Wurzelprinzessin: Weihnachtsmärchen in sechs Bildern [Reprint 2020 ed.] 9783112350409, 9783112350393

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Wurzelprinzessin: Weihnachtsmärchen in sechs Bildern [Reprint 2020 ed.]
 9783112350409, 9783112350393

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Wurzelpnnzessin * Weihnachtsmärchen in sechs Bildern von

Hans Molitor

* Musik von

Ernst Heck u. Hans Molitor

*

Verlag

Donn 1924 von Albert

Ahn

Hochdruck verboten. Atte Rechte Vorbehalten. Copyright

1924

by Albert Ahn Verlag in Vonn.

Das Aufführungsrecht ist zu erwerben vom Äühnenverlag Ahn S Simrock, Berlin, Tauentzienstraße 7b

Dem Andenken des g rohen Natur- und Jugend­ freundes, des deutschen Märchen- und Liederdichters Robert Reinick gewidmet. Köln, den 23. Juli 1924.

Handlung. In den Wäldern lebte einst ein lustiges Volk, die WurzelmännchenEs waren zwergartige, menschenähnliche Geschöpfe, die in Moos­ lauben, zwischen Baumwurzeln und in Felsspalten wohnten. Dle Männchen trugen Mooshöschen und Röckchen aus Eichen- oder Buchen­ blättern oder kleinen Tannenzweigen je nach dem Wawe, in dem sie sich aushielten. Die Weibchen ttugen Kleider aus Blättern mit bunten Blumen verziert. Bei festlichen Gelegenheiten erschienen die Wurzelleute auch im Gewände von Feldwurzeln unb Feldfrüchten. Die Beschäftigung der Leutchen bestand im Ordnen der Wawwege, Sammeln von Vorräten und in allerlei kurzweiligen Spielen. Mit den Tieren des Waldes waren sie sehr befteundet, vor allem mtt den Vögeln. Die Zugvögel waren ihre besten Freunde. Im Frühjahr bereiteten sie ihnen bei Ankunft aus dem Süden einen Empfang, im Herbst ein Abschiedsfest. Mit den Menschen aber lebten die Wurzelmännchen in Feindschaft. Während der Wintermonate hielt das ganze Wurzelvolk einen Winterschlaf. Über das Wurzelvolk regierte ein lieber, guter Wurzelkönig, der eine sehr schöne Prinzessin zur Tochter hatte. Sie bewohnten mit dem Hofstaat einen unterirdischen Palast in einem Tannenwalde. Nach alter Sitte kamen zum Frühlingsanfang Abgesandte der Wurzel­ männchen aus den verschiedenen Wäldern und berichteten über den Verlauf des Winters. Sie wurden dann fesüich bewirtet und nahmen die Einladung zum gemeinsamen Frühlingsfeste mit nach Hause. Dieses Frühlingsfest, an dem der Wurzelkönig mit der Prinzessin teilnahm, verlief in bester Weise. Als Gäste waren der Osterhase mit seiner Famllie, viele Käfer und vor allem die Zugvögel erschienen. Letztere erzählten Erlebnisse mit den Menschen, während dazwischen lustig gespielt und getanzt wurde. Die Prinzessin allein nahm an dem Feste keinen Anteil. Der König drängle sie schon lange, sich aus dem Wurzelvolke einen Gatten zu wählen, damit er einen Thronnachfolger habe. Die Prinzessin aber wollte nur einen, ihr einmal im Traum erschienenen schneidigen Prinzen in schmucker Uniform heiraten und warten, bis sie ihn fand. Dem Könige mitzfiel die Traurigkeit seiner

Tochter. Er wollte auch sie froh sehen und versprach ihr deshalb dte Erfüllung eines besonderen Wunsches. Die Prinzessin, von der Er­ zählung eines Wandervogels neugierig gemacht, erbat die Erlaubnis, einmal ein Alpenglühen sehen zu dürfen. Schnell wurde für sie ein Tragkorb hergerichtet und zwei Störche trugen die Prinzessin an den „Wunderbach", von wo aus sie das Alpenglühen ungestört beobachten konnte. Der Wunderbach hatte die Eigenschaft, dah alles, was mit seinem Wasser in Berührung kam, sogleich lebendig und beweglich wurde, wenn es vorher die Gestalt eines Lebewesens hatte. Während mm die Prinzessin, in den Zweigen eines dichten Baumes am Wunder­ bache sitzend, das Alpenglühen beobachtete, fuhr ein Wagen mit Listen über die Brücke des Baches. Plötzlich brach ein Rad, und die Listen fielen vom Wagen in den Wunderbach. Die Listen aber waren mit Spielsachen gefüllt, und nun kletterten lebend geworden aus dem Bache allerlei Puppen, Männlein und Weiblein, Soldaten, Offiziere, Pferde und sonstige Tiere, immer mehr und mehr, bis schliehlich ein ganzes Volk und ein Heer zusammen war, zu dem selbst die Kanonen, Wagen usw. nicht fehlten. Der Erste, der auch die Sprache fand, war ein Nuhknacker in schmucker Husarenuniform. Er rief sich kurz ent­ schlossen zum Könige aus, machte den geschäftig herumspringenden Hampelmann zu seinem Minister, ernannte einen General und Haupt­ mann und hatte schneN seine ganze Armee und sein Volk geordnet. Dann gab König Nußknacker dem Minister Hampelmann Auftrag, ihnr eine „Königin" zuzuführen. Als Hampelmann sich eben ver­ legen hinters Ohr kratzte und überlegte, wie er das anfangen sollte, brach im Baum am Bache der Ast, auf dem die Wurzelprinzessin saß. Sie hatte den König Nußknacker, der ihrem Traumbiw glich, erblickt ilnd sich zu neugierig vorgebeugt. König Nußknacker ließ die schöne Prinzessin aus ihrer gefährlichen Lage befteien, warb um sie und zog mit seinem ganzen Hofstaat, Heer und Volk zum Wurzelkönig. Dieser gab schweren Herzens seine Einwilligung zur Hochzeit.

Die Hochzeit wurde auf der Nußwiese gefeiert. Das Wurzelvolk und alle Nußknackerleute nahmen an dem Feste teil. Es gab Be­ lustigungen aller Art,- auch wurde gut gegessen und getrunken. Die Festfteude aber stieg dem Nußknackervolke so zu Kopf, daß es am Ende sehr übermütig wurde, zu streiten anfing und das Wurzelvolk wegen seiner Schlichtheit verlachte und verhöhnte. Da König Nuß-

knacker dem bösen Treiben seines Voltes nicht Einhalt gebot, tarn es zu einer Entzweiung zwischen dem Wurzelkönig und König Nuhtnacker. Letzterer zog unter Verhöhnung des Wurzelvolkes mit feinen Leuten und der jungen Gattin davon. Das Nutzknackervolk hatte sich nach langer Fahrt in einem stillen Tal niedergelassen und eine Stadt gebaut, in deren Mitte König Nuhknacker auf einer Burg wohnte. Es lebte sorglos in Freude und Ausgelassenheit dahin. Währenddessen aber hatte das Wurzelvolk beschlossen, sich zu rächen. Seine BundesgeTwssen und Streiter in dem Kampfe mit dem Nutzknackervolk waren die Kaninchen, Maul­ würfe, Eidechsen, Regenwürmer und Vogel. Zu einem vereinbarten Zeitpunkte unterwühlten die ersteren den Boden der Nutzknackerresidenz, während die Vögel in grotzen Scharen über die Nutzknackerstadt dahinflogen und einen solchen Wind entfesselten, daß die ganze Stadt zusammenstürzte und alle Insassen unter sich zu Tode begrub. Die Königin allein wurde gerettet. Sie floh aus der Burg in den nahen schützenden Wald. In der Einsamkeit des Waldes, in dem die Nutzknackerkönigin lange umherirrte, kam sie zur Erkenntnis, datz sie ihre Hand an einen Unwürdigen verschenkt und ihrem Vater großes Unrecht zugefügt hatte. Sie beschloß, reumütig als Wurzelprinzessin zurückzukehren und sich künftig dem Willen ihres Vaters nicht mehr zu widersetzest. Lange irrte sie in den Wäldern umher, ohne den rechten Weg zu finden. Inzwischen war das Jahr zu Ende gegangen. Das Wurzelvolk hätte sich schon längst wieder in den Winterschlaf begeben müssen, aber der Wurzelkönig war durch den Verlust seiner Tochter so traurig, daß er nicht zur Ruhe kam und mit ihm auch sein Volk nicht. Am Weihnachtsabend waren Abgesandte der Wurzeloölker bei ihm, um ihn zu trösten und ihm Vorschläge zu machen, wie man nach dem Verbleib der Prinzessin forschen sönne. Da trat diese plötzlich unter sie. Sie war von einem guten Waldgeist in Gestalt eines weißen Hirsches auf den Heimweg gebracht worden. Nun gab es ein frohes Wieder­ sehen, das durch einen herrlichen Weihnachtsabend gefeiert wurde

7^"

Personen. Wurzelkönig Wurzelprinzessin Hofmarschall des Wurzelkönigs Kammerfräulein der Wurzelprinzessin Herold Gesandter der Eichenwälder Gesandter der Buchenwälder Gesandter der Tannenwälder Wurzulus, ein tapferer Wurzlersohn Der Osterhase Ein Storch Eine Schwalbe Eine Nachtigall Ein Rabe König Nutzknacker Minister Hampelmann General Knatterbüchse Hauptmann Knallerbse Ein Fuhrmann Wurzelmänner, Wurzelfrauen, Gesandte, Diener, Wächter, Soldaten, Puppen, Hofdamen, Pagen, Vögel, Käfer, Tiere, Osterhasen und Osterhästnnen.

Musikfo lge. Einleitung zum 1. Bild. Melodram. Aktschlubmusik. Einleitung zum 2. Bild. Ankunft der BogelgSste und Einzug des WurzelkönigsBalletteinlage „Reigen der Frühlingsblumen." Liedereinlage: a) Die Kuckucksuhr; b) Sonnenstrahl. Nr. 8. Balletteinlage „Hasen-Hopswalzer." Nr. S. Balletteinlage „Pilz und Käfer." Nr. 10. Attschluhmusik. Nr. 11. Einleitung zum 3. Bild. Nr. 12. Alpenglühen. Nr. 13. Erwachen des Nuhknackervolkes. Nr. 14. Attschlutzmustk. Nr. 15. Einleitung zum 4. Bild. Nr. 16. Balletteinlage „Puppenreigen." Nr. 17. Balletteinlage „Tirolertanz." Nr. 18. Balletteinlage „Neger und Bären." Nr. 19. Attschluhmusik. Nr. 20. Einleitung zum 5. Bild. Nr. 21a. Anmarsch der Nrchknackersoldaten. Nr. 21b. Abmarsch. Nr. 22. Erscheinen der Königin und Melodram. Nr. 23. Einsturz der Nußknackerstadt, Melodram und Att-^ schlußmusik. Nr. 24. Einleitung zum 6. Bild. Nr. 25. Aktschluhmusik mit Wechnachtsapotheose.

Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

„Beim Wurzelkönig"

iN. Air ab», .stölii)

1. Bilä: Beim Wurzelkönig. Bildskizze: Bergansteigender Tannenwald in halber Höhe. In der Mitte eine starke Tanne; davor eine felsige Vertiefung. Der Eingang zum Palast des Wurzelkönigs liegt unter den starken, teils bemoosten Wurzeln der mittleren Tanne; er ist durch einen Moos­ vorhang nach außen abgedeckt. Rechts und links vom Eingang stehen Wächter unter Pilzen. Sie ttagen Lanzen, deren Spitzen aufgesetzte Lkuhhörner sind. Zwischen hohen Farnkräutern münden seitlich Sttatzen auf den Vorplatz des Palastes, einer gut gepflegten Moos­ fläche. Auf einem Aststumpf der die Höhle umfassenden Tanne hat der Herold seinen Spähersitz. Er trägt ein kleines Muschelhorn. Spuren von Schnee sind noch am Boden sichtbar. Die Szene liegt anfänglich im Dämmerlicht; Windstöße, allmählich auftlärend heiter.

Wenn der Vorhang sich gegen Ende des musikalischen Vorspieles hebt, sind einige Diener dabei, die letzten Reste Schnee fortzufegen und die Sttaßen zu ordnen.

Herold Winter ade! Scheiden tut weh; Aber Dein Scheiden macht, Daß uns das Herze lacht! Bläst auf seinem Horn den Weckruf aus der einleitenden Musik.

Heraus, Ihr Wurzelmänner, heraus! Der Frühling ist kommen, die Vöglein find draus!

Hofmarschall verschlafen aus dem Palast ttetend Aber Herold! Wozu dieses Lärmen? Willst Dir wohl künstlich die Glieder erwärmen. Wie drückte der Schnee mit schwerer Last Hier aus des Wurzelkönigs Palast! Herold

Vorbei iffs nun mit Schnee und Eis; Bald bricht schon auf das junge Reis.

2 Ich fühl' ein Schwellen und Glühen. Wie sehr es auch die Nacht noch fror, Der Lenz steht draußen vor dem Tor, Bald wird es grünen und blühen.

Hofmarschall Das Wurzelvolk ist über Nacht Aus seinem Winterschlaf erwacht; Ich höre es kribbeln und krabbeln. Drum ist es schon die höchste Zeit; Bald kommt es her von weit und breit Mit seinem König zu babbeln. Zu den Dienern.

Habt Ihr gefegt den letzten Schnee, Damit nicht gar, oh Schreck und Weh, Die Wurzelmännlein hier purzeln? Die Diener nicken bejahend.

So richtet mir noch schnell im Haus Die Tafel zum Begrüßungsschmaus Mit süßen Nüssen und Wurzeln. Legt auf das Beste vom Geschirr, Doch machet nicht zuviel Geklirr; Wurzelprinzessin, so höret, Träumt eben ihren Lieblingstraum Bom schneid'gen Prinzen Zuckerschaum; Daß Ihr sie nur nicht störet! Die Diener gehen in den Palast.

Herold Lieblingstraum? Zuckerschaum? Ich traue meinen Ohren kaum. Ich glaub', bei dem spukt's im Gehirn. Ei weh! Jetzt runzelt er die Stirn.

