Wertsachen: Die Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz [1 ed.] 9783737008952, 9783847108955, 9783847008958

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Wertsachen: Die Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz [1 ed.]
 9783737008952, 9783847108955, 9783847008958

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VERA HIERHOLZER (HG.) Mit Fotografien von Thomas Hartmann

WERTSACHEN DIE SAMMLUNGEN DER JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ

IMPRESSUM

Herausgeberin: Vera Hierholzer Fotografien: Thomas Hartmann Objektauswahl und -texte: Anna-Maria Brandstetter, Regine Claßen-Bockhoff, Barbra Dittmann, Hauke Dorsch, Alexandra Eppinger, Sebastian Fürst, Heike Funk, Jonathan Gammert, Christian George, C. Gi., Detlev Gregorczyk, Kirsten Grimm, Peter Haupt, Birgit Heide, Holger Herlyn, Vera Hierholzer, Eva-Maria Huber, Gudrun Kadereit, Guido Kryszat, M ­ argarethe König, Lutz Köpke, Marion Meisig, Nina-Mareike Obstoi, Anja Oed, Livia Prüll, Tilman Sauer, Christiane Schäfer, D ­ aniel Schäfer, Patrick Schollmeyer, Karen Stuckert, Klaus Weber, Klaus Wendt, Monika Zöller-Engelhardt, Wolfgang Zwickel Redaktionelle Mitarbeit: Gudrun Schlenke Korrektorat: Günter Neeßen Verlagslektorat: Oliver Kätsch, Anke Moseberg Layout, Grafik und Satz: gutegründe GbR (Frankfurt) Druck und Bindung: Memminger MedienCentrum, Fraunhoferstr. 19, D-87700 Memmingen

WERTSACHEN DIE SAMMLUNGEN DER JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8471-0895-5 ISBN 978-3-8470-0895-8 (E-Book) ISBN 978-3-7370-0895-2 (V&R eLibrary) Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de ©2018, V&R unipress GmbH, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Göttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

INHALTSVERZEICHNIS

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VORSPANN Georg Krausch Geleitwort

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Vera Hierholzer Einleitung

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Andreas Brandtner Zentral unterstützen, dezentral agieren. Zur Rolle der Universitätsbibliothek Mainz bei der Koordination der Universitätssammlungen

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01 DER WERT DER DINGE Hans-Jörg Rheinberger Wissensdinge 210

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Hans Peter Hahn Vom Sammeln und Sehen. Episteme des Materiellen im Kontext der Wissenschaften 02 DIE MAINZER SAMMLUNGEN Ägyptologische Studiensammlung Altorientalistische Lehrsammlung Archäobotanische Vergleichssammlung Biblisch-Archäologische Sammlung Botanischer Garten Botanische Sammlungen Sammlung Clemens Brentano Computersammlung Sammlung Energieparcours Ethnografische Studiensammlung Sammlung Geometrischer Modelle Geowissenschaftliche Sammlungen Gesangbucharchiv Herbarium Sammlungen der Indologie Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen Klassisch-Archäologische Sammlungen

Kunstgeschichtliche Sammlungen Medizinhistorische Sammlung Münzsammlung Archiv für die Musik Afrikas Musikwissenschaftliche Sammlungen Osteologische Lehrsammlung Physikalische Sammlungen Prinz Johann Georg-Sammlung Sammlungen des Universitätsarchivs Mainzer Verlagsarchiv Vor- und Frühgeschichtliche Lehrsammlung Zoologische Lehrsammlung 03 OBJEKTE IN LEHRE UND FORSCHUNG Anna-Maria Brandstetter Ein Parierschild aus Australien. Werkstattbericht aus der ethnologischen Provenienzforschung

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Regine Claßen-Bockhoff Von der Mojave-Wüste nach Mainz. Forschendes Sammeln in der Botanik

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Heiko Damm Bild-Schrift-Synthesen. Theoretische und kuratorische Annäherungen an die Plakatkunst

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Hauke Dorsch Missionarischer Eifer und wissenschaftlicher Auftrag. Senegalesische Musik im Archiv für die Musik Afrikas

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Ansgar Franz und Christiane Schäfer Lebensläufe von Kirchenliedern. Ein Kommentar­ projekt des Gesangbucharchivs

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Sebastian Fürst, Peter Haupt und Daniel Schäfer Anfassen erwünscht! Die Vor- und Frühgeschichtliche Sammlung in der Lehre

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Kirsten I. Grimm und Wolfgang Hofmeister Lernen am Original. Die Geowissenschaftlichen Sammlungen als Grundlage der Lehre Nina-Mareike Obstoi und Marion Meisig Hinduismus, Buddhismus und Volksreligion. Die Sammlungen der Indologie als Spiegel der Religionsgeschichte

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Tilman Sauer Bedürfnis nach Veranschaulichung. Geometrische Modelle als Instrumente von Forschung und Lehre

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Patrick Schollmeyer Nichts als ein Haufen Scherben? Ein besonderer Grabfund und seine Rekonstruktion

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04 NEUE NACHBARSCHAFTEN Lebenswert Wertschätzung Wertstoff Wertvorstellung Wertordnung Symbolwert Wertzeichen Vergleichswert Gebrauchswert Quellenwert Werterhaltung Wertwandel Innerer Wert

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ANHANG Kontaktdaten Siglen der Autorinnen und Autoren Autorinnen und Autoren Literatur

GELEITWORT

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, den rund dreißig universitären Sammlungen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz kommt eine besondere Bedeutung zu. Sie sind ein Spiegel der fachlichen Vielfalt unserer Universität: ob Jahrmillionen alte Fossilien, Gesangbücher aus dem 17. Jahrhundert, Pflanzenpräparate, antike Artefakte oder mathematische Modelle, die Sammlungen der Mainzer Universität umfassen das ganze Fächerspektrum einer Volluniversität. Darüber hinaus sind die Sammlungen als Infrastruktur für Forschung und Lehre relevant. Sie bilden für zahlreiche wissenschaftliche Disziplinen eine unentbehrliche Grundlage und vermitteln uns Zugang zu teils verborgenem oder verschlüsseltem Wissen, das ohne Sammlungsobjekte als Zeugnisse von Geschichte und Kultur schlicht verschlossen bliebe. Die Nutzung von Sammlungen und einzelnen Objekten sowie ihre Bearbeitung mit neuen Methoden ermöglichen immer wieder wissenschaftliche Innovationen und die Beantwortung aktueller Forschungsfragen. Wichtig ist dabei, dass unsere Sammlungsobjekte anders als in Museen benutzt und angefasst werden dürfen. Dass Sammlungen darüber hinaus für die interdisziplinäre Lehre besonders gut verwendet werden können, ist ein weiterer Vorzug. In universitären Sammlungen wird Wissen nicht nur in einzigartiger Weise bewahrt, gepflegt und vermittelt, sondern auch neues Wissen generiert – dies macht sie für die Johannes Gutenberg-Universität so wertvoll. Zudem bilden die Sammlungen wichtige Brücken in die Stadt und die Region – über ihre vielfältigen Objekte lassen sich Forschungsergebnisse und Methoden wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens besonders anschaulich und begreifbar vermitteln. Durch Ausstellungen, Führungen, Vortragsveranstaltungen, gemeinsame Projekte mit den Museen und anderen Forschungseinrichtungen tragen die Sammlungen wesentlich zur Vernetzung der Universität und zu ihrer Öffnung in die Gesellschaft bei.

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Im Jahr 2014 haben wir an der Universität Mainz auch die adä­quate, der Universitätsbibliothek zugeordnete Infra­ struktur geschaffen, um die Potenziale unserer Sammlungen zu nutzen und sie noch besser für Forschung, Lehre und Wissensvermittlung zugänglich zu machen: Die Einrichtung einer Sammlungskoordination und die Errichtung der Schule des Sehens als multimedialen Veranstaltungsraums im Zentrum des Campus tragen zu einer größeren Wahrnehmung der Sammlungen bei und schaffen vielfache Vernetzungsmöglichkeiten. Auch dieser Band ist ein Produkt der engagierten Arbeit unserer Sammlungskoordination und macht die Schätze der Sammlungen einem breiten Publikum erstmals in Buchform zugänglich. Daher gilt mein herzlicher Dank der Leiterin der Sammlungskoordination und Herausgeberin dieses Bands, Dr. Vera Hierholzer, sowie den zahlreichen Sammlungsbetreuerinnen und -betreuern, die ihre Tätigkeit häufig zusätzlich zu ihren sonstigen Verpflichtungen mit großem Engagement wahrnehmen. Besonders danke ich darüber hinaus Dr. Andreas Brandtner, Direktor der Universitätsbibliothek Mainz bis zum Mai 2018, auf dessen Initiative die Einrichtung der zentralen Sammlungskoordination ganz maßgeblich zurückgeht. Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre neue, anregende und vielleicht auch überraschende Einblicke in die Vielfältigkeit der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Mainz, im Mai 2018

Universitätsprofessor Dr. Georg Krausch Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

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EINLEITUNG VERA HIERHOLZER

»Wertsachen« – das sind die wissenschaftlichen Objektsammlungen der Universitäten gleich in mehrfacher Hinsicht. Seit Jahrhunderten tragen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Dinge aus allen Teilen der Welt zusammen und legen an Universitäten Sammlungen an. Labore, Büros, Keller, Dachböden, Vitrinen und Magazine bergen Objekte von erkennbar historischem, kulturellem und ästhetischem Wert, aber auch viele vermeintlich unscheinbare Dinge, die als Wissensspeicher jedoch nicht minder wertvoll sind.1 Unabhängig von ihrem monetär zu beziffernden Wert sind universitäre Sammlungen essenziell für die Erforschung zahlreicher wissenschaftlicher Themen und wichtiges Anschauungs- und Übungsmaterial für Studierende. Trotz moderner Medien kann in vielen Disziplinen auf ein Lehren, Lernen und Forschen an konkreten Objekten mit haptisch-visueller Qualität nicht verzichtet werden. Gemeinsam ist den Sammlungsdingen zudem der hohe Wert für die begreifbare Vermittlung wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens an eine breitere Öffentlichkeit. Die Sammlungen bilden Brücken in die Gesellschaft, bieten Möglichkeiten der Vernetzung und der Partizipation. Sie dokumentieren nicht zuletzt auch die wissenschaftshistorische Entwicklung und bilden die Grundlage für unser heutiges wissenschaftliches Verständnis. Dezentral verortet an verschiedenen Instituten und Einrichtungen der Universitäten, spiegeln sie die wissenschaftliche Praxis unterschiedlicher Disziplinen. Insbesondere von älteren Sammlungen gingen vielfach Impulse für die Ausformung neuer Fächer und für die Gründung neuer Institute aus. Und auch heute bergen die Sammlungen durch die vielen Perspektiven, die in einer Universität zusammenkommen, das Potenzial für immer neue Fragestellungen – vielfach in ganz anderem Zusammenhang als ursprünglich bei ihrer Anlage gedacht.2

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Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz verfügt derzeit über 29 Sammlungen, die eine Vielfalt unterschiedlicher Objektarten aus verschiedenen Epochen umfassen und mit einem ebenso breiten Spektrum an Disziplinen aus den Geistes- und Naturwissenschaften sowie der Medizin verbunden sind: Lehrtafeln und Modelle, Musikalien und Tonträger, Präparate und Proben, Druckgrafiken und Handzeichnungen, lebende und getrocknete Pflanzen, Gemälde und Skulpturen, Tierbälge und Skelette, Fotografien und Dias, Gipsabgüsse und andere Replikate, religiöse Gegenstände, Samen und Früchte, persönliche Dokumente und Manuskripte, Gesteine, Mineralien und Fossilien, Bücher und Comics, technische In­ strumente und Geräte, Gebrauchs- und Alltagsgegenstände, Experimentalaufbauten und vieles mehr. Bei aller Verschiedenheit eint diese Dinge, dass sie konkrete und abstrakte Inhalte anschaulich machen. Sie sind selbst Gegenstand von Untersuchungen, dienen als Referenzmaterialien von Forschungsarbeiten oder visualisieren Theorien und Ideen. In vielen Studiengängen sind die Sammlungen fest im Curriculum verankert, die Objekte dienen der Erläuterung von Lehrinhalten, Studierende führen Bestimmungsübungen an ihnen durch, erlernen das genaue Beschreiben und Beobachten, zeichnen, entnehmen Proben, präparieren, fertigen selbst Modelle an und anderes. Daran wird deutlich: Von musealen Sammlungen unterscheidet die Universitätssammlungen vor allem, dass die Objekte größtenteils nicht nur der Betrachtung dienen, sondern auch in die Hand genommen und untersucht werden dürfen, und zwar nicht nur von den betreuenden Kuratorinnen und Kuratoren. Zur Johannes Gutenberg-Universität Mainz gehören typische akademische Bestände wie die umfangreichen Sammlungen des Instituts für Geowissenschaften, die auf der bis

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Vorspann // Einleitung

heute andauernden Sammeltätigkeit der Institutsangehörigen beruhen. Derzeit rund 50.000 Mineralien, Gesteine und Fossilien sind im Rahmen von Grabungen und Forschungsexpeditionen zu Forschungs- und Lehrzwecken zusammengetragen worden. Aber auch ungewöhnliche Bestände wie die Sammlungen der Indologie zählen zu den »Wertsachen« der Mainzer Universität. Zwei private Sammler schenkten dem damaligen Institut für Indologie (heute Arbeitsbereich Indologie des Gutenberg-Instituts für Weltliteratur und schriftorientierte Medien) vor einigen Jahren zweihundert indische, südostasiatische und ostasiatische Bronzefiguren aus dem 19. und 20. Jahrhundert sowie sechzig einzigartige Aquarelle, die großformatige, sonst nicht überlieferte skulpturale Ritualbilder von Sri Lanka dokumentieren. Diese Beispiele belegen nicht nur die Heterogenität, sondern auch die facettenreiche Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte der Mainzer Sammlungen. Zahlreiche Bestände – wie die der Geowissenschaften, aber auch der Botanik – wurden und werden mit klaren Lehr- bzw. Forschungszielen im Feld und auf Forschungsreisen sukzessive zusammengestellt. Andere wurden – das zeigt das Beispiel der Sammlungen der Indologie, aber auch das der Sammlung Clemens Brentano und der Musikwissenschaftlichen Sammlungen – als Konvolute von externen Institutionen übernommen oder als persönliche Nachlässe und Schenkungen an die Universität übergeben. Einige Sammlungsstücke wurden in den Werkstätten der Universität, durch beauftragte Firmen oder durch Studierende im Rahmen von Lehrveranstaltungen und Abschlussarbeiten angefertigt, so für die Sammlung Geometrischer Modelle, die 3D-Drucke und handgefertigte Modelle umfasst, oder für die Zoologische Lehrsammlung, zu der neben Lehrmodellen vor allem von einem eigenen Präparator angefertigte Tierpräparate gehören. Andere Objekte – beispielsweise viele der rund 4.000 deutschsprachigen Bücher im Gesangbucharchiv oder die Replikate von Tier- und Vormenschenschädeln in der Osteologischen Lehrsammlung – wurden angekauft oder sind durch Tausch nach Mainz gekommen. Bei vielen Sammlungen kommen unterschiedliche Provenienzen zusammen – die Medizinhistorische Sammlung besteht zum Beispiel aus einzelnen historischen Instrumenten, die dem Institut von Privatleuten geschenkt oder von Kliniken

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übernommen wurden, die Jahn-Bibliothek für afrikanische ­Literaturen entstand als private Sammlung, wird aber heute an der Universität weiterhin systematisch ergänzt.­­ Einige Sammlungen sind erst in den vergangenen Jahren angelegt worden, wie das 2009 gegründete Mainzer Verlags­ archiv, das Überlieferungen verschiedener namhafter deutscher Verlage aufnimmt. Andere, wie eine große Anzahl von Gipsabgüssen im heutigen Besitz der Klassischen Archäologie und der Kunstgeschichte, die einstmals dem 1871 gegründeten Mainzer Bürgerverein für plastische Kunst gehörten, sind deutlich vor der Wiedereröffnung der Universität im Jahr 1946 begründet worden. Viele Objekte wiesen so bereits wechselvolle Biographien auf, bevor sie an die Universität kamen, und sind durch ihre Provenienz und wechselnde Nutzungen mit verschiedenen Institutionen, ­Akteuren und anderen Sammlungsdingen verbunden. Auch nach ihrem Eingang an der Universität Mainz haben viele Objekte und Sammlungen verschiedene Stationen durchlaufen, indem sie mehrfach umgezogen sind, ergänzt oder verkleinert, getrennt oder zusammengelegt oder in neue Zusammenhänge eingeordnet wurden – das lässt sich an den Botanischen Sammlungen nachvollziehen, die aus Teilbeständen unterschiedlicher zeitlicher und fachlicher Zuordnung bestehen, oder an der Computersammlung, die seit den 1970er Jahren am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik aufgebaut wurde und nach der Emeritierung des Initiators nun kürzlich an das Zentrum für Datenverarbeitung übergeben wurde. Aufgrund dieser »Fluidität«, Beweglichkeit und Durchlässigkeit von Sammlungen ist die Abgrenzung von mehr oder minder zufällig erhaltenen Objekt-Ansammlungen und Sammlungen mit klarer aktueller Zielsetzung nicht immer eindeutig und die Zahl der als Sammlungen zu bezeichnenden Bestände ist einer gewissen »natürlichen« Schwankung unterworfen. Während zahlreiche Materialbestände fortlaufende Erweiterungen erfahren, intensiv in Forschung und Lehre eingebunden sind und immer wieder unter neuen Fragestellungen beleuchtet werden, haben andere einen eher wissenschaftshistorischen Wert für das eigene Fach. Mitunter können solche historischen Dinge aber durchaus auch eine ganz neue (Be-)Deutung erlangen. Das wird nicht nur an den Nachläs­ niversitätsarchiv sen Mainzer Universitätsangehöriger im U

ersichtlich, die heute für wissenschaftshistorische Fragestellungen ausgewertet werden, sondern auch am Beispiel von Pflanzenbelegen aus dem 19. Jahrhundert im Herbarium, die durch moderne DNA-Analyse wichtige Ergebnisse für die moderne Biodiversitäts- und Evolutionsforschung liefern. ­Vielfach hängt die Nutzungsintensität einer Sammlung von aktuellen Forschungsinteressen einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ab, wie überhaupt die Struktur und Zusammensetzung der Bestände und die Art ihrer Verwendung nicht selten stark durch Persönlichkeiten geprägt sind. Die Geschichte der Sammlungen spiegelt so die Mainzer Wissenschaftsgeschichte ebenso wider wie die Geschichte der Johannes Gutenberg-Universität und nicht zuletzt die persönlichen Geschichten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ihrer Studierenden. Die Sammlungen zeigen die Bandbreite der Forschung und Lehre auf und geben Einblick in den universitären Alltag der vergangenen 70 Jahre. Grob lassen sich drei unterschiedliche Phasen der Sammlungsaktivitäten ausmachen. Rund ein Drittel der heute vorhandenen Sammlungen hat seine Ursprünge in der Aufbauzeit der neuen Universität nach dem Zweiten Weltkrieg, die von 1946 bis zum Ende der 1960er Jahre reichte. Mit der Einrichtung neuer Lehrstühle und Institute war vielfach auch die Begründung einer Sammlung verbunden. Sammlungen hatten historisch in vielen Fächern einen hohen Stellenwert und gehörten selbstverständlich auch zur Ausstattung eines modernen Lehr- und Forschungsbetriebs. So verhielt es sich beispielsweise in der Vor- und Frühgeschichte, der Klassischen Archäologie und der Kunstgeschichte, die für diesen Zweck größere, bereits gewachsene Objektkonvolute ankauften und – im Fall der Kunstgeschichte und der Klassischen Archäologie – damit sogar die Einrichtung eigener Museumsräume verbanden. Auch die Anlage des Botanischen Gartens und der Aufbau mit ihm verbundener Sammlungen fand in dieser Anfangsphase der Universität statt, ebenso große Forschungsreisen wie die Kongo-Expedition der Ethnologin Erika Sulzmann von 1951 bis 1954, die den Grundstock für die Ethnografische Studiensammlung legte. Ab den 1970er Jahren scheint dieser Aufbauwille ein Stück weit abgeebbt zu sein, auch wenn bestehende Sammlungen wei­ ter anwuchsen und einige neue Bestände angelegt wurden.­­ Beispiele sind die Archäobotanische Vergleichssamm­lung,

die 1986 mit dem Aufbau eines Archäobotanischen Labors am heutigen Arbeitsbereich Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie des Instituts für Altertumskunde entstand, und die Münzsammlung am Arbeitsbereich Alte Geschichte des Historischen Seminars, die nach dem Tod eines ehemaligen Lehrstuhlinhabers aus dessen Nachlass angekauft wurde. Nicht zuletzt durch die ersten Abrisse von Gebäuden aus den Anfangsjahren und Neubauten wurden in dieser Phase aber auch Sammlungen aufgelöst oder abgegeben – so wanderte die Prinz Johann Georg-Sammlung als Dauerleihgabe an das Landesmuseum Mainz. Insbesondere mit dem Medienwandel fielen nicht wenige Bestände zunächst aus der aktiven Nutzung heraus, so etwa die Diabestände in vielen kulturwissenschaftlichen Fächern. Ein neuer Aufschwung war dann ab der Jahrtausendwende zu beobachten, einige Schenkungen gingen an die Universität, neue Lehrsammlungen wie in der Ägyptologie und Altorientalischen Philologie entstanden. Diese Entwicklung traf mit einer neuen Aufmerksamkeit für wissenschaftliche Sammlungen an Universitäten in Deutschland zusammen. Vor allem die Wissenschaftsgeschichte und die Kulturwissenschaften setzen sich seit einigen Jahren damit auseinander, wie Objekte Wissen generieren und welche Spezifika Universitätssammlungen kennzeichnen. Der Umgang mit Objekten in Forschung und Lehre wird untersucht und danach gefragt, wie unterschiedliche Disziplinen ihre Referenzobjekte auswählen, modifizieren und bearbeiten, um wissenschaftliche Aussagen zu treffen.3 Welche Rückschlüsse lassen die Praktiken auf die Arbeitsweisen und Selbstdefinitionen einzelner Fächer zu, wie haben diese sich möglicherweise historisch verändert? Das sind Fragen, denen vermehrt nachgegangen wird.4 Der Wissenschaftsrat hat diese Forschungen 2011 in einem Positionspapier aufgegriffen, in dem er den Wert der Universitätssammlungen für Lehre und Forschung betonte, auf ihre vielfach prekären Zustände verwies und nachdrücklich forderte, ihr Potenzial besser zu nutzen.5 Seitdem »entdecken« mehr und mehr Universitäten ihre Sammlungen als wertvolle Ressourcen der Forschung und Lehre sowie der Wissenschaftskommunikation »wieder« und leiten Maßnahmen ein, die diese als unverzichtbare wissenschaftliche Infra­struktur neu »in Wert setzen«. Es entstehen zunehmend

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Vorspann // Einleitung

selbst­organisierte Arbeitskreise der Sammlungsbetreuer*innen, ­die Hochschulleitungen berufen Sammlungsbeauftragte oder richten Koordinierungsstellen bzw. Zentrale Kustodien ein. Die Sammlungen vernetzen sich innerhalb ihrer eigenen Hochschulen und über diese hinaus. Mit der Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland am Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität zu Berlin6 und der 2012 gegründeten Gesellschaft für Universitätssammlungen e. V.7 sind zentrale Institutionen entstanden, die dem fachlichen Austausch und der Entwicklung von gemeinsamen Standards sowie der Interessenvertretung dienen.8 Jährlich findet eine deutschlandweite Sammlungstagung statt, auf der über wichtige Belange von Universitätssammlungen diskutiert wird.9 Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz griff diesen Trend früh auf: Bereits 2010 entstand hier ein Zusammenschluss der Sammlungsbetreuer*innen der verschiedenen Fachbereiche. Maßgeblich vorangetrieben wurde diese ursprünglich aus dem Kreis der Klassischen Archäologie und der Kunstgeschichte angestoßene Initiative von der Universitätsbibliothek Mainz, die seit 2014 auch eine neu eingerichtete universitätsweite Sammlungskoordination beheimatet. Diese Verortung war in Deutschland lange einzigartig, scheint inzwischen aber Schule zu machen. Es bestehen zahlreiche Schnittmengen in den Aufgabenfeldern der Sammlungskoordination und der Universitätsbibliothek, insbesondere in den Bereichen Bestandserhaltung, Inventarisierung und Digitalisierung, aber auch in der Öffentlichkeitsarbeit und der Vermittlung. Gleichzeitig ist die Sammlungskoordination durch ihre Zugehörigkeit zur Universitätsbibliothek an zentraler Stelle verortet und hat eine direkte Verbindung zur Hochschulleitung. Der Verbleib der Sammlungen an den Instituten ist dabei eine wichtige Prämisse ihrer Arbeit, da nur durch diese die Verankerung der Bestände in Lehre und Forschung und ihre Anbindung an die fachspezifische Expertise gewährleistet ist. Zunächst auf Projektbasis eingerichtet, inzwischen aber eine ständige Einrichtung mit mehreren Mitarbeiterinnen, dient die Mainzer Sammlungskoordination als Schnittstelle der Sammlungen untereinander. Sie ist Sprachrohr gegenüber der Hochschulleitung und Vermittlungsinstanz gegenüber der universitätsinternen und -externen Öffentlichkeit. Sie unterstützt die Wissenschaftler*innen und Mitarbeiter*innen an den

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Instituten, die die Sammlungen häufig neben zahlreichen anderen Verpflichtungen betreuen, in der Weiterentwicklung des Sammlungsmanagements. Sie hilft den einzelnen Sammlungen nicht nur bei akut drohender Gefährdung, sondern hat auf der Grundlage einer umfassenden Status­erhebung10 verschiedene Maßnahmen angestoßen, die der Bewahrung der Bestände dienen, wie zum Beispiel Workshop- und Beratungsangebote durch externe Expert*innen. Ein wichtiger Schritt war die Etablierung eines gemeinsamen Logos. Dieses wird nicht nur in der Öffentlichkeitsarbeit genutzt, sondern dient im Wortsinne der »Markierung« von Beständen, d. h. von Vitrinen, Räumen und Regalen, um angesichts der typischen Personalfluktuation an der Universität und vielfach nur mündlich weitergegebenen Wissens zu verdeutlichen, dass es sich nicht um zufällige Ansammlungen, sondern systematisch aufgebaute Objektbestände handelt. Die gemeinsame Website www.sammlungen.uni-mainz.de führt alle Sammlungen zusammen, informiert über ihre Geschichte, Zusammensetzung und Aktivitäten und ist Grundlage für eine fächerübergreifende Digitalisierung, d. h. eine gemeinsame Sammlungsdatenbank, die in Vorbereitung ist. Einmal im Semester findet ein Treffen aller Sammlungsbetreuer*innen statt, das dem Austausch über gemeinsame Themen und der Entwicklung von übergreifenden Projekten dient. Perspektivisch sollen vermehrt interdisziplinäre Angebote geschaffen werden – zum Beispiel in der Lehre. Die Sammlungen bieten hier viele Möglichkeiten, wie einzelne Lehrveranstaltungen, die mehrere Sammlungen einbezogen und für »fachfremde« Studierende geöffnet wurden, in der Vergangenheit bereits gezeigt haben.11 Auf dem Gebiet der Wissenschaftsvermittlung an eine breite Öffentlichkeit waren viele Sammlungen schon vor der Einrichtung der Sammlungskoordination seit etlichen Jahren sehr rege, indem sie Objekte an Museen verliehen, eigene Ausstellungen, Führungen und Veranstaltungen entwickelten und an Verbundangeboten der Universität oder in der Region mitwirkten. Nur beispielhaft seien hier die Ausrichtung von großen Wanderausstellungen durch die Biblisch-Archäologische Sammlung,12 die DJ-Abende und Konzerte des Archivs für die Musik Afrikas und das umfangreiche Führungs- und Veranstaltungsprogramm des Botanischen Gartens mit seiner »Grünen Schule« genannt. Mit dem Energieparcours entstand im Rahmen des NatLab für Schülerinnen und Schüler im Jahr 2000 gar eine Sammlung, die als außerschulischer Lernort

ausschließlich der Wissenschaftsvermittlung dient, und auch in den Physikalischen Sammlungen finden sich zahlreiche Demonstrationsobjekte, die eigens für die Erläuterung physikalischer Phänomene auf dem seit 2011 jährlich stattfindenden »Mainzer Wissenschaftsmarkt« angefertigt wurden. Derartigen öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten der Sammlungen bietet seit 2014 auch die »Schule des Sehens« einen Ort auf dem Campus. Unter maßgeblicher Beteiligung der »Freunde der Universität Mainz e. V.« errichtet und an der Universitätsbibliothek durch einen eigenen Kurator betreut, dient dieses »Schaufenster von Wissenschaft und Kunst« vor allem als Lehr- und Experimentierraum für Studierende und spricht dezidiert die Bürgerinnen und Bürger in Mainz als Publikum an.13 Mit der Einrichtung der Sammlungskoordination entstanden neue Möglichkeiten, die Sammlungen über die Hochschule hinaus sichtbar zu machen, sie zur Stadtgesellschaft hin zu öffnen und ihr Potenzial zur Vermittlung von Wissenschaft an die Öffentlichkeit zu nutzen. Die Sammlungskoordination entwickelte über die schon etablierten Angebote hinaus sammlungsübergreifende interdisziplinäre Formate, die die Aktivitäten einzelner Sammlungen verstärken, sie bündeln und auch solche Bestände einbeziehen, die aufgrund ihrer Einbindung in Lehre und Forschung und mangelnder Kapazitäten nur selten für Publikum zugänglich sind. Neben Vortragsreihen und regelmäßigen Führungen sowie der Beteiligung an kulturellen Verbundveranstaltungen in Stadt und Region wurden in den vergangenen Jahren mehrere Ausstellungen unter Beteiligung aller Sammlungen realisiert – geleitet von dem Ansatz, das Ausstellen als eigenständige Form kognitiver und erkenntnistheoretischer Praxis zu verstehen und fruchtbar zu machen.14 Hervorzuheben sind die Ausstellung »Wertsachen. Die Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz« im Mainzer Rathaus (2015) und die Ausstellungsreihe »Ziemlich beste Freunde. Die Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zu Gast in Mainzer Museen« im Landesmuseum, im Naturhistorischen Museum und im Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum (2016). Die eigens für die Sammlungen angefertigten, in Anlehnung an das Corporate Design der Universität gestalteten mobilen Vitrinen werden auch künftig immer wieder an wechselnden Orten Objekte präsentieren und so die Universität und ihre Sammlungen weiter im Stadtraum verankern.

Diese gemeinsamen Projekte dienten nicht zuletzt auch dazu, die Zusammenarbeit unter den Sammlungen weiter anzuregen, externe Impulse aufzunehmen und Kooperationen mit anderen Institutionen aus- und aufzubauen. Beide Ausstellungen, die sich einer großen Resonanz erfreuten, verstanden sich bewusst als Experimente, die neue Perspektiven auf die Sammlungen und damit auf Forschungsfragen eröffneten. Die Ausstellungsreihe »Ziemlich beste Freunde« ließ für den jeweiligen Ausstellungsort gezielt ausgewählte Objekte aus den Universitätssammlungen in einen Dialog mit Exponaten der Museen treten. Die Ausstellung »Wertsachen« im Mainzer Rathaus stellte die Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erstmals gemeinsam vor und erprobte gleichzeitig spielerisch eine dezidiert interdisziplinäre Zusammenstellung von Objekten unter gemeinsamen Themen. Der vorliegende Band knüpft an die Ausstellung »Wertsachen« an, entwickelt ihr Konzept weiter und ergänzt es unter anderem um ein einführendes Kapitel mit Beiträgen zweier renommierter externer Experten. Der Wissenschaftshistoriker Hans-Jörg Rheinberger und der Ethnologe Hans Peter Hahn nehmen wissenschaftstheoretische und kulturwissenschaftliche Aspekte des wissenschaftlichen Sammelns und Arbeitens mit Objekten in den Blick. Ihre Texte bilden gewissermaßen den Hintergrund für die sich anschließende systematische Vorstellung der Sammlungen an der Johannes Gutenberg-Universität. Fotografien und Interviews mit den Sammlungsbetreuer*innen geben im Kapitel 02 »Die Mainzer Sammlungen« Einblick in die vielfältigen Bestände, ihre Geschichte und Struktur sowie ihre Nutzung in Forschung und Lehre. Die Arbeit mit den Sammlungen steht auch im Zentrum des Kapitels 03 »Objekte in Lehre und Forschung«: Zehn Wissenschaftler*innen berichten über ihre Forschungen, Lehrprojekte und Ausstellungen mit und an Objekten und zeigen die Sammlungen als lebendige Infrastruktur der Universität. Während hier die Perspektive einzelner Fächer den Fokus bestimmt, löst sich das den Band abschließende Kapitel 04 »Neue Nachbarschaften« von der disziplinären Verortung der Objekte und stellt Dinge aus ganz unterschiedlichen Sammlungen in experimenteller Anordnung nebeneinander. Die neuen Nachbarschaften regen zu neuen Assoziationen und Fragestellungen an.

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Vorspann // Einleitung

Die Publikation präsentiert erstmals alle Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz gemeinsam und gibt einer hoffentlich breiten Leserschaft einen Eindruck von ihrer faszinierenden Objektvielfalt und den facettenreichen Forschungs- und Lehrprojekten, die an der Mainzer Universität verortet sind. Der Band versteht sich auch als Ausgangspunkt der weiteren interdisziplinären, sammlungsübergreifenden Zusammenarbeit, ohne die er gar nicht zustande gekommen wäre. Ich danke den Sammlungsbetreuerinnen und -betreuern für die wohlwollende Mitwirkung an diesem Vorhaben, das sich über mehrere Jahre erstreckte. Sie ließen sich bereitwillig auf unsere Ideen und »Versuchsanordnungen« ein, beantworteten geduldig die vielen Fragen zu ihren Sammlungen, wählten Objekte aus, verfassten Texte und standen für zahlreiche Termine mit dem Fotografen Thomas Hartmann zur Verfügung. Er setzte – zunächst als Fotograf der Universitätsbibliothek, dann als freier Mitarbeiter – mit seiner Faszination für Dinge die Sammlungen ins rechte Licht und eröffnete mit seinem ästhetischen Gespür und seiner unbändigen Neugier nicht selten ganz neue Perspektiven auf ihre Objekte. Ihm gilt ebenfalls unser aller Dank! Catherina Müller-Scheessel und Thomas Hutsch von der Frankfurter Designagentur gutegründe verstanden es, die heterogenen Texte und Fotografien behutsam miteinander zu verknüpfen und in ein ansprechendes Ganzes zu überführen – dafür danken wir ihnen herzlich! An den wissenschaftlichen Beirat der Mainz University Press geht unser Dank für die Aufnahme des Bandes in das Verlagsprogramm. Für die angenehme Zusammenarbeit bedanke ich mich bei Oliver Kätsch und Anke Moseberg vom Verlag V&R unipress, bei Gudrun Schlenke, Mitarbeiterin der Sammlungskoordination, und bei Günter Neeßen, der uns mit Rat und Tat beim Korrektorat unterstützte. Last but not least danke ich ganz herzlich Andreas Brandtner,­ der als Direktor der Universitätsbibliothek Mainz die Einrichtung der Sammlungskoordination überhaupt erst ermöglichte und diese als Abteilung in die Universitätsbibliothek integrierte. Er unterstützte unsere Arbeit bis zu seinem Wechsel an die Freie Universität Berlin mit regem Interesse und gab mit seinem Gespür für neue Themenfelder und strukturelle Entwicklungen entscheidende Impulse und Ratschläge. Dies gilt auch für diesen Band, der auf seine Initiative zurückgeht.

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1  Einen Überblick über die Sammlungen an deutschen Universitäten geben die Portale www.universitaetssammlungen.de und ­https://portal.wissenschaftliche-sammlungen.de [11. Mai 2018]. 2  Siehe dazu stellvertretend für viele andere Publikationen: Cornelia Weber und Klaus Mauersberger (Hg.): Universitätsmuseen und -sammlungen im Hochschulalltag. Aufgaben – Konzepte – Perspek­ tiven. Beiträge zum Symposium vom 18.–20. Februar 2010 an der Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin 2010, http://edoc.hu-berlin.de­ /conferences/ums2010 [11. Mai 2018] sowie das Themenheft »Gegenwart und Zukunft von Universitätssammlungen« von neues museum. die österreichische museumszeitschrift, Heft 1/2 2016. Weiter siehe exemplarische Überblicksbände und Ausstellungskataloge einzelner Universitäten: Udo Andraschke und Marion Maria ­Ruisinger (Hg.): Die Sammlungen der Universität Erlangen-Nürnberg, Nürnberg 2007; Ariane Lorke und Helmut G. Walther (Hg.): Schätze der Universität. Die wissenschaftlichen Sammlungen der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Jena 2009; Claudia Feigl (Hg.): Schaukästen der Wissenschaft. Die Sammlungen an der Universität Wien, Wien u. a. 2012; Charlotte Trümpler, Judith Blume, Vera Hierholzer und Lisa Regazzoni: Ich sehe wunderbare Dinge. 100 Jahre Sammlungen der Goethe-Universität, Ostfildern 2014; Der Rektor der TU Dresden (Hg.): Sammlungen und Kunstbesitz. Technische Universität Dresden, Dresden 2015; Ernst Seidl (Hg.): Museen + Sammlungen der Universität Tübingen, Tübingen 2016. 3  Siehe z. B. Bruno Latour: Zirkulierende Referenz, in: ders.: Die Hoffnung der Pandora. Untersuchungen zur Wirklichkeit der Wissenschaft, Frankfurt am Main 2000, S. 36–95; Hans-Jörg Rheinberger, Epistemologica: Präparate, in: Anke te Heesen und Petra Lutz (Hg.): Dingwelten. Das Museum als Erkenntnisort, Köln  /  Weimar/Wien 2005, S. 65–75, sowie ders. in diesem Band, S. 20–24. 4  Ein Beispiel bietet Lorraine Daston: The Glass Flowers, in: dies. (Hg.): Things that Talk. Object Lessons from Art and Science, Berlin 2003, S. 5–32. 5  Empfehlungen zu wissenschaftlichen Sammlungen als Forschungsinfrastrukturen, hg. vom Wissenschaftsrat, Drs. 10464-11, Berlin, 28. Januar 2011. Diesen voraus ging auf europäischer Ebene: Recommendation Rec(2005)13 of the Committee of Ministers to member states on the governance and management of university heritage, adopted by the Committee of Ministers on 7 December 2005 at the 950th meeting of the Ministers’ Deputies, http://universeum.it/docs/ doc/RecommendationRec(2005)13_EN.pdf [11. Mai 2018]. 6  http://wissenschaftliche-sammlungen.de [11. Mai 2018]. 7  http://gesellschaft-universitaetssammlungen.de [11. Mai 2018]. 8  Siehe z.  B. die zahlreichen Handreichungen, die die Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland – vielfach auf der Grundlage gemeinsamer Workshops mit den Sammlungsbeauftragten einiger Universitäten – erarbeitet hat,   http://wissenschaftliche-sammlungen.de/de/service-material/ handreichungen/ [11. Mai 2018].

9  Eine Übersicht über die bisherigen, an wechselnden Orten stattgefundenen Tagungen findet sich unter http://wissenschaftlichesammlungen.de/de/netzwerk/sammlungstagungen/ [11. Mai 2018]. 2018 richtet die Johannes Gutenberg-Universität Mainz die Tagung unter dem Titel »Knotenpunkte. Universitätssammlungen und ihre Netzwerke« aus. 10  Ausgangspunkt der Statuserhebung war eine bereits vor der Einrichtung der Sammlungskoordination erstellte Masterarbeit im Studiengang Bibliotheks- und Informationswissenschaft: Susanne­ Gilles: Auf dem Weg zu einer Sammlungskonzeption. Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen Sammlungen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Berlin 2015, https://d-nb. info/1093242841/34 [11. Mai 2018]. 11  Beispielhaft sei auf einige Lehrveranstaltungen der vergangenen Semester hingewiesen: »Museum aus Gips und Kleister«, Wintersemester 2014/15, unter Einbeziehung der Klassisch-Archäologischen Sammlungen und der Kunstgeschichtlichen Sammlungen, Vorbereitung einer Sonderausstellung zur Geschichte der Mainzer­ Abguss-Sammlungen in der »Schule des Sehens«; »Prunkstücke römischer Kaiser – Gemmennachschnitte«, Sommersemester 2017, unter Einbeziehung der Geowissenschaftlichen Sammlungen und Klassisch-Archäologischen Sammlungen der Universität Mainz, Vorbereitung einer Sonderausstellung im Deutschen Edelsteinmuseum Idar-Oberstein; »Hand  / Auge  /  Wissen. Handzeichnen als Technik der Welterfassung vom 18. bis 21. Jahrhundert«, Wintersemester 2017/18, Kooperation mit der Goethe-Universität Frankfurt am Main, unter Einbeziehung der Botanischen Sammlungen der Universität Mainz, der Sammlungen des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz, des Frobenius-Instituts an der Universität Frankfurt sowie des Neurologischen Instituts am Universitätsklinikum Frankfurt. 12  Zum Beispiel die Wanderausstellung »Das Leben von Frauen im antiken Palästina«, die von 2005 bis 2008 in Deutschland, Österreich (u. a. im Dommuseum Wien), Polen (u. a. im Archäologischen Museum Warschau und im Museum Lodz) und Ungarn gezeigt wurde, oder 2004 die Ausstellung »Alltagsleben im biblischen Israel«, die in Zusammenarbeit mit dem Bibelhaus am Museumsufer – Erlebnismuseum Frankfurt erarbeitet und an zwanzig Orten gezeigt wurde. 13  www.schuledessehens.uni-mainz.de/ [11. Mai 2018]. 14  Dazu siehe insbesondere Anke te Heesen: Ausstellung, Anschauung, Autorschaft. Über Universitäten und die Möglichkeiten ihrer Sammlungen, in: Nach Feierabend. Zürcher Jahrbuch für Wissenschaftsgeschichte 6 (2010), S. 73–85.

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Vorspann // Zentral unterstützen, dezentral agieren

ZENTRAL UNTERSTÜTZEN, DEZENTRAL AGIEREN ZUR ROLLE DER UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK MAINZ BEI DER KOORDINATION ­DER UNIVERSITÄTSSAMMLUNGEN ANDREAS BRANDTNER

Universitätssammlungen haben im deutschsprachigen Raum im letzten Jahrzehnt deutlich an Aufmerksamkeit gewonnen. Als für Forschung, Lehre und Wissenschaftskommunikation wichtige und zugleich als latent gefährdete Bestände rückten sie in den Fokus von Wissenschaftspolitik, Förderinstitutionen und Universitäten. So manche Einzeleinrichtung hat sich seither ihrer Sammlungen verstärkt angenommen und dabei entweder alte Organisationsformen aktiviert oder neue aufgebaut. In Ermangelung etablierter Strukturen und Verfahren haben wir an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz den zweiten Weg eingeschlagen, allerdings als Initiative, die keinem Masterplan folgte, sondern aus dem Gespräch der Interessierten und Engagierten einen offen-kreativen Prozess entwickelt hat. Wichtig dabei war die aufmerksame Begegnung von Universitätsangehörigen, die unterschiedliche Gruppen vertreten haben: Professor*innen, Kurator*innen und der Universitätsbibliothekar. In dieser Begegnung von Wissenschaft und Informationsinfrastruktur wurde rasch der Entschluss gefasst, mit Blick auf die Mainzer Universitätssammlungen aktiv zu werden. Zuerst galt es, denkbare und zudem realistische Vorgehensweisen für die Mainzer Sammlungen zu diskutieren und in der Community zu vereinbaren. Hilfreich waren der Blick nach außen und eine Veranstaltung an der Universitätsbibliothek Mainz. Neben den etwa zwanzig internen Sammlungsbetreuer*innen hatten wir zwei externe Expertinnen eingeladen: Claudia Feigl (Universitätsbibliothek Wien), Sammlungs­ koordinatorin an der Universität Wien, und Cornelia Weber

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(Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik, Humboldt-Universität zu Berlin), die damals mit dem Aufbau der Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland beschäftigt war. Die lebendige Diskussion bestärkte die Anwesenden in ihrer Aktionsbereitschaft, machte grundsätzliche Interessen sichtbar und zeigte die Notwendigkeit, die ersten Schritte weiterzugehen. In der Folge war es die Universitätsbibliothek, die in Abstimmung mit den übrigen Beteiligten die Federführung ergriffen hat und die Perspektive zur Schaffung einer zentralen Sammlungskoordination bei Wahrung aller individuell-dezentralen Interessen eröffnet hat. Das war von Anfang an die modulare Mainzer Programmatik: zentral unterstützen, wo es sachlich notwendig und hilfreich ist, dezentral agieren, wo es fachlich geboten und angebracht erscheint. Die Initiative der Universitätsbibliothek Mainz orientierte sich an der Universität Wien und setzte darauf, den Erfolg der dort gewählten Organisationsform zu importieren. In Wien war es nämlich die Universitätsbibliothek, an der die Stelle für die Koordination der Universitätssammlungen eingerichtet wurde. Seltsam, dass diese organisatorische Verortung im deutschsprachigen Raum fast als Einzelfall gelten konnte. Denn neben Wien hatte nur noch die ETH Zürich ihre Bibliothek damit beauftragt, den Arbeitsbereich für ihre Universitätssammlungen zu betreiben. Und nun sollte Mainz folgen. Warum seltsam? Aus damaliger und auch aus heutiger Sicht erscheint es mir organisationslogisch konsequent, dass Universitätsbibliotheken die Orte darstellen, an denen jeweils

die zentrale Sammlungskoordination eingerichtet wird; und zwar vor allem Universitätsbibliotheken, die – wie Mainz und Wien – funktional einschichtig strukturiert sind, also über eine Zentralbibliothek und organisatorisch integrierte dezentrale Bibliotheken verfügen. Denn eine funktional einschichtige Universitätsbibliothek weist zu einer zentralen Sammlungskoordination homologe Strukturen, analoge Prozesse und affine Kulturen auf. Die homologen Strukturen liegen vor allem in der Bewältigung einer zentral-dezentralen Organisationsform, die die koordinative Qualität der Zentrale ausspielt und dabei die Eigenständigkeit der Peripherie und eine modular gestufte Beteiligung wahrt. Funktional einschichtige Universitätsbibliotheken sollten genau über diese Organisationskompetenz verfügen, sich ihr auch bewusst sein und sie stetig weiterentwickeln. Die analogen Prozesse finden sich im geübten Umgang mit Information und Medien, der von Universitätsbibliotheken seit ihrem Bestehen praktiziert wird und der auch für Universitätssammlungen notwendig ist. Beim Erwerben, Inventarisieren, Katalogisieren, Klassifizieren, Beschlagworten, Nachweisen, Bereitstellen, Aufbewahren und Aussondern von Medien verfügen Bibliotheken über bewährte Kompetenzen und Erfahrungen. Der Vorsprung der bibliothekarischen gegenüber der archivalischen und musealen Praxis liegt hier im flächendeckenden Einsatz standardisierter Formate und normierter Daten, die Nachhaltigkeit und internationale Vernetzung garantieren. Auch wird zur Datenverarbeitung professionelle und interoperable Informationstechnologie eingesetzt. In wissenschaftlichen Bibliotheken ist die Digitalisierung

der Dokumente zum Routinegeschäft geworden und wird zusehends auf nicht-textuelle Objekte ausgeweitet. Zu den einzelnen Sammlungen affine Kulturen finden sich in den dezentralen Bibliotheken, die im funktional einschichtigen System in der Regel einer disziplinspezifischen Ausrichtung folgen und auch über die entsprechende fachliche Qualifikation verfügen, also etwa geistes-, natur-, rechts- oder sozialwissenschaftlich fokussiert sind. Über diese Struktur-, Prozess- und Kulturüberschneidung hinaus weisen Universitätsbibliotheken einige organisatorische Merkmale auf, die sie für die Verortung einer Sammlungskoordination prädestinieren: hochgradige Präsenz innerhalb der Universität, aktive Neutralität, Äquidistanz zu den Fachbereichen, langfristige Ausrichtung und Nachhaltigkeit sowie ausgeprägte Ressourcen und infrastrukturelle Ausstattung. In Mainz und Wien sind auch die Universitätsarchive Abteilungen der Universitätsbibliothek, sodass hier zusätzliche Synergien erzielt werden können. Schließlich ist es gelungen, an der Universitätsbibliothek Mainz eine zentrale Sammlungskoordination einzurichten, die als eigene Abteilung der Bibliothek geführt wird und direkt der Bibliotheksleitung zugeordnet ist. In wenigen Jahren wurde in der Kooperation von zentraler Sammlungskoordination und dezentralen Sammlungskurator*innen viel erreicht, wovon auch der vorliegende Band berichtet. Der Erfolg in der Praxis bestätigt die Mainzer Vorgehensweise und macht sie zum Modell.

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Was sind eigentlich Sammlungen? Warum sammeln Universitäten? Welchen Wert haben Objekte für die Wissenschaft? Dieses einführende Kapitel lässt zwei Wissenschaftler zu Wort kommen, die seit Langem aus unterschiedlichen Blickwinkeln daran forschen, welche Beziehungen zwischen Menschen und Dingen bestehen, was das Wesen der Dinge ausmacht und welche Rolle sie in wissenschaftlichen Erkenntnisprozessen spielen. Wissenschaftliche Sammlungen, so der Berliner Wissenschaftshistoriker Hans-Jörg Rheinberger, konstituieren Wissensräume, indem sie Teile des Makrokosmos zu einem Mikrokosmos ordnen. Sie versammeln unterschiedliche Formen von »Wissensdingen«: Dinge, über die Wissen in Erfahrung gebracht wird, und Dinge, durch die Wissen in Erfahrung gebracht wird. Rheinberger beschreibt, wie sich die Wissenschaft den Dingen nähert, um ihr Wesen zu erkunden. Dabei werden die Historizität und die Prozesshaftigkeit von Wissenschaft deutlich, die bedingen können, dass Dinge in einer Disziplin obsolet werden, gleichzeitig aber zum Forschungs­ gegenstand einer anderen aufsteigen.

KAPITEL // 01

WERT

Dieses »Eigenleben« von Sammlungen, ihre Mobilität und Veränderlichkeit, steht auch im Zentrum des Beitrags von Hans Peter Hahn. Der Ethnologe, der in Frankfurt am Main lehrt, zeichnet nach, wie durch das Zusammenbringen von Dingen Bedeutung entsteht und sich die Beziehungen der Objekte untereinander im Sammlungskontext ständig verändern. Dinge haben das Potenzial, immer wieder neue Forschungsfragen zu provozieren. Eine Bewertung von Sammlungen ist nur möglich, konstatiert Hahn, wenn ihren Objekten mit Respekt vor dieser Offenheit begegnet wird. (VH)

WISSENSDINGE HANS-JÖRG RHEINBERGER Der Botanische Garten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

»Wissensdinge«1 beschäftigen mich seit meiner Laborzeit als experimentierender Molekularbiologe, und auch mein Interesse als Wissenschaftshistoriker gilt den Dingen in der Forschung. Im Wissensraum des Labors habe ich die Erfahrung gemacht, dass es gut – um nicht zu sagen wissenschaftlich lebenswichtig – ist, das Wissen der Dinge im Auge zu behalten, und zwar in einem doppelten Sinn. Da ist zum einen das Wissen um die Dinge. Es erinnert uns immer wieder daran, dass die Naturwissenschaften nicht allein im abstrakten Raum der Theorie angesiedelt sind, sondern dass das Experimentieren eine ganz besondere Art des Umgangs mit Dingen darstellt. Man lässt im Experiment Dinge miteinander reagieren und sich aneinander abarbeiten, um Wissen über sie zu gewinnen. Und dann ist da zum anderen das Wissen der Dinge: In den Dingen, mit denen die Wissenschaften umgehen, mit denen sie hantieren und in denen sie sich darstellen, verkörpert sich

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nämlich auch – vergangenes wie zukünftiges – Wissen, ob nun in sichtbarer, verdrahteter oder in versteckter, potenzieller Form. Zweierlei Wissensdinge Wir können in den Wissenschaften grundsätzlich erst einmal zwei Arten von Dingen unterscheiden, die sich dann jeweils noch weiter differenzieren lassen. Da sind zum einen die Dinge, über die Wissen in Erfahrung gebracht werden soll – die materielle Welt und ihre Bestandteile, von der Mikrowelt der atomaren Teilchen über den Mesokosmos der Menschenwelt mit seinen sinnfälligen Dingen bis zur Makrowelt der Galaxien. Und dann sind da die Dinge, durch die Wissen in Erfahrung gebracht wird – die Instrumente und Apparaturen, die in der wissenschaftlichen Forschung zum Einsatz kommen. Beide Arten von Dingen sind aufeinander bezogen. Sie müssen produktive Schnittstellen bilden können, wenn vermittels der

Instrumente etwas über die uns interessierenden Dinge in der Welt in Erfahrung gebracht werden soll. Dementsprechend skurril und seltsam können sie uns, aus dem Kontext der Wissensräume entfernt, auch anmuten, da wir sie mit unseren Alltagsverrichtungen nicht unmittelbar in Verbindung bringen können. Wissensdinge beiderlei Art sind also nicht für den Konsum bestimmt, sondern grundsätzlich für die Konservierung vorhandenen und die Erzeugung neuen Wissens. Je nach Funktion können wir sie als technische oder als epistemische Dinge ansprechen. Die materielle Welt Ich will mit den Dingen beginnen, über die wir etwas in Erfahrung bringen wollen. Sie haben in der Welt des Wissens zunächst einmal meist die Form von Sammlungen angenommen. Was unsere neuzeitlichen Wissenschaften angeht, so begann das mit den Naturalienkabinetten der Renaissance und des Barock und setzte sich in der Form spezialisierter Sammlungen in den Universitäten und im 19. Jahrhundert zunehmend auch in spartenspezifischen Museen fort. Dabei handelt es sich zunächst einmal um ganz handfeste Dinge – Pflanzen, Tiere, Erden, Versteinerungen und dergleichen mehr. Es gibt aber auch Bereiche, in denen solche Sammlungen als Anhäufungen von sogenannten Daten – man denke etwa an meteorologische Daten – eine von Anfang an abstraktere und esoterischere Gestalt annehmen: etwa in Form von Listen. Allen Sammlungen ist aber letztlich gemein, dass sie so etwas wie neue Wissensräume konstituieren. Sie bringen Teile des Makrokosmos, der großen, weiten Welt, in die Ordnung eines Mikrokosmos, eines Wissensraums, den man begehen und handhaben kann und in dem man gewissermaßen probehandeln kann. Die Voraussetzung für den Aufbau einer solchen Ordnung ist trivial: Haltbarkeit. Manche Naturdinge wie etwa Gesteine bringen diese Eigenschaft quasi von selbst mit sich. Anderen – wie etwa Bestandteilen von Tieren und Pflanzen – muss sie erst verliehen werden. Aber man möchte dabei zunächst einmal immer so nahe wie möglich am »Naturzustand« bleiben. In der Pflanzenkunde kommt diesem Ideal ein botanischer Garten am nächsten. Auch er ist eine Sammlung, aber eine, in der sich die Dinge unter geeigneten Bedingungen gleichsam von selbst erhalten und beständig erneuern.

Alkoholpräparate von Pflanzen aus den Botanischen Sammlungen am Fachbereich Biologie der Universität Mainz

Von hier aus ergeben sich im Prinzip zwei Möglichkeiten: Eine Möglichkeit besteht darin, die gesammelte Mannigfaltigkeit in eine Ordnung zu bringen, eine andere, ihre Struktur und Organisation zu erkunden. Letzteres erfordert in der Regel, die Objekte zu manipulieren und herzurichten. Eine besondere Form dieser Manipulation ist das Präparieren. Präparate sind Wissensdinge, denen man eine Form dergestalt verliehen hat, dass sie bestimmte ihrer Eigenschaften in exemplarischer Form zeigen und exponieren. Präparate können dabei so unterschiedliche Formen wie etwa Pflanzen in Herbarien oder anatomische Nass- und Trockenpräparate, mikroskopische Präparate von Geweben zwischen verschweißten Glasplättchen oder auch biochemische Präparate annehmen, um nur einige dieser ganz unterschiedlichen Ausprägungen von Proben zu nennen. Allen Präparaten ist jedoch gemeinsam, dass sie am Material der untersuchten

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Der Wert der Dinge // Wissensdinge

Atommodell der Kristallstruktur von Quarz aus den Mainzer Geowissenschaftlichen Sammlungen

Gegenstände selbst partizipieren. Sie bringen es in eine Form, die es erlaubt, bestimmte Eigenschaften – auf Kosten anderer – besonders deutlich zur Manifestation zu bringen. Nun gibt es in den Wissenschaften eine weitere Form von Wissensdingen, die man als Modelle bezeichnet. Modelle sind in allen Wissenschaftszweigen anzutreffen. So haben in der Geschichte der Physik etwa kosmologische Modelle (frühneuzeitliche Physik) oder auch Atommodelle (moderne Physik) eine entscheidende Rolle gespielt. In der Chemie des 19. und in der Molekularbiologie des 20. Jahrhunderts sind zwei- und dreidimensionale Modelle von Molekülen

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und von Makromolekülen ubiquitär. In der Ökonomie und in der Klimaforschung spielen mathematische Modelle eine bedeutende Rolle. Man sieht schon an dieser kleinen exemplarischen Aufzählung, dass es eine große Vielfalt an wissenschaftlichen Modellen gibt. Wir können es mit theoretischen oder mit gegenständlichen Modellen zu tun haben, mit Modellen auf Papier, im Computer oder auf der Werkbank des Labors. Wie das Präparat abstrahiert das Modell von bestimmten Aspekten des Untersuchungsgegenstands und verdinglicht und betont damit andere.

es, über die Gegenstände, auf die sie sich richten, Neues in Erfahrung zu bringen. Auch mit den Instrumenten wird also ein neuer Wissensraum erzeugt, der sich als ein Drittes zwischen dem erkennenden Subjekt und dem zu erkennenden Objekt etabliert und der im Lauf der letzten Jahrhunderte immer ausgeprägtere und gewaltigere Formen angenommen hat. Sie haben die moderne Forschung erst ermöglicht. Nur mit ihrer Hilfe lassen sich bestimmte Naturphänomene so darstellen, dass sie überhaupt erst der Untersuchung zugänglich werden.

Aber alle wissenschaftlichen Modelle haben auch etwas gemeinsam, das sie von Präparaten unterscheidet: Sie beruhen auf einer Form der Vergegenständlichung, die einen Wechsel des Mediums zur Voraussetzung hat. Der Untersuchungsgegenstand wird in einem alternativen Medium sozusagen neu geschaffen: auf Papier, im Computer oder mit geeigneten Materialien auf der Werkbank des Labors. Dabei greift man in der Regel auf Daten zurück, die man zuvor im Experiment gesammelt hat. Das Modell erlaubt es, viele getrennt und auch zu unterschiedlichen Zeiten gesammelte Datensätze auf einen Blick zu erfassen und damit eine Sicht auf das infrage stehende Wissensding zu ermöglichen, die wiederum neue Experimente anregen kann. Man könnte auch sagen: Mit dem Modell schaffen sich die Wissenschaften einen neuen Raum der Sammlung, einen Datenraum, der Manipulationen ermöglicht, die man in dieser Form am Realobjekt nicht durchführen kann, entweder weil dieses zu klein, zu groß oder zu weit weg, zu schnell oder zu langsam, zu kurzlebig oder zu langlebig ist.

Erkenntnistheoretisch schiebt sich das Instrument zwischen den Erkennenden und das zu Erkennende, und es verkörpert einen technisch handhabbaren Wissensbestand. Erkenntnispraktisch beruht sein Einsatz auf der Möglichkeit, eine geeignete Schnittstelle oder Reibungsfläche zwischen der Technik – dem technischen Ding – und dem Wissensgegenstand – dem epistemischen Ding – zu schaffen. Das ist der gemeinsame Nenner aller Forschungstechnologien. Das Instrument muss mit dem Untersuchungsgegenstand in eine erkenntnisproduktive Wechselwirkung treten können. Nur dann ist es in der Forschung einsetzbar, ermöglicht Forschung. Instrument und Gegenstand müssen aufeinander zugeschnitten werden. Man kann dabei einen messenden von einem darstellenden und einem »phänomenotechnischen«3 Aspekt unterscheiden. Messung, Visualisierung und Phänomendarstellung können sich dabei jeweils zu gesonderten Instrumentarien entwickeln, sie können aber auch in einem Instrument in allen möglichen Kombinationen vereint bleiben. Während jedoch die Ergebnisse von Messtechniken meist die unspektakuläre Form von Zahlenkolonnen annehmen und diejenigen von Phänomenotechniken für sich genommen oft nur sehr kurzlebige Effekte hervorbringen, stellen Visualisierungstechniken die Letzteren auf Dauer und verleihen ihnen nicht selten spektakuläre Formen.

Instrumente und Forschungstechnologien Doch nun soll noch ein Wort über jene Dinge gesagt werden, mit denen in den Wissenschaften Wissen erzeugt wird: die Instrumente oder, um einen neueren Ausdruck dafür zu verwenden, die Forschungstechnologien. Unser neuzeitliches Wissen beruht wesentlich auf dem Einsatz von Forschungstechnologien. Instrumente sind einerseits Verkörperungen von existierendem Wissen. Der französische Wissenschaftsphilosoph Gaston Bachelard bezeichnete sie einmal als »verdinglichte Theoreme«.2 So verkörperte das frühneuzeitliche Teleskop die Grundsätze der geometrischen Optik. Auf der anderen Seite erlauben Instrumente

Die Wechselwirkung zwischen Instrument und Untersuchungsgegenstand möchte ich hier stellvertretend an einem Beispiel näher verdeutlichen: der Mikroskopie als einer der ältesten Visualisierungstechniken. Hier haben wir zum einen das Instrument, mit dessen Hilfe man seit dem Zeitalter Galileis im Prinzip Dinge sichtbar machen kann, die mit dem

bloßen Auge nicht zu sehen sind. Und dann haben wir zum anderen ebenjene winzigen Dinge, die unter dem Mikroskop sichtbar gemacht werden sollen – sie treten uns als mikroskopische Präparate gegenüber. Um sie zu vergrößern, müssen diese Dinge in eine bestimmte Form gebracht werden, und diese Form ist wiederum durch das Instrument bedingt, mit dem man das bewerkstelligen möchte. Ein lichtmikroskopisches Präparat muss beispielsweise möglichst glatt und flach sein, möglichst durchsichtig, andererseits aber auch möglichst kontrastreich und haltbar. Man sieht an dieser kleinen Aufzählung schon, dass diese Anforderungen unter Umständen nicht alle in die gleiche Richtung zielen und nicht alle gleichzeitig optimal erfüllt werden können, sodass man beim Präparieren entweder Kompromisse eingehen oder durch Variation ein ganzes Spektrum von Proben erzeugen muss. Auf der anderen Seite muss das Instrument so gebaut sein, dass es möglichst bequem und effizient gehandhabt werden und vor allem mit dem Präparat in eine erkenntnisfördernde Wechselwirkung treten kann. Universitätssammlungen geben Gelegenheit, nachzuvollziehen, wie sich die Lichtmikroskopie über fast 400 Jahre hinweg entwickelt hat und welche weiteren Formen der Mikroskopie sich ihr im 20. Jahrhundert zugesellt haben – beispielsweise die Elektronenmikroskopie. Solche Sammlungen lassen aber auch die wissenschaftliche Tätigkeit erkennen, die mit ihnen verbunden ist. Sie zeigen, um mit dem englischen Wissenschaftshistoriker John Pickstone zu sprechen, »Wege des Wissens« – ways of knowing 4 –, oder um es mit dem kanadischen Wissenschaftsphilosophen Ian Hacking zu sagen: »Stile des Denkens« – styles of reasoning.5 Man kann anhand solcher Instrumente sinnlich erfahren, dass wissenschaftliches Arbeiten im Wortsinn »Hand anlegen« bedeutet. Das Präparieren ist eine Tätigkeit, die besonders in der Biologie von zentraler Bedeutung ist – mikroskopische Präparate vor allem aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert finden sich in vielen Sammlungen und kamen sowohl in der Forschung als auch in der Lehre zum Einsatz. Die ersten Mikroskope wurden zwar bereits am Ende des 16. Jahrhunderts von holländischen Brillenmachern und Linsenschleifern

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Der Wert der Dinge // Wissensdinge

gebaut und verwendet, aber die Entwicklung ist bis heute nicht zum Stillstand gekommen. Gerade in jüngster Zeit ging wieder ein Nobelpreis an einen Forscher, Stefan Hell aus Göttingen, dem es gelang, die lange als feststehend geglaubte Auflösungsgrenze des Lichtmikroskops zu unterbieten. Das macht die Faszination der Forschung aus, dass sie immer wieder für unüberwindbar gehaltene Grenzen überschreitet und es erlaubt, in neue Dimensionen der Welt vorzustoßen. Dazu hat man im Lauf der Zeit gelernt, nicht nur das Licht in seine Bestandteile zu zerlegen, sondern solche Apparate – Spektroskope genannt – auch dazu zu verwenden, Neues über die physikalischen Eigenschaften verschiedener Lichtquellen oder verschiedener bestrahlter Gegenstände zu erfahren. Und mit heutigen Fluoreszenzmikroskopen kann man sogar Vorgänge in der lebenden Zelle beobachten – vorausgesetzt, es ist gelungen, geeignete Fluoreszenzmarker in diese einzuschleusen. Man sieht an diesem Beispiel, wie wissenschaftliche Instrumente und Untersuchungsobjekte sich gegenseitig bedingen. Sie tasten sich sozusagen gegenseitig ab und loten ihre jeweiligen Grenzen aus. Sie treten in ein Verhältnis gegenseitiger Instruktion. Streng genommen will der Wissenschaftler bei seiner Arbeit mit dem Instrument natürlich nicht etwas über das Präparat erfahren, sondern über die Welt, die in ihm zur Darstellung kommt. Dazu muss er diese Welt jedoch ein Stück weit »vergegenständlichen«. Wir können solche vergegenständlichten Wissensdinge auch als Epistemologica bezeichnen. Sammlungen als Verkörperung von Wissen Wissenschaftliche Sammlungen vermitteln einen Eindruck von der vielgestaltigen Objektseite der Wissenschaften. Sie zeigen zum einen, wie die Wissenschaften mit den Naturdingen hantieren, wie sie mit ihnen umgehen, um sie zum Sprechen zu bringen. Zum anderen zeigen sie, in welcher Form sich in Forschungsgegenständen und den Instrumenten und Apparaten zu ihrer Erforschung Wissen verkörpert. Und schließlich zeigen sie auf eindrückliche Weise, dass man die Wissenschaften als einen historischen Prozess betrachten muss, der immer wieder in Neuland vorstößt. Der aktuelle Stand der Dinge, wie man so schön sagt, muss nicht nur von jeder Generation neu angeeignet werden,

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sondern er wird dabei immer auch ein Stück weitergetrieben. Aber die Tatsache, dass die Wissenschaften dazu tendieren, das aktuelle Wissen, das sich in ihren epistemischen und technischen Dingen zeigt, beständig hinter sich zu lassen, bedingt auch, dass Wissensdinge, die eine Epoche geprägt haben mögen, obsolet werden können. Sie ordnen sich dann in das Archiv der Dinge ein, die außer Gebrauch geraten sind. Als historische Dokumente zeugen sie jedoch von einem Stand des Wissens, der früher einmal eine Forschungsfront markierte. In ebendieser Funktion werden sie dann zu Forschungsgegenständen anderer Disziplinen wie der Wissenschafts-, der Technik- und der Mediengeschichte sowie der Geschichte materieller Kulturen im weiteren Sinne.

1 Dieser Text entstand während eines Aufenthalts am Swedish Collegium for Advanced Study in Uppsala. Seinem Prinzipal Björn Wittrock danke ich an dieser Stelle. 2 Gaston Bachelard: Le rationalisme appliqué, Paris 1949, S. 103. 3 Diesen Ausdruck habe ich Gaston Bachelard: Der neue wissenschaftliche Geist, Frankfurt a. M. 1988 (Original: 1934) entlehnt. 4 John Pickstone: Ways of Knowing. A New History of Science, Technology, and Medicine, Chicago 2001. 5 Ian Hacking: Historical Ontology, Cambridge, Mass. 2004.

Modell eines Mikroskops nach Antoni van Leeuwenhoek (1632–1723) aus der Medizinhistorischen Sammlung der Universitätsmedizin Mainz

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VOM SAMMELN UND SEHEN EPISTEME DES MATERIELLEN IM KONTEXT DER WISSENSCHAFTEN HANS PETER HAHN Ein Beispiel für ein Rhizom aus den Botanischen Sammlungen der Mainzer Universität (Arundo donax, Poaceae (Pfahlrohr), Italien 1992)

»Im Suchen, Sammeln und Zählen von Dingen offenbart sich daher immer auch ein menschliches Streben, ein ursprüngliches, aber unmögliches Objekt wiederzufinden und den Ur-Sachen seiner Geschichte zu begegnen.« (August Ruhs, »Die Psychoanalyse geht ins Museum«)1

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Einleitung: Die Sammlung als Herausforderung Sammlungen führen ein seltsames Eigenleben. Kaum eine Sammlung ist dem Zufall geschuldet, und zumeist gehören Geschichten von Engagement und Neugier, nicht selten auch von Leidenschaft zu ihrer Entstehung und Bewahrung. Wenn Wissenschaft auf dem Zusammentragen von Wissen beruht, so ist das Zusammentragen materieller Objekte nichts anderes als ein spezifischer Weg, um zu Wissen zu gelangen. Allerdings ist es ein Weg, der nur zu bestimmten Zeiten und in bestimmen Disziplinen bestritten wurde. Jede Sammlung ist in dieser Hinsicht ein spezifisches Projekt der Erkenntnissuche. Es geht von bestimmten Prämissen aus. Dennoch führt es vielfach nicht zu dem Ergebnis, das man sich eingangs davon versprochen hatte.2 Der Weg der Erkenntnis über eine Sammlung ist ein beschwerlicher, oftmals langer und aufwendiger Weg.

Die Vorstellung, eine Sammlung sei der Spiegel eines Wissensfeldes, beschreibt in der Regel nur eine erste und vorläufige Ebene der Erkenntnis, vermittelt über materielle Objekte. Fast immer stellt sich im Verlauf des Sammelns heraus, dass den Dingen viel mehr Informationen entnommen werden können, als in der ursprünglichen Sammlungsabsicht einmal festgelegt worden ist. Hier wird die Metapher vom »Eigenleben« relevant; diese verweist gleichermaßen auf Irritationen und Herausforderungen. In gewisser Weise ist es aber auch eine unausweichliche Folge der räumlichen Anordnung von Dingen in einer Sammlung. Während die Idee einer Sammlung aus einem bestimmten Wissen – oder aus einer bestimmten Frage heraus – entstanden ist, führt die Gegenwart von mehr und mehr Objekten mit bestimmten Eigenschaften an einem Ort dann zu neuen Fragen, zu anderen Problematiken, die oftmals so nicht vorauszusehen waren. Dies gilt in besonderem Maße für wissenschaftliche Sammlungen. Dies wird zudem bestätigt durch alltägliche Auffassungen, die das Gesammelte widersprüchlich bewerten: Vielfach werden Sammlungen als Ansammlungen von »toten Gegenständen« aufgefasst. Demgegenüber vertritt Boris Groys die Vorstellung, das Leben der Dinge beginne überhaupt erst, wenn sie in einer Sammlung verwahrt werden, weil nämlich dann viele neue Eigenschaften aufgedeckt und immer wieder andere Fragen an die Objekte gestellt werden. Seiner Formulierung zufolge ist es ein »Leben nach dem Tode«.3 Es ist plausibel, das Anwachsen einer Sammlung mit dem Wachstum einer sich immer mehr verzweigenden Pflanze zu vergleichen. Neben die ursprüngliche Problemstellung treten weitere Fragen, zunächst vielleicht als Nebenaspekte, die aber im Verlauf des Sammelns möglicherweise bedeutsamer werden können als die Ausgangsfrage. Neue Fragen an die gleichen Dinge stellen zu können kann als Glücksfall der Forschung gesehen werden und führt nicht selten zu echten Entdeckungen. Die zahlreichen Eigenschaften der Objekte in einer Sammlung sind die beste Voraussetzung dafür, und das breite Spektrum an Methoden der Beobachtung und Untersuchung bietet die forschungspraktischen Wege dazu. Paul Basu hat in treffender Weise die zahlreichen Wahrnehmungsweisen materieller Kultur mit den verschiedenen Erscheinungsbildern eines Rhizoms umschrieben.4 So wie das

Rhizom ein vitales Zentrum ist, das an unterschiedlichen Orten Sprosse oder Wurzeltriebe entwickelt, so entstehen um Sammlungen herum oftmals neue epistemische Praktiken und Objektgeschichten. Nur wenn es gelingt, immer wieder neue und vielversprechende Forschungsfragen an die materiellen Objekte heranzutragen, handelt es sich um Sammlungen im eigentlichen Sinne des Wortes. Sollten die gleichen Objekte jedoch irgendwann nicht mehr zu solchen Forschungen inspirieren, dann ist ihre Zusammenstellung nicht mehr als ein Sammelsurium, wie es Peter Strohschneider in einem Sprachspiel formuliert hat.5 Die Herausforderung einer Sammlung besteht regelmäßig darin, genau diese Abgrenzung zwischen erkenntnisleitender Sammlung und dem belastenden Sammelsurium immer wieder neu zu klären. Die Offenheit einer Sammlung Kaum eine Sammlung kann beanspruchen, vollständig zu sein, und folglich ist das Sammeln als Prozess fast immer unabgeschlossen. Aus einer Reihe von nebeneinandergestellten Dingen ergibt sich die Forderung nach der Ergänzung durch ganz bestimmte andere Dinge, die logische Erweiterung um ähnliche oder gerade in bestimmter Hinsicht abweichende Objekte. Aber immer dann, wenn neue Fragen an eine bestehende Sammlung gerichtet werden, entsteht auch eine neue Priorität für das Sammeln: Neue, mitunter zuvor nicht beachtete Eigenschaften werden wichtiger, und zugleich entsteht eine andere Bewertung bestimmter Objekte innerhalb der Sammlung. Während zum Beispiel vor der Entdeckung einer bestimmten Analysemethode Doubletten von Objekten als irrelevant angesehen wurden, kann eine neue Methode der Untersuchung solcher »Minimalpaare« von Dingen diese gerade besonders interessant erscheinen lassen, etwa, weil mikroskopische oder chemische Unterschiede nunmehr bedeutungsvoll geworden sind.6 Welche Wege gibt es, um die Lesarten der Dinge zu bestimmen und zukünftige Aussagepotenziale abzuschätzen? Welche Auskünfte geben Objekte heute, und welche Aussagen werden ihnen in Zukunft zu entlocken sein? In der Geschichte der Untersuchungen zu materieller Kultur wird schon lange die Frage diskutiert, ob Objekte »sprechen«

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Der Wert der Dinge // Vom Sammeln und Sehen

können. Schon im 17. Jahrhundert stellte Jakob Böhme in seiner Zeichenlehre mit unübertreffbarem Optimismus fest: »Jedes Ding hat seinen Mund« 7. Diesem an Sherlock Holmes erinnernden Vertrauen in die Auskunftsfähigkeit der Dinge steht beispielsweise die Skepsis vieler Historiker gegenüber, die in Dingen nicht mehr als »Überbleibsel« sehen wollen und sie damit deutlich von textlichen Quellen abgrenzen.8

man findet durch neue Methoden der Betrachtung neue Themen der Forschung. Offensichtlich sprechen die Dinge dann also doch, aber eben im Hinblick auf ein Thema, das zunächst überhaupt nicht vorgesehen war. Damit einher geht die Wiederanordnung und Veränderung der Objekte und der Sammlung. Jeder Versuch, die Auskunftsfähigkeit einer wissenschaftlichen Sammlung einzuschränken oder sie zu prognostizieren, ist zum Scheitern verurteilt. Man könnte diesen Widerspruch auch so zusammenfassen: Gerade aufgrund der Unabschließbarkeit jeder Sammlung und aufgrund des Potenzials, immer neue Eigenschaften offenkundig werden zu lassen, ist es ein epistemologischer Irrweg, die Bedeutung einer Sammlung auf ihre Einbettung in eine bestimmte Forschungsfrage zu reduzieren. Erkenntnistheoretisch gesehen ist die Vorstellung, Objekte würden sprechen, eine gefährliche Verkürzung. Die Forderung, das genaue Hinhören und Beobachten als Ausgangspunkt jeder Forschung mit Dingen zu nehmen, hat dennoch ihre Gültigkeit.10

Obgleich in den letzten 50 Jahren der Optimismus bezüglich der Sprachfähigkeit materieller Objekte wieder größer geworden ist, verstummt auch die Kritik an einer solchen Wertschätzung des Materiellen nicht. Die Vorstellung, Dinge könnten sprechen, wird von Detlef Hoffmann sogar als »verhängnisvoller Irrtum« bezeichnet.9 Es gibt keinen besseren Ort als den einer wissenschaftlichen Sammlung, um beide Seiten dieser alten Debatte deutlich werden zu lassen. Wenn es nur gelingt, die passenden Fragen an die Objekte zu richten, so werden sie unweigerlich »zum Sprechen« gebracht, geben also Auskunft zu einer zuvor festgelegten Fragestellung. Wäre es aber so, dass die Dinge in einer Sammlung immer nur genau die Antwort bereithalten, die zur gestellten Problematik passt, so würde sich der Zweck einer Sammlung sehr bald erschöpfen. Gerade weil Dinge das Potenzial haben, neue, unerwartete Eigenschaften zutage treten zu lassen, provozieren sie immer wieder neue Forschungsfragen. Möglicherweise ist es ein Irrtum, davon auszugehen, Dinge würden sprechen. Aber so, wie zum Sprechen das Zuhören gehört, so gehört zur Erkenntnis auf der Basis einer Sammlung die genaue Beobachtung. Wenn Dinge nicht sprechen, so fordern sie doch wieder und wieder zu erneuter Untersuchung und sorgfältiger Betrachtung heraus.

Sammlungen als Listen Das Aneinanderfügen von ähnlichen oder in bestimmter Hinsicht gerade unterschiedlichen Objekten enthält also offensichtliche wie auch verborgene Möglichkeiten, Wissen zu erlangen. Ein besseres Verständnis, welche Möglichkeiten die initiale Intention des Zusammentragens und Nebeneinanderstellens eröffnet, ergibt sich durch den Vergleich mit einer Liste. So, wie eine Liste unterschiedliche Elemente zusammenführt, ist auch jede Sammlung zugleich ein Zusammenfügen und eine räumliche Anordnung.11

Wie schon eingangs hervorgehoben, werden Sammlungen als räumliche Anordnungen von Dingen aufgrund der Überzeugung erstellt, auf diese Weise eine Antwort auf eine Forschungsfrage zu finden, also durch die Objekte zu einer Erkenntnis zu gelangen. Wie die Erfahrung im Arbeiten mit Sammlungen zeigt, werden häufig genau diese »erwarteten Antworten« nicht gefunden oder die zu Beginn als Thema der Forschung definierten Fragen lassen sich gerade durch diese Zusammenstellung von Objekten nicht beantworten. Die Dinge schweigen oder verweigern die erwartete klare Auskunft. Dann aber wieder tauchen neue Fragen auf oder

Der Sinologe und Philosoph François Jullien hat in einem Essay mit dem Titel »Die Kunst der Liste« erläutert, in welchem Maße die Liste selbst eine Definitionsmacht über die Eigenschaften der damit zusammengestellten Elemente erhält.12 Hier geht es zunächst um die Frage, was überhaupt in eine Liste aufgenommen wird. Das entspricht den Eingangskriterien für eine Sammlung. Dies betrifft weiterhin die Frage der inneren Ordnung einer Liste: Gelten die ersten Einträge als besonders wichtig und gibt es eine spezifische andere Hierarchie? Bei Sammlungen ist dies oft der Fall, und in der Praxis werden Sammlungen ausgehend von einem Kernbestand

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Historische Inventarbücher aus der Ethnografischen Studiensammlung und den Klassisch-Archäologischen Sammlungen der Universität Mainz

besonders typischer oder wertvoller Objekte beschrieben. Bei genauerer Betrachtung weisen Listen noch weitere Eigenschaften auf. Dies betrifft die Nähe und Ferne einzelner Elemente auf der Liste untereinander, also die relative Beziehung, die bei der Erstellung festgelegt wurde. Listen können offen sein, ihre Ordnung kann dem Zufall oder der Spontanität zu verdanken sein; Listen können aber auch entsprechend komplexen Regeln – alphabetisch, chronologisch, nach Bedeutung, nach Ähnlichkeit der Elemente – erstellt werden.

Letztlich kann jeder Text als Liste von Wörtern mit entsprechenden Regeln der Anordnung aufgefasst werden. Die Regeln eines Satzes werden durch eine Grammatik erklärt, aber eine Beschreibung der Sammlungsordnung fehlt vielfach. Diese auf den ersten Blick überraschende Umschreibung einer Sammlung ist nützlich, um einen genaueren und sensibleren Blick auf die Eigenschaften von Sammlungen zu entwickeln. Auf diesem Wege können Intentionen, Anordnungen

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Der Wert der Dinge // Vom Sammeln und Sehen

und Konstellationen aufgedeckt werden, die bei einer Beschränkung auf die explizit zu einem bestimmten Zeitpunkt festgelegte »Sammlungsstrategie« so nicht erkennbar sein würden. Wie hier schon mehrfach betont, sind Sammlungen epistemische Herausforderungen. Das Sprachbild des »Eigenlebens« wurde zu Beginn dieses Beitrags eingeführt, um hervorzuheben, wie wenig kontrollierbar und prognostizierbar der Erkenntniswert einer Sammlung ist. Mit einfachen Worten ausgedrückt entsteht eine Sammlung durch das Zusammenbringen von Objekten. Mithin sind Sammlungen auch als Praktiken der Mobilität von Objekten zu verstehen. Das Zusammentragen mündet in eine »Nachbarschaft der Dinge«, die ein Netz entstehen lässt, dessen Bindeglieder zugleich die bedeutungsvollen Eigenschaften der Objekte sind. Die Aktivität des »Zusammenbringens« hat Bruno Latour als schöpferisches Handeln hervorgehoben, weil erst durch dieses Nebeneinanderstellen die Bedeutung der Sammlung entsteht.13 Das Zusammentragen von Dingen mit dem strategischen Ziel des wissenschaftlichen Fortschritts ist ein hochkomplexer Prozess, der sehr unterschiedliche Akteure betrifft. Latours Idee, die Erzeugung von Bedeutung durch Zusammentragen als Wirkung eines Netzes zu beschreiben, sollte aber noch erweitert werden. Während nämlich für Latour die in diesem Handeln gebildeten Netzwerklinien im Fokus stehen, beschreibt er damit unwillkürlich eine relative Gleichartigkeit: Alle Teile einer Sammlung sind durch solche Linien miteinander verbunden. Angemessener und vorsichtiger ist es, eine Sammlung zunächst einfach nur als Assemblage zu verstehen: Da befinden sich Dinge in einer Anordnung zueinander; allerdings sind weder die Beziehungen untereinander (von ähnlich oder unähnlich, wichtig oder bedeutungslos etc.) noch deren Einpassung geklärt. Die Beschreibung einer Assemblage verweist auf die Nähe und die Möglichkeit einer Interaktion, ohne diese jedoch stillschweigend vorauszusetzen. Assemblagen von Forschungsobjekten und die dadurch entstehenden Wechselwirkungen haben in der Geschichte der Wissenschaften mehrfach zu Innovationen geführt. Nach DeLanda ist die Bewegung der Objekte in einer Sammlung (oder auch in einem Labor) die wichtigste Eigenschaft einer solchen Assemblage.14 Erst in

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der Folge solcher zufälligen oder gesteuerten Bewegungen entstehen neue Erkenntnisse. Schluss: Eine neue Sensibilität für Sammlungen Sammlungen sind Orte zwischen Erstarrung und Bewegung. Sie sind nicht enden wollende Herausforderungen wie auch Orte der Entdeckung und Innovation. Wie die Diskussion verschiedener Zugriffe auf die Eigenschaften und Möglichkeiten der Sammlung gezeigt hat, hängt es wesentlich von der Art der Betrachtung einer Sammlung ab, zu welcher Seite dieser­­­ Gegensatzpaare die konkrete Wahrnehmung ausschlägt. Dieser Beitrag möchte zu Optimismus und zu Behutsamkeit auffordern. Gleichzeitig plädiert er gegen die epistemische Verengung der Sicht auf Sammlungen. Wissenschaftliche Sammlungen können nur dann eine Zukunft haben, wenn man sie als Freiräume auffasst und ihre besonderen Möglichkeiten anerkennt. Objekte sprechen nicht, aber sie führen doch zu Erkenntnis. Neue, aus dem Betrachten einer Sammlung gewonnene Einsichten betreffen oft ganz andere als die mit der Sammlungsintention verknüpften Themen. Sammlungen führen ein Eigenleben sowohl in materieller Hinsicht – weil sie hohe Anforderungen an die Verwahrung und Bearbeitung stellen – als auch im Hinblick auf die aus der Betrachtung und Bearbeitung hervorgehenden Erkenntnisse. Es ist keine einfache Aufgabe, vom Potenzial der Sammlungen zu sprechen, ohne die zukünftigen Forschungsresultate prognostizieren zu können. Dennoch liegt der Schlüssel zu einer angemessenen Bewertung von Sammlungen in der sorgfältigen Beobachtung der Dinge und im Respekt vor ihrer Offenheit. 1  August Ruhs: Die Psychoanalyse geht ins Museum. Über das Begehren, Bedeutung zu sehen, in: Karl-Josef Pazzini (Hg.): Unschuldskomödien. Museum & Psychoanalyse, Wien 1999, S. 55–75, hier S. 62. 2  Das Sammeln als eine der ältesten menschlichen Aktivitäten ist tief in den Alltag vieler Gesellschaften eingebettet. Das Sammeln als professionelle Tätigkeit ist in dieser Hinsicht eine Zuspitzung, die jedoch nichts von ihrer grundsätzlichen Ambivalenz eingebüßt hat. André Michels stellt die semantische Verbindung von Sammeln und »Auslesen« oder »Beerenlesen« her. Damit wird klar, welche zentrale Bedeutung Auswählen, Trennen und Sortieren als Teile des Sammelns haben, s. André Michels: Museum, Schrift, Archiv. Untersuchungen zu einigen Formen der Tradierung, in: Karl-Josef

Pazzini (Hg.): Unschuldskomödien. Museum & Psychoanalyse, Wien 1999, S. 13–53, hier S. 15. 3  Boris Groys (Hg.): Logik der Sammlung. Am Ende des musealen Zeitalters, München 1997, S. 12.  4  Paul Basu: The Inbetweenness of Things, London 2017, S. 11. 5  Peter Strohschneider: Faszinationskraft der Dinge. Über Sammlung, Forschung und Universität, in: Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften 8 (2012), S. 9–26.  6  Thomas Schnalke hat die wechselvolle Geschichte einer Sammlung und ihrer Kriterien von Beobachtung und Klassifizierung am Beispiel einer Sammlung von Gallensteinen erläutert, s. ders.: Das Ding an sich. Zur Geschichte eines Berliner Gallensteins, in: Jochen Hennig und Udo Andraschke (Hg.): WeltWissen. 300 Jahre Wissenschaften in Berlin, München 2010, S. 58–65. 7  Jacob Böhme: De Signatura Rerum, Frankfurt a. M. 2009 (Original: 1622). 8  So jedenfalls die Abgrenzung von Quellengattungen der historischen Wissenschaften in dem viel rezipierten Methodenwerk von Ernst Bernheim: Lehrbuch der historischen Methode mit Nachweis der wichtigsten Quellen und Hilfsmittel zum Studium der Geschichte, Leipzig 1889. Vgl. dazu auch Annette C. Cremer: Vier Zugänge zu (frühneuzeitlicher) materieller Kultur. Text, Bild, Objekt, Reenact­ment, in: dies. und Martin Mulsow (Hg.): Objekte als Quellen der historischen Kulturwissenschaften. Stand und Perspektiven der Forschung, Köln 2017, S. 65–93.  9  So hat es Detlef Hoffmann formuliert: Laßt Objekte sprechen ... Bemerkungen zu einem verhängnisvollen Irrtum, in: Ellen Spickernagel und Brigitte Walbe (Hg.): Das Museum. Lernort contra Musentempel, Gießen 1976, S. 102–120. Die Geschichte der Debatte um das »Sprechen von Objekten« erläutertet etwas detaillierter Ruth E. Mohrmann: Können Dinge sprechen?, in: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde 56 (2011), S. 9–26. 10  Haben Dinge das Potenzial, an einem Diskurs beteiligt zu sein? Welche Struktur könnte ein Diskurs mit Dingen und Menschen als extrem ungleichen Beteiligten haben? Martin Holbraad hat die Implikationen eines solchen Diskurses erläutert. Dinge als Zeichen zu sehen wäre ihm zufolge eine unnötige Einengung, s. ders. (Hg.): Can the Thing Speak? (= Open Anthropology Press Working Paper, 7). London 2011. 11  Eine Sammlung, so wie ein Laboratorium, ist eine wissensgeleitete räumliche Anordnung von Dingen. Während man heute die dichtestmögliche Ansammlung von Wissen auf einer Festplatte vermutet, galten lange Zeit Sammlung und Labor als die Orte höchster Verdichtung von Weltwissen (s. Helmar Schramm, Ludger Schwarte und Jan Lazardzig (Hg.): Collection, Laboratory, Theater. Scenes of Knowledge in the 17th Century, Berlin 2005). 12  François Jullien (Hg.): Die Kunst, Listen zu erstellen, Berlin 2004 (Original: L‘art de la liste, 1990, Saint-Denis, Presses Univ. de Vincennes). 13  Bruno Latour: Visualisation and Cognition. Drawing Things

Together, in: Michael E. Lynch und Steve Woolgar (Hg.): Representation in Scientific Practice. Cambridge, Mass. 1990, S. 19–68; ders.: Drawing Things Together. Die Macht der unveränderlichen mobilen Elemente, in: Andréa Belliger und David J. Krieger (Hg.): Anthology. Ein einführendes Handbuch zur Akteur-Netzwerk-Theorie, Bielefeld 2006, S. 259–308. 14  Manuel DeLanda (Hg.): Assemblage Theory (Speculative Real­ ism), Edinburgh 2016, S. 101.

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Eine Reise durch die Sammlungen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat der Fotograf Thomas Hartmann unternommen und mit den betreuenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einzelne Dinge und Objektensembles ausgewählt, die die Sammlungen repräsentieren. Nicht ihr materieller, sondern ihr »Wissenswert« war dabei leitend. Die Fotografien machen den Kern des folgenden Kapitels aus, das die Sammlungsbestände in alphabetischer Reihenfolge vorstellt. Jeweils drei Doppelseiten sind einer Sammlung gewidmet. Die Aufnahmen vermitteln einerseits einen Eindruck von der Fülle und Vielfalt des jeweiligen Bestands, andererseits heben sie Dinge heraus, die typisch für die Sammlung sind oder einen besonderen Stellenwert und eine ganz eigene Geschichte haben. Diese – teils auch persönlich gefärbten – Objekt-Geschichten erzählen die Sammlungsbetreuer und -betreuerinnen in sich anschließenden kurzen Interviews. Sie erläutern die Entstehung, Entwicklung und Struktur der Sammlung sowie deren Nutzung. Porträtfotos der Interviewpartner – der Wissenschaftlerinnen und Sammler, die Gegenstände aus aller Welt zusammentragen, an diesen forschen, sie zur Wissensvermittlung nutzen und ihren Wert erhalten – illus­trieren diese Texte. Die Fotos zeigen sie bei typischen Arbeiten inmitten der Sammlungen, beim Sortieren und Verzeichnen, Analysieren und Studieren, Mikro­ skopieren und Präparieren, Erläutern und Vermitteln, Entstauben und Ordnen. (VH)

KAPITEL // 02

MAINZER

ÄGYPTOLOGISCHE STUDIENSAMMLUNG INSTITUT FÜR ALTERTUMSWISSENSCHAFTEN, ARBEITSBEREICH ÄGYPTOLOGIE

Statuetten aus der Ägyptologischen Studiensammlung

Statue des Beamten Henka Gipsabguss, modern Original: Dahschur, Altes Reich, 5. Dynastie, ca. 2450 v. Chr; heute im Ägyptischen Museum Berlin 41 x 33 cm

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Die Mainzer Sammlungen // Ägyptologische Studiensammlung

Relief aus dem Totentempel der Königin Hatschepsut (Soldaten bei einer Festprozession) Gipsabguss, bemalt Original: Neues Reich, 18. Dynastie, um 1460 v. Chr., Kalkstein; heute im Ägyptischen Museum Berlin 58 x 33,5 cm

Salbgefäß mit Königsnamen Pepis II. Gipsabguss, bemalt Original: Altes Reich, 6. Dynastie, um 2200 v. Chr., Kalzit-Alabaster (Travertin); heute im Ägyptischen Museum Berlin 15,5 x 14,5 cm

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Die Studiensammlung besteht aus Gipsabgüssen altägyptischer Originale. Die Reliefs, Stelen und Statuetten, Gefäße, Amulette und Werke der Kleinplastik decken den Zeitraum von 2500 bis 200 v. Chr, ab und dienen dazu, Studierenden den Umgang mit Artefakten näherzubringen. Die kleine Ausstellung auf dem Flur des Instituts steht nach Anmeldung auch Interessierten von außerhalb offen.

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Die Mainzer Sammlungen // Ägyptologische Studiensammlung

großen Wertschätzung von Schrift und Schriftkultur mit dem bedeutenden Stellenwert des Beamtentums eines zentral organisierten Staates (und das bereits 2500 v. Chr.!), in dem nur ein Bruchteil der Bevölkerung lesen und schreiben konnte. Gleichzeitig diente die Statue dem Totenkult: durch das Aufstellen solcher Figuren nahm der Verstorbene symbolisch am Kultgeschehen teil. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Momentan 38 Gipsabgüsse altägyptischer Originale (Ausschnitte aus Grab- und Tempelreliefs, Totenstelen, Statuen und Statuetten von Göttinnen und Göttern, Königen und Königinnen, Privatleuten, Tieren, Kleinplastik, Amulette usw.), die meisten davon nach Vorbildern aus dem Ägyptischen Museum Berlin.

Monika Zöller-Engelhardt, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Ägyptologie

INTERVIEW MIT MONIKA ZÖLLER-ENGELHARDT

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Für mich ist die Statue des Beamten Henka (S. 34) etwas ganz Besonderes. Abgesehen von der hohen Qualität und Ausführung des Originals, das diese Replik detailgetreu wiedergibt, symbolisiert sie viele zentrale Aspekte der altägyptischen Kultur. Es handelt sich um eine sogenannte »Schreiberstatue«, in der Henka in schreibender Pose mit Papyrus auf dem Schoß und Binse in der Hand dargestellt ist. Das dreidimensional mit der Statue geformte Schreibgerät ist einzigartig, die Handhaltung mit zwei Fingern sonst nur aus Wanddarstellungen bekannt. Hierin verbindet sich in durchdachter Weise ausgereifte Bildhauerkunst als Darstellung der

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Die Studiensammlung bietet Studierenden und Lehrenden die Möglichkeit, mit dreidimensionalen altägyptischen Rundbildern und Reliefs umzugehen. Da es sich um Repliken handelt, können die Stücke problemlos auch im Unterricht eingesetzt werden. An ihnen üben Studierende in den Seminaren Vermessen und Fotografieren sowie das Verfassen von Objektbeschreibungen für Museumsführungen und von Ausstellungstexten für Kataloge. Die Objekte dienen auch als Vorlage für archäologische Zeichenübungen. Daneben steht die kleine Ausstellung auf dem Flur des Arbeitsbereichs auch Interessierten von außerhalb offen, die sich für Besichtigungen anmelden können.

Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Die Abgüsse sind modern, d. h. aus den vergangenen Jahren, ein Abguss stammt aus den 1930er Jahren. Die Originale datieren von ca. 2600 v. Chr. bis ins 3. Jh. v. Chr. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Der Ausschnitt eines Wandreliefs aus einem Beamtengrab mit der Darstellung eines Geflügelhofs misst über 150 cm in der Breite und 45 cm in der Höhe. Ein altägyptisches Amulett ist mit 8 cm Höhe am kleinsten. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Weitere Wandreliefs bzw. Stelen wären wünschenswert, da auf diesen Inschriften und bildliche Darstellungen kombiniert sind, was für Studienzwecke eine optimale Kombination darstellt. Zudem könnte der Bereich »Totenkult« noch ausgeweitet werden, hier fehlen Statuetten und Grabbeigaben, um einen umfassenden Eindruck zu gewinnen. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Da es in Mainz kein Ägyptisches Museum gibt, ist die Sammlung auch für kommende Studierendengenerationen ein großer Gewinn. Die hohe Qualität der offiziellen Museumsabformungen und der handbemalten Oberflächen kommt den altägyptischen Originalen sehr nahe, aber der Umgang mit den Repliken ist aufgrund des geringeren Wertes und problemloser Aufbewahrung sehr viel leichter.

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Die Stifterin Ulrike Jungnickel, selbst Absolventin eines Studiums der Ägyptologie und Altorientalistik an der Mainzer Universität, hat seit 2009 über den Freundeskreis Ägyptologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz e. V. jährlich erhebliche Finanzmittel für die Anschaffung der Repliken zur Verfügung gestellt. Die Bestellung erfolgt in Absprache mit dem Arbeitsbereich Ägyptologie bei der Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin. Einige weitere Objekte gelangten als private Stiftungen in die Sammlung.

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Weihinschrift des Stadtfürsten Gudea von Lagaš Gipsabguss, Berlin 2005 Original: Tonnagel aus Tello / Girsu, Südirak, um 2100 v. Chr., heute im Vorderasiatischen Museum Berlin Länge: 11,6 cm, Durchmesser: 5,3 cm

Abgüsse von Keilschrifttafeln aus der Altorientalistischen Lehrsammlung

ALTORIENTALISTISCHE LEHRSAMMLUNG INSTITUT FÜR ALTERTUMSWISSENSCHAFTEN, ARBEITSBEREICH ALTORIENTALISCHE PHILOLOGIE 41

Die Mainzer Sammlungen // Altorientalistische Lehrsammlung

Sogenannte Sonnentafel oder Tafel des Schamasch Abguss, London 2017 Original: Kalksteintafel aus Tell Abu Habbah / Sippar, Irak, ca. 888–855 v. Chr., heute im Britischen Museum London 28,2 x 17,8 cm

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Keilschrifttafel mit Gilgamesch-Erzählung Gipsabguss, Berlin 2005 Original: Tontafel vermutlich aus Tell Abu Habbah / Sippar, Irak, ca. 17. Jh. v. Chr., heute im Vorderasiatischen Museum Berlin 7,9 x 15 cm

Die Lehrsammlung umfasst Abgüsse von Keilschriftdokumenten aus fast allen Perioden der Keilschriftkultur (etwa 3200 bis 600 v. Chr.). Sie sind Zeugnisse der frühen Kulturen des Zweistromlandes (Sumerer, Babylonier, Assyrer) und spiegeln zahlreiche Facetten des gesellschaftlichen und alltäglichen Lebens wider. Die Sammlung dient vornehmlich der Lehre.

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Die Mainzer Sammlungen // Altorientalistische Lehrsammlung

im Südirak), dem Gott Ningirsu, dem Hauptgott der Stadt Girsu in der Provinz Lagaš, seinen Haupttempel, das sogenannte É-ninnu, errichtet zu haben. Dieser Tempel É-ninnu ist sowohl inschriftlich als auch archäologisch hervorragend bezeugt – die Tonnägel waren in die Innenwände des Tempels eingelassen. Bekanntheit erfuhr und erfährt der Statthalter Gudea vor allem durch seine etwa 25 blockförmigen Statuen, die in den großen Kunstmuseen der Welt (unter anderem im Louvre, British Museum und Metropolitan Museum) ausgestellt sind. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? 38 Abgüsse von verschiedenen Königsinschriften, vor allem mit Berichten über Bautätigkeiten, von Schenkungsurkunden, verschiedenen Verwaltungsurkunden, astronomischen Texten (Sternbeobachtungen), Rechtsurkunden, diplomatischer Korrespondenz, Geschäftsbriefen und von einem Teil der Gilgamesch-Erzählung. Daneben auch einige ikonografische Darstellungen, wie etwa Palastreliefs, Plaketten oder Rollsiegelabrollungen. Wenige originale keramische Artefakte komplementieren die Sammlung.

Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Das größte Objekt ist ein Palastrelief, das den neuassyrischen Herrscher Assurnasirpal II. (883–859 v. Chr.) auf Löwenjagd zeigt, mit 154 x 52 cm; das kleinste ist ein altassyrischer Geschäftsbrief aus dem 19. Jh. v. Chr. mit 5 x 5,5 cm. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Ein Abguss des Codex Hammurabi, der wohl bekanntesten Stele des Alten Orients. Jede Altorientalistin und jeder Altorientalist, ob Archäologe oder Philologe, wird im Laufe seiner Ausbildung mit dem auf der Stele befindlichen Gesetzestext vertraut gemacht. Aber auch hethitische Ritualtexte aus der Mitte des 2. Jahrtausends würden die Sammlung hervorragend ergänzen, da sie einen wesentlichen Forschungsschwerpunkt der Abteilung repräsentieren. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Na ja, was nach über 5.000 Jahren noch interessant und wertvoll ist, ist es sicher auch noch nach 5.020 Jahren – oder?

Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Die Abgüsse sind von Objekten entstanden, die in einem Zeitraum von 3200 bis 600 v. Chr. datieren. Eva-Maria Huber, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Altorientalische Philologie

INTERVIEW MIT EVA-MARIA HUBER

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Der Abguss eines Tonnagels mit einer Bauinschrift aus dem ausgehenden 3. Jt. v. Chr. (S. 40). Hunderte dieser Tonnägel stammen aus Tempeln im Südirak und tragen in der Regel einheitliche Bauinschriften. Das Formular lautet folgendermaßen: einer Gottheit wird durch einen König bzw. Würdenträger ein Tempel errichtet bzw. restauriert. Dieses Formular ist stereotyp und kann auf einen Großteil der Weihinschriften des 3. Jahrtausends übertragen werden. Das Medium Tonnagel ist ein Spezifikum – in der Regel sind die Inschriften auf flachen Tafeln angebracht. In der vorliegenden Inschrift rühmt sich Gudea (um 2100 v. Chr.), der Stadtfürst von Lagaš (Fundort

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Der besondere Wert dieser Sammlung liegt vor allem in ihrer Diversität. Es sind Keilschriftdokumente aus fast allen Perioden der langen Keilschriftkultur (34. Jh. v. Chr. bis mindestens 1. Jh. n. Chr.) vertreten ebenso wie aus fast allen Bereichen des damaligen täglichen Lebens, von Wissenschaft bis Politik, von Geschäft und Privatleben bis hin zur Verwaltung. Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Die Sammlung wurde 2005 angeschafft, kurz nach der endgültigen Etablierung des Faches Altorientalische Philologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

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ARCHÄOBOTANISCHE VERGLEICHSSAMMLUNG INSTITUT FÜR ALTERTUMSWISSENSCHAFTEN, ARBEITSBEREICH VOR- UND FRÜHGESCHICHTLICHE ARCHÄOLOGIE

Proben von Pflanzensamen für den Vergleich mit archäologischen Funden

Kern einer Rundpflaume (Prunus domestica subsp. insititia) rezent Bettenfeld, Kreis Bernkastel-Wittlich 17 x 11 mm

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Die Mainzer Sammlungen // Archäobotanische Vergleichssammlung

Samen von Schlafmohn (Papaver somniferum) rezent Botanischer Garten der Martin-Luther-Universität Halle 1,023 x 0,806 mm

Kerne der Olive (Olea europaea) rezent Herkunft unbekannt (wohl Mediterrangebiet) 18,6 x 7,8 mm

Die Sammlung hält Vergleichsmaterial für Analysen im Kontext archäologischer Untersuchungen für die Zeit von ca. 5500 v. Chr. bis ca. 1700 n. Chr. vor, d. h. Samen, Früchte, Knospen, Nadeln etc. von heutigen kultivierten und wild wachsenden Pflanzen. Daneben verwahrt sie einige Grabungsfunde und wird von Studierenden für Abschlussarbeiten und im Rahmen von Praktika genutzt.

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Die Mainzer Sammlungen // Archäobotanische Vergleichssammlung

Bei der Rundpflaume (Prunus domestica subsp. insititia) (S. 46) handelt es sich um einen weiteren römischen »Import«, dessen klimatische Ansprüche es – anders als beim Olivenbaum – erlauben, ihn in unserer Region anzubauen. Da seine Früchte nur sehr eingeschränkt transportfähig sind, belegt das Antreffen eines Pflaumenkerns in einer archäologischen Grabungsschicht die Kultivierung dieser Obstart in der Nähe des Fundortes. Um solche Funde, die vielfach nur aus kleinen Bruchstücken eines Obstkerns bestehen, eindeutig identifizieren zu können, ist der genaue Abgleich mit rezenten Kernen, d. h. von heutigen Früchten, unter dem Mikroskop notwendig. Diese hält die Archäobotanische Vergleichssammlung bereit. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Die Sammlung umfasst ca. 10.000 Objekte, d. h. rezente Samen, Früchte, Knospen, Nadeln unter anderem von kultivierten und wild wachsenden Pflanzen, die vor allem im Kontext von archäologischen Untersuchungen für den Zeitabschnitt von ca. 5500 v. Chr. bis ca. 1700 n. Chr. als Vergleichsmaterial Relevanz haben.

Margarethe König (links), Akademische Direktorin am Arbeitsbereich Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie

INTERVIEW MIT MARGARETHE KÖNIG

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Der Schlafmohn (Papaver somniferum) (S. 48) hat für mich einen hohen ästhetischen Wert, weil er – wirklich sichtbar nur unter dem Mikroskop – auf geringster Oberfläche des Samens ein Muster von besonderer Schönheit aufweist. Olivenkerne (Olea europaea) (S. 49) sind Beispiele für Import in römischer Zeit. Die Vorstellung, dass es historische Zeugnisse römischer Olivenproduktion auch hier bei uns in der Region gibt, ist faszinierend. Die Kerne können als Teile eingelegter Früchte oder als Reste in Olivenöl die Reise vom Mittelmeergebiet in die Provinzen jenseits der Alpen genommen haben.

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Der Wert der Sammlung liegt insbesondere darin, dass sie bei archäobotanischen Untersuchungen unverzichtbares Vergleichsmaterial beinhaltet. Darüber hinaus hat sie Bedeutung für die Studierenden in Zusammenhang mit der Erstellung von Abschlussarbeiten, im Rahmen der Lehre und von Praktika; auch wird sie bei Führungen vorgestellt.

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Die Sammlung dient seit ihrem Bestehen dem Zweck der Determinierung von Pflanzenresten aus archäologischen Ausgrabungen sowie der Ausbildung von archäobotanischem Nachwuchs. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Die Objekte stammen aus der Zeit von 1985 bis heute; dazu werden als Vergleichsmaterial Funde aus archäologischen Grabungen verwahrt. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Alle Objekte in der archäobotanischen Vergleichssammlung sind klein bis sehr klein und sind ca. 0,5 mm bis 3 cm groß. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Je nach Forschungsfrage archäobotanischer Analysen ist es erforderlich, die Sammlung zu ergänzen. Eine archäobotanische Vergleichssammlung ist nie abgeschlossen. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Die Erforschung der Lebensumwelt unserer Vorfahren ist eine spannende Angelegenheit. Um in deren Gedanken- und Vorstellungswelt eindringen zu können, benötigen wir die Kenntnisse ihrer Lebensbedingungen. Diese Annäherung wird für die archäologisch relevanten Zeitabschnitte auch in zwanzig Jahren Fragen offen lassen. Insofern hat die Sammlung auch in zwanzig Jahren und darüber hinaus Relevanz.

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Die Sammlung besteht seit 1986 und wurde von mir als Leiterin des Archäobotanischen Labors am Landesmuseum Trier für wissenschaftliche Zwecke aufgebaut. Mit meiner Versetzung an die Johannes Gutenberg-Universität gelangte die Vergleichssammlung nach Mainz.

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Ossuar (»Knochenkasten«) Jerusalem / Jericho, um 20 v. Chr.–70 n. Chr. Kalkstein 35 x 23,5 x 56,5 cm

Tonscherben in der Biblisch-Archäologischen Sammlung

BIBLISCHARCHÄOLOGISCHE SAMMLUNG SEMINAR FÜR ALTES TESTAMENT UND BIBLISCHE ARCHÄOLOGIE

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Die Mainzer Sammlungen // Biblisch-Archäologische Sammlung

Öllämpchen südliche Levante, 7. Jh. v. Chr.–6. Jh. n. Chr. Ton von 4 x 5 cm bis 12 x 14 cm

Amphorenhenkel südliche Levante, 3. Jh. v. Chr.–1. Jh. n. Chr. Ton 7,5 x 4,5 cm

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Die Sammlung umfasst vornehmlich Keramikobjekte aus der Eisenzeit in Palästina. Sie stellt einen der größten Bestände dieser Art in Deutschland dar. Von besonderem Wert sind sieben Grab-Ossuare aus neutestamentlicher Zeit. Historische Landkarten Palästinas sowie Glasplattendias aus den 1910/20er Jahren flankieren die Artefakte, die vor allem der Ausbildung Studierender dienen. Teile der Sammlung sind auf den Institutsfluren ausgestellt.

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Die Mainzer Sammlungen // Biblisch-Archäologische Sammlung

Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? 7 Ossuare (Knochenkästen), ca. 50 Karten, ca. 450 großformatige, teils handkolorierte Dias, ca. 150 vollständige oder nahezu vollständige Keramikobjekte und Hunderte von Scherben, ca. 20 moderne Modelle zum täglichen Leben. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Die Keramik stammt schwerpunktmäßig aus der Eisenzeit (1200–586 v. Chr.), weil die meisten Objekte von früheren Grabungen des Instituts herrühren. Darüber hinaus gibt es aber auch Objekte bis in die arabische Zeit hinein. Die Ossuare stammen aus der Zeit zwischen 20 v. Chr. und 70 n. Chr., die Karten aus den Jahren 1880 bzw. 1914 bis 1918 (älteste topografisch brauchbare Palästinakarten überhaupt), die Dias aus der Zeit zwischen 1910 und 1914, die Modelle zum täglichen Leben wurden in den letzten zwanzig Jahren hergestellt.

Wolfgang Zwickel, Professor für Altes Testament und Biblische Archäologie

INTERVIEW MIT WOLFGANG ZWICKEL

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Das Highlight unserer Sammlung sind sicherlich die Ossuare, sogenannte Knochenkästen (S. 52). Zwar hat man allein bei offiziellen Grabungen in der Umgebung von Jerusalem und Jericho rund 1.500 derartige Steinkästen für die Sekundärbestattung gefunden, aber es gibt davon wegen des Gewichts nur wenige in Europa. Derartige Ossuare wurden nur von 20 v. Chr. bis 70 n. Chr. benutzt und spiegeln damit die Bestattungsbräuche zur Zeit Jesu. Etwa ein Jahr nach dem Tod wurden die Knochen der Verstorbenen in diese Kisten gelegt.

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Unsere Keramiksammlung dient in erster Linie der Ausbildung der Studierenden, wird aber auch zum Teil in den Schaukästen des Fachbereichs Theologie der Öffentlichkeit präsentiert. Erst durch das Betasten von Keramik kann man die Herstellungsverfahren genauer erkennen. Mehrfach wurden auch schon nationale und internationale Wanderausstellungen mit unseren Sammlungsgegenständen bestückt. Das Karten- und Diamaterial dient vornehmlich der Forschung.

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Da die Sammlung eher zufällig durch die Stifterabsicht zusammengestellt ist, gab es keinen kontinuierlichen Sammlungsaufbau. Hierfür fehlen auch jegliche Mittel. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Die Ossuare mit bis zu 30 x 70 x 30 cm sind die größten, Öllämpchen mit 8 x 5 cm (S. 55) die kleinsten Objekte. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Da wir über keinerlei Geldmittel verfügen, freuen wir uns über alle weiterführenden und unsere Sammlung ergänzenden Objekte, die wir gespendet bekommen.

Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Seit 1978 dürfen keine archäologischen Objekte mehr aus dem Staat Israel ausgeführt werden. Für die Ausbildung von Studierenden sind die Funde jedoch angesichts ihrer Haptik unverzichtbar. Damit hat unsere Sammlung einen für die Forschung und Lehre unschätzbaren Wert.

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Die Sammlung wurde vor etwa 15 Jahren begonnen und besteht in erster Linie aus Schenkungen. Da wir in dem Bereich der Biblischen Archäologie ein führendes Institut in Europa sind, wandten sich mehrere Stifter an uns, um uns Modelle des Alltags in der Levante, Karten, Keramik und Ossuare für die Forschung und Lehre zu überlassen.

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BOTANISCHER GARTEN Paphiopedilum philippinense (Venusschuh-Orchidee) Philippinen Dauerleihgabe des Zollamtes Frankfurt von 1988 Höhe: 30 cm

Ausschnitt aus der Forschungssammlung zur Phylogenie und Systematik der Gattung Sempervivum (Crassulaceae)

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Die Mainzer Sammlungen // Botanischer Garten

Blick in die Sammlung der Dickblattgewächse (Crassulaceae)

Früchte der Indischen Lotosblume ­ (Nelumbo nucifera) aus einem ­be­­stäu­­bungsbiologischen Experiment

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Der Botanische Garten beheimatet auf rund 90.000 m2 etwa 8.500 Pflanzenarten aus fast allen Regionen der Erde. Mit dem Ziel, die Pflanzenvielfalt zu erforschen und zu erhalten, unterstützt er Lehrveranstaltungen sowie Forschungsprojekte und engagiert sich in der Bildungsarbeit. Zum Gelände gehören ein Gewächshausareal, ein Gesteinsgarten und große Freilandbereiche. Der Garten ist täglich von 7:30 bis ­18 Uhr geöffnet (Gewächshäuser bis 15:30 Uhr bzw. freitags bis 13 Uhr).

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Die Mainzer Sammlungen // Botanischer Garten

Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Aktuell umfasst der Pflanzenbestand etwa 9.500 lebende Akzessionen, die zu etwa 8.500 Arten gehören. Das sind fast dreimal so viele Pflanzenarten, wie in Deutschland natürlich vorkommen, aber nur etwa 3 Prozent der Pflanzenvielfalt der Erde. Neben lebenden Pflanzen werden aber auch große Mengen an Samen, einzelne getrocknete Pflanzen, Holzmuster und pflanzliche Produkte als Anschauungsmaterial für Führungen und Lehrveranstaltungen gesammelt. Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Der Pflanzenbestand des Botanischen Gartens ist ein lebendes Archiv für die Vielfalt der Pflanzen. Genutzt wird er für Forschungsprojekte, Lehrveranstaltungen und für Bildungsangebote der Grünen Schule, in Einzelfällen auch für Wiederansiedlungsprojekte im Naturschutz. Wir sind eng vernetzt mit etwa 500 botanischen Gärten weltweit, mit denen wir Saatgut tauschen. Nimmt man all diese Gärten zusammen, können wir auf einen sehr großen Teil der Pflanzenvielfalt der Erde zugreifen. Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Der Aufbau des Botanischen Gartens begann unmittelbar nach der Eröffnung der Universität Mainz im Jahre 1946. Gründer und erster Leiter war der Botanik-Professor Wilhelm Troll, der zuvor schon das Botanische Institut und den Botanischen Garten der Universität Halle geleitet hatte.

Ralf Omlor, Wissenschaftlicher Leiter des Botanischen Gartens

INTERVIEW MIT RALF OMLOR

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Es ist sehr schwer, hier eine einzelne Pflanze herauszuheben, denn der Wert der Sammlung liegt vor allem in ihrer großen Diversität. Dennoch sind Pflanzen, die in der Natur sehr selten vorkommen, natürlich auch für uns besonders wertvoll. Ein Beispiel wäre die Wildform einer Venusschuh-Orchidee (Paphiopedilum philippinense) (S. 58). Wildbestände dieser streng geschützten Pflanzen dürfen nicht gehandelt werden. Unser Exemplar haben wir 1988 vom Zollamt Frankfurt erhalten. Es war bei Zollkontrollen beschlagnahmt worden.

Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Auch die größten Bäume im Arboretum sind erst ab 1950 gepflanzt worden. In den Gewächshäusern gibt es aber ein paar Pflanzen, die älter sind, etwa ein sogenannter Brotpalmfarn (Encephalarthos transvenosus), der 1951 auf einer Forschungsreise in Südafrika gesammelt wurde. Er könnte weit über hundert Jahre alt sein. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Das Spektrum reicht von winzigen Sonnentau-Arten, die nur wenige Millimeter groß sind, bis zu den Bäumen im Arboretum. Der größte Baum ist die Orient-Platane mit einem Stammumfang von inzwischen 3,58 m. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Wir haben immer eine recht lange Suchliste, da natürlich auch bei uns Pflanzen eingehen. Das Ziel ist, ein möglichst breites Spektrum der Pflanzenvielfalt abzubilden, alle Evolutionslinien sollen vertreten sein. Welche Arten genau, ist dabei nicht immer entscheidend. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Die Erfassung und Erforschung der Pflanzenvielfalt wird wohl niemals abgeschlossen sein. Für viele Fragestellungen wird man weiterhin lebende Pflanzensammlungen benötigen. Hinzu kommt die Bedeutung für die Ausbildung der Studierenden. Und auch die Funktion Botanischer Gärten in der Bildungsarbeit wird zunehmend anerkannt. Ich bin daher sicher, dass der Wert und auch die Wertschätzung dieser Sammlung nicht in Frage stehen werden.

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Der Botanische Garten wurde in den ersten Jahrzehnten wohl intensiver in der Forschung genutzt. Damals war die Morphologie der Pflanzen Forschungsschwerpunkt am Botanischen Institut. Es ging darum, Gesetzmäßigkeiten in der Formenvielfalt der Pflanzen zu erkennen. Dafür wurde täglich Material aus dem Garten untersucht. Heute sind die Forschungsthemen viel fokussierter. Der Wert der Sammlung hat sich seither aber deutlich erhöht, da die Dokumentation der Herkunftsdaten sehr viel besser geworden ist.

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BOTANISCHE SAMMLUNGEN INSTITUT FÜR ORGANISMISCHE UND MOLEKULARE EVOLUTIONSBIOLOGIE

Südafrikanischer Zuckerbusch (Protea cynaroides L., Proteaceae) präpariert v. H. J. Göppert Mainz, 1970 20,5 x 10,5 x 7 cm

Probensammlung für die Rasterelektronenmikroskopie der Arbeitsgruppe Diversität der Blütenpflanzen 65

Die Mainzer Sammlungen // Botanische Sammlungen

Einblick in die Sammlung von Alkoholpräparaten der Gattung Salvia

Botanische Lehrtafeln verschiedene Zeichner Mainz, 1940er–1990er Jahre Papier, Pappe, Holz 149 x 108 cm, 144,5 x 111 cm, 156 x 110 cm, 156 x 110 cm (im Uhrzeigersinn)

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Den Kern der Sammlungen machen in Alkohol eingelegte Pflanzenproben aus, die auf Forschungsreisen gesammelt wurden. Daneben besteht eine Trockensammlung von Früchten, Samen und anderen Pflanzenteilen. Neben diesen aktuell in Lehre und Forschung eingebundenen Objekten existieren historische Bestände von Lehrtafeln und Pflanzenpräparaten, die die botanische Forschung und Lehre der vergangenen Jahrzehnte widerspiegeln.

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Die Mainzer Sammlungen // Botanische Sammlungen

Regine Claßen-Bockhoff, Professorin am Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie

INTERVIEW MIT REGINE CLASSEN-BOCKHOFF

Welches Objekt der Sammlungen hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Für Forschung und Lehre sind vor allem die in Alkohol fixierten Pflanzenproben wichtig (S. 67). Sie dienen in Ergänzung zu dem Lebendmaterial, das im Botanischen Garten kultiviert wird, und zur Trockensammlung des Herbariums als Untersuchungsobjekte und Belege für morphologische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfassen die Sammlungen? Die Botanischen Sammlungen umfassen mehrere Teilbestände. Die »Alkoholsammlung« der aktuellen Lehr- und Forschungs-

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sammlung besteht aus ca. 3.000 Proben. Weiter werden histologische Dauerpräparate, goldbedampfte Proben für die Rasterelektronenmikroskopie (S. 65) sowie dokumentarische Fotografien und Videos aktueller Forschungsprojekte aufbewahrt. Es besteht eine Trockensammlung von Früchten, Samen und anderen Pflanzenteilen für die Lehre und eine fast komplette Belegsammlung der pollensammelnden Wildbienen des Botanischen Gartens Mainz, die von Christian Westerkamp in den 1980er Jahren angelegt und bestimmt wurde. Die Botanischen Sammlungen umfassen daneben einige historische Bestände. Dazu gehören Pflanzenpräparate in Alkohol, die die botanische Forschung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in den vergangenen Jahrzehnten widerspiegeln. Exemplarische Präparate wie die Protea cyanoides (Zuckerbusch, Proteaceae), die aus Südafrika stammt und 1970 präpariert wurde, werden zu dokumentarischen Zwecken aufbewahrt (S. 64). Etwa hundert Lehrtafeln mit handgezeichneten Pflanzen (S. 66) belegen, mit welchen Hilfsmitteln bis vor einigen Jahren in den Vorlesungen gearbeitet wurde. Des Weiteren sind die Tuschezeichnungen des umfangreichen Werks von Wilhelm Troll, dem ersten Institutsdirektor an der neu gegründeten Mainzer Universität, im Original erhalten. Diese werden mit seinem Nachlass im Universitätsarchiv aufbewahrt.

aus Europa, Mexiko, Kalifornien und Südafrika, werden so dokumentiert. Ebenso sind die südafrikanischen Bruniaceae und die afrikanischen Vertreter der Marantaceae aus Gabun in Bezug auf ihre natürlichen Standorte fast vollständig in mindestens zwei Sammlungen vorhanden, sodass methodisch unterschiedliche Untersuchungen möglich sind. Das gesamte Material steht grundsätzlich auch für Ausleihen zur Verfügung.

Welchen Wert haben die Sammlungen insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Der Wert der Sammlungen liegt in der Bereitstellung von (seltenem) Pflanzenmaterial. Doktoranden, Postdoktoranden und Studierende nutzen die Objekte für ihre Forschungsarbeiten, Dozenten für die Lehre. Da sich viele Forschungsprojekte auf Pflanzengruppen beziehen, die neben heimischen Arten auch weltweit verbreitete Arten umfassen, sind die Proben von natürlichen Standorten von unschätzbarem Wert. Die Sammelreisen werden meist aus öffentlichen Geldern finanziert und basieren auf internationalen Kooperationen und Sammelgenehmigungen, die von den Herkunftsländern ausgestellt werden. Die Proben sind wertvoll, weil sie nicht ohne Weiteres wieder beschafft werden können. Besonders wichtig sind die Schwerpunktsammlungen. So gibt es eine Spezialsammlung zur Gattung Salvia (Salbei) mit Alkoholpräparaten und Silikaproben für molekulare Analysen, die mit der Bildsammlung, der Lebendsammlung des Botanischen Gartens und den Belegen im Herbarium korrespondiert. Über 150 Arten, vor allem

Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Erweiterung und Komplettierung der Schwerpunktsammlungen.

Seit wann bestehen die Sammlungen, wer gründete oder stiftete sie? Die ältesten Pflanzenpräparate, Lehrtafeln und histologischen Präparate stammen aus der Gründungzeit des Instituts (1946) und wurden in den folgenden Jahrzehnten kontinuierlich erweitert. Die aktuelle Lehr- und Forschungssammlung von Alkoholpräparaten geht auf die Sammlung zurück, die ich an meinen vorherigen Wirkungsstätten ab 1985 angelegt hatte. Die Sammlung wird seit 1998 am Standort Mainz kontinuierlich erweitert. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Es sind Baumscheiben und Verzweigungssysteme von 1 bis 2 m Durchmesser bzw. Länge vorhanden, aber auch Pollenkörner von 40 nm.

Warum sind es die Sammlungen auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Ziel der Sammlungsarbeit ist es, historische Sammlungen und Belege publizierter Arbeiten zu erhalten und aktuelle Sammlungen so zu dokumentieren, dass sie öffentlich sichtbar und für weitere Arbeiten zugänglich sind. Dazu gehört auch die Verlinkung der Sammellisten mit den Beständen des Botanischen Gartens und des Herbariums der Universität Mainz.

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SAMMLUNG CLEMENS BRENTANO UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK MAINZ

Mappen mit Briefen, vorne rechts ein Brief von Clemens Brentano an Susanne Schinkel, Berlin, 17. Juli 1811

Totenmaske von Clemens Brentano (1778–1842) abgenommen von Edward von Steinle (1810–1886) Abformung, vermutlich Kunststoff 14 x 22,5 x 9,5 cm

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Die Mainzer Sammlungen // Sammlung Clemens Brentano

Der Stern von der Katzbach à la belle Alliance Clemens Brentano (1778–1842) Vertonung von Ludwig Berger (1777–1839) Zeichnung von Karl Josef Raabe (1780–1846) Berlin, Juli 1815 50 x 40 cm

Verse und Brouillons politischen Inhalts Clemens Brentano (1778–1842) Autograf, 18 Seiten ohne Ort und Datierung 50 x 19,8 cm (Blatt)

Die zur Universitätsbibliothek gehörende Sammlung geht auf einen Sammler des frühen 20. Jh.s zurück, der ein Museum zum Andenken an den romantischen Dichter Clemens Brentano (1778 –1842) gründen wollte. Dieses konnte aufgrund des Krieges nicht realisiert werden. Sie umfasst Manuskripte, Lebensdokumente und Briefe von und an Brentano sowie zahlreiche Dokumente aus dem Nachlass seiner Schwester Bettina von Arnim. Flankiert werden diese durch seltene Drucke von Brentanos Werken.

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Die Mainzer Sammlungen // Sammlung Clemens Brentano

Zwar ist sie kein Unikat, doch in unserem Bestand, der vor allem Autografen umfasst, eines der wenigen dreidimensionalen Stücke. Durch einen Überzug mit Gips oder Wachs direkt vom Gesicht des Verstorbenen abgenommen, haben Totenmasken zudem immer einen ganz eigenen Reiz der authentischen Nähe zu dem jeweils dargestellten Toten. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Die Sammlung umfasst 150 Einzeldokumente. Darunter befinden sich 122 Briefe und 13 Gedichte von Clemens Brentano selbst, weiter Briefe, die er von anderen empfangen hat, sowie sonstige Dokumente, z. B. eine Abschrift seines Taufregistereintrags, seine Immatrikulationsurkunde, eine Urkunde über erfolgte Eheverkündigung und der letzte Wille des Clemens Brentano. Dazu Aktenmaterial zur Geschichte des Brentanohauses in Aschaffenburg.

Karen Stuckert, Leiterin der Bereichsbibliothek Philosophicum und Fachreferentin an der Universitätsbibliothek

INTERVIEW MIT KAREN STUCKERT

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Das ist schwer zu sagen. Mich faszinieren vor allem die Briefe, jeder ein Unikat. Und diese Sprache! »Geliebte Mitgenoßin meines höchsten Gutes, Geschwisterblume aus den berauschten Gärten unsres süßen Freundes! […] Dich grüße ich Du Mondkelch der Lilie, unter der die gewürzige Erdbeere lachet, welche Barbaren eine Dreierpflaume nennen!« So Clemens Brentano in einem Brief an Susanne Schinkel, die Frau des berühmten Architekten. Der Wert liegt für mich vor allem in der Poesie der Sprache. Ein besonderes Stück der Sammlung ist die Totenmaske Clemens Brentanos (S. 70).

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Die Sammlung und eine Brentano-Bibliothek von etwa 500 Bänden gehen auf Franz Dessauer zurück, der Ausgaben und Autografen Clemens Brentanos und seiner Umgebung sammelte, um ein Brentano-Museum zu eröffnen. Der größte Teil der heute in der Mainzer Universitätsbibliothek vorhandenen Autografen stammt aus dem Nachlass von Bettina von Arnim (1785 –1859), der 1929 in Berlin versteigert wurde. Die Museumspläne konnten nicht umgesetzt werden, das dafür vorgesehene Brentanohaus in Aschaffenburg wurde während des Krieges zerstört. Die Sammlung überstand den Zweiten Weltkrieg in den Panzerschränken der Buchhandlung Pattloch. 1950 erwarb die Universitätsbibliothek Mainz die Sammlung von ihrem neuen Besitzer Albert von Brochowski (1901–1959).

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Die Sammlung an sich wurde weder dezimiert noch erweitert. Lange Zeit erfolgte der Nachweis lediglich über einen Sonderdruck des Jahrbuchs der Vereinigung Freunde der Universität Mainz von Peter Baader aus dem Jahr 1960. Mit Fortschreiten der historisch-kritischen Ausgabe des Freien Deutschen Hochstifts in Frankfurt am Main sowie der Aufnahme in Kalliope, der Nachweis-Datenbank für Nachlässe und Autografen, und der Digitalisierung hat sich die Sichtbarkeit deutlich verbessert. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Eigentliche Sammlung: 1778–1865, Akten zur Geschichte des Brentanohauses: 1797–1928, Briefe an den Buchhändler Paul Pattloch: 1928–1944 Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Die meisten Manuskripte und Briefe werden in Mappen der Größe 25 x 33 cm aufbewahrt. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Selbst wenn in zwanzig Jahren der Zugang zu den Objekten primär digital erfolgt, verlieren die Originale nicht ihren Reiz und an Wert. Das Digitalisat hilft zum einen aus Sicht der Bestandserhaltung, das Original zu schonen, zum anderen die Aufmerksamkeit auf die Sammlung zu lenken. Nach meiner Überzeugung wird es aber immer Forscher geben, die nur mit dem Original arbeiten können und wollen.

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Wir haben das große Glück, dass die Sammlung digital unter https://visualcollections.ub.uni-mainz.de/themen/nav/ classification/305108 verfügbar ist. Davon versprechen wir uns, einen Teil der Nutzung abdecken zu können. Einige Originale wurden bereits in Ausstellungen gezeigt oder in Publikationen abgedruckt.

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COMPUTERSAMMLUNG ZENTRUM FÜR DATENVERARBEITUNG

IME 86 S Tischrechner Industria Macchine Elettroniche Italien, 1968 Kunststoff, Metall 43 x 17,5 x 48 cm

Commodore PET 2001 Commodore West Chester / USA, 1977 Kunststoff, Metall 45 x 40 x 48,5 cm

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Die Mainzer Sammlungen // Computersammlung

Compaq Portable III Compaq Computer Corporation Houston (Texas) / USA, 1987 Kunststoff, Metall 41 x 25,5 x 20 cm

IBM PC 5105 International Business Machines Corporation (IBM) Armonk / USA, 1983 Kunststoff, Metall 49,5 x 14 x 42 cm

1973 durch den Lehrstuhlinhaber für BWL und Wirtschaftsinformatik Herbert Kargl begründet, versammelt der Bestand Computer unterschiedlicher Entwicklungsstufen von den frühen 1970er Jahren bis zur Gegenwart. Genutzt wurden die Geräte zu Lehr- und Übungszwecken, aber auch im Rahmen von Forschungsprojekten der Wirtschaftsinformatik. Heute wird die Sammlung vom Zentrum für Datenverarbeitung weitergeführt und betreut.

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Die Mainzer Sammlungen // Computersammlung

Auftragsbearbeitung, Lagerhaltung, Versand, Fakturierung usw. zu veranstalten. Mit dem Commodore PET 2001 (S. 76) wurde es erstmals möglich, losgelöst von einem Zentralrechner am Arbeitsplatz zu programmieren und eigene Anwendungssoftware zu entwickeln. Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Die Sammlung zeigt die Entwicklungsstufen der technischen »Werkzeuge«, deren sich Lehre und Forschung im Fach Wirtschaftsinformatik bedienten: Bildschirmterminals mit Zugriff auf einen Zentralrechner, einzelne Arbeitsplatzrechner (PCs), lokal vernetzte PCs ( »Mehrplatzsysteme«), PCs im Datenfernverarbeitungsverbund, PCs und Notebooks im Internetverbund. Die Geräte wurden vorwiegend von den Studierenden des Fachs Wirtschaftsinformatik zu Lehr- und Übungszwecken (Software, Datenbanken, Internet usw.) genutzt. Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Die Sammlung besteht seit 1973 und wurde durch mich als damaligen Inhaber des Lehrstuhls für BWL und Wirtschaftsinformatik begründet. Die Geräte der Sammlung wurden zum Teil von Siemens gespendet, zum Teil aus Fördermitteln des Bundes gekauft. Heute wird der Bestand vom Zentrum für Datenverarbeitung betreut und weiter fortgeführt. Herbert Kargl, emeritierter Inhaber des Lehrstuhls für BWL und Wirtschaftsinformatik

INTERVIEW MIT HERBERT KARGL

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Zum Zeitpunkt meiner Berufung an die Universität Mainz 1973 war eine Unterstützung der Lehrtätigkeit im Fach Wirtschaftsinformatik durch das Rechenzentrum der Universität nur in Form eines Programmierkurses (»COBOL«) möglich. An der Universität Kaiserslautern hingegen war ein Siemens-Zentralrechner mit kommerzieller Anwendungssoftware installiert, die Lehr- und Forschungsgegenstand des Faches Wirtschaftsinformatik war. Mit einem von Siemens gespendeten Bildschirm-Terminal wurde es möglich, von Mainz aus via Datenfernverarbeitung auf diese Software zuzugreifen und Übungen in betriebswirtschaftlicher Anwendungssoftware wie z. B.

Wie hat sich der Wert der Sammlung verändert im Verlauf ihres Bestehens? Neben der Nutzung der Geräte zu Lehr- und Übungszwecken für Studierende dienten sie der Forschung auf dem Gebiet der Wirtschaftsinformatik (dokumentiert in zahlreichen Dissertationen): Welche Nutzungsmöglichkeiten ergeben sich aus der EDV für Unternehmen? Wie kann die EDV selbst zum Lernen genutzt werden? Wie kann die Wirtschaftlichkeit der EDV für Unternehmen bestimmt und kontrolliert werden? Wie verändern sich Unternehmen und die Wirtschaft durch die EDV bzw. IT? Welche Nutzungsmöglichkeiten ergeben sich durch das Internet? Wie lassen sich Mustererkennung und künstliche Intelligenz gestalten und nutzen? Die Forschung auf dem Gebiet der Wirtschaftsinformatik und die Entwicklung der Gerätetechnik induzierten sich wechselseitig; so z. B. entstand aus den zunächst theoretischen

Konzepten einer »integrierten Datenverarbeitung« im Unternehmen deren technische Lösung und Verfeinerung durch einen PC-Verbund (früher lokal und heute WLAN). Insofern stellt die Sammlung einen wissenschaftshistorischen Wert dar. Wie viele Objekte umfasst die Sammlung ungefähr? Ca. 60 Objekte. Welche Arten von Objekten weist sie auf? Bildschirmterminal als klassisches Zugriffsinstrument zum Zentralrechner, Personal-Computer (PC, isoliert nutzbar), PC im lokalen Netzverbund, PC im Datenfernübertragungs- und Internetverbund, Notebooks der verschiedenen Entwicklungsstufen sowie als Rarität eine Textbearbeitungsmaschine. Seitdem das Zentrum für Datenverarbeitung die Betreuung der Sammlung übernommen hat, kommen laufend moderne und historische Geräte vieler Fachbereiche hinzu. Die Geräte werden dabei funktionsfähig gehalten und instand gesetzt, um sie für Demonstrationszwecke verwenden zu können. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? 1973–2001 Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Das kleinste Objekt ist ein Chip aus Sandkörnern, also Silizium, mit einer Größe von 2 x 3 mm; das größte Stück ist der Schreibcomputer Siemens Textsystem mit einer Länge von 240 cm und einer Höhe von 70 cm. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Eine Programmtafel (Stecktafel) einer Lochkartenmaschine, weil damit die Anfänge der Datenverarbeitung und der Programmierung gezeigt werden könnten! Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? An ihr lässt sich die hard- und softwaretechnische Entwicklung der Werkzeuge, deren sich das Fach Wirtschaftsinformatik in den Anfangsjahren bedienen konnte, ablesen.

Computersammlung

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Modell einer Dampfmaschine mit doppeltem Zylindersystem Wilesco, Metallwarenfabrik Lüdenscheid, 2000 Original: um 1900 35,5 x 30 x 20 cm

Die 16 Experimentierstationen sind in mobilen Kisten verpackt.

SAMMLUNG ENERGIEPARCOURS NAT-LAB FÜR SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER

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Die Mainzer Sammlungen // Sammlung Energieparcours

Modell eines Stirlingmotors Leybold Didactics Hürth, 2001 Glas und Metall 20 x 35 x 15 cm

Fahrradergometer ELWE Schandelah, 2003 Metall, Plastik 115 x 113 x 54 cm

Der Energieparcours wird hauptsächlich von Schulklassen genutzt. An 16 Stationen setzen sich diese in verschiedenen Experimenten mit dem Themenkomplex Energieumwandlung auseinander. Durch eigenständiges Experimentieren wird das Interesse an den Naturwissenschaften geweckt. Weiterhin spielt der Energieparcours in der Lehramtsausbildung eine wichtige Rolle: Lehramtsstudierende entwickeln und überarbeiten Experimente und betreuen Schülergruppen.

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Die Mainzer Sammlungen // Sammlung Energieparcours

(Wasser im Kessel, Wasserdampf) umgewandelt wird und wie aus dieser dann Bewegungsenergie entsteht (Druck des Wasserdampfes treibt über Kolben ein Schwungrad an). Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Der Energieparcours umfasst 16 verschiedene Experimentierstationen, die in Aluminiumkisten verstaut sind (S. 83). Eine Kiste enthält alles, was zum Experimentieren notwendig ist. Bei der Solarenergie beispielweise: Solarzellen, Ventilator als Verbraucher, Messgeräte für Strom und Spannung, Kabel, Oberflächenthermometer zum Messen der Temperatur auf den Solarzellen, Taschenrechner, ein Notebook mit der Experimentieranleitung etc. Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Der Energieparcours wird hauptsächlich von Schulklassen (Jahrgangsstufe 9 bis 13) genutzt. Durch eigenständiges Experimentieren an den Stationen soll das Interesse an den Naturwissenschaften geweckt werden und /oder an ein naturwissenschaftliches Studium herangeführt werden. Weiterhin wird der Energieparcours in der Lehramtsausbildung genutzt, Studierende entwickeln und überarbeiten Experimente und betreuen Schülergruppen. Heike Funk, Leiterin des Lehrlabors Chemie

INTERVIEW MIT HEIKE FUNK

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Der Parcours als Ganzes ist einzigartig. Der Begriff »Energieumwandlung« wird durch die Vielfalt der Sammlung von Experimentierstationen von verschiedenen Seiten beleuchtet: in Experimenten zu regenerativen Energien (Solarenergie, Windkraft, Wasserkraft), in kleinen Modellanlagen (Brennstoffzelle, Dampfturbine, Stirlingmotor) oder in Experimenten zum Thema Schall und Licht. Für die Besucher gilt der Leitsatz »Energie geht nicht verloren, sie wandelt sich nur in andere Formen um«. Ein Modell der für die Industrialisierung so wichtigen Dampfmaschine (S. 82) zeigt besonders schön, wie chemische Energie (Brennstoff) in Wärmeenergie

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Lehrerinnen, Lehrer, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bildeten 2002 unter der Leitung von Claudia Felser eine Arbeitsgruppe an der Universität Mainz mit dem Ziel, gemeinsam Projekte für Schülerinnen und Schüler zu konzipieren. Dabei entstand die Idee, einen Parcours mit Experimentierstationen zum Thema Energie zu entwickeln. Die ersten elf Experimente arbeitete Günther Entenmann im Auftrag der Arbeitsgruppe aus.

Examensarbeiten von Lehramtsstudierenden der Chemie oder Physik. Aber auch neue Projektformen wie Programme für jüngere Schülerinnen und Schüler und spezielle Workshops für Oberstufenschülerinnen und -schüler wurden durchgeführt. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Ein eher kleines Objekt (5 x 5 cm) ist ein thermoelektrisches Element, mit dem man durch Anlegen von Temperaturunterschieden Strom erzeugen kann. Ein großes Objekt ist das Fahrradergometer (S. 85). Hier kann man mit Muskelkraft verschiedene Lichtquellen zum Leuchten bringen oder Wasser in einem Wasserkocher erwärmen, während man gleichzeitig ein Radio mit Strom versorgt.

Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? An erster Stelle steht ein eigener Raum für den Energieparcours. Im Moment wird er in der vorlesungsfreien Zeit für die Schulklassenbesuche aufgebaut, danach wieder abgebaut und in Aluminiumkisten gelagert. Weiterhin ist es unser Wunsch, Themen aus der aktuellen Forschung aufzugreifen und neue Stationen zu entwickeln. Aktuell steht das Thema Nachhaltigkeit an erster Stelle, zu dem im letzten Jahr erstmals ein Projekt für Oberstufenschülerinnen und -schüler durchgeführt wurde. Dieses würden wir gerne mit neuen Stationen fortsetzen. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Zukünftig wird das Thema Energie eine immer größere Rolle spielen. Es ist wichtig, Jugendliche und Erwachsene für das Thema zu sensibilisieren, Interesse zu wecken und somit die Grundlagen für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt zu gestalten.

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Im Verlauf ihres Bestehens hat sich die Sammlung erweitert. Aus den ehemals elf Experimentierstationen sind 16 geworden. Die Überarbeitung und Neuentwicklung stellt eine wesentliche Aufgabe dar und erfolgt im Rahmen von

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Kraftfigur Nkisi Nkondi: Mangaaka unbekannter Bakongo-Meister (Yombe-Gruppe) Loango-Region (Republik Kongo, Demokratische Republik Kongo oder Cabinda /Angola), 19. Jh. Sammler: Robert Visser (1882–1904 Angestellter der holl. Handelsgesellschaft Nieuwe Afrikaansche Handels-Vennootschap), erworben um 1900 Holz, Eisen, Kaurischnecke, Erden, Keramik, pflanzliches Material, Harz, Farbpigmente Höhe: 110 cm

ETHNOGRAFISCHE STUDIENSAMMLUNG INSTITUT FÜR ETHNOLOGIE UND AFRIKASTUDIEN

Sieben Skulpturen der Bwiti-Religion unbekannte Handwerker Libreville (Gabun), vor 1971 Sammlerin: Irene Löffler (Feldforschung in Gabun 1971–1972), gekauft 1971 Holz, Farbpigmente, Textilien, Spiegel, Pflanzenfasern, Metall Höhe: 18–36,5 cm

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Die Mainzer Sammlungen // Ethnografische Studiensammlung

Neun Krüge aus dem Westerwald Westerwald, vermutlich zwischen 1730 und 1745 Sammlerin: Erika Sulzmann, gekauft 1959/60 und 1961/62 in der Äquatorregion nördlich des Mai-NdombeSees (Demokratische Republik Kongo) Steinzeug, grauer Scherben, salzglasiert, kobaltblau und manganviolett bemalt Höhe: 15–23,5 cm

Stabkarte zur Navigation Jaluit (Atoll der Marshallinseln), um 1900 Sammler: Adolf Rittscher (1902–1904 Angestellter der Jaluit-Gesellschaft, einer kolonialen Handelsgesellschaft), gekauft 1903 Palmblattrippen, Koralle, Kokosfasern 26 x 42 cm

Die Ethnografische Studiensammlung bewahrt knapp 2.800 Objekte wie Haushaltsgegenstände, Textilien, Schmuck, Waffen, Musikinstrumente und sakrale Objekte vor allem aus Zentral- und Westafrika sowie aus Australien, Papua-Neuguinea und anderen Teilen Ozeaniens. Die meisten Objekte wurden in der Zeit von Ende des 19. Jh.s bis ins späte 20. Jh nach Europa verlagert. Es sind historische Objekte, die auf vergangene Lebenswelten verweisen und gleichzeitig von ihrer Aneignung in Europa im Kontext der kolonialen Eroberung Afrikas oder Ozeaniens erzählen. Die Sammlung kann nach Absprache besucht werden.

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Die Mainzer Sammlungen // Ethnografische Studiensammlung

Situation zunehmender Unsicherheit und Verletzlichkeit und von ihrer Aneignung in Europa als »afrikanische Kunst«. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? 2.759 kulturelle Objekte, wie z. B. Haushaltsgegenstände, Textilien, Schmuck, Waffen, Musikinstrumente oder sakrale Objekte vor allem aus Zentral- und Westafrika sowie aus Australien, Papua-Neuguinea und anderen Teilen Ozeaniens. Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Die magazinierte Sammlung ist als Studiensammlung konzipiert. In Übungen und Praktika erwerben Studierende der Ethnologie praktische Erfahrungen, vom Bewahren übers Dokumentieren bis zum Ausstellen. Die Studierenden lernen in Forschungsprojekten zu Objektgeschichten, selbstständig wissenschaftlich zu arbeiten. Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Die Sammlung wurde 1950 begründet. Die Gründerin war Erika Sulzmann, die 1948 als Assistentin an das neu eingerichtete Institut für Völkerkunde der Johannes Gutenberg-Universität Mainz kam und die Sammlung bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1976 betreute. Anna-Maria Brandstetter, Kuratorin der Studiensammlung und Akademische Direktorin am Institut für Ethnologie und Afrikastudien

INTERVIEW MIT ANNA-MARIA BRANDSTETTER

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Die Kraftfigur Nkisi Nkondi: Mangaaka (S. 88), im 19. Jh. von einem unbekannten Meister aus der Loango-Region (Demokratische Republik Kongo, Republik Kongo oder Cabinda, Angola) geschnitzt, wurde um 1900 von Robert Visser gesammelt. Er war von 1882 bis 1904 als Angestellter einer holländischen Handelsgesellschaft in dieser Region tätig. Solche Figuren sollten als Personifizierungen einer übernatürlichen Kraft die gesellschaftliche Ordnung verteidigen, die durch die koloniale Eroberung spätestens seit Mitte des 19. Jh.s massiv bedroht war. Die Figur erzählt von kolonialer Gewalt und Schrecken, von lokalen afrikanischen Reaktionen in einer

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Dienten die Objekte früher vor allem als Lehr- und Anschauungsmaterial, so gehen wir heute anderen Fragen nach. Welche besonderen Einsichten lassen sich über die Auseinandersetzung mit Objekten in Wissensgeschichte, Wissensordnungen und über die Geschichte der Ethnologie gewinnen? Wie kann man heute in Sammlungen forschen, deren Bestand auf koloniale Erwerbungen zurückgeht?

das größte Objekt; zwanzig Goldgewichte aus Messing von den Baule und Anyi (Côte d’Ivoire, Westafrika), die zwischen 1 und 3 cm lang, breit und hoch sind, stellen die kleinsten Sammlungsstücke dar. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Es gibt keine Wunschliste, da die Sammlung nicht systematisch weitergeführt wird. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Themen wie die Entstehung und Geschichte von ethnografischen Sammlungen in kolonialen und postkolonialen Kontexten, Netzwerke und Tauschgeschäfte, Sensible Objekte, Ethik und Restituierung sowie die Zukunft des Sammelns in einer digitalen Welt lassen sich auch noch in zwanzig Jahren erforschen. Aber streng genommen stellt sich diese Frage für eine Sammlung mit Kulturgütern, die vor allem aus Regionen außerhalb Europas stammen, gar nicht. Die Objekte sind eben vor allem das kulturelle Erbe von anderen und müssen sorgfältig bewahrt werden. Eine besondere Verantwortung besteht gegenüber Objekten, die in einem kolonialen Kontext, also einem Unrechtskontext, erworben wurden. Es ist unsere Aufgabe, deren Herkunft zu erforschen und die Informationen zugänglich zu machen, gerade und besonders den Menschen aus den Herkunftsgesellschaften. Und wir müssen dann auch bereit sein, diese Objekte zurückzugeben.

Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Von etwa 1000 n. Chr. bis heute. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Ein geschnitzter Fries aus Holz, Werkstatt der Bamileke-Region (Kamerun), Ende 19. Jh., ist mit einer Länge von 491 cm

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Gipsmodell zur Veranschaulichung der Kubikkurven nach einem System von A. F. Möbius unter Anleitung von Alexander Brill (1842–1935) Tübingen, 1880er Jahre Gips Durchmesser: 10 cm

Modelle mathematischer Oberflächen (Laser-in-Glas-Technik, Hersteller: Oliver Labs)

SAMMLUNG GEOMETRISCHER MODELLE INSTITUT FÜR MATHEMATIK

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Die Mainzer Sammlungen // Sammlung Geometrischer Modelle

Mathematischer Knoten 10-161, mit kurzem Griff zum Eintauchen in Seifenwasser für Minimalflächen-Experimente Oliver Labs Ingelheim am Rhein, 2014 3D-Druck, Kunststoff Durchmesser: 20 cm

Minimalfläche aus der Catenoid-Helicoid-Familie Oliver Labs Ingelheim am Rhein, 2013 3D-Druck, Kunststoff Durchmesser: 14 cm

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Zu den Objekten der Sammlung gehören geometrische Modelle unterschiedlicher Art: 3D-Drucke, handgemachte Modelle, historische Fadenmodelle etc. Die Sammlung wächst ständig; regelmäßig kommen moderne neue 3D-Druck-Modelle hinzu, die die klassischen Visualisierungen in Lehrbüchern ergänzen. Die Sammlung ist auf den Fluren des Instituts ausgestellt.

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Die Mainzer Sammlungen // Sammlung Geometrischer Modelle

Dieses Modell hat sich zum Inbegriff des mathematischen Modells entwickelt und markiert gewissermaßen den Beginn der modernen algebraischen Geometrie im 19. Jh. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Zu den Objekten gehören mathematische Modelle unterschiedlicher Art: 3D-Drucke, handgemachte Modelle (z. B. aus Pappe), historische Fadenmodelle, die historische Gipskugel mit darauf eingezeichneten Kurven. Derzeit befinden sich etwa hundert Objekte in der Sammlung. Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? In der Mathematik ist man es meist nur gewohnt, ein- oder zweidimensionale Visualisierungen zu betrachten. Mithilfe der 3D-gedruckten Objekte ist es nun auch möglich, Studierenden eine Ahnung davon zu geben, was höhere Mathematik im Bereich der dreidimensionalen Geometrie ausmacht. Dies geschieht einerseits durch die Präsentation der Objekte in den Fluren des Instituts für Mathematik, andererseits im Rahmen von Lehrveranstaltungen. Auch werden die Modelle von Besuchern betrachtet, da eine solch große Zahl hochwertiger moderner Exemplare weltweit wohl nahezu einzigartig ist.

Tilman Sauer (rechts), Inhaber der Professur für Geschichte der Mathematik, mit Oliver Labs, ehemaliger Wissenschaftlicher Mitarbeiter

INTERVIEW MIT TILMAN SAUER

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Eine Gipskugel nach einem System von August Ferdinand Möbius (S. 94, 251) nimmt in der Sammlung Geometrischer Modelle eine herausragende Stellung ein, weil sie deren einziges historisches Modell ist. Die Kugel wurde in den 1880er Jahren im Mathematischen Seminar der Universität Tübingen hergestellt. Mit ihrem Thema, den algebraischen Kurven, fügt sich die Kugel hervorragend in die Mainzer Sammlung ein, weil in dieser die algebraischen Kurven und Flächen eine zentrale Rolle spielen. Insbesondere können viele der auf der Kugel eingezeichneten Kurventypen auch als ebene Schnitte mit der kubischen Diagonalfläche von Alfred Clebsch erhalten werden (S. 251).

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Es ist nicht ganz klar, wo die Ursprünge der Sammlung liegen. Jedenfalls wurden die fünf historischen Modelle wohl das erste Mal in den 1990er Jahren von meinem Vorgänger David Rowe in einer eigens dafür angeschafften Vitrine präsentiert.

Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Die historischen Objekte stammen aus der Zeit um 1900. Viele der modernen Objekte gehen mathematisch ebenfalls auf die Zeit um 1850 bis 1900 zurück, wurden aber hauptsächlich ab 2010 produziert. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Die kleinsten Objekte sind derzeit Glaswürfel mit 5 cm Kantenlänge, in denen mit Laser in Glas-Technik mathematische Oberflächen visualisiert wurden. Die größten Objekte sind die vier etwa 30 cm großen historischen Fadenmodelle. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Wie schon erwähnt wird die Sammlung aktuell erweitert. Durch die moderne Technik und die Kooperation mit der Firma MO-Labs – Oliver Labs, Ingelheim, ist es möglich, alle wichtigen Wünsche nun auch zu erfüllen. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Für die Lehre wird diese Sammlung selbstverständlich auch in zwanzig Jahren noch wichtig sein, da es auch dann noch ein – zumindest emotionaler – Unterschied sein wird, Objekte tatsächlich in die Hand nehmen zu können und nicht nur virtuell zu betrachten. Außerdem ist in Mainz die einzigartige Möglichkeit gegeben, auch außergewöhnliche Modelle in Zusammenarbeit von Mathematikhistorikern, Mathematikern und Modell-Experten zu schaffen. Dadurch besteht die große Chance, dass die Mainzer Sammlung sich als ein weltweit herausragender Bestand moderner mathematischer Modelle etablieren wird.

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Seit Oliver Labs, der 2005 in Mainz promoviert wurde, in seiner Firma mit Hilfe von 3D-Druckern hochqualitative neue Objekte erstellt, hat sie sich zu einer dynamischen und in der Lehre regelmäßig präsenten Sammlung entwickelt. Zu den fünf historischen Stücken sind etwa hundert neue gekommen, größtenteils von Labs produziert. Immer häufiger kommen aber auch von Studierenden manuell hergestellte Objekte hinzu.

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Fossiles Holz Trias, ca. 220 Millionen Jahre Fundort: Madagaskar SiO2, verkieseltes Nadelholz Durchmesser: 13 cm

GEOWISSENSCHAFTLICHE SAMMLUNGEN INSTITUT FÜR GEOWISSENSCHAFTEN

Einblick in die Edelsteinsammlung in den Geowissenschaftlichen Sammlungen

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Die Mainzer Sammlungen // Geowissenschaftliche Sammlungen

Glycymeris (Chevronia) planicostalis (LAMARCK 1819) Meermandel-Muschel 30 Millionen Jahre Fundort: Alzey-Weinheim Aragonit Durchmesser: 6 cm

Mammutbackenzahn Backenzahn von Mammuthus primigenius (BLUMENBACH 1799) 100.000 Jahre Fundort: Roxheim Hydroxylapatit 35 x 8,5 cm

Am Institut für Geowissenschaften befinden sich mehrere Sammlungen aus den Bereichen Mineralogie, Paläontologie und Geologie. Die derzeit mehr als 50.000 Objekte – zumeist Gesteine, Minerale, geschliffene Edelsteine und Fossilien – werden zu Lehr- und Forschungszwecken vielfältig genutzt. Viele Teilbereiche sind in Forschungsprojekten zusammengetragen oder ergraben worden. Ein Besuch ist nach Anmeldung möglich; regelmäßig werden öffentliche Führungen angeboten.

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Die Mainzer Sammlungen // Geowissenschaftliche Sammlungen

Das fossile Holz ermöglicht uns so einen Blick in die Entwicklungsgeschichte der Erde und gibt uns eine Vorstellung von vergangenen Lebensräumen. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfassen die Sammlungen? Mehr als 50.000 Fossilien, Mineralien, Gesteine, fossile und rezente Tierskelette bzw. Skelettteile, Abgüsse von Fossilien. Welchen Wert haben die Sammlungen insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Die Geowissenschaftlichen Sammlungen werden gleichermaßen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Dozenten und Studierenden genutzt. Die Sammlungen ermöglichen es, die Entstehung und Entwicklung der Erde und des Lebens zu erforschen und so z. B. Gesteine zu datieren, Klimaveränderungen zu erkennen und neue Lagerstätten zu finden. Studierende lernen an den Sammlungen das grundlegende Handwerkszeug eines Geowissenschaftlers: die Bestimmung von Gesteinen, Mineralien und Fossilien.

MIT KIRSTEN GRIMM

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Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Mikrofossilien von nur wenigen Mikrometern Größe stehen Gesteinsplatten mit einem Durchmesser von mehr als 1 m gegenüber. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Unzählige Stücke. Warum sind es die Sammlungen auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Da zukünftig noch mehr Fundstellen ausgebeutet oder nicht mehr zugänglich sein werden, ist Material aus diesen Fundstellen wichtiges Belegmaterial für Forschung und Lehre. Neue Forschungsmethoden können zudem von historischem Material profitieren.

Seit wann bestehen die Sammlungen, wer gründete oder stiftete sie? Nach der Gründung des Instituts für Geowissenschaften (damals noch Geologisch-Paläontologisches Institut) im Wintersemester 1946/47 sind viele Objekte durch Aufsammlungen bei Exkursionen in die Sammlung überführt oder bei Grabungen des Instituts im In- und Ausland geborgen worden. Begründer der Sammlungen waren unter anderem Horst Falke, Adolf Helke und Heinz Tobien.

Kirsten Grimm, Kuratorin der naturwissenschaftlichen Sammlungen

INTERVIEW

Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? 600 Millionen Jahre bis heute.

Welches Objekt der Sammlungen hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Besonderen Wert haben für mich sammlungsübergreifende Objekte, also Objekte, die eigentlich mehreren Teilsammlungen innerhalb der umfangreichen Geowissenschaftlichen Sammlungen zuzuordnen sind, wie z. B. fossiles Holz: hierbei handelt es sich sowohl um ein Fossil als auch um ein Mineral – d. h., man könnte es in die paläontologische Sammlung einstellen oder in die mineralogische Sammlung. Bei dem fotografierten, etwa 220 Millionen Jahre alten Nadelholz aus Madagaskar (S. 100) wurde das organische Material durch anorganisches Material ersetzt. Dabei ist Kieselsäure in das Holz eingedrungen und hat es gehärtet.

Wie hat sich der Wert der Sammlungen im Verlauf ihres Bestehens verändert? Durch Grabungen, Aufsammlungen und gezielte Ankäufe nehmen die Geowissenschaftlichen Sammlungen ständig an Umfang zu. Der Wert von Objekten aus Fundstellen, die heute nicht mehr zugänglich sind, steigt für die Forschung. Material von abgeschlossenen Forschungsprojekten hingegen hat vornehmlich wissenschaftshistorischen oder dokumentarischen Wert und wird häufig auch für Lehrzwecke genutzt.

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Einblick in das Gesangbucharchiv der Forschungsstelle »Kirchenlied und Gesangbuch«

GESANGBUCHARCHIV FORSCHUNGSSTELLE »KIRCHENLIED UND GESANGBUCH« AM FACHBEREICH KATHOLISCHE THEOLOGIE Schönburgisches Gesangbuch nebst beigefu[e]gtem Gebetbuche Verlag des Waisenhauses Glauchau, 9. Auflage, 1838 18 x 11,5 cm

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Die Mainzer Sammlungen // Gesangbucharchiv

Evangelisches Kirchengesangbuch Stammteil in Brailleschrift ohne Ort, ca. 1960 29 x 35 cm

Gesangbuch für die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern Detail: gefaltetes Münzfach für die Kollekte Nürnberg, 1855 18 x 12,2 cm

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Rund 7.000 deutschsprachige Gesangbücher evangelischer und katholischer Provenienz, Choralbücher, Anthologien und Kleinschriften aus dem 16. bis 21. Jh. sind in dieser einzigartigen Sammlung zugänglich. Das Gesangbucharchiv wird intensiv für interdisziplinäre Forschungen von Wissenschaftlern aus aller Welt genutzt. Es betreut verschiedene Großprojekte wie eine umfassende Online-Bibliographie. Ein Besuch ist nach Anmeldung möglich.

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Die Mainzer Sammlungen // Gesangbucharchiv

Choralbücher, Anthologien, fremdsprachige Gesangbücher, Kleinschriften, Forschungsliteratur. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

Hermann Kurzke, emeritierter Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte, Ansgar Franz, Inhaber der Professur für Liturgiewissenschaft und Homiletik, und Christiane Schäfer, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsstelle »Kirchenlied und Gesangbuch«

INTERVIEW MIT HERMANN KURZKE, ANSGAR FRANZ UND CHRISTIANE SCHÄFER

Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Der handschriftliche Besitzereintrag »Dies Büchlein ist mir lieb« in einem Gesangbuch-Exemplar aus Schönburg-Glauchau von 1838 (S. 106) zeigt die Symbolkraft und den emotionalen Wert an, den Gesangbücher für die Kultur, Erziehung und Erinnerung der Menschen haben können. So hat auch jeder von uns innerhalb der Sammlung sein ganz eigenes Lieblingsbuch. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung ungefähr? Rund 7.000 deutschsprachige Gesangbücher (etwa drei Viertel evangelischer und ein Viertel katholischer Provenienz),

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Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Der eigentliche Wert der Sammlung besteht in der Art ihrer Zusammenstellung und in ihrer Bedeutung für die Forschung. Gesangbücher sind ideale interdisziplinäre Objekte von hoher kulturgeschichtlicher Aussagekraft für die Theologie, die Musikwissenschaft, die Mediävistik, die Neugermanistik, die Sprachwissenschaft, die Buchwissenschaft, die Geschichts- und überhaupt die Kulturwissenschaften. Die Sammlung wird genutzt von Studierenden und Gelehrten nicht nur der Universität Mainz, sondern weltweit. Das Archiv betreut zudem die Gesangbuchbibliographie, eine große Online-Datenbank, die rund 30.000 Gesangbücher verzeichnet, beschreibt und nachweist, und baut derzeit eine »Hymnologische Datenbank« auf, die darüber hinaus Auskunft geben wird über die in den Gesangbüchern enthaltenen Lieder und ihre regionale und konfessionelle Verbreitung. Die Bestände des Gesangbucharchivs bilden zudem die Basis für eine Reihe von Drittmittelprojekten. Derzeit arbeiten wir an einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Projekt zur Entstehung der katholischen »Einheitslieder« von 1947. Der Zweite Weltkrieg und die auf ihn folgenden Vertreibungen, Massenfluchten und Bevölkerungsdurchmischungen erzwangen die Vereinheitlichung des bis dahin völlig disparaten Kirchenliedbestandes. Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Die Sammlung entwickelte sich, angestoßen von der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen den Professoren Hansjakob Becker (Liturgiewissenschaft) und Hermann Kurzke (Literaturwissenschaft), seit 1984. Die Bücher sind durch Antiquariatskäufe, Kopien, Verfilmungen, Schenkungen oder als Dauerleihgaben aus Privatsammlungen in unseren Bestand gelangt. Sie sind bisher als Präsenzbibliothek zugänglich. Die Sammlung ist Teil der an der Katholisch Theologischen Fakultät des Fachbereichs 01 angesiedelten Forschungsstelle »Kirchenlied und Gesangbuch«.

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Die Sammlung wächst jährlich um ungefähr zweihundert Bücher und steht im Zentrum lebendiger Forschungstätigkeit. Im Laufe der Zeit konnten die großen rezeptionsleitenden Stücke zusammengetragen werden. Je nach den finanziellen Möglichkeiten wird die Sammlung kontinuierlich und gezielt ausgebaut. Dadurch erhöht sich ihr wissenschaftlicher Wert zunehmend, da sich so vorher nicht erkennbare Zusammenhänge zeigen und neue Fragestellungen entwickelt werden können. Darüber hinaus sind wir seit zwei Jahren dabei, ein Andachtsbucharchiv aufzubauen, das speziell für den katholischen Bereich eine sinnvolle Ergänzung der Gesangbuchtradition darstellt. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Das größte Objekt ist ein 1661 in Straßburg gedrucktes, prächtig ausgestattetes Cantional, aus dem mehrere Personen gleichzeitig singen konnten. Die kleinsten Objekte der Sammlung sind Kleinschriften. Darunter versteht man kleine Heftchen, manchmal sogar nur Zettel, die wichtig waren für die breite und sehr bedeutende Überlieferung geistlichen Liedguts außerhalb der offiziellen Kirchengesangbücher. Auch das »Katholische Feldgesangbuch von 1939« (S. 277) gehört in diese Kategorie. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Das Gesangbuch Köln von 1623. Das einzige noch bekannte Exemplar ist seit dem frühen 20. Jahrhundert verschollen, aber möglicherweise durchaus noch irgendwo vorhanden. In ihm sollen die Lieder von Friedrich Spee überliefert sein. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Sie ist auch in 200 Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden! Gesangbücher und die in ihnen überlieferten Kirchenlieder spiegeln in vielfältiger Weise die Kultur-, Geistes- und Frömmigkeitsgeschichte seit der Reformation bis in die Gegenwart.

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Rittersporn (Delphinium consolida L.) Herbarbeleg Fundort: zwischen Neuhaus und Kersch Sammler: Konrad Krämer, 1884 41 x 27 cm

Ausschnitt aus der Samen- und Früchtesammlung des Herbariums

HERBARIUM INSTITUT FÜR ORGANISMISCHE UND MOLEKULARE EVOLUTIONSBIOLOGIE

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Die Mainzer Sammlungen // Herbarium MJG

Psathyrella potterii (Coprinaceae) Fundort: NSG Mainzer Sand, 11.10.1977 Sammlerin: Gerlinde Hausner (Ha 132) Bestimmerin: Katharina Brellochs 12 x 9 cm

Nymphaea thermarum (Nymphaeaceae) Typusbeleg Fundort: Rwanda, Pref. Cyangugu, Heiße Quelle südl. Nyakabuye Sammler: Eberhard Fischer (170/87) 41 x 27 cm

Das 1964 gegründete Herbarium ist in erster Linie eine Referenzsammlung. Pflanzenmaterial, an dem geforscht wird, wird hier hinterlegt und Wissenschaftlern zugänglich gemacht. Der weltweite Austausch von Pflanzenmaterial ist grundlegend für die botanische Forschung. Einen Schwerpunkt unter den rund 65.000 Belegen macht die Flora von Rheinland- Pfalz aus. Ferner ist eine Fruchtsammlung für die Lehre von großer Bedeutung.

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Die Mainzer Sammlungen // Herbarium MJG

Allerdings ist ebenso wichtig, auch heute aktiv Belege zu sammeln. Wir tun dies zurzeit z. B. für die sehr diverse Flora des Ober-Olmer Waldes. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Insgesamt umfasst sie ca. 65.000 Objekte: Herbarbelege von Samenpflanzen, Farnen, Moosen und Algen, gefriergetrocknete Pilze, einige Flechten, eine Sammlung von Früchten und Samen sowie eine umfangreiche Sammlung von Briefmarken mit Pflanzenmotiven.

Gudrun Kadereit, Leiterin des Herbariums und der Arbeitsgruppe Biodiversität und Evolution der Pflanzen (Institut für Molekulare Physiologie)

INTERVIEW MIT GUDRUN KADEREIT

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Einen besonderen Wert in unserem Herbarium haben die ca. 8.000 Pflanzenbelege und ca. 2.000 Pilzbelege aus Rheinland-Pfalz. Diese Sammlung erfasst die Pflanzen- und Pilzarten, die bei uns regional vorkommen, und dokumentiert dadurch die floristische Diversität in Rheinland-Pfalz in der Vergangenheit und heute. Der Wert dieser Sammlung steigt mit ihrer Vollständigkeit und durch das Bewahren und Dokumentieren über lange Zeiträume hinweg. Besonders wertvoll sind daher historische Belege wie z. B. der abgebildete Rittersporn (S. 112), der 1884 in der Nähe von Trier von Konrad Krämer gesammelt wurde.

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Das Herbarium ist in erster Linie eine Referenzsammlung. Pflanzenmaterial, mit dem zu Forschungszwecken gearbeitet wird (z. B. für DNA-Analysen), muss hier hinterlegt und anderen Forschern zugänglich gemacht werden. Unter den weltweit ca. 3.000 Herbarien findet ein reger Austausch von Pflanzenmaterial für Forschungszwecke statt. Indem wir ein Herbarium unterhalten, ist es möglich, von einer bestimmten Pflanzengruppe alle weltweit bekannten Arten für eine Untersuchung aus anderen Herbarien auszuleihen. Ohne selbst ein aktives Herbarium zu betreiben, geht dies nicht. Für die Lehre haben besonders Spezialsammlungen wie z. B. die Fruchtsammlung eine große Bedeutung, da sich anhand dieses Materials wunderbar die Diversität von Früchten demonstrieren lässt. Ganz besonderen Wert haben botanische Sammlungen dadurch, dass sie die pflanzliche Vielfalt und deren Veränderung besonders in der jeweiligen Region über die Zeit dokumentieren.

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Zunächst war die Sammlung eher eine Referenzsammlung für den Botanischen Garten, heute dagegen spielt die Dokumentation der Arten des Botanischen Gartens eine untergeordnete Rolle und die Sammlung ist eine Referenzsammlung für die Flora von Rheinland-Pfalz und vor allem für die laufenden Forschungsprojekte am Institut. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Von 1880 bis heute. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Besonders sinnvoll erscheint (neben der Dokumentation der Forschungsprojekte und der Archivierung von Referenzbelegen für Forschungsergebnisse) die Erweiterung und Vervollständigung des Rheinland-Pfalz-Herbariums. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Herbarbelege können bei guter Lagerung leicht mehrere Jahrhunderte aufbewahrt und immer wieder genutzt und untersucht werden. Sie dokumentieren die pflanzliche Vielfalt unseres Planeten über die Zeit. Herbarien stellen heute und in Zukunft eine unglaubliche Informations- und Materialquelle dar, besonders für alle, die sich mit der Biodiversität und Evolution von Pflanzen beschäftigen.

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Gegründet wurde das Herbarium 1964 von Ulrich Hecker, dem damaligen Kustos des Botanischen Gartens, als Vergleichssammlung und Referenzsammlung für den Botanischen Garten. Den Grundstock der Sammlung bildeten der Pflanzenbestand des Botanischen Gartens sowie Heckers Privatherbar.

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Aufklappbarer Hausaltar vermutlich Orissa / Ostindien um 1910 Holz, Lackfarbe 22,5 x 14,5 x 9 cm

Einblick in die Sammlung Indischer Bronzen

SAMMLUNGEN DER INDOLOGIE GUTENBERG-INSTITUT FÜR WELTLITERATUR UND SCHRIFTORIENTIERTE MEDIEN, ARBEITSBEREICH INDOLOGIE 119

Die Mainzer Sammlungen // Sammlungen der Indologie

Vâma Shiva Natarâja Südindien, 19. Jh. Bronze 18,4 x 11,3 cm

Bildliche Darstellungen von Ritualfiguren vorn: der Dämon Maha Sohon, links: die neun Planetengottheiten mit dem Gott Brahman, in der Mitte, hinten rechts: der Dämon Maha Nilan̆ga Rākṣaya Maharagama / Sri Lanka, 1975/76 Aquarelle um 60 x 40 cm

Zu den Sammlungen der Indologie gehören zwei Teilbestände: Zum einen 250 teils im Philosophicum ausgestellte Bronzen aus Südasien, Südost- und Ostasien, die hinduistische und buddhistische Gottheiten sowie mythologische Figuren darstellen. Zum anderen 360 einzigartige Aquarelle, die bei Ritualen auf Sri Lanka eingesetzte und anschließend zerstörte Lehmbilder dokumentieren.

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Die Mainzer Sammlungen // Sammlungen der Indologie

Nina-Mareike Obstoi (rechts), Wissenschaftliche Mitarbeiterin, und Marion Meisig, Lehrbeauftragte, beide Arbeitsbereich Indologie

INTERVIEW MIT NINA-MAREIKE OBSTOI UND MARION MEISIG

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Welches Objekt der Sammlungen hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Eine kleine Statue, die den Gott Shiva darstellt (S. 120). Ihre Besonderheit liegt darin, dass der Gott Shiva hier nicht, wie gewöhnlich, auf dem linken Bein tanzend dargestellt ist, sondern im Handstand mit der linken Hand auf dem Dämon Apasmâra stehend. Auch krümmt sich der dämonische Zwerg nicht mit dem Gesicht zur Erde unter Shivas Fuß, sondern liegt auf dem Rücken. Dementsprechend ruht die Hand des Gottes mitten auf dem runden Bauch des Unholds. Sehr schön gearbeitet ist die Biegung von Rückgrat und Nacken an der Figur des Gottes, sodass dieser mit dem erhobenen Kopf schräg nach links blickt.

Welche Objektarten und wie viele Objekte umfassen die Sammlungen? Zu den Sammlungen der Indologie gehören zwei Teilbestände: zum einen die Sammlung Indischer Bronzen mit ca. 250 repräsentativen Bronzen der Kunst Südasiens, Südost- und Ostasiens, Holzschnitzereien und Schmuck, zum anderen die Sammlung Ruelius, die ca. 360 Ritualbilder (Aquarelle) umfasst.

Doktorarbeit aktuelle Relevanz. Ausstellungen und Kataloge führen zu einem höheren Bekanntheitsgrad der Sammlung und der Bedeutung der Ritualbilder an sich.

Welchen Wert haben die Sammlungen insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Der vorrangige Wert der Bronzen-Sammlung besteht in der Lehre. Anhand der Objekte werden Lehrinhalte visuell vertieft. Die den Studierenden oft sehr abstrakt erscheinenden Figuren des vielschichtigen hinduistischen und buddhistischen Pantheons werden hier im Detail erläutert. Auch finden Führungen für interessierte Laien statt; bei Kongressen wird den Teilnehmern die Sammlung vorgestellt. Die Ritualbilder haben ihren Wert zunächst für die Forschung. Ausgewählte Bilder der Sammlung müssen anhand der einheimischen Künstler-Tradition bestimmt, beschrieben, zugeordnet und interpretiert werden. Dies geschieht zurzeit im Rahmen der Dissertation von Nina-Mareike Obstoi.

Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Eine schwere Bronze des »Tanzenden Shiva« (Shiva Naṭarāja) (S. 250) ist mit 56 x 47,5 cm die größte Bronze und die Darstellung eines meditierenden Buddhas unter dem Bodhibaum aus Gold mit ca. 2 cm die kleinste. Die Aquarelle haben alle die Größe von ca. 40 x 60 cm.

Seit wann bestehen die Sammlungen, wer gründete oder stiftete sie? Die Sammlung Indischer Bronzen wurde im November 2000 mit einer Dauerausstellung von 57 Ausstellungsstücken in vier Wandvitrinen im Philosophicum eingeweiht. Die Objekte wurden von Ursula Walter aus Friedrichsdorf zusammengetragen. Ihre Töchter überließen diese der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Schenkung. Die Aquarelle wurden von Hans Ruelius während eines Forschungsaufenthaltes in Sri Lanka 1975 in Auftrag gegeben. Da das Mainzer Institut für Indologie deutschlandweit das einzige mit einem Schwerpunkt Sri Lanka in Forschung und Lehre ist, bot es sich zur Aufbewahrung und wissenschaftlichen Bearbeitung der Sammlung an.

Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Die Herstellung der Bronzen lag im 19.–20. Jh. Die Ritualbilder wurden im Jahr 1975 angefertigt.

Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Da die Sammlung Indischer Bronzen repräsentativ die Kunst Südasiens, Südost- und Ostasiens darstellt, bildet sie als solche eine Gesamtheit. Sie ist damit abgeschlossen, ebenso wie die Sammlung Ruelius, die ausschließlich Gemälde eines verstorbenen Künstlers besitzt. Warum sind es die Sammlungen auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Das Institut für Indologie verfügt mit den Bronzen über kunstgeschichtliche Quellen, an denen sich Lehrinhalte am Objekt vertiefen lassen. Mit dem wachsenden Alter der Stücke wird die Sammlung natürlich auch immer wertvoller. Die Aquarelle sind Originale. Sie bilden aus Lehm hergestellte Ritualfiguren ab, die nach dem Ritual sofort zerstört werden. Da es von den Ritualen selbst kaum Fotos gibt, haben die Bilder einen einzigartigen Dokumentationswert. Die Kunst der Herstellung solcher Gemälde geht, wie die Ausübung der Rituale selbst, immer weiter zurück. So steigt nicht nur ihr materieller Wert, sondern auch ihre Bedeutung für die Erforschung der srilankanischen Kultur.

Wie hat sich der Wert der Sammlungen im Verlauf ihres Bestehens verändert? Die Sammlung Indischer Bronzen hat ihre gleichbleibende Relevanz vornehmlich als Anschauungsmaterial in der Lehre. Die Sammlung Ruelius gewinnt durch die Aufarbeitung in einer

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Things Fall Apart Chinua Achebe (1930–2013) London, 1958 Erstausgabe 19 x 12,5 cm

JAHN-BIBLIOTHEK FÜR AFRIKANISCHE LITERATUREN INSTITUT FÜR ETHNOLOGIE UND AFRIKASTUDIEN

Einblick in die Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen

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Die Mainzer Sammlungen // Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen

Comic-Alben afrikanischer Künstler

Owọ́ Ẹ̀jẹ̀ [Detektivroman, dt. »Blutgeld«] Kọ́lá Akínlàdé (*1924) Ibadan, 1976 Erstausgabe 18 x 12,5 cm

Die Bibliothek beherbergt eine einmalige Sammlung literarischer Werke in über neunzig Sprachen, darunter die ehemaligen Kolonialsprachen und zahlreiche afrikanische Sprachen. Neben Klassikern der literarischen Traditionen Afrikas umfasst sie zeitgenössische Literatur, aber auch unbekanntere Werke, Comics, Literaturverfilmungen und Hörbücher. Die Öffnungszeiten finden sich unter: www.jahn-bibliothek.ifeas. uni-mainz.de/

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Die Mainzer Sammlungen // Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen

Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Die Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen verfügt über einen außergewöhnlichen Bestand an literarischen Werken afrikanischer Schriftsteller und Schriftstellerinnen in über neunzig Sprachen, darunter die ehemaligen Kolonialsprachen ebenso wie eine sehr große Zahl afrikanischer Sprachen. Sie umfasst knapp 20.000 Objekte, vor allem Bücher, darunter sehr besondere – z. B. seltene Erstausgaben, in verschiedenen Schriftsystemen geschriebene Werke und Comics, aber auch einzelne Hörbücher und Literaturverfilmungen. Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Die Sammlung ist in ihrer Sprachenvielfalt und historischen Tiefe weltweit fast einzigartig. Genutzt wird sie heute überwiegend von internationalen Forscherinnen und Forschern und von Studierenden. Die Bücher werden vor allem gelesen, sind in vielerlei Hinsicht aber auch als Objekte interessant und wertvoll, z. B. als Erstausgaben von Werken, die heute als Klassiker gelten, als Bücher mit handschriftlichen Widmungen oder im Hinblick auf das, was ihre Gestaltung über den jeweiligen Publikationskontext verrät.

Anja Oed, Wissenschaftliche Leiterin der Jahn-Bibliothek

INTERVIEW MIT ANJA OED

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Ein Buch, mit dem mich eine besondere Geschichte verbindet, weil ich es 1999 während eines Feldforschungsaufenthalts in Nigeria unverhofft von einem Straßenhändler kaufen konnte, ist Kọ́lá Akínlàdés auf Yorùbá verfasster Roman »Owọ́ Ẹ̀jẹ̀« (dt. »Blutgeld«) (S. 127). In diesem klärt ein Meisterdetektiv den Mord an einem jungen Migranten auf. Das Buch erschien 1976, ist längst vergriffen und weltweit in Bibliotheken kaum vorhanden, obwohl es sogar verfilmt wurde. Neben seinem kulturellen Wert ist der Roman auch wissenschaftlich wertvoll, z. B. im Hinblick auf die lokale Aneignung global erfolgreicher Erzählformeln und das Aushandeln von afrikanischer Moderne.

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Sie entstand als private Sammlung des Journalisten Janheinz Jahn (1918–1973), dessen Interesse an afrikanischer Literatur 1951 bei einem Vortrag von Léopold Sédar Senghor (1906– 2001) in Frankfurt geweckt wurde. Dieses Interesse manifestierte sich in den folgenden Jahrzehnten in der stetig wachsenden Sammlung und war verbunden mit Aktivitäten als Übersetzer, Herausgeber, Autor und freier Journalist, durch die Jahn wesentlich zur öffentlichen Wahrnehmung afrikanischer Literatur beitrug. 1974 wurde Jahns Sammlung mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft durch das Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz angekauft. Anfang 1975 wurde die Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen eingerichtet.

Mitte des 20. Jahrhunderts international bahnbrechendes Verständnis von damals wenig bekannter afrikanischer Literatur als eigenständiger Literaturtradition. Bis heute werden Neuerscheinungen gesammelt, darunter neben Werken international bekannter Autorinnen und Autoren auch lokal in afrikanischen Ländern publizierte Werke. Heute ist die Sammlung sowohl historisch als auch kulturell von großem Wert. Zahlreiche Titel sind heute nur in neueren Ausgaben oder (selbst lokal) überhaupt nicht mehr erhältlich. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Überwiegend 20. Jh. bis heute. Das älteste Buch wurde allerdings bereits 1773 gedruckt. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Kleinstes Objekt: ein Buch des kenianischen Autors Binyavanga Wainaina mit dem Titel »Beyond River Yei« (2006) in der Miniatur-Reihe »Kwanini?« (dt. »Warum?«) mit 13,5 x 10,5 cm. Größtes Objekt: ein Bilderbuch des kongolesischen Autors Alain Mabanckou und der französischen Illustratorin Judith Gueyfier, »Ma Sœur-Étoile« (2010), mit 36 x 28,5 cm. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? In afrikanischen Ländern publizierte Neuerscheinungen, die in Deutschland oft nicht bestellbar und daher zum Teil mit Beschaffungsreisen verbunden sind, Titel in weiteren afrikanischen Sprachen, mehr Hörbücher und Literaturverfilmungen. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Die Sammlung wird in zwanzig Jahren weiterhin dazu einladen, sich damit auseinanderzusetzen, was afrikanische Autoren und Autorinnen uns in ihren Werken aus den verschiedensten Blickwinkeln und mit sehr unterschiedlichen Erzählstilen vermitteln: was ihnen wichtig ist, woran sie erinnern, was sie verändern möchten und welche gesellschaftlichen und persönlichen Ereignisse und Probleme sie beschäftigen. Als Objekte verkörpern und dokumentieren die Bücher den historisch-kulturellen, wissenschaftlichen und ideellen Wert afrikanischer Literaturen, ihre Geschichte und ihre Rezeption.

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Jahns Sammlung reflektiert in ihrer Zusammensetzung sein

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Schwarzfiguriger Skyphos Athen, um 530 v. Chr. Höhe: 15,7 cm, Durchmesser: 22,2–23 cm

Einblick in die Gipssammlung mit Bildnisköpfen römischer Kaiser

KLASSISCHARCHÄOLOGISCHE SAMMLUNGEN INSTITUT FÜR ALTERTUMSWISSENSCHAFTEN, ARBEITSBEREICH KLASSISCHE ARCHÄOLOGIE

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Die Mainzer Sammlungen // Klassisch-Archäologische Sammlungen

Kopf einer Kore Gipsabguss Original: Athen, Akropolismuseum Inv. 641, um 490 v. Chr. Höhe: 7,2 cm

Henkel und Rand einer bronzenen Hydria Lakonien, frühes 6. Jh. v. Chr. Durchmesser: 26,5 cm

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Der Arbeitsbereich Klassische Archäologie des Instituts für Altertumswissenschaften besitzt antike Originale – vor allem bemalte griechische Keramik des 8. bis 4. Jh.s v. Chr. sowie Terrakotten und Bronzen – sowie eine größere Zahl von Gipsabgüssen nach Meisterwerken der griechischen und römischen Bildhauerkunst, die in Forschung und Lehre genutzt werden. Beide Bestände können besichtigt werden.

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Die Mainzer Sammlungen // Klassisch-Archäologische Sammlungen

Patrick Schollmeyer, Kurator der Klassisch-Archäologischen Sammlungen und der Schule des Sehens

INTERVIEW MIT PATRICK SCHOLLMEYER

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Welches Objekt der Sammlungen hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Einen besonderen Wert hat ein fragmentiertes bronzenes Wassergefäß (griechisch: hydria) aus dem frühen 6. Jh. v. Chr. (S. 132). Zum einen sind solche Artefakte ausgesprochen selten, da die meisten Bronzeerzeugnisse der Antike wegen ihres hohen Materialwertes zum Teil schon im Altertum selbst, spätestens aber nach dessen Ende eingeschmolzen worden sind. Zudem trägt das Objekt eine Inschrift, die einen Künstler Telesstas (sic) nennt, ein Name, der sogar in der griechischen Geschichtsschreibung vorkommt, weshalb das Mainzer Stück weitreichende Beachtung in der Forschung gefunden hat.

Welche Objektarten und wie viele Objekte umfassen die Sammlungen? Die Klassisch-Archäologischen Sammlungen sind zweigeteilt: Die Originalsammlung beinhaltet neben ihrem Schwerpunkt dekorierter antiker Keramik auch Terrakotten, Wandmalereiund Mosaikreste, Bronzewerke sowie kleinere Steinartefakte und Skulpturen. Sie umfasst 406 inventarisierte, meist größere und vollständige Exponate, daneben noch bislang ungezählte Fragmente und Kleinobjekte. Hinzu kommen 378 Gipsabgüsse unterschiedlichsten Formats nach bedeutenden Arbeiten der antiken Plastik (Statuen, Statuetten, Reliefs, Bildnisbüsten usw.).

nach Meisterwerken der griechischen und römischen Bildhauerkunst, die einst dem 1871 gegründeten Mainzer Verein für Plastische Kunst gehört hatten.

Welchen Wert haben die Sammlungen insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Beide Sammlungen sind unverzichtbare Bestandteile der akademischen Lehre, aber auch der Forschung. Studierende lernen hier nicht nur den fachwissenschaftlichen Umgang mit konkreten Objekten und werden in archäologisches Sehen eingeübt, sondern erhalten darüber hinaus über Lehrpraktika zu Führungs- und Ausstellungspraxis erste Erfahrungen im Hinblick auf das Vermitteln von Wissen für ein außeruniversitäres Publikum. Ferner widmen sich immer wieder studentische Abschlussarbeiten einzelnen Sammlungsobjekten oder es werden ganze Objektgruppen in wissenschaftlichen Katalogwerken erfasst. Die Bedeutung des Bestands zeigt sich zudem darin, dass einzelne Stücke nationale und internationale Sonderausstellungen als Leihgaben bereichern.

Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? 3000 v. Chr. (antike Scherben) bis heute (moderne Gipsabgüsse).

Seit wann bestehen die Sammlungen, wer gründete oder stiftete sie? Beide Sammlungen entstanden in der Anfangszeit der Johannes Gutenberg-Universität. Im Zuge der erstmaligen Besetzung eines Lehrstuhls für Klassische Archäologie kam 1948 mit Roland Hampe eine Forscher- und Lehrpersönlichkeit nach Mainz, die die französische Militäradministration davon überzeugen konnte, dass den Studierenden auch reale Objekte zur eigenen Anschauung zur Verfügung gestellt werden müssten. Es wurden Mittel bewilligt, mit denen insgesamt drei Privatsammlungen griechischer Kleinkunst und diverse Einzelobjekte erworben werden konnten. Zudem erhielt das Institut durch Weitergabe der Stadt Mainz einen größeren Bestand an allerdings zum Gutteil kriegsbedingt beschädigten großformatigen Gipsabgüssen

Wie hat sich der Wert der Sammlungen im Verlauf ihres Bestehens verändert? Beide Sammlungen dienen aktuell im Wesentlichen den gleichen Zielen wie bei ihrer Gründung. Durch eine bis heute andauernde Katalogisierung, an der Studierende aktiv beteiligt werden, vermehrt sich ihr wissenschaftlicher Wert ständig. Darüber hinaus wird verstärkt an der Präsentation und der Erschließung für ein außeruniversitäres Publikum gearbeitet.

Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Zu den kleinsten Objekten gehören einige meist nur 1 bis 2 cm messende antike Scherben. Das größte Objekt ist die aus vier Gussteilen bestehende, über 2,30 x 3,70 m große Platte mit der Göttin Athena und anderen Gestalten vom Pergamonaltar. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Die Sammlung der Gipsabgüsse wird ständig erweitert. Ganz oben auf der Wunschliste steht ein großformatiger farbiger Abguss einer archaischen Mädchenfigur des 6. Jh.s v. Chr. (griechisch: kore). In letzter Zeit konnte immerhin ein kleines Korenköpfchen angeschafft werden, um die besondere Wirkung antiker Polychromie anschaulich zu machen. Warum sind es die Sammlungen auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Die Sammlungen sind es auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden, weil sie in einer immer digitaler werdenden Kommunikationswelt unverzichtbare analoge und vor allem haptisch erfahrbare Wissensspeicher sind, die nachfolgenden Generationen die Chance geben, sich mit anderen kulturellen Mustern und Denkweisen vertraut zu machen, diese im wahrsten Sinn des Herder‘schen Wortes zu »begreifen«.

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KUNST GESCHICHTLICHE SAMMLUNGEN INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE UND MUSIKWISSENSCHAFT, ABTEILUNG KUNSTGESCHICHTE

Mappe 23/40 mit 11 Holzschnitten von 1912 bis 1919 Erich Heckel (1883–1970) Verlag J. B. Neumann, gedruckt von F. Voigt Berlin, 1921 62 x 52,5 cm

Diabestand in den Kunstgeschichtlichen Sammlungen

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Die Mainzer Sammlungen // Kunstgeschichtliche Sammlungen

Büste des Kunsthistorikers Julius Baum (1882–1959) Traute Kraut-Hartmann 1956 Bronze 40 x 16 x 25 cm

Interieur / Stillleben mit Grammophonplatte Reinhard Heß (1904–1998) 1948 Öl auf Pressholz 85 x 63 cm

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Kurz nach Gründung der Universität zu Lehrzwecken angelegt, bewahren die Sammlungen des Instituts für Kunstgeschichte und Musikwissenschaften, Abteilung Kunstgeschichte, unter anderem Abgüsse von Skulpturen des Mittelalters und der frühen Neuzeit, Kopien frühchristlicher und byzantinischer Mosaike, Abgüsse von Elfenbein- und Silberarbeiten, Grafiken und Zeichnungen des 18.–20. Jh.s, Plakate, faksimilierte Grafiken und Objektfotografien.

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Die Mainzer Sammlungen // Kunstgeschichtliche Sammlungen

20. Jahrhunderts alle kunsthistorischen Institute. Mit dem Medienwandel verloren diese ihre primäre Funktion, was an verschiedenen Standorten bereits zu ihrer Zerstörung führte. Es wird daher die Aufgabe sein, diesem gewachsenen Mainzer Bildgedächtnis eine funktionale Zukunft zu geben. Die Sammlung enthält zudem auch einzelne sehr beeindruckende Grafiken. Hierzu gehört eine Sammelmappe mit Holzschnitten von Erich Heckel (1883–1970) (S. 136). Brillant in ihrem künstlerischen Ausdruck, sind die Blätter Glanzstücke des Expressionismus. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfassen die Sammlungen? Im Wesentlichen bestehen die Kunstgeschichtlichen Sammlungen aus über 100 Abgüssen, rund 600 Originalwerken (Grafiken, Gemälde, Autografen und Plastiken), ca. 300 Reproduktionsgrafiken und über 1 Million Arbeitsbildern (Dias, Negative, Fotos, Postkarten etc.). Dazu kommen einige historische Geräte sowie ca. 1.000 Typoskripte.

Klaus T. Weber, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Kunstgeschichte

INTERVIEW MIT KLAUS T. WEBER

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Welches Objekt der Sammlungen hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Ein in sich geschlossener Bestand innerhalb der Kunstgeschichtlichen Sammlungen ist die gesamte analoge Arbeitsbildersammlung, bestehend aus Fotothek, Diathek (S. 137) und Negativen, die seit Bestehen der Mainzer Kunstgeschichte durch ihre Mitglieder als Grundlage ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit zusammengetragen wurde. Dieses Konglomerat aus mehr als 1 Million Einzelobjekten stellt für sich einen Wert dar – insbesondere durch seine Geschlossenheit und das darin enthaltene polymorphe Wissen, z. B. auch über die Vermittlung von Kunst an angehende Kunsthistoriker im 20. Jahrhundert. Gleichartige Sammlungen benötigten bis zum Ende des

Welchen Wert haben die Sammlungen insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Die Abgüsse und Originalwerke sind unsystematisch und ohne einheitliche Zielsetzung zusammengetragen worden, wobei sich einzelne kleinere Konglomerate im Gesamtbestand bilden. Der Wert für die Forschung ist punktuell. Die Vielfalt ermöglicht aber den Einsatz als universitäre Lehrsammlung. Exemplarisch können Fachkenntnisse und kunsthistorische Arbeitsweisen am Einzelobjekt vermittelt werden, wie beispielsweise Materialund Technikkunde, Inventarisierung, Dokumentation und Provenienzforschung. Die Institutssammlungen bieten dem Lehrpersonal niedrigschwellig die Möglichkeit, mit Studierenden gemeinsam am konkreten Kunstwerk zu arbeiten. Seit wann bestehen die Sammlungen, wer gründete oder stiftete sie? Die Sammlungen starteten mit der Gründung des Instituts im Jahr 1946 und gehörten zum Grundkonzept, das Friedrich Gerke (1900–1966) als erster Direktor entwickelte. Teile der Abgüsse stammen aus dem ehemaligen Mainzer Verein für Plastische Kunst (gegr. 1871). Einzelne Originalwerke wurden durch das Land dem Institut übergeben, hierzu gehört das Gemälde von Reinhard Heß (1904–1998) (S. 138), anderes von Privatpersonen, darunter Nachlässe der Kunsthistoriker

Franz Theodor Klingelschmitt (1885–1948) und Julius Baum (1882–1959) (S. 139). Wie hat sich der Wert der Sammlungen im Verlauf ihres Bestehens verändert? Die Originale, Abgüsse und Reproduktionsgrafiken wurden vornehmlich bis in die 1960er Jahre zusammengetragen. Damals entwickelte sich das Institut über die Forschung und Lehre hinaus zur musealen Kultureinrichtung mit eigenem Gebäude für Dauerausstellungen (Prinz Johann Georg-Sammlung, s. S. 178–183) und Fläche für Wechselausstellungen, Restaurierungswerkstatt und Sammlungskurator. Das Museumskonzept war jedoch nicht nachhaltig und wurde in den 1970er Jahren aufgegeben. Hierdurch stagnierte auch die Beschäftigung mit dem Sammlungsbestand. Der mit EDV und Digitalisierung zusammenhängende radikale Medienwandel ließ vor über einem Jahrzehnt die tradierten Arbeitsmaterialien der Fotothek und Diathek als Archivsammlung zurück. Aktuell wird die Sammlung durch die praxisorientierteren Studiengänge verstärkt in die Lehre eingebunden. Mit den Objekten beschäftigten sich mitunter Modul- und Abschlussarbeiten. Sukzessive erfolgt unter studentischer Beteiligung eine digitale Erfassung, wissenschaftliche Aufarbeitung und digitale Veröffentlichung des Bestandes. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? 18.–20. Jahrhundert. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Das Spektrum reicht vom Kleinbild-Negativ (3,6 x 2,4 cm) bis zu einer Kopie des »Moses von Michelangelo« (ca. 3 m Höhe). Warum sind es die Sammlungen auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Die Kunstwerke haben an sich schon einen ästhetisch-künstlerischen Wert, der zeitlos und prinzipiell Gegenstand der Fachwissenschaft ist. Über ihren dokumentarischen Wert hinaus helfen die Reproduktionsobjekte, den Medienwandel besser zu verstehen; sie erschließen die historische Dimension von Wissenserwerb und -vermittlung.

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Stethoskop Mitte 19. Jh. Holz, (Elfen-)Bein Länge: 14,5 cm, Durchmesser: 2,5 cm

Chirurgische Bestecke und Metallsiebe für die Nutzung in Sterilisationsapparaten, vermutlich 19. Jh. (rechts) /1939 (links)

MEDIZINHISTORISCHE SAMMLUNG INSTITUT FÜR GESCHICHTE, THEORIE UND ETHIK DER MEDIZIN

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Die Mainzer Sammlungen // Medizinhistorische Sammlung

Blutkörperzählapparat Carl Zeiss Jena, um 1920 Glas, Gummi, Stoff 2,5 x 18,5 x 10 cm (Schatulle)

Surgical Ligatures (Catgut) [medizinisches Nahtmaterial] Johnson & Johnson um 1936 Naturdarm, Glas, Papier, Pappe 11,5 x 6 x 4,7 cm

Das Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universitätsmedizin Mainz verfügt über eine Sammlung medizinhistorischer Objekte, die durch Schenkungen, aus Nachlässen und durch Übernahmen aus Kliniken entstanden ist. Vorwiegend handelt es sich um diagnostische und therapeutische Instrumente ab dem 19. Jh., die in der Lehre genutzt werden, um Entwicklungslinien der Medizingeschichte darzustellen.

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Die Mainzer Sammlungen // Medizinhistorische Sammlung

eingeordnet und statistisch ausgewertet. In der Kopplung mit dem Befund an der Leiche konnten so Krankheitsbilder und -verläufe umfassend präzisiert werden. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Eine Objektanzahl ist schwer anzugeben, sie hängt davon ab, wie man bei den mehrteiligen Instrumenten zählt. Man kann von etwa 750 Objekten ausgehen; vorwiegend diagnostische und therapeutische medizinische Instrumente aus vormoderner und moderner Zeit, Arzneimittelpackungen, medizinisches Unterrichtsmaterial, aber auch Bücher, Bilder, Votivgaben. Auch beherbergt die Sammlung einige wenige Nachbildungen, wie beispielsweise einen römischen Arzneistempel und das erste auf Mikroorganismen angewandte Mikroskop von Antoni van Leeuwenhoek (1632–1723) (S. 25).

Norbert W. Paul, Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin (Foto: Peter Pulkowski)

INTERVIEW MIT NORBERT W. PAUL

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Einen besonderen Wert hat meines Erachtens ein aus Holz gefertigtes röhrenförmiges Stethoskop mit Elfenbeinaufsatz aus der Zeit etwa zwischen 1830 und 1840 (S. 142). Abgesehen vom faktischen Wert als historisches Instrument liegt die besondere Bedeutung vor allem in den Möglichkeiten der didaktischen Anwendung: Anhand des Stethoskops kann aufgezeigt werden, wie sich die klinische Medizin zu Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte und sich mit Instrumenten zur klinischen Diagnostik neue Formen des Erkenntnisgewinns einstellten. Bereits früh wurden mit dem Stethoskop seriell Lungengeräusche beim Patienten als Befund erhoben,

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Der Geldwert der Sammlung lässt sich schwer beziffern, zumal eine vollständige und forschungsbasierte Erschließung und Inventarisierung der Sammlung noch aussteht. Zudem kommen immer wieder neue Exponate hinzu. Der eigentliche Wert der Sammlung ist für uns ideeller Natur. Neben dem punktuellen Einsatz in der Lehre verbindet sich für uns die Sammlung auch mit einem medizin- und kulturgeschichtlichen Bewahrungsauftrag. Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Es handelt sich um eine der zahlreichen durch sukzessive Aufnahmen von Exponaten eher ungesteuert gewachsenen Sammlungen, wie sie an vielen medizinhistorischen Instituten zu finden sind. Einen ersten Grundstock bildete die Sicherung von medizinhistorischen Gegenständen nach der Neueröffnung der Universität im Jahr 1946. Wie hat sich der Wert der Sammlung verändert im Verlauf ihres Bestehens? Das zu Anfang bunte und heterogene Bild des eher zufällig aufbewahrten Bestandes konnte durch kontinuierliche Sichtung in eine Ordnung gebracht werden, die eine Darstellung bestimmter zusammenhängender Entwicklungslinien der

Medizingeschichte ermöglicht. So kann durch eine geschickte Kombination und die Präsentation einer Abfolge von Objekten ein bestimmtes Thema durch verschiedene historische Perioden verfolgt und erläutert werden. Durch Neuerwerbungen, die uns aber aus budgetären Gründen nur sehr selten gelingen, bietet sich die Chance, Lücken zu füllen. Vor allem in diesem Sinne ist der Wert der Sammlung prospektiv steigend und erschöpft sich keinesfalls in einer Präsentation einzelner Objekte. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Der Schwerpunkt liegt auf dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert, einzelne Stücke stammen aber auch aus der Zeit davor oder danach. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Das größte Objekt ist ein Inkubator aus der Mitte des 20. Jahrhunderts mit einer Breite von 70 cm, das kleinste Objekt der Aufsatz eines Mikroskops mit ca. 2 cm Durchmesser. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste, was würden Sie der Sammlung gerne hinzufügen? Patiententagebücher auf der Seite des schriftlichen Materials und Hilfen zur Lebensbewältigung des Alltags von Patienten, da dies eine bessere Darstellung der Patientengeschichte ermöglichen und damit die Präsentation von medizinischen Instrumenten sinnvoll ergänzen würde. Ferner fehlen noch einige spezielle Exponate, um medizinhistorische Epochen sinnvoll erklären zu können. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Grundsätzlich ist es sinnvoll, Gegenstände, die überliefert wurden, also ein »zufälliger« Überrest sind, zur Erläuterung wissenschaftlicher Inhalte hinzuzuziehen. Auf diese Weise wird Geschichte und auch Medizingeschichte erst im wahrsten Sinne des Wortes »begreifbar«. In der Kopplung mit intentionalen Überlieferungen, die man in der Geschichtswissenschaft als »Tradition« bezeichnet (z. B. Tagebücher), können dann Mentalitäten, Werthaltungen, Theorien und unterschiedliche Auffassungen, die sich in den historischen Perioden finden, möglichst dicht rekonstruiert werden.

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Halbierter As Lugdunum (Lyon), 11 n. Chr. Bronze Durchmesser: 2,6 cm, Gewicht: 4,94 g

MÜNZSAMMLUNG HISTORISCHES SEMINAR, ARBEITSBEREICH ALTE GESCHICHTE

Einblick in die Münzsammlung am Historischen Seminar

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Die Mainzer Sammlungen // Münzsammlung

Tetradrachme, makedonisch vermutlich Amphipolis, 158–146 v.Chr. Silber Durchmesser: 3,2 cm, Gewicht: 16,97 g

Antoninian des Postumus Lugdunum (Lyon), 260–269 n.Chr. Silber Durchmesser: 2,1 cm, Gewicht: 2,51 g

Der Arbeitsbereich Alte Geschichte des Historischen Seminars beherbergt gut 1.200 Münzen aus der Zeit vom 6. Jh. v. Chr. bis zum 7. Jh. n. Chr. Der Schwerpunkt liegt auf der römischen Kaiserzeit, daneben sind Münzen der griechischen Poleis, des Hellenismus, der römischen Republik und der Spätantike vertreten. Die Sammlung wird genutzt, um angehenden Althistorikern notwendige Grundfertigkeiten im Umgang mit diesen wichtigen Quellen zu vermitteln.

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Die Mainzer Sammlungen // Münzsammlung

Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Die Sammlung umfasst 940 Objekte, darunter griechische und römische Gold-, Silber- und Bronzemünzen sowie Prägungen aus angrenzenden Gebieten (z. B. Partherreich), einige neuzeitliche Nachprägungen antiker Münzen und einige moderne Abgüsse antiker Münzen. Seit 2015 beherbergt die Münzsammlung darüber hinaus weitere 220 griechische und römische Münzen sowie zwei römische Glaspasten, die uns vom Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum Mainz als Dauerleihgabe überlassen wurden.

Alexandra Eppinger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Alte Geschichte

INTERVIEW MIT ALEXANDRA EPPINGER

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Eine besonders ins Auge stechende Münze der Sammlung ist ein halbierter As (S. 148), der die antike Praxis bezeugt, Münzen bei Bedarf zu teilen. Er kann als Hinweis gedeutet werden, dass der Wert einer Münze auch auf dem Materialwert, nicht nur dem Nennwert basieren konnte. Die Münze, die Augustus im Namen des späteren Kaisers Tiberius prägen ließ, zeigt auf der Rückseite den 12 v. Chr. geweihten Kaiserkultaltar in Lugdunum (Lyon). Der heute nicht mehr erhaltene Altar diente als Zentrum des neu eingerichteten Kaiserkults in den gallischen Provinzen und belegt die dortige Verehrung des Augustus gemeinsam mit der Göttin Roma.

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Die Münzsammlung ist eine Lehrsammlung: Sie enthält keine seltenen Objekte, sondern soll anhand von Exemplaren gängiger Münztypen einen Gesamtüberblick über die griechisch-römische Münzprägung vermitteln. Daher wird die Sammlung von Lehrenden und Studierenden des Arbeitsbereichs Alte Geschichte im Rahmen von Lehrveranstaltungen, vor allem numismatischen Bestimmungsübungen, genutzt. In der numismatischen Lehre kooperieren wir mit dem Stadtarchiv Mainz, dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum sowie den Universitäten Frankfurt am Main und Darmstadt, indem gemeinsame Lehrveranstaltungen angeboten und mit den Beständen der beteiligten Institutionen gearbeitet wird. Ferner wurde mit Stücken aus unserer Sammlung 2012 von Studierenden die Ausstellung »First Ladies – Rollenbilder römischer Kaiserfrauen« konzipiert. Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Der Grundstock ist die Sammlung Instinsky (ursprünglich im Besitz von Hans-Ulrich Instinsky, Ordinarius für Alte Geschichte von 1948 bis 1973). 1974 wurden von Heinz Bellen (Ordinarius von 1974 bis 1993) zusätzlich 272 Stücke aus Instinskys Sammlung aufgekauft.

dazu, den Studierenden den Umgang mit antiken Münzen am Objekt zu vermitteln und sie in die Lage zu versetzen, selbstständig Münzen zu bestimmen und zu interpretieren. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Der zeitliche Rahmen, den unsere Bestände abdecken, erstreckt sich vom späten 6. Jh. v. Chr. bis ins frühe 7. Jh. n. Chr. Darüber hinaus umfasst die Sammlung einige Nachprägungen antiker Münzen des 16. Jh.s sowie moderne Abgüsse. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Das mit 6,5 cm Durchmesser größte (und zugleich schwerste) Objekt unserer Sammlung ist ein römischer Aes-grave-As (Schwergeld aus Bronze) des späten 3. Jh. s n. Chr. Unsere kleinste Münze ist mit 1 cm Durchmesser ein griechischer Obolos (Silbermünze) des frühen 4. Jh.s v. Chr. aus Tanagra (Böotien). Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Die Sammlung deckt alle in der Lehre vertretenen Epochen ab. Dennoch sind einzelne Zeitabschnitte im Vergleich zu anderen unterrepräsentiert; es wäre beispielsweise wünschenswert, Münzen des 5. Jh.s n. Chr. anzuschaffen sowie unsere Bestände an griechischen und römisch-republikanischen Prägungen zu erweitern. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Münzen sind eine zentrale Quellengattung, weshalb ihre Bestimmung und Interpretation zu den Grundfertigkeiten eines Althistorikers gehört. Da die Sammlung einen repräsentativen Querschnitt durch die griechisch-römische Münzprägung bietet und zudem Studierenden die Arbeit mit antiken Originalen ermöglicht, wird ihre Bedeutung für die Lehre trotz möglicher Änderungen des Curriculums weiterhin bestehen bleiben.

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Die Sammlung hat aufgrund der zentralen Rolle der Münzen als Quellengattung der Alten Geschichte seit ihrer Gründung eine große Bedeutung für die Lehre; sie diente von Beginn an

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Schellackplatten Ghana / Deutschland, 1927–1959 Schellack, Papier Durchmesser: je 25 cm

ARCHIV FÜR DIE MUSIK AFRIKAS INSTITUT FÜR ETHNOLOGIE UND AFRIKASTUDIEN

Die Kassettensammlung des Archivs für die Musik Afrikas

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Die Mainzer Sammlungen // Archiv für die Musik Afrikas (AMA)

Mandinka Music – Kora Music and Songs from The Gambia Konte Family / Virgin Großbritannien, 1982 Vinyl, Pappe Durchmesser: 30 cm Jaliya Malami Jobarteh (um 1940–2012) Dembo Konte (1942–2014) Stern's Africa Großbritannien, 1985 Vinyl, Pappe Durchmesser: 30 cm

Single-Wechsler Harting 45T zwischen 1959 und 1963 Kunststoff, Metall 8 x 26 x 19 cm

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Das Archiv beinhaltet eine einzigartige Sammlung moderner afrikanischer Musik von den 1940er Jahren bis zur Gegenwart auf über 10.000 Tonträgern – Schellack- und Vinylschallplatten, Audio- und Videokassetten, CDs und DVDs. Dazu umfasst der Bestand, der von Forschern und Studierenden genutzt wird, Zeitungsausschnitte, Werbematerialien sowie einige Instrumente und Abspielgeräte.

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Die Mainzer Sammlungen // Archiv für die Musik Afrikas (AMA)

empfindlicher ist als Vinyl, aus dem LPs und Singles bestehen. Als organisches Material kann Schellack etwa von Schimmel befallen werden, zudem sind Schellackplatten deutlich weniger flexibel als Vinylplatten, bei unsachgemäßer Behandlung können sie zerbrechen. Außerdem vermitteln uns die Schellackplatten jenseits ihrer Materialität auch einen Einblick in den Musikkonsum in afrikanischen Ländern während der späten Kolonialzeit, über den nur wenige alltagshistorische Studien vorliegen. Die Sammlung zeigt nicht nur, dass lokale Stile wie Highlife oder Congo-Rumba, sondern auch lateinamerikanische Tanzmusik, nordamerikanischer Swing und europäische Kunstmusik gehört wurden. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Etwa 10.000 Tonträger unterschiedlicher Formate (Schellackund Vinylschallplatten, Audio- und Videokassetten, CDs, Video-CDs und DVDs) mit moderner afrikanischer Musik sowie ungezählte Zeitungsausschnitte, Poster, Flyer und anderes Werbematerial; dazu wenige Plattenspieler, Tonbandgeräte, Musikinstrumente etc.

Hauke Dorsch, Wissenschaftlicher Leiter des Archivs für die Musik Afrikas

INTERVIEW MIT HAUKE DORSCH

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Das Album »Jaliya« der Mandinka-Griots und Koraspieler Malamini Jobarteh und Dembo Konte ist mir besonders wichtig, da diese beiden leider verstorbenen Musiker mich an die Musik Westafrikas herangeführt haben und darüber hinaus meine Neugier gegenüber der unglaublichen musikalischen Vielfalt auf dem afrikanischen Kontinent geweckt haben. Es liegen verschiedene Aufnahmen der beiden vor. (S. 157). Für die Sammlung insgesamt haben selbstverständlich die Schellackplatten (S. 154) den größten Wert, die in Afrika noch bis in die frühen 1970er Jahre gepresst wurden. Das liegt zunächst am Material selbst, das deutlich

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Das AMA richtet sich zunächst an Forscherinnen und Forscher, es wird von afrikanischen, amerikanischen und europäischen Kolleginnen und Kollegen regelmäßig genutzt. Für sie hat die Sammlung einen äußerst hohen Wert, da es weltweit nur wenige vergleichbare Archive gibt. Darüber hinaus fungiert es auch als Lehrarchiv. Studierende der Mainzer Universität werden an afrikanische Musik, an Probleme der Archivierung, Digitalisierung und Katalogisierung herangeführt und lernen Programme zur Bearbeitung audiovisueller Dateien kennen. Das AMA wird auch von Studierenden anderer Universitäten sowie weiteren interessierten Personengruppen (Musiker, DJs) von außerhalb genutzt.

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Der Wert der Sammlung hat sich im Großen und Ganzen erhalten – eine neue Qualität als Tonträgersammlung hat sie dadurch erhalten, dass nun angesichts der fortschreitenden Digitalisierung die ersten Generationen von Studierenden überhaupt mit Tonträgern vertraut gemacht werden müssen, also nicht mehr wissen, was eine Musikkassette ist, wie ein Tonband funktioniert oder worin sich eine Single und eine LP unterscheiden. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Von den 1940er Jahren bis heute. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Das größte Objekt ist ein sogenannter Teekistenbass (etwa 160 cm hoch), das kleinste eine Tonabnehmernadel (wenige Millimeter klein). Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Die Sammlung sollte regional noch erweitert werden, um ihrem Anspruch, Beispiele für Musikstile aus allen Regionen des afrikanischen Kontinents zu repräsentieren, zu genügen. Das gilt etwa für Musikaufnahmen aus Botswana, Namibia oder dem Tschad. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Durch den Fokus auf populäre afrikanische Musik ungeachtet ihrer gegenwärtigen Verwertbarkeit, etwa durch nostalgische DJs, kommt der Sammlung ein konservatorischer Wert zu. In einigen afrikanischen Ländern wird populäre Musik nicht systematisch gesammelt oder Archive können aus verschiedenen Gründen nicht erhalten werden. Daher wird dem AMA auch in Zukunft trotz der Online-Verfügbarkeit vieler Stücke und Stile ein Wert als Fundus vergangener Alltagskultur zukommen.

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Sie wurde 1991 durch den Ethnologen Wolfgang Bender, der am Institut für Ethnologie und Afrikastudien lehrte, gegründet.

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Aschaffenburger Klavierbuch unbekannter Verfasser 1708–1723 19 x 25,5 cm

Partituren aus dem Archiv der Chorvereinigung Mainzer Liedertafel und Damengesangverein

MUSIK WISSENSCHAFTLICHE SAMMLUNGEN INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE UND MUSIKWISSENSCHAFT, ABTEILUNG MUSIKWISSENSCHAFT 161

Die Mainzer Sammlungen // Musikwissenschaftliche Sammlungen

Sammlung Mainzer Musiker 29 Bände, handschriftlich spartiert von Adam Bernhard Gottron (1889–1971) 34 x 27,5 cm

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Messa da Requiem op. 38 Giovanni Sgambati (1841–1914) Mainz: B. Schott‘s Söhne, 1906 Korrekturabzug des Klavierauszugs mit Eintragungen von unbekannter Hand 34 x 27,5 cm

Die Sammlung der Abteilung Musikwissenschaft am Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft besteht aus dem Archiv der Chorvereinigung »Mainzer Liedertafel« sowie Nachlässen von Musikwissenschaftlern. Sie alle haben Bezug zur Musikgeschichte der Stadt Mainz und ihrer Umgebung; neben gedrucktem und handschriftlichem Notenmaterial finden sich unter anderem Manuskripte, Fotografien und Korrespondenzen.

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Die Mainzer Sammlungen // Musikwissenschaftliche Sammlungen

»gehert mihr zu«. Im Laufe der Zeit war das Buch in verschiedener Hinsicht wertvoll: wohl erst pädagogisch, dann vielleicht als »persönlicher Schatz« – hierüber ließe sich herrlich spekulieren. 1968 kaufte der Mainzer Musikforscher Adam Bernhard Gottron (1889–1971) das einmalige Stück für einen nicht unerheblichen Betrag von einem Antiquar. In Gottrons Nachlass gelangte es schließlich an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Welchen Wert haben die Sammlungen insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Die Musikwissenschaftlichen Sammlungen umfassen verschiedene Teilbestände, darunter das Archiv der Chorvereinigung Mainzer Liedertafel und Damengesangverein, Nachlässe und Teilnachlässe von Adam Gottron, Josef Knettel (1875–1975), Arno Lemke (1916–1988) und anderen. Nahezu alle Teilbestände weisen einen Bezug zur Musikgeschichte der Stadt Mainz, ihrer Umgebung oder ihrer Erforschung auf, sodass die Sammlung für die regionale Musikgeschichte von einigem Wert ist. Immer wieder wurden und werden einzelne Objekte und Teilbestände auch Gegenstand von Lehrveranstaltungen.

Jonathan Gammert, Fachreferent an der Universitätsbibliothek

INTERVIEW MIT JONATHAN GAMMERT

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Welches Objekt der Sammlungen hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Aus den vielen Möglichkeiten, die die Musikwissenschaftlichen Sammlungen bieten, möchte ich das zu Beginn des 18. Jahrhunderts zusammengestellte »Aschaffenburger Klavierbuch« (S. 160) wählen. Es enthält Abschriften von Spielstücken, Liedern und Generalbassübungen. Das Buch dürfte für den Hausgebrauch eines Musikliebhabers entstanden sein und orientiert sich an der klavierpädagogischen Literatur der Zeit. Als Vorlagen sind zum Teil zeitgenössische Drucke und Manuskripte identifizierbar. Andere Stücke dürften Kompositionen der jeweiligen Schreiber sein. Irgendwann schrieb eine Anna Eva Edel auf die Innenseite des Deckels

Welche Objektarten und wie viele Objekte umfassen die Sammlungen? Nahezu alle Objekte sind sogenannte »Flachware«, d. h. konkret: beschriebenes oder bedrucktes Papier. Den überwiegenden Großteil machen Musikdrucke aus. Es gibt aber auch einige Autografe von Kompositionen und eine größere Anzahl von Abschriften historischer Quellen. Weiterhin sind Ausarbeitungen von wissenschaftlichen Abhandlungen im Bestand, Zettelkästen, Fotografien, Mikrofilme und schließlich auch Rechnungs- und Protokollbücher. Die Anzahl der Objekte lässt sich kaum sinnvoll beziffern. Es sind gut 180 Regalmeter, gefüllt mit Archivboxen. Seit wann bestehen die Sammlungen, wer gründete oder stiftete sie? Die verschiedenen Teilbestände weisen ganz unterschiedliche Provenienzen auf. 1970 kam z. B. der Teilnachlass des Mainzer Prälaten Adam Gottron an das damalige Musikwissenschaftliche Institut, an dem dieser als Honorarprofessor tätig war. Gottron hatte seit ca. 1925 Quellen zur Mainzer Musikgeschichte

gesammelt (ganz überwiegend in Abschriften). Das Archiv der Chorvereinigung Mainzer Liedertafel und Damengesangverein ist ein Depositum. Es umfasst Aufführungs- und Aktenmaterial vom Gründungsjahr 1831 bis ca. 1970. Wie hat sich der Wert der Sammlungen im Verlauf ihres Bestehens verändert? Was Adam Gottron als umfassende Dokumentation der Musikgeschichte einer Region intendiert hatte, genügt dem aus heutiger Sicht wohl nur bedingt. In wissenschaftshistorischer Hinsicht ist seine Sammlung aber umso spannender. Das Notenmaterial der Liedertafel diente einst ausschließlich der musikalischen Praxis, heute lassen sich daran Aspekte wie Kanonbildung und Aufführungspraxis des 19. Jahrhunderts untersuchen. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Von 1609 bis in die jüngste Vergangenheit – der Schwerpunkt liegt aber auf der Zeitspanne von ca. 1830 bis 1970. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Das kleinste Objekt dürfte ein Kleinbild-Dia (3,6 x 2,4 cm) sein, das größte eine Dirigierpartitur (ca. 34 x 28 cm). Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Ein Ankauf von Objekten zur Sammlungserweiterung findet nicht statt. Schenkungen von Privatpersonen und Institutionen werden aber nach Möglichkeit aufgenommen. Warum sind es die Sammlungen auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Die Sammlungen dokumentieren wichtige historische Abschnitte im Musikleben der Stadt Mainz und der Mittelrheinregion sowie deren Erforschung. Das werden sie in zwanzig Jahren und weit darüber hinaus noch tun. Davon abgesehen gibt es für die nächsten Jahre mehr als genug zu erschließen und zu erforschen.

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Paranthropus boisei (»Nussknacker-Mensch«) Kunststoff-Replikat des Schädels OH5 (Ergänzungen in beige) Original: ca. 1,8 Mio. Jahre 19 x 16 x 19 cm

Einblick in die Osteologische Lehrsammlung

OSTEOLOGISCHE LEHRSAMMLUNG INSTITUT FÜR ORGANISMISCHE UND MOLEKULARE EVOLUTIONSBIOLOGIE, ANTHROPOLOGIE

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Die Mainzer Sammlungen // Osteologische Lehrsammlung

Lemur catta (Katta) Kunstoff-Replikat eines Schädels rezent 5 x 5 x 9 cm

Daubentonia madagascarensis (Fingertier) Kunstoff-Replikat eines Schädels rezent 5 x 5 x 8 cm

Die exemplarischen Replikate von rund 40 lebenden oder ausgestorbenen Primaten-Arten inklusive der menschlichen Spezies Homo sapiens am Institut für Anthropologie werden vornehmlich in der Ausbildung Studierender eingesetzt. Sie sind ein wesentliches Element von Übungen zur Rekonstruktion stammesgeschichtlicher Verwandtschaften. Neben den Replikaten verwahrt das Institut einige originale Skelette.

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Die Mainzer Sammlungen // Osteologische Lehrsammlung

Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Ca. 160 Replikate (Kunststoff) von Schädeln, Hand- und Fußskeletten in Originalgröße (darunter einige identische); einige weitere Modelle, die z. B. Muskeln und Knochen darstellen; vollständige Skelette ausgewählter Arten (teils Modelle). Arten: anatomisch moderner Mensch Homo sapiens (das, was gemeinhin »Mensch« genannt wird) sowie andere heutige und ausgestorbene Primaten (insgesamt ca. 40 Arten); zusätzlich einige Arten, die den Primaten stammesgeschichtlich nahestehen. Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Der hohe Wert der Osteologischen Lehrsammlung ergibt sich aus ihrer Verwendung im Rahmen der Ausbildung Studierender der Biologie und Anthropologie. Wesentliches Element sind dabei Übungen, in denen die Replikate verschiedener Primaten-Arten und nahe verwandter Nicht-Primaten in Kleingruppen untersucht werden, um anschließend rechnergestützt die stammesgeschichtliche Verwandtschaft zu rekonstruieren.

Holger Herlyn, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie

INTERVIEW MIT HOLGER HERLYN

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Das Replikat eines Schädels eines Paranthropus boisei (Afrika, ca. 1,8 Millionen Jahre alt) (S. 166): Einerseits legt die Lage des Hinterhauptloches eine stammesgeschichtlich größere Nähe zu unserer Spezies nahe, als z. B. für Schimpansen angenommen werden kann, andererseits verdeutlichen zahlreiche Besonderheiten dieses sehr robust gebauten Schädels (»Nussknackermann«), dass P. boisei wahrscheinlich kein Vorfahr unserer Art ist. Damit illustriert der Schädel, dass nicht jedes Fossil eines »Hominiden« bzw. »Homininen« einen Vorläufer unserer Spezies repräsentieren muss.

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Vermutlich wurde beginnend mit der Neugründung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz das eine oder andere auch heute noch vorhandene Objekt angeschafft. Eine umfangreichere Ausweitung der Sammlung durch Neuerwerbungen von Modellen mit dem Ziel ihrer Verwendung in phylogenetisch ausgerichteten vergleichend-anatomischen Übungen erfolgt seit ca. 2009.

Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Nichts »Antikes«; soweit es sich um Replikate handelt, sind es Anschaffungen der jüngeren Zeit. Der eine oder andere Knochen mag einige Jahrzehnte alt sein. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Das größte Objekt der Sammlung ist ein Skelett eines anatomisch modernen Homo sapiens mit ca. 165 cm; das kleinste Objekt ein Replikat eines Mausmaki-Schädels von ca. 3 cm Höhe. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Die Sammlung wäre idealerweise um diejenigen Teile des Skeletts von diversen nicht-humanen Primaten-Arten zu erweitern, die bisher unterrepräsentiert sind: Wirbelsäule, Armund Beinskelett, Schulter- und Beckengürtel. Sinnvoll wäre außerdem die Anschaffung weiterer Modelle von vollständigen Skeletten einiger nicht-humaner Primaten-Arten. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Der Wert der Lehrsammlung bleibt auch in Zukunft erhalten. Was immer an technischen Neuerungen kommen mag – die Studierenden werden auch zukünftig dankbar sein, Objekte manuell-visuell zu untersuchen; dies nicht zuletzt deshalb, weil Studierende der Biologie und Anthropologie auch in zwanzig Jahren ein gesteigertes Interesse an Organismen mitbringen dürften – und Knochen und Skelette ermöglichen sicherlich eine unmittelbarere Annäherung an Organismen als DNA, Proteine etc.

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Die Osteologische Lehrsammlung hat gerade in der jüngsten Zeit eine beträchtliche Erweiterung in der Anzahl der Objekte und der repräsentierten Arten erfahren. Die älteren Replikate, die einige Jahrzehnte alt sein mögen, werden kaum verwendet, da sie weniger detailgenau sind.

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Selen-Brückengleichrichter um 1965 mit Selen beschichtetes Eisen, Holz, Kunststoff 18 x 25 cm

Historische Messgeräte aus den Physikalischen Sammlungen

PHYSIKALISCHE SAMMLUNGEN INSTITUT FÜR PHYSIK

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Die Mainzer Sammlungen // Physikalische Sammlungen

Funktionales Demonstrationsmodell eines Teilchenbeschleunigers (auf Basis sequenzieller Teilchenfallen) Eigenbau der Werkstätten des Instituts für Physik, 2009 Plexiglas, Kunststoff, Metall 21,5 x 46 cm

Präzisionswaage um 1900 Holz, Messing 50 x 40 x 25 cm

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Das Institut für Physik konstruiert regelmäßig Demonstrationsobjekte, die physikalische Phänomene anschaulich darstellen. Sie werden einerseits in Vorlesungen und für Abschlussarbeiten eingesetzt, andererseits auch für öffentliche Veranstaltungen, die das Interesse an der Physik wecken sollen. Daneben zeugen historische Objekte von der schnellen Entwicklung der Gerätetechnik und dem Wechsel physikalischer Zielsetzungen.

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Die Mainzer Sammlungen // Physikalische Sammlungen

Das gezeigte Modell vermittelt gleichermaßen Ansätze der modernen Atom- und Präzisionsphysik und führt hin zur brandaktuellen Forschung an den riesigen Teilchenbeschleunigern, z. B. am CERN in Genf. Es wurde für eine Ausstellung am CERN anlässlich des Filmstarts zum Bestseller »Angels and Demons« von Dan Brown im Jahr 2009 in den Werkstätten des Instituts für Physik gebaut und kann gleichermaßen als Schauobjekt (etwa als Antimateriefalle), als Praktikumsversuch oder als Demonstration am außerschulischen Lernort Universität eingesetzt werden. Welchen Wert haben die Sammlungen insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Einerseits werden Sammlungsobjekte genutzt, um mit – häufig überraschenden – physikalischen Phänomenen Interesse an der Physik zu wecken. Andererseits werden Objekte in Vorlesungen und zur Veranschaulichung für Studierende verwendet. Dies gilt insbesondere für das Lehramtsstudium, wo viele interessante Demonstrationen im Rahmen von Abschlussarbeiten entwickelt werden. Einige aufbewahrte »nostalgische« Objekte aus früheren Jahrzehnten zeugen von der schnellen Entwicklung der Gerätetechnik und dem Wechsel physikalischer Zielsetzungen.

Lutz Koepke (links), Professor am Arbeitsbereich Experimentelle Teilchen- und Astroteilchenphysik, und Klaus Wendt, Gruppenleiter der Arbeitsgruppe LARISSA – Laser Resonance Ionization for Spectroscopy and Selective Trace Analytics

INTERVIEW MIT LUTZ KOEPKE UND KLAUS WENDT

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Welches Objekt der Sammlungen hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Ein besonderes Demonstrationsobjekt ist ein Modell eines Teilchenbeschleunigers (S. 175). Der Bonner Physiker Wolfgang Paul (1913–1993) wurde 1989 für die Entwicklung des Ionenkäfigs, einer Falle für geladene Atome, mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Wir haben diese Technologie verwendet, um damit die Speicherung und Manipulation geladener Teilchen mit elektrischen Feldern aufzuzeigen, wie sie eine der Grundlagen jedes Teilchenbeschleunigers ist. Der Demonstrationsversuch verwendet dazu Bärlappsporen in einem Hochspannungsfeld, die bei ihrer Bewegung mit Laserlicht beleuchtet werden.

Welche Objektarten und wie viele Objekte umfassen die Sammlungen? Ungefähr 50 Objekte, darunter Geräte für die physikalische Messtechnik, physikalische Demonstrationsversuche und Veranschaulichungen physikalischer Phänomene unterschiedlicher Art.

Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Das größte Objekt ist ein »Relativitätstheorie-ICE«, der zweimal für den Wissenschaftsmarkt in Mainz aufgebaut wurde und eine Länge von rund 10 m aufweist. Die kleinsten Objekte sind wahrscheinlich künstliche Opale von einigen Millimetern Größe. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Die Sammlung von Demonstrationsversuchen und entsprechenden Schauobjekten wächst im Kontext von Abschlussarbeiten ständig. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf historisch bedeutsamen Experimenten, die etwa den Umbruch zur modernen Quantenphysik eingeläutet haben (Franck-Hertz-Versuch, Einstein’scher Fotoeffekt, Messung der Lichtgeschwindigkeit, Bestimmung des Planck’schen Wirkungsquantums, Streuversuche). Andere Experimente vermitteln aktuelle Forschungsergebnisse oder visualisieren grundlegende physikalische Effekte (Teilchenfalle, Spektralapparat, Holografie) oder mathematische Zusammenhänge (Lissajouprojektor). Warum sind es die Sammlungen auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Naturwissenschaftliche und speziell wertfreie physikalische Forschung ist eine wesentliche Grundlage der menschlichen Kultur, was nicht immer entsprechend gewürdigt wird. Eine anschauliche und ästhetische Präsentation, gleichermaßen die Geschichte wie auch die aktuellen Entwicklungen dieser Wissenschaft betreffend, kann hier einen wichtigen Beitrag in der öffentlichen Sichtbarkeit leisten.

Seit wann bestehen die Sammlungen, wer gründete oder stiftete sie? Es gibt keinen Gründungszeitpunkt; historische Objekte wurden vor der Verschrottung gerettet und von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts beigesteuert. Neue Objekte werden seit den 1990er Jahren entwickelt. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Die ältesten Objekte stammen aus dem frühen 20. Jahrhundert; es kommen regelmäßig neue hinzu.

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Mumienbildnis einer Frau Ägypten, 2. Jh. n. Chr. Malerei auf Holz 33 x 20 cm

Gebrauchsgegenstände alltäglicher Frömmigkeit aus der Prinz Johann Georg-Sammlung

PRINZ JOHANN GEORG SAMMLUNG INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE UND MUSIKWISSENSCHAFT, ABTEILUNG CHRISTLICHE ARCHÄOLOGIE UND BYZANTINISCHE KUNSTGESCHICHTE

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Die Mainzer Sammlungen // Prinz Johann Georg-Sammlung

Stelenfragment mit der Darstellung zweier Grabträger Ägypten, Theben, ramessidisch, späte 19.–20. Dynastie, 12. Jh. v. Chr. Kalkstein 19,7 x 11,7 x 4,7 cm

Der sächsische Prinz Johann Georg trug Anfang des 20 Jh.s auf zahlreichen Reisen eine umfangreiche Sammlung archäologischer und kunsthistorischer Stücke aus dem antiken Ägypten, aus griechischer, römischer, mittelalterlicher und neuerer Zeit sowie Ikonen und liturgisches Gerät zusammen. Heute als Dauerleihgabe im Landesmuseum Mainz (Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, GDKE), wurde der Bestand 1949/50 zu Lehrzwecken für das Kunsthistorische Institut angekauft.

Zwei Uschebti-Figuren Ägypten, 26.–30. Dynastie, Mitte 6.–4. Jh. v. Chr. Ägyptische Fayence (Quarzkeramik) 11,1 x 3 x 2,3 cm; 12,4 x 3,1 x 2,7 cm

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Die Mainzer Sammlungen // Prinz Johann Georg-Sammlung

Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Ca. 1.000 Objekte – archäologische und kunsthistorische Exponate aus dem antiken und koptischen Ägypten, aus griechischer, römischer, spätantiker, mittelalterlicher und neuerer Zeit, Ikonen, Devotionalien und Pilgerandenken Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Prinz Johann Georg (1869–1938), der Bruder des letzten sächsischen Königs, sammelte und erwarb zahlreiche Kunstwerke, Devotionalien und Andenken von seinen zahlreichen Reisen, vor allem zwischen den Jahren 1905 und 1930. Bereits kurz nach seinem Tod wurden einige Objekte aus der archäologisch-kunsthistorischen Sammlung verkauft und verschenkt, ohne dass heute bekannt wäre, um welche Objekte es sich im Einzelnen handelte. Die übrige Sammlung konnte vom Kultusministerium des Landes Rheinland-Pfalz im Wintersemester 1949/50 auf Betreiben des Kunsthistorikers Friedrich Gehrke erworben und dem Arbeitsbereich Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte am Institut für Kunstgeschichte der Johannes Gutenberg-Universität Mainz anvertraut werden. Seit 1981 befindet sie sich als Dauerleihgabe im Landesmuseum Mainz.

Vasiliki Tsamakda, Professorin für Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte, (links) und Birgit Heide, Direktorin des Landesmuseums Mainz (GDKE)

INTERVIEW MIT VASILIKI TSAMAKDA UND BIRGIT HEIDE

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Ein Mumienporträt einer Frau (S. 178), das trotz seines Zustandes durch seine herausragende Ausdrucksstärke besonders beeindruckend ist. Es zeigt eine junge, zu Lebzeiten porträtierte Frau, die den Betrachter frontal ansieht. Sie trägt goldene Ohrringe und verschiedene mehrteilige Halsketten. Die Frisur ist an Haartrachten trajanischer Zeit orientiert und wurde nachträglich noch mit einem goldenen Kranz aus Blattgold versehen. Diese Bildnisse waren im Kopfbereich der Mumien eingefügt.

Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Die kleinsten Objekte sind altägyptische Fayence-Anhänger und antike Gemmen mit einer Länge von ca. 1 cm. Die größten Exponate sind die palmyrenischen Grabreliefs und eine Gebetsnische, die ca. 1 m hoch ist. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Die Sammlung ist als historischer, von Prinz Johann Georg zusammengetragener Bestand abgeschlossen. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Aufgrund ihrer Vielfältigkeit und der steten Möglichkeiten für Leihgaben, Vergleichsobjekte etc. ist sie als Studiensammlung quasi zeitlos und wird daher auch zukünftig ihren ideellen Wert nicht einbüßen.

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Die Prinz Johann Georg-Sammlung wurde vor allem als Studiensammlung für die Studierenden erworben. Durch ihre Heterogenität bietet sie für zahlreiche Bereiche der Kunstgeschichte vielfältige Möglichkeiten. Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Die Sammlung diente damals wie auch heute als Studiensammlung und wird von Studierenden und Wissenschaftlern für Vergleichszwecke und Studien genutzt oder aber von anderen Museen, die einzelne Exponate für verschiedene Sonderausstellungen ausleihen. Die vollständige Aufarbeitung und Publikation für eine große Ausstellung samt Bestandskatalog im Jahr 2004 hat dazu beigetragen, dass die Sammlung wieder ein wenig mehr in die Betrachtungen von Studien einbezogen werden kann und wird.

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SAMMLUNGEN DES UNIVERSITÄTSARCHIVS UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK MAINZ

Sportpokale aus den Sammlungen des Universitätsarchivs

Mütze und Band der Studentenverbindung KDB Rheno-Guestphalia Bonn um 1958 Nachlass des Pädagogen Feldmann (1893–1978) Baumwolle mit Goldstickerei Durchmesser Mütze: 18 cm

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Die Mainzer Sammlungen // Sammlungen des Universitätsarchiv

Spielesammlung Hans Günther Weber (1927–2002) Mainz, 2. Hälfte 1940er Jahre Metall, Holz, Plastik, Papier, Pappe, Stoff 35 x 28 cm (geschlossene Schachtel)

Stempel »Exmatrikuliert« vermutlich 1960er Jahre Holz, Gummi, Metall 7,5 x 7 x 2,5 cm

In Ergänzung zum Aktenschriftgut der Universität verwahrt das Universitätsarchiv zur Dokumentation der Geschichte der Mainzer Universität Sammlungen von Fotos, Zeitungsausschnitten, Flugblättern, Plakaten und studentischen Zeitschriften sowie kleinere Bestände von Objekten wie Pokalen, Orden und Talaren. Zunehmend an Bedeutung gewinnen Nachlässe Mainzer Professoren. Ein Besuch ist nach Anmeldung möglich.

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Die Mainzer Sammlungen // Sammlungen des Universitätsarchiv

Feldmanns 1984 an das Universitätsarchiv gelangten, stehen so stellvertretend für typische, eng mit der Universität verbundene Sammlungsobjekte. Versehen mit den jeweiligen charakteristischen Farben, symbolisieren sie die lebenslange Zugehörigkeit der Mitglieder zu ihrer Studentenverbindung, in diesem Fall zur katholischen Burschenschaft Rheno-Guestphalia Bonn. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfassen die Sammlungen? Ca. 30.000 Dokumente (Briefe, Fotos, Plakate, Flugblätter, Zeichnungen) und dreidimensionale Objekte (Pokale, Stempel, Talare und anderes). Welchen Wert haben die Sammlungen insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Die Sammlungen des Universitätsarchivs werden überwiegend von Wissenschaftlern und Studierenden benutzt, die sich mit der Geschichte der Johannes Gutenberg-Universität Mainz beschäftigen. Meist bieten sie eine gute Ergänzung zu dem vom Universitätsarchiv betreuten Aktenschriftgut der Universität. Insbesondere die Objekte der Foto-, der Flugblatt- und der Plakatsammlung eignen sich zur Illustration historischer Fragestellungen in Vorträgen, Publikationen oder Ausstellungen.

Christian George, Leiter des Universitätsarchivs

INTERVIEW MIT CHRISTIAN GEORGE

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Welches Objekt der Sammlungen hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Der Wert der Sammlungen des Universitätsarchivs liegt weniger in den einzelnen Objekten als in der Gesamtheit der jeweiligen Einzelbestände. So ist es beispielsweise bei Nachlässen ehemaliger Mainzer Professorinnen und Professoren nicht das einzelne Dokument oder Objekt, dem ein herausragender Wert zukommt, sondern die Summe der Dokumente und Objekte, welche die Persönlichkeit und das wissenschaftliche Werk des Nachlassers fassbar machen und so einen besonderen Wert für die Forschung darstellen. Die fotografierte Mütze und das dazugehörige Band einer Studentenverbindung (S. 184), die mit dem Nachlass Professor

Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Von ca. 1900 bis heute. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Ein Professorentalar mit 1,6 m Länge ist das größte Objekt, ein Ordensanstecker mit einem Durchmesser von 1 cm stellt das kleinste dar. Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Die Sammlungen werden laufend ergänzt. Wünschenswert wäre die Übernahme weiterer Nachlässe renommierter Mainzer Professorinnen und Professoren. Warum sind es die Sammlungen auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? In zwanzig Jahren wird der Wert der Sammlungen des Universitätsarchivs weiter gestiegen sein, da sie bis dahin um bedeutende Zugänge erweitert und durch ihre fortschreitende Erschließung für Forschung und Lehre noch besser nutzbar sein werden.

Seit wann bestehen die Sammlungen, wer gründete oder stiftete sie? Das Universitätsarchiv wurde nach mehreren Anläufen 1956 offiziell begründet. Bereits von Anfang an gehörte eine aktive Sammlungstätigkeit zum Aufgabenportfolio des Archivs. Den Grundstock der Sammlungen bildeten die von der Pressestelle übernommene Fotosammlung und eine von Helmut Mathy zusammengetragene Sammlung von Dokumenten zur Geschichte der alten Mainzer Universität. Wie hat sich der Wert der Sammlungen im Verlauf ihres Bestehens verändert? Stand anfangs die Dokumentation der Geschichte der alten Mainzer Universität im Fokus der Sammlungstätigkeit des Archivs, so traten seit den 1980er Jahren die Nachlässe Mainzer Professorinnen und Professoren in den Mittelpunkt. Damit veränderte sich auch die inhaltliche Ausrichtung der Sammlungen, die heute der Dokumentation der Geschichte der Universität Mainz seit 1946 dienen.

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Archivkästen mit Lektoratsunterlagen und Verlagskorrespondenzen

MAINZER VERLAGS ARCHIV Protokollbuch des Rotbuch Verlags mit handschriftlichen Eintragungen der Kollektivmitglieder des Verlags Berlin (West), 1981–1993 Papier, Pappe 29,5 x 21 x 1 cm

GUTENBERG-INSTITUT FÜR WELTLITERATUR UND SCHRIFTORIENTIERTE MEDIEN, ABTEILUNG BUCHWISSENSCHAFT 191

Die Mainzer Sammlungen // Mainzer Verlagsarchiv (MVA)

Schuber für Notizen / Unterlagen des Brockhaus Verlags Wiesbaden, Leipzig, 1950–1965 Pappe jeweils ca. 26 x 18,5 x 7 cm

Faksimile der Handschrift »Das Buch von Lindisfarne« Faksimile Verlag Luzern, 2002 Original-Handschrift: Schreiber des Klosters Lindisfarne, 7. / 8. Jh. Papier, Samt, Metall, Schmucksteine 27 x 37 x 8,5 cm

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Das Archiv des Gutenberg-Instituts für Weltliteratur und schriftorientierte Medien beheimatet die Bestände von bedeutenden Verlagen, die die gesellschaftliche und politische Wirklichkeit Deutschlands seit der zweiten Hälfte des 20. Jh.s prägten: Rotbuch, Europäische Verlagsanstalt, Syndikat, Rowohlt, Brockhaus, Eichborn, Faksimile Verlag. Darunter finden sich Archivalien aus den Bereichen Lektorat, Herstellung, Marketing und Lizenzen. Ein Besuch für interessierte Wissenschaftler ist nach Anmeldung möglich.

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Die Mainzer Sammlungen // Mainzer Verlagsarchiv (MVA)

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Das Verlagsarchiv wurde im Jahre 2009 von Stephan Füssel, dem Leiter des Instituts für Buchwissenschaft, gegründet. Am Anfang stand die Übernahme eines großen Teils des Rowohlt-Verlagsarchivs aus Reinbek bei Hamburg (Sachbuch, Fachbuch, Kinder- und Jugendbuch, Taschenbuch, Herstellungsunterlagen etc.), dessen anderer Teil (Deutsche Literatur, Philosophie) im Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar verwahrt wird. Im selben Jahr konnten die einzigartigen Verlagsarchive von Rotbuch, Syndikat und der Europäischen Verlagsanstalt durch Eigentumsübertragung des Verlegerehepaars Sabine und Kurt Groenewold (Hamburg) übernommen werden. Teilarchive von Eichborn (Frankfurt am Main), Brockhaus (Mannheim) und dem Faksimile Verlag (Luzern, später München) kamen dazu, laufend werden Archivalien des Frankfurter Verlags Weissbooks aufgenommen. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Momentan etwa 12.000 Belegexemplare (Bücher und Zeitschriften, Video- und Tonkassetten) von Publikationen der genannten Verlage und 9.000 Archiveinheiten (Archivschachteln / Mappen) mit Dokumenten (Manuskripte, Korrespondenzen, Programmplanung, Verträge, Kalkulationen, Cover-Entwürfe, Verlagsvorschauen, Plakate, Rezensionen, Vertriebsunterlagen).

C. Gi., Mitarbeiterin der Abteilung Buchwissenschaft

INTERVIEW MIT C. GI.

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? So unscheinbar es wirkt, das Protokollbuch des als Kollektiv geführten Rotbuch Verlags (S. 190) ist eines der für die Wissenschaft wertvollsten Objekte des Mainzer Verlagsarchivs. Es zeigt über zwölf Jahre (1981–1993) in handschriftlichen Protokollen, wie das Rotbuchkollektiv gedacht hat, wie die Mitglieder über die Annahme von Manuskripten, Auswahl von Buchtiteln und Programmentscheidungen beraten haben bis hin zum Entschluss, den Verlag 1993 zu verkaufen. Programmatisch ist der Titel des Buches: »Ab jetzt wird alles anders!«.

Literaturnobelpreises an Herta Müller in das Interesse der Öffentlichkeit: Die Manuskripte der ersten Bücher der Autorin und frühe Autoren-Korrespondenzen werden hier verwahrt. 2015 kam eine größere Schenkung an wertvollen Faksimile-Ausgaben des Faksimile Verlages Luzern hinzu. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? 1946 bis heute. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Die größten Objekte sind Verlagsplakate und Montagefilme für die Erstellung von Druckplatten, die etwa 70 x 100 cm groß sind, die kleinsten sind Klischees der Verlagssignets von Rowohlt von etwa 1,5 x 1,5 cm (S. 261). Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Ergänzungen zu den bestehenden Archiven bzw. Übernahme weiterer thematisch ähnlicher Verlagsarchive (Verlage nach 1968). Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Im Archiv kann der Einfluss von bedeutenden Verlagen, die die gesellschaftliche und politische Wirklichkeit Deutschlands seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts prägten, erforscht werden. An Fallbeispielen können Herstellung und Gestaltung, Lektorat und Lizenzabteilung vorgestellt werden und es kann darüber gelehrt werden.

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Das Mainzer Verlagsarchiv bietet Einblicke in die Arbeitsweise von Verlagen mit den Schwerpunkten Taschenbuch, Lexikon, Sachbuch, Kinderbuch und kritische Literatur seit den 1950er Jahren. Die Dokumente sind sehr vielfältig. Studierende arbeiten sowohl in Lehrveranstaltungen als auch für ihre Abschlussarbeiten mit den Archivalien, aber auch Forscher aus dem In- und Ausland besuchen das Archiv. Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Unmittelbar nach der Eröffnung des Verlagsarchivs im Herbst 2009 rückte das Archiv nach der Verleihung des

Mainzer Verlagsarchiv

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VOR- UND FRÜHGESCHICHTLICHE LEHRSAMMLUNG INSTITUT FÜR ALTERTUMSWISSENSCHAFTEN, ARBEITSBEREICH VOR- UND FRÜHGESCHICHTLICHE ARCHÄOLOGIE

Feuersteinartefakte aus der Vor- und Frühgeschichtlichen Lehrsammlung

Terra-sigillata-Schüssel Drag. 37 mit Ratterdekor 2. Jh. n. Chr. ostgallisch, evtl. Blickweiler Fundort: Mainz Durchmesser: 14 cm

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Die Mainzer Sammlungen // Vor- und Frühgeschichtliche Lehrsammlung

Terra-sigillata-Scherbe mit Eberdarstellung Cosius Rufinus 2. Hälfte 1. Jh. n. Chr. Fundort: Mainz, Herstellungsort: La Graufesenque, Ton 4,4 cm x 6,7 cm

Geschosskugel römisch bis mittelalterlich Fundort: Mainz, Herstellungsort: vermutlich Mainz, Stein Durchmesser: 5,5 cm

Die Lehrsammlung des Arbeitsbereichs Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie am Institut für Altertumswissenschaften wurde durch Ankäufe älterer Bestände, Schenkungen und Eigenfunde aufgebaut. Altsteinzeitliche Steinwerkzeuge, Kopien vor- und frühgeschichtlicher Objekte, Funde aus dem Mittelmeerraum, frühneuzeitliche Töpfereiabfälle und viele andere Objekte dienen Bestimmungs- und Zeichenübungen der Studierenden.

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Die Mainzer Sammlungen // Vor- und Frühgeschichtliche Lehrsammlung

Dieser Umstand ist für heutige Archäologen ein Glücksfall: Terra sigillata wurde in so großer Menge produziert, dass sie an nahezu jedem einstigen römischen Siedlungsplatz zu finden ist – so ist sie gewissermaßen das »Leitfossil« der Provinzialrömischen Archäologie und erlaubt die Datierung von weiteren Funden. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Altsteinzeitliche Steinwerkzeuge, Kopien verschiedener vorund frühgeschichtlicher Objekte (besonders Keramik), Funde aus dem Mittelmeerraum, Römisches aus Mainz (als Leihgabe) sowie frühneuzeitliche Töpfereiabfälle; die Gesamtzahl der Objekte bewegt sich im fünfstelligen Bereich.

Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Eine Vergleichssammlung früh- und hochmittelalterlicher Keramik unserer Region. Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Sie ist Teil unseres kulturellen Erbes und Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz, erworben aus Steuermitteln.

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Große Bedeutung hat das Wissen um diese Keramik in der Ausbildung der Studierenden, und es ließe sich nicht besser vermitteln als mit Originalen zum Anfassen. Die Objekte werden in Bestimmungsübungen und Zeichenkursen verwendet.

Peter Haupt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie

INTERVIEW MIT PETER HAUPT

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? In der Sammlung befindet sich eine Reihe von sogenannten Terra-sigillata-Schüsseln (oder Bruchstücken von diesen) (S. 196), die aus römischen Grabungen stammen. Die Terra sigillata war einfache, vielfach lieblos und schnell hergestellte Töpferware, die aber durch spezielle Herstellungsverfahren eine versiegelte Oberfläche aufwies und dadurch gut zu reinigen war. Durch Innovationen in der Töpfertechnik war seit dem 1. Jh. v. Chr. die Produktion gleichartiger, sehr feiner, engobierter und sogar künstlerisch dekorierter Gefäße in großer Stückzahl möglich. So fand sich die Terra sigillata bald auf den Tischen vieler Römer, sie wurde zur erschwinglichen Massenware.

Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Die Lehrsammlung wurde seit der Gründung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz durch Ankäufe älterer Sammlungen, Schenkungen und Eigenfunde (bei Exkursionen in den 1960er und 1970er Jahren) aufgebaut. Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Die Benutzung der Lehrsammlung hängt von den persönlichen Interessen und Schwerpunkten unserer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in ihrer Lehre ab. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? Etwa 30.000 v. Chr. bis 18. Jh. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? Die Sammlung umfasst Objekte von 2 mm (Holzkohlepartikel) bis ca. 50 cm (Bronzeschwerter) Größe.

Vor- und Frühgeschichtliche Lehrsammlung

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Schleiereule (Tyto alba) Mainz, 1993 präpariert von Detlev Gregorczyk Echthautpräparat, geschnitzter PU-Körper, Watte, Hilfsmittel 34,5 x 10,5 x 9,2 cm

Insektenpräparate aus der Zoologischen Lehrsammlung

ZOOLOGISCHE LEHRSAMMLUNG FACHBEREICH BIOLOGIE

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Die Mainzer Sammlungen // Zoologische Lehrsammlung

Flussbarsch (Perca fluviatilis) Carolina Biological Supply, Burlington, 1991 Situspräparat 15,5 x 28,5 x 7 cm

Igel (Erinaceus europaeus) Dermoplastik 14,5 x 28,5 x 11,5 cm

Der auf der Grundlage älterer Privatsammlungen entstandene Bestand dient der Einübung zoologischer Bestimmungstechniken in Lehrveranstaltungen. Neben teils am Fachbereich Biologie selbst angefertigten Vogel-, Säugetier- und Schädelpräparaten umfasst die Sammlung unter anderem eine Reihe von Tiermodellen, Muschelschalen und Schneckenhäusern, Skeletten und Lehrobjekten. Insbesondere Präparate seltener Tiere dokumentieren gleichzeitig die Artenvielfalt der Tierwelt.

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Die Mainzer Sammlungen // Zoologische Lehrsammlung

seltene Vogelart, die ich 1989 nach meiner Einstellung als Präparator an der Universität als erstes Stück für die Sammlung präparieren durfte. Welche Objektarten und wie viele Objekte umfasst die Sammlung? Die Sammlung umfasst heute 489 Vogelpräparate, 106 Säugetierpräparate und 150 Schädelpräparate, des Weiteren einige Lehrmodelle der Firma Somso, Einschluss- und Nasspräparate in Sammlungsgläsern sowie eine größere Anzahl von Muscheln und Schneckenhäusern.

Welches Objekt steht auf Ihrer Wunschliste? Objekte, die im Hinblick auf die Systematik Lücken schließen, Warum ist es die Sammlung auch in zwanzig Jahren noch wert, aufbewahrt zu werden? Die Wiederbeschaffung oder ein Neuaufbau würde künftig immer schwieriger werden.

Welchen Wert hat die Sammlung insgesamt, insbesondere für Forschung und Lehre? Die Sammlung wird regelmäßig zur Durchführung der zoologischen Bestimmungsübungen im Sommersemester benötigt. Drei Dozenten aus der Abteilung Evolutionsbiologie führen diese Lehrveranstaltungen durch. Seit wann besteht die Sammlung, wer gründete oder stiftete sie? Die Gründung der Sammlung geht ins Jahr 1946 zurück. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gelangten eine Vogelbalgsammlung des Chirurgen und Hobbyornithologen Otto Natorp (1876–1956) und eine Kleinsäugerbalgsammlung des Zoologen Gerd Heinrich (1896–1984) an das Institut. Detlev Gregorczyk, Präparator am Fachbereich Biologie

INTERVIEW MIT DETLEV GREGORCZYK

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Welches Objekt der Sammlung hat für Sie einen besonderen Wert und worin liegt dieser? Der Schleiereulenbalg (S. 202) ist einer der wenigen Vertreter der Ordnung der Eulen (Strigiformes) in der Zoologischen Lehrsammlung. Die nachtaktive Schleiereule ist eine sehr helle, langbeinige Eule ohne Federohren, zu deren auffälligsten Erkennungsmerkmalen das herzförmige Gesicht sowie die verhältnismäßig kleinen schwarzen Augen gehören. Sie ist in den vergangenen Jahrzehnten sehr viel seltener geworden in Mitteleuropa, auch wenn sie nicht als gefährdet gilt. Für mich persönlich hat zudem das Präparat eines von mir aufgestellten Flussuferläufers (S. 275) einen besonderen Wert innerhalb der Sammlung. Dabei handelt es sich um eine recht

Wie hat sich der Wert der Sammlung im Verlauf ihres Bestehens verändert? Der Wert der Sammlung besteht in erster Linie darin, die relevanten Lehrveranstaltungen in hoher Qualität durchführen zu können. Je umfangreicher die Bestände, desto interessanter die Übung. Der Wiederbeschaffungswert ist mit den Jahren sicherlich gestiegen, da viele Objekte der Sammlung heute streng geschützt sind. Aus welchem Zeitraum stammen die Objekte? 1946 bis heute. Welches ist das größte, welches das kleinste Objekt? In der Balgsammlung sind die größten Objekte Fuchs sowie Gans. Spitzmäuse und Goldhähnchen sind die kleinsten Vertreter.

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»Wertsachen« sind die Sammlungsdinge der Johannes Gutenberg-Universität Mainz insbesondere deshalb, weil sie von zentraler Bedeutung für die Forschung und Lehre vieler Fächer sind. Sie sind Referenzen, Vergleichspunkte und selbst Gegenstand von Forschung, visualisieren Theorien und Ideen und bilden Anschauungs- und Übungsmaterial für Studierende. Artefakte, Naturobjekte, Modelle, Handschriften, Präparate, Tonträger und viele andere Objekte sind unverzichtbar für die Beantwortung unterschiedlicher Fragestellungen und für die anschauliche Vermittlung in der forschungsgeleiteten Lehre. Auf diese Weise spiegeln sie die wissenschaftlichen Praktiken in unterschiedlichen Disziplinen, aktuell und historisch.

KAPITEL // 03

Zehn kurze Berichte über Forschungen an und mit Objekten und über den Einsatz der Sammlungen in der Lehre zeigen dies im Folgenden exemplarisch auf. Forschende und Lehrende gewähren Einblick in Seminarräume, Labore und Lesesäle, nehmen die Leserinnen und Leser mit auf Forschungsreisen und vermitteln so einen Eindruck von ihrer Arbeit mit den Dingen. Sie erläutern Fragen, die an die Objekte gestellt werden, und skizzieren die Erkenntnisse, die dabei gewonnen werden. Auf diese Weise führen die Berichte anschaulich vor Augen, dass die Sammlungen eine lebendige Infrastruktur der Universität sind. Sie zeigen, wie vielfältig und aktuell Forschung und Lehre mit Sammlungsdingen sind, und lassen die Faszination spürbar werden, die von ihnen ausgeht. (VH)

LEHRE UND FORSCHUNG

EIN PARIERSCHILD AUS AUSTRALIEN WERKSTATTBERICHT AUS DER ETHNOLOGISCHEN PROVENIENZFORSCHUNG ANNA-MARIA BRANDSTETTER

Der Parierschild wurde von einem unbekannten Schnitzer vermutlich in Victoria / Südostaustralien, im 19. Jh. angefertigt und um 1900 nach Europa verbracht.

Spurensuche in Archiven und Netzwerken Mit diesen Informationen machte ich mich 2017 auf die Suche nach der Geschichte des Parierschilds. Er wurde, das legen die Angaben »1917« in der Spalte »Sammler, Jahr« und »Australien« in der Spalte »Herkunft« nahe, in einem kolonialen Kontext gesammelt, der durch Gewalt und asymmetrische Machtverhältnisse zwischen Kolonisierten und Kolonisierenden bestimmt war. Wie wurde der Schild – ähnlich anderen Objekten im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert – von einem Gegenstand mit lokaler Bedeutung und Funktion zu einem »ethnografischen Objekt«, eingeschlossen in ein geschichtsloses »ethnografisches Präsens«? Was lässt sich über den Parierschild selbst herausfinden, über seine Herstellung und Verwendung und darüber, welche kulturelle Bedeutung er möglicherweise heute hat? Ethnologische Provenienzforschung ist immer ein doppelter Prozess, der darauf abzielt, anzuerkennen, dass und wie die Dinge »Ethnografika« geworden sind, und sie aus dem Eingeschlossen-Sein im Depot zu »befreien«.

Erste Gespräche führte ich im Frühjahr 2017 mit Major Sumner AM (Member of the Order of Australia), ehrenvoll auch Uncle Moogy genannt, einem angesehenen Ältesten der Ngarrindjeri Community in der Lower Murray River Region südlich von Adelaide und Mitglied des Australian Government’s Advisory Committee for Indigenous Repatriation. Wir lernten uns bei dem International Repatriation Workshop am National Museum of Australia in Canberra kennen. Es folgten ein Archivbesuch im Linden-Museum und weitere Gespräche und E-Mails mit Kolleg*innen aus dem German Australian Repatriation Research Network, den Museums Victoria, dem Linden-Museum, dem GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig und den universitären Sammlungen der Universität Bonn.

Auf dem Schild finden sich verschiedene Beschriftungen, die Anhaltspunkte für die Provenienzrecherche sind.

»Inventarnummer: 1988 / Gegenstand: Parierschild, 91,5 cm lang / Herkunft: Australien / Bemerkungen: LM: 91976 / Sammler, Jahr: Slg. Waldthausen, 1917« – das sind die spärlichen Angaben im Inventarbuch zu einem hölzernen Parierschild in der Ethnografischen Studiensammlung der Universität Mainz. Die Angabe »LM« mit der Zahl 91976 bedeutet, dass der Schild im Linden-Museum Stuttgart unter der Nummer 91976 inventarisiert war. 1971 kam er zusammen mit 636 anderen Objekten über einen Tausch von Stuttgart nach Mainz. Auf dem Schild selbst hat die Musealisierung ihre Spuren hinterlassen: zwei abgeschliffene ältere Aufschriften und die gut leserlichen Beschriftungen »Australien Slg. Waldthausen 1988«, »L.1436/268« und »91976« sowie ein runder Aufkleber aus Papier mit der Zahl 34.

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Objekte in Lehre und Forschung // Ein Parierschild aus Australien

Erste Ergebnisse Der Schild kommt vermutlich aus der Region Victoria, vielleicht auch New South Wales, im Südosten Australiens. Schmale Parierschilde sind typisch und einzigartig für diesen Teil Australiens. Es sind wertvolle, mit großem Können und Kunstfertigkeit von Meisterschnitzern gefertigte Gegenstände, die heute als kulturelles Erbe große Wertschätzung erfahren. Mit einem Parierschild wurden im Nahkampf Keulen und andere Handwaffen pariert, d. h. abgewehrt. Die Kämpfe waren hoch ritualisiert und wurden organisiert, um Auseinandersetzungen zwischen Individuen oder Familien zu schlichten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erfüllten die Schilde kaum noch einen praktischen Zweck, weil die damit verbundenen kulturellen Traditionen durch die britische Kolonialisierung weitgehend zerstört waren. Lediglich die wenn auch geringe Nachfrage von privaten Sammlern, Touristen und Museen ­hielt die Schnitzkunst bis in die 1930er /1940er Jahre am Leben. Eine wichtige Rolle spielten Ethnografika-Händler wie beispielsweise Jane Catharine Tost (1817–1889) und ihre Tochter Ada Jane Rohu (1848–1928), die weit über Australien hinaus bekannt waren. Das ist nun die Verbindung zur Angabe »Slg. Waldthausen« im Inventarbuch. Dahinter verbirgt sich die Sammlerin Emma Caroline Helene von Waldthausen (1885–1938), die sich selbst Ellen Waldthausen nannte. In erster Ehe war sie mit Alfred Waldthausen (1852–1901) verheiratet, der aus der wohlhabenden und einflussreichen Familie Waldthausen im Ruhrgebiet stammte. Nach seinem Tod bedachte sie Einrichtungen der Universität Bonn, wohltätige Organisationen und Museen mit ihren Stiftungen und Schenkungen – nicht zuletzt das Museum für Ur- und Frühgeschichte in Weimar (1917 und 1918: 377 Objekte) und das Linden-Museum (1917 und 1919: 1.100 Objekte). Die Gegenstände, die sie dem Museum in Weimar stiftete, hat sie zu großen Teilen bei Tost und Rohu erworben. Es könnte gut sein, dass auch der Parierschild, den sie 1917 dem Linden-Museum schenkte, aus dieser Quelle stammt und damit vermutlich für den Markt mit Ethnografika hergestellt worden ist.

Der Anfang neuer Beziehungen In einem nächsten Schritt soll der Weg wieder nach Australien führen. Ich möchte herausfinden, wie sich die verschiedenen Expert*innen in Australien – beispielsweise vom Koorie Heritage Trust in Melbourne, der einen Keeping Place für das kulturelle Erbe im Südosten Australiens eingerichtet hat, oder Uncle Moogy – den zukünftigen Umgang mit dem Parierschild und ähnlichen Objekten vorstellen. Meine Forschung zur Geschichte des Schilds – und der anderen kulturellen Artefakte aus Australien in der Mainzer Sammlung –­ ­­soll die Dinge über das Depot hinaus mit alten und neuen kulturellen Kontexten verbinden und damit eine Grundlage für neue Beziehungen schaffen.

VON DER MOJAVE-WÜSTE NACH MAINZ FORSCHENDES SAMMELN IN DER BOTANIK REGINE CLASSEN-BOCKHOFF

Literatur Förster, Larissa, Iris Edenheiser, Sarah Fründt und Heike Hartmann (Hg.): Provenienzforschung zu ethnografischen Sammlungen der Kolonialzeit. Positionen in der aktuellen Debatte. Publikation zur gleichnamigen Tagung am 7. / 8. April 2017 im Museum Fünf Kontinente, München. Open-Access-Publikation der Humboldt-Universität zu Berlin 2018. Harrison, Rodney: Consuming colonialism: Curio-seller‘s catalogues, souvenir objects and indigenous agency in Oceania, in: Sarah Byrne, Anne Clarke, Rodney Harrison und Robin Torrence (Hg.): Unpacking the collection: Networks of material and social agency in the Museum, New York 2011, S. 55–82.

Das Aufsammeln von Pflanzenmaterial als Beleg und Grundlage weiterer Untersuchungen ist zentral für das Forschungsprojekt.

Hemming, Steven John: Lower Murray shields: An historical perspective, in: Records of the South Australian Museum 24 (1990), S. 125–138. Melk-Koch, Marion: Wie die Südsee nach Thüringen kam … Ethnographika aus dem Pazifik und aus Australien in Thüringen, in: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien 136 /137 (2006 / 2007), S. 203–224. Sear, Martha: Rohu, Ada Jane (1848–1928), in: Australian Dictionary of Biography, Supplementary Volume [shared entry with Jane Ca­ tharine Tost], 2005, http://adb.anu.edu.au/biography/rohu-ada-jane-­ 13285 [2018-03-13].

Das Wissen um die biologische Artenvielfalt geht auf die Sammeltätigkeit von Forschungsreisenden zurück. Vor allem in der Kolonialzeit unternahmen »Pflanzenjäger« abenteuerliche Reisen, um unbekannte Arten zu sammeln und nach Europa zu bringen. Auf diese Weise sind zahlreiche Nutz-, Genussund Zierpflanzen nach Europa gelangt und haben das Leben dort und weltweit verändert. Auch heute werden noch Sammelexpeditionen im Rahmen von internationalen Großprojekten oder kleineren Forschungsvorhaben universitärer Arbeitsgruppen durchgeführt, um die weltweite Biodiversität zu erfassen. Das Aufsammeln von

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Pflanzenmaterial als Beleg und Grundlage weiterführender Arbeiten ist dabei unverzichtbar. Aufsammlungen im Gelände Mojave Desert, Kalifornien. Das dreiköpfige Forschungsteam hat einen langen Tag vor sich. Die Wissenschaftler befinden sich an einem von sechs ausgewählten Orten, an denen sie in den nächsten Wochen blütenökologische Untersuchungen an Salbeiarten durchführen werden. Die Blüten des Salbei (Salvia) zeichnen sich durch einen »Hebelmechanismus« aus, durch den der Pollen auf die Bestäu-

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Objekte in Lehre und Forschung // Von der Mojave-Wüste nach Mainz

ber übertragen wird. Mit diesem Alleinstellungsmerkmal und den etwa 1.000 weltweit verbreiteten diversen Arten stellt die Gattung ein ideales Modellsystem für evolutionsbiologische Arbeiten dar. Sie steht im Mittelpunkt eines Lehr- und Forschungsprojekts, das am Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie der Universität Mainz unter Anwendung funktionsmorphologischer, bestäubungsbiologischer und molekularer Methoden durchgeführt wird. Die Mojave-Wüste ist aufgrund ihrer extremen klimatischen Bedingungen und der zu erwartenden geringen Bestäuberdichte von besonderem Interesse. Wie haben sich die Salbeipflanzen an diesen Standort angepasst? Das ist die zentrale Frage des Geländeprojekts. Bevor mit den zeitaufwendigen wissenschaftlichen Untersu­ chungen begonnen wird, müssen Standortdaten erhoben werden. Zu diesen gehören GPS-Daten, die Höhe über dem Meeresspiegel, Exposition und Sonneneinstrahlung des Standorts, Vegetationstyp, Artenvielfalt, Deckungsgrad der Vegetation und Größe der Versuchspopulationen. Alle relevanten Aspekte werden fotografisch dokumentiert und von jeder Salbeiart werden repräsentative Pflanzen in einer Presse getrocknet. Jedes Exemplar erhält eine Nummer, die den Standortangaben zugeordnet werden kann. Blattmaterial wird für spätere molekulare Untersuchungen in Tütchen mit Silicagel gegeben. Schließlich wird von allen Arten junges und altes Knospenmaterial gesammelt, in 70 Prozent vergälltem Äthanol ­­fixiert und mit den notwendigen Daten etikettiert. Aufbewahrung und Dokumentation des neuen Sammlungsmaterials Während die Mitarbeiter noch zwei weitere Monate in Kalifornien bleiben und ihre wissenschaftlichen Beobachtungen und Experimente fortführen, kehrt die Projektleiterin mit den gesammelten Proben und Fotos zurück. Die gepressten Pflanzen werden auf feste Papierbögen aufgezogen und mit einem Etikett versehen. Auf diesem stehen der lateinische Pflanzenname und die zugehörige Pflanzenfamilie, der genaue Fundort mit allen relevanten Standortangaben, das Sammeldatum und der Name des Sammlers mit Sammelnummer. Diese Bögen werden als Belege im Herbarium der Universität Mainz (MJG) aufbewahrt und in dessen

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Datenbank aufgeführt. Auf diese Weise sind sie öffentlich zugänglich und stehen für internationale Ausleihen zur Verfügung. Getrocknete Pflanzenteile können mit heißem Wasser aufgeweicht und für morphologische und histologische Untersuchungen verwendet werden, Blattmaterial wird für molekulare Analysen entnommen. Herbarmaterial ist somit nicht nur ein Archiv für Biodiversität, sondern auch Quelle wichtiger Forschungsdaten. Die vielen Hundert Fotos und Videoaufnahmen mit wichtigen Details dienen der Dokumentation des Standorts und der Pflanzen. Die Bilder müssen geordnet, beschriftet und mit den entsprechenden Informationen verknüpft werden. Sie stellen eine einzigartige Informationsquelle für Forschung und Lehre dar und werden für den öffentlichen Zugang im Rahmen einer Bilddatenbank vorbereitet. Das fixierte Pflanzenmaterial wird in gut verschließbare Sammlungsgefäße überführt, mit frischem Alkohol bedeckt, etikettiert und aufbewahrt, um z. B. für morphogenetische Untersuchungen zur Verfügung zu stehen, die die Entwicklung der Blüten und deren Diversifizierung zum Ziel haben. Diese Daten fließen in die evolutionsbiologische Interpretation der Artbildung ein. Lehre und Forschung mit Sammlungsmaterial Zwei Monate später ist die Blühsaison in Kalifornien vorbei. Neben den Ergebnissen der Bestäubungs- und Abbindeexperimente und weiterem Blüten- und Pollenmaterial befinden sich Bilder, Videoaufzeichnungen und Saatgut im Gepäck der Heimkehrer. Die Videos werden Sequenz für Sequenz ausgewertet und dann archiviert. Das Saatgut geht an den Botanischen Garten, wo es im nächsten Frühjahr zur Keimung gebracht wird. Sechs Monate später beginnt eine Masterarbeit, die die Diversität des Hebelmechanismus kalifornischer Salbeiarten zum Thema hat. Die Beobachtungen im Gelände haben interessante Fragen aufgeworfen, die nun anhand des »Alkoholmaterials« untersucht werden. So sind die Hebel einiger Arten sekundär versteift, wodurch der Mechanismus nicht mehr funktioniert. Wie kommt es zu dieser Versteifung und wie kann die Reduktion des Hebelmechanismus evolutionsbiologisch erklärt werden? Die fixierten Proben werden prä-

Die technische Mitarbeiterin Barbara Dittmann untersucht Pflanzenproben aus verschiedenen Regionen der Welt am Rasterelektronenmikroskop.

pariert und unter dem Rasterelektronenmikroskop (REM) untersucht. Inzwischen sind im Botanischen Garten Pflanzen aus dem Saatgut angezogen worden, sodass für einige Arten Frischmaterial zur Verfügung steht. Sammlung unveröffentlichter Daten Ob es die vielen REM-Aufnahmen aus der Masterarbeit sind, die Bilder und Videoaufzeichnungen der Geländearbeit oder die fixierten Proben, es werden stets mehr Daten erzeugt, als am Ende publiziert werden. Wohin mit dem Rest? Nur wenn man bedenkt, wie aufwendig und teuer eine Sammelreise, wie mühsam das Einholen von Sammel- und Ausfuhrgenehmigungen und wie unsicher es ist, zum richtigen Zeitpunkt

am richtigen Ort zu sein, lässt sich der Wert der Aufsammlungen vom Wildstandort ermessen. Deshalb gilt es, möglichst rasch eine Lösung für den Verbleib zu finden – denn die derart entstandenen Botanischen Sammlungen sind für Lehre, Forschung und internationale Zusammenarbeit unverzichtbar. Dies wird im Salbeiprojekt besonders deutlich: Es profitiert von der synergetischen Wirkung verschiedener Sammlungen und findet seinen Niederschlag in der Lebendsammlung des Botanischen Gartens und dem umfangreichen Alkohol-, Herbar- und Bildmaterial der Botanischen Sammlungen. Literatur zu den Projekten: www.spezbot.fb10.uni-mainz.de/85.php

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Das Seminar motivierte die Studierenden zur eigenverantwortlichen Mitarbeit an Aufbau, Gestaltung, Bewerbung und Betreuung einer Ausstellung.

BILD-SCHRIFT-SYNTHESEN THEORETISCHE UND KURATORISCHE ANNÄHERUNGEN AN DIE PLAKATKUNST HEIKO DAMM

Plakate sind ein Kommunikationsmedium von höchster Sichtbarkeit und allgemeiner Zugänglichkeit. Als prägnante BildSchrift-Synthesen informieren oder agitieren sie, inszenieren in schlagkräftiger Weise Marken oder stellen (durchaus auch humorvoll und selbstironisch) intermediale Bezüge her. Sie eignen sich deshalb in besonderer Weise, um Studierende an die Wirkungsästhetik und Aufgabenfelder angewandter Grafik heranzuführen und dabei praxisbezogene Kompetenzen im Umgang mit Originalen zu vermitteln. Im Wintersemester 2017/18 setzten sich Studierende der Kunstgeschichte in einem Projektseminar unter der Leitung des Autors intensiv mit dem Plakat-Bestand aus den Kunstgeschichtlichen Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität auseinander und erarbeiteten die Ausstellung »Blickfänger«, die von Februar bis April 2018 gezeigt wurde. Ausstellungsort war die »Schule des Sehens«, die als intermedialer und interkultureller Schauund Experimentierraum auf dem Campus der Präsentation studentischer Ausstellungen und von Projekten mit Schülerinnen und Schülern dient.

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Die Sammlung Schon in den 1860er Jahren war es dem französischen Lithografen Jules Chéret (1836–1932) gelungen, das Druckverfahren für großformatige Plakate zu revolutionieren und in der suggestiven Verbindung von Schrift und Bild neue Gestaltungsmöglichkeiten zu erproben. Im Gefolge von Art nouveau und Jugendstil nahmen sich verstärkt bildende Künstler des Mediums an, das unter dem Schlagwort »Galerie der Straße« eine enorme Aufwertung erfuhr. In Deutschland erlebte das Plakat in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg eine besondere Blüte.

Die Sammlungen der Abteilung Kunstgeschichte des Instituts für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft bewahren einen kleinen, aber qualitativ hochwertigen Bestand von Plakaten dieser Epoche. Er umfasst teils wohlbekannte, teils seltene Werke von herausragenden Gestaltern wie Emil Orlik (1870–1932), Olaf Gulbransson (1873–1958), Paul Scheurich (1883–1945) oder Julius Gipkens (1883–1968). Einen Schwerpunkt bilden die zehn Plakate des aus Wiesbaden stammenden Ludwig Hohlwein (1874–1949). Er entwickelte einen farbig nuancierten, flächig-dekorativen Plakatstil, der besonders in München schulbildend wirkte.

Vor allem das im Umfeld des 1907 gegründeten Deutschen Werkbunds entwickelte »Sachplakat« trug mit seiner vereinfachten Motivik und einprägsamen Farbgestaltung zur Überwindung der Jugendstilornamentik bei und wurde in ganz Europa wegweisend für die Entwicklung moderner Werbemethoden und eines avancierten Grafikdesigns.

Mit seiner charakteristischen, meist quