Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht [1 ed.] 9783428541652, 9783428141654

Tim Wittenberg geht anlässlich der weitreichenden Reform des Genossenschaftsgesetzes im Jahr 2006 der zentralen Frage na

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Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht [1 ed.]
 9783428541652, 9783428141654

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 248

Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht Von

Tim Wittenberg

Duncker & Humblot · Berlin

TIM WITTENBERG

Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 248

Willensbildung der Mitglieder und Corporate Governance im neuen Genossenschaftsrecht

Von

Tim Wittenberg

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahre 2012 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2013 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-14165-4 (Print) ISBN 978-3-428-54165-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-84165-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2012/2013 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur befinden sich auf dem Stand von April 2013. Danken möchte ich an dieser Stelle allen, die mich bei der Arbeit an dieser Dissertation unterstützt haben, sei es unmittelbar durch Anregungen, Ratschläge und Kritik, sei es mittelbar durch die notwendige Ablenkung von der Arbeit. Mein erster Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Reiner Schulze, für die Freiheit bei der Wahl des Themas und für die Begleitung der Dissertation. Herrn Professor Dr. Bernhard Großfeld, LL.M. (Yale), schulde ich Dank nicht nur für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens, sondern auch für seine wertvollen Hinweise und kritischen Anregungen. Ferner gilt mein Dank der Heinrich-Kaufmann-Stiftung und der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung, die den Druck dieses Buches jeweils mit einem großzügigen Zuschuss unterstützt haben. Bei Frau Professor Dr. Theresia Theurl bedanke ich mich für die Bereitstellung eines erstklassigen Arbeitsplatzes am IfG Münster. Ganz herzlich danke ich meiner Frau Anna für ihre uneingeschränkte Unterstützung. Sie hat durch ihr Verständnis und ihre Ermunterungen sowie durch ihre stete Diskussionsbereitschaft erheblich zur Fertigstellung dieser Arbeit beigetragen. Meinem Freund Sven Dietrich danke ich für seine zahlreichen kritischen Anregungen. Außerdem bin ich ihm und meiner Schwester Ines Wittenberg für ihre umfassenden Korrekturhilfen dankbar. Herrn Professor Dr. Ludger Schulte und Herrn Dr. Ludger Winner danke ich für ihre freundschaftliche Verbundenheit. Besonders herzlicher Dank gebührt schließlich meinen Eltern Birgit und Paul Wittenberg. Ihre uneingeschränkte Förderung meiner Ausbildung und ihre liebevolle Unterstützung haben die Anfertigung der vorliegenden Arbeit erst ermöglicht. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Münster, im August 2013

Tim Wittenberg

Inhaltsübersicht 1. Kapitel Einleitung

23

§ 1 Themenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

§ 2 Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

§ 3 Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

2. Kapitel Corporate Governance

29

§ 4 Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

§ 5 Interne und externe Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

§ 6 Bedeutung für Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

3. Kapitel Vorstandstätigkeit und Mitgliederbelange

35

Besonderheit des genossenschaftlichen Vereinigungszwecks . . . . . . . . . . . . . . .

35

§ 8 Innerer „Markt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

§ 9 Überschusserwirtschaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

§ 10 Arten der Überschussverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

§ 11 Investierende Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

§ 12 Nichtmitgliedergeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

§7

4. Kapitel Mechanik kollektiver Willensbildung

49

§ 13 Willensbildung durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

§ 14 Beschlussfassung „in der Generalversammlung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

10

Inhaltsübersicht

§ 15 Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

§ 16 Ankündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 § 17 Versammlungsgebundene Mitgliederrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

5. Kapitel Einfluss auf den Vorstand

146

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 § 19 Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 § 20 Ergebnisverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 § 21 Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

6. Kapitel Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

259

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

269

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

288

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Einleitung

23

§ 1 Themenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

§ 2 Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

§ 3 Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

2. Kapitel Corporate Governance

29

§ 4 Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

§ 5 Interne und externe Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

§ 6 Bedeutung für Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

3. Kapitel Vorstandstätigkeit und Mitgliederbelange

35

Besonderheit des genossenschaftlichen Vereinigungszwecks . . . . . . . . . . . . . . .

35

§ 8 Innerer „Markt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

§ 9 Überschusserwirtschaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

§ 10 Arten der Überschussverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Naturalförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Geschäftsguthabendividende und Geschäftsguthabenverzinsung . . . . . . . . . C. Verhältnis zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39 39 40 40

§ 11 Investierende Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zu nutzenden Mitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Einflussbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41 41 42 43

§ 12 Nichtmitgliedergeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zweck und Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 45 45

§7

12

Inhaltsverzeichnis 4. Kapitel Mechanik kollektiver Willensbildung

49

§ 13 Willensbildung durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Rechtsnatur des Beschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Beschlussfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Mehrheitserfordernisse und Beschlussfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50 50 50 51

§ 14 Beschlussfassung „in der Generalversammlung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Versammlungscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Generalversammlung als rechtlich notwendige Präsenzveranstaltung? 1. Präsenzversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Niedrige Präsenzquoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Reformüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Änderungen im Rahmen der Genossenschaftsreform . . . . . . . . . . . . . a) § 43 Abs. 7 S. 2 GenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 43 Abs. 7 S. 1 GenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbesserung der Corporate Governance via Internet? . . . . . . . . . . . . . . B. Versammlungshäufigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ordentliche Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Außerordentliche Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51 51 52 52 52 55 56 56 57 58 59 61 62 64 65 65

§ 15 Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einberufungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einberufungsbefugte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einberufungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Form der Einberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Einberufungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenhang zwischen Mindesteinberufungs- und Mindestankündigungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fristzwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Regelungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Recht der Mitglieder auf Einberufung einer Generalversammlung . . . . . . . I. Einberufungsverlangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Antragsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66 67 67 68 68 69 72 72 73 73 74 74 75 76 77 77 77

Inhaltsverzeichnis

13

a) Mitgliederquorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 bb) Reformbestrebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 dd) Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (1) Anknüpfung an Stimmrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (2) Unterscheidung nach Einberufungs- und Ergänzungsverlangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (3) Erleichterung versammlungsbezogener Mitgliederkommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (a) Zugang zur Mitgliederliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (aa) Einsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (bb) Abschriftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (a) Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (b) Herleitung des Rechtes auf eine vollständige Listenabschrift . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (cc) Konfliktpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (dd) Alternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (a) Genossenschaftsregister . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (b) Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (b) Einführung eines Genossenschaftsforums . . . . . . . . . 89 (aa) Vorbild „Aktionärsforum“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (bb) Regelung für Genossenschaften? . . . . . . . . . . . . 90 ee) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 b) Adressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 c) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 d) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 aa) Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 bb) Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 II. Entscheidung über den Einberufungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Einberufungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. Prüfungsgegenstand und Prüfungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 III. Gerichtliches Ermächtigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Zuständiges Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Antragsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Antragsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 b) Antragsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 d) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 e) Keine Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 3. Entscheidung des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 4. Einberufung aufgrund gerichtlicher Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . 100

14

Inhaltsverzeichnis IV. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Verfahrenskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 2. Versammlungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

§ 16 Ankündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt und Konkretisierungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bekanntmachung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Befugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Recht der Mitglieder auf Ergänzung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kritik und Regelungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

103 104 104 105 106 108 108 108 109 109 109 110 111 112

§ 17 Versammlungsgebundene Mitgliederrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Teilnahmerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwesenheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rederecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auskunftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Form des Auskunftsersuchens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Auskunftsverpflichteter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Form der Auskunftserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Auskunftsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Antragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Stimmrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Risiko und Stimmrechtseinfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelung des § 43 Abs. 3 GenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzlicher Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Satzungsautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 GenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 GenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 GenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Persönliche Ausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausübung durch Bevollmächtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

112 113 114 114 115 115 116 116 117 118 118 119 120 120 121 122 122 125 126 130 133 133 134 134 135

Inhaltsverzeichnis a) b) c) d) e)

Einheitliche Erteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Person des Bevollmächtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form der Vollmachtserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang und Wirkungsdauer der Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwingende Vollmachtsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beschränkung auf zwei Mitglieder pro Bevollmächtigtem . . . bb) Erwägungen des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Änderungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Briefwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 136 137 137 138 139 139 140 141 143 144 145

5. Kapitel Einfluss auf den Vorstand § 18 Stellung als Mitglied des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Bestellung und Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Amtsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kritik und Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gesetzliche Beschränkungen der Organbesetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unvereinbarkeit von Ämtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zwingende Selbstorganschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Selbstorganschaft und Eigenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Organstellung und Anstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Äußerer Vollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Interne Willensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übertragung auf den Aufsichtsrat? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorschlagspflicht des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bildung eines gemeinsamen Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

146 146 148 148 149 151 153 153 154 154 155 155 156 157 160 160 160 161 162 162 164 165 167 167 169 171 171

16

Inhaltsverzeichnis

§ 19 Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Bestandteile des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gewinn- und Verlustrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Feststellungsbeschluss und Jahresergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rücklagenhöhe und Mitgliederkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Finanzieller Handlungsspielraum des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vermögensmäßige Anbindung der Genossenschaft an ihre Mitglieder D. Feststellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorlagen des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Jahresabschlussentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Lagebericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verwendungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Prüfung und Bericht des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prüfungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ordnungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zweckmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Berichtspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Berichtsfrist? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Information der Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vor der Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Recht auf Kenntnisnahme gemäß § 48 Abs. 3 S. 1 GenG . . . . . . aa) Auslegung zur Einsichtnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sonstige Kenntnisverschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kritik und Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Recht auf Erteilung von Abschriften gemäß § 48 Abs. 3 S. 2 GenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. In der Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorlagepflicht des Vorstands gemäß § 33 Abs. 1 S. 2 GenG . . . . b) Pflicht zur mündlichen Berichterstattung des Aufsichtsrats gemäß § 38 Abs. 1 S. 5, 2. Hs. GenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Pflichtprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Prüfungsumfang und Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Prüfungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

172 173 174 176 176 178 180 180 180 182 182 183 184 184 184 187 188 188 188 189 189 189 190 191 191 192 193 193 194 194 195 197 197 197 198 198 199 200 201 201 203

Inhaltsverzeichnis 1. Prüfung vor Feststellung des Jahresabschlusses? . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Regelungsalternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Berichtspflicht und Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Information der Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ankündigungspflicht des Vorstands gemäß § 59 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einsichtnahmerecht der Mitglieder gemäß § 59 Abs. 1 S. 2 GenG . . a) Zweck und Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erklärungspflicht des Aufsichtsrats gemäß § 59 Abs. 2 GenG . . . . . 4. Recht der Generalversammlung auf Verlesung gemäß § 59 Abs. 3, 2. Hs., 2. Fall GenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechte des Prüfungsverbands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Recht auf beratende Teilnahme gemäß § 59 Abs. 3, 1. Hs. GenG aa) Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechte des Verbandsvertreters im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . cc) Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Recht auf Verlesung gemäß § 59 Abs. 3, 2. Hs., 1. Fall GenG . . . c) Einberufungsrecht gemäß § 60 GenG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 20 Ergebnisverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Bindung an festgestellten Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verwendungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Jahresüberschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einstellung in Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verteilung auf die Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verteilung durch Geschäftsguthabenzuschreibung oder Auszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewinnvortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Jahresfehlbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entnahme aus Rücklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verteilung auf die Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verteilung durch Geschäftsguthabenabschreibung . . . . . . . . . . . . 3. Verlustvortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 203 204 206 207 208 209 210 212 213 214 214 215 217 218 219 219 219 219 220 221 221 222 224 225 225 225 227 227 228 229 229 229 230 230 230 231 231

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Inhaltsverzeichnis

§ 21 Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechnungslegung und Rechenschaftslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entlastungsperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gesamtentlastung und Einzelentlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz der Gesamtentlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Möglichkeit der Einzelentlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gegenstand des Entlastungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Folgen der Entlastungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entlastungserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vermögensrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Höchstrichterliche Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Urteil des BGH vom 03.12.2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Urteile des BGH vom 01.12.2003 und 21.03.2005 . . . . . (3) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Herrschende Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gegenansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Statusrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entlastungsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vermögensrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Statusrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

231 233 233 235 236 236 236 238 239 239 241 241 241 241 242 242 242 243 244 245 245 247 250 255 255 255 257 257 257 257 258

6. Kapitel Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

259

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

269

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

288

Abkürzungsverzeichnis a. A. Abl. Abs. ADHGB a. E. a. F. AG AktG Anh. Anm. Art. Artt. ARUG Az. BayObLG BB Bd. Begr. BGB BGBl. BGH BGHZ BilMoG BilReG BiRiLiG BKR BR-Drucks. BT-Drucks. BuW BVerfG bzgl. bzw. ca. DB DCGK ders.

anderer Ansicht Amtsblatt Absatz Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch am Ende alte Fassung Aktiengesellschaft/Amtsgericht/Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz Anhang Anmerkung Artikel Artikel (Plural) Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie Aktenzeichen Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater Band Begründung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Bilanzrechtsreformgesetz Bilanzrichtliniengesetz Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesratsdrucksache Bundestagsdrucksache Betrieb und Wirtschaft Bundesverfassungsgericht bezüglich beziehungsweise circa Der Betrieb Deutscher Corporate Governance Kodex derselbe

20 DGRV d.h. dies. Diss. DNotZ DStR DW DZWIR E eG EHUG Einf. etc. EuZW e.V. EWiR FamFG f(f). Fn. FS gem. GenForum GenG GenKurier GG ggf. GmbH GmbHG GmbHR GVG HGB Hk h. M. Hrsg. i. E. insb. i. S. i. S. d. i. S. v. i.V. m.

Abkürzungsverzeichnis Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V. das heißt dieselben Dissertation Deutsche Notarzeitschrift Deutsches Steuerrecht Die Wohnungswirtschaft Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Entwurf eingetragene Genossenschaft Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister Einführung et cetera Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht eingetragener Verein Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit folgend(e) Fußnote Festschrift gemäß Genossenschaftsforum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz) Genossenschafts-Kurier Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gerichtsverfassungsgesetz Handelsgesetzbuch Handkommentar herrschende Meinung Herausgeber im Ergebnis insbesondere im Sinne im Sinne der (des) im Sinne von in Verbindung mit

Abkürzungsverzeichnis JA J. Fin. Econ. J. L. & Econ. JuS JW JZ KonTraG KostO KWG LG MDR MitbestG MMR MoMiG m.w. N. NaStraG n. F. NJ NJOZ NJW NJW-RR NL-BzAR NordDGenG NotBZ Nr. NZG OLG PreußGenG RefE RegE RegVBG RG RGBl. RJM Rn. Rpfleger s. S. SCE

21

Juristische Arbeitsblätter Journal of Financial Economics Journal of Law and Economics Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Kostenordnung Gesetz über das Kreditwesen Landgericht Monatsschrift für Deutsches Recht Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer MultiMedia und Recht Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen mit weiteren Nachweisen Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung neue Fassung Neue Justiz Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport Neue Landwirtschaft – Briefe zum Agrarrecht Gesetz, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 04.07.1868 Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Nummer Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Oberlandesgericht Gesetz, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.03.1867 Referentenentwurf Regierungsentwurf Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsjustizministerium Randnummer Rechtspfleger siehe Seite/Satz Societas Cooperativa Europaea

22 SCEAG

SCE-VO sog. TransPuG u. u. a. v. vgl. Vor WiB WM WPg WpHG WuB z. B. ZfB ZfbF ZfgG ZGR ZHR ZIP

Abkürzungsverzeichnis Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft sogenannt(e) Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität und unter anderem von/vom vergleiche Vorbemerkung(en) Wirtschaftsrechtliche Beratung Wertpapier-Mitteilungen Die Wirtschaftsprüfung Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz) Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

1. Kapitel

Einleitung § 1 Themenstellung In größeren Gesellschaften kann die Unternehmensführung nicht mehr von allen Gesellschaftern gemeinsam wahrgenommen werden. Vielmehr ist die Bildung eines mit dieser Aufgabe betrauten Gremiums erforderlich. Damit dieses Gremium seine Leitungsaufgabe sachgerecht erfüllen kann, bedarf es eines möglichst großen Handlungsspielraums.1 Wie die Erfahrung allerdings gezeigt hat, kann prinzipiell nicht erwartet werden, dass das „Management“ mit dem Kapital anderer ebenso vorsichtig umgeht wie mit ihrem eigenen.2 Erforderlich ist also zugleich eine effektive Überwachung der Leitungsverantwortlichen. Die schwierige Aufgabe des Gesetzgebers besteht in diesem Zusammenhang darin, in Abhängigkeit vom jeweiligen Vereinigungszweck einen Rechtsrahmen zu schaffen, der sich zum Wohle aller beteiligten Interessengruppen als ein ausgewogenes Verhältnis von notwendigem Handlungsspielraum und erforderlicher Kontrolle darstellt. Für die Untersuchung der grundsätzlichen Fragestellung, wie und mit welchen Mitteln eine getreue, wert- und erfolgsorientierte Unternehmensführung sichergestellt und gewährleistet werden kann,3 hat sich in Wissenschaft und Praxis mittlerweile der Begriff „Corporate Governance“ etabliert.4 Gemeinhin wird zwischen interner und externer Corporate Governance unterschieden.5 Die interne Corporate Governance betrifft das Kräftespiel innerhalb der Korporation, die externe Corporate Governance demgegenüber unternehmensexterne Akteure und Marktkräfte.6 Während die interne Corporate Govern1

Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, S. 378 f. Als Gründe hierfür werden vor allem das Streben nach eigenen Vorteilen sowie andere Ansichten und Einstellungen zu der Art und Weise der Aufgabenerfüllung genannt (vgl. Mallin, Corporate Governance, S. 12 f.). 3 Lutter, Jura 2002, 83, 84. 4 Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249. Siehe ferner Schneider, DB 2000, 2413 („Alter Wein in neuen Schläuchen“); Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, S. 377 („However, one could say that corporate governance, whether recognised under that name or not, is a topic which is as old as the large company.“). 5 Hopt, ZHR 175 (2011), 444, 450; ders., ZGR 2000, 779, 782; Lutter, Jura 2002, 83, 86; Schwarz/Holland, ZIP 2002, 1661, 1662; Windbichler, Gesellschaftsrecht, S. 314. 6 Hopt, ZGR 2000, 779, 782; Lutter, Jura 2002, 83, 86; Schwarz/Holland, ZIP 2002, 1661, 1662. 2

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1. Kap.: Einleitung

ance somit auf ein ausgewogenes System von „checks and balances“ zwischen den unternehmensinternen Leitungs- und Überwachungsakteuren setzt, stellt die externe Corporate Governance die disziplinierenden Wirkungen des Marktes in den Vordergrund.7 Dabei kommt einer funktionierenden internen Corporate Governance umso größere Bedeutung zu, je weniger disziplinierende Wirkung von den Märkten ausgeht. Genossenschaften haben sich seit ihren Ursprüngen zu immer größeren Wirtschaftseinheiten mit umfangreichen Mitgliederzahlen entwickelt. In den meisten von ihnen können Geschäftsführungsaufgaben bereits seit langem nicht mehr von allen Mitgliedern gemeinsam wahrgenommen werden. „Corporate Governance“ war und ist daher auch im Hinblick auf die Genossenschaft zu untersuchen. Die externe Corporate Governance ist bei Genossenschaften vergleichsweise schwach ausgeprägt. Dieses Weniger an externer Kontrolle muss durch ein Mehr an interner Kontrolle ausgeglichen werden, wenn für den Vorstand keine diskretionären Handlungsspielräume entstehen sollen. Dafür ist ein starker Aufsichtsrat allein jedoch nicht ausreichend. Vielmehr muss es den Mitgliedern auch aus eigener Kraft möglich sein, Einfluss auf die Ausrichtung der Vorstandstätigkeit an den Mitgliederbelangen auszuüben. Die Einführung der Europäischen Genossenschaft (SCE) durch die Verordnung Nr. 1435/2003 vom 22.07.2003 (SCE-VO)8 und die sich daraus ergebende Notwendigkeit des Erlasses eines deutschen Ausführungsgesetzes (SCEAG) bis zum 18.08.2006 nahm der Gesetzgeber zum Anlass, zugleich auch das deutsche Genossenschaftsgesetz zu reformieren.9 Daran anknüpfend geht die vorliegende Arbeit der Frage nach, ob das neue Genossenschaftsrecht der Kontrollfunktion der 7 Siehe dazu Hopt, ZHR 175 (2011), 444, 450 u. 514 ff.; ders., ZGR 2000, 779, 782 u. 787 ff.; ders., in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, S. 36; Schwarz/Holland, ZIP 2002, 1661, 1663 f. 8 Abl. L 207/1 v. 18.08.2003. 9 BGBl. I S. 1911. Siehe ferner BT-Drucks. 16/1025 v. 23.03.2006 (Gesetzentwurf der Bundesregierung) sowie BT-Drucks. 16/1524 v. 17.05.2006 (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses). Eine Genossenschaftsreform war im rechtswissenschaftlichen Schrifttum schon seit längerer Zeit gefordert worden. Siehe hierzu u. a. die Beiträge von Beuthien, DB 2000, 1161 ff.; Blomeyer, DB 2000, 1741, 1744 ff.; Schaffland, in: Theurl/Greve (Hrsg.), Reform des Genossenschaftsrechts, S. 123 ff.; ders., ZfgG 51 (2001), 208 ff.; Schulze, in: Theurl/Greve (Hrsg.), Reform des Genossenschaftsrechts, S. 9 ff.; Ankele, in: Theurl/Greve (Hrsg.), Reform des Genossenschaftsrechts, S. 117 ff.; Förstner-Reichstein/Weller, Novellierung des deutschen Genossenschaftsgesetzes, passim; Greve/Lämmert, in: Theurl/Greve (Hrsg.), Genossenschaftsrecht in Europa, S. 7 ff.; Steding, Genossenschaftsrecht, S. 179 ff.; ders., BuW 2004, 382 ff. Zur SCE siehe insbesondere Schulze, in: Schulze (Hrsg.), Europäische Genossenschaft, S. 1 ff.; ders., NZG 2004, 792 ff.; ders./Wiese, ZfgG 56 (2006), 108 ff.; Beuthien, ZfgG 57 (2007), 3 ff.; Hirte, DStR 2007, 2215 ff.; Krimphove, EuZW 2010, 892 ff.; ders., ZfgG 61 (2011), 45 ff.; El Mahi, DB 2004, 967 ff. sowie die Dissertationen von Wiese, Die Europäische Genossenschaft, passim, und Heß, Die Europäische Genossenschaft, passim.

§ 2 Historische Entwicklung

25

Mitglieder hinreichend Rechnung trägt, und untersucht dazu die Möglichkeiten, die dieses Recht den Mitgliedern zur Einflussnahme auf den Vorstand mittels der Generalversammlung gibt. Mitgliederstärkere Genossenschaften sollen dabei im Fokus der Betrachtung stehen, weil bei ihnen besonders große Handlungsspielräume für den Vorstand entstehen können.10 Dies soll ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung im Genossenschaftsrecht verdeutlichen. Nachfolgend wird sodann der Gang der vorliegenden Untersuchung dargestellt.

§ 2 Historische Entwicklung Zu Zeiten des ersten Genossenschaftsgesetzes, dem Preußischen Genossenschaftsgesetz vom 27.03.186711, waren Genossenschaften noch verhältnismäßig kleine Wirtschaftseinheiten mit überschaubaren Mitgliederkreisen. Vor allem für Menschen mit schwacher ökonomischer Ausgangssituation hatte es die mit der voranschreitenden Industrialisierung einhergehende Zunahme des Wettbewerbsdrucks notwendig gemacht, sich genossenschaftlich zusammenzuschließen, um wirtschaftlich überleben zu können.12 Die Bündelung gleichartiger Individualbedürfnisse half ihnen, sich selbst zu helfen, indem ihnen kollektiv möglich wurde, wozu sie allein nicht wirtschaftlich (sinnvoll) in der Lage waren (kollektive Selbsthilfe).13 Dementsprechend war der gemeinschaftliche Geschäftsbetrieb der Genossenschaft anfangs als Hilfsbetrieb ausgestaltet und diente vornehmlich der Bedarfsdeckung der Mitglieder.14 Organisationsrechtlich entsprach das Preußische Genossenschaftsgesetz diesen Gegebenheiten unter anderem dadurch, dass es als zwingende Organe lediglich einen Vorstand und eine Generalversammlung vorsah. Ein Aufsichtsrat konnte durch Satzungsbestimmung eingeführt werden (vgl. § 27 Abs. 1 PreußGenG), soweit die Mitglieder einen solchen mit steigender Mitgliederzahl für erforderlich hielten, um den Vorstand über ihre eigene 10 Eine Mediatisierung des Mitgliedereinflusses durch Vertreterversammlungen (vgl. § 43a GenG) muss hierbei außer Betracht bleiben, da ihre sachgerechte Berücksichtigung den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen würde. Allgemein zur Vertreterversammlung auf der Grundlage des Genossenschaftsgesetzes vor der Reform von 2006: Beuthien, Die Vertreterversammlung eingetragener Genossenschaften, S. 5 ff.; Noelle, Mitgliederrepräsentation in Genossenschaften mit Vertreterversammlung, passim. Siehe ferner Schmitz-Herscheidt, ZfgG 31 (1981), 319 ff. Auf Klein(st)genossenschaften wird allenfalls am Rande eingegangen. Ausführlich hierzu Geschwandtner/ Wittenberg, BB 2008, 1748. 11 Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1867 (Nr. 34), S. 501– 515, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. I, S. 1 ff. 12 Siehe hierzu Beuthien, Strukturwandel, S. 7; Laufs, JuS 1968, 311, 312; Stumpf, JuS 1998, 701; Hirte, DStR 2007, 2166, 2167. 13 Vgl. Beuthien, Strukturwandel, S. 7 f.; Stumpf, JuS 1998, 701. 14 Beuthien, § 43 Rn. 21; ders., Strukturwandel, S. 45 u. 47; Bauer, § 43 Rn. 119.

26

1. Kap.: Einleitung

Kontrolle hinaus auch weiterhin angemessen überwachen zu können.15 Der Generalversammlung wurde dabei ein generelles Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand eingeräumt (vgl. §§ 20, 32 Abs. 1 PreußGenG). In dieser hatte jedes Mitglied grundsätzlich eine Stimme, soweit hiervon nicht durch Satzungsbestimmung abgewichen wurde (vgl. § 9 Abs. 2 PreußGenG). Rasch fanden Genossenschaften Zulauf, wodurch sich die Vorstände einer immer größeren Zahl von Mitgliedern gegenübersahen. Letztere zeigten bei der Ausgestaltung der Binnenbeziehungen allerdings nicht immer das nötige Verständnis, um die eingeräumte Satzungsautonomie in einer Weise zu nutzen, „welche nach Möglichkeit die Gewähr dafür biete[t], da[ss] ein richtiges Ineinandergreifen des Verwaltungsorganismus stattfindet“ und dadurch eine „solide Geschäftsführung“ und eine „zuverlässige Kontrol[l]e“ gewährleistet wird.16 Daher sah das erste gesamtdeutsche Genossenschaftsgesetz vom 01.05.188917 einen zwingenden Aufsichtsrat vor (vgl. § 34 GenG 1889). Mit dem Mitgliederzuwachs sank zugleich der Einfluss des einzelnen Mitglieds in der Generalversammlung, da nur die Ein-Mitglied-Eine-Stimme-Regelung Einzug in das neue Genossenschaftsgesetz gefunden hatte (vgl. § 41 Abs. 2 GenG 1889). Dementsprechend gestaltete sich die Willensbildung der Mitglieder zunehmend schwieriger. Es erforderte einen immer größeren Organisationsaufwand, um den Vorstand über die Generalversammlung jenseits evidenter Fälle von Vorstandsversagen ernsthaft rechenschaftspflichtig zu machen. Über die Jahrzehnte veränderten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen langsam aber spürbar. Aus den traditionell auf Mitgliederbedarfsdeckung ausgerichteten Genossenschaften gingen „Großunternehmen mit eigenständiger Marktfunktion und eigenem Marktrisiko“ hervor.18 Die Wettbewerbsbedingungen machten ein immer schnelleres (Re-)Agieren auf dem Markt erforderlich. Hierzu war der Vorstand meist besser in der Lage als die Gesamtheit der nicht selten mehrere tausend Mitglieder zählenden Generalversammlung. Daher meinte der Gesetzgeber im Rahmen der Genossenschaftsnovelle vom 09.10.197319, das Wei15 Dies sah auch § 28 des Genossenschaftsgesetzes des Norddeutschen Bundes vom 04.07.1868 (BGBl. 1868 (Nr. 24), S. 415–433) vor, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. I, S. 17, 24 f. 16 So zur Begründung der Einschränkung der Satzungsautonomie in einigen Bereichen der gesellschaftsinternen Organisation die Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11. 1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, S. 206, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 208. 17 RGBl. 1889 (Nr. 11), S. 55–93, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. I, S. 37 ff. Ausführlich zur Entstehungsgeschichte Schubert, in: Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, S. 21 ff. 18 Beuthien, § 43 Rn. 21; ders., Strukturwandel, S. 48; Bauer, § 43 Rn. 119. 19 BGBl. I S. 1451, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 6 ff. Siehe ferner BT-Drucks. 7/97 v. 05.02.1973 (Entwurf eines Gesetzes zur

§ 2 Historische Entwicklung

27

sungsrecht der Generalversammlung gegenüber dem Vorstand – unabhängig von der Mitgliederzahl – aufheben zu müssen (vgl. § 27 Abs. 1 S. 1 GenG).20 Zwar ließ er gleichzeitig die Gewährung von Mehrstimmrechten zu, dies jedoch mit höchstens zwei Mehrstimmen in so begrenztem Maße, dass Mitgliedern in mitgliederstarken Genossenschaften kein wirklicher Mehreinfluss zukommen konnte.21 Dabei mochte bereits vor dieser Reform bezweifelt werden, ob die Mitglieder von sich aus organisatorisch überhaupt noch in der Lage gewesen wären, von der Weisungskompetenz der Generalversammlung Gebrauch zu machen. Der Leitungsspielraum des Vorstands jedenfalls hatte allein schon dadurch zugenommen, dass die Mitgliederzahl stetig wuchs. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zahl der Mitglieder in den Genossenschaften fast verdoppelt (von 11,94 Mio. Mitgliedern im Jahre 1970 auf 20,07 Mio. Mitgliedern im Jahre 1998), während sich die Anzahl eingetragener Genossenschaften nahezu halbiert hat (von 18.620 im Jahre 1970 auf 9.917 im Jahre 1998).22 Mit dieser Entwicklung einhergehend ist der Einfluss des einzelnen Mitglieds weiter stark gesunken und der für die Organisation von Einflussnahmen auf den Vorstand zu betreibende Aufwand weiter gestiegen. Je mitgliederstärker eine Genossenschaft also ist, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass der Vorstand in der Generalversammlung einen Gegenspieler findet, und desto mehr sind die Mitglieder darauf angewiesen, dass der Aufsichtsrat seine Funktion zuverlässig erfüllt.23 Dem aber nicht genug: „[I]nfolge des in [. . .] Deutschland allseits gestiegenen Wohlstandes und des [wettbewerbsbedingt] für jedermann zugänglichen vielfältigen Angebots von Waren und Dienstleistungen“ 24 sind Mitglieder nicht mehr grundsätzlich auf das genossenschaftliche LeistungsÄnderung des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften), abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184 ff., sowie BT-Drucks. 7/659 v. 01.06.1973 (Bericht und Antrag des Rechtsausschusses), abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289 ff. Ausführlich zur Entstehung der Novelle Lenfers, Die Genossenschaftsrechtsnovelle von 1973, S. 17 ff. 20 Siehe dazu BT-Drucks. 7/97, S. 22, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 241 f. 21 So verwundert auch nicht, dass Mehrstimmrechte in der Praxis nur selten vorkommen (vgl. Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 69). 22 Beuthien, DB 2000, 1161 m.w. N.; ders., Strukturwandel, S. 45; Hirte, DStR 2007, 2166, 2168; Helios/Strieder, DB 2005, 2794; siehe auch Blomeyer, ZfgG 51 (2001), 79 f.; ders., ZfgG 30 (1980), 22, 26. Seit 1998 ist die Anzahl eingetragener Genossenschaften weiter auf ca. 7260 gefallen (vgl. Geschwandtner, ZfgG 59 (2009), 152, 162). Siehe ferner Stappel, in: Münkner/Ringle (Hrsg.), Neue Genossenschaften und innovative Aktionsfelder, S. 70 ff. 23 Häufig fehlt es den Aufsichtsratsmitgliedern von Genossenschaften jedoch gerade an ausgeprägten Überwachungskenntnissen und -erfahrungen (vgl. OLG Hamm, ZIP 1985, 741, 743). Siehe ferner Großfeld/Jäger/Lenfers, Tradition und Zukunft im Genossenschaftsrecht, S. 83. 24 Beuthien, DB 2000, 1161.

28

1. Kap.: Einleitung

angebot angewiesen. So kann es rational durchaus sinnvoll sein, zur Erfüllung individueller Bedürfnisse auf andere Anbieter auszuweichen, statt den mühsamen Weg über die Generalversammlung auf sich zu nehmen, auch wenn dadurch letztlich weniger Vorteile aus der eigenen Mitgliedschaft gezogen werden.25 Dieses Verhalten verschafft dem Vorstand allerdings weitere Freiräume, die jener für sich zu nutzen wissen wird.

§ 3 Gang der Untersuchung Einführend wird zunächst näher erläutert, welche Thematik sich hinter dem angelsächsischen Begriff „Corporate Governance“ verbirgt, für den es keine angemessene deutsche Übersetzung gibt,26 und inwiefern dieser Thematik auch Bedeutung im Genossenschaftsrecht zukommt (2. Kapitel). Sodann wird zur weiteren Einführung dargestellt, welche vereinigungsformspezifischen Besonderheiten die Leitung einer Genossenschaft aufweist und welche Konsequenzen daraus für die Ausrichtung der Vorstandstätigkeit an den Mitgliederbelangen zu ziehen sind (3. Kapitel). Hierauf werden die Mitglieder den Vorstand letztlich zu überwachen haben. Als Kollegialorgan übt die Generalversammlung ihre Kompetenzen gegenüber dem Vorstand durch Beschlussfassung aus. Die Einflussmöglichkeiten der Mitglieder darauf, ob, wann, worüber und mit welchem Inhalt Beschlüsse gefasst werden, sind für eine effektive Mitgliederkontrolle demnach von entscheidender Bedeutung. Im Hauptteil der Arbeit wird daher zunächst auf solche Rechte einzelner Mitglieder und Mitgliedergruppen eingegangen, die ihnen hierfür zur Verfügung stehen (4. Kapitel). Erst dann wird die Ausgestaltung ausgewählter Generalversammlungskompetenzen untersucht, die auf jeweils unterschiedliche Weise Einfluss auf die Leitungstätigkeit des Vorstands verleihen können (5. Kapitel). Aufgrund der Abhängigkeit der Wahrnehmung dieser Kompetenzen von der Ausgestaltung der hierauf gerichteten Mitgliederrechte vermag erst deren Zusammenspiel eine starke Mitgliederkontrolle zu begründen, die einen langfristigen Gesellschaftserfolg im Sinne des Genossenschaftsgesetzes und damit im Interesse der Mitglieder erwarten lässt. Zum Abschluss erfolgt eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse (6. Kapitel).

25 Zur wettbewerbsbedingten Zunahme der Rechenhaftigkeit von Mitgliedern siehe bereits Klusak, ZfgG 22 (1972), 243; Eschenburg, ZfgG 22 (1972), 132, 145 ff.; Lieser/ Jung, DB 1972, 907; Bannier/Marelli, ZfgG 27 (1977), 103, 105 f.; vgl. ferner Beuthien, FS Brink, S. 106. 26 Ebenso Lutter, Jura 2002, 83.

2. Kapitel

Corporate Governance „Corporate Governance“ ist bislang kein Begriff der deutschen Rechtsordnung.1 Mittelbar ist der Begriff allerdings in der Vorschrift des § 161 AktG enthalten, die durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz vom 19.07.2002 (TransPuG)2 zur rechtlichen Durchsetzung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) eingeführt worden ist.3 Nach Satz 1 der Vorschrift haben Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten Aktiengesellschaft jährlich eine Erklärung darüber abzugeben, dass den vom Bundesministerium der Justiz im amtlichen Teil des elektronischen Bundesanzeigers bekannt gemachten Empfehlungen der „Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex“ entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden. Diese sogenannte Entsprechenserklärung ist den Aktionären nach § 161 S. 2 AktG dauerhaft zugänglich zu machen. Auf der Grundlage dieser Regelung wird verschiedentlich angenommen, dass sich Corporate Governance thematisch in börsennotierten Aktiengesellschaften und dort im Deutschen Corporate Governance Kodex erschöpft.4 Dass ihr Gegenstand jedoch weit darüber hinaus reicht und der Thematik Bedeutung auch im Genossenschaftsrecht zukommt, sollen die folgenden Ausführungen aufzeigen.

§ 4 Gegenstand Im Kern hat Corporate Governance die Auseinandersetzung mit einem Problemkreis zum Gegenstand, den der Nationalökonom Adam Smith bereits im Jahre 1776 in seinem Werk „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“ wie folgt beschrieben hat: „The directors of such [public] companies, however, being the managers rather of other people’s money than of their own, it cannot well be expected, that they should watch over it with the same anxious vigilance with which the partners in a private copartnery fre1 Hopt, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, S. 30. 2 BGBl. I S. 2681. 3 Hopt, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, S. 30. Ausführlich dazu Lutter, ZHR 166 (2002), 523; Seibert, BB 2002, 581. 4 Hopt, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, S. 30.

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2. Kap.: Corporate Governance

quently watch over their own. [. . .] Negligence and profusion, therefore, must always prevail, more or less, in the management of the affairs of such a company.“ 5 Ihren Ausgangspunkt findet die Diskussion um Corporate Governance danach in Problemen, die sich für Publikumskapitalgesellschaften aus der Trennung von Eigentum und Management ergeben.6 Entsprechend der in der Corporate Governance-Forschung unter den Organisationstheorien7 vorherrschenden PrinzipalAgent-Theorie8 wird das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern (Eigentümern) und der Unternehmensleitung (Management) zumeist als Prinzipal-Agent-Verhältnis beschrieben: Ein Prinzipal beauftragt einen Agenten damit, in seinem Interesse tätig zu werden.9 Wie bei allen Vertragsverhältnissen bestehen insoweit auch zwischen den Gesellschaftern (Prinzipalen) und den Managern (Agenten) Informations- und Interessenasymmetrien, die sich nachteilig für die Prinzipale auswirken und sogenannte Agenturkonflikte begründen.10 Die Agenturkonflikte liegen in der Annahme begründet, dass der Agent nicht immer im Interesse des Prinzipals handeln wird, sondern im Streben nach individueller Nutzenmaximierung Entscheidungen trifft, die seinen (privaten) Eigeninteressen dienen und seinen Risiko- und Zeitpräferenzen entsprechen.11 Dies kann verschiedene Ausdrucksformen gewinnen und ist nicht auf geldwerte Vorteile wie Firmenwagen und Dienstreisen mit Urlaubselementen beschränkt.12 Ursächlich für die Konflikte ist, dass das Management die Leitungsentscheidungen trifft, während damit einhergehende Risiken von der Gesellschaft und damit mittelbar von den (übrigen) Gesellschaftern getragen werden.13 Dabei kommt den Managern als Agenten zugute, dass sie aufgrund ihrer unternehmensleitenden Funktion über Informationen verfügen, die den Prinzipalen (noch) nicht zur Ver5 Smith, Ch. 1.3.1.2. Hierauf weisen bereits Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), 305 sowie Hopt, ZHR 175 (2011), 444, 446 f.; ders., in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, S. 31 hin. 6 Grundlegend Berle/Means, The Modern Corporation and Private Property, passim; Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), 305; Fama/Jensen, J. L. & Econ. 26 (1983), 301; dies., J. L. & Econ. 26 (1983), 327. 7 Siehe hierzu Kieser/Ebers (Hrsg.), Organisationstheorien, passim. 8 Ausführliche Darstellung bei Ebers/Gotsch, in: Kieser/Ebers (Hrsg.), Organisationstheorien, S. 247, 258 ff.; Erlei/Leschke/Sauerland, Neue Institutionenökonomik, S. 69 ff. 9 Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), 305, 308. 10 Ebers/Gotsch, in: Kieser/Ebers (Hrsg.), Organisationstheorien, S. 247, 258 f. 11 Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), 305, 313; Mallin, Corporate Governance, S. 12 f.; Ebers/Gotsch, in: Kieser/Ebers (Hrsg.), Organisationstheorien, S. 247, 261. 12 Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), 305, 313; Ebers/Gotsch, in: Kieser/Ebers (Hrsg.), Organisationstheorien, S. 247, 261. 13 Fama/Jensen, J. L. & Econ. 26 (1983), 301 („separation of decision and risk-bearing functions“).

§ 5 Interne und externe Corporate Governance

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fügung stehen.14 Mit zunehmender Trennung von Eigentum und Management, bei Publikumskapitalgesellschaften durch weit gestreuten Anteilsbesitz, verstärkt sich dieses Informationsgefälle, begleitet von einer wachsenden rationalen Apathie der Prinzipale in Bezug auf Geschäftsführungsangelegenheiten.15 Eine Hauptaufgabe der Corporate Governance-Forschung besteht insoweit darin, effiziente Mechanismen zur Lösung von Agenturkonflikten zu entwickeln.

§ 5 Interne und externe Corporate Governance Wie bereits einleitend ausgeführt, betrifft die sogenannte interne Corporate Governance das Kräftespiel innerhalb der Korporation.16 Wesentliche Akteure sind die Leitungs- und Überwachungsorgane, die Anteilseigner, die Arbeitnehmer (Mitbestimmung) und das System der Abschlussprüfung.17 Der Abschlussprüfer steht zwar außerhalb der Korporation, er ist aber dennoch in ihre Finanzberichterstattung eingebunden.18 Allgemein wird auf der Grundlage der PrinzipalAgent-Theorie zwischen Governance-Instrumenten mit Anreizfunktion (z. B. Ergebnisbeteiligung der Unternehmensleitung), Steuerungsfunktion (z. B. interorganschaftliches Weisungsrecht, Statuierung von Sorgfaltspflichten und Haftungsregeln bei Pflichtverletzung) und Informations- und Kontrollfunktion (z. B. individuelles Auskunftsrecht, Berichterstattungspflichten) unterschieden.19 Eine disziplinierende Wirkung auf die Unternehmensleitung geht grundsätzlich auch von unternehmensexternen Akteuren und Marktkräften aus.20 Im Rahmen dieser sogenannten externen Corporate Governance werden vor allem drei Märkte unterschieden: (1) der Kapitalmarkt, insbesondere der Markt für Unternehmenskontrolle (Übernahmen), (2) der Arbeitsmarkt für Geschäftsleiter und (3) die Güter- und Dienstleistungsmärkte.21 Dem Markt für Unternehmenskontrolle liegt dabei die Erwägung zugrunde, dass eine schlechte Leistung der Leitungsverantwortlichen den Aktienkurs der betreffenden Gesellschaft sinken

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Ebers/Gotsch, in: Kieser/Ebers (Hrsg.), Organisationstheorien, S. 247, 261. Posner, Economic Analysis of Law, S. 441. Bei Gesellschaften mit sog. Blockholdern (z. B. bei Vorherrschen von Aktienpaketen, bei Familienunternehmen etc.) besteht der wesentliche Agenturkonflikt weniger im Verhältnis der Gesellschafter zur Unternehmensleitung als vielmehr im Verhältnis der Gesellschafter untereinander. Siehe dazu Lange, BB 2005, 2585, 2586 ff. 16 Hopt, ZHR 175 (2011), 444, 450; ders., ZGR 2000, 779, 782. 17 Hopt, ZHR 175 (2011), 444, 450; ders., ZGR 2000, 779, 782. 18 Hopt, ZHR 175 (2011), 444, 450. 19 Ebers/Gotsch, in: Kieser/Ebers (Hrsg.), Organisationstheorien, S. 247, 265 ff.; Weller, ZGR 2012, 386, 401. 20 Hopt, ZHR 175 (2011), 444, 450; ders., ZGR 2000, 779, 782. 21 Rudolph, S. 571 ff.; Hopt, ZHR 175 (2011), 444, 450. 15

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2. Kap.: Corporate Governance

lässt.22 Dies erhöht die Abgabebereitschaft der bisherigen Aktionäre, was in letzter Konsequenz zum Erwerb einer maßgeblichen Beteiligung seitens neuer Kräfte führen kann, die dann womöglich die Leitungsverantwortlichen austauschen.23 Um dieser Gefahr für die eigene (soziale) Stellung zu begegnen, werden sich die Geschäftsleiter bemühen, die Gesellschaft zur Zufriedenheit der Aktionäre zu leiten.24 Die disziplinierende Wirkung des Arbeitsmarktes für Geschäftsleiter liegt demgegenüber in dem Wettbewerb um eben jene Führungspositionen begründet.25 Die Güter- und Dienstleistungsmärkte entfalten ihre disziplinierende Wirkung über den Wettbewerbsdruck an den für das Unternehmen relevanten Absatzmärkten.26 Bei Erfolglosigkeit an diesen Märkten muss das Unternehmen Vermögensverluste hinnehmen, die schlussendlich ein Ausscheiden aus dem Markt zur Folge haben können.27 Einer funktionierenden internen Corporate Governance kommt dabei umso größere Bedeutung zu, je weniger disziplinierende Wirkung von diesen Märkten ausgeht. Insofern ist etwa für geschlossene Aktiengesellschaften außerhalb des Kapitalmarktes darauf hingewiesen worden, dass es neben dem Aufsichtsrat zweifellos des „kontrollierenden Flankenschutz[es] durch den Aktionär“ bedürfe.28

§ 6 Bedeutung für Genossenschaften Die Diskussion um Corporate Governance hat sich bislang vornehmlich deshalb auf börsennotierte Aktiengesellschaften konzentriert, weil das Thema erst aufgrund der zunehmenden Kapitalmarktfinanzierung solcher Gesellschaften und der von ausländischen Investoren geforderten Kodizes29 internationale Aufmerksamkeit errungen hat.30 Der angesprochene Problemkreis besteht jedoch weder, weil eine Gesellschaft börsennotiert ist, noch, weil es sich um eine Aktiengesell22 Großfeld, ZfgG 29 (1979), 217, 219 f.; ders., Genossenschaft und Eigentum, S. 28; Kammlott/Schiereck, ZfgG 50 (2000), 265, 273; Neumann, ZfgG 25 (1975), 32, 38. Siehe ferner Rudolph, S. 573 f. 23 Großfeld, ZfgG 29 (1979), 217, 220; ders., Genossenschaft und Eigentum, S. 28; Kammlott/Schiereck, ZfgG 50 (2000), 265, 273; Neumann, ZfgG 25 (1975), 32, 38. 24 Großfeld, ZfgG 29 (1979), 217, 220; ders., Genossenschaft und Eigentum, S. 28. 25 Näher dazu Rudolph, S. 574 f. 26 Rudolph, S. 575. 27 Rudolph, S. 575. 28 Lutter, Jura 2002, 83, 87. 29 Hierzu Hopt, ZHR 175 (2011), 444, 455 ff. Zu Corporate Governance Kodizes siehe ferner Fleischer, ZGR 2012, 160, 182 ff. 30 Eingehend Lutter, Jura 2002, 83, 83 ff. In der Frage, ob Corporate GovernanceRegelungen auf europäischer Ebene vereinheitlicht werden oder den Mitgliedsstaaten überlassen bleiben sollten, tendieren Juristen meist zu einer Harmonisierung, während Ökonomen eher zu einem Wettbewerb der Rechtsordnungen neigen (vgl. Hopt, in: Hommelhoff/Hopt/v. Werder (Hrsg.), Handbuch Corporate Governance, S. 37).

§ 6 Bedeutung für Genossenschaften

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schaft handelt. Unabhängig von der Rechtsform sind vor allem die Gesellschafterstruktur und die Größe des Gesellschafterkreises im Verhältnis zur Unternehmensleitung entscheidend.31 Im Falle einer Börsennotierung kann dieses Verhältnis allerdings besondere Dimensionen annehmen, da die Zahl der Aktionäre durch Streubesitz nicht selten in die Millionen geht. Corporate Governance ist demnach ebenso ein Thema für nicht-börsennotierte Kapitalgesellschaften32 und Familienunternehmen33 wie für eingetragene Genossenschaften34.35 Hier wie dort stellt sich die Frage, wie eine wert- und erfolgsorientierte Unternehmensführung sichergestellt und gewährleistet werden kann, auch wenn die Agenturkonflikte im Einzelnen anders gelagert beziehungsweise unterschiedlich stark ausgeprägt sind. In Genossenschaften führt bereits die organschaftliche Struktur dazu, dass der Mitgliederkreis nicht auf die geschäftsführenden Agenten beschränkt ist. Auch die gesetzlich zwingende Selbstorganschaft (§ 9 Abs. 2 S. 1 GenG) verhindert daher nicht die Trennung von Eigentum und Management, die den klassischen Agenturkonflikt in Publikumskapitalgesellschaften begründet. Wie der einleitende historische Überblick über die Entwicklung im Genossenschaftsrecht gezeigt hat, hat diese Trennung von Eigentum und Management durch den Mitgliederzuwachs einerseits und die fallende Zahl eingetragener Genossenschaften andererseits über die Zeit zugenommen. Damit einhergehend hat der auch für Genossenschaften klassische Agenturkonflikt zwischen den unternehmensleitenden Mitgliedern und den übrigen, von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Mitgliedern verstärkt an Bedeutung gewonnen. Eine wachsende rationale Apathie der einfachen Mitglieder in Bezug auf Geschäftsführungsangelegenheiten ist dabei nicht nur auf gestiegene Informationsungleichgewichte und eine womöglich geringe wirtschaftliche Beteiligung an der Genossenschaft zurückzuführen, sondern zum Teil auch darauf, dass die wirtschaftliche Bedeutung der Mitgliedschaft in einzelnen Güter- und Dienstleistungsmärkten infolge des Umstands abgenommen hat, dass Mitglieder dort nicht mehr grundsätzlich auf das genossenschaftliche Leistungsangebot angewiesen sind. Zur Lösung dieses Agenturkonfliktes tragen unternehmensexterne Akteure und Marktkräfte vergleichsweise wenig bei. Anders als börsennotierte Aktiengesell31

Siehe dazu auch Steding, BuW 2003, 724, 724 f. Weller, ZGR 2012, 386, 388 ff.; Woywode/Keese/Tänzler, ZGR 2012, 418, 419 ff.; McCahery/Vermeulen, Corporate Governance of non-listed companies, passim. 33 Lange, BB 2005, 2585; Witt, ZfB-Special Issue 2/2008, 1; Graf/Bisle, DStR 2010, 2409; May/Koeberle-Schmid, DB 2011, 485; Koeberle-Schmid/Groß/Lehmann-Tolkmitt, BB 2011, 899. 34 Ebenso i. E. Bauer, Vor §§ 24 ff. Rn. 21 ff.; Geschwandtner/Wieg, S. 13 u. 16; Keßler, in: Keßler (Hrsg.), Genossenschaften – Rechtsform mit Zukunft oder Relikt der Vergangenheit, S. 15; Peemöller, Corporate Governance, S. 11. 35 So wohl auch Hopt, FS Mestmäcker, S. 913: „Die Grundprobleme der corporate governance sind nicht auf die Aktiengesellschaft beschränkt.“ 32

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2. Kap.: Corporate Governance

schaften haben Genossenschaften keinen Zugang zum Kapitalmarkt. Ihnen fehlt damit nicht nur ein bedeutsames Mittel der Kapitalbeschaffung, sondern vor allem ein Markt für Unternehmenskontrolle.36 Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Mitgliedschaft nach § 15 GenG nur durch Beitrittserklärung und Zulassung durch die Genossenschaft erworben werden kann. Ein Wechsel der „wirtschaftlichen“ Eigentümer ist also nicht jederzeit und ohne weiteres möglich. Übernahmen, noch dazu feindliche, kann es daher nicht geben. Darüber hinaus ist auch der Arbeitsmarkt für Geschäftsleiter im genossenschaftlichen Sektor vergleichsweise rudimentär ausgeprägt.37 Eine disziplinierende Wirkung auf die Unternehmensleitung muss dementsprechend verstärkt von genossenschaftsinternen Akteuren ausgehen. Für ein ausgewogenes System von „checks and balances“ ist ein starker Aufsichtsrat allein insofern nicht ausreichend. Vielmehr muss es auch den einfachen Mitgliedern möglich sein, auf die Ausrichtung der Vorstandstätigkeit an den Mitgliederbelangen kontrollierend Einfluss zu nehmen.38

36 Großfeld, ZfgG 29 (1979), 217, 219 f.; ders., Genossenschaft und Eigentum, S. 28; Neumann, Willensbildung, S. 223; Neumann, ZfgG 25 (1975), 32, 38; ders., ZfgG 31 (1981), 171, 174; Lenfers, Die Genossenschaftsrechtsnovelle von 1973, S. 87. 37 Geschwandtner/Wieg, S. 15 (Fn. 86). 38 In diese Richtung auch Großfeld, ZfgG 34 (1984), 111, 119; Großfeld/Jäger/Lenfers, Tradition und Zukunft im Genossenschaftsrecht, S. 84.

3. Kapitel

Vorstandstätigkeit und Mitgliederbelange Ihrer Struktur nach ist die eingetragene Genossenschaft eine Körperschaft.1 Als solche besitzt sie Organe,2 von denen der Vorstand gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 GenG für die Leitung der Gesellschaft zuständig ist. Bei Wahrnehmung dieser Leitungskompetenz haben die Organmitglieder nach § 34 Abs. 1 GenG die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftleiters einer Genossenschaft zu wahren. Damit wollte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, dass sie die Gesellschaft zweckgerecht im Sinne des § 1 Abs. 1 GenG und daher stets mit Bezug auf die in der Satzung im Unternehmensgegenstand (§ 6 Nr. 2 GenG) konkretisierten Mitgliederbelange zu leiten haben.3 Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass die Leitung einer Genossenschaft wegen § 1 Abs. 1 GenG gegenüber der Leitung anderer Vereinigungsformen ihre Besonderheiten aufweist.4 Auf diese soll hier überblicksartig eingegangen werden.

§ 7 Besonderheit des genossenschaftlichen Vereinigungszwecks Im Gegensatz zu Personen- und Kapitalgesellschaften, die zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck errichtet werden und mit beliebigen Marktteilnehmern ihr Wirtschaftsergebnis erzielen dürfen (vgl. § 1 GmbHG, § 3 Abs. 1 AktG, § 705 BGB, §§ 105, 161 HGB), muss eine eingetragene Genossenschaft nach § 1 Abs. 1 GenG zwingend einem bestimmten Zweck dienen, nämlich der Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder oder ihrer sozialen oder kulturellen Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb. Das Wort „gemeinschaftlich“ steht dabei für „förderwirtschaftlich“ im Sinne einer Identität von Mitglied und 1 Beuthien, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 1; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, S. 453; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, S. 145. 2 Beuthien, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 1. 3 BT-Drucks. 7/97, S. 23 f., abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 245. Die Vorstandstätigkeit ist dabei Eigenhandeln der Genossenschaft (vgl. zur sog. Organtheorie K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 250 ff. und Beuthien, FS Zöllner, S. 89 ff.). Insofern bestimmt die Tätigkeit der Vorstandsmitglieder, inwiefern die Genossenschaft ihrem gesetzlich vorgegebenen Zweck gegenüber den Mitgliedern nachkommt. 4 Großfeld, ZfgG 34 (1984), 111, 118.

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3. Kap.: Vorstandstätigkeit und Mitgliederbelange

Kunde.5 Das Besondere an der Vereinigungsform der Genossenschaft ist also nicht etwa der Umstand, dass sie ihre Mitglieder zu fördern hat. Dies ist grundsätzlich Zweck aller gesellschaftsrechtlichen Vereinigungsformen, soweit Gesellschaftsvertrag oder Satzung nichts anderes bestimmen.6 Der wesentliche rechtsformspezifische Unterschied besteht vielmehr in der Art und Weise, wie die Genossenschaft die Belange ihrer Mitglieder zu fördern hat. Da die Mitglieder zugleich Kunden des von ihrer Gesellschaft betriebenen Unternehmens sein sollen (Identitätsprinzip),7 hat die Genossenschaft ihnen gerade solche Leistungen anzubieten, die ihren in der Satzung im Unternehmensgegenstand (§ 6 Nr. 2 GenG) selbst festgelegten Förderbedürfnissen entsprechen. Darin äußert sich der die Genossenschaften kennzeichnende Grundsatz der kollektiven Selbsthilfe: die Mitglieder helfen sich durch den Abschluss von Vereinbarungen mit der Genossenschaft etwa über die Lieferung von Waren, die Erbringung von Dienstleistungen oder die Durchführung von Arbeiten (vgl. Art. 1 Abs. 3 SCE-VO) selbst. Die Genossenschaft tritt insofern auf vor- oder nachgelagerter Marktstufe als zusätzlicher Anbieter auf.8 Dementsprechend kann die von ihr angebotene Leistung in einer auf Angebot oder auf Nachfrage gerichteten Vereinbarung liegen. Förderwirtschaftlicher Sinn ist es dabei, Angebot oder Nachfrage auf Seiten der Mitglieder zu bündeln, um durch die hierdurch im genossenschaftlichen Unternehmen entstehende Angebots- oder Nachfragemacht besondere wirtschaftliche Vorteile am allgemeinen Markt zu erzielen, die zu erlangen die Mitglieder einzeln nicht in der Lage wären.9 Insofern ist es typisches Unternehmensziel einer Genossenschaft, für ihre Mitglieder den allgemeinen Marktpreis zu unteroder zu überbieten.10 Ob eine hierfür erforderliche Angebots- oder Nachfragemacht aber entsteht, ist abhängig davon, inwieweit die von der Genossenschaft angebotenen Förderleistungen von den Mitgliedern nachgefragt werden. Hieran zeigt sich, wie sehr die Genossenschaft um eine Nachfrage seitens ihrer Mitglieder bemüht sein muss, will sie im Sinne des § 1 Abs. 1 GenG förderwirtschaftlich erfolgreich sein. Ihren Gesellschaftszweck kann sie nur über ihre Mitglieder als Kunden verwirklichen. Dementsprechend ist es Aufgabe des Vorstands, das genossenschaftliche Unternehmen stets auf deren Belange hin auszurichten.11 Inso5 Beuthien, AG 2006, 53; Geschwandtner, Genossenschaftsrecht, S. 54; Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, S. 30. 6 Eine anderweitige Satzungsbestimmung ist im Genossenschaftsrecht wegen § 1 Abs. 1 GenG allerdings ausgeschlossen. Die grundsätzliche Mitgliederförderung steht demnach nicht zur Disposition des Satzungsgebers. 7 Beuthien, AG 2006, 53; Paulick, Recht der eingetragenen Genossenschaft, S. 9. 8 Geschwandtner, Genossenschaftsrecht, S. 54 f. 9 Beuthien, DStR 2007, 1847. 10 Beuthien, DStR 2007, 1847, 1851. 11 So auch Beuthien, § 1 Rn. 31.

§ 8 Innerer „Markt‘‘

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fern versteht es sich nahezu von selbst, dass der Vorstand mit seinen potentiellen Kunden in „Geschäftskontakt“ steht. Nur auf diese Weise kann er dem genossenschaftlichen Unternehmen zum Vorteil aller Mitglieder bestmöglich eine entsprechende Nachfrage bescheren. Eine im Sinne des § 34 Abs. 1 GenG sorgfaltsgemäße Wahrnehmung der Leitungsaufgabe durch die Vorstandsmitglieder bedingt somit, dass nutzende Mitglieder aufgrund ihrer (potenziellen) Kundenbeziehung eine größere soziale Nähe zu ihrer Gesellschaft aufweisen als etwa die allein in einer Kapitalgeberbeziehung zu ihrer Gesellschaft stehenden Aktionäre einer Aktiengesellschaft.12

§ 8 Innerer „Markt“ Die Genossenschaft sucht in ihren Mitgliedern einen inneren Markt, der seinen eigenen förderwirtschaftlichen Regeln und Maßstäben folgt.13 Es handelt sich dabei also nicht um einen Markt im herkömmlichen Sinne. Denn in einem solchen würden sich Angebot und Nachfrage typischerweise als Ergebnis eines angemessenen Ausgleichs entgegengesetzter und beiderseits autonom bestimmter Interessen treffen.14 Über „ob“ und „wie“ eines Marktverhaltens würde also grundsätzlich unabhängig voneinander entschieden. Zudem wären die Interessen in aller Regel derart entgegengesetzt, dass beide Marktseiten möglichst viel Leistung erhalten und hierfür eine möglichst geringe Gegenleistung erbringen wollen. Der innere Markt einer Genossenschaft weist in diesen beiden wesentlichen Eigenheiten jedoch eine Besonderheit auf, die der (potentiellen) Identität von Mitglied und Kunde geschuldet ist: Die Interessen können allein schon deswegen nicht völlig entgegengesetzt sein, weil der Vorstand den Geschäftsbetrieb gerade an den Bedürfnissen der Mitglieder zur Schaffung potentieller Kundenbeziehungen auszurichten und diese in Form einer naturalen Vorteilsgewährung zu fördern hat. Zudem werden die Entscheidungen bereits deshalb nicht völlig autonom getroffen, weil die (potenziellen) Kunden in ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als Mitglied auf beiden Marktseiten stehen und die Geschäftspolitik des Vorstands unmittelbar über den satzungsmäßig festgelegten Unternehmensgegenstand und mittelbar über Beschlussfassungen in der Generalversammlung mitbestimmen (können). Mitglieder haben daher grundsätzlich mehr Einfluss auf das Angebot ihrer Marktgegenseite als herkömmliche Marktteilnehmer am allgemeinen – äußeren – Markt.15

12 13 14 15

Ebenso Noelle/Noelle, ZfgG 36 (1986), 14, 16. Beuthien, DStR 2007, 1847, 1849. Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck, S. 15. Schultz, Der genossenschaftliche Förderungszweck, S. 16.

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3. Kap.: Vorstandstätigkeit und Mitgliederbelange

§ 9 Überschusserwirtschaftung Eine Genossenschaft soll ihren Mitgliedern am inneren Markt andere, möglichst bessere Konditionen anbieten als der äußere Markt.16 Dazu muss sie Überschüsse erwirtschaften. Insofern gilt: Je mehr Mitglieder die genossenschaftlichen Leistungen in möglichst großem Umfang bei ihr nachfragen, desto größer ist ihre Angebots- oder Nachfragemacht und umso größer der am äußeren Markt erzielbare wirtschaftliche Vorteil. Je höher der auf diese Weise erwirtschaftete Überschuss ist, desto günstiger sind die Konditionen, welche die Genossenschaft ihren Mitgliedern am inneren Markt in den sogenannten Zweckgeschäften anbieten kann. Demnach muss die Genossenschaft am äußeren Markt in den sogenannten Gegengeschäften mit Dritten den höchstmöglichen Überschuss erzielen, ist dort also auf Gewinnmaximierung als Mittel zum Zweck angelegt.17 In den Zweckgeschäften mit den Mitgliedern hingegen würde eine derartige Gewinnmaximierung dem Förderzweck zuwiderlaufen. Denn hier soll sich die Förderung des Mitglieds als Kunde vollziehen, erwirtschaftete Überschüsse also gerade in die Gewährung möglichst günstiger Konditionen im Fördergeschäftsverkehr fließen. Daher darf die Genossenschaft hier nur soviel erwirtschaften, wie zur Bildung förderwirtschaftlich notwendiger Rücklagen erforderlich ist.18 Je höher die in den Gegengeschäften erwirtschafteten Überschüsse ausfallen, desto weniger ist es demnach erforderlich, für die Rücklagenbildung die Mitglieder im Fördergeschäftsverkehr zu belangen.19 So muss es auch unter Berücksichtigung der Höhe schon bestehender Rücklagen dem Förderzweck des § 1 Abs. 1 GenG nicht entgegenstehen, wenn die Genossenschaft ihre Förderleistung an die nutzenden Mitglieder sogar ohne zweckgeschäftliche Gegenleistung erbringt.20 In Anbetracht des starken Wettbewerbs am äußeren Markt wird dies in der Praxis allerdings eher selten geschehen. Dass die Genossenschaft in den Zweckgeschäften mit ihren Mitgliedern nur soviel erwirtschaften darf, wie zur Bildung förderwirtschaftlich notwendiger Rücklagen erforderlich ist, bedeutet jedoch nicht, dass sie von vorneherein auch nur soviel von diesen verlangen darf. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass es sich oftmals als schwierig erweisen dürfte, den am äußeren Markt erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil und die von der Entwicklung der Geschäftslage abhängige Höhe zu bildender Rücklagen genau vorhersagen zu können. Der Anteil des erwirtschafteten Überschusses, der letztlich für die Gewährung möglichst günsti16

Beuthien, DStR 2007, 1847, 1851; Geschwandtner, ZfgG 59 (2009), 152, 157. Westermann, ZfgG 13 (1963), 273, 292. 18 Beuthien, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 4. 19 Beuthien, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 4. 20 Zutreffend insofern der Leitsatz in BayObLG, BB 1985, 426: „Der Fördergeschäftsbetrieb im Sinne des § 1 GenG verlangt nicht, dass die Genossenschaft Leistungen an ihre Mitglieder entgeltlich weitergibt.“ 17

§ 10 Arten der Überschussverteilung

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ger Konditionen im Fördergeschäftsverkehr zur Verfügung steht, wird sich nicht selten erst nachträglich herausstellen. Für die Förderung der Mitglieder als Kunden ist dies letzten Endes ohne Belang. Denn soweit es etwa Unternehmensziel der Genossenschaft ist, für ihre Mitglieder den allgemeinen Marktpreis zu unteroder zu überbieten, macht es keinen Unterschied, ob die Mitglieder zunächst einen Preis nah am Marktpreis zahlen und nachträglich diesen Preis oder einen Teil hiervon rückvergütet bekommen (sog. genossenschaftliche Rückvergütung) oder ob sie von vorneherein nur diesen günstigeren Preis zu zahlen haben (sog. Vorzugskondition). Im Ergebnis kommt die Gewährung einer Vorzugskondition insoweit einer vorgezogenen (Teil-)Rückvergütung gleich.21 Entscheidend ist allein, dass sie im Rahmen abgeschlossener Zweckgeschäfte letztendlich nicht mehr gezahlt haben, als zur Bildung förderwirtschaftlich notwendiger Rücklagen erforderlich gewesen ist. So gesehen erhalten die Mitglieder über die genossenschaftliche Rückvergütung nur dasjenige zurück, was ihnen aus Gründen kaufmännischer Sorgfalt während des Geschäftsjahres vorenthalten, d.h. nicht unmittelbar in Form (noch) günstiger(er) Vorzugskonditionen an sie weitergegeben worden ist.22 Regelmäßig dürfte es die nach § 34 Abs. 1 GenG einzuhaltende Sorgfaltspflicht den für die Genossenschaft handelnden Vorstandsmitgliedern gebieten, zunächst einen Preis nah am Marktpreis zu verlangen, um dann eher die Rückvergütung höher ausfallen zu lassen.23

§ 10 Arten der Überschussverteilung A. Naturalförderung Die bedeutendste, weil vereinigungsformprägende Art der Überschussverteilung liegt in der sogenannten Naturalförderung, d.h. in der Verwendung erwirtschafteter Überschüsse für die Gewährung von Vorzugskonditionen und genossenschaftlicher Rückvergütung. Der Begriff der „Naturalförderung“ soll insoweit nur zum Ausdruck bringen, dass Mitglieder gerade nicht in ihrer Eigenschaft als Kapitalgeber gefördert werden, sondern in ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als Kunde und damit abhängig vom Umfang ihrer individuellen Förderleistungsnachfrage. Auf diese Weise kommt ihnen der in kollektiver Selbsthilfe erwirtschaftete Überschuss gerade dort zugute, wo sie ihn suchen, nämlich im Fördergeschäftsverkehr mit dem genossenschaftlichen Unternehmen.24

21 Vgl. Beuthien, DStR 2007, 1847, 1852. Siehe diesbezüglich auch Henzler, Ergebnisfeststellung und Ergebnisvergleich bei Genossenschaften, S. 10 f. 22 Vgl. Paulick, Recht der eingetragenen Genossenschaft, S. 282 f.; Glenk, WiB 1996, 233, 237. 23 In diesem Sinne auch Geschwandtner, Genossenschaftsrecht, S. 56. 24 Beuthien, DStR 2007, 1847, 1849.

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3. Kap.: Vorstandstätigkeit und Mitgliederbelange

B. Geschäftsguthabendividende und Geschäftsguthabenverzinsung Dennoch ist die Naturalförderung nicht die einzige, gesellschaftsrechtlich mögliche Art der Überschussverteilung. Denn die Mitglieder stärken die Förderkraft ihres genossenschaftlichen Unternehmens nicht nur durch ihre Nachfrage nach Förderleistungen, sondern auch über ihre Kapitaleinlage (vgl. § 7 Nr. 1 GenG) und damit als Kapitalgeber. Insofern sieht das Genossenschaftsgesetz neben der Naturalförderung noch die Geschäftsguthabendividende (§ 19 GenG) vor und erlaubt im Übrigen die Geschäftsguthabenverzinsung (§ 21a GenG).25 Da beide unabhängig von der Nutzung des Geschäftsbetriebs allein in der Kapitalgebereigenschaft des Mitglieds begründet liegen, trägt die Überschussverteilung insoweit einen kapitalistischen Charakter.26

C. Verhältnis zueinander Weil die Mitglieder nach § 1 Abs. 1 GenG als Kunden gefördert werden sollen, ist die nutzungsunabhängige Überschussverteilung gegenüber der Naturalförderung nachrangig.27 Folglich darf nur der nach Rücklagenbildung und Naturalförderung noch verbleibende Überschuss an die Mitglieder in Form einer Geschäftsguthabenverzinsung oder einer Geschäftsguthabendividende ausgekehrt werden. Wäre dem nicht so, würden außerdem diejenigen nutzenden Mitglieder, die zur Erwirtschaftung der Überschüsse nicht zugleich auch als Kunde beigetragen haben, in gleicher Weise wirtschaftliche Vorteile aus ihrer Mitgliedschaft ziehen.28 Dies aber wäre unsachgerecht. Dass sowohl durch die Geschäftsguthabendividende als auch durch die Geschäftsguthabenverzinsung der Gesellschaftszweck nicht verwirklicht werden kann, heißt indes nicht, dass sie förderzweckwidrig wären. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass das Genossenschaftsgesetz beide Arten der Überschussverteilung selbst vorsieht. Ihre Funktion ist demnach eine andere, und zwar zweigeteilte: Zum einen sind die Mitglieder eben gerade auch Kapitalgeber und grundsätzlich nicht zur Nutzung des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs gezwungen. Die Förderkraft des genossenschaftlichen Unternehmens stärken sie 25 Letztere wird zumeist nach der Höhe der Geschäftsguthaben berechnet (vgl. Beuthien, DStR 2007, 1847). 26 Für die Geschäftsguthabendividende gilt dies allerdings nur als Grundsatz. Denn nach § 19 Abs. 2 S. 1 GenG kann die Satzung einen anderen Verteilungsmaßstab als die Geschäftsguthabenhöhe (§ 19 Abs. 1 S. 2 GenG) aufzustellen. Siehe dazu unten § 20 B. I. 2. 27 Großfeld/Aldejohann, in: Schubert (Hrsg.), 100 Jahre Genossenschaftsgesetz, S. 8. Siehe auch Glenk, WiB 1996, 233, 237: „[E]ine hohe Dividende [ist] keine „Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft“ der Mitglieder i. S. des § 1 GenG.“ 28 Beuthien, DStR 2007, 1847, 1849.

§ 11 Investierende Mitglieder

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aber auch durch ihr Kapital. Obwohl sie ihre Förderung vornehmlich als Kunde und nicht als Kapitalgeber erfahren sollen, muss ihr monetärer Beitrag zur Stärkung der Förderkraft dennoch berücksichtigt werden können. Zum anderen soll sich nach der Konzeption des Genossenschaftsgesetzes kein förderwirtschaftlich unbenötigtes Kapital in der Gesellschaft ansammeln,29 damit diese vermögensmäßig an ihre Mitglieder und deren Belange angebunden bleibt.30 Daher muss eine Genossenschaft die Überschüsse, die weder in die Rücklagenbildung noch in die Gewährung von Sonderkonditionen fließen, an ihre Mitglieder auskehren (können).31

§ 11 Investierende Mitglieder A. Begriff Seit der Genossenschaftsreform 2006 können durch Satzungsbestimmung auch sogenannte investierende Mitglieder zugelassen werden.32 Dabei handelt es sich gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 GenG um „Personen, die für die Nutzung oder Produktion der Güter und die Nutzung oder Erbringung der Dienste der Genossenschaft nicht in Frage kommen“.33 Die Worte „nicht in Frage kommen“ oder – wie es in der Gesetzesbegründung heißt – „nicht in Betracht kommen“ sind dahingehend weit auszulegen, dass jene Personen das Naturalleistungsangebot der Genossenschaft entweder nicht nutzen können (Nutzungsunfähigkeit) oder nicht nutzen wollen (Nutzungsunwilligkeit).34 Denn letztlich macht es förderwirtschaftlich betrachtet keinen Unterschied, worin der Ausschluss der Inanspruchnahme des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs begründet liegt. Würde bei grundsätzlich gegebener Nutzungsfähigkeit nur eine nutzende Mitgliedschaft in Betracht kommen, 29

So auch Beuthien, Strukturwandel, S. 12. Ausführlich dazu unten § 19 C. 31 Vgl. Beuthien, AG 2006, 53, 56 f. 32 BT-Drucks. 16/1025, S. 81 f. Siehe hierzu u. a. die Beiträge von Saenger/Merkelbach, BB 2006, 566 ff.; Geschwandtner/Helios, NZG 2006, 691, 694; Pistorius, DStR 2006, 278, 282 f.; Keßler, BB 2006, 1693, 1696; Helios/Strieder, DB 2005, 2794, 2797; Großfeld, ZfgG 56 (2006), 101, 103; Keßler/Herzberg, Das neue Genossenschaftsrecht, S. 20 ff.; Kober, ZfgG 60 (2010), 37 ff.; ders., Investierende Mitglieder, S. 43 ff.; Schulze/Wiese, ZfgG 59 (2009), 134, 141 f.; Steding, NL-BzAR 2006, 275; Ringle, ZfgG 53 (2003), 165 ff.; Cario, ZfgG 55 (2005), 147 ff. 33 Diese Definition hat der Gesetzgeber Art. 14 Abs. 1 Unterabsatz 2 SCE-VO entnommen (so ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 82). Um die SCE mit Sitz in Deutschland attraktiv auszugestalten und gegenüber anderen Sitzstaaten Rechtsnachteile zu vermeiden, ließ der deutsche Gesetzgeber die Einführung investierender Mitglieder auch in § 4 SCEAG zu, vgl. hierzu Schulze, NZG 2004, 792, 794. 34 So auch Beuthien, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 7; ebenso i. E. Saenger/Merkelbach, BB 2006, 566, 566 f.; a. A. Kober, ZfgG 60 (2010), 37, 40 (nur Nutzungs(un)fähigkeit). 30

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3. Kap.: Vorstandstätigkeit und Mitgliederbelange

wären zudem solche Genossenschaften an der Aufnahme investierender Mitglieder gehindert, die jedermann zu fördern vermögen wie etwa Wohnungs- oder Kreditgenossenschaften.35 Eine derartige Benachteiligung wäre aber sachlich ungerechtfertigt und würde der Intention des Gesetzgebers36 widersprechen, die Eigenkapitalbeschaffung für alle Genossenschaftsarten zu erleichtern.37 Da somit nutzungsfähige Personen investierende Mitglieder werden können, muss die jeweilige Mitgliedschaftsart von dem formalen Kriterium abhängen, ob die Person der Genossenschaft als nutzendes „Mitglied“ oder als „investierendes Mitglied“ beitritt.

B. Verhältnis zu nutzenden Mitgliedern Die Regelung des § 1 Abs. 1 GenG schreibt den Genossenschaften vor, ihre Mitglieder als Kunden zu fördern. Dies ist jedoch bei investierenden Mitgliedern gerade ausgeschlossen, da sie nur in einer Kapitalgeberbeziehung zu ihrer Gesellschaft stehen (wollen).38 Erwirtschaftete Überschüsse können demnach nur – nutzungsunabhängig – in Form einer Geschäftsguthabendividende oder einer Geschäftsguthabenverzinsung an sie verteilt werden. Darauf wird denn auch in aller Regel ihr Beteiligungsinteresse gerichtet sein. Insofern könnte nun angenommen werden, dass die Interessen nutzender und investierender Mitglieder zwangsläufig miteinander in Konflikt stehen müssen, zumal Überschüsse, die in die Gewährung von Sonderkonditionen im Fördergeschäftsverkehr fließen, weder für eine Geschäftsguthabendividende noch für eine Geschäftsguthabenverzinsung zur Verfügung stehen, investierende Mitglieder aber einzig auf diese Weise am Kooperationserfolg beteiligt werden können. Dies würde allerdings unberücksichtigt lassen, dass die Genossenschaft nach § 1 Abs. 1 GenG Überschüsse gerade durch die Bündelung der Nachfrage nach Förderleistungen seitens der nutzenden Mitglieder erwirtschaften soll. Je weniger diese aber das Naturalleistungsangebot nachfragen, etwa weil sich die Sonderkonditionen verschlechtern, um mehr Überschüsse für die nutzungsunabhängige Gewinnverteilung zur Verfügung zu haben, desto weniger Angebots- oder Nachfragemacht entsteht im genossenschaftlichen Unternehmen und umso geringer fällt der wirtschaftliche Vorteil aus, den die Ge35

Beuthien, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 7. Siehe BT-Drucks. 16/1025, S. 52 und BR-Drucks. 16/1524, S. 8. 37 Beuthien, § 8 Rn. 12; siehe auch Schöpflin, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 82. 38 Insofern heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/1025, S. 82) zu Recht, dass die Zulassung investierender Mitglieder „eine gewisse Einschränkung des charakteristischen Merkmals der Genossenschaft [bedeutet], dass deren Zweck die Förderung ihrer Mitglieder [als Kunden] ist.“ Kritisch gegenüber der Einführung investierender Mitglieder daher Pistorius, DStR 2006, 278, 283; Steding, NJ 2006, 445, 446; ders., NL-BzAR 2006, 275; Cario, ZfgG 55 (2005), 147, 151; Ringle, ZfgG 53 (2003), 165; Blomeyer, in: Harbrecht/Vogel (Hrsg.), 50 Jahre Forschungsinstitut Erlangen/Nürnberg, S. 63. 36

§ 11 Investierende Mitglieder

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nossenschaft für ihre Mitglieder am äußeren Markt erzielen kann. Somit haben auch investierende Mitglieder ein Interesse daran, dass der Fördergeschäftsverkehr mit den nutzenden Mitgliedern gedeiht und hierdurch der Gesellschaftszweck verwirklicht wird.39 Um die jeweiligen Beiträge zum Kooperationserfolg angemessen zu berücksichtigen, wird es im Rahmen der nutzungsunabhängigen Überschussverteilung allerdings erforderlich sein, die Vorteile, die den nutzenden Mitgliedern bereits während des abgelaufenen Geschäftsjahres über die Förderzweckgeschäfte zugeflossen sind, in die Berechnungen mit einzubeziehen.40 Aus diesem Grund wird eine gleichmäßige Verteilung des Jahresüberschusses allein nach der Höhe der Geschäftsguthaben der Mitglieder gem. § 19 Abs. 1 S. 2 GenG regelmäßig nicht sachgerecht sein.41 Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass erwirtschaftete Überschüsse nicht vollständig im Rahmen der Förderzweckgeschäfte verteilt werden, damit nach Ablauf des Geschäftsjahres auch noch eine Gewinnbeteiligung der investierenden Mitglieder möglich ist.42

C. Einflussbeschränkungen Obwohl investierende Mitglieder in ihrem Streben nach einer Kapitalrendite letztlich von einer Förderleistungsnachfrage der nutzenden Mitglieder abhängig sind, wollte der Gesetzgeber bei ihrer Einführung dennoch nicht unberücksichtigt lassen, dass sie nicht dem in § 1 Abs. 1 GenG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der kollektiven Selbsthilfe entsprechen. Mitglied werden diese nämlich nicht, um sich über den genossenschaftlichen Geschäftsbetrieb selbst Leistungen anzubieten. Vielmehr ist ihnen die Naturalförderung nutzender Mitglieder nur Zwischenziel. Insofern war es erklärte Absicht des Gesetzgebers, dass den nutzenden Mitgliedern „die Entscheidungsbefugnis der Generalversammlung [. . .] vorbehalten bleibt.“ 43 Zwar soll investierenden Mitgliedern „grundsätzlich die gleiche Rechtsposition“ wie nutzenden Mitgliedern zukommen, „insbesondere [. . .] Stimmrecht [und] Kündigungsrecht“.44 Allerdings sollen sie ihre Stimmrechte 39 So auch Beuthien, AG 2006, 53, 59; Schöpflin, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 82; OLG Düsseldorf, NJOZ 2010, 1165, 1167. 40 Saenger/Merkelbach, BB 2006, 566, 568. 41 Saenger/Merkelbach, BB 2006, 566, 568. 42 Saenger/Merkelbach, BB 2006, 566, 568; ebenso Keßler/Herzberg, Das neue Genossenschaftsrecht, S. 21. 43 BT-Drucks. 16/1025, S. 82. 44 BT-Drucks. 16/1025, S. 82. Wenn im Genossenschaftsgesetz nun fast ausschließlich vom „Mitglied“ die Rede ist und nur in einigen wenigen Vorschriften vom „investierenden Mitglied“, so hat dies darin sein Bewenden, dass das investierende Mitglied als Vollmitglied grundsätzlich ebenfalls „Mitglied“ im Sinne des Genossenschaftsgesetzes ist und es sich bei Regelungen, die ausdrücklich auf „investierende Mitglieder“ Bezug nehmen, nur um diese betreffende Sonderregelungen handelt. Demnach sind grundsätzlich immer beide Mitgliederarten bei Verwendung des Begriffs „Mitglied“ gemeint. Die einzige Ausnahme bildet insofern § 1 Abs. 1 GenG, da investierende Mitglie-

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3. Kap.: Vorstandstätigkeit und Mitgliederbelange

weder dazu nutzen können, Beschlüsse in der Generalversammlung gegen den Willen der nutzenden Mitglieder durchzusetzen, noch dazu, besonders bedeutsame Beschlussfassungen wie Satzungsänderungen oder Grundlagengeschäfte gegen deren Willen zu blockieren (sog. Sperrminorität). Dem trägt § 8 Abs. 2 S. 2 GenG Rechnung: Danach hat die Satzung durch geeignete Regelungen sicherzustellen, (1) dass investierende Mitglieder die nutzenden Mitglieder in keinem Fall überstimmen können und (2) dass Beschlüsse der Generalversammlung, für die nach dem Genossenschaftsgesetz oder nach der Satzung eine Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen vorgeschrieben ist, durch investierende Mitglieder nicht verhindert werden können. Ein „überstimmen“ im Sinne der Vorschrift soll allerdings dann nicht vorliegen, wenn die Stimmen der investierenden Mitglieder lediglich den Ausschlag geben, der Beschluss also ohne diese nicht zustande gekommen wäre.45 Insgesamt ist § 8 Abs. 2 S. 2 GenG auf eine „Begrenzung des Stimmgewichts“ gerichtet.46 Demnach muss die Satzung eine Regelung treffen, nach der die Gesamtheit der von den investierenden Mitgliedern abgegebenen Stimmen höchstens einen zu bestimmenden prozentualen Anteil an der Gesamtzahl der für eine Beschlussmehrheit oder Sperrminorität erforderlichen Stimmenzahl ausmacht.47 Mit zunehmender Zahl investierender Mitglieder und ab Erreichen dieser prozentualen Stimmenanteilsgrenze würde sich folglich der Zählwert ihrer abgegebenen Stimme(n) im Verhältnis zum proportionalen Anteil der von den nutzenden Mitgliedern abgegebenen Stimmenzahl verringern. Wäre für einen Beschluss also etwa eine 9/10-Mehrheit erforderlich, so ist das Stimmgewicht investierender Mitglieder auf höchstens zehn Prozent zu beschränken.48 Hat die Genossenschaft nun beispielsweise 1.000 Mitglieder, von denen 200 investierende Mitglieder sind, und kommt jedem Mitglied gemäß § 43 Abs. 3 S. 1 GenG jeweils eine Stimme zu, so würden die 200 Gegenstimmen der investierenden Mitglieder aufgrund der Begrenzung des Stimmgewichts dennoch nur zehn Prozent der 1.000 insgesamt abgegebenen Stimmen ausmachen. Jeder ihrer Gegenstimmen käme damit ein Zählwert von einem Halb zu. Wären von den 1.000 Mitgliedern nun 300 investierende Mitglieder, würden ihre Gegenstimmen in der der ihrer Natur nach gerade nicht „durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb“ und damit als Kunde gefördert werden. 45 BT-Drucks. 16/1025, S. 82: „Die Beschränkung des Stimmrechts besteht dagegen nicht in den Fällen, in denen die erforderliche Mehrheit für das Zustandekommen eines Beschlusses auf dem Votum der investierenden Mitglieder beruht.“ 46 BT-Drucks. 16/1025, S. 82; ebenso Saenger/Merkelbach, BB 2006, 566, 567. 47 In diesem Sinne auch Geschwandtner, Genossenschaftsrecht, S. 44. 48 So auch Beuthien, § 8 Rn. 13; Schöpflin, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 83. Ob ein solcher prozentualer Anteil allerdings bereits als „geeignet“ im Sinne der Vorschrift gelten kann, ist fraglich, zumal im konkreten Fall nur ein nutzendes Mitglied „übertreten“ müsste, um eine Sperrminorität herzustellen. Zweifelnd auch Pistorius, DStR 2006, 278, 283 (Fn. 50).

§ 12 Nichtmitgliedergeschäft

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Summe zwar weiterhin zehn Prozent ausmachen. Allerdings käme jeder einzelnen von ihnen jetzt nur noch ein Zählwert von einem Drittel zu. Dies dürfte potentiellen Investoren wenig Anreiz bieten, die investierende Mitgliedschaft zu erwerben und der Genossenschaft auf diesem Wege Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Auch unter Corporate Governance-Gesichtspunkten ist dies bedenkenswert, zumal sich eine Überwachung der Vorstandstätigkeit durch eine Gruppe investierender Mitglieder durchaus als nützlich erweisen könnte.

§ 12 Nichtmitgliedergeschäft A. Begriff Nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 GenG kann durch Satzungsbestimmung die Ausdehnung des Geschäftsbetriebs auf Personen zugelassen werden, die nicht Mitglieder der Genossenschaft sind (sog. Nichtmitgliedergeschäft). Da Genossenschaftsmitglieder nach § 1 Abs. 1 GenG „durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb“ und damit als Kunde gefördert werden sollen, kann die Ausdehnung dieses Geschäftsbetriebs auf Nichtmitglieder nur bedeuten, dass der innere Markt über die Mitgliederkunden hinaus auch für Nurkunden geöffnet wird.49 Für die Genossenschaft erweitert sich damit also der Kreis potentieller Kunden am inneren Markt um gesellschaftsrechtlich unbeteiligte Dritte.50

B. Zweck und Grenzen Die Genossenschaft ist nach § 1 Abs. 1 GenG gesetzlich zwingend auf Selbsthilfe hin angelegt. Nutzende Mitglieder fragen daher Leistungen bei ihrer Genossenschaft nach, die sie sich zu diesem Zwecke (§§ 1 Abs. 1, 6 Nr. 2 GenG) selbst anbieten. Über die Bündelung ihrer Nachfrage sollen möglichst hohe Überschüsse erwirtschaftet werden, die dann nutzerbezogen an diese verteilt werden. Öffnet eine Genossenschaft nun ihren inneren Markt für Nurkunden, so kann durch deren zusätzliche Nachfrage der am äußeren Markt erzielbare wirtschaftliche Vorteil entweder erhöht oder im Falle vorübergehender Überkapazitäten zumindest aufrechterhalten werden. Dabei gilt: Je mehr die Nachfrage auf Dritte zurückzuführen ist, desto weniger stellt sich die Überschusserwirtschaftung am äußeren Markt als Selbsthilfe dar. Je mehr die durch die Nachfragebündelung erwirtschafteten Vorteile auch den Nurkunden im Nichtmitgliedergeschäft zuteil 49 Beuthien, DStR 2007, 1847; Schöpflin, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 66. 50 So gesehen ließen sich drei Kategorien bilden: Nurmitglieder (investierende Mitglieder), Mitgliederkunden (nutzende Mitglieder) und Nurkunden (gesellschaftsfremde Dritte).

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3. Kap.: Vorstandstätigkeit und Mitgliederbelange

werden, desto weniger günstig können die nutzenden Mitglieder natural gefördert werden. Auf jeweils unterschiedliche Weise läuft das Nichtmitgliedergeschäft daher Gefahr, dem Gesellschaftszweck des § 1 Abs. 1 GenG und seiner Verwirklichung zuwiderzulaufen. Für die Sorgfaltspflicht des Vorstands aus § 34 Abs. 1 GenG lassen sich daraus grob zwei Leitlinien ziehen. Zum einen müssen die Mitglieder die überwiegenden Kunden des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs bleiben.51 Dies gilt sowohl für die Höhe des Umsatzes im Mitgliedergeschäft als auch für den Anteil an der Gesamtkundenzahl.52 Das Nichtmitgliedergeschäft darf also nicht etwa soweit ausgedehnt werden, dass die Nichtmitgliedernachfrage an die Stelle einer (weitestgehend) ausbleibenden Nachfrage der nutzenden Mitglieder tritt und hierüber erwirtschaftete Überschüsse dann zwangsläufig nur nutzungsunabhängig an die Mitglieder verteilt werden können. Dies liefe im Übrigen auch auf eine Förderung der Mitglieder als Kapitalgeber statt als Kunde hinaus. Dafür aber stehen bereits andere Gesellschaftsformen zur Verfügung, deren besondere Schutzvorschriften (insb. Gläubigerschutz) nicht umgangen werden dürfen.53 Insofern darf eine Genossenschaft Überschüsse also grundsätzlich nicht durch Geschäftsabschlüsse mit beliebigen Dritten erwirtschaften, um diese dann in Form einer Dividende an ihre Mitglieder zu verteilen.54 Vielmehr sollen Überschüsse im Wesentlichen auf eine Bündelung der Förderleistungsnachfrage von sich dadurch selbst helfenden Mitgliedern zurückzuführen sein, die dann deshalb auch vornehmlich nutzerbezogen an diese auszukehren sind. Dies allein entspricht dem Gedanken der gemeinschaftlichen Mitgliederselbsthilfe und wird dem genossenschaftlichen Vereinigungszweck gerecht. Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass mit zunehmendem Umfang des Nichtmitgliedergeschäfts auch die gesellschaftsrechtlich wichtige Abhängigkeit der Kapitalrendite investierender Mitglieder von einer umfangreichen Förderleistungsnachfrage der nutzenden Mitglieder aufgehoben würde. Denn je mehr Überschüsse über das Nichtmitgliedergeschäft erwirtschaftet werden, desto weniger sind investierende Mitglieder für den Erhalt einer Kapitalrendite auf eine umfangreiche Bündelung der Nachfrage seitens der nutzenden Mitglieder angewiesen. Sitzen investierende und nutzende Mitglieder also grundsätzlich im selben Boot, so kann ein zunehmendes Nichtmitgliedergeschäft dazu führen, dass diese geneigt werden, in das Boot der Nurkunden umzusteigen. Insofern läuft das

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Ebenso Geschwandtner, Genossenschaftsrecht, S. 59; Kober, ZfgG 62 (2012), 193,

204. 52 Geschwandtner, Genossenschaftsrecht, S. 59. Vor allem bei Kreditgenossenschaften wird dies häufig missachtet. Siehe etwa Schaffland, in: Theurl/Greve (Hrsg.), Reform des Genossenschaftsrechts, S. 123: „Die Kreditgenossenschaften haben über 15 Mio. Mitglieder und über weitere 16 Mio. Nichtmitglieder als Kunden.“ 53 Siehe hierzu Beuthien, AG 2006, 53. 54 Beuthien, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 3; ders., FS Schaffland, S. 81 f.

§ 12 Nichtmitgliedergeschäft

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Nichtmitgliedergeschäft Gefahr, nicht mehr Mittel zum Zweck einer besseren Förderung der nutzenden Mitglieder zu sein. Zum anderen muss die Genossenschaft im Nichtmitgliedergeschäft, ebenso wie bei Geschäftsabschlüssen am äußeren Markt, auf Gewinnmaximierung gerichtet sein. Dies heißt indes nicht, dass die Konditionen im Nichtmitgliedergeschäft zwingend „gleich schlecht“ wie am äußeren Markt ausfallen müssen. Denn regelmäßig wird die Genossenschaft ihren Nurkunden Anreize schaffen müssen, damit diese ihre Leistung am inneren statt unmittelbar am äußeren Markt nachfragen. Das gilt vor allem für die Fälle, in denen es sich bei Mitgliederkunden und Nurkunden um Konkurrenten auf derselben Marktstufe handelt. Kämen die durch Nachfragebündelung erwirtschafteten Vorteile hier nur den Mitgliederkunden zugute, würden die Nurkunden mit ihrer Nachfrage am inneren Markt ihre Konkurrenz stärken, ohne dass ihnen diese ungewollte Fremdhilfe eigene Vorteile brächte. Dass die Genossenschaft bei Nichtmitgliedergeschäften auf Gewinnmaximierung gerichtet sein muss, folgt im Übrigen gerade auch daraus, dass sie ihren nutzenden Mitgliedern nur dadurch im Einklang mit § 1 Abs. 1 GenG „möglichst günstige“ Konditionen anzubieten vermag. Denn je mehr die auch mit Hilfe der Nurkunden aus der Nachfragebündelung gezogenen Vorteile eben diesen zuteil werden, desto weniger verbleiben der Genossenschaft für die Gewährung von Sonderkonditionen an ihre nutzenden Mitglieder.55 Einzig diese gilt es nach § 1 Abs. 1 GenG aber zu fördern.56 Insofern versteht es sich nahezu von selbst, dass allenfalls ein möglichst geringer Anteil des durch die Nachfragebündelung erzielten Überschusses in das Nichtmitgliedergeschäft (zurück)fließen darf. Im Gegensatz zum Verhältnis der nutzenden zu den investierenden Mitgliedern geht im Verhältnis der Mitgliederkunden zu den Nurkunden also in der Tat das eine Interesse auf Kosten des anderen. Soweit die Genossenschaft im Nichtmitgliedergeschäft daher nicht den höchstmöglichen Gewinn erstrebt, handelt sie zum Nachteil ihrer eigenen, natural zu fördernden Mitglieder.57 Für die Vorstandsmitglieder bedeutet eine derartige Wahrnehmung der 55 Dazu Glenk, WiB 1996, 233, 236: „Bedauerlicherweise geben beispielsweise Kreditgenossenschaften die im Nichtmitgliedergeschäft erzielten Vorteile kaum an ihre Mitglieder weiter.“ 56 Eine etwaige Differenz zwischen dem Preis, den ein Nurkunde am inneren Markt zahlt und den er ansonsten am äußeren Markt zu zahlen haben würde, ist keine Förderung Dritter, sondern nur notwendige Folge, damit es zum Geschäftsabschluss kommt und die Genossenschaft ihren Mitgliedern dadurch noch günstigere Konditionen anbieten kann, als es ihr ohne das abgeschlossene Nichtmitgliedergeschäft möglich wäre. 57 Je näher die Konditionen im Nichtmitgliedergeschäft an diejenigen im Mitgliedergeschäft heranreichen, desto mehr schwindet gerade auch der vereinigungsformspezifische Wert der Mitgliedschaft. Da Mitglieder, um in den Genuss dieser Vorteile zu gelangen, gerade ihre Mitgliedschaft erworben haben und noch dazu gesellschaftsrechtliche Lasten tragen (z. B. Kapitaleinlage, Verwaltungskostenbeiträge, persönlicher Selbstverwaltungsaufwand, begrenzte Abfindung, ggf. Nachschusspflicht), denen Nurkunden nicht ausgesetzt sind, haben sie sogar ein Recht darauf, gegenüber diesen un-

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3. Kap.: Vorstandstätigkeit und Mitgliederbelange

Leitungsaufgabe demzufolge eine Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht aus § 34 Abs. 1 GenG.58

gleich behandelt bzw. bevorzugt zu werden. Umfassend hierzu Beuthien, DStR 2007, 1847, 1849 ff. 58 In diesem Sinne auch Beuthien, DStR 2007, 1847, 1850; Geschwandtner, ZfgG 59 (2009), 152, 157 f.; Glenk, WiB 1996, 233, 236. Trotz Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht sind abgeschlossene Nichtmitgliedergeschäfte aber dennoch wirksam (vgl. LG Itzehoe, ZfgG 20 (1970), 308; RG, JW 1928, 218).

4. Kapitel

Mechanik kollektiver Willensbildung Damit der Vorstand die Gesellschaft zweckgerecht im Sinne des § 1 Abs. 1 GenG leitet, also stets mit Bezug auf den in der Satzung bestimmten Unternehmensgegenstand (§ 6 Nr. 2 GenG) und die darin konkretisierten Mitgliederbelange führt, kommt – wie bereits aufgezeigt – einer funktionierenden internen Corporate Governance, vor allem auch dem „kontrollierenden Flankenschutz“ 1 durch die Mitglieder, besondere Bedeutung zu. Insofern stellt sich die Frage, ob und inwieweit das Genossenschaftsgesetz dieser Kontrollfunktion der Mitglieder durch entsprechende Ausgestaltung ihrer Einflussmöglichkeiten Rechnung trägt. Dies heißt nicht nur, dass der Generalversammlung Kompetenzen eingeräumt sein müssen, die ihr auf jeweils unterschiedliche Weise Einfluss auf die Leitungstätigkeit des Vorstands verleihen können, sondern insbesondere auch, dass die gesellschaftsrechtlichen Hürden, diese – möglicherweise auch gegen den Willen des Vorstands – zur Geltung zu bringen, nicht zu hoch angesetzt sein dürfen. Ferner müssen die Möglichkeiten der Mitglieder, sich an der kollektiven Willensbildung zu beteiligen und hierauf Einfluss zu nehmen, in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Beteiligungsinteresse stehen und insofern eine aktive Wahrnehmung ihrer Kontrollfunktion verhältnismäßig erscheinen lassen. Anderenfalls laufen entscheidende Generalversammlungskompetenzen Gefahr, zu einem „stumpfen Schwert“ zu werden. Im Folgenden wird zunächst untersucht, was es für die Beteiligungsmöglichkeiten der Mitglieder an der kollektiven Willensbildung bedeutet, wenn Beschlüsse „in der Generalversammlung“ gefasst werden, und wie häufig es zur kollektiven Willensbildung kommen muss und kommen kann. Dann werden Rechte der Mitglieder außerhalb der Generalversammlung diskutiert, die sie benötigen, um Beschlüsse in der Generalversammlung – auch gegen den Willen des Vorstands – fassen zu können. Hieran schließt sich eine Untersuchung derjenigen Mitgliederrechte an, die ihnen zum Zwecke von Beratung und Beschlussfassung innerhalb der Generalversammlung zustehen.

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Lutter, Jura 2002, 83, 87.

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4. Kap.: Mechanik kollektiver Willensbildung

§ 13 Willensbildung durch Beschluss A. Rechtsnatur des Beschlusses Als Kollegialorgan übt die Generalversammlung ihre Kompetenzen durch Beschlussfassung aus.2 Der Beschluss ist ein mehrseitiges Rechtsgeschäft, das durch die gültig abgegebenen Stimmen der Mitglieder zustande kommt, die ihrerseits Willenserklärungen i. S. v. §§ 116 ff. BGB sind.3 Es handelt sich um einen Akt körperschaftlicher Willensbildung, der dadurch gekenzeichnet ist, dass die Mitglieder ihre jeweiligen Willenserklärungen nicht gegenüber einander, sondern gegenüber der Genossenschaft als Erklärungsgegnerin abgeben.4 Insofern sind die Willenserklärungen nicht wie bei einem Vertrag aufeinander bezogen, sondern im Hinblick auf die Körperschaft als Adressatin gleichgerichtet. Diese wird bei der Entgegennahme der Erklärungen während der Generalversammlung durch den Versammlungsleiter und außerhalb der Generalversammlung durch den Vorstand vertreten.5 Der so gebildete – überindividuelle – Wille wird der Genossenschaft aufgrund der Organstellung der Generalversammlung zugerechnet.6

B. Beschlussfähigkeit Zur Beschlussfähigkeit der Generalversammlung trifft das Genossenschaftsgesetz keine Vorgaben. Enthält auch die Satzung keine „Erfordernisse“ i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 4 GenG, ist die Generalversamlung beschlussfähig, wenn mindestens zwei zu den Beschlussgegenständen stimmberechtigte Mitglieder anwesend sind.7 Nachdem der Gesetzgeber im Rahmen der Reform 2006 die Mindestmitgliederzahl in Genossenschaften in § 4 GenG von sieben auf drei gesenkt hat,8 würde eine höhere Zahl nämlich dazu führen, dass das Mitgliedergremium in Kleinstgenossenschaften mit nur drei Mitgliedern ausschließlich bei Vollversammlungen beschlussfähig wäre.9 Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder gehören wegen § 9 Abs. 2 S. 1 GenG zu den anwesenden Mitgliedern. Auch aus diesem Grund sollte die Satzung zum Schutze einer abwesenden Mitgliedermehrheit vor einer anwesenden Mitgliederminderheit allgemein oder für bestimmte Be-

2 Beuthien, § 43 Rn. 7; Bauer, § 43 Rn. 13; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 24; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 50. 3 HK-BGB/Dörner, § 32 Rn. 3. 4 MünchKommBGB/Reuter, § 32 Rn. 23. 5 MünchKommBGB/Reuter, § 32 Rn. 40. 6 Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 118 Rn. 9. 7 So auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 25. 8 Siehe dazu Geschwandtner/Wittenberg, BB 2008, 1748, 1751. 9 Ebenso Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 25.

§ 14 Beschlussfassung „in der Generalversammlung‘‘

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schlussgegenstände, insbesondere für satzungsändernde Beschlüsse i. S. d. § 16 GenG, Mindestanwesenheitsquoren vorsehen.10

C. Mehrheitserfordernisse und Beschlussfeststellung Beschlüsse fasst die Generalversammlung nach § 43 Abs. 2 S. 1 GenG grundsätzlich mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Hiervon abweichend sieht das Genossenschaftsgesetz abgestuft nach der Bedeutung der Beschlussmaterie qualifizierte Mehrheitserfordernisse vor. Über die Satzung darf das Mitgliederorgan im Übrigen nur höhere Voraussetzungen aufstellen, also größere Mehrheiten oder weiteren Erfordernisse bestimmen. Kraft ausdrücklicher Regelung in § 43 Abs. 2 S. 2 GenG bilden Wahlen insoweit eine Ausnahme. Die Satzung kann daher etwa für Wahlen zum Vorstand eine relative Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügen lassen. Für die Wirksamkeit des Beschlusses ist erforderlich, dass der Versammlungsleiter als Vorsitzender i. S. v. § 47 Abs. 1 S. 2 GenG das Ergebnis der Beschlussfassung feststellt und damit rechtsbegründend fixiert.11 Satzungsändernde Beschlüsse bedürfen für ihre Wirksamkeit darüber hinaus der Eintragung in das Genossenschaftsregister (§ 16 Abs. 6 GenG).

§ 14 Beschlussfassung „in der Generalversammlung“ Nach § 43 Abs. 1 GenG wird das Stimmrecht als Recht der Mitglieder in den Angelegenheiten der Genossenschaft grundsätzlich „in der Generalversammlung“ ausgeübt. Für die Beteiligungsmöglichkeiten der Mitglieder an der kollektiven Willensbildung ist demnach entscheidend, wie die Generalversammlung im Genossenschaftsgesetz ausgestaltet ist. Versammlungscharakter und -häufigkeit sind daher Gegenstand der folgenden Betrachtungen.

A. Versammlungscharakter Ausgehend vom historischen Bild der Generalversammlung wird im Hinblick auf den Versammlungscharakter zunächst der Frage nachgegangen, warum sich das Mitgliederorgan in der Praxis oftmals durch niedrige Präsenzquoten auszeichnete. Hieran schließen sich im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum zur Steigerung der Partizipationsbereitschaft geäußerte Reformüberlegungen an. Sodann wird untersucht, inwiefern die vergangene Genossenschaftsreform Ände-

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Beuthien, § 43 Rn. 7. BGH, NJW 1997, 318, 320; Beuthien, § 43 Rn. 10.

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4. Kap.: Mechanik kollektiver Willensbildung

rungen gebracht hat und inwiefern sich die Corporate Governance in Genossenschaften durch den Einsatz des Internets verbessern lässt. I. Generalversammlung als rechtlich notwendige Präsenzveranstaltung? 1. Präsenzversammlung

Der historische Genossenschaftsgesetzgeber hat die Generalversammlung als Präsenzversammlung ausgestaltet, d.h. als körperliche Zusammenkunft der Mitglieder an einem bestimmten Ort und in einem bestimmten Raum.12 Wer sein Stimmrecht in der Generalversammlung ausüben wollte, musste hieran persönlich teilnehmen.13 Erst im Rahmen der Genossenschaftsnovelle von 1973 ließ der Gesetzgeber schließlich – in engen Grenzen – die Stimmrechtsvertretung zu.14 Fortan konnte die für die Stimmrechtsausübung weiterhin erforderliche physische Anwesenheit somit auch über die Person eines Vertreters vermittelt werden. Bei persönlicher Verhinderung war das Mitglied also nicht mehr grundsätzlich zu einem „Stimmrechtsverzicht“ gezwungen. 2. Niedrige Präsenzquoten

Dennoch zeichneten sich Generalversammlungen in der Praxis durch oftmals niedrige Präsenzquoten aus.15 Mitglieder entschieden sich also weder für eine persönliche Teilnahme noch für den Einsatz eines Stimmrechtsvertreters, was Anlass dazu gab, über mögliche Ursachen nachzudenken. Als wesentlicher, wenn auch nicht ausschließlicher Grund für die mangelnde persönliche Teilnahme ist der hohe Zeit- und Kostenaufwand angeführt worden, der mit einer Versammlungsteilnahme verbunden ist.16 Aus Sicht der Mitglieder stünden die Partizipationskosten in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Nutzen, den sie sich von ihrer Teilnahme und Stimmrechtsausübung versprechen.17 Nachvollziehbar wäre dies vor allem bei einer geringen wirtschaftlichen Bedeutung der Mitgliedschaft für das betreffende Mitglied. 12

Beuthien (14. Aufl.), § 43 Rn. 43; Geschwandtner/Wieg, S. 25 f. Dies kommt auch heute noch in § 43 Abs. 4. S. 1 GenG zum Ausdruck. 14 BT-Drucks. 7/97, S. 24 f., abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 246 ff. 15 Siehe hierzu u. a. Geschwandtner/Wieg, S. 22; Ringle, Innergenossenschaftliche Gruppenaktivität und Kommunikation, S. 483. Kammlott/Schiereck, ZfgG 50 (2000), 265, 270 („rückläufige Partizipationsbereitschaft“); Engels, ZfbF (1997), 674, 677. 16 So von Geschwandtner/Wieg, S. 23; Kammlott/Schiereck, ZfgG 50 (2000), 265, 272; Engels, ZfbF (1997), 674, 679. 17 Kammlott/Schiereck, ZfgG 50 (2000), 265, 272; Engels, ZfbF (1997), 674, 679. Siehe ferner Münkner, in: Steding (Hrsg.), Genossenschaftsrecht im Spannungsfeld von Bewahrung und Veränderung, S. 99 f. 13

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Dass auch auf Stimmrechtsvertreter wenig zurückgegriffen worden ist, mag vielerlei Gründe gehabt haben: Zunächst konnte die Stimmrechtsvertretung durch Satzungsbestimmung ausgeschlossen sein (vgl. § 43 Abs. 5 S. 4, 2. Fall GenG a. F.). Soweit dies nicht der Fall war, wäre es möglich, dass aufgrund von Formerfordernissen hiervon abgesehen worden ist. Denn die Erteilung der Stimmrechtsvollmacht ist bis Mitte des Jahres 2001 nur unter ausschließlicher Einhaltung der Schriftform möglich gewesen (vgl. § 43 Abs. 5 S. 2 GenG), was nach § 126 BGB a. F. zwingend eine vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnete Vollmachtsurkunde erforderte. Mit dem Gesetz zur Anpassung von Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsverkehr vom 13.07.2001 (FormVAnpG)18 fügte der Gesetzgeber dann jedoch die §§ 126 Abs. 3, 126a, 126b BGB hinzu, die es fortan gestatten, die Schriftform durch die neu geschaffene elektronische Form (§ 126a BGB) zu ersetzen, soweit sich aus dem jeweiligen Gesetz nicht ein anderes ergibt. Da dies bei § 43 Abs. 5 S. 2 GenG nicht der Fall ist, konnte auch ohne unmittelbare Änderung des Genossenschaftsgesetzes nunmehr die elektronische Unterschrift an die Stelle der eigenhändigen treten.19 Allerdings setzt § 126a BGB dafür eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz20 voraus. Will ein Mitglied also Stimmvollmacht in elektronischer Form erteilen, muss es sich vorab bei einem Zertifizierungsdienstanbieter ein sogenanntes qualifiziertes Zertifikat besorgen.21 Dieses bildet dann in Verbindung mit einem zusätzlich erforderlichen elektronischen Schlüsselpaar die elektronische Identität des Benutzers.22 Vor diesem Hintergrund verwundert kaum, dass die elektronische Form in der Praxis wenig Verbreitung gefunden hat.23 Von der Stimmrechtsvertretung könnte ferner auch deswegen abgesehen worden sein, weil mit den vor der Versammlung anzukündigenden Beschlussgegenständen – anders als im Aktienrecht (vgl. § 124 Abs. 3 S. 1 AktG) – keine Beschlussvorschläge des Vorstands verbunden sein müssen und präzise Weisungen zur Stimmrechtsausübung daher nur sehr eingeschränkt möglich sind. Zwar könnte dem entgegengehalten werden, dass das Mitglied seinem Vertreter auch

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BGBl. I S. 1542. Siehe dazu Hähnchen, NJW 2001, 2831. Siehe hierzu auch Geschwandtner/Wieg, S. 30 (Fn. 174); Geschwandtner/Titze, GenKurier 02/2003, 35, 37. 20 BGBl. I S. 876 v. 16.05.2001. 21 Geschwandtner/Titze, GenKurier 02/2003, 35, 37. 22 Geschwandtner/Titze, GenKurier 02/2003, 35, 37. Näher zur qualifizierten elektronischen Signatur Palandt/Ellenberger, § 126a Rn. 3 ff.; Erman/Arnold, § 126a Rn. 5 ff. 23 So ausdrücklich die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) in BT-Drucks. 16/11642, S. 96 vom 21.01.2009; ebenso Noack, NZG 2008, 441, 445. 19

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während der Generalversammlung formlos Weisungen zur Stimmrechtsausübung auf der Grundlage derjenigen Erkenntnisse erteilen könnte, die ihm jeweils von seinem Vertreter mitgeteilt werden. Allerdings würde dies eine ständige Kontaktaufnahme zwischen Vertreter und Vertretenem bedingen, was den Sinn und Zweck einer Bevollmächtigung für das Mitglied jenseits eingesparter Reisekosten in Frage stellen würde.24 Andererseits könnte hier dadurch Abhilfe geschaffen werden, dass die Satzung eine vollumfängliche Übertragung der Generalversammlung in Bild und Ton zulässt. Denn dies würde dem Mitglied erlauben, alle Redebeiträge so mitzuverfolgen, als wenn es anstelle seines Vertreters physisch vor Ort wäre, und die hierdurch selbst gewonnenen Erkenntnisse in gezielte Weisungen umzusetzen. Die Zulässigkeit einer derartigen Satzungsbestimmung ist mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung allerdings unterschiedlich beurteilt worden.25 Diese Unklarheit teilte das Genossenschaftsrecht mit dem Aktienrecht, wo überwiegend vertreten wurde, dass ein einzelner Aktionär der Aufzeichnung seines Redebeitrags unter Berufung auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. Art. 1 GG widersprechen kann.26 Würde dem nun jedoch durch Ausblendung Rechnung getragen, hätte dies zur Folge, dass zugeschaltete Aktionäre bei anschließenden Abstimmungen nicht über denselben Informationsstand verfügen wie die in der Hauptversammlung physisch anwesenden Aktionäre.27 Überdies könnten zugeschaltete Aktionäre bei zu häufiger oder langandauernder Unterbrechung davon absehen, die Versammlung am Bildschirm weiterzuverfolgen.28 Im Aktienrecht trat der Gesetzgeber dieser Rechtsunsicherheit mit einem neuen § 118 Abs. 3 AktG entgegen, den er im Jahre 2002 mit dem Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG) ins Aktiengesetz aufnahm.29 Darin stellte er ausdrücklich klar, dass die Satzung eine Übertragung in Bild und Ton zulassen darf, mit der Konsequenz, dass einzelnen Aktionären dann kein Widerspruchsrecht gegen die Aufzeichnung ihrer Redebeiträge zusteht. Für das Genossenschaftsrecht ist sodann eine analoge Anwendung des § 118 Abs. 3 AktG befürwortet worden.30 Damit war die Rechtsunsicherheit zulasten einer Quasi-Teilnahme nicht körperlich anwesender Mitglieder aber freilich keineswegs beseitigt.

24

So i. E. auch Geschwandtner/Wieg, S. 31. So ausdrücklich BT-Drucks. 14/8769, S. 19 zur parallelen Rechtslage im Aktienrecht vor Einfügung des § 118 Abs. 3 AktG. 26 So ausdrücklich BT-Drucks. 14/8769, S. 19. 27 BT-Drucks. 14/8769, S. 19 f. 28 BT-Drucks. 14/8769, S. 20. 29 Siehe hierzu Ihrig/Wagner, BB 2002, 789, 795. Vgl. zu den Änderungen durch das TransPuG ferner Hucke/Ammann, DStR 2002, 689. 30 So etwa von Beuthien (14. Aufl.), § 43 Rn. 43; a. A. Geschwandtner/Wieg, S. 31 (Fn. 176). 25

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3. Reformüberlegungen

Im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum wurde insbesondere nach Wegen gesucht, die persönliche Teilnahme der Mitglieder an Generalversammlungen wieder zu steigern. Soweit der wesentliche Grund für die mangelnde Präsenz in einem hohen Zeit- und Kostenaufwand gesehen wurde, versprach vor allem die Internetnutzung Abhilfe schaffen zu können. So wurde vorgeschlagen, den Genossenschaften Satzungsautonomie dahingehend einzuräumen, von der herkömmlichen körperlichen Zusammenkunft abzuweichen und eine rein internetbasierte virtuelle Generalversammlung einzuführen.31 Bei einer derartigen Ausgestaltung müsste dann aber auch die Teilnahme denklogisch eine virtuelle sein, was zur Folge hätte, dass nur solche Mitglieder an der Generalversammlung teilnehmen könnten, die über entsprechende technische Vorrichtungen verfügen.32 Alle übrigen Mitglieder wären dagegen mangels virtueller Anwesenheit an der Ausübung ihrer mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte gehindert. Da die Mitglieder ihre Rechte in den Angelegenheiten der Genossenschaft im Wesentlichen in der Generalversammlung ausüben, wäre ein solcher faktischer Ausschluss von der kollektiven Willensbildung jedoch nicht hinnehmbar. Die virtuelle Generalversammlung würde sich daher allenfalls für solche Genossenschaften anbieten, in denen alle Mitglieder über die erforderlichen technischen Zugangsmöglichkeiten verfügen.33 Dies wird indes nur bei einem überschaubaren Mitgliederkreis zu erwarten sein. Demnach dürfte die virtuelle Generalversammlung mit zunehmender Mitgliederzahl keine Alternative zur Präsenzversammlung darstellen.34 Unter Hinweis darauf, dass sich der Gesetzgeber mit dem TransPuG für eine ausnahmslose Beibehaltung der Präsenzversammlung im Aktienrecht entschieden habe, wie in den §§ 118 Abs. 1, 3, 121 Abs. 3 S. 2, Abs. 5, 130 Abs. 2 AktG zum Ausdruck komme, konzentrierten sich die Reformüberlegungen sodann auf die Zulassung einer Präsenzversammlung mit Online-Teilnahmemöglichkeit der Mitglieder.35 Dies entsprach einer Empfehlung der Regierungskommission „Corporate Governance“,36 die im Rahmen des TransPuG allerdings keinen Einzug ins Aktienrecht fand. Dem Vorschlag nach sollten Genossenschaftssatzungen künftig vorsehen können, dass Mitglieder unmittelbar an der Generalversammlung auch ohne eigene Präsenz an deren Ort und ohne Zwischenschaltung eines Vertreters 31

Siehe hierzu Geschwandtner/Wieg, S. 19 f. Geschwandtner/Wieg, S. 19. 33 Diese Einschätzung steht im Einklang mit der Empfehlung der Regierungskommission „Corporate Governance“, allein bei Vollversammlungen i. S. d. § 121 Abs. 6 AktG die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung zuzulassen (vgl. Bericht der Regierungskommission „Corporate Governance“ v. 25.11.2002 (nachfolgend: Kommissionsbericht), Rn. 111). 34 Ebenso i. E. Geschwandtner/Wieg, S. 19. 35 Geschwandtner/Wieg, S. 19 ff. 36 Siehe Kommissionsbericht, Rn. 115. 32

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teilnehmen und sämtliche oder einzelne Rechte im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können.37 4. Änderungen im Rahmen der Genossenschaftsreform

Aus diesen Reformüberlegungen heraus stellt sich nunmehr die Frage, ob der Gesetzgeber am Charakter der Generalversammlung als rechtlich notwendiger Präsenzveranstaltung festgehalten hat oder die Genossenschaftssatzungen künftig eine virtuelle Generalversammlung oder doch zumindest eine Online-Teilnahme der Mitglieder zulassen können. Im Rahmen der Genossenschaftsreform ist die Vorschrift des § 43 Abs. 1 GenG selbst unverändert geblieben.38 Allerdings gilt die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur, „soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt“. Eine derartige anderweitige Bestimmung könnte der Gesetzgeber nun aber mit der neu eingefügten Vorschrift des § 43 Abs. 7 GenG getroffen haben. a) § 43 Abs. 7 S. 2 GenG Nach § 43 Abs. 7 S. 2 GenG kann die Satzung fortan zulassen, dass Aufsichtsratsmitglieder in bestimmten Fällen im Wege der Bild- und Tonübertragung an der Generalversammlung teilnehmen können und dass die Generalversammlung in Bild und Ton übertragen werden darf. Damit wollte der Gesetzgeber „die Regelungen des § 118 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 AktG [übernehmen]“,39 die durch das TransPuG ins Aktiengesetz aufgenommenen worden sind. Aus der Entwurfsbegründung zum TransPuG geht hervor, dass der Charakter der Hauptversammlung als rechtlich notwendiger Präsenzversammlung keine Änderung erfahren sollte, die Neuregelungen also vor dem Hintergrund einer vorausgesetzten Präsenzversammlung zu verstehen sind.40 Auch für das Genossenschaftsrecht ergibt sich damit, dass § 43 Abs. 7 S. 2 GenG von einer Generalversammlung als Präsensversammlung ausgeht. Zugleich verdeutlicht der Wortlaut, dass lediglich Aufsichtsratsmitgliedern eine Online-Teilnahme ermöglicht werden soll. Dies beruht auf der Erwägung, dass Aufsichtsratsmitglieder – mit Ausnahme ihres Vorsitzenden – regelmäßig eine eher passive Rolle in der Generalversammlung einnehmen, die in bestimmten, statutarisch näher zu konkretisierenden Fällen in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Aufwand einer körperlichen Anwesenheit steht.41 Die Erfüllung 37

Vgl. Geschwandtner/Wieg, S. 20. In § 43 Abs. 1 GenG ist lediglich das Wort „Genossen“ durch das Wort „Mitglieder“ ersetzt worden. Dabei handelt es sich um eine rein sprachliche Anpassung (vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 86). 39 So ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 87. 40 Siehe hierzu BT-Drucks. 14/8769, S. 19. 41 Zwar trifft die Begründung zum Regierungsentwurf hierzu keine eigene Aussage (vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 87). Allerdings kommt in dem Hinweis darauf, die genos38

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ihrer grundsätzlichen Präsenzpflicht soll ihnen daher insofern erleichtert werden können, als dass sie online zugeschaltet werden dürfen.42 Allerdings gilt dies nur für die Ausübung ihrer Aufsichtsratsfunktion. Die Wahrnehmung der Rechte, die aus ihrer Mitgliedschaft folgen (vgl. § 9 Abs. 2 S. 1 GenG), ist von der OnlineTeilnahmemöglichkeit nicht umfasst. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut, der die Teilnahme im Wege der Bild- und Tonübertragung ausdrücklich auf „Mitglieder des Aufsichtsrats“ beschränkt, diese also allein in ihrer Aufsichtsratsfunktion erfasst wissen will. Zum anderen würde eine sonstige Online-Teilnahmemöglichkeit gegen das gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot43 verstoßen, zumal nicht einzusehen wäre, warum ihnen nur aufgrund ihrer Aufsichtsratstätigkeit derartige Mitgliedschaftsvorteile zukommen sollen, den übrigen Mitgliedern unter Einschluss der Vorstandsmitglieder hingegen nicht. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift des § 43 Abs. 7 S. 2, 1. Fall GenG der Regelung des § 118 Abs. 2 S. 2 AktG a. F. entnommen worden ist, Aufsichtsratsmitglieder im Aktienrecht aber anders als im Genossenschaftsrecht nicht zwingend Aktionäre sein müssen. Festzuhalten bleibt damit, dass nach § 43 Abs. 7 S. 2 GenG weder eine virtuelle Generalversammlung noch eine Online-Teilnahme der Mitglieder als Mitglied in der Satzung zugelassen werden kann. Allerdings ermöglicht die Zulassung der Übertragung der Generalversammlung in Bild und Ton künftig eine Quasi-Teilnahme nicht körperlich anwesender Mitglieder, indem diese die Generalversammlung am heimischen Bildschirm mitverfolgen und ihrem Vertreter gezielte Weisungen erteilen können. § 43 Abs. 7 S. 2, 2. Fall GenG ist insofern in Verbindung mit § 43 Abs. 5 GenG zu lesen. b) § 43 Abs. 7 S. 1 GenG Eine Abweichung vom Grundsatz der Präsenzversammlung könnte sich somit allenfalls noch aus § 43 Abs. 7 S. 1 GenG ergeben, wonach die Satzung zulassen kann, dass „Beschlüsse der Mitglieder schriftlich oder in elektronischer Form gefasst werden“ dürfen, und in diesem Fall das Nähere zu regeln hat. Damit soll der Begründung des Regierungsentwurfs zufolge die Regelung des Art. 58 Abs. 4 SCE-VO aufgegriffen werden,44 wonach in der Satzung einer SCE „die Möglichkeit einer Abstimmung auf schriftlichem Wege oder in elektronischer Form vorgesehen werden“ kann. Durch Satzungsbestimmungen müsse jedoch sichergestellt sein, dass die Rechte aller Mitglieder gewahrt bleiben und die Ordnungsmäsenschaftliche Regelung sei § 118 Abs. 2. S. 2 GenG a. F. entnommen, zum Ausdruck, dass insofern die Begründung des TransPuG gelten soll. Siehe daher BT-Drucks. 14/ 8769, S. 19. 42 Vgl. BT-Drucks. 14/8769, S. 19. 43 Siehe dazu Großfeld/Aldejohann, BB 1987, 2377. 44 So ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 87.

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ßigkeit der Stimmabgabe gewährleistet ist.45 Unter diesen Voraussetzungen sei dann auch die Durchführung einer virtuellen Generalversammlung „denkbar“.46 Sowohl der Bundesrat und als auch der Rechtsausschuss des Bundestages nahmen zu diesem Vorstoß keine Stellung. Dies verwundert in zweierlei Hinsicht: zum einen, weil eine virtuelle Mitgliederversammlung noch nicht einmal in Aktiengesellschaften zugelassen werden kann, das Aktienrecht jedoch regelmäßig eine Vorreiterrolle auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts einnimmt; zum anderen, weil eine dahingehende Folgerung der Entwurfsverfasser allenfalls in der Entwurfsbegründung, nicht aber im Wortlaut der Vorschrift zum Ausdruck kommt und Bundesrat und Rechtsausschuss in ihren Änderungsvorschlägen ansonsten sehr gewählt am Wortlaut der Normen feilen, sei es auch nur zu Klarstellungszwecken. aa) Meinungsstand Die Meinungen im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum gehen denn auch in der Frage nach der Zulässigkeit einer virtuellen Generalversammlung auf der Grundlage des § 43 Abs. 7 S. 1 GenG auseinander. Teilweise wird die Zulässigkeit unter Hinweis auf einen in der Entwurfsbegründung zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers bejaht.47 Die Vorschrift ermögliche es, ganz auf eine Generalversammlung als Präsenzversammlung zu verzichten, so dass „mittels einer internetbasierten Konferenzschaltung sämtliche Stimmen in schriftlicher oder elektronischer Form abgegeben werden, ohne dass eine Versammlung an einem bestimmten Ort stattfindet“.48 Als ein Weniger zur virtuellen Generalversammlung wird auch die Präsenzversammlung mit Online-Teilnahmemöglichkeit der Mitglieder für zulässig gehalten.49 Insgesamt wird jedoch zugestanden, dass der „Wortlaut der Vorschrift nicht ganz eindeutig“ ist50 und die Gesetzesverfasser damit „an dem bislang traditionell verhafteten Versammlungsbild“ des Genossenschaftsgesetzes rütteln und weitergehen als im Aktienrecht,51 wo eine virtuelle Hauptversammlung nach wie vor nicht zulässig ist. Ein anderer Teil des Schrifttums steht der Zulässigkeit einer virtuellen Generalversammlung grundsätzlich kritisch gegenüber und lässt die Frage im Ergeb45

BT-Drucks. 16/1025, S. 87. BT-Drucks. 16/1025, S. 87. 47 So etwa von Bauer, § 43 Rn. 209 ff.; Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, S. 126 ff.; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 114 f. 48 Bauer, § 43 Rn. 209. 49 Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, S. 127; dies., NZG 2006, 691, 693; dies., NotBZ 2006, 293, 296; anders Bauer, § 43 Rn. 209, der zwar ebenfalls die Online-Teilnahme für zulässig hält, dies aber nicht aus einem Minus zur virtuellen Generalversammlung ableitet. 50 Bauer, § 43 Rn. 209. 51 Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, S. 127. 46

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nis offen.52 Dabei wird unter anderem zum Wortlaut der Gesetzesbegründung Stellung genommen und angemerkt, dass alles, was „denkbar“ sei, deswegen noch nicht zulässig sein müsse.53 Das Genossenschaftsgesetz setze an anderen Stellen wie insbesondere in § 47 Abs. 1 S. 2 GenG i.V. m. § 43 Abs. 1 GenG nach wie vor einen bestimmten Ort voraus, an dem die Versammlung anzusiedeln sei.54 Fraglich sei insofern, ob dieser Ort auch ein solcher im Internet sein könne.55 Auch wird ebenso wie bei den Befürwortern einer Zulässigkeit darauf hingewiesen, dass eine virtuelle Versammlung noch nicht einmal im Aktienrecht zulässig sei.56 Eine weitere Lehrmeinung schließlich lehnt die Zulässigkeit einer virtuellen Generalversammlung gänzlich ab.57 Entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers in der Entwurfsbegründung spreche die Vorschrift selbst nur „Beschlussfassungen“ an, nicht jedoch die vielen Rechte und Pflichten der Mitglieder, der Organmitglieder und des Prüfungsverbands, die das Gesetz an deren Präsenz in der Generalversammlung knüpfe.58 So erscheine etwa eine „Verlesung“ des Prüfungsberichts im Sinne des § 59 Abs. 3 GenG in schriftlicher oder elektronischer Form kaum möglich.59 Ferner unterstelle das Gesetz wie beispielsweise in § 43 Abs. 7 S. 2 GenG und § 47 Abs. 1 S. 2 GenG immer wieder, dass die Generalversammlung an einem bestimmten räumlichen Ort stattfinde.60 bb) Stellungnahme Wenn nach der Begründung des Regierungsentwurfs mit § 43 Abs. 7 S. 1 GenG die Regelung des Art. 58 Abs. 4 SCE-VO „aufgegriffen“ werden soll, so sollte die nationalstaatliche Vorschrift auch im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Norm ausgelegt werden. Art. 58 SCE-VO trägt die amtliche Überschrift „Teilnahme und Vertretung“. In dessen Absatz 1 ist geregelt, dass „jedes Mitglied“ das Recht hat, „in der Generalversammlung zu den Punkten der Tagesordnung zu sprechen und darüber abzustimmen“. In Absatz 2 ist unter anderem geregelt, dass Organmitglieder, die kein Stimmrecht haben, dennoch an der Generalversammlung teilnehmen dürfen. Absatz 3 gestattet es stimmberechtigten Mitgliedern, sich nach Maßgabe der Satzung von einem Bevollmächtigten vertre52

So etwa Beuthien, § 43 Rn. 53. Beuthien, § 43 Rn. 53. 54 Beuthien, § 43 Rn. 53. 55 Beuthien, § 43 Rn. 53. 56 Beuthien, § 43 Rn. 53. 57 So ausdrücklich Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 60; Henssler/ Strohn-Geibel, § 43 GenG Rn. 6. 58 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 60. 59 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 60. 60 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 60. 53

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ten zu lassen. In diesen Kontext ist die Regelung des Art. 58 Abs. 4 SCE-VO einzuordnen. Zu Recht wird dabei grundsätzlich zwischen der „Beschlussfassung der Generalversammlung“ (vgl. Artt. 52, 61 SCE-VO) und der „Abstimmung der Mitglieder“ (vgl. Artt. 53, 58 Abs. 1, 4 SCE-VO) unterschieden. Denn die Mitglieder können organisationsrechtlich keine Beschlüsse fassen, sondern vielmehr nur die Generalversammlung. Die Mitglieder geben zu diesem Zwecke lediglich ihre Stimme(n) ab. Daher spricht Art. 58 Abs. 1 SCE-VO jedem einzelnen Mitglied das Recht zu, „in der Generalversammlung [. . .] abzustimmen“. Absatz 3 erlaubt es dem stimmberechtigten Mitglied, von diesem Recht alternativ auch über einen Bevollmächtigten Gebrauch zu machen. Eine Abstimmung in der Generalversammlung soll dem einzelnen Mitglied also entweder persönlich oder über einen Vertreter möglich sein, ohne dass es hierfür einer Satzungsregelung bedarf. Wenn es nun in Absatz 4 heißt, dass in der Satzung die Möglichkeit einer Abstimmung auf schriftlichem Wege oder in elektronischer Form vorgesehen werden kann, so kann dies nur dahingehend zu verstehen sein, dass neben die beiden Abstimmungsmöglichkeiten aus den Absätzen 1 und 3 eine weitere hinzutreten können soll. Da eine Stimmabgabe aber nur persönlich oder durch einen Dritten denkbar ist, muss der Unterschied darin liegen, dass das einzelne Mitglied nicht mehr nur in der Generalversammlung abstimmen kann, sondern auch außerhalb einer solchen. Dass Mitglieder ihre Stimme(n) außerhalb einer Präsenzversammlung abgeben können, heißt aber nicht, dass auch der Beschluss selbst außerhalb einer solchen gefasst werden kann, selbst wenn im Extremfall sämtliche Mitglieder ihre Stimme zu den Punkten der Tagesordnung außerhalb der Versammlung abgeben sollten. Lediglich die Abstimmung, das heißt die Stimmabgabe von Mitgliedern, nicht aber die gesamte Beschlussfassung soll nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Absatzes 4 auf schriftlichem Wege oder in elektronischer Form zugelassen werden können. Die Vorschrift erlaubt demnach also lediglich eine sogenannte Briefwahl.61 Damit ist gemeint, dass Mitglieder ihre Stimme(n), auch ohne an der Versammlung teilzunehmen, schriftlich oder im Wege elektronischer Kommunikation abgeben dürfen. Dies entspricht der englischen Fassung der Vorschrift, in der es heißt: „The statutes may permit postal voting and electronic voting“. Eine virtuelle Generalversammlung oder aber eine Beschlussfassung ohne Versammlung im Umlaufverfahren kann die Satzung auf der Grundlage des Art. 58 Abs. 4 SCE-VO nicht vorsehen.62 Ebenso wie in der SCE-Verordnung wird auch im deutschen Genossenschaftsgesetz zwischen „Beschlussfassung“ und „Abstimmung“ unterschieden: das Organ „Generalversammlung beschließt“ (vgl. §§ 43 Abs. 2, 47 Abs. 1 S. 1 GenG), 61 Ebenso i. E. Beuthien Art. 58 Rn. 4; Wiese, Die Europäische Genossenschaft, S. 148; a. A. ohne Begründung El Mahi, DB 2004, 967, 970. 62 So auch Beuthien Art. 58 Rn. 4; Wiese, Die Europäische Genossenschaft, S. 148.

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aber es wird in der Generalversammlung abgestimmt (vgl. §§ 47 Abs. 1 S. 2, 152 Abs. 1 Nr. 1, 2 GenG). Der Wortlaut des neuen § 43 Abs. 7 S. 1 GenG („Beschlüsse der Mitglieder“) ist insoweit terminologisch fehlerhaft. Entweder ist damit die Stimmabgabe der Mitglieder oder die Beschlussfassung der Generalversammlung gemeint. Nur im erstgenannten Fall würde allerdings die Regelung des Art. 58 Abs. 4 SCE-VO aufgegriffen, was der gesetzgeberischen Intention entspricht.63 Zwar ist in der Entwurfsbegründung sodann auch von „Beschlüsse[n] der Generalversammlung“ die Rede.64 Die Verfasser des Regierungsentwurfs widersprechen sich hier aber selbst, weil „danach“, d.h. nach der Regelung des Art. 58 Abs. 4 SCE-VO, die „aufgegriffen“ werden soll, keine „Beschlüsse“ schriftlich oder in elektronischer Form gefasst werden können. Von diesem Irrtum ausgehend gelangen sie zu der Annahme, dass auch die Durchführung einer virtuellen Generalversammlung per Internet „denkbar“ sei. Um die Regelung des Art. 58 Abs. 4 SCE-VO der eigentlichen gesetzgeberischen Intention entsprechend aufzugreifen, ist § 43 Abs. 7 S. 1 GenG im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Regelung dahingehend auszulegen, dass die Satzung zulassen kann, dass Mitglieder ihre Stimmen, auch ohne an der Versammlung teilzunehmen, schriftlich oder im Wege elektronischer Kommunikation abgeben dürfen. Eine virtuelle Generalversammlung kann demnach also ebenso wenig wie auf der Grundlage des Art. 58 Abs. 4 SCE-VO zugelassen werden. Gleiches gilt für Umlaufverfahren. Verfehlt wäre es vor allem, bei § 43 Abs. 7 S. 1, 1. Fall GenG von der Zulassung eines – schriftlichen – Umlaufverfahrens auszugehen, bei § 43 Abs. 7 S. 1, 2. Fall GenG hingegen von der Zulassung einer virtuellen Generalversammlung.65 Aus dem systematischen Zusammenhang der Sätze 1 und 2 des § 43 Abs. 7 GenG ergibt sich ferner, dass bei Präsenzversammlungen gerade nur den Aufsichtsratsmitgliedern die Online-Teilnahme ermöglicht werden soll.66 Diese Regelung könnte aber umgangen werden, wenn man unter Verweis auf eine aus § 43 Abs. 7 S. 1, 2. Fall GenG folgende Zulässigkeit der virtuellen Generalversammlung als Minus auch die Online-Teilnahme sonstiger Mitglieder an einer Präsenzversammlung zulassen könnte. 5. Ergebnis

Als Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass die Generalversammlung weiterhin eine rechtlich notwendige Präsenzveranstaltung ist. Allerdings kann die Sat63

Siehe BT-Drucks. 16/1025, S. 87. BT-Drucks. 16/1025, S. 87. 65 So aber offenbar Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, S. 126 ff.; Lang/ Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 114. 66 § 43 Abs. 7 S. 2 GenG unterscheidet insofern zwischen der Teilnahme von Aufsichtsratsmitgliedern im Wege der Bild- und Tonübertragung und der bloßen Übertragung der Generalversammlung in Bild und Ton ohne Teilnahmemöglichkeit. 64

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zung künftig zulassen, dass Mitglieder für ihre Stimmabgabe nicht mehr zwingend an dieser Präsenzversammlung teilnehmen müssen. Wird hierbei die elektronische Stimmabgabe etwa bis zum Zeitpunkt der Abstimmung in der Generalversammlung zugelassen und wird die Generalversammlung nach § 43 Abs. 7 S. 2, 2. Fall GenG in Bild und Ton übertragen, so würde dies einer Online-Teilnahme von Mitgliedern sehr nahe kommen, wenn auch im Unterschied zur Quasi-Teilnahme nur hinsichtlich der Stimmrechtsausübung und ohne als „Teilnehmer“, als „anwesend“ oder als „in der Generalversammlung erschienen“ zu gelten.67 II. Verbesserung der Corporate Governance via Internet? Versammlungstechnisch gesehen wäre die Online-Teilnahme nach Einführung des § 43 Abs. 7 GenG der nächste konsequente Schritt, um von dort aus die Zulassung einer virtuellen Generalversammlung zu wagen.68 Allerdings dürfte der angeführte Zeit- und Kostenaufwand einer physischen Teilnahme in der Tat nur einer der Gründe für die persönliche Abwesenheit von Mitgliedern sein. Denn dieser stellt nur eine Seite ihrer Kosten-Nutzen-Abwägung dar und liefert lediglich ein Argument gegen, nicht aber für eine Teilnahme. Freilich kann der Nutzen durch eine internetbedingte Senkung des Partizipationsaufwands eher in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten stehen. Aber auch in diesem Fall muss das Mitglied in seiner Teilnahme überhaupt einen Nutzen erkennen, der es gerechtfertigt und sinnvoll erscheinen lässt, über mehrere Stunden hinweg allein vor dem heimischen Bildschirm zu verbringen.69 Im Idealfall dürfte dieser darin bestehen, dass das Mitglied durch aktive Teilhabe, genauer gesagt durch gezielte Ausübung seiner Verwaltungsrechte Versammlungsergebnisse erzielen kann, die den einzelwirtschaftlichen Zielvorstellungen entsprechen, welche es über seine Mitgliedschaft in der Genossenschaft gerade zu erreichen versucht. Hierbei kann allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, dass Mitglieder „infolge des in [. . .] Deutschland allseits gestiegenen Wohlstandes und des [wettbewerbsbedingt] für jedermann zugänglichen vielfältigen Angebots von Waren und Dienstleistungen“ 70 zur Erreichung ihrer individuellen Ziele nicht mehr (in gleicher Weise) 67 Ob die Briefwahl rege genutzt wird, wenn die Satzung die Bild- und Tonübertragung nicht zulässt und die Tagesordnung darüber hinaus keine konkreten Beschlussvorschläge enthält, mag allerdings bezweifelt werden. 68 Aus dem umfangreichen Schrifttum rund um das gesellschaftsrechtliche Modethema „Versammlung und Internet“ siehe insbesondere die grundlegenden Beiträge von Riegger, ZHR 165 (2001), 204; Habersack, ZHR 165 (2001), 172; Hasselbach/Schumacher, ZGR 2000, 258; Noack, ZGR 1998, 592; ders., BB 1998, 2533; ders., NZG 2001, 1057; Schwarz, MMR 2003, 23. 69 Unabhängig von einer Bild- und Tonübertragung ist grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass ein Mitglied eine Person für eine Versammlung bevollmächtigt, an der es bereits kein persönliches Teilnahmeinteresse hat. 70 Beuthien, DB 2000, 1161.

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auf die Ausübung ihrer Teilhaberechte angewiesen sind. So kann es rational durchaus sinnvoll sein, auf andere Anbieter auszuweichen, statt den mühsamen Weg über die Generalversammlung auf sich zu nehmen, auch wenn dadurch letztlich weniger Vorteile aus der eigenen Mitgliedschaft gezogen werden.71 Dies gilt vor allem für mitgliederstarke Genossenschaften, in denen jedes Mitglied jeweils nur eine Stimme hat. Denn hier ist das Stimmgewicht des einzelnen so gering, dass ohnehin nur in (äußerst) begrenztem Maße Einfluss auf den Ausgang von Willensbildungsprozessen genommen werden kann. Aber auch unabhängig vom Bestehen einer Ausweichmöglichkeit lässt es ein nur geringer Stimmrechtseinfluss rational erscheinen, auf die Wahrnehmung der Verwaltungsrechte zu verzichten, die entsprechenden Opportunitätskosten einzusparen und darauf zu bauen, dass andere Mitglieder den Vorstand wirksam kontrollieren werden (sog. Free-Rider-Problem).72 Verhält sich allerdings eine Vielzahl von Mitgliedern in der gleichen Art und Weise, so entsteht ein Kontrolldefizit, das sich letztlich für alle Mitglieder nachteilig auswirken kann.73 Dass sich durch das Hinzutreten von Online-Teilnehmern der Einfluss der Mitglieder gegenüber dem Vorstand erhöht, mag trotz internetbedingter Steigerung der Teilnahmequote bezweifelt werden. So ist bereits auf Befürchtungen hingewiesen worden, die Gruppe der Online-Teilnehmer erschwere mit ihren besonderen versammlungspraktischen Bedürfnissen Ablauf und Organisation der Präsenzversammlung, beeinträchtige durch eine Fülle von Fragen und Redebeiträgen deren Dauer und störe letztlich die persönliche Meinungsbildung.74 Darüber hi71 Zur wettbewerbsbedingten Zunahme der Rechenhaftigkeit von Mitgliedern siehe bereits Klusak, ZfgG 22 (1972), 243; Eschenburg, ZfgG 22 (1972), 132, 145 ff.; Lieser/ Jung, DB 1972, 907; vgl. ferner Beuthien, FS Brink, S. 106. 72 Engels, ZfbF (1997), 674, 678 f.; Kammlott/Schiereck, ZfgG 50 (2000), 265, 272 f.; Steding, BuW 2003, 724. Siehe ferner Münkner, in: Steding (Hrsg.), Genossenschaftsrecht im Spannungsfeld von Bewahrung und Veränderung, S. 100. 73 Engels, ZfbF (1997), 674, 678 f.; Kammlott/Schiereck, ZfgG 50 (2000), 265, 273; Steding, BuW 2003, 724. 74 So etwa von Geschwandtner/Wieg, S. 40; Habersack, ZHR 165 (2001), 172, 198 f.; Noack, BB 1998, 2533, 2535. Um der Gefahr eines uferlosen In-die-Länge-Ziehens der Versammlung zu begegnen, schlug die Regierungskommission (vgl. Kommissionsbericht, Rn. 118 u. 120) vor, eine Online-Teilnahme in der Satzung auf die Stimmrechtsausübung beschränken zu können. Die Entstehung zweier Klassen von Aktionären mit unterschiedlichen Rechten sei hinnehmbar, da zum einen die Möglichkeit zur Online-Teilnahme nur ein zusätzliches Angebot der Gesellschaft darstelle und insofern deren Rechtsstellung verbessere und es den Aktionären zum anderen unbenommen bleibe, persönlich oder durch einen Vertreter an der Versammlung teilzunehmen und sämtliche Aktionärsrechte zu genießen. Zu Recht kritisch gegenüber einer Online-Teilnahme auf Basis nur der Stimmrechtsausübung Spindler (ZGR 2000, 420, 436 f.), der anmerkt, dass es in diesem Fall an dem für jede Versammlung so typischen Umstand fehle, dass der Aktionär seine eigene Meinung äußern könne. Insofern nehme er an ihr trotz Möglichkeit der Online-Stimmabgabe auch nicht teil. Eine entsprechende Satzungsregelung würde sich nicht mehr nur als eine den Aktionär lediglich begünstigende Ergänzung darstellen, da ihm die Chance genommen werde, in unmittelbarer Reaktion auf die

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naus dürfte sich aber auch eine Koalitionsbildung mit und zwischen Online-Teilnehmern als äußerst schwierig erweisen. Denn wie Fragen und Redebeiträge auf eine Vielzahl von Online-Teilnehmern wirken, ist weder für die eine noch für die andere Teilnehmergruppe erlebbar.75 Eine derartige Rückkopplung lässt sich unmittelbar nur in der Menge erfahren und virtuell derzeit kaum herstellen.76 Dies kann ein zunehmend variierendes Stimmverhalten zur Folge haben, welches es letztlich als zufällig erscheinen lässt, ob die Mitglieder dem Vorstand „mit einheitlicher Stimme“ gegenübertreten.77 Zwar wird ein nur noch schwer prognostizierbares Abstimmungsverhalten auch dem Vorstand die Versammlungsarbeit erschweren. Er verfügt jedoch über einen erheblichen Informations- und Organisationsvorsprung gegenüber den Mitgliedern, der es ihm ermöglichen dürfte, die Gefahr von Zufallsmehrheiten dennoch als Freiraum zu erfahren und zu nutzen. In dem Fall schließlich, in dem sich die Präsenzteilnehmer sehr gut untereinander organisieren können und hierdurch die jeweils erforderlichen Beschlussmehrheiten zu erreichen in der Lage sind, würde das Hinzutreten von Online-Teilnehmern ihren ursprünglichen Einfluss gegenüber dem Vorstand sogar schwächen, da sie wegen des nur schwer einschätzbaren Abstimmungsverhaltens nicht mehr erwarten könnten, die jeweils erforderlichen Mehrheiten zustande zu bringen. Je weniger die Mitglieder ihr Abstimmungsverhalten aber während der Versammlung organisieren können, desto mehr muss deren Organisation in die Versammlungsvorbereitung verlagert werden.78 Nach alledem ist also letztlich ungewiss, ob der zunehmende Interneteinsatz im Hinblick auf die Willensbildung der Mitglieder tatsächlich zu einer Verbesserung der Corporate Governance beitragen wird.

B. Versammlungshäufigkeit Für die Mitgliederkontrolle ist von Bedeutung, wie häufig die Generalversammlung zusammentreten muss bzw. zusammentreten kann. Bevor die diesbezüglichen Rechte der Mitglieder untersucht werden, soll daher zunächst kurz auf die Versammlungshäufigkeit eingegangen werden. Dafür ist es hilfreich, terminologisch zwischen ordentlichen und außerordentlichen Generalversammlungen zu

Stimmungslage die Versammlung in eine bestimmte Richtung zu lenken und Beschlussmehrheiten zustande zu bringen. Im ARUG ist der Gesetzgeber dennoch der Ansicht der Regierungskommission gefolgt (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf vom 05.11.2008, S. 38 sowie die neue Vorschrift des § 118 Abs. 1 S. 2 AktG). 75 Spindler, ZGR 2000, 420, 441. 76 Spindler, ZGR 2000, 420, 436 f. 77 Gezielte Beschlussfassungen wären dann vielleicht nur noch in Fällen eindeutigen Versagens mit hinreichender Sicherheit zu erwarten. Eine effektive Mitgliederkontrolle setzt jedoch gerade ein Miteinander bei der Stimmabgabe voraus. 78 Zur Ausgestaltung virtueller Vor-Versammlungen ausführlich Geschwandtner/ Wieg, S. 42 ff.

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unterscheiden. Diese Unterscheidung richtet sich danach, ob das Genossenschaftsgesetz eine Versammlung in regelmäßigen Abständen anordnet. Soweit das der Fall ist, handelt es sich um eine „ordentliche“ Generalversammlung. Alle weiteren Mitgliederversammlungen sind demzufolge „außerordentlich“. I. Ordentliche Generalversammlung „Ordentlich“ ist nach dem Genossenschaftsgesetz lediglich die Generalversammlung im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 3 GenG. Danach muss in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres eine Versammlung stattfinden. Aus dem systematischen Zusammenhang zu den Sätzen 1 und 2 ergibt sich dabei, dass hier zwingend über die Feststellung des Jahresabschlusses, die Ergebnisverwendung und die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats Beschluss zu fassen ist. Gestaltungsspielraum bleibt den Genossenschaften insofern nur hinsichtlich des genauen Zeitpunktes und weiterer Verhandlungs- und Beschlussgegenstände. II. Außerordentliche Generalversammlung Die „außerordentliche“ Generalversammlung findet in den §§ 46 Abs. 2 S. 2, 60 Abs. 1 GenG lediglich Erwähnung. Dies beruht auf dem Umstand, dass das Genossenschaftsgesetz an die Ordentlichkeit oder Außerordentlichkeit einer Generalversammlung keine unterschiedlichen Voraussetzungen knüpft, also nicht etwa jeweils andere Einberufungsfristen vorsieht.79 So bestimmt das Gesetz ferner auch nicht, dass eine ordentliche Generalversammlung zwingend und allein durch den Vorstand einberufen werden kann. Im Gegensatz zu ordentlichen Generalversammlungen werden außerordentliche nur bei Bedarf einberufen. Es gibt keine jährliche Mindest- oder Höchstzahl. Insofern mag es Geschäftsjahre ohne und solche mit mehreren außerordentlichen Generalversammlungen geben. Ihre Einberufung ist jederzeit zwischen den jährlichen ordentlichen Generalversammlungen möglich. Eine Ausnahme bilden lediglich diejenigen Fälle, in denen eine ordentliche Generalversammlung unmittelbar bevorsteht und diese in zumutbarer Weise abgewartet werden kann.80

79 Anders dagegen beispielsweise das englische Gesellschaftsrecht, welches für die ordentliche Versammlung eine Mindestfrist von 21 Tagen vorsieht, dagegen für die außerordentliche Versammlung 14 Tage genügen lässt (vgl. Section 307 (2) im Companies Act). Für einen dahingehenden Vorschlag zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes siehe unten § 15 A. V. 6. 80 Bauer, § 45 Rn. 20.

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§ 15 Einberufung Eine Generalversammlung kommt grundsätzlich nur durch Einberufung zustande.81 Die zur Entscheidung über die Einberufung Befugten haben demnach großen Einfluss darauf, ob und wann die Generalversammlung von den ihr zustehenden Kompetenzen Gebrauch machen kann. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass einmal jährlich ohnehin eine ordentliche Generalversammlung „stattzufinden“ hat (vgl. § 48 Abs. 1 S. 3 GenG), in der zumindest über die in § 48 Abs. 1 S. 1, 2 GenG aufgeführten Gegenstände Beschluss zu fassen ist. Als Mittel zur Eigentümerkontrolle ist die Generalversammlung für die Mitglieder vor allem dann von Wert, wenn der Vorstand während eines Geschäftsjahres jederzeit damit rechnen können muss, dass seine Maßnahmen zum Gegenstand einer kurzerhand ein(zu)berufen(d)en Generalversammlung werden. Auch wenn auf einer solchen Versammlung lediglich Meinungen ausgetauscht werden, dürfte eine Diskussion mit Auskunftsverlangen der Mitglieder eben jene Vorstandsmaßnahmen ins Rampenlicht rücken. Hieran wird jedoch den wenigsten Vorständen gelegen sein. Von daher kommt der latenten „Gefahr“ einer ein(zu)berufen(d)en Generalversammlung eine disziplinierende Wirkung zu, die einen wichtigen Beitrag zur Ausrichtung der Vorstandstätigkeit an den Mitgliederbelangen leisten kann. 81 Einzige Ausnahme hiervon bildet lediglich die sogenannte Vollversammlung i. S. d. § 46 Abs. 2 S. 2 GenG, obwohl der missglückte Wortlaut („dies gilt nicht“) auch den Schluss nahe legen könnte, dass allein von § 46 Abs. 2 S. 1 GenG und damit nur von einer form- und fristgerechten Ankündigung abgesehen werden kann. In der Entwurfsbegründung bringt die Bundesregierung jedoch zum Ausdruck, dass sie mit dem Passus „dies gilt nicht“ auch die Regelung des § 46 Abs. 1 S. 1 GenG einbeziehen wollte (vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 88). Eine Beschränkung des Regelungsumfangs auf die form- und fristgerechte Ankündigung würde darüber hinaus dem Sinn und Zweck der Vorschrift entgegenstehen, da es keine wesentliche Verfahrenserleichterung mit sich brächte, wenn trotz kurzfristig möglichen Erscheinens aller Mitglieder dennoch formund fristgerecht zur Generalversammlung eingeladen werden müsste. Angeboten hätte sich jedoch eine eindeutigere Formulierung etwa derart, dass von der Einhaltung der Vorschrift des § 46 GenG bei Vollversammlungen insgesamt abgesehen werden kann. Zum Schutze der Mitglieder und analog zur Regelung des § 121 Abs. 6 AktG sollte dies jedoch nur insoweit zulässig sein, wie kein Mitglied der jeweiligen Beschlussfassung widerspricht (Für eine derartige Regelung auch Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, S. 139. Beuthien (§ 46 Rn. 2) hingegen ist der Auffassung, dass § 121 Abs. 6 AktG auf genossenschaftliche Vollversammlungen analog anzuwenden ist). Hierdurch wäre ihnen die Entscheidung überlassen, ob sie sich aufgrund einer unzureichenden Vorbereitungszeit zu einer sachgerechten Beschlussfassung in der Lage sehen. Soweit keine Beschlüsse gefasst werden, bedürfen die Mitglieder eines vergleichbaren Schutzes dementsprechend nicht. Eine weitere Ungereimtheit dieser Regelung sind terminologische Unterschiede zwischen dem Genossenschaftsgesetz, dem Aktiengesetz und dem GmbH-Gesetz im Hinblick darauf, wann eine Vollversammlung vorliegen soll: im Aktiengesetz ist von „erschienen oder vertreten“ die Rede, im GmbH-Gesetz von „anwesend“ und im Genossenschaftsgesetz von „erschienen“, wobei die Entwurfsbegründung ausführt, dass „erschienen“ „anwesend oder vertreten“ bedeuten soll (vgl. BTDrucks. 16/1025, S. 88). Kritisch hierzu auch Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, S. 139.

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Grundsätzlich können die Mitglieder eine Generalversammlung nicht selbst einberufen.82 Sie haben zunächst nur das Recht, die Einberufung einer Generalversammlung zu verlangen und erforderlichenfalls gerichtlich zu erzwingen. Bevor jedoch auf diese Besonderheiten eingegangen wird, sollen zunächst die allgemeinen Einberufungsvoraussetzungen dargestellt werden, zumal diese im Falle einer gerichtlichen Ermächtigung auch von den jeweiligen Mitgliedern zu beachten wären.

A. Einberufungsvoraussetzungen I. Allgemeines Die Einberufung ist eine vom Einberufungsbefugten an alle teilnahmeberechtigten Mitglieder des Kollektivorgans gerichtete Einladung zur Teilnahme an einer bevorstehenden Versammlung unter Angabe des Ortes, des Tages, der Uhrzeit und des Einberufenden.83 Die Informationen sollen den eingeladenen Mitgliedern dazu dienen, sich terminlich auf die Versammlung einzurichten.84 In der Wahl des Versammlungsortes ist der Einberufende grundsätzlich nicht frei. Zwar bestimmt das Genossenschaftsgesetz selbst nicht, wo die Generalversammlung abzuhalten ist. Ein Wahlrecht hat der Einberufende aber dennoch nur dann, wenn ihm die Ortswahl durch Satzungsbestimmung zugewiesen ist. Trifft die Satzung keine dahingehende Regelung und legt sie den Ort auch nicht selbst fest, so ist die Versammlung in entsprechender Anwendung des § 121 Abs. 5 S. 1 AktG am Sitz der Genossenschaft abzuhalten.85 Die Festlegung des Versammlungsraumes steht demgegenüber grundsätzlich im Ermessen des Einberufenden,86 wobei dieser so gewählt werden muss, dass die Teilnehmer unter zumutbaren Bedingungen Platz finden und ihre Mitgliedschaftsrechte ausüben können.87 In der Einladung ist der Versammlungsraum so genau zu bezeichnen, dass er ohne besondere Mühe von jedem Teilnehmer aufgefunden werden kann.88 Auch Zeit und Beginn der Versammlung stehen grundsätzlich im Ermessen des Einberufenden. Soweit die Satzung keine Vorgaben enthält, ist der Ermessensspielraum lediglich durch das Gebot von Treu und Glauben eingeschränkt.89 Versammlungstag und -uhrzeit müssen demnach so gewählt werden, dass sie der 82 So auch Beuthien, § 45 Rn. 4 („kein mitgliedschaftliches Recht zur Selbstversammlung“); Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 1. 83 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 44 Rn. 1. Zur Angabe des Einberufenden siehe Lang/Weidmüller-Cario, § 46 Rn. 4; Bauer, § 46 Rn. 2. 84 Lang/Weidmüller-Cario, § 46 Rn. 6. 85 BayObLG, NJW 1959, 485. 86 Bauer, § 44 Rn. 23. 87 Beuthien, § 44 Rn. 5; Bauer, § 44 Rn. 23. 88 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 44 Rn. 1 und § 46 Rn. 2. 89 Bauer, § 44 Rn. 24.

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Verkehrssitte entsprechen und den Mitgliedern eine Teilnahme möglich und zumutbar ist.90 II. Einberufungsbefugte Zur Einberufung der Generalversammlung ist nach § 44 Abs. 1, 1. Hs. GenG stets der Vorstand befugt. Diese Befugnis kann ihm wegen § 18 S. 2 GenG nicht durch Satzungsbestimmung entzogen werden.91 Das Wort „soweit“, mit dem der zweite Halbsatz beginnt, hat nur insofern einschränkende Kraft, als in den durch Gesetz und Satzung bestimmten Einzelfällen darüber hinaus „andere[n] Personen“ diese Befugnis verliehen sein kann, dem Vorstand also nicht das alleinige Einberufungsrecht zukommt.92 Dies ergibt sich zudem aus dem Gebrauch des Wortes „auch“, welches deutlich macht, dass die „andere[n] Personen“ nicht an die Stelle des Vorstands, sondern neben ihn treten.93 Vom Gesetz unmittelbar zur Einberufung befugte „andere Personen“ sind der Aufsichtsrat (§§ 38 Abs. 2, 40 GenG), der Prüfungsverband (§ 60 Abs. 1 GenG) und der Liquidator (§ 89 S. 1 GenG).94 Über die Satzung können weitere Personen zur Einberufung ermächtigt werden. Hierfür bieten sich insbesondere der Aufsichtsratsvorsitzende95 sowie über die Satzung gebildete Ausschüsse und Beiräte (vgl. § 27 Abs. 2 S. 2 a. E. GenG) an. Dabei werden ordentliche Generalversammlungen regelmäßig durch den Vorstand einberufen, außerordentliche hingegen je nach Anlass auch von „andere[n] Personen“.96 III. Einberufungsgründe Nach § 44 Abs. 2, 1. Hs. GenG ist eine Generalversammlung „in den in der Satzung oder im Gesetz ausdrücklich bestimmten Fällen einzuberufen“. Als Fälle einer gesetzlichen Einberufungspflicht sind für den Vorstand insbesondere die 90

Bauer, § 44 Rn. 24; Müller, § 44 Rn. 18. Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 44 Rn. 4; Lang/Weidmüller-Cario, § 44 Rn. 9; Beuthien, § 44 Rn. 1; Bauer, § 44 Rn. 1. 92 Ebenso i. E. Bauer, § 44 Rn. 1. 93 So auch Beuthien, § 44 Rn. 1. 94 Unzutreffend Fandrich, der die Auffassung vertritt, dass der Generalversammlung im Falle einer Vollversammlung ein Selbsteinberufungsrecht aus § 46 Abs. 2 S. 2 GenG zusteht (vgl. Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 44 Rn. 5). 95 Allerdings wegen § 38 Abs. 2 GenG nur in dringenden Eilfällen, in denen die vorherige Einberufung einer Aufsichtsratssitzung zur Beschlussfassung über die Einberufung eine zeitliche Verzögerung zur Folge hätte, die in Anbetracht der besonderen Umstände nicht abgewartet werden kann, zur Schadensabwendung neben der Möglichkeit der vorläufigen Amtsenthebung nach § 40 GenG also unverzüglich gehandelt werden muss. 96 Der Begriff „Personen“ in § 44 Abs. 1 GenG ist insofern missverständlich gewählt, als es sich rechtstechnisch beispielsweise bei Organen weder um natürliche noch um juristische Personen handelt. 91

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§§ 33 Abs. 3, 43a Abs. 7, 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 3 GenG anzuführen, für den Aufsichtsrat die §§ 38 Abs. 2, 40 GenG. Dabei zeigt etwa § 33 Abs. 3 GenG, dass eine Einberufungspflicht nicht nur in Fällen besteht, in denen die Generalversammlung einen Beschluss zu fassen hat. Denn auf der Grundlage einer Verlustanzeige im Sinne des § 33 Abs. 3 GenG sollen die Mitglieder lediglich über Verluste informiert werden, für die sie im Falle einer Insolvenz einstehen müssten,97 auch wenn ihnen damit gewiss Gelegenheit gegeben werden soll, über adäquate Maßnahmen zu beraten und gegebenenfalls Beschluss zu fassen.98 Neben den in Gesetz und Satzung ausdrücklich bestimmten Fällen verpflichtet § 44 Abs. 2, 2. Hs. GenG den Vorstand allgemein, stets dann eine Generalversammlung einzuberufen, wenn dies im Interesse der Genossenschaft erforderlich „erscheint“.99 Demgegenüber sieht § 38 Abs. 2 S. 1 GenG für den Aufsichtsrat vor, dass dieser eine Generalversammlung einzuberufen hat, wenn dies im Interesse der Genossenschaft erforderlich „ist“. Das Genossenschaftsgesetz verlagert den Zeitpunkt der Entstehung der Einberufungspflicht für den Vorstand also nach vorn und sorgt auf diese Weise dafür, dass die Mitglieder bereits zu einem frühen Zeitpunkt in den gesellschaftsinternen Willensbildungsprozess mit einzubeziehen sind.100 Ob die Einberufung „im Interesse der Genossenschaft“ liegt, steht allerdings im pflichtgemäß auszuübenden Ermessen des jeweils einberufenden Organs.101 Hiervon ist jedoch immer dann auszugehen, wenn Entscheidungen anstehen, die die künftige Entwicklung der Genossenschaft entscheidend beeinflussen.102 IV. Form der Einberufung Die Form der Einberufung ist nach § 46 Abs. 1 S. 1 GenG durch die Satzung und damit von den Mitgliedern in der Generalversammlung zu bestimmen. § 6 Nr. 4 GenG grenzt die eingeräumte Satzungsautonomie jedoch auf zwei Grundformen ein: die Einberufung kann danach entweder durch unmittelbare Benachrichtigung sämtlicher Mitglieder oder durch Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt erfolgen. Ausnahmen hiervon kann lediglich das Gericht zulassen. Eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger genügt den Anforderungen ausdrücklich nicht.103 97

Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 33 Rn. 21. Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 33 Rn. 28. 99 Siehe hierzu BT-Drucks. 16/1025, S. 85, wobei dort undifferenziert nicht nur auf § 44 Abs. 2, 2. Hs. GenG Bezug genommen wird. 100 In diese Richtung auch Hirte, DStR 2007, 2166, 2170; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1271. 101 Beuthien, § 44 Rn. 4. 102 Bauer, § 44 Rn. 37; Beuthien, § 44 Rn. 4; Lang/Weidmüller-Cario, § 44 Rn. 21. 103 Damit ist freilich nicht ausgeschlossen, dass dieses Medium ergänzend zu den zulässigen Einberufungsformen eingesetzt wird. 98

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Offen lässt der Wortlaut, ob die Satzung die in § 6 Nr. 4 GenG getroffene Alternativregelung übernehmen und die Wahl der jeweiligen Ladungsform dem Einberufenden überlassen kann.104 Gegen eine derartige Regelung wird insbesondere der Schutz der Mitglieder angeführt.105 Die Form, in der die Generalversammlung einberufen werde, sei von besonderer Bedeutung, da die Möglichkeit der Mitwirkung an Beschlussfassungen in der Generalversammlung davon abhänge, dass die Mitglieder von der Abhaltung der Versammlung Kenntnis erlangen.106 Deshalb müssten die Mitglieder der Satzung eindeutig entnehmen können, in welcher Weise sie die Einberufung zu erwarten hätten.107 Dem stehe zwar eine Einladung kumulativ über beide Ladungsformen nicht entgegen.108 Bei einer Alternativregelung jedoch bestünde die Gefahr, dass Mitglieder „überrumpelt“ würden, wenn sie eine Einberufung mittels unmittelbarer Benachrichtigung erwarteten, diese aber durch eine Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt erfolge.109 Zudem könne gezielt auf den Teilnehmerkreis Einfluss genommen werden, indem nur ein Teil der Mitglieder, auf dessen Anwesenheit der Einberufende besonderen Wert legt, ergänzend unmittelbar benachrichtigt würde, während der Rest durch grundsätzliche Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt gegebenenfalls nur zufällig von der Einberufung erfahre.110 Die Satzung müsse sich daher entweder zwischen den beiden Ladungsformen entscheiden oder die Ladung in beiden Formen vorschreiben.111 Dieser Auffassung wird allerdings zu Recht entgegengehalten, dass die Mitglieder in der Generalversammlung eine derartige Satzungsbestimmung selbst zu treffen hätten.112 Ihnen obliegt die Entscheidung, ob sie nur durch unmittelbare Benachrichtigung, nur durch Bekanntmachung in einem von ihnen festzulegenden öffentlichen Blatt oder alternativ oder kumulativ durch beide Ladungsformen eingeladen werden wollen.113 Insofern wäre es ihnen im Falle einer Alternativ104 Dafür: KG, JW 1939, 297; Bauer, § 6 Rn. 17d; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 6 Rn. 11 u. § 46 Rn. 1; vorsichtig hingegen Lang/Weidmüller-Cario, § 46 Rn. 3 („dürfte unbedenklich sein“); unklar Beuthien, § 6 Rn. 10, der zwar die Auffassung vertritt, dass in der Satzung beide Ladungsformen mit Wahlmöglichkeit zugelassen werden können, zugleich jedoch der Ansicht ist, dass jenes Wahlrecht nicht dem Vorstand eingeräumt werden darf. Dagegen: Müller, § 6 Rn. 26 u. § 46 Rn. 11. Einigkeit besteht dahingehend, dass die Satzung jedenfalls nicht alternativ mehrere öffentliche Blätter zulassen kann. So auch OLG Stuttgart, DB 1977, 1938. 105 Siehe Beuthien, § 6 Rn. 10; Müller, § 6 Rn. 26. 106 Müller, § 6 Rn. 26. 107 Müller, § 6 Rn. 26. 108 Müller, § 6 Rn. 26. 109 Müller, § 6 Rn. 26. 110 Vgl. Beuthien, § 6 Rn. 10 im Hinblick auf den Vorstand. 111 So auch noch Beuthien (14. Aufl.), § 6 Rn. 10. 112 Siehe Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 6 Rn. 11. 113 Später hinzutretenden neuen Mitgliedern muss gemäß § 15 Abs. 1 S. 2 GenG vor Abgabe ihrer Beitrittserklärung eine Abschrift der Satzung zur Verfügung gestellt wer-

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regelung auch zuzumuten, das öffentliche Blatt trotz möglicher Einberufung durch unmittelbare Benachrichtigung zu lesen,114 sich also grundsätzlich auf beide Ladungsalternativen einzustellen.115 Eine andere Frage ist es, ob den Mitgliedern eine derartige Regelung zu empfehlen wäre. Gerade damit verhindert wird, dass Mitglieder nicht bloß zufällig von einer Einberufung erfahren, was vor allem bei außerordentlichen Generalversammlungen nicht unwahrscheinlich wäre, dürfte die unmittelbare Benachrichtigung sämtlicher Mitglieder gegenüber der Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt grundsätzlich vorzugswürdig sein. Hierdurch würde zudem verhindert, dass der Vorstand durch eine unauffällige Platzierung und Aufmachung Einfluss darauf nehmen kann, wie viele Mitglieder an der Generalversammlung teilnehmen werden.116 Dies würde vor allem den Erfolg einer durch eine Mitgliederminderheit erzwungenen Beschlussfassung erheblich beeinträchtigen. Zu empfehlen wäre den Mitgliedern daher, entweder nur die unmittelbare Benachrichtigung als Einberufungsform zu wählen oder aber sich für eine Kumulativregelung zu entscheiden. Generell unzulässig ist es jedenfalls, einen Teil der Mitglieder durch unmittelbare Benachrichtigung und einen anderen durch Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt einzuladen. Hinsichtlich der gewählten Ladungsform muss die Einberufung stets einheitlich erfolgen. Unzulässig wäre es daher auch, bei Einberufung durch Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt einzelne Mitglieder „ergänzend“ durch unmittelbare Benachrichtigung über eine anstehende Generalversammlung zu informieren. Derartige Vorgehensweisen würden gegen das gesellschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstoßen. In der Wahl der unmittelbaren Benachrichtigungsform ist die Generalversammlung grundsätzlich frei.117 Unmittelbar ist die Benachrichtigung jedoch nur, wenn sie jedem einzelnen Mitglied im Sinne des § 130 Abs. 1 BGB zugeht.118 Damit steht den Mitgliedern allerdings ein weites Spektrum an Alternativen zur Verfügung. Denn die Benachrichtigung kann mündlich, schriftlich, mittels eingeschriebenen Briefs, durch einfache Email bis hin zur Übersendung einer Mitgliederzeitschrift, in der die Einladung enthalten ist, erfolgen.119 Soweit als den. Daraus können sie die derzeitig vorgegebene(n) Ladungsform(en) entnehmen, auch wenn sie an dem Satzungsbeschluss über die Form der Einberufung selbst nicht mitgewirkt haben. 114 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 6 Rn. 11. 115 In diesem Sinne Bauer, § 6 Rn. 17d. 116 Vgl. hierzu Großfeld/Jäger/Lenfers, Tradition und Zukunft im Genossenschaftsrecht, S. 82. 117 So auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 6 Rn. 11; Bauer, § 46 Rn. 6. 118 Beuthien, § 6 Rn. 10. 119 Siehe Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 6 Rn. 11 sowie Bauer, § 6 Rn. 17b, wobei letzterer zutreffend darauf hinweist, dass das Genossenschaftsgesetz insofern noch nicht einmal Textform im Sinne des § 126b BGB verlangt. Eine ergänzende Veröffentlichung der Einladung beispielsweise im elektronischen Bundesanzeiger oder auf

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4. Kap.: Mechanik kollektiver Willensbildung

Einberufungsform die Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt gewählt wird, ist dieses in der Satzung seinem konkreten Titel nach zu benennen.120 Das Blatt, also jede Zeitung oder Zeitschrift,121 ist indes nur dann öffentlich, wenn es jedermann zugänglich ist.122 Dabei kommen einschränkend nur solche Blätter in Betracht, die im Geschäftsbereich der Genossenschaft auch erworben werden können.123 V. Einberufungsfrist 1. Gesetzliche Ausgestaltung

Für die Einberufung der ordentlichen wie außerordentlichen Generalversammlung sieht § 46 Abs. 1 S. 1 GenG eine einheitliche Mindestfrist vor, die den Mindestzeitraum markiert, der zwischen dem Tag der Einberufung und dem der Versammlung liegen muss. Durch Satzungsregelung kann sie verlängert, wegen § 18 S. 2 GenG jedoch nicht verkürzt werden. Im Rahmen der Genossenschaftsreform ist die Mindestfrist von einer Woche auf zwei Wochen verlängert worden.124 Diese Verdopplung hielt die Bundesregierung für erforderlich, weil die vormalige Regelung nach ihrer Auffassung nicht (mehr) den „heutigen Anforderungen“ entsprach. Die neue Mindestfrist dagegen stehe im Einklang mit den Satzungen vieler Genossenschaften beziehungsweise deren Praxis und sei darüber hinaus vor allem für die praktische Durchsetzbarkeit der Minderheitenrechte aus § 43a Abs. 7 GenG und § 45 GenG notwendig.125 der Internetseite der Genossenschaft steht dem Schutzzweck der Vorschrift nicht entgegen. Diese Medien stellen jedoch weder eine unmittelbare Benachrichtigung noch ein öffentliches Blatt dar und können daher keine Einberufung im Rechtssinne bewirken. 120 Bauer, § 6 Rn. 17c. Ändert das Blatt seinen Titel, ist eine erneute Satzungsänderung nur dann erforderlich, wenn das durchschnittlich verständige Mitglied ansonsten nicht erkennen könnte, in welchem Blatt es künftig mit Einberufungen zu rechnen hätte (vgl. Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 6 Rn. 11). Stellt das Blatt sein Erscheinen dauerhaft oder vorübergehend ein und ist in der Satzung lediglich die Bekanntmachung durch jenes öffentliche Blatt vorgesehen, gilt § 158 Abs. 1 GenG. 121 Beuthien, § 6 Rn. 10. 122 Beuthien, § 6 Rn. 10; Bauer, § 6 Rn. 22. 123 So auch Bauer, § 6 Rn. 17c u. 22. 124 BT-Drucks. 16/1025, S. 29 f. u. 88. Beginn und Ende der Einberufungsfrist bestimmen sich dabei nach den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Da der Tag der Einberufung nicht mitzählt und die Frist erst mit dem Ablauf des letzten Tages endet, müssen zwischen dem Tag der Einberufung und dem der Versammlung vierzehn volle Tage liegen. Wird durch unmittelbare Benachrichtigung einberufen, beginnt die Frist erst mit Zugang beim Empfänger (vgl. § 130 Abs. 1 BGB), sofern die Satzung nichts Abweichendes bestimmt wie etwa eine Zugangsfiktion (vgl. Beuthien, § 46 Rn. 1; Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 46 Rn. 3). Bei Einberufung durch Bekanntmachung in einem öffentlichen Blatt ist grundsätzlich der Tag maßgebend, an dem das Blatt tatsächlich erscheint (vgl. Bauer, § 46 Rn. 11). Dieser Tag wird in den meisten Fällen mit dem Datum des öffentlichen Blattes übereinstimmen. 125 BT-Drucks. 16/1025, S. 88.

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2. Kritik

Ob die vormalige Wochenfrist erst den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprochen hat, mag bezweifelt werden. Das rasante Mitgliederwachstum setzte in den Genossenschaften bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein. Schon zu dieser Zeit dürfte die Frist zu kurz bemessen gewesen sein, um Mitgliedern den Gebrauch ihrer Minderheitenrechte zu ermöglichen, deren praktischer Wert gerade auch davon abhängt, wieviel Zeit ihnen zur Verfügung steht, um eine – aufgrund der Quotenregelung des § 45 Abs. 2 GenG – stetig ansteigende Zahl von Mitgliedern für einen Ergänzungsantrag zu gewinnen. Inwiefern die Verdopplung für die „praktische Durchsetzbarkeit“ von Einberufungsverlangen nach § 43a Abs. 7 GenG und § 45 Abs. 1 GenG notwendig sein kann, dürfte von den Entwurfsverfassern zudem nur schwerlich begründet werden können. Denn die längere Mindesteinberufungsfrist gibt Mitgliederminderheiten wegen § 46 Abs. 1 S. 2 GenG lediglich mehr Zeit, Ergänzungsanträge im Sinne des § 45 Abs. 2 GenG zu organisieren. Während der Verweis auf § 45 GenG insofern zumindest bezüglich dessen Absatz 2 sachgerecht ist, trifft selbiges auf § 43a Abs. 7 GenG mangels Verweises von dessen Satz 2 auch auf § 45 Abs. 2 GenG nicht zu. 3. Zusammenhang zwischen Mindesteinberufungsund Mindestankündigungsfrist

Die Mindestfrist des § 46 Abs. 1 S. 1 GenG ist für Ergänzungsanträge nicht unmittelbar von Bedeutung. Relevanz kommt ihr aber mittelbar dadurch zu, dass die Tagesordnung nach § 46 Abs. 1 S. 2 GenG bei der Einberufung bekannt zu machen ist. Denn erst anhand der in der Tagesordnung bekannt gemachten Beschlussgegenstände können antragswillige Mitglieder erkennen, ob sie einen nachträglichen Ergänzungsantrag noch für erforderlich halten dürfen. Durch die Kopplung wirkt sich die Verdopplung der Mindesteinberufungsfrist somit auch auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung aus und verlagert diesen ebenfalls eine weitere Woche weg vom Versammlungstag. Die Regelung des § 46 Abs. 1 S. 2 GenG steht wiederum in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Mindestankündigungsfrist des § 46 Abs. 2 S. 1 GenG, da sie den Zeitpunkt markiert, bis zu dem die Tagesordnung nach deren Bekanntgabe noch ergänzt werden kann.126 Die Länge der Mindesteinberufungsfrist aus § 46 Abs. 1 126 Nur zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber die kürzere Mindestankündigungsfrist beibehalten (vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 88). Keine Ergänzung der Tagesordnung i. S. d. § 46 Abs. 2 S. 1 GenG kann es somit darstellen, wenn die Tagesordnung unter Verstoß gegen § 46 Abs. 1 S. 2 GenG selbst erst im Rahmen der Mindestankündigungsfrist bekannt gemacht wird; a. A. offenbar Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 46 Rn. 9; Lang/Weidmüller-Cario, § 46 Rn. 13 und Bauer, § 46 Rn. 17, die dabei jedoch den Sinn und Zweck der Frist (nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung) misszuverstehen scheinen.

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S. 1 GenG kann demnach nicht völlig isoliert von der Länge der Mindestankündigungsfrist aus § 46 Abs. 2 S. 1 GenG beurteilt werden, die im Rahmen der Reform von vormals lediglich drei Tagen auf nunmehr eine Woche angehoben worden ist.127 Eine Bewertung macht jedoch ein kurzes Eingehen auf die einzelnen Fristzwecke erforderlich. Denn ob die Länge einer Frist den „heutigen Anforderungen“ entspricht, muss sich im Falle ihrer Verknüpfung nach den Zwecken richten, denen sie zu dienen bestimmt sind. 4. Fristzwecke

Die Mindesteinberufungsfrist aus § 46 Abs. 1 S. 1 GenG soll die Mitglieder davor schützen, von einer anstehenden Generalversammlung erst zu einem derart späten Zeitpunkt zu erfahren, dass sie sich terminlich nicht mehr oder nur noch schwer darauf einrichten können.128 Die zeitgleich bekanntzumachende Tagesordnung soll den Mitgliedern dagegen erlauben, über die Notwendigkeit einer Teilnahme zu entscheiden, sich im Falle einer beabsichtigten Teilnahme inhaltlich auf die Versammlung vorzubereiten sowie über die Notwendigkeit der Bildung einer Opposition und der – nachträglichen – Stellung eines Ergänzungsantrags zu entscheiden.129 Die Mindestankündigungsfrist des § 46 Abs. 2 S. 1 GenG schließlich soll die Mitglieder vor Überraschungen dahingehend schützen, dass zu den bereits angekündigten Beschlussgegenständen eine Woche vor dem Versammlungstag keine weiteren Beschlussgegenstände mehr hinzutreten können.130 Insofern unterstützt sie den Zweck der bei der Einberufung bekanntzumachenden Tagesordnung mit Ausnahme der Entscheidung über die Notwendigkeit eines Ergänzungsantrags, da dieser nach Ablauf der Mindestankündigungsfrist für die bevorstehende Versammlung gerade ausgeschlossen sein soll. 5. Stellungnahme

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass Mitglieder nunmehr eine Woche früher zu ihrer Generalversammlung eingeladen werden müssen. Dass aber auch dies für eine terminliche Planung zu gering bemessen ist, hat sich in der Praxis bereits vor der Reform unter anderem darin manifestiert, dass der Termin der Generalversammlung noch längere Zeit vorher informell mitgeteilt wird, um danach unter Einhaltung der gesetzlichen oder satzungsmäßigen Fristen eine formale Ein-

127

Siehe BT-Drucks. 16/1025, S. 29 f. u. 88. Lang/Weidmüller-Cario, § 46 Rn. 6. 129 Vgl. Bauer, § 46 Rn. 19. Siehe ferner LG Freiburg, Urteil vom 11.11.2011 – Az. 12 O 71/10. 130 Vgl. Bauer, § 46 Rn. 19. 128

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ladung vorzunehmen.131 Auch im Hinblick auf eine inhaltliche Vorbereitung und Oppositionsbildung stellt die neue Zweiwochenfrist zwar einen Schritt in die richtige Richtung dar, dürfte für diese Zwecke jedoch weiterhin zu knapp bemessen sein.132 Dass den Mitgliedern für Ergänzungsanträge nunmehr mindestens eine Woche bleibt, ist zwar ebenfalls zu begrüßen. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass auch die Mindestankündigungsfrist des § 46 Abs. 2 S. 1 GenG angehoben worden ist. Mit der Reform gewinnen die Mitglieder für einen nachträglichen Ergänzungsantrag also lediglich drei Tage hinzu.133 Dass dieser Anstieg – vor allem bei mitgliederstarken Genossenschaften – den Ausschlag geben wird, ist nicht anzunehmen. Insofern ist auch bei der nunmehr geltenden Regelung nicht zu erwarten, dass sie den „heutigen Anforderungen“ entsprechen wird. 6. Regelungsvorschlag

Als angemessene Alternative zur gegenwärtigen Regelung könnte es sich anbieten, in Anlehnung an das englische Gesellschaftsrecht für die Länge der Mindesteinberufungsfrist danach zu unterscheiden, ob eine ordentliche oder eine außerordentliche Generalversammlung einberufen werden soll.134 Im Hinblick auf die in Genossenschaften besonders bedeutsame Mitgliederkontrolle wäre insofern zu erwägen, die Mindesteinberufungsfrist für ordentliche Generalversammlungen gesetzlich auf dreißig Tage anzuheben, während sie für außerordentliche Generalversammlungen wegen deren möglicher Eilbedürftigkeit entweder auf fünfzehn Tage festgesetzt oder bei den gegenwärtigen zwei Wochen belassen werden könnte.135 Parallel und im Einklang hierzu würde es sich anbieten, die Mindestankündigungsfrist für ordentliche Generalversammlungen gesetzlich auf fünfzehn Tage oder zwei Wochen anzuheben, während die geltende einwöchige Frist für außerordentliche Generalversammlungen beibehalten werden kann. Dies dürfte den Mitgliedern eine – der jeweiligen Eilbedürftigkeit angepasste – sach-

131 Siehe insofern Lang/Weidmüller-Cario, § 46 Rn. 6; ebenso weist Bauer (§ 46 Rn. 19) darauf hin, dass „[d]ie Mindestfrist bei der Einberufung [. . .] nicht ausgereizt werden [sollte und eine] frühere Einberufung [. . .] daher nicht nur möglich, sondern auch geboten [ist]“; Beuthien (§ 46 Rn. 1) hält auch die neue Zweiwochenfrist zu knapp für eine Reiseplanung. 132 So auch Beuthien, § 46 Rn. 1 für die inhaltliche Vorbereitung auf die angekündigten Beschlussfassungen. 133 Rein proportional ist das Zeitfenster für die Organisation eines Ergänzungsverlangens nach erfolgter Einberufung gegenüber demjenigen für die Bildung einer „bloßen“ Opposition zu den angekündigten Verhandlungsgegenständen weniger stark angestiegen. Letzteres hat sich grundsätzlich verdoppelt, ersteres dagegen nicht. 134 Für die ordentliche Versammlung sieht der Companies Act in section 307 (2) eine Mindestfrist von 21 Tagen vor, für die außerordentliche Versammlung dagegen lediglich 14 Tage. 135 Vgl. hierzu die Regelung in Art. 56 Abs. 3 SCE-VO.

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gerechte Ausübung ihrer Mitgliedschaftsrechte ermöglichen. Eine derartige Regelung könnte zwar gegenwärtig schon durch eine entsprechende Satzungsbestimmung getroffen werden. Insofern würde die Umsetzung des Regelungsvorschlags eine Einschränkung der Satzungsautonomie zur Folge haben. Diese wirkt jedoch zugunsten der Mitglieder. Dem „Bedürfnis von Kleinstgenossenschaften, auch ganz kurzfristig eine Generalversammlung durchführen zu können“, wird bereits hinreichend durch die Vorschrift des § 46 Abs. 2 S. 2, 1. Fall GenG Rechnung getragen, wonach unter anderem von der Einhaltung der Einberufungs- und Ankündigungsfrist abgesehen werden kann, „wenn alle Mitglieder erschienen, d.h. anwesend oder vertreten sind“.136

B. Recht der Mitglieder auf Einberufung einer Generalversammlung Das Genossenschaftsgesetz räumt Mitgliedern in § 45 Abs. 1, 3 GenG das Recht ein, die Einberufung einer Generalversammlung zu verlangen und dies erforderlichenfalls auch gerichtlich zu erzwingen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Mitglieder ihre Anliegen der Generalversammlung zur Beratung oder Beschlussfassung vortragen können.137 Allerdings dient die Vorschrift damit nicht nur dem Schutze einer Minderheit von Mitgliedern vor deren Mehrheit, wie die amtliche Überschrift der Regelung („Einberufung auf Verlangen einer Minderheit“) nahe legen könnte. Vielmehr zielt sie auch darauf ab, eine gewisse Machtbalance zwischen den Mitgliedern auf der einen Seite und den Leitungsund Kontrollorganen auf der anderen Seite herzustellen. Denn die Mitglieder üben ihre Rechte in den Angelegenheiten der Genossenschaft im Wesentlichen in der Generalversammlung aus.138 Daher soll über die Möglichkeit eines – gerichtlich durchsetzbaren – Einberufungsverlangens ein gewisser Ausgleich dafür geschaffen werden, dass sie für die Geltendmachung einer Vielzahl von Mitgliedschaftsrechten grundsätzlich auf eine Einberufung durch den Vorstand oder eine andere durch Gesetz oder Satzung befugte Person angewiesen sind. Allgemeiner formuliert soll die Vorschrift also zu einer ordnungsgemäßen Organtätigkeit innerhalb der Genossenschaft beitragen.139

136

So ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 88. Beuthien, § 45 Rn. 1; Bauer, § 45 Rn. 1; Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 1. 138 Siehe hierzu die Besondere Begründung zu § 42 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 252. 139 Beuthien, § 45 Rn. 1. 137

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I. Einberufungsverlangen 1. Rechtsnatur

Zur Rechtsnatur des Einberufungsverlangens trifft § 45 Abs. 1 S. 1 GenG keine Aussage. Da das Genossenschaftsgesetz hieran jedoch Rechtsfolgen knüpft, ist das Verlangen als rechtsgeschäftsähnliche Erklärung einzuordnen.140 Die Vorschriften über Rechtsgeschäfte (§§ 104 ff. BGB) sind somit analog anzuwenden, soweit diese mit dem Genossenschaftsrecht zu vereinbaren sind. Mitglieder, die das Einberufungsverlangen unterstützen wollen, müssen somit geschäftsfähig sein und sich anderenfalls durch ihren gesetzlichen Vertreter vertreten lassen. Neben den Vorschriften über Rechtsgeschäfte finden darüber hinaus diejenigen über den Zugang von Willenserklärungen (§§ 130 ff. BGB) und über die Auslegung ihres Inhalts (§§ 133, 157 BGB) analoge Anwendung. 2. Antragsvoraussetzungen

Für ein Einberufungsverlangen müssen Mitglieder einen den Anforderungen des § 45 Abs. 1 S. 1 GenG entsprechenden Antrag stellen. a) Mitgliederquorum aa) Allgemeines Das Einberufungsverlangen muss von mindestens einem Zehntel der Mitglieder gestellt werden, soweit die Satzung keinen geringeren Teil vorsieht. Mitglied in diesem Sinne ist jedes teilnahmeberechtigte Mitglied einschließlich Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder (vgl. § 9 Abs. 2 GenG). Den Beschränkungen des § 8 Abs. 2 S. 2 GenG sind investierende Mitglieder insoweit nicht unterworfen, da weder beim Einberufungs- noch beim Ergänzungsverlangen ein Stimmrecht ausgeübt wird. Weder können nutzende Mitglieder hier „überstimmt“ werden noch handelt es sich bei Einberufungs- und Ergänzungsverlangen um „Beschlüsse der Generalversammlung“. Machen investierende Mitglieder demnach ein Zehntel der Gesamtzahl der Mitglieder einer Genossenschaft aus, so könnten sie gemeinsam von den Minderheitenrechten Gebrauch machen.141 Der jeweilige Schwellenwert muss nur im Zeitpunkt der Antragstellung erreicht werden.142 Spätere Veränderungen in der Gesamtzahl der Mitglieder oder in der Zahl der Antragsteller sind für den Einberufungsantrag unbeachtlich, da über den Mitgliederbestand ansonsten Einfluss auf das Vorliegen der Antragsvo140 141 142

Ebenso für das Aktienrecht MünchKommAktG/Kubis, § 122 Rn. 10. A. A. ohne Begründung Geschwandtner/Helios, S. 94. Ebenso Bauer, § 45 Rn. 4; Müller, § 45 Rn. 7.

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raussetzungen genommen werden könnte und aus Gründen der Rechtssicherheit bereits im Zeitpunkt der Antragstellung feststehen muss, ob dieser den Anforderungen des § 45 GenG entspricht.143 bb) Reformbestrebungen Der praktische Wert des Rechtes aus § 45 Abs. 1 S. 1 GenG hängt davon ab, wie viele Personen die antragsberechtigte Gruppe umfassen muss.144 So stellt der geforderte zehnte Teil der Mitglieder bei mitgliederschwachen Genossenschaften eine niedrige, bei mitgliederstarken Genossenschaften hingegen eine kaum überwindbare Hürde dar.145 Letztgenannten Umstand nahm die Bundesregierung zum Anlass, eine Änderung der Vorschrift dahingehend zu erwägen, dass künftig ein Zehntel der Mitglieder oder 150 Mitglieder die Einberufung verlangen können.146 Zur Begründung führt sie im Gesetzentwurf an, dass die bisherige ZehnProzent-Hürde das Minderheitenrecht bei mitgliederstarken Genossenschaften praktisch ausschließt.147 Dem trat jedoch der Bundesrat in seiner Stellungnahme unter Hinweis darauf entgegen, dass ein Einberufungsrecht von bereits 150 Mitgliedern unverhältnismäßig sei und zu unvertretbaren Ergebnissen führe, da die Quote bereits bei Genossenschaften mit mehr als 1.500 Mitgliedern Wirkung zeige und es „keinen vernünftigen Grund“ gebe, einer derart kleinen Minderheit die Möglichkeit zur Einberufung „mit der Folge hoher Kosten für die Genossenschaft einzuräumen“.148 Dies leiste allenfalls dem Rechtsmissbrauch Vorschub und widerspreche ferner „dem für Genossenschaften geltenden demokratischen Prinzip“.149 Inwiefern eine Regelung, die den Mitgliedern unter Umständen einen leichteren Zugang zur kollektiven Willensbildung erlaubt, dem genossenschaftlichen Demokratieprinzip entgegenstehen kann, lässt die Stellungnahme freilich offen. Im Hinblick auf die angenommene Gefahr eines missbräuchlichen Ausnutzens des Antragsrechts schloss sich der Rechtsausschuss des Bundestages dem Vorschlag des Bundesrates an, den Passus „oder mindestens 150 Mitglieder“ zu streichen.150 Im Ergebnis wurde die Quorumshöhe somit bei der alten Regelung belassen.

143 144 145 146 147 148 149 150

S. 10.

Siehe auch Bauer, § 45 Rn. 4. So Beuthien, § 45 Rn. 1 für Genossenschaften mit Vertreterversammlung. Vgl. Beuthien, § 45 Rn. 1. BT-Drucks. 16/1025, S. 88. So BT-Drucks. 16/1025, S. 88. BT-Drucks. 16/1025, Anlage 2, S. 105. BT-Drucks. 16/1025, Anlage 2, S. 105. Siehe hierzu BT-Drucks. 16/1025, Anlage 2, S. 104 und BT-Drucks. 16/1524,

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cc) Stellungnahme Von der bereits nach alter Rechtslage bestehenden Möglichkeit, das Mindestquorum durch Satzungsbestimmung etwa auf 150 Mitglieder herabzusetzen, scheint in der Genossenschaftspraxis offenbar kein Gebrauch gemacht worden zu sein. Jedenfalls deuten die Reformbestrebungen der Bundesregierung darauf hin. Zu dieser Frage schweigen die Gesetzesmaterialien allerdings. Gegen ein von der Gesamtmitgliederzahl unabhängiges Einberufungsrecht von 150 Mitgliedern spricht jedenfalls weniger die Gefahr eines Missbrauchs des Antragsrechtes, da sowohl Vorstand als auch zuständiges Gericht in diesen Fällen ohnehin die Einberufung(sermächtigung) abzulehnen berechtigt sind, als vielmehr, dass sich angesichts höchst unterschiedlicher Mitgliederzahlen nur schwerlich eine passende Einheitslösung finden lassen wird. Demnach ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber von einer derartigen Regelung, wenn auch aus anderen Motiven heraus, Abstand genommen hat. Allerdings ist durch die Beibehaltung der vormaligen Regelung das Problem, dass die Zehn-Prozent-Hürde bei mitgliederstarken Genossenschaften die Minderheitenrechte der Mitglieder faktisch ausschließt, nicht gelöst, sondern für die Zukunft offenbar bewusst in Kauf genommen worden. Dies stimmt vor allem deshalb bedenklich, weil bei Genossenschaften die Mitgliederbelange eine zentrale Rolle spielen, deren unzureichende Berücksichtigung durch den Vorstand sollte nicht erst im Rahmen von Entlastung und verweigerter Wiederwahl Ausdruck verliehen werden können. Der Gefahr eines Rechtsmissbrauchs den Vorrang gegenüber einer regeren Beteiligung der Mitglieder an der Willensbildung einzuräumen, erscheint zudem in Anbetracht der ohnehin nur geringen aktiven Teilnahme der Mitglieder rechtspolitisch verfehlt. Dies muss umso mehr gelten, als die Genossenschaft bereits doppelt vor missbräuchlichen Einberufungsanträgen geschützt ist. Denn eine Missbrauchskontrolle findet sowohl durch den Vorstand als auch – bei entsprechendem Antrag seitens der betroffenen Mitglieder – durch das zuständige Gericht statt. Entscheidend ist insofern, dass die Mitglieder eine Einberufung bei abgelehntem Einberufungsantrag ohne gerichtliche Ermächtigung gerade nicht selbst bewirken können. Die bereits bestehende Möglichkeit einer satzungsmäßigen Herabsetzung des Mindestquorums kann zur Lösung des Problems offensichtlich wenig beitragen. Dies liegt bereits in dem Umstand begründet, dass es zu einer derartigen Satzungsänderung meist nur auf entsprechenden Einberufungs- oder Ergänzungsantrag der Mitglieder hin kommen wird. Dem Vorstand wird regelmäßig nicht an einer Herabsetzung des Mindestquorums gelegen sein, weshalb ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht zu erwarten ist, dass er einer Mitgliederminderheit von sich aus eine Beschlussfassung hierüber ermöglicht. In beiden Fällen ist jedoch erneut die Zehn-Prozent-Hürde einschlägig, die in der Praxis gerade zu einem faktischen Ausschluss des Minderheitenrechts führt. Insofern wird eine He-

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rabsetzung des Schwellenwerts häufig daran scheitern, dass dieser, um eine Beschlussfassung herbeizuführen, zunächst erst einmal erreicht werden muss. dd) Lösungsansätze Somit ist der Frage nachzugehen, wie den Mitgliedern das Erreichen des Schwellenwerts erleichtert werden kann, ohne hierbei eine starre Regelung zu treffen, die die zum Teil höchst unterschiedlichen Mitgliederzahlen unberücksichtigt ließe. (1) Anknüpfung an Stimmrechte Zunächst könnte erwogen werden, für die Quorumshöhe nicht an die Anzahl der Mitglieder, sondern an diejenige der Stimmrechte anzuknüpfen. Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 S. 1 GenG würde dann wie folgt lauten: „Die Generalversammlung muss unverzüglich einberufen werden, wenn mindestens ein Zehntel der Stimmrechte der Mitglieder oder der in der Satzung hierfür bezeichnete geringere Teil [. . .] die Einberufung verlangt“.151 Auswirkungen hätte dies nur für Genossenschaften, die durch Satzungsbestimmung von der Ein-Mitglied-EineStimme-Regelung des § 43 Abs. 3 S. 1 GenG abgewichen sind. Für die Einführung einer derartigen Regelung könnte angeführt werden, dass die Mitglieder selbst hinreichend geschützt sind. Denn die Einführung und Erweiterung von Mehrstimmrechten bedarf nach § 16 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 7 GenG mindestens einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen.152 Zudem ist ihr Berechnungsmaßstab in der Satzung nach objektiven Kriterien festzulegen.153 Die Mitglieder hätten es demnach selbst in der Hand, festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Mehrstimmrechte gewährt werden und ob und inwiefern einzelne Mitglieder in der Lage sein sollen, von dem Minderheitenrecht aus § 45 GenG Gebrauch zu machen. Ferner bleiben die Mitglieder auch nach deren Einführung dadurch geschützt, dass die Zustimmung der Mehrstimmrechtsinhaber für die Aufhebung oder Änderung der Satzungsbestimmungen über die Mehrstimmrechte nach § 43 Abs. 3 S. 4 GenG nicht erforderlich ist. Für eine Anknüpfung an Stimmrechte würde des Weiteren sprechen, dass die Gewährung von Mehrstimmrechten hierdurch an Attraktivität gewinnen würde. Denn bislang können Mitglieder ihre Mehrstimmrechte lediglich in Beschlussfassungen zur Geltung bringen. Bei einer entsprechenden Änderung des § 45 Abs. 1 GenG hin151 Für die SCE knüpft Art. 55 SCE-VO das Einberufungsrecht einer Minderheit entweder an die feste Zahl von mindestens 5000 Mitgliedern oder an eine variierende Mitgliederzahl, die dafür jedoch mindestens zehn Prozent der Stimmrechte halten muss. 152 Näher zur Regelung der Mehrstimmrechte unten § 17 B. I. 153 Beuthien, § 43 Rn. 24.

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gegen könnten sie diese ebenso für Einberufungs- und Ergänzungsanträge nutzen und hierdurch Druck auf den Vorstand auch außerhalb von Versammlungen aufbauen. (2) Unterscheidung nach Einberufungs- und Ergänzungsverlangen Zudem könnte erwogen werden, die Quorumshöhe für Einberufungs- und Ergänzungsanträge unterschiedlich auszugestalten, anstatt sie für beide einheitlich herabzusetzen. Anbieten würde sich insofern, für den Einberufungsantrag den bisherigen Schwellenwert beizubehalten, während für Ergänzungsanträge künftig eine Fünf-Prozent-Hürde vorgesehen werden könnte. Eine derartige Regelung würde es einer Gruppe von Mitgliedern zwar nicht erleichtern, eine außerordentliche Generalversammlung zu erzwingen. Allerdings wäre es ihnen leichter möglich, Gegenstände zur Beschlussfassung bei der nächsten ordentlichen Generalversammlung ankündigen zu lassen.154 Dies würde zu einer Verbesserung der Mitgliederkontrolle beitragen, ohne dass der Genossenschaft hierdurch zusätzliche Versammlungskosten entstehen. Darüber hinaus könnte erwogen werden, das Quorum für Einberufungsanträge einzig und allein für den Fall auf fünf Prozent herabzusetzen, dass über eine Satzungsänderung im Sinne des § 45 Abs. 1 S. 1 GenG Beschluss gefasst werden soll. Hierdurch könnte einem faktischen Ausschluss dieses Minderheitenrechtes bei mitgliederstarken Genossenschaften zumindest mittelbar begegnet werden. Dies dürfte einen gangbaren Mittelweg darstellen, welcher insbesondere nicht dazu führt, dass sich die Genossenschaft ständigen Einberufungsanträgen ausgesetzt sieht. (3) Erleichterung versammlungsbezogener Mitgliederkommunikation Selbst wenn die Schwellenwerte – wie im Falle des § 45 GenG vorgeschlagen – herabgesetzt würden, hätten die Mitglieder vor allem bei mitgliederstarken Genossenschaften weiterhin beträchtliche organisatorische Hürden zu überwinden, um andere Mitglieder für das Erreichen der Quorumshöhe zu mobilisieren. Dabei gilt: je höher der Zeit- und Kostenaufwand für die Bündelung und Organisation gleichgerichteter Mitgliederinteressen ausfällt, desto eher ist zu erwarten, dass von der Ausübung der Minderheitenrechte abgesehen wird. Diesem Umstand sollte das Genossenschaftsgesetz im Hinblick auf die Möglichkeiten der Mitglieder, miteinander in Kontakt zu treten, Rechnung tragen.

154 Gegenstände, über die ohne Beschlussfassung nur verhandelt werden soll, müssen gemäß § 46 Abs. 3 GenG nicht angekündigt werden.

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(a) Zugang zur Mitgliederliste Ohne Kenntnis der Namen und Anschriften aller Mitglieder können die Minderheitenrechte aus § 45 GenG nicht ausgeübt werden.155 Um diese in Erfahrung zu bringen, sollen Mitglieder nach der Konzeption des Genossenschaftsgesetzes auf die sogenannte Mitgliederliste zurückgreifen, die nach § 30 Abs. 2 GenG eben jene Angaben zu enthalten hat. Insofern ist die Ausgestaltung der Rechte, die ihnen im Hinblick auf diese Liste zustehen, von entscheidender Bedeutung. (aa) Einsichtsrecht Nach § 31 Abs. 1 S. 1, 1. Fall GenG hat jedes Mitglied das grundsätzlich uneingeschränkte und unentziehbare Recht, Einsicht in die vollständige Mitgliederliste zu nehmen. Im Unterschied zu Dritten muss also kein berechtigtes Interesse dargelegt werden.156 Seine Grenzen findet das Einsichtsrecht lediglich in den allgemeinen Ausübungsschranken der §§ 226, 242 BGB.157 Anspruchsgegnerin ist die Genossenschaft. Diese wird hierbei durch den Vorstand vertreten, der nach § 30 Abs. 1 GenG die Mitgliederliste zu führen hat. Einsicht kann das Mitglied allerdings nur „bei der Genossenschaft“ verlangen, also an ihrem verwaltungsmäßigen Sitz. Daher erweist sich die Regelung als unpraktikabel, wenn eine Genossenschaft deutschlandweit Mitglieder zählt. Mit einer passwortgeschützten Online-Einsichtsmöglichkeit auf der Homepage der Genossenschaft könnte jedoch leicht Abhilfe geschaffen werden. (bb) Abschriftsrecht (a) Umfang Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 S. 2 GenG räumt den Mitgliedern ferner das Recht ein, von der Genossenschaft die Erteilung einer Abschrift aus der Mitgliederliste hinsichtlich solcher Angaben zu verlangen, die ihre Mitgliedschaft betreffen. In Rechtsprechung158 und Schrifttum159 besteht jedoch weitgehend Einigkeit, dass darüber hinaus eine Abschrift der vollständigen Mitgliederliste verlangt werden kann, soweit das Mitglied ein berechtigtes Interesse hieran darzulegen vermag. Unter welchen Voraussetzungen ein berechtigtes Interesse anzuneh155

So auch BT-Drucks. 16/1025, S. 85. Ebenso Bauer, § 31 Rn. 2; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 31 Rn. 1. Das Relativpronomen „der“ bezieht sich allein auf den „Dritten“ im Sinne des § 31 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG. 157 Beuthien, § 31 Rn. 2. 158 BGH, NZG 2010, 1430, 1431 (zum e. V.). 159 Bauer, § 31 Rn. 3; Beuthien, § 31 Rn. 4; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 31 Rn. 1; Lang/Weidmüller-Schaffland, § 31 Rn. 2. 156

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men ist, ist zwar keiner abstrakt-generellen Klärung zugänglich, sondern auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.160 Ein solches Interesse ist aber jedenfalls dann gegeben, wenn es darum geht, das nach der Satzung oder nach § 45 GenG erforderliche Stimmenquorum zu erreichen, um von dem in dieser Vorschrift geregelten Minderheitenrecht, die Einberufung einer Generalversammlung zu verlangen, Gebrauch zu machen.161 (b) Herleitung des Rechtes auf eine vollständige Listenabschrift Uneinig ist man sich allerdings darin, wie dieses Recht hergeleitet werden soll. Teilweise wird hierfür § 31 Abs. 1 S. 2 GenG herangezogen und die Vorschrift dahingehend ausgelegt, dass ein Mitglied die Namen und Anschriften aller anderen Mitglieder dann in seiner Mitgliedschaft betreffen, wenn es diese benötigt, um etwa sein Minderheitenrecht ausüben zu können.162 In dieselbe Richtung zielt eine weitere Ansicht, die die einschränkenden Worte „hinsichtlich der ihn betreffenden Eintragungen“ weit im Sinne von „für seine Mitgliedschaft und die damit verbundenen Risiken erheblich“ auslegen will.163 Dazu verweist sie auf die Intention des Gesetzgebers, der mit der Einschränkung lediglich einem missbräuchlichen Datengebrauch entgegenwirken wollte.164 Schließlich wird die Treuepflicht der Genossenschaft gegenüber ihren Mitgliedern zur Begründung eines weitergehenden Abschriftsrechtes herangezogen.165 Der Gesetzgeber hat die Regelung des § 31 Abs. 1 S. 2 GenG durch das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.12.1993 (RegVBG)166 eingeführt. Angesichts dieser Neuregelung wies die damalige Bundesregierung in der Begründung ihres Gesetzesentwurfs darauf hin, dass von der neuen Vorschrift das Recht auf eine vollständige Abschrift für die Fälle unberührt bleiben soll, in de160

BGH, NZG 2010, 1430, 1431 (zum e. V.). Vgl. BT-Drucks. 12/5553, S. 111 f., abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 557, 586; BGH, NZG 2010, 1430, 1431 (zum e. V.). Im Einklang mit der zitierten Entscheidung des II. Zivilsenats dürfte ein berechtigtes Interesse darüber hinaus auch immer dann zu bejahen sein, wenn auf Grund der Umstände des konkreten Falls der Erhalt einer Abschrift der vollständigen Mitgliederliste erforderlich ist, um das sich aus der Mitgliedschaft ergebende Recht auf Mitwirkung an der genossenschaftsrechtlichen Willensbildung (wirkungsvoll) ausüben zu können. 162 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 31 Rn. 1. 163 So Beuthien, § 31 Rn. 4. 164 Vgl. BT-Drucks. 12/5553, S. 111 f., abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 557, 586. 165 Bauer, § 31 Rn. 3. Nach Ansicht von Beuthien folgt das Recht, eine vollständige Listenabschrift zu verlangen, dabei sowohl aus § 31 Abs. 1 S. 2 GenG als auch aus der Treuepflicht (vgl. Beuthien, § 31 Rn. 4). 166 BGBl. I S. 2182, auszugsweise abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 82 ff. Ausführlich zu den Änderungen das Genossenschaftsgesetz betreffend Schaffland, NJW 1994, 503; Riebandt-Korfmacher, DW 1994, 410. 161

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4. Kap.: Mechanik kollektiver Willensbildung

nen ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.167 Auf welcher rechtlichen Grundlage dieses Recht jedoch fußen soll, ließ sie offen. Dies verwundert nicht nur, weil eine entsprechende Regelung ohne weiteres in § 31 Abs. 1 GenG hätte aufgenommen werden können, sondern auch, weil der Gesetzgeber den Registergerichten im Rahmen der gleichzeitigen Einführung des § 32 GenG einen derartigen Anspruch – zur Erfüllung der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben – ausdrücklich eingeräumt hat. Denn nur anhand der Mitgliederliste kann das zuständige Registergericht beurteilen, ob die erforderliche Zahl für die Geltendmachung des Minderheitenrechtes aus § 45 Abs. 1 GenG erreicht worden ist und zumindest aus diesem Grunde einer gerichtlichen Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung nach § 45 Abs. 3 GenG nichts entgegensteht. Im Rahmen der Genossenschaftsreform 2006 war die Bundesregierung insoweit nun um eine „Klarstellung“ bemüht.168 Hierzu schlug sie vor, den Passus „hinsichtlich der ihn betreffenden Eintragungen“ ersatzlos zu streichen.169 Durch diese Änderung werde klargestellt, so die Bundesregierung, dass ein Mitglied eine vollständige Abschrift nur dann verlangen kann, wenn es die Voraussetzung aus Satz 1, die Darlegung eines berechtigten Interesses, erfüllt.170 Dass das Mitglied nach Satz 1 jedoch kein berechtigtes Interesse darlegen muss, um Einsicht in die vollständige Mitgliederliste verlangen zu können, wird hierbei allerdings verkannt.171 Daher könnte sich durch eine Streichung auch nicht reflexartig aus Satz 2 ergeben, dass nunmehr ein berechtigtes Interesse vom Mitglied dargelegt werden müsste. Die vorgeschlagene Änderung hätte statt einer Klarstellung vielmehr eine Neuregelung zur Folge gehabt, und zwar derart, dass ein Mitglied vergleichbar seinem Einsichtsrecht jederzeit und ohne Angabe von Gründen eine vollständige Abschrift von der Genossenschaft hätte verlangen können. In diesem Sinne verstand denn auch der Bundesrat die vorgeschlagene Streichung, ohne hierbei jedoch auf die Intention der Bundesregierung einzugehen.172 Die Streichung sei zu weitgehend und das Recht, jederzeit eine vollständige Abschrift verlangen zu können, „unverhältnismäßig und unpraktikabel“.173 Es gebe keinen überzeugenden Grund, die geltende Regelung aufzugeben.174 Die 167 Vgl. BT-Drucks. 12/5553, S. 111 f., abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 557, 586. 168 So ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 85. 169 BT-Drucks. 16/1025, S. 27. 170 So BT-Drucks. 16/1025, S. 85. 171 Dies übersieht offenbar auch Lang/Weidmüller-Schaffland, § 31 Rn. 2. 172 Siehe BT-Drucks. 16/1025, Anlage 2, S. 103. Hierbei bleibt offen, ob die am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten bewusst oder unbewusst aneinander vorbeiargumentiert haben. So auch Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, S. 98. 173 BT-Drucks. 16/1025, Anlage 2, S. 103. 174 BT-Drucks. 16/1025, Anlage 2, S. 103.

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Streichung führe insbesondere bei mitgliederstarken Genossenschaften zu einem „beträchtlichen Verwaltungsaufwand“, ohne dass erkennbar sei, welches spezielle Interesse ein Mitglied an den Eintragungen der übrigen Mitglieder haben könne.175 Auch sei eine Beibehaltung im Interesse der „Kostenminimierung“ geboten.176 Der sodann hiermit befasste Rechtsausschuss des Bundestages folgte der Ansicht des Bundesrates, die Streichung der einschränkenden Worte abzulehnen.177 Als Grund führte dieser jedoch nicht einen „beträchtlichen Verwaltungsaufwand“ oder ein Interesse an einer „Kostenminimierung“ ins Feld, sondern – der Gesetzesbegründung aus dem Jahre 1993 folgend – die Vermeidung eines „denkbaren Missbrauchs“, der insbesondere in einem unerwünschten Adressenhandel mit der Mitgliederliste bestehen könne.178 Allerdings bleibe hiervon die Frage unberührt, ob einem Mitglied im Ausnahmefall bei Vorliegen eines besonderen rechtfertigenden Grundes das Recht zustehe, die Erteilung einer vollständigen Abschrift der Mitgliederliste zu verlangen.179 Dies sei im Einzelfall und letztlich von den Gerichten zu entscheiden.180 Festzuhalten bleibt, dass § 31 Abs. 1 S. 2 GenG im Ergebnis unverändert geblieben ist, obwohl der Vorschrift zu Klarstellungszwecken lediglich ein Halbsatz etwa dergestalt hätte hinzugefügt werden müssen, dass bei Darlegung eines berechtigten Interesses, wie dies insbesondere in den Fällen der §§ 43a Abs. 7, 45 GenG anzunehmen ist, auch die Erteilung einer vollständigen Abschrift verlangt werden kann. Unter den dargestellten Ansichten im Schrifttum dürfte einer teleologischen Reduktion der Vorzug zu geben sein. Liegt demnach also kein Missbrauchsfall vor, so ist die Vorschrift bei dargelegtem berechtigtem Interesse ohne die einschränkenden Worte „hinsichtlich der ihn betreffenden Eintragungen“ zu lesen. Wie die Abschrift in diesem Fall konkret „zu erteilen“ ist, lässt § 31 Abs. 1 S. 2 GenG offen. Jedenfalls muss sie nicht „bei der Genossenschaft“ erteilt werden. Darüber hinaus hat die Erteilung in einer für das Mitglied zumutbaren Weise zu erfolgen. (cc) Konfliktpotential Bedenklich erscheint an der gegenwärtigen Regelung, dass die Mitglieder stets an das zu kontrollierende Leitungsorgan herantreten müssen, um von diesem nur nach Darlegung ihrer Belange eine vollständige Listenabschrift erhalten zu kön-

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BT-Drucks. 16/1025, Anlage 2, S. 103. BT-Drucks. 16/1025, Anlage 2, S. 103. 177 BT-Drucks. 16/1524, S. 9. 178 BT-Drucks. 16/1524, S. 9. 179 So BT-Drucks. 16/1524, S. 9 unter beispielhafter Nennung der genossenschaftlichen Treuepflicht. 180 BT-Drucks. 16/1524, S. 9. 176

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nen.181 Dies versetzt den Vorstand in die Lage, ein seinen Interessen womöglich zuwiderlaufendes Mitgliederbegehren bereits zu einem sehr frühen Stadium zu behindern oder gar zu verhindern. Vor allem wird er hierzu seinen Organisationsund Informationsvorsprung nutzen können, über den er regelmäßig aufgrund seiner Leitungsfunktion verfügt. Noch bevor den Mitgliedern etwa eine Oppositionsbildung möglich wäre, könnte er – wenn auch unter anderem Vorwand – die übrigen Mitglieder kontaktieren und dabei beiläufig für die eigene Sicht der Dinge werben. Infolgedessen dürfte es sich für die antragswilligen Mitglieder umso schwieriger gestalten, eine hinreichende Mitgliederzahl für das Erreichen der Quorumshöhe zu gewinnen. Aber selbst dann, wenn die Mitglieder dem Vorstand kein berechtigtes Interesse darzulegen hätten, wäre die Gefahr einer Beeinflussung nicht ausgeschlossen.182 (dd) Alternativen Insofern stellt sich die Frage, welche Alternativen zur gegenwärtigen Regelung bestehen. Als solche könnten einerseits das vom Registergericht geführte Genossenschaftsregister, andererseits der Aufsichtsrat in Betracht kommen. (a) Genossenschaftsregister Soweit das Genossenschaftsregister in Rede steht, dürfte der zur Begründung der gegenwärtigen Regelung im RegVBG angeführte, nach der Wende besonders bei mitgliederstarken Genossenschaften in den neuen Bundesländern durch große Mitgliederwechsel bedingte erhebliche personelle Aufwand bei den Registergerichten183 jedenfalls nicht mehr zu erwarten sein. Dies gilt umso mehr, seit das Genossenschaftsregisterrecht mit dem am 01.01.2007 in Kraft getretenen Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG)184 für moderne Informationstechnologien geöffnet worden ist. Infolge des EHUG ist das Genossenschaftsregister endgültig auf die elektronische Führung umgestellt worden (vgl. § 156 Abs. 1 S. 1 GenG i.V. m. § 8 Abs. 1 HGB). Seitdem sind grundsätzlich alle Dokumente elektronisch einzureichen (vgl. § 156 Abs. 1 S. 2 GenG i.V. m. § 12 Abs. 2 HGB) und können von jedermann ohne Darlegung oder Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses zentral unter der Internetseite www.genossenschaftsregister.de eingesehen werden 181 Bereits nach der vor dem RegVBG geltenden Rechtslage waren die Mitglieder faktisch gezwungen, an den Vorstand für ihre Minderheitenverlangen heranzutreten, da nur das vom Vorstand nach § 30 GenG a. F. zu führende Verzeichnis der Genossen die Anschriften der Mitglieder enthielt, nicht dagegen die vom Gericht geführte Liste der Genossen. 182 Daher gelten die Ausführungen analog für das Einsichtsrecht. 183 Siehe hierzu Schaffland, NJW 1994, 503. 184 BGBl. I 2006, S. 2553. Ausführlich dazu Liebscher/Scharff, NJW 2006, 3745.

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(vgl. § 156 Abs. 1 S. 1 GenG i.V. m. § 9 Abs. 1 S. 1 HGB).185 Darüber hinaus kann jedermann von den Dokumenten nach § 156 Abs. 1 S. 1 GenG i.V. m. § 9 Abs. 4 HGB einen Ausdruck oder, soweit sie nur in Papierform vorliegen, eine Abschrift verlangen, auch hier ohne ein berechtigtes Interesse darlegen oder nachweisen zu müssen.186 Von diesen Vorschriften ist die Mitgliederliste gegenwärtig ausgenommen, was allein darauf zurückzuführen ist, dass sie seit 1993 kein zum Genossenschaftsregister einzureichendes Dokument mehr ist, sondern allein vom Vorstand geführt wird und vom Gericht nur im Einzelfall nach § 32 GenG herausverlangt werden kann.187 Für die vorgeschlagene Änderung wäre demnach nur erforderlich, die mit dem RegVBG eingeführten §§ 31, 32 GenG wieder aufzuheben und § 30 GenG um einen Absatz 4 zu ergänzen, wonach nach Wirksamwerden jeder Veränderung in den Personen der Mitglieder oder der Zahl der von ihnen übernommenen weiteren Geschäftsanteile eine vom Vorstand unterschriebene Mitgliederliste zum Genossenschaftsregister einzureichen ist. Anders als vor dem RegVBG käme der Mitgliederliste damit weiterhin keine konstitutive Wirkung zu. Das Registergericht würde die Liste lediglich entgegennehmen, ohne hierbei eine inhaltliche Prüfungspflicht zu haben. Für das Genossenschaftsregister spricht vor allem, dass den Mitgliedern mit den Registergerichten eine unabhängige Instanz gegenübersteht und insofern keine Beeinflussungsgefahr besteht. Zudem käme ihr grundsätzlicher Informations- und Organisationsnachteil gegenüber dem Vorstand zumindest vorerst nicht zum Tragen, was für die Oppositionsbildung entscheidend sein kann. Allerdings würde eine derartige Regelung zur Folge haben, dass Mitglieder – vergleichbar ihrem Einsichtsrecht – jederzeit und ohne Angabe von Gründen eine Abschrift der vollständigen Mitgliederliste erhalten könnten, was der Bundesrat gerade als „unverhältnismäßig und unpraktikabel“ 188 abgelehnt hat und dem der Rechtsaus185 Die Internetseite www.genossenschaftsregister.de wiederum ist mit dem gemeinsamen Registerportal der Länder unter www.handelsregister.de verlinkt. Neben den von den Bundesländern geführten elektronischen Genossenschaftsregistern besteht zudem ein vom Bundesministerium der Justiz geführtes Unternehmensregister unter www. unternehmensregister.de, an welches zentral die Daten sämtlicher Landesjustizverwaltungen und des Betreibers des elektronischen Bundesanzeigers übersendet werden (vgl. hierzu Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 156 Rn. 2 und 6). Eines Verweises in § 156 GenG auf die Vorschrift des § 8b Abs. 2 Nr. 2 HGB bedarf es nicht, da in § 8b HGB bereits ausdrücklich auf das Genossenschaftsregister Bezug genommen wird. Es handelt sich also nicht um eine allein für das Handelsregister geltende Vorschrift, die im Hinblick auf das Genossenschaftsregister für entsprechend anwendbar erklärt werden müsste. 186 Dabei regeln die §§ 89 Abs. 1, 73 KostO die Kosten des Ausdrucks bzw. der Abschrift von Eintragungen ins Genossenschaftsregister, die §§ 89, 136 KostO dagegen diejenigen für eingereichte Dokumente, die nicht einzutragen sind. Siehe hierzu Beuthien, § 156 Rn. 4. 187 Lang/Weidmüller-Cario, § 156 Rn. 7; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 156 Rn. 4. 188 BT-Drucks. 16/1025, Anlage 2, S. 103.

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schuss unter Hinweis auf die Vermeidung eines „denkbaren Missbrauchs“ gefolgt ist189. Letztlich tragen diese Einwände jedoch nicht. Vor allem wird der Gefahr eines Rechtsmissbrauchs erneut190 Vorrang gegenüber einer regeren Beteiligung der Mitglieder an der Willensbildung eingeräumt und dies trotz ihrer besonderen gesellschaftsinternen Kontrollfunktion. Auch stehen Genossenschaftsmitglieder seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008 (MoMiG)191 ohne ersichtlichen Grund schlechter als Gesellschafter einer GmbH. Denn diese können jederzeit und ohne ein berechtigtes Interesse darlegen zu müssen, eine Abschrift der vollständigen Gesellschafterliste aus dem elektronischen Handelsregister erhalten (vgl. § 40 GmbHG i.V. m. § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 HGB). Es drängt sich die Frage auf, warum bei Genossenschaftsmitgliedern eine Missbrauchsgefahr bestehen soll, bei GmbH-Gesellschaftern dagegen nicht. Dem Verweis auf die Regelungen des GmbH-Rechts kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass das Aktienrecht mit § 67 Abs. 6 S. 1 AktG eine gegenüber § 31 Abs. 1 GenG sogar noch restriktivere Regelung trifft, indem dort bereits das Einsichtsrecht der Aktionäre auf ihre eigenen Daten beschränkt ist.192 Denn die Vorschrift gilt in dieser Absolutheit gerade nur für börsennotierte Aktiengesellschaften, wie die satzungsmäßige Öffnungsklausel des § 67 Abs. 6 S. 2 AktG zeigt. Dem liegt die – umstrittene – Erwägung zugrunde, dass im Falle einer Börsennotierung eine ausreichende Transparenz über die Anteilseignerstruktur bereits aufgrund der kapitalmarktrechtlichen Meldepflichten aus § 21 WpHG gegeben ist.193 Den Einwänden des Bundesrates ist entgegenzuhalten, dass es gerade der Funktion der Mitglieder als zusätzliche Kontrolleure neben dem Aufsichtsrat entsprechen würde, wenn diese jederzeit und ohne Angabe von Gründen an eine Ab189

BT-Drucks. 16/1524, S. 9. Vgl. die Reformbestrebungen zur Quorumshöhe unter § 15 B. I. 2. a) bb). 191 BGBl. I S. 2026. 192 Eine dahingehende Änderung hat die Vorschrift durch das Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (NaStraG) vom 18.01.2001 (BGBl. I S. 123) erfahren. Siehe hierzu die Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 14/4051, S. 11. Allgemein zu den Änderungen durch das NaStraG Kindler, NJW 2001, 1678; Weber, NZG 2001, 337; Goedecke/Heuser, BB 2001, 369. 193 Kritisch hierzu Hüther (AG 2001, 68, 75 ff.), der zu Recht anmerkt, dass zweifelhaft sei, ob die kapitalmarktrechtliche Transparenz die Möglichkeit hauptversammlungsbezogener Aktionärskommunikation unter Nutzung des Aktienregisters ersetzen kann. Denn die Selbstorganisation der Kleinaktionäre sei damit in die Hände der Gesellschaft gelegt. Zudem wären unterhalb der 3-Prozent-Schwelle liegende Aktionäre auch für den opponierenden Großaktionär nicht erreichbar; kritisch auch Huep, WM 2000, 1623, 1628; a. A. Noack, DB 2001, 27 und Kindler, NJW 2001, 1678, 1681 unter Hinweis darauf, dass es den Aktionären unbenommen bleibe, ihre persönlichen Daten – verbunden mit einem entsprechenden Vermerk im Aktienregister – freiwillig zur Verfügung zu stellen. 190

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schrift der vollständigen Mitgliederliste gelangen könnten. Aus Corporate Governance-Gesichtspunkten stellt sich also vielmehr die Frage der Verhältnismäßigkeit der gegenwärtigen Regelung. Zumindest seit Inkrafttreten des EHUG würde der Genossenschaft durch die vorgeschlagene Regelung auch kein nennenswerter Verwaltungs- und Kostenaufwand entstehen, zumal der für sie handelnde Vorstand ohnehin verpflichtet ist, die Mitgliederliste aktuell zu halten. (b) Aufsichtsrat Für den alternativ in Betracht kommenden Aufsichtsrat spricht zunächst, dass es ohnehin seine Aufgabe ist, den Vorstand zu überwachen (vgl. § 38 Abs. 1 S. 1 GenG). Von daher wäre es sogar begrüßenswert, wenn dieser – über die Mitgliederliste – frühzeitig von beabsichtigten Minderheitenanträgen erfährt. Auch könnten sich die Aufsichtsratsmitglieder als gute Diskussionspartner erweisen, zumal sie regelmäßig einen besseren Einblick in die Lage der Genossenschaft haben. Bei schwerwiegenden Anliegen der Mitglieder und in Absprache mit diesen wäre es dem Überwachungsorgan unter Umständen sogar möglich, aus eigenem Recht eine Generalversammlung einzuberufen (vgl. § 38 Abs. 2 GenG). Andererseits ist eine gewisse Voreingenommenheit gerade in denjenigen Fällen nicht ausgeschlossen, in denen der Aufsichtrat in die strategische Planung und Ausrichtung der Genossenschaft einbezogen ist. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Aufsichtsrat lediglich von Zeit zu Zeit zusammentritt. Im Ergebnis wird daher dem gerichtlich geführten Genossenschaftsregister der Vorzug zu geben sein. (b) Einführung eines Genossenschaftsforums Einen alternativen Weg, für die Organisation von Anträgen im Sinne des § 45 GenG an Namen und Anschriften der Mitglieder zu gelangen, könnte de lege ferenda die Internetnutzung bereithalten. (aa) Vorbild „Aktionärsforum“ Als Vorbild könnte insofern das Aktionärsforum dienen, welches der Aktiengesetzgeber im Jahre 2005 über das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG)194 in einem neuen § 127a AktG verankert hat.195 Es handelt sich dabei um eine besondere Rubrik des elektronischen Bundesanzeigers, die Aktionären und Aktionärsvereinigungen die Möglichkeit bietet, zu anderen Aktionären und Aktionärsvereinigungen in Kontakt zu 194

BGBl. I 2005, S. 2802. Siehe hierzu BT-Drucks. 15/5092, S. 15 ff. sowie Spindler, NZG 2005, 825, 827 f. Allgemein zum UMAG Kolb, DZWIR 2006, 50; Priester, DNotZ 2006, 403; Seibert, WM 2005, 157. 195

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4. Kap.: Mechanik kollektiver Willensbildung

treten. Hintergrund der Neuregelung ist, dass es nicht-wesentlich beteiligten Aktionären aufgrund der Beschränkung ihres Einsichtsrechts auf eigene Daten gemäß § 67 Abs. 6 S. 1 AktG kaum möglich gewesen ist, untereinander Kontakt aufzunehmen.196 Daher konnten sie vor allem solche Aktionärsrechte nicht oder nur schwer geltend machen, für deren Ausübung das Gesetz Schwellenwerte vorsieht wie etwa bei Einberufungsanträgen.197 Nach Ansicht des Gesetzgebers hatte dies zu einem „grundlegenden Corporate Governance-Defizit“ geführt, zu dessen Behebung das Aktionärsforum durch Erleichterung des Zusammenschlusses von Aktionären einen wichtigen Beitrag zu leisten vermochte.198 Wie sich aus der Vorschrift des § 127a Abs. 1 AktG ergibt, soll das Aktionärsforum jedoch nicht nur das Erreichen von Schwellenwerten ermöglichen, sondern insgesamt die Wahrnehmung von Verwaltungsrechten der Aktionäre steigern.199 Daher kann ein Aktionär oder eine Aktionärsvereinigung andere Aktionäre über die elektronische Plattform dazu auffordern, einen Antrag oder ein Verlangen zu stellen oder das Stimmrecht auszuüben. § 127a Abs. 2 AktG stellt hierzu inhaltliche Anforderungen auf. Eine Begründung darf die Aufforderung jedoch nicht enthalten. Zulässig ist nur der Verweis auf eine solche über einen Hyperlink zu der Homepage des Auffordernden (vgl. § 127a Abs. 3 AktG). Selbiges gilt gemäß § 127a Abs. 4 AktG für die Stellungnahme der Gesellschaft. Die nähere Ausgestaltung des Aktionärsforums sowie die Modalitäten seiner Inanspruchnahme regelt die sogenannte Aktionärsforumsverordnung vom 22.11.2005200, für die § 127a Abs. 5 AktG eine Ermächtigungsgrundlage enthält. Der Umstand, dass das Aktionärsforum nicht auf der Internetseite der Gesellschaft untergebracht ist, sondern auf einer von ihr losgelösten elektronischen Plattform, soll nach dem Willen des Gesetzgebers Interessenkonflikte vermeiden helfen, die zu erwarten wären, wenn die Gesellschaft selbst als Betreiberin des Internetforums auftreten würde.201 (bb) Regelung für Genossenschaften? Diesem Vorbild folgend könnte auch im Genossenschaftsrecht erwogen werden, ein sogenanntes Genossenschaftsforum zu schaffen und dieses in einem dem 196 Dagegen ist eine Kontaktaufnahme bei wesentlich beteiligten Aktionären aufgrund der Meldepflicht des § 21 WpHG ohne weiteres möglich. Siehe hierzu Noack, NZG 2004, 297, 302 und Gantenberg, DB 2005, 207, 210. 197 So ausdrücklich BT-Drucks. 15/5092, S. 15. 198 Vgl. BT-Drucks. 15/5092, S. 15. 199 Vgl. Hüffer, § 127a Rn. 1. 200 BGBl. I S. 3193. Näher hierzu Seibert, AG 2006, 16. 201 So BT-Drucks. 15/5092, S. 16. Siehe hierzu ferner Spindler, NZG 2005, 825, 828. In BGH, DStR 2011, 180, 183 (zum e. V.) führt der II. Zivilsenat zu Recht aus, dass die vom Vereinsvorstand kontrollierten Vereinsmedien – Internetforum und Mitgliederzeitung – keine geeignete Plattform für den Aufbau einer Opposition darstellen.

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§ 127a AktG entsprechenden neuen § 46a GenG zu verankern.202 Das Genossenschaftsforum wäre dann ebenso wie das Aktionärsforum eine besondere Rubrik des elektronischen Bundesanzeigers und könnte parallel zur Aktionärsforumsverordnung durch eine Genossenschaftsforumsverordnung ergänzt werden. Alle genossenschaftsbezogenen Daten wären damit künftig über das elektronische Unternehmensregister abrufbar, so dass erwartet werden kann, dass Mitglieder die elektronische Plattform auch suchen, finden und nutzen werden. Für die Schaffung eines solchen Forums sprechen freilich andere Gründe als im Aktienrecht. Dies folgt bereits daraus, dass Genossenschaftsmitglieder bei Darlegung eines berechtigten Interesses durchaus eine vollständige Abschrift der Mitgliederliste erteilt verlangen können und daher zumindest formal betrachtet eine Möglichkeit haben, miteinander in Kontakt zu treten. Entscheidend muss hier letztlich ins Gewicht fallen, dass die Genossenschaft in besonderem Maße auf eine funktionierende Mitgliederkontrolle angewiesen ist, da ein Mangel an gesellschaftsinterner Kontrolle grundsätzlich nicht durch externe Kontrolle ausgeglichen wird.203 Insofern wäre es sachgerecht, Genossenschaftsmitgliedern die versammlungsbezogene Kommunikation durch Einführung eines Forums zu erleichtern und ihnen damit eine kostengünstige Möglichkeit zur Verfügung zu stellen, sich für eine gemeinsame Rechtsausübung zusammenzuschließen. Dies würde insbesondere Mitgliedern von mitgliederstarken Genossenschaften erlauben, ihre Rechte effektiver wahrzunehmen.204 Auch wenn die tatsächliche Tragweite einer derartigen Neuregelung letztendlich nur schwer abschätzbar ist, so würde die Schaffung eines Genossenschaftsforums für die Corporate Governance von Genossenschaften jedenfalls nur von Vorteil sein.205 ee) Ergebnis Im Hinblick auf das für die Geltendmachung der Minderheitenrechte aus § 45 GenG erforderliche Erreichen des Mitgliederquorums bleibt als Ergebnis nach alledem festzuhalten, dass die letztlich beibehaltene Zehn-Prozent-Hürde bei mitgliederstarken Genossenschaften in der Praxis weiterhin zu einem fakti202 Dieses könnte zusätzlich zu den von Geschwandtner/Wieg (S. 42 ff.) diskutierten virtuellen Vorversammlungen zum Einsatz kommen. 203 Siehe dazu oben § 6. 204 Vor allem entfällt der Aufwand, anhand der Mitgliederliste jedes Mitglied persönlich anzuschreiben. Bei entsprechender Aufforderung im Genossenschaftsforum müssen sich diese vielmehr beim auffordernden Mitglied melden. 205 Interessanterweise erkennt der Gesetzgeber bei Aktiengesellschaften mit § 127a AktG ein „grundlegendes Corporate Gorvernance-Defizit“ sogar trotz des Umstandes an, dass im Aktienrecht die Schwellenwerte niedriger liegen als im Genossenschaftsrecht, wenige institutionelle Investoren durchaus gemeinsam die Quoren erreichen können und im Falle von Abstimmungsvorschlägen zudem die Möglichkeit von Stimmrechtsbündelungen besteht.

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4. Kap.: Mechanik kollektiver Willensbildung

schen Ausschluss jener Rechte führen wird. Diesen Missstand scheint der Gesetzgeber für die Zukunft offenbar bewusst in Kauf genommen zu haben, obwohl der Vorschrift organisationsrechtlich eine wichtige Ausgleichsfunktion innerhalb der Genossenschaft zukommt. Verschiedene Möglichkeiten, den Mitgliedern das Erreichen des Schwellenwerts zu erleichtern, ohne hierbei eine starre Regelung zu treffen, sind im Rahmen der Reform 2006 unberücksichtigt geblieben. b) Adressat Der Einberufungsantrag ist von der antragsberechtigten Mitgliederzahl an die Genossenschaft als solche zu richten.206 Nach § 24 Abs. 1 GenG wird diese hierbei durch den Vorstand vertreten. Allerdings genügt der Zugang des Antrags an ein Vorstandsmitglied gemäß § 25 Abs. 1 S. 3 GenG. Wird er statt an die Genossenschaft unmittelbar an den Vorstand gerichtet, so ist dies unschädlich, solange sich daraus ergibt, dass die Mitglieder jedenfalls von ihrem Recht auf Einberufung einer Generalversammlung aus § 45 Abs. 1 GenG Gebrauch machen wollen.207 Nicht ausreichend wäre hingegen ein an den Aufsichtsrat gerichteter Antrag, da dieser nach § 39 GenG grundsätzlich nicht zur Vertretung der Genossenschaft befugt ist.208 Jedoch würde dieser ihn zur Einhaltung seiner Sorgfaltspflicht aus §§ 41, 34 GenG an den Vorstand weiterzuleiten haben. Der Aufsichtsrat kann und darf einen an ihn gerichteten Antrag nur dann zum Anlass nehmen, selbst eine Generalversammlung einzuberufen, wenn dies nach Maßgabe von § 38 Abs. 2 GenG im Interesse der Genossenschaft erforderlich ist. Der alleinige Umstand, dass ein solcher Antrag von Mitgliedern gestellt wird, ist hierfür nicht ausreichend. Selbiges gilt für den Fall, dass der Vorstand die Einberufung ablehnt. Denn wird dem Verlangen nicht entsprochen, können die Mitglieder nach § 45 Abs. 3 GenG gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.209 c) Form Der Gesetzgeber hat die Genossenschaftsreform dazu genutzt, die Formanforderungen für Einberufungsanträge herabzusetzen. Während nach § 45 Abs. 1 GenG a. F. noch Schriftform (§ 126 BGB) eingehalten werden musste und somit grundsätzlich eine eigenhändige Namensunterschrift oder ein notariell beglaubig206 Bauer, § 45 Rn. 5; Beuthien, § 45 Rn. 2; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 45 Rn. 3; Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 6. 207 So auch Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 6; Bauer, § 45 Rn. 5. 208 A. A. unter Verweis auf die Einberufungskompetenz des Aufsichtsrats aus § 38 Abs. 2 GenG Beuthien, § 45 Rn. 2. In diesem Sinne sind wohl auch Bauer, § 45 Rn. 5, Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 45 Rn. 3 und Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 6 zu verstehen. 209 Unzutreffend insofern Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 6 (Einberufungspflicht des Aufsichtsrats).

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tes Handzeichen erforderlich war, können Mitglieder den Einberufungsantrag nunmehr in Textform (§ 126b BGB) unterzeichnen. Damit reicht es in Zukunft aus, wenn der Antrag, der auch aus einer Vielzahl sachlich gleichlautender Einzelanträge bestehen kann, in einer zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben wird, (jeweils) die Mitgliedsnamen enthält und den Abschluss des Antrags (jeweils) durch Wiedergabe der Namensunterschrift oder anders erkennbar macht.210 Demnach können Anträge künftig auch durch einfache Email gestellt werden. d) Inhalt Der Einberufungsantrag muss seinem Inhalt nach eindeutig als solcher zu identifizieren sein. Darüber hinaus verlangt § 45 Abs. 1 S. 1 GenG lediglich, dass der Zweck und die Gründe des Verlangens angeführt werden. aa) Zweck Für die Angabe des Zwecks ist ausreichend, dass der Gegenstand der Beratung oder Beschlussfassung angeführt wird. Auf eine Beschlussfassung muss der Einberufungsantrag jedoch nicht gerichtet sein.211 Vielmehr kann er auch lediglich eine Beratung und Meinungsbildung zum Ziel haben. Entscheidend ist insofern nur, dass im Antrag hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, ob nur beraten oder auch Beschluss gefasst werden soll. Einschränkend wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, dass der Antrag nur solche Gegenstände anführen darf, für die die Generalversammlung nach Gesetz oder Satzung zuständig ist.212 Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Ausgehend vom Regelungszweck des § 45 GenG, zu einer ordnungsgemäßen Organtätigkeit innerhalb der Genossenschaft beizutragen, muss die Grenze vielmehr erst dort zu ziehen sein, wo Beschlüsse gefasst werden sollen, die in den Kompetenzbereich anderer Organe eingreifen würden.213 Soll ohne Beschlussfassung nur beraten werden oder würde es sich bei der beantragten Beschlussfassung lediglich um einen unverbindlichen Empfehlungsbeschluss214 handeln, so ist kein kompetenz210

Bauer, § 45 Rn. 8 u. 11; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 45 Rn. 3. Anders sieht die Situation dagegen beim Ergänzungsverlangen aus, welches nur für Beschlussgegenstände zur Verfügung steht. Für bloße Verhandlungen ohne Beschlussfassung bedarf es gemäß § 46 Abs. 2 S. 2 GenG keiner Ankündigung. 212 So etwa von Beuthien, § 45 Rn. 2 (ohne Begründung); Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs-Fandrich, § 45 Rn. 2 (Rechtsmissbrauch). 213 So z. B. die Beantragung einer verbindlichen Beschlussfassung über Geschäftsführungsangelegenheiten, da dies nach § 27 Abs. 1 S. 1 GenG dem Vorstand vorbehalten ist. 214 Allgemein zu unverbindlichen Beschlüssen im Genossenschaftsrecht Westphal, passim. 211

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rechtlicher Grund ersichtlich, den Mitgliedern einen Einberufungsantrag zu versagen.215 Dies muss umso mehr gelten, als die Mitgliederrechte im Wesentlichen nur in der Generalversammlung ausgeübt werden können und Mitglieder auch in Geschäftsführungsfragen ein legitimes Interesse daran haben können, Fragen an den Vorstand zu richten und eine Meinungsbildung herbeizuführen.216 Schließlich wäre ihnen dies auch im Rahmen einer ordentlichen Generalversammlung – vor allem unter dem Punkt „Verschiedenes“ – möglich. bb) Gründe An die Begründungspflicht sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es muss lediglich angegeben werden, warum die Generalversammlung über die verlangten Gegenstände beraten oder beschließen soll.217 Der Grund des Verlangens braucht weder schlüssig zu sein noch glaubhaft gemacht zu werden.218 II. Entscheidung über den Einberufungsantrag In Vertretung der Genossenschaft und als ihr gesetzlich vorgesehenes, regelmäßiges Einberufungsorgan hat der Vorstand über den Einberufungsantrag zu entscheiden. 1. Einberufungspflicht

Liegt ein ordnungsgemäßer Antrag vor, muss der Vorstand diesem unverzüglich und vollständig durch Einberufung der beantragten Generalversammlung entsprechen. Unverzüglich erfolgt die Einberufung, soweit sie vom Vorstand innerhalb eines geordneten Geschäftsganges ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) vorgenommen wird.219 Vollständig wird dem Verlangen nur entsprochen, wenn die Tagesordnung die von den Antragstellern verlangten Verhandlungs- oder Beschlussgegenstände enthält. Dabei gelten für die Einberufung die gleichen Voraussetzungen wie im Falle einer Einberufung auf Initiative des Vorstands. Das Leitungsorgan ist jedoch nicht verpflichtet, die von den Mitgliedern für ihren Antrag abgegebene Begründung bekannt zu machen oder darauf hinzuweisen, dass die Einladung zur Generalversammlung auf Verlangen von 215 So auch Lutter/Hommelhoff-Bayer, § 50 Rn. 3 für die Gesellschafterversammlung einer GmbH; ebenso i. E. Michalski/Römermann, § 50 Rn. 64. 216 Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 3; Bauer, § 45 Rn. 18; Müller, § 45 Rn. 5. 217 Vereinzelt werden für das Einberufungsverlangen darüber hinaus kurze Darlegungen gefordert, warum jene Gegenstände gerade jetzt in einer Generalversammlung behandelt werden müssen (vgl. Bauer, § 45 Rn. 7; Beuthien, § 45 Rn. 2). 218 Beuthien, § 45 Rn. 2. 219 Beuthien, § 45 Rn. 2.

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Mitgliedern erfolgt.220 Die Pflicht zur Einberufung entfällt ausnahmsweise dann, wenn eine Generalversammlung bereits einberufen worden ist und der Vorstand deren Tagesordnung um die beantragten Gegenstände form- und fristgerecht ergänzt. Auch dadurch kann der Zweck des Einberufungsverlangens, den Antragstellern Gelegenheit zu geben, ihre Anliegen der Generalversammlung zur Beratung oder Beschlussfassung vorzutragen, erreicht werden. Lehnt der Vorstand den Einberufungsantrag – pflichtwidrig oder pflichtgemäß – ab, so hat er die Antragsteller hierüber zu informieren.221 Dabei sind die Gründe anzugeben, die ihn zu dieser Entscheidung bewogen haben,222 zumal die Antragsteller nur anhand dessen beurteilen können, ob sich ein neuer Antrag lohnt oder aber gerichtliche Hilfe (§ 45 Abs. 3 GenG) in Anspruch genommen werden sollte. Gibt der Vorstand dagegen ihrem Antrag statt und beruft eine Generalversammlung ein, so erübrigt sich mit der ohnehin unverzüglich vorzunehmenden Einladung zur Generalversammlung eine gesonderte Unterrichtung der Antragsteller.223 2. Prüfungsgegenstand und Prüfungsfrist

Bei seiner Entscheidung, ob der Einberufungsantrag ordnungsgemäß ist, steht dem Vorstand kein Ermessensspielraum zu. Ablehnen darf er den Antrag nur, wenn dieser entweder den Erfordernissen des § 45 Abs. 1 S. 1 GenG nicht entspricht oder aber rechtsmissbräuchlich ist.224 Rechtsmissbrauch ist dann anzunehmen, wenn bei Abwägung aller erkennbaren Interessen offensichtlich kein vernünftiger Grund zur Einberufung der Generalversammlung besteht.225 An das Vorliegen von Rechtsmissbrauch sind dabei hohe Anforderungen zu stellen, damit der Schutzzweck des § 45 GenG auch tatsächlich zur Geltung kommen kann.226 Für die Prüfung der Ordnungsgemäßheit des Antrags muss dem Vorstand eine angemessene Prüfungszeit zugebilligt werden.227 Was im Einzelfall angemessen

220 Vgl. Halberkamp/Gierke, NZG 2004, 494, 499 f. zur Parallelvorschrift des § 122 AktG. 221 Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 7; Bauer, § 45 Rn. 22. 222 In diese Richtung auch Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 6 („Der Vorstand sollte [. . .] die Antragsteller auf den Mangel hinweisen“). 223 Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 7; Bauer, § 45 Rn. 22. 224 Bauer, § 45 Rn. 16 ff.; Beuthien, § 45 Rn. 2. Zu letzterem vgl. BT-Drucks. 16/ 1025, S. 88. 225 Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 3; Bauer, § 45 Rn. 19. 226 Vgl. zur Parallelvorschrift des § 122 AktG die Entscheidungen des KG Berlin, NZG 2003, 441, 443 und des OLG Frankfurt, WM 2005, 2176. 227 Bauer, § 45 Rn. 15; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 45 Rn. 2.

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ist, wird sich danach zu richten haben, ob Zweifel an der Ordnungsgemäßheit bestehen wie etwa dann, wenn ein Rechtsmissbrauch nicht von vorneherein auszuschließen ist. In derartigen Fällen können mehrere Tage für eine Prüfung durchaus angemessen sein. III. Gerichtliches Ermächtigungsverfahren Soweit dem Einberufungsantrag nicht oder nicht unverzüglich entsprochen wird, sind die Antragsteller nach § 45 Abs. 3 S. 1 GenG berechtigt, eine gerichtliche Ermächtigung zur eigenhändigen Einberufung der Generalversammlung zu beantragen. Dass eine nicht unverzügliche Einberufung einer ausdrücklich abgelehnten Einberufung gleichstehen muss, folgt hierbei daraus, dass die Mitglieder mit ihrem aus § 45 Abs. 3 GenG folgenden Recht nur dann nicht von einer Ablehnungsentscheidung des Vorstands abhängig sind. Denn anderenfalls wäre den Mitgliedern der Weg über § 45 Abs. 3 GenG versperrt, wenn der Vorstand sich weigert, eine Entscheidung über den Einberufungsantrag zu treffen.228 1. Zuständiges Gericht

Wollen die Antragsteller nach § 45 Abs. 3 S. 1 GenG eine gerichtliche Ermächtigung beantragen, so stellt sich für sie unter anderem die Frage, welches Gericht für ihren Antrag zuständig ist. Diese Frage hat der Gesetzgeber im Jahre 2008 neu geregelt. Nach § 375 Nr. 7 FamFG ist das gerichtliche Ermächtigungsverfahren nunmehr als sogenanntes unternehmensrechtliches Verfahren ausgestaltet.229 Daher ist gemäß § 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 4 GVG das Amtsgericht sachlich zuständig.230 § 376 Abs. 1 FamFG bestimmt ergänzend hierzu, dass für das gerichtliche Ermächtigungsverfahren dasjenige Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, und zwar für den gesamten Bezirk dieses Landgerichts. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 377 Abs. 1 FamFG. Danach ist das Gericht ausschließlich örtlich zuständig, in dessen Bezirk

228 A. A. Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 15 (Antrag nur zulässig nach Ablehnung). Bei Kleinstgenossenschaften hätte es sich aufgrund der geringeren Versammlungskosten angeboten, im Einklang mit der Regelung des § 50 Abs. 3 S. 1 GmbHG vorzusehen, dass die Antragsteller in den Fällen, in denen ihrem Verlangen nicht entsprochen wird, die Einberufung selbst bewirken können. 229 Dieses ist im Rahmen des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 22.12.2008 (FGG-Reformgesetz – BGBl. I S. 2586) eingeführt worden. 230 Das gerichtliche Ermächtigungsverfahren nach § 45 Abs. 3 GenG ist bislang, ohne eigentlich Registersache zu sein, über § 10 GenG den Registergerichten zugeordnet gewesen (vgl. insofern BR-Drucks. 309/07 v. 10.05.2007 (Gesetzentwurf der Bundesregierung), S. 640). Mit der Einführung des unternehmensrechtlichen Verfahrens strich der Gesetzgeber daher nun den Verweis auf eben diese Vorschrift.

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die betreffende Genossenschaft ihren Sitz hat. Wird von den Antragstellern das sachlich oder örtlich unzuständige Gericht angerufen, hat dieses die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen (§ 3 Abs. 1 FamFG). Demnach handelt es sich bei der Zuständigkeit des Gerichts nicht um eine Antragsvoraussetzung im engeren Sinne. 2. Antragsvoraussetzungen

a) Antragsberechtigung Antragsberechtigt sind nach § 45 Abs. 3 S. 1 GenG die Mitglieder, die das – erfolglose – Einberufungsverlangen gestellt haben. Die Vorschrift verlangt demnach nur, dass die ursprünglichen Antragsteller mit den jetzigen identisch sind.231 Haben mehr Mitglieder den Einberufungsantrag gestellt, als zum Erreichen des Schwellenwerts erforderlich gewesen ist, dürfte es den Worten „Mitglieder, die das Verlangen gestellt haben“ jedoch nicht entgegenstehen, wenn nur noch so viele der ursprünglichen Antragsteller den Ermächtigungsantrag unterstützen, wie zum Zeitpunkt des Zugangs des Einberufungsverlangens bei der Genossenschaft bereits nur erforderlich gewesen wären. Ob darüber hinaus weitere Mitglieder den Ermächtigungsantrag erstmalig unterstützen, hat keine rechtliche Relevanz. Nicht erforderlich ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm, dass die Zahl der ursprünglichen Antragsteller auch noch im Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht den Schwellenwert des § 45 Abs. 1 S. 1 GenG erreicht.232 Dies ist sachgerecht, da den Antragstellern vor allem eine ungerechtfertigte Ablehnung ihres ordnungsgemäßen Einberufungsantrags nicht zum Nachteil gereichen darf. Die ursprünglichen Antragsteller müssen jedoch nach wie vor zur Teilnahme an der geforderten Generalversammlung berechtigt sein.233 Wäre dem nicht so, könnte dies theoretisch zur Folge haben, dass eine Generalversammlung ausschließlich nur von solchen Mitgliedern einberufen würde, die hieran allesamt nicht teilnehmen dürften. Da das Recht aus § 45 GenG den Mitgliedern aber gerade dazu dienen soll, ihre Anliegen dem obersten Willensbildungsorgan der Genossenschaft vorzutragen, wäre eine Ermächtigung zur Einberufung ohne ihre Teilnahme sinnlos. Ist daher einer der ursprünglichen Antragsteller nicht mehr teilnahmeberechtigt, bleibt den übrigen nur der Weg über einen erneuten Einberufungsantrag. Dies bedeutet freilich, dass die Antragsvoraussetzungen des § 45 Abs. 1 S. 1 GenG von neuem zu erfüllen sind.

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Ebenso Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 14. A. A. (ohne Begründung) Bauer, § 45 Rn. 32 f.; Beuthien, § 45 Rn. 4; Müller, § 45 Rn. 16; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 45 Rn. 10; Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 14. 233 So auch Bauer, § 45 Rn. 32. 232

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b) Antragsgegner Antragsgegner ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG i.V. m. § 8 Nr. 1, 2. Fall FamFG die Genossenschaft.234 Gemäß § 24 Abs. 1 GenG wird diese hierbei durch den Vorstand vertreten. c) Inhalt Der Inhalt des Antrags bestimmt sich nach § 23 Abs. 1 S. 1, 2 FamFG. Danach soll der Antrag eine Begründung enthalten. Die Antragsteller trifft demnach also eine generelle Begründungspflicht.235 Die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift soll insoweit nur sicherstellen, dass ihre Nichterfüllung nicht zur Zurückweisung des Antrags als unzulässig führen kann.236 Satz 2 der Vorschrift konkretisiert die Begründungspflicht, indem in dem Antrag die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben sowie die Personen zu benennen sind, die als Beteiligte in Betracht kommen. Zur Darlegung ihres Rechtsschutzziels müssen die Mitglieder, die den Antrag auf gerichtliche Ermächtigung stellen wollen, demzufolge angeben, dass sie einen ordnungsgemäßen Antrag im Sinne des § 45 Abs. 1 S. 1 GenG gestellt haben, dem von Seiten der Genossenschaft nicht (unverzüglich) entsprochen worden ist, und dass sie ihr Recht auf Einberufung einer Generalversammlung daher nun gerichtlich durchsetzen wollen. Die Genossenschaft muss dabei als Antragsgegnerin benannt werden. d) Form Nach § 23 Abs. 1 S. 4 FamFG soll der Antrag, für den grundsätzlich kein Anwaltszwang besteht (§ 10 Abs. 1 FamFG),237 von den Antragstellern oder ihren Bevollmächtigten unterschrieben werden. Auch hier soll durch die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift nur sichergestellt werden, dass fehlende Unterschriften nicht zur Zurückweisung des Antrags als unzulässig führen.238 Das ursprüngliche Einberufungsverlangen ist dem Antrag gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 FamFG in Urschrift oder Abschrift beizufügen. Nach § 25 Abs. 1 FamFG kann der Antrag schriftlich 234 Siehe KG Berlin, NJW-RR 1999, 1488 für den Fall einer gerichtlichen Ermächtigung zur Einberufung einer Vertreterversammlung. 235 Vgl. BT-Drucks. 16/6308 v. 07.09.2007 (Gesetzentwurf der Bundesregierung), S. 185. 236 So ausdrücklich BT-Drucks. 16/6308, S. 185 f. 237 MünchKommZPO/Pabst, § 10 FamFG Rn. 3. 238 Das zu § 23 Abs. 1 S. 1 FamFG in BT-Drucks. 16/6308, S. 185 f. Gesagte muss für die Soll-Vorschrift des Satzes 4 der Vorschrift entsprechend gelten. In diesem Sinne auch MünchKommZPO/Ulrici, § 23 FamFG Rn. 37; Musielak/Borth, § 23 Rn. 1. Bei Fehlen der Unterschrift hat das Gericht nach § 28 Abs. 2 FamFG darauf hinzuwirken, dass sie nachgeholt wird (vgl. Thomas/Putzo-Reichold, § 23 FamFG Rn. 4).

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oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 14 Abs. 2 FamFG erlaubt darüber hinaus die Antragstellung in elektronischer Form. Eine einfache Email wäre mithin nicht ausreichend. e) Keine Verwirkung Eine Antragsfrist sieht weder das Genossenschaftsgesetz noch das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vor. Folglich kann das Antragsrecht aus § 45 Abs. 3 S. 1 GenG lediglich verwirkt werden.239 Dies bedeutet allgemein, dass dem Inhaber eines Rechtes dessen Ausübung versagt wird, weil er über einen längeren Zeitraum von seinem Recht keinen Gebrauch gemacht (sog. Zeitmoment) und dadurch bei der Gegenseite den Eindruck erweckt hat, mit der Inanspruchnahme des Rechts werde in Zukunft nicht mehr zu rechnen sein (sog. Umstandsmoment).240 Ab wann der Vorstand für die Genossenschaft darauf vertrauen darf, dass die Mitglieder keinen Antrag im Sinne des § 45 Abs. 3 GenG mehr stellen werden, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls. Grundsätzlich muss ihnen jedoch soviel Zeit zur Verfügung stehen, dass sie über die Einleitung gerichtlicher Schritte eingehend beraten und entscheiden können. 3. Entscheidung des Gerichts

Das zuständige Gericht entscheidet über die Ermächtigung der Antragsteller gemäß § 38 Abs. 1 FamFG durch Beschluss. Ebenso wie der Vorstand darf es den Antrag nur dann zurückweisen, wenn dieser entweder den Erfordernissen des § 45 Abs. 1 S. 1 GenG nicht entspricht oder aber rechtsmissbräuchlich ist.241 Liegen beide Fälle nicht vor, ist das durch § 45 Abs. 3 S. 1 GenG eingeräumte Ermessen („kann . . . ermächtigen“) auf Null reduziert mit der Folge, dass es die Ermächtigung der Antragsteller aussprechen muss.242 Allerdings darf die Ermächtigung nur das Recht zur Einberufung der Generalversammlung umfassen. Den Vorsitzenden der Versammlung kann das Gericht hingegen nicht bestimmen,243 da in § 45 Abs. 3 GenG eine dem § 122 Abs. 3 S. 2 AktG vergleichbare 239 Ebenso Bauer, § 45 Rn. 36; nach a. A. soll der Antrag hingegen „unverzüglich“ nach einer Ablehnungsentscheidung des Vorstands gestellt werden müssen (vgl. Beuthien, § 45 Rn. 4; Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 15; Müller, § 45 Rn. 17). Dies entbehrt jedoch jeglicher gesetzlicher Grundlage und ist daher abzulehnen. 240 MünchKommBGB/Roth/Schubert, § 242 Rn. 329 ff. 241 Vgl. Bauer, § 45 Rn. 37 ff.; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 45 Rn. 11. 242 I.E. ebenso Bauer, § 45 Rn. 38. Das Wort „kann“ ist insofern missverständlich gewählt und sollte zu einem „muss“ vergleichbar der Regelung des § 45 Abs. 1 S. 1 GenG geändert werden. 243 Bauer, § 45 Rn. 41; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 45 Rn. 13; a. A. Müller, § 45 Rn. 20a (§ 122 Abs. 3 S. 2 AktG analog).

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Regelung fehlt.244 Ob die Voraussetzungen für eine Ermächtigung vorliegen, prüft das Gericht nach § 26 FamFG von Amts wegen.245 Vor seiner Entscheidung hat es den Vorstand als Vertretungsorgan der Genossenschaft anzuhören (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 1 FamFG i.V. m. § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG). Nach § 40 Abs. 1 FamFG erlangt der Beschluss mit seiner Bekanntgabe an die Antragsteller Wirksamkeit. Bereits von diesem Zeitpunkt an kann von einer erteilten Ermächtigung also Gebrauch gemacht werden. Zwar ist es der unterlegenen Partei möglich, den Beschluss mit dem Rechtsmittel der Beschwerde anzufechten (§ 402 Abs. 1 FamFG i.V. m. §§ 58 ff. FamFG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 A übersteigt (§ 61 Abs. 1 FamFG) oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat (§ 61 Abs. 2, 3 FamFG). Eine zulässigerweise eingelegte Beschwerde würde allerdings keine aufschiebende Wirkung entfalten, was sich mittelbar aus § 64 Abs. 3 FamFG ergibt, wonach das Beschwerdegericht vor seiner Entscheidung im Wege einer einstweiligen Anordnung die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses aussetzen kann. 4. Einberufung aufgrund gerichtlicher Ermächtigung

Für die Einberufung und Durchführung einer Generalversammlung, die auf der Grundlage einer Einberufungsermächtigung zustande kommt, gelten grundsätzlich die allgemeinen Voraussetzungen. Denn die gerichtliche Ermächtigung erschöpft sich in dem Recht der Antragsteller, ausnahmsweise selbst eine Generalversammlung einberufen zu dürfen. Es handelt sich insofern nur um eine – außerordentliche – Einberufungsbefugnis im Sinne des § 44 Abs. 1 GenG. Von daher kommt den Antragstellern auch innerhalb der Generalversammlung keine besondere Rechtsposition zu.246 Mit ihrer Befugnis treten die Antragsteller zudem nur neben die sonstigen Einberufungsberechtigten. Der Vorstand wäre durch die gerichtliche Ermächtigung der Mitglieder also nicht daran gehindert, diesen zuvorzukommen und selbst eine Generalversammlung mit denselben Verhandlungsoder Beschlussgegenständen einzuberufen.247 Wegen Zweckerreichung würde die gerichtliche Ermächtigung dadurch gegenstandslos werden.248 Die Einberufung der Generalversammlung ist grundsätzlich von allen Antragstellern gemeinsam vorzunehmen. Einzelne von ihnen können jedoch zur Durchführung der Einberufung ermächtigt werden.249 Dabei ist auch hier unerheblich, 244

So auch Bauer, § 45 Rn. 41. Näher dazu Bumiller/Harders-Bumiller/Harders, § 26 Rn. 1 ff.; MünchKommZPO/Ulrici, § 26 FamFG Rn. 3 ff.; Zöller-Feskorn, § 26 FamFG Rn. 2 ff. 246 Ebenso i. E. Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 21; Bauer, § 45 Rn. 52. 247 So bereits OLG Naumburg, JW 1938, 1827. 248 Vgl. BayObLG, Rpfleger 1978, 277. 249 Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 19; Bauer, § 45 Rn. 50; BerlinKomm/Keßler, § 43 ff. Rn. 24; Müller, § 45 Rn. 22. 245

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ob die (verbleibende) Gesamtzahl der Antragsteller noch den Schwellenwert des § 45 Abs. 1 S. 1 GenG überschreitet. Zu den bereits aufgeführten Gründen250 tritt hinzu, dass nunmehr ein gerichtlicher Beschluss in der Welt ist, der nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG in formeller Rechtskraft erwächst (vgl. § 45 FamFG) und bescheinigt, dass zum Zeitpunkt des Zugangs des Einberufungsantrags bei der Genossenschaft die Quorumshöhe erreicht worden ist und ihm daher bereits von Seiten des Vorstands hätte Rechnung getragen werden müssen. Als Legitimationsnachweis ihrer außerordentlichen Einberufungsbefugnis müssen die Antragsteller mit der Einberufung den gerichtlichen Ermächtigungsbeschluss bekanntmachen (§ 45 Abs. 3 S. 2 GenG), und zwar zusammen mit und in gleicher Weise wie die Tagesordnung gemäß § 46 Abs. 1 S. 2 GenG.251 Anders als im Aktienrecht (§ 122 Abs. 3 S. 3 AktG) reicht der bloße Hinweis der Antragsteller auf ihre gerichtliche Ermächtigung also nicht aus.252 Vielmehr muss der Beschluss selbst den Mitgliedern vollumfänglich zur Kenntnis gebracht werden.253 IV. Kosten Mitentscheidend bei der Frage, ob Anträge im Sinne des § 45 Abs. 1, 3 GenG gestellt werden sollen, wird die der Kostentragung sein. Zu unterscheiden ist insofern zwischen den Kosten des gerichtlichen Verfahrens und denen der Generalversammlung. 1. Verfahrenskosten

Die Verfahrenskosten sind in den §§ 80 ff. FamFG geregelt. Sie umfassen nach § 80 S. 1 FamFG die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Ob und in welcher Höhe Gerichtskosten anfallen, ergibt sich für das gerichtliche Ermächtigungsverfahren nach § 45 Abs. 3 GenG allerdings aus der Kostenordnung (KostO). Wird dem Antrag stattgegeben, so wird nach § 121 KostO das Doppelte der vollen Gebühr erhoben. Wird er zurückgewiesen, so wird nach § 130 Abs. 1 KostO die Hälfte der vollen Gebühr, höchstens jedoch ein Betrag von 400 Euro erhoben. Die Höhe der Gebühr berechnet sich in beiden Fällen gemäß § 18 Abs. 1 KostO nach dem Wert, den der Gegenstand des Geschäfts (Ermächtigung zur Einberufung einer Generalversammlung) zur Zeit der Fälligkeit hat (Geschäfts250

Siehe oben § 15 B. I. 2. a) aa) und III. 2. a). Siehe dazu sogleich unten § 16 B. II. 252 Ebenso Bauer, § 45 Rn. 51; a. A. Müller, § 45 Rn. 23. 253 Etwas weiter Bauer, der die Auffassung vertritt, dass der Beschluss nicht notwendig wörtlich, wohl aber inhaltlich wiedergegeben werden muss. In diesem Fall soll dann allerdings das Gericht, das Datum und das Aktenzeichen des Beschlusses zu nennen sein (vgl. Bauer, § 45 Rn. 51). 251

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wert). Dieser Geschäftswert bestimmt sich im konkreten Fall nach § 30 Abs. 1 KostO. Dementsprechend bemisst sich der Wert der Ermächtigung zur Einberufung einer Generalversammlung nach den Aufwendungen der Genossenschaft dafür.254 Zu den Aufwendungen der Beteiligten gehören einerseits die Rechtsanwaltskosten, also solche Aufwendungen, die sich für einen Beteiligten aus den gegen ihn gerichteten Honoraransprüchen seines Rechtsanwalts nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ergeben, und andererseits eigene Auslagen, also solche Aufwendungen, die dem Beteiligten im Übrigen entstehen wie beispielsweise Reisekosten und Verdienstausfall für die Wahrnehmung von Gerichtsterminen.255 Letzteres wird durch den Verweis des § 80 S. 2 FamFG auf § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO ausdrücklich klargestellt. Ob Aufwendungen zur Durchführung des Verfahrens notwendig sind, hängt davon ab, ob sie im Zeitpunkt ihrer Aufwendung nach der allgemeinen Verkehrsanschauung objektiv aufzuwenden waren.256 Daraus, dass in § 80 S. 2 FamFG nicht auch auf § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO verwiesen wird, kann gefolgert werden, dass es sich bei Rechtsanwaltskosten nicht zwingend um notwendige Aufwendungen handelt.257 Abhängig vom Einzelfall wird dies also danach zu beurteilen sein, ob die Beteiligten juristisch vorgebildet sind und wie einfach der jeweilige Sachverhalt gelagert ist.258 Die hiernach erstattungsfähigen Kosten kann das Gericht nach billigem Ermessen sowohl der Genossenschaft als auch den Antragstellern ganz oder teilweise auferlegen (§ 81 Abs. 1 S. 1 FamFG). Von der Erhebung der Kosten kann es allerdings auch absehen (§ 81 Abs. 1 S. 2 FamFG). Für den Regelfall dürfte dabei gelten: Gibt das Gericht dem Antrag statt, wird es die Verfahrenskosten der Genossenschaft auferlegen.259 Im umgekehrten Fall werden diese von den Antragstellern zu tragen sein.260 2. Versammlungskosten

Zu den Kosten der Generalversammlung, die die Einberufungskosten sowie die Saalmiete und sonstige Durchführungskosten umfassen, trifft das Genossenschaftsgesetz nach wie vor keine Regelung, obwohl es sich im Rahmen der Reform 2006 angeboten hätte, eine dem § 122 Abs. 4, 1. Fall AktG entsprechende Regelung einzuführen, wonach die Versammlungskosten von der Gesellschaft 254

So Korintenberg/Hellstab, § 121 Rn. 27 für den Verein. MünchKommZPO/Schindler, § 80 FamFG Rn. 8; Musielak/Borth, § 80 Rn. 3. 256 MünchKommZPO/Schindler, § 80 FamFG Rn. 9. Siehe ferner Zöller-Geimer/ Herget, § 80 FamFG Rn. 3. 257 Bumiller/Harders-Bumiller/Harders, § 80 Rn. 5; MünchKommZPO/Schindler, § 80 FamFG Rn. 10. 258 MünchKommZPO/Schindler, § 80 FamFG Rn. 10. 259 Bauer, § 45 Rn. 43. 260 Bauer, § 45 Rn. 43. 255

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zu tragen sind. Dies entspricht zu Recht der einhelligen Meinung im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum.261 Vor allem in mitgliederstarken Genossenschaften liefe es anderenfalls darauf hinaus, dass von der Ausübung der Minderheitenrechte aus § 45 GenG aus finanziellen Gründen abgesehen würde. Eine Genossenschaft ist jedoch in besonderem Maße auf eine funktionierende gesellschaftsinterne Kontrolle auch und gerade durch die Mitglieder angewiesen. Insofern liegt es grundsätzlich im Eigeninteresse der Genossenschaft, wenn nicht ihre Mitglieder, sondern sie selbst die Versammlungskosten trägt. Offen ist dabei bislang die Frage geblieben, ob die Antragsteller – etwa beim Abschluss eines Saalmietvertrages – als Vertreter der Genossenschaft kraft gerichtlicher Ermächtigung auftreten und die Gesellschaft direkt gegenüber Dritten berechtigen und verpflichten können oder ob sie selbst Vertragspartner der Dritten werden und bezüglich anfallender Aufwendungen Freistellungs- beziehungsweise Ersatzansprüche gegenüber der Gesellschaft geltend machen müssen. Wie bereits festgestellt, erschöpft sich die gerichtliche Ermächtigung in dem Recht der Antragsteller, ausnahmsweise selbst eine Generalversammlung einberufen zu dürfen. Damit ist jedoch nicht zugleich auch sozusagen als „Annex-Kompetenz“ eine Sonderbevollmächtigung zur Vertretung der Gesellschaft verbunden. Denn für die Einberufung einer Generalversammlung ist nicht erforderlich, dass die Antragsteller die Genossenschaft im Außenverhältnis gegenüber Dritten vertreten können. Folglich müssen die Mitglieder Verträge grundsätzlich im eigenen Namen schließen und können gemäß § 670 BGB Ersatz ihrer Aufwendungen oder Freistellung von der Genossenschaft verlangen.262 Darüber hinaus sind sie nach § 669 BGB dazu berechtigt, von der Genossenschaft einen Vorschuss für die Kosten der Generalversammlung zu verlangen. Freilich können die Antragsteller den Vorstand auch um den Abschluss jener Verträge im Namen der Genossenschaft bitten, was eine nachträgliche Kostenabwicklung entbehrlich machen würde.263 Der Vorstand muss dieser Bitte allerdings nicht entsprechen.

§ 16 Ankündigung Nach § 46 Abs. 2 S. 1 GenG a. F. sollte der Zweck der Generalversammlung mit der Einberufung bekannt gemacht werden. Gemeint war mit dieser eher misslungenen gesetzlichen Formulierung, dass die Gegenstände, mit denen sich die Generalversammlung befassen sollte, mitgeteilt werden mussten. Dies geschah 261 Bauer, § 45 Rn. 53; Beuthien, § 45 Rn. 4; Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 21; Müller, § 45 Rn. 23; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 45 Rn. 13. 262 Bauer, § 45 Rn. 53; Beuthien, § 45 Rn. 4; Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 21; Müller, § 45 Rn. 23. 263 Unzutreffend Cario, in: Lang/Weidmüller-Cario, § 45 Rn. 21, die die Auffassung vertritt, dass trotz Einberufung aufgrund gerichtlicher Ermächtigung etwa der Abschluss von Mietverträgen dem Vorstand „obliegen“ soll.

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im Regelfall in Form einer sogenannten Tagesordnung, die die Verhandlungsund Beschlussgegenstände und die zeitliche Reihenfolge ihrer Abhandlung festlegte. Aufgrund des sehr weit gefassten Gesetzeswortlauts war dies jedoch nicht zwingend notwendig. Es reichte, wenn die einzelnen Verhandlungs- und Beschlussgegenstände in der Einladung lediglich aufgelistet wurden und erst in der Generalversammlung eine Festlegung der Reihenfolge erfolgte.264 Diese misslungene Formulierung nahm der Gesetzgeber nunmehr zum Anlass, die Vorschrift eindeutiger auszugestalten und in einem neuen § 46 Abs. 1 S. 2 GenG zu verankern. Danach besteht für Genossenschaften fortan eine Tagesordnungspflicht. Wenn in der Entwurfsbegründung von einer „Klarstellung“ die Rede ist, so ist dies nur insofern zutreffend, als die hiesige Regelung nach dem Willen des Gesetzgebers schon in der alten Fassung hätte zum Ausdruck kommen sollen.265 Aus Klarstellungsgründen hätte es sich allerdings angeboten, die nunmehr amtliche Überschrift „Form und Frist der Einberufung“ umzubenennen, weil die Vorschrift neben Regelungen zur Einberufung auch solche zur Ankündigung von Tagesordnungspunkten enthält.

A. Tagesordnung Allgemein wird unter einer Tagesordnung die Kurzkennzeichnung aller Gegenstände einer Versammlung verstanden, über die verhandelt oder Beschluss gefasst werden soll, aufgeführt in der beabsichtigten Reihenfolge ihrer Behandlung.266 Ausdrücklich erwähnt wird sie lediglich in § 46 Abs. 1 S. 2, 3 GenG. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr eine bedeutende Rolle bei der Willensbildung der Mitglieder zukommt. I. Zweck Ihre Bedeutung erklärt sich aus dem Zusammenspiel von § 46 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 GenG mit § 46 Abs. 3 GenG. Hiernach können die Mitglieder in der Generalversammlung grundsätzlich267 nur über solche Gegenstände verbindlich Beschluss fassen, die zur Beschlussfassung form- und fristgerecht über die Tagesordnung angekündigt worden sind. Für Verhandlungen ohne Beschlussfassung bedarf es der Ankündigung dagegen nicht.268 264 Diese Rechtslage besteht für das GmbH-Recht auch nach dem MoMiG fort; vgl. hierzu Baumbach/Hueck-Zöllner, § 51 Rn. 24; Roth/Altmeppen-Roth, § 51 Rn. 9; Scholz-Schmidt/Seibt, § 51 Rn. 17 f. 265 Vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 88. 266 Vgl. Geschwandtner/Wieg, S. 43 (Fn. 229). 267 Ausgenommen sind lediglich Vollversammlungen im Sinne des neuen § 46 Abs. 2 S. 2, 1. Fall GenG. 268 Mit Anträgen im Sinne des § 46 Abs. 3, 1. Fall GenG sind demgegenüber Beschlussanträge im Rahmen angekündigter Beschlussgegenstände gemeint.

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Diese Unterscheidung nach dem Kriterium der Beschlussfassung liegt darin begründet, dass sich Generalversammlungsbeschlüsse aus Willenserklärungen der Mitglieder zusammensetzen und als solche auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtet sind.269 Indem der Gesetzgeber nun die form- und fristgerechte Ankündigung zur Voraussetzung einer Beschlussfassung macht, will er die Mitglieder davor schützen, rechtserhebliche Erklärungen abzugeben, auf die sie sich nicht angemessen vorbereiten konnten.270 Es handelt sich also sozusagen um gesellschaftsrechtliches Verbraucherrecht.271 Bei bloßen Verhandlungen ohne Beschlussfassung bedürfen die Mitglieder eines solchen Schutzes nicht. Daher ist nach § 46 Abs. 3, 2. Fall GenG insoweit keine Ankündigung erforderlich. II. Inhalt und Konkretisierungsgrad Das Genossenschaftsgesetz gibt keine Antwort auf die Frage, wie genau die einzelnen Gegenstände in der Tagesordnung angekündigt werden müssen. Die Antwort auf diese Frage ist somit aus dem Zweck der Tagesordnung abzuleiten. Zunächst muss erkennbar sein, ob über einen Gegenstand lediglich verhandelt oder auch Beschluss gefasst werden soll. Denn nur dann können die Mitglieder beurteilen, ob sie ihre (persönliche) Teilnahme für erforderlich halten und wie umfangreich sie sich auf die einzelnen Tagesordnungspunkte vorbereiten müssen, um von ihren Mitgliedschaftsrechten effektiv Gebrauch machen zu können.272 Wird also lediglich eine „Beratung“ oder „Erörterung“ angekündigt, kann über den Gegenstand nicht Beschluss gefasst werden.273 Der Punkt „Verschiedenes“ ist von vorneherein zu unpräzise, um darunter Beschlüsse fassen zu können.274 Gleiches gilt für den Punkt „Vorstandsangelegenheiten“, wenn über die Abberufung von Vorstandsmitgliedern entschieden werden soll.275 269 Allgemein zum Begriff der Willenserklärung Brox/Walker, BGB AT, S. 44 ff.; Wolf/Neuner, BGB AT, S. 337 ff. 270 Siehe dazu auch LG Freiburg, Urteil vom 11.11.2011 – Az. 12 O 71/10. 271 Vgl. hierzu BGH, NZG 2003, 127, 129. I.Ü. findet sich dieser aus § 46 GenG abzuleitende gesetzgeberische Schutzgedanke auch in der für das Vereinsrecht geltenden Vorschrift des § 32 Abs. 1 S. 2 BGB, nach der es für die Gültigkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung erforderlich ist, dass der Gegenstand der Beschlussfassung bei der Berufung bezeichnet wird. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 99, 119, 123) bezweckt diese Bestimmung, die Vereinsmitglieder vor Überraschungen in der Mitgliederversammlung zu schützen und ihnen Gelegenheit zu geben, über die Notwendigkeit einer Teilnahme zu entscheiden und sich auf die anstehenden Themen vorzubereiten. 272 So auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 46 Rn. 7. 273 Vgl. hierzu das OLG Karlsruhe, BB 1988, 2003; GmbHR 1989, 206 (jeweils zur GmbH). 274 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 46 Rn. 7. Siehe ferner OLG München, GmbHR 1994, 259 (zur GmbH). 275 OLG Stuttgart, DB 2003, 932, 932 f. Für den gleich gelagerten Fall bei der GmbH siehe BGH, DStR 2000, 1152.

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Ferner gilt, dass die Tagesordnung bei Beschlussgegenständen grundsätzlich mehr Informationen zu enthalten hat und präziser sein muss als bei bloßen Verhandlungen. Vor allem muss sich ohne Rückfragen aus der Tagesordnung ergeben, worüber genau Beschluss gefasst werden soll und welche Tragweite dem Beschluss zukommt. Nicht ausreichend sind daher Kennzeichnungen von Tagesordnungspunkten, die Missverständnisse erwecken können wie etwa, dass nur eine harmlose, unwichtige Entscheidung ansteht.276 Bei Beschlüssen, die routinemäßig gefasst werden wie etwa die Wahl des Versammlungsleiters, und bei solchen, die regelmäßig wiederkehren wie etwa die Entlastung des Vorstands, genügen jedoch im Regelfall allgemeine Formulierungen ebenso wie in denjenigen Fällen, in denen der Beschlussinhalt durch Auslegung leicht ermittelbar ist.277 Dies entspricht dem geringeren Informationsbedürfnis der Mitglieder bei derartigen Tagesordnungspunkten. Anders als bei der Aktiengesellschaft (vgl. § 124 Abs. 3 AktG) und bei der SCE (vgl. Art. 56 Abs. 2 SCE-VO) braucht die Tagesordnung einer Generalversammlung keine vorformulierten Beschlussvorschläge oder -anträge zu enthalten, obwohl dies bei Genossenschaften zur sachgerechten Vorbereitung von Tagesordnungspunkten nicht weniger sinnvoll wäre. Dass der Gesetzgeber die Reform 2006 nicht dazu genutzt hat, eine entsprechende Regelung ins Genossenschaftsgesetz aufzunehmen, verwundert umso mehr, als er sich zum Ziele gesetzt hatte, Wettbewerbsnachteile gegenüber der Rechtsform der SCE zu vermeiden.278 Nach gegenwärtiger Rechtslage bleibt es den Mitgliedern zwar unbenommen, eine dahingehende Satzungsbestimmung zu treffen.279 Die Vorschrift des § 18 S. 2 GenG steht dem nicht entgegen, da das Genossenschaftsgesetz gerade keine Bestimmung enthält, von der abgewichen werden könnte. Zudem würde hierdurch nicht in die Leitungskompetenz des Vorstands (vgl. § 27 Abs. 1 S. 1 GenG) eingegriffen. Dennoch ist einer gesetzlich normierten Vorschlagspflicht de lege ferenda der Vorzug zu geben. III. Bindungswirkung Damit sich die Mitglieder auf die Ausübung ihrer Mitgliedschaftsrechte angemessen vorbereiten können, muss sichergestellt sein, dass sich die Tagesordnung nach ihrer Bekanntmachung nicht jederzeit beliebig ändern kann. Insofern wird nach Ablauf der Mindestankündigungsfrist des § 46 Abs. 2 S. 1 GenG oder einer 276

Vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner, § 51 Rn. 24; Scholz-Schmidt/Seibt, § 51 Rn. 19. Vgl. Wicke, § 51 Rn. 4; Lutter/Hommelhoff-Bayer, § 51 Rn. 22. 278 So ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 52. 279 Mitglieder einer Genossenschaft ohne Aufsichtsrat bedürfen eines solchen Schutzes nicht in gleichem Maße, da sie durch die zusätzlichen aufsichtsratlichen Kontrollrechte (vgl. § 9 Abs. 1 S. 3 GenG) leichter in der Lage sind, sich ein genaues Bild von den zu fassenden Beschlüssen zu machen. 277

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von der Satzung vorgegebenen längeren Frist zu Recht angenommen, dass die Tagesordnung eine positive und eine negative Bindungswirkung für die sich anschließende Mitgliederversammlung entfaltet.280 Die positive Bindungswirkung besteht darin, dass alle in der Tagesordnung aufgeführten Gegenstände in der Versammlung behandelt werden müssen.281 Die Behandlung kann sich jedoch durchaus auch in einem Vertagungsbeschluss oder aber in der Rücknahme von Beschlussanträgen erschöpfen.282 Selbst der Beschluss, den jeweiligen Gegenstand von der Tagesordnung abzusetzen, stellt eine Behandlung in diesem Sinne dar. Denn nach Ablauf der jeweiligen Ankündigungsfrist kann allein die Generalversammlung darüber entscheiden, ob und wie sie sich – in den Grenzen der Ankündigung – mit den einzelnen Tagesordnungspunkten inhaltlich auseinandersetzen möchte, vorausgesetzt, der Versammlungsleiter kann einen ordnungsgemäßen Versammlungsverlauf gewährleisten.283 Die negative Bindungswirkung besteht demgegenüber darin, dass nicht form- und fristgerecht angekündigte Tagesordnungspunkte mit Ausnahme der Fälle des § 46 Abs. 2 S. 2 GenG nicht Gegenstand einer verbindlichen Beschlussfassung sein können.284 Offen geblieben ist damit noch, ob sich diese Bindungswirkung auch auf die genaue Reihenfolge der angekündigten Tagesordnungspunkte erstreckt, und zwar dergestalt, dass weder der Versammlungsleiter noch die Generalversammlung hiervon abweichen können. Dies ist deshalb von Bedeutung, da durch eine Änderung der Reihenfolge durchaus Einfluss auf Abstimmungen genommen werden kann. Nicht zu jedem Tagesordnungspunkt kann im Voraus gesagt werden, wie viel Zeit dieser in Anspruch nehmen wird. Allerdings kann dadurch, dass Wahlen oder andere Tagesordnungspunkte mit Konfliktpotential etwa auf die Zeit des Mittagessens verlegt werden, in nicht zu unterschätzendem Maße auf Länge und Ausgang von Verhandlungen eingewirkt werden. Eine derartige Einflussnahme kann im Interesse der Versammlungsteilnehmer liegen, um eine zügige Behandlung aller Tagesordnungspunkte und damit letztlich eine ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung zu gewährleisten. Andererseits kann sie aber auch zu Zwecken missbraucht werden, die der kollektiven Willensbildung der Mitglieder zuwiderlaufen. 280 Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 121 Rn. 45; ebenso i. E. Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs-Fandrich, § 46 Rn. 12, wobei dies hier unzutreffend auf den „genossenschaftlichen Selbstverwaltungsgrundsatz“ zurückgeführt wird. 281 Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 121 Rn. 45. 282 Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 121 Rn. 45. 283 Der Versammlungsleiter hat keine materiellen Befugnisse (vgl. Beuthien, § 6 Rn. 12). Er könnte die Generalversammlung also nur aus formellen Gründen an der Behandlung von Tagesordnungspunkten hindern, etwa weil er eine ordnungsgemäße Beschlussfassung trotz Ausschlusses von Störern für nicht mehr möglich halten darf und sich daher entschließt, die Versammlung insgesamt abzubrechen. Dies betrifft allerdings nur extreme Ausnahmefälle. 284 Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 121 Rn. 45.

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Entscheidend muss insofern ins Gewicht fallen, dass die Festlegung der jeweiligen Reihenfolge letztlich eine formelle, verfahrenstechnische Entscheidung ist, auch wenn sie Einfluss auf den materiellen Ausgang von Verhandlungen (mit und ohne Beschlussfassung) haben kann. Für den formellen Ablauf einer Generalversammlung ist aber grundsätzlich der Versammlungsleiter zuständig. Dieser hat alle Rechte, die er braucht, um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Generalversammlung herbeizuführen.285 In begründeten Ausnahmefällen kann es erforderlich sein, von der angekündigten Reihenfolge der Tagesordnungspunkte abzuweichen. Insoweit muss dem Versammlungsleiter auch ein derartiges Recht zustehen. Daraus folgt aber letztlich, dass die angekündigte Reihenfolge nicht an der Bindungswirkung teilnehmen kann. Die Mitglieder sind in dieser Hinsicht auch nicht gleich schutzwürdig, da sie sich auf die einzelnen Tagesordnungspunkte grundsätzlich unabhängig von ihrer Reihenfolge vorbereiten können. Zudem besteht die Möglichkeit, den formellen Befugnissen des Versammlungsleiters jederzeit in der Generalversammlung Grenzen zu setzen. Die Vorschrift des § 46 Abs. 2 S. 2, 2. Fall GenG nimmt „Beschlüsse über die Leitung der Versammlung“ gerade ausdrücklich von dem Erfordernis form- und fristgerechter Ankündigung aus.

B. Bekanntmachung der Tagesordnung I. Befugnis Die Befugnis zur Festsetzung der Tagesordnung liegt grundsätzlich bei demjenigen, der die Generalversammlung einberuft.286 Sie bleibt bis zum Ablauf der gesetzlichen oder satzungsmäßigen Ankündigungsfrist bestehen. Der Einberufende kann die Tagesordnung daher auch noch nach deren Bekanntgabe (vgl. § 46 Abs. 1 S. 2 GenG) ändern.287 Gegenstände, die auf der Grundlage eines Ergänzungsantrags in die Tagesordnung aufzunehmen sind, sind zum Schutze der Antragsteller jedoch von diesem Änderungsrecht ausgenommen. II. Form Nach § 46 Abs. 2 S. 1 GenG ist die Form der Bekanntgabe der Tagesordnung in der Satzung zu regeln. Weitere Vorgaben enthält die Vorschrift für die Tagesordnung einer Generalversammlung nicht. Der Formulierung „bei der Einberufung“ in § 46 Abs. 1 S. 2 GenG kann lediglich entnommen werden, dass die Bekanntmachung der Tagesordnung zeitgleich mit der Einberufung zu erfolgen hat, nicht aber, dass diese in derselben Form wie die Einberufung zu bewerkstelligen 285

So BGH, NJW 1966, 43 für den Versammlungsleiter einer Hauptversammlung. Ebenso Bauer, § 46 Rn. 21; Lang/Weidmüller-Cario, § 46 Rn. 20; Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 46 Rn. 12. 287 Ebenso Bauer, § 46 Rn. 21. 286

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wäre.288 § 46 Abs. 1 S. 3 GenG hingegen gilt seinem ausdrücklichen Wortlaut nach nur für die Tagesordnung einer Vertreterversammlung.289 Obwohl die Form von Einberufung und Ankündigung unterschiedlich ausgestaltet werden könnte, bietet es sich im Interesse der Mitglieder an, in den Grenzen des § 6 Nr. 4 GenG ein einheitliches Medium zu wählen. Insofern ist auch für die Bekanntmachung der Tagesordnung die unmittelbare Benachrichtigung sämtlicher Mitglieder vorzugswürdig. Eine Wahl zwischen verschiedenen Bekanntmachungsformen sollte in der Satzung ebenso wenig wie bei der Einberufung zugelassen werden. Auch hier steht jedoch die ergänzende Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger290 sowie auf der Homepage der Genossenschaft291 dem Schutzzweck der Tagesordnung nicht entgegen. III. Frist Für die Ankündigungsfrist kann im Wesentlichen auf die Ausführungen hierzu bei der Einberufungsfrist verwiesen werden.292 Hinzuzufügen ist an dieser Stelle lediglich, dass der Gesetzgeber mit der Beibehaltung der Ankündigungsfrist neben der Einberufungsfrist eine nachträgliche Erweiterung der Tagesordnung ermöglichen wollte.293

C. Recht der Mitglieder auf Ergänzung der Tagesordnung I. Allgemeines Nach § 45 Abs. 2, 3 GenG können Mitglieder ihren Antrag auch lediglich auf die Ankündigung von Gegenständen zur Beschlussfassung einer Generalversammlung beschränken und – soweit erforderlich – gerichtlich zur Durchsetzung verhelfen. Dieses Recht auf Ergänzung der Tagesordnung ist demnach ein Minus zum Recht aus § 45 Abs. 1, 3 GenG, zum Zwecke der Beschlussfassung oben288

So auch Lang/Weidmüller-Cario, § 46 Rn. 14. Zum Regelungszweck siehe BT-Drucks. 16/1025, S. 88. Vergleicht man die Regelung des § 46 Abs. 1 S. 3 GenG mit der des § 6 Nr. 4 GenG, so fällt auf, dass erstere insofern weiter gefasst ist, als dass vor allem auch die Homepage der Genossenschaft für die Bekanntmachung der Tagesordnung genutzt werden darf und zudem der Bundesanzeiger als Bekanntmachungsort nicht ausgeschlossen ist. Wird andererseits die unmittelbare Benachrichtigung der Mitglieder gewählt, so darf diese nach § 46 Abs. 1 S. 3 GenG jedoch nur schriftlich (vgl. § 126 BGB) erfolgen. 290 Siehe hierzu die Rechtspflicht des aktienrechtlichen Vorstands zur Bekanntmachung der Tagesordnung im elektronischen Bundesanzeiger nach § 125 Abs. 1 S. 1 AktG. 291 Siehe dazu die über das ARUG neu eingefügte Vorschrift des § 124a AktG, die durchaus Vorbild für eine künftige Regelung im Genossenschaftsgesetz sein könnte. 292 Siehe oben § 15 A. V. 293 So ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 88. 289

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drein die Einberufung einer Generalversammlung zu verlangen. Da gemäß § 46 Abs. 3, 2. Fall GenG Verhandlungen ohne Beschlussfassung einer Ankündigung nicht bedürfen, beschränkt sich das Recht aus § 45 Abs. 2, 3 GenG anders als das aus § 45 Abs. 1, 3 GenG jedoch ausdrücklich auf Beschlussgegenstände. Daraus folgt, dass Mitglieder die Einberufung einer Generalversammlung ausschließlich zum Zwecke von Verhandlungen ohne Beschlussfassung verlangen können,294 während sie die Tagesordnung um dieselben Punkte nicht ergänzt verlangen dürfen. Ein Minus ist das Recht der Mitglieder auf Ergänzung der Tagesordnung also nur im Hinblick auf Beschlussgegenstände.295 Insofern aber kommen ihm die gleichen Schutzzwecke zu wie dem Recht auf Einberufung einer Generalversammlung. Neben dem Schutz von Minderheiten soll § 45 Abs. 2, 3 GenG insbesondere auch eine gewisse Machtbalance zwischen den Genossenschaftsorganen herstellen helfen. Denn die Mitglieder können grundsätzlich nicht aus eigenem Recht Beschlussgegenstände auf die Tagesordnung einer Generalversammlung setzen. Hierfür sind sie wiederum auf den Vorstand oder andere durch Gesetz oder Satzung befugte Personen angewiesen. Das Recht der Mitglieder auf Ergänzung der Tagesordnung soll also verhindern helfen, dass die Generalversammlung ausschließlich nur über solche Gegenstände Beschluss fassen kann, die ihr von den Einberufungsbefugten vorgesetzt werden. Eine derartige Bevormundung und Abhängigkeit würde aber der Stellung der Generalversammlung als dem Mitgliederwillensbildungsorgan der Genossenschaft nicht gerecht. II. Gesetzliche Ausgestaltung Mitglieder können nach § 45 Abs. 2 S. 1 GenG „in gleicher Weise“ wie nach § 45 Abs. 1 S. 1 GenG verlangen, dass Gegenstände zur Beschlussfassung einer Generalversammlung angekündigt werden. Demnach gelten für den Ergänzungsantrag die Ausführungen zum Einberufungsantrag und zur Entscheidung des Vorstands entsprechend.296 Auch für das gerichtliche Ermächtigungsverfahren sieht § 45 Abs. 3 GenG keine Besonderheiten gegenüber dem Einberufungsantrag vor, so dass insofern ebenfalls entsprechend auf die dortigen Ausführungen

294 Abhängig vom Einzelfall kann dies etwa sinnvoll sein, um aufgetretene Probleme, über deren Lösung Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelnen Mitgliedern und dem Vorstand bestehen, bereits zu einem frühe(re)n Zeitpunkt im Plenum anzusprechen und dadurch Handlungs- bzw. Rechtfertigungsdruck auf die Leitungsverantwortlichen aufzubauen. 295 Dadurch, dass es sich bei den anzukündigenden Gegenständen nur um solche zur – verbindlichen – Beschlussfassung handeln darf, muss die Generalversammlung für diese nach Gesetz und Satzung zwingend zuständig sein. Anders dagegen die Situation beim Einberufungsantrag (siehe dort). 296 So sind etwa nachträglich angekündigte Verhandlungsgegenstände als Erweiterung der Tagesordnung (vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 88) in der gleichen Weise bekannt zu machen wie die bereits bei Einberufung bekannt gemachte Tagesordnung selbst.

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verwiesen werden kann. Im Folgenden soll daher nur auf die wenigen Unterschiede eingegangen werden. Grundsätzlich steht es den Mitgliedern frei, diejenige Generalversammlung zu bestimmen, deren Tagesordnung ergänzt werden soll („einer Generalversammlung“). Ohne eine derartige Bestimmung ist im Zweifel davon auszugehen, dass die nächstmögliche Generalversammlung gemeint ist, unabhängig davon, ob es sich hierbei um eine ordentliche oder eine außerordentliche handelt. Darüber hinaus kann der Antrag sowohl vor als auch nach Einberufung gestellt werden, weil die Vorschrift des § 45 Abs. 2 S. 1 GenG insoweit keine zeitlichen Vorgaben trifft. Ist eine Generalversammlung allerdings bereits einberufen, so gewinnt die Ankündigungsfrist des § 46 Abs. 2 S. 1 GenG an Bedeutung. Aus ihr folgt, dass dem Ergänzungsantrag für eine bereits einberufene Versammlung nur noch dann entsprochen werden kann, wenn der Vorstand nach Prüfung der Ordnungsgemäßheit des Antrags die Ergänzung der Tagesordnung noch fristgerecht bekanntmachen kann. Gelingt ihm dies trotz Einhaltung der kürzest zumutbaren Prüfungsfrist nicht, so ist der Antrag im Zweifel als erst für die nächste Generalversammlung gestellt zu betrachten, soweit sich hieraus nicht erkennbar ein anderes ergibt. Da Vorstände nach Einberufung einer Generalversammlung grundsätzlich mit Ergänzungsanträgen zu rechnen haben, müssen sie hinreichend dafür Sorge tragen, dass alle Vorstandsmitglieder (und gegebenenfalls entsprechende juristische Berater) auch kurzfristig zur Verfügung stehen, um eine zeitnahe Entscheidung treffen zu können.297 Bestehen keinerlei Zweifel an der Ordnungsgemäßheit, muss der Vorstand, um dem Recht aus § 45 Abs. 2 GenG tatsächlich Geltung zu verschaffen, seine Prüfung an dem auf den Zugang folgenden Werktag abgeschlossen haben, soweit der Ergänzungsumfang nicht ausnahmsweise eine längere Beratung gebietet.298 Jedenfalls darf er dem Antrag nicht dadurch entgegenwirken, dass er seine Entscheidung hinauszögert.299 Hiermit würden die Vorstandsmitglieder ihre Sorgfaltspflicht aus § 34 Abs. 1 GenG verletzen. III. Kritik und Regelungsvorschlag Die gegenwärtige Regelung lässt die Antragsteller im Ungewissen, bis wann der Genossenschaft der Ergänzungsantrag nach Einberufung einer Generalversammlung zugegangen sein muss, damit die Tagesordnung noch innerhalb der Frist des § 46 Abs. 2 S. 1 GenG um die begehrten Beschlussgegenstände ergänzt werden kann. Um insofern Rechtssicherheit zu schaffen, würde es sich anbieten, die Ankündigungsfrist durch eine Antragsfrist zu ersetzen.300 Das Genossen297

Vgl. Halberkamp/Gierke, NZG 2004, 494, 499. Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 122 Rn. 38. 299 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 45 Rn. 8. 300 In diesem Sinne sind die §§ 122 Abs. 2, 124 Abs. 1 AktG durch das ARUG geändert worden; vgl. BT-Drucks. 16/11642, S. 42. 298

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schaftsgesetz könnte demzufolge vorsehen, dass Ergänzungsanträge der Genossenschaft bei ordentlichen Generalversammlungen 15 Tage oder zwei Wochen und bei außerordentlichen Generalversammlungen eine Woche vor dem Versammlungstag zugegangen sein müssen, um für die Tagesordnung einer anstehenden Generalversammlung noch Berücksichtigung zu finden. Bei der Besprechung von Einberufungs- und Ankündigungsfrist ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Mitglieder durch die Reform 2006 für einen nachträglichen Ergänzungsantrag im Ergebnis nur drei Tage hinzugewinnen und insofern nicht davon auszugehen ist, dass dieses „Mehr“ – vor allem bei mitgliederstarken Genossenschaften – den Ausschlag geben wird.301 Würde nun zumindest die Ankündigungsfrist in eine Antragsfrist umgewandelt, so hätte dies für die Antragsteller nicht nur mehr Rechtssicherheit zur Folge, sondern würde ihnen darüber hinaus auch ein spürbares „Mehr“ an Zeit für die Organisation ihres Verlangens einräumen. Nach der gegenwärtigen Regelung muss der Vorstand die ergänzenden Tagesordnungspunkte eine Woche vor dem Versammlungstag bereits angekündigt haben, was bedeutet, dass der Antrag der Genossenschaft mindestens ein bis zwei Tage vorher (u. a. zum Zwecke seiner Prüfung) zugegangen sein muss. Würde demgegenüber die Wochenfrist als Antragsfrist ausgestaltet, hätten die Mitglieder sieben volle Tage für die Organisation eines Ergänzungsantrags Zeit und könnten bei rechtzeitiger Einreichung ihres ordnungsgemäßen Antrags sicher sein, dass die Tagesordnung noch ergänzt werden wird.

D. Zusammenfassung Im Hinblick auf die Minderheitenrechte aus § 45 GenG bleibt insgesamt festzuhalten, dass sie in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung vor allem bei mitgliederstarken Genossenschaften die ihnen zugedachte Ausgleichsfunktion nicht zu erfüllen vermögen. Dies ist insbesondere der Quorumshöhe geschuldet, die bei hoher Mitgliederzahl eine kaum überwindbare Hürde darstellt und in der Praxis daher schon zu einem faktischen Ausschluss jener Rechte geführt hat. Zu kurz bemessene Fristen tragen ihr Übriges dazu bei. Hierunter leidet schließlich auch die Vorbereitung der Mitglieder auf eine anstehende Generalversammlung und erschwert es ihnen insofern, von den versammlungsgebundenen Mitgliederrechten effektiv Gebrauch zu machen.

§ 17 Versammlungsgebundene Mitgliederrechte Bislang sind Rechte der Mitglieder außerhalb der Generalversammlung diskutiert worden, die sie benötigen, um Beschlüsse in der Generalversammlung

301

Siehe oben § 15 A. V.

§ 17 Versammlungsgebundene Mitgliederrechte

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– möglicherweise auch gegen den Willen des Vorstands – fassen zu können.302 Nun soll eine Untersuchung derjenigen Mitgliederrechte folgen, die ihnen zum Zwecke von Beratung und Beschlussfassung innerhalb der Generalversammlung zustehen.303 Dabei soll schwerpunktmäßig auf Ausgestaltung und Ausgestaltbarkeit des Stimmrechts eingegangen werden. Denn hieran entscheidet sich letztlich, wie leicht oder schwer es Mitgliedern fallen wird, die für die Geltendmachung der Generalversammlungskompetenzen notwendigen Beschlussmehrheiten zu bilden.

A. Teilnahmerecht Als Ausfluss der Mitgliedschaft ist allgemein anerkannt, dass jedes Mitglied ein Recht auf Teilnahme an der Generalversammlung hat.304 Das Genossenschaftsgesetz sieht insofern keine ausdrückliche Regelung vor, sondern geht wie selbstverständlich vom Bestehen eines Teilnahmerechtes aus. Deutlich wird dies insbesondere an der Vorschrift des § 68 Abs. 2 GenG, wonach ein Mitglied sein „Recht auf Teilnahme an der Generalversammlung“ jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Absendung des den Ausschließungsbeschluss enthaltenden eingeschriebenen Briefs „verliert“.305 Inhaltlich berechtigt das Teilnahmerecht dazu, in der Generalversammlung persönlich oder durch einen Vertreter körperlich anwesend zu sein (Anwesenheitsrecht), zu den einzelnen Tagesordnungspunkten Stellung zu nehmen und Erklärungen abzugeben (Rederecht), Auskünfte über Angelegenheiten der Genossenschaft zu verlangen (Auskunftsrecht) und Anträge zu stellen (Antragsrecht).306 Die Anzahl der Geschäftsanteile, die Höhe der Geschäftsguthaben und der Umfang des Fördergeschäftsverkehrs sind für das Teilnahmerecht und die hieraus fließenden Mitgliederrechte ohne Belang. Ein Mitglied kann also nicht etwa länger von seinem Rederecht Gebrauch machen oder in weitergehendem Maße Auskünfte verlangen, nur weil es mit höherem Kapitaleinsatz an der Genossenschaft beteiligt ist als andere Mitglieder.307 Selbiges gilt hingegen nicht zwingend für das Stimmrecht (vgl. § 43 Abs. 3 S. 2, 3 GenG), welches allerdings auch nicht Ausfluss des Teilnahmerechts ist. Letzteres ergibt sich bereits 302 Weitere Mitgliederrechte außerhalb der Generalversammlung sind neben Vermögensrechten (z. B. § 19 GenG) etwa das Recht auf Einsicht in die Niederschrift (§ 47 GenG). 303 Außer Betracht bleiben daher etwa das Recht, Widerspruch zur Niederschrift zu erklären (§ 51 Abs. 2 S. 1 GenG; § 67a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GenG), sowie das Anfechtungsrecht (§ 51 Abs. 1 GenG). 304 Beuthien, § 43 Rn. 14; Bauer, § 43 Rn. 44; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 15; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 16; Müller, § 43 Rn. 5. 305 Auch § 43 Abs. 1 GenG setzt das Teilnahmerecht als Mitgliederrecht voraus und weist es lediglich einer Ausübung in der Generalversammlung zu. 306 Beuthien, § 43 Rn. 14; Müller, § 43 Rn. 5. 307 Vgl. zu letzterem Bauer, § 43 Rn. 80; ders., GenForum 1983/03, 110.

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aus der Regelung des § 43 Abs. 6 GenG, wonach im Falle einer Interessenkollision lediglich die Stimmrechtsausübung ausgeschlossen ist, nicht aber die Wahrnehmung sonstiger Rechte der Mitglieder in der Generalversammlung. Demnach kann das Teilnahmerecht ohne Stimmrecht bestehen. Aufgrund seiner mitgliedschaftlichen Herleitung ist das Teilnahmerecht im Kern unentziehbar.308 Dies schließt allerdings nicht aus, dass der Versammlungsleiter kraft seiner Ordnungs- und Leitungsbefugnisse das Teilnahmerecht in seinen einzelnen Ausprägungen wie etwa durch Wortentzug oder gänzlich durch Saalverweis beschränken kann. Aufgrund des hohen Stellenwertes des Teilnahmerechtes darf eine Beschränkung jedoch stets nur insoweit erfolgen, wie dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Versammlung erforderlich ist. Sie setzt grundsätzlich eine vorherige Abmahnung voraus.309 Ein Saalverweis ist nur unter der Voraussetzung gerechtfertigt, dass das Mitglied (oder sein Vertreter) durch sein persönliches Verhalten den ordnungsgemäßen Versammlungsverlauf erheblich stört und diese Störung nur durch Saalverweis beseitigt werden kann.310 I. Anwesenheitsrecht Das Recht auf Anwesenheit in der Generalversammlung umfasst das Recht auf ungehinderten Zugang zum Versammlungsraum sowie auf den Aufenthalt darin bis zum Versammlungsende.311 Es setzt dabei voraus, dass der Zugang zum Versammlungsraum ohne größere Schwierigkeiten auffindbar ist und physisch von jedem Mitglied bewältigt werden kann (sog. Barrierefreiheit).312 Zum ungehinderten Zugang gehört darüber hinaus die Möglichkeit, ohne überlange Wartezeiten am Eingang den Versammlungsraum betreten zu können.313 II. Rederecht Das Rederecht umfasst das Recht, sich zu den einzelnen Gegenständen der Tagesordnung zu Wort zu melden, um so zur Willensbildung beizutragen.314 Dies beinhaltet die Möglichkeit, sich in der Generalversammlung akustisch Gehör zu verschaffen, und umgekehrt die Verpflichtung der Genossenschaft, die hierfür erforderlichen (technischen) Rahmenbedingungen zu gewährleisten.315 308 Beuthien, § 43 Rn. 14; Bauer, § 43 Rn. 44. Siehe hierzu auch BGH, GmbHR 1989, 120, 121 und OLG Frankfurt, GmbHR 1984, 99, 100 (jeweils zur GmbH). 309 Für den Wortentzug Bauer, § 43 Rn. 66. 310 Vgl. BGHZ 44, 245, 251 (zur AG). 311 Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 118 Rn. 65. 312 Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 118 Rn. 65. 313 Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 118 Rn. 65. 314 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 18. 315 Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 118 Rn. 75.

§ 17 Versammlungsgebundene Mitgliederrechte

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Zur Willensbildung tragen dabei grundsätzlich nur solche Wortbeiträge bei, die für eine sachgemäße Beurteilung des jeweils gerade abzuhandelnden Tagesordnungspunktes erheblich sind.316 Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Generalversammlung in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht nicht mit Redebeiträgen befasst wird, die mit den abzuhandelnden Tagesordnungspunkten zwar in einem Zusammenhang stehen, die aber dennoch nicht zur sachgemäßen Beurteilung derselben erforderlich sind.317 Für die Beurteilungserheblichkeit kommt es insoweit nicht darauf an, ob das jeweilige Mitglied seinen Redebeitrag subjektiv als zur sachgemäßen Beurteilung des Tagesordnungspunktes erforderlich ansieht. Abzustellen ist vielmehr auf den Standpunkt eines objektiv denkenden Durchschnittsmitglieds, das die Genossenschaftsverhältnisse nur auf Grund allgemein bekannter Tatsachen kennt.318 Dabei ist der Wissensstand eines anwesenden Versammlungsteilnehmers zugrunde zu legen. Bereits erfolgte Redebeiträge sowie Antworten auf Auskunftsersuchen müssen insoweit berücksichtigt werden. Die Beurteilungserheblichkeit wird daher zu verneinen sein, wenn das Mitglied lediglich Ausführungen seiner Vorredner wiederholt.319 Gleiches gilt für allgemeinpolitische oder polemische Redebeiträge sowie persönliche Angriffe.320 Über die Beurteilungserheblichkeit entscheidet grundsätzlich der Versammlungsleiter.321 Bei Zweifeln ist es seine Aufgabe, das Mitglied hierauf hinzuweisen und es erforderlichenfalls zu einer Darlegung der Beurteilungserheblichkeit aufzufordern. III. Auskunftsrecht 1. Funktion

Mit dem Auskunftsrecht können sich Mitglieder über alle Angelegenheiten der Genossenschaft informieren, die mit dem jeweils gerade abzuhandelnden Tagesordnungspunkt zusammenhängen.322 Dennoch dient das Recht nicht allein der 316 Einhellige Meinung zum gleich gelagerten Fall im Aktienrecht: Butzke, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, Rn. G 14; GroßkommAktG-Mülbert, Vor §§ 118–147 Rn. 144 ff.; Grüner, NZG 2000, 770, 771; Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1326; Siepelt, AG 1995, 254, 255; Martens, WM 1981, 1010, 1017 f. 317 Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 118 Rn. 75. 318 Vgl. zur ähnlich gelagerten Situation beim Auskunftsrecht Beuthien, § 43 Rn. 17. 319 Vgl. BGHZ 44, 245, 248 (zur AG). 320 Vgl. Grüner, NZG 2000, 770, 771. 321 Bauer, § 43 Rn. 65 ff.; Müller, § 43 Rn. 12. 322 Bauer, § 43 Rn. 83; Beuthien, § 43 Rn. 17; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 19. Unter Berufung auf die überkommenen genossenschaftlichen Grundsätze der Selbstverwaltung und Selbstverantwortung will Cario das Auskunftsrecht darüber hinaus auch auf Gegenstände außerhalb der Tagesordnung ausdehnen (vgl. Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 33; ebenso Aepfelbach, Bankinformation 1984/08, 7, 8). Diese Sichtweise lässt jedoch bereits unberücksichtigt, dass von den angeführten Grundsätzen gesellschaftsrechtlich kaum etwas übrig geblieben ist (siehe hierzu insbesondere die

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4. Kap.: Mechanik kollektiver Willensbildung

Befriedigung des individuellen Informationsbedürfnisses des fragenden Mitglieds, sondern vielmehr auch der kollektiven Willensbildung.323 Anderenfalls wäre nicht erklärbar, warum das Auskunftsrecht als Ausfluss des Teilnahmerechts nach § 43 Abs. 1 GenG nur in der Generalversammlung, also lediglich im Rahmen der körperlichen Zusammenkunft und damit vor allen anderen teilnehmenden Mitgliedern ausgeübt werden kann. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle Mitglieder gleichmäßig über die Angelegenheiten der Genossenschaft unterrichtet werden. 2. Umfang

Zur Verhinderung eines Rechtsmissbrauchs und zur Ermöglichung eines ordnungsgemäßen Ablaufs der Generalversammlung ist von einem Informationsbedürfnis auf Seiten des Mitglieds immer dann auszugehen, wenn die begehrte Auskunft zur sachgemäßen Beurteilung der jeweils gerade abzuhandelnden Tagesordnungspunkte erforderlich ist.324 Die diesbezüglichen Ausführungen zum Rederecht gelten insofern entsprechend.325 Bei der Frage, ob eine begehrte Auskunft zur sachgemäßen Beurteilung eines Tagesordnungspunktes erforderlich ist, ist darüber hinaus jedoch zu berücksichtigen, dass der Auskunftsanspruch nicht die einzige Möglichkeit der Mitglieder darstellt, an Informationen zu gelangen. Zu einem gewissen Grade soll deren Informationsbedürfnis bereits durch eine Reihe von Berichtspflichten des Vorstands, des Aufsichtsrats und des Prüfungsverbands Rechnung getragen werden.326 3. Form des Auskunftsersuchens

Mitglieder müssen ihre Fragen grundsätzlich in mündlicher Form vorbringen, da die übrigen Versammlungsteilnehmer mit den erteilten Auskünften regelmäßig nur dann etwas anfangen können, wenn ihnen auch die Frage bekannt ist. Erst dies versetzt sie in die Lage, dem Versammlungsverlauf inhaltlich zu folgen und auf gleichmäßiger Informationsbasis einen kollektiven Willen zu bilden. Dem Zweck des Auskunftsrechtes, zur kollektiven Willensbildung beizutragen, würde Ausführungen von Beuthien, Strukturwandel, S. 19 und 30). Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen einzelnen Mitgliedern Auskünfte außerhalb der Generalversammlung erteilt worden sind. Diese dürfen Mitglieder in der Generalversammlung auch dann erfragen, wenn sie nicht Gegenstand der Tagesordnung sind. Allerdings folgt dies aus dem gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. So auch Bauer, GenForum 1983/03, 110, 114; Aepfelbach, Bankinformation 1984/08, 7, 9. 323 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 19; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 31. 324 Bauer, § 43 Rn. 86; ders., GenForum 1983/03, 110, 111; Beuthien, § 43 Rn. 17; Müller, § 43 Rn. 17. 325 Vgl. oben § 17 A. II. 326 Siehe hierzu unten § 19 D.

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eine schriftlich eingereichte Frage nur dann nicht entgegenstehen, wenn vor Auskunftserteilung die jeweilige Frage verlesen oder anderweitig bekanntgegeben wird.327 Ihr Auskunftsbegehren brauchen die Mitglieder jedoch nicht zu begründen.328 Davon zu unterscheiden ist die Frage der Beurteilungserheblichkeit. Lässt sich diese allein aus dem Inhalt der vorgebrachten Frage nicht erschließen, ist es Aufgabe des Versammlungsleiters, das auskunftsersuchende Mitglied hierauf hinzuweisen und zu einer Darlegung der Beurteilungserheblichkeit aufzufordern.329 4. Auskunftsverpflichteter

Auskunftsverpflichtet ist die Genossenschaft, die sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtung des Vorstands als dem für sie handelnden Organ bedient.330 Als Geschäftsführungsmaßnahme kann der Vorstand die Auskunftserteilung selbst vornehmen oder auf andere Personen oder Organe delegieren, wobei deren Auskunftserteilung als solche des Vorstands gilt. Zu einer derartigen Delegation ist das Leitungsorgan aber selbst dann nicht verpflichtet, wenn es sich um Auskünfte handelt, die sich naturgemäß seiner Kenntnis entziehen. Allerdings werden sich die Vorstandsmitglieder in diesen Fällen, um ihrer Sorgfaltspflicht aus § 34 GenG zu genügen, etwa beim Aufsichtsrat zu erkundigen haben. Demgegenüber wird im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum vereinzelt die Ansicht vertreten, dass nicht die Genossenschaft selbst, sondern jeweils der Vertreter des Organs auskunftspflichtig sei, dessen Aufgabenbereich von der Frage betroffen werde.331 Aus organverfassungsrechtlichen Gründen kann dieser Ansicht jedoch nicht gefolgt werden. Sie lässt sich auch nicht auf den genossenschaftlichen Vereinigungszweck stützen.332 Denn jener kennzeichnet allein die besondere genossenschaftliche Wirtschaftsweise. Daraus aber lässt sich nicht der Rückschluss ziehen, dass den Mitgliedern in der Generalversammlung sämtliche Organe unmittelbar auskunftspflichtig sein müssen, selbst wenn der Gesellschaftszweck nur 327 A. A. offenbar Bauer, der davon ausgeht, dass Mitglieder ein Wahlrecht haben, ob sie ihre Frage mündlich oder schriftlich stellen wollen (vgl. Bauer, § 43 Rn. 85). 328 Bauer, § 43 Rn. 85; Beuthien, § 43 Rn. 17; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 31; Monßen, Bankinformation 1995/12, 26. 329 Vgl. insofern OLG Hamburg, AG 1970, 50, 51 (zur AG). 330 Bauer, § 43 Rn. 89; Beuthien, § 43 Rn. 17; Müller, § 43 Rn. 24; Aepfelbach, Bankinformation 1984/08, 7, 8 f. Siehe auch BVerfG, NJW 2000, 349, 351 (zur AG). 331 So von Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 35; Neumann, Willensbildung, S. 215; Monßen, Bankinformation 1995/12, 26, 27. Etwas anders Bauer, nach dessen Auffassung die Genossenschaft zwar die Auskunftsverpflichtete ist, die ihrer Verpflichtung grundsätzlich durch den Vorstand als ihrem gesetzlichen Vertreter nachkommt; nichtsdestotrotz sollen die Mitglieder aber unmittelbar Auskünfte vom Aufsichtsrat über dessen Tätigkeit verlangen können (vgl. Bauer, § 43 Rn. 89 – der hier vertretenen Ansicht war Bauer noch in GenForum 1983/03, 110, 112 gefolgt); ebenso Aepfelbach, Bankinformation 1984/08, 7, 9. 332 So aber insbesondere Neumann, Willensbildung, S. 214 f.

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4. Kap.: Mechanik kollektiver Willensbildung

über ihre Belange verwirklicht werden kann. Vielmehr ergibt sich aus der Konzeption des Genossenschaftsgesetzes, dass andere Organe der Generalversammlung gegenüber nur in begrenztem Umfang berichtspflichtig sein sollen, wie etwa die Regelung des § 38 Abs. 1 S. 5, 2. Hs. GenG für den Aufsichtsrat zeigt.333 5. Form der Auskunftserteilung

Die Auskunftserteilung, die der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft zu entsprechen hat (vgl. § 34 Abs. 1 S. 1 GenG),334 muss in der Generalversammlung grundsätzlich mündlich erfolgen, um den Mitgliedern die kollektive Willensbildung auf gleichmäßiger Informationsbasis zu ermöglichen.335 Diesem Zweck steht eine schriftliche Beantwortung nur ausnahmsweise dann nicht entgegen, wenn sich die Mitglieder anhand schriftlicher Darstellungen schneller und zuverlässiger unterrichten können, als dies durch eine mündliche Auskunftserteilung möglich wäre.336 Die schriftliche Auskunftserteilung muss demnach also gerade im Interesse der Mitglieder liegen.337 6. Auskunftsverweigerung

Auch wenn eine Auskunft zur sachgemäßen Beurteilung eines abzuhandelnden Tagesordnungspunktes erforderlich sein sollte, ein Auskunftsanspruch also dem Grunde nach besteht, muss der Vorstand dennoch die Möglichkeit haben, die Auskunftserteilung zu verweigern, wenn er hierdurch eigene Pflichten gegenüber der Genossenschaft verletzen oder sich strafbar machen würde. In diesen Fällen ist ihm eine Weitergabe von Informationen an die Mitglieder nicht zumutbar. Als Beispiel kann insofern die Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder aus § 34 Abs. 1 S. 2 GenG dienen. Aber auch dann, wenn die Auskunftserteilung geeignet wäre, der Genossenschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen, kann es die Einhaltung der Sorgfaltspflicht aus § 34 Abs. 1 S. 1 GenG erfordern, die Auskunft zu verweigern. Der Vorstand muss ferner insoweit zur Auskunftsverweigerung berechtigt sein, als ihm eine ordnungsgemäße Beantwortung der Frage wegen ihrer besonders umfangreichen Vorbereitungsbedürftigkeit im zeit333

Vgl. BVerfG, NJW 2000, 349, 351 (zur AG). Die Strafvorschrift des § 147 Abs. 2 Nr. 1 GenG macht dabei deutlich, welche Bedeutung der Gesetzgeber einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Auskunftspflicht des Vorstands beimisst. 335 Bauer, § 43 Rn. 90; Beuthien, § 43 Rn. 18. 336 Vgl. BGH, NJW 1987, 3186, 3190 (zur AG) für den Fall, dass die Auskunft im Wesentlichen aus einer Fülle von Daten und Zahlen besteht. 337 Vgl. BGH, NJW 1987, 3186, 3190 (zur AG) unter Hinweis darauf, dass dem Mitglied während der Versammlung dann allerdings hinreichend Zeit und Gelegenheit gegeben werden muss, sich anhand der schriftlichen Darstellung zu informieren. 334

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lichen Rahmen der Generalversammlung nicht möglich ist.338 Konnte das Leitungsorgan allerdings mit ihr rechnen, weil es die Umstände nahe legten oder weil sie durch ein Mitglied im Vorhinein angekündigt wurde, blieb dem Vorstand eine entsprechende Vorbereitungszeit, so dass er sich nicht auf einen besonders umfangreichen Prüfungsaufwand innerhalb der Generalversammlung berufen kann.339 IV. Antragsrecht Das Recht, Anträge zu stellen, beinhaltet allgemein das Recht, eine Beschlussfassung der Generalversammlung herbeizuführen.340 Dabei ist zwischen Sachund Verfahrensanträgen zu unterscheiden. Sachanträge können nur zu den jeweils zur Beschlussfassung aufgerufenen Tagesordnungspunkten gestellt werden.341 Sie müssen einen rechtlich zulässigen Inhalt haben, dürfen also nicht gegen Gesetz und Satzung verstoßen.342 Nach erfolgter Abstimmung kann ein gleichlautender Sachantrag erst wieder in der nächsten Generalversammlung gestellt werden, es sei denn, dass sich aufgrund einer nachfolgenden Diskussion die Sachlage verändert hat.343 Über die inhaltliche Zulässigkeit des Sachantrags und den notwendigen Bezug zum jeweiligen Tagesordnungspunkt entscheidet grundsätzlich der Versammlungsleiter.344 Die hiervon zu unterscheidenden Verfahrensanträge betreffen hingegen den formalen Ablauf der Generalversammlung345 und sind daher unabhängig vom jeweiligen Tagesordnungspunkt jederzeit zulässig.346 Soweit ein Mitglied einen zulässigen Sach- oder Verfahrensantrag gestellt hat, hat die Generalversammlung darüber Beschluss zu fassen. Gibt es mehr als einen Antrag, so ist es in der Praxis üblich, dass über den jeweils weitergehenden Antrag zuerst abgestimmt wird.347 Zwingend ist dies jedoch nicht. Insofern wäre es ebenso möglich, dass in der zeitlichen Reihenfolge der Antragstellung abgestimmt wird. Ob dies allerdings zweckmäßig wäre, ist eine andere Frage. Zu ih338 Beuthien, § 43 Rn. 18; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 20; Bauer, § 43 Rn. 92; ders., GenForum 1983/03, 110, 112, letzterer unter Heranziehung des Rechtsgedankens der Unmöglichkeit im Sinne des § 275 BGB. 339 Vgl. BGHZ 32, 159, 166 (zur AG). 340 Bauer, § 43 Rn. 73; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 24. 341 Das Recht, Wahlvorschläge zu unterbreiten, ist eine besondere Ausprägung des Sachantragsrechtes. Siehe hierzu Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 25. 342 Neumann, Willensbildung, S. 218. 343 Bauer, § 43 Rn. 74. 344 Siehe Beuthien, § 43 Rn. 20, der darüber hinaus und mit Vorrang die Generalversammlung diese Entscheidung treffen lassen will. 345 Beispiele: Umstellung oder Vertagung von Tagesordnungspunkten, Schließung der Rednerliste, Schluss der Debatte, Vertagung der Generalversammlung. 346 Bauer, § 43 Rn. 75; Beuthien, § 43 Rn. 20; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 28. 347 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 17.

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rem eigenen Schutze ist den Mitgliedern jedenfalls zu empfehlen, in der Satzung die Kriterien festzulegen, nach denen sich die Reihenfolge der Abhandlung mehrerer Anträge bestimmen soll.

B. Stimmrecht Das Stimmrecht beinhaltet das Recht, durch Stimmabgabe (Willenserklärung) am Zustandekommen von Generalversammlungsbeschlüssen mitzuwirken und im Rahmen der Stimmenzahl deren Inhalt zu beeinflussen.348 Soweit von der im Jahre 2006 in § 43 Abs. 7 S. 1 GenG eingeräumten Satzungsautonomie kein Gebrauch gemacht wird, kann das Stimmrecht nur in der Generalversammlung ausgeübt werden und ist insofern vom Bestehen des Teilnahmerechtes abhängig. Auch im Falle einer statutarisch zugelassenen Briefwahl bleibt das Stimmrecht allerdings versammlungsgebunden. Zwar kann es außerhalb der Generalversammlung ausgeübt werden. Zu einer Beschlussfassung kommt es jedoch erst in der Generalversammlung, so dass die schriftlich oder elektronisch abgegebene Stimme erst und nur dort Rechtswirkung entfaltet. Für eine gute Corporate Governance ist die Ausgestaltung des Stimmrechts von entscheidender Bedeutung. Denn Voraussetzung dafür, dass der Vorstand in der Generalversammlung – nicht bloß theoretisch – einen Gegenspieler hat, der ihn rechenschaftspflichtig machen und zu steter Ausrichtung auf die Mitgliederbelange anhalten kann, ist, dass die Mitglieder von sich aus in der Lage sind, die jeweils erforderlichen Beschlussmehrheiten zustande zu bringen. Je schwerer ihnen dies nach der gesetzlichen Ausgestaltung fallen muss und je weniger Anreize ihnen das Genossenschaftsgesetz hierzu bietet, desto mehr Handlungsspielraum gewinnt der Vorstand hinzu. Zu untersuchen ist daher, ob und inwiefern die gegenwärtigen Stimmrechtsregelungen diesem Umstand Rechnung tragen. Dies betrifft zum einen die Verteilung des Stimmrechtseinflusses unter den Mitgliedern (Umfang) und zum anderen deren Möglichkeit, diesen entsprechend zur Geltung zu bringen (Ausübung). I. Umfang Im Hinblick auf den Umfang soll zunächst der Frage nachgegangen werden, wie und nach welchen Kriterien Stimmrechtseinfluss unter den Mitgliedern einer Genossenschaft verteilt sein sollte, um von diesen eine verantwortungsvolle Kontrolle erwarten zu können. Hieran werden sich sodann die gesetzlichen Regelungen zu messen haben.

348

Vgl. Hüffer, § 12 Rn. 2.

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1. Risiko und Stimmrechtseinfluss

Die Genossenschaft ist eine Sonderform des wirtschaftlichen Vereins im Sinne des § 22 BGB.349 Insofern wäre es sachgerecht, Stimmrechtseinfluss nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessen und zu verteilen.350 Um dabei zu einer verantwortungsvollen Mitgliederkontrolle zu gelangen, dürfte vor allem das jeweils getragene wirtschaftliche Risiko entscheidend sein. Denn diejenigen Mitglieder, die im Verhältnis zu anderen ein höheres wirtschaftliches Risiko tragen, haben mehr zu verlieren. Dementsprechend werden sie ein größeres Interesse an einer gesellschaftszweckkonformen Leitung der Genossenschaft durch den Vorstand haben. Folglich wäre eine verantwortungsvolle Mitgliederkontrolle insbesondere dann zu erwarten, wenn die Verteilung des Stimmrechtseinflusses eben diesen risikobedingten Interessenunterschieden Rechnung trägt, also letztlich nach dem jeweiligen Risiko bemessen ist. Bei Genossenschaften muss insofern zwischen der Kapitalgebereigenschaft und der Kundeneigenschaft von Mitgliedern unterschieden werden. Als Kapitalgeber gehen sie das Risiko ein, ihr bereitgestelltes Eigenkapital zu verlieren (Haftungs- bzw. Verlustrisiko). Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Nachschusspflicht im Insolvenzfall gemäß § 6 Nr. 3 GenG durch Satzungsbestimmung ausgeschlossen ist, was heutzutage regelmäßig geschieht.351 Anderenfalls schlägt sich das Haftungsrisiko zusätzlich darin nieder, mit dem gesamten privaten Vermögen – unbeschränkt oder beschränkt auf eine bestimmte Summe – zu haften, ohne dafür womöglich einen anteiligen Ausgleich im Innenverhältnis von den übrigen Mitgliedern erlangen zu können. Als (potentieller) Kunde ist das Risiko hingegen anders gelagert: je mehr das Mitglied in Fördergeschäftsbeziehung mit der Genossenschaft tritt, desto mehr hängt sein wirtschaftliches Schicksal in diesem Bereich mit dem des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs zusammen und desto größer wird dessen Abhängigkeit davon, welche Leistungen der Geschäftsbetrieb hervorbringt (Abhängigkeitsrisiko).352 Während das Haftungsrisiko also mit zunehmender Eigenkapitalüberlassung steigt, erhöht sich das Abhängigkeitsrisiko mit zunehmendem Umfang des Fördergeschäftsverkehrs. Insofern wäre es (sach)gerecht und folgerichtig, den Stimmrechtseinfluss der Mitglieder proportional zur Höhe des jeweils bereitgestellten Eigenkapitals und zum Umfang der individuellen Förder-

349 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1267; Saenger, Gesellschaftsrecht, S. 255; Steding, JZ 1995, 591, 593. 350 Ebenso Westermann, ZfgG 23 (1973), 320, 333. 351 Siehe dazu Beuthien, Strukturwandel, S. 30; Hadding, Rechtswissenschaftliche Anstöße, S. 61. 352 So bereits Westermann, ZfgG 23 (1973), 320, 333. Siehe auch Lembke, S. 125 (Fn. 1).

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leistungsnachfrage zu verteilen.353 Damit würde auf Stimmrechtsebene zugleich auch ihren individuellen Beiträgen zum Kooperationserfolg Rechnung getragen.354 Denn je mehr Eigenkapital die Mitglieder ihrer Genossenschaft zur Verfügung stellen und je mehr sie deren Leistungen nachfragen, desto mehr steigern sie die Förderkraft des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs zum Vorteil aller.355 Dies ist nicht nur im Hinblick auf die Überschussverteilung honorierungswürdig, sondern auch im Hinblick auf den Umfang des Stimmrechts. Entscheidend ist jedoch letztlich, dass bei einer proportionalen Ausgestaltung der Stimmrechtseinfluss gerade bei denjenigen Mitgliedern angesiedelt würde, die aufgrund ihres Risikos das größte Kontrollinteresse haben. 2. Regelung des § 43 Abs. 3 GenG

Im Gegensatz zum Teilnahmerecht und den hieraus fließenden Mitgliederrechten ist das Stimmrecht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Seit der Genossenschaftsnovelle von 1973 ist zwischen der kraft Gesetzes geltenden Regelung und etwaigen satzungsautonomen Bestimmungen zu unterscheiden. a) Gesetzlicher Regelfall Der gesetzliche Regelfall bestimmt sich nach § 43 Abs. 3 S. 1 GenG. Danach hat jedes Mitglied eine Stimme. Hieraus lassen sich drei Aussagen entnehmen: (1) Es gibt keine Mitgliedschaft ohne Stimmrecht.356 Das Stimmrecht kann durch Satzungsbestimmung also nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden.357 353 Im Falle von investierenden Mitgliedern sind dabei freilich die bereits geschilderten Stimmgewichtsbeschränkungen des § 8 Abs. 2 S. 2 GenG zu berücksichtigen, die letztlich eine Disproportionalität zwischen Stimmrechtseinfluss und übernommenem Haftungsrisiko zur Folge haben können. 354 Dieser Gedanke kommt auch in Erwägungsgrund 10 Spiegelstrich 3 der SCEVerordnung zum Ausdruck. 355 Wenn etwa in einer Bezugsgenossenschaft einzelne Mitglieder das Nachfragevolumen besonders steigern, kommt dies auch und gerade den weniger nachfragestarken Mitgliedern zugute. Selbiges gilt für die Höhe bereitgestellten Eigenkapitals. Siehe zu letzterem auch Beuthien, NZG 2008, 210, 214. 356 Bauer, § 43 Rn. 112 f.; Beuthien, § 43 Rn. 21; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 31. 357 A. A. im Hinblick auf investierende Mitglieder dennoch Bösche mit dem unzutreffenden Hinweis darauf, dass es sich bei § 8 Abs. 2 S. 2 GenG um eine Sonderregelung (lex specialis) handele, die in ihrem Anwendungsbereich die „Grundsatznorm“ des § 43 Abs. 3 S. 1 GenG verdränge (vgl. Bösche, FS Schaffland, S. 87 ff.). Dabei wird scheinbar verkannt, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 2 S. 2 GenG lediglich auf eine Begrenzung des Stimmgewichts gerichtet ist, nicht aber einen vollständigen Ausschluss des Stimmrechts erlaubt (vgl. oben § 11 C.). Sie setzt das Bestehen eines Stimmrechts investierender Mitglieder als Anknüpfungspunkt für eine satzungsmäßige Stimmgewichtsbeschränkung sogar voraus. Dementsprechend kann sie jene Rechtsnorm auch nicht

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(2) Es gibt kein Stimmrecht ohne Mitgliedschaft. Das Stimmrecht ist also an die Person des Mitglieds gebunden. Es kann hiervon nicht abgespalten werden. Nichtmitgliedern kann demzufolge kein eigenes Stimmrecht eingeräumt oder übertragen werden.358 (3) Jedes Mitglied hat unabhängig von der Zahl übernommener Geschäftsanteile, der Höhe der Geschäftsguthaben, dem Umsatz im Fördergeschäftsverkehr mit der Genossenschaft etc. grundsätzlich nur eine Stimme.359 Demnach bemisst sich der Stimmrechtseinfluss nach der Kopfzahl.360 Je mehr Mitglieder eine Genossenschaft hat, desto mehr schrumpft also der Stimmrechtseinfluss des einzelnen Mitglieds. Proportionalität bestünde allein unter der Voraussetzung, dass alle Mitglieder in etwa das gleiche Risiko tragen. Soweit dies nicht der Fall ist, führt die starre Gesetzesregelung hingegen zu Überproportionalität, da sie einzelnen Mitgliedern mehr Stimmrechtseinfluss einräumen würde als diese anteilig an Risiko in der Genossenschaft tragen.361 Die Ein-Mitglied-Eine-Stimme-Regelung geht in dieser Form bis auf das Preußische Genossenschaftsgesetz von 1867 zurück (vgl. § 9 Abs. 2 PreußGenG), was jedoch nicht heißt, dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt zwingend in dem Sinne gewesen wäre, dass eine Genossenschaft nur eine Genossenschaft ist, wenn jedes Mitglied eine Stimme hat. Dies führt die damalige Regelung selbst vor Augen. Denn nach § 9 Abs. 2 PreußGenG konnte von der Ein-Mitglied-EineStimme-Regelung ohne weiteres, d.h. ohne jegliche Beschränkungen durch Satzungsbestimmung abgewichen werden. Mit der grundsätzlichen Bemessung des Stimmrechtseinflusses nach Köpfen sollte vielmehr nur dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich in Genossenschaften zu jener Zeit überwiegend wirtschaftlich schwache Personen zusammenschlossen, die weder viel Eigenkapital bereitzustellen in der Lage waren noch den genossenschaftlichen Geschäftsbe-

als lex generalis verdrängen. Überdies bestimmt allein die Regelung des § 43 Abs. 6 GenG, wann das Stimmrecht ausnahmsweise ruhen soll; ebenso i. E. Schulze/Wiese, ZfgG 59 (2009), 134, 142; Saenger/Merkelbach, BB 2006, 566, 567; Kober, ZfgG 60 (2010), 37, 38 f. u. 46 ff. Grundlegend zu diesem Themenkomplex Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 366 ff. 358 Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob das Mitglied eine andere Person dazu ermächtigen darf, das Stimmrecht in seinem Namen, also für dieses auszuüben. Siehe hierzu unten § 17 B. II. 359 Beuthien, § 43 Rn. 21; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 30. 360 Die Personenbezogenheit der Genossenschaft kommt dabei jedoch nicht darin zum Ausdruck, dass der Einfluss nach der Kopfzahl bemessen wird, sondern darin, dass das Stimmrecht an die Person des Mitglieds gebunden ist. Unzutreffend insofern Bauer, § 43 Rn. 116. Im Übrigen ist und bleibt die Person des nutzenden Mitglieds deshalb zentral in Genossenschaften, weil der Gesellschaftszweck nur über diese verwirklicht werden kann (vgl. oben § 7). 361 Draheim erkennt in der Ein-Mitglied-Eine-Stimme-Regelung eine Bevorzugung der kleineren und schwächeren Einzelwirtschaften gegenüber den größeren und stärkeren und damit verbunden eine allgemeine Nivellierung des Stimmrechtseinflusses in Richtung der Kapitalschwächeren (vgl. Draheim, S. 91).

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trieb in besonderem Umfang in Anspruch zu nehmen vermochten.362 Ihre ökonomische Ausgangssituation war weitgehend homogen.363 Insofern war auch das eingegangene Risiko der Mitglieder in etwa das gleiche. Mit der Ein-MitgliedEine-Stimme-Regelung ist der Stimmrechtseinfluss also ursprünglich annähernd proportional zum übernommenen Risiko verteilt gewesen. Die der Regelung zugrunde liegende wirtschaftliche Situation der Mitglieder hat sich seitdem allerdings entscheidend verändert und mit ihr auch die Beweggründe für den Beitritt zu einer und den Verbleib in einer Genossenschaft.364 Neben kapitalschwache sind zunehmend wirtschaftlich starke Mitglieder getreten, die durchaus bereit waren, ihrer Genossenschaft mehr Eigenkapital zur Verfügung zu stellen und zu dieser auch in einem größeren Umfang in Fördergeschäftsverkehr zu treten.365 Dafür forderten sie aber mehr Stimmrechtseinfluss.366 Dem konnte mit der starren Ein-Mitglied-Eine-Stimme-Regelung allerdings nicht entsprochen werden. Seit Inkrafttreten des ersten gesamtdeutschen Genossenschaftsgesetzes von 1889 bis zur Genossenschaftsnovelle von 1973 hatte zudem keine Möglichkeit bestanden, durch Satzungsbestimmung hiervon abzuweichen. Über die Zeit war die Regelung aufgrund ihrer Starrheit also sozusagen in die Disproportionalität hineingewachsen.

362 So auch Beuthien, Strukturwandel, S. 50; ders., DB 2000, 1161, 1162. Vermögendere Personen, die ohnehin weniger Bedürfnis nach einer genossenschaftlichen Beteiligung hatten, wurden aufgrund der anfänglich unbeschränkten Haftpflicht der Mitglieder (vgl. § 11 Abs. 1 PreußGenG; § 12 Abs. 1 NordDGenG) von einem Beitritt abgehalten. Ihr Haftungsrisiko wäre, wenn auch juristisch das gleiche, so doch tatsächlich ein ungleich größeres gewesen. Auch wenn dies nicht zur Folge hatte, dass in Genossenschaften ausschließlich kapitalschwache Personen zu finden waren und es keinerlei Vermögensunterschiede gab, so war dieser Umstand doch einer der Gründe, die den Gesetzgeber dazu bewogen, im ersten gesamtdeutschen Genossenschaftsgesetz vom 01.05.1889 die Möglichkeit einer satzungsmäßigen Beschränkung der Haftpflicht der Mitglieder zuzulassen (vgl. § 2 Nr. 3 GenG 1889). Siehe dazu die Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, S. 200, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 193 ff. 363 Bauer, § 43 Rn. 118; Beuthien, § 43 Rn. 21; Baudenbacher/Oettinghaus, AG 1985, 269, 270. 364 Siehe dazu Klusak, ZfgG 22 (1972), 243; Beuthien, FS Brink, S. 106. 365 Gewiss wurde diese Entwicklung gefördert durch die Möglichkeit der satzungsmäßigen Beschränkung der Haftpflicht der Mitglieder gemäß § 2 Nr. 3 GenG 1889. 366 So auch Baudenbacher/Oettinghaus, AG 1985, 269, 270 und Bauer, § 43 Rn. 122 für Mitglieder von Genossenschaften, die im landwirtschaftlichen Sektor tätig sind. Siehe ferner Beuthien, Strukturwandel, S. 50. Ist die Nachschusspflicht im Insolvenzfall, zu der die Haftpflicht im Jahre 1933 umgewandelt worden ist, eine unbeschränkte, so tragen kapitalstärkere Mitglieder bereits aus diesem Grunde ein höheres Haftungsrisiko, zumal sie in der Insolvenz abhängig von der Höhe der Nachschusspflicht nicht erwarten können, von kapitalschwächeren Mitgliedern einen anteiligen Ausgleich zu erlangen.

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Gleichwohl hat der Gesetzgeber in der Genossenschaftsnovelle von 1973367 und in der Genossenschaftsreform von 2006368 an § 43 Abs. 3 S. 1 GenG festgehalten. Den Unterschieden in der wirtschaftlichen Ausgangssituation der Mitglieder wollte er letztlich nicht durch Abschaffung des Kopfstimmrechts Rechnung tragen,369 sondern vielmehr durch Einräumung von Satzungsautonomie.370 b) Satzungsautonomie Nach § 43 Abs. 3 S. 2 GenG kann die Satzung die Gewährung von sogenannten Mehrstimmrechten vorsehen, also eine Regelung treffen, nach der neben die durch § 43 Abs. 3 S. 1 GenG zugesicherte eine Stimme pro Kopf weitere Stimmen an die Person des Mitglieds gebunden werden können. Aus Proportionalitätsgesichtspunkten heraus ist dabei freilich entscheidend, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen das Genossenschaftsgesetz deren Gewährung zulässt. Seit der Genossenschaftsreform von 2006 existieren für die Gewährung von Mehrstimmrechten drei unterschiedliche Bestimmungen (vgl. § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 1–3 GenG), von denen Nr. 1 und Nr. 3 inhaltsgleich aus dem Jahre 1973 stammen (§ 43 Abs. 3 S. 3–7 GenG a. F.). Allein bei Nr. 2 handelt es sich demnach um eine Neuregelung. Ursprünglich beabsichtigte die Bundesregierung, die bisherigen Nummern 1 und 3 zugunsten der jetzigen Nr. 2 zu streichen.371 Auf Betreiben des Rechtsausschusses des Bundestages sind sie aber schließlich doch beibehalten worden.372 Zu ihrem Verständnis ist insoweit auf die damalige Gesetzesbegründung zurückzugreifen, in der als grundsätzliches Motiv für die Einführung von Mehrstimmrechten zum einen auf ein praktisches Bedürfnis vor allem im landwirtschaftlichen Bereich und zum anderen auf entsprechende Regelungen in ausländischen Genossenschaftsgesetzen verwiesen worden ist.373 Gesetzessystematisch folgt die gegenwärtige Regelung dem „Schachtelaufbau“: grundsätzlich findet Nr. 1 Anwendung, soweit nicht Nr. 2 oder Nr. 3 ein-

367 Siehe BT-Drucks. 7/97, S. 24, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 247. 368 Siehe BT-Drucks. 16/1025, S. 86. 369 Kritisch hierzu insbesondere Beuthien, NZG 2008, 210, 214. 370 Über die nachfolgend besprochenen satzungsautonomen Stimmrechtsregelungen hinaus räumt der Gesetzgeber den Genossenschaften seit 1973 die Möglichkeit ein, die Nachschusspflicht der Mitglieder im Insolvenzfall gänzlich auszuschließen. Siehe dazu BT-Drucks. 7/79, S. 16 f., abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 222 ff., sowie unten § 18 B. II. 371 BT-Drucks. 16/1025, S. 28 und 86. 372 BT-Drucks. 16/1524, S. 9. 373 BT-Drucks. 7/97, S. 24, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 247 f.

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schlägig sind. Entsprechendes gilt für Nr. 2. Sie findet bei Einschlägigkeit der Bestimmung nur Anwendung, wenn Nr. 3 nicht einschlägig ist. Zum Schutze der Mitglieder schreibt § 43 Abs. 3 S. 3 GenG für alle drei Bestimmungen vor, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Mehrstimmrechten in der Satzung festgelegt werden müssen. Dadurch soll verhindert werden, dass „etwa der Vorstand [. . .] Mehrstimmrechte nach sachfremden Erwägungen an einzelne Mitglieder vergeben kann“.374 Im Folgenden soll trotz des geschilderten Schachtelaufbaus in numerischer Reihenfolge vorgegangen werden, um insbesondere entstehungsgeschichtliche Aspekte besser berücksichtigen zu können. aa) § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 GenG Nach § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 S. 1 GenG soll die Satzung die Gewährung von Mehrstimmrechten nur an solche Mitglieder zulassen können, die „den Geschäftsbetrieb [der Genossenschaft] besonders fördern“. Diese Bestimmung wird durch die nachfolgenden beiden Sätze sogleich in doppelter Hinsicht eingeschränkt: dem Umfang nach dürfen keinem Mitglied mehr als drei Stimmen gewährt werden und der Sache nach finden Mehrstimmrechte bei grundlegenden Beschlüssen wie etwa Satzungsänderungen keine Anwendung. Dass Mehrstimmrechte nur Mitgliedern gewährt werden können, die den Geschäftsbetrieb besonders fördern, steht einer Berücksichtigung ihres jeweiligen Risikos grundsätzlich nicht entgegen. Denn als Kriterien hierfür kommen insbesondere der Umfang des Fördergeschäftsverkehrs mit der Genossenschaft sowie die Höhe der Kapitalbeteiligung in Betracht.375 Indes ist der Wortlaut insofern unglücklich gewählt, als dass die Genossenschaft die Mitglieder zu fördern hat und nicht umgekehrt die Mitglieder ihre Genossenschaft.376 Aus Proportionalitätsgesichtspunkten problematisch ist demgegenüber jedoch die Doppelbeschränkung. Zur ihrer Begründung führt der Gesetzgeber an, im Genossenschaftsrecht bestehe ansonsten die Gefahr, dass durch die Zulassung von Mehrstimmrechten die 374 So ausdrücklich der Bericht des Rechtsausschusses zur Genossenschaftsnovelle von 1973 (vgl. BT-Drucks. 7/659, S. 4 u. 6, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 294 u. 302). 375 BT-Drucks. 7/659, S. 3 f., abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 293; Bauer, § 43 Rn. 130; Beuthien, § 43 Rn. 24; Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 39. In diesem Sinne auch Lembke, S. 36, der unter der besonderen Förderung des Geschäftsbetriebs „eine – durch unmittelbare wirtschaftliche Beteiligung des Mitglieds in Form der Kapitalbeteiligung oder/und in Form der Umsatztätigkeit erreichte – Förderung (des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebes) besonderen Ausmaßes“ versteht, jedoch letztlich die Ansicht vertritt, dass Mehrstimmrechte allein nach dem Umsatz im Fördergeschäftsverkehr bemessen sein sollten. 376 Kritisch insoweit auch Schnorr von Carolsfeld, ZfgG 23 (1973), 7, 19; Westermann, ZfgG 23 (1973), 320, 334 f.

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Rechtsstellung von Mitgliedern mit nur einer Stimme zu sehr beschnitten werden könnte.377 Diese Gefahr bestehe bei Mehrstimmrechten im Aktienrecht nicht, weil alle grundlegenden Beschlüsse dort nicht nur einer Stimmenmehrheit, sondern zusätzlich auch einer Kapitalmehrheit bedürften, so dass sich Aktionäre mit und ohne Mehrstimmrecht insofern gleichstünden.378 An einem solchen Korrektiv fehle es im Genossenschaftsrecht.379 Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Doppelbeschränkung also das genossenschaftsrechtliche Pendant zum aktienrechtlichen Korrektiv sein. Zur Begrenzung auf gerade drei Stimmen führen die Gesetzesmaterialien aus, dass hiermit bezweckt sei, dass „die Genossen mit Mehrstimmrechten die anderen Genossen erst überstimmen können [sollen], wenn mehr als einem Viertel aller Genossen Mehrstimmrechte gewährt worden sind.“ 380 Diese Begründung trägt bereits in ihrem Ansatz nicht. Nach § 12 Abs. 1 S. 1 AktG gewährt jede Aktie eine Stimme.381 Dies hat zur Folge, dass der Stimmrechtseinfluss eines Aktionärs stets in einem proportionalen Verhältnis zu seinem Risiko steht. Bis zum Jahre 1998 war es nun allerdings möglich gewesen, abweichend hiervon Mehrstimmrechte einzuräumen, also in der Satzung eine Regelung zu treffen, nach der einzelne Aktien mehrere Stimmrechte gewähren. Dadurch konnte einem Aktionär mehr Stimmrechtseinfluss zukommen, als ihm nach dem eingegangenen Risiko eigentlich zustand. Indem der Aktiengesetzgeber für grundlegende Beschlüsse sowohl eine Stimmenmehrheit als auch eine Kapitalmehrheit erforderlich machte, wollte er gewährleisten, dass zumindest solche Beschlüsse trotz Einräumung von Mehrstimmrechten auf der Grundlage proportionalen Einflusses zum Risiko gefasst werden. Die Überproportionalität, die Mehrstimmrechten jenseits grundlegender Beschlüsse innewohnte, rief jedoch zunehmend Kritik hervor. Über viele Jahre hinweg waren Mehrstimmrechte denn auch Gegenstand heftiger rechtspolitischer Diskussionen. Diese führten im Jahre 1998 schließlich zu ihrer endgültigen Aufgabe (vgl. § 12 Abs. 2 AktG).382 Durch deren Abschaffung sollte nach den Gesetzesmaterialien nicht nur den Erwartun-

377 BT-Drucks. 7/97, S. 24, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 247. 378 BT-Drucks. 7/97, S. 24, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 247 f. 379 BT-Drucks. 7/97, S. 24, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 248. 380 BT-Drucks. 7/97, S. 24, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 248. 381 Soweit es sich bei Aktien um Vorzugsaktien handelt, können diese allerdings auch als Aktien ohne Stimmrecht ausgegeben werden (vgl. § 12 Abs. 1 S. 2 AktG i.V. m. §§ 139 ff. AktG). 382 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.04.1998 (BGBl. I S. 786). Siehe hierzu ferner MünchKommAktG/Heider, § 12 Rn. 3 m.w. N.

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gen des Kapitalmarktes entsprochen werden, sondern vor allem auch die Eigentümerkontrolle eine Stärkung erfahren.383 Anders sieht die Situation dagegen im Genossenschaftsrecht aus. Hier führt die starre Ein-Mitglied-Eine-Stimme-Regelung häufig dazu, dass Mitglieder überproportional viel Einfluss im Verhältnis zu dem von ihnen übernommenen Risiko haben. Die Gewährung von Mehrstimmrechten kann hier also dazu beitragen, Überproportionalität abzubauen. Im Vergleich zum Aktienrecht würde ihnen somit der gegenteilige Effekt zukommen. Von daher besteht im Genossenschaftsrecht auch kein Bedürfnis für ein Pendant zum aktienrechtlichen Korrektiv in Form der gegenwärtigen Doppelbeschränkung. Vielmehr wird die Rechtsstellung derjenigen Mitglieder beschnitten, die mehr Risiko tragen und dennoch unterdurchschnittlich wenig Einfluss auf die Willensbildung haben. Hinreichender Schutz von Mitgliedern mit nur einer Stimme besteht insofern über die qualifizierten Mehrheitserfordernisse etwa für Satzungsänderungen.384 Abgesehen davon, dass die Begründung der Doppelbeschränkung bereits vom Ansatz her nicht trägt, erscheint auch die Begrenzung auf gerade drei Stimmen als inhaltlich in der Luft schwebender Kompromiss. Dies ist der Regelung bereits vor ihrem Inkrafttreten im Jahre 1973 entgegengehalten worden.385 So verwundert nicht, wenn daneben noch andere Höchstgrenzen wie etwa zehn Stimmen in die Diskussion um die damalige Novelle eingebracht worden waren.386 Gleiches gilt für die Diskussion um die Genossenschaftsreform 2006. Hier wurden unter anderem eine gesetzliche Höchstgrenze von zehn oder zwanzig Prozent aller Stimmen und eine satzungsmäßige Öffnung hin zu einem unbeschränkten Mehrstimmrecht vorgeschlagen.387 Seit jener Reform kann der Begrenzung auf drei Stimmen auch entgegengehalten werden, dass sie zur Erreichung des damit ursprünglich beabsichtigten Zwecks ungeeignet ist. Denn bei einer Kleinstgenossenschaft mit nur drei Mitgliedern kann die Gewährung von Mehrstimmrechten an nur ein Mitglied bereits dazu führen, dass dieses die anderen überstimmen kann, obwohl weniger als einem Viertel der Mitglieder Mehrstimmrechte gewährt worden sind.388 Darüber hinaus erlaubt die starre Begrenzung auf drei Stimmen auch nicht, den Risikounterschieden in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Denn je 383

BT-Drucks. 13/9712 v. 28.01.1998 (Gesetzentwurf der Bundesregierung), S. 12. So auch Beuthien, Strukturwandel, S. 34; Baudenbacher/Oettinghaus, AG 1985, 269, 274. Siehe dazu ferner Weller, ZGR 2012, 386, 404 f. 385 Insbesondere von Schnorr von Carolsfeld, ZfgG 23 (1973), 7, 19. Dem folgend Baudenbacher/Oettinghaus, AG 1985, 269, 273. 386 Klusak, ZfgG 22 (1972), 243, 247 f. 387 Siehe hierzu Schaffland, ZfgG 51 (2001), 208, 213; Beuthien, DB 2000, 1161, 1162. 388 Darauf weist zutreffend Beuthien, § 43 Rn. 25 hin. Zur vormaligen Rechtslage siehe Merle, AG 1979, 265, 269. 384

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größer diese sind und je mehr Mitglieder eine Genossenschaft zählt, desto weniger proportionalen Einfluss können die Mehrstimmrechte in der Generalversammlung verleihen. In mitgliederstarken Genossenschaften wird die Einräumung von Mehrstimmrechten daher regelmäßig den Aufwand ihrer satzungsmäßigen Einführung nicht lohnen.389 Zu gering ist der Zuwachs an Stimmrechtseinfluss. Dass die Vorschrift überdies gerade grundlegende Beschlüsse von Mehrstimmrechten ausnimmt, tut ihr Übriges.390 So wurde schon bei Inkrafttreten der Regelung die Vermutung geäußert, dass die Doppelbeschränkung die Mehrstimmrechtsregelung praktisch wertlos machen wird.391 Dies hat sich bewahrheitet, wie den Gesetzesmaterialien zur Genossenschaftsreform von 2006 zu entnehmen ist.392 In der Praxis habe sich gezeigt, dass von jener Mehrstimmrechtsregelung allenfalls in vereinzelten Ausnahmefällen Gebrauch gemacht worden ist.393 Interessanterweise führt die Bundesregierung dies aber nicht nur darauf zurück, dass „dem mit der Zulassung von Mehrstimmrechten verfolgten Zweck, Mitgliedern, die den Geschäftsbetrieb der Genossenschaft besonders fördern, eine größere Einflussnahme in der Generalversammlung zu ermöglichen, nicht entsprochen werden kann“, sondern auch darauf, dass „in vielen Genossenschaftsbereichen generell kein Bedürfnis für die Gewährung von Mehrstimmrechten besteht“.394 Dem entsprach der in den Bundesrat eingebrachte Vorschlag, die Gewährung von Mehrstimmrechten – zwar ohne Höchstgrenze aber dennoch mit einer Ausübungsschranke von zehn Prozent der anwesenden Stimmen – nur noch solchen Genossenschaften zu erlauben, bei denen sie ein „praktisches Bedürfnis“ erkannte.395 Ein solches Bedürfnis sah die Bundesregierung lediglich bei Genossenschaften gegeben, in denen die Mitglieder überwiegend gewerblich oder selbständig beruflich tätige Personen sind, wobei es ihr dabei im Wesentlichen nur auf Genossenschaften im landwirtschaftlichen Bereich ankam.396 Wie bereits eingangs geschildert, ist die bisherige Regelung auf Betreiben des Rechtsausschusses schließlich doch beibehalten worden.397 Zur

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Ebenso Beuthien, § 43 Rn. 25. Siehe dazu auch Schaffland, in: Theurl/Greve (Hrsg.), Reform des Genossenschaftsrechts, S. 128: „Die Beschränkung auf drei Stimmen bringt keine relevante Gewichtung. Sie ist reine Optik, zumal das Mehrstimmrecht bei Beschlüssen, die einer qualifizierten Mehrheit bedürfen, nicht angewendet werden kann.“ Besonders drastisch formulieren dies Baudenbacher/Oettinghaus, AG 1985, 269, 274: „Ein Mehrstimmrecht, das sich auf Nebensächlichkeiten beschränkt, ist ohnedies unsinnig.“ In diesem Sinne auch Lieser/Jung, DB 1972, 907, 910. 391 Westermann, ZfgG 23 (1973), 320, 333. 392 Siehe dazu BT-Drucks. 16/1025, S. 86. 393 BT-Drucks. 16/1025, S. 86. 394 BT-Drucks. 16/1025, S. 86. 395 BT-Drucks. 16/1025, S. 28 und 86. 396 BT-Drucks. 16/1025, S. 86. 397 BT-Drucks. 16/1524, S. 9. 390

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Begründung der „ergänzenden“ Beibehaltung wurde nunmehr angeführt, dass dies einem „dringenden Bedürfnis[. . .] in der genossenschaftlichen Praxis, insbesondere aus dem landwirtschaftlichen Bereich“ entspreche.398 Die alte Mehrstimmrechtsregelung ist also letztlich aus denselben Gründen beibehalten worden, aus denen die neue geschaffen worden ist. Es mag zutreffen, dass Risikotragung und Stimmrechtseinfluss in der Praxis im landwirtschaftlichen Bereich am wenigsten miteinander korrelieren und hier in größerem Maße als anderswo Mehrstimmrechte zur Herstellung einer zumindest annähernden Proportionalität erforderlich sind. Dies allein hätte es jedoch nicht gerechtfertigt, sonstigen Genossenschaften, bei denen der Gesetzgeber kein „praktisches Bedürfnis“ erkennt, die Möglichkeit zur Einräumung von Mehrstimmrechten zu nehmen.399 Das gilt umso mehr, als Genossenschaften nicht gezwungen sind, von einer eingeräumten Satzungsautonomie Gebrauch zu machen.400 Bereits die gegenwärtige – letztlich nun doch beibehaltene – Regelung schränkt die Satzungsautonomie ohne tragfähige Begründung zum Nachteil der Genossenschaften ein.401 Sie erlaubt ihnen nämlich nicht in hinreichendem Maße, etwaigen Risikounterschieden in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Dies dürfte nicht nur weiterhin die Mitgliederkontrolle in den von der Regelung betroffenen Genossenschaften schwächen, sondern ihnen darüber hinaus auch noch die Möglichkeit nehmen, Anreize zur Übernahme eines höheren Risikos zu setzen und sich hierdurch mehr Eigenkapital zu verschaffen. Zwar können jene Genossenschaften auf der Grundlage einer Satzungsbestimmung nunmehr investierende Mitglieder aufnehmen. Auch diese werden aber regelmäßig einen ihrem Haftungsrisiko entsprechenden Stimmrechtseinfluss für sich reklamieren. bb) § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 GenG Die neue Vorschrift des § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 GenG gilt ihrem ausdrücklichen Wortlaut nach nur für Genossenschaften, in denen mehr als drei Viertel der Mitglieder als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB Mitglied sind (sog. Unternehmergenossenschaften).402 Diese sind also nicht Unternehmer, weil sie Mit398

BT-Drucks. 16/1524, S. 9. Kritisch zur gesetzgeberischen Unterscheidung nach einem „praktischen Bedürfnis“ auch Pistorius, DStR 2006, 278, 281. 400 So bereits Westermann, ZfgG 23 (1973), 320, 333 im Hinblick auf deren gesetzliche Einführung. 401 Beuthien hegt sogar Zweifel, ob sich die Einschränkungen im Hinblick auf die grundsätzliche Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich überhaupt rechtfertigen lassen (vgl. Beuthien, Strukturwandel, S. 14). 402 Nach der Legaldefinition des § 14 Abs. 1 BGB ist Unternehmer jede natürliche oder juristische Person oder jede rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Vom Unternehmerbegriff sind damit insbesondere auch Landwirte 399

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glied sind, sondern Mitglied, weil sie Unternehmer sind. Ihre Mitgliedschaft muss gerade in ihrer Unternehmereigenschaft begründet liegen.403 Dies ist nur dann der Fall, wenn ein innerer, nicht bloß zufälliger Zusammenhang zwischen der Unternehmereigenschaft und der Mitgliedschaft derart besteht, dass sich die Mitgliedschaft und ihr Erwerb als Teil der unternehmerischen Tätigkeit darstellen. Während dies bei nutzenden Mitgliedern grundsätzlich möglich ist, wird ein solcher innerer Zusammenhang bei investierenden Mitgliedern regelmäßig fehlen. Denn bei diesen könnte ein Zusammenhang allenfalls darin gesehen werden, dass das eingebrachte Kapital aus Gewinnen einer etwaigen unternehmerischen Tätigkeit stammt und Investitionserträge ebenso wie das eingesetzte Kapital wieder dorthin zurückfließen sollen. Dies dürfte aber nicht genügen, um die Mitgliedschaft als in der Unternehmereigenschaft begründet anzusehen.404 Im Übrigen könnte allenfalls der Mitgliedschaftserwerb selbst die Unternehmereigenschaft begründen,405 was nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 GenG allerdings außer Betracht bleiben muss, da das Mitglied als Unternehmer Mitglied sein muss und nicht erst durch seinen Mitgliedschaftserwerb zum Unternehmer werden soll. Bei der Berechnung, ob mehr als drei Viertel der Mitglieder als Unternehmer Mitglied sind, steht die Zahl investierender Mitglieder daher dem Erreichen der Quorumshöhe entgegen.406 Genossenschaften, die Mehrstimmrechte nach § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 GenG gewähren wollen, können somit nur in begrenztem Umfang investierende Mitglieder aufnehmen, was in der Folge auch ihre Möglichkeiten begrenzt, sich über diese Eigenkapital zu verschaffen. Dies heißt allerdings nicht, dass bei Erreichen des Quorums Mehrstimmrechte nur Mitgliedern gewährt werden könnten, die Unternehmer sind. Anders als unter Geltung der Nr. 1 legt das Gesetz bei Unternehmergenossenschaften weder eine Höchstgrenze für Mehrstimmrechte fest noch bestimmt es den Maßstab für deren Gewährung. Etwaigen Risikounterschieden kann also grundsätzlich Rechnung getragen werden. Aus Proportionalitätsgesichtspunkten problematisch ist hier jedoch die Regelung des § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 S. 2 GenG, die eine Ausübungsschranke von zehn Prozent der anwesenden Stimmen vorumfasst, um die es dem Gesetzgeber bei der Neuregelung im Wesentlichen ging (vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 86). 403 So ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 86. 404 In diesem Sinne auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 41 unter Hinweis darauf, dass investierende Mitglieder ihrer Natur nach die Mitgliedschaft nicht in Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit, sondern allenfalls anlässlich dieser erwerben. 405 Siehe hierzu MünchKommBGB/Micklitz, § 13 Rn. 45 m.w. N. 406 Cario ist demgegenüber der Auffassung, dass investierenden Mitgliedern ein – nicht näher begründeter – „Sonderstatus“ zukommt, der zur Folge haben soll, dass diese bei der Berechnung „nicht mitzuzählen“ sind (vgl. Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 76). Diese Auffassung findet allerdings keine Stütze im Gesetz und ist daher abzulehnen.

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sieht.407 Damit wollte der Gesetzgeber der Gefahr begegnen, dass eine Mitgliederminderheit eine Mitgliedermehrheit „majorisiert“,408 d.h. trotz Unterzahl nach Köpfen mithilfe von Mehrstimmrechten bestimmenden Einfluss in der Generalversammlung ausübt. Parallel zur Gesetzesbegründung von 1973 soll die Zulassung von Mehrstimmrechten also nicht dazu führen, dass die Rechtsstellung von Mitgliedern mit weniger Stimmen beschnitten wird. Insofern kann auf die zu Nr. 1 geäußerte Kritik am Begründungsansatz verwiesen werden.409 Dass der Gesetzgeber die Unternehmereigenschaft von mehr als drei Vierteln der Mitglieder zum Anknüpfungspunkt einer vermehrten Einräumung von Satzungsautonomie macht, ist dabei allein dem Umstand geschuldet, dass er bei einer weit überwiegenden Zahl unternehmerisch tätiger Mitglieder von größeren Unterschieden beim jeweils eingegangenen oder einzugehenden Risiko ausgeht, denen durch größere Einflussnahme in der Generalversammlung Rechnung getragen werden muss, als dies mit drei Stimmen nach Nr. 1 möglich wäre.410 Er ließ sich nicht von dem Gedanken leiten, dass Mitglieder in Unternehmergenossenschaften überwiegend geschäftlich erfahren sind und vor einer Vermachtung durch Mehrstimmrechte daher weniger schutzbedürftig wären.411 Obwohl die eingegangenen Risiken bei Unternehmergenossenschaften stärker auseinander fallen mögen, vermag die Unternehmereigenschaft als Differenzierungskriterium genossenschaftsrechtlich nicht zu überzeugen.412 Denn unabhängig davon, ob drei Viertel der Mitglieder Unternehmer sind oder nicht, ist die genossenschaftliche Wirtschaftsweise dieselbe. Darüber hinaus wäre es theoretisch auch denkbar, dass bei einer Genossenschaft, in der nur (weniger als) die Hälfte der Mitglieder als Unternehmer Mitglied ist, sogar größere Risikounterschiede bestehen. Warum solche Genossenschaften durch die Begrenzung auf drei Stimmen gegenüber Mitgliedern einer Unternehmergenossenschaft benachteiligt werden sollen, lässt sich systematisch nicht konsequent begründen. Besser wäre es daher gewesen, wenn der Gesetzgeber eine einheitliche Regelung getroffen hätte, die den Genossenschaften Satzungsautonomie unabhängig davon einräumt, ob es sich bei den Mitgliedern um Unternehmer handelt oder nicht.

407 Anders insofern § 43 Abs. 2 S. 1 GenG, wonach die Generalversammlung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschließt. 408 So ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 86. 409 Vor allem stünde es bei einer Bemessung am Risiko grundsätzlich jedem Mitglied frei, höhere Risiken einzugehen und dadurch mehr Stimmrechtseinfluss zu gewinnen, wobei hinreichender Minderheitenschutz auch hier durch qualifizierte Mehrheitserfordernisse erzielt werden kann. Darüber hinaus sind Genossenschaften nicht gezwungen, in vollem Umfang von der Regelung Gebrauch zu machen. 410 Siehe BT-Drucks. 16/1025, S. 86. 411 So aber offenbar Beuthien, § 43 Rn. 26. 412 Kritisch auch Pistorius, DStR 2006, 278, 281; Schulze/Wiese, ZfgG 59 (2009), 134, 150.

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cc) § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 GenG Die Regelung des § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 GenG gilt ihrem ausdrücklichen Wortlaut nach nur für Genossenschaften, deren Mitglieder ausschließlich oder überwiegend selbst eingetragene Genossenschaften sind (sog. Sekundärgenossenschaften). Ebenso wie bei Unternehmergenossenschaften legt das Gesetz weder eine Höchstgrenze für Mehrstimmrechte noch einen Maßstab für deren Gewährung fest. Lediglich beispielhaft führt die Vorschrift eine Bemessung „nach der Höhe der Geschäftsguthaben“ auf. Anders als § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 GenG sieht die Regelung für Sekundärgenossenschaften jedoch keine prozentuale Ausübungsschranke vor. Mehrstimmrechte sind demnach also keinerlei Beschränkungen unterworfen.413 Etwaigen Risikounterschieden kann daher in vollem Umfang Rechnung getragen werden, so dass die Regelung unter Proportionalitätsgesichtspunkten unproblematisch ist. Allerdings vermag die Rechtsform als Differenzierungskriterium für den Umfang eingeräumter Satzungsautonomie ebenso wenig zu überzeugen wie das der Unternehmereigenschaft. 3. Ergebnis

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der Stimmrechtseinfluss in der Generalversammlung nach dem Haftungs- und Abhängigkeitsrisiko der Mitglieder verteilt sein sollte, um von diesen eine verantwortungsvolle Kontrolle erwarten zu können. Dem lässt sich mit den gegenwärtigen Stimmrechtsregelungen allerdings nur bedingt entsprechen, was ein Kontrolldefizit zur Folge haben kann. So sorgt die starre Ein-Mitglied-Eine-Stimme-Regelung des § 43 Abs. 3 S. 1 GenG nicht selten dafür, dass Mitgliedern mit vergleichsweise geringem Risiko (und Kontrollinteresse) ein überproportionaler Stimmrechtseinfluss zukommt. Die Gewährung von Mehrstimmrechten kann hier insoweit dazu beitragen, Überproportionalität abzubauen. Dem steht aber beispielsweise die Doppelbeschränkung in der Mehrstimmrechtsregelung des § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 GenG und die Ausübungsschranke in der Regelung des § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 GenG entgegen.

413 A. A. zu § 43 Abs. 3 S. 7 GenG a. F. dennoch Müller, der annimmt, dass sich „aus dem Wesen der Genossenschaft als personalistischer Förderungsgemeinschaft“ ergebe, dass kein Mitglied mehr als 50 % aller Stimmen besitzen dürfe, da sich in den Generalversammlungsbeschlüssen ansonsten kein „Gemeinschaftswille konstituier[en]“ könne (vgl. Müller, § 43 Rn. 77). Diese Auffassung findet allerdings keine Stütze im Gesetz und dürfte sich nun auch im Hinblick auf die Differenzierungen, die der Gesetzgeber in den Nummern 1 bis 3 vorgenommen hat, nicht mehr halten lassen. Wie hier Bauer, § 43 Rn. 139; Beuthien, § 43 Rn. 27; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 77; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 43 Rn. 44.

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II. Ausübung Seit der Genossenschaftsreform 2006 kann das Stimmrecht auf drei unterschiedliche Weisen ausgeübt werden: (1) durch das Mitglied persönlich, (2) durch einen Stimmrechtsvertreter oder (3) durch Briefwahl. Letztgenannte Möglichkeit steht den Mitgliedern allerdings nur bei entsprechender Satzungsbestimmung offen, während die beiden erstgenannten kraft Gesetzes gelten.414 1. Persönliche Ausübung

Da das Mitglied Träger des Stimmrechts ist, geht das Genossenschaftsgesetz grundsätzlich davon aus, dass es dieses auch in Person ausübt.415 Wenn es also in § 43 Abs. 4 S. 1 GenG heißt, dass das Mitglied sein Stimmrecht persönlich ausüben soll, so wollte der Gesetzgeber damit zum Ausdruck gebracht wissen, dass Mitglieder trotz der im Jahre 1973 eingeführten Möglichkeit der Stimmrechtsvertretung ihrer persönlichen Teilnahme an der Versammlung den Vorzug geben sollen.416 Die Vorschrift begründet keine Rechtspflicht etwa derart, dass das Mitglied außer in Fällen persönlicher Verhinderung oder höherer Gewalt seine Stimme persönlich abgeben muss.417 Eine derartige Auslegung würde nicht nur das Recht zur Vollmachtserteilung unangemessen einschränken. Es wäre im Übrigen auch nicht einleuchtend, warum das Mitglied zwar frei darüber entscheiden kann, ob es teilnimmt und von seinem Stimmrecht Gebrauch macht, nicht aber darüber, ob es dieses persönlich oder durch einen Vertreter ausüben will. Eine andere Sichtweise lässt sich auch nicht auf die besondere genossenschaftliche Wirtschaftsweise stützen.418 Zwar sollen nutzende Mitglieder als Kunden Leistungen bei ihrer Genossenschaft nachfragen. Dies macht aber keine persönliche Stimmrechtsausübung erforderlich. Natürlich kann das nutzende Mitglied im Zweifel besser seine Naturalleistungsbedürfnisse beurteilen als ein entsandter Vertreter und diese dementsprechend gezielter in Willensbildungsprozesse ein414

Siehe hierzu oben § 14 A. I. Handelt es sich beim Mitglied um eine natürliche Person und ist diese geschäftsunfähig (vgl. § 104 BGB) oder in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt (vgl. § 106 BGB), so sieht § 43 Abs. 4 S. 2, 1. Fall GenG vor, dass an seiner Stelle dessen gesetzlicher Vertreter das Stimmrecht ausübt. Für juristische Personen handelt nach § 43 Abs. 4 S. 2, 2. Fall GenG grundsätzlich der gesetzliche Vertreter. Mangels körperschaftlicher Verfassung wird das Stimmrecht von Personenhandelsgesellschaften nach § 43 Abs. 4 S. 2, 3. Fall GenG durch die zur Vertretung ermächtigten Gesellschafter ausgeübt. In all diesen Fällen gilt die Stimmrechtsausübung stets als persönliche des Mitglieds. 416 Vgl. BT-Drucks. 7/97, S. 25, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 249. 417 Wie hier Beuthien, § 43 Rn. 22; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 87; a. A. Geschwandtner/Titze, GenKurier 02/2003, 35 unter Verweis auf die genossenschaftliche Selbstverwaltung. 418 So aber Geschwandtner/Titze, GenKurier 02/2003, 35. 415

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bringen. Dies allein rechtfertigt es aber nicht, dem Mitglied für den Regelfall die persönliche Teilnahme in der Generalversammlung aufzuzwingen. Ihre Stimmrechte können Mitglieder jeweils nur einheitlich ausüben. Soweit also Mehrstimmrechte bestehen, kann nicht teils gegen und teils für einen Beschluss gestimmt werden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass alle Stimmrechte an die Person des Mitglieds geknüpft sind. Die Mitgliedschaft aber ist nicht teilbar und so sind es auch nicht die hieran geknüpften Stimmrechte. Anders wäre dies zu beurteilen, wenn – wie im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum vorgeschlagen – jeder Geschäftsanteil eine Mitgliedschaft vermitteln würde.419 In diesem Fall könnte eine Person vergleichbar dem Aktien- und GmbH-Recht mehrere Mitgliedschaften auf sich vereinigen und müsste zwar auch hier die an jede Mitgliedschaft geknüpften Stimmrechte einheitlich ausüben. Selbiges würde aber gerade nicht im Verhältnis der Mitgliedschaften zueinander gelten. 2. Ausübung durch Bevollmächtigten

Seit der Genossenschaftsnovelle von 1973 kann das Mitglied (oder dessen gesetzlicher Vertreter) nach § 43 Abs. 5 S. 1 GenG Stimmvollmacht erteilen.420 Dabei handelt es sich nach der Legaldefinition des § 166 Abs. 2 S. 1 BGB um eine durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht, die als Innenvollmacht gemäß § 167 Abs. 1, 1. Fall BGB gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder als Außenvollmacht gemäß § 167 Abs. 1, 2. Fall BGB gegenüber der Genossenschaft zu erklären ist.421 Soweit sich aus dem Genossenschaftsgesetz nicht ein anderes ergibt, finden also die allgemeinen Stellvertretungsregeln der §§ 164 ff. BGB Anwendung. Die zuvor nur gegebene Möglichkeit einer persönlichen Stimmrechtsausübung hielt die damalige Bundesregierung zu Recht für „nicht mehr zeitgemäß“.422 Der Rechtsausschuss des Bundestages war allerdings der Ansicht, dass es letztlich den Genossenschaften selbst überlassen sein sollte, ob sie die Stimmrechtsausübung durch einen Bevollmächtigten zulassen wollen.423 Insofern schlug er vor, die gewillkürte Vertretung gänzlich der Satzungsautonomie zu unterstellen.424 419

Ausführlich dazu Beuthien, FS Brink, S. 103 ff.; ders., AG 2002, 266 ff. Siehe BT-Drucks. 7/97, S. 25, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 248 f. 421 Näher zur Innen- und Außenvollmacht Bamberger/Roth-Valenthin, § 167 Rn. 6 u. 23 f.; Staudinger/Schilken, § 167 Rn. 12. 422 BT-Drucks. 7/97, S. 25, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 249. 423 BT-Drucks. 7/659, S. 7, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 303. 424 So ausdrücklich BT-Drucks. 7/659, S. 7, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/ Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 303. 420

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Dementsprechend wurde dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen § 43 Abs. 5 S. 4 GenG a. F. ein Passus hinzugefügt, wonach die Satzung die Stimmrechtsvertretung vollständig sollte ausschließen können.425 Im Rahmen der Genossenschaftsreform 2006 hob der Gesetzgeber diesen Passus nun wieder auf.426 Zur Begründung wies er darauf hin, dass die Ausübung bestimmter Mitgliedschaftsrechte wie etwa das Recht, Generalversammlungsbeschlüsse anzufechten (vgl. § 51 GenG), vom Gesetz davon abhängig gemacht werden, dass in der Generalversammlung z. B. ein Widerspruch zur Niederschrift erklärt wird (vgl. § 51 Abs. 2 S. 1 GenG). Sei ein Mitglied allerdings wegen Krankheit oder höherer Gewalt an einer Teilnahme gehindert und sei die Stimmrechtsvertretung durch Satzungsbestimmung ausgeschlossen, so habe dies einen faktischen Verlust jener Rechte für das betroffene Mitglied zur Folge.427 Diese „unbefriedigende Rechtsfolge“ müsse vermieden werden.428 Da aber auch im Übrigen kein Grund dafür bestehe, Mitgliedern die Möglichkeit der Stimmrechtsvertretung „zumindest bei bestimmten Beschlussgegenständen“ zu nehmen, solle der Passus ersatzlos entfallen und die Satzungsautonomie insofern eine Einschränkung erfahren.429 Dem ist beizupflichten. Als „allgemeines gesellschaftsrechtliches Teilhabemittel“ 430 ist die Stimmvollmacht für die kollektive Willensbildung von großer Bedeutung und sollte daher grundsätzlich nicht zur Disposition einer satzungsändernden Mehrheit stehen. Soweit Mitglieder der Ansicht sind, dass das Stimmrecht persönlich ausgeübt werden sollte, bleibt es ihnen unbenommen, dies für ihre eigene Stimmabgabe derart zu handhaben. Alles andere käme demgegenüber einer Bevormundung gleich. a) Einheitliche Erteilung Stimmvollmacht kann für alle Stimmrechte eines Mitglieds nur einheitlich erteilt werden. Soweit ein Mitglied also über Mehrstimmrechte verfügt, kann es diese nicht etwa auf zwei Bevollmächtigte aufspalten. Insofern gilt für die Erteilung von Stimmvollmacht das zur persönlichen Stimmrechtsausübung Gesagte entsprechend. Nur wenn jeder Geschäftsanteil eine Mitgliedschaft vermitteln würde, könnte für jede von ihnen ein Bevollmächtigter bestellt werden.431 Ebenso wie das Mitglied kann auch der Bevollmächtigte die Stimmrechte nur 425 BT-Drucks. 7/659, S. 21, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 322. 426 BT-Drucks. 16/1025, S. 28. 427 BT-Drucks. 16/1025, S. 86. 428 BT-Drucks. 16/1025, S. 86. 429 BT-Drucks. 16/1025, S. 86. Diese Ausführungen der Bundesregierung bestätigen letztendlich die hier vertretene Auffassung, dass das Wort „soll“ in § 43 Abs. 4 S. 1 GenG nicht restriktiv im Sinne eines „grundsätzlichen Muss“ auszulegen ist. 430 Beuthien, NZG 2008, 210, 215. 431 Vgl. Großfeld/Spennemann, AG 1979, 128, 131.

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einheitlich ausüben. Dies muss bereits deswegen gelten, weil seine rechtlichen Möglichkeiten nicht weitergehen können als die des vertretenen Mitglieds und eine einheitliche Stimmabgabe ansonsten über die Stimmrechtsvertretung umgangen werden könnte. Entscheidend ist aber vielmehr, dass die Stimmrechte auch im Vertretungsfalle an die Mitgliedschaft geknüpft bleiben. Der Bevollmächtigte übt diese nur im Namen des Mitglieds aus, nimmt im Rahmen der Stimmrechtsvertretung also kein eigenes Stimmrecht wahr, auch wenn er eine eigene Willenserklärung abgibt. b) Person des Bevollmächtigten Das Genossenschaftsgesetz trifft keine Vorgaben zur Person des Bevollmächtigten. Grundsätzlich kann also sowohl Mitgliedern als auch Dritten Vollmacht erteilt werden. Einschränkungen können sich allerdings aus der Satzung ergeben. Denn § 43 Abs. 5 S. 4 GenG räumt den Genossenschaften die Möglichkeit ein, persönliche Voraussetzungen für Bevollmächtigte aufzustellen. Dazu führt die Vorschrift beispielhaft („insbesondere“) den Ausschluss von Personen an, die sich geschäftsmäßig zur Ausübung des Stimmrechts erbieten, die also einem unbestimmten Personenkreis gegenüber die Absicht erklärt haben, so etwas wiederholt zu tun.432 Die Grenze der eingeräumten Satzungsautonomie ist dabei jedenfalls dort zu ziehen, wo nach der Satzungsbestimmung nur so wenige Personen als Bevollmächtigte in Betracht kommen, dass von vorneherein feststeht, dass wegen der Begrenzung auf zwei Mitglieder pro Bevollmächtigtem gemäß § 43 Abs. 5 S. 3 GenG nicht alle Mitglieder bei einer Abstimmung vertreten werden können. c) Form der Vollmachtserteilung Nach § 43 Abs. 5 S. 2 GenG bedarf die Stimmvollmacht weiterhin der Schriftform (§ 126 BGB). Der Gesetzgeber hat es insofern versäumt, das Formerfordernis im Einklang mit § 45 Abs. 1 GenG auf die Textform herabzusetzen, was eine Vollmachtserteilung durch einfache Email ermöglicht hätte.433 Im Umkehrschluss zu § 43 Abs. 5 S. 4 GenG i.V. m. § 18 S. 2 GenG ist den Genossenschaften auch keine dahingehende Satzungsautonomie eingeräumt. Es können also weder leichtere noch strengere Formerfordernisse aufgestellt werden.434 432 Siehe dazu Bauer, § 43 Rn. 172; Beuthien, § 43 Rn. 39; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 100. 433 Siehe dazu jetzt auch § 134 Abs. 3 S. 3 AktG n. F., wonach die Erteilung der Stimmrechtsvollmacht selbst im Aktienrecht grundsätzlich nur noch der Textform bedarf. Dies diente der Umsetzung von Art. 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 der Aktionärsrechterichtlinie (vgl. BT-Drucks. 16/11642, S. 28 f.). 434 Dennoch wird – ohne Begründung – teilweise die Ansicht vertreten, die Satzung könne weitere Formerfordernisse wie etwa die notarielle Beurkundung (§ 128 BGB) auf-

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d) Umfang und Wirkungsdauer der Vollmacht Der Umfang der Stimmvollmacht richtet sich nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Text. Darin kann die Vollmacht als unbeschränkte oder beschränkte formuliert sein. Soweit es sich bei der Person des Bevollmächtigten um einen Dritten handelt, verleiht sie ihm jedenfalls nicht nur die Befugnis, das Stimmrecht des vertretenen Mitglieds in dessen Namen auszuüben. Denn eine Stimmrechtsausübung im Namen des Mitglieds ist dem Bevollmächtigten nur in der Generalversammlung möglich, was voraussetzt, dass dieser hieran teilnehmen darf. Demnach muss die Stimmvollmacht auch die Befugnis zur Ausübung des Teilnahmerechts umfassen. Das Teilnahmerecht wiederum beinhaltet aber nicht nur das Anwesenheitsrecht, sondern auch das Rede-, Auskunfts- und Antragsrecht.435 Nimmt das Mitglied diese also nicht ausdrücklich von der Stimmvollmacht aus, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Bevollmächtigte in der Generalversammlung dieselben Teilhabebefugnisse haben soll wie das persönlich anwesende Mitglied.436 Daher ist etwa das Auskunftsrecht mangels abweichender Bestimmung nicht nur auf Tagesordnungspunkte beschränkt, zu denen eine Beschlussfassung erfolgen soll.437 Entsprechendes gilt für die Befugnis zur Stimmrechtsausübung. Sie umfasst grundsätzlich sämtliche Beschlussgegenstände. Im Hinblick auf die Ausübung all jener Befugnisse kann das Mitglied dem Bevollmächtigten jederzeit konkrete Weisungen erteilen, an die dieser im Innenverhältnis gebunden ist. Als rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht erlischt die Stimmvollmacht gemäß § 168 S. 2 BGB durch jederzeitigen, formlosen Widerruf. Eine Unwiderruflichkeit kann nicht vereinbart werden, da dies auf eine unzulässige Abspaltung des

stellen (vgl. Bauer, § 43 Rn. 159; BerlinKomm/Keßler, § 43 ff. Rn. 89; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 91). Diese Auffassung findet allerdings keine Stütze im Gesetz. Sie steht sogar im klaren Widerspruch zur eindeutigen Regelung des § 43 Abs. 5 S. 2 GenG. Die Schriftform kann nach § 126 Abs. 4 BGB lediglich durch die kostenträchtigere notarielle Beurkundung ersetzt werden. Jene Vorschrift erlaubt den Genossenschaften also nicht, notarielle Beurkundung kraft Satzungsbestimmung zu verlangen. Wie hier Beuthien, § 43 Rn. 33 und Müller, § 43 Rn. 57. 435 Siehe oben § 17 A. 436 In diesem Sinne auch Beuthien, § 43 Rn. 40; Lang/Weidmüller-Cario, § 43 Rn. 91 u. 97. 437 A. A. Bauer, § 43 Rn. 81, der davon ausgeht, dass das Auskunftsrecht ohne ausdrückliche Ermächtigung nur im Hinblick auf Beschlussgegenstände besteht. Wäre dem allerdings so, müsste konsequenterweise auch das Teilnahmerecht ohne ausdrückliche Ermächtigung nur zu Beschlussgegenständen bestehen, was zur Folge haben würde, dass der Bevollmächtigte den Saal je nach anstehendem Tagesordnungspunkt verlassen müsste. Dies dürfte jedoch grundsätzlich nicht der Versammlungsrealität entsprechen, auch wenn das Mitglied die Stimmvollmacht durchaus in einer solchen Weise ausgestalten könnte. Schwierig dürfte es sich dann allerdings gestalten, einen Bevollmächtigten zu finden, der sich unter diesen Bedingungen zur Vertretung bereit erklärt.

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Stimmrechts von der Mitgliedschaft hinauslaufen würde.438 Nach § 168 S. 3 BGB i.V. m. § 167 Abs. 2 BGB muss das Erlöschen im Falle einer Innenvollmacht dem Bevollmächtigten und im Falle einer Außenvollmacht der Genossenschaft gegenüber erklärt werden. Allerdings ist dabei zu beachten, dass das Mitglied zur Wahrung der Schriftform des § 43 Abs. 5 S. 2 GenG eine sogenannte Vollmachtsurkunde im Sinne des § 172 BGB ausstellen muss. Selbst wenn das Mitglied also die Vollmacht als Innenvollmacht erteilt und dem Bevollmächtigten gegenüber widerrufen hat, kann von der fortexistierenden Vollmachtsurkunde noch der Rechtsschein einer fortbestehenden Stimmvollmacht im Verhältnis zur Genossenschaft ausgehen. Dementsprechend sieht § 172 Abs. 2 BGB vor, dass die Vertretungsmacht kraft Rechtsscheins bestehen bleibt, bis die Vollmachtsurkunde dem Mitglied zurückgegeben oder der Genossenschaft gegenüber für kraftlos erklärt wird, es sei denn, dass die Genossenschaft das Erlöschen der Stimmvollmacht kennt oder kennen musste (vgl. § 173 BGB). e) Zwingende Vollmachtsgrenze aa) Beschränkung auf zwei Mitglieder pro Bevollmächtigtem Die Stimmrechtsvertretung erfährt mit der Regelung des § 43 Abs. 5 S. 3 GenG allerdings eine wesentliche Einschränkung. Denn nach dieser Vorschrift kann ein Bevollmächtigter nicht mehr als zwei Mitglieder vertreten. Satzungsautonomie war den Genossenschaften bis zur Reform 2006 nur dahingehend eingeräumt, die Stimmrechtsvertretung vollständig auszuschließen oder als dessen Minus auf nur ein Mitglied pro Bevollmächtigtem einzuschränken. Dies ergab sich allerdings nicht aus § 43 Abs. 5 S. 3 GenG, sondern vielmehr aus § 43 Abs. 5 S. 4 GenG a. F. Diese Bestimmung hat der Gesetzgeber nun ersatzlos gestrichen. Deshalb dürfen Genossenschaften im Bereich der Stimmrechtsvertretung künftig nur noch persönliche Voraussetzungen für Bevollmächtigte aufstellen.439 Jede andere Satzungsbestimmung würde gegen § 18 S. 2 GenG verstoßen und wäre daher nichtig. Durch die Begrenzung auf zwei Mitglieder pro Bevollmächtigtem wird die Suche nach potenziellen Vertretern ebenso wie durch die satzungsmäßige Aufstellung persönlicher Voraussetzungen erschwert. Während sich die Mitglieder letztere Beschränkung selbst auferlegen, gilt erstere kraft Gesetzes. Zwar können sich Bevollmächtigte in unbegrenztem Umfang Stimmvollmachten von Mitglie438 Ebenso Bauer, § 43 Rn. 166; Beuthien, § 43 Rn. 40; Müller, § 43 Rn. 58; Geschwandtner/Titze, GenKurier 02/2003, 35, 39. Siehe auch BGHZ 43, 261, 267 (zur GmbH). 439 Unzutreffend insofern Beuthien, § 43 Rn. 39, der unter Verweis auf § 43 Abs. 5 S. 4 GenG n. F. weiterhin davon ausgeht, dass eine Einschränkung auf nur ein Mitglied pro Bevollmächtigtem zulässig ist. Siehe dazu auch BT-Drucks. 16/1025, S. 86.

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dern erteilen lassen. Vertreten können sie bei einer Beschlussfassung aber stets nur zwei von ihnen. Will ein Mitglied also sichergehen, dass sich der Aufwand einer Vollmachtserteilung lohnt, indem das Stimmrecht auch tatsächlich ausgeübt wird, wird es sich stets bei der Person des zu Bevollmächtigenden zu erkundigen haben, ob diesem bereits zwei Stimmvollmachten erteilt worden sind. Dass dies in hohem Maße unpraktikabel ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Bedenklich stimmt die Regelung vor allem im Hinblick auf mitgliederstarke Genossenschaften, in denen die Ein-Mitglied-Eine-Stimme-Regelung gilt. Denn in diesen ist der Stimmrechtseinfluss des einzelnen Mitglieds ohnehin äußerst gering.440 Die Beschränkung auf zwei Mitglieder pro Bevollmächtigtem führt nun obendrein noch dazu, dass sich jene Mitglieder nicht einmal durch eine gewisse Bündelung ihrer Einzelstimmen Gehör zu verschaffen vermögen.441 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was den Gesetzgeber zu einer derartigen Regelung bewogen haben mag. bb) Erwägungen des Gesetzgebers Festzuhalten ist zunächst, dass der Gesetzesentwurf der Bundesregierung aus dem Jahre 1973 noch eine Begrenzung auf fünf Mitglieder pro Bevollmächtigtem vorsah.442 Eine Herabsetzung auf zwei Mitglieder erfolgte erst auf Betreiben des Rechtsausschusses.443 Ebenso wie bei der Begrenzung auf gerade drei Stimmen in § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 GenG handelt es sich also nicht um eine genossenschaftstheoretisch zwingende Obergrenze, sondern lediglich um einen rechtspolitischen Kompromiss. Zur Begründung der Vollmachtsgrenze führt die damalige Bundesregierung an, dass durch die Stimmrechtsvertretung die persönliche Bindung des Mitglieds an die Genossenschaft gelockert werde.444 Um zu verhindern, dass diese Lockerung missbraucht wird, solle ein Bevollmächtigter nicht mehr als fünf Mitglieder vertreten dürfen.445 Worin genau die Missbrauchsgefahr bestehen soll, lässt sich der Begründung jedoch nicht entnehmen. Ebenso wenig wird diskutiert, warum die allgemeinen Stellvertretungsregeln zur Verhinderung der angeführten Missbrauchsgefahr nicht genügen sollen. 440

Siehe dazu bereits oben § 14 A. Dies kritisiert auch Harbrecht, Herausforderungen an die Genossenschaft, S. 100. 442 BT-Drucks. 7/97, S. 25, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 249. 443 BT-Drucks. 7/659, S. 6 f. u. 21, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 303 u. 322. 444 BT-Drucks. 7/97, S. 25, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 249. 445 BT-Drucks. 7/97, S. 25, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 249. 441

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Die Begründung des Rechtsausschusses fällt etwas ausführlicher aus. Allerdings ist hier nicht von der Verhinderung eines wie auch immer gearteten Missbrauchs die Rede, sondern von einer Gefahr für die „genossenschaftliche Demokratie“, die darin begründet liegen soll, dass Stimmen bei einem Vertreter ansonsten zu stark kumuliert werden könnten.446 Zur Herabsetzung auf lediglich zwei Stimmvollmachten führt der Bericht des Rechtsausschusses aus, dass bei drei Stimmen pro Mitglied (vgl. § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 GenG) und fünf Mitgliedern pro Bevollmächtigtem ein Vertreter, der selbst Mitglied ist, über bis zu achtzehn Stimmen verfügen könnte.447 Dies sei auch unter Berücksichtigung der berechtigten Anliegen der genossenschaftlichen Praxis nicht vertretbar.448 Mit zwei Mitgliedern pro Bevollmächtigtem könne den auftretenden Bedürfnissen ausreichend Rechnung getragen werden.449 Inwiefern von einer Kumulation von Stimmen eine Gefahr für die „genossenschaftliche Demokratie“ ausgehen soll, die sogar eine Begrenzung auf fünf Mitglieder unvertretbar erscheinen lässt, kann der Begründung allerdings nicht entnommen werden. cc) Kritik Soweit eine Missbrauchsgefahr zur Begründung der zwingenden Vollmachtsgrenze angeführt wird, könnte diese vor allem darin bestehen, dass der Bevollmächtigte das Stimmrecht in anderer Weise ausübt als das Mitglied bei persönlicher Anwesenheit. Insbesondere besteht die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass der Bevollmächtigte dem Interesse des vertretenen Mitglieds zuwider handelt, also etwa aus sachfremden Erwägungen heraus und in seinem eigenen Interesse vom Stimmrecht Gebrauch macht. Bestünde keine Vollmachtsgrenze, so könnte er in gleicher Weise für eine Vielzahl von Mitgliedern verfahren und so gegebenenfalls Beschlüsse erwirken, welche die Genossenschaft zu schädigen geeignet sind. Nicht zuletzt in Anbetracht der bereits aufgezeigten Konsequenzen450 vermögen derartige Befürchtungen die Regelung des § 43 Abs. 5 S. 3 GenG in ihrer gegenwärtigen Fassung aber nicht zu rechtfertigen. Zunächst lässt die Bundesregierung bei der angenommenen Missbrauchsgefahr offenbar völlig außer Betracht, dass dies keinen spezifisch genossenschaftsrechtlichen Problemkreis be446 BT-Drucks. 7/659, S. 6 f., abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 303. 447 BT-Drucks. 7/659, S. 7, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 303. 448 BT-Drucks. 7/659, S. 7, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 303. 449 BT-Drucks. 7/659, S. 7, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 303. 450 Siehe dazu oben § 17 B. II. 2. e) aa).

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trifft, sondern vor allem in den Grundsätzen über den Missbrauch der Vertretungsmacht anzusiedeln ist (§§ 164 ff. BGB).451 Der Gesetzgeber hat also bereits anderweitig berücksichtigt, dass der Vertreter nicht immer im Interesse des Vertretenen handelt. Auch aus dem genossenschaftlichen Vereinigungszweck lassen sich keine Gründe dafür ableiten, warum die allgemeinen Stellvertretungsregeln bei anderen Gesellschaftsformen genügen sollen, bei Genossenschaften hingegen nicht. Jede Stimmvollmacht muss zudem von der Person des zu Bevollmächtigenden durch persönliches Vertrauen eingeworben werden und ist jederzeit widerruflich.452 Darüber hinaus gilt bei Interessenkollisionen der Stimmrechtsausschluss des § 43 Abs. 6 GenG ebenso für Bevollmächtigte. Auch die vom Rechtsausschuss angeführte „Gefährdung der genossenschaftlichen Demokratie“ vermag die zwingende Vollmachtsgrenze nicht zu rechtfertigen. In Genossenschaften ist die Demokratie grundsätzlich keine andere als etwa in der Aktiengesellschaft oder in der GmbH. Durch das auf die Regelung des § 43 Abs. 3 S. 1 GenG zurückzuführende Kopfstimmrecht wird nur die Mitgliederdemokratie absolut gesetzt in dem Sinne, dass jedes Mitglied auch gleichzeitig nur eine Stimme hat. Daran würde sich aber nichts ändern, wenn einzelne Bevollmächtigte für Mitglieder deren Stimmrecht ausüben. Dies gilt unabhängig von der Anzahl vertretener Mitglieder. Denn jedes Mitglied behält seine eine Stimme, auch wenn sie gebündelt von einem Bevollmächtigten ausgeübt wird. Nichts anderes gilt für Mehrstimmrechte, da jedes Mitglied auch hier seine Stimmen behält und einem Bevollmächtigten lediglich erlaubt, sie an seiner Stelle auszuüben. Bereits gegenwärtig erlaubt die Regelung zudem, dass mehr Stimmen in der Generalversammlung vertreten sind als Personen hieran teilnehmen, was zum einen auf die Stimmrechtsvertretung und zum anderen auf Mehrstimmrechte zurückzuführen ist, ohne dass hiervon eine irgendwie geartete Gefahr für die genossenschaftliche Demokratie ausgehen würde. Wenn mithilfe einer Kumulation von eingeworbenen Stimmen bestimmte Beschlüsse durchgesetzt werden, so ist nicht ersichtlich, wie dies eine Gefahr für die Demokratie in Genossenschaften darstellen könnte. Jedenfalls dürfte es ihr nicht entgegenstehen, wenn sich für bestimmte Vorhaben womöglich sogar eine Stimmenmehrheit für ein weisungsgebundenes Mandat gewinnen lässt. Jedes Mitglied hat hierbei die gleiche Chance, Stimmvollmachten einzuwerben, die im Übrigen zu jeder Zeit widerruflich sind.453 Zutreffend wird im Schrifttum insoweit darauf hingewiesen, dass „kein dem aktienrechtlichen Depotstimmrecht (§ 135 AktG) vergleichbarer Sammeleffekt“ droht.454 Letztlich dürfte eine Auf451 Ausführlich hierzu Medicus, BGB AT, S. 399 ff.; ders./Petersen, Bürgerliches Recht, S. 48 ff.; Staudinger/Schilken, § 167 Rn. 91 ff. 452 Hierauf weist zutreffend Beuthien, NZG 2008, 210, 215 hin. 453 So auch Beuthien, DB 2000, 1161, 1162; ders., Strukturwandel, S. 15. 454 Beuthien, NZG 2008, 210, 215.

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hebung der Vollmachtsgrenze sogar die Stimmpräsenz erhöhen, da dann selbst Mitglieder mit nur einer Stimme in der Stimmrechtsvertretung ein Mittel zur Einflussnahme in der Hand hätten.455 Gleichzeitig würde dies auch die Legitimation gefasster Beschlüsse erhöhen. Wie in Demokratien üblich, wird die Opposition über Mehrheitserfordernisse geschützt. Je nach Bedeutung der Beschlussmaterie nimmt das Genossenschaftsgesetz dabei bereits Abstufungen vor. Dies gilt nicht nur für die jeweils zu erreichenden Quoren, sondern auch für die Freiheit der Genossenschaften, von der gesetzlichen Regelung abzuweichen. Die Regelung des § 43 Abs. 5 S. 3 GenG ist zum Schutze der Demokratie in Genossenschaften insoweit gar nicht erforderlich. Vielmehr erweist sie sich stattdessen als Quelle der Unabhängigkeit des Vorstands und schadet damit einer effektiven Mitgliederkontrolle in der Generalversammlung. Soweit im Schrifttum schließlich die Auffassung vertreten wird, die Regelung des § 43 Abs. 5 S. 3 GenG solle verhindern, dass sich vor allem in der Hand der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder eine große Zahl von Stimmen vereinigen,456 so wäre einem dahingehenden Regelungszweck unter Corporate Governance-Gesichtspunkten zwar grundsätzlich zuzustimmen. Allerdings könnte einer Missbrauchsgefahr insoweit dadurch begegnet werden, dass die Regelung des § 43 Abs. 5 S. 3 GenG auf Mitglieder beschränkt wird, die ein Vorstands- oder Aufsichtsratsamt bekleiden. Eine solche Differenzierung wäre sachlich gerechtfertigt und würde daher nicht gegen den genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. dd) Änderungsvorschläge Damit die Möglichkeiten der einfachen Mitglieder, ihr Stimmrecht (kumuliert) auszuüben, nicht weiterhin ohne tragfähigen Grund eingeschränkt werden, sollte nach dem Vorstehenden erwogen werden, den Anwendungsbereich des § 43 Abs. 5 S. 3 GenG auf Mitglieder zu beschränken, die ein Vorstands- oder Aufsichtsratsamt ausüben. Dadurch würde zudem ein bedeutender gesellschaftsrechtlicher Wettbewerbsnachteil der Genossenschaft beseitigt. Obwohl es hierzu – jenseits einer ersatzlosen Streichung der Vorschrift457 – an sich keine konsequente Alternative gibt, sollte den Genossenschaften zumindest gestattet werden, von der gegenwärtigen Regelung durch Satzungsbestimmung dahingehend abzuweichen, dass ein Bevollmächtigter auch mehr als zwei Mitglieder vertreten kann.458 455

Siehe hierzu auch Beuthien, NZG 2008, 210, 215. Henssler/Strohn-Geibel, § 43 GenG Rn. 18. 457 Für eine Streichung Harbrecht, Herausforderungen an die Genossenschaft, S. 100. 458 Als Minimallösung fordert dies auch Beuthien, NZG 2008, 210, 215; ders., Strukturwandel, S. 51. 456

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4. Kap.: Mechanik kollektiver Willensbildung 3. Briefwahl

Soweit die Satzung die schriftliche oder elektronische Stimmabgabe auf der Grundlage des § 43 Abs. 7 S. 1 GenG zulässt, können Mitglieder, die nicht selbst an der Generalversammlung teilnehmen wollen, auch durch Briefwahl von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen.459 Die Vorschrift erlaubt demnach zwar keine Abkehr vom Grundsatz der Präsenzversammlung, wohl aber, dass Mitglieder ihr Stimmrecht nicht mehr nur in der Generalversammlung ausüben können und stellt damit eine anderweitige Bestimmung im Sinne von § 43 Abs. 1, 2. Hs. GenG dar. Für eine derartige Satzungsänderung hält das Genossenschaftsgesetz keine spezielle Regelung bereit (vgl. § 16 Abs. 2, 3 GenG), so dass sie nach § 16 Abs. 4 GenG einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedarf. Bei der Ausgestaltung der Briefwahl ist den Genossenschaften ein hohes Maß an Satzungsautonomie eingeräumt. Die Vorschrift des § 43 Abs. 7 S. 1 GenG bestimmt – terminologisch fehlerhaft460 – nur, dass die Satzung zulassen kann, dass „Beschlüsse der Mitglieder schriftlich oder in elektronischer Form gefasst werden“ und überlässt „das Nähere“ einer Satzungsregelung. In ihrer Entwurfsbegründung führt die Bundesregierung dazu aus, dass die Satzung „durch ein entsprechendes Regelwerk sicherstellen [muss], dass die Rechte aller Mitglieder gewahrt bleiben und die Ordnungsmäßigkeit der Stimmabgabe gewährleistet ist.“ 461 Sie muss also insbesondere Regelungen darüber enthalten, bis zu welchem Zeitpunkt und an welcher Stelle die schriftlich oder elektronisch abgegebenen Stimmen zugegangen sein müssen.462 Ferner sollte sie regeln, ob abgegebene Stimmen bis zum Ende der Abstimmung in der Generalversammlung widerrufen werden können.463 Als frühester Zeitpunkt für eine Stimmabgabe im Vorfeld der Präsenzversammlung ist der Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung sinnvoll. Dabei wird es erforderlich sein, dass die Tagesordnung konkrete Beschlussvorschläge enthält (vgl. § 124 Abs. 3 AktG), um die Briefwähler trotz ihrer Abwesenheit in die Lage zu versetzen, vom Stimmrecht in verantwortlicher Weise Gebrauch zu machen. Von § 43 Abs. 7 S. 1 GenG nicht umfasst sind sonstige Mitgliederrechte. Dem abwesenden Briefwähler, der weder als „Teilnehmer“ noch als „in der Generalversammlung erschienen“ zu qualifizieren ist, können daher weder Rede-, Auskunfts- noch Antragsrecht eingeräumt werden.

459 Siehe hierzu die Ausführungen unter § 14 A. I. 4. b). Seit Inkrafttreten des ARUG ist nunmehr auch im Aktienrecht die Stimmabgabe durch Briefwahl möglich (vgl. § 118 Abs. 2 AktG n. F.). Siehe dazu Noack, NZG 2008, 441, 444 f.; Schaaf/Slowinski, ZIP 2011, 2444, 2444 ff. 460 Vgl. oben § 14 A. I. 4. b). 461 BT-Drucks. 16/1025, S. 87. 462 So auch Noack, NZG 2008, 441, 445 in Bezug auf § 118 Abs. 2 AktG n. F. 463 Noack, NZG 2008, 441, 445.

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Soweit die Stimmrechtsausübung auf der Grundlage des § 43 Abs. 7 S. 1 GenG „schriftlich oder in elektronischer Form“ zugelassen werden soll, ist zu berücksichtigen, dass die auf Art. 58 Abs. 4 SCE-VO zurückzuführende Formulierung (dort: „auf schriftlichem Wege oder in elektronischer Form“) eine grenzüberschreitende Stimmrechtsausübung nicht körperlich anwesender Mitglieder ermöglichen sollte. Aus diesem Grund kann zwar das Wort „schriftlich“ im Sinne des § 126 BGB verstanden werden, nicht aber die Worte „in elektronischer Form“ im Sinne des § 126a BGB.464 Hierfür hätte es wegen des Verweises des § 126 Abs. 3 BGB auf § 126a BGB bereits keiner ausdrücklichen Erwähnung im Genossenschaftsgesetz bedurft. Vor allem aber ist die elektronische Signatur weder in Deutschland noch international weit verbreitet,465 so dass im Hinblick auf die Regelung des Art. 58 Abs. 4 SCE-VO nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Verordnungsgeber die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Stimmrechtsausübung „in elektronischer Form“ im Sinne des § 126a BGB verstanden wissen wollte. Demnach sind diese Worte in Art. 58 Abs. 4 SCE-VO und damit letztlich auch in § 43 Abs. 7 S. 1 GenG im Sinne von § 126b BGB (Textform) zu verstehen. Die mit herkömmlicher Email abgegebene Stimme kann also Briefwahl sein. Dabei steht es der satzungsändernden Mehrheit grundsätzlich frei, ob sie beide Formen der Stimmabgabe zulassen will oder lediglich eine von ihnen. 4. Ergebnis

Im Hinblick auf die Stimmrechtsausübung insgesamt ist zunächst die nunmehr mögliche Zulassung der Briefwahl positiv hervorzuheben. Sinnvoll ist diese indes nur, wenn die Tagesordnung konkrete Beschlussvorschläge enthält. Bei der Stimmrechtsvertretung ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber den Genossenschaften die Möglichkeit genommen hat, sie durch Satzungsbestimmung vollständig auszuschließen. Mit der für eine Vollmachtserteilung allerdings weiterhin erforderlichen Schriftform gestaltet sich diese unnötig aufwändig, was in letzter Konsequenz dazu führen kann, dass Mitglieder hiervon absehen. Besonders kritisch ist das Festhalten an der Regelung des § 43 Abs. 5 S. 3 GenG in ihrer gegenwärtigen Fassung zu beurteilen. Denn diese schränkt die Möglichkeiten der einfachen Mitglieder, ihr Stimmrecht (kumuliert) auszuüben, weiterhin ohne tragfähigen Grund ein. Sie erschwert dadurch eine effektive Mitgliederkontrolle in der Generalversammlung und erweist sich damit auch für die Zukunft als Quelle der Unabhängigkeit des Vorstands.

464 465

445.

A. A. Bauer, § 43 Rn. 206, der allerdings allein auf den Wortlaut abstellt. So ausdrücklich BT-Drucks. 16/11642, S. 96; ebenso Noack, NZG 2008, 441,

5. Kapitel

Einfluss auf den Vorstand Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass das geltende Recht der Kontrollfunktion der Mitglieder nicht hinreichend Rechnung trägt. Dies gilt sowohl für die Ausgestaltung der organisationsrechtlichen Hürden, um einen kollektiven Willen in der Generalversammlung bilden zu können, als auch für die Möglichkeiten der Mitglieder, sich an der kollektiven Willensbildung zu beteiligen und hierauf Einfluss zu nehmen. Das Genossenschaftsgesetz bedarf einiger Änderungen, auch um seitens der Mitglieder eine verantwortungsvolle Kontrolle überhaupt erwarten zu können. Da die Ausübung der Generalversammlungskompetenzen von der Ausgestaltung der hierauf gerichteten Mitgliederrechte abhängig ist, kann dies die Mitgliederkontrolle insgesamt in nicht unerheblichem Maße erschweren. Vor diesem Hintergrund soll nunmehr der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit der Kontrollfunktion der Mitglieder auf Ebene der Generalversammlungskompetenzen Rechnung getragen wird. Konkret bedeutet dies, dass der Generalversammlung Kompetenzen eingeräumt sein müssen, die es ihr – vor allem auch im Hinblick auf deren gesetzliche Ausgestaltung – erlauben, Einfluss auf ein Handeln des Vorstands im Sinne des § 1 Abs. 1 GenG zu nehmen. Die folgende Untersuchung beschränkt sich dabei auf die entsprechenden Kompetenzen, die der Generalverammlung gesetzlich eingeräumt sind, während sie Kompetenzen, die zusätzlich aus einer Satzungsregelung erwachsen können, außer Betracht lässt.1

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands Der Vorstand ist nach § 27 Abs. 1 S. 1 GenG für die Leitung und damit für die Geschäftspolitik der Genossenschaft zuständig. Welche Leistungen die Gesellschaft ihren nutzenden Mitgliedern anbietet, hängt folglich davon ab, welche Ge1 Mithin werden etwa satzungsmäßige Beschränkungen der eigenverantwortlichen Leitungsmacht nach § 27 Abs. 1 S. 2 GenG nicht behandelt. Siehe dazu vor allem Beuthien, ZfgG 25 (1975), 180 ff.; Gessler, FS Reinhardt, S. 237 ff.; Großfeld/Apel, Stellung des Vorstands, S. 185, 195 ff.; Holzberger, Die eigenverantwortliche Leitung der eG durch den Vorstand, S. 50 ff.; Neumann, Willensbildung, S. 113 ff.; Keßler, in: Steding (Hrsg.), Genossenschaftsrecht im Spannungsfeld von Bewahrung und Veränderung, S. 121 ff.; Schnorr von Carolsfeld, ZfgG 23 (1973), 7, 12 ff.; Schultz, NJW 1974, 161, 162 f.; Westermann, FS Reinhardt, S. 359 ff.; ders., ZfgG 23 (1973), 320, 338 ff.

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

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schäftspolitik die Organmitglieder betreiben.2 Mit der Entscheidung darüber, welche Personen dem Vorstand als Mitglied angehören, kann demnach also Einfluss darauf genommen werden, welche Geschäftspolitik betrieben wird und – insoweit – welches Leistungsangebot von der Genossenschaft zu erwarten ist. Dass sich Angebot und Nachfrage treffen, ist am wahrscheinlichsten, wenn die Nachfrageseite bestimmen kann, wer auf der Angebotsseite für die Geschäftspolitik verantwortlich sein soll.3 Von daher ist es sachgerecht, dass der Gesetzgeber die Entscheidung über die Stellung als Mitglied des Vorstands in § 24 Abs. 2 S. 1 GenG grundsätzlich der Generalversammlung zuweist, indem er sie für die Bestellung und Abberufung der Amtsträger für zuständig erklärt.4 Dass die Generalversammlung grundsätzlich nicht nur für die Bestellung, sondern auch für die Abberufung zuständig ist, ist bereits vor der Reform 2006 unbestritten gewesen, obwohl § 24 Abs. 2 GenG a. F. keine dahingehende Kompetenzzuweisung enthielt. Ihre Zuständigkeit wurde insoweit aus § 40 GenG abgeleitet. Nach dieser Vorschrift kann der Aufsichtsrat Vorstandsmitglieder nur vorläufig ihres Amtes entheben und hat in diesem Fall unverzüglich eine Generalversammlung einzuberufen, damit diese über den Verbleib im Amte eine endgültige Entscheidung trifft.5 Die Aufnahme der Worte „und abberufen“ in § 24 Abs. 2 S. 1 GenG n. F. hat insofern nur Klarstellungscharakter.6 Mangels konkreter Vorgaben ist dabei sowohl für den Bestellungs- als auch für den Abberufungsbeschluss nach § 43 Abs. 2 S. 1 GenG eine einfache Stimmenmehrheit ausreichend.7 Der Generalversammlung steht es gemäß § 43 Abs. 2 S. 2 GenG allerdings frei, durch Satzungs-

2 In der Ausgestaltung der Geschäftspolitik sind die Amtsträger – in den Grenzen des § 1 Abs. 1 GenG und innerhalb der im Unternehmensgegenstand (§ 6 Nr. 2 GenG) konkretisierten Mitgliederbelange – grundsätzlich frei. Frei sind allerdings auch die nutzenden Mitglieder darin, das genossenschaftliche Leistungsangebot anzunehmen. Durch Satzungsbestimmungen können sie sich allenfalls selbst eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs auferlegen (vgl. § 16 Abs. 3 GenG). 3 Siehe dazu bereits oben § 8. 4 Die nachfolgenden Ausführungen gelten unter dem Vorbehalt, dass eine Genossenschaft weniger als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt. Denn bei Überschreitung dieser Zahl unterfällt die Gesellschaft den Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes. Dies hat zur Folge, dass die Vorstandsmitglieder nach § 31 Abs. 1 MitbestG i.V. m. § 84 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG zwingend vom Aufsichtsrat zu bestellen und abzuberufen sind. Auf weitere Besonderheiten, die auf das Mitbestimmungsgesetz zurückzuführen sind, soll nur am Rande eingegangen werden. 5 Darauf weist BT-Drucks. 16/1025, S. 84 hin. 6 So auch BT-Drucks. 16/1025, S. 84: „Im Grundsatz verbleibt es bei der Zuständigkeit der Generalversammlung als oberstem Organ der Genossenschaft für die Wahl wie auch für die Abberufung der Vorstandsmitglieder“. 7 Anders dagegen etwa § 36 Abs. 3 S. 2 GenG, wonach der Beschluss über die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern „einer Mehrheit [bedarf], die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfasst“.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

bestimmung hiervon abzuweichen, also höhere oder niedrigere Voraussetzungen aufzustellen.8 Im Folgenden soll zunächst auf die Rechtsnatur von Bestellung und Abberufung sowie auf die Amtsdauer von Vorstandsmitgliedern eingegangen werden, um auf dieser Grundlage Vorschriften zu untersuchen, die hiermit in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen und insoweit auch unmittelbaren Einfluss auf die Ausübung jener Generalversammlungskompetenzen haben.

A. Bestellung und Abberufung I. Rechtsnatur Die Bestellung ist ein einseitiger, empfangsbedürftiger, körperschaftlicher Organisationsakt, durch den die Genossenschaft dem zu Bestellenden die organschaftliche Mitgliedschaft in dem Gesamtorgan Vorstand anträgt.9 Wirksamkeit erlangt sie jedoch erst mit der Annahme durch den Gewählten, da mit der Organstellung nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten verbunden sind und letztere nicht ohne oder gegen den Willen dieser Person übergehen können.10 Die Annahme ist allerdings an keine Form gebunden.11 Sie kann ausdrücklich oder konkludent erklärt werden. Als Kehrseite der Bestellung hebt die Abberufung die körperschaftliche Eingliederung der Person für die Zukunft wieder auf. Mit dem Verlust der Organstellung entfallen die hieran geknüpften organisationsrechtlichen Rechte und Pflichten. Daraus erklärt sich, warum die Abberufung anders als die Bestellung keiner Annahme durch die betroffene Person bedarf. Sie wäre im Übrigen auch wenig wahrscheinlich, da die Abberufung im Gegensatz zur Amtsniederlegung zumeist unfreiwillig erfolgt. Hinsichtlich beider Organisationsakte verwendet das Genossenschaftsgesetz allerdings keine einheitliche Terminologie. So heißt es in § 24 Abs. 2 S. 1 GenG, dass der Vorstand von der Generalversammlung gewählt und abberufen wird. Nach § 24 Abs. 2 S. 2 GenG hingegen kann die Satzung eine andere Art der Bestellung und Abberufung bestimmen. Nach § 24 Abs. 3 S. 2, 1. Hs. GenG wiederum ist die Bestellung zu jeder Zeit widerruflich. Dennoch bringt der Gesetz8 Bei der mitbestimmten Genossenschaft schreibt § 31 Abs. 2 MitbestG für den Bestellungsbeschluss des Aufsichtsrats eine zwei Drittel Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder vor. Selbiges gilt nach § 31 Abs. 5, 2 MitbestG für den Abberufungsbeschluss. 9 Bauer, § 24 Rn. 111; Beuthien, § 24 Rn. 13; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 16. 10 Beuthien, § 24 Rn. 13; Lang/Weidmüller-Schaffland, § 24 Rn. 40; Müller, § 24 Rn. 29. Siehe auch BGH, NJW 1975, 2101 (zum e. V.). 11 Bauer, § 24 Rn. 90.

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

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geber mit den Worten „andere Art der Bestellung und Abberufung“ zum Ausdruck, dass er die „Wahl“ als Synonym zur „Bestellung“ begreift. Dies ist insofern zutreffend, als jeder Bestellung eine Wahl, d.h. eine Personalentscheidung zugrunde liegt. Indes führt umgekehrt nicht jede Wahl zu einer „Bestellung“, da nicht jedem Gewählten mit der Wahl eine Organstellung angetragen wird. Als Beispiel dafür mag die Wahl Bevollmächtigter i. S. d. §§ 39 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, 57 Abs. 5 GenG dienen. Sie erwerben keine Organstellung, werden aber dennoch von der Generalversammlung gewählt. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber auch „Abberufung“ und „Widerruf der Bestellung“ synonym versteht.12 In beiden Fällen soll es sich um den körperschaftlichen Gegenakt zur Bestellung handeln.13 Da den Terminologieunterschieden demzufolge kein eigenständiger Aussagewert zukommt, hätte es sich angeboten, nach dem Vorbild des Art. 37 Abs. 2 SCE-VO lediglich die Worte „Bestellung und Abberufung“ im Genossenschaftsgesetz zu verwenden. Unpräzise ist zudem, dass nicht „der Vorstand“ gewählt und abberufen wird, sondern dessen Mitglieder. Das Leitungsorgan besteht ständig fort, und dies sogar dann, wenn es zwischenzeitlich keine Mitglieder haben sollte.14 Der Gesetzgeber hätte die Reform 2006 dazu nutzen sollen, dies nach dem Vorbild des Art. 37 Abs. 2 SCE-VO i.V. m. § 12 SCEAG zu ändern.15 II. Amtsdauer Die Bestellung zum Mitglied des Vorstands ist mangels gesetzlicher Vorgaben sowohl befristet als auch unbefristet möglich.16 Als Befristung gilt dabei jede zeitliche Begrenzung der Amtsdauer. Zumeist besteht sie darin, dass das Amt mit Ablauf eines bestimmten Zeitraums (Wahlperioden) oder mit Erreichen eines bestimmten Alters enden soll.17 Auch eine Kombination ist möglich. Im Falle von Wahlperioden kann die Wiederwahl beschränkt oder ausgeschlossen werden.18 Sehen weder die Satzung noch der Bestellungsbeschluss eine Befristung vor, ist 12

BT-Drucks. 16/1025, S. 84 f. So auch Beuthien, § 24 Rn. 20. Vor allem darf der „Widerruf“ der Bestellung nicht mit dem Widerruf im Verbraucherrecht verwechselt werden. Die Organstellung wird hier ex nunc beendet und nicht ex tunc beseitigt. 14 Dies verkennt der Gesetzgeber auch bei der im Rahmen des MoMiG neu eingeführten Vorschrift des § 24 Abs. 1 S. 2 GenG („Hat eine Genossenschaft keinen Vorstand (Führungslosigkeit), [. . .].“). Wie hier Beuthien, FS Zöllner, S. 97 f.; ders., NJW 1999, 1142, 1143 f. 15 Zutreffend auch § 84 Abs. 1 S. 1 AktG. 16 Anders dagegen § 36 Abs. 3 S. 1 GenG für die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder. Das Gesetz legt hier allerdings nur fest, dass die Bestellung befristet erfolgen muss und trifft weiter keine Vorgaben. Theoretisch könnten die Aufsichtsratsmitglieder daher auch auf 20 und mehr Jahre und insofern faktisch unbefristet bestellt werden. 17 Siehe auch Bauer, § 24 Rn. 96. In der Praxis üblich sind drei bis fünf Jahre (vgl. Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 16). 18 Beuthien, § 24 Rn. 11. 13

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

der Gewählte auf unbestimmte Zeit bestellt.19 Zulässig ist es auch, einen Teil der Vorstandsmitglieder befristet und einen anderen Teil unbefristet zu bestellen und hinsichtlich der befristet zu bestellenden Amtsträger individuell verschiedene Regelungen zu treffen.20 Unabhängig davon, ob ein Vorstandsmitglied befristet oder unbefristet bestellt ist, kann es nach § 24 Abs. 3 S. 2 GenG „zu jeder Zeit“ und damit ohne Vorliegen eines rechtfertigenden Grundes wieder abberufen werden. Entgegenstehende Satzungsregelungen sind wegen Verstoßes gegen § 18 S. 2 GenG nichtig.21 Die Vorschrift des § 24 Abs. 3 S. 2 GenG geht in dieser Fassung auf § 16 Abs. 2 S. 2 PreußGenG zurück, mit der der Bestimmung des Art. 227 Abs. 3 ADHGB 1861 entsprochen werden sollte.22 Jene Regelung fasste das Rechtsverhältnis der Vorstandsmitglieder zur Gesellschaft unter französischem Einfluss (révocation ad nutum) als Mandat (Vollmachtsauftrag) auf.23 Deutlich kam dies in der Begründung des Regierungsentwurfs zur Aktienrechtsnovelle 1884 zum Ausdruck: „Als Organe der Gesellschaft leiten Vorstand und Aufsichtsrath ihre Stellung aus deren Auftrage ab. Sie sind Mandatare der Gesellschaft, und deshalb haben sie schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen kein eigenes Recht, selbst wider den Willen der Gesellschaft für die Dauer der Wahlperiode in ihrer Stellung belassen zu werden.“ 24 Unzutreffend ist daher die im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum geäußerte Ansicht, die jederzeitige Widerruflichkeit liege in der „weitgehend uneingeschränkten Leitungsmacht des Vorstands gem. § 27 [GenG]“ begründet,25 obwohl zumindest die Eigenverantwortlichkeit jener Leitungsmacht erst 1973 eingeführt worden ist. Aus der Regelung des § 24 Abs. 3 S. 2 GenG folgt, dass das persönliche Interesse des Amtsträgers am Fortbestand seiner Organstellung im Genossenschaftsrecht keinen Vertrauensschutz genießt.26 Daher muss die Generalversammlung 19

Bauer, § 24 Rn. 97; Lang/Weidmüller-Schaffland, § 24 Rn. 37. Bei der mitbestimmten Genossenschaft kann die Bestellung nur befristet erfolgen, und zwar auf höchstens fünf Jahre (vgl. § 31 Abs. 1 MitbestG i.V. m. § 84 Abs. 1 S. 1 AktG). 21 Bei der mitbestimmten Genossenschaft ist eine Abberufung demgegenüber nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich (vgl. § 31 Abs. 1 MitbestG i.V. m. § 84 Abs. 3 AktG). 22 Vgl. die Motive zum Abschnitt III. des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften – Stenographische Berichte des Preußischen Landtages (Abgeordnetenhaus) 1866, Aktenstück Nr. 86, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 78, 100. 23 Vgl. Fleischer, AG 2006, 429, 429 f. m.w. N.; ders., in: Bayer/Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, S. 432 f. 24 Drucksache zu den Verhandlungen des Bundesraths des deutschen Reichs, 1883, Bd. II, Nr. 74, S. 149. 25 Lang/Weidmüller-Schaffland, § 24 Rn. 73. 26 Ähnlich Beuthien (14. Aufl.), § 24 Rn. 34. Mangels Vertrauensschutzes kann das Abberufungsrecht auch nicht verwirkt werden. 20

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

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das Vorstandsmitglied auch nicht vorher anhören,27 obwohl dies in Einzelfällen, insbesondere bei längerer, pflichtgetreuer und verdienstvoller Amtstätigkeit durchaus fair und dienlich sein kann.28 Eine gegenteilige Auffassung könnte vor allem nicht damit begründet werden, dass es sich bei den Vorstandsmitgliedern in der Regel um Mitglieder der Genossenschaft handelt und ein Anspruch auf rechtliches Gehör insofern aus dem zwischen Mitglied und Gesellschaft bestehenden Treueverhältnis folgt.29 Denn dies liefe nicht nur dem klaren Gesetzeswortlaut des § 24 Abs. 3 S. 2 GenG zuwider, wonach der Amtsträger gerade keine tatsächlich oder rechtlich erheblichen Einwendungen gegen den Verlust der Organstellung geltend machen kann, sondern ließe zudem unberücksichtigt, dass sich dem (Treue-)Verhältnis zwischen Mitglied und Genossenschaft keine Aussage über das Verhältnis zwischen Vorstandsmitglied und Genossenschaft entnehmen lässt. Zudem lässt der Verlust der Organstellung die Mitgliedschaft grundsätzlich unberührt. Nur soweit diese selbst in Frage steht, wie dies etwa bei einem beabsichtigten Ausschluss aus der Gesellschaft der Fall wäre, besteht ein Anspruch auf rechtliches Gehör.30 III. Kritik und Lösungsansatz Vor allem die jederzeitige Abberufungsmöglichkeit verleiht der Generalversammlung erheblichen Einfluss auf die Leitungstätigkeit der Vorstandsmitglieder, sieht man einmal von den organisatorischen Hürden ab, das Mitgliederorgan von sich aus darüber abstimmen zu lassen. Fraglich ist indes, ob es ratsam gewesen ist, den Genossenschaften weiterhin eine sich über einen sehr langen Zeitraum erstreckende befristete oder sogar unbefristete Bestellung zu erlauben und nicht wie die Vorschrift des § 84 Abs. 1 S. 1 AktG eine Bestellungshöchstdauer von fünf Jahren vorzusehen.31 Gewiss würde dies eine Einschränkung der Satzungsautonomie der Genossenschaften bedeuten. Vor allem könnte eingewandt werden, dass es den Mitgliedern in der Generalversammlung unbenommen bleibt, eine derartige Bestimmung in der Satzung oder im Bestellungsbeschluss zu treffen, soweit sie ein Bedürfnis dafür sehen. Bereits sehr früh erkannte allerdings auch der Gesetzgeber, dass sich in den Genossenschaften nicht immer das nötige

27 BGH, NJW 1960, 1861; 1973, 1122; 1984, 2689; Bauer, § 24 Rn. 224; Lang/ Weidmüller-Schaffland, § 24 Rn. 73; Müller, § 24 Rn. 74. 28 Beuthien, § 24 Rn. 34. 29 So aber Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 23. 30 In diesem Sinne auch BGH, NJW 1960, 1861; 1996, 1756, 1757. 31 Dies kritisieren auch Großfeld/Jäger/Lenfers, Tradition und Zukunft im Genossenschaftsrecht, S. 83 f.; Großfeld/Apel, Stellung des Vorstands, S. 185, 207 f.; Westermann, FS Reinhardt, S. 359, 370. Siehe in diesem Zusammenhang auch Ziffer 5.1.2. DCGK: „Bei Erstbestellungen sollte die maximal mögliche Bestelldauer von fünf Jahren nicht die Regel sein.“

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Verständnis zeigt, um die eingeräumte Satzungsautonomie in einer Weise zu nutzen, „welche nach Möglichkeit die Gewähr dafür biete[t], da[ss] ein richtiges Ineinandergreifen des Verwaltungsorganismus stattfindet“ und dadurch eine „solide Geschäftsführung“ und eine „zuverlässige Kontrol[l]e“ gewährleistet wird.32 Langfristige oder gar unbefristete Bestellungen sind denn auch nach wie vor keine Seltenheit im Genossenschaftswesen.33 Unter Berücksichtigung der gemäß § 24 Abs. 3 S. 2 GenG jederzeit möglichen Abberufung von Vorstandsmitgliedern würde der Sinn und Zweck einer dem § 84 Abs. 1 S. 1 AktG entsprechenden Begrenzung der Amtsdauer darin bestehen, die Generalversammlungsteilnehmer in regelmäßigen Abständen dazu zu veranlassen zu prüfen, ob sie ein Vorstandsmitglied noch zur Leitung der Gesellschaft für geeignet halten, und sich darüber schlüssig werden zu lassen, ob sie es beibehalten wollen oder man sich von ihm trennen soll.34 Dies ist vor allem in mitgliederstarken Genossenschaften sinnvoll, in denen es bereits aus organisatorischen Gründen schwerer fällt, eine Abberufung anzustoßen. Durch eine Begrenzung der Amtsdauer würde außerdem erreicht, dass sich das Vorstandsmitglied seine Wiederbestellung durch seine Leistungen verdienen muss, indem es „gezwungen“ wäre, zum Zwecke einer Wiederwahl periodisch eine Bilanz über die eigene Tätigkeit zu ziehen.35 Speziell bei Genossenschaften wäre eine solche Regelung auch deswegen sinnvoll, weil sich die Kundenbelange der nutzenden Mitglieder über die Zeit ändern (können) und periodische Wahlen eine Möglichkeit bieten, die Geschäftspolitik des Leitungsorgans über die Personalkompetenz der Generalversammlung an diese anzupassen. Schließlich ist die (Wieder-)Bestellung eine bedeutende Gelegenheit, die Geschäftspolitik konkreter als im Unternehmensgegenstand mitzubestimmen. Dafür muss freilich eingefordert werden, dass die Bewerber offen legen, welche Geschäftspolitik sie zu verfolgen beabsichtigen. An diesem Maßstab werden sie sich dann nach spätestens fünf Jahren zu messen haben. Diese Einflussmöglichkeit sollte in Form einer gesetzlich angeordneten Bestellungshöchstdauer von fünf Jahren gesichert werden.36

32 So zur Begründung der Einschränkung der Satzungsautonomie in einigen Bereichen der gesellschaftsinternen Organisation die Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11. 1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, S. 206, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 208. 33 Siehe dazu Großfeld/Jäger/Lenfers, Tradition und Zukunft im Genossenschaftsrecht, S. 83 f.; Großfeld/Apel, Stellung des Vorstands, S. 185, 207. 34 Vgl. MünchKommAktG/Spindler, § 84 Rn. 3; Hüffer, § 84 Rn. 6; BGH, NJW 1953, 1465, 1466 (zur AG). 35 Vgl. MünchKommAktG/Spindler, § 84 Rn. 3; Fleischer, AG 2006, 429, 430. 36 Siehe dazu auch Art. 45 Abs. 1 SCE-VO: „Die Mitglieder der Organe werden für einen in der Satzung festgelegten Zeitraum bestellt, der sechs Jahre nicht überschreiten darf.“

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

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B. Gesetzliche Beschränkungen der Organbesetzung Bei aller Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit sind die Mitglieder bei der Organbesetzung allerdings an die Vorgaben der §§ 37 Abs. 1, 9 Abs. 2 GenG gebunden, die den Kreis potentieller Kandidaten unter Umständen zu stark einengen und dadurch womöglich die Bestellungskompetenz der Generalversammlung zu deren Nachteil einschränken. I. Unvereinbarkeit von Ämtern Nach § 37 Abs. 1 S. 1 GenG dürfen Mitglieder des Vorstands grundsätzlich nicht zugleich dem Aufsichtsrat angehören. Die Regelung beruht auf der sachgerechten Erwägung, dass sich die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats nicht mit einer gleichzeitigen Tätigkeit in dem zu überwachenden Leitungsorgan verträgt.37 Eine Ausnahme macht Satz 2 der Vorschrift lediglich für den Fall, dass ein Vorstandsmitglied verhindert ist, sein Amt also nicht bloß kurzfristig und in nur unerheblichem Umfang nicht ausüben kann.38 Unter dieser Voraussetzung kann der Aufsichtsrat einzelne seiner Mitglieder vorübergehend als Stellvertreter in den Vorstand entsenden. Macht er allerdings von dieser Möglichkeit Gebrauch, so ruht das Aufsichtsratsmandat jener Stellvertreter während dieses Zeitraums bis zur Erteilung der Entlastung durch die Generalversammlung gemäß § 48 Abs. 1 S. 2, 2. Fall GenG.39 Indem der Aufsichtsrat den Zeitraum ausdrücklich im Voraus zu bestimmen hat, wird eine Umgehung sowohl des § 37 Abs. 1 S. 1 GenG als auch des § 24 Abs. 2, 3 GenG verhindert. Festzuhalten bleibt, dass die Kontrollfunktion des Aufsichtsrats eine derartige Einschränkung geradezu geboten erscheinen lässt, zumal eine Vermischung von Vorstands- und Aufsichtsratsamt zur Folge haben würde, dass Amtsinhaber über ihr Handeln als Richter in eigener Sache zu befinden hätten.40 Es begegnet jedoch prinzipiellen Schwierigkeiten, in Bezug auf sich selbst „gerecht“ zu sein.

37

Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 37 Rn. 1. Müller, § 37 Rn. 11. 39 Ausführlich zum Entlastungsbeschluss der Generalversammlung unten § 21. 40 Einer in der Praxis nicht selten auftretenden „vollständigen Vermischung der beiden Organe“ entgegenzutreten, war insoweit auch Ziel der Regelung gewesen. Siehe hierzu die Besondere Begründung zu den §§ 33 bis 38 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 248. 38

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

II. Zwingende Selbstorganschaft 1. Gesetzliche Ausgestaltung

Nach § 9 Abs. 2 S. 1 GenG müssen die Mitglieder des Vorstands grundsätzlich Mitglieder der Genossenschaft (Selbstorganschaft) und natürliche Personen sein. Die Organstellung kann also nur erworben werden, wenn die gewählte Person im Zeitpunkt der Annahme der Wahl bereits Mitglied ist oder verbunden mit ihr Mitglied wird.41 Eine Ausnahme vom unmittelbaren Mitgliedschaftserfordernis des Amtsträgers sieht der im Jahre 2006 in seinem Anwendungsbereich erweiterte § 9 Abs. 2 S. 2 GenG lediglich für die Fälle vor, in denen es sich bei Genossenschaftsmitgliedern nicht um natürliche Personen handelt, sondern um juristische Personen oder Personengesellschaften. Dabei differenziert die Vorschrift wie folgt: Soweit es sich bei dem Mitglied um eine Genossenschaft (§ 17 Abs. 1 GenG) handelt, soll nach § 9 Abs. 2 S. 2, 1. Hs. GenG jedes ihrer Mitglieder in den Vorstand bestellt werden können. Bei sonstigen Gesellschaftsformen hingegen schränkt § 9 Abs. 2 S. 2, 2. Hs. GenG die Wählbarkeit auf die jeweils zur Vertretung der Mitgliedsgesellschaft befugten Personen ein. Begründet wird diese Unterscheidung damit, dass es mit Ausnahme von Mitgliedsgenossenschaften an einem praktischen Bedürfnis dafür fehle, sämtlichen Mitgliedern bzw. Gesellschaftern die Bestellung in den Vorstand zu ermöglichen.42 Ob dies tatsächlich zutrifft, ist zweifelhaft. Jedenfalls hat es – auch in Anbetracht bereits untersuchter Gesetzesänderungen – den Anschein, dass ein „fehlendes praktisches Bedürfnis“ ein gern gesehenes rechtspolitisches Argument für rechtssystematisch inkonsequente Regelungen ist. Bei Kapitalgesellschaften etwa, in denen Drittorganschaft möglich ist (vgl. § 76 Abs. 3 S. 1 AktG; § 6 Abs. 3 S. 1 GmbHG), führt die Regelung des § 9 Abs. 2 S. 2, 2. Hs. GenG vor allem auch dazu, dass Personen in den Vorstand einer Genossenschaft bestellt werden können, die ihrer Mitgliedsgesellschaft selbst nicht mitgliedschaftlich verbunden sind. Die Vorschrift hat demnach also eine tiefere Einschränkung der Selbstorganschaft zur Folge als § 9 Abs. 2 S. 2, 1. Hs. GenG, wonach lediglich Mitglieder der Mitgliedsgenossenschaft in den Vorstand bestellt werden können. Demgegenüber ist die Einschränkung des § 9 Abs. 2 S. 2, 2. Hs. GenG etwa bei der offenen Handelsgesellschaft grundsätzlich bedeutungslos. Denn mangels abweichender Bestimmung im Gesellschaftsvertrag ist nach § 125 Abs. 1 HGB jeder Gesellschafter zur Vertretung der Gesellschaft befugt.

41 So bereits die Besondere Begründung zu § 9 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 230. 42 Siehe BT-Drucks. 16/1025, S. 83.

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2. Regelungszweck

Auch von daher stellt sich die Frage, welchen Zweck der Gesetzgeber mit der Regelung des § 9 Abs. 2 GenG, insbesondere mit der zwingenden Anordnung der Selbstorganschaft verfolgt (hat). Im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum wird nicht selten die Ansicht vertreten, mit der Vorschrift verbinde sich die Hoffnung, dass sämtliche an der Genossenschaftsverwaltung beteiligte Personen die Kundenbelange der Mitglieder aus eigener Erfahrung kennen und daher in besonderer Weise eine mitgliedernahe und mitgliedernützliche Fördergeschäftspolitik zu verfolgen vermögen.43 Dahinter stehe die Vorstellung, dass die Genossenschaft rein hilfswirtschaftliche Funktionen erfülle, also Aufgaben, die die Mitglieder zuvor selbst in ihren eigenen Unternehmen und Haushalten wahrzunehmen hatten oder dort selbst wahrnehmen könnten und die sie daher auch für das Vorstandsamt geeignet erscheinen ließen.44 Dieser Auffassung kann allerdings nicht gefolgt werden. a) Selbstorganschaft und Eigenhaftung Ein Blick in die Gesetzesmaterialien zum ersten gesamtdeutschen Genossenschaftsgesetz von 1889 ergibt, dass die Selbstorganschaft in der „Haftpflicht der Mitglieder“, d.h. in deren unmittelbarer und persönlicher Haftung gegenüber Gläubigern der Genossenschaft ihren Grund und Ursprung findet.45 Bis zu dessen Inkrafttreten war diese Haftpflicht stets eine unbeschränkte gewesen (vgl. § 11 Abs. 1 PreußGenG; § 12 Abs. 1 NordDGenG). Wenn dem Vorstand nun zwingend Genossenschaftsmitglieder angehören sollten (vgl. § 17 Abs. 1 PreußGenG; § 28 Abs. 1 NordDGenG), so lag dem die Erwägung zugrunde, dass die eigene Haftung „ein wirksames Moment für das Interesse an der richtigen Leitung der Genossenschaftsgeschäfte“ darstellen würde.46 Demnach wollte der Gesetzgeber über die Selbstorganschaft ein wirtschaftliches Eigeninteresse der Amtsträger an einer sachgerechten Wahrnehmung ihrer Vorstandstätigkeit be43 So etwa Beuthien, Strukturwandel, S. 48; ders., NZG 2008, 210, 215 (anders allerdings Fn. 34); ders., DB 2000, 1161, 1162; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, Einf. Rn. 11 („gewünschte identitätsstiftende Wirkung“); Kober, ZfgG 60 (2010), 37, 48 (Fn. 34). 44 Vgl. Beuthien, Strukturwandel, S. 48; ders., DB 2000, 1161, 1162. 45 Siehe dazu die Besondere Begründung zu § 9 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 230. 46 So die Besondere Begründung zu § 9 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 230.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

gründen (partieller Interessengleichlauf).47 An diesem Konzept der Selbstbetroffenheit hielt er mit § 9 Abs. 2 S. 1 GenG 1889 fest. Zugleich räumte er den Genossenschaften nun aber die Möglichkeit ein, die Haftpflicht der Mitglieder durch Satzungsbestimmung auf eine bestimmte Summe zu beschränken (vgl. § 2 Nr. 3 GenG 1889). Eine derartige Satzungsregelung steht der Idee des § 9 Abs. 2 S. 1 GenG 1889 insofern nicht entgegen, als sie das Interesse der Amtsträger an einer sachgerechten Leitung der Genossenschaftsgeschäfte nicht vollends aufhebt, sondern nur einschränkt. Wenn mit § 9 Abs. 2 S. 2 GenG 1889 nun eine Ausnahme vom unmittelbaren Mitgliedschaftserfordernis des Amtsträgers für Mitglieder von Mitgliedsgenossenschaften eingeführt wurde, so sollte damit vor allem im Interesse von ländlichen Genossenschaften die streitige Frage geklärt werden, ob und in welchem Umfang Genossenschaften Mitglied einer anderen Genossenschaft werden können.48 Während dies für einzelne Genossenschaften bereits nach dem bis dahin geltenden Recht überwiegend bejaht wurde, hielt man die Konstruktion einer Genossenschaft, deren Mitglieder ausschließlich Genossenschaften sind, für unzulässig, „da zu Vorstandsmitgliedern nur natürliche Personen gewählt werden können und diese selbst Mitglieder der Genossenschaft sein müssen“.49 Weil der Gesetzgeber auch die letztgenannte Variante zulassen wollte, durfte die mittelbare Mitgliedschaft eines Amtsträgers der Selbstorganschaft nicht entgegenstehen. Insofern entschied er sich, mit § 9 Abs. 2 S. 2 GenG 1889 eine Ausnahmeregelung zu schaffen.50 b) Historische Entwicklung Im Jahre 1933 wurde die unbeschränkte oder beschränkte Haftpflicht durch die unbeschränkte oder beschränkte Nachschusspflicht im Insolvenzfall (damals: 47 Ebenso i. E. Lang/Weidmüller-Schulte, § 9 Rn. 13; Keßler, BB 2005, 277, 278 f.; ders., in: Keßler (Hrsg.), Zukunft der Genossenschaften, S. 41; ders., in: Keßler (Hrsg.), Genossenschaften im Umbruch, S. 17. Siehe auch Beuthien, NZG 2008, 210, 215 (Fn. 34); Jäger, ZfgG 51 (2001), 139, 146. 48 Siehe dazu die Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, S. 210, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 218 f. 49 Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, S. 210, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 218 f. 50 Siehe dazu die Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, S. 210, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 219.

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

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Konkurs) ersetzt.51 Fortan konnten die Mitglieder zur Gläubigerbefriedigung also nur noch herangezogen werden, wenn das Vermögen der Genossenschaft hierzu nicht ausreichte. Im Rahmen der Genossenschaftsnovelle von 1973 führte der Gesetzgeber schließlich die Möglichkeit ein, die Nachschusspflicht im Insolvenzfall gänzlich auszuschließen (vgl. § 6 Nr. 3 GenG). Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Nachschusspflicht für den Begriff der Genossenschaft nicht wesentlich sei.52 Außerdem sei sie für Dritte, die mit der Genossenschaft in Geschäftsbeziehung treten, ohne besondere wirtschaftliche Bedeutung.53 Jeder könne sich jederzeit durch Einsichtnahme in die Satzung über das Bestehen einer Nachschusspflicht sowie über deren Umfang informieren.54 Insoweit entstünden auch keine nachteiligen Folgen für den Rechtsverkehr.55 3. Stellungnahme

Was hierbei allerdings übersehen wird, ist der Zusammenhang zwischen Nachschusspflicht und Selbstorganschaft, auch wenn der Begründung ansonsten grundsätzlich zuzustimmen ist. Denn der Gesetzgeber ließ die Regelung des § 9 Abs. 2 GenG unberührt, obwohl es im Hinblick auf den Daseinszweck der Selbstorganschaft geboten gewesen wäre, den Genossenschaften für den Fall eines Ausschlusses der Nachschusspflicht die Fremdorganschaft zu erlauben. Auch im Rahmen der Genossenschaftsreform 2006 nahm er insoweit keine Änderungen vor.56 Dies stimmt insbesondere vor dem Hintergrund bedenklich, dass der Ausschluss der Nachschusspflicht in der Praxis zur Regel geworden ist.57 In ihrer Starrheit ist die Regelung des § 9 Abs. 2 GenG aber nicht nur ungerechtfertigt. Sie bereitet Genossenschaften auch Schwierigkeiten, geeignete Personen in das Vorstandsamt zu bestellen.58 Über die letzten Jahrzehnte hinweg sind die zeitlichen und fachlichen Anforderungen an das Vorstandsamt kontinuierlich gestiegen.59 Auch geht die Funktion der Genossenschaften häufig weit 51

Hadding, Rechtswissenschaftliche Anstöße, S. 60. BT-Drucks. 7/79, S. 17, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 225 f. 53 BT-Drucks. 7/79, S. 17, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 226. 54 BT-Drucks. 7/659, S. 5, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 297 f. 55 BT-Drucks. 7/659, S. 5, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 289, 297 f. 56 In den Gesetzesmaterialien heißt es dazu, es handele sich bei der Selbstorganschaft um ein „strukturprägendes Element der Genossenschaft, auf das nicht ohne zwingenden Grund verzichtet werden sollte“ (vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 83). 57 Siehe dazu Beuthien, Strukturwandel, S. 30; Hadding, Rechtswissenschaftliche Anstöße, S. 61. 58 So ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 83. 59 Dazu Beuthien, NZG 2008, 210, 215. 52

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

über bloße Hilfswirtschaft hinaus.60 Mitglieder können sich insofern nicht (mehr) auf eigene Erfahrungswerte stützen. Besonders betroffen sind Genossenschaften, die aufgrund ihres spezifischen Unternehmensgegenstands nicht jedermann zu fördern vermögen.61 Zwar steht es auch ihnen grundsätzlich frei, qualifizierte Fachkräfte am Markt anzuwerben. Wegen § 9 Abs. 2 GenG mussten letztere bis zur Reform 2006 allerdings die nutzende Mitgliedschaft erwerben können. In Anbetracht des spezifischen Unternehmensgegenstands fehlte es diesen jedoch zumeist schon an der Nutzungsfähigkeit62, was den Kreis potentieller Kandidaten zum Nachteil der Mitglieder erheblich einschränkte und als Kehrseite zur Folge hatte, dass sich ein vergleichweise schwacher Markt für Geschäftsleiter entwickelte, von dem bestenfalls eine geringe disziplinierende Wirkung auf die Unternehmensleitung ausging.63 In der Praxis wurde daher nach Wegen gesucht, die Selbstorganschaft nur formal einzuhalten. So erfand man den Begriff des „fördernden Mitglieds“,64 also einer Person, deren Mitgliedschaft für die Genossenschaft förderlich ist.65 Obwohl nach § 1 Abs. 1 GenG die Genossenschaft ihre Mitglieder zu fördern hat und nicht umgekehrt die Mitglieder ihre Genossenschaft, duldete die Rechtsprechung dieses Konstrukt.66 Nun hätte vom Gesetzgeber im Rahmen der Reform 2006 erwartet werden können, dass er dieser formalen Umgehung der Selbstorganschaft Einhalt gebietet und Abhilfe schafft. Stattdessen wird im Regierungsentwurf jedoch zunächst darauf verwiesen, dass diese Schwierigkeiten „in der Praxis kein gravierendes Problem dar[stellen] “.67 Damit wird scheinbar billigend in Kauf genommen, dass die Praxis mit dem Konstrukt „fördernder Mitglieder“ den gesetzlichen Vereinigungszweck ins Gegenteil verkehrt, um Fachkräften den Zugang zum Vorstandsamt zu ermöglichen. Sodann wird angemerkt, dass „durch die Möglichkeit, investierende Mitglieder zuzulassen [. . .] dieses Problem weiter an Gewicht verlieren [dürfte]“.68 Auch der Rechtsausschuss des Bundestages verweist in seiner 60

Beuthien, Strukturwandel, S. 48; ders., DB 2000, 1161, 1162. Ebenso Beuthien, NZG 2008, 210, 215. Als Beispiel können genossenschaftliche Großhandelsunternehmen dienen, deren Mitglieder nur Lebensmitteleinzelhändler (z. B. Edeka, Rewe) sein können (vgl. Binz/Freudenberg, DB 1991, 2473). 62 Zu Nutzungsfähigkeit und Nutzungswilligkeit siehe oben § 11 A. 63 Siehe dazu bereits oben die §§ 5 und 6. 64 So auch Großfeld/Jäger/Lenfers, Tradition und Zukunft im Genossenschaftsrecht, S. 84. Siehe ferner Greve/Lämmert, in: Keßler (Hrsg.), Genossenschaften – Rechtsform mit Zukunft oder Relikt der Vergangenheit, S. 67 („Kunstfigur“). 65 Beuthien, NZG 2008, 210, 215; ders., DB 2000, 1161, 1162 (Fn. 5). 66 Beuthien, NZG 2008, 210, 215; ders., DB 2000, 1161, 1162 (Fn. 5). Kritisch auch Großfeld, ZfgG 38 (1988), 263, 267; Jäger, ZfgG 51 (2001), 139, 147. 67 BT-Drucks. 16/1025, S. 83. 68 BT-Drucks. 16/1025, S. 83. An anderer Stelle (S. 81) heißt es: „Die Zulassung investierender Mitglieder kann auch dazu beitragen, die Schwierigkeiten zu vermeiden, die sich in der Praxis nicht selten aus dem Grundsatz der Selbstorganschaft nach § 9 Abs. 2 Satz 1 bei der Besetzung des Vorstands [. . .] mit geeigneten Personen ergeben.“ 61

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

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Stellungnahme beiläufig darauf, dass es den Genossenschaften unbenommen bleibt, „weiterhin sogenannte Fördermitglieder zuzulassen“.69 „Eine Abgrenzung zwischen „Fördermitgliedern“ und investierenden Mitgliedern [sei . . .] eindeutig möglich, weil der Beitritt ausdrücklich als „investierendes Mitglied“ oder als „Mitglied“ erfolg[e]“.70 „[A]uf die tatsächlichen Motive der Mitgliedschaft oder die aktuelle Nutzung der Genossenschaft durch das Mitglied komm[e] es nicht an“.71 Der Rechtsausschuss ordnet „Fördermitglieder“ demnach als nutzende „Mitglieder“ ein, obwohl sie weder nutzungsfähig noch nutzungswillig sind, und stellt diese den „investierenden Mitgliedern“ gegenüber, also Personen, die das Naturalleistungsangebot der Genossenschaft entweder nicht nutzen können oder nicht nutzen wollen.72 Dies ist widersinnig. Zudem wird offenbar unberücksichtigt gelassen, dass es sich bei „fördernden Mitgliedern“ um eine frei erfundene Konstruktion der Praxis handelt, die im Genossenschaftsgesetz keine Stütze findet und eine solche auch nicht dadurch gewinnt, dass man meint, sie den nutzenden Mitgliedern zuordnen zu können. Soweit darauf verwiesen wird, die Zulassung investierender Mitglieder könne zur Vermeidung der sich aus der Selbstorganschaft ergebenden Schwierigkeiten beitragen, geeignete Personen in den Vorstand zu bestellen, ist dem zuzugestehen, dass die Aufnahme investierender Mitglieder es in der Tat auch Genossenschaften mit spezifischem Unternehmensgegenstand ermöglichen würde, Fachkräfte unter Einhaltung der Selbstorganschaft in das Leitungsorgan aufzunehmen. Allerdings wird dabei außer Betracht gelassen, dass Fachkräfte grundsätzlich keine gewinnbringende Investition suchen, sondern nur geschäftsleitend tätig sein wollen.73 Auch die Genossenschaft ist grundsätzlich nicht an deren Kapital interessiert, sondern an deren Fähigkeit zur Leitung der Genossenschaft.74 Die investierende Mitgliedschaft, deren eigentlicher Zweck darin besteht, Genossenschaften die Eigenkapitalbeschaffung zu erleichtern,75 entspricht also nicht der Interessenlage. Insofern ist davon auszugehen, dass das Konstrukt des „fördernden Mitglieds“ auch weiterhin sein Schattendasein führen wird.76

69 70 71 72 73 74 75 76

BT-Drucks. 16/1524, S. 8. BT-Drucks. 16/1524, S. 8. BT-Drucks. 16/1524, S. 8. Vgl. oben § 11 A. So zu Recht Beuthien, § 8 Rn. 12. Beuthien, NZG 2008, 210, 215. So ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 52 und BR-Drucks. 16/1524, S. 8. A. A. Kober, ZfgG 60 (2010), 37, 48.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand 4. Ergebnis

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass sich die zwingende Anordnung der Selbstorganschaft bei Ausschluss der Nachschusspflicht (vgl. § 6 Nr. 3 GenG) sachlich nicht rechtfertigen lässt. Von daher wäre es im Rahmen der Reform 2006 Aufgabe des Gesetzgebers gewesen, den Genossenschaften zumindest für diesen Fall Satzungsautonomie einzuräumen oder unmittelbar im Gesetz vorzusehen, dass bei Ausschluss der Nachschusspflicht „Mitglieder oder andere Personen“ zu Vorstandsmitgliedern bestellt werden können. Diese Gelegenheit wurde versäumt. Solange „fördernde Mitglieder“ weiterhin von der Rechtsprechung geduldet werden, dürfte die investierende Mitgliedschaft aufgrund der Andersartigkeit der Interessenlage der Beteiligten jedenfalls keine geeignete Alternative zur Lösung der – unnötigen – Organbesetzungsprobleme darstellen.

C. Organstellung und Anstellung Im Hinblick auf die Rechtsbeziehungen zwischen Vorstandsmitglied und Genossenschaft sind zwei rechtliche Ebenen zu unterscheiden: die korporationsrechtliche Organstellung und die (schuld)vertragliche Anstellung.77 Dementsprechend ist zwischen Bestellung und Abberufung zum Vorstandsmitglied einerseits sowie Abschluss und Kündigung bzw. Widerruf des Anstellungsvertrags andererseits zu differenzieren. Seinen Ausdruck findet diese Trennung der Rechtsbeziehungen in § 24 Abs. 3 S. 2 GenG, wonach die Bestellung zwar zu jeder Zeit widerruflich ist, aber eben „unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen“. I. Rechtsnatur und Inhalt Abhängig davon, ob das Vorstandsmitglied besoldet werden soll oder nicht (vgl. § 24 Abs. 3 S. 1 GenG), handelt es sich beim Anstellungsvertrag entweder um einen Dienstvertrag i. S. d. § 675 BGB i.V. m. § 611 BGB, der eine entgeltliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, oder aber um einen unentgeltlichen Auftragsvertrag i. S. d. § 662 BGB.78 Auf den Vertragsabschluss finden grundsätzlich die allgemeinen Regeln über Rechtsgeschäfte (§§ 104 ff. BGB) und über den Zugang von Willenserklärungen (§§ 130 ff. BGB) Anwendung. Hinsichtlich der Vertragsdauer macht das Genossenschaftsgesetz keine Vorgaben. Der Anstellungsvertrag kann also befristet oder unbefristet abgeschlossen werden.79 Bedeutung für die Möglichkeiten zur (vorzeitigen) Vertragsbeendigung hat 77

Beuthien, § 24 Rn. 12 ff.; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 13. Beuthien, § 24 Rn. 14; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 421; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 34. 79 So auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 36. 78

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

161

dies allerdings nur bei Dienstverträgen. Denn während sich die Genossenschaft von befristeten wie unbefristeten Auftragsverträgen gemäß § 671 Abs. 1 BGB durch jederzeitigen „Widerruf“ lösen kann,80 ist ein befristeter Dienstvertrag regelmäßig nur außerordentlich kündbar, was nach § 626 Abs. 1 BGB das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraussetzt. Dieser ist indes nur dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein unbefristeter Dienstvertrag kann demgegenüber grundsätzlich auch ordentlich nach § 621 BGB gekündigt werden. Ohne individualvertragliche Vereinbarung bedarf es dafür keines Kündigungsgrundes, sondern nur der Einhaltung einer Kündigungsfrist.81 Inhalt des Anstellungsvertrags sind die schuldrechtlichen Rechte und Pflichten der Parteien.82 Regelmäßig werden hier die mit der Stellung als Mitglied des Vorstands kraft Gesetzes verbundenen organisationsrechtlichen Pflichten zu vertraglichen Pflichten erhoben. Darüber hinaus werden häufig Wettbewerbsverbote vereinbart. Auch kann die Einhaltung bestimmter Dienstzeiten festgelegt werden.83 Einen Kernbestandteil des Dienstvertrages bildet stets die Vergütung, die sich aus fixen und variablen Gehaltskomponenten sowie Sachbezügen (z. B. Dienstwohnung und Dienstwagen), Aufwandsentschädigungen und Versicherungsentgelten (z. B. Haftpflichtversicherung (sog. D&O-Versicherung)84) zusammensetzen kann.85 Das gesellschaftsintern für eine (vorzeitige) Beendigung des Anstellungsverhältnisses zuständige Organ kann Vorstandsmitglieder durch Ausübung jener Kompetenz also in einem sensiblen Bereich treffen. II. Verhältnis zueinander Aus der rechtlichen Trennung von Organstellung und Anstellung folgt, dass sie verschiedene rechtliche Wege gehen können. Die Organstellung wird also nicht ohne weiteres durch eine Kündigung bzw. einen Widerruf des Anstellungsvertrages berührt und der Anstellungsvertrag nicht ohne weiteres durch eine Abberufung des Vorstandsmitglieds (vgl. § 24 Abs. 3 S. 2 GenG). Möglich ist es allerdings, beide Ebenen miteinander zu verknüpfen.86

80

Beuthien, § 24 Rn. 22. MünchKommBGB/Hesse, § 621 Rn. 6. 82 Beuthien, § 24 Rn. 14. 83 Vgl. BGH, NJW-RR 1988, 420 (zur GmbH). 84 Zur Frage, ob § 93 Abs. 2 S. 3 AktG (Mindestselbstbehalt) auch auf Genossenschaften angewendet werden sollte, siehe Koch, AG 2009, 637, 643. 85 So auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 37. 86 Zu derartigen Versuchen seitens der Praxis siehe vor allem Beuthien, § 24 Rn. 22. 81

162

5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Auch wenn Organstellung und Anstellung rechtlich voneinander zu trennen sind, so sind sie inhaltlich doch aufeinander bezogen.87 Denn der Anstellungsvertrag wird nur abgeschlossen, weil eine Person die Stellung als Mitglied des Vorstands erwirbt.88 Ob sie in einem Akt zusammengefasst werden können, hängt von der Verteilung der Zuständigkeiten ab. Liegen sie bei ein und demselben Organ, ist die Reihenfolge unerheblich. Anderenfalls darf der Bestellung nicht durch Anstellung vorgegriffen werden. Selbiges gilt für die jeweiligen Gegenakte. III. Zuständigkeit 1. Äußerer Vollzug

Nach § 39 Abs. 1 S. 1 GenG vertritt der Aufsichtsrat die Genossenschaft gegenüber Mitgliedern des Vorstands gerichtlich und außergerichtlich. Mit dieser Formulierung wollte der Gesetzgeber die Vorschrift „in Anlehnung an § 112 AktG sprachlich vereinfach[en]“.89 Damit griff er letztlich ein Urteil des BGH vom 26.06.1995 auf, in welchem dieser ungeachtet der im einzelnen abweichenden Formulierung des § 39 Abs. 1 GenG a. F. die seit 1889 unverändert gebliebene Regelung unter Hinweis auf die Gleichheit der Normziele im Sinne des § 112 AktG auslegte.90 Beide Vorschriften verfolgten „über die Regelung der Rechtslage bei Verhinderung des Vorstands an der Vertretung wegen eigener Beteiligung auf beiden Seiten hinaus das Ziel, Interessenkollisionen vorzubeugen und eine unbefangene sachgerechte Vertretung der Körperschaft sicherzustellen.“ 91 Dementsprechend umfasst die Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats bei der auch nach § 39 Abs. 1 GenG gebotenen typisierenden Betrachtungsweise grundsätzlich jedes Rechtsgeschäft zwischen der Genossenschaft und einem Vorstandsmitglied, das seinen Ursprung in der Vorstandstätigkeit hat.92 Ob es sich um die Neuvornahme, die Änderung oder die Beendigung eines Rechtsgeschäfts handelt, kann insofern nicht entscheidend sein.93 Ebenso wenig kann ins Gewicht fallen, ob die Person dem Vorstand noch nicht oder nicht mehr angehört.94 87

Beuthien, § 24 Rn. 12. Beuthien, § 24 Rn. 12. 89 So ausdrücklich BT-Drucks. 16/1025, S. 85. 90 Siehe BGH, NJW 1995, 2559, 2559 f. m. Anm. Bayer, EWiR 1995, 879, 879 f.; Beuthien/Klose, JZ 1996, 421, 421 ff.; dies., ZfgG 46 (1996), 229, 229 ff.; Schaffland, WuB II D. § 39 GenG 1.95, S. 1196, 1196 f. Siehe dazu ferner Bayer, DStR 1999, 1815, 1817 f. 91 BGH, NJW 1995, 2559, 2560. 92 Vgl. MünchKommAktG/Habersack, § 112 Rn. 17. Für die Gewährung von Kredit enthält § 39 Abs. 2 GenG ebenso wie § 89 AktG eine Sonderregelung. 93 MünchKommAktG/Habersack, § 112 Rn. 17. Rechtsgeschäfte im Rahmen des Fördergeschäftsverkehrs liegen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 39 GenG. Denn diese haben ihren Ursprung nicht in der Vorstandstätigkeit, sondern in der gleich88

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

163

Der Anstellungsvertrag ist ein Rechtsgeschäft zwischen der Genossenschaft und einem Vorstandsmitglied, das seinen Ursprung in der Vorstandstätigkeit hat. Vor allem soweit bei Dienstverträgen eine Vergütung Teil dieses Rechtsgeschäfts ist, ist die abstrakte Gefahr einer voreingenommenen Vertretung der Genossenschaft durch den Vorstand in besonderem Maße gegeben. Aus diesem Grund ist der Aufsichtsrat und nicht der Vorstand nach § 39 Abs. 1 GenG sowohl für den Abschluss als auch für die ordentliche wie außerordentliche Kündigung bzw. für den Widerruf des Anstellungsvertrages zuständig.95 Verwundern mag insofern, wenn es in den Gesetzesmaterialien zu § 24 GenG heißt, dass der Aufsichtsrat zwar gemäß § 39 Abs. 1 GenG für den Abschluss und die ordentliche Kündigung zuständig sein soll, nicht aber für die außerordentliche.96 Diese soll – insoweit im Widerspruch zur Anpassung des § 39 Abs. 1 GenG an § 112 AktG – als Annexzuständigkeit zur Abberufungskompetenz der Generalversammlung zustehen.97 Erklären lässt sich diese unsystematische Zuständigkeitsverteilung mit der umstrittenen herrschenden Auffassung zur Rechtslage vor der Reform 2006. Diese leitete aus (einem Umkehrschluss zu) § 40 GenG nicht nur die in § 24 Abs. 2 GenG a. F. nicht erwähnte Abberufungskompetenz der Generalversammlung her, sondern darüber hinaus auch ihr Recht zur außerordentlichen Kündigung.98 Da das Gesetz die Abberufung nunmehr ausdrücklich in § 24 Abs. 2 GenG erwähnt, soll jetzt offenbar auch das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus dieser Norm folgen. Aus der in den Gesetzesmaterialien zu § 24 GenG angekündigten gesetzlichen Klärung wäre demnach also lediglich eine gedankliche Verschiebung der Bezugsnorm geworden. Wie schon zuvor ist allerdings nicht erklärbar, warum nur das Recht zur außerordentlichen Kündigung Annexcharakter tragen soll und nicht auch mit der Bestellungskompetenz Zuständigkeiten als Annex verbunden sein sollen. Vor allem aber findet eine derartige Spaltung keinen Niederschlag im Gesetz. Daraus ergibt sich vielmehr, dass der Aufsichtsrat für Anstellungsverträge mit Vorstandsmitgliedern ausschließlich und umfassend zuständig sein soll (vgl. § 39 Abs. 1 GenG). Eine Annexzuständigkeit kann grundsätzlich nur insofern angenommen werden, als das Gesetz keine diesbezügliche Zuständigkeitsregelung enthält, wie dies etwa im Hinblick

zeitigen Eigenschaft als Mitglied der Genossenschaft (vgl. § 9 Abs. 2 GenG). Dies übersehen offenbar Korte/Friebel, NZG 2005, 621, 622 (zu § 39 I GenG a. F.). 94 Siehe dazu BGH, NJW 1995, 2559; NZG 2005, 560; vgl. ferner BGH, NJW 1989, 2055, 2056 (zur AG). 95 Ebenso i. E. Beuthien, § 24 Rn. 22 u. § 39 Rn. 2 u. 4; Pöhlmann/Fandrich/BloehsFandrich, § 24 Rn. 31 u. 42 ff. u. § 39 Rn. 9. 96 BT-Drucks. 16/1025, S. 84 f. 97 BT-Drucks. 16/1025, S. 85. 98 Dem scheinbar weiterhin folgend Bauer, § 24 Rn. 246; Lang/Weidmüller-Schaffland, § 24 Rn. 75.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

auf Anstellungsverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern der Fall ist.99 Hier ist eine aus Bestellungs- und Abberufungskompetenz abgeleitete Annexzuständigkeit der Generalversammlung für die Anstellung unproblematisch. Konsequenterweise umfasst diese dann allerdings auch das Recht zum Abschluss und zur ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags. Mit § 39 Abs. 1 GenG ist demgegenüber eine (spezial)gesetzliche Regelung vorhanden, die innerhalb ihres Anwendungsbereichs die Annahme einer Annexzuständigkeit ausschließt. 2. Interne Willensbildung

Nachzugehen bleibt noch der Frage, ob die ausschließliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats für den Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Anstellungsverträgen mit Vorstandsmitgliedern auch die Entscheidung über die Gestaltung der Anstellungsbedingungen mit einschließt. Im Hinblick auf § 112 AktG soll dies nach Ansicht des BGH nicht der Fall sein.100 Die Norm regele nur die Vertretungsmacht des Aufsichtsrats für Außengeschäfte mit Vorstandsmitgliedern.101 Sie betreffe jedoch nicht die Frage, wer intern dafür zuständig sei zu entscheiden, ob und zu welchen Bedingungen der Anstellungsvertrag mit einem Mitglied des Vorstands abgeschlossen, geändert oder aufgehoben werden soll.102 Interne Willensbildung und äußerer Vollzug lägen insofern nicht zwingend in einer Hand, auch wenn dies im Gesellschaftsrecht regelmäßig so der Fall sei.103 Freilich stießen die Bundesrichter dabei auf die Vorschrift des § 84 Abs. 1 S. 5 AktG, der die Regelungen über die Bestellungshöchstdauer und den Entscheidungsspielraum, der dem Aufsichtsrat insoweit eingeräumt ist, für das Anstellungsverhältnis für sinngemäß anwendbar erklärt. Darüber gelangte der Senat letztlich zu dem Ergebnis, dass der Aufsichtsrat auch für die interne Willensbildung zuständig ist. Eine derartige Vorschrift ist im Genossenschaftsgesetz indes nicht enthalten. Allerdings macht der Gesetzgeber in § 39 Abs. 1 S. 3 GenG deutlich, dass ihm die Verschiedenheit von interner Willensbildung und Vertretung durchaus bekannt ist. Denn danach kann sich die Generalversammlung in der Satzung das Recht vorbehalten, über die Führung von Prozessen gegen Vorstandsmitglieder zu entscheiden.104 Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass ihr die interne Willens99 § 39 Abs. 3 GenG enthält insoweit nur eine Regelung für die gerichtliche Vertretung der Genossenschaft. 100 BGH, NJW 1984, 733, 734 (zur mitbestimmten GmbH). 101 BGH, NJW 1984, 733, 734 (zur mitbestimmten GmbH). 102 BGH, NJW 1984, 733, 734 (zur mitbestimmten GmbH). 103 BGH, NJW 1984, 733, 734 (zur mitbestimmten GmbH). 104 Dass sie in diesem Falle dennoch vom Aufsichtsrat vertreten wird, folgt daraus, dass diesem die Zuständigkeit für die gerichtliche Vertretung mit § 39 Abs. 1 S. 1 GenG zwingend zugewiesen ist. Satzungsautonomie ist der Genossenschaft insoweit nicht eingeräumt (vgl. § 18 S. 2 GenG).

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

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bildung über „ob“ und „wie“ der gerichtlichen wie außergerichtlichen Vertretung im Übrigen nicht zustehen soll. Der Gesetzgeber trifft mit § 39 Abs. 1 S. 3 GenG also eine Ausnahmebestimmung, mit der die Generalversammlung die grundsätzlich dem Aufsichtsrat nach § 39 Abs. 1 S. 1 GenG obliegende interne Willensbildung für Aktivprozesse an sich ziehen kann. Dies kommt auch in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck, in denen es heißt, dass der Aufsichtsrat für die im Interesse der Genossenschaft vorzunehmende Interessenabwägung der mit einem solchen Prozess verbundenen Vor- und Nachteile regelmäßig besser geeignet ist als die Generalversammlung, es dieser aber unbenommen bleiben soll, ihre Entscheidung – entsprechend der alten Rechtslage – zur Voraussetzung zu machen.105 IV. Kritik Das geltende Recht hat ein bedenkliches Auseinanderfallen der Zuständigkeiten für Organstellung (Generalversammlung) und Anstellung (Aufsichtsrat) zur Folge. Zwar begründen die Bestellung zum Vorstandsmitglied und der Abschluss des Anstellungsvertrags verschiedene Rechtsverhältnisse, die grundsätzlich unterschiedliche Wege gehen können.106 Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sachlich und funktional dennoch zusammengehören. Denn „wer als Organmitglied vorgesehen ist, wird [. . .] dieses Amt [in der Regel] nicht annehmen wollen, solange nicht auch die konkreten Bedingungen seiner Anstellung geklärt und verbindliche Abmachungen über sie getroffen sind.“ 107 Umgekehrt vermag die für die Bestellung nach § 24 Abs. 2 S. 1 GenG zuständige Generalversammlung „nur dann eine verantwortliche und sachgerechte Entscheidung zu treffen, wenn [sie] rechtlich in der Lage ist, zugleich die Anstellungsbedingungen in [ihre] Überlegungen miteinzubeziehen und sich mit dem in Aussicht genommenen Kandidaten verbindlich über sie zu einigen.“ 108 Dazu gehört auch, dass sie darüber befinden kann, ob etwa hohe Forderungen eines Bewerbers im Hinblick auf seine besondere Qualifikation in Kauf zu nehmen sind. Dies gilt umso mehr, als der Generalversammlung über § 48 Abs. 1 S. 1, 2 GenG die Finanzhoheit innerhalb der Gesellschaft eingeräumt ist.109 Dadurch, dass das Genossenschaftsgesetz solche und andere Entscheidungen über das Anstellungsverhältnis nach § 39 Abs. 1 S. 1 GenG dem Aufsichtsrat zuweist, besteht zudem die Gefahr, dass die Bestellungs- und Abberufungskompetenz der Generalversammlung nicht nur durch einen vorzeitigen Abschluss oder 105

BT-Drucks. 16/1025, S. 85. BGH, NJW 1991, 1727, 1728 (zum e. V.). 107 BGH, NJW 1991, 1727, 1728 (zum e. V.). 108 BGH, NJW 1991, 1727, 1728 (zum e. V.). Siehe ferner BGH, NJW 1984, 733, 734 (zur mitbestimmten GmbH). 109 Siehe dazu unten die §§ 19 und 20. 106

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

die Kündigung des Anstellungsvertrags, sondern auch durch die Vereinbarung hoher, eine Abberufung erschwerender Bezüge für den Fall des Ausscheidens110 oder auch durch eine von der Bestellungsdauer abweichende Bestimmung der Vertragszeit unterlaufen wird.111 So gesehen ist die Aufspaltung der Zuständigkeiten zwischen Aufsichtsrat und Generalversammlung auf Konflikte geradezu angelegt.112 Sie ließen sich bei allem Bemühen des Aufsichtsrats um eine im Gesellschaftsinteresse angemessene Entscheidung jedenfalls nicht immer vermeiden.113 In der Sache wird auch nichts dadurch gewonnen, dass der Gesetzgeber mit der Zuweisung der Zuständigkeiten an verschiedene Verbandsorgane Zusammengehöriges auseinander reißt, da die letzte Entscheidung etwa über die Anstellungsbedingungen doch stets bei dem Bestellungsorgan liegen muss.114 Alles andere würde ein als Kompetenzeingriff zu qualifizierendes Vorgreifen des Aufsichtsrats darstellen. Zu Recht wird im Schrifttum daher auch die Ansicht vertreten, dass der Aufsichtsrat, bevor er einem Vorstandsmitglied kündigt, abwarten muss, ob die Generalversammlung es abberuft.115 Dies versetzt die Genossenschaft im Falle einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages gemäß § 626 Abs. 1 BGB allerdings in arge Zeitnot. Denn da der Aufsichtsrat wegen § 39 Abs. 1 S. 1 GenG Kündigungsberechtigter im Sinne des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB ist, wäre hinsichtlich des Kündigungsgrundes auf seine Kenntnis abzustellen. Diese gilt als erworben, sobald der Aufsichtsrat zusammentritt, um über die Kündigung zu beraten. Von da an hätte er zwei Wochen Zeit, um in Vertretung der Genossenschaft die außerordentliche Kündigung zu erklären. Allerdings dürfte er dies aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht, bevor die Generalversammlung über die Abberufung Beschluss gefasst hat. Diese ist jedoch zunächst unter Einhaltung der zweiwöchigen Einberufungsfrist des § 46 Abs. 1 S. 1 GenG einzuberufen, was in eben jener Aufsichtsratssitzung zu beschließen wäre (vgl. § 38 Abs. 2 S. 1 GenG).

110

Siehe in diesem Zusammenhang BGH, NJW-RR 2008, 1488, 1490. Vgl. BGH, NJW 1984, 733, 734 f. (zur mitbestimmten GmbH); siehe dazu auch Großfeld/Jäger/Lenfers, Tradition und Zukunft im Genossenschaftsrecht, S. 83 f. u. 94, die zutreffend darauf hinweisen, dass das Genossenschaftsgesetz weder für die Bestellung noch für die Anstellung eine Höchstdauer vorsieht. Aufgrund des zwingenden Charakters des § 39 Abs. 1 GenG ist es der Generalversammlung auch nicht möglich, die Anstellungsdauer in der Satzung an die Bestellungsdauer zu koppeln. Ebenso wie für die Bestellung (vgl. oben § 18 A. III.) sollte letztlich auch für die Anstellung erwogen werden, eine zwingende Höchstgrenze – hier nach dem Vorbild des § 84 Abs. 1 S. 5 AktG – einzuführen. 112 Vgl. BGH, NJW 1984, 733, 735 (zur mitbestimmten GmbH). 113 Vgl. BGH, NJW 1984, 733, 735 (zur mitbestimmten GmbH). 114 Vgl. BGH, NJW 1991, 1727, 1728 (zum e. V.). 115 Siehe Beuthien, § 24 Rn. 23; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 44. 111

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

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Da sich eine Aufspaltung unter anderem wegen dieser Folgen sachlich nicht rechtfertigen lässt, besteht bei anderen Wirtschaftsvereinen (e. V., AG, (mitbestimmte) GmbH) die teils auf ausdrückliche Gesetzesanordnung beruhende und teils aus Gesetzesauslegung gewonnene Kompetenzzuordnung, wonach das Organ, das für Bestellung und Abberufung zuständig ist, grundsätzlich auch über das Anstellungsverhältnis entscheidet.116 Dafür, bei der Genossenschaft kraft ausdrücklicher Regelung (§§ 24 Abs. 2, 39 Abs. 1 GenG) eine Ausnahme zu machen, bestehen keine vereinigungsformspezifischen Gründe. V. Lösungsansätze Abgesehen von einer entsprechenden Gesetzesänderung stellt sich die Frage, was nach geltendem Recht möglich und sinnvoll ist, um eine Aufspaltung zu vermeiden oder die sich daraus ergebende Beeinträchtigung der Generalversammlung, eine verantwortliche und sachgerechte Entscheidung über die Stellung als Mitglied des Vorstands zu treffen, doch zumindest in Grenzen zu halten. 1. Übertragung auf den Aufsichtsrat?

Eine Übertragung der Anstellungszuständigkeit des Aufsichtsrats auf die Generalversammlung scheitert daran, dass der Gesetzgeber die Vorschrift des § 39 Abs. 1 GenG zwingend ausgestaltet hat. Anders lautende Satzungsbestimmungen sind demnach also wegen Verstoßes gegen § 18 S. 2 GenG nichtig.117 Zulässig ist es allerdings, durch Satzungsbestimmung i. S. d. § 24 Abs. 2 S. 2 GenG sowohl die Bestellungs- als auch die Abberufungskompetenz auf den Aufsichtsrat zu übertragen und somit umgekehrt die Organstellungs- und Anstellungszuständigkeit in dessen Hand zu vereinigen. Bis zur Reform 2006 hatte die Norm ausdrücklich nur „eine andere Art der Bestellung“ zugelassen, weswegen nach umstrittener herrschender Ansicht auch nur diese übertragen werden konnte.118 Nun aber ergänzte der Gesetzgeber jenen Passus um die Worte „und Abberufung“, da es „einem berechtigten Bedürfnis der genossenschaftlichen Praxis [entspreche], im Weg der Satzungsautonomie nicht nur für die Bestellung, sondern auch für

116 Siehe dazu BGH, NJW 1991, 1727, 1728 f. (zum e. V.); 1984, 733, 734 (zur mitbestimmten GmbH) jeweils m.w. N. 117 Aus demselben Grunde ist es auch nicht möglich, den Aufsichtsrat durch Satzungsbestimmung an die Mitwirkung der Generalversammlung (z. B. in Form eines Zustimmungsvorbehalts) zu binden. So auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 39 Rn. 1. 118 H.M.: BGHZ 32, 114, 122; BGH, WM 1984, 532, 533; Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 14; Bauer, § 24 Rn. 222a; Winter, MDR 2005, 1386, 1387 f.; a. A.: Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 508 f.; Beuthien (14. Aufl.), § 24 Rn. 19 („Satzungsfreiheit“).

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

die Abberufung [. . .] eine Übertragung der Zuständigkeit auf den Aufsichtsrat zuzulassen“.119 Mit dieser Begründung spielt der Gesetzgeber insbesondere auf folgende Konstruktion aus der Zeit vor der Reform von 2006 an: Die Generalversammlung überträgt dem Aufsichtsrat ihre Bestellungskompetenz gemäß § 24 Abs. 2 S. 2 GenG a. F., während die Abberufungskompetenz aufgrund ihrer Unübertragbarkeit bei der Generalversammlung verbleibt. Sodann bestellt der Aufsichtsrat fortwährend auf Zeit, sichert sich dadurch seine Personalkompetenz und kann auch ohne Abberufung in regelmäßigen Abständen neu über die Besetzung des Leitungsorgans entscheiden. Darüber hinaus wird in der Satzung oder im Bestellungsbeschluss das Schicksal der Organstellung von der Beendigung des Anstellungsverhältnisses im Wege einer ordentlichen Kündigung durch den Aufsichtsrat (§ 39 Abs. 1 GenG) abhängig gemacht.120 Auf diese Weise erhält der Aufsichtsrat faktisch das Recht zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern, ohne dass dies wegen einer in der Satzung enthaltenen Einwilligung der Generalversammlung oder aufgrund eines dahingehend lautenden Bestellungsbeschlusses nach bereits erfolgter Kompetenzübertragung ein Vorgreifen darstellen würde.121 Ob eine nunmehr mögliche Übertragung der Bestellungs- und Abberufungskompetenz auf den Aufsichtsrat ratsam ist, ist nach geltendem Recht allerdings zweifelhaft und dies unabhängig von dem Umstand, dass die Generalversammlung dadurch ihre personalpolitische Kompetenz und damit verbunden ihren mittelbaren Einfluss auf die Geschäftspolitik des Vorstands verlieren würde. Denn der Gesetzgeber scheint übersehen zu haben, dass der Aufsichtsrat die Bestellung von Vorstandsmitgliedern dann jederzeit frei widerrufen könnte (vgl. § 24 Abs. 3 S. 2 GenG).122 Es wäre ihm daher sogar möglich, „dem Vorstand die Geschäftsführung [durch Androhung der Abberufung] aus den Händen zu winden und ihn zu seinem ausführenden Organ zu machen.“ 123 Mit der eigenverantwortlichen Leitungsmacht des Vorstands aus § 27 Abs. 1 S. 1 GenG wäre es dann nicht mehr weit her. Genau dies ist auch der entscheidende Grund dafür gewesen, weshalb der Gesetzgeber im Aktienrecht die Abberufung der Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig gemacht hat (vgl. § 84 Abs. 3 AktG).124 Im Genossenschaftsrecht fehlt eine derartige Regelung. Aufgrund der zwingenden Ausgestaltung des § 24 Abs. 3 S. 2 GenG kann

119 120 121 122 123

BT-Drucks. 16/1025, S. 85. Siehe dazu OLG Stuttgart, DB 2003, 932. Näher hierzu Winter, MDR 2005, 1386, 1386 ff. Ebenso Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 15. MünchKommAktG/Spindler, § 84 Rn. 5; siehe ferner Fleischer, AG 2006, 429,

430. 124

Siehe dazu Fleischer, AG 2006, 429, 430.

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

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sie auch nicht durch Satzungsbestimmung eingeführt werden. Die Übertragung der Abberufungskompetenz auf den Aufsichtsrat würde daher notwendig ein Machtungleichgewicht zur Folge haben.125 Dass die Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt grundsätzlich sorgfältig und gewissenhaft zu führen haben (vgl. §§ 41, 34 GenG), vermag daran nichts zu ändern. Vor allem ließe dies unberücksichtigt, dass der Aufsichtsrat – auch wegen § 9 Abs. 2 GenG – eine Interessengruppe sui generis ist. Soweit der Gesetzgeber darauf verweist, dass mit der Vereinigung von Abberufungs- und Kündigungszuständigkeit im Aufsichtsrat, insbesondere bei größeren Genossenschaften, eine schnellere Abwicklung möglich sei als bei einer „erst aufwändig einzuberufende[n] Generalversammlung“,126 so wird diese Möglichkeit nach geltendem Recht jedenfalls teuer erkauft.127 Dabei dürfte gerade die begründete Aussicht darauf, im Rahmen einer einberufenen Generalversammlung abberufen zu werden, dem jeweiligen Vorstandsmitglied einen hinreichenden Anlass dazu geben, einer öffentlichen Auseinandersetzung durch Amtsniederlegung zu entgehen.128 Insofern ist dem Aufsichtsrat mit dem Recht aus § 40 GenG, Vorstandsmitglieder vorläufig, bis zur Entscheidung der unverzüglich einzuberufenden Generalversammlung, ihres Amtes zu entheben, bereits ein starkes Druckmittel an die Hand gegeben. 2. Vorschlagspflicht des Aufsichtsrats

Soweit aufgrund dieser Gesichtspunkte von einer Übertragung der Organstellungszuständigkeit auf den Aufsichtsrat abgesehen wird, könnte zumindest im Hinblick auf das Verhältnis von Bestellung und Anstellung erwogen werden, den Aufsichtsrat durch Satzungsbestimmung i. S. d. § 38 Abs. 3 GenG zu verpflichten, der Generalversammlung – unverbindlich – geeignete Personen zur Wahl vorzuschlagen.129 In der Satzung wäre dann zu regeln, ob der Vorschlag nur so viele Bewerber enthalten muss, wie Personen zu wählen sind, oder ob er eine echte Auswahl durch Alternativvorschläge zu eröffnen hat. In letzterem Fall könnte dies auf die Schaffung eines kleinen Marktes für Führungskräfte hinauslaufen. Da alle vorgeschlagenen Personen für die Leitungstätigkeit geeignet zu

125 So auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 15 („spürbare[r] Eingriff in die fein austarierte Machtbalance zwischen Vorstand und Aufsichtsrat“). 126 Vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 85. 127 Kritisch auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 15. 128 Ebenso Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 24 Rn. 15. 129 Siehe dazu bereits die Besondere Begründung zu § 23 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 243, wobei dort eine Beschränkung der Generalversammlung auf Wahlvorschläge des Aufsichtsrats in Rede steht. Siehe ferner Neumann, Willensbildung, S. 48.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

sein hätten, könnten sich die Amtsinhaber jedenfalls nicht sicher sein, ihre Stellung als Mitglied des Vorstands zu behalten.130 Um der Generalversammlung insoweit eine verantwortliche und sachgerechte Beschlussfassung zu ermöglichen, müssten die Wahlvorschläge nicht nur Name, ausgeübten Beruf und Wohnort angeben, sondern darüber hinaus auch begründen, warum ein Kandidat für geeignet gehalten wird und ob etwaige Gehaltsforderungen in einem angemessenen Verhältnis zur Qualifikation stehen. Nur dann werden die Mitglieder in der Lage sein, sich ein eigenes Eignungsurteil zu bilden und für sich zu entscheiden, ob sie hohe Forderungen eines Bewerbers in Kauf nehmen wollen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, Genossenschaften seien nach der Vorschrift des § 338 Abs. 3 HGB grundsätzlich nicht zur Offenlegung der Vorstandsvergütung verpflichtet. Denn derartige Offenlegungspflichten dienen ausschließlich dem Zweck, die Öffentlichkeit zu informieren.131 Wenn § 338 Abs. 3 HGB Genossenschaften im Allgemeinen von der Offenlegungspflicht des § 285 S. 1 Nr. 9 HGB ausnimmt, so kann dem also keine Aussage dahingehend entnommen werden, die Generalversammlungsteilnehmer dürften keine Kenntnis über Vergütungsforderungen zu wählender Vorstandskandidaten haben. Kompetenzrechtlich wäre der Aufsichtsrat zwar nicht daran gehindert, letztlich doch andere Anstellungsbedingungen zu vereinbaren, als er der Generalversammlung vorgeschlagen hat. Ein derartiges Vorgehen dürfte einer Wiederwahl der Aufsichtsratsmitglieder allerdings abträglich sein. Damit sich die Mitglieder auf die Wahlvorschläge vorbereiten können, sollte die Satzung bestimmen, dass diese zusammen mit der Tagesordnung bei der Einberufung bekannt zu machen sind. Obwohl die Vorschläge unverbindlich und im Einzelnen zu begründen wären, bestünde dennoch die Gefahr einer Fremdbestimmung der Generalversammlung. Zwar können die Mitglieder frei darüber entscheiden, ob sie sich den Vorschlägen des Aufsichtsrats anschließen wollen. Auch steht es ihnen frei, eigene Wahlvorschläge zu unterbreiten. Jedoch dürfte der hierfür zu betreibende Aufwand vor allem in mitgliederstärkeren Genossenschaften nicht selten außer Verhältnis zu individuellem Einfluss und letztendlichem Nutzen stehen, so dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass es bei den Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats bleibt.132 130 Siehe insoweit auch Eschenburg, ZfgG 22 (1972), 132, 153: „Die wählbare Alternative zwingt die Regierung zu wenigstens solcher Herrschaftsweise, die gemessen an der Alternative eine Wiederwahl ermöglicht.“ 131 Näher dazu Bauer, § 33 Anh. 4 Rn. 12 f. 132 Eine mangelnde Fähigkeit, die Geeignetheit einer Person für das Vorstandsamt beurteilen zu können, dürfte ihr Übriges tun (vgl. OLG Hamm, ZIP 1985, 741, 744 im Hinblick auf Wahlvorschläge für das Aufsichtsratsamt). Denn je weniger einfache Mitglieder hierzu selbst in der Lage sind, desto mehr werden sie auf das Urteil(svermögen) anderer angewiesen sein.

§ 18 Stellung als Mitglied des Vorstands

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3. Bildung eines gemeinsamen Ausschusses

Um diese Gefahr einer Fremdbestimmung abzumildern, könnte alternativ erwogen werden, einen gemeinsamen Ausschuss einzuführen, der sich aus einfachen Mitgliedern und Aufsichtsratsangehörigen zusammensetzt (z. B. im Verhältnis zwei Drittel zu einem Drittel).133 Selbst wenn jedoch die überwiegende Mehrheit in einem solchen Ausschuss aus einfachen Mitgliedern bestünde, wäre der Einfluss der Aufsichtsratsmitglieder aufgrund ihres regelmäßigen Wissensvorsprungs und ihrer Autorität dennoch sehr groß. Insofern wäre es nicht realitätsfern, wenn erstere faktisch in die Rolle ausschussinterner Kontrolleure gedrängt würden, die die Aufsichtsratsmitglieder bei deren Wahlvorschlägen überwachen. Nichtsdestotrotz erscheint dies gegenüber Wahlvorschlägen, die ausschließlich auf den Aufsichtsrat zurückzuführen sind, vorzugswürdig. Vor allem würde ein gemeinsamer Ausschuss die „Basis“ an der Erarbeitung von Wahlvorschlägen teilhaben lassen, die eine hohe Aussicht auf Erfolg haben.134

D. Ergebnis Insgesamt bleibt als Ergebnis festzuhalten, dass die Generalversammlung vor allem aufgrund der jederzeitigen Abberufungsmöglichkeit erheblichen Einfluss auf die Leitungstätigkeit der Vorstandsmitglieder nehmen kann. Nach dem Vorbild des § 84 Abs. 1 S. 1, 5 AktG hätte der Gesetzgeber allerdings eine Bestellungs- und Anstellungshöchstdauer von fünf Jahren einführen sollen. Kritisch anzumerken ist ferner, dass sich die zwingende Anordnung der Selbstorganschaft nach § 9 Abs. 2 GenG bei Ausschluss der Nachschusspflicht gemäß § 6 Nr. 3 GenG sachlich nicht rechtfertigen lässt und zumindest insoweit zu unnötigen Organbesetzungsproblemen führt. Hier wäre es im Rahmen der Reform 2006 Aufgabe des Gesetzgebers gewesen, den Genossenschaften Satzungsautonomie einzuräumen oder unmittelbar im Gesetz vorzusehen, dass bei Ausschluss der Nachschusspflicht „Mitglieder oder andere Personen“ zu Vorstandsmitgliedern bestellt werden können. Das geltende Recht hat außerdem ein bedenkliches Auseinanderfallen der Zuständigkeiten für Organstellung (Generalversammlung) und Anstellung (Aufsichtsrat) zur Folge. Abgesehen von einer entsprechenden Gesetzesänderung könnte de lege lata erwogen werden, den Aufsichtsrat durch Satzungsbestimmung i. S. d. § 38 Abs. 3 GenG zu verpflichten, der Generalversammlung – unverbindlich – geeignete Personen zur Wahl vorzuschlagen und die Vorschläge im Einzelnen zu begründen. Vorzugswürdig erscheint demgegenüber jedoch die Bildung eines gemeinsamen Ausschusses aus einfachen Mitgliedern und 133 Die §§ 24 Abs. 2, 39 Abs. 1 GenG stehen einer gemeinsamen Beratung mit getrennter Abstimmung nicht entgegen. 134 Der gemeinsame Ausschuss könnte auch Ansprechpartner für Mitglieder sein und insofern Mitgliederbelange bündeln.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Aufsichtsratsangehörigen. Eine Übertragung der Bestellungs- und Abberufungskompetenz auf den Aufsichtsrat ist hingegen nicht ratsam, da der Aufsichtsrat die Bestellung von Vorstandsmitgliedern dann jederzeit frei widerrufen könnte und insoweit die Gefahr bestünde, dass er den Vorstand durch die Androhung der Abberufung „zu seinem ausführenden Organ“ macht.

§ 19 Jahresabschluss Die Vorschrift des § 48 Abs. 1 S. 1 GenG räumt der Generalversammlung die ausschließliche und unabdingbare Zuständigkeit für die Feststellung des Jahresabschlusses ein.135 Dieser mangels anderslautender Satzungsbestimmung gemäß § 43 Abs. 2 S. 1 GenG grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit zu fassende Feststellungsbeschluss darf allerdings nicht mit der sogenannten Aufstellung des Jahresabschlusses verwechselt werden. Denn die Aufstellung des Jahresabschlusses obliegt nach § 33 Abs. 1 S. 2 GenG i.V. m. § 336 Abs. 1 S. 1 HGB zwingend dem Vorstand. Nach der gesetzgeberischen Konzeption soll dieser einen Entwurf des Jahresabschlusses erarbeiten, den er der Generalversammlung vorzulegen hat. Letztere ist an diesen Entwurf in keiner Weise gebunden, kann also ganz oder teilweise von ihm abweichen und ihn dann in geänderter Form über den Feststellungsbeschluss für die Genossenschaft für rechtsverbindlich erklären.136 Damit wird das Geschäftsjahr in der Rechnungslegung abgeschlossen und die bilanzielle Grundlage für die Fortführung der Rechnungslegung im neuen Geschäftsjahr geschaffen.137 So gesehen geht die Feststellungskompetenz über die Aufstellungskompetenz insoweit hinaus, als das Mitgliederorgan den Jahresabschluss nicht nur wie das Leitungsorgan gestalten darf, sondern ihr zusätzlich auch die Kompetenz zur bindenden Beschlussfassung über diesen verliehen ist. Die Vorschrift des § 48 Abs. 2 S. 1 GenG stellt in diesem Zusammenhang klar, dass die an die Aufstellung anknüpfenden bilanzrechtlichen Vorgaben auch für die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Generalversammlung gelten. Ohnehin wäre es wertungswidersprüchlich, den Vorstand an jene Vorgaben zu binden, dies aber dem letztlich entscheidungsbefugten Organ freizustellen.138 Bilanzpolitische Entscheidungen kann die Generalversammlung also nur insoweit treffen, wie ihr die Rechnungslegungsvorschriften einen Ermessensspielraum belassen. 135

Beuthien, § 48 Rn. 1; Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 2. Anders als der aktienrechtliche Aufsichtsrat (vgl. § 172 S. 1 AktG) ist die Generalversammlung rechtlich also nicht darauf beschränkt, den aufgestellten Jahresabschluss nur zu billigen oder nicht zu billigen. 137 So bereits Mutze, AG 1966, 173, 178 zur Rechtswirkung des Feststellungsbeschlusses bei der Aktiengesellschaft. Siehe ferner Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, S. 59 (Rn. 218). 138 Siehe dazu auch Müller, § 48 Rn. 8. 136

§ 19 Jahresabschluss

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Seit dem Bilanzrichtliniengesetz vom 19.12.1985 (BiRiLiG)139 sind die für die Aufstellung geltenden Vorschriften allerdings nicht mehr im Genossenschaftsgesetz enthalten, sondern im dritten Buch des Handelsgesetzbuches.140 Dieses ist in einen allgemeinen Teil für alle Kaufleute (§§ 238–263 HGB) und jeweils besondere Vorschriften für Kapitalgesellschaften (§§ 264–335 HGB), Genossenschaften (§§ 336–339 HGB) und – rechtsformunabhängig – Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (§§ 340–341p HGB) unterteilt.141 Die Vorschriften des allgemeinen Teils finden dabei nur insoweit Anwendung, wie sie nicht durch besondere Bestimmungen verdrängt oder modifiziert werden (lex specialis).142 Nach § 17 Abs. 2 GenG i.V. m. § 6 Abs. 1 HGB ist die Genossenschaft Kaufmann kraft Rechtsform (sog. Formkaufmann). Bei der Aufstellung und somit auch bei der Feststellung (§ 48 Abs. 2 S. 1 GenG) des genossenschaftlichen Jahresabschlusses sind also grundsätzlich die §§ 238–263 HGB und die §§ 336– 339 HGB anzuwenden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Vorschrift des § 336 Abs. 2 HGB einen großen Teil der Rechnungslegungsvorschriften für Kapitalgesellschaften für entsprechend anwendbar erklärt. Im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung wird zunächst auf die einzelnen Bestandteile des Jahresabschlusses eingegangen, um auf dieser Grundlage zu erläutern, inwiefern mit dem Feststellungsbeschluss Einfluss auf den Vorstand genommen werden kann. Sodann werden die einzelnen Verfahrensschritte untersucht, die der Gesetzgeber dem Feststellungsbeschluss vorgeschaltet hat, um den Generalversammlungsteilnehmern eine Entscheidungsgrundlage zu schaffen, ob und wie sie den Jahresabschluss feststellen sollen.143 Schließlich wird insoweit auch auf die genossenschaftliche Pflichtprüfung eingegangen.

A. Bestandteile des Jahresabschlusses Nach § 336 Abs. 1 S. 1 HGB i.V. m. § 242 Abs. 3 HGB setzt sich der Jahresabschluss aus drei Teilen zusammen: (1) der Bilanz, (2) der Gewinn- und Verlustrechnung und (3) dem Anhang, der mit den beiden erstgenannten Teilen kraft gesetzlicher Anordnung eine Einheit bildet. 139 BGBl. I S. 2355, auszugsweise abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 66 ff. 140 Zu den Änderungen, die das BiRiLiG für Genossenschaften mit sich gebracht hat, ausführlich Großfeld/Reemann, FS Goerdeler, S. 149 ff.; Ohlmeyer/Bergmann, Das neue genossenschaftliche Bilanzrecht, passim; Bergmann, ZfgG 36 (1986), 85 ff. Allgemein zum BiRiLiG unter Einbeziehung der Genossenschaften Großfeld, NJW 1986, 955. 141 Die zahlreichen Sonderregelungen für – genossenschaftliche – Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute werden im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung außer Betracht gelassen. 142 Großfeld/Reemann, FS Goerdeler, S. 152. 143 So Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 2.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

I. Bilanz Nach der Legaldefinition des § 242 Abs. 1 S. 1 HGB ist die Bilanz ein vom Kaufmann für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres aufzustellender Abschluss, der das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellt. Die Bilanz ist in Kontoform aufzustellen und in eine Aktiv- und eine Passivseite zu unterteilen (vgl. § 336 Abs. 2 S. 1 HGB i.V. m. § 266 HGB). Die Aktivseite enthält eine Darstellung vorhandener Vermögenswerte, aufgeteilt nach der jeweiligen Vermögensart entweder Anlage- oder Umlaufvermögen. Beim Anlagevermögen sind gemäß § 247 Abs. 2 HGB nur die Gegenstände auszuweisen, die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Im Umkehrschluss fallen all jene Gegenstände, die dem Geschäftsbetrieb nur vorübergehend dienen sollen, dem Umlaufvermögen zu. Auf der Passivseite ist die Finanzierung dieser Vermögenswerte darzustellen, also anzugeben, inwiefern das vorhandene Vermögen auf Eigen- oder Fremdkapital beruht. Das genossenschaftliche Eigenkapital setzt sich gemäß § 336 Abs. 2 S. 1 HGB i.V. m. § 266 Abs. 3 A HGB aus den Geschäftsguthaben der Mitglieder144 (vgl. § 337 Abs. 1 HGB)145, aus den Rücklagen, aus einem etwaigen Gewinn- oder Verlustvortrag aus dem Vorjahr146 sowie aus dem Jahresüberschuss oder -fehlbe144 Diese dürfen nicht mit den Geschäftsanteilen der Mitglieder verwechselt werden, die nach § 7 Nr. 1 GenG lediglich den Höchstbetrag bestimmen, bis zu welchem sich Mitglieder mit Einlagen an ihrer Genossenschaft beteiligen können. Die Geschäftsguthaben geben demgegenüber den Betrag an, der tatsächlich auf den oder die Geschäftsanteile eingezahlt worden ist. Näher dazu MünchKommHGB/Spanier, § 337 Rn. 2 u. 4. 145 Jeweils gesondert auszuweisen sind dabei die Geschäftsguthaben der mit Ablauf des Geschäftsjahres verbleibenden und ausgeschiedenen Mitglieder. Lässt die Satzung gemäß § 7a Abs. 1 GenG eine Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen (§ 7 Nr. 1 GenG) zu, ist in entsprechender Anwendung des § 337 Abs. 1 S. 2 HGB auch der Geschäftsguthabenwert gesondert anzugeben, der mit ihrer Kündigung gemäß § 67b GenG mit Ablauf des Geschäftsjahres aus der Genossenschaft abfließt. Denn ob der Gesamtbetrag der Geschäftsguthaben sinkt, weil ein Mitglied ausscheidet oder weil es lediglich einen seiner weiteren Geschäftsanteile kündigt, kann letztendlich keine Andersbehandlung rechtfertigen. Eine dahingehende ausdrückliche Regelung wurde im Rahmen der Genossenschaftsreform offenbar nicht für erforderlich gehalten. Dennoch macht der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien auch im Hinblick auf die Auseinandersetzung nach § 73 GenG deutlich, dass diese nicht nur bei Ausscheiden eines Mitglieds, sondern auch bei Kündigung von weiteren Geschäftsanteilen gemäß § 67b GenG erfolgen soll (vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 93). Dabei wäre es ein leichtes gewesen, der Vorschrift des § 73 GenG – nach dem Vorbild des Art. 16 Abs. 4 SCE-VO – einen fünften Absatz hinzuzufügen, wonach die Absätze 1 bis 4 des § 73 auch Anwendung finden, wenn aufgrund einer Kündigung von weiteren Geschäftsanteilen lediglich ein Teil des Geschäftsguthabens eines Mitglieds zurückzuzahlen ist. 146 Der Gewinnvortrag ist der Restbetrag des Jahresüberschusses eines Geschäftsjahres, der im Rahmen der Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung (vgl. § 48 Abs. 1 S. 2 GenG) weder in Rücklagen eingestellt noch an die Mitglieder verteilt werden soll. Als Bilanzposition „Gewinnvortrag“ wird dieser in das nächste Jahr vorgetragen und dem dortigen Jahresergebnis hinzugerechnet. Entsprechend umgekehrt verhält es sich mit dem Verlustvortrag. Näher dazu unten § 20 B.

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trag zusammen, der sich unmittelbar aus der Gewinn- und Verlustrechnung ergibt. An Rücklagen kennt das Genossenschaftsrecht sowohl Ergebnis- als auch Kapitalrücklagen. Als Ergebnisrücklagen dürfen gemäß § 336 Abs. 2 S. 1 HGB i.V. m. § 272 Abs. 3 Satz 1 HGB nur diejenigen Beträge ausgewiesen werden, die im Geschäftsjahr oder in früheren Geschäftsjahren aus dem Ergebnis (Jahresüberschuss) der Genossenschaft gebildet worden sind. Zu unterscheiden ist dabei zwischen der gesetzlichen Rücklage und anderen Ergebnisrücklagen (vgl. § 337 Abs. 2 HGB). Die gesetzliche Rücklage ist, wie ihr Name bereits andeutet, zwingend zu bilden. Sie darf nach § 7 Nr. 2 GenG ausschließlich nur zur Deckung eines festgestellten Jahresfehlbetrags im Rahmen der Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung eingesetzt werden. Andere Ergebnisrücklagen können demgegenüber freiwillig gebildet werden. Sie unterliegen grundsätzlich keiner derartigen Zweckbindung. In der Kapitalrücklage werden diejenigen Beträge ausgewiesen, die nicht aus einem erwirtschafteten Jahresüberschuss stammen wie z. B. Eintritts- oder Strafgelder.147 Unter das Fremdkapital fallen Verbindlichkeiten der Genossenschaft gegenüber Dritten sowie Rückstellungen (vgl. § 249 HGB). Sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite sind schließlich sogenannte Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden (vgl. § 250 HGB) Sie dienen der periodengerechten Erfolgsermittlung, indem sie das abgelaufene und das neue Geschäftsjahr derart voneinander abgrenzen, dass jedem Geschäftsjahr nur die Aufwendungen und Erträge zugerechnet werden, die in ihm verursacht worden sind.148 Die Addition entweder sämtlicher Aktiva oder sämtlicher Passiva ergibt jeweils den Betrag der Bilanzsumme. Da die Aktivseite die vorhandenen Vermögenswerte und die Passivseite ihre Finanzierung aufführt, muss die Bilanzsumme aus den Aktiva zwingend derjenigen aus den Passiva entsprechen. Indes darf die Bilanzsumme nicht mit dem sogenannten Bilanzgewinn verwechselt werden. Jener kann gemäß § 336 Abs. 2 HGB i.V. m. § 268 Abs. 1 HGB auf der Passivseite der Bilanz angegeben werden, wenn der Vorstand bei Aufstellung seines Jahresabschlussentwurfs bereits in der Bilanz seinen Vorschlag für die Verwendung des hiernach ausgewiesenen Jahresergebnisses (Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag) berücksichtigen will (vgl. § 38 Abs. 1 S. 5 GenG).149

147 MünchKommHGB/Spanier, § 337 Rn. 27 f.; BeckBilKomm/Förschle, § 337 Rn. 1; Wiedmann, § 338 Rn. 13. Kapitalrücklagen werden im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung unter Einschluss des § 20 (Ergebnisverwendung) außer Betracht gelassen. 148 Siehe dazu im Einzelnen Beuthien (14. Aufl.), Vor § 33 Rn. 39. 149 Für die Ergebnisverwendung siehe unten § 20. Zum Inhalt der Bilanz ausführlich Beuthien (14. Aufl.), Vor § 33 Rn. 29 ff.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

II. Gewinn- und Verlustrechnung Die Gewinn- und Verlustrechnung ist nach der Legaldefinition des § 242 Abs. 2 HGB eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres einer Gesellschaft. Es handelt sich also nicht um eine Einnahmenund Ausgabenrechnung.150 Aus der Saldierung aller Aufwendungen und Erträge ergibt sich entweder ein Jahresüberschuss oder ein Jahresfehlbetrag. Demzufolge erklärt die Gewinn- und Verlustrechnung, wie das in der Bilanz auf der Passivseite ausgewiesene Jahresergebnis zustande kommt.151 III. Anhang Der Anhang hat nach § 336 Abs. 2 S. 1 HGB i.V. m. § 284 HGB die Aufgabe, die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung zu erläutern. Dazu sind gemäß § 284 Abs. 1 HGB diejenigen Angaben in den Anhang aufzunehmen, die zu den einzelnen Posten der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung vorgeschrieben sind (vgl. insb. §§ 264 Abs. 2 S. 2, 284 Abs. 2, 285 HGB) oder die im Anhang zu machen sind, weil sie in Ausübung eines Wahlrechtes nicht in die Bilanz oder in die Gewinn- und Verlustrechnung aufgenommen wurden (vgl. etwa §§ 265 Abs. 3, 268 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 HGB). Grundsätzlich finden über den Verweis des § 336 Abs. 2 S. 1, 1. Hs. HGB die für Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.152 Allerdings treffen die §§ 336 Abs. 2 S. 1, 2. Hs., 338 HGB einige hiervon abweichende Sonderregelungen, auf die im Folgenden kurz eingegangen werden soll. Zunächst „brauchen“ (Wahlrecht) nach § 336 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. HGB die §§ 277 Abs. 3 S. 1, 285 Nr. 6 und 17 nicht angewendet zu werden. Bezogen auf § 277 Abs. 3 S. 1 HGB bedeutet dies, dass bei der Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses außerplanmäßige Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 S. 3 und 4 HGB weder gesondert ausgewiesen noch im Anhang angegeben werden müssen. Im Hinblick auf § 285 Nr. 6 HGB muss im Anhang nicht angegeben werden, in welchem Umfang die Steuern vom Einkommen und vom Ertrag das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und das außerordentliche Ergebnis belasten. Schließlich müssen im Anhang keine Angaben zur Vergütung des Prü150

Beuthien, § 33 Rn. 19. Siehe Beuthien, § 33 Rn. 19 f. sowie Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, S. 265 f. für weitere Einzelheiten. 152 Durch das am 29.05.2009 in Kraft getretene Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) (BGBl. I S. 1102) ist der Katalog der Pflichtangaben des § 285 HGB erheblich erweitert worden, um das Informationsniveau des Jahresabschlusses zu steigern. Siehe dazu BT-Drucks. 16/10067 v. 30.07.2008 (Gesetzentwurf der Bundesregierung), S. 9 f. u. 68 ff. sowie BT-Drucks. 16/12407 v. 24.03.2009 (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses), S. 14 ff. u. 88. Allgemein zum BilMoG Mayer, DStR 2009, 129; Küting, DStR 2009, 288; Meyer, DStR 2009, 762. 151

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fungsverbands (§ 61 GenG) gemacht werden (vgl. § 285 Nr. 17 HGB). Angesichts dieser Einschränkungen wird im Schrifttum zu Recht bemängelt, dass die Genossenschaftsmitglieder hinsichtlich der im Anhang zu treffenden Angaben insoweit schlechter gestellt werden als Aktionäre, obwohl sie im Unterschied zu diesen grundsätzlich den Jahresabschluss feststellen.153 Für diese informatorische Schlechterstellung ist in der Tat kein rechtfertigender Grund ersichtlich.154 Nach § 338 HGB sind im Anhang von Genossenschaften eine Reihe von Angaben zu treffen, die ergänzend zu den oder anstelle von Angaben der Kapitalgesellschaften erforderlich sind.155 Ergänzend muss der Anhang zunächst Angaben über die Entwicklung des Mitgliederbestandes enthalten, was der Erläuterung der in der Bilanz auf der Passivseite offen zu legenden Geschäftsguthaben der Mitglieder dient. So muss der Anhang gemäß § 338 Abs. 1 HGB aufführen (1) die Zahl der im Laufe des Geschäftsjahres eingetretenen und ausgeschiedenen Mitglieder, (2) die Gesamtzahl der am Schluss des Geschäftsjahres der Genossenschaft noch angehörenden Mitglieder, (3) den Gesamtbetrag, um den sich die Geschäftsguthaben und die Haftsumme (§ 6 Nr. 3 GenG) im Geschäftsjahr vermehrt oder vermindert haben, und (4) den Gesamtbetrag der Haftsummen zum Schluss des Geschäftsjahres. Allerdings sind nur dann Angaben zu den Haftsummen zu machen, wenn die Mitglieder nach der Satzung gemäß § 6 Nr. 3 GenG im Falle einer Genossenschaftsinsolvenz Nachschüsse beschränkt auf eine bestimmte Summe (Haftsumme) zu leisten haben.156 Des Weiteren ergänzend anzugeben sind nach § 338 Abs. 2 HGB Name und Anschrift des zuständigen Prüfungsverbands, dem die Genossenschaft angehört (vgl. § 54 GenG), sowie die Namen der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, auch wenn sie im Geschäftsjahr oder später ausgeschieden sind. Nach § 338 Abs. 3 HGB sind an Stelle der in § 285 Nr. 9 HGB vorgeschriebenen Angaben über die an Mitglieder von Organen geleisteten Bezüge, Vorschüsse und Kredite lediglich die Forderungen anzugeben, die der Genossenschaft gegen Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats zustehen. Reichen soll es insofern, die Beträge dieser Forderungen für jedes Organ in einer Summe zusammenzufassen. Ob an dieser Sonderregelung im Rahmen der Genossenschaftsreform 2006 und im Rahmen des 2009 in Kraft getretenen Bilanzrechtsmodernisierungsgeset153

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Wiedmann, § 336 Rn. 33 f. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Wiedmann, § 336 Rn. 33 f. 155 MünchKommHGB/Spanier, § 338 Rn. 3. 156 MünchKommHGB/Spanier, § 338 Rn. 8. Ist dies der Fall, dann darf nach § 119 GenG die Haftsumme in der Satzung nicht niedriger als der Geschäftsanteil festgesetzt werden, also nicht niedriger als der Betrag, bis zu welchem sich Mitglieder nach der Satzung mit Einlagen an der Genossenschaft beteiligen können (vgl. § 7 Nr. 1 GenG). Soweit die Satzung nach § 7a Abs. 1 GenG eine Beteiligung mit mehr als einem Geschäftsanteil zulässt, kann in ihr gemäß § 121 S. 3 GenG bestimmt werden, dass eine Erhöhung der Haftsumme insofern nicht eintritt. 154

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

zes hätte festgehalten werden sollen, mag allerdings bezweifelt werden. Jedenfalls lassen sich keine vereinigungsformspezifischen Gründe (mehr) anführen, die für ihre Beibehaltung sprechen. Die Vorschrift geht auf den im Jahre 1933 in das Genossenschaftsgesetz eingefügten § 33d Abs. 4 zurück, wonach bei Überschreiten einer bestimmten Bilanzsumme entsprechende Angaben auf der Aktivseite beim Umlaufvermögen zu machen waren.157 Dem lag scheinbar die Erwägung zugrunde, dass „ein soweit gehender Ausweis, wie er im Aktiengesetz [damals noch in § 128 Abs. 2 Nr. 7] gefordert [wurde], bei den Genossenschaften mit ihren wesentlich kleineren Verhältnissen eine Quelle von Unfrieden und Streitigkeiten innerhalb der Genossenschaft werden könnte.“ 158 Über das BiRiLiG ist die Regelung schließlich in modifizierter Form in § 338 Abs. 3 HGB gelangt.159 Dass diese Einschränkung der Angabepflicht bis zum heutigen Tage für Genossenschaften aller Größenklassen gilt, verwundert nicht nur, weil die Bilanzsummen vieler Genossenschaften seitdem beträchtlich gestiegen sind, sondern auch, weil der Gesetzgeber über das BilMoG die Schwellenwerte des § 267 HGB erheblich angehoben hat,160 was sich über die größenabhängigen Erleichterungen des § 288 HGB auch auf die im Anhang zu treffenden Angaben auswirkt.

B. Feststellungsbeschluss und Jahresergebnis Mit der Feststellung des Jahresabschlusses entscheiden die Mitglieder in der Generalversammlung letztlich darüber, welches Jahresergebnis in der Bilanz ausgewiesen werden soll. Sie schaffen sich damit die Grundlage für ihre anschließende Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung gemäß § 48 Abs. 1 S. 2, 1. Fall GenG.161 Im Rahmen der geltenden Vorschriften (§ 48 Abs. 2 S. 1 GenG) haben sie also Einfluss darauf, ob und in welcher Höhe ein verteilungsfähiger Überschuss entsteht. Beeinflussbar ist das Jahresergebnis vor allem über die Bildung und Auflösung von Rücklagen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen offenen und stillen Rück157 RGBl. I 1933 (Nr. 58), S. 318 f., abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. I, S. 133, 134 f. 158 So jedenfalls die Begründung zum Entwurf eines Genossenschaftsgesetzes 1938/ 39 des Reichsjustizministeriums, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 79, 202. Diese Argumentation liegt auch dem Referentenentwurf eines Genossenschaftsgesetzes des Bundesjustizministeriums – 3520/2 – vom 23.02.1962, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 331, 540, zugrunde. 159 Siehe insofern BT-Drucks. 10/317 v. 26.08.1983 (Gesetzentwurf der Bundesregierung), S. 114, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 390, 419 f., sowie BT-Drucks. 10/4268 v. 18.11.1985 (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses), S. 123, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 449, 499. 160 BT-Drucks. 16/10067, S. 32, 34 u. 63. 161 Näher dazu unten § 20.

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lagen. Offene Rücklagen sind solche, die in der Bilanz ausgewiesen sind und damit für jedermann offen zu Tage treten.162 Stille Rücklagen sind demgegenüber bei einem Blick in die Bilanz nicht erkennbar, was sich daraus erklärt, dass ihre Bildung entweder auf einer Unterbewertung von Aktivposten bzw. einer Überbewertung von Passivposten beruht oder aber darauf, dass von einer Bilanzierung („Aktivierung von Vermögensgegenständen“) ausnahmsweise abgesehen werden darf.163 Durch Ausnutzen gesetzlich eingeräumter Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte (vgl. §§ 252 ff. HGB) kann sich die Genossenschaft in ihrer Bilanz also ärmer darstellen, als sie in Wirklichkeit ist.164 Die Bildung stiller wie offener Rücklagen soll dabei dem Zweck dienen, selbst erwirtschaftete Finanzmittel in der Genossenschaft zu halten,165 um dadurch ihren Fortbestand zu sichern.166 Im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses können offene (Ergebnis-) Rücklagen lediglich ganz oder teilweise aufgelöst werden, da ihre Bildung nur aus dem noch festzustellenden Jahresergebnis möglich ist. Dem Feststellungsbeschluss gänzlich entzogen ist allerdings die gesetzliche Rücklage, da Beträge aus ihr nur zur Deckung eines festgestellten Jahresfehlbetrags entnommen werden dürfen. Löst die Generalversammlung eine andere Ergebnisrücklage auf, so steigert dies den Ertrag in der Gewinn- und Verlustrechnung. Ist im Bilanzentwurf des Vorstands ein Jahresüberschuss ausgewiesen, so erhöht sich dieser um jenen Betrag. Weist der Bilanzentwurf demgegenüber einen Jahresfehlbetrag aus, so mindert sich dieser entsprechend. Ergibt sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung dadurch nunmehr ein positiver Saldo, so wandelt sich der zunächst ausgewiesene Jahresfehlbetrag in einen Jahresüberschuss um. Dieser Mechanismus gilt für stille Rücklagen entsprechend. Im Gegensatz zu offenen Rücklagen ist allerdings nicht nur ihre Auflösung, sondern auch ihre Bildung bei der Feststellung des Jahresabschlusses möglich, da sie lediglich auf der Ausübung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten beruhen. Bislang war es Genossenschaften erlaubt, in erhöhtem Umfang stille Rücklagen zu bilden.167 Zurückzuführen war dies darauf, dass § 336 Abs. 2 HGB a. F. den Genossenschaften etwa die Anwendung strenger Bewertungsvorschriften freistellte, die für Kapitalgesellschaften zwingend waren.168 Jene Wahlfreiheiten sind ihnen nun aber mit Inkrafttreten des BilMoG weitestgehend genommen worden.169 In Zu162

Großfeld/Reemann, FS Goerdeler, S. 161. Großfeld/Reemann, FS Goerdeler, S. 161. 164 Großfeld, ZfgG 53 (2003), 181, 183. 165 Großfeld/Reemann, FS Goerdeler, S. 161. 166 Siehe dazu bereits oben § 9. 167 Ausführlich dazu Großfeld/Reemann, FS Goerdeler, S. 161 ff.; Großfeld, NJW 1986, 955, 957 f. Siehe ferner Kühnberger/Keßler, WPg 2000, 1007 ff. 168 Vgl. Kühnberger/Keßler, WPg 2000, 1007, 1010. 169 Siehe dazu BT-Drucks. 16/10067, S. 57. 163

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

kunft ist daher zu erwarten, dass der Vorstand den Generalversammlungsteilnehmern bei der Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung die Bildung höherer offener Rücklagen vorschlagen wird.

C. Rücklagenhöhe und Mitgliederkontrolle Über die Höhe der Rücklagen kann unmittelbar Einfluss auf den finanziellen Handlungsspielraum des Vorstands genommen werden. Zugleich entscheidet die Generalversammlung damit aber auch über den Grad der vermögensmäßigen Anbindung der Genossenschaft an ihre Mitglieder. I. Finanzieller Handlungsspielraum des Vorstands Mit der Bildung und Auflösung von Rücklagen treffen die Mitglieder eine Vorentscheidung darüber, wie viel verteilungsfähiges Vermögen sie in der Genossenschaft belassen und ihr insoweit als Eigenmittel zur Verfügung stellen wollen. Würden sie nun im Rahmen der Feststellung beschließen, dass offene wie stille Rücklagen so weit wie möglich aufgelöst werden, um sie bei der Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung weitestgehend aus der Genossenschaft abfließen zu lassen, hätte dies im äußersten Fall zur Konsequenz, dass der Genossenschaft an Eigenmitteln nur noch die Geschäftsguthaben der Mitglieder und die gesetzliche Rücklage verbleiben. Dadurch würden sie den finanziellen Handlungsspielraum des Vorstands erheblich einengen. Zugleich hätte der Entzug von Eigenmitteln auch unmittelbare Auswirkung auf die Kreditwürdigkeit der Genossenschaft und damit auf die Möglichkeit des Vorstands, an Fremdkapital zu gelangen. Denn dieses wird umso teurer, je weniger Vermögen die Genossenschaft als Haftungsmasse vorweisen kann. Insofern wären die Mitglieder im Extremfall sogar in der Lage, dem Vorstand Investitionsprojekte, die ihren Interessen zuwiderlaufen, finanziell unmöglich zu machen. II. Vermögensmäßige Anbindung der Genossenschaft an ihre Mitglieder Nach § 1 Abs. 1 GenG ist die Genossenschaft eine Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl. Daraus folgt, dass sie auf einen wechselnden Mitgliederbestand hin angelegt ist.170 Dieser Mitgliederfluktuation entspricht es, dass die Genossenschaft nicht über eine fixe Eigenkapitalbasis verfügt, sondern ihr 170 Siehe hierzu die Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, S. 207, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 211 f.

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Vermögen mit Ein- und Austritten schwankt.171 In ihrer Kapitalausstattung soll sie demnach vom Mitgliederbestand abhängig sein.172 Infolge einer solchen Abhängigkeit ist der Vorstand grundsätzlich gezwungen, im Interesse der Mitglieder zu handeln, um sie „kapitalmäßig „bei der Stange“ zu halten“.173 Daher kann die Austrittsdrohung und die darin begründet liegende Gefahr eines Kapitalentzugs auf Seiten der Mitglieder als Instrument zur Kontrolle des Vorstands benutzt werden.174 Diese in der vermögensmäßigen Anbindung der Genossenschaft an ihre Mitglieder begründet liegende Kontrollmöglichkeit verliert nun allerdings mit zunehmender Rücklagenbildung an Durchschlagskraft.175 Ursächlich dafür ist die Regelung des § 73 Abs. 2 GenG. Danach erhalten ausscheidende Mitglieder nur ihr Geschäftsguthaben und gegebenenfalls einen Anteil an einer freiwillig kraft Satzungsbestimmung aus Jahresüberschüssen gebildeten Ergebnisrücklage (vgl. § 73 Abs. 3 GenG) ausgezahlt.176 Auf die stillen und sonstigen offenen Rücklagen haben sie keinen Anspruch (vgl. § 73 Abs. 2 S. 3 GenG).177 Je kleiner daher der Anteil ist, den die Geschäftsguthaben (und die Ergebnisrücklage i. S. d. § 73 Abs. 3 GenG) am Vermögen der Genossenschaft ausmachen, desto weniger ist ihr Abzug für die Genossenschaft spürbar und desto weniger brauchen Austritte den Vorstand zu stören.178 Mit zunehmendem Missverhältnis geht demnach also die vermögensmäßige Anbindung der Genossenschaft an ihre Mitglieder verloren. Die Genossenschaft beginnt sich finanziell zu verselbständigen.179 Dies steigert die Unabhängigkeit des Vorstands und vermindert die Wirkung der Austrittsdrohung.180 Dazu trägt auch der Umstand bei, dass sich der Austritt mit zunehmender Rücklagenhöhe als wirtschaftlich nachteilig und insofern als unökonomische Entscheidung erweist.181 171

Kothe, ZIP 1991, 905, 906. So auch Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 25. 173 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 25; ders., NJW 1986, 955, 958. 174 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 25; ders., NJW 1986, 955, 958; Großfeld/Jäger/Lenfers, Tradition und Zukunft im Genossenschaftsrecht, S. 80; Beuthien, § 33 Rn. 14. 175 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 25. 176 In der Praxis sind solche Ergebnisrücklagen allerdings kaum anzutreffen (vgl. Großfeld/Jäger/Lenfers, Tradition und Zukunft im Genossenschaftsrecht, S. 80; Großfeld, ZfgG 53 (2003), 181, 184). 177 Wiedmann, § 338 Rn. 12. Siehe im Hinblick auf stille Rücklagen jüngst wieder BGH, NZG 2009, 118, 119. 178 Großfeld/Reemann, FS Goerdeler, S. 165; Großfeld/Jäger/Lenfers, Tradition und Zukunft im Genossenschaftsrecht, S. 80; Großfeld, ZfgG 38 (1988), 263, 266. 179 Großfeld, Genossenschaft und Eigentum, S. 25. Siehe ferner Beuthien, Strukturwandel, S. 29 (Fn. 16). 180 Großfeld/Reemann, FS Goerdeler, S. 165. 181 Großfeld/Reemann, FS Goerdeler, S. 165; Großfeld, ZfgG 54 (2004), 247, 251; Kühnberger/Keßler, WPg 2000, 1007, 1013 f. („Austrittsbarriere“). 172

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Letztendlich sind die Mitglieder über den Feststellungs- und Ergebnisverwendungsbeschluss selbst dafür verantwortlich, dass die Genossenschaft vermögensmäßig an sie angebunden bleibt. Zwar haben auch die Vorstandsmitglieder nach § 34 Abs. 1 GenG dafür Sorge zu tragen, dass die Genossenschaft in ihrer Kapitalausstattung nicht von Ein- und Austritten der Mitglieder unabhängig wird, und müssen dies insoweit bereits bei der Aufstellung des Jahresabschlusses berücksichtigen.182 In Anbetracht der Unabhängigkeit, die sie durch hohe Rücklagen gewinnen, ist damit jedoch nicht (stets) zu rechnen. Insofern kann es an den Mitgliedern sein, die stillen und offenen Rücklagen in ein angemessenes Verhältnis zum sonstigen Genossenschaftsvermögen zu setzen. Die Angaben im Anhang zur Entwicklung des Mitgliederbestandes und der gesonderte Ausweis abfließender Geschäftsguthaben in der Bilanz sind diesbezüglich von großem Interesse.

D. Feststellungsverfahren Wie der Jahresabschluss im Einzelnen festgestellt werden sollte, ist eine mitunter nur sehr schwierig zu beantwortende Frage. Dies ist nicht nur der Komplexität des Bilanzrechts geschuldet, sondern auch dem Umstand, dass in die Überlegungen neben betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ebenso volkswirtschaftliche, rechtliche, politische und technische Entwicklungen mit einzubeziehen sind. Diese können es notwendig erscheinen lassen, zur Sicherung des Fortbestandes der Genossenschaft mehr Eigenmittel in der Genossenschaft einzubehalten, als dies zu anderen Zeiten erforderlich wäre. Um den Mitgliedern insoweit eine Entscheidungsgrundlage zu schaffen, sieht der Gesetzgeber bestimmte Verfahrensschritte vor, die vor der Feststellung des Jahresabschlusses durchlaufen sein müssen und die Mitglieder mit entsprechenden Informationen versorgen sollen.183 Auch die Reform 2006 hat der Gesetzgeber allerdings nicht dazu genutzt, die inhaltlich zusammengehörenden Vorschriften der §§ 33 Abs. 1 S. 2, 38 Abs. 1 S. 5, 48 GenG in einem neuen Abschnitt „Rechnungslegung“ zusammenzustellen.184 I. Vorlagen des Vorstands Nach § 33 Abs. 1 S. 2 GenG i.V. m. § 336 Abs. 1 HGB hat der Vorstand jeweils in den ersten fünf Monaten des Geschäftsjahres für das vergangene Ge182

Großfeld/Reemann, FS Goerdeler, S. 165. Ebenso Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 2. 184 Siehe zu dahingehenden Bemühungen den Entwurf eines Genossenschaftsgesetzes 1938/39 des Reichsjustizministeriums, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 79, 110 ff. u. 201 ff., sowie den Referentenentwurf eines Genossenschaftsgesetzes des Bundesjustizministeriums – 3520/2 – vom 23.02.1962, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 331, 377 ff. u. 535 ff. 183

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schäftsjahr den Jahresabschluss und einen Lagebericht aufzustellen.185 Außerdem hat er einen Vorschlag für die Verwendung des nach seinem Entwurf ausgewiesenen Jahresüberschusses oder für die Deckung eines hiernach ausgewiesenen Jahresfehlbetrags zu erstellen. Dies ergibt sich allerdings – weiterhin – nur mittelbar aus der Erwähnung dieses Vorschlags im Zusammenhang mit der Prüfungspflicht des Aufsichtsrats in § 38 Abs. 1 S. 5 GenG.186 1. Jahresabschlussentwurf

Der Vorstand ist nach § 33 Abs. 1 S. 1 GenG gesellschaftsintern für die Wahrnehmung der Buchführungspflicht der Genossenschaft (§ 238 Abs. 1 HGB) verantwortlich. Insofern ist es sachgerecht, ihn auch zur Erarbeitung eines Jahresabschlussentwurfs für die Generalversammlungsteilnehmer zu verpflichten. Dieser Entwurf ist nach § 336 Abs. 2 HGB i.V. m. § 264 Abs. 2 S. 1 HGB so aufzustellen, dass er unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung187 ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanzund Ertragslage der Genossenschaft vermittelt. Dabei hat der Vorstand dafür Sorge zu tragen, dass der Jahresabschluss der Generalversammlung in einer Form vorgelegt wird, in der sie ihn auch feststellen kann. Soweit der Vorstand bei der Aufstellung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten Gebrauch macht (vgl. insb. § 336 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. HGB i.V. m. §§ 277 Abs. 3 S. 1, 285 Nr. 6 und 17 HGB), die nicht aus der Bilanz erkennbar sind und sich auch nicht aus dem Anhang ergeben, hat er dies in der Generalversammlung gegenüber den Mitgliedern offen zu legen.188 Dies folgt aus seiner Sorgfaltspflicht gemäß § 34 Abs. 1 GenG.189 Denn die bilanzpolitische Entscheidung über die Ausübung von Wahlrechten steht letztlich der Generalversammlung zu, nicht dem Vorstand. Von daher hat letzterer dafür Sorge zu tragen, dass sich die Mitglieder über ihren bilanzpolitischen Ermessensspielraum vollständig im Klaren sind und über im Entwurf bereits ausgeübte Wahlrechte informiert 185 „Kleine“ Genossenschaften i. S. d. § 267 Abs. 1 HGB sind von der Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichts allerdings gemäß § 336 Abs. 2, 1. Hs. HGB i.V. m. § 264 Abs. 1 S. 4, 1. Hs. HGB befreit. 186 Aus diesem Grunde sollte bereits nach dem Referentenentwurf von 1962 eine ausdrückliche Regelung geschaffen werden. Siehe insofern § 120 Abs. 1 S. 1, 2 RefE 1962, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 331, 384 f. u. 540. 187 Ausführlich dazu Großfeld/Luttermann, Bilanzrecht, S. 16 f. 188 Der Offenlegungspflicht des Vorstands steht dabei auf Seiten der Mitglieder das Auskunftsrecht gegenüber. Siehe dazu oben § 17 A. III. 189 Ohnehin haben die Vorstandsmitglieder die Entscheidung der Generalversammlung loyal vorzubereiten. Dies bringt es auch mit sich, dass sie ihr im Falle von Änderungen des Zahlenwerks bei der Feststellung Formulierungshilfe zu leisten haben. Das gilt ebenso für Änderungen des Anhangs, die dadurch nötig werden. Soweit dies der Fall ist, hat der Vorstand darauf hinzuweisen. Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/ Pöschke, § 173 Rn. 35 ff.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

werden, zumal ihnen nur dann eine eigenverantwortliche Entscheidung möglich ist. Eine pflichtwidrige Vorenthaltung entscheidungsrelevanter Informationen liefe nicht nur auf eine Bevormundung hinaus, sondern würde vor allem auch die Gefahr in sich bergen, dass der Generalversammlung bilanzpolitische Vorentscheidungen des Vorstands untergeschoben werden, die ihren Interessen womöglich zuwiderlaufen, und dass Misserfolge durch stillschweigende Auflösung stiller Rücklagen auf Zeit vertuscht werden.190 2. Lagebericht

a) Funktion Da der Jahresabschluss dem Leser nur begrenzt ermöglicht, die tatsächliche Gesamtsituation der Genossenschaft zu erkennen, soll der Lagebericht dessen Aussagen um Informationen ergänzen, die ein wirtschaftliches Gesamtbild ergeben und insoweit eine Gesamtwürdigung erlauben.191 Dementsprechend kommt dem Lagebericht nicht nur eine Informationsfunktion zu, sondern auch eine Rechenschaftsfunktion.192 b) Inhalt Für den Lagebericht enthalten die §§ 336 ff. HGB keine Sonderregelungen. Folglich richten sich die inhaltlichen Anforderungen ausschließlich nach der gemäß § 336 Abs. 2 HGB entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 289 HGB. Diese trifft allgemein gehaltene Mindestvorgaben,193 die, soweit erforderlich, rechtsformspezifisch auszulegen sind. Da der Lagebericht aufgrund seiner Informations- und Rechenschaftsfunktion als Corporate Governance-Instrument194 insbesondere auch im Hinblick auf die Ausrichtung der Vorstandstätigkeit an den Mitgliederbelangen von Bedeutung ist, wird auf die inhaltlichen Anforderungen im Folgenden näher eingegangen. Zunächst sind im Lagebericht der Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage der Genossenschaft so darzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird (§ 289 Abs. 1 S. 1 HGB). Inhaltlich wird somit auf § 264 Abs. 2 S. 1 HGB Bezug genom190

Zu letzterem siehe Großfeld, ZfgG 53 (2003), 181, 185; ders., NJW 1986, 955,

957. 191 MünchKommHGB/Lange, § 289 Rn. 4 ff. u. 16; BeckBilKomm/Ellrott, § 289 Rn. 4. 192 Bauer, § 33 Rn. 11; Beuthien, § 33 Rn. 27. Zur Rechenschaftsfunktion siehe ferner Beuthien/Hanrath, ZfgG 58 (2008), 85, 92 f. 193 MünchKommHGB/Lange, § 289 Rn. 22; BeckBilKomm/Ellrott, § 289 Rn. 5; Lange, ZIP 2004, 981, 983; Kajüter, DB 2004, 197. 194 Dazu oben § 5.

§ 19 Jahresabschluss

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men.195 Unter der Lage der Genossenschaft ist insofern ihre Vermögens-, Finanzund Ertragslage zu verstehen.196 Dass im Unterschied zu § 264 Abs. 2 S. 1 HGB der Zusatz „unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung“ fehlt, deutet dabei an, dass hier „technisch unverhüllter Klartext verlangt wird“.197 Von daher muss aus den Angaben zum Geschäftsverlauf und zur Lage der Genossenschaft ersichtlich sein, wie das Geschäftsjahr verlaufen ist und wie sich die Situation am Bilanzstichtag darstellt.198 Das macht eine Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse am Bilanzstichtag und ihrer Entwicklung über das abgelaufene Geschäftsjahr erforderlich.199 Im Hinblick auf § 1 Abs. 1 GenG ist dabei insbesondere die Entwicklung der Geschäfte am inneren Markt von Bedeutung. So ist zunächst auf die Art der angebotenen Förderleistungen einzugehen und in welchem Umfang diese von den Mitgliedern nachgefragt worden sind.200 Letzteres betrifft nicht nur das Nachfragevolumen, sondern auch die Verteilung der Nachfrage auf die Mitglieder. Darüber hinaus sind Angaben zum Umfang der nutzungsabhängigen Überschussverteilung erforderlich. Da die Genossenschaft in ihrer Kapitalausstattung vom Mitgliederbestand abhängig sein soll, sind Ein- und Austritte für ihre Vermögens- und Finanzlage von unmittelbarer Bedeutung. Dementsprechend ist auch zur Mitgliederfluktuation Stellung zu nehmen. Im Falle eines zugelassenen Nichtmitgliedergeschäfts ist ferner darzulegen, welchen Umfang dieses im Verhältnis zum Mitgliedergeschäft eingenommen hat und in welcher Weise es nach Art und Umfang als Mittel zum Zweck diente.201 Der schon seit langem in Wissenschaft und Praxis diskutierte Vorschlag eines eigenen sogenannten Förderberichts ist auch im Rahmen der Reform 2006 unberücksichtigt geblieben.202 195

Großfeld/Reemann, FS Goerdeler, S. 169; BeckBilKomm/Ellrott, § 289 Rn. 16. Bauer, § 33 Rn. 11; Beuthien, § 33 Rn. 28; BeckBilKomm/Ellrott, § 289 Rn. 16. 197 Großfeld, NJW 1986, 955, 959. 198 BeckBilKomm/Ellrott, § 289 Rn. 17. 199 BeckBilKomm/Ellrott, § 289 Rn. 17. 200 Ebenso Beuthien, FS Schaffland, S. 84; ders./Hanrath ZfgG 58 (2008), 85, 92. Siehe ferner Lang/Weidmüller-Schaffland, § 33 Rn. 42a; Strieder, DB 1998, 1677, 1678. 201 Siehe dazu bereits die Ausführungen unter § 12. Dafür, dass das Nichtmitgliedergeschäft Bestandteil der Lageberichtserstattung ist, auch Beuthien, § 33 Rn. 28; Lang/ Weidmüller-Schaffland, § 33 Rn. 42a. 202 So auch Geschwandtner/Helios, Genossenschaftsrecht, S. 63. Zur Frage und zu den Versuchen der Operationalisierung, also der (quantitativen) Messbarmachung des Grades der Gesellschaftszweckverwirklichung im Genossenschaftsrecht u. a. auf der Grundlage eines zuvor ebenfalls vom Vorstand zu erstellenden Förderplans siehe insbesondere Boettcher, ZfgG 29 (1979), 198 ff.; ders., Die Genossenschaft in der Marktwirtschaft, S. 100 ff.; Dülfer, ZfgG 27 (1977), 316 ff.; Blümle, Probleme der Effizienzmessung bei Genossenschaften, passim; ders., ZfgG 31 (1981), 234 ff.; Jäger, Legitimität von Führungsentscheidungen, S. 20 ff.; ders., ZfgG 31 (1981), 241 ff.; Patera, ZfgG 31 (1981), 212 ff.; Richter, Möglichkeiten der Operationalisierung des genossenschaftlichen Förderauftrags, passim; ders., ZfgG 27 (1977), 223 ff.; Seuster, ZfgG 28 (1978), 196

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Seit dem Bilanzrechtsreformgesetz vom 04.12.2004 (BilReG)203 besteht für Genossenschaften zudem die Pflicht, im Lagebericht eine umfassende Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesellschaft zu veröffentlichen (§ 289 Abs. 1 S. 2, 3 HGB). Der Vorstand soll also eine systematische Auswertung aller (internen und externen) Faktoren vornehmen, die sich auf Geschäftsverlauf und Lage der Genossenschaft ausgewirkt haben.204 Da allerdings schon bislang unbestritten war, dass die Darstellung nach § 289 Abs. 1 S. 1 HGB auch bewertende Elemente zu enthalten hat,205 wird die Auswirkung dieser Gesetzesänderung im Schrifttum unterschiedlich beurteilt: nach einer Ansicht206 liegt darin nur eine Konkretisierung des § 289 Abs. 1 S. 1 HGB, d.h. eine zusätzliche Orientierung zum Umfang der danach erwarteten Erläuterungen, während damit nach anderer Ansicht207 ein Anstieg der Anforderungen an den Umfang und die Bedeutung bewertender Elemente verbunden ist. Letztendlich kann dieser Streit dahinstehen. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers soll der Lagebericht jedenfalls primär eine Analyse und Kommentierung relevanter Kennzahlen und Sachverhalte enthalten.208 Über die Darstellung und Analyse von vergangenheitsorientiertem Geschäftsverlauf und gegenwartsorientierter Lage hinaus ist nach § 289 Abs. 1 S. 4 HGB die voraussichtliche Entwicklung der Genossenschaft mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern, wobei zugrunde liegende Annahmen anzugeben sind. Es handelt sich demnach also um eine Berichterstattung mit Prognosecharakter, die auf bestimmten Annahmen beruhende Einschätzungen und Erwartungen des Vorstands über die zukünftige Entwicklung zum Gegenstand hat.209 Dies soll dem Leser erlauben, die wirtschaftliche Gesamtsituation der Genossenschaft auch über den Bilanzstichtag hinaus würdigen zu können. In engem Zusammenhang mit § 289 Abs. 1 S. 4 HGB steht die Regelung des § 289 Abs. 2 Nr. 1, 2 HGB. Danach soll („Regelfall“)210 der Lagebericht auch 42 ff.; Weisser, ZfgG 28 (1978), 154 ff.; Engelhardt, ZfgG 31 (1981), 238 ff.; Zacherl, ZfgG 31 (1981), 226 ff.; Croll, ZfgG 31 (1981), 195, 198 ff. Demgegenüber zu Recht kritisch Beuthien, in: Beuthien/Dierkes/Wehrheim (Hrsg.), Die Genossenschaft, S. 7 f. 203 BGBl. I S. 3166. 204 Für Einzelheiten siehe Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Wiedmann, § 289 Rn. 17 ff.; BeckBilKomm/Ellrott, § 289 Rn. 25 ff. 205 MünchKommHGB/Lange, § 289 Rn. 71. 206 Baumbach/Hopt-Merkt, § 289 Rn. 1; Heuser/Theile, GmbHR 2005, 201, 205. 207 Kaiser, WPg 2005, 405, 416; Kirsch/Scheele, WPg 2004, 1, 7 ff.; Lange, ZIP 2004, 981, 986; MünchKommHGB/Lange, § 289 Rn. 71. 208 BT-Drucks. 15/3419 v. 24.06.2004 (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BilReG), S. 30. 209 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Wiedmann, § 289 Rn. 21. 210 Siehe dazu Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Wiedmann, § 289 Rn. 6; BeckBilKomm/Ellrott, § 289 Rn. 60; Koller/Roth/Morck-Morck, § 289 Rn. 3.

§ 19 Jahresabschluss

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eingehen auf Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluss des Geschäftsjahres eingetreten sind. Gleiches gilt bei Verwendung von Finanzinstrumenten durch die Genossenschaft für die Risikomanagementziele und -methoden der Genossenschaft und für bestimmte Risiken (z. B. Ausfallrisiken), sofern dies für die Beurteilung ihrer Lage oder ihrer künftigen Entwicklung von Belang ist.211 Weitere Sollinhalte betreffen den Bereich Forschung und Entwicklung (Nr. 3) und bestehende Zweigniederlassungen (Nr. 4). Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sich Lagebericht und Jahresabschluss hinsichtlich ihres Informationsgehalts erheblich voneinander unterscheiden. Während der Jahresabschluss die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Genossenschaft zum Bilanzstichtag darstellt, wird im Lagebericht die Entwicklung der Gesamtsituation der Genossenschaft sowohl zum Bilanzstichtag hin als auch über diesen hinaus in die Zukunft hinein analysiert und kommentiert.212 3. Verwendungsvorschlag

Wie bereits einleitend dargelegt, ergibt sich mittelbar aus § 38 Abs. 1 S. 5 GenG, dass der Vorstand einen Vorschlag für die Verwendung des nach seinem Entwurf ausgewiesenen Jahresüberschusses oder für die Deckung eines hiernach ausgewiesenen Jahresfehlbetrags zu erstellen hat.213 Eine Begründung für seinen Vorschlag verlangt das Genossenschaftsgesetz nicht. Aus Interesse an einer möglichst vorschlagskonformen Entscheidung der Generalversammlung wird der Vorstand jedoch regelmäßig zumindest mündlich gegenüber den Mitgliedern darlegen, auf welchen Erwägungen sein Vorschlag beruht. Zusammen mit dem Jahresabschlussentwurf und dem Lagebericht gibt der Verwendungsvorschlag insbesondere Aufschluss darüber, wie viel Eigenmittel nach Ansicht des Vorstands in der Genossenschaft verbleiben sollten und wie die Generalversammlung daher von ihrer Feststellungs- und Ergebnisverwendungskompetenz Gebrauch machen sollte. Da der Verwendungsvorschlag unmittelbar auf dem Jahresabschlussentwurf aufbaut, kann eine Veränderung des darin ausgewiesenen Jahresergebnisses den Verwendungsvorschlag ganz oder teilweise gegenstandslos machen.

211 Für weitere Einzelheiten siehe MünchKommHGB/Lange, § 289 Rn. 95 ff.; BeckBilKomm/Ellrott, § 289 Rn. 60 ff.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Wiedmann, § 289 Rn. 26 ff. 212 MünchKommHGB/Lange, § 289 Rn. 72. Sollte sich die Generalversammlung entschließen, weniger Rücklagen zu bilden als im Jahresabschlussentwurf vorgesehen, kann sich der Vorstand dazu veranlasst sehen, seinen Lagebericht zu ändern, weil er die Risiken der künftigen Entwicklung dadurch möglicherweise höher einschätzt. 213 Für die Verwendungsmöglichkeiten sowohl bei festgestelltem Jahresüberschuss als auch bei festgestelltem Jahresfehlbetrag siehe unten § 20 B.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

II. Prüfung und Bericht des Aufsichtsrats Der Jahresabschlussentwurf, der Lagebericht und (wegen § 38 Abs. 1 S. 5 GenG auch) der Verwendungsvorschlag sind gemäß § 33 Abs. 1 S. 2 GenG unverzüglich nach ihrer Aufstellung dem Aufsichtsrat vorzulegen. Die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage an den Aufsichtsrat entsteht also abhängig davon, wann der Vorstand innerhalb der ersten fünf Monate seiner Aufstellungspflicht nachkommt.214 1. Prüfungspflicht

Nach Erhalt der Unterlagen sind diese vom Aufsichtsrat gemäß § 38 Abs. 1 S. 5, 1. Hs. GenG zu prüfen (Prüfungspflicht).215 Die Prüfung gehört zu den Aufgaben des Aufsichtsrats im Rahmen seiner allgemeinen Pflicht zur Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands aus § 38 Abs. 1 S. 1 GenG.216 Das folgt nicht nur aus der systematischen Stellung der Prüfungspflicht innerhalb des § 38 Abs. 1 GenG, sondern vor allem auch daraus, dass eine Überwachung der Geschäftsführung ohne Prüfung der Rechnungslegung(sunterlagen) nicht vorstellbar ist.217 Von daher stehen dem Aufsichtsrat und seinen Mitgliedern für die Durchführung der Prüfung die in § 38 Abs. 1 S. 2 bis 4 GenG eingeräumten Auskunfts-, Einsichts- und Prüfungsrechte zu.218 2. Prüfungsmaßstab

Das Genossenschaftsgesetz führt nicht ausdrücklich auf, worauf die Vorlagen des Vorstands zu prüfen sind. Da die Prüfung jedoch zur Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands nach § 38 Abs. 1 S. 1 GenG gehört, kann der Prüfungsmaßstab insoweit kein anderer sein als derjenige, der bei sonstigen Geschäftsführungsaufgaben des Vorstands anzulegen ist.219 Folglich sind die vorgelegten Unterlagen darauf zu prüfen, ob sie rechtmäßig, ordnungsmäßig und zweckmäßig sind.220

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Siehe dazu auch Müller, § 33 Rn. 62. Das Genossenschaftsgesetz weist die Prüfung dem Gesamtaufsichtsrat zu. Dem steht es allerdings nicht entgegen, ihre Vorbereitung etwa einem vom Aufsichtsrat nach § 38 Abs. 1a GenG gebildeten Prüfungsausschuss zu übertragen, der ohnehin mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses betraut wäre. 216 Ebenso MünchKommHGB/Spanier, Vor § 339 Rn. 2; Müller, § 33 Rn. 61; vgl. ferner Vetter, ZIP 2006, 257, 258 ff. und Lutter, AG 2008, 1, 2 f. 217 Vgl. Hüffer, § 171 Rn. 1. 218 So auch MünchKommHGB/Spanier, Vor § 339 Rn. 2. 219 Vgl. Hüffer, § 171 Rn. 3. 220 Vgl. Hüffer, § 171 Rn. 3; Lutter, AG 2008, 1, 2; Sünner, AG 2008, 411, 412; siehe ferner Beuthien, § 38 Rn. 5. 215

§ 19 Jahresabschluss

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a) Rechtmäßigkeit Rechtmäßig sind die Vorlagen, wenn sie mit Gesetz und Satzung im Einklang stehen.221 Im Hinblick auf den Jahresabschlussentwurf und den Lagebericht bedeutet dies insbesondere, dass sie ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Genossenschaft vermitteln müssen (vgl. §§ 264 Abs. 2 S. 1, 289 Abs. 1 S. 1 HGB) und zusammen ein zutreffendes Gesamtbild von ihrer wirtschaftlichen Situation und ihrer (voraussichtlichen) Entwicklung zu ergeben haben. Ersteres wäre etwa dann nicht der Fall, wenn der Lagebericht die Genossenschaft als erfolgreich darstellt, obwohl die Mitgliedernachfrage (auch im Verhältnis zum Nichtmitgliedergeschäft) schwach und der Umfang der nutzungsabhängigen Überschussverteilung (auch im Verhältnis zur nutzungsunabhängigen Überschussverteilung) daher nur gering ausgefallen ist. Beim Verwendungsvorschlag ist vor allem auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben der §§ 7 Nr. 2, 19, 20, 21, 21a GenG und der auf ihrer Grundlage getroffenen Satzungsbestimmungen zu achten.222 b) Ordnungsmäßigkeit Ordnungsmäßig sind die Vorlagen, wenn sie auf rechnerisch richtiger Grundlage erstellt sind.223 Wie sonst auch im Rahmen der Überwachung der Geschäftsführung kann sich der Aufsichtsrat grundsätzlich auf eine Stichprobenkontrolle beschränken.224 Treten dabei allerdings Fehler zutage, sind die Aufsichtsratsmitglieder zu einer weitergehenden Prüfung verpflichtet. Abhängig davon, wie schwer etwaige Rechenfehler wiegen, kann dies unter Umständen bedeuten, dass Jahresabschlussentwurf und Lagebericht kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Lage der Genossenschaft mehr vermitteln und insofern ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches vorliegt. Etwaige Rechenfehler können sich zudem auf den Verwendungsvorschlag auswirken. c) Zweckmäßigkeit Zweckmäßig sind die Vorlagen, wenn sie dem Interesse der Gesellschaft (§ 1 Abs. 1 GenG) entsprechen.225 Bezogen auf den Jahresabschlussentwurf bedeutet dies, dass der Aufsichtsrat prüfen muss, ob der Vorstand die bilanzpolitische Ermessensentscheidung der Generalversammlung in sachgerechter Weise vorberei221 Müller, § 38 Rn. 36 ff.; Beuthien, § 38 Rn. 5; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 38 Rn. 7. 222 Näher dazu unten § 20. 223 Siehe dazu auch Müller, § 38 Rn. 35. 224 Allgemein zum Kontrollumfang Beuthien, § 38 Rn. 5. 225 Vgl. Hüffer, § 171 Rn. 6; MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 171 Rn. 36 u. 43.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

tet hat. Dies wäre insbesondere dann nicht der Fall, wenn die vorgeschlagene Ausübung der Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte das Gesellschaftsinteresse überbetont, danach also mehr Vermögen in der Genossenschaft einbehalten werden soll, als für ihren Fortbestand erforderlich wäre, und die Genossenschaft dadurch Gefahr liefe, die vermögensmäßige Anbindung an ihre Mitglieder und deren darin begründet liegende Kontrollmöglichkeit zu verlieren. Zu prüfen hat der Aufsichtsrat dabei auch, inwiefern durch die vorgeschlagene Ausübung jener Wahlrechte das Jahresergebnis verbessert oder verschlechtert werden soll und mit welcher Tendenz der Vorstand die Generalversammlung ihre bilanzpolitischen Spielräume nutzen lassen will. Für die Prüfung des Verwendungsvorschlags gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Denn der Sache nach geht es bei der Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung vor allem darum, in welcher Höhe ein etwaiger Jahresüberschuss in der Genossenschaft einbehalten oder aber an die Mitglieder ausgeschüttet werden soll. Im Hinblick auf den Lagebericht ist zu berücksichtigen, dass dieser nicht Gegenstand der Beschlussfassung der Generalversammlung ist. Über seinen Inhalt entscheidet vielmehr allein der Vorstand. Dementsprechend beschränkt sich die Prüfung des Aufsichtsrats hier darauf, ob dieser die ihm zugedachte Informations- und Rechenschaftsfunktion erfüllt. Das bedeutet vor allem, dass er so verständlich und eingehend verfasst sein muss, dass die Mitglieder die wirtschaftliche Gesamtsituation der Genossenschaft tatsächlich erfassen können und insofern zu einer eigenverantwortlichen Stimmabgabe sowohl bei der Rechnungslegung als auch bei der sich hieran anschließenden Entscheidung über die Entlastung des Vorstands in der Lage sind.226 3. Berichtspflicht

Über das Ergebnis seiner Prüfung hat der Aufsichtsrat der Generalversammlung zu berichten (Berichtspflicht). Ursprünglich hielt der Gesetzgeber insoweit eine mündliche Berichterstattung unmittelbar vor der Feststellung des Jahresabschlusses für ausreichend.227 Darauf geht die heutige Vorschrift des § 38 Abs. 1 S. 5, 2. Hs. GenG zurück, die, ohne die Mündlichkeit ausdrücklich aufzuführen, eine dahingehende Berichterstattung anordnet. Erst im Jahre 1933 führte der Gesetzgeber mit der heutigen Vorschrift des § 33 Abs. 1 S. 2 GenG die Pflicht des Aufsichtsrats ein, dem Vorstand seine „Bemerkungen“ zuzuleiten, damit dieser 226

Ähnlich Müller, § 38 Rn. 37. Siehe die Besondere Begründung zu § 45 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 253. 227

§ 19 Jahresabschluss

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seiner Vorlagepflicht gegenüber der Generalversammlung nachkommen kann.228 Fortan war somit auch ein schriftlicher Prüfungsbericht zu erstellen. Dies ergibt sich zudem aus der heutigen Regelung des § 48 Abs. 3 S. 1 GenG, wonach neben den Vorlagen des Vorstands nunmehr auch der Bericht des Aufsichtsrats mindestens eine Woche vor der Versammlung in den Geschäftsräumen der Genossenschaft oder einer anderen geeigneten Stelle zur Einsichtnahme der Mitglieder „ausgelegt“ oder ihnen sonst „zur Kenntnis gebracht“ werden soll.229 4. Berichtsinhalt

Der Prüfungsbericht, über dessen Inhalt aufgrund der Gesamtverantwortung des Aufsichtsrats (§§ 41, 34 GenG) in einer abschließenden Sitzung zu beraten und Beschluss zu fassen ist, muss das Ergebnis der Prüfung eindeutig zum Ausdruck bringen.230 Aus dem Wort „Bemerkungen“ in der Vorschrift des § 33 Abs. 1 S. 2 GenG folgt dabei, dass der Gesetzgeber vom Aufsichtsrat eine eigene Stellungnahme zu den einzelnen Vorlagen verlangt.231 Selbst wenn das Überwachungsorgan also keine Einwendungen haben sollte, darf es sich dennoch nicht mit einer kurzen dahingehenden Feststellung begnügen. So hat der Aufsichtsrat etwa darzustellen, warum der Jahresabschluss nach seiner Meinung wie aufgestellt festgestellt werden sollte und warum er die Lagebeurteilung des Vorstands, speziell dessen Darstellung zur Geschäftsentwicklung am inneren Markt, teilt. Soweit demgegenüber Einwendungen bestehen, muss der Aufsichtsrat diese so eingehend darlegen, dass sich die Generalversammlung ein eigenes Urteil bilden kann.232 Der Umfang des Berichts ist dabei grundsätzlich in das pflichtgemäße Ermessen des Aufsichtsrats gestellt.233 5. Berichtsfrist?

Das Genossenschaftsgesetz legt keinen genauen Zeitrahmen fest, innerhalb dessen der Aufsichtsrat seinen schriftlichen Bericht zu erstellen hat, nachdem 228 Siehe dazu RGBl. I 1933 (Nr. 58), S. 317, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. I, S. 133. 229 Ob das Schriftformerfordernis auch heute noch aus § 48 Abs. 3 S. 1 GenG abgeleitet werden kann, ist infolge des technologischen Wandels und der damit gestiegenen Möglichkeiten der sonstigen Kenntnisverschaffung allerdings fraglich. Näher hierzu unten § 19 D. III. 1. a). 230 Bauer, § 38 Rn. 68 u. 70; Beuthien, § 38 Rn. 5; Müller, § 38 Rn. 40. 231 Ebenso i. E. Bauer, § 38 Rn. 70; Beuthien, § 38 Rn. 5; Müller, § 38 Rn. 40. 232 Vgl. Hüffer, § 171 Rn. 13; Lutter, AG 2008, 1, 3; Sünner, AG 2008, 411, 413 f. Dass der Aufsichtsrat darüber hinaus auch mitteilen soll, in welcher Art und in welchem Umfang er die Geschäftsführung während des Geschäftsjahres geprüft hat, wird vom Genossenschaftsgesetz nicht ausdrücklich verlangt, in Anlehnung an § 171 Abs. 2 S. 2 AktG jedoch zu Recht gefordert (vgl. Bauer, § 38 Rn. 70; Müller, § 38 Rn. 40). 233 Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 171 Rn. 187.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

ihm die Vorlagen vom Vorstand zugegangen sind. Vielmehr wird die ihm zur Verfügung stehende Zeit gegenwärtig nur von hinten her begrenzt, indem die ordentliche Generalversammlung nach § 48 Abs. 1 S. 3 GenG spätestens im sechsten Monat des Geschäftsjahres stattfinden muss und der Bericht des Aufsichtsrats nach § 48 Abs. 3 S. 1 GenG mindestens eine Woche vor dieser Versammlung zur Einsichtnahme der Mitglieder auszulegen oder ihnen sonst zur Kenntnis zu bringen ist. Letzteres macht eine vorherige Zuleitung der „Bemerkungen“ an den Vorstand erforderlich.234 Ausgehend davon hat der Aufsichtsrat also umso mehr Zeit, je früher ihm der Vorstand die aufgestellten Abschlussunterlagen zuleitet.235 Nutzt dieser hingegen die fünfmonatige Aufstellungsfrist vollständig aus, bleiben dem Aufsichtsrat für Prüfung und Berichterstattung nur knapp drei Wochen.236 Daraus folgt, dass der Vorstand Einfluss darauf nehmen kann, wie viel Zeit der Aufsichtsrat von Geschäftsjahr zu Geschäftsjahr zur Verfügung hat. Dies begegnet grundsätzlichen Bedenken. Um insoweit Abhilfe zu schaffen, sollte erwogen werden, im Genossenschaftsgesetz eine neue Regelung einzuführen, wonach der Aufsichtsrat seinen Bericht innerhalb eines Monats, nachdem ihm die Vorlagen zugegangen sind, dem Vorstand zuzuleiten hat (vgl. § 171 Abs. 3 S. 1 AktG)237 und wonach der Vorstand unverzüglich nach Ablauf dieser Frist die Generalversammlung einberufen muss.238 Dies würde einerseits sicherstellen, dass der Aufsichtsrat ausreichend Zeit für seine Prüfung und Berichterstattung hat, und andererseits gewährleisten, dass die ordentliche Generalversammlung zeitnah und unabhängig davon stattfindet, ob der Aufsichtsrat jene Monatsfrist schuldhaft und insoweit pflichtwidrig überschreitet.239 III. Information der Mitglieder Die Information der Mitglieder stellt der Gesetzgeber dadurch sicher, dass er vor der Versammlung mitgliedschaftliche, d.h. in der Mitgliedschaft begründet 234

So auch Müller, § 48 Rn. 7. Sobald der Vorstand die „Bemerkungen“ des Aufsichtsrats erhält, muss er zur Erfüllung seiner Vorlagepflicht aus § 33 Abs. 1 S. 2 GenG unverzüglich die Generalversammlung einberufen, es sei denn, dass er diese schon früher einberufen muss, weil er ansonsten die Sechsmonatsfrist des § 48 Abs. 1 S. 3 GenG nicht einhalten könnte. 236 Darauf weist auch Bauer, § 48 Rn. 11 hin. 237 Siehe dazu bereits § 120 Abs. 3 RefE 1962, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 331, 385. 238 Zur Erstellung der Abschlussvorlagen kann der Vorstand dann freilich nicht erst spätestens fünf Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres verpflichtet sein (vgl. § 336 Abs. 1 S. 2 HGB), da die ordentliche Generalversammlung nach § 48 Abs. 1 S. 3 GenG in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres stattfinden muss. Siehe zu entsprechenden Vorschlägen unter Berücksichtigung weiterer Gesichtspunkte (insb. der ordentlichen Pflichtprüfung) unten § 19 E. II. 3. 239 Für daraus entstehende Schäden würden die verantwortlichen Aufsichtsratsmitglieder gemäß §§ 41, 34 GenG einzustehen haben. 235

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liegende Informationsrechte einräumt (§ 48 Abs. 3 GenG) und in der Versammlung die Organe Vorstand und Aufsichtsrat dazu verpflichtet, „der Generalversammlung“ die Abschlussunterlagen vorzulegen (§ 33 Abs. 1 S. 2 GenG) und ihr über die Prüfungsergebnisse zu berichten (§ 38 Abs. 1 S. 5, 2. Hs. GenG).240 1. Vor der Generalversammlung

Einer verantwortlichen Beschlussfassung über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwendung stünde es entgegen, wenn die Mitglieder erst in der Generalversammlung von den Vorlagen des Vorstands und von den Prüfungsergebnissen des Aufsichtsrats erfahren.241 Um ihnen zu ermöglichen, sich sachgerecht auf die Ausübung ihrer Rechte in der Generalversammlung (insb. Auskunfts- und Stimmrecht) vorzubereiten, führte der Gesetzgeber bereits im Jahre 1889 die heutige Vorschrift des § 48 Abs. 3 GenG ein.242 Diese gewährt den Mitgliedern in Satz 1 ein Recht auf Kenntnisnahme und in Satz 2 ein Recht auf Erteilung von Abschriften. a) Recht auf Kenntnisnahme gemäß § 48 Abs. 3 S. 1 GenG Nach § 48 Abs. 3 S. 1 GenG sollen der Jahresabschlussentwurf, der Lagebericht sowie der Bericht des Aufsichtsrats mindestens eine Woche vor der Versammlung in dem Geschäftsraum der Genossenschaft oder an einer anderen durch den Vorstand bekannt zu machenden geeigneten Stelle zur Einsichtnahme der Mitglieder ausgelegt oder ihnen sonst zur Kenntnis gebracht werden. Der Verwendungsvorschlag wird auch hier nicht eigens aufgeführt, obwohl er ebenso auszulegen bzw. zur Kenntnis zu bringen ist. Dies folgt bereits daraus, dass der Aufsichtsrat in seinem Bericht Stellung hierzu zu nehmen hat. Die Stellungnahme aber macht für die Mitglieder vor der Versammlung nur dann Sinn, wenn sie auch den Verwendungsvorschlag als solchen vollumfänglich zur Kenntnis nehmen können. Im Übrigen sollen sich die Mitglieder mit dem Verwendungsvorschlag gerade auch auf die Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung 240 Allgemein zur Unterscheidung zwischen individuellen und kollektiven Informationsrechten K. Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, S. 15 ff.; siehe ferner Wilde, ZGR 1998, 423. 241 So auch die Besondere Begründung zu § 45 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 253. 242 Siehe die Besondere Begründung zu § 45 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 253.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

vorbereiten. Eine entsprechende Klarstellung sollte hier daher ebenso wie in § 33 Abs. 1 S. 2 GenG erfolgen. aa) Auslegung zur Einsichtnahme Ausreichend ist die Auslegung von Abschriften.243 Diese müssen allerdings mit den Originalvorlagen übereinstimmen.244 Bereitzustellen sind dabei grundsätzlich so viele Exemplare, dass allen zu erwartenden Einsichtswünschen in angemessener Zeit entsprochen werden kann. Der als Ort der Auslegung zunächst angeführte „Geschäftsraum der Genossenschaft“ wird im Genossenschaftsgesetz nicht näher definiert. Allgemein wird darunter jedoch ein Raum im Gebäude der Hauptverwaltung der Gesellschaft verstanden.245 Der Vorstand darf allerdings einen anderen Ort wählen, der aber zumindest gleich geeignet sein muss.246 Dies wäre etwa dann nicht der Fall, wenn für die Mitglieder größere Beschwernisse entstehen als bei einer Auslegung im Geschäftsraum der Genossenschaft.247 Freilich kann die Auslegung auch an mehreren geeigneten Orten gleichzeitig erfolgen.248 Jeder andere Ort ist allerdings vom Vorstand bekannt zu machen. Wann und wie diese Bekanntmachung zu erfolgen hat, lässt sich der Vorschrift indes nicht entnehmen. Zweckmäßig erscheint eine Bekanntmachung zusammen mit derjenigen der Tagesordnung gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 GenG. Jedenfalls darf sie nicht auf eine Art und Weise erfolgen, mit der die Mitglieder nicht zu rechnen brauchen. bb) Sonstige Kenntnisverschaffung Die Vorlagen des Vorstands und der Bericht des Aufsichtsrats können den Mitgliedern statt oder neben der Einsichtnahme an einem bestimmten Ort auch in sonstiger – mindestens gleich geeigneter249 – Weise zur Kenntnis gebracht werden. In Betracht kommt insofern vor allem eine postalische Zusendung der Un243

Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 175 Rn. 29. Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 175 Rn. 29. 245 Müller, § 48 Rn. 80. Siehe i. Ü. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 175 Rn. 30; Hüffer, § 175 Rn. 5. 246 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 18. Bauer, § 48 Rn. 13 nennt als Beispiel zentral gelegene und allgemein zugängliche Gebäude wie etwa ein Rathaus. 247 Müller, § 48 Rn. 80. 248 Müller, § 48 Rn. 80. 249 Da auch diese Form der Kenntnisverschaffung eine Alternative zur Auslegung im Geschäftsraum der Genossenschaft darstellt, darf sie nicht weniger geeignet sein als die Auslegung an einem anderen Ort; ebenso i. E. Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 18. 244

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terlagen.250 Aber auch eine elektronische Übermittlung durch einfache Email oder eine Einstellung auf der Homepage der Genossenschaft (zum Download oder nur zur Einsichtnahme) sind grundsätzlich zulässig.251 Allerdings wird der Vorstand hier darauf zu achten haben, dass die Mitglieder über entsprechende technische Vorrichtungen verfügen, sich also problemlos Kenntnis von den Inhalten verschaffen können. Unzulässig wäre es jedenfalls, Mitglieder, die darüber nicht verfügen, auf die Möglichkeit einer kostenpflichtigen Abschrift nach § 48 Abs. 3 S. 2 GenG zu verweisen. cc) Kritik und Lösungsansätze Kritisch anzumerken ist an der Regelung des § 48 Abs. 3 S. 1 GenG zunächst, dass sie auch nach der Reform 2006 noch als bloße Ordnungsvorschrift („sollen“) ausgestaltet ist. Dieser Ausgestaltung lag bei den Beratungen zum ersten gesamtdeutschen Genossenschaftsgesetz im Jahre 1889 die Erwägung zugrunde, dass es sich bei der Vorschrift nicht wie beim heutigen § 46 Abs. 1 S. 1 GenG um eine „wesentliche“, sondern nur um eine „instruktionelle Vorschrift“ handele, deren Verletzung daher nicht zur Anfechtung führen dürfe, sondern allenfalls Ordnungsstrafen nach dem heutigen § 160 Abs. 1 S. 2 GenG nach sich ziehen solle.252 Als bedeutendes mitgliedschaftliches Informationsrecht dürfte ihr aber zumindest nach heutigem Verständnis nicht mehr nur instruktioneller Charakter zukommen. Schließlich soll dieses Recht den Mitgliedern gerade ermöglichen, sich sachgerecht auf die Ausübung ihrer Rechte in der Generalversammlung vorzubereiten. Dieser Bedeutung wäre nur dann in angemessener Weise Rechnung getragen, wenn eine Verletzung einen Grund zur Anfechtung gefasster Beschlüsse bildet. Dementsprechend sollte an die Stelle des Wortes „sollen“ ein „sind“ treten.253 Im Übrigen besteht auch kein Grund, die Mitglieder einer Genossenschaft vom Schutzniveau her schlechter zu stellen als die Aktionäre einer Aktiengesellschaft, denen die entsprechenden Unterlagen nach der Parallelvorschrift des § 175 Abs. 3 S. 1 GenG auszulegen „sind“. Dies gilt umso mehr, als Genossenschaftsmitglieder, anders als Aktionäre, nicht nur über die Verwendung 250

Bauer, § 48 Rn. 13. So auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 18. 252 Siehe die Begründung zu § 43 im Bericht der VII. Kommission, betreffend den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften – Nr. 28 der Drucksachen – vom 18.03.1889 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 5. Band (2. Anlagenband), Nr. 132, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 399, 428 f. 253 Dies war im ursprünglichen Entwurf auch so vorgesehen. Siehe § 45 Abs. 2 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 161 u. 253. 251

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

eines etwaigen Bilanzgewinns entscheiden,254 sondern sogar – unabdingbar – den Jahresabschluss feststellen. Darüber hinaus ist kritisch anzumerken, dass der Gesetzgeber offenbar vergessen hat, die Mindestfrist des § 48 Abs. 3 S. 1 GenG zusammen mit der Mindesteinberufungsfrist des § 46 Abs. 1 S. 1 GenG auf zwei Wochen anzuheben. Bislang bestand insofern ein Fristengleichlauf, was vor dem Hintergrund sachgerecht erscheint, dass die Mitglieder ab der Einladung zur ordentlichen Generalversammlung und der damit verbundenen Ankündigung der anstehenden Beschlussfassungen über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwendung die Möglichkeit haben sollen, sich auf diese vorzubereiten. Dafür dürfte ein gesetzlich zugesicherter Zeitraum von gerade einmal einer Woche ohnehin kaum ausreichen. Auch im Hinblick auf diese zeitlichen Gesichtspunkte besteht kein Grund, Genossenschaftsmitglieder gegenüber Aktionären schlechter zu stellen, denen die entsprechenden Unterlagen nach § 175 Abs. 3 S. 1 AktG „von der Einberufung an“ auszulegen sind. Im Einklang damit und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Fristengleichlaufs sollten im Genossenschaftsgesetz daher die Worte „mindestens eine Woche vor der Versammlung“ durch „von der Einberufung an“ ersetzt werden. Bei Berücksichtigung der vorgeschlagenen Modifikation der Einberufungsfrist255 hätten die Mitglieder dann grundsätzlich dreißig Tage Zeit, um sich mit den Unterlagen kritisch auseinanderzusetzen und sich angemessen auf die Ausübung ihrer Rechte in der Generalversammlung vorzubereiten. Schließlich ist kritisch anzumerken, dass nach § 48 Abs. 3 S. 1 GenG die Wahl des Auslegungsortes wie auch die Wahl einer sonstigen Form der Kenntnisverschaffung vollständig im Ermessen des Vorstands zu liegen scheint.256 Geschützt werden die Mitglieder lediglich dadurch, dass jede andere Form der Kenntnisgabe zumindest gleich geeignet sein muss und ein anderer Auslegungsort vom Vorstand bekannt zu machen wäre. Die Frage, ob die Generalversammlung eine dahingehende Satzungsregelung treffen darf, dürfte nach gegenwärtiger Rechtslage zu verneinen sein. Gemäß § 18 S. 2 GenG darf die Satzung nämlich nur insoweit von den Bestimmungen des Genossenschaftsgesetzes abweichen, als dieses sie ausdrücklich für zulässig erklärt. Eine Satzungsregelung, die den Vorstand verbindlich auf bestimmte Kenntnisnahmemöglichkeiten wie etwa die postalische Zusendung oder die Einstellung auf der Homepage festlegt, würde diesen jedoch in seiner scheinbaren Wahlfreiheit einschränken und wäre somit als Abweichung zu interpretieren, die § 48 Abs. 3 GenG jedoch nicht ausdrück254 Die Regelzuständigkeit für die Feststellung des Jahresabschlusses ist der Hauptversammlung im Jahre 1937 genommen worden (vgl. Fleischer, in: Bayer/Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, S. 436 m.w. N.). 255 Siehe dazu oben § 15 A. V. 256 Hiervon geht beispielsweise Bauer, § 48 Rn. 13 aus.

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lich zulässt. Sowohl im Interesse der Mitglieder als auch zu Klarstellungszwecken sollte daher erwogen werden, in der Vorschrift zumindest eine satzungsmäßige Andersregelung ausdrücklich zuzulassen. b) Recht auf Erteilung von Abschriften gemäß § 48 Abs. 3 S. 2 GenG Nach § 48 Abs. 3 S. 2 GenG kann jedes Mitglied von der Genossenschaft verlangen, dass ihm auf seine Kosten eine Abschrift des Jahresabschlussentwurfs, des Lageberichts und des Berichts des Aufsichtsrats erteilt wird. Wiederum nicht eigens aufgeführt ist der Verwendungsvorschlag, der aus den zu § 48 Abs. 3 S. 1 GenG aufgeführten Gründen jedoch ebenso von diesem mitgliedschaftlichen Informationsrecht umfasst ist. aa) Abschrift Als Abschrift ist grundsätzlich jede Form der Vervielfältigung des Originals zulässig.257 Eine elektronische Datei genügt im Hinblick auf die zum Lesen oder Ausdruck erforderlichen technischen Vorrichtungen allerdings nur, wenn das Mitglied sich damit einverstanden erklärt.258 bb) Erteilung Grundsätzlich hat die Erteilung der Abschrift durch Zusendung zu erfolgen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es in Abgrenzung zur Vorschrift des § 48 Abs. 3 S. 1 GenG gerade nicht auf das persönliche Erscheinen vor Ort ankommen kann. Eine Zusendung ist der Genossenschaft auch möglich, da ihr die Anschrift der Mitglieder aus der Mitgliederliste bekannt ist (vgl. § 30 Abs. 2 S. 1 GenG). Soll die Zusendung durch einfache Email erfolgen, ist dabei wiederum das Einverständnis des Mitglieds erforderlich. Eine Erteilung von Abschriften kann nach gegenwärtiger Rechtslage jedenfalls eine Woche vor der Versammlung verlangt werden. Dies folgt, ohne dass die Vorschrift dies ausdrücklich regelt, aus ihrer systematischen Stellung unmittelbar nach § 48 Abs. 3 S. 1 GenG und aus dem Sachzusammenhang. Denn beide Informationsrechte sollen es den Mitgliedern vor der Versammlung ermöglichen, sich zur Vorbereitung auf die Ausübung ihrer Rechte in der Generalversammlung Kenntnis von den nach § 33 Abs. 1 S. 2 GenG vorzulegenden Unterlagen zu verschaffen. Soweit § 48 Abs. 3 S. 1 GenG also dahin geändert würde, dass die Unterlagen „von der Einberufung an“ auszulegen sind, würde dies auch für das Recht aus § 48 Abs. 3 S. 2 GenG gelten. In jedem Fall sollte die Erteilung von 257

Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 175 Rn. 33. Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 175 Rn. 33 unter Verweis auf Leuering, ZIP 2000, 2053, 2056 und Noack, ZGR 1998, 592, 612. 258

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Abschriften nach dem Vorbild der Parallelvorschrift des § 175 Abs. 2 S. 2 AktG ausdrücklich „unverzüglich“, d.h. ohne schuldhaftes Zögern erfolgen. In Anbetracht der nur äußerst knapp bemessenen Wochenfrist ist dies gegenwärtig aus der Sorgfaltspflicht der Vorstandsmitglieder gemäß § 34 Abs. 1 GenG abzuleiten, die ihnen aufgibt, den Informationsrechten der Mitglieder nach Möglichkeit Geltung zu verschaffen. Konkret bedeutet dies vor allem, dass sie die vernünftigerweise zu erwartende Zahl von Exemplaren entweder bereit zu halten haben oder aber sicherstellen müssen, dass sie kurzfristig erstellt werden können.259 cc) Kosten Abschriften können die Mitglieder derzeit allerdings nur auf ihre Kosten verlangen.260 Diese Kostentragungspflicht ist nach den Gesetzesmaterialien – wie die Regelung des heutigen § 48 Abs. 3 GenG insgesamt – auf Art. 239 Abs. 2 ADHGB 1884261 zurückzuführen.262 Während die Entgeltlichkeit im Aktienrecht jedoch bereits im Jahre 1900 aufgehoben wurde,263 blieb sie im Genossenschaftsrecht seit dem Jahre 1889 unverändert bestehen, ohne dass dem genossenschaftsspezifische Wertungen zugrunde liegen würden, geschweige denn jemals zugrunde gelegen haben. Da die Unterlagen nicht nur für die Vorbereitung des Feststellungs- und Ergebnisverwendungsbeschlusses, sondern auch für die Entlastung der Vorstandsmitglieder von wesentlicher Bedeutung sind, sollten etwaige Kosten grundsätzlich von der Genossenschaft zu tragen sein. Es wäre daher zu erwägen, in der Vorschrift des § 48 Abs. 3 S. 2 GenG die Worte „auf seine Kosten“ ersatzlos zu streichen. Auch hier ist jedenfalls kein Grund ersichtlich, Genossenschaftsmitglieder gegenüber Aktionären schlechter zu stellen. 2. In der Generalversammlung

Die Vorlagepflicht des Vorstands aus § 33 Abs. 1 S. 2 GenG und die Pflicht des Aufsichtsrats zur mündlichen Berichterstattung aus § 38 Abs. 1 S. 5, 2. Hs. GenG bestehen „der Generalversammlung“ gegenüber, können also natur-

259

Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 175 Rn. 32. Dies gilt freilich nur, soweit solche bei der Erteilung der Abschrift überhaupt anfallen, was beim Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel zumeist nicht der Fall sein wird. 261 Siehe dazu Casper, in: Bayer/Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, S. 553. 262 So ausdrücklich die Besondere Begründung zu § 45 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 253. 263 Siehe dazu Schäfers, Informationsrechte von Aktionären, S. 29. 260

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gemäß erst dann erfüllt werden, wenn die Mitglieder als Generalversammlung zusammengetreten sind. a) Vorlagepflicht des Vorstands gemäß § 33 Abs. 1 S. 2 GenG In § 33 Abs. 1 S. 2 GenG wird der Vorstand verpflichtet, unverzüglich nach Erhalt der „Bemerkungen“ des Aufsichtsrats diese zusammen mit seinen eigenen Unterlagen der Generalversammlung vorzulegen. Hierzu muss er das Mitgliederorgan ohne schuldhaftes Zögern einberufen. „Vorzulegen“ bedeutet dabei, dass der Vorstand die schriftlichen Unterlagen zur Einsicht der Mitglieder auslegen muss.264 Entscheidend ist insofern, dass jedes Mitglied die Möglichkeit hat, die Unterlagen so zur Kenntnis zu nehmen, dass es sich auch noch während der Verhandlungen auf die Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte in der Versammlung vorbereiten kann.265 Von daher sind grundsätzlich so viele Exemplare bereitzustellen, dass allen zu erwartenden Einsichtswünschen in angemessener Zeit entsprochen werden kann.266 Allein schon deswegen müssen Abschriften der Originale insoweit ausreichend sein.267 Zur Einsicht auszulegen sind die Unterlagen grundsätzlich in dem Raum, in dem die Generalversammlung abgehalten wird.268 Wird sie kraft Satzungsbestimmung i. S. d. § 43 Abs. 7 S. 2, 2. Fall GenG per Video in Nebenräume übertragen, müssen die Unterlagen auch dort ausliegen. Dabei trifft die Vorlagepflicht den Vorstand jeweils solange, wie die Generalversammlung die entsprechenden Tagesordnungspunkte behandelt.269 Bei diesen Tagesordnungspunkten handelt es sich nicht nur, wie sich aus § 48 Abs. 1 S. 1, 2 GenG ergibt, um die Beschlussfassung über die Feststellung des Jahresabschlusses und über die Ergebnisverwendung, sondern auch um diejenige über die Entlastung des Vorstands und des 264

Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 176 Rn. 6. Die Vorlagepflicht entfällt aufgrund der ihr zugedachten Funktion, die Versammlungsteilnehmer zu unterstützen, selbst dann nicht, wenn sämtliche Mitglieder im Vorlauf der Versammlung von ihren Informationsrechten aus § 48 Abs. 3 GenG Gebrauch gemacht haben (vgl. Hüffer, § 176 Rn. 2). 266 A. A. Bauer, § 33 Rn. 12, der die Auslage nur eines Exemplars grundsätzlich für ausreichend hält. 267 Würde der Gesetzgeber wie in der kürzlich durch das ARUG geänderten Parallelvorschrift des § 176 Abs. 1 S. 1 AktG „vorzulegen“ durch „zugänglich zu machen“ ersetzen, könnten die Unterlagen den Mitgliedern auch elektronisch (z. B. über Monitore) zur Einsicht bereitgestellt werden. 268 Weitergehend insofern Hennrichs und Pöschke, die auch das Zugänglichmachen in einem Nebenraum zulassen wollen, soweit dieser von jedem Versammlungsteilnehmer ohne Probleme betreten werden kann (vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 176 Rn. 11). Diese Auffassung erscheint jedoch zweifelhaft, da die Versammlung im Nebenraum nicht stattfindet und dem Mitgliederorgan die Unterlagen dort dementsprechend auch nicht vorgelegt werden können. 269 Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 176 Rn. 12. 265

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Aufsichtsrats. Wird also etwa die Entlastung einzelner Vorstandsmitglieder vertagt, so sind die Unterlagen in der nächsten Generalversammlung, die sich hiermit beschäftigt, erneut auszulegen.270 b) Pflicht zur mündlichen Berichterstattung des Aufsichtsrats gemäß § 38 Abs. 1 S. 5, 2. Hs. GenG Der Aufsichtsrat ist nach § 38 Abs. 1 S. 5, 2. Hs. GenG dazu verpflichtet, der Generalversammlung vor ihrer Beschlussfassung über die Feststellung des Jahresabschlusses über das Ergebnis seiner Prüfung mündlich zu berichten. Wer dafür organintern zuständig sein soll, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.271 Für gewöhnlich nimmt diese Aufgabe der Aufsichtsratsvorsitzende wahr. Fraglich ist, wie sich schriftliche und mündliche Berichterstattung zueinander verhalten. Im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum wird überwiegend die Ansicht vertreten, der schriftliche Bericht sei nach § 38 Abs. 1 S. 5, 2. Hs. GenG ganz oder in seinen wesentlichen Teilen zu verlesen.272 Dem kann allerdings entgegengehalten werden, dass der Aufsichtsrat anfänglich keinen schriftlichen Bericht zu verfassen hatte und aus der Vorschrift demnach auch nicht folgen kann, dass ein solcher zu verlesen sein soll. Wie der Aufsichtsrat seine Prüfungsergebnisse zwecks mündlicher Berichterstattung festhielt, war vielmehr seine Sache. Eine bloße Verlesung wäre aufgrund der heutigen Verfügbarkeit des schriftlichen Berichts sowohl vor der Versammlung (§ 48 Abs. 3 GenG) als auch während der jeweiligen Verhandlungen (§ 33 Abs. 1 S. 2 GenG) nicht selten wohl auch wenig sinnvoll. Daher ist die Pflicht, „über das Ergebnis der Prüfung . . . zu berichten“, vielmehr im Sinne von „seinen Bericht . . . zu erläutern“ zu verstehen.273 Dementsprechend soll der Aufsichtsrat den Inhalt seines schriftlichen Berichts nicht wortwörtlich wiedergeben, sondern muss diesen unter Bildung von Schwerpunkten zusammenfassen und ihn um die seit der schriftlichen Berichterstattung eingetretenen wesentlichen Vorgänge und Entwicklungen ergänzen.274 Dabei hat 270 Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 176 Rn. 12. Siehe dazu auch unten § 21 A. I. 271 Anders dagegen die Parallelvorschrift des § 176 Abs. 1 S. 2, 2. Fall AktG, die hierfür ausdrücklich den Vorsitzenden des Aufsichtsrats in die Pflicht nimmt. 272 So ausdrücklich Bauer, § 38 Rn. 71; Beuthien, § 38 Rn. 5; Müller, § 38 Rn. 39. Unklar Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Fandrich, § 38 Rn. 7 („seinem wesentlichen Inhalt nach vorzutragen“). 273 Vgl. insoweit § 176 Abs. 1 S. 2, 2. Fall AktG. 274 Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 176 Rn. 21; Hüffer, § 176 Rn. 4. Zum Inhalt des Berichts siehe bereits oben § 19 D. II. 4. Eine Pflicht zur mündlichen Berichterstattung des Vorstands sieht das Genossenschaftsgesetz demgegenüber nicht eigens vor. Regelmäßig wird ein solcher Bericht jedoch allein schon deswegen auf der Tagesordnung stehen, weil der Vorstand ein (Eigen-)Interesse daran hat, dass der Jahresabschluss von der Generalversammlung wie aufgestellt festgestellt wird. Im Übrigen trifft ihn eine Offenlegungspflicht in den Fällen, in denen er von Bilanzierungs- und

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sich der Vortragende allerdings stets an Inhalt und Tendenz des schriftlichen Berichts zu halten. Freilich können in diesem Rahmen auch einzelne Passagen verlesen werden.

E. Pflichtprüfung Mit den abschlussbezogenen Informationen, die den Mitgliedern im Rahmen des Feststellungsverfahrens zur Verfügung zu stellen sind, muss es allerdings nicht sein Bewenden haben. Denn die Rechnungslegung ist grundsätzlich auch Gegenstand der genossenschaftlichen Pflichtprüfung nach den §§ 53 ff. GenG. I. Prüfungsumfang und Prüfungsmaßstab Nach § 53 Abs. 1 S. 1 GenG dient die genossenschaftliche Pflichtprüfung der „Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung“. Dazu sind mindestens in jedem zweiten Geschäftsjahr „die Einrichtungen, die Vermögenslage sowie die Geschäftsführung der Genossenschaft einschließlich der Führung der Mitgliederliste“ zu prüfen.275 Übersteigt ihre Bilanzsumme zwei Millionen Euro, muss die Prüfung nach § 53 Abs. 1 S. 2 GenG in jedem Geschäftsjahr stattfinden. Im Rahmen dieser Prüfung ist bei Genossenschaften, deren Bilanzsumme eine Million Euro und deren Umsatzerlöse zwei Millionen Euro übersteigen, der Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts zu prüfen (vgl. § 53 Abs. 2 S. 1 GenG). Für den Umfang dieser Prüfung erklärt § 53 Abs. 2 S. 2 GenG die Vorschrift des § 317 Abs. 1 S. 2, 3, Abs. 2 HGB für entsprechend anwendbar. Hiernach ist der Jahresabschluss darauf zu prüfen, ob er mit Gesetz und Satzung im Einklang steht. Dabei sollen insbesondere solche Unrichtigkeiten und Verstöße aufgedeckt werden, die sich auf die Darstellung des sich nach § 264 Abs. 2 HGB ergebenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Genossenschaft wesentlich auswirken. Gemäß § 317 Abs. 1 S. 3 HGB ist die Prüfung so anzulegen, dass derlei Verstöße „bei gewissenhafter Berufsausübung erkannt werden“.276 Der Lagebericht ist darauf zu prüfen, ob er mit dem Jahresabschluss und mit den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen des Prüfungsverbands in Einklang steht und ob er insgesamt eine zutreffende Vorstellung von der Lage der Genossenschaft vermittelt. Gemäß § 317 Abs. 2 S. 2 HGB hat der PrüfungsverBewertungswahlrechten Gebrauch gemacht hat, die nicht aus der Bilanz erkennbar sind und sich auch nicht aus dem Anhang ergeben (vgl. oben § 19 D. I. 1.). 275 Weitere – außerordentliche – Prüfungen sind nach § 57 Abs. 1 S. 2 GenG ausdrücklich zulässig. Näher dazu Bauer, § 53 Rn. 62 ff.; Pöhlmann/Fandrich/BloehsBloehs, § 53 Rn. 3 ff. 276 Näher dazu BeckBilKomm/Förschle/Almeling, § 317 Rn. 13.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

band dabei auch zu prüfen, ob der Vorstand die Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung zutreffend dargestellt hat. Um die „Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung“ beurteilen zu können, reicht es allerdings nicht aus, Jahresabschluss und Lagebericht auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Vielmehr sind sie über die handelsrechtlichen Bestimmungen hinaus auch auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu untersuchen.277 Dies bedeutet im Hinblick auf den Jahresabschluss, dass der Prüfungsverband prüfen muss, ob dieser dem Interesse der Gesellschaft (§ 1 Abs. 1 GenG) entspricht.278 Unterschreitet eine Genossenschaft einen der beiden Schwellenwerte des § 53 Abs. 2 S. 1 GenG, so ist keine eigenständige Jahresabschlussprüfung erforderlich.279 Dies heißt indes nicht, dass Jahresabschluss und Lagebericht „im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1“ gänzlich außer Acht gelassen werden könnten. Denn eine Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist dem Prüfungsverband ohne Berücksichtigung der Rechnungslegung nicht möglich.280 Die Rechnungslegung bildet zudem einen wesentlichen Teil der Geschäftsführung des Vorstands (vgl. § 33 GenG). Insofern kann auch die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung nicht ohne Jahresabschluss und Lagebericht beurteilt werden.281 Dementsprechend ist auch bei kleinen Genossenschaften i. S. d. § 53 Abs. 2 S. 1 GenG ein Mindestmaß an Prüfungshandlungen in Form von Stichproben und Plausibilitätsprüfungen erforderlich, die den Prüfungsverband mit gewisser Sicherheit annehmen lassen, dass die Rechnungslegung recht- und zweckmäßig ist.282

277 Allgemein zur Zweckmäßigkeit als Prüfungsmaßstab bei der Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung Bauer, § 53 Rn. 26; Pöhlmann/Fandrich/BloehsBloehs, § 53 Rn. 13. 278 Vgl. hierzu oben § 19 D. II. 2. c). Siehe ferner Kober, ZfgG 62 (2012), 193, 206. 279 Dies soll bilanzsummen- und umsatzerlösschwachen Genossenschaften von dem hiermit verbundenen Zeit- und Kostenaufwand befreien und dadurch den Zugang zur Rechtsform für Kleinunternehmen attraktiver machen (vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 89 u. 105). Langfristig ist im Hinblick auf die Ausgestaltung der Schwellenwerte eine Gleichbehandlung von Genossenschaften und Kapitalgesellschaften geplant (vgl. BTDrucks. 16/1524, S. 10). Bei letzteren bestimmt sich die Befreiung von der Jahresabschlussprüfung gemäß § 316 Abs. 1 S. 1 HGB nach § 267 Abs. 1 HGB, dessen Schwellenwert anders als der in § 53 Abs. 2 S. 1 GenG im Rahmen des BilMoG angehoben worden ist. 280 Ebenso Bauer, § 53 Rn. 30 u. 35; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 53 Rn. 22. 281 So auch Bauer, § 53 Rn. 30 u. 35; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 53 Rn. 22. 282 Vgl. Bauer, § 53 Rn. 30 u. 35; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 53 Rn. 22, wobei letzterer zutreffend anmerkt, dass dies die vom Gesetzgeber bezweckte Kostenersparnis spürbar verringern wird. In Anbetracht der für bilanzsummen- und umsatzerlösschwache Genossenschaften nach wie vor hohen Prüfungskosten verwundert daher nicht, dass mittlerweile erwogen wird, diese sog. „Kleinen Genossenschaften“ von der Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband sowie den dabei vorgesehenen Pflichtprüfungen zu befreien (vgl. BB 2012, 1396, 1396 f.).

§ 19 Jahresabschluss

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II. Prüfungszeitpunkt 1. Prüfung vor Feststellung des Jahresabschlusses?

Das Genossenschaftsgesetz setzt gegenwärtig nicht voraus, dass die Pflichtprüfung im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses bereits abgeschlossen ist.283 Dies ergibt sich daraus, dass in § 53 Abs. 2 S. 2 GenG nicht auch auf § 316 Abs. 1 S. 2 HGB verwiesen wird, wonach der Jahresabschluss nicht festgestellt werden kann, wenn keine Prüfung stattgefunden hat.284 Nach teilweise vertretener Ansicht soll dies allerdings nicht für solche Genossenschaften gelten, die nach § 58 Abs. 2 GenG testatpflichtig sind, d.h. eines Bestätigungsvermerks i. S. d. § 322 HGB bedürfen.285 Zur Begründung wird auf die Vorschrift des § 48 Abs. 2 S. 2 GenG verwiesen, aus der sich ergebe, dass die Feststellung des Jahresabschlusses ohne den nach § 58 Abs. 2 GenG erforderlichen Bestätigungsvermerk grundsätzlich nichtig sei.286 Dem ist jedoch bereits der Wortlaut der Norm entgegenzuhalten. In § 48 Abs. 2 S. 2 GenG heißt es ausdrücklich: „und ist die Prüfung nach § 53 bereits abgeschlossen“. Die Vorschrift regelt also nur den Fall, dass die Prüfung nach § 53 GenG bereits abgeschlossen war, ohne jedoch ihren Abschluss selbst grundsätzlich vorauszusetzen. Eine abgeschlossene Pflichtprüfung mit erteiltem Bestätigungsvermerk ist hier vielmehr nur Anwendungsvoraussetzung. Dass ein erforderlicher Bestätigungsvermerk nicht schon im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses erteilt worden sein muss, ergibt sich ferner auch aus der Vorschrift des § 339 Abs. 1 S. 3 HGB.287 Diese regelt den Fall, dass die Pflichtprüfung im Zeitpunkt der Einreichung des festgestellten Jahresabschlusses beim elektronischen Genossenschaftsregister noch nicht abgeschlossen ist und verpflichtet den Vorstand insoweit, den Bestätigungsvermerk oder den Vermerk über seine Versagung unverzüglich nach Abschluss der Prüfung nachzureichen. Die Vorschrift des § 48 Abs. 2 S. 2 GenG ist in Anlehnung an § 173 Abs. 3 S. 1 AktG im Rahmen des BiRiLiG eingeführt worden,288 ohne vollends zu berücksichtigen, dass der aktienrechtlichen Regelung eine andere Ausgangssituation zugrunde liegt. Denn soweit eine Aktiengesellschaft prüfungspflichtig ist, 283 Es wird nicht einmal verlangt, dass die Prüfung schon begonnen hat; ebenso BeckBilKomm/Förschle, Vor § 339 Rn. 52: „Die Generalversammlung kann auch einen noch nicht geprüften – oder einen noch in der Prüfung befindlichen – Jahresabschluss feststellen.“ 284 Etwas anderes gilt nur für Kreditgenossenschaften wegen des Verweises des § 340k Abs. 1 HGB u. a. auf § 316 Abs. 1 S. 2 HGB. 285 Beuthien, § 58 Rn. 1 und Bauer, § 48 Rn. 6 ff. 286 Beuthien, § 58 Rn. 1 und Bauer, § 48 Rn. 8. 287 Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 13. 288 BT-Drucks. 10/317, S. 115, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 390, 423 f.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

kann ihr Jahresabschluss gemäß § 316 Abs. 1 S. 2 HGB nicht ohne Abschlussprüfung festgestellt werden. Konsequenterweise ist ein gleichwohl festgestellter Jahresabschluss nach § 256 Abs. 1 Nr. 2 AktG nichtig. Wenn die Hauptversammlung nun den aufgestellten Jahresabschluss bei der Feststellung ändert, so handelt es sich letztlich um eine Feststellung ohne Prüfung mit der Folge, dass eine erneute Abschlussprüfung und hiernach eine erneute Beschlussfassung in einer zweiten Hauptversammlung erforderlich wären. Um dies zu vermeiden, soll nach § 173 Abs. 3 AktG eine auf die Änderungen beschränkte Nachtragsprüfung ausreichen, soweit insofern ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt wird.289 Im Genossenschaftsrecht dagegen kann der Jahresabschluss festgestellt werden, auch wenn er noch nicht geprüft worden ist. § 256 Abs. 1 Nr. 2 AktG kann insofern keine analoge Anwendung finden. Ändert die Generalversammlung den Jahresabschluss bei der Feststellung, so wäre die Beschlussfassung also grundsätzlich nicht nichtig und damit auch keine weitere Generalversammlung erforderlich. Die Vorschrift des § 48 Abs. 2 S. 2 GenG kann hier folglich keine Verfahrenserleichterung bewirken. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Wenn der Prüfungsverband hinsichtlich der Änderung nur einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk oder einen Vermerk über die Versagung erteilt, hat dies zur Folge, dass die aufgrund des § 48 Abs. 2 S. 2 GenG zunächst schwebend unwirksamen Beschlussfassungen über die Feststellung des Jahresabschlusses und über die Ergebnisverwendung endgültig unwirksam werden und insofern eine erneute Generalversammlung erforderlich wird. Ohne die Vorschrift des § 48 Abs. 2 S. 2 GenG wäre dies bei abgeschlossener Pflichtprüfung und erteiltem Bestätigungsvermerk oder Vermerk über seine Versagung grundsätzlich nicht der Fall. Denn dann würde der Bestätigungsvermerk gemäß § 53 Abs. 2 S. 2 GenG i.V. m. § 316 Abs. 3 HGB einfach ergänzt. Dieser ergänzende Vermerk könnte dann ebenso wie der ursprüngliche Bestätigungsvermerk auch nur eingeschränkt erteilt werden, ohne dadurch die Wirksamkeit der Feststellung zu berühren. Festzuhalten bleibt demnach, dass die Regelung des § 48 Abs. 2 S. 2 GenG ohne Verweis des § 53 Abs. 2 S. 2 GenG auf § 316 Abs. 1 S. 2 HGB den ihr zugedachten Zweck nicht erfüllen kann und daher gegenwärtig sinnlos ist. 2. Kritik

Dass die Pflichtprüfung selbst dann nicht mit dem Feststellungsverfahren verzahnt ist, wenn Jahresabschluss und Lagebericht nach § 53 Abs. 2 GenG eigens zu prüfen sind, erscheint wenig sinnvoll. Denn grundsätzlich werden die Mitglieder einer prüfungspflichtigen Genossenschaft ein Interesse daran haben, dass die Vorlagen des Vorstands vor der Feststellung des Jahresabschlusses nicht nur 289

Siehe dazu Hüffer, § 173 Rn. 7.

§ 19 Jahresabschluss

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durch den Aufsichtsrat geprüft werden, sondern zusätzlich durch den Prüfungsverband, und dass ihnen auch insoweit Informationen als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung stehen. Zurückzuführen ist die mangelnde Verknüpfung der beiden Verfahren letztlich darauf, dass sich die Pflichtprüfung seit ihrer Einführung im Jahre 1889 „keineswegs auf eine bloß kalkulatorische Kontrole der Bilanzen und Geschäftsbücher beschränken“ sollte.290 „Wenn auch eine probeweise Prüfung [der Bilanzen und Geschäftsbücher] zweckmäßig und bei vielen Genossenschaften sogar unentbehrlich [sei], so [müsse] doch die Untersuchung des Revisors sich wesentlich auf die materielle Seite der Geschäftsführung und die hierbei befolgten Grundsätze, sowie auf das Funktionieren der Genossenschaftsorgane und die sonstigen Einrichtungen der Genossenschaft richten“.291 Dem fügte der Gesetzgeber im Zuge der Neugestaltung des vierten Abschnitts über die Pflichtprüfung im Jahre 1934 hinzu, dass es „also nicht wie im Aktienrecht erforderlich oder genügend [sei], den Jahresabschluss, bevor er der Generalversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt wird, einer Prüfung zu unterziehen. Vielmehr [sei] die Prüfung über das ganze Jahr zu verteilen und dabei sowohl die letzte vorliegende Bilanz zu prüfen, als auch die Geschäftsführung, auch soweit sie in die Zeit nach dem Bilanzstichtag fällt, einer Nachprüfung zu unterwerfen“.292 Aufgrund der „vergleichsweise engmaschige[n] Kontrolle“ 293 hielt und hält es der Gesetzgeber für den Mitglieder- und Gläubigerschutz demnach offenbar nicht für erforderlich, anzuordnen, dass nur ein geprüfter Jahresabschluss festgestellt werden kann, und integrierte die Pflichtprüfung daher auch nicht in die Fristen, die bei der Feststellung des Jahresabschlusses zu beachten sind (z. B. § 336 Abs. 1 HGB; § 48 Abs. 1 S. 3 GenG). Allerdings erscheint fraglich, ob ein erheblicher Prüfungsumfang wie auch der Umstand, dass die genossenschaftliche 290 So die Besondere Begründung zu § 49 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 255; ebenso die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30.10.1934 (RGBl. I Nr. 122) vom 01.11. 1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, S. 1, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 71. 291 Siehe die Besondere Begründung zu § 49 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 255. 292 So ausdrücklich die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30.10.1934 (RGBl. I Nr. 122) vom 01.11.1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, S. 1, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 71. 293 BVerfG, NJW 2001, 2617, 2618.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Pflichtprüfung als Betreuungsprüfung294 ausgestaltet ist, für sich genommen ausreichen, um eine Prüfung vor Feststellung des Jahresabschlusses tatsächlich entbehrlich zu machen. Ohnehin dürfte eine Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung anhand des Jahresabschlusses nur unmittelbar nach dessen Aufstellung sinnvoll oder sogar möglich sein.295 3. Regelungsalternative

Als Alternative zur gegenwärtigen Regelung und in Anlehnung an den Referentenentwurf von 1962 könnte für ordentliche Pflichtprüfungen zumindest von prüfungspflichtigen Genossenschaften i. S. d. § 53 Abs. 2 S. 1 GenG zunächst erwogen werden, die Vorschrift des § 53 Abs. 2 S. 2 GenG um einen Verweis auf § 316 Abs. 1 S. 2 HGB zu ergänzen. Damit der Prüfungsverband hinreichend Zeit für seine Prüfungshandlungen hat, wäre die Aufstellungsfrist von den ersten fünf Monaten des Geschäftsjahres (§ 336 Abs. 1 S. 2 HGB) auf die ersten drei Monate herabzusetzen296 und die Frist für die ordentliche Generalversammlung von den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres (§ 48 Abs. 1 S. 3 GenG) auf die ersten acht Monate zu erhöhen. Der Vorstand wäre zu verpflichten, seine Vorlagen unverzüglich nach ihrer Aufstellung nicht nur dem Aufsichtsrat, sondern auch dem Prüfungsverband vorzulegen. Nach Durchlaufen des Prüfungsverfahrens (§ 57 GenG) und Vorlage des Prüfungsberichts an Gesamtvorstand und Gesamtaufsichtsrat297 hätte letzterer innerhalb eines Monats298 seinen Prüfungsbericht zu erstellen und dem Vorstand zuzuleiten. Sodann hätte dieser unverzüglich und unter Wahrung der vorgeschlagenen dreißigtägigen Mindesteinberufungsfrist299 die ordentliche Generalversammlung einzuberufen. Für die Durchführung seiner Prüfung würde der Prüfungsverband demnach mindestens drei volle Monate Zeit haben. Schöpft er diese nicht voll aus, findet die Generalversammlung entsprechend früher statt. Eine derartige Regelung hätte nicht nur den Vorteil, dass der Generalversammlung ein (doppelt) geprüfter Jahresabschluss zur 294

Näher dazu Bauer, § 53 Rn. 9 f. Siehe diesbezüglich auch die Erläuterungen zu § 125 im Referentenentwurf eines Genossenschaftsgesetzes des Bundesjustizministeriums – 3520/2 – vom 23.02.1962, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 331, 545: „Eine Prüfung der Vermögenslage der Genossenschaft ist nur möglich, wenn dem Prüfer ein zeitnaher Vermögensstatus der Genossenschaft zur Verfügung steht. Deshalb ist es zweckmäßig, die Prüfung durchzuführen, nachdem der Jahresabschluss aufgestellt ist und bevor er dem Aufsichtsrat vorgelegt wird.“ 296 Für Kreditgenossenschaften gilt dies bereits wegen § 26 Abs. 1 KWG. 297 Gegenwärtig ist der Prüfungsbericht nach § 58 Abs. 3 S. 1 GenG neben dem Gesamtvorstand nur dem Aufsichtsratsvorsitzenden vorzulegen. Die übrigen Aufsichtsratsmitglieder sind nach § 58 Abs. 3 S. 2 GenG allerdings verpflichtet, den Inhalt des Prüfungsberichts zur Kenntnis zu nehmen. 298 Vgl. oben § 19 D. II. 5. 299 Vgl. oben § 15 A. V. 295

§ 19 Jahresabschluss

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Feststellung vorgelegt würde, sondern würde darüber hinaus auch dem Aufsichtsrat erlauben, sich bei seiner Prüfung auf den Bericht des Prüfungsverbands zu stützen. Dies ist vor allem dann hilfreich, wenn Aufsichtsratsmitglieder selbst nicht über besondere Kenntnisse im Bilanzrecht verfügen, was im Umkehrschluss zu § 36 Abs. 4 GenG grundsätzlich nicht vorausgesetzt wird. III. Berichtspflicht und Berichtsinhalt Nach Abschluss des Prüfungsverfahrens (§ 57 GenG) hat der Prüfungsverband gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 GenG über das endgültige Ergebnis seiner Prüfung schriftlich zu berichten. Zu Inhalt und Umfang dieses Prüfungsberichts traf die Vorschrift zunächst allerdings keine Vorgaben.300 Sie waren demzufolge nach dem Prüfungszweck (§ 53 Abs. 1 GenG) zu bestimmen. Hieran hat sich grundsätzlich nichts geändert.301 Allerdings fügte der Gesetzgeber der Regelung des § 58 Abs. 1 GenG im Rahmen des BiRiLiG einen Satz 2 hinzu, der für diejenigen Teile des Prüfungsberichts, die den Jahresabschluss und den Lagebericht betreffen, die Vorschrift des § 321 Abs. 1 bis 3 HGB für entsprechend anwendbar erklärt.302 Danach ist im Eingangsteil des (abschlussbezogenen Teils des) Prüfungsberichts zunächst zur Beurteilung der Lage der Genossenschaft durch den Vorstand Stellung zu nehmen und dabei insbesondere auf die Beurteilung ihres Fortbestandes und ihrer künftigen Entwicklung unter Berücksichtigung des Lageberichts einzugehen (§ 321 Abs. 1 S. 2 HGB).303 Darüber hinaus muss der Prüfungsverband über solche Unrichtigkeiten und Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften sowie über solche Tatsachen berichten, die den Bestand der Genossenschaft gefährden oder ihre Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können oder die schwerwiegende Verstöße gegen Gesetz und Satzung erkennen lassen (§ 321 Abs. 1 S. 3 HGB). Zu berichten ist also bereits bei Verdachtsmomenten.304 Im Hauptteil des Berichts ist gemäß § 321 Abs. 2 S. 1 HGB zunächst festzustellen, ob der Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts Gesetz und Satzung entspricht. Hierbei ist, soweit nach § 58 300 Vgl. die Vorschrift des § 58 im Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30.10.1934 – RGBl. I 1934 (Nr. 122), S. 1078, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. I, S. 141, 142. 301 Siehe insofern Bauer, § 58 Rn. 2; Beuthien, § 58 Rn. 2. 302 Mit dem im Jahre 2009 in Kraft getretenen BilMoG kam nunmehr ein Verweis auf den neu geschaffenen Absatz 4a hinzu, wonach der Prüfer im Prüfungsbericht künftig seine Unabhängigkeit zu bestätigen hat. Näher dazu Bauer, § 58 Rn. 3a. 303 Indem die Stellungnahme ausdrücklich „vorweg“ erfolgen muss, soll erreicht werden, dass sie nicht überlesen werden kann (vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/ Pöschke, § 171 Rn. 16). 304 Beuthien (14. Aufl.), § 58 Rn. 2a.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Abs. 2 GenG ein Bestätigungsvermerk erforderlich ist, auch über Beanstandungen zu berichten, die nicht zu seiner Einschränkung oder Versagung geführt haben, soweit dies für die Überwachung der Geschäftsführung und der Genossenschaft insgesamt von Bedeutung ist (§ 321 Abs. 2 S. 2 HGB).305 Ferner ist darauf einzugehen, ob die Rechnungslegung insgesamt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Genossenschaft vermittelt (§ 321 Abs. 2 S. 3 HGB). Dazu hat der Prüfungsverband nach § 321 Abs. 2 S. 4 HGB auch auf wesentliche Bewertungsgrundlagen sowie darauf einzugehen, welchen Einfluss Änderungen in den Bewertungsgrundlagen einschließlich der Ausübung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten und der Ausnutzung von Ermessensspielräumen sowie sachverhaltsgestaltende Maßnahmen insgesamt auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage haben. Zu diesem Zwecke muss er die Posten des Jahresabschlusses gemäß § 321 Abs. 2 S. 5 HGB aufgliedern und ausreichend erläutern, es sei denn, dahingehende Angaben sind bereits im Anhang enthalten. Außerdem hat er darzustellen, ob der Vorstand die gemäß § 57 Abs. 1 GenG verlangten Aufklärungen und Nachweise erbracht hat (§ 321 Abs. 2 S. 6 HGB). In einem besonderen Abschnitt seines Berichts hat der Prüfungsverband außerdem Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung zu erläutern und dabei auf die angewandten Rechnungslegungs- und Prüfungsgrundsätze einzugehen. Da sich die genossenschaftliche Pflichtprüfung über die handelsrechtlichen Bestimmungen des § 317 Abs. 1 S. 2, 3, Abs. 2 HGB hinaus auch auf die Zweckmäßigkeit der Rechnungslegung erstreckt,306 kann es insoweit auch mit den Angaben nach § 58 Abs. 1 S. 2 GenG i.V. m. § 321 Abs. 1 bis 3 HGB nicht sein Bewenden haben. Sind Jahresabschluss und Lagebericht demgegenüber wegen Unterschreitung der Schwellenwerte des § 53 Abs. 2 S. 1 GenG nicht zu prüfen, dürfte die Vorschrift des § 58 Abs. 1 S. 2 GenG keine Anwendung finden, weil dem Prüfungsverband die hiernach erforderlichen Angaben bei bloßen Stichproben und Plausibilitätsprüfungen nicht möglich sein werden.307 IV. Information der Mitglieder Der Gesetzgeber will sicherstellen, dass sich alle Genossenschaftsorgane mit der Auswertung der Prüfungsergebnisse befassen.308 Vorstand und Aufsichtsrat 305 Anders als im Genossenschaftsrecht ist im Kapitalgesellschaftsrecht bei jeder prüfungspflichtigen Gesellschaft ein Bestätigungsvermerk erforderlich. Daher setzt § 321 HGB dessen Erforderlichkeit voraus. 306 Vgl. oben § 19 E. I. 307 Ebenso Bauer, § 53 Rn. 38. 308 So ausdrücklich die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30.10.1934 (RGBl. I Nr. 122) vom 01.11.1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, S. 2, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 71, 76.

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verpflichtet er daher in § 58 Abs. 4 S. 1 GenG, unverzüglich nach Eingang des Prüfungsberichts über das Ergebnis der Prüfung zu beraten. Im Hinblick auf die Generalversammlung verpflichtet er den Vorstand, den Prüfungsbericht bei der Einberufung der nächsten Generalversammlung als Gegenstand der Beschlussfassung anzukündigen (§ 59 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG), und den Aufsichtsrat, sich in der Generalversammlung über wesentliche Feststellungen und Beanstandungen der Prüfung zu erklären (§ 59 Abs. 2 GenG). Diese Auswertung ist nach dem Willen des Gesetzgebers noch Teil der genossenschaftlichen Pflichtprüfung.309 Sie endet also nicht bereits mit der Erstattung des Prüfungsberichts.310 Dem Prüfungsverband hat er es insoweit zur Aufgabe gemacht, über die „Feststellung von Mängeln“ hinaus auch „auf [ihre] Beseitigung [. . .] hinzuwirken“.311 Dazu räumt er ihm sowohl für die gemeinsame Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat (§ 58 Abs. 4 S. 2 GenG) als auch für die „nächste Generalversammlung“ (§ 59 Abs. 3, 1. Hs. GenG) ein Teilnahmerecht ein. Darüber hinaus hat er ihm insbesondere das Recht verliehen, „eine außerordentliche Generalversammlung zwecks Beschlussfassung über die Beseitigung festgestellter Mängel einzuberufen“ (§ 60 Abs. 1 GenG).312 Die folgenden Ausführungen sollen sich auf die Auswertung der Prüfungsergebnisse durch die Generalversammlung und die diesbezüglichen Rechte des Prüfungsverbands beschränken. 1. Ankündigungspflicht des Vorstands gemäß § 59 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG

Nach § 59 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG hat der Vorstand den Prüfungsbericht bei der Einberufung der nächsten Generalversammlung als Gegenstand der Beschlussfassung anzukündigen. Ob es sich bei dieser nächsten Generalversammlung um eine ordentliche oder außerordentliche Versammlung handelt, ist ohne Belang.313 Im Wortlaut der Norm kommt ferner zum Ausdruck, dass der Gesetz309 Siehe dazu die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30.10.1934 (RGBl. I Nr. 122) vom 01.11.1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, S. 2, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 71, 74 u. 76. 310 Großfeld/Rothe, NZG 1998, 877, 878. 311 So die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30.10.1934 (RGBl. I Nr. 122) vom 01.11.1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, S. 2, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 71, 76. 312 So die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30.10.1934 (RGBl. I Nr. 122) vom 01.11.1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, S. 2, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 71, 76. Weiterer Teil der genossenschaftlichen Pflichtprüfung, auf den hier nicht eingegangen wird, ist die „Überwachung der Beseitigung dieser Mängel“. Insgesamt besteht sie damit also aus drei Teilen: (1) Prüfung, (2) Auswertung und (3) Überwachung. 313 Unzutreffend insofern BerlinKomm/Hillebrand, § 59 Rn. 2; Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, S. 222, nach deren Ansicht mit der „nächsten Gene-

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

geber grundsätzlich nicht davon ausgeht, dass eigens für diesen Tagesordnungspunkt eine Generalversammlung einzuberufen sein wird.314 Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Prüfungsbericht Feststellungen enthält, die im Interesse der Genossenschaft eine sofortige Unterrichtung der Mitglieder erforderlich machen.315 Von daher wird der Prüfungsbericht regelmäßig Gegenstand einer ordentlichen und nur ausnahmsweise einer außerordentlichen Generalversammlung sein.316 Wird die Pflichtprüfung erst nach Feststellung des Jahresabschlusses abgeschlossen, wäre der Prüfungsbericht – bei jährlicher Prüfungspflicht gemäß § 53 Abs. 1 S. 2 GenG – also grundsätzlich erst im darauf folgenden Geschäftsjahr vorzulegen, was vor allem im Hinblick auf die Rechnungslegung wenig sinnvoll erscheint, aber vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen worden ist. Wenn der Prüfungsbericht „als Gegenstand der Beschlussfassung“ anzukündigen ist, so bedeutet dies nicht, dass dessen Inhalt zur Disposition der Mitglieder stünde.317 Nach § 62 GenG i.V. m. § 58 Abs. 1 S. 1 GenG trägt hierfür allein der Prüfungsverband die Verantwortung. Dementsprechend ist der Bericht als solcher grundsätzlich nur Gegenstand der Beratung.318 Aufgrund des Wortlauts ist im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum allerdings umstritten, welche Beschlüsse die Generalversammlung im Zusammenhang mit dem Prüfungsbericht fassen kann. In Anbetracht der ausdrücklichen Regelung des § 59 Abs. 3, 2. Hs., 2. Fall GenG besteht Einigkeit nur dahingehend, dass die Generalversammlung jedenfalls über dessen vollständige oder teilweise Verlesung beschließen darf. a) Meinungsstand Nach einer Ansicht kann die Generalversammlung über jegliche Maßnahmen zur Beseitigung im Prüfungsbericht festgestellter Mängel bindende Beschlüsse fassen, und zwar auch in dem Bereich, in dem der Vorstand die Genossenschaft nach § 27 Abs. 1 GenG eigenverantwortlich leitet.319 Gefolgert wird dies aus ralversammlung“ die ordentliche gemeint ist. Wie hier Beuthien, § 59 Rn. 2; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 59 Rn. 3. 314 Ebenso Bauer, § 59 Rn. 6; Beuthien, § 59 Rn. 2; Müller, § 59 Rn. 2. 315 Siehe unter beispielhafter Nennung des § 33 Abs. 3 GenG Bauer, § 59 Rn. 7; Beuthien, § 59 Rn. 2; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 59 Rn. 3. 316 Wird aus anderen Gründen eine außerordentliche Generalversammlung einberufen, so besteht die Ankündigungspflicht des Vorstands freilich bereits für diese, da sie dann die „nächste“ i. S. d. § 59 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG ist. 317 Bauer, § 59 Rn. 19; BerlinKomm/Hillebrand, § 59 Rn. 3; Beuthien, § 59 Rn. 2; Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 2; Müller, § 59 Rn. 3; Pöhlmann/Fandrich/BloehsBloehs, § 59 Rn. 5. 318 Bauer, § 59 Rn. 19; BerlinKomm/Hillebrand, § 59 Rn. 3; Beuthien, § 59 Rn. 2; Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 2; Müller, § 59 Rn. 3; Pöhlmann/Fandrich/BloehsBloehs, § 59 Rn. 5. 319 Bauer, § 59 Rn. 19; BerlinKomm/Hillebrand, § 59 Rn. 3; Lang/WeidmüllerKorte, § 59 Rn. 3; Neumann, Willensbildung, S. 210.

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§ 60 Abs. 1 GenG, der eine umfassende gesetzliche Kompetenzzuweisung zugunsten des Mitgliederorgans enthalte.320 Diese Kompetenzzuweisung gelte nicht nur für die vom Prüfungsverband gemäß § 60 Abs. 1 GenG einberufene Generalversammlung, sondern für jede Generalversammlung, die sich mit dem Prüfungsbericht befasse.321 Das ergebe sich nicht zuletzt aus dem Wortlaut des § 60 Abs. 1, 1. Hs. GenG, wonach der Prüfungsverband eine Generalversammlung einberufen könne, wenn diese „bei der Beschlussfassung“ unzulänglich über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen des Prüfungsberichts unterrichtet worden sei.322 Daraus sei zu folgern, dass der Gesetzgeber in § 60 Abs. 1 GenG davon ausgehe, dass eine ausreichende Unterrichtung der Generalversammlung über die Feststellungen der Prüfung erforderlich sei.323 Noch eindeutiger komme dies im Wortlaut des § 60 Abs. 1, 2. Hs. GenG („zwecks Beseitigung festgestellter Mängel [. . .] beschlossen werden soll“) zum Ausdruck.324 Bedeutung könne dem nur zukommen, wenn die Generalversammlung berechtigt sei, mit bindender Wirkung auch gegenüber dem Vorstand zu beschließen.325 Da es sich um eine gesetzliche Kompetenzzuweisung handele, werde damit auch nicht unzulässigerweise in den grundsätzlich eigenverantwortlichen Leitungsbereich des Vorstands gemäß § 27 Abs. 1 GenG eingegriffen.326 Nach der Gegenansicht bestimmen sich die Beschlussmöglichkeiten der Generalversammlung im Zusammenhang mit dem Prüfungsbericht nach der allgemeinen Kompetenzordnung.327 Weder in § 59 Abs. 1 GenG noch in § 60 Abs. 1 GenG werde der Generalversammlung eine zusätzliche Beschlusszuständigkeit zugewiesen.328 Von daher könne sie auch nur insoweit Beschlüsse fassen, wie ihr nach den allgemeinen Regeln eine Beschlusskompetenz zur Mängelbeseitigung eingeräumt sei.329 So könne die Generalversammlung beispielsweise darüber beschließen, Vorstandsmitglieder abzuberufen, wenn sie diese Kompetenz nicht durch Satzungsbestimmung auf den Aufsichtsrat übertragen habe.330

320 Bauer, § 59 Rn. 19; Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 3; Neumann, Willensbildung, S. 210. 321 Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 3. 322 Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 3. 323 Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 3. 324 Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 3. 325 Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 3. 326 Bauer, § 59 Rn. 19; Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 3. 327 Müller, § 59 Rn. 3; Beuthien, DB 2000, 1161, 1163; ders., Strukturwandel, S. 52; so wohl auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 59 Rn. 9. 328 Müller, § 59 Rn. 3 und § 60 Rn. 3. 329 Müller, § 59 Rn. 3. 330 Müller, § 60 Rn. 3; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 59 Rn. 9.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

b) Stellungnahme Der ersten Ansicht ist zunächst entgegenzuhalten, dass sie außer Acht lässt, dass § 59 Abs. 1 S. 1 GenG und § 60 GenG aus der Zeit vor der Genossenschaftsnovelle von 1973 stammen und die Generalversammlung dem Vorstand zu jener Zeit noch umfassend Weisungen in Geschäftsführungsfragen erteilen konnte. Von daher hatte weder eine Notwendigkeit bestanden, dem Mitgliederorgan eine zusätzliche Beschlusskompetenz „zwecks Beseitigung festgestellter Mängel“ einzuräumen, noch wäre damit irgendetwas gewonnen worden. Dass jene Vorschriften mit Einführung der Eigenverantwortlichkeit der Leitung durch den Vorstand anders zu interpretieren sein sollen, kann den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden. Im Gegenteil ergibt sich daraus vielmehr, dass der Gesetzgeber den Vorstand gänzlich von Weisungen der Generalversammlung befreien wollte.331 Insofern stehen dem Mitgliederorgan seit jeher nur weniger Möglichkeiten offen, Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Mängel zu beschließen. Mit den Regelungen des heutigen § 59 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 GenG, die im Gesetzentwurf vom 27.11.1888 zunächst noch in einem Satz zusammengefasst waren, wollte der Gesetzgeber vor allem die „Publizität des Berichts“ sicherstellen, da der „Generalversammlung als der unmittelbaren Interessentin am Ergebnis der Revision [. . .] dieses [. . .] nicht vorenthalten werden“ darf.332 Zu diesem Zweck sah der Entwurf vor, dass „der Bericht des Revisors der nächsten Generalversammlung vorzulegen und von den schriftlichen oder mündlichen Erklärungen des Aufsichtsraths zu begleiten ist“.333 Damit wollte er allerdings nicht vorschreiben, dass „unter allen Umständen der gesammte Revisionsbericht selbst der Generalversammlung vorgetragen werden müsse. Es habe nur das Recht der Generalversammlung gewahrt werden sollen, auf der Vorlegung des ganzen Revisionsberichts zu bestehen“.334 Dass das Mitgliederorgan auf dieser Informations331 Siehe dazu BT-Drucks. 7/97, S. 22, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 241 f. 332 Siehe die Besondere Begründung zu § 59 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 258 f. 333 Siehe die Besondere Begründung zu § 59 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 259. 334 Siehe die Begründung zu § 59 im Bericht der VII. Kommission, betreffend den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften – Nr. 28 der Drucksachen – vom 18.03.1889 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 5. Band (2. Anlagenband), Nr. 132, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 399, 445.

§ 19 Jahresabschluss

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basis Maßnahmen zur „Abstellung der betreffenden Mängel“ beschließen kann, setzte er hierbei ohne weiteres voraus.335 Als der Gesetzgeber im Jahre 1934 die Vorschrift des heutigen § 60 GenG schuf, wollte er dem Prüfungsverband damit lediglich ein Mittel an die Hand geben, auf die Beseitigung festgestellter Mängel hinzuwirken.336 Da der Generalversammlung eine Mängelbeseitigung im Rahmen ihrer – damals noch umfassenden – Zuständigkeiten nur bei rechtzeitiger und sachgerechter „Publizität des Berichts“ möglich ist, räumt die Vorschrift dem Prüfungsverband ein Einberufungsrecht nur für die Fälle ein, in denen dieser die Überzeugung gewinnt, dass die Beschlussfassung über den Prüfungsbericht (i. S. d. § 59 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG) ungebührlich verzögert wird oder die Generalversammlung bei den Verhandlungen zu diesem Tagesordnungspunkt unzulänglich über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen des Prüfungsberichts (seitens des Aufsichtsrats i. S. d. § 59 Abs. 2 GenG) unterricht war.337 Dass aus § 60 Abs. 1 GenG keine „gesetzliche Kompetenzzuweisung“ an die Generalversammlung abzuleiten ist, ergibt sich nunmehr auch aus der im Jahre 2006 eingeführten amtlichen Überschrift „Einberufungsrecht des Prüfungsverbands“. Die erste Ansicht ist somit abzulehnen und der Gegenmeinung zu folgen. c) Ergebnis Im Zusammenhang mit dem Prüfungsbericht kann die Generalversammlung nur innerhalb der allgemeinen Kompetenzordnung Beschlüsse zur Beseitigung festgestellter Mängel fassen. Indem der Prüfungsbericht als Gegenstand der Beschlussfassung anzukündigen ist, wird einerseits erreicht, dass die Mitglieder von dessen (wesentlichen) Inhalten erfahren, und andererseits, dass die Generalversammlung im Rahmen ihrer allgemeinen Zuständigkeiten sogleich über etwaige (Gegen-)Maßnahmen entscheiden kann.

335 Siehe die Besondere Begründung zu § 59 im Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 259. Siehe dazu ferner den Bericht des Staatssekretärs des Reichsjustizamts Herrn Dr. von Schelling bei der ersten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften (Nr. 28 der Drucksachen) vom 13.12.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 1. Band, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 341, 366. 336 So die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30.10.1934 (RGBl. I Nr. 122) vom 01.11.1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, S. 2, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 71, 76. 337 Siehe hierzu ferner unten § 19 E. IV. 5. c).

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand 2. Einsichtnahmerecht der Mitglieder gemäß § 59 Abs. 1 S. 2 GenG

a) Zweck und Ausgestaltung Über die neue Vorschrift des § 59 Abs. 1 S. 2 GenG ist jedem Mitglied seit der Reform 2006 das Recht eingeräumt, Einsicht in das vom Verband zusammengefasste Ergebnis des Prüfungsberichts zu nehmen.338 Zur Begründung heißt es in den Gesetzesmaterialien, dass die Mitglieder ein „berechtigtes Interesse“ daran hätten, sich über das Ergebnis des Prüfungsberichts informieren zu können.339 Rechtshistorisch gesehen bedeutet dies einen gewissen Paradigmenwechsel. Denn im Rahmen der Beratungen zum ersten gesamtdeutschen Genossenschaftsgesetz von 1889 war ein Individualanspruch auf Einsichtnahme – dort allerdings in den gesamten Prüfungsbericht – noch abgelehnt worden. Dabei wurde vor allem angeführt, dass es „nicht wünschenswert [. . .] sei [. . .], dass [. . .] jeder einzelne Genosse die Einsicht oder Mittheilung des Revisionsberichts verlangen und daraus einzelne Punkte zur Diskreditierung des Vorstandes und Schädigung des Kredits der Genossenschaft in der Generalversammlung zur Sprache bringen könne.“ 340 Ein Einsichtsrecht einzelner Mitglieder in Generalversammlungsunterlagen sollte gerade nur im Rahmen des heutigen § 48 Abs. 3 GenG bestehen. Welche Informationen das „zusammengefasste Ergebnis“ enthalten muss, lässt sich dem Genossenschaftsgesetz allerdings nicht entnehmen. Seitens des Gesetzgebers wird insoweit darauf verwiesen, dass die Zusammenfassung der Prüfungsergebnisse von den Prüfungsverbänden weitgehend einheitlich praktiziert werde und daher eine gesetzliche Regelung entbehrlich sei.341 Inhaltlich gehe die Zusammenfassung jedoch über den Bestätigungsvermerk des § 322 HGB hinaus, da dieser sich nur auf das Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses beziehe.342 Die Einsichtnahme in den vollständigen Bericht solle demgegenüber den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern vorbehalten bleiben, da diese einer besonderen Geheimhaltungspflicht unterliegen (§ 34 Abs. 1 GenG (i.V. m. § 41 GenG)).343 338

BT-Drucks. 16/1025, S. 31 u. 90. BT-Drucks. 16/1025, S. 90. 340 So die Begründung zu § 59 im Bericht der VII. Kommission, betreffend den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbsund Wirthschaftsgenossenschaften – Nr. 28 der Drucksachen – vom 18.03.1889 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 5. Band (2. Anlagenband), Nr. 132, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 399, 445. 341 BT-Drucks. 16/1025, S. 90. Dem gegenüber kritisch Geschwandtner/Helios, S. 194: „Hier wäre eine allgemein verbindliche Klärung und damit Standardisierung sinnvoll.“ 342 BT-Drucks. 16/1025, S. 90. Dazu, was für den Fall gelten soll, dass der Jahresabschluss nach § 53 Abs. 2 S. 1 GenG nicht eigens zu prüfen ist, schweigt die Gesetzesbegründung leider. 343 BT-Drucks. 16/1025, S. 90. 339

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Im Hinblick auf das „Wie“ der Einsichtsgewährung ordnet die Vorschrift des § 59 Abs. 1 S. 2 GenG nicht an, dass das zusammengefasste Ergebnis zur Einsichtnahme „auszulegen“ ist. Einsicht kann demnach auch über den (heimischen) Bildschirm gewährt werden. Da das Genossenschaftsgesetz insoweit keine Regelung trifft, besteht grundsätzlich Satzungsautonomie (vgl. § 18 S. 2 GenG).344 Wird hiervon kein Gebrauch gemacht, entscheidet der Vorstand im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen.345 b) Stellungnahme Die Einführung des individuellen Informationsrechts aus § 59 Abs. 1 S. 2 GenG ist insgesamt zu begrüßen, vor allem weil es den Mitgliedern eine gezieltere Vorbereitung auf die Ausübung ihrer Versammlungsrechte erlaubt. Ihre Kenntnis von den wesentlichen Prüfungsergebnissen können die Mitglieder etwa dazu nutzen, in der Generalversammlung konkretere Fragen im Hinblick auf die Ausrichtung der Vorstandstätigkeit an den Mitgliederbelangen zu stellen346 und dadurch ihre Funktion als zusätzliche Kontrolleure neben dem Aufsichtsrat zu erfüllen. Insoweit erweist sich das Einsichtnahmerecht als mittelbares Instrument gesellschaftsinterner Vorstandskontrolle. Obwohl dies letztlich die Corporate Governance in Genossenschaften stärkt, sind im Schrifttum dennoch Zweifel an der Notwendigkeit der Regelung geäußert worden.347 Der zur Begründung vorgetragene Verweis darauf, dass sich eine vergleichbare Bestimmung weder für die GmbH noch für die Aktiengesellschaft findet,348 geht allerdings fehl. Nach § 42a Abs. 1 S. 2 GmbHG ist der (gesamte) Prüfungsbericht des Abschlussprüfers unverzüglich nach dessen Eingang der Gesellschafterversammlung vorzulegen, so dass ihr dieser vor Feststellung des Jahresabschlusses (§ 316 Abs. 1 S. 2 HGB) als zusätzliche Informationsgrundlage zur Verfügung steht. Im Hinblick auf die Aktiengesellschaft ist zu berücksichtigen, dass dort grundsätzlich der Aufsichtsrat den vom Vorstand vorgelegten Jahresabschlussentwurf billigt, womit dieser nach § 172 S. 1 AktG als festgestellt gilt, nicht jedoch die Hauptversammlung (Ausnahme: § 173 AktG). Über die wesentlichen Ergebnisse seiner Prüfung hat der Abschlussprüfer dem Aufsichtsrat gemäß § 171 Abs. 1 S. 2 AktG zwingend vor Feststellung des Jahresabschlusses zu berichten und darüber hinaus auch an dessen Verhandlungen teilzunehmen. 344 Anders sieht dies dagegen bei § 48 Abs. 3 S. 1 GenG aus, vgl. oben § 19 D. III. 1. a) cc). 345 Korte scheint demgegenüber davon auszugehen, dass das „Wie“ der Einsichtsgewährung gänzlich im Ermessen des Vorstands steht (vgl. Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 2). 346 So bereits Beuthien, DB 2000, 1161, 1162 f.; ders., Strukturwandel, S. 52. 347 Siehe Helios/Strieder, DB 2005, 2794, 2798. 348 Helios/Strieder, DB 2005, 2794, 2798.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Vor dem Hintergrund dieser Informationslagen bedarf es also weder bei der GmbH noch bei der Aktiengesellschaft der zusätzlichen Normierung eines Einsichtnahmerechtes. In Bezug auf die neue Regelung des § 59 Abs. 1 S. 2 GenG ist allerdigns kritisch anzumerken, dass sie eine Reihe bedeutender Fragen offen lässt. So ergibt sich aus der Vorschrift weder wann noch wo und wie den Mitgliedern auf ihr Verlangen Einsicht zu gewähren ist. Aus dem Wort „Einsichtnahme“ folgt insoweit lediglich, dass jedenfalls kein Recht auf die Aushändigung oder Zusendung einer Abschrift besteht.349 Aus der systematischen Stellung der Norm ergibt sich ferner, dass das „berechtigte Interesse“ der Mitglieder, sich über das Ergebnis des Prüfungsberichts informieren zu können, im Zusammenhang mit der Befassung der „nächsten Generalversammlung“ steht und der dortigen Auswertung der Prüfungsergebnisse dienen soll, also auch der Mängelbeseitigung etwa durch Abberufung von Vorstandsmitgliedern. Um sich auf diese Auswertung hinreichend vorbereiten zu können, dürfte eine Einsichtnahmemöglichkeit erst in der Generalversammlung nicht genügen.350 Sie muss vielmehr auch schon vor der Versammlung gegeben sein.351 Den frühest möglichen Zeitpunkt bildet insoweit die Fertigstellung des schriftlichen Prüfungsberichts (§ 58 Abs. 1 S. 1 GenG), dessen Bestandteil das zusammengefasste Ergebnis ist. Gegen diesen Zeitpunkt spricht allerdings, dass den Mitgliedern die Fertigstellung nach geltendem Recht nicht angezeigt zu werden braucht. Im Übrigen deutet die systematische Stellung des § 59 Abs. 1 S. 2 GenG darauf hin, dass das Recht auf Einsichtnahme in das zusammengefasste Ergebnis erst ab dem Zeitpunkt der Einberufung der „nächsten Generalversammlung“ geltend gemacht werden kann.352 Warum Mitglieder kein Recht haben sollen, vom zusammengefassten Ergebnis eine Abschrift zu verlangen, will allerdings nicht recht einleuchten. Soweit vom Gesetzgeber für den vollständigen Prüfungsbericht die besondere Geheimhaltungspflicht der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder ins Felde geführt wird, müsste die allgemeine Treuepflicht der Mitglieder für eine Abschrift des zusammengefassten Ergebnisses nicht weniger genügen als dies für die Einsichtnahme offensichtlich der Fall ist. Bei nächster Gelegenheit sollte ihnen daher ein solches Recht eingeräumt werden.

349 Dies ergibt sich ferner auch aus einem Umkehrschluss zu den §§ 47 Abs. 4, 48 Abs. 3 GenG, da in beiden Vorschriften für die Einsichtnahme und die Abschriftenerteilung jeweils unterschiedliche Regelungen getroffen werden. 350 Davon, dass das Einsichtnahmerecht nur in der Generalversammlung besteht, gehen aber offenbar Helios/Strieder, DB 2005, 2794, 2798 aus. 351 Ebenso i. E. Bauer, § 59 Rn. 21; Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 2; Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 59 Rn. 8, wobei bei letzteren nicht deutlich wird, ob das Einsichtsrecht auch noch in der Versammlung bestehen soll. 352 Siehe auch Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 59 Rn. 8 („rechtzeitig vor Beginn der Generalversammlung“).

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3. Erklärungspflicht des Aufsichtsrats gemäß § 59 Abs. 2 GenG

In der Generalversammlung hat sich der Aufsichtsrat gemäß § 59 Abs. 2 GenG über wesentliche Feststellungen und Beanstandungen der Prüfung zu erklären. Seine Berichterstattung teilt sich demnach in zwei Teile auf: Zunächst hat er den wesentlichen Inhalt des Prüfungsberichts vorzutragen.353 Dazu muss er sich an die Linie und Tendenz des Berichts halten. Über Erfolge und Misserfolge hat er also in dem Verhältnis zu berichten, wie sie sich aus dem Bericht selbst ergeben. Sodann hat der Aufsichtsrat hierzu wertend Stellung zu nehmen.354 Ein kurzer Verweis darauf, dass er sich den Feststellungen und Beanstandungen des Prüfungsverbands anschließt, ist dafür nicht ausreichend.355 Da die Berichterstattung der Auswertung der Prüfungsergebnisse durch die Generalversammlung dient, müssen die Mitglieder anhand der zur Verfügung gestellten Informationen beurteilen können, ob sie eine anschließende Beratung für erforderlich halten dürfen, insbesondere, ob und in welchem Umfang dazu der Bericht verlesen werden sollte. Nach einer Ansicht im Schrifttum hat sich über den Wortlaut des § 59 Abs. 2 GenG hinaus auch der Vorstand zu den wesentlichen Feststellungen und Beanstandungen der Prüfung zu erklären.356 Dies sei aus dem Sachzusammenhang abzuleiten, da es nicht sinnvoll sei, dass sich nur der Aufsichtsrat darüber erklären müsse, nicht aber der Vorstand.357 Insbesondere könne eine Erörterung des Prüfungsberichts nur auf der Grundlage sachgerechter Information erfolgen und dies mache eine umfassende Unterrichtung der Generalversammlung durch den Vorstand unabdingbar.358 Eine andere Lehrmeinung will eine Stellungnahme des Vorstands demgegenüber nur dann für erforderlich halten, wenn die Erörterung des Prüfungsberichts eine Aufklärung auch durch den Vorstand voraussetze.359 Nach einer weiteren im Schrifttum geäußerten Ansicht scheidet eine Stellungnahme des Vorstands hingegen aus, weil dieser insoweit befangen sei.360 Mit der Erklärung des Aufsichtsrats hat es hiernach also sein Bewenden. Die besseren Argumente sprechen für die zuletzt genannte Auffassung. Vor allem zeigt der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 59 Abs. 2 GenG, dass er eine Berichterstattung auch durch den Vorstand hätte anordnen können, hiervon 353

Beuthien, § 59 Rn. 3; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 59 Rn. 4. Bauer, § 59 Rn. 8; Beuthien, § 59 Rn. 3; Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 6; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 59 Rn. 4. 355 A. A. offenbar Bauer, § 59 Rn. 8; ähnlich Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 6. 356 Müller, § 59 Rn. 3. 357 Müller, § 59 Rn. 3. 358 Müller, § 59 Rn. 3. 359 Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 5. In diesem Sinne auch Bauer, § 59 Rn. 9 („kann . . . notwendig sein“); Beuthien, § 59 Rn. 3 („[s]oweit sachlich angebracht“). 360 Neumann, Willensbildung, S. 181. 354

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

aber bewusst abgesehen hat. So war im Rahmen der Gesetzesberatungen bereits umstritten, ob man zu der Pflichtprüfung überhaupt den Aufsichtsrat hinzuziehen soll, da sich die Pflichtprüfung mitunter auch gegen ihn richtet.361 4. Recht der Generalversammlung auf Verlesung gemäß § 59 Abs. 3, 2. Hs., 2. Fall GenG

Im Anschluss an die Unterrichtung der Mitglieder ist über die Prüfungsergebnisse und etwaige Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Mängel zu beraten.362 Dabei kommt vor allem dem mitgliedschaftlichen Auskunftsrecht Bedeutung zu.363 Gewinnen Mitglieder in diesem Zusammenhang die Überzeugung, dass es hilfreich oder gar notwendig ist, den gesamten Bericht oder bestimmte Berichtsteile zu verlesen, kann dies die Generalversammlung gemäß § 59 Abs. 3, 2. Hs., 2. Fall GenG – auf entsprechenden Antrag eines Mitglieds – beschließen.364 Dieses Recht der Generalversammlung unterstreicht, wie wichtig dem Gesetzgeber eine sachgerechte Auswertung der Prüfungsergebnisse durch die Mitglieder ist. Zuständig für eine beschlossene Verlesung ist mangels anderweitiger Angaben der Vorstand.365 Das jeweilige Vorstandsmitglied hat dabei auf die Einhaltung seiner besonderen Geheimhaltungspflicht aus § 34 Abs. 1 GenG zu achten, muss also im Zweifel unter entsprechendem Hinweis etwa aus persönlichkeits- oder datenschutzrechtlichen Gründen problematische Passagen aussparen.366

361 Siehe dazu die Begründung zu § 59 im Bericht der VII. Kommission, betreffend den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften – Nr. 28 der Drucksachen – vom 18.03. 1889 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 5. Band (2. Anlagenband), Nr. 132, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 399, 445. 362 Müller, § 59 Rn. 3c. 363 Müller, § 59 Rn. 3c. 364 Ursprünglich sollte dieses Recht der Generalversammlung bereits aus § 59 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG folgen, indem der Prüfungsbericht als solcher und nicht bloß der Bericht des Aufsichtsrats über diesen als Beschlussgegenstand anzukündigen war (vgl. die Begründung zu § 59 im Bericht der VII. Kommission, betreffend den derselben zur Vorberathung überwiesenen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften – Nr. 28 der Drucksachen – vom 18.03.1889 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 5. Band (2. Anlagenband), Nr. 132, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/ Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 399, 445 f.). Dennoch fügte der Gesetzgeber im Jahre 1934 die hiesige Vorschrift in das Genossenschaftsgesetz ein (vgl. RGBl. I 1934 (Nr. 122), S. 1079, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. I, S. 141, 142 f.). 365 Etwaige Bedenken wegen Befangenheit schlagen hier nicht durch, da der Vorstand den Bericht(steil) lediglich zu verlesen hat. 366 Näher dazu Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 59 Rn. 12.

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5. Rechte des Prüfungsverbands

a) Recht auf beratende Teilnahme gemäß § 59 Abs. 3, 1. Hs. GenG aa) Funktion Nach § 59 Abs. 3, 1. Hs. GenG ist der Prüfungsverband berechtigt, beratend an der Generalversammlung teilzunehmen, in der über den Prüfungsbericht verhandelt und beschlossen wird.367 Dieses Teilnahmerecht soll dem Prüfungsverband die Möglichkeit geben, auf die Beseitigung festgestellter Mängel durch das Mitgliederorgan hinzuwirken.368 Seit der Novelle von 1973 kann die Generalversammlung freilich nur noch sehr eingeschränkt konkrete Maßnahmen zur Mängelbeseitigung beschließen (z. B. Abberufung von Vorstandsmitgliedern).369 Von daher stellt sich die beratende Teilnahme des Prüfungsverbands heutzutage eher als Instrument zum mittelbaren Hinwirken auf eine Mängelbeseitigung durch den Vorstand mittels der Generalversammlung in dem Sinne dar, dass der Verband durch entsprechende Mitgliederinformation Druck auf das Leitungsorgan aufbauen kann, entweder bestimmte Maßnahmen zur Mängelbeseitigung zu ergreifen oder sich für deren Nichtergreifen vor den Mitgliedern zu rechtfertigen und damit äußerstenfalls die Abberufung zu riskieren. bb) Rechte des Verbandsvertreters im Einzelnen Zum Zwecke der Beratung der Generalversammlung kann der vom Prüfungsverband entsandte Vertreter jederzeit das Wort ergreifen, um Ausführungen von Aufsichtsrat und Vorstand zu ergänzen und zu ihnen Stellung zu nehmen.370 Er ist ferner berechtigt, im Zusammenhang mit dem Prüfungsbericht gestellte Fragen der Mitglieder zu beantworten und Vorschläge zur Beseitigung festgestellter Mängel zu unterbreiten.371 Schon dem Wortlaut nach findet das Recht zur beratenden Teilnahme allerdings dort seine Grenze, wo die Genossenschaftsorgane zu einem bestimmten Verhalten „genötigt“ würden. Daher hat der Verbandsvertreter nicht das Recht, Anträge zu stellen, über die die Generalversammlung dann –

367 Siehe insofern die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30.10.1934 (RGBl. I Nr. 122) vom 01.11.1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, S. 1, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 71, 72. 368 So die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 30.10.1934 (RGBl. I Nr. 122) vom 01.11.1934, Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 256, S. 2, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 71, 76. 369 Siehe dazu auch die Ausführungen unter § 19 E. IV. 1. 370 Beuthien, § 59 Rn. 5; Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 7; Müller, § 59 Rn. 4a. 371 Beuthien, § 59 Rn. 5; Müller, § 59 Rn. 4a.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

wenn auch ablehnend – Beschluss zu fassen hätte.372 Aus dem gleichen Grunde kann vom Vorstand und Aufsichtsrat keine Auskunft verlangt werden.373 cc) Teilnahmerecht und Teilnahmepflicht Fraglich ist, ob und gegebenenfalls unter welcher Voraussetzung das Recht aus § 59 Abs. 3, 1. Hs. GenG in eine Pflicht umschlägt. Teilweise wird insoweit die Ansicht vertreten, der Verbandsvertreter sei zur Teilnahme verpflichtet, wenn der Prüfungsbericht wesentliche Beanstandungen enthalte, um darüber erforderlichenfalls aufklären zu können.374 Ferner habe er die Pflicht, das Wort zu ergreifen, wenn die Mitglieder nicht hinreichend über wesentliche Feststellungen und Beanstandungen der Prüfung informiert werden.375 Gegen diese Lehrmeinung könnte nun der Gesetzeswortlaut „Der Verband ist berechtigt . . .“ angeführt werden.376 Andererseits macht gerade die Vorschrift des § 60 Abs. 1 GenG deutlich, dass der Gesetzgeber nicht stets von einer Pflichtenerfüllung durch Vorstand und Aufsichtsrat ausgeht. Aber auch dort ist der Verband lediglich zur Einberufung berechtigt und nicht verpflichtet. Da die Auswertung der Prüfungsergebnisse nach dem Willen des Gesetzgebers noch Teil der Pflichtprüfung ist, gilt insoweit allerdings die Vorschrift des § 62 Abs. 1 S. 1 GenG. Danach ist der Verband zur gewissenhaften Prüfung verpflichtet. Es ist somit eine Frage des Einzelfalls, wann ihm diese Pflicht zur gewissenhaften Prüfung die Geltendmachung seiner Rechte gebietet. Davon wird insbesondere in den im Schrifttum genannten Fällen auszugehen sein. Gegenwärtig ist der Verband nur berechtigt, an der Generalversammlung beratend teilzunehmen. Dabei wäre es vor allem im Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 S. 2 GenG geboten, ihm dies auch zur Pflicht zu machen. Der Verbandsvertreter könnte dann gegen eine in Aussicht genommene Änderung des Jahresabschlusses erforderlichenfalls sofort Bedenken geltend machen, bei geringfügigen Änderungen die erforderliche Nachtragsprüfung noch in der Generalversammlung, gegebenenfalls während einer Unterbrechung durchführen und von größeren Änderungen, die wegen ihres Umfangs nicht sogleich an Ort und Stelle 372 Ebenso i. E. Bauer, § 59 Rn. 17; Müller, § 59 Rn. 4a; BerlinKomm/Hillebrand, § 59 Rn. 11; a. A. Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 7; Donschen, Die genossenschaftliche Pflichtprüfung, S. 226, wobei letzterer darauf verweist, dass das Recht des Prüfungsverbands aus § 59 Abs. 3, 2. Hs., 1. Fall GenG, die Verlesung des Prüfungsberichts zu beantragen, ein wichtiges Indiz dafür sei, dass dem Verband auch ansonsten ein Antragsrecht zusteht. 373 So i. E. auch Müller, § 59 Rn. 4a unter Hinweis darauf, dass dies über eine beratende Teilnahme hinausgeht; a. A. Beuthien, § 59 Rn. 5 („[s]oweit zur Prüf[ungsv]erfolgung notwendig“). 374 Beuthien, § 59 Rn. 5; Bauer, § 59 Rn. 10. 375 Bauer, § 59 Rn. 18; Lang/Weidmüller-Korte, § 59 Rn. 8. 376 Großfeld/Rothe, NZG 1998, 877, 879.

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beurteilt werden können, sofort erfahren, um sodann die Nachtragsprüfung zeitnah beginnen zu können.377 Aus diesem Grunde, d.h. gerade wegen der – zum Vorbild genommenen – Parallelregelung des § 173 Abs. 3 AktG, ist gemäß § 176 Abs. 2 S. 1 AktG auch der Abschlussprüfer zur Teilnahme an der Hauptversammlung verpflichtet.378 Diese Teilnahmepflicht soll darüber hinaus jedoch auch die Qualität der Prüfung verbessern, indem der Abschlussprüfer Anregungen und Kritik der Aktionäre aus erster Hand erfährt.379 Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die vorgeschlagene Verzahnung der Pflichtprüfung mit dem Feststellungsverfahren380 sollte dem Verbandsvertreter die beratende Teilnahme an der Generalversammlung über die Fälle des § 48 Abs. 2 S. 2 GenG hinaus zumindest dann eine Pflicht sein, wenn Jahresabschluss und Lagebericht nach § 53 Abs. 2 S. 1 GenG eigens zu prüfen sind. b) Recht auf Verlesung gemäß § 59 Abs. 3, 2. Hs., 1. Fall GenG Nach § 59 Abs. 3, 2. Hs., 1. Fall GenG hat der Prüfungsverband das Recht, die vollständige oder teilweise Verlesung seines Prüfungsberichts zu beantragen. Dieser Antrag ist allerdings kein solcher im Sinne des mitgliedschaftlichen Antragsrechtes, da über ihn nicht Beschluss gefasst wird.381 Vielmehr hat die Verlesung zu erfolgen, soweit es der anwesende Verbandsvertreter verlangt. Von einem solchen Verlangen wird insbesondere in den Fällen auszugehen sein, in denen Aufsichtsrat und Vorstand die Generalversammlung nicht ausreichend oder nicht zutreffend über die Prüfungsergebnisse informiert haben.382 c) Einberufungsrecht gemäß § 60 GenG Da der Generalversammlung eine Mängelbeseitigung im Rahmen ihrer Zuständigkeiten nur bei rechtzeitiger und sachgerechter „Publizität des Berichts“ möglich ist, räumt § 60 GenG dem Prüfungsverband ein Einberufungsrecht für die Fälle ein, in denen dieser die Überzeugung gewinnt, dass die Beschlussfassung über den Prüfungsbericht (i. S. d. § 59 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG) ungebührlich verzögert wird oder die Generalversammlung bei den Verhandlungen zu diesem Tagesordnungspunkt unzulänglich über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen des Prüfungsberichts (seitens des Aufsichtsrats i. S. d. § 59 Abs. 2 GenG) unterrichtet worden ist.383 Eine ungebührliche Verzögerung liegt immer 377 378 379 380 381 382 383

Vgl. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 176 Rn. 34. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 176 Rn. 34; Hüffer, § 176 Rn. 1. MünchKommAktG/Hennrichs/Pöschke, § 176 Rn. 33. Siehe dazu oben § 19 E. II. 3. Ebenso i. E. Bauer, § 59 Rn. 17; BerlinKomm/Hillebrand, § 59 Rn. 12. Großfeld/Rothe, NZG 1998, 877, 878. Siehe dazu bereits oben § 19 E. IV. 1.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

dann vor, wenn der Prüfungsbericht entgegen § 59 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG nicht als Gegenstand der nächsten Generalversammlung angekündigt wird,384 ferner jedoch auch dann, wenn die Prüfungsergebnisse eine sofortige Unterrichtung der Mitglieder erforderlich machen und die Generalversammlung nicht unverzüglich einberufen wird.385 Eine unzulängliche Unterrichtung ist demgegenüber vor allem dann gegeben, wenn der Inhalt des Prüfungsberichts nicht ausreichend oder nicht zutreffend, d.h. falsch oder irreführend wiedergegeben wird.386 Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist ohne Belang. Entscheidend ist nach dem Wortlaut der Vorschrift allein die pflichtgemäß (§ 62 GenG) zu bildende Überzeugung des Verbands.387 Auf die Tagesordnung der außerordentlichen Generalversammlung darf der Prüfungsverband indes nur Gegenstände setzen, die dem Zweck dienen, auf die Beseitigung der im Prüfungsbericht festgestellten Mängel hinzuwirken (vgl. § 60 Abs. 1 a. E. GenG). In der Versammlung selbst kommt ihm grundsätzlich die gleiche Rechtsposition zu wie in der „nächsten Generalversammlung“ i. S. d. § 59 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG, also die Rechte aus § 59 Abs. 3 GenG. Das heißt vor allem, dass er zwar Beschlussgegenstände auf die Tagesordnung setzen kann, nicht aber dazu befugt ist, Anträge zur Beschlussfassung zu stellen. Dies ist vielmehr den Mitgliedern aufgrund ihrer vermögensmäßigen Haftung für die Genossenschaft vorbehalten.388 Ein Unterschied zur Generalversammlung nach § 59 Abs. 1 S. 1, 2. Fall GenG besteht nur insofern, als der Verband kraft ausdrücklicher Regelung gemäß § 60 Abs. 2 GenG zu bestimmen hat, welche Person den Vorsitz führt. Die entsprechende Satzungsbestimmung nach § 6 Nr. 4 GenG kommt als lex generalis insoweit also nicht zur Anwendung.

§ 20 Ergebnisverwendung Nachdem die Generalversammlung den Jahresabschluss festgestellt hat, beschließt sie sodann gemäß § 48 Abs. 1 S. 2, 1. Fall GenG mit grundsätzlich ein384 Bauer, § 60 Rn. 3; Beuthien, § 60 Rn. 1; Lang/Weidmüller-Korte, § 60 Rn. 3; Müller, § 60 Rn. 1; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 60 Rn. 3. 385 Bauer, § 60 Rn. 3; Beuthien, § 60 Rn. 1; Müller, § 60 Rn. 1. 386 Bauer, § 60 Rn. 4; Beuthien, § 60 Rn. 1; Lang/Weidmüller-Korte, § 60 Rn. 3; Müller, § 60 Rn. 1; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs, § 60 Rn. 3. 387 Beuthien (14. Aufl.), § 60 Rn. 1. 388 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen in der Allgemeinen Begründung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften vom 27.11.1888 – Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages – 7. Legislaturperiode – IV. Session 1888/89 – 4. Band (1. Anlagenband), Nr. 28, S. 206, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. II, S. 150, 209, wonach es mit der persönlichen Haftung der Mitglieder nicht vereinbar wäre, wenn einer „Aufsichtsbehörde [. . .] unter Umständen auch ein selbständiges Eingreifen in die Geschäftsleitung gestattet“ wäre, erstere jedoch trotzdem für etwaige Verluste „aus Mißgriffen der Verwaltung“ einzustehen hätten.

§ 20 Ergebnisverwendung

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facher Stimmenmehrheit (§ 43 Abs. 2 S. 1 GenG) über die Verwendung des hiernach ausgewiesenen Jahresüberschusses oder über die Deckung des hiernach ausgewiesenen Jahresfehlbetrags. Ein etwaiger Gewinn- oder Verlustvortrag aus dem Vorjahr ist diesem Jahresergebnis stets hinzuzurechnen, da die Mitglieder seinerzeit beschlossen hatten, über die Verwendung bzw. Deckung dieses Betrags erst im darauf folgenden Geschäftsjahr zu entscheiden. Womöglich bildet das festgestellte Jahresergebnis also nur die Ausgangsgröße.389 Der Wortlaut der Norm stellt hierbei klar, dass über die Verwendung des gesamten ungeteilten Jahresergebnisses zu beschließen ist und nicht nur, wie § 19 Abs. 1 S. 1 GenG nahe legen könnte, über den für die Mitglieder sich ergebenden Gewinn oder Verlust des jeweiligen Geschäftsjahres.390 An den Verwendungsvorschlag des Vorstands ist die Generalversammlung bereits dem Wortlaut nach nicht gebunden.391 Selbiges gilt für etwaige Vorwegzuweisungen (vgl. § 268 HGB), über die ihr daher zu berichten ist.392 Wie weit die Kompetenzen der Generalversammlung reichen, zeigt sich besonders deutlich bei einem Vergleich mit den abschlussbezogenen Kompetenzen der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft. Nach § 174 Abs. 1 S. 1 AktG beschließt die Hauptversammlung regelmäßig nur über einen etwaigen Bilanzgewinn. Dieser ergibt sich aus dem Jahresüberschuss abzüglich Einstellungen in Rücklagen und eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr und zuzüglich Entnahmen aus Rücklagen und eines Gewinnvortrags aus dem Vorjahr. Vorstand und Aufsichtsrat können im Rahmen der ihnen obliegenden Feststellung des Jahresabschlusses (§ 172 AktG) also zu Lasten des Bilanzgewinns andere Gewinnrücklagen i. S. d. §§ 272 Abs. 3, 266 Abs. 3 A III Nr. 4 HGB bilden und damit den Bilanzgewinn so steuern, dass die für richtig gehaltene Dividende ausgeschüttet werden kann. Zunächst waren der Verwaltung insoweit keine Grenzen gesetzt, was ihr im Extremfall sogar ermöglichte, die Aktionäre „auszuhungern“. Diese unbefriedigende Rechtslage löste der Gesetzgeber im Jahre 1965 durch Einführung des § 58 Abs. 2 AktG.393 Danach dürfen Vorstand und Aufsichtsrat im Rahmen der Feststellung grundsätzlich nur noch höchstens die Hälfte des Jahresüberschusses in Gewinnrücklagen einstellen.

389 Theoretisch wäre es möglich, dass ein hoher Verlustvortrag den festgestellten Jahresüberschuss soweit mindert, dass letztlich ein Jahresfehlbetrag entsteht, welcher der Deckung bedarf. Selbiges gilt für den umgekehrten Fall. 390 Bauer, § 48 Rn. 39 u. 42; Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 17; MünchKommHGB/Spanier, Vor § 339 Rn. 46. 391 BeckBilKomm/Förschle, Vor § 339 Rn. 60; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/ Fandrich, § 48 Rn. 11. 392 Bauer, § 48 Rn. 39 u. 42; Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 21; MünchKommHGB/Spanier, Vor § 339 Rn. 47. 393 Vgl. MünchKommAktG/Bayer, § 58 Rn. 8 f. u. 14 ff.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Auf den Zusammenhang zwischen Ergebnisverwendungsbeschluss und Mitgliederkontrolle ist bereits bei der Untersuchung der Feststellung des Jahresabschlusses eingegangen worden.394 Da auch der Verwendungsvorschlag im Feststellungsverfahren schon Berücksichtigung gefunden hat, sollen sich die folgenden Ausführungen auf die jeweiligen Verwendungsmöglichkeiten beschränken. Zuvor soll allerdings kurz die Bindung der Generalversammlung an den festgestellten Jahresabschluss thematisiert werden.

A. Bindung an festgestellten Jahresabschluss Bei der Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung ist die Generalversammlung an den zuvor festgestellten Jahresabschluss gebunden. Dies bedeutet vor allem, dass der Betrag des Jahresergebnisses feststeht und im Ergebnisverwendungsbeschluss nicht mehr geändert werden kann. Ein im Jahresabschluss ausgewiesener Jahresfehlbetrag kann also durch Auflösung von (weiteren) Rücklagen nicht in einen Jahresüberschuss umgewandelt werden, um auf diese Weise doch noch eine Verteilung auf die Mitglieder zu ermöglichen.395 Diese Selbstbindung der Generalversammlung liegt darin begründet, dass es dem Mitgliederorgan anderenfalls möglich wäre, sich von den Vorgaben des materiellen Bilanzrechts zu befreien und von ihr bereits getroffene bilanzpolitische Entscheidungen umzustoßen.396 Denn nach § 48 Abs. 2 S. 1 GenG sind nur „bei der Feststellung“ die für die Aufstellung des Jahresabschlusses geltenden Vorschriften anzuwenden. Dass die Vorschrift die Ergebnisverwendung ungenannt lässt, kann hier einzig darauf zurückzuführen sein, dass Änderungen des aufgestellten Jahresabschlusses nur im Rahmen des Feststellungsbeschlusses möglich sein sollen. Es wäre auch wertungswidersprüchlich, wenn die Generalversammlung bei der Ergebnisverwendung nunmehr Änderungen ohne Bindung an bilanzrechtliche Vorgaben vornehmen könnte. Letztendlich kommt die Bindung an den festgestellten Jahresabschluss aber dadurch weniger zum Tragen, dass das Mitgliederorgan stets auch den Jahresabschluss feststellt und insoweit beide Beschlüsse aufeinander abstimmen kann. Eine andere Frage ist es, ob der Verwendungsbeschluss unmittelbare bilanzielle Auswirkungen hat oder aber erst im nächsten Jahresabschluss,397 d.h. ob etwa Einstellungen in Rücklagen aus einem festgestellten Jahresüberschuss den Rücklagen bereits zuzurechnen sind oder ob diese Zurechnung erst im darauf folgenden Geschäftsjahr erfolgt und bis dahin aus dem festgestellten und gemäß § 339 Abs. 1 HGB offen zu legenden Jahresabschluss nicht erkennbar ist.

394 395 396 397

Siehe dazu oben § 19 B. und C. So aber offenbar Beuthien, § 48 Rn. 3 und Bauer, § 48 Rn. 43. Vgl. Hüffer, § 174 Rn. 3. Vgl. Hüffer, § 174 Rn. 8.

§ 20 Ergebnisverwendung

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B. Verwendungsarten In ihrem Verwendungsbeschluss muss die Generalversammlung stets über das gesamte Jahresergebnis verfügen. Es dürfen keine Beträge offen bleiben. Abhängig davon, ob ein Jahresüberschuss zu verwenden oder ein Jahresfehlbetrag zu decken ist, stehen ihr grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten offen. Wie auch sonst ist sie dabei an Gesetz und Satzung gebunden, was ihre Entscheidungsfreiheit im Einzelfall einschränken kann. I. Jahresüberschuss Bei der Entscheidung über die Verwendung eines Jahresüberschusses kommen (1) die Einstellung in Rücklagen, (2) die Verteilung auf die Mitglieder und (3) der Gewinnvortrag ins nächste Geschäftsjahr in Betracht. 1. Einstellung in Rücklagen

Bei der Einstellung in Rücklagen ist zwischen der gesetzlichen Rücklage und anderen Ergebnisrücklagen zu unterscheiden.398 Im Hinblick auf erstere ist die Generalversammlung nämlich an die von ihr getroffene Satzungsregelung i. S. d. § 7 Nr. 2 GenG gebunden. Danach ist in der Satzung einerseits der Teil des Jahresüberschusses zu bestimmen, der in diese Rücklage einzustellen ist, und andererseits ein Mindestbetrag anzugeben, bis zu welchem eine Einstellung in diese Rücklage zu erfolgen hat. Solange also, wie dieser Mindestbetrag noch nicht erreicht ist, ist der in der Satzung festgelegte Jahresüberschussteil Geschäftsjahr für Geschäftsjahr einzustellen und damit der Höhe nach jeweils einer Disposition der Generalversammlung entzogen. Erst ab Erreichen des Mindestbetrags steht es dem Mitgliederorgan grundsätzlich frei, ob und in welcher Höhe es (weitere) Einstellungen in die gesetzliche Rücklage oder aber in andere Ergebnisrücklagen vornehmen möchte. Hinsichtlich des Teils des Jahresüberschusses, der nicht kraft Satzungsbestimmung i. S. d. § 7 Nr. 2 GenG in die gesetzliche Rücklage einzustellen ist, kann sich die Generalversammlung freiwillig durch Satzungsregelung i. S. d. § 20 GenG ganz oder teilweise ihre Entscheidungsfreiheit im konkreten Verwendungsbeschluss (§ 48 Abs. 1 S. 2, 1. Fall GenG) nehmen. Die Vorschrift des § 20 S. 1 GenG erlaubt ihr insofern, in der Satzung vorzusehen, dass der verteilungsfähige Jahresüberschuss („Gewinn“) oder ein Teil desselben der gesetzlichen Rücklage oder einer anderen Ergebnisrücklage zuzuschreiben ist. Hierbei ist Vorsicht geboten, damit nicht mehr Überschüsse in der Genossenschaft einbehalten werden, als zur Sicherung ihres Fortbestandes erforderlich sind.399 Erwägenswert 398 399

Siehe dazu bereits die Ausführungen unter § 19 A. I. So auch Beuthien, § 20 Rn. 2.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

wäre es deshalb, die Vorschrift des § 20 S. 1 GenG nach dem Vorbild des § 58 Abs. 1 AktG dahingehend zu ändern, dass höchstens die Hälfte eines verteilungsfähigen Jahresüberschusses in Ergebnisrücklagen eingestellt werden kann.400 Nach der im Rahmen des BilMoG neu geschaffenen Vorschrift des § 20 S. 2 GenG kann die Generalversammlung nunmehr den Vorstand ermächtigen, einen Teil des Jahresüberschusses, höchstens jedoch die Hälfte, in die Ergebnisrücklagen einzustellen.401 Freilich kann auch dies nur für den verteilungsfähigen Überschuss gelten. Kraft Satzungsbestimmung in Rücklagen einzustellende Beträge sind demnach abzuziehen. Die Ermächtigung des Vorstands kann sich dabei auf eine bestimmte Ergebnisrücklage beschränken oder die Einstellung sowohl in die gesetzliche Rücklage als auch in die anderen Ergebnisrücklagen erlauben („die Ergebnisrücklagen“).402 Soweit der Vorstand von dieser Ermächtigung Gebrauch macht, entscheidet die Generalversammlung nur noch über die Verwendung des hiernach verbleibenden Restbetrags. Innerhalb des Verfügungsrahmens des Vorstands muss die Generalversammlung allerdings subsidiär zuständig bleiben, weil stets über das gesamte ungeteilte Jahresergebnis zu verfügen ist und der Vorstand von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch machen muss. In der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages wird zur Begründung des neuen § 20 S. 2 GenG unzutreffend ausgeführt, dass der Vorstand seinen Beschluss, höchstens die Hälfte des Jahresüberschusses in die Ergebnisrücklage einzustellen, „im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses“ trifft.403 Dies ist deshalb unsachgerecht, da zu jenem Zeitpunkt noch nicht feststeht, ob und in welcher Höhe die Generalversammlung einen Jahresüberschuss feststellen wird. Wäre die Vorgabe des Vorstands demgegenüber für die Generalversammlung verbindlich, würde dies zwangsläufig bereits ihre Entscheidungsfreiheit bei der Feststellung des Jahresabschlusses einschränken. Dies kann auch in Anbetracht der systematischen Stellung der Norm innerhalb des § 20 GenG und nach § 19 GenG nicht vom Gesetzgeber bezweckt sein. Mit Satzungsregelungen i. S. d. § 20 GenG wird die Eigenkapitalbildung in Genossenschaften erleichtert, da der verteilungsfähige Überschuss in entsprechender Höhe dem Ausschüttungsinteresse einer einfachen Stimmenmehrheit (§ 48 Abs. 1 S. 2, 1. Fall GenG i.V. m. § 43 Abs. 2 S. 1 GenG) entzogen ist. Die Ermächtigung des Vorstands gemäß § 20 S. 2 GenG erweist sich dabei als flexibler gegenüber einer starren Rücklageneinstellung nach § 20 S. 1 GenG. Ob die neue Regelung allerdings, wie im Schrifttum404 vertreten, einen Ausgleich für 400 In diese Richtung auch Großfeld/Jäger/Lenfers, Tradition und Zukunft im Genossenschaftsrecht, S. 80. 401 BT-Drucks. 16/12407, S. 52. 402 Bauer, § 20 Rn. 13. 403 Siehe BT-Drucks. 16/12407, S. 97. 404 So Bauer, § 20 Rn. 11.

§ 20 Ergebnisverwendung

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die im Rahmen des BilMoG weggefallenen Möglichkeiten darstellt, stille Rücklagen zu bilden, erscheint indes fraglich. Letztlich ist für die Einführung einer derartigen Satzungsregelung – ebenso wie im Falle des § 20 S. 1 GenG – eine satzungsändernde Mehrheit von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen erforderlich (vgl. § 16 Abs. 4 GenG). Zudem sorgt eine starre Regelung i. S. d. § 20 S. 1 GenG mehr als eine bloße Ermächtigung dafür, dass offene Rücklagen tatsächlich auch gebildet werden. 2. Verteilung auf die Mitglieder

Soweit der Jahresüberschuss nicht in Rücklagen einzustellen ist, darf die Generalversammlung beschließen, ihn auf die Mitglieder zu verteilen. Erst mit dem dahingehenden Verwendungsbeschluss wird der entsprechende Betrag zu einem Gewinn i. S. d. § 19 GenG, auf den ein einklagbarer Anspruch seitens der Mitglieder entsteht.405 Unscharf formuliert ist in der Vorschrift des § 19 Abs. 1 S. 1 GenG von dem „bei Feststellung des Jahresabschlusses für die Mitglieder sich ergebene[n] Gewinn“ die Rede. a) Verteilungsmaßstab Der Verteilungsmaßstab richtet sich grundsätzlich nach § 19 Abs. 1 S. 2 GenG. Danach ist zwischen dem ersten Geschäftsjahr und den nachfolgenden Geschäftsjahren zu unterscheiden. Im ersten Geschäftsjahr bemisst sich die Verteilung nach dem Verhältnis der von den Mitgliedern auf den Geschäftsanteil geleisteten Einzahlungen. In den nachfolgenden Geschäftsjahren erfolgt die Verteilung nach dem Verhältnis der Geschäftsguthaben der Mitglieder zum Schlusse des vorhergegangenen Geschäftsjahres unter Berücksichtigung der im Laufe des Geschäftsjahres erfolgten Gewinnzu- oder Verlustabschreibungen.406 Einzahlungen während des abgelaufenen Geschäftsjahres bleiben demnach also unberücksichtigt.407 Dies beruht zum einen auf der Erwägung, dass sie zu dem während des abgelaufenen Geschäftsjahres erwirtschafteten Überschuss regelmäßig nicht oder nur begrenzt beigetragen haben.408 Zum anderen soll damit verhindert werden, dass einzelne Mitglieder bei günstigem Geschäftsergebnis ihre Einzahlungen nur deshalb erhöhen, um ihren Gewinnanteil zu steigern.409 Für neu eingetretene Mitglieder bedeutet dies jedoch zugleich, dass sie in dem ersten Jahr ihrer mitgliedschaftlichen Zugehörigkeit grundsätzlich nicht an der Gewinnverteilung partizipieren.410 405

Bauer, § 48 Rn. 41; Beuthien, § 19 Rn. 5; Müller, § 19 Rn. 9 u. § 48 Rn. 63. Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Pöhlmann, § 19 Rn. 5. 407 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Pöhlmann, § 19 Rn. 5; Beuthien, § 19 Rn. 6. 408 Beuthien, § 19 Rn. 6; Lang/Weidmüller-Schulte, § 19 Rn. 12. 409 Beuthien, § 19 Rn. 6; Lang/Weidmüller-Schulte, § 19 Rn. 12. 410 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Pöhlmann, § 19 Rn. 5; Beuthien, § 19 Rn. 6; Lang/ Weidmüller-Schulte, § 19 Rn. 12. 406

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Allerdings kann die Satzung gemäß § 19 Abs. 2 S. 1, 1. Fall GenG einen von § 19 Abs. 1 S. 2 GenG abweichenden Verteilungsmaßstab aufstellen, also etwa bestimmen, dass sich die Verteilung nach der Anzahl der übernommenen Geschäftsanteile oder der Dauer der mitgliedschaftlichen Zugehörigkeit richtet.411 Sie kann auch festlegen, dass Einzahlungen während des abgelaufenen Geschäftsjahres zu berücksichtigen sind.412 Der Verteilungsmaßstab richtet sich somit vorrangig nach der Satzung und nur in Ermangelung einer abweichenden Regelung nach § 19 Abs. 1 S. 2 GenG. Gewinnberechtigt ist dabei nur, wer im Zeitpunkt des Verwendungsbeschlusses Mitglied ist.413 Eine Lehrmeinung will darüber hinaus auch solche Rechtssubjekte berücksichtigen, „die bis zum Ablauf des Geschäftsjahres, für das der Gewinn verteilt wird, Mitglieder der Genossenschaft waren“.414 Demnach würden im abgelaufenen Geschäftsjahr ausgeschiedene Mitglieder noch an der Gewinnverteilung partizipieren. Dieser Lehrmeinung steht allerdings der Wortlaut des § 19 Abs. 1 S. 1 GenG entgegen, wonach der Gewinn auf „die Mitglieder“ zu verteilen ist. b) Verteilung durch Geschäftsguthabenzuschreibung oder Auszahlung Grundsätzlich ist eine Verteilung auf die Mitglieder sowohl durch Geschäftsguthabenzuschreibung als auch durch Auszahlung möglich. Nach der disponiblen Regelung des § 19 Abs. 1 S. 3 GenG muss die Gewinnverteilung zunächst solange durch Zuschreibung zu den Geschäftsguthaben erfolgen, bis der Geschäftsanteil bzw. die Geschäftsanteile eines Mitglieds erreicht sind. Da eine Zuschreibung darüber hinaus nicht möglich ist (vgl. § 7 Nr. 1 GenG), ist der überschießende (Rest-)Betrag auszuzahlen.415 Dem Mitglied steht es insoweit allerdings frei, mit der Genossenschaft dessen darlehensweise Überlassung zu vereinbaren.416 Nach § 19 Abs. 2 S. 1, 2. Fall GenG kann die Generalversammlung in der Satzung hiervon abweichend bestimmen, dass und inwieweit der Gewinn bereits vor Erreichung des Geschäftsanteils an die Mitglieder auszuzahlen ist. Eine Einschränkung ergibt sich insofern aber aus der zwingenden Regelung des § 19 Abs. 2 S. 2 GenG, wonach trotz einer Satzungsregelung i. S. d. § 19 Abs. 2 S. 1, 411 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Pöhlmann, § 19 Rn. 6. Für weitere Gestaltungsmöglichkeiten siehe Beuthien, § 19 Rn. 7. 412 Soweit eine Genossenschaft investierende Mitglieder hat, dürfte eine Verteilung allein nach dem Umfang des Fördergeschäftsverkehrs diese unangemessen benachteiligen und unzulässig sein, da sie von einer Verteilung auf „die Mitglieder“ i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 1 GenG faktisch ausgeschlossen wären. 413 Beuthien, § 19 Rn. 5; BeckBilKomm/Förschle, Vor § 339 Rn. 61. 414 MünchKommHGB/Spanier, Vor § 339 Rn. 48. 415 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Pöhlmann, § 19 Rn. 7. 416 Beuthien, § 19 Rn. 8; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Pöhlmann, § 19 Rn. 7.

§ 20 Ergebnisverwendung

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2. Fall GenG eine Auszahlung solange nicht erfolgen darf, wie ein durch Verlustabschreibung gemindertes Geschäftsguthaben nicht wieder den Stand vor der Abschreibung aufweist.417 Damit soll im Hinblick auf die Geschäftsguthaben die einmal erreichte Eigenkapitalbasis stabil gehalten werden.418 3. Gewinnvortrag

Soweit der Jahresüberschuss nicht in Rücklagen einzustellen ist, kann die Generalversammlung – alternativ oder kumulativ zur Verteilung – beschließen, ihn ganz oder teilweise auf neue Rechnung vorzutragen und insoweit erst im darauf folgenden Geschäftsjahr über dessen Verwendung zu entscheiden. So gesehen ist der Gewinnvortrag kein Verwendungsbeschluss im engeren Sinne, sondern vielmehr dessen Vertagung, weshalb er dem Jahresergebnis des nächsten Geschäftsjahres hinzugerechnet wird.419 Dennoch wird in entsprechender Höhe i. S. d. § 48 Abs. 1 S. 2, 1. Fall GenG über ihn verfügt. Letztlich werden über einen Gewinnvortrag vergleichsweise gering und kurzfristig gebundene Reserven gebildet, weil der Vortragsbetrag im nächsten Geschäftsjahr ohne weiteres wieder zur Disposition der Generalversammlung steht, d.h. ohne dass es – im Vergleich zu Rücklagen – einer Auflösung im Rahmen des Feststellungsbeschlusses bedürfte.420 Zumeist dient der Gewinnvortrag dem Zweck, einem sich abzeichnenden Verlust bereits im Vorjahr zu begegnen. II. Jahresfehlbetrag Im Rahmen der Entscheidung über die Deckung eines Jahresfehlbetrags sind (1) die Entnahme aus Rücklagen, (2) die Verteilung auf die Mitglieder und (3) der Verlustvortrag ins nächste Geschäftsjahr möglich. 1. Entnahme aus Rücklagen

Zur Deckung eines Jahresfehlbetrags kommt zunächst eine Entnahme aus der eigens zu diesem Zweck zu bildenden gesetzlichen Rücklage in Betracht. Ihre Zweckbestimmung bedeutet indes nicht, dass Fehlbeträge stets und nur aus ihr zu 417 Wird von der Satzungsautonomie des § 19 Abs. 2 S. 1, 2. Fall GenG kein Gebrauch gemacht, so ist die Vorschrift des § 19 Abs. 2 S. 2 GenG nicht einschlägig, da die Geschäftsguthaben in diesem Fall ohnehin erst gemäß § 19 Abs. 1 S. 3 GenG vollständig aufzufüllen sind. 418 Beuthien, § 19 Rn. 8. 419 „Gewinnvortrag“ ist also nicht in dem Sinne zu verstehen, dass der Betrag bereits zur Ausschüttung beschlossen worden ist, nur der Zeitpunkt noch nicht feststeht und darüber gegebenenfalls im nächsten Geschäftsjahr entschieden werden soll. Von daher könnte man auch vom „Überschussvortrag“ sprechen. 420 Vgl. Baumbach/Hueck-Fastrich, § 29 Rn. 25.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

decken wären. Dafür stehen vielmehr auch die anderen Ergebnisrücklagen zur Verfügung.421 Zur Fehlbetragsdeckung kann die Generalversammlung sogar ausschließlich auf letztere zurückgreifen. Während ein Teil des Jahresüberschusses grundsätzlich in die gesetzliche Rücklage einzustellen ist, gilt selbiges also nicht für den umgekehrten Fall. 2. Verteilung auf die Mitglieder

Es steht der Generalversammlung frei, ob und inwieweit sie den Jahresfehlbetrag durch Entnahmen aus Rücklagen decken will. Beschließen kann sie daher auch, den zu deckenden Betrag ganz oder teilweise auf die Mitglieder zu verteilen. Erst mit dem dahingehenden Verwendungsbeschluss wird der entsprechende Betrag zu einem Verlust i. S. d. § 19 GenG. a) Verteilungsmaßstab Für den Verlust gilt das zum Verteilungsmaßstab bei der Gewinnverteilung Gesagte entsprechend. Die Satzung kann also auch hier gemäß § 19 Abs. 2 S. 1, 1. Fall GenG einen von § 19 Abs. 1 S. 2 GenG abweichenden Verteilungsschlüssel bestimmen. Unabhängig von einer derartigen Satzungsregelung besteht im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum jedoch zu Recht Einigkeit dahingehend, dass die Vorschrift des § 19 Abs. 1 S. 2 GenG bei Verlusten einschränkend ausgelegt werden muss, da der Verteilungsmaßstab ansonsten Mitglieder bevorzugen würde, die ihre fälligen Pflichteinzahlungen noch nicht geleistet haben und allein deswegen mit einem geringeren Geschäftsguthaben am Verlust beteiligt wären.422 Weil dies vom Gesetzgeber so nicht gewollt sein kann, werden die ausstehenden Beträge so behandelt, als seien sie schon geleistet worden.423 b) Verteilung durch Geschäftsguthabenabschreibung Eine Verteilung auf die Mitglieder ist nur durch Abschreibung der Geschäftsguthaben möglich.424 Dies ist so lange zulässig, bis das Kapitalkonto des Mitglieds einen Nullbetrag aufweist.425 Eine darüber hinausgehende Belastung im 421

Bauer, § 48 Rn. 43; Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 23; Müller, § 48 Rn. 65. So Bauer, § 19 Rn. 47; Beuthien, § 19 Rn. 12; Müller, § 19 Rn. 16; Lang/Weidmüller-Schulte, § 19 Rn. 21; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Pöhlmann, § 19 Rn. 11. 423 Beuthien, § 19 Rn. 12; Müller, § 19 Rn. 16; Lang/Weidmüller-Schulte, § 19 Rn. 21; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Pöhlmann, § 19 Rn. 11. 424 Bauer, § 19 Rn. 44; Beuthien, § 19 Rn. 12. 425 Soweit sich die Mitglieder in der Generalversammlung für eine Abschreibung ihrer Geschäftsguthaben entscheiden, mindern sie damit freilich zugleich auch den Wert ihres Auseinandersetzungsanspruchs. 422

§ 21 Entlastung

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Sinne eines Negativsaldos ist ausgeschlossen.426 Reicht das Geschäftsguthaben eines Mitglieds – auch unter Berücksichtigung erbrachter oder noch zu erbringender rückständiger Pflichteinzahlungen – nicht aus, um den auf ihn entfallenden Betrag zu decken, so ist der Differenzbetrag von den Geschäftsguthaben der übrigen Mitglieder in deren Verhältnis zueinander abzuschreiben.427 Denn eine Nachschusspflicht, die nicht – wie im Regelfall – durch Satzungsbestimmung i. S. d. § 7 Nr. 1 GenG ausgeschlossen ist, entsteht grundsätzlich erst im Insolvenzfall (vgl. §§ 105, 119 GenG).428 3. Verlustvortrag

Alternativ oder kumulativ zur Entnahme aus den Ergebnisrücklagen und der Verteilung auf die Mitglieder kann die Generalversammlung beschließen, den Jahresfehlbetrag auf neue Rechnung vorzutragen. Auch der Verlustvortrag ist kein Verwendungsbeschluss im engeren Sinne, weil über die Deckung des (Rest-) Fehlbetrags erst im darauf folgenden Geschäftsjahr Beschluss gefasst werden soll. Dennoch stellt auch er eine Verwendung i. S. d. § 48 Abs. 1 S. 2, 1. Fall GenG dar, so dass der Deckungsbetrag in entsprechender Höhe nicht offen bleibt. III. Ergebnis Insgesamt bleibt als Ergebnis festzuhalten, dass der Generalversammlung im Rahmen der Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung vielfältige Möglichkeiten offen stehen, eine der Mitgliederkontrolle mittelbar wie unmittelbar dienende und der jeweiligen Gesamtsituation der Genossenschaft angepasste Entscheidung zu treffen. Vorsicht ist allerdings bei Satzungsregelungen i. S. d. § 20 GenG geboten, damit nicht mehr Überschüsse in der Genossenschaft einbehalten werden, als zur Sicherung ihres Fortbestandes erforderlich sind.

§ 21 Entlastung Kraft ihrer Organstellung haben die Vorstandsmitglieder unmittelbaren Einfluss auf die Geschicke der Genossenschaft, deren Geschäfte sie – organisatorisch verselbständigt – für die Gesamtheit der Mitglieder leiten. Damit haben sie insbesondere auch Zugriff auf für sie fremdes Vermögen.429 Dieses sollen sie zweckgerichtet i. S. d. § 1 Abs. 1 GenG verwalten.430 Die übrigen, von der Ge426 427 428 429 430

Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Pöhlmann, § 19 Rn. 13. Lang/Weidmüller-Schulte, § 19 Rn. 21. Beuthien, § 19 Rn. 12. Siehe dazu bereits oben § 4. Siehe dazu bereits oben §§ 7 ff.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

schäftsführung grundsätzlich ausgeschlossenen Mitglieder haben insoweit ein berechtigtes Interesse daran, zumindest in gewissen Zeitabständen zu erfahren, in welcher Art und Weise die Vorstandsmitglieder ihre Aufgaben erfüllt haben, um auf dieser Grundlage beurteilen und kontrollieren zu können, ob dies ihrem Beteiligungsinteresse entspricht oder zuwiderläuft, und der Verwaltung insofern ihre Zustimmung oder Ablehnung zum eingeschlagenen geschäftspolitischen Kurs zu signalisieren. Eine derartige periodische Rückkopplung an die Mitgliederbasis sollte nach der Vorstellung des Gesetzgebers durch Beschlussfassung der Generalversammlung über die Erteilung oder Verweigerung der Entlastung der Mitglieder des Vorstands (und des Aufsichtsrats) erfolgen. Dies war im Jahre 1889 offenbar so selbstverständlich, dass das damalige Genossenschaftsgesetz nicht einmal eine dahingehende Kompetenzzuweisung enthielt. Der Begriff der Entlastung fand vielmehr nur in den Vorschriften der heutigen §§ 37 Abs. 2, 43 Abs. 6 GenG Erwähnung.431 Erst im Jahre 1933432 stellte der Gesetzgeber in § 48 Abs. 1 GenG ausdrücklich klar, dass die Generalversammlung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat entscheidet.433 Ihre Zuständigkeit gestaltete er dabei als ausschließliche und unabdingbare aus.434 Zahlreiche Fragen ließ der Gesetzgeber allerdings unbeantwortet. So ergibt sich aus dem Genossenschaftsgesetz nach wie vor nicht, ob und gegebenenfalls nach welchen Kriterien die Mitglieder ihre Entscheidung auszurichten haben, was wiederum Einfluss darauf hat, ob die Generalversammlung in ihrer Ermessensausübung frei oder unter Umständen gebunden ist. Darf die einfache Generalversammlungsmehrheit (§ 43 Abs. 2 S. 1 GenG) also etwa auch dann Entlastung erteilen, wenn die Vorstandsmitglieder – womöglich verbunden mit unternehmerischen Erfolgen – gegen Gesetz oder Satzung verstoßen haben?435 Ein zentraler Streitpunkt ist die Frage, ob der Entlastungserteilung Verzichts- bzw. Präklusionswirkung dergestalt zukommt, dass etwaige (Ersatz-)Ansprüche der Genossenschaft gegen Vorstandsmitglieder untergehen oder jedenfalls wegen der Einrede widersprüchlichen Verhaltens gemäß § 242 BGB (Verbot des venire contra factum proprium436) dauerhaft nicht mehr durchsetzbar sind. Denn während 431 So auch die Begründung zu § 89 des Referentenentwurfs des Bundesjustizministeriums – 3520/2 – vom 23.02.1962, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 331, 513. 432 RGBl. I 1933 (Nr. 145), S. 1089, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken/Aschermann, Materialien GenG, Bd. I, S. 138. 433 So ausdrücklich die amtliche Erläuterung (RJM. III m 3707) zum Gesetz zur Änderung des Genossenschaftsgesetzes vom 20.12.1933 (RGBl. I S. 1089), Deutsche Justiz, S. 12, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 65, 70. 434 Bauer, § 48 Rn. 44; Beuthien, § 48 Rn. 7; Müller, § 48 Rn. 69; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 13. 435 Vgl. Kubis, NZG 2005, 791, 792. 436 Siehe dazu Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, S. 81; Medicus/Lorenz, Schuldrecht AT, S. 76 f.; Teichmann, JA 1985, 497.

§ 21 Entlastung

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das Aktiengesetz in der Vorschrift des § 120 Abs. 2 S. 2 AktG ausdrücklich bestimmt, dass die Entlastungserteilung keinen Verzicht auf Ersatzansprüche enthält, fehlt eine derartige Regelung im Genossenschaftsgesetz.437 Ob aus diesem Schweigen allerdings eine Verzichtswirkung zu folgern ist oder gefolgert werden sollte, wird unterschiedlich beurteilt. Einigkeit besteht nur darüber, dass die Generalversammlung mit der Entlastungserteilung die Geschäftsführung für die Vergangenheit billigt (vgl. insoweit § 120 Abs. 2 S. 1 AktG) und dass sich hieraus reflexartig eine Vertrauenskundgabe für die Zukunft in der Weise ergibt, dass die Billigung als Hinweis auf die Richtigkeit des geschäftspolitischen Kurses und insoweit als Aufforderung zu verstehen ist, hiermit entsprechend fortzufahren.438 Der Gesetzgeber hat die Entlastungszuständigkeit der Generalversammlung nicht ohne Grund in der Vorschrift des § 48 Abs. 1 S. 2, 2. Fall GenG angesiedelt. Auch wenn das Genossenschaftsgesetz zum Gegenstand und zu den Folgen der Entlastung weitestgehend schweigt, so lässt doch zumindest die systematische Stellung der Norm einige Rückschlüsse zu. Auf sie soll daher zunächst eingegangen werden, um auf dieser Grundlage den Fragen nach dem Gegenstand und den Folgen der Entlastung nachzugehen.

A. Grundlagen I. Rechnungslegung und Rechenschaftslegung Aus der systematischen Stellung des § 48 Abs. 1 S. 2, 2. Fall GenG kann zunächst gefolgert werden, dass die Mitglieder über die Entlastung grundsätzlich in derselben – ordentlichen – Generalversammlung entscheiden sollen, in der auch über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwendung Beschluss gefasst wird. Dies macht die Entlastung zu einer alljährlich in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres (vgl. § 48 Abs. 1 S. 3 GenG) wiederkehrenden Aufgabe des Mitgliederorgans. Bevor die Mitglieder über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwendung entscheiden, sind ihnen mit dem Jahresabschlussentwurf, dem Lagebericht, dem Verwendungsvorschlag und dem Bericht des Aufsichtsrats sowohl vor als auch während der Generalversammlung Informationen als Entschei437

Großfeld/Noelle, AG 1985, 275, 276. Bauer, § 48 Rn. 59; Beuthien, § 48 Rn. 8; Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 27; Müller, § 48 Rn. 72 f.; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 15; Barner, Die Entlastung als Institut des Verbandsrechts, S. 32; Tellis, Die Rechtsnatur der gesellschaftsrechtlichen Entlastung, S. 88 f. Im Einzelfall können jedoch die Umstände ergeben, dass nur eine Entscheidung für die Vergangenheit gewollt ist wie etwa dann, wenn Vorstandsmitglieder mit Ablauf der Entlastungsperiode aus ihrem Amt ausgeschieden sind (vgl. BGH, NJW 1986, 129, 129 f. (zur GmbH)). 438

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

dungsgrundlage zur Verfügung zu stellen.439 Selbiges gilt aufgrund der systematischen Stellung des § 48 Abs. 1 S. 2, 2. Fall GenG auch für den Entlastungsbeschluss, und zwar insofern, als sich die Mitglieder anhand der abschlussbezogenen Informationen ein entlastungsrelevantes Gesamtbild über den Erfolg der Verwaltung im abgelaufenen Geschäftsjahr machen sollen. Mit den nach den Vorschriften der §§ 48 Abs. 3, 33 Abs. 1 S. 2, 38 Abs. 1 S. 5 GenG zur Verfügung zu stellenden Informationen legen Vorstand und Aufsichtsrat also zugleich Rechenschaft ab.440 Daher gilt: Ohne Rechenschaftslegung keine Entlastung und Entlastung jeweils nur soweit, wie zuvor Rechenschaft abgelegt worden ist.441 Eine Verletzung der Informationsrechte und -pflichten macht den gleichwohl gefassten Entlastungsbeschluss wegen Gesetzesverstoßes nach § 51 Abs. 1 S. 1 GenG anfechtbar.442 Praktisch bedeutsam ist dies vor allem in denjenigen Fällen, in denen die ordentliche Generalversammlung die Beschlussfassung über die Entlastung vertagt. Denn dann sind in der nächsten Versammlung, die über die Entlastung entscheidet, die entlastungsrelevanten Rechnungslegungsinformationen in gleicher Weise erneut zur Verfügung zu stellen. Jahresabschluss(entwurf), Lagebericht, Verwendungsvorschlag und Bericht des Aufsichtsrats wären den Mitgliedern also ein weiteres Mal gem. § 48 Abs. 3 S. 1 GenG mindestens eine Woche vor der Versammlung zugänglich zu machen und gem. § 33 Abs. 1 S. 2 GenG in der Versammlung vorzulegen. Von daher ist es durchaus zweckmäßig, dass die Generalversammlung nach § 48 Abs. 1 S. 2, 2. Fall, S. 3 GenG grundsätzlich in der ordentlichen Generalversammlung über die Entlastung beschließt. Eine andere Frage ist es insoweit, ob § 48 Abs. 1 GenG eine zwingende Beschlussreihenfolge vorgibt, was insbesondere zur Folge hätte, dass über die Entlastung erst und nur entschieden werden kann, nachdem der Jahresabschluss festgestellt worden ist.443 Im Ergebnis wird diese Frage zu verneinen sein. Zwar kann über die Ergebnisverwendung nur nach Feststellung des Jahresabschlusses entschieden werden. Für die Entlastung ist demgegenüber jedoch allein entscheidend, dass die Verwaltung zuvor Rechenschaft abgelegt hat. Dies tut sie mit den nach den Vorschriften der §§ 48 Abs. 3, 33 Abs. 1 S. 2, 38 Abs. 1 S. 5 GenG zur Verfügung zu stellenden Informationen. Zugleich gibt sie damit die Rechnungslegung aus der Hand. Ob hiernach nun zuerst über die Entlastung oder den Jahresabschluss entschieden wird, kann auf die Rechenschaftslegung der Verwaltung

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Siehe dazu oben § 19 D. III. So für den Lagebericht bereits oben § 19 D. I. 2. a). 441 Ebenso Barner, Die Entlastung als Institut des Verbandsrechts, S. 29 f.; Bauer, § 48 Rn. 46; Beuthien, § 48 Rn. 8; Müller, § 48 Rn. 71 u. 75. 442 Müller, § 48 Rn. 71. Siehe dazu ferner Graff, AG 2008, 479, 481 ff. 443 Dafür Bauer, § 48 Rn. 46; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 14; Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 34 („in der Regel“); offen lassend Beuthien, § 48 Rn. 7. 440

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also keinen Einfluss haben. Vor allem wird nicht mehr Rechenschaft dadurch abgelegt, dass die Generalversammlung zunächst den Jahresabschluss feststellt, sei es im Einklang mit dem Entwurf des Vorstands oder in dessen Abänderung. Dass die Verhandlungen zum Jahresabschluss und zur Ergebnisverwendung neue Aspekte zutage zu fördern vermögen, die sich auf die Entlastungsentscheidung auswirken können, spricht insoweit nur für die Zweckmäßigkeit einer dahingehenden Beschlussreihenfolge in der Tagesordnung. II. Entlastungsperiode Das Genossenschaftsgesetz gibt nicht vor, für welchen Zeitraum jeweils über die Entlastung zu entscheiden ist. Fest steht nach den bisherigen Ausführungen nur, dass die Entlastung allenfalls für eine Zeitspanne erteilt werden kann, für die bereits Rechenschaft abgelegt worden ist.444 Da nun allerdings über die Rechnungslegung alljährlich in den ersten sechs Monaten eines Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr Rechenschaft abzulegen ist, deckt sich die Entlastungsperiode grundsätzlich mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr.445 Eine nur faktische Erweiterung der Entlastungsperiode stellt es dar, wenn die Generalversammlung die Entlastungsentscheidung auf die nächste Versammlung vertagt. Denn dies löst die konkrete Entlastungsentscheidung nicht von dem betreffenden Geschäftsjahr ab. Nach wie vor hat die Bewertung der Leistung der Verwaltung für diesen Zeitraum auf der Grundlage der für dieses Geschäftjahr seinerzeit zur Verfügung gestellten Abschlussinformationen zu erfolgen. Die Entlastung für das zuletzt abgelaufene Geschäftsjahr erfolgt dann auf der Grundlage des neuen Jahresabschlussentwurfs, Lageberichts etc. Eine nur faktische Verkürzung der Entlastungsperiode würde demgegenüber dadurch bewirkt, dass einzelne Vorstandsmitglieder während des abgelaufenen Geschäftsjahres bestellt oder abberufen wurden, entsprechend nur für einen Teilabschnitt des Geschäftsjahres für die Geschäftsführung verantwortlich waren und daher auch nur insoweit entlastet werden können.446 Eine tatsächliche Verkürzung der Entlastungsperiode käme demnach also nur insoweit in Betracht, als für zurückliegende Abschnitte eines laufenden Geschäftsjahres noch in diesem entlastet werden soll. Dafür wären den Mitgliedern dann allerdings nach dem Grundsatz, dass keine Entlastung ohne Rechenschaftslegung erfolgen darf, abschlussbezogene Informationen in gleicher Weise zur Verfügung zu stellen wie nach Ablauf eines Geschäftsjahres für das 444 Unzutreffend insofern Barner, der die Auffassung vertritt, dass der Entlastungsbeschluss regelmäßig denjenigen Zeitraum umfasst, der seit der letzten routinemäßigen Entlastungsentscheidung vergangen ist (vgl. Barner, Die Entlastung als Institut des Verbandsrechts, S. 30). 445 So i. E. auch Bauer, § 48 Rn. 51; Müller, § 48 Rn. 75; Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 14. 446 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 14.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

jeweils vergangene.447 An diesem Aufwand wird es in der Praxis regelmäßig scheitern.448 III. Gesamtentlastung und Einzelentlastung 1. Grundsatz der Gesamtentlastung

In Anbetracht ihrer unterschiedlichen Aufgaben ist über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats stets getrennt abzustimmen.449 Im Wortlaut des § 48 Abs. 1 S. 2, 2. Fall GenG, in dem ungenau von der Entlastung „des Vorstands und des Aufsichtsrats“ die Rede ist,450 kommt dabei zum Ausdruck, dass die Generalversammlung über die Entlastung grundsätzlich en bloc entscheidet.451 Dies ist sachgerecht, da es – auch im Hinblick auf die Gesamtverantwortung452 aller Organmitglieder für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung – häufig schwer fallen dürfte, den Erfolg oder Misserfolg der Geschäftsführung bestimmten Amtsträgern zuzuschreiben. 2. Möglichkeit der Einzelentlastung

Als Minus zur Gesamtentlastung kann über die Entlastung aller oder einzelner Vorstandsmitglieder aber auch gesondert abgestimmt werden.453 Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn Organmitglieder Vorgänge während des abgelaufenen Geschäftsjahres in unterschiedlicher Weise zu verantworten haben.454 Im Rahmen eines einheitlichen Entlastungsbeschlusses könnte eine unterschiedliche Bewertung nicht zum Ausdruck gebracht werden.455 Unter welcher Voraussetzung Vorstandsmitglieder – ausnahmsweise – einzeln zu entlasten sind, kann als Verfahrensfrage in der Satzung geregelt werden.456 Darin könnte beispielsweise be447

Vgl. MünchKommAktG/Kubis, § 120 Rn. 20. Barner, Die Entlastung als Institut des Verbandsrechts, S. 31; MünchKommAktG/ Kubis, § 120 Rn. 20. 449 Bauer, § 48 Rn. 49; Beuthien, § 48 Rn. 7; Müller, § 48 Rn. 70a; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 13. 450 Darauf weisen auch Bauer, § 48 Rn. 48; Beuthien, § 48 Rn. 8 und Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 25 hin. 451 Ebenso i. E. Beuthien, § 48 Rn. 7 u. 9; Müller, § 48 Rn. 70a. 452 Ausführlich dazu Fleischer, NZG 2003, 449 für den Vorstand einer AG; siehe ferner OLG Frankfurt, Urteil vom 20.02.2006 – Az. 23 U 150/05. 453 Möglich ist es daher, über einige Vorstandsmitglieder einzeln zu entscheiden, während über die übrigen Amtsinhaber en bloc entschieden wird (vgl. Bauer, § 48 Rn. 49). 454 Vgl. Hüffer, § 120 Rn. 10. 455 So die Begründung zu § 89 des Referentenentwurfs des Bundesjustizministeriums – 3520/2 – vom 23.02.1962, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 331, 514. 456 Müller, § 48 Rn. 70 f.; Bauer, § 48 Rn. 49. 448

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stimmt werden, dass jeder Versammlungsteilnehmer Einzelentlastung für alle oder einzelne, namentlich zu bezeichnende Amtsinhaber verlangen darf.457 Ob dies ratsam ist, ist eine andere Frage. Immerhin kann die Einzelentlastung dazu führen, dass sich die Versammlung mitunter erheblich in die Länge zieht. Uneinigkeit besteht demgegenüber in dem Fall, dass die Satzung keine derartigen Vorgaben trifft, zumal das Genossenschaftsgesetz auch keine dem § 120 Abs. 1 S. 2 AktG vergleichbare Regelung enthält, nach der Einzelentlastung zu erfolgen hat, wenn die Hauptversammlung es beschließt oder eine Minderheit es verlangt. So wird im Schrifttum teilweise die Ansicht vertreten, jedem Generalversammlungsteilnehmer müsse bei Anlass für eine unterschiedliche Beurteilung das Recht zustehen, getrennte Abstimmung zu verlangen.458 Zur Begründung wird vorgetragen, der jeweilige Teilnehmer habe ansonsten keine andere Möglichkeit, bei der Entlastung seine Überzeugung von einem Fehlverhalten zum Ausdruck zu bringen.459 Zudem beziehe sich die Entlastung auf die einzelnen Organmitglieder, so dass auch jeder Teilnehmer Einzelabstimmung verlangen können müsse.460 Dem wird zu Recht entgegengehalten, dass sich aus dem Gesetz nicht ergebe, dass einzelnen Teilnehmern ohne weiteres das Recht zustehen soll, das Abstimmungsverfahren für die Gesamtheit der Generalversammlungsteilnehmer zu bestimmen.461 Vielmehr handele es sich um einen sogenannten Verfahrensantrag, über den die Generalversammlung vor der eigentlichen Entlastungsentscheidung gesondert Beschluss zu fassen habe.462 Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, warum der einzelne Teilnehmer ansonsten keine Möglichkeit haben soll, seine Überzeugung von einem Fehlverhalten zum Ausdruck zu bringen. Dies gilt sowohl für den Fall einer Gesamtentlastung als auch für seinen Antrag auf Einzelentlastung, der regelmäßig von einer Begründung begleitet sein wird, um die erforderliche Beschlussmehrheit zu erreichen. Dass sich die Entlastung auf die einzelnen Organmitglieder bezieht, ist zwar zutreffend, vermag aber ein mitgliedschaftliches Recht auf Einzelentlastung nicht zu begründen. Ein Teil des Schrifttums, das ein mitgliedschaftliches Recht auf Einzelentlastung ablehnt, vertritt allerdings die Auffassung, dass jeder Amtsträger für seine 457

So auch Bauer, § 48 Rn. 49. Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 13; Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 25. 459 Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 25. 460 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 13. 461 Bauer, § 48 Rn. 49. 462 Bauer, § 48 Rn. 49. Für eine Einzelentlastung kraft Verfahrensbeschlusses der Generalversammlung auch Beuthien, § 48 Rn. 9 und Müller, § 48 Rn. 70a, letzterer allerdings unter der unbilligen Einschränkung, dass der einzelne Teilnehmer einen Antrag auf Einzelentlastung nur stellen kann, wenn dringende sachliche Gründe dafür bestehen. Welche Gründe eine Einzelabstimmung erforderlich erscheinen lassen, soll er in der Generalversammlung darzulegen haben (vgl. Müller, § 48 Rn. 70b). 458

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Person Einzelentlastung verlangen darf.463 Dies folge aus der besonderen gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Genossenschaft gegenüber solchen Mitgliedern, die sich für die genossenschaftliche Selbstverwaltung (vgl. § 9 Abs. 2 S. 1 GenG) zur Verfügung stellen.464 Mit anderen Worten: Weil einzelne Mitglieder die Bereitschaft aufbringen, ein Organamt zu übernehmen, soll aus der Treuepflicht der Gesellschaft ein Recht dieser Mitglieder in ihrer Funktion als Amtsträger abzuleiten sein, in Bezug auf ihre Person das Abstimmungsverfahren in der Generalversammlung zu ändern. Diese Ansicht ist abzulehnen.465 Dem Genossenschaftsgesetz lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Selbstorganschaft466 Anknüpfungspunkt für einen irgendwie gearteten weitergehenden Schutz ist. Im Gegenteil ist die Organstellung sogar – trotz Selbstorganschaft – gemäß § 24 Abs. 3 S. 2 GenG zu jeder Zeit widerruflich.467 Jeder Amtsträger kann daher nur als gewöhnliches Genossenschaftsmitglied einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen.468 Hier liegt der entscheidende Unterschied zur Fremdorganschaft, auf deren Grundlage sich Amtsträger gerade nicht auf Mitgliedschaftsrechte zurückziehen können. Eine Einzelentlastung muss demgegenüber erfolgen, wenn sie eine Minderheit i. S. d. § 45 Abs. 1 S. 1 GenG verlangt.469 Dies ergibt sich aus einem Erst-RechtSchluss: Wenn es einer entsprechenden Mitgliederzahl sogar möglich ist, die Einberufung einer Generalversammlung und die Ankündigung von Tagesordnungspunkten zu verlangen, so muss es ihr erst recht möglich sein, eine Änderung nur des Abstimmungsverfahrens durchzusetzen. Schließlich muss auch der Versammlungsleiter im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung in der Lage sein, Einzelentlastung anzuordnen, soweit dies erforderlich ist, um einen ordnungsgemäßen Versammlungsverlauf zu gewährleisten.470

B. Gegenstand des Entlastungsbeschlusses Bevor auf die Folgen der Entlastungsentscheidung eingegangen wird, soll zunächst der Frage nachgegangen werden, was an der Geschäftsführung gebilligt oder missbilligt werden soll, was also Gegenstand des Entlastungsbeschlusses ist. 463

So Beuthien, § 48 Rn. 9, Müller, § 48 Rn. 70d. Beuthien, § 48 Rn. 9. 465 Ebenso Bauer, § 48 Rn. 49. 466 Siehe dazu oben § 18 B. II. 467 Siehe insofern oben § 18 A. II. 468 So i. E. auch Bauer, § 48 Rn. 49. 469 Ebenso Bauer, § 48 Rn. 49 und Beuthien, § 48 Rn. 9, beide unter analoger Anwendung des § 120 Abs. 1 S. 2, 2. Fall AktG. Zum Minderheitenquorum siehe oben § 15 B. I. 2. a). 470 Für eine derartige Kompetenz des Versammlungsleiters auch Bauer, § 48 Rn. 49; Müller, § 48 Rn. 70e. Zu den formellen Befugnissen des Versammlungsleiters siehe oben § 16 A. III. 464

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Auszugehen ist dabei von der Grundannahme, dass der Entlastungsgegenstand im Genossenschaftsrecht kein anderer sein kann als im Aktien- oder GmbH-Recht, auch wenn die Folgen einer erteilten oder verweigerten Entlastung unterschiedlich ausgestaltet sein mögen. Nur die Trennung von Entlastungsgegenstand und Entlastungsfolge vermag eine tragfähige Begründung dafür zu bieten, dass ein und dieselbe Erklärung bei der Aktiengesellschaft eine andere Rechtsfolge haben kann oder soll als bei anderen Gesellschaftsformen.471 Dortige Überlegungen zum Entlastungsgegenstand sind demnach auf das Genossenschaftsrecht übertragbar.472 I. Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung Auch wenn in dieser Frage in Rechtsprechung und Schrifttum letztlich Uneinigkeit herrscht, so ist doch ein kleinster gemeinsamer Nenner auszumachen. Nach einhelliger Auffassung befinden die Mitglieder mit der Entlastung jedenfalls darüber, ob die Vorstandsmitglieder bei der ihnen obliegenden Geschäftsführung die unternehmerischen Entscheidungen zweckmäßig getroffen, also bei der Führung des Unternehmens eine „glückliche Hand“ bewiesen haben.473 II. Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung Ob und inwieweit sie mit der Entlastung außerdem über die Einhaltung von Gesetz und Satzung, mithin über die Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung befinden, ist demgegenüber umstritten. Im Wesentlichen lassen sich hier zwei Grundpositionen ausmachen: Nach einer Ansicht enthält die Entlastung auch eine Erklärung der Mitgliederversammlung, sie billige die Verwaltung als – im Großen und Ganzen – gesetzes- und satzungskonform.474 Eine solche Billigung kann das Mitgliederorgan bei schwerwiegenden Verstößen bzw. Pflichtwidrigkeiten nicht aussprechen. Konsequenterweise ist die Entlastung in derartigen Fällen zu verweigern. Würde sie dennoch erteilt, so wäre der Beschluss rechtswidrig und gemäß § 51 GenG anfechtbar. Das der Mitgliederversammlung eingeräumte Ermes471 So zu Recht Weitemeyer, ZGR 2005, 280, 288. Siehe insoweit auch K. Schmidt, NZG 2003, 601, 604. 472 Zumeist konzentrieren sich die Ausführungen hier nur auf die Frage, ob der Entlastungserteilung Verzichtswirkung beizumessen ist und unter welcher Voraussetzung etwaige Ersatzansprüche von dieser umfasst sind. Ausführlich dazu unten § 21 C. I. 1. a). 473 Siehe insoweit nur BGH, NJW 2005, 828, 829 (zur AG); 1986, 129, 130 (zur GmbH). 474 BGH, NJW 2003, 1032, 1033; OLG Frankfurt, AG 2007, 329, 330; KG, NZG 2001, 803, 804; OLG Karlsruhe, AG 2001, 93, 94; OLG Düsseldorf, NZG 2000, 314, 315 (alle zur AG); OLG Hamm, ZIP 1993, 119, 121 (zur GmbH); Hüffer, § 120 Rn. 12; Weitemeyer, ZGR 2005, 280, 297; Volhard/Weber, NZG 2003, 351, 351 f.; Sethe, ZIP 1996, 1321, 1324.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

sen ist hiernach also ein einseitig pflichtgebundenes, da die Entlastung bei schwerwiegenden Verstößen zwar zu verweigern, umgekehrt bei gesetzes- und satzungskonformem Verhalten aber nicht unbedingt zu erteilen wäre. Jenseits schwerwiegender Verstöße ist das Mitgliederorgan aber ebenfalls in seinem Ermessen frei. Nach einer Gegenansicht handelt es sich bei der Entlastung um eine reine Zweckmäßigkeitsentscheidung.475 Demnach kann auch einer pflichtvergessenen Verwaltung, der erhebliche Gesetzes- oder Satzungsverstöße zur Last fallen, Entlastung erteilt werden. Das Ermessen der Mitgliederversammlung ist hiernach also stets ein freies. Auch wenn Entlastungsgegenstand und Entlastungsfolge zu trennen sind, so gibt der Ausschluss der Verzichtswirkung nach § 120 Abs. 2 S. 2 AktG dennoch Aufschluss darüber, was nach Auffassung des Gesetzgebers jedenfalls nicht Gegenstand der Entlastung ist: die Billigung der Geschäftsführung als insgesamt gesetzes- und satzungskonform. Denn anderenfalls müsste die Entlastung stets verweigert werden, wenn es Verstöße gegen Gesetz oder Satzung gegeben hat. Dann aber würde die Vorschrift des § 120 Abs. 2 S. 2 AktG ihres Anwendungsbereiches beraubt, weil sie nur für die Entlastungserteilung gilt, die Entlastung aber gerade in all den Fällen verweigert werden müsste, in denen es sozusagen etwas zu verzichten gäbe. Soll sie also überhaupt einen Anwendungsbereich haben, so muss bei Verstößen gegen Gesetz oder Satzung Entlastung erteilt werden können. Soweit man daher die Ansicht vertritt, die Mitgliederversammlung befinde mit der Entlastung auch über die Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung, ist man aber gezwungen, ein Kriterium zu finden, nach welchem die Entlastung trotz Rechtswidrigkeit erteilbar ist. Eines solchen Kriteriums bedarf die Gegenansicht nicht, was grundsätzlich dafür spricht, dass die Aktionäre (bzw. die Mitglieder) nach der Vorstellung des Gesetzgebers im Rahmen der Entlastungsentscheidung allein über die Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung befinden (reine Zweckmäßigkeitskontrolle). Die erste Ansicht führt auch zu Abgrenzungsproblemen. Da die Geschäftsführung als „im Großen und Ganzen“ gesetzes- und satzungskonform zu billigen sein soll, muss zwischen schweren und besonders schweren Pflichtverstößen unterschieden werden.476 Wo diese Trennlinie allerdings verlaufen soll, ist unklar und insofern mit Rechtsunsicherheit behaftet. Auch von daher verdient die Gegenansicht den Vorzug. 475 So ausdrücklich Kubis, NZG 2005, 791, 796; GroßKommAktG-Mülbert, § 120 Rn. 25. In diese Richtung auch BGH, WM 1967, 503, 508, OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 1252, 1253; OLG Hamburg, NZG 2002, 244, 245; AG 2002, 460, 462 (Der Senat lässt in dieser Entscheidung allerdings offen, ob die Hauptversammlung auch „bei Verstößen gegen gesetzliche Kardinalpflichten oder bei kriminellen Handlungen“ in ihrer Entscheidung frei ist, Entlastung zu erteilen.); OLG München, NZG 2002, 187 (alle zur AG); Heermann, NZG 2000, 1134; Lutter, NJW 1973, 113, 113 f.; Schuler, NJW 1960, 601, 602. 476 Ebenso MünchKommAktG/Kubis, § 120 Rn. 18.

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III. Ergebnis Als Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass die Generalversammlung mit dem Entlastungsbeschluss eine reine Zweckmäßigkeitsentscheidung trifft, die – auch bei schwerwiegenden Gesetzes- und Satzungsverstößen – in ihrem freien Ermessen liegt.