3

HofinarschaN So

bringt des neuen Wurzeljahres

erster

Morgen Dem Hofmarschall gleich wieder Müh' und Sorgen. Schon hundert Jahre trag' ich Amt und Würde, Doch immer schwerer wird des Dienstes Bürde. Hätte Prinzessin endlich ihren „Prinz" gefunden, So würde ich vom Staatsgeschäft entbunden; Ich könnte pfeiferauchend unterm Pilzdach sitzen, Manch Schläfchen schnarchen unter Tannenspitzen. Doch, wann soll dieser Lieblingswunsch sich mir er­ füllen? Sie bleibt ja fest bei ihrem Willen Nie einen Wurzlersohn zum Gatten sich zu wählen, Wenn man sie ernsüich drängt, sich zu vermählen. So wird sie ewig von dem falschen Prinzen träumen, Den Rechten doch zu nehmen ganz versäumen.

Der Herold, der von seinem Spähersitz aus immer nach rechts und links ausgeschaut hat, stützt zweimal ins Horn. Nanu, Herold! Was soll das Blasen? Du schreckst ja auf die Reh' und Hasen! Was hast Du denn? Was ist geschehen? Hast etwa Menschen Du gesehen?

Herold Nein, Hofmarschall! Seid ohne Sorgen! Bor Menschen halt' ich Euch geborgen. Ich sah dort (nach rechts weisend) durch der Tannen

Grün Zwei kleine Trupps zu Berge zieh'n. Es kehren wohlbehalten wieder

Die lieben, guten Wurzelbrüder Vom Tannen- und vom Eichenwald.

Dann folgen wohl die Buchner bald?

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Hofmarschall Die Buchenwälder wohnen weiter, Doch war der Himmel für sie heiter. Wenn ihnen niemand auf der Pelle, Sind sie gewiß auch bald zur Stelle Und bringen dem Könige Bericht Von ihrer langen Winterschicht. Der Herold stöht wieder ins Horn.

Herold! Was ist denn nur bloß Jetzt schon wieder bei Dir los? Kommt vielleicht mit Pfeil und Bogen Gar der Jägersmann gezogen?

Herold

Nur nicht ängstlich, lieber Marschall, Wart' er doch, bis ich vom Ast fall', Dann erst wär's ein schlimmes Zeichen; Doch, uns blieb noch Zeit zum Weichen. Nein! Ich habe nur gesehen Buchwälder dort (nach links deutend) das Tal durch­ gehen. Wollte ihnen schnell verkünden, Daß wir in Erwartung stünden. Sie gehen eben drüben Bei den eingescharrten Rüben.

Hofmarschall Sehr brav, mein Sohn! So komm herab; Nimm mir von meinen Pflichten ab, Die Gäste hierorts aufzuhalten, Bis der König kommt seines Amtes zu walten, Denn er läßt am alten Brauch nicht rühren, Selbst die Gäste ins Haus zu führen. Auf die Tafel werf' ich noch einen Blick

b

Und komme sofort mit dem König zurück. Wenn wir dann aus dem Eingang treten, Wirst dreimal kräftig Du trompeten. Nun mache Deine Sache gut Und sei mir achtsam auf der Hut. Ist der Empfang uns gut geraten, Lass' ich Dir auch Kastanien braten. Geht ab in den Palast.

Herold

Kastanien- Welch' leckere Sachen! Herr Hofmarschall, ich werd's schon machen! Langsam nach den Weisen der hier einsetzenden Musik vom Baume steigend, an dessen Futze er zunächst stehen bietet. (Er hält abwechselnd nach rechts und links Ausblick und verfolgt, wie die Abgesandten näher kommen.

Dort vernehm' ich deutlich wispeln, Und von drüben heimlich flüstern. Ja, sie krabbeln schon im Busch, Stolpern, springen, husch, husch, husch! Weil den Winter sie gerastet, Sind die Beine eingerostet. Hat mal einer umgesehen, Ist das Unglück schnell geschehen. Durch die Bein' hüpft ihm ein Hase; Pautz, da liegt er auf der Nase. Springt wo auf ein Heiner Floh, Sitzt vor Schreck er auf dem Po. Doch die Männlein sind recht helle, Kommen sie nicht von der Stelle Mit den Beinchen, eins, zwei, drei, Schaffen sie's durch Rutscherei;

6 Denn auf Hosenbodens Leder Geht es leicht wie eine Feder. Führt der Weg zu steil bergan, Tun sie's gleich der Drahtseilbahn; Ziehen sich mit Spinnwebfaden Bis sie alle oben haben. Geht der Weg sehr steil herunter, Schlagen Purzelbaum sie munter. Wenn sie mal ein Beinchen brechen, Sich an spitzen Disteln stechen, Oder wenn sie zu sehr tollen, Gegen einen Baumstamm rollen, Höret man sie niemals klagen; Alles wird mit Mut ertragen. Ja, wir find ein lustig' Völkchen, Unsern Sinn trübt nie ein Wölkchen; Was uns irgend will verstimmen, Lassen wir ganz einfach schwimmen; Leben lustig, leben froh, Wie der Mops im Paletot. Im Winter mollig eingemummelt, Im Sommer frisch drauf los getummelt. Ahl Da kommen die Trabanten. Der Wurzeloölker Abgesandten!

Grütz Gott! Grütz Gott Euch in der Runde! Es schlägt des Wiedersehens Stunde! Springt beim Schlußton der begleitenden Musik auf den Vorplatz herunter.

Sol Jetzt noch herabgesprungen, Und die Reise mär' gelungen. Der Herold tritt in den Eingang des Palastes und gibt ein dreimaliges Hornsignal hinein. Die beiden Wächter gehen in den Palast. Je drei

7 Abgesandte der Wurzelmänner des Tannen-, Eichen- und Buchen­ waldes treten von rechts und links wie angeKndigt auf. Vom Fuhr der großen Tanne aus springen oder rutschen sie die felsige Vertiefung zum Vorplatz herunter. Sie treten fast gleichzeitig auf den Vorplatz und begrüßen sich in umständlicher, herzlicher, belustigender Weise durch Handschlag und Umarmung.

Einige Wurzelmänner

Grütz Gott! Grütz Gott, Ihr lieben Brüder! Die übrigen Wurzelmänner

So sehen wir gesund uns wieder! Herold

Den Herren Gesandten ehrerbiet'gen Grutz! Dom Hofmarschall ich melden mutz, Datz er gegangen, den König zu holen, Der Euch zum Empfang hierher befohlen. Ich bitte, etwas zu verweilen, Er wird sich sicherlich beeilen. Gesandter der Eichenwälder

Uhl War das eine beschwerliche Reis'. Beim Ameisenberg lag noch viel Eis. Gesandter der Buchenwälder

Wir sind gewiß zu früh ausgeflogen Und werden uns noch ein Schnüpfchen holen. Gesandter der Tannenwälder

Ich glaube nicht, denn ich hörte im Freien Schüchtern schon Dögelein schalmeien. Eichenwälder

Sie mausern bald das Wintergefieder Und wecken den Frühling durch muntere Lieder.

8 Buchenwälder Der Bogel, der zu frühe zirpt, Bei solchem Wetter schnell erstirbt. Ich muh es Euch ganz ehrlich sagen: Ich kann die Luft noch schlecht vertragen.

Tannenwälder Zwar steht noch fröstelnd Flur und Feld, Doch Frühlingshauch durchweht die Welt, Und bald seh'n wir im Blumenkleide Das stille Tal, die saft'ge Weide. Eichenwälder Ich glaub', unser Bruder vom Buchenwald Hat nur die Nasenspitz' was kalt; Drum will ich ihm ein Mittel geben, Das ihn erweckt zum vollen Leben. Reicht ein Fläschchen.

Hierl Laßt uns dieses einmal proben, Ihr werdet mir das Tränklein loben.

Buchenwälder Was gibt's im Eichwald denn für Kraut, Aus dem man solch ein Tränklein braut? Jst's süh? Jst's bitter? Wärmt es sehr? Sag an, wo ist das Tränklein her? Brennt es auch nicht zu sehr im Magen? Das könnt' ich wirklich nicht vertragen! Tannenwälder Nun seht mir mal den Buchner an; Er spielt fürwahr den kranken Mann. Ein Trank, der aus dem Eichwald kommt, Hat jedem Wurzler noch gefrommt; Doch wenn er sich nun mal will zieren,

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So muß er eben weiter frieren. Mich kann das wirklich nicht verdrießen; Werd' doppelt mir die Nas' begießen. Trinkt.

Ha, wie hat das gut getan; Schmecket fast wie Marzipan!

Buchenwälder Ma- Ma- Marzipan? Wie ist das möglich? Ja, dann wär' es schon erträglich. Lasset mich erst mit den Lippen Einen Schluck zur Probe nippen. Trinkt und spuckt aus.

Brrr! Wie könnt Ihr das empfehlen? Zieht den Mund und beißt die Kehlen. Wie das auf der Zunge pickt! Wie das mir den Magen zwickt! Ach! Ich glaub', ich werde sterben, Fühl' die Wangen sich verfärben; Auf die Stirn tritt mir der Schweiß Und hier drinnen werd' ich heiß. Eichenwälder Das ist's doch, was ich bezweckte. Aus dem Winterschlaf erweckte Ich Dich mit dem Wundertropfen Boll und ganz. Läßt das Herz Dir stärker klopfen, Und Du wirst es schon verspüren: Fort ist nun Dein Frösteln, Frieren.

Tannenwälder Ei, Ei! Verflirt! Seht nur, wie der Buchner schwitzt! Wie dem lieben, guten Alten

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Das Gesicht sich zieht in Falten. Liebster, Bester! Last Dir sagen: Das war recht für Deinen Magen. Eben war ich auch verfroren,

Fühl' mich jetzt wie neu geboren.

Buchenwälder Anfangs glaubt' ich zu verdummen, So tat mir der Schädel brummen; Doch, ich mutz es Euch gestehen: Jetzt durchzieht ein Frühlingswehen Mich, und es scheint, man kann doch halten Mit dem schönen Spruch, dem alten: Was recht bitter für den Mund, Macht das Herze kerngesund!

Eichenwälder Ja, gewiß! Ich kann's bekunden; Latz es mir drum öfter munden. Einstmals trank ich immer weiter; Da ward ich so lustig heiter, Datz ich schlietzlich alles küsse, Was mir nur kommt vor die Fütze. Bäume, Käfer, Kuckuck, Tauben, Alle mutzten daran glauben. Auch hatt' ich geküht Frau Hase Mitten auf die kalte Nase. Doch, o weh, wie es geschehen, Blieb vor Schreck sie aufrecht stehen Und im selben Augenblicke Schötz ein Jägersmann voll Tücke. Peng! peng! peng! Mit lautem Krach

Traf Frau Häsin er, und ach,

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Es färbt' die Liebe, Gute Schon das Gras mit ihrem Blute. Ich sprang hin mit Windesschnelle, Trug die Ärmste von der Stelle. Eh' der Jäger sich's versah, War Frau Häsin nicht mehr da. Doch ich war in groher Not, Denn fast war Frau Häsin tot, Teils vor Schreck und teils vor Schmerz Stand schon still das Hasenherz. Da halt' ich aus meinem Täschchen Schnell das gut bewährte Fläschchen, Ließ sie trinken von dein Saft Zur Belebung ihrer Kraft, Und schon nach dem dritten Schluck Sprang sie auf mit einem Ruck, Nahm sich selbst das Fläschchen her, Trank es bis zum Boden leer. Siehe da, nach zwei Minuten War gefüllt der Wunden Bluten Und Frau Häsin, froh wie immer, Sprach zu mir: „Du Böser, Schlimmer!

Mußte fast Dein stürmisch Küssen Mit dem jungen Leben büßen! Doch für Deinen Labetrank Habe vielen, vielen Dank. Weil gerettet er mein Leben, Darfst mir tausend Küsse geben!" Ließ mir das nicht zweimal sagen, Nahm Frau Häsin sanft beim Kragen, Küßte sie wie närrisch, toll Bis die tausend waren voll!

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Tannenwälder Sapperlot! Das läßt sich hören; Wer mich würd's nicht betören, Küßte weder Baum noch Täubchen, Sondern nur mein Wurzelweibchen, Denn zu lüffen die Frau Has',

Machte mir doch keinen Spaß, Weil ihr Mündchen gar zu platt, Und sie einen Schnurrbart hat. Doch um Deinen Trank zu preisen Und mich dankbar zu erweisen, Will ich jetzt als Freudezeichen Euch die gold'ne Dose reichen. Nehmt hier eine frische Prise Mehltau von der Vogelwiese.

Eichenwälder Lass' mir das nicht zweimal sagen!

Buchenwälder Ja, den kann ich auch vertragen.

Herold Bitte, darf ich's auch mal wagen? Sämtliche Anwesende nehmen eine Prise. Es beginnt ein anhaltender, kräftiges, belustigendes Niesen. Plötzlich tritt die große Wache und der Hofstaat aus dem Palast; der König erscheint. Der Herold will noch schnell Hornsignale geben, setzt aber unter heftigem Niesen ab. Der König und seine Umgebung sind von dem Anblick sehr belustigt.

Die Gesandten Heil (Hizza!) unserm (Hizza!) König!

Tannenwälder Ach, entschuldigt, daß so wenig — (Hizza!) — Schicklich wir vor Euch erscheinen. — (Hizza!) —

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Buchenwälder

Welche Schande! Möchte weinen, — (Hizza I)— Datz so dumm wir tonnten handeln Und den Heilgrutz Dir verschandeln. — (Hizza 1) — Eichenwälder

Möge der König uns verzeihen, Daß wir so die Stunde entweihen. Doch den Tannenwälder mutz ich tadeln, Er gab gerieb'ne Tannennadeln Uns als Schnupftabak zu prifen; Der liefe uns so entsetzlich niesen. Wurzelkönig

Ich finde wirklich nichts zu rügen; Im Gegenteil 's macht mir Vergnügen, Dafe Ihr mit so luftigen Sachen Uns bringt gleich zu frohem Lachen. Nur nicht gleich die Stirne runzeln! Lustig sein und immer schmunzeln! Wenn der Tannenwälder Euch will necken, Haut ihm eins auf den Hinterflecken; Doch mit Vorsicht, denn der Gesell' Hat der Nadeln viel im Fell. Wer nun erzählet mir getreulich: Steht's beim Wurzelvolk erfreulich? Ist in unfern weiten Landen Gut der Winter überstanden? Befroren den Vettern und den Basen Auch nicht die Füfee und die Nasen?Der Winter war streng, der Winter war lang, Mir war um mein liebes Volk so bang!

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Eichenwälder Wir kommen aus dunkler Felsen Schoß Und wanderten lang über Stein und Moos. Der Wind recht kräftig durch die Forsten pfiff Und heftig uns in die Backen kniff,

Aber Schlimmes ist uns nicht begegnet; Der Himmel hat unsere Fahrt gesegnet. Gesegnet war auch der böse Winter, Und heil sind im Eichwald all' Deine Kinder!

Wir Eichenwälder rufen voller Entzücken: Heil möge allzeit den König beglücken!

Alle Heil! Heil!

Buchenwälder Uns kam heut' auf dem weiten Wege Nichts Sonderliches ins Gehege. Nur einmal bin ich jäh erschrocken,— Es sträubten wild sich meine Locken; — Denn als ich zog mein Schnupftuch raus, Sprang aus der Tasche eine Maus, Verschwand behänd' im nächsten Loch;

Des Schwänzleins Spitze zeigt's nur noch. Oh, dieses garstige Mausetier

Den ganzen Winter haust' bei mir Und hat ganz sicher währenddessen Von meinen Nüssen und Wurzeln gefressen. Doch außer dieser Mauseplage Hab' ich weiter keine Klage. Die Buchenwälder, die Alten und Jungen,

Haben sich gut durch den Winter gerungen. Es grüßt Dich, König, das Volk der Buchen Und hofft, daß Du es recht bald wirst besuchen!

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MIe Das möge der König!

Tannenwälder Wir glaubten den Winter uns gut geborgen, Doch bald schon kamen große Sorgen: Ms es draußen grimmig kalt, Kamen Menschen in den Wald

Und holten sich zum Weihnachtsfeste Von unseren Tannen das Allerbeste. An den Wurzeln sie zerrten und rissen Und aus-den warmen Bettchen uns geschmissen. Aber zu meiner Freude kann ich bekunden, Daß niemand von uns den Tod gesunden. Schnell wurden neue Bettchen gebaut. Ich hatte dabei nicht recht hingeschaut, Denn plötzlich verspürte ich krabbeln und laufen Und erwachte in einem Ameisenhaufen. Wir Tannenwälder sind munter und gesund Und tun unserm König hiermit kund, Wie wir uns freuen, daß auch er wohlbehalten,

Um wieder ein Jahr über uns zu walten. Wir rufen mit Begeisterung aus: Hoch lebe der König und sein Haus!

Alle Hoch! Hoch! Hoch!

Wurzelkönig Es freuet mich von Herzensgrund» Daß meine Völker alle gesund. Für Grüße und Wünsche lass' Dank ich sagen. Wir wollen über den Winter nicht mehr klagen. Schon bricht hervor der Sonnenschein;

Wer möchte da noch traurig sein?

16 Frühling wird es überall! Es rauscht der Bach im stillen Tal, Läßt munter seine Wellen zieh'« Und treibt der Wiesen erstes Grün. Auch Bogelstimmen werden laut Und Leben regt sich, wo man schaut.

Drum woll'n auch wir uns wieder regen, In den Wäldern alles ordnen und fegen, Dah die lieben Vögel, unsere Gäste, Finden alles auf das Beste, Wenn sie in den nächsten Tagen. Ihre Wohnung hier aufschlagen. Ist dies alles wohl geschehen, Feiern wir das Wiedersehen. Höret jetzt vom Hofmarschall, Was das Fest soll bringen all.

Hofmarschall

verliest:

An das Wurzelvolk! Hiermit wird bekannt

gemacht, daß Oster­ sonntag auf der N u h w i e s e unser großes FrühI i n g s f e st stattfindet. (Bravo!) Alle Eichen-, Buchen- und Tannenwälder sind herzlichst einge­ laden. Die Störche werden die neusten Geschichten klappern, die Schwalben uns Dorfmärchen er­ zählen und die Nachtigallen neue Lieder mit­ bringen. (Bravo!) Auch werden Käferspiele,

Blumenreigen und sonstige Unterhaltungen geboten. Das Maikäferorchester spielt zum Tanze auf. Der König wird mit der Wurzelprinzessin bestimmt erscheinen. (Bravo!) Auf frohes Wiedersehen am Ostersonntag!

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Alle Auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen! Wurzelkönig Bevor Ihr nun die Botschaft bringt den Euern, Wollen wir die Stunde würdig feiern.

Um Euch zu laben, zu erfrischen, Soll jetzt der Hofloch Guts auftischen, Denn nach dem Reisen und dem Schwatzen Verträgt man schon 'nen guten Batzen. Herr Hofmarschall! Zum Ehrenschmaus Führen Sie bitte die Gäste ins Haus! Me im Taktschritt der einsetzenden Aktschluhmustk ab in den Palast,

außer dem Herold.

Herold

Herr Hofmarschall, übers Essen Bitte den Herold nicht zu vergessen. Wenn begonnen drinnen der Schmaus, Schicken Sie mir bitte Kastanien heraus! Vorhang.

„Frühlingsfest auf Ser Nugwiese"

(9i. Hrabl), Köln)

2. Mlä:

Frühlingsfest auf der Nustwiefe. Bildslizzc: Eine grohe Wiese, die ringsum von Nutzsträuchern «ingeschlossen ist. Bor einem hohen Nutzstrauch im Hintergründe ist für den Wurzelkönig ein Thron aus Schneckenhäusern errichtet. Die Stufen zum Thron sind aus dicken farbigen Kieselsteinen gefügt. Links und rechts vom Thron und vor den seitlichen Büschen stehen hochstengelige Maiglöckchen, die beim Einzug des Wurzelkönigs von Käfern geläutet werden. Seitlich links in einer Strauchlaube hat das Maikäferorchester feinen Platz; davor ein Baumstumpf, der als Bortragspodium dient. Die Szene liegt im Hellen Sonnenschein. Beim Aufgehen des Vorhanges am Ende des musikalischen Vorspiels ist das Wurzeloolk schon zum Teil versammelt und in lebhafter Unter­ haltung. Einzelne Neuankommende werden oorgesteNt und besonders begrüht.

Gesandter der Eichenwälder

Ah! Welch' seltenes Vergnügen! Herr und Frau Kürbis! Gesandter der Tannenwälder

Da kommt auch Fräulein Radieschen Mit Knoblauchs Annelieschen! Gesandter der Buchenwälder

Seht mal, wie Fräulein Heidekraut Immer nach Herrn Rettich schaut! Eichenwälder

Darf ich bekannt machen? Herr und Frau Pfeffergurke! Tannenwälder

Frau Krönzel und Fräulein Fingerhut! Wie kleiden die neuen Blüschen Sie gut.

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Buchenwälder O Himmel! Schnell einen Kümmel! Mir wird übel.

Da kommt Herr Zwiebel.

Eichenwälder Bis auf Jungfrau Erika

Sind die Unsern alle da.

Buchenwälder Die Buchenwälder sind auch zur Stelle;

Selbst Frau Knolle, die dicke Kamelle!

Tannenwälder Es fehlen aber zum Feste

Noch alle Ehrengäste.

Buchenwälder Die werden wir gleich hier haben.

Gebt acht!

Ich lasse nur ein paar Buchecker knallen,

Und sie werden uns von allen Seiten überfallen. Wirft drei dicke Buchecker, die mit lautem Knall platzen. Während darauf die Musik des 'Maikäferorchesters einsetzt, hört man Schwirren in der Luft und Vogelzwitschern. Von oben senken sich zwei Störche auf die Wiese herab; aus den Büschen kommen Schwalben, Nachti­ gallen, Kuckucke, Waldtauben, Drosseln, Finke und Bachstelzen (Wippe­ schwänzchen). Große, fteudige Begrüßung unter Nennung der Vogel­ namen. Dann reitet auf einer Heuschrecke der Herold heran, gibt ein dreimaliges Hornsignal und reitet zurück. Der König erscheint mit Gefolge. Voran schreiten Goldkäfer, Hirschkäfer und Maikäfer als Pagen. Einige von ihnen setzen das Maiglöckchengeläute in Bewegung, die andern nehmen am Thron Aufstellung. Alsdann erscheinen der Reihe nach der Herold, Wächter, das Kammerfräulein der Wurzelprinzessin, der Hofmarschall, der Wurzelkönig mit der Wurzelprinzessin, Wächter. Jubelrufe! Der Wurzelkönig sehr volkstümlich, gutmütig; die Wurzelprinzessin stolz und schnippisch. Der König nimmt mit der Prinzessin auf dem Thron Platz, umgeben vom Gefolge. Die Musik verstummt. Die drei Gesandten treten vor mit dem Rufe: „Heil unserm König!" „Heil der Prinzessin!" Der Ruf wird von allen Anwesenden begeistert ausgenommen.

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Wurzelprinzessin Ich bitte sehr, nicht so zu schrei'»; Das mag ich nicht, das ist nicht fein! Wurzelkönig Mein Töchterchen, sei nicht nervös;

Sei heitern Sinnes, nicht so bös', Sieh nur die Freude bei Männlein und Frauen. Dich frisch und blühend wiederzuschauen. Die Prinzessin wendet sich naserümpfend ab. Mein liebes Volk! Meine teuren Gäste!

Herzlich willkommen zum Frühlingsfeste! Besondern Gruß Frau Schwalbe, Fräulein Nachttgall, Herrn Storch und den lieben andern all, Die, wie ich mir soeben ließ sagen, Gesonnen sind» zum Feste beizutragen Durch Erzählen, Tänze und Gesang. Das gibt dem Feste guten Klang. So lasset uns froh und munter sein, Trinken vom edlen Birkenwein, Und wer dem Feste gibt den Höch st en Glanz, Den ladet die Prinzessin zum Ehrentanz! Wurzelprinzessin

Papa! Wie kannst du so was sagen, Ohne mich zuvor zu fragen? Ich tanze doch nicht in dem Seidenkleide Hier auf dieser Ziegenweide! Kammerfräulein

Prinzessin, hör', es schickt sich nicht, Dah ein Kind dem Vater widerspricht.

Ich habe Dich doch stets gelehrt, Dast man ihn durch Gehorsam ehrt.

22 Wurzelprinzessin

Hör' nur schon auf mit Deiner Predigt; Die Sache ist für mich erledigt. Wurzelkönig

Schon gut, schon gut, seid doch nur still; Sie tut ja doch stets, was sie will. Ihr Eigensinn soll uns nicht stören; Wir wollen Schöneres jetzt hören. Der König gibt ein Zeichen zum Beginn des Festes. Alle machen es sich auf der Wiese bequem. Die Mitte bleibt zu den folgenden Dar­ bietungen frei. Der Herold springt auf einen Baumstumpf und sagt jede Aufführung an. Während der Darbietungen zeigt die Prinzessin im Gebärdespiel teils Geringschätzung, teils Teilnahmlosigkeit.

Herold

Meine Herrschaften! Zunächst werden sich zeigen Die Frühlingsblumen mit einem Reigen! Gesandter der Eichenwälder den Herold in Geste nachahmend

Sie werden mit den Köpfchen nicken Und lieblich mir ins Auge blicken. Balletteinlage: „Reigen der Frühlingsblumen".

Gesandter der Eichenwälder

Famos! Famos! Die haben was los. Herr Herold, ich nähme gern einen Strauh Bon diesen Blumen mit nach Haus. Herold

Frau Schwalbe, die ziehet von Ort zu Ort, Hat jetzt zu einer Erzählung das Wort. Gesandter der Buchenwälder

Bitte, Frau Schwalbe, eine wahre Geschichte, Nichts von Karl May oder sonst ein Gedichte.

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Schwalbe Ich will Euch eine Geschichte erzählen, die sich vor einigen Jahren in einem Hause zugetragen hat,

an dem ich nistete. In diesem Hause wohnten zu­ sammen eine Wurst, eine Maus und eine große Erbse.

Alle drei waren von verschiedener Art, die Wurst immer traurig, die Erbse immer lustig und die Maus dummdreist und voreilig. Mer die Drei vertrugen sich gut und führten gemeinsame Küche, wobei alle abwechselnd den Kohl kochten. Nun traf es sich immer, daß der Kohl an den Tagen, wo die Wurst

ihn gekocht hatte, stets am besten schmeckte. Die Maus frug neugierig nach dem Grunde. „Ei", sagte das Würstchen, „das ist keine Hererei. Wenn der

Kohl im vollen Kochen ist, laufe ich selber ein paar mal hindurch, und davon schmeckt er so schön." „Gut", dachte die Maus, „das will ich mir merken". Gleich am nächsten Tage wollte sie es genau so machen, aber, ach du liebe Zeit, beim ersten Durchlaufen durch den heißen Kohl verbrühte sie sich, ertrank und verkochte. Wie nun die Wurst und die Erbse nach Hause kamen und sich zu Tisch setzen wollten, kochte der Kohl im Topfe, daß es nur so brummte; aber die Maus war nicht zu sehen. Mes Suchen half nicht, und so machten sich Würstchen und Erbse allein überden Kohl her. Doch was fanden sie auf dem Boden des Kessels? Da lagen die feinen Knöchelchen und der lange graue Schwanz der armen Maus; alles Andere war verkocht. Wie das die Erbse sah, mußte sie so sehr über die Dummheit der Maus lachen, daß ihr der ganze Rücken aufplatzte. Hätte sie sich nicht schnell vom Schuster einen Flick aufnähen lassen,

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wäre sie elend vertrocknet. Seit dieser Zeit haben alle grauen Erbsen hinten einen schwarzen Fleck. Gesandter der Eichenwälder

Der Maus möcht' ich es wirklich gönnen, Daß sie im Kohltopf mußt' verbrennen; Doch, Herrschaften, ich habe gefunden: Frau Schwalbe hat uns einen Bären aufgebunden. Herold

Jetzt läßt Frau Nachtigall ihre Stimme erklingen; Sie wird „Die Kuckucksuhr" und vom „Sonnenstrahl" singen! Liedereinlage: a) „Die Kuckucksuhr", b) „Sonnenstrahl".

Gesandter der Tannenwälder

O, Frau Nachtigall, das war ein Genuß, Ich gäbe zum Dank Ihnen gern einen Kuß! Doch meine Frau ist zu eifersüchtig, Sie spannt' mir das Höschen und klopfte es tüchtig. Herold

Wir sehen jetzt auf dem sonnigen Rasen Den Aufzug der guten Osterhasen! Gesandter der Eichenwälder

Freunde, machet auf die Taschen; Jetzt gibt es Zuckerbrot zu naschen. Auf einem niedlichen, mit Blumen geschmückten Gefährt bringt der Osterhase ein großes buntbemaltes Ei. Frau Häsin trägt einen flachen Korb mit Ostereiern. Beide sind von jungen Osterhasen und Häsinnen begleitet. Jubelnde Begrüßung!

Osterhase

Gütiger König! Howe Prinzessin! Mein liebes Wurzelvolk l

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Seht! Bei Eurem Frühlingsfeste Stell'« auch wir uns ein als Gäste; Und weil nun bei solcher Feier Zeitgemäß die Ostereier,

Konnt' ich mir nichts Schöneres denken, Euch mit solchen zu beschenken.

Flugs ihr Jungens, frisch beeilet, Diesen Korb hier schnell verteilet An die werten Wurzelfrauen, Die schon ganz verliebt drauf schauen. Dies Riesenet als Ehrenzeichen Wir Prinzetzchen überreichen. Es ist nicht ein Ei zum „Kippen", Es ist eins, um draus zu nippen, VollgeMlt mit Süßigkeiten. Mög' es Freude ihr bereiten! Wurzettönig Seid bedankt, Herr Osterhas', Für den wohlgelung'nen Spaß. Ihr habt uns wirklich sehr beglückt; Die Prinzessin ist entzückt.

Wurzelprinzesstn Eh' ich kann den Hasen loben,

Muß ich erst die Füllung proben. Meist gibt er, und das ist schade, Pappdeckel statt Schokolade.

KammerfrLulein Pnnzessin, ich muß sehr bitten; Ihr zeigt keine guten Sitten. Was ist das für ein Bettagen? Wollt Ihr wohl hübsch „Danke" sagen!

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Wurzelprinzessin

Oh nee, oh nee, oh nein, Das fällt mir gar nicht ein! Mit Dir bin ich nun auch schon quitt, Bekommst vom Ei kein Stückchen mit. Der Osterhas' hat uns schon öfter betrogen; Das mit den Eiern ist doch alles gelogen. Wollten Eier legen die Hasen, Das gäben sicherlich Seifenblasen. Wurzelkönig zum Osterhasen

Ihr mützt's dem Kinde nicht verübeln Und weiter nicht darüber grübeln. Lasset sie nur ruhig schwätzen, Ich will die Tat Euch doppelt schätzen. — Für die Familie des Osterhasen Wird jetzt ein Ehrenwalzer geblasen! Balletteinlage „Hasen-Hopswalzer", der von der ganzen Hasenfamilie getanzt wird. Während des Tanzes läßt die Prinzessin sich das große Osterei reichen und nascht daraus, das Kammerfräuletn fortgesetzt neckend.

Herold

Du liebes Wurzelvolk, nun horch! Das Wort hat jetzt Gevatter Storch! Wurzelprinzessin

Ach, Storch, Du bist in der Runde hier Wirklich das einzig vernünftige Tier. Während die andern nur futtern und fingen, Mutzt arbeiten Du, mutzt Kinder bringen. Ich höre Dich stets so gerne klappern. Besonders von Deinen Reisen plappern.

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Erzähle uns mal, was Dir gefällt Am besten in der weiten Welt.

Storch Klappklappklappklapp! Der Wunsch, Prinzessin, ehrt mich sehr. Ich reiste viel schon hin und her, Sah Hütten, Schlösser, schlicht und fein, Meer, Inseln und Cypressenhain.

Der Menschen Werke sah ich viel, Sah die Natur im bunten Spiel; Doch von allem, was sie ließ erblühen, Gefiel mir am besten das Alpenglühen, Das auf schneebedeckten Höhen Der Alpengipfel ist zu sehen. Wenn zu Ende geht die Nacht, Jungfrau Sonne neu erwacht, Nebel um die Berge wallen, Langsam in die Täler fallen, Dann wächst dort aus grauem Dunkel Ganz allmählich ein Cefunkel In der Edelsteine Farben Bis zum Rot der Feuergarben. Die erwachenden Sonnenstrahlen Wundervolle Bilder malen Da auf Firnschnee, Gletschereis, Felsen von Granit und Gneis. Ein allgewaltiges Leuchten und Glühen Sieht unser Auge vorüberziehen, Bis endlich den ganzen Horizont Ein strahlendes Gold reich übersonnt. Etwas Schöneres, das mutz ich gestehen, Hab' ich auf meinen Reisen nie gesehen.

28 Der Anblick hat noch jeden gebannt,

Der je den Fuß dorthin gewandt; Und wer von Euch in die Alpen reist, Mit mir das herrliche Schauspiel preist. Wurzelprinzessin

Storch! Das ist ja einfach entzückend! Ach, wie ist dieses Schauspiel berückend! Papa! Das muß ich auch mal sehen; Komm, wir wollen auf der Stelle gehen. Wurzelkönig

Mein liebes Kind, das geht so nicht. Mache drum kein böses Gesicht. Ja, durch die Luft mit Vogelschwingen Würde die Reise schon gelingen; Mer da uns nur Beinchen tragen, Können wir solche Reise nicht wagen.

Auch haschten uns ganz sicherlich Die Menschen, und das wäre fürchterlich. Denk' nur, die eigennützigen Geschöpfe Füllten mit uns ihre Speisetöpfe, Und Dich, die Du so zart geraten, Würden sie gar in Paniermehl braten. Wurzelpriuzessin

Ach geh'! Das sind ja dumme Reden.

Was soll'n die Menschen uns befehden? Und wenn sie mich auch gar verspeisen, Ich will jetzt auf der Stelle reisen. Wurzelkönig

Das gibt es nicht. Run sei mir still, Roch geht es so, wie ich es will.

29 Die Prinzessin wendet sich eigensinnig ab. Der König gibt ein Zeichen zur Fortsetzung der Borführungen.

Herold

Meine Herrschaften! Zum Schluß sehen wir munter und nett Herrn Pilz mit seinem Käferballett! Gesandter der Buchenwälder

Das ist Herr Pilz mit den Mlzpantoffeln, Draus gucken die Zehen wie neue Kartoffeln. Balletteinlage: „Pilz und Käfer".

Hofmarschall

Seht! Da kommt Held Wurzulus! Es scheint, er hatte gar Verdruß. Wurzulus

tritt mit einem Pfeilbogen bewaffnet von der Seite erregt auf

Verzeihet, König, mein spätes Erscheinen. Ich war beizeiten auf den Beinen; Aber es drohte uns allen Gefahr. Als ich auf dem Wege war, Traf ich zwei schlimme, finst're Gesellen, Die am Ameisenberg die Bäume fällen. Mir wollte gleich nichts Gutes schwanen. Ich lauschte still und hörte sie planen, Wenn die Unsern vom Feste nach Hause wallen, Sie aus dem Hinterhalt zu überfallen. Drum, wie sie ruhten im Farnkraut sacht, Hab' ich mich leise herangemacht Und ihnen die Augen mit Harz verklebt. Da haben sie gezetert, gebebt, Geschimpft, geflucht und sich gezankt, Bis schließlich sie kleinlaut nach Hause gewankt.

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Dort sitzen jetzt sicherlich die Bösen Und baden die Augen, um das Harz zu lösen.

Alle Bravo! Bravo! Held Wurzulus! Wurzelkönig Mein Sohn! Deine Heldentat Uns großes Leid ersparet hat. Ich muhte Dich schon öfter preisen, Drum will ich Ehre Dir erweisen. Längst wollt' Prinzehchen ich vermählen. Sie soll zum Gatten Dich nur wählen. Großer Jubel beim Wurzelvolk.

Wurzelprinzessin Was? Ich sollte mich bequemen, Den Wurzulus zum Mann zu nehmen? Papa, das kann Dein Ernst nicht sein! Sonst aber sag' ich dreimal: Nein! Eher spring' ich in den nächsten Bach. Weinend.

Ich armes Mädchen! Weh' mir! Ach! Wurzelkönig Mer mein Kindchen, wozu denn das Flennen,

Oder gar in das kalte Wasser rennen? Ich sähe gern als Schwiegersohn Einen tapfern Wurzler auf dem Thron. Warum willst Du denn den Wurzulus nicht?

Wurzelprinzessin entrückt Ich träumte einst einen schönen Traum: Am Bache sah ich, auf einem Baum,

Da kam des Wegs von ungefähr Ein schmucker, junger Prinz daher,

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In Uniform, mit gold'nen Orden. Er wär' so gern mein Prinz geworden. Ihn hab' ich mir ins Herz geschrieben.

Und keinen andern mag ich lieben!

Wurzelkönig Ein Prinz, so wie Du sagst, der wohnt Ganz sicher oben auf dem Mond. Wenn der sich wollt' zu D i r bequemen, Dann müht* es schon ein Wunder nehmen. Hofmarschall Ihr solltet auf den Vater hören. Laßt Euch nicht von dem Traum betören.

Wurzulus Lasse Dich nicht durch falschen Glanz blenden!

Ich

werde immer gut zu Dir sein und nie mit Dir zanken. Ich trage zwar keine schöne Uniform mit Orden, doch dieses Herz und dieser Arm, sie sollen mehr Dir nützen; sie werden Dich und unser Volk behüten und beschützen.

Wurzelprinzessin Es liegt mir nun einmal im Sinn, Daß ich für Höheres geboren bin. Ich mag nicht immer in den Wäldern wohnen, Ich will bei Menschen in einem Schlosse thronen. Wurzulus Du würdest welken und vertrauern In eines fremden Schlosses Mauern.

Hofmarschall Das wäre die gerechte Strafe für ihren Eigensinn.

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Wurzelprinzessin Natürlich, Hofmarschall, mische er sich auch noch drin. Gesandter der Buchenwälder Wir sollten einfach hier auszählen, Ob die Prinzessin soll den Wurzulus wählen.

Gesandter der Eichenwälder Der Vorschlag scheint mir gar nicht schlecht. Wurzelprinzessin Ich glaub', bei Euch steht's hier nicht recht.

Meint Ihr vielleicht so: Jpp, tipp, tapp, Du nimmst ihn dir und damit ab?

Gesandter der Tannenwälder Nein, nein, so dürfen wir nicht denken Und die Prinzessin auch nicht kränken. Weshalb sollt' es nicht Prinzen geben, Mit denen sich ganz gut läht leben?

Gesandter der Buchenwälder Aha! Hört ihr den feinen Schmus? Wenn's alle wollen, heißt es: „Mutz"!

Wurzelkönig Wir wollen das schöne Fest nicht mit Zank beenden, Es wird sich noch alles zum Guten wenden. Ich hoffe, Wurzulus, ich werde Dich nicht kränken, Wenn ich Prinzetzchen Zeit lasse, sich eines Bessern

zu bedenken. Wurzulus Gewiß nicht, guter König. Deinem Rate untertänig Werd' ich allezeit mich fügen. Niemand soll mich dessen rügen.

33 Wurzelkönig

Siehst Du, mein liebes Töchterchen, wie ver­ nünftig Wurzulus ist? Und Du bist immer so wider­ spenstig, so mürrisch, dah es mir Kummer macht. Willst Du denn nicht einmal froh mit uns sein? Wurzelprinzessin

Wie könnte ich froh sein, wenn Ihr mich immer zankt und tadelt, statt mir Freude zu machen? Wurzelkönig

Womit kann ich Dir eine Freude machen? Sieh! Mle haben am Feste ihre Freude gehabt, da sollst Du allein nicht leer ausgehen. Du darfst Dir jetzt einmal wünschen, was Du willst. Wurzelprinzessin

Lasse mich einen Ausflug nach dem Alpenglühen machen. Wurzelkönig

Ausflug! Ausflug! Ist schön gesagt. Wir können doch nicht fliegen. Wurzelprinzessin

Dann mutz der Storch mir seine Flügel leihen und sich solange auf ein Bein stellen. Das kann er doch so gut. Nicht wahr, Storch? Storch

Klappklappklappklapp! Wo meine Flügel sind, da mutz auch ich sein; und wenn ich zu lange auf einem Bein stehe, schläft das Bein ein und ist mit der grötzten Weckeruhr nicht mehr wach zu bekommen. Wurzelprinzessin

Storch, Du mutzt mir aber helfen, sonst hilft mir keiner. Dann mutzt Du mich eben tragen. Wenn

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Du Zwillinge oder gar Drillinge tragen kannst, kannst Du auch mich tragen. Ich wiege doch nur 20 Pfündchen. Storch

Das werde ich gern tun, wenn der Herr König es erlaubt. Doch die Reise ist lang, drum höret meinen Rat. Wir setzen die Prinzessin in ein bequemes Körbchen, und mein Bruder und ich tragen sie dann durch die Lüfte. Wurzelprinzessin

Famos! Famos! Hofmarschall! Fräulein! Herold»! Schnell, schasset mir ein Körbchen her. Ein Körbchen gepolstert mit Federn und Moos, Dann geht die Reise gleich schon los. Wurzelkönig

Jetzt seh' ich meine Tochter endlich lachen, Drum lasse ich den Storch nur ruhig machen; Denl alten Gesell', dem Schlauen, Kann ich sie wohl anvertrauen. Wurzelprinzessin

Papa, Du brauchst Dich nicht zu ängstigen. Ich bin oft schon mit einem Maikäfer geflogen. Da kann ich's auch mit dem Storch wagen. — Aber sag mal Storch, wo geht denn die Reise hin ? Storch

Klappklappklappklapp! Ich kenne eine einsame Stelle am Wunderbach, ziemlich hoch in den Alpern, von wo aus man das Alpenglühen gut und unge­ stört beobachten kann. Dort setzen wir Dich nieder und holen Dich auch wieder ab.

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Wmzelprinzessin Weshalb heiht der Bach „Wunderbach?"

Storch Ja! Das ist eine seltsame Geschichte, die nur wir Störche von unseren Groheltern her kennen. Euch

will ich sie erzählen. Vor vielen tausend Jahren wanderte ein Zaubergeist durch die Berge. Es war sehr heiß und trocken. Nirgendwo war Wasser zu finden, denn selbst die Bäche und Quellen waren ausgetrocknet. Der Zaubergeist war drauf und dran zu verdursten. Halb tot brach er an einer verstechten Quelle zusammen. Dabei fiel sein Zauber­ stab, der alles lebendig machen konnte, auf den Grund des Quells, und siehe da, sofort sprudelte frisches Wasser heraus. Während aber der Zauber­ geist sich nun labte und erfrischte, trug das Wasser den Zauberstab mit sich fort, und er ward nie mehr gefunden. Der Bach aber blieb verzaubert. Jedes Ding, das einem Lebewesen gleicht, wird, sobald es mit dem Wasser des Baches in Berührung kommt, lebendig und beweglich.

