entwickelt und eingesetzt werden. Auch in diesem Zusammenhang wäre eine aktualisierte international anerkannte Interpretation des geltenden Rechts in Bezug auf autonome Drohnen wünschenswert.

B. Schlussfolgerung Das humanitäre Völkerrecht wurde zwar zu Zeiten konventioneller Kriege geschaffen, dennoch ist es in seinen Regelungen so flexibel und offen gestaltet, dass es auch in heutigen modernen bewaffneten Konflikten, wie auch in denen der nahen Zukunft, in der Lage sein wird, angemessen auf technologische Neuerungen zu reagieren und Zivilpersonen ausreichend zu schützen. Eine Überholung des humanitären Völkerrechts ist daher nicht notwendig. Die Tatsache, dass es zu zivilen Schädigungen im Rahmen von modernen Luftoperationen kommt und diese sich nicht ausschließen lassen, führt nicht zu der Schlussfolgerung, dass das Recht des bewaffneten Konflikts versagt hat. Im Gegenteil, das Recht des bewaffneten Konflikts sieht zivile Schädigungen im Rahmen von Kollateralschäden als zulässig an, weil es darauf ausgerichtet ist, eine Balance zwischen zivilen und militärischen Erwägungen zu finden. Würde es sich lediglich an zivilen Belangen orientieren und beispielsweise jegliche zivilen Schädigungen verbieten, wäre es nicht praktikabel, was im Endeffekt in seiner Nichtanwendung resultieren würde. Das Recht, das wir heutzutage haben, ist in der Lage, diesen äußerst schmalen Grad der Abwägung humanitärer Erwägungen gegen die militärische Not4  Überarbeitete Leitlinien der Europäischen Union zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts, Amtsblatt der Europäischen Union C 303 vom 15. September 2009 (2009/C 303/06).



B. Schlussfolgerung363

wendigkeit zu einem Ausgleich zu bringen. Ohne dieses Recht würden zivile Schädigungen eskalieren. Das Recht des bewaffneten Konflikts hat sich im Verlauf der letzten Jahrhunderte bewiesen. Es ist angepasst an die besonderen, nicht mit in Friedenszeiten vergleichbaren Situationen von bewaffneten Konflikten. Dem derzeitigen Recht des bewaffneten Konflikts mag vorzuwerfen sein, dass es in vielerlei Hinsicht generelle und abstrakte Regelungen trifft. Dies ist m. E. jedoch eine wesentliche Stärke des humanitären Völkerrechts, die dazu führt, dass es trotz der Wandlungen des Krieges angepasst bleibt. Zum einen erlauben diese Regelungen eine weitere Interpretation und können dabei eine Vielzahl von unterschiedlichen Fällen umfassen, zum anderen sind diese Regelungen dadurch einfach gehalten und erhöhen damit ihre Verständlichkeit und dadurch auch die Wahrscheinlichkeit ihrer Befolgung. Gerade diese Flexibilität hat es dem Recht des bewaffneten Konflikts ermöglicht, sich an neuere Gegebenheiten, darunter auch neue Entwicklungen der Mittel und Methoden der Kriegsführung, anzupassen. Auch der Umstand, dass das Recht des bewaffneten Konflikts als Waffe gegen die dieses einhaltenden Parteien eingesetzt wird, bedeutet nicht, dass man es ersetzen, außer Kraft setzen oder ändern muss. Vielmehr muss daran gearbeitet werden, mit dieser neuen Sachlage umzugehen. Vor allem aber müssen die Parteien ihr Rechtsund Wertesystem gegen diese Angriffe verteidigen und es stärken, anstatt an diesem zu zweifeln. Mithin wird damit auf einen Rechtsrahmen zurückgegriffen, der umfänglich ausgearbeitet ist und damit einen geeigneten Beurteilungsmaßstab für die Bewertung unterschiedlichster Einzelfälle darstellt. Die Hauptherausforderung im Rahmen der Diskussion um die Zeitgemäßheit des Rechts des bewaffneten Konflikts ist es somit nicht, neue Regelungen aufzustellen, sondern die existierenden Regeln anzuwenden und durchzusetzen. Wie in dieser Arbeit herausgearbeitet wurde, ist das Recht des bewaffneten Konflikts hierbei jedoch nicht das Problem. Das eigentliche Problem ist die Anwendung des Rechtsrahmens in der Praxis. Noch so ausführliche und auch einheitliche Regelungen und Auslegungshilfen in der Theorie bringen nämlich nichts für die Praxis, wenn die entsprechenden Regelungen nicht befolgt werden. So ist eine Stärkung der Einhaltung und Durchsetzung des Rechts des bewaffneten Konflikts essentiell. Um dieses Problem effektiv anzugehen, sind mehrere Maßnahmen erforderlich. Auf internationaler Ebene müsste zunächst zwecks Verbesserung der Einhaltung des Rechts des bewaffneten Konfliktes die Verbreitung des humanitären Völkerrechts gestärkt werden. Trotz der bereits bestehenden diesbezüglichen Verpflichtungen in den Genfer Konventionen und Zusatzprotokollen ist eine verstärkte Aufklärung erforderlich. Sowohl die jeweiligen Streit-

364

Kap. 5: Fazit

kräfte wie auch die jeweilige Zivilbevölkerung in ihrer Gesamtheit, allem voran die Medien, müssten im Recht des bewaffneten Konflikts unterrichtet werden. So würde zum einen das Risiko völkerrechtswidriger Maßnahmen verringert werden und zum anderen würde vermieden werden, dass rechtmäßige Maßnahmen fälschlicher Weise als Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht behandelt werden würden. Des Weiteren ist an der Durchsetzung des humanitären Völkerrechts zu arbeiten. Dies kann durch zwei unterschiedliche Ansätze erfolgen. Entweder es wird eine Art Motivation geschaffen, damit sich Kriegführende an das Recht des bewaffneten Konflikts halten (z. B. durch Nutzung der öffentlichen Meinung zugunsten der Partei, die sich an den Rechtsrahmen hält und entsprechend darüber unterrichtet) oder aber die Verfolgung und Ahndung von Verstößen wird verschärft. M. E. sind die derzeitigen Regelungen, insbesondere vor dem Hintergrund des Prinzips der Reziprozität, ausreichend ausgestaltet, um klassischen Akteuren eine Motivation zur Einhaltung des Rechts zu bieten, aber bei asymmetrischen Konflikten fehlt bislang zum Teil dieser Anreiz. Terroristen nehmen in Kauf, beabsichtigen sogar, im Einsatz zu sterben und so bietet z. B. der Gedanke an eine gute Behandlung bei Gefangennahme keinen Anreiz für solche Akteure. Angesichts der Entwicklungen moderner bewaffneter Konflikte sind weitere Motivationen dieser nur schwer festzumachen. Welche Anreize soll man Personen bieten, die beabsichtigen, ihr Leben zu beenden. Im Hinblick auf das Einfangen dieser Personengruppe ist es daher erforderlich, die Verfolgung von Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht auszubauen. Auf nationaler Ebene müssten Implementierungsmaßnahmen des humanitären ­ Völkerrechts ins innerstaatliche Recht erfolgen. Dies betrifft zum einen die nähere inhaltliche Ausgestaltung von Art. 36 ZP I und seines Prüfungsmechanismus. Dadurch würde gewährleistet werden, dass es klare Prüfungs­ mechanismen gibt, an denen die neuen Technologien im Einklang mit Art. 36 ZP I zu messen sind. Darüber hinaus müsste es Rechtsmechanismen geben, die es erlauben, Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht in internationaler Zusammenarbeit innerstaatlich zu ahnden, abgesehen von der internationalen Strafgerichtsbarkeit. Für die Gewährleistung eines umfassenden Schutzes von Zivilpersonen im Rahmen von modernen Luftkriegen ist es unabdingbar, das Recht des bewaffneten Konflikts durch Einhaltung zu stärken.

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Literaturverzeichnis421 Zwierzchowski, Jan/Tabeau, Ewa: The 1992–95 War in Bosnia and Herzegovina: Census-Based Multiple System Estimation of Casualties’ Undercount, Conference Paper for the International Research Workshop on the „Global Costs of Conflict“, the Households in Conflict Network (HiCN) and the German Institute for Ecomomic Research (DIW Berlin), Berlin, 2010, S. 1–25 (zit.: The 1992–95 War in Bosnia and Herzegovina).

Stichwortverzeichnis Asymmetrische Konflikte  20, 57, 59, 105, 163, 254–259, 261–269, 272–273, 329–331, 351, 353, 355, 364 Automatisierung/automatisiert/automatisch  21, 24, 182–183, 294, 296, 336 Autonome Drohnen/Luftfahrzeuge/ Systeme/UAVs  24–25, 168, 177, 180–183, 187, 191, 295–296, 304, 308–310, 313–317, 321–327, 331, 334–346, 348, 352–353, 357, 362 Autonomie  182, 304, 323–324 Befehlshaber  50, 63, 111, 115, 124, 128, 141, 149, 152–153, 155–157, 183–184, 189, 191, 220, 227, 229, 234–235, 238, 240, 252, 297, 308, 310–311, 314–315, 335–336, 340, 357 Chicagoer Abkommen  64, 173 Continuous Combat Function  113, 190 Deliberate Targeting  309, 314, 343–344, 352 Direkte Teilnahme an Feindseligkeiten  114–115, 117–119, 190–192, 194, 196–197, 199–210, 214, 216, 218, 249–250, 252–253, 264, 331, 360 Drohnen  24–25, 34–35, 39–40, 168, 176–192, 199, 294–300, 306–308, 310–311, 313–314, 316–317, 320–321, 324–334, 336–339, 341–345, 348, 357, 359, 362 Dual-Use Objects  121, 125, 225 Dynamic Targeting  352 Extraterritoriale Anwendung von Menschenrechten  94–99, 102, 327 Exzessverbot  24, 49, 78–79, 104, 128, 136–138, 140–148, 150, 154–156,

163, 170, 203, 227, 229, 233, 235, 237–238, 241, 246–248, 250, 252, 264, 282, 288, 293–294, 309–314, 337, 344, 349–353, 356 Feasible  147, 150, 236–237 Ferngesteuerte Drohnen/unbemannte Luftfahrzeuge/Systeme/UAVs  180–182, 295–296, 304–307, 311–312, 331, 338, 341–342 Genfer Konventionen/Abkommen, Genfer Recht  64–65, 70–77, 115, 217, 360 Global Hawk  178, 180, 184 Haager Abkommen, Haager Recht  61–62, 65, 70–72, 74–75, 77, 132–133, 301, 322 Haager Deklaration von 1899  61, 63 Haager Landkriegsordnung/LKO  62–63, 67, 74–75, 107, 111, 132–133, 158, 301, 318–320, 322 Haager Luftkriegsregeln  68–69, 107, 143, 166–167, 169, 187, 293, 348 HPCR Commentary/Kommentar  66, 69, 361 HPCR Manual  66, 69, 165–166, 186–187, 228, 361 Hybride Kriege/Kriegsführung  269– 274 IGH  86, 90–92, 94–95, 97–98, 105, 109, 134, 145 IKRK  52, 75, 76, 114, 117, 135, 144, 146, 176, 190, 200, 204, 206–207, 209–210, 222, 232, 281, 283, 303–304 Internationaler bewaffneter Konflikt  20, 23, 74, 86, 89, 95, 100, 111, 113,

Stichwortverzeichnis423 115, 117, 120, 122, 131, 135, 140, 193, 201, 216, 245, 253, 256, 260, 264, 274, 276, 285–286, 301–302, 323, 328–330, 348 Internationalisierter bewaffneter Konflikt  95, 196–197 Kämpfer  41, 52, 55, 113, 115, 117–118, 191, 207, 218 Kategorien  114, 116–118, 124, 163–166, 173, 179, 188, 192–193, 196, 212–219, 244, 250, 263, 279, 296, 348, 354 Krieg  19, 21–23, 26, 28–30, 32–33, 36–40, 42–49, 57–60, 62, 65, 69, 71–73, 77, 79, 83, 86, 89, 91, 105, 112, 117, 121, 137, 142–143, 153, 211, 223–226, 232, 244, 254–256, 259–261, 265, 269–274, 283–284, 290, 322, 328–330, 332, 334, 353–354, 359–360, 362–363 Kriegführende  21, 58–59, 68, 77, 89, 108, 125, 130, 153, 158, 160, 162, 169, 171–172, 174–176, 216, 235, 241, 243, 247–251, 253, 255, 257–259, 264, 266, 268, 282, 285, 291–293, 300, 321, 332, 337, 357, 364 Kriegsführung  21–22, 26–27, 47–48, 53, 56–61, 66–67, 70–71, 74, 103, 106, 151, 157–158, 162–163, 190, 192, 202, 204, 227, 237, 239, 254–258, 261–263, 265–266, 269–274, 292–294, 301–303, 305–306, 319–323, 326–327, 329, 331, 345, 348–356, 360, 363 Kriegsgefangene  65, 74–75, 106, 113, 115, 119–120, 213, 217, 260 Kriegsgefangenenstatus  71, 112–113, 116–117, 123, 172, 189, 195, 212, 218, 263, 268 Kriegsverbrechen  76, 109, 113, 119, 245, 249, 283, 318, 323, 340 Kollateralschaden/Kollateralschäden  41, 51, 53–54, 57, 59, 70, 126, 138–139, 142, 148–150, 152, 156,

158, 203, 209, 221, 227–230, 232–233, 235–236, 241, 246–248, 250–251, 292, 299, 311, 314, 325, 336–337, 342–344, 346, 349, 352, 355, 357, 359, 361–362 Kombattanten  22–23, 41, 44, 46–47, 51, 71, 79, 105–106, 108, 110–120, 123–124, 128, 135–136, 149, 163, 168, 175–176, 189, 191,–199, 207, 209–219, 228–229, 232, 237–238, 244, 249–250, 259–260, 263–266, 268, 284, 295–297, 303–304, 306, 309–310, 332, 336, 349, 354, 359 Kombattantenkriterien  193, 196, 198, 268 Kombattantenstatus  117, 119–120, 167, 189, 191, 195–196, 212–214, 216–217, 260, Konventionelle Kriege/Kriegsführung  57–59, 244, 256, 269–271, 326–328, 359–360, 362 Lieber Code  73, 80, 107, 142, 158 Luftangriff  28, 37, 40, 46–47, 49–50, 52–53, 55–56, 61, 64, 67, 69, 99, 102, 150, 237–238, 289, 359–360 Luftblockaden  274–282, 285 Luftfahrt  24, 26, 29–32, 34, 36–38, 64, 67, 104, 173, 285, 287, 343 Luftfahrzeug  21, 24, 26–27, 29–30, 32, 34–36, 38–40, 44–45, 51, 59–60, 64–69, 104, 150–151, 155, 159, 163–182, 184–190, 192, 275–281, 285, 288, 290–295, 297–301, 304–308, 310–317, 320, 324–327, 329, 333, 338–341, 343–344, 351–352, 358–359 Lufthoheit  38, 49, 98–100, 103, 170, 287, 290 Luftkrieg  21, 23–30, 36–37, 40–41, 48, 59–63, 65–67, 69, 71, 103–105, 110, 133, 143, 149–151, 158, 163–165, 193, 254, 261–262, 274, 282, 293–294, 341, 347–348, 354, 356, 358, 360–361, 364

