Zeitschrift für Psychologie: Band 191, Heft 4 1983 [Reprint 2021 ed.]
 9783112469866, 9783112469859

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ISSN 0044-3409 . Z. Psychol. • Leipzig • 191 (1983) 3 • S. 2 3 3 - 3 4 0

ZEITSCHRIFT FÜR

PSYCHOLOGIE mit Zeitschrift für angewandte Psychologie

Schriftleitung Friedhart Klix, Berlin • Hans-Dieter Schmidt, Berlin • Hubert Sydow, Berlin Redaktion:

Jürgen Mehl, Berlin • Friedrich Kukla, Berlin

Unter Mitwirkung

von

N. Bischof, Zürich G. Clauß, Leipzig D. Dörner, Bamberg H. Düker, Marburg H . - J . Eysenck, London P. Fraisse, Paris W. Hacker, Dresden J . Helm, Berlin H. Hiebsch, Jena A. Kossakow ski, Berlin

E V P 12,50 M je Heft

D. Koväc, Bratislava B. F. Lomow, Moskau D. Magnusson, Stockholm H. D. Rösler, Rostock W. P. Sintschenko, Moskau W. Straub, Dresden M. Vorwerg, Leipzig D. Wendt, Hamburg M. Wertheimer, Boulder

JOHANN

AMBROSIUS

BARTH

LEIPZIG

INHALT 341 LOMOW, B. F. (Moskau. Aktuelle Probleme der Psychologie KXJX, F. (Berlin). Begabungsforschung — ein neuer Weg in der kognitiven Intelligenzdiagnostik? Mit 18 Abbildungen 360 TOBACH, ETHEL (New York). The Relationship Between Preyer's Concept of Psychogenesis and his Views of Darwin's Theory of Evolution

388

VORWEEG, M., und TRATJDL A LB ERG (Leipzig). Die Subjektfunktion der Persönlichkeit als psychologisches Problem der Widerspieglungstätigkeit

396

REIMAKN, B. (Berlin). Kurzzeitige Speicherung und Strategien der Objekterkennung in Klassifizierungsprozessen bei hörgeschädigten Kindern

409

BRAUCHLI, B. (Bern). Clusteranalyse: E n t d e c k u n g nicht-sphärischer und ungleich großer Cluster durch k-means m i t dem Varianzkriterium. Mit 5 Abbildungen

419

ZIMMERMANN, W. (Bernau). Zur Problematik einer real handlungsbezogenen, prozeßorientierten Experimentaldiagnostik prosozial-kooperativer Verhaltenskompetenz im frühen Schulalter

432

Buchbesprechungen

441

Register zu Band 191/1983 erscheint 1984.

Manuskripte für Originalabhandlungen und Buchbesprechungen werden an Dr. J. Mehl, Sektion Psychologie der Humboldt-Universität, DDR-1020 Berlin, Oranienburger Str. 18 erbeten. F ü r diese Zeitschrift werden grundsätzlich nur Arbeiten a n g e n o m m e n , die vorher weder im I n l a n d noch im Ausland veröffentlicht worden sind. Mit der A n n a h m e des Manuskriptes u n d seiner Veröffentlichung geht das alleinige Recht der Vervielfältigung, Verbreitung und Übersetzung auf den Verlag über. Von Originalarbeiten liefert der V e r l a g an Stelle eines Honorars 50 Sonderdrucke. Buchbesprechungen werden nicht v e r g ü t e t , d a f ü r wird das Besprechungsexemplar Eigentum des Referenten. Beachten Sie bitte die Hinweise für die Manuskriptgestaltung! Der Bezugspreis b e t r ä g t f ü r den B a n d mit 4 H e f t e n 50, — M zuzüglich Postgebühren..AusZiZ7jiispre!sesind den Zeitschriftenkatalogen des Außenh a n d e l s b e t r i e b e s B u c h e x p o r t zu e n t n e h m e n . Bestellungen n e h m e n e n t g e g e n : In der D D R der P o s t z e i t u n g s v e r t r i e b u n d der Verlag J o h a n n Ambrosius B a r t h . I n den sozialistischen L ä n d e r n der z u s t ä n d i g e P o s t z e i t u n g s v e r t r i e b . In der B R D / B e r l i n (West) die F i r m a Z e i t u n g s v e r t r i e b Gebr. P e t e r m a n n , K u r f ü r s t e n s t r . 111 D - 1 0 0 0 Berlin (West) 30 und der örtliche B u c h - u n d Z e i t s c h r i f t e n h a n d e l . I n allen a n d e r e n Staaten der örtliche Buch- und Zeitschriftenhandel. Bestellungen des B u c h - u n d Zeitschriftenhandels sind zu r i c h t e n a n B u c h e x p o r t Volkseigener A u ß e n h a n d e l s b e t r i e b der D D R , D D R - 7 0 1 0 Leipzig, L e n i n s t r . 16, P o s t f a c h 160. Die Lieferung erfolgt regelmäßig bis zur Abbestellung, die f ü r das E n d e des Q u a r t a l s erfolgen 1 muß, so d a ß sie zu d e m gewünschten Termin noch b e r ü c k sichtigt w e r d e n k a n n . Die v e r g r i f f e n e n B ä n d e 1 (1890) bis' 176 (1969) der Zeitschrift sind n a c h g e d r u c k t w o r d e n und lieferbar b e i : Sweets & Zeitlinger B. V. Backsets D e p a r t m e n t Heereweg 3 4 7 - b , P. 0 . B o x 810, 2160 SZ Lisse-Holland Adresse des Verlages: J o h a n n Ambrosius B a r t h , D D R - 7 0 1 0 Leipzig, Salomonstr. 18 b, P o s t f a c h 109, Ruf 70131. .Anzeigen w e r d e n e r b e t e n f ü r I n l a n d a n : ' V E B F a c h b u c h v e r l a g , D D R - 7 0 1 0 Leipzig, Richard-Wagn e r - S t r . 6; f ü r Ausland a n : I n t e r w e r b u n g GmbH—Gesellschaft f ü r W e r b u n g und Auslandsmessen der D D R , D D R - 1 1 5 7 Berlin-Karlshorst, Herrtiann-Duncker-Str. 89, Ruf 5 0 9 0 9 8 1 . F ü r die Anzeigenpreise gelten die Festlegungen gemäß Prfeiskätalog Nr. 286/1 v o m 1.7.1975

Z E I T S C H R I F T FÜR

PSYCHOLOGIE

Band 191,1983

Helt 4

mit Zeitschrift für angewandte Psychologie

Band 95

A u s d e m I n s t i t u t für Psychologie der A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n der U d S S R

Aktuelle Probleme der Psychologie 1 Von B! F.

LOMOW

Innerhalb der modernen Wissenschaften kommt denjenigen Forschungsgebieten immer größere Bedeutung zu, deren Untersuchungsgegenstand der Mensch ist. Im Zusammenhang damit wächst vor allem die Bedeutung der Psychologie als führende Disziplin unter den Wissenschäften über den Menschen. Ihre Entwicklungsbedingungen haben sich in den letzten Jahrzehnten entscheidend verändert. Zum ersten schaltet sich die Psychologie immer aktiver in die Lösung gesellschaftlich relevanter Aufgaben ein. In immer mehr Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, entsteht das Bedürfnis nach Wissen und Methoden der Psychologie. Das betrifft sowohl Industrie, Landwirtschaft, Verkehrswesen, Post- und Fernmeldewesen als auch das volkswirtschaftliche Leistungssystem, Handel und Dienstleistungen, Körperkultur und Sport, Kunst und Kultur, die ideologische Arbeit — kurzum alle Gebiete des gesellschaftlichen Lebens, in denen es um die Arbeit für und mit dem Menschen geht. Der Kreis der praktischen Aufgaben, mit denen die Psychologie konfrontiert wird, erweitert sich ständig. Entscheidender ist aber, daß sich die Q u a l i t ä t dieser Aufgaben verändert. Das kommt darin 'zum Ausdruck, daß die gesellschaftliche Praxis vor die Psychologie Aufgaben unterschiedlichster Größenordnung stellt — angefangen von Aufgaben globalen Umfangs (z. B . Naturschutz, Urbarmachung neuer Gebiete, Nutzung des Kosmos zu friedlichen Zwecken) bis hin zu speziellen Aufgaben (z. B . Erarbeitung neuer Ausbildungsmethoden für Operateure, Bewertung von Wahrnehmungsgenauigkeit und -geschwindigkeit an Armaturen verschiedener Geräte). Die Aufgaben werden ihrem Charakter nach also immer vielfältiger: für die Lösung einiger von ihnen werden Daten über diesen oder jenen psychischen Prozeß verlangt, die Lösung anderer erfordert Wissen über die Gesetzmäßigkeiten der Persönlichkeitsentwicklung, und eine dritte bedingt Kenntnisse über die Entwicklungsdynamik der gemeinsamen Tätigkeit in Kollektiven usw. Die aktive Einbeziehung der psychologischen Wissenschaften in die gesellschaftliche Praxis erfordert das Überdenken ihrer Problematik, der weiteren Theorieentwicklung (sowohl der allgemeinen als auch der speziellen) und der Untersuchungsmethoden. Zweitens verwandelt sich die Psychologie in ein überaus verzweigtes S y s t e m spezieller 'Wissenschaftsdisziplinen und -richtungen; sie befindet sich im Prozeß der extensiven 1

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Übersetzt von Frau Dipli-Psych. ANTJE Z. Psychologie 191-4

PLAGEMANN.

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Differenzierung. Schon jetzt umfaßt dieses System einige Dutzend spezieller Disziplinen und Richtungen. Gleichzeitig ist ein Integrationsprozeß spezieller Teildisziplinen zu beobachten, in dessen Verlauf sich neue wissenschaftliche Komplexe herausbilden. Differenzierung und Integration — das sind zwei nicht voneinander zu trennende Seiten des gesetzmäßigen Entwicklungsprozesses jeder Wissenschaftsdisziplin, Zeugen ihres Fortschritts. 2 Dank der Differenzierung innerhalb der Psychologie werden ständig neue Seiten der Psyche herausgegliedert, und ihre Phänomene zeigen sich uns in ihrer Mannigfaltigkeit und ihrer qualitativen Vielseitigkeit. Das analytische Bild der Psyche wird bereichert. Drittens erweitern und vertiefen sich die Verbindungen der Psychologie mit anderen Wissenschaften, denn die Probleme, zu deren Lösung psychologische Untersuchungen notwendig sind, entstehen in Gesellschafts-, Natur- und teilweise auch in Technischen Wissenschaften. Die Entwicklung der Psychologie erweist sich demnach auch als ein wichtiges Entwicklungsmoment der Wissenschaften insgesamt. Gleichzeitig baut die Psychologie selbst auf den Errungenschaften anderer Wissenschaften auf, was eine wesentliche Bedingung ihrer eigenen Entwicklung ist. Die Notwendigkeit der Verbindung der Psychologie mit anderen Wissenschaften entsteht aus dem Wesen der von ihr untersuchten Erscheinungen. E s ist kaum möglich, ernsthafte Fortschritte bei der Untersuchung psychischer Prozesse als Funktion des Gehirns zu erwarten, ohne die Gesamtheit der Kenntnisse auszunutzen, die bereits von anderen Wissenschaften über dasGehirn gesammelt wurden. Es ist ebenso unmöglich, psychologische Eigenschaften der Persönlichkeit und ihres Sozialverhaltens erforschen zu wollen, ohne das Wissen über die objektiven Gesetze sozialer Prozesse anzuwenden. Die bedeutende Rolle der Psychologie im System der modernen Wissenschaften besteht darin, daß sie das integrierende Moment all der Gebiete ist, die den Menschen untersuchen. Die hervorgehobenen Aspekte charakterisieren die Situation, in welcher sich die moderne Psychologie entwickelt und welche man natürlich unbedingt bei der Festlegung ihrer aktuellen Aufgaben berücksichtigen muß. Unter den Bedingungen der mehr angewandten Tendenz in der Psychologie, ihrer extensiven Differenzierung und der Erweiterung ihrer Verbindungen mit anderen Wissenschaften wird das Bedürfnis der Weiterentwicklung einer allgemeinen Theorie der Psychologie, der Ausarbeitung ihrer philosophisch-methodologischen Probleme ganz besonders aktuell. Die Analyse der Geschichte und des jetzigen Zustandes der Psychologie beweisen, wie richtig für ihren weiteren Fortschritt die konsequente Realisierung der Prinzipien der materialistischen Dialektik, des dialektischen und historischen Materialismus ist. In dieser Richtung wurde bei uns, den Psychologen der sozialistischen Länder, schon viel getan. Aber das Leben stellt neue Aufgaben, die Wissenschaft entwickelt sich, und es entsteht die Notwendigkeit, sich immer wieder von neuem den methodologischphilosophischen Grundlagen der Psychologie zuzuwenden. 2 Der Differenzierungsprozeß innerhalb der Psychologie ist natürlich noch nicht beendet. Die Zukunft wird zeigen, welche der immer wieder neu entstehenden psychologischen Spezialisierungsrichtungen tatsächlich notwendigermaßen ins Leben gerufen wurden und welche nur als Antwort auf momentane Erfordernisse entstanden (und deshalb mit der Zeit in andere Richtungen eingehen oder „aussterben").

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Die Weiterentwicklung ihres philosophischen Fundamentes erfordert eine vollständigere und gründlichere Aneignung des Kategoriensystems der materialistischen Dialektik und dessen schöpferische Anwendung bei der Ausarbeitung der psychologischen Theorie. E s ist wichtig zu unterstreichen, daß hier von einem Kategoriensystem die Rede ist. Man muß feststellen, daß man mitunter mit Versuchen in Berührung kommt, auf der Grundlage irgend einer einzelnen Kategorie eine allgemeine Theorie der Psychologie aufzubauen. Natürlich zeichnet sich jede Kategorie durch ihre Allgemeinheit, aus. Aber gleichzeitig sollte man nicht vergessen, daß jede einzeln genommene Kategorie es gestattet, nur eine ganz bestimmte Seite der Wirklichkeit aufzudecken. Währenddessen soll jedes Untersuchungsobjekt „als reiche Gesamtheit mit seinen vielfältigen Attributen und Beziehungen "(KARL MARX) „und in der Gesamtheit seiner vielzähligen Beziehungen" (W. L. LENIN) erschlossen werden. „Die Kategorien" — bemerkte LENIN (1976) — „sind Stufen des Heraushebens, d. h. der Erkenntnis der Welt, Knotenpunkte in dem Netz, die helfen, es zu erkennen und es sich zu eigen-zu machen." Dieses Netz untersuchend, müssen wir unweigerlich das System der Knotenpunkte, also das Kategoriensystem, aufdecken. Natürlich ist es bei speziellen Untersuchungen zulässig, die eine oder andere Kategorie in den Mittelpunkt zu stellen und einzeln zu betrachten. Aber man darf niemals vergessen, daß diese oder jene Seiten der Wirklichkeit „nur selbständig und einzeln zu sein scheinen" (LENIN).

Die Wechselbeziehungen zwischen den Kategorien aufdeckend, ist es wichtig, im Auge -zu behalten, daß diese Wechselbeziehungen nicht absolut sind und bezüglich der Analyse verschiedener Objékte verschiedenartig auftreten. Die Erfolge in der Ausarbeitung methodologischer Probleme der Psychologie und ihrer allgemeinen Theorie hängen davon ab, inwieweit sie es versteht, das gesamte Kategoriensystem der materialistischen Dialektik auszunutzen.^ Im Institut für Psychologie der Akademie der Wissenschaften der U d S S R werden jetzt Arbeiten durchgeführt, die auf die Aufdeckung des Kategoriensystems der materialistischen Dialektik und die Spezifik seiner Anwendung auf Probleme der Psychologie gerichtet sind. Untersucht werden' solche Kategorien wie: Entwicklung, Widerspruch, Unbeständigkeit und Beständigkeit der Entwicklung, Inhalt und Form, Q u a l i t ä t und Quantität, Widerspiegelung, Tätigkeit, Kommunikation (obschenije), gesellschaftliche Beziehungen, Persönlichkeit u. a. Wir denken, daß es zweckmäßig wäre, diese Arbeit zur allgemeinen Aufgabe für marxistische Psychologen zu machen. Das gleiche kann man auch über die Prinzipien der Psychologie sagen. In der sowjetischen und der marxistischen Psychologie überhaupt sind eine Reihe grundlegender Prinzipien formuliert worden. Allerdings weiden sie mitunter leider isoliert voneinander betrachtet. Wir stellen uns vor, daß es jetzt sehr wichtig wäre, die Wechselbeziehungen zwischen diesen Prinzipien zu untersuchen (und festzustellen) und diese in Form eines einheitlicheii Systems darzustellen, welches erlauben würde, sowohl die Wirkungssphäre jedes Prinzips zu umschreiben als auch seine Einschränkungen, die Bedingungen des Übergangs von eine'm Prinzip zum anderen usw. 23*

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Die Aufgabe der Systematisierung bezieht sich auch auf die Gesetze, die in den psychologischen Untersuchungen aufgedeckt wurden. Gesetze wurden in der Psychologie schon eine ganze Reihe formuliert. Aber es wurde noch fast keine Arbeit durchgeführt, die es erlauben würde, den Wirkungsbereich und die Wirkungsbedingungen dieser oder jener Gesetze aufzudecken und, was besonders wichtig ist, die Wechselbeziehungen zwischen ihnen. Auf den Seiten des unlängst geschaffenen „Psychologischen Journals" der Akademie -der Wissenschaften der U d S S R begann jetzt eine Diskussion zu Problemen des Gesetzes in der Psychologie. Sie wir debenfalls in den Zeitschriften „Psychologische Forschungen" (Akademie der Wissenschaften der U d S S R ) und „Psychologie" (VR Bulgarien) geführt. I^atürlich sind diese Zeitschriften daran interessiert, daß sich an dieser Diskussion Psychologen verschiedener, vor allem natürlich sozialistischer Länder beteiligen. Die Fragen, die soeben angesprochen wurden, gehören zum philosophisch-methodologischen Fundament der Psychologie. Auf diesem Fundament bauen sich sowohl die allgemeine Theorie der Psychologie (oder die Theorie der Allgemeinen Psychologie) als auch spezielle Theorien (zu verschiedenen Gebieten und einzelnen Problemen der Psychologie gehörende) auf. Man muß feststellen, daß in der marxistischen Psychologie eine ganze Reihe konkrter psychologischer Theorien sowohl allgemeiner als auch spezieller Art ausgearbeitet worden sind. Das sind z. B. solche, wie die psychologische Theorie der Tätigkeit (LEONTJEW, 1979),

die Theorie

der sensorisch-perzeptiven Organisation

des

Menschen

(ANANJEW,

die Theorie der Beziehungen ( M A J A S I T S C H E W , 1 9 6 0 ) , Die Einstellungstheorie, die Theorie von der Entwicklung der höheren psychischen Funktionen (WYGOTSKI, 1960), der mnemischen Funktionen (SCHADRIKOW, im Druck) und viele andere Theorien und Konzeptionen, welche von der älteren Generation der marxistischen Psychologen erarbeitet worden sind. Die theoretische Arbeit wird auch jetzt weitergeführt. Sehr perspektivreich erscheinen mir dabei die Theorie von der Entstehung und Entwicklung des Denkens, die von F. K L I X ( 1 9 8 2 ) vorgelegt wurde, die Theorie der interfunktionelen Regulation von D. K O V A C ( 1 9 7 5 ) , die Handlungsregulationstheorie von W. H A C K E R ( 1 9 8 0 ) , die Theorie der Systemgenese der Tätigkeit W. D. SCHADREKOWS und eine ganze Reihe anderer, die ich gar nicht versuchen will auch nur aufzuzählen. Hervorzuheben ist dabei, daß die erarbeiteten psychologischen Theorien verschiedene Aspekte der untersuchten Realität erfassen, verschiedene Seiten dieser Realität beleuchten, sie unterscheiden sich sowohl durch den Maßstab des untersuchten Kreises von Erscheinungen als auch durch ihr Verallgemeinerungs- und Abstraktionsniveau. Diese längst nicht vollständige Aufzählung der Theorien, theoretischen Schemata und Konzeptionen wurde hier nur deshalb ausgeführt, um zu zeigen, daß man sich die Theorie der Psychologie nicht als „ebenes Bild" vorstellen darf. Das „theoretische Gebäude" der Psychologie ist ein komplizierter Bau, der eine Reihe von „ E t a g e n " oder Verallgemeinerungs- und Abstraktionsebenen beinhaltet. Hierbei ist es möglich, verschiedene, logisch miteinander verknüpfte Ebenen psychologischer Untersuchungen herauszugliedern: — die Analyse psychischer Erscheinungen im System „Mensch — Gesellschaft", 1977),

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— die Untersuchung des Verhaltens des Individuums (der Persönlichkeit) seiner Tätigkeit, seiner Kommunikation (obschenije) mit anderen Menschen und seiner Teilnahme an der gemeinsamen Tätigkeit als eine detailliertere Analyse im Vergleich zur ersten Ebene; — die Erforschung psychischer Prozesse und Zustände; — Die Untersuchung der neurophysiologischen Grundlagen psychischer Erscheinungen. Natürlich sind die herausgegliederten Ebenen relativ. Eine strenge Disjunktion ist hier nicht möglich. Sie überdecken einander. Die Ausarbeitung vieler Probleme (z. B. des biologischen und sozialen in der psychischen Entwicklung des Menschen) erfordert die Vereinigung vieler Ebenen. Aber trotzdem glauben wir, daß die Vorstellung von Untersuchungsebenen es ermöglicht, die zukünftigen Forschungs- und Untersuchungsrichtungen in einem gewissen System zu veranschaulichen. Wenn wir über die erste Ebene sprechen, sozusagen über die Makroebene (für die Psychologie), dann meinen wir damit die Untersuchung des Lebens von Individuen und Menschengemeinschaften im System der gesellschaftlichen Beziehungen und der psychischen Erscheinungen, welche sich im Bewegungsprozeß des Menschen in diesem System herausbilden, formieren und entwickeln. Untersuchungsgrundlage dieser Ebene ist die marxistische Lehre von der Gesellschaft. M A R X hob bei der Analyse der Gesellschaft hervor, daß diese nicht einfach aus Individuen besteht, nicht ihre einfache Summe ist. Die Gesellschaft erwächst aus den Bindungen und Beziehungen, welche die Individuen miteinander eingehen. „Was ist die Gesellschaft, welches immer auch ihre Form sei? Das Produkt des wechselseitigen Handelns der Menschen. Steht es den Menschen frei, diese oder jene Gesellschaftsform zu wählen? Keineswegs. Setzen Sie einen bestimmten Entwicklungsstand der Produktivkräfte der Menschen voraus, und Sie erhalten eine bestimmte Form des Verkehrs (commerce) und der Konsumtion. Setzen Sie bestimmte Stufen der Entwicklung der Produktion, des Verkehrs und der Konsumtion voraus, und Sie erhalten eine entsprechende soziale Ordnung, eine entsprechende Organisation der Familie, der Stände oder der Klassen, mit einem Wort, eine entsprechende Gesellschaft (société civile). Setzen Sie eine solche Gesellschaft voraus, und Sie erhalten eine entsprechende politische Ordnung (état politique), die nur der offizielle Ausdruck der Gesellschaft ist." — Und weiter — „. . ., daß die Menschen, die entsprechend ihrer materiellen Produktivität (productivité matérielle) die gesellschaftlichen Beziehungen produzieren, auch die Ideen, die Kategorien, d. h. den abstrakten, ideellen Ausdruck eben dieser gesellschaftlichen Beziehungen produzieren." Soweit die kurze, aber sehr prägnante Charakteristik der Gesellschaftsstruktur, die M A R X (1976) gegeben hat. Die Gesellschaft entwickelt sich nach ihren eigenen objektiven Gesetzen. Aber die Gesellschaft ist nicht irgend etwas Äußerliches, in bezug zu den Menschen. Sie ist ein Produkt des Zusammenwirkens von Menschen, die über bestimmte — und in diesem Zusammenhang — auch psychologische Eigenschaften verfügen, welche sich im Laufe ihres Lebens in der Gesellschaft und im Entwicklungsprozeß der Gesellschaft an sich herausbilden und entwickeln. Aus diesem Grund gelangt die Untersuchung der Gesellschaft, wird sie nun von der Geschichte, der Ökonomie, der Soziologie oder von beliebigen anderen Gesellschaftswissenschaften durchgeführt, so oder so in den Bereich der psychologischen Probleme.

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Wie der Marxismus lehrt, ist der Mensch die Hauptproduktivkraft der Gesellschaft. Damit ist „die Gesamtheit der physischen und geistigen Fähigkeiten" gemeint, „über die ein Organismus, eine lebendige Persönlichkeit verfügt, und welche sie jedesmal, wenn sie Gebrauchswerte schafft, in Bewegung versetzt" (MARX). In diesem Zusammenhang entsteht das psychologische Problem der menschlichen Fähigkeit: sowohl der allgemeinen, als auch der speziellen. In der Psychologie sind nicht wenige Daten angehäuft, die die Struktur und die Entwicklungsgesetzmäßigkeiten einiger Fähigkeitsarten aufdecken. Aber über ein in sich geschlossenes Bild des gesamten Spektrums menschlicher Fähigkeiten und der Besonderheiten ihrer Entwicklung unter den verschiedenen sozialen Bedingungen verfügen wir bis jetzt noch nicht. Die Psychologie verfügt ebenfalls noch nicht über zuverlässige Methoden zur Bestimmung und Bewertung der Fähigkeiten und ihrer ganz spezifischen Zusammensetzung bei einem bestimmten Menschen. Unzureichende Aufmerksamkeit schenkt man auch der Erarbeitung praktischer Empfehlungen, die auf eine solche Organisation von Ausbildung und Erziehung gerichtet sind, die eine allseitige Entwicklung der Fähigkeiten bei jedem einzelnen ermöglichen würde. Die Entwicklung der Fähigkeiten wird in der Psychologie anhand der individuellen Tätigkeit untersucht. Dieser Ansatz ist natürlich berechtigt und erbringt wertvolle Resultate. Aber die individuelle Tätigkeit ist letztendlich ein „Abkömmling" der gemeinsamen Tätigkeit. Darum müßte die Fähigkeitsentwicklung vor allem unter den Bedingungen gemeinsamer Tätigkeit untersucht werden. Das würde die Bestimmung der Wertigkeit solcher Faktoren wie Nachahmung, Zusammenarbeir, Wettstreit und anderer ermöglichen. Es ist anzunehmen, daß die Untersuchung der Fähigkeiten unter den Bedingungen der gemeinsamen Tätigkeit sehr viel Neues über ihren Entwicklungsprozeß offenbaren könnte. Leider existieren derartige Untersuchungen bei uns noch nicht. Ein anderer Aspekt des Fähigkeitsproblems hängt zusammen mit der Rolle der Wechselbeziehung von Angeborenem und Erworbenem bei ihrer Entwicklung. Die Notwendigkeit, zu diesem „ewigen" Problem erneut zurückzukehren, entsteht ^in Zusammenhang mit den Errungenschaften auf dem Gebiet der Genetik, der Physiologie und der Biologie des Menschen insgesamt. Das, was uns über die Fähigkeiten schon bekannt ist, muß neu überdacht werden und gleichzeitig muß eine' Reihe neuer Untersuchungen organisiert werden — und zwar müssen das Komplexuntersuchungen sein, die neben der Psychologie auch die Biologie und die Soziologie einschließen. Natürlich erschöpft sich die Untersuchung des Menschen als gesellschaftliche Hauptproduktivkraft nicht mit dem Fähigkeitsproblem. Hier entsteht noch eine ganze Reihe von Problemen, insbesondere das der Motivation — vor allem der Motivation zur Arbeit — welches bei uns zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls unzureichend untersucht ist. Hierzu gehören alle die Probleme, welche auf der einen oder anderen Art in Zusammenhang stehen mit der Aufgabe der Vorbereitung des Menschen auf die Arbeit, der Ausbildung, der Auswahl und Vorbereitung von Kadern für die Bedürfnisse der verschiedenen Volkswirtschaftszweige. Es ist in diesem Zusammenhang ganz besonders notwendig, die Praxisrelevanz dieser

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Probleme zu unterstreichen, denn die Aufgabe der verstärkten und rationellen Ausnutzung der Arbeitskraftreserven ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von größter Bedeutung. An ihrer Lösung kann und muß die Psychologie aktiven Anteil nehmen. Entsprechend der marxistischen Theorie stellen die ökonomischen Verhältnisse die Baáis der Gesellschaft dar. Dies sind die Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln, die Verhältnisse, die in den Produktions-, Zirkulations- und Konsumtionsprozessen zwischen den Menschen entstehen. Natürlich werden diese Verhältnisse in erster Linie von den ökonomischen Wissenschaften untersucht, aber sie besitzen auch einen stark psychologischen Aspekt. Die realen ökonomischen Verhältnisse, die objektiv in einer konkreten Gesellschaft auf der gegebenen , Stufe ihrer geschichtlichen Entwicklung entstehen, widerspiegeln sich auf die eine oder andere Art in den Köpfen konkreter Menschen, und auf dieser Grundlage entstehen deren subjektive, persönliche Beziehungen, die ihrerseits wiederum auf ganz bestimmte Weise Stärke und Form der Aktivitätsentwicklung jedes konkreten Menschen, jedes Individuums und jedes Kollektivs (Gruppe) beeinflussen. Die Produktionsverhältnisse stellen nicht irgendeine abstrakte, die Menschen nicht berührende Kraft dar. Sie existieren in der festgelegten Form des Produktionsprozesses, in den Prinzipien der Normierung und Entlohnung der Arbeit, im Wechsel von Arbeit und Erholung usw. Der sozialistischen Gesellschaft liegt das Prinzip des Kollektivismus bei der Organisation der Produktionstätigkeit zugrunde. Aber wie spiegelt sich das im öffentlichen Bewußtsein wider? Wie formiert sich die Psychologie des Kollektivismus? Diese Fragen sind geradewegs an die Psychologie adressiert Das Problem des Kollektivs ist schon lange eines der grundlegenden. Hier existieren schon gewisse Errungenschaften. Aber das Leben stellt uns immer wieder neue Aufgaben, da die kollektiven Arbeitsformen nicht erstarren, sondern sich entwickeln. Die Psychologie hat die Aufgabe, aufmerksam zu verfolgen, wie sich die sozialistischen Produktionsverhältnisse in ihrer konkreten Form entwickeln und wie sich diese Entwicklung im öffentlichen Bewußtsein widerspiegelt. Ein verhältnismäßig neues Gebiet für die Psychologie ist die Leitung der Produktionsprozesse — die Psychologie der Leitungstätigkeit oder die Organisationspsychologie. Ohne speziell auf die in diesem Bereich entstehenden Probleme einzugehen, will ich nur hervorheben — Leitungstätigkeit heißt in erster Linie Umgang mit dem Menschen. Darum erfordert die Verbesserung des Leitungssystems, des volkswirtschaftlichen Mechanismus (zusammen mit anderen Wissenschaften) unweigerlich auch die Mitarbeit jier Psychologie. Hier ergibt sich für den Psychologen ein gewaltiges Tätigkeitsfeld. Wenn wir die psychologischen Probleme betrachten, die im Laufe der Entwicklung der ökonomischen Verhältnisse entstehen, ist festzustellen, daß die Produktion untrennbar mit Zirkulation und Konsumtion verbunden ist. Sie bilden eine dialektische Einheit^ die von M a b x erkannt wurde. Wenn die Sphäre der Produktion (obwohl unzureichend) doch von den Psychologen schon untersucht wurde, so blieben Zirkulation und Konsumtion sehr lange außerhalb der psychologischen Betrachtung. Erst in den letzten Jahren erregten sie die Aufmerk-

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samkeit der Psychologen. Die Untersuchung dieser Gebiete darf sich aber nicht nur auf ökonomische, technologische, organisatorische und warenkundliche Probleme beschränken. Auch hier wird mit dem Menschen gearbeitet, und deshalb muß die Psychologie auch hier ansetzen. Die wichtigsten Probleme liegen hier auf den Gebieten des Angebotes und der Bedürfnisse. Natürlich verlangt ihre Ausarbeitung die gemeinsamen Anstrengungen vieler Wissenschaften, vor allem aber die der Ökonomie, der Soziologie und der Psychologie. Ökonomie und Soziologie untersuchen die Makroprozesse. Aber bekanntlich variieren die Bedürfnisse von einer Gruppe zur anderen, von Individuum zu Individuum und von einem Tag zum anderen bei ein und demselben Menschen. Hier entsteht die Notwendigkeit der Untersuchung von Mikroprozessen der Bedürfnisentwicklung, welche sich im Aufmerksamkeitsfeld der Psychologie befindet. Wie entwickeln sich die Bedürfnisse eines Menschen? Was determiniert ihre speziell-individuelle Zusammensetzung? Welche Erscheinungsformen nehmen sie im täglich Leben an? Wie bilden sich realistische Bedürfnisse und wie entstehen ihre entstellten Formen? Diese und viele andere Fragen bilden ebenfalls einen Gegenstand der psychologischen Forschung. Die Einbeziehung psychologischer Faktoren bei der Organisation der Dienstleistungssphäre ist nur die eine Seite. Die andere besteht darin, daß die Dienstleistungssphäre selbst die Entwicklung der Bedürfnisse, Interessen und Geschmacksrichtungen der Menschen beeinflußt, sie determiniert. Die wichtigste Funktion dieser Sphäre ist die erzieherische (im weitesten Sinne). Wir konnten natürlich nur einige und längst nicht alle Probleme anschneiden, die die Entwicklung der ökonomonischen Verhältnisse — die gesellschaftliche Basis — betreffen. Eine nicht geringere Anzahl von Problemen entsteht, wenn wir uns anderen Formen der gesellschaftlichen Beziehungen zuwenden. Wir erinnern daran, daß nach M A K X die Entwicklung der ökonomischen Verhältnisse die Gesellschaft, die Familienform, die Schichten, Klassen und alle anderen Menschengruppen determiniert. Ihr offizieller Ausdruck ist die konkrete Gesellschaftsordnung. In der Psychologie (besonders in der Sozialpsychologie) werden verschiedene Gemeinschaften untersucht, aber vor allem die sog. kleinen oder Kontaktgruppen. Das sind notwendige und nützliche Untersuchungen. Aber die Psychologie sollte auch bei der Erforschung solch großer Menschengruppen, wie sie Klassen, Nationen und Völker vorstellen, nicht am Rande stehen. Wir sprechen von der Psychologie der Klassen, der Nationen oder der Völker — aber welchen streng wissenschaftlichen Inhalt besitzen diese Begriffe? Inwieweit ist die Realität, die in diesen Begriffen fixiert ist, untersucht? Die Klassiker des Marxismus-Leninismus widmeten diesen Fragen große Aufmerksamkeit. L E N I N (1959) unterstrich, daß es bei der Lösung der historischen Aufgabe des Aufbaus der sozialistischen Gesellschaft notwendig ist, „die Eigenart und besondere Mentalität einer jeden Schicht, eines jeden Berufs usw. innerhalb dieser Masse verstehen zu lernen." Der Aufbau der klassenlosen Gesellschaft verlangt von der Psychologie die Analyse, wie sich unter diesen Bedingungen die sozialen Einstellungen der Menschen, ihre Motive und Orientierungen verändern.

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Der sich vollendende Prozeß der Überführung aller gesellschaftlichen Beziehungen auf die kollektive Basis, die innerlich dem Sozialismus eigen ist, öffnet vor der Psychologie einen breiten Problemkreis von großer theoretischer und praktischer Bedeutung. Wir müssen erkennen, wie sich die sozialistischen Gesellschaftsverhältnisse im individuellen Bewußtsein, dem Bewußtsein von Gruppen und in der gesellschaftlichen Psychologie widerspiegeln. Wie bilden sich die sozialpsychologischen Erscheinungen heraus, die für die sozialistische Gesellschaft charakteristisch sind? Eines der wichtigsten Probleme ist das der Wechselbeziehungen zwischen gesellschaftlichem, Gruppen- und individuellem Bewußtsein — der gesellschaftlichen Psychologie, der Psychologie von Gruppen und Individuen. Es ist noch nicht möglich zu sagen, daß hier Klarheit bestünde. Nicht weniger Bedeutung haben Probleme, der Entwicklung sozialistischer Nationen und der internationalistischen Erziehung. Diese Probleme haben neben ökonomischen, politischen und ideologisçhen Aspekten auch einen psychologischen. Wie entstehen und wie entwickeln sich das Nationalgefühl, die Mentalität im ganzen? Woher kommen nationalistische Auswüchse, die dem Sozialismus so fremden Erscheinungen des Chauvinismus und des Nationalismus? Diese Fragen wird man ohne spezielle psychologische Untersuchungen wohl kaum beantworten können. Die Untersuchung der Entwicklung von Nationalgefühl, Nationalbewußtsein unter sozialistischen Bedingungen, die Herausbildung internationalistischer Einstellungen und Beziehungen zwischen den Menschen sind Aufgaben von großer staatlicher Bedeutung. Unzureichende Aufmerksamkeit widmet man bei uns auch der' Aufarbeitung von Problemen, die die Familie betreffen. Erst in den letzten Jahren wurde die Familie zum Gegenstand psychologischer Forschung. Es ist verständlich, daß die Untersuchung verschiedener Menschengemeinschaften eine enge Zusammenarbeit der Psychologie mit der Soziologie, der Ethnographie und anderer Gesellschaftswissenschaften erforderlich macht. Kehren wir erneut zu der von M A R X (1976) gegebenen Analyse der Gesellschaftsstruktur zurück, entsprechend welcher „. . . die Menschen, die entsprechend ihrer materiellen Produktivität (productivité matériélle) die gesellschaftlichen Beziehungen produzieren, auch die Ideen, die Kategorien, d. h. den abstrakten, ideellen Ausdruck eben dieser gesellschaftlichen Beziehungen produzieren." Damit wenden wir uns den verschiedenen Formen des gesellschaftlichen Bewußtseins zu: der Ideologie, der Moral, der Ästhetik, dem Recht usw. Ohne die Gesamtheit der psychologischen Probleme betrachten zu wollen, die bei der Untersuchung aller Formen des gesellschaftlichen Bewußtseins entstehen — es würde zuviel Zeit in Anspruch nehmen — will ich nur die Verbindung von Psychologie und Ideologie eingehen. Das Problem des Menschen, und vor allem das des Wesens seiner Psyche, ebenso wie das der Verhaltensmechanismen sind nicht von rein akademischem Interesse, sondern fundamentale Probleme der modernen Wissenschaft. Diese Probleme sind ein Bereich der ideologischen Auseinandersetzung. Bei der Untersuchung und Erforschung des Menschen hat die Psychologie auch eine ideologische Funktion. Die Sache ist die, daß aus der einen oder anderen psychologischen Konzeption des Menschen ganz bestimmte ideologische (und politische) Schlüsse gezogen

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werden. So ist z. B. entsprechend dem behavioristischen Paradigma der Mensch ein passives Wesen, das nur dazu in der Lage ist, auf äußere Einwirkungen zu reagieren; das äußerste, zu dem er fähig ist, ist sich gut an die Umgebungsbedingungen anzupassen. In seiner logischen Entwicklung gelangte der Behaviorismus zur Verneinung solcher Begriffe wie Bewußsein, Freiheit und Moral und stempelte sie als offensichtlich illusorisch ab. Biologistische Konzeptionen vom Menschen behaupten, daß er von Natur aus aggressiv sei, und diese Aggresssivität sei es auch, die unweigerlich zu Kriegen führe. Der im Augenblick aktuelle Kognitivismus betrachtet das psychische Leben des Menschen, seine psychische Aktivität als etwas Grundlegenderes als seine materielle Tätigkeit und das reale Leben. Die extrem Icognitivistischen Richtungen trennen nicht nur die geistige Tätigkeit von ihrem, in der gesellschaftlich-historischen Praxis liegendem objektiven Fundament, sondern betrachten diese Tätigkeit als im Individuum selbst lokalisiert, als eine Art Schutz vor realen Handlungen (es ist besser, die Welt anders zu sehen als sie zu verändern). In den kapitalistischen Länderp werden die Erkenntnisse der Psychologie in breiter Form dazu genutzt, um neue Manipulationstechniken, Methoden des ideologischen und politischen Drucks zu erarbeiten. Das verabscheuungswürdigste Beispiel solch einer Benutzung der Psychologie ist die psychologische Kriegsführung. Unter derartigen Bedingungen wird die weitere Ausarbeitung der marxistisch-leninistischen Lehre vom Menschen als Ensemble seiner gesellschaftlichen Beziehungen, von seiner verändernden Tätigkeit, zur wissenschaftlichen Hauptaufgabe. Der marxistischen Psychologie kommt bei der Lösung dieser Aufgabe besondere Bedeutung zu. Die Ideologie und andere Formen- des gesellschaftlichen Bewußtseins treten in der psychischen Entwicklung des Individuums und vor allem in der Entwicklung der gesellschaftlichen Psychologie als determinierende Faktoren auf. Die hier entstehenden Fragen erfordern spezifische und unter anderen auch psychologische Untersuchungen. Über welche Mechanismen wirkt die Ideologie auf den Menschen? Wie werden ideologische Prinzipien und Ziele im Bewußtsein der Volksmassen verwirklicht? Wie verwandelt sich Wissen in Überzeugung? Die wissenschaftliche Ausarbeitung dieser Fragen ist für die Verbesserung der ideologischen Arbeit, für Propaganda und Agitation von außerordentlich großer Bedeutung-. Die Propagandawirksamkeit hängt wesentlich davon ab, inwieweit man bei ihrer Vorbereitung und Durchführung Gesetzmäßigkeiten psychischer Prozesse und Zustände, psychologische Besonderheiten verschiedener Menschengruppen in Betracht zieht. Besonders hervorzuheben ist die Bedeutung psychologischer Erkenntnisse für die Massenkommunikationsmittel — also für Kino, Radio, Fernsehen usw. Die richtige Nutzung dieser Mittel setzt die Untersuchung eines breiten Spektrums psychologischer Probleme voraus: angefangen von der individuellen Wahrnehmnung, bis hin zu sozialpsychologischen Erscheinungen mit Massencharakter. Beenden möchte ich diese kurze und längst nicht vollständige Problemdarstellung der ersten Untersuchungsebene mit der Bemerkung, daß diese Ebene die Gesamtheit der psychischen Erscheinungen uipfaßt, die im Verhalten des Einzelnen und von Gruppen im System der gesellschaftlichen Beziehungen auftreten.

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Es ist für die Psychologie notwendig zu verstehen, wie das System der gesellschaftlichen Beziehungen, in dem der Mensch lebt und handelt, in seiner Psyche widergespiegelt wird, wie sich soziale Einstellungeil, Motive, Interessen, subjektive und zwischenmenschliche Beziehungen usw. herausbilden und wie all das seinerseits das Niveau der sozialen Aktivität des Menschen bestimmt. Wenn diese Ebene für die Psychologie die „höchste" ist, so stellt sie gleichzeitig die „niedrigste" für Ökonomie, Soziologie und anderen Gesellschaftswissenschaften dar. Grundlegende Bedeutung hat für diese Ebene die Wechselbeziehung zwischen den Gesetzen der Gesellschaftsentwicklung und denen der psychologischen Entwicklung des Individuums und das Problem der sozialpsychologischen Besonderheiten verschiedener Menschengruppen. In der Psychologieges chichte existieren 1 unterschiedliche Interpretationen dieser Wechselbeziehungen. Eine von ihnen behauptet, daß die Entwicklungsgesetze des Individuums auf keinerlei Art mit den Entwicklungsgesetzen der GeSeilschaft in Verbindung stehen, daß sie sozusagen absolut sind. Dem sehr ähnlich ist die Behauptung, daß die Gesellschaft das stochastische Resultat des Zusammenwirkens von Individuen sei. Im Grunde genommen negiert diese Position die objektiven Entwicklungsgesetze der Gesellschaft (Psychologisierung des gesellschaftlichen Lebens). Eine andere Position behauptet, daß sich in den Entwicklungsgesetzen des Individuums lediglich die Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung in verdichteter Eorm wiederholen, daß die psychische Entwicklung lediglich ein „Konspekt" der Ges^llschaftsentwicklüng ist. Diese Position (man kann sie als soziologisierende bezeichnen) negiert also die Existenz spezifischer Gesetze der psychischen Entwicklung. Der Marxismus-Leninismus vertritt den Standpunkt, daß die psychische Entwicklung eines Individuums von relativ selbständigen objektiven Gesetzen determiniert wird, daß die Wirkung dieser Gesetze aber stets unter ganz bestimmten, konkret-historischen und sozialen Bedingungen erfolgt. Das ist allerdings nur eine sehr allgemeine Antwort auf die gestellte Frage. Die zweite Untersuchungsebene bezieht sich auf die Analyse menschlicher Verhaltensprozesse, seine, Kommunikation (obschenije) mit anderen Menschen, auf seine Persönlichkeitsentwicklung . E s wäre nicht richtig, wenn man sich die gesellschaftlichen Beziehungen als außerhalb des menschlichen Lebens existierend vorstellt, als irgendwelche äußeren Koordinaten, eine äußere Kraft, der sich der Mensch gezwungenermaßen unterordnen muß. L E N I N bemerkte, daß sich die gesellschaftlichen Beziehungen aus den konkreten Handlungen konkreter Persönlichkeiten herausbilden. Voranstellen möchten wir einige Bemerkungen bezüglich des Begriffs ^„Verhalten". Dieser Begriff ist faktisch in der sowjetischen Psychologie nicht mehr zu finden, er wird auf jeden Fall nur sehr selten benutzt und wenn, dann ist sein Inhalt äußerst verschwommen. Die Kritik des Behaviorismus führte dazu, daß man sich auch von dem Begriff des Verhaltens lossagte. Das ist der typische Fall, von dem man zu sagen pflegt, das Kind sei mit dem Bade ausgeschüttet worden. Ich denke, daß es an der Zeit ist, diesen umfassenden und konstruktiven Begriff zu rehabilitieren und ihn gleichzeitig von der einseitigen Auslegung, die er durch den Behaviorismus erfahren hat, zu befreien.

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Eines der zentralen Probleme der marxistischen Psychologie ist das der Tätigkeit. Mit den Arbeiten von A N A N J E W , B L O N S K I , W Y G O T S K I , S A P O R Ö S H E Z , K O R N I L O W , L E O N T J E W , LTJRIA, RTJBINSTEIN-, S M Í R N O W , T E P L O W u. v a. wurde der Ansatz begründet, demzufolge die objektive Erforschung der menschlichen Psyche die Analyse der sich real, sozialhistorisch entwickelnden Tätigkeit des Menschen verlangt. Es ist hier nicht notwendig, darüber zu sprechen, welche große Bedeutung die Anwendung der marxistischen Lehre von der Tätigkeit in der Psychologie hatte und haben wird. Die „Tätigkeit" ist zu einer grundlegenden Kategorie geworden und wird bei der Analyse und Erklärung psychischer Erscheinungen in großem Maße angewandt. Die Anwendung dieser Kategorie ermöglicht die Überwindung einer ganzen Reihe in der westlichen Psychologie verbreiteter Paradigmen: den Bahaviorismus, der versuchte, den ganzen Reichtum des menschlichen Lebens auf eine Summé elementarer Reaktionen auf äußere Reize zurückzuführen; die Psychoanalyse, die Instinkte zur Grundlage aller menschlichen Verhaltensformen machte; den Kognitivismus, der die psychischen Prozesse ohne Bezugnahme auf das reale Leben erforscht. Im Kategoriensystem der marxistischen Psychologie besitzt die Kategorie „Tätigkeit" unumstritten eine sehr wesentliche Bedeutung. Man muß allerdings feststellen, daß man sie häufig stark erweitert interpretiert. J e d e beliebige Form von Aktivität wird als Tätigkeit bezeichnet. Dabei ist die Tätigkeit eine gesellschaftlich-historische Kategorie, und ihr „Erklärungspotential" zeigt sich vor allem in Untersuchungen der Existenzweise des Menschen als gesellschaftlichem Wesen. In der marxistischen Psychologie existieren ein Reihe von Tätigkeitskonzeptionen, die einander sehr nahe stehen, sich aber trotzdem ein klein wenig in der grundlegenden Frage der Psychologie unterscheiden — in der Frage nach der Wechselwirkung von Tätigkeit und Psyche. Ohne mich in diese Frage zu vertiefen, möchte ich hervorheben, daß für die Lösung der Aufgaben, welche sowohl aus den Bedürfnissen der Theorieentwicklung als auch aus denen der Praxis entstehen, die Erarbeitung eines theoretischen Schemas (oder Modells) der Tätigkeit, ihrer Bestandteile und ihrer Dynamik von hervorragender Bedeutung ist. Wir können nicht behaupten, daß in dieser Richtung schon alles getan ist. Hier steht vor uns noch eine große Forschungsarbeit. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, auf die Notwendigkeit der weiteren Ausarbeitung von Analysenmethoden und Beschreibungsprinzipien konkreter Tätigkeitsarten hinzuweisen und ebenso auf die Erarbeitung einer ^exakten Klassifikation. Perspektivreich erweisen sich hier die Untersuchungen von W . H A C K E R ( 1 9 8 0 ) , K . -P. T I M P E und I. D A N I E L ( 1 9 7 5 ) , W . D . S C H A D R I K O W (im Druck), W . F . B E N D A (1975) u. a. Eine der aktuellsten Aufgaben ist die Untersuchung der gemeinsamen Tätigkeit von Menschen, deren Derivat, wie schon bemerkt, die individuelle Tätigkeit ist. Diese Aufgabe hat für alle Bereiche der Psychologie und für die Erarbeitung ihrer allgemeinen Theorie große Bedeutung. Wenn wir von der Analyse der individuellen Tätigkeit (und das ist die Tätigkeitsform, die in der Psychologie am besten untersucht ist) zur Analyse der gemeinsamen Tätigkeit übergehen, darin stellen sich uns eine ganze Reihe psychologischer Probleme in