Wurzelprinzessin Ach, wie interessant I Schade, daß wir das große Osterei nicht mitnehmen können. Ich würde es in den Bach werfen und sehen, ob da nun ein Huhn

oder ein Hase herausspringt. Doch seht, da kommt schon das Körbchen. Jetzt kann die Reise losgehen. Der ftotb wird in die Mitte der Szene gestellt. Die Prinzessin steigt ein, springt aber recht oft heraus und nimmt immer wieder von ihrem Baler, dem Hofmarschall und dem Kammerfräulein stürmischen Abschied.



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Wurzelprinzessin Auf Wiedersehen, lieber Vater! Auf Wiedersehen, Kammerfräulein I Auf Wiedersehen, Hofmarschall l Wurzulus! Gib acht, datz das Kammerfräulein nicht von meinem Osterei nascht. Es sind noch gefüllte Seidenbonbons und Marzipankartöffelchen drin! Auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen! Endlich fassen die Störche zu und schweben mit dem Korb davon. Während die Zurückgebliebenen Abschied winken, fällt der Vorhang unter Schlutzakkorden des Orchesters.

„Am Wunderbach

(N. Hrabv. Köln)

3. Bild:

Am Wunäerbach. Bildskizze: Eine abgelegene Alpen-Gebirgslarrdschaft, nur Wiese und Waw. Schneebedeckte Höhen und Gletscherfelder im Hinter­ gründe, tiefer vorgelagert Tannenwaw und eine Wiese. Die Wiese wird von einenn Bache durchquert, über den links eine Brücke führt. Der Weg übeir die Brücke setzt sich am Bache entlang fort. Links an der Brücke ebne Gruppe Tannen. Rechts im Vordergründe cfac blühende Kastvnie. Die Szene liegt im ersten Dämmerlicht. Beim Aufgehen des Vorhanges am Ende des musikalischen Vorspiels sitzt die Wurzelprinzessin im Astwerk des Kastanienbaumes. Die Störche schicken sich an, sich zu entfernen.

Storch vorsichtig Das Alpenglühen wird bald zu sehen sein, Prin­ zessin. Bleibe hübsch ruhig sitzen. Wir werden uns drüben auf die Felsplatte niederlassen. Mer halte Dich gut versteckt, wenn jemand des Weges kommen sollte. — Auf Wiedersehen, Prinzessin! Wurzelprinzessin fteudig erregt Auf Wiedersehen, lieber Storch! Es ist furchtbar schön hier oben. Ich freue mich riesig. Schade, dah

die Kastanien erst blühen, sonst hätte ich gleich was zum knuspern hier. Auf Wiedersehen, Storch! Lasse kein Bein stehen! Die Störche entfernen sich nach links. Das Orchester seht ein. Einzelne Vögel erwachen und zwitschern leise. Der Schein der aufgehenden Sonne durchbricht allmählich die Dämmerung. Auf den Schneeund Gletscherflächen im Hintergründe zeigt sich langsam das Alpen­ glühen, welches sich nach und nach zum höchsten Glanze steigert.

38 Wenn die Sonne mehr und mehr dieses Farbeiispiel überhellt, nimmt das Gezwitscher der Vögel zu. Dazwischen hört man in der Ferne Kuhglocken. Die Musik seht aus.

Wurzelprinzessin Ach, war das herrlich, war das entzückend schön!

Das mutz Papa aber auch mal sehen! Diese Farben­ pracht und die wundervolle Gegend! Bei uns im Walde sieht man nichts als Baum und wieder Baum. — Doch was sehe ich? Ein Wagen kommt den Fahrweg herauf, von zwei lieblichen Tieren gezogen. Da mutz ich mich gut versteckt halten, wie der Storch es befohlen hat, denn da ist sicher ein Mensch dabei. Zieht die Baumzweige vor sich zusammen. Bon links kommt ein Fuhrmann, singend oder pfeifend, mit einem mit Kisten beladenen Gebirgswagen, von zwei Mauleseln gezogen, über die Brücke. Wenn der Wagen von der Brücke auf den Weg biegt, bricht ein Hinterrad. Der Wagen schlägt um, die Kisten stürzen in den Bach, tauchen teils unter, teils schwimmen sie nach rechts ab.

Fuhrmann Teifi! Teifi! Da legst Di' nieder und stehst nimmerauf! 'Eh hab 'i die Bescherung! I hab's dem Krämer glei g'sagt, datz die Kist'n z'schwer san für den alten Starrn. 'Eh liegt sei' ganzer Spielkram im Wasser und schwimmt dahin und am Sunnda auf der Kirta hat er koa Spielzeug und koane Pupp'n in seine Buad'n. Na, mir soll's recht fein; er soll sich halt sein Kram aus'm Bach fischen. — I bring

mein' Esel in den Stall! Spannt die Esel aus und geht mit ihnen den Weg folgend rechts ab. Das Orchester setzt ein. Man hört, wie die Kisten im Bach aufgebrochen werden. Aus dem Bache steigen Nutzknacker, Hampelmann, Puppen verschiedenster Art und Trachten, Männlein und Weiblein, ferner

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Offiziere und Soldaten mit Gewehren und Kanonen, sowie Tiere aller Art, alles in Spielzeugaufmachung. Sie überEIettem mit unge­ lenkigen Bewegungen den steinigen Bachrand, sammeln sich aus der Wiese im Vordergrund der Bühne und bemustern sich erstaunt. Nuß­ knacker erfaßt zuerst die Situation und findet die Sprache. Er spricht anfänglich abgebrochen. Das Orchester verstummt.

Nußknacker

Knackenacknacknacknack! Hehehehehehe! Hihihihihihi! Hohohohohoho! für sich Ein—Ge—dan—ke!

laut Seht—mich—an!

Ich—bin—Euer—König!

König—Nußknacker!

«Ne verwundert Unser König! König Nußknacker!

KSnig Nußknacker Knackenacknacknacknack! Hehehehehehe! Hihihihihihi! Hohohohohoho! Höret—zu!—Hampelmann ist mein Minister! Minister — Hampelmann! Minister Hampelmann Habt Jhr's gehört? Ich, Hampelmann, Bin jetzt ein Ministermann. Bisher war ich Hofnarr beim König von Indien. Die Stelle werde ich jetzt einfach kündigen.

Statt dessen werde ich nun ministem, Daß Euch die Ohren nur so knistem. Aber Verzeihung, König Nußknacker, wen soll ich denn beministem? König Nußknacker

Knackenacknacknacknack! Hehehehehehe! Hihihihihihi! Hohohohohoho!

40 auf das Puppenvolk weisend Mein Volk! auf die Soldaten weisend Meine Armee! Nußknackers Reichswehr! Das hier ist General Knatterbüchse, der Kommandant, dies hier ist Hauptmann

Knallerbse,

Minister Hampelmann,

sein

Adjutant.

Nun,

sorge mir, daß mein Volk

immer zufrieden ist, sonst lasse ich Dich vor eine Kanone binden und mit tausend Kugeln durch­ schießen. Minister Hampelmann zitternd Gnade, Gnade, Herr König! Ich bin Loch so lieb!

Dann seh' ich ja aus wie ein großes Sieb. Sie werden schon mit mir zufrieden sein, Denn ich hüpfe nach Wunsch aufs rechte oder aufs linke Bein. Drücken Sie mir nur hier auf den Ranzen,

Dann werde ich nach jeder Richtung hin tanzen. Ich versichere Sie bei meinem Leben: Einen bessern Minister kann es nicht geben!

General Knatterbüchse Und ich werde unser Volk mit der Armee beschützen gegen alle Feinde. Wenn es sein muß, mit Pulver: damit bin ich vertraut. Minister Hampelmann Aber bitte nur mit Wurmpuloer, das knallt nicht so laut.

Hauptmann Knallerbse Achtung! Faßt das Gewehr! Augen links! zum General: Melde: Ganze Armee angetreten!

41

General Anatterbüchse Hoheit, König Nutzknacker, lebe hoch! hoch! hoch!

Achtung! Seine

Alle Hoch, hoch, hoch!

Kanonensalut

Hauptmann Knallerbse Gewehr über! Das Gewehr ab!

Rührt Euch!

Minister Hampelmann Hoher König!

Wollen wir den General nicht ab-

setzen? Der knattert viel zu laut. Da springt einem ja der Lack von den Knöpfen.

König Rutzknacker Knackenacknacknacknacknack! Mit diesem Mundwerk wird er mir noch manche dicke Nutz knacken müssen. Aber, mein lieber Minister Hampelmann, nun schaffe uns ein gutes Stück Land» wo wir uns niederlassen und eine Stadt bauen können. Ein Land voll Milch und Honig, Pfefferkuchen und dicken Nüssen. Und mir muht Du noch eine Königin beschaffen, mit der ich in einem Schlosse wohnen werde. (Eine liebliche, knusperige Königin.

Minister Hampelmann Hm! Hm! Hm! Ja! Das Land werde ich bald ge­ funden haben, aber mit der Königin, das ist eine

schmierige — wollte sagen — schwierige Sache. Da mutz ich in meinem Gehirn einen ganzen Fackelzug stattfinden lassen. Während er sich noch verlegen hinters Ohr kratzt, bricht der Ast, auf dem die Prinzessin sitzt, weil sie in ihrer Neugierde allzusehr nach vorne gerutscht ist. Sie droht abzustürzen. Minister Hampelmann springt hinzu, fängt sie mit den Armen auf und führt sie zum König.

42 Ein seines,

liebliches Geschöpf; just wie eine Fee.

Das gäbe eine reizende Königin für uns, zwar noch

nicht knusperig, aber das kann sie ja bei uns noch werden.

König Nußknacker Knackenacknacknacknack! Grütz Gott, holdeFee! Wen darf ich in Dir begrützen? Was siehst Du mich so staunend an? Ich tue Dir nichts zu leid. Wurzelprinzessin Das fürchte ich nicht, denn ich kenne Dich schon. König Nußknacker Du kennst mich?

Ei, woher denn?

Wurzelprinzessin Im Traume habe ich Dich schon gesehen und Dich seitdem immer gesucht. Minister Hampelmann Drum hast Du Dich oben in den Baum gesetzt? König Nußknacker Lasse das! Sage mir, wer Du bist, und wo Du wohnst.

Wurzelprinzessin Ich bin die Wurzelprinzessin! Ich wohne weit von hier in den Wäldern, wo mein Vater, der Wurzel­ könig, das Wurzelvolk regiert. König Nußknacker Also eine Königstochter! Willst Du uns nicht in Eure Wälder führen? Wir suchen ein schönes Fleckchen Erde, wo wir uns niederlassen können.

Wenn das Wurzelvolk eine so reizende Prinzessin

hat, müssen

es gewitz artige Leutchen

denen sich gut leben läßt.

sein, mit

43

Wurzelprinzessin Wir wollen zusammen hin. Da werden Papa und die Andern aber Augen machen. Und erst der Wurzulus! Lacht wild Werde ich dem ein Schnippchen schlagen!

Ei gervih!

König Nußknacker Werde ich Papa Wurzelkönig fragen dürfen, ob er Dich mir zur Frau geben will? Du sollst Königin sein! Königin des Nußknackerreiches! Wurzelprinzessin

Oh! Das möchte ich gern. Das habe ich mir immer gewünscht. Papa wird gewiß etwas zanken, denn er will mir den Wurzulus aufhängen; aber den mag ich nicht leiden. König Nußknacker Wer mich magst Du leiden?

Wurzelprinzessin Ach, so sehr! Du bist so schmuck, und ich bin so sehr für Schmucksachen. Minister Hampelmann Sehen Sie, Herr König, die Geschäfte gehen glänzend. König Nußknacker Gewiß, wir werden das Völkchen eingemeinden, zur Prinzessin laut Prinzessin! Nimm meine Hand

und führe uns zu Deinem Vater.

Auf zur Braut­

fahrt! Wurzelprinzessin

Ja! Wer ich weiß keinen Weg! König Nußknacker Du weißt keinen Weg? Wie bist Du denn hierher

gekommen?

44 Wnrzelprinzessin

Der Storch hat mich nach hier getragen, um mir das Alpenglühen zu zeigen. Minister Hampelmann

Ach horch! Der Storch! Wurzelprinzessin

Ja, seht nur, hinten sitzt er mit seinem Bruder. Sie heben ein Bein nach dem andern und schütteln die Köpfe. Gewiß haben sie Angst um mich. Ich werde sie rufen, denn nur sie können uns führen. Uhu l Uhu! Storch! Komm' herüber! Komm' herüber! König Rutzknacker

Wahrhaftig! Sie kommen! Seltsam, wie seltsam! Die werde ich als Flugzeuge zu meiner Armee nehmen. Die Störche kommen eiligst angeflogen und lassen sich mit ein paar kräftigen Schwingen nieder. Von dem Luftzug fallen die Soldaten und Nuszknackerleute zum Teil um.

General Knatterbüchse

Ach, meine Soldaten! Wenn das nur alles gut geht! Wnrzelprinzessin

Storch! Mache nur nicht so böse Augen! Hier ist alles ganz in Ordnung. Sieh, das ist König Nußknacker mit seinem ganzen Volk. Er will mich zur Königin machen und mit zu Papa ziehen. Wer wir wissen keinen Weg. Du mußt uns führen. König Nußknacker

Ja, Storch, Du sollst uns führen. Wenn Du Deine Sache gut machst, wirst Du von mir zum Hofstorch ernannt und darfst uns jedes Jahr ein kleines Nußknäckerchen-Prinzchen bringen.

45 Storch

Ich will Euch gern führen. Doch was wird der Wurzelkönig dazu sagen, wenn er erfährt, was seiner Tochter, der Prinzessin, aus der Reise begegnet ist?

Wurzelprinzessin

Nur nicht ängstlich, lieber, alter Storch. Davor ist mir nicht bange. Das werde ich schon alles auf mich nehmen. Storch

Nun denn, so folget mir! König Nußknacker

Auf! Ins Wurzelreich! General Knatterbüchse Ganze Armee! Marsch! Ziehen alle nach dem Takt der Aktschluhmusik nach links ab. Vorab die Störche, dahinter vorsichtig Minister Hampelmann, König Nuß­ knacker und die Wurzelprinzessin, Volk, Armee, Bagage, Tiere, Postkutschen, Wagen usw. Vorhang.

„Vermählung der Wurzelprinzessin mit ^öiig Nußknacker"

(>L Hrabn, Köln)

4. Mlä:

Vermählung dec Wurzelpcinzessin mit König Außknackec. «Udstizze. Die Nußwiese wie im zweiten Biw, nur festlich ge­ schmückt durch BlumengManden. Der Thron des Wurzelkönigs steht jetzt links oben, gegenüber rechts oben der Thron Lkünig Nußknackers in Kerbschnitzarbeit. Dazwischen ist die Lkönigstafel gedeckt. Die Szene liegt im Hellen Sonnenschein. Das Wurzelvolk und das Nutzknackervolk sind zu gemeinsamer Feier beisammen. Das Wurzelvolk, etwas unbeholfen, beschämt, zurück­ haltend, wird vom Nutzknackervolk überlegen, spöttelnd behandelt. Beim Aufgehen des Vorhanges klingt gerade ein Tanz aus, zu dem das Maikäferorchesttzr aufgespielt hatte. Es werden Erfrischungen gereicht. Wurzettönig, Wurzulus und der Hofmarschall stehen vorne links und sehen dem Treiben zu,- König Nutzknacker und die junge Königin lösen sich aus den tanzenden Paaren und kommen nach vorne rechts.

Wurzulus Gütiger König, hier kann ich nicht bleiben, denn ich kann es nicht verwinden, datz dieser aufgeblasene Knackenacknack mir die Prinzessin vor der Nase weggeschnappt hat. Doch ich will mich gedulden, denn ich sehe eine Wendung kommen. Drum werde ich auf der Hut sein. Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Geht schnell links ab.

Hostnarschall Er hat Recht.

Ich habe auch große Sorge und

weiß nicht, wie das Fest enden wird. Ich sehe, daß die Nutzknackerleute sich über die llnsrigen immer lustig machen und sich allerlei herausnehmen. Dabei

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haben sie dieses Fest doch nur uns zu verdanken. Wir haben ihnen die Königin dazu gegeben.

Das

ist doch die Hauptsache.

Wurzelkönig

Ganz recht, lieber Hofmarschall! Ich teile Deine Sorge. Ich hätte doch nicht einwilligen sollen, denn der Nutzknackerkönig» mein Schwiegersohn, gefällt mir ebenso wenig, wie Dir seine Leute gefallen. Denke Dir, er will auch nicht mein Thronnachfolger werden. Er sagt, er hielte es bei uns in den Wurzellöchern nicht aus.

Hofmarschall Ja, ja! Aber Hochmut kommt vor dem Fall! Wir werden sehen. König Nußknacker angeheitert Mein lieber Schwiegervater Wurzelkönig! Das ist ja alles schön und nett hier, aber es ist doch kein Fest für mich, für den mächtigen König Nußknacker und mein herrliches Volk. Euer Birkenwein ist die reinste Zitronenlimonade und von Euren Ameisen­

eiern, dem

Schneckensalat und Eurem Knollen-

und Rübenfutter wird einem ganz übel. Zustimmung beim Nuhknackervolk.

Wurzelprinzessin Ei! Vater gab vom Besten, was das Wurzelvolk hat. Du mußt drum nicht zanken, sie kennen nur solch' bescheidene Sachen.

König Nußknacker Knackenacknacknacknack! Dann sollen sie sich begraben lassen. Ich will ihnen

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zeigen, was zu einem königlichen Fest gehört. He! Minister Hampelmann! Lasse auf der Stelle einmal Cremeschnittchen, Sahneballen und Schillerlocken austeilen und sorge einmal für Stimmung, Stimmung und nochmal Stimmung! Minister Hampelmann

Zu Befehl, hoher König! An der Throntafel liest ich bereits decken. Dort gibt es zu schlürfen und zu schlecken. Auch Pudding ist da, vom Hoflochmeister; Das ist was anderes als der Wurzellleister. Zch bitte die Herrschaften, sich zu bequemen Und gleich an der Tafel Platz zu nehmen. Dazu last ich statt Käfer und Wanzen Don den Unsern mal einen Reigen tanzen! Dar Orchester setzt ein. König Nuhknacker führt seine Gattin zur Tafel Hintergründe der Wiese. Der Wurzelkönig folgt langsam, bekümmert.

Balletteinlagen: a) „Puppenreigen", b) „Ttrolertanz", c) „Neger und Bären".

Beim Schluß L>es letzten Tanzes gehen die Neger und Bären gegen die Wurzelleute vor, bedrohen sie und jagen die erschrockenen Wurzler von dannen. Das Nußkuackervolk bricht in höhnisches Lachen aus. Die Musik verstummt.

Wurzelkönig erregt zu König Nuhknacker

Das ist unerhört! Meine Geduld ist nun zu Ende. So lasse ich's mit meinem Volk nicht treiben. Ent­ weder Ihr leistet Abbitte, oder ich nehme meine Tochter zurück, und wir sind miteinander fertig. König Nußknacker

Knackenacknacknacknack!

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Abbitte? Nie und nimmer! Was kann ich dazu. daß Eure Leute solche Hasenfütze sind? Sie sollen sich in ihre Wurzellöcher verkriechen, wenn sie keinen Spatz kennen. Wurzelkönig

Das sind keine Spähe, das sind Ungezogen­ heiten. Komm, meine Tochter, das können wir uns nicht bieten lassen. Wir sind freie Wurzelmänner! Wurzelprinzessin

Wer, Papa! Es war doch nicht so schlimm gemeint. König Nutzknacker

Eure Tochter gehört jetzt mir. Ich werde sie davor bewahren, mit Euch zu gehen. Ich habe es sowieso satt, hier auf der feuchten Wiese und in Eurem Walde zu hausen. Ich werde noch das Zimperlein kriegen. Wir ziehen auf der Stelle fort und bauen unsere Stadt da auf, wo nur Sonnenschein, Lust und Freude herrscht, Minister! General! Vorwärts! Das Orchester setzt ein. König Nutzknacker umfaht die Königin und führt sie schnell nach rechts fort; das Volk drängt eilig nach.

Wurzelkönig

gebrochen

Meine Tochter! Wurzulus kommt angestürmt und ruft drohend

Ihr habt uns die Prinzessin gestohlen, Wir werden sie uns wiederholen! Vorhang.

„Untergang der Nutzknackerstadt"

(R. Hrabti, Köln)

5. Bild:

Untergang des Nußknackerreiches. Bilbflizze: Eine kleine Anhöhe mit der Burg König Nußknackers. Zu beiden Seiten ein Park. Am Burgeingang Schildwachen, links und rechts eine Kanone. Aus dem Burgtor führt ein Weg die terrassen­ artig abgestufte Anhöhe hinunter. Der Weg gabelt sich unten und schließt einen Rasenplatz mit kleinem Springbrunnen und zwei kleinen weißen Bänken ein. Links und rechts vom Hauptweg Häuschen und Bäume. Alles im Stil von Kinderspielzeug. Die Szene überschattet ein trüber Himmel. Man hört hin und wieder ein Rollen wie ferner Donner, das allmählich zunimmt.

Beim Aufgehen des Vorhanges am Ende des musikalischen Vorspiels schleichen Storch und Rabe vorsichtig heran.

Rabe Sieh^, Storch, hier ist die Nußknackerstadt. Dort oben in der Burg wohnt König Nußknacker mit der Königin.

Storch Habe Dank, Freund Rabe, daß Du mir den Weg gezeigt hast. Jetzt weiß ich, wohin ich die Vogelarmee zu führen habe, um das Werk der Rache zu beenden. Aber sage, weshalb sieht man hier keinen Menschen? Es ist doch erst Nachmittag. Was treiben die nur den ganzen Tag?

Rabe Oh, die Nußknackerleute sind sehr bequem, faul und ungezogen. Morgens schlafen sie so lange, bis ihnen die Sonne irrt Bett an der Nase kitzelt. Dann früh­ stücken sie gut und treiben allerlei Unartigkeiten bis zum Mittag. Sie machen Maikäferhetzen und



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Fliegenjagden. Sie fangen Käfer und Schmetter­ linge, Frösche und Heuschrecken und quälen sie zu Tode. Die Soldaten schießen auf unsere Brüder und Schwestern, die Vögel. Hier in der Gegend gibt es keine Tauben, keine Amseln, keine Nachtigallen mehr, alle haben sie schon totgeschossen. Nach dem Essen schlafen sie dann den ganzen Nachmittag.

Storch Das Schlafen wird ihnen bald vergehen und auch die Ungezogenheiten. Ich werde nicht nur die Wurzler

rächen, sondern auch unsere Brüder und Schwestern, die sie getötet haben. Das ganze Nuhknackervolk muh untergehen. Diese verzauberte Gesellschaft.

Rabe Was sagst Du? Verzauberte Gesellschaft?

Storch Gewiß, es sind in Wirklichkeit nur Puppen und Figuren. Sie sind einmal in den Wunderbach gefallen, und der hat sie lebend gemacht. Und nun

benehmen sie sich so dreist und frech, als hätten sie der ganzen Welt zu befehlen.

Rabe Wie willst Du ihnen aber beikommen?

Storch Oh, mein Plan ist fertig.

Er wird bald ausgeführt

sein. Hörst Du dieses Rollen und Donnern?

Das

tun meine Verbündeten, die Maulwürfe, Kaninchen, Eidechsen und Regenwürmer. Sie sind hier unter der Stadt und wühlen die Erde auf, damit die Häuser leicht umfallen. Wenn ihre Arbeit fertig ist, geben sie mir ein Zeichen. Dann komme ich mit allen Vögeln des Waldes über die Stadt ge-

flogen und mache mit ihnen einen solchen Wind und Sturnr, dah ihre Häuser und Bäume umstürzen und alle totschlagen. Rabe

Das ist recht. Da tue ich auch noch mit. Ich hole sofort alle Vögel des Feldes heran und lasse sie mithelfen. Storch

Gut, mein Freund. Ich werde es Dir danken. So lasse uns gehen und das Letzte ordnen. Es wird ohnehin Zeit, denn da drüben kommen Soldaten anmarschiert. Wehe dir, Nutzknackervolk! Rabe

Wehe, wehe! Dreimal wehe! Beide ab. Von links kommen im Taktschritt der Musik General Lknatterbüchse, Hauptmann Knallerbse und eine Abteilung Soldaten anmarschiert. Letztere knicken bei jedem Donnerrollen ineinander oder fallen reihenweise um.

General Änatterbüchse Abteilung halt! Die Musik bricht ab Potz Donnerwetter! Die Kerle knicken ja zusammen wie Strohhalme. Haben wohl heute Schnaps statt Kaffee getrunken? Hauptmann Knallerbse Nein, Herr General!

Das tut dieses vermaledeite Donnern.

General Knatterbüchse Was? Donnern? Habe keinen Blitz gesehen, kann es auch nicht donnern.

Hauptmann Knallerbse Es rollt und rollt aber immerfort etwas, und manch-

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mal meint man, der Boden rollte einem unter den Führn weg.

General Anatterbüchse Unsinn! Habt alle Rollschuhe in Gehirn. Oder haben die Kerle vielleicht Rollnöpse gegessen? Hauptmann Knallerbse Nein, Herr General! Kräftiger rollender Erdstoh.

Alle Soldaien fallen um.

General Knatterbüchse Nun wartet, Ihr Lulaatschs, ich werde Euch auf die Beine bringen! Zieht seinen Säbel und sticht einige in den „untersten Teil des Rückens". Sie springen entsetzt auf.

Sehen Sie, Herr Hauptmann, man muh die Roll­ möpse aufspiehen, dann können sie schon stehen. Werde mal wieder selbst mit ihnen ererzieren. Achtung! Stillgestanden! Richt Euch! Sie, Soldat Meier, stecken Sie Ihren Riechrüssel, Ihre Schell­ fischnase, nicht so nach vorn, sonst fährt Ihnen noch mal ein Automobil drüber. — Nun sieh nur einer an, wie der hölzerne Klotz da seinen Bauch vor­ streckt, als ob er einen Fuhball abstohen wollte. — Das ist ja, um aus der Haut zu fahren mit diesen Printenmännern. — Die Angströhre steht da, als habe sie ein Lineal verschluckt. Mensch, Sie sehen ja aus wie ein ausgebügelter Wurm. Erneuter rollender Erdstoß. Die Soldaten fallen wieder um und stehen

zitternd auf.

Na, Teufel auch! Mit den Zitterpappeln ist heute wirklich nichts anzufangen. Herr Hauptmann,

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marschieren Sie mit den Rollmöpsen ein, sonst rollen sie uns noch den Berg runter. Lassen Sie den Wurstathleten ein Pfeffermünzteechen kochen!

Hauptmann Knallerbse 3u Befehl, Herr General! Ganze Abteilung — rechts um! Abteilung — marsch! Hauptmann Knallerbse zieht nach Musikweise mit den Soldaten die Höhe hinaus in die Burg. Unterwegs knicken sie bei jedem Donnerstoh zusammen. Der General sieht kopfschüttelnd nach.

Minister Hampelmann eilig und aufgeregt von rechts kommend

Ach, mein lieber General Knatterbüchse, gut, dah ich Sie treffe. Es scheint etwas Schlimmes bevorzustehen. Überall ist es so unheimlich.

General Knatterbüchse Wieso denn? Was gibt es denn?

Minister Hampelmann (Eben gehe ich durch die Himbeeren-AIlee, da sehe ich eine grohe Schar schwarzer, brauner und grauer Tiere sich hier in unsern Berg wühlen. Kommen Sie schnell, Sie sollen sehen, was die Mehchen treiben.

General Knatterbüchse Potz, Element! Denen wollen wir! Die werde ich kurz und klein knattern, daß sie in tausend Fetzen flattern. Beide eilig rechts ab. Königin Nußknacker kommt aus der Burg langsam den Weg herunter und nimmt auf einer Bank am Springbrunnen Platz. — Zwischenmusik.



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Königin Nußknacker

Nun bin ich schon 3 Monate Königin, lebe in dieser schönen Stadt und wohne in der großen Burg, aber froh bin ich nicht, denn die Nußknackermenschen hier sind lange nicht so lieb zu mir wie unsere Wurzel­ leute. Sie zanken und streiten immerzu; und der König macht jetzt auch immer so ein böses Gesicht zu mir, weil Minister Hampelmann mich jeden Augen­ blick bei ihm anklatscht. Der tapfere Wurzulus hatte doch recht. Ich werde hinter diesen Mauern ver­ sauern und vertrauern. Ach, wäre ich doch wieder in unsern Wäldern! Wie gut hatte ich es da! Wie mag Papa sich jetzt um mich sorgen? Hätte ich ihm doch nur immer gefolgt! Ob er mich vergessen hat? Nein, gewiß nicht. Wenn er nur wüßte, wo ich bin und wie es mir geht, er würde sicher etwas für mich tun. Aber wie sollte er mich finden? Meine lieben Wurzler wohnen ja so weit, so weit. Fra« Schwalbe kommt vorsichtig von links herangehüpst

Piep, piep! Piep, piep! Frau Königin! Erschrecket nicht! Seht, wer ich bin! Königin Nußknacker

Ei, Frau Schwalbe, welche Überraschung? Wo kommt Ihr her? Was tut Ihr hier? Fra« Schwalbe

Ich bringe Kunde von Eurem Vater, dem guten Wurzelkönig. Königin Nußknacker

Von meinem Vater? Sagt an, wie geht es ihm?

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Frau Schwalbe Er trauert sehr um Euch und kann es nicht fassen, daher Euch verloren hat. Königin Nußknacker Oh, der arme, gute Vater! Ist er mir böse-

Frau Schwalbe Nein, oh nein! Er hat Euch zu gern, um Euch böse zu sein. Er hätte gern eine Kunde von Euch gehabt. Weil ich so schnell und so weit fliege, bat er mich, nach Euch Ausschau zu halten. Ich flog und flog, bis ich in diese Gegend kam. Da traf ich einen Raben. Der konnte mir diese Stelle genau angeben. Aber sagt, wie steht es um Euch, Frau Königin? Welche Kunde soll ich Eurem Vater bringen? Königin Nußknacker bricht in Schluchzen aus Dem lieben guten Vater!

Fra« Schwalbe Seid Ihr nicht glücklich und zufrieden? Königin Nußknacker Nein, liebe Frau Schwalbe. Ich halte es bei dem Nuhknackervolk nicht mehr aus. Niemand versteht mich hier. Ich darf mich nicht rühren und wegen. Der König hält mich immer eingesperrt. Weiter als bis zu dieser Bank darf ich nicht aus der Burg gehen. Oh, könnte ich doch wieder frei durch unsere Wälder laufen, mit den Käfern spielen, mit den Blumen sprechen und mit Euch lieben Vögeln um die Wette singen!

58 Frau Schwalbe Nun, wenn Ihr das wollt, so wird Euch bald geholfen sein.

Königin Nußknacker Wie soll ich das verstehen?

Frau Schwalbe Höret! Wurzulus, den Euer Vater Euch zum Gemahl

ausersehen hatte, sehnt sich sehr nach Euch und kann Euch nicht vergessen. Ruhelos ist er wochenlang Tag und Nacht über Berg und Tal gezogen, um Euch zu suchen. Den Tieren des Waldes hat er sein Leid und das Leid des guten Wurzelkönigs geklagt. Sie machten einen großen Plan, um Euch zu retten und das Nußknackervolk zu vernichten. Wurzulus hat alle Kaninchen, Maulwürfe, Eidechsen und Regen­ würmer zusammengerufen und ihnen aufgetragen, den Boden unter Eurer Stadt zu unterwühlen, damit sie zusammenstürzt. Auch wir Vögel sollen dabei helfen, aber Genaues konnte ich darüber noch nicht erfahren.

Königin Nußknacker Oh, wie schlimm!

Das wäre aber doch sehr hart

für das Nußknackervolk. Wenn es auch nicht gut zu mir ist, so was Schlimmes möchte ich ihm doch nicht

wünschen.

Fra« Schwalbe Nicht doch.

Es hat es nicht besser verdient, weil es

die guten Wurzler so gekränkt und Euch dem Vater entführt hat. Und noch eins muß ich Euch sagen. Man

erzählt

sich

Böses

vom

Nußknackervolk.

Es soll ganz und gar verzaubert sein.

69 Königin Nußknacker

Verzaubert? Jst's möglich? Woher wißt Ihr das? Frau Schwalbe

Unterwegs traf ich Gevatter Storch. mir vieles GeheimnisvoUe davon.

Er erzählte

Königin Ruhknacker

Nun, wenn der es sagt, dann ist es wahr. Der liebe, alte Storch! Was macht denn der noch? Ara« Schwalbe

Der hat auch keine Ruhe mehr, seitdem Ihr fort seid, denn er meint, er sei mit an Eurem Unglück schuld, weil er Euch damals an den Wunderbach gebracht hat, wo Ihr die Nuhknackers kennen lerntet. Drum will auch er zu Eurer Rettung beitragen. Er hat lange mit Wurzulus beraten, und ich glaube, der Storch wird uns Bögel alle bei dem Rettungs­ werk führen. Er hat mir manches angedeutet, doch alles wollte er mir nicht verraten. Eines trug er mir auf. Wenn ich Euch fände, sollte ich Tuch sagen, Ihr möchtet auf der Hut sein. Wenn etwas gegen das Nuhknackervolk geschehe, solltet Ihr schnell aus der Burg fliehen und hier am Brunnen auf ihn warten. Dort wolle er Euch abholen. Königin Nuhknacker

Ach, wie gut von ihm! So werde ich also wieder heimkehren? Oh, dann werde ich auch wieder froh sein. Der gute Storch, der brave Wurzulus und der liebe, alte Vater! Wie konnte ich nur so eigensinnig sein und ihnen nicht folgen, wo sie es alle so gut mit mir meinten.

60 Frau Schwalbe

Nun wird ja alles wieder gut werden. Ich mutz fort, denn ich höre jemanden kommen. Seid also sorgsam auf der Hut. Euern Vater werde ich grüßen, ihn trösten und ihm gute Nachricht bringen, liebe Frau Königin. Königin Nußknacker

Ja, tut das, Frau Schwalbe. Aber sagt nicht mehr „Frau Königin" zu mir. Ich will nicht mehr Königin sein. Mit einem verzauberten Volk und einem so strengen verzauberten König, der von morgens bis abends nichts als Knackenackenack macht, mag ich nichts mehr zu tun haben. Die sollen ihre Nüsse alleine knacken. Ich bin wieder „Wurzelprinzessin". Sagt das den Meinen, sagt es dem Vater, liebe Frau Schwalbe, und gute Reise. Frau Schwalbe

Lebt wohl, Prinzessin, und guten Mut! Seid nun recht sorgsam auf der Hut. Hüpft ab.

Wurzelprinzessin nachdem sie noch eine Zeit gewinkt und nachgeschaut hat

O, hätte ich doch gleich mit ihr fliegen können! Was hat sie gesagt? Die Tiere würden die Stadt unter­ graben, daß alles zusammenstürzen müsse? Deshalb rollt und donnert es hier so unheimlich. Und der Storch hat auch etwas vor? Nun, da muß ich gut acht geben, daß ich heil hier herauskomme. Auf der Burg werde ich an meinem Eckfensterchen Ausschau halten, was geschieht, und dabei nur noch an meinen guten Vater und die lieben Wurzler denken.

61

Eilt die Höhe hinan in die Burg. Minister Hampelmann und General Knatterbüchse kommen zurück. Das Rollen nimmt 311.

Minister Hampelmann Jetzt ist niemand mehr zu sehen, weder die Königin, noch dieses sonderbare Wesen. Schade, daß wir bei dem trüben Wetter nichts Genaues erkennen konnten. Wer kann das nur gewesen sein?

General Knatterbüchse Ich hatte leider mein Kanonenfernrohr nicht bei mir, sonst hätte ich es genau sehen können.

Minister Hampelmann Sicherlich war es keiner von den Unsrigen. General, ich glaube, die Königin steht mit dem Rattenvolt irrt Bunde. Da möchte ich meinen Kopf draus wetten.

General Knat.erbüchse Das waren keine Ratten, das waren Maulwürfe und Kaninchen, lieber Minister. Aber einerlei, die Sache ist höchst bedenklich.

Minister Hampelmann Ja! Höchst bedenklich! Höchst bedenklich! Und höret weiter, was ich Euch sonst noch sagen wollte. Ich sah in den letzten Tagen hier einen sehr grohen Vogel herumfliegen. Der blieb immer an einer Stelle

in der Luft stehen, als ob er hier etwas suche.

General Knatterbüchse Das wird wohl ein Papierdrachen gewesen sein.

Minister Hampelmann Rein, nein!

ich.............

General Knatterbüchse Haben Sie?

Einen richtigen großen Bogel habo

62 Minister Hampelmann Ach was! Gesehen! Gesehen!

SBenrt ich mich nicht

täusche, war es der lange Storch ton damals, wissen Sie, der Reiseonkel unserer Königin.

General Knatterbüchse Na, das Langbein soll nur kommen. Den lasse ich gleich Herunterschietzen. Aus seinen Flügeln mache ich Kanonenputzer und aus seinem langen Schnabel ein Blasrohr.

Minister Hampelmann Hätte ich doch damals die Prinzessin in dem Baume baumeln lassen, dann wäre sie heute nicht unsere Königin, und wir hätten mit dem ganzen Wurzel-, Kaninchen- und Störchevolk nichts zu tun. Doch hören Sie, General. Wir müssen gleich zum Könige und ihm alles erzählen. Ehe es uns an den Kragen geht, knackenacknacknack, muh er die Königin köpfen lassen. Jawohl, köpfen lassen. Schwapp! Ab!

General Knatterbüchse Dort kommt der König eben.

Wir wollen ihni

gleich alles sagen.

König Rutzknacker aufgeregt aus der Burg kommend Knackenacknacknacknack! Minister! General! Was haltet Ihr hier Maulaffen feil? Hört Ihr nicht das furchtbare Donnern? Fühlt Ihr nicht den Boden zittern und wanken? Was ist

das?

Was kann das sein?

Kräftiger Donnerstotz. Man steht einige Häuser wanken. Das Ruhknackervolk läuft händeringend und sammermd zusammen.

63

Wofür habe ich einen Minister? Wofür einen General? Wenn Ihr nicht auf der Stelle helft» werde ich Euch köpfen lassen.

Minister Hampelmann Oh, Herr König, das wäre schade um meinen schönen Wasserkopf. Nein, tut das nicht, es wäre unrecht. Ich habe schon alles untersucht. Ich habe keine Schuld. Hier hat das Wurzelvolk die Hand im Spiele. Die wollen uns sicherlich an den Kragen. König NnhknaSer Was? Wurzelvolk? Uns an den Kragen? Hat denn mein General nichts zu sagen? Wozu hat er denn seine Kanonen Und die vielen dicken Bohnen? (Erneutes kräftiges Rollen. Die Häuser wanken mehr. Ein Haus uni> einige Bäume stürzen um.

Minister Hampelmann Oh, dieser Schrecken! Wir wollen uns verstecken! General Knatterbüchse Man sollte meinen, der Teufel sei los; Es rutscht das Herz mir in die Hos'!

König Nuhknacker Des Wurzelvolkes Rache!

Minister Hampelmann Das ist eine knollige Sache! General Knatterbüchse Die ganze Stadt ist untergraben. In der Mausefalle werden sie uns haben!

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Minister Hampelmann Das Schönste ist, die Königin

Hat ihre Hand im Spiele drin! Der Himmel verdunkelt sich plötzlich stark. Man ijört Brausen in der Luft näher kommen.

König Nußknacker Oh, Schreck und Graus! Nun geht uns auch noch die Sorne aus!

General Knatterbüchse Seht! Was kommt denn da herar? Geführt vom Raben, dem schwarzen Mann, Kommt dort von Vögeln ein ganzes Heer. O Gott! Es werden immer mehr. Die machen einen Sturm und Braus! Sie blasen uns die Puste aus!

Minister Hampelmann Oh! Jetzt ist mir alles klar. Die fressen uns mit Haut und Haar. Die sind vom Wurzelvolk geschickt;

Wir werden alle aufgepickt.

König Nußknacker Das Wurzelvolk wird^s büßen müssen Mit täglich tausend Haselnüssen. Holet die Königin, sie muß uns retten. Tut sie es nicht, legt sie an Ketten. Wenn sie uns diese Nuß nicht knackt, Bekommt den Kopf sie abgehackt! Alle wollen zur Burg stürmen. Musikeinsatz. Unter lautem Donner­ getöse und Windesbrausen stürzt die ganze Nußknackerstadt zusammen und begräbt das Volk unter den Trümmern. Die Prinzessin erscheint im Burgtor.

65

Wurzelprinzessi« Ach! Was mutz ich alles sehen ! Möcht' vor Angst und Schmerz vergehen. Hier kann ich nicht länger warten, Fliehe lieber durch den Garten, Werd' den Storch im Wald erwarten. Erneuter startet Sturm. Sie läuft in die Burg zurück. Jetzt stürzt auch die Burg ein. Das Donnern und Brausen flaut dann ab und hört auf. Tin fahler Sonnenstrahl füllt auf die Szene. Der Storch kommt langsam von links.

Storch Da liegt Ihr nun als totes Holz; Bestraft für Hochmut und für Stolz. Das Werk der Rache ist zu Ende! Doch wohin den Blick ich wende, Bon der Prinzessin keine Spur. Wo bleibet sie? Wo weilt sie nur? Schon glaubt' ich alles gut geborgen, Da steh' ich nun vor neuen Sorgen. Mit den Kindern, klein und groß, Hat der Storch stets Kummer bloß. Doch ich werde Wache halten Durch die Nacht, der bitter kalten. Kann ich die Prinzessin nicht nach Hause führen, Will ich lieber hier auf der Stelle erfrieren! Es wird schnell dunkel. Man steht einen mond- und sternenhellen Nachthimmel. Vorhang.

„Heimkehr der Wurzelprinzessin'

(R. Hrady, SöliO

6. Bild:

Heimkehr der Wurzelprinzessin. Bildskizze: Die Szene des ersten Bildes, jedoch verschneit und in Rauhreif. Spätnachmittag.

Wenn sich bei Schluh des musikalischen Borspiels der Vorhang hebt, sind der Hosmarschall, Wurzulus und die Gesandten der Tannen-, Eichen- und Buchenwälder anwesend.

Hosmarschall

Nun, Wurzulus, wie steht's? Ward von Prinzessin endlich eine Spur gefunden?

der

Wurzulus

Nichts! Nichts! Hofmarschall! Hosmarschall

Also keine Hoffnung. Wenn sonst der Wald in Winterstille, Im Schmuck der weißen Flockenfülle Und Weihnachtsabend vor der Tür, Sah ich nur Glanz und Freude hier; Und nach dem Fest ging ohne Kummer Das Wurzelvolk zum Winterschlummer. Doch heut' seh' ich in aller Zügen Nur Leid und große Sorge liegen. Prinzessin! Wir können's nicht verwinden, Du läßt uns keine Ruhe finden! Gesandter der Eichenwälder

Ja, ja! Wer hätte je gedacht, daß die Prinzessin uns solches Leid bereiten würde? Gesandter der Tannenwälder

Mit ihr ist unsere Lebenssonne dahingegangen.

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Am besten wäre es, wir erwachten diesmal alle nicht mehr aus unserm Winterschlaf.

Gesandter der Buchenwälder Was hilft alles Weinen und Klagen?

Wir müssen unser Schicksal tragen. Hofmarschall

Das sonst so Helle und leuchtende Auge unseres Königs ist ganz trübe geworden von allen Tränen, die er um seine Tochter geweint, und sein Haar ist jetzt weiß wie der Schnee hier auf dem Tannenreis. Wenn wir die Prinzessin nicht bald wiedersehen, wird es mit ihm zu Ende gehen. W«rz«l«s Das darf nicht sein. Wir müssen weiter nach ihr suchen. Ich bin gewiß, wir werden sie doch noch finden.

Gesandter der Buchenwälder So hast du schon all die Monate gesprochen, und was haben wir nicht alles angestellt, um sie zu finden? Doch vergebens. Nein, ich habe keine Hoffnung mehr. Gesandter der Eichenwälder

Nur unsere Zugvögelfteunde hätten sie vielleicht finden können, aber die mußten ja wieder fort nach dem fernen Süden. Ich fürchte auch, daß die Prinzessin in dem hohen Schnee längst umgekommen ist. Wurzulus

Sprich das schlimme Wort nicht aus.

Ich mag es

nicht hören. Ich lasse die Hoffnung noch nicht sinken.

Im Weihnachtsstern muß uns die Rettung winken.



69



Ich werde dem Könige den Vorschlag machen. Daß er mich hier über Winter läßt wachen, Bis uns ein gnädig waltend Geschick Die so lang' Ersehnte führt zurück. Gesandter der Buchenwälder

Oh, Wurzulus, das geht nicht an; Dann bist Du ein verlor'ner Mann. Du würdest zu einem Eiszapfen frieren, Und wir Dich noch zur Prinzessin verlieren. HofmarschaN

Ja, ja, mein Freund, es wäre Dein Tod. Du kennst noch nicht des Winters Not. Gesandter der Eichenwälder

Denk' an den Storch, den guten Sitten, Der auch als Retter wollte walten. Er suchte und forschte Tag für Tag, Bis er erschöpft zusammenbrach. Wurzulus

Rettung ist mir das höchste Gebot! Sprecht ihr vom Winter, von seiner Not, Sprecht von den vielen andern Gefahren, Ich werd' der Prinzessin die Treue bewahren. Schützt Ihr Euch alle vor dem Verderben, Ich werde sie suchen, finden oder sterben! Hofmarschall

Still! Ich höre Schritte im Palast. Harald aus dem Palast tretend

Der König! Der Wurzelkönig erscheint mit dem Kammerfräuletn, Wächtern und Dienern.

70

Wurzelkönig gebrochen Grütz Gott, Ihr Lieben! melden?

Was habt Ihr mir

zu

Hofmarschall

Alles Suchen blieb vergebens, König. keinen Rat mehr.

Wir wissen

Wurzelkönig Wer sollte auch noch Rat wissen? Drei Monde sind vergangen, seit die Nutzknackerstadt zerstört

wurde, und die Prinzessin verschwand. Sie kann nur mit unter den Trümmern begraben sein, oder sie ist im Walde umgekommen. Da bleibt keine Hoffnung mehr übrig. Kammerfräulein weinend Oh, die arme, arme Prinzessin! Wurzelkönig weinend Mein armes Kind!

Alle weinend Die arme, arme Prinzessin!

Wurzelkönig So müssen wir zum Winterschlaf uns trennen Ganz ohne Weihnachtsfest und Lichterbrennen. Die Tochter, die mir ward geboten, Hab' zweimal ich in diesem Jahr verloren. Was fang' ich armer, alter Mann

Jetzt so allein bei Euch noch an? Ich will mit Euch zur Ruhe gehen, Euch wünsch' ich frohes Wiedersehen. Für dieses Jahr der Sorg' und Mühen Soll Euch ein Neues nur voll Glück erblühen.

71

Hier (auf Wurzulus zeigend) seht ihr Euren neuen König stehen, Mich werdet Ihr nicht Wiedersehen! Wmzulus

Verzeihet, König, ich must Euch unterbrechen, So dürst Ihr niemals zu uns sprechen. Wir hätten alle gleichen Grund zu klagen, Denn alle haben wir an diesem Leid getragen. Ihr dürft dem Schmerze nicht erliegen; Die Hoffnung lebt, sie läßt uns siegen! Wurzelkönig

Du Guter willst den Abschied mir oersühen. Komm her, mein Sohn, ich muh Dich küssen. Du bist der Tapferste von allen, Drum hast Du immer mir gefallen. Würde belohnt Dein frischer Mut, Das wäre schön, das wäre gut! Ein Fünkchen Hoffnung regst Du an In mhr, dem armen, alten Mann. Auf di«se Hoffnung will ich bauen Und Deinem Ratschlag ganz vertrauen. Wurzulus

So ist es recht, nur nicht verzagt, Denn nur gewinnt, wer auch gewagt. Herold der inzwischen spähend umher und nach oben gegangen ist

Bst! Still, füll! Drüben durch die Tannen dringt ein wundersames Leuchten. Es kommt und schwindet — jetzt seh' ich's wieder — es kommt näher —. Wie seltsam! Himmel! —

72 Wurzelkönig Was hast Du denn? Du bist so bleich! Drohet Gefahr?

Herold Nein, nein, aber ein Wunder ein weißer Hirsch mit goldenem Geweih darin ein leuchtendes Kreuz das strahlt, das

blendet. Wurzulus der mutig nach oben gesprungen ist Es ist wahr

welcher Glanz Der Hirsch kommt auf uns zu Mädchengestalt folgt ihm bleich schlank. Oh! Jst's möglich? Oder träume ich? Es ist Prinzessin!

eine und die

Alle bestürzt Die Prinzessin! Die Wurzelprinzessin tritt von der Seite auf und stürzt schluchzend vor dem Wurzelkönig nieder. Die Umstehenden weichen gerührt zurück. Der Herold holt die Wurzler aus dem Palast und der Umgebung herbei, so daß sich die Bühne im Nachfolgenden mehr und mehr füllt.

Wurzelprinzessin Mein Vater!

Wurzelkönig Meine Tochter! — Wunder gerettet.

Du

lebst!

Dich

hat

ein

Wurzelprinzessin Oh, Vater! Kannst Du mir verzeihen? Wie un­ gezogen bin ich doch gewesen! Ich habe Dir so viel Kummer gemacht. Deine Locken sind ganz weiß

geworden.

73

Wurzelkönig Sprich nicht davon. Es soll alles vergessen sein. Ich habe Dich ja wieder.

Wurzelprinzessin Ja, Du hast mich wieder. (Faht ihn um den Hals und küßt ihn lange.)

Ihr alle habt mich wieder.

Wo

sind

sie denn?

Ah, der liebe Hofmarschall I (Schüttelt ihn vor Freude) Und das gute Kammerfräulein! (Umarmt, küht sie und dreht sich mit ihr im Kreise) Hast Du mir auch das große Osterei schön verwahrt? — Und alle die anderen sehe ich gleich hier versammelt. Was seht Ihr mich so schweigend an? Ja, auch Euch habe ich Kummer bereitet, Euch allen; besonders Dir, lieber Wurzulus. Ich habe es sehr bereut; drum verzeihet mir. Ich will Tuch alle lieb, ach so lieb haben und folgsam sein, wie es sich gehört. Gebt mir Eure Hand. (Alle schlagen ein) So ist es recht. Und Dir, Wurzulus,

danke ich vor allem. Du hast so vieles für mich getan. (Wurzulus wehrt ab) Nein, Du brauchst Dich nicht zu

zieren, ich weiß es. Dir werde ich nun immer freund sein, ganz freund. (Reicht ihm beide Hände und schüttelt sie herzlich.)

Wurzulus Du machst mich glücklich. Aber sage uns, wie bist Du nach hier gekommen?

Wurzelprinzefsiu Oh, es war eine schlimme Reise.

Als die Nuß-

knackerstadt zusammenstürzte, bekam ich einen solchen Schrecken, daß ich kopflos in den Wald lief.

Ich

74 dachte, der Storch, der mich holen wollte, würde mich auch da finden. Aber er kam nicht. Da bin ich

immer tiefer in den Wald gelaufen. Aber ich fand keinen Weg. Erst hatte ich guten Mut. Tagsüber marschiette ich tüchtig weiter, nachts verkroch ich mich ins Moos unter Farnsttäuchern. Aber schließlich wurde ich doch sehr traurig, denn ich fand und fand

unsern Wald nicht. Es wurde kalt und der Schnee fiel in dicken Flocken. Da Hötte ich eines Morgens beim Erwachen ein silberhelles Glöckchen klingen. Ich lief dem Klange entgegen und kam an eine kleine Kapelle. Bor dieser stand der weiße Hirsch mit dem großen Geweih und dem leuchtenden goldenen Kreuz auf der Stirne. Ach, wo ist der jetzt geblieben?

Alle sehen sich suchend um. Wurzulus

Er ist spurlos verschwunden. Wurzelkönig

Es war gewiß ein guter Waldgeist. Plötzlich, wie er Dir erschienen, so ist er auch wieder schneN davongeeilt. Die Waldgeister wollen nicht gesehen und nicht gelobt sein. Wurzelprinzessin

Oh, das ist aber schade. Ich wollte ihm noch ein dickes Stück Zucker geben und hätte ihn so gern bei mir behalten. (Nachrufend) Hab' Dank, Du liebes, gutes Tier. Kommst Du in Not, so helf' ich Dir! Wurzulus

Der Hirsch hat Dich also hierher geführt?

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Wurzelprinzessin

Gewitzt Er gab mir ein Zeichen, ihm zu folgen, und brachte mich hier zu Euch. Man hört ein Glöckchen in der Ferne Hingen.

Horch! Da klingt das Glöckchen wieder, mit dem er mich gerufen hat. Jetzt soll es mir gewitz Lebewohl sagen. Wurzelkönig

Es ist das Weihnachtsglöckchen, mein Kind. Der Weihnachtsengel lätzt es Dir läuten. Er hat Dich gerettet, er hat uns Ruhe und Frieden und unser Glück zurückgebracht. Wurzelprinzessin

So latzt uns dem Weihnachtsengel danken. Wnrzelkönig

Ja, wir wollen uns dankbar können wir Weihnacht feiern.

freuen.

Jetzt

Aus dem Palast und von beiden Setten kommen weitere Wurzelleute. Sie rufen freudig überrascht: „Die Prinzessin I" Der Hofmarschall und der Herold zünden mit den Dienern auf den umstehenden Tannen­ bäumen Lichter an.

Wurzelprinzessin

Ja, ja, Ihr Lieben, ich bin wieder da, Hab' Eigensinn und Stolz überwunden; Jetzt bleib' ich Euch für immer nah' Der Heimat allezeit verbunden. Ihr mögt in weite Fernen dringen, In ein viel schöneres, besseres Land, Es zieht Euch doch mit Adlerschwingen Zurück zum teuren Heimatland. Dies wollen wir ins Herz uns schreiben, Datz nie ein falscher Schein uns blende.



So wie wir sind, so woll'n wir bleiben! Drauf reicht mir alle Eure Hände! Geschieht. Wurzelkönig Das ist recht gesprochen,

mein Kind.

So

bist

Du eine echte Wurzelprinzessin, wie ich es stets gewünscht habe. Und nun mache die Freude voll und reiche Wurzulus Deine Hand für immer. Er hat es um Dich verdient und um uns alle.

Wurzelprinzessin Ja, wenn Wurzulus will, ich will es gern. Komm' her, mein herziger Augenstern! Der Wurzelkönig legt ihre Hände ineinander und gibt ihnen feinen Segen. Alle Hoch, Prinzessin! Hoch Wurzulus! Wurzelkönig

So hat sich alles noch gewendet, Und glücklich wär' das Jahr beendet. Wenn überstanden dieser Winter, Dann winden meine Wurzelkinder Bei unseres Frühlingsfestes Glanz Dem jungen Paar den Hochzeitskranz! Jubelnder Beifall.

Wurzulus Hab' Dank, Du lieber, guter König! Auch Euch, Ihr Lieben, heißen Dank!

Der größte Dank doch dem gebührt, Der die Prinzessin heimgeführt, Dem Weihnachtsengel, hoch dort oben. Kommt, lasset uns beglückt ihn loben. Sieh, Engel, hier im Glanz der Weihnachtslichter

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Des Wurzelvolkes freudvoll strahlende Gesichter. Du hast uns höchstes Glück erwiesen, Drum sei vieltausendfach gepriesen. In unsern freudumslorten Blicken, Die dankbar wir zum Himmel schicken, Lies, was die Herzen tief empfinden, Denn Worte können es nicht künden. Bleib' immerdar der Welt erhalten, Du segenbringend Himmelskind,Und lasse Frieden über alle Menschen walten, Die eines guten Willens sind! Das musikalische Schluhspiel setzt ein. Alle stehen in stummer Be­ trachtung, den Blick nach oben gerichtet. Der Weihnachisengel zeigt sich oben schwebend und wirft dem in der Mitte stehenden Paare

einen Kranz zu. Vorhang.