424 Stichwortverzeichnis Luftkriegsführung  23–24, 27, 70, 158, 188, 294 Luftkriegsoperationen  29, 41, 56, 80, 163, 282 Luftkriegsrecht  24, 60, 64–65, 67–70, 103–104, 136, 160, 285, 294–295, 360–361 Luftschiff  31–32, 61, 63, 165 Luftstreitkräfte  24, 26–27, 40, 43, 45, 50–53, 57, 63, 228, 261, 358 Luftwaffe  26, 28, 33, 36, 39, 45–46, 52, 54, 64–65, 167, 171, 238, 257, 262, 289 Man/Men in the Loop  181–182 Man on the Loop  182 Martens’sche Klausel  77–78, 89, 136, 241, 322 Menschenrechte  78, 80–92, 94, 98–103, 133, 137, 142, 210, 212, 225, 259, 267, 301, 348 Menschliche Schutzschilde  50–51, 54, 131, 244–254, 262, 349, 355, 358 Militärische Notwendigkeit  78–80, 88, 107, 122, 129–130, 141, 143, 148, 150, 230–231, 286, 288, 293 Militärische Objekte  49, 54, 79, 106, 110, 121, 163, 201, 203, 227, 267, 309 Militärische Operation/Militäroperation  21, 27, 29, 38, 41–42, 50, 97, 111, 141, 152, 154–155, 159, 172, 200–201, 224, 243, 282, 287, 328, 337 Militärische Opfer  22, 43, 53, 359 Militärischer Status  49, 168, 170, 187 Militärischer Vorteil  68, 70, 79, 121–122, 126, 128, 138–142, 144–146, 148–149, 155–158, 162, 170, 174, 220–221, 223, 226–236, 238, 240, 246, 249, 251, 264, 281–282, 302, 308–311, 314–315, 317–319, 324–325, 330, 336–337, 344, 349, 352, 356 Militärisches Luftfahrzeug/Flugzeug  26–27, 64, 67, 104, 165–172, 176,

179–180, 187–188–189, 278–279, 288, 293, 320, 342, 352 Militärisches Ziel  22, 28–29, 47, 56, 68, 79, 104–106, 108, 110, 115, 120, 121–123, 125–128, 132, 136–137, 139, 141–142, 144, 145, 148, 150–153, 155–156, 158, 160–163, 171, 173–174, 176, 188–191, 199, 202–203, 205, 220–228, 230–237, 244–250, 252–253, 263–264, 293, 309–312, 315, 319, 321, 323–325, 336, 344–345, 349, 352–353, 356, 360–361 Militärluftfahrt  36, 65, 168 Mindest-/Minimumstandard  91, 116, 133, 160, 212, 267 Mittel und Methoden der Kriegsführung  21, 48, 60, 70–71, 74, 104, 106, 126–128, 154, 157, 162, 202, 237, 255, 262, 265, 270, 273, 274, 301–303, 305–306, 311, 320, 322–323, 326–327, 329–331, 352, 355–356, 363 NATO  48–50, 52, 55, 223, 237, 272, 290, 312, 342 Nicht-internationaler bewaffneter Konflikt  74, 76, 86, 95, 100, 113, 115, 116–117, 119–120, 122, 125, 130–131, 133–135, 192–193, 216, 245, 264, 276, 317, 323, 328, 348 Nichtkombattanten  68, 130, 174, 212, 218, 238, 284 NOTAM  173, 193, 277–278, 287–288 Opfer/Opferzahlen  21–24, 40–48, 51–59, 71, 138, 141–142, 151, 163, 205, 236–237, 239–240, 248, 263, 266, 292, 311, 332, 347, 357–360 Passagierflugzeug  173–174 Perfiderie  198, 257, 266, 283, 317– 321, 329 Praktisch Mögliches  149, 151, 153–156, 161, 236–237, 239, 241, 243–244, 246, 253, 277, 312, 349, 361

Stichwortverzeichnis425 Predator  39–40, 177, 184, 338 Prinzip der Humanität  72, 78–80, 89, 129, 143, 243, 322 Prinzip der Ritterlichkeit  266, 329–330, 354 Rechtsrahmen  24, 59–60, 103, 245, 294, 347–348, 350–351, 354, 358, 363–364 Repressalien  120, 123, 128–131, 251, 257, 268 Reziprozität  262, 266–267, 364 Rom-Statut/StIStGH  76, 145, 147, 245, 251, 323 Sanitätsluftfahrzeug/-flugzeug  65–66, 166, 170, 174–176, 282 Sicherheitszonen  282–285, 289–294 Söldner  111, 210–213, 217 Staatenpraxis  110, 130, 135, 167, 196, 223–224, 226, 288, 292, 303 Status  49–50, 65–66, 106, 112–113, 115–120, 123–124, 153, 163–164, 168, 170, 172–173, 175, 185, 187, 189, 191, 193, 196, 199, 202, 207, 212–218, 229, 245, 250–251, 258, 260, 263, 266, 268, 270, 284, 292, 306–308, 319–320, 337, 349, 360 St. Petersburger Erklärung  73–74, 107, 322 Streitkräfte  23, 27–28, 47–48, 51–52, 57, 72, 95, 99, 106, 111–112, 114–115, 117, 120, 126, 150, 156, 166, 168, 174, 187, 189, 194, 196–198, 200–201, 211, 213, 216, 224, 226, 228, 237–243, 245, 252, 256–258, 264, 270, 275, 277, 279, 281, 300, 309, 311, 319–320, 322, 334, 354, 355, 356, 358, 363 Technologien  21, 23–24, 29, 35, 37, 39, 45, 51–52, 104–105, 152, 158, 162–163, 186, 239–240, 255–257, 263, 300, 302, 310, 312, 321, 325–326, 329, 332, 335, 338–341, 346, 348, 351–352, 359, 364

