Wie kalkuliert Ihr Lieferant?: Ratgeber für erfolgreiche Preisverhandlungen im Einkauf [4 ed.] 9783886406104, 9783886402106

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Wie kalkuliert Ihr Lieferant?: Ratgeber für erfolgreiche Preisverhandlungen im Einkauf [4 ed.]
 9783886406104, 9783886402106

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Wie kalkuliert ihr Lieferant? Ratgeber für erfolgreiche Preisverhandlungen im Einkauf

Prof. Dr. Horst Hartmann

Wie kalkuliert ihr Lieferant? Ratgeber für erfolgreiche Preisverhandlungen im Einkauf

4. überarbeitete und erweiterte Auflage

Deutscher Betriebswirte-Verlag

Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten © 2019 Deutscher Betriebswirte-Verlag bei Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: siehe letzte Seite ISBN: 978-3-88640-210-6 (Print) ISBN: 978-3-88640-610-4 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: http://www.duncker-humblot.de

Inhaltsverzeichnis 1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.5.1 1.5.2 2. 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4 2.5 3. 3.1 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.4 3.5

Elementare Einflussfaktoren auf das Verhandlungsergebnis Unternehmensspezifische (grundlegende) Rahmenbedingungen Einkaufsspezifische Rahmenbedingungen Situationsspezifische Rahmenbedingungen Kulturelle Rahmenbedingungen Professionelle Vorbereitung auf Preisverhandlungen – Einkäufer und Verkäufer im Gleichschritt Verhandlungsvorbereitung und -führung der Einkäufer Verhandlungsvorbereitung und -führung der Verkäufer Grundlagen und Grundtatbestände zielführender Einkaufskalkulation Kostenrechnung als Teil des betrieblichen Rechnungswesens Kostentheoretische Grundlagen und Grundtatbestände der kalkulierten Kosten Kosten in Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad: fixe und variable Kosten Kosten nach ihrer Zurechenbarkeit: Einzel- und Gemeinkosten Kalkulationsverfahren im Überblick Die klassische Verkaufskalkulation der Lieferanten Gewinnerzielung ist existenzielle Voraussetzung Die Bezugskosten kontrollieren Die Zahlungsbedingungen als Ertragsquelle nutzen Die Augenwischerei mit den Rabattsätzen Die Handelsspanne und ihre kalkulatorische Bedeutung Preisstrukturanalyse als Methode zur Vorbereitung auf Preisverhandlungen Aufgaben und Zielsetzung der Preisstrukturanalyse Vorgehensweise bei der Preisstrukturanalyse Informationen für die Preisstrukturanalyse Informationsquellen Sind Kalkulationsdaten tabu? Kritische Würdigung der Preisstrukturanalyse Kombinierte Preisstruktur- und Wertanalyse als Erfolgskonzept

16 17 19 25 26 28 29 31 33 34 38 38 41 46 50 51 54 54 57 60 64 65 69 71 72 75 77 79

5

4. 4.1 4.1.1 4.1.2 4.2 5. 5.1 5.2 5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.4 5.4 6. 6.1 6.2 6.3 6.4 7. 7.1 7.2 7.3

6

Erfolgreich verhandeln auf der Basis der Vollkostenrechnung Begriff und Wesen der Vollkostenrechnung Der Fixkostendegressionseffekt als kalkulatorisches „Phänomen“ Der Fixkostendegressionseffekt als situationsspezifischer Ansatz zur Zielpreisfindung Möglichkeiten und Grenzen der Vollkostenrechnung als einkaufskalkulatorisches Modell Erfolgreich verhandeln auf der Basis der Deckungsbeitragsrechnung Das Grundprinzip der Deckungsbeitragsrechnung Die „Faustformel“ zur Bestimmung des Deckungsbeitrages Am Deckungsbeitrag orientierte Ansätze zur Optimierung des Einkaufserfolges Zielpreisfindung auf der Basis der Deckungsbeitragsrechnung Mengenstrategie auf der Basis der Deckungsbeitragssummenrechnung Analyse von Staffelpreisen – Aufdeckung von Scheinrabatten Grenzwertberechnung bei Kostensteigerungen – Optimierung der Deckungsbeiträge aus Verkäufersicht Möglichkeiten und Grenzen der Deckungsbeitragsrechnung als Instrument bei Preisverhandlungen Erfolgreich verhandeln auf der Basis der Stundensatzkalkulation Was kostet eine Gesellenstunde im Handwerk? Analyse der Lohnkosten zum Zweck der Abwehr von Preiserhöhungen Zielpreisfindung auf der Basis analysierter Stundensätze Lernkurveneffekte als Einsparungspotenzial im Rahmen der Stundensatzkalkulation Zielsicher entscheiden auf der Basis der Gesamtkostenbetrachtung Bezugskosten – Kalkulationsbasis zur Ermittlung des Einstandspreises Analyse der Prozesskosten Analyse der Folgekosten

82 82 82 83 89 94 94 96 99 100 101 103 104 106 108 109 110 114 116 119 123 124 126

8. 8.1 8.2

Zielorientiert handeln auf der Basis des Target Costing Das Grundkonzept Vorgehensweise

130 130 131

9.

Kostenmanagement: Die 12 Todsünden des Einkaufs

134

10.

Zielführende Vorbereitung auf Preisverhandlungen – Fallstudie mit Lösungsvorschlag

135

Anhang Checkliste:

Vorbereitung auf Jahrespreisverhandlungen im Einkauf

143

Literaturverzeichnis

146

Stichwortverzeichnis

148

Verzeichnis der Abbildungen Abbildung 1:

Optimierte Organisationsstruktur des Einkaufs (Praxisbeispiel) Abbildung 2: Teilbereiche des betrieblichen Rechnungswesens in ihrer Verknüpfung Abbildung 3: Verlauf der fixen Kosten in Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad (Grafik) Abbildung 4: Verlauf der variablen Kosten in Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad (Grafik) Abbildung 5: Kalkulationsschema der Zuschlagskalkulation Abbildung 6: Zuschlagskalkulation als Basis der Preisstrukturanalyse Abbildung 7: Maschinenstundensatzrechnung (Zahlenbeispiel) Abbildung 8: „Klassische“ Lieferanten- bzw. Verkäuferkalkulation im Handel (schematische Darstellung) Abbildung 9: Zahlungsbedingungen als Ertragsquelle (tabellarische Übersicht) Abbildung 10: Rabatte und Umsatzsteigerung in ihrer wechselseitigen Auswirkung aus Verkäufersicht (tabellarischer Überblick) Abbildung 11: Schematische Darstellung der in Handelsunternehmen üblichen Kalkulation auf der Basis der Handelsspanne Abbildung 12: Preisstrukturanalyse – Kalkulationsmatrix: Vereinfachtes Praxisbeispiel

19 35 39 41 46 47 49 50 55 58 61 66 7

Abbildung 13: Schema der Zuschlagskalkulation Abbildung 14: Material- und Personalaufwand am Umsatz ausgewählter Branchen in der verarbeitenden Industrie Abbildung 15: Lieferantenselbstauskunft (auszugsweises Praxisbeispiel) Abbildung 16: Der Fixkostendegressionseffekt (schematische Darstellung) Abbildung 17: Zielpreisberechnung bei Bedarfsbündelung und Ausnutzung der Fixkostendegressionseffekte Abbildung 18: Deckungsbeitragsrechnung (schematische Darstellung) Abbildung 19: Die „Faustformel“ zur Einschätzung des Deckungsbeitrages (schematische Darstellung) Abbildung 20: Bestandteile eines Stundenverrechnungssatzes im Handwerk (Praxisbeispiel) Abbildung 21: Aufschlüsselung der Lohnzusatzkosten in einem Unternehmen der Metallverarbeitenden Industrie (Praxisbeispiel) Abbildung 22: Aufschlüsselung der tarifgebundenen und ungebundenen Lohnkostenstruktur (schematische Darstellung) Abbildung 23: Die Blinden und der Elefant (Metapher) Abbildung 24: Analyse der Gesamtkosten im Sinne des TOCO-Prinzips Abbildung 25: Kostentreibende unternehmensinterne Prozesse von der Warenannahme bis zur Bereitstellung (Praxisbeispiel) Abbildung 26: Der Total Cost Ansatz als Ergebnisbetrachtung Abbildung 27: Verknüpfung der Zielkosten-Elemente aus Kundensicht

70 74 76 83 84 95 97 109 111 112 120 122 125 129 131

Verzeichnis der Beispiele Beispiel 1: Anforderungsprofil an eine Führungskraft im strategischen Einkauf für Fertigungsmaterial (Praxisbeispiel) Beispiel 2: Zahlungsbedingungen als Ertragsquelle (Zahlen- / Berechnungsbeispiel) Beispiel 3: Rabatte als Verlustquelle aus der Sicht des Verkäufers – Umsatzsteigerung als Ausgleich (Berechnungsbeispiel) Beispiel 4: Preisstrukturanalyse in der Praxis 8

23 55 59 65

Beispiel 5: Preisgleitklausel als Instrument zur Ermittlung kostengerechter Preiserhöhungen Beispiel 6: Fixkostendegressionseffekt bei alternativen Einkaufsvolumina Beispiel 7: Zielpreisermittlung unter Ausnutzung des Fixkostendegressionseffektes Beispiel 8: Gemeinkostenzuschlagssätze, dargestellt an einem Praxisbeispiel Beispiel 9: Kalkulatorische Zusammenhänge in der Deckungsbeitragsrechnung Beispiel 10: Zielpreisbildung auf der Basis der Deckungsbeitragsrechnung Beispiel 11: Mengenstrategie auf der Basis der Deckungsbeitragssummenrechnung Beispiel 12: Aufdeckung von Scheinrabatten durch Einholung von Staffelpreis-Angeboten Beispiel 13: Grenzwertberechnung auf der Basis der Deckungsbeitragsrechnung als Verhandlungsstrategie Beispiel 14: Preis- und Personalkostenanalyse zur Abwehr von Preiserhöhungen Beispiel 15: Zielpreisfindung auf der Basis der Stundensatzkalkulation Beispiel 16: Entwicklungsvertrag mit Systemlieferanten (Praxisbeispiel) Beispiel 17: Target Costing in der Praxis

68 84 86 91 98 100 101 103 105 113 114 118 132

Verzeichnis der Abkürzungen DB DPPM EBIT EBITA EBITDA ERP EUR FEK FGK FGZ FMEK FOB G+V GZ HK

Deckungsbeitrag Defective Parts per Million (Maß für Ausschuss) Earnings before Interest and Taxes Earnings before Interest, Taxes and Amortisation Earnings before Interest, Taxes, Depliciation and Amortisation Enterprise Resource Planning Euro Fertigungseinzelkosten Fertigungsgemeinkosten Fertigungsgemeinkostenzuschlag Fertigungsmaterialeinzelkosten free on board Gewinn- und Verlustrechnung Gewinnzuschlag Herstellkosten 9

IT KI KVP LE ME MEK MGK MGZ OEM PPM RPA SEK SRM TI TOCO VtGK VtGZ VwGK VwGZ

10

Informationstechnologien Künstliche Intelligenz Kontinuierlicher Verbesserungsprozess Leistungseinheit Mengeneinheit Materialeinzelkosten Materialgemeinkosten Materialgemeinkostenzuschlag Original Equipment Manufacture Parts Per Million Robotergesteuerte Prozessautomatisierung Sondereinzelkosten Supplier Relationship Management Technologische Intelligenz Total Cost of Ownership Vertriebsgemeinkosten Vertriebsgemeinkostenzuschlag Verwaltungsgemeinkosten Verwaltungsgemeinkostenzuschlag

Vorwort Wer lebt nicht permanent mit dem Zweifel „ist auch das maximal Mögliche getan worden?“ Dieser Zweifel besteht nicht nur auf der Ebene der Geschäftsführungen, sondern bei allen Mitarbeitern, die für das Unternehmensergebnis mitverantwortlich sind. In dieser Beziehung sind insbesondere die Einkäufer aufgrund des hohen Beschaffungsvolumens und der zunehmend enger werdenden Verflechtung mit leistungsfähigen Lieferanten gefordert. Dieses Buch enthält wesentliche und richtungsweisende Anregungen, um den Zweifel am erreichten Verhandlungsergebnis eingrenzen zu können. Die zahllosen, der Praxis angelehnten Beispiele vermitteln dem aufmerksamen Leser detaillierte Informationen zur situationsgerechten Anwendung kalkulatorischer Erkenntnisse. Auf den Hinweis „woanders ist das Produkt viel billiger“ ist der Verkäufer in der Regel eingestellt. Überzeugend wirkt ausschließlich eine auf sachlicher Grundlage geführte Argumentation. Dazu sind Grundkenntnisse der Vollkosten- und Deckungsbeitragsrechnung sowie der Stundensatzkalkulation und Gesamtkostenbetrachtung erforderlich, die in diesem Buch – von kostentheoretischem Ballast weitgehend befreit – vermittelt werden. Wiederholt bestätigten Teilnehmer an inner- und überbetrieblichen Seminaren die ertragswirksame Umsetzung angeeigneter kalkulatorischer Erkenntnisse. Die zahllosen griffigen und nachvollziehbaren Zielpreisberechnungen und Praxisbeispiele erleichtern das Verständnis für kalkulatorische Zusammenhänge, die u. a. zur Aufdeckung von Scheinrabatten führen können. Mehr zu wissen als „Andere wissen“, war schon stets ein ernst zu nehmender Erfolgsfaktor!

Das Buch ist in erster Linie für den Einkaufspraktiker geschrieben, aber durchaus auch geeignet, den Studierenden mit Schwerpunkt in „Einkauf und Logistik“ beim Sprung in die berufliche Praxis zu unterstützen. Umfassende und betriebswirtschaftlich fundierte Fachkompetenz ist unentbehrlich für ein erfolgsorientiertes und motiviertes Initiativmanagement im Einkauf!

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Für die vielseitige Unterstützung, ohne die eine praxisgerechte Darstellung nicht hätte gelingen können, bedanke ich mich aufrichtig. Prof. Dr. H. Hartmann Überlingen, im Frühjahr 2005 Vorwort zur 2. Auflage Bekannt ist ein alter Kaufmannsspruch: „Rabatt, lass dir sagen, wird immer vorher aufgeschlagen.“ Kann das Aushandeln von Rabatten somit als Einkaufserfolg gewertet werden? In der Regel wohl kaum! Im Gegenteil: Es lohnt sich durchweg, die Verkaufspreise der Lieferanten genauer unter die Lupe zu nehmen und es nicht bei der „Vereinnahmung“ von Rabatten bewenden zu lassen. Den größten Triumph, den der Einkäufer bei Preisverhandlungen ausspielen kann, basiert auf der potenzialorientierten und in jedem Fall fairen Zielpreisberechnung. Auf das Argument „zu teuer“ ist der Verhandlungspartner im Allgemeinen gut vorbereitet. In diesem Buch erfahren Sie, wo in der Kalkulation Ihres Lieferanten Kosteneinsparungspotenziale versteckt sein können und wie Sie mit geschliffener Verhandlungstechnik punkten können! Die vorliegende zweite Auflage wurde gründlich überarbeitet. Darüber hinaus wurde eine der Praxis angelehnte Fallstudie mit ausführlichem Lösungsvorschlag angefügt, da der zügige Verkauf der ersten Auflage darauf hindeutet, dass zumindest aus der Sicht des strategischen Einkaufs der Preisanalytiker und nicht der „reine Rabatteinkäufer“ und „Bonieintreiber“ gefordert ist. Prof. Dr. H. Hartmann Im Frühjahr 2010 Vorwort zur 3. Auflage Der beste Trumpf, den ein Einkäufer in Preisverhandlungen ausspielen kann, ist die sachlich-fundierte Argumentation gegenüber dem Verkäufer! Auf das Argument „zu teuer“ ist in der Regel der Verkäufer vorbereitet. Kostensenkungspotenziale sind häufig in der Kalkulation des Lieferanten versteckt. Der wertschöpfende Einkauf ist somit gefordert, 12

die Einsparungspotenziale durch methodisch / systematische Vorgehensweise zu identifizieren und auszuschöpfen. In dem nunmehr bereits in dritter Auflage erscheinenden Fachbuch findet der interessierte Leser eine Antwort u. a. auf folgende Fragestellungen: 

Welche Vorteile sind bei Preisverhandlungen aus der Kenntnis kalkulatorischer Zusammenhänge und Verfahren zu ziehen?



Wie kann der vom Lieferanten geforderte Preis in Kosten- und Gewinnbestandteile aufgeschlüsselt werden?



Wie sind mengenorientierte Strategien preiswirksam umzusetzen?



Warum bieten Staffelpreise eine ideale Möglichkeit zur Ermittlung des eigenen Zielpreises?



Wie sind „angedrohte“ Preiserhöhungen kritisch unter die Lupe zu nehmen?



In welchem Umfang sind bei Bezug aus „Low Cost Countries“ Folgekosten zu berücksichtigen?

Die Neuauflage erscheint in überarbeiteter und aktualisierter Fassung. Insbesondere die Praxisbeispiele und statistischen Angaben wurden auf den neuesten Stand gebracht und teilweise erweitert. Korrekturen und Ergänzungen wurden gezielt vorgenommen. Der Verfasser hofft, dass auch die 3. Auflage des anerkannten Fachbuches von der Einkaufspraxis und Studierenden mit dem Schwerpunkt Einkauf / Logistik positiv aufgenommen wird. Ergänzungsund Verbesserungsvorschläge sind stets willkommen! Prof. Dr. H. Hartmann Im Frühjahr 2015

13

Vorwort zur 4. Auflage Das Wissen über die Kosten eines Produktes stärkt die Position des Einkaufs in Verhandlungen mit Lieferanten und Dienstleistern, da von einer belegbaren Datenbasis aus argumentiert werden kann. Denn Ziel einer jeden Verhandlung sollte es sein, identifizierte Kosteneinsparungspotenziale durch argumentativ geführte Verhandlungen auch auszuschöpfen und sich nicht durch die Gewährung von Scheinrabatten zum Abschluss von Verträgen verleiten zu lassen. Methoden- und Kalkulationsmuffel passen nicht in das Bild von Führungskräften und Facheinkäufern/-innen, die sich ihrer unternehmerischen Verantwortung bewusst sind und in dem von ihnen erzielten Wertbeitrag den Erfolg ihres zielorientierten Handelns bestätigt finden. Wenn auch – wie in dem vorliegenden Fachbuch ausführlich dargestellt – bei der Anwendung und Durchführung einer Preisanalyse Einschränkungen zu beachten sind, so sollten die Facheinkäufer/-innen doch stets bereit sein, in Preisverhandlungen die Initiative nach dem Motto „Wer zuerst kommt, malt zuerst“ zu ergreifen. Auch im Mittelstand hat sich die Erkenntnis weitgehend durchgesetzt, dass der Einkauf die Wertschöpfung des eigenen Unternehmens maßgeblich beeinflussen kann, indem er die globale Lieferantenbasis handlungs- und ergebnissicher betreut. Bei Neuentwicklungsprojekten sind alle kostenrelevanten Teile einer Design- und Kostenanalyse bei frühzeitiger Einbindung des Einkaufs zu unterziehen. Auch im digitalen Zeitalter ist der Cost Engineering-Spezialist und nicht der IT-Experte gefordert! Künstliche Intelligenz (KI) und Lieferanten-Apps sollten nicht dazu führen, dass der direkte kommunikative Kontakt bei der Vorbereitung und Durchführung von Verhandlungen eingeschränkt wird oder sogar weitestgehend zum Erliegen kommt. Das nunmehr bereits in der vierten Auflage erscheinende Fachbuch liefert einen umfassenden und verständlichen Überblick über das für Facheinkäufer/-innen notwendige kalkulatorische Know-How. Auch im Rahmen interner und externer Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie Fachveranstaltungen an Hochschulen und Akademien mit Schwerpunkt Einkauf / Logistik kann das anerkannte Fachbuch erfolgversprechend eingesetzt werden. Die zahllosen Praxis- und Rechenbeispiele sind insbesondere geeignet, um das erarbeitete Wissen in die Praxis zu übertragen. Tipps und Tricks, die zur Identifizierung „stiller Reserven“ in der Kalkulation eines Lieferanten führen können, sind Bestandteil eines praxisgerechten Konzeptes. 14

Auf Grund aktualisierter und ergänzter Beispiele, überarbeiteter und modernisierter Textbausteine sowie ergänzender Ausführungen zu einigen relevanten Know-How-Stichworten hofft der Verfasser, dem verständlichen Anspruch der interessierten Leser/-innen entsprechen zu können. Für Verbesserungsvorschläge jeder Art bin ich sehr dankbar. Prof. Dr. H. Hartmann Im Sommer 2019

15

1.

Elementare Einflussfaktoren auf das Verhandlungsergebnis

Es steht außer Zweifel, dass fundiertes und umfassendes Fachwissen eines Einkäufers die Aussichten verbessert, im konkreten Fall von Preisverhandlungen die eigenen Zielsetzungen durchzusetzen. Dazu sind warengruppenspezifische und detaillierte Kenntnisse der 

Märkte und Vormärkte



Technologien und Fertigungsverfahren



Lieferanten und Dienstleister



Preise und Kostenstrukturen

erforderlich. Der professionelle Einkäufer muss darüber hinaus im Sinne von KVP um eine stetige Aktualisierung und Verbesserung seines Knowhows bemüht sein, um als unternehmerische Funktion seiner Gewinnverantwortung gerecht werden zu können. „Wissen“ ist bekanntlich „Macht“, aber „Weisheit schützt vor Torheit nicht“. Töricht wäre es beispielsweise anzunehmen, dass die Kenntnis kalkulatorischer Verfahren den Verhandlungserfolg bereits garantiert. Es sind in der Einkaufspraxis eine Reihe elementarer, d. h. grundsätzlicher Einflussfaktoren zu beachten, die es erforderlich machen, Fachwissen gezielt „unter Abwägung aller Bedingungen“ einzusetzen. Dabei handelt es sich vor allem um (1) unternehmensspezifische Rahmenbedingungen (2) einkaufsspezifische Rahmenbedingungen (3) situationsbedingte Rahmenbedingungen (4) kulturelle Rahmenbedingungen. Es kann nicht strittig sein, dass Einkäufer ihr kalkulatorisches Wissen gezielt und systematisch einsetzen müssen, um den damit verbundenen Aufwand in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen zu halten und um gleichzeitig die identifizierten Einsparungspotenziale maximal auszuschöpfen. Die Ökonomie der Verhandlungsvorbereitung muss in jedem Fall gewahrt bleiben! 16

Das Einkaufsvolumen und die Preise der zu verhandelnden Artikel sind in erster Linie die Parameter zur Abgrenzung des Wesentlichen vom Unwesentlichen. In diesem Zusammenhang sind aus der ABC- und Portfolio-Analyse abgeleitete Erkenntnisse und Normstrategien richtungsweisend für ein klar definiertes Kostensenkungsprogramm. So decken preisanalytische Untersuchungen von C-Teilen (z. B. Kondensatoren, Widerstände, Kunststoffkleinteile) wohl kaum nennenswerte Einsparungsmöglichkeiten auf, sie sind mit den Worten eines Einkaufsleiters aus preislicher Sicht „Krimskram“. Für geringwertige Artikel sind in erster Linie Strategien und Maßnahmen zu verfolgen, die zur Optimierung der Beschaffungsprozesse führen. An bestimmten Kriterien kann der Einkäufer seine Entscheidung für oder gegen eine umfassende und intensive Vorbereitung auf Preisverhandlungen festmachen. Dabei muss er die nachfolgend beispielhaft skizzierten unternehmens- und einkaufsspezifischen sowie situationsbedingte und kulturelle Rahmenbedingungen beachten, ohne sich hinter diesen zu verstecken, indem er sie möglicherweise als Alibi für seine kostentheoretische und -rechnerische Ignoranz verwendet. Im Übrigen müssen Rahmenbedingungen nicht auf Dauer angelegt sein, insbesondere wenn sie „hausgemacht“ sind. Für geringwertige Artikel gilt es in erster Linie, adäquate IT-Lösungen umzusetzen, die zur Optimierung der Beschaffungsprozesse führen, so dass die Mitarbeiter/-innen mehr Zeit für wertschöpfende Aktivitäten haben. Generell wird mit der Automatisierung und Digitalisierung der internen und externen Prozesse durch künstliche Intelligenz (KI) und Lieferanten-Apps das Ziel verfolgt, den Einkauf als belastbaren Service- und Verhandlungspartner zu etablieren. „Blindleistungen“ in der Form nicht notwendiger oder unnötiger Aktivitäten sind in jedem Fall zu vermeiden! 1.1

Unternehmensspezifische (grundlegende) Rahmenbedingungen

Im Wesentlichen kann es sich dabei um die nachfolgend aufgelisteten Einflussfaktoren handeln: 

Unternehmenspolitik und -strategien



Aufbauorganisation und hierarchische Einbindung des Einkaufs



Einkaufsgrundsätze und -richtlinien 17



Informations- und kommunikationstechnologischer Support



Personalkapazität.

Es ist erkennbar, dass die unternehmensspezifischen grundlegenden Rahmenbedingungen in der Regel längerfristig Bestand haben. Sie beruhen auf Grundsatzentscheidungen, die im Normalfall kurzfristig nicht umgeworfen werden und nur marginale Abweichungen zulassen. Daraus folgt: Der Einkäufer muss die grundlegenden Rahmenbedingungen „mehr oder weniger“ als gegeben hinnehmen, sollte jedoch aktuelle Herausforderungen aufgreifen, wie sie sich auf Grund zunehmender Globalisierung und Digitalisierung sowie potenzialorientierter Nutzung von KI und IT ergeben. Wenn seitens der Geschäftsführung die Entscheidung für die Umsetzung für Industrie 4.0 und den Digitalentransformationsprozess gefallen ist, sollten Führungskräfte des Einkaufs in der Lage sein im Dialog mit den Nachbarfunktionen Ideen und Vorschläge einzubringen und einen „internen Mehrwert“ zu schaffen.1) Insbesondere von den organisatorischen Rahmenbedingungen ist es neben der vorhandenen Personalkapazität und -qualität abhängig, ob und inwieweit der Einkäufer schwerpunktmäßig als Bestellabwickler oder als Marketingstratege2) – und damit auch als Preisanalytiker und Wertschöpfungspartner – fungieren kann. Eine arbeitsteilige Organisationsstruktur – wie sie in Abbildung 1 dargestellt ist – kann in dieser Beziehung als optimaler Lösungsansatz angesehen werden.3)

1) 2) 3)

18

Vgl. Bräkling, Elmar, Einkauf der Zukunft: „Viel mehr als bloße Prozessabwicklung“, in: Beschaffung aktuell, Leinfelden, November 2018, S. 16 ff. Siehe vom Verf., Modernes Einkaufsmanagement – Global Sourcing – Methodenkompetenz – Risikomanagement, 3. Auflage, Gernsbach 2018, S.18. In dem in Abbildung 1 wiedergegebenen Praxisbeispiel einer zeitgemäßen Organisationsstruktur des Einkaufs sind dem operativen Einkauf alle beschaffungslogistischen Aufgaben der Bestellabwicklung, Materialdisposition und der Warenvereinnahmung zugeordnet. Damit ist der operative Einkauf eindeutig verantwortlich für die optimale Versorgung der internen Bedarfsträger (Kunden).

Abbildung 1:

1.2

Optimierte Organisationsstruktur des Einkaufs (Praxisbeispiel)4)

Einkaufsspezifische Rahmenbedingungen

Im Rahmen eines modernen Einkaufsmanagement sind Führungskräfte im strategischen Einkauf zunehmend gefordert, als Supply Chain Manager (SCM) zu agieren. Deutet sich damit ein verändertes Rollenverständnis an? Anscheinend breitet sich der SCM-Bazillus in manchen Chefetagen ebenso wie die Fiktion eines „Homodigitales“ aus. Wandelt sich mit der Forderung nach digitaler Kompetenz im Einkauf das an die Mitarbeiter/-innen zu stellende Anforderungsprofil vom Marketingzum IT- und KI-Spezialisten?

4)

Siehe ausführlich dazu vom Verf., Modernes Einkaufsmanagement, a. a. O., S. 36 f.

19

Das begriffliche Treibhausklima verstellt die Sicht auf das Wesentliche. Es sollte in erste Linie darum gehen, den strategischen Einkauf als Preisanalytiker und Wertgestalter im Unternehmen zu positionieren um allen Beteiligten das notwendige Selbstbewusstsein zu geben. Es geht darum, nach Innen und nach Außen ein eindeutiges Erscheinungsbild des strategischen Einkaufs – und das gilt insbesondere für kleinere mittelständische Unternehmen für den Einkauf in seiner Gesamtheit – zu schaffen. Und dieses nicht durch situative und sporadisch auftauchende Wissenselemente zu vertuschen oder zu verdrängen5). Vor diesem Hintergrund ist das strategische Management gefordert, die Geschäftsführung und die unternehmensinternen „-Sparringspartner“ davon zu überzeugen, dass es sich „lohnt“, den Einkauf zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt in Grundsätzliche Entscheidungsprozesse und in Neuinvestitionsprojekte einzubinden. Allerdings ist es auch eine Frage der Personalqualität, ob und inwieweit sich der Einkauf nach Innen uns nach Außen als eine mehrwertschaffende Funktion präsentieren kann. Insbesondere in kleineren mittelständischen Unternehmen, bietet die in der Regel äußerst geringe Anzahl von im Einkauf tätigen Mitarbeitern/-innen nicht die Möglichkeit zu einem klaren organisatorischen Splitting in strategische und operative Aufgabenbereiche. Die Sicherstellung der Versorgung hat absolute Priorität, so dass für die Wahrnehmung der in Abbildung 1 aufgeführten strategischen Aufgaben kaum Zeit bleibt.

5)

20

Siehe vom Verf., Der strategische Einkauf braucht ein eindeutiges Erscheinungsbild, in: Beschaffung aktuell, Leinfelden, Oktober 2018, S. 83.

Darüber hinaus ist im Einzelfall eine Antwort auf die Fragestellung zu finden, ob und wie weit sich Mitarbeiter/-innen beim Einkauf indirekter Materialien6) und Dienstleistungen für die aufwandsintensive Abwicklung Zeit nehmen müssen. Dabei handelt es sich im Sinne der ABC-Analyse durchweg um äußerst geringwertige Artikel, d. h. um sog. C-Artikel, für die Bedarfe sporadisch oder kontinuierlich anfallen. Während man davon ausgehen kann, dass sich in diesen Fällen Preisverhandlungen kaum als lohnend erweisen, da Aufwand und Nutzen in keinem vertretbaren Verhältnissen stehen schlummern in den kalkulatorisch auch zu erfassenden Prozesskosten erhebliche Einsparungspotenziale. Um diese auszuschöpfen, verfolgen Unternehmen im Rahmen eines global ausgelegten C-Teile-Managementkonzepts je nach Branche, Unternehmensgröße und -politik effizienzsteigernde Strategien. Beispiele dafür sind: – Entwicklung vom Einzelteil zum Modul (sog. Modularisierungsstrategien) – Einschaltung leistungsfähiger Dienstleister (sog. Outsourcingstrategien)7) – Bedarfsbündelung und Konsolidierung der Lieferantenanzahl (sog. Konzentrationsstrategien) – Implementierung von E-Tools z. B. E-Procurement und E-Kataloge (sog. elektronische Implementierungsstrategien im Rahmen der dritten Industriellen Revolution).

6)

7)

Den indirekten Materialien werden Hilfs- und Betriebsstoffe hinzugezählt – während Hilfsstoffe (Beispiele dafür sind Schrauben, Nägel, Unterlegscheiben, Klebstoffe, Farben und Lacke) als unwesentlicher Bestandteil in das Produkt eingehen, werden Betriebsstoffe (z. B. Benzin, Heizöl, Schmiermittel und Kühlwasser) im Verlauf des Produktionsprozesses verbraucht. Den Betriebsstoffen zugerechnet werden u. a. auch Büromaterial und die Vorräte für die Werksküche. – Kalkulatorisch werden Hilfs- und Betriebsstoffe als Gemeinkosten erfasst und damit den Kostenstellen (z. B. Produktion, Entwicklung und Vertrieb), in denen sie verwertet oder verbraucht wurden zugeordnet. Bei der Auswahl von Dienstleistungsunternehmen ist – Berichten aus der Einkaufspraxis folgend – die Unsicherheit über deren wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit überwiegend groß. Vor dem Eintritt in Vertragsverhandlungen stellt sich daher die Frage, welche Informationen und Kriterien erforderliche sind um die Qualität der angebotenen Dienstleistung, beurteilen zu können, zumal der Einkauf daran interessiert ist, ob diese „ihren Preis“ wert ist. – Siehe dazu im Einzelnen Sorge, Georg, Einkauf von Dienstleistungen: Prozesse optimieren – Potenziale ausschöpfen, Gernsbach 2012, S. 105 ff.