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anderem Licht dar. Das betrifft vor allem Probleme der Zielbildung und der Motivation, aber auch der Planung und Regulation der Tätigkeit. Es entstehen auch neue Probleme, solche, wie die der Rolle der Nachahmung, der Zusammenarbeit, der Konkurrenz und anderer Faktoren der Organisation und Dynamik der Tätigkeit. Leider sind sie noch unzureichend untersucht. In enger Verbindung mit dem Problem der gemeinsamen Tätigkeit steht das Problem der Kommunikation (obschenije), welches für die Psychologie schon verhältnismäßig lange besteht. In der UdSSR wurden die ersten experimentellen Untersuchungen auf diesem Gebiet von W. M. R E C H T E R E W durchgeführt, später wurde dieses Problem von R. G. A N A N J E W , L. S. W Y O T S K I und W. N. M J A S I T S C H E W weiter bearbeitet. Heute wird es erneut von den Psychologen aufgegriffen. Eine einheitliche Auffassung der Kommunikation ist aber bis jetzt noch nicht vorhanden. Am umstrittensten ist die Frage der Wechselbeziehung von Kommunikation und Tätigkeit. Die einen sind der Meinung, daß sie nur eine spezifische Art der Tätigkeit sei. Andere beharren auf dem Status der relativen Selbständigkeit dieser Kategorie und betrachten sie dementsprechend auch als relativ selbständige Seite des Seins. Aber häufig wird dabei nur um Worte gestritten. Wichtig ist jedoch, daß die Kommunikation ein real existierendes Problem ist, dessen Ausarbeitung von wesentlicher praktischer und theoretischer Redeutung ist. Im Institut für Psychologie der Akademie der Wissenschaften der U d S S R begann man jetzt mit theoretischen und experimentellen Untersuchungen psychischer Zustände und Eigenschaften beim Kommunikationsprozeß. Es wurde ermittelt, daß die Kommunikation wesentlich deren Dynamik beeinflußt. Die Untersuchungsergebnisse wurden im vergangenen J a h r in dem Ruch „Probleme der Kommunikation in der Psychologie" veröffentlicht. Auch in anderen Zentren der Psychologie in der U d S S R und in anderen Ländern widmet man sich diesem Forschungsgebiet. Aber egal, ob wir über die Tätigkeit, die Kommunikation oder das Verhalten sprechen, letztendlich interessiert die Psychologie vor allem das Subjekt —die Persönlichkeit und die Gruppe (oder das Kollektiv). Die Hauptaufgabe der Psychologie besteht doch darin, über die Analyse von Tätigkeit, Kommunikation und Verhalten die Eigenschaften des Menschen aufzudecken, die objektiven Entstehungs- und Entwicklungsgesetze dieser Eigenschaften zu untersuchen. Ein weiteres psychologisches Problem ist die Persönlichkeit. In der marxistischen Psychologie versteht mail unter Persönlichkeit die sozialen Eigenschaften eines Individuums, die sich während seiner Entwicklungsprozesses im System der gesellschaftlichen Reziehungen durch die Reziehungen mit anderen Menschen herausbilden. Aber diese allgemein-philosophische, methodologische Konzeption wird in den verschiedenen Schulen der sowjetischen Psychologie unterschiedlich umgesetzt. Wer sich an der Konzeption der psychologischen Reziehungen von M J A S I T S C H E W orientiert, h a t eine andereAuffassung von der Persönlichkeit als die Vertreter der Einstellungstheorie von U S N A D S E , deren Position sich wiederum von der Persönlichkeitsauffassung unterscheidet, die auf der Grundlage des Tätigkeitsansatzes von L E O N T J E W basiert, und eine vierte Richtung folgt der von T E P L O W begründeten Schule. In jeder dieser Auffassungen und der ihnen entspringenden Richtungen gibt es natürlich äußerst rationale „Kerne". Jeder dieser

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„Kerne" ermöglicht es, ganz bestimmte Aspekte der Persönlichkeit zu enthüllen. Wir sind der Meinung, daß die gegenwärtig wichtigste Aufgabe in der Synthese der fruchtbaren Ansätze, die bis jetzt in den verschiedenen Richtungen zusammengetragen wurden, besteht. Die Verwirklichung dieser Aufgabe ist natürlich mit der Formulierung grundlegender theoretischer Probleme verbunden, insbesondere mit der Frage nach der Wechselbeziehung von Persönlichkeit und Individualität. Bei der Erforschung der Persönlichkeit stoßen wir auch unweigerlich auf das Problem des Bewußtseins. Auf der methodologisch-philosophischen Ebene ist dieses Problem durch den Marxismus entschieden. Doch konkrete' psychologische Untersuchungen wurden fast nicht durchgeführt. Natürlich ist das Problem der Herausbildung und Entwicklung des Bewußtseins außerordentlich kompliziert, aber das Leben verlangt, daß sich die Psychologie damit auseinandersetzt. Wie formiert und entwickelt sich das individuelle Bewußtsein? Aufgrund welcher Gesetze wird aus dem „Häufchen Materie", welches das Licht der Welt erblickt, eine bewußt handelnde Persönlichkeit? Wie erhebt sich im Prozeß der Entwicklung der Persönlichkeit ihr Bewußtsein bis auf die Ebene des gesellschaftlichen Bewußtsein? Das alles sind grundlegende Probleme der Pschologie. Bevor ich diese sehr kurze Beschreibung der zweiten psychologischen Untersuchung beende, möchte ich noch bemerken, daß hierbei die konkrete wissenschaftliche Analyse des menschlichen Seins gemeint ist. Es geht also um die Erforschung von Struktur und Dynamik der menschlichen Tätigkeit, der Kommunikation, des Verhaltens im Ganzen, um die psychologischen Eigenschaften der Persönlichkeit und um die Entwicklung des individuellen Bewußtseins (natürlich in Verbindung mit den verschiedenen Formen des 1 gesellschaftlichen Bewußtseins). Die dritte Ebene betrifft die Untersuchung psychischer Prozesse und Zustände. Sie ist in der Psychologie sicherlich am besten untersucht. Mitunter wird angenommen, daß sie die eigentlich psychologische sei. Uns scheint allerdings, daß derartige Vorstellungen sehr begrenzt sind. Diese Ebene geht aus den oben beschriebenen Ebenen hervor. Sie ist somit eine Art neue Schnittstelle für eine detailliertere und tiefere Analyse psychologischer Erscheinungen. Bei der Untersuchung psychischer Prozesse (perzeptiver, mnemischer, kognitiver) ist von den Psychologen im Weltmaßstab eine riesige Datenmenge angehäuft worden. Es existiert eine Fülle von Konzeptionen der Wahrnehmung, des Gedächtnisses und des Denkens. Die Anzahl der Untersuchungen auf diesem Gebiet wächst, wie man so schön sagt, lawinenartig. Dabei sind die erzielten Ergebnisse oft widersprüchlich. Auch hier besteht eine der wichtigsten Aufgaben in der Systematisierung, der Ordnung der Ergebnisse. Derartige Aufgaben entstehen auf einer bestimmten Entwicklungsstufe in jeder (oder fast jeder) speziellen Einzelwissenschaft. In der Biologie stand diese Aufgabe bereits auf der Tagesordnung. Der große Verdienst K a r l L i n n e s bestand darin, daß er es verstanden hat, die zu der Zeit angesammelten Ergebnisse zu systematisieren und auf dieser Grundlage eine Klassifikation zu schaffen, welche später .als Fundament für die Erarbeitung der Evolutionstheorie diente. Später entstand genau dieselbe Aufgabe in der Chemie. M e n d e l e j e w hat sie glänzend gelöst. Mit seinem bekannten Periodensystem begann eine qualitativ neue Etappe in der Entwicklung der Chemie.

B. F.

LOMOW,

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Wir haben allen Grund anzunehmen, daß jetzt auch die Psychologie vor eben dieser Aufgabe steht. Leider beschäftigt man sich mit ihr bis jetzt noch sehr wenig. Die Systematisierung der Ergebnisse bezüglich der psychischen Prozesse, ihre Betrachtung als verschiedene Formen und Ebenen der subjektiven Widerspiegelung der objektiven Realität ergäbe eine „Plattform" für einen qualitativ neuen Sprung in der Entwicklung der Psychologie. Das heißt natürlich nicht, daß die Systematisierung der Ergebnisse die einzige Aufgabe ist. Auch in Zukunft ist es notwendig, daß die psychischen Prozesse sowohl theoretisch als auch experimentell untersucht werden. Dabei ist es besonders wichtig, sie in ihrem System zu untersuchen, ihren Systemaufbau ebenso zu erschließen, wie ihre Dynamik, ihre wechselseitigen Zusammenhänge, ihre gegenseitigen Übergänge und ihre verschiedenen Integrationsebenen (LOMOW, 1982). In diesem Zusammenhang muß man auch auf die Antizipationsprozesse hinweisen, die lange Zeit fast überhaupt nicht untersucht wurden. Dabei spielen sie eine wesentliche Rolle bei der Organisation und Regulation jeder beliebigen gegenständlichen Tätigkeit, ebenso wie bei der Kommunikation — ja beim Verhalten insgesamt. Wir sind der Meinung, daß die Untersuchung der verschiedenen Ebenen und Formen der psychischen Widerspiegelung vom Standpunkt des Systemansatzes aus es erlaubt, den bisher entstaiidenen und zur Tradition gewordenen Vorstellungen von den psychischen Funktionen einen neuen Sinn zu geben. Eine konsequente materialistische Untersuchung der psychischen Prozesse erfordert unweigerlich auch die Analyse ihres materiellen Substrates, d. h. dpr Nervenprozesse. Das Problem „Psyche und Gehirn" oder noch breiter gefaßt „Psyche und Organismus", welches einen ganzen Problembereich darstellt, ist natürlich von ,ganz grundlegender Bedeutung für die Psychologie. In der Geschichte der Psycholdgie, ja, ¿innerhalb des gesamten Wissenschaftssystems, bildeten sich ganz verschiedene Ansätze zu seiner Lösung heraus. So hat man bekanntlich lange Zeit versucht, eine genaue Lokalisierung der psychischen Prozesse im Gehirn vorzunehmen. Aber diese Versuche erwiesen sich als nicht erfolgreich. Die Idee von der strengen Lokalisierung führte die Wissenschaft in eine Sackgasse. Man trifft auch heute noch dualistische Vorstellungen und Behauptungen, daß die psychischen Prozesse offensichtlich extrazerebral seien. Mehr als einmal hat man versucht, das psychophysiologische Problem einfach aufzuheben. Doch die Frage, über welche Gehirnmechanismen und wie psychische Prozesse realisiert werden, ist nach wie vor eine der zentralen Fragen interdisziplinärer Forschung. Perspektivreich erscheint die Untersuchungslinie, welche die psychischen Erscheinungen in Verbindung mit den in einem System organisierten Gehirnprozesse betrachtet. Diese Linie wird sowohl in der Physiologie als auch in der Psychologie erarbeitet. Die Idee der „Systemorganisiertheit" formulierte schon S E T S C H E N O W . Sie wurde yon P A W L O W und U C H T O M S K I weiterentwickelt und besonders von A N O C H I N (1978), der die Theorie des funktionalen Systems entwickelte. Jetzt wird sie von N . P. B E C H T E R O W A ( 1 9 7 1 ) , M . N . L I W A N O W (1982) und anderen Physiologen weiter ausgearbeitet. In der Psychologie wurde faktisch die gleiche Idee

356 v o n B. G. ANANJEW,

Z. Psychol. Bd. 191 (1983) H. 4 A . R . LTJRIJA, W . N . M J A S I T S C H E W , W . S . M E R L I N ,

B . M TEPLOW

W. D. N E B Y L I T Z I N und anderen ausgearbeitet. Das psychophysiologische Problem verkörpert nur einen Teil eines bedeutend größeren Problemkrcises, den man als Wechselbeziehung von Biologischem und Psychischem in der Entwicklung des Menschen bezeichnen könnte. Die moderne Biologie hat wichtige Erkenntnisse bei der Erforschung der Eigenschaften und der Entwicklungsgesetze des Lebens erzielt. An der Grenzlinie von Psychologie und Biologie entsteht eine ganze Reihe wissenschaftlicher Richtungen. Wir sind der Ansicht, daß eine wichtige Aufgabe darin besteht, die Gesetze der Biologie und der Psychologie gegenüberzustellen und in ein Verhältnis zueinander zu bringen. Als wir über die erste Untersuchungsebene sprachen, hoben wir die Notwendigkeit hervor, die Verbindung zwischen den Entwicklungsgesetzen der Gesellschaft und den Gesetzen der psychischen Entwicklung des Individuums zu klären. Zum Ende der Beschreibung aller Ebenen gelangen wir zu einem anderen, aber genauso grundlegenden Problem. Die Gesetze der psychischen Entwicklung des Menschen betrachtet man mitunter entweder nur als eine Erscheinungsform biologischer Gesetze, oder man behauptet, sie seien vollkommen unabhängig voneinander. Beide Ansätze sind ihrem Wesen nach methaphysisch. Die Analyse bestpht jedoch darin, die dialektische Beziehung zwischen den genannten Gesetzen herauszufinden, d. h. ihre widersprüchliche Einheit muß aufgedeckt werden, und es ist möglich, daß sich diese in den verschiedenen Entwicklungsperio.den des Menschen und auf den verschiedenen Stufen dieser Entwicklung als verschiedenartig erweist. Systemuntersuchungen beliebiger grundlegender Probleme der Psychologie erfordern, daß man sie auf den verschiedenen Ebenen b e t r a c h t e t : angefangen bei der, die die Entwicklung des Menschen in der Gesellschaft charakterisiert, bis hin zur letzten Ebene, die es ermöglicht, die neurophysiologischen (und noch tiefer gelegen: biochemisch) Mechanismen psychischer Erscheinungen aufzudecken. Die theoretisch am schwersten zu lösende Aufgabe besteht hierbei natürlich in der Aufklärung der Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Untersuchungsebenen. Die Bedeutung des System-Ansatzes tritt dann besonders deutlich zutage, wenn sich die Psychologie praktischen Aufgaben zuwendet. Wie ich schon zu Beginn des Artikels hervorhob, sind die Anwendungsgebiete der Psychologie in der Praxis sehr vielfältig. Sie umfassen faktisch alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Aber jede praktische Richtung erfordert die Einbeziehung verschiedener Ebenen psychologischer Untersuchungen. So setzt die Vervollkommnung der Arbeitstätigkeit ihre Untersuchung im System der gesellschaftlichen Beziehung voraus, die Analyse der konkretenTätigkeitsart, die Untersuchung der dabei einbezogenen psychischen Prozesse und letztendlich die Erfassung der neurodynamischen Mechanismen. Das gleiche kann man von anderen praxisorientierten Arbeiten der Psychologie sagen. Mit anderen Worten, die Aufgaben, die in der Praxis entstehen, erfordern Komplexuntersuchungen, die sowohl Psychologen unterschiedlicher Spezialisierung als auch Spezialisten der angrenzenden Wissensgebiete vereinen. Natürlich benötigt jede konkrete Aufgabe ihren besonderen Untersuchungskomplex. Universalrezepte gibt es hier nicht. Auf jeden Fall ist es sehr wichtig, genau zu bestimmen, welche wissenschaftlichen Gebiete zur Lösung der Aufgaben notwendig sind.

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In den letzten Jahren spricht man in der U d S S R und in den anderen sozialistischen Ländern immer häufiger u n d bestimmter von dfer Notwendigkeit der Schaffung eines „Psychologischen Dienstes". J)ie Keime dieses Dienstes im Sinne einer Beratungsinstitution sind schon vorhanden. Kurz umrissen bestehen seine Aufgaben in den verschiedenen Gebieten der Volkswirtschaft in folgendem: Psychodiagnostik, Psychoprognostik, Erarbeitung von Methoden der psychologischen Beeinflussung (oder der psychologischen Lenkung) und Projektierung psychologischer Aspekte der Gesellschaftsentwicklung. In jedem der sozialistischen Länder ist ein ganz bestimmter und im gewissen Sinne einmaliger Erfahrungsschatz zur Lösung praktischer Aufgaben angehäuft. So wird,in der DDR viel auf dem Gebiet der Vervollkommnung der Ausbildungsprozesse und der Erziehung gearbeitet, ebenso wie in dem Bereich der Arbeitsorganisation. In der CSSR arbeitet schon viele J a h r e die Einrichtung „Psychodidaktik und Psychodiagnostik". Es existieren faktisch in jedem sozialitischen Land wesentliche Ergebnisse zur Lösung praktischer Aufgaben. Es wäre jetzt sehr wichtig, eine wirkliche funktionierende Kooperation zwischen den Psychologen der sozialistischen Länder zur Lösung der Aufgaben zu organisieren, welche die gesellschaftliche Praxis stellt. Die Psychologen aus allen sozialistischen Ländern könnten zur Lösung dieser Aufgaben ihren einmaligen Beitrag einbringen. Bei der Schaffung des psychologischen Dienste muß man darauf achten, daß die Umsetzungsmöglichkeiten der psychologischen Erkenntnisse in die Praxis sehr vielfältig sind. In einigen Fällen ist ihre direkte Umsetzung möglich, in Form von praktischen Empfehlungen, der Organisierung praktischer Maßnahmen, der Ausnutzung von Methoden der psychologischen Beeinflussung usw. In anderen Fällen erfolgt ihre Umsetzung über angrenzende Wissenschaften — wie Pädagogik, Medizin, technische Wissenschaften usw. So werden z. B. die Empfehlungen der Ingenieurpsychologie bei der Schaffung technischer < Apparaturen beachtet, die natürlich von den Ingenieuren und, nicht von" den Psychologen gebaut werden. Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie werden in pädagogischen Methoden verwirklicht usw. Es sind auch solche Fälle vorstellbar, wo die Umsetzung psychologischer Ergebnisse über mehrere Gebiete erfolgt. Die sinnvolle Anwendung der Psychologie in den verschiedenen Gebieten der gesellschaftlichen Praxis erbringt bedeutende ökonomische Effekte. Hierzu könnte m a n sehr viele Beispiele anführen, wie im Ergebnis psychologischer Einwirkungen die Arbeitsproduktivität erhöht werden könnte, sich der Verlust der Arbeitszeit, Material und Energie verringerte. Aber für die Bewertung der Effektivität der Psychologie sind ökonomische Kennziffern nicht der einzige und möglicherweise auch nicht der wichtigste Gradmesser. Wichtiger erscheint mir, daß die Anwendung der Psychologie in der Praxis der Erhaltung von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Menschen dient, daß sie die Entwicklung schöpferischer Fähigkeiten erweitern und die zwischenmenschlichen Beziehungen vervollkommnen.

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Z. Psychologie 191-4

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Zusammenfassung Ausgehend von den veränderten Bedingungen, unter denen sich die Psychologie in den vergangenen Jahrzehnten entwickelte, weist der Autor auf den immer größeren Anteil der Psychologie an der Lösung praktisch relevanter Aufgaben hin; auf die Bedeutung und Wichtigkeit der weiteren Differenzierungsund Integrationsprozesse innerhalb der Psychologie und die Notwendigkeit der verstärkten Zusammen-^ arbeit mit anderen Wissenschaften. Unter Berücksichtigung dieser Momente wird die Weiterentwicklung einer allgemeinen Theorie der Psychologie, die Ausarbeitung ihrer philosophisch-methodologische Basis auf der Grundlage des historischen und dialektischen Materialismus als besonders aktuell hervorgehoben. Gefordert wird hierbei eine vollständigere und tiefergehende Inbesitznahme des Kategoriensystems der materialistischen Dialektik und seine schöpferische Anwendung bei der Ausarbeitung der psychologischen Theorie. Nach Meinung des Autors ist diese Theorie der Psychologie ein kompliziertes „Gebäude", welches verschiedene Verallgemeinerungs- und Abstraktionsebenen beinhaltet. Diesen Ebenen werden folgende, Untersuchungsrichtiingen zugeordnet: 1. die Analyse psychischer Erscheinungen im System „Mensch-Gesellschaft"; 2. die Untersuchung des Verhaltens des Individuums (der Persönlichkeit) seiner Tätigkeit einschließlich der Kommunikation (obschenije) mit anderen Menschen und der Teilnahme an gemeinsamer Tätigkeit; 3. die Erforschung psychischer Prozesse und Zustände; 4. die Untersuchung der neurophysiologisehen Grundlagen psychischer Erscheinungen.

Summary Psychology has developed under the changing conditions of the past decades into a discipline for the solution relevant problems in practice. The author emphasizes the importance of a further differentiation and integration within the science of psychology and its increasing cooperation with other sciences. The elaboration of a General Theory of Psychology and of its methodological and philosophical basis on the foundation of Dialectical and Historical Materialism is especially necessary. The acquisition and the creative application of the system of categories in materialistic dialectics in the elaboration of the Theory of Psychology is a goal of research ill the future. The author points out that this Theory of Psychology can be characterized as a complex structure with different levels of generalization and abstraction. These levels can be attached to the following directions of research: 1. The analysis of psychological phenomena within the system of "Man and Society" 2. The investigation of individual behavior (personality), its action including communication with other human beings and the participation in cooperative action. 3. The research in psychological processes and states. 4. The investigation of the neurophsiological basis of psychological phenomena.

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Aus der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin

Begabungsforschung — ein neuer Weg in der kognitiven Intelligenzdiagnostik? 1 Von F. K x i x Mit 18 Abbildungen

1. Vorbemerkung Unsere kleine Arbeitsgruppe an der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität hat sich in den letzten Jahren mit Fragen der Wissensrepräsentation im menschlichen Gedächtnis befaßt 2 . Dabei sind wir mehr und mehr zu der Erkenntnis gelangt, daß Gedächtnistätigkeit ein sehr aktives Geschehen ist 3 . Unser menschliches Gedächtnis ist kein passiver Informationsspeicher, wie das manches Computermodell nahelegt. Es dient dem handelnden Menschen zur Bereitstellung von Informationen, die er für Entscheidungen braucht, z. B. zur Beantwortung von Fragen, zum Lösen von Problemen. Zu diesem Zwecke laufen über den Gedächtnisstrukturen Prozesse ab, durch die bestimmte Inhalte aufgerufen oder korrigiert oder umgeordnet werden, oder die einfach zu kopieren und wiederzugeben sind. Das Steuerungsorgan für diese Prozesse nennt man Arbeitsgedächtnis. Es vermittlet zwischen den von den Sinnesorganen einlaufenden Umgebungsinformationen und den Inhalten des Langzeitgedächtnisses. Dabei sind Prozesse im Gange, in denen sich deutliche interindividuelle Unterschiede zeigen. Sie haben mit der Effektivität der Entscheidurigs- oder Antwortfindung in Problemsituationen zu tun. Es konnte vermutet werden, daß die Variabilität dieses Geschehens auch Beziehungen zu Intelligenz- und Begabungsunterschieden haben könnte — was immer das zunächst im einzelnen bedeuten mag. Diesem wahrscheinlichen Zusammenhange wollten wir genauer nachgehen. Indem wir so das Thema Intelligenz und Begabung als Bedingungsvariable mit dem kognitiven Experiment zu verbinden versuchen, erscheint es in diesem Rahmen angezeigt, einige grundsätzliche Bemerkungen zu diesem Themenkomplex voranzustellen. Es.läßt sich nicht bestreiten, daß diese Problematik auch nichtpsychologische Akzente umfaßt, die vor allem durch ihre gesellschaftliche Bedeutung und philosophiegeschichtPlenarvortrag, gehalten zur Eröffnung des VI. Kongresses der Gesellschaft für Psychologie der D D R am 11. J a n u a r 1983 in Leipzig. 2 Vgl. KLIX, F. (Hrsg.): Wissen und Wissensnutzung. (Struktur- und Funktionsanalysen der menschlichen Gedächtnistätigkeit.) Berlin 1983. >3 Vgl. dazu HOFFMANN, J . : Das aktive Gedächtnis. Berlin 1983. 1

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liehen Einschläge mitbedingt sind. Zudem ist diese Problematik auch ideologisiert worden. Zu alledem nun einige prinzipielle Vorbemerkungep: Was die gesellschaftliche Seite des Themas „Intelligenz und B e g a b u n g " anlangt, v so gewinnt sie mit der Ausbildung sozialistischer Produktionsverhältnisse potentiell eine humanistische Dimension. Wenn die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen aufhört, wird die Erkennung und Förderung der Begabungen eines Volkes zugleich'zu einem Faktor für die Beschleunigung des gesellschaftlichen Fortschritts im ganzen. Was die Ideologisierung der Thematik anlangt, so grenzen wir uns ab von jeder Form einer apologetischen Begabtenauffassung. Stellungnahmen mit Berufung auf Untersuchungen, nach denen die Befähigungs- (i.e. Intelligenz-) Grade nach den Vermögensverhältnissen, sprich: nach der Klassen- und Schichtenzugehörigkeit verteilt sein sollen, sind schon von den Voraussetzungen her als unhaltbar ausgewiesen (vgl. dazu u. a. die Ausführungen von H A S S E I J S T E I N , 1982). Verschiedentlich ist man bei der Herleitung solcher Unhaltbarkeiten auch vor Betrug nicht zurückgeschreckt (vgl. dazu die Diskussion um C. B U R T ) . Was nun die philosophische Seite dieser Problematik anlangt, so gebührt G. und H. G. M E H L H O P N (1981), G. \ V I T Z L A C K (1977) sowie J . GTTTHKE und Mitarb. (1983) unter anderem das Verdienst, Grundeinstellungen der Begründer des dialektischen und historischen Materialismus in dieser Frage herausgearbeitet zu haben. Die berühmte Bezugsetzung zu Raphael aus der Deutschen Ideologie von M A B X und E N G E L S unterstreicht ebenso wie W. I. L E N I N S Arbeit „Ein liberaler Professor über Gleichheit" (Werke B d . 20, S. 137), daß strikt auseinandergehalten werden muß zwischen der Gleichheit der Mitglieder einer Klasse in bezug zu den Produktionsmitteln und der Ungleichheit ihrer Fähigkeiten, sei es in geistiger, sei es in körperlicher Hinsicht. Von diesen Voraussetzungen ausgehend, wäre der^Weg nun längst schon gewiesen für eine * psychologische Grundlegung der Intelligenz- sowie Begabungsdiagnostik mitsamt einer als Konsequenz daraus folgenden wissenschaftlich fundierten Förderung bestehender Talente. Daß dies nicht oder noch nicht in genügendem Umfang geschehen ist, liegt gegenwärtig auch an innerwissenschaftlichen Gründen der psychologischen Intelligenz- und Begabungsdiagnostik. Die Diskussion um die Erscheinungsformen von Intelligenz und Begabung sowie deren Meßbarkeit ist weltweit. Die Kritik an methodischen Voraussetzungen, z. B . an der Faktorenanalyse, ist fast zur Mode geworden. Nicht etwa, daß nichts erreicht worden wäre. Man kann mit Hilfe von Intelligenztests Gruppen unterschiedlicher Befähigung für bestimmte Leistungen nach statistischen Kriterien trennen. Auch kann der individuelle Leistungsstand eines Probanden gruppenbezogen, also relativ bestimmt werden. Altersgruppen oder krankhafte gegenüber normalen LeistungsVarianten lassen sich testdiagnostisch klar trennen. Auch kann man durch die Gruppierung von Ähnlichkeiten in Ausprägungsgraden bei verschiedenen Testanforderungen zu Verwandtschaften in Dispositionen für bestimmte Testleistungen gelangen. (Die Faktorenladungen von Tests bzw. die komplementären Faktorenwerte für Personengruppen sind Beispiele dafür. Das ist alles einigermaßen bekannt.) J e d o c h : E s ist nach wie vor unmöglich, diese Dispositionen für bestimmte Testlei-

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stungen eindeutig zu identifizieren. Das heißt auch zu bestimmen, welcher Prozeß eine bestimmte Testleistung erzeugt. (Die ad hoc Klassifizierung der 120 Fähigkeiten nach G U I L F O R D ist nur ein Ausdruck für die bestehende systematische Hilflosigkeit, - die die Literatur darüber auszeichnet.) E s ist weiterhin unmöglich, individuelle Dispositionen so zu bestimmen, daß von ihnen aus Voraussagen über Leistungsmöglichkeiten in Gebieten wohlbestimmter geistiger Anforderung gemacht werden könnten. Beide Aspekte gehören eng zusammen. Denn die Aufklärung eines intelligenzintensiven Prozesses bis zur Reproduktion der Leistung ist die Basis für die Abschätzung 'der Befähigung des Trägers und Organisators .dieses Prozesses für die Verwirklichung ähnlicher Ziele. Wir wollen uns im weiteren vor allem mit der ersten Frage befassen, also mit der Aufklärung der inneren Struktur intelligenzintensiver Prozesse., Am Ende jedoch wird uns der Zusammenhang von Intelligenz und Begabung, yon geistiger Leistungsfähigkeit und Disposition dafür, noch einmal, aber in wesentlich tieferer Sicht als dies im Augenblick möglich ist, beschäftigen.

