Wirtschaft und Gesellschaftsstruktur der Naga in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts [Reprint 2022 ed.] 9783112619407, 9783112619391

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Wirtschaft und Gesellschaftsstruktur der Naga in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts [Reprint 2022 ed.]
 9783112619407, 9783112619391

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VERÖFFENTLICHUNGEN DES MUSEUMS FÜR VÖLKERKUNDE ZU LEIPZIG HEFT 20

WERNER HARTWIG

WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFTSSTRUKTUR

DER NAGA

in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts Mit 17 Abbildungen, 5 Figuren und 4 Karten

AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1970

HERAUSGEGEBEN REDAKTION:

VOM

DIREKTOR

DR. W . K Ö N I G

Gedruckt mit Unterstützung der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen

Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, 108 Berlin, Leipziger Straße 3—4 Copyright 1969 by Museum für Völkerkunde Leipzig Lizenznummer: 202 • 100 • 160/70 Karten: 1109/68 Karten und Zeichnungen: Hans Thomas. Leipzig Eotoarbeiten: Ingrid Hänse, Leipzig und Waltraud Rabich, Dresden Herstellung: IV/2/14 VEB Werkdruck, 445 Gräfenhainichen • 3194 Bestellnummer: 2085/1/20 • ES 15 F 19,-

INHALTSVERZEICHNIS

Einführung

5

TEIL I

Besiedlung des N a g a - L a n d e s bis zur Mitte des 19. J a h r h u n d e r t s . . 1. L a n d n a h m e u n d territorialökonomische Erschließung des L a n d e s 2. Historische Beziehungen der N a g a zu den Völkern Assams, Manipurs u n d B u r m a s

23 23 38

TEIL II

F o r m e n der P r o d u k t i o n

50

1. Äußerliche Voraussetzungen zur P r o d u k t i o n Natürliche Beschaffenheit der Stammesterritorien Klima Natürliche Ressourcen

50 50 53 55

2. B o d e n b a u J h u m (Brandrodungsbodenbau) P a n i k h e t (Irrigationsterrassenbodenbau) 3. Vieh Wirtschaft A r t e n der H a u s t i e r e u n d ihre N u t z u n g W a r t u n g der Tiere Zuchtmaßnahmen 4. E r g ä n z e n d e Zweige der Nahrungsgewinnung Jagd Fischfang Sammeltätigkeit

58 59 71 78 78 80 83 83 83 87 90

5. Konservierung u n d Speicherung der N a h r u n g s m i t t e l

91

6. Handwerkliche B e t ä t i g u n g e n 7. T r a n s p o r t u n d Verkehr

95 105

8. Der Produktionsprozeß in der Zeiteinheit eines J a h r e s Arbeitsperiode u n d Produktionszeit Produktionszeit u n d Arbeitsperiode bei der E r z e u g u n g Hauptnahrungsmittels Der Produktionsablauf w ä h r e n d der Zeiteinheit eines J a h r e s

107 108 des . .

110 113

TEIL III

Gesellschaftliche Organisationsformen 1. Territorialorganisation D a s Territorium der Gemeinwesen Die Dorfgemeinschaft Die Dorfgemeinschaft als Organisationseinheit

117 118 118 122 123

Die Institutionen der Dorfgemeinschaft Die Khelgemeinschaft Das Khel Die Khelgemeinschaft als Sub-Einheit der Dorfgemeinschaft . . Institutionen der Khelgemeinschaft-Morung 2. Die Verwandtschaftsorganisation Die Clanorganisation Ursachen für die Clanzugehörigkeit Gesellschaftliche Verhaltensnormen als positiver Ausdruck der Clanzugehörigkeit Exogamie als negativer Ausdruck der Clanzugehörigkeit . . . . Exogame Einheiten und ihre historische Wandelbarkeit Historische Beziehungen der Verwandtschaftsorganisation zur Territorialorganisation Die besondere historische Situation in der Periode der territorialökonomischen Erschließung des Landes Historische Verwurzelung der Clans in der Dorf-resp. Khelgemeinschaft Die Clanorganisation und die Konsolidierung der neuen dörflichen Gemeinwesen Die historische Verknüpfung des Status des Clanältesten mit der ursprünglichen Heimstatt des Clans 3. Die Verwandtschaftsorganistaion und die Institutionen der Dorfgemeinschaft Die Bedeutung der Grundeinheiten der Verwandtschaftsorganisation für die Konstituierung der Institutionen der neugegründeten Dorfgemeinschaft Die gentilen Fesseln der Institutionen der Dorfgemeinschaft . . . Ursachen und Wege der Überwindung der gentilen Fesseln der Institutionen der Dorfgemeinschaft Zusammenfassung Summary of the Main Findings Literaturverzeichnis Erklärung naga-assamesischer Begriffe Verzeichnis der Abbildungen, Skizzen und Karten Register zu Karte 4

136 151 154 156 162 178 179 180 184 186 187 193 194 194 200 203 206 206 214 218 222 238 245 264 265 267

EINFÜHRUNG

Als am 1. Dezember 1963 Präsident Radhakrishnan in Kohima Nagaland zum sechzehnten Staat der Indischen Union erklärte und der Politiker Shilu Ao als der erste Chefminister einer selbständigen Naga-Regierung vereidigt wurde, war dies nicht nur für die Naga von besonderer historischer Bedeutung, sondern zugleich ein weit über die Grenzen des kleinsten indischen Unionsstaates hinausgehendes politisches Ereignis, leitete es doch einen neuen Abschnitt in dem fortdauernden Prozeß der Lösung der vielgestaltigen Nationalitätenprobleme Indiens ein. Einerseits als das Ergebnis einer vom Zentralparlament vorgenommenen „Korrektur am System der staatlichen Gliederung" der Union betrachtet 1 , andererseits als „a result of a partisan war" for independence „waged by the Nagas for many years" interpretiert 2 , war die Schaffung des selbständigen Unionsstaates Nagaland doch vielmehr herausragender Erfolg eines konsequent um seine nationalstaatliche Konsolidierung ringenden kleinen Volkes 3 , das nur zwanzig Jahre zuvor als eine aus einer Anzahl politisch, ökonomisch, gesellschaftlich und kulturell rückständiger Stämme bestehende Bevölkerungsgruppe klassifiziert worden war. Aber gerade in der Tatsache, daß eine ehemalige )( Stammes"bevölkerung seine Nationalstaatlichkeit innerhalb der föderalistischen indischen Republik erlangt hatte, liegt die gesamtindische Bedeutung der Gründung Nagalands; rund 20 Millionen freie, gleichberechtigte Bürger Indiens, Angehörige mehr oder minder zahlreicher ethnischer Minderheiten, sahen oder sehen in dem erfolgreichen Kampf der Naga ihr Vorbild. 4 Trotz des Umstandes, daß Naga als Einzelpersonen seit Beginn unseres Jahrhunderts auf den Teeplantagen Assams und in den Kohlengruben von Margherita (Lakhimpur District) 5 mit der jungen indischen Arbeiterklasse in Kontakt gekommen waren, hatten es die britischen Kolonialbehörden durch die Errichtung eines Systems der politischen Isolierung, der administrativen Segregation und der „indirekt rule" vermocht, die Entwicklung einer nationalen Befreiungsbewegung in den Naga-Bergen und erst recht das Einmünden der Ansätze einer solchen Bewegung in die allindische nationale Befreiungsbewegung, die unter Führung des Indian National Congress nach dem Sieg der Oktoberrevolution in Rußland einen bedeutenden Aufschwung genommen hatte, zu 1 L T J L E I / S E L T E R , 1 9 6 7 , S. 8 4 . 2

DYAKOV, 1 9 6 6 , p . 7 6 , p . 7 9 .

3

S . HARTWIG, 1 9 6 9 .

4

S . DYAKOV, 1 9 6 6 , p . 8 0 .

5 ALLEN, 1906 (1959), p. 2 6 ;

KATJFFMANN,

1944,

S. 1 6 4 ; BECKER,

1927,

S. 1 9 0 .

5

hemmen. Erst durch die Ereignisse des zweiten Weltkrieges wurden die Naga aus ihrer bisherigen politischen Isoliertheit herausgerissen und mit dem weltpolitischen Geschehen jener Zeit unmittelbar konfrontiert. Im März 1944 waren japanische Invasionstruppen von Burma her auch auf indisches Territorium vorgedrungen und hatten Imphal, die Hauptstadt Manipurs, und Kohima, das Verwaltungszentrum des Naga Hills District, besetzt. Ebenso wie unter den burmesischen Kachin und Chin entwickelte sich auch in Assam unter den Kuki, den Lushai und in besonderem Maße unter den Naga eine antijapanische Volksbewegung. Die Naga, durch deren Wohngebiete die japanisch-alliierte Frontlinie verlief, bildeten kleine Partisanengruppen, die im Endergebnis mehr japanische Eindringlinge gefangengenommen hatten als die gesamte 14th Army. 6 Überdies organisierten die Naga einen wirksamen Aufklärungsdienst, der wesentlich zum Erfolg der militärischen Operationen der Alliierten beitrug; auch in den Reihen der britisch-indischen Streitkräfte, die Ende 1944 das okkupierte indische Territorium wieder befreiten, kämpften zahlreiche Naga sowie Angehörige anderer ethnischer Minderheiten Assams.7 Die aktive Teilnahme am bewaffneten Kampf zur Befreiung ihrer Heimatgebiete entwickelte und stärkte das politische Bewußtsein der sogenannten Stammesbevölkerung im nordöstlichen Indien. Gleichzeitig aber hatte sie dieser Kampf, in dem sie mit Angehörigen anderer indischer Nationalitäten Schulter an Schulter standen, aus der bisherigen, von den Kolonialherren beabsichtigten politischen Isolierung herausgeführt; sie waren mit den Forderungen der allindischen nationalen Befreiungsbewegung bekannt geworden, und als sie nach Kriegsende demobilisiert wurden und nach Hause zurückkehrten, „wußten sie, daß die Engländer bald das Land verlassen würden". 8 Galt es zunächst, die Folgen der Kriegshandlungen in den betroffenen Gebieten zu beseitigen, so wurden doch schon bald Fragen der weiteren Zukunft diskutiert. In verschiedenen Bergdistrikten kam es 1946 zur Bildung sogenannter Nationalräte, wie z. B. des Naga National Council (N. N. C.) und der MizoJJnion. Hatte der antij apanische Befreiungskampf die koloniale Fessel der politischen Isolierung der Bevölkerung dieser „Stammesgebiete" gesprengt, so sahen die politisch bewußten Kräfte in den Nationalräten das weitere Schicksal ihrer Heimatgebiete durchaus mit dem des ganzen Landes verbunden; sowohl die Mizo als auch die Naga erstrebten in jener Zeit eine gewisse regionale Autonomie innerhalb der indischen Provinz Assam. 9 Doch die britischen Kolonialherren, die nach Beendigung des Krieges Indien das Recht auf Unabhängigkeit nicht länger mehr vorenthalten konnten, hofften, wenigstens in den strategisch wichtigen Grenzgebieten im Nordosten, die sie nach wie vor als Excluded Areas mittels Ausnahmerecht ^beherrschten, ihre alten Positionen halten resp. 7

Nach einem Artikel in der TIMES vom 29. 12. 1944 (s. HUTTON, 1945, pp. 2—3). Vgl. die von ELWIN (1961, pp. 26—27) aus dem Buch „Defeat into Victory" von W. SLIM, London 1956, angeführten Beispiele sowie NAG, 1966, S. 251.

8

NAG, 1 9 6 6 , S . 2 5 1

0

S . E L W I N , 1 9 6 1 , p. 5 1 ; NAG, 1 9 6 6 , S . 2 5 2 .

6

6

wiedergewinnen zu können. Mit diesem offensichtlichen Ziel offerierte ein ehemaliger Gouverneur den Plan, die Berggebiete Assams in einem neuen, vom übrigen Indien völlig losgelösten Staat, der den Status einer britischen Kronkolonie erhalten sollte, zusammenzuschließen. Aber die Naga lehnten dieses Projekt ebenso entschieden ab wie den Vorschlag R . Couplands, die „Stammesgebiete" Assams von Großbritannien, Indien und Burma gemeinsam verwalten zu lassen, denn sie hatten, wie ELWIN ausdrücklich feststellt, „no affection for any kind of colonialism and they proved as strong as any Congressmen in insisting that 'the British must go'". 1 0 Der antijapanische Befreiungskampf der Bevölkerung der assamesischen Bergdistrikte hatte also die Überwindung ihrer mehr als ein halbes Jahrhundert währenden politischen Isolierung vom übrigen Indien zur Folge, und dieses wiederum führte dazu, daß der ursprüngliche antijapanische Volksbefreiungskampf nach der Vertreibung der Invasoren einen antibritisch-antikolonialistischen Charakter annahm. Daß diese junge antikolonialistische Befreiungsbewegung der Naga in der entscheidenden Phase nicht fester Bestandteil der breiten gesamtindischen nationalen Befreiungsbewegung wurde, lag letztlich darin begründet, daß die nationalgesinnten K r ä f t e der Naga-Befreiungsbewegung, die — mochten ihre Vorstellungen in dieser Hinsicht auch recht vage gewesen sein — die weitere Entwicklung ihrer engeren Heimat grundsätzlich mit der allgemeinen Entwicklung ganz Indiens verbunden sahen, jeder politischen Unterstützung in ihrem Kampf seitens des Indischen Nationalkongresses entbehren mußten. 11 Zu sehr konzentrierte sich die führende Partei auf die Überwindung der separatistischen Bestrebungen der Moslemliga, als daß es ihr möglich gewesen wäre, in der letzten, entscheidenden Phase des nationalen Befreiungskampfes eine reale Position zu den tatsächlichen, in diesen Kampf einmündenden Nationalitätenproblemen des Landes zu beziehen. I m Gegensatz dazu hatte die Kommunistische Partei Indiens noch während des I I . Weltkrieges erkannt, daß der Kampf für die Schaffung sogenannter „linguistic provinces" ein integrierender Bestandteil des antiimperialistischen Kampfes für nationale Unabhängigkeit, für die Überwindung feudaler Überreste sowie die

1,1

E L W I N , 1961, p . 52.

11

1938 hatten die rechten Kräfte im Nationalkongreß — dem Standpunkt M. K . Gandhis entsprechend (vgl. NEHRU, 1959, S. 610) — die Annahme einer Entschließung durchgesetzt, die allen Kongreßorganisationen eine Teilnahme an den antifeudalen, demokratischen Volksbewegungen in den indischen Fürstenstaaten untersagte (vgl. CHASIMOV/SAPOSNIKOVA, 1961, S. 277). In erster Linie richtete sich diese Entschließung gegen eine gewisse, von den linken Vertretern in der Kongreßführung, vor allem von J. Nehru, angestrebte „Volksfront" der antiimperialistischen Kräfte Britisch-Indiens und der indischen Fürstenstaaten. Sie bedeutete jedoch zugleich auch quasi die Verzichterklärung des Nationalkongresses, die antibritischen Bewegungen in den von der Kolonialregierung zu Excluded resp. Partially Excluded Areas erklärten „Stammesgebieten" zu unterstützen und in die gesamtindische nationale Befreiungsbewegung einzubeziehen.

7

Schaffung bestimmter, für die kulturelle Entwicklung aller Nationalitäten Indiens günstiger Bedingungen war. 1 2 Auf dieser Grundlage war es der Kommunistischen Partei in den ersten Nachkriegsjahren gelungen, ihren Einfluß vorwiegend unter den Nationalitäten Südindiens, insbesondere den Malayali und den Telugu, zu erhöhen. 13 Doch in den Berggebieten Assams blieb die nationale Befreiungsbewegung lokal begrenzt, woraus sich auch erklärt, daß in der letzten Phase des antiimperialistischen Befreiungskampfes Indiens die extremistischen Kräfte innerhalb des Naga National Council dank der latenten, weit in die Kolonialzeit zurückreichenden Voreingenommenheit und des Mißtrauens der Naga speziell gegenüber der Assami resp. Bengali sprechenden Bevölkerung der Brahmaputra-Ebene eine gewisse, emotionelle Basis für ihre separatistischen Bestrebungen finden konnten. 1 4 Schließlich gewannen jedoch die progressiven Kräfte unter Führung von T. Shakrie und Dr. Ao die Oberhand, weil sie die Lösung des „NagaProblems", die Schaffung eines eigenen Staates Nagaland, prinzipiell im Rahmen der 1950 verabschiedeten Verfassung der Indischen Union erstrebten, zugleich aber auch die in den fünfziger Jahren von „ausländischen Agenten inspirierten" 15 bewaffneten, antiindischen Aktionen der Extremisten zu beenden sowie das unselige koloniale Erbe des Mißtrauens zwischen den Völkern Assams zu überwinden suchten und somit die reale Basis für Verhandlungen mit der Zentralregierung, für eine gerechte Lösung des Problems errichteten. War die Schaffung aller anderen Staaten der Union gemäß der Bestimmungen der States Reorganisation Act von 1956, d. h. entsprechend der regionalen Verbreitung der indischen Hauptsprachen, erfolgt, so erweist sich die Gründung Nagalands eindeutig als die nationalstaatliche Konsolidierung eines der zahlenmäßig kleinen Völker Indiens. Mit aller Deutlichkeit legt das Beispiel der Naga dar, daß die gegenwärtigen Probleme der Adiväsi, der sogenannten „Stammesbevölkerung", keineswegs nur soziale und ökonomische Probleme — oder wie B A I L E Y es formuliert: „a question of control over land, and a right to the resources of the land" 16 —, sondern nicht zuletzt Probleme ihrer ethnischen resp. nationalen Konsolidierung sind. Um diese vielschichtigen Probleme richtig zu erfassen, ist eine detaillierte Kenntnis der traditionellen Wirtschaft und Gesellschaftsstruktur des betreffenden Volkes sowie der Besonderheiten seiner geschichtlichen Entwicklung erforderlich. 12 DYAKOV, 1 9 6 6 , p . 5 3 ; s. a . DUTT, 1 9 5 1 , S . 5 0 1 f .

Bekanntlich führten die Protestaktionen der Telugu-Bevölkerung 1963 zur Gründung von Andhra, dem ersten sprachlich determinierten Staat der Union, und als daraufhin auch andere Nationalitäten entsprechende Forderungen erhoben, sah sich die Zentalregierung veranlaßt, eine Kommission zu berufen, die die schließlich 1956 erfolgte staatliche Neugliederung des Landes vorzubereiten hatte. « S. HARTWIG, 1969, S. (347). 13

V g l . DYAKOV, 1 9 6 6 , p . 6 8 . 16 BAILEY, 1 9 6 1 , p . 1 1 . 15

8

Seit vielen J a h r h u n d e r t e n leben die N a g a i n dem reichlich 20.000 km 2 großen Gebiet, das sich von der Brahmaputra-Ebene im Nordwesten bis zum ManipurBecken im Süden u n d vom Dhansiri Valley im Westen bis zum Chindwin u n d Hukawng Valley im Osten erstreckt. K e r n dieser von den P a t k o i u n d Barail ranges durchzogenen Region ist das Territorium des heutigen Unionsstaates Nagaland, auf dem 1957 in 718 Dörfern r u n d 370.000 Naga wohnten. 1 7 Weitere 170.000 Naga leben außerhalb der Grenzen Nagalands, u n d zwar 125.000 im südlich angrenzenden Manipur, 40.000 in der Tirap Frontier Division der N. E. F. A. 1 8 und eine kleine, nicht bekannte Anzahl im Kachin-Staat der Union von B u r m a . Die Naga waren u n d sind ein integrierender Bestandteil der Völker Assams. I n anthropologischer Hinsicht sind sie zu den mongoliden Gruppen zu rechnen, die G U F A als „the medium statured dolichocephalic element . . . mixed no doubt with t h e short statured Palae-Mongoloids" bezeichnet und deren Verbreitung er vorwiegend auf die assamesischen Berggebiete beschränkt sieht. 1 9 Die verschiedenen Naga-Dialekte gehören dem Assam-Burma-Zweig der TibetoBurmanischen Sprachen an und stehen innerhalb dieses Zweiges der Bodo-Gruppe näher als der Kuki-Chin-Gruppe. 2 0 Auf Grund ihrer ethnischen Spezifik betrachtet CHATTERJI die Naga als einen Teil der Kiräta oder Indo-Mongoloiden, die „the fourth basic element in the formation of t h e Indian people" gewesen sind. 2 1 H O D S O N weist auf die ethnischen Beziehungen zwischen den Naga und den Meithei hin, und auch andere Autoren betonen Gemeinsamkeiten der Naga mit weiteren Assam-Völkern. 2 2 Diese ethnischen Gemeinsamkeiten stehen jedoch nicht im Widerspruch zu der Tatsache, daß die Naga im Kreise der AssamVölker einen exponierten Platz einnehmen. Besonderheiten ihrer Lebensweise und ihrer K u l t u r f ü h r t e n im Verlaufe einer J a h r h u n d e r t e währenden Entwicklung zu einer politischen u n d ökonomischen Abgeschlossenheit, die ihrerseits eine eigenständige, von fremden Einflüssen weitgehend freie E n t f a l t u n g der Naga-Gesellschaft ermöglichte; die Verfestigung bestimmter traditioneller Einrichtungen u n d Sitten schuf neue Barrieren der räumlichen und politischen Abgeschlossenheit. Gab es trotz dieser besonderen historischen Bedingungen in der Vergangenheit auch gewisse K o n t a k t e zwischen den einzelnen Stämmen der Naga u n d den weiter fortgeschrittenen Völkern der B r a h m a p u t r a - E b e n e im Nordwesten, Oberburmas im Osten u n d Manipurs im Süden, so waren sie doch stets nur vorübergehenden u n d oberflächlichen Charakters. I n der Mehrzahl "

INDIA, 1 9 5 9 , p . 4 7 6 .

"> NAG, 1965, S. 345. W GTJHA, 1 9 5 1 , p . 3 5 . 20 S . MULLAN, 1 9 3 2 , p p . 1 6 8 - 1 8 3 ; GAIT, 1 9 1 3 , p . 3 2 9 (§ 4 1 7 ) ; CHATTERJI, 1 9 5 1 , p. 1 7 3 , p. 2 2 1 . Einen neuen Klassifizierungsversuch unternimmt BURLING ( 1 9 6 5 , pp. 162-163). 21 CHATTERJI, 1 9 5 1 , p. 1 6 8 , p. 2 2 1 , p. 2 3 5 ; SHAFER ( 1 9 5 4 , p. 1 2 5 ) setzt „Mongoloid"

für kiräta. 22 HODSON, 1 9 0 8 , p . 1 1 ; s. a . DALTON/FLEX, 1 8 7 3 , S. 2 0 7 ; PEAL, 1 8 9 7 , p . 1 0 ; SHAKESPEAR, 1 9 1 4 , p . 1 9 7 ; v . FÜRER-HAIMENDORF, 1 9 4 7 , S. 4 9 ; ROY, 1 9 6 0 .

9

w a r e n es militärische Auseinandersetzungen, u n d a u c h die wenig u m f a n g r e i c h e n ö k o n o m i s c h e n B e z i e h u n g e n w a r e n k a u m geeignet, einen K u l t u r a u s t a u s c h zu f ö r d e r n oder gar die E n t w i c k l u n g der weniger f o r t g e s c h r i t t e n e n Völker entscheid e n d zu beeinflussen. E i n eventueller E i n f l u ß der N a g a auf die historische E n t wicklung der Völker der A s s a m - E b e n e h a t keinerlei S p u r e n h i n t e r l a s s e n . 2 3 I m Gegensatz zu S t a m m e s g r u p p e n in a n d e r e n Teilen Indiens, die o f t die Sprache u n d verschiedene E l e m e n t e der Lebensweise u n d der K u l t u r d e r u m w o h n e n d e n H i n d u - B e v ö l k e r u n g ü b e r n o m m e n h a b e n , erhielten sich die N a g a bis in die j ü n g s t e Zeit i h r e volle sprachliche, kulturelle u n d ethnische E i g e n a r t . 2 4 Mit R e c h t k a n n m a n d e s h a l b feststellen, d a ß sich die traditionelle r ä u m l i c h e u n d politische Abgeschlossenheit der N a g a ü b e r eine historisch r e l a t i v lange Epoche erstreckte. Von ersten B e r ü h r u n g e n einzelner N a g a - G r u p p e n m i t britischen Kolonialt r u p p e n wird A n f a n g der dreißiger J a h r e des 19. J a h r h u n d e r t s b e r i c h t e t . 2 5 Aus der S i t t e d e r K o p f j a g d resultierende F e h d e n der verschiedenen D ö r f e r oder S t ä m m e u n t e r e i n a n d e r n a h m e n die B r i t e n z u m Anlaß, sich in die i n n e r e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n d e r B e r g b e w o h n e r e i n z u m i s c h e n . 2 6 S o g e n a n n t e Strafexpeditionen u n d militärische E r k u n d u n g s p a t r o u i l l e n 27 w a r e n die ersten S c h r i t t e zur kolonialen E r o b e r u n g der S t a m m e s g e b i e t e , ö k o n o m i s c h e r D r u c k d u r c h Schließung d e r G r e n z m ä r k t e in d e r B r a h m a p u t r a - E b e n e f ü r die N a g a 2 8 u n d schließlich militärisch-politische Annexion des Gebietes f ü h r t e n E n d e d e r siebziger J a h r e des vorigen J a h r h u n d e r t s zur E r r i c h t u n g d e r K o l o n i a l h e r r s c h a f t in den N a g a - B e r g e n . H a t t e die koloniale E r o b e r u n g d u r c h die B r i t e n generell — wie K A R L M A R X schreibt — „die politische E i n h e i t I n d i e n s , fester g e g r ü n d e t u n d weiter ausgreifend als j e m a l s u n t e r der H e r r s c h a f t d e r G r o ß m o g u l n " 2 8 , zur Folge, so ist hinsichtlich des von d e n N a g a b e w o h n t e n T e r r i t o r i u m s festzustellen, d a ß die K o l o n i a l h e r r e n dieses Grenzgebiet zwischen A s s a m u n d B u r m a u n d seine B e w o h n e r — z w a r o h n e sie völlig v o m ü b r i g e n I n d i e n a b z u t r e n n e n 29 a u s dem allgemeinen S y s t e m kolonialer U n t e r d r ü c k u n g h e r a u s l ö s t e n ; 1880 v e r f ü g t e n sie in d e r Frontier Tracts Regulation d e n g r u n d s ä t z l i c h e n A u s s c h l u ß b e s t i m m t e r Grenzgebiete v o m W i r k u n g s b e r e i c h d e r allgemeinen britischi n d i s c h e n Kolonialgesetzgebung, insbesondere der R e c h t s p r e c h u n g u n d der A d m i n i s t r a t i o n . 3 0 Als schon 1881 der N a g a Hills D i s t r i c t als ein s o l c h e r a r t „ausgeschlossenes G e b i e t " gebildet w u r d e , b e d e u t e t e dies, d a ß die bisherige traditionelle Abgeschlossenheit der N a g a n i c h t e t w a beseitigt, s o n d e r n i m Gegenteil in eine i n t e n s i v e politische Isolierung v o m übrigen I n d i e n , insbesondere 23

CÜATTEBJI, 1 9 5 1 , p . 2 2 1 .

24 H U T T O N , 1 9 4 5 , p . 3 . 25 MACKENZIE, 1 8 8 4 ( 1 9 5 9 ) , p . 1 5 . 26 SCHLAGINWEIT, 1 8 7 0 , S . 5 3 7 .

27 SHAKESPEAR, 1914, p p . 2 1 1 - 2 1 2 . 28 M A R X , 1 8 5 3 / I X - 1 9 6 0 , 29

S. 2 2 1 ; s. a. N E H R U , 1 9 5 9 , S. 4 3 3 .

V g l . ELWIN, 1961, p. 35.

30 S . M A J Ü M D A B / M A D A N , 1 9 6 1 , p . 2 7 5 ; E L W I N , 1 9 6 1 , p p . 3 4 - 3 5 ; H A R T W I G , S. 336.

10

1969,

v o m s t ä n d i g a n w a c h s e n d e n K a m p f der allindischen n a t i o n a l e n Befreiungsbewegung, u m g e w a n d e l t wurde. Gleichzeitig schuf das i m N a g a Hills D i s t r i c t a n g e w a n d t e S y s t e m der „indirekten V e r w a l t u n g " 3 1 B e d i n g u n g e n , die zu wesentlichen V e r ä n d e r u n g e n in der traditionellen Ö k o n o m i k u n d i m gesellschaftlichen L e b e n der N a g a - D o r f g e m e i n s c h a f t e n f ü h r t e n . Die E r f o r s c h u n g d e r N a g a - S t ä m m e u n d ihrer K u l t u r ist n o c h r e l a t i v j u n g . 3 2 Z u Beginn des 19. J a h r h u n d e r t s w a r e n die N a g a selbst in Reisebeschreibungen n i c h t zu finden. Mit d e m E i n d r i n g e n der B r i t e n in die A s s a m - E b e n e erfolgten erste B e r ü h r u n g e n v o n E u r o p ä e r n m i t Angehörigen verschiedener B e r g v ö l k e r . D e r allgemeinen Meinung der hinduistischen B e w o h n e r der B r a h m a p u t r a E b e n e ü b e r ihre N a c h b a r n in den südöstlichen Bergen e n t s p r e c h e n d , sind die Berichte dieser ersten R e i s e n d e n wenig schmeichelhaft f ü r die N a g a . Die wiederholten "Überfälle der N a g a - G r u p p e n auf a n g r e n z e n d e O r t s c h a f t e n in der E b e n e h a t t e n bei der assamesischen B e v ö l k e r u n g eine ständige F u r c h t vor den BergL e u t e n h i n t e r l a s s e n ; n u r selten gelang es a u c h , die r a s c h i n die b e w a l d e t e n Berge z u r ü c k w e i c h e n d e n Angreifer zu stellen. Die E u r o p ä e r k a n n t e n die N a g a zu dieser Zeit jedoch k a u m v o n solchen feindseligen B e g e g n u n g e n h e r ; in der Mehrzahl t r a f e n sie wohl m i t i h n e n auf den assamesischen M ä r k t e n z u s a m m e n , zu d e n e n die N a g a m i t friedlichen H a n d e l s a b s i c h t e n k a m e n . T r o t z d e m ist in d e n ersten B e r i c h t e n des 19. J a h r h u n d e r t s — a n g e f a n g e n bei MCCOSH, ü b e r B U T L E R u n d H O O K E R bis h i n zu F L E X 3 3 —von d e n N a g a als „uncivilisierten S t ä m m e n " , v o n „ W i l d e n " , die Rede, die „nur zu o f t von i h r e n Bergen h e r u n t e r k o m m e n , u m in d e n n a h e l i e g e n d e n P f l a n z u n g e n zu r a u b e n u n d zu m o r d e n . " Schon bald m a c h t e m a n sich G e d a n k e n ü b e r die S t a m m e s b e z e i c h n u n g Naga, die keineswegs die ethnische Selbstbezeichnung aller S t ä m m e oder a u c h n u r eines S t a m m e s i s t . 3 4 E s gibt i m wesentlichen drei D e u t u n g e n : Die eine leitet Naga v o m a s s a m e s i s c h e n naga (hindi: nangä) = „ n a c k t " , die a n d e r e v o n h i n d i nag = „ B e r g " ab, w ä h r e n d es P E A L zufolge m i t nok = „Volk, M e n s c h e n " in Z u s a m m e n h a n g s t e h t , d a s bei einigen östlichen N a g a - G r u p p e n v o r k o m m t . 3 5 So w a r e n linguistisches u n d historisches I n t e r e s s e Anlaß, in älteren Quellen n a c h Spuren ü b e r die N a g a zu suchen, v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F v e r m u t e t in d e n 31 MILLS, 1926, p. 406; PRASHAD, 1938, p. 153. Zu dieser Praktik gehörte neben dem Bemühen, bewußt die traditionelle Gesellschaftsstruktur der Stammesbevölkerung zu konservieren (vgl. MILLS, 1932, p. iii), auch die Anwendung des Prinzips der „collective village responsibility" (HUTTON, 1945, p. 5). Die theoretischen Grundlagen der „indirect rule", einer von den Briten häufig angewandten Methode zur Unterdrückung und Ausbeutung der Völker ihres Kolonialbereiches, unterzog Ende der vierziger Jahre POTECHIN (1948) einer umfassenden Kritik. 32 Mit Fragen der Geschichte des Studiums der Naga-Ethnographie befaßten sich vor

allem

SHAKESPEAR ( 1 9 1 4 ,

p. 210),

v. FÜRER-HAIMENDORF

(1941,

S. l f . )

u n d ELWIN (1959, pp. xv—xxxii). 33 MCCOSH, 1 8 3 6 , p . 1 9 3 ; B U T L E R , 1 8 4 7 ; H O O K E R , 1 8 5 0 , S. 3 6 3 ; F L E X , 1 8 7 2 , S. 1 4 3 . 34 LATHAM, 1 8 5 9 , p . 7 2 ;

PRAIN, 1887, p. 473.

3-R> S. H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 5 , n . 1 ; P E A L , 1 8 9 4 , p . 14. S . a . GAIT, 1 9 2 6 , p . 3 1 4 ; P R A S H A D , 1 9 3 8 , p p . 1 5 3 - 1 5 4 .

11

nangalogai des Ptolemäus die „Naga-Stämme der Berge Assams". 3 6 Doch erstmals schriftlich erwähnt findet man die Naga 1228 in den Ahorn Buranjis, den seit der Herrschaft Su-kä-phäs (1228/68) historisch durchaus zuverlässigen Chroniken der Ahom-Könige. 3 7 Bis zum J a h r e 1768 berichten die Buranjis wiederholt von den meist kriegerischen Beziehungen zwischen den Ahom u n d verschiedenen Naga-Gruppen. Eine weitere frühe Quelle, in der die Naga kurz beschrieben werden, ist der Bericht Shihabuddin Talishs 3 8 , der im J a h r e 1662 an dem Moghul-Einfall in Assam unter Mir J u m l a h teilnahm. Allen diesen frühen Quellen — einschließlich der ersten Berichte von Europäern — ist eines gemeinsam: Sie gehen kaum über allgemeine Beschreibungen hinaus. Nichtsdestotrotz sind sie f ü r die ethnographische Forschung von großer Bedeutung, vermitteln sie doch ein gewisses Bild vom Niveau der Entwicklung der Naga-Gesellschaft in einem Zeitraum bis zur Mitte des 19. J a h r h u n d e r t s . Der besondere W e r t dieser Quellen wird ersichtlich, wenn m a n vergleichend das Bild betrachtet, das uns die in den darauffolgenden Dezennien zusammengetragenen Materialien vermitteln. E L W I N schreibt: „The reader should remember t h a t t h e administrators, soldiers, missionaries and explorers . . . were not anthropologists . . . Their information is not always correct; it is sometimes heavily marked b y personal bias; some of it is obviously guess-work. B u t t h e y were fresh to t h e country and their eyes were open; from them a general idea of what t h e tribal people were like sixty, eighty, a hundred or even a hundred and t w e n t y years ago, does emerge, . . ." 3 9 Eine Schwäche darf man jedoch nicht außer acht lassen. I n der Mehrzahl der Berichte werden die Naga als eine ethnische Einheit behandelt, ohne d a ß auf die spezifischen Besonderheiten einzelner Stämme oder Dörfer eingegangen wird. Darüber hinaus ist nicht in jedem Falle die Garantie gegeben, daß es sich bei den erwähnten „Nagas" tätsachlich u m Angehörige dieser Bergstämme handelt, wurden doch häufig die Bezeichnungen „Nagas" oder „Abors" als Synonym f ü r „Bergvölker" schlechthin in Assam benutzt. 4 0 I m Zusammenhang mit der fortschreitenden britischen Annexion des NagaLandes wuchsen im letzten Viertel des 19. J a h r h u n d e r t s die Berichte u n d Materialien weiter an. Als einen charakteristischen Zug dieser Quellen, der zugleich Ausdruck intensiverer Kenntnisse über die Naga ist, kann m a n die Tatsache betrachten, daß ab 1870 etwa neben dem allgemeinen Sammelbegriff Naga immer häufiger Stammesbezeichnungen, wie Angami, Sema, Ao, Lhota usw., verwendet wurden. I m Gegensatz dazu nannten die Berichte aus den vorangegangenen Jahrzehnten in der Regel neben der zusammenfassenden Bezeichnung Naga stets nur Dorfnamen, z. B. Namsang ( M A S T E E S , 1844) u n d Seema41 ( B R O D I E , 1845). Eine Ausnahme bildeten G R A N G E u n d B I G G E , die f ü r 36

v . FÜKEB-HAIMENDOKF, 1 9 4 1 , S . 1.

37

GAIT, 1 9 2 6 , p . 7 7 , p . x i .

38

S . BLOCHMANN, 1 8 7 2 , p . 8 4 .

3

9 ELWIN, 1959, p . x v .

«O E L W I N , 1 9 5 9 , p . x x x i i , p . 2 5 , n . 2 ; s. a . P R A I N , 1 8 8 7 , p . 4 7 3 . 41

Nach

HUTTON ( 1 9 2 9 , p . 4 3 ) d a s K o n y a k - D o r f Chi;

s. a . BRODIE, 1 8 4 5 , p . 8 2 8 .

13

bestimmte Gruppen der Naga Bezeichnungen des assamesischen Sprachgebrauchs benutzten (Lotah, Hatheegurhiya, Angami u. a.). 42 Erschließen uns die letzten Jahrzehnte des vorigen Jahrhunderts vor allem detailliertes Material bereits von einzelnen Stämmen oder auch Stammesgruppen, so erschienen in dieser Zeit auch schon erste Versuche, die bisherigen Kenntnisse über die Naga zusammenfassend und vergleichend darzustellen. 43 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bildete die Arbeit T. C. HODSONS „The Naga Tribes of Manipur", London 1911, den Auftakt zur monographischen Erschließung des Naga-Materials. Die derzeitigen Deputy Commissioners für den Naga Hills District, J . H . HÜTTON und J. P. MILLS, publizierten dann in den Jahren zwischen 1921 und 1937 neben zahlreichen Einzelstudien die grundlegenden Monographien über die Angami (1921), die Sema (1921), die Lhota (1922), die Ao (1926) und die Rengma (1937). Lange Zeit bestand in unserer Kenntnis über die Naga eine empfindsame Lücke, waren doch die Trans-Dikhu-Stämme so gut wie nicht erforscht. „Das Gemeinschaftsleben der Konyak-Naga in Assam" (1941) und „Die nackten Nagas" (1947) von Chr. v. FÜRER-HAIMENDORF und die „Kurze Ethnographie der nördlichen Sangtam-Naga (Löphömi), Assam" (1939) von H.-E. KATJFFMANN vervollständigten die Reihe der NagaMonographien. Der Darstellung der ökonomischen und der gesellschaftlichen Verhältnisse der Naga Ende des 19. /Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in allen Monographien neben der Beschreibung der materiellen Kultur, der Aufzeichnung religiöser Vorstellungen und der mündlichen Überlieferungen breiter Raum gewidmet. In einer Anzahl Spezialstudien untersuchten BALFOUR (1917), HUTTON (1922, 1922b, 1923, 1924a, 1926, 1949) und vor allem KAUFFMANN (1938, 1938a, 1950, 1953 a) verschiedene Details aus dem Bereich des Wirtschaftslebens wie Produktionsinstrumente, Arbeitsmaterialien und handwerkliche Tätigkeiten, aber auch Fragen der Viehzucht und des Weiderechts. In seiner umfassenden Arbeit über die wirtschaftliche Grundlage der Bergvölker Assams und Oberburmas, in der sowohl die „materiellen Faktoren der Landwirtschaft" als auch die „Auswirkungen des Landbaus auf das soziale Leben" behandelt werden, hat KAUFFMANN (1935) zugleich einen Überblick über die Situation in der Land- und Viehwirtschaft aller Naga-Stämme in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts gegeben; hingegen wurden „die anderen, keineswegs unwichtigen Wirtschaftsfaktoren (Sammeln, Jagd und Fischfang; Handel und Handwerk) . . . nur andeutungsweise gestreift". 44 Einen kurzen Überblick über die Wirtschaftstruktur und Formen des Eigentums gibt KALJAGIN (1965). In deT vorliegenden Arbeit wird versucht, die in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts von äußeren Einflüssen noch weitestgehend unbetroffene Wirtschaft der Naga nachzuzeichnen und die Tendenzen ihrer « GRANGE,1840a, p . 950; BIGGE, 1841. 43 PEAL, v e r s c h i e d e n e A r b e i t e n zw. 1872 u n d 1897-1898. « KAUFFMANN, 1935, S. 15F. 14

1897; DALTON,

1872; GODDEN,

Entwicklung aufzudecken. Besondere Beachtung erfahren dabei das unterschiedliche Verhältnis von Produktionszeit und Arbeitsperiode und die unterschiedliche Produktivität des jhurn45 (Brandrodungs-) und des panikhet (Irrigationsbodenbaus), der beiden Formen der agrarischen Produktion der Naga. E s ist — entgegen der Auffassung I . SELLNOWS, die auf die Frage, auf Grund welcher objektiver Kriterien man die Arbeitsproduktivität in urgesellschaftlichen Gemeinwesen messen solle, antwortet: „Was in der modernen Volkswirtschaft und mit Hilfe der Statistik kein Problem ist, erweist sich am ethnographischen Material als unmöglich" 4 ß , — sehr wohl möglich, durchaus exakt die Arbeitsproduktivität innerhalb eines bestimmten urgesellschaftlichen Gemeinwesens zu errechnen. 4 7 Die Tatsache, daß auch in der Produktion einer hochentwickelten Gesellschaftsformation bei der Messung der Arbeitsproduktivität „zwei Grundfragen: die Frage nach der Arbeitszeiteinheit, nach der die Produktionskennziffer zu errechnen ist, und die Frage nach der Produktionskennziffer, die der Berechnung zugrunde gelegt werden soll" 4 8 , beachtet werden müssen, birgt zugleich den Schlüssel für die Untersuchung der Arbeitsproduktivität in weniger entwickelten Gemeinwesen. Hat man erst einmal die für das betreffende Gemeinwesen gültige Arbeitszeiteinheit ermittelt, so sind die Kategorien Arbeitsperiode und Produktionszeit durchaus rechnerisch exakt faßbare Größen. Auf diese Weise wird es möglich, den Grad der Arbeitsproduktivität und den Entwicklungsstand der Produktivkräfte — „wesentliche Kriterien des Fortschritts" 4 9 — zu bestimmen und damit auch die gesellschaftlichen Triebkräfte der im genannten Zeitraum in der Wirtsdhaft der Naga sich vollziehenden Entwicklung zu erkennen. Befaßten sich bisher nur einige wenige Fachgelehrte in Detailstudien mit Fragen des Wirtschaftslebens, so widmeten weitaus mehr ihre Aufmerksamkeit der Erforschung von Problemen der Gesellschaft der Naga. Erscheinungen aus dem Bereich der Verwandtschaftsorganisation untersuchten z. B . M I L L S (1937), R U H E M A N N (1948), H U T T O N (1922d) und K A P A D I A (1950), während S T O N O R 45

In einer 1960 erschienenen Studie untersucht L Ö F F L E R theoretisch die Möglichkeiten der Steigerung der Agrarproduktion unter den Bedingungen des Brandrodungsbodenbaus. E r sieht sie nur in der, gewöhnlich mit der Verkürzung der Brachezeit einhergehenden Erweiterung des Bodenbedarfs, da er annimmt, die „Ernterate" (Verhältnis Ernte zu Einsaat) läge „nicht im Bereich der unmittelbaren Beeinflussung durch den Menschen" (S. 41). Eine solcherart erzielte Steigerung der Agrarproduktion hätte ihre Ursache lediglich in einer zeitlichen Steigerung der Arbeitsleistung und bedeutete somit keine Steigerung der Produktivität.

46

SELLNOW,

47

Bekanntlich wird die Arbeitsproduktivität — in der sozialistischen wie in der kapitalistischen Gesellschaft — an der zur Erzeugung eines bestimmten Gebrauchsgegenstandes aufgewandten Arbeitszeit oder an der Menge der Produkte, die in einer bestimmten Zeiteinheit erzeugt werden, gemessen (vgl. M A R X , 1953,

1961, S. 476.

S. 506). '•8 S A W I N S K I , 1951, S. 613. «»

SCHULZ, 1957/58, S. 3 2 ; s : a . M A R X , 1953, S. 393. 15

(1950), F R I E D E I C H (1954), K A U F F M A N N (1953, 1955) und B I R K E T - S M I T H (1965) — und im Zusammenhang mit dem Megalithenproblem auch schon v. H E I N E G E L D E R N (1928) — dem interessanten Komplex des Yerdienstfestwesens nachgingen. Probleme der politischen und militärischen Führung der Naga-Gemeinwesen berührten in kleineren Studien M I L L S (1926a) und K A U E E M A N N (1939a). Die Institution des Morung („Junggesellenhaus") erweckte bereits 1893 das Interesse P E A L S , und später griff vor allem v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F (1930, 1950) die mit dieser Einrichtung verbundenen Fragen auf. Seine Arbeit „The Morung System of the Konyak Nagas of Assam" (1938), die auf eigenen Feldforschungen basiert, greift jedoch weit über die engere Problematik des „Junggesellenhauses" hinaus; sie leitet über zu dem grundlegenden, monographischen Werk über das „Gemeinschaftsleben der Konyak" (1941). Hatte v. F Ü B E R H A I M E N D O R F 1933 in „Staat und Gesellschaft bei den Naga" noch generell gesagt: „. . . entweder stellt jedes einzelne Dorf ein selbständiges staatliches Gebilde dar, oder aber — wie bei den Angami — ist die politische Einheit. . . der Klan mit seinen über zahlreiche Dörfer verstreuten Angehörigen", so konnte er 1941 darlegen, welche Bedeutung das „Morung-System" — mit dem die Teilung des Dorfes in mehrere, „soziale und vielfach auch politische Einheiten" darstellende Khels (Dorfviertel) verbunden ist — in der Gesellschaftsstruktur der Naga hat. 50 Aber auch die an Umfang kleine Arbeit K A U F F M A N N S ( 1 9 5 0 ) über das Weiderecht bei den Angami gewährt — neben der Erläuterung einer spezifischen Form eigentumsrechtlicher Nutzung des Grunds und Bodens — äußerst interessante Einblicke in die Gesellschaftsstruktur dieses Stammes. Demgegenüber stellt die ebenfalls nur wenige Seiten umfassende Studie K A L J A G I N S ( 1 9 6 5 ) den Versuch dar, „die Entwicklung der ökonomischen Beziehungen, die Evolution des Eigentums und der Eigentumsdifferenzierungen in den Naga-Gemeinwesen" sichtbar zu machen und im Zusammenhang damit nachzuweisen, daß die territoriale Einheit der Gentes zerfiel, und die territoriale Dorfgemeinde an ihre Stelle trat. Ausführlicher als K A L J A G I N behandelt M A R E T I N A ( 1 9 6 7 ) Probleme der „Dorfgemeinde bei der Bergvölkern Assams". Die vorliegende Arbeit untersucht in ihrem dritten Teil die der Naga-Gesellschaft des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts immanenten Organisationsformen, die organisatorischen Grundeinheiten und deren Institutionen sowie die engen Wechselbeziehungen zwischen den gesellschaftlichen 50

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1933,

S.

35;

v . FÜRER-HAIMENDORF,

1941,

S.

1 0 0 f.

Offensichtlich ähnlich umfassende Untersuchungen der gesellschaftlichen Verhältnisse bei den Angami resp. mehreren Stämmen der Naga führten J. E. T A N Q U I S T , B. L A W S O N und R . N E E D H A M durch. Leider sind jedoch — E. v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F (1958, pp. 156—157) zufolge — weder die 1951 resp. 1952 an der Universität Oxford eingereichten Dissertationen „ A Comparative Study of the Social Structure of Some Naga Tribes" (LAWSON) resp. „An Investigation into the Social Sanctions of the Naga Tribes of the Indo-Burma Border" ( N E E D H A M ) noch das bereits aus dem Jahre 1921 stammende Manuskript „The AngamiVillage Community" von T A N Q U I S T (S. S M I T H , 1925, p. 232) bisher publiziert worden.

16

Organisationsformen und will damit einen Beitrag zur Erforschung der gesellschaftlichen Verhältnisse der entwickelten Urgemeinschaftsordnung leisten. F E I E D E I C H E N G E L S hatte 1 8 8 4 im „Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" die Geschichte der menschlichen Gesellschaft in den frühesten Etappen ihrer Entwicklung analysiert, die allgemeinen Grundzüge der Urgemeinschaftsordnung herausgearbeitet und den Prozeß ihres Zerfalls und der Herausbildung der auf Ausbeutung beruhenden Klassengesellschaft sowie die Entstehung und den Klassencharakter des Staates aufgedeckt. Die Urgemeinschaftsordnung kennzeichnete er bekanntlich als die „durch Geschlechtsbande beherrschte", „auf (exogamen) Geschlechtsverbänden beruhende Gesellschaftsordnung"51, unter deren Verfassung „die Familie nie eine Organisationseinheit gewesen" ist — und es nie sein konnte, „weil Mann und Frau notwendig zu zwei verschiedenen Gentes gehörten"; diese Funktion hatten die Gens, die ganz in die Phratrie, und die Phratrie, die ganz in den Stamm einging, inne.52 Den Zerfall der nach diesen Geschlechtsverbänden gegliederten Gesellschaftsformation skizzierte E N G E L S im Vorwort zur ersten Auflage seines Buches mit den Worten: Sie „wird gesprengt im Zusammenstoß der neu entwickelten gesellschaftlichen Klassen; an ihre Stelle tritt eine neue Gesellschaft, zusammengefaßt im Staat, dessen Untereinheiten nicht mehr Geschlechtsverbände, sondern Ortsverbände sind, eine Gesellschaft, in der die Familienordnung ganz von der Eigentumsordnung beherrscht wird und in der sich nun . . . Klassengegensätze und Klassenkämpfe frei entfalten." 53 Auf die unterschiedlichen gesellschaftlichen Organisationsprinzipien und ihre geschichtliche Stellung zueinander hatte K A B L M A B X bereits in seinen „Grundrissen der Kritik der politischen Ökonomie" hingewiesen. In wörtlicher Anlehnung an B. G. N I E B U H E S „Röfiaische Geschichte" (Berlin 1 8 2 7 ) 5 4 schrieb er 1857/58: „Die Stämme der alten Staaten waren auf zweierlei Art begründet, entweder nach Geschlechtern oder nach Orten. Die G e s c h l e c h t e r s t ä m m e gehn dem Alter nach vor den Ortsstämmen, und werden fast allenthalben von ihnen verdrängt. . . . Die Ortsstämme entsprechen ursprünglich einer Einteilung der Landschaft in Gauen und Dörfer." 55 Bei der theoretischen Behandlung des Problems der gesellschaftlichen Organisationsformen der Urgemeinschaftsordnung erfuhren bisher — wohl auf Grund der Tatsache, daß auch K A E L MABX 5 6 bereits in den Entwürfen zu einem E N G E L S , 1 8 9 2 / X X I - 1 9 6 2 , S. 28. 52 S. E N G E L S , 1 8 9 2 / X X I - 1 9 6 2 , S. 100. 53 E N G E L S , 1 8 9 2 / X X I - 1 9 6 2 , 54

S. 28, s. 165.

S. Anmerkungen und Quellennachweis zu MABX, 1953, S. 1014 (38132—3823).

55 M A R X , 1953, S. 381. 56

Seit Anfang 1881 beschäftigte sich nicht nur ENGELS, sondern auch MARX mit urgeschichtlichen Problemen. MABX untersuchte im Februar 1881 insbesondere die russische obscina (s. Anhang zu MABX/ENGELS, Werke, Bd. X I X , 1962, S. 617 ff.), doch zeigen die Entwürfe zu dem Brief an V . Sassulitsch, daß er bereits zu dieser Zeit mit Problemen, die L . H . MOBGAN in seiner 1877 in London erschienenen „Ancient Society" behandelt, bestens vertraut gewesen ist. Das

2 Hartwig, Naga

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Brief a n V. Sassulitsch 1881 alle ä l t e r e n T y p e n der a r c h a i s c h e n F o r m a t i o n d e r Gesellschaft als „auf Verhältnissen d e r B l u t s v e r w a n d t s c h a f t zwischen d e n Mitgliedern der G e m e i n d e " b e r u h e n d c h a r a k t e r i s i e r t e 5 7 , — einige, n i c h t unwesentliche Hinweise d e r Klassiker der materialistischen G e s c h i c h t s a u f f a s s u n g im allgemeinen n u r geringe B e a c h t u n g . I m Z u s a m m e n h a n g m i t der H e r a u s a r b e i t u n g der g r u n d l e g e n d e n U n t e r s c h i e d e zwischen den gesellschaftlichen Organisationsprinzipien in d e n E p o c h e n d e r Barbarei u n d der Zivilisation b e t o n t E N G E L S : „ I h r e (der Gentilverfassung, W . H . ) V o r a u s s e t z u n g war, d a ß die Glieder einer Gens, oder doch eines S t a m m e s , auf demselben Gebiet vereinigt s a ß e n , es ausschließlich b e w o h n t e n ; " a n a n d e r e r Stelle schreibt e r : „Gegenüber der a l t e n Gentilorganisation k e n n z e i c h n e t sich der S t a a t erstens d u r c h die E i n t e i l u n g der S t a a t s a n g e h ö r i g e n nach dem Gebiet. Die a l t e n , d u r c h B l u t s b a n d e gebildeten u n d z u s a m m e n g e h a l t e n e n Gentilg e n o s s e n s c h a f t e n . . . w a r e n u n z u r e i c h e n d geworden, großenteils weil sie e i n e Bindung der Genossen an ein bestimmtes Gebiet v o r a u s s e t z t e n u n d diese l ä n g s t a u f g e h ö r t h a t t e . " 5 8 B i s h e r w u r d e n diese Ä u ß e r u n g e n — zumals E N G E L S in d e r „ M a r k " hinsichtlich der B e s i t z n a h m e des Gebietes östlich v o m R h e i n u n d nördlich der D o n a u d u r c h die D e u t s c h e n schrieb: „ D e n n ä h e r v e r w a n d t e n g r ö ß e r n G r u p p e n fiel ein b e s t i m m t e r Bezirk zu, worin wieder die einzelnen, eine A n z a h l F a m i l i e n u m f a s s e n d e n Geschlechter sich dorfweise niederließen" 5 9 , — d a h i n g e h e n d v e r s t a n d e n , als sei die Gens die b l u t s v e r w a n d t s c h a f t l i c h e O r g a n i s a t i o n s einheit, die geschlossen „in einer Siedlung oder, w e n n sie groß (war), in e i n i g e n b e n a c h b a r t e n Siedlungen oder N i e d e r l a s s u n g e n " l e b t e . 6 0 I n l e t z t e r e m F a l l e h a t t e jedoch, wie I . S E L L N O W v o n d e n P a p u a schreibt, „die S e l b s t ä n d i g k e i t d e r D o r f g e m e i n s c h a f t e n . . . insofern zu einer Modifizierung d e r S i p p e n o r g a n i s a t i o n g e f ü h r t , als sie die Sippensolidarität i m wesentlichen auf d e n lokalen S i p p e n intensive Studium der Probleme der Urgemeinschaftsordnung begann M A E X jedoch anscheinend erst kurz danach, im Mai 1881; aus jener Zeit s t a m m t vor allem der ausführliche Konspekt über M O B G A N S „Ancient Society", der E N G E L S bekanntlich — gleichsam in „Vollführung eines Vermächtnisses" von K A R L M A R X (s. E N G E L S , 1892/XXI-1962, S. 27 - Vorwort zur 1. Auflage 1884 - u n d S. 552f. — Anm. 27) zur umfassenden Bearbeitung der Probleme des U r s p r u n g s der Familie, des Privateigentums u n d des Staates anregte. MARX, 1881/XIX-1962, S. 387, S. 399, S. 403. 58 E N G E L S , 1892/XXI-1962, S. 163, S. 165 (erste u n d dritte Hervorhebung von mir, W. H.). 5

» ENGELS, 1 8 9 1 / X I X - 1 9 6 2 , S. 317.

O

18

Hier sei der Hinweis gestattet, daß E N G E L S diese Formulierung ein reichliches Jahr vor der intensiven Beschäftigung mit MORGANS „Ancient Society" und dem von M A R X nachgelassenen Konspekt dazu traf, und er in der vierten Auflage des „Ursprungs der Familie, . . . " schließlich — Forschungseigebnisse M . K O W A LEWSKIS berücksichtigend — geneigt war, in diesen dorfweise siedelnden Geschlechtern keine „Gentes" mehr zu sehen (s. ENGELS, 1892/XXI—1962, S. 136f.). K O S W E N , 1957, S . 122f.; s. a. S E L L N O W , 1961, S . 182, S . 371, S . 4 1 6 ; M A R E T I N A , 1967, str. 30.

verband beschränkte. An ihre Stelle t r a t die Solidarität der Dorfgenossen, . . . weil das Dorf gewisse soziale und ökonomische Belange gemeinsam regelte und auch den Schutz des bewohnten Territoriums übernahm". Trotzdem ist S E L L N O W der Auffassung, man könne „keineswegs behaupten, mit den Dorfgenossenschaften sei eine Art von Territorialprinzip entstanden. I m Gegenteil: Auch die Dorfgemeinschaften versuchten, sich dem allgemeinen Schema der Blutsverwandtschaftsorganisation anzupassen". 6 1 Da unter den Bedingungen der Exogamie und gleichzeitiger Existenz einer bestimmten Wohnfolgeordnung die einzelne Gens aber niemals eine territorial gebundene Organisationseinheit sein konnte 6 2 , sind E N G E L S ' Hinweise auf die „Bindung der (Gentil-)Genossen an ein bestimmtes Gebiet" allgemeiner zu verstehen: Die auf einem bestimmten Gebiet, in einer Siedlung, zusammenwohnenden, lebenden und arbeitenden Personen waren durch enge verwandtschaftliche Bande miteinander verbunden. 6 3 Das heißt mit anderen Worten, daß zwischen den Mitgliedern der territorial determinierten Einheit enge blutsverwandtschaftliche Beziehungen bestanden. Waren diese Bande nicht nur für das System der Heiratsbeziehungen von großer Bedeutung, sondern spielten sie auch im politischen, sozialen und zèremonialen Leben der territorial determinierten Einheit keine unwesentliche Rolle, so darf man doch nicht, wie z. B. L É V I - S T R A U S S , der sich ausdrücklich auf M A R X und E N G E L S berufen zu dürfen glaubt 6 4 , annehmen, daß sie die alleinigen Beziehungen zwischen den Mitgliedern des betreffenden Gemeinwesens waren. Bestand die territorial determinierte Einheit aus den Angehörigen mehrerer, mindestens aber zweier exogamer Gentes — die Existenz einer bestimmten Wohnfolgeordnung vorausgesetzt —, so konnten niemals alle Angehörigen einer Gens eine Produktionseinheit bilden. 65 Die Beziehungen, in die die Mitglieder des territorial determinierten Gemeinwesens innerhalb der materiellen Produktion traten, waren also weder identisch noch liefen sie parallel mit den anderen, unilinearen verwandtschaftlichen Beziehungen; folglich war ein solches urgesellschaftliches Gemeinwesen im Innern nicht nur durch enge Blutsbande, sondern vor allem durch die gemeinsamen politischen, ökonomischen und zeremonialen Interessen aller seiner Mitglieder fest zusammengefügt. 6 6 EI SELLNOW, 1 9 6 1 , S , 1 8 7 f . 62

Lebten die Angehörigen einer Gens, die aus ihr hinausgeheiratet hatten, dennoch in der gleichen Siedlung, der gleichen territorialen Gemeinschaft, so bestand diese ja zumindest aus zwei verschiedenen Gentes (vgl. ENGEIS, 1892/ X X I — 1 9 6 2 , S. 152).

C3 Vgl. MARX' Formulierung im zweiten Entwurf zum Brief an V. Sassulitsch (MARX, 1 8 8 1 / X I X - 1 9 6 2 ,

S. 399).

6I LÉVI-STRAUSS, 1 9 5 8 , p . 3 6 9 . 65 V g l .

BUTINOV,

1962,

str.

1 8 1 ; DOLGICH,

1964,

str. 7 u n d

KRJUKOV,

1967,

str. 88f. — im Gegensatz z. B. zu SEMENOV, 1965, str. 84; SEM, 1959, str. 10 u n d MARETINA, 1 9 6 7 , s t r . 3 2 f .

66 Deutlich tritt uns hier der Unterschied zur sogenannten Ackerbaugemeinde entgegen, über den MARX ( 1 8 8 1 / X I X - 1 9 6 2 , S. 387 und S. 403) schreibt: „Indem

19

Kam es im Prozeß des natürlichen Anwachsens der Bevölkerung zur Bildung neuer Gemeinwesen, die sich auf einem bestimmten Territorium politisch und ökonomisch — oft auch hinsichtlich des Zeremoniallebens — verselbständigten, so schwächten sich mit zunehmender Konsolidierung der neuen Gemeinwesen die ehemaligen, tatsächlichen verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Mitgliedern und den Yerwandtschaftseinheiten der Mutter- resp. Schwesterdörfer allmählich ab. 67 An ihre Stelle traten in erster Linie 'politische Beziehungen. Bestanden also keine realen verwandtschaftlichen Bindungen zwischen den einzelnen territorial determinierten, politisch und territorial ökonomisch selbständige Einheiten darstellenden Gemeinwesen, sondern vorrangig politische Beziehungen, dann kann man schwerlich davon sprechen, daß im genannten Stadium der gesellschaftlichen Entwicklung der betreffenden ethnischen Gemeinwesen oder Stämme die gesellschaftlichen Organisationsformen auf dem Prinzip der Blutsverwandtschaft beruhten. 68 Erstrangige Organisationsform der betreffenden Stammesgesellschaft war im Gegenteil die Siedlungsgemeinschaft — im konkreten Fall der Naga in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Dorfgemeinschaft —, die ihre Mitglieder nach territorialem Prinzip zusammenfaßte. Auf die Tatsache der Existenz der territorial bestimmten Organisationsform in urgemeinschaftlichen Gesellschaften hat bereits 1938 J U L I U S E. L I P S hingewiesen. In einer Studie über die „Regierungs- und Verwaltungsformen bei den Naturvölkern" schreibt er: „Mir scheint, daß bei den Naturvölkern vor allem zwei Prinzipien die Grundlage der Regierung und Verwaltung bilden: erstens, das Territorialprinzip, das heißt, der geographisch begrenzte Grund und Boden einer Personenmehrheit, — zweitens die über die Einzelfamilie hinausgehende Gemeinschaft, sei es die Lokalgruppe, Horde, der Stamm oder das Volk. Auf diesen beiden Pfeilern ruhen die Verwaltungsund Regierungsformen primitiver Kulturen." Mit diesen beiden „Prinzipien" umreißt auch L I P S das Wesen der territorial determinierten gesellschaftlichen Organisationsform in der Vorklassengesellschaft. Hinsichtlich der urgesellschaftlichen Gemeinwesen, deren ökonomische Basis der Bodenbau bildet, führt er aus: „Im Mittelpunkt des Territorialprinzips dieser Bodenbauvölker, die insonderheit Ostmelanesien, Westafrika, Zentral-Südamerika und den Osten Nord-Amerikas bewohnen, steht die Dorfschaft. . . . Die Stämme scheinen überall in solche selbständigen Dorfschaften aufgeteilt zu sein." 69 sie dieses starke, aber enge B a n d (der Blutsverwandtschaft, W . H . ) zerreißt, kann die Ackerbaugemeinde sich besser anpassen, ausdehnen und dem Kontakt mit Fremden standhalten." — „Befreit von den starken, aber engen Banden der Blutsverwandtschaft wird ihr durch das Gemeineigentum an Grund und Boden und die sich daraus ergebenden sozialen Beziehungen eine feste Grundlage gesichert, . . . " Vgl. a. ENGELS, 1 8 9 2 / X X I - 1 9 6 2 , S. 114 und S. 146. 67 V g l . D A N G E , 1 9 S 5 , p . 9 2 . 68 s . SELLNOW, 1 9 6 1 , S . 1 8 8 . 69 L I P S , 1 9 3 8 ( 1 ) , S . 5 9 u n d 1 9 3 8 ( 2 ) , S . 5 4 .

20

Diese „Dorfschaften" resp. die territorial determinierten Dorfgemeinschaften der Naga sind jedoch nicht identisch mit jenen Einheiten, die KALJAGIN als sel'skaja territorial'naja obsöina und MARETINA als sosedskaja territorial'naja obs6ina70 bezeichnen. Sowohl KALJAGIN als auch MARETINA sehen in den von ihnen erwähnten Organisationseinheiten jene weiterentwickelten Gemeinwesen, die KARL MARX als die von den starben, aber engen Banden der Blutsverwandtschaft befreite Ackerbaugemeinde7i definierte. Die Quellen, auf denen auch KALJAGIN und — die Naga betreffend — MARETINA fußen, belegen jedoch einwandfrei die Existenz und volle Funktionstüchtigkeit der Verwandtschafts Organisation in den territorial determinierten Dorfgemeinschaften der NagaGesellschaft des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts. Existieren also in dem genannten Zeitraum bei den Naga zwei unterschiedliche, völlig selbständige gesellschaftliche Organisationsprinzipien, so ist bei der Analyse der Gesellschaftsstruktur der Naga grundsätzlich von den beiden, ihr immanenten gesellschaftlichen Organisationsformen, der Territorialund der Verwandtschaftsorganisation, auszugehen.

70

KAXJAGIN, 1965, str. 88; MARETINA, 1967, str. 32.

™ S. a. LENIN, 1894/1-1961, S. 146.

21

TEIL!

BESIEDLUNG DES NAGA-LANDES B I S Z U R M I T T E D E S 19. J A H R H U N D E R T S

In ethnographischen Arbeiten mit betont historischer Fragestellung findet sich nicht selten ein Hinweis auf die jeweils „besondere historische Stellung", die das betreffende Volk oder der betreffende Stamm in dem behandelten Zeitabschnitt einnahm. Dieser allgemeine Begriff kann entweder eine exponierte oder eine im negativen Sinne herausragende, d. h. eine isolierte Stellung unter den Völkern eines historisch-ethnographischen Gebietes zum Ausdruck bringen. Die exponierte Stellung eines Volkes hat ihre Ursachen in den jeweiligen politischen und ökonomischen Verhältnissen und beeinhaltet entweder Herrschaft oder Abhängigkeit. In beiden Fällen ist die „besondere historische Stellung" Ergebnis und Ausdruck beständiger, enger politischer, ökonomischer und wohl auch kultureller Kontakte zwischen den betreffenden Völkern des gegebenen historisch-ethnographischen Gebietes. Im Gegensatz dazu können Kontakte zwischen benachbarten Völkern äußerst gering sein und sich auf zufällige, temporäre Berührungen beschränken. Die sich hierin dokumentierende Abgeschlossenheit eines bestimmten Volkes, die sich unter Umständen zu einer regelrechten Isoliertheit vertieft hat, kann ebenfalls eine besondere historische Stellung desselben zur Folge haben. Ohne Berücksichtigung solcher konkreten historischen Bedingungen dürfte die Untersuchung der gegebenen Wirtschaft und Gesellschaftstruktur eines Volkes schwerlich zu positiven Resultaten führen. 1. Landnahme und territorialökonomische Erschließung des Landes Da wir über keine naga-eigenen schriftlichen Quellen zur Geschichte des Landes verfügen, sind wir auf das Material angewiesen, das sich uns in ihren mündlichen Überlieferungen, den ethnographischen Belegen und den Schriftquellen benachbarter Völker bietet. Die Überlieferungen der Naga-Stämme sind hinsichtlich ihrer Angaben zur Geschichte von nicht geringer Bedeutung, denn obwohl sie sich im Dunkel der Vergangenheit verlieren, liefern sie einige wertvolle Hinweise. 72 Besonders H U T T O N und M I L L S haben dieses Material für ihre Untersuchungen in den Abschnitten Habitat, Affinities und Origin and Migration ihrer bekannten Monographien verwertet. 72

HUTTON, 1 9 2 1 , p . 6.

73

Angami

- HUTTON, 1921, pp. 2 6 0 - 2 6 1 ;

Ao

-

Lhota

- MILLS, 1922, p. 3 ;

MILLS, 1 9 2 6 , p . 3 1 1 ;

Sema

- HUTTON, 1921a, pp. 3 5 2 - 3 5 6 .

23

Karte 1. Nagaland — kleinster Staat der Indischen Union, 1963 (Entwurf Hartwig)

Versucht man, die Angaben ihrem historischen Gehalt nach zu gruppieren, so heben sich deutlich zwei Komplexe voneinander ab. Den ersten Kpmplex bilden die Ursprungslegenden. 73 Sie beinhalten zwei Faktoren: einen Ursprungsort, an dem die Stammväter der Naga der Erde entstiegen sein sollen 74, und einen ersten Wohnort.75 Die Vorstellungen über den Ursprungsort und den ersten Wohnort sind gewöhnlich sehr eng miteinander verknüpft, obwohl sie zwei chronologisch verschiedene Abschnitte widerspiegeln. Der wesentliche Unterschied besteht darin, daß die Legenden vom Ursprung der einzelnen Stämme eine fiktive Lokalisierung desselben enthalten 76 , die mit dem ersten Wohnort verbundenen Vorstellungen dagegen einen höheren Grad historischer Wahrschein74

„great stone a t Maikel" bei M e k r i m a (HUTTON, 1921, p. 110); „ L u n g t e r o k = six stones" bei Chongliyimti (HUTTON,

Angami: Ao:

i n : MILLS, 1922, p . x x ; MILLS, 1926, p . 6 ) ;

Mongsen-Gruppe der A o : Lhota: Phom:

in der N ä h e v o n K ü b o k (MILLS, 1926, p. 7); „miraculous s t o n e " bei K e z a k e n o m a (MILLS, 1922, p. 3); „ L u n g t e r o k - S t e i n e " bei Chongliyimti (MILLS, 1926, p . 6, n . 1; KAUFFMANN, 1944, S. 3 2 1 f . ) ;

„stone which h a d t h e miraculous p o w e r " bei Keza-

Rengma:

kenoma

(MILLS, 1937 a ,

p. 4);

Northern-Sangtam:

75

„ L u n g t e r o k - S t e i n e " bei Chongliyimti (KATJFFMANN, 1944, S. 331 f.); Sema: „ T u k a h o ( J a p v o ) as t h e place f r o m which t h e y sprang", aber a u c h „ K e z a k e n o m a S t o n e " (HUTTON, 1921 a, p. 5). Angami, L h o t a , R e n g m a , S e m a : gemeinsamer erster W o h n o r t — K e z a k e n o m a (HUTTON,

1921,

p. 113;

MILLS,

1922,

pp.

3-4;

MILLS, 1 9 3 5 a , p . 1 3 1 ; HUTTON, 1 9 2 1 a , p . 5 ) ;

Memi-Gruppe

der A n g a m i : erster W o h n o r t — P i w h u m a (HUTTON, 1921, p. 112);

Sema geben noch einen a n d e r e n ersten W o h n o r t a n : Swema (HUTTON, 1921a,

p. 5); Ao, P h o m , N o r t h e r n S a n g t a m , Teil der C h a n g : gemeinsamer erster W o h n o r t — C h o n g l i y i m t i (MILLS, 1926, p . 6 ; KAUFFMANN,

1944,

S. 3 2 1 ; HUTTON, i n : MILLS, 1 9 2 2 , p . x x ) ;

Mongsen-Gruppe der A o : erster W o h n o r t - K ü b o k (MILLS, 1926, p . 7); Konyak: erster W o h n o r t — Changnu (PEAL, 1894, p p . 14—15; PEAL, 1893 a, pi. I ) ;

Rangpan

( B u r m a - N a g a ) : erster e r w ä h n t e r W o h n o r t — K a n t a o im H u k a w n g valley, v o n w o sie vor vier bis fünf Generationen fortzogen (DEWAR, 1933, p . 286, p. 288). „They c a n n o t s t a t e where their ancestors lived" (DEWAB, 1 9 3 3 , p. 2 9 1 ) ; Tangkhul: erster W o h n o r t u. a. — H u n d u n g (HODSON, 1911, p.8). 76

S . H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 6.

25

lichkeit besitzen. Die ersten Wohnorte werden stets als Ausgangspunkte der geschichtliehen Wanderungen der einzelnen Stämme bezeichnet. Die Erzählungen von den Dorfgründungen bilden einen zweiten Komplex der mündlichen Quellen zur Geschichte. Sie enthalten Angaben zur ethnischen Formierung der einzelnen Stämme, Stammesgruppen und auch der Dorfgemeinschaften . I m groben läßt sich auf Grund der Überlieferungen auf dem Territorium des heutigen indischen Unionsstaates Nagaland und der unmittelbar angrenzenden Gebiete eine Süd-Nord-Tendenz in der Besiedlungsrichtung erkennen (vgl. Karte 2). Entlang der Flüsse Lanier, Tizu und Dikhu 77 verlief anscheinend eine Art „Grenzlinie", die nach keiner Seite hin von nennenswerten Gruppen überschritten worden sein dürfte; eine Ausnahme bilden jedoch die Ao, deren erster Wohnort östlich des Dikhu lag. 7 8 Westlich dieser Grenzlinie nahmen die Angami, die Sema, die Lhota und Rengma und auch die Ao aktiv an der Besiedlung teil. Dabei kam es zur Verdrängung der einen Stammesbevölkerung durch eine andere 7 9 , oder die angetroffenen Stammesgruppen wurden von den neuen Siedlern, oft in corpore, absorbiert. 8 0 Vom Gang der Besiedlung östlich der genannten Linie ist nur wenig bekannt. Die Süd-Nord-Tendenz der Ausbreitung der nördlichen Konyak-Gruppen belegt P E A L mit seinen Untersuchungen. 8 1 Den Zeitabschnitt, in dem die nordwärts gerichtete Ausbreitung erfolgte, kann man als die Periode der Landnahme durch die sich ethnisch formierenden Stämme 8 2 der Naga bezeichnen. Die an Zahl zunächst noch wenig umfangreichen Gemeinschaften 8 3 verfügten über relativ große Ländereien, die sie jedoch auf Grund des geringen Niveaus der gesellschaftlichen Produktivkräfte nur ungenügend ökonomisch zu nutzen imstande waren. Diese besondere wirtschaftliche Situation war die Ursache für die noch nicht völlig seßhafte Lebensweise. War der im Umkreis der Siedlung gerodete und bebaute Boden erschöpft, wurde ein anderes Areal zu landwirtschaftlicher Nutzung auserwählt und die Niederlassung verlegt. 8 4 Bei den Stämmen im ehemals verwalteten Gebiet konnte diese 77 78

79

80

HUTTON, 1 9 2 1 , p . 1 0 . MILLS, 1 9 2 6 , p. 6.

Das frühe Angami-Territorium haben jetzt die Tangkhul inne (HUTTON, in: MILLS, 1922, p . x x ) ; die Sema wurden von den Angami verdrängt (HUTTON, 1921 a, p. 6), ebenso die Lhota (MILLS, 1922, p. 4). Die Ao mußten zunächst den Lhota und später auch den Sema weichen (MILLS, 1926, p. 10). Konyak-Gruppen von den sich ausbreitenden Ao (s. MILLS, 1926, pp. 8—11).

81 P E A L , 1 8 9 4 , p . 1 3 , p . 1 6 . 82

83 84

26

Die ethnische Formierung eines Stammes ist nicht identisch mit der Herausbildung einer Form klassischer Stammesorganisation. S. HUTTON, 1921a, p. 125. Diese von KAÜFFMANN (1935, S. 37) als Wanderanbau definierte Produktionsform belegt SHAKESPEAR (1921B, p. 20) für die Kuki noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts. HODSON (1911, p. 50) erwähnt periodisch wandernde Naga-Stämme in Manipur, ohne sie jedoch näher zu bezeichnen. Mit Ausnahme der Bewohner des Namhpuk Valley und der nördlichen Berge verlegen auch die Burma-Naga

Praxis nicht mehr in der ursprünglichen Form beobachtet werden. In den mündliehen Überlieferungen finden wir jedoch Anhaltspunkte, die auf einen in der Vergangenheit geübten Wander-Anbau schließen lassen. Es handelt sich um keine direkten Belege, das heißt, es ist nicht von der Verlegung der Siedlung die Rede, sondern beispielsweise davon, daß nicht genügend Agrarprodukte zur Verfügung standen. Das wirkte sich besonders bei Festlichkeiten aus:

Abb. 2. „Maikel Stone" — hier, in der Nähe von Mekrinja (im heutigen Gebiet der Mao Naga), sollen nach Auffassung der Angami die Stammväter der Naga der Erde entstiegen sein (HODSON) — s. S. 25 ihre Siedlungen (DEWAB, 1935, p. 151). 1844 setzt OWEN einige Naga-Gruppen mit den Miri gleich: „Some amongst them have no settled place of residence, but like the Meerees, and others of this frontier, migrate after a certain period's stay, from one hill to another" (OWEN, 1844 [1959], p. 33). Diese Angabe ist die einzige, die sich anscheinend auf die Stämme des ehemals verwalteten Gebietes bezieht, aber selbst FISHER betont bereits 1840 (p. 836): „They are not a migratory or wandering people." 27

„So vast was the crowd of warriors that at feasts and 'gennas' there was never enough 'madhu' to go round, though each man was only given one cock's spurful as his share." 8 5 Nicht die Ursache, sondern die Auswirkungen erscheinen in den Überlieferungen als Beweggrund zum Verlassen des alten Dorfes. B e i der Suche nach neuem Siedlungsland waren zuweilen verschiedene Omen von ausschlaggebender Bedeutung. Das Kezama Angami-Dorf Kezabama verdankt seinen Ursprung — laut Überlieferung — den Haustieren (Hahn, Hund und Mithan) einer landsuchenden Familie. 8 6 Lungsachung, Lotsü und andere Lhota-Dörfer stehen an jenem Ort, an dem eine entlaufene Sau Junge geworfen hatte. 8 7 Das Ao-Dorf Mübongchoküt soll dort errichtet worden sein, wo ein vom Sturm fortgetragenes Dach eines Morung aus Lungkam niederging. 88 I n vielen Fällen stießen die landsuchenden Gruppen in bereits besiedeltes Gebiet vor. Wie schon oben angedeutet wurde, kam es im Gefolge des historischen Prozesses der Landnahme immer erneut zu Zusammenstößen und Auseinandersetzungen politischer Natur. Diese politischen Geschehnisse hatten zur Folge, daß sich die bestehenden ethnischen Einheiten entsprechend der veränderten Bedingungen wandelten und sich wiederholt neu formierten. So sind beispielsweise die Sema, die — wie HXJTTON schreibt — ursprünglich das hepte von den Tengima, Chekrama und Kezama Angami bewohnte Territorium einnahmen und später unter dem Druck der Angami entlang des Dayang-Tales nordwärts strebten 8 9 , keinesfalls mit jenen Sema ethnisch identisch, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts nordöstlich der Angami, zwischen dem Dayang und dem Tita river, siedelten. Ähnlich verhält es sich mit den anderen NagaStämmen. Die Veränderungen in der ethnischen Zusammensetzung der einzelnen Stämme waren allgemeiner Ausdruck der Veränderungen, die sich im Zusammenhang mit der Landnahme in den einzelnen dörflichen Gemeinwesen vollzogen hatten. Auch über diese Ereignisse geben die mündlichen Überlieferungen keine direkten Auskünfte; Hinweise jedoch sind in den Erzählungen über die Entstehung einzelner Clans enthalten. So heißt es, daß der Gründer des Charir Clans (Pongen Phratrie der Chongli Ao) ein Fremder gewesen sei, den ein Mann des Yimsungr Clans (ebenfalls Pongen Phratrie) in der Nähe des Dorfes Ungma aufgegriffen hatte. 9 0 Der Ovung und der Tsangsülcilcung Clan (Tompyaktserre Phratrie der Lhota) führen ihren Ursprung auf „Dschungel-Leute" (orakyon) zurück, die von Männern des Kikung Clans (ebenfalls Tompyaktserre Phratrie) gefangengenommen wurden. 9 1 Der Chongyichatni Clan der gleichen Phratrie leitet sich direkt von Ao-Leuten her, die von den vordringenden Lhota aufgenommen wur85 MILLS, 1 9 2 2 , p . 5 . j6

Die Tiere begannen an der betreffenden Stelle zu krähen, zu bellen und zu brüllen (HUTTON, 1 9 2 1 , p . 2 5 8 ) . MILLS, 1 9 2 2 , p . 5 .

88 MILLS, 1 9 2 6 , p . 4 2 7 . 89 HUTTON, 1 9 2 1 A , p . 6 . 9" MILLS, 1 9 2 6 , p . 1 5 . 9I MILLS, 1 9 2 2 , p . 8 9 .

28

den. 92 Als die Sema das Dorf Lotesami einnahmen, flohen die Lhota-Bewohner nach Longsa, um später wieder zurückzukehren; sie wurden die Gründer des Sema-Clans Chophimi.93 Der Muromi Clan der Sema soll Sangtam-Ursprungs sein. 94 Über die Herkunft des Tephri-M,ethama Clans (im Dorf Chichama, Kohima-Gruppe der Tengima Angami) erzählt man, sein Gründer sei ein Burmese gewesen, der zur Zeit der Burmesischen Invasion in Assam (zu Beginn der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts) aus der Assam-Ebene heraufkam und vom Methama Clan aufgenommen wurde. 95 I n den Fällen, in denen jeweils Einzelpersonen als Urheber eines neuen Clans innerhalb einer Dorfgemeinschaft betrachtet werden, wird der Einfluß des neuen Elements auf die ethnische Eigenheit des betreffenden Gemeinwesens (Lebensweise, Sprache, Sitten und Gebräuche) in der Regel nur gering gewesen sein. Das Beispiel des Sema-Clans Chophimi, which seems „to have originated in some of the original inhabitants of Lotesami village" 96, zeigt aber, wie sehr neue Elemente das Gesamtbild der ethnischen Eigenheit der dörflichen Gemeinwesen mitzuprägen imstande gewesen sein können. Beispiele solcher Veränderungen ließen sich noch viele anführen, doch sind sie im wesentlichen auf das Erzählgut jener Stämme beschränkt, die an der Landnahme im Gebiet westlich derLanier-Tizu-Dikhu-Grenzlinie beteiligt waren. Bei den Naga-Stämmen in Manipur und wohl auch bei den Konyak scheinen die Überlieferungen im Hinblick auf Angaben über die Entstehung der einzelnen Clans wenig ergiebig zu sein, und auch die Clannamen bieten in diesem Falle keine Interpretationsmöglichkeiten, geben sie doch meistens die Namen ihrer Gründer wieder. 97 Die Spezifik der Aussage der Überlieferungen legt nun die Vermutung nahe, daß sich die Träger des historischen Prozesses der Landnahme im Stadium ausgeprägter Gentilordnung befanden, deren wesentliches Merkmal die tatsächliche Blutsverwandtschaft aller Glieder der jeweiligen Clans gewesen sein mag. Eine Eingliederung fremder Elemente in das betreffende Gemeinwesen konnte nur unter den konkreten Bedingungen der gegebenen Clanorganisation erfolgen; der Fremde wurde zwar von einem bestimmten Clan resp. von einem Angehörigen eines bestimmten Clans betreut, konnte jedoch nicht selbst Angehöriger des betreuenden Clans werden, sondern mußte seine angeborene Clanzugehörigkeit beibehalten und wurde so zum Begründer eines neuen Clans innerhalb des aufnehmenden Gemeinwesens. Das wird eindeutig durch die genannten mündlichen Quellen belegt. Verursachte der Prozeß der Landnahme in den beteiligten Dorfgemeinschaften fortdauernde Veränderungen in ihrem Clanbestand, so konnte die damit verbundene Verschmelzung der eigenen mit neuen Elementen der Lebensweise und der 92

M I L L S , 1922, p . 89.

93 H U T T O N , 1 9 2 1 A , p . 123. 94

H U T T O N , 1 9 2 1 A , p . 123.

95

H U T T O N , 1921, p . 4 2 0 .

96

HUTTON, 1921a, p. 123 (Hervorhebung von mir, W . H.).

97

H O D S O N , 1911, p . 7 1 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O B F , 1941, S . 77.

29

Kultur in diesen Gemeinwesen nicht ohne Einfluß auf die ethnische Eigenheit der Stammesgemeinschaft bleiben. Die Stämme erhielten ein ethnisch verändertes Gepräge. Traten als neue historische Bedingungen Ereignisse politischer Natur, die heute wohl kaum noch zu rekonstruieren sein dürften, hinzu, so war die Möglichkeit der ethnischen Formierung eines neuen Stammes durchaus gegeben. Als solche, sich neu formierte Stämme treten uns westlich der LanierTizu-Dikhu-Grenzlinie die Rengma und östlich davon die Chang entgegen. An der Formierung der Rengma, die bereits vor einigen Jahrhunderten erfolgt sein muß 9 8 , scheinen verschiedene ethnische Elemente beteiligt gewesen zu sein. K L E M M stellt sie nach „Ansehen und Sitte" den Lhota und den Sema zur Seite, während ihre Sprache engere Beziehungen zum Angami a u f w e i s t . " I n ihren Überlieferungen geben sich die Rengma selbst als Abkömmlinge der Lhota aus. 1 0 3 Unter ähnlichen Bedingungen scheint die Formierung der Chang vor sich gegangen zu sein. Vor elf Generationen (in der Mitte des 17. Jahrhunderts) soll Tuensang, die Muttersiedlung der Chang, von Konyak-Elementen aus dem heute nicht mehr existierenden Dorf Changsung und Yimsungr-Elementen gegründet worden sein. 1 0 1 Während die ethnische Formierung der Rengma unbedingt noch der Periode der Landnahme zuzuordnen sein dürfte, scheint die Formierung der Chang einer späteren Etappe in der Geschichte der Besiedlung des Naga-Landes anzugehören. Eine scharfe zeitliche Trennung zwischen diesen beiden Zeitabschnitten ist kaum möglich, da sich der Übergang von der einen zur anderen Epoche in den einzelnen Gebieten gewiß nur allmählich und auch nicht gleichzeitig vollzog. Dürfen wir als die ökonomische Grundlage der landnehmenden Gemeinwesen einen Wander-Anbau ansehen, so könnte man geneigt sein, in der nachfolgenden Periode, die als die Periode der territorialökonomischen Erschließung bezeichnet werden kann, bereits das für die assamesischen Bergvölker so charakteristische jhum- (Brandrodungs-)System, verbunden mit einer seßhaften Lebensweise in Dauersiedlungen, als das wirtschaftliche Fundament anzunehmen. Permanent genutzte Siedlungen lassen sich in verschiedenen Teilen des NagaLandes bereits seit einigen Jahrhunderten nachweisen. Als Quellen können Überlieferungen und Besonderheiten der Dorf anlagen herangezogen werden. So gibt z. B. PEAL102 die Namen von zwölf Häuptlingen wieder, die seit der Gründung des Konyak-Dorfes Runu (den Assamesen als Banpara 1 0 3 bekannt) einander im Amt gefolgt waren. Bei einer durchschnittlichen Zeit von 25 Jahren 98

Vor sechzehn Generationen — eine Generation zu je 25 Jahren — (also zu Beginn des 16. Jahrhunderts) erfolgte die Lösung der Vorfahren der heutigen Eastern R e n g m a v o m Block des R e n g m a - S t a m m e s , dessen Formierung demnach noch zeitiger anzusetzen ist (s. MILLS, 1935a, p. 131).

99 K L E M M , 1 8 9 8 , S . 2 8 5 . 100

MILLS, 1932a, p. v i ; MILLS, 1937a, p. 4; die Lhota nennen H o n o h o y a n t o als den Ort der Abtrennung der R e n g m a (vgl. MILLS, 1922, p. 4).

101 H U T T O N , 1 9 2 9 , p . 4 6 ; HTTTTON, 1 9 3 2 , p . 3 . 103

Banpara wird in den Ahom Buranjis (GAIT, 1 9 2 6 , p . 9 9 ) .

30

102

PEAL, 1894, p p .

15-16.

bereits Mitte des 16. Jahrhunderts erwähnt

je Generation könnte Runu in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gegründet worden sein.104 Die Gründer Runus sollen zu einem Zeitpunkt von ihrem Mutterdorf Changnu fortgezogen sein, als dieses bereits ein Alter von acht Generationen besaß.105 Demnach könnte die seßhafte Lebensweise in Dauersiedlungen auf dem Territorium, das heute von Gruppen der nördlichen Konyak bewohnt wird, eine Tradition von annähernd sechshundert Jahren haben. Für ein relativ hohes Alter des Konyak-Dorfes Longhong spricht auch die Tatsache, daß die Häuser were built „no doubt many times over on the same sites". 106 I m Gebiet von Namsang (Konyak) beobachtete MASTEES, daß die Häuser eines jeden Dorfes auf den Berggipfeln dicht zusammengedrängt, oft auf dem bloßen Gestein errichtet waren, so daß „there is very little spare ground for gardens", und in allen Dörfern fand er Mangobäume und „immensely large trees". 107 PEAL erwähnt diese, nur in den Siedlungen oder in deren unmittelbarer Nähe stehenden „Jack"bäume (eine sehr langsam wachsende Artocarpus-Art, A. integrifolius Forst.) als indirekte Belege für die lange Dauer der seßhaften Lebensweise.108 Auch im Gebiet der Ao ist die permanente Siedlungsweise keine neue Erscheinung. Sind es in den Konyak-Dörfern Jackbäume, so zeugen in der Nähe der Ao-Siedlungen uralte, die Wege säumende Speereichen vom langen Bestehen der Ortschaften; es heißt, daß die Gründer der Dörfer die Bäume einst pflanzten. 109 Viele Dörfer entlang der Bergkämme sind so dicht bebaut, daß bei einem Hausneubau immer wieder die alten, in das Gestein gehauenen Pfostenlöcher genutzt werden müssen.110 Auch der Niederschlag einer gewissen Reichtumsdifferenzierung in der Anlage des Dorfes spricht möglicherweise für das bedeutende Alter der Siedlungen.111 Auf Grund der von HUTTON aufgezeichneten Stammbäume der AngamiMänner Srisalhu und Fezherr aus Khonoma und der Sema-Häuptlinge Nizikhu aus Vekohomi, Vikeshe aus Lumitsami und Kohii aus Sakhai (Kiyeshe) 112 ergibt sich, daß die Tengima Angami-Dörfer Kigwema vor wenigstens sechzehn, 104

Die Differenz zu der Zeitangabe in Anm. E. u. 1/103 dürfte sich daraus ergeben, daß wir die Dauer der Amtszeit der einzelnen Häutlinge nur zu schätzen vermögen.

« 5 P E A L , 1894, p . 16. «'S P E A L , 1872, p . 13. 107

MaSTERS, 1844, p . 709.

108

P E A L , 1872, p . 9, p . 13; s. a. DALTON/FLEX, 1873, S. 204.

Ohne hier auf das Problem der ethnischen Zugehörigkeit der sogenannten „Mopia"-Dörfer (PEAL, 1894, p. 16) eingehen zu wollen, sei auf den ehemals permanenten Charakter dieser Siedlungen hingewiesen, den die von Generationen wasserholender Frauen und Mädchen verursachten Fußspuren in den steinernen Stufen der zu den Dörfern hinaufführenden Pfade augenscheinlich belegen. >09 M I L L S , 1926, p . 71. »O M I L L S , 1926, p . 84.

IN Die Gebäude der Wohlhabenderen liegen an der Hauptstraße (MILLS, 1926, p. 80). \ 112 HUTTON, 1921, p. 127, p. 130; HUTTON, 1921a, pedigrees 7, 1, 10 (zwischen pp. 144-145). 31

Jotsoma vor fünfzehn und Khonoma vor zehn Generationen gegründet wurden (sie reichen also bis in das 16./17. Jahrhundert zurück); die Sema-Dörfer dagegen weisen nicht ganz so viele Jahre auf: Die Gründung von Sukomi liegt zehn, von Lumitsami sechs und von Sakhai fünf Generationen zurück (17./18. Jahrhundert). Als Besonderheit aller dieser, nach ihrer Gründung permanent 1 1 3 genutzten Dörfer müssen wir festhalten, daß sie keine, auf Grund eines geübten WanderAnbaus verlegte Niederlassungen waren, sondern von einem sogenannten Mutterdorf aus als Tochtersiedlung (oder Kolonie) angelegt worden sind. So wurde — um bei den angeführten Beispielen zu bleiben — Khonoma von Jotsoma und Jotsoma von Kigwema aus gegründet. Kiyeshe ist eine Gründung von Sukomi, Sukomi selbst geht auf das heute wüste Machizu zurück; die Gründer von Lumitsami kamen aus Seromi. 114 Das Konyak-Dorf Longsong ist eine Kolonie von Runu. Unzählige solcher Dorfgründungen könnte man aus allen Teilen des Naga-Landes — einschließlich der angrenzenden Gebiete von Manipur — und aus verschiedenen Zeiten anführen. I n der Periode der Landnahme war die Ausbreitungsrichtung im wesentlichen durch eine Süd-Nord-Tendenz bestimmt gewesen. Später, in der Periode der territorialökonomischen Erschließung des Landes, erfolgte die Ausbreitung fächerförmig von den Mutterdörfern aus (vgl. K a r t e 2). Die kolonisierenden Bevölkerungsgruppen, die dem natürlichen Wachstum der Gemeinschaften Rechnung getragen hatten und durch ihr Ausscheiden das Fortbestehen der verbleibenden Gemeinwesen gewährleisteten, besiedelten neue Areale 115 , indem sie nicht oder kaum genutztes Land für die Kultivierung im AnbauBrache Wechselsystem erschlossen. I m Laufe der Zeit schwand dadurch die Teilung des Landes in ökonomisch genutzte und andere, der wirtschaftlichen Verwertung noch harrende Gebiete. Waren die benachbarten Ländereien bereits unter ständiger (Jhum-)Kultur, so gab es nur zwei Möglichkeiten zur Kolonisierung: Blieb ein anhaltender Druck, 113

114

115

32

Der mehrmalige Wiederaufbau des Tengima Angami-Dorfes Khonoma an anderer Stelle war das Resultat v o n Unterdrückungsmaßnahmen der britischen Kolonialtruppen (s. H U T T O N , 1 9 2 1 , p. 2 3 1 ; S H A K E S P E A R , 1 9 1 4 , p. 2 1 6 , pp. 2 2 4 - 2 2 5 ) . Die angeführten Angaben über das Alter und die Gründung der genannten SemaSiedlungen von bestimmten Mutterdörfern aus stehen nicht im Widerspruch zu der Feststellung H U T T O N S , auf die oben (S. 26) Bezug genommen wurde, daß „properly to appreciate the conditions of Sema society six or seven generations ago, we must probably conceive of very small village communities living very isolated among heavy forest land only cleared in small patches" (HUTTON, 1921 a, p. 125). Möglicherweise vollzog sich in dieser Zeit bei den Sema der allmähliche Übergang v o m Wander-Anbau zur seßhaften Lebensweise auf der Grundlage des Jhum- Systems. Auch unter diesem Aspekt kann man das Abwandern einer Gruppe der Western Rengma nach den Mikir hills etwa in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts ( W O O D , 1844, p. 780; K L E M M , 1898, S. 285; M I L L S , 1935a, p. 131; M I L L S , 1937a, p. 2) betrachten.

•*• Kacha Naga Angami Sema -+ Lhota Rengma -*• Chang •» A o ••*• Konyak -*• Sang tarn - Yachumi •••» Phom

2 6 JO

i Tamlu .

Mirinokpo..

JCholemsen 1 , fChangki Mongsemúi Jampang

\\LfMokokchungJ U • •PChungfiemdi

Bhandari Nankam Lumam

*Longsa

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Koio Wokha «

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*Kolsoma

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^JhernoKedima S^Wbhifih 'KUimi

SHimi« \ )

YChesalomi

»Yatsimi

íozmaS^ / Hebw J, a Setekema Samagutingi ¡Pip/ilma'

K a r t e 2. Besiedlung ( L a n d n a h m e u n d territnrialökonomische Erschließung) der Berggebiete südöstlich der B r a h m a p u t r a - E b e n e durch die S t ä m m e der N a g a — s. S. 3 2 (n. H U T T O N )

3 Hartwig, Naga

33

der sich oft zu Überfällen kriegerischen Charakters auswuchs 116 , ohne den erwünschten Erfolg der Verdrängung der ansässigen Bevölkerung, so mußte man nach einer anderen Richtung hin einen Ausweg suchen. Neben dieser Praxis, der die Errichtung der britischen Kolonialherrschaft ein Ende setzte, gab es die Möglichkeit der friedlichen Kolonialisierung, die keineswegs erst eine Erscheinung der neueren Zeit ist. Die Überlieferung von der Gründung des Tengima AngamiDorfes Kohima belegt, daß es durchaus nichts Außergewöhnliches war, wenn sich die Bevölkerung einer neu gegründeten Siedlung aus ehemaligen Bewohnern verschiedener Dörfer rekrutierte. 1 1 7 Ähnlich war es im Falle der Chakrima Angami-Siedlung Chozu-Nasami, deren Bewohner Nachkommen ehemaliger Kolonistengruppen aus Rangazumi und Ngasapeo sind. 1 1 8 In dem erst unter britischer Verwaltung gegründeten Konyak-Dorf Lapha leben Siedler vor allem aus Totok, Hangnyu und Nganting. 1 1 9 Selbst Tuensang, das Stammdorf der Chang, ist eine Gründung von Leuten verschiedener Herkunft. 1 2 0 Als eine relativ späte Erscheinung in der Periode der territorialökonomischen Erschließung des Landes ist das friedliche Zuwandern von Einzelpersonen, Einzelfamilien oder Gruppen aus benachbarten Dörfern anzusehen. Über die Ursachen für das Aufgeben der politischen, ökonomischen und sozialen Zugehörigkeit zu einem bestimmten Gemeinwesen und das Annehmen der Zugehörigkeit zu einer anderen Gemeinschaft ist wenig bekannt, v. F Ü B E K - H A I M E N D O R F hat sich in der Arbeit „Das Gemeinschaftsleben der Konyak-Naga von Assam" mit dieser Frage befaßt und spricht in einigen Fällen davon, daß die Zuwanderer „Zuflucht gesucht" hätten, aber auch von einer „gewissen Anziehungskraft des großen und wohlhabenden Dorfes". 1 2 1 Bei diesen Zuwanderungen ist es stets zur Assimilierung der neuen Elemente durch die in den betreffenden Dörfern existierenden Clans gekommen. 116

117

118

So hatte z. B . das Ao-Dorf Longsa unmittelbar vor der Fixierung des status quo der Siedlungsverhältnisse durch die Engländer schwer unter den ständigen Übergriffen der Sema-Bevölkerung von Seromi zu leiden ( H U T T O N , 1 9 2 1 A , p. 7). Vier Siedlergruppen stammten aus Sopvoma, eine stammte aus Chimokedima und eine weitere aus dem Gebiet der K a c h a Naga (HUTTON, 1921, p. 256, p. 257). v. FÜRER-HAIMENDORF/MILLS,

1936,

S. 9 3 0 .

Auch das Tengima Angami-Dorf Samaguting wurde von Kolonisten aus Khonoma, Mezoma, Sachema, Kohima und Merema gegründet (HUTTON, 1921, p. 136). 119

v. FÜREB-HAIMENDOBF,

1 9 4 1 , S. 5.

120 K A U F F M A N N , 1 9 4 4 , S . 3 2 4 ( v g l . S . 3 0 ) . 121

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1 9 4 1 , S.

84f.

Von einer Zuwanderung einiger Kalyo-Kengyu-Familien nach dem SangtamDorf Phorre ist bei H U T T O N (1924a, p. 37) die Rede; die Tatsache, daß die Sangtam — weil bei ihnen das Weben tabu ist — den Zugewanderten das Weben nicht gestatteten, läßt den Schluß zu, daß die Ankömmlinge einer allmählichen Assimilierung unterworfen gewesen sind. M I L L S (1937a, p. 138) berichtet, daß der „chief" des Western Rengma-Dorfes Tseminyu „began to rule so badly that bodies of men left the village".

34

Neben diesen, gewissermaßen assimilierenden Gemeinwesen sind jene Dorfgemeinschaften, die heute eine bi- oder poly-ethnische Zusammensetzung aufweisen, gleichfalls das Resultat stärker friedlich betonter Formen der territorialökonomischen Erschließung. In der Literatur finden sich kaum irgendwelche Angaben, in welcher Weise diese Formen realisiert wurden. K A U F F M A N N spricht im Hinblick auf die Northern Sangtam und die Chang von der „fortschreitenden Sema-Infiltration" resp. dem „Einnisten der Chang" 122 , während H U T T O N die Sangtam-Dörfer im Süden und die Phom-Dörfer im Norden als „are becoming assimilated to the Changs" 1 2 3 bezeichnet. Zwischen beiden Prozessen besteht sowohl ein qualitativer als auch ein zeitlicher Unterschied: Der von H U T T O N geschilderte Vorgang bezieht sich eindeutig auf eine frühere Etappe, in der die territorialökonomische Erschließung oft noch kriegerischerobernden Charakter trug; der von K A U F M A N N erwähnte Prozeß dagegen liegt in einer späteren, friedlicheren Etappe der Erschließung des Landes, deren Resultate — die sich aus verschiedenen ethnischen Elementen zusammensetzenden Dörfer — häufig in den Quellen belegt sind." So sind die Sangtam-Dörfer Chare von Sangtam und Ao 1 2 4 und Yazathu von Sangtam und Sema 125 besiedelt ¡indem Grenzdorf Yimpang leben Chang, Yimsungr und Kalyo-Kengyu 1 2 6 , in den nordöstlichen Chakrima Angami-Dörfern Angami und Sema 127 , in Anaki Konyak und Ao 128 und in dem Chang-Dorf Yongyimti Chang und P h o m . 1 2 9 Unberührt von der Praxis und den Auswirkungen der K o p f j a g d griffen schließlich in der Zeit der Erschließung des Landes sozialökonomische Entwicklungsfaktoren Platz 1 3 0 und führten im Ergebnis sowohl der kriegerischen als auch der mehr friedlichen Methoden der Kolonisierung zu ethnischen Verschiebungen. Die Zerreißung des ehemals einheitlichen Territoriums der Sangtam durch die nun ostwärts strebenden Sema war ebenso Bestandteil dieser Stammesbewegungen wie die Trennung der Rengma durch die Sema und Angami oder das Auseinanderdrängen der Sangtam und der Phom und südlicher Konyak durch die sich zunächst westwärts ausdehnenden Chang. 131 Der Prozeß der Erschließung bewirkte nicht nur ein Eindringen in ökonomisch bisher kaum oder nur wenig genutzte Distrikte des Landes, sondern hatte auch eine erneute ethnische Formierung der verschiedenen territorialen Einheiten (Dorfgemeinschaften, Stammesgruppen und Stämme) zur Folge. Es kam dabei zu gegenseitigen Beeinflussungen auf den Gebieten der Sprache und der Lebensweise und Kultur der einzelnen Gemeinwesen. 122

KAUFFMANN, 1 9 3 9 , S. 2 0 9 ; KAUFFMANN, 1 9 4 4 , S. 3 2 5 .

123 H U T T O N , 1 9 3 2 , p . 3 . 12/

> KAUFFMANN, 1939, S. 2 1 0 ; HUTTON, 1929, p. 44.

125 H U T T O N , 1 9 2 9 , p .

68.

126

v. FÜRER-HAIMENDORF,

127

HUTTON,

128

v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 4 1 , S. 3.

M

KAUFFMANN, 1 9 4 4 , S. 3 1 9 .

'30 S . a . H U T T O N , 1 9 2 7 , p . »3I

S.

MILLS,

1937,

S.

877.

1921a, p. 4, p. 5, Map of Sema Country (p. 3).

63.

1937a, p. 1, n. 2, p. 3;

KAUFFMANN,

1944, S. 319.

35

Gewöhnlich werden die sprachlichen und ethnischen Unterschiede zwischen den Gruppen innerhalb einer größeren ethnischen Einheit (eines Stammes) auf Einflüsse zurückgeführt, die von anderen ethnischen Nachbargruppen herrühren. So unterscheiden sich etwa die Sema im Quellgebiet des Kileki und Dikhu sowie des Gebiets am Tizu river von denen in der Gegend von Lazemi und des oberen Dayang Valley sowohl in dialektischer Hinsicht als auch in den Gebräuchen und der Kleidung. Die letztere Stammesgruppe scheint eine größere Affinität zu den Angami und Rengma zu haben; H U T T O N 1 3 2 hält sogar eine Verschmelzung mit Elementen dieser beiden Stämme für wahrscheinlich. Diese Annahme erfährt jedoch durch die von S I N G H bei Chakrima Angami und Sema durchgeführten anthropometrischen Untersuchungen keine Unterstützung. 133 Resultat auch einer physischen Vermischung 134 dagegen sind die Chang. M I L L S spricht ebenfalls von Heiraten zwischen Angehörigen verschiedener Stämme, z. B. zwischen Ao und Konyak und zwischen Chang und Ao. 1 3 5 Inwieweit es auch in der bi-ethnischen Bevölkerung des Dorfes Mirinokp o 1 3 6 zu einer physischen Vermischung gekommen sein mag, ist vom Quellenmaterial her nicht zu ergründen. Während die Phom-Bewohner dieser Siedlung unter sich noch die eigene Sprache reden, bedienen sie sich im Umgang mit ihren Ao-Nachbarn des Ao. 137 Einer solchen Zweisprachigkeit begegnet man häufig in den Naga-Dörfern. 138 Das ist z. B. auch in dem Ao-Dorf Sangratsüder Fall. Kommt es zwischen Angehörigen beider im Dorf vertretenen Dialektgruppen zu einer Heirat, so spricht die Frau wohl zum Mann in ihrer Muttersprache, lehrt jedoch das Kind den Dialekt seines Vaters. Die Entwicklung tendiert im allgemeinen aber zur Überwindung solcher Sprachschwierigkeiten. 139 Wie allseitig der fortschreitende Prozeß der ethnischen Formierung ist, mögen die folgenden Angaben von H U T T O N , v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F und K A U F M A N N zeigen: In der poly-ethnischen Bevölkerung des Dorfes Yimpang scheint die Tendenz vorhanden zu sein, im Hausbau die Bauweise der benachbarten Chang zu übernehmen. 140 Die östlichen Sema haben Ackerbauzeremonien und Tänze von den Sangtam übernommen, während die Northern Sangtam viele

« 2 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 3 5 5 ; s. a . H U T T O N , 1 9 2 1 A , p p .

4-5.

IM S I N G H , 1 9 3 5 , p . 9 7 . 13/, H U T T O N , 1 9 3 2 , p . 3 . «

5

136

MILLS, 1926, pp. 8 - 1 1 ; MILLS, 1922, p. 92, n.

KAUFFMANN, 1 9 4 4 , S. «8

322.

S. v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

1 9 4 1 , S. 3 f . ; K L E M M ,

p. 46. MILLS, 1 9 2 6 , p. 3. 140

36

1.

Schon zu Zeiten J . B U T L E R S (um 1855) waren in den Mikir Hills eheliche Verbindungen sogar zwischen Rengma und Kachari-Frauen oder Assamesinnen keine Seltenheit (zit. b. MILLS, 1937a, p. 2). Assiringia der assamesischen Bewohner des Brahmaputra-Tals (KAUFFMANN, 1944, S. 320).

V

. FÜRER-HAIMENDORF,

1937, S.

877.

1898,

S. 3 0 2 ;

MILLS,

1937a,

Elemente der materiellen Kultur von den Ao und Chang entlehnten. 1 4 1 Durch intensivere Berührung mit den Ao haben die Chang ihre Bestattungssitte geändert: Noch um 1900 beerdigten sie ihre Toten, zwanzig Jahre später war das Aussetzen nichts Ungewöhnliches. 142 Das erwähnte Mirinokpo ist ein Beispiel ethnischer Formierung, der keine Assimilierung, sondern eine Vermischung zugrunde gelegen hat. K A U F F M A N N betont: „Die Kultur von Mirinokpo gleicht weitgehend derjenigen der Ao,. . . Ein wichtiger Unterschied besteht jedoch: Bei Gelegenheiten, an denen die Ao den Gayal opfern, schlachtet man in Mirinokpo den Büffel."!« Diese jüngere ethnische Formierung endet, obwohl sie Folge und Bestandteil des historischen Prozesses der territorialökonomischen Erschließung des Landes ist, nicht mit dem Abschluß dieser Besiedlungsepoche, sondern dauert über sie hinaus an. Genauso wenig wie der Ubergang von der Epoche der Landnahme zur Epoche der territorialökonomischen Erschließung in allen Teilen des Landes gleichzeitig erfolgt sein mag, kann mit einem gleichzeitigen Ende der zweiten Epoche gerechnet werden. Das vorliegende Quellenmaterial belegt gerade, daß der Erschließungsprozeß in einzelnen Gebieten des Landes schon vor relativ langer Zeit abgeschlossen gewesen ist. Die frühen britischen Autoren stellten — entsprechend ihren Kenntnissen, die sich auf die den Assamesen als Doyong, Panipat, Hattigoria, Dupdoria, Assiringia, Tablungia, Sangloi, Jaboka, Banpara, Muton, Borduaria und Namsangia 144 bekannten Randgebiete des Naga-Landes beschränkten, — generell fest, daß die Naga seßhafte ./Aim-Bodenbaucr waren. 1 4 5 „The available, land, too, seems all taken up", sagt P E A L , und aus der Tatsache, daß es selbst nach kriegerischen Auseinandersetzungen zu keinen territorialen Verschiebungen gekommen ist, schließt er, daß die seinerzeit existenten Wohngebiete der nördlichen Konyak-Gruppen schon lange'bestanden haben müssen 146 , mit anderen Worten: Die Periode der territorialökonomischen Erschließung war in diesem Gebiet bereits abgeschlossen. Nach Aussage von MILLS war im Gebiet der Western Rengma als letzte Siedlung überhaupt das Dorf Nishinyu vor sieben Generationen (in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts) gegründet worden, so daß seit jener Zeit etwa „all suitable land in the Rengma country was taken up". 1 4 7 Die territorialökonomische Erschließung des Wohngebiets der Eastern Rengma liegt schon so lange zurück, daß sogar die mit einer Dorfgründung verknüpften Zeremonien bereits völlig in Vergessenheit geraten sind. 148 Dorfgründungen »« KAUFFMANN, 1 9 3 9 , S. 2 2 7 . 142

A n m e r k u n g HUTTONS i n : MILLS, 1 9 2 2 , p . 9 2 , n . 1.

I « K A U F M A N N , 1 9 4 4 , S. 3 2 2 . 144

In. zuweilen etwas abweichender Schreibweise bei: BRODIE,

1 8 4 5 , p . 8 4 2 ; DALTON,

1 8 7 2 ( 1 9 5 9 ) , p . 6 6 ; MACKENZIE,

1884

(1959),

p . 1 9 ; A V E B Y , 1 8 8 4 , p . 3 1 5 ; P E A L , 1 8 9 8 , p . 3 4 5 ; KLEMM, 1 8 9 8 , S . 3 1 0 f . 145

F I S H E R , 1 8 4 0 , p . 8 3 6 ; LATHAM, 1 8 5 9 , p . 7 2 .

« 6 PEAL, 1872, p . 25. 147

MILLS, 1 9 3 7 a , p . 4 5 , p . 7 6 . MILLS, 1 9 3 7 a , p . 4 5 .

37

durch Kolonisten — das äußere Kennzeichen der Erschließungsperiode — gehören im Angami-Land der fernen Vergangenheit an. 149 Schließlich stellt K A U I T M A N N vor wenigen Jahren fest, daß sich „mit Ausnahme von Dschungel im Tiefland der Äac&a-Naga heute im ganzen Distrikt kein unverteiltes Land mehr findet".150 Ob diese Feststellung auch auf die östlichen Gebiete des Naga-Landes bereits ausgedehnt werden kann, läßt sich zur Zeit nicht sagen. 2. Historische Beziehungen der Naga zu den Volkern Assams, Manipurs und Burmas Wir sahen, daß die mündlichen Überlieferungen der Naga in Verbindung mit dem entsprechenden ethnographischen Material eine nicht geringe Anzahl Hinweise und Angaben zur Besiedlungsgeschichte des Landes und zur Geschichte der ethnischen Formierung der verschiedenen Naga-Stämme enthalten. Im Vergleich dazu sind Hinweise auf historische Ereignisse in den benachbarten Gebieten oder auf politische Beziehungen zu den Nachbarvölkern im Erzählgut der Naga äußerst spärlich. G A I T weiß zu berichten, daß sich in einigen Ortsbezeichnungen und auch in Überlieferungen der Bewohner des äußersten Nordostens des Naga-Landes eine Erinnerung an den in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erfolgten Einfall der Ahom in die östlichen Gebiete des BrahmaputraTals findet; die im Durchzugsgebiet gelegenen Naga-Dörfer hatten schwer unter dem Terror der Eindringlinge zu leiden. 151 Ein weiteres Mal tauchen die Ahom in einer Legende der Ao Naga auf. Im Zusammenhang mit Vorstellungen über den Ursprung der sprachlichen Einteilung des Stammes in die Chongli- (Zungi-) und die Mongsen-Gruppe heißt es: „Vor hunderten von Jahren wanderten die Zungiin Gesellschaft befreundeter Ahom in die Gegend, welche sie jetzt inne haben. Lange Jahre hindurch blieben die Zungi zu Zungi Imti (Im — Dorf), weit hinter den höchsten Dörfern, die jetzt die Ao inne haben; die Ahom aber ließen sich da nieder, wo sich jetzt das hochgelegene Dorf Lungmisa oder Tzumar Menden befindet. (Tzumar bedeutet in der Sprache der Ao Asam, Tzumar Menden Sitz der Ahom.152) Doch nicht lange hielten sich hier die Ahom auf, bald stiegen sie in die Ebene hinab." 153 Die Datierung dieses Ereignisses ist nicht leicht. Die Ahorn Buranjis schweigen sich darüber aus; für die Chronisten der Eroberungszüge der Ahom149

v . FÜRER-HAIMENDORF/MILLS,

1936, S. 9 2 3 .

»SO K A U I I M A I W , 1 9 5 0 , S . 7 3 . 151 G A I T , 1 9 2 6 , p . 7 9 , p p .

77-78.

(1926, p. 426) übersetzt Tsümarminden mit „foreigners' settlement", S M I T H (1925, p. 172: Tzumar Menden) mit „seat of the plains-dwellers", während H U T T O N (Anmerkung in: S M I T H , 1925, p. 172, n. 1) dazu vermerkt, daß Tzumar hier die Bedeutung v o n „völlig anders als die Ao" hat. Auch in einer anderen Wortzusammensetzung übersetzt M I L L S (1926, p. 41) tsümar mit „foreigners"; tsümarshichi = „foreigners' rain-shield"; nichtsdestotrotz bezeichnet er dieses Stück als „huge Shan hat" (Hervorhebung von mir, W. H.).

152 M I L L S

38

durch Kolonisten — das äußere Kennzeichen der Erschließungsperiode — gehören im Angami-Land der fernen Vergangenheit an. 149 Schließlich stellt K A U I T M A N N vor wenigen Jahren fest, daß sich „mit Ausnahme von Dschungel im Tiefland der Äac&a-Naga heute im ganzen Distrikt kein unverteiltes Land mehr findet".150 Ob diese Feststellung auch auf die östlichen Gebiete des Naga-Landes bereits ausgedehnt werden kann, läßt sich zur Zeit nicht sagen. 2. Historische Beziehungen der Naga zu den Volkern Assams, Manipurs und Burmas Wir sahen, daß die mündlichen Überlieferungen der Naga in Verbindung mit dem entsprechenden ethnographischen Material eine nicht geringe Anzahl Hinweise und Angaben zur Besiedlungsgeschichte des Landes und zur Geschichte der ethnischen Formierung der verschiedenen Naga-Stämme enthalten. Im Vergleich dazu sind Hinweise auf historische Ereignisse in den benachbarten Gebieten oder auf politische Beziehungen zu den Nachbarvölkern im Erzählgut der Naga äußerst spärlich. G A I T weiß zu berichten, daß sich in einigen Ortsbezeichnungen und auch in Überlieferungen der Bewohner des äußersten Nordostens des Naga-Landes eine Erinnerung an den in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erfolgten Einfall der Ahom in die östlichen Gebiete des BrahmaputraTals findet; die im Durchzugsgebiet gelegenen Naga-Dörfer hatten schwer unter dem Terror der Eindringlinge zu leiden. 151 Ein weiteres Mal tauchen die Ahom in einer Legende der Ao Naga auf. Im Zusammenhang mit Vorstellungen über den Ursprung der sprachlichen Einteilung des Stammes in die Chongli- (Zungi-) und die Mongsen-Gruppe heißt es: „Vor hunderten von Jahren wanderten die Zungiin Gesellschaft befreundeter Ahom in die Gegend, welche sie jetzt inne haben. Lange Jahre hindurch blieben die Zungi zu Zungi Imti (Im — Dorf), weit hinter den höchsten Dörfern, die jetzt die Ao inne haben; die Ahom aber ließen sich da nieder, wo sich jetzt das hochgelegene Dorf Lungmisa oder Tzumar Menden befindet. (Tzumar bedeutet in der Sprache der Ao Asam, Tzumar Menden Sitz der Ahom.152) Doch nicht lange hielten sich hier die Ahom auf, bald stiegen sie in die Ebene hinab." 153 Die Datierung dieses Ereignisses ist nicht leicht. Die Ahorn Buranjis schweigen sich darüber aus; für die Chronisten der Eroberungszüge der Ahom149

v . FÜRER-HAIMENDORF/MILLS,

1936, S. 9 2 3 .

»SO K A U I I M A I W , 1 9 5 0 , S . 7 3 . 151 G A I T , 1 9 2 6 , p . 7 9 , p p .

77-78.

(1926, p. 426) übersetzt Tsümarminden mit „foreigners' settlement", S M I T H (1925, p. 172: Tzumar Menden) mit „seat of the plains-dwellers", während H U T T O N (Anmerkung in: S M I T H , 1925, p. 172, n. 1) dazu vermerkt, daß Tzumar hier die Bedeutung v o n „völlig anders als die Ao" hat. Auch in einer anderen Wortzusammensetzung übersetzt M I L L S (1926, p. 41) tsümar mit „foreigners"; tsümarshichi = „foreigners' rain-shield"; nichtsdestotrotz bezeichnet er dieses Stück als „huge Shan hat" (Hervorhebung von mir, W. H.).

152 M I L L S

38

Herrscher mag der friedliche Charakter der Beziehungen einer Ahom-Gruppe zu der Bergbevölkerung am Dikhu von nicht nennenswertem Interesse gewesen sein. Der Dikhu bildete bis zur Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert die Grenze zwischen den Ahom und den Kachari 154 — und Tzumar Menden liegt westlich des Dikhu. Es ist also völlig ausgeschlossen, die in der Überlieferung der Ao erwähnte Wanderung als Bestandteil des zu Beginn des 13. Jahrhunderts erfolgten Eindringens der Ahom ins östliche Assam ansehen zu wollen. 155 Erst im frühen 16. Jahrhundert dehnten die Ahom ihre Macht auf Kosten der Kachari westwärts bis zum Dhansiri aus156, so daß die Gründung der Ahom-Enklave Tzumar Menden, westlich des Dikhu, auf keinen Fall vor diesen Zeitpunkt datiert werden kann. 157 Die Ao erinnern sich aber noch einer weiteren Zuwanderung von Leuten aus der Assam-Ebene, die sich in der Zeit um 1700 in den Tälern des Mening und des Tsürong angesiedelt haben sollen, um etwa drei Generationen darauf den Melak abwärts wieder fortzuziehen. Vier blieben, wurden von verschiedenen AoDörfern aufgenommen und brachten angeblich die Kenntnis des Schmiedens in die Ao-Berge. 158 H U T T O N vermutet in diesen Zuwanderern Kachari, die entweder vor den Ahom unter Su-khrung-phä oder vor den Streitkräften Mir Jumlahs ausgewichen sein sollen. 159 Einer Überlieferung der Konyak von Tanhai zufolge soll ein Ahom-Raja, als er in ihrem Dorfe vor Feinden Zuflucht suchte, die Tochter des Häuptlings »53 K L E M M , 1 8 9 8 , S . 3 0 2 ;

s. a . CLÄRE, 1893, p . i.

»5« S H A K E S P E A R , 1 9 1 4 , p . 1 4 ; G A I T , 1 9 2 6 , p p . 2 4 8 - 2 4 9 .

155 So ist a u c h die i m N a c h l a ß CLARKS e n t h a l t e n e N o t i z : „ T h e little colony of S h a n s t h a t once h e l d T z u m a r M e n d e n wer© p r o b a b l y Wanderers a n d h a d n o c o n n e c t i o n w i t h t h e A h o m c o n q u e r o r s o f A s s a m " ( z i t . b . SMITH, 1925, p . 1 7 2 , n . 3) zu v e r s t e h e n . »56 S H A K E S P E A R , 1 9 1 4 , p . 1 5 ; G A I T , 1 9 2 6 , p p . 9 0 - 9 1 ; C H A T T E R J I , 1 9 5 1 , p . 2 0 2 . 157

SMITH (1925, p . 175) ist b e m ü h t , die G r ü n d u n g v o n T z u m a r M e n d e n m i t der F l u c h t einiger A n g e h ö r i g e r der h e r r s c h e n d e n O b e r s c h i c h t der A h o m „ t o t h e neighb o u r i n g hill t r i b e s " E n d e des 18. J a h r h u n d e r t s (vgl. GAIT, 1926, p . 199) i n Zus a m m e n h a n g zu b r i n g e n . Die A n g a b e n in der Ü b e r l i e f e r u n g v o n der G r ü n d u n g der h e u t i g e n A o - S i e d l u n g L o n g m i s a , d e m einstigen T s ü m a r m i n d e n , lassen die A n n a h m e SMITHS' j e d o c h als wenig g l a u b h a f t erscheinen. Die V o r f a h r e n der E i n w o h n e r v o n L o n g m i s a l e b t e n einst in der G e g e n d des h e u t i g e n S e m a - D o r f e s L u m i t s a m i , d a s E n d e des 18. J a h r h u n d e r t s g e g r ü n d e t w u r d e (s. S. 32). D a bei dieser Gelegenheit die A o d e n S e m a w e i c h e n m u ß t e n , d ü r f t e L o n g m i s a k u r z e Zeit s p ä t e r e n t s t a n d e n sein. D i e T s ü m a r j e d o c h l e f t t h e site „long b e f o r e t h e Aos a r r i v e d f r o m t h e original L o n g m i s a " (MILLS, 1926, p . 426). I n w i e w e i t die C h o n g l i - G r u p p e der Ao — d e r o b e n a n g e f ü h r t e n Ü b e r l i e f e r u n g f o l g e n d — t a t s ä c h l i c h ü b e r eine B e i m i s c h u n g eines m i t d e n A h o m v e r k n ü p f t e n e t h n i s c h e n E l e m e n t s v e r f ü g t , ist hier v o n u n t e r g e o r d n e t e r B e d e u t u n g .

458 M I L L S , 1 9 2 6 , p p . 9 7 - 9 8 . 159

A n m e r k u n g HUTTONS, i n : MILLS, 1926, p . 97, n . 3.

V o n der l e g e n d ä r e n Molungr, einen P r ä - A o - ( v e r m u t l i c h K o n y a k - ) E l e m e n t , h e i ß t es, d a ß sie ausgezeichnete E i s e n s c h m i e d e gewesen seien; eine A u s w i r k u n g auf die h a n d w e r k l i c h e n F e r t i g k e i t e n der Ao w a r j e d o c h n i c h t zu s p ü r e n gewesen (vgl. MILLS, 1 9 2 6 , p p .

10-11).

39

geheiratet haben, „und noch heute zeigen die Tanhai-Leute den Stein, der dem verbannten König als Sitz diente". 1 6 0 Da in dieser Erzählung offensichtlich mehrere Elemente zusammengeflossen sind, dürfte es kaum möglich sein, sie mit konkreten historischen Ereignissen in Beziehung zu bringen. Von einem historisch jüngeren Geschehnis wissen eine Anzahl Naga-Stämme zu berichten. Seit 1816 nahmen die Burmesen innere Schwierigkeiten der Ahom zum Anlaß, in Assam einzufallen. Wie Jahrhunderte zuvor die Ahom zogen jetzt die burmesischen Truppen durch das Hukawng Valley, über die Patkoi ränge in die Brahmaputra-Ebene. 1 6 1 Die am Wege liegenden Naga-Dörfer wurden geplündert, und viele gingen in Flammen auf 1 6 2 , so das Konyak-Dorf Shamnyu, die Ao-Siedlungen Ungma und Nankam und andere 1 6 3 ; in den LhotaDörfern Akuk und Lakhuti wird erzählt, daß die Vorväter einen Angriff der Burmesen abgewehrt hätten. 1 6 4 Auch die Bewohner von Mirinokpo hatten von diesen Vorfällen gehört und auch davon, daß die Burmesen eine Generation später schließlich den britischen Kolonialtruppen weichen mußten. 165 Die Dürftigkeit dieses Materials, das immerhin einer Zeitspanne von mehreren Jahrhunderten entstammt, legt den Schluß nahe, daß nachhaltige Kontakte der Bewohner der Naga-Berge mit den fortgeschritteneren Völkern der angrenzenden Gebiete nur äußerst selten zustande gekommen sein mögen. Dank der schriftlichen Aufzeichnungen der benachbarten Völker verfügen wir jedoch über einige, historisch exakt belegbare Angaben zur Geschichte der NagaStämme. Die ersten dieser Art stammen aus dem 13. Jahrhundert; über die davor liegende Zeit breitet sich gänzlich der Mantel schweigender Vergangenheit. Aufschluß vermag hier bis zu einem gewissen Grade die ethnogenetische Forschung zu geben, in der im wesentlichen zwei Tendenzen miteinander im Widerstreit stehen. Während die eine Richtung bemüht ist, kulturhistorisch vergleichend „kulturellen Beziehungen" zwischen den Naga und verschiedenen Völkern Hinterindiens, Indonesiens und sogar Melanesiens nachzuspüren 166 , versucht die andere, das Dunkel des komplexen Prozesses der ethnischen Formierung der Naga zu erhellen, indem sie von der Tatsache ausgeht, daß die Naga tibeto-burmanischsprachige Mongoloide sind. 167 160

V

. FÜRER-HAIMENDORF,

161

SHAKESPEAR,

162

S. WOODTHORPE,

1947,

1914, pp. 6 1 - 6 2 ;

163 H U T T O N , 1 9 2 9 , p . »E* M I L L S , 1 9 2 2 , p .

1882,

p.

S.

46.

s. a. GAIT, 1 9 2 6 , p .

225.

57.

20.

2.

1944, S . 3 2 0 f . S . B A L F O U R , 1925, p . 3 7 ; B A L F O U R , 1936, p p . 11—16; B A L F O U R , i n : M I L L S , 1926, p . x ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1929, S. 1100—1103; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

!65 K A U F F M A N N , 166

1933,

S . 5,

S. 10;

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1939;

V.HEINE-GELDERN,

1928,

S . 2 8 0 ; H U T T O N , 1 9 2 4 b ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1929, S . 1 1 0 1 ; H U T T O N , 1 9 2 9 a ; K A U F F M A N N , 1944, S . 2 2 8 f . ; K A U F F M A N N , 1 9 4 4 C , S. 4 6 6 f f ; M A R E T I N A , 1965; s. a b e r a u c h H U T T O N , 1 9 2 6 ; H U T T O N , 1 9 2 9 b ; C H A T T E R J I , 1951, p. 2 2 1 f . ">7 D A L T O N / F L E X ,

40

1873, S. 2 0 7 ; GUHA,

in:

MILLS,

1922, p p . x v i - x v i i i ;

27;

SMITH,

1925, p. 171, p.

175.

1951, p. 19; HODSON,

PEAL,

1897, p. 10;

1911, p. 21;

ROBINSON,

HUTTON,

1841 (1959), p .

B e a c h t e n s w e r t e A s p e k t e zu dieser F r a g e lassen sich a u c h b e s t i m m t e n historischen U n t e r s u c h u n g e n e n t n e h m e n . I n seiner A r b e i t „ K i r ä t a - J a n a - K r t i " z. B. e r ö r t e r t C H A T T E R J I d e n B e i t r a g d e r s o g e n a n n t e n „Indo-Mongoloiden" 1 6 8 zur Geschichte u n d K u l t u r I n d i e n s . Die ä l t e s t e n Belege h i e r f ü r reichen bis in die Zeit d e r E n t s t e h u n g der V e d e n (10. J a h r h u n d e r t v . Z.) z u r ü c k ; die Geschichte des E i n t r e t e n s der einzelnen K i r ä t a - G r u p p e n 1 6 9 in die gesellschaftliche E n t wicklung I n d i e n s ist jedoch n o c h zu schreiben. 1 7 0 W i c h t i g erscheint i m Hinblick auf die E t h n o g e n e s e der N a g a a b e r die F e s t s t e l l u n g C H A T T E R J I S , d a ß „ t h e y entered t h e c o u n t r y p r o b a b l y t h r o u g h A s s a m " u n d a u c h die T a t s a c h e , d a ß die Mongoloiden I n d i e n s zu allen Z e i t e n s t e t s auf den N o r d o s t e n des L a n d e s , u n d in b e s o n d e r e m Maße in A s s a m k o n z e n t r i e r t w a r e n . 1 7 1 D e r A u t o r spricht sogar v o n d e m „indomongoloiden H i n t e r g r u n d der a s s a m e s i s c h e n E t h n o g r a p h i e , Geschichte u n d K u l t u r " . 1 7 2 O h n e V o r b e h a l t r e i h t er die N a g a in d e n K r e i s der K i r ä t a ein u n d v e r m u t e t , d a ß sich d e r P r o z e ß i h r e r e t h n i s c h e n F o r m i e r u n g i n s b e s o n d e r e die A u s e i n a n d e r s e t z u n g m i t austrischen E l e m e n t e n , in i h r e m h e u t i g e n W o h n g e b i e t in A s s a m u n d B u r m a vollzogen h a b e n m u ß . 1 7 3 Leider b e s c h r ä n k t sich die B e h a n d l u n g der N a g a in der g e n a n n t e n A r b e i t auf einige kulturgeschichtliche Vergleiche u n d eine s u m m a r i s c h e D a r l e g u n g des in d e n Ahom Buranjis e n t h a l t e n e n Materials; ü b e r die e t h n i s c h e P r o b l e m a t i k d e r im M a h ä b h ä r a t a e r w ä h n t e n N ä g a schweigt sich CHATTERJI, im Gegensatz zu a n d e r e n A u t o r e n , aus. Oft w e r d e n diese N ä g a ausschließlich als ein m y t h o l o gisches P h ä n o m e n b e t r a c h t e t . 1 7 4 N a c h V O G E L m ö g e n sie zwar zuweilen menschliche G e s t a l t a n g e n o m m e n h a b e n , doch seien sie n i c h t d e m R e i c h d e r Menschen z u z u o r d n e n . 1 7 5 B A S H A M d a g e g e n ist d e r A u f f a s s u n g , d a ß die E i g e n h e i t e n der S t a m m e s b e v ö l k e r u n g f ü r viele C h a r a k t e r i s t i k a d e r D ä m o n e n u n d böswilligen Geister der Hindu-Mythologie — der N ä g a , der Y a k s a , R ä k s a s a u . a . — die Vorlage gegeben h a b e n . U n t e r diesem A s p e k t h ä l t er einen gewissen Z u s a m m e n h a n g

168

169 170

"I

S H A F E R ( 1 9 5 4 , p. 1 2 5 ) erachtet es für unglücklich, den historischen Begriff Kiräta als ein Äquivalent für „Indo-Mongoloide" betrachten zu wollen. Nach den Nisäda, Drävida und Ärya bildeten die Kiräta das vierte Grundelement bei der Formierung des indischen Volkes ( C H A T T E R J I , 1 9 5 1 , p. 1 5 3 , p. 2 3 5 ) . Sino-tibetischsprachige Mongoloide. CHATTERJI, 1 9 5 1 , p.

154.

D A S , 1896, p. 5 5 n . , p . 68n.; G A I T , 1926, p. 12. Nach S H A F E R ( 1 9 5 4 , p. 4 9 ) soll sich das Zentrum der Mleccha (einer Kiräta-Gruppe — s. C H A T T E R J I , 1 9 5 1 , p. 1 8 2 ) wahrscheinlich erst in post-epischer Zeit nach Assam verschoben haben. CHATTERJI,

1951, p. 148, p. 166, p. 167, p. 190;

172

CHATTERJI, 1 9 5 1 , p .

173

CHATTERJI, 1 9 5 1 , p. 1 6 8 , p.

174

Eine solche einseitige Auslegung wird dem.Gehalt der großen Epen jedoch in keiner Weise gerecht. N E H R T J (1959, S. 122, S. 189) betont, daß die indische Mythologie „untrennbar mit der Geschichte vermengt war, so daß es unmöglich ist, Wahrheit und Dichtung zu trennen".

175

VOGEL, 1 9 2 6 , p . 3.

191. 179.

41

zwischen den Näga der alten Quellen und der heutigen Bevölkerung gleicher Bezeichnung für nicht absolut ausgeschlossen. 176 Auch S H A F E R sieht in den Näga des Mahäbhärata durchaus eine ethnische Komponente, deren Lokalisierung ihm jedoch als nicht möglich erscheint. 177 Für D A N G E besteht kein Zweifel daran, daß die Näga des Mahäbhärata, ebenso wie die Nisäda, Räksasa u. a., präarische, ethnisch angeblich austrische Elemente waren, mit denen er die heutigen Munda und Santal und auch die assamesischen Naga in Zusammenhang bringt. 1 7 8 v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F geht sogar noch einen Schritt weiter, indem er es für „sehr wahrscheinlich" hält, daß die Nangalogai des Ptolemäus (von sanskr. nägaloka) mit den Naga-Stämmen der Berge Assams identisch sind. 179 Geht man von der Feststellung aus, daß die heutigen Naga zu den indischen Mongoloiden 180 zu rechnen sind, so mag es als nicht ganz unbegründet erscheinen, den Prozeß ihrer Ethnogenese mit der Geschichte der Kiräta in Verbindung zu bringen, seinen Beginn also zumindest bereits in die letzten Jahrhunderte vor der Zeitwende zu datieren. 1 8 0 a Somit sind die frühen schriftlichen Quellen zur Geschichte der Naga nicht völlig losgelöst vom Prozeß der allgemeinen historischen Entwicklung im östlichen Indien. I m Unterschied zu anderen Völkern der Assam-Ebene — den Kachari, Chutiya und mit gewisser Berechtigung auch den Jaintia — haben die Ahom eine eigene Geschichtsschreibung hervorgebracht. Reichen einige dieser Chroniken (in Ahom: buranji) auch bis in das 6. Jahrhundert u. Z. zurück, so können sie doch erst seit der Zeit des Su-ka-phä (1228 u. Z.) als zuverlässige Geschichtsquellen betrachtet werden. 1 8 1 Als die Ahom unter Su-ka-phä in den zwanziger Jahren des 13. Jahrhunderts die Patkoi-Berge überschritten und in Assam eindrangen, kam es nicht selten zu kriegerischen Zusammenstößen mit der Bevölkerung dieses Gebiets. Bei G A I T werden diese Bewohner der Patkoi ränge als BASHAM, 1 9 5 6 , p . 1 9 8 , p . 3 1 7 . 177

SHAFER, 1 9 5 4 , p . 4 8 .

In der auf den Angaben des Rämäyana basierenden „Ancient Geography of Asia" von N. CH. DAS wird Nägaloka, die Welt der Schlangen, in das Reich der Mythen verlegt (DAS, 1896, p. 59 n.). >78 D A N G E , 1 9 5 5 , p . 2 6 , p . 1 7 1 . 17u

v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 4 1 , S . 1.

180

Ob die Näga des Mähabhärata ein Teil der Kiräta waren, hängt nicht zuletzt von der Interpretation des Begriffes näga ab. Leitet man ihn v o n (sanskr.) nangä = „nackt" ab, so ist eine Zuordnung zu den Kiräta durchaus problematisch, heißt doch im Mahäbhärata, sie seien in Felle gekleidet (s. CHATTERJI, 1951, p. 164). K o m m t näga jedoch v o n (sanskr.) nog =,,Berg", so ist die Zugehörigkeit der frühen Näga zu den Kiräta weitaus wahrscheinlicher, denn ein Charakteristikum dieser Bevölkerung war das Leben in den bergigen Gebieten des Ostens (CHATTERJI, 1951, p. 165). V g l . a . E L W I N , 1 9 5 9 , p . 2 6 , n . 1.

180a

S . a . FERREIRA, 1 9 6 7 , p . 6 8 .

181

GAIT, 1 9 2 6 , p . x i ; s . a . CHATTERJI, 1 9 5 1 , p . 2 1 2 ; SHAKESPEAR, 1 9 1 4 , p . 1 0 .

42

Näga bezeichnet, die somit erstmalig in einer historischen Quelle belegt und auch exakt lokalisiert sind.182 In der darauffolgenden Zeit führten die Ahorn in Ober-Assam anhaltende Kriege gegen die Chutiya und die Kachari, wobei ihr Hauptaugenmerk auf die politische Eroberung der Brahmaputra-Ebene gerichtet war. So ist es wohl zu erklären, daß die Naga erst reichlich zweihundert Jahre später in den Buranjis erwähnt werden. Da sie, nach den Worten C H A T T E E J I S , aber stets ein Dorn im Fleisch der Ahom darstellten, waren sie wiederholt den Angriffen des AhomHeeres ausgesetzt.183 Die Chroniken des 15., aber besonders die des 16. Jahrhunderts enthalten zahlreiche Berichte über solche kriegerischen Begegnungen. Die Ahom überfielen aufständische Grenzdörfer der Naga, verwüsteten sie und zwangen die Bewohner zu Tributleistungen; sie unternahmen jedoch nie ernsthafte Versuche, das Naga-Land zu erobern.184 Bei Kämpfen in den heimischen Bergen dürften die Naga den Ahom zumindest ebenbürtige Krieger gewesen sein, wie z. B. aus dem Sieg der Tangsu Naga über das Heer des Su-hen-phä (Mit tedes 15. Jahrhunderts) ersichtlich ist.185 Daß die Bewohner der Berge im Süden für die Ahom ein auch politisch durchaus zu beachtender Faktor waren, geht aus der diplomatischen Tätigkeit hervor, die ein BanparaHäuptling im Krieg der Chutiya gegen die Ahom (im 2. Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts) entfaltete.186 Um die Aktivität der Naga einzudämmen, waren die Ahom bemüht, in die Stammesfehden beispielsweise der Banpara und Bansang Naga einzugreifen.187 Weitere Sicherungsmaßnahmen waren die Errichtung der als Naga Ali (Mitte des 16. Jahrhunderts), Dopghar (Anfang des 17. Jahrhunderts) und Dhodar Ali (Ende des 17. Jahrhunderts) bekannten Erdwälle entlang der Naga-Berge.188 1662/63 fielen Moghul-Heere (unter Mir Jumlah) in Assam ein. In der Fathiyah i Ibriyah des I B N M U H A M M A D W A L I 1 8 9 liegt eine zweite schriftliche Quelle zur Geschichte der Naga vor, derzufolge diese Stämme „in den südlichen Bergen Assams leben". Das Ahom-Reich erlangte unter Su-khrung-phä (Rudra Simha) zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine letzte Blüte. Nach seinem Tode gewann der Brahmanismus immer mehr an Einfluß, und C H A T T E R J I stellt mit Recht fest: „We have a period of gradual decay of Ahom power, and their complete merging (along with the majority of the Bodo-speakers of the Assam V a l l e y ) into an Assamese peöple, speaking the Aryan Asamiyä language."190 In dieser Zeit der Formierung und Konsolidierung der Assamesen erfuhren '82 GAIT, 1926, p . 77. »83 CHATTERJI, 1951, p . 201. 184

CHATTERJI, 1951, p . 201.

'85 GAIT, 1926, p p . 8 4 - 8 5 ; SHAKESPEAR, 1914, p p . 3 2 - 3 3 . 186 GAIT, 1926, p p . 8 6 - 8 7 .

18' 1548, aber auch noch später (1665) - s. GAIT, 1926, p. 99, p. 152. 188 GAIT, 1926, p . 99, p . 120, p . 170; SHAKESPEAR, 1914, p. 34, p . 38, p . 211.

189 Auch als Shihab-ud-din Talish bekannt (s. BLOCHMANN, 1872, p. 75, p. 84). I'J0 CHATTERJI, 1951, p . 204.

43

die in der Vergangenheit anscheinend überwiegend auf kriegerische Zusammenstöße beschränkten, politischen Beziehungen zwischen den Naga und den Bewohnern der Brahmaputra-Ebene eine allmähliche Veränderung. Nur selten werden jetzt in den Buranjis noch Kämpfe zwischen ihnen erwähnt. Als zu Beginn des 18. Jahrhunderts Su-khrung-phä einen Feldzug gegen die Kachari vorbereitete und entlang des Dhansiri eine Nachschubverbindung einrichten ließ, kam es wegen der Überfälle der (vermutlich Angami) Naga auf die Transporte zu heftigen Zusammenstößen. 1765 floh J a y a Simha, der R a j a von Manipur, vor den eindringenden Burmesen nach Cachar und ersuchte schließlich den assamesischen Herrscher Räjesvar Sing um Unterstützung. Als das Heer von Charäideo aus über die Naga-Berge nach Süden vordringen wollte, war es nicht zuletzt der Widerstand der (Konyak) Naga, der die Assamesen zwang, eine andere Route einzuschlagen. 1 9 1 I n welcher Weise sich die Beziehungen zwischen den Naga und den Herrschern der Assam-Ebene veränderten, mag aus folgender Gegenüberstellung ersichtlich werden. H a t t e Su-seng-phä zu Beginn des 17. Jahrhunderts allen Naga untersagt, den in seiner Regierungszeit errichteten Dopghar ohne Begleitung eines Ahom-Beamten zu passieren 192 , so unterhielten die Bewohner der Lhota-, Ao- und Konyak-Grenzdörfer später relativ friedliche Beziehungen zu den Assamesen. Für die Versicherung, von Überfällen auf assamesische Grenzsiedlungen abzusehen und für Zahlung einer nominellen Gegenleistung („annual tribute") besaßen sie das Recht, Land in der Ebene „südlich vom Dhodur Ali" unter Kultur zu nehmen. 1 9 3 Die ersten Belege für die Vergabe von Lehen, zunächst an Brahmanen und hinduistische Tempel, stammen aus der Zeit der Herrschaft des Su-pät-phä (1681/96). 1 9 4 Als sein Nachfolger Su-khrung-phä 1714 starb, rühmte man seine Erfolge auf politischem Gebiet; unter anderem sollte es ihm gelungen sein, alle Bergstämme unter seine Botmäßigkeit zu bringen. 195 Doch war dieser Erfolg offenbar nur von kurzer Dauer. I m Hinblick auf die Verbesserung der Beziehungen zwischen den Assamesen und den Naga scheint es auf Grund der Angaben gerechtfertigt zu sein, die Inanspruchnahme assamesischer Ländereien durch verschiedene Grenzdörfer der Naga nicht früher als mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts anzusetzen. I91

GAIT, 1 9 2 6 , p . 1 7 2 , p p

187-188.

!92 GAIT, 1 9 2 6 , p . 1 2 0 . 193

L h o t a - MILLS, 1922, p . 1 ; A o - MILLS, 1926, p. 1 1 ; K o n y a k - PEAL, 1 8 9 8 , S . 3 4 2 , A n m . 2 ; GAIT,

1 9 2 6 , p . 3 2 5 ; s . a . MACKENZIE, 1 8 8 4 ( 1 9 5 9 ) , p p .

20-21.

GAIT, 1926, p. 1 7 0 ; v g l . a. CHATTERJI ( 1 9 5 1 , p . 2 0 5 ) : „ T h e y ( t h e A h o r n s , W . H . )

adopted the land-revenue system of the Moguls after it had once been introduced by them in West Assam." Nach KOMAROW (1961, S. 21) hatte sich das feudale Privateigentum am Grund und Boden mit seiner hierarchischen Gliederung im Bengalen der Moghul-Herrscher im Laufe des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts herausgebildet und damit das Grundeigentum des Feudalstaates abgelöst. GAIT, 1 9 2 6 , p . 1 8 1 .

44

Doch erstreckten sich die friedlichen Beziehungen zwischen ihnen im 18. u n d zu Beginn des 19. J a h r h u n d e r t s nicht nur auf diese Art gegenseitiger Zugeständnisse. Wie M A C K E N Z I E aus dem Gebiet der nördlichen K o n y a k berichtet, n u t z t e n die Bergbewohner, bei E n t r i c h t u n g einer P r o d u k t e n r e n t e an die assamesischen Herrscher, auch Fischgründe im Flachland. 1 9 0 Tendenzen feudaler A u s b e u t u n g zeigten sich in der Forderung der A s s a m - R a j a s a n die Bewohner des nordöstlichen Naga-Landes, einen b e s t i m m t e n Teil des von ihnen produzierten Salzes an sie a b z u f ü h r e n . 1 9 7 E i n e weitere I n s t i t u t i o n zur Förderung friedlichen Nebeneinanderlebens war der H a n d e l zwischen den Naga und den Assamesen. U n t e r der Bedingung, „sich jeder Ausschreitung zu e n t h a l t e n " , war es den Bergbewohnern erlaubt, die ihnen von den assamesischen R a j a s zugewiesenen Märkte in der E b e n e zu besuchen. 1 9 8 So berichten die schriftlichen Quellen der Ahom von den zunächst feindlichen K o n t a k t e n der Naga mit den Bewohnern der B r a h m a p u t r a - E b e n e , aber auch von einer gewissen Intensivierung der Beziehungen zu den Assamesen im Verlaufe des 18. u n d zu Beginn des 19. J a h r h u n d e r t s . HUTTON199 ist d a v o n überzeugt, daß die K a c h a Naga u n d die Angami in der Vergangenheit auch mit den Kachari in B e r ü h r u n g gekommen sein müssen — zumindest in der Zeit, als das in unmittelbarer N ä h e am Dhansiri gelegene Dimapur die H a u p t s t a d t des Kachari-Reiches war (15./16. J a h r h u n d e r t 2 0 " ) . Schriftliches Belegmaterial f ü r diese A n n a h m e steht jedoch nicht zur Verfügung. 2 0 1 I n der Geschichte der Beziehungen der Naga zu ihren südlichen N a c h b a r n , den Manipuri (oder auch Meithei), t r e t e n gewisse Parallelen z u m Wandel des Charakters der K o n t a k t e zwischen den Naga u n d den Ahom zutage. Auch hier sprechen die f r ü h e n Chroniken 2 0 2 von gegenseitigen Überfällen u n d Vergeltungsm a ß n a h m e n sowohl der Manipuri als auch der Bergbewohner; Mitte des 15. J a h r h u n d e r t s scheinen z . B . T a n g k h u l Naga Manipuri-Siedlungen angegriffen zu h a b e n . 2 0 3 196 MACKENZIE, 1884 (1959), p p . 1 6 - 1 7 . »7

S. ROBINSON, 1898, S.

198 K L E M M , 199 H U T T O N ,

(1959),

1921, p.

1884 (1959), p. 17;

KLEMM,

ROBINSON).

13.

1951, p. 2 1 2 ; GAIT, 1926, p.

°i v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

202

pp. 5 7 - 5 8 ; MACKENZIE,

1898, S. 299, A n m . 2 ( n a c h

200 C H A T T E R J I , 2

1841

308.

249.

1947, S. 45.

S t e l l e n die Ahom Buranjis b e r e i t s seit d e m f r ü h e n 13. J a h r h u n d e r t h i s t o r i s c h e Q u e l l e n w e r k e dar, s o w e i s e n die C h r o n i k e n der Manipuri k e i n e s f a l l s e i n s o h o h e s A l t e r a u f . E n t g e g e n a n d e r e n F o r s c h e r n n i m m t C H A T T E R J I (1951, p. 227) an, d a ß die Manipuri n i c h t erst u m 1700, s o n d e r n s c h o n u n t e r K i y a m b a , i m 15. J a h r h u n d e r t , e i n e S c h r i f t e n t w i c k e l t e n , in der erste A u f z e i c h n u n g e n g e m a c h t w u r d e n (CHATTERJI, 1951, p.

203 H O D S O N ,

228).

1911, p.

17.

D i e Z a h l u n g v o n g e w i s s e n T r i b u t e n an die M a n i p u r i (s. K L E M M , 1 8 9 8 , S. 2 9 4 ; H O D S O N , 1 9 0 8 , p. 1 3 2 ) , v o n d e n e n in d e n f r ü h e n C h r o n i k e n die R e d e ist, d ü r f t e z u dieser Zeit k a u m A u s d r u c k f e u d a l e r A b h ä n g i g k e i t g e w e s e n sein.

45

Ohne „eine f r ü h e r e P e r i o d e " n ä h e r zu d a t i e r e n , bezeichnet H O D S O N diese Zeit als „coloured b y considerable i n t i m a c y " ; auf sie bezieht sich möglicherweise a u c h jene Überlieferung, derzufolge Meithei-Männer M ä d c h e n a u s d e m N a g a Dorf M a r a m zu h e i r a t e n p f l e g t e n . 2 0 4 Beide E r s c h e i n u n g e n — kriegerische Z u s a m m e n s t ö ß e u n d friedliche Beziehungen — schlössen e i n a n d e r n i c h t a u s , sondern scheinen i m Gegenteil c h a r a k t e r i s t i s c h f ü r die P e r i o d e der territorialen u n d politischen K o n s o l i d i e r u n g des f r ü h f e u d a l e n M a n i p u r i - S t a a t e , die möglicherweise m i t der H e r r s c h a f t P a m h e i b a s (auch Gopäl S i m h a oder G h a r i b n a w ä z , 1709/48) z u m Abschluß g e k o m m e n war, gewesen z u sein. I n d e m P a m h e i b a die u n s als M a n i p u r - N a g a geläufigen S t ä m m e befriedete 2 0 5 , schuf er eine wesentliche innenpolitische V o r a u s s e t z u n g zur V e r w i r k l i c h u n g seiner f e u d a l e n E x p a n s i o n s b e s t r e b u n g e n g e g e n ü b e r den B u r m e s e n . 2 0 6 D u r c h i n n e r e M a c h t k ä m p f e g e s t a l t e t e sich das Schicksal des S t a a t e s in d e r Folgezeit w e c h s e l h a f t . E r s t u n t e r G a m b h ü r S i m h a (1825/53) e r l a n g t e d a s M a n i p u r i - R e i c h einen n e u e n H ö h e p u n k t . W a r e n seine Vorgänger nie e r n s t h a f t b e m ü h t gewesen, die Grenzen ihrer M a c h t a u c h n a c h N o r d e n , auf die „ a s s a m e s i s c h e n " N a g a - B e r g e , a u s z u d e h n e n 2 0 7 , so fiel er 1833 in das L a n d der A n g a m i ein u n d d r a n g bis K o h i m a v o r . 2 0 8 E i n I n s c h r i f t e n s t e i n des R a j a in K o h i m a u n d die E r i n n e r u n g a n die V e r h e e r u n g des L a n d e s 209 sind das einzige, was v o n diesem A u f e i n a n d e r treffen der „assamesischen" N a g a u n d der Meithei k ü n d e t . Die M a n i p u r - N a g a w a r e n im Gegensatz d a z u einer wesentlich i n t e n s i v e r e n Beeinflussung ausgesetzt, d e r e n R e s u l t a t bei d e n K a b u i z. B . nicht n u r i m H a u s b a u u n d d e m H a u s h a l t i n v e n t a r , s o n d e r n a u c h in d e r sozialen Organisation u n d in d e n religiösen Ans c h a u u n g e n 2 1 0 s i c h t b a r w u r d e . Verallgemeinernd stellt B O S E f e s t : „ T h e i r m a t e r i a l c u l t u r e a n d social organisation h a v e also b e e n modified t o a large e x t e n t a n d n o w i t is practically impossible t o get f r o m t h e m t h e a c t u a l social customs a n d conventions which were original t o t h e m . " 2 1 1 Die E i n g l i e d e r u n g d e r M a n i p u r - N a g a in d e n F e u d a l s t a a t w a r bis zur Zeit des E i n w i r k e n s d e r B r i t e n im 19. J a h r h u n d e r t in d e n verschiedenen Gegenden des L a n d e s u n t e r schiedlich weit f o r t g e s c h r i t t e n . 2 1 2 Mit den B u r m e s e n scheinen die N a g a erst zu B e g i n n des 19. J a h r h u n d e r t s in B e r ü h r u n g g e k o m m e n zu sein, als diese in A s s a m einfielen. Ältere b u r m e s i s c h e Chroniken w e r d e n sich deshalb f ü r die Geschichte d e r N a g a k a u m als ergiebig erweisen. 2 1 3 20/

' HODSON, 1 9 0 8 , p . 11.

205 HODSON, 1908, p p . 1 1 - 1 2 . 206 V g l . CHATTERJI, 1 9 5 1 , p . 2 2 8 . 207

HODSON, 1 9 0 8 , p . 93.

208 s . CHATTEBJI, 1 9 5 1 , p . 2 2 8 ; H O D S O N , 1 9 0 8 , p p . 9 3 - 9 4 . 209 H U T T O N , 1 9 2 1 , p p . 1 3 - 1 4 ; H U T T O N , 1 9 4 5 , p . 1. 210 HUTTON, 1 9 2 9 , p . 6. 2 " BOSE, 1 9 3 9 , p . 3 9 3 . 212 B O S E , 1 9 3 9 , p . 3 9 3 ; H O D S O N , 1 9 0 8 , p p . 6 0 - 6 1 . 213

46

In der Einleitung zu „Au pays des femmes girafes" bezeichnet de GOLISH (1958, p. 3) den den Ahorn Buranjis entnommenen Bericht über den Einfall Su-ka-phäs

I m nordwestlichen Gebiet des heutigen Kachin-Staates der Union von Burma leben Naga- und Kachin-Gruppen seit Generationen in unmittelbarer Nachbarschaft. Ähnlich den Kachari und Chutiya in Assam besitzen die Kachin jedoch keine schriftlichen Geschichtsquellen. 214 Ethnographisches Material bietet aber auch in diesem Fall die Möglichkeit, einen bestimmten Zeitabschnitt in der Geschichte der Kachin — und auch der historischen Beziehungen der Kachin zu den Burma-Naga — zu erhellen. Aus der Zeit des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts ist bekannt, daß Naga-Dörfer in den Patkoi-Bergen von den Kachin angegriffen wurden 215 , daß es zur Gründung von Siedlungen durch die Kachin auf dem Territorium der Naga 216 und durch Naga auf KachinTerritorium 2 1 7 kam, und daß sich eine Anzahl Naga-Dörfer in politischer Abhängigkeit von den Kachin befanden. 2 1 8 Die Skala der Beziehungen zwischen den Angehörigen beider ethnischer Gruppen reichte von einer formalen Anerkennung der Oberhoheit der Kachin über zeitweilige oder periodische Tribut- und Arbeitsleistungen für dieselben bis zu intertribalen Heiraten. 2 1 9 Der Einfluß der Kachin war teilweise so intensiv und andauernd, daß D E W A B 1933 bei den Pangaw — einer Gruppe der Haimi Naga — feststellen mußte: „The tribe is gradually turning Kachin." 2 2 0 Im vorliegenden wurde versucht, auf der Grundlage der naga-eigenen, mündlich überlieferten Quellen, der Ahom- und Manipuri-Chroniken und des ethnographischen Materials einen kurzen Abriß der Geschichte des Naga-Landes und seiner Bewohner bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zu geben. Die Spezifik der Aussage dieses Materials besteht darin, daß erstens die naga-eigenen Quellen in überwiegendem Maße die Jahrhunderte währende, innere Entwicklung der Naga-Gesellschaft zum Gegenstand haben, und daß zweitens die Chroniken der Nachbarvölker die Naga fast ausschließlich in Verbindung mit den expansiven Bestrebungen der frühfeudalen Staaten Assams und Manipurs erwähnen. Die Geschichte der Besiedlung des Naga-Landes und die damit verbundene ethnische Formierung der Naga-Stämme vollzog sich in zwei aufeinanderfolgenden Zeitabschnitten : Während der ersten Periode, der Periode der Landnahme, stießen die Vorfahren der Angami, Sema, Ao, Lhota und Rengrr a aus dem heutigen Grenzgebiet zwischen Nagaland und Manipur nach Norden vor. Die noch nicht in Assam fälschlich als aus „une chronique birmane du X I I I e siecle" stammend. Nach SANGBEMANO (1893, p. 42, no. 40) werden die Bewohner der Grenzgebirge zwischen Burma und Aracan und Cassè (Manipur) summarisch als Chien (Chin, Khyeng) bezeichnet. 214

CARRAPIETT, 1929, p. v i i i ; s. a. WEHRLI, 1904, S. 65, S. 7. ROBINSON, 1 8 4 1 ( 1 9 5 9 ) , p . 5 6 ; MACKENZIE, 1 8 8 4 ( 1 9 5 9 ) , p p .

15-16.

216 D E W A R , 1 9 3 5 , p . 1 5 1 . 2 " D E W A R , 1 9 3 3 , p . 2 7 8 , p . 2 8 1 ; SCHERMANE, 1 9 2 2 , S . 1 2 1 . 218 D E W A R , 1 9 3 3 , p p . 2 7 7 - 2 7 8 , p p . 2 8 5 - 2 8 9 , p . 2 9 1 ; D E W A R , 1 9 3 5 , p . 1 5 1 ; W E H R L I , 1 9 0 4 , S. 40. 219 D E W A R , 1 9 3 3 , p . 2 7 8 , p . 2 8 0 , p p . 2 8 5 - 2 8 7 , p . 2 8 9 , p . 2 9 1 . 220 D E W A R

1933, p. 280.

47

völlig seßhafte Lebensweise der l a n d n e h m e n d e n Gruppen h a t t e ihre Ursache in einer spezifischen F o r m der P r o d u k t i o n , dem Wander-Anbau. Archäologische Untersuchungen stehen noch aus, u n d so ist es noch nicht möglich, den Zeitpunkt des Beginns dieser Periode festzustellen. I n der zweiten Periode, der Periode der territorialökonomischen Erschließung des Landes, erfolgte auf der Grundlage des J h u m - (Brandrodungs-) Systems der Übergang zur seßhaften Lebensweise in p e r m a n e n t genutzten Siedlungen. Gründungen von Tochtersiedlungen (oder Kolonien) — bei F o r t b e s t e h e n des Mutterdorfes — waren das äußere Kennzeichen des Prozesses der territorialökonomischen Erschließung. Die ersten f a ß b a r e n Belege f ü r die G r ü n d u n g solcher Tochtersiedlungen d ü r f t e n bei den nördlichen K o n y a k in die Mitte des 14., bei den Angatni an den Anfang des 16., bei den E a s t e r n R e n g m a in die Mitte des 16. u n d bei den L h o t a u n d Sema in die Mitte des 17. J a h r h u n d e r t s zu datieren sein. Folgedessen h a t t e die vorangegangene Periode der L a n d n a h m e bei den genannten S t ä m m e n zu der angegebenen Zeit bereits ihren Abschluß gefunden. Die Erschließungsperiode gliederte sich in zwei zeitliche Abschnitte. F ü r die erste E t a p p e war es charakteristisch, d a ß die kolonisierenden Gruppen sich ungenutzte Ländereien aneigneten oder andere Gemeinwesen gewaltsam verdrängten. I n der zweiten E t a p p e erfolgte die Erschließung des L a n d e s mit friedlicheren Mitteln. Die zweite Periode in der Besiedlungsgeschichte des Naga-Landes endete nicht gleichzeitig bei allen S t ä m m e n . Bei den Western R e n g m a liegt dieses Ereignis in der zweiten H ä l f t e des 18. J a h r h u n d e r t s , bei den Angami, den E a s t e r n R e n g m a u n d den nördlichen K o n y a k gehörte es zu Beginn der E r r i c h t u n g der britischen Kolonialherrschaft bereits der Vergangenheit an, während bei den Sema u n d den Chang der Prozeß der territorialökonomischen Erschließung bestimmter Gebiete zu dieser Zeit noch nicht abgeschlossen war; durch die Aktivität der letztgenannten S t ä m m e waren auch die benachbarten Teile der Ao u n d L h o t a bis zur Mitte des 19. J a h r h u n d e r t s noch nicht zur R u h e gekommen. Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Gang der inneren Entwicklung der Naga-Gesellschaft u n d den historischen Beziehungen der Naga zu den Nachbarvölkern ist auf Grund des Quellenmaterials nicht ersichtlich. J a h r h u n d e r t e hindurch trugen die Beziehungen zwischen den Bewohnern der südöstlichen Berge Assams u n d den f r ü h f e u d a l e n Staatsgebilden in der B r a h m a p u t r a - E b e n e ilnd dem Manipur-Becken weniger stimulierenden als vielmehr isolierenden Charakter. Wie aus den Chroniken der Ahom hervorgeht, f ü h r t e n die im Grenzgebiet gelegenen Gemeinwesen der Naga einen ständigen K a m p f gegen die Ahom u m den E r h a l t ihrer politischen Selbständigkeit. Die wenigen t e m p o r ä r e n K o n t a k t e friedlicher N a t u r waren ohne jede B e d e u t u n g f ü r die innere Entwicklung der „assamesischen" Naga. E r s t mit Beginn des 18. J a h r h u n d e r t s scheinen die ebenennahen Naga-Dörfer bestimmte — wenn auch sehr begrenzte — ökonomische K o n t a k t e zu den Assamesen u n t e r h a l t e n zu haben. Dieser sich a n b a h n e n d e n Entwicklung setzte die britische Kolonialherrschaft ein gewaltsames E n d e . 48

I m Gegensatz zu ihren Stammesbrüdern in Manipur und Burma, die schon relativ früh in recht intensive Berührung mit den fortgeschritteneren Meithei resp. Kachin gekommen und somit in ihrer Entwicklung nicht unwesentlich beeinflußt worden waren, nahmen die Naga im Gebiet des heutigen Nagaland bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine besondere historische Stellung ein. Sie beruhte nicht auf einer Vielfalt konkreter Beziehungen zu anderen Völkern, sondern auf einer allgemeinen, historisch bedingten Abgeschlossenheit. 221 Unter diesen besonderen historischen Bedingungen hatte die Naga-Gesellschaft bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts jene Entwicklungsstufe erreicht, die in den nachfolgenden Jahrzehnten von Verwaltungsbeamten, Reisenden und Forschern beobachtet und schriftlich festgehalten wurde. 221

S . CHATTERJI, 1 9 5 1 , p . 1 7 2 , p . 2 2 1 ; SMITH, 1 9 2 5 , p . x x i ; v g l . a . MAJUMDAR, 1 9 6 1 , p . 145.

4 Hartwig, Naga

49

Teil I I

FORMEN DER

1. Äußerliche

PRODUKTION

Voraussetzungen zur Produktion

Natürliche Beschaffenheit der Stammesterritorien In tektonisch-orographischer Hinsicht wird das Siedlungsgebiet der Naga dem Bereich der Westburmesischen Randgebirge zugerechnet. Die nördlichen Ketten — die Lhota- und Ao-Berge sowie die Patkoi-Kette mit ihren Yorbergen im Konyak-Land — verlaufen parallel der Assam-Senke nach Nordosten. Mit Ausnahme der Barail-Kette, die sich im Gebiet der Kacha und Angami voiuOsten nach Westen dehnt, erstrecken sich die unzähligen Gebirgszüge im Gebiet der Phom, Chang, Sangtam, Yimsungr, Sema, Eastern Rengma, Kalyo-Kengyu und Tangkhul — der hinterindischen Hauptstreichrichtung 1 entsprechend — direkt nach Süden. Sie haben oft Mittelgebirgscharakter, sind jedoch durch steilwandig eingeschnittene Täler voneinander gestrennt. 2 Die Rücken der Aound Lhota-Berge liegen in einer Höhe von etwa 1500 m. Die Gipfel der Patkoiund Barail-Ketten ragen bis zu 2500 m und mehr auf. Quer durch das Naga-Land, im Bereich der Barail-, Sema- und Patkoi-Ketteri, verläuft die Wasserscheide zwischen Assam und Burma. Die Gebiete der Konyak, Phom, Northern Sangtam, Ao, Lhota, der westlichen Sema, Western Rengma und der Tengima Angami werden durch den Disang, den Dikhu mit Yangnyu und Melak, den Disai und den Dhansiri mit Dayang — Nebenflüssen des Brahmaputra — entwässert. Aus den Gebieten der Kalyo-Kengyu, Yimsungr, Southern Sangtam, östlichen Sema, Eastern Rengma, Chakrima Angami und der nördlichen Tangkhul strömen die Gewässer durch den Tizu dem Chindwin (einem Irawadi-Nebenfluß) zu. Die Wohngebiete der Manipur-Naga liegen im Einzugsbereich des zum Meghna-Brahmaputra-System gehörenden Barak und des dem Chindwin zustrebenden Manipur river. Die orohydrographischen Besonderheiten des Naga-Landes — die starke Zergliederung des Territoriums durch die oft tief eingeschnittenen Flußtäler 3 und die Beschaffenheit des Geländes, besonders der Grad der Neigung — stellen wesentliche Faktoren im Komplex der äußerlichen Voraussetzungen für die Produktion dar. Die Neigung des Geländes beeinflußt unmittelbar die Produktion, speziell die Arbeiten zur Anlage von Feldern und deren Bearbeitung. Der 1

CEBDNEB, 1 9 3 7 , S. 3 4 0 .

2 CREDNEB, 1 9 3 7 , S. 3 4 2 f . 3

K A U F F M A N N , 1 9 3 5 , S . 1 6 ; D E W A R , 1 9 3 5 , p . 1 5 0 ; SMITH, 1 9 2 5 , p . 1 ; W O O D T H O B P E ,

1882, p. 58.

50

gleichen Unmittelbarkeit der Beeinflussung durch diesen Milieufaktor unterliegen Standort und Anlage der Naga-Siedlungen. So sind bei den östlichen Angami „die meisten Siedlungen auf Terrassen gebaut, kaum drei Häuser stehen auf derselben Ebene, und bei einem Gang durch das Dorf muß man unaufhörlich über Steintreppen und schlüpfrige Pfade auf und nieder klettern." 4 Ähnliche Dorfanlagen, die man dem Typ der Haufensiedlungen zuordnen könnte (s. Abb. 3), findet man ebenso bei den Kalyo-Kengyu 5 , bei den Konyak 6 ,

Abb. 3. Typ eines auf einem Bergkegel gelegenen Haufendorfes, Kalyo-Kengyu (de GOLISH)

den Manipur-Naga 7 und in kompakterer Form bei den Ao. 8 Solche Haufensiedlungen sind gewöhnlich auf oder um einen Gipfel herum angelegt. 9 Hatte, 4

v. FÜRER-HAIMENDOBF,

1947,

S. 29f.

(s. A b b .

bei SHAKESPEAR,

1914, p. 2 1 6

-

Chakrima Angami-Dorf Kekrima; s. a. HUTTON, 1921, p. 4 6 ; GAIT, 1903, p. 207). 5

S. A b b . bei de GOLISH, 1 9 5 8 , p. 2 2 .

6

v. FÜBEB-HAIMENDOBF, 1947, Abb. 14 — Dorf Longkhai; s. a . WOÜDTHORPE, 1 8 7 6 ( 1 9 5 9 ) , p. 4 7 .

7

HODSON, 1911, p. 43.

8

MILLS, 1926, fig. facing p. 82, above - Dorf Khari. S. Abb. bei HUTTON, 1921a, fig. facing p. 34, above and below -Sema-Dörfer Kilomi und R o t o m i ; Abb. bei HUTTON, 1921, fig. facing p. 72, above - Tengima Angami-Dorf Viswema.

9

4*

51

man jedoch den Höhenrücken einer Bergkette als Standort auserwählt, so errichtete man die Gebäude zu beiden Seiten des Grates, wobei gewöhnlich Pfähle auf der Hangseite das unterschiedliche Bodenniveau ausgleichen mußten. Auf diese Weise sind regelrechte Gassensiedlungen 10 entstanden, in denen der Grat die Funktion der zentralen Gasse einnimmt (s. Abb. 4).

Abb. 4. Typ eines auf einem Höhenrücken sich hinziehenden Gassendorfes, Ao (SMITH)

Neben dem Vorzug des gesünderen Klimas waren es nicht zuletzt strategische Erwägungen 11 , die die Naga in der Vergangenheit veranläßten, den Standort der Siedlungen in die höheren, weniger gefährdeten Regionen der Berge zu verlegen. Die Anlage der Siedlungen jedoch unterlag der unmittelbaren Beeinflussung durch die Eigenart der gegebenen Geländebeschaffenheit. Der zweite der genannten Milieufaktoren — die starke Zergliederung des Territoriums durch die Täler der Flüsse — wirkt nicht direkt, dafür aber umfassender auf das Gefüge der Ökonomie und der Gesellschaft der Naga ein. Ist schon die Vielzahl der Gebirgsketten nicht gerade verkehrsfördernd, so wird 10

11

S . Abb. bei S M I T H , 1925, fig. facing p. 27, above — ein Ao-Dorf; Abb. bei M I L L S , 1926, fig. facing p. 82, below — Ao-Dorf Merangkong; Abb. bei M I L L S , 1922, fig. facing p. 23, above — Lhota-Dorf Humtso. Vgl. HUTTON, 1921, p. 4 3 ; MILLS, 1922, p. 2 1 ; WATT, 1887, p. 3 5 4 ;

1876 (1959), p. 47.

52

WOODTHORPE,

diese Situation noch dadurch verschärft, daß die tief eingeschnittenen Flüsse 12 in den Monaten der Regenzeit Hochwasser führen und in diesen Wochen kaum passierbar sind. So stellten die Täler und die Flußläufe in der Vergangenheit oftmals natürliche Grenzen zwischen den einzelnen Stammesterritorien dar. Darüber hinaus zogen sie Trennungslinien zwischen einzelnen Abteilungen eines Stammes, die sich bis zu einem gewissen Grade auf die zwischendörflichen Wirtschaftsbeziehungen, das politische Leben, auf die Sprache und auf die Kultur auswirkten. Diese Besonderheiten des natürlichen Milieus hatten die historisch bedingte Tendenz zur Isolierung der Naga-Gemeinwesen begünstigt, und bis zu einem gewissen Grade spiegelte sich der räumliche Aspekt der Abgeschlossenheit der Gemeinwesen in der Gliederung einiger Stammesterritorien nach ihren geographisch-regionalen Eigenheiten wider. So teilen die A o ihr Wohngebiet — ungeachtet der sprachlichen Dreiteilung des Stammes und der Verbreitung der verschiedenen Dialekte — in vier Landstriche ein, die die Bezeichnungen der sie charakterisierenden Bergketten tragen: Langbangkong, Asükong, Changkikong und Chapvukong. Jede Siedlung wird einem dieser Gebiete zugeordnet. 14 Daß den A o diese Aufgliederung ihres Territoriums nach rein regionalen Gesichtspunkten bereits zu Beginn unseres Jahrhunderts voll bewußt gewesen ist, geht daraus hervor, daß „an A o of the Langbangkong is inclined to look down on an inhabitant of the Asükong" 1 5 , daß, mit anderen Worten, das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem genau bestimmten Distrikt entwickelt war. In ähnlicher Weise teilen die Western Rengma ihr Land in Zühi resp. A'a ( = Innere Berge, östlich des Nro-Flusses) und Züchong resp. Achela ( = Äußere Berge, westlich des Nro) 1 6 . Auch die unterschiedlichen Selbstbezeichnungen der beiden durch den Dayang voneinander getrennten Lhota-Gruppen — Ndrung und Liyei7 — scheinen die unmittelbaren Auswirkungen der Besonderheiten des natürlichen Milieus auf die gesellschaftlichen Beziehungen widerzuspiegeln.

Klima Nach C K E D N E R ist das Land der Naga zum „Gebiet der warmgemäßigten, periodisch feuchten Monsunklimate" 18 zu rechnen. Obwohl das Indian Mete12

Im Bereich der Sangpan Bum-Kette beträgt der Niveauunterschied zwischen den Bergkämmen und dem Grund der Flußbetten reichlich 900 m (DEWAB, 1935, p. 150), in der Nähe der Konyak-Siedlungen Wakching und Shiong — bis hinab zur Sohle des Sinyang-Flusses — „mehr als Tausend Meter" (v. F Ü R E R - H A I M E N DORF, 1947, S . 9 5 ) .

13

MILLS,

«

M I L L S , 1 9 2 6 , p . 4.

1 9 2 2 , p . 3 , n . 1 ; s. a . A V B B Y , 1 8 8 4 , p . 3 1 3 ; M I L L S , 1 9 3 7 a , p . 1 5 4 .

15

M I L L S , 1 9 2 6 , p . 5.

16

MILLS, 1937a, p. 46, n. 2.

17

Die Ndrung leben nördlich, die Liye südlich des Flusses (MILLS, 1922, p. 207).

IS C R E D N E R , 1937, S . 373.

53

orological Department insgesamt vier Jahreszeiten unterscheidet, ist es doch allgemein üblich, den jahreszeitlichen Rhythmus in drei Abschnitte zu gliedern: 1. die kalte Zeit, von Oktober bis Ende Februar, 2. die heiße Zeit, von März bis Anfang/Mitte Juni und 3. die Regenzeit, von Anfang/Mitte Juni bis Ende September. 1 9 Das entspricht nicht nur den Berichten von Forschern und Beamten, die sich längere Zeit im Lande aufhielten 2 0 , sondern auch der Einteilung des Jahres bei den Rengma. Die Ao und Chang dagegen unterscheiden nur zwei Jahreszeiten. 2 1 Neben den zeitlichen Verschiebungen oder Störungen im Ablauf der Jahreszeiten 22 — etwa dem verspäteten Einsetzen des Sommermonsuns — stellen sich gewisse Unterschiede im Klima der einzelnen Stammesgebiete insofern heraus, als die jährlichen Niederschlagsmengen in den westlichen Bergketten größer sind als in den östlicheren. Für das in den Ao-Bergen gelegene Mokokchung werden 2540 mm jährliche Niederschlagsmenge 23 angegeben. Das Konyak-Dorf Wakching dürfte auf einen annähernd gleichgroßen Wert kommen. 2 4 Wenn auch für das Angami-Land keine exakten Messungen genannt werden, so finden sich doch Angaben über anhaltende, reichliche Niederschläge in der Regenzeit in diesem Gebiet. 2 5 Aus diesem Grunde haben die Bewohner des Dorfes Khonoma, im Gegensatz etwa zu den östlicher lebenden Sema, „no genna for producing rain". 2 6 I m Gebiet der Manipur-Naga sind die Niederschläge im Westen dreimal so groß wie im Osten. 2 7 Die Feststellung D E W A R S , daß die Niederschläge in der Region westlich des Sangpan Bum (auf burmesischem Territorium) bedeutend geringer als im Gebiet östlich dieses Gebirgszuges seien 28, steht in keinem Widerspruch zu dem zuvor Gesagten: Der Siedlungsraum der Burma-Naga liegt, ebenso wie z. B. die Gebiete der Chang, Sangtam oder Sema, gewissermaßen im Regenschatten der Patkoi-Kette resp. der Ao- und Lhota-Berge. Trotz der lokalen Unterschiede ist das gesamte Wohngebiet der Naga mit jährlich 2000 bis 3000 mm Niederschlägen den regenreichen Zonen Südostasiens zuzurechnen. 2 9 Ein weiterer natürlicher Faktor, der bestimmte klimatische Unterschiede in den einzelnen Stammesterritorien bedingt und deshalb Einfluß auf die Organisation der Produktion ausübt, ist die Höhenlage der Gebiete. I n den tief gelegenen «

INDIA, 1959, p. 3.

2» D E W A R , 1 9 3 5 , p . 1 5 0 ; P R A I N , 1 8 8 7 , p p . 4 7 2 - 4 7 3 ; W E H R L I , 1 9 0 6 , S . 5 4 . s. a. K A U F F M A N N ,

1935, S.

1937a, p. 322;

17.

1926, p. 400;

21

MILLS,

22

V g l . GRAVENHORST, 1 9 3 2 , S. 9, S. 15.

MILLS,

HUTTON,

1932, p. 82, n. 2.

23 S M I T H , 1 9 2 5 , p . 2 . 24

v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F (1947, S. 81) erwähnt, daß in der Regenzeit ,,im Tage durchschnittlich 25 Millimeter Niederschlag fallen".

25

HUTTON, 1 9 2 1 , p . 7 3 ; s. a. v . FÜRER-HAIMENDORF,

26 H U T T O N ,

1921, p. 236;

27

HODSON, 1911, p.

56.

28

DEWAR, 1935, p.

150.

2

Vgl.

9

54

CREDNER,

1937,

S.

HUTTON,

374f.;

1921a, p. 214.

SPATE,

1957, p. 72.

1947, S. 56.

Jälern der Flüsse herrschen tropische Temperaturen; die Luftfeuchtigkeit ist relativ groß. Mit zunehmender Höhenlage sinken Durchschnittstemperatur und Luftfeuchtigkeit. So hebt v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F die unterschiedlichen Umweltbedingungen der Konyak-Dörfer Oting (auf einem reichlich 700 m hohen Bergrücken gelegen) und Wakching (1400 m hoch) besonders hervor. 3 0 I m Wohngebiet der Sema sind die Unterschiede in den klimatischen Verhältnissen so markant, daß sich die Sema zuweilen selbst in ghäbömi ( = „hot-placemen", die die westlichen, tiefer gelegenen und heißen Dörfer bewohnen) und azhomi ( = „cold-place-men", die in den kühleren Siedlungen des Ostens leben) einteilen. 31 Das Land der Lhota zeigt ähnliche Klimaunterschiede: Die nordwestlichen Ausläufer der an die Assam-Ebene grenzenden Berge sind feuchtheiß und malariaverseucht, während auf dem Gipfel des Wokha hill Fröste nicht unbekannt sind. 3 2 Auch im Gebiet der Angami zeigen sich Unterschiede in der Produktion, die in der Verschiedenheit der geographischen Bedingungen ihre Ursachen haben. 3 3 Plötzlich auftretende Unbilden des Wetters — so die für das Angami-Gebiet belegten Hagelschläge 34 oder besonders heftige Regengüsse während der Regenzeit 35 — stellen eine unmittelbare Gefahr für die landwirtschaftliche Produktion dar: Die Ernte droht vernichtet zu werden, und die Platzregen spülen die wertvolle Humusschicht von den Hangfeldern. Der Minderung der negativen Auswirkungen solcher Wetterbedingungen gelten eine Anzahl vorbeugender ökonomischer Maßnahmen der Naga. Natürliche Ressourcen Den örtlichen orohydrographischen und klimatischen Besonderheiten entsprechend sind im Wohngebiet der Naga im wesentlichen zwei Vegetationsformen zu unterscheiden. Die tief gelegenen Flußtäler, die in die Assam-Ebene auslaufenden Vorberge und die unteren Regionen der Bergketten bis in eine Höhe von 700 bis 900 m sind mit dichtem immergrünen tropischen Regenwald bedeckt. Oberhalb dieser Region geht er allmählich in subtropischen, feuchten Bergwald,36 über, der aus Nadelbäumen (Pinus khasia und Pinns Merlcusii), vermischt mit immergrünen Eichen und Kastanienarten, besteht. Häufig treten reine Bambusbestände auf, die „meist eine eigenartig scharfe Begrenzung gegen 30

v . FÜRER-HAIMENDOKF, 1 9 4 7 , S. 121.

31

HUTTON, 1921a, p. 4, p. 33.

32

MILLS, 1922, p. 1; s. a. SMITH, 1925, p . 2 ( K l i m a i n d e n A o - B e r g e n ) .

33

S. HUTTON, 1921, p . 6 0 .

34 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 2 1 0 . 35

KAUFFMANN, 1 9 3 5 , S. 17.

36

CKEDNEB, 1 9 3 7 , S . 3 8 0 , S . 3 8 9 ; D O B B Y , 1 9 5 2 , S . 1 3 1 ; SPATE, 1 9 5 7 , p . 8 8 , p . 9 3 .

S. a. v. FÜRER-HAIMENDORF, 1947, S. 67, S. 121 (dichter Urwald im Tal des Dikhu und bei Oting); WOODTHORPE, 1882, p. 58 (dichter Dschungel in den Flußtälern nahe der Assam-Ebene); SMITH, 1925, p. 3 und DEWAB, 1935, p. 150 (BergMischwald in den höheren Lagen des Gebietes der Ao und der Burma-Naga).

55

den hochwüchsigen Regen wald" zeigen. Während CREDNER37 diese Bambusvorkommen, die Bestandteil der Sekundärvegetation auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Rodungsflächen sind 3 8 , nur im Zusammenhang mit der Regenwaldlandschaft erwähnt, hebt G R A V E N H O R S T 3 9 hervor, daß auch auf den höheren Bergketten Nordburmas „sich auf verlassenen Brandrodungen große waldlose Flächen mit Bambussen und Farnen einschieben". Der Bambuswuchs hat jedoch nicht nur Bedeutung für die Anbautätigkeit der Naga, er ist zugleich Rohstoffquelle für die verschiedenen Bereiche der handwerklichen Produktion. Bambus findet gemeinsam mit verschiedenen Hölzern in größerem Umfange beim Hausbau Verwendung. Weitere Rohstoffe für den Hausbau liefern Palmen, besonders Levistonia assamica40, und eine zum Dachdecken geeignete Grasart, die anscheinend als Sekundärvegetation auf den alten, brachliegenden J h u m Feldern wächst 4 1 und bei den Eastern R e n g m a 4 2 und den Angami 4 3 , bei denen der Brandrodungsbau stark zurückgegangen ist, sogar eine gewisse Pflege erfährt. Auch der Baumbestand an Erlen, dem man das nötige Brennholz entnimmt 4 4 , wird sorgfältig gepflegt. Damit sind die natürlichen Ressourcen der Pflanzenwelt aber noch nicht erschöpft. Die Bewohner des Kalyo-Kengyu-Dorfes Pangsha verweben als einzigen Rohstoff Rindenfasern. 4 5 Die Chang benutzen neben eingetauschter Baumwolle ebenfalls Material von wildwachsenden Faserpflanzen. 4 6 I n allen Gegenden des Naga-Landes werden aus einer ganzen Anzahl Pflanzen (aus Wurzeln, Rinde, Blättern und Blüten) Farben gewonnen, mit denen man die handgewebten Textilien und anderes Material gelb, braun, rot und blau f ä r b t . 4 7 Walnußblätter und Wurzeln und Stengel einer rötlichen Kletterpflanze liefern Betäubungsmittel, die beim Fischfang benutzt werden. 4 8 Ein Gemisch aus dem 37 C R E D N E R , 1 9 3 7 , 38

S. 3 8 5 .

S. a. KAUFFMANN,

1 9 3 5 , S. 18.

(1834, p. 125) berichtet aus dem Gebiet der Kubos (Kabui) von Bergen „covered with a dense bamboo jungle ". Sicher haben wir es auch hier mit einem Hinweis auf ehemalige Brandrodungen zu tun. GRANT

39

GRAVENHORST,

1 9 3 2 , S. 2 2 .

Die Northern Sangtam sichern ihren Bambusbestand in Dorfnähe vor Viehschaden, indem sie die Gebüsche einhegen ( K A U F F M A N N , 1 9 3 9 , S . 2 1 7 ) . 40

MASTERS, 1 8 4 4 , p . 7 1 0 ; MILLS, 1 9 2 2 , p . 3 0 .

41

PRAIN, 1 8 8 7 , p.

«

MILLS,

486.

1937a, p. 87.

43

HUTTON, 1 9 2 1 , p. 7 7 ; PRAIN, 1 8 8 7 , p.

44

MILLS,

1937a, p. 48;

PRAIN,

45

v. FÜRER-HAIMENDORF,

46

KAUMMANN,

47

48

56

1 9 4 7 , S.

1 9 4 4 , S. 3 3 1 .

484.

1887, p.486. 187.

v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1947, S. 169; H O D S O N , 1911, p. 45; H U T T O N , 1921,pp. 6 2 - 6 3 ; M I L L S , 1922, pp. 3 7 - 3 8 ; M I L L S , 1926, p. 93; M I L L S , 1937a, p. 66; P R A I N , 1887, p. 488; S M I T H , .1925, p. 39; W A T T , 1887, p. 364. B A S T I A N , 1881, S. (155); H U T T O N , 1921, pp. 89-90; H U T T O N , 1921a, pp. 8 3 - 8 4 ; M I L L S , 1922, pp. 7 0 - 7 1 ; M I L L S , 1926, p. 141; M I L L S , 1937a, pp. 106-107; P R A I N , 1887, p. 483.

Saft zweier Ficusarten dient zur Herstellung von Leimruten für den Vogelfang.« Darüber hinaus liefert die natürliche Pflanzenwelt in gewissem Umfang Nahrungsmittel, die besonders in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten konsumiert werden. Es handelt sich hierbei besonders um Yams, Spinat, Sauerampfer, Nesseln, Pilze, Farne, Orangen und Gelbwurz; die Lhota sammeln die Blätter einer Kletterpflanze, die als pan in der Literatur erwähnt werden (zusammen mit Betelnuß und Kalk werden sie gekaut). 50 Hinsichtlich der Auswirkungen auf das traditionelle Wirtschaftsleben ist die Tierwelt der Naga-Berge von zweifacher Bedeutung. 51 Muntjak (barking-deer), Sambarhirsch (sambhur), Hirschziegenantilope (serow), Wildschwein, Gaur (mithan), Tauben, Fasane u. a. werden aus Gründen der Beschaffung zusätzlicher Fleischnahrung gejagt. 52 Affen, Ratten und Wildschweine richten große Flurschäden an; die Makaken fallen sogar über die gespeicherten Reisvorräte her. 53 Deshalb macht man auf sie ebenso Jagd wie auf Tiger und Leopard, die zuweilen Haustiere reißen.54 Eine gewisse Bedeutung für die Ernährungssituation der Naga darf auch der wilden Felsenbiene beigemessen werden, deren Honig von verschiedenen Stämmen eingesammelt wird. 55 Die Rengma schätzen Hornisseneier als Delikatesse. 56 Die Wasserversorgung im Naga-Gebiet kann im großen und ganzen als ausreichend bezeichnet werden. Lediglich P E A L berichtet aus dem Konyak-Dorf Longhong von gewissen Schwierigkeiten in der Wasserbeschaffung.57 In der Regel liegen die Wasser quellen auf einem niedrigeren Bodenniveau als die Siedlungen, so daß — nach einheitlicher Aussage aller Autoren 58 — die Bereitstellung der täglich benötigten Menge Trink- und Brauchwassers mit erheblichem •Arbeitsaufwand verbunden ist; in langen Bambuszylindern schleppen Frauen und Mädchen allmorgendlich das Wasser auf dem Rücken den Hang zum Dorf hinauf. P E A L sah oft „kleine Tröge aufgestellt, welche bestimmt waren, das von den Felsen herabtropfende Nass aufzufangen, die aber meist nichts als dünnen Schmutz enthielten". 59 Die Zeit etwa zwischen zehn und zwölf Uhr bezeichnen die Wakching-Leute als „ak-Sheang-yang-e" („Schweine-Wasser «

M I L L S , 1922, p . 68.

50

BISWAS/KUMARAN, HUTTON,

1951,

p. 109;

1921, p . 93, p . 9 6 ;

DAS,

1937,

p. 441;

LEWIN/MCCULLOCH,

HODSON,

zit. b. HODSON,

1911,

p. 59;

1911,

p. 51;

M I L L S , 1922, p . 58, p . 8 2 : P R A I N , 1887, p . 486. S. K A U F M A N N , MILLS,

53

SMITH, 1925, p p :

54

1935, S . 18.

1922, p. 64, p. 67;

52

MILLS,

1937a, pp. 99-101, p. 103;

SMITH,

1925, pp.

4-5.

4-5.

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1947, S. 78.

57

1921, p. 236; H U T T O N , 1921a, p. 72; M I L L S , 1937a, pp. 105-106. P E A L , 1 8 9 8 , S . 323f.

58

v. FÜRER-HAIMENDORF,



1902, p. 451; H U T T O N , 1921, pp. 49-50; H U T T O N , 1921a, p. 37, p. 116; M I L L S , 1926, pi 160; M I L L S , 1937a, p. 127; P E A L , 1881, p. 16. P E A L , 1 8 9 8 , S . 323f.

55

56

HUTTON,

PRAIN,

1887, p. 486.

1941, S. 1 0 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

1947, S. 3 6 ;

FUR-

NESS,

57

trocken"), was nichts anderes bedeutet, als daß der Trank der Schweine in den Trögen eintrocknet". 60 Die von P E A L erwähnten Tröge dürften somit ebenfalls zur Versorgung der Haustiere mit Wasser aufgestellt gewesen sein. Bis auf eine tiefe, beschattete Wassermulde in Wakching 6 1 sind keine Wasserreservoire aus den Naga-Bergen belegt. K A T J F F M A N N betont, daß der von ihm im Dorf Mao aufgespürte Tank ausschließlich ein memorial monument sei: „Though its dirty moskito breeding water may be used, e. g. as a watering place for cattle, it has no practical purpose." 62 I n der Landwirtschaft begnügen sich die Jhum-Bauern mit den natürlichen Niederschlägen. Die Naßreisbauern dagegen bewässern gewöhnlich ihre Terrassenfelder, indem sie das Wasser von Bächen und kleinen Flüssen ableiten. 63 Nagaland ist im Hinblick auf Bodenschätze noch so gut wie unerforscht. I m nordöstlich angrenzenden Gebiet des assamesischen Lakhimpur District, bei Margherita und Digboi, werden Steinkohle und Erdöl gefördert; in den Barail ranges waren Schürfungen nach diesen Bodenschätzen in jüngster Zeit erfolgreich. 64 Welche Rohstoffe liefert der Boden jedoch für die traditionelle Wirtschaft der Naga? Abgesehen von Steinmaterial, das zu Schmiedehämmern verschiedener Größe, zweifach durchbohrten Konstruktionsteilen für Blasebälge oder Unterlagen zum Glätten und Schärfen verschiedenen Werkzeugs verarbeitet wird 65 , sind die örtlichen Ton- und Salzvorkommen 66 von Bedeutung. Sie liefern die Rohstoffe für zwei handwerkliche Tätigkeiten, deren Produkte auf Grund des regional begrenzten Auftretens der Rohstoffe nicht selten zum Gegenstand eines Warenaustausches werden. 2. Bodenbau Das traditionelle Wirtschaftsgefüge der Naga-Gesellschaft wird in entscheidendem Maße vom Bodenbau, dem wichtigsten Zweig der Nahrungsgewinnung, bestimmt. MILLS' Feststellung: „ E v e r y Naga is an agriculturist and his life depends on what he grows" 6 7 , mag für viele 68 stehen; sie trifft auf alle Stämme 60

v . FÜKER-HAIMENDOKF,

61

v . FÜRER—HAIMENDORF,

1 9 4 1 , S . 10.

62

K A U F F M A N N , 1955, p . 190.

1 9 4 1 , S . 8.

63 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 73. 64 S P A T E , 1 9 5 7 , p . 5 7 2 . 65 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 63, p . 6 7 .

"

Ton: H O D S O N , 1911, p. 47; H U T T O N , 1921, p. 64; H U T T O N , 1921a, p. 53; M I L L S , 1922, pp. 40-41; M I L L S , 1926, pp. 94-95; M I L L S , 1937a, p. 68; S M I T H , 1925, p. 36. Salz: H O D S O N , 1911, p. 48; H U T T O N , 1921, pp. 70-71; K A U F F M A N N , 1939, S . 218; M C C O S H , 1836, p. 208; R O B I N S O N , 1841 (1959), pp. 56-58. M I L L S , 1935g, p. 132.

68

D A S , 1937, p . 4 4 1 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

66

1947,

S.

102;

FURNESS,

1902, p. 446;

1933, S. 10; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

HODSON,

1911, p. 39; H U T T O N , 1921a, p. 59;

K A U F F M A N N , 1939, S. 2 1 6 ; M I L L S , 1922, p . 4 5 ; M I L L S , 1926, p . 1 0 7 ; M O L Z , 1909, S. 5 5 ; P R A I N , 1887, p . 4 7 5 ; S M I T H , 1925, p . 36.

58

trocken"), was nichts anderes bedeutet, als daß der Trank der Schweine in den Trögen eintrocknet". 60 Die von P E A L erwähnten Tröge dürften somit ebenfalls zur Versorgung der Haustiere mit Wasser aufgestellt gewesen sein. Bis auf eine tiefe, beschattete Wassermulde in Wakching 6 1 sind keine Wasserreservoire aus den Naga-Bergen belegt. K A T J F F M A N N betont, daß der von ihm im Dorf Mao aufgespürte Tank ausschließlich ein memorial monument sei: „Though its dirty moskito breeding water may be used, e. g. as a watering place for cattle, it has no practical purpose." 62 I n der Landwirtschaft begnügen sich die Jhum-Bauern mit den natürlichen Niederschlägen. Die Naßreisbauern dagegen bewässern gewöhnlich ihre Terrassenfelder, indem sie das Wasser von Bächen und kleinen Flüssen ableiten. 63 Nagaland ist im Hinblick auf Bodenschätze noch so gut wie unerforscht. I m nordöstlich angrenzenden Gebiet des assamesischen Lakhimpur District, bei Margherita und Digboi, werden Steinkohle und Erdöl gefördert; in den Barail ranges waren Schürfungen nach diesen Bodenschätzen in jüngster Zeit erfolgreich. 64 Welche Rohstoffe liefert der Boden jedoch für die traditionelle Wirtschaft der Naga? Abgesehen von Steinmaterial, das zu Schmiedehämmern verschiedener Größe, zweifach durchbohrten Konstruktionsteilen für Blasebälge oder Unterlagen zum Glätten und Schärfen verschiedenen Werkzeugs verarbeitet wird 65 , sind die örtlichen Ton- und Salzvorkommen 66 von Bedeutung. Sie liefern die Rohstoffe für zwei handwerkliche Tätigkeiten, deren Produkte auf Grund des regional begrenzten Auftretens der Rohstoffe nicht selten zum Gegenstand eines Warenaustausches werden. 2. Bodenbau Das traditionelle Wirtschaftsgefüge der Naga-Gesellschaft wird in entscheidendem Maße vom Bodenbau, dem wichtigsten Zweig der Nahrungsgewinnung, bestimmt. MILLS' Feststellung: „ E v e r y Naga is an agriculturist and his life depends on what he grows" 6 7 , mag für viele 68 stehen; sie trifft auf alle Stämme 60

v . FÜKER-HAIMENDOKF,

61

v . FÜRER—HAIMENDORF,

1 9 4 1 , S . 10.

62

K A U F F M A N N , 1955, p . 190.

1 9 4 1 , S . 8.

63 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 73. 64 S P A T E , 1 9 5 7 , p . 5 7 2 . 65 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 63, p . 6 7 .

"

Ton: H O D S O N , 1911, p. 47; H U T T O N , 1921, p. 64; H U T T O N , 1921a, p. 53; M I L L S , 1922, pp. 40-41; M I L L S , 1926, pp. 94-95; M I L L S , 1937a, p. 68; S M I T H , 1925, p. 36. Salz: H O D S O N , 1911, p. 48; H U T T O N , 1921, pp. 70-71; K A U F F M A N N , 1939, S . 218; M C C O S H , 1836, p. 208; R O B I N S O N , 1841 (1959), pp. 56-58. M I L L S , 1935g, p. 132.

68

D A S , 1937, p . 4 4 1 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

66

1947,

S.

102;

FURNESS,

1902, p. 446;

1933, S. 10; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

HODSON,

1911, p. 39; H U T T O N , 1921a, p. 59;

K A U F F M A N N , 1939, S. 2 1 6 ; M I L L S , 1922, p . 4 5 ; M I L L S , 1926, p . 1 0 7 ; M O L Z , 1909, S. 5 5 ; P R A I N , 1887, p . 4 7 5 ; S M I T H , 1925, p . 36.

58

Nagalands, Maiiipurs 69 und Nordwestburmas zu. I n einer vergleichenden Studie beschäftigt sich K A U F F M A N N mit der „Landwirtschaft als der wirtschaftlichen Grundlage" bei den Bergvölkern von Assam und Nordburma, wobei er dem Naga-Material breiten Raum gewährt. Er unterscheidet die in dem genannten Gebiet auftretenden Landbauformen nach den beim Anbau verwendeten Geräten, dem Verhältnis des Landbaus zur Siedlung und nach der Intensität der Bodennutzung. 70 Während der erste Komplex lediglich das wichtigste Produktionsinstrument zum Kriterium der Klassifizierung hat, und der zweite sehr summarisch den „Landbau" mit dem zeitlichen Umfang der Nutzung des Siedlungsplatzes verknüpft, beinhaltet der dritte Komplex eine Fülle von Ansatzpunkten für die Untersuchung des Produktionszyklus, der Arbeitsorganisation und auch der Eigentumsverhältnisse. I m Hinblick auf die Intensität der Bodennutzung sind in den Naga-Bergen deutlich zwei Formen der landwirtschaftlichen Produktion zu unterscheiden: der Brandrodungs- und der Irrigationsbodenbau. Bei den Angami 7 1 herrscht allgemein der Irrigationsbodenbau vor. I n den den Angami benachbarten Siedlungen der Eastern Rengma 7 2 , den Sema 73 , der Western Rengma 7 4 , der Kacha Naga 75 und der Tangkhul 7 6 — aber auch in den Chiru-Dörfern im Tal des Imphal river 7 7 — ist diese Anbauform in den vergangenen Jahrzehnten übernommen worden. Sieht man von diesen „Grenz-"Siedlungen ab, so muß man feststellen, daß im gesamten Naga-Land — angefangen bei den Konyak über die Ao, Lhota, Sema, Sangtam, Chang und Yimsungr bis zu den Kalyo-Kengyu, den BurmaNaga und den übrigen Manipur-Naga — der Brandrodungsbodenbau die dominierende Form der landwirtschaftlichen Produktion bildet. J h u m (Brandrodungsbau) In der Naga-Literatur begegnet man ständig dem Begriff jhüm, einer assamesischen Bezeichnung, unter der nach den Worten W O O D T H O R P E S ein an einem Berghang gelegenes Feldstück zu verstehen ist, dessen Dschungel niedergeschlagen und abgebrannt 7 8 und dadurch zum Anbau vorbereitet worden ist. 69

Einschließlich der Chiru, die hier — M U L L A N folgend — als Teil der Manipur-Naga betrachtet werden (vgl. DAS, 1937, p. 440).

70

KATJFFMANN, 1 9 3 5 , S. 2 0 .

71

v. FÜRER-HAIMENDORF/MILLS,

1936, S. 9 2 2 ; SHAKESPEAR, 1 9 1 4 , p.

206.

1937a, p. 86. H U T T O N , 1921a, p. 59. M I L L S , 1935a, p. 131; M I L L S , 1937a, p. 76.

72 M I L L S , 73 7

«

75 7

HUTTON, 1921, p.

« KLEMM, 1 8 9 8 , S.

77 78

352. 297.

Nach H O D S O N ( 1 9 1 1 , p. 5 0 ) besitzen auch die Mao, Maram und Mayang Khong ausgedehnte Irrigationsterassenfelder. D A S , 1937, S. 442. WOODTHOEPE,

1882, p.

199.

In Burma ist dafür der Begriff taungya allgemein üblich ( D O B B Y , 1 9 5 2 , S. bei den Shan heißt es hay und bei den Kachin yi ( W E H R L I , 1 9 0 6 , S. 9 4 ) .

149);

59

CONKLIN definiert „any continuing agricultural system in which impermanent clearings are cropped for shorter periods in years then they are fallowed" 7 9 als Brandrodungsbodenbau (shifting cultivation). Die wenig intensive Bearbeitung des Bodens bei der Brandrodung bedingt ein relativ schnelles Erschöpfen desselben und gleichzeitig — unter den Bedingungen des warmgemäßigten, periodisch-feuchten Monsunklimas — ein schnelles Emporwuchern der Sekundärvegetation. Aus diesen Gründen ist die Brache ein integrierender Bestandteil der auch bei anderen Assam-Völkern 8 0 jhurn genannten Form der agrarischen Produktion. In seinem Schema zur Untersuchung der Fragen des Brandrodungsbodenbaus gliedert CONKLIN die Feldarbeiten in Arbeiten zur Beseitigung der Altvegetation und Arbeiten zur Kontrolle der neuen Vegetation. 8 1 Eine solche Gliederung der Arbeiten mit schematischer Beschränkung auf die Behandlung der Vegetation wird jedoch dem komplexen Charakter des Produktionsprozesses beim Brandrodungs-Brache-System nur unzureichend gerecht. I n allen Gemeinwesen der Naga-Jhum-Bauern gliedern sich die Arbeiten im Prozeß der agrarischen Produktion in folgende Abschnitte 8 2 : Phase 1 — Arbeiten zur Anlage des Feldes ( = removal of old vegetation bei CONKLIN), Phase 2 — Arbeiten zum Schutz des Feldes vor Witterungseinflüssen, Phase 3 — Arbeiten zur Vorbereitung der Aussaat, Phase 4 — die Aussaat, Phase 5 — Arbeiten zum Schutz der Pflanzung vor Unkraut und Wild, Phase 6 — Ernte- und Druscharbeiten und schließlich Phase 7 — nötige Nebenarbeiten, wie das Säubern der Feldwege und das Errichten der Feldhütten. Phase 1 : Schon bald nach dem Einbringen der Ernte wird beraten, welche Flurstücke in der nächsten Anbausaison unter Kultur genommen werden sollen. 8 3 I n den ersten Wochen der kalten Jahreszeit wird das vorgesehene Areal mit dem Haumesser (dao) gerodet. Das Unterholz und junge B ä u m e werden umgehauen 8 4 , große Bäume läßt man stehen, ästet sie aber stark aus, damit sie das Feld nicht beschatten. 8 5 H U T T O N zufolge schlagen die Sema, im Gegensatz zu den Lhota, auch die Bäume nieder. 8 6 An anderer Stelle erwähnt der gleiche Autor ein interessantes Detail der Feldanlage bei den Sema: Um die Rodung herum wird ein Streifen des Dschungels stark gelichtet „to let sun '9 CONKLIN, 1 9 6 1 , p . 2 7 . 80

BABTTAH, 1 9 6 0 , p . 3 5 ; GURDON, 1 9 1 4 , p . 4 0 ; STACK/LYALL, 1 9 0 8 , p . 1 1 .

SI CONKLIN, 1 9 6 1 , p . 2 9 . 82

KAUFFMANN (1935, S. 28£F.) gliedert die Technik des Anbauens

in: Roden, Nieder-

brennen, Düngung, Feldreinigung, Behacken des Feldes, Schutz vor Abspülung des Bodens, Aussaat, Wartung, Ernte, Dreschen und Einbringen. 83

DAS, 1 9 3 7 , S. 4 4 8 ; v . FÜBEB-HAIMENDORF, 1 9 3 8 , p . 3 5 6 ; v . FÜREB-HAIMENDOBF, 1 9 4 1 , S. 9 5 ; v . FÜBEB-HAIMENDOBF, 1 9 4 7 , S. 1 0 2 .

84 F I S H E B , 1 8 4 0 , p . 8 2 2 ; v . FÜBEB-HAIMENDOBF, 1 9 4 7 , S. 1 0 3 ; MILLS, 1 9 2 2 ; p . 4 6 . 85 MILLS, 1 9 2 6 , p . 1 1 0 ; P E A L , 1 8 9 3 , p . 2 6 0 . 86

60

„Neither do they (the Semas, W. H) all imitate, at any rate to the same extent, the excellent Lhota practice of stripping the trees of all their branches and leaving a bunch of green leaf at the top so that the tree does not die, . . . On the contrary, many of them cut the trees down and burn them entirely" (HUTTON, 1921a, p. 60).

and air to the field, but which cannot be itself cultivated owing to its nearness to the high growth of the jungle". Das Unterholz wird hier nur oberflächlich beseitigt, und die großen Bäume bleiben ausgeästet stehen. 87 Bei den Lhota ist es üblich, unten am Hang mit dem Roden zu beginnen.88 Ist das Roden beendet, läßt man die niedergeschlagene Vegetation in den folgenden Wochen verdorren. Der Zeitpunkt für das Abbrennen variiert bei den einzelnen Stämmen. J e nach den natürlichen Gegebenheiten liegt er im Januar oder Februar — so z . B . bei den Konyak 89 —, während die Ao, die Lhota und die Rengma diese Feldarbeit Ende Februar/Anfang März 90 verrichten. In den südlichen Dörfern der Western Rengma wartet man die Zühüli-Zeremonie, die in den ersten Januartagen stattfindet, ab, prüft jedoch den Trockenheitsgrad des gerodeten Holzes. 91 Daß man, wie K A U F F M A N N (sich auf L E W I N / M C C U L L O C H stützend) schreibt, „die ersten Regenfälle, die die Asche festlegen", abwartet 92 , findet sich in der Literatur kein zweites Mal belegt. Wohl vorwiegend aus Sicherheitsgründen wird die Rodung an der talwärts gelegenen Seite angezündet93, so daß sich das Feuer den Hang hinaufzieht und schließlich an der Mauer-des lebenden Dschungels erlischt. Trotz gewisser Vorkehrungen, die insbesondere dem Schutze der eigenen und auch der benachbarten Siedlungen dienen 94 , greift der Rodungsbrand häufig auf das dürre Unterholz des grünen Waldes über 95 , so daß in den Naga-Bergen „hundreds of square miles are accidently burnt every year and rendered unfit for cultivation for several seasons". 96 Phase 2: Einige Tage nach dem Abbrennen wird das gerodete Areal gesäubert. 97 In dieser Phase des Arbeitsprozesses lassen sich die einzelnen Arbeitsvorgänge nicht exakt voneinander trennen. Sie gehen ineinander über. Mit dem Räumen der Rodung, dem Fortschaffen der großen Steine und des ungenügend verbrannten Holzes gehen die Arbeiten zur Anlage des Feldes und zur Beseitigung der Altvegetation zu Ende. Oft werden die zu beseitigenden Steine, halbverbrannten Stämme und Äste als Material bei den gleichzeitig durchgeführten Arbeiten zur Sicherung der Feldanlage vor unerwünschten Witterungseinflüssen verwendet. Da die Jhum-Felder stets an mehr oder weniger steilen Berghängen liegen, besteht ständig die Gefahr, daß die heftigen Niederschläge in der Regenzeit die nicht sehr dicke Schicht fruchtbaren Bodens fortHUTTON,

1921a, p.

343,

n.

1.

88 M I L L S , 1 9 2 2 , p . 4 6 . 89

v. FÜRER-HAIMENDORF,

90

MILLS,

91 M I L L S ,

1926, p. 111; 1937a, p. 79.

1947, S. 103.

SMITH,

1925, p.

4 0 ; MILLS,

92

KAUFFMANN, 1 9 3 5 , S. 30.

93

v. FÜRER-HAIMENDORF, 1947,

94

L E W I N / M C C U L L O C H , zit. b . HODSON, 1 9 1 1 , p . 5 1 ;

95

S. 1 0 3 ; MILLS,

1922, p.

4 6 ; MILLS,

1922, p. 4 7 ;

MILLS,

1937a,p.

1926, p.

80.

111.

SMITH, 1 9 2 5 , p . 4 0 .

zit.b. H O D S O N , 1911, p. 52. 1935g, p. 135. M I L L S , 1926, p. 113; M I L L S , 1922, p. 47; H U T T O N , 1921a, p. 60; p. 77; W O O D T H O R P E , 1882, p. 199; M I L L S , 1937a, p. 80. LEWIN/MCCULLOCH,

»6 M I L L S , 97

HUTTON,

1921,

61

schwemmen. Alle «Thum-Bauern des Naga-Landes treffen bestimmte Maßnahmen, um dieser Gefahr vorzubeugen. Gewöhnlich werden Baumstämme in unregelmäßigen Abständen quer zur Hangneigung auf dem Feld ausgelegt. 98 Da sich hier der abgeschwemmte Boden staut, entstehen ungewollt kleine Terrassen. Bei größerer Hangneigung ist die Errichtung von größeren Stützwerken für den Boden unerläßlich." Die Marring Naga in Manipur errichten zu gleichem Zweck „diagonal trenches across their jhums". 100 H U T T O N berichtet außerdem, daß die Erlen, die man im Jhum-Feld stehenläßt oder sogar extra anpflanzt, um das Nachwachsen der Sekundärvegetation während der Brachezeit zu beschleunigen, gleichzeitig dem Boden Halt geben und ein übermäßiges Abtragen beeinträchtigen. 101 Phasen 3 und 4: Die Arbeiten zur Vorbereitung der Aussaat umfassen die Bereitstellung des Saatgutes (die hier unbeachtet bleiben darf), die Bearbeitung des Bodens und das Düngen. Nach dem Abbrennen und dem Säubern der Rodung ist das Feld mit einer geringen Ascheschicht bedeckt. Daß die Asche die Bodenfruchtbarkeit erhöht, ist den Naga bewußt. Bei den Lhota erzählt man sich, man sei, nachdem man die prächtigen Ernten sah, die Lutaba (der Gründer eines bestimmten „Unterclans") erzielte, seinem bahnbrechenden Beispiel gefolgt und brenne seit dieser Zeit den Dschungel nieder. 102 Überall wird die Asche bei der Bearbeitung des Bodens mit der Erde vermengt. 103 Dazu benutzt man den Dao, eine Hacke mit Eisenblatt oder einen Grabstock. 104 Der Boden erfährt hierdurch lediglich eine oberflächliche Auflockerung. 98

Angami — H U T T O N , 1921, p. 76; Konyak - H U T T O N , 1929, p. 28; H U T T O N , 1926, p. 72; Phom - H U T T O N , 1929, p. 18; Manipur-Naga — L E W I N / M C C U L L O C H , zit. b. H O D S O N , 1 9 1 L,p. p. 54; s. a. WOODTHORPE,

99

1882, p. 199; STEWART, zit. b. GODDEN,

53;HODSON,

1911,

1898, p. 8.

Konyak - H U T T O N , 1 9 2 9 , p. 2 9 ; H U T T O N , 1 9 2 6 , p. 7 2 ; Lhota - M I L L S , 1 9 2 2 , p. 4 7 ; Sema - H U T T O N , 1 9 2 6 , p. 7 3 . In den Angami-Dörfern Khonoma und Mozema „these dry cultivation terraces are very well built of dry undressed masonry" (HUTTON, 1926, p. 73).

100 H U T T O N ,

1928, p. 3 3 4 , n. 2.

101 H U T T O N , 1 9 2 9 , p . 1 8 , p . 2 8 , p . 6 2 . 102 M I L L S , 1 9 2 6 , p . BECKER,

1927,

111. S. 3 3 6 ; DALTON/FLEX, 1873, S. 2 6 1 ; DEWAR,

1935, p. 161;

ER, 1 8 4 0 , p . 8 2 3 ; v . FÜRER-HAIMENDORF, 1 9 4 7 , S. 1 0 3 ; GAIT, 1 9 2 6 , p . 3 4 5 ;

FISHHUT-

1921, p. 440; H U T T O N , 1921a, p. 60; L E W I N / M C C U L L O C H , zit. b. H O D S O N , 1911, p. 52; M A S T E R S , 1844, p. 710; M I L L S , 1937a, p. 76; S H A K E S P E A R , 1914, p.

TON,

2 0 6 ; SMITH, 1 9 2 5 , p . 4 0 ; STEWARD, z i t . b . G O D D E N , 1 8 9 8 , p . 7. 10'' S . B A L F O U R , 1 9 1 7 ; B U T L E R , 1 8 7 5 , p . 3 2 4 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

1947, S.

104;

1911, p. 39; H U T T O N , 1921, pp. 7 8 - 7 9 ; H U T T O N , 1921a, pp. 6 6 - 6 7 ; K A U F F M A N N , 1935, S . 45ff.; K A U F F M A N N , 1939, S . 2 1 7 ; M I L L S , 1922, p. 47; W A T T ,

HODSON,

1887, p. 3 6 7 ; WOODTHORPE,

1882, p.

62.

Die Sema verwenden zuweilen eine Holz- oder Bambuskeule zum Zerschlagen von Erdklumpen ( H U T T O N , 1 9 2 1 , p. 6 7 ) . 62

Bei der Aussaat von Reis und Hirse auf den Jhum-Feldern sind zwei Methoden verbreitet, das breitstreuende Auswerfen bei den Angami, Rengma, Ao, Chang, Konyak und einigen Manipur-Naga 105 und das Hineinlegen in kleine mit Dao, Hacke oder Pflanzstock gemachte Vertiefungen bei Lhota, Sema und einigen Konyak. Stets werden die Körner unmittelbar nach der Aussaat leicht mit Erde bedeckt, wobei man jeweils das gleiche Gerät zu Hilfe nimmt. 1 0 6 Phase 5: Die zeitlich auf die Aussaat folgenden agrarischen Betätigungen lassen sich als Arbeiten zum Schutze der Pflanzung definieren. Der sprießenden Kultur droht von zwei Seiten Gefahr. Das nur wenige Zentimeter tief gehende Lockern des Bodens vor dem Säen reicht nicht aus, um das Hervorbrechen der auf dem Feld als Unkraut unerwünschten Gräser und sonstigen schnellwüchsigen Pflanzen der Brachevegetation in genügendem Maße zu hemmen. Deshalb ist es notwendig, das Feld mehrere Male zu säubern.107 Die Besonderheiten der zwei verschiedenen Sämethoden wirken sich bei den Jätarbeiten aus. Mag das sorgsamere Körnerlegen auch zeitaufwendiger sein als das Auswerfen, so erleichtert es doch wesentlich das Ausziehen des Unkrauts zwischen den einzelnen ReisHestern". Bei ausgeworfener Saat stehen die Reishalme stellen weis so dicht 108 , daß sie beim Jäten in Mitleidenschaft gezogen werden. Diese Gefahr ist bei Verwendung von Jäthacken mit Eisenblatt größer als bei Benutzung der selbstgefertigten Bambus jätschlingen. 109 Trotzdem verdrängt das Eisengerät die Bambusschlinge immer mehr, da letztere — trotz leichter Herstellung — mehrere Monate lang trocknen muß und ihr Verschleiß beim Jäten — bis zu sieben Stück je Arbeiter und Tag — zu groß ist. 110 Das gejätete Unkraut wird zu Haufen zusammengeworfen und zum Feldrand getragen. 111 Die zweite Gefahr während der Zeit des Wachsens und Reifens droht der Pflanzung von Seiten des Wildes, des Ungeziefers und der Vögel. 1 1 2 Wildschweine, Affen und Ratten richten den größten Schaden an, aber auch Muntjak, Sambar und Serow sowie Eichhörnchen fallen in die Felder ein. In den an die AssamEbene grenzenden Gebiete des Ao-, Lhota-und Konyak-Landes 1 1 3 verwüsten "'S V g l . K A U F F M A N N , 106

V-

1 9 3 5 , S . 3 3 ; s. a . M I L L S , 1935C, p . 1 4 5 ; M I L L S , 1 9 3 5 d , p . 145.

FÜBER-HAIMENDOBF,

1947, S. 105 u. Abb. 24; H U T T O N , 1921a, p. 66;

HUTTON,

1929, p p . 2 8 - 2 9 ; MASTERS, 1844, p . 7 1 0 ; M I L L S , 1922, p . 4 9 ; M I L L S , 1926, p . 114;

MILLS, 1935a, p . 131; MILLS, 1937a, p . 79; P E A L , 1874, p. 478. 107

Die Angami jäten die Jhum-Felder drei- bis sechsmal (HUTTON, 1921, p. 77), die A o bis zu f ü n f m a l (SMITH, 1925, p. 40), die L h o t a zwei- bis sechsmal (MILLS, 1922, p. 48) und die K o n y a k zweimal (PEAL, 1898, S. 320). S. a. v . F Ü B E R - H A I M E N D O B F ,

1947, S

105; LEWIN/MCCULLOCH, zit. b. HODSON,

1911, p. 53; MILLS, 1937a, p. 82. tos H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 3 5 4 .

109 HUTTON, 1921a, 67. 110

BALFOUR,

1917, p. 105;

HUTTON,

1921, p. 78;

HUTTON,

1921a, p. 67;

KAUFF-

M A N N , 1939, S. 217. 111

M I L L S , 1922, p . 4 9 ; P E A L , 1898, S. 3 2 0 .

112

DEWAR,

1933, p . 2 7 9 ; L E W I N / M C C U L L O C H , z i t . b . H O D S O N ,

1911, p . 5 3 ;

MILLS,

1926, p . 1 2 1 ; M I L L S , 1937a, p . 3 1 4 ; SMITH, 1925, p . 40. 1J:I

M I L L S , 1922, p . 5 2 ; SMITH, 1925, p . 4 0 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

1 9 4 7 , S . 67.

63

wohl auch Elefanten die Felder. Jhum-Flächen größeren Ausmaßes werden weniger von den Vogelscharen heimgesucht. 114 Die getroffenen Schutzmaßnahmen reichen vom täglichen Aufsuchen der Pflanzung und regelrechten Tag- und Nachtwachen auf Beobachtungsplattformen 1 1 5 über Schutzzäune, besonders gegen Wildschweine 1 ir>, bis zum Verscheuchen der Tiere durch Erzeugung von L ä r m 1 1 7 oder durch optisch wirkende Mittel. 1 1 8 Um die Jhum-Felder vor dem Rindvieh zu schützen, lassen es die Angami in der den Feldern entgegengesetzten Richtung weiden. 119 Phase 6: Der zeremonielle Erntebeginn leitet im Wirtschaftsjahr der JhumBauern einen Zeitabschnitt ein, in dessen Verlauf der Umfang und die Intensität der Arbeit auf den Feldern ihren Höhepunkt erreichen. Während in der Periode des Wachsens und Reifens des Reises relativ häufig die sogenannten „Genna "Tage 1 2 0 die laufenden Feldarbeiten unterbrechen, läßt das zu bewältigende Arbeitspensum bei der Ernte (von Mitte August bis in den November hinein) 121 keine zeitliche Verzögerung zu; die mit der Ernte in Beziehung stehenden „Gennas" markieren lediglich — sieht man von ihrem religiös-magischen Aspekt ab — die zeitliche Begrenzung der Anbauphase. 1 2 2 Der Arbeitsanfall bei der Ernte ist so groß, daß alle verfügbaren Kräfte darauf konzentriert werden. 1 2 3 Besonders deutlich belegt H O D S O N diese Dring LU H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 1 4 1 ; M I L L S , 1 9 2 6 , p .

109.

1935, pp. 160-161; M I L L S , 1922, p. 52. H U T T O N , 1921a, p. 66; P E A L , 1872, p. 23 n.; P E A L , 1893, p. 260. Blasen, auf Bambustrompeten, Zusammenschlagen von Bambus oder Hölzern und Verbrennen von Bambus, der im Feuer mit lautem Knall zerbirst ( M I L L S , 1922, p. 52). Die Sema spalten Stöcke oder Bambus und stellen sie im Feld auf, damit die Tiere vor dem Hell der Innenflächen scheuen. Dem gleichen Zweck dienen die weißlichen Blätter einer bestimmten Pflanze (HUTTON, 1921a, pp. 65—66). Die Rengma bauen entlang des Feldrandes eine Hirseart an; die roten Blätter der jungen Pflanzen verscheuen angeblich die Ratten (MILLS, 1937a, p. 77). I n ähnlicher Weise versuchen die Sema, Wildschweine von der Pflanzung fernzuhalten ( H U T T O N , 1921a, p. 61). DEWAE,

H6 117

118

NO H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 120

121

122 123

64

141.

Im Naga-Assamesisch, der lingua franca Nagalands, ist genna Synonym für „verboten, tabu", aber auch für (Angami) penna = ,,a non-working day (as apposed to Lichu = field going, a working day) on which it is genna, or forbidden, for the village to go to work" ( H U T T O N , 1 9 2 1 , p. 3 ) und (Ao) amung = ein Tag, „on which members of the village must refrain from work outside the village - a Sabbath in fact" ( M I L L S , 1 9 2 6 , p. 8 2 , n. 3 . ) . Der Zeitpunkt der Schnittreife variiert je nach Lage des Feldes, der angebauten Reissorten und anderer Faktoren, so daß nicht auf allen Feldern zugleich geerntet werden kann. S . H U T T O N , 1921a, p. 63; M I L L S , 1922, p. 54; M I L L S , 1937a, p. 85, p. 315; S M I T H , 1925, p. 41. H O D S O N , 1911, p. 172; H U T T O N , 1921, pp. 2 0 0 - 2 0 1 ; H U T T O N , 1921a, pp. 2 2 4 225; M I L L S , 1935g, p. 133; M I L L S , 1937a, pp. 314-315. M I L L S , 1935g, p. 133; S M I T H , 1925, p. 41.

lichkeit für die Manipur-Naga: „Among all these tribes from the day of the first crop genna to the final harvest home all other forms of industry and activity are forbidden. All hunting, fishing, tree and grass-cutting, all weaving, pot making, salt working, games of all kinds, bugling, dancing, all trades are strictly forbidden — are „genna" lest the grain in the ear be lost." 1 2 4 Unter den Naga sind zwei Erntemethoden verbreitet: das Abschneiden der Rispen mittels Sicheln oder Messern und das Ausstreifen der Körner am Halm mit der Hand. 1 2 5 Beide Methoden sind äußerst mühsam und zeitaufwendig, müssen doch in beiden Fällen die Halme einzeln oder in kleinen Bündeln mit der Hand gefaßt werden. Haben Wind und Regen die Halme niedergedrückt, ist die Arbeit noch beschwerlicher. Die abgeschnittenen Rispen werden entweder gehäufelt beiseite gelegt oder gleich in die kegelförmigen Körbe geworfen, in denen das Erntegut zum Dreschen zur Feldhütte transportiert wird. Den Drescharbeiten wird in den Quellen relativ wenig Beachtung geschenkt. Nur M I L L S 126 berichtet, daß die Ao die Schnitterarbeiten zum Abschluß bringen, bevor sie mit dem Dreschen beginnen, und daß bei den Lhota „the unthreshed rice is stored in the field-house till everyone in the village has reaped his crop". Man darf annehmen, daß eine solche Abfolge der Arbeiten in allen jenen Gemeinden üblich ist, in denen der Reis geschnitten wird. 127 Dagegen dürfte der von v. F Ü B E B - H A I M E N D O K F geschilderte Fall, wo auf einem sogenannten „MorungFeld" des Konyak-Dorfes Wakching eine ziemlich starke Gruppe Mädchen und Burschen zur gleichen Zeit erntet und drischt 128 , eine Besonderheit sein, die möglicherweise mit der besonderen Nutzungsweise der „Morung-Felder" bei den Konyak in Zusammenhang steht. Vor der Feldhütte wird das Getreide auf Matten gelegt, auf denen die Körner mit den bloßen Füßen ausgetreten werden. 129 Das von den Sema, Kalyo-Kengyu und Chang geübte Ausstreifen der Körner aus den noch auf dem Halm stehenden Rispen läßt das Ernten und Dreschen zu einem einzigen Arbeitsgang verschmelzen. Ist diese Methode auch sehr mühsam, so senkt sie den Körnerverlust H O D S O N , 1 9 1 1 , p p . 1 6 7 - 1 6 8 ; s. a. D A S , 1 9 3 7 , S. 4 4 1 . ,23

Schneiden mit Sichel:

Aixgami — H U T T O N , 1921, p. 7 9 ; Bengma — M I L L S , 1937a, p. 8 5 ; Lhota - M I L L S , 1 9 2 2 , p. 5 6 ; W.

Ao -

MILLS, 1 9 2 6 , p .

1 2 3 ; SMITH, 1 9 2 5 , p . 4 1 , p .

43;

Schneiden mit Messer: Konyak — v. F Ü B E B - H A I M E N D O K F , 1947, S. 1 1 1 ; Ausstreifen mit der Hand: Sema — H U T T O N , 1921a, pp. 63—64; Kalyo-Kengyu — K A U F F M A N N , 1944, S. 334; Chang - H U T T O N , 1921a, p. 63, n. 1. Die Sema sollen einst den Reis mit dem Dao geschnitten haben. I n gleicher Weise ernten die Chang die Hiobstränen, während sie die Ähren der Hirse mit der Hand abbrechen (HUTTON, 1921a, p. 63, n. 1). »26 M I L L S , 1926, pp. 1 2 3 - 1 2 4 ; M I L L S , 1922, p. 55. 127

Vgl. KAUPFMANN, 1935, S. 36.

128

v. FÜBEB-HAIMENDOBF,

1 9 4 7 , S.

112f.

129

v. FÜBEB-HAIMENDOBF,

1947, S.

112.

HUTTON,

1921, p. 76;

S Hartwig, Naga

MILLS,

1922, p.

5 6 ; MILLS,

1937a, p.

8 5 ; SMITH,

1925, p. 41. 65

auf ein Minimum: H a t man die zu einem Bündel zusammengerafften Rispen über dem Erntekorb „twisted round as in wringing out a cloth" 1 3 0 , so schlägt man die restlichen Körner noch über den Korbrand aus. An der Feldhütte werden dann die ausgestreiften resp. ausgetretenen Körner mit Hilfe eines Worfelkorbes und einer Getreideschwinge von der Spreu befreit. 1 3 1 Zur Bewältigung der letzten Phase der Erntearbeit sind noch einmal große Anstrengungen notwendig. Männer, Frauen und Kinder sind von früh bis spät damit beschäftigt, in den gleichen Erntekörben das Getreide in die Dörfer hinaufzuschaffen und in die Speicher einzulagern. 132 Sonstige Feldarbeiten: I m Laufe der Anbauperiode machen sich einige Nebenarbeiten notwendig. Als temporären Unterschlupf und Wirtschaftsgebäude, in dem Speisen zubereitet, Feldgeräte abgestellt und Früchte vorübergehend gelagert werden, errichtet man auf jedem i e l d eine in der Regel leicht gebaute Hütte. 1 3 3 Die Ao bauen diese Feldhütten im März, bevor sie, nach dem Abbrennen der Altvegetation, mit dem Räumen der Rodung die Arbeiten zur Anlage des Feldes einleiten. 134 Die Eastern Rengma beginnen den Bau erst nach dem Räumen der Rodung; im Gegensatz dazu errichten die Sema die H ü t t e noch vor dem Roden. 1 3 5 Mit Einsetzen der Regenzeit beginnt der Angriff des Dschungels auf die Feldwege. Gebietet man ihm nicht Einhalt, würde er sie bald überwuchert haben. Deshalb unterbricht man zur Zeit, da der Reis Ährchen ansetzt 1 3 6 (im Juli), die Pflegearbeiten auf dem Feld und bringt die Wege in Ordnung. 1 3 7 Eine weitere Nebenarbeit wird von den Ao berichtet. I n Erwartung der Ernte bereitet man die Dreschplätze vor, die „are nothing but forward extensions of the field-house" 138 ; eine Bambusstange wird in Armhöhe horizontal über der „Tenne" angebracht, damit sich die Männer beim Dreschen darauf stützen können. Das Dach deckt man erst unmittelbar bei Erntebeginn. Die Konyak von Yungya, Yonghong und Longmien scheinen ähnliche „Dreschplätze" zu haben. 1 3 9 1921a, p. 6 4 . 1921a, p. 64. S. a. M I L L S , 1922, p. 56;

130 H U T T O N , 131 H U T T O N .

132 . 133

V

. FÜKES-HAIMINDOEI,

MILLS,

v.

1926, p. 124;

1937a, p. 85.

S. 1 1 1 ; H O D S O N ,

1911, p. 53; MILLS, 1922, p.

1937a, p. 85. 1947, S. l l l f f . ; H U T T O N , 1921, p. 74;

56;

MILLS,

FÜBEK-HAIMENDOEF,

p. 63; MILLS,

MILLS, 1947,

HUTTON,

1921a,

1922, p. 5 1 ; SMITH, 1925, p. 41.

1926, pp. 111-113. 1937a, p. 88 (Western Rengma s. p. 79); H U T T O N , 1921a, p. 223.

MILLS,

«5 136

MILLS,

DALTON/FLEX,

1873,

S. 262;

1937a, p. 83, p. 87, p. 313; 138 M I L L S , 1 9 2 6 , p . 139

66

MILLS,

SMITH,

1922,

HUTTON,

p. 52;

MILLS,

1921a, p. 221. 1926,

p. 119;

MILLS,

1925, p. 86.

121.

S. Abb. in H U T T O N , 1 2 9 , p. 1 1 (ähnliche „granaries" erwähnt auch W O O D T H O E P E , 1 8 8 2 , p. 2 0 7 ) und zum Vergleich Taf. in M I L L S , 1 9 2 6 , facing p. 1 0 9 . Auch v. F Ü R E H - H A I M E N D O K F (1947, S. 112) spricht v o m Dreschen im Feldhaus.

Brache: I n den Naga-Bergen ist es allgemein üblich, ein und dasselbe J h u m Areal während zweier aufeinanderfolgender J a h r e landwirtschaftlich zu nutzen. Der Arbeitsaufwand bei der Vorbereitung des Feldes verringert sich im zweiten J a h r erheblich. Ein Roden ist nicht erforderlich. Stoppeln und Unkraut werden ausgerissen, zusammengeworfen und verbrannt. Nach einem leichten Auf-

Fig. 1. Schema des Jhum- (Brandrodungsbodenbau-) Systems Erläuterung auf Seite 266

( P E A L ) — S.

a.

lockern mit Hilfe eines Rechens ist der Boden zur Aussaat fertig. 1 4 0 Durch einen bewußten Wechsel der Anbaufrucht im zweiten J a h r 1 4 1 suchen die Sema und die Konyak der fortschreitenden Erschöpfung des Bodens bis zu einem gewissen Grade entgegenzuwirken. Doch nicht allein der Rückgang der Bodenfruchtbarkeit beeinträchtigt das Gedeihen der Pflanzen während der zweiten Nutzungsperiode. Auch die Rodung des Dschungels — die Grundvoraussetzung des J h u m s — setzt bereits im J a h r darauf der weiteren Kultivierung des Areals eine Grenze; von keinem schattigen Baumbestand beeinträchtigt, sprießen die Gräser noch stärker als während der ersten Anbauperiode hervor. 1 4 2 I m dritten J a h r ist das ehemalige Feld gewöhnlich völlig verunkrautet 1 4 3 , der Boden erschöpft und zum Anbau nicht mehr geeignet. Nur unter besonders günstigen Voraussetzungen mag sich eine dritte Bebauung 1 4 4 lohnen. Andererseits sind auch Fälle bekannt, wo — wie beispielsweise in der sandigen Umgebung 140 141

HUTTON,

»«

GAIT,

HUTTON,

1921, p. 440; 1921a, p. 62;

S. a. HUTTON, 1 9 2 1 , p.

1921a, pp. 6 1 - 6 2 . 1893, p. 260.

HUTTON, PEAL, 77.

1926, p. 345; H U T T O N , 1921, p. 77, p. 440; H U T T O N , 1921a, p. 60; 1937a, p. 76; P E A L , 1872, p. 13; P E A L , 1874, p. 477; P E A L , 1893, p. 260;

MILLS, SMITH,

1 9 2 5 , p. 4 1 ; GAIT, 1 9 0 3 a , p. 2 1 2 . PEAL, 1894, p. 144

5'

12.

D E W A E , 1 9 3 5 , p. 1 6 0 ; DEWAR, 1 9 3 3 , p. 2 9 3 ; MILLS, 1 9 2 6 , p.

109.

67

der Rengma-Dörfer Sentenyu und Phesinyu 1 4 5 — die Jhum-Areale lediglich eine Ernte liefern und danach sogleich der Brache bedürfen. Die Dauer der Brache ist in den einzelnen Gebieten äußerst unterschiedlich. I n der Regel (s. Fig. 1) umfaßt sie sieben bis zehn J a h r e 1 4 6 , mit Extremen von zwanzig 1 4 7 , aber auch zwei oder drei J a h r e n . 1 4 8 Die Sema erachten eine Brachezeit von 15—20 Jahren als am günstigsten. 1 4 9 Solange genügend Land zur Verfügung steht, ist man nicht gezwungen, die Brachezeit für die betreffenden Areale zu verkürzen ; 1 5 0 dabei kommt es jedoch vor, daß die Ländereien in der Nähe der Siedlung schon früher wieder unter Kultur genommen werden. 1 5 1 Hauptursache für die Verkürzung der Brachedauer ist das Anwachsen der Bevölkerung 1 5 2 , wodurch es notwendig wird, die Anbaufläche auf Kosten der Brachefelder zu vergrößern. Ein allmähliches Absinken der Ertragsfähigkeit des Bodens ist die Folge. 1 5 3 Mechanische Verbesserungen verschiedener Feldarbeiten und Änderungen in der Arbeitsorganisation können auch unter den hier gegebenen Bedingungen die Produktivität erhöhen. Unter bereits differenzierten Eigentumsverhältnissen kann sich das Brachesystem vertiefend auf die Reichtumsdifferenzierung auswirken. 1 5 4 Eine in den Quellen gänzlich unbeachtete Frage ist die der ökonomischen Nutzung der Bracheareale. Die Sekundärvegetation dieser Flächen mit ihren Bambus- und Grasbeständen 1 5 5 bietet wichtiges Rohmaterial für verschiedene handwerkliche Arbeiten in den Dorfgemeinschaften. Die gleichen Areale sind aber auch der „Wirkungsraum (field of employment)"156 für die J a g d und Sammeltätigkeit der Gemeindemitglieder und somit Gegenstand bestimmter eigentumsrechtlicher Beziehungen. Als einer Form des Brandrodungsbodenbaus ist auch dem J h u m ein kontinuierlicher Anbau-Brachewechsel in der Nutzung der kultivierbaren Ländereien eigen. Unter solchen Bedingungen benötigen die Naga-Jhum-Bauern an landwirtschaftlicher Nutzfläche ein Mehrfaches des jeweils tatsächlich unter Kultur stehenden Areals. 1 5 7 I s t alles verfügbare Land unter die Gemeinwesen aufge»3 MILLS,

1937a, p. 77.

S. a . D E W A R , 1 9 3 3 , p . 2 8 9 ; HODSON, 1 9 1 1 , p . 5 0 ; HÜTTON, 1 9 2 9 , p . 2 9 ; MASTERS, 1844, p. 7 1 0 ; LEWIN/MCCULLOCH, zit.b.HODSON, 146 V g l . K A U F F M A N N ,

1 9 3 5 , S. 3 8 .

1937a, p. 76, n. 3;

147

MILLS,

148

HODSON, 1 9 1 1 , p . 5 1 .

149 H U T T O N ,

152

HODSON,

1921a, p. 59.

1921a, p. 59.

»SO M I L L S , 1 9 2 6 , p . 151 H U T T O N ,

HUTTON,

1911 p. 51.

109.

1921a, p. 59. 1911, p. 50; H U T T O N , 1921a, p. 59.

153 L Ö F F L E E , 1 9 6 0 , S . 4 1 f .

154 Wohlhabendere können die Jhum-Felder längere Zeit brachliegen lassen, so daß sie größere Erträge bringen (vgl. M I L L S , 1-922, p. 45; M I L L S , 1937a, p. 76, n. 3). 155 S. Teil II/l - S. 55 f. 156 MARX, 1 8 9 0 / X X I I I - 1 9 6 2 , S. 195. «7

68

P E A L , 1 8 7 2 , p . 1 3 ; SMITH, 1 9 2 5 , p . 4 1 .

1

teilt 1 5 8 , so umfaßt die benötigte Nutzfläche das bebaute Land multipliziert mit der Anzahl der Brachejahre. 1 5 9 Gegenüber Anbausystemen mit permanent genutzten Feldern bezeichnen Experten das Jhum als extensiv.160 Das ist durchaus berechtigt. Der tatsächliche Arbeitsaufwand 161 und die Vielfalt der Maßnahmen, die alle dem einen Ziel — der Sicherung des zum Leben notwendigen Ertrages 1 6 2 — dienen, finden jedoch in einer solchen Kurzcharakteristik keinen Niederschlag. Viel Zeit und Mühe wenden die Jhum-Bauern auf, um ihre Felder vor Versteppung und Erosion zu bewahren. Maßnahmen, wie das Stehenlassen großer aber ausgeästeter Bäume und das Anpflanzen von Erlen, dienen vorausschauen, der Wachstumsförderung der Sekundärvegetation, die während der Brachezeit

Abb. 5. Produktionsinstrumente (MfVD) 1 Dao, Ao 2 Dao, nordöstliche K o n y a k 3 Eisernes Hackenblatt, Angami 4 Eiserne Jätschlinge, Ao 5 Reiserntemesser, Ao 158

S. Teil 1/1 - S. 37 f.

159 V g l . L Ö F F L E R , 1 9 6 0 , S . 4 2 . 160

KAUFFMANN, 1 9 3 5 , S. 9 0 ; W E H R L I , 1 9 0 6 , S. 9 5 .

161

KAUFFMANN, 1 9 3 5 , S. 6 0 ; P E A L , 1 8 7 2 , p . 1 3 .

162 Der J h u m - B a u e r weiß genau, „wieviel Saatgut er säen muß, um mit der nötigen E r n t e rechnen zu k ö n n e n " (LÖFFLER, 1960, S. 39). S . a . LEWIN/MCCULLOCH, z i t . b . HODSON, 1 9 1 1 , p . 5 2 .

69

?

Abb. 6. 1 Regenschild, L h o t a (MfVD) 2 Regenhut, A n g a m i (MfVD)

die Bodenstruktur wieder aufbessert. Das absichtliche Auslegen von Baumstämmen und Steinen und das Errichten größerer Stützvorrichtungen, die zuweilen zu regelrechten Terrassenanlagen ausgebaut sind, wirken vor allem bei heftigen Frühjahrsregen 1 6 3 dem Abschweifen der in den einzelnen Gegenden unterschiedlich starken Humusschicht entgegen. Durch besondere Sorgfalt bei der Aussaat — das Auslegen einer bestimmten Anzahl Körner in Saatlöcher erleichtert gleichzeitig ein gründliches J ä t e n — und bei der Ernte (Ausstreifen mit der Hand) ist man bemüht, die Erträge zu steigern resp. die Ernteverluste zu verringern. Auch in dem Wechsel der Anbaufrucht im zweiten J a h r der Nutzung des JhumFeldes zeigt sich das Bestreben der Naga-Bauern, die natürlichen Gegebenheiten weitgehend zu berücksichtigen. Ist es zudem möglich, die Brache auf 12 bis 15 Jahre auszudehnen, so soll man auf einem Jhum-Feld einen größeren Ertrag erzielen als auf einem gleichgroßen bewässerten Terrassenfeld. 164 Sind auch die verwendeten landwirtschaftlichen Geräte äußerst einfach und die Art und Weise der Durchführung der einzelnen Feldarbeiten oft sehr zeitaufwendig, so manifestieren sie doch die reichen Produktionserfahrungen von Generationen fleißiger Jhum-Bauern. 1 6 5

Panikhet (Irrigationsterrassenbodenbau) Für die zweite Form der agrarischen Produktion im Naga-Gebiet findet sich in der Literatur zuweilen der Begriff pänikhet ( = „Wasserfeld"). 166 Entsprechend der Verwendung des gleichfalls assamesischen jhürn für den Brandrodungsbodenbau soll die f ü r bestimmte Naga-Stämme typische Form des Irrigationsbodenbaus mit diesem Begriff bezeichnet werden. Das Zentrum des Panikhet-Systems liegt im Gebiet der Angami. Bei den ihnen benachbarten Stämmen hat diese Anbauform nur in den angrenzenden Dörfern Eingang gefunden. Während es ziemlich sicher sein dürfte, daß diese Grenzdörfer unter dem Einfluß der Angami zum Panikhet übergingen 166a , sind der IM W E H E L I ,

1 9 0 6 , S. 96.

164 H T J T T O N , 1 9 2 1 , p . 7 2 ; K A U F F M A N N ,

1 9 4 4 , S. 2 2 6 ; LEACH, 1949, p.

28.

165 "Von den jhum-treibenden Stämmen der Naga gelten die Sema als „in many ways 'the most primitive' of all . . . " ( H O D S O N , 1922a, p. 174), und manche Autoren ( H U T T O N , 1921a, p. 60; K A U F M A N N , 1935, S . 29; M I L L S , 1926, p. 107) bemängeln ihr „radikales Vorgehen beim Roden". I m Vergleich zu anderen Stämmen zeigen sich aber gerade bei ihnen in den Methoden der Feldarbeit einige Besonderheiten. So erzeugt z.B. ihr „radikales Vorgehen beim Roden" relativ mehr düngende Asche. Das Anlegen des gelichteten Dschungelstreifens rund um das Feld herum, „to let sun and air to the field" (s.Teil II/2. — S. 60f.), kennen nur sie. Auch Schutzmaßnahmen gegen die Bodenerosion sind ihnen bekannt, und ihre Saat- und Erntemethoden zeichnen sie als sorgsame Jhum-Bauern aus. Alles das berechtigt zu der Annahme, daß die Sema in der agrarischen Produktion einen relativ hohen Grad der Anwendung zweckdienlicher Methoden erreicht haben. 166 H U T T O N , 166a

Vgl.

1921, p.

HUTTON,

441.

1921a, p. 59;

MILLS,

1937a, p. 86. 71

Ursprung des Irrigationsbodenbaus bei den Angami selbst sowie die möglichen Ursachen für diesen Übergang von J h u m zu Panikhet in den Naga-Bergen noch Gegenstand der Diskussion. Erst vor wenigen Jahren polemisierte J E N S E N 1 6 7 allgemein gegen die These, die Irrigationsbodenbauer, einschließlich der Angami, hätten „den kunstvollen Terrassenbau und vor allem die sehr schwierige Bewässerung aus den Hochkulturen übernommen". 1 6 8 Die Tatsachen aus den Naga-Bergen bekräftigen J E N S E N S Anschauung. 1 6 9 Die mit Hirse bestellten Jhum-Terrassen der Konyak von Angfang veranlassen auch H U T T O N ZU dem Schluß, daß die Angami „were already accustomed to the cultivation of millet in dry but partially terraced fields". 170 H O D S O N ist der Meinung, die ManipurNaga benutzten die auf dem Jhum-Feld ausgelegten Baumstämme 1 7 1 „as retaining walls to keep the moisture in the ground, thus making use of t h e principle of the terraced field in places were terraced fields are impossible on a large scale". 172 Schließlich weist K A U F F M A N N noch darauf hin, daß die Ao 1 7 3 und auch die Lhota 1 7 4 in der Lage sind, Wasser im Bedarfsfalle in speziellen Leitungssystemen über ziemlich weite Entfernungen hinweg herbeizubringen, daß aber „selbst die Kenntnis eines (solchen) wichtigen Elementes der Bewässerungstechnik keineswegs den Anstoß zum allmählichen Übergang zum Terrassenbau zu geben braucht". 1 7 5 Während GIMSON176 betont die orohydrographischen Besonderheiten des Landes in die Diskussion bringt, erläutern verschiedene Autoren an Beispielen, wie in einzelnen Gebieten der Übergang vom J h u m zum Panikhet-System vor allem an bestimmten „kulturbedingten" ( K A U F F M A N N ) Faktoren scheiterte. 177 Was waren nun die Ursachen, die die Angami und die betreffenden Gemeinwesen der Nachbarstämme veranlaßten, das Panikhet-System allmählich zu entwickeln ? I m Abschnitt über die Geschichte der Besiedlung des Naga-Landes wurde dargelegt, wie in der Periode der territorialökonomischen Erschließung des Landes die Gemeinwesen dem natürlichen Wachstum der Dorfgemeinschaft durch Gründung von Tochtersiedlungen Rechnung zu tragen suchten. F ü r das 17. Jahrhundert noch belegen die Quellen das Entstehen von Tochtersiedlungen im Gebiet der Angami. 1 7 8 I n dieser Zeit konnten die Gemeinwesen der JENSEN, 1 9 6 0 , S. 2 7 0 . 168

169

D A V I S ( z i t . b . H O D S O N , 1 9 1 1 , p . 5 4 ) , GAIT ( 1 9 0 3 , p . 2 0 7 ) u n d MEEBWABTH ( 1 9 1 9 ,

p. 28) führen den Irrigationsbodenbau der Angami auf Manipur-Binfluß zurück. Auf die Problematik der Megalithkultur kann hier nicht eingegangen werden.

170 H U T T O N , 1 9 2 9 , p . 2 9 .

»71 S. Teil I I / 2 - S. 61 f. 172 HODSON,

1 9 1 1 , p . 54. KAUFFMANN ( 1 9 3 5 , S. 32) s p r i c h t s i c h m i t d e m H i n w e i s :

„Bewässerte Terrassen werden erst d a n n notwendig, w e n n Wasserreis angepflanzt werden soll", gegen HODSONS Ansicht aus. 173 MILLS, 1 9 2 6 , p . 1 2 8 , p . 1 3 2 . 174 MILLS, 1 9 2 2 , p . 3 0 . 175 KAUFFMANN, 1935, S. 4 2 f . »6

S. KAUFFMANN, 1 9 4 4 , S. 2 2 6 .

177 D A S , 1 9 3 7 , S . 4 4 2 f . ; H U T T O N , 1 9 4 5 , p . 5 ; K A U F F M A N N , 1 8 4 4 , S . 2 2 6 .

178 s . Teil 1/1 - S. 31f.

72

Angami ihren Bevölkerungszuwachs also noch durch kolonisatorische Maßnahmen kompensieren. Als am Ende der Erschließungsperiode alles kultivierbare Land im Wohngebiet der Angami jedoch unter die Dorfgemeinschaften aufgeteilt war 179 , stand vor den Gemeinwesen die lebensnotwendige Aufgabe, die Produktion, entsprechend dem durch den natürlichen Zuwachs ansteigenden Bedarf, nicht wie bisher durch einfache Erweiterung der Nutzfläche zu steigern, sondern durch die Entwicklung der Produktivkräfte „die Produktivität auf demselben Raum zu vermehren". 180 Es war ein langwieriger Prozeß, dessen Beginn ins 18. Jahrhundert zu datieren sein dürfte. Die ersten schriftlichen Berichte, die uns aus dem Angami-Gebiet vorliegen, bezeugen für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zweierlei: die gleichzeitige Existenz von Jhumund Panikhet-Feldern 181 und relativ große Siedlungen auf dem Territorium der Tengima Angami. 182 Knapp vierzig Jahre später erwähnt B U T L E R für das Gebiet westlich des Dayang 46 Angami-Dörfer mit insgesamt 6367 Häusern und errechnet so eine Bevölkerungsdichte von 50 Personen pro Quadratmeile.183 Es war den Angami also gelungen, „die Produktivität auf demselben Raum" zu erhöhen. Diese Tatsache war das Ergebnis einer Entwicklung, deren Ursache in den obengenannten historischen Gegebenheiten am Ende der Periode der territorialökonomischen Erschließung des Angami-Landes lag. Zu den Voraussetzungen, unter denen dieser Prozeß seinen Anfang nahm, gehörten die orohydrographischen Besonderheiten des Landes, der Stand der Entwicklung der Produktivkräfte auf dem Sektor der agrarischen Produktion und eine gewisse psychologische Aufgeschlossenheit der Produzenten gegenüber bestimmten Neuerungen. Die orohydrographischen Besonderheiten des Landes und die historische Notwendigkeit, den Boden kontinuierlich intensiv zu nutzen, hatten es erforderlich gemacht, die mehr oder minder steilen Hänge der Berge zu terrassieren und diese Feldanlagen mit einem einwandfrei funktionierenden Irrigationssystem zu kombinieren.184 Bei dem Versuch, den Entwicklungsstand der Produktivi7» S. Teil 1/1 - S. 38. Eine ähnliche Situation belegt benachbarten Sema.

KLEMM (1898,

S. 301, Anm. 1) für die den Angami

»«O M A R X , 1 9 5 3 , S . 3 9 3 , S . a . L E A C H , 1 9 4 9 , p . 2 7 . 181

182

GRANGE, 1 8 4 0 a , p. 9 6 2 .

Eine ähnliche Situation belegt M I L L S (1937a, p. 86) für die Eastern Rengma. „ K o n o m a " mit 300, „Mozomah" und „ K h a m o n a " mit je 500 Häusern (GRANGE.. 1840a, p. 9 6 2 ; GRANGE, 1840 p. 462); Kohima zählte Anfang des 20. Jahrhunderts über 700 Häuser und soll früher sogar 900 gehabt haben. Serom>, eines der größten Sema-Dörfer, umfaßte zu dieser Zeit weniger als 300 Häuser (HUTTON. 1921a, p. 34, n. 2.).

»SÄ B U T L E R , 1 8 7 5 , p .

309.

Die Khasi Hills wiesen zur gleichen Zeit nur eine Dichte von 23 und die Chittagong Hill Tracts von 10 Personen pro Quadratmeile auf. 184

S. CROOKE, 1 9 0 7 , p . 3 8 ;

v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F / M I L L S , 1 9 3 6 , S. 9 2 2 ; GAIT,

p. 2 0 7 ; J E N S E N , 1 9 6 0 , S. 2 6 1 ;

HODSON, 1 9 1 1 , p. 5 0 ; HODSON, 1 9 0 1 , p. 3 0 9 ;

1903, HUT-

73

kräfte der Angami in jener Zeit, da sie noch reine .Thum-Bauern waren, zu umreißen, ist man, da es keine schriftlichen Quellen hierzu gibt, auf das Vergleichsmaterial von den noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts jhum-treibenden Stämmen angewiesen. So dürfen wir annehmen, daß die Angami-Jhum-Bauern im 18. Jahrhundert in der Lage waren, Terrassen anzulegen, Wasserläufe anzuzapfen und das Naß durch künstliche Leitungen an gewünschte Orte zu bringen. Die nötigen Arbeitserfahrungen und Arbeitsfertigkeiten waren somit vorhanden, die objektiven Voraussetzungen gegeben, und es bedurfte nun lediglich noch eines, den Produzenten nützlich erscheinenden und mit den gesellschaftlichen Interessen in Einklang zu bringenden Impulses, um die bisherige Entwicklung in eine andere, qualitativ unterschiedliche Richtung zu lenken. Dieser Impuls dürfte in den Angami-Bergen am ehesten eine bis dahin unbekannte Anbaufrucht, der Wasserreis (Oryza sativa L.) 185 gewesen sein. So ist der Übergang der Angami und ihrer nächsten Nachbarn vom Jhum- zum Panikhet-System das Resultat des Zusammenwirkens aller genannten Faktoren, und die bisher recht schwachen Erfolge bei dem Versuch, den Irrigationsbodenbau auch bei anderen Stämmen einzuführen, haben ihre Ursache darin, daß eben nicht alle notwendigen Voraussetzungen in diesen Fällen vorhanden waren. Man darf auch nicht außer acht lassen, daß der Übergang von der einen zur anderen Form der agrarischen Produktion ein Prozeß ist, der eine Umwälzung des gesamten bisherigen Wirtschaftslebens mit sich bringt. 1 8 6 Ein Vergleich der Landarbeitsphasen bei den Jhum- und den PanikhetBauern macht die Unterschiede im Wirtschaftsleben derselben, ganz besonders im Hinblick auf die Formen der Organisierung der Produktion und die Produktivität, deutlich. Bei den Panikhet-Bauern läßt sich der Prozeß der agrarischen Produktion in folgende Abschnitte gliedern: Phase 1 — Arbeiten zur Instandhaltung der Irrigationsterrassenfelder, Phase 2 — Arbeiten zur Vorbereitung der Felder für den Anbau, Phase 3 — Saat- und Pflanzarbeiten, Phase 4 — Arbeiten zum Schutze der Pflanzung, Phase 5 — Erntearbeiten und schließlich 6 — notwendige Nebenarbeiten. Beim Jhum-System sind die Arbeiten zur Anlage und zum Schutze des Feldes vor Witterungseinflüssen fester Bestandteil des jährlichen Produktionsprozesses. Zahlreiche Arbeitskräfte sind hier regelmäßig zu Beginn des Wirtschaftsjahres gebunden. I n der Periode des Übergangs zum Panikhet-System ist anfänglich eine immense Steigerung der Arbeitsleistung notwendig, um das kultivierbare

TON, 1 9 2 1 , p . 7 2 ; H U T T O N , 1 9 4 5 , p . 5 ; K A U F M A N N , 1 9 4 4 , S . 2 2 6 ; R O B I N S O N , 1 8 4 1 ( 1 9 5 9 ) , p . 5 5 ; SHAKESPEAR, 1 9 1 4 , p . 2 0 6 .

Einen prinzipiell anderen Standpunkt äußert allein LEACH (1949, p. 28). 185 H U T T O N ,

1929, p. 2 9 ; v g l . a. K A U F M A N N , 1935, S. 32.

HODSON (1911, p. 55) gibt den Inhalt einer Erzählung der Kuki wieder, wonach diese eine bessere Bergreissorte v o n den Manipuri übernommen haben sollen. Zu einer Veränderung der Anbauform führte diese Übernahme nicht; die historischen Bedingungen dafür scheinen nicht vorhanden gewesen zu sein. 186

74

S. HUTTON,

1 9 4 9 ; HUTTON, 1 9 4 5 , p . 5.

Land in entsprechende Feldanlagen zu verwandeln. Die charakteristischen Arbeiten sind dabei nicht mehr das Roden und Abbrennen, sondern das Zergliedern der mehr oder minder geneigten Berghänge in ebene Feldflächen, die durch verschiedene Stütz werke zu Terrassen werden, und das Errichten eines künstlichen Bewässerungssystems. Der Geländebeschaffenheit entsprechend 187 , variiert die Höhe der Terrassen. 1 8 8 Ein bis zwei Meter dürfte das übliche Maß sein, wenn auch nach G K A N G E die Terrassen der Angami zuweilen eine Höhe von 9 m erreicht haben sollen. 189 Die Breite der Terrassen wird ebenfalls von der Beschaffenheit des Geländes bestimmt und reicht von 60 cm bei großer Hangsteile bis zu 60 m am Fuße der Berge. 190 Darüber hinaus schwankt die Breite des einzelnen Terrassenfeldes, da es gänzlich die ursprünglichen Formen des Geländes nachzeichnet. 1 9 1 Über die Länge der einzelnen Felder schweigen sich die Quellen aus. Die Irrigationsnetze setzen sich aus zwei Abschnitten zusammen. Die Zuleitungen 192, die gewöhnlich aus kleinen Kanälen, stellenweise aus halbierten Bambusrohren oder ausgehöhlten Baumstämmen bestehen, führen das Wasser oft meilenweit 193 von der jeweiligen Zapfstelle an einem Gebirgsbach — zuweilen auch in regelrechten Aquädukten an Felswänden entlang über Schluchten hinweg — zur ersten Verteilerstelle, die meistens mit dem am nächsten gelegenen Feld identisch sein dürfte. Das Verteilersystem ist in der Regel Bestandteil des Anlageplanes der Terrassenfelder, das heißt, das Niveau der Felder weist ein systematisches Gefälle auf, damit ein kontinuierliches Zu- und Abschließen 194 von einem Areal zum anderen gewährleistet ist. H T J T T O N berichtet außerdem, daß „water is also often carried from one terrace to another terrace in a hollow bamboo passing over other terraces and Channels in between". 1 9 5 Das dürften jedoch Sonderfälle jüngeren Datums sein. Sind die äußerst aufwendigen Arbeiten zur Anlage der Terrassen und des Irrigationssystems einmal abgeschlossen, so tritt eine bedeutsame Veränderung *87 P R A I N , 1 8 8 7 , p . 188

484.

Beim Errichten des Stützwerkes für die Terrassen verwendet man das vorhandene Material: Ist das Feldstück mit Steinen übersät, räumt man sie zusammen und befestigt damit die Terrassenmauern. Das ist dann vor allem notwendig, wenn die Mauern der Steilheit des Geländes wegen besonders hoch sein müssen. Bei den relativ flachen Terrassen am Fuße der Berghänge genügen in der Regel einfache Erdwände. Vgl. v. FÜRER-HAIMENDORF,

1944a, S. 369; 189

190 191

KAUFFMANN,

1947,

S. 3 0 ;

1953, S. 189;

HTJTTON,

MILLS,

1926,

p. 72;

1932a, p. vi;

MILLS,

KAUFFMANN,

1937a, p. 86.

S. GRANGE, 1 8 4 0 , p . 4 6 2 ; PRAIN, 1887, p . 4 8 4 ; WOODTHORPE, 1 8 8 2 , p . V

. FÜRER-HAIMENDORF,

1947, S. 3 0 ; HUTTON, 1921, p. 7 2 ; PRAIN,

62.

1887, p.

484.

192

S. die Panikhet-Anlagen des Tengima Angami-Dorfes Viswema ( H U T T O N , 1 9 2 1 , fig. facing p. 72, above). B U T L E R , 1875, p. 324; M I L L S , 1937a, p. 86; P R A I N , 1887, p. 484; S H A K E S P E A R ,

«3

HODSON, 1901, p. 3 0 9 ; HUTTON, 1921, p. 72.

194

v. FÜRER-HAIMENDORF, 1947, S. 3 0 ; HODSON, 1911, p. 105; HUTTON, 1921, p.

1914, p. 2 0 6 ; WATT, 1887, p. 3 6 3 ; WOODTHORPE,

195 H U T T O N , 1 9 2 1 , p .

1882, p.

62. 73.

73.

75

im Produktionsablauf bei den Panikhet-Bauern ein: Die Produktion neuer Produktionsmittel auf landwirtschaftlichem Gebiet (Anlage der Irrigationsterrassenfelder) wird eingestellt, so daß nunmehr die Wartung und Überholung der vorhandenen Produktionsmittel (Terrassen und Irrigationsnetz) Inhalt der ersten Phase der agrarischen Produktion sind. Dadurch verringert sich der notwendige zeitliche Arbeitsaufwand in der ersten Phase des Wirtschaftsjahres erheblich 196 ; Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaftsstruktur sind die Folge. Bei den Jhum-Bauern ist die Produktion neuer agrarischer Produktionsmittel (Anlage des Jhum-Feldes) identisch mit der Beseitigung der Altvegetation. Bei den Panikhet-Bauern fällt die Beseitigung der Altvegetation dagegen in die zweite Phase des jährlichen Anbauprozesses und ist Bestandteil der Arbeiten zur Vorbereitung des Feldes für den Anbau. Während die Arbeiten zum Schutz des Feldes vor Witterungseinflüssen bei den Jhum-Bauern einen besonderen (den zweiten) Abschnitt im Produktionsprozeß darstellen, gehören sie bei den Panikhet-Bauern zum Komplex der Instandhaltungsarbeiten (hier Phase 1). Interessant ist, daß diesen Fragen in der Feldforschung kaum Beachtung geschenkt wurde. 196a Auch die Arbeiten zur Vorbereitung der Felder für die Aussaat resp. den Anbau weisen unter den Bedingungen des Jhum und des Panikhet starke Differenzen auf. Generell ist festzustellen, daß die diesbezüglichen Arbeiten auf dem Panikhet-Feld unvergleichlich umfangreicher sind. Sie beginnen mit dem Düngen, wenn z. B. die Angami während der kalten Jahreszeit ihre Rinder zum Weiden auf die abgeernteten Terrassenfelder treiben. 197 Des weiteren sammeln die Angami und auch die Mao Naga häufig Rindermist, um ihn auf die Panikhet-Felder zu schaffen. 198 Um sich das spätere Puddeln zu erleichtern, — man muß sich vergegenwärtigen, daß die Naßreisbauern in den Naga-Bergen kein besonderes Puddelgerät (Pflug oder Egge), sondern nur eine leichte Hacke 199 besitzen, — lockert man vor dem Überfluten den ausgetrockneten und vom Vieh festgetretenen Boden auf. Gleichzeitig beseitigt man die restliche Altvegetation 200 ; 1%

„Wo das Terrassensystem einmal eingerichtet ist, muß man sich weniger anstrengen, kann man sich häufiger der Muße hingeben" (KAUFFMANN, 1935, S. 60). 196a Lediglich PBAIN (1887, p. 484) verweist darauf, daß ,,at interval of about seven years the village decides to let a whole section lie fallow for a year. This obviates the necessity of repairing the irrigation system, which supplies a set of fields for the sake of a few".

1»7 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 7 4 ; K A U M M A N N , 1 9 5 0 , S . 7 3 . 198 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 7 4 ; K A U F F M A N N , 1 9 5 3 , p . 1 8 9 . S. a. GODDEN, 1898, p. 3 9 ; HODSON, 1911, p. 5 5 ; WOODTHORPE, 1 8 8 2 , p . 62.

Das Weidenlassen der Rinder auf den abgeernteten Panikhet-Feldern (HUTTON, 1921, p. 74; KAUFFMANN, 1950, S. 73) trägt indirekt zwar auch zur Verbesserung des Bodens bei, gehört jedoch nicht zum eigentlichen Prozeß der Naßreisproduktion. 199 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 7 8 ; M I L L S , 1 9 3 7 a , p . 8 8 , n . 2 . 200

76

Den von der letzten Ernte stehengebliebenen Reisstoppel haben bereits die Rinder abgeweidet.

inwieweit die Tatsache der Gründüngung 201 ihnen als Resultat ihrer Tätigkeit bewußt wird, muß aus Mangel an Belegen dahingestellt bleiben. Sobald die ersten Monsunregen fallen, werden die Felder unter Wasser gesetzt. 202 Das anschließende Puddeln 203 beendet die Arbeiten zur Vorbereitung des Feldes für den Anbau. Der Inhalt der Arbeiten während der 3. Phase unterstreicht die Verschiedenheit der beiden Anbausysteme. Sie umfassen zwei Abschnitte. Noch vor oder zumindest zu Beginn der Feldbearbeitung (Phase 2) bringen die PanikhetBauern — je nach Besonderheit des Milieus — in der Zeit von März bis Ende April den Reis in das auf trockenem Boden angelegte Saatbeet. Unmittelbar nach Beendigung des Puddelns — stets im Juni — werden die Reissetzlinge einzeln oder zu zweien in das unter Wasser stehende Feld umgepflanzt. 204 Die nachfolgenden Pflege- und Erntearbeiten der Panikhet-Bauern weisen keine grundsätzlichen Unterschiede zu denen der Jhum-Bauern auf, so daß sie hier unberücksichtigt bleiben können. Das gleiche trifft auf die notwendigen Nebenarbeiten (Errichten der Feldhütten, Ausbesserung der Wege u. a.) zu. Die Ernte fällt gewöhnlich in die Zeit der Monate Oktober/November. 205 Zusammenfassend darf man festhalten: Die sozialökonomische Bedeutung des Übergangs vom Jhum zum Panikhet besteht darin, daß durch eine Entfaltung der Produktivkräfte die Produktivität der Landwirtschaft bei gleichbleibendem Umfang der Nutzfläche merklich erhöht werden konnte, und als Folge dessen Arbeitskräfte jetzt in bestimmten Abschnitten des Wirtschaftsjahres frei sind und anderweitig tätig sein können. Eine allmähliche Veränderung des gesamten Wirtschaftsgefüges ist die Folge. Trotz aller Unterschiede, die zwischen dem Jhum und dem Panikhet in der Intensität der Bodennutzung und der Organisierung des Produktionsprozesses bestehen, haben beide eines gemeinsam: Sie sind Hauptproduktionszweig der betreffenden Gemeinwesen und liefern den — auch an Umfang — bedeutendsten Teil des gesellschaftlichen Gesamtproduktes, die jeweiligen Hauptnahrungsmittel 206 und eine Vielzahl anderer Erzeugnisse, wie Gemüse, Gewürze, Genußmittel und technische Kulturen. Der Bedarf an letzteren ist im Vergleich zur 201 J E N S E N , 1 9 6 0 , S . 2 6 1 .

1937a, p. 88; H U T T O N , 1921a, p. 226. Das Überfluten vernichtet das letzte Unkraut (s. 1921a, p. 60).

202 M I L L S ,

203 H U T T O N , 1 9 2 1 , p .

HUTTON,

1921, p. 74;

HUTTON,

74.

204 B U T L E R , 1 8 7 5 , p . 3 2 4 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 4 7 , S . 3 0 ; G O D D E N , 1 8 9 8 , p . HUTTON,

1921, p. 74, p. 201;

205

S. A n m . 1 1 / 2 0 4 ;

206

Jhum:

MILLS,

1937a, p. 88;

WOODTHORPE,

SHAKESFEAR, 1914, p. 2 0 7 ; HUTTON, 1921, p.

39;

1882, p. 62.

75.

Bergreis (Oryza montana Lour.), Hirse (Andropogon Sorghum L. und Setaria Italica), Hiobstränen (Coix lacryma L.), Taro (Colocasia antiquorum), Y a m s (Dioscorea sativa) und Bataten (Ipomoea batatas); Panikhet: Wasserreis (Oryza sativa L.). Eine ausführliehe Zusammenstellung der verschiedenen Anbaupflanzen der einzelnen Stämme findet sich bei K A U F F M A N N (1935, S. 20ff., Kartogramm Nr. 1, S. 92 und Tabelle 2, S. 106f.). 77

benötigten und produzierten Menge an Reis, Hirse und anderen Hauptnahrungsmitteln gering. Ihre Produktion ist deshalb relativ begrenzt. Das kommt u. a. auch darin zum Ausdruck, daß diese Nebenkulturen oft auf beschränktem Areal angebaut werden. Art und Verwendungszweck sowie Häufigkeit und Umfang der Verwendung der verschiedenen Pflanzen bestimmen den Ort ihres Anbaus. Die Gemüse- und Gewürzpflanzenerzeugung konzentriert sich auf die haus- resp. siedlungsnahen Gärten 207 und in den Jhum-Feldern besonders in der Nähe der Feldhütte, am Fuße der stehengebliebenen Bäume und am Rande des Feldes. 208 Der Anbau von Blumen ist auf die Gärten beschränkt. 209 Indigo und Betelpfefferranken kultiviert man häufiger an geeigneten Stellen im Dschungel. 210 Hinsichtlich der Intensität der Bodennutzung scheint es zwischen dem JhumFeld und dem Garten keinen Unterschied zu geben; nur von den Manipur-Naga wird das Düngen der Gärten erwähnt. 211 Die Größe212 und die günstige Lage der Gärten ermöglichen es, bei geringem Arbeits- und Zeitaufwand die zur Gewinnung kleinerer Mengen Gemüse oder Gewürzpflanzen nötigen Arbeiten „nebenbei" zu verrichten. Die gleichen Arbeiten auf dem Feld sind allein durch den hinzutretenden Zeitfaktor (Anmarschweg) aufwendiger. Eine gewisse Sonderstellung in der Landwirtschaft einiger Stämme nimmt die Erzeugung von Baumwolle ein. Im Gegensatz zu den anderen Nebenkulturen wird sie felderweise angebaut. 213 •3. Viehwirtschaft Arten der Haustiere und ihre Nutzung In der Produktion aller Naga-Gemeinwesen nimmt die Viehwirtschaft nach dem Bodenbau den zweiten Platz ein. Schweine, Rinder, Ziegen, Hühner und Hunde sind die am meisten gehaltenen Tiere. Die Rinderbestände setzen sich aus den drei Arten: Mithan (Bos frontalis), Büffel (Bos bubalos) und Zebu (Bos indicus) zusammen.214 Schweine, Rinder mindestens einer Art und Hühner 207

v. FÜRER-HAIMENDOBF,

1937,

v. FÜBEB-HAIMENDORF,

1947,

S. 217;

2on 210

v. FÜREB-HAIMENDORF,

56 - 58; p. 485. V

MILLS,

1928,

p,

1941,

S.

1926, p. 126;

MILLS,

MILLS,

8; 1939,

1937a, pp. 4 8 - 4 9 ,

205,

1947,

S. 105;

1926, p p . 125 - 126;

. FÜREB-HAIMENDORF,

HUTTON, MILLS,

1941, S.

3 4 1 ; MILLS,

HUTTON, MILLS,

8;HUTTON,

1922, p.

1921, p. 7 7 ; MILLS,

1937a, p p . 7 7 - 7 8 ;

1922,

PRAIN,

pp.

1887,

1 9 2 1 , P . 4 6 - 4 7 ; M I L L S , 1926,p. 126.

5 8 ; MILLS,

1926, p.92, p.

103, p.

126;

1937a, p. 66.

211

HODSON,

212

KAUFFMANN

1911, p. 55; KAUFFMANN,

1953,

S.

153.

(1939, S. 217) bezeichnet einen 4x6m großen Garten im Northern Sangtam-Dorf Alisopore als typisch.

MILLS,

2W S. 78

1882, p.

v. FÜRER-HAIMENDOBF,

S. 5 6 ; HUTTON 1921, p. 4 7 ; KAUFFMANN,

1844, p. 709;

MASTERS,

p. 87; WOODTHORPE, 20»

S. 879;

1926, p.

KAUFFMANN,

124.

1935, S. 63 ff.;

ORANGE,

1840a, p. 962.

benötigten und produzierten Menge an Reis, Hirse und anderen Hauptnahrungsmitteln gering. Ihre Produktion ist deshalb relativ begrenzt. Das kommt u. a. auch darin zum Ausdruck, daß diese Nebenkulturen oft auf beschränktem Areal angebaut werden. Art und Verwendungszweck sowie Häufigkeit und Umfang der Verwendung der verschiedenen Pflanzen bestimmen den Ort ihres Anbaus. Die Gemüse- und Gewürzpflanzenerzeugung konzentriert sich auf die haus- resp. siedlungsnahen Gärten 207 und in den Jhum-Feldern besonders in der Nähe der Feldhütte, am Fuße der stehengebliebenen Bäume und am Rande des Feldes. 208 Der Anbau von Blumen ist auf die Gärten beschränkt. 209 Indigo und Betelpfefferranken kultiviert man häufiger an geeigneten Stellen im Dschungel. 210 Hinsichtlich der Intensität der Bodennutzung scheint es zwischen dem JhumFeld und dem Garten keinen Unterschied zu geben; nur von den Manipur-Naga wird das Düngen der Gärten erwähnt. 211 Die Größe212 und die günstige Lage der Gärten ermöglichen es, bei geringem Arbeits- und Zeitaufwand die zur Gewinnung kleinerer Mengen Gemüse oder Gewürzpflanzen nötigen Arbeiten „nebenbei" zu verrichten. Die gleichen Arbeiten auf dem Feld sind allein durch den hinzutretenden Zeitfaktor (Anmarschweg) aufwendiger. Eine gewisse Sonderstellung in der Landwirtschaft einiger Stämme nimmt die Erzeugung von Baumwolle ein. Im Gegensatz zu den anderen Nebenkulturen wird sie felderweise angebaut. 213 •3. Viehwirtschaft Arten der Haustiere und ihre Nutzung In der Produktion aller Naga-Gemeinwesen nimmt die Viehwirtschaft nach dem Bodenbau den zweiten Platz ein. Schweine, Rinder, Ziegen, Hühner und Hunde sind die am meisten gehaltenen Tiere. Die Rinderbestände setzen sich aus den drei Arten: Mithan (Bos frontalis), Büffel (Bos bubalos) und Zebu (Bos indicus) zusammen.214 Schweine, Rinder mindestens einer Art und Hühner 207

v. FÜRER-HAIMENDOBF,

1937,

v. FÜBEB-HAIMENDORF,

1947,

S. 217;

2on 210

v. FÜREB-HAIMENDORF,

56 - 58; p. 485. V

MILLS,

1928,

p,

1941,

S.

1926, p. 126;

MILLS,

MILLS,

8; 1939,

1937a, pp. 4 8 - 4 9 ,

205,

1947,

S. 105;

1926, p p . 125 - 126;

. FÜREB-HAIMENDORF,

HUTTON, MILLS,

1941, S.

3 4 1 ; MILLS,

HUTTON, MILLS,

8;HUTTON,

1922, p.

1921, p. 7 7 ; MILLS,

1937a, p p . 7 7 - 7 8 ;

1922,

PRAIN,

pp.

1887,

1 9 2 1 , P . 4 6 - 4 7 ; M I L L S , 1926,p. 126.

5 8 ; MILLS,

1926, p.92, p.

103, p.

126;

1937a, p. 66.

211

HODSON,

212

KAUFFMANN

1911, p. 55; KAUFFMANN,

1953,

S.

153.

(1939, S. 217) bezeichnet einen 4x6m großen Garten im Northern Sangtam-Dorf Alisopore als typisch.

MILLS,

2W S. 78

1882, p.

v. FÜRER-HAIMENDOBF,

S. 5 6 ; HUTTON 1921, p. 4 7 ; KAUFFMANN,

1844, p. 709;

MASTERS,

p. 87; WOODTHORPE, 20»

S. 879;

1926, p.

KAUFFMANN,

124.

1935, S. 63 ff.;

ORANGE,

1840a, p. 962.

gehören zu jeder Wirtschaft. 2 1 5 Bei einigen Stämmen spielen einzelne Tierarten eine größere Rolle. So halten die Western Rengma und die Ao ausgesprochen viele Rinder 2 1 6 , die Chang viele Mithan und Büffel 2 1 7 und die Ao und Lhota zahlreiche Ziegen. 2 1 8 I m Gegensatz dazu gibt es bei den Tangkhul und den Eastern Rengma keine und bei den Angami, den Western Rengma und den KalyoKengyu nur wenige Ziegen. 2 1 9 Verschiedene Stämme (Ao, Lhota, Angami und Sema) halten keine Büffel 22 °, während bei den Eastern Rengma Rinder äußerst selten sind. 2 2 1 Die Angami halten hin und wieder auch Bienen. 2 2 2 Die ökonomische Bedeutung der Vieh Wirtschaft bei den Naga besteht darin, daß sie den größten Teil der Fleischnahrung erzeugt. An dieser Produktion sind grundsätzlich alle obengenannten Haustierarten beteiligt, es sei denn, daß religiöse Voreingenommenheit bestimmten Tieren gegenüber das. Fleisch derselben von der Konsumtion ausschließt. 2 2 3 Die wesentlichen Fleischlieferanten jedoch sind Rind, Schwein und Huhn. Wenn auch die Naga — verglichen mit der ebenfalls Reis als Hauptnahrungsmittel produzierenden Bevölkerung der Assam-Ebene — relativ viel Fleisch essen 2 2 4 , so darf man daraus keineswegs schließen, daß Fleisch bei ihnen eine alltägliche Zuspeise zu den Reismahlzeiten sei. So berichtet v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F von den K o n y a k : Mittags auf dem Felde „essen die Leute entweder nur mitgebrachten, schon am Morgen gekochten Reis oder sie kochen dazu noch Taro und frische Gemüse und in seltenen Fällen auch noch ein Huhn". Das Abendessen besteht „im wesentlichen wieder aus Reis oder Taro mit Gemüsen". 2 2 5 Ähnlich dürfte es bei denAo sein, denn M I L L S schreibt: „His staple diet is rice, and with it he eats a relish of some sort. I f he can obtain nothing eise he contents himself with chillies, salt and jungle leaves. B u t he likes fish or meat if he can get it."226 Reichliche Fleischmahlzeiten gibt es jedoch zu Festtagen, die in der Regel mit verschiedenen religiösen Zeremonien im Rahmen der agrarischen Produktion oder mit bestimmten sozialen Ereignissen, insbesondere den sogenannten „Verdienstfesten", im Zusammen215 B U T L E R ,

1875, p. 318;

ROBINSON,

1 9 3 5 , p . 1 5 2 ; d e GOLISH, S.

218;

21« M I L L S ,

1841 (1959), p. 55;

1958, p. 2 4 ;

HUTTON, 1 9 2 9 , p. 58.



MILLS, 1 9 2 2 , p . 6 2 ; MILLS, 1 9 2 6 , p . 62.

» HODSON,

1911, p. 81;

MENDORF, 1 9 4 7 , S .

220

DAS,

1887, p. 4 8 5 ;

1937,

S.

441;

KAUFFMANN,

B A D G L E Y , 1876 (1959), p. 51; W O O D T H O K P E , 1882, p. 63. 1937a, p. 92; M I L L S , 1926, p. 133.

2"

21!

PBAIN,

HUTTON,

1921, p. 84;

181.

Anmerkung H U T T O N S , in: 1937a, p. 92.

MILLS,

MILLS,

1937a, p. 92; v.

DAS, 1939,

FÜRER-HAI-

1926, p. 78, n. 1.

221 M I L L S ,

222 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 8 3 . 223

So essen die Tangkhul kein Ziegenfleisch, die Maram kein Schweinefleisch und die Marring kein Hundefleisch (HODSON, 1911, pp. 182—184).

221 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 9 1 .

225 v.

1941, S. 11 (Hervorhebung von mir, W. H.). 1926, p. 142 (Hervorhebung von mir ,W. H.). Feststellungen gleichen oder ähnlichen Inhalts treffen auch auf die Lhota FÜRER-HAIMENDORF,

226 M I L L S ,

(MILLS,

1922, p. 74) und die Sema (HUTTON, 1921a, p. 89) zu.

79

hang stehen. I n den 82 Haushalten des Thepong Khels (Dorfviertel) im KonyakDorf Wakching z. B. wurden im Jahre 1937 anläßlich des Ouniebu-Festes vor Beginn der Erntearbeiten achtzehn Schweine und ein Mithan geschlachtet. 227 Bei den Tengima Angami von Kohima mußten zur Durchführung des Ketseshe, des höchsten Verdienstfestes, zwölf Stiere und acht Schweine geschlachtet werden. 2 2 8 Fleisch und Hühnereier 2 2 9 sind die einzigen Produkte der Viehwirtschaft, die in der Ernährung der Naga eine Rolle spielen. Die Verwertung von Milch ist gänzlich unbekannt. 2 3 0 Die Viehwirtschaft liefert, wenn auch in sehr geringem Umfang und auf bestimmte Stämme beschränkt, Rohmaterialien, die bei verschiedenen handwerklichen Tätigkeiten Verwendung finden. Es sind dies vor allem Ziegen- und Hundehaare 2 3 1 , Mithan-Hörner 2 3 2 und Rindleder. 2 3 3 Eine anderweitige Nutzung der Haustiere findet nicht statt. Lediglich die Chiru spannen — unter ManipuriEinfluß — Rind und Büffel vor den Pflug. 2 3 4 Der Einsatz von Jagdhunden bei Angami, Rengma, Lhota u. a. 2 3 5 ist nur bedingt in diesen Zusammenhang zu stellen. Wartung der Tiere I n den Quellen begegnet man häufig der Feststellung, die Rinder der Naga befänden sich in einem halbwilden Zustand 2 3 6 , und auch die Schweine, Hunde und Hühner streunten frei umher. 2 3 7 Das ist keinesfalls so zu verstehen, als ob die Tiere sich gänzlich selbst überlassen seien. Die Wartung der Tiere erfordert im Laufe des Tages verschiedene Arbeiten. Um besonders das Kleinvieh vor dem Zugriff der Raubtiere und des Ungeziefers zu bewahren, wird es gewöhnlich allabendlich eingetrieben. Als Unterkunft dient in der Regel der ebenerdige Vorraum des Wohnhauses, der hauptsächlich zu Wirtschaftszwecken genutzt wird. Für die Hühner befinden sich hier an den Wänden oder auf Brettern alte Körbe, in denen sie auch brüten. 2 3 8 227

S. v . FÜRER-HAIMENDORF,

228 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 2

1941,

S. 14; v . FÜRER-HAIMENDORF,

1947,

S.

109.

232.

2" S . K A U F F M A N N , 1 9 3 5 , S . 7 7 .

230

H O D S O N , 1 9 1 1 , p . 1 8 2 ; PEAL, 1 8 9 3 , p . 2 4 6 ; P R A I N , 1 8 8 7 , p . 4 8 5 ; SMITH, 1 9 2 5 , p p .

231

Bei Ao ( M I L L S , 1926, p. 133; Anmerkung H U T T O N S , in: M I L L S , 1926, p. 134, n. 1), Lhota (MILLS, 1922, p. 62) und Angami (HUTTON, 1921, p. 35, pp. 6 2 - 6 3 ) .

232

B e i A n g a m i (HUTTON, 1921, p . 58).

138-140.

233 S . K A U F F M A N N ,

1935, S. 77.

1937, S. 441. H U T T O N , 1921, p. 81; M I L L S , 1937a, p. 94; M I L L S , 1922, p. 62; M I L L S , 1926, p. 134. v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1947, S . 67; H U T T O N , 1921, p. 8 0 ; H U T T O N , 1921a, p. 7 3 ; M I L L S , 1937a, p. 91. F U R N E S S , 1902, p. 451; M I L L S , 1922, p. 23; M I L L S , 1937a, pp. 9 3 - 9 5 . B U T L E R , 1875, p. 318; H U T T O N , 1921a, p. 73; M I L L S , 1922, p. 63; M I L L S , 1926,

234 D A S , 235 236 237 238

p. 135; SMitH,

80

1925, p.

30.

Bei den Kabui scheinen die Schweine den ganzen Wirtschaftsraum okkupiert zu haben 2 3 9 , während sie bei den Ao in einem an der Längsfront des Vorraumes befindlichen Abteil „are securely closed in a t night". 2 4 0 Die Angami errichteten zu Zeiten B U T L E R S nicht selten auch Ställe für Schweine in einer Ecke der Gehöftumwallung. 2 4 1 Inwieweit in einigen Konyak-Dörfern (Pongu, Yungphong, Yangching) und im Chang-Dorf Hakchang die besonderen Verschlage, in denen die Schweine die Fäkalien beseitigen 242 , auch als Unterschlupfe f ü r die Nacht dienen, geht aus den Belegen nicht hervor. Die Ziegen der Ao sind durch Leoparden besonders gefährdet, deshalb stehen ihre hüttenförmigen Ställe auf Pfählen. 2 4 3 Bei der Unterbringung des Großviehs gibt es eine Reihe lokaler Unterschiede. Büffel und Mithan bleiben auch nachts im Freien außerhalb der Siedlungen. 244 Das gleiche trifft für die Rinder der Sema zu. 2 4 5 Die Rinder der Ao, Lhota und Northern Sangtam kehren zur Nacht ins Dorf zurück. 2 4 6 Die Western Rengma treiben ihre Rinder nur während der Anbausaison jeden Abend ins Dorf ein. 247 Bei den Angami finden die Rinder in einem besonderen Verschlag innerhalb des Gehöfts, unter dem Vordach oder im Wirtschaftsraum des Wohnhauses Unterschlupf; in der Regenzeit stehen ihnen Schutzdächer aus Blättern in der Nähe der Felder zur Verfügung. 2 4 8 Am Morgen werden die Verschläge geöffnet 2 4 9 und die Tiere herausgelassen. Größtenteils müssen sie sich ihr Futter selbst suchen. Die Rinder erhalten von Zeit zu Zeit lediglich etwas Salz. 250 I m Gegensatz dazu werden die Schweine regelmäßig gefüttert. Die Ao, die Rengma und die Northern Sangtam geben abends Reishülsen, Speisereste und Taro-Knollen und -Blätter, die Konyak hingegen morgens die Abfälle vom Vortage oder Taro-Schalen; zuweilen bauen die Ao sogar Hirse und Hiobstränen zu diesem Zwecke an. 2 5 1 Hühnern streut man ein wenig Futter aus, „to keep them from straying to different houses". 2 5 2 Das einmalige Auswerfen von Reis für die frisch geschlüpften Küken bei den 239 M C C U X L O C H , z i t . b . D A L T O N / F L E X ,

1873, S. 261.

210 S M I T H , 1 9 2 5 , p . 2 8 . S. a. v . FÜRER-HAIMENDORF , 1941, S. 9; PEAL, 1898, S. 331. 2«

BUTLER, 1875, p.

318.

242 H U T T O N , 1 9 2 9 , p . 1 4 , p . 5 2 . 243 M I L L S , 1 9 2 2 , p .

244 v.

62.

FÜRER-HAIMENDORF,

245 H U T T O N ,

1947, S.

67;

MILLS,

1922, p. 52;

MILLS,

1937a, p. 91.

1921a, p. 38.

2«s M I L L S , 1 9 2 6 , p . 1 3 3 ; M I L L S , 1 9 2 2 , p . 6 0 ; K A U F F M A N N , 2 " MILLS, 1 9 3 7 , p.

1939, S. 218.

92.

248 A V E R Y , 1 8 8 4 , p . 3 1 4 ; B U T L E R , 1 8 7 5 , p . 3 1 8 ; H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 8 0 ; P R A I N ,

p.

486,

p.

1887,

478.



MILLS, 1 9 2 6 , p p . 1 3 3 - 1 3 4 ;

250

V

. FÜRER-HAIMENDORF,

251 v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

125, p. 133;

MILLS,

S. a. HUTTON,

6 Hartwig, Naga

28.

S. 67; HUTTON, 1921,

p. 80;

MILLS, 1 9 2 2 , p .

1 9 4 1 , S. 1 0 ; KAUFFMANN, 1 9 3 9 , S. 2 1 8 ; MILLS, 1 9 2 6 ,

60. p.

1937a, p. 93.

1921, p.

252 H U T T O N , 1 9 2 1 , p .

SMITH, 1 9 2 5 , p .

1947,

81.

83.

81

Ao 253 ist nicht als erste Handlung einer systematischen Aufzucht zu werten. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Rengma des öfteren Termitenbauten zerstören, damit die Küken die Brut aufpicken können. 2 3 4 Bei der Interpretation des Tatbestandes, daß die Naga ihr Vieh — die Schweine nicht ausgeschlossen — relativ wenig füttern, darf nicht außer acht gelassen werden, daß die Tiere sowohl in unmittelbarer Nähe der Wohnstätten als auch in der näheren Umgebung der Siedlungen und im angrenzenden Dschungel große Mengen Futter finden.255 In dem sie diesem Umstand Rechnung tragen, ist es den Naga möglich, die Fütterung im wesentlichen auf das zur Gewöhnung der Tiere an den Besitzer notwendige Maß zu beschränken und die Viehwirtschaft dadurch genügend produktiv zu gestalten. Um das Ausmaß der durch die frei umherschweifenden Tiere verursachten Schäden in erträglichen Grenzen zu halten, machen sich bestimmte Vorkehrungen erforderlich. Die Gärten werden sorgsam eingezäunt 2 5 0 , und „um die Schweine am Ausbrechen nach unten in die Felder zu hindern, verläuft nur etwa 2—400 m unterhalb (des auf einem Bergkegel gelegenen Chang-Dorfes Yongyimti, W. H.), wie bei fast allen Dörfern, ein B a m b u s h a g " . 2 5 7 Auch die Felder sind oft durch Zäune geschützt. 258 Das Rindvieh muß, wie wir sahen, gänzlich ohne Futter auskommen. Um die Herden von den bestellten Feldern fernzuhalten, ist man bemüht, das Weidesystem diesen Bedingungen unterzuordnen. Leider ist das diesbezügliche Quellenmaterial äußerst spärlich. Von den Angami ist bekannt, daß sie die Rinder entweder in dem in entgegengesetzter Richtung von den Jhum-Feldern gelegenen Dschungel 259 oder „auf Land, das in jedem J a h r e abgebrannt wird, um frisches grünes Gras zu bekommen" 2 6 0 , weiden lassen. Nach Beendigung der Ernte suchen sich die Rinder ihr Futter auf den Terrassenfeldern. 2 6 1 Während die Herden der Angami unter der ständigen Aufsicht eines Hirten stehen 262 , beschränken die Western Rengma das Hüten auf die Zeit der agrarischen Produktion. 263 1926, pp. 1 3 5 - 1 3 6 . 1937a, p. 95. Schweine und H u n d e beseitigen auf diese Weise auch die Fäkalien und sonstigen Unrat (vgl. v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1947, S. 57; H U T T O N , 1921a, p. 81; M I L L S , 1922, p. 23; M I L L S , 1926, p. 133; M I L L S , 1937a, pp. 9 3 - 9 4 ) . 1947, S. 56f.; M I L L S , 1937a, p. 48. V. FÜBER-HAIMENDOBF,

253 M I L L S ,

254 M I L L S , 255

256

257 K A U F F M A N N , 1 9 4 4 , S . 258 P R A I N ,

331.

1887, p. 485. Vgl. a. Teil

259 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 260 K A U F F M A N N ,

II/2

- S. 64.

141.

1950, S.

73.

E s ist nicht ganz ersichtlich, u m welche Art Land es sich hier handelt. ,,Für d e n R o d u n g s b a u taugt es nicht mehr," betont K A U F F M A N N . Sollte es e t w a jenes Areal sein, auf dem das zoga (das Gras zum Dachdecken) wächst (vgl. H U T T O N , 1 9 2 1 , p. 77)? 261 K A U F F M A N N , 262 H U T T O N , 263 M I L L S ,

82

1950, S. 73f.

1921, p. 80; PBAIN, 1887, p.

1937a, p. 92.

486.

Zuchtmaßnahmen Als bedeutendstes tierzüchterisches Ereignis — im Sinne einer Veränderung der gegebenen Tierarten — tritt uns in den Naga-Bergen die Kreuzung entgegen. Am häufigsten sind die Mithan-Rind-Hybriden, die sich in der Regel durch eine bessere Fleischqualität auszeichnen. 264 Während eine Kreuzung des Mithan mit der Wildform (Bos gaurus) für die Naga-Berge nicht exakt zu belegen ist 265 , lassen sich entsprechende Kreuzungen bei Hausschweinen und Haushühnern nachweisen. 266 Die Rengma glauben, die Trächtigkeit der Mithan-Kühe positiv beeinflussen zu können, indem sie „(are) fed on cold boiled rice and salt for a few days". 2 6 7 Ein zweites Beispiel züchterischer Betätigung führt H U T T O N an: Bei den Angami kommt es vor, daß gute Jagdhunde miteinander gepaart werden. 268 Das Kastrieren der zwei bis drei Monate alten männlichen Schweine ist in den Naga-Bergen allgemein verbreitet. 2 6 9 Die Viehwirtschaft der Naga stellt sich somit als ein Produktionszweig dar, dessen wesentliche Merkmale die Kontinuität der Arbeiten während der gesamten Produktionszeit, die Erzeugung des größten Teils der Fleischnahrung und ein — dank der speziellen Form der Viehhaltung und der beschränkten tierzüchterischen Maßnahmen — relativ niedriges Niveau der Produktivkräfte sind.

4. Ergänzende Zweige der

Nahrungsgemnnung

Die Gewinnung und Konsumtion zusätzlicher, nicht durch Bodenbau und Viehwirtschaft erzeugter Nahrungsmittel ist im Naga-Land keineswegs auf Zeiten oderjFälle wirtschaftlicher Schwierigkeiten 270, etwa infolge einer schlechten Ernte, beschränkt. Jagd, Fischfang und Sammeltätigkeit liefern auch in normalen Wirtschaftsjahren eine durchaus beachtenswerte Menge an Lebensmitteln. 271 Jagd Die Männer nehmen jede sich bietende Gelegenheit wahr, um jagd- und eßbare Tiere zur Strecke zu bringen. Da sie auf ihrem fast täglichen Weg zu und von den 264

HUTTON,

1921a, p. 69;

1 9 2 2 , p . 6 0 ; MILLS

265 S . M I L L S , 1 9 2 2 , p . 5 9 , n . 266

MILLS,

1937a, p. 92. S. a.

HUTTON,

1926, p. 133; v. FÜRER-HAIMENDORF,

1921, p. 80;

1963, p.

MILLS,

145.

1.

1926, p. 134; H U T T O N , 1921a, p. 72; M I L L S , 1922, p. 61, p. 63. Spezielle Fragen der Schweinezucht bei den Naga untersucht K A U F F M A N N (1938).

MILLS,

267 M I L L S , 1 9 3 7 , p .

91.

268 H U T T O N , 1 9 2 1 , p .

81.

1935,

269

S. KAUFFMANN,

270

v. FÜRER-HAIMENDORF,

S.

72;

KAUFFMANN,

1947,

1938a,

S. 1 2 3 ; MILLS,

S.

88;

MILLS,

1937a, p. 93.

1922, p. 7 4 ; MILLS,

1926, p.

142;

1937a, p. 102, n. 2; S M I T H , 1925, p. 32. 271 Produkte dieser Tätigkeiten, die nicht der Ernährung dienen — s. Teil I I / l — S. 56. MILLS,

6*

83

Zuchtmaßnahmen Als bedeutendstes tierzüchterisches Ereignis — im Sinne einer Veränderung der gegebenen Tierarten — tritt uns in den Naga-Bergen die Kreuzung entgegen. Am häufigsten sind die Mithan-Rind-Hybriden, die sich in der Regel durch eine bessere Fleischqualität auszeichnen. 264 Während eine Kreuzung des Mithan mit der Wildform (Bos gaurus) für die Naga-Berge nicht exakt zu belegen ist 265 , lassen sich entsprechende Kreuzungen bei Hausschweinen und Haushühnern nachweisen. 266 Die Rengma glauben, die Trächtigkeit der Mithan-Kühe positiv beeinflussen zu können, indem sie „(are) fed on cold boiled rice and salt for a few days". 2 6 7 Ein zweites Beispiel züchterischer Betätigung führt H U T T O N an: Bei den Angami kommt es vor, daß gute Jagdhunde miteinander gepaart werden. 268 Das Kastrieren der zwei bis drei Monate alten männlichen Schweine ist in den Naga-Bergen allgemein verbreitet. 2 6 9 Die Viehwirtschaft der Naga stellt sich somit als ein Produktionszweig dar, dessen wesentliche Merkmale die Kontinuität der Arbeiten während der gesamten Produktionszeit, die Erzeugung des größten Teils der Fleischnahrung und ein — dank der speziellen Form der Viehhaltung und der beschränkten tierzüchterischen Maßnahmen — relativ niedriges Niveau der Produktivkräfte sind.

4. Ergänzende Zweige der

Nahrungsgemnnung

Die Gewinnung und Konsumtion zusätzlicher, nicht durch Bodenbau und Viehwirtschaft erzeugter Nahrungsmittel ist im Naga-Land keineswegs auf Zeiten oderjFälle wirtschaftlicher Schwierigkeiten 270, etwa infolge einer schlechten Ernte, beschränkt. Jagd, Fischfang und Sammeltätigkeit liefern auch in normalen Wirtschaftsjahren eine durchaus beachtenswerte Menge an Lebensmitteln. 271 Jagd Die Männer nehmen jede sich bietende Gelegenheit wahr, um jagd- und eßbare Tiere zur Strecke zu bringen. Da sie auf ihrem fast täglichen Weg zu und von den 264

HUTTON,

1921a, p. 69;

1 9 2 2 , p . 6 0 ; MILLS

265 S . M I L L S , 1 9 2 2 , p . 5 9 , n . 266

MILLS,

1937a, p. 92. S. a.

HUTTON,

1926, p. 133; v. FÜRER-HAIMENDORF,

1921, p. 80;

1963, p.

MILLS,

145.

1.

1926, p. 134; H U T T O N , 1921a, p. 72; M I L L S , 1922, p. 61, p. 63. Spezielle Fragen der Schweinezucht bei den Naga untersucht K A U F F M A N N (1938).

MILLS,

267 M I L L S , 1 9 3 7 , p .

91.

268 H U T T O N , 1 9 2 1 , p .

81.

1935,

269

S. KAUFFMANN,

270

v. FÜRER-HAIMENDORF,

S.

72;

KAUFFMANN,

1947,

1938a,

S. 1 2 3 ; MILLS,

S.

88;

MILLS,

1937a, p. 93.

1922, p. 7 4 ; MILLS,

1926, p.

142;

1937a, p. 102, n. 2; S M I T H , 1925, p. 32. 271 Produkte dieser Tätigkeiten, die nicht der Ernährung dienen — s. Teil I I / l — S. 56. MILLS,

6*

83

Feldern stets Dao und Speer bei sich tragen 2 7 2 , sind sie, sollte ihnen zufällig Wild begegnen, sogleich jagdbereit. Ausschließlich bei solchen Gelegenheiten erlegen die Rengma wildernde, die Rinderherden dezimierende Hunde 2 7 3 und die Lhota und Ao umherziehende Keiler. 274 Während der Anbausaison verknüpfen die Naga die Jagdtätigkeit häufig mit dem Bemühen, die Pflanzungen vor Wildschäden zu bewahren. Die Rengma, Angami und Ao errichten zum Fang kleinerer Tiere, insbesondere Ratten, rings um das Feld niedrige Buschzäune und stellen in den eingebauten Öffnungen Fallen auf. 275 Mit größeren Einrichtungen ähnlichen Typs, doch mit Fallgruben oder panjis276 hinter den Durchlässen kombiniert, fangen die Konyak, die Lhota und die Sema Wildschweine und Hirsche. 277 Die Angami stellen am Feldrand Schlingen auf 2 7 8 , während die Ao und Burma-Naga Affenkästen mit Falltür und Gurken- resp. Yams-Köder und die Sema Schwerkraftfallen mit gleichem Köder zu gleichem Zweck in die Felder setzen. 279 Die Kabui hängen eine lange, elastische Leine aus Schlingpflanzen am Feld auf und kerben sie an einer bestimmten Stelle, unter der der Boden mit Panjis bespickt ist, ein. Hangelt sich eine Horde Affen nun an der Leine entlang, so reißt sie wie vorgesehen, und die Tiere stürzen in die Panji-Falle. 2 8 0 Kurzschwänzige Makaken (Macacus arctoides), die nur schlecht zu klettern vermögen, nisten sich gern im Unterholz in der Umgebung der Felder ein. Haben Lhota oder Ao eine solche Horde aufgespürt, bauen sie aus Gestrüpp einen langen, tunnelartigen Gang und treiben die Tiere hinein, um sie am Ende in Massen zu fangen. 2 8 1 Treibt sich in den Sommermonaten eine der in dieser Zeit besonders großen Wildschweinherden in der Nähe der Felder umher, so umzingeln die Ao das betreffende Dschungelstück, hauen eine ringförmige Schneise, die als eine Art Geruchsbarriere fungiert, verkleinern den Kessel, legen eine zweite Schneise an und hegen das Areal schließlich mit zwei konvergierenden Zäunen ein. Mit Speer und Dao werden die in die Enge getriebenen Tiere dann erlegt. 282 Der gleichen Methode bedienen 272 v . F Ü B E B - H A I M E N D O M " , 2'3 M I L L S ,

1947, S.

112.

1937a, p. 103.

274 M I L L S , 1 9 2 2 , p . 6 5 ; M I L L S , 1 9 2 6

p.

137.

1937a, p. 103; H U T T O N , 1921, p. 87; M I L L S , 1926, p. 141. Von einer anderen Methode hörte M I L L S im Konyak-Dorf Yonghong: In den Rinnen, die auf dem Feld zurückbleiben, wenn bei kniehohem Reis einst liegengebliebene Baumstämme fortgeräumt werden, halten sich gern Ratten auf, so daß man hier viele Tiere mit Fallen fangen kann (s. H U T T O N , 1929, p. 26). 2 0 — 1 2 0 cm lange, gehärtete Bambusstäbe, die mit den scharfen Spitzen nach oben in den Boden gesteckt werden (s. H U T T O N , 1 9 2 1 , p. 4 4 2 ) . P B A L , 1893, p. 260, fig. 19; H U T T O N , 1921a, p. 7 8 ; M I L L S , 1922, p. 52. Die Angami setzen Panjis zum Muntjak-Fang am Feldrand in den Boden (HUTT O N , 1921, p. 88).

275 M I L L S ,

276 277

278 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 279 M I L L S ,

87.

1926, p. 140;

DEWAR,

1935, p. 165;

HUTTON,

1921a, p.

78.

280 H O D S O N , 1 9 1 1 , p . 5 7 . 281 M I L L S , 1 9 2 2 , p . 6 7 ; M I L L S , 1 9 2 6 , p . 1 4 0 . S . a . S M I T H , 1 9 2 5 , p . 282 M I L L S , 1 9 2 6 , p p . 1 3 7 - 1 3 8 ;

84

SMITH, 1 9 2 5 , p . 4 3 .

44.

sich die Ao, aber auch die Lhota, Rengma und Angami bei der Tiger- und Leopardenjagd. 283 Sie leitet bereits zur Jagd als einer besonderen •wirtschaftlichen Betätigung über. Die bisher geschilderten Jagdaktionen waren entweder vom Zufall diktiert oder deutlich mit der Absicht gleichzeitigen Schutzes der Pflanzungen verknüpft. Waren sie im ersten Fall ungeplant, so stellen sie sich im zweiten fast als Bestandteil der ökonomischen Hauptbetätigung in diesem Zeitabschnitt, dem Bodenbau, dar. 284 Jede anders motivierte Jagdaktion in der Zeit der agrarischen Produktion widerspricht den gesellschaftlichen Interessen und wird aus diesem Grunde unterlassen. H U T T O N schreibt, daß „the Sema observes no close seasons for game (except when made to do so), but hunting with dogs on an extensive scale usually stops towards the end of May, because it is apt after that to damgae the young corn. Hunting is in full swing again after the harvest is in." 285 v. F Ü B E B - H A I M E N D O B F betont, daß „in der Zeit von Mitte Oktober bis Mitte Dezember, in der es auf den Feldern nichts oder nur wenig zu tun gibt, . . . die (Konyak-, W. H.) Männer neue Häuser bauen . . (und) auf die Jagd gehen". 286 H O D S O N spricht sogar — wobei er aber sicher etwas zu weit geht — von einer Zweiteilung des Jahres bei den Manipur-Naga „into a cultivating and a hunting period". 287 Auch die Aktionen, die ausschließlich des Erlegens eines bestimmten Wildes wegen — letztlich zum Zwecke zusätzlicher Fleischbeschaffung — geplant unternommen werden, lassen sich in technischer und arbeitsorganisatorischer Hinsicht folgendermaßen gliedern: 288 erstens reine Treibjagd mit und ohne Hilfe von Hunden und zweitens Jagd mit Hilfe verschiedener Fallensysteme, wobei nicht selten zwei oder drei Methoden kombiniert werden (z.B. Treiben des Wildes in konvergierende Zäune, die zu einer Falle führen). Treibjagden mit Hunden veranstalten die Lhota, die Western Rengma, die östlichen Angami, die Sema und die Tangkhul; die Eastern Rengma benutzen keine Jagdhunde. Die Lhota, die Western Rengma und die östlichen Angami treiben das Wild, vorwiegend Sambar, Serow und Muntjak, in den Tälern abwärts, um sie beim Versuch, in das Nachbartal auszubrechen, am bewachten Übergang zu Speeren. Die Sema und die Tangkhul dagegen treiben die Tiere den in lichterem Dschungel harrenden Jägern entgegen. 289 283

V-

FÜRER-HAIMENDORF,

98; HUTTON,

1921, p.

1947,

S.

76f.;

MILLS,

1922, p. 66;

MILLS,

1937a, pp. 9 7 -

86.

284 S. Teil II/2 (Phase 5) - S. 63f. H U T T O N , 1921a, p. 76, n. 1. „Hunting parties usually go out on days when it is genna to work in the field" (HUTTON, 1921a, p. 77). Damit sind zweifellos Jagdaktionen im Interesse des Schutzes der Pflanzungen gemeint.

285

286

v. FÜRER-HAIMENDORF,

287

HODSON,

288 289

1 9 4 1 , S. 1 1 ; s. a. MILLS, 1 9 2 2 , p .

86.

p. 1 2 0 . An anderer Stelle (p. 5 7 ) schreibt er sogar: „ H u n t i n g i s prohibited during the cultivation season." Die oben angeführten Beispiele belegen keine anderen Jagdmethoden. M I L L S , 1922, pp. 6 3 - 6 4 ; M I L L S , 1937a, pp. 100-101, p. 102; H U T T O N , 1921, pp. 85—86; H U T T O N , 1921a, p. 75; H O D S O N , 1911, p. 56. 1911,

85

Kombinierte Jagdmethoden kennen u. a. die Angami und die Kabui. Zum Fang von Otter, Serow und Muntjak legen die Angami konvergierende Zäune an, an deren Ende sie eine Schwerkraftfalle (einen mit großen Steinen beschwerten Baumstamm) installieren.290 Bei den Kabui erfüllt ein lose aufgehängter, schwerer Speer die Funktion des niederschmetternden Baumstammes.291 Die Rengma errichten an Plätzen, auf denen sich entweder Stachelschweine, Affen oder Bären zum Fressen einfinden, Schwerkraftfallen, die denen der Angami ähneln; ausgestreute Beeren locken die Tiere in die Falle.292 Fallgruben, deren Grund oft mit Panjis versehen war, hatten, bevor sie ihrer Gefährlichkeit wegen zu Beginn unseres Jahrhunderts verboten wurden, eine weite Verbreitung in den Naga-Bergen. Die Ao und die Rengma legten diese Art Schwerkraftfallen besonders auf Bergübergängen oder an Salzlecken an.293 Ebenfalls in die Gruppe der Schwerkraftfallen sind die „Panji-Fallen" einzuordnen. Die Sema und Rengma z. B. fangen mit ihnenHirsche und Wildschweine. Hinter umgestürzten Bäumen oder künstlich angelegten Sperren im Wildwechsel294 werden eine Anzahl Panjis in den Boden gesteckt, so daß die Tiere, wenn sie über die Hindernisse hinwegsetzen direkt in die Falle springen. Sehr häufig stellen die Angami, die Phom, die Rengma, die Burma-Naga u. a. Schlingen, um Sambar, Serow, Wildkatzen und insbesondere Vögel zu fangen.295 Die Sema, Angami, Ao u. a. benutzen auch Schwippgalgenfallen.296 Zum Vogelfang verwendet man häufig Leimruten.297 Die Ao benutzen zum gleichen Zweck — aber auch zum Aifenschießen — gelegentlich Bogen und Pfeil, die Konyak eine Armbrust.298 Die Angami graben zuweilen Ratten aus.299 Ende des 19. Jahrhunderts haben Gewehre besonders in den Dörfern der Tengima Angami Eingang gefunden und die ursprünglichen Jagdmethoden stark verändert.300 290 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 8 7 ; s. a . P R A I N , 1 8 8 7 , p . 4 8 3 . 291 H O D S O N , 1 9 1 1 , p . 5 7 . 292

MILLS, 1937a, p. 102.

Eine fallenähnliche Fangmethode (s. LIPS, 1927, S. 125f.) wenden die Western Rengma an, wenn sie Wildschweine mit ausgelegten Beeren unter einen Baum locken, von dem herab sie einen angebundenen Speer auf die Tiere sausen lassen (MILLS, 1937a, p. 100). 293

MILLS, 1926, p. 136; MILLS, 1937a, p. 102 (die Rengma kombinieren zuweilen die Fallgrube mit Leitzäunen). S. a. H U T T O N , 1921a, p . 7 8 ; P R A I N , 1887, p . 483.

294 HUTTON, 1921a, p. 78; MILLS, 1937a, p . 99. 295 HUTTON, 1921, p p . 8 7 - 8 8 ; HUTTON, 1922b, p. 105; MILLS, 1937a, p. 100, p. 103; D E W A R , 1935, p . 165.

296 HUTTON, 1921a, p p . 7 8 - 7 9 ; HUTTON, 1921, p p . 8 7 - 8 8 ; SMITH, 1925, p. 44. 297 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 8 8 ; M I L L S , 1 9 2 2 , p . 6 8 ; S M I T H , 1 9 2 5 , p . 4 4 . 298

SMITH, 1925, p . 4 4 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

299

P R A I N , 1887, p . 482.

300 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 8 4 .

86

1947, S. 92.

Fischfang Während sich bei der Jagdtätigkeit im eigentlichen Sinne 301 eine zeitliche Konzentrierung der Aktionen auf einen bestimmten Abschnitt des Wirtschaftsjahres, und zwar auf die Wochen nach Einbringung der Ernte, deutlich abzeichnet, läßt sich eine ähnliche Erscheinung für den Fischfang nicht feststellen. Lediglich H O D S O N hebt wiederum hervor, daß bei den Manipur-Naga nach Abschluß der Reisernte „the energy of the village is turned to trade, . . ., to hunting and fishing", und daß „fishing is usually prohibited during the cultivating season, from the time of sowing to the harvest home". 3 0 2 Die wenigen vorhandenen Belege deuten vielmehr darauf hin, daß im großen und ganzen zu jeder Jahreszeit die örtlich unterschiedlichen Möglichkeiten zu fischen wahrgenommen werden. Wenn im Zusammenhang mit der Fischfangtätigkeit der Naga von einer „zeitlichen Beschränkung" gesprochen werden kann, dann nur unter dem Aspekt einer zeitlich begrenzten Anwendungsmöglichkeit bestimmter Fangmethoden. Aus der Mannigfaltigkeit derselben darf man schließen, daß sie gerade unter Berücksichtigung der örtlich, aber auch jahreszeitlich unterschiedlichen Bedingungen des natürlichen Milieus entwickelt worden sind. I n einigen Fällen bestehen gewisse Beziehungen zwischen der Fischfangtätigkeit und bestimmten Arbeitsphasen des Hauptproduktionszweiges. Bei den Angami und den Chiru 303 z. B. werden die bewässerten Terrassenfelder zeitweilig zum gemeinsamen field of employment beider wirtschaftlicher Betätigungen. I n den Monaten, in denen die Terrassenfelder unter Wasser stehen (also während der Anbauperiode!), gibt es hier eine Menge kleiner Fische. Hin und wieder bleiben Flecken von etwa einem Meter Durchmesser unbebaut; an diesen Stellen befinden sich ausgehobene Vertiefungen im Boden, in denen sich ständig Fische aufhalten. Von Zeit zu Zeit werden sie mit flachen Körben herausgeschöpft. 304 Es wurde oben darauf hingewiesen, daß die Jagdtätigkeit während einer bestimmten Phase der Feldarbeiten gleichsam zu einem Bestandteil derselben wird. Eine vergleichbare Einbeziehung in den Prozeß der agrarischen Produktion widerfährt auch der Fischfangtätigkeit, jedoch erfolgt sie nicht so sehr in den materiellen Bereich wie im Falle der Jagd, sondern vielmehr in den Bereich des Zeremoniellen. So ist es bei den A o der Mongsen-Gruppe z. B. üblich, daß der älteste patir (Priester) des Dorfes nach dem zeremoniellen Ernten einiger Rispen das sechs Tage währende chata'mung (Ernte-„Genna") einhält. „Then he goes down with all the men of the village and builds a fish weir, and bathes. The first big fish caught goes to him." 3 0 5 Nach Abschluß dieser zeremoniellen Handlung beginnen die individuellen Vorbereitungen zur Ernte. 301

Die zufälligen und die gleichermaßen dem Schutz der Pflanzungen dienenden Jagdunternehmungen ausgenommen.

302

H O D S O N , 1911, p . 39, p . 58.

303 Für die panikhet-treibenden Gemeinwesen anderer Stämme gibt es keine Belege. 304 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 9 0 , p . 9 1 ; D A S , 1 9 3 7 , S . 4 4 1 . 305

MILLS, 1926, p. 122. SMITH' (1925, p. 45) Feststellung: „ A b o u t once each y e a r a

87

Ungeachtet solcher Berührungen mit der agrarischen Produktion ist der Fischfang als ein selbständiger Zweig der Nahrungsgewinnung anzusehen. Sein eigentlicher Wirkungsraum sind die zahlreichen, von den Bergen kommenden Bäche und Flüsse. Zur Nutzung der Fischgründe bedienen sich die Naga einer Vielzahl von Fangmethoden, wobei sie die verschiedenen Fanggeräte und -Vorrichtungen einzeln oder auch miteinander kombiniert einsetzen. Unter besonders günstigen Bedingungen, bei Niedrigwasser oder wenn die Flüsse sehr lehmiges Hochwasser führen 306 , fangen die Konyak, die Lhota, die Angami, die Sema und die Manipur-Naga Fische mit der bloßen Hand. 307 Zur Gruppe der einzeln eingesetzten Fanggeräte gehören Angeln, Netze, Reusen und Körbe. 308 Angeln werfen die Lhota, Rengma, Sema und Angami an Stellen aus, an denen das Wasser relativ ruhig fließt.309 Netzfischerei kennen die Sema, die Burma-Naga und die Tangkhul. 310 Reusen und Fischkörbe — in der Literatur nicht immer exakt unterschieden — verwenden sowohl die Angami und Lhota als auch die Burma- und Manipur-Naga 311 ; die Ao haben von Assamesen einen Fischkorb übernommen, mit dem sie das ganze Jahr über große Fänge erzielen. 312 Bei klarem Wasser benutzen die Sema zuweilen auch Schlingen, die sie an einem Stock befestigen und so ins Wasser halten, daß der Fisch hineinschwimmt. 313 In den kalten Fluten des Tizu führen die Sema von besonders tiefen Stellen einen lose errichteten, 6—9 m langen Steintunnel bis in flacheres Wasser. Während der kalten Jahreszeit sammeln sich nicht selten viele Fische in dem am Ende verschlossenen Tunnel an. Sind sie morgens von der Kälte benommen, können sie mit der bloßen Hand herausgenommen werden. 314 Zur Gruppe der kombinierten Fangmethoden dürfte bereits das Treiben der Fische in seichteres Gewässer, wo sie entweder mit der Hand, kleinen Netzen oder Körben gefangen werden, gehören. Oft werden dazu noch kleine Hilfswehre errichtet. 315 Die Sema benutzen häufig zwei Netze: Mit einem großen Zugnetz treiben sie die Fische in Ufernähe und fangen sie dort mit Hilfe eines kleineren. 316

306

village will turn en masse to go fishing," bezieht sich gewiß auf dieses speziele Unternehmen, denn M I L L S ( 1 9 2 6 , pp. 1 4 1 — 1 4 2 ) führt noch weitere Beispiele kollektiven Fischfangs bei den Ao an. D I E Fische sollen in solchem Wasser halb betäubt sein (s. Anmerkung H U T T O N S , in:

MILLS, 1922, p . 74, n .

307 p E A L ) 1872, p. 11;

MILLS,

1).

1922, p. 74;

HUTTON,

1921, p. 90;

HUTTON,

1921a, p.

8 3 ; HODSON, 1 9 1 1 , p . 5 8 .

Das Speeren von Fischen ist nur für die Sema belegt ( H U T T O N , 1921a, p. 83). 1922, p. 73; M I L L S , 1937a, p. 107; H U T T O N , 1921a, pp. 81-82; H U T T O N , 1921, p. 90. AIO H U T T O N , 1921a, pp. 8 2 — 8 3 ; D E W A B , 1 9 3 5 , p. 1 6 5 ; H O D S O N , 1911, p. 5 8 . 308

SO» M I L L S ,

311 H U T T O N ,

1 9 2 1 , p. 9 0 ; MILLS, 1 9 2 2 , p. 7 3 ; P E A L , 1 8 8 1 , p. 2 8 ; HODSON, 1 9 1 1 , p. 5 8 .

312 M I L L S , 1 9 2 6 , p .

142.

313 H U T T O N , 1921a, p. 81. 3 1 4 H U T T O N , 1921a, p. 88. 3 1 5 H O D S O N , 1911, p. 58; M I L L S , 1937a, pp. 107-108. 316 H U T T O N , 1921a, p. 82. 88

Die bedeutendste Fangmethode ist jedoch die Wehrfischerei, bei der stets mehrere Geräte gleichzeitig zum Einsatz gelangen. Die Lhota sperren einen Arm des durch eine Insel geteilten Stromes durch ein Wehr, so daß das Wasser aus diesem Teil abfließt; die in den Resttümpeln zurückbleibenden Fische lassen sich leicht fangen. 317 Die Western Rengma werfen vor dem errichteten Wehr Mengen langhalmigen Grases auf das Wasser, damit sich die stromwärts getriebenen Fische darin verfangen.318 Bei den Lhota, Sema, Chang und BurmaNaga werden Wehre im rechten Winkel zur Strömung, im Halbkreis oder Vförmig in den Strom gebaut. An mehreren Durchlässen im Wehr sind gewöhnlich trichterförmige Fischkörbe eingelassen.319 Bei den Angami finden sich Fischzäune, die anscheinend parallel der Uferlinie stehen und in langen Bambuskästen enden. Von den Treibern stromabwärts gescheucht, geraten die Fische in die Zäune und schließlich in die Fangkästen. 320 Die Lhota kennen eine wehrartige Fangvorrichtung für in den Abendstunden stromauf ziehende Fische. Zwei Wehre werden in etwa 20 m Entfernung voneinander errichtet, das untere hat eine große Öffnung, damit die Fische in die Absperrung schwimmen können. Nachts wird der Durchlaß geschlossen, und die Tiere sind gefangen. 321 Die Wehrfischerei an den Flüssen des Naga-Landes ist wohl am häufigsten mit der Verwendung von Fischbetäubungsmitteln pflanzlicher Herkunft verbunden. In allen Gebieten, aus denen Angaben zur Fischerei vorliegen, ist diese kombinierte Methode bekannt. 322 Sie besteht im wesentlichen darin, daß zerstoßene Stengel einer giftigen Schlingpflanze entweder mit Erde vermischt oder in Schichten abwechselnd mit Erde auf das im Fluß errichtete Wehr gehäuft werden. Lediglich die Ao füllen die Masse auch in weitmaschige Körbe, stellen sich in einer Linie quer in den Fluß und tauchen die Behälter so lange ins Wasser, bis das Gemisch herausgewaschen ist. 323 Vom Wehr muß die mit Pflanzensaft getränkte Erdmasse durch Überspritzen mit Wasser abgespült werden. Nach einiger Zeit tauchen unterhalb der Anlage die betäubten Fische an die Oberfläche, MILLS, 1922, p . 73.

Eine ähnliche Methode wenden auch die Angami (HUTTON, 1921, p. 90) und die Sema (HUTTON, 1921a, p. 83) an. 318 MILLS, 1 9 3 7 a , p . 107. 319 M I L L S ,

1922, p p . 7 2 - 7 3 ; HUTTON, 1921a, p. 8 1 ; DEWAR, 1935, p. 165.

320 P B A I N , 1 8 8 7 , p . 4 8 3 . 321 M I L L S , 1 9 2 2 , p . 7 3 . 322

Angami Ao Chang Konyak

- H Ä G E N , 1898, S. 5 6 ; HUTTON, 1921, p p . - H U T T O N , 1921, p. 89;

— BALFOUR, 1925, p. 37; v. FÜRER-HAIMENDORF, 1947, S. 96f.; PEAL, 1872,

Lhota Manipur-Naga Western R e n g m a Sema 323 M I L L S , 1 9 2 6 , p p .

89-90;

- M I L L S , 1926, p p . 1 4 1 - 1 4 2 ;

p.ll;

- M I L L S , 1922, pp. 7 0 - 7 2 ; — HODSON, 1911, p . 5 8 ;

- M I L L S , 1937a, pp. 106-107; -HUTTON, 1921a, pp. 83-86. 141-142.

und alle beteiligen sich daran, sie mit Netzen, Körben oder Händen einzusammeln. Zuweilen befindet sich ein Stück stromabwärts ein zweites Wehr, um die abgetriebenen Fische zu stauen. Da die Wehrfischerei stets mit einem gewissen Aufwand an Arbeit und Zeit verbunden ist, bedarf sie einer guten Organisation, die sowohl die Tätigkeit im Rahmen der anderen Produktionszweige als auch die Besonderheiten des natürlichen Milieus berücksichtigen muß. Sie ist ganz allgemein nur bei normaler oder geringer Wasserführung der Flüsse und Bäche möglich und muß infolgedessen in einem Gebiet mit ausgeprägter Regenzeit eine gewisse zeitliche Begrenzung erfahren. So schreibt M I L L S denn: „Fish weirs are in operation throughout the cold weather 3 2 4 tili they are swept away by the fxrst big flood."325 Doch auch Regenzeit und umfangreiche Feldarbeiten bilden für die Naga kein absolutes Hindernis. An einem der „Genna' f -Tage, zu deren Einhaltung es auch während der Zeit umfangreicher Feldarbeiten genügend Anlässe gibt, begeben sie sich bei schönem Wetter hinab zum Fluß, um ein Wehr zu bauen — bei einigen Tagen trocknen Wetters geht der Wasserstand der angeschwollenen Flußläufe rasch zurück — und Fische zu fangen, v. F Ü B E B - H A I M E N D O B F schildert ein derartiges Unternehmen, das die Bewohner der Konyak-Dörfer Shiong und Wakching im August durchführten. 3 2 6 Man kann also resümieren: Auch durch ihre Fischfangtätigkeit verschaffen sich die Naga zu allen Jahreszeiten zusätzliche Nahrungsmittel. Sammeltätigkeit Keiner der wirtschaftlichen Betätigungen der Naga ist so wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden wie dem Sammeln wildwachsender Pflanzen und Früchte. Nur die Ergebnisse dieser Tätigkeit finden öfters Erwähnung. I n vielen Fällen heißt es lediglich: Gemüse in Form von Blättern bestimmter Dschungelpflanzen dienen als Zuspeise zu den Hauptnahrungsmitteln. 3 2 7 Dabei ist eine solche summarische Behandlung dieses Wirtschaftsbereichs kaum gerechtfertigt, denn H Ü T T O N betont, daß „a very large number of wild plants are used as vegetables". 328 Hin und wieder werden einige Wildpflanzen aufgezählt, so daß eine kleine Liste der als Nahrung genutzten Wildpflanzen zusammengestellt werden kann. Die Kabui, Angami und Chiru essen verschiedene Knollenfrüchte, wie wilden Yams, Tumerik-Wurzeln (Curcuma longa L.) und eine rä-kai genannte Knolle. 329 Die Verwertung der Blätter zahlreicher Pflanzen (Sauerampfer, 32/1

Die den Lhota benachbarten Ao teilen das Jahr in zwei Abschnitte ein: die kalte Jahreszeit von Oktober bis März und die heiße Jahreszeit von April bis September (s. M I L L S , 1926, pp. 400—401); die letztere schließt hier die Regenzeit (s. Teil I I / l - S. 54) ein.

325 MILLS, 1 9 2 2 , p .

73.

326 v . F Ü B E B - H A I M E N D O B F , 327

HUTTON,

1921a, p. 96;

328 H U T T O N , 1 9 2 1 , p .

1 9 4 7 , S . 93FF. S . a . M I L L S , 1 9 2 6 , p . MILLS,

1922, p. 74;

MILLS,

122.

1926, p. 142.

93.

329 H O D S O N , 1 9 1 1 , p . 5 9 ; H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 9 3 ; D A S , 1 9 3 7 , S . 4 4 1 .

90

Spinat, Nesseln, Farne, der wilden „Karela"-Pflanzen u. a.) ist weit verbreitet. 3 3 0 Pilze, Bambussprossen, Bananen und verschiedene Beeren 3 3 1 beschließen die zweifellos unvollständige Liste. Etwas mehr Aufmerksamkeit widmen verschiedene Autoren der Honiggewinnung sowie dem Sammeln bestimmter Insekten zu Nahrungszwecken. Die Chiru, Angami, Rengma, Sema und Lhota vertreiben die in hohlen Baumstämmen oder an Ästen nistenden Bienen durch Rauch. 3 3 2 Die Brut von Hornissen und wilden Felsenbienen gilt bei Sema, Rengma, Lhota und Ao als Delikatesse. 3 3 3 Hin und wieder werden auch Heuschrecken, Grillen, bestimmte Raupen und auch Schnecken zu Nahrungszwecken gesammelt. 3 3 4 5. Konservierung

und Speicherung der

Nahrungsmittel

Um die Realisierung der individuellen, aber auch der produktiven 335 Konsumtion der verschiedenen erzeugten Nahrungsmittel zu gewährleisten, machen sich nach Abschluß der. Ernte-, Jagd-, Fischfang- oder Sammeltätigkeit und nach Erlangung bestimmter Produkte aus der Vieh Wirtschaft einige weitere Arbeiten 336 notwendig. Es sind dies Arbeiten, die einem vorzeitigen natürlichen Verderb der erzeugten Produkte entgegenwirken und Verluste durch Witterungseinflüsse, Tiere, Feuer oder ähnliches verhindern sollen. Konservierung Um die Haltbarkeit von Nahrungsmitteln zu erhöhen, bedienen sich die Naga verschiedener Methoden. Oft scheint der Konservierungsprozeß ein gleichzeitiges Räuchern und Trocknen zu beinhalten. Die Konyak, Ao, Lhota, Sangtam, Sema und Angami zerschneiden Fleisch in unterschiedlich große Stücke und S. A n m . 11/327 u n d

11/329.

3:!l

Pilze ( H U T T O N , 1 9 2 1 , p. 9 3 ; P R A I N , 1 8 8 7 , p. 4 8 6 ) , Bambussprossen ( H O D S O N , 1911, p. 59; M I L L S , 1922, p. 78; S M I T H , 1925, p. 32), Bananen (v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1947, S . 123), Beeren (HUTTON, 1921a, p. 96). 332 D A S , 1937, S . 441; H U T T O N , 1921, p. 236; P R A I N , 1887, p. 486; M I L L S , 1937a, p. 106; H U T T O N , 1921a, p. 72; M I L L S , 1922, p. 69. ;»3 H U T T O N , 1921a, p. 72; M I L L S , 1927a, p. 105; M I L L S , 1922, pp. 6 9 - 7 0 ; S M I T H , 1925, p. 33. H U T T O N . 1921a, p. 94; S M I T H , 1925, p. 33; H U T T O N , 1921, p. 193. .1» Produktive Konsumtion = Verwendung bestimmter Produkte nicht zum unmittelbaren individuellen Konsum, sondern als Arbeitsgegenstand eines neuen Produktionsprozesses, z . B . R e i s als Saatgut (vgl. M A R X , 1 8 9 0 / X X I I I - l 9 6 2 , S. 198f.). 330 Auch diese Arbeiten sind noch Teil des gleichen Produktionsprozesses, denn die erzeugten Produkte gehen zu diesem Zeitpunkt nicht etwa als Rohmaterial in einen neuen Produktionsprozeß ein — das ist der Fall, wenn die Naga beispielsweise aus Reis Bier brauen (vgl. M A R X , 1 8 9 0 / X X I I I - 1 9 6 2 , S. 197) - . s o n d e r n bleiben, ungeachtet der noch aufzuwendenden Art und Menge der Arbeit, auch weiterhin für die individuelle Konsumtion bestimmt.

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Spinat, Nesseln, Farne, der wilden „Karela"-Pflanzen u. a.) ist weit verbreitet. 3 3 0 Pilze, Bambussprossen, Bananen und verschiedene Beeren 3 3 1 beschließen die zweifellos unvollständige Liste. Etwas mehr Aufmerksamkeit widmen verschiedene Autoren der Honiggewinnung sowie dem Sammeln bestimmter Insekten zu Nahrungszwecken. Die Chiru, Angami, Rengma, Sema und Lhota vertreiben die in hohlen Baumstämmen oder an Ästen nistenden Bienen durch Rauch. 3 3 2 Die Brut von Hornissen und wilden Felsenbienen gilt bei Sema, Rengma, Lhota und Ao als Delikatesse. 3 3 3 Hin und wieder werden auch Heuschrecken, Grillen, bestimmte Raupen und auch Schnecken zu Nahrungszwecken gesammelt. 3 3 4 5. Konservierung

und Speicherung der

Nahrungsmittel

Um die Realisierung der individuellen, aber auch der produktiven 335 Konsumtion der verschiedenen erzeugten Nahrungsmittel zu gewährleisten, machen sich nach Abschluß der. Ernte-, Jagd-, Fischfang- oder Sammeltätigkeit und nach Erlangung bestimmter Produkte aus der Vieh Wirtschaft einige weitere Arbeiten 336 notwendig. Es sind dies Arbeiten, die einem vorzeitigen natürlichen Verderb der erzeugten Produkte entgegenwirken und Verluste durch Witterungseinflüsse, Tiere, Feuer oder ähnliches verhindern sollen. Konservierung Um die Haltbarkeit von Nahrungsmitteln zu erhöhen, bedienen sich die Naga verschiedener Methoden. Oft scheint der Konservierungsprozeß ein gleichzeitiges Räuchern und Trocknen zu beinhalten. Die Konyak, Ao, Lhota, Sangtam, Sema und Angami zerschneiden Fleisch in unterschiedlich große Stücke und S. A n m . 11/327 u n d

11/329.

3:!l

Pilze ( H U T T O N , 1 9 2 1 , p. 9 3 ; P R A I N , 1 8 8 7 , p. 4 8 6 ) , Bambussprossen ( H O D S O N , 1911, p. 59; M I L L S , 1922, p. 78; S M I T H , 1925, p. 32), Bananen (v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1947, S . 123), Beeren (HUTTON, 1921a, p. 96). 332 D A S , 1937, S . 441; H U T T O N , 1921, p. 236; P R A I N , 1887, p. 486; M I L L S , 1937a, p. 106; H U T T O N , 1921a, p. 72; M I L L S , 1922, p. 69. ;»3 H U T T O N , 1921a, p. 72; M I L L S , 1927a, p. 105; M I L L S , 1922, pp. 6 9 - 7 0 ; S M I T H , 1925, p. 33. H U T T O N . 1921a, p. 94; S M I T H , 1925, p. 33; H U T T O N , 1921, p. 193. .1» Produktive Konsumtion = Verwendung bestimmter Produkte nicht zum unmittelbaren individuellen Konsum, sondern als Arbeitsgegenstand eines neuen Produktionsprozesses, z . B . R e i s als Saatgut (vgl. M A R X , 1 8 9 0 / X X I I I - l 9 6 2 , S. 198f.). 330 Auch diese Arbeiten sind noch Teil des gleichen Produktionsprozesses, denn die erzeugten Produkte gehen zu diesem Zeitpunkt nicht etwa als Rohmaterial in einen neuen Produktionsprozeß ein — das ist der Fall, wenn die Naga beispielsweise aus Reis Bier brauen (vgl. M A R X , 1 8 9 0 / X X I I I - 1 9 6 2 , S. 197) - . s o n d e r n bleiben, ungeachtet der noch aufzuwendenden Art und Menge der Arbeit, auch weiterhin für die individuelle Konsumtion bestimmt.

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legen es im Innern des Hauses auf eine Vorrichtung, die freihängend über der offenen Herdstelle angebracht ist. H U T T O N sagt, die Sema räucherten das Fleisch, bis es ganz hart sei; es soll sich jahrelang halten. 337 Ob die Fleischstücken etwa bis zum Verbrauch auf der Darre liegenbleiben, also ständig der Raucheinwirkung ausgesetzt sind, oder an einem anderen Ort aufbewahrt werden, geht aus den Quellen nicht genau hervor. „For better preservation" legen die Chiru Blätter selbstgezogenen Tabaks über der Feuerstelle ab. 338 Die Konyak trocknen auf solchen Darren zuweilen auch Gemüse, während die Eastern Rengma TaroKnollen zum langsamen Trocknen an einem zweiten Bambusgeflecht über der eigentlichen Darre aufhängen. 339 Außer dem Platz über der Feuerstelle im Hause dient bei einigen Stämmen auch die freistehende Plattform hinter dem Haus zum Trocknen von Gemüsen; die Angami breiten die Blätter verschiedener Gemüsearten auf Bambusmatten in der Sonne aus, und die Lhota trocknen Tabakblätter einige Tage lang an der Luft. 3 4 0 Die Angami sollen auch Reis mit der Absicht trocknen, ihn dadurch besser und länger lagern zu können. 341 Der einzige, in dieser Richtung interpretierbare Hinweis findet sich in der Monographie H T J T T O N S und lautet: „Before it is brought up to the house the grain is trodden out of the ear by foot, and after being brought home for storage it is dried gradually in small quantities on bamboo mats in the sun, a process to which it is subjected at intervals until consumption". 342 Verschiedene Umstände scheinen jedoch gegen eine besondere, konservierende Behandlung des Reises vor dem Einlagern in die Speicherbehälter zu sprechen. 1) Ein möglicher Verweis auf die Tatsache, daß es sich hauptsächlich um Naßreis handelt, den die Angami diesem Verfahren unterziehen sollen, ist wenig stichhaltig, da die Chiru Naßreis unter den gleichen Bedingungen wie Trockenreis einlagern. 343 2) Sollten die Angami den gesamten Ertrag an Reis vor dem Speichern „gradually in small quantities" trocknen, so erhebt sich die Frage: Wo wird der erst noch zu trocknende Reis vorübergehend aufbewahrt 1 Ein bloßes Aufschütten verbietet sich allein durch die Art der Viehhaltung der Angami, und ein Umlagern aus einem Behälter in einen anderen wird nirgends erwähnt. 3) Die generelle Feststellung K A T J F F M A N N S : „Gut getrockneter Reis hält sich lange in den Vorratskörben. Die Angami breiten ihn daher . . . vor der endgültigen Einlagerung auf 2 x 3 m großen Matten in der Sonne aus und 337

Angami

—HUTTON, 1921, p. 9 3 ;

Sema Sangtam Lhota

- H U T T O N , 1921a, p. 39, p. 89; - H U T T O N , 1929, p. 66; — M I L L S , 1922, p. 36;

Ao

-

SMITH, 1 9 2 5 , p p . 3 2 - 3 3 ; MILLS, 1 9 2 6 , p .

85;

Konyak - W O O D T H O B P E , 1 8 7 6 ( 1 9 5 9 ) , p. 4 8 . 338 D A S , 1937, S. 448. 339 W O O D T H O B P E , 1876 (1959), p. 48; M I L L S , 1937a, pp. 6 0 - 6 1 . 340 W O O D T H O B P E , 1882, p. 199; K A U F F M A N N , 1953a, S. 634; M I L L S , 1922, p. 81. 341 KAUFFMANN, 1935, S. 37. 342 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 7 6 .

343

92

D A S , 1937, S. 448.

überrechen ihn von Zeit zu Zeit . . ,"344, ist mit folgendem zu konfrontieren: Wie P K A I N schreibt, erneuern die Angami die Reisspeicherkörbe jährlieh, „as old baskets spoil the grain".345 Die Dauer der Lagerung am gleichen Ort wird also auf ein Jahr festgesetzt. Diese Zeitspanne ist auch bei allen anderen Stämmen, die den Reis ohne „vorherige Konservierung" speichern, üblich.346 Das Trocknen von Reis in kleineren Mengen ist auch anderen Naga-Stämmen bekannt347, es wird jedoch nicht im Zusammenhang mit der Lagerung geübt, sondern ausschließlich in Vorbereitung der unmittelbaren Konsumtion. Vor dem Kochen wird der Reis — auch von den Angami348 — in den Vertiefungen sogenannter „Stampftische" enthülst; doch dem Enthülsen geht stets das Trocknen des Reises in der Sonne oder über der Feuerstelle voraus.349 Da H U T T O N selbst schreibt, daß der Reis „is husked as required for use" 350, liegt der Schluß nahe, daß sich hinter der bereits zitierten Formulierung: „A process to which it is subjected at intervals until consumption", die nicht ganz exakte Schilderung der in den Naga-Bergen allgemein üblichen Behandlung dieses Hauptnahrungsmittels verbirgt. Das Reistrocknen dürfte also auch bei den Angami nicht zu den Konservierungsarbeiten, sondern zu den Tätigkeiten innerhalb der Sphäre der individuellen Konsumtion zählen. Als dritte Konservierungsmethode, die allerdings auch mit einem Trockenprozeß verbunden wird, ist das Einsäuern zu nennen. Die Lhota und Angami legen auf diese Weise zarte Bambussprossen, die Western Rengma dagegen Knoblauchblätter ein. Beides stellt eine beliebte Zuspeise dar. Die Bambussprossen werden zerklopft, in einen dichten Korb gelegt und von schweren Steinen einige Zeit unter Wasser gehalten. Nach dieser Behandlung läßt man sie wieder trocknen.351 Die Rengma legen die Knoblauchblätter zunächst in die Sonne, damit sie etwas welken, schichten sie dann in einen Topf oder in ein mit Blättern ausgekleidetes Erdloch und beschweren sie ebenfalls mit Steinen. Nach etwa vierzehn Tagen holt man sie heraus und trocknet sie an der Luft.352 344

K A U I F M A N N , 1953a, S. 634.

Der Autor bezieht sich im wesentlichen wohl auf

H U T T O N (S. K A U F F M A N N ,

i

935,

S. 37). 345

P R A I N , 1887, p . 480.

.146 Di e Notwendigkeit einer längeren Lagerungsdauer — über die nächste Ernte hinaus — hängt mit dem Umfang der Produktion zusammen. 347

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1947,

S. 65; FURNESS,

1902, p . 4 5 1 ;

HUTTON,

1921a,

p. 117. 348 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 7 6 . 349

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1947, A b b . 9 4 ; F U R N E S S ,

1902, p . 4 5 1 ; H U T T O N ,

1929,

p . 4 1 ; M I L L S , 1926, p . 143. V g l . a. L I P S , 1956, S. 95, S. 97. 350 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 7 6 .

Die Burma-Naga holen ebenfalls nur Nahrungsmittel „for the requirements of the household for a stated time" (DEWAR, 1935, p. 152) aus den Speichern. S. a. M I L L S , 1926, p . 85. 351 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 9 4 ; M I L L S , 1 9 2 2 , p . 78. 352

MILLS, 1937a, pp. 109-110.

93

Die so durch Milchsäuregärung behandelten Nahrungsmittel sollen sich ein J a h r und länger halten. Speicherung 353 Erstes Erfordernis, das auch die Naga an die Aufbewahrung der Nahrungsmittel stellen, ist der Schutz vor ungünstigen Witterungseinflüssen. Trocken und nach Möglichkeit auch luftig muß der Lagerraum sein. Am geeignetsten sind unter diesem Gesichtspunkt das Haus oder spezielle Speichergebäude. Größte Bedeutung im Hinblick auf gleichzeitige Nutzung zu Aufbewahrungszwecken hat das Wohngebäude bei den Angami, den Mao und Maram. Sie stellen ihre großen, aus Bambusstreifen geflochtenen und mit Lehm überzogenen Speicherkörbe, die die gesamte Reisernte enthalten, im Wirtschaftsteil des Gebäudes 354 auf. Doch auch der überdachte Vorraum des Hauses bietet Lagermöglichkeiten. K A U F M A N N , der als erster darauf hingewiesen hat, sah in Mao Hirsesaatgut und im Angami-Dorf Pfüchama Chillies, Taro und getrocknete Blätter unter dem Vordach aufgehängt. 3 5 5 Als eine Art speziellen Speichergebäudes muß bereits das einfache Schutzdach angesehen werden, das Bewohner des Angami-Dorfes Jotsoma über zwei großen Reiskörben im Hof errichtet hatten. 3 5 6 Die eigentlichen Speicherhütten sind in der Regel auf Pfählen erbaut; häufig erschweren besondere Vorrichtungen Mäusen und R a t t e n das Eindringen in den Lagerraum. 3 5 7 Die Sema kleiden den Speicherraum mit Bambusmatten aus und schütten das lose Korn ein, während die Northern Sangtam und die Chiru den Reis in zylindrische Körbe füllen und ihn so in den Speicher einlagern. Einige Burma-Naga dagegen haben das Getreide sorgfältig abgepackt gelagert, „ready to be moved at a moment's notice". 3 5 8 Die Brandgefahr, die in der Vergangenheit besonders während der Trockenzeit recht akut war 359 , ist in vielen Fällen ausschlaggebend für die Lage der speziellen Speichergebäude: Sie befinden sich gewöhnlich in sicherer, mehr oder minder großer Entfernung von den Wohnhäusern. 3 6 0 I n unruhigen Gegenden, Zeiten 353 354

S. Sondersstudie K A U F F M A N N S (1953a). „Plan of Angami house", in: H U T T O N , 1921, facing p. 52, above; G O D D E N , 1898, p. 39; H U T T O N , 1921, p. 53, p. 76; K A U F F M A N N , 1953a, S.

PPAIN,

1887, p. 478, p. 479, p.

S.

634;

486.

35R

1953a, S . 634. Die Konyak hängen Taroknollen an geschützter Stelle hinter dem Hause auf

356

KAUFFMANN,

357

v. FÜRER-HAIMENDORF,

> KAUFFMANN,

(v. FÜRER-HAIMENDORF,

1941, S. 9).

1953a, S. 634. 1937, S. 880; HUTTON, 1929, p. 26, p.

61;

KAUFFMANN,

1935, S. 61. 3

3

58

Sema Northern Sangtam Chiru Burma-Naga

59 M I L L S , 1 9 2 6 , p .

360

94

-

1921a, p. 225; 1939, S. 217; - D A S , 1937, S. 448; - D E W A R , 1935, p. 152; D E W A R , 1933, p. 279. HUTTON,

—KAUFFMANN,

85.

Als Feuerschutzmaßnahme s.:

DAS,

1937, S.

448; HUTTON,

1921a, p. 36,

politischer Unsicherheit oder bei Veränderung alter Rechtsvorstellungen sind besondere Sicherheitsvorkehrungen notwendig. So errichten einige Burma-Naga ihre Speicher im Dschungel an versteckter Stelle, und die Tangkhul sollen zu bestimmten Zeiten ihre Vorräte in Erdlöchern vergraben haben. Während früher — außer bei den Kabui — Reisdiebstähle überhaupt nicht vorkamen, haben die Sema zum Schutz vor Einbruch ihre Speicherhäuschen in jüngster Vergangenheit näher an die Siedlungen heranrücken müssen.361 Mit den Arbeiten zur Konservierung und Speicherung der Produkte läuft der Prozeß der Produktion in den einzelnen Zweigen der Nahrungsgewinnung aus, um bald darauf mit der produktiven Konsumtion von neuem zu beginnen. 6. Handwerkliche

Betätigungen

Außer der Summe der Nahrungsmittel produzieren die Naga eine ganze Anzahl Gebrauchsgegenstände, die entweder als Produktions- oder als Konsumtionsmittel genutzt werden. Sie entstehen im Prozeß verschiedener handwerklicher Betätigungen, denen sich jeder einzelne neben seiner umfangreichen Arbeit auf dem Gebiet der NahrungsbeschafFung widmet. Die realen gesellschaftlichen und individuellen Bedürfnisse, das Angebot an natürlichen, be- und verarbeitungsfähigen Materialien und die Arbeitserfahrungen und -fertigkeiten der Produzenten bilden Grundlage, Inhalt und Umfang der handwerklichen Produktion. Zu der Gruppe handwerklicher Betätigungen, denen im wesentlichen gleiche Voraussetzungen zugrunde liegen, sind bei den Naga zu rechnen: das Errichten der Wohn- und bestimmter Wirtschaftsgebäude, das Anlegen der Feuerstelle, die Produktion des verschiedensten Wirtschaftsgeräts durch Verarbeitung pflanzlicher Materialien sowie die Herstellung der Kleidung. Errichten von Gebäuden, Anlage der Feuerstelle Das allgemein menschliche Bedürfnis, vor den Unbilden des Wetters geschützt zu sein, ist auch den Naga eigen, und sie verwenden viel Arbeit und Sorgfalt darauf, ihre Wohnhäuser zweckentsprechend, d. h. vor Regen, Sonne, Kälte und Wind Schutz bietend, zu bauen.362 Die Berücksichtigung aller dieser p. 6 4 ; KAUFFMANN, 1 9 3 9 , S. 2 1 7 ; MILLS, 1 9 2 2 , p. 2 3 ;

in D o r f - b z w . F e l d n ä h e s . :

DBWAR, 1 9 3 3 , p . 2 8 3 ; DEWAR, 1 9 3 5 , p. 1 5 2 ; v. FÜRER-HAIMENDORF,

1941,

IN/MCCTTLLOCH, z i t . b . H O D S O N , p. 5 3 ; WARTH, PEAL,

p. DEWAR, 362

1933,

p. 2 7 9 ; DEWAR,

MASTERS,

1844,

1919, p. 2 7 ; 1881,

p. 2 2 ;

S. 9 ;

LEW-

1911,

p. 7 0 9 ;

MOLZ, 1 9 0 9 ,

MEERS.

WOODTHORPE,

58; 1882,

199. 1935, p. 1 5 2 ; HODSON, 1 9 1 1 , p. 4 4 ; WATT,

1887,

p. 354; HUTTON, 1921a, pp. 6 4 - 6 5 . J e d e der Monographien enthält ausführliche Beschreibungen der Häuser und technische Einzelheiten ihrer Errichtung.

95

politischer Unsicherheit oder bei Veränderung alter Rechtsvorstellungen sind besondere Sicherheitsvorkehrungen notwendig. So errichten einige Burma-Naga ihre Speicher im Dschungel an versteckter Stelle, und die Tangkhul sollen zu bestimmten Zeiten ihre Vorräte in Erdlöchern vergraben haben. Während früher — außer bei den Kabui — Reisdiebstähle überhaupt nicht vorkamen, haben die Sema zum Schutz vor Einbruch ihre Speicherhäuschen in jüngster Vergangenheit näher an die Siedlungen heranrücken müssen.361 Mit den Arbeiten zur Konservierung und Speicherung der Produkte läuft der Prozeß der Produktion in den einzelnen Zweigen der Nahrungsgewinnung aus, um bald darauf mit der produktiven Konsumtion von neuem zu beginnen. 6. Handwerkliche

Betätigungen

Außer der Summe der Nahrungsmittel produzieren die Naga eine ganze Anzahl Gebrauchsgegenstände, die entweder als Produktions- oder als Konsumtionsmittel genutzt werden. Sie entstehen im Prozeß verschiedener handwerklicher Betätigungen, denen sich jeder einzelne neben seiner umfangreichen Arbeit auf dem Gebiet der NahrungsbeschafFung widmet. Die realen gesellschaftlichen und individuellen Bedürfnisse, das Angebot an natürlichen, be- und verarbeitungsfähigen Materialien und die Arbeitserfahrungen und -fertigkeiten der Produzenten bilden Grundlage, Inhalt und Umfang der handwerklichen Produktion. Zu der Gruppe handwerklicher Betätigungen, denen im wesentlichen gleiche Voraussetzungen zugrunde liegen, sind bei den Naga zu rechnen: das Errichten der Wohn- und bestimmter Wirtschaftsgebäude, das Anlegen der Feuerstelle, die Produktion des verschiedensten Wirtschaftsgeräts durch Verarbeitung pflanzlicher Materialien sowie die Herstellung der Kleidung. Errichten von Gebäuden, Anlage der Feuerstelle Das allgemein menschliche Bedürfnis, vor den Unbilden des Wetters geschützt zu sein, ist auch den Naga eigen, und sie verwenden viel Arbeit und Sorgfalt darauf, ihre Wohnhäuser zweckentsprechend, d. h. vor Regen, Sonne, Kälte und Wind Schutz bietend, zu bauen.362 Die Berücksichtigung aller dieser p. 6 4 ; KAUFFMANN, 1 9 3 9 , S. 2 1 7 ; MILLS, 1 9 2 2 , p. 2 3 ;

in D o r f - b z w . F e l d n ä h e s . :

DBWAR, 1 9 3 3 , p . 2 8 3 ; DEWAR, 1 9 3 5 , p. 1 5 2 ; v. FÜRER-HAIMENDORF,

1941,

IN/MCCTTLLOCH, z i t . b . H O D S O N , p. 5 3 ; WARTH, PEAL,

p. DEWAR, 362

1933,

p. 2 7 9 ; DEWAR,

MASTERS,

1844,

1919, p. 2 7 ; 1881,

p. 2 2 ;

S. 9 ;

LEW-

1911,

p. 7 0 9 ;

MOLZ, 1 9 0 9 ,

MEERS.

WOODTHORPE,

58; 1882,

199. 1935, p. 1 5 2 ; HODSON, 1 9 1 1 , p. 4 4 ; WATT,

1887,

p. 354; HUTTON, 1921a, pp. 6 4 - 6 5 . J e d e der Monographien enthält ausführliche Beschreibungen der Häuser und technische Einzelheiten ihrer Errichtung.

95

Anforderungen sowie der besonderen örtlichen Geländebeschaffenheit zeugt von umfangreichen Erfahrungen, die die Naga im Laufe von Generationen bei der Ausübung dieser handwerklichen Tätigkeit gesammelt haben. Die nicht nur auf die Ao, sondern auf alle Naga zutreffende Feststellung von S M I T H : „Each man builds his own house" 363 , bringt zweierlei zum Ausdruck: Jede NagaFamilie besitzt ihr eigenes Haus (nur in ganz seltenen Fällen wird ein Haus von mehr als einer Familie bewohnt 364 ), und jeder Naga ist sein eigener „Zimmermann". Da das Wohnhaus ein wesentliches Element der Existenzgrundlage der Naga-Familie ist, stellt seine Errichtung eine durchaus beachtenswerte Tätigkeit im Rahmen der Produktion der materiellen Güter dar; sie erfordert nicht nur ein bedeutendes Maß Arbeit, sondern auch umfangreiche technische und arbeitsorganisatorische Kenntnisse. Für das Gelingen des Vorhabens ist es für den Naga-„Baumeister" auch unbedingt notwendig, die Vielzahl der mit dem Bauen verbundenen überlieferten Bräuche zu kennen und zu beachten. Beim Errichten der Wirtschaftsgebäude, insbesondere der Feldhütten und der Speicherhäuschen, muß der Erbauer, außer über die allgemeinen Grundkenntnisse für diese handwerkliche Betätigung, über einiges Spezialwissen verfügen. So muß er beispielsweise die Speicherhäuschen so konstruieren resp. mit besonderen Vorrichtungen ausstatten, daß sie das eingelagerte Gut wirkungsvoll vor Nagern und sonstigen Schädlingen schützen. H U T T O N und M I L L S erwähnen für die Lhota, Rengma und Angami spezielle „Werkstätten" für die Schmiede 365 , ohne jedoch zu sagen, wie diese Gebäude beschaffen sind, und wer sie errichtet. Zu den Ergebnissen handwerklicher Betätigung der „Zimmerleute" müssen auch die Morung 366 - Gebäude und die in der Vergangenheit notwendig gewesenen Verteidigungsanlagen gerechnet werden. Die Anlage der Feuerstelle im Haus gehört ebenfalls zu jenen handwerklichen Tätigkeiten, die auf Grund ihrer Bedeutung für das soziale Leben, speziell für das Leben der Familie 367 , von jedem Manne selbst ausgeführt werden. Sie erfordert keinen großen Arbeitsaufwand und auch keine umfangreichen tech-

363 S M I T H ,

1925, p. 36.

3EI

S. HUTTON, 1921, p. 55; v . FÜREB-HAIMENDOBF, 1947, S. 2 9 ; HUTTON, 1929, p . 5 3 .

365

In den Konyak-Dörfern Yaktu und Yonghong arbeiten die Schmiede im Männerh a u s (HUTTON, 1929, p . 27). S. a. MILLS,

366

367

1 9 2 2 , p . 4 2 ; MILLS, 1 9 3 7 a , p . 70.

Mit morung, einem Wort naga-assamesischen Ursprungs, bezeichnet man in der Naga-Literatur einheitlich jenes Gebäude, das in erster Linie den Burschen und unverheirateten Männern zum Schlafen dient; in den einzelnen Naga-Dialekten hat es jeweils eine andere Bezeichnung (s. M I L L S , 1 9 2 2 , p. 2 3 2 ; H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 4 4 1 ) . Die Anlage der Feuerstelle ist eng verbunden mit der Gründung eines neuen Hausstandes: — v. F Ü B E R - H A I M E N D O B F , 1947, S. 29; HUTTON,

1921, p. 340; KENNEBY,

zit. b.

HUTTON, 1921, p. 2 2 3 ; MILLS, 1 9 2 6 , p.

dem Bau eines neuen Hauses:

—HUTTON,

p. 44.

96

1921, p. 34;

HUTTON,

89;

1921a,

nischen Kenntnisse. Man bettet gewöhnlich drei ausgesuchte Steine so in die den Bambusfußboden bedeckende Erdschicht, daß ein Kochtopf sicher darauf steht. 368 Herstellung von Haus- und Wirtschaftsgerät Bambus und Holz sind die gebräuchlichsten Materialien, die die Naga zu vielerlei Wirtschaftsgerät verarbeiten. Aus gesplissenem Bambus ganz unterschiedlicher Stärke flicht jeder Naga die in seinem Haushalt benötigten Matten für Haus und Speicher, zum Dreschen und zum Reistrocknen. 3 6 9 Aus dem gleichen Material erzeugt er mit der gleichen Fertigkeit K ö r b e : Worfelkörbe, Speicherkörbe für Getreide, die äußerst sorgfältig und sehr dicht geflochtenen, kegelförmigen Körbe für den Reistransport, weitmaschige Behälter zum Transport von Hühnern und auch Reusen oder Fangkörbe zum Fischen (aus Baumbast, J u t e und Nessel knüpfen die Lhota, Konyak und Sema ihre Netze 3 7 0 ) und Schließlich noch verschiedene Körbe zum Aufbewahren diverser Haushaltutensilien, von Schmuck und Kleidung. 3 7 1 Ebenfalls aus Bambus bestehen die Wand„bretter" im Innern der Häuser, kleine Trinkgefäße und die überall verwendeten Behälter zum Wassertragen und die Zylinder der Blasebälge der Schmiede; auch Waffen (die Panjis und Speere), Jätschlingen, Fallen, Fischwehre u. a. werden aus dem gleichen Material erzeugt. 3 7 2 Genauso versiert wie in der Verarbeitung von Bambus zeigen sich die Naga in der Holzverarbeitung. Aus diesem Rohmaterial fertigen sie sich — nur mit Dao, Dechsel oder Axt, Drillbohrer (zuweilen dient sogar die Spitze eines Speeres als solcher), Stemmeisen und Messer ausgerüstet 3 7 3 — neben Schäften und Stielen resp. Griffen für Waffen und Werkzeuge vielerlei Wirtschafts-und Hausinventar, z. B . aus jeweils einem Block gearbeitete Reisstampftische, Bottiche für Reisbier, Futtertröge, verschiedene Schüsseln und Schalen sowie einfache Schlafgelegenheiten. 3 7 4 1921, p. 52; H U T T O N , 1921a, p. 39. 1921, p. 65; H U T T O N , 1921a, p. 5 5 ; H U T T O N , 1929, p. 32; M I L L S , 1922, p. 33; M I L L S , 1926, pp. 99-100, p. 160. v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1938, p. 351; H U T T O N , 1921a, p. 82; M I L L S , 1922, p. 43.

368 H U T T O N ,

369 H U T T O N , 3TO

HUTTON, 1921,

pp.

372 B A L F O U R , 1 9 1 7 , p . 1 0 5 ; H O D S O N , 1 9 1 1 , p . 3 7 ; H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 5 8 , p . 6 3 , p .

78;

371

v. FÜRER-HAIMENDORF,

64-65; S. 634;

1938, p. 3 5 1 ;

HODSON,

1911, p. 4 9 ;

1921a, p. 55; K A U F F M A N N , 1939, S . 21 if.; K A U F F M A N N , 1953a, 1922, p. 43; M I L L S , 1926, pp. 99-100, p. 160; M I L L S , 1937a, p. 71.

HUTTON, MILLS,

HUTTON,

1921a, p. 41, p. 67;

KAUFFMANN,

p. 67, p. 7 2 ; MILLS, 1926, p. 64, p . 120, p .

1939, S. 211;

MILLS,

1922, p. 35,

210.

373 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 6 5 ; M I L L S , 1 9 2 2 , p . 4 3 . 3"' v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , TON,

7

1921a, p. 39;

H a r t w i g , Naga

1947, Abb. 2 9 ; HUTTON,

MILLS,

1926, p. 85;

SMITH,

1 9 2 1 , p. 53, p. 57, p. 6 6 ;

HUT-

1925, p. 28.

97

Herstellung der Kleidung Bis auf wenige Ausnahmen 3 7 5 verarbeiten die Naga Baumwolle eigener Produktion als Rohmaterial bei der Herstellung der traditionellen Kleidung. Die Verarbeitung beginnt mit dem Entkernen — einer Tätigkeit, der sich häufig die alten Frauen widmen. Sie verwenden dabei einen runden Stock, den sie über das auf einen flachen Stein gebreitete Material rollen. 3 7 6 Unter Anlehnung an die aus der Assam-Ebene eingeführten Exemplare stellen verschiedene AoDörfer, insbesondere Asangma, einfache Entkernmaschinen (roller-gin) her. 3 7 7 Mit einer Spindel wird die Baumwolle versponnen. 3 7 8 Vorausgesetzt, daß nicht gerade irgendwelche „Genna"-Vorschriften zu beachten sind 3 7 9 , nutzen die Frauen jede freie Zeit, um diese Arbeit zu erledigen oder zu weben. Sie verwenden einen einfachen horizontalen „indonesischen Spann Webstuhl". 380 Das Weben gehört in den Naga-Bergen zum allgemeinen Bild des häuslichen Lebens. I n fast allen Dörfern ist es Teil der Qualifikation einer jeden Frau. Unter gewissen Bedingungen treten jedoch Abweichungen von dieser Allgemeinsituation auf. Während die östlichen Sema überhaupt nicht weben 3 8 1 , ist es bei den Southern Sangtam in drei Dörfern „absolutely t a b u " . 3 8 2 Dagegen ist diese Tätigkeit bei den Tangkhul auf die Dörfer Ukhrul, Toloi, Naimu, Sandang, Toinem und Phadang beschränkt; nach H O D S O N sollen diese Dörfer darauf achten, daß die Mädchen nach Möglichkeit nicht aus dem Kreis der genannten Orte hinaus heiraten, da die Einwohner der anderen Orte ihnen die Ausübung des Webens nicht gestatteten. Interessant ist, daß in diesen „Weber"-Dörfern nur Baumwolle, die man auf dem Sena-Kaithel, dem Basar der Manipur-Hauptstadt Imphal, erwirbt, verarbeitet wird. 3 8 3 Auch ohne den Aspekt der lokalen Begrenztheit hat die Weberei in den AoDörfern des Langbangkong eine größere ökonomische Bedeutung erlangt. 3 8 4 I m Gebiet der südlichen Konyak ist das Dorf Tobu durch seine Weberzeugnisse bekannt. 3 8 5 Überall in den Naga-Bergen werden die Textilien verziert, entweder durch Färben des gesponnenen Materials resp. der gewebten Stoffbahnen, durch Bemalen 375

Einige Angami, Yimsungr, Kalyo-Kengyu, Chang und Konyak verweben auch anderes Fasermaterial pflanzlicher Herkunft (s. v. F Ü B E B - H A I M E N D O B F , 1947, S. 187; H U T T O N , 1921a, p. 49; H U T T O N , 1924a,p. 37; H U T T O N , 1921, p. 6 2 ; K A U F F MANN, 1944, S. 331; M I L L S , 1926a, p. 31).

377

MILLS, 1926, p.

378

FUBNESS,

MILLS, 1922, p. 3 6 ; MILLS, 1926, pp. 9 0 - 9 1 ; 91.

1902, p.

4 5 1 ; HODSON,

MILLS, 1922, pp. 3 6 - 3 7 ; 37

9 MILLS,

380

MILLS,

1935g, p. 134. 1937a, p. 67;

1911, p.

SMITH, 1 9 2 S , p. 37.

44,

p.

4 5 ; HUTTON,

1921a, pp. 4 8 - 4 9 ^

PRAIN, 1887, p. 90.

KAUFFMANN,

1938, S. 120; s. a.

KAUFMANN,

1939, S. 211.

SSI H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 3 5 7 . 382 H U T T O N ,

1924a, p. 37.

383

HODSON, 1911, p. 45, p. 47.

384

MILLS,

1926,

385 H U T T O N ,

98

p.

104;

1929, p.

53.

Anmerkung

HUTTONS,

in:

SMITH, 1 9 2 5 ,

p.

39,

n.

2.

oder durch eine kleine Stickerei. 386 Die Vorstellung, daß der Umgang mit Farben, insbesondere Rot, bestimmte „magische" Gefahren für den Menschen in sich birgt 387 , ist allgemein verbreitet. Aus diesem Grunde ist das Hantieren

Abb. 7. Umhang eines erfolgreichen Kriegers, Ao (MfVD). Aus Baumwolle, dunkelblau gefärbt und mit Kauris verziert (s. MILLS, 1926, p. 38)

mit Farben nicht mehr Fertigkeit und mögliche Beschäftigung aller, sondern bereits zu einer, zu gewisser Spezialisierung tendierenden Tätigkeit eines begrenzten Personenkreises geworden. Die zweite Gruppe handwerklicher Betätigungen begründet sich auf gewissen Unterschieden in den Voraussetzungen zur Produktion, besonders auf die lokale Begrenztheit bestimmter Rohstoffvorkommen und auf spezielle Arbeitserfahrungen und -fertigkeiten der Produzenten. Es sind dies vor allem: Schmiedearbeiten, Töpferei, Holzschnitzerei und Salzgewinnung. Schmiedearbeiten Nach den Vorstellungen der Naga setzt sich der Mensch, der Eisen bearbeitet — ähnlich jenem, der mit Farben umgeht — gewissen „magischen" Gefahren aus. So sind die Lhota z. B. der Auffassung, daß die Tage eines jeden 386 M I L L S , 1 9 2 6 , p p . 9 2 - 9 3 ; M I L L S , 1 9 3 7 a , p . 6 7 ; P B A I N , 1 8 8 7 , p . 4 8 8 . 387 H U T T O N ,



1921a, p. 5 1 ; MILLS, 1935g, p. 1 3 4 ; MILLS, 1937a, p. 68.

99

Schmiedes gezählt seien, sobald er diese Tätigkeit einstellt. 3 8 8 Die notwendige Beachtung einer Vielzahl von „Gennas" gibt deshalb dem Leben u n d der Arbeit des Schmiedes das besondere Gepräge. 3 8 9 Obwohl gewöhnlich als „an unlucky trade" 3 9 0 geltend, bringt die Schmiedearbeit dem in dieser Weise Tätigen oft Anerkennung. 3 9 1 Arbeitserfahrungen u n d individuelle Geschicklichkeit haben in Wechselwirkung mit der „religiös-magischen Qualifikation" zu einer handwerklichen Spezialisierung einiger weniger Personen geführt 3 9 2 , u n d besondere historische Bedingungen 3 9 3 sowie günstige Voraussetzungen zur Beschaffung des nötigen Rohmaterials ließen allmählich gewisse Schmiedezentren in verschiedenen Teilen der Naga-Landes entstehen. Als solche Zentren gelten: die Konyak-Dörfer Wakching, Wanching u n d Tobu 3 9 4 , das Western Rengma-Dorf Tseminyu 3 9 5 , die Ao-Dörfer Ungma, Külingmen, Chungtia, Mübonchoküt u n d Longmisa 3 9 6 sowie das Sema-Dorf Litsami. 3 9 7 Während die Western Rengma für ihre ausgezeichneten Schmiedeerzeugnisse bekannt sind, ist das Schmieden in zwei der drei Dörfer der Eastern Rengma überhaupt nicht erlaubt. 3 9 8 Ähnlich schwach entwickelt ist dieser Zweig der handwerklichen Produktion auch im Gebiet der Lhota u n d — sieht man von Litsami ab — der Sema. 3 9 9 Hinsichtlich der Burma-NagaschreibtDEWAB: „ O v e r t h e c e n t r a l a r e a theforgingof dahs (i.e. daos, 388 M I L L S , 1 9 2 2 , p . 4 1 .

1935g, p. 134; M I L L S , 1937a, p. 70; s. a. H U T T O N , 1921a, p. 52. 1935g, p. 134. Mauwang, der Ang des Konyak-Dorfes Longkhai, war als ein ausgezeichneter Schmied bekannt (v. F Ü R E Ä - H A I M E N D O B F , 1947, S. 136f.), ebenso Shehoshe aus dem Sema-Dorf Litsami (HUTTON, 1921a, p. 4, p. 47). In den größten Angami-Dörfern (s. Anm. 11/182) gab es zur Zeit H U T T O N S (1921, p. 63) selten mehr als drei Schmiede; s. a. H U T T O N (1921, p. 51): „There are not many smiths in the Sema country." Zwei Beispiel solcher „besonderer historischer Bedingungen": — U m 1700 brachten Zuwanderer aus der Brahmaputra-Ebene (s. Teil 1/2 — S. 39) die Kenntnis des Schmiedens in die Ao-Berge. Sie wurden adoptiert und waren ebenso wie ihre Nachkommen als Schmiede tätig; ein in Ungma ansässiger Ao erlernte später bei ihnen das Schmieden ( M I L L S , 1 9 2 6 , p. 9 8 ) . — Der Eni Clan eines Lhota-Dorfes nahe Khoro Ghat nahm in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts vermutlich einen Burmesen auf (Anmerkung HUTTONS, in: M I L L S , 1922, p. 42, n. 1; s. a. Teil 1/2 — S. 29), der anscheinend die Bisen Verarbeitung in diesem Gebiet begründete ( M I L L S , 1922, p. 42; s. a. H U T T O N , 1921, p. 13).

389 M I L L S ,

39» M I L L S , 391

392

393

394

HUTTON, 1 9 2 1 , p . 3 8 5 ; HUTTON, 1 9 2 9 , p . 5 3 ; MILLS, 1 9 2 6 , p .

104.

Schon in den Überlieferungen der Ao heißt es, daß die Molungr — eine von den A o teilweise verdrängte Konyak-Gruppe — geschickte Eisenschmiede gewesen sein s o l l e n (MILLS, 1926, p. 10).

1937, p. 38;

1937a, p. 73;

395

MILLS,

396

MILLS, 1 9 2 6 , p p . 9 7 - 9 8 ; K A U F F M A N N , 1 9 3 9 , S. MILLS,

399

MILLS,

100

HUTTON,

1921a, p. 4. 1922, p. 42; M I L L S , 1937a, p. 69. 1922, p. 4 1 ; H U T T O N , 1921a, p. 51.

397 H U T T O N , 398

MILLS,

1921, p. 361.

212.

W. H.) is a well known industry." 4 0 0 Aus dem Gebiet der Kalyo-Kengyu sind — wenn auch nicht genau lokalisiert — eine Anzahl Schmiedearbeiten bekannt. 4 0 1 Von den Tangkhul und den Angami heißt es, das Schmieden sei bei ihnen zu einiger Bedeutung gelangt. 4 0 2 Bei den Ao soll sich diese Betätigung durch den Einfluß der American Baptist Mission, aber auch durch die Einrichtung der Füller Technical School in Kohima über weitere Dörfer ausgedehnt haben. 4 0 3 Die Naga-Schmiede verarbeiten grundsäzlich nur Altmaterial, und zwar Hacken- und Spatenblätter, die von den Teeplantagen Assams und aus Manipur den Weg in die Berge fanden, oder ausgediente Daos. 4 0 4 Das traditionelle Werkzeug des Schmiedes besteht aus einem Blasebalg, flachen Steinen als Amboß, einem Satz geschatteter Steine als Hämmer, Bambusscheiten als Zange und Schleifsteinen. 4 0 5 I n neuerer Zeit haben Metall Werkzeuge die alten Geräte verdrängt, lediglich der traditionelle Blasebalg hat sich weiter behauptet. 4 0 6 Zum Härten der Schmiedeerzeugnisse verwenden die Naga eine kalte Salzlösung, die oftmals noch andere Ingredenzien enthält. 4 0 7 Das Sortiment der Produkte entspricht dem ziemlich begrenzten Bedarf. E s umfaßt neben mehreren Dao-Typen Waffen (Speerspitzen, Speerschuhe und einen Eisenstab für Frauen), Feldgerät (verschiedene Hackentypen und Sicheln) und Holzbearbeitungswerkzeuge (Äxte, Stemmeisen, Messer und Drillbohrerspitzen) sowie Ahlen. 4 0 8 Die Ao-Schmiede von Chungtia verarbeiten Messing und Zinn zu Pfeifenköpfen und verstehen auch, Armringe, Hals- und Stirnreifen im Gelbguß verfahren herzustellen. Einige Sema fertigen Ohr- und Armringe aus Messing an. I n Hkamla, einem Dorf der Burma-Naga westlich des Namhpuk river, wird ebenfalls Messingschmuck erzeugt. 4 0 9

Holzschnitzerei und sonstige Fertigkeiten Wir sahen oben, daß jeder Naga die Bearbeitung von Holz mittels Dao und anderer Werkzeuge vorzüglich beherrscht. Diese Tatsache schließt aber nicht aus, daß einzelne es nicht zu einer wahren Meisterschaft in dieser Tätigkeit 400 D E W A B , 1 9 3 5 , p . 401 H U T T O N ,

160.

1921a, p. 19;

MILLS,

1926, p. 63.

402 H O D S O N , 1 9 1 1 , p . 4 9 ; H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 6 3 . 403 M I L L S , 1 9 2 6 , p . 9 8 ;

SMITH, 1 9 2 5 , p. 36.

1911, p. 48; H U T T O N , 1921, p. 63; H U T T O N , 1921a, p. 53; M I L L S , 1926, p. 104; M I L L S , 1937a, p. 70; S M I T H , 1925, p. 36. 405 H O D S O N , 1911, p. 45; H U T T O N , 1921, p . 6 3 ; H U T T O N , 1921a, pp. 5 2 - 5 3 ; M I L L S , 1926, p. 104; S M I T H , 1925, pp. 36-37. 406 M I L L S , 1922, p. 42; M I L L S , 1926, p. 98; M I L L S , 1937a, p. 70. 407 H U T T O N , 1921, p. 63'; H U T T O N , 1921a, p. 52. 408 H U T T O N , 1921,p. 63, p. 65; M I L L S , 1937, p. 4 1 (Eisenstab); H U T T O N , 1921a, p. 53; 404 H O D S O N ,

MILLS, 1926, p. 9 8 ;

SMITH, 1 9 2 5 , p. 36.

1926, pp. 9 8 - 9 9 ; 1935, p. 160.

409 M I L L S ,

HUTTON,

1921a, p. 53;

DEWAR,

1933, p. 280;

DEWAR,

101

brächten, v. FÜBER-HAIMENDORF berichtet: Die Männerhäuser des K o n y a k Dorfes Longkhai waren „voll von Schnitzereien, meist von der Hand des jetzigen Angs, seines taubstummen Halbbruders und eines dritten, schon vor mehreren Jahren verstorbenen Bruders." 410 Die zahlreichen Schnitzereien, die besonders die Pfosten der Männerhäuser 411 , aber auch die Tore der Angami-Dörfer 4 1 2 bedecken, sind als Reliefs gestaltet. Bei den Konyak und A o finden sich außerdem plastische Menschendarstellungen. 413 Häufig dürften diese, oft recht kunstvollen Arbeiten das Werk einzelner, spezieller Holzschnitzer — wie in Longkhai — sein. Leider versagen die Quellen weitere Belege für diese Annahme. Auch über die Herstellung anderer bedeutender Holzerzeugnisse wie der riesigen Schlitz-

Abb. 8. Handwerkliche Erzeugnisse ( M f V D ) 1 Aus einem Palmblatt gefaltete Schale, A o 2 Geflochtene Schale, nordöstliche Konyak 3 Kleines Tongefäß (zur Farbherstellung benutzt), nordöstliche Konyak trommeln und der anläßlich der Verdienstfeste errichteten Memorialpfosten, zu deren Anfertigung zweifellos spezielle, über das Allgemeinmaß hinausgehende 410

v . FÜBER-HAIMENDORF, 1947, S. 136.

411

S. A b b i l d u n g e n i n H U T T O N , 1929.

412

S. H U T T O N , 1921, flg. f a c i n g p . 4 4 ; P K A I N , 1887, p . 477. S. H U T T O N , 1929, p l . 1.2, p l . 3.1. p l . 3.6, p l . 3.7, p l . 3.8; M I L L S , 1926, p . 96 u. flg.

facing p. 248, below. 102

Kenntnisse erforderlich sind, wird nur wenig gesagt; eine handwerkliche Qualiiikation wird gar nicht erwähnt. 4 1 4 I n manchen Dörfern ist es bei besonderen Voraussetzungen, die kaum mehr zu rekonstruieren sein dürften, zur Ausbildung bestimmter handwerklicher Fertigkeiten gekommen. So sind z. B. die Bewohner des Ao/Chang-Dorfes Longla der Herstellung von Speerschäften, die sie mit rotgefärbten Ziegenhaaren verzieren, wegen bekannt. 4 1 5 I n den Sangtam-Dörfern Akhegwo und Yisi werden spezielle Armbrustpfeile aus Bambus angefertigt; die Spitzen sind feuergehärtet, die Befiederung besteht aus kleinen Stücken der Bambusblütenscheiden. 416 I m Angami-Dorf Jotsoma produziert man ein wichtiges Zubehörteil aus Sandstein für den Blasebalg. 417 Die Schmiede des Western RengmaDorfes Tseminyu erzeugen Speerspitzen, die nie geschärft werden und ausschließlich als Wertobjekte in den Brautpreis eingehen. 418 M I L L S belegt auch f ü r die Lhota die Existenz bestimmter Spezialisten, wenn er schreibt: „The Lhotas are naturally expert basket-makers. Every man can make his own household baskets, but the manufacture of difficult things such as cane helmets is generally left to experts." 419 Töpferei I m Gegensatz zu den bisher genannten handwerklichen Betätigungen erweist sich die Töpferei als örtlich begrenzt, und zwar auf Dörfer, in deren Nähe geeignete Tone vorkommen. 420 Durch ihre Töpfereierzeugnisse bekannte Orte sind: Hundung und Hungbi (Tangkhul), Yiswema und Khuzama (Angami), Tseminyu (Western Rengma), Changki, Chapvu und Nancham (Ao), Tobu (Konyak) u n d Laruri (Kalyo-Kengyu). 421 Bei den Northern Sangtam, Eastern Rengma u n d den übrigen Manipur-Naga gibt es keine Töpferei. 422 Das Rohmaterial f ü r diese handwerkliche Betätigung gewinnen die Naga aus dem Uferboden bestimmter Flüsse. 423 Es wird zum Dorf hinaufgetragen und dort gewöhnlich in der kalten Jahreszeit, d. h. in den Wochen zwischen 414

Vgl. MILLS, 1926, p.

'•15 M I L L S , 1 9 2 6 , p . 416

MILLS, 1937, p. 40.

417

HUTTON,

4

260.

104.

1921, p. 63, n. 1; s. a. Skizze in

HUTTON,

1921a, facing p. 52, below.

'8 MILLS, 1937, p. 38. MILLS, 1922, p. 43.

«O H O D S O N , 421

Tangkhul

1911, p. 8, p. 39; H U T T O N , 1921, p. 57, p. 64; - H O D S O N , 1911, p. 47;

Angami

422

1935g, p. 134.

—HUTTON, 1921, p. 5 7 ;

Western Rengma



Ao

-KAUFFMANN,

MILLS,

1937a, p. 68; 1939,

SMITH, 1925, p.

«3

MILLS,

S. 2 1 1 ;

MILLS,

1926,

p. 11,

p.

94;

36;

Konyak - H U T T O N , 1929, p. 53; Kalyo-Kengyu -MILLS, 1937a, p. 68, n. 1. K A U F F M A N N , 1939, S . 211; M I L L S , 1937a, p. 68, n. 1; H U T T O N , 1921a, p. 53; M I L L S , 1922, p. 41.

HODSON,

1911, p. 48.

103

Beendigung der Ernte und Saatbeginn, verarbeitet. 4 2 4 Die Sema zerstoßen Scherben alter Töpfe zu feinem Staub und magern damit den Ton im Verhältnis 1 : 2 oder 2 : 3. 425 Mit Wasser angefeuchtet, wird der Ton mit den Händen gut durchgeknetet. Auf einer glatten Unterlage wird der Tonklumpen gewöhnlich mit einem mit Schnur umwickelten Holzschlegel flach geklopft und danach mit der bloßen H a n d oder unter Zuhilfenahme des gleichen Geräts ausgeformt. Die gänzlich schmucklosen Gefäße läßt man einige Zeit an der Luft trocknen, um sie anschließend in einem offenen Feuer außerhalb der Siedlung zu brennen; Glasieren ist unbekannt. 4 2 6 Ein großer Teil der Gefäße zerspringt beim Brand. 4 2 7 Sieht man von den in Tseminyu produzierten Pfeifenköpfen ab, so beschränken sich die Töpfereierzeugnisse auf einfache Kochtöpfe und Biergefäße verschiedener Größen. 428 Salzgewinnung Ähnlich der Töpferei ist auch die- Salzgewinnung auf Grund der RohstofFvorkommen auf bestimmte Gegenden beschränkt, und zwar auf die Gebiete der Konyak, Sangtam, Tangkhul, Angami und Kacha Naga. 429 Als Orte, deren Einwohner dieser handwerklichen Betätigung nachgehen, erwähnt M I L L S die Sangtam-Dörfer Akhegwo, Yisi und Yisisu, während H U T T O N die AngamiSiedlung Viswema anführt. 4 3 0 Um salzhaltige Quellen ausfindig zu machen, beobachten die Tangkhul die Rinder, die von Zeit zu Zeit die in der Nähe von Flüssen gelegenen Stellen aufsuchen. 431 Die Gewinnung des Salzes erfolgt in einem gewissermaßen „natürlichen" Aussolverfahren. Man treibt einen ausgehöhlten Baumstamm in den Boden, holt in einem an einer Leine befestigten Gefäß die sich im Schacht befindliche Sole herauf und bringt sie in flachen Schalen zum Verdampfen. Die gewonnenen Salzklumpen werden entweder in Blättern oder irdenen Töpfen aufbewahrt. 4 3 2 Die Eastern Rengma und die Chang, wahrscheinlich auch die Sema, verwenden Salzwasser zum Kochen. 433 Manche Salzquellen nutzen die nördlichen Konyak nur in den Wochen der kalten Jahreszeit. 4 3 4 424

v. F Ü B E R - H A I M E N D O R F , 1941, S. 11; H U T T O N , 1921a, p. 55; M I L L S , 1935g, p. 135, p. 134; M I L L S , 1937a, p. 68. 425 H U T T O N , 1921a, p. 53. 426 Die in geringen. Details differierenden Methoden und das Gerät sind ausführlich beschrieben bei: H O D S O N , 1911, p. 44, p. 47; H U T T O N , 1921, p. 64; H U T T O N , 1921a, pp. 5 3 - 5 4 ; M I L L S , 1922, pp. 4 0 - 4 1 ; M I L L S , 1926, pp. 9 4 - 9 6 . 427 H U T T O N ,

1921, p.

64.

1921, p. 53, p. 57; M I L L S , 1937a, p. 68; s. a. Anm. I I / 4 2 6 . B A D G L E Y , 1876 (1959), p. 50; H U T T O N , 1921, p. 70. M I L L S , 1937a, p. 73; H U T T O N , 1921, p. 70.

428 H U T T O N , «9 «O «i

HODSON,

2

MCCOSH,

1836,

HODSON,

1911, p. 48.

«

433

1911, p. 48. p. 2 0 8 ;

KAUFFMANN,

HUTTON,

1921a, p. 58, n. 1;

MCCOSH,

1836, p.

104

208.

MILLS,

1939,

S. 2 1 8 ;

1937 a, p. 73.

HUTTON,

1921,

pp.

70-71;

7. Transport

und

Verkehr

I n den vorangegangenen Abschnitten wurde versucht, die Vielzahl und die Vielgestaltigkeit der Arbeiten im Prozeß der materiellen Produktion bei den Naga darzustellen. Von den gegenständlichen Bedingungen435 für die Produktion wurden bereits das „field of employment", das Irrigationssystem und die Wirtschaftsgebäude erwähnt, und als ein weiteres wesentliches Element in diesem Komplex sind noch die herrschenden Transport- und Verkehrsbedingungen zu behandeln. Die in den Naga-Bergen gebräuchlichste Art, Lasten zu transportieren, ist das Tragen mit Hilfe des Stirnbandes. „They carry heavy burdens on their backs, supporting the load by a band across the forehead," schreibt PKAIN.436 Auf diese Weise transportieren die Frauen u. a. auch die gefüllten Wasserbehälter aus Bambus, die sie ebenso wie das Feuerholz in große, meist konische Körbe stellen. Die Erntekörbe gleicher Form, die von Männern wie auch von Frauen getragen werden, fassen sechsunddreißig und mehr Kilogramm. 4 3 7 Selbst lebende Schweine werden auf einen Bambusrahmen gebunden und so auf dem Rücken getragen. 438 Zum Transport schwerer Lasten finden sich die Männer zu kooperativer Arbeit zusammen. Entweder hängt man die Last — kleinere Schlitztrommeln z. B. — an mehrere quer gelegte Stangen, die sich jeweils zwei nebeneinandergehende Männer auf die Schulter nehmen, oder man baut ein regelrechtes Traggerüst, auf dem insbesondere kleinere Steinblöcke zum Transport festgebunden werden. 439 Gewicht und Ausmaß der Lasten setzen dieser Transportmethode jedoch Grenzen, und so verwendet man zum Fortbewegen der großen Schlitztrommeln und mächtiger Steinblöcke sowohl Holzrollen als auch einfache Transportschleifen, die aus gegabelten Baumstämmen oder kufenförmigen Bohlen und Rundhölzern hergestellt werden. 4 4 0 Die Beschaffenheit der Wege resp. Gassen innerhalb der Siedlungen hängt von der jeweiligen Geländesituation und der Bebauungsdichte der Fläche ab. I n den Gassensiedlungen 441 bedürfen die Wege zwischen den Häuserzeilen kaum einer besonderen Anlage. I m Gegensatz dazu haben die Angami in ihren meist auf Terrassen erbauten Haufensiedlungen die von einem Bodenniveau zum anderen führenden Steige häufig in Treppen verwandelt. 442 «5

S. MARX, 1 8 9 0 / X X I I I - 1 9 6 2 ,

« 6 PBAIN, 1887, p.

S. 195.

4 7 5 ; s. a, HODSON, 1 9 1 1 , p p . 6 - 7 .

MILLS, 1 9 2 6 , p . 1 2 4 ; P B A I N , 1 8 8 7 , p . 4 7 5 . 438

439

440

HTJTTON, 1921, p. 81, n. 1; s. a. Abbildungen bei SMITH, 1925, facing p. 58, left. S. Abbildungen bei SMITH, 1925, facing p. 47, a b o v e ; MILLS, 1922, facing p. 142, above. MILLS, 1 9 2 6 , p . 7 9 ; MILLS, 1 9 2 2 , p . 1 4 2 , n . 1 ; H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 3 4 6 , flg. f a c i n g p . 2 3 3 , r i g h t ; P B A I N , 1 8 8 7 , p . 4 8 6 ; WOODTHORPE, 1 8 8 2 , p l . V , flg. 3.

441

S. Teil I I / l - S . 52.

442

v . FÜRER-HAIMENDORF, 1947, S. 2 9 f . ; HUTTON, 1 9 2 1 , p p . 4 6 - 4 7 .

105

Von größerer ökonomischer Bedeutung als die Dorfgassen sind die Wege, die von den Siedlungen hinab zu den Wasser quellen und den Feldern führen. Die Konyak und die Lhota haben teilweise Steinplatten zu Stufen geordnet, Stufen resp. Vertiefungen zum besseren Halt für die nackten Füße in das Gestein geschlagen oder bei zu hartem Fels mit Trittkerben versehene Stämme angelehnt. 433 Die Wege zu den Jhum-Feldern werden — wie diese selbst — nur vorübergehend genutzt. Bei den Ao führt ein Hauptweg bis in die Nähe des unter Kultur stehenden Areals und verzweigt sich dann in schmale Pfade, die zu den einzelnen Feldstücken laufen. 4 4 4 Da diese manchmal bis zu zehn Kilometer 445 langen Wege über weite Strecken durch schnellwüchsigen Dschungel führen, müssen sie während der landwirtschaftlichen Nutzung des betreffenden Areals mindestens einmal im J a h r gründlich ausgehauen und geräumt werden. 4 4 6 Breiter angelegt und wesentlich gepflegter, teilweise sogar mit Steinen gepflastert sind bei den Angami und den Mao die Wege, auf denen man zu den permanent genutzten Panikhet-Feldern gelangt. 447 Aus Sicherheitsgründen verliefen in der Vergangenheit die Wege, die zwei und mehr Dörfer miteinander verbanden, nach Möglichkeit entlang der Berggrate. 448 Der Unterhaltungszustand dieser Wege stand in direktem Zusammenhang mit den jeweiligen politischen Verhältnissen: Befreundete Dörfer pflegten die Verkehrs Verbindungen, verfeindete ließen sie verfallen. 449 Die zahlreichen Flüsse und Bäche, die das Naga-Land durchziehen, erweisen sich eher als verkehrshemmend denn als verkehrsfördernd. Eine Nutzung zu Transport- und Verkehrszwecken ist kaum möglich. 450 Lediglich in ein oder zwei Dörfern, die am Unterlauf des Dayang liegen, verwenden die Ao einige Einbäume und nur wenig tragfähige Bambusflöße. Die Bewohner des KonyakDorfes Tamlu sollen gleichfalls Bambusflöße erzeugen. 451 An Stellen, an denen ein Durchqueren der Flüsse zu F u ß unmöglich ist, werden Brücken errichtet.

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1947,

S. 54,

S. 5 5 ,

S. 2 1 0 ,

S. 2 1 1

PEAL, 1 8 9 4 , p . 1 6 ; MILLS, 1 9 2 2 , p . 2 2 ; WOODTHORPE, 444

MILLS, 1 9 2 6 , p . 1 1 0 ; SMITH, 1 9 2 5 , p .

445

MOLZ, 1 9 0 9 , S. 5 5 .

44

6 DEWAE,

447

u. A b b . 41,

Abb.

86.

1933, p. 281, p. 285, p. 286, p. 291; HUTTON,

1 9 2 1 , p . 4 5 ; MILLS,

pp. 119-120; M I L L S , 1935g, p. 133; S H A K E S P E A R , 1912, p. 7 0 . S. a. Teil II/2 - S. 66. B U T L E R , 1875, p. 318; H U T T O N , 1921, pp. 4 5 - 4 6 ; H U T T O N , 1921a, p. 35; MANN, 1 9 5 3 , S.

81;

1882, p. 203.

1926,

KAUFF-

189.

S. a. K A U F M A N N ,

1 9 3 5 , S. 53.

448

In tieferen Regionen war die Gefahr eines Überfalles durch Kopfjäger größer

449

BUTLER,

(s. MILLS, 1 9 2 2 , p . 2 2 ) .

1875, p. 318;

1933, p. 282;

CROOKE,

4 5 1 ; KLEMM, 1898, S. S. a. BRODIE, 1 8 4 5 , p p . 45

°

«I

1907, p. 43;

v. FÜRER-HAIMENDORF,

DALTON,

1947,

S. 169,

294. 835-836.

SMITH, 1 9 2 5 , p . 2. MILLS, 1 9 2 6 , p . 1 5 8 , n . 2 ; H U T T O N , 1 9 2 1 , p .

106

366.

1872 (1959), p. 67;

DEWAE,

S. 175; FURNESS,

1902,

p.

Oft sind es einfache Baumstämme, die über einen Bach hin wegführen; über größere, tief eingeschnittene Flußtäler spannen sich weite, aus Lianen, Rohr und Bambus gefertigte Hängebrücken/' 52

8. Der Produktionsprozeß

in der Zeiteinheit eines Jahres

Die materielle Produktion der Naga setzt sich — wie wir sahen — aus einer ganzen Reihe unterschiedlicher Arbeitsprozesse zusammen; der bedeutendste ist zweifellos der Bodenbau. v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F schreibt: „Neun Zehntel (ihrer) Gedanken und (ihrer) Arbeitskraft gelten (ihren) Feldern. Der Stand der Saaten, das Wetter zur Ernte, die Zahl der Reiskörbe in (ihren) Speicher(n), das sind Dinge, die (sie) am meisten bewegen." 453 Der Reis als das Hauptnahrungsmittel und seine Erzeugung bilden also den Drehpunkt im gesamten Wirtschaftsleben der Naga. Auf Grund der konkreten äußerlichen Voraussetzungen dauert in den Naga-Bergen die Produktion des Hauptnahrungsmittels bedeutend länger als ein halbes Jahr, das heißt mit anderen Worten: Das Hauptnahrungsmittel fällt im Verlaufe eines Jahres einmal als fertiges Produkt an. Somit wird der Zeitraum eines Jahres zu der natürlichen Zeiteinheit der gesamten Produktion der Naga. 454 Die Stellung der einzelnen produktiven «2 v. FÜRER-HAIMENDORF,

1947, S. 67, S. 1 5 0 ; HUTTON, 1921, p . 4 6 ; MILLS,

1922,

p . 2 3 ; P R A I N , 1887, p p . 4 8 6 - 4 8 7 ; SMITH, 1 9 2 5 , p . 2. 453

454

V-

FÜHRER-HAIMENDORF, 1947, S.

102.

Die in K l a m m e r n eingeschlossenen W ö r t e r stehen im Original im Singular; der verallgemeinernde Sinn des ganzen Abschnitts bei v. FÜRER-HAIMENDORF — er b e g i n n t : „ D e r N a g a ist in erster Linie Ackerbauer. N e u n Zehntel seiner Gedanken . . . " — e r l a u b t die vorgenommene Pluralisierung. D a ß d e n N a g a das d u r c h die agrarische P r o d u k t i o n b e s t i m m t e J a h r als Zeiteinheit b e w u ß t ist, erhellt aus der folgenden Mitteilung HUTTONS (1921 a, p. 260, n. 1): ,,A m a n asked his age will say t h a t h e can r e m e m b e r such-and-such a field having been cut so m a n y times a n d t h e interval between its c u t t i n g is so m a n y year." HUTTON, MILLS u n d TANQUIST haben v o n einigen S t ä m m e n die Jahreseinteilungen u n t e r s u c h t , die sich allgemein durch zwei Eigenheiten auszeichnen: E r s t e n s spiegeln sie die wesentlichen Zeitabschnitte der agrarischen P r o d u k t i o n wider, u n d zweitens weisen sie auf G r u n d der ersten Eigenheit v o n Dorf zu Dorf zeitliche Verschiebungen auf. I n den meisten Fällen finden sich Bezeichnungen f ü r zwölf L u n a r m o n a t e , denen alle vier J a h r e ein S c h a l t m o n a t hinzugefügt wird. Mit Überlegungen solcher Art befassen sich ausschließlich alte Männer (s. HUTTON, 1921, p. 197, n. 1); f ü r den einzelnen P r o d u z e n t e n ist v o n B e d e u t u n g , a b w a n n das neue J a h r gerechnet wird. Bei den Memi, den Sema westlich des D a y a n g u n d den Ao gilt entweder der Beginn oder der Abschluß der E r n t e a r b e i t e n als A n f a n g der neuen Zeiteinheit, w ä h r e n d bei den L h o t a , den W e s t e r n R e n g m a u n d allen übrigen Sema dieser Termin m i t den ersten F e l d a r b e i t e n im R a h m e n der n e u e n Produktionszeit zusammenfällt. Bei den A n g a m i s t e h e n beide Auffassungen im Widerstreit. U n t e r d e m Aspekt der P l a n u n g der P r o d u k t i o n u n d K o n s u m t i o n

107

Oft sind es einfache Baumstämme, die über einen Bach hin wegführen; über größere, tief eingeschnittene Flußtäler spannen sich weite, aus Lianen, Rohr und Bambus gefertigte Hängebrücken/' 52

8. Der Produktionsprozeß

in der Zeiteinheit eines Jahres

Die materielle Produktion der Naga setzt sich — wie wir sahen — aus einer ganzen Reihe unterschiedlicher Arbeitsprozesse zusammen; der bedeutendste ist zweifellos der Bodenbau. v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F schreibt: „Neun Zehntel (ihrer) Gedanken und (ihrer) Arbeitskraft gelten (ihren) Feldern. Der Stand der Saaten, das Wetter zur Ernte, die Zahl der Reiskörbe in (ihren) Speicher(n), das sind Dinge, die (sie) am meisten bewegen." 453 Der Reis als das Hauptnahrungsmittel und seine Erzeugung bilden also den Drehpunkt im gesamten Wirtschaftsleben der Naga. Auf Grund der konkreten äußerlichen Voraussetzungen dauert in den Naga-Bergen die Produktion des Hauptnahrungsmittels bedeutend länger als ein halbes Jahr, das heißt mit anderen Worten: Das Hauptnahrungsmittel fällt im Verlaufe eines Jahres einmal als fertiges Produkt an. Somit wird der Zeitraum eines Jahres zu der natürlichen Zeiteinheit der gesamten Produktion der Naga. 454 Die Stellung der einzelnen produktiven «2 v. FÜRER-HAIMENDORF,

1947, S. 67, S. 1 5 0 ; HUTTON, 1921, p . 4 6 ; MILLS,

1922,

p . 2 3 ; P R A I N , 1887, p p . 4 8 6 - 4 8 7 ; SMITH, 1 9 2 5 , p . 2. 453

454

V-

FÜHRER-HAIMENDORF, 1947, S.

102.

Die in K l a m m e r n eingeschlossenen W ö r t e r stehen im Original im Singular; der verallgemeinernde Sinn des ganzen Abschnitts bei v. FÜRER-HAIMENDORF — er b e g i n n t : „ D e r N a g a ist in erster Linie Ackerbauer. N e u n Zehntel seiner Gedanken . . . " — e r l a u b t die vorgenommene Pluralisierung. D a ß d e n N a g a das d u r c h die agrarische P r o d u k t i o n b e s t i m m t e J a h r als Zeiteinheit b e w u ß t ist, erhellt aus der folgenden Mitteilung HUTTONS (1921 a, p. 260, n. 1): ,,A m a n asked his age will say t h a t h e can r e m e m b e r such-and-such a field having been cut so m a n y times a n d t h e interval between its c u t t i n g is so m a n y year." HUTTON, MILLS u n d TANQUIST haben v o n einigen S t ä m m e n die Jahreseinteilungen u n t e r s u c h t , die sich allgemein durch zwei Eigenheiten auszeichnen: E r s t e n s spiegeln sie die wesentlichen Zeitabschnitte der agrarischen P r o d u k t i o n wider, u n d zweitens weisen sie auf G r u n d der ersten Eigenheit v o n Dorf zu Dorf zeitliche Verschiebungen auf. I n den meisten Fällen finden sich Bezeichnungen f ü r zwölf L u n a r m o n a t e , denen alle vier J a h r e ein S c h a l t m o n a t hinzugefügt wird. Mit Überlegungen solcher Art befassen sich ausschließlich alte Männer (s. HUTTON, 1921, p. 197, n. 1); f ü r den einzelnen P r o d u z e n t e n ist v o n B e d e u t u n g , a b w a n n das neue J a h r gerechnet wird. Bei den Memi, den Sema westlich des D a y a n g u n d den Ao gilt entweder der Beginn oder der Abschluß der E r n t e a r b e i t e n als A n f a n g der neuen Zeiteinheit, w ä h r e n d bei den L h o t a , den W e s t e r n R e n g m a u n d allen übrigen Sema dieser Termin m i t den ersten F e l d a r b e i t e n im R a h m e n der n e u e n Produktionszeit zusammenfällt. Bei den A n g a m i s t e h e n beide Auffassungen im Widerstreit. U n t e r d e m Aspekt der P l a n u n g der P r o d u k t i o n u n d K o n s u m t i o n

107

Tätigkeiten 455 im Gesamtprozeß der materiellen Produktion und ihr Anteil an der Erzeugung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts sind deshalb auf der Grundlage dieser Zeiteinheit zu untersuchen. Arbeitsperiode und Produktionszeit Der Faktor, der es ermöglicht, die einzelnen produktiven Tätigkeiten miteinander zu vergleichen, ist die aufgewandte Arbeitszeit. Als Maßeinheit dieses Faktors gilt bei den Naga der Arbeitstag, dem die natürliche, vom täglichen Arbeit-Ruhe-Rhythmus bestimmte Funktionsfähigkeit der menschlichen Arbeitskraft 456 zugrunde liegt. Bei der Behandlung der Fragen der gegenseitigen Hilfe erwähnen die verschiedenen Autoren, daß die Arbeitsgruppen „am nächsten Tage" auf dem Feld eines anderen Angehörigen der Gruppe tätig sind. 457 Die Lhota entnehmen beim Säen die Körner einem Korb, der „the day's supply of seed-rice" 458 enthält. Eine negative Widerspieglung des Arbeitstages als Maßeinheit der Arbeitszeit findet sich in der Tatsache, daß die Ruhezeiten während der Feldarbeit häufig einen Tag nur dauern. So beachteten z. B. die Einwohner des Western Rengma-Dorfes Tseminyu im Jahre 1931 folgende „Genna"-Tage: am am am am am am

15. Januar 16. Januar 21. Januar 10. Februar 1. April l l . u . 20. April

— um der Feuergefahr vorzubeugen, — um die Zeit des Töpferns abzuschließen, — um von der Hirsesaat auszuruhen, — um bei der Jagd Glück zu haben, — um sich auf die Reisaussaat vorzubereiten, — um von der Reisaussaat auszuruhen usw. 459

Zur Erzeugung jedes beliebigen Gebrauchsgegenstandes ist ein ganz bestimmter, vom Entwicklungsniveau der Produktivkräfte abhängiger Aufwand an Arbeitszeit erforderlich. Wird zur Herstellung eines Produkts ohne Unter-

455

436

«7

ist für uns von Interesse, daß die Zeiteinteilung der ersten Gruppe gewissermaßen das Konsumtionsjahr, die der zweiten dagegen das Produktionsjahr widerspiegelt. S. H U T T O N , 1921, pp. 196-201, p. 347; H U T T O N , 1921a, pp. 2 6 0 - 2 6 2 ; M I L L S , 1922, p. 128, pp. 2 2 6 - 2 2 7 ; M I L L S , 1926, pp. 4 0 0 - 4 0 1 ; S M I T H , 1925, p. 41; T A N Q U I S T , 1927, pp. 263-276. „Produktive" Tätigkeit erzeugt irgendeinen Gebrauchsgegenstand (vgl. M A R X , 1890/XXIII—1962, S. 196). „Der Arbeitstag bildet die natürliche Maßeinheit für die Funktion der Arbeitskraft," sagt M A R X ( 1 8 9 3 / X X I V - 1 9 6 3 , S. 157). V

. FÜRER-HAIMENDORF,

1947, S. 105; v. FÜRER-HAIMENDORF,

TON, 1 9 2 1 , p . 2 7 0 ; K A U F F M A N N , «8

MILLS, 1 9 2 2 , p . 4 9 .

« 9 MILLS,

108

1935g, pp. 1 3 2 - 1 3 3 .

1 9 3 9 , S. 2 2 0 ; MILLS, 1 9 2 2 , p .

1 9 4 1 , S. 97.

25;HUT-

Tätigkeiten 455 im Gesamtprozeß der materiellen Produktion und ihr Anteil an der Erzeugung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts sind deshalb auf der Grundlage dieser Zeiteinheit zu untersuchen. Arbeitsperiode und Produktionszeit Der Faktor, der es ermöglicht, die einzelnen produktiven Tätigkeiten miteinander zu vergleichen, ist die aufgewandte Arbeitszeit. Als Maßeinheit dieses Faktors gilt bei den Naga der Arbeitstag, dem die natürliche, vom täglichen Arbeit-Ruhe-Rhythmus bestimmte Funktionsfähigkeit der menschlichen Arbeitskraft 456 zugrunde liegt. Bei der Behandlung der Fragen der gegenseitigen Hilfe erwähnen die verschiedenen Autoren, daß die Arbeitsgruppen „am nächsten Tage" auf dem Feld eines anderen Angehörigen der Gruppe tätig sind. 457 Die Lhota entnehmen beim Säen die Körner einem Korb, der „the day's supply of seed-rice" 458 enthält. Eine negative Widerspieglung des Arbeitstages als Maßeinheit der Arbeitszeit findet sich in der Tatsache, daß die Ruhezeiten während der Feldarbeit häufig einen Tag nur dauern. So beachteten z. B. die Einwohner des Western Rengma-Dorfes Tseminyu im Jahre 1931 folgende „Genna"-Tage: am am am am am am

15. Januar 16. Januar 21. Januar 10. Februar 1. April l l . u . 20. April

— um der Feuergefahr vorzubeugen, — um die Zeit des Töpferns abzuschließen, — um von der Hirsesaat auszuruhen, — um bei der Jagd Glück zu haben, — um sich auf die Reisaussaat vorzubereiten, — um von der Reisaussaat auszuruhen usw. 459

Zur Erzeugung jedes beliebigen Gebrauchsgegenstandes ist ein ganz bestimmter, vom Entwicklungsniveau der Produktivkräfte abhängiger Aufwand an Arbeitszeit erforderlich. Wird zur Herstellung eines Produkts ohne Unter-

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ist für uns von Interesse, daß die Zeiteinteilung der ersten Gruppe gewissermaßen das Konsumtionsjahr, die der zweiten dagegen das Produktionsjahr widerspiegelt. S. H U T T O N , 1921, pp. 196-201, p. 347; H U T T O N , 1921a, pp. 2 6 0 - 2 6 2 ; M I L L S , 1922, p. 128, pp. 2 2 6 - 2 2 7 ; M I L L S , 1926, pp. 4 0 0 - 4 0 1 ; S M I T H , 1925, p. 41; T A N Q U I S T , 1927, pp. 263-276. „Produktive" Tätigkeit erzeugt irgendeinen Gebrauchsgegenstand (vgl. M A R X , 1890/XXIII—1962, S. 196). „Der Arbeitstag bildet die natürliche Maßeinheit für die Funktion der Arbeitskraft," sagt M A R X ( 1 8 9 3 / X X I V - 1 9 6 3 , S. 157). V

. FÜRER-HAIMENDORF,

1947, S. 105; v. FÜRER-HAIMENDORF,

TON, 1 9 2 1 , p . 2 7 0 ; K A U F F M A N N , «8

MILLS, 1 9 2 2 , p . 4 9 .

« 9 MILLS,

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1935g, pp. 1 3 2 - 1 3 3 .

1 9 3 9 , S. 2 2 0 ; MILLS, 1 9 2 2 , p .

1 9 4 1 , S. 97.

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brechung 460 gearbeitet, so ist die Arbeitsperiode461 dieses Produktionsprozesses leicht zu errechnen: Sie umfaßt die Zeitspanne vom ersten Handgriff zur Vorbereitung der Arbeit bis zum abschließenden Fertigungsgang. Produktionsprozesse dieser Art dürften u. a. der Hausbau, das Weben, das Schmieden und das Fischen mit Betäubungsmitteln sein. 462 Bei einer Anzahl anderer Produktionsprozesse treten im Gegensatz dazu bestimmte Unterbrechungen auf, über deren Charakter M A R X schreibt: „Es handelt sich hier um eine, von der Länge des Arbeitsprozesses unabhängige, durch die Natur des Produkts und seiner Herstellung selbst bedingte Unterbrechung, während deren der Arbeitsgegenstand kürzer oder länger dauernden Naturprozessen unterworfen ist, physikalische, chemische, physiologische Veränderungen durchmachen muß, während deren der Arbeitsprozeß ganz oder teilweise suspendiert ist." 4 6 3 Unterbrechungen solcher Art finden sich z. B. beim Färben, wenn das Material drei Tage lang im roten Absud verbleibt 404 , beim Töpfern, wenn die Gefäße vor dem Brennen ein bis sieben Tage lang trocknen müssen 465 und vor allem in der landwirtschaftlichen Produktion, wenn etwa die Rodung wochenlang bis zum Zeitpunkt des Abbrennens unberührt bleibt. 466 Der gesamte zeitliche Umfang dieser Art Produktionsprozesse — ihre Produktionszeit467 — ist also nicht mit der Arbeitsperiode, die gleich der Summe der aufgewandten Arbeitszeit (gerechnet nach Arbeitstagen) ist, identisch. In der Viehwirtschaft der Naga verbindet sich die relativ lange Produktionszeit mit einem geringen Aufwand an Arbeitszeit 4 6 8 ; aber obwohl dieser geringe Aufwand während der gesamten Produktionszeit in Kontinuität erforderlich ist, kann in diesem Falle von einer Identität von Produktionszeit und Arbeitsperiode nicht die Rede sein, da der Prozeß der tierischen Produktion in gleicher 460

«i

462

«3 «6« 4 K

«6«

„Ohne Unterbrechung arbeiten" bedeutet unter diesem Aspekt in der NagaÖkonomie „eine mehr oder minder große Anzahl aufeinanderfolgender Arbeitstage mit der Erzeugung eines bestimmten Produktes tätig sein". „Genna" — Tage, die zeremonieller Bestandteil des betreffenden Produktionsprozesses sind und an denen auch keine anderen (außer den lebensnotwendigen Arbeiten, wie Reisstampfen, Wasserholen, Kochen u. ä. ) Tätigkeiten ausgeübt werden, sind nicht als Unterbrechung zu werten, S. MARX, 1 8 9 3 / X X I V - 1 9 6 3 , S. 233f. Vgl. H U T T O N , 1921a, pp. 8 4 - 8 6 . Leider sind diesbezügliche Hinweise in den Quellen äußerst spärlich. MARX, 1 8 9 3 / X X I V - 1 9 6 3 , S. 241. M I L L S , 1922, pp. 3 7 - 3 8 . M I L L S , 1926, p. 95; H U T T O N , 1921a, p. 54. S. Teil I I / 2 - S . 61. Extreme Beispiele liefert der Anbau der Indigo- und Pfefferpflanzen, deren Produktionszeit sich auf mindestens sechzehn Monate beläuft (s. M I L L S , 1922, p. 57, p. 58) sowie die Herstellung der Bambusjätschlingen, deren Produktionszeit sechs bis zwölf Monate dauert (s. H U T T O N , 1921a, p. 67).

«67 MARX, 1 8 9 3 / X X I V - 1 9 6 3 , S. 2 4 1 f .

«68 S. Teil I I / 3 - S . 78ff.

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Kontinuität zeitliche Unterbrechungen aufweist, deren Umfang unvergleichlich größer ist als der Umfang der aufgewandten Arbeitszeit. Produktionszeit und Arbeitsperiode bei der Erzeugung des Hauptnahrungsmittels Die Produktionszeit für das Hauptnahrungsmittel, den Reis, ist in den einzelnen Gebieten des Naga-Landes nicht einheitlich. Ein wesentlicher Unterschied besteht vor allem bei der Erzeugung von Bergreis auf Jhum-Feldern und Naßreis auf Panikhet-Feldern. Auf den Jhum-Feldern dauert die Produktionszeit in der Regel zehn bis elf Monate. Sie beginnt bei den Western Rengma z. B. Mitte Dezember und endet Mitte November mit der Einlagerung der E r n t e in die Speicher; bei den Konyak ist die Reisernte bereits Mitte Oktober abgeschlossen. 469 Dank der ausführlichen Untersuchungen von M I L L S und K A U F F MANN470 läßt sich auch die Dauer der A'beitsperiode der Reisproduktion bei den Western Rengma und den Sema ziemlich exakt bestimmen. 4 7 1 Die Arbeiten zur Anlage des Feldes, die in dem Zeitraum von Mitte Dezember bis 9. März erledigt sein müssen, währen rund 28 Tage, wovon etwa 2 / 3 auf das Roden im Dezember und Anfang Januar 472 und 1 / 3 auf die mit dem Abbrennen verbundenen Arbeiten in den ersten Märztagen verwendet werden. Die Arbeiten zum Schutze des Feldes vor Witterungseinflüssen und zur Vorbereitung der Aussaat, einschließlich der Errichtung des Feldhauses, werden in einem zeitlichen Komplex von 8 aufeinanderfolgenden Tagen, vom 17. — 24. März, erledigt. Die Phase der Aussaat dauert — rechnet man die 3 letzten Tage des März, an denen anscheinend das Saatgut bereitgestellt wird, hinzu — insgesamt 25 Tage, vom 29. März bis zum 24. April (abzüglich zweier Ruhetage am 11. und 20. April). Die Arbeiten zum Schutze der Pflanzung erstrecken sich über den langen Zeitraum vom 28. Mai bis 9. September. Davon sind 69 Tage zwischen dem 28. 469 Western R e n g m a Eastern R e n g m a Konyak Sema

470

471 m

—MILLS, 1937a, p. 79; —MILLS, 1937a, pp. 323—324; — v. F Ü R E R - H A I M E N D O B F , 1941. S. 11; —HUTTON, 1921a, p. 63;

Ao

-MILLS,

Lhota

- MILLS, 1922, p . 4 5 , p . 5 6 ;

1926, p.

124;

Northern Sangtam -- K A U F M A N N , 1939, S. 217; Chang - K A U F F M A N N , 1944, S. 327. M I L L S , 1935g, pp. 1 3 2 - 1 3 5 ; M I L L S , 1937a, pp. 7 8 - 8 7 , pp. 3 1 0 - 3 1 5 ; K A U F F M A N N , 1966, S. 5 8 3 - 6 0 6 . Die folgende Berechnung beruht auf den Untersuchungen v o n M I L L S im Western Rengma-Dorf Tseminyu. D i e Auswertung der v o n K A U F F M A N N i m Sema-Dorf Baimho erarbeiteten Materialien ergab eine prinzipielle Übereinstimmung der Resultate hinsichtlich der Dauer der Produktionszeit u n d der Arbeitsperiode in der agrarischen Produktion der genannten jhum-treibenden Dorfgemeinschaften. S. Fig. 2. A m 4 . Januar bereits vermerkt M I L L S (1935g, p. 135) den ersten v o n drei ,,kennü days of purification". Zu diesem Zeitpunkt ist das Roden also schon beendet.

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Kontinuität zeitliche Unterbrechungen aufweist, deren Umfang unvergleichlich größer ist als der Umfang der aufgewandten Arbeitszeit. Produktionszeit und Arbeitsperiode bei der Erzeugung des Hauptnahrungsmittels Die Produktionszeit für das Hauptnahrungsmittel, den Reis, ist in den einzelnen Gebieten des Naga-Landes nicht einheitlich. Ein wesentlicher Unterschied besteht vor allem bei der Erzeugung von Bergreis auf Jhum-Feldern und Naßreis auf Panikhet-Feldern. Auf den Jhum-Feldern dauert die Produktionszeit in der Regel zehn bis elf Monate. Sie beginnt bei den Western Rengma z. B. Mitte Dezember und endet Mitte November mit der Einlagerung der E r n t e in die Speicher; bei den Konyak ist die Reisernte bereits Mitte Oktober abgeschlossen. 469 Dank der ausführlichen Untersuchungen von M I L L S und K A U F F MANN470 läßt sich auch die Dauer der A'beitsperiode der Reisproduktion bei den Western Rengma und den Sema ziemlich exakt bestimmen. 4 7 1 Die Arbeiten zur Anlage des Feldes, die in dem Zeitraum von Mitte Dezember bis 9. März erledigt sein müssen, währen rund 28 Tage, wovon etwa 2 / 3 auf das Roden im Dezember und Anfang Januar 472 und 1 / 3 auf die mit dem Abbrennen verbundenen Arbeiten in den ersten Märztagen verwendet werden. Die Arbeiten zum Schutze des Feldes vor Witterungseinflüssen und zur Vorbereitung der Aussaat, einschließlich der Errichtung des Feldhauses, werden in einem zeitlichen Komplex von 8 aufeinanderfolgenden Tagen, vom 17. — 24. März, erledigt. Die Phase der Aussaat dauert — rechnet man die 3 letzten Tage des März, an denen anscheinend das Saatgut bereitgestellt wird, hinzu — insgesamt 25 Tage, vom 29. März bis zum 24. April (abzüglich zweier Ruhetage am 11. und 20. April). Die Arbeiten zum Schutze der Pflanzung erstrecken sich über den langen Zeitraum vom 28. Mai bis 9. September. Davon sind 69 Tage zwischen dem 28. 469 Western R e n g m a Eastern R e n g m a Konyak Sema

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—MILLS, 1937a, p. 79; —MILLS, 1937a, pp. 323—324; — v. F Ü R E R - H A I M E N D O B F , 1941. S. 11; —HUTTON, 1921a, p. 63;

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-MILLS,

Lhota

- MILLS, 1922, p . 4 5 , p . 5 6 ;

1926, p.

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Northern Sangtam -- K A U F M A N N , 1939, S. 217; Chang - K A U F F M A N N , 1944, S. 327. M I L L S , 1935g, pp. 1 3 2 - 1 3 5 ; M I L L S , 1937a, pp. 7 8 - 8 7 , pp. 3 1 0 - 3 1 5 ; K A U F F M A N N , 1966, S. 5 8 3 - 6 0 6 . Die folgende Berechnung beruht auf den Untersuchungen v o n M I L L S im Western Rengma-Dorf Tseminyu. D i e Auswertung der v o n K A U F F M A N N i m Sema-Dorf Baimho erarbeiteten Materialien ergab eine prinzipielle Übereinstimmung der Resultate hinsichtlich der Dauer der Produktionszeit u n d der Arbeitsperiode in der agrarischen Produktion der genannten jhum-treibenden Dorfgemeinschaften. S. Fig. 2. A m 4 . Januar bereits vermerkt M I L L S (1935g, p. 135) den ersten v o n drei ,,kennü days of purification". Zu diesem Zeitpunkt ist das Roden also schon beendet.

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Mai und dem 16. August 4 7 3 für das J ä t e n (einschließlich 14 „Genna"-Tage zum „magischen" Schutz der Pflanzung) und 23 Tage zwischen dem 17. August und dem 9. September für den realen Schutz des reifenden Reises vor Affen und Vogeleinfall vorgesehen. Die Erntearbeiten nehmen insgesamt 65 Tage (vom 10. September bis 13. November) in Anspruch. Danach umfaßt bei den Western Rengma die Arbeitsperiode der Reisproduktion auf Jhum-Feldern insgesamt 218 Arbeitstage, so daß sich die Differenz zur Produktionszeit des Bergreises auf 115 Tage beläuft (s. Fig. 2). Die Produktionszeit für den auf Panikhet-Feldern kultivierten Reis wird von den verschiedenen Autoren mit rund acht Monaten angegeben. Sie erstreckt sich etwa von Mitte März bis Mitte November. 4 7 4 Genaue Daten zur Errechnung der Arbeitsperiode beim Panikhet-System liegen leider nicht vor. Die folgenden Überlegungen wollen versuchen, einige annähernde Werte zu geben. Wann die Naßreisbauern die Arbeiten zur Instandhaltung der Terrassenund Irrigationsanlagen durchführen, wird in den Quellen nicht erwähnt. Der Grund dafür dürfte sein, daß sie in den gleichen Wochen erledigt werden, in denen man die Panikhet-Felder zur Aussaat vorbereitet, d. h. in der Zeit von Mitte März bis Mitte Juni. I n dieser Periode ist also ein bedeutender Arbeitsanfall 4 7 5 zu verzeichnen. Ende März/Anfang April wird der Reis auf kleinen, unbewässerten Flächen ausgesät. Bis zum Beginn der Regenzeit (Anfang Juni) müssen die Feld- und Bewässerungsanlagen ausgebessert, der Boden gedüngt und gelockert sein. Sobald die ersten Regen die Felder überflutet haben, wird der aufgeweichte Grund gepuddelt. Ist diese Arbeit beendet, werden die Reissetzlinge verpflanzt. 4 7 6 Diese Tätigkeit dürfte mindestens ebenso zeitaufwendig sein wie/das Säen bei den Jhum-Bauern. Beim Jäten und Ernten bedienen sich die Panikhet-Bauern der gleichen Arbeitsgeräte und -methoden wie die Jhum-Bauern. Zweifellos gibt es aber auch in den Angami-Dörfern genügend triftige Gründe, die Feldarbeiten an bestimmten Tagen zu unterbrechen 4 7 7 , so daß auch unter den Bedingungen des Panikhet-Systems die Produktionszeit nicht mit der Arbeitsperiode identisch ist; der wesentliche Unterschied zum Prozeß der Trockenreisproduktion besteht jedoch in der bedeutend geringeren Differenz zwischen den beiden Zeitkomponenten im Prozeß der Naßreiserzeugung: Beachtet man, daß die Jhum-Bauern — 47;!

474

Durch eine acht Tage dauernde Unterbrechung (vom 6. — 13. Juli), während der die Feldwege gereinigt werden, ist die Jätzeit in zwei annähernd gleichgroße Abschnitte geteilt. Angami — B U T L E R , 1875, pp. 324; H U T T O N , 1921, pp. 7 4 — 7 5 ; WOODTHOBPE, 1882, p.

62;

Tangkhul - H O D S O N , 1911, p. 168; P E T T I G R E W , 1909, p. 41. Bei den Eastern Rengma ist die Produktionszeit um einen Monat verschoben ( M I L L S , 1937a, pp. 8 8 - 8 9 , pp. 323-324). 475

S. v . FÜRER-HAIMENDOBF,

477

1947, S. 30.

1875, p. 324; H U T T O N , 1921, p. 74; 1882, p. 62. Vgl. H U T T O N , 1921, pp. 198-200.

476 B U T L E R ,

MILLS,

1937a, p. 88;

WOODTHORPE,

111

bei geringerem Aufwand an Zeit zur Vorbereitung der Aussaat — in der Zeit von Mitte März bis Mitte November 478 rund 190 Arbeitstage verzeichnen, so darf man schließen, daß beim Panikhet die Differenz zwischen Produktionszeit (acht Monate 240 Tage) und Arbeitsperiode etwa 50 Tage 479 beträgt. 480 Die Ursache für die unterschiedliche Differenz bei Jhum und bei Panikhet ist das entwickeltere Niveau der Produktivkräfte 481 in den Gemeinwesen der Naßreisbauern, das fast ausschließlich in der Anlaufphase des Produktionsprozesses wirksam wird und auf diese Weise die Produktionszeit gegenüber der des JhumSystems bedeutend verkürzt. Der Produktionsablauf während der Zeiteinheit eines Jahres Untersucht man den Produktionsablauf während der gegebenen Zeiteinheit eines Jahres, so ist zu berücksichtigen, daß der durch die Reiserzeugung determinierte Prozeß der agrarischen Produktion in den jhum-treibenden Gemeinwesen die Nutzung der vorjährigen Jhum-Felder zum Anbau von Hirse oder Hiobstränen einschließt. Äußerst sinnvoll und rationell sind die einzelnen Arbeitsphasen des Hirseanbaus in die längeren Unterbrechungen in der ReisProduktionszeit eingeschoben. In der Zeit zwischen dem 7. Januar und dem 1. März482, während der die gerodete Vegetation der neuen Jhum-Felder 478 479

480

4

Der Produktionszeit bei P a n i k h e t . Die G e s a m t d a u e r der in der Reis-Produktionszeit liegenden „ G e n n a s " bei den panikhet-treibenden A n g a m i u n d Memi gibt H U T T O N ( 1 9 2 1 , pp. 1 9 8 — 2 0 0 , p p . 3 3 7 — 338) wie folgt a n : Khonoma-Gruppe — 37 Tage Kohima-Gruppe — 27 Tage Viswema-Gruppe — 60 Tage Memi — 57 Tage. Die durchschnittliche D a u e r von 45 „ G e n n a ' ' - T a g e n n ä h e r t sich der g e n a n n t e n Differenz zwischen Produktionszeit u n d Arbeitsperiode. K A U F M A N N (1935, S. 59) ä u ß e r t e Mitte der dreißiger J a h r e , die Anzahl festgelegter Feste mit Arbeitsruhe sei bei d e n R o d u n g s b a u e r n sehr gering, bei den A n g a m i hingegen erreichten sie etwa die Zahl unserer Sonntage, u n d darin k ä m e gewissermaßen der ganze Gegensatz zwischen den beiden A n b a u s y s t e m e n z u m Ausdruck. I n seiner j ü n g s t e n Arbeit stellt er jedoch f e s t : „Die Sema u n d R e n g m a , sicherlich aber a u c h die a n d e r e n auf B r a n d r o d u n g e n a n b a u e n d e n N a g a - S t ä m m e (stehen) bezüglich der Anzahl ihrer R u h e t a g e keineswegs h i n t e r den A n g a m i zur ü c k , " so d a ß „in dieser H i n s i c h t . . . also kein U n t e r s c h i e d zwischen den beiden A n b a u s y s t e m e n v o r h a n d e n (ist), u n d meine seinerzeitige Schlußfolgerung . . . t r i f f t somit nicht z u " ( K A U F F M A N N , 1966, S. 603). Aus dieser berechtigten K o r r e k t u r darf jedoch — wie aus den unterschiedlichen Differenzen zwischen P r o d u k t i o n s zeit u n d Arbeitsperiode bei J h u m u n d P a n i k h e t eindeutig zu ersehen ist — keinesfalls eine Gleichheit der P r o d u k t i v i t ä t der beiden F o r m e n der agrarischen P r o d u k t i o n der N a g a abgeleitet werden ( P r o d u k t i v i t ä t ist hier n i c h t gleich E r t r a g ! ) .

«I S. MARX, 1 8 9 4 / X X V - 1 9 6 4 , S. 8 0 f .

482

8

Diese A n g a b e n beziehen sich wiederum auf das von M I L L S 1 9 3 1 im Dorf Tseminyu (Western R e n g m a ) gesammelte Material (vgl. A n m . 11/470). Hartwig, Naga

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bei geringerem Aufwand an Zeit zur Vorbereitung der Aussaat — in der Zeit von Mitte März bis Mitte November 478 rund 190 Arbeitstage verzeichnen, so darf man schließen, daß beim Panikhet die Differenz zwischen Produktionszeit (acht Monate 240 Tage) und Arbeitsperiode etwa 50 Tage 479 beträgt. 480 Die Ursache für die unterschiedliche Differenz bei Jhum und bei Panikhet ist das entwickeltere Niveau der Produktivkräfte 481 in den Gemeinwesen der Naßreisbauern, das fast ausschließlich in der Anlaufphase des Produktionsprozesses wirksam wird und auf diese Weise die Produktionszeit gegenüber der des JhumSystems bedeutend verkürzt. Der Produktionsablauf während der Zeiteinheit eines Jahres Untersucht man den Produktionsablauf während der gegebenen Zeiteinheit eines Jahres, so ist zu berücksichtigen, daß der durch die Reiserzeugung determinierte Prozeß der agrarischen Produktion in den jhum-treibenden Gemeinwesen die Nutzung der vorjährigen Jhum-Felder zum Anbau von Hirse oder Hiobstränen einschließt. Äußerst sinnvoll und rationell sind die einzelnen Arbeitsphasen des Hirseanbaus in die längeren Unterbrechungen in der ReisProduktionszeit eingeschoben. In der Zeit zwischen dem 7. Januar und dem 1. März482, während der die gerodete Vegetation der neuen Jhum-Felder 478 479

480

4

Der Produktionszeit bei P a n i k h e t . Die G e s a m t d a u e r der in der Reis-Produktionszeit liegenden „ G e n n a s " bei den panikhet-treibenden A n g a m i u n d Memi gibt H U T T O N ( 1 9 2 1 , pp. 1 9 8 — 2 0 0 , p p . 3 3 7 — 338) wie folgt a n : Khonoma-Gruppe — 37 Tage Kohima-Gruppe — 27 Tage Viswema-Gruppe — 60 Tage Memi — 57 Tage. Die durchschnittliche D a u e r von 45 „ G e n n a ' ' - T a g e n n ä h e r t sich der g e n a n n t e n Differenz zwischen Produktionszeit u n d Arbeitsperiode. K A U F M A N N (1935, S. 59) ä u ß e r t e Mitte der dreißiger J a h r e , die Anzahl festgelegter Feste mit Arbeitsruhe sei bei d e n R o d u n g s b a u e r n sehr gering, bei den A n g a m i hingegen erreichten sie etwa die Zahl unserer Sonntage, u n d darin k ä m e gewissermaßen der ganze Gegensatz zwischen den beiden A n b a u s y s t e m e n z u m Ausdruck. I n seiner j ü n g s t e n Arbeit stellt er jedoch f e s t : „Die Sema u n d R e n g m a , sicherlich aber a u c h die a n d e r e n auf B r a n d r o d u n g e n a n b a u e n d e n N a g a - S t ä m m e (stehen) bezüglich der Anzahl ihrer R u h e t a g e keineswegs h i n t e r den A n g a m i zur ü c k , " so d a ß „in dieser H i n s i c h t . . . also kein U n t e r s c h i e d zwischen den beiden A n b a u s y s t e m e n v o r h a n d e n (ist), u n d meine seinerzeitige Schlußfolgerung . . . t r i f f t somit nicht z u " ( K A U F F M A N N , 1966, S. 603). Aus dieser berechtigten K o r r e k t u r darf jedoch — wie aus den unterschiedlichen Differenzen zwischen P r o d u k t i o n s zeit u n d Arbeitsperiode bei J h u m u n d P a n i k h e t eindeutig zu ersehen ist — keinesfalls eine Gleichheit der P r o d u k t i v i t ä t der beiden F o r m e n der agrarischen P r o d u k t i o n der N a g a abgeleitet werden ( P r o d u k t i v i t ä t ist hier n i c h t gleich E r t r a g ! ) .

«I S. MARX, 1 8 9 4 / X X V - 1 9 6 4 , S. 8 0 f .

482

8

Diese A n g a b e n beziehen sich wiederum auf das von M I L L S 1 9 3 1 im Dorf Tseminyu (Western R e n g m a ) gesammelte Material (vgl. A n m . 11/470). Hartwig, Naga

113

ausdorrt, werden die Flächen, die im vorangegangenen J a h r Reis getragen haben, vom Unkraut befreit, der Boden leicht gelockert (8. —14. Januar) und Hirse eingesät (17.—20. Januar). I m Februar, aber auch im Mai — zwischen dem Abschluß des Reissäens und dem Beginn des Reisjätens —, verbleibt genügend Zeit, um auf den Hirsefeldern des Unkrautes Herr zu werden. Während der Tage des Wegereinigens (vom 6.—13. Juli) „the first fruits of millet are e a t e n " . 4 8 3 Der Anbau von Gemüse-, Gewürz- und Genußmittelpflanzen ist zeitlich gänzlich in die Reis- und Hirseproduktion eingegliedert. Das zeigt sich darin, daß diese Kulturen in der Regel zusammen mit der Hauptanbaufrucht auf dem gleichen Areal gezogen werden. So säen die Rengma beispielsweise schwarzen Sesam zusammen mit dem Reis und weiße Ölsaat mit der Hirse aus, zwei Linsenarten werden im April resp. im J u l i angebaut. 4 8 4 Oben wurde bereits darauf hingewiesen, daß in der Vieh Wirtschaft der Naga ein geringer Aufwand an Arbeitszeit während der gesamten Produktionszeit dieses Wirtschaftszweiges in Kontinuität erforderlich ist. E r gilt vor allem der regelmäßigen Fütterung, die teils abends, teils morgens erfolgt, und dem allabendlichen Eintrieb des Kleinviehs. Darüber hinaus verbringen lediglich bei den Angami und den Western Rengma einzelne Arbeitskräfte längere Zeit mit dem Hüten der Rinderherden. Bis zu einem gewissen Grade kommt dieser Aufwand an Arbeitszeit aber auch der agrarischen Produktion zugute, da durch das Hüten der vom Hausvieh verursachte Flurschaden auf ein Minimum beschränkt wird. 4 8 5 B e i der dominierenden Stellung der Reiserzeugung in der Gesamtproduktion der Naga ist die Gewinnung zusätzlicher Nahrungsmittel durch J a g d , Fischfang und Sammeltätigkeit auf die Unterbrechungen in der Produktionszeit des Reises und auf die Wochen zwischen zwei Reisanbauperioden beschränkt. So werden häufig auch die „Genna"-Tage, an denen jegliche Tätigkeit auf den Feldern unterbleibt, zum Verrichten solcher Arbeiten genutzt. 4 8 6 Betätigungen, die das Gedeihen der Hauptanbaufrüchte beeinträchtigen könnten — etwa Treibjagden mit Hunden 4 8 7 —, werden nur in den Monaten zwischen dem Abschluß der Ernteatbeiten und dem Sprießen der jungen Kulturen, Ende Mai, geübt. Das über die zeitliche Festlegung der Erzeugung zusätzlicher Nahrungsmittel Gesagte trifft in gleichem Maße auch auf die handweikliche Produktion zu. Arbeiten, die nur wenig Zeit beanspruchen und vor allem keinerlei magische Potenzen freimachen, werden nicht nur in Zeiten der Unterbrechung der Reisproduktionszeit, sondern auch während bestimmter „Genna"-Tage — man könnte sagen: in jeder freien Stunde — ausgeführt. So schreibt M I L L S über die «3

1937a, p. 83. 1922, p. 5 7 ; H U T T O N , 1921a, p. 6 3 . M I L L S , 1937a, p. 78. S . a. M I L L S , 1922, pp. 5 7 - 5 8 ; M I L L S , 1926, p. 125; Anm. 11/207 und 11/208. M I L L S , 1937a, p. 92. H U T T O N , 1921, p. 193; H U T T O N , 1921a, p. 77, p. 117. H U T T O N , 1921a, p. 76, n. 1; s. a. Teil II/4 - S . 85. MILLS,

S. a.

«5 486 «7

114

MILLS,

Konyak: „He always seems to be making a mat or a basket or an ear Ornament or something."488 Bei den Lhota sind alte Frauen, die nicht mehr mit auf die Felder gehen können, tagsüber häufig mit dem Entkernen der Baumwolle beschäftigt.489 Die Schmiede scheinen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit an keine bestimmte Zeit gebunden zu sein. Bei den Western Rengma setzen sie lediglich an den Tagen zwischen dem 21. und 29. Januar und dem 2. April und 1. Mai mit der Arbeit aus.490 Verschiedene Betätigungen ruhen in den Wochen der Pflege und Ernte der Feldfrüchte gänzlich oder sind von vornherein auf die Zeit zwischen zwei Anbauperioden beschränkt. Dazu gehören: der Hausbau491, das Weben492, das Rotfärben493 und das Töpfern. Ebenso wie bei den jhum-treibenden Stämmen bestimmt auch in den Gemeinwesen. der Panikhet-Bauern die Reiserzeugung den Ablauf der jährlichen Gesamtproduktion. Hinsichtlich der zeitlichen Eingliederung der Arbeiten in der Viehwirtschaft und zur Gewinnung zusätzlicher Nahrungsmittel sowie der handwerklichen Arbeiten in diesen jährlichen Produktionsprozeß sind keine grundsätzlichen Abweichungen festzustellen. Während jedoch der Hirseanbau auf den das zweite Jahr genutzten Feldern einen bedeutenden Platz im Produktionsablauf der Jhum-Bauern einnimmt, ist — dank der höheren Produktivität des Panikhet-Systems — die auf Grund ihrer zeitlichen Festlegung im Produktionsablauf vergleichbare Arbeit der Bewässerungsbodenbauer auf den zusätzlichen Feldstücken, die sie im Brandrodungsverfahren zur Kultivierung bestimmter Bergreisarten herrichten495, von weitaus geringerem Umfang. Die enorme Verkürzung der Produktionszeit des Hauptnahrungsmittels, die in dem Übergang zum Panikhet-System begründet liegt, und die allmählich günstiger gewordenen Bedingungen für die tägliche Arbeit 496 haben in einigen Gemeinwesen der Angami und der Tangkhul dazu geführt, daß bestimmte handwerkliche Tätigkeiten, insbesondere das Weben und Töpfern, intensiver als allgemein in den Naga-Bergen üblich betrieben werden. Bei der erstrangigen Bedeutung, die der agrarischen Produktion im Wirtschaftsgefüge auch dieser 488 M I L L S , 1 9 2 6 , p . 1 6 0 ; s. a . H U T T O N , 1 9 2 1 a , p . 1 1 6 . «9

M I L L S , 1926, p . 90, p . 160.

4»O MILLS, 1937a, p. 69; MILLS, 1935g, pp. 132-133. 4'JI v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

1941, S. 1 1 ; H U T T O N , 1921a, p . 4 5 ; M I L L S , 1922, p . 3 2 ;

MILLS, 1937a, p . 174. 492 H O D S O N , 1 9 0 1 , p . 3 0 8 .

Die Rengma beginnen zu weben, ,,as soon as the first-fruits of the new rice have been eaten" (MILLS, 1937a, p. 67). 493 MILLS, 1937a, pp. 66-67; s. a. HUTTON, 1921a, p. 65. 494 HODSON, 1911, p. 8; HUTTON, 1921a, p. 55; MILLS, 1935g, p . 133; MILLS, 1937a,

p. 68. 495 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 7 7 ; P R A I N , 1 8 8 7 , p . 4 8 5 .

Die Eastern Rengma bauen auf den zusätzlichen Jhum-Feldern Hirse und Mais an (MILLS, 1937a, p. 86). 496 ,,The daily life of the Angami is decidedly less strenuous than that of his neighbours who subsist on jhuming," schreibt H U T T O N (1921, p. 104; vgl. a. H U T T O N , 1949). 8*

115

Gemeinwesen zukommt, ist jedoch die Konzentrierung der intensiveren handwerklichen Betätigung auf die Wochen, ja Monate, zwischen zwei Reis-Produktionszeiten auch hier eine ökonomische Notwendigkeit. Die Ausweitung des ökonomischen Verkehrs zwischen den verschiedenen Gemeinwesen ist hier nicht nur Folgeerscheinung der gesteigerten handwerklichen Produktion einzelner Bodenbauer, sondern wird zugleich auch wiederum zu einem neuen Impuls für diese wirtschaftliche Betätigung. Die Errichtung der britischen Kolonialherrschaft im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts verursachte eine gewichtige Veränderung im traditionellen jährlichen Produktionsablauf der Naga-Gesellschaft. Durch die Erhebung der sogenannten house-tax waren viele der J h u m — und der Panikhet-Bauern gleichermaßen — gezwungen, alljährlich nach Einbringen der Ernte mehrere Wochen lang in den Kohlengruben von Margherita, auf den Teeplantagen der Assam-Ebene oder in Regierungsdiensten 497 zu arbeiten, um Bargeld in die Hand zu bekommen. Die Aufnahme von Lohnarbeiten und das Eindringen von Geld in das Wirtschaftsleben der Naga wirkte zugleich stimulierend auf die vorhandenen Anfänge der Warenproduktion im handwerklichen Bereich; mit der Entwicklung der Ware-Geld-Beziehungen erfolgte der Niedergang der bisherigen Naturalwirtschaft. I n einigen Gemeinwesen war der Prozeß der Zerstörung der alten, herkömmlichen Produktionsverhältnisse bereits so weit fortgeschritten, daß Mitte der dreißiger Jahre ein „wohlhabender Mann" die auf seinem Feld tätige „Werkgruppe junger Burschen und Mädchen", die ursprünglich als eine bestimmte Altersgruppe der Khelgemeinschaft im Rahmen der traditionellen gegenseitigen Hilfe diese Arbeit verrichtete 498 , nicht mehr nur während der Arbeit verköstigt, sondern daß er „ihnen außerdem, heute schon in Bargeld, einen Tagelohn (zahlt), den die Mitglieder der Werkgruppe nicht gleich aufteilen, sondern in einen Fonds für Ausgaben bei Festen zurücklegen. Ohne das Mieten von Arbeitskräften wäre es ganz unmöglich, daß reiche Leute, . . ., jährlich zehn ihrer Felder bewirtschaften. Gelegentlich werden sogar Werkgruppen aus Nachbardörfern angeworben". Mit diesen Worten belegt v. FÜBER-HAIMENDOBI"499 die beginnende Herausbildung kapitalistischer Elemente in der Landwirtschaft der Naga. 497

R E P O R T o n t h e ADMINISTRATION, 1 8 9 1 , p . 7 ; A L L E N , 1 9 0 6 ( 1 9 5 9 ) , p . 2 6 ; A N D R E E , 1872, S. 7 1 ; B E C K E R ,

1927, S. 1 9 0 f . ; HUTTON,

1945, p . 1 ; KAUFFMANN,

1944,

S . 1 6 4 ; M I L L S , 1 9 3 5 f . , p . 1 4 7 ; P R A I N , 1 8 8 7 , p . 4 7 5 ; SMITH, 1 9 2 5 , p . 3 6 , p . 9 7 . ««

S. K A U F F M A N N , 1 9 3 5 , S . 8 8 .

499 V . FÜRER-HAIMENDORF, 1947, S. l l l f .

116

Kamen die Kolonisten aber aus ein und derselben Siedlung, so sollte eine solche sich neu konstituierende Gemeinschaft — den von v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F und M I L L S bei den Chakrima Angami gesammelten Materialien zufolge — „invariably consist(s) of members of at least two clans, for otherwise, exogamy being the strict rule, marriage within the village would be impossible".5 Neue Gemeinwesen konnten also stets nur auf der Grundlage und unter den Bedingungen der bestehenden Gesellschaftsstruktur geschaffen werden. 1. Territorialorganisation Das Territorium der Gemeinwesen Seit die Periode der territorialökonomischen Erschließung des Landes in den einzelnen Stammensgebieten im Verlaufe des 17. bis 19. Jahrhunderts ihren Abschluß gefunden hatte6, gibt es in den Bergen südöstlich der Brahmaputra-Ebene keinen Quadratkilometer „unbesiedelten" Territoriums mehr. „Das gesammte verfügbare Land ist aufgetheilt". 7 Diese das Wohngebiet der Konyak betreffende Feststellung P E A L S gilt seit Beginn unseres Jahrhunderts für das gesamte Wohngebiet der Naga. In der Vergangenheit führten nicht selten Ereignisse gesellschaftlich-politischer Natur zu Veränderungen im territorialen Bestand der einzelnen Gemeinwesen. In der gesamten Periode der territorialökonomischen Erschließung des Landes waren Vorkommnisse solcher Art geradezu an der Tagesordnung. Wie oben dargelegt wurde, verursachte der natürliche Bevölkerungszuwachs in diesem Zeitabschnitt immer wieder die Gründung neuer dörflicher Gemeinwesen. Aber bereits in jener Zeit dürfte es in den Naga-Bergen keine völlig „herrenlosen" Ländereien mehr gegeben haben. So ist aus der Geschichte des Konyak-Dorfes Wakching bekannt, daß seine Bewohner im Laufe der Zeit anscheinend achtmal neu konstituierten Gemeinwesen die Erlaubnis erteilten, sich auf ihrem Territorium anzusiedeln, mit anderen Worten: Wakching trat in acht Fällen für eine jährlich zu entrichtende, materielle Gegenleistung ein bestimmtes Areal im nordöstlichen Teil seines ursprünglichen Territoriums an neue Dorfgemeinschaften ab.8 Friedliche Vereinbarungen waren hier also den territorialen Veränderungen vorausgegangen, und das Wissen um die Tatsache, elf bis fünfzehn Meilen weit entfernte Areale landwirtschaftlich kaum jemals selbst v . FÜRER-HAIMENDORF/MILLS,

5

1936, S. 923.

S . a . H O D S O N , 1 9 1 1 , p . 7 3 ; M I L L S , 1 9 2 2 , p . 5, n . 1 ; M I L L S , 1 9 2 6 a , p . 2 7 .

6 S. Teil 1/1 - S. 37. ? P E A L , 1898, S. 345. 8

Wakching erhielt in der Vergangenheit von insgesamt vierzehn Nachbardörfern materielle Zuwendungen. Auf dasÖukheang (die Gemeinschaft der Nachkommen des Dorfgründers) entfielen dabei die Abgaben der elf im Nordosten gelegenen Siedlungen. Sieben resp. acht der Dörfer entrichteten diese „Tribute" jährlich, und stets gehörte ein bestimmtes Quantum Reis dazu (vgl. v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1938, p p . 3 6 7 - 3 6 8 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1941, S. 89.

118

nutzen zu können9, dürfte einst die Wakching-Leute zu diesen politischen Schritten veranlaßt haben. Inwieweit es sich bei den neu angesiedelten Gemeinwesen um eigene oder um Tochterniederlassungen anderer Dorfgemeinschaften handelte, ist aus den Quellen10 nicht immer klar ersichtlich; der Überlieferung nach gestatteten z. B. die Molungr "-Bewohner des Ortes Noksenkini sogar einer zugewanderten Ao-Gruppe, in unmittelbarer Nähe das Dorf Longehang zu gründen.12 Aber nicht immer erfolgten territoriale Veränderungen auf friedlichem Wege. Noch in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden die südöstlichen Ao-Dörfer Ungma und Longsa in einer Weise von den benachbarten Sema attackiert, daß Ungma „had already given up cultivation on the Sema side of the village". 13 1878 setzte jedoch die Errichtung eines britischen Militärpostens im angrenzenden Lhota-Gebiet14 dem wenig friedlichen Drang der Sema nach Norden ein Ende. Aus der Feststellung MILLS': „Where there is land which is either vacant or can be stolen from someone eise a Sema chief sends out his elder sons to found new villages15", wird ersichtlich, daß die Periode der territorialökonomischen Erschließung des Landes im Sema-Gebiet noch bis an die Schwelle des 2 0 . Jahrhunders reicht.16 K A U F F M A N N erwähnt Aktionen anscheinend ähnlichen Charakters von den Chang und den Northern Sangtam17, ohne jedoch konkrete Beispiele anzuführen. Die politische Aktivität der neuen, sich erst formierenden Gemeinwesen richtete sich in der zweiten Phase der Besiedlung des Naga-Landes auf die Gründung wirtschaftlich und gesellschaftlich selbständig existierender Dorfgemeinschaften. Die Verwirklichung dieses Zieles beinhaltete aber zugleich zwei weitere Resultate: Sie führte erstens zu bedeutenden Veränderungen in den bestehenden territorialen Verhältnissen und zweitens zur Erweiterung des durch Bodenbau wirtschaftlich intensiver genutzten Areals des Gesamtterritoriums. Unter solchen veränderten Voraussetzungen zur Produktion unterlagen schließlich auch die traditionellen Eigentumsverhältnisse gewissen Modifikationen. Im Bereich des territorialen Bestandes der Gemeinwesen spiegelten sich die Veränderungen in dem allmählich aufkommenden Bedürfnis, die Begrenzung des Territoriums zu markieren, wider. 9

v . F Ü B E B - H A I M E N D O B F , 1938, p . 3 6 8 ; v . F Ü B E B - H A I M E N D O B F ,

1941, S. 89.

10

v . F Ü B E R - H A I M E N D O B F , 1941, S. 9 6 ; H U T T O N , 1929, p . 7 0 ; P E A L , 1894, p p .

11

Ein einst im Gebiet der heutigen Ao-Berge lebendes Konyak-Element (s. Anm. 11/394).

14-15.

12 M I L L S , 1 9 2 6 , p . 1 0 .

Shiong wurde nicht von Wakching, auf dessen ehemaligem Territorium es liegt, aus gegründet, sondern ist eine Tochtersiedlung von Chi (s. v . F Ü R E B - H A I M E N • 13

DOBF, 1941, S. 4 f . ) .

HUTTON, 1921a, p. 7.

14

SHAKESPEAB, 1914, p p . 2 2 0 - 2 2 1 .

15

MILLS, 1926a, p. 27.

16

S. a. HUTTON, 1921a, p . 8.

17

KAUFFMANN, 1944, S. 3 2 4 f f . ; KAUFFMANN, 1939, S. 208f.

119

W i r haben gesehen, daß es die Dorfgemeinschaften waren, die sich als die politisch wirksamen Gemeinwesen, die während der vergangenen drei Jahrhunderte „das gesamte verfügbare L a n d " unter sich aufgeteilt resp. jeweils ein bestimmtes Territorium vor gegenseitigem Zugriff bewahrt haben, manifestiert haben. Sie beanspruchen und behaupten als Lebens- und Wirkungsraum „a well-defined area of territory". 1 8 Wenn SMITH auch schreibt, daß „before the British Government took control the boundaries were not definitely fixed, but depended largely upon the strength of the village concerned" 19 , so darf daraus doch keineswegs geschlossen werden, daß für die Territorien der Gemeinwesen sowie für deren Abgrenzung gegenüber den Gebieten der benachbarten Gemeinschaften in vorkolonialer Zeit ein Status ständiger Labilität charakteristisch gewesen sei. Denn selbst dort, wo natürliche Grenzen, etwa ein bestimmter Höhenrücken, Taleinschnitt oder Wasserlauf 20 , oder spezielle Grenzmarkierungen, wie z. B. eine kleine Plattform am W e g e auf der Grenze zwischen den Konyak-Dörfern Senua und Niao 2 1 , fehlten, war die Ausdehnung des Territoriums des eigenen, aber auch des benachbarten Gemeinwesens jedem einzelnen genau bekannt. Das belegen nicht zuletzt die traditionellen Jagd- und Fischereirechte der Angami, A o , Konyak, Sema, Burma- und Manipur-Naga, denen zufolge die uneingeschränkte Ausübung dieser wirtschaftlichen Betätigungen nur innerhalb der Grenzen des Territoriums des eigenen Gemeinwesens statthaft war. 2 2 Ähnlich wie SMITH stellt auch v . FÜRER-HAIMENDORE — auf MILLS fußend 2 3 fest: „Zwischen den einzelnen Dörfern (der Lhota, W . H . ) sind keine strengen Grenzen gezogen, und bei nahe benachbarten liegen oft die Felder der Angehörigen beider Dörfer regellos durcheinander gewürfelt." 24 Aber gerade die Tatsache, daß die Felder nahe benachbarter Dörfer „are inextricably mixed up", ist eindeutiger Beweis für die genaue Begrenzung der Dorfterritorien; eine weniger exakte Begrenzung der einzelnen, zum Territorium verschiedener Gemeinwesen gehörenden Areale schließt eine Verzahnung der benachbarten Territorien aus. Ein Mangel an deutlich erkennbarer Markierung 25 einer Grenze ist also keinesfalls a priori als ein Fehlen einer Begrenzung überhaupt zu interpretieren. Mit der Intensivierung der ökonomischen Nutzung des Territoriums, vor allem mit der Verwandlung weiterer Landstriche in Anbau- resp. Weideflächen, stieg das gesellschaftliche Bedürfnis der Gemeinwesen, die Begrenzung ihrer Terri18

H O D S O N , 1911, p . 73.

«

SMITH, 1925, p . 59.

20 S . H O D S O N , 1 9 0 9 , S . 4 5 2 ; H O D S O N , 1 9 1 1 , p . 7 4 . 21 W O O D T H O R P E , 1 8 7 6 ( 1 9 5 9 ) , p . 4 9 . 22 S . H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 8 9 ; M I L L S , 1 9 2 6 , p . 1 4 2 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 4 1 , S . 9 4 ; H U T T O N , 1921a, p . 8 0 ; D E W A R , 1935, p . 165; D E W A S , 1933, p . 2 8 8 ; H O D S O N , 1911,

p. 56. 23 M I L L S , 1 9 2 2 , p . 9 6 . 24

v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 3 3 , S . 17.

26

Angehörigen fremder Gemeinwesen dürfte es nicht immer leicht fallen, bestimmte Grenzmarkierungen als solche zu erkennen.

120

torien detaillierter zu markieren. Oft ersparen natürliche Grenzen diese Mühe. Nach v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F gehört zu jedem Konyak-Dorf „ein klar abgegrenztes Gebiet", das „Fremden gegenüber als das Land des Dorfes gilt". 2 6 Auch bei den Ao und den Manipur-Naga sind die Ländereien eines jeden Dorfes — bis auf wenige Ausnahmen — genau begrenzt. 27 Ursache für die angedeuteten Aus-

K a r t e 3. Genaue Begrenzung der Territorien der Tengima Angami-Siedlungen Kohima, Pfüchama, Phesama, Kigwema und Mima, 1935 — s. S. 122. (KAUFFMANN)

nahmen dürfte in der Regel das Fehlen natürlicher Grenzen sein. In einer besonders ungünstigen Situation scheinen sich in dieser Hinsicht Tseminyu und Tesophenyu, die zwei größten, einander benachbarten Dörfer der Western Rengma, zu befinden. Unter solchen Bedingungen fungieren kleine Wasserläufe, Felsbrocken, Steine, Bäume und ähnliche markante Erscheinungen im Gelände als sichtbare Grenzzeichen.28 Witterungseinflüsse und Einwirkungen anderen Ursprungs beeinträchtigen mitunter die Dauerhaftigkeit solcher Art Markierungen, und die betroffenen Gemeinwesen sehen sich veranlaßt, das entstandene Grenzproblem zu erörtern. Zank und Streit seit Menschengedenken zwischen Tseminyu und Tesophenyu sollen — nach den Worten Von M I L L S — 26

v . FÜBER-HAIMENDOBF, 1941, S. 94.

Über die territorialen Verhältnisse bei einigen Gruppen der B u r m a - N a g a s. 27

28

DBWAE, 1933, p . 290, p. 291. SMITH, 1 9 2 5 , p . 5 9 ; LEWIN/MCCULLOCH, z i t . b . H O D S O N , 1 9 1 1 , p . 5 1 .

Vgl. die Angaben DEWARS (1933, p. 290) über die Saukrang der burmesischen R a n g p a n Naga.

121

in dem Fehlen natürlicher Grenzen ihre Ursachen haben. 2 9 Auch K A U F E M A N N berichtet von Landstreitigkeiten zwischen den Tengima Angami-Siedlungen Kohima und Pfüchama, deren Objekt zwei Landteile waren, die, „obwohl der Dzücha-Pluß die eigentliche Grenze zwischen den beiden Dörfern" darstellt, nördlich des Flusses liegen und zu Pfüchama gehören. 30 Der Dzücha-Fluß war hier die am nächsten gelegenen natürliche „Grenze" zwischen den Territorien der beiden Dörfer. Die tatsächliche, bis zum Tage des Streits jedoch nicht besonders markierte Grenze verlief weiter nördlich. Davon konnten sich auch die mit der Untersuchung der Grenzsituation beauftragten Dobashis überzeugen: Sie „stellten die richtige Grenze fest und fertigten demgemäß eine Kartenskizze des Geländes 31 an". Obwohl es auch bei den Lhota sehr selten markierte Grenzen zwischen den Ländereien der verschiedenen Dörfer gibt 3 2 , müssen die Territorien jedoch exakt voneinander abgegrenzt sein, denn ein befragter Gewährsmann antwortete MILLS: „Every man knows where his own land is." 3 3 Daß es bei ihnen trotz des Fehlens markierter Grenzen kaum zu Landstreitigkeiten gekommen ist, führt M I L L S darauf zurück, daß sie — im Gegensatz zu den Sema und den Angami — nicht unter Landknappheit zu leiden haben. Die territorialen Verhältnisse bei einigen Gruppen der burmesischen Rangpan Naga 34 unterstützen diese Annahme M I L L S ' . Das vorliegende Material erlaubt also festzuhalten, daß die Gemeinwesen der Naga im allgemeinen über ein klar umrissenes, wenn auch nicht immer durch Grenzen markiertes Territorium verfügten. Die Dorfgemeinschaft Die generalisierende Feststellung K A U F M A N N S , bei den meisten Bergvölkern Assams und Nordburmas seien die Dörfer die politischen und wirtschaftlichen Einheiten 35 , findet in vielen Äußerungen bekannter Naga-Forscher ihre detaillierte Bestätigung. Schon im J E N K I N S ' R E P O R T von 1 8 5 4 heißt es: „Each village . . . would reign distinct over its own hill and adjacent culturable lands" 3 6 , und W O O D T H O B P E bringt 1 8 8 2 zum Ausdruck, daß es in der Regel ein dörfliches Gemeinwesen ist, dem sich jeder Naga bewußt zugehörig fühlt, wenn er schreibt: „A Naga when asked who he is, generally replies that he is of such and such a 29 M I L L S , 1 9 3 7 a , p . 1 5 4 . 30

KAUFFMANN, 1 9 5 0 , S. 7 6 .

31 S. K a r t e 4. 3 2 „There are very rarely definite boundaries between the lands of different villages" (MILLS, 1 9 2 2 , p . 9 6 ) . 33

34

MILLS' Frage bezog sich nicht etwa auf eventuellen persönlichen Bodenbesitz seines Gewährsmannes, er hatte eindeutig die Dorfländereien im Auge, denn er sehreibt: „The writer once asked a L h o t a why they had no village boundary disputes like Semas and Angamis . . . " (MILLS, 1922, p. 96; Hervorhebung von mir, W . H . ) . Die Sangche und Mawshang kennen angeblich keine Begrenzung des Territoriums gegenüber anderen Gemeinwesen (s. DEWAB, 1933, p. 291, p. 292). KAUFFMANN, 1 9 3 5 , S. 8 0 .

56 Z i t . b . GODDEN, 1 8 9 7 , p p .

122

172-173.

village." 37 Nach P R A I N ist jedes Dorf der Naga ein Gemeinwesen 38 , „a closely knit Community" 39 , während H O D S O N und H U T T O N das Dorf bei den ManipurNaga resp. den Sema als die natürliche Organisationseinheit, ja als Basis der Gesellschaft betrachten. 4 0 Sieht man von der isoliert stehenden These G O D D E N S — die Naga-Dörfer seien nichts anderes als bloßes Baugelände für die Clans 4 1 — ab, so muß man konstatieren, daß in den Äußerungen der Forscher über die Dorfgemeinschaften der Naga stets angedeutet wird, daß das Dorf zumindest in politischer Hinsicht die tatsächliche Einheit ist. 4 2 H U T T O N geht einen Schritt weiter und sieht in der Dorfgemeinschaft gleichzeitig „the unit of the political and religious sides of Angami life". 4 3 v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F schließlich stellt sich bei der Untersuchung des „Gemeinschaftslebens" der Konyak die Frage, „in welchen Punkten das Dorf als eine Einheit angesehen werden muß". 4 4 Bleiben die Eigenheiten der Konyak-Dörfer, ihre sprachliche und wohl auch „kulturelle" Besonderheit, außer Betracht, so sind es territoriale, wirtschaftliche, politische und zeremonielle Aspekte, unter denen v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F das Dorf als Gemeinschaft, „in der sich alle der Kultur innewohnenden sozialen Tendenzen frei entfalten können" 4 5 , erforscht. Aber dieses Kriterium eignet sich nur bedingt zur Untersuchung gesellschaftlicher Organisationsformen, da es ein völlig sich selbst genügsames und sich selbst erhaltendes Gemeinwesen voraussetzt. Es ist hier jedoch jene gesellschaftliche Grundeinheit, jenes Gemeinwesen der Naga-Gesellschaft zu eruieren, das in territorialer, politischer und territorialökonomischer Hinsicht gleichsam Souveränitätsansprüche geltend macht. Die Dorfgemeinschaft als Organisationseinheit I m vorangestellten Abschnitt über das Territorium der Gemeinwesen konnte nachgewiesen werden, daß die Dorfgemeinschaften der Naga im Verlaufe der letzten drei Jahrhunderte alles Land unter sich aufgeteilt hatten, sodann über ein klar umrissenes, wenn auch nicht immer durch Grenzen markiertes Territorium verfügten und auf dieser Grundlage schließlich als selbständige territoriale Einheiten fungierten. Die von K A U F F M A N N erwähnte Entwicklung im Sinne einer „machtpolitische(n) Umgestaltung . . ., nämlich von der politischen Einheit der Dorfgemeinschaft zur Einheit eines aus mehreren Dörfern bestehenden, doch vom stärksten Dorf beherrschten kleinräumigen Territoriums", dürfte ganz gewiß erst in das dritte und vierte Jahrzehnt unseres Jahrhunderts zu datieren sein, da H U T T O N nirgendwo einen solchen Ausbau der politischen 37

WOODTHOEPE,

1882, p.

57.

38 P R A I N , 1 8 8 7 , p . 4 8 0 . 39 M I L L S ,

1935g, p. 132. 1911, p. 119;

1921a, p. 121.

40

HODSON,

41

GODDEN, 1897, p.

«

MILLS, 1 9 2 6 , p . 1 7 6 ; MILLS, 1 9 2 2 , p . 9 6 ; SMITH, 1 9 2 5 , p .

43 H U T T O N , 1 9 2 1 , p .

HUTTON,

168. 51.

109.

44

v . FÜRER-HAIMENDORF,

1941, S. 93.

45

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1937, S.

875.

123

Stellung des Sema-Dorfes Seromi, auf das sich K A U F F M A N N bezieht, auch nur andeutet. K A U F F M A N N bestätigt in diesem Zusammenhang aber auch zugleich die ursprüngliche „politische Einheit der Dorfgemeinde"46. Auch v. F Ü R E R H A I M E N D O R F spricht im Falle des Thendu Konyak-Dorfes Mon als von einem „Zentrum einer mächtigen Kombination von Dörfern", stellt jedoch generalisierend fest: „Die oberste Einheit ist immer das Dorf, das trotz politischer Bündnisse in Sprache und Brauch unabhängig von allen seinen Nachbarn" und „insoweit eine selbständige Einheit (ist), als es ein soziales, wirtschaftliches und vor allem zeremonielles Eigenleben führt. Denn seine inneren Angelegenheiten besorgt es allein." 47 In dem untersuchten Zeitraum der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und des beginnenden 20. Jahrhunderts gab es in der Naga-Gesellschaft also noch keine über den Rahmen der Dorfgemeinschaft hinausgehenden, größeren territorialen Organisationseinheiten.48 Die Dorfgemeinschaft

als politische

Organisationseinheit

Geht man von der allgemeinen Tatsache aus, daß jedes Individuum Mitglied eines bestimmten, über ein deutlich begrenztes Territorium verfügenden Gemeinwesens ist, in dem es lebt, arbeitet und auch anderweitig gesellschaftlich aktiv wird, so ergibt sich unter dem Aspekt der politischen Organisationseinheit die Frage: Welcher Art solchen Gemeinwesens fühlt sich der Einzelne verbunden, ihm zugehörig, und wen betrachtet er als Außenstehenden, Fremden ? P R A I N erwähnt, daß, fragte man in der Zeit vor Errichtung der britischen Kolonialherrschaft einen Angami, wer sein „Oberherr" sei, der betreifende diese Frage als eine persönliche Beleidigung auffaßte. 49 Als Ursache für eine solche Reaktion darf das Bewußtsein des einzelnen angesehen werden, selbst — insbesondere in politischer Hinsicht — vollwertiges Mitglied jenes Gemeinwesens, daß die „oberste soziale Einheit" 5 0 , „the real political unit" 5 1 , ist, zu sein; die «

KAUFFMANN, 1 9 3 9 a , S. 21.

47

v. FÜRER-HAIMENDORF,

48

1 9 4 1 , S. 96.

Neuere Angaben über die Größe der dörflichen Gemeinwesen sowie über die Besiedlungsdichte in einigen Gebieten des Naga-Landes waren leider nicht zugänglich; einige Fakten, die Zeit zu Ende des 19. Jahrhunderts betreffend, finden sich in Teil I I / 2 (unter „Panikhet" - S. 73) und in Anm. 11/182 u. 11/183. Auf der Grundlage des Census Report von 1911 errechnet SMITH (1925, p. 6) für die AoDörfer eine durchschnittliche Einwohnerzahl von 641. P B A I N (1887, p. 474) schätzt die Bevölkerung des Tengima Angami-Dorfes Kohima auf rund 4 0 0 0 Personen, bemerkt aber, daß es nur wenige Dörfer dieser Größenordnung gäbe. ,,300 houses making a large village; many contain but 30 t o 40 houses, and on the lower spurs near the plains often no more than t e n , " schreibt, er weiter. Aber auch in anderen Gebieten gibt es solche kleinen Gemeinwesen. So zählt das Konyak-Dorf Shiong nur etwa fünfzig Häuser (v. FÜRER-HAIMENDORF, 1947, S. 5 9 ; v. FÜBEB-HAIMENDOBF,

1 9 4 1 , S. 8 5 ) .

Vgl. a. PEAL, 1881, p. 9, p. "9

14.

PBAIN, 1887, p. 480. v . F Ü B E B - H A I M E N D O B F , 1 9 4 1 , S. 12 ( H e r v o r h e b u n g v o n m i r , W . H . ) ; er v e r w e n d e t

hier den Begriff „sozial" im weitesten, also auch politischen Sinne.

124

Frage barg einen Zweifel an diesem Tatbestand in sich, so daß dadurch der einzelne sich selbst und — in seiner Person — auch das ganze Kollektiv seines Gemeinwesens politisch angegriffen fühlen mußte. E s wurde bereits erwähnt, daß sich der einzelne in politischer Hinsicht dem Kollektiv der in seiner Siedlung zusammenlebenden Gemeinschaft zugehörig fühlt. Das eine Mal hieß es: „A Naga when asked who he is, generally replies that he is of such and such a village." 5 2 Das zweite Mal kam dieses bewußte Zugehörigkeitsgefühl mittelbar in der Formulierung: „Every man (of a village Community, W. H.) knows where his own land i s " 5 3 , zum Ausdruck. Nach v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F soll sich, im Gegensatz zu diesen allgemeinen Feststellungen, in den Dörfern der Thenkoh Konyak „der Patriotismus eines Mannes vielmehr auf sein Morung 5 4 als auf sein Dorf konzentrieren". Die Ursache dafür sieht der Autor darin, daß hier das „Morung" „viele Merkmale einer echten politischen Einheit an sich trägt. Denn in seiner Politik gegenüber benachbarten Dörfern handelt es vielfach selbständig und manchmal sogar in ausgesprochenem Gegensatz zu jener der anderen Morungs". 5 5 Der zweifellos politische Charakter bestimmter Rechte und Funktionen der Morung-(= Khel-) Gemeinschaften in den Thenkoh Konyak-Dörfern soll keineswegs in Abrede gestellt werden. E s ist nur zu beachten, daß es sich bei dieser Organisationseinheit ebenfalls um eine auf dem Territorialprinzip beruhende 5 6 , jedoch nicht um die territoriale Grundeinheit handelt. Denn auch bei den Thenkoh Konyak — belegt am Beispiel des fünf Khelgemeinschaften umfassenden Dorfes Wakching — erscheint „das Dorf doch auch nach außen als eine Einheit".57 Das deutlich ausgeprägte Gefühl der Zugehörigkeit des Individuums zur territorialen Gemeinschaft seines Dorfes steht mit der Bewußtheit des Fremdseins gegenüber der Gemeinschaft eines zweiten Dorfes in dialektischem Zusammenhang. Ausdruck findet diese gegensätzliche Erscheinung einerseits in „einer großen Anhänglichkeit der meisten Naga an ihr Heimatdorf" 5 8 , andererseits aber in der Tatsache, daß auch jene Leute, die entweder durch Heirat oder aus anderem Anlaß in ein anderes Dorf übersiedeln, ungeachtet des Aufrechterhaltens verwandtschaftlicher Bindungen, fortan nicht mehr der alten Dorfgemeinschaft zugerechnet, sondern in politischer Hinsicht quasi als Fremde angesehen werden. Wenn auch M I L L S schildert, wie verwandtschaftliche Bindungen die politischen Beziehungen zweier Rengma-Dorfgemeinschaften dahingehend beeinflussen, daß eine Frau, die bis zur Verheiratung in dem nun feind51 52

MILLS,

1926, p.

WOODTHORPE,

53 M I L L S ,

1922, p.

176. 1882, p.

57.

96.

54

v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F bezeichnet die Khel- (Dorfviertel-) Gemeinschaft als „Morung" resp. „Morung-Gemeinschaft" (s. Teil I I I / l — S. 167, Anm. 305).

55

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1 9 4 1 , s. 9 0 .

56

S. Teil I I I / l - S. 156 ff.

57

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1941,

58

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1 9 3 3 , S. 3 6 ; s. a. MILLS, 1 9 2 6 , p. 5.

S.

96.

125

liehen Dorf lebte, unbehelligt ihre Verwandten aufsuchen kann 59 , so ändert das nichts an der Tatsache, daß sie, seit sie einen Mann aus einem anderen Dorf heiratete und zu ihm zog, in ihrem Geburtsort den politischen Status einer Fremden innehat. Die verwandtschaftlichen Beziehungen laufen hier keineswegs mit den politischen Beziehungen konform. Einen indirekten Beweis dafür, daß im Falle der Verheiratung eines Mädchens mit einem Burschen aus einem anderen Dorf der Zustand der Zugehörigkeit des Mädchens zur politischen Gemeinschaft seines Vaterdorfes ein Ende findet, liefert v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F . E r schreibt: „Wenn z. B . 6 0 ein Mädchen aus dem Nachbardorfe Tanhai einen Mann des Balang-Morung heiratet, dann ersuchen die Eltern des Mädchens einen ihrer Gastfreunde des Oukheang, ihre Tochter unter seinen Schutz zu nehmen und im Notfalle an Stelle ihrer fernen Eltern und Brüder für sie einzutreten. Erfährt die junge Frau in Wakching dann irgendeine Kränkung oder verstößt sie ihr Gatte, um eine andere zu heiraten, so erhält ihr Protektor in Oukheang jede Buße, die sonst ihrem Vater als dem Rechtswalter seiner Tochter zukommt. Bemerkenswert ist, daß als Hüter des Rechtes der jungen Frau gerade ein Mann aus jenem Morung gewählt wird, aus dem die Gattinen der Balang-Männer in der Regel stammen, der also zu ihrem Gatten in genau dem gleichen Verhältnis steht wie die Väter der in Wakching geborenen Ehefrauen der Balang-Leute." 6 f Die Eltern schaffen in diesem Fall mit der Übertragung bestimmter Pflichten und Rechte an ein Mitglied des Oukheang (einem potentiellen Schwiegervater jedes Balang-Mannes) die Voraussetzung, daß ihre Tochter in der anderen politischen Gemeinschaft über gleichwertige gesellschaftliche Beziehungen verfügt wie die nicht nur durch Verheiratung im Ort, sondern darüber hinaus durch Geburt zur Gemeinschaft des Dorfes Wakching gehörenden Ehefrauen der anderen Balang-Männer. Mit dieser Maßnahme werden die politischen Beziehungen der in Tanhai geborenen Ehefrau des Balang-Mannes zu ihrem Vaterdorf restlos abgebrochen. Sie ist nunmehr in politischer Hinsicht vollwertiges Mitglied der Dorfgemeinschaft von Wakching, und die verbleibenden Beziehungen zwischen der jungen Frau und ihrem Heimatort beruhen ausschließlich auf dem natürlichen Verwandtschaftsverhältnis. H U T T O N berichtet, daß bei den Sema „the female line is of no account, and relationship through the female, though recognised as existing, is barely recognised and nothing more". 6 2 Gilt diese Feststellung schon für die verwandtschaftlichen Bedingungen innerhalb der Dorfgemeinschaft, um wieviel mehr

59 MILLS, 1937a, pp. 1 6 1 - 1 6 2 . E i n e ä h n l i c h e S i t u a t i o n s c h i l d e r t DALTON ( D A L T O N / F L E X , 1 8 7 3 , S. 2 0 7 ) v o n 60

RER-HAIMENDORF, 61

den

Angami. v. FÜBEB-HAIMENDORF (1941, S. 90) berichtet konkret von einer in Tanhai beheimateten F r a u , die mit einem Oukheang-Mann in Wakching verheiratet war; ein anderer Oukheang-Mann hatte eine aus Wanching Gebürtige zur F r a u (v. FÜ1941, S. 33).

v . FÜRER-HAIMENDORF,

62 H U T T O N , 1 9 2 1 a , p .

126

130.

1 9 4 1 , S. 4 0 .

muß sie erst zutreffen, wenn die junge Frau aus einem anderen Dorf stammt. 6 3 In einer solchen geringen Bewertung der Verwandtschaftsbande der Frau spiegelt sich eventuell die Auffassung wider, daß der politische oder auch der territorialökonomische Status der Frau innerhalb der politischen und territorialen Gemeinschaft variant ist. 6 4 Es sind jedoch nicht nur Frauen, die — in der Regel auf Grund einer Eheschließung — in ein anderes politisches Gemeinwesen überwechseln. Insbesondere von den nördlichen Konyak, aber auch von den Angami, ist belegt, daß ganze Familien in eine andere Dorfgemeinschaft übertreten. 65 Dabei 66 kommt es auch zu einer offiziellen Aufnahme des Übersiedlers in einen der Clans des betreffenden Gemeinwesens.67 Unabdingbar ist es für ihn jedoch, sich in der Siedlung der aufnehmenden Dorfgemeinschaft niederzulassen. Stirbt z. B. in einem Dorf der Konyak, bei denen „dieselben Clans über zahlreiche Dörfer verbreitet sind und sich ihrer Zusammengehörigkeit voll bewußt bleiben", ein mit einer bestimmten Funktion verbundener Clan aus, so kann der in Frage kommende Mann gleicher Clanzugehörigkeit aus einem anderen Dorf nicht dort wohnenbleiben, sondern muß in das Dorf übersiedeln, in dem er die vakante Funktion übernehmen soll. 6 8 Konkrete Beispiele sind aus Wakching bekannt. 69 1921a, pp. 2 3 9 - 2 4 0 . v. F Ü R E B - H A I M E N D O R F erwähnt bei der Untersuchung des Verwandtschaftssystems der K o n y a k , daß „die rechtlichen Beziehungen eines Mannes zu seinem Großvater väterlicherseits und jenem mütterlicherseits sehr verschiedene sind und besonders in Krisenzeiten, wie z. B . bei den . . . Morung-Fehden, wesentlich voneinander abweichen, da in solchen Fällen die Enkel und der väterliche Großvater auf derselben Seite stehen, während E n k e l und mütterlicher Großvater infolge der Verschiedenheit ihres Clans und Morungs gegeneinander Partei ergreifen müssen. Trotzdem werden für beide Verwandtschaftsbeziehungen dieselben Ausdrücke verwendet und das rein persönliche Verhalten zwischen Enkel und Großvater mütterlicherseits steht jenem zwischen E n k e l und väterlichem Großvater an Herzlichkeit manchmal in keiner Weise n a c h " (v. F Ü B E B - H A I M E N DORF, 1941, S. 65). Auch hierin wird die deutliche Scheidung der verwandtschaftlichen von den politischen Beziehungen im Leben und im Bewußtsein der K o n y a k sichtbar

ES H U T T O N , 64

E5 66

e7

v. F Ü B E B - H A I M E N D O B F , 1941, S. 14, S. 8 4 ; H U T T O N , 1921, pp. 1 1 8 - 1 1 9 . Als früher — in der Periode der Landnahme — einzelne Fremde männlichen Geschlechts in einem zweiten Gemeinwesen Aufnahme fanden, wurden sie zu B e gründern eines neuen Clans (s. Teil 1/1 — S. 28f.). E i n e solche Aufnahme von Fremden in einen Clan der Dorfgemeinschaft darf nicht als Adoption angesehen werden, v. F Ü B E R - H A I M E N D O R F (1941, S. 76) schreibt zwar, daß sie „insofern einer Adoption gleichzusetzen sei", als die Einwanderer allmählich in das Verwandtschaftssystem Wakchings eingegliedert werden und sich derselben Anredeformen bedienen wie die Leute des Clans, in den sie aufgenommen wurden", doch sind dies nur äußerliche Übereinstimmungen beider Einrichtungen (vgl. Teil I I I / 2 - S. 183 f.).

68

v. FÜBEB-HAIMENDOBF,

1941,

09

S.

83.

v. FÜBEB-HAIMENDOBF,

1 9 3 8 , p . 3 5 6 ; s. a . v . F Ü R E B - H A I M E N D O B F ,

1947,

S.

62—

64.

127

Auch H Ü T T O N S Bemerkung, „the whole clan helps to fetch the property of its new member and the materials of his house from its former site" 7 0 , verweist auf die wesentliche Tatsache des Niederlassens in der Siedlung der neuen Gemeinschaft. Mit der Übersiedlung hört seine politische Zugehörigkeit zur früheren Dorfgemeinschaft auf, und durch eine symbolische Handlung schließt diese das ehemalige Mitglied aus: „ A chicken is . . . released by the oldest member who takes it and throws it into the jungle somewhere near the village, but far enough off for it to be unlikely to find its way home." 7 1 So beruht der politische Status des Individuums in der Naga-Gesellschaft auf seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten territorialen Gemeinschaft, nämlich jener Dorfgemeinschaft, in der es lebt, wohnt und wirkt. Die Gesamtheit der Individuen, denen der gleiche politische Status gemeinsam ist, bildet die Grundeinheit der politischen Organisation. Es ist die auf territorialem Organisationsprinzip aufgebaute politische Einheit, die sich und jedes einzelne seiner Mitglieder gegen Außenstehende abgrenzt und notfalls auch schützt. Unter den konkreten historischen Bedingungen des 19. Jahrhunderts 7 2 äußert sich dieses Charakteristikum der politischen Einheit sehr augenscheinlich in den Befestigungsanlagen der dörflichen Siedlungen. 73 Bei der Beschreibung der Dorfanlagen der Manipur-Naga hebt M C C U L L O C H Mitte des vorigen Jahrhunderts hervor, daß „no house is so far removed from the rest as to preclude its being included in the stockade or rampart of stones which usually surrounds them as a defence". 7 4 Die politischen Verhältnisse in den Lhota-Bergen in vorkolonialer Zeit schildernd, berichtet MILLS, daß Frauen und Kinder am Morgen nicht eher „the protection of the village fence" verlassen durften, bevor nicht ein Trupp junger Männer eventuelle Feinde aus der Umgebung der Siedlung vertrieben hatten. 7 5 Im Zusammenhang mit der Erneuerung des aus einer massiven Planke gearbeiteten Dorftores in Sachema (Tengima Angami) erwähnt H U T T O N einige interessante Details: Im Dschungel zurechtgehauen, wird das Tor von den Männern zum Dorf geschleift. „No one is allowed to follow or get behind the door; and all spectators and women have to get inside the village walls before the door arrives at the gate. The clan (hier = Khel, W. H.) to whom the door belongs drags the right rope and the other clan or clans drag the left rope. Every male in the village (including small boys) has to have his hand on the rope, though the dragging is really done by a dragging party. — On arriving at the gate, the draggers being inside, . . . " 7 6 Zwei 70 H U T T O N , 1 9 2 1 , p .

119.

Mit „ c l a n " bezeichnet H U T T O N hier die Khelgemeinschaft (thino) Teil I I I / l - S. 152). 71

HUTTON,

72

Weiter reicht das diesbezügliche Quellenmaterial nicht zurück.

7

» WOODTHOBPB, S. 5 3 7 ;

74 7

1921, p.

119.

1876

MACKENZIE,

MCCULLOCH,

(1959),

p. 4 7 ;

PRAIN,

p. 4 4 7 ;

104-105.

'6 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 2 1 3 ( s . a . H i n w e i s i n A n m .

128

1887,

1884 (1959), p. 19; DEWAB, 1935, p.

zit. b . HODSON, 1 9 1 1 , p . 4 1 .

S MILLS, 1 9 2 2 , p p .

der A n g a m i (s.

111/70).

SCHLAGINWEIT, 159.

1870,

Gesichtspunkte sind hier beachtenswert. Die Schutzanlage bedarf der Erneuerung. Die schadhafte Stelle wird in Ordnung gebracht. Symbolhaft schließt — im wahrsten Sinne des Wortes — die Anlage die Bewohner des Dorfes innerhalb der Umwallung wieder zu einer einheitlichen politischen Gemeinschaft zusammen und gewährt ihnen Schutz. Darüber hinaus belegt der geschilderte Vorgang auch,

Abb. 9. Aus einer Holzplanke gearbeitetes Dorftor, Tengima

Angami-Dorf Jotsoma —

(v. Füker-Haimendorf)

daß diese politische Gemeinschaft auf territorialem Organisationsprinzip alle Einwohner — unabhängig von der konkreten Situation der inneren Struktur des dörflichen Gemeinwesens — umfaßt, denn „every male 77 in the village 77

9

B e i B e a c h t u n g der Gepflogenheiten naturwüchsiger Arbeitsteilung versteht sich die Beschränkung auf die Bewohner männlichen Geschlechts bei der Bewältigung dieser strategischen Aufgaben von selbst. Hartwig, Naga

129

(including small boys)" beteiligt sich an der im Interesse der Gesamtheit notwendigen Arbeit. Belegmaterial gleichen Inhalts existiert von den Sema, den Lhota und den Ao. 78 Die auch bei anderen Stämmen nachzuweisenden Dorfbefestigungsanlagen gestatten, die getroffene Feststellung auch auf sie auszudehnen. In dem oben wiedergegebenen Zitat ist auch von „Zuschauern", die beim Einbringen des Dorftores zugegen sind, die Rede. Leider werden sie nicht genauer bezeichnet, und so lassen sich hinsichtlich ihres politischen Status nur Vermutungen aussprechen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß es sich bei diesen Zuschauern um Mitglieder derselben Dorfgemeinschaft handelt. Denn es sind zwar die Frauen des Dorfes gesondert erwähnt, aber nicht die Mädchen, und schließlich heißt es im gleichen Zitat, daß „the dragging is really done by a dragging party" — folglich können unter der Bezeichnung „spectators" durchaus die nicht zur „dragging p a r t y " gehörenden männlichen Bewohner des Dorfes verstanden werden. Unter diesem Blickwinkel ist die Symbolhaftigkeit der geschilderten Aktion eindeutig. Berücksichtigt m a n andererseits, daß möglicherweise H U T T O N selbst bei dem Einbringen des Tores in Sachema zugegen war, so bleibt der politische Status der „spectators" bis zu einem gewissen Grade zweifelhaft. Sollten sich außer H U T T O N dann noch weitere nicht zur Dorfgemeinschaft von Sachema gehörende Personen unter den Zuschauern befunden haben, so ist zu beachten, daß sich in der Zeit seit Errichtung der Kolonialverwaltung und der damit einhergegangenen gewaltsamen Befriedung der Angami im Jahre 1878 gerade die der Verteidigung der Siedlung geltenden Unternehmen sowie die dazugehörenden Sitten und Zeremonien eine sichtbare Modifizierung erfahren haben. 7 9 H U T T O N stellt schließlich noch fest: „Before the ceremony strangers are not allowed inside the houses where the preparations for the genna are going on." 80 Die Sitten scheinen sich also bereits so weit gewandelt zu haben, daß Fremde beim Einbringen des neuen Dorftores zugegen sein dürfen; gewisse Verhaltensvorschriften jedoch weisen ihnen als nicht zur politischen Einheit der Dorfgemeinschaft Zählenden bei den Zeremonien nach wie vor einen Außer seiterplatz zu. I n der Literatur finden sich zahlreiche Beispiele f ü r das betonte Abgrenzen der politischen Gemeinschaft des Dorfes gegenüber „Fremden", worunter stets Personen verstanden werden, die ihren Wohnsitz in einem anderen Ort haben. 8 1 78

Sema



Lhota

- M I L L S , 1922, p . 22, p. 1 2 8 ;

Ao

- M I L L S , 1926, p. 72.

HUTTON,

1921a, p. 35;

Bei den Konyak (v. F Ü R E R - H A I M E N D O B F , 1 9 4 1 , S. 9 1 ) findet man eine vergleichbare, indirekte Beteiligung aller männlichen Dorfbewohner an Projekten der Khelgemeinschaften, und zwar bei Errichten eines neuen Morung-Gebäudes, das hier ebenfalls zu den Wehreinrichtungen zu rechnen ist (s. Teil I I I / l — S. 164). 79

S. HUTTON, 1 9 2 1 , p . 4 5 .

so H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 2 1 3 . 81

130

Vgl. M I L L S ( 1 9 2 2 , p. 2 5 2 ) : „Stranger (i. e. person of another village)." Die gleiche Tatsache verbirgt sich in der Feststellung H U T T O N S : The Semas "use

Daß der einzelne außerhalb der politischen Gemeinschaft seines Dorfes immer als Fremder gilt, erfährt er besonders deutlich an jenen Tagen, an denen ein zweites Gemeinwesen bestimmte „Gennas" einhält. A n solchen Tagen schließt sich die betreffende Gemeinschaft nach außen hin ab. Sie bleibt beisammen. Das ist auch der Sinngehalt des Lhota-Wortes emung (ao: amung = „gathered together"), der dialektischen Entsprechung für den naga-assamesischen Ausdruck genna. M I L L S erläutert emung mit den Worten: „On an emung day no one may go down to the fields to work, or go farther from the village than is necessary to get water and firewood."82 Dieser typischen Erscheinung im Leben der Naga widmet M C C U L L O C H bereits in der Mitte des vorigen Jahrhunderts seine Aufmerksamkeit, als er über das neina der Kabui schreibt: „ A whole village or individual members of it are often 'Neina' or under prohibition. Sometimes this state of things lasts a day, sometimes several. The 'Neina' may be against the entrance of strangers, disallow their going into houses, etc." 8 3 Für die gleiche Einrichtung haben die Loi, eine Bevölkerungsgruppe im Manipur valley, die Bezeichnung namungba, das BROWN mit „a periodical closing of individual villages" übersetzt. Bevor die Loi-Dörfer die Rodung im Frühjahr abbrennen, beachten sie zwei „Namungba"-Tage, während derer „the village remains shut up, and no one is allowed either entry or exit, and it is also affirmed that anyone attempting to force an entrance during this period would be liable to be killed". 84 Aber auch die Lhota ziehen „a man of another village who broke a village emung" zur Rechenschaft. 85 Einen bemerkenswerten Unterschied in der Dauer verschiedener individueller Gennas, der sich auf den Umgang mit Dorfbewohnern oder Dorffremden bezieht, verzeichnet M I L L S von den A o : „ A t the birth of a calf, . . ., the owner is 'genna' for six days for men of his own village and twelve days for strangers." 86

Die Dorfgemeinschaft als territorialökonomische

Organisationseinheit

Nur wenige der Naga-Forscher sehen im Dorf auch eine klar ausgeprägte „Wirtschaftseinheit". H O D S O N bezeichnet zwar das Dorf der Manipur-Naga als „an economic unit", versteht darunter jedoch, daß „all the ritual observed for the cultivation of the staple, rice necessitates the expenditure of communal the terms of family relation when speaking to a senior or a stranger who is of their clan, . . ." (HUTTON, 1921a, p. 237; Hervorhebung von mir, W . H.). Mitunter wird also ein Clangenosse — obwohl mit der gleichen Anrede bedacht — vom Sprecher als Fremder betrachtet. Das kann nur bedeuten, daß der Angeredete in diesem Fall einer anderen Dorfgemeinschaft angehört (s. a. HUTTON, 1921 a, p. 170). 82 M I L L S , 1922, p . 26, n . 1; s. a. H U T T O N , 1921a, p . 225. 33

MCCULLOCH, z i t . b . H O D S O N , 1911, p . 165.

84

B R O W N , z i t . b . H O D S O N , 1911, p . 165.

85

MILLS,

S6 M I L L S ,

9*

1922, p p . 1 0 0 - 1 0 1 . 1926, p . 133; s. a. p . 134, p . 383, p . 387, p . 393. 131

energy in the form of village gennas". 8 7 Den gleichen Standpunkt vertritt auch MILLS: The village „is a closely knit community . . . which . . . acts together in seeking the favour of spirits for the crops of all" 8 8 . Für DAS dagegen ist das Dorf bei den Chiru „the limiting factor" in allen wirtschaftlichen Betätigungen, die die Gewinnung der Nahrungsmittel zum Ziele haben. 8 9 v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F zufolge kann das Dorf nur in einer Hinsicht als wirtschaftliche Einheit gelten: „Alljährlich wird nämlich mit Hilfe von Omen bestimmt, welcher Teil des bebaubaren Landes bestellt werden soll." Der Dorfrat entscheidet, „in welchem Teile des Dorflandes die Leute die ihnen gehörenden Flächen roden sollen." 9 0 Mit anderen Worten: I m Gebiet der Konyak nimmt die Dorfgemeinschaft ein geschlossenes Areal unter Kultur. Die Anbaufläche des Dorfes ist nicht in Parzellen über das ganze Territorium des Dorfes verstreut, sondern sie bildet ein zusammenhängendes Ganzes. „Alle Bewohner des Dorfes haben ihre Felder an der gleichen Berglehne", stellt v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F fest. 91 Unabhängig von den konkreten Formen der eigentumsrechtlichen Nutzung des Hauptproduktionsmittels Grund und Boden, der Anbausysteme und auch der Arbeitsorganisation bedienen sich die dörflichen Gemeinwesen der Naga in der agrarischen Produktion eines gemeinsamen Grundarbeitsmittels. 92 Das für den Anbau vorgesehene, zusammenhängende Areal des Dorflandes wird hier zum einheitlichen, gemeinsamen field of employment für den Prozeß der agrarischen Produktion der gesamten Dorfgemeinschaft! Stets findet sich in den Quellen — wenn auch selten unter dem Aspekt der territorialökonomischen Organisationseinheit — ein Hinweis auf diese allgemeine Erscheinung im Wirtschaftsleben der Naga-Dörfer. „The whole village cultivates in one block," und „a small village will have all its fields in one block, and a big village in not more than two or three," schreibt M I L L S von den Lhota resp. Rengma. 9 3 S H A K E S P E A R betont: „The community . . . clear fresh hill sides," während H U T T O N die Feststellung trifft: „In all Naga villages which do not practise terraced cultivation, it is . . . the practice of the village to cultivate together." 9 4 Bei der Mehrzahl der Burma-Naga „all (the taungyas, W. H.) are cut in one place" 9 5 , und auch die Ao-Dörfer pflegen im Block zu kulti87

HODSON, 1 9 1 1 , p . 1 6 6 , s. a . p . 7 4 .

ES M I L L S , 1 9 3 5 g , p .

132.

89 D A S , 1937, S. 449. 90

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1 9 4 1 , S. 94.

S. a. v . FÜRER-HAIMENDORF, 91 9

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1 9 4 7 , S. 1 0 2 ; P E A L , 1 8 9 4 , p.

2 Vgl. MARX, 1 8 9 0 / X X I I I - 1 9 6 2 ,

93 M I L L S ,

S. 2 0 2 .

1 9 2 2 , p. 4 5 ; MILLS, 1 9 3 7 a , p.

SHAKESPEAR,

94

1914,

12.

1 9 4 1 , S. 94.

p. 2 0 6

79.

(Hervorhebung

von

mir,

W. H.);

HUTTON,

1921a,

p. 150. 95 D E W A R ,

1933, p. 283.

Aus welchem Grunde die Tulim-Gruppe der R a n g p a n und die Risa-Gruppe der H a i m i ( B u r m a - N a g a ) von dieser allgemeinen Regel abweichen und teilweise voneinander entfernt gelegene Parzellen bebauen, ist auf Grund der Quellenlage nicht ersichtlich. Die Formulierung D E W A R S ( 1 9 3 3 , p. 2 8 8 ) : , , A 1 1 the above sacrif-

132

vieren. 96 Die Sitte der Lhota, „the whole block of village cultivation" — zum Schutze vor Wildeinfall — mit einem Zaun einzuhegen, die einzelnen Felder innerhalb des parzellierten Areals jedoch nicht — etwa durch eine Hecke — voneinander abzugrenzen 97 , unterstreicht die Feststellung über den gemeinsamen agrarischen Wirkungsraum der Dorfgemeinschaft. Da sich die bisher angeführten Belege ausschließlich auf die jhum-treibenden Naga-Gemeinwesen beziehen, könnte der Eindruck entstehen, das oben über das gemeinsame field of employment Gesagte träfe auf die Gemeinwesen der Panikhet-Bauern nicht zu. Tatsächlich liegen hier die Dinge etwas anders. Dadurch, daß die Panikhet-Bauern das Anbauareal nicht jährlich wechseln wie die Jhum-Bauern, sondern die einmal angelegten Terrassenfelder ständig unter Kultur haben, ist die Tatsache des einheitlichen, gemeinsamen Wirkungsraumes für ihre landwirtschaftliche Betätigung nicht so offensichtlich. Nicht in der Produktion neuer agrarischer Produktionsmittel äußert sich hier das genannte Faktum, sondern in der Spezifik des untrennbar mit dem Terrassenbau verbundenen Irrigationssystems, denn HTJTTON berichtet: „Each terrace, of course, can not have its own channel, but usually obtains water either from the next terrace above it or from one of the terraces in the same row." 98 Das Verteilersystem ist also — ungeachtet des rechtlichen Aspekts der Nutzung des zugeleiteten Wassers — grundsätzlich Bestandteil des Gesamtanlageplanes aller Terrassenfelder. 99 Der Prozeß der agrarischen Produktion vollzieht sich demnach in allen dörflichen Gemeinwesen der Naga in einem einheitlichen, gemeinsamen field of employment. In der Literatur werden bestimmte Maßnahmen zum Schutze der Feldanlage und der Pflanzungen, aber auch zum Schutze der Produzenten selbst sowie bestimmte arbeitsorganisatorische Fragen einseitig zur Begründung der Sitte des Kultivierens im Block bei den Jhum-Bauern herangezogen. 100 Da, wie wir sahen, das einheitliche, gemeinsame field of employment für die Hauptbetätigung der Panikhet-Bauern nicht in gleichem Maße leicht erkennbar ist, finden ices (agricultural gennas, W. H.) are communal and held by the whole village at the same time, even though the taungyas are cut in different places," deuten jedoch auf die im Grunde gleiche Allgemeinsituation hin. 96 S . M I L L S , 1 9 2 6 , p . 1 0 9 ; S M I T H , 1 9 2 5 , p . 4 0 . 9' MILLS,

1922, p. 52.

1921, p. 73; s. a. H O D S O N , 1911, pp. 105-106. 99 S. Teil II/2 - S. 75. Über die Situation bei den Chiru fehlen leider genauere Angaben. Aus den Bemerkungen DAS' (1937, S. 446) geht jedoch hervor, daß auf Grund der besonderen Eigentumsverhältnisse — die Chiru pachten diese am Fuße der Berge gelegenen und zur Irrigation geeigneten Felder v o m Staat oder v o n privaten Grundbesitzern — ,,the village community has no authority over the disposal of this type of land", und daß die Dorfgemeinschaft der Chiru dadurch augenscheinlich Schaden nimmt, loo H X J T T O N , 1921, p. 141; H U T T O N , 1921a, p. 150; M I L L S , 1922, p. 45, p. 105; M I L L S , 1926, p. 109. »8 H U T T O N ,

S. a. KAUFFMANN,

1935, S. 52

133

diesen Vorkehrungen entsprechende aktive Äußerungen der gleichfalls als territorialökonomische Einheiten agierenden dörflichen Gemeinwesen der Panikhet-Bauern kaum Erwähnung. I n engem Zusammenhang mit der erörterten Gemeinsamkeit des Wirkungsraums für die agrarische Produktion der Dorfgemeinschaft steht eine andere kooperative Tätigkeit, the „united pathclearing . . . by the whole village". 101 SMITH erwähnt weiterhin, daß bei den Ao alle Männer für die Begehbarkeit des zur Quelle hinabführenden Weges Sorge tragen müssen.102 Wie bereits dargelegt wurde, gehörten die Arbeiten zur Errichtung und Instandhaltung der Wehranlagen ebenfalls zu den Aufgaben der gesamten Dorfgemeinschaft. Nach v. FÜRER-HAIMENDORF ist es in den Dörfern der Konyak üblich, daß sich das gesamte Gemeinwesen an der Errichtung des Morung-Gebäudes resp. des Häuptlingshauses beteiligt. 103 Den Arbeiten von MILLS sind weitere interessante Fakten zu entnehmen. Schon in der ersten Monographie über die Lhota befaßt er sich auch mit Fragen des Maß- und Gewichtssystems, wobei er zu der generalisierenden Feststellung gelangt: „There is no standard of weight in use throughout the tribe, but in every village there is kept a stone (ephwa) which is used in apportioning the shares of meat at feasts." In gleicher Weise sind die als Maßeinheiten für Reis dienenden Körbe in den einzelnen Dörfern verschieden. Als Einheit der Entfernungsmessung gilt ein ecken — das ist die Entfernung zwischen zwei temporären Speichergebäuden am Weg vom Feld zum Dorf. Sie schwankt je nach der Geländebeschaffenheit zwischen einer knappen und anderthalb Meilen und ist stets Einheit nur eines Dorfes.104 Die Ao messen Entfernungen nach dem gleichen Prinzip. 105 Beim Reis verleih innerhalb der Dorfgemeinschaft verwenden die A o einen anderen Meßkorb (tsoktam molok) als beim Verkauf an Dorffremde (yimchi). Jedes Dorf hat dabei seine eigene Maßeinheit. Interessant ist, daß „each village therefore keeps a standard yimchi hanging in the outer room of the Ungr's 106 house, and any purchaser is entitled to have the rice he has bought remeasured in it" 1 0 7 . Mag der Verkauf von Reis auch eine relativ junge Erscheinung im Wirtschaftsleben der Ao sein, so ist hier doch als charakteristisch anzusehen, daß es einmal mehr die Dorfgemeinschaft ist, die zum „limiting factor" ökonomischer Aktivität wird. Leider stehen entsprechende Beobachtungen von anderen Stämmen aus. Da die Zeitmessung eng mit dem den natürlichen Voraussetzungen angepaßten Prozeß der agrarischen Produktion verknüpft ist108, dürfte auch sie ein Ausdruck I»1 MILLS, 1922, p. 52; HUTTON, 1921a, p. 223 („All males clear the village path to the fields".); DEWAR, 1933, p. 281. 102 SMITH, 1925, p . 51. 103

v . FÜREB-HAIMBNDORF, 1938, p . 374; v . FÜKEÄ-HAIMENDOBF, 1941, S. 94.

104

M I L L S , 1922, p . 228.

«>5 M I L L S , 1926, p . 398.

106 JJngr — Vorsteher des Dorfrates. MILLS, 1926, p . 399. LOS S. MILLS, 1922, p . 2 2 7 ; v g l . a. A N M . 11/454.

134

der territorialökonomischen Einheit der Dorfgemeinschaft, aber ebenso ein Mittel zu ihrer Festigung sein. Aber nicht allein im gemeinsamen Wirkungsraum für die agrarische Produktion manifestiert sich die territorialökonomische Einheit des dörflichen Gemeinwesens. W i e v. FÜRER-HAIMENDORF schreibt, haben bei den K o n y a k „alle Angehörigen des Dorfes" das Recht, auf dem Territorium des Dorfes zu jagen. 109 Mit anderen W o r t e n : Die Jagd-, Sammel- und Fischfanggründe 110 eines Dorfes sind potentielles, unparzelliertes field of employment für die kollektiven wie individuellen ökonomischen Aktionen aller Mitglieder einer Dorfgemeinschaft. Die Dorfgemeinschaft

als zeremoniale

Organisationseinheit

H a t sich das dörfliche Gemeinwesen in der Naga-Gesellschaft sowohl als territoriale und politische als auch als territorialökonomische Organisationseinheit erwiesen, so nimmt es nicht wunder, daß eine durch solche wesentlichen Bezüge stabil zusammengefügte Gemeinschaft auch im Hinblick auf das Zeremonialleben als Einheit in Erscheinung tritt. Das Zeremonialleben eines jeden Naga-Gemeinwesens äußert sich sehr augenscheinlich in der Beachtung einer Vielzahl der sogenannten „Gennas", deren Sinngehalt SMITH treffend mit den Worten umreißt: They „are observed for the sake of securing bountiful harvests, and for warding off calamities from the village". 1 1 1 Das allseitige Gedeihen der Gemeinschaft und jedes ihrer Glieder steht also im Vordergrund. 112 Nicht selten sehen die Naga in der Einhaltung eines bestimmten Gennas einen integrierenden Bestandteil jener Tätigkeit oder jenes Vorhabens, die im Interesse des Kollektivs oder des Individuums beeinflußt werden sollen.113 Auf Grund dieser Komplexqualität im Bewußtsein 114 der Naga nimmt der gleiche Personenkreis, der die bestimmte Tätigkeit oder das bestimmte Vorhaben ausführt, auch an dem als notwendig erachteten Genna teil. Die zeremoniale Organisationseinheit wird auf diese Weise gleichsam zum Spiegelbild einer anderen Organisationseinheit. Bei dem oben angeführten „genna for dragging a new door for the village gateway" 1 1 5 z. B. sind die daran beteiligten Personen mit der politischen Einheit der Siedlungsgemeinschaft von Sachema identisch. Die Gennas, die die wesentlichen Abschnitte im Prozeß der agrarischen Produktion 1 1 6 markieren, sind im gesamten Naga-Gebiet Zeremonialangelegenheit der Dorf109 110

V

. F Ü B E R - H A I M E N D O R F , 1941, S. 94.

Ausgenommen, die speziellen Fischfangplätze in den Panikhet-Feldern der Angami und Chiru (s. Teil II/4 - S. 87).

I N SMITH, 1925, p . 52. 112

113

Es ist hier nicht der Ort, auf die inhaltlichen Probleme einzelner Gennas einzugehen. S. die von M I L L S ( 1 9 2 6 , p. 122) übernommene Schilderung des Ghata'mung (Ernte„Genna") der A o in Teil II/4 - S. 87. V g l . L I P S , 1938 ( 1 ) , S. 63.

"5 S. Teil III/l - S. 128. 116 Beginn und Abschluß der Rodearbeiten, Abbrennen, Aussaat, Beginn der Jätarbeiten, Beginn und Abschluß der Ernte sowie Reinigen der Wege.

135

gemeinschaft als der territorialökonomischen Organisationseinheit.117 Die Angami machen hierbei keine Ausnahme, denn trotz der Tatsache, daß „the priests of the Angami villages wait for the priest of Mao and Maikel to give the word before appointing the day for the celebration of any (resp. of some, W. H.) of the regular village gennas" 118 legt jedes Dorf den Termin für das betreffende Genna selbständig fest und führt es schließlich im Rahmen der eigenen Gemeinschaft durch. 119 Als letzte Gruppe bedeutsamer Gennas, bei denen die Dorfgemeinschaft ebenfalls die Zeremonialeinheit bildet, seien die Verdienstfeste genannt. 120 Die Institutionen der Dorfgemeinschaft Der Charakter der von den Briten Mitte des 19. Jahrhunderts in den Bergen südöstlich der Brahmaputra-Ebene durchgeführten Unternehmungen — militärische Erkundungspatrouillen und sogenannte Strafexpeditionen 121 — mußte die Eindringlinge folgerichtig mit der politischen Organisation der ansässigen Bevölkerung in Berührung bringen, und so finden sich in den Berichten jener Zeit auch Angaben über gewisse, leicht zu erkennende Züge des politischen Lebens der Naga. Der J E N K I N S ' R E P O R T von 1 8 5 4 macht auf drei politische Eigenheiten aufmerksam: Erstens gibt es zwischen den einzelnen Gruppen oder Stämmen der Naga „no common bond of union", zweitens hat jedes Dorf „a democratical government of its own" und drittens existieren „alliances (which) have been forced upon them by the power and conquest of larger villages or been sought for to protect the weaker villages against stronger". 122 Besondere Einrichtungen im Interesse der zuletzt genannten „Bündnisse" gibt es nicht.123 Eine Tendenz zur Entwicklung eines über die Dorfgemeinschaft hinausgehenden politischen Gebildes dürfte sich jedoch in dem Bestreben einiger Dorf„häuptlinge" der Thendu Konyak zeigen, „sich der unbedingten Loyalität ihrer Vasallendörfer dadurch zu versichern, daß sie ihre jüngeren Brüder oder Neffen in ihnen als Häuptlinge einsetzten". 124 DAS,

117

1937,

S. 443;

DEWAR,

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1933, p. 288; v. FÜRER-HAIMENDORF,

1947,

S. 109;

GODDEN,

1941,

1897, p. 193;HODSON,

S.

12;

1911, p.

166; H U T T O N , 1921, pp. 196-211; H U T T O N , 1921a, pp. 2 2 0 - 2 2 6 ; M I L L S , 1922, pp. 128-130; M I L L S , 1926, p. 176; M I L L S , 1937a, p. 79, pp. 8 5 - 8 6 ; S M I T H , 1925, p. 190. 118 H U T T O N , 1 9 2 1 , p. 7 resp. p. 1 9 6 . Bei diesem Sachverhalt ist die Bezeichnung „tribal g e n n a " bei H O D S O N ( 1 9 1 1 , p. 80) nicht zutreffend. 119 V _ F Ü B E R - H A I M E N D O R F S Interpretation der Priorität der genannten Dörfer bei der Durchführung bestimmter Gennas als eines erhalten gebliebenen „letzten Restes einer Stammesorganisation" bei den Angami (v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1933, S. 35) findet in historischen F a k t e n keine Stütze. 120

FRIEDRICH,

121

S.

122

JENKINS'

12

3

124

1954, S. 26; KAUFFMANN,

SMITH, 1925, p .

12.

65.

v.FÜRER-HAIMENDORF,

136

1960, S. 46. S. a. STONOR, 1950, S .

1914, pp. 213-217. R E P O R T , zit. b. G O D D E N , 1897, pp. 172—173.

SHAKESPEAR,

1941, S.96. S . a . T e i l I I I / 1 - S . 1 2 4 . u n d T e i l I I I / 3 - S . 2 1 5 f f .

Es müssen also jeweils politische Institutionen einer Dorfgemeinschaft gewesen sein, denen sich D A L T O N , B U T L E E , W O O D T H O E P E U. a. in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konfrontiert sahen. Nicht überall in den Naga-Bergen bot sich ihnen dabei das gleiche Bild. D A L T O N schreibt z. B.: „Die Naga zwischen dem Doyang und Kopili (anscheinend Angami, Rengma und Lhota, W. H.) haben keine Chiefs. Wenns Noth thut, so ernennen sie einen, durch Weisheit oder Reichthum hervorragenden älteren Mann zum Wortführer, der aber keine wirkliche Macht besitzt und dessen Aussprüche für Niemand bindend sind." 125 Ähnliches schildern auch B U T L E R und W O O D T H O E P E . 126 Von den Naga östlich des Dayang 127 jedoch berichtet DALTON, daß they „are divided into great clans under hereditary chiefs, who appear to exercise great influence over their people"128. So zeigt die politische Position der Repräsentanten der dörflichen Gemeinwesen in den einzelnen Landesteilen eine erhebliche Differenzierung. Es ist jedoch zu bemerken, daß — H U T T O N zufolge — all „the villages (of the Sema Nagas, W. H.) . . . are organised on a pattern generally prevalent throughout the tribe"129. Auftretende „Abweichungen gegenüber den Nachbardörfern beziehen sich . . . vielfach nur auf einzelne Details der sozialen Organisation"130. So erklärt sich, daß besonders in vergleichenden Studien die einzelnen Stämme im Zusammenhang mit einer bestimmten „Staatsform" 131 — Demokratie resp. autokrates Häuptlingstum — genannt werden. 132

125 D A L T O N / F L E X , 1 8 7 3 , S . 2 0 6 . 126

127



„Every m a n follows the dictates of his own will" (BUTLER, 1875, p. 314); „The Angamis . . . have no settled form of government. . . . every m a n does that which is right in his own eyes, and is a law unto himself" (WOODTHORPE, 1882, p. 68). F a s t der gleichen Formulierung bedient sich BASTIAN, als er von seinem Aufenthalt in dem Ao-Dorf Malum (anscheinend Molung yimsen, vgl. MILLS, 1926, p. 411) berichtet : „ E s machte einen e i g e n t ü m l i c h e n Eindruck, sich im Dorfe solcher durch ganz Assam gefürchteten Wilden innerhalb eines ruhigeren und friedlicheren Gemeinwesens zu finden, als es irgendwo angetroffen werden könnte. Und dabei keine Spur von Regierung" (BASTIAN, 1881, S. (154) ; Hervorhebung v o n mir, W. H.). E s scheint, daß D A L T O N hierbei die nördlichen K o n y a k im Auge hat, denn er erwähnt in dem gleichen Abschnitt die Tablung, Joboka, Namsangia u. a. (s. D A L T O N , 1 8 7 2 ( 1 9 5 9 ) , p. 6 6 ) , im folgenden Abschnitt über die Naga westlich des Dayang dagegen die Angami und die Arung (s. K L E M M , 1 8 9 8 , S . 2 9 3 ) . Doch auch die Sema mit ihrem ausgeprägten „Häuptlingstum" leben östlich des (Oberlaufes des) Dayang. DALTON, 1 8 7 2 ( 1 9 5 9 ) , p . 65.

129 H U T T O N , 1 9 2 1 a , p . 1 2 1 . 130

131

v . FÜRER-HAIMENDORF, 1941, S. 94.

„The w a y t h e y run their own villages"

(MILLS),

„Regierungssystem" (v.

FÜRER-

HAIMENDORF). 132

V. F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

1933,

S. 3 7 f . ;

HUTTON,

in:

MILLS,

1922,

p. xxxiii;

K A U F F M A N N , 1 9 4 4 , S . 3 2 6 ; M I L L S , 1 9 2 6 a , p . 2 8 ; M I L L S , 1 9 3 2 a , p . v i ; SMITH, 1 9 2 5 ,

p. 52.

137

Obwohl die politische Position der Repräsentanten eines Gemeinwesens Bestandteil und offensichtlicher, charakteristischer Ausdruck der politischen Organisation ist, kann das Wesen der politischen Organisation eines Gemeinwesens allein aus der politischen Position seiner Repräsentanten nicht erschlossen werden. Besonders schwierig dürfte ein solcher Versuch in jenen Fällen sein, wo

Abb. 10. Versammlungsplatz (v.

im Dorf K h o n o m a , Tengima

Angami

FÜRER-HAIMENDORF)

sich — wie bei den Angami, den Kacha Naga, Rengma, Lhota, Sangtam, den südlichen Konyak 1 3 3 und auch in der Mehrzahl der Chang-Dörfer — die politische Position der Repräsentanten der Gemeinwesen nur in wenigen Aktionen äußert. Die politische Situation innerhalb der Gemeinwesen der genannten Stämme schildert M I L L S mit den Worten: „No one ever seems to obey anyone else", und er sagt, es sei unter solchen Bedingungen ein Wunder „that the villages ever come to any decisions at all". 1 3 4 Welches sind nun die Institutionen, in denen und vermittels derer dieser „way of running the villages" wirksam wird? Ende des vorigen Jahrhunderts stellt K L E M M fest: „Alle Mittheilungen über die Gemeindeverfassung (der Naga, W. H.) stimmen darin überein, daß dieselbe auf breitester demokratischer Grundlage ruht." 1 3 5 Diese Auffassung begründet sich wohl in erster Linie auf dem seiner Zeit bekannten AngamiMaterial, worunter P R A I N S Äußerung über die Dorfversammlung von besonderem Interesse ist. „Decisions are made by the whole village in council, often in S. HUTTON, 1929, p. 26, p. 28. 134

M I L L S , 1 9 2 6 a , p . 2 8 ; s. a. B U T L E R , 1 8 7 5 , p . 3 1 4 . KLEMM, 1898, S.

138

311.

Opposition to the opinion of the headmen", heißt die wesentliche Textstelle. 136 Als Ort der Versammlungen dienen die bebannten, in Stein aufgeführten Plattformen. 137 Neben PBAIN spricht auch AVERY von der Institution der Dorfversammlung bei den Angami, und HUTTON nimmt an, daß vor der Schaffung des Deputy Commissioner's Court ein bestimmtes, Unstimmigkeiten klärendes Gremium nicht nur untereinander und mit den hadernden Parteien, sondern auch mit dem „general public" über das Streitobjekt beriet. 138 H a t t e ein Streit einen Totschlag zur Folge, so war „a public meeting" erforderlich „to decide on the facts". Spuren solcher Dorf Versammlungen resp. rechtlichen Aktionen dieser Institution begegnet man jedoch auch in den Quellen über andere Naga-Stämme. So berichtet OWEN 1844 von den nördlichen Konyak, daß die „Häuptlinge" von Namsangia und Borduaria „in presence of their respective warriors and a large assembly of villagers" Frieden schlössen.140 I m Sema-Dorf Shevekhe zerstörten 1918 „the wrathful villagers" die Irrigationsanlage eines Mitbewohners, weil man seinen Versuch, vom Jhum- zum Panikhet-System übergehen zu wollen, für die Vernichtung der Hirseernte in diesem Jahre verantwortlich machte. 141 Die öffentliche Meinung als Bestandteil der Exekutivgewalt der Dorfgemeinschaft 142 findet bei den Rengma im Falle fahrlässigen Umgangs mit Feuer im Dschungel drastischen Ausdruck: „For this offence a man is cursed by the village, everyone spitting as they utter his name." 1 4 3 I n der Dürftigkeit des Materials scheint sich die Tatsache widerzuspiegeln, daß es relativ wenig Anlässe gibt, auf Grund deren die Institution der Dorfversammlung wirksam wird. Wesentlich häufiger liest man von einer zweiten Institution. I n allen Gemeinwesen der Naga bilden eine Anzahl hervorragender Männer ein Gremium, das die Geschicke der Gemeinschaft entscheidend leitet oder beeinflußt. Diese Einrichtung stellt sich in jedem Falle gewissermaßen als Dorf rat dar, da es — unabhängig von der jeweiligen personellen Zusammensetzung und den von ihr wahrgenommenen Pflichten und Rechten — in erster Linie Interessen der territorialen, politischen und territorialökonomischen Organisationseinheit sind, denen ihre Aktivität gilt. Hinsichtlich der personellen Zusammensetzung der Dorfräte lassen sich im allgemeinen zwei Prinzipien erkennen. Dem anscheinend historisch älteren liegt die Verwandtschaftsorganisation zugrunde, jeder Clan ist durch einen oder mehrere seiner Angehörigen im Dorf rat vertreten. Einwandfrei nachweisen läßt sich dieses Prinzip bei den Western Rengma, Tangkhul, Sema und Chang. 136

P R A I N , 1887, p . 480 ( H e r v o r h e b u n g v o n m i r , W .

137

S. a. HUTTOST, 1926, p . 7 4 ; v . H E I N E - G E L D E R N , 1928, S. 292 f.

«8

H.).

A V E R Y , 1 8 8 4 , p . 3 1 5 ; H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 143.

Ähnliches berichtet

B A S T I A N (1881,

S.

(156))

von den Ao.

139 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 149. 14°

O W E N , 1844 ( 1 9 5 9 ) , p . 38.

141 H U T T O N , 1 9 2 1 a , p . 2 1 4 , n . 1 ; s. a . H O D S O N , 1 9 2 2 a , p . 175. 142

V g l . S E L L N O W , 1963, S. 8 0 3 f .

< 43 M I L L S , 1 9 3 7 a , p . 1 4 8 .

139

Bei den Ao, den Konyak und eventuell auch den Sangtam setzt sich der Dorfrat aus den Räten resp. den Repräsentanten der einzelnen Khels zusammen; doch auch in diesen Fällen ist die Verwandtschaftsorganisation als das wesentliche Regulativ zu erkennen. 144 Über die Situation bei den Burma- und ManipurNaga sagen die Quellen nur wenig aus. Hin und wieder ist von „Ältesten" die Rede, die gewöhnlich einen „Häuptling" unterstützen. 145 Die Frage, ob sie diese Funktion gleichsam als Repräsentanten ihres Clans bekleiden, muß unbeantwortet bleiben. In den Gemeinwesen der Lhota, der Angami und der Eastern Rengma scheint die Verwandtschaftsorganisation nicht den entscheidenden Einfluß auf die Verteilung der politischen Funktionen auszuüben. Alter und Lebenserfahrung sowie hohes soziales Ansehen 146 dürften hier bestimmten Persönlichkeiten einen Platz im „Rat der Alten" 147 sichern. Nach M I L L S soll in den Naga-Dörfern allgemein die Tendenz spürbar sein, diesem zweiten Prinzip bei der personellen Zusammensetzung der Dorfräte resp. der personellen Besetzung bestimmter Funktionen den Vorrang einzuräumen ; bei den Angami soll „this vague democracy in its most extreme form" existieren. 148 Bei der Vielfalt der Funktionen, die dem Dorfrat als Ganzem obliegen, macht es sich erforderlich, jene herauszustellen, die für die Dorfräte aller Naga-Gemeinwesen charakteristisch sind. v. F Ü B E B - H A I M E N D O B F berichtet, daß sich der Dorfrat von Wakching (Konyak) mit „all matters of importance for the village" befaßt. 149 Das können sowohl Beziehungen zu anderen Gemeinwesen 150 als auch innerdörfliche Belange sein. Letztere betreffen im wesentlichen zwei Komplexe: die Leitung des Wirtschaftslebens und die Schlichtung von Streitfällen. 144 Western R e n g m a

— MILLS, 1937a, p. 138; s. a. MILLS, 1032a, p. vi;

Sema

- HUTTON, 1921 a, pp. 1 5 1 - 1 5 2 ;

Chang Tangkhul Ao

- MILLS, 1935C, p . 1 4 4 ; KAUMMANN, 1944, S. 3 2 5 ; — HUTTON, i n : MILLS, 1922, p . x x x i i i ; -MILLS, 1926, p p . 1 8 1 - 1 8 5 ; MILLS, 1 9 2 6 a , p . 2 9 ;

Sangtam Konyak

— K A U F F M A N N , 1 9 3 9 , S. — v. FÜRER-HAIMENDORF,

SMITH, 1 9 2 5 , p p .

HAIMENDORF,

60-61;

1941,

219; 1938,

S. 92,

p.

355,

S. 9 4 ;

p.

357;

v.

FÜRER-

v . FÜRER-HAIMEN-

DORF, 1 9 5 0 , p . 1 2 1 . I « D E W A R , 1 9 3 5 , p . 1 6 4 ; d e GOLISH, 1 9 5 8 , p . 2 5 ; D A S , 1 9 3 7 , S . 4 4 8 ; H O D S O N ,

1911,

p. 102. 1^6 MILLS, 1 9 2 2 , p . 9 6 ; HUTTON, 1 9 2 1 , p p . 1 4 3 - 1 4 4 ; MILLS, 1 9 3 7 a , p . 140. 147

Sowohl bei den Lhota als auch bei den Angami existieren R ä t e dieser Art als I n s t i t u t i o n e n der D o r f g e m e i n s c h a f t e n (vgl. MILLS, 1922, p . 9 7 ; HUTTON, 1921, p . 1 4 3 ; PRAIN,

i « MILLS, 149

V

1926a,

1887, p. 484).

p . 28.

. FÜBER-HAIMENDORF, 1938, p. 355.

150 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 1 5 0 ; S M I T H , 1 9 2 5 , p . 6 5 ; s . a . A V E R Y , 1 8 8 4 , p . 3 1 5 .

Bei den Angami ist die Dorfversammlung

140

das beschließende Gremium (s. S. 138 f.).

Zur Leitung des Wirtschaftslebens gehören z. B. die alljährliche Festlegung des unter Kultur zu nehmenden Areals des Dorfterritoriums 1 5 1 , das Einschreiten bei Vernachlässigung der Pflichten des einzelnen zur Instandhaltung der Irrigationsanlagen bei den Angami 152 , die Organisierung bestimmter kooperativer Arbeiten, etwa das Aushauen der Wege bei den Ao 1 5 3 sowie die Verfügung, daß — sollte ein Großteil der Dorfbewohner in ökonomische Schwierigkeiten geraten sein — „the rich men are to 'open their granaries' and lend". 154 Breiten Raum in der Tätigkeit der Dorfräte nimmt die Untersuchung und Schlichtung von Streitigkeiten jeglicher Art 1 5 5 ein. 156 I n Gemeinwesen, in denen die Institution des Dorfrates weniger ausgebildet ist, haben besondere Gremien „alter Männer" diese Funktion inne. H U T T O N schreibt im Zusammenhang damit über die Sema: „In the settlement of disputes within the village the elders come into greater prominence, as the opinion of the old men is often necessary to decide points both of facts and custom." 1 5 7 Ähnlich ist die Situation bei den Lhota, den Angami, den Manipur-Naga und in einigen Konyak-Dörfern, insbesondere in Kongan. 1 5 8 Als Mittel der Rechtsfindung kommen in der Regel nur Anhören der Parteien u n d Beeidung in Form der Selbstverwünschung vor. 159 Besondere Exekutivorgane sind der Naga-Gesellschaft fremd. 1 6 0 Zumeist nehmen die Dorfräte resp. die gesamte Dorfgemeinschaft ausführende Funktionen wahr. Die Strafen für geringere Verstöße gegen die allgemeinen Verhaltensnormen sind gewöhnlich in Form von Reis und Schweinen zu entrichten und kommen in der Mehrzahl der Fälle den rechtsprechenden Gremien zugute. 161 Tötung eines Mitglieds der 151

v . FÜBEB-HAIMENDOBF, 1941, S. 9 4 ;

MILLS,

1926, p . 194.

IM P R A I N , 1 8 8 7 , p . 4 8 4 ,

«3 MILLS, 1926a, p. 30; s. a. BASTIAN, 1881, S. (155). 154

MILLS, 1 9 2 6 , p . 1 0 7 .

155

S. die Abschnitte „Settlement of Disputes" in den einzelnen Monographien.

156

BASTIAN, 1925,

1881,

p. 60;

S . ( 1 5 6 ) ; HUTTON,

1 9 2 1 , p . 3 7 2 ; MILLS,

v . FÜBEB-HAIMENDOBF,

1938,

p. 355;

1926, p. 192;

SMITH,

v . FÜBEB-HAIMENDOBF,

1 9 4 1 , S. 9 2 , S . 9 4 . S. a . D A L T O N / F L E X , 1 8 7 3 , S . 2 0 6 ; WATT, 1 8 8 7 , p . 3 5 4 .

157 HUTTON, 1921a, p. 150. 158

MILLS, 1 9 2 2 , p . 1 0 0 ; HUTTON, 1 9 2 1 , p . 1 4 3 ; MCCULLOCH, z i t . b . HODSON,

1911,

p. 1 0 9 ; v . FÜBEB-HAIMENDOBF, 1938, p. 3 5 7 . 15u

Ao

- MILLS, 1 9 2 6 , p . 1 9 2 ; SMITH, 1 9 2 5 , p . 6 1 ;

Lhota -MILLS, 1922, pp. 1 0 0 - 1 0 1 ; Angami — HUTTON, 1921, p. 143, pp. 144—148; Sema - HUTTON, 1921a, pp. 1 6 3 - 1 6 7 ; Konyak - OWEN, 1844 (1959), p. 38; Manipur-Naga — HODSON, 1911, pp. 109—112. Interessant ist, daß die dörflichen Gemeinwesen der Ao einen speziellen Platz kennen, „at which village tradition ordains that oaths must be sworn" (MILLS, 1926, p. 195), denn auch in dieser Sitte offenbart sich die Dorfgemeinschaft als politisch-rechtliche Einheit. 160

S . HODSON, 1 9 1 1 , p . 1 1 3 .

1Ü1

v . F Ü B E B - H A I M E N D O B F , 1 9 3 8 , p . 3 5 5 , p . 3 5 7 ; v . F Ü B E B - H A I M E N D O B F , 1 9 4 1 , S. 9 4 ; MILLS, 1 9 2 6 , p . 1 9 4 ; P B A I N , 1 8 8 7 , p . 4 8 0 ; SMITH, 1 9 2 5 , p . 6 1 .

141

Abb. 11. Chingmak, politischer Vorsteher der Dorfgemeinschaft von Chingmei, Chang (v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F )

eigenen Dorfgemeinschaft wird — mit Ausnahme der Tötung als Folge eines Ehebruchs 1 6 2 — mit Verstoß aus der Gemeinschaft, Zerstörung persönlichen Eigentums oder beidem geahndet. 1 6 3 B e i den Sema muß in F ä l l e n persönlicher Schädigung der Übeltäter den B e troffenen durch Übergabe eines leberden Schweines Genüge t u n (HUTTON, 1921a, p. 163). S. a. MILLS,

1922, p. 101;

162 H U T T O N , 1 9 2 1 , 163 A n g a m i

Manipur-Naga

142

HUTTON, 1921, p.

148.

150. -

PRAIN, 1887, p. 4 7 3 ; HUTTON, 1921, p.

— HODSON, 1 9 1 1 , p . 1 0 6 ;

149;

Doch nicht immer fungiert in den Gemeinwesen der Naga der Dorfrat resp. der R a t der Alten des Dorfes in corpore. Häufig sind bestimmte Funktionen aus Tradition, aber auch auf Grund besonderer historischer Bedingungen an einzelne Personen gebunden. Als in dieser Weise exponierte Funktionäre der Dorfgemeinschaften resp. ihrer R ä t e erscheint vor allem die Kategorie der Vorsteher. Als erster unternimmt K L E M M 1898 den Versuch, diese Funktionäre der Naga-Gesellschaft, die er als die „Führer des Volkes" bezeichnet, zu klassifizieren. E r glaubt, sie in „drei Classen einteilen (zu) können: 1. Göong büra, Gemeindeammänner oder Dorfschulzen (bei Rengma, 'Arung' und eventuell .Lhota, W . H.), 2. Clanhäuptlinge, die je nach Umständen gewählt oder erblich sind (bei 'Angami' und 'Empeo', W. H.), 3. erbliche Häuptlinge (in Manipur, bei 'Sema', 'Ao' und 'Nangta', W. H . ) " . 1 6 4 Obwohl K L E M M wesentliche Unterschiede herausstellt, sind die von ihm benutzten l e i m i n i nur bedingt zu verwenden, da sie Verwechslungen nicht ausschließen. So kann man unter den „Güong büra" sowohl „Dorfschulzen" 1 6 5 als auch die „gennaburas" (oder „authorisers of gennas") der Manipur-Naga 166 u r d arderer Stämme oder die von der britischen Kolonialveiwaltung im Naga Hills District als Dolmetscher, Berater oder Dorfvorsteher berufenen „Gaontuias" 1 6 7 verstehen. B e i der Untersuchung der institutionellen Kategorie der Vorsteher in den Gemeinwesen der Naga wird gewöhnlich die I i a g e , ob die Funktion eines Vorstehers erblich oder auf Grund einer Wahl zu besetzen ist, in den Vordergrund gerückt 1 6 8 , obwohl sich die Ubergänge zwischen beiden modi procedendi mitunter als fließend erweisen. 1 6 9 Zunächst soll uns jedoch die Bedeutung dieser Institution für das betreffende Gemeinwesen interessieren. Sema Rengma Lhota

— Anmerkung H U T T O N S , in: — M I L L S , 1 9 3 7 a, p. 1 4 7 ; - M I L L S , 1 9 2 2 , p. 1 0 1 ;

Ao

-

MILLS, 1926, p.

MILLS,

1926,

p.

193,

n.

1;

193.

»«* K L E M M , 1 8 9 8 , S . 3 1 1 . 165

Anscheinend hat K L E M M hier die Praxis der Absetzung des Dorfvorstehers im Auge, wie sie später bei M I L L S ( 1 9 3 7 a, p. 1 3 8 ) für das Western Rengma-Dorf Tseminyu belegt wird.

166

S. HODSON, 191 l , p . 99, n. 1 ; HODSON, 1 9 0 1 , p. 3 0 7 ; HUTTON, 1 9 2 1 , p. 4 4 0 . S. MILLS, p.

168

440;

1926, pp. 4 0 6 - 4 0 7 ;

SMITH, 1 9 2 5 , p. 1 9 0 , p. 2 3 4 ; HUTTON, 1 9 2 1 , p . 1 4 2 , p. 355,

n. 1 ;

1 9 4 1 , S . 2 7 ; MOLZ, 1 9 0 9 , S . 6 8 ; PRASHAD, 1 9 3 8 , p .

153.

AVERY, p. 289, 17,

S.

v.

FÜRER-HAIMENDORF,

1884, p. 315; v.

v.

FÜRER-HAIMENDORF,

DALTON/ELEX, 1873, S. 2 0 6 ; DEWAR, 1933, p. 279, p. 286,

p. 290, p. 2 9 4 ; DEWAR, 33;

1938,

1935,

FÜRER-HAIMENDORF,

1 9 4 7 , S. 6 2 f . ; HODSON, 1911

p. 1 6 4 ; 1934,

v. FÜRER-HAIMENDORF, S. 4 3 7 ;

v.

1933,

S.

FÜRER-HAIMENDORF,

p. 80, p. 1 0 2 ; HUTTON, 1 9 2 1 , p. 142, p. 3 5 8 , p . 3 8 5 ,

n. 2; H U T T O N , 1921a, p. 8, p. 148; H U T T O N , 1929, p. 20; K A U F F M A N N , 1944, S . 326; K L E M M , 1898, S . 295, S . 297, S . 303; M I L L S , 1922, p. 96; M I L L S , 1926a, p. 27; M I L L S , 1937a, p. 138; P E A L , 1893, p. 254; P E A L , 1898, S . 334, Anm. 2 ; PRAIN, 169

1887, p.

480;

SMITH, 1 9 2 5 , p. 60, p. 7 2 ; W A T T , 1 8 8 7 , p. 3 5 4 .

Zuweilen ist die Funktion eines Vorstehers nicht in einer Familie erblich, sondern mit einem bestimmten Clan verbunden. So schreibt M I L L S ( 1 9 3 7 a, 143

Grundsätzlich ist festzustellen, daß die als Vorsteher fungierenden Personen im allgemeinen aus jenen Kollektiven stammen, deren Vorfahren einst maßgeblich an der Gründung der betreffenden Dorfgemeinschaft beteiligt waren. Der akekao der Sema, der sanglipo der Chang, der kokhügü der Western Rengma, der ekyung der Lhota sowie der Vorsteher des Dorfrates bei den Sangtam führen ihr Amt des politischen Vorstehers ihrer Gemeinschaft auf die leitende Tätigkeit eines direkten Vorfahren in den Tagen der Dorfgründung zurück. 170 I n den Dörfern der Konyak ist eine solche Kontinuität in der Herleitung dieser Institution aus der Zeit der Gründung der Siedlungen nicht mehr zu erkennen, v. F Ü B E R - H A I M E N D O R F ist sogar der Auffassung, daß „die Dorfgründer nirgends dem Ang-Clan (dem die heutigen politischen Vorsteher entstammen, W . H.) angehört haben". 1 7 1 I n den Gemeinwesen der Ao, der Angami, der Tangkhul und der Kabui ist bei der Betrauung eines Mitgliedes der Dorfgemeinschaft mit der Funktion des politischen Vorstehers 1 7 2 nicht seine Zugehörigkeit zum Dorfgründer-Clan, sondern ausschließlich seine persönliche Eignung, wie Alter, Tapferkeit, „diplomatisches Geschick", Redegewandtheit und gewisse Wohlhabenheit, entscheidend. 1 7 3 I n viel stärkerem Maße als bei den politischen p. 138) von den Western Rengma: „The office of chief was hereditary in the clan, but not in the family. It did not necessarily pass from father to son, but to the most suitable man in the leading families of the clan." Ähnlich dürfte die Situation bei den Lhota (MILLS, 1922, p. 96) und den Angami ( v . FÜRER-HAIMENDORF/MILLS,

1936,

S. 9 2 8 ;

HUTTON,

1921,

p. 187) gewesen

sein. "0

Sema

- HUTTON, 1 9 2 1 a , p p . 1 4 8 - 1 4 9 , p . 2 1 6 ;

Chang

- HUTTON, 1 9 3 2 , p . 6 3 ; KAUFFMANN, 1 9 4 4 , S. 3 2 5 ; MILLS,

1935c, p. 144; Western Rengma — MILLS, 1937a, p. 138; Lhota - MILLS, 1922, p. 96; Sangtam - KAUFFMANN, 1939, S. 219; MILLS, 1935b, p. 143. Bei den Phora muß der „Dorfälteste" entweder dem Metsem oder dem Tingtuk Clan entstammen (KAUFFMANN, 1944, S. 323). 171

v . FÜRER-HAIMENDORF, 1 9 4 1 , S. 8 1 .

In vielen Dörfern der Thendu Konyak wird der Wang-shu Clan als Clan des Dorfgründers betrachtet (v. FÜRER-HAIMENDORF, 1941, S. 82), so auch in Wangla, wo sich die seltene Überlieferung findet, daß der „chief" nicht dem DorfgründerClan entstammte (s. v. FÜBEB-HAIMENDORF, 1938, p. 354, n. 1). Ao: Tatar Ungr; Angami: Pehuma; Manipur-Naga Khulpu resp. Luplakpa. m

Ao

-MILLS,

1926,

p. 186;

v . FÜBEB-HAIMENDORF Zusammenhang

s. a . BASTIAN, (1933,

zwischen

S. 3 1 )

SMITH'

1881, weist

(1925,

S. ( 1 5 5 ) . auf

p. 6 1 ;

einen s. a .

KLEMM, 1898, S. 303) Angaben über die Erblichkeit dieser Funktion in einer bestimmten Sippe und MILLS' (1926, p. 183) Feststellung: „If possible he (the Ungr, W. H.) must belong to the Pongr or Yimsungr clan or at any rate to the Pongen phratry," hin; möglicher 144

Vorstehern hat sich bei den Zeremonialvorstehern die traditionelle Verbindung mit dem Dorfgründer-Clan erhalten. Dies bestätigen die Quellen hinsichtlich des als eine Art „Dorfpriester" fungierenden niengba der Konyak, des seiböh resp. ungcheppo der Chang, des awöu der Sema, des kemovo resp. tevo der Angami, des pensengü der Rengma und des puthi der Lhota; den peypürr der Northern Sangtam stellt S T O N O B dem letzteren gleich. Lediglich im Falle des puti ungr der Ao und des khulläkpa der Manipur-Naga werden in der Literatur keinerlei BeziehungenzwischenihrerFunktionund dem Ereignisder Dorfgründung sichtbar. 174 Das aus der zweiten Hälfte des 19. und den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts stammende Material zeichnet also im Hinblick auf die Institution der Vorsteher der Dorfgemeinschaften ein ziemlich einheitliches Bild; die geschilderten Abweichungen finden in einer unterschiedlichen historischen Situation ihre Erklärung. In Zeiten stärkerer politischer Aktivität, insbesondere in der Periode der territorialökonomischen Erschließung des Landes, erfuhren die traditionellen Institutionen der Gemeinwesen im Interesse der neu zu bildenden Gemeinschaften gewisse Modifikationen. Es wurde bereits dargelegt, daß auf Grund des herrschenden Exogamiegebots stets Angehörige mindestens zweier, in Heiratsbeziehungen zueinander stehender Clans neue Ländereien in Besitz nahmen und darauf ein neues dörfliches Gemeinwesen gründeten. 175 Erst mit der allmählichen Konsolidierung der neuen Gemeinschaft 176 als einer territo-

Angami

weise deutet diese von M I L L S erwähnte Sitte eine Beziehungen zu einem „Dorfgründer-Clan" an. — BUTLER, 1 8 7 5 , p . 3 1 4 ; WOODTHOEPE, 1 8 8 2 , p . 6 8 ; AVERY, 1884, p. 3 1 5 ; PRAIN, 1887, p. s. a. D A L T O N / F L E X , 1 8 7 3 , S .

Tangkhul u. Kabui '174 Konyak

Chang

480; 206;

- HODSON, 1911, pp. 7 9 - 8 0 . - v . FÜRER-HAIMENDORF, 1 9 4 1 , S. 2 0 , S. 9 2 ;

-

KAUFFMANN, 1944, S .

330.

(1935c, p. 144) erwähnt, daß „certain religious duties can only be performed by members of this (Ung, W . H.) clan" und betont schließlich, es sei üblich „for a man of the Ung clan to go to the new village with the founMILLS

d e r " ( e b e n d a , p . 1 4 4 , n . ; s. a . HUTTON, 1 9 3 2 , p . 3 ) ; Sema

— HUTTON, 1 9 2 1 a , p . 1 5 1 ;

Angami

— HUTTON, 1921, p. 1 8 7 ;

v.

FÜRER-HAIMENDORF/MILLS,

1 9 3 6 , S. 9 2 3 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

175 176

10

Rengma Lhota Northern Sangtam

— M I L L S , 1 9 3 7 a, p. 1 4 0 ; - M I L L S , 1 9 2 2 , p. 1 2 2 ; — STONOR, 1950, S. 4, S. 6 ;

Ao

-

1 9 4 7 , S.

MILLS, 1926, p. 2 4 3 ; SMITH, 1 9 2 5 , pp.

32;

89-90;

Manipur-Naga —HODSON, 1911, pp. 140—141. Die Existenz eines Zeremonialvorstehers in den dörflichen Gemeinwesen der Burma-Naga belegt de G O L I S H (1958, p. 25). S. Teil I I I - S. 118.' Einen Anhaltspunkt für die Größe solcher neuen Gemeinwesen bieten die Forschungen v. FÜRER-HAIMENDORFS. E r stellte im Konyak-Dorf Wakching im Hartwig, Naga

145

rialen, politischen, territorialökonomischen und zeremonialen Einheit entwickelten sich gesetzmäßig die für ihren weiteren Bestand notwendigen Einrichtungen. Bei der Gründung des neuen Gemeinwesens galt es zunächst, bestimmte politische und zeremoniale Aufgaben zu lösen. Die wichtigste politische Aufgabe bestand darin, die Beziehungen zu den schon bestehenden Gemeinwesen zu regeln. Sowohl bei kriegerischer177 als auch bei friedlicher178 Regelung bedurfte es dabei eines befähigten Anführers, des „politischen Vorstehers", der in der Literatur gewöhnlich unter der Bezeichnung „Häuptling" oder „chief"179 erscheint. Nach Auffassung der Naga war bei einer Dorfgründung die Beachtung bestimmter magisch-religiöser Erfordernisse, insbesondere bei der Wahl des Siedlungsplatzes, der Installierung des Kopfbaumes, der Errichtung der Gebäude180, von gleicher Bedeutung wie die Lösung der politischen Aufgaben. Nicht jeder war in der Lage, diese Zeremonialaufgaben zu erfüllen. Nur wer sich durch besondere Eigenschaften und eine außergewöhnliche Verhaltensweise auszeichnete 181 , konnte als „Zeremonialvorsteher" die Riten, „necessary for the prosperity of the new village" resp. „durch die das Dorf gegen übernatürliche Gefahren gefeit wurde"182, durchführen. O u k h e a n g K h e l fünf Cheiyong-nok oder H ä u s e r „des g r o ß e n ä l t e r e n B r u d e r s " fest, die „schon in allem A n f a n g g e g r ü n d e t w u r d e n " ; die B e w o h n e r dieser H ä u s e r g e h ö r e n drei v e r s c h i e d e n e n Clans a n . D a i m B a l a n g , d e m „ c o - f o u n d e r - k h e l " , vier w e i t e r e Clans existieren, darf m a n die Z a h l d e r W a k c h i n g einst g r ü n d e n d e n F a m i l i e n auf r u n d z e h n s c h ä t z e n (v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1941, S. 77f.). M I L L S (1926a, p. 27) h i n g e g e n spricht v o n dreißig bis vierzig H ä u s e r n in d e n n e u g e g r ü n d e t e n S e m a - S i e d l u n g e n ; Zivihe, ein erst A n f a n g des 20. J a h r h u n d e r t s e n t s t a n d e n e s S e m a - D o r f , z ä h l t e elf H ä u s e r (HUTTON, 1921a, p. 170). 177

S. H U T T O N , 1921A, p . 150, p . 3 8 6 ;

HUTTON, 1921, p. 142;

MILLS,

1922, p.

96.

S. a. Teil I I I / l - S . 119. K A U F F M A N N , 1944, S. 325; s. a. Teil I I I / l - S. 118f. D A V I S , zit. b . G O D D E N , 1897, p. 170; H U T T O N , 1921, p. 379; H U T T O N , 1921a, p . 145; H U T T O N , 1932, p . 4, p. 63; M I L L S , 1922, p . 96; M I L L S , 1926a, p . 2 7 ; M I L L S , 1935b, p. 143; M I L L S , 1935c, p. 144; M I L L S , 1937 a, p. 138; v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1933, S. 2 1 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1937a, S. 654; K A U F F M A N N , 1939, S. 2 1 9 ;

178 179

KAUFFMANN, 1944, S. 3 2 5 ; KLEMM, 1898, S. 180 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 1 8 7 ; M I L L S , 1 9 2 2 , p p .

301.

5-6.

181

p . 1 2 2 ) zufolge darf ein P u t h i - K a n d i d a t der L h o t a keinesfalls d e r G e f a h r eines s o g e n a n n t e n apotia-Todes a u s g e s e t z t gewesen, d. h. v o n e i n e m T i g e r a n g e g r i f f e n w o r d e n , v o n e i n e m B a u m g e s t ü r z t sein oder sich v e r b r a n n t h a b e n .

182

v. FÜRER-HAIMENDORF/MILLS,

MILLS (1922,

S. a. H U T T O N , 1921, p . 187, p . 4 3 9 ;

HODSON, 1911, p . 102, p .

1936,

S. 923;

140.

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1947,

S. 32. v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F u n d M I L L S u n t e r s u c h e n bei d e n C h a k r i m a A n g a m i d e n C h a r a k t e r der I n s t i t u t i o n des Tevo. D a b e i stellen sie diesen „ Z e r e m o n i a l v o r s t e h e r " d e m gleichfalls als D o r f g r ü n d e r f u n g i e r e n d e n „ c h i e f " der S e m a gleichw e r t i g g e g e n ü b e r , o h n e j e d o c h zu b e r ü c k s i c h t i g e n , d a ß der T e v o der C h a k r i m a A n g a m i ausschließlich „ t h e mediator b e t w e e n t h e Community a n d t h e s u p e r n a t u r a l w o r l d " ist u n d n i e m a l s in kriegerische A k t i o n e n verwickelt w e r d e n d u r f t e , weil —

146

Mit der fortschreitenden Konsolidierung der neuen Gemeinwesen erfahren die Institutionen der Vorsteher gewöhnlich gewisse Abwandlungen oder Erweiterungen, die vor allem in der Entwicklung der Dorfgemeinschaft zu einer territorialökonomischen und zeremonialen Einheit begründet liegen. So berichtet M I L L S Z. B., daß die „politischen Vorsteher" der miteinander verfeindeten Western Rengma-Dörfer Tseminyu und Tesophenyu sich angesichts der Realität, daß beide Gemeinden zur gleichen Zeit unmittelbar nebeneinanderliegende Areale ih) e Ländereien zu kultivieren beabsichtigten und dadurch die Gefahr blutiger Zus a umenstöße akut wurde, zusammensetzten, um eine Art Waffenstillstand zu schließen, dessen Verletzung streng geahndet werden sollte. 183 Bei den Sema gehöit es zur Tätigkeit des alcekao, den Zeitpunkt für das jährliche Aushauen der W ege bekanntzugeben, während der pehuma der Angami die Dorfversammlung zu leiten hat. 1 8 4 Weitere Aufgaben obliegen dem Zeremonialvorsteher bei der Einhaltung resp. Durchführung der mit der agrarischen Produktion verbundenen Gennas sowie bestimmter Zeremonien anläßlich der Verdienstfeste und anderer gesellschaftlicher Ereignisse. 185 I n der Literatur wird besonders der Institution des politischen Vorstehers in den Gemeinwesen der Naga Beachtung geschenkt. Ursache dessen ist die Tatsache, daß diese Art Vorsteher in bestimmten Gemeinwesen — vor allem bei den Sema, Chang und Konyak — einen relativ großen Einfluß auf die Geschicke der Gemeinschaft ausüben. Da diese Tatsache aber kaum als charakteristische Erscheinung einer bestimmten Phase des historischen Prozesses der territorial ökonomischen Erschließung des Landes 1 8 6 betrachtet wird, finden sich Interpretationen, wie: „Der gesteigerte Einfluß und die Eroberungslust der Häuptda er als „the vessel of the village's 'virtue'" angesehen wird - „anything affecting him affects the whole community" (v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F / M I L L S , 1936, p. 923; s. a. M I L L S , 1922, p. 122). Waren also beide, Tevo wie „chief", auch maßgeblich an der Dorfgründung beteiligt, so darf man die Verschiedenheit ihrer Aufgaben dabei nicht unbeachtet lassen. 183 M I L L S , 1 9 3 7 a , p .

139.

1921a, p. 216; P R A I N , 1887, p. 480. Sema - H U T T O N , 1 9 2 1 A , p. 2 1 6 ; Angami — H U T T O N , 1 9 2 1 , p. 1 8 7 ; v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 4 7 , S. 36f.; Rengma — M I L L S , 1937a, p. 140; Konyak — v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 4 1 , S. 2 0 , S. 9 2 ; Lhota - M I L L S , 1 9 2 2 , p. 1 2 1 ; Sangtam - S T O N O R , 1 9 5 0 , S. 4 , S. 6 ; Manipur-Naga — H O D S O N , 1 9 1 1 , p. 1 4 1 ; H O D S O N , 1 9 0 1 , p. 3 0 7 ; S H A K E S -

184 H U T T O N , 185

PEAR, 1 9 1 2 , p .

186

10»

69;

Burma-Naga — de G O L I S H , 1958, p. 25; In verschiedenen Gemeinwesen obliegen einige dieser Zeremonien anderen, speziell dazu befähigten Personen (S. Teil I I I / l — S. 150f.). Zweifellos ist die Persönlichkeit des jeweiligen politischen Vorstehers nicht ohne Bedeutung. Je nach der Qualität seiner geistigen und körperlichen Fähigkeiten — v o m Grade des bewußten Eindringens in die gesellschaftlichen Zusammenhänge 147

linge (gaben) d e n A n s t o ß zu d i e s e m A n w a c h s e n der Macht u n d Kolonisationstätigkeit des S t a m m e s " (der Sema, W . H . ) 1 8 7 , u n d : „The Sema p o l i t y is parti cularly suited t o colonization" 1 8 8 , oder: Die Chang stehen „unter D o r f h ä u p t lingen, was sie in Verbindung mit ihrem kriegerischen Charakter zu erfolgreichen Eroberern prädestiniert". 1 8 9 Werden in diesen Fällen die Kolonisationstätigkeit u n d die E n t w i c k l u n g eines „autokratischen" H ä u p t l i n g s t u m s auf eine besondere Veranlagung der politischen Anführer 1 9 0 oder gar den „kriegerischen Charakter" eines S t a m m e s zurückgeführt so sieht V A Y D A in den unter ähnlichen Voraussetzungen erfolgten territorialen Eroberungen in der Geschichte der neuseeländischen Maori die unmittelbare politische Auswirkung ihres Brandrodungsbodenbaus. 1 9 1 Aufschlußreicher als Erörterungen dieser Art dürfte die Beachtung jenes Quellenmaterials sein, das der in besonderer Weise exponierten Stellung des politischen Vorstehers in d e n Gemeinwesen der Sema u n d Chang einen deutlichen historischen Aspekt verleiht. H T J T T O N charakterisiert die besondere politische Situation, in der sich in der Periode der territorialökonomischen Erschließung des Landes ein eben gegrün-

des vor sich gehenden historischen Prozesses (vgl. G R U N D L A G E N der Marxistischen Philosophie, 1959, S. 670) k a n n hier noch nicht die R e d e sein — ist es i h m in größerem oder geringerem Maße möglich, die E n t w i c k l u n g des Gemeinwesens, d e m er vorsteht, positiv oder auch n e g a t i v zu beeinflussen, das Wohlergehen der Gemeinschaft m e h r oder m i n d e r erfolgreich zu sichern. M I L L S (1926 a, p . 28; s. a. H T J T T O N , 1921a, p. 150) r ü c k t einerseits generalisierend d e n Grad individueller Machtbefugnis des politischen Vorstehers innerhalb seines Gemeinwesens in den Vordergrund („A chief is more or less absolute in his village, especially if h e be a m a n of strong character."), belegt aber andererseits m i t d e m oben geschilderten Waffenstillstand zwischen Tseminyu u n d Tesophenyu die positive Rolle der politischen Vorsteher dieser beiden Gemeinwesen. Gleichzeitig liefert die Geschichte des Dorfes Tseminyu aber a u c h Beispiele negativer Auswirkungen der Tätigkeit b e s t i m m t e r politischer Vorsteher auf die Dorfg e m e i n s c h a f t : Die d e m Tepinyu Clan e n t s t a m m e n d e n Vorsteher „began t o rule so b a d l y t h a t bodies of t h e m e n left t h e village", bis schließlich ein M a n n des Khinzonyu Clans das A m t ü b e r n a h m . Aber schon n a c h sieben J a h r e n w u r d e er wegen grober Verstöße gegen die allgemeinen Verhaltensnormen wieder abgesetzt (s. M I L L S , 1937a, p. 138). Als eine starke Persönlichkeit erwies sich z. B. a u c h ein M a n n n a m e n s Yimsingangba a u s dem Ao-Dorf U n g m a , der sich i m Laufe der J a h r e zu einer A r t R i c h t e r aufgeschwungen h a t t e (s. M I L L S , 1926, p p 192— 193). 187

v. FÜRER-HAIMENDORF, 1933, S. 38.

Der A u t o r stellt zwar die Frage, „ob die s t a r k e Ausbreitung der S e m a in den letzten 250 J a h r e n mit den d a d u r c h b e d i n g t e n f o r t w ä h r e n d e n Kriegen u n d h ä u figen K o l o n i e n g r ü n d u n g e n Tlas H ä u p t l i n g s t u m h e r v o r g e b r a c h t h a b e n , da sich die Notwendigkeit einheitlicher F ü h r u n g ergab", h ä l t jedoch einen solchen Z u s a m m e n h a n g f ü r wenig wahrscheinlich. 188 H U T T O N , 1921a, p. 8; s. a. H U T T O N , 1932, p. 4 (über die Chang). 189

KAUFFMANN, 1944, S.

190

S. a. v.

191

VAYDA, 1961, p .

148

324.

FÜRER-HAIMENDORF, 348.

1937a, S. 654;

HUTTON,

1921a, p. 386.

detes Gemeinwesen befindet, mit den Worten: „Such a community would occupy and hold its village and land by force and in the face of opposition from some previously established and more numerous community" und erklärt damit zugleich die „privilegierte" Position des politischen Vorstehers. 1 9 2 Weiter schreibt er: „In the course of time all sorts of complicated relations arise within the village, particularly where the ability to throw off colonies has ceased." 193 Auch M I L L S stellt fest, daß „it is in the newer villages (to the east of the Sema country, W. H.) t h a t one finds it (the chieftainship, W. H.) in its purest form". I n den schon seit Generationen bestehenden Dörfern im Westen, vor allem im Tal des Dayang, wo alles kultivierbare Land seit langem unter die Gemeinwesen aufgeteilt, mit anderen Worten, wo der Prozeß der territorialökonomischen Erschließung des Landes beendet ist, hat die innere Entwicklung ein Stadium erreicht, in dem von den einstigen „Privilegien" des politischen Vorstehers kaum noch etwas spürbar ist.19'* Die gleiche Tendenz ist in den Dörfern der Chang zu beobachten. 1 9 5 I m Prozeß der politischen und ökonomischen Festigung des jungen Gemeinwesens entwickelt sich ein zunächst anscheinend lose gefügtes, beratendes Gremium erfahrener Männer zur festen Institution des Dorf rates. Für die Mehrzahl der Stammesgebiete belegen die Quellen ein Nebeneinanderbestehen der Institutionen des politischen Vorstehers und des Dorfrates 1 9 6 , so daß es durchaus begründet ist, darin eine allen Naga-Gemeinwesen in einem bestimmten Stadium ihrer historischen Entwicklung eigene Erscheinung zu sehen. 197 Die Eigenheiten der Institutionen der Dorfgemeinschaft bei den Ao, den Angami und den Eastern Rengma bezeugen eine fortgeschrittenere Phase im Konsolidierungsprozeß der dörflichen Gemeinwesen. I n der "Übernahme der 1921a, p. 386. 1921a, p. 148 (Hervorhebung v o n mir, W. H.). M I L L S , 1926a, p. 28; s. a. H U T T O N , 1921a, pp. 149-150. K A U F F M A N N , 1944, S. 326; M I L L S , 1926a, p. 28; M I L L S , 1935c, p. 144. Lhota - M I L L S , 1922, p. 96; Western Rengma — M I L L S , 1937 a, p. 138; Northern Sangtam — M I L L S , 1935b, p. 143; Burma-Naga — de G O L I S H , 1958, p. 25; Sema - H U T T O N , 1921a-, p. 1 5 0 , p. 1 5 2 ; Chang - M I L L S , 1935c, p. 144; K A U F F M A N N , 1944, S. 325; Konyak — v. F Ü R E B - H A I M E N D O B F , 1938, p. 357. Daß sich die entsprechenden Angaben auf unterschiedliche Zeiträume beziehen, findet in der in den einzelnen Stammesgebieten nicht gleichzeitig erfolgten Beendigung des Erschließungsprozesses (s. Teil 1/1 — S. 37f.; vgl. a. Teil II/2 — S. 72f.) seine Erklärung. Inwieweit die selbständige Institution sowohl des politischen als auch des Zeremonialvorstehers eines Gemeinwesens unter besonderen Bedingungen als eine spzielle Funktion in die Institution des Dorfrates eingehen kann, ist aus den Quellen nicht zu erschließen. Sollten Fälle dieser Art existieren, wären sie stets als historisch bedingte Erscheinungen zu werten.

192 H U T T O N , 193 194

*95

196

197

HUTTON,

149

Manipuri-Bezeichnungen für die administrativen Einrichtungen der Dorfgemeinschaft kommt ebenso wie in der Schaffung der besonderen Institutiön des larnbu198 in den Gemeinwesen der Manipur-Naga die nachhaltige Beeinflussung seitens des Feudalstaates der Meithei zum Ausdruck. 199 In den Gemeinwesen der Thendu Konyak fungiert als politischer Vorsteher ein Mann, der ang, dessen Eltern in der Regel 2 0 0 beide dem gleichen Clan entstammen sollen. 201 Nicht in jeder Dorfgemeinschaft ist die Stellung des Ang die gleiche. 202 Auf Grund der Konzentrierung verschiedener politischer und sozialer Pflichten und Rechte in der erblichen Funktion der politischen Vorsteher der Dorfgemeinschaften von Mon, Chi und einigen anderen bezeichnen H U T T O N und v. F Ü B E B H A I M E N D O R F die Angs dieser Dörfer als „autokratische Häuptlinge". 2 0 3 Die Herausbildung dieser Institution bei den Thendu Konyak wird verschiedentlich auf das Wirksamwerden nagafremder Elemente — ähnlich der Beeinflussung der Manipur-Naga durch die Meithei — zurückgeführt. 204 Neben der historisch bedingten Modifikation der Institutionen verleiht die häufig variierende Verknüpfung gewisser Funktionen — speziell aus dem zeremonialen Bereich — mit bestimmten Personen dem Bild der in den Grundzügen einheitlichen Organisation der Naga-Dorfgemeinschaft in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine besondere Farbigkeit. Während so z. B . im Konyak-Dorf Wakching die der landwirtschaftlichen Produktion dienenden Zeremonialaufgaben von bestimmten nienbua (Mitgliedern des Dorfrates) erledigt werden 205 , gehören sie bei den Lhota, den Ao und den Manipur-Naga zu den Obliegenheiten der Zeremonialvorsteher. 206 Bei den Sema gibt der Zeremonialvorsteher zwar den Auftakt zur Aussaat, der feierliche Erntebeginn jedoch wird vom amthao vollzogen. 207 Bei den Angami und den Rengma existieren mit dem „Ersten Säer" 2 0 8 und dem „Ersten Ernter" 198 D e r lambu ist ein des Manipuri kundiger Mann, der für die Beziehungen zu staatlichen Einrichtungen Manipurs zuständig ist. S. HODSON, 1 9 1 1 , p p . 7 9 - 8 0 .

Ausnahmen bilden die Angs von Oting und Hungphoi, denn nur ihre Väter gehörten dem Ang Clan an (s. v. FÜRER-HAIMENDORF, 1941, S. 15).

200

201 P B A L ,

1893,

pp. 2 5 4 - 2 5 5 ;

v. FÜRER-HAIMENDORF,

HUTTON,

1921, p. 385,

n. 2 ;

MILLS, 1 9 2 6 A , p.

31;

1 9 4 1 , S. 15 .

Vgl. hierzu Teil I I I / 3 - S. 2 1 5 ff. 202

V -

FÜRER-HAIMENDORF, 1 9 3 8 , p . 3 5 0 , p. 3 5 3 ; v . FÜRER-HAIMENDORF, 1 9 4 1 , S. 1 5 ;

HUTTON,

in:

MILLS, 1 9 2 2 ,

p. x x x i , n.

1.

S. HUTTON, 1 9 2 9 , p. 2 0 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 3 3 , S. 3 8 ; v .

203

DORF, 1 9 3 4 , S. 4 3 7 ; v. FÜRER-HAIMENDORF,

FÜRER-HAIMEN-

1 9 4 1 , S. 6.

(1926a, p. 32) und v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F (1934, S. 4 3 7 ; v . F Ü R E R HAIMENDORF, 1941, S. 81) nehmen zu diesem Problem unterschiedliche Standpunkte ein. S. Teil I I I / 3 - S. 215 ff.

SO* M I L L S

205

S. v. FÜRER-HAIMENDORF, 1 9 3 8 , p. 3 5 6 ;

206 M I L L S , 1 9 2 2 , p . 4 8 , p . 5 3 ; 2

MILLS,

1926,

«? HUTTON, 1 9 2 1 a , p . 2 2 2 , p p . 2 1 6 - 2 1 7 .

208 Nur bei den Eastern Rengma.

150

v. FÜRER-HAIMENDORF, p. 114,

p. 122;

HODSON,

1 9 4 1 , S. 9 5 . 1911,

p.

168.

sogar zwei weitere selbständige Zeremonialeinrichtungen der Dorfgemeinschaft. 2 0 9 I n den Gemeinwesen der Manipur-Naga, der Angami, der Rengma, der Lhota, der Ao und der Burma-Naga üben bestimmte Personen die Funktion eines „Wahrsagers" oder „Heilkundigen" aus, der im Unterschied zum Zeremonialvorsteher nicht die die Gemeinschaft, sondern Einzelpersonen resp. einzelne Familien betreffenden Gennas durchführt oder dabei behilflich ist. 2 1 0 I n den Dörfern jener Stämme, bei denen die Tatauierung als sichtbares Zeichen für bestimmte soziale Zustände gilt, ist das Amt der Tatauiererin eine — wenn auch untergeordnete — Institution der Dorfgemeinschaft, denn, wie S M I T H schreibt, „in each village there is generally only one woman who does this work". 211 Einige andere, spezielle Institutionen sind in ihrem Vorkommen auf die Dorfgemeinschaften weniger Stämme, gewöhnlich sogar nur eines Stammes, beschränkt, wie z. B. der „Bestatter" bei den Sema und den Western Rengma, der „Fleischverteiler" bei den Lhota und Sema und einige andere. 212 Die Khelgemeinschaft Wie bereits erwähnt wurde, kamen die seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts in die Naga-Berge vordringenden Europäer zunächst mit den politischen Institutionen der Naga-Gesellschaft in Berührung. Daß dieselbe auf den dörflichen Gemeinwesen beruhte, war selbst bei temporärem, oberflächlichem K o n t a k t relativ leicht festzustellen. 2 1 3 Die Errichtung von Militärposten in einigen .Stammesgebieten jedoch brachte für die Europäer längere Aufenthalte in den 1921, p. 189, p. 200; v. F Ü B E B - H A I M E N D O B F / M I L L S , 1936, S. 932f.; 1937a, p. 84, p. 88, p. 141. H O D S O N , 1911, pp. 140-141; H U T T O N , 1921, pp. 188-189; M I L L S , 1937a, pp. 171-172; M I L L S , 1922, p. 79, pp. 133-136; M I L L S , 1926, p. 244; D B W A B , 1935, p. 154,

209 H U T T O N , MILLS, 210

SMITH. 1 9 2 5 , p . 2 1 . S. a . MILLS, 1 9 2 6 , p . 31 ;

KAUFFMANN, 1939, S. 2 1 6 ;

PEAL, 1893, p . 2 4 7 ; v . FÜBEB-HAIMENDOBF, 1947, S. 212

„Village

burier"

-

HUTTON,

KAOTFMANH, 1944, S.

333;

134.

1921 a, pp. 2 1 7 - 2 1 8 ;

MILLS,

1937a,

pp.

141-142;

„meat divider" - M I L L S , 1922, p. 126; 'nchuko = „hearth-bringers" (bei den Lhota) -

MILLS, 1922, p .

HUTTON,

1921a, p. 219;

126;

wokehung = „pig-killer" (bei den Lhota) -

MILLS, 1 9 2 2 , p .

126;

tegwo kebogü — „toucher of luck stones" (bei den Western Rengma) - M I L L S , 1937a, p. 1 4 1 ; pitsu = der älteste Mann des Dorfes, dem in Notfällen besondere Zeremonialaufgaben obliegen (bei den östlichen Angami) -

HUTTON, 1921, p.

188.

Bei den Lhota und den Sema gibt es ferner die Institutionen des yenga (Gehilfen) resp. des mishilitha (Stellvertreters) des jeweiligen Zeremonialvorstehers (s. M I L L S , 1922, p. 126; H U T T O N , 1921a, p. 216). 21 3 S. Teil I I I / l - S. 137. 151

Bergen mit sich, während derer sie neue Seiten des Lebens der Naga kennenlernten. Beim Betreten größerer Siedlungen sowohl der Angami als auch der nördlichen Konyak fiel ihnen beispielsweise auf, daß die Häuser gewöhnlich zu regelrechten Dorfvierteln gruppiert und diese Dorfteile nicht selten durch einen Graben oder gar eine Steinmauer deutlich voneinander getrennt waren. 2 1 4 Es zeigte sich bald, daß einer solchen Aufgliederung der Siedlungen in sogenannte Khels bestimmte gesellschaftliche Aspekte zugrunde liegen, deren Vielfalt in den unterschiedlichsten Ansichten der Naga-Forscher ihren Ausdruck findet. H U T T O N ist der Auffassung, daß das assamesische Wort khel ursprünglich die exogame Einheit der Ahom-Gesellschaft bezeichnete und deshalb von einigen Autoren 215 für eine exogame Einheit bei den Angami (thino) verwendet worden sei. Auf Grund der Tatsache, daß ein Thino ein eigenes „Viertel" in den AngamiDörfern bewohnt, werde bei anderen Stämmen auch „the part of a village grouped for purposes of administration under a particular headman" als khel bezeichnet. Da ein solches Khel aber „no reference to tribal division" habe, entspräche der Terminus nicht dem thino der Angami, weshalb er ihn aus seiner Angami-Monographie bewußt eliminiere. 216 Den Forschungen G A I T S zufolge geht die Bezeichnung khel jedoch auf administrative Einheiten der Ahom-Gesellschaft zurück 217 , und in der heutigen assamesischen Dorfgemeinde ist das Khel eine Sub-Einheit derselben, „which may include persons belonging to different castes". 218 Gewöhnlich fußen die verschiedenen Ansichten über das Khel auf dem konkreten Material nur eines Stammes. So sieht M I L L S in dem Khel der Lhota „nothing more than a convenient division of a village in which men of various clans live", im Khel der Ao dagegen die eigentliche „social unit". 2 1 9 Der Feststellung über das Khel in den Lhota-Dörfern entspricht H U T T O N S Charakterisierung des asah der Sema. 220 G O D D E N , G A I T und C R O O K E sind der Auffassung, daß nicht das Dorf, sondern das Khel „the unit of Angami society" sei. 221 v. F Ü E E E - H A I M E N D O K I ' schreibt 1 9 3 3 in seiner Arbeit „Staat und Gesellschaft bei den Naga": „Was die innere Struktur der Dörfer anbelangt, finden wir bei den meisten Nagastämmen eine eigentümliche Erscheinung. Jedes Dorf ist hier in 214 S . B U T L E R , 1 8 7 5 , p . 3 1 8 ; W O O D T H O E P E , 1 8 8 2 , p . 6 3 ; P B A I N , 1 8 8 7 , p . 4 7 7 ; 1887, p. 3 6 1 ; PEAL, 1893, p. 259; PEAL, 1893a, p.

WATT,

251.

215 G O D D E N , 1 8 9 8 , p . 2 3 ; G A I T , 1 9 0 3 , p . 2 0 7 ; C B O O K E , 1 9 0 7 , p . 3 9 . S. a. DAVIS, 1898, p.

60.

216 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 1 1 3 , n . 4 ; s . a . H U T T O N , 1 9 2 1 a , p . 1 2 2 , n . 1 . 217 G A I T ,

1926, pp. 2 3 9 - 2 4 0 .

218 G O S W A M I ,

1954, p.

27.

219 M I L L S , 1 9 2 2 , p . 2 4 ; M I L L S , 1 9 2 6 , p .

220

176.

p. 7 4 ) schreibt über die Ao: „In war the village is the unit, in social matters the 'khel' or ward, into two or more of which most villages are divided." H U T T O N , 1921a, pp. 121—122. RICHARDS

(1927,

221 S. Anm. III/215. 152

mehrere Viertel geteilt, . . . Diese Khels sind rein geographische Begriffe und von den Klans streng zu trennen." Gleichzeitig weist er darauf hin, daß, „wo Khels groß sind, sie die Tendenz zeigen, sich selbständig zu verwalten". 222 1941 trifft er hinsichtlich der Verhältnisse bei den Konyak die Feststellung: „Eng verbunden mit dem Morung-System 223 ist die Teilung des Dorfes in mehrere 'Khels', welche, obgleich nicht überall von einander sichtbar abgegrenzt, soziale und vielfach auch politische Einheiten sind, zwischen denen es manchmal sogar zu Kämpfen kommt." 2 2 4 M A J U M D A R schließlich vertritt die Meinung, die Naga-Stämme seien „organized into Khels or territorial units which function as social and political groups". 2 2 5 Die eindeutige Aussage des Faktenmaterials führt jedoch eine solche

A b b . 12. D a s Ao-Dorf K h a r i m i t seinen deutlich v o n e i n a n d e r a b g e g r e n z t e n K h e l s (MILLS)

Überbewertung des Khels — bei gleichzeitiger völliger Negierung der Dorfgemeinschaft — ad absurdum. Schließlich seien aber noch einige bemerkenswerte Gedanken W . H . F U R N E S S ' aufgegriffen. In seiner kurzen Studie „The Ethnography of the Nagas of Eastern Assam" heißt es: „Although the villages seem to be the units of the tribal life, there are yet smaller divisions within the villages themselves. . . . These are the khels or wards into which the village is divided." 226 222 v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

1933, S. 36.

223 s . Teil I I I / l - S . 164ff. 22

'' v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 4 1 , S .

100.

225 M A J U M D A R , 1 9 6 1 , p . 1 4 3 . 226 F U R N E S S , 1 9 0 2 , p . 4 4 6 .

153

Das Khel Oftmals nur anhand der Erwähnung gewisser, mehr oder weniger deutlich voneinander getrennter Häusergruppierungen nachweisbar 227 , läßt sich die räumliche Gliederung der dörflichen Siedlungen in Khels ausnahmslos für alle Stämme der Naga belegen. 228 Daß es sich bei den Khels um territorial begrenzte Siedlungsteile handelt, wird durch eine fast immer vorhandene, sichtbare Begrenzung unterstrichen. In verschiedenen Dörfern der Angami, aber auch der Kalyo-Kengyu und im Chang-Dorf Tuensang ist diese Begrenzung zu einer regelrechten Fortifikation ausgebaut. 2 2 9 In der Mehrzal der Fälle mag — wie M I L L S es von den Ao und den Lhota berichtet 230 — ein Streifen von jeglicher Bebauung freien Geländes die Begrenzung ausmachen. I m Kalyo-Kengyu-Dorf Pangsha erfüllt eine natürliche Schlucht den gleichen Zweck. 2 3 1 M I L L S vermerkt, daß bei Ausbruch eines Feuers in einem der Khels eine Begrenzung dieser Art zu einer wirksamen Schutzvorrichtung werden kann. 2 3 2 In Noklak (Kalyo227

So spricht P E A L (1893a, p. 2 5 1 ) im Zusammenhang mit der Aufzählung der Männerhäuser des Konyak-Dorfes Banpara beispielsweise von „the smaller half of the village which is divided by a deep khud", während v. F Ü R E R - H A I M E N D O B P (1947, S. 1 8 1 ) von seinem Marsch in das Gebiet der Kalyo-Kengyu berichtet: „Nun sehen wir auch, daß Pangsha aus drei Khels besteht, von denen einer durch eine tiefe, von Dschungel erfüllte Kluft von den anderen getrennt ist" (s. a. v. FÜRER-HAIMENDORF,

228

1937,

S. 879).

v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F (1941, S. 100) stellt die „Teilung der Dörfer in 'Khels'" bei den Sema in Abrede, „da dort jedes Dorf von einem autokraten Häuptling regiert wird und daher eine geschlossenen Einheit bildet". H U T T O N (1921a, p. 121) belegt jedoch die Existenz von Khels (Sema: asah\) anhand der SemaDörfer Lochomi, Natami, Sishimi und Seromi (s. a. K A U F F M A N N , 1966, S. 568, Anm. 5). Weitere Belege: Konyak — v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1938,p. 370; v. F Ü R E R - H A I M E N DORF, 1 9 4 1 , S . 13, S . 1 0 0 ; HUTTON, 1 9 2 9 , p . Ao

-

MILLS, 1 9 2 6 , p. 8 2 ; SMITH, 1 9 2 5 , p .

22;

61;

Phom Chang Kalyo-Kengyu Sangtam

- K A U F F M A N N , 1944, S. 321; - H U T T O N , 1929, pp. 4 7 - 5 0 ; — v. F Ü R E R ' - H A I M E N D O R F , 1937, S. 881; - K A U F F M A N N , 1939, S. 219; H U T T O N , 1921 a, p. 169;

Lhota Rengma Angami Tangkhul übrige Manipur-Naga

- M I L L S , 1922, p. 24; — M I L L S , 1937a, pp. 5 5 - 5 6 ; F U R N E S S , 1902, p. 448; — v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1947, S. 32; - W A T T , 1887, p. 367; — H O D S O N , 1 9 1 1 , p. 7 1 ; H O D S O N , 1 9 0 1 , p. 3 0 4 , p. 3 0 9 .

HUTTON, 1929, p.

45;

229 B U T L E R , 1 8 7 5 , p . 3 1 8 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 3 7 , S . 8 7 8 ; v . DORF, 1 9 4 7 , S . 2 0 0 , S . 1 7 5 ; HUTTON,

1929, p. 49.

230 M I L L S , 1 9 2 6 , p . 8 3 ; M I L L S , 1 9 2 2 , p . 2 4 . 231

v. FÜRER-HAIMENDORF, 1947, S.

232

MILLS, 1926, p.

154

83.

181.

FÜRER-HAIMEN-

Kengyu) ist die Begrenzung der Khels — sieht man von den Befestigungsanlagen ab — mit der Hauptstraße identisch, und in Banpara (Konyak) besteht sie aus „a deep khud (Graben, Bodensenke; W. H.) whence water is obtained from natural springs". 233 I n den Dörfern der Western Rengma, aber auch in den meisten Konyak-Siedlungen soll es keinerlei Markierungen für die Begrenzung der Khels geben. Daß „the boundaries on the ground" trotzdem genau bekannt sind, erhellt aus der Mitteilung MILLS', daß „it is known in what 'khel' any given house stands". 2 3 4 So erweisen sich das Khel als Teil der dörflichen Siedlung und eine genau definierbare Gruppe von Häusern als sein materieller Gehalt. Angeblich sollen die Khels in den Dörfern der östlichen Angami von der allgemeinen Regel abweichen, v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F und M I L L S schreiben: „Kehl(s) in an Eastern Angami village are not local units as they are among the Western Angami", und K A U F F M A N N erläutert dies mit den Worten: „So mag es etwa in einem Dorf von vier Khels Haushaltungen dieser vier Khels in allen Teilen des Dorfes geben. Woraus hervorgeht, daß sich der NagaBegriff 'Khel' durchaus nicht unbedingt mit unserem Begriff 'Dorfviertel' decken muß." 2 3 5 Worauf begründet sich dieser vermeintliche Unterschied? v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F und M I L L S schildern, wie in Pfesa-chadumi ein Mann namens Pokri aus seinem Khel (Chitutsumi) in das Rohotsumi Khel überwechselte. Als Grund, weshalb „he did not move his house", führen die Autoren an, die Khels seien hier keine lokalen Einheiten. Pokri gab seine Absicht, dem Rohotsumi Khel angehören zu wollen, kund und dokumentierte schließlich „his new allegiance by accepting a share of meat at funerals in t h a t khel, and refusing a share of the funeral feasts of his own khel"236. Diese Form eines Khel„wechsels" ist jedoch nicht auf die Dörfer der östlichen Angami beschränkt. Authentisches Material aus den Gerichtsakten des Deputy Commissioner's Court in Kohima auswertend, erwähnt K A U F F M A N N , daß einst im Tengima AngamiDorf Khonoma der Kotsoma Clan das Thevoma Khel verließ, um sich im Merhema Khel niederzulassen. „Vor etwa 20 Jahren t r a t der Kotsoma-Clan wieder dem Thevoma-Khel bei, jedoch ausdrücklich nur nominell. . . . Vor zirka acht Jahren nun siedelte der Huisonoma-Unterclan des de facto im Merhema-Khel verbliebenen Kotsoma-Clans mit Häusern und Rindern nach dem ThevomaKhel über. . . . Zwei Männer des Huisonoma-Unterclans, . . ., verlegten ihre Häuser aus dem Merhema-Khel nicht weg." 237 So ergibt sich 1936 auch für das Dorf Khonoma die Situation, daß Haushaltungen zumindest des Thevoma Khels in zwei Teilen des Dorfes — im Thevoma Khel selbst, aber auch im Merhema Khel — existieren! Folglich dürfte diese „Delokalisierung" der Khels eine

. FÜBEB-HAIMENDOBF,

1947,

S.

175;

PEAL,

1893a, p. 251.

233

V

W

MILLS, 1 9 3 7 a, p .

233

V. F Ü R E R - H AIMENDORF/MILLS, 1 9 3 6 , S. 9 2 6 ; K A U F F M A N N , 1 9 5 0 , S . 7 4 .

55.

S. a. FUBNESS, 1 9 0 2 , p. 4 4 6 ; v . FÜBEB-HAIMENDOBF, 236 237

V

. FÜRER-HAIMENDORF/MILLS,

KAUFFMANN,

1938, p.

353.

1936, S. 926.

1950, S. 74—75 (Hervorhebung von mir, W. H.).

155

gesamt-angami Erscheinung sein, die sich ohne die Beachtung bestimmter gesellschaftlicher Aspekte kaum erklären läßt. Die Khelgemeinschaft als Sub-Einheit der Dorfgemeinschaft Mag das Khel auch zunächst als eine bloße Ansammlung von Häusern, als ein „Viertel" der Siedlung, erscheinen, seine eigentliche Bedeutung liegt jedoch darin begründet, daß es Wohnbezirk einer Gruppe Menschen, eines Teils der Dorfgemeinschaft ist. Diese in einem Khel lebende Gruppe Menschen bildet eine historisch entstandene Gemeinschaft, die wir analog der umfassenderen, in einem Dorfe lebenden Dorfgemeinschaft als Khelgemeinschaft bezeichnen wollen. Die Konstituierung einer Khelgemeinschaft war stets Folge bestimmter historischer Ereignisse in der Entwicklung der jeweiligen Dorfgemeinschaft. 238 Zieht man die strikte Beachtung des Exogamiegebots in Betracht, so darf man annehmen, daß die Entstehung von mindestens zwei Khelgemeinschaften mit der Zugehörigkeit des Dorfgründerkollektivs zu wenigstens zwei unterschiedlichen Clans oder mit der Herkunft dieses Kollektivs aus verschiedenen Muttersiedlungen verbunden ist. 2 3 9 So heißt es im Konyak-Dorf Wakching z. B., daß zwei der insgesamt fünf Khels, nämlich das Oukheang und das Balang, „angeblich gleich bei der Dorfgründung gebaut wurden" 240 . Das Thepong und das Baia Khel entstanden „erst später, als die Zahl der Bewohner anwuchs" 241 . So demonstriert die Geschichte Wakchings anhand der Gründung der beiden letzten Khels zugleich auch die zweite historisch bedingte Möglichkeit des Entstehens von Khelgemeinschaften. Die Khelgemeinschaften Awomi und Ayemi des Sema-Dorfes Seromi gehen gleichfalls auf die Zeit der Gründung der Siedlung zurück. 242 Wanderte in der Periode der territorialökonomischen Erschließung des Landes eine größere, geschlossene Gruppe zu, und konnte sie — aus welchen Gründen auch immer — nicht in die bestehenden Khelgemeinschaften eingegliedert werden, kam es wohl in der Regel zur Bildung einer neuen Khelgemeinschaft. So berichtet MILLS, daß die Chongli Khelgemeinschaft des Ao-Dorfes Changki „consists of people who fled from Changbang when it was taken by the Lhotas" 243 . Die Frage, ob sich das Nebeneinanderbestehen von Chongli und Mongsen Khelgemeinschaften in einer Anzahl von Ao-Dörfern 244 generell auf ähnliche historische Ereignisse zurückführen läßt, muß hier offenbleiben. Einen weiteren Beleg für die dritte Variante bietet aber noch das Konyak-Dorf Tamlu: Die Vorfahren einer Khelgemeinschaft 238

Einen Versuch, die „Teilung der Dörfer in Khels" unternimmt

v.

FÜRER-HAIMENDORF

(1933,

239 s. Teil III—S.117f. 240

V

. FÜRER-HAIMENDORF,

1941,

S.

85—86.

241

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1941,

S.

77.

242 HUTTON, 1 9 2 1 a , p. 1 2 1 , p. 129. 2 « MILLS, 1926, p. 26, p. 2«

MILLS, 1 9 2 6 , p. 3, p.

156

82.

82.

S.

36).

kulturhistorisch zu erklären,

wanderten aus Tanhai zu. 245 Schließlich seien auch die Northern SangtamDörfer Chare und Yazathu genannt, in denen eine spezielle Ao- resp. SemaKhelgemeinschaft existiert. 2 4 6 Die Angaben über die Größe der Khelgemeinschaften sind äußerst spärlich, lassen jedoch erkennen, wie sehr diese Sub-Einheiten in ihrer Stärke differieren können. So bestehen die Khelgemeinschaften Wakchings (Oukheang, Balang, Angban, Bala, Thepong) aus 40 resp. 41, 42, 45 und 82 Haushalten, während sich die Bilaeshi Khelgemeinschaft des insgesamt reichlich 700 Häuser zählenden Chang-Dorfes Tuensang aus über 200 Haushaltungen zusammensetzt. 2 4 7 Die Haushaltungen, die elementaren Bestandteile einer jeden Khelgemeinschaft, umfassen gewöhnlich ein Ehepaar, dessen zwei oder drei Kinder und eventuell ein Verwandtes eines der Eheleute. 2 4 8 Da bei der Gründung einer Familie die Clanorganisation infolge des herrschenden Exogamiegebots als oberstes gesellschaftliches Regulativ fungiert, übt sie auch auf das Zusammenwirken der Haushaltungen einer Khelgemeinschaft einen nicht zu übersehenden Einfluß aus, der am intensivsten in jenen Fällen ist, wo alle männlichen Mitglieder einer Khelgemeinschaft dem gleichen Clan angehören, wie beispielsweise in den Dörfern Kotsoma (Western Rengma), Tsingaki (Lhota) und Choha (Konyak). 2 4 9 I n der Literatur findet diese Erscheinung in der Untersuchung der clanmäßigen Zusammensetzung der Khelgemeinschaften nur andeutungsweise Berücksichtigung. 250 Die Zahl der Khelgemeinschaften variiert in den einzelnen Dörfern beträchtlich. I n den schon genannten Sema-Dörfern existieren nur zwei Khelgemeinschaften, ebenso im Kalyo-Kengyu-Dorf Noklak. I n den Konyak-Dörfern Longkhai und Wakching gibt es drei resp. fünf, im Chang-Dorf Tuensang vier, in den Angami-Dörfern Kigwema und Kohima vier resp. sieben und in den Western Rengma-Dörfern Tseminyu und Tesophenyu fünf resp. neun Khelgemeinschaften. 251 Den Umstand, daß die Khelgemeinschaften in verschiedenen Dörfern der Angami, der Kalyo-Kengyu und eventuell auch in dem Chang-Dorf Tuensang in der Vergangenheit das Territorium ihrer Wohnbezirke mit Fortifikationssystemen umgeben hatten 2 5 2 und Augenzeugen und Gewährsleute über feind245

V

. FÜRER-HAIMENDORF, 1941, S. 4.

2« Chare Yazuthu

-

HUTTON, HUTTON,

1929, p. 44; 1929, p. 68.

KAUFFMANN,

1944, S. 210;

V g l . a. KAUFFMANN, 1939, S. 2 1 9 .

2« v.

FÜRER-HAIMENDORF,

1941, S. 14;

218 S . v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

1921, p. 55;

HUTTON,

1941,

1921a, p. 65;

249 F U R N E S S , 1 9 0 2 , p . 4 4 8 ;

HUTTON,

S. 13,

S. 14;

SMITH,

MILLS, 1 9 2 2 , p. 2 4 ;

1929, pp. 4 7 - 4 8 . HODSON,

1911,

p. 70;

HUTTON,

1925, p. 49. v. FÜRER-HAIMENDORF, 1941, S. 86.

250 V . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 3 8 , p . 3 5 3 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 4 1 , S . 1 3 , S . 1 4 ,

S. 77, S. 82; F U R N E S S , 1902, p. 448; M I L L S , 1926, p. 3; M I L L S , 1937a, p. 56. 1921a, p. 121; v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1947, S . 175; v. F Ü R E R - H A I MENDORF, 1941, S . 82, S . 77; H U T T O N , 1929, pp. 4 7 - 4 8 ; D A V I S , 1898, p. 60; G A I T , 1903, p. 207; M I L L S , 1937a, p. 56. S . a. H U T T O N , 1921, pp. 4 1 8 - 4 2 2 . 252 Vgl. Anm. III/229. 251

HUTTON,

157

liehe Zwischenfälle in den Dörfern berichten 253 , nehmen einige Autoren zum Anlaß, die Khelgemeinschaften als „Einheiten von großer Selbständigkeit", zwischen denen „Rivalitäten nicht selten" sind 254 , zu interpretieren. Aber bei aller „Rivalität" — selbst wenn sie mitunter zu blutigen Zusammenstößen ausgeartet sein mag — und den bis zu einem gewissen Grade „selbständigen" Beziehungen einzelner Khelgemeinschaften zu jenen in anderen Siedlungen resp. zu anderen Dorfgemeinschaften 255 darf man nicht übersehen, daß diese Erscheinungen divergenter Tendenz dem Wesen der Khelgemeinschaft zuwiderlaufen. Weitaus dominierend sind vielmehr die gesellschaftlichen Aktionen, die den gemeinsamen und deshalb ureigenen Interessen aller Khelgemeinschaften eines Dorfes dienen. Jede einzelne Khelgemeinschaft ist, wie v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F schreibt, „in zahlreichen Funktionen auf die Ergänzung durch die anderen" 256 angewiesen. Deshalb gilt Einigkeit unter den Khelgemeinschaften und damit Einigkeit der Dorfgemeinschaft als oberstes Gebot für das Leben und Wirken der einzelnen Khelgemeinschaften eines Dorfes. Am unmittelbarsten gefährden Blutvergießen und offene Feindseligkeiten zwischen den Khelgemeinschaften die „normally in peace and unity" 257 lebende Dorfgemeinschaft. Verstoß 258 aus der 253 B U T L E B ,

1875,

p.

315;

WOODTHOBPE,

1882,

v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1938, pp. 3 6 5 - 3 6 6 ; p . 56; p p . 138-139. 254

V

. FÜRER-HAIMENDORF,

67;

HUTTON,

1926a, p. 32;

1921, MILLS,

p.

150;

1937a,

1941, S. 100. S. a. v . F Ü B E B - H A I M E N D O B F , 1938, p .

GAIT, 1903, p. 2 0 7 ; CROOKE, 1907, p . 255

p.

MILLS,

365;

40.

I m Hinblick auf derartige Beziehungen der Khelgemeinschaften ä u ß e r t v. F Ü B E B HAIMENDOBF (1941, S. 90; s. a. v. F Ü B E B - H A I M E N D O B F , 1938, p. 372), diese Dorfviertelgemeinschaften n ä h m e n eine „unabhängige Stellung" ein u n d f ü h r t e n eine „individuelle 'Außenpolitik'". Möglicherweise liegen die Ursachen f ü r diese gesonderten Beziehungen der heutigen Khelgemeinschaften W a k c h i n g s zu a n d e r e n Gemeinwesen in der Tatsache, d a ß bei der G r ü n d u n g W a k c h i n g s die Dorfgemeinschaft sich in zwei Khelgemeinschaften (Oukheang u n d Balang) organisierte. Beziehungen friedlichen Charakters bestehen vorwiegend zu jenen Gemeinwesen, die einst in einem b e s t i m m t e n Distrikt des Territoriums der D o r f g e m e i n s c h a f t v o n W a k c h i n g , z u d e s s e n N u t z u n g e i n e ihrer Khelgemeinschaften anscheinend vorrangig b e f u g t gewesen sein mag, gegründet wurden. Spannungen im Verhältnis zueinander — nicht selten d u r c h Kopf jagdüberfalle v e r u r s a c h t oder noch v e r s c h ä r f t — finden sich gewöhnlich zwischen einer Khelgemeinschaft u n d a n d e r e n Gemeinwesen, die n i c h t über die eben g e n a n n t e n traditionellen Beziehungen v e r f ü g t e n (vgl. v. F Ü B E B - H A I M E N D O B F , 1938, p p . 367—369, p. 372; v. FÜBEB-HAIMENDOBF,

1941, S. 90.).

I m Laufe der Zeit wandeln sich die- Beziehungen u n d mögen sich zuweilen sogar ins Gegenteil kehren. Ob ähnlich geartete Beziehungen der Khelgemeinschaften der Angami-Dörfer gleiche oder ähnliche Aspekte beinhalten, k a n n auf G r u n d der Quellenlage nicht mit Sicherheit gesagt werden. 256 V . F Ü B E B - H A I M E N D O B F , 257 H U T T O N , 1 9 2 1 , p . 258

158

S. A n m . I I I / 1 6 3 .

109.

1941, S. 93.

Gemeinschaft droht dem individuellen wie dem kollektiven 259 Übeltäter, der durch ein solches schwerwiegendes Vergehen den Frieden und damit den Bestand des Gemeinwesens aufs Spiel setzt. 260 Die Institution des themu unterbindet bei den Angami Vergeltungsmaßnahmen seitens der Angehörigen des Getöteten und verhindert somit eine Verschärfung der kritischen Situation. 261 U m die Siedlung vor einem verheerenden Brand zu bewahren, organisiert bei den Angami eine Khelgemeinschaft eine das ganze Dorf behütende Feuerwache.262 Gewisse Handlungen einzelner Personen, in einem konkreten Fall auch einer Khelgemeinschaft, können nach Ansicht der Naga indirekt, durch Freisetzen übernatürlicher Potenzen unmittelbar der gesamten Dorfgemeinschaft zum Nachteil gereichen. So erachten es beispielsweise die Chakrima Angami als äußerst verhängnisvoll, mit dem Tevo des Dorfes zu streiten. Da der Tevo als ,,the vessel that holds the magical 'virtue' of the village" gilt- 6;t , kommt eine Auseinandersetzung mit ihm einer leichtfertigen Gefährdung der übernatürlichen K r ä f t e der Gemeinschaft gleich. Als einst heftige Stürme das AngamiGebiet heimsuchten und die Ernte Schaden zu nehmen drohte, beschuldigte die Thekronoma Khelgemeinschaft in Jotsoma die benachbarte Tseyama Khelgemeinschaft, das Unwetter durch das Fortschaffen eines ungewöhnlich geformten Steins von seinem Fundort im Dschungel verursacht zu haben264, wodurch die gesamte Dorfgemeinschaft in Bedrängnis geraten sei. Einen weiteren Beleg für das Wirksamwerden unitärer Tendenzen in den Khelgemeinschaften darf man in dem Prozeß der Überwindung sprachlicher Unterschiede zwischen einzelnen Khelgemeinschaften sehen. Zu beobachten ist dieser Prozeß in verschiedenen Dorfgemeinschaften der Ao, Phom und Konyak sowie des Grenzgebietes der Sangtam, A o und Sema.265 Zeigte sich, daß die Spezifik der Naga-Dorfgemeinschaft — unter dem Aspekt der gesellschaftlichen Organisationsformen — in ihrem Agieren als territoiiale, politische, territorialökonomische und zeremoniale Einheit besteht, und manifestiert sich die Khelgemeinschaft sowohl in territorialer als auch in politischer 266 259 w i e

v . FÜRER-HAIMENDORF

(1938,

p p . 365—367;

v . FÜRER-HAIMENDORF,

1947, S. 83) berichtet, wurde um 1900 die Bala Khelgemeinschaft wegen solcher Vergehen aus der Dorfgemeinschaft von Wakching ausgeschlossen. Ein ähnliches Vorkommnis im Angami-Dorf Khonoma vermerkt PRAIN (1887, p. 473). 2G0 V . FÜREB-HAIMENDORF (1941, S. 95) schreibt über die Thenkoh Konyak: Wird ein Dorf angegriffen, ,,so verteidigen seine Bewohner es in der Regel gemeinsam. Verrat rivalisierender Morungs kommt allerdings auch dabei vor, aber ein striktes Genna verbietet, mit den Feinden gemeinsame Sache zu machen und Leute des eigenen Dorfes anzugreifen". 201

S. H U T T O N , 1921, p . 149.

2G2 H U T T O N , 1921, p . 56. 263

v . FÜRER-HAIMENDORF/MILLS, 1936, S. 931.

264 HUTTON, 1926, p. 80. 266

™ S. Anm. 1/78-80; Anm. III/246.

Gewisse individuelle Beziehungen politischen Charakters einzelner Khelgemeinschaften in Dörfern der Konyak und Angami historisch, bedingte Ausnahmeerscheinungen. 159

Hinsicht als intergrierender Bestandteil der Dorfgemeinschaft, so beantwortet sich die Frage nach der territorialökonomischen Stellung der Khelgemeinschaft fast von selbst. Bei der Untersuchung der Dorfgemeinschaft konnte das einheitliche, gemeinsame field of employment für den Prozeß der agrarischen Produktion, aber auch für die Jagd-, Sammel- und Fischfangtätigkeit als das wesentlichste territorialökonomische Charakteristikum der dörflichen Gemeinwesen der Naga nachgewiesen werden. Lediglich einige große Dorfgemeinschaften der Ao, Mokongtsü und Ungma 267 z. B., modifizieren diese Regel insofern, als hier zum Anbau „each 'khel' may select a different area". 2 6 8 Eine äußerlich ähnliche Situation dürfte auch in Tseminyu und Tesophenyu, den größten Dörfern im Gebiet der Western Rengma, anzutreffen sein, denn M I L L S schreibt : „A big village (will have all its fields) in not more than two or three (blocks)." 269 In diesen Fällen erscheinen also ausnahmsweise gesonderte Areale des Dorflandes jeweils als ein einheitliches, gemeinsames field of employment für die landwirtschaftliche Tätigkeit nur eines Teils der Dorfgemeinschaft, der zuweilen, wie in den genannten Ao-Dörfern, mit einer Khelgemeinschaft identisch sein kann. Dagegen dürfte sich in den fünf resp. neun Khels umfassenden RengmaDörfern Tseminyu und Tesophenyu ein solches gesondertes Areal als einheitlicher, gemeinsamer Wirkungsraum für den Produktionsprozeß der JhumBauern zweier oder gar dreier Khelgemeinschaften erweisen. Folglich ist die Khelgemeinschaft auch im Hinblick auf die territorialökonomische Erscheinung des einheitlichen, gemeinsamen field of employment für die agrarische Produktion keine selbständige Organisationseinheit, sondern Sub-Einheit der Dorfgemeinschaft. Die Quellen sind jeden Hinweises auf eine Differenzierung des einheitlichen, gemeinsamen field of employment für die Jagd-, Sammel- und Fischfangtätigkeit der Dorfgemeinschaft bar. Konnte bisher die Stellung der Khelgemeinschaft in der Dorfgemeinschaft geklärt und des weiteren eruiert werden, daß den gegenseitigen Beziehungen der Khelgemeinschaften eines Dorfes unitäre Tendenzen immanent sind, so ist damit jedoch die Frage nach der Bedeutung der Khelgemeinschaft für das Leben und Wirken der dörflichen Gemeinwesen noch nicht beantwortet. Sieht man von den kleinen Dorfgemeinschaften, die nicht in Khelgemeinschaften unterteilt sind, wie z. B. Lunglam und Lungnyu im Gebiet der nördlichen Konyak 2 7 0 , ab, so darf generell festgestellt werden, daß die Zugehörigkeit des Individuums resp. der einzelnen Haushaltung zur Dorfgemeinschaft gleichzeitig die Zugehörigkeit zu einer ihrer Khelgemeinschaften einschließt; 267

I n diesen Ao-Dörfern gibt es jeweils zwei Khelgemeinschaften (s. MILLS .1926, p. 3, p. 82).

268 MILLS, 1 9 2 6 , p . 1 0 9 r e s p . p . 1 2 8 ; s . a . SMITH, 1 9 2 5 , p . 5 1 .

269 MILLS, 1937a, p. 79. 270

v . FÜRER-HAIMENDOBF, 1941, S. 85. S . a . MILLS,

Angami).

160

1922,

p. 24

(für

die

Lhota);

HUTTON,

1921,

p. 422

(für

die

ein Zugehören zur Dorfgemeinschaft ohne gleichzeitige Verankerung in einer Khelgemeinschaft gibt es nicht. So berichtet v. FTTRER-HAIMENDORF, daß, als vor Jahrzehnten in der Dorfgemeinschaft von Wakching die Bala Khelgemeinschaft liquidiert wurde, etwa die Hälfte der Leute, die bis zu diesem Zeitpunkt im Bala Khel gelebt hatten, im Dorf wohnen blieben. Sie suchten im Balang Khel Unterschlupf, wo „they were accepted as new members of the morung (hier = Khelgemeinschaft, W. H.), and under the supposition that they had become Balang people they were allowed to rebuild their houses". 2 7 1 Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Khelgemeinschaft verbürgt also einem Mann und seinen Angehörigen das Recht, sich in dem betreffenden Khel und damit im Dorf niederzulassen; das Wohnen in einem Khel schließlich dokumentiert die uneingeschränkte Zugehörigkeit zu der betreffenden Khelgemeinschaft. I n den Dörfern der Rengma sind in einem Khel die Mitglieder eines bestimmten Clans gewöhnlich in der Überzahl 2 7 2 , und wenn MILLS im Zusammenhang damit schreibt: „There is no objection to members of other clans living there if they own house-sites" 2 7 3 , so heißt das zunächst nichts mehr, als daß die Khelgemeinschaft selbstverständlich auch j enen ihrer Mitglieder, die „anderen Clans als dem dominierenden" angehören, das R e c h t gewährt, Wohngrund in ihrem K h e l 2 7 4 beanspruchen zu dürfen. Über die Zugehörigkeit eines Lhota zu einer Khelgemeinschaft sagt MILLS: „Usually a man lives and dies in the 'khel' in which his forefathers lived and died before him. B u t he is perfectly free to go to another 'khel' if he wants t o " 2 7 5 , und — so darf man diese Feststellung ergänzen — vorausgesetzt, daß die Khelgemeinschaft, in die er überzuwechseln beabsichtigt, seinem Wunsch stattgibt. Dank der Forschungen v. FÜRER-HAIMENDORFS, MILLS' und KAUFMANNS wissen wir, daß unter den Bedingungen angeblicher Delokalisation der Khels in den Dörfern der Angami ein nur „nomineller" Wechsel der Khelgemeinschaft möglich ist, und daß sich diese Art der Zugehörigkeit zu einer bestimmten SubEinheit der Dorfgemeinschaft in gewissen zeremonialen Beziehungen zwischen der Khelgemeinschaft und solchen „nominellen" Mitgliedern realisiert. 2 7 6 Die 271

272

273 274

v . FÜBER-HAIMENDORF, 1 9 3 8 , p . 3 6 7 .

Dieses grundlegende Organisationsprinzip der Naga-Dorfgemeinschaft gerät seit dem ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts durch das Wirken der American Baptist Mission in einigen Ao-Dörfern ins Wanken (s. R. B. LONGWELL, Assam Mission Report, 1913, p. 50 — Anmerkung HUTTONS, in: SMITH, 1925, p. 190, n. 1). Von einer ähnlichen Situation in den Khels der Sema weiß HUTTON (1921a, pp. 121-122) zu berichten. MILLS, 1937a, p. 56 (Hervorhebung von mir, W. H.). Unter diesem Aspekt wird deutlich, daß es sich bei dem in der Literatur (KAUFFMANN, 1 9 3 5 , S. 8 0 ; v . FÜRER-HAIMENDORF, 1 9 3 3 , S. 3 9 ; KALJAGIN, 1 9 6 5 , s t r . 8 8 ,

str. 90, str. 91) häufig als „Clanland" bezeichneten Grund und Boden — einem bestimmten Teil des Territoriums der Dorfgemeinschaft — um Grundbesitz der Khelgemeinschaft, der territorial organisierten Sub-Einheit der Dorfgemeinschaft, handelt.

275 MILLS, 1 9 2 2 , p . 2 4 .

276 S. TeilIII/1 - S. 155. 11 Hartwig, Naga

161

Ursachen der Weiderechtsstreitigkeiten, über die der Deputy Commissioner's Court in Kohima in den dreißiger Jahren zu befinden hatte, berechtigen zu der Annahme, daß die nominelle Zugehörigkeit zu einer Khelgemeinschaft den Betreffenden bei weitem nicht völlige Gleichberechtigung mit den wirklichen Mitgliedern der Khelgemeinschaft sichert, sondern von anderer Qualität ist. Belegt doch das Aktenmaterial eindeutig, daß wesentliche Beziehungen sozialökonomischen Charakters nur zwischen den De facto-Mitgliedern der Khelgemeinschaft, d. h. zwischen jenen, die gemeinsam das gleiche Khel bewohnen, bestehen. 277 In dem Schiedsspruch zum ersten der angeführten Fälle heißt es, die de facto zur Thevoma Khelgemeinschaft gehörenden Huisonoma-Haushaltungen scheinen nicht berechtigt zu sein, ihr Vieh mit den Rindern der Merhema Khelgemeinschaft weiden zu lassen. „Jedoch gewinnen Haushaltungen, die ihre Häuser wieder in den Merhema-Khel verlegen, auch das Recht zurück, ihr Vieh auf den Merhema-Weiden grasen zu lassen. Merhema ist mit diesem Spruch einverstanden"278, weil er dem Wesen der territorial organisierten Khelgemeinschaft entspricht. Die in den Quellen belegte Möglichkeit, in den Dörfern Kohima resp. Pfesa-ehadumi De facto-Mitglied der Merhema resp. Chitutsumi Khelgemeinschaft und zugleich nominelles Mitglied einer zweiten, der Thevoma resp. Rohotsumi Khelgemeinschaft sein zu können, vermochte den Eindruck zu erwecken, als tendiere die Khelgemeinschaft in den Angami-Dörfern zur Delokalisierung. Doch nicht eine angebliche Tendenz zur Delokalisierung der Khelgemeinschaft kennzeichnet die Entwicklung der dörflichen Gemeinwesen der Angami in den zwanziger/dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts, sondern der fortschreitende Prozeß zur endgültigen Durchsetzung des territorialen Organisationsprinzips in der Khelgemeinschaft. Diesem Prozeß ist die Differenzierung der gesellschaftlichen Beziehungen, der verwandtschaftlichen und zeremonial-religiösen einerseits und der sozialökonomischen und politischen andererseits eigen, so daß es eine allseitige Geschlossenheit der Khelgemeinschaft. die zu erwarten man auf Grund der bei anderen Naga-Stämmen anzutreffenden Situation geneigt ist, hier nicht mehr geben kann. Auf das Problem der Khelexogamie wird im Abschnitt über die Verwandtschaftsorganisation einzugehen sein. Institutionen der Khelgemeinschaft War bei der Behandlung der Institutionen der Dorfgemeinschaft herausgestellt worden, daß sich in den Gemeinwesen der Ao, der Konyak und eventuell auch der Sangtam der Dorfrat aus den Räten resp. Repräsentanten der Khelgemeinschaften zusammensetzt, so bleibt noch zu untersuchen, welcher Art die Räte resp. Repräsentanten der Khelgemeinschaften sind. In den Dörfern der Ao, in denen „each 'khel' has its own council" 279 , existieren regelrechte 277

S. K A Ü F M A O T , 1950, S. 75.

278

KAUFFMANN, 1950, S. 76

27!)

RICHARDS, 1927, p . 74.

(Hervorhebung von mir,

W.

S . a . M I L L S , 1 9 2 6 , p . 82, p . 1 7 6 ; SMITH, 1 9 2 5 , p . 61.

162

H.).

Khelräte. Sie beruhen auf einer entfalteten Altersgruppenorganisation 280 und manifestieren sich in der engen Verknüpfung der Ratszugehörigkeit mit Ansprüchen auf ein durch ein kompliziertes Distributionssystem genau bestimmtes Quantum Fleisch der offiziell geschlachteten Tiere. 281 In den Gemeinwesen der anderen Stämme gibt es solche festgefügten „ R ä t e " der Khelgemeinschaften nicht. I n den Dorfräten der Konyak-Siedlungen Wakching, Wanching, Chingtang, Kongan und auch Wangla fungieren die niengba (resp. ngouba oder ngongba) als politische Repräsentanten der einzelnen Khelgemeinschaften, sie bilden jedoch keine besonderen „Khelräte", denn v. FÜRERHAIMENDORF stellt ausdrücklich fest, daß — in Wakching — „die Niengbas nur in ihrer Gesamtheit Recht sprechen, das Morung (hier = Khelgemeinschaft, W . H . ) als solches also keine richterliche Gewalt ausübt". 282 Die Existenz von Vorstehern einzelner Khelgemeinschaften belegen die Quellen für die Gemeinwesen der südlichen und der Thendu Konyak, der Sema, der Kalyo-Kengyu, der Chang und der Angami 2 8 3 , allerdings ohne deren Verhältnis zu den Institutionen der Dorfgemeinschaft zu klären. Über die Funktionen dieser Vorsteher ist nur wenig bekannt. Sie mögen von Stamm zu Stamm, vielleicht von Dorf zu Dorf sogar (wie bei den K o n y a k ) variieren. I m Kalyo-Kengyu-Dorf Pangsha betätigten sich in den dreißiger Jahren die Vorsteher zweier Khelgemeinschaften als Anführer bei zahlreichen K o p f jagdaktionen, und auch in den Ao-Dörfern ist es üblich gewesen, daß jede Khelgemeinschaft „recognized a war leader (tir . . .), a senior man who organized raids though he no longer went on them himself". 284 Hinsichtlich der Aufgaben des Vorstehers fang) der Bala Khelgemeinschaft im Konyak-Dorf Wakching schreibt v. FÜRER-HAIMENDORF : „When the morung is rebuilt the food for all the men at work is cooked in his house, and he receives one foreleg of the sacrificial animal", und verallgemeinernd stellt er fest, daß die Privilegien eines Khelvorstehers bei den Konyak „far outweigh his duties, for while he claims a share of all animals killed at morung genna, and is entitled to the work of morung members on his fields285, he neither officiates at ceremonies nor settles disputes except in his role as a member of the council of all adult men of Ang clan". 286 Die Instutition der Khelvorsteher ist also eine bisher nur wenig 280 MILLS, 1926a, pp. 28-29. 281 M I L L S , 1 9 2 6 , p . 1 8 2 ; s. a . p . 2 9 . 282 v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 4 1 , S . 9 2 ; v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 3 8 , p . 3 5 5 , p . 3 5 7 .

283 Konyak



HUTTON,

1929,

pp.

54—55;

v.

FÜRER-HAIMENDORF,

1941, S. 93; Sema Kalyo-Kengyu Chang Angami

-HUTTON,

1921a, p . 121;

— v. FÜRER-HAIMENDORF, -KAUFFMANN, — PRAIN,

1887,

1937, S. 8 8 1 ;

1944, S. 3 2 5 ; p. 480;

v g l . a. v .

FÜRER-HAIMENDORF,

1933, S. 13f. S. a. FURNESS, 1902, p . 447. M

V_

FÜRER-HAIMENDORF,

1947, S. 195; M I L L S , 1926, p . 202.

285 V g l . hierzu HARTWIG, 1967, S. 117ff. 286

ii*

V

. FÜRER-HAIMENDORF,

1938, p . 358, p . 357.

163

erforschte Einrichtung. Als wert, festgehalten zu werden, erscheint die Tatsache, daß diese Funktionäre der Khelgemeinschaften bei den Konyak ebenso wie Mitglieder der Khelräte bei den Ao immer nur Anrecht auf ein bestimmtes Quantum Fleisch von jenen Tieren, die im Rahmen der Khelgemeinschaft offiziell geschlachtet werden, haben. Das Töten der Opfertiere und die Durchführung bestimmter Riten gehören in den Dörfern der Thendu Konyak zu den Aufgaben eines weiteren Funktionärs der Khelgemeinschaft, des sogenannten benba. 287 Eine Einrichtung, von der v. F Ü E B B - H A I M B N D O E I ' als von „an important element of social structure" spricht 288 , bleibt im Zusammenhang mit der Khelgemeinschaft noch zu untersuchen: die Institution des Morung.289 Bereits in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erwähnt O W E N , daß im Gebiet der nördlichen Konyak „in every village there is a Morang, or large house, with high gable ends and eaves reaching down to the ground", in welchem die unverheirateten Männer schlafen. 290 Den Junggesellen als Unterkunft zu dienen, ist aber nicht die einzige Funktion des Morung-Gebäudes. Auf den Berichten B R O D I E S fußend, sagt M A C K E N Z I E , es befände sich darin „a hollow tree that was beaten to give the alarm of an enemy's approach", und weiter: „In the morungs the skulls of slain foes were also kept." 291 W A T T bezeichnet das Morung-Gebäude der Kabui als „guard house", und von den Maram weiß er zu berichten, daß nicht nur die Burschen, sondern „the jounger married men are also to be found" (in the „club or watch-house"). „This fact would seem to point to a state of constant preparedness against the approach of an enemy." 292 Ähnliche Überlegungen mögen H A G E N veranlassen, in dem „Junggesellenhaus eine Art Caserne" 293 zu sehen. Die Lage der Morung-Gebäude in der Nähe der Dorftore 294 weist sie in der Tat als Einrichtung aus, die nicht zuletzt auch Teil des Verteidigungssystems des Dorfes ist. P E A L äußert in diesem Zusammenhang: „The Arizu (Ao-Bezeichnung für Morung, W. H.) has the control of all war matters, and fortification, has charge of the big village drum, sees to the fastening of the village gates at night, and other public matters." 295 Nach 287

V

288

V_

289

I n der Literatur dient dieser dem Naga-Assamesischen entnommene Terminus zur Bezeichnung des Junggesellen- oder Männerhauses; man versteht darunter sowohl das Gebäude selbst als auch die Institution. P E A L (1893; 1893a) und v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F (1930; 1938; 1950) untersuchen diese Erscheinung der Naga-Gesellschaft in speziellen Abhandlungen, und auch S M I T H (1925, pp. 1 2 4 128) widmet dem Morung besondere Aufmerksamkeit.

. FÜRER-HAIMENDORF, FÜRER-HAIMENDORF,

1938, pp. 356—357; v.

FÜRER-HAIMENDORF,

1 9 3 8 , p . 3 7 7 ; s. a . v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F ,

1941, S. 92. 1933,

S.

14.

200 OWEN, 1 8 4 4 ( 1 9 5 9 ) , p. 40. 291

MACKENZIE, 1 8 8 4 ( 1 9 5 9 ) , p .

Vgl. a.

WOODTHORPE,

19.

1876 (1959), p. 48;

PEAL,

1898, S. 335.

292 W A T T , 1 8 8 7 , p . 3 5 4 , p . 3 5 8 ; s . a . K L E M M , 1 8 9 8 , S . 293 H A G E N , 1 8 9 8 , 2M P E A L ,

1893a, p. 252;

MILLS,

v. FÜRER-HAJMENDORF, 295 P E A L , 1 8 9 3 , p p .

164

295.

S. 5 6 ; s. a. K A U F F M A N N , 1 9 4 4 , S. 2 3 3 .

1922, p. 24;

1938, p. 350, p.

251-252.

SMITH, 352.

1925, p. 27;

MILLS,

1926, p. 73;

v. F Ü K E R - H A I M E N D O R E spielen bei einigen Stämmen die Morungs als die sozialen Zentren „a vital role in coordinating the activities of all male members of the community and gain particular importance in those warlike societies which depend on the young men for the defence of the village". 296 Das Morung-

Abb. 13. Morung-Gebäude in Pangsha, Kalyo-Kengyu (v. FTJRER-HAIMENDORF) Gebäude dient also gleichzeitig mehreren Zwecken.297 Doch untersuchen wir, welches Kollektiv, welche Organisationseinheit, dieses Gemeinschaftsgebäude nutzt. v . FÜHEH-HAIMENDORF, 1950, p . 120.

297 Ygi. jur die Ao: GAIT, 1903a, p. 212 MOLZ, 1909, S. 61 SMITH, 1925, p . 27 MILLS, 1926, p . 73

für die Lhota: MILLS, 1922, p . 24

MILLS, 1928, p . 286,

n. 1

(„sleeping houses for bachelors"); (,,das 'Parlaments'gebaude und Schlafheim der Junggesellen"); („now little more than a lodging-house"); („both a guard house and a club house"); („at the champo raids were planned and discussed, and to it all heads taken were first brought. It is the sleepingplace of every Lhota boy"); (,,a club and sleeping-place for the boys and unmarried men and in the old days was used as a guard house"); 165

v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F verweist auf die enge Verbindung der „Teilung des Dorfes in mehrere 'Khels' mit dem Morung-System" und belegt, daß nur ganz kleine Dörfer, die weniger als vierzig Haushaltungen umfassen und sich ihrer Kleinheit wegen nicht in Khelgemeinschaften unterteilen, ein einziges MorungGebäude haben.298 Sieht man von diesen Ausnahmen ab, so ergibt sich, daß die größeren Dörfer der Konyak in jedem Khel ein, mitunter auch mehrere Morung-Gebäude haben. 299 Die gleiche Situation finden wir in den Dörfern der Ao. M I L L S schreibt hierzu: „A 'morung' never draws its inmates from more than one müphu300, a müphu often contains more than one 'morung'." 301 Bei den Rengma ist ein Morung-Gebäude je Khel die Regel. Lediglich die Dörfer Tseminyu und Tesophenyu weichen davon insofern ab, als jeweils zwei ihrer Khels mehr als ein Morung-Gebäude aufweisen.302 Das Lhota- und KalyoKengyu-Material bietet Angaben gleichen Inhalts 303 , und so darf man konstatieren, daß bei den genannten Stämmen das Morung-Gebäude in Dörfern, die in Khels unterteilt sind, niemals von der Dorfgemeinschaft, sondern stets von für die Rengma: M I L L S , 1937a, p. 51, („a c l u b " ; ,,a sleeping-place for the b o y s " ) ; p. 52 für die Manipur Naga: H O D S O N , 1 9 1 1 , p. 4 2 („Bachelors' Club or Men's House"); für die Northern Sangtam: KATTFFMANN, 1 9 3 9 , (Wohnstätte der Burschen; „Schuppen für die große S. 220 Schlitztrommel"); für die Kalyo-Kengyu: v. F Ü R E R - H A I M E N („Männerhaus"); DORF, 1937, S.

878

für die

Burma-Naga: D E W A B , 1 9 3 3 , p. 2 9 1 („separate houses for the young people of both s e x e s " ) ; für die Chang: K A T J F F M A N N , 1944, („Schuppen für die Schlitztrommel"); S. 233 für die Chang und Yimsungr: v. F Ü R E R - H A I M E N (Morungs, ,function mainly as drum houses and depositorD O R F , 1938, p. 377 ies for enemies' skulls"); für die Phom: v. F Ü R E R - H A I M E N („primarily the ritual centre"); DORF,

1950, p.

KAUFFMANN,

140

1944,

S. 323 für die Memi: K E N N E D Y , zit. b.

298 v . F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 299 v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 300

(von wenigen Knaben bewohnt; Aufbewahrungsort der großen Schlitztrommel) („young men's dormitory") 1941, S. 100, S.

HUTTON,

1921, p. 223.

85.

1938, p. 353; P E A L , 1893a, p. 251. Ao-Beziehung für Khel, Khelgemeinschaft.

301 M I L L S , 1 9 2 6 , p .

83.

1937a, p. 50, p. 56; Anmerkung

302

MILLS,

303

MILLS, 1922, p. 24; v. FÜRER-HAIMENDORF,

166

HTTTTONS,

in:

1947, S.

MILLS, 182.

1926, p. 82, n. 2.

der Khelgemeinschaft, und in einigen Fällen auch nur von Teilen derselben, genutzt wird. 304 In der Regel ist also die Gemeinschaft, die ein Morung-Gebäude gemeinsam nutzt, mit einer Khelgemeinschaft identisch. I n Dörfern der Konyak ist diese Identität so vollkommen, daß beide, die Khelgemeinschaft ebenso wie das Morung, anscheinend mit dem gleichen Begriff belegt werden. 305 Bedenkt man überdies, welche Rolle das Morung als Institution im Leben jedes männlichen Mitglieds der Khelgemeinschaft spielt, so nimmt es nicht wunder, daß bei den Konyak „no man or woman 306 speaks of belonging to such-and-such a khel, but to such-and-such a morung" 307 , daß ein Konyak also statt der Khelgemeinschaft pars pro toto das Morung, die auch ihn persönlich erfassende Institution der Khelgemeinschaft, nennt. Bei den Lhota, den Rengma und den Ao ist die Situation anders. In ihren Dialekten finden sich spezielle Bezeichnungen für Khel und für Morung-Gebäude (resp. Khelgemeinschaft und Morung-Institution). 308 Wenn M I L L S aber von den Ao mit fast den gleichen Worten wie v. F Ü R E R - H A I M E N D O K F von den Konyak schreibt: „A man does not speak of himself as belonging to such and such a 'khel' of a village, but to such and such a 'morung'" 309 , so ist in diesem Falle das Hervorheben der Verbunden(1954, S. 23) schreibt: „Zu jedem Dorfviertel gehört ein Morung," während es bei F U R N E S S (1902, p. 451) heißt: „In every khel . . . is a large well built house . . .; this is the morung." M I L L S (1926a, p. 32) und v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F unterscheiden bei der Untersuchung der gesellschaftlichen Verhältnisse in den Dörfern der Konyak nicht zwischen Khelgemeinschaft und Morung. Da letzterer die Männerhäuser ( = Morungs) als „Zentren des Dorflebens" (v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1941, S. 85) ansieht, nimmt die Khelgemeinschaft in seinen Arbeiten einen dem Morung nachgeordneten Platz ein. So lautet seine Definition vom Khel der Konyak-Dörfer: „Das Morung ist insoferne auch eine lokale Einheit, als alle um das Männerhaus stehenden Häuser in dessen Verband gehören" (v. F Ü B E R - H A I M E N D O R F , 1941, 8. 13) resp.: „Each of the morung corresponds to one khel" (v. F Ü B E R - H A I M E N D O R F , 1938, p. 353). Als negativ erweist sich diese mangelnde Differenzierung, wenn die abschließende Feststellung getroffen wird: „Die Morungs (sind) die wahren Zentren des Dorflebens und die Säulen der sozialen und politischen Organisation der Konyak" (v. F Ü B E R - H A I M E N D O B F , 1941, S. 93).

304 F R I E D R I C H

305

306

Eine Frau dürfte in diesem Falle aber wohl kaum zum Ausdruck bringen wollen, sie gehöre einer „Morung-Gemeinschaft" an. Sie ist Mitglied einer Khelgemeinschaft, doch selbst das ihrer Khelgemeinschaft gehörende Morung-Gebäude zu betreten, ist ihr nur in wenigen Ausnahmefällen gestattet (s. v. F Ü B E B - H A I M E N -

307

v. FÜBEB-HAIMENDORF,

DOBF, 1938, p . 308

Lhota Rengma Ao

373).

(Khel) yankho kasung aiyengahi aphru müphu

309 M I L L S , 1 9 2 6 , p .

1938, p.

353.

(Morung) champo renai azüghü awik.hu arichu

(MILLS, 1922, p . (MILLS,

24)

1937a, p. 55, p. 50)

(MILLS, 1926, p . 82, p .

73)

179.

167

heit eines Mannes mit einem bestimmten Männerhaus berechtigt und notwendig; da die Khelgemeinschaften in diesen Dörfern jeweils mehr als ein Männerhaus unterhalten, gibt die Nennung des betreffenden Morungs Auskunft, zu welchem Teil der Khelgemeinschaft der Befragte gehört. Anscheinend rekrutiert sich ein solcher Teil einer Khelgemeinschaft aus Haushaltungen, deren männliche Personen die Zugehörigkeit zu einem oder auch zwei bestimmten Clans miteinander verbindet. 310 Man darf vermuten, daß es sich in den mehr als ein MorungGebäude benutzenden Khelgemeinschaften der erwähnten Bengma-Siedlungen Tseminyu und Tesophenyu ähnlich verhält. Für die beiden Khelgemeinschaften von Zunyu ( = Banpara, ein Dorf der nördlichen Konyak) belegt P E A L die Existenz von insgesamt dreizehn MorungGebäuden. Davon liegen fünf größere in unmittelbarer Nähe der Dorftore. Vier bis fünf weitere dienen jungen, wehrfähigen Männern ebenfalls als Wachthäuser. In den restlichen drei bis vier jedoch sind die Knaben untergebracht; diese Gebäude liegen an weniger gefährdeter Stelle im Innern der Khels. 311 Haben aus Gründen der Sicherheit die Einwohner Zunyus zusätzliche MorungGebäude für die noch nicht wehrtüchtigen Burschen errichtet, so weisen die Ao der Gruppe ihrer jüngsten Morung-Angehörigen aus gleichem Grund Platz und Herdstelle im geschützteren Innern des Gebäudes zu. 312 Die Anzahl der Morung-Gebäude in einem Khel vermag demnach nur bedingt Aufschluß über die Struktur der Morung-Institution dieser Khelgemeinschaft zu geben. Die in der Literatur anzutreffende komplexe Behandlung der Morung-Institution und des Morung-Gebäudes dürfte ihre Ursache darin haben, daß die Naga anscheinend selbst keinen Unterschied, weder begrifflich noch inhaltlich, zwischen der Institution und dem Gebäude (der materiellen Voraussetzung zur Realisierung wesentlicher Aufgaben der Institution) machen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn die Quellen neben Formen institutions^e&Mwdewer Nutzung des Morung-Gebäudes auch Beispiele institutions/remrfer Nutzung schlechthin als Funktion des „Morung" verzeichnen 313 und so das ohnedies vielschichtige Bild von der Morung-Institution weiter komplizieren. Bei der Betrachtung der in den verschiedenen Gemeinwesen keineswegs uniform strukturierten Morung-Institution stellt sich die in die altersbedingte 310

Daß die Morung-Institution auch hier nicht, wie M I L L S sagt, auf der Clanorganisation beruht, erhellt aus den W o r t e n MILLS' selbst, denn er schreibt: „Should most of a boy's friends happen t o be members of another clan he m a y leave the rest of his clan and join his friends' 'morung'" (MILLS, 1926, p. 179). P E A L , 1 8 9 3 , p . 2 5 1 ; s. a . P E A L , 1 8 9 3 a , p . 2 5 9 ; P E A L , 1 8 9 8 , S. 3 6 2 .

Ähnliches berichtet v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F (1938, p. 361) aus den Konyak-Dörfern Oting und Wangla. 3» 2 M I L L S , 1 9 2 6 , p . 313

168

179.

Institutions/rewdew Zwecken dienen Morung-Gebäude z. B . , wenn sie bei den Rengma zugleich eine A r t Schutz bietender Zufluchtsstätte sind (MILLS, 1937a, pp. 51—52), bei den Ao im R a h m e n der nach einem „apotia"-Tode durchzuführenden Zeremonien eine Rolle spielen (MILLS, 1926, p. 285) oder wenn bei den Chang ein Mann, der einen Tiger erlegt hat, dreißig Tage im Morung-Gebäude zubringen muß (HUTTON, 1921, p. 380).

Staffelung der Khelgemeinschaft in Kinder, Jugendliche und Erwachsene eingebettete Gliederung der männlichen Khelbewohner in Altersgruppen314 als ihr Kern heraus. Sobald ein Knabe ein bestimmtes Alter erreicht hat, wird

Abb. 14. Morung-Altersgruppe eines Kalyo-Kengyu-Dorfes (de

GOLISH)

er in das Morung seiner Khelgemeinschaft aufgenommen.315 Das Alter der Knaben differiert bei den einzelnen Stämmen. Bei den Ao (Changki-Gruppe) ist das untere Limit ein Alter von etwa zwölf Jahren, bei den Northern Sangtam von etwa zehn, bei den Konyak und den Rengma sogar von sieben resp. sechs bis 314

315

Vgl. M I L L S , 1926a, pp. 29-30; v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1941, S. 92; F R I E D R I C H , 1954, S. 23. I n den Khelgemeinschaften bestimmter Konyak-Dörfer kommt dieser Eintritt einer regelrechten Initiation gleich (s. v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1 9 4 1 , S. 1 9 ) . 169

sieben J a h r e n . 3 1 6 Ungeachtet dieser Unterschiede werden, zumindest bei den Ao und den Konyak, stets alle jene Knaben einer Khelgemeinschaft gleichzeitig in das Morung aufgenommen, die in drei aufeinanderfolgenden J a h r e n geboren sind. 3 1 7 Sie bilden eine Altersgruppe, der sie Zeit ihres Lebens, also über die Zeit ihrer Zugehörigkeit zur Morung-Institution hinaus, angehören. 3 1 8 Um eine Vorstellung von der zahlenmäßigen Stärke einer solchen Gruppe zu erhalten, sei auf v. F Ü R E R - H A I M E N D O K F S Angaben verwiesen: Von den fünf Khelgemeinschaften des Konyak-Dorfes Wakching war 1936 lediglich die größte, das aus 82 Haushaltungen bestehende Thepong, in der Lage, sechs Knaben im erforderlichen Alter von sieben bis zehn J a h r e n zu initiieren. 3 1 9 Die vergleichbaren „gangs" resp. „field companies" der Rengma, „consist(ing) of boys and girls . . . of roughly equal age", umfassen zwanzig bis dreißig Personen 3 2 0 ; zehn bis fünfzehn Rengma-Burschen bilden demnach eine ähnliche Altersgruppe. J e d e , bei Eintritt in die Morung-Institution formierte Altersgruppe hat während der Zeit ihrer Morung-Zugehörigkeit verschiedene Altersstufen zu durchlaufen. Die Anzahl der in den Quellen oftmals nur angedeuteten Altersstufen variiert in den Morungs der verschiedenen Gemeinwesen. I n der MorungInstitution der Ao bilden diese Altersstufen ein festgefügtes System. I m Changki Ao wird die erste Stufe nozabarihori („unripe gang") genannt. Tritt nach drei J a h r e n ein neuer „Jahrgang" in das Morung ein 3 2 1 , rückt die Gruppe der bisherigen Nozabarihori zur tükaphahori („ripening gang") auf. Mit der Absolvierung dieser Altersstufe, aber vollends, wenn die Burschen der nächsten Stufe, der chucheribahori („nlorung leaders gang"), zugehören, haben sie das wehr- und heiratsfähige Alter erreicht. Gründen sie einen eigenen Hausstand, so lockern sich in der Folgezeit ihre Beziehungen zum Morung, bis sie schließlich nach Durchlaufen einer weiteren Stufe, der okchangshamicharihori („pig's leg eaters"), „have left their youth behind them and are villagers of standing". 3 2 2 Bei den Ao der Mongsen-Gruppe erlischt die Morung-Zugehörigkeit während der vierten Altersstufe, und zwar sobald „some member of (this) agegroup has a son old enough to enter the 'morung'". 3 2 3 Die Morung-Institution der 316

MILLS,

1926, p. 177;

KAUFMANN,

1939, S. 220;

HAIMENDORF, 1 9 4 1 , S. 19. 317

Ao

-MILLS,

Konyak

1926a, p. 30;

1926, p. 177;

1937a, p. 52; v. BASTIAN,

MILLS,

v. FÜRER-HAIMENDORF,

1938, p. 3 5 9 ; v. FÜRER-HAIMENDORF,

1937a, p. 75. Zur Bedeutung dieser Arbeitskollektive s. Teil II/8 — S. 116.

1941,

> MILLS,

321 M I L L S , 1 9 2 6 , p .

177.

Hinsichtlich der Konyak s. v. M I L L S , 1926, pp. 177-178.

323 M I L L S , 1 9 2 6 , p . S.

170

a.

1881, S. (155);

— v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1941, S. 19; v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1938, p. 359. 1926, p. 177; M I L L S , 1926a, p. 30; v. F Ü R E R - H A I M E N D O R F , 1941, S. 24.

319

322

FÜRER-

PEAL, 1 8 9 3 a , p. 2 5 2 ;

318

32