Transnationale Konflikte/Kriege  20, 261, 328 UAS  176–177, 181, 213, 217 UAV  39, 176–180, 186, 298–299, 316, 320 UCAV  176–177, 184, 186, 298 Unbemannte Luftfahrzeuge  34–35, 38–40, 51, 59, 104, 150, 163, 168, 176–179, 184, 186–188, 190, 276, 278, 294–295, 297, 299–301, 304–306, 308, 310–314, 316–317, 324–327, 329, 339–341, 343–344, 351–352, 359 Unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten  113–116, 118, 189–192, 194, 196, 199–204, 206–207, 209–214, 216, 219, 249–253, 263–264, 284, 354 Unterscheidungsgrundsatz  24, 43, 49, 54, 78–79, 104–110, 120, 123, 126, 128, 134–136, 150–151, 153, 155, 163, 192–194, 198, 200, 210, 222–223, 227, 232, 252, 264–266, 288, 305–308, 310, 322, 326, 343–344, 348–353, 356, 358 Unterschiedslose Angriffe  56, 64, 70, 126, 128, 146, 161, 226, 235–237, 258, 264, 306 Unverhältnismäßig  54, 126, 138, 140, 144–145, 148, 171, 229, 231, 233, 237–238 Verhältnismäßig  41, 130, 133, 138, 229 Verhältnismäßigkeit  137–139, 141, 143, 145, 148, 150, 229, 234, 236 Verhältnismäßigkeitsabwägung  137, 141, 174, 233–234, 238, 251, 312–313 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz  137, 140, 227, 231, 294 Verhältnismäßigkeitsprüfung  138, 232 Völkergewohnheitsrecht  61, 65–69, 76–78, 80, 82, 93, 103, 108, 117–118, 126, 132, 135, 146–147, 173, 192, 194, 196, 212, 217, 223–224, 245, 276, 290, 318, 323, 348, 360–361

426 Stichwortverzeichnis Vollautonomie/vollautonome Systeme  346, 348, 353 Vorsichtsmaßnahmen  51, 55, 63, 116, 133, 144, 146, 149–150, 154, 160–161, 209, 236, 238–239, 241, 244, 246–247, 253, 282, 293, 311–312, 314–315, 317, 319, 341, 352, 357 Waffen  21, 24, 27, 29, 52–53, 56, 63, 67, 71, 74–75, 111–112, 115, 126– 127, 158, 162, 185–187, 190–191, 194–196, 198, 202–203, 208, 220, 230, 236, 240–242, 254–255, 271, 284, 295–296, 298, 301– 304, 308, 311, 321, 323–325, 327–331, 339, 342, 351 Waffensystem  38, 178, 182, 184, 186, 190, 295–296, 307, 310, 315,

321–322, 324, 326, 328, 333–334, 340, 343, 353 Zivilbevölkerung  46–47, 49–52, 54, 57, 65–66, 68–70, 106, 108 Zivile Objekte  66, 79, 105–106, 108, 110, 120–121, 123–128, 130–131, 139–140, 143–144, 146, 148, 150–151, 154–155, 157–158, 160–163, 171, 173, 202–203, 221, 226–228, 230–232, 236, 239, 246–247, 267, 309, 311, 315, 321, 323–324, 337, 349, 359–360 Zivile Opfer  22–24, 40–41, 43–48, 52–53, 55–59, 138, 151, 163, 236–237, 239–240, 311, 347, 357–359 Zweifelsvermutung  123–125, 202, 227, 252, 337, 350