2. Problemstellung und Ausgangsfragen Wir (VAN D E R M E E R und B. O F F E N H A U S ) haben uns die Frage vorgelegt, ob wir mit Hilfe kognitiv interessanter Verfahren zwei Personengruppen unterscheiden können: einmal eine Spezialschülergruppe der Humboldt-Universität, ausgewählt von Lehrern als mathematisch hochbegabt, ca. 18 J a h r e alt und im ersten J a h r ihrer spezifisch mathematischen Spezialausbildung; zum zweiten Psychologiestudenten im ersten Semester, fast nur mit „sehr g u t " im Abitur und vielen Auszeichnungen für hohe Leistungen bedacht. Unser Vorhaben ist es also, Spezialbegabungen für wohlbestimmt strukturierte Denkanforderungen von allgemeinen Begabungen für verschiedenste hochkarätige geistige Anforderungen voneinander zu trennen. Mehr noch. Falls wir eine Anforderung finden, bei der sich die eine Gruppe von der anderen signifikant unterscheidet, dann wollen wir ermitteln, wie und wodurch die Leistungsunterschiede zustande kommen. Wir wollen herausfinden, was den Leistungsunterschied bewirkt. Aber wie ein solches Verfahren finden, wonach es auswählen? Sollten wir den RAVEN-Intelligenztest nehmen? In Spanien hat man eine umfassende Untersuchung über Zusammenhänge von Schulnoten und - RAVEN-Testleistungen durchgeführt. Die Korrelationen des Tests betrugen zum Fach Religion.83. Jeder weiß, daß der R A V E N keine exakt bestimmbaren kognitiven Anforderungen setzt (vgl. P U T Z - O S T E R L O H , 1 9 8 1 ; Chr. SCHWARZ, 1 9 8 3 ) . Wir sind hier voll im Validitätsdilemma der Intelligenzdiagnostik: Bekämen wir mit unseren Verfahren hohe Korrelationen zu bekannten Tests, dann könnten wir auch beim Test bleiben, wüßten aber nicht, wodurch die Leistungen entstehen. Bekamen' wir niedrige, so könnte das auf eine ungenügende Spezifität des Bezugstestes verweisen, aber ebenso die Trennschwäche unseres eigenen Verfahrens anzeigen. Wir mu ßten uns nach anderen Kriterien für Intelligenzleistungen umsehen, als nach

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jenen überkomplexen und danach unklar-unübersichtlichen Anforderungen, wie sie in Intelligenztests installiert sind. Ein großer Umweg schien unerläßlich. Er führte iii die Geschichte, und zwar zur Analy&e von Denkleistungen, wie sie die Menschheit immer wieder hervorgebracht hat und wie sie 'als Prototyp hoher Intelligenz unstreitig und Übereinstimmend von allen Sachkundigen bewertet werden.

3. Lehren der Geschichte für die Intelligenzforschung Die Analyse historischer Denkleistungen bringt uns auf eine wichtige Spur. Wir entdecken r daß die Strukturformen des menschlichen Denkens wenigstens in den letzten 30 Jahrhunderten im wesentlichen gleichgeblieben sind, aber daß die Resultate dieses Denkens immer komplizierter werden. Mit" anderen Worten: Wenn man menschliche Denkleistungen daran mißt, was sie hervorbringen, dann gibt es eine Steigerungsfähigkeit der menschlichen Intelligenz in der Geschichte. Das geschieht dann aber so, daß dazu keine neue Denkmittel geschaffen werden müssen. Unser Denken scheint über die Befähigung zu verfügen, seine eigenen Wirkungsgrade zu erhöhen. So wie die menschliche Hand vor Jahrmillionen Steine zuschlug, um ihre eigene Kraft zu verstärken und dadurch früher Furchterregendes zu überwinden, so schafft sich menschliches Denken Mittel, die seine. Leistungsfähigkeit erhöhen und dadurch vordem Unbegreifliches begreifbar werben lassen. Die Belege dafür finden wir in der Geschichte. Ein Mechanismus der Prozeßsteuerung, die das bewirkt, ist klar bestimmbar. Er liegt in Prozessen der Informationsvorverarbeitung. Sie vermindert die Fülle des Informationsangebots auf das entscheidungsnotwendige Maß. Das Ergebnis dieser Komplexitätsreduktion ist eine Vereinfachung der Informationsrepräsentation im Gedächtnis. Das früher Komplizierte wird einfacher abgebildet und damit einfacher handhabbar. Die Wirkung dieses Prinzips der zunehmend einfacheren Informationsrepräsentation läßt sich an vielen Intelligenzleistungen in der Geschichte demonstrieren. Auf zwei will ich mich beschränken. Sie sind der Entwicklung des Zahlbegriffs und der Schrift entnommen. Ägypter und auch noch Römer brauchten Jahre zum Erlernen dessen, was wir das kleine Einmaleins nennen würden (und was damals ganz anders gehandhabt wurde 5 ). Warum war das so aufwendig? Man versuche einmal, mit römischen Zahlen zu multiplizieren. Das ist höchst umständlich, weil viel mehr behalten werden muß, als bei der gleichen Prozedur mit .den Zahlen unseres Stellensystems. Die römische 2 sieht ganz anders aus als die 20, die 100 anders als die 10 oder die 1. Viel mehr Individualeigenschaften von Zahlen müssen bedacht werden. Die aber erhöhen wieder die Menge der Operationen bis zur Erzielung des Ergebnisses. Der Behaltens- oder Operationsaufwand ist dadurch um ein Vielfaches größer. Die wahrnehmungsmäßige Vereinfachung Sie sind aus meiner Sicht in dem Buch „Erwachendes Denken". 2. Aufl., 1982, niedergelegt. Dabei beschränken wir uns auf die Zahldarstellung und nicht auf „einfache" Abacusrechnungen. Sie können als Ausweg aus der schwierigen Zahlmanipulation angesehen werden. 4

5

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großer Zahleil, wie sie durch unser Stellensystem ermöglicht wird, ist ein wichtiges Mittel ihrer geistigen Beherrschbarkeit. Bei den Schriftsystemen finden wir Ahnliches. Die Schrift der Mayas und der alten Chinesen ist nicht deshalb so umständlich, weil es eine Bilderschrift war bzw. ist, sondern weil die Bilder für die bezeichneten Begriffe stehen. Daher wird für jeden Begriff, wenigstens im Prinzip, ein neues Zeichen gebraucht. Dies macht den gewaltigen. Aufwand, die Unhandlichkeit dieser Darstellungsformen von Gedanken aus. Die historische Durchsetzungskraft unserer Schreibschrift beruht darauf, daß wir Zeichen für Laute haben, deren Kombination zu gesprochenen Worten es ermöglicht, daß mehr als eine Million sprechbare Worte durch 28 Lautzeichen ausgedrückt werden können. Die beiden Beispiele belegen, was wir durch viele weitere zeigen könnten: Die Erhöhung des geistigen Fassungsvermögens für Zahlen und Schrift wird durch Vereinfachung früherer Darstellungsformen erzielt. Dies führt auch zu vereinfachten internen Repräsentationen von Zahlen und Schrift. Dadurch wird, der'Weg frei, bei gleichem subjektivem v Schwierigkeitsgrad kompliziertere Probleme zu lösen bzw. Zusammenhänge auszudrücken. Dieses Prinzip der Erhöhung der Leistungsfähigkeit des menschlichen Denkens durch Vereinfachung gilt aber nicht nur in der Geschichte. Auch hierzu ein Beispiel: Noch um die Jahrhundertwende wurde die wenig zuvor entwickelte Mengenlehre in Doktorandenseminaren der Universitäten gelehrt. Unsere heutigen Mathematikprofessoren haben sie Anfang der 50er Jahre im 3. oder 4. Studienjahr als schwierigen Kalkül kennengelernt. IV2 Jahrzehnte danach wird sie aber bereits im elementaren MathematikUnterricht für unsere Schulanfänger gelehrt. Dabei sind die Grundideen .wenig geändert, nur wurde die Repräsentation der Mengeneigenschaften vom Strukturellen her so stark vereinfacht, daß sie schon früheren Altersstufen, d. h. einfacheren Denkformen, zugänglich wird. Damit ist für unser Vorhaben klar: Wollen wir menschliche Intelligenz an der Quelle ihrer Wirkungsweise studieren, dann müssen wir Problemstellungen für Experimente aussuchen, die unterschiedliche Formen der Problemrepräsentation durch Vorverarbeitungsprozesse zulassen. Dort, wo bei gjeichef Problemlage die einfachere Repräsentation gelingt, der Lösungsprozeß also aufwandsärmer vollzogen wird, liegt die höhere geistige Kraft, liegt der höhere Intelligenzgrad vor. Damit wissen wir, wo sich wesensmäßige Außerungsformen menschlicher Intelligenz finden lassen. Unsere Aufmerksamkeit wendet sich nun der Frage nach den Prozessen zu, die solche Problemvereinfachungen ermöglichen. Dazu müssen wir unsere historischen Kenntnisse mit dem Wissen um psychologische Gesetzmäßigkeiten in Problemlösungsprozessen verbinden.

4. Die Prozesse der Informationsvorverarbeitung bis zur Problemrepräsentation Die Aufnahme eines Problems beginnt mit der Wahrnehmung. Seine Aufnahme wird vom Gedächtnis aus gesteuert. In diesen Vorgang finden wir folgende Prozeßschritte eingeschlossen:

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(1) Gestaltgesetze der Wahrnehmung belegen, daß Reduktion von Komplexität bereits in der Gliederung ^ des Sehfeldes auftritt. Abbildung 1 demonstriert das am Beispiel eines geometrischen Musters. Die Isolierung, Hervorhebung oder Unterdrückung

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Abb. 1. \'ereinfachungstendenzen der Wahrnehmung als Ausdruck von Gestaltgesetzen. Wenn man das linke Muster sehr kurzzeitig exponiert, entstehen Eindrücke von strukturellen Vereinfachungen, wie sie z. B. das rechte Bild zeigt. Die Wiedererkennung des Mustertyps ist dadurch dennoch gesichert

von Teilen des Informationsangebots ist zugleich eine Voraussetzung für die Begriffsbildung: Zusammenfassungen, wie alles Große, Bunte, Laute, Blühende und ähnliche Begri'ffsbildungen, beruhen auf solchen Isolierungen. Dies gilt natürlich auch für die Zahlbegriffe. (2) Zur Vorverarbeitung gehören Prozesse des Vergleichs zwischen Komponenten der Wahrnehmung. Darauf beruht das Erfassen von Relationen, z. B . von Beziehungen zwischen Merkmalen. Aussagen, wie gleich, um 90 Grad gedreht, kleiner oder gespiegelt, sind Relationen, die Beziehungen zwischen Wahrnehmungsmerkmalen ausdrücken (vgl. Abb. 2).

Abb. 2. Eine einfache Relation Rt- zwischen zwei Mustern: Spiegelung um die Vertikale. Man kann diese Relation auch als Resultat der Anwendung einer Operation auf eine Mustereigenschaft betrachten. Es ist dann eine Transformation des ersten in das zweite Muster

(3) Eine wahrnehmungsgebundene, stärker interne kognitive Leistung der Informationsverarbeitung ist die Abbildung einer Relation auf eine andere. Sie macht u. a. die Erkennung der Relationsidentität möglich, (Der Prozeß ist hier der Vor Verarbeitung zugerechnet, weil es auch vereinfachte Formen der Informationsrepräsentation bei der Gedächtnisbildung ermöglicht.) Das Schema der Abbildung 3 zeigt, daß der Abbildungsprozeß zusammengesetzt sein kann aus der Merkmalsisolierung, der Relationsbildung und dem Relationsvergleich. In diesem Falle haben wir es mit dem Prozeß der Analogieerkennung zu tun. Abbildung 4 gibt das allgemeine Schema einer Analogieerkennung wieder. Man muß erkennen, daß es sich keineswegs nur um Beziehungen zwischen Wahrnehmungsmüstern handelt. In meinem Buch „Erwachendes

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A b b . 3. Abbildung einer Relation R, auf ein zweites Muster, das dann als P a a r die gleiche Relation R ; verbindet. Auch dies kann m a n als die Abbildung einer Operation auf ein drittes Muster betrachten, durch die die Relation erzeugt wird. V o m Strukturellen her entspricht dies dem V o r g a n g einer Analogieerkennung

Denken" (1982) habe ich gezeigt, daß große Intelligenzleistungen der Geschichte auf diesem Denkprinzip beruhen (z. B. die Höhenmessung der Pyramiden durch THALES, die Entdeckung der Infinitesimalrechnung, ja sogar Äquivalenzrelationen zwischen Algebra und Geometrie gehören diesem Typ von Abbildungen an).

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Abb. 4. Allgemeines Schema einer Analogieerkennung. A bzw. A ' entsprechen einem Muster- (bzw. Begriffs-)Paar. R j bezeichnet die zwischen den beiden S t r u k t u r e n bestehende Relation. D a s gleiche ist noch einmal für das P a a r B B ' eingezeichnet. Wenn R , = R j , dann ist die Analogiebedingung erfüllt. Die D i s t a n z S bezeichnet den A b s t a n d zwischen den S t r u k t u r e n bzw. den G r a d ihres Unterschiedes. E r beeinflußt den Schwierigkeitsgrad des Erkennungsprozesses und spielt bei kreativen Prozessen eine Rolle

Wir haben damit charakteristische Komponenten von Erkennungsprozessen bestimmt, die allem Anscheine nach in Intelligenzleistungen enthalten sind: — die Strukturbildung der Wahrnehmung durch Unterdrückung oder Hervorhebung von Elementen — Vergleichsprozesse zwischen Elementen, die zu Relationserkennung führen — Abbildungen von Relationen in einer Struktur auf die in einer anderen: das Prinzip der Analogieerkennung. Nunmehr bestand unsere Aufgabe darin, ein Versuchsmaterial zu schaffen, das die Einflüsse dieser drei Komponenten zuläßt und in dem sich ihre Wirkungsweise bestimmen läßt, wenigstens indirekt, etwa so, wie in der Physik ein angenommenes Elementarteilchen aus den Wirkungen seiner Spuren erkennbar wird. Diese Wirkungen sind für uns die unterschiedlichen zeitlichen Aufwendungen bis zum Abschluß eines Erkennungsprozesses. Dabei heißt kleinerer zeitlicher Aufwand nicht höhere Geschwindigkeit. Im Gegenteil; wir gehen davon aus, daß darin die höhere Effektivität der Informationsver-

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^rbeitung und Repräsentation zum Ausdruck kommt, die wir mittlerweile als ein Wesensmerkmal menschlicher Intelligenz identifiziert haben. (Wenn zwei Personen eine Leiter hinaufklettern und die eine früher da ist als die andere, so besagt dies nicht, daß diese schneller geklettert ist; sie kann bei gleichem Tempo zwei Sprossen auf einmal genommen haben. Und sie kann sogar bei langsamerem Tempo rascher am Ziel sein, wenn sie eine größere Schrittweite wählt bzw. zu wählen in der Lage ist.)

5. Yersuchsmaterial, Versuchsaufbau und Ergebnisse Nach dem bisher Gesagten muß es unser Versuchsmaterial ermöglichen, (1) Strukturbildung der Wahrnehmung (2) Relationserkennung und (3)^die Abbildungsoperation, z. B. in Form einer Analogieerkennung zu erfassen. Zu(l): Wir wählten Schachbrettmuster aus, wie sie in Abbildung 5 wiedergegeben sind.

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Abb. 5. Schachbrettmuster, wie sie in den Experimenten zur Analogieerkennung verwendjt wurden

Zu (2): Die Schachbrettmuster wurden zu Paaren kombiniert, so daß eine-von drei Relationen zwischen ihnen besteht: Spiegelung um die Vertikale (a), Spiegelung um die Horizontale (b) und Spiegelung um die Diagonale (c) (vgl. Abb. 6). Zu (3): Die Schachbrettmuster wurden zu je zwei Paaren kombiniert, so daß nach der Relationserkennung im ersten Paar dieser Relation im zweiten Paar geprüft werden konnte. Wenn Identität der Relationen besteht, wird die Ja-Taste gedrückt, sonst die Nein-Taste (vgl: Abb. 7). Wie man sieht ist hier das Prinzip der Analogieerkennung realisiert.

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Abb. 6. Beispiele für 3 unterschiedliche Belationsklassen

Die Versuchspersonen erhalten vor der eigentlichen Analogieerkennungsaufgabe ein Stück Vorinformation darüber, was im nächsten Schritt, bei der Analogieerkennung, zu erwarten ist und dafür genutzt werden soll. Dies kann sein: das erste Muster (A) — Abbildung 7 a — oder das erste Paar (A — A') — Abbildung 7 b — oder die ersten drei (A —A') : (B) — Abbildung 7 c — oder schließlich gar keine Information (0). Wir können so prüfen, welchen Einfluß die Vorinformationsstufen 0, 1, 2 oder 3 auf die Analogieerkennung ausüben bzw. wie die Information für den Erkennungsprozeß genutzt wird. Der Versuchsablauf gliedert sich in vier Phasen (vgl. Abb. 8): Nach der Instruktion der Versuchspersonen mit Übungsbeispielen beginnt (1) der erste Durchgang mit zweimal 17 Paaren, positive und negative Beispiele, und den Vorinformationsstufen 0, 1, 2 oder 3. (7, 7 a, 7 b, 7 c) Die Versuchspersonen betrachten so kurzzeitig wie möglich diese Vorinformation, entscheiden durch Knopfdruck selbst, wann sie verschwinden kann (die Zeit wird gemessen); und unmittelbar nach dem Wegdrücken der Vorinformation erscheint das volle Doppelmuster, bei dessen Prüfung zu entscheiden ist, ob es die Analogiebedingung erfüllt oder nicht. Sobald die Entscheidung getroffen werden kann, drückt die Versuchsperson die J a - oder die Nein-Taste. Die Zeit wird gemessen. Die nächste Vorinformation wird angeboten. (2) Die Versuchspersonen zeichnen die Muster für jede Vorinformationsstufe. Sie erhalten dazu das Muster A, das Musterpaar A — A' bzw. das Mustcrtripel A — A' B so kurzzeitig wie möglich. Im letzten Falle sollen si« einzeichnen, wie das vierte Muster aussehen würde, wenn die Analogiebedingung erfüllt ist 6 . (3) Es beginnt der zweite Versuchsdurchgang mit 2 x 9 5 Erkennungsleistungen, je positiv und negativ in zufälliger Folge.

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Abb. 7. Zwei Musterpaare, zwischen denen die gleiche Relation besteht. In diesem Beispielfalle ist die Analogiebedingung erfüllt, (a—c: Zur Vorinformation verwendete Muster)

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Exp. Analog - Aufg. Abb. 8. Gliederung des Versuchsgeschehens. Erläuterungen im T e x t Versuchsablauf 0. Instruktion 1. 1. Durchgang ( 2 x 1 7 ) 2. Zeichnungen 3. Wdholg. Instruktion 4. 2. Durchgang ( 2 x 9 5 )

(4) Am Abschluß liegt noch einmal eine Anforderung zur Musterzeichnung. An den Versuchen nahmen je 15 Schüler der Spezialklasse Mathematik der IlumholdtUniversität, vorwiegend Jahrgang 1964, teil sowie 15 Studenten des 1. Studienjahres der Fachrichtung Psychologie (Jährgang 1960—1964). 5.1. Die Ergebnisse Abbildung 9 zeigt die hauptsächlichen Resultate. Wir finden: (1) Die Extremgruppe beansprucht kürzere Vorinformationszeiten. (2) Die Extremgruppe braucht trotz geringerer Vorinformationszeit zudem noch eine geringere Erkennungszeit. (3) Die größere Differenz liegt in der ersten Versuchsphase. (Es ist, als ob die Extremgruppe zu Versuchsbeginn bereits über eine Information verfügt, dif> die Kontrollgruppe erst im Versuchsgeschehen durch Lernen erwirbt.) (Alle Differenzen sind natürlich signifikant (i-Test für unabhängige Stichproben auf dem 1 - b z w . 5%-Niveau im ersten Durchgang bzw. im Mittelwert über alle Durch-' gänge).) Was wir suchten, ist gefunden: Ein Versuchsgeschehen, in dem sich die beiden Populationen signifikant unterscheiden. Das ist es, was ein guter Test liefern muß. Und dennoch: Hier beginnt erst unsere eigentliche Aufgabe, nämlich den Prozeß zu analysieren, durch den sich die beiden Versuchspersonengruppen voneinander unterscheiden. Dazu gehen wir in drei Schritten vor und fragen: (1) Gehrocht die Relationserkennung schon bekannten Gesetzen des Vergleichs zwischen Struktureigenschaften der Wahrnehmnung? (2) Unterscheiden sich beide Gruppen in den' Strukturbildungen ihrer Wahrnehmung? (3) Gibt es verschiedene Strategien im Analogieerkennungsprozeß und wenn ja, unterscheiden sich unsere beiden Populationen in ihnen? 6

Den Versuchspersonen wurde dazu ein leeres 8 X 8 - S c h a c h b r e t t m u s t e r als S c h e m a vorgegeben.

F. K u x , Begabungsforschung — ein neuer Weg?

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Abb. 9. Die Hauptergebnisse des Grundversuchs. Links die Zeiten für die Analogieerkennung, rechts die notwendigen Zeiten für die Vorinformationsaufnahme. Oben: die Mittelwerte des 1. Durchgangs, unten: die Mittelwerte über alle Versuchsphasen (1. und 2. Durchgang)

5.2. Zur Analyse der Relationserkennung In Experimenten mit HOFFMANN ( K L I X und HOFFMANN, 1 9 7 8 ) sowie mit VAN D E R und VAN D E R M E E R , 1 9 7 8 ) hatten wir gefunden, daß elementare Vergleichsprozesse zwischen WahrnehmungS- oder Gedächtnisinhalten bei hochgeübten Versuchspersonen ca. 220 ms beanspruchen. (Unter ganz anderen, aber vergleichbaren Ber dingungen fanden COHEN, 1 9 7 7 ; R A D I L , 1 9 8 2 , u . a . sehr ähnliche Werte.) Wenn in unseren Experimenten -die perzeptive Strukturbildung abgeschlossen ist, dann muß für die Relationserkennung ein Vergleich zwischen den Musterelementen stattfinden. Die Zeit dafür entspricht der Differenz zwischen dem Einfluß der VorinformationsMEER ( K U X

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stufe 2 und der Vorinformationsstufe 1. Die Zeiten schwanken zwischen 450 und ca. 1500 ms. Diesen jeweiligen Zeitbedarf teilen wir durch die angenommene Periodizität des Vergleichsprozesses und prüfen, ob eine signifikante Abweichung von 220/2 eintritt. Das Ergebnis zeigt Abbildung 10. Wir finden, daß die Mustervergleichsprozesse, wie

Abb. 10. Die Bestimmung einer Zeitkonstanten im Relationserkennungsprozeß. Ordinate: Erkennungszeit für das Einzelmuster, dividiert durch die angenommene Zeitkonstante von 220 ms. Abszisse: Zuordnung des Ordinatenwertes zu dem nächsthöheren ( + r) oder nächstniedrigeren ( — r) ganzzahligen Vielfachen von 220. ( g ± r ) = n ; n = 0 mod. 220. Darunter die Regressionsgrade für Extrem- und Kontrollgruppe. Es ergeben sich nur minimale Abweichungen.

aüfwendig sie im einzelnen auch sein mögen, das ganzzahlige Vielfache von 220 ms beanspruchen. 7 Damit ist k l a r : Die Relationserkennung zwischen den Mustern geschieht sequentiell. Der Vergleich zwischen den Strukturkomponenten erfolgt getaktet. Dem Prozeß liegt eine Zeitkonstante A t von ca. 220 ms zugrunde. 7 Dies gilt dann, wenn hochgeübte Versuchspersonen wohlbestimm^e Figurdetails auf Relationsexistenz hin prüfen.

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5. 3. Zu den Strukturbildungen der Wahrnehmung Die Abbildung 11 gibt 4 Zeichnungen verschiedener Versuchspersonen wieder. Diese Zeichungen unterscheiden sich in folgender Hinsicht: (1) E s wird eine unterschiedliche Anzahl von abgehobenen Teilfiguren gebildet. Diese Größe nennen wir . m

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A b b . 11. S u b j e k t i v e R e p r ä s e n t a t i o n einer M u s t e r s t r u k t u r in den Z e i c h n u n g e n v o n V p n . S i e u n t e r scheiden sich (1) in der A n z a h l der g e b i l d e t e n T e i l s t r u k t u r e n (SEi) u n d ^2) in der m i t t l e r e n F l ä c h e n 1 , . ' große der T e i l s t r u k t u r e n . (—r 2 eß

1 . . m i t ej als F l ä c h e n e i n h e i t . D i e M i t t e l w e r t e der G r ö ß e (1) ü b e r alle

,Vpn heißen q>, die der G r ö ß e (2) heißen v. D e r d r i t t e P e r s o n p a r a m e t e r & b e z e i c h n e t d e n E r k e n n u n g s zeitaufwand pro Teilstruktureinheit. 25 Z. Psychologie 191-4

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Z. Psychol. ßd. 191 (1983) H. 4

(3) Wir kennen jetzt die Anzahl der Figurelemente, die eine Versuchsperson wahrnehmungsmäßig bildet. Wir kennen ihre Enkodierungszeit für jedes Muster. Daraus können wir die Enkodierungszeit pro Musterelement bzw. Teilstruktur berechnen. Diese Größe nennen wir 0 . Nun versuchen wir, aus diesen drei Parametern die Erkennungszeit für das Einzelmuster jeder Versuchsperson zu bestimmen. Dabei will ich mich hier auf zwei Ergebnisse konzentrieren: 1. Die Erkennungszeiten der einzelnen Muster sind von den definierten Parametern her berechenbar. (Von 12 Mustern gibt es in zwei Fällen schwache Übereinstimmung. Die Erörterung dieser zwei Ausnahmen muß hier unterbleiben,) 2. Die kürzeren Erkennungszeiten der Extremgruppe rühren daher, daß sie in starkem Maße von der Anzahl der perzeptiven Teils truUturen q> abhängen, genauer: vom Logarithmus In des Parameters 40

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80, 2212

KG

Wir haben sehr hohe Varianzanteile bestimmt durch den Faktor Vorinformation (VA = = 45 bzw. 71,6 % bei Kontroll- und Extremgruppe mit F ^ .01 %). Hingegen gibt es nur eine sehr geringe (nicht signifikante) Wechselwirkung zwischen der Vorinformation und dem Strategiefaktor ( Q S 7 ^ J / r , VA = 5,8 bzw. 3,6 % bei Extrem- und Kontrollgruppe mit jeweils F > 2 5 %). Dies ist (neben anderen Daten) ein Hinweis darauf, daß wir es mit drei Strategien zu tun haben. Wir legen uns nun die Frage vor, ob wir in der L a g e sind, — aus den Parameterwerten alle Versuchspersonen innerhalb einer Strategie sowie — aus den bisherigen Kenntnissen über den Ablauf den Analogieerkennungsprozeß zu rekonstruieren. Ich erläutere dies am gegebenen Beispiel. Dazu betrachten wir die Abbildungen der drei Strategien. Strategie II {Abb. 14): Oben im Bild haben wir die Parameterwerte für Extrem- bzw. für Kontrollgruppe. Die 9?-Werte sind für die Extremgruppe kleiner, die mittleren Flächen (y) größer, die Einkodierung ( 0 ) etwas langsamer als bei der Kontrollgruppe. Aber der Prozeßverlauf ist bei beiden Gruppen der gleiche: E r beginnt bei der Einkodierung von Strukturteilen des Musters (A), führt zur Einkodierung von Teilstrukturen des zweiten (A'), dort zur Feststellung des kritischen Figurdetails; der Vergleich geht zurück zum ersten, bis die Relationserkennung abge-

F. KLTX, Begabungsforschung — ein neuer Weg?

Arbeitsgedächtnis: •i T (A.A1) = R,. R 2 . R 3 v 0 j t

Bestimme Bestimme

Rj in A A' 1 Rj in B B' J

377

Vergleiche Rj Rj 5 ?

/t ~ k-means: „WAL-+K": Weighted Average Linkage -^-k-means). In der Praxis können vier Varianten auftreten:

430

Z. Psychol. Bd. 191 (1983) H.A

1. K=SL-»K: Es erübrigt sich, zur Kontrolle die Datenanalyse auch noch mit WAL->-K vorzunehmen. E s liegen keine extrem nicht-sphärische oder ungleich große Cluster vor. Auch muß nicht mit extremen Outliers gerechnet werden. Das Resultat darf als korrekt angesehen werden. 2. K^SL-*K\ K= WAL-+K-, SL-+K+WAL^K: Wahrscheinlich ist K (und gleichzeitig WAL — K) die ädaquate Lösung; S L — K führt wegen Outliers zu unkorrektem Resultat. Weniger wahrscheinlich, aber im Prinzip möglich ist, daß nicht-sphärische Cluster vorliegen, die zwar durch S L —K, nicht jedoch durch WAL — K {und K) entdeckt werden. Das würde jedoch voraussetzen, daß die problematischen Cluster real nicht sehr deutlich getrennt sind. Das Resultat von K (bzw. WAL — K) ist mit einiger Vorsicht zu interpretieren. Evtl. sind weitere Abklärungen vorzunehmen. K*WAL-~K; SL~K= WAL^K: Es hegen nicht-sphärische und/oder 3. K^SL-*K-, ungleich große Cluster vor, die durch S L —K und W A L — K korrekt entdeckt werden. Das Resultat aus diesen Verfahren darf als gültig betrachtet werden. 4. K ^ r S L ^ K ; K + W A L ^ K ; S L ^ K ^ W A L ^ K : Alle drei Lösungen sind voneinander verschieden. Mit großer Wahrscheinlichkeit lassen sich die Daten nicht sinnvoll clusteranalytisch strukturieren, da keine Gruppen vorliegen. Dies ist evtl. mit Single Linkage heuristisch zu überprüfen (RRAUCHLI, 1981). Das Resultat darf nicht interpretiert werden. Mit der beschriebenen Analyse-Strategie können Effekte aus der Interaktion von verfahrensimmanenter Modellstruktur und realer Datenstruktur aufgedeckt und besser kontrolliert werden. Die letzten Entscheidungen liegen aber auch hier immer beim Untersucher. Zusammenfassung Die Verfahren der Clusteränalyse haben zum Ziel, Gruppen von ähnlichen Objekten zu bilden. Solche Cluster sind je nach angewandtem Kriterium verschieden definiert. Eines der wichtigsten und statistisch plausibelsten Gruppierungsprinzipien ist das Varianzkriterium: Die Objekte werden derart zusammengefaßt, daß die Varianzen innerhalb der Cluster minimal werden. In Verbindung mit dem k-means Algorithmus führt dieses Verfahren in der Regel zu guten Lösungen. E s hat allerdings den Mangel, daß damit bevorzugt sphärische Cluster ähnlicher Größe mit annähernd gleichen Besetzungszahlen entdeckt werden. Wo die reale Datenstruktur diesen Modellannahmen nicht entspricht, hat k-means mit dem Varianzkriterium die Tendenz, den Daten eine Struktur mit sphärischen Clustern ähnlicher Größe aufzuoktroyieren. In dieser Arbeil; wird gezeigt, daß und wie solche Fehler weitgehend vermieden oder kontrolliert werden können, wenn die Anfangspartition für k-means durch bestimmte agglomerative Clusteranalysen generiert wird. E s werden anwendungsbezogene Hinweise gegeben, wie mit fraglichen Resultaten aus Clusteranalysen umgegangen werden kann.

Summary The techniques of Cluster Analysis aim at construing groups of similar objects. The definition of these resulting Clusters varies in aecordance with the criterion used. One of the most important and statistically plausible principles of grouping is provided by the oriterion of variance: A Cluster comprises objects in a way to minimize the variance yithin groups. In connection with the k-means algorithm as

B. BRATJCHLI, Clusteranalyse

431

a rule this procedure yields convincing results. This method, however, has a shortcoming: it detects preferably spherical clusters of similar size which comprise an approximately equal number of objects. Where the real structure of data does not meet these methodological assumptions, k-means in combination with the criterion of variance tends to impose on data a false structure with spherical clusters of similar size. The present article shows how these distortion can largely be avoided or controlled if the initial k-means partition is generated by selected agglomerative methods of Cluster Analysis. Suggestions how to proceed in interpreting results from Cluster Analysis which are questionable in the manner discussed above are provided.

PeaiOMe MeTo^H KJiacTepHoro aHaJiH3a CTaBHT ce6e i;ejibio, 06pa30BaTi> rpynnw CXOHHHX oSheKTOB. Taraie KJiacTepn pa3JiHHHO onpenejinioTCH B 3aBHCHM0CTii OT ynoTpeßjieiiHOft KpHiepim. ^HcnepcHnoHHan KpHTepHH HBJIHeTCH OflHHM H3 CaMtIX BaHiHblX H CTaTHCTHHGCKO CaMHX npaBROnOflOßHHX npilHIJHIIOB rpynnHpOBaHHH. CoejJHHHIOT OÖbeKTbl TaKHM 0 6 p a 3 0 M , HTO J l H C n e p C H H BHyTpM KJiaCTepOB CTaHOBHTCH MHHJiMaJibHHMH. B CBH3H c „k-means"-anr0pHTM0M 3TOT MeroA BeseT KaK npaBHJio K xopouiHM-pemeHHHM. Capyroft CTopoHti ero H eAOCTaTOK COCTOHT A TOM, MTO C HHM oÖHapymHBaioTCH npemviymecTBeHHO c $ e p H H e c K n e Kjiacrepu CXO«HOit BejimiiiHbi c npHßjiHSHTejitHO p a B H H M H HHCJISMH pa3MemeHiift. ECJIH peajibnan cipyraypa naHHbix He cooTBeTcTByeT npeanojioHteHHHM Moneim, TO „k-means" nMeeT c KpHTepHeii jjHcnepcHH TenaemiHio, HaBH3brBaTb naHHtiM cTpyKTypy c c$epHiecKHMH KjiacTepaMH cxo^Hoit BHJiHMHHti. B npe«bHBJieHHOit paSoTe noKa3HBaeT aBTop, iTo H KaK niHpoKO MOJKHO H36eraTb H KOHTpoJiapoBaTb TaKHX OIUHÖOK, earn HanajibHoe pa36iieHHe hjih ,,k-means" np0H3B0HHT onpeflejieHHHMH HananjiHBaiomHMH KJiacTepunMH aHafl jiH3aMH. flaflyT coBeTH oTiiociiTeJibHo npHMeHemiH, KaK oöpamaTBCH c coMHHTejibHbiMM pe3yjibTaTaMH H3 KnacTepHoroaHajiH3a.

Literatur BRATJCHLI B.: Zur Nosologie in der Psychiatrie. Methodische Ansätze empirischer Forschung: Theorie und Methodenstudien zur Cluster-Analyse. Stuttgart: F. Enke 1981. ECKES T., und ROSSBACH H.: Clusteranalyse. Stuttgart: W. Kohlhammer 1980. EVEBITT B.v S.: Cluster Analysis. London: Heinemann 1974 HAGENDORN H.: Verfahren und Modelle der Clusteranalyse. Z./Psycho], 186 (1978) 382—402. MARRIOTT F. H. C.: Practical Problems in a Method of Cluster Analysis. Biometrics 27 (1971) 501—514. MYERS J. G., und NICOSIA F. M. :,On the Study of Consumer Typologies. J. Market Res. 5 (1968) 182—193. SPÄTH H.: Cluster-Analyse-Algorithmen zur Objektklassifizierung und Datenreduktion. München: Oldenbourg 1975. Eingegangen am: 15. 11. 1982 Anschrift des Verfassers: Dr. phil. B. BRAUCHLI, Forschungsabteilung der Psychiatrischen Universitäts-Klinik, Bolligenstr. I l l , CH - 3072 Ostermundigen/Bern

Aus dem Fachbereich Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kreiskrankenhaus Bernau

Poliklinik

Zur Probematik einer real handlungsbezogenen, prozeßorientierten Experimentaldiagnostik prosozial-kooperativer Verhaltenskompetenz im frühen Schulalter Vorläufige Mitteilung V o n W . ZIMMERMANN

1. Problemstellung In den vergangenen 15 Jahren ist immer wieder die Forderung unterstrichen worden, den Handlungs- und Prozeßbezug gemäß dem Konzept einer tätigkeitsorientierten Psychodiagnostik bei neuen Verfahrensentwicklungen zu berücksichtigen 1 , allerdings bisher ohne praktische Erfolge bzw. nur in ersten Ansätzen angezielt. Es ist damit gemeint, daß man sich von der Ebene der sogenannten klassischen „Papier-Bleistift-Testverfahren" und allen ähnlichen, auch fiktiven Situationstests (vgl. ZIMMERMANN, 1979 b) distanziert und endlich konsequent den Versuch unternimmt, den Prozeß, die Veränderungen während realer Handlungsabläufe selbst in die diagnostische Urteilsbildung einzubeziehen, also eine,veränderungsbezogene prozeßorientierte Psychodiagnostik anzustreben. Damit ist nicht impliziert, daß die „herkömmliche" statusorientierte Psychodiagnostik keine Existenzberechtigung mehr h ä t t e — im Gegenteil: In der gemeinsamen, wechselseitigen Nutzung von status- und prozeßorientierten diagnostischen (und vor allem auch prognostisch-relevanten!) Informationen muß ein wirklicher Vorteil gesehen werden. Ahnlich h a t man ja auch auf die Nutzung und gegenseitige Ergänzung von kriterien- und normenbezogenen Messungen in der Psychod i a g n o s t i k w i e d e r h o l t hingewiesen (vgl. GTJTHKE, 1980 a, b 1981; ZIMMERMANN, 1981 a, b.).

Im Bereich der intellektuellen Leitungsdiagnostik ist das Konzept einer veränderungsbezogenen (Prä-Post-Test-) Analyse der interessierenden psychischen Komponenten gemäß dem Ansatz der „Lernfähigkeits-Diagnostik" (GTJTHKE, 1972, 1978) praxiswirksam iil Angriff genommen wor ; den. Keinesfalls so verhält es sich im gesamten Bereich der, Persönlichkeitsdiagnostik sozialer Eigenschaften, insbesondere des Kindes- und Jugendalters. Hier ist ohnehin seit langem ein außerordentlich großer Mangel an soliden diagnostisch-relevanten Verfahren bekannt und immer wieder betont worden (vgl. z. B. ZIMMERMANN 1979 a, b). Die wesentlichsten methodologischen Grundpositiönen zur handlungs- upd prozeßorientierten Diagnostik sind seit langem ausgearbeitet, einschließ1 Wir verzichten hier auf ausführliche Literaturbezüge, diese können jederzeit beim Verfasser nachgefragt werden. Außerdem stützen wir uns in den Ausführungen teilweise mit auf einen Beitrag, der anläßlich der IV. Internationalen Präger Konferenz „Lernen, Entwicklung und Persönlichkeitsentfaltung" im Juli 1982 in Prag v o m Verfasser vorgetragen worden ist.

W. ZIMMERMANN, Experimentaldiagnostik prosozial-kooperativer Verhaltenskompetenz

433

lieh entsprechender meßtheoretiseher und verfahrenstnethodischer Überlegunen (vgl. WXTZLACK . 1 9 7 7 , 1 9 7 9 , 1 9 8 0 ; P E T E R M A N N , 1 9 7 8 , 1 9 7 9 , 1 9 8 0 ; PETERMANN u n d

HEHL,

und B E R G , 1 9 8 0 u. v. a.), jedoch verblieb es bei der Mehrzahl diagnostischer Arbeiten bei mehr proklamativen Äußerungen zur Umsetzung dieser Grundpositionen bei diagnostischen Verfahrensentwicklungen, wovon wir uns selbst keinesfalls ausschließen wollen (ZIMMERMANN, 1 9 7 7 ) . Wir haben auf der Grundlage dieser seit langem bekannten Problemlage nun im Verlauf mehrjähriger Voruntersuchungen und inzwischen realisierter Hauptuntersuchungen uns bemüht, erstmals einen grundsätzlichen anderen Weg in der Diagnostizierung im sozialen Verhaltensbereich im Kindesalter zu gehen: Wir wollen versuchen, reale Zweiersituationen mit erlebnisintensiver, überzeugungswirksamer und realitätsangenäherter Grundlage zu schaffen, in denen die dort agierenden Kinder jedoch objektiv-diagnostisch voneinander unabhängig sind. Dies wird auf der Basis einer. umfangreichen experimentellen Anordnung, der Realisierung einer konkret-inhaltlich und anforderungsspezifischdifferenzierten Teststrategie des Versuchsleiters und notwendiger experimenteller Kaschierungen erreicht (so, wie in Experimenten vielfach eine Kaschierung des eigentlichen Anliegens legitim ist - vgl. auch PER,VIN, 1 9 8 2 , S. 2 7 0 ff.; K&ÍVOHLAVY, 1 9 7 4 , 1 9 7 9 ) . Da nun gerade im frühen Schulalter Persönlichkeitsfragebogen in ihrem Wert mehr als fraglich sind (von grundlegenden Problemen dieser Methoden in allen Altersklassen hier nicht zu sprechen - vgl.SPRUNG und S P R U N G , 1 9 8 0 , 1 9 8 2 ; W . S C H M I D T , 1 9 7 5 ) , aber andererseits gerade hier in diesem Bereich ein außerordentlicher Mangel an standardisierten Testverfahren zur Beurteilung sozialer Eigenschaften der heranwachsenden Persönlichkeit sehr deutlich in der Vergangenheit analysiert wurde, haben wir uns entschlossen folgendes zu tun: Auf der Basis realer Handlungsvollzüge und der Möglichkeit einer veränderungsbezogenen Messung relevanter Eigenschaften prosozial- kooperativer Verhaltenskompetenz einen Beitrag zur Persönüchkeitsdiagnostik im frühen Schulalter zu leisten und einen grundsätzlich neuen Weg bei der Entwicklung entsprechender DiaghostikVerfahren zubeschreiten. Dazu sollen nachfolgende Erörterungen einpn sehr groben, oreientierenden Überblick geben, der sozusagen den „Status nascendi" der Bemühungen unterstreichen soll. 1979; KRAUSE, 1979; KRAUSE

2. Darstellung einiger wesentlicher Aspekte der theoretisch-inhaltlichen und meßmethodischen Konzeption Wir gehen bei der theoretischen Fundierung unserer Konzeption von einem mehrdimensionalen Modell der Determination prosozialen und kooperativen Verhaltens aus (welches hier nicht Gegenstand der Darstellung sein kann). Grundgedanke dabei ist — kurz gefaßt —, daß es nicht nur um ein sozial-kompetentes Verhalten bei kooperativen Anforderungen (mit Bezug zum sozialen Kompetenz-Konzept der marxistischen Sozialpsychologie — vgl. VORWERG und SCHRÖDER, 1 9 8 0 ) geht, sondern ein Verhalten, welches sowohl prosozial (i. S. der bekannten Konzeptionen zum prosozialen Verhalten von FLEYKOWS K I , KOCHANSKA, KRIVOHLAVY, B A R - T A L , S T A U B U. a.) als auch kooperativ zugleich

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Z. Psychol. Bd. 191 (1983) H. 4

orientiert ist (wobei „kooperativ" und „prosozial" eben keinesfalls identische Sachverhalte tangieren!) D. h. es geht um ein Verhalten, welches sich im Rahmen einer dialektisch-widersprüchlichen, konfliktträchtigen und sowohl rein kooperative als auch kompetitive, egozentrische Komponenten implizierenden aktiven Auseinandersetzung des Kindes mit seinen Anforderungen im Prozeß realer sozialer Tätigkeit vollzieht. Eine Diagnostik, die dann auf die dieses Verhalten orientierenden und handlungsregulierenden psychischen Komponenten gerichtet ist und diese auch konkret-veränderungsbezogen erfassen möchte, muß also eine Situation schaffen und experimentell standardisieren, die folgendes realisiert : 1. Eine eindeutige iWiVitiitaidiagnostische Aussage gestattet (trotz der echten sozialen Partnersituation bzw. einer experimentell standardisierten „Partner-"Situation wird keine Dyadendiagnostik angestrebt). 2. Einen möglichst erlebnisintensiven, überzeugungswirksamen sozialen und für das Kind unbedingt glaubwürdigen Kontext vermittelt, der sich auf kindgemäße, realitätsangenäherte Situationsanforderungen bezieht (also die Testbedingungen in konkrete kindgemäße Handlungsebenen einbettet.) 3. Die Ableitung psychometrisch-definierter Parameter in mindestens zwei Versionen gestattet: einmal zur Abbildung ausgangs- und statusbezogener Variablenausprägungen (z. B . diagnostische Ausgangsdaten, Gesamtwerte usw., die zu standardisieren sind) und zum anderen solche Parameter, die konkret veränderungsbezogen sind, sich also auf mehrere Teileinheiten eines Gesamtversuches beziehen. 4. Die Definition mehrerer Meßzeitpunkte (z. B . auf der Basis methodisch genau abgegrenzter Teilversuche), die zu einemGesamtversuch gehören und auf einen gemeinsamen Hintergrund sich beziehen lassen (d. h. den jeweiligen Test mit den speziellen inhaltlichen kooperativen Anforderungen und der entsprechenden Situationseinbettung) 2 . Eine solche Situation, die test- und meßmethodisch- inhaltlich grundsätzlichen Charakter besitzt und inhaltlich-spezifiziert für alle neu zu entwickelnden Testverfahren mit realem Anforderungs- und Prozeßbezug Anwendung finden kann, wollen wir als experimentaldiagnostische Grundsituation kennzeichnen: Zwei Kinder sitzen in einem Raum und sind mit einer konkreten, dem Diagnostizierungsgegenstand entsprechenden sozialen Anforderungssituation konfrontiert. Objektiv diagnostisch ist der jeweils andere Partner, also das zweite Kind, vollkommen unabhängig vom ersten Kind, da der Versuchsleiter eine Strategie realisiert. Die Kinder jedoch (vgl. später) wissen, daß der andere Schüler helfen, mit ihm interagieren usw. kann oder dies auch niicht tun kann. Die Kinder sitzen sich mit dem Rücken zueinander 2 Beispielsweise bieten die experimentellen Nicht-Nullsummen-Spiele bei guter situativer Anforderungsbezogenheit und kindgemäßer Einbettung sowie der Anwesenheit eines realen (wenn auch durch Strategieanwendung irrelevanten) Partners durchaus geeignete Möglichkeiten zur differenzierten psychometrischen'A ufbereitung. Man sollte hier sehr vorsichtig mit voreiligen, abwertenden Schlußfolgerungen und methodisch-kritisch nicht abgesicherten Verallgemeinerungen sein, wie sie leider in der Arbeit von HOMMERS und TEMPLER (1979, S. 242 f. besonders) durchgängig zu finden sind (vgl. kritisch dazu ZIMMERMANN, 1981 a).

'W. Zimmermann, Experimentaldiagnostik prosozial-kooperativer Verhaltenskompetenz

435

„gegenüber", haben also keinen-Gesichtskontakt, ebenso keinen direkten verbalen Kontakt. Der VI. sitzt in „Dreiecks-Position" zu ihnen, also in der Mitte vor ihren beiden Tischen und kann das gesamte Versuchsgestehehen direkt überblicken. Alle Kommunikationen zwischen dem VI. und den Kindern (die wiederum glauben, daß sie mit dem jeweiligen anderen Kind kommunizieren über die „Vermittlung" des Versuchsleiters) erfolgen nur nonverbal und konkret-anforderungsspezifisch (wir gehen auf diese dazu benutzten Kommunikationskärtchen, Tafeln u. ä. Material hier nicht ein). Es werden auch Händzeichen (z. B. das Anzeigen einer entsprechend im jeweiligen Spielzug getroffenen Wahlentscheidung oder einer erwarteten Wahlentscheidung des vermeintlichen "Partners"), das Zeigen von Zustimmungs- oder Ablehnungsmarken (bezüglich zu leistender Hilfen oder Reaktionen auf Hilfeersuchen des „Partners") verwendet. Grundsätzlich hat jedes Kind eine genau definierte (prinzipiell auch allein notfalls lösbare) Teil-Aufgabe, die direkt oder indirekt (motivational und anders vermittelt) zu einem Gesamtvorhaben gehört (z. B. möglichst schnell, mit möglichst wenig Schritten, mit möglichst wenig Fehlern und Hilfen zum Ziel zu gelangen: eine Liste mit Begriffen durch jeden Schüler vollständig zu ergänzen bzw. die richtigen Begriffe als Gegenteile zu finden, oder jeder ein bestimmtes Muster fertig zu haben oder einen bestimmten Weg mit' zahlreichen Schwierigkeiten und Konflikten durch kooperatives Verhalten bewältigt oder auch durch wettbewerbliches, unangepaßtes Verharren für beide Kinder nachteilig blockiert zu haben usw.). Dabei ist es aber — im Unterschied etwa zum kooperativen Problemlösen — so, daß jedes Kind prinzipiell auch ohne die Hilfe des (vermeintlichen, geglaubten, in Wirklichkeit aber durch die Strategie des Versuchsleiters realisierten )„Partners" zum Ziel gelangen, seine Teilaufgabe realisieren kann. Dann aber eben nicht-optimal, mit nicht geeigneten Mitteln, zeit- und anforderungsunökonomisch- kurz: nicht-kooperativ. Es besteht also niemals ein Kooperationszwang, weil ansonsten eine Diagnostik der Bereitschaft zu Hilfe, zu sozialer Verantwortlichkeit usw. unmöglich ist. Andererseits ist auch ein „samariterhaftes", grenzenlos-hilfsbereites und einseitigprosoziales Verhalten unangemessen-, d. h. ein Verhalten, welches nicht auf die erhaltenen Rückmeldungen durch das Verhalten des (vermeintlichen) „Partners" eingeht. Hier grenzen wir uns inhaltlich eindeutig vom primären „Prosozialitäts-Konzept" i. S. der „Hilfe für den anderen" in mehr oder minder deutlichen Mangel- oder gar „Notsituationen", ab. Schließlich ist schon mehrfach angedeutet worden, daß der Partner in Wirklichkeit der Versuchsleiter mit einer konkret-inhaltlich definierten, auf die Variation interessierender Bedingungen prosozial'-kooperativen Verhaltens abzielenden Strategie im jeweiligen Teilversuch i eines Gesamtversuches ist. Die Anzahl der Teilversuche (die dann die „Meßzeitpunkte" im oben genannten Sinne realisieren) richtet sich nach inhaltlichen und meßmethodischen Aspekten, die unterschreitet jedoch bei allen von uns entwickelten (insgesamt vier) Handlungs-Testverfahren nie vier solcher Versuchseinheiten. Der erste und der letzte Teilversuch sind hinsichtlich der Strategierealisierung grundsätzlich identisch. Zwischen diesem Ausgangs- und Endversuch werden z. B. extrem positive (kooperationsfördernde) und gegenteilig extrem negative (egoistisch-wettbewerbliche

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u. ä.) Strategien (das vermeintliche „Partner"-Verhalten) realisiert. Das Kind soll im Verlauf der Teilversuche durch die mit den „Partnern" gewonnenen Erfahrungen über verschiedene Zwischenetappen zu einem aktiv-sozialangepaßten, optimalen, d. h. kooperativen, direkt auf das Partherverhalten, die gemeinsame Zielstellung, den optimalen Mittelgebrauch und optimale zeitliche Realisierung gerichteten Verhalten gelangen. Die Kriterien der Optimalität beziehen sich dabei grundsätzlich auf ein — sozusagen — „ausgewogenes", nicht primär egozentrisch-wettbewerbliches, aber auch nicht „grenzenlos"-kooperatives (und damit letztlich naives, einfältiges, den Wettbewerb des anderen Kindes förderndes!) Verhalten. Die experimentaldiagnostische Grundsituation ist hinsichtlich der wichtigen Variable „Hilfsbereitschaft" prinzipiell so angelegt, daß Helfen mit „Kosten" verbunden, konfliktträchtig und nicht problemlos erlebbar ist. 3 Da dies für jedes Kind gleichermaßen und entsprechend der experiemtellen Strategie des Versuchsleiters standardisiert erfolgt, ist die Voraussetzung für die individualdiagnostische Aussagenbasis gegeben und durch die Gliederung in mehrere Teileinheiten wie bei allen anderen Variablen auch ein Prozeßbezug gegeben. Eine Vielzahl von anderen methodisch-experimentellen Details, vor allem auch die notwendigen experimentellen Kaschierungen, muß hier unberücksichtigt bleiben und wird in späteren Arbeiten detailliert dargestellt. Es soll allerdings noch ein für das Verständnis der Erlebnisechtheit und Glaubwürdigkeit der Situationsanforderung und der Partnerbezogenheit aus der Sicht der Kinder wichtiger Umstand erklärt werden: Vor jedem der Hauptversuche auf der Grundlage dieser experimentellen Standardsituation findet ein sogenannter „Übungsversuch" statt. Dieser Übungsversuch ist als ein realer dyadischer Versuch angelagt, ohne die Strategie des Versuchsleiters, aber mit allen methodischen und inhaltlichen Versuchsdetails, Material- Und Kommunikationsbesonderheiten usw., wie sie im Hauptversuch auch Verwendung finden. Damit wird in diesem Versuch in tatsächlicher Abhängigkeit vom Verhalten des real anwesenden zweiten Kindes agiert. Alle Bedingungen des Übungsversuches sind so angelegt, daß ein nachhaltiges, emstellungswirksames und überzeugendes reales Partner-Erlebnis (in einer realen dyadischen Anforderungssituation) erzeugt wird, welches dann später exprimentelle Kaschierungen erleichtert. 3 Wir können hier nur exemplarisch auf einen in vielen empirischen Untersuchungen, auch älteren Datums, nachgewiesenen Tatbestand verweisen: Kinder, die in den mittels Fragebogenmethoden oder selbst auch fiktiven Situationstests ermittelten Variablenausprägungen hinsichtlich Hilfsbereitschaft, Kooperativität, Partnerbezogenheit u. ä. Komponenten als besonders positiv diagnostiziert worden waren, erwiesen sich in einer realen natürlichen und noch mehr in einer experimentellstandardisierten, aber der natürlichen Situation angenäherten sozialen Anforderungssituation „plötzlich" als wesentlich mehr wettbewerblich-orientiert, egozentrisch-gewinnorientiert i m Verhalten, waren weniger konfliktlösungs-bezogen und konstruktiv in ihrem Verhalten und zeigten sogar wesentlich mehr Aggressivität als aus irgendeinem diagnostischen Fragebogenresultat auch nur andeutungsweise zu vermuten gewesen wäre (vgl. auch ZIMMERMANN, 1981 b, 1983). Der Sachverhalt bezieht sich also auf das in der sozialen Persönlichkeitsdiagnostik bekannte, aber nicht gelöste Problem: Auseinanderfallen v o n angegebener Verhaltenstendenz (mit erheblicher Verzerrung durch „soziale Erwünschtheits-Tendenzen") und realem, anforderungsspezifischem Sozialverhalten!

W. ZIMMERMANN, Experimentaldiagnostik prosozial-kooperativer Verhaltenskompetenz

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Die Kinder sitzen zwar auch in der gleichen wie der späteren Anordnung, aber der Versuchsleiter ist jetzt tatsächlich nur „Vermittler" zwischen den beiden Kindern, was ausschließlich auch wiederum über entsprechende Informations- und Kommunikations karten und nonverbalen Ebenen erfolgt. Durch diesen (in vieler anderer und hier nicht weiter erläuterter Hinsicht) sehr erlebniswirksamen, echten dyadischen Übungsversuch sind die Kinder von der realen Partner-Anforderungs-Situation überzeugt, lernen alle Details des Versuches genau kennen und erst wenn sie alle Abläufe, alle Materialverwendungen, alle Formen der notwendigen Kommunikation kennen bzw. beherrschen, erst dann wird der spätere Hauptversuch begonnen. Dieser Hauptversuch wird aber — trotz der objektiven Unabhängigkeit vom real anwesenden Partner und der Strategierealisierung durch den Versuchsleiter — nicht mit dem gleichen Kind durchgeführt; welches der real anwesende Partner im Übungsversuch war. Wir verfolgen vielmehr ein sogenanntes „Überkreuzungs-Prinzip": Kind A und Kind B sowie Kind C und Kind D sind jeweils Paare im Ubungsversuch. Im Hauptversuch sind Kind A und Kind D sowie dann Kind B und Kind C jeweils zusammen. Ihr Verhalten ist dann ohnehin absolut unabhängig voneinander und nur auf die diagnostisch-experimentelle Strategie bezogen. Aber wir wollten auch unbewußte, indirekte Einstellungs-Wirkungen, Abwehrverhalten u. ä. m. vermeiden. (Wir haben zur Irrelevanz möglicher Auswirkungen des — lediglich anwesenden — anderen Kindes ausreichend methodenkritische Veruntersuchungen — neben zahlreichen anderen ähnlichen Aspekten im Zusammenhäng mit der Kontrolle der Variable „Partner"-durchgeführt, die eindeutig bestätigten: Die alleinige Anwesenheit des anderen Kindes im Hauptversuch hat hinsichtlich möglicher unbewußter sozialer Einstellungen, Abwehrhaltungen usw. keinen statistisch bedeutsamen Einfluß auf die psychometrischen Parameter, selbst wenn man z. B. als vermeintlichen „Partner" (in der Klasse) extrem beliebte oder unbeliebte Kinder heranzieht und das Verhalten einer entsprechenden Testperson vergleicht!). Insgesamt wird also versucht, auf der Grundlage des inhaltlichen (hier zur Selbstverständigung vereinfachent so zu benennenden) „Koppelungs-Konzeptes: prosozial und — kooperativ und inhaltlich entsprechend definierter sozialrelevanter Anforderungssituationen folgendes diagnostisch zu erfassen: Die erfahrungs- und real handlungsbezogenen Veränderungen in den Ausprägungen wesentlicher psychischer Komponenten der direkt partner-, anforderungs- und damit kooperationsopiimaim (nicht maximal-prosozialen, altruistischen) Verhaltensregulation, kurz: der psychischen Komponenten prosozial-kooperativer Verhaltenskompetenz bei jüngeren Schulkindern.

3. Einige Schlußfolgerungen Wir haben auf der Grundlage umfangreicher Vor- und Hauptuntersuchungen im Verlauf von ca. fünf Jahren bisher vier eigenständige, handlungsbezogene Testverfahren entwickelt, die dem Grundmodell einer prozeßorientierten Experimentaldiagnostik 29

Z. Psychologie 191-4

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Z. Psychol. Bd. 191 (1983) H. 4

entsprechen. Es sind dies in konkrete kindgemäße Anforderungssituationen eingebettet ein experimentelles Nicht-Null-Summen-Spiel auf entsprechend psychometrischer Verfahrerisgrundlage, ein Spiel „Begriffe-finden", eine stark modifizierte Variante des „AcmeBolt-Spieles" (s. K R I V O H L A V Y , 1 9 7 4 ) und ein „Steck- und Legemuster-Spiel". Zwei der -Methoden sind vom gesamten Inhalt und Ablauf her von uns neu entwickelt worden, die beiden anderen sind lediglich vom methodischen Grundgedanken übenommen worden. Die Methoden werden durch zwei Zusatzverfahren (mit Bezug zum kooperationsrelevanten „Partnerbild" und Lehrerbeurteilungen mit dreimonatigefri Verlaufsbezug u. ä.) ergänzt und konnten sich nach bisherigen Ergebnissen vor allem differentialdiagnostisch als valide, vor allem hinsichtlich der Veränderungsmaße, ausweisen. Die definierten Parameter — veränderungssensitive Einzelmaße, spezielle, auf jeweils einem Teilversuch bezogene Einzelmaße, Globalmaße und sogenannte Komplex-GesamtMaße — sollen ein mehrdimenstionales Abbild vermitteln: E s soll sowohl der Verlauf der o. g. Ausprägungsänderungen psychischer Komponenten erfaßt werden als auch durch normenbezogene Gesamtmaße ein Bild von der jeweiligen Anfangs- und Endsituation in Abhängigkeit von verarbeiteten Erfahrungen vermitteln. Die Veränderungsmaße auf der Basis einer (hier nicht darzustellenden) speziellen mathematisch-statistisch-begründeten Verfahrensweise als regressionsanalytisch bezogene ErwartungsDifferenz-Werte (sog. RED-Werte) definiert und über die Verteilungen der DifferenzErwartungswerte standardisiert. Wir streben damit eine Einheit von sowohl kriterien als auch normenbezogenen diagnostischen Abbildungen der angezielten psychischen Regulationskomponenten an. Dies wäre zugleich auch ein erster Schritt in Richtung einer Nutzung von status- wie prozeßorientierten diagnostischen Aussagen, die keinesfalls in einem Gegensatz zueinander stehen müssen (wie mitunter der Eindruck erweckt wird — vgl. HTT/KE, 1 9 8 0 ) , realisiert. Unsere Verfahren sollen — neben dem möglichen Einsatz zu forschungs- und grundlagenmethodischen Zwecken — vor allem in der klinisch-psychologischen (und auch beraterischen) Praxis zur Differentialdiagnostik von sozial-auffälligen, z. B. aggressiven, aber auch anderweitig als „verhaltensgestört-neurotisch" beurteilten Kindern, insbesondere am Überang vom „unteren" zum „mittleren" Schulalter (also etwa in der 4. — bis maximal 5. Klasse, normalerweise im Alter von 9—10; 5 Jahren) einen Beitrag leisten. Da nach den vorliegenden Erfahrungen auch einzelfallanalytische Einsatzmöglichkeiten gegeben sind (vgl. hierzu P E T E R M A N N und H E H L , 1979), wäre eine inhaltliche Differenzierung der Grundmethodik für diese und ähnliche Fragestellungen in späteren Arbeiten angemessen. Hier könnten auch eine Vielzahl noch offener methodischer, inhaltlicher und auch testtheoretischer Fragen behandelt werden. Zusammenfassung Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist eine vorläufige Mitteilung über wesentliches Anliegen, tionelle Grundlagen und empirische Realisierungsmöglichkeiten einer grundsätzlich neuen stischen Vorgehensweise: der prozeßbezogenen Experimentaldiagnostik wesentlicher psychischer nenten prosozial-kooperativer Verhaltenskompetenz im frühen Schulalter. Dieser im Grundkonzept vor allem unter methodisch-psychömetrischem Aspekt dargestellte

konzepdiagnoKompound als

W. Zimmermann, Experimentaldiagnostik prosozial-kooperativer Verhaltenskompetenz

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eine erste Orientierung zu verstehende Ansatz bietet erstmals die Möglichkeit, auch im Bereich der Persönlichkeitsdiagnostik sozialer Eigenschaften bei Kindern den vielfach geforderten realen Anforderijngsund Handlungs- bzw. Prozeßbezug im Sinne einer veränderungsorientierten Psychodiagnostik umzusetzen und neue testmethodische und -theoretische Strategien zu realisieren. Der Ansatz bietet vor allem eine Möglichkeit zur Differentialdiagnostik sozial auffälliger, verhaltensgestörter Kinder, die mit den herkömmlichen und sehr unzureichenden diagnostischen Methoden kaum Valide diagnostisch und prognostisch beurteilt werden konnten.

Summary The author gives a preliminary report of a new approach to a process related experimental pychodiagnostical method with the aim to measure components of prosocial and cooperative behaviour in early schoolage. This approach offers possibilities of differential diagnosis and the measurement of change in children with behavior disorders which so far could not be assessed with the common test instruments.

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1980.

ÜOMMERS, W., und T r e m p l e r V.: Zur Problematik sozialpsychologischer Interpretationen des Verhaltens von Kindern in Zwei-Personen-Spielen. Z. Psychol. 187 (1979). 29*

440

Z. Psychol. Bd. 191 (1983) H. 4

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Eingegangen am : 13. 12. 1982 Anschrift des Verfassers : Dr. W. ZIMMERMANN, Kreispoliklinik, Fachbereich Klinische DDR - 1280 Bernau, Breitscheidstr. 41

Psychologie

und

Psychotherapie,

Buchbesprechungen K E B E C K , G . : Emotion

und Vergessen

(Aspekte

einer, Neuorientierung

psychologischer

Gedächtnisforschung).

ASCHENDO^FF, Münster, (Reihe „Arbeiten zur sozialwissenschaftlichen Psychologie", tieft 341 S. mit 14 Abb. und 38 Tab., 2 3 , 0 x 1 5 , 5 cm. Münster: Aschendorf. Kartoniert 2 6 , - DM.

11)

Die insgesamt sieben Kapitel des Buches sind, einem internationalen Trend folgend, der Erforschung von Gedächtnisprozessen mit emotional getöntem Material gewidmet. Im theoretischen Teil (Kap. I—V) werden eine Vielzahl von empirischen Befunden referiert, die besonders mit dem Erinnern und Vergessen emotional bedeutsamer Ereignisse verbunden sind. Dabei werden die „ganzheitliche" und die „phänomenologisch-experimentelle" Perspektive als methodologische Grundlage vorgestellt. Tendenzen der Dichotomisierung (z. B . Reproduktion vs^ Rekonstruktion) in der gegenwärtigen Gedächtnisforschung werden mit Beispielen belegt und die Grenzen derartiger Vorgehensweisen aufgezeigt. Daraus schlußfolgernd plädiert der Autor für eine größere Alltagsnähe entsprechender Forschungen sowie für die Verwendung von subjektiv bedeutsamem Gedächtnismaterial.'Die bekannten Modelle der Textbasis (KINTSCH), „story grammar" ( RTTMELHART) und das Script Modell (ScHANK und ABELSON) werden als mögliche Forschungsansätze für das geforderte Vorgehen dargestellt und die Verwendung von Dialogen und persönlichen Erlebnissen als Gedächtnismaterial für künftige Forschungen vom Autor vorgeschlagen. Im. II. Kapitel werden der Bereich „Gefühl - und Gedächtnis" als Literatursammeiübersicht und Konzeptualisierungsversuche zu dieser Thematik dargestellt. I n d e n Kapiteln III—V werden Schlußfolgerungen für mögliche Vorgehensstrategien beschrieben und Erweiterungsvorschläge für die Gedächtnisforschung gemacht. Die Verwendung von Metaaussagen und das Rollenspiel als Ansätze im Bereich der Gedächtnisforschung werden diskutiert. Insgesamt versucht der Autor im theoretischen Teil seines Buches die häufig in der psychologischen Forschung getrennt betrachteten Darstellungsebenen (wissenschaftstheoretische, methodologische und inhaltliche) miteinander zu verbinden und so neue Fragestellungen und Antworten auf dem Gebiet der Verarbeitung emotional bedeutsamen Gedächtnismaterials zu gewinnen. Im empirischen Teil (Kap. VI und VII) wird durch einen Vorversuch zunächst die Vorgehensweise „Rekonstruktionsdialog für emotional bedeutsame Situationen" anhand von persönlichen Ereignissen einer ausgewählten Stichprobe geprüft. Im detailliert dargestellten und diskutierten Hauptversuch wird während einer Vorlesung von einem Helfer ein „Vorfall" inszeniert und dieser als emotional getöntes Erlebnis der Stichprobe unter den in den ersten Kapiteln dargelegten Aspekten ausgewertet. Eine Anzahl von Tabellen .und statistischen Zwischenresultaten gestatten dem Leser ein Nachvollziehen der einzelnen Auswertungsschritte. Mit den dargestellten Ergebnissen belegt der Autor seine Forderung, daß bei Anwendung, emotional bedeutsamen Materials in der Gedächtnisforschung die verstärkte Berücksichtigung subjektiver Verarbeitungsprozesse notwendig wird. H . STREBLOW

(Berlin)

442

Z. Psychol. Bd. 191 (1983) H. 4

VELTEN, M.: Die Signalentdeckungstheorie in der Psychologie. Standards Psychologie/Studientexte. mit Abb. und Tab., 1 5 , 5 x 2 3 , 5 cm. S t u t t g a r t : W. Kohlhammer 1982. Kartoniert 29,80 DM.

86 S.

Um es vorweg zu n e h m e n : Dieses Buch kann jedem empfolen werden, der sich mit Entdeckungs- und Diskriminationsexperimenten befaßt. Im ersten Kapitel wird das Modell der Signalerkennung vorgestellt. Der Autor verzichtet dabei auf jeden Formalismus und stellt die wichtigsten Grundgedanken klar, einfach und übersichtlich dar. Sein Anliegen ist es, die psychologische Relevanz dieses Modellansatzes zu zeigen. Das ist besonders wohltuend. Dabei werden die Bedeutung der beiden P a r a m e t e r Diskriminationsfähigkeit d' und Reaktionsneigung ß ebenso gründlich betrachtet \yie die Dismensionalität der Evidenzvariabein oder das Problem der ungleichen Varianzen. Im zweiten Kapitel wird dem Leser ganz.genau beschrieben, wie die beiden Arten von Experimenten (Rating-Experiment und 2-A FC-Experiment) durchzuführen sind, welche Besonderheiten im Experiment zu betrachten sind und wie aus" den gewonnenen Daten die beiden Parameter Diskriminationsfähigkeit und Reaktionsneigung bestimmt werden können. Das dritte Kapitel ist den Anwendungen vorbehalten. W e r die Anfangsentwicklung dieses Modells in der Psychologie mit verfolgt hat, der ist überrascht über die große Vielfalt von A nwendungsmöglichkeiten. Die Palette reicht von elementaren Wahrnehmungsanforderungen über Gedächtnisprozesse bis hin zur Sozial-und sogar Tierpsychologie. Besonderer Beliebtheit erfreut sich dieses Modell in der Psychopathologie. Dies ist im Nachhinein auch nicht verwunderlich, erlaubt dieses Modell doch die Bestimmung von zwei Parametern aus dem Antwortverhalten: einen P a r a m e t e r f ü r die Informationsaufnahme und einen Parameter f ü r die Informationsverarbeitung, die sich zur Klassentrennung für diagnostische Fragestellungen sehr gut eignen. Eine Menge von Kontrollfragen am Ende jeden Kapitels r u n d e t das positive Bild über dieses Buch ab. Ich bin davon überzeugt, daß durch das Buch von VELTEN die Zahl der Anhänger der Signalentdeckungstheorie in der Psychologie noch weiter erhöht wird. W . KRAUSE

KELLER, H . , u n d MEYER, H . - J . : Psychologie

der frühesten

Kindheit.

(Berlin)

198 S. m i t 4 A b b . u n d 12. T a b . ,

15,5X23,0 cm S t u t t g a r t : W. Kohlhammer 1982. Standards Psychologie, Studientext, Teilgebiet: Entwicklungspsychologie, kartoniert 38,— DM. Dieses Buch vermittelt einen wohlgeordneten, sehr detaillierten Ein- und Überblick, auf diese Weise das externe wie interne Verhaltensinventar des Kindes zwischen Geburt und 3. Lebensjahr (mit dem Schwerpunkt im Säuglingsalter) ausschnitthaft dokumentierend. Unter der Überschrift „Kompetentes Verhalten" („Erwerb und H a n d h a b u n g der basalen Fähigkeiten, die zur Auseinandersetzung mit der Umwelt notwendig sind", S. 13) wird die Entwicklung von Wahrnehmung, Motorik, präverbaler Kommunikation und emotionaler Entwicklung — einschließlich Einflußfaktoren und Geschlechtsunterschieden — dargestellt, sodann geht es um die „Wurzeln kompetenten Verhaltens" (Umgebungsvariation, ElternKind-Interaktion) und um Verfahren der Entwicklungsdiagnostik. Die Literaturbasis ist sehr breit, vor allem in Hinsicht auf neuere Untersuchungen angloamerikanischer Forscher. Die Orientierung der Autoren ist in dem Sinne positivistisch, als sie eine Fülle von Daten und Minitheorien vorstellen, jedoch übergreifende theoretische Zusammenhänge — m a n denke etwa an die Stichworte Ökopsychologie, Verhaltensbiologie, Lebenslaufbezug, Sozialisation — nicht reflektieren, sondern (auf S. 10) ihre Existenz gradezu leugnen, wenn sie lediglich von einer bislang unerfüllten „Forderung, nach theoretischer Fundierung" spechen. Es ist erstaunlich, wenn in einem Buch des J a h r e s 1982 der Name HASSENSTEIN (und damit das Traglings-Konzept) fehlen; oder wenn BRONFENBRENNER nur mit Bezug auf „deskriptive Vorgehensweisen" (einem Paradigmenwechsel, weg von der experimentellen Methodologie, S. 9 f.) erwähnt wird — was sein Anliegen keineswegs korrekt beschreibt. Es ist auch nicht recht zu begreifen, daß die Entwicklung von Gedächtnis und Sprache so gut wie völlig ausgeblendet wird, obwohl es sich hier um Kernstücke der kognitiven Entwicklung handelt.

Buchbesprechungen

443

Sieht man von diesen Mängeln ab, so bleibt zu sagen, daß das Buch vor allem für denjenigen nützlich ist, der — vor dem Hinteigrund ihm vertrauter theoretischer Annäherungen — seinen „Datenspeicher" auffüllen möchte. So gesehen, können insbesondere Lehrende und Lernende im Fach Kinderpsychologie, die den neueren Stand der Empirie sichten und für sich fixieren wollen, von der Lektüre des Buches profitieren. H . - D . SCHMIDT ( B e r l i n )

KRIZ, J.: Methodenkritik empirischer Sozialforschung, eine Problemanalyse sozialwissenschaftlicher Forschungspraxis. 292 S. mit 5 Abb. und 30 Tab., 1 8 x 1 5 cm. Stuttgart: B. G. Teubner 1981. Teubner Studienskripten 49. Paperback 16,80 DM. Wissenschaftliche Arbeit als Form gesellschaftlicher Erkenntnistätigkeit erfordert die ständige Analyse der gesellschaftlichen Wirksamkeit der produzierten Erkenntnisse und der dafür eingesetzten Erkenntnismittel. Das wird auch zunehmend von nichtmarxistischen Wissenschaftlern erkannt. Jürgen Kriz betrachtet sein Buch als ausdrückliche Antwort auf eben jene Forderung nach ständiger Kritik des wissenschaftlichen Forschungsprozesses. Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil entwickelt Kriz seine methodologischen Prämissen für die empirische Sozialforschung. Kern dieser Prämissen ist die vom Autor favorisierte Auffassung von Wissenschaft als Interaktion. So wie jede andere menschliche Umweltbewältigung setze auch die Wissenschaft die soziale Koordination individueller Erfahrungen voraus (z. B. S. 53). In diesem Sinne verliert für KRIZ die Kategorie der objektiven Wahrheit völlig an Bedeutung (vgl. z. B. S. 54). An ihre Stelle tritt die im Diskurs zwischen den Mitgliedern d6r scientific Community anzustrebende Übereinstimmung hinsichtlich des individuell Erfahrenen. KRIZ nutzt seine allgemeinen methodologischen Überlegungen, um zu begründen, daß die von ihm vorgebrachte Kritik an der gegenwärtigen Sozialforschung ausschließlich der Förderung dieses Diskurses dienen soll. Für den marxistisch-leninistisch orientierten Leser dürften allerdings diese methodologischen Bemerkungen nur als weiteres Beispiel für die überwiegend idealistische Basis der gegenwärtigen bürgerlichen Erkenntnistheorien interessant sein. Das Zentralthema des 2. Teils ist den Forschungsartefakten in der empirischen Sozialforschung gewidmet. Forschungsartefakte entstünden dann, wenn sich die Ergebnisse empirischer Untersuchungen und der vom Forscher mit diesen Untersuchungen angezielte „Kontextrahmen" nicht Entsprechen. Forschungsartefakte seien somit letztlich Folgen der vom Forscher vorgenommenen Mißinterpretation des Forschungsprozesses (S. 119 ff.). Hierzu werden zum einen Ergebnisse bisheriger Artefaktforschungen über die Datengewinnung und über die Datenauswertung diskutiert (Kap. 7). Zum anderen werden im Kap. 8 die Quellen für Artefakte im gesamten Forschungsprozeß und nicht nur in der sehr begrenzten Untersuchungssituation gesucht. Die Überlegungen, die Kriz dazu anstellt, Verdienen die Aufmerksamkeit des Lesers. Das giltebenso für den Teil III des Buches. In sehr gründlichen kritischen Betrachtungen analysiert Jürgen Kriz in diesem Teil drei Untersuchungsbeispiele anderer Autoren zu Problemen der Statusinkonsistenz (S.1 151 ff.), der politischen Erwachsenenbildung (S. 185 ff.) und zum Selbstkonzept (S. 247 ff.). Insgesamt hat J. KRIZ mit seinem Buch — bei zwar fragwürdiger erkenntnistheoretischer Position — methodische Überlegungen vorgelegt, die in der wissenschaftlichen Arbeit zur Effektivierung des sozialwissenschaftlichen Forschungsprozesses unbedingt beachtet werden sollten. W . FRINDTE ( L e i z p i g )

444

Z. P s y c h o l . B d . 191 (1983) H . 4

PEBYIN, L . A . : Persönlichkeitspsychologie in Kontroversen. 329 S . m i t 2 A b b . u n d 5. T a b . , 1 5 x 2 2 , 5 c m . ^München—Wien—Baltimore: U r b a n & S c h w a r z e n b e r g 1981. B r o s c h i e r t 36,— DM. In der P e r s ö n l i c h k e i t s p s y c h o l o g i e der Vereinigten S t a a t e n g i b t es, w e n n m a n d i e s e m B u c h f o l g t , U n k l a r h e i t e n als k o n s t r u k t i v f o r m u l i e r t e P r o b l e m e . E s Werden einige d a v o n e r ö r t e r t : P e r s o n v s . S i t u a t i o n , Vererbung vs. Umwelt, Aggression vs. Altruismus, Emotion vs. Kognition, Geschlechtsunterschiede, S e l b s t , P s y c h o t h e r a p i e , E t h i k in der p s y c h o l o g i s c h e n F o r s c h u r i g u n d d a s V e r h ä l t n i s v o n p s y c h o l o g i s c h e n E r k e n n t n i s s e u n d Politik. In allen F ä l l e n w e r d e n die k l a s s i s c h e n S t a n d p u n k t e der (westlichen) P s y c h o logie zu diesen P r o b l e m e n u n v o r e i n g e n o m m e n u n d g u t v e r s t ä n d l i c h ' d a r g e s t e l l t , ihre Vor- u n d N a c h teile b e s c h r i e b e n u n d deren K o n s e q u e n z e n a u f g e z e i g t . D e r A u t o r b e m ü h t sich d a b e i , d e n v e r s c h i e d e n e n D e n k r i c h t u n g e n gerecht zu w e r d e n u n d z e i g t die (seiner M e i n u n g n a c h ) m ö g l i c h e n A u s w e g e a u s d e m jeweiligen t h e o r e t i s c h e n D i l e m m a . W e i t e r f ü h r e n d e L ö s u n g e n seien in der R e g e l in einer R e l a t i v i e r u n g jeweils e x t r e m e n S t a n d p u n k t e zu s u c h e n ; ein A u s w e g ü b e r g r u n d s ä t z l i c h n e u e K o n z e p t e w i r d n i c h t g e f r a g t . D i e ü b e r 300 L i t e r a t u r q u e l l e n , die a u s n a h m s l o s a u s den .USA s t a m m e n , w e r d e n s o r g f ä l t i g a u s g e w e r t e t u n d m i t w i s s e n s c h a f t l i c h e r u n d ethischer V e r a n t w o r t u n g referiert. B e s o n d e r s w e r t v o l l sind sicher die v o n hoher h u m a n i s t i s c h e r V e r a n t w o r t u n g g e t r a g e n e n G e d a n k e n u n d V o r s c h l ä g e d e s A u t o r s ü b e r den politischen U m g a n g m i t p s y c h o l o g i s c h e m W i s s e n , f ü r die V e r h i n d e r u n g i h r e s M i ß b r a u c h s gegen die I n t e r e s s e n der b e t r o f f e n e n Menschen: D a s B u c h k a n n f ü r S t u d e n t e n d e r e r s t e n S e m e s t e r u n d f ü r gebildete L a i e n zur e i n f ü h r e n d e n L e k t ü r e e m p f o h l e n w e r d e n . M. VORWKRG

(Leipzig)

Methoden und Probleme sozialwissenschaftlicher Forschung unter natürlichen PATKY, J . - L . : Feldforschung. Bedingungen. 434 S . m i t A b b . , u n d T a b . , 1 4 x 2 2 cm. B e r n — S t u t t g a r t — W i e n : H a n s H u b e r 1982. Kar-toniert 78,— ÖM. In 16 B e i t r ä g e v e r s c h i e d e n e r A u t o r e n w e r d e n theoretische, m e t h o d i s c h e u n d P r o b l e m e p r a k t i s c h e r R e l e v a n z e m p i r i s c h e r s o z i a l w i s s e n s c h a f t l i c h e r F o r s c h u n g b e h a n d e l t . I m M i t t e l p u n k t s t e h t z w a r die sog. F e l d f o r s c h u n g , i n s b e s o n d e r e d a s F e l d e x p e r i m e n t , die a b g e h a n d e l t e n P r o b l e m e s i n d a b e r k e i n e s w e g s a u f diesen B e i t r a g b e s c h r ä n k t , s o n d e r n u m f a s s e n n a t u r g e m ä ß a u c h t h e o r e t i s c h e u n d m e t h o d i s c h e A s p e k t e v o n L a b o r e x p e r i m e n t e n . N e u e A n s i c h t e n zu interner — e x t e r n e r V a l i d i t ä t bei L a b o r - u n d F e l d u n t e r s u c h u n g e n w e r d e n v o r g e b r a c h t , ohne d a ß allerdings n e u e L ö s u n g s m ö g l i c h k e i t e n f ü r solche P r o b l e m e wie R e a k t i v i t ä t , S e l e k t i v i t ä t , fragliche soziale R e l e v a n z v o r g e s c h l a g e n w e r d e n . E m p f o h l e n e Lösungen bleibentim herkömmlichen R a h m e n : Methodenpluralismus, Beachtung von Versuchsleiter — V e r s u c h s p e r s o n — I n t e r a k t i o n e n , R e p l i k a t i o n e n i n s b e s o n d e r e in a n d e r e n S i t u a t i o n e n . M a n ist kritischer a l s f r ü h e r g e g e n ü b e r . d e n W e r k e n v o n R A . FISHER u n d D. T. CAMPBELL, ohne deren K o n z e p t e j e d o c h ü b e r w i n d e n zu k ö n n e n . D a s w i s s e n s c h a f t s t h e o r e t i s c h e u n d m e t h o d i s c h e P r o b l e m b e w u ß t s e i n f ü r e m p i r i s c h e F o r s c h u n g , insb e s o n d e r e in der P s y c h o l o g i e u n d P ä d a g o g i k , wird d u r c h die L e k t ü r e dieses B u c h e s g e s c h ä r f t . D a z u t r ä g t die T a t s a c h e bei, d a ß in v e r s c h i e d e n e n B e i t r ä g e n unterschiedliche, j a w i d e r s p r ü c h l i c h e M e i n u n g e n z u m gleichen T h e m a g e ä u ß e r t werden. W ä h r e n d z. B . einige der h e r k ö m m l i c h e n A n s i c h t folgen, die e x t e r n e V a l i d i t ä t sei bei F e l d e x p e r i m e n t e n größer a l s bei L a b o r v e r s u c h e n , bezweifeln a n d e r e A u t o r e n dies, i n d e m sie gewichtige G r ü n d e gegen die größere V e r a l l g e m e i n e r u n g s f ä h i g k e i t v o n f e l d e x p e r i m e n t e l l ' gewonnenen D a t e n ^ v o r b r i n g e n . Ü b e r h a u p t b e s t e h t bei vielen S k e p s i s , ob die „ F l u c h t i n s F e l d " zu einer b e s s e r e n L ö s u n g der P r o b l e m e empirischer F o r s c h u n g f ü h r e n k a n n . D e m w i s s e n s c h a f t s t h e o r e t i s c h e n P r o b l e m b e w u ß t s e i n z u t r ä g l i c h sind weiterhin b e s o n d e r s der erste u n d l e t z t e B e i t r a g d e s B a n d e s ( v o n PERREZ u n d PATRY bzw. PATRY u n d PERREZ). In beiden g e h t es u. a. u m die B e z i e h u n g v o n G r u n d l a g e n f o r s c h u n g u n d gesellschaftlicher W i r k s a m k e i t in F o r m v o n . sozialen, t h e r a p e u t i s c h e n , p ä d a g o g i s c h e n Techniken. LYDIA LANGE (Berlin)

B uchbesprechungen

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OTT, J . Theoretische Probleme der Gruppenpsyckotherapie. Hrsg. 105 ST mit 30 Abb. und 3 Tab., 16,5 X 23,5cm. Leipzig: J o h a n n Ambrosius Barth 1981. Psychotherapie und Grenzgebiete, Bd. 1. Broschiert 22,— Der Band beinhaltet 6 Beiträge und gewährt Einblick in verschiedene Arbeiten und Vorgehensweisen der Verfasser. HÖCK, K. stellt die „ Konzeption der intendierten dynamischen Grüppenpsychotherapie" Zusammenhängend dar. VORWERG, M. leistet einen Beitrag in R i c h t u n g kognitiv umstrukturierender, handlungsorientierter Psychotherapie „Superzeichenbildung und Verhaltensänderung i n . Gruppen". SEIDEL, K. und KULAWIK, H. berichten über die Kombination der intendierten dynamischen Grüppenpsychotherapie mit symptomzentrierten Verfahren insbesondere bei der Behandlung von Zwangsneurosen, Situationsphobien, hypochondrischen und Beschäftigungsneurosen. Erfahrungen und Schlußfolgerungen zum Problem der Ko-Therapie stellt GEYER, M.• vor. In dem Beitrag von BÖTTCHER, H. F. „Soziales Lernen in der Gruppenpsychotherapie" wird insbesondere die Bedeutung des Therapeuten herausgearbeitetet. HÖCK und HESS berichten über die Ausbildung in Gruppenpsychotherapie durch Selbsterfahrungsgruppen (3 Kommunikationen mit insg. 126 Teilnehmern). Damit wurden dem fachkundigen Leser Arbeitsergebnisse zugänglich, von denen er sowohl theoretische als auch praktische Aspekte beachten und die der eigenen Arbeit als Anregung berücksichtigen kann. Es ist ^verständlich, d a ß der Band entsprechend dem derzeitigen Stand der Psychotherapieforschung n u r eine kleine Auswahl der theoretischen und praktischen Konzepte der Gruppenpsychotherapie beinhalten kann. ILONA STOIBER ( B e r l i n )

PETERS ; A. : Wörterbuch der Psychiatrie und medizinischen Psychologie. 2. Aufl., 650 S. München : Urban & Schwarzenberg 1977. P a p e r b a n d 38,— DM. Auch in der zweiten neubearbeiteten und erweiterten Auflage (siehe auch Rezension der ersten Auflage in dieser Zeitschrift) b e m ü h t sich der Autor, den „psychiatrischen Sprachgebrauch so zu beschreiben, wie er ist und nicht, wie er vielleicht sein sollte". Der Leser und besonders der in Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie/Neurologie bzw. zum Facharzt f ü r Psychotherapie und zum Fachpsychologen befindliche Therapeut wird auf Wörterbücher zur Auffindung von Begriffen nicht verzichtet können. Es m u ß ihm aber stets bewußt sein, daß er den ideologischen Boden, auf dem der Verfasser steht, kritisch zu werten und zu berücksichtigen hat. Die psychiatrischen Begriffe undpsychopathologischen Besonderheiten und Sachverhalte, das wird in dem Wörterbuch anerkannt, sind o f t widersprüchlich und mehrdeutig. Trotzdem gelang es, den Begriffsrahmen eng zu stecken und verständlich zu halten. Es könnte angemerkt werden, daß einige wichtige Begriffe fehlen (z. B. der Anomie-Begriff) bzw. Eigennamen: HEINROTZ s t a t t HEINROTH (erster Inhaber eines deutschen Lehrstuhls f ü r Psychiatrie in Leipzig) falsch geschrieben sind. H . SCHLEGEL ( B e r l i n )

FELDHEGE, F.-J., und KRAUTHAHN, G.: Verhaltensprogramm zum Aufbau sozialer Kompetenz (VTP) 338 S. mit 36 Schemata 1 6 , 5 x 2 4 cm Berlin—Heidelberg—New Y o r k : Springer-Verlag 1979. Geheftet 7 8 , - DM. Die Verfasser stellen ein auf verhaltenstherapeutischer Grundlage konzipiertes Traiftingsprogramm f ü r Gruppen von 7—9 Patienten dar. Trainingsziel ist der A u f b a u sozialer K o m p e t e n z / d e f i n i e r t über 4 als r e p r ä s e n t a t i v bezeichnete Bereiche. Für jeden Bereich sind die E t a p p e n Wissensvermittlungen und anschließende Verhaltensübungen (im Training und in-vivo) vorgesehen. W a r u m der vielstrapazierte Zielbegriff „soziale Kompetenz" ver-

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wendet wird, obwohl es keine abgeschlossenen Modellvorstellungen dazu gibt und aus welchen Gründen gerade diese 4 Bereiche zur Operationalisierung ausgewählt wurden, bleibt unklar. Die Autoren empfehlen den Einsatz im therapeutischen und prophylaktischen Sektor und können zum Zeitpunkt der Veröffentlichung auf Erfahrungen mit dem P r o g r a m m bei der Behandlung von jugendlichen Drogen- und Alkoholabhängigen (hier als ein Baustein innerhalb eines Behandlungspakets) verweisen. Als plausible Indikationskriterien werden Schwierigkeiten in den definierten Zielbereichen (Kommunikationsfähigkeit, Kontaktfähigkeit, Selbstbehauptung, Bewähren in Belastungssituationen) genannt, die über Verhaltensanalysen zu ermitteln sind. In den Ausführungen fehlen empirische Belege, die die Indikationskriterien bestätigen bzw. differenzieren-und die mit dem Programm angezielten Wirkungen ausweisen. Die vorliegende Konzipierung als teilstandardisiertes Verfahren überwindet die Nachteile der früherem vollstandardisierten Trainings (z. B. A T P von U L L R I C H und U L L R I C H ) , da die konkreten Übungssituationen im wesentlichen von den Patienten selbst erarbeitet werden. Die im P r o g r a m m enthaltenen standardisierten Übungssituationen zeigen deutlich den gesellschaftlich-normativen Bezug bei der Programmentwicklung und sind f ü r unsere konkreten gesellschaftlichen Verhältnisse nicht geeignet. Als therapeutische Änderungsprinzipien werden im wesentlichen n u r solche Prozeduren eingesetzt, die sich in kontrollierten verhaltenstherapeutischen Interventionen als wirksam erwiesen haben. Bei der Darstellung der Prinzipien wird das vorhandene Theoriedefizit bezüglich theoretischer Grundlagen von Trainingsprograiumen deutlich. Wie in der Trainingsliteratur noch immer üblich, unterscheiden die Autoren nicht zwischen Technologien zur Änderung (z. B. Rollenspiel), Postulaten über die den Veränderungen unterlegten Lernmodellen (z. B. Modell-Lernen) und Erklärungsversuchen über die im Training vonstattengehenden Veränderungsprozesse (z. B. sog. „kognitive Umstrukturierungen"). Unter der Überschrift „Verhaltenstherapeutische Änderungsprinzipien, die zur Anwendung kommen", werden diese auf unterschiedlichen Beschreibungsebenen angesiedelten Begriffe aufgezählt und als Veränderungsprinzipien etikettiert. Das Programm zeichnet sich gegenüber zahlreichen, n u r global beschriebenen Trainingsverfahren durch die konkrete Festlegung von Rahmenbedingungen, Strukturierung und therapeutischen Hilfestellungen aus. Damit sind Voraussetzungen für die Replizierbarkeit des Vorgehens geschaffen, die kontrollierte Untersuchungen zur E f f e k t i v i t ä t und zu Fragen der Indikation ermöglichen. STEFANIE GUDERMUTH

(Berlin)

RÜGER, U.: Statiqnär- ambulante Gruppenpsychothempie. (Ein langfristiges Behandlungsmodett). 138 S. mit 9 Abb., 1 7 x 2 4 , 5 cm. Berlin—Heidelberg—New York: Springer-Verlag 1981. Monographien aus dem Gesamtgebiete der Psychiatrie. Psychiatry Series Band 27. Gebunden 78,— DM. Der ,,Psycho-Gruppen-Boom" der ca. letzten 15—20 J a h r e h a t zu einer Flut von Veröffentlichungen geführt, die bei genauer P r ü f u n g rasch zu einem armseligen Bächlein verwertbaren Materials wird. Dem steht die wachsende Anwendung von „Gruppenpsychotherapie" auch in unserem Gesundheitswesen gegenüber. Das Dilemma ist offensichtlich: Es wird ohne wissenschaftliche Grundlage therapiert, bzw. so getan, als ab Therapie stattfindet. Gegenwärtig ist z. B. nicht einmal die optimale Größe einer Gruppe bekannt, bzw. die Fiktion der Zahl 8—12 beweisbar. Die Schwierigkeiten der gruppen-psychotherapeutlschen Forschung sind aber bei genauerem Hinsehen nicht größer als in der übrigen Psychotherapie und gemessen an methodisch-wissenschaftlichen Unzulänglichkeiten der sonstigen medizinischen Forschung eher kleiner. Jeder neue Titel der zur Schmälerung des Dilemmas beitragen will, erscheint deshalb begrüßenswert und m u ß genau geprüft werden. Seit der Arbeit von POHLEN (1972) ist dem Rezensenten keine weitere gelungene Studie über Gruppenpsychotherapie bekannt geworden. RÜGER unternimpit den Versuch einer Prozeß-/Erfolgsstudie mit einem erheblichen Aufwand an Meßinstrumenten (Gießen — Test, F P I , Beschwerdefragebogen, gruppen-

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Buchbesprechungen

spezifischer Y a l o m — Test) bei 3 - P u n k t - M e s s u n g sowie d e r p r ä / p o s t - A n w e n d u n g des P S K B v o n RUDOLF, z u s ä t z l i c h z u m a n a l y t i s c h e n p r ä / p o s t - I n t e r v i e w . Die Vielzahl d e r e r h o b e n e n D a t e n u n d i h r e m a t h e m a t i s c h - s t a t i s t i s c h e D u r c h d r i n g u n g m i t t e l s eines k o m b i n i e r t e n D i s k r i i p i n a n z - C l u s t e r — a n a l y t i s c h e n Designs b r i n g t eine Menge v o n E r g e b n i s s e n . Sie beweisen die W i r k s a m k e i t des k o m b i n i e r t e n s t a t i o n ä r e n , a m b u l a n t e n A n s a t z e s f ü r schwer g e s t ö r t e P a t i e n t e n , Sie sind g e o r d n e t u n d ü b e r s i c h t l i c h d a r g e s t e l l t . Die M e t h o d i k ist weigehend s a u b e r u n d l ä ß t k a u m F r a g e n o f f e n . D e n R e z e n s e n t e n b e d r ä n g t n u r e i n P r o b l e m : A u c h diese S t u d i e e n t h ä l t lediglich 24 P r o b a n d e n sowie eine kleine V e r g l e i c h s g r u p p e . E s zeigt sich e r n e u t , d a ß in d e r P s y c h o t h e r a p i e f o r s c h u n g a k t u e l l d e r S t r e i t zwischen N o m o t h e t i k u n d I d i o g r a p h i e z u g u n s t e n eines f a u l e n K o m p r o m i s s e s a u s g e h a n d e l t w u r d e . D a diese 24 P r o b a n d e n aus einer u n b e k a n n t e n P o p u l a t i o n eines V e r s o r g u n g s k r a n k e n h a u s e s w ä h r e n d des g e m e i n s a m e n A u f e n t h a l t e s m i t d e n n i c h t g r u p p e n p s y c h o t h e r a p e u t i s c h b e h a n d e l t e n P a t i e n t e n ausg e w ä h l t w u r d e , i s t die G e f a h r d e r R o s e n t h a l - E f f e k t e z u m i n d e s t m e t h ö d e n k r i t i s c h a n z u f ü g e n . Dieser E i n d r u c k w i r d g e s t ü t z t d u r c h die T a t s a c h e , d a ß d e r A u t o r selbst die P r o b l e m a t i k v o n „ n a r z i ß t i s c h e n G r ö ß e n i d e e n " seiner G r u p p e n m i t g l i e d e r auf der Seite 66 d i s k u t i e r t . Dieser g r u n d s ä t z l i c h e i n s c h r ä n k e n d e G e s i c h t s p u n k t s c h m ä l e r t a b e r d e n W e r t d e r A r b e i t n i c h t , die M o d e l l c h a r a k t e r f ü r weitere U n t e r s u c h u n g e n auf diesem G e b i e t h a t . D a s L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s ist a k t u e l l u n d u m f a s s e n d . (279 Quellen). H . EICHHORN

BAR&LIN, G . S.,

SCHERZER,

E.,

und

SCHNABERTH, G . :

Die

zerebravaskulär-bedingten

(Ueckermünde)

Anfälle.

KIEHL-

HOLZ, P . , KAESER, H . , KLINGLER, M. 201 S., B e r n : H a n s H u b e r 1975. A k t u e l l e P r o b l e m e in der P s y c h i a t r i e , Neurologie, N e u r o c h i r u r g i e . A n h a n d 700 U n t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s P r o b l e m d e r v a s k u l ä r b e d i n g t e n A n f ä l l e w i r d v o n d e n A u t o r e n d a s i n t e r n a t i o n a l z u n e h m e n d e I n t e r e s s e a n d e n cerebral b e d i n g t e n G e f ä ß p r o z e s s e n v o r g e s t e l l t . E i n l e i t e n d w i r d eine B e g r i f f s b e s t i m m u n g v o r g e n o m m e n u n d eine d i f f e r e n t i a l d i a g n o s t i s c h e W ü r d i g u n g gegeben. S c h o n hier wird d e u t l i c h , wie w i c h t i g eine g e n a u e A u f t e i l u n g d e r einzelnen A n f a l l s t y p e n ist u n d welchen p r o g n o s t i s c h e n Stellwert die g e n a u e D i a g n o s e h a t . S e h r g r o ß e r W e r t wird auf die a r t e r i o s k l e r o t i s c h b e d i n g t e n v a s k u l ä r e n E p i l e p s i e n gelegt, die n a c h A r t u n d A b l a u f d e r K r a m p f m a n i f e s t a t i o n ( G e l e g e n h e i t s k r ä m p f e oder e p i l e p t i s c h e M a n i f e s t a t i o n e n ) u n t e r schieden w e r d e n u n d welche als ein w i c h t i g e s p r ä a p o p l e k t i s c h e s Zeichen zu d e u t e n seien. N a c h A u s s a g e n d e r A u t o r e n stellt die Arteriosklerose die h ä u f i g s t e U r s a c h e s p ä t m a n i f e s t e r E p i l e p s i e n d a r u n d ist als Hinweis auf einen h e r z n a h e n (hirnfernen) G e f ä ß p r o z e ß a u f z u f a s s e n T h e r a p e u t i s c h w i c h t i g ist dies insb e s o n d e r e d a d u r c h , d a ß r e c h t z e i t i g a n die Möglichkeit eines g e f ä ß c h i r u r g i s c h e n E i n g r i f f e s g e d a c h t w e r d e n m u ß , u m die g ü n s t i g s t e Zeit n i c h t v e r s t r e i c h e n zu lassen. Bei den n i c h t e p i l e p t i s c h e n z e r e b r o v a s k u l ä r e n A n f ä l l e n w i r d die Migräne, der orthostatische_ K o l l a p s i m j ü n g e r e n L e b e n s a l t e r u n d die z e r e b r o v a s k u l ä r e n A n f ä l l e i m h ö h e r e n L e b e n s a l t e r g e t r e n n t . I n w e i t e r e r F o l g e w e r d e n A n f ä l l e bei Neurolues, bei zerebralen E m b o l i e n u n d bei a l l g e m e i n e r H y p n o x i e vorgestellt. D a z u w i r d b e m e r k t , d a ß sich s y n k o p a l e O h n m a c h t p r o g n o s t i s c h u n g ü n s t i g a u s w i r k e n . A n f ä l l e bei B l u t u n g e n i m S c h ä d e l i n n e n r a u m , bei G e f ä ß m i ß b i l d u n g e n , bei E r k r a n k u n g e n des v e n ö s e n H i r n s t r o m b e r e i c h s schließen sich an. D a s i n t e r e s s a n t e G e b i e t d e r P a t h o p h y s i o l o g i e w i r d v o r w i e g e n d klinisch a b g e h a n d e l t u n d m i t d e r L i t e r a t u r verglichen. I m K a p i t e l ü b e r die T h e r a p i e w i r d zu d e n v e r s c h i e d e n e n V e r f a h r e n k r i t i s c h S t e l l u n g g e n o m m e n . D e m R e z e n s e n t e n fällt a u f , d a ß die A u t o r e n die a n t i e p i l e p t i s c h e T h e r a p i e schon n a c h r e l a t i v k u r z e r Zeit wieder b e e n d e n , o h n e d a ß es bei d e n P a t i e n t e n zu n e u e r l i c h e n A n f ä l l e n k o m m t . D a ß dies als Ausd r u c k d e r B e n i g n i t ä t g e w e r t e t w i r d / i s t v e r s t ä n d l i c h u n d e r ö f f n e t f ü r eigene T h e r a p i e v o r s t e l l u n g e n n e u e Ansatzpunkte. H . SCHLEGEL

(Berlin)

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Psychosozialer „Stress" und koronare Herzkrankheit 2.) Therapie und Prävention. Hrsg. : H a l h u b e r , M. J . 273 S. mit 59 Abb. und 14 Tab., 1 6 , 6 x 2 4 cm. B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w Y o r k : Springer-Verlag 1987 Geheftet 3 6 , - DM. Als ein Wesenszug der psychosomatischen Erkrankungen (und koronare Herzerkrankungen werden dazu gerechnet) ist psychoszozialer Stress anzusehen. Das vorliegende Werk entstand als Verhandlungsbericht vom 2. Werkstattgespräch Juli 1977. Bei der Vielzahl der Autoren und der breit gefächerten Palette der Therapie- und Präventionsmöglichkeiten bei koronaren Herzerkrankungen wird augenfällig, daß es noch kein allgemein verbindliches Betreuungskonzept für Prävention und Therapie gibt. Das Übersichtsreferat wird von v. U e x k Ü l l gehalten. Dabei wird exemplarisch deutlich, daß der Grundtenor auf psychoanalytische Gesichtspunkte gelegt wird, obwohl der' Referent sich auf zwei Kasuistiken beschränkt und daraus schlußfolgert, „ d a ß wir im Grunde nicht wissen, w a s Stress ist und daß man Therapie- und Präventionsstrategien gegen etwas entwickeln kann, von dem m a n n u r eine vage nnd ungefähre A h n u n g h a t " . Es wird deutlich gesagt, daß die terminologische Konfusion nicht förderlich sei, doch müssen f ü r praktische Belange Modelle entwickelt werden, nach denen sich Arzt und Psychologe richten können, d a m i t sie handlungsfähig bleiben. Bei der Beurteilung der Wirkung von Medikamenten (und hier werden besonders ß-Rezeptorenblocker abgehandelt) gibt es weniger Widersprüchliches, was auch in praktischen Beipsielen belegt wird. An zentraler Stelle stehen bei der Behandlung koronarer Herzkrankheiten die medikamentöse Behandlung, (lie physiotherapeutische Beeinflussung und zunehmend die psychotherapeutischen Maßnahmen. Altbewährte Verfahren stehen neben neueren. Daß der Beitrag über Meditation in dieses Wissenschaftlichkeit bemühte Werk gekommen ist, kann nur als Ausdruck des Suchens ü b e r h a u p t gewertet werden. Auch verhaltenstherapeutische Verfahren, wie z, B. Biofeedback, werden abgehandelt und in ihrem Wert f ü r die Behandlung funktioneller Herzbeschwerden aufgezeigt. Ein besonderes Kapitel ist der Gesundheitserziehung gewidmet und als unspezifische Stressprävention dargestellt. Es wird gezeigt, daß chronisch ischämische Herzkrankheiten u m 20 °/0 gesenkt werden können, wenn Fragen der gesunden Lebensführung konsequent berücksichtigt werden.

H. Schlegel (Berlin) S i f n e o s , P. E. : Short-Term Dynamic Psychotherapy — Evaluation and, Technique.248 S. 1 6 , 0 x 2 3 , 5 cm. New York—London Plenum. Médical Book Company 1979. Topics in Général Psychiatry. Gebunden 18,95$. Der Autor, vor allem b e k a n n t durch seine Arbeiten über Alexithymie, berichtet in diesem Buch über Indikation, Technik und Ergebnisse einer von ihm pragmatisch entwickelten analytisch-orientierten Kurztherapie. Als entscheidend f ü r diese Short-term-anxiety-provoking-psychotherapy (STAPP) wird die gezielte Auswahl geeigneter Patienten angesehen. Der Indikationsbereich u m f a ß t fest umrissene Symptome wie Angst, Phobien, leichte Depressionen und leichte Zwangssymptome m i t plötzlichem Beginn sowie verschiedene interpersonelle Schwierigkeiten. Hierbei müssen jedoch folgende fünf Auswahlkriterien erfüllt sein: 1. ein vom Pat. umschreibbares Hauptanliegen, 2. seine Fähigkeit, auf den Erstinterviewer flexibel zu reagieren, Gefühle wahrzunehmen und frei zu äußern, 3. Fähigkeit und Bereitschaft f ü r psychologische Denk- und Betrachtungsweise, 4. eine Motivation für (Verhalten)-Änderung und nicht nur f ü r Symptombeseitigung und 5. der Nachweis einer „bedeutungsvollen Objektbeziehung" (ini Sinne von geben und nehmen) mit einer anderen Person während der frühen Kindheit. An Hand dieser Kriterien sollen schwere Neuroseformen, vor allem präödipale Charakterstörungen ausgeschlossen und einer anderen, geeigneteren Behandlung zugeführt werden.

B uchbesprechungen

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Die Therapie wird als Einzelbehandlung einmal wöchentlich (45') durchgeführt und dauert zwischen 1—20 Stunden. Der Therapeut verhält sich in diesen Gesprächen äußerst aktiv, überwiegend konfrontativ und interpretierend, vermeidet und unterbindet jedes Ausweichen in sogen, praegenitale Problematik und Verhaltensweisen (Passivität, Erwartungshaltung, Abhängigkeit, Agieren) sowie Übertragungsneurose bei gleichzeitiger positiver Übertragung. Der Patient wird ständig in einen Zustand angstbesetzter Spannung versetzt und gehalten, um änderungsbereit zu bleiben, wobei die Empathie des Therapeuten in der Wahrnehmung und dem Verständnis dieser Spannung besteht und dem Patienten auch mitgeteilt wird. Zwei katamnestische Untersuchungen, (n = 32bzw. 23) nach 1—4 Jahren, ergaben sehr gute Besserungen bei 74 % der Patienten. Der größere Teil des Buches umfaßt die wörtliche Wiedergabe von Teilausschnitten aus Behandlungsprotokollen einzelner Patienten bzw. einer elfstündigen Behandlung einer 23-jährigen Sekretärin. Dadurch erhält der Leser ein sehr eindrucksvolles Bild von dem konkreten Verlauf einer Therapie, die Erinnerungen an die Aktivanalyse von S t e k e l hervorruft und von der der Autor selbst meint, daß der Enthusiasmus der Anhänger (Patient und Therapeut) der bedeutendste Bestandteil für die erfolgreiche Behandlung dieser Patienten sei, weil dieser sie befähige, ein therapeutisches Bündnis herzustellen, das allen Anstrengungen und Belastungen standhält und entscheidend zum' erfolgsreichen Verlauf der Behandlung beiträgt. Offensichtlich gilt dieser Satz nicht nur für diese Methode. K. Hook (Berlin)

Grawe, K., und Plog, U. : Différentielle Huber 1976. Broschur 2 3 , - sfrs.

Psychotherapie

I/II.

247/204 S. Bern—Stuttgart—Wien : Hahs

Der erste Band (Indikation und spezifische Wirkung von Verhaltenstherapie und Gesprächspsychotherapie) ist ein sehr bemerkenswerter Beitrag der vergleichenden Psychotherapieforschung. Nicht in konkurrierender Wertung mit dem Ziel des Nachweises der Überlegenheit einer Methode über die andere werden Effekte von VT und GT bei Phobikern gegenübergestellt, sondern stattdessen die methodenspezifischen, qualitativ unterschiedlichen Wirkungen („différentielle Effekte") analysiert. Daraus läßt sich dann eine zielbezogene Indikationsstellung ableiten: VT (Systematische Desensibilisierung, operante Verstärkung) ist demnach bei Patienten (überwiegend Agoraphobien) mit hohem phobischen Leidensdruck eher indiziert als bei Patienten, deren Leidensdruck weniger mit der Phobie zusammenhängt. Die- Stärke der Phobie scheint von hoher Indikationsrelevanz zu sein. Bei GT ist die Reduktion der phobischen Symptomatik hingegen nicht von der Ausgangsstärke der Phobie abhängig; auch sind die positiven Änderungen im Befinden oder in der emotionalen Stabilität von der Reduktion phobischer Symptome unabhängig. Im zweiten Band (Zusammenhang von Lebensbedingungen und spezifischen Therapieeffekten im Vergleich von GT und VT), wird, gleichsam diese Ergebnisse ergänzend, an der gleichen Patientenstichprobe nachgewiesen, daß mit GT behandelte Patienten „ihren Zustand eher in Abhängigkeit von ihren Lebensbedingungen als von ihrer phobischen Symptomatik sehen lernen" als mit VT behandelte. Damit sind différentielle, über die klinische Symptomatik hinausgehende Wirkungen gezeigt, die „unterschiedliche Normen und Sichtweisen", also das .Selbst- und Weltverständnis der Patienten tangieren. GT und VT unterscheiden sich vor allem wohl darin, wie sie die „Ökosysteme" (d. h. die persönliche Sicht auf die Wechselwirkung von Individuum und Umwelt) beeinflussen: In der VT wird dem Patienten eine solche Beziehung nicht deutlich, in der GT geschieht dies hingegen. Damit wird gezeigt, daß in die Indikationsentscheidungen (zur VT oder zur GT)1 auch die erwünschten Ziele bezüglich einer unterschiedlichen Sichtweise über die Abhängigkeit und Wechselwirkungen von Symptomen und bestimmten Lebensbedingungen einbezogen werden sollten. Die mit diesen Arbeiten inzwischen recht oft zitierten Autoren haben eindeutig einen wichtigen Beitrag zur gegenwärtigen Disskusion über die différentielle Indikation geliefert und damit auch wichtige

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Gedanken zur Klärung von Fragen der Therapiezielbestimmung geäußert, die in mancher Hinsicht einigen Überlegungen des Rez. nahestehen. Allerdings bleiben bei der Diskussion (PLOG) um die Dialektik von Individuum und Umwelt die Determinanten gesellschaftlich-historischer Rahmenbedingungeri (gesellschaftlicher Normative, Leitziele usw.) zugunsten relativ formaler Auseinandersetzungen über Freiheit, Würde und Kontrolle außer acht. J . HELM (Berlin)

Psychotherapie: Grundlagen, Verfahren, Indikationen. Hrsg.: STROTZKA, H. 2. überarb, u. erw. Aufl. 592 S. 1 5 x 2 2 , 5 cm. München—Wien—Baltimore: Urban & Schwarzenberg 1978. Kartoniert 45,—DM Die 13 Autoren dieses recht umfangreichen Sammelwerkes geben einen breiten Überblick über und meistens auch guten Einblick in die wissenschaftstheoretischen und normativen Grundlagen der Psychotherapie im Kapitalismus. Sie erläutern organisatorische Fragen über Psychotherapiebedarf, Ausbildung, Organisationsformen und Finanzierung. Gut nutzbar — bei kritischer Sichtweise — ist die umfassende, fast lehrbuchartige Abhandlung psychotherapeutischer Konzeptionen, Methoden und Techniken sowie deren Indikationen. In der Darstellung und Bewertung wird — wie bei Mitarbeitern des Institiits für Tiefenpsychologie und Psychotherapie der Universität Wien zu erwarten — meistens eine kritisch engagierte psychoanalytische Orientierung deutlich. In dieser 2. Auflage wurden die Kapitel über Verhaltenstherapie und Gesprächspsychotherapie revidiert und weitere Verfahren aufgenommen. K o m m t ein Distanzierungsbedüpfnis der Autoren darin zum Ausdruck, daß sie die Gesprächspsychotherapie überwiegend im Konjunktiv beschreiben? F a s t durchgehend wird auch in der Neuauflage die Fachliteratur sozialistischer Länder nicht berücksichtigt. Das macht sich in den Abschnitten über Ziele, Werte und Entscheidungen in der Psychotherapie sowie in den theoretischen und methodologischen Erörterungen mit Ideologiebezug für den Leser in der D D R bedauerlich und irritierend bemerkbar. J . HELM (Berlin)

COLBY, K. M.: Artificial Paranoia: A Computer Simulation of Paranoid Processes. 113 S mit Abb. und T a b . , 15 X 2 3 cm. New York—Toronto—Oxford—Sydney—Braunschweig: Pergamon Press Inc. 1975. Pergamon General Psychology Series. Broschur 9.—$ Die vorliegende Monographie stellt einen Versuch dar zur Computersimulation des sprachlichen Verhaltens paranoider Patienten. Der Autor, Professor für Psychiatrie, war zuvor Forschungsleiter für Computerwissenschaften und hat u. a. zusammen mit R . C. SCHANK „Computer Models of Thought and L a n g u a g e " verfaßt. Neben forschungsmethodischen Überlegungen zur Simulationsmethode und Hintergrundinformationen zum Verständnis der programmtechnischen Ausführungen besteht der Hauptteil des Buches In der Darstellung des Dialogalgorithmus, der über eine begriffliche Wissensstruktur mit inferentiellen Fähigkeiten die natürlich-sprachliche Kommunikation mit dem Rechner erlaubt. Das Verstehen und die Produktion von Sprache ist dabei auf die umschriebene Situation des psychiatrischen Interviews beschränkt. Paranoides Verhalten, als sekundäre Folge einer primären Störung, wird als eine Modalität der Verarbeitung symbolischer Informationen aufgefaßt, die durch eine einstellungsbedingte Suche nach Beeinträchtigungen durch andere gekennzeichnet ist. Die Reaktionen des Simulationsmodells auf Fragen hängen dabei davon ab, ob deren Bedeutung als übel- oder wohlwollend oder als neutral klassifiziert wird. Interne Reaktionen bestehen in der Festlegung von Werten dreier Affektvariabler (Ärger, Furcht^ Mißtrauen), die zusammen mit dem jeweiligen Gegenstand der input-Frage die externen Reaktionen (Antworten) bestimmen. Die Validierung des Modells erfolgt — entsprechend dem T U R I N G - T e s t — durch

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Buchbesprechungen

die psychiatrische Blind-Beurteilung von über Fernschreiben vermittelten Interviews mit paranoiden Patienten oder mit dem Computermodell, von denen Beispiele abgedruckt sind. Durch die Zugrundelegung einer Wissensstruktur mit spezifischen Überzeugungen (beliefs) und spezifischer Yerarbeitungsprozeduren wird hier — in Gegenüberstellung zu den experimentalpsychologischen Bemühungen" um die Erfassung formaler Denkstörungen — die inhaltliche Seite psychopathologischer Denkstörungen, zu erfassen versucht. Gegenüber bisherigen Erklärungen paranoiden Verhaltens liegt mit dem Simulationsmodell ein in sich konsistenter und der Überprüfung zugänglicher Ansatz vor. Die Orientierung am sprachlichen Verhalten erscheint angemessen, da hieraus auch die Informationen der psychiatrischen Diagnose gewonnen werden. Neben der externen empirischen Überprüfung der ihm zugrunde liegenden Annahmen ermöglicht das Modell ein systematisches Training in psychiatrischer Urteilsbildung über sprachliche Äußerungen. Der Autor betont die heuristische und methodische Funktion dieses ersten psychopathologischen Modells auf natürlich-sprachlicher Grundlage. Hierin liegt m. E. auch sein besonderer Wert für die psychopathologische Forschung. F.

KUKLA

(Berlin)

Der fehlentwickelte Jugendliche und seine Kriminalität. Hrsg.: S Z E W C Z Y K , H. 307 S . mit 18 Abb. und 28 Tab., 14,5x21,5 cm. Jena. VEB Gustav Fischer Verlag 1982. Medizinisch-juristische Grenzfragen, Bd. 15. Broschur 26,50 M. Der vorliegende Sammelband dürfte den gegenwärtig in der DDR ereichten Stand der interdisziplinären Verflechtung juristischer, kriminologischer, neuropsychiatrischer und psychologischer Forschungen zur Jugendkriminalität in Umrissen dokumentieren, und zwar im Rahmen nationaler wie internationaler Kooperation. 25 Einzelbeiträge (von Autoren aus der "DDR, der UdSSR, der VR Ungarn und aus Holland) werden unter den Aspekten „Einführung" (3 Beiträge), „Fehlentwicklung von Jugendlichen" (6), „Fehlentwicklung und Kriminalität" (6), „Psychodiagnostik" (3), „Schuld- und Zurechnungsfähigkeit, Begutachtung" (3) und „Rehabilitation, Erziehung, Therapie" (4) zusammengefaßt, um dem Leser die inhaltliche Struktur der Forschungen deutlich zu machen. Das Niveau der Beiträge ist sehr unterschiedlich, es reicht von (in diesem Falle informationsarmen) programmatischen Aufsätzen bis zur anspruchsvollen, aussagekräftigen Darstellung empirischer Befunde und ihrer methodologischen Grundlagen. (Ein Beispiel für den letztgenannten Fall ist die Arbeit von L I T T M A N N und O T T über psychodiagnostische Probleme und Ergebnisse.) Das Nachdenken des Lesers über die, aktuelle Leistungsfähigkeit und über die Perspektiven der forensischen Psychologie (im Netzwerk der o. g. Fachgebiete) könnte angeregt werden durch deutlich erkennbare Lücken: Der Beitrag pädagogischer Subdisziplinen scheint z. Z. gering zu sein, der Bezug zur einschlägigen psychologischen Grundlagenforschung wird zu wenig reflektiert, und Ansätze der Theoriebildung (z. B. Fehlentwicklung und kriminelle Entgleisung als Spezialfall der Sozialisation) gehen in den hier gewählten Kontexten verloren. Dennoch ist das Buch sehr lesenswert: als Abbildung des Erreichten (und das ist nicht wenig; es sei z. B. die instruktive Ausleuchtung des sozial-familiären Hintergrundes erwähnt, auf dem die Jugendkriminalität „wächst") und als Ansporn zum Abrunden, Vervollständigen und Vertiefen. Dem Rez. schwebt — gleichsam als Idealnorm — beispielsweise eine forensische Jugendspycholpgie vor, die in der für alle Psychologen verbindlichen psychologischen Theorie (der Persönlichkeit, der Entwicklung usw.) wurzelt, sie für ihren Zweck spezifiziert, auf dieser Grundlage empirisch forscht und praktische wie theoretische Konsequenzen ableitet, die sich in die gesellschaftspolitische Strategie der Eindämmung der Jugendkriminalität einfügen lassen. Für ein solches langfristiges Vorhaben stellt das Buch Sichtweisen, Grundlagen und vor allem Daten bereit, die man nicht aus dem Auge verlieren sollte. II.-D.

SCHMIDT

(Berlin)

452

Z. Psychöl. Bd. 191 (1983) H. 4

KERNBERG, 0 , F . : Objekt-Beziehungen und Praxis Klett—Cotta 1981. Broschiert 42 - DM

der Psychoanalyse.

316 S.— 1 4 x 2 1 , 5 cm.' Stuttgart.

KEBNBBBG hat vor allem durch sein Buch „Borderline-Störungen und pathologischer Narzißmus" (engl. 1975, dt. 1978) weltweit Aufmerksamkeit und Beachtung erzielt. Er hat sich viele Jahre intensiv mit der Diagnostik und Behandlung von sogenannten Borderline-Patienten beschäftigt und gel angte zu der Auffassung, daß „diese Patienten nicht nur akute oder chronische Übergangsstadien zwischen den Neurosen einerseits und den Psychosen andererseits repräsentieren, sondern eine spezifische und erstaunlich stabile Form pathologischer Ichstruktur aufweisen." (S. 47). Ausgehend von diesen klinischen Beobachtungen und Erfahrungen legt KERNBERG im vorliegenden Buch sein theoretisches Modell der Ich-Entwicklung vor, das eine Integration bzw. Weiterführung der bestehenden Konzepte über die E n t w i c k l u n g d e r O b j e k t b e z i e h u n g e n (FAIRBAIRN, HARTMANS, JACOBSON, ERIKSON u. a . ) u n d z u g l e i c h

auch die Einbeziehung neurophysiologischer und experimental-psychologisclier Ergebnisse der neueren Affektforschung anstrebt. Der Kern dieses Modells besteht in der Auffassung, daß „alle Prozesse der Internalisierung von Objektbeziehungen, Internalisierungen von „Einheiten" aus Affektzustand, Objektvorstellung und Selbstvorstellung sind" (Identifikationssysteme). Hierbei werden drei Ebenen, nämlich Introjektion, Identifizierung und Ichidentität im Sinne einer progressiven Abfolge solcher Internalisierungsprozesse unterschieden. „Bei der Introjektion sind Objektund Selbstvorstellungen noch nicht vollkommen voneinander differenziert und der sie begleitende Affekt ist primitiv, intensiv und diffus. Bei der Identifizierung besteht nicht nur eine klare Trennung zwischen Objekt- und Selbstvorstellungen, sondern es wird auch ein-Rollenaspekt der Beziehung, d. h. eine sozial anerkannte Funktion, die in der Interaktion zwischen Selbst und Objekt aktualisiert wird, internalisiert. Der Affektzustand ist weniger intensiv, weniger diffus und da die Selbst- und Objektvorstellungen jeweils mit libidinösen bzw. aggressiven Besetzungen integriert werden, erweitert und vertieft sich das Spektrum der Affektdispositionen. Bei der Bildung der Ichidentität findet dann schließlich eine definitive Strukturierung der inneren Welt der Objekte statt." Diese Prozesse beginnen sehr früh .und hängen vom Entwicklungsstand der Wahrnehmungs- und Gedächtnisorganisation ab, wobei fünf Stadien unterschieden werden, von denen die drei ersten in die frühen Kindheitsjahre fallen (1.—2. Monat, 3.-9. Monat, 6.-36. Lebensmonat), wo die Spaltung der Hauptabwelirmechanismus ist und erst später durch die Verdrängung ersetzt wird. Der Grad der miß-' lungenen Ich- und Überichintegration und -entwicklung und damit der Grad der Charakterstörung hänge davon ab, inwieweit der Abwehrtyp des „Splittung" durch die späteren Abwehrmechanismen vom Verdrängungstyp ersetzt wird. Mit Hilfe dieses Modells versucht der Autor, die spezifischen Prozesse der Ichentwicklung bei Gesunden, bei Neurotikern, Psychopathen (Borderlines) und Psychosekranken ansatzweise im Sinne einer biopsychosozialen Sichtweise aufzuzeigen und an Hand von Fallbeispielen sowie im Hinblick auf Störungen der Liebesfähigkeit, charakteristische Erscheinungen in der Gruppenpsychotherapie und psychotherapeutischen Klinik zu erläutern. Obwohl hier Sehr viele Fragen offen bleiben, sehr vieles vorerst hypothetisch ist, ist das große Echo, das dies Buch gefunden hat, verständlich. Es regt zum Nachdenken an, versucht das Wesen normalpsychologischer und psychopathologischer Erscheinungen aufzuhellen und zu ergründen. Eine Auseinandersetzung mit diesen Auffassungen aus der Sicht der Gedächtnis-, Entwicklungs- und marxistischen Persönlichkeitspsychologie ebenso wie von Psychiatern und Psychotherapeuten erscheint mir notwendig und fruchtbar. K . HÖCK ( B e r l i n )

Zeitschrift für Psychologie — Verlag: Johann Ambrosius Barth, DDR - 7010 Leipzig, Salomonstr. 18b, Ruf 70131. — Verlags direkter: K. >V'IE0KE. — Chefredakteur: Prof. Dr. F. KLIX, Sektion Psychologie, D D E - 1020 Berlin, Oranienburger Str. 18 — Veröffentlicht unter der Lizenz-Nr. 1394 des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik. - Gesamtherstellung: VEB Druckerei »Gottfried Wilhelm Leibolz«, DDR - 4450 Grälenhainichen, IV/2/14, 920. — AN (EDV) 75015. - 4mal jährlich, EVP 12,50 M

Gymnastik für alle über 40 Von Dipl.-Sportlehrer und Fachphysiotherapeut F a c h l e h r e r ANITA WILDA-KIESEL, L e i p z i g

1982. 35 Seiten, 17 Abbildungen, 1 Schallplatte In Tasche. 8,30 M Bestell-Nr. 793 675 4

Die Schallplatte hat eine gymnastische Übungsfolge zum Inhalt, deren Ziel es ist, die wesentlichen Muskelgruppen des Körpers zu kräftigen und die allgemeine Beweglichkeit zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Im Beiheft werden der Übungsablauf und die Zielstellung jeder Übung erläutert. Auf die Notwendigkeit regelmäßiger körperlicher Betätigung und die Wirkung auf das Wohlbefinden, vor allem beim älteren Menschen, wird ausführlich eingegangen. Die Übungen sind vor allem für Personen über vierzig gedacht, die keiner sportlichen Betätigung mehr nachgehen und die deshalb besonders bewegungsarm leben. Individuelle Unterschiede in der Belastbarkeit werden berücksichtigt, da die Übungsfolge sowohl Ziel körperlicher Betätigung wie Ausgangspunkt für weitere Leistungssteigerung sein kann.

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JOHANN AMBROSIUS BARTH LEIPZIG

Klinische Psychologie und soziales Verhalten Herausgegeben von Prof. Dr. phil. MANFRED VORWERG, Leipzig (Psychotherapie und Grenzgebiete. Band 3) 1982. 135 Seiten, 22 Abbildungen und 21 Tabellen Broschiert. D D R I i ) , - M, Ausland 2 5 , - M Boslcllang.'iboil: 703 G'i."> 5

Dieser Band setzt die Schriftenreihe „Psychotherapie und Grenzgebiete" m i t einem Themenkreis aus der psychologischen Praxis fort, während der erste Band theoretische Probleme und der zweite Band den Stand der Forschung auf dem Gebiet der Gruppenpsycholherapie aufzeigen. In diesem Band liegt der Schwerpunkt der Betrachtungen auf Möglichkeiten, die Beziehungen des Menschen zu seiner U m w e l t m i t den Mitteln der Gruppenpsychotherapie zu beeinflussen bzw. zu nutzen, um bestehende Verhaltensstörungen dauerhaft zu beseitigen. In diesem Sinne sollen die einzelnen Beiträge Anregungen geben für die Möglichkeiten der positiven Beeinflussung des sozialen Verhaltens, auch außerhalb der Medizin.

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