Wetter- und Meereskunde für Seefahrer [4. Aufl.] 978-3-662-13432-0;978-3-662-13431-3

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German Pages VII, 220 [223] Year 1958

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Wetter- und Meereskunde für Seefahrer [4. Aufl.]
 978-3-662-13432-0;978-3-662-13431-3

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-VII
Einleitung (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 1-1
Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 1-34
Meteorologisches Tagebuch und Wetterverschlüsselung (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 35-44
Die Grundgesetze des Wettergeschehens (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 45-66
Die wichtigsten Winde und Windsysteme (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 66-82
Die Stürme der gemäßigten Zonen (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 82-102
Tromben und tropische Orkane (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 102-118
Das Meer und die Meeresströmungen (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 118-148
Wetterberatung (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 148-167
Das Zeichnen von Wetterkarten an Bord (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 167-174
Eigene Wettervorhersage an Bord (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 174-183
Meteorologische Navigation (Joseph Krauß, Walter Stein)....Pages 184-196
Back Matter ....Pages 197-217

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Kraufl-Meldau

Wetter- und Meereskunde fiir Seefahrer Vierte Auflage Von

Josepb Kraull

und

Dr. Walter Stein

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Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1958

Additional material to this book can be downloaded from http://extras.springer.com ISBN 978-3-662-13431-3 (eBook) ISBN 978-3-662-13432-0 DOI 10.1007/978-3-662-13431-3 Alle Rechte, insbesondere das der übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen

© by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1958 Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag OHG., Berlin/Göttingen/Heidelberg 1958

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buche berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften

Vonvort zur dritten Auflage Die erste Auflage dieses Buches erschien 1917 unter dem Titel: KRAUSS, Grundzüge der maritimen Meteorologic und Ozeanographie. Im Jahre 1931 erschien die zweite Auflage unter Mitarbeit von Professor Dr. H. MELDAU, Seefahrtschule Bremen. An Stelle des 1937 verstorbenen Professor MELDAU trat für diese Auflage Dr. W ALTER STEIN, Seefahrtschule Bremen, als Mitarbeiter ein. A1.lch die dritte Auflage dieses Buches will in erster Linie eine Hilfe für den Unterricht in der Wetter- und Meereskunde an den Seefahrt c schulen sein. Es kann aber auch dem Sportsegler und Seefischer Verständnis für die Vorgänge in der Luft und im Wasser vermitteln. Der für die Navigation verantwortliche Nautiker muß sich natürlich übcr dcn allgemeinen Bahmen dieses Buches weit hinausgehende ~pe;;:ielle Kenntnisse von den meteorologischen und hydrographischen Verhältnissen seines Fahrtgebietes erwerbcn. Dafür stehen ihm die einschlägigen Veröffentlichungen des Meteorologischen Amtcs und des Deutschen Hydrographischen Institutes in Hamburg zur Verfügung, dercn genaues Studium für ihn unerläßlich ist. Die Verfasser danken an dieser Stelle für die ihnen von allen Seiten bereitwillig gegebenen Auskünftc und Ratschläge, besonders den Herren Dr. MEINCKE und Dr. RODEwALD vom Meteorologischen Amt und den Herren Dr. DIETRICH und Dr. SCHUMACHER vom Deutschen Hydrographischen Institut in Hamburg. Bad Schwartau und Bremen, Juli 19f>2

J. Krallß . W. Stein

Vorwort zur vierten Auflage Für die vierte Auflage wurde das Buch im wesentlichen unverändert gelas~en. Nur an den Stellen, an denen die Entwicklung der Wetter- und Meereskunde Ergänzungen notwendig machte, wurde es erweitert. Unser Dank gilt allen, die uns durch Hinweise, Anregungen und Überlassung von Abbildungen unterstützten, insbesondere dem Seewetteramt des Deutschen Wetterdienstes und dem Deutschen Hydrographischen Institut in Hamburg und ihren Mitarbeitern. Bad Schwartau und Bremen, Mai 1958

J. Krauß . W. Stein

Inhaltsverzeichnis Seite

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung 1. Die Atmosphäre S. 1. 2. Die Zusammensetzung der Luft S. 3. - 3. Der Luftdruck S. 4. - 4. Barometer S. 4. - 5. Zeitliche Schwankungen des Luftdruckes S. 8. - 6. Isobaren und Gradient S. 9. - 7. Der Wind S. 10. - 8. Darstellung des Windes in Karten S.13. - 9. Das Messen des Höhenwindes S. 13. - 10. Wind und Seegang S. 14. -11. Die Lufttemperatur S. 16. -12. Das Messen der Wassertemperatur S. 17. - 13. Der Wasserdampf in der Luft S. 18. - 14. Das Messen der Luftfeuchte S. 20. - 15. Dunst, Nebel, Wolken und Niederschlag S.21. - 16. Dunst S. 22. - 17. Nebel S.22. - 18. Wolken S.25. - 19. Ursachen der Wolkenbildung S. 27. - 20. Örtliche und zeitliche Verteilung der Wolken S. 28. 21. Niederschläge S. 29. - 22. Das Eis des Meeres S. 31. - 23. Elektrische Erscheinungen in der Atmosphäre S. 32. - 24. Optische Erscheinungen in der Atmosphäre S. 33.

1

11. Meteorologisches Tagebuch und Wetterverschlüsselung . . . . . 25. Das meteorologische Tagebuch S. 35. - 26. Das Verschlüsseln der Beobachtungen für die Funkwettermeldung, Seeobstelegramm S. 40. - 27. Eismeldungen S. 42. - 28. Sonstige Beobachtungen S. 43. - 29. Übungsaufgaben S. 43.

35

IH. Die Grundgesetze des Wettergcschehens 30. Ausdehnung der Luft bei Erwärmung S. 45. - 31. Erwärmung der Luft durch Druckerhöhung S. 45. - 32. Erwärmung der Luft durch die Sonnenstrahlung S. 46. - 33. Die Ausstrahlung der Erde S.47. - 34. Verschiedene Erwärmung von Land und See S.48. 35. Erwärmung der Luft am erwärmten Untergrund S. 48. - 36. Täglicher Gang der Lufttemperatur S. 49. - 37. Jährlicher Gang der Lufttemperatur S. 50. - 38. Die Temperaturverteilung in der Horizontalen S. 50. - 39. Die Temperaturverteilung in der Vertikalen S. 52. - 40. Inversionen S. 53. - 41. Verschiedenes Verhalten trockener und feuchter Luft bei Vertikalbewegungen S. 54. - 42. Stabile und labile Luftschichtung S. 55. - 43. Thermische Hoch- und Tiefdruckgebiete S. 57. - 44. Die Ablenkung der Winde infolge der Erddrehung S. 59. - 45. Das barische Windgesetz von Buys-BALLoT S. 61. - 46. Die Stärke des Windes S. 62. - 47. Beeinflussung des Windes durch die Küstengestaltung S. 63. 48. Strömungsfeld, Konvergenzen und Divergenzen S. 64. 49. Höhenwinde S. 65,

45

VI

Inhaltsverzeichnis Seite

IV. Die wichtigsten Winde und Windsysteme

66

50. Das planetarische Windsystem S. 66. - 51. Die Mallungen S. 68. - 52. Die Roßbreiten S. 69. - 53. Die Passate S. 72. 54. Die Monsune S. 73. - 55. Monsun und Höhenwetterlage S. 75. - 56. Land- und Seewinde S.76. - 57. Fallwinde S.77. 58. Gewitter S. 80. - 59. Beispiele von Gewitterböen S. 81.

V. Die Stürme der gemäßigten Zonen . . . . . . . . . . . .

82

60. Die Westwindgürtel S. 82. - 61. Luftmassen S. 83. - 62. Der Aufgleitvorgang. Warmfront S. 84. - 63. Der Einbruchsvorgang. Kaltfront S.86. - 64. Die Polarfront S.87. - 65. Das Zyklonenmodell von ßJERKNES S. 88. - 66. Das Wetter in einer Zyklone S.89. - 67. Die Entwicklung der Zyklone S. 90. - 68. Die Okklusion S. 92. - 69. Zugstraßen der Zyklonen S. 93. 70. Die Geschwindigkeit der Zyklonen S. 95. - 71. Zyklonenfami72. Randzyklonen, Zyklonenregeneration, gegenlien S. 95. läufige Zyklonen S. 96. - 73. Troglagen, Flautefronten S.97. 74. Höhentrog S. 98. - 75. Das Wetter in den nördlichen Fischereigebieten, die Arktikfront S. 99. - 76. Einige besondere Stürme S.99. - 77. Wandernde und ortsfeste Hochdruckgebiete S. 101.

VI. Tromben und tropische Orkane . . . . . . . . . . . . . . . . 102 78. Wind- und Wasserhosen S. 102. - 79. Die tropischen Orkane S. 103. - 80. Die Entstehungsgebiete der tropischen Orkane S. 104. - 81. Tropische Orkane und Höhenwetterlage S. 105. - 82. Die Hauptorkanzeiten S. 106. - 83. Der Aufbau des Orkankörpers S.107. - 84. Die Orkanbahnen S. 108. - 85. Die Quadranten des Sturmfeldes S. 110. - 86. Anzeichen für das Herannahen eines Orkanes S. 111. - 87. Die Bestimmung der Lage des Orkanzentrums S. 115. - 88. Peilung der Mitte S. 116. - 89. Schätzung der Entfernung S. 116. - 90. Bestimmung der Bahnrichtung S. 117.

VII. Das Meer und die Meeresströmungen . . . . . . . . . . . . . 118 91. Meereskundliche Forschung in Deutschland S. 118. - !J2. Die Meeresräume S. 119. - 93. Die Temperatur des Meerwassers S. 121. - 94. Der Salzgehalt des Meerwassers S. 122. - !J5. Die Dichte des Meerwassers S. 123. - 96. Die Durchsichtigkeit und Farbe des Meerwassers S. 123. - 97. Das Eis des Meeres S. 124. - 98. Windsee und Dünung S. 126. - 99. Brandung S. 130. - 100. Oberflächenströmungen des Meeres S. 131. - 101. Die Ursachen der Meeresströmungen S. 131. - 102. Das Bestimmen der Richtung und Stärke von Strömungen S. 133. - 103. Die Darstellung der Oberflächenströmungen in Karten S. 135. - 104. Auftriebwasser S. 136. - 105. Die großen Stromringe S. 137. Die wichtigsten Meeresströmungen in den einzelnen Ozeanen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 106. Oberflächenströmungen im Atlantischen Ozean S. 137. - 107. Südatlantischer Ozean S.141. - 108. Oberflächenströmungen im Stillen Ozean S. 142. - 109. Oberflächenströmungen im Indischen Ozean S. 144. - 110. Gezeitenströme S. 146. - 111. Seiches S. 146. - 112. Vertikale Zirkulation, Tiefenströme S.146.

Inhaltsverzeichnis

VII Seite

148 VIII. Wetterberatung . . . . . . . . . . . . 113. Der internationale Wetterdienst S. 148. -114. Die Entwicklung der synoptischen Methode S. 149. - 115. Die Deutsche Seewarte S. 149. -116. Wetterschiffe S. 151. -117. Arktische Wetterstationen S. 151. - 118. Bordwetterwarten S. 152. - 119. Das aerologiHche Stationsnetz S. 102. - 120. Der Deutsche Seewetterdienst S. 152. - 121. Wind- und Sturmwarnungsdienst S. 155. - 122. Windanzeiger S. 157. - 123. Sturmflutwarndienst S. 158. 124. Eisdienst S. 158. - 125. Wetterkartenanalyse über Funk S. 161. - 126. Höhenwetterkarten S. 163. - 127. Ausländische Wetterberichte S. 164. - 128. Hafendienste S. 164. - 129. Monatskarten und andere Kartenwerke S. 164. - 130. I,iteraturangaben S. 166.

IX. Das Zeichnen von Wetterkarten an Bord . . . . . . . . . . . 167 131. Das Eintragen der Wettermeldungen S. 167. - 132. Winke für das Zeichnen der Wetterkarte. Die .Fronten S. 169. - 133. Das Zeichnen der Isobaren S. 170. - 134. Beispiele S. 172. - 135_ ßildfunkübertragung von Wetterkarten S. 173. 174 X. Eigene Wettervorhersage an Bord 136. Wettervorhersage nach der Wetterkarte S. 1H. - 137. Wettervorhersage ohne Wetterkarte S. 176. - 138. Radar als Wetterberater S. 178. - 139. Möglichkeiten langfristiger Wettervorhersage S. 180. -140. Wetter-Vorausberechnung S. 182. -141. Beispiele von Wetterlagen über dem Nordatlantik und dem europäischen Raum S. 182.

XI. Meteorologische Navigation. . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 142. Grundsätzliches zur meteorologischen Navigation S. 184. 143. Beispiele meteorologischer Navigation S. 187. - 144. Das Manövrieren in tropischen Orkanen S. 190. -- 145. Übungsaufgaben S. 193. - 146. Eis-Navigation S. 195. Anhang

197 Beaufortskala für Windstärke und Seegang. - Tafel zur Bestimmung der relativen Feuchte und des Taupunktes (Psychrometertafel).

Sachverzeiehnis. . . . : . Tafeln

(in Tasche am Schluß des Buches) I. Tiefe und mittelhohe Wolken 11. Mittelhohe und hohe Wolken IH. Karte der Meeresströmungen.

. . . . . . . . . . . . . . 202

Einleitung Wetter- und Meereskunde haben für den Seefahrer auch im Zeitalter des Dampf- und Motorschiffes ihre große Bedeutung behalten. Um eine möglichst schnelle und sichere Reise zu machen, muß der Schiffsführer die Wind-, Wetter- und Strömungsverhältnisse, die ihn auf seiner Reise erwarten, kennen, muß Stürmen aus dem Wege gehen oder ihr Gebiet wenigstens so günstig wie möglich durchqueren, kurz, er muß meteorologisch navigieren! Die Erkenntnisse der modernen Wetter- und Meereskunde, die ihm dies ermöglichen, konnten nur durch die Mitarbeit der Seefahrer als Beobachter gewonnen werden. Jeder Seefahrer wird auch in Zukunft sich in die Reihen der freiwilligen Mitarbeiter an diesem Werk einordnen müssen. Aus diesem Buch wird er daher zunächst lernen, wie er die Grundgrößen des Wetters beobachten und messen kann und wie er sie im meteorologischen Tagebuch niederlegt oder in Wettertelegrammen weitergibt. Dann werden die wichtigsten Wettergesetze dargestellt und die Hauptwindsysteme und Meeresströmungen beschrieben. Nach einer Darstellung aller Wetterberatungsmöglichkeiten und der Technik des Zeichnens und Auswertens von Wetterkarten an Bord wird dann die meteorologische Navigation behandelt.

J. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung 1. Die Atmosphäre. Wetter ist der Zustand der Lufthülle unserer Erde in einem bestimmten Augenblick. Lufttemperatur, Luftdruck, Wind, Feuchte, Niederschlag, Wolken, Blitz und Donner usw. als Ganzes gesehen. Die Wetterkunde (Meteorologie) hat die Aufgabe, den Zusammenhang dieser Erscheinungen in der Lufthülle zu erklären. Die Untersuchung der Vorgänge im Meer und der Kräfte, die diese Vorgänge bewirken, ist Aufgabe der Meereskunde (Ozeanographie). Beide Wissenschaften sind nicht zu trennen, da Lufthülle und Meer in enger Wechselwirkung zusammen das Wetter gestalten. Unsere Erdkugel ist umgeben von einer Lufthülle, der Atmosphäre. Die Höhe der Atmosphäre können wir nicht genau angeben, da sie sich allmählich, ohne scharfe Grenze, gegen den Weltraum verliert. Der Krauß-Meldau, Wetter- und Meereskunde, 4. AuO.

1

2

1. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

Mensch ist erst 31 km im Ballon hochgestiegen (SIMONS, 1957). Unbemannte Registrierballons erreichten 40 km, moderne Raketen mit eingebauten Meßgeräten über 200 km Höhe. Polarlicht, Sternschnuppen, elektrisch reflektierende Schichten (Ionosphäre) liegen aber bestimmt in Höhen von mehreren hundert Kilometern. Alle Wettervorgänge spielen sich in den unteren zehn Kilometern der Lufthülle ab. Wir nennen diese Schicht die Troposphäre. Nur in dieser verhältnismäßig dünnen Schicht ist die Temperatur der Luft von den Wärmeverhältnissen der Erdoberfläche abhängig, nur in ihr sorgen auf- und absteigende Luftströmungen für eine-vertikale Durchmischung, entsteht unser Wetter. Die Temperatur nimmt in dieser Schicht im Mittel 5-8° auf 1 km ab. Diese Schicht enthält fast den ganzen Wasserdampf der Atmosphäre. Die Troposphäre reicht in mittleren Breiten durchschnittlich 10 bis 11 km, an den Polen 8-10 km uud in den Tropen 17 km hoch. An der Obergrenze beträgt die Lufttemperatur in den mittleren Breiten - 50° bis -60°, über den Polen -45°, über dem Äquator --70° bis -80°0. Die Höhe dieser Schicht und ihre Temperatur schwanken stark mit Jahreszeit und Wetterlage. Da die Dichte der Luft mit der Höhe rasch abnimmt, enthält die für das Wetter maßgebende Troposphäre trotz ihrer geringen Höhe doch etwa drei Viertel der gesamten Luftmasse. über der Troposphäre liegt die Stratosphäre. Die Übergangsschicht zwischen Troposphäre und Stratosphäre heißt Tropopause. Sie ist 2-4 km hoch und hat bei - 55 ° 0 Lufttemperatur nur noch einen Luftdruck von 225 Millibar. In der Stratosphäre steigt mit zunehmender Höhe die Lufttemperatur wieder an, da der in dieser Luftschicht enthaltene Ozon die Ultraviolettstrahlung der Sonne absorbiert. In 50 km Höhe herrschen daher wieder 20° bis 40° O. Der Luftdruck beträgt in dieser Höhe nur noch 1 Millibar. In über 50 km Höhe fällt die Temperatur, bis sie bei 80 km 70 bis 80° erreicht. Der Luftdruck beträgt dort nur noch 1/100 Millibar. Über 80 km beginnt die Ionosphäre, in der sich durch die Ultraviolettstrahlung der Sonne elektrisch geladene Moleküle, die Ionen, bilden, welche die elektrischen Wellen bestimmter Wellenlängen nicht durchlassen, sondern reflektieren (s. Lehrbuch der Navigationl , E- und F-Schicht, S.7.45). In der Ionosphäre nimmt die Temperatur wieder auf mehrere hundert Grad zu. Diese Erwärmung ist bis 150 km Höhe durch Raketenaufstiege nachgewiesen. In dieser Schicht entstehen die Nordlichter.

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MELDAU-STEl'l'ES,

Lf>hrbuch der Navigation, Bremen, Verlag Geist, 1958..

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2. Die Zusammensetzung der Luft

In der Schicht über 400 km Höhe sind nur noch Spuren von Luft enthalten. Die künstlichen Monde werden über diese Schichten nähere Kenntnisse bringen. Eine schade obere Grenze der Atmosphäre gibt es nicht. ?J)(J

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Tetn{JIrIJlur d:r LufI Abb. 1. Aufbau der Atmosphäre

2. Die Zusammensetzung der Luft. In der Troposphäre ist die Luft der Hauptsache nach ein Gemisch von 3/4Raumteilen Stickstoff (78%), 1/4Raumteil Sauerstoff (21%) und geringen Beimischungen von Kohlendioxyd (0,03%), Wasserstoff, Ozon und sogenannten Edelgasen (Neon, Argon, Helium). Außerdem enthält sie Wasserdampf, dessen Menge zwischen 3% über den Ozeanen am Äquator und 0,1-0,2% bei den tiefsten Kältegraden der Polargegenden schwankt. Trotz seines geringen Anteils an der Zusammensetzung der Lufthülle ist der Wasserdampf von außerordentlicher Bedeutung bei der Mehrzahl der Wettererscheinungen. 1*

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I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

Die Luft enthält ferner mehr oder weniger Staubteilchen, Spuren von Säuren, Salzkristalle, die als Kondensationskerne und Trübungsursache eine wichtige Rolle spielen. 3. Der Luftdruck. Die Luft übt einen Druck auf ihre Unterlage aus. Der an irgendeiner Stelle der Lufthülle herrschende Druck wird hervorgerufen durch die über dieser Stelle lagernde Luftsäule. Der Luftdruck ist daher am Erdboden am größten und nimmt mit der Höhe ab. Er ist an der Erdoberfläche örtlich und zeitlich verschieden. Diese Ver. schiedenheiten sind entscheidend für die meisten Strömungen und Wettererscheinungen im Luftmeer . Der Luftdruck wird noch oft in "Millimetern Quecksilbersäule" gemessen. Dieses Maß rührt her vom Quecksilber·Barometer, bei dem eine Quecksilbersäule von bestimmter Höhe der Luft das Gleichgewicht hält. Die Höhe wird dann in Millimetern gemessen. 1 Torr ist der Luftdruck, der durch eine Quecksilbersäule von 1 mm bei 0° C im normalen Schwerefeld der Erde (g = 980,6 cm sec-2 ) gemessen wird.

Heute wird der Luftdruck in der Druck·Einheit des physikalischen Maßsystems, in Bar, bzw. Millibar angegeben. 1 Baris~ der Druck, den 1 Megadyn (= 1000000 dyn) auf die Fläche eines Quadratzentimeters ausübt. Das Bar wird in 1000 Millibar (mb) unterteilt. Der Luftdruck in der Höhe des Meeresspiegels ist im Mittel größer als 1000 mb, er beträgt 1013 mb. 1000 mb entsprechen einer Quecksilbersäule von 750 mm. Daraus ergibt sich die einfache Umrechnungsformel 1mb = a/4mm lmm=4/amb. Wenn das Barometer noch keine Millibarteilung trägt, verwandelt man zweckmäßig mit Umrechnungstafeln, wie sie im Nautischen Funk· dienst oder in den Nautischen Tafeln gegeben sind. Der Luftdruck nimmt mit zunehmender Höhe über dem Meeres· spiegel ab, und zwar nahe der Erdoberfläch~ für je 8 m um 1 mb. In 6 km Höhe ist er bereits auf die Hälfte, in 15 km auf ein Zehntel des Bodenwertes abgesunken. Je größer die Höhe ist, desto langsamer nimmt der Druck ab, da die Dichte der Luft mit der Höhe geringer wird.

4. Barometer. Zum Messen des Luftdrucks dient das Barometer. Heute werden die Schiffe meistens mit Aneroidbarometern (Trocken- oder Dosenbarometer) ausgerüstet. Diese enthalten eine aus dünnem, elastischen Beryllium oder Stahlblech hergestellte, luftleer gemachte Metall· dose, deren Mittelpunkt durch ein stark vergrößerndes Hebelwerk mit einem Zeiger in Verbindung steht. Steigt der Luftdruck, so preßt

4. Barometer

5

er die Barometerdose ("Vidiedose", s. Abb. 2) ein wenig zusammen und dreht dadurch den Zeiger im Uhrzeigersinne. Fällt der I...uftdruck, so hebt sich die federnde Metallfläche und bewegt dadurch den Zeiger gegen den Uhrzeigersinn. Da dabei eine Bewegung der Dose von wenigen Zehntel mm mehrere hundert Mal vergrößert wird, muß die Übertragung sehr sorgfältig gearbeitet sein und das Instrument laufend überwacht werden (128)1. Temperaturfehler 1000 werden kompensiert durch Verwendung eines kleinen Bimetallstreifens in der Übertragung. Die modernen Instrumente haben keinen nennenswerten Temperaturfehler . ~ Aneroidbarometer werden durch Vergleich mit einem Normal-Quecksilber-Barometer geeicht. An der Rückseite befindet sich gewöhnlich eine Stellschraube, mit der man den Stand berichtigen kann. Diese Schraube soll an Bord nicht betätigt werden, sondern nur durch die Überwachungsstellen (Hafendienst, 128). Vor der Ablesung sollte man Abb. 2. Aneroidbarometer wegen des Reibungsfehlers gegen das Glas klopfen, aber nur leicht. Jede stärkere Erschütterung schadet dem Instrument. An der Bewegung, die der Zeiger dabei ausführt, erkennt man die Tendenz des Luftdrucks, zu steigen oder zu fallen. Den wahren Wert des Luftdrucks bestimmt man mit QuecksilberNormal-Barometern. Mit Quecksilber gefüllte Barometer wurden früher auch an Bord der Wetterbeobachtungsschiffe als sogenannte SchiffsBarometer (Marine-Barometer) benutzt. Diese Schiffs-Barometer sind Gefäß-Barometer, bei denen die Röhre in der Mitte stark verengt ist, damit das Quecksilber bei den Bewegungen des Schiffes nicht "pumpt", d. h. sich nicht auf- und niederbewegt und so das genaue Ablesen unmöglich macht. Diese notwendige Dämpfung hat den Nachteil, daß ein solches Barometer schnellen Luftdruckänderungen nur langsam folgt, schnell vorübergehende Schwankungen also oft gar nicht anzeigt. Jedes Quecksilberbarometer enthält eine Luft/alle, die verhindern soll, daß Luftteilchen, die sich bei längerem Gebrauch zwischen Quecksilber und Glas vorwärtsschieben könnten, in den luftleeren Raum über dem Quecksilber gelangen. 1 Die halbfetten Ziffern verweisen jeweils auf die durch das ganze Buch fortlaufend numerierten Abschnitte.

6

1. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

Das Schiffsbarometer wird kardanisch aufgehängt, und ein oder zwei Spiralen hemmen seine Bewegungen. Pumpt das Barometer trotzdem, ist Geduld beim Ablesen nötig. Es darf nur abgelesen werden, wenn das Barometer senkrecht hängt. Bei starkem Überholen des Schiffes und gleich darauf darf nicht abgelesen werden. Evtl. muß man mehrere Ablesungen des niedrigsten und höchsten Standes mitteln. Die genaue Ablesung erfolgt auf Zehntel Millibar mit einem Nonius. Beim Ablesen ist darauf zu achten, daß die Mitte der Kuppe gerade die untere Kante des Schiebers zu berühren scheint, wie Abb. 5 zeigt. Dabei ist eine "Parallaxe" zu vermeiden, indem man Vorder- und Hinterkante des Ableseschiebers in Deckung bringt und erst dann auf die Kuppe einstellt. Vorher wird das Thermometer abgelesen, das in der Mitte des Barometers angebracht ist (s. Beschickungen, S.7). Etwaige Fehler des Instrumentes werden durch Vergleich mit Normalinstrumenten festgestellt. Barometer, die für den Wetterbeobachtungs- und Klimadienst an Bord gegeben werden, prüft die Instrumentenabteilung des Seewetteramtes Hamburg. Ein Prüfschein, der an Bord sein muß, gibt an, welche Instrumentenverbesserung an den abgelesenen Werten anzubringen ist. Der Prüfschein muß jedes Jahr erneuert werden. Das Barometer ist so anzubringen, daß es möglichst geringen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist, d. h. geschützt gegen Sonnenstrahlen und Heizungseinflüsse. Die Trockenbarometer zeigen die Schwankungen des Luftdrucks schneller an, sind handiger, bequemer abzulesen und anzubringen.

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Abb. 3. Marine· Barometer

Abb. 4. Luftfalle

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Abb. 5. Ablesung des Marine· Barometers. Richtige und falsche Einstellung

Da der Siedepunkt des Wassers von dem Druck der Luft abhängt, die über der Flüssigkeitsoberfläche lagert, kann man den Luftdruck auch mit einem Thermometer messen, indem man die Siedetemperatur des Wassers feststellt (Thermo-

4. Barometer

7

barometer, auch Hypsometer genannt, weil es meistens dazu dient, die Höhe des Beobachters über der Erdoberfläche zu bestimmen). Gute Instrumente dieser Art werden zur Kontrolle der Aneroidbarometer benutzt.

Abb. 6. Barogra.ph

Der Barograph oder Luftdruckschreiber enthält statt einer Aneroiddose mehrere übereinander. Durch einen Schreibhebel werden die Luftdruckänderungen auf einem Papierstreifen aufgeschrieben, der an einer sich drehenden Trommel einmal in der Woche an der Feder vorbeigezogen wird. Der Barograph ist ein wertvoller Helfer der Schiffsleitung, da die geschriebene Kurve eindringlich das Steigen und Fallen des Luftdrucks zeigt und so wertvolle Schlüsse auf das kommende Wetter zuläßt. Eine ruhige, glatte Kurve läßt gutes, eine unruhige, zackige Kurve schlechtes Wetter erwarten. Die bei gewöhnlichen Barographen starke Abhängigkeit von den Schiffsbewegungen im Seegang und von den Schwingungen, die im Schiff durch die Schiffsmaschinen erzeugt werden, können durch eine Öldämpfung und ein Kompensationsglied zum Ausgleich der Dosengewichtsverlagerung bei Krängung des Schiffes beseitigt werden [LANGscher Barograph]. Erst diese Instrumente zeichnen die feineren Luftdruckschwankungen einwandfrei auf. Will man die Luftdruckangaben an Bord dem Seewetteramt melden, dann müssen die abgelesenen Quecksilber-Barometerstände beschickt werden. Als Einheitsbeobachtung gilt eine Beobachtung bei 0° C am Meeresspiegel (Augeshöhe 0) auf 45° Breite. An der Ablesung eines Quecksilberbarometers sind folgende Beschickungen anzubringen:

1. Beschickung auf 0° 0 (Temperaturbeschickung). Da sich Quecksilber bei steigender Temperatur ausdehnt, nimmt dieselbe Quecksilbermenge bei höherer Temperatur eine größere Höhe im Glasrohr ein. Für Temperaturen über 0° ist daher diese Beschickung negativ, für solche unter 0° positiv. Maßgebend ist die Temperatur am Barometer, die von der Außentemperatur wesentlich abweichen kann. 2. Beschickung auf den Meeresspiegel (Höhenbeschickung). Da der Luftdruck mit der Höhe abnimmt, ist diese Beschickung stets zu addieren. Sie hängt etwas von der Außentemperatur ab.

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I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

3. Beschickung auf 45° Breite (Schwerebeschickung). Da die Schwerkraft an den Polen der Erde größer ist als am Äquator, würde ein Quecksilberbarometer bei gleichem Luftdruck am Pol einen niedrigeren Stand haben als am Äquator. Wenn man auf den Wert der Schwerkraft auf 45° Breite beschickt, ist die Beschickung für höhere Breiten positiv, für niedrigere negativ. Die Beschickungen werden Tafeln entnommen, die den Beobachtungsanweisungen beigegeben sind. Beispiel für die Beschickung der Ablesung eines Quecksilberbarometers: Ablesung 752,3mm. Therm. am Bar.: +20°, Höhe des Gefäßes über dem Meeresspiegel: 18 m, Temperatur der Außenluft: + 8°, Geographische Breite: 57°, Instrumentenfehler nach Prüfschein: + 1,1 mm. 752,3mm +1,lmm

Ablesung . . . . . • . . . . . Instrumentenfehler . . . . • . .

An den Ablesungen am Aneroidbarometer werden 753,4mm Zu beschickender Barometerstand keine Beschickungen anTemperaturbeschickung . - 2,4 gebracht, der abgelesene +O,lmm Höhenbeschickung . . . . + 1,7 Wert wird in das meteoroSchwerebeschickung . . + 0,8 logische Tagebuch eingetraBeschickter Barometerstan-d~-.- ......;..-=75~3::-,-:-5-m-mgen. Der technische AußenFür das Seeobstelegramm dienst des Seewetteramtes in mb umgewandelt = 1004,6 mb stellt beim Einbau jedes Gerätes den Zeiger so ein, daß die Höhenbeschickung auf den Meeresspiegel berücksichtigt ist.

1 f

5. Zeitliche Schwankungen des Luftdrucks. Der Luftdruck ist überall auf der Erde beständigen Schwankungen unterworfen. Diese zeitlichen Schwankungen sind zum Teil periodisch wiederkehrend. Man beobachtet auf der ganzen Erde mit Ausnahme der Polargebiete eine Schwankung des Luftdrucks mit halbtägiger Periode, und zwar mit Wellenbergen etwa um 10 Uhr vor- und nachmittags und Wellentälern um 4 Uhr vor- und nachmittags. Diese Schwankung , NUn. 'I 8 NI/g. 76 a:J NHn. ist in den Tropen am größAbb. 7. Mittlere tägliche Luftdruckachwankung in den Tropen ten, sie beträgt dort im Mittel a) Äquatorialer Atlantischer Ozean. b) Äquatorialer Indischer Ozean. 3-4 mb. Die Abb. 7 zeigt, c) Äquatorialer Pazifischer Ozean. daß sie in allen Ozeanen mit großer Regelmäßigkeit auftritt. In unseren Breiten ist diese Schwankung kleiner als 1 mb und wird von viel größeren regelmäßig wiederkehrenden Schwankungen überlagert. In den Tropen dagegen ist jeder Ab-

ri~ßj/FNIt j

6. Isobaren und Gradient

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weichung von der täglichen Periode Aufmerksamkeit zu schenken, sie bedeutet immer die Gefahr atmosphärischer Störungen. Diese täglichen Luftdruckschwankungen nehmen mit der Höhe ab. Die Ursache dieser Vorgänge ist nicht eindeutig geklärt. Die jährlichen Schwankungen des Luftdrucks über einem Gebiet hängen eng mit dem Gang der Erwärmung im Laufe des Jahres und mit der Verteilung von Land und Wasser zusammen. Im Sommer der betr. Halbkugel hat der Luftdruck über Landgebieten, im Innern der Kontinente, ein Minimum, über dem Meer ein Maximum. Im Winter ist es umgekehrt. Diese Luftdruckschwankungen beherrschen die ganzen Witterungsverhältnisse auf der Erde. 6. Isobaren und Gradient. Die Luftdruckverteilung an der Erdoberfläche erkennt man am besten, wenn man alle Orte gleichen Luftdrucks in einer Karte durch Linien verbindet. Diese Linien gleichen Luftdrucks heißen 180baren (Luftdruckgleichen). In den Wetterkarten werden die Isobaren in der Regel von [) zu [) mb gezeichnet. In Abb. 8 sind IQI$ die wichtigsten Grundfor- 1015 1010 - - - - - = : - 1t?IQ men dargestellt, die auf1005 It't'S treten können. Gebiete, von Abb. 8. IaobareIlfonnen denen aus der Luftdruck nach allen Seiten abnimmt, heißen Hochdruckgebiete (kurz Hoch), Gebiete, von denen aus der Luftdruck nach allen Seiten zunimmt, Tiefdruckgebiete (kurz Tief). Hoch- und Tiefdruckgebiete sind von geschlossenen, meistens elliptisch geformten Isobaren umgebeFl. Ein Hoch kann einen Rücken, evtl. nur einen Keil höheren Luftdrucks zwischen zwei Tiefdruckgebiete vorstrecken, ein Tief kann eine Furche oder Rinne, evtl. nur eine Zunge tiefen Luftdrucks zwischen zwei Hochdruckgebiete einschieben. Ein Sattel ist da vorhanden, wo nach zwei entgegengesetzten Richtungen hin der Druck ansteigt, während er in den senkrecht dazu gelegenen Richtungen fällt. Gradient oder Luftdruckgefälle ist der Luftdruckunterschied in mb auf einer Strecke von 60 sm (111 km), senkrecht zu den Isobaren. In Wetterkarten mit Isobaren erkennt man anschaulich die Größe des Druckgefälles in den verschiedenen Gegenden des "DruckIeldes". Wo die Isobaren dicht gedrängt aufeinander folgen, ist der Gradient groß; je weiter sie auseinander liegen, um so geringer ist das Luftdruckgefälle.

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1. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

Praktisch läßt sich nur die Größe des mittleren Gradienten bestimmen. Man mißt den Abstand zweier aufeinander folgender Isobaren entlang derjenigen Geraden, die am besten den senkrechten Abstand darstellt. Beträgt der Abstand der 1000-mb-Isobare von der 995-mb-Isobare z. B. 100 sm, dann ist der Gradient an dieser Stelle 6 x 60 100 = 3,0 mb/60 sm. 7. Der Wind. Luftdruckunterschiede zwischen verschiedenen Orten der Erde führen zum Ausgleich. Die Luft setzt sich vom höheren zum tieferen Druck in Bewegung, es entsteht ein Wind. Will man diesen Wind beschreiben, so muß man seine Stärke und Richtung angeben. Als Richtung gibt man die rechtweisende Richtung an, aus der der Wind kommt, und zwar heute im Wetterdienst in Dekagraden, von 10 zu 10 Grad, früher und in der seemännischen Praxis auch heute häufig noch in Strichen. Die Stärke des Windes, die Geschwindigkeit der Luftteilchen, kann in Meter pro Sekunde, Kilometer pro Stunde oder in Knoten angegeben werden. Der Wetterdienst benutzt die Angabe in Knoten. In der seemännischen Praxis wird der Wind nach BEAul!'oRT·Stufen angegeben. Die Schwierigkeit der Windbestimmung an Bord besteht darin, daß Beobachter und Meßgerät nicht ortsfest sind. Man hat an Bord eines fahrenden Schiffes zu unterscheiden zwischen dem gefühlten oder scheinbaren Wind, den allein man messen kann, und dem wahren Wind, d. h. dem Wind, wie er auf stilliegendem Schiff beobachtet werden würde.

'~""""'-'-~-'-L.....J..-'-J....L--'7\'?;--_ -

Der gefühlte Wind ist die Resultante aus dem wahren Wind und dem Fahrtwind, der von vorne mit einer der Fahrt des Schiffes entsprechenden Geschwindigkeit kommt. Der gefühlte Wind ist daher immer vorderlicher als der wahre: der Wind schralt, wenn das Schiff Fahrt aufnimmt.

Abb. 9 stellt das Winddreieck dar. WinkeLx ist Richtung (Seitenpeilung) des gefühlten, ß die Richtung des wahren Windes. Die Richtung des wahren Windes findet man so: Man trägt im Schiffsort A den rechtw. Kurs und die Fahrt des Schiffes (in kn) an = A B und den gefühlten Wind nach rechtw. RichAbb. 9. Winddreieck

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7. Der Wind

tung und Stärke (in kn!) = A C. Die Verbindungslinie C B ist dann die rechtw. Richtung und Stärke des wahren Windes. Rechnerisch kann die Aufgabe gelöst werden, indem man die entgegengesetzte Fahrt an den gefühlten Wind ankoppelt (Gradtafel!). Beispiel. Ein Schiff steuert rechtw. 15° mit 101m Fahrt und beobachtet den gefühlten Wind 60° 181m. 195° 10 kn b = 9,7 S 60° 181m b = 9,ON

a a

= =

2,6 W 15,60

b = 0,7 S a = 13,0 O. Wahrer Wind: S 87° 013 sm.

Die Stärke des gefühlten Windes mißt man an einer Stelle, die einen durch Decksaufbauten, Aufwind von der Schiffsseite oder vom Frontschott des Brückenaufbaus möglichst A wenig gestörten Windzustrom aufweist, mit einem Anemometer (Windmesser). Am gebräuchlichsten ist das SchalenkreuzAnemometer, wie es Abb. 10 andeutet. In der Lage der Abb. bietet die Schale A 8 dem Wind einen größeren Widerstand als Bund C, das Schalenkreuz wird sich im .A.bb. 10. Prinzip des Schalenkreuz-Anemometers Sinne des Uhrzeigers drehen. Fernanze·igende Windmesser können in freier Lage am Mast angebracht werden. Die Anzeige erfolgt dann über ein Kabel auf der Brücke oder im Kartenhaus, indem ein vom Schalenkreuz bewegter kleiner Dynamo eine mit steigender Windgeschwindigkeit wachsende Spannung liefert.. Diese Instrumente zeigen sogar die Böenspitzen an, können aber ihre Werte nicht aufschreiben. Will man für die nachträgliche meteorologische Auswertung die Windgeschwindigkeit aufschreiben, verwendet man Kontakt-Anemometer, die nach einer einem "Windweg" von 500 m entsprechenden Umdrehungszahl den Stromkreis eines Akkus schließen, wodurch auf der Schreibtrommel eine Marke entsteht. Je näher die Marken aufeinander folgen, um so stärker ist der Wind. Diese Anemometer sollen frei vom Einfluß der Aufbauten angebracht sein, doch nicht unbedingt auf der Mastspitze, da mit zunehmender Höhe die Windgeschwindigkeit zu groß angezeigt wird, einmal wegen der normalen Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der Höhe (46), aber auch durch den fälschenden Einfluß der mit der Höhe zunehmenden Schiffsschwankungen. Hand-Windmesser können einfach einen umlaufenden Zeiger betreiben, wobei mit einer Stoppuhr die Windversetzung für eine bestimmte Zeit (z. B. für eine Minute) gemessen und mit Tabellen in kn umgewandelt wird. Oder es wird der von der Geschwindigkeit

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I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

des Schalenkreuzes abhängige Ausschlag eines Fliehkraftpendels auf einer Windskala angezeigt. Auch die Windrichtung kann fernangezeigt und aufgezeichnet werden. Die Windstärke kann auch, wie bei dem (schwedischen) Ventimeter, dadurch bestimmt werden, daß man den Druck mißt, mit dem eine Meßscheibe in einem Hohlzylinder angehoben wird. Sind im Bordbetrieb Anemometer nicht vorhanden, so muß die Windstärke geschätzt werden. Auf einem Dampfer kann man die Richtung des gefühlten Windes feststellen, indem man die Rauchfahne in der Nähe des Schiffes beobachtet, wobei man sich, um perspektivische Täuschungen zu vermeiden, in der Nähe des Schornsteins aufstellt. In der Bordpraxis wird im allgemeinen nicht der gefühlte, sondern der wahre Wind beobachtet, indem man die Auswirkungen dieses Windes auf die Meeresoberfläche beobachtet, die Windseen, kurz die "Seen" mit dem Peilkompaß peilt und die Stärke des aufgeworfenen Seegangs beurteilt. Schwierigkeiten ergeben sich hierbei nur bei durcheinanderlaufender hoher See in der Nähe von Sturmzentren, Überlagerung von Seegang und kurzer Dünung, und bei einer Winddrehung, der die See nicht sofort folgt. Sehr gut eignen sich dazu die von Windstärke 7 B an auftretenden Schaumstreifen. Die Stärke des Windes beurteilt man nach einer Skala, die Kapitän PETERSEN aufstellte, die zur Beurteilung optische und akustische Merkmale (Seegangsgeräusche) angibt (s. Anhang, Tafel 1). Die Seegangsgeräusche werden auf der Brücke eines fahrenden Dampfers kaum wahrgenommen. Daher bringt der Wetterschlüssel 1949 nur noch die sichtbaren Merkmale der PETERsEN-Skala. Das Heulen und Pfeifen des Windes um Masten, Aufbauten oder Wanten kann aber dem geübten Beobachter doch einen weiteren Anhalt geben. Die Tabelle im Anhang enthält die Knotenzahlen, die den einzelnen BEAUFORT-Stufen der Windstärke zuzuordnen sind (auf Grund von vielen Messungen verschiedener Expeditionen, Feuerschiffe und wissenschaftlichen Beobachtungen). Die BEAUFoRT-Skala, die unter 12 (voller Orkan) alle Winde über 57 kn erfaßte, ist im neuen Wetterschlüssel bis 17, d. h. bis 109 kn erweitert. Aber auch dieser Wert wird in tropischen Orkanen noch erheblich überschritten. Am 2. 9. 1937 sind in Hongkong 145 kn, in Guam bei einem anderen Orkan 154 kn beobachtet worden. Ein Schätzen von mehr als 12 Windstärkestufen ist nicht möglich. Die Knoten-Skala gestattet, auch Zwischenwerte zwischen den BEAUFORT-Stufen anzugeben.

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9. Das Messen des Höhenwindes

Da der Wind nie gleichmäßig weht, meldet man im Wetterdienst den Mittelwert, um den der Wind in den letzten Minuten pendelte. Der Zug der Wolken darf zur Bestimmung des Bodenwindes nicht benutzt werden. Der Seemann nennt auf Nordbreite das Drehen des Windes mit dem Uhrzeiger {z. B. von SO über S nach NW), vor allem wenn es sprunghaft erfolgt, ausschießen und das Drehen gegen den Uhrzeiger (z. B. von W über S nach 0) krimpen. Auf Südbreite ist ein Krimper ein Wind, der mit dem Uhrzeiger dreht.

8. Darstellung des Windes in Karten. In Karten wird der Wind durch Windpleile dargestellt, die mit dem Winde fliegen. Stärke und .Beständigkeit des Windes kann durch die Länge und Dicke der Pfeile .ausgedrückt werden. In den Wetterkarten (131) wird die Windstärke durch ganze 45"N und halbe Federehen dargestellt, die auf Nordbreite an die linke Seite des Windpfeiles gesetzt werden, auf Südbreite an die rechte. Will man die Windverhältnisse eines Gebietes im Verlauf eines längeren Zeitraumes darstellen, wie etwa in den Monatskarten, - + - - - - - - ! -,lfODN dann verwendet man W ind'fOsen, bei denen die lfODW 45"1'1 Länge der Pfeile nach einem beigegebenen Abb. 11. Windrose aus der Maßstab die prozentuale Häufigkeit der betr. Monatskarte für Januar, Windrichtung und die Anzahl der Federn die Nordatlantischer Ozean. mittlere Windstärke nachBEAuFoRT ausdrückt. Die Zahl im Stationskreis gibt die Anzahl der Windstillen. In weitergehenden Darstellungen findet man eine Unterteilung des Windstärkepfeiles nach dem Anteil der Windstärken nach nebenstehendem Muster.

"*

Dieser Pfeil bedeutet, daß 46% .aller Windbeobachtungen dieses Gebietes ONO-Wind waren, davon hatten 17% die Stärke 1-3 Beaufort, 12% die Stärke 4-5 Beaufort, 10% ·die Stärke 6-7 Beaufort, 7% die Stärke 8 Beaufort.

Moßstob für HöllfigkeifsonteJI Abb.1 2.

9. Das Messen des Höhenwindes. Da die Kenntnis der Vorgänge in den höheren Schichten der Troposphäre für die Beurteilung des Wetters von größter Bedeutung ist, werden bei zahlreichen Wetterwarten auf der ganzen Erde, auch auf den ständigen Wet.terschiffen und auf manchen Handelsschiffen Pilotballon-Aufstiege durchgeführt. Auch die auf Wetterwarten und Wetterschiffen regelmäßig aufgelassenen Radiosonden (14) erlauben fast immer eine Feststellung des Höhenwindes.

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1. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

Man verfolgt die Abtrift eines Pilotballons in den verschiedenen Höhen. Die mit Wasserstoff gefüllten kleinen Gummiballone haben eine konstante Steigegeschwindigkeit, die von dem Gewicht und dem Auftrieb des gefüllten Ballons abhängt. Zählt man die Minuten vom Augenblick des Loslassens an, so kennt man für das Ende jeder Minute die Höhe h, in der sich der Ballon befindet. Gleichzeitig wird mit einem Theodoliten die Peilung und der Höhenwinkel des Ballons festgestellt. Aus Höhenwinkel iX und Höhe h findet man die horizontale Entfernung e des Ballons für das Ende jeder Minute: e = h cotg IX. Trägt man diese in der Richtung der gleichzeitigen Peilung von einem Punkte aus auf, so erhält man die Horizontalprojektion der Ballonbahn, aus der man die horizontale Geschwindigkeit des Ballons für jede Minute ablesen kann, d. h. für die Höhe, in der sich während dieser Minute der Ballon befand. Auch auf deutschen Handelsschiffen wurden vor dem zweiten Weltkrieg regel. mäßig Höhenwindbeobachtungen durchgeführt. Die Durchführung und Auswertung ist schwieriger als an Land, weil sich der Beobachtungsort von Meßzeit zu Meßzeit. verschiebt und bei arbeitendem Schiff die Horizontalebene des Theodoliten schwankt. Der Ballon kann bis über 20 km Höhe verfolgt werden, ehe er platzt. und damit unsichtbar wird. Die Entfernung des Ballons kann auch durch besondere FunkmeßAnlagen (Radar) bestimmt werden. Dem Ballon wird dann ein leichter, elektrische Wellen gut reflektierender Rahmen angehängt. 10. Wind und Seegang. Auch der vom Winde aufgeworfene Seegang wird in das meteorologische Tagebuch eingetragen. Es ist dabei zwischen der vom herrschenden Wind unmittelbar aufgeworfenen Windsee und der Dünung zu unterscheiden, die entweder die Nachwirkung eines frühe-ren Windes ist (Wind hat gedreht oder flaute ab) oder aus einem entfernteren ausgedehnten Sturmgebiet heranrollt. Während die Windsee, unter der direkten Einwirkung des Windes verhältnismäßig steile Wellen mit mehr oder weniger scharfen, häufig überbrechenden Kämmen aufweist, besteht die Dünung aus Wellen mit rundlichem Profil und geringer' Steilheit, deren Länge zuweilen sehr erheblich sein kann. Die Windsee auf offener See steht in engem Zusammenhang mit dem herrschenden Winde (7). Ihre Stärke wird an Bord durch die Seegangs-Skala von 0-9 erfaßt, wie sie in der Tafel im Anhang den entsprechenden Windstärken zugeordnet ist. Die Richtung, aus der die See kommt, wird am Peilkompaß ermittelt. Man beachte, daß die· Windsee erst einige Zeit nach dem Einsetzen des Windes ihre volle. Stärke erreicht. Die Dünung wird nach ihrer Richtung (Peilkompaß) und nach Höhe und Länge beschrieben, die geschätzt werden müssen.

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10. Wind und Seegang

Oft laufen mehrere, einander durchkreuzende Dünungen. Da die Unterscheidung von Windsee und Dünung, vor allem wenn Wind und Dünung aus derselben Richtung kommen, schwierig ist, wird seit dem 1. 1. 1949 im internationalen Wettermeldedienst diese Unterscheidung nicht mehr verlangt. An Stelle der Meldung von Windsee und Dünung wird die Angabe der Wellenrichtung, Wellenhöhe und Wellenperiode gefordert. Die Wellenhähe, d. h. der senkrechte Abstand des Wellenkammes vom Wellental, wird geschätzt. Man benutzt dazu Hilfsmaßstäbe wie z. B. die Plattenhöhe der Schiffsaußenhaut. Bei großen Wellen wählt man seinen Standort am besten so, daß man Wellenkamm und Kimm in Deckung sieht, wenn das Schiff im Wellental und auf ebenem Kiel liegt. Die Blickrichtung ist dann ungefähr waagerecht, und die Höhe des Beobachters über der Wasserlinie, die Augeshöhe, die er in diesem Augenblick hat, ist gleich der Wellenhöhe. Auf schlingerndem Schiff werden die Wellenhöhen häufig überschätzt, weil es schwierig ist, in waagerechter Richtung zu blicken. Unt.er Wellenperiode versteht man die in Sekunden gemessene Zeit, die für einen festen Beobachtungsort zwischen dem Eintreffen zweier aufeinander folgender Wellenkämme verfließt. Man mißt mit der Stoppuhr die Zeit, in der ein oder mehrere Wellenkämme an einer festen Marke (Boje, auffälliger SchaumfJeck) vorbeilaufen. Man beobachte nur markante Wellen, die in Luv, weit vor dem Schiff liegen (Feldstecher benutzen). Man gewöhne sich vorher an den "Takt" der Wellen. Am genauesten ist an Bord die Wellenlänge zu messen, der Abstand zweier Wellenberge. Aus der Wellenlänge kann die Wellenperiode berechnet wera den (98). Ist die Wellenlänge kleiner als die Schiffslänge, so können 2 Beobachter A und B die Stellen festlegen, an denen sich im gleichen Augenblick zwei aufeinander folgende Wellenkämme befinden. Schätzt man den Winkel IX zwischen der Wellenrichtung und dem Schiff, so kann man aus dem Abstand A B und diesem Winkel nach Abb. 13a die Wellenlänge (B C der Abb. 13a) berechnen:

B C = AB, cos IX. Ist die Wellenlänge größer als die Schiffslänge, läßt .man eine Logleine auslaufen, bis Heck und Logscheit gleichzeitig auf zwei aufeinander folgenden

Abb. 13 a u. b. MessungTder Wellenlänge

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1. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

Wellenkämmen liegen. Ist in der Abb. 13b H L die Länge der ausgelaufenen Leine und ~ der geschätzte Winkel zwischen Logleine und Wellenrichtung, so gilt: Wellenlänge He

= H L· cos~.

Wellenrichtung und Wellenlänge können auch auf dem Schirm des Radargerätes erkannt und ausgemessen werden [sieheMELDAu-STEPPES, Lehrbuch der Navigation S.7.221]. 11. Die Lufttemperatur. Für das Wettergeschehen in der Lufthülle ist der ,Wärmezustand der Luft, die Temperatur, von entscheidender Bedeutung. Zum Messen der Temperatur dienen Thermometer, in der Regel Quecksilberthermometer, seltener Weingeistthermometer. Zur Bestimmung der höchsten und tiefsten Werte, welche die Lufttemperatur z. B. während eines Tages angenommen hat, dienen Extrem-Thermometer verschiedener Bauart, die jedoch im Borddienst nicht verwandt werden. Als Skala verwenden wir die Gradeinteilung nach CELSIUS (0 0 = Gefrierpunkt, 100 0 = Siedepunkt des Wassers bei normalem Luftdruck). In England und Amerika wird daneben nach FAHRENHEIT abgelesen. Für die Umrechnung siehe z. B. die Tafel 41 der Nautischen Tafeln von FULST, 21. Auflage. Die Ablesung erfolgt auf Zehntel Grad. Das Messen der wahren Lutttemperatur an Bord ist schwierig. Wenn ein Thermometer die wahre Temperatur der "frischen" Außenluft anzeigen soll, muß es gegen die direkte Sonnenstrahlung geschützt werden, aber auch gegen Strahlen, die vom Schiffskörper reflektiert werden, sowie gegen die Eigenstrahlung benachbarter erhitzter Eisenmassen. Es muß mit möglichst viel frischer Luft in Berührung gebracht werden, d. h. im Luftzug aufgehängt sein. Das Instrument darf auch nicht durch Spritzwasser, Regen oder sonst irgendwie feucht werden, weil ihm dann durch die Verdunstung Wärme entzogen wird. Nach eingehenden Untersuchungen ergibt das Aufhängen des Thermometers in einer Bordhütte, einem kleinen Holzkasten mit Jalousiewänden auf der Brücke, und auch die Aufhängung in einer normalen sogenannten englischen Hütte auf dem Peildeck (weiß, lackiert, 1 m über dem Deck angebracht, doppelter Boden, Jalousiewände) Abweichungen vom richtigen Wert, die mehrere Grade betragen können, besonders wenn infolge mitlaufenden Windes an Bord nahezu Windstille herrscht, so daß nicht genügend Luft durch die Hütte streicht. Man erhält eine einwandfreie Temperaturmessung nur, wenn man möglichst weit luvwärts (bei vorderlichen Winden auf der Brnckennock oder auf der Back, bei achterlichen auf dem Achterdeck) mißt. Den' einwandfreiesten Wert liefert das AssMANNsche Aspirations-Thermometer, bei dem durch

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12. Das Messen der Wassertemperatur

eine Turbine ein kräftiger Luftstrom an der Thermometerkugel vorbeigesaugt wird (14). Heute stellt man im Bordbetrieb keine Hütten mehr auf, sondern rüstet die Schiffe mit Schleuderthermometern ("Thermo-Schleudern") aus. Ein Thermometer, das in einem verchromten Messingrohr steckt, das nur schmale Schlitze zum Ablesen besitzt, wird um einen leicht drehbaren Griff in kreisende Bewegung gesetzt (2 Umdrehungen in der Sekunde). Durch dieses Schleudern strömt ein dauernder Luftstrom an der Quecksilberkugel vorbei (wie beim ASSMANN). Man hält das Instrument zunächst zur An,gleichung an die Lufttemperatur in den Wind und schleudert dann solange, bis wiederholte Ablesungen denselben Wert ergeben. Man liest zunächst die Zehntelgrade ab, bevor das Thermometer etwa durch die Körperwärme des Ablesenden zu steigen oder fallen beginnt. Neuerdings verwendet man auch "Feststell-Thermometer", bei denen der Quecksilberfaden nach der Messung abreißt. Man kann dann in Ruhe und bei gutem Licht ablesen. Nimmt man das Schleudern in Luv vor, erhält man einwandfreie Ergebnisse. Bei Windstärken über 4 BEAUFORT genügt es, das Thermometer in den Wind zu halten. Ablesung auf Zehntelgrade ist unbedingt nötig für die Lösung wichtiger Fragen des Wärme-Austausches zwischen der Oberfläche des Meeres und der darüber lagernden Luft. Die für den Wetterdienst benutzten Thermometer müssen amtlich geprüft sein. Thermographen schreiben die Temperatur selbsttätig auf einem Papierstreifen auf, der um eine Trommel gelegt ist, die von einem Uhrwerk einmal in der Woche herumgedreht wird. In solchen Thermographen benutzt man meistens Bimetallthermometer, die aus zwei gekrümmten, aufeinandergeschweißten Streifen von Metallen verschiedener Wärmeausdehnung bestehen. Änderung der Temperatur bewirkt Krümmungsänderung des Streifens, die dann durch Hebelübertragung sichtbar gemacht wird. Andere Thermographen enthalten eine gekrümmte Röhre aus dünnem Metallblech, die unter Druck mit Alkohol gefüllt ist (BouRDON-Röhre). Bei steigender Temperatur dehnt sich die Flüssigkeit aus und streckt die Röhre. Diese Bewegung wird wieder auf eine Schreibfeder übertragen. An Bord werden die Thermographen strahlungsgeschützt auf dem Peildeck aufgestellt. 12. Das Messen der Wassertemperatur. Auch die Wassertemperatur muß auf Zehntelgrade genau bestimmt werden. Man schlägt das Wasser mit einer Pütz (besser aus Zinkblech als aus Segeltuch!) so weit vorne auf, daß man kein Wasser hochholt, das schon durch den Schiffskörper oder Ausflüsse des Schiffes in seiner Temperatur verfälscht wurde. Die Pütz muß die Temperatur des Meerwassers angenommen haben, bevor man sie aufholt. Ablesen muß man möglichst im Schatten und an windKrauß-Meldau, Wetter- und Meereskunde, 4. Aun.

2

18

I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

geschützter Stelle sofort nach dem Aufschlagen, während dje Thermometerkugel im Wasser steckt. Man faßt das Thermometer oben an, rührt etwa eine Minute um und liest dabei mehrere Male ab, bis der Stand sich nicht mehr ändert. Wenn der Offizier die Messung nicht selbst. ausführt, sollte er für genaue Anweisung und gelegentliche Kontrolle sorgen. Die Temperatur des Wassers aus der Deckwaschleitung und des Kühlwassers, das die Maschine aus mehreren Metern Tiefe entnimmt, sind nicht die wahre Oberflächentemperatur ! Wenn bei schnell fahrendem Schiff die Temperaturen in das Journal eingetragen werden, die am Seewasserstutzen der Maschine gemessen wurden, so ist das besonders anzugeben. Neuerdings sind besondere Schöpf-Wasserthermometer entwickelt. Ein Metallgefäß, das gegen Strahlungseinflüsse und zum Schutz gegen das Schlagen gegen die Bordwand gut abgepolstert ist, mit fest eingebautem Thermometer wird als Ganzes herabgelassen. 13. Der Wasserdampf in der Luft. Die Luft enthält Wasser in gasförmigem Zustand, Wasserdampf, in wechselnden Mengen. Als absolute Feuchte bezeichnet man die Anzahl Gramm Wasser, die in einem Kubikmeter Luft enthalten sind. Man kann die absolute Feuchte bestimmen, indem man einen Kubikmeter Luft über eine stark hygroskopische (d. h. wasseranziehende) Substanz, z. B. Chlorkalzium, leitet und die Gewichtszunahme des Chlorkalziums mit einer Waage bestimmt.

Die absolute Feuchte kann bei einer gegebenen Temperatur einen bestimmten Höchstwert nicht überschreiten, die Sättigungsfeuchte. Die Sättigungsfeuchte steigt mit der Temperatur. Es kann z. B. 1 m 3 Luft von 0 0 0 nie mehr als 4,8 g 9,4g 10 0 20 0 17,3 g 30 0 30,4g Wasserdampf enthalten (siehe Tafel 2 im Anhang). Das Verhältnis der wirklich vorhandenen Feuchte zu dem für dieselbe Temperatur gültigen Höchstwert, in Prozenten ausgedrückt, heißt relative Feuchte. Luft von 20 0 enthalte z. B. im Kubikmeter 8,7 g Wasserdampf. Da sie bei dieser Temperatur nach Tafel 2 17,3 g aufnehmen kann, ist ihre relative Feuchte

8,~;,~OO

= 50%. Wird diese Luft erwärmt, sinkt die

relative Feuchte, weil der Höchstwert der Wasserdampfmenge, die sie enthalten könnte, steigt, während die wirklich vorhandene absolute Feuchte dieselbe bleibt. Bei 30 00 ist die relative Feuchte dieser Luft

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13. Der Wasserdampf in der Luft

nur noch

8,~~,~OO =

29%. Sinkt dagegen die Temperatur, so steigt die

relative Feuchte, bis die Luft gesättigt ist, d. h. 100% rehd,ive Feuchte erreicht hat. Bei noch weiterer Abkühlung tritt Kondensation des Wasserdampfes ein, die relative Feuchte bleibt 100%. Die Temperatur, bei der Kondensation einsetzt, heißt der Taupunkt. Die Wasserdampfmenge, die zuviel in der Luft ist, geht wieder in den flüssigen Zustand über. Sie scheidet sich in Form kleinster Tröpfchen aus, die sich an festen Geg'enständen (Taubildung) oder an feinsten Teilchen in der Luft absetzen, welche fast immer in der Luft schweben (Beginn der Nebeloder Wolkenbildung). Da Wasserdampf leichter ist als Luft, ist feuchte Luft leichter als trockene Luft derselben Temperatur. Obwohl die Luft nur wenige Prozent 'Wasserdampf enthält, ist dieser Anteil für den Ablauf der meteorologischen Vorgänge von großer Bedeutung. Denn das Wasser geht bei diesen Vorgängen bald vom flüssigen in den gasförmigen Zustand, ,bald umgekehrt vom gasförmigen in den flüssigen über. Bei diesen Übergängen werden stets große Wärmemengen frei oder gebunden. Derartige Übergänge finden sich bei den anderen Bestandteilen der Luft nicht, diese sind unter den physikalischen Bedingungen, die in der Atmosphäre herrschen, unveränderliche (permanente) Gase. Der Wasserdampf gelangt durch Verdunstung von Wasser an der Erd- oder Wasseroberfläche in die Atmosphäre. Das Verdunsten findet bei jeder Temperatur, auch unter 0 0, statt. Mit steigender Temperatur wird es stärker. Es hört auf, wenn die Luft über dem Wasser mit Wasserdampf gesättigt ist, setzt aber sofort wieder ein, sobald Luftströmungen den gebildeten Wasserdampf wegführen. Zum Verdunsten eines Kilogramms Wasser werden rund 600 Kalorien Wärme verbraucht, d. h. diese Wärmemenge wird dem verdunsteten Wasser entzogen und findet sich nun als latente Wärme in dem gebildeten Wasserdampf. Diese Wärmemenge wird umgekehrt bei der Kondensation jedes Kilogramms Wasserdampf wieder frei, Zwischen Verdunstung und Kondensation ist nun aber die Luft mit dem in ihr enthaltenen Wasserdampf vielfach durch aufsteigende Strömungen in größere Höhen oder durch Wind in andere Gegenden gelangt. Diese Vorgänge sind also mit der Verfrachtung riesiger Wärmemengen verbunden. Da die Luft ihre Feuchtigkeit durch Verdunstung erhält, also von der Erd- bzw. Meeresoberfläche her, nimmt der Wasserdampfgehalt meistens mit der Höhe ab. Da bei stärkerer Erwärmung mehr Wasser verdunstet, ist die absolute Feuchte in den Tropen und über Tag am größten, in den Polargegenden und über Nacht am kleinsten. Die relative Feuchte da2*

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I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

gegen ist in kalten Gebieten in der Regel höher als in warmen und nachts höher als tags. Die relative Feuchte kann in Wüstengebieten unter 10% sinken. Zahlenmäßig sehr nahe gleich der absoluten Feuchte ist der Dampfdruck, d. h. der Druck, den der Wasserdampf ausüben würde, wenn er allein das betr. Volumen ausfüllen würde. Er wird in mm Quecksilbersäule angegeben und hängt von der Temperatur und der relativen Feuchte der Luft ab. Diese Begriffe sind von größter Bedeutung auch für das Verständnis .der Fragen der Laderaum-Meteorologie. Über jeder Ladung stellt sich ein Oberflächen-Di'\>mpfdruck ein, der von der Temperatur der Ladung und ihrem Wassergehalt abhängt. Da Feuchte vom höheren zum tieferen Dampfdruck fließt, ist die Kenntnis des Dampfdruckes der freien Raumluft, der Luft über dem Ladegut und im Ladegut entscheidend für das Laderaum-Klima und damit für die ev. Ladungsschäden. Der Unterschied zwischen Sättigungs- und absoluter Feuchte heißt das "Sättigung8defizit". Es wächst mit steigender Temperatur und mit abnehmender relativer Feuchte. 14. Das Messen der Luftfeuchte. Einfache Instrumente zum Messen der relativen Feuchte sind die Haarhygrometer. Da menschliches Haar sich mit zunehmender Feuchte verlängert, kann man die Längenänderung eines ausgespannten Haares bzw. Haarbündels zur Messung der relativen Feuchte benutzen. Die Angaben dieser Hygrometer müssen aber häufig nachgeprüft werden. Genauer wird die relative Feuchte mit einem P8ychrometer bestimmt. Von zwei genau übereinstimmenden Thermometern ist die Kugel des einen mit feinem Musselin überzogen, der mit destilliertem Wasser feucht gehalten wird. Während das trockene Thermometer die Lufttemperatur anzeigt, wird dem feuchten durch die Verdunstung Wärme entzogen, es zeigt also weniger an als das trockene. Je trockener die Luft, um so stärker ist die Verdunstung, um so größer ist also auch der Unterschied der Ablesungen an den beiden Thermometern, die p8ychrometrische Differenz. Aus der Tafel 2 im Anhang oder mit graphischen Hilfsmitteln kann man dann die absolute und relative Feuchte sowie den Taupunkt bestimmen. Die Thermometer müssen sorgfältig vor Strahlung geschützt sein. Das Aspirations-P8ychrometer von ASSMANN, das uns schon zur genauen Bestimmung der Lufttemperatur diente (11), gibt die genauesten Werte. Bei ihm ist jede Kugel von einem hochglanzpolierten Rohr umgeben. Durch diese Rohre wird mit einer Turbine, die oberhalb der Thermometer angebracht ist, ein kräftiger Luftstrom gesogen. Die blanken Flächen der Rohre werfen die meisten auftreffenden Wärmestrahlen zurück. Sollten sie sich trotzdem etwas erwärmen, so stellt ein kleiner, innerhalb der Röhre isoliert angebrachter Metallzylinder einen weiteren Strahlungs-

15. Dunst, Nebel, Wolken und Niederschlag

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schutz dar. An Bord beobachtet man an einer möglichst freien Stelle, indem man das Instrument von sich fort, dem Wind entgegen hält. Nachdem das Uhrwerk aufgezogen ist und die Turbine läuft, wird das Instrument etwa 3-5 Minuten so gehalten und dann sorgfältig abgelesen.

Das Schlcuderthermometer wurde zur Psychro-Schleuder weiterentwickelt, bei der man einfach zwei Thermometer herumschleudert, von denen das eine wie oben beschrieben angefeuchtet wird. Die Feuchte kann auch laufend registriert werden wie Luftdruck und Temperatur. Eine Zusammenstellung von drei registrierenden Geräten für Luftdruck, Temperatur und Feuchte wurde im Meteorographen benutzt, der an Gummiballonen zur Untersuchung der höheren Luftschichten emporgelassen wurde (Ballonsonde ). Da die Geräte und damit die ganzen registrierten Beobachtungswerte oft verloren gingen, bedeutet die heute benutzte Radiosonde einen großen Fortschritt (MoLTscHANoFF). Die Meßgeräte sind mit einem kleinen Kurzwellensender gekoppelt und melden während des Aufstieges laufend Lufttemperatur, Luftdruck und Feuchtigkeitsgrad der durchflogenen I~uftschichten an die Bodenstation. Mit diesen Radiosonden-Aufstiegen erreicht man Höhen über 30 km (Stratosphäre) . Den Ballon, der die Radiosonde trägt, oder diese selbst, kann man anpeilen und damit Angaben über Höhe und Flugrichtung des Ballons erhalten, d. h. gleichzeitig den Höhenwind bestimmen (Radiopilot). 15. Dunst, Nebel, Wolken und Niederschlag. Wenn die Temperatur der Luft unter den Taupunkt sinkt, wird ein Teil des in ihr vorhandenen Wasserdampfes ausgeschieden. Dies kann in flüssiger Form geschehen, nämlich als Tau an festen Gegenständen, als Nebel in der Luft nahe der Erdoberfläche und als Wolke in den höheren Luftschichten. Es kann aber auch in fester Form geschehen, nämlich als Reif oder Glatteis an festen Körpern und in Form von Eiskristallen als Schnee, Graupeln, Hagel oder Eiswolken in der Luft. Wenn Wasserdampf in der Luft kondensiert, bilden sich viele äußerst kleine Wassertröpfchen. Vorbedingung ist aber, daß Kondensationskerne vorhanden sind, an denen sich das Wasser anlagern kann. Über dem Meer dienen dazu erstens die Meeresssalzteilchen, die bei Stürmen aus den Schaumkämmen der Seen in die Luft gelangen und vom Wind mitgenommen werden. Zweitens sind es Moleküle der Salpetersäure und des Ammoniaks, die bei elektrischen Entladungen in größeren Höhen der Atmosphäre gebildet werden, drittens auch elektrisch geladene Moleküle der Luft selbst (Ionen). Aber auch Wüstenstaub Asche von Vulkanausbrüchen oder Rauchteilchen, chemische Abgase unserer Fabriken können als Kondensationskerne dienen.

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1. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

16. Dunst. Schon bevor es zur eigentlichen Kondensation kommt, lagern sich Wasserdampfmoleküle an die Kondensationskerne an, ohne daß es zur Tropfenbildung kommt. Wir sprechen dann von Dunst und Dunsttrübung. Diese ist zu unterscheiden von Staubtrübungen, wie z. B. wenn im Nordatlantik afrikanischer Staub vor Westafrika, evtl. bis Brasilien hin, die Luft trübt oder wenn Staub von den Steppen-, Buschoder Waldbränden der Trockenzeiten großer Festländer von ablandigen Winden über See getrieben wird. Dunst beobachten wir als Seegangsdunst bei starkem Seegang direkt über dem Meer oder als Brandungsdunst an der Küste. Auch ganze Luftmassen können "dunstig" sein. Dunst ist z. B. ein Kennzeichen der subtropischen Warmluft über dem Meer und muß daher vom Wetterbeobachter sorgfältig registriert werden. Die Sicht, der Sichtigkeitsgrad der Luft, wird beschrieben, indem man angibt, in welcher Entfernung bekannte Sichtziele noch ausgemacht werden können. Als nahe Sichtziele benutzt man Teile des Schiffes, für größere Abstände auch Inseln, Gebirge, evtl. andere Schiffe oder die Kimm und deren Schärfe (verwaschen, klar, messerscharf). Die Trübung der Luft ist in verschiedenen Himmelsrichtungen häufig verschieden. Es wird im meteorologischen Tagebuch immer die schlechteste Sicht angegeben. 17. Nebel. Handelt es sich bei der Kondensation des Wasserdampfes der Luft um wirkliche Tropfenbildung, dann wird die vorher klare Luft durch die sich bildenden vielen Wassertröpfchen undurchsichtig. Findet dies nahe der Wasseroberfläche statt, spricht man von Nebel, erfolgt es in größerer Höhe, spricht man von Wolkenbildung. Nebel und Wolken sind dasselbe, Ansammlungen von vielen kleinen Wassertröpfchen (nicht Wasserbläschen!) in der Luft. Vorbedingung für ihre Entstehung ist, daß Wasserdampf in der Luft vorhanden ist. Der Wasserdampf gelangt durch Verdunstung in die Luft, die dort am größten ist, wo warme, trockene Luft kräftig über das Meer streicht, wie in den Passatgebieten. Man spricht von Nebel, wenn die horizontale Sichtweite kleiner als 1000 mist. Nebel kann verschiedene Ursachen haben: 1. Warme Luft wird durch eine kältere Wasseroberfläche abgekühlt. 2. Kalte Luft mischt sich mit feuchtwarmer Luft. 3. Kalte Luft streicht über wärmeres Wasser.

Für die Schiffahrt ergeben sich daraus folgende Hauptnebelvorkommen: 1. Nebel über kalten Meeresströmungen. Strömt warme Luft über kälteres Wasser, so geben die den Meeresspiegel berührenden Luftschich-

17. Nebel

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ten durch Leitung Wärme an das Wasser ab und die etwas höher liegenden Schichten strahlen einen Teil ihrer Wärme dem kälteren Wasser zu. Die Luft kühlt sich ab, bis Kondensation eintritt. Nebel sind daher charakteristische Begleiter kalter Meeresströmungen. So bilden sich die berüchtigten Neufundlandnebel besonders am Ostrand der Neufundlandbank, wo die kalten Wassermassen des Labradorstromes von Norden heranziehen. Diese Nebel sind am dichtesten und am häufigsten in den Frühsommermonaten (Mai-Juli), wenn südliche Winde die warme Golfstromluft über das kalte Wasser führen. Im Winter, besonders im Februar, wenn kalte, trockene nordwestliche Landwinde wehen, geht die Nebelbildung stark zurück. Der Nebel über kalten Meeresströmungen wird um so dichter und beständiger, je größer der Temperaturunterschied zwischen Luft und Wasser ist und je länger dieser besteht. Aus denselben Gründen wird die Nordostküste Asiens im Sommer oft von dichten Nebeln heimgesucht. Es sind hier die aus dem Beringsmeer und dem Ochotskischen Meer herabkommenden kalten Gewässer, die von warmer Luft überflutet werden. Als Gegenstück finden wir auf Südbreite vielfach Nebel zwischen dem La Plata und den Falkland-Inseln über dem Falkland-Strom, an der Westküste Südamerikas durch den Humboldt-Strom und auf der Agulhas-Bank durch das Zusammentreffen der Westwindtrift und des Agulhas-Stromes. 2. Nebel über küstennahem kalten Auftriebwasser bilden sich häufig in niederen Breiten, wenn die Auftriebwassergebiete (104) von feuchter Meeresluft überstrichen werden. Diese Nebel sind meistens sehr flach, oft nur 10-100 m hoch, evtl. ist die Brücke des Fahrgastdampfers schon über dem Nebel. Diese Nebel können, auch wenn sie nicht sehr dicht sind, leicht über die Entfernung der Küste täuschen. Zu diesen Nebeln gehören der Garua an der Küste Perus, die Nebel an der kalifornischen Küste, an der westafrikanischen Küste von Marokko südwärts und an der Somaliküste zur Zeit des Südwestmonsuns. Wenn diese Nebel von einer Seebrise über Land getrieben werden, lösen sie sich meistens schnell auf. 3. Nebel über Randmeeren. Randmeere, wie die Ostsee, werden im Frühjahr oft von Luftmassen überströmt, die eine höhere Temperatur haben als die noch kalte Meeresoberfläche, und sind in diesen Monaten daher besonders nebelreich. 4. Küstennebel werden durch den Gegensatz von Land und See im Verlauf der wechselnden Sonnenbestrahlung hervorgerufen, wie die häufigen und für die Schiffahrt gefahrbringenden dichten Nebel an der kaIifomischen Küste.

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I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

Im Sommer tritt der Nebel nachmittags auf, sobald die kühle Seebrise die feuchtwarme Luft über dem Lande durch Mischung abkühlt. Mit überraschender Regelmäßigkeit wächst an Sommernachmittagen in San Franzisko der Wind zur Stärke 5-6 an, und gleichzeitig dringt eine mächtige Nebelwand von durchschnitt· lich 500 m Höhe durch das Golden Gate. Die Temperatur der Luft sinkt dabei, bis sie ungefähr gleich der Temperatur der Meeresoberfläche ist. Von den größeren Er· hebungen in der Umgebung aus gesehen, gewährt die Oberfläche dieses Nebels oft das fesselnde Bild eines gewaltigen Polarmeeres mit ungeheuren in der Sonne glitzernden Schneemassen und großen Eisbergen. Über dem Nebel herrscht meistens wolkenloser Himmel, klare Luft und Sonnenschein und eine Nachmittags. temperatur von 25°-30° C. Dieses Nebelmeer, das nur selten weit ins Land hinein· reicht, löst sich gewöhnlich in den ersten Nachtstunden wieder auf. Im Winter dagegen, wenn die Landoberfläche in den Morgenstunden viel kälter ist als die Meeresoberfläche, bewegt sich das Nebelmeer vormittags vom Lande nach der See zu. Es ist dann durchschnittlich nur 30-40 m hoch und liegt dicht an der Meeresoberfläche.

Auch an der chine8i8chen Küste erschweren oft Küstennebel die Schiffahrt, zumal im Frühjahr, wenn beim Abflauen des Nordostmonsuns feuchtwarme Luftmassen von See sich mit der noch über dem Lande lagernden kalten Luft mischen. Diese Nebel erstrecken sich in der Regel nicht über 50 Seemeilen vor der Küste. 5. Landnebel. Kühlt sich in klaren, ruhigen Nächten das Erdreich stark ab, so entzieht es den über ihm lagernden Luftschichten so viel Wärme, daß der Boden sich mit einer allmählich dichter werdenden Nebelschicht bedeckt. Für die Schiffahrt können auch diese Landnebel gefährlich werden, wenn sie an Land die Leuchtfeuer verhüllen oder wenn sie, durch den Wind nach See oder in die Flußmündungen getrieben, unvermutet das Schiff mit ihren Schwaden umgeben. Verunreinigungen der Luft durch Rauch, Salze oder Säuren, wie sie in Fabrikstädten vorkommen, machen den Nebel zuweilen gelb oder fast schwarz. Durch solche Stadtnebel ist London berüchtigt. 6. Arkti8cher Seerauch. Streicht sehr kalte Luft über wärmeres Wasser, wird durch dIe Verdunstung an der Wasseroberfläche mehr Wasserdampf erzeugt, als die kalte Luft fassen kann. Es wird dann ein Teil sofort wieder als Tröpfchen kondensieren (vergleiche das "Dampfen" eines Gefäßes mit warmem Wasser in einem kühlen Raum). Diese in hohen Breiten als arkti8cher Seerauch bekannten Nebel sind meistens ziemlich flach, oft schwadenförmig und verwehen bei stärkeren Winden rasch. Die Temperaturdifferenz Wasser-Luft muß mindestens 10 oe betragen, damit solcher Seerauch entstehen kann. Den Übergang zu Wolken bilden Nebel, die sich luvwärts von oft nur niedrigen Küsten dadurch bilden, daß nahezu gesättigte Luft an ihnen emporsteigen muß. Sie können unter Umständen kleine Inseln gleichsam mit einer Tarnkappe überziehen.

18. Wolken

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Während die Kondensationskerne Durchmesser von 0,000001-0,0001 mm haben, beträgt der Durchmesser der Nebeltröpfchen 0,004-0,08 mm (siehe S. 30).

18. Wolken. Die Beobachtung der Wolken und ihre Beschreibung in den Wettermeldungen der Schiffe ist von großer Bedeutung für die Wetterbeurteilung, weil uns häufig die Wolken allein schon Auskunft über die Vorgänge in der Lufthülle geben können. Der Zug der Wolken zeigt uns die Windrichtung und -stärke in den höheren Schichten, die Form der Wolke gibt uns die vertikale Temperaturverteilung, den Grad der zu erwartenden Böigkeit und Angaben über die Art der Luftmasse. Wolken sind keine festen, in ihrer Höhe unveränderlich schwimmenden Körper. Sie sind in ständiger Auflösung und Neubildung begriffen und müssen als Ausdruck eines Vorganges gesehen werden. Sie zeigen z. B., wo eine starke Aufwärtsbewegung, wo eine Sperrschicht vorhanden ist, wo warme Luft an kalter aufgleitet usw. Der gute "Wettermacher" muß vor allem ein guter Kenner der Wolkenformen und Wolkenentwicklung sein. Um die große Mannigfaltigkeit der Wolkenformen zu erfassen, kann man sie zunächst nach Höhenbereichen einteilen. Man unterscheidet: 1. Hohe Wolken (über 6000 m hoch). 2. Mittelhohe Wolken (2500-6000 m hoch). 3. Tiefe Wolken (unter 2500 m hoch). 4. Wolken mit vertikalem Aufbau, deren Basis im Bereich der tiefen Wolken liegt, deren Gipfel aber bis in den Bereich der hohen Wolken reichen können. Man kann die Wolken andererseits nach ihren Formen einteilen in 1. Haufenförmige Wolken, einzelne, scharf begrenzte Wolken vertikaler Entwicklung, Cumulus-Wolken, abgekürzt Cu, und 2. Schichtförmige Wolken, gleichmäßige Wolkendecken ohne Gliederung, rein horizontal, Stratus-Wolken, abgekürzt St. Diese Einteilung gibt zugleich Auskunft über die Herkunft der Wolken. Denn Haufenwolken mit ihren runden, blumenkohlartigen Formen sind Ausdruck eines vertikalen Aufsteigens der Luft, Schichtwolken mit ihrer vorwiegend horizontalen Ausdehnung treten auf, wenn warme, feuchte Luft langsam in großen Gebieten aufsteigt oder aufgleitet. Die Wolken können auch geordnet werden nach den kleinsten Elementen, aus denen sie sich aufbauen, nämlich Eisnadeln, Schneeflöckchen, sehr kleinen Tropfen (Durchmesser kleiner als 0,05 mm), Nieseltröpfchen (0,08-0,6 mm Durchmesser) oder Regentropfen mit Durchmessern von 0,6-6 mm. So ergeben sich folgende Haupt-Wolkenformen, die auch der Verschlüsselung der Wolkenbeobachtungen für die Wettertelegramme zu-

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I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

grunde liegen. Die Wolkentafeln, die diesem Buche beigegeben sind, geben Beispiele dieser Wolken.

1. Tiefe Wolken. Stratus (St): Niedrige, ungegliederte Wolkenschiebt, evtt gehobener Nebel. Sind die Wolken in Fetzen zerrissen, spricht man von Fracto-Stratus. Cumulus (Cu): Haufenwolken mit flacher Basis (Kondensationsgrenze) und ausgeprägten Quellformen. Sie treten z. B. an schönen sonnigen Tagen auf als Zeichen für das Aufsteigen der am Boden erwärmten Luft (Schönwetter-Cumulus). Nehmen sie an Höhe und Ausdehnung zu, so heißen sie cumulus congestus. Über den Quellköpfen können Kappen oder kleine Schleier auftreten. Strato-Cumulus (Sc): Sehr häufige Übergangsform, bei der die einzelnen Cumulusballen zu einer Decke zusammengeschoben zu sein scheinen, oft so, daß der blaue Himmel in Wolkenlücken noch zu sehen ist. Sie treten auch in der Form von Wogenwolken (Cu undulatus) auf, die den Himmel in Parallelstreifen überziehen. Nimbo-Stratus (Ns): Dunkle, formlose Wolken großer Mächtigkeit, aus denen Regen oder Schnee fällt. Ausgesprochene Scl>Jechtwetterwolken. Cumulo-Nimbus (Cb): Mächtige, kraftvoll in große Höhen (bis 10000 m) emporstoßende Cumuluswolken, aus denen starker Regen oder sogar, häufig unter Gewittererscheinungen, Hageloder Schneeschauer niedergehen (Wolkenbruch). 2. Mittlere Wolken. Alto-Stratus (As): Weißlich-graue Schichtwolken ohne erkennbare Gliederung, durch die Sonne oder Mond nur in Umrissen, gewissermaßen abgeblendet (dünner As) oder nur als Aufhellung (dichter As) zu erkennen sind. Anzeichen für lanIJsame8 Aufsteigen wärmerer Luft. Alto-Cumulus (Ac): "Grobe Schäfchen", d. h. einzelne Wolkenballen in 2-6 km Höhe, häufig als Wogenwolken in Reihen (Polarbanden) geordnet. Die parallelen Streifen scheinen infolge der Perspektive von einem Punkt des Horizontes auszustrahlen und auf den Gegenpunkt hinzulaufen. Sie bilden sich oft nachts und haben nur geringe Mächtigkeit. Gelegentlich treten zwei verschiedene Wogenrichtungen, auch Wolkenhöhen, in derselben Wolken decke auf. 3. Hohe Wolken. Cirrus (Ci): Cirrus- oder Federwolken bestehen aus Eisnadeln. Feine Fäden oder Bausche, regellos am Himmel verteilt, bisweilen in

19. Ursachen der Wolkenbildung

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Banden angeordnet (Polarbanden) oder gleichgerichtet, an einem Ende hakenförmig umgebogen und in einem Büschel endigend (Ci uncinus). Wichtige Zeugen der Luftströmungen in großen Höhen, Anzeichen für atmosphärische Störungen und deren Herkunftsrichtung (Windwolken, Windbäume ). Cirro-Stratus (Cs): Gleichmäßiger weißlicher Schleier, durch den die Sonne sichtbar bleibt. Der blaue Himmel ist oft nur milchig getönt. Cirro-Cumulus (Ce): Kleine weiße Schäfchenwolken, heller als die Alto-Cumulus, in Gruppen oder Reihen, auch oft in Wogenform angeordnet. Als besondere Wolkenformen seien noch erwähnt: 1. Lin8enform (lenticularis, abgekürzt lent) haben Wolken, die in Auflösung begriffen sind (verwaschene Ränder). Typisch für absteigende Luftströme (Föhn !). 2. Wogenform (undulatus, abgekürzt und) haben Wolken, die den Himmel in engen Parallelstreifen überziehen. Sie werden durch Wellenbewegungen verursacht. Fließt wärmere Luft über einen kälteren Luftkörper, so köunen an der Grenzfläche Wellen entstehen (vgl. die Wellen, die entstehen, wenn Wind über Wasser hinstreicht). Ist die untere Schicht mit Wasserdampf gesättigt, so tritt in den gehobenen Wellenbergen Kondensation .ein, während die Wellentäler frei bleiben. Dann bezieht sich der Himmel weithin mit parallelen Wolkenstreifen. 3. Türmehenform (castellatus, abgekürzt cast) haben Cumulusköpfe, die aus Altocumulus wie .kleine Türme aufragen. Diese 'Wolken zeigen Gewitterneigung an. Sie kommen besonders in der wä.rmeren Jahreszeit vor. 4. MammakJ-OumulU8: Wolkenform, bei der die Unterflä.che einer Wolkendecke nicht eben erscheint, sondern mit rundlichen Schwellungen bedeckt ist. 5. Amboß·Form: Stößt ein aufsteigender Cumuluskopf gegen eine Sperrschicht, über der wärmere Luft liegt, breitet er sich häufig unter ihr aus, weil in der wärmeren Luft der Auftrieb zu gering ist. Dadurch nimmt er eine pilz- oder amboßartige Form an. Hat der emporsteigende Cumulus geniigend Steigkraft, durchstößt er die Grenzschicht. Dabei hebt er die über ihm befindliche Luft etwas an. Ist diese Luft mit Wasserdampf gesä.ttigt, bildet sich ein feines, weißes Wölkchen mit zarten Umrissen, das den Cumuluskopf bedeckt (Kappe) UIiddann von ihm durchstoßen wird. Der Beobachter an Bord findet eine Auswahl typischer Wolkenbilder in dem Wolken-Atlas (Atlas der Wolken und lIimmelsansichten. Paris 1932) und in dem Heft "Wolkentafel für Wettt>rbeoba.chter auf See" des Seewetteramtes, das zu jedem Wolkenbild eine ausführliche Beschreibung gibt. Diese Wolkenbilder sind diesem Buch auf 2 Tafeln beigegeben. Es ist zu beachten, daß die Aufnahmen des Wolkenatlas über Land gemacht sind. (Abweichungen über See, besonders bei Cumuluswolken!)

19. Ursachen der Wolkenbildung. Die häufigste Ursache der Wolken. bildung ist die Abkühlung aufsteigender Luftmassen. Das Aufsteigen kann verschiedene Ursachen haben. 1. Erwärmte Luft quillt innerhalb der übrigen Luft empor, wie oft an warmen Sommertagen, wo aufsteigende Cumuluswolken uns das Emporquellen sichtbar vor Augen führen (Schönwettercumulus).

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I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

2. Luftmassen werden durch den Wind an einem Gebirge wie an einer schiefen Ebene aufwärtsgeschoben. An der Luvseite des Gebirges finden wir dann Wolkenbildung und oft starke Regenfälle, wie z. B. wenn der Westwind gegen die Küste Norwegens oder gegen die nordamerikanische oder südchilenische Westküste stößt, wenn der Südostpassat auf die brasilianischen Küstengebirge trifft oder der Südwestmonsun an den Gebirgen Nordindiens oder dem Himalaya emporzusteigen gezwungen ist. 3. Luftmassen werden von zwei Luftströmungen aus entgegengesetzter oder nahezu entgegengesetzter Richtung zusammengeführt und müssen entlang der Zusammenstoß-Front aufsteigen. (NO- und SOPassat in der Äquatorgegend.) Gewaltige Regenfälle sind die Folge des Aufsteigens. 4. In den tropischen Orkanen oder anderen Wirbelstürmen wird die Luft in große Höhen emporgewirbelt und dadurch abgekühlt. Diesen Fällen der sogenannten Konvektion stehen die Fälle der Advektion gegenüber, wo horizontale Bewegungen die Wolkenbildung herbei· führen, wenn z. B. tropische feuchtwarme Luft auf polare Kaltluftmassen trifft und an ihnen langsam aufgleitet. Das scheinbare Schweben der Wolken erklärt sich aus der Kleinheit der Wassel'tropfen, aus denen sie bestehen. Je kleiner ein Tröpfchen ist, um so langsamer fällt es, weil der Luftwiderstand, den es findet, ilIl, Verhältnis zu seinem Gewicht groß ist. Schon eine schwache Aufwärtsbewegung in der Luft genügt dann, das Tröpfchen schwebend zu halten. Tropfen, die etwas größer sind und deshalb langsam zu fallen beginnen, verdampfen an der Unterseite der Wolke wieder. Noch größere Tröpfchen fallen aus der Wolke heraus und bilden unter ihr Fallstreifen_ Sie können bei ihrem weiteren Fall wieder verdampfen oder als Regen die Erde erreichen. Daß jede Wolke stets mehr oder weniger in der Umbildung, in ständigem Entstehen und Vergehen begriffen ist, erkennt man am auf· fälligsten bei den sogenannten Hinderniswolken. Steigt an der Luvseite eines Berges, einer Insel oder einer Küste Luft empor, so tritt häufig nach Erreichen einer bestimmten Höhe Kondensation ein; am höchsten Punkt des Berges hängt eine Wolke, die aber, wie es scheint, keineswegs mit dem Winde triftet, sondern stets an ihrer Stelle bleibt. In Wirklichkeit bildet die Wolke sich luvwärts immer neu und löst sich in Lee, wo die Luft herabsteigt, wieder auf, so daß sie aus fort"ährend wechselnden Wasscrteilchen gebildet wird. Das Tafeltuch über der Kuppe des Tafelberges bei Kapst.adt, das bei S- oder SO-Wind auftritt, ist wohl die berühmteste dieser Hinderniswolken. 20. Örtliche und zeitliche Verteilung der Wolken. Im Äquatorialgebiet liegt eine Zone starker Bewölkung von mehr als 5/8 im Mittel,

21. Niederschläge

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bestehend aus mächtig aufquellenden Haufenwolken. Die beiderseits anschließenden Passatzonen sind die wolkenärmsten Zonen über den Weltmeeren. Hier überwiegen Stratocumulus-Wolken. Die anschließenden Roßbreiten zeigen heiteren Himmel. Die Westwindzonen sind das Gebiet der mannigfaltigsten Wolken und Mischformen. In den kalten Zonen überwiegt die Schichtwolke. Die Neigung zur Bildung von Haufenwolken in heißem Klima und Schichtwolken in kaltem Klima, die in dem Vorhergesagten zum Ausdruck kommt, findet man bestätigt in der gemäßigten Zone im Wechsel der Jahreszeiten: Haufenbewölkung überwiegt im Sommer, Schichtbewölkung im Winter. Der Grad der Himmelsbedeck,ltng wird im Achteln (Okta), nicht mehr in Zehnteln wie früher, geschätzt. Bei der Feststellung der Himmelsbedeckung wird leicht der Betrag der horizontnahen Bewölkung überschätzt (Kulissenwirkung). Im allgemeinen kann die horizontnabe Bewölkung bis zu einer Höhe von 10° unberücksichtigt bleiben. Die Himmelsbewölkung ist auf See im Mittel stärker als über Land. Sie ist bedingt durch die höhere Feuchte der Luft. Charakteristisch ist das Überwiegen der Schichtwolkenformen, insbesondere Fracto-Wolken. nie Wolkenuntergrenze liegt über See tiefer als über Land. Die W olkenhähe wird auf den Wetterschiffen bei niedrigen Wolken mit Wolkenscheinwerfern gemessen. Später sollen alle Schiffe mit kleinen Scheinwerfern für diese Beobachtung ausgerüstet werden. Der Scheinwerfer strahlt senkrecht nach oben, und aus einer gewissen Ent-fernung mißt man den Winkel, den die Blickrichtung nach dem hellen Fleck unter der Wolkenschicht mit der Horizontalen bildet. Man kann :auch beobachten, nach welcher Zeit ein Pilotballon bekannter Steiggeschwindigkeit in den Wolken verschwindet. Die Zuggeschwindigkeit der Wolken kann mit einem Wolkenspiegel beobachtet werden. Sie gibt uns einen Anhalt für die Bestimmung des Höhenwindes. 21. Niederschläge. Erreichen die ausgeschiedenen Wassertröpfchen bei zunehmender Kondensation oder durch Vereinigung mehrerer Tröpfchen eine solche Größe, daß sie von der Luft nicht mehr getragen werden können und bei ihrem Fallen nicht wieder verdampfen, so fallen sie :zur Erde nieder, es regnet. Wir unterscheiden: 1. Regen, größere Tropfen, meistens aus Wolken größerer Höhe, und 2. Sprühregen, sehr kleine Tröpfchen, die fast noch schweben und .aus tiefen Wolken oder Nebel stammen (Niesel). Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt wird der Wasserdampf in fester Form ausgeschieden. Der Übergang in feste Formen tritt aber häufig noch nicht ein, wenn der Gefrierpunkt erreicht ist. Die Wasser-

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I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

Für Durehmea8er und FaUgeaehwindigkeit geUen folgende Werte (nach BERG, Wetter und Atmo8phäre): Art

Nebeltröpfchen Nieseltröpfchen Regentropfen

Durchmesser

Fallgesohwindigkeit

0,004-0,08 mm 0,08-0,6mm 0,6-6mm

0,05-20 em/sec 20-270 em/see 270-800 em/see

tröpfchen einer Wolke sind nicht selten unterkühlt. Erst wenn die Unter~ kühlung einen hohen Grad erreicht hat oder wenn die unterkühlten Tröpfchen mit festen Körpern, z. B. mit durch die Wolke fallenden Schneekristallen oder Graupelkörnern oder etwa mit einem Flugzeug oder Luftschiff in Berührung kommen, tritt plötzliche Eisbildung ein (Gefahr der Vereisung). Wir unterscheiden: 1. Schnee in Form von sechsstrahligen Eissternen verschiedensten Aufbaus. Schnee entsteht bei sehr tiefen Temperaturen in großen Höhen und wächst sehr langsam aus kleinsten Eisplättchen, an die sich je nach. dem Grad der Übersättigung der umgebenden Luft weitere Kristall&. ansetzen, bis sich bei Temperaturen um 0° dichte Schneeflocken bilden .. 2. Graupeln. Sie entstehen, wenn unterkühlte Tröpfchen mit einem Schnee. oder Eiskristall zusammenstoßen, dabei sofort gefrieren und so· zu einem kleinen Eiskorn werden. Graupeln sind undurchsichtig und leicht zwischen den Fingern zu zerreiben. 3. Hagel. Hagelkörner sind Eisstücke, deren Durchmesser zwischen 5 und 50 mm schwankt. Sie bestehen meistens aus einem trüben, un.· durchsichtigen Kern, um den konzentrische Eisschalenliegen. Sie lassen. sich nicht zerreiben. Hagelkörner entstehen durch wiederholtes An·· lagern von Eisschichten an einem kleinen Eis· oder Graupelkorn, das. in auf· und absteigenden Luftströmen hoch· und niedergerissen wird .. Während sie bei uns klein bleiben, treten in den Tropen Hagelkörner bis. zur Größe einer Zitrone auf. 4. Eisstaub. Geht der Wasserdampf unmittelbar in kleinste Eis·· kristalle über, bildet sich Eisstaub. Eisstaub kommt nur bei sehr nied· rigen Temperaturen vor. Er gibt der Luft ein flimmerndes Aussehen. (Polarschnee ). Alle Niederschläge können anhalten!! und regelmäßig langsam aus· Schichtwolken oder in Form von Schauern aus Schauerwolken (Cumu. lonimben) fallen. Zum Messen der Höhe des gefallenen Niederschlags dient der Regen•. messer. Er besteht aus einem Auffangtrichter von genau bekannter Öffnung und einem darunter stehenden Meßgefäß. Der Regenmesser' wird bei Landstationen möglichst frei in einer Höhe von 1 m über dem

22. Das Eis des Meeres

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Erdboden fest aufgestellt. Schnee, Reif und Hagel werden vor der Messung geschmolzen. Als Maß für die Niederschläge gilt die Höhe in Millimetern, in der sie die Erde bedecken würden, wenn kein Tröpfchen von ihnen verdunstete, versickerte oder abflösse. Der Bordbeobachter kann im allgemeinen nur die Stärke der Regenfälle angeben. Neuerdings werden konische Regenmesser an Bord gegeben, die 10-15 m über dem Meeresspiegel aufgeheißt werden, um sie der verfälschenden Wirkung der Aufbauten zu entziehen. Die Niederschlagsmenge wird bei diesen Regenmessern nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren an der geeichten Skala eines mit dem Auffanggefäß in Verbindung stehenden Meßrohrs abgelesen. Durch die konische Form Konischer Regenerreicht man eine größere Meßgenauigkeit bei Abb. 14. messer an Bord kleinen Regenmengen. 22. Das Eis des Meeres. Neueis besteht zunächst aus einzelnen Eiskristallen, die im Wasser schweben oder zu Eisbrei zusammenfrieren und ev. mit Schnee gemischt sind. Bei tieferen Temperaturen entstehen daraus aber rasch festere Eisarten, Pfannkucheneis, kleine kreisrunde Eisstücke von 20 bis 30 cm Durchmesser, oder eine dünne, elastische, durchscheinende Eiskruste von wenigen cm Dicke. Fährt ein Schiff hindurch, hört man ein Klirren. In Buchten oder in Küstennähe bildet sich aus Kerneis oder fest zusammengeschobenem Eisbrei eine geschlossene Eisdecke, die von heller Farbe ist und sich von dem dunklen Wasser gut abhebt. Ist die Schicht mehr als 15 cm dick, muß das Schiff Eisbrecherhilfe haben, um sie zu durchbrechen. Wind, Strom und Seegang brechen diese Decken außerhalb der Buchten bald in einzelne Felder oder Schollen auf. Diese Schollen können bei erneutem Frost wieder zu einer geschlossenen Decke zusammenfrieren. Beginnt Festeis sich unter dem Einfluß von warmer Luft oder Strahlung aufzulösen (zu "verrotten"), so bietet es den Schiffen nur noch geringen Widerstand. Unter dem Einfluß von Wind und Strom treiben die Eisschollen (Treibeis). Evtl. kann Treibeis zusammen mit Eisbrei einen Seeraum völlig. bedecken. Da die einzelnen Schollen dann nicht mehr auseinandergeschoben werden können, ist die Schiffahrt im Treibeis selbst für eisverstärkte Schiffe sehr erschwert.

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I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

Wird das Treibeis von Wind und Seegang auf- und übereinandergeschoben, so entsteht Packeis, in dem Schiffahrt nur mit Eisbrecherhilie möglich ist. Oft triften losgelöste große Teile einer Packeisfläche. Sie sind häufig so groß, daß ihre Grenzen nur durch Flugzeugerkundung gefunden werden können. Wird die Eisbedeckung einer Küste durch starken ablandigen Wind abgetrieben, so kann evtl. dicht unter der Küste eine offene Seerinne, ein befahrbarer Schiffahrtsweg, entstehen. Die Nähe größerer Treibeisfelder ist auf dem Meer schon von weitem an einer Aufhellung des Himmels zu erkennen, auch wenn das Eis selbst noch unter der Kimm ist. Entsprechend erkennt man offene Wasserstellen im Eis an einer dunkleren Blaufärbung des Himmels über der offenen Stelle. Die Bezeichnung der Eisarten ist international einheitlich festgelegt. Es wird ein Atlas erscheinen, der Abbildungen aller Eisarten enthält. Vergleiche die Verschlüsselung des Eises (27 und 124)! 23. Elektrische Erscheinungen in der Atmosphäre. Der feste Erdkörper ist von einem elektrischen Feld umgeben, und zwar ist die feste Erde gegen die Schichten der Lufthülle negativ geladen. Die Flächen gleicher Spannung liegen in der näheren Umgebung der Erde parallel zum Erdboden. Durch leitende Gegenstände, wie Häuser, Bäume, Schiffsmasten und dergleichen werden sie in die Höhe gehoben. Das Spannungsgefälle ist bei ruhigem Wetter ziemlich konstant, es beträgt im Durchschnitt 130 Volt auf einen Meter Erhebung. Es ist mit der geographischen Breite, Tages- und Jahreszeit veränderlich, außerdem aber auch großen unregelmäßigen Störungen unterworfen. Es steigt bei Nebel leicht bis auf 1000 V/m und bei Gewittern auf ein Vielfaches dieses Wertes. Das Gewitter ist die Begleiterscheinung einer heftigen und plötzlichen Aufwärtsbewegung feuchter, warmer Luft in große Höhen und der damit verbundenen Kondensationsvorgänge, wie sie entstehen bei der Überhitzung bodennaher Schichten im Sommer (Wärmegewitter) oder beim Anströmen eines Gebirgszuges (orographische Gewitter) oder beim Auf:steigen warmer Luft bei einem Kaltlufteinbruch (Frontgewitter). In einer Gewitterwolke tragen die Eiskristalle der hohen oberen Schichten positive, die unteren Schichten negative Ladung. Überschreitet der Spannungsunterschied zwischen diesen Ladungen -eine gewisse Grenze, entsteht ein Blitz, zwischen Teilen der Wolke oder zwischen Wolke und Erdboden. Im allgemeinen erfolgt der Ausgleich in Form eines Funken- oder Linienblitzes. Dieser besteht aus einer helleuchtenden, vielfach geschlängelten Linie, von der häufig zahlreiche Verzweigungen abgehen. Aufnahmen mit bewegtem Photo-Apparat :zeigen, daß der Blitz fast immer aus mehreren, rasch aufeinander fol-

33

24. Optische Erscheinungen in der Atmosphäre

genden, hin- und hergehenden Entladungen besteht, welche dieselbe Funkenbahn durchlaufen. Die Länge der Funkenblitze beträgt mehrere Kilometer, die Stromstärke kann 20000 Ampere erreichen. Sieht der Beobachter den Blitzstrahl selbst nicht, so kann er doch unter Umständen die Beleuchtung der Wolken durch den Blitz noch sehen als Flächenblitz. Flächenblitze können jedoch auch Glimmentladungen über größere Teile der Wolkenoberfläche sein. In der Blitzbahn wird die Luft plötzlich sehr stark erhitzt und explosionsartig auseinandergeschleudert. Diesen Knall hören wir als Donn6r. Die Dauer des Donnerns hängt ab von der Länge der Blitzbahn. Durch die Reflexion dieser Schallwellen an Wolken, Luftschichten oder Gegenständen der Erdoberfläche, z. B. Bergen, erreicht der Donner unser Ohr zu verschiedenen Zeiten, wir hören ein anhaltendes Rollen des Donners. Aus dem Zeitunterschied Blitz-Donner läßt sich die Entfernung des Gewitters berechnen. Wenn man den Zeitunterschied in Sekunden durch 3 teilt, erhält man die ungefähre Entfernung in Kilometern, wenn durch 5, in Seemeilen. Ist der Blitz so weit entfernt, daß man den Donner nicht mehr hört, spricht man von Wetterleuchten. Selten vorkommende und bis jetzt noch rätselhafte Erscheinungen sind der Kugelblitz und der Perl8chnurblitz. Elektrische Entladungen können auch als ruhiges Glimmlicht oder als Büschelentladungen auftreten, z. B. als Elmsfeuer auf Blitzableitern, Turm- oder Mastspitzen. Jede Wolke ist elektrisch geladen, aber wesentlich schwächer als Gewitterwolken. Die Tropfen eines Landregens kommen meistens mit positiven Ladungen zum Erdboden. Von Blitzentladungen gehen elektromagnetische Wellen aller Frequenzen aus, die z. B. Störungen des FT-Empfanges bringen [8pherics]. Die Anpeilung, Zählung und Untersuchung dieser spherics gibt wichtige Erkenntnisse von Vorgängen in der Atmosphäre, die sonst nicht erfaßt werden können. Insbesondere gestattet sie die Vorhersage und Erfassung weit entfernter Sturm- und Gewittergebiete [so (85), Peilen des Orkanzentrums] . 24. Optische Erscheinungen in der Atmosphäre. Die Wassertröpfchen und Eiskristalle, die nach Eintritt der Kondensation in der Luft enthalten sind, können opti8che Erscheinungen veranlassen, die für die Wettervorhersage wichtig sind. Scheinen Sonne oder Mond durch eine Wolkenschicht hindurch, die aus Wassertröpfchen besteht, können Höfe entstehen, ein weißliches oder gelbliches Feld von etwa 2° Halbmesser, das gelegentlich nach außen braunrot umsäumt ist. Diese Höfe entstehen durch die Beugung des Lichtes an den Wassertröpfchen und sind um so größer, je kleiner die Krauß-Meldau, Wetter- und Meereskunde, 4. AufI.

3

34

I. Die Grundgrößen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung

Tropfen sind, und kommen um so besser heraus, je gleichförmiger die Wolke ist (dünner Altostratus I). Ringe oder Halo-Erscheinungen um Sonne oder Mond entstehen durch Brechung und Beugung der Lichtstrahlen an kleinen in der Luft schwebenden Eiskristallen, also in Eiswolken. Der "kleine Ring'! hat einen Halbmesser von rund 22°, der "große" einen von 46°. Es treten außerdem ein Horizontalring und eine vertikale Lichtsäule durch die

bb .• 5. Halo

Sonne auf. An den Schnittpunkten dieser Kreise zeigen sich gelegentlich heller leuchtende Stellen, die Nebensonnen. Zuweilen erscheinen an den Ringen oben und unten Berührungsbogen. Die Ringe sind farbig, und zwar innen rot; Horizontalring und Lichtsäule sind farblos. Damit sich diese Erscheinungen bilden, müssen viele gleichartige Eiskristalle in geregelter Stellung durch die Luft fallen. Da die Cirruswolken aus feinen Eiskristallen bestehen, können HaloErscheinungen zur Wetter-Vorhersage ausgenutzt werden (137). Scheint die Sonne seitlich gegen die Wolkenwand eines Regenschauers, so kann ein Regep,bogen entstehen. Er hat einen Radius von 41°, sein Mittelpunkt ist der Gegenpunkt der Sonne. Er steht also um so tiefer, je höher die Sonne steht. Er zeigt die Spektralfarben, und zwar außen rot, innen blau. Häufig sieht man gleichzeitig einen zweiten, den Nebenregenbogen, etwas lichtschwächer und mit umgekehrter Farbfolge und 52° Halbmesser. Ein Regenbogen entsteht durch Brechung des Lichtstrahls beim Ein- und Austritt und einmalige Spiegelung in den Regentropfen. Tritt zweimalige Spiegelung im Tropfen ein, entsteht der Nebenregenbogen. Die Farbenstärke wächst mit der Tropfengröße. Bei Tropfen unter 0,05 mm Durchmesser ist der Regenbogen weiß.

35

25. Das meteorologische Tagebuch

lI. Meteorologisches Tagebuch und Wetterverschlüsselung 25. Das meteorologische Tagebuch. Die an Bord anzustellenden meteorologischen Beobachtungen bestehen zum Teil aus Augenbeobachtungen, nämlich über die Art, Höhe, Zugrichtung und Geschwindigkeit der Wolken, den Grad der Himmelsbedeckung, die Sichtweite, die Himmelsfarbe, besondere optische Erscheinungen, Sonnenringe usw., zum Teil aus Messungen. Gemessen werden die Luft- und Wassertemperatur, der Luftdruck, die Luftfeuchte und evtl. der Wind. Aus diesen Einzelelementen ergibt sich die Beschreibung des Wetters zur Zeit der Beobachtung und im Zeitraum seit der letzten Beobachtung. Die Instrumente und Beobachtungsmethoden wurden im Teil I besprochen. Auf die richtige Unterbringung, Behandlung und Ablesung dieser Instrumente und die nötigenfalls an ihren Angaben anzubringenden Berichtigungen ist größtes Gewicht zu legen. Um zuverlässiges und allgemein vergleichbares Material für die Wetterforschung zu erhalten, gibt das Seewetteramt Tagebuchvordrucke heraus und erläßt ausführliche Anweisungen zur Führung dieses Tagebuches. Dieselben auf internationalem Übereinkommen beruhenden Anweisungen werden auch in den anderen Ländern befolgt, so daß ein gleichartiges Material gesichert ist. Die Führung dieser Tagebücher ist freiwillig. Aber seit MAURYS Zeiten werden an Bord der Schiffe aller seefahrenden Nationen mit großer Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit Wetteraufzeichnungen gemacht. Diese Beobachtungen bilden die Grundlage unserer Kenntnisse der maritimen Meteorologie und der Oberflächenströmungen der Meere. Durch das gewissenhafte Führen dieses Tagebuches trägt der Seemann zur wissenschaftlichen Erforschung der von ihm befahrenen Meere bei. Aber er hat auch selbst großen Nutzen davon, da er durch seine Beobachtertätigkeit zu tieferer Beschäftigung mit den Wettervorgängen und damit zu dem Verstehen des Wettergeschehens gelangt, das Vorbedingung für eine erfolgreiche meteorologische Navigation ist. Um dem Beobachter Arbeit zu sparen, ist dem Tagebuch der Schlüssel für Seeobs.-Meldungen zugrunde gelegt, so daß das abzugebende Telegramm daraus sofort entnommen werden kann. Beobachtet wird um 00, 06, 12 und 18 Uhr MGZ. Die wichtigsten Termine, die auf jeden Fall einzuhalten sind, sind 00 und 12 Uhr MGZ. Auf Schiffen, auf denen die Wache nur von einem Offizier besetzt ist, kann dies Schwierigkeiten geben. Es muß dann evtl. eine Beobachtung ausfallen. Spätere Eintragungen aus dem Gedächtnis können zu groben Irrtümern führen, die schlimmer sind als leere Zeilen im Tagebuch. Der Beobachter soll selbstverständlich nicht nur zu diesen Terminen das Wetter beobachten, sondern die Entwicklung des Wetters zwischen 3*

36

Jahr

H. Meteorologisches Tagebuch und Wetterverschlüsselung

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25399 99116

den Terminen verfolgen. Nur so erlebt er die Wetterentwicklung mit und gewinnt vertieften Einblick in das Wettergeschehen ! Die Nummern der Instrumente, an denen man beobachtet, werden auf der ersten Seite des Tagebuches notiert. In dem Tagebuch werden Wind, Sicht, Wetter, Luftdruck, Luftund Wassertemperatur, Wolken, Wellenbeobachtungen eingetragen. Für ergänzende Bemerkungen zu den Witterungserscheinungen, be-

pp

37

25. Das meteorologische Tagebuch (obere Hälfte des Met. Tagebuches) Lutttemp' l

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72

IV. Die wichtigsten Winde und Windsysteme

die Breiten des Hochdruckgürtels führen und so noch eine zusätzliche thermische Ursache für die Erhöhung des Luftdruckes geben. 53. Die Passate. In den Passaten, die das ganze Jahr hindurch mit großer Regelmäßigkeit von den Roßbreiten zum Kalmengürtel hin wehen, herrscht im Mittel eine Windstärke von 4 Beaufortgraden. Das Wetter im Passatgebiet ist heiter mit geringen Niederschlägen, die beständigste Witterung, die überhaupt auf der Erde angetroffen wird. Die doppelte tägliche' Periode der Luftdruckschwankungen (I» mit dem Maximum um 10 und 22 Uhr, Minimum um 4 und 16 Uhr läßt sich im Passatgebiet fast immer unmittelbar am Barographen ablesen. Um so mehr sind auch kleine Abweichungen im Luftdruckverlauf zu beachten, da sie Anzeichen atmosphärischer Störungen sein können. Entstehen doch die tropischen Orkane an der Grenze der Kalmen- und Passatgebiete. Wie die Kalmen liegen auch die Passatgebiete im Atlantischen und Pazifischen Ozean nicht symmetrisch zum Äquator, sondern etwas nach N verschoben, so daß der SO-Passat in der Regel den Äquator um einige Grade überschreitet, im Nordsommer mehr als im Nordwinter. Die mittleren Grenzen der Passatgebiete gibt die folgende Zusammenstellung: Mittlere Grenzen der Passate Passate

Im Atlant. Ozean NO

I

SO

Im Stillen Ozean NO SO

Im Indischen Ozean NO SO

llll 8eptember 100-34°N 3°N-26° 8 100-32°N 7°N-23° 8 Im März

8°8-25° 8 3°-25°N 0° -28° 8 5°-25°N 3° N-30° 8 NO-Monsun 11°8-30° 8

Iittl. Breite d. Passatgürtels

Die Passate haben an der Ostseite der Ozeane eine mehr meridionale, an der Westseite eine etwas mehr ost-westliche Richtung. Im Atlantik wehen sie im allgemeinen stärker als im Pazifik. Die Windstärke ist im Winter der betr, Halbkugel größer als im Sommer, sie kann je nach den Luftdrucklagen zwischen leichten Winden und stürmischen Brisen schwanken. Die Passatwinde erreichen im allgemeinen Höhen zwischen 1 und 2 Kilometern. Die über ihnen aus den Tropen abströmenden Luftmassen des Antipassates sind über große Strecken in leicht absinkender Bewegung und erwärmen sich dabei dynamisch. So liegt an der Grenze gegen den Passat eine sehr kräftige Inversion (bis zu 10° Temperatursprung), die Passatinversion. Unter ihr schwimmen Stratocumulus- oder Cumuluswolken, die typische Passatbewölkung.

54. Die Monsune

73

Die Lage und Ausdehnung der Passate, Kalmen und Roßbreitengebiete war ausschlaggebend für die Routen der großen Segelschiffe. Diese Routen wurden zuerst um dif' Mitte des vorigen Jahrhunderts von dem amerikanischen Seeoffizier MAURY entworfen. Sie sind seitdem mit der fortschreitenden Kenntnis der meteorologischen Verhältnisse immer feinf'r ausgearbeitet, nicht zuletzt durch die Mitarbeit deutscher Kapitäne unter Führung der Deutschen Seewarte. In den von der Deutschen Seewarte herausgegebenen KaI'tEln der mittleren Segelschiffswege kann die Rücksichtnahme auf die herrschenden Winde und Meeresströmungen in allen Einzelheiten verfolgt werden (143).

54. Die Monsune. Die Verteilung von Land und Meer führt zu Luftströmungen, die im Winter und. Sommer entgegengesetzt, gerichtet sind. Im Winter erkaltet das Festland viel mehr als die See, es treten daher über den Festländern Hochdruckgebiete auf, aus denen die Luft ausströmt. Im Sommer dagegen erhitzen sie sich mehr /1ls das umliegende Meer, und die Luft strömt vom Meer in die entstehenden Tiefdruckgebiete ein. Diese Winde heißen Monsune. Sie entwickeln sich vor allem da, wo ausgedehnte Festländer in mittleren Breiten inmitten großer Meeresflächen liegen, wie dies insbesondere bei Asien und Australien der Fall ist. Das "Umsetzen" der Monsune dauert in der Regel 2-4 Wochen und findet in den Monaten März-April-Mai sowie im Oktober-November statt. Es ist mit unstetigen Winden, Windstillen und böigem Wetter verbunden. Die Hauptmonsungebiete sind folgende: 1. Nordindischer Ozean und Chinasee. Über Südasien fanden wir starke jahreszeitliche Luftdruckschwankungen. Im nördlichen Sommer fällt der Druck infolge der starken Erwärmung des Landes bis auf 1000 mb. Aus dem südlich von diesem Tief gelegenen ausgedehnten Indischen Ozean werden Luftmassen zur Auffüllung des Tiefs angesogen, die infolge der ablenkenden Kraft der Erdrotation nach rechts abgelenkt zum SW-Monsun werden. Im chinesischen Meer kommt der Monsun, dem Verlauf der Küste entsprechend, aus südlicher und südöstlicher Richtung. Dieser SW-Monsun ist als vom Meere kommender - maritimer - Wind sehr feucht und bringt Indien Regen und Fruchtbarkeit. An den Gebirgen der Küste zum Aufsteigen gezwungen, bringt er z. T. riesige Niederschlagsmengen (Kassia Hills: 10-11 m jährliche Niederschlagsmenge ). Die Bewölkung besteht aus Cumulonimben, Stratocumulus und Cumulus. Der Wind ist sehr stark, da das Luftdruckgefälle groß ist. Er weht im Arabischen Meer mit der Stärke 6-8 B, im Bengalischen Busen mit 5-6B, im chinesischen Meer mit 4-5B. Der SW-Monsun reicht bis in Höhen von 5000 m. Darüber weht entgegengesetzt der Antimonsun, vom Monsun durell eine Schicht mit schwachen, unbeständigen Winden getrennt.

74

IV. Die wichtigsten Winde und Windsysteme

Im Winter steigt der Luftdruck über dem erkaltenden Lande, die schwere Luft fließt nach dem Meere ab, es entsteht im nördlichen Indischen Ozean, durch die Erddrehung nach rechts abgelenkt, der NOMO'nsun. Dieser entspricht dem NO-Passat, der als planetarischer Wind im Nordindischen Ozean wehen müßte. Im chinesischen Meere kommt der Wintermonsun aus nördlicher und nordwestlicher Richtung. Da das Hoch seinen Kern weit im Norden über Sibirien hat, ist das Gefälle zum Meer hin viel schwächer als im Sommer, der NO-Monsun daher schwächer als der SW-Monsun. Er erreicht im Mittel nur die Windstärke 4. Der NO-Monsun ist als Landwind trocken und bringt dem Arabischen und Bengalischen Meer weniger als 1/4 Bewölkung. Das Monsungebiet des nördlichen Indischen Ozeans reicht im allgemeinen bis zum Äquator, nur der NO-Monsun wird an der afrikanischen Küste durch die Erwärmung des Landes bis 10° S über den Äquator hinweggezogen, wobei er mehr und mehr zum Ostwind wird. Wie die Windkarten Abb. 37, 38 zeigen, wird der SW-Monsun mehr oder weniger vom SO-Passat des südlichen Indischen Ozeans gespeist. Es liegt aber noch ein Gürtel meist schwacher, unbeständiger Winde dazwischen, der sich durch häufigen Regen und Gewitter als Rest des äquatorialen Kalmengürtels zu erkennen gibt. Die Mons'unwechsel werden in den Segelhandbüchern der Deutschen Seewarte so beschrieben: In den Monaten März und April stellen sich an den Küsten Indiens zuerst südliche und südwestliche Winde ein, die jedoch weder an Stärke noch an Regenreichtum den Charakter des eigentlichen Monsuns tragen. Zwischen 10 und 15° nördlicher Breite lagert dann über dem Indischen Ozean noch ein Rücken hohen Druckes mit vorwiegend nordöstlichen Winden. Allmählich dringt aber der SO-Passat der südlichen Halbkugel weiter und weiter nach Norden vor, beim Überschreiten des Äquators eine südliche und südwestliche Richtung annehmend. Wenn dann Ende Mai oder Anfang Juni der Rücken hohen Drucks verschwindet, bricht dieser SW-Wind oft plötzlich in gewaltigen Stürmen über Indien herein, Regen und Fruchtbarkeit dem Lande bringend ... (the bursting of the monsoon). Der Übergang vom SW- zum NO-Monsun vollzieht sich in den Monaten Oktober-November durch allmähliches Verdrängen des SWMonsuns durch den NO-Monsun von Norden her. Während dieser Zeit nehmen Windstillen und veränderliche, böige Winde oft weite Gebiete ein. 2. Die Meeresteile nördlich VO'n Australien und die angrenzenden Teile des Indischen und Stillen Ozeans stehen im Südsommer unter dem Einfluß eines Tiefs von etwa 1005 mb, das sich über dem erwärmten australischen Festland ausbildet. Die von Norden zuströmende Luft wird durch

55. Monsun und Höhenwetterlage

75

die Erdrotation nach links abgelenkt und bildet den NW-Monsull, der von Dezember bis Februar am kräftigsten entwickelt ist. Im Südwinter haben die Meeresteile nördlich Australiens SO-Passat, während dieser im Indischen Ozean nur bis 4-5 0 S vordringt. 3. Der Golt von Guinea im Atlantischen Ozean. Im nördlichen Winter: weht im Golf von Guinea meistens ein fast südlicher Passat. Im Nordsommer bewirkt die starke Erwärmung Nordwestafrikas die Ausbildung eines Tiefdruckgebietes über dem Lande. Die von S zufließende Luft, nach rechts abgelenkt, wird zu einem regenreichen SW- bis W-Monsun. 4. Die Westküste 2Ifittelamerikas im Stillen Ozean. An der Westküste Kolumbiens und Kostarikas liegen die Verhältnisse ähnlich wie an der Küste Guineas. Im nördlichen Sommer wehen SW-Winde, im Winter NO-Winde. Es gibt noch eine Reihe kleiner und schwächer ausgeprägter Monsungebiete, z. B. an der Westseite Nordamerikas, an der südkaIifornischen und mexikanischen Küste oder selbst jenseits des Polarkreises an der Nordküste Asiens im Weißen Meer. Auch an den Küsten großer Binnenseen, so z. B. im Kaspischen Meer, treten Monsunwinde auf. 5. Harmattan. Die im Winter ablandigen Monsunwinde treiben an verschiedenen Stellen der Erde Staubwolken weit über das Meer hinaus und trüben die Luft. Oft kommt es zu Staubfällen, wie im Atlantik in den Wintermonaten, wenn über der Sahara hoher Druck herrscht. Dieser ablandige, als Harmattan bezeichnete Monsun trägt feinste rötliche Staubteilehen von der NW-Küste Afrikas bis über die Kap Verden hinaus. Da der Staub weit in das Passatgebiet getrieben wird, heißt er auch Passatstaubtall, obwohl es sich um eine Erscheinung mit jährlicher Periode handelt. Derartige Staubfälle kennt man auch in anderen Ozeanen, z. B. während des SW-Monsuns an der Küste Somalis und im Persischen Meer im Winter während des NO-Passates. 6. 2Ifonsunwetterlagen über Deutschland. Auch über Deutschland kann man von 211onsunwetterlagen sprechen. Der Wintermonsun kommt aus dem kalten Rußland als Südost und bringt trockene Kälte, der Sommermonsun weht als NW vor allem im Juni und Juli und bringt feuchte Meeresluft über unser Land (s. Abb. 98). 55. Monsun und Höhenwetterlage. Über den im Sommer stark erhitzten Gebieten Europa-Asiens bildet sich in 5000 m Höhe ein Höhenhochdruckgebiet (vgl. das Blockschema der Abb. 39). Die Luftmassen fließen seitlich ab. Dadurch fällt am Erdboden der Luftdruck, es entsteht ein thermisches Tief (43). Wie in (54) beschrieben, setzen die dadurch hervorgerufenen auflandigen Winde im Mai ein und wehen in Südasien als SW-Monsun, in Ostasien als SO-Monsun, an der Eismeerküste als NO- und über Europa als NW-Monsune. Die zunächst lokalen

76

IV. Die wicht,igsten Winde und Windsysteme

Monsunwinde werden aber verstärkt durch die Luftmassen, die dem langsam nach Nord sich verschiebenden subtropischen Hochdruckgürtel über dem südlichen Indischen Ozean entströmen, und, zunächst als SOPassat bezeichnet, nach Überschreiten des Äquators nach rechts abgelenkt werden und sich als feuchter Monsun über Indien ergießen.

5,75klll.

[uropa - Asi/YJ Pozillk Abb. 39. Sommermonsun über Asien im Blockschema nach H. SEILKOPF

Zwischen dem Höhenhoch über Asien und den hochreichenden Hochdruckgebieten über Atlantik und Pazifik liegen Höhentröge (74) mit tiefem Luftdruck und kalter Luft.

[urrpl -Asien

Padik

Abb. 40. Wintermonsum über Asien im Blockschema nach H. SEILKOPF

Entsprechend liegt im Winter über dem erkalteten Festland in der Höhe ein Tief. Über den benachbarten Ozeanen liegt Warmluft mit Hochdruck in der Höhe. Abb. 40 zeigt, wie über den Ozeanen die Warmluft in der Höhe mit einem Hochdruckkeil weit nach Norden reicht, während die Kaltluft in der Höhe einen Höhentrog in Richtung Südwest (bzw. Südost) ausstreckt. Zwischen den beiden Höhentrögen wölbt sich flach ein Hoch im Innern des Festlandes auf. Die Höhenwetterkarte vom 31. 1. 54 zeigt als Beispiel die H, T und Höhentröge deutlich (Abb. 41). 56. Land- und Seewinde. Land- und Seewinde sind Winde mit täglicher Periode, die annähernd senkrecht zur Küste wehen. Sie entstehen durch die periodisch im Laufe eines Tages wechselnde Erhitzung und Abkühlung des Landes. Während das Meer Tag und Nacht fast gleich warm bleibt, steigt die Temperatur des Landes während des Tages sehr stark. Am Erdboden erhitzt sich die Luft, dehnt sich aus und fließt in der Höhe nach See ab, so daß über dem Lande ein Tief entsteht. In

57. Fallwinde

77

dieses Tief strömt Luft von See her ein, so daß wir am Tage eine See· brise haben. Die Seebrise setzt zuerst auf hoher See ein und dringt dann langsam gegen die Küste vor. Sie ist am stärksten in den Nach. mittagsstunden. In der Nacht kühlt sich das Land durch Ausstrahlung stark ab. Indem die Luft sich am kalten Boden abkühlt, sinkt sie zusammen, in der Höhe strömt Luft hinzu, und es bildet sich über Land ein Hoch. Die aus dem Hoch nach dem Meere zu abfließende Luft bildet den Land· wind, der in den Morgenstunden vor Sonnenaufgang am stärksten weht.

Die Seebrise ist fast immer kräftiger als der Landwind. Beide erreichen jedoch selten eine größere Mächtigkeit als 100-400 Meter. Land. und Seebrise sind am besten ausgeprägt in niederen Breiten, weil hier der Temperaturgegensatz zwischen Tag und Nacht am größten ist. In außertropischen Gebieten entwickeln sie sich nur in der wärmeren Jahreszeit an ruhigen, heiteren Tagen. Beachte die Nebel, die von Land· und Seewind, z. B. an der kali· fornischen Küste (17), hin· und hertransportiert werden. 57. Fallwinde. Als Fallwinde bezeichnet man Winde, die durch das Herabfallen kalter, schwerer Luftmassen von Gebirgen entstehen. Sie werden für die Seefahrt an vielen Stellen der Erde, wo die Gebirgs· ketten an das Meer grenzen, bedeutungsvoll, so als Bora, Mistral und Schirokko im Mittelmeer , als White squalls in den westindischen Ge· wässern, als Williwaws an den Steilküsten des Feuerlandes und Süd· l'atagoniens, als Sumatras in der Malaccastraße usw.

78

IV. Die wichtigsten Winde und Windsysteme

Am genauesten untersucht sind von diesen Fallwinden der Föhn, die Bora, der Mistral und der Schirokko des westlichen Mittelmeeres. Als Föhn bezeichnet man seit alten Zeiten einen warmen, trockenen Wind an der Nordseite der Alpen. Man hielt ihn zuerst für einen warmen Südwind aus der Sahara. Erst als man auch auf der Südseite der Alpen entsprechende Winde aus Nord beobachtete und ähnliche Winde auch in anderen Gebirgsländern fand, erkannte man, daß die Wärme und Trockenheit der Föhnluft erst beim Herabsteigen vom Gebirgskamm durch die dabei auftretende dynamische Erwärmung zustande kommen. In (41) wurde das Ühersteigen eines Gebirgskammes durch einen Luftstrom besprochen. Der an der Leeseite des Gebirges herabwehende warme und trockene Wind wird "Föhn", der an der Leeseite beobachtete Abbruchrand der luvseitigen Wolkenmasse "Föhnmauer" genannt. Die Föhnluft ist klar und bringt meistens außergewöhnlich gute Sicht. Föhnwinde können auch an den Abhän70° gen ausgedehnter Hochflächen entstehen, wenn der Temperaturfall mit der Höhe 2000m weniger als 1° für 100 m beträgt. Es sei z. B. bei einer Temperatur von 20° im Tiefland auf dem 2000 m hohen Hoch.]0" /!IJ" land 10° warm, so daß also die Tem~ Abb.42. F allwind peraturabnahme für je 100 m nur 0,5° C beträgt. Wird dann, etwa durch ein auf der rechten Seite der Abbildung 42 vorbeiziehendes Tief die Luft des Vorlandes abgesogen, so stürzt die Luft vom Hochland herunter und erwärmt sich dabei dynamisch um 20°, kommt also unten 30° warm. und da sie inzwischen kein Wasser aufgenommen hat, entsprechend trocken an (Fallwind). Bora. Die Bora ist ein trockener, oft schneidend kalter, in heftigen Stößen aus Richtungen zwischen NNO und 0 wehender böiger Wind. der zuweilen mit orkanartiger Stärke an den kahlen Westabhängen des Karstes, der Dalmatinischen und Albanischen Küstengebirge als Fallwind gegen die See herabstürzt und rasch eine kurze, spitze See aufwirft. Obwohl sich die Luft beim Herabfallen vom Gebirge dynamisch erwärmt, kommt sie doch unten verhältnismäßig kalt an, weil ihre Temperatur auf dem Gebirge ungewöhnlich niedrig ist. Mit zunehmender Entfernung von der Ostküste der Adria wird die Bora schwächer und erreicht die italienische Küste selten als Sturm. Die eigentliche Bora-Jahreszeit ist der Winter, wenn der Temperaturunterschied des hohen, kalten Gebirges gegen die relativ warme Adria am größten ist. Im Sommer dauert die Bora meistens n,ur einen Tag, oft nur wenige Stunden, im Winter dagegen oft, mit zeitweiligen Unterbrechungen, einige Woehen.

+

+

57. Fallwinde

79

Die Bora hat einen ausgeprägten täglichen Gang. Wenn das Hinterland starke Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht aufweist, flaut sie in den frühen Nachmittagstunden meistens merklich ab. Die Bedingung für das Entstehen einer Bora, das Druckgefälle vom kalten Land gegen das warme Wasser, kann dadurch erfüllt werden, daß der Luftdruck über dem kalten Hinterland der Küste rasch steigt: man spricht dann von einer antizyklonalen Bora. Der steile Gradient kann aber auch dadurch erzeugt werden, daß über dem Meer ein Tief lagert, während das Gebirge den gleichmäßigen Luftzustrom aus dem Hinterland hemmt. Dann spricht man von einer zyklonalen Bora. Die stärksten Winde entstehen, wenn beide Bedingungen erfüllt sind, d. h. über dem Festland ein H und über dem Meer ein T liegt. Die antizyklonale Bora bringt heiteres, trockenes Wetter bei hohem Barometerstand mit meistens nur mäßiger Kälte. Die zyklonale Bora bringt trübes Wetter bei stark fallendem Luftdruck, heftige Niederschläge und große Kälte. Die Bora kündet sich durch Wolkenbildung an den Kämmen der Küstenberge an. Die Wolken entstehen, wenn die herabsinkende kalte Höhenluft die feuchte warme Tiefenluft unter den Taupunkt abkühlt. Nach einiger Zeit reißen sich von den Wolkenmassen einzelne Wolken los, gleiten in die Tiefe und lösen sich infolge der Erwärmung der herabsinkenden Luft wieder auf. Ähnliche Fallwinde kommen an vielen Küsten vor, wo kaltes Hinterland gegen ein warmes Meer abfällt, wie z. B. an der NO-Küste des Schwarzen Meeres bei Noworossisk. Mistral. Der Mistral der Provence und der französischen Mittelmeerküste von der Ebro-Mündung bis in den Golf von Genua hinein entsteht ebenso wie die Bora. Über dem warmen Golf du Lion lagert im Winter fast ständig ein Tief, während die angrenzenden kalten Hochflächen Frankreichs und Spaniens im Winter als Kältezentren häufig Hochdruckgebiete sind. Es weht dann ein NW-Wind, der alle Eigenschaften der Bora hat, vor allem auch das stoßweise Wehen. Vertieft sich der Luftdruck über dem Meer oder steigt der Druck über dem kalten Hochland, so kann ein sehr großes Druckgefälle entstehen, das dann einen wütenden Sturm und auf dem Meer wilde, hohe Wellen hervorruft. Das Haupt-Mistral- Gebiet ist das Rhone-Delta. Im Rhonetal selbst werden die Luftmassen in einen verhältnismäßig schmalen Raum zusammengepreßt und dadurch beschleunigt (Düsen-Effekt I), wodurch im Tal Sturmwindstärken entstehen, während der Wind in den Höhen normale Stärke hat. Auf See breitet sich der Luftstrom dann fächerförmig aus. Herrscht über See ein genügendes Druckgefälle, kann der Mistral als Seesturm bis in das Gebiet zwischen Balearen und Sardinien reichen.

80

IV. Die wichtigsten Winde und Wind systeme

In Lee der Westalpen und der Pyrenäen sind die Grenzen zwischen der dort lagernden ruhenden Luft und dem Mistral oft scharf ausgeprägt. In Sardinien beobachtet man dann im Norden Windstille, während im Süden schwerer Nordweststurm bis lOB weht, an der SW-Ecke (Kap Sperone) durch einen Ecken-Effekt verstärkt. Der Mistral tritt an der Küste sehr häufig auf, im Mittel an jedem 4ten Tag. Die Dauer ist meistens kurz, eintägiger Mistral ist am häufigsten. Winter und Frühling sind bevorzugt. Der Mistral weht im Gegensatz zur Bora frühnachmittags am stärksten, im Sommer verschiebt sich das Maximum zum Vormittag hin. Schirokko. Der Schirokko ist ein heißer, trockener Wind aus S bis SO im westlichen Mittelmeer. Er tritt zu allen Jahreszeiten auf, ist jedoch im Juli und August am drückendsten. Er entsteht durch ein Tief vor der nordafrikanischen Küste. Beim Überschreiten des Atlasgebirges nimmt er föhnartigen Charakter an und wird dabei. heiß und trocken. In den Küstenstädten wurden während starken Schirokkos Temperaturen von 40-50°C beobachtet. Die Temperatur nimmt zuweilen sehr plötzlich zu. Der heiße Wind dauert oft nur Stunden, gelegentlich aber auch 2-3 Tage. Meistens folgt dem Schirokko Windstille und dann NW-Wind mit leichtem Regen. Stürmische Schirokkos führen häufig Wüsten- und Steppenstaub mit sich (Gibli, Samum), und diese verfinstern dann die Luft. An der Küste beobachtet man bei Schirokkowinden oft Luftspiegelungen, Wasserhosen und schwere Böen.

58. Gewitter. Gewitter sind mit elektrischen Entladungen verbundene Kondensationsvorgänge in der Atmosphäre. Man unterscheidet Wärmegewitter und Frontgewitter. Wenn durch kräftige Sonnenstrahlung an heiteren, windstillen Tagen die unteren Luftschichten stark überwärmt werden, entsteht ein labiler Gleichgewichtszustand, der durch einen geringfügigen Anlaß gestört werden kann. Die überwärmte Luft dringt dann an irgendeiner Stelle durch die darüber lagernden kühleren Schichten empor und steigt in um so größere Höhen, je mehr Wasserdampf sie enthält, da dieser durch seine Kondensationswärme den Auftrieb in Gang hält. Man sieht dann mächtige, hochreichende Cumulus-Türme a.ufquellen. Starke elektrische Ladungen der Wolken sind die Folge der plötzlichen Kondensationsvorgänge. Wenn der kräftig aufsteigende Cumulus-Nimbus die kalten Höhenschichten erreicht hat, wird er zur Eiswolke, und die Quellköpfe breiten sich zu Amboßformen aus. Den unteren Teil der Gewitterwolke umgeben dunkle Nimbuswolken, die, von der Front der heranziehenden

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59. Beispiele von Gewitterböen

Gewitterwolke gesehen, zuweilen einen großen Bogen über einen Teil des sonst noch hellen Himmels spannen (Böenkragen). Während der Quellkopf in Höhen von 4-10 km emporschießt, gehen aus der Wolke starker Regen, Hagel-, Graupel- oder Schneeschauer mit Blitz und Donner nieder. Nach dem Vorübergang eines Gewitters heitert der Himmel auf, und es tritt wieder normale Witterung ein. Wärmegewitter" werfen das Wetter nicht um". Das Gewitter kann am Ort der Entstehung erlöschen; in der Regel jedoch breitet sich der Gewitterprozeß aus, und zwar ziehen in Europa die meisten Gewitter mit den oberen Luftströmungen von West nach Ost. Heftige Windstöße, Gewitterböen, starke Abkühlung, Niederschlag in Form von Platzregen oder Hagel kennzeichnen den Vorübergang. Wärmegewitter gehören in den Tropen zu den regelmäßig wiederkehrenden Erscheinungen der Regenzeit; dagegen fehlen sie in den Polargegenden. Auch auf See sind sie seltener, da es durch das große Wärmeaufnahmevermögen des Wassers nicht zur überwärmung der unteren Luftschichten kommt. Trockenheit der Luft ist für die Entstehung von Gewittern ungünstig. Ebenso entstehen sie selten in Hochdruckgebieten, denn in diesen ist zwar Windstille und im Sommer starke Erwärmung vorhanden, die Luftmas~en sind aber in absteigender Bewegung. Am günstigsten sind Rinnen tiefen Druckes zwischen zwei Hochdruckgebieten. Auch das Emportreiben feuchtwarmer Luftmassen an steilen Küsten oder durch Präriebrände oder Vulkanausbrüche kann zu Gewittern führen. Bei den Frontgewittern erfolgt das gewaltsame Emporsteigen der Luft durch einen dynamischen Vorgang, indem kalte Luft gegen Warmluft herandrängt und diese plötzlich in große Höhen emportreibt, wie dies näher in (63) beschrieben wird. 59. Beispiele von Gewitterböen. Als Beispiele heftiger Gewitterböen, die auf das Meer übergreifen, seien die westafrikanischen Tornados und die Sommerpamperos in der Nähe der La-Plata-Mündung angeführt. Die Tornados l treten an der Westküste Afrikas von 10° S bis 25° N, besonders zwischen dem Äquator und 10° N bis tief in die Guineabucht hinein auf. Die Böenwolke zieht fast immer aus nordöstlicher bis südöstlicher Richtung gegen den hier vorherrschenden südlichen oder süd· westlichen Unterwind langsam herauf. Am Tag zeigt die Wolke eine 1 Das Wort "Tornado" ist von diesen Gewitterböen auf heftige Stürme in Nordamerika übertragen worden, die jedoch einen völlig anderen Charakter haben, nämlich aus Wirbeln mit senkrechter Achse bestehen, also zu den Tromben gehören (s. S. l03).

Kranß·Meldan, Wetter- und Meereskunde, 4. Anfl.

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V. Die Stürme der gemäßigten Zonen

fahle, gelbliche oder kupfrige Färbung. Der vordere obere Rand der Wolke hebt sich scharf vom blauen Himmel ab, während der hintere, untere unregelmäßig gefranst ist. Das Heraufziehen der Wolke nimmt im allgemeinen 2-3 Stunden in Anspruch, kann jedoch auch sehr rasch vor sich gehen. Ist die pilzförmige Gewitterwolke etwa 40-60° hoch, so beginnt der Sturm plötzlich in einer schweren Böe aus NO zu wehen. Während der Sturm aus voller Stärke weht, ändert er seine Richtung nur wenig. Strömender Regen und heftige Gewitter begleiten ihn. Wenn der Wind nach 1-4 Stunden abzuflauen beginnt, dreht er durch o und SO wieder nach SW und W. Meistens treten nach dem Tornado schwache, veränderliche Winde oder Windstillen ein. Die Temperatur sinkt mit dem Einsetzen des Regens sehr rasch um 3-0°C. Die Tornados kommen am häufigsten vor, wenn die Kalmenzonen nach Süden gerückt sind, also von Oktober bis April, und in den Monaten des Monsunwechsels März-April und Oktober-November. Sie treten tagsüber häufiger auf als nachts. Ihre größte Häufigkeit erreichen sie am Anfang und Ende der Regenzeit, während sie mitten in der Regenund Trockenzeit seltener sind. Man kann das Herannahen eines Tornados meistens lange genug im voraus erkennen, um auf einem Schiffe alle Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Die Sommerpampero8 an· der La-Plata-Mündung sind ebenfalls unseren Sommergewittern verwandt. Kennzeichnend für sie ist eine von W gegen den herrschenden Unterwind heraufziehenden Gewitterwolke, heftige Niederschläge und Windstöße in Verbindung mit großartigen elektrischen Erscheinungen, Steigen des Barometers und Fallen der Temperatur. [Winterpamperos s. (76).J

V. Die Stürme der gemäßigten Zonen 60. Die WestwindgürteI. Zwischen den Hochdruckgebieten über den Polen und den Hochdruckgebieten der Roßbreiten fanden wir mächtige Tiefdruckrinnen. Da die Luft, die dem Gefälle vom Roßbreitenhoch zur Tiefdruckrinne hin folgt, auf Nordbreite nach rechts, auf Südbreite nach links abgelenkt wird, entstehen ausgeprägte Zonen westlicher Winde. Diese westlichen Winde sind auf der Südhalbkugel am regelmäßigsten entwickelt. Zwischen 40° und 60° S liegt der Gürtel der braven Westwinde, die Zone der "roaring forties" und der "furious fifties " , in denen man sich fast darauf verlassen kann, stürmische Westwinde anzutreffen. Der Charakter der Winde in diesen Westwindgürteln ist ganz anders als der der Passate. Während die Passate stetig und mit nahezu unveränderter Stärke aus derselben Richtung wehen, wechselt der Wind in den Westwindgürteln häufig seine Richtung (auf Nordbreite von S

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61. Luftmassen

über W nach N, auf Südbreite von N über W nach S) und schwankt dabei vielfach zwischen leichter Brise und Orkanwindstärke. Der Grund hierfür liegt darin, daß Hoch- und Tiefdruckgebiete als wandernde Störungen das Gebiet westlicher Winde von W nach 0 durchziehen. Dabei werden Luftmassen aus höheren in niedrigere Breiten und umgekehrt verlagert. Der Luftaustausch, der in den Tropen durch die übereinander liegenden Luftströme Passat-Antipassat in Richtung der Meridiane geschieht, wird in den mittleren Breiten wesentlich durch nebeneinander fließende Luftströme besorgt (50). 61. Luftmassen. Jede synoptische Wetterkarte läßt diese Luftströme erkennen, die aus Luft ganz bestimmter Eigenschaften bestehen. An der Stirnseite dieser Luftströme und in den Flanken erkennt man deutliche Wetterwechsel. Die Luftströme erstrecken sich evtl. über Tausende von Seemeilen und reichen einige Kilometer in die Höhe, manchmal sogar bis in die Stratosphäre. Solche Luftmassen haben bestimmte Eigenschaften (Temperatur, Feuchte, Bewölkungsart, Sichtigkeit), die sie in ihrem Entstehungsgebiet angenommen haben, unterliegen aber auf ihrer Wanderung auch Bodeneinflüssen, die ihren Charakter ziemlich verändern können. Innerhalb einer Luftmasse sind die meteorologischen Verhältnisse einheitlich oder sie ändern sich stetig. Wo ein Luftstrom auf eine andere Luftmasse stößt, die anders geartet ist, entstehen Fronten mit deutlichem Witterungswechsel und sprunghafter Änderung der Wetterelemente (Isobarenknick, Windsprung, Temperatursprung usw.). Man unterscheidet in unseren Breiten nach ihrer Herkunft Arktikluft (abgekürzt A) aus dem Polgebiet, Subpolarluft, kurz Polarluft (P) genannt, aus dem Gebiet des Polarkreises und Tropikluft (T) aus dem Roßbreitenhoch .

Die Eigenschaften dieser Luftmassen sind verschieden. Die arktische Luft ist sehr trocken, hat eine geringe Feuchte und wenig Kondensationskerne, sie ist daher rein, sichtig und wolkenarm. Sie hat Tendenz zum Absinken. Strömt diese Luft aber, etwa von Grönland kommend, lange über See, dann wird sie in den unteren Schichten mit Feuchtigkeit angereichert, die Bewölkung und Schauerneigung wächst, nie Temperatur wird gemäßigt. Sie heißt dann maritim-arktisch (mA). Kommt sie aber über ein Festland zu uns, etwa im Winter als Ostwind aus Rußland-Sibirien, so ist sie trocken und bringt heiteres Wetter (continental-arktisch, cA). Die Tropik-Luft aus niederen Breiten ist Warmluft. Strömt sie in kältere Gebiete ein, neigt sie zur Bildung von Nebeln, Sprühregen, Diesigkeit. Erreicht sie uns über See, etwa aus dem Alorenhoch abströmend, ist sie besonders feucht (maritim-tropisch, mT). Erreicht sie uns aber über Festland, wie z. B. als SO-Wind vom Süd6*

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V. Die Stürme der gemäßigten Zonen

balkan, dann wird ihre Wärmewirkung verstärkt und sie ist trocken (continental-tropisch, cT). Luft, die aus kühleren in wärmere Gebiet.e einströmt, wird von unten erwärmt und dadurch labil geschichtet. Wenn sie genügend Feuchte enthält, bilden sich Haufenwolken (Cu, Cb), wie wir das besonders bei maritimarktischer Luft beobachten. Durch die entstehenden Umschichtungen wird die Erwärmung bis in große Höhen gebracht. Der Wärme-Einfluß des Meeres ist sehr erheblich. Kommen z. B. Kältewellen aus dem kalten nordamerikanischen Kontinent über das Golfstromgebiet, können Temperaturdifferenzen bis zu 25°C auftreten. Es kommt dann evtl. zu trombenartiger Konvektion (spiralige Dampfsäulen). Luft, die aus warmen in kältere Gebiete kommt, wird unten abgekühlt, und dadurch 8tabil geschichtet. Ihre Bewölkung wird aus Schichtwolken (St) bestehen. Sie wird nur unten abgekühlt, bleibt oben unberührt. Strömt z. B. subtropische Warmluft über das kühlere Wasser des Labradorstromes, so wird sie stabil geschichtet, die starke Abkühlung der unteren Schichten bringt Nebel, niedrige Schichtwolken und schließlich Nieselregen. Arktikluft, die auf der Rückseite eines Tiefdruckgebietes vordringt, kann, von diesem Tief in seinen Wirbel gezwungen, als rückkehrende Polarluft wieder nach N fließen, hat dann aber ihren Charakter weitgehend geändert. 62. Der Aufgleitvorgang. Warmfront. Ist die Warmluft aktiv und strömt gegen einen ruhenden oder langsamer sich bewegenden Kaltluftberg an, so wird sie diese Kaltluft nur langsam zurückdrängen können, am wenigsten wegen der Bodenreibung am Boden, sondern wird wie leichtere über eine schwerere Flüssigkeit auf die Kaltluft autgleiten. Die Linie auf der Erde, wo sich die Warmluft vom Erdboden abzuheben beginnt, nennt man die Warmfront oder Au/gleit/ront. Die Grenzfläche der beiden Luftmassen, die Aufgleitfläche, ist nur sehr schwach ansteigend. In den Zeichnungen ist sie stark überhöht. Die Steigung beträgt etwa 1.: 100. Aufgleiten bedeutet dynamische Abkühlung. Dabei wird die Luft .relativ feuchter, bis Kondensation eintritt. Da die aufgleitende Warmluft meistens maritimen Ursprungs, also feucht ist, tritt diese Kondensation sehr bald ein, und es bildet sich ein weitgestrecktes Schichtwolkenfeld mit anhaltenden Niederschlägen. Die Wolken sind nahe der Front am tiefsten, an der oberen Grenze (über 5000 m) bestehen sie schon aus Eiskristallen, in denen die Sonne Halo-Erscheinungen hervorruft. Wie die Abbildung 43 andeutet, entstehen der Reihe nach Ci-, Cs-, As-, Ns-Wolken, die zuweilen in Streüen parallel zur Front an-

62. Der Aufgleitvorgang. Warmfront

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geordnet sind. Aus diesen Wolken fällt Niederschlag, der aber erst aus den mächtigen Nimbostratus-Wolken zu Beginn des Aufgleitvorganges den Boden erreicht. Das Regengebiet ist zuweilen bis zu 200 sm breit, und es fällt darin ein leiser, gleichmäßiger Landregen. Bei niedrigen Temperaturen sind

Abb. 43. \Varmfront und Aufgleitvorgang. Oben (a): Seitenansicht, unten (b): Aufsicht, Bild in der Wetterkarte

die entsprechenden Schneefallgebiete meistens sogar 250 sm breit. In der Nähe der Front, wo die Grenzfläche am steilsten ansteigt, ist der Niederschlag etwas stärker. Die zurückweichende Kaltluft hinterläßt am Boden manchmal eine dünne Haut kalter Luft, eine Kaltluttschleppe, an deren Grenze es zu dem sogenannten Frontalnebel kommt.

Abb.44. Beispiel einer Warmfront in der Wetterkarte (s. dazu Abschnitt IX)

Im Winter kann es vorkommen, daß der Boden mit einer Kaltluftschicht bedeckt ist, die von der warmen Luft nicht zerstört wird. Es können dann jedoch Fronten in größerer Höhe entstehen, die aber nur durch Ballonaufstiege nachgewiesen werden können (Hähen/ronten). Die Warmfront wandert, aber nur langsam, weil sich die Warmluft wegen der besonders stabilen I.Juftschichtung an der Warmfront (Warm über Kalt!) nur langsam bis auf den Boden durchsetzen kann.

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V. Die Stürme der gemäßigten Zonen

63. Der Einbruchsvorgang. Kaltfront. Stößt aber kalte Luft gegen ruhende Warmluft vor, dann schiebt sich die schwerere kalte unter die warme Luft und treibt diese in die Höhe. Unter dem Einfluß der Bodenreibung wird der untere Teil der vordringenden Keilfläche sehr steil, 6 ~

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Abb. 45 a u. b. Kaltfront und Einbruchsvorgang. Oben (a): Seitenansicht, unten (b): Aufsicht, Bild in der Wetterkarte

die Kaltluft gleitet nicht langsam auf, sondern es entsteht an der Vorderseite der vordringenden Kaltluft eine Kette mächtiger Cumulonimben entlang der ganzen Front mit entsprechend heftigen Niederschlägen in Form von Schauern, Regenböen, manchmal mit Hagel, Graupeln und Gewitter. ;6'".mmb Vor der Front liegt dabei der "Böen~ t-7"!~ . 1005 f8"~ 1IXJIJ J kragen", hinter ihm dringt der "Kaltluftkopf" vor. Später wird die Grenzfläche flacher geneigt, so daß statt CumulonimA~~~te6·(f.~!~~~~~cg:Itf:it;'r. ben Nimbostratus- und Altostratus-Schirme auftreten. Die Tiefe des Einbruchsvorganges ist viel geringer als die des Aufgleitvorganges. In der Kaltluft selbst beobachten wir meist absteigende Luftbewegung. Die Grenzfläche zwischen Warm- und Kaltluft heißt Einbruchsfläche. Ihre Schnittlinie mit der Erdoberfläche ist die Einbruchsfront oder Kaltfront (auch Böenfront genannt). Die Böenstöße werfen rasch einen starken Seegang (weiße Schaumköpfe) auf. Wenn die Temperaturgegensätze sehr groß sind, nimmt der Kondensationsvorgang heftige Formen an, und es kommt entlang der

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64. Die Polarfront

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ganzen Front zu Gewittern (Frontgewitter). Diese unterscheiden sich von den Wärmegewittern durch geringere Abhängigkeit von der Jahresund Tageszeit, durch die große Länge der Gewitterfront, die rasche Fortbewegung und dadurch, daß sie eine erhebliche Änderung des Wetters bringen. In den Isobaren der Wetterkarten verraten sie sich durch eine V-förmige Ausbuchtung. In der BarograT phenkurve zeigt sich beim Passieren dieser rront eine deutliche "Druckstufe" mit steilem Druckanstieg nach dem Vorübergang der Front. ,,# 4?-warmDa die Einbruchsfläche steiler und die Uluft V9n ihr bedeckte Zone schmäler ist als bei dem Aufgleitvorgang, dauert der Kaltfrontregen kürzere Zeit als der Landregen vor der Warmfront. Abb.47. "Knick" in den Kaltfronten wandern schneller als Warm- Isobaren an der Kaltluftfront fronten. Der Kaltlufteinbruch kann evtl. auch ohne Schauer-Niederschläge und -Bewölkung erfolgen ("weiße Böen"). 64. Die Polarfront. Die Polarkalotten der Erde sind mit Kaltluft bedeckt, aus denen die Luft antizyklonal abströmt. Diese Winde wehen auf Nordbreite aus NO bis O. Mit diesen so bewegten Luftmassen grenzt der Polarluftkörper an den Westwindgürtel mit seiner warmen, entgegengesetzt bewegten Luft. Die Grenzlinie am Erdboden heißt Polarfront. Man hat sich die Grenzfläche der beiden Luftmassen nicht senkrecht stehend zu denken, vielmehr schiebt sich die Kaltluft infolge ihres größeren spezifischen Gewichtes keilförmig unter die Warmluft. Ein stetiges, andauerndes Fließen der beiden Luftmassen nebeneinander ist möglich, wenn die Grenzfläche einen bestimmten Winkel mit der Erdoberfläche bildet, der von den Temperaturen und Geschwindigkeiten der beiden Luftströme abhängt. Sobald sich eine dieser Größen ändert, ist dieser stationäre Zustand gestört, es treten Ausbuchtungen der Polarfront ein, in denen kalte Luftmassen in niedere und warme in höhere Breiten vorstoßen. Gefördert werden Störungen an der Polarfront durch geographische Hindernisse, Gebirgszüge oder Landmassen, die aus dem Meer aufragen. Die polaren Ostwinde können z. B. an der Küste Grönlands gestaut und dadurch nach Süden abgelenkt werden. Ebenso geben die großen meridional verlaufenden nordamerikanischen Felsengebirge, Spitzbergen, Franz-.fosephs-Land, Nowaja-Semlja und das Ural-Gebirge Anlaß zu großen Kaltlufteinbrüchen in wärmere Luft. Auf Südbreite wirkt ähnlich das weit südlich vorspringende Südamerika als Hindernis.

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V. Die Stürme der gemäßigten Zonen

Nach den Forschungen des norwegischen Meteorologen V. BJERKNES sind die wandernden Tiefdruckgebiete, die das Wetter unserer Breiten gestalten, die Folge einer Wellenbildung an dieser Grenzfläche der beiden Luftmassen, der Polarfront. Die Zyklonenserien, die man beobachtet, sind Einzelwellen eines ganzen Wellenzuges, der sich an der Polarfront bildet. Zwischen den einzelnen Tiefdruckgebieten

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Abb.48. Zyklonenmodell. Oben: Horizontalschnitt. Unten: Vertikalschnitt längs A-B

liegen Keile höheren Luftdrucks (s. Abb. 49). Diese zusammenhängenden Folgen von Hoch- und Tiefdruckgebieten wandern von West nach Ost, und so entsteht das mannigfach wechselnde Wetter der mittleren Breiten. 65. Das Zyklonenmodell von Bjerknes. Der Kampf zwischen den warmen und kalten Luftmassen an der Polarfront ist von V. BJERKNES und seinen Schülern und Mitarbeitern (J. BJERKNEs, SOLBERG) in dem Schema einer idealisierten Zyklone veranschaulicht worden. Dieses Schema ist in Abb. 48 für Nordbreite dargestellt (vgl. Abb. 61 Zyklone auf Südbreite I). Das Bild stellt oben die Zyklone im Grundriß dar, die Verteilung warmer und kalter Luft und die Luftströmungen an der Erdoberfläche. Das untere Bild gibt einen Vertikalschnitt durch den

66. Das Wetter in einer Zyklone

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südlichen Teil, etwa längs der Linie A-B. Die Höhen sind stark vergrößert gezeichnet. Zwischen zwei Kaltlufteinbrüchen liegt ein Sektor warmer Luft (Tropikluft) mit südwestlichen Winden eingeschlossen. An der im Osten gelagerten Kaltluft gleitet die g~gen sie vordringende Warmluft auf (62). Im warmen Sektor mit seinen südwestlichen Winden steigt die Luft nicht auf. Im Westen fällt aus nordwestlicher Richtung die Luft des nachfolgenden Kaltluftkörpers in die warme Luft ein (63). Der Vorgang ist meist stürmisch, und es kommt zu den schon geschilderten Böen mit Regen-, Hagel- oder Graupelschauern.

66. Das Wetter in einer Zyklone A. Nehmen wir an, daß ein Beobachter dieses Zyklonengebiet von Ost nach West längs der Linie A-B durchfährt, so wird er folgende Erscheinungen wahrnehmen:

1. Vor der Warm/ront. Im Hochdruckgebiet vor der Zyklone hat er Windstille beobachtet oder leichte östliche Winde und heiteres, klares Wetter. Als erstes Anzeichen der Störung sieht er in westlicher Richtung Cirrus-Wolken, evtl. in Form von Windwolken aufziehen, die in großer Höhe mit Sturmesstärke voraneilende Warmluft, deren Wasserdampf in den großen Höhen über 5000 m zu Eiskristallen kondensierte. Die Wolken verdichten sich bei weiterer Annäherung zu einer Cirrostratus-Decke, in der Halo-Erscheinungen sichtbar werden können. Der Luftdruck beginnt zu fallen, der Wind dreht südlicher. Allmählich wird die Wolkendecke grauer (Altostratus), Sonne oder Mond scheinen nur noch als blasse Scheiben hindurch. Dann kommen, immer dichter und niedriger werdend Regenwolken (Nimbostratus), aus denen zuerst spärlich, dann sich verdichtend gleichmäßiger, anhaltender "Landregen" fällt. Der Wind frischt auf, dreht auf S bis SW, die Temperatur steigt etwas, die Sicht wird schlechter (Barogramm häufig unruhig). 2. In der Warm/ront geht der Regen in Sprühregen über oder hört ganz auf, der Wind dreht auf SW und frischt auf, die Temperatur steigt, der Luftdruck fällt nicht mehr so stark oder bleibt gleich. 3. Im warmen Sektor herrschen warme, südwestliche oder westsüdwestliehe Winde. Der Luftdruck bleibt gleich oder fällt nur wenig weiter, bis er seinen Tiefstand vor der Kaltfront erreicht hat. über Warmwassergebieten und Land im Sommer lösen sich die Wolken nach der Warmfront auf, es herrscht heiteres, etwas diesiges Wetter. über Kaltwasser oder Land im Winter bilden sich im warmen Sektor niedrige Schichtwolkendecken, aus denen zuweilen Sprühregen fällt. Je mehr sich der Beobachter der Kaltfront nähert, sieht er in westlicher Richtung Cumulus- und Altostratus-Wolken, dann die heran-

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V. Die Stürme der gemäßigten Zonen

ziehende Wolkenwand der Front selbst aufziehen, der oft ein Böenkragen vorgelagert ist. 4. In der Kaltfront. Beim Durchgang der Böenfront schießt der Wind plötzlich nach NW aus (auf Südbreite nach SW!). Die Temperatur fällt plötzlich, der Luftdruck steigt. Kurze heftige Niederschläge, evtl. Hagel- oder Graupelschauer mit Gewitter. Zeitweilig geht die Sicht sehr weit herab. 5. Hinter der Kaltfront, Rück.seite. Hinter der Kaltfront ist der Beobachter im Bereich der Kaltluft. Bei starker Aufheiterung beobachtet er gute Sicht, nordwestliche Winde, Abnahme der Bewölkung. Niederschläge können noch in Form von Schauern auftreten; sie werden an Stärke und Häufigkeit nachlassen, wenn das nachfolgende Hochdruckgebiet Einfluß gewinnt (Rückseitenwetter). Meistens wird, noch ehe die Abb. 49. Zwischenhoch Schauerbewölkung ganz verschwunden ist, neuer Cirrus-Aufzug in W das Nahen eines neuen Tiefs ankündigen. Man spricht dann von einem Zwischenhoch (Abb. 49). Der Einbruch der Kaltluft erfolgt oft nicht einmalig, sondern gestaffelt, indem einem Schwall kalter Luft kältere und auf diese noch kältere Luft folgt. B. Ein Beobachter, der polwärts vom Zentrum der Depression durch das Störungsgebiet hindurchkommt, kommt nicht in den warmen Sektor. Er passiert nur die Wolken- oder Regengebiete der schon vom Erdboden abgehobenen Warmluft. Er beobachtet nur ein langsames Zurückdrehen (Krimpen) des Windes ohne sprunghafte Änderung. Zuerst wird er in SW Cirren aufziehen sehen, die dann in Os und As übergehen. Dann setzt Regen ein, dessen Stärke und Dauer davon abhängt, wie weit der Beobachter vom Zentrum des Tiefs entfernt ist. Steht er weit ab, erhält er keinen Regen. Auf der Rückseite beobachtet er Schauerwolken und erhält evtl. noch einige Regenschauer. Im Nordatlantik und Nordpazifik gehen die Zentren der Zyklonen meistens nördlich an den Schiffen vorüber, so daß man auf westwärtsfahrenden Schiffen die Wetterbeobachtungen wie im Fall A in 66 macht.

67. Die Entwicklung der Zyklone. Der in Abb. 48 dargestellte Zustand der Zyklone, wie man ihn im allgemeinen nur über den Ozeanen antrifft, ist nun aber nur ein Stadium in dem Entwicklungsgang der Zyklone. Nach BJERKNES hat man sich den Entwicklungsgang von der Geburt his zum Absterben so vorzustellen, wie es die Abbildung 50 zeigt.

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67. Die Entwicklung der Zyklone

In der anfangs geradlinig verlaufenden Polarfront entwickelt sich eine schwache Ausbuchtung, die "junge" Wellenstörung (b). In c) ist schon etwa der Fall der Idealzyklone der Abb. 48 erreicht. Da nun die Kaltfront mit ihren starken NW-Winden schneller voranschreitet als die Warmfront, nähert sie sich der Warmfront immer mehr, und der südliche Teil des warmen Sektors b wird immer schmäler (d). a Schließlich holt die Kaltfront die Warmfront ein, und das Warmluftgebiet wird am Boden abgeschnürt (e). Ist die warme Luft ganz abgehoben, so nennt man die Zyklone ein " zusamc mengeklapptes" oder "okkludiertes" Tief. Vom Beginn des Okklusionsvorganges ab vertieft sich die Zyklone meistens noch; nach vollendeter Okklusion setzt Abschwächung ein, der Wirbel stirbt ab (f). Die zyklonale Bewegung der f e Luftmassen dauert infolge der Trägheit noch einige Zeit an, erlischt dann aber infolge der Reibung. Vergleiche die Entwicklung der Zyklone in den Abb. 54, 55. Mit dieser Entwicklung dehnt sich horizontal der g h Umfang der Zyklone immer Abb.50. Entwicklungsgang einer Zyklone mehr aus. Aber auch nach oben hin wächst die Zyklone. Im Stadium f reicht sie in die mittlere Troposphäre, in g bis zur Tropopause und in die untere Stratosphäre und bleibt hier (h) noch lange als "Kaltlufttropfen" erhalten. Im Mittel wird zwischen den Entwicklungsstufen a und b, bund c ein halber Tag, zwischen c und d ein Tag liegen. Bis zum völligen Absterben vergehen 1-2 Tage, wenn nicht erneute Kaltluftzufuhr die Zyklone wieder vertieft (72).

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V. Die Stürme der gemäßigten Zonen

68. Die Okklusion. Ist die Zyklone okkludiert und der warme Sektor in der Bodenwetterkarte nicht mehr erkennbar, so verrät er sich doch durch Niederschläge. Viele im Bereich der europäischen Wetterkarten erscheinende Zyklonen sind bereits im Absterben, so daß sich der warme Sektor nicht mehr deutlich ausprägt! Man beobachtet dann nur ein durchziehendes Wolkenfeld, begleitet von Regen und einer Druckschwankung, während sich die Temperatur kaum ändert. An der Okklusion beobachtet man Warm- und Kaltluftfrontmerkmale im Wolkenbild (Cs, As, Ns, Cu, Cb). Ist aber von den beiden jetzt zusammenlagernden Kaltluftmassen die vorgelagerte kälter, so werden die Warmluftmerkmale besonders hervortreten (Okklusion mit Warmfrontcharakter). Ist die Rückseitenkaltluft kälter, hat die Okklusion Kaltfrontcharakter .

Abb. 51. Schnitt durch eine Okklusion mit Kaltfrontcharakter

Abb. 52. Schnitt durch eine Okklusion mit Warmfrontcharakter

Der Vorgang der Okklusion wird beschleunigt, wenn die Zyklone auf ein Hindernis, wie z. B. die hohen Gebirge Norwegens, trifft. Es kommt dann vor, daß sich der südliche Teil, der im Skagerrak freie Bahn findet, ablöst und als selbständiger Wirbel (Skagerrak-Zyklone) weiterzieht. 69. Zugstraßen der Zyklonen. Die Zyklonen liegen während der geschilderten Entwicklung nicht fest, sondern wandern in öst.licher Richtung. Eine statistische Bearheitung der Wetterlagen zeigt, daß die Tiefdruckgebiete über Europa bestimmte Zugstraßen bevorzugen, die VAN BEBBER I bis V benannte (Abb. 53). Bei weitem am häufigsten wandern die Zyklonen auf der Bahn I, die etwa dem Golfstrom folgt. Es können sich von diesen Zyklonen Randtiefs abzweigen, die über Skagerrak und Kattegat ostwärts ziehen und heftige Stürme für die Ostsee bringen. Bahn II führt von den Färöern direkt nach Südfinnland, Bahn III südöstlicher zur mittleren Ostsee. Bahn III tritt vor allem im Winter auf und bringt für die Nordsee schwere Stürme (siehe Abb. 54, 55). Bahn IV führt vom Westeingang des Kanals nach Nordosten und führt kleine, aber häufig kräftige Tiefs mit sich, besonders im Sommer. Bahn Va wird nur selten beschritten. Bahn Vb führt am Ostrand der Alpen entlang über Mähren und Schlesien zum Balükum und ist auf diesem Wege sehr wetterwirksam. Sie bringt langanhaltende Niederschläge und die gefürchteten Hochwasser der Oder.

69. Zugstraßen der Zyklonen

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Als Zugrichtung überwiegt also in mittleren Breiten die westöstliche. Die Zugstraßen verlaufen vorzugsweise über die großen Wasserflächen und meiden die Festländer, insbesondere hohe Gebirge wie die Alpen. Wenn eine Bahn durch 1 oder 2 Tiefs "eingefahren" ist, werden weitere auf ähnlicher Bahn folgen.

Abb.53. Zugstraßen der Zyklonen über Europa in der historischen Darstellung von KÖPPEN und VAN BERBER

Wichtiger als diese statistisch gewonnenen Zug bahnen sind Gesetze, die aus der Natur und dem Aufbau der Zyklone auf die Bewegungsrichtung zu schließen erlauben. Es gilt als Regel: Das Zentrum der Zyklone bewegt sich in der Richtung der Strö. mung des warmen Sektors, d. h. annähernd parallel zu dessen Isobaren. (BJERKNES, SOLBERG 1922.) Dies gilt aber nur für junge Zyklonen. Füllt die Zyklone sich auf, so verlagert sie sich immer langsamer, wird stationär oder beschreibt sogar eine Schleife gegen den Uhrzeigersinn. Auch aus der Richtung des Cirrus-Zuges kann die Fortschreitungsrichtung der Zyklone geschlossen werden. Weitere Anhaltspunkte dieser Art in (136).

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V. Die Stürme der gemäßigten Zonen

Die geschilderten Zugbahnen führen zu Lagen der Kalt- und Warmfront, die weitgehend von der in (6o) beschriebenen Idealzyklone abweichen können. 70. Die Geschwindigkeit der Zyklonen. Die Geschwindigkeit der Zyklonen a,uf diesen Zugbahnen hängt von dem Entwicklungsstadium ab, in dem sich die Zyklone befindet. Im ersten Entstehungsgebiet kann die Geschwindigkeit 50 kn und mehr betragen. Der Atlantik-Orkan vom Oktober 1954 wanderte z. B. am 6. Okt. zeitweilig mit über 70 kn. In

Abb.54 und 55. Beispiel für Zyklonen und Verlagerung (Zugstraße 111) Abb.54. Wetterlage vom 26. Oktober 1936, 19 h

jungen Zyklonen ist die Geschwindigkeit um so größer, je größer der Temperatursprung zwischen kalter und warmer Luft und je größer die Windstärke im warmen Sektor ist. Die Wandergeschwindigkeit wächst also mit zunehmender Windstärke im Warmsektor. Je mehr die Zyklone abstirbt, desto langsamer wandert sie. Okkludierte Zyklonen sind vielfach fast stationär. In Europa kommen die Zyklonen oft schon absterbend an, so daß ihre Geschwindigkeit nicht mehr groß ist. Im Winter wandern sie schneller als im Sommer. Als mittlere Geschwindigkeit über dem Ozean kann man etwa 15-20 kn annehmen.

71. Zyklonen familien

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Ein West steuernder Dampfer wird also die Zyklone schnell passieren, während ein Ost steuernder Dampfer evtl. während der ganzen Reise in demselben Teil der Zyklone bleibt und ein schnell laufendes Schiff die Zyklone von hinten überholt. 71. Zyklonenfamilien. Bei einem Vorstoß einer großen Kaltluftmasse gegen die niedrigen Breiten folgen meistens mehrere Zyklonen hintereinander, von denen jede entsprechend dem Vordringen der Kaltluft südlicher (auf Nordbreite !) ansetzt und auf südlicherer Bahn nach

Abb. 55. Wetterlage vom 27. Oktober, Sh (EIbe I·Orkan). (Aus Dampferhandbuch Nordsee)

Osten wandert. Man nennt eine solche Zyklonenserie auch eine Zyklonenfamilie. Man hat sich deren Glieder an dem südwestlich verlaufenden Vorderrand der vorstoßenden Kaltluftmasse aneinandergereiht zu denken, etwa in den Entwicklungsstadien f, e, d, c der Abb. 50. Hat die Polarfront die Roßbreiten erreicht, hört die Zyklonenbildung auf, und der Polarluftstrom, an dessen Ostrand diese Wirbel entstanden sind, mündet in den Passatkreislauf ein. Zu einer Familie gehören nach der Auffassung der norwegischen Meteorologenschule im allgemeinen 4-5 Zyklonen. In Norwegen wurde 1921 der Vorübergang von etwa 66 Familien festgestellt, woraus für

96

V. Die Stürme der gemäßigten Zonen

den Vorübergang einer Familie eine Dauer von durchschnittlich 5,5 Tagen folgt. Für die einzelne Zyklone nimmt man eine Lebensdauer von etwa einer Woche an.

Abb. 56. Zyklonenfarnilie

72. Randzyklonen, Zyklonenregeneration, gegenläufige Zyklonen. Häufig sind dem großen Wirbel des Haupttiefs am Rande kleinere Wirbel angelagert, die als Sekundärdepressionen, Teiltiefs, oder Rand'Wirbel bezeichnet werden. Frei von ihnen ist nur die polare Seite der Zyklone. In der Regel entstehen sie an der West- und Südseite. Sie bilden sich oft ganz unvermittelt, vertiefen sich rasch und rücken mit großer Geschwindigkeit nach Osten vor, indem sie die Mutterzyklone auf der Äquatorseite begleiten, meistens ihr sogar vorauseilen. Sie sind von kräftigen Regenfällen begleitet. Auf ihrer Vorderseite ist der Wind schwach, um so kräftigere Böen herrschen bei abnehmenden Niederschlägen auf der Rückseite. Teiltiefs lösen sich nicht selten von der Mutterzyklone los. Während sie sich vertiefen, füllt sich die Mutterzyklone auf und stirbt ab. Die sich zum selbständigen Tief entwickelnden Teiltiefs können sogar größere Ausdehnung und Wetterwirksamkeit bekommen als das Ausgangstief. Es kommt vor, daß absterbende, schon fast stationär gewordene Zyklonen sich wieder vertiefen und wieder stürmisch werden. Das kann durch Einverleibung von Tochterzyklonen oder von Folgezyklonen der Serie, die schneller wanderten und sie einholten, geschehen oder durch Einverleibung fremder ausgedehnter Kaltluftmassen, die abseits lagen und, in den Wirbel hineingezogen, neue Temperaturgegensätze und damit neue Energie bringen. Auch der Boden, über den die Zyklone hinwegzieht, kann Anlaß zur Wiederbelebung geben, wenn z. B. eine okkludierte Zyklone vom Festland auf das Meer oder im Sommer vom Meer auf das stark erhitzte Festland übertritt. Gegen die vorherrschende Luftbewegung der gemäßigten Zone, also westwärts wandernde Zyklonen sind Ausnahmen. Aber sie können entstehen, wenn z. B. östliche Tropikluft aus einem russischen Hoch über die Ostsee hinweg gegen maritime Polarluft aus NW-SW über Westeuro pa vordringt. Die an der Frontzone entstehenden Zyklonen haben dann ihren Warmsektor nicht in SW-W, sondern in NO-N.

97

73. Troglagen, Flautefronten

73. Troglagen, Flautefronten. Meistens liegt der tiefste Luftdruck (vgl. die Wetterkartenbeispiele) im Zentrum des Tiefdruckgebietes, un15'

ZOO

2'1.0kt. 1949, 611, MOZ

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Abb. 57. Troglage

mittelbar hinter der Kaltfront. Es kann aber auch vorkommen, daß der tiefste Druck nicht in der Nähe der Kaltfront, sondern weit dahinter liegt. Es bildete sich ein Trog tiefen Druckes (s. Abb. 57). Man beobachtet dann nach dem Passieren der Kaltfront zunächst eine Abnahme der Windstärke. Wenn dann der Luftdruck nicht kräftig zu steigen beginnt und der Wind etwas zurückdreht, dann steht der schlimmste Sturm noch in diesem Troggebiet bevor. Erst nach Durchgang des Troges steigt der Luftdruck steil an und der Sturm fIaut ab. Man beobachtet in diesen Fällen hinter der Kaltfront eine

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Abb. 58. Auffächerung der Isobaren hinter einer Kaltfront

Krauß-Meldau, 'Wetter- und Meereskunde, 4. AufI.

7

98

V. Die Stürme der gemäßigten Zonen

starke Autlächerung der Isobaren (s. Abb. 58), das Druckgefälle nimmt ab, der Wind flaut hinter der Front rasch ab an Stelle des nach der Theorie zu erwartenden Auffrischens ("Flautefront"). So beobachteten Fischdampfer bei Island, wie orkanartiger Sturm aus O-SO abgelöst wurde von mäßiger bis schwacher Brise aus S, oder in der Nordsee, wie frischer SSW in schwachen Westwind überging. Mit der Kaltfront muß aber immer ein Windsprung verbunden sein. Die Front ist um so deutlicher, je ausgeprägter der Windsprung ist. 74. Höhentrog. Von diesem Trog hinter einem Tief ist zu unterscheiden der Höhentrog. Die Abbildungen 59 und 60 zeigen nebeneinander die Boden- und Höhenluftdruckverteilung des 7. 9. 1953 über dem Nord-

.A.bb. 59. Wetterlage am 7.9. 1953 o Uhr MGZ

Abb. 60. Höhenwetterkarte vom 7.9. 1953 3 Uhr MGZ (aus Wetterlotse 63/64)

atlantik. Die Höhenwetterkarte zeigt eine großräumige Ausbuchtung der Höhenschichtlinien nach Süden in Form eines großen, nach Norden offenen U, das von zwei Hochdruckkeilen eingeschlossen ist. Dieses Gebilde heißt ein Höhentrog. In amerikanischen Wetterberichten wird unter der Bezeichnung Trog (trough) das unter diesem Höhentrog liegende langgestreckte Ge-

76. Einige besondere Stürme

99

biet niedrigen Luftdruckes gemeldet (im Gegensatz zu ridge = Rücken hohen Druckes). Es ist also ein Gebiet damit gemeint, das mehrere Tiefs enthält, die zusammengehören und in dem sich, besonders am Südende neue Zyklonen entwickeln können. Höhentröge treten vor allem im Winter vor den Küsten kalter Landmassen auf, besonders vor den Küsten Asiens und Amerikas [so (55)]. An den Flanken des Höhentrogs wehen Höhenstürme, in der TrogAchse selbst nimmt die Windgeschwindigkeit ab. 75. Das Wetter in den nördlichen Fischereigebieten, die Arktikfront. Die Wetterverhältnisse in den nördlichen Fischereigebieten werden teilweise bestimmt durch die Zyklonen, die sich an der Arktikfront bilden. Diese Arktikfront, entlang der die zwischen Grönland und Norwegen nach Süden strömenden Kaltluftmassen auf wärmere Luft stoßen, die nach Norden strömt, verläuft im Mittel von der Barents-See l-rr Nordwestecke Islands. An dieser Front entlang laufen die Zyklonen dieser Gebiete in der Richtung WSW-ONO. Greift ein Hoch über Rußland steuernd ein, so verschiebt sich diese Grenzlinie stark nach Nordwesten, evtl. bis nördlich von Spitzbergen. Liegt dagegen ein starkes Hoch über Ostgrönland, so liegt die arktische Front mehr südöstlich und verläuft von Nordschottland nach dem Baltikum. Die Zyklonen laufen entlang den sich hieraus ergebenden Zug bahnen mit Geschwindigkeiten von 500-600 sm pro Tag und folgen dabei in Serien, wobei die nächste Zyklone immer etwas südlicher greift als die vorhergehende (11). Im Gegensatz zur eigentlichen Polarfront treffen an der arktischen Front keine subtropischen Luftmassen auf die Kaltluft, sondern es handelt sich um gealterte Polarluft, die, evtl. schon von Labrador kommend, auf dem weiten Weg über den Ozean sich erwärmte. Entsprechend der atlantischen Arktikfront zieht sich im Stillen Ozean die pazifische Arktikfront vom Aleutentief bis in die Nähe des amerikanischen Seengebietes (amerikanische Arktikfront). 76. Einige besondere Stürme. In manchen Gegenden haben die mit wandernden Zyklonen verbundenen Stürme besondere Namen. Stürmische Kaltlufteinbrüche sind alle Winde vom Norder-Typus, die Norder im Golf von Mexiko, die Blizzards in den USA, die Pamperos und Su-Estados an der argentinisch-südbrasilianischen Küste. Diese Stürme sind Einbrüche polarer Kaltluftmassen, die mit einem starken Ansteigen des Luftdruckes verbunden sind. Der nordamerikanische Kontinent mit seinem nahezu meridional verlaufenden Felsengebirge ist dem Vorstoß von Kaltluftmassen aus dem Polargebiet günstig, zumal im Winter, wo diese Vorstöße nicht selten bis in den Golf von Mexiko gelangen und dort den als mexikanischen 7*

100

V. Die Stürme der gemäßigten Zonen

Norder bekannten Sturm hervorrufen. Der Verlauf eines Norders wird folgendermaßen beschrieben: Einige Tage vorher beginnt das Barometer zu fallen, Temperatur und Feuchte nehmen bei leichten südlichen Winden zu, so daß eine drückende, treibhausartige Schwüle herrscht, in der oft Meeresleuchten und Luftspiegelungen beobachtet werden. Der Norder kann bei klart>m Wetter einsetzen, meistens jedoch kündigt er sich durch Wolken in den höheren Luftschichten an, die nach Süden ziehen. Während der Südwind ganz einschläft, sieht man plötzlich am Nordhimmel die Böenfront mit dunkler Wolkenwand und Wetterleuchten heraufziehen. In etwa einer Viertelstunde hat sie den Zenit erreicht, und plötzlich setzt der Nordwind mit einem heftigen Stoß ein, das Barometer steigt, die Temperatur fällt um Beträge bis zu 10° und 15° C. Der Norder dauert manchmal nur wenige Stunden, in der Regel aber ein bis zwei Tage.

Der westmexikanische Norder ist mit diesem Norder im Golf von Mexiko verwandt. Auch an den Küsten von Peru und Nordchile wird ein aus nördlicher oder nordöstlicher Richtung wehender Sturm als Norder bezeichnet. Die Blizzards sind in Nordamerika sehr gefürchtete Schneestürme, die große Verheerungen hervorrufen können. Sie wehen vor allem vor ~der an den Küsten des nordöstlichen Nordamerikas. Der Winter-Pampero an der La-Plata-Mündung ist ein getreues Spiegelbild der Zyklonen des Nordatlantiks. Auch hier wird an der Südspitze von Südamerika die westöstliche Bewegung der Luft durch die meridional verlaufenden Anden in die N-S-Richtung gedrängt. Nordwestlich von der Mündung des La Plata liegt in der Regel ein flaches Tief, dessen warme NO-Seite feuchtwarme Luftmassen im Gebiet des Parana und des Uruguay bilden und von denen eine Rinne tiefen Druckes in die Gegend des La Plata führt Ihm gegenüber auf der Westseite des Kontinents liegt über den Anden ein Hoch. Die hier entstehenden Zyklonen werden im Seehandbuch so beschrieben: Dem Pampero gehen meistens einige Tage lang schwache nordÖRtliche bis nordwestliche Winde mit großer Wärme und fallendem Luftdruck voraus. Die Luft vor dem Pampero ist meistens sehr sichtig und reich an Insek,ten. Dann fängt der südwestliche Himmel an sich zu beziehen. Die Luft wird feucht (Wetterleuchten, Luftspiegelungen). Bei Flaute oder leichten nördlichen Winden steigt an dem meistens klaren Himmel in SW die Böenwalze der Böenfront auf. Der Wind wird unbeständig, zeigt Neigung nach W zu drehen, und Abb. 61. Zyklone auf Südbreite große Insektenschwärme ziehen über das Schiff hin. Wenn die rasch aufsteigende Pamperowolke den Zenit erreicht hat, schießt der Wind plötzlich in einer schweren Böe nach SW aus und weht einige Zeit aus dieser Richtung mit großer

77. Wandernde und ortsfeste Hochdruckgebiete

101

Heftigkeit bei rasch steigendem Luftdruck und stark fallender Temperatur. Zu gleicher Zeit setzt meistens ein heftiger Regen ein, der von Blitz und Donner begleitet wird. Dauer und Heftigkeit der Pamperos sind verschieden. Manche haben in einer halben Stunde ausgeweht, andere halten mehrere Tage an. Nach dem Pampero dreht der Wind nach S und SO und flaut ab. Die Pamperos wehen mitunter weit in die See hinaus und erstrecken sich nordwärts bis 31 0 S. Näheres über diese lokalen Stürme findet man in den Seehandbüchern über die betr. Meeresteile. 77. Wandernde und ortsfeste Hochdruckgebiete. Zwischen den Zyklonen einer Serie fanden wir die Zwischenhochs, also Hochdruckkeile, die sich zwischen die beiden Tiefdruckgebiete einschieben und mit ihnen wandern. An der Ostseite dieser wandernden Hochdruckgebiete beobachten wir die böigen NW-Winde der Rückseite des vorhergehenden Tiefs, gute Sicht, Regenschauer, im Westen dagegen die ersten Anzeichen des folgenden Tiefs. Im Zwischenhoch selbst herrscht heiteres Wetter, der Wind flaut ab. Die Wetterbesserung, die diese Zwischenhochs bringen, ist nur von kurzer Dauer (1-2 Tage), da sie mit den Tiefdruckgebieten über uns hinwegziehen. Diese wandernden Hochdruckgebiete erstrecken sich nur 4-5000 m hoch. Sie heißen niedrige oder kalte Antizyklonen, weil bei ihrer Annäherung die Temperatur fällt und der Luftdruck steigt. Sie können sich in ortsfeste (stationäre) Hochdruckgebiete verwandeln. Dazu neigen besonders die abschließenden Hochs einer Zyklonenserie. Ortsfeste Hochs sind die großen Strahlungshochs, die sich im Winter durch die starke Ausstrahlung über stark abgekühlten Gebieten bilden. In solchen Hochs entstehen am Boden sehr hohe Luftdrucke (1065 mb beobachtet). Im Innern sinkt die Luft ab und erwärmt sich dabei föhnartig. Wenn es auch am Boden kalt ist, herrscht in 500 m doch schon eine relativ hohe Temperatur. Diese Hochdruckgebiete nennt man daher dynamische oder warme Hochs. Wird über Land im Winter der Erdboden sehr stark abgekühlt, dann treffen die absteigenden warmen Luftmassen über dem Boden auf sehr kalte Luft, und es entsteht eine Bodeninversion und damit evtl. wochenlanger Nebel, der erst aufhört, wenn ein herannahendes starkes Tief die am Boden festliegenden Luftmassen absaugt. Solche Hochnebel sind besonders häufig im Herbst und Winter. Im Sommer führen diese warmen Hochdruckgebiete über Land wegen der starken Einstrahlung am Tage zu hohen Temperaturen am Erdboden und so zu Hitze- und Trockenperioden. Nachts ist der Himmel wolkenlos, tagsüber bilden sich nur kleine Schönwetter-Cumuluswolken. Da die Luft trocken ist, besteht keine Gefahr eines Wärmegewitters.

102

VI. Tromben und tropische Orkane

Über See treten in den Hochdruckgebieten auch im Sommer Inversionen auf, da die herabsinkende trockene, warme Luft auf die kühlere und feuchte Meeresluft trifft. Es treten Inversionen von 5 bis 10°C auf, die zu Schichtwolkendecken führen, die für das Hochdruckwetter über See charakteristisch sind. In den stationären Hochdruckgebieten lagert die Luft lange und nimmt dabei die Eigenschaften an, die dieser geographischen Breite und ihren Strahlungsbedingungen entsprechen. Es ·sind die Quellgebiete der Luftmassen (61). So ist das Gebiet des Azoren-Hochs das Quellgebiet der atlantischen Tropikluft, das Polargebiet das der arktischen Polarluft.

VI. Tromben und tropische Orkane 78. Wind- und Wasserhosen. Luftwirbel mit vertikaler Achse kommen in der Atmosphäre vor als Staubwirbel, Wind- und Wasserhosen, Tornados, tropische Orkane und Zyklonen der mittleren Breiten. Äußerlich unterscheiden sich diese Formen durch das Verhältnis, in dem der horizontale Durchmesser des Wirbels zur Länge der Achse steht. Staubwirbel sind gleichsam dünne Wirbelfäden. Wenig ausgedehnt im Vergleich zu ihrer Länge sind auch die Wind- und Wasserhosen. Bei Tornados erreicht der Durchmesser bis zu ein Viertel der Höhe des Luftwirbels. Die tropischen Orkane sind flache Scheiben, deren Durchmesser ungefähr das Fünfzigfache der Höhe beträgt. 1. Staubwirbel. In Wüstengebieten kommt es oft über stark erhitzten Bodenflächen zu stürmischem, örtlich eng begrenztem Aufstrudeln der am Boden überhitzten Luft, wobei diese gewöhnlich rasch in Wirbelbewegung gerät. Mitgerissener Staub läßt den Wirbel als aufrechte, meistens mit der allgemeinen Luftströmung weiterschreitende Staubsäule erscheinen. Wegen der geringen Höhe des Wirbels kommt es nicht zur Kondensation von Wasserdampf. Der Drehsinn der rotierenden Luft ist unbestimmt, weil bei dem geringen Durchmesser des Staubwirbels die Fliehkraft den Einfluß der Erdrotation weit überwiegt. 2. Wasserhosen oder· Windhosen, gemeinsam Tromben genannt, sind heftige Luftwirbel mit vertikaler oder doch nur wenig geneigter Achse, die stets von kräftigen Cu- und Cb-Wolken ausgehen. Aus einer etwa 1000 m hohen Wolkendecke wächst eine spitze Säule heraus, die sich nach unten immer mehr verlängert und oft als Schlauch oder Rüssel die Erdoberfläche bzw. die Meeresoberfläche erreicht. Der äußerst heftige Wirbelwind, der um den Fuß der Trombe kreist, zerstäubt auf See das Meerwasser, so daß der Fuß von einem Kranz von Wasserstaub umgeben ist. Der 'Schlauch der Trombe hat einen Durchmesser bis- zu 100 m, er erscheint über dem Meere undurchsichtig durch Wasserstaub. Dadurch wird der Anschein erweckt, als sauge die Wolke Wasser aus dem Meer

79. Die tropischen Orkane

103

in die Höhe. Im Innern des Wirbels herrscht sehr geringer Druck, wie sich zeigt, wenn eine Wasserhose über ein Schiff hinweg oder dicht an ihm vorbeigeht. Zuweilen kann man an einer Trombe einen Mantel von einem helleren Kern unterscheiden. Der Mantel ist in heftig drehender und aufsteigender Bewegung, in ihm findet Kondensation des Wasserdampfes statt, während im Kern absteigende Luftbewegung anzunehmen ist. In Abb. 62 ist eine Trombe dargestellt, deren Kern den Boden noch nicht berührt. Windhosen richten an Land oft stärkste Verwüstungen an. Abb. 62. Vertikalschnitt durch

eine Trombe Hat man Gelegenheit, solche Erscheinungen zu beobachten, achte man auf den Drehsinn der Trombe und darauf, ob Gewitter in der Nähe sind und ob mehrere Tromben auftreten. Man notiere die genaue Uhrzeit, mache Skizzen von der Form der Trombe, besser noch Photographien [Reihenbildaufnahmen ] und bestimme alle anderen meteorologischen Elemente genau.

3. Tornado. Die Tornados Nord-Amerikas, die besonders im Frühsommer und in den heißen Tagesstunden in den Gebieten östlich der Rocky Mountains auftreten, sind Windhosen großen Ausmaßes. Auch bei ihnen senkt sich ein Wolkenschlauch in Form eines Rüssels aus der Wolkendecke zur Erde. Die Tornados bewegen sich in der Regel von SW nach NO mit einer Geschwindigkeit von 50-60 km in der Stunde. Im Innern des Wirbels sind Windgeschwindigkeiten über 500 km/Stunde beobachtet. Furchtbare Zerstörungen an einem meistens nicht über 300 m breiten Streifen bezeichnen ihren Weg. Sie entstehen in der Nachbarschaft der kalten Front einer Zyklone, besonders dann, wenn durch südliche Winde sehr warme Luft am Boden vorhanden ist, während in der Höhe kräftige Westwinde Kaltluft heranführen. 79. Die tropischen Orkane. Während das Wetter in den Tropen, von örtlichen Wärmegewittern abgesehen, große Regelmäßigkeit zeigt, treten in bestimmten Gegenden des Tropengürtels zu bestimmten J ahreszeiten heftige Wirbelstürme auf, die man unter dem Sammelnamen tropische Orkane zusammenfaßt. Es sind Wirbel, deren Durchmesser viel größer ist als der der Tromben und Tornados. Der Wind weht in spiraligen Bahnen auf ein Gebiet niedrigen Luftdrucks in der Mitte zu, und zwar auf Nordbreite gegen den Uhrzeiger, auf Südbreite mit dem Uhrzeiger. Das Luftdruckgefälle und damit die Windstärke ist meistens erheblich größer als in den außertropischen Stürmen. Der Bau der Orkane ist, besonders in niedrigen Breiten, auffallend regelmäßig, so daß nach allen Seiten hin in derselben Entfernung von der Mitte ungefähr der gleiche Gradient, also die gleiche Windstärke und dieselben

104

VI. Tromben und tropische Orkane

Temperaturverhältnisse angetroffen werden. Es fehlt bei ihnen das Nebeneinander von warmen und kalten Luftmassen, das für die außertropischen Zyklonen kennzeichnend ist. Sie treten auch viel seltener als diese auf. =--,.,-T-rl-....:~r--,r-; 'b 80. Die Entstehungsgebiete der tropischen Orkane. Die Bedingungen für ~ das Entstehen eines derartigen Wir~-+~~~-+~~~ bels sind nicht erfüllt in Gebieten stetigen Windes, wie in den Passat und Monsungebieten, wohl aber in Gebieten wechselnder Winde von böigem Charakter, zumal wenn in diesen Gebieten die Luft sehr warm und feucht ist Das ist an den Grenzen der äquatorialen Kalmen der Fall. Hier liegen die Entstehungsgebiete der tropischen Orkane, nicht am Äquator, aber in dessen Nähe. Am Äquator selbst können Wirbel nicht entstehen, weil hier die ablenkende Kraft der Erdrotation fehlt, die den Anlaß zur Wirbelbildung gibt. Ein Gürtel von 6-8° zu beiden Seiten des Äquators ist frei von tropischen Orkanen. Die großen tropischen Wirbelstürme sind auf die Meere beschränkt. Sie überschreiten wohl Inseln, aber sie sterben in der Regel bald ab,wennsie auf ausgedehnteres Land übertreten. Sie sind nicht imstande, hohe Bergzüge zu überschreiten. Im Atlantischen Ozean entstehen die Orkane im Grenzgebiet zwischen der Südgrenze des NO-Passates und dem äquatorialen Kalmengebiet. Diese ~~--~~~~~-+--~~ ~ Zone wandert mit der Jahreszeit, sie .~ liegt im Winter am südlichsten auf .a etwa 5° N, im Sommer am nördlich~~~~~~~~~~~ p ,.; sten; sie geht dann an vielen Orten .d weit über 10° N hinaus. Diese "Front" ~ reicht von Afrika bis Mittel-Amerika, aber nicht überall entstehen gleich viele Wirbelstürme. Am regsamsten ~

81. Tropische Orkane und Höhenwetterlage

105

sind die Randgebiete bei den Kap Verden und vor der Ostküste MittelAmerikas. Östlich der Antillen entstehen die Westindischen Orkane, die Ilurricane, bei den Kap Verden die selteneren Kapverdischen Orkane. Von den Orkanen, die zwischen diesen Hauptgebieten entstehen, werden viele erst entdeckt, wenn sie bei den Antillen ankommen, weil in ihrem Entstehungsgebiet nur wenig Schiffahrt ist. Im nördlichen Stillen Ozean sind ebenfalls die Randgebiete des langgestreckten Grenzgebietes zwischen NO-Passat und Mallungen aktiver in der Bildung von Orkanen. Noch mehr allerdings besteht in den wenig befahrenen Weiten des mittleren Stillen Ozeans die Möglichkeit, daß das Entstehen eines Orkans nicht bemerkt wird. Östlich der Philippinen ist das Entstehungsgebiet der Taifune (Baguios), an der Westküste Mexikos entstehen die 2Wexikanischen Orkane (Cordonazos). Im nördlichen Indischen Ozean entstehen die Zyklone l hauptsächlich an der Nordseite des im April, Mai vorrückenden oder des im Oktober, November zurückweichenden SW-Monsuns. Tm Bengalischen Meerbusen liegen die Ursprungsstätten meistens westlich der Andamanen und nordwestlich der Nicobaren, im Arabischen Meer in der Nähe der Lakkediven und Malediven. Auf Südbreite bleibt der Atlantische Ozean frei von tropischen Orkanen, weil ja der Kalmengürtel ganz auf Nordbreite liegt. Dasselbe gilt für den östlichen Teil des südlichen Stillen Ozeans, während der westliche Teil sehr orkanreich ist. Die Südsee-Orkane erklären sich daraus, daß das seichte, von vielen Inseln durchsetzte Südmeer im Südsommer abnorme Temperaturverhältnisse aufweist. Im südlichen Indischen Ozean rückt im Südsommer die Nordgrenze des SO-Passates nach Süden zurück, und der Kalmengürtel rückt nach. Entlang einer langen Front von Afrika nach Australien sind damit die Bedingungen für das Entstehen von Orkanen gegeben. Die Hauptorkantätigkeit liegt im Gebiet nordöstlich von Madagaskar. Da diese Orkane seit langem vom Observatorium auf Mauritius beobachtet werden, nennt man sie Mattritius-Orkane. 81. Tropische Orkane und Höhenwetterlage. Um das Entstehen der tropischen Orkane zu erklären, müssen nach den modernen Forschungen außer der Labilität der feuchtwarmen Luftmassen über stark erhitzten Gebieten auch die Strömungsvorgänge in der Höhe betrachtet werden, die den Abtransport der Luft in der Höhe bewirken und so für die abnorm tiefen Drucke im Orkanzentrum verantwortlich sind. Wie die Abb. 64 zeigt, sind die im Winter und Frühjahr besonders ausgeprägt entwickelten Höhentröge·[s. (74)] zwischen den hoch1 Man unterscheidet zwischen: der Zyklon (Plural: die Zyklone) = tropischer Orkan, und die Zyklone (Plural: die Zyklonen) = Tiefdruckgebiet der außertropischen Breiten.

106

VI. Tromben und tropische Orkane

reichenden Hochdruckgebieten auffällig den tropischen Orkanen des betr. Gebietes zugeordnet. 82. Die Hauptorkanzeiten. Die meisten Orkane beobachtet man im allgemeinen in den Spätsommermonaten der betreffenden Halbkugel, wenn die Kalmengürtel ihre größte Breite erreicht haben. Dann kann

Abb.64. Tropische Orkane und Hohentröge im Nordwinter und ·Frühjahr (H. SEILKOPF)

die ablenkende Kraft der Erdrotation in diesen Mulden niedrigen Luftdrucks am wirksamsten sein und die Bildung von Wirbeln am meisten fördern. Die Hauptorkanmonate sind also: auf Nordbreite: Juli, August, September, auf Südbreite: Januar, Februar, März. Die Zyklone des nördlichen Indischen Ozeans haben entsprechend dem zweimaligen Monsunwechsel zwei Maxima, eins in den Monaten April, Mai, Juni und ein zweites im Oktober, November. Die Häufigkeit der Orkane für jeden Monat in % der Jahressumme in den wichtigsten Orkangebieten gibt folgende Zusammenstellung: Monat

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Westindische Or· kane (Hurricane)· 0 Orkane vor der nord· und mittel· amerik. Westküste· 0 Taifune 5 Südsee-Orkane 22 Zyklone im Arabi· sehen Meer 3 Zyklone im Benga. lischen Golf 1

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eilung des Orkanzentrums festzulegen: Die ersten Anzeichen eines fernen Orkans und der Lage seines Zentrums sind Cirrusstreifen, die sich strahlenförmig ausbreiten. Man lege in mehrstündigen Zwischenräumen den Ausstrahlungspunkt annähernd die Orkanmitte - nebst Schiffsort und Zeit in einer Karte fest. Die Richtung, aus der die Dünung kommt, die oft weit voreilt, gibt ein weiteres Mittel, die Lage der Mitte zu schätzen. Es ist allerdings möglich, daß diese Dünung schon an nahen Küsten reflektiert worden ist und daher aus einer anderen Richtung kommt. Nicht selten sieht ein erfahrener Beobachter in niedrigen Breiten mehrere Tage lang die Orkanwolke, mißt ihre Höhe, peilt die Wolke und stellt so fest, in welcher Richtung die Mitte liegt und ob sie sich nähert oder entfernt. In höheren Breiten ist die Mitte der Orkanwolke selten deutlich zu erkennen. Befindet man sich bereits im Windbereich des Wirbels selbst, so erhält man die Peilung des Orkanzentrums nach dem BARISCHEN WINDGESETZ. Dabei ist zu bedenken, daß die Peilung nach dem Winde eine Größe ist, die von der geographischen Breite, der Windstärke, der Form des.Orkangebietes, der Fortbewegungsgeschwindigkeit des Orkans usw. abhängt, deren Schätzung daher jenach der Vertrautheit des Beobachters mit den Orkanen der betr. Gegend genauer oder ungenauer ausfallen wird. Der Wind wird im äußeren Bereich des Sturmfeldes sowie in niederen Breiten mehr einströmend sein als in der Nähe der Mitte oder in höheren Breiten, so daß man in diesen Fällen das Zentrum vorlicher als 6 Strich annehmen muß. Küsten zwingen den Wind, mehr längs der Küste zu wehen. Es darf nicht während einer Böe gepeilt werden! Die Schätzung der Peilung nach der Windrichtung kann verbessert werden durch die Beobachtung des Wolkenzuges in mittleren Höhen. Die Wolken umkreisen das Zentrum kreisförmig, so daß man dieses quer zur Zugrichtung der Wolken annehmen darf. 89. Schätzung der Entfernung. Die Entfernung der Orkanmitte kann nach der Stärke des Windes und seiner mehr oder weniger schnellen Richtungsänderung geschätzt werden, besonders aber nach dem Stand des Barometers (Abweichung vom Normalwert) und seinem stündlichen

117

90. Bestimmung der Bahnrichtung

Fallen. Wenn man keine zuverlässigeren Angaben hat, kann man folgende Tabelle nach PIDDINGTON benutzen: Abweichung des Barometerstandes vom mittleren Luftdruck der Gegend in mb

1-5

5-11

11-20

1500-120 1120-60

60-30

Entfernung des Zentrums in sm Oder Stündliches Sinken des Luftdrucks in mb

I

Entfernung des Zentrums in sm

1250-1501150-1001100-80

0,5-2

1

2-3

3-4

4-5 80-40

Diese Tabelle gilt aber nur für den Fall, daß das Schiff vor dem Orkan beigedreht liegt und der Orkan sich auf das Schiff zubewegt. 90. Bestimmung der Bahnrichtung. Um die Bahn des Orkanzentrums zu bestimmen, hat man für jede halbe oder ganze Stunde Besteck abzusetzen und die jeweilige Lage des Zentrums aus Peilung und Abstand wie oben geschildert zu ermitteln. Die gefundenen Orte verbindet man durch eine gerade Linie, die dann die Bahn darstellt. Es kommt für das einzelne Schiff nach allen bisherigen Erfahrungen, mit ganz vereinzelten Ausnahmen im Entwicklungsgebiet des Orkans, immer nur ein fast gerades Bahnstück in Frage. In Seehandbüchern und Büchern zur Orkankunde 10°1+--findet man Tafeln der Orkanbahnen für die einzelnen Gebiete und Monate, 110· 130° die aus dem bisher vorlie- Abb. 70. Wahrscheinliche Richtung und Geschwinder Taifune im August. Zahlen: Geschwingenden Beobachtungsmate- digkeit digkeit in Seemeilen für 24 Stunden rial gewonnen sind. (Siehe Beispiel Abb. 70.) Ein Vergleich der Eigenbeobachtungen mit diesen Normalbahnen kann dabei von großem Nutzen sein. Wichtig für die Bestimmung des Bahnverlaufs ist es, die großräumige Luftdruckverteilung zu kennen. Es sind daher laufend Wetterkarten

118

VII. Das Meer und die Meeresströmungen

'zu zeichnen, um z. B. Hochdruckgebiete, die den Orkan zur Bahnänderung bringen, rechtzeitig zu erkennen. Befindet sich das Schiff schon im Windbereich des Wirbels selbst, kann die Bewegungsrichtung des Orkanes aus der herrschenden Windrichtung und ihrer Änderung bestimmt werden. Ändert sich bei beigedrehtem Schiff die Windrichtung nicht und wächst gleichzeitig die Windstärke bei fallendem Barometer, so steht man auf der Orkanbahn selbst. Geht der Wind rechts herum, so befindet man sich auf der rechten Seite der Orkan bahn. Geht der Wind links herum, so befindet man sich auf der linken Seite der Orkanbahn. Solange das Barometer fällt, befindet man sich auf der Vorderseite des Sturmwirbels. Diese Regeln gelten für Nord- und Südbreite.

I

Man erkennt die Richtigkeit dieser Regeln, wenn man sich das Schiff festliegend und das Sturmfeld darüber hinziehend denkt. Es ist aber zu beachten, daß Windrichtung und -stärke durch die Eigenfahrt des Schiffes beeinflußt werden. Fährt man dem Sturmfeld entgegen, ändert sich die Richtung schneller als bei stilliegendem Schiff; wenn man in der Bahnrichtung fährt, ändert sie sich langsamer. Fährt der Dampfer mit der Geschwindigkeit des Orkans parallel zur Bahn des Orkans, bleibt er relativ zum Sturmfeld in derselben Lage, hat also konstante Windrichtung, ohne auf der Orkanbahn selbst zu stehen. Ein schneller Dampfer, der von hinten in das Sturmfeld einläuft, kann auf der rechten Seite Linksdrehen des Windes beobachten und umgekehrt. Um zuverlässigen Aufschluß über die Winddrehung zu erhalten, müßte man die Fahrt aus dem Schiffe bringen. Der früher gegebene und oft befolgte Rat, zunächst zur Beobachtung der Winddrehung beizudrehen, wurde mehr und mehr verlassen, da mit seiner Befolgung Zeit zum Handeln vergeht, und zwar gerade die kostbare Zeit, in der noch Handlungsfreiheit besteht. Dabei sind immer die Meldungen der Warndienste und die Meldungen anderer Schiffe zu berücksichtigen! Über das Manövrieren in tropischen Orkanen siehe (144).

VII. Das Meer und die Meeresströmungen 91. Meereskundliche Forschung in Deutschland. Wie Deutschland durch die Deutsche Seewarte wertvolle Arbeit in der Untersuchung der Wettervorgänge in der Lufthülle über den Ozeanen leistete und deutsche Schiffsoffiziere als Beobachter in 35000 Schiffstagebüchern mehr als 20 Millionen Beobachtungssätze lieferten, ist auch die Erforschung des

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92. Die Meeresräume

Meeres durch deutsche Forschungen und Expeditionen wesentlich gefördert worden. Es sei erinnert an die deutschen Forschungsfahrten: 1874/76 "Gaz'Olle", Weltreise. 1889 "National", Nordatlantischer Ozean. 1898/99 "Valdivia", Atlantischer und Indischer Ozean bis in das südliche Eismeer. 1901/03 "Gauß", Südpolarexpedition. 1911/12 "Deutschland", Südpolarexpedition. Laufende Arbeiten der Vermessungsschiffe "Planet" und "Möve" in allen drei Weltmeeren während der ganzen Jahrzehnte vor dem ersten Weltkriege. 1925/27 "Meteor", Südatlantischer Ozean. Später in Teilabschnitten im Nordatlantischen Ozean fortgesetzt und ergänzt. 1939 "Schwabenland", Südliches Eismeer im Atlantischen Ozean. Wichtige Arbeiten zur Meereskunde erschienen in den "Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie" und im "Archiv der Deutschen Seewarte", denen seit 1934, mehr für den Praktiker und Fahrensmann bestimmt, der "Seewart" an die Seite trat. Weitere Arbeiten hat das "Institut für Meereskunde" in unregelmäßig erscheinenden Veröffentlichungen herausgebracht. Die meereskundlichen Arbeiten werden heute vom Deutschen Hydrographischen· Institut fortgesetzt. (Forschungsschiff "Gauß".)

92. Die Meeresräume. Das Meer bedeckt mit 361 Millionen km 2 71 % der gesamten Erdoberfläche. Die Oberfläche des Meeres ist rund 1f1t 20° 0" 2(f 4.0" (fJ" /7

60°

40· Abb. 71. Begrenzungen der Seegebiete des nördlichen Atlantischen Ozeans nach den Vorschlägen der Internationalen Hydrographischen Konferenz in Monaco (1952) 1. Ostsee 9. Kara-See 20. Bristol-Kanal a) Bottnischer Meerbusen 14. Nordwestpassage 21. Der Kanal b) Finnischer Meerbusen HA. Baffin-Bay 22. Golf von Biskaya c) Rigaer Bucht 15. Davis-Straße 23. Nordatlant. Ozean 2. Kattegat, Sund und Belt 15A. Labrador-See 24. St. Lorenz-Golf 3. Skagerrak 16. Hudson-Bay 25. Fundy-Bay 4. Nordsee 16A. Hudson-Straße 28A. Westl. Mittelmeer 5. Grönlandsee 17. Nördl. Eismeer 28 B. Östl. Mittelmeer 6. Norwegische See 17A. Lincoln-See 29. Marmara-Meer 7. Barents-See 18. Schottland-See 30. Schwarzes Meer 8. ·Weißes Meer 19. Irische See 31. Asowsches Meer

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VII. Das Meer und die Meeresströmungen

21 / 2mal E'O groß wie die von ihm umschlossene Landfläche. Man unterscheidet drei Weltmeere, deren Wasser miteinander in Zusammenhang steht: den Atlantischen, den Indischen und den Stillen oder Pazifischen Ozean. Als Grenzen dieser Ozeane gelten in den höheren Südbreiten die Meridiane des Nadelkaps (20 0 0), des Südkaps von Tasmanien (147 0 0) und des Kap Horn (67 0 W). Die von den Ozeanen sich abgliedernden, mehr oder weniger tief in die Festlandflächen eindringenden Meeresteile nennt man Nebenmeere. 'Verden diese von den Festländern so weit umschlossen, daß nur Meerengen den Zusammenhang mit dem Hauptozean aufrechterhalten, heißen sie Mittelmeere. Sind sie den Landmassen nur angelagert und durch Halbinseln oder Inseln nur unvollständig vom Ozean geschieden, nennt man sie Randmeere. Im einzelnen gelten folgende Zahlen über die Flächen der Ozeane: Ohne Nebenmeere km 2:

Atlan tischer Oz an Indischer Ozean Stiller Ozean Weltmeer

IE",lobcrfl1icll C

82,4 MilJ. 73,4 165,2 I 321, I

Zum Vergleich: Mittelmeer Nordsee Ostsee ohne Kattegat

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16,2 14,4 32,4 63,0

Nebenmeeren

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106,5 Mill. 74,9 179,7 361,1 I

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