C. Folgen der Entlastungsentscheidung Die Generalversammlung trifft ihre Entlastungsentscheidung auf entsprechenden Antrag hin. Grundsätzlich kann dieser sowohl auf Erteilung als auch auf Verweigerung der Entlastung lauten.477 Erreicht ein Antrag auf Entlastungserteilung nicht die erforderliche Mehrheit, so liegt damit automatisch eine Entlastungsverweigerung vor,478 weil die Mitglieder mit ihren Stimmen gegen die beantragte Entlastung bereits hinreichend zum Ausdruck bringen, dass sie diese nicht erteilen wollen. Im Folgenden werden zunächst die Folgen für den Fall einer Entlastungserteilung diskutiert. Hieran schließt sich eine Untersuchung derjenigen im Falle einer Entlastungsverweigerung an. Dabei wird jeweils zwischen vermögensrechtlichen und statusrechtlichen Folgen unterschieden. I. Entlastungserteilung 1. Vermögensrechtliche Folgen

Wie bereits einleitend angesprochen, besteht Uneinigkeit in der Frage, ob einer erteilten Entlastung im Genossenschaftsrecht Verzichts- bzw. Präklusionswirkung zukommt.479 Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Genossenschaftsgesetz eine solche Rechtsfolge nicht positiv-rechtlich anordnet. Allerdings lässt sich dem Gesetz – im Unterschied zum Aktienrecht (vgl. § 120 Abs. 2 S. 2 AktG) – auch nicht das Gegenteil entnehmen. Ein Versuch im Jahre 1962, eine mit der seinerzeit noch selbst im Entwurfsstadium befindlichen aktienrechtlichen Regelung wortgleiche Vorschrift ins Genossenschaftsgesetz aufzunehmen,480 verlief 477 MünchKommAktG/Kubis, § 120 Rn. 6; a. A. GroßKommAktG-Mülbert, § 120 Rn. 82 (nur Antrag auf Entlastungserteilung). 478 MünchKommAktG/Kubis, § 120 Rn. 6. 479 Auf die allgemeinen Versuche, jene Verzichts- bzw. Präklusionswirkung in die vorhandenen dogmatischen Kategorien einzuordnen, wird hier nicht eingegangen. Umfassende Meinungsübersichten finden sich dazu bereits bei Brox, BB 1960, 1226; K. Schmidt, ZGR 1978, 425, 429 f.; Schönle, ZHR 126 (1964), 199, 201 f.; Tellis, Die Rechtsnatur der gesellschaftsrechtlichen Entlastung, S. 42 ff.; Weitemeyer, ZGR 2005, 280, 284 ff. 480 Siehe § 89 Abs. 2 S. 2 RefE 1962, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 331, 369.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

im Sande. Damals war man bestrebt gewesen, die Bedeutung der Entlastung „für alle Arten der körperschaftlich organisierten Gesellschaften übereinstimmend“ zu regeln.481 Sowohl im Rahmen der Novelle von 1973 als auch im Rahmen der Reform von 2006 stand die (Bedeutung der) Entlastung nicht auf der Agenda des Gesetzgebers. Dementsprechend ist es nach wie vor zu keiner legislativen Klärung der Frage nach der Verzichtswirkung gekommen. a) Meinungsstand aa) Höchstrichterliche Rechtsprechung (1) Urteil des BGH vom 03.12.2001 Der BGH brauchte sich zu dieser Frage lange Zeit nicht zu äußern. Erst mit Urteil vom 03.12.2001482 hatte er hierzu Stellung zu nehmen. Unter Anknüpfung an die in seiner Rechtsprechung zum eingetragenen Verein entwickelten Grundsätze483 maß er dort auch der Entlastungserteilung nach § 48 Abs. 2 S. 1, 2. Fall GenG Verzichtswirkung bei.484 Diese beschränke sich allerdings, so der II. Zivilsenat, auf solche Bereicherungs- und Schadensersatzansprüche, die dem entlastenden Organ, der Generalversammlung, bekannt seien oder bei sorgfältiger Prüfung hätten bekannt sein können (sog. beschränkte Verzichtswirkung).485 Dementsprechend seien Ansprüche, die aus den Rechenschaftsberichten des Vorstandes und den der Mitgliederversammlung bei der Rechnungslegung unterbreiteten Unterlagen nicht oder in wesentlichen Punkten nur so unvollständig erkennbar sind, dass die Generalversammlungsteilnehmer die Tragweite der ihnen abverlangten Entlastungsentscheidung bei Anlegung eines lebensnahen vernünftigen Maßstabes nicht zu überblicken vermögen, von der Verzichtswirkung nicht erfasst.486 Dies gelte insbesondere für solche Ansprüche, die erst nach eingehendem Vergleich und rechtlicher Auswertung verschiedener Unterlagen ersichtlich seien, die in der Versammlung bei Abfassung des Entlastungsbeschlusses nicht oder nicht vollständig vorlägen.487 Eine unbillige Benachteiligung des zu entlastenden Organs sei darin schon deshalb nicht zu erblicken, weil es bereits zum pflichtgemäßen Inhalt des jährlichen Rechenschaftsberichts gehöre, die Versammlungsteilnehmer über alles zu unterrichten, was nach Verkehrsanschauung 481 So die Begründung zu § 89 im Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums – 3520/2 – vom 23.02.1962, abgedruckt bei Beuthien/Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 331, 514. 482 BGH, NZG 2002, 195. 483 BGH, NJW-RR 1988, 745, 748 (zum e. V.). 484 BGH, NZG 2002, 195, 197. 485 BGH, NZG 2002, 195, 197. 486 BGH, NZG 2002, 195, 197. 487 BGH, NZG 2002, 195, 197.

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und vernünftigem Ermessen zur sachgemäßen Beurteilung der Entlastungsfrage durch die Generalversammlung erforderlich sei.488 Auch im Übrigen liege es bei dem Vorstand, durch hinreichende Offenheit gegenüber der Generalversammlung die Tragweite der erbetenen Entlastung selbst zu bestimmen.489 Dagegen könne von den einzelnen Mitgliedern regelmäßig nicht erwartet werden, dass sie aus eigener Kenntnis der Zusammenhänge und auf Grund selbstständiger Untersuchungen imstande seien, das Ausmaß der ihnen mit der in der Mitgliederversammlung beantragten Entlastung abverlangten Verzichtserklärung zu überblicken.490 An anderer Stelle weist der erkennende Senat noch auf folgendes hin: Die Mitglieder könnten regelmäßig darauf vertrauen, dass sich die Tätigkeit der Geschäftsleitung – bei nur genereller Kritik an ihrer Geschäftspolitik und -tätigkeit – im „Normbereich“ bewege, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende als Versammlungsleiter den Antrag auf Entlastung der Vorstandsmitglieder an die Generalversammlung stellt.491 In solchen Fällen liege der Gedanke an ein konkretes schadensersatzrelevantes Fehlverhalten des Vorstands im Einzelfall eher fern, weil der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Überwachungspflicht (§ 38 GenG) ansonsten zum Einschreiten (insb. Kritik und Nachfrage) verpflichtet wäre.492 Dementsprechend bestehe für die Mitglieder nur wenig Anlass, sich nach etwaigen schadensersatzträchtigen Sachverhalten zu erkundigen oder auf die Verlesung des gesamten Prüfungsberichts oder einzelner relevanter Passagen zu drängen.493 Dies mindert die Erkennbarkeit etwaiger Ansprüche, was wiederum Einfluss auf die sachliche Reichweite der Verzichtswirkung hat.494 (2) Urteile des BGH vom 01.12.2003 und 21.03.2005 In seinem Urteil vom 01.12.2003 bestätigte der BGH diese Linie.495 Auch in seinem Urteil vom 21.03.2005 knüpfte er in den entscheidungstragenden Passa488

BGH, NZG 2002, 195, 197. BGH, NZG 2002, 195, 197. 490 BGH, NZG 2002, 195, 197. 491 BGH, NZG 2002, 195, 198. 492 BGH, NZG 2002, 195, 198. Im vorliegenden Fall enthielten die Prüfungsberichte des Prüfungsverbands Hinweise auf mögliche Regressansprüche gegen Vorstandsmitglieder. Trotz vollumfänglicher Kenntnis aller Aufsichtsratsmitglieder beantragte der Aufsichtsratsvorsitzende Entlastung. Seit der Reform von 2006 sind alle Aufsichtsratsmitglieder nach § 58 Abs. 3 S. 2 GenG ausdrücklich zur Kenntnisnahme des Inhalts des Prüfungsberichts verpflichtet (vgl. BT-Drucks. 16/1025, S. 90). 493 BGH, NZG 2002, 195, 197. 494 A. A. Vortmann, der die Auffassung vertritt, dass das Handeln des Aufsichtsrates und insbesondere des Vorsitzenden in derartigen Fällen womöglich zu einem Ausschluss des Schadensersatzanspruchs führt, die Erkennbarkeit also offenbar nicht mindert (vgl. Vortmann, BKR 2002, 171, 172). 495 BGH, DStR 2004, 513, 515. 489

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

gen hieran an.496 Allerdings ließ er dabei nunmehr ausdrücklich offen, ob der Entlastung nach § 48 Abs. 1 S. 2, 2. Fall GenG nicht doch in analoger Anwendung des § 120 Abs. 2 S. 2 AktG die Verzichtswirkung abzusprechen sei.497 Dies müsse im vorliegenden Fall deshalb nicht entschieden werden, weil sich die Verzichtswirkung jedenfalls nicht auf Ansprüche erstrecke, welche die Mitglieder aus den ihnen zur Verfügung gestellten Informationen nicht zu überblicken vermögen.498 Zur Begründung dessen, was für die Mitglieder einer Genossenschaft erkennbar ist, folgt nun jedoch – auch dies ist neu – eine kurze vergleichende Betrachtung der Stellung der Gesellschafter einer GmbH gegenüber ihrer Geschäftsleitung mit derjenigen der Mitglieder einer Genossenschaft gegenüber ihrem Vorstand. Dabei stellt der Senat fest, dass Genossenschaftsmitglieder nicht wie GmbH-Gesellschafter in die Geschäftspolitik des Unternehmens eingebunden und mit Kontroll- und Weisungsrechten gegenüber der Geschäftsleitung (insb. § 46 Nr. 6 GmbHG) ausgestattet sind und daher bei lebensnaher Betrachtung grundsätzlich nicht erwartet werden kann, dass sie in der Lage sind, aus den ihnen erteilten Informationen über die Geschäftslage eigenständige Schlussfolgerungen im Hinblick auf ein mögliches Fehlverhalten des Vorstands zu ziehen und damit die Tragweite eines mit der Entlastung verbundenen Anspruchsverzichts zu überblicken.499 Dementsprechend hätten sich aus den verlesenen Schlussbemerkungen der Prüfungsberichte des Prüfungsverbands im vorliegenden Fall Hinweise auf mögliche Schadensersatzansprüche ergeben müssen, um eine Erkennbarkeit zu begründen.500 Damit ließ es der Senat allerdings nicht bewenden: Selbst wenn Prüfungsberichte zur Einsicht der Mitglieder ausgelegt seien, komme deren Kenntnis nur insoweit in Betracht, als sie in der Generalversammlung auch verlesen würden.501 (3) Zusammenfassung Festzuhalten bleibt nach alledem, dass der BGH grundsätzlich davon ausgeht, dass der Entlastungserteilung nach § 48 Abs. 1 S. 2, 2. Fall GenG Verzichtswirkung zukommt und dass es daher einer Analogie zu § 120 Abs. 2 S. 2 AktG bedarf, um diese nicht eintreten zu lassen. Während von letzterem in seinen Urteilen aus den Jahren 2001 und 2003 keine Rede ist, deutet sich im Jahre 2005 eine mögliche Kehrtwende an, indem der Senat die Frage nach einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift in einem obiter dictum ausdrücklich anspricht. Dem

496 497 498 499 500 501

BGH, NZG 2005, 562, 563 f. BGH, NZG 2005, 562, 563. BGH, NZG 2005, 562, 563. BGH, NZG 2005, 562, 563 f. BGH, NZG 2005, 562, 564. BGH, NZG 2005, 562, 564.

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lässt sich eine gewisse Sympathie für eine Analogie nicht absprechen.502 Es wäre daher durchaus möglich, dass der Senat jene Vorschrift bei nächster Gelegenheit entsprechend zur Anwendung kommen lässt. Gegenwärtig schränkt er die noch angenommene Verzichtswirkung sachlich jedenfalls derart stark ein, dass dies faktisch bereits auf eine analoge Anwendung der Norm hinausläuft.503 Was für die Mitglieder einer Genossenschaft aus den zur Verfügung gestellten Informationen erkennbar sein soll, grenzt der Senat nämlich immer weiter ein. In seinem Urteil vom 21.03.2005 führt er nun zusätzlich die vergleichsweise geringe Nähe der Mitglieder zur Geschäftsführung sowie deren geringeren Einfluss auf diese an und kommt zu dem Schluss, dass aufgrund des dadurch bedingten geringeren Einblicks in Geschäftsführungsangelegenheiten auch die Erkennbarkeit von möglichen Ansprüchen gegen Vorstandsmitglieder gemindert sei, die Prüfungsberichte sogar Hinweise auf solche enthalten müssten. Den Mitgliedern wird für den Regelfall also die Fähigkeit abgesprochen, aus der bloßen Schilderung schadensersatzträchtiger Sachverhalte selbst zur Erkenntnis etwaiger Ansprüche zu gelangen. Zudem wird eine Kenntnis vom Inhalt ausgelegter Prüfungsberichte grundsätzlich nicht erwartet. Vielmehr ist dafür nach dem Urteil des BGH ihre Verlesung erforderlich. Dies soll sogar unabhängig davon gelten, ob der Prüfungsbericht Hinweise enthält oder nicht. Selbiges muss konsequenterweise auch für sonstige Vorlagen gelten. In den wohl überwiegenden Fällen wird damit keine Verzichtswirkung eintreten. So wird auch in jedem der drei aufgeführten Urteile des BGH eine Erkennbarkeit der streitgegenständlichen Ansprüche verneint. Die Erkennbarkeit von Ansprüchen ist insoweit das Kriterium, um im Einzelfall und im Zweifel eine Erstreckung der Verzichtswirkung auf die in Streit stehenden Ansprüche abzulehnen. bb) Schrifttum Im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum gehen die Meinungen weit auseinander. (1) Herrschende Ansicht Die wohl noch herrschende Ansicht misst der Entlastungserteilung stets beschränkte Verzichtswirkung bei.504 Dabei werden weitestgehend die Rechtspre-

502 Ebenso Jungmann, EWiR 2005, 501, 502; Keßler, BB 2006, 561, 564; ders., in: Keßler (Hrsg.), Wettbewerbsstellung auf dem Prüfstand, S. 34. 503 So zum Urteil vom 03.12.2001 bereits Schäfer, EWiR 2002, 341, 342. 504 Bauer, § 48 Rn. 60 ff.; BerlinKomm/Keßler, §§ 48 ff. Rn. 19 ff.; Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 27; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 16 f.; Großfeld/Apel, ZfgG 25 (1975), 236, 236 f.; Nägele/Nestel, BB 2000, 1253, 1256; Neumann, Willensbildung, S. 208 f. u. 237 f. So wohl auch Graef, BB 2002, 378, 379 und Vortmann, BKR 2002, 171, 172.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

chungsgrundsätze zur Erkennbarkeit von Ansprüchen übernommen. Soweit sich die Generalversammlung die Geltendmachung von Schadensersatz- und Bereicherungsansprüchen vorbehalten will, soll es ihr grundsätzlich freistehen, die Entlastung ausdrücklich ohne die Verzichtswirkung zu beschließen.505 Zur Begründung wird zunächst darauf verwiesen, es handele sich bei § 120 Abs. 2 S. 2 AktG um eine aktienrechtliche Sondervorschrift, die daher nicht analog auf das Genossenschaftsrecht übertragbar sei.506 In ihr sei auch kein auf alle vergleichbaren juristischen Personen anwendbarer Rechtsgedanke verkörpert.507 Ihre Normierung im Aktienrecht zeige vielmehr, dass der Entlastungserteilung anderenfalls auch dort Verzichtswirkung zukäme.508 Schließlich habe ansonsten gar keine Notwendigkeit für ihre Aufnahme ins Aktiengesetz bestanden.509 Käme der Entlastungserteilung keine Verzichtswirkung zu, so würde es sich auch nur um einen rein „platonischen Akt“ 510 handeln.511 Als solcher aber mache die Entlastung keinen Sinn.512 Dementsprechend habe die Rechtsprechung auch für das GmbH-Recht eine Verzichtswirkung ausdrücklich anerkannt.513 Bis zur Aktienrechtsreform von 1965, innerhalb derer die Vorschrift des § 120 Abs. 2 S. 2 AktG eingeführt worden sei, sei die herrschende Meinung auch für das Aktienrecht von einer Verzichtswirkung ausgegangen.514 Gegen eine Verzichtswirkung im Genossenschaftsrecht könne nach der Novelle von 1973 zwar die Einführung der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands hinsichtlich aller Fragen der Geschäftsführung gemäß § 27 Abs. 1 GenG sprechen.515 Die Vorschrift schwäche den sozialen Kontakt und die Informationsnähe zwischen Vorstand und Generalversammlung und erschwere es letzterer bzw. mache es ihr unmöglich, wesentliche Fragen der Geschäftsführung selbst in der Hand zu behalten und aufgrund des nunmehr geringeren Einflusses die Geschäftsführung insgesamt zu überschauen und zu beurteilen.516 Letztendlich habe der Gesetzgeber aber wohl 505

Bauer, § 48 Rn. 63. Bauer, § 48 Rn. 62; BerlinKomm/Keßler, §§ 48 ff. Rn. 15 u. § 34 Rn. 62; Lang/ Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 27; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 16. 507 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 16. 508 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 16. 509 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 16. 510 Dieser Begriff ist auf Schönle, ZHR 126 (1964), 199, 220 („bloß platonische Vertrauenskundgebung“) zurückzuführen. 511 Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 27; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 16. 512 Lang/Weidmüller-Cario, § 48 Rn. 27; Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 16. 513 Pöhlmann/Fandrich/Bloehs-Bloehs/Fandrich, § 48 Rn. 16. 514 Großfeld/Apel, ZfgG 25 (1975), 236. 515 Großfeld/Apel, ZfgG 25 (1975), 236. 516 Großfeld/Apel, ZfgG 25 (1975), 236, 236 f. 506

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doch an der überkommenen Wirkung der Entlastung festhalten wollen.517 Dafür spreche zum einen die Vorschrift des § 34 Abs. 5 GenG, in der im Rahmen der Haftung des Vorstands ausdrücklich vom „Verzicht auf Schadensersatzansprüche“ die Rede sei.518 Dies geschehe vor dem Hintergrund, dass die Entlastung das Rechtsinstitut sei, das einen Verzicht auf Ersatzansprüche beinhalte.519 Zum anderen sei die Einschränkung der Entlastungswirkung im Aktienrecht ja auch Konsequenz der Tatsache, dass nach § 93 Abs. 4 S. 3 AktG nur unter engen Voraussetzungen frühestens nach drei Jahren auf Ansprüche verzichtet werden könne.520 Dennoch habe der Gesetzgeber bewusst von der Aufnahme einer solchen Vorschrift ins Genossenschaftsgesetz abgesehen.521 (2) Gegenansicht Nach der Gegenansicht ist die Vorschrift des § 120 Abs. 2 S. 2 GenG auf die Entlastungserteilung im Genossenschaftsrecht analog anzuwenden.522 Dementsprechend kommt einer erteilten Entlastung keine Verzichtswirkung zu. Freilich könnten die Mitglieder nichtsdestotrotz auf Ansprüche gegen Vorstandsmitglieder verzichten.523 Unter welcher Voraussetzung ein solcher Verzicht allerdings möglich sein soll, ist innerhalb dieser Ansicht umstritten. Nach einer Untermeinung hat die Entlastung ausnahmsweise dann beschränkte Verzichtswirkung, wenn sämtliche Mitglieder der Entlastung zustimmen und dabei zum Ausdruck bringen, dass aus der vorangegangenen Geschäftsführung keine Ersatzansprüche mehr abgeleitet werden sollen.524 Nach einer anderen Untermeinung ist für einen Anspruchsverzicht neben der Entlastung eine gesonderte Beschlussfassung erforderlich,525 was eine eigenständige Ankündigung auf der Tagesordnung erforderlich macht. Mit jeweils unterschiedlichem Ausgangspunkt wird von den Vertretern der Gegenansicht zur Begründung vorgetragen, die Vorschrift des § 120 Abs. 2 S. 2 GenG sei keine allein auf die Aktiengesellschaft zugeschnittene Sonderrege517

Großfeld/Apel, ZfgG 25 (1975), 236, 237. Großfeld/Apel, ZfgG 25 (1975), 236, 237. 519 Großfeld/Apel, ZfgG 25 (1975), 236, 237. 520 Großfeld/Apel, ZfgG 25 (1975), 236, 237. 521 Großfeld/Apel, ZfgG 25 (1975), 236, 237. 522 Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 581 ff.; Müller, § 48 Rn. 72b u. 72c; Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 232 ff. Eine analoge Anwendung befürwortend Jungmann, EWiR 2005, 501, 502. Auch Schäfer, EWiR 2002, 341, 342 begrüßt die zunehmende Beschränkung der Verzichtswirkung durch die Rechtsprechung und die darin liegende Annäherung an die mehr deklaratorische Wirkung im Aktienrecht. 523 Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 583. 524 Müller, § 48 Rn. 72d. 525 Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 583. 518

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lung, sondern passe ihrer Wertung nach überall dort, wo der geschäftspolitische Informationsstand der Mitglieder vergleichbar niedrig sei.526 Materiell beinhalte die Regelung einen Ausgleich für die Erweiterung der Machtbefugnisse des Vorstands nach den §§ 76 Abs. 1, 119 Abs. 2 AktG, die als Kehrseite einen mangelnden Einfluss der Hauptversammlung auf die Geschäftsführung zur Folge habe.527 Die Einführung der eigenverantwortlichen Leitungsmacht des Vorstands schwäche den sozialen Kontakt und die Informationsnähe zwischen Vorstand und Hauptversammlung erheblich.528 Dies mache es ihr schwerer, wenn nicht gar unmöglich, die Geschäftsführung zu überblicken, deren Tätigkeit zu beurteilen und somit letztlich auch eine sachgerechte Entscheidung über die Entlastung im Hinblick auf haftungsrechtliche Konsequenzen zu fällen.529 Das sei der Grund, weshalb § 120 Abs. 2 S. 2 AktG der Entlastungserteilung im Aktienrecht keine Verzichtswirkung beimesse.530 Ähnlich verhalte es sich bei der Genossenschaft. Auch hier habe sich der soziale Kontakt und die Informationsnähe abgeschwächt, seit der Gesetzgeber im Rahmen der Novelle von 1973 die Vorschrift des § 27 Abs. 1 S. 1 GenG bewusst an die Regelung des § 76 Abs. 1 AktG angelehnt und somit auch für das Genossenschaftsrecht die eigenverantwortliche Leitungsmacht des Vorstands eingeführt habe.531 Zwar gehe der Gesetzgeber dabei nicht so weit wie im Aktienrecht mit der Vorschrift des § 119 Abs. 2 AktG, nach der die Hauptversammlung über Fragen der Geschäftsführung nur entscheiden kann, wenn der Vorstand dies verlangt.532 Dies vermöge allerdings nur im Einzelfall graduelle Unterschiede zu begründen.533 Anders sei die Lage bei der GmbH zu beurteilen. Dort sei die Gesellschafterversammlung nicht nur für die Prüfung und Überwachung der Geschäftsführer zuständig, sondern umfassend auch für Geschäftsführungsangelegenheiten.534 Ferner stehe ihr ein Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung zu.535 Die Gesellschafterversammlung habe demnach eine Funktion, deren ordnungsgemäße Wahrnehmung einen ständigen und intensiven Einblick in die Gegebenheiten der Geschäftsführung erfordere.536 Folglich sei sie auch regelmäßig 526

Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 583. Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 233. 528 Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 233. 529 Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 583; Müller, § 48 Rn. 72b; Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 233. 530 Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 583; Müller, § 48 Rn. 72b; Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 233. 531 Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 233 f. 532 Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 234. 533 Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 234. 534 Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 582; Müller, § 48 Rn. 72b. 535 Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 582. 536 Müller, § 48 Rn. 72b. 527

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in der Lage, über haftungsrechtliche Konsequenzen im Rahmen der Entlastung zu entscheiden.537 Eine derartige Nähe zur Geschäftsführung wiesen weder der Aktionär noch das Genossenschaftsmitglied auf.538 Daher sei eine Verzichtswirkung zwar im GmbH-Recht, nicht aber im Aktien- und Genossenschaftsrecht gerechtfertigt.539 Der Gesetzgeber habe sich im Rahmen der Novelle von 1973 auch nicht bewusst für eine Beibehaltung der dem Entlastungsinstitut nach überkommener Ansicht zugesprochenen Verzichtswirkung entschieden.540 Die Interessenlage sei nicht nur mit derjenigen im Aktienrecht vergleichbar, sondern es bestehe auch die für eine Analogie darüber hinaus erforderliche planwidrige Regelungslücke, weil es an Anhaltspunkten für eine geplante Vollständigkeit des Gesetzes fehle.541 Etwas Gegenteiliges könne sich allenfalls aus § 34 GenG, insbesondere dessen Absatz 5, sowie aus der bewussten Nicht-Aufnahme einer dem § 93 Abs. 4 S. 3 AktG entsprechenden Regelung ins Genossenschaftsgesetz ergeben.542 Insofern könne zum einen vorgebracht werden, dass in § 34 Abs. 5 GenG ein Verzicht auf Ersatzansprüche gegen Mitglieder des Vorstands ausdrücklich erwähnt werde, obwohl das Rechtsinstitut, das nach überkommener Ansicht einen Verzicht auf solche Ansprüche beinhalte, die Entlastung sei.543 Zum anderen könne argumentiert werden, dass der Gesetzgeber dadurch, dass er eine dem § 93 Abs. 4 S. 3 AktG entsprechende Regelung, aufgrund derer der Entlastungserteilung in jedem Fall eine andere Bedeutung zukommen müsse, gerade nicht in das Genossenschaftsgesetz aufgenommen hat, an der überkommenen Verzichtswirkung für die Genossenschaft habe festhalten wollen.544 Eine solche Argumentation überzeuge jedoch nicht. Vor allem seien Rückschlüsse von § 34 GenG auf den Willen des Gesetzgebers nichts anderes als grundlose Mutmaßungen.545 Dies gelte umso mehr, als die §§ 37, 48 Abs. 1 GenG selbst unverändert geblieben seien und auch der reformierte § 43 Abs. 6 GenG keinen dahingehenden Aufschluss gebe.546 537

Müller, § 48 Rn. 72b. Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 582 f.; Müller, § 48 Rn. 72b u. 72c; Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 234. 539 Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 582 f.; Müller, § 48 Rn. 72b u. 72c; Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 234. Auch Jungmann weist darauf hin, dass die Informations-, Kontroll-, Mitbestimmungs- und Weisungsrechte von Genossenschaftsmitgliedern eher mit denen eines Aktionärs als mit denen eines GmbHGesellschafters vergleichbar sind (vgl. Jungmann, EWiR 2005, 501, 502). 540 Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 234 f. 541 Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 234 f. 542 Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 234 f. 543 Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 234 f. 544 Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 235 unter Verweis auf Großfeld/Apel, ZfgG 25 (1975), 236, 237. 545 Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 235. 546 Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 235. 538

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

Dementsprechend sei das Schweigen des Genossenschaftsgesetzes zur Entlastungswirkung planwidrig.547 Während es die meisten Vertreter dieser Gegenansicht bei einer analogen Anwendung des § 120 Abs. 2 S. 2 AktG bewenden lassen, wird von einer Seite zusätzlich die Auffassung vertreten, die Entlastungserteilung befreie den oder die Amtsträger – im Wege der teleologischen Reduktion – von der Beweislast des § 34 Abs. 2 S. 2 GenG.548 Die Vorschrift, die die Beweislast zuungunsten der Amtsträger umkehre, sei auf entlastete Amtsträger nicht anzuwenden.549 Dementsprechend müsse die Genossenschaft nunmehr selbst beweisen, ob ein Vorstandsmitglied die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft angewandt habe.550 Zur Begründung wird vorgetragen, eine vom Anspruchsverzicht losgelöste Entlastung könne nicht ohne jede gesellschaftsrechtliche Rechtsfolge bleiben.551 Sonst sei sie ein rein „platonischer Akt“.552 Als solcher werde sie aber von den Beteiligten nicht empfunden.553 Dass der Gesetzgeber die Beweislast in § 34 Abs. 2 S. 2 GenG umgekehrt habe, erkläre sich daraus, dass regelmäßig allein die Vorstandsmitglieder nachweisen könnten, ob sie ihre Sorgfaltspflicht eingehalten haben.554 Mit Erteilung der Entlastung gebe die Generalversammlung zu erkennen, dass sie sich hinsichtlich der Geschäftsführung hinreichend unterrichtet sehe.555 Damit entfalle der Grund, die Beweislast umzukehren.556 Hierin komme auch die eigentliche Funktion der Entlastung zum Ausdruck, die darin bestehe, die Amtsträger von dem Druck zu befreien, weiterhin (z. B. durch Sicherung von Unterlagen) dafür Vorsorge treffen zu müssen, geschäftspolitische Vorwürfe abwehren zu können.557 b) Stellungnahme Mit der Normierung des § 120 Abs. 2 S. 2 AktG reagierte der Gesetzgeber im Jahre 1965558 auf Irritationen, welche die Vorschrift des heutigen § 93 Abs. 4 S. 3 AktG seit ihrer Aufnahme ins Aktiengesetz im Jahre 1937559 hervorgerufen 547 548 549 550 551 552 553 554 555 556 557 558 559

Weber, Die eG als wirtschaftlicher Sonderverein, S. 235. Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 583. Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 583. Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581, 583. Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. BGBl. I S. 1089. RGBl. I S. 107.

581, 583. 581, 583. 581, 583. 581, 583. 581, 583. 581, 583.

581, 583.

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hatte.560 Zwar äußerte sich jene Vorschrift nicht unmittelbar zu den Folgen der Entlastungserteilung, musste aber dennoch materielle Auswirkungen auf diese haben, weil die Gesellschaft hiernach frühestens fünf Jahre seit der Entstehung eines Ersatzanspruchs auf ihn verzichten konnte. Damit stand fest, dass die Entlastungserteilung selbst keinen Verzicht auf Ersatzansprüche enthalten konnte.561 Dies aber war die fast einhellige Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum vor der Aktienrechtsreform von 1937. Dementsprechend wurden zu den Folgen der Entlastungserteilung zunehmend divergierende Auffassungen vertreten, was zu großer Rechtsunsicherheit führte.562 So nahm man teilweise an, durch die Entlastung ändere sich die Beweislast.563 Andere vertraten die Auffassung, in der Entlastungserteilung könne die Zustimmung zu einzelnen Geschäftsführungsmaßnahmen liegen, so dass die Gesellschaft aus deren Vornahme keine Ersatzansprüche mehr herleiten könne (vgl. § 93 Abs. 4 S. 1 AktG).564 Im Hinblick auf diese Rechtsunsicherheit wurde vorgeschlagen, die Bedeutung der Entlastung im Aktiengesetz klarzustellen.565 Dem folgte der Gesetzgeber und bestimmte in § 120 Abs. 2 S. 1 AktG unmissverständlich, dass die Hauptversammlung mit Erteilung der Entlastung die Verwaltung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats billigt. Um ferner klarzustellen, dass sich die Wirkung der Entlastung hierin erschöpft, sah der Gesetzgeber in § 120 Abs. 2 S. 2 AktG darüber hinaus vor, dass sie keinen Verzicht auf Ersatzansprüche beinhaltet, selbst dann also nicht, wenn sie einstimmig beschlossen wird. Eine Verzichtswirkung sollte ihr auch nicht bei Entlastungsbeschlüssen nach Ablauf der Sperrfrist des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG zukommen.566 Mit jener Vorschrift wollte der Gesetzgeber seinerzeit verhindern, dass über einen Verzicht oder Vergleich bereits zu einem Zeitpunkt entschieden wird, in dem sich noch kein abschließendes Bild über die Auswirkungen einer schädigenden Handlung von Amtsträgern gewinnen lässt.567 Im Rahmen der Aktienrechtsreform von 1965 setzte der Gesetzgeber die Sperrfrist von fünf auf drei Jahre unter der Annahme herab, dass sich die Folgen einer derartigen Handlung im Allgemeinen bereits nach drei Jahren übersehen ließen.568 Zudem seien die Ansprüche bei einer Frist von fünf Jahren nach § 93 Abs. 6 AktG häufig schon verjährt, so dass ein Verzicht oder Vergleich gar nicht mehr in Betracht komme.569 Für eine Verkürzung spreche ferner, dass ein Ver560 561 562 563 564 565 566 567 568 569

Barner, Die Entlastung als Institut des Verbandsrechts, S. 47 f. Kropff, BegrRegE, S. 167. Kropff, BegrRegE, S. 167. Kropff, BegrRegE, S. 167. Kropff, BegrRegE, S. 167. Kropff, BegrRegE, S. 167. Kropff, BegrRegE, S. 167. Kropff, BegrRegE, S. 123. Kropff, BegrRegE, S. 123. Kropff, BegrRegE, S. 123.

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

zicht oder Vergleich auch im Interesse der Gesellschaft liegen könne, weil er einen ungewissen Schwebezustand beende.570 Dass die Vorschrift des § 120 Abs. 2 S. 2 AktG materiell einen Ausgleich für die Erweiterung der Machtbefugnisse des Vorstands nach den §§ 76 Abs. 1, 119 Abs. 2 AktG beinhaltet, lässt sich den Gesetzesmaterialien zumindest expressis verbis nicht entnehmen. Fest steht nur, dass es bereits im Jahre 1937, nicht aber erst im Jahre 1965, „zu tief greifenden Machtverschiebungen zwischen den Gesellschaftsorganen“ gekommen ist.571 Bis zur Aktienrechtsreform von 1937 kamen der damals noch Generalversammlung genannten Hauptversammlung umfassende Zuständigkeiten gerade auch in Geschäftsführungsangelegenheiten zu.572 Zudem konnte sie dem Vorstand nach Art. 231 Abs. 1 HGB 1884 Weisungen erteilen. Mit Inkrafttreten des Aktiengesetzes von 1937 änderte sich dies. Ihre Kompetenzen wurden erheblich reduziert. Dieser Machtverlust ging mit einem Kompetenzzuwachs beim Vorstand einher, der seinen deutlichsten Ausdruck in den heutigen §§ 76 Abs. 1, 119 Abs. 2 AktG gefunden hat.573 Wenn mit der Regelung des § 120 Abs. 2 S. 2 AktG also auch ein Ausgleich geschaffen werden sollte, dann würde sich dessen Normierung jedenfalls als (ver)späte(te) Reaktion des Gesetzgebers darstellen. Etwas anderes mag allerdings für die heutige Vorschrift des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG gelten. Denn dass sich ein abschließendes Bild über die Auswirkungen einer schädigenden Handlung von Amtsträgern bereits in der nächsten ordentlichen Hauptversammlung, die über die Entlastung entscheidet, gewinnen ließe, kann vor der Reform von 1937 wohl nur vor dem Hintergrund angenommen worden sein, dass die Aktionäre aufgrund der starken Stellung der Hauptversammlung einen größeren Einblick in die Gegebenheiten der Geschäftsführung hatten und daher auch eher zu einer Beurteilung haftungsrechtlicher Konsequenzen in der Lage waren. Als der Gesetzgeber im Rahmen der Genossenschaftsnovelle von 1973 nunmehr die Generalversammlung „entthronte“ und dem Vorstand eigenverantwortliche Leitungsmacht (vgl. § 27 Abs. 1 S. 1 GenG) einräumte, verzichtete er allerdings – trotz grundsätzlicher Anlehnung des § 34 GenG an § 93 AktG – auf die Einführung einer dem § 93 Abs. 4 S. 3 AktG vergleichbaren Regelung, um „den Besonderheiten des Genossenschaftsrechts Rechnung [zu tragen]“.574 Welche „Besonderheiten“ er hierbei im Sinne hatte, lässt sich den Gesetzesmaterialien

570

Kropff, BegrRegE, S. 123. Fleischer, in: Bayer/Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, S. 435 f.; ders., ZIP 2003, 1, 3. 572 Fleischer, in: Bayer/Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, S. 434. 573 Fleischer, in: Bayer/Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im Wandel, S. 435 f. 574 BT-Drucks. 7/97, S. 23, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 245. Demgegenüber kritisch Lammel, ZfgG 36 (1996), 125, 138. 571

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jedoch nicht entnehmen.575 Im Regierungsentwurf ist im Hinblick auf die Regelung des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG allerdings von einer „strengen Vorschrift“ die Rede. Streng kann sie nur deshalb sein, weil es sich unter ihrer Geltung schwieriger gestaltet, auf Ersatzansprüche zu verzichten. Nicht nur ist ein Verzicht überhaupt erst nach drei Jahren möglich, also zu einem Zeitpunkt, in dem die Auswirkungen einer schädigenden Handlung im Allgemeinen bereits zutage getreten sein werden und insofern eine informierte Entscheidung erlauben, in welcher Höhe zumindest ungefähr auf Ansprüche verzichtet würde. Vielmehr kann eine Minderheit darüber hinaus auch einen Verzicht verhindern. Zusätzlich und als indirekte Konsequenz kann die alljährliche Entlastungsentscheidung keine Verzichtswirkung haben und damit nicht von einer Haftung für die Entlastungsperiode freistellen. All dies bewirkt eine Haftungsverschärfung auf Seiten der Amtsträger ebenso wie die kürzlich zumindest für börsennotierte Aktiengesellschaften erfolgte Heraufsetzung der Verjährungsfrist des § 93 Abs. 6 AktG von fünf auf zehn Jahre.576 Daraus könnte geschlussfolgert werden, dass der Gesetzgeber zwar die Stellung des Vorstands an diejenige im Aktienrecht angleichen wollte, hierbei aber nicht dessen Haftungsrisiko in gleicher Weise zu übernehmen gewillt war. Dafür spricht, dass er sich mit derselben Begründung auch gegen eine vollständige Übernahme des § 93 Abs. 5 AktG aussprach.577 Danach haften Vorstandsmitglieder – außer in den besonders schweren Fällen des § 93 Abs. 3 AktG – den Gesellschaftsgläubigern gegenüber unmittelbar, wenn sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben. Letzterer Passus wurde nicht übernommen. Im Entwurf eines Genossenschaftsgesetzes des Reichsjustizministeriums von 1938/39, der das Kräfteverhältnis zwischen Vorstand und Generalversammlung im Wesentlichen unverändert ließ, hatte es diesbezüglich noch geheißen, dass die „Verschärfung der Haftung des Vorstands im Aktienrecht [nach dem heutigen § 93 Abs. 5 AktG] das Gegenstück zu der Erweiterung seiner Machtbefugnisse“ ist und die Stellung des Genossenschaftsvorstands im Entwurf nicht so stark ausgebaut sei, dass dies eine Verschärfung der Haftung auch im Genossenschaftsrecht rechtfertige.578 Aufgrund der Angleichung der Stellung des Vorstands an diejenige im Aktienrecht im Jahre 1973 war dem Gesetzgeber eine derartige Argumentationslinie freilich verwehrt. Man be575 Sollte etwa die gleichzeitige Eigenschaft der Mitglieder als Kunden einen größeren Einblick in die Gegebenheiten der Geschäftsführung verleihen, ihnen also der Abschluss von Mitgliedergeschäften eine Beurteilung haftungsrechtlicher Konsequenzen ermöglichen? 576 Zu letzterem siehe BT-Drucks. 17/3024 v. 27.09.2010 (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Restrukturierungsgesetz), S. 4 u. 43 sowie Redeke, BB 2010, 910; Baums, ZHR 174 (2010), 593 und Harbarth/Jaspers, NZG 2011, 368. 577 BT-Drucks. 7/97, S. 23, abgedruckt bei Beuthien/Brockmeier/Klose, Materialien GenG, Bd. IV, S. 184, 245. 578 So die Begründung zu der in einem § 59 vorgeschlagenen Neufassung der Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder, abgedruckt bei Beuthien/ Hüsken, Materialien GenG, Bd. III, S. 79, 191.

254

5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

schränkte sich daher wohl auch insoweit auf die infolge ihrer Allgemeinheit nur schwer nachprüfbaren „Besonderheiten des Genossenschaftsrechts“, denen Rechnung getragen werden muss. Was die Bedeutung der Entlastung anbelangt, so lässt sich nach alledem jedenfalls nur sagen, dass sich der Gesetzgeber mit seiner Entscheidung gegen eine Übernahme des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG zumindest nicht gegen eine Verzichtswirkung entschieden hat. Inwieweit dies zugleich auch eine gezielte Entscheidung für eine Verzichtswirkung ist, ließe sich nur mutmaßen, etwa unter Verweis darauf, dass ihm die materielle Auswirkung einer derartigen Regelung auf die Bedeutung der Entlastung im Genossenschaftsrecht bewusst gewesen sein muss. Jedenfalls aber würde es nicht zu den „Besonderheiten des Genossenschaftsrechts“ zählen, wenn der Entlastungserteilung Verzichtswirkung zukäme, so dass ihnen mit der Nicht-Aufnahme der Regelung auch nicht Rechnung getragen werden könnte. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verzicht auf Ersatzansprüche im Genossenschaftsrecht möglich sein sollte, ist letztlich eine Frage der Ausgewogenheit des Verhältnisses von „Herrschaft und Haftung“. Eine Erweiterung von Machtbefugnissen muss grundsätzlich mit einem „Mehr“ an Verantwortung einhergehen. Nur dann kann davon ausgegangen werden, dass ein Machtzuwachs nicht für Zwecke missbraucht wird, die den Interessen der Mitglieder zuwiderlaufen. Die Novelle von 1973 hat die Stellung des Vorstands erheblich gestärkt und der Generalversammlung zugleich ihr Weisungsrecht genommen. Von daher wäre es – auch bei einem wertenden Vergleich zu den Änderungen im Aktienrecht im Jahre 1937 – durchaus gerechtfertigt, einen Verzicht nur unter erschwerten Voraussetzungen zuzulassen. Dementsprechend sollte auch der Entlastungserteilung im Genossenschaftsrecht jedenfalls keine Verzichtswirkung zukommen. Nach der hier vertretenen Ansicht ist die Vorschrift des § 120 Abs. 2 S. 2 AktG deshalb analog anzuwenden mit der Folge, dass die Entlastungserteilung keine vermögensrechtlichen Folgen hat, also etwaige (Ersatz-)Ansprüche unberührt lässt. De lege ferenda sollte erwogen werden, eine dem § 93 Abs. 4 S. 3 AktG entsprechende Regelung ins Genossenschaftsgesetz aufzunehmen. Einer Analogie steht insoweit der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers entgegen. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke, auch wenn die Interessenlagen durchaus vergleichbar sind. Wie bereits dargestellt, läuft die Rechtsprechung des BGH faktisch auf eine analoge Anwendung des § 120 Abs. 2 S. 2 AktG hinaus. Für diejenigen Ansichten im Schrifttum, die zwar ebenfalls (noch) eine beschränkte Verzichtswirkung annehmen, dabei aber der Linie des BGH hinsichtlich der Erkennbarkeit von Ansprüchen folgen, gilt das gleiche. Der Unterschied zu den Ansichten im Schrifttum, die schon jetzt eine analoge Anwendung dieser Vorschrift befürworten, ist vom Ergebnis her gesehen also weit weniger groß, als es zunächst vielleicht den Anschein haben mag. Wer die aktienrechtliche Norm analog anwenden will, der widerspricht allerdings ihrer ratio legis, wenn er zugleich die Ansicht vertritt,

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dass die Entlastungserteilung bei einstimmigem Beschluss ausnahmsweise beschränkte Verzichtswirkung haben soll.579 Selbiges gilt nach den obigen Ausführungen für die Annahme einer Beweislastumkehr.580 Im Übrigen ist die Beweislastverteilung gerade ausdrücklich in § 34 Abs. 2 S. 2 GenG geregelt581 und es findet sich weder in den Gesetzesmaterialien noch im Genossenschaftsgesetz ein Anhaltspunkt dafür, dass jene Regelung mit erteilter Entlastung insoweit keine Anwendung mehr finden soll. 2. Statusrechtliche Folgen

a) Organstellung Die Bestellung zum Vorstandsmitglied ist nach § 24 Abs. 3 S. 2 GenG „zu jeder Zeit“ widerruflich, also ohne Vorliegen eines rechtfertigenden Grundes möglich.582 Das persönliche Interesse des Amtsträgers am Fortbestand seiner Organstellung genießt demzufolge keinen Vertrauensschutz. Daher kann die Generalversammlung Vorstandsmitglieder auch dann abberufen, wenn sie vorher Entlastung erteilt hat.583 Das in ihr zum Ausdruck gebrachte Vertrauen ist insoweit also unbeachtlich und führt insbesondere nicht zu einer irgendwie gearteten Einschränkung ihrer Abberufungsmöglichkeiten. b) Anstellung Anders könnte die Rechtslage allerdings im Hinblick auf das Anstellungsverhältnis zu beurteilen sein. Denn die Bestellung ist zwar zu jeder Zeit widerruflich, aber eben nur „unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen“.584 Das Anstellungsverhältnis folgt gerade seinen eigenen – schuldrechtlichen – Regeln. Bezogen auf diese stellt sich die Frage, ob und inwiefern die Erteilung der Entlastung Auswirkungen auf die Möglichkeiten des Aufsichtsrats hat, auf Vorgänge während der Entlastungsperiode zur Begründung einer (vorzeitigen) Beendigung des Anstellungsvertrags zurückzugreifen. Ein Dienstvertrag i. S. d. § 675 BGB i.V. m. § 611 BGB, der befristet abgeschlossen wird, kann grundsätzlich nur außerordentlich nach § 626 Abs. 1 BGB gekündigt werden. Der dafür erforderliche wichtige Grund ist indes nur dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Be579 580

So aber Müller, § 48 Rn. 72d. Dafür Beuthien, § 48 Rn. 8; Beuthien/Titze, WuB II D. § 48 GenG 1.02, S. 581,

583. 581 582 583 584

Siehe dazu BGH, NZG 2007, 231, 234. Ausführlich dazu oben § 18 A. II. So auch Barner, Die Entlastung als Institut des Verbandsrechts, S. 120. Dazu bereits oben § 18 C.

256

5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

rücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Demnach hat eine umfassende, auf objektiven Gesichtspunkten beruhende Interessenabwägung stattzufinden.585 Die Entlastung ist demgegenüber eine auf freiem Ermessen der Generalversammlung beruhende Entscheidung. Ihr liegt eine subjektive Beurteilung der Geschäftsführungstätigkeit durch die Generalversammlungsteilnehmer zugrunde. Die insoweit fehlende Objektivierung der Entlastungsentscheidung lässt diese selbst als Präjudiz für einen wichtigen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB ungeeignet erscheinen.586 Dagegen, dass die Entlastungserteilung den für eine außerordentliche Kündigung erforderlichen wichtigen Grund beseitigt, spricht außerdem, dass die Kündigung des Anstellungsvertrags gemäß § 39 Abs. 1 GenG in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats fällt, der schon aus Kompetenzgründen nicht an die Entscheidung der Generalversammlung gebunden ist. Dies gilt sowohl für die interne Willensbildung als auch für den äußeren Vollzug.587 Eine kompetenzielle Einschränkung ergibt sich insoweit nur daraus, dass der Aufsichtsrat mit einer Kündigung des Anstellungsvertrags einer Abberufung durch die Generalversammlung nicht vorgreifen darf. Ein unbefristeter Dienstvertrag kann demgegenüber grundsätzlich auch ordentlich nach § 621 BGB gekündigt werden. Ohne individualvertragliche Vereinbarung bedarf es dafür keines Kündigungsgrundes, sondern nur der Einhaltung einer Kündigungsfrist.588 Folglich sind Gesichtspunkte, die der Entlastungserteilung zugrunde liegen, bereits vom Ansatz her für das Bestehen des ordentlichen Kündigungsrechts unbeachtlich und können daher nicht zu einer Einschränkung führen. Für die außerordentliche Kündigung gelten die Ausführungen zum befristeten Dienstvertrag entsprechend. Soweit es sich beim Anstellungsvertrag um einen unentgeltlichen Auftragsvertrag i. S. d. § 662 BGB handelt, kann sich die Genossenschaft gemäß § 671 Abs. 1 BGB durch jederzeitigen Widerruf hiervon lösen. Mangels eines insoweit bestehenden Vertrauensschutzes kann die Entlastungserteilung also auch hier bereits vom Ansatz her keine Auswirkungen auf die Widerrufsmöglichkeit des Aufsichtsrats haben.

585 MünchKommBGB/Henssler, § 626 Rn. 80 u. 108; Jauernig/Mansel, § 626 Rn. 6; HK-BGB/Schreiber, § 626 Rn. 5 ff. 586 A. A. Bauer, der die Auffassung vertritt, dass die Erteilung der Entlastung für bekannte oder erkennbare Pflichtverletzungen nicht nur zum Verzicht auf (Schadensersatz- und Bereicherungs-)Ansprüche führt, sondern darüber hinaus auch zum Verlust des außerordentlichen Kündigungsrechts (vgl. Bauer, § 48 Rn. 64); ebenso Nägele/ Nestel, BB 2000, 1253, 1256. 587 Siehe hierzu oben § 18 C. III. 588 MünchKommBGB/Hesse, § 621 Rn. 6.

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257

3. Zwischenergebnis

Als Zwischenergebnis bleibt demnach festzuhalten, dass die Entlastungserteilung weder vermögensrechtliche noch statusrechtliche Folgen hat. Sie führt insbesondere nicht zu einer Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats. II. Entlastungsverweigerung 1. Vermögensrechtliche Folgen

Verweigert die Generalversammlung die Entlastung, so hat dies keine vermögensrechtlichen Folgen.589 Vor allem bedeutet ein dahingehender Beschluss nicht, dass die Amtsträger nach Einschätzung der Mitglieder ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben und insoweit Ersatzansprüche bestehen.590 Die Entlastungsentscheidung steht im freien Ermessen der Generalversammlung und kann daher grundsätzlich auch dann verweigert werden, wenn sich die Amtsträger insgesamt pflichtgemäß verhalten haben. In ihr liegt auch keine irgendwie geartete Weisung an den Aufsichtsrat, das Bestehen von Ersatzansprüchen der Genossenschaft gegen Vorstandsmitglieder zu prüfen und, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, diese im Rahmen von Gesetz und Satzung zu verfolgen. Hierzu ist der Aufsichtsrat nach den §§ 38 Abs. 1, 39 Abs. 1 GenG ohnehin verpflichtet.591 2. Statusrechtliche Folgen

Im Hinblick auf statusrechtliche Folgen gilt das bei der Entlastungserteilung hierzu Gesagte entsprechend. Demnach hat die Verweigerung der Entlastung ebenso wie ihre Erteilung auf die Organstellung und Anstellung keine unmittelbaren Auswirkungen.592 Vor allem liegt mit ihr kein außerordentlicher Kündigungsgrund vor.593 Für die betroffenen Amtsträger bedeutet sie vielmehr nur rechtstatsächlich ein Misstrauensvotum.594 Dieses wiegt allerdings nicht zuletzt deswegen besonders schwer, weil die Amtsträger der Genossenschaft nach § 9 Abs. 2 S. 1 GenG zugleich auch als Mitglieder angehören müssen. Soweit Vorstandsmitglieder, denen die Entlastung verweigert worden ist, also nicht auf der Grundlage eines gesonderten und eigens in der Tagesordnung anzukündigenden Beschlusses von der Generalversammlung abberufen werden, wird sich ihre wei589

Bauer, § 48 Rn. 53; Müller, § 48 Rn. 77a u. 77b. Barner, Die Entlastung als Institut des Verbandsrechts, S. 129. 591 Vgl. BGH, NJW 1997, 1926, 1927 (zur AG). 592 So auch Bauer, § 48 Rn. 53; Müller, § 48 Rn. 77b; Pöhlmann/Fandrich/BloehsBloehs/Fandrich, § 48 Rn. 15. 593 Ebenso Bauer, § 48 Rn. 53; a. A. Müller, § 48 Rn. 77b. 594 Müller, § 48 Rn. 77b. 590

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5. Kap.: Einfluss auf den Vorstand

tere Organtätigkeit als schwierig erweisen.595 Wenn es ihnen nicht gelingt, entweder die Mehrheit der Mitglieder vom eigenen geschäftspolitischen Kurs und Geschick zu überzeugen oder jenen Kurs den Vorstellungen der Mehrheit anzupassen, dürfte ein wachsender Widerstand gepaart mit einem Autoritäts- und Imageverlust im Falle befristeter Bestellung zumindest eine Verlängerung ihrer Amtszeit unwahrscheinlich machen.596 III. Ergebnis Für die Folgen der Entlastungsentscheidung insgesamt bleibt nach alledem festzuhalten, dass die Erteilung der Entlastung wie auch ihre Verweigerung weder vermögensrechtliche noch statusrechtliche Folgen hat. Dies erscheint nicht zuletzt vor dem Hintergrund sachgerecht, dass die Generalversammlung mit dem Entlastungsbeschluss allein über die Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung befindet und insoweit eine reine Zweckmäßigkeitskontrolle vornimmt.

595

Barner, Die Entlastung als Institut des Verbandsrechts, S. 127. Müller, § 48 Rn. 77c; Barner, Die Entlastung als Institut des Verbandsrechts, S. 127. 596

6. Kapitel

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Corporate Governance ist auch ein Thema für eingetragene Genossenschaften. Über die wachsende durchschnittliche Mitgliederzahl der Genossenschaften in den letzten Jahrzehnten hat der für sie klassische Agenturkonflikt zwischen den unternehmensleitenden Mitgliedern und den übrigen, von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Mitgliedern verstärkt an Bedeutung gewonnen. Zur Lösung dieses Agenturkonfliktes tragen unternehmensexterne Akteure und Marktkräfte vergleichsweise wenig bei. Eine disziplinierende Wirkung auf die Unternehmensleitung muss daher umso mehr von genossenschaftsinternen Akteuren ausgehen. Da ein starker Aufsichtsrat für ein ausgewogenes Verhältnis von „checks and balances“ insoweit nicht ausreicht, kommt der zusätzlichen Kontrolle durch die einfachen Mitglieder mittels der Generalversammlung eine zentrale Bedeutung zu. Das geltende Genossenschaftsrecht trägt dieser Kontrollfunktion der Mitglieder indes nicht hinreichend Rechnung. Dies gilt nicht nur für die Ausgestaltung der organisationsrechtlichen Hürden, um einen kollektiven Willen in der Generalversammlung überhaupt bilden zu können, sondern auch für die Möglichkeiten der Mitglieder, sich an der kollektiven Willensbildung zu beteiligen und hierauf Einfluss zu nehmen. Der Gesetzgeber hat ihm bekannte Kollektivhandlungsprobleme bei mitgliederstarken Genossenschaften im Rahmen der Genossenschaftsreform 2006 nicht gelöst, sondern für die Zukunft offenbar bewusst in Kauf genommen. Nicht selten dürfte einer unzureichenden Berücksichtigung der Mitgliederbelange durch den Vorstand daher erst im Rahmen von Entlastung und verweigerter Wiederwahl Ausdruck verliehen werden können. Aber auch im Hinblick auf die Ausgestaltung der Generalversammlungskompetenzen besteht Reformbedarf. Zwar ist dem Mitgliederorgan – auch im Vergleich zur Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft – grundsätzlich eine starke Stellung gegenüber dem Vorstand eingeräumt. Allerdings darf dies nicht zu der Annahme verleiten, dass der Vorstand allein deswegen in der Generalversammlung einen starken Gegenspieler findet und insoweit eine Machtbalance besteht, wie etwa das Auseinanderfallen der Zuständigkeiten für Organstellung (Generalversammlung) und Anstellung (Aufsichtsrat) zeigt. Im Folgenden werden die wesentlichen Untersuchungsergebnisse thesenartig zusammengefasst. 1. Auch nach der Genossenschaftsreform von 2006 ist die Generalversammlung noch als rechtlich notwendige Präsenzversammlung ausgestaltet.1 Aller1

Siehe oben § 14 A. I.

260

6. Kap.: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

dings erlaubt die nach § 43 Abs. 7 S. 2, 2. Fall GenG nunmehr mögliche Zulassung der Übertragung der Versammlung in Bild und Ton künftig eine Quasi-Teilnahme nicht körperlich anwesender Mitglieder, indem diese die Generalversammlung am heimischen Bildschirm mitverfolgen und ihrem Vertreter gezielte Weisungen erteilen können.2 Ferner kann die Satzung nach § 43 Abs. 7 S. 1 GenG fortan zulassen, dass Mitglieder ihre Stimmen, auch ohne an der Präsenzversammlung teilzunehmen, schriftlich oder im Wege elektronischer Kommunikation abgeben dürfen (Briefwahl).3 Wird hierbei die elektronische Stimmabgabe etwa bis zum Zeitpunkt der Abstimmung in der Generalversammlung zugelassen und wird die Generalversammlung in Bild und Ton übertragen, so kommt dies einer Online-Teilnahme von Mitgliedern sehr nahe, wenn auch im Unterschied zur Quasi-Teilnahme nur hinsichtlich der Stimmrechtsausübung. Da der Briefwähler nicht als „Teilnehmer“, als „anwesend“ oder als „in der Generalversammlung erschienen“ gilt, können ihm gegenwärtig weder Rede-, Auskunfts- noch Antragsrecht eingeräumt werden. 2. Eine (aktive) Mitwirkung an der kollektiven Willensbildung ist den Mitgliedern nur möglich, wenn sie zuverlässig und frühzeitig von der Abhaltung einer Generalversammlung erfahren. Daher sollte das Mitgliederorgan von der ihr eingeräumten Satzungsautonomie in der Weise Gebrauch machen, dass die Einberufung zumindest auch durch unmittelbare Benachrichtigung sämtlicher Mitglieder erfolgen muss.4 Im Hinblick auf die Fristenregelungen ist grundsätzlich zu begrüßen, dass der Gesetzgeber die Mindesteinberufungsfrist des § 46 Abs. 1 S. 1 GenG von einer Woche auf zwei Wochen und die Mindestankündigungsfrist des § 46 Abs. 2 S. 1 GenG von drei Tagen auf eine Woche angehoben hat.5 Allerdings gewinnen die Mitglieder für einen nachträglichen Ergänzungsantrag im Ergebnis lediglich drei Tage hinzu. Vor allem bei mitgliederstarken Genossenschaften wird sich dieses „Mehr“ nicht spürbar auswirken. Um den Mitgliedern eine der jeweiligen Eilbedürftigkeit angepasste sachgerechte Ausübung ihrer Mitgliedschaftsrechte zu ermöglichen, sollte erwogen werden, für die Länge der Mindesteinberufungs- und Mindestankündigungsfrist zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Generalversammlung zu unterscheiden und für die ordentliche Versammlung längere Fristen vorzusehen.6 3. Bei mitgliederstarken Genossenschaften wird die Beibehaltung der ZehnProzent-Hürde für die Geltendmachung der Minderheitenrechte aus § 45 GenG in der Praxis weiterhin zu einem faktischen Ausschluss jener Rechte führen.7 2 3 4 5 6 7

Siehe oben § 14 A. I. 4. a). Siehe oben § 14 A. I. 4. b). Siehe oben § 15 A. IV. Siehe oben § 15 A. V. und § 16 B. III. Siehe oben § 15 A. V. Siehe oben § 15 B. I. 2. a) bb).

6. Kap.: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

261

Diesen Missstand scheint der Gesetzgeber für die Zukunft offenbar bewusst in Kauf genommen zu haben, obwohl der Vorschrift organisationsrechtlich eine wichtige Ausgleichsfunktion innerhalb der Genossenschaft zukommt.8 Die bereits bestehende Möglichkeit einer satzungsmäßigen Herabsetzung des Mindestquorums kann zur Lösung des Problems wenig beitragen. Um den Mitgliedern das Erreichen des Schwellenwerts zu erleichtern, ohne hierbei eine starre Regelung zu treffen, könnten sich folgende Lösungsansätze anbieten9: Zunächst könnte erwogen werden, für die Quorumshöhe nicht an die Anzahl der Mitglieder, sondern an diejenige der Stimmrechte anzuknüpfen. Außerdem könnte erwogen werden, die Quorumshöhe für Einberufungs- und Ergänzungsanträge unterschiedlich auszugestalten, anstatt sie für beide einheitlich herabzusetzen. Schließlich wäre zu erwägen, das Quorum für Einberufungsanträge einzig und allein für den Fall auf fünf Prozent herabzusetzen, dass über eine Satzungsänderung im Sinne des § 45 Abs. 1 S. 1 GenG Beschluss gefasst werden soll. 4. Ohne Kenntnis der Namen und Anschriften aller Mitglieder können die Minderheitenrechte aus § 45 GenG nicht ausgeübt werden. Daher räumt ihnen § 31 Abs. 1 GenG die Möglichkeit ein, Einsicht in die vom Vorstand geführte Mitgliederliste zu nehmen und eine Abschrift hiervon erteilt zu verlangen.10 Bedenklich erscheint an der gegenwärtigen Regelung allerdings, dass die Mitglieder stets an das zu kontrollierende Leitungsorgan herantreten müssen, um von diesem nur nach Darlegung ihrer Belange eine vollständige Listenabschrift erhalten zu können.11 Dies versetzt den Vorstand in die Lage, ein seinen Interessen womöglich zuwiderlaufendes Mitgliederbegehren bereits zu einem sehr frühen Stadium zu behindern oder gar zu verhindern. Als geeignete Regelungsalternative kommt insoweit das vom Registergericht geführte Genossenschaftsregister in Betracht.12 5. Einen alternativen Weg, für die Organisation von Anträgen im Sinne des § 45 GenG an Namen und Anschriften der Mitglieder zu gelangen, könnte de lege ferenda die Schaffung eines „Genossenschaftsforums“ als besondere Rubrik des elektronischen Bundesanzeigers bereithalten.13 Alle genossenschaftsbezogenen Daten wären damit künftig über das elektronische Unternehmensregister abrufbar, so dass erwartet werden kann, dass Mitglieder die elektronische Plattform auch suchen, finden und nutzen werden. Vor allem würde dies Mitgliedern von mitgliederstarken Genossenschaften erlauben, ihre Rechte effektiver wahrzunehmen.

8

Siehe oben § 15 B. Siehe oben § 15 B. I. 2. a) dd) (1) und (2). 10 Siehe oben § 15 B. I. 2. a) dd) (3) (a) (aa) und (bb). 11 Siehe oben § 15 B. I. 2. a) dd) (3) (a) (cc). 12 Siehe oben § 15 B. I. 2. a) dd) (3) (a) (dd). 13 Siehe oben § 15 B. I. 2. a) dd) (3) (b). 9

262

6. Kap.: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

6. Liegt ein ordnungsgemäßer Einberufungsantrag vor, muss der Vorstand diesem unverzüglich und vollständig durch Einberufung der beantragten Generalversammlung entsprechen.14 Lehnt er ihn (pflichtwidrig oder pflichtgemäß) ab, so hat er die Antragsteller hierüber zu informieren. Dabei sind die Gründe anzugeben, die ihn zu dieser Entscheidung bewogen haben, zumal die Antragsteller nur anhand dessen beurteilen können, ob sich ein neuer Antrag lohnt oder aber gerichtliche Hilfe (§ 45 Abs. 3 GenG) in Anspruch genommen werden sollte.15 Das zuständige Gericht entscheidet über die Ermächtigung der Antragsteller nach denselben Kriterien wie der Vorstand. Für die Einberufung und Durchführung einer Generalversammlung, die auf der Grundlage einer Einberufungsermächtigung zustande kommt, gelten die allgemeinen Voraussetzungen. Die Verfahrenskosten, zu denen auch Rechtsanwaltskosten gehören können, kann das Gericht nach billigem Ermessen sowohl der Genossenschaft als auch den Antragstellern ganz oder teilweise auferlegen (§ 81 Abs. 1 S. 1 FamFG), wenn es von ihrer Erhebung nicht absehen will (§ 81 Abs. 1 S. 2 FamFG). Die Versammlungskosten trägt die Genossenschaft, was durch Einführung einer dem § 122 Abs. 4, 1. Fall AktG entsprechenden Regelung klargestellt werden sollte. 7. Anders als bei der Aktiengesellschaft (vgl. § 124 Abs. 3 AktG) und bei der SCE (vgl. Art. 56 Abs. 2 SCE-VO) braucht die Tagesordnung einer Generalversammlung keine vorformulierten Beschlussvorschläge oder -anträge zu enthalten, obwohl dies bei Genossenschaften zur sachgerechten Vorbereitung von Tagesordnungspunkten nicht weniger sinnvoll wäre.16 Zwar bleibt es den Mitgliedern unbenommen, eine dahingehende Satzungsbestimmung zu treffen. Dennoch ist einer gesetzlich normierten Vorschlagspflicht de lege ferenda der Vorzug zu geben. 8. Das geltende Recht lässt die Antragsteller eines Ergänzungsantrags i. S. d. § 45 Abs. 2 GenG im Ungewissen, bis wann dieser der Genossenschaft nach Einberufung einer Generalversammlung zugegangen sein muss, damit die Tagesordnung noch innerhalb der Frist des § 46 Abs. 2 S. 1 GenG um die begehrten Beschlussgegenstände ergänzt werden kann.17 Um insofern Rechtssicherheit zu schaffen, sollte die Ankündigungsfrist durch eine Antragsfrist ersetzen werden. 9. Im Hinblick auf die einzelnen Ausprägungen des Teilnahmerechts18 sollte erwogen werden, zumindest das Auskunftsrecht der Mitglieder in einem eigenen Paragraphen im Genossenschaftsgesetz zu verankern. Dies erscheint auch in Anbetracht der Regelungen im Aktien- und GmbH-Recht (vgl. § 131 AktG und § 51a GmbHG) angebracht, wenn nicht gar überfällig. Selbst in der SCE-Verordnung ist mit Art. 59 SCE-VO ein sogenanntes Informationsrecht geregelt. 14 15 16 17 18

Siehe oben § 15 B. II. Siehe oben § 15 B. III. Siehe oben § 16 A. II. Siehe oben § 16 C. Siehe oben § 17 A.

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10. Der Stimmrechtseinfluss in der Generalversammlung sollte nach dem Haftungs- und Abhängigkeitsrisiko der Mitglieder verteilt sein, um von diesen eine verantwortungsvolle Kontrolle erwarten zu können.19 Denn diejenigen Mitglieder, die ein größeres Risiko tragen, haben grundsätzlich auch ein größeres Kontrollinteresse. Zugleich könnte ihren individuellen Beiträgen zum Kooperationserfolg dadurch auch auf Stimmrechtsebene Rechnung getragen werden. Mit den gegenwärtigen Stimmrechtsregelungen lässt sich dem allerdings nur bedingt entsprechen, was ein Kontrolldefizit zur Folge haben kann.20 So sorgt die starre EinMitglied-Eine-Stimme-Regelung des § 43 Abs. 3 S. 1 GenG nicht selten dafür, dass Mitgliedern mit vergleichsweise geringem Risiko (und Kontrollinteresse) ein überproportionaler Stimmrechtseinfluss zukommt. Die Gewährung von Mehrstimmrechten kann hier insoweit dazu beitragen, Überproportionalität abzubauen. Dem steht aber beispielsweise die Doppelbeschränkung in der Mehrstimmrechtsregelung des § 43 Abs. 3 S. 3 Nr. 1 GenG entgegen, die der Gesetzgeber in der irrigen Annahme aufgenommen hat, dass es im Genossenschaftsrecht eines Korrektivs wie im Aktienrecht bedürfe, um zu verhindern, dass durch die Zulassung von Mehrstimmrechten die Rechtsstellung von Mitgliedern mit nur einer Stimme zu sehr beschnitten wird. 11. Seit der Genossenschaftsreform von 2006 kann das Stimmrecht auf drei unterschiedliche Weisen ausgeübt werden: (1) durch das Mitglied persönlich, (2) durch einen Stimmrechtsvertreter oder (3) durch Briefwahl.21 Letztgenannte Möglichkeit steht den Mitgliedern allerdings nur bei entsprechender Satzungsbestimmung offen, während die beiden erstgenannten kraft Gesetzes gelten. Im Hinblick auf die Stimmrechtsvertretung ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber den Genossenschaften die Möglichkeit genommen hat, sie durch Satzungsbestimmung vollständig auszuschließen.22 Als „allgemeines gesellschaftsrechtliches Teilhabemittel“ 23 ist die Stimmvollmacht für die kollektive Willensbildung von großer Bedeutung und sollte daher grundsätzlich nicht zur Disposition einer satzungsändernden Mehrheit stehen. Nach § 43 Abs. 5 S. 2 GenG bedarf die Stimmvollmacht allerdings weiterhin der Schriftform (§ 126 BGB). Der Gesetzgeber hat es insofern versäumt, das Formerfordernis im Einklang mit der Vorschrift des § 45 Abs. 1 GenG auf die Textform herabzusetzen, was eine Vollmachtserteilung durch einfache Email ermöglicht hätte.24 12. Die Regelung des § 43 Abs. 5 S. 3 GenG, nach der ein Bevollmächtigter nicht mehr als zwei Mitglieder vertreten kann, sollte in ihrem Anwendungsbe19 20 21 22 23 24

Siehe oben § 17 B. I. 1. Siehe oben § 17 B. I. 2. Siehe oben § 17 B. II. Siehe oben § 17 B. II. 2. Beuthien, NZG 2008, S. 210, 215. Siehe oben § 17 B. II. 2. c).

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reich auf Mitglieder beschränkt werden, die ein Vorstands- oder Aufsichtsratsamt ausüben. Das geltende Recht schränkt die Möglichkeiten der einfachen Mitglieder, ihr Stimmrecht (kumuliert) auszuüben, ohne tragfähigen Grund ein.25 Gegenwärtig erweist sich die zwingende Vollmachtsgrenze als Quelle der Unabhängigkeit des Vorstands und schadet insofern einer effektiven Mitgliederkontrolle in der Generalversammlung. 13. Die jederzeitige Abberufungsmöglichkeit nach § 24 Abs. 3 S. 2 GenG verleiht der Generalversammlung einen erheblichen Einfluss auf die Leitungstätigkeit der Vorstandsmitglieder.26 Nach dem Vorbild des § 84 Abs. 1 S. 1, 5 AktG hätte der Gesetzgeber allerdings eine Bestellungs- und Anstellungshöchstdauer von fünf Jahren einführen sollen.27 14. Die zwingende Anordnung der Selbstorganschaft nach § 9 Abs. 2 GenG lässt sich bei Ausschluss der Nachschusspflicht gemäß § 6 Nr. 3 GenG sachlich nicht rechtfertigen.28 Von daher wäre es im Rahmen der Reform 2006 Aufgabe des Gesetzgebers gewesen, den Genossenschaften zumindest für diesen Fall Satzungsautonomie einzuräumen oder unmittelbar im Gesetz vorzusehen, dass bei Ausschluss der Nachschusspflicht „Mitglieder oder andere Personen“ zu Vorstandsmitgliedern bestellt werden können. Gegenüber „fördernden Mitgliedern“ wird die investierende Mitgliedschaft aufgrund der Andersartigkeit der Interessenlage der Beteiligten keine geeignete Alternative zur Lösung der – unnötigen – Organbesetzungsprobleme darstellen. 15. Das geltende Recht hat ein bedenkliches Auseinanderfallen der Zuständigkeiten für Organstellung (Generalversammlung) und Anstellung (Aufsichtsrat) zur Folge.29 Abgesehen von einer entsprechenden Gesetzesänderung könnte de lege lata erwogen werden, den Aufsichtsrat durch Satzungsbestimmung i. S. d. § 38 Abs. 3 GenG zu verpflichten, der Generalversammlung – unverbindlich – geeignete Personen zur Wahl vorzuschlagen und die Vorschläge im Einzelnen zu begründen.30 Vorzugswürdig erscheint demgegenüber jedoch die Bildung eines gemeinsamen Ausschusses aus einfachen Mitgliedern und Aufsichtsratsangehörigen, da die „Basis“ hierdurch an der Erarbeitung von Wahlvorschlägen teilhaben könnte, die eine hohe Aussicht auf Erfolg haben.31 Eine Übertragung der Bestellungs- und Abberufungskompetenz auf den Aufsichtsrat ist hingegen nicht ratsam, da der Aufsichtsrat die Bestellung von Vorstandsmitgliedern dann jederzeit

25 26 27 28 29 30 31

Siehe oben § 17 B. II. 2. e). Siehe oben § 18 A. II. Siehe oben § 18 A. III. Siehe oben § 18 B. II. Siehe oben § 18 C. III. und IV. Siehe oben § 18 C. V. 2. Siehe oben § 18 C. V. 3.

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frei widerrufen könnte und insoweit die Gefahr bestünde, dass er den Vorstand durch die Androhung der Abberufung „zu seinem ausführenden Organ“ macht.32 16. Über den Feststellungs- und Ergebnisverwendungsbeschluss entscheiden die Mitglieder in der Generalversammlung darüber, ob und in welcher Höhe ein verteilungsfähiger Überschuss entsteht und inwieweit dieses Vermögen in der Genossenschaft einbehalten und ihr als Eigenmittel zur Verfügung gestellt werden soll.33 Der Rücklagenhöhe kommt dabei besondere Bedeutung für die Mitgliederkontrolle zu:34 Zum einen kann über die Bildung und Auflösung von Rücklagen unmittelbar Einfluss auf den finanziellen Handlungsspielraum des Vorstands genommen werden. Zum anderen ist die Rücklagenhöhe für den Grad der vermögensmäßigen Anbindung der Genossenschaft an ihre Mitglieder entscheidend. Nur soweit der Vorstand gezwungen ist, im Interesse der Mitglieder zu handeln, um sie mit ihrem Kapital in der Genossenschaft zu halten, kann die Austrittsdrohung auf Seiten der Mitglieder als Instrument zur Kontrolle des Vorstands benutzt werden. Aufgrund der Regelung des § 73 Abs. 2 GenG verliert dieses wichtige Kontrollinstrument jedoch umso mehr an Durchschlagskraft, je kleiner der Anteil ist, den die Geschäftsguthaben (und die Ergebnisrücklage i. S. d. § 73 Abs. 3 GenG) am Vermögen der Genossenschaft ausmachen. In Anbetracht der Unabhängigkeit, die der Vorstand dadurch gegenüber den Mitgliedern gewinnt, liegt es an letzteren, die stillen und offenen Rücklagen in ein angemessenes Verhältnis zum sonstigen Genossenschaftsvermögen zu setzen. Ob sie hierzu stets in der Lage sein werden, mag allerdings bezweifelt werden. Dies sollte dazu Anlass geben, die gegenwärtige Rechtslage zu überdenken. Als Mittelweg könnte sich insoweit eine gesetzlich geregelte (prozentuale) Obergrenze für das Verhältnis der Rücklagen zum sonstigen Genossenschaftsvermögen erweisen. 17. Soweit der Vorstand bei der Aufstellung des Jahresabschlusses von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten Gebrauch macht, die nicht aus der Bilanz erkennbar sind und sich auch nicht aus dem Anhang ergeben, hat er dies in der Generalversammlung gegenüber den Mitgliedern offen zu legen.35 Dies folgt aus seiner Sorgfaltspflicht gemäß § 34 Abs. 1 GenG. 18. Im Lagebericht muss aus den Angaben zum Geschäftsverlauf und zur Lage der Genossenschaft ersichtlich sein, wie das Geschäftsjahr verlaufen ist und wie sich die Situation am Bilanzstichtag darstellt. Im Hinblick auf § 1 Abs. 1 GenG ist dabei insbesondere die Entwicklung der Geschäfte am inneren Markt von Bedeutung.36 So ist zunächst auf die Art der angebotenen Förderleistungen einzu32 33 34 35 36

Siehe oben § 18 C. V. 1. Siehe oben § 19 B. Siehe oben § 19 C. Siehe oben § 19 D. I. 1. Siehe oben § 19 D. I. 2. b).

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gehen und in welchem Umfang diese von den Mitgliedern nachgefragt worden sind. Letzteres betrifft nicht nur das Nachfragevolumen, sondern auch die Verteilung der Nachfrage auf die Mitglieder. Darüber hinaus sind Angaben zum Umfang der nutzungsabhängigen Überschussverteilung erforderlich. Außerdem ist zur Mitgliederfluktuation Stellung zu nehmen. Im Falle eines zugelassenen Nichtmitgliedergeschäfts ist ferner darzulegen, welchen Umfang dieses im Verhältnis zum Mitgliedergeschäft eingenommen hat und inwiefern es nach Art und Umfang als Mittel zum Zweck diente. 19. Im Feststellungsverfahren stellt der Gesetzgeber die Information der Mitglieder dadurch sicher, dass er vor der Generalersammlung mitgliedschaftliche, d.h. in der Mitgliedschaft begründet liegende Informationsrechte einräumt (§ 48 Abs. 3 GenG) und in der Versammlung die Organe Vorstand und Aufsichtsrat dazu verpflichtet, „der Generalversammlung“ die Abschlussunterlagen vorzulegen (§ 33 Abs. 1 S. 2 GenG) und ihr über Prüfungsergebnisse zu berichten (§ 38 Abs. 1 S. 5, 2. Hs. GenG).37 Dabei ist insbesondere die Vorschrift des § 48 Abs. 3 GenG reformbedürftig.38 20. Das Genossenschaftsgesetz setzt gegenwärtig nicht voraus, dass die Pflichtprüfung im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses bereits abgeschlossen ist.39 Dies gilt auch für Genossenschaften, die nach § 58 Abs. 2 GenG testatpflichtig sind. Die Regelung des § 48 Abs. 2 S. 2 GenG bewirkt derzeit nur eine Verfahrenserschwerung. Da die Mitglieder ein Interesse daran haben, dass der Generalversammlung ein (doppelt) geprüfter Jahresabschluss zur Feststellung vorgelegt wird und ihnen auch insoweit Informationen als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung stehen, sollte für ordentliche Pflichtprüfungen zumindest von prüfungspflichtigen Genossenschaften i. S. d. § 53 Abs. 2 S. 1 GenG erwogen werden, die Pflichtprüfung mit dem Feststellungsverfahren – wie im Rahmen der Untersuchung vorgeschlagen – zu verzahnen.40 21. Wenn der Prüfungsbericht vom Vorstand gemäß § 59 Abs. 1 S. 1 GenG „als Gegenstand der Beschlussfassung“ anzukündigen ist, so bedeutet dies nicht, dass dessen Inhalt zur Disposition der Mitglieder stünde.41 Nach § 62 GenG i.V. m. § 58 Abs. 1 S. 1 GenG trägt hierfür allein der Prüfungsverband die Verantwortung. Bezweckt wird mit der Regelung vielmehr, dass die Mitglieder von dessen (wesentlichen) Inhalten erfahren und die Generalversammlung im Rahmen ihrer allgemeinen Zuständigkeiten sogleich über etwaige Maßnahmen zur Beseitigung im Prüfungsbericht festgestellter Mängel entscheiden kann.

37 38 39 40 41

Siehe oben § 19 D. III. Siehe oben § 19 D. III. 1. a) cc) und b) cc). Siehe oben § 19 E. II. 1. Siehe oben § 19 E. II. 2. und 3. Siehe oben § 19 E. IV. 1.

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22. Die Einführung des individuellen Informationsrechts aus § 59 Abs. 1 S. 2 GenG ist insgesamt zu begrüßen, vor allem weil es den Mitgliedern eine zielgerichtetere Vorbereitung auf die Ausübung ihrer Versammlungsrechte erlaubt.42 Allerdings ergibt sich aus der Vorschrift weder wann noch wo und wie den Mitgliedern auf ihr Verlangen Einsicht zu gewähren ist. Aus dem Wort „Einsichtnahme“ folgt insoweit lediglich, dass kein Recht auf die Aushändigung oder Zusendung einer Abschrift besteht. Ein solches Recht sollte den Mitgliedern aber ebenfalls eingeräumt werden. 23. Dem Verbandsvertreter sollte die beratende Teilnahme an der Generalversammlung über die Fälle des § 48 Abs. 2 S. 2 GenG hinaus zumindest dann eine Pflicht sein, wenn Jahresabschluss und Lagebericht nach § 53 Abs. 2 S. 1 GenG eigens zu prüfen sind.43 Nach gegenwärtiger Rechtslage ist der Verband nur „berechtigt“, an der Generalversammlung beratend teilzunehmen. 24. Bei der Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung ist die Generalversammlung an den zuvor festgestellten Jahresabschluss gebunden.44 Letztlich kommt diese Bindung aber dadurch weniger zum Tragen, dass das Mitgliederorgan stets auch den Jahresabschluss feststellt und insoweit beide Beschlüsse aufeinander abstimmen kann. 25. Mit Satzungsregelungen i. S. d. § 20 GenG wird die Eigenkapitalbildung in Genossenschaften erleichtert, da der verteilungsfähige Überschuss in entsprechender Höhe dem Ausschüttungsinteresse einer einfachen Stimmenmehrheit (§ 48 Abs. 1 S. 2, 1. Fall GenG i.V. m. § 43 Abs. 2 S. 1 GenG) entzogen ist.45 Die Ermächtigung des Vorstands gemäß § 20 S. 2 GenG erweist sich dabei als flexibler gegenüber einer starren Rücklageneinstellung nach § 20 S. 1 GenG. Im Hinblick auf letztgenannte Vorschrift sollte indes erwogen werden, sie nach dem Vorbild des § 58 Abs. 1 AktG dahingehend zu ändern, dass höchstens die Hälfte eines verteilungsfähigen Jahresüberschusses in Ergebnisrücklagen eingestellt werden kann. 26. Aus der systematischen Stellung des § 48 Abs. 1 S. 2, 2. Fall GenG folgt, dass sich die Mitglieder anhand der abschlussbezogenen Informationen ein entlastungsrelevantes Gesamtbild über den Erfolg der Verwaltung im abgelaufenen Geschäftsjahr machen sollen.46 Daher gilt: Ohne Rechenschaftslegung keine Entlastung und Entlastung jeweils nur soweit, wie zuvor Rechenschaft abgelegt worden ist. Die Vorschrift des § 48 Abs. 1 GenG gibt dabei keine zwingende Beschlussreihenfolge vor.

42 43 44 45 46

Siehe oben § 19 E. IV. 2. Siehe oben § 19 E. IV. 5. a). Siehe oben § 20 A. Siehe oben § 20 B. I. 1. Siehe oben § 21 A. I.

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6. Kap.: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

27. Die Generalversammlung entscheidet über die Entlastung der Vorstandsmitglieder grundsätzlich en bloc.47 Unter welcher Voraussetzung die Amtsträger ausnahmsweise einzeln zu entlasten sind, kann als Verfahrensfrage in der Satzung geregelt werden. Im Übrigen hat eine Einzelentlastung immer dann zu erfolgen, (1) wenn ein dahinlautender Verfahrensantrag eines Mitglieds von der Generalversammlung angenommen wird, (2) wenn es eine Minderheit i. S. d. § 45 Abs. 1 S. 1 GenG verlangt oder (3) wenn der Versammlungsleiter sie im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung anordnet. 28. Gegenstand des Entlastungsbeschlusses ist nur die Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung (reine Zweckmäßigkeitskontrolle).48 Die Entscheidung darüber, ob Entlastung erteilt oder verweigert werden soll, steht daher auch bei schwerwiegenden Gesetzes- und Satzungsverstößen im freien Ermessen der Generalversammlung. 29. Die Erteilung der Entlastung wie auch ihre Verweigerung hat weder vermögensrechtliche noch statusrechtliche Folgen.49 Die Vorschrift des § 120 Abs. 2 S. 2 AktG ist insoweit analog anzuwenden. De lege ferenda sollte erwogen werden, eine dem § 93 Abs. 4 S. 3 AktG entsprechende Regelung ins Genossenschaftsgesetz aufzunehmen, damit ein Verzicht auf (Ersatz-)Ansprüche gegen Vorstandsmitglieder auch bei Genossenschaften nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich ist.

47 48 49

Siehe oben § 21 A. III. Siehe oben § 21 B. Siehe oben § 21 C.

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Sachwortverzeichnis Abberufung 148 Abschlussprüfer 31, 215, 221 Agenturkonflikt 30, 31, 33, 259 Aktiengesellschaft – Abschlussprüfung 203, 204 – Aktienregister, Einsichtsrecht 88 – Aktionäre als Kapitalgeber 37 – Bericht des Abschlussprüfers 215 – Bestätigungsvermerk 204 – CG-Diskussion 32, 33 – DCG-Kodex 29 – Demokratie, Stimmrechtsvertretung 142 – Entlastung – Folgen der Entlastungserteilung 233, 250 – Gegenstand 239 – Jahresabschluss, Kompetenzverteilung 215, 223 – Mehrstimmrechte 127 – Rechnungslegungsunterlagen, Auslegungspflicht 195 – Tagesordnung, Beschlussvorschläge 106, 262 – virtuelle Versammlung 58 Aktionärsforum 89 Amtsdauer 149 – Bestellungshöchstdauer 151, 152, 264 – jederzeitige Abberufbarkeit 150, 151, 264 Ankündigung der Tagesordnung 103 – Befugnis 108 – Ergänzungsverlangen 109 – Form 108 – Frist 109 – Tagesordnung 104 Anlagevermögen 174

Anstellung 160 – Folgen der Entlastungsentscheidung 255, 257 – Rechtsnatur 160 – Verhältnis zur Organstellung 161 – Vertrag – Inhalt 160 – Kündigung, außerordentliche 161, 163, 166, 255, 256 – Zuständigkeit 162 – äußerer Vollzug 162 – interne Willensbildung 164 Antragsrecht – Einberufungsverlangen 77 – Ergänzungsverlangen 109 – gerichtliches Ermächtigungsverfahren 96, 110 – mitgliedschaftliches 119 Anwesenheitsrecht 114, 138 Arbeitsmarkt für Geschäftsleiter 31, 34, 158, 169 ARUG 53, 64, 109, 111, 144, 199 Aufsichtsrat(smitglieder) – Feststellungsverfahren 188, 200 – Gesamtverantwortung 191 – GV, Einberufungspflicht 69, 147 – Online-Teilnahme an GV 56 – Pflichtprüfung 217 – Unvereinbarkeit von Ämtern 153 – Vertretungsbefugnis 162 – vorläufige Amtsenthebung von Vorstandsmitgliedern 147 – Wahlvorschläge, Vorstand 169 Auskunftsrecht 115, 262 – Auskunftsverpflichteter 117 – Auskunftsverweigerung 118 – CG-Instrument 31

Sachwortverzeichnis – – – –

Form des Auskunftsersuchens 116 Funktion 115 Stimmrechtsvertreter 138 Umfang 116

Beschluss – Beschlussfähigkeit 50 – Mehrheitserfordernisse 51 – Rechtsnatur 50 – Wirksamkeit 51 Bestellung (siehe Organstellung) Bilanzgewinn 175, 196, 223 Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte 179, 183, 190, 208, 265 Bilanzsumme 175, 178, 201, 202 BilMoG 176, 178, 179, 202, 226 BilReG 186 BiRiLiG 173, 203, 207 Bundesanzeiger – Aktionärsforum 89 – Bekanntmachung der Tagesordnung 109 – DCG-Kodex 29 – Form der Einberufung 69 – Genossenschaftsforum 91, 261 – Genossenschaftsregister 87 Corporate Governance 29 – Abschrift der Mitgliederliste 89 – Aktionärsforum 90 – Ausgestaltung des Stimmrechts 120, 143 – Austrittsdrohung als CG-Instrument 181 – Bedeutung für Genossenschaften 24, 32, 259 – DCG-Kodex 29 – Gegenstand 23, 29 – Genossenschaftsforum 91 – interne/externe CG 23, 31 – investierende Mitglieder 45 – Lagebericht 184 – Pflichtprüfung, Einsichtnahmerecht der Mitglieder 215

289

– Regierungskommission 29, 55 – Verbesserung durch Interneteinsatz 62 DCG-Kodex 29, 151 EHUG 86, 89 Eigenkapital, genossenschaftliches – Ausgestaltung des Stimmrechts 121, 123, 124, 130 – Austrittsdrohung als CG-Instrument 180, 181 – Bilanz 174 – Gewinnverteilung, Einschränkung 228, 229 – investierende Mitglieder 42, 45, 131, 159 – Satzungsautonomie, Eigenkapitalbildung 226, 267 Einberufung 66 – Einberufungsbefugte 68 – Einberufungsfrist 72 – Fristzwecke 74 – gesetzliche Ausgestaltung 72 – Verhältnis zur Ankündigungsfrist 73 – Einberufungsgründe 68 – Einberufungsrecht des Prüfungsverbands 221 – Einberufungsverlangen 77 – Antragsvoraussetzungen 77 – Entscheidung des Vorstands 94 – Einberufungspflicht 94 – Prüfungsfrist 95 – Prüfungsgegenstand 95 – gerichtliches Ermächtigungsverfahren 96 – Antragsvoraussetzungen 97 – Einberufung aufgrund gerichtlicher Ermächtigung 100 – Entscheidung des Gerichts 99 – zuständiges Gericht 96 – Kosten 101 – Verfahrenskosten 101 – Versammlungskosten 102

290

Sachwortverzeichnis

– Rechtsnatur 77 – Form 69 Entlastung – Einzelentlastung 236 – Entlastungsgegenstand 238 – Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung 239 – Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung 239 – Entlastungsperiode 235 – Folgen der Entlastungsentscheidung 241 – statusrechtliche – Entlastungserteilung 255 – Entlastungsverweigerung 257 – vermögensrechtliche – Entlastungserteilung 241 – Entlastungsverweigerung 257 – Gesamtentlastung 236 – Rechenschaftslegung 233, 235, 267 – Rechnungslegung 233 – Verzichtswirkung – Begriff 232 – Entlastungserteilung 241 Ergänzungsverlangen 109 Ergebnisverwendung 222 – Bindung an Jahresabschluss 224 – Verwendungsarten 225 – Jahresfehlbetrag 229 – Jahresüberschuss 225 Förderbericht 185 fördernde Mitglieder 158, 264 Free-Rider-Problem 63 Fremdorganschaft 157 Geheimhaltungspflicht 214, 216, 218 Generalversammlung – Einberufung (siehe dort) – Kollegialorgan 28, 50 – Minderheitenrechte 76, 109 – Online-Teilnahme 55, 56, 62, 260 – ordentliche/außerordentliche 65

– – – –

Präsenzversammlung 52 Stimmrechtsvertretung 52, 53, 135 Stimmvollmacht 53, 135, 263 Übertragung in Bild und Ton 54, 56, 260 – Versammlungscharakter 51 – Versammlungshäufigkeit 64 – Versammlungsleiter (siehe dort) – Versammlungsort 67 – virtuelle 55, 56, 62 Genossenschaftsforum 89, 261 Genossenschaftsregister – satzungsändernde Beschlüsse 51 – Zugang zur Mitgliederliste 86, 261 Geschäftsanteil, genossenschaftlicher – Begriff 174, 177 – Beteiligung mit mehreren 174, 177 – Gewinnverteilung 227, 228 – Mitgliederliste 87 – Nachschusspflicht, Haftsumme 177 – Stimmrecht 123, 135, 136 – Teilnahmerecht 113 Geschäftsguthaben – Ergebnisverwendung 227, 228, 230 – Geschäftsguthabendividende 40, 42 – Geschäftsguthabenverzinsung 40, 42 – Jahresabschluss – Anhang 177 – Bilanz 174 – Mitgliederkontrolle 180, 265 – Stimmrecht 123, 133 – Teilnahmerecht 113 Gläubigerschutz – Haftung bei Sorgfaltspflichtverletzung 253 – Nachschusspflicht, Selbstorganschaft 155, 157 – Nichtmitgliedergeschäft 46 – Pflichtprüfung 205 Gleichbehandlungsgrundsatz 57, 71, 116, 143 Gesellschaft mit beschränkter Haftung – Bericht des Abschlussprüfers 215

Sachwortverzeichnis – Demokratie, Stimmrechtsvertretung 142 – Entlastung – Erkennbarkeit von Ansprüchen 244, 248 – Gegenstand 239 – Gesellschafterliste, Abschrift 88 Güter- und Dienstleistungsmarkt 31, 32, 33 Haftung – CG-Instrument 31 – Entlastung (siehe dort) – Risiko, Stimmrechtseinfluss 121 – Selbstorganschaft 155 Informationsasymmetrie 30 Informationsrecht, mitgliedschaftliches – Auskunftsrecht 115 – CG-Instrument 31 – Feststellungsverfahren 193, 197 – Pflichtprüfung 214, 267 – SCE 262 innerer Markt – Begriff 37 – Lagebericht 185, 265 – Nichtmitgliedergeschäft 45, 47 – Prüfungsbericht des Aufsichtsrats 191 – Überschusserwirtschaftung 38 Insolvenz – Nachschusspflicht – Eigenhaftung, Selbstorganschaft 156, 157 – Geschäftsguthabenabschreibung 231 – Haftsumme, Anhang 177 – Haftungsrisiko, Stimmrechtseinfluss 121, 124, 125 – Verlustanzeige, Einberufungspflicht 69 investierende Mitglieder – Begriff 41 – Corporate Governance 45 – Einberufungsverlangen, Quorum 77 – Einflussbeschränkungen 43, 77, 122 – Gewinnverteilung 228

291

– Haftungsrisiko, Stimmrechtseinfluss 130 – Mehrstimmrechte, Unternehmergenossenschaft 131 – Nichtmitgliedergeschäft 46 – Selbstorganschaft 158, 159, 160, 264 – Verhältnis zu nutzenden Mitgliedern 42 Jahresabschluss 172 – Aufstellung 172, 173 – Bestandteile 173 – Anhang 176 – Bilanz 174 – Gewinn- und Verlustrechnung 176 – Entwurf 183 – Feststellungsbeschluss 172, 173 – Jahresergebnis 178 – Mitgliederkontrolle 180, 182, 265 – Feststellungsverfahren 182 – Lagebericht (siehe dort) – Pflichtprüfung (siehe dort) – Rücklagen (siehe dort) – Verwendungsvorschlag 187 Kapitalgesellschaft – Abschlussprüfung – Befreiung 202 – Bestätigungsvermerk 208 – Corporate Governance 30, 31, 33 – Drittorganschaft 154 – Vereinigungszweck 35 Kapitalmarkt – Corporate Governance 31, 32, 34 – Meldepflichten 88 Klein(st)genossenschaft 50, 76, 96, 128 Kollegialorgan 28, 50 KonTraG 127 Kopfstimmrecht 122, 142 Kosten – Einberufungsverlangen – Verfahrenskosten 101, 262 – Versammlungskosten 78, 81, 102, 262 – Feststellungsverfahren, Abschrift 198

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Sachwortverzeichnis

Kündigung – Anstellungsvertrag 160 – Geschäftsanteile 174 Lagebericht – Funktion 184 – Inhalt 184, 265 Markt für Führungskräfte 31, 34, 158, 169 Markt für Unternehmenskontrolle 31, 34 Mehrstimmrechte – Ausübung 135, 136, 142 – Einberufungsverlangen, Quorum 80 – Einführung 27, 125 – Satzungsautonomie 125, 263 MitbestG 147, 148, 150 Mitglied – Antragsrecht 119 – Anwesenheitsrecht 114 – Auskunftsrecht 115 – förderndes 158, 264 – investierendes (siehe dort) – Mindestzahl 50 – Mitgliedschaftserwerb 34 – Rederecht 114 – Stimmrecht 120 – Teilnahmerecht 113 Mitgliederliste 197, 201 – Mitgliederrechte – Abschrift 82, 261 – Herleitung 83 – Umfang 82 – Einsichtnahme 82, 261 – Pflichtprüfung 201 – Registergericht 84, 86, 87, 261 – Zugangsalternativen – Aufsichtsrat 89 – Genossenschaftsregister 86, 261 Mitgliederquorum 77 Mitgliederzahl, nicht geschlossene 180 Mitgliedschaft, genossenschaftliche (siehe Mitglied) MoMiG 88, 104, 149

Nachschusspflicht – Ausschluss 121, 125, 157 – Haftpflicht 155, 156 – Haftungsrisiko, Stimmrechtseinfluss 121, 124 – historische Entwicklung 156 – Insolvenz (siehe dort) – Selbstorganschaft 155, 157, 160, 264 NaStraG 88 Naturalförderung, 39, 40, 43 Nichtmitgliedergeschäft – Begriff 45 – Lagebericht 185, 266 – Zweck und Grenzen 45 Offenlegungspflicht – Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte 183, 200, 265 – Vorstandsvergütung 170 Online-Teilnahme 55, 56, 62, 260 Opportunitätskosten 63 Organisationstheorie 30 Organstellung – Anstellung 160, 259, 264 – Bestellung/Abberufung 148 – Entlastung 231, 238, 255, 257 – GV, Beschluss 50 – Selbstorganschaft 154 Pflichtprüfung 201 – Bestätigungsvermerk 203, 204, 208 – Gegenstand 201 – Prüfungsbericht – Ankündigungspflicht des Vorstands 209 – Berichtspflicht 207 – Einsichtnahmerecht der Mitglieder 214 – Erklärungspflicht des Aufsichtsrats 217 – GV-Recht auf Verlesung 218 – Inhalt 207 – Rechte des Prüfungsverbands

Sachwortverzeichnis – beratende Teilnahme 219 – Einberufung 221 – Verlesung 221 – zusammengefasstes Ergebnis 214, 215, 216 – Prüfungsmaßstab 201 – Prüfungsumfang 201 – Prüfungszeitpunkt 203 – Zweck 201 Präsenzversammlung 52 Prinzipal-Agent-Theorie 30, 31 rationale Apathie 28, 31, 33, 63 Rechnungslegung (siehe Jahresabschluss) Rederecht 114 RegVBG 83, 86, 87 Rücklagen – Aktiengesellschaft 223 – Bilanz 174, 175 – Ergebnisrücklage 175 – Ergebnisverwendung – Bindung an Jahresabschluss 224 – Jahresfehlbetrag 229 – Jahresüberschuss 225, 267 – Feststellungsbeschluss 178, 179 – Kapitalrücklage 175 – Mitgliederkontrolle 180, 265 – offene/stille 178, 179 – Überschusserwirtschaftung 38, 39 – Überschussverteilung 40, 41 Rückvergütung, genossenschaftliche 39 Satzungsautonomie – Aktivprozess, interne Willensbildung 164 – Beschluss, Mehrheitserfordernisse 51 – Beschlussfähigkeit der GV 50 – Briefwahl 57, 144, 260 – Einberufung – Befugnis 68 – Gründe 68 – Form 69, 260 – Frist 72

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Einberufungsverlangen, Quorum 77 Einzelentlastung 236, 268 Ergebnisrücklage 181, 225, 267 Ergebnisverwendung – Auszahlung 228 – Verteilungsmaßstab 228, 230 – gesetzliche Rücklage 225, 267 – GV-Übertragung in Bild und Ton 56, 260 – investierende Mitglieder 41 – mehrere Geschäftsanteile 174 – Mehrstimmrechte 125 – Nachschusspflicht 121, 157, 231 – Nichtmitgliedergeschäft 45 – Online-Teilnahme von Aufsichtsratsmitgliedern 56 – Organstellung – Befristung der Amtsdauer 149 – Bestellungs-/Abberufungskompetenz 167 – Pflichtprüfung, Einsichtnahmerecht 215 – Stimmrechtsvertretung 135, 136, 137 – Tagesordnung – Beschlussvorschläge 106, 262 – Form der Bekanntgabe 108 – Versammlungsort 67 – Wahlvorschläge des Aufsichtsrats 169, 264 SCE – Bestellungshöchstdauer 152 – Briefwahl 57, 60 – Einberufungsfrist 75 – Einberufungsverlangen, Quorum 80 – Einführung 24 – Informationsrecht, mitgliedschaftliches 262 – investierende Mitglieder 41 – Kündigung von Geschäftsanteilen 174 – Stimmrecht 59, 60 – Tagesordnung, Beschlussvorschläge 106, 262 – Teilnahmerecht 59 – Vereinigungszweck 36

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Sachwortverzeichnis

Sekundärgenossenschaft 133 Selbsthilfe 25, 36 Selbstorganschaft 33, 154, 171, 238 Stimmrecht – Kopfstimmrecht 122 – Mehrstimmrechte 125 – Stimmrechtsausübung – Briefwahl 144 – persönliche 134 – Stimmrechtsvertretung 135 – Stimmvollmacht 135 Tagesordnung – Begriff 104 – Bekanntmachung 108 – Beschlussvorschläge 106, 144, 145, 262 – Bindungswirkung 106 – Ergänzungsverlangen 109, 262 – Konkretisierungsgrad 105 – Mindestankündigungsfrist 73, 109 – Prüfungsverband 222 – Zweck 74, 104 Teilnahmerecht – Mitglieder 113 – Stimmrechtsvertreter 138 – Verbandsvertreter 209, 219 TransPuG 29, 54, 55, 56 UMAG 89 Umlaufvermögen 174, 178 Unternehmergenossenschaft 130 Unvereinbarkeit von Ämtern 153 Vereinigungszweck, genossenschaftlicher 35 – Gegengeschäft 38 – Zweckgeschäft 38, 39, 43 Versammlung – Einberufung (siehe dort) – Versammlungscharakter 51 – ordentliche/außerordentliche 65

Versammlungsleiter – Beschlussfassung der GV 50, 51 – Ordnungsbefugnisse 107, 108, 114, 238 Vertreterversammlung 25 Vollversammlung 66 Vorstand(smitglieder) – Amtsdauer 149 – Amtsenthebung, vorläufige 147, 169 – Anstellung 160 – Auskunftserteilung 117 – Bestellung/Abberufung 148 – Gesamtverantwortung 236 – investierende Mitglieder 158, 159 – Kündigung, außerordentliche 161, 163, 166, 255, 256 – Selbstorganschaft 154 – Vergütung 161, 163, 170 Wahlvorschläge – Sachantragsrecht 119 – Vorschlagspflicht des Aufsichtsrats 169 Willensbildung, kollektive 49 – Ausgestaltung 51 – Briefwahl 57, 120, 144 – Online-Teilnahme 55, 56, 62, 260 – Präsenzversammlung 52 – virtuelle GV 55, 56, 62 – Auskunftsrecht 116 – Beschluss – Beschlussfähigkeit 50 – Mehrheitserfordernisse 51 – Rechtsnatur 50 – Wirksamkeit 51 – Einberufung der GV (siehe Einberufung) – Rederecht 114 – Stimmrecht 120, 263 – Tagesordnung (siehe dort) – Versammlungshäufigkeit 64 Zentralgenossenschaft (siehe Sekundärgenossenschaft)