21

Trotz der beispielhaft aufgezeigten Implementierung effizienzsteigernder Konzepte bleibt die Frage nach einer sinnvollen organisatorischen Lösung des indirekten Einkaufs vielfach in Unternehmen nach wie vor unbeantwortet. Nicht zu unterschätzende Heterogenität der Bedarfe und stark schwankende Bedarfsmengen sowie die Forderung nach kurzen Durchlauf- und Reaktionszeiten tragen offensichtlich dazu bei, dass der häufig als nicht notwendiges Übel abgewertete indirekte Einkauf nicht zentral z. B. vom operativen oder technischen Einkauf wahrgenommen wird. Obwohl der indirekte Einkauf im unternehmensinternen Transformationsprozess eine wesentliche Rolle spielt verharrt er durchweg in einem stark fragmentierten Zustand. Mit anderen Worten: die Bedarfsträger, die sich vor allem in der Produktion, Entwicklung und im Vertrieb befinden, sind in der Regel zugleich Besteller und Abwickler (Maverick Buying). Unternehmen sind daher nach wie vor gefordert, die Prozesskosten nachhaltig zu reduzieren. Dazu kann bei kontinuierlich anfallenden Bedarfen eine robotergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA) einen entscheidenden Beitrag leisten, weil sie unabhängig von den in Unternehmen vorhandenen Softwarelösungen einzusetzen ist.8) Bei konsequenter Umsetzung von RPA werden Personalkapazitäten freigesetzt, die nunmehr – das sollte zumindest die Zielrichtung sein – für die Wahrnehmung höher wertiger Aufgaben zur Verfügung stehen. Gleichwohl ist es – neben den zu beachtenden situativen Rahmenbedingungen – auch eine Frage der Personalqualität ob und inwieweit die Mitarbeiter/-innen im strategischen Einkauf Ihre Rolle als wertschöpfende Marketingstrategen ausspielen können. Bei Beachtung der persönlichen Neigungen und erworbenen Fähigkeiten sollte der Spruch, dass sich „der richtige Mann am richtigen Arbeitsplatz befindet“ der Realität zumindest nahe kommen. Das nachfolgende in Anlehnung an einen Praxisfall auszugsweise wiedergegebene Beispiel bietet in dieser Hinsicht einige Ansatzpunkte:

8)

22

Siehe Anslinger, Tobias, Runter mit den Prozesskosten, in: Beschaffung aktuell, Leinfelden Januar 2019, S. 38.

Beispiel 1: Anforderungsprofil an eine Führungskraft im strategischen Einkauf für Fertigungsmaterial (Praxisbeispiel) In einem markführenden Unternehmen (OEM) soll der Leiter des strategischen Einkaufs für Fertigungsmaterial nachstehenden Anforderungen entsprechen: 

Berufliches Fachwissen – Schule und Berufsausbildung – Studium der betriebswirtschaftlichen Ingenieurwissenschaften – Zusatzqualifikation: Fachkaufmann Einkauf / Materialwirtschaft / Logistik oder vergleichbarer Abschluss



Berufserfahrung – 5-10 Jahre in leitender Position im Einkauf / Materialwirtschaft / Logistik



Personalverantwortung – Führen und steuern durch Zielvereinbarungen



Organisationskompetenz – Aufgabenverteilung und Zielsetzung der Stelleninhaber/-innen – Interdisziplinäre Teamorganisation und -führung



Fremdsprachenkenntnisse – Englisch verhandlungssicher – Grundkenntnisse in zumindest einer weiteren Fremdsprache



Anwendung modernen Informationstechnologien – Prozesskompetenz – Optimierte Informationsverwertung

Ersichtlich ist: Die Führungskräfte im strategischen Einkauf sollten – wie auch von Einkäufern/-innen mit Kostenverantwortung – über ein fundiertes betriebswirtschaftliches Fachwissen verfügen. Sie müssen nicht die besseren Techniker/-innen sein, aber ein Grundverständnis für neue Technologien besitzen und deren Anwendung – wie z. B. der Unterstützung bei der Anwendung von KI bei der Kosten- und Risikoanalyse nicht – „im Wege stehen“!

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Kann man sich vorstellen, dass die vierte industrielle Revolution9) zum Einsatz elektronischer Verhandlungsmaschinen führt? In jedem Fall ist das Management des strategischen Einkaufs gefordert, sich im Dialog mit dem jeweiligen Fachbereich und als Mitglied funktions- und unternehmensübergreifender Teams sowie in Verhandlungen mit strategisch wichtigen Lieferanten und Dienstleistern sich der Entwicklung nicht entziehen. Neben der wirtschaftlichen und – in Abhängigkeit von der jeweiligen Branche – technischen Kompetenz sind bei der Stellenbesetzung im strategischen Einkauf insbesondere noch die nachstehen aufgelisteten Fähigkeitsmerkmale zu beachten: 

Kommunikation, gekennzeichnet durch Offenheit, Aufrichtigkeit und Vertraulichkeit



Kooperation, gekennzeichnet durch Teamfähigkeit, sowie Verständnis für Ansichten anderer und Respekt für Sitten und Gebräuche fremder Kulturen



Kompromissbereitschaft10), gekennzeichnet durch Flexibilität im Denken und Handeln verbunden mit dem Ziel, eine Win-Win-Situation herbei zu führen



Kreativität, gekennzeichnet durch Ideenmanagement verbunden mit dem Ziel eine Wertverbesserung/Wertsteigerung des Produktes zu initiieren

Was ist zu tun, wenn in der Einkaufspraxis Anspruch und Wirklichkeit auseinander klaffen?

9)

Unter vierter industrieller Revolution versteht man die autonome Kommunikation von Maschine zu Maschine. Klassische Vertreter der dritten industriellen Revolution sind elektronische Kataloge und elektronische Kanbans. 10) Kompromissbereitschaft setzt Kooperations- und Kommunikations- bzw. Dialogfähigkeit sowie unverkennbaren Willen voraus, dass zwischen den Verhandlungspartnern trotz auseinanderklaffender Ansichten und Zielvorstellungen ein für beide Seiten faires Verhandlungsergebnis erzielt wird. Es sollte weder Sieger noch Verlierer geben! Insofern ist Kompromissbereitschaft nicht als Ausdruck der Schwäche sondern der Stärke zu interpretieren. Sog. „faule“ Kompromisse kommen aus der Sicht des Einkaufs in erster Linie dann zu Stande, wenn ein David-GoliathVerhältnis besteht und die Lieferanten ihre Marktmacht oder monopolartige Position konsequent ausnutzen.

24

In solchen Fällen sollten Hektik und blinder Aktionismus nicht angesagt sein. Vielmehr sollten im Unternehmen organisatorische Kompetenzen auch in der Weise gegeben sein, dass eine strategisch ausgerichtet Personalplanung kontinuierlich und gezielt Weiterbildungsmaßnahmen – sowohl für im strategischen als auch im operativen Bereich tätige Mitarbeiter/-innen – in die Wege leitet. Diese sollten zum Ziel haben, einerseits Wissensdefizite – z. B. in den Bereichen Kalkulation und interaktive Kommunikation auszugleichen und andererseits in zukunftsweisenden Themen – wie z. B. die Rolle des Einkaufs bei der Umsetzung von Industrie 4.0 – einzuführen. Die Initiative zur Teilnahme an Fachseminaren, Zertifikatslehrgängen oder Fremdsprachenkursen kann auch von Mitarbeitern/-innen des Einkaufs ausgehen, die motiviert und gewillt sind, ihre selbsterkannten Bildungs- oder Wissensdefizite auszugleichen oder ihre Position zu verbessern. letztendlich geht es darum, dass eigene Selbstwertgefühl zu verbessern, in dem der Einkauf als eine Funktion wahrgenommen wird, die Nutzen stiftet und von anderen Abteilungen sowie von Lieferanten als kompetenter Gesprächspartner wahrgenommen wird. Nicht verkannt werden sollte: Die Aussage „man lernt nie aus“ ist als kontinuierlicher Lernprozess zu interpretieren, an dem vom Lieferanten bis hin zum Kunden alle Supply Chain Manager beteiligt sein sollten! Ein fundiertes sowie funktions- und unternehmensübergreifendes Wissensmanagement spiegelt sich in den Zielgrößen 

„Wissen mehren“ und



„Wissen teilen“

wider.11) 1.3

Situationsspezifische Rahmenbedingungen

Im Wesentlichen kann es sich dabei um die nachfolgend aufgelisteten Einflussfaktoren handeln: 

Konjunkturelle Situation (allgemein und in der Branche)



Wettbewerbssituation (Marktform)

11) Siehe Lorenzen / Krokowski, Einkauf: Studienwissen kompakt, Wiesbaden 2018, S. 207.

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Beschäftigungssituation beim Lieferanten (Auslastung, Auftragsbestand)



Markt-Machtverhältnisse (Goliath-David-Syndrom)



Dringlichkeit des Bedarfs



Technische Vorgaben



Vertragsbindungen.

Die situationsbedingten Rahmenbedingungen sind dadurch charakterisiert, dass sie „von Fall zu Fall“ hinsichtlich Ausmaß und Intensität variieren und in ihrer Gesamtheit nicht als Konstante aufgefasst werden können. Daraus folgt: Der Einkäufer sollte sich zwar im Vorfeld um eine bestmögliche Ausgangssituation für anstehende Preisverhandlungen bemühen, muss jedoch in der Regel situationsbedingte Rahmenbedingungen als gegeben hinnehmen. Gleichwohl ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Einkauf in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmensfunktionen, insbesondere mit dem Verkauf, der Produktion und der Entwicklung, situationsbedingte Verhandlungsrestriktionen in ihrem Ausmaß reduzieren kann, soweit diese intern bedingt sind und die unternehmenspolitischen Ziele und Strategien den dafür erforderlichen Handlungs- und Entscheidungsspielraum ermöglichen. Letztendlich ist auch der Einfluss persönlicher Elemente, wie die Persönlichkeitsstruktur (Glaubwürdigkeit, Kompetenz, soziales Verhalten) und „die Macht des ersten Eindrucks“ auf den Ablauf von Preisverhandlungen nicht zu unterschätzen. Zwar darf das Argument, die „Chemie“ unter den Verhandlungspartnern sollte stimmen, nicht überstrapaziert, aber auch nicht völlig in Abrede gestellt werden. So führen die Erfahrungen der Praxis zu der Aussage: „All business is personal business.” 1.4

Kulturelle Rahmenbedingungen

Bereits in unserer eigenen Kultur ist die Kommunikation kompliziert und komplex. Im internationalen Vergleich verstärkt sich diese Problematik 26

um ein vielfaches. Der althergebrachten Aussage „andere Länder, andere Sitten“ ist mit zunehmender Globalisierung der Geschäftsprozesse verstärkt Beachtung zu schenken. Denn jede Kultur hat ihre Besonderheiten. Missverständnisse sind vorprogrammiert, wenn jeder Verhandlungspartner durch seine „eigene Brille“ schaut. Um zu verhindern, dass Verhandlungen und / oder Geschäftsbeziehungen an respektlosen Verhandlungsweisen scheitern, ist es für den internationalen Einkauf zwingend erforderlich, die Mentalität und Geschäftskultur fremder Länder und ihrer Bewohner zu verstehen. Dabei ist es keineswegs eine Frage der eigenen Souveränität, sondern des Respekts und Verständnisses für andersartige Verhaltensweisen. Auch wenn diese in manchen Fällen „eigenartig“ und „befremdend“ wirken. Bei internationalen Verhandlungen ist die Sprache ein wichtiger Aspekt. Zweifellos ist Englisch heutzutage die Sprache des internationalen Buisiness. Insbesondere für international tätige Facheinkäufer/-innen sind daher fundierte Englischkenntnisse ein Muss. Im Normalfall spielen im internationalen Buisiness Landessprachen keine Rolle. Ein Muss für jeden Facheinkäufer ist auch darin zu sehen, der „Macht des ersten Eindrucks“ durch ein der Situation jeweils angepasstes äußeres Erscheinungsbild gerecht zu werden. Darüber hinaus sind im Rahmen der Vorbereitung auf Verhandlungen von den jeweils zuständigen Facheinkäufern/-innen die sich in Sitten und Gebräuchen widerspiegelnden Besonderheiten eines jeden Landes zu erfassen. Die nachfolgenden Beispiele zu länderspezifischen Begrüßungsritual und Tischmanieren illustrieren die Notwendigkeit dieser Aufgabenstellung: 

Eine der wichtigsten Sitten ist in Japan das Begrüßungsritual. Besucher müssen sich beim Begrüßen ebenso tief verbeugen wie der Gastgeber. Sollte dies nicht der Fall sein, sieht der Gastgeber es als Demütigung an. Wenn man anschließend das Haus betritt, auf keinen Fall vergessen, die Straßenschuhe abzulegen, denn die Japaner lieben ihre Böden sauber. Die Japaner trennen streng zwischen „reinen“ und „unreinen“ Orten.



Chinesische Tischsitten: Wer eine Reise nach China plant, sollte vorgewarnt sein, denn dort sind die Sitten vollkommen entgegengesetzt zu denen der Deutschen. In China ist es gang und gäbe, am Tisch zu schmatzen, zu schlürfen oder sich sogar die Nase zu putzen. Bei uns in Deutschland kaum vorstellbar, doch in China sind die aus unserer Sicht unmöglichen Tischmanieren ein Zeichen von Respekt und Höflichkeit. 27

Man kann wohl von der Annahme ausgehen, dass ein respektloses Fehlverhalten die Grundstimmung zwischen Verhandlungspartnern in der Regel ungünstig beeinflusst. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Reaktion auf einen derartigen Umstand nicht einhellig erfolgen muss. Denn was für den Einen innerhalb tolerierbarer Grenzen liegt, bedeutet für einen anderen eindeutig einen nicht mehr zumutbare „Grenzüberschreitung“. Fest steht: Im Internationalen Einkauf sind die Mitarbeiter/-innen gefordert, neben ihrem Fachwissen Kompetenz im respektvollem Umgang mit anderen Menschen zu beweisen. Dabei könnte eine Trennung der menschlichen von der sachlichen Ebene sich als wirksames Element erfolgreicher Verhandlungen – evtl. – langfristiger Wertschöpfungspartnerschaften erweisen. Auch wenn die „Chemie“ zwischen den Verhandlungspartnern stimmt, kulturelle Unterschiede, die zwischen ihnen bestehen könnten, sollten nicht unbeachtet bleiben. Dieser Gesichtspunkt hat mit zunehmender Globalisierung und dem hohen Anteil zugekaufter Wertschöpfung am Umsatz auch mittelständischer Unternehmen an Bedeutung gewonnen. Dabei spielen Unterschiede in der Sprache einzelner Nationen / Bevölkerungsgruppen eine kaum eindeutig nachvollziehbare Rolle. Es stellt sich in diesem Zusammenhang für die betroffenen Verhandlungspartner/-innen im Einkauf auch nicht die Aufgabe, nach den Ursachen zu forschen, auf die ausgeprägte kulturelle Eigenarten zurückzuführen sind. Der Tatbestand ist nicht nur hinzunehmen sondern zu verinnerlichen. Wenngleich der Verhandlungserfolg letztendlich davon abhängig ist, ob die Verhandlungspartner im Bereich der Hard-Facts eine Übereinstimmung bzw. einen für beide Seiten vertretbaren Kompromiss gefunden haben, so sollte das „Verhandlungsklima“ nicht dadurch gestört werden, dass unumstößliche Verhaltensnormen unbeachtet bleiben. Als typische Störfaktoren können beispielhaft in Betracht kommen: 1.5

Professionelle Vorbereitung auf Preisverhandlungen Einkäufer und Verkäufer im Gleichschritt



Es kann keineswegs überraschen, dass Einkäufer und Verkäufer sich intensiv auf wichtige Verhandlungen vorbereiten und die Marschroute festlegen, um nach Möglichkeit das festgelegte Verhandlungsziel aus der 28

Sicht des jeweiligen Verhandlungspartners zu erreichen. Im Rahmen inner- und überbetrieblicher Schulungen werden von Mitarbeitern beider Fachrichtungen Szenarien durchgespielt und taktische Verhaltens- und Vorgehensweisen trainiert. Wenn in der heutigen Zeit Taktik als planmäßiges Vorgehen und nicht als Kunst der Kampfführung in der Verhandlung verstanden wird, so ist der Einsatz von guten Taktiken doch ein wichtiges Element der Verhandlungsführung. Strategisches Verhandeln bedeutet, dass bei der Planung einer Verhandlung – unabhängig davon, ob es sich um eine interne oder externe handelt – Rahmen und Richtung des Verhandlungsgesprächs festgelegt und von vornherein alle Faktoren, die das Gespräch beeinflussen könnten, mit einbezogen werden. Der strategisch agierende Einkäufer legt die eigene Grundrichtung (Ziele) fest, wenn möglich schriftlich, knapp und eindeutig. Beide Verhandlungspartner möchten als gute Verhandlungsführer aus der Verhandlung gehen und ein positives / faires Ergebnis präsentieren. Da die dauerhafte Beziehung in der Regel wichtiger ist als ein einmaliger Erfolg, ist strategisches, langfristiges Denken und Handeln angesagt. Optimal ist ein Verhandlungsergebnis, wenn beide Seiten als Gewinner daraus hervorgehen. Daher ist nach Möglichkeit ein Verhandlungsergebnis anzustreben, das der jeweilige Verhandlungspartner mitträgt, weil auch er „gewinnt“. Ziel sollte ein „Win-Win-Ergebnis“ sein. Wichtige Bestandteile der Verhandlungsvorbereitung sind die sachlichen und organisatorischen Voraussetzungen und die Einstellung auf die Personen bzw. das Team des Verhandlungspartners. Hilfreich kann hierfür die Erstellung einer Checkliste oder eines „Fahrplans“ sein. Die nachstehenden Beispiele bieten dazu einen Einblick. 1.5.1 Verhandlungsvorbereitung und -führung der Einkäufer Für Einkäufer könnten die taktischen Verhandlungsschritte u. a. wie folgt beschrieben werden, wobei im Einzelfall die Fähigkeit zur flexiblen Vorgehensweise gegeben sein sollte:

29

1.

Wichtige Verhandlungen vorher durchspielen. Ein- und Ausstiegslinien festlegen – sachlich und persönlich!

2.

Verkäufer an der Ehre (Befugnisse: Sie haben was zu sagen!) packen.

3.

Verhandlungen mit der Reklamation einleiten, Schuldkomplex aufbauen.

4.

Die eigene Bedeutung und Kaufkraft unterstreichen und Zukunftsaussichten entwickeln.

5.

Den anderen sprechen lassen, Redefluss in Gang halten, Verhandlungspartner verausgabt sich oder sagt zu viel.

6.

Nie alle Trümpfe ausspielen, immer etwas in Reserve halten.

7.

Den Verkäufer durch zähe Verhandlungen mürbe machen.

8.

Mit Punkten beginnen, bei denen eine rasche Einigung möglich ist. Euphorie wecken für Zugeständnisse.

9.

In kleinen Dingen Zugeständnisse machen, um dafür bei wichtigen Punkten mehr zu erreichen.

10. Gemachte Zugeständnisse immer wieder erwähnen und darauf hinweisen, dass man vom Anderen auch solche erwartet. 11. Konzessionen nie zu früh. Je härter die Position verteidigt wird, umso wertvoller erscheint dem Gegenüber das gemachte Zugeständnis. 12. Bedauernd: Kein Präzedenzfall sei zu machen. („Wir können uns in diesem Fall nicht auf die Klärung von Grundsatzfragen einlassen, da hier eine besondere Situation vorliegt.“) 13. Wünsche mit Salamitaktik vortragen: Scheibchenweise! 14. Zustimmung nur unter Vorbehalt geben, um so ein Druckmittel in der Hand zu behalten. (Diese Taktik ist mit Vorsicht zu wählen, da Glaubwürdigkeit, Kompetenz und Befugnis der verhandelnden Einkäufer infrage gestellt werden könnten!) 15. Eigene Forderungen herunterspielen. 16. Notfalls auch eine Verhandlung scheitern lassen. Verhandlungsgeschick und Einfühlungsvermögen des Einkäufers hängen oft von der Einfühlung in die Situation des Verkäufers ab. Hierzu ist die Kenntnis über die Hintergründe des Verkaufsgesprächs, die Verhandlungsstrategie und -taktik beim Verkauf wichtig. Dies kann z. B. mit der Schulung in den Methoden der Verkäufer erfolgen. 30

1.5.2 Verhandlungsvorbereitung und -führung der Verkäufer Eine Konditionenverhandlung könnte vom Verkäufer / Lieferanten u. a. wie folgt eingeleitet werden: 

Verstehe ich Sie richtig, dass wir uns im Prinzip einig sind … bis auf den Preis?



Wenn Sie also – ohne den Preis berücksichtigen zu müssen – zu entscheiden hätten, Sie würden kaufen?



Nehmen wir einmal an, ich könnte einen Nachlass geben, der Ihren Vorstellungen entspräche, dann wären wir uns heute einig?



Ich sehe da eine Chance, aber da brauche ich Ihre Unterstützung (nachdenklich).



Wenn ich für Sie eine Forderung durchsetzen soll, kann ich nicht mit leeren Händen kommen. Können Sie z. B. die gesamte Menge auf einmal abnehmen?



Einverstanden, dann werde ich für Sie X-Euro Nachlass durchsetzen (ohne Pause, aber mit festem Blick weiter), kann die Ware noch im Mai an Sie abgehen oder erst im Juni?

Auf das Argument „zu teuer“ sind in der Regel die Verkäufer vorbereitet, die Taktik läuft darauf hinaus, die Problematik herunterzuspielen und die Situation zu entgiften. Was aus Sicht der Verkäufer als Begründung „gut ankommt“:12) 

Auch wir könnten dieses Produkt billiger herstellen, doch da müssten wir gerade da sparen, wo es für Sie nachteilig wird, z. B. …



Die Sicherheit eines … ist nicht billig, was Sie aber dadurch gewinnen, ist unbezahlbar, nämlich …



Was ein … leistet, erkennen Sie nicht am Preis!



Eben weil Sie den Preis so kritisch sehen, ist für Sie die Leistung so wichtig. Hier bekommen Sie …



Ich spreche gerne über Preise, denn es ist leichter einmal die Gründe unserer Preise zu erklären, als immer wieder Reklamationen eines billigen Produktes entgegennehmen zu müssen!

12) Leitlinien aus einer unternehmensinternen Verkäuferschulung.

31



Sie sind nicht so reich, dass Sie sich ein billiges Produkt leisten können, denn …



Preis gut – alles gut!

„Tödlich“ ist beispielsweise nachfolgender Satz, mit dem der Verkäufer das „zu teuer“ grundsätzlich nicht begründen sollte: „Es war schon immer etwas teurer, einen guten Geschmack zu haben.“

32

2.

Grundlagen und Grundtatbestände zielführender Einkaufskalkulation

Aufgrund der Gewinnverantwortung des Einkaufs ist das Managen der Kosten und Preise als Kernaufgabe der in diesem Bereich tätigen Mitarbeiter anzusehen. Diese sind gefordert, Einsparungspotenziale zu identifizieren und systematisch auszuschöpfen. Das setzt u. a. 

die kritische Analyse der Bedarfe (Sachnummer) und der Lieferanten mit dem Ziel ihrer Reduzierung / Konzentration



die Integration des Einkaufs in den Produktentstehungs- und -entwicklungsprozess



ein innovatives Partnering mit strategisch wichtigen Lieferanten13) und



eine intensive Vorbereitung auf Preisverhandlungen vor allem bei A-Teilen (Modulen, Systemen)

voraus. Auf das Argument „zu teuer“ sind die Gesprächspartner in der Regel vorbereitet. Wesentlich effektiver ist die sachlich geführte Preisdiskussion auf der Basis kostentheoretischer und kalkulatorischer Kenntnisse und Erkenntnisse. Dabei muss vom Einkäufer erwartet werden, dass er sich auf die jeweils spezifische Verhandlungssituation einzustellen vermag und zum richtigen Zeitpunkt auf das richtige kalkulatorische Tool zurückgreift! Allerdings ist stets zu beachten, dass der günstigste Preis nicht unbedingt auch den richtigen Preis darstellt. Darüber hinaus sind u. a. die Qualität der Teile, die Zuverlässigkeit des Lieferanten, seine Entwicklungsfähigkeit und Finanzkraft kritisch zu beurteilen. Daher sollte dem Einkauf und der Logistik ein umfassendes Lieferantenbewertungssystem, das eine kritische Analyse und Beurteilung der Lieferanten-Potenziale sowie eine permanente Bewertung seiner Lieferleistung ermöglicht,14) zur Verfügung stehen.

13) Siehe im Einzelnen vom Verf., Lieferantenmanagement: Gestaltungsfelder, Methoden, Instrumente, 2. Auflage, Gernsbach 2010, S. 83 ff. 14) Siehe im Einzelnen Hartmann / Orths / Kössel, Lieferantenbewertung – aber wie?, 6. Auflage, Gernsbach 2017, S. 102 ff.

33

Die Bewertungsergebnisse liefern dem Einkäufer wichtige Hinweise auf die Stärken und Schwächen eines Lieferanten, die er – wie aus der Checkliste im Anhang zu erkennen ist – u. a. auch im Rahmen der Vorbereitung auf Jahrespreisverhandlungen verwerten sollte. 2.1

Kostenrechnung als Teil des betrieblichen Rechnungswesens

Die Kostenrechnung ist der wesentliche Teil des so genannten internen Rechnungswesens. Das daneben bestehende externe Rechnungswesen umfasst die Finanzbuchhaltung, die insbesondere für Unternehmensexterne (Gläubiger, Anteilseigner, Finanzbehörden, …) Informationen aufbereitet und zur Verfügung stellt. In kleineren Unternehmen kann es durchaus sein, dass man sich auf diesen Teil des Rechnungswesens beschränkt und auf eine Kostenrechnung, die Informationen über das Betriebsgeschehen im engeren Sinne „realitätsnah“ und idealerweise zukunftsorientiert darstellen soll, verzichtet. Aber auch in Unternehmen mit einer ausgebauten, regelmäßigen Kostenrechnung stellt die Finanzbuchhaltung die zentrale Datenbasis für die Kostenrechnung dar. Ausgehend von den Informationen der Finanzbuchhaltung werden einige Positionen ausgegrenzt (z. B. betriebsfremder Aufwand), andere Positionen in die Kostenrechnung zusätzlich aufgenommen (z. B. kalkulatorischer Unternehmerlohn oder kalkulatorische Wagnisse) und weitere werden verändert angesetzt (z. B. Abschreibungen), um die einer Periode zuzuordnenden Kosten (= in Geldeinheiten bewerteter Ressourcenverzehr) darzustellen. Der größte Teil des in der Gewinn- und Verlustrechnung, also im externen Rechnungswesen, ausgewiesenen Aufwandes wird als Kosten unverändert in die Kostenrechnung übernommen.

34

Finanzbuchhaltung (Liefert die Datenbasis für die Kostenrechnung)

Kostenrechnungssystem Kostenartenrechnung Welche Kosten sind angefallen? Welche Produktionsfaktoren sind, in Geldeinheiten ausgedrückt, verbraucht bzw. in Anspruch genommen worden?

(Kostenträger-) Einzelkosten

(Kostenträger-) Gemeinkosten

direkt auf Kostenträger zuzuordnende Kostenarten, z.B. Materialkosten, Fertigungslöhne, Sondereinzelkosten des Vertriebs usw.

nicht direkt auf Kostenträger zuzuordnende Kostenarten, z.B. Raumkosten, Abschreibungen, Zinsen, Unternehmerlohn usw.

Kostenstellenrechnung Wo, in welchem Bereich sind die Kosten angefallen? Z.B. im Material-, Fertigungs-, Verwaltungs- oder Vertriebsbereich

Kostenträgerrechnung Wofür sind die Kosten angefallen? Wer ist Verursacher und damit Träger der Kosten? Z.B. Produkte, Produktgruppen, Kunden, Absatzgebiete usw.

Abbildung 2:

Teilbereiche des betrieblichen Rechnungswesens in ihrer Verknüpfung

In Abbildung 2 ist die Verknüpfung der Finanzbuchhaltung mit der Kostenrechnung dargestellt. Die Übersicht verdeutlicht zugleich, dass die Kostenrechnung aus den Teilbereichen (1) Kostenartenrechnung, (2) Kostenstellenrechnung und (3) Kostenträgerrechnung besteht. Der Wertefluss in seiner Struktur und Verknüpfung ist erkennbar.15) 15) Siehe grundlegend dazu Däumler, K. D. / Grabe, J., Kostenrechnung 1, Grundlagen, 11. Auflage, Herne/Berlin 2013, S. 86 sowie zur weiteren Vertiefung Andreas Schmidt, Kostenrechnung, 8. Auflage, 2017, Seite 40 ff.

35

(1) Kostenartenrechnung Nach der Aufbereitung der Informationen aus der Finanzbuchhaltung werden die Kosten in der Kostenartenrechnung systematisiert. Eine klassische Unterscheidung ist die sich an den eingesetzten Ressourcen orientierende Trennung in z. B. Materialkosten (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffkosten), Personalkosten (Lohn- und Gehaltskosten), Energiekosten, kalkulatorische Zinsen, kalkulatorische Abschreibung, Miete usw. Die Kostenartenrechnung gibt damit eine Antwort auf die Frage, welche Kosten in welcher Höhe in der zugrunde liegenden Abrechnungsperiode entstanden sind. Es sollte darüber hinaus – wie in diesem Kapitel noch näher erläutert – nach Möglichkeit beachtet werden: 

Bei einem Teilkostenrechnungssystem – der sog. Deckungsbeitragsrechnung – sollte die Trennung in fixe und variable Kosten erfolgen.



Weiterhin ist zu unterscheiden, ob die Kosten sich den Kostenträgern direkt zurechnen lassen (Einzelkosten) oder ob dieses nicht möglich ist (Gemeinkosten). Dabei sind die Kostenträger als eine abzusetzende Leistung, als ein Produkt oder eine Dienstleistung zu verstehen.

Zu beachten ist: 

Kalkulatorische Kosten führen entweder überhaupt nicht zu Ausgaben (z. B. kalkulatorische Abschreibungen) oder sind nur zum Teil ausgabewirksam (z. B. kalkulatorische Zinsen), so dass sie aus der Sicht der Einkäufer verhandelbar sind.



Begriffe wie Entwicklungs- oder Reparaturkosten sind nicht als „spezielle“ Kostenart zu interpretieren, sondern werden auf der Basis der für einen Auftrag oder im Rahmen eines Projektes angefallenen Kosten für Löhne, Material, Energie, etc. ermittelt.

(2) Kostenstellenrechnung Kostenstellen sind häufig deckungsgleich mit betrieblichen Funktionsoder Verantwortungsbereichen (z. B. dem Einkauf, der Produktion oder dem Verkauf). In der Kostenstellenrechnung werden die Gemeinkosten den Kostenstellen zugeordnet. Dies ermöglicht die Wirtschaftlichkeitskontrolle in den entsprechenden betrieblichen Bereichen. Mit anderen Worten: 36

Die Kostenstellenrechnung gibt Antwort auf die Frage, in welcher Höhe in welchen Kostenstellen Kosten, die den Kostenträgern nicht direkt zugerechnet werden können, in der zugrunde liegenden Abrechnungsperiode entstanden sind. Außerdem ermöglicht die Kostenstellenrechnung die Ermittlung der für die Zuschlagskalkulation (sog. Vorwärtsrechnung bzw. -kalkulation) wichtigen Zuschlagssätze, wie z. B. den Materialgemeinkostenzuschlagssatz. Zu beachten ist: 

Die Einrichtung von Kostenstellen setzt die Abgrenzbarkeit der kostenverursachenden Aktivitäten voraus.



Kostenstellenbudgets legen den Rahmen fest, über den die kostenverantwortlichen Mitarbeiter (z. B. Einkäufer und Verkäufer) verfügen können.

(3) Kostenträgerrechnung Zwei Teilbereiche kennzeichnen die Kostenträgerrechnung: 

Im Rahmen der Kostenträgerstückrechnung findet die Kalkulation der Verkaufspreise statt. Je nach Rahmenbedingungen des Unternehmens werden verschiedene Kalkulationsverfahren eingesetzt. Das typische Einsatzgebiet ist die Angebotserstellung, bei der – ausgehend von den erwarteten Kosten – der Angebotspreis bestimmt wird. Denkbar ist aber auch eine so genannte Rückwärtskalkulation bei der – ausgehend vom festgelegten Preis, der sich am Marktpreis oder an einem von einem Kunden vorgegebenen Preis im Sinne eines Target Pricing orientieren kann –, geprüft wird, welche Kosten in welcher Höhe entstehen dürfen (sog. Target Costing)16). Darüber hinaus wird die Kostenträgerstückrechnung in Form einer Nachkalkulation auch zur Kontrolle eingesetzt.



Der zweite Teilbereich der Kostenträgerrechnung ist die Kostenträgerzeitrechnung, die auch als Betriebsergebnisrechnung bezeichnet wird. Wie der Name schon andeutet, wird hier für eine Periode ermittelt, wie erfolgreich das Unternehmen gewesen ist. Die Kostenträgerzeitrechnung findet sinnvollerweise unterjährig (z. B. quartalsweise) statt und differenziert z. B. nach Kostenträgern und / oder z. B. Verkaufsgebieten.

16) Siehe ausführlich dazu die Ausführungen unter Ziffer 8.

37

Als Kostenträger können verkaufsfähige Leistungen wie die Fertigerzeugnisse, Halbfabrikate, Baugruppen (Module, Systeme), Einzelteile oder auch die Dienstleistungen eines Unternehmens in Betracht kommen. Zu beachten ist: 

Das Grundproblem der Kostenträgerrechnung ist in der verursachungsgerechten Zurechnung der Gemeinkosten zu sehen.



Die Kostenträgerrechnung schließt die Möglichkeit nicht aus, dass in der Kalkulation – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – „Gewinnanteile“ versteckt sind, insbesondere im Ansatz der nicht oder nur zum Teil ausgabewirksamen kalkulatorischen Kosten.

2.2

Kostentheoretische Grundlagen und Grundtatbestände der kalkulierten Kosten

Die zu kalkulierenden bzw. kalkulierten Kosten unterscheiden sich grundsätzlich hinsichtlich ihrer 

Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad und



Zurechenbarkeit zu den jeweiligen Kostenträgern (Produkten).

2.2.1 Kosten in Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad: fixe und variable Kosten Vergleicht man die Entwicklung der Kosten mit der Entwicklung der Beschäftigung (Auslastung) eines Unternehmens, so lassen sich die Kosten in zwei Kategorien aufteilen: (1) Fixe Kosten Kosten, die von der Entwicklung der Beschäftigung innerhalb gewisser Grenzen unabhängig sind. Sie werden fixe Kosten genannt. Mit anderen Worten: Fixe Kosten sind in ihrer Höhe unabhängig von dem Auftragsvolumen bzw. der zu produzierenden Menge an Produkten, d. h., z. B. bei Verdoppelung der Auftragsmenge fallen die fixen Kosten (mehr oder weniger) in gleicher Höhe an (vgl. Abbildung 3).

38

Abbildung 3:

Verlauf der fixen Kosten in Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad (Grafik)

Beispiele dafür sind: 

Gehälter



Abschreibungen



Mieten.

Zu beachten ist: 

Die Kosten sind nur innerhalb bestimmter Grenzen fix: Sie können z. B. bei Geschäftsausweitung sprunghaft ansteigen (sog. sprung-fixe Kosten). Gleichwohl gilt für den Praktiker die Regel: Fixe Kosten = konstante Kosten!



Fixe Kosten sind Kosten der Betriebsbereitschaft und auch dann kurzfristig nicht abzubauen, wenn diese – wie die Abschreibungen – variable Kostenbestandteile enthalten. Für den Praktiker gilt: Fixe Kosten = remanente (nicht abbaufähige) Kosten!

39



Fixkosten bieten den preispolitischen Spielraum (Fixkostendeckung), da sie „eh da sind“ (sog. Eh-da-Kosten). Gewisse Einschränkungen bestehen nur für die ausgabewirksamen Fixkosten.



Die fixen Kosten sind zum Teil ausschließlich kalkulatorisch begründet und führen insoweit nicht zu Ausgaben in der Abrechnungsperiode (z. B. kalkulatorische Abschreibungen).

(2) Variable Kosten Kosten, die auf Beschäftigungsveränderungen reagieren, werden als variable Kosten bezeichnet. Mit anderen Worten: Variable Kosten sind in ihrer Höhe vom Auftragsvolumen bzw. den produzierten Mengeneinheiten eines Produktes abhängig. Sie erhöhen sich mit jeder zusätzlich produzierten Mengeneinheit und haben damit den Charakter von Grenzkosten. Beispiele dafür sind: 

Kosten für Fertigungsmaterial



Kosten für Löhne



Energiekosten.

Zu beachten ist: 

40

Der Einfachheit halber kann man davon ausgehen, dass sich die variablen Kosten im gleichen Verhältnis wie die Beschäftigung – also proportional dazu – verändern, d. h. bei Verdoppelung der Auftragsmenge verdoppeln sich gleichfalls die variablen Kosten. Auch wenn insbesondere bei hoher Auslastung der Produktionskapazitäten sich variable Kosten überproportional oder unterproportional verändern können, so sollte der Einkäufer von der Praktikerregel ausgehen: Variable Kosten = proportionale Kosten (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4:

Verlauf der variablen Kosten in Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad (Grafik)



Die variablen Kosten sind bei Weitem der größte Kostenblock in der Kalkulation der Lieferanten: Sie entziehen sich weitgehend der Verhandelbarkeit!



Argumentativ kann angeführt werden, dass überproportionale Kostensteigerungen auf der einen Seite (z. B. durch Zahlung von Überstundenzuschlägen ausgelöst) durch Kosteneinsparungen auf der anderen Seite (z. B. durch Preiszugeständnisse bei Mehrbedarf an Material erzielt) ausgeglichen werden.

2.2.2 Kosten nach ihrer Zurechenbarkeit: Einzel- und Gemeinkosten Vom Standpunkt der Zurechnung bzw. Zurechenbarkeit unterscheidet man Kosten wie folgt: (1) Einzel- und Sondereinzelkosten Kosten, die den Erzeugnissen (Kostenträgern) direkt zugerechnet werden können, sind Einzel- und Sondereinzelkosten. Mit anderen Worten: 41

Einzel- und Sondereinzelkosten können auftrags- bzw. produktspezifisch erfasst und verursachungsgerecht kalkuliert werden. In Ergänzung zu den normalen Fertigungsmaterial- und Fertigungslohnkosten sind somit auch die Sondereinzelkosten, die SEK, der Fertigung und des Vertriebs in die Kalkulation – der so genannten Zuschlagskalkulation – einzubeziehen.17) Beispiele für Einzelkosten sind: 

Fertigungsmaterial



Fertigungslöhne



Energiekosten (branchenspezifisch)

Zu beachten ist: 

Einzelkosten haben in der Regel variablen Kostencharakter.



Einzelkosten haben mit etwa 70 Prozent den weitaus höchsten Anteil am Angebots- bzw. Verkaufspreis des Lieferanten.

Beispiele für Sondereinzelkosten (SEK) sind: 

SEK der Fertigung wie spezielle Konstruktionszeichnungen, Spezialwerkzeuge und -vorrichtungen, Modelle, Lizenzgebühren



SEK des Vertriebs wie Versicherungen, Frachten, Verpackungen, Verkaufsprovisionen

Zu beachten ist: 

Die Sondereinzelkosten werden im Wege der Divisionskalkulation den Kostenträgern direkt zugerechnet. Sie entfallen nach Abwicklung des Auftrags (einer Serie oder Produktart).

17) Vgl. unter Ziffer 3.2, Abbildung 12 (Schema der Zuschlagskalkulation).

42



Sondereinzelkosten werden – sofern diese tatsächlich entstandenen Kosten (z. B. Kosten für Spezialwerkzeuge) nicht zu 100 Prozent vom Kunden getragen werden – vom Lieferanten auf die Stückkosten umgelegt. Die Gefahr ist nicht auszuschließen, dass diese SEK im Verlauf des Produktzyklus über den Preis mehrfach vom Kunden bezahlt werden. – Der Einkäufer muss daher darauf achten, auf welche Stückzahlen die Einmalkosten – insbesondere Werkzeugkosten – umgelegt werden sollen. – Nach Erreichen der erforderlichen Stückzahl, d. h. nach dem Ablauf einer Amortisationszeit von in etwa 3 Jahren, sollte der Einkäufer eine entsprechende Reduzierung der Stückkosten vom Lieferanten einfordern.



Die SEK nehmen eine Art Zwitterstellung zwischen den Einzel- und Gemeinkosten ein. Sie sind nicht unbedingt einem bestimmten Kostenträger in vollem Umfang zurechenbar. Problem ist die verursachungsgerechte Trennbarkeit nach Kostenträgern wie beispielsweise Verkaufsprovisionen.



Der Begriff Einmalkosten ist in Abgrenzung zu den SEK weiter gefasst und bezieht sich nicht nur auf SEK der Fertigung und des Vertriebs, sondern auch auf Kosten, die einem Kostenträger nicht unmittelbar zugeordnet werden können, wie beispielsweise Kosten für Rekonstruierungsmaßnahmen (Freisetzung / Abfindung von Mitarbeitern), Umstellungen im IT-Bereich, Börseneinführung usw.

(2) Gemeinkosten Als Gemeinkosten werden Kosten bezeichnet, die im Gegensatz zu den Einzelkosten den Erzeugnissen (Kostenträgern) nicht unmittelbar zugerechnet werden (können), sondern über Zuschlagssätze verrechnet werden. Mit anderen Worten: Gemeinkosten können nicht auftragsspezifisch erfasst und verursachungsgerecht kalkuliert werden: Sie fallen „allgemein“ an, so dass eine direkte Zurechenbarkeit nach dem Verursachungsprinzip nicht gegeben ist oder aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht vertretbar ist. Beispiele dafür sind:  

Gehälter Abschreibungen



Mieten. 43

Zu beachten ist: 

Gemeinkosten sind in der Regel fix.



Gemeinkosten haben ein viel geringeres Gewicht als Einzelkosten.



Gemeinkosten werden über standardisierte Zuschlagssätze – evtl. unter Berücksichtigung produktspezifischer Unterschiede – verrechnet. Grundlage dafür sind in der Regel die bei Normalbeschäftigung anfallenden Einzelkosten.



Die ermittelten Zuschlagssätze bleiben während der Abrechnungsperiode unverändert.

Man unterscheidet: (2.1) Materialgemeinkosten (MGK) Die Materialgemeinkosten sollen alle Kosten für die Beschaffung, Qualitätsprüfung, Lagerhaltung und innerbetrieblichen Transport von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie andere allgemeine Kosten (z. B. anteilige EDV-Kosten) des Materialbereichs abdecken. Als Bezugsgröße zur Berechnung des Materialgemeinkostenzuschlagssatzes (MGZ) werden die Materialeinzelkosten (MEK) herangezogen. Die Formel zur Berechnung des Zuschlagssatzes, der in der Regel einmal jährlich ermittelt wird, lautet demnach: 

MGK MGZ in % = ————  100 MEK

Zu beachten ist: 

Die Materialgemeinkosten machen in der Regel 6 – 10 Prozent der Fertigungsmaterialkosten (MEK) aus. Auf eine genaue Ermittlung / Angabe kann daher u. U. (im Rahmen der Preisstrukturanalyse) verzichtet werden.

(2.2) Fertigungsgemeinkosten (FGK) Die Fertigungsgemeinkosten sollen die Gemeinkosten im Fertigungsbereich, der Arbeitsvorbereitung und im Werkzeugbau sowie andere allgemeine Kosten (z. B. anteilige EDV-Kosten) des Fertigungsbereichs abdecken.

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Als Bezugsgröße für die Berechnung des Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatzes (FGZ) dienen die angefallenen Fertigungseinzelkosten (FEK), die in der Regel den Fertigungslöhnen (FL) gleichzusetzen sind. Die Formel zur Berechnung des Zuschlagssatzes lautet demnach: 

FGK FGZ in % = ————  100 FEK

Zu beachten ist: 

Die Fertigungsgemeinkosten sind bei Einzelfertigung im Allgemeinen von erheblichem Gewicht.



Bei Serienfertigung kann in der Regel von einem Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz in Höhe von 15-25 Prozent ausgegangen werden.

(2.3) Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten (Vt/VwGK) Zu den Vertriebsgemeinkosten (VtGK) sind die Kosten zu rechnen, die im Fertigwarenlager, in der Kommissionierung und Verpackung, im Versand sowie bei der Auftragsabwicklung angefallen sind. Als Bezugsgröße für die Berechnung der Zuschlagssätze werden jeweils die Herstellkosten herangezogen. Die Verwaltungsgemeinkosten (VwGK) erfassen alle Kosten, die in den Zentralbereichen wie Organisation, Personal, Finanzen, Rechnungswesen und Controlling angefallen sind. Zu beachten ist: 

Die Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten haben eine Streubreite von etwa 15 - 20 % der Herstellkosten.

45

2.3

Kalkulationsverfahren im Überblick

Als Kalkulationsverfahren bezeichnet man die unterschiedlichen Formen der Kostenträgerstückrechnung. Folgende Verfahren können unterschieden werden: (1) Divisionskalkulation Die einfache Divisionskalkulation ist anzutreffen, wo man nur ein Erzeugnis in ununterbrochener Folge fertigt (Massenfertigung), wo sich kein Absatzstau und keine Zwischenbestände ergeben. Veränderungen in den Lagerbeständen können durch Anwendung der mehrstufigen Divisionskalkulation berücksichtigt werden. (2) Äquivalenzziffernkalkulation Diese Sonderform der Divisionskalkulation findet Anwendung bei Sortenproduktion (z. B. Biere, Zigaretten), bei der ungleiche Produkte rechnerisch gleichgemacht werden (wenn ein hinlänglich festes Kostenverhältnis zwischen den Sorten existiert). (3) Zuschlagskalkulation Die Zuschlagskalkulation wird dann angewendet, wenn ein Mehrproduktebetrieb ein heterogenes Fertigungsprogramm aufweist, d. h. wenn Erzeugnisse hergestellt werden, die weder produktions- noch absatzverwandt sind. Das sind in der Regel Unternehmen, die heterogene Erzeugnisse in Einzel- oder Serienfertigung herstellen. Der Aufbau der klassischen Zuschlagskalkulation geht aus Abbildung 5 hervor:

Abbildung 5: 46

Kalkulationsschema der Zuschlagskalkulation

Charakteristisch für die Zuschlagskalkulation sind 

die Unterscheidung von Einzel- und Gemeinkosten,



die Benutzung der Einzelkosten als Grundlage für die Verrechnung der Gemeinkosten



die prozentuale Inbeziehungsetzung der Gemeinkosten zu den Einzelkosten.18)

Diese Merkmale bestimmen den Aufbau der Zuschlagskalkulation in folgendem exemplarischen Beispiel der Abbildung 6.

Abbildung 6:

Zuschlagskalkulation als Basis der Preisstrukturanalyse

18) Siehe dazu die Ausführungen unter Ziffer 2.2.2.

47

Es ist erkennbar, dass mit der Zuschlagskalkulation im Rahmen einer Vollkostenrechnung19) die Kalkulation des Lieferanten nach zu kalkulieren ist. Zu beachten ist: 

Auf längere Sicht wird ein Unternehmen – Ihr Lieferant – nur dann existieren können, wenn zumindest die fixen und variablen Kosten durch den Verkaufspreis abgedeckt werden (sog. langfristige Preisuntergrenze).



Die nicht ausgabewirksamen fixen Kosten (z. B. kalkulatorische Abschreibungen) lassen in bestimmten Situationen einen Verhandlungsspielraum zu.

(4) Maschinenstundensatzrechnung Ziel der Maschinenstundensatzrechnung ist es, die durch die Nutzung einer Maschine entstehenden Kosten möglichst verursachungsgerecht den Fertigungsaufträgen zuzuordnen, die diese Maschine in Anspruch nehmen. Eine undifferenzierte Verrechnung dieser Kosten mit Hilfe von Gemeinkostenzuschlagssätzen wird dadurch vermieden. Methodisch ist dazu zunächst festzustellen, wie hoch die Kosten der Maschine pro Zeiteinheit (Stunde, Minute), in der sie genutzt wird, sind. Im Rahmen der Vollkostenrechnung ergibt sich so ein Maschinenstundensatz, der die Summe aus fixen und variablen Kosten umfasst. Die Teilkostenrechnung liefert demgegenüber eine Aussage über die jährlichen Fixkosten und die variablen Maschinenkosten pro Zeiteinheit. Werden diese Informationen um die geplante oder tatsächliche zeitliche Inanspruchnahme der Maschinen durch einen Fertigungsauftrag ergänzt, lassen sich diesem die entsprechenden Maschinenkosten (= Maschinennutzung in Stunden  Maschinenstundensatz) zuordnen (vgl. Abbildung 7). Das nachfolgende Zahlenbeispiel vermittelt einen praxisgerechten Überblick über die zu erfassenden und zu verrechnenden Kosten.

19) Siehe dazu Kapitel 4.

48

Abbildung 7:

Maschinenstundensatzrechnung (Zahlenbeispiel) 49

Zu beachten ist: 

2.4

Bei unterschiedlicher Kapazitätsauslastung (z. B. Mehrschichtbetrieb) wird in der Regel auf der Basis eines als Durchschnittswert ermittelten Maschinenstundensatzes kalkuliert. Die klassische Verkaufskalkulation der Lieferanten

Auf der Basis der Zuschlagskalkulation kalkuliert in den meisten Fällen in der Industrie der Lieferant den Angebots- bzw. Verkaufspreis. Dabei bilden die ermittelten Selbstkosten20) die Basis für den Gewinnzuschlag. Das in Abbildung 8 wiedergegebene Schema zeigt, welche weiteren Positionen der Lieferant im Handel dem Barverkaufspreis hinzurechnet:

Abbildung 8:

„Klassische“ Lieferanten- bzw. Verkäuferkalkulation im Handel (schematische Darstellung)

20) Im Handel sind die Selbstkosten definiert durch den Wareneinkaufs- bzw. Einstandspreis zuzüglich der unternehmensintern anfallenden Kosten. – Siehe auch unter Ziffer 2.5.

50

Wie erwähnt, ist das unter Abbildung 8 dargestellte Kalkulationsschema in Handelsunternehmen üblich. In Industrieunternehmen spielen Skonti und Boni eine eher untergeordnete Rolle. Sofern diese Kalkulationsbestandteile sowie Rabatte (Funktions- und Mengenrabatte) Berücksichtigung finden, werden diese dem Zielverkaufspreis direkt zugeschlagen. 2.4.1 Gewinnerzielung ist existenzielle Voraussetzung Während die Selbstkosten als langfristige Preisuntergrenze anzusehen sind, stellt der Gewinnzuschlag eine existenzielle Zielgröße der Lieferanten dar. Kein Unternehmen kann es sich leisten, dem Prinzip Hoffnung zu vertrauen und die Gewinnerzielung dem Zufall zu überlassen. Denn bei fehlender Ertragsstärke schwinden die Chancen, sich auf Dauer im Markt zu behaupten. Die Gewinnhöhe ist in Unternehmen, die nicht zur Veröffentlichung ihrer Geschäftsberichte verpflichtet sind, eines der bestgehüteten Geheimnisse. Oft wissen selbst die Mitarbeiter nicht, wie erfolgreich das eigene Unternehmen ist. Werden Lieferanten auf die Gewinnhöhe angesprochen, ist eine Antwort wohl kaum zu erwarten, oder wenn Informationen abgegeben werden, so sind diese höchstwahrscheinlich nur mit Vorbehalt zu bewerten. Wenn der Kunde (Einkäufer) gegenüber dem Lieferanten keine führende Position besitzt, macht es keinen Sinn, über den Gewinnzuschlag zu sprechen und stellt darüber hinaus einen Widerspruch zur Grundaussage dar. Es stellt sich daher aus der Sicht des Einkaufs zwangsläufig die Frage, in welcher Höhe ein Gewinnzuschlag als „angemessen“ angenommen werden kann. Auch wenn im Einzelfall vor allem die Markt- und Wettbewerbssituation die Höhe des anzusetzenden Gewinnzuschlages entscheidend beeinflussen kann, so sollte doch grundsätzlich der Kapitalmarktzins als Messlatte für die Angemessenheit des Gewinnzuschlages herangezogen werden. Der Lieferant hat kaum eine Chance, die Aussagefähigkeit dieses Vergleichsmaßstabes in Zweifel zu ziehen. Denn es ist unbestritten: Der Kapitalmarktzins stellt eine Rentabilitätsgröße dar, die bei Wahrnehmung alternativer Anlagemöglichkeiten des im Unternehmen eingesetzten Kapitals als Gewinn (Ertrag) realisiert werden könnte. 51

Im Übrigen ist nicht auszuschließen, dass der Gewinnzuschlag zwar als angemessen hingenommen werden muss, in der Kalkulation des Lieferanten jedoch Gewinnelemente versteckt sind. Die in den nachfolgenden Abschnitten aufgeführten Beispiele lassen an dieser Möglichkeit keine Zweifel zu! Letztendlich ist zu klären, ob und inwieweit Angaben über die Gewinnhöhe die betriebliche Leistungsfähigkeit eines Lieferanten widerspiegelt. Mit anderen Worten: Welche Voraussetzungen sind zu erfüllen, damit aus Sicht des Einkaufs die Ertragsstärke eines Lieferanten bilanzanalytisch oder kennzahlenorientiert eindeutig erkennbar wird? Diese Zielsetzungen erfüllen in unterschiedlichem Ausmaß unter anderem die nachstehend skizzierten Gewinnkategorien: 

das Betriebsergebnis. Dieses Kann sich sofern entsprechende Ereignisse aufgetreten sind – von dem in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Reingewinn (Jahresüberschuss) dadurch unterscheiden, dass außerordentliche Aufwendungen und Erträge, die – wie z. B. der Verkauf von Grundstücken – in keinem Zusammenhang mit der betrieblichen Leistungserstellung stehen, erfasst werden.



Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT).21) bei der Ermittlung von EBIT wird das Betriebsergebnis als Zwischenergebnis angesehen. Das Finanzergebnis (Zinserträge und -aufwendungen) und Ertragssteuern bleiben unberücksichtigt, da diese Positionen nicht im direkten Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit zu sehen sind.



Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA).22) Bei dieser Kennzahl zur Ermittlung des operativen Ergebnisses bleiben neben Zinsen und Steuern auch Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle Anlagen unberücksichtigt.

21) Mit der Ermittlung von EBIT (Earnings before Interest and Taxes) wird erreicht, dass die Ergebnisse verschiedener Geschäftsjahre oder mehrerer Unternehmensbereiche durch schwankende Steuersätze und vom Schuldenstand abhängige Zinsaufwendungen nicht verzehrt werden. 22) Durch die Ermittlung des operativen Ergebnisses auf der Basis von EBITDA (Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortisation) bleiben unterschiedliche Abschreibungsmethoden – Fristen der Steuerpolitik unberücksichtigt. – Eine mit EBITDA vergleichbare Kennzahl ist in EBITA (Earnings before Interest, Taxes and Amortisation) zu sehen.

52

Wenn das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) bekannt ist, bietet sich die Möglichkeit an, als Vergleichsmaßstab nicht nur die Umsatzrentabilität23), sondern auch die EBIT-Marge heranzuziehen. Diese Kennzahl wird wie folgt ermittelt: 

EBIT EBIT-Marge =

*100 Umsatz

Die EBIT-Marge ist ein eindeutiger Indikator für die Profitabilität24) eines Unternehmens. Man kann davon ausgehen, dass sich diese branchenübergreifend auf in etwa 8 Prozent beläuft. Dabei sind in der Realität erhebliche Abweichungen nach oben und nach unten anzutreffen. Ausschlaggebend sind dafür in erster Linie die Marktform und Konkurrenzsituation sowie die Marktmacht und Kostenstruktur eines jeden Unternehmens. Unzweifelhaft ist das Rentabilitätsrisiko bei einer EBIT-Marge von in etwa 3 Prozent als besonders gravierend einzustufen. Nicht zu bestreiten ist: Das von Lieferanten angestrebte Gewinnziel ist vom Einkauf hinsichtlich substanzieller Parameter zu hinterfragen. Insbesondere gilt es, auf der Basis aussagefähiger Kennzahlen – wie z. B. auf der Basis de EBIT-Marge – ohne „Wenn und Aber“ die betriebliche Leistungsfähigkeit des Lieferanten abzuschätzen. Insbesondere bei Verhandlungen über den Abschluss von Longlife-Verträgen sollten Rentabilitätsrisiken frühestmöglich erkannt werden. Darüber hinaus spielen zweifellos im Rahmen des Aus- und Aufbaus langfristiger Partnerschaften weitere Kriterien wie ein unternehmensübergreifendes Supply Chain Management, Innovations- und Ideenmanagement sowie die Bereitschaft des Lieferanten zur Umsetzung zeitgemäßer Technologien und Konzepte (z. B. Industrie 4.0) eine Rolle.

23) Bei der Ermittlung der Umsatzrentabilität wird das Betriebsergebnis ins Verhältnis gesetzt, d. h. in der G+V ausgewiesener Jahresüberschuss kann nur dann als Betriebsergebnis übernommen werden, wenn in der zurückliegenden Abrechnungsperiode keine außerordentlichen Aufwendung und Erträge angefallen sind. 24) Mit der Kennzahl EBIT-Marge ist im Rahmen der Lieferantenbewertung auch ein Kriterium zur Beurteilung der Bonität gegeben. – Siehe ausführlich dazu Hartmann / Orths / Kössel, Lieferantenbewertung – aber wie?, a. a. O., S. 40 ff.

53

Es sollte nicht verkannt werden, dass bilanzanalytisches Fachwissen nicht als Kernkompetenz des Einkaufs zu betrachten ist. Auch ist mit Sicherheit der Eindruck fehl am Platz, dass der Einkauf beabsichtigt, eine Konkurrenzsituation zum unternehmensinternen Controlling und zu Finanzanalytikern herbei zu führen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Einkauf auf Grund seiner unternehmerischen Verantwortung als Zielsetzung auf die Existenzsicherung des eigenen Unternehmens, die durch intransparente oder überzogenen Gewinnvorstellungen des Lieferanten gefährdet sein können, verfolgt. Im Übrigen ist es stets von Vorteil wenn die Komplexität der Gewinnkategorien durch funktionsübergreifendes Fachwissen aufgehellt wird, die „Macht des ersten Eindrucks“ eine wertsteigende Korrektur erhält. 2.4.2 Die Bezugskosten kontrollieren Viel interessanter sind da schon die Kalkulationskosten Transport, Verpackung und Kunden-Skonto. Kalkuliert der Lieferant bei Transport und Verpackung mit Aufschlägen, die den aktuellen Marktpreisen entsprechen?; denn häufig werden Transport-Tarife zugrunde gelegt, die niemand bezahlt. Der Einkäufer sollte diese Punkte bei wichtigen Lieferanten prüfen, damit dieser nicht eine „Zusatzrente“ bekommt. Ebenso sollte sich der Einkäufer die Transport- und Verpackungskosten vom Lieferanten detailliert aufzeigen lassen. Zu prüfen ist, was ein Ab-Werk-Transport kosten würde. Dieser Wert sollte mit dem Wert des Lieferanten verglichen werden. Bei den Verpackungskosten ist zu fragen: „Auf was kann problemlos verzichtet werden?“ Auch heute wird oft noch ein Aufwand betrieben, der nicht immer sinnvoll ist. Das Abspecken der Verpackung spart Geld und schont darüber hinaus noch die Umwelt. 2.4.3 Die Zahlungsbedingungen als Ertragsquelle nutzen Ebenfalls interessant ist die Position „Kunden-Skonto“. Sofern dem Einkäufer noch keine 3% Skonto-Abzug zugestanden wurden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese Ertragsquelle noch nicht ausgeschöpft ist. Im Allgemeinen kann der Einkäufer davon ausgehen, dass in jeder zeitgemäßen Verkaufskalkulation mit 3% Skonto gerechnet und kalkuliert wird. Bietet ein Lieferant dem Einkäufer beispielsweise nur 2% Skonto 54

an, sollte es dem Einkäufer gelingen, mit dem Hinweis auf die Kalkulationspraxis den Skonto auf 3% anzuheben. Die nachfolgende Abbildung 9 gibt einen Überblick über denkbare Zahlungskonditionen und die daraus abgeleiteten Zinseinsparungen, wobei in diesem Beispielsfall von einem kalkulatorischen Zinssatz in Höhe von 10% ausgegangen wird. Dieser muss mit dem „gerade“ banküblichen Zinssatz nicht übereinstimmen, da dieser erheblichen Schwankungen unterliegen kann.

Abbildung 9:

Zahlungsbedingungen als Ertragsquelle (tabellarische Übersicht)

Beispiel 2: Zahlungsbedingungen als Ertragsquelle (Zahlen- / Berechnungsbeispiel) Auf der Grundlage nachstehender Formel kann die Zinseinsparung, die bei Vereinbarung bestimmter Zahlungsbedingungen jeweils erzielt werden kann, errechnet werden: 

Zinssatz  Zahlungsfrist Zinseinsparung = ————————————— + Skonto in % in % 360

Als Zahlungsbedingung soll beispielsweise vereinbart sein: Zahlbar innerhalb 14 Tagen mit 3% Skonto. Ausgehend von einem angenommenen kalkulatorischen Jahreszinssatz in Höhe von 10% stellt sich die Berechnung der Zinseinsparung wie folgt dar:

55

Rechnung: 10%  14 Zinseinsparung = ——————— + 3% in % 360 = 0,39% + 3% = 3,39% Ergebnis: Insgesamt führt die vereinbarte Zahlungsbedingung zu einer Zinseinsparung in Höhe von 3,39%, wobei 

die vereinbarte Zahlungsfrist von 14 Tagen sich bei einem angenommenen kalkulatorischen Zinssatz von 10% „buchhalterisch“ einem in dieser Frist erzielten Zinsertrag in Höhe von 0,39% gleichzusetzen ist und



die 3% Skonto sich unmittelbar in einer entsprechenden Reduzierung des Netto-Einstandspreises niederschlagen.

Praxis-Tipp: Wenn der Lieferant gebeten wird, 4% Skonto einzuräumen, besteht die Möglichkeit, sich in der Mitte zu treffen. Das funktioniert in weit über 50% aller Fälle. Nicht unwesentlich ist auch die Verlängerung der Zahlungsziele. Diese erhöhen die Liquidität des einkaufenden Unternehmens, ein Faktor, der bei angespannter Finanzlage die Existenz eines Unternehmens bedrohen kann. Wie die Wirtschaftspraxis zeigt, ist die Insolvenz eines Unternehmens häufiger auf Liquiditätsengpässe als auf mangelnde Ertragskraft zurückzuführen. Zahlungsbedingungen haben somit ertrags- / liquiditätsbeeinflussende Auswirkungen und sollten daher vom Einkäufer gezielt unter Beachtung der unternehmensspezifischen Situation ausgehandelt werden.

56

Zu beachten ist: 

Die Höhe der Zinseinsparung ist abhängig von dem zugrunde gelegten Zinssatz. Dieser sollte „in der Nähe“ des jeweils banküblichen Zinssatzes liegen, da Lieferantenverbindlichkeiten als kurzfristiges Fremdkapital und damit als „teuerste“ Finanzierungsquelle zu betrachten sind.



Verhandelbar sind Skontosatz und Zahlungsfrist! Die Höhe der Zinseinsparung wird von beiden Zahlungsvariablen beeinflusst!



Die Tatsache, dass der Kunde (Einkäufer) Skonto ausnutzen kann, ist stets als Beweis für seine Zahlungsfähigkeit anzusehen und damit möglicherweise ein zusätzliches Verhandlungsargument.

2.4.4 Die Augenwischerei mit den Rabattsätzen Bekannt ist ein alter Kaufmannsspruch: „Rabatt, lass dir sagen, wird immer vorher aufgeschlagen.“ Dass dies so ist, zeigt der Blick in das in Abbildung 8 dargestellte Kalkulationsschema. Wenn der Einkäufer Produkte mit Rabatt einkauft, z. B. Ersatzteile, Verbindungselemente, Kugellager, Werkzeuge oder Büromöbel, dann lohnt es sich, die Verkaufspreise dieser Lieferanten einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und es nicht bei der „Vereinnahmung“ bewenden zu lassen. Verkaufen mit Rabatt – vielleicht sogar gestaffelt nach der Abnahmemenge – ist psychologisch gesehen und verkaufstaktisch sehr geschickt, da es dem Einkäufer immer einen Einkaufserfolg suggeriert. Ob das „Einkaufen mit Rabatt“ aber im wahrsten Sinne des Wortes als Verhandlungserfolg zu werten ist, muss dahingestellt bleiben. Nicht der „Rabatteinkäufer“, sondern der Preisanalytiker ist gefragt, dem es gelingt, die Verkaufskalkulation auf den kostenrechnerisch begründeten Kern zurückzuführen.25)

25) Dem Verf. ist bekannt, dass „das Einkaufen mit Rabatt“ in manchen Unternehmen vom Controlling nicht als Einkaufserfolg anerkannt wird.

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Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass Verkäufer verständlicherweise nicht geneigt sind, Rabatte gleichsam zu verschenken. Obwohl diese einkalkuliert sind, verdient der Verkäufer doch auch an den Rabatten, da diese, wie erwähnt, ein Element des Verkaufspreises und damit der Umsatzerlöse darstellen, die in der Regel als Bemessungsgrundlage für die Verkäuferprovision herangezogen werden. Es verwundert daher nicht, wenn Verkäufer zu einer kritischen Analyse der Entscheidungssituation mit folgenden Worten ermuntert werden:26) Um wie viel Prozent müssen also Verkäufer ihren Umsatz steigern, wenn sie die Preise senken oder Rabatte gewähren und nicht weniger verdienen wollen als vorher? Abbildung 10 gibt dazu einen groben Überblick, der anhand eines nachfolgenden Rechenbeispiels untermauert wird.

Abbildung 10: Rabatte und Umsatzsteigerung in ihrer wechselseitigen Auswirkung aus Verkäufersicht (tabellarischer Überblick)

26) Rechnen Sie nach, bevor Sie Preise senken oder Rabatte gewähren. Sie müssen mehr verkaufen, wenn Sie nicht weniger verdienen wollen.

58

Beispiel 3: Rabatte als Verlustquelle aus der Sicht des Verkäufers – Umsatzsteigerung als Ausgleich (Berechnungsbeispiel) Ein Verkäufer, dessen Bruttoverdienst bei 25% liegt, ist bereit, seinem Verhandlungspartner einen Rabatt (Preisnachlass) in Höhe von 10% einzuräumen. Mithilfe nachstehender Formel kann er die erforderliche Umsatzsteigerung ermitteln, die zum Ausgleich seines Verdienstausfalls führen würde:



Bruttoverdienst  100 in % Umsatzsteigerung = —————————————— – 100% in % Bruttoverdienst – Rabatt in % in %

Rechnung: 25%  100 Umsatzsteigerung = —————————— – 100% in % 25% – 10% 25%  100 = —————————— – 100% 15% = 166,7% – 100% = 66,7% Ergebnis: Der gegenwärtige Bruttoverdienst des Verkäufers beträgt 25%. Damit er nach einer Preisreduzierung um 10% nicht weniger verdient als vorher, muss er seinen Umsatz um 66,7% steigern. Ein bereits im Angebot eingeräumter Rabatt führt in der Verhandlung zu mengenunabhängigen Nettopreisen mit zwei Optionen: 1. er ist Basis für zusätzliche Nachlässe; 2. er ist bei Abnahmereduzierungen von der Verkaufsseite nur schwer zu erhöhen.

59

Zu beachten ist: 

Rabatte und Rabattstaffeln lassen keine Rückschlüsse auf das reale Einsparungspotenzial zu!27)



Die Gewährung von Rabatten ist verkaufspsychologisch zwar geschickt, sollte aus Sicht des Einkaufs jedoch keinen Einkaufserfolg darstellen, zumindest dann nicht, wenn es sich um Mengenrabatte handelt.



Rabatte sind auszuschöpfen, wenn es sich dabei um eine einmalige Aktion eines Lieferanten z. B. anlässlich eines Betriebsjubiläums oder um einen „Treuebonus“ handelt.

2.5

Die Handelsspanne und ihre kalkulatorische Bedeutung

Von Ausnahmen abgesehen bestimmen Industrieunternehmen den Angebots- bzw. Verkaufspreis auf des Basis der bereits erläuterten Zuschlagskalkulation. Da Unternehmen des Groß- und Einzelhandels die beschafften Handelswaren (Commodities) und Dienstleistungen in der Regel ohne weitere Verarbeitung wieder verkaufen, sind Fertigungslöhne und -gemeinkosten kalkulatorisch nicht zu berücksichtigen. Es entfällt somit auch die Ermittlung der Herstellkosten. Statt dessen spielt für die Bewertung der beschafften Waren der Wareneinstandspreis28) eine entscheidende Rolle. Sofern es die Wettbewerbssituation zulässt und der Verkaufspreis nicht durch den Marktpreis bestimmt wird, ermitteln Handelsunternehmen der Verkaufspreis auf der Basis einer dem Waren14 hinzuzurechnenden Handelsspanne. Diese – das ist zumindest der kalkulatorische Ansatz – deckt alle unternehmensintern anfallenden Kosten zuzüglich eines Gewinns ab.

27) Siehe dazu u. a. die Beispiele unter Ziffer 4.1.2 in diesem Buch. 28) Sofern der Lieferant die Bezugskosten übernimmt (Handelsklausel „frei Haus“), entspricht der Wareneinstandspreis dem Wareneinkaufspreis.

60

Die Ermittlung der Selbstkosten29) folgt demnach der nachstehenden schematischen Darstellung. Wareneinkaufspreis + Bezugskosten = Wareneinstandspreis + Personalkosten + Lagerhaltungskosten + Raumkosten + Abschreibungen + Zinsaufwendungen + Gewinn = Warenverkaufspreis

senkrecht Selbstkosten

Abbildung 11: Schematische Darstellung der in Handelsunternehmen üblichen Kalkulation auf der Basis der Handelsspanne Die Handelsspanne stellt sich somit als Differenz zwischen dem Wareneinkaufs- und dem Warenverkaufspreis dar. Sie wird auch – begrifflich irreführend – als Brutto-Gewinnspanne bezeichnet und als Aufschlag auf den Wareneinstands- bzw. Wareneinkaufspreis berechnet. Die Netto-Gewinnspanne ist dem in die Handelsspanne einkalkulierten Gewinn gleichzusetzen. Es sind insbesondere die nachstehend aufgelisteten Faktoren, die auf die Höhe der Handels- bzw. Brutto-Gewinnspanne einwirken: – Branche – Preispolitik – Gängigkeit der Artikel – Wettbewerbssituation – Infrastruktur / Logistik – Konjunkturelle Situation – Liquiditätssituation – Rentabilitätspolitik – …

29) Die Selbstkosten decken somit alle anfallenden variablen und fixen Kosten ab und werden als langfristige Preisuntergrenze bezeichnet.

61

Fest steht: Der Händler hat beim Festlegen des Aufschlages einen gewissen Spielraum und wird in der Praxis dazu tendieren, diesen nicht für alle Waren in derselben Höhe zu definieren, sondern eine Mischkalkulation anstreben. Sofern keine Preisbindung – wie z. B. im Buchhandel – besteht, kann er frei und variabel kalkulieren. Allerdings ist es nicht unproblematisch, den verkaufspolitisch „richtigen“ Verkaufspreis für die jeweils für die Waren zu definieren. Denn die möglichen extrem Reaktionen potenzieller Kunden können sein:  Ist die Handelsspanne zu hoch kalkuliert, besteht das Risiko, dass sich mögliche Interessenten für einen anderen Anbieter entscheiden.  Ist die Handelsspanne zu niedrig definiert, läuft der Händler Gefahr, seine Existenz aufs Spiel zu setzen. Als zentrale Kennzahl von Handelsunternehmen ist die BruttoGewinnspanne anzusehen. Aussagekräftiger als absolute Zahlen ist der Anteil der Brutto-Gewinnspanne bzw. Handelsspanne am NettoVerkaufspreis.30) Demnach lautet die Kennzahl: Brutto-Gewinnspanne 

Brutto-Gewinnspannenquote =

*100 Netto-Verkaufspreis

Die Brutto-Gewinnspannenquote gibt Einblick in die Ertragslage eines Handelsunternehmens und richtet sich neben den ebenfalls aufgelisteten Einflussfaktoren im Wesentlichen nach den branchenspezifischen Eigenarten. Sie liegt – bezogen auf den Wareneinstandspreis – in Großund Einzelhandelsunternehmen bei im Durchschnitt knapp über 18%.31) Wobei dabei auszugehen ist, dass in Einzelfällen oder in manchen Branchen „erhebliche Luft“ nach oben besteht. Auch das erreichte operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) ermöglicht dem Großoder Einzelhandelshändler eine differenzierte Aussage über die Ertragsstärke seines Unternehmens und ist für die interne Preiskalkulation von entscheidender Bedeutung. 30) Die Bezugs- bzw. Beschaffungskosten sind kalkulatorisch in die Handelsspanne einzubeziehen, wenn der Wareneinkaufspreis als Bezugsgröße für den Aufschlag herangezogen wird und der Händler die Bezugskosten zu tragen hat. 31) Der Netto-Verkaufspreis bzw. -erlös wird durch Abzug der Rabatte, Boni, Skonti und Umsatzsteuer vom Verkaufspreis bzw. -erlös ermittelt.

62

Die übliche Fokussierung auf Gewinnerzielung sollte nicht dazu führen, dass das bei Zahlungsunfähigkeit drohende Insolvenzrisiko außer Acht gelassen wird. Die vorhandene Liquidität muss im Sinne der kurzfristigen Preisuntergrenze zumindest für den Einkauf neuer Waren ausreichend zur Verfügung stehen.32) Die Entscheidung für die artikelspezifisch jeweils „richtige“ Handelsspanne stellt unternehmenspolitisch eine echte Herausforderung dar, zumal neben den bereits erwähnten Einflussfaktoren weitere Parameter wie Sortimentspolitik, Lieferservice und Kundenbindung eine ergebnisbeeinflussende Rolle spielen können und daher unbedingt zu beachten sind.

32) Siehe statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch für Deutschland und Internationales, Wiesbaden 2018, S. 593. – Der Durchschnittswert wird in der zitierten Ausgabe der Bundesstatistik mit exakt 18,27% angegeben.

63

3.

Preisstrukturanalyse als Methode zur Vorbereitung auf Preisverhandlungen

Auch wenn davon auszugehen ist, dass bei der Ermittlung von Zielpreisen der methodische Ansatz nicht eindeutig nachvollziehbar ist, so sollte doch der Einkäufer um eine möglichst transparente Vorgehensweise bemüht sein. Dabei ist von den variablen Herstellkosten – dem Material- und Lohnanteil am Verkaufspreis – auszugehen, da diese verursachungsgerecht als Einzelkosten den Kostenträgern direkt zugerechnet werden können. Ob und inwieweit die Material- und Fertigungsgemeinkosten in die Betrachtung einbezogen werden sollten, ist im Einzelfall zu entscheiden. Sie sollten jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Eine vergleichende Analyse kann durchaus zur Aufdeckung „stiller Reserven“ in der Kalkulation des Lieferanten führen! Allerdings ist nicht auszuschließen, dass vor allem kleinere mittelständische Unternehmen noch nicht einmal in der Lage sind, die eigenen Herstellkosten genau zu ermitteln. Auch im Zeitalter der Digitalisierung werden nicht selten kalkulatorische Werte noch manuell via Excel fortgeschrieben.33) Im Gegensatz dazu sind OEM´s und marktführende Mittelständler insbesondere bei Neuentwicklungsprojekten bestrebt, sämtliche kostenrelevanten Teile einer eingehenden Design- und Kostenanalyse34) zu unterziehen. Das schafft Transparenz über eigene Kostenstrukturen36) und über die Preisgestaltung in Betracht kommender Lieferanten. Unzweifelhaft steht fest: Die Etablierung wertsteigender Beschaffungs- und Analysestandards erfordern Zeit und die Implementierung eines umfassenden Cost Engineering-Konzepts.35)

33) Darüber hinaus sind auch die u. a. periodisch anfallenden ausgabewirksamen Personalkosten im Rahmen der Liquiditätsplanung zu beachten. 34) Vgl. hierzu und zum Folgenden Keller, Lars, Cost Engineering: Produkte und Kosten des Lieferanten auf dem Prüfstand, in: Beschaffung aktuell, Leinfelden Oktober 2017, S. 26. 35) Siehe dazu auch die Ausführungen unter Ziffer 3.5. 36) Cost Engineering ist als ein wertorientiertes, ganzheitliches Kostenmanagementkonzept zu verstehen, dass von der Konzeptfindung bis zur Fertigstellung des Produktes / Abschluss des Projektes alle Aktivitäten wie Kostenanalyse, -prognose und -kontrolle sowie die Beurteilung der erforderlichen / geplanten Investitionen und Analyse der Risiken umfasst und verbunden ist mit der Fragestellung nach dem Vergleich von Kundennutzen und relevanten Kosten. Konsequent verfolgtes Cost Engineering ist damit vergleichbar mit einem „Navigationssystem“, das darauf abzielt eine Übereinstimmung, d. h. eine Punktlandung von Kosten und Kundennutzen zu erreichen.

64

Unternehmen, die sich scheinbar unveränderlichen Rahmenbedingungen unterwerfen, lassen wertvolles Einsparungs- und Verbesserungspotenzial verpuffen. Schließlich sollte der Einkauf darauf ausgerichtet sein, die Wertschöpfungen durch ertragsstärkende Aktivitäten zu beeinflussen. 3.1

Aufgaben und Zielsetzung der Preisstrukturanalyse

In erster Linie hat die Preisstrukturanalyse die Aufgabe, die Angemessenheit des vom Lieferanten geforderten Preises zu überprüfen. Man will also im Einkauf wissen, ob der Gewinnzuschlag des Lieferanten oder die vom Lieferanten kalkulierten Kosten gerechtfertigt sind. Die Überprüfung der Angemessenheit des Preises mithilfe der Preisstrukturanalyse ist nicht nur beim Einkauf neuer Artikel sinnvoll. Sie hat auch bei der Beschaffung von Produkten, die schon bisher Bestandteil des Beschaffungsprogramms waren, ihre Berechtigung. Vielfach nehmen ja Lieferanten den Abschluss von neuen Tarifverträgen oder die Änderung von Rohstoffpreisen zum Anlass, Forderungen nach Erhöhung der alten Preise zu stellen. Ob diese Preiserhöhungsforderungen berechtigt sind, lässt sich mithilfe der Preisstrukturanalyse erkennen, wie das nachfolgende Beispiel veranschaulicht. Beispiel 4: Preisstrukturanalyse in der Praxis Firma „Anton“ fordert für Lieferungen ab 1. Januar XX für den Artikel „Berta“ eine 12%ige Preiserhöhung. Der bisherige Preis von 100,– EUR gilt seit zwei Jahren. Die Preiserhöhung wird wie folgt begründet: Gestiegene Kosten im 

Rohmaterialbereich um 15%,



Fertigungsbereich um 10%,



Verpackungsbereich um 8%.

Dem Einkäufer ist die Kostenstruktur des Artikels bekannt; er führt daher die in der Abbildung 11 dargestellte vergleichende Kalkulation zur Zielpreisfindung durch. Das Resultat zeigt, dass eine Preisanhebung um maximal 7,5% und nicht wie gefordert um 12% gerechtfertigt ist. 65

Abbildung 12: Preisstrukturanalyse – Kalkulationsmatrix: Vereinfachtes Praxisbeispiel Es ist unschwer zu erkennen, dass die Erkenntnisse aus der Preisstrukturanalyse von großer Wichtigkeit für die Vertragsverhandlungen sind. Sie können zunächst einmal zu einer Versachlichung des Einkaufsgesprächs beitragen. Der im Rahmen der Preisstrukturanalyse ermittelte Richtpreis kann dem Einkäufer als realistischer Orientierungspunkt dienen, den er in der Verhandlung ansteuert. Das Wissen um die Kosten des Lieferanten hat ferner eine Stärkung der Position des Einkäufers in der Vertragsverhandlung zur Folge. Denn ein Einkäufer, der mit Kenntnissen aus der Preisstrukturanalyse ausgerüstet ist, kann im Einkaufsgespräch von einer relativ sicheren Plattform aus argumentieren und den potenziellen Lieferanten auf falsche Kalkulationsund übertriebene Gewinnvorstellungen hinweisen. Letztendlich ist es Ziel

66

der Preisverhandlung, die identifizierten Kosteneinsparungspotenziale durch argumentativ geführte Verhandlungen auch auszuschöpfen. Ein Methoden- und Kalkulationsmuffel passt nicht in das Bild eines Einkäufers, der sich seiner unternehmerischen Verantwortung bewusst ist, die sich in dem von ihm erzielten Wertbeitrag37) widerspiegelt. Die Preisstrukturanalyse erleichtert ferner Aussagen über die zukünftige Entwicklung des Preises. Bei zu erwartenden Tariferhöhungen oder Materialpreisänderungen lassen sich aus der Kenntnis der Kostenstruktur eines Produktes gewisse Vorstellungen über voraussichtliche Preisentwicklungen in der Zukunft ableiten. Selbstverständlich wird man im Einkauf nicht für alle Materialien eine Preisstrukturanalyse durchführen. Im Wesentlichen müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein, bevor man sich damit beschäftigt, die Kostenbestandteile eines Materials zu analysieren: 1. Es muss sich um ein hochwertiges Produkt handeln (A-Teil). 2. Es muss die Möglichkeit zur Preisbeeinflussung durch den Einkauf gegeben sein (Frage der Marktmacht). 3. Es muss von vornherein feststehen, dass das Ergebnis der Preisanalyse zuverlässig ist (Frage der Informationsbeschaffung). 4. Es muss kalkulatorisches Fachwissen gegeben sein (Frage der Informationsverwertung) Insbesondere im Mittelstand ist es denkbar, dass fundiertes kalkulatorisches Fachwissen bei den Mitarbeitern/-innen nicht hinreichend gegeben ist. In solchen Fällen kann es sich als durchaus sinnvoll erweisen, wenn der eigenen – oder auch externen – Kalkulationsexperte in Preisverhandlungen mit Lieferanten eingespannt wird. Eine klare Rollenverteilung ist sodann zwingend erforderlich. Wie im konkreten Einzelfall vorzugehen ist, hängt nicht nur von der Problemstellung sondern vom Wissen und Bildungsstand zuliefernder Kreativität und der Motivation der Beteiligten Team- oder Projektmitglieder ab. Im Allgemeinen ist es von Vorteil, wenn kalkulatorisches Expertenwissen sich mit wertanalytischem Gedankengut verknüpfen lässt. 37) Als Stellschrauben für den von Einkäufern/-innen erzielbaren monetären Wertbeitrag kommen in erster Linie die Materialkosten und Bestandskosten in Betracht. Dabei geht es nicht nur um eine Kostenverringerung, sondern auch um eine Kostenverhinderung. – Siehe im Einzelnen vom Verf., Modernes Einkaufsmanagement, a. a. O., S. 18 ff.

67

Mithilfe einer Preisgleitklausel können die sich kostenrechnerisch ergebenden Auswirkungen von Kostensteigerungen auf den Materialpreis gewissermaßen automatisch ermittelt werden. Dabei wird – vom Ansatz in etwa vergleichbar mit der Preisstrukturanalyse – der mit dem Lieferanten vereinbarte Materialpreis bzw. Preis eines Artikels in seine Kostenelemente aufgeschlüsselt. Allerdings reduziert sich die Aufschlüsselung in der Regel auf die Material- und Lohnkosten, da diese erfahrungsgemäß ins Gewicht fallen und hinsichtlich ihrer Höhe Veränderungen unterliegen. Die verbleibenden Kosten sowie der Gewinn werden als konstant angenommen und fließen als Fixkostenblock in die Preisgleitklausel ein. Das nachfolgende Praxisbeispiel 5 verdeutlicht den methodischen Ansatz, wobei es im Einzelfall durchaus denkbar ist, dass der Materialkostenanteil – wie im vorhergehenden Beispiel 4 aufgezeigt – weiter aufgegliedert und / oder der Fixkostenblock durch Herauslösung weiterer variabler Kostenelemente (z. B. der Energiekosten) reduziert werden kann. Wie auch immer im Einzelnen die Preisgleitklausel lautet, festzuhalten ist: Mit vertraglich vereinbarten Preisgleitklauseln kann der Einkäufer verhindern, dass der Verkäufer neben Preiserhöhungen einen Gewinnaufschlag durchsetzt. Beispiel 5: Preisgleitklausel als Instrument zur Ermittlung kostengerechter Preiserhöhungen Im Einkaufshandbuch eines Unternehmens der metallverarbeitenden Industrie ist die Preisgleitklausel wie folgt formuliert: Formel: Po Mneu Lneu Pn = ———  F + M  ———— + L  ———— 100 Malt Lalt Legende: Pn = Preisveränderung Po = Ausgangspreis, alter Preis F = Fixkostenanteil (in Prozent vom Ausgangspreis) M = Materialanteil (in Prozent vom Ausgangspreis) Malt = Materialpreis alt, am Tage der Bestellung, absolut Mneu = Materialpreis neu, absolut L = Lohnanteil (in Prozent vom Ausgangspreis) Lalt = Lohnkosten alt, am Tage der Bestellung Lneu = Lohnkosten neu (alt zuzüglich Tariferhöhung) 68

Anwendungsbeispiel: In einem konkreten Anwendungsfall sind gegeben bzw. bekannt: alter Preis Fixkostenanteil Materialanteil Lohnanteil Wichtigstes Material alt neu Alter Tariflohn Tarifveränderung

: : : : : : : :

1.500,– EUR 25% 45% 30% 850,– EUR / t 870,– EUR / t 18,50 EUR / ME + 6,0%

Rechnung: 1.500 870 19,61 Pn = ————  25 + 45  ———— + 30  ————— 100 850 18,50 Pn = 15  ( 25 + 46,06 + 31,80 ) = 1.542,89 EUR / ME = 2,86% maximale Preissteigerung Ergebnis: Der aufgrund der Kostensteigerungen errechnete neue Preis in Höhe von 1.542,89 EUR / ME entspricht einer Preissteigerung um 2,86% gegenüber dem alten Preis. Eine Erhöhung des Artikelpreises um diesen Prozentsatz kann maximal (!) vom Lieferanten angefordert werden.

3.2

Vorgehensweise bei der Preisstrukturanalyse

Bei der Durchführung der Preisstrukturanalyse geht man zweckmäßigerweise so vor, dass man zunächst einmal die Kostenarten, die für das zu untersuchende Produkt von Bedeutung sind, festlegt und bewertet. Diese Ermittlung der Kostenbestandteile eines Produktes ist der eigentliche Kern und zugleich der schwierigste Teil der Preisstrukturanalyse. Anschließend lassen sich dann durch Addition der einzelnen Beträge je Kostenart die Herstellkosten für das Produkt berechnen, diese schließen variable (Material- und Lohnkosten) und fixe Kosten (Materialgemeinund Fertigungsgemeinkosten) ein. Die darüber hinaus noch zu berück69

sichtigenden Fixkosten, die in der Verwaltung und im Vertrieb anfallen, sind den Herstellkosten als Gemeinkostenzuschlag hinzuzufügen und ergeben die Selbstkosten. Aus der Differenz zwischen Verkaufspreis und den errechneten / ermittelten / geschätzten Selbstkosten ergibt sich schließlich der dem Lieferanten verbleibende Gewinn. Für die Ermittlung der Bestandteile, aus denen sich die Selbstkosten zusammensetzen, kann man von gebräuchlichen Kalkulationsschemata ausgehen. Dabei sollte man im Rahmen der Preisstrukturanalyse Einzelund Gemeinkosten getrennt ermitteln. Die folgende Aufzählung der Kosten in Abbildung 13 muss nicht für jedes Produkt geeignet sein, enthält jedoch die wichtigsten Preisbestandteile eines Erzeugnisses. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, dass die Herstellkosten weitestgehend variable sind, da Fertigungsmaterial und Fertigungslohn den Leistungseinheiten / Kostenträgern als Einzelkosten direkt zugerechnet werden können. In der verarbeitenden Industrie können diese mit im Durchschnitt 70 Prozent38) angenommen werden.

Abbildung 13: Schema der Zuschlagskalkulation

38) Siehe im Einzelnen unter Ziffer 5.

70

In der Praxis wird die Preisstrukturanalyse meistens als Vollkostenrechnung durchgeführt, d. h., alle fixen und variablen Kosten werden auf die Leistungseinheit umgerechnet. Dieses Verfahren ist trotz der Problematik und Mängel, die der Vollkostenrechnung als Instrument für Entscheidungszwecke anhaften, im Rahmen der Preisstrukturanalyse als sinnvoll anzusehen; denn auf längerfristige Sicht wird ein Lieferant nur dann existieren können, wenn mindestens alle variablen und fixen Kosten durch den Verkaufspreis abgedeckt werden. 3.3

Informationen für die Preisstrukturanalyse

Um den Preis eines Artikels in seine kalkulatorischen Bestandteile zerlegen zu können, müssen zwei wesentliche Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Umfangreiche Kenntnisse der Beschaffungsmärkte, bezogen auf den einzukaufenden Artikel und seine Vorprodukte. 2. Die Bereitschaft des Lieferanten, Geheimnisse seiner Preiskalkulation zu lüften. Beschaffungsmarktforschung und Informationsgewinnung zur Kalkulation der Preise und letztendlich zur Zielpreisfindung gehören daher zu den ständigen Aufgaben des Einkäufers. Möglichst schon in der Produktentstehungsphase oder (spätestens) im Angebotsstadium ist damit zu beginnen, Kalkulationsdetails zusammenzutragen. In folgenden Routinegesprächen sind diese zu vervollständigen. Durch Besuche bei den wichtigsten Lieferanten sind Hintergrundinformationen über alle Faktoren, die den Preis eines Lieferanten positiv oder negativ beeinflussen, zu erwerben. Durch vergleichende Beobachtung kann versucht werden, Aufschlüsse über kostenbeeinflussende Tatbestände zu bekommen, die beispielsweise lauten könnten: 

Warum soll der Einkauf für - mangelnde Auslastung der Fertigungskapazitäten - fehlende Automatisierung aller Fertigungsprozesse - überdimensionierte Lagerbestände erhöhte Preise akzeptieren?

71

3.3.1 Informationsquellen Die Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes über die Kostenstruktur der Wirtschaft der unterschiedlichen Branchen, geordnet nach Betriebsgrößen, ermöglicht dem Facheinkäufer die Durchführung einer Preisstrukturanalyse auf der Grundlage folgenden Schemas:39) Anteil an Gesamtkosten in % Verbrauch an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen 2 + umgesetzte Handelswaren 3 + Kosten für Lohnarbeiten __________________________________________________________ 1

4 Summe 1 – 3 __________________________________________________________ 5 + Löhne 6 + Gehälter 7 + gesetzliche Sozialkosten 8 + sonstige Sozialkosten __________________________________________________________ 9 Summe 5 – 8 __________________________________________________________ 10 + Instandhaltungskosten (Fremdleistungen) 11 + Mieten und Pachten 12 + Kostensteuern 13 + sonstige Kosten 14 + Abschreibungen 15 + Fremdkapitalzinsen 16 + Gewinn __________________________________________________________ 17 Bruttoproduktionswert Summe 4 + 9 + 10 bis 16 __________________________________________________________

39) Deutsche Bundesbank Eurosystem: „Verhältniszahlen aus Jahresabschlüssen deutscher Unternehmen von 2015 bis 2016 – vorläufig“, Frankfurt am Main, Mai 2018.

72

Auf welche Informationsquellen können Einkäufer darüber hinaus zurückgreifen, wenn es darum geht, gezielt eine Kosten- und Preisanalyse durchzuführen? In diesem Zusammenhang kommen vor allem in Betracht: 

Die Tarifsituation in der Branche des Lieferanten gibt wichtige Hinweise auf Angebot und Nachfrage sowie Kostenbelastungen.



Der Rohstoffmarkt des preislich zu analysierenden Produktes gibt Aufschluss über Rohstoffpreise.



Wettbewerbsangebote geben ein Bild über die Leistungsfähigkeit der Lieferanten im Vergleich.



Branchenspezifische Informationen zur Kapazitätsauslastung, Auftragslage und Exportsituation lassen Rückschlüsse auf die Preispolitik der Lieferanten im Allgemeinen zu.



Berichte der Industrie- und Handelskammer.



Die jährlich vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Ergebnisse von Kostenstrukturerhebungen. Da diese Daten in der Regel aus den vergangenen Jahren stammen, ist eine Trendkorrektur erforderlich.



Die Berichte der Deutschen Bundesbank (siehe Abbildung 14).

In den Materialkosten steckt einer der ergebniswirksamsten Ansätze zur Kosteneinsparung. Es wird in zunehmend größerem Umfang Wertschöpfung von Lieferanten zugekauft als im eigenen Unternehmen gefertigt. Das veranschaulicht Abbildung 14.

73

Abbildung 14: Material- und Personalaufwand am Umsatz ausgewählter Branchen in der verarbeitenden Industrie40) 

Aus Geschäftsberichten,41) Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnungen und betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) lassen sich Anhaltspunkte für wichtige Kostenarten entnehmen. (Es ist bei Lieferanten mit sehr verschiedenartigen Produkten darauf zu achten, dass u. U. völlig unterschiedliche Kostenstrukturen auf die Ergebnisse der G+V einwirken!)



Mithilfe eines Lieferantenfragebogens bzw. -selbstauskunft.42)



Besuche bei Lieferanten verschaffen den erforderlichen Einblick in die Fertigungstiefe, das Fertigungsverfahren und den Fertigungsablauf und das Lohnniveau sowie die Fixkosten für Gebäude, Einrichtung und maschinelle Ausstattung der bezogenen Teile sowie in das Qualitätssicherungssystem.



Die Preise und ihre Bestandteile von bereits früher bezogenen vergleichbaren Teilen helfen vergleichen. (Ein aussagefähiges Hilfsmittel ist die Ermittlung des Preises pro Vergleichseinheit, z. B. pro Kilogramm, pro m², u. ä. im Vergleich zu anderen Teilen.)



Mithilfe der eigenen Kalkulationsabteilung sollte – bei Ansatz von mehreren Gemeinkostenzuschlägen – eine vollständige Vorkalkulation für die Eigenfertigung des einzukaufenden Teiles aufgestellt werden.

40) Deutsche Bundesbank Eurosystem: „Verhältniszahlen aus Jahresabschlüssen deutscher Unternehmen von 2015 bis 2016 – vorläufig“, Frankfurt am Main, Mai 2018. 41) Die Geschäftsberichte von Kapitalgesellschaften sind in unterschiedlicher Ausprägung im online Bundesanzeiger verfügbar. 42) Siehe Abbildung 15 unter Ziffer 3.3.2.

74

3.3.2 Sind Kalkulationsdaten tabu? In vielen Unternehmen sind die kalkulierten Kosten das bestgehütete Geheimnis. Auch im Rahmen einer längerfristigen partnerschaftlichen Beziehung ist ihre Offenlegung nach wie vor eher die Ausnahme als die Regel. Die Marktmachtverhältnisse zwischen Kunden und Lieferanten sind häufig dafür entscheidend, ob die „Open Book Policy“ eine Chance erhält. Im Übrigen kann der Einkauf dahingehend argumentieren, dass aus sicht des Lieferanten Open Book Policy zur Präzisierung der eigenen Kalkulation und zur Produktivitätssteigerung in seinem Unternehmen führen kann. Der Effekt stellt sich insbesondere bei kombiniertem Einsatz von Kostenstruktur- und Wertanalyse sowie bei funktions- und unternehmensübergreifender Zusammenarbeit in einem Projektteam ein. Es kann somit eine Win-win-Situation entstehen, zumal der Vertrieb des Lieferanten nun mehr mit allen (!) Kunden des wertverbesserten Produktes auf belegbarer Basis verhandeln kann. Für den Einkäufer ist diese Situation generell unbefriedigend. Er benötigt konkrete lieferantenspezifische Kalkulationsdaten, wenn er sich gezielt auf Preisverhandlungen mit strategisch wichtigen Lieferanten oder auf die Abwehr von Preiserhöhungen vorbereitet. Allgemeine oder branchenspezifische Informationen reichen im Allgemeinen nicht aus, wenn die Angemessenheit eines Angebotspreises oder einer Preiserhöhungsforderung im Detail zu überprüfen ist.43) Was ist zu unternehmen? Der Einkäufer muss sich zunächst Klarheit darüber verschaffen, welche lieferantenspezifischen Kosteninformationen er für die fallweise Durchführung einer Eigenkalkulation benötigt. In einem Lieferantenfragebogen sind sodann die gewünschten Kosteninformationen aufzunehmen. In Abbildung 14 ist eine in der Praxis verwendete Lieferantenselbstauskunft44) auszugsweise wiedergegeben.

43) Für eine vereinfachte Einkaufskalkulation kann der Rückgriff auf sekundäre Informationsquellen (z. B. amtliche Statistiken) eine durchaus adäquate Datenbasis bilden, wobei der Einkäufer über umfassende Produkt-, Markt- und Lieferantenkenntnisse verfügen sollte. 44) Siehe Hartmann / Orths / Kössel, Lieferantenbewertung – aber wie?, a. a. O., S. 58 ff.

75

Abbildung 15: Lieferantenselbstauskunft (auszugsweises Praxisbeispiel)

76

Um Lieferanten nicht zu überfordern, kann es durchaus sinnvoll sein, den Fragebogen grober zu strukturieren. Generell sind die nachfolgend aufgelisteten lieferantenspezifischen Kostendaten von Bedeutung: 

Materialkostenanteil in % vom Umsatz



Lohnkostenanteil in % vom Umsatz.

Zu empfehlen ist: 

Ein erster Test sollte zunächst mit einer begrenzten Anzahl von A-Lieferanten gemacht werden.



Es sollte den (ausgewählten) Lieferanten verständlich gemacht werden, dass auch für ihn der Lieferantenfragebogen von Nutzen ist.



Vertraulichkeit der Kosteninformationen muss garantiert werden. Es könnte von ausschlaggebendem Vorteil sein, wenn der Einkäufer die Initiative ergreift und einige belanglose Kosteninformationen des eigenen Unternehmens „Preis gibt“. Die Erkenntnis „wer zu Erst kommt, malt zu Erst“ könnte sich auch in diesem Fall bewahrheiten. Im Übrigen sollte der Einkäufer stets bestrebt sein, in Preisverhandlungen die Führungsrolle nicht aus der Hand zu geben, ohne dem Verhandlungs- und Gesprächspartner (!) die Möglichkeit der sachlichen Gegenargumentation zu nehmen.

3.4

Kritische Würdigung der Preisstrukturanalyse

Die Vollkostenrechnung im Rahmen der Preisstrukturanalyse hat eindeutig ihre Grenzen in der Anwendung, die durch drei Problemkreise angedeutet werden sollen: 

Informationsgrenzen



Realisierung der Ergebnisse



Kosten-Nutzen-Relation.

Die Vorteile einer Preisstrukturanalyse hinsichtlich der angegebenen Zielsetzungen liegen auf der Hand. Dennoch ist sie alles andere als Allgemeingut in den Einkaufsabteilungen. Man sollte die vor allem von Praktikern erhobenen Einwände nicht ignorieren, die vereinfacht dargestellt lauten:

77



Das Tagesgeschäft lässt den Mitarbeitern/-innen kaum Zeit für derart aufwändige Untersuchungen/Analysen.



Vielfach mangelt es an Wissen und an Fähigkeit des Personals, diese Analyse durchzuführen.



Die Ergebnisse haben nur statistischen Wert und lassen sich aus Marktgründen nicht umsetzen.



Es ist unmöglich, an die entsprechenden Informationen zu kommen.



Die Verkäufer kennen sich zu wenig in den Kalkulationen aus, als dass sie auf fundierte Argumente entsprechend reagieren könnten.



Die Lieferanten spielen da nicht mit, vielmehr lassen sie sich nicht analysieren und brechen die Geschäftsbeziehung eher ab, als auf die Argumente einzugehen.



Die Kosten eines solchen Verfahrens sind weitaus höher als der mögliche Nutzen.

Diese sehr pauschalen Einwände sind immer wieder zu hören. Wird einmal davon abgesehen, dass diese Argumente vielfach nur Schutzbehauptungen sind vor dem unbequemen Weg einer gezielten, systematischen Arbeit und Vorbereitung, so haben sie einzeln betrachtet und im Einzelfall sicherlich ihre Berechtigung. Insofern sind vorab die Voraussetzungen zu prüfen. In diesem Zusammenhang sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass vor allem Lieferanten kleinerer mittelständischer Unternehmen die eigenen Herstellkosten nicht genau kennen, da sich das Rechnungswesen auf die für steuerliche Zwecke erforderliche Finanzbuchhaltung beschränkt und eine authentische Kostenrechnung – wenn überhaupt – nur rudimentär vorhanden ist. In solchen Fällen werden die für die Ermittlung der Herstellkosten in Ansatz zu bringenden Zuschlagssätze in ihrer Höhe nur geschätzt und die kalkulatorischen Kosten mehr oder weniger nicht berücksichtigt. Die eigenen Deckungsbeiträge sind kaum belegbar. Auch nach Industrie 4.0 und der zunehmenden Digitalisierung unternehmensinterner und -externer Prozesse beschränkt man sich vielfach noch auf den Einsatz von traditionellen Kalkulationsprogrammen (z. B. Excel). Welche Bedenken oder Gegebenheiten auch immer eine Rolle spielen, in jedem Fall bringt eine durchgeführte Preisstrukturanalyse dem Einkäufer die Sicherheit, wettbewerbsadäquat einzukaufen. Der Einkäufer hat die Möglichkeit zu agieren und nicht immer wieder lediglich zu reagieren. 78

Ständig verschiebt sich das Kostengefüge bei den Lieferanten durch Tariflohnänderungen, Materialpreiserhöhungen, Währungsparitätenänderungen und dergleichen. Damit erhält der Verkäufer immer wieder die Chance, versteckte Gewinne zu identifizieren und auszuschöpfen. Diese Praxis kann nur durch eine Preisstrukturanalyse konkret abgebaut werden. Es handelt sich also hierbei um das Nachvollziehen der Lieferantenkalkulation, deshalb wurden die Kostenrechnungskenntnisse vorangestellt. Der Aufbau eines Zielpreises ist mit denselben Methoden wie in der Kostenrechnung vorzunehmen, so dass hier weitere Erläuterungen überflüssig sind. Letztlich handelt es sich so gesehen lediglich um ein Informationsproblem, das mit Ausdauer, Erfahrung und Dokumentation bewältigt werden kann. 3.5

Kombinierte Preisstruktur- und Wertanalyse als Erfolgskonzept

Es geht bei der Preisstrukturanalyse nicht darum, bis auf den letzten Cent zu erforschen, wie sich die Herstellkosten zusammensetzen. Mitunter ist schon die Kenntnis potenzieller Kostenbestandteile als Verhandlungsargument sehr effektiv. Es lohnt sich daher durchaus, zumindest sekundär Informationsquellen zu nutzen, um sich einen groben Überblick über die statistisch nachweisbare Kostenstruktur der in Betracht kommenden Branche zu verschaffen und den Verhandlungspartner auf diese Weise zur Stellungnahme herauszufordern. Allein die Tatsache, dass der Einkäufer mit kalkulatorischen Begriffen seine Argumente untermauert – wie aus der Einkaufspraxis berichtet –, kann zu Zugeständnissen seitens des Verkäufers führen. Im Vergleich zu einer normalen Preisverhandlung ist bei einer Verhandlung, die auf einer Strukturanalyse der Herstellkosten basiert, ein deutlicher Unterschied hinsichtlich des vom Einkäufer erreichbaren Wertbeitrages zu erwarten. Es ist keine Seltenheit, Einsparungen über 10 Prozent durch Identifikation übertriebener Kostenansätze zu realisieren. Sofern es gelingt, die Erkenntnisse der Preisstrukturanalyse mit der Wertanalyse zu verknüpfen, können weitaus höhere Einsparungen erzielt werden, die in Einzelfällen über 30 Prozent hinausgehen.45) 45) Siehe Eschinger, Steffen, Vorbereitung auf Preisverhandlungen, in: Beschaffung aktuell, Leinfelden, Oktober 2013, S. 21 – Wertanalytische Untersuchungsergebnisse belegen im Einzelfall, dass Einsparungen bis zu 20 Prozent bei methodisch-systematischer Vorgehensweise realistisch sind. (Die über die Strukturanalyse der Herstellkosten möglicherweise zu erzielenden Kosteneinsparungen bleiben dabei unberücksichtigt.)

79

Es muss daher als Todsünde des Einkäufers angesehen werden, wenn dieser die Leistungsfähigkeit innovativer Lieferanten nicht durch wertanalytische Fragestellungen und / oder durch die Initiierung gemeinsamer Wertanalyseprojekte herausfordert. Im Rahmen der Wertanalyse an dem von Anbeginn der strategische Einkauf – und bei Bedarf auch der operative Einkauf – beteiligt sein sollten, werden technische Optimierungsmöglichkeiten einzelner Funktionen des Produktes eruiert. Damit wird den nicht-wertschöpfenden Kosten „der Kampf angesagt“. Das Produkt soll kostengünstiger und nicht billiger (= schlechter) werden.46) Als charakteristische Zielgrößen der Wertanalyse sind somit Produktoptimierung, Innovationsumsetzungen, Prozessoptimierung und Fehlerverhütung zu nennen. Dabei sollte die Wertanalyse47) stets mit Hilfe eines funktionsübergreifenden Teams durchgeführt werden, an dem sich der strategische Einkauf beteiligt. Von besonderem Vorteil ist es jedoch, strategische Lieferanten (mit Geheimhaltungsvereinbarung) in die Teamarbeit zu integrieren.48) Festzuhalten ist: Auf das Argument „zu teuer“ ist der Lieferant in der Regel vorbereitet. Mit der Preisstrukturanalyse sollte sich daher der Einkäufer in Verknüpfung mit den aus der Wertanalyse abgeleiteten Erkenntnissen Argumente verschaffen, die gewinnbringend zur Preisreduzierung oder Rücknahme von Preiserhöhungsforderungen führen (können)! Letztendlich liegt allen Design-, Wertanalyse- und Cost EngineeringProjekten die Absicht zu Grunde, auf der Basis des erreichten detaillierten Wissens über Preise, Produktionsbedingungen und Toleranzen mit Lieferanten auf Augenhöhe zu verhandeln. Im Verlauf eines Projektes kann sich auch die Frage stellen, wann es sich lohnt, Produktionsstätten zu verlagern oder heimische Standorte aufgrund höherer Verfügbarkeit und geringerer Kosten für Anschaffung und Wartung zu stärken. Denn nicht immer sind Auslandsaktivitäten unter Vollkostenbetrachtung die bessere Wahl.

46) Siehe H. Orths, Einkaufscontrolling als Führungsinstrument – Tipps und Tools für den Erfolg, 2. Auflage, Gernsbach 2009, S. 184 f. 47) Im Gegensatz zum Begriff Wertanalyse soll mit der Bezeichnung „Value Management“ der dynamische Prozess der „Wertgestaltung“ zum Ausdruck gebracht werden. 48) Siehe vom Verf., Modernes Einkaufsmanagement, a. a. O., S. 39 f. sowie vom Verf., Modernes Lieferantenmanagement, a. a. O., S. 125 ff. (Praxisbeispiel zur erfolgreichen Integration strategisch wichtiger Lieferanten in ein funktionsübergreifendes Wertanalyseteam.)

80

Auch für eine „Make-or-Buy-Entscheidung“ ist die Durchführung einer detaillierten Produkt- und Kostenanalyse unverzichtbare Voraussetzung, um einen nachhaltigen Erfolg sicherzustellen.49) Da Produktentwicklung, Einkauf, Produktion und Marketing kein übereinstimmendes Verständnis für Kosten und Kundennutzen aufweisen, sollten bereits im Vorfeld die Projekteilnehmer/-innen von der Notwendigkeit einer – im wahrsten Sinne des Wortes – vertrauensvollen interdisziplinären Zusammenarbeit überzeugt werden. Ausbalancierendes Konfliktmanagement gegenläufiger Interessen und Zielsetzungen der beteiligten Funktionen kann möglicherweise durch die Einschaltung eines externen Beraters (z. B. eines Cost-Engineers) erleichtert werden.

49) Siehe Lars Keller, Cost Engineering, a. a. O., S. 26.

81

4.

Erfolgreich verhandeln auf der Basis der Vollkostenrechnung

Da der Lieferant in der Regel bestrebt ist, seinen Gewinnanteil geheim zu halten und deshalb generell auch nicht bereit ist, Auskunft über seine Kosten zu geben, muss der Einkäufer versuchen, „hinter die Kalkulation des Lieferanten zu kommen“. Dazu dient die sog. Preisstrukturanalyse, die ihrerseits auf der Vollkostenrechnung beruht. 4.1

Begriff und Wesen der Vollkostenrechnung

Im Rahmen einer Vollkostenrechnung werden 

alle fixen und variablen Periodenkosten auf eine Leistungseinheit (LE) umgerechnet und



zur Ermittlung der Selbstkosten bzw. des Verkaufspreises wird von einer Normalbeschäftigung ausgegangen.

Als Normalbeschäftigung (normale Auslastung) eines Unternehmens wird in der Regel von 80 Prozent der maximal möglichen Beschäftigung bzw. der maximal zu produzierenden Leistungseinheiten ausgegangen. Auf dieser Basis wird im Rahmen der Vollkostenrechnung kalkuliert, d. h. erfolgt die Verrechnung der fixen Kosten, die weitgehend als Gemeinkosten in Erscheinung treten, über Zuschlagssätze. Mit anderen Worten: Die Fixkostendeckung ist bei einer erreichten Auslastung von 80 Prozent im Verlauf des Geschäftsjahres realisiert. Zu beachten ist: 

Mit der Entscheidung für einen definierten Normalbeschäftigungsgrad kann ein Unternehmen – also auch der Lieferant – gezielt Kostenund Risikomanagement betreiben, da mit der Höhe des zugrunde gelegten Normalbeschäftigungsgrades das Risiko, die Fixkostendeckung zu erreichen, steigt.

4.1.1 Der Fixkostendegressionseffekt als kalkulatorisches „Phänomen“ Der im Rahmen der Zuschlagskalkulation in einer Abrechnungsperiode über Gemeinkostenzuschlagssätze zu verrechnende Fixkostenblock wird im Ansatz als konstant angenommen. Bezogen auf die Leistungseinheit (LE) sind die fixen Kosten jedoch beweglich. Sie verändern sich im 82

umgekehrten Verhältnis wie die Beschäftigung. Bei einem Anstieg der Beschäftigung gehen die fixen Kosten pro Leistungseinheit zurück (= Degressionseffekt), bei einem Beschäftigungsrückgang wachsen sie an. Dazu ein in Abbildung 16 dargestelltes vereinfachtes Zahlenbeispiel, dem bei Berechnung der stückfixen Kosten eine Normalbeschäftigung in Höhe von 2.000 LE und ein Fixkostenblock von 10.000,– EUR zugrunde liegt:

Abbildung 16: Der Fixkostendegressionseffekt (schematische Darstellung)

Ergebnis: 

Da in der Regel auf der Basis einer Normalbeschäftigung kalkuliert wird, entsteht bei Überbeschäftigung (z. B. 4.000 LE) eine FixkostenÜberdeckung (= „Ertrag“), bei Unterbeschäftigung (z. B. 1.000 LE) eine Fixkosten-Unterdeckung (= „Verlust“).

4.1.2 Der Fixkostendegressionseffekt als situationsspezifischer Ansatz zur Zielpreisfindung Für den Einkäufer ist die Information über die lieferantenseitige Auslastung der Produktionskapazitäten von entscheidungsrelevanter Bedeutung. Dazu kann er möglicherweise auf richtungweisende Indikatoren wie Lieferzeiten, Lieferverzögerungen oder Mengenabweichungen zurückgreifen. Als zuverlässigste Informationsquelle dient zweifellos – sofern wirtschaftlich vertretbar – ein Lieferantenbesuch, in dessen Verlauf durch in Augenscheinnahme vor allem der Produktion und des Vertriebes sowie durch gezielte Gesprächsführung aktuelle Informationen zur Auftragssituation beim Lieferanten gewonnen werden können. 83

Ausgehend von der Annahme, dass fixe Kosten „eh da sind“ (sog. „Ehda-Kosten“), kann sich der versierte Einkäufer in bestimmten Situationen den kalkulatorisch nicht in Frage zu stellenden Fixkostendegressionseffekt zu Nutzen machen und gezielt eine Mengenstrategie verfolgen. Im folgenden Beispiel 6 sind alternative Einkaufsvolumina zugrunde gelegt, um den Degressionseffekt hinsichtlich seiner Auswirkungen auf den Zielpreis zu verdeutlichen: Beispiel 6: Fixkostendegressionseffekt bei alternativen Einkaufsvolumina Dem Mitarbeiter im Zentraleinkauf eines Konzerns ist bekannt, dass für die Baugruppe OMEGA variable Kosten in Höhe von 3.000,– EUR / ME anfallen. Die anteiligen fixen Kosten schätzt er nach Durchführung einer Preisstrukturanalyse auf der Basis der Zuschlagskalkulation auf 1.000,– EUR / ME ein. Der Fixkostenanteil, der der Summe der geschätzten Gemeinkosten entspricht, basiert auf einer Abnahmemenge von 100 ME, die im zurückliegenden Geschäftsjahr mit dem Lieferanten realisiert werden konnte. Da innerhalb des Konzerns eine Bündelung der Bedarfe angestrebt wird, zielt die Verhandlungsstrategie des Einkäufers darauf ab, über den Fixkostendegressionseffekt die „Eh-da-Kosten“ zu verrechnen. Dabei geht er von den in der nachfolgenden Tabelle angenommenen Einkaufsvolumina aus, die unter Berücksichtigung der variablen Kosten und des Degressionseffektes zu voneinander zum Teil stark abweichenden Selbstkosten führen. Im Rahmen der Zielpreisberechnung ist darüber hinaus ein Gewinnzuschlag von z. B. 5 Prozent zu berücksichtigen. Für gestaffelte Auftragsmengen / Einkaufsvolumina ist die Zielpreisberechnung der in Abbildung 17 wiedergegebenen tabellarischen Übersicht im Einzelnen dargestellt.

Abbildung 17: Zielpreisberechnung bei Bedarfsbündelung und Ausnutzung der Fixkostendegressionseffekte 84

Das Zahlenbeispiel zeigt, dass 

der Fixkostendegressionseffekt bei einer Verdoppelung der Bedarfe am stärksten auf die Höhe der Selbstkosten und den Zielpreis durchschlägt,



Kosteneinsparungspotenziale mit jeder (x-beliebigen) Aufstockung der Bedarfe erzielt werden können,



für den Lieferanten die Summe der verrechneten Fixkosten konstant bleibt, denn 100 ME  1.000,– EUR / ME = 100.000,– EUR 200 ME  500,– EUR / ME = 100.000,– EUR 400 ME  250,– EUR / ME = 100.000,– EUR 500 ME  200,– EUR / ME = 100.000,– EUR

Zu beachten ist: 

Der aufgezeigte Ansatz führt nicht zur erhöhten Abdeckung des Fixkostenblocks und verbessert damit nicht die wirtschaftliche Ertragssituation des Lieferanten.



Aus der Sicht des Einkäufers kann darauf verwiesen werden, dass der Lieferant bei einer Erhöhung der Auftragsmenge wahrscheinlich günstiger einkauft und produzieren kann, so dass eine „Win-WinSituation“ gewahrt bleibt.



Die Betrachtung lässt möglicherweise zusätzlich beim Kunden anfallende Kosten (z. B. Abwicklungskosten, Lagerhaltungskosten) außer Ansatz. (Diese Problematik kann durch den Abschluss von Abrufoder Sukzessivlieferverträgen gelöst werden.)

Zusammenfassend ist aus dem Zahlenbeispiel die Erkenntnis abzuleiten: Über eine Bündelung der Bedarfe und der damit einhergehenden Erhöhung der Bedarfsmengen sind aus der Sicht des Einkäufers nicht nur die dadurch beim Lieferanten eintretenden Kosteneinsparungen verhandelbar, sondern die Überdeckung des als Kalkulationsbasis angenommenen Fixkostenblocks sollte in Preisgesprächen nicht außer Acht gelassen werden.50)

50) Im Beispiel 6 wird in der Ausgangssituation von einem Fixkostenanteil in Höhe von 1.000,– EUR ausgegangen, so dass sich bei einer Abnahmemenge von 100 ME als Kalkulationsbasis ein Fixkostenblock von 100.000,– EUR errechnet.

85

Das nachfolgende Beispiel illustriert, dass sich bei Ausnutzung des skizzierten Fixkostendegressionseffektes ein erheblich reduzierter Zielpreis ermittelt. Beispiel 7: Zielpreisermittlung unter Ausnutzung des Fixkostendegressionseffektes In Vorbereitung auf Preisverhandlungen mit einem der wichtigsten A-Lieferanten, der K. Max GmbH, führt der verantwortliche Einkäufer auf der Basis der Zuschlagskalkulation eine Preisstrukturanalyse für die Baugruppe DELTA, für die von der K. Max GmbH 50 Prozent des gesamten Jahresbedarfs von 4.000 Mengeneinheiten (ME) bezogen werden sollen, durch. Dazu geht der Einkäufer nach intensiven Recherchen und Cross-Checks zur Absicherung der Daten von folgenden kostenrelevanten Daten aus:      

Materialeinzelkosten (MEK) Fertigungslohneinzelkosten (FEK) Materialgemeinkostenzuschlagssatz (MGZ) Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz (FGZ) Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkostenzuschlagssatz (VtGZ + VwGZ) Gewinnzuschlag (GZ)

: 3.000,– EUR / ME : 400,– EUR / ME : 8% : 20% : :

20% 5%

1. Die Ermittlung des Zielpreises führt zu folgendem Ergebnis: –

Rechnung MEK : 3.000,– EUR / ME + MGZ 8% : 240,– EUR ——————————————————————————— Materialkosten : 3.240,– EUR / ME + FEK : 400,– EUR + FGZ 20% : 80,– EUR ——————————————————————————— Herstellkosten : 3.720,– EUR / ME + (VtGZ + VwGZ) 20% : 744,– EUR ——————————————————————————— Selbstkosten : 4.464,– EUR / ME + GZ 5% : 223,20 EUR ——————————————————————————— Zielpreis : 4.687,20 EUR / ME

– Ergebnis: Der ermittelte und zu verhandelnde Zielpreis beläuft sich auf 4.687,20 EUR / ME. 86

Bei Vertragsabschluss über die gesamte Jahresmenge bietet der Lieferant dem Einkäufer eine Preisreduzierung in Höhe von 6 Prozent an. Zu welchem Ergebnis führt in diesem Fall die vom Einkäufer durchgeführte Zielpreisberechnung? –

Rechnung 

Ermittlung der Einzelkosten: MEK : 3.000,– EUR / ME FEK : 400,– EUR / ME ———————————————————————–––––– Summe der Einzelkosten 3.400,– EUR / ME



Berechnung der anteiligen Gemeinkosten: MGK : 240,– EUR FGK : 80,– EUR VtGK + VwGK : 744,– EUR ——————————————————————————– Summe der Gemeinkosten 1.064,– EUR / ME (bei Abnahme (Fixkosten) von 2.000 ME)

Berechnung des Fixkostendegressionseffektes: 1.064  2.000 ———————– 4.000 Zielpreis

532,– EUR / ME (bei Abnahme von 4.000 ME)

2. Berechnung des Zielpreises: Summe der Einzelkosten : 3.400,– EUR Summe der Gemeinkosten : 532,– EUR ——————————————————————————— Selbstkosten : 3.932,– EUR + GZ 5% : 196,60 EUR ——————————————————————————— Zielpreis : 4.128,60 EUR / ME Berechnung der Kosteneinsparung: Zielpreis (aus 1) : 4.687,20 EUR / ME Zielpreis (s. o.) : 4.128,60 EUR / ME ——————————————————————————— : 558,60 EUR / ME 87



Ergebnis: Die Kosteneinsparung von 558,60 EUR / ME entspricht nahezu einer 12 prozentigen Einsparungsquote.

Zu beachten ist: 

Der Ermittlung der Kosteneinsparungsquote liegt die Annahme zugrunde, dass es sich – bei den Gemeinkosten im Wesentlichen um fixe Kosten handelt und – diese sich bei einer Erhöhung degressiv verhalten (sog. Fixkostendegressionseffekt).



Die Summe der durch die unter 1. und 2. ermittelten Zielpreise abgedeckten fixen Kosten bleibt unverändert, denn:

aus obiger Rechnung zu 1. folgt: 2.000  1.064,– EUR / ME = 4.000 / 532,– EUR / ME 



Die Zuschlagssätze sollten im Rahmen einer konsequent verfolgten Mengenstrategie nicht instrumentalisiert werden, um unnötige Diskussionen über die „Wahrhaftigkeit“ des kalkulatorischen Ansatzes zu vermeiden. Im Gegensatz dazu ist der bei Erhöhung des Auftragsvolumens eintretende Fixkostendegressionseffekt eine unumstößliche Tatsache. Im Übrigen wird in der Praxis des betrieblichen Rechnungswesens auf der Basis standardisierter Zuschlagssätze kalkuliert. Die in dem Beispiel zugrunde gelegten Zuschlagssätze sind durchaus praxiskonform. Abweichungen können – wie die Fallstudie im Anhang zeigt – weitgehend vernachlässigt werden oder sollten vom Verkäufer dargelegt werden.

Zu empfehlen ist 

 

88

Aus Gründen der Fairness sollte ein angemessener Gewinnzuschlag in jedem Fall in Ansatz gebracht werden bzw. bei einer Mengenvariation unverändert zugrunde gelegt werden. Die Angemessenheit von Mengenrabatten sollte stets in Frage gestellt werden, da diese erfahrungsgemäß nicht den verkaufsseitig tatsächlich erzielbaren Kosteneinsparungseffekten entsprechen. Der Fixkostendegressionseffekt sollte den Lieferanten transparent aufgezeigt und argumentativ erläutert werden, ohne in diesem Zusammenhang auf weitere Kosteneinsparungsmöglichkeiten ein-

zugehen, da dieser Umstand erfahrungsgemäß zu einer Verbesserung des eigentlichen Themas führen kann. 4.2

Möglichkeiten und Grenzen der Vollkostenrechnung als einkaufskalkulatorisches Modell

Die Probleme der Vollkostenrechnung sind den geschulten Kostenrechnern bekannt. Sie beruhen im Wesentlichen auf der Existenz der Gemeinkosten, die nicht verursachungsgerecht den Erzeugnissen zugeordnet werden können. Die Verrechnung über auf der Basis einer Normalbeschäftigung ermittelten Zuschlagssätze ist als „Notlösung“ anzusehen. Da Abweichungen von der Normalbeschäftigung als „normal“ angesehen werden müssen, sind Unterdeckungen oder Überdeckungen der verrechneten Gemeinkosten zwangsläufig die Folge. Für den Einkäufer ist die Verrechnungsproblematik der Gemeinkosten kein ins Gewicht fallendes Argument, um aus seiner Sicht Anwendungsmöglichkeiten der Vollkostenrechnung von vornherein auszuschließen. Ein entsprechender Vorwand kann nur als Alibifunktion für mangelndes Kostenverständnis gewertet werden! Die Systematik der im Rahmen der Vollkostenkalkulation in der Regel anwendbaren Zuschlagskalkulation erleichtert dem Einkäufer die Vorgehensweise und führt zwangsläufig zum eigenkalkulierten Zielpreis. Insofern ist auch eine Vergleichbarkeit mit der Kalkulation des Lieferanten hergestellt. Ob und inwieweit das Ergebnis im Dialog mit dem Lieferanten einer kritischen Überprüfung standhält, ist entscheidend von der sachlichen Kompetenz sowie der darauf aufbauenden Argumentationsund Überzeugungskraft des Einkäufers abhängig. Wenn dieser seinen Markt und damit auch die Vormärkte des Lieferanten kennt sowie über fertigungstechnisches Know-how verfügt, sollte es relativ unproblematisch sein, die Höhe der einzukalkulierenden Einzelkosten (Fertigungsmaterial und -löhne) in etwa abzuschätzen. Dabei sollte methodisch entsprechend der Preisstrukturanalyse vorgegangen werden, d. h. die Einzelkosten sind in ihre Kostenbestandteile zu zerlegen. Sind die Grenzen der Vollkostenkalkulation in der Ermittlung der Zuschlagssätze zu sehen? Diese Frage muss sich zwangsläufig stellen, da sich die Material-, Fertigungs- sowie Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten wohl kaum vom Einkäufer in seiner Funktion als externer Kosten- und Preisanalytiker bestimmen lassen. Im Übrigen sind u. a. folgende Fragen aufzuwerfen: 89



Lohnt sich der Aufwand für möglicherweise umfangreiche Recherchen hinsichtlich detaillierter Kosteninformationen?



Verzerren unterschiedliche Ansätze der Gemeinkostenzuschlagssätze das Ergebnis in nicht vertretbarem Maße?



Wie sind im Rahmen der Eigenkalkulation die Inhalte der Gemeinkostenblöcke, wie sie der Lieferant im Einzelnen definiert, abgegrenzt?



Wie zuverlässig und aktuell ist die kalkulatorische Datenbasis des Lieferanten?

Im Allgemeinen erweist es sich nicht als lohnenswert, die Gemeinkostenzuschlagssätze mit akribischer Genauigkeit zu ermitteln. Die Gründe für eine im Prinzip vereinfachte und damit aufwandsarme Vorgehensweise sind im Wesentlichen folgende: 

Im Vergleich zu den Einzelkosten ist der Anteil der Gemeinkosten am Umsatz mit 20 bis 30 Prozent relativ gering.



Bei Annahme unterschiedlicher Zuschlagssätze ergeben sich nur geringfügige Abweichungen, sofern die verrechneten Gemeinkosten in der Summe „mehr oder weniger“ unverändert bleiben.51)



Die Streubreite der Zuschlagssätze ist erwartungsgemäß relativ groß und im Wesentlichen abhängig von – dem Fertigungsverfahren (Einzel- oder Serienfertigung) – der Fertigungstiefe (Fertigungs- oder Montagebetrieb) – der Produktart (Technologie- oder Konsumartikel) – der Produktkomplexität (Einzelteil- oder Modul / System)

Es ist auch nicht auszuschließen, dass der Lieferant auf der Basis geschätzter und kostenrechnerisch nicht belegbarer Zuschlagssätze kalkuliert hat, so dass der Einkäufer mit „gutem Gewissen“ von einer Eigenkalkulation ausgehen kann. In der verarbeitenden Industrie kann davon ausgegangen werden, dass sich die Zuschlagssätze in etwa in den nachstehend fixierten Toleranzbereichen bewegen: 

MGZ

:

6 bis 10%



FGZ

:

15 bis 25%



VtGZ und VwGZ

: 10 bis 30%.

51) Siehe auch unter Ziffer 10 Lösung zur Aufgabe 4).

90

Die nachfolgende Modellrechnung veranschaulicht den vereinfachten Lösungsansatz. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Anteil der Materialeinzelkosten (MEK) bei 50 Prozent und der Anteil der Kosten für Fertigungslöhne (FEK) bei 20 Prozent vom Umsatz liegen. Die Materialund Fertigungsgemeinkostenzuschlagssätze werden als Mittelwert zugrunde gelegt, so dass sich folgende Rechnung ergibt:  MEK : 50% vom Umsatz → 50,– EUR  MGZ : 8% der MEK → 4,– EUR  FEK : 20% vom Umsatz → 20,– EUR  FGZ : 20% von FEK → 4,– EUR ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––  Herstellkosten : 78% → 78,- EUR  VtG und VwG : 20% der Herstellkosten → 16,- EUR ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––  Selbstkosten : 94% → 94,- EUR  Gewinnzuschlag : 6% der Selbstkosten → 6,- EUR ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––  Zielpreis : 100,– EUR Das nachfolgende Praxisbeispiel soll in erster Linie der Verifizierung oben genannter Richtwerte dienen, kann jedoch keineswegs als repräsentativ für Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie angesehen werden. Insbesondere die Fertigungsgemeinkostenzuschlagssätze lassen keine allgemein gültige Aussage zu. Beispiel 8: Gemeinkostenzuschlagssätze, dargestellt an einem Praxisbeispiel In einem Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie, das in Einzelund Kleinserienfertigung Nutzfahrzeuge herstellt, und in dem die zugekaufte Wertschöpfung, d. h. der Materialanteil am Umsatz bei etwa 60 Prozent liegt, sind vom Controlling folgende Gemeinkostenzuschlagssätze ermittelt worden: Zuschlagssätze 

Materialgemeinkosten

:

2% bis 10% die Spannbreite variiert zum einen aufgrund von standardisierten Baugruppen, die vormontiert zugekauft 91

werden und zum anderen von Sonderanfertigungen, die mit einer sehr hohen Fertigungstiefe die Prozesskette durchlaufen. 

Fertigungsgemeinkosten:



Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten:

aufgrund des Fertigungsspektrums gibt es keinen konstanten Zuschlagssatz, sondern eine Anpassung im Fertigungsstundensatz, dafür 5% bis 16%, je nach Fahrzeugtyp 8% bis 18%, je nach Fahrzeugtyp

Im Rahmen der Vollkostenrechnung muss der Einkäufer stets den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit beherzigen. Daher ist eine vereinfachte Vorgehensweise stets „besser als gar nichts“! Darüber hinaus liegen die Grenzen eindeutig in der 

strategischen Bedeutung des Lieferanten



Umsatz mit dem Lieferanten



Wettbewerbssituation.

Die Chancen eines professionell agierenden Einkäufers, Einsparungspotenziale optimal auszuschöpfen, verbessern sich bei zielorientierter Umsetzung der mit der Vollkostenrechnung verbundenen Erkenntnisse dadurch, dass 

mit der eigenständig durchgeführten Einkaufskalkulation in den kalkulierten Kosten versteckte Gewinnbestandteile offen gelegt werden können und



in bestimmten Situationen durch Bedarfsbündelung der Fixkostendegressionseffekt ertragssteigernd genutzt werden kann.

Die zur Verbesserung der Verhandlungsposition beitragenden Möglichkeiten lassen die Schlussfolgerung zu:

92

Erfolgreich auf der Basis der Vollkostenrechnung zu verhandeln, sollte für Mitarbeiter/-innen im Einkauf, die sich ihrer unternehmerischen Verantwortung bewusst sind, Anreiz genug sein, den damit verbundenen Aufwand „in Grenzen“ zu halten! Unabhängig von Zahlen, Daten und Fakten kann es für den Verlauf einer Verhandlung durchaus auch zielführend sein, wenn der Einkauf auf Grund seines fundierten kalkulatorischen Wissens als kompetenter Gesprächspartner vom Lieferanten anerkannt wird und in strittigen Fällen – ohne als „Besserwisser“ aufzutreten – beispielsweise die Unterschieden zwischen -

einzel- und Gemeinkosten variable und fixe Herstellkosten Herstell- und Selbstkosten

erläutern kann. (Mehr als andere zu wissen hat noch nie geschadet!)

93

5.

Erfolgreich verhandeln auf der Basis der Deckungsbeitragsrechnung

In der Praxis wird – wenn überhaupt – die Preisstrukturanalyse meistens auf der Basis der Vollkostenrechnung durchgeführt, d. h. alle in einer Abrechnungsperiode anfallenden fixen und variablen Kosten werden auf die Leistungseinheit umgerechnet. Dieses Verfahren hat trotz der damit verbundenen Problematik, die in der Verrechnung der fixen Kosten (Gemeinkosten) begründet ist, seinen Stellenwert nicht eingebüßt. Denn längerfristig wird ein Lieferant nur dann existieren können, wenn zumindest alle variablen und fixen Kosten durch den Verkaufspreis abgedeckt sind (langfristige Preisuntergrenze). Der Deckungsbeitragsrechnung, die bezeichnenderweise auch als Teilkostenrechnung bezeichnet wird, liegt ein vereinfachter kalkulatorischer Ansatz zugrunde, der vom Einkäufer in bestimmten Entscheidungssituationen ohne größeren Aufwand instrumentalisiert werden kann. In diesem Zusammenhang sollte die Anwendbarkeit nicht davon abhängig gemacht werden, ob der Lieferant auch die Deckungsbeitragsrechnung einsetzt oder ausschließlich auf der Basis der Vollkostenrechnung kalkuliert. Die Frage nach der Höhe des Deckungsbeitrages dürfte zur Klärung des Sachverhaltes führen. Es steht außer Zweifel: Die Deckungsbeitragsrechnung ist ein unverzichtbares Instrument zur Aufdeckung einkalkulierter und unangemessener Gewinnbestandteile sowie zur Zielpreisfindung in bestimmten Beschäftigungssituationen des Lieferanten. 5.1

Das Grundprinzip der Deckungsbeitragsrechnung

Der Grundgedanke der Deckungsbeitragsrechnung lautet: 

Umsatz eines Produktes – variable Kosten = Deckungsbeitrag.

Ist die Summe aller in einer Periode erzielten Deckungsbeiträge größer als die gesamten Fixkosten des Lieferanten in dieser Periode, dann erzielt der Lieferant einen Gewinn. Die Deckungsbeitragsrechnung geht davon aus, dass die Material- und Fertigungsgemeinkosten nicht proportional von der Beschäftigung, d. h. von der produzierten Menge, abhängen, sondern als Fixkostenblock bestehen bleiben. Dies ist die Ausgangsbasis sowohl für die Verkäufer des Lieferanten als auch des einkaufenden Unternehmens. 94

Der Ansatzpunkt der Deckungsbeitragsrechnung liegt somit in einer exakten Aufspaltung einer jeden Kostenart in einen fixen und einen variablen Anteil. Nur die Einzelkosten und variablen Teile der Gemeinkosten werden den Erzeugnissen direkt angelastet. Die Erfolgsermittlung im System der Deckungsbeitragsrechnung sieht wie folgt aus:

Abbildung 18: Deckungsbeitragsrechnung (schematische Darstellung)



Die Deckungsbeitragsrechnung ist der Vollkostenrechnung auf folgenden Gebieten überlegen: – Bestimmung der Preise für Zusatzaufträge – Bestimmung der kurzfristigen (absoluten) Preisuntergrenze – Bestimmung der Grenzkosten im Rahmen einer Grenzkostenkalkulation – Entscheidungen für Eigenfertigung oder Fremdbezug – Ermittlung gewinnmaximaler Fertigungsprogramme.

Zu beachten ist: 

Als Einzelkosten sind in jedem Fall die anfallenden Material- und Lohnkosten in Betracht zu ziehen.



Die variablen Gemeinkosten fallen im Allgemeinen nicht ins Gewicht und können bei Berechnung des Deckungsbeitrages vernachlässigt werden.



Die kurzfristige Preisuntergrenze ist durch die Höhe der anfallenden Material- und Lohnkosten definiert.

95

Es ist erkennbar, dass sich der Einkäufer auf der Basis der Deckungsbeitragsrechnung Erfolg versprechend auf Preisverhandlungen vorbereiten kann, sofern er dieses Instrument beherrscht, seine Einsatzmöglichkeiten kennt und ihm die Beschäftigungssituation des Lieferanten bekannt ist. In diesem Zusammenhang ist zunächst eine Antwort auf die Frage nach der Höhe des Deckungsbeitrages zu finden. 5.2

Die „Faustformel“ zur Bestimmung des Deckungsbeitrages

Sofern der Einkäufer dem Lieferanten die Frage nach der Höhe „seines“ Deckungsbeitrages stellt, wird er kaum erwarten können, darauf eine präzise Antwort zu erhalten. Geheimniskrämerei ist dafür wohl in den seltensten Fällen als Ursache auszumachen. Vielmehr scheint Unkenntnis über das Verfahren der Deckungsbeitragsrechnung zumeist der Grund dafür zu sein, dass der Einkäufer den lieferantenspezifischen Deckungsbeitrag nicht in Erfahrung bringen kann. Oder eingeschätzte Deckungsbeiträge nicht belegbar sind. Was ist zu unternehmen? Wie ist vorzugehen? Praxisgerecht erscheinen vor allem folgende Ansätze zur Einschätzung des Deckungsbeitrages: (1) Die Ermittlung des unternehmensspezifischen Deckungsbeitrages auf der Basis einer Differenzrechnung, d. h. durch Subtraktion der im eigenen Unternehmen anfallenden Material- und Lohnkosten vom Verkaufserlös (Umsatz). (2) Die Durchführung einer Preisstrukturanalyse (Einkaufskalkulation) auf der Basis der Vollkostenrechnung und der Addition der verrechneten Material-, Fertigungs- und Vertriebs- sowie Verwaltungsgemeinkosten: Die aufsummierten Gemeinkosten (= fixe Kosten) ergeben unter Einbeziehung des kalkulierten Gewinnzuschlags den Deckungsbeitrag. (3) Die Einschätzung des branchenspezifischen Material- und Lohnkostenanteils am Umsatz auf der Basis amtlicher Statistiken52) und der Ermittlung des Deckungsbeitrags durch Differenzrechnung: Umsatz minus Material- und Lohnkostenanteil. 52) Siehe beispielhaft Abbildung 18.

96

Die Auswertung primärer und sekundärer Informationsquellen lässt den Schluss zu, dass im Rahmen einer groben Einschätzung des Deckungsbeitrages dieser mit 30 Prozent angenommen werden kann. Als „Faustformel“ ist somit zu vermerken: Der Verkaufspreis eines Produktes weist bei grober Annäherung – einen Material- und Lohnkostenanteil von 70 Prozent und – einen Deckungsbeitrag von 30 Prozent auf. Abbildung 19 bietet einen Überblick über die aufgezeigten Zusammenhänge.

Abbildung 19: Die „Faustformel“ zur Einschätzung des Deckungsbeitrages (schematische Darstellung) Zu empfehlen ist: 

Der kritische Vergleich des „theoretischen“ Deckungsbeitrages (s. o.) mit kalkulierten oder statistischen Werten.



Die Rechnung mit alternativen Deckungsbeiträgen (z. B. 25 Prozent und 30 Prozent).



Die Rundung der Deckungsbeiträge (z. B. 30 Prozent statt 28 Prozent).

Außerdem lassen sich auf der Basis der in Abbildung 19 grob skizzierten „Faustformel“ einige grundlegende Erkenntnisse herleiten, die zur Verfestigung kalkulatorischer Zusammenhänge führen und in Verhandlungen einen kostenrechnerisch ganzheitlichen Denkansatz ermöglichen. Das nachfolgende Beispiel bietet dazu einigen Antworten auf die Fragestellung: Was geschieht, wenn …?

97

Beispiel 9: Kalkulatorische Zusammenhänge in der Deckungsbeitragsrechnung Die im Einkauf eines mittelständischen Industrieunternehmens für Preisverhandlungen zuständigen Facheinkäufer/-innen bereiten sich auf die von den Lieferanten X, Y und Z jeweils für das kommende Geschäftsjahr angekündigten Preisverhandlungen intensiv vor. Dazu zählt auch – um umfassend und kompetent argumentieren zu können – eine Analyse der Auswirkungen auf die Deckungsbeiträge der Lieferanten. Im Einzelnen stellt sich die zu erwartende Situation wie folgt dar: 1. In dem Tarifgebiet des Lieferanten X tritt mit Beginn des kommenden Jahres für die in der Produktion tätigen Lohnempfänger eine deutliche Lohnerhöhung in Kraft. Auswirkungen:  Die tariflich begründete Erhöhung der Fertigungslöhne führt zu einer Verringerung des DB. Begründung: Bei (angenommenen) unverändertem Angebots- bzw. Verkaufspreis nimmt der Anteil der variablen Kosten, zu denen auch die Fertigungslöhne zurechnen sind, zu. 2. Auf Grund der im Vorfeld geführten Gespräche geht die für die Warengruppe MAN des Lieferanten Y zuständige Facheinkäuferin davon aus, dass dieser die im Materialbereich erzielten Einsparungseffekte auf Grund der langfristigen Kundenbindung weiterreichen. Auswirkung:  Der Deckungsbeitrag erhöht sich, da der Anteil der variablen Kosten, zu denen auch die Kosten für Fertigungsmaterial zu rechnen sind, abnimmt. Sofern der mit dem Deckungsbeitrag abgedeckte Fixkostenblock und der Angebots- bzw. Verkaufspreis als unveränderte kalkulatorische Daten angenommen werden, erhöht sich damit der Gewinn. 3. Der Lieferant Z hat durch konsequent C-Teile-Management in dem zurückliegenden Jahr eine wesentliche Reduzierung der personalintensiven Prozesskosten in den verschiedensten Bereichen erreicht. Im Rahmen eines intensiv vorbereiteten Lieferantenbesuch konnte sich der zuständige Facheinkäufer davon überzeugen, dass die in Angriff genommene Digitalisierung und Automatisierung der Ferti98

gungsprozesse zu einer weiteren Verringerung des Fixkostenblocks führen muss. Auswirkung:  Von der Verringerung des Fixkostenblocks bleibt die Höhe des DB unberührt. Der Gewinn erhöht sich entsprechend. Anmerkung: 

5.3

Wenn das Pokern um Gewinnanteile Facheinkäufern/-innen nicht „gut zu Gesicht steht“, so sollte auf die Deckungsbeitragsrechnung auch unter dem Gesichtspunkt zurückgegriffen werden, dass die Veränderung kalkulatorischer Parameter nicht eindimensional zu betrachten ist. Am Deckungsbeitrag orientierte Ansätze zur Optimierung des Einkaufserfolges

Auch wenn in der Regel der lieferantenspezifische Deckungsbeitrag unbekannt bleibt, so sollte gleichwohl der Einkäufer in bestimmten Situationen auf die Grundprinzipien und -erkenntnisse der Deckungsbeitragsrechnung zurückgreifen. Das gilt insbesondere für folgende Fälle: 

Zielpreisermittlung ohne Durchführung einer Zuschlagskalkulation



Mengenstrategie auf der Basis einer Deckungsbeitragssummenrechnung



Aufdeckung von Scheinrabatten durch Kostenauflösung



Grenzwertberechnung bei Kostensteigerungen.

Anhand von Beispielen sollten die am Deckungsbeitrag orientierten Ansätze zur Ausschöpfung von Einsparungspotenzialen und Abwehr von Preiserhöhungen näher erläutert werden, wobei ausdrücklich auf deren „Modellcharakter“ hinzuweisen ist. Die Beispiele sind zwar richtungsweisend aber nicht „1 : 1“ umsetzbar!

99

5.3.1 Zielpreisfindung auf der Basis der Deckungsbeitragsrechnung Die „70 : 30 Faustformel“ setzt bei konkreter Anwendung voraus, dass dem Einkäufer die Material- und Lohnkosten des zu verhandelnden Produktes weitgehend bekannt sind, da diese – der „Faustformel“ – in ihrer Höhe dem 70 prozentigen Anteil am Verkaufspreis des in Frage stehenden Produktes gleichzusetzen sind. Damit wird klar erkennbar, dass der Einkäufer Beschaffungsmarktforschung als A-Aufgabe betrachten muss. Er sollte Kenner seines Marktes, seiner Lieferanten, der von ihm einzukaufenden Produkte (Teile) sowie der von ihm beeinflussbaren Kosten und Preise sein. Die Deckungsbeitragsrechnung erweist sich – wie die Vollkostenrechnung – als untaugliches Instrument, wenn nach wie vor im Einkäufer primär der Bestellabwickler gesehen wird. Das nachfolgende Beispiel unterstreicht diese Schlussfolgerung. Beispiel 10: Zielpreisbildung auf der Basis der Deckungsbeitragsrechnung Für das System DORA liegt nach intensiven Marktrecherchen ein Angebot des Lieferanten MTO mit Standort in Tschechien in Höhe von 26.220,– EUR / ME vor. Darüber hinaus wurde ermittelt, dass sich die anteiligen Material- und Lohnkosten auf ca. 14.140,– EUR / ME belaufen. Als Deckungsbeitrag werden 30 Prozent angenommen. Aufgrund dieser Daten errechnet sich ein Zielpreis von 20.200,– EUR / ME. Rechnung: Material- und Lohnkosten: 14.140,– EUR → 70% Deckungsbeitrag: 6.060,– EUR → 30% ———————————————————————————————— Zielpreis: 20.200,– EUR → 100% Zu beachten ist: 

Der ermittelte Zielpreis lässt zusätzlich anfallende Prozess- und Folgekosten außer Ansatz.

100

5.3.2 Mengenstrategie auf der Basis der Deckungsbeitragssummenrechnung Wenn ein Zusatzauftrag oder die Erhöhung des Auftragsvolumens zur Diskussion steht, so kann der Einkäufer bei der Zielpreisfindung von folgenden Überlegungen ausgehen: 

Vollständige Erstattung der durch die Volumensteigerung anfallenden zusätzlichen Material- und Lohnkosten.



Unveränderte Erstattung der in der Ausgangssituation anfallenden Deckungsbeitragssumme.

Damit ist der Lieferant nicht schlechter gestellt als zuvor. Da die Deckungssumme unverändert bleibt, werden die fixen Kosten nicht „angegriffen“. Aus Gründen der Fairness sollte der Einkäufer den Gewinnzuschlag von z. B. 5 Prozent auf das erhöhte Auftragsvolumen beziehen. Das nachfolgende Beispiel zeigt die Auswirkungen unterschiedlicher Verhandlungssituationen für die Zielpreisfindung auf. Beispiel 11: Mengenstrategie auf der Basis der Deckungsbeitragssummenrechnung In einem Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie hat der zuständige Mitarbeiter im Einkauf für das laufende Geschäftsjahr mit einem Lieferanten die Abnahme von 12.000 ME eines Artikels zum Preis von 12,– EUR / ME vereinbart. Für das Folgejahr erwartet der Einkäufer eine Verdoppelung des Bedarfs. 1. Mit welchen Zielpreisvorstellungen geht der Einkäufer in die Verhandlung, wenn ihm bekannt ist, dass der Artikel einen Deckungsbeitrag (DB) von 4,– EUR / ME abwirft? 2. Auf welcher Zielpreisbasis könnte der Einkäufer seine Verhandlungsstrategie aufbauen, wenn der Lieferant unterbeschäftigt ist, d. h. seine Produktion nur unzureichend ausgelastet ist?

101

1. Deckungsbeitragssummenrechnung: Material- und Lohnkosten + DB (neu) ———————————— Zielpreis

8,– EUR / ME 2,– EUR / ME —————————— 10,– EUR / ME

Die Deckungsbeitragssumme bleibt unverändert, denn: 12.000  4,– EUR / ME

= 24.000  2,– EUR / ME

Anmerkung: „Allerdings führt diese Vorgehensweise dazu, dass sich der Gewinn des Lieferanten aufgrund einer Volumensteigerung nicht entsprechend erhöht, sondern der Ausgangssituation entsprechend konstant bleibt. Dem aufgezeigten Ansatz sollte daher in der Verhandlungspraxis nur in Ausnahmefällen gefolgt werden. Der Fairness halber sollte, wie im nachfolgenden Punkt dargestellt, mit einem gleichbleibenden Gewinnzuschlag von beispielsweise 5 Prozent gerechnet werden. Deckungsbeitragssummenrechnung unter Berücksichtigung eines gleich bleibenden Gewinnzuschlagssatzes: Ausgehend von der Annahme, dass 

der Gewinnzuschlag 5 Prozent beträgt und



die Zuschlagsbasis der Einfachheit halber mit 10,– EUR / ME angenommen wird,

errechnet sich ein Zielpreis in Höhe von: 10,– EUR / ME + 5% = 10,50 EUR / ME 2. Bei Unterbeschäftigung könnte der Lieferant unter Umständen bereit sein, kurzfristig einen Preis von 8,– EUR / ME zu akzeptieren, der zumindest die anfallenden Material- und Lohnkosten abdeckt. Zu beachten ist: 

Diese Vorgehensweise führt zwangsläufig dazu, dass der Gewinn des Lieferanten trotz einer Volumensteigerung konstant bleibt, d. h. nach wie vor der Ausgangssituation entspricht.

102



Die Volumensteigerung muss zwar deutlich ins Gewicht fallen, aber keineswegs zu einer Verdoppelung der Auftragsmenge führen.



Kostenvorteile, die der Lieferant aufgrund der Volumensteigerung durch günstigere Einkaufspreise und wirtschaftlichere Losgrößenbildung erzielen kann, bleiben unberücksichtigt.

5.3.3 Analyse von Staffelpreisen – Aufdeckung von Scheinrabatten Anhand von Staffelpreisen kann vom Einkäufer sehr schnell und leicht analysiert werden, ob vom Lieferanten seriös kalkuliert oder mit Scheinrabatten operiert wurde. Diese gilt es zu erkennen, zumal es durchaus gängige Praxis ist, auf der Basis eingeräumter Mengenrabatte Einkaufsentscheidungen zu treffen. Dabei ist es ein „offenes Geheimnis“, dass Mengenrabatte in der Regel kalkulatorisch nicht berechnet, sondern nahezu willkürlich festgelegt werden. Damit ist aus der Sicht des Einkaufs die Gefahr verbunden, dass die Möglichkeit, bei Mehrabnahme Einsparungspotenziale maximal auszuschöpfen, ungenutzt bleibt. Es ist daher in der Praxis durchaus üblich, dass Mengenrabatte, die der Lieferant gewährt, nicht als Einkaufserfolg gewertet werden! Im Beispiel 12 wird davon ausgegangen, dass sich die Staffelpreise aus einem Fixkostenblock und einem variablen Anteil zusammensetzen. Die situationsgerechte Anwendung der Deckungsbeitragsrechnung führt zur Aufdeckung von Scheinrabatten. Beispiel 12: Aufdeckung von Scheinrabatten durch Einholung von Staffelpreis-Angeboten Der Bedarf an Teil / Artikel Nr. 3748 beträgt 5.000 ME. 

Der Einkäufer fragt an

und erhält Angebote pro ME

5.000 ME 10.000 ME 20.000 ME

12,– EUR/ME 8,– EUR/ME 6,– EUR/ME



Der Einkäufer unterstellt, dass 70 Prozent der Kosten variabel sind (70% von 6,– EUR = 4,20 EUR) und kalkuliert einen Mindermengenzuschlag von 20 Prozent für die kleinere Menge.



Dann sieht die Rechnung für die Verhandlung so aus: 103

Angebotspreis 12,– EUR/ME variable Kosten + 20% Mindermengenzuschlag (4,20 EUR + 20%) 5,04 EUR/ME ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Differenz (fixe Kosten + Gewinn) 6,96 EUR/ME = 58% !  Der Einkäufer legt sodann den Zielpreis bei angenommenen 30 Prozent für fixe Kosten und Gewinn wie folgt fest: Variable Kosten (70%) 5,04 EUR/ME + fixe Kosten und Gewinn (30%) 2,16 EUR/ME ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Zielpreis für 5.000 ME 7,20 EUR/ME Zu beachten ist: 

Der niedrigste Preis ist für den Einkäufer stets richtungsweisend, da davon auszugehen ist, dass dieser die langfristige Preisuntergrenze nicht unterschreitet, d. h. nach Abdeckung der variablen Kosten einen Deckungsbeitrag zulässt.



Die Mindermengenzuschläge können im eigenen Unternehmen oder beim Lieferanten hinterfragt werden.

5.3.4 Grenzwertberechnung bei Kostensteigerungen – Optimierung der Deckungsbeiträge aus Verkäufersicht Wenn eine Preiserhöhung eines Lieferanten ins Haus steht, so kann der Einkäufer behaupten, dass diese zu einer Erhöhung des Deckungsbeitrages führt. Mithilfe der nachfolgend aufgeführten Formel kann sodann die Menge an Produkten (Teilen) ermittelt werden, die bei Erhöhung des Deckungsbeitrages zur gleichen Deckungssumme führt wie dem in der Ausgangssituation zugrunde gelegten alten Deckungsbeitrag. Die Formel lautet: 

Alter DB in % 100 ————————————— = neuer Mengenansatz in % des (Alter DB in % + Preisalten Mengenansatzes änderung in %)

Der neue Mengenansatz stellt den Grenzwert dar, bei dem der Lieferant hinsichtlich der erzielbaren Deckungsbeitragssumme zwar nicht besser oder schlechter gestellt ist als zuvor, aber ein Splitting der Bedarfe hinnehmen muss. Diese Entscheidung ist dem Lieferant anzukündigen. 104



Ziel dieser Strategie ist die Rücknahme der angedrohten Preiserhöhung!

Beispiel 13: Grenzwertberechnung auf der Basis der Deckungsbeitragsrechnung als Verhandlungsstrategie Im laufenden Geschäftsjahr hat ein C-Teile Lieferant einen Bedarf über 5.000 ME zum Preis von 1,– EUR / ME abgedeckt. Der Lieferant hat nach eigenen Angaben einen Deckungsbeitrag von 25 Prozent. Da er eine 5 prozentige Preiserhöhung ankündigt, führt der Einkauf folgende Rechnung durch: 25% Neuer Mengenansatz in % : ———————  25% + 5%

100 = 83,3%

Neue Bedarfsmenge

: 5.000 ME  83,3%

= 4.165 ME

Ergebnis

: 4.165 ME  30

= 5.000  25

Die Deckungsbeitragssumme bleibt gleich, wenn der Einkäufer die Bedarfe splittet, denn 4.165 ME  30 = 124.950 5.000 ME  25 = 125.000. Zu beachten ist: 

Es wird davon ausgegangen, dass die angedrohte Preiserhöhung nicht auf eine Steigerung der variablen Kosten, der Material- oder Lohnkosten, zurückzuführen ist.



Die Schlechterstellung des Lieferanten, wenn der Bedarf gesplittet wird.



Die möglicherweise erreichte Zurücknahme der angekündigten Preiserhöhung schließt für die Zukunft ein vergleichbares Vorgehen des Lieferanten nicht aus.

105

5.4

Möglichkeiten und Grenzen der Deckungsbeitragsrechnung als Instrument bei Preisverhandlungen

Die Deckungsbeitragsrechnung ist – im eigentlichen Sinne des Wortes – kein Kalkulationsverfahren. In dieser Hinsicht unterscheidet sie sich deutlich von der Vollkostenrechnung. Aber gerade dieser Unterschied verschafft dem Einkäufer die Möglichkeit, 

mit relativ geringem Aufwand auf der Grundlage der 70 : 30 ProzentRegel eine „Quasi-Vollkostenrechnung“ durchzuführen und zugleich



die Problematik, die Gemeinkostenzuschlagssätze einschätzen zu müssen, zu umgehen.

Der strategisch orientierte Einkäufer sollte, wenn er sich „als Mann im Markt“ versteht und die Zuständigkeit für „seine“ Warengruppe nicht nur als formalisiertes Organisationsprinzip betrachtet, über fundierte Kenntnisse der Märkte und Vormärkte sowie der Kosten und Preise der von ihm einzukaufenden Teile verfügen. Die Antwort auf die Fragestellungen 

wie hoch sind die anteiligen Material- und Lohnkosten im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit am Produkt?,



welche Entwicklung der Material- und Lohnkosten ist zu erwarten? und



wie ist die Beschäftigungssituation bei den in Betracht kommenden Lieferanten oder Anbietern einzuschätzen?,

sollte dem marktkundigen Einkäufer keine Probleme verursachen. Bietet sich ihm doch die Möglichkeit, 

unter bestimmten Umständen zum absoluten Tiefstpreis, nämlich zu variablen Kosten oder



bei Zusatzaufträgen z. B. im Rahmen von Volumensteigerungen zu Grenzkosten

einzukaufen. Allerdings gebietet die Fairness gegenüber den Lieferanten, dass diese nicht bis an die Grenze ihrer Existenz getrieben werden, sondern – auch im Interesse des eigenen Unternehmens – noch lebensfähig bleiben. Insbesondere die ausgabewirksamen fixen Kosten sind in dieses Kalkül einzubeziehen. Die Grenzen der Deckungsbeitragsrechnung – wie sind diese erkennbar definiert? 106

Im Prinzip kann die Deckungsbeitragsrechnung für alle Artikel im Sinne einer ABC-Analyse in Ansatz gebracht werden, da sich der damit verbundene „kalkulatorische“ Aufwand in Grenzen hält. Gleichwohl schließt die vereinfachte, vom Marktpreis ausgehende Kostenbetrachtung die Möglichkeit, eine Einkaufskalkulation durchzuführen, aus. Man muss die Tatsache akzeptieren, dass sich aus der Sicht der Einkäufer die Deckungsbeitragsrechnung nur dann als ein adäquates kostenrechnerisches Instrument zur Zielpreisfindung erweist, wenn sich die Branche oder der in Betracht kommende Lieferant in einer Situation der Unterbeschäftigung befindet. Obwohl eine detaillierte Einkaufskalkulation auf der Basis der Deckungsbeitragsrechnung nicht zur Diskussion stehen kann, bleibt unbestritten, dass dieses Verfahren dem Einkäufer in vereinfachter Art und Weise zur Beantwortung der zentralen Frage verhelfen kann: Mit welchem Deckungsbeitragszuschlag „kalkuliert“ der Lieferant auf der Basis der in jeder Entscheidungssituation zumindest zu berücksichtigenden variablen Kosten?

107

6.

Erfolgreich verhandeln auf der Basis der Stundensatzkalkulation

Vor allem beim Einkauf von Dienstleistungen wird der Abschluss von Verträgen auf der Basis von Stundensätzen präferiert. In diese werden in der Regel 

die Lohn- und Lohnnebenkosten sowie



die anteiligen Vertriebs- und Verwaltungs(gemein)kosten

einbezogen. Da es sich dabei um variable und fixe Kostenelemente handelt, sind die Stundensätze entsprechend aufzuschlüsseln und vom Einkäufer hinsichtlich ihrer Angemessenheit kritisch zu analysieren. Wenn eine neue Lohnrunde ansteht, ist der Einkäufer in besonderem Maße gefordert, eine Eigenkalkulation auf der Basis aktueller Kosteninformationen durchzuführen. In diesem Zusammenhang ist vor allem auf folgende Fragestellungen eine Antwort zu finden: 

Aus welchen Kostenelementen setzt sich der (augenblicklich gültige) Stundenverrechnungssatz zusammen?



Wie hoch ist der Anteil der Lohn- und Lohnnebenkosten am Stundenverrechnungssatz?



Wie setzen sich die Lohnnebenkosten zusammen?



Wie hoch sind der gesetzlich geregelte und der tariflich vereinbarte Anteil?



Wie hoch ist der Anteil der Fixkosten, d. h. der Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten am Stundenverrechnungssatz?



Wie hoch ist der Anteil der Lohn- und Lohnnebenkosten am Umsatz?



Welche Auswirkungen hat die Tariferhöhung auf den Stundenverrechnungssatz? Wie hoch ist die „reale“ Steigerungsrate?

108

6.1

Was kostet eine Gesellenstunde im Handwerk?53)

Wenn für eine Monteurstunde über 70,- EUR verlangt werden, so stellt sich die Frage, wie dieser Stundenverrechnungssatz zustande kommt. Die in Abbildung 20 wiedergegebene Aufstellung informiert über die einzelnen Kostenbestandteile.

Abbildung 20: Bestandteile eines Stundenverrechnungssatzes Handwerk (Praxisbeispiel)54)

im

Der vom Handwerker geltend gemachte Stundenverrechnungssatz ist nicht mit dem Stundenverdienst eines Monteurs identisch, der der Aufstellung zufolge bei 14,09 EUR liegt.

53) Siehe im Einzelnen den Beitrag in: Rationalisierungsgemeinschaft Handwerk Schleswig-Holstein e.V. (RGH), Hamburg – Die aus dem Jahre 2015 stammenden Berechnungen wurden auf 2019 hochgerechnet. 54) Ob und inwieweit der von der kalkulatorisch ermittelte Verrechnungssatz in der Praxis durchsetzbar ist, wird im Einzelfall von der Wettbewerbssituation, der Dringlichkeit des Bedarfs, der Position des eigenen Unternehmens / Dienstleisters abhängig sein. Auch sind deutliche Abweichungen nach oben und nach unten nicht auszuschließen.

109

Betrachtet man die Bestandteile des Stundenverrechnungssatzes für eine Handwerkerstunde, so wird die hohe Personalintensität im Handwerk deutlich, dokumentiert durch den Wert „Personalkosten pro Stunde“. Der Stundenlohn, die darauf entfallenden lohngebundenen Kosten, d. h. die Lohnnebenkosten, und die anteiligen Gehälter pro Stunde ergeben bereits 65 Prozent des Verrechnungssatzes. Die übrigen Kosten mit einem Anteil von knapp 16 Prozent nehmen sich dagegen bescheiden aus. Außerdem ist noch die Umsatzsteuer in Höhe von zur Zeit 19 Prozent zu berücksichtigen. Neben diesen Bestandteilen, die die aktuelle Kostenbelastung in vielen Handwerksbetrieben repräsentiert, muss in die betriebliche Kalkulation auch ein angemessener Wagnis- und Gewinnanteil eingerechnet werden. Die für dieses Beispiel angenommenen 3,00 EUR pro Stunde bewegen sich im untersten Bereich, den ein Betrieb für eine gesunde Existenz anstreben sollte. Zu beachten ist: 

Die lohngebundenen Kosten, d. h. die Lohnzusatzkosten (14,74 EUR), belaufen sich auf ca. 76% des Bruttolohns (19,50 EUR).



Der Anteil der Lohn- und Lohnzusatzkosten (19,51 + 14,74 = 34,25 EUR) am Netto-Stundenverrechnungssatz (59,89 EUR) belaufen sich auf ca. 60%, so dass sich ein Fixkostenanteil (einschließlich Wagnisse und Gewinn) in Höhe von etwa 40% errechnet.

Festzuhalten ist: Als Faustformel für die Aufschlüsselung des in Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen zu Grunde gelegten Verrechnungssatzes kann der Einkäufer der 60 zu 40% Verrechnungsregel folgen, d. h. generell davon ausgehen, dass 60% des Verrechnungssatzes auf Lohn und Lohnnebenkosten und 40% auf die als fixe Kosten in Ansatz zu bringenden Verwaltungs- und Vertriebskosten sowie zuzüglich eines Gewinnund Wagniszuschlags entfallen. 6.2

Analyse der Lohnkosten zum Zweck der Abwehr von Preiserhöhungen

Die Analyse der Lohnkosten ist mit dem Ziel verbunden, diejenigen Kostenbestandteile herauszufiltern, die bei einer tariflich gebundenen Lohnerhöhung nicht voll durchschlagen, zumal in der Regel der 110

Lieferant/Dienstleister – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – eine undifferenzierte Vorgehensweise bevorzugt. Mit anderen Worten: In keinem Fall sollte der Einkäufer eine angekündigte Tariferhöhung eines Lieferanten / Dienstleisters in voller Höhe akzeptieren, sondern diese unter Beachtung des Lohnkostenanteils am Preis kritisch unter die Lupe nehmen, unabhängig von der evtl. gegebenen Möglichkeit, die angekündigte Erhöhung insgesamt oder teilweise u. a. durch den Hinweis auf realisierte Rationalisierungsmaßnahmen in Frage zu stellen. Der Einkäufer ist damit gefordert, sich über die Lohnkostenstruktur im Tarifgebiet seiner Lieferanten / Dienstleister – möglichst im Detail – einen Überblick zu verschaffen. In Abbildung 21 ist eine Aufschlüsselung der Lohnzusatzkosten wiedergegeben.

Abbildung 21: Aufschlüsselung der Lohnzusatzkosten in einem Unternehmen der Metallverarbeitenden Industrie (Praxisbeispiel)55) 55) Der Aufschlüsselung liegt die Lohnkostenstruktur eines mittelständischen Unternehmens der metallverarbeitenden Industrie mit Standort in Bayern zu Grunde. – Die Grundstruktur ist unabhängig von den Einzelangaben/-beträgen als „über die Jahre hinweg“ als richtungsweisend anzusehen.

111

Wie ist nun die effektive Preissteigerungsrate zu ermitteln, wenn ein Lieferant z. B. eine 5 prozentige Preiserhöhung einfordert? Welche Informationen bzw. Angaben benötigt der Einkäufer, um sich der Realität möglichst weitgehend anzunähern? Wenn auch vom Lieferanten keine genauen Angaben zu erhalten sind, so sollten insbesondere folgende Daten zumindest eingeschätzt werden: 

Anteil der Materialkosten am Verkaufspreis (Umsatz)



Prozentuale Höhe der indirekten Lohnkosten (Lohnzusatzkosten), gemessen an den direkten Lohnkosten bzw. Aufschlüsselung der Lohnkosten in den direkten und indirekten Lohnkostenanteil (s. Abbildung 21)



Prozentuale Ermittlung / Einschätzung des tarifgebundenen Anteils der indirekten Lohnkosten

In Abbildung 22 werden die tarifgebundenen und ungebundenen Lohnkostenbestandteile zusammengefasst dargestellt.

Abbildung 22: Aufschlüsselung der tarifgebundenen und ungebundenen Lohnkostenstruktur (schematische Darstellung)

112

Ein ausführliches Beispiel soll die Vorgehensweise transparent machen. Beispiel 14: Preis- und Personalkostenanalyse zur Abwehr von Preiserhöhungen Ein Lieferant kündigt an, dass er die Tariferhöhung von 5 Prozent in voller Höhe weitergeben muss. Damit der Einkäufer nicht unvorbereitet in die Verhandlungen geht, führt er eine Preis- und Personalkostenanalyse durch, die ihm Informationen über die tatsächlich gerechtfertigte Preiserhöhung liefern soll. Der Einkäufer unterstellt dabei einen Materialanteil von 50 Prozent und einen Lohnkostenanteil von 30 Prozent, der sich in 55 Prozent direkte und 45 Prozent indirekte Lohnkosten aufteilt. Dieser Aufteilung entspricht in etwa ein Anteil an Lohnzusatzkosten in Höhe von 80 Prozent. Der Einkäufer nimmt an, dass die indirekten Lohnkosten nur mit 75 Prozent ihrer tatsächlichen Höhe von der Tariferhöhung betroffen sind. Die Modellrechnung geht von einem Einkaufspreis in Höhe von 100,– EUR aus und folgt dem nachstehenden Schema: 30% Lohn teilen sich in 55% direkte Lohnkosten = 16,50 EUR 45% Personalzusatzkosten = 13,50 EUR 16,50 EUR + 5% (+ 0,83 EUR) = 17,33 EUR 13,50 EUR  75% (= 10,13 EUR) + 5% (+ –,51 EUR) = 14,01 EUR __________________________________________________________ neuer Lohnanteil = 31,34 EUR = + 4,47% 50% Materialanteil enthält wiederum 30% Personalkosten = 15,– EUR + 4,47% = 15,67 EUR 70% sonstige Kosten = 35,– EUR = 35,– EUR __________________________________________________________ neuer Materialpreis = 50,67 EUR 20% unberührter Bestandteil = 20,– EUR __________________________________________________________ Zielpreis = 102,01 EUR = Preissteigerung von 2,01% maximal!

113



Der Einkäufer sollte sich nicht scheuen, mit diesem Zielpreis in die Verhandlungen zu gehen, sofern er nicht einen Marktpreis kennt, der noch günstiger ist.

Zu beachten ist: 

Die zugrunde gelegten Angaben sind für die verarbeitende Industrie weitgehend charakteristisch.



Der Einfachheit halber kann in der Einkaufspraxis von der Annahme ausgegangen werden, dass 75 Prozent der Lohnzusatzkosten von einer Tariferhöhung betroffen sind.



Das Durchspielen der Modellrechnung mit unternehmensspezifischen Daten verbessert den Durchblick.



Der ermittelte Zielpreis lässt Rationalisierungseffekte bewusst außer Acht.

6.3

Zielpreisfindung auf der Basis analysierter Stundensätze

Die Erkenntnisse aus der Vollkosten- und Deckungsbeitragsrechnung ermöglichen dem Einkäufer im Rahmen einer eigenen Stundensatzkalkulation eine differenzierte Zielpreisermittlung, da – je nach Beschäftigungssituation des Lieferanten / Dienstleisters – variable und fixe Kosten oder ausschließlich die variablen Kosten einzukalkulieren sind. Ob sich die Gesprächspartner letztendlich auf der Basis des Zielpreises einigen, ist eine Frage, die in diesem Zusammenhang im Einzelnen nicht diskutiert werden kann. Das nachfolgende Beispiel, das der Praxis angelehnt ist, verdeutlicht die Möglichkeiten zur differenzierten Vorgehensweise. Darüber hinaus werden auch die Auswirkungen einer Tariferhöhung thematisiert. Beispiel 15: Zielpreisfindung auf der Basis der Stundensatzkalkulation56) Für das kommende Geschäftsjahr plant ein Unternehmen eine umfangreiche Modernisierung des Verwaltungsgebäudes.

56) In der Praxis ist es üblich, dass das Angebot mit Aufmaßwerten und Einheitspreisen abgegeben wird, z. B. 500 m² à 2,30 EUR.

114

Für die damit im Zusammenhang stehenden Malerarbeiten hat der für den Dienstleistungseinkauf verantwortliche Einkäufer bereits Angebote eingeholt. Die Offerte eines kleineren mittelständischen Familienunternehmens, das in der Nähe des Unternehmens / Standortes ansässig ist, erscheint dem Einkäufer mit einem kalkulierten Stundensatz von 42,– EUR für die Arbeitsstunde besonders günstig. Der von der Innung empfohlene Stundenverrechnungssatz liegt wesentlich darüber. Die Recherchen haben ergeben, dass der Betrieb/Dienstleister gut eingeführt ist und ihm aufgrund seiner ausgeprägt kundenorientierten Vorgehensweise ein guter Ruf vorausgeht. Der Einkäufer geht davon aus, dass der von der Firma kalkulierte Stundenverrechnungssatz einen Fixkostenanteil von 45 Prozent einschließlich Wagnis- und Gewinnzuschlag enthält, das sind 18,90 EUR/Stunde. Die Lohn- und Lohnzusatzkosten, d. h. die direkten und indirekten Lohnkosten belaufen sich somit auf 23,10 EUR / Stunde. Momentan liegt der Bruttolohn, der den direkten Lohnkosten entspricht, bei 14,20 EUR / Gesellenstunde. 1. Wie lautet der Zielpreis, wenn der Einkäufer in der bevorstehenden Preisverhandlung eine wesentliche Ausweitung des Auftragsvolumens anbietet, was nach Angaben des Handwerksbetriebes zu einer Erhöhung von 100 auf 250 Arbeitsstunden führt? Rechnung: Nur die durch die Erhöhung des Auftragsvolumens entstehenden zusätzlichen variablen Kosten sind zu berücksichtigen. Die Zielpreisberechnung für den Stundenverrechnungssatz stellt sich somit wie folgt dar: 100 Kfix  ——— + Kvar 250 100 = 18,90 EUR / Std.  —— + 23,10 EUR / Std. 250 = 7,56 EUR / Std. + 23,10 EUR / Std. = 30,66 EUR / Std. 115

Lösung: Der Zielpreis beläuft sich auf 30,66 EUR / Std. 2. Welchen Zielpreis könnte der Einkäufer als Verhandlungsbasis nehmen, wenn sich herausstellt, dass der Malerbetrieb im Augenblick unterbeschäftigt ist? Lösung: Es sind nur die variablen Kosten in Höhe von 23,10 EUR/Std. zu beachten. Zu beachten ist: 

Handwerker-Angebote enthalten eine Position „Facharbeiterstunden zum Nachweis“ mit Angabe des Stundensatzes. Die Kenntnis des Materialanteils einer Position ermöglicht den Rückschluss auf den Lohnkostenanteil.



Vordergründig ist abgestellt auf: Lediglich den Fixkostenanteil für 100 Stunden zu bezahlen, d. h. den bei Erhöhung des Auftragsvolumens eintretenden Fixkostendegressionseffekt auszunutzen.

Dabei werden Fixkostenbestandteile wie z. B.: 

Meisterstunden zur Einsatzplanung, Aufmaß und Abrechnung



Geräte- und Maschinenabnutzung bzw. Verbrauch (z. B. Pinsel, Abdeckmaterial)



arbeitstäglicher Einsatz von Fahrzeugen / Fahrzeiten der Gesellen

vernachlässigt. 

Ein angemessener Gewinnzuschlag von z. B. 5 Prozent sollte nicht infrage gestellt werden.

6.4

Lernkurveneffekte als Einsparungspotenzial im Rahmen der Stundensatzkalkulation

Erfahrungsgemäß entstehen beim Lieferanten mit dem Anlaufen der Fertigung völlig neuer Artikel zunächst relativ hohe Stückkosten, die mit der Herstellung jeder weiteren Einheit tendenziell sinken. Empirische Untersuchungen über die Abhängigkeit zwischen Arbeitsaufwand und kumulierter Erzeugnismenge einer Serie haben ergeben, dass der durch Erfahrung und Übung hervorgerufenen Produktivitätssteigerung bzw. 116

Kostensenkung eine gewisse Gesetzmäßigkeit innewohnt. Diese besagt in ihrer einfachsten Version, dass mit jeder Verdoppelung der kumulierten Produktionsmenge die variablen Stückkosten um einen bestimmten, konstanten Prozentsatz (bezogen auf die Ausgangskosten vor der Verdoppelung) sinken. Wenn sich bei einer Verdoppelung der Produktion z. B. die Arbeitszeit um 10 Prozent verringert, dann spricht man von einer 90 prozentigen Lernkurve: Beispiel:

Schlussfolgerung für die Preisverhandlung: 

Ein Preis, der beim Anlaufen einer neuen Serie für den ersten Auftrag vereinbart worden ist, muss nicht ohne weiteres auch für die Folgeaufträge akzeptiert werden.



Es kann bei neuen Artikeln sichergestellt werden, dass in Vergabeverhandlungen faire und vernünftige Preise für Folgeaufträge zustande kommen. (Es ist heute in der Praxis in vielen Fällen durchaus noch erforderlich, dem Lieferanten die Theorie der Lernkurve zu erläutern bzw. ihn von der Richtigkeit dieser Theorie zu überzeugen!)



Es kann bei neuen Artikeln ermittelt werden, ab welcher kumulierten Produktionsmenge die Lerneffekte bzw. Übungsgewinne beim Lieferanten nicht mehr ins Gewicht fallen.

Darüber hinaus ist nicht von der Hand zu weisen, das in der Praxis Lernkurven- und Rationalisierungseffekte nicht zwingend voneinander zu trennen sind und – wie das nachstehende Beispiel zeigt – zu einer Zielgröße zusammengefasst werden: 117

Beispiel 16: Entwicklungsvertrag mit Systemlieferanten (Praxisbeispiel) In einem Entwicklungsvertrag mit Systemlieferanten ist u. a. festgeschrieben: Für die Serienbelieferung wird ein Mehrjahresvertrag unter Berücksichtigung der Mengenentwicklung und Lernkurveneffekte (Produktivitätsfortschritte) mit einer Preisfestschreibung für die Folgejahre 1, 2, 3 … abgeschlossen. Insbesondere die Verpflichtung zur Geheimhaltung sowie zur Gewährleistung und Ausfallregelung sind in den allgemeinen Einkaufsbedingungen einbezogen. Zu beachten ist: 

Im Einzelfall sind unternehmensspezifische und situationsbedingte Rahmenbedingungen zu überprüfen.



In der Realität sind häufig Lernkurven- und Rationalisierungseffekte nicht eindeutig voneinander zu trennen.



Die Tendenz zur Digitalisierung und Automatisierung Fertigungsprozesse (z. B. durch den Einsatz von RPA) zwangsläufig dazu, dass durch Lernkurveneffekte erzielbare ringerung der Fertigungsstunden bzw. der Stückkosten an kaufspolitischer Relevanz verlieren.

118

der führt Verein-

7.

Zielsicher entscheiden auf der Basis der Gesamtkostenbetrachtung

Preisverhandlungen im Einkauf sind in der Regel darauf ausgerichtet, einen möglichst günstigen Materialpreis zu erzielen. Der methodische Ansatz der Preisstrukturanalyse zielt ebenso in diese Richtung wie die Vollkosten- oder Deckungsbeitragsrechnung. Aufgrund der Tatsache, dass der Anteil der Materialkosten am Umsatz in der verarbeitenden Industrie im Durchschnitt bei nahezu 60 Prozent liegt,57) ist diese Vorgehensweise durchaus berechtigt. Der Materialpreis ist „Ertragstreiber“ Nr. 1, den der wertschöpfende Einkauf bis auf den „letzten Cent“ ausreizen muss. Gleichwohl greift eine ausschließlich auf der Basis des Materialpreisvergleiches getroffene Entscheidung zu kurz. In der Einkaufspraxis wird daher stets der Einstandspreis bzw. unter Berücksichtigung der Zahlungsmodalitäten, gewährter Rabatte und Boni der Netto-Einstandspreis ermittelt, um durch Berücksichtigung der Bezugs- bzw. Nebenkosten eine für den materiellen Angebotsvergleich übereinstimmende Bezugsbasis herbeizuführen. Dieser einfache (klassische) Angebotsvergleich bietet nach wie vor eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage, wenn die internen und externen Rahmenbedingungen der Anbieter mehr oder weniger vergleichbar sind. Mit der zunehmenden Globalisierung der Märkte, der Ausweitung der Bezugsquellen nach Osteuropa und Asien, ist diese Voraussetzung tendenziell nicht mehr gegeben. Den vergleichsweise niedrigen Lohnkosten stehen zum Teil hohe Transportkosten sowie zusätzlich zu berücksichtigende Prozess- und Folgekosten gegenüber. Der einfache Angebotsvergleich auf der Basis der Netto-Einstandspreise muss unter diesen Umständen entsprechend erweitert werden (erweiterter Angebotsvergleich). Um auf kalkulatorisch abgesicherter Entscheidungsgrundlage Preisverhandlungen zu führen, müssen im Sinne des Total Cost of Ownership-Prinzips (sog. TOCO-Prinzip)58) alle Kosten, die in der Wertschöpfungskette vom Lieferanten bis zum Bedarfsträger im Verlauf der Auftragsabwicklung oder im Nachhinein anfallen (können), erfasst und dem Materialpreis hinzugerechnet werden. 57) Siehe Abbildung 14. 58) Krokowski, Wilfried (Hrsg.), Globalisierung des Einkaufs – Leitfaden für den internationalen Einkäufer, Heidelberg 1998, S. 62 ff. – Siehe auch Krokowski / Sander: Global Sourcing und Qualitätsmanagement, Gernsbach 2009, S. 59 ff.

119

Das mit einer Global Sourcing-Entscheidung verbundene Kosten- und Unternehmensrisiko ist nicht unerheblich. Es ist daher zwingend erforderlich, dass ein international tätiger Einkäufer sich der komplexen Betrachtungsweise nicht verschließt und etwa – wie einprägsam in Abbildung 23 zum Ausdruck gebracht – aus einem Teilergebnis abwegige Schlussfolgerungen zieht. Eine Gesamtkostenbetrachtung ist auch dann vorzunehmen, wenn in bestimmten Entscheidungssituationen Kostenelemente kalkulatorisch nicht erfasst und errechnet werden können.

Abbildung 23: Die Blinden und der Elefant (Metapher)

Die Erfahrung zeigt, dass 

der Angebotspreis z. B. eines chinesischen oder osteuropäischen Lieferanten im Vergleich zum Angebot eines Lieferanten mit Standort in Deutschland um ca. 30 Prozent günstiger sein muss, um sicherzustellen, dass alle zusätzlichen Kosten abgedeckt werden können und letztendlich eine messbare Nettoeinsparung übrig bleibt,

120



die Prozess- und Folgekosten durch entsprechende Maßnahmen ursächlich entscheidend beeinflusst und



Zinseinsparungspotenziale in erheblichem Umfang ausgeschöpft werden können. Wobei in einer Niedrig- oder Nullzinsphase, dieser Einsparungseffekt eher eine untergeordnete Rolle spielt.



TOCO-Entscheidungen, hinsichtlich der Nachhaltigkeit einer Kaufentscheidung, eine fundamentale Rolle spielen.

Im Einzelnen ist im konkreten Entscheidungsfall eine Antwort vor allem auf folgende Fragestellungen zu finden: 

Welche Kostenelemente (direkte und indirekte) sind unter Beachtung des TOCO-Prinzips zu berücksichtigen?



Wie hoch sind die Kosten unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Informationsquellen einzuschätzen?



Welche Kosten sind aufgrund vorab nicht kalkulierbarer Kostentreiber in besonderem Maße risikobehaftet?



Mit welchen Kosten ist aufgrund ihrer Abbaufähigkeit zeitlich nur begrenzt zu „rechnen“?

Die in Abbildung 24 wiedergegebene Übersicht vermittelt dem Einkäufer einen Einblick in eine umfassende und praxisgerechte Kostenanalyse59) und -vergleich im Sinne des TOCO-Prinzips. Ein anfänglicher Vorteil für einen möglichen Asienbezug stellt sich nach einer ausführlichen TOCO-Analyse als nur zweitbeste Lösung dar.

59) Siehe Krokowski, Wilfried (Hrsg.), Globalisierung des Einkaufs, a. a. O., S. 65. – Den Kapital- / Lagerkosten liegt ein Zinssatz von 20% zugrunde. Dieser beinhaltet einen Wagnis- und Risikozuschlag.

121

Abbildung 24: Analyse der Gesamtkosten im Sinne des TOCO-Prinzips 122

Als Erfolgsfaktor Nr. 1 ist in diesem Fall eine möglichst enge (partnerschaftliche) Zusammenarbeit zwischen Kunden und Lieferanten zu manifestieren. Charakteristisch für die „Anders-Kosten“, den Prozessund Folgekosten, ist in der Tatsache zu sehen, dass diese beeinflussbar und – auf längere Sicht gesehen – abbaufähig sind. 7.1

Bezugskosten – Kalkulationsbasis zur Ermittlung des Einstandspreises

Der Einstandspreis kann folgende preissteigernde Kostenelemente enthalten: 

Verpackung / Verpackungskostenanteile



Frachten



Zölle, Abgaben



Sondersteuern



Versicherungen



Währungsrisiko bzw. Währungsabsicherung (Wagniszuschläge)



Qualitätskosten



Entladekosten



Mindermengenaufschläge



Zahlungskosten (Diskontspesen, Akkreditivkosten etc.)



Vorauszahlungen



Teilzahlungen



Recyclingkosten



Entsorgungskosten (Sonderabfälle?) und ggf. Rückfrachten für Verpackung



Werkzeugkosten





Um Einsparungspotenziale zu erschließen, sollten u. a. folgende Fragestellungen aufgeworfen werden: 

Besteht die Möglichkeit, kostengünstigere Produkte (z. B. Verpackung), Dienstleister oder Verfahren einzusetzen?



Kann auf kostentreibende Aktivitäten / Vorgänge verzichtet werden? 123



Ist eine Umstellung der Lieferbedingungen zu realisieren?



Können sich aus Veränderungen am einzukaufenden Produkt (optimale Verpackungseinheiten oder kostengünstigere Vormaterialien) Einsparungsmöglichkeiten ergeben?



Können Kosteneinsparungseffekte durch Bedarfsbündelung erreicht werden?

7.2

Analyse der Prozesskosten

Einkäufer legen in der Regel den Schwerpunkt ihrer marktorientierten Aktivitäten darauf, günstige Bezugsquellen für ihre Produkte zu identifizieren und damit zu konkurrenzfähigen Materialpreisen einzukaufen. Diese Zielausrichtung kann dazu führen, dass über die Bezugskosten hinaus die unternehmensintern anfallenden Prozesskosten kalkulatorisch außer Ansatz bleiben. Vor allem ist nicht auszuschließen, dass Einsparungspotenziale im Bereich der Beschaffungslogistik unentdeckt bleiben und damit nicht ausgeschöpft werden. Dabei kann es sich u. a. handeln um: 

Abwicklungskosten – – – –



Reklamationen Mahnungen unerwünschte Teillieferungen …

Kosten infolge – – – –

unzulänglicher Informationsübermittlung / Abstimmung Doppelprüfungen der Qualität (Ausgang + Eingang) unnötige Übermittlung und Prüfungen von Zeichnungen …

Erschwerend kommt hinzu, dass viele ERP-Systeme (EnterpriseRessource-Planning, also Produktions- und Unternehmensprogramme) eine Vollkostenanalyse aus Einkaufssicht, besonders in Hinsicht der indirekten Kostenelemente, nicht unterstützen. Abbildung 25 veranschaulicht deutlich, dass alternative Logistikstrategien (z. B. Direktanlieferung beim Bedarfsträger) zum Abbau unternehmensinterner Prozesskosten führen (können). Die Kosten der Warenannahme, der Qualitätsprüfung, der Ein-, Um- und Auslagerung können durch entsprechende Umstellung des Materialflusses vermieden oder zumindest verringert werden. 124

Abbildung 25: Kostentreibende unternehmensinterne Prozesse von der Warenannahme bis zur Bereitstellung (Praxisbeispiel) Aber auch Lieferanten versuchen in der Regel, über höhere Materialpreise zu diskutieren, obwohl erhebliche Kostensenkungspotenziale im eigenen Unternehmen liegen. Im Idealfall sollten im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtungsweise alle Möglichkeiten zur Prozess(kosten)optimierung vom Lieferanten bis zum Kunden (Bedarfsträger) ausgeschöpft werden. Um in diesem Zusammenhang ein gezieltes Vorgehen sicherzustellen, sind Optimierungsmaßnahmen vor allem unter Berücksichtigung nachstehend aufgeführter Gesichtspunkte zu treffen: 125



Häufigkeit der Aktivitäten (Beispiel: wie häufig sind Reklamationen abzuwickeln?)



Aktivitätsorientierter Zeitaufwand (Beispiel: wie hoch ist im Durchschnitt der mit der Abwicklung von Reklamationen verbundene Zeitaufwand?)



Kostenfaktor (Beispiel: in welcher Höhe werden durch die Abwicklung von Reklamationen Kosten pro Zeiteinheit verursacht?)

Darüber hinaus ist eine Eingrenzung nach Warengruppen und / oder Lieferanten zweckmäßig, da in der Praxis davon auszugehen ist, dass Prozesskostentreiber nicht allgegenwärtig sind. Zu beachten ist: 

Prozesskosten sind größtenteils fixe Kosten, so dass der Abbau kurzfristig nicht zu realisieren ist und stets personelle Entscheidungen voraussetzt.



Prozesskosten sind funktions- und / oder unternehmensübergreifend zu betrachten und setzen somit die Mitwirkung der „Betroffenen“ an der Erarbeitung und Umsetzung von Lösungsvorschlägen zur Prozesskostenoptimierung voraus.

7.3

Analyse der Folgekosten60)

Folgekosten werden im Wesentlichen dadurch ausgelöst, dass ein in einem Niedriglohnland ansässiger Lieferant zwar zu äußerst niedrigen Kosten produzieren kann, aber (noch) nicht in der Lage ist, die gewünschte Lieferleistung kontinuierlich zu erbringen. Terminverzögerungen, Mengenabweichungen und Qualitätsmängel kennzeichnen den Leistungsstandard des Lieferanten. Der Kunde muss Präventivmaßnahmen ergreifen, um die eigene Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die damit verbundenen Kosten sind abzuschätzen und im Sinne der Gesamtkostenbetrachtung dem Einstandspreis hinzuzurechnen. Dabei bestimmen Standort und Entwicklungsstand des Lieferanten weitgehend die Art und Höhe der Folgekosten.61)

60) Siehe auch vom Verf., Modernes Einkaufsmanagement, a. a. O., S. 87 ff. 61) Im Rahmen einer TOCO-Kostenanalyse und -vergleichs sind für alle vorliegenden Angebote die bei einem Zuschlag (möglicherweise) anfallenden Folgekosten zu berücksichtigen, um den Lieferantenauswahlprozess auf eine objektive Grundlage zu stellen. Abbildung 24 in diesem Kapitel kann in dieser Hinsicht als Musterbeispiel angesehen werden.

126

Es können vor allem die nachstehend aufgeführten Aktivitäten und Maßnahmen des Einkaufs, die häufig in Zusammenarbeit mit anderen Bereichen des eigenen Unternehmens (z. B. der Qualitätssicherung und der Technik / Produktion) durchgeführt werden und letztendlich die „Weiter!“ „Qualifizierung“ des Lieferanten zum Ziel haben62) oder der Risikominimierung dienen, in Betracht kommen: 

Kosten der Qualitätssicherung (z. B. erhöhter Prüfaufwand beim Kunden)



Kosten der Versorgungssicherheit (z. B. Erhöhung der Sicherheitsbestände und damit der Kapitalbindungskosten)



Kosten der Lieferantenentwicklung (z. B. Verbesserung der Prozesssicherheit)



Kosten für Besuche und Betreuung vor Ort

Die Kosten der Lieferantenentwicklung entstehen durch Support-Maßnahmen, die der Kunde im eigenen Unternehmen (z. B. Schulung der Monteure des Lieferanten) oder vor Ort (z. B. Verbesserung des Qualitätssicherungssystems) durchführt. In diesem Zusammenhang sind beispielsweise die Anzahl der Arbeitstage, die möglicherweise wiederholt anfallenden Fahrt- und Unterbringungskosten zu berücksichtigen. Zu beachten ist: 

Folgekosten können beim Kunden und / oder beim Lieferanten entstehen.



Die Kosten der Eigenleistung, d. h. für Leistungen, die der Lieferant im eigenen Unternehmen erbringt, sind in die Betrachtung nicht mit einzubeziehen.63)



Mit dem Abbau der kostentreibenden Ursachen nehmen die Folgekosten tendenziell ab.

Die Entwicklung eines Lieferanten von einem „Billig-Produzenten“ zu einem vergleichsweise leistungsfähigen Partner ist naturgemäß von unterschiedlicher Dauer, kann aber bis zu 2 Jahre in Anspruch nehmen.

62) Siehe vom Verf., Lieferantenmanagement, a. a. O., S. 57 ff. 63) Siehe vom Verf., Lieferantenmanagement, a. a. O., S. 62 ff.

127

Das Grundproblem für den Einkauf ist in der Tatsache zu sehen, dass sich Art, Höhe und Remanenz der Folgekosten im Voraus kalkulatorisch nicht exakt berechnen lassen. Gleichwohl sollte diese Problematik nicht zur Vernachlässigung einer Gesamtkostenbetrachtung führen, die insbesondere beim internationalen Einkauf lohnintensiver Materialien zwingend erforderlich ist. Als vereinfachter, aber durchaus praxisgerechter Ansatz zur Beachtung des TOCO-Prinzips kann nachstehende „Faustformel“ gelten: Bei Bezügen aus Asien sollte der Ab-Werk-Preis im Vergleich zu inländischen Anbietern / Lieferanten um 30 bis 35 Prozent (= Brutto-Einsparungsquote) günstiger liegen,64) bei Bezügen aus Osteuropa um 20 bis 25 Prozent. Erfahrungswerte zeigen, dass bis zu 50 Prozent der Brutto-Einsparungsquote (Basis – heutiger Einstandspreis vs. neuer Angebotspreis FOB – Free on Board Ursprungsland) an direkten und indirekten Kosten eingebüßt werden. D. h. bei einer ersten kalkulatorischen Einsparung auf dem Papier von 30 Prozent bleiben am Ende nur rund 15 Prozent übrig (unter Abzug aller TOCO-Kosten). Daher lohnen sich Bezüge aus Low Cost Countries mit Angebotspreisen von < 20 Prozent nur im ganz besonderen Ausnahmefall. Die Brutto-Einsparungsrate sollte deutlich über 25 bis 35 Prozent liegen, damit am Ende das Risiko und die Aufwendungen der Global-Sourcing-Aktivitäten abgedeckt sind.65)

64) Siehe auch Lorenzen / Krokowski, Einkauf, a. a. O., S. 63. 65) Krokowski / Sander, Global Sourcing und Qualitätsmanagement, a. a. O., S.156 ff.

128

Der Total Cost Ansatz als Ergebnisbetrachtung Abbildung 26:

Abbildung 26: Der Total Cost Ansatz als Ergebnisbetrachtung

129

8.

Zielorientiert handeln auf der Basis des Target Costing

Was nützt die beste Entwicklung, wenn das Produkt aufgrund zu hoher Herstellkosten nicht verkauft werden kann? Um ein derartig gravierendes Risiko zu vermeiden, sind bereits in einer frühen Phase der Produktentwicklung die maximal möglichen Kosten und die Anforderungen des / der Kunden zu berücksichtigen! Mit Target Costing ist eine „marktgerechte“ Produktentwicklung möglich. Mit anderen Worten: Mit Target Costing wird das Ziel verfolgt, wettbewerbsstarke Produkte auf den Markt zu bringen! 8.1

Das Grundkonzept

Das Zielkostenmanagement (Target Costing) verbindet bekannte Konzepte wie Wertanalyse und Design to Cost66) mit dem Primat des Marktes: Ausgehend vom Markt- bzw. Verkaufspreis (Target Pricing) wird ein Kostenziel für das Produkt und seine Komponenten (Target Costing) abgeleitet. Im Rahmen eines konsequent verfolgten Zielkostenmanagement ist u. a. auf folgende Fragestellung eine Antwort zu finden: 

Welcher Preis für die Problemlösung ist auf den Zielmärkten zu verwirklichen?



Aus welchen Bausteinen bzw. Funktionen besteht die gewünschte / angebotene Problemlösung?



Was darf die Problemlösung bzw. die Entwicklung der Komponenten / Funktionen kosten?



Welche alternativen Problemlösungen sind denkbar?

66) Bei diesem Verfahren der Produktentwicklung wird für einzelne Produktkomponenten die kostengünstigste Lösung in der Entwicklung angestrebt. Interdisziplinäre Zusammenarbeit, Kostentransparenz und Sensibilisierung der Projektteilnehmer/-innen sind unverzichtbare Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Verwirklichung des Projektzieles. – Das Design to Cost Prinzip ist somit darauf ausgerichtet, bereits in der Frühphase der Entwicklung eines neuen Produktes, d. h. im Rahmen eines Neuentwicklungsprojektes, durch gezielten Einsatz von ValueManagement (Wertgestaltung) und Cost Engineering Einsparungspotenziale bei gleichzeitiger Optimierung des Kundennutzen zu erschließen.

130

In Abbildung 27 ist die Verknüpfung der Zielkosten-Elemente aus Kundensicht dargestellt.

Abbildung 27: Verknüpfung der Zielkosten-Elemente aus Kundensicht

8.2

Vorgehensweise

Die Grundvoraussetzung lautet: Produktentwicklung in einem Team mit Mitarbeitern aus Entwicklung, Technik, Einkauf, Marketing und einem so genannten CostEngineer. Das Projektteam entscheidet auf der Basis einer Leistungs- / Schnittstellenanalyse, welche Leistungen abgegeben werden bzw. durch potenzielle Lieferanten übernommen werden können. Parallel zur Leistungs- / Schnittstellenanalyse werden die Zielkosten abgeleitet (retrograde Kalkulation). Ausgangspunkt dafür ist der Angebotspreis. Das nachfolgende Praxisbeispiel veranschaulicht in groben Zügen die Vorgehensweise. 131

Beispiel 17: Target Costing in der Praxis Für eine Einheit des Produktes XXL liegt die Anfrage eines strategisch wichtigen Kunden vor. Das abzugebende Angebot ist terminiert und wird von einem Projektteam erarbeitet. In diesem ist neben der Entwicklung, der Produktion, dem Vertrieb und der Kalkulationsabteilung auch der Einkauf vertreten, von dem aufgrund des hohen Fremdbeschaffungsanteils gezielter Technologie-Transfer von neuen und bekannten Lieferanten erwartet wird. Nach Angaben des Vertriebs geht der Kunde davon aus, dass der Angebotspreis 180 Mio. EUR nicht übersteigt. Vom strategischen Controlling ist zu erfahren, dass der Referenzpreis vergleichbarer Produkte bei ca. 160 Mio. EUR liegt. Die Geschäftsführung sieht diesen Betrag als Zielpreis an und erhofft sich im Falle der Realisierung Folgeaufträge. Das Produkt besteht aus den Teilsystemen 

Antrieb



Sichtsystem



Elektronik



Trägersystem



Bedienungselemente.

Zuverlässigkeit, Bedienbarkeit und Lebensdauer sind – auch aus Sicht des Kunden – als kritische Erfolgsfaktoren des Gesamtsystems und seiner Hauptbaugruppen (Teilsysteme) anzusehen. Das Projektteam muss – teilweise parallel – im Wesentlichen die nachfolgend aufgelisteten Aufgaben wahrnehmen: 

Analyse der Leistungs-Schnittstellen



Make-or-Buy-Analyse



Gewichtung / Bewertung der vom Kunden gewünschten Eigenschaften



Ableitung der Zielkosten für die Teilsysteme



Kalkulation der Eigenfertigungsteile



Angebotseinholung für die Fremdbezugsteile



Prüfung von Alternativlösungen bei Zielkostenabweichungen





132

In der Entwicklungsphase des Produktes liegt die Tätigkeit des prozessintegrierten Einkaufs in der Beratung, der Entwicklung und der Bewertung alternativer Lösungen auf der Basis gesicherter Erkenntnisse aus dem Beschaffungsmarkt.

133

9.

Kostenmanagement: Die 12 Todsünden des Einkaufs

Kennen Sie die 12 Todsünden des Einkäufers? 1.

Der Einkäufer hält das Treueprinzip dem Wettbewerbsprinzip für überlegen.

2.

Der Einkäufer glaubt an die Angemessenheit des vom Lieferanten geforderten Preises.

3.

Der Einkäufer verschließt sich nicht den Preiserhöhungsargumenten der Lieferanten.

4.

Der Einkäufer argumentiert mit „zu teuer“.

5.

Der Einkäufer bereitet sich auf Preisverhandlungen mit wichtigen Lieferanten unzureichend vor.

6.

Der Einkäufer missachtet kulturelle Eigenarten seiner Gesprächsund Verhandlungspartner.

7.

Der Einkäufer verbucht Mengenrabatte auf seiner „Habenseite“.

8.

Der Einkäufer verliert den Blick für das Ganze („Der Blinde und der Elefant“).

9.

Der Einkäufer versäumt es, die Leistungsfähigkeit seiner Lieferanten durch wertanalytische Fragen herauszufordern.

10.

Der Einkäufer betrachtet die Teilnahme an funktions- und unternehmensübergreifenden Projektteams als Zeitvergeudung.

11.

Der Einkäufer erkennt nicht, dass er durch Automatisierung und Digitalisierung unternehmensübergreifender Beschaffungsprozesse mehr Zeit für wertschöpfende Aktivitäten gewinnt.

12.

Der Einkäufer huldigt nicht dem KVP-Prinzip und betrachtet den Target Costing-Ansatz als Auslaufmodel.

Anmerkung: Auf Facheinkäufer/-innen, die sich ihrer unternehmerischen Verantwortung bewusst sind und sich nach innen und nach außen als Wertschöpfungspartner verstehen, sollten alle aufgelisteten Totsünden nicht zutreffen oder zumindest den Anreiz bieten, das eigene Selbstwertverständnis kritisch zu überprüfen.

134

10.

Zielführende Vorbereitung auf Preisverhandlungen – Fallstudie mit Lösungsvorschlag

Der praktische Fall: Ein A-Lieferant, mit dem Sie seit Jahren in Geschäftsbeziehungen stehen, konfrontiert Sie mit der Absicht, den Preis ab 1. Juli um 8,9 Prozent anzuheben. Er begründet dies am 20. April u. a. damit, dass „unsere Herstellkosten außerordentlich gestiegen sind und wir außerdem ab 1. Mai eine 3,3 prozentige Tariferhöhung der Löhne und Gehälter neben einer Verteuerung der Rohstoffe um ca. 5 Prozent zu verkraften haben“. Es besteht ein Sukzessivliefervertrag mit einmonatiger Kündigung. Der Sukzessivliefervertrag deckt 40 Prozent des Jahresbedarfes ab und enthält eine „Flexibilitäts-Klausel“. Mit dieser Klausel hat der Einkauf sichergestellt, dass der Lieferant seine Kapazitäten dem in den Folgejahren steigenden Bedarfsvolumen mit einer Vorlaufzeit von 4 Wochen bis zu einer festgelegten Obergrenze anpasst. Sie möchten die Verbindung zu diesem Lieferanten nach Möglichkeit nicht aufgeben (mögliche Gründe: alternativer Wettbewerb ist so schnell nicht möglich, ein Lieferantenwechsel ist zudem mit hohem Aufwand verbunden), doch scheint die Auseinandersetzung über die Preiserhöhung unvermeidlich. Im Übrigen bezweifeln Sie aufgrund Ihnen vorliegender Informationen / Daten den kalkulatorischen Realitätsgehalt der angekündigten Preiserhöhung von 8,9 Prozent, zumal sich nach Ihrer Marktbeobachtung in den zurückliegenden 12 Monaten die Rohstoffpreise auf den Vormärkten des Lieferanten relativ stabil verhalten haben. Im Rahmen Ihrer Eigenkalkulation gehen Sie von folgenden Annahmen aus: 

Materialanteil

:

50%



Lohn- u. Gehaltskosten

:

30%



sonstige Kosten

:

15%



Gewinnzuschlag

:

5%



DB

:

30%

Sie nehmen daher einen Fixkostenanteil in Höhe von 25 Prozent (Deckungsbeitrag abzüglich Umsatzrentabilität) an. 135

Die Lohnnebenkosten beziffern Sie auf 80 Prozent. Davon sind Ihrer Einschätzung nach 80 Prozent tariflich abhängig. Fragestellungen: 1)

Wie würden Sie vorgehen?

2)

Welche (zusätzlichen) Informationen benötigen Sie?

3)

Sie nehmen die Höhe der (variablen) Herstellkosten mit 70 Prozent an.

3.1) Wie hoch beläuft sich somit die „defacto-Kostenerhöhungsrate“? Zu welchem (rechnerischen) Ergebnis führt der Umkehrschluss? Diskutieren Sie das Ergebnis! 3.2) Wie würden Sie den Ansatz der Herstellkosten nur in Höhe der variablen Kosten begründen? 4)

In welcher Höhe würden Sie die Herstellkosten bei Berücksichtigung auch der anteiligen Gemeinkosten einschätzen? Bitte, alternative Berechnungsbeispiele zugrunde legen!

5)

Ermitteln Sie unter Berücksichtigung der von Ihnen recherchierten Daten die reale Tariferhöhungsrate. Diskutieren Sie das Ergebnis.

6)

Sie verfolgen die Strategie, mit einem kalkulatorisch nachvollziehbaren Zielpreis in die Verhandlung zu gehen. Dabei unterstellen Sie aufgrund Ihrer Kenntnislage, dass der Anstieg der Rohstoffpreise ausschließlich auf die erhöhten Lohn- und Gehaltskosten zurückzuführen ist. Wie hoch stellt sich Ihr Zielpreis (Zielpreis = Ziel-Preissteigerungsrate)?

7)

Über den angenommenen Gewinnzuschlag hinaus könnten in der Kalkulation des Lieferanten weitere Gewinnbestandteile versteckt sein. In welcher Höhe nehmen Sie das „latente“ Einsparungspotenzial an?

8)

Als alternative Abwehrstrategie ziehen Sie eine Reduzierung des Auftragsvolumens in Erwägung. Bei welcher Mengenbasis versuchen Sie eine Rücknahme der angekündigten Preiserhöhung (zumindest teilweise) zu erreichen? Wie argumentieren Sie?

136

9)

Letztendlich unternimmt der Lieferant den Versuch, die angedrohte Preiserhöhung dadurch „zu verschönern“, dass er bei Erhöhung der Abnahmemenge um 50 Prozent Ihnen einen Rabatt in Höhe von 5 Prozent zugesteht. Dieses Entgegenkommen sei Ausdruck seiner auf Partnerschaft beruhenden Unternehmensphilosophie.

9.1) Wie reagieren Sie auf dieses Angebot? Kalkulieren Sie auf der Grundlage der angesprochenen Volumensteigerung Ihren Zielpreis. 9.2) Welche weiteren Argumente könnten Sie „ins Feld führen“? 10)

Welche Anregungen / Empfehlungen zur Kostensenkung beim Lieferanten könnten Sie einbringen?

Lösungsvorschlag: 1)

Wie würden Sie vorgehen? Prüfen, wer für die Preisforderung verantwortlich zeichnet (Verkäufer, Verkaufsleiter, Geschäftsführung, d. h. wer hat unterschrieben?)

2)



Analyse des Schreibens im Detail



Ablehnen (schriftlich und umgehend) mit Begründung. Da A-Lieferant, evtl. Gesprächs- / Verhandlungsbereitschaft andeuten.



Bei Festhalten an Erhöhung Gespräch im eigenen Haus anbieten.



Sicherstellen, dass Entscheidungsträger mit dazu eingeladen werden.



Versuchen, Verteuerung hinauszuschieben. Preisforderung in Verhandlung minimieren ggf. mit fehlerhaften Lieferungen begründen.

Welche (zusätzlichen) Informationen benötigen Sie? 

Preis- bzw. Kostenstruktur, direkte und indirekte Personalkosten



Kalkulation offen legen, Investitionstätigkeit, evtl. Bilanzkennzahlen



Beschäftigungssituation / Auftragslage 137

3)



Stellenwert beim Lieferanten (für einen A-Lieferanten müssen Sie nicht zwangsläufig auch A-Kunde sein!)



Wettbewerbssituation / Marktposition des Lieferanten



Ist der Lieferant tarifgebunden?

Sie nehmen die Höhe der (variablen) Herstellkosten mit 70 Prozent an.

3.1) Um wie viel Prozent müssten sich bei der angedrohten Preiserhöhung um 8,9 Prozent die (variablen) Herstellkosten erhöht haben? Zu welchem (rechnerischen) Ergebnis führt der Umkehrschluss? Diskutieren Sie das Ergebnis! Wenn die angekündigte Preiserhöhungsrate von 8,9 Prozent mit einer Verteuerung der (variablen) Herstellkosten begründet wird, dann sind diese – angenommen mit 70 Prozent – Berechnungsbasis für die „defacto-Preiserhöhungsrate“ (= 100%). Diese ist somit wie folgt zu berechnen: „defacto-Kostenerhöhungsrate“

=

8,9%  100% / 70%

=

12,7% (gerundet)

= =

8,9%  70% / 100% 6,23%

Umkehrrechnung:

Diskussion: Wie realistisch ist das Ergebnis? Ist damit der Anspruch auf Scheingenauigkeit der angekündigten Preiserhöhungsrate von 8,9 Prozent nicht bereits widerlegt? Liegen diese im Umkehrschluss rein rechnerisch (!) nicht deutlich unter 8,9 Prozent? Was ist von der lieferantenseitigen Begründung zu halten? 3.2) Wie würden Sie den Ansatz der Herstellkosten nur in Höhe der variablen Kosten begründen? 138

Sie gehen von der Annahme aus, dass die Fixkosten von der angekündigten Preiserhöhung nicht betroffen sind, sondern dass sich diese ausschließlich auf Fertigungsmaterial und Fertigungslöhne bezieht. 4)

In welcher Höhe würden Sie die Herstellkosten bei Berücksichtigung auch der anteiligen Gemeinkosten einschätzen? Bitte, alternative Berechnungsbeispiele zugrunde legen! Alternative Annahmen: Annahme I MGZ 8% FGZ 20% Berechnung: MEK 50 MGK 4 FEK 20 FGK 4 ––– HK 78

Annahme II 10% 30% 50 5 20 6 ––– 81

Diskussion: Die geringfügigen Abweichungen unter I und II verdeutlichen den kalkulatorischen Spielraum und lassen erkennen, dass eine grobe Schätzung der Zuschlagssätze ausreicht. 5)

Ermitteln Sie unter Berücksichtigung der von Ihnen recherchierten Daten die reale Tariferhöhungsrate. Diskutieren Sie das Ergebnis. 30% Lohn teilen sich in 100% direkte Lohnkosten 80% Lohnnebenkosten

= 16,67 EUR = 13,33 EUR

16,67 EUR + 3,3% (+ 0,55 EUR) = 17,22 EUR 13,33 EUR  80% + 3,3% (+ 0,35 EUR) = 13,68 EUR ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– neuer Lohnkostenanteil = 30,90 EUR reale Tariferhöhungsrate = 3%

139

6)

Sie verfolgen die Strategie, mit einem kalkulatorisch nachvollziehbaren Zielpreis in die Verhandlung zu gehen. Dabei unterstellen Sie aufgrund Ihrer Kenntnislage, dass der Anstieg der Rohstoffpreise ausschließlich auf die erhöhten Lohn- und Gehaltskosten zurückzuführen ist. Wie hoch stellt sich Ihr Zielpreis (Zielpreis = Ziel-Preissteigerungsrate)? 50% Materialanteil enthält wiederum 30% Lohnkosten = 15,– EUR + 3% = 15,45 EUR 70% sonstige Kosten = 35,– EUR ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– neuer Materialpreis = 50,45 EUR 20% unberührter Bestandteil = 20,– EUR neuer Lohnkostenanteil = 30,90 EUR ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Zielpreis = 101,35 EUR = Preiserhöhungsrate von 1,35% maximal! Diskussion: Ist die errechnete Preiserhöhungsrate kalkulatorisch nachvollziehbar? Welche Auswirkungen hat eine Korrektur der angenommenen Preisstruktur auf den ermittelten Zielpreis? Welche Einwendungen des Lieferanten / Verkäufers sind zu erwarten?

7)

Über den angenommenen Gewinnzuschlag hinaus könnten in der Kalkulation des Lieferanten weitere Gewinnbestandteile versteckt sein. In welcher Höhe nehmen Sie das „latente“ Einsparungspotenzial an? Die Fixkosten in Höhe von 25 Prozent stellen den preispolitischen Verhandlungsspielraum dar. Insbesondere die kalkulatorischen Kosten, die nicht ausgabewirksam sind, wie die kalkulatorischen Abschreibungen, kalkulatorischen Mieten, kalkulatorischen Zinsen, u. a. m. können Gewinnbestandteile enthalten. Darüber hinaus bietet auch der Ansatz der Fertigungseinzelkosten Möglichkeiten, Gewinnanteile zu verstecken (z. B. Ansatz der Fertigungs- / Arbeitszeiten; Auswirkungen der Lernkurve).

140

8)

Als alternative Abwehrstrategie ziehen Sie eine Reduzierung des Auftragsvolumens in Erwägung. Bei welcher Mengenbasis versuchen Sie eine Rücknahme der angekündigten Preiserhöhung (zumindest teilweise) zu erreichen? Wie argumentieren Sie? Führen Sie eine Grenzwertrechnung durch, wobei Sie einen DBalt von 30 Prozent zugrunde legen und davon ausgehen, dass die angekündigte Preiserhöhung über einen verbesserten DB „eingespielt“ werden soll. Der rechnerische Ansatz lautet sodann: Grenzwert

= =

30% / 30% + 8,9%  100% 77% (gerundet)

Argumentation: Deckungsbeitragssumme bleibt unverändert. Sie können somit „guten Gewissens“ eine Reduzierung des Auftragsvolumens um ca. 23 Prozent androhen, bieten dem Lieferanten bei gleichbleibenden Bedingungen jedoch eine Fortführung des Sukzessivliefervertrages im bisherigen Umfang (mit der Option auf eine Aufstockung) an! (Bei einer Reduzierung um > 23 Prozent würde der Lieferant trotz Preiserhöhung um 8,9 Prozent „verlieren“!) 9)

Letztendlich unternimmt der Lieferant den Versuch, die angedrohte Preiserhöhung dadurch „zu verschönern“, dass er bei Erhöhung der Abnahmemenge um 50 Prozent Ihnen einen Rabatt in Höhe von 5 Prozent zugesteht. Dieses Entgegenkommen sei Ausdruck seiner auf Partnerschaft beruhenden Unternehmensphilosophie.

9.1) Wie reagieren Sie auf dieses Angebot? Kalkulieren Sie auf der Grundlage der angesprochenen Volumensteigerung Ihren Zielpreis. Aufgrund der Aufgabenstellung ergeben sich folgende kalkulatorischen Daten: 

Variable Kosten 70%



Fixe Kosten 25%



Gewinnzuschlag 5%

Daraus ergibt sich nachstehender Ansatz in absoluten Zahlen ausgedrückt:

141

70 + 25  (100/150) + 5 = 70 + 17 (gerundet) + 5 = 92 Ergebnis: Ihr Zielpreis beläuft sich somit auf ca. 92 Prozent des Ausgangswertes, d. h. bei einer Erhöhung der Auftragsmenge um 50 Prozent ist „rechnerisch“ ein Nachlass von 8 Prozent statt der angebotenen 5 Prozent anzustreben. Argumentation: Die Fixkostendeckung bleibt unverändert! Der Lieferant stellt sich also nicht schlechter als zuvor, zumal die Fixkosten „eh da“ sind. 9.2) Welche weiteren Argumente könnten Sie „ins Feld führen“? Weitere Argumente:  Der Rabatt ist einkalkuliert.  Der Verkäufer stellt sich nicht schlechter (ausgleichende Gerechtigkeit?)!  Kostenvorteile des Lieferanten durch die Möglichkeit, günstigere Konditionen beim Bezug der Rohstoffe zu erzielen und in größeren Losen zu fertigen.  Mengendegression 10)

Welche Anregungen / Empfehlungen zur Kostensenkung beim Lieferanten könnten Sie einbringen? Prozessoptimierung / Prozesskostenminimierung auf der Basis einer Stärken-Schwächen-Analyse, frühestmögliche Integration des Lieferanten in den Produktentstehungsprozess, Zielvereinbarungen zur Verbesserung der Lieferleistung / Leistungsfähigkeit, Modularisierung. Grundsätzlich ist es Pflicht des strategisch orientierten Einkäufers, – den aktuellen Stand zu kennen – Entwicklung in einem frühen Stadium zu erfahren und deren Auswirkungen auf die eigene Beschaffung und Produktion abzuschätzen

142

Anhang Checkliste Vorbereitung auf Jahrespreisverhandlungen im Einkauf.67)

67) Die Checkliste wird im „Strategischen Einkauf“ eines Systemlieferanten der Fahrzeugindustrie eingesetzt.

143

144

145

Literaturverzeichnis Anslinger, Tobias, Runter mit den Prozesskosten, in: Beschaffung aktuell, Leinfelden Januar 2019 Bräkling, Elmar, Einkauf der Zukunft: „Viel mehr als bloße Prozessabwicklung“, in: Beschaffung aktuell, Leinfelden, November 2018 Däumler, K. D. / Grabe, J., Kostenrechnung 1, Grundlagen, 11. Auflage, Herne/Berlin 2013 Deutsche Bundesbank Eurosystem: „Verhältniszahlen aus Jahresabschlüssen deutscher Unternehmen von 2015 bis 2016 – vorläufig“, Frankfurt am Main, Mai 2018 Eschinger, Steffen, Vorbereitung auf Preisverhandlungen, in: Beschaffung aktuell, Leinfelden, Oktober 2013 Hartmann, Horst, Der strategische Einkauf braucht ein eindeutiges Erscheinungsbild, in: Beschaffung aktuell, Leinfelden, Oktober 2018 Hartmann, Horst, Lieferantenmanagement: Gestaltungsfelder, Methoden, Instrumente, 4. Auflage, Gernsbach 2019 Hartmann, Horst, Modernes Einkaufsmanagement – Global Sourcing – Methodenkompetenz – Risikomanagement, 3. Auflage, Gernsbach 2018 Hartmann / Orths / Kössel, Lieferantenbewertung – aber wie?, 6. Auflage, Gernsbach 2017 Keller, Lars, Cost Engineering: Produkte und Kosten des Lieferanten auf dem Prüfstand, in: Beschaffung aktuell, Leinfelden Oktober 2017 Krokowski, Wilfried (Hrsg.), Globalisierung des Einkaufs – Leitfaden für den internationalen Einkäufer, Heidelberg 1998 Krokowski / Sander: Global Sourcing und Qualitätsmanagement, Gernsbach 2009 Lorenzen / Krokowski, Einkauf: Studienwissen kompakt, Wiesbaden 2018 O. V., Beitrag in: Rationalisierungsgemeinschaft Handwerk SchleswigHolstein e.V. (RGH), Hamburg Orths, Heinrich, Einkaufscontrolling als Führungsinstrument – Tipps und Tools für den Erfolg, 2. Auflage, Gernsbach 2009 146

Schmidt, Andreas, Kostenrechnung, 8. Auflage, 2017 Sorge, Georg, Einkauf von Dienstleistungen: Prozesse optimieren – Potenziale ausschöpfen, Gernsbach 2012 Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch für Deutschland und Internationales, Wiesbaden 2018

147

Stichwortverzeichnis ABC-Analyse 21, 106 Abschreibungen 36, 39 f., 43, 48, 52, 61, 72, 140 Abschreibungsmethoden 52 Abwicklungskosten 85, 124 Amortisationszeit 43 Angebotspreis 37, 75, 103, 120, 128, 132 Äquivalenzziffernkalkulation 46 Aufrichtigkeit 24 Auslastung der Fertigungskapazitäten 71 s. a. Kapazitätsauslastung Außerordentliche Aufwendungen 52 f. Außerordentliche Erträge 52 f. Bedarfsbündelung 21, 84, 92, 124 Bedarfsträger 18, 22, 119, 124 f. Begrüßungsritual 27 Berufsausbildung 23 Berufserfahrung 23 Beschaffungsmarktforschung 71, 100 Betriebliche Leistungsfähigkeit 52 f. s. a. betriebliche Leistungserstellung Betriebsergebnis 52 f. Betriebsstoffe 21, 44, 72 Bezugskosten 54, 60 ff., 123 f. Bildungsdefizite 25 Bonität 53 Branche 21, 24 f., 61 f., 72 ff., 79, 107 Brutto-Einsparungsquote 128 Brutto-Gewinnspanne 61 f. Brutto-Gewinnspannenquote 62 Bündelung der Bedarfe 84 f. s. a. Bedarfsbündelung 148

Checkliste 29, 34, 143 ff. China 27 Commodities 60 Controlling 45, 54, 57, 91 Cost Engineering 64 f., 80 Cost Engineering Spezialist 14 C-Teile 17, 21, 98, 105 David-Goliath-Verhältnis 24 Deckungsbeitrag 94 ff., 135 Deckungsbeitragsrechnung 94, ff, 105 ff., 114, 119 Deckungsbeitragssumme 101 f., 104 f., 141 Deckungsbeitragssummenrechnung 101 f. Design to Cost 130 Design- und Kostenanalyse 14, 64 Design- und WertanalyseProjekte 80 Dialogfähigkeit 24 Dienstleister 14, 16, 21, 24, 109, 111, 114 f., 123 Dienstleistungen 21, 38, 60, 108 Digitale Kompetenz 19 Digitalisierung 17 f, 64, 78, 98, 118, 134 Divisionskalkulation 42, 46 Dritte industrielle Revolution 21, 24 EBIT 52 f., 62 s. a. Operatives Ergebnis EBITA 9, 52 s. a. EBITDA EBITDA 9, 52 s. a. Operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen EBIT-Marge 53 Eh-da-Kosten 40, 84

Einkaufskalkulation 33, 75,92, 96,106 f. Einkaufsmanagement 18 f, 67, 80, 126 Einkaufsvolumen 17 Einmalkosten 43 s. a. Sondereinzelkosten Einstandspreis 50, 56, 60 ff, 119, 123, 126, 128 Einzelfertigung 45 Einzelhandel 60, 62 Einzelkosten 36, 41 ff, 47, 64, 70, 86 f., 89 ff., 95, 140 Elektronische Verhandlungsmaschine 24 Energiekosten 36, 40, 42, 68 Englischkenntnisse 27 Entwicklung 21 f., 24, 26, 33, 36, 38, 67, 81, 106, 118, 127, 130 ff., 142 Ertrag 51, 83 Ertragsstärke 51 f., 62 E-Tools 21 Excel 64, 78 Externe Berater 81 Facharbeiterstunden 16 Fauler Kompromiss 24 Fehlerverhütung 80 Fehlverhalten 28 Fertigungsgemeinkosten 44 f., 64, 69, 86, 91 ff., 94 Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz 45, 86 Fertigungslohneinzelkosten 86 Finanzbuchhaltung 34 ff., 78 Finanzergebnis 52 Fixkosten 40, 48, 70, 74, 85, 87, 94, 108, 139 f., 142 s. a. Fixe Kosten Fixkostendegressionseffekt 82 ff., 116 Fixkosten-Überdeckung 83 Fixkosten-Unterdeckung 83

Flexibilität 24 Folgekosten 119, 121, 123, 126 ff. Fremdsprachenkenntnisse 23 Funktionsübergreifende Teams 80 s. a. Interdisziplinäre Zusammenarbeit Gebräuche 24, 27 Geheimhaltungsvereinbarung 80 Gemeinkosten 21, 36, 38, 41, 43 f., 47, 70, 82, 84, 87 ff., 93 ff, 136, 139 Gesamtkosten 72, 122 Gesamtkostenbetrachtung 119 f., 126, 128 Geschäftsbeziehungen 135 Geschäftsführung 18, 20, 132, 137 Gesellenstunde 109, 115 Gewinn- und Verlustrechnung 34, 74 Gewinnerzielung 51, 63 Gewinnhöhe 51 Gewinnzuschlag 50 ff., 65, 84, 86, 88, 91, 96, 102, 115 f., 135 f., 140 f. Globalisierung 18, 27 f., 119 Handelsklausel 60 Handelsspanne 60 ff. Handelsunternehmen 51, 60 f. Handelswaren 60, 72 Herstellkosten 45, 60, 64, 69 f., 78 f., 86, 91, 93, 130, 135 f., 138 f. Hilfsstoffe 21 Homodigitales 19 Ideenmanagement 24, 53 Indirekte Materialen 21 Indirekter Einkauf 22 Industrieunternehmen 51, 60, 98 149

Informationsbeschaffung 67 Informationsquellen 72 f., 75, 79, 97, 121 Informationstechnologien 23 Informationsverwertung 23, 67 Innovationsumsetzung 80 Innovative Lieferanten 80 Insolvenz 56 Insolvenzrisiko 63 Interdisziplinäre Zusammenarbeit 81, 130 Internationaler Einkauf 27 f., 128 IT-Spezialist 19 Jahrespreisverhandlung 34, 143 Jahresüberschuss 52 f. Japan 27 Kalkulationsdaten 75 Kalkulationsprogramm 78 Kalkulationsverfahren 37, 46, 105 Kalkulatorische Kosten 36 Kapitalmarktzins 51 Kernkompetenz 54 Kommunikation 24 ff. Kompetenz 19, 24 ff., 28, 30, 89 Kompromissbereitschaft 24 Konfliktmanagement 81 Konkurrenzsituation 53 f. - s. a. Wettbewerbssituation Konsumartikel 90 Konzeptfindung 65 Kooperation 24 Kostenartenrechnung 35 f. Kostenauflösung 99 Kosteninformation 75, 77, 90, 108 Kostenrechnung 34 f., 78 ff. Kostensenkungsprogramm 17 Kostenstellen 37 Kostenstellenrechnung 35 ff. Kostenstruktur 16, 53, 64 ff., 73 Kostenträger 36 ff., 41 ff., 64, 70 150

Kostenträgerrechnung 35, 37 ff. Kostentransparenz 130 Kreativität 24, 67 Kultur 24, 26 f. Kundenbindung 63, 98 f. Künstliche Intelligenz 17 Kurzfristige Preisuntergrenze 95 Lagerhaltungskosten 61, 85 Landessprachen 27 Langfristige Preisuntergrenze 51, 61, 94, 104 Leistungsfähigkeit 21, 52 f., 73, 80, 134, 142 Lernkurveneffekte 116, 118 Lernprozess 25 Lieferanten-App 17 Lieferantenbewertung 53 Lieferantenentwicklung 127 Lieferantenfragebogen 74 f., 77 Lieferantenintegration 80, 142 Lieferantenkalkulation 79 Lieferantenselbstauskunft 76 s. a. Lieferantenfragebogen Lieferservice 63 Liquidität 56, 63 Lohn- und Gehaltskosten 36, 136, 140 Lohnkosten 68 f., 77, 95 f., 100 ff., 105 f., 110, 112 f., 115, 139 f. Lohnnebenkosten 108, 110, 136, 139 s. a. Lohnzusatzkosten Lohnzusatzkosten 110 ff. Longlife-Verträge 53 Macht des ersten Eindrucks 26 f., 54 Make-or-Buy-Analyse 132 Marketing 81, 131 Marktform 25, 53 Marktmacht 24, 53, 67 s. a. David-Goliath-Verhältnis

Marktmachtverhältnisse 75 Marktpreis 37, 54, 60, 106, 114 Maschinenstundensatzrechnung 48 f. Materialeinzelkosten 44, 86, 91 Materialgemeinkosten 44, 91 Materialgemeinkostenzuschlagssatz 37, 44, 86 Materialkosten 36, 67, 73, 86, 112, 119 Mehrwert 18 Mengenrabatte 51, 60, 88, 103, 134 Mengenstrategie 84, 88, 99, 101 Mindermengenzuschlag 103 Mischkalkulation 62 Mittelständische Unternehmen 20, 64 Modul 21, 33, 38, 91 Modularisierung 142 Modularisierungsstrategien 21 Monopolartige Position 24 Netto-Einstandspreis 56, 119 Netto-Gewinnspanne 61 Netto-Verkaufspreis 62 Neuentwicklungsprojekte 130 Normalbeschäftigung 82 f., 89 Normalbeschäftigungsgrad 82 Nutzen 21, 25, 77 f., 84 OEM 23, 64 Offenheit 24 Open Book Policy 75 Operativer Einkauf 18 Operatives Ergebnis 52 f., 62 Operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen 52 f. Operatives Ergebnis vor Zinsen und Steuern 52 f. s. a. EBIT Organisatorische Kompetenz 25 Outsourcingstrategien 21

Personalkapazität 18, 22 Personalkosten 36, 61, 64, 110, 113, 137 Personalqualität 20, 22 Personalplanung 25 Personalverantwortung 23 Preiserhöhung 65, 68, 75, 99, 104 f., 110, 112 f., 136 ff., 140 Preiserhöhungsforderung 65, 80 Preisstrukturanalyse 44, 47 Preisuntergrenze 51, 61, 63, 94 f. , 104 Preisverhandlung 16, 21, 26, 28, 33, 64, 67, 75, 77 79, 86, 96, 98, 105, 115, 117, 134 f. Produktentwicklung 81, 130 f. Produktion 21 f., 26, 36, 81, 83, 98, 101, 117, 127, 132, 142 Produktivitätssteigerung 75, 116 Produktkomplexität 90 Produktoptimierung 80 Produktzyklus 43 Projektkosten 36 Proportionale Kosten 40 Prozesskompetenz 23 Prozesskosten 21 f., 98, 124, 126 Prozessoptimierung 80, 142 Rabatteinkäufer 57 Rabattsätze 57 Rabattstaffeln 60 Rechnungswesen 34 f. Reingewinn 52 Remanente Kosten 39 Rentabilitätsrisiken 53 Reparaturkosten 36 Retrograde Kalkulation 131 Risikomanagement 18, 82 Robotergesteuerte Prozessautomatisierung 22 Rollenverständnis 19 Sachanlage 52 151

Scheinrabatte 99, 103 Schuldenstand 52 Selbstbewusstsein 20 Selbstkosten 50 f., 61, 70, 82, 85 ff., 91, 93 Selbstwertgefühl 25 Selbstwertverständnis 134 Serienfertigung 45 f., 90 Service- und Verhandlungspartner 17 Sitten 24, 27 Skonto 54 ff Sondereinzelkosten 41 ff s. a. Einzelkosten Sondereinzelkosten der Fertigung 42 Sondereinzelkosten des Vertriebs 42 Sortimentspolitik 63 Sprung-fixe Kosten 39 Staffelpreise 103 Stellenbesetzung 24 Steuerpolitik 52 Strategischer Einkauf 19 f., 22 ff., 80, 143 Strategisches Management 20 Stückfixe Kosten 83 Stundensatzkalkulation 108, 114, 116 Supply Chain Manager 19, 25 Target Costing 37, 130, 132, 134 Target Pricing 37, 130 Tariferhöhungen 67 Technische Kompetenz 24 Tischmanieren 27 TOCO-Prinzip 119, 121 f., 128 s. a. Total Cost of Ownership Total Cost of Ownership 119 Transparenz 64 Überdeckung 83, 85, 89 Umsatzrentabilität 53, 135 Unterdeckung 83, 89 152

Unternehmerische Verantwortung 54, 67, 93, 134 Value Management 80 s. a. Wertgestaltung Variable Kosten 36, 38 ff., 84, 94, 103, 141 Verhandlungsergebnis 16, 24, 29 Verhandlungsführer 29 Verhandlungspartner 17, 24, 26 ff., 59, 134 Verhandlungssituation 33, 101 Verhandlungsstrategie 84, 105 Verhandlungsvorbereitung 16, 29, 31 Verkaufskalkulation 50, 54, 57 Verkaufspreis 37, 42, 48, 50, 57 ff., 62, 70 f., 82, 94, 97 ff., 130 Verlust 83 Vertraulichkeit 24, 77 Vertriebsgemeinkosten 45 Verwaltungsgemeinkosten 45, 86, 92, 100 Vierte industrielle Revolution 24 Vollkostenrechnung 48, 71, 77, 82, 89, 92 ff., 100, 105 f. Wagniszuschlag 110 Wareneinstandspreis 60 ff. Warenverkaufspreis 61 Weiterbildungsmaßnahmen 25 Werkzeugkosten 43, 123 Wertanalyse 75, 79 f., 130 Wertanalyseprojekt 80 Wertanalyseteam 80 Wertbeitrag 67, 79 Wertgestalter 20 Wertgestaltung 80, 130 s. a. Value Management Wertschöpfender Einkauf 119 Wertschöpfung 28, 64, 91 Wertschöpfungspartner 134

Wertverbesserung 24 Wettbewerbsprinzip 134 Win-Win-Situation 24, 75, 85 Wissensmanagement 25 Zahlungsbedingungen 54 ff. Zahlungsfähigkeit 57 Zielkosten 131 f. Zielpreisberechnung 84, 87 Zielpreisfindung 71, 83, 94, 100 f., 107, 114

Zielvorstellungen 24 Zinsaufwendung 52, 61 Zinseinsparung 55 ff., 121 Zinserträge 52 Zusatzaufträge 95, 106 Zuschlagskalkulation 37, 42, 46 ff., 50, 60, 70, 82, 84, 86, 89, 99 Zuschlagssätze 37, 43 ff., 78, 82, 88 ff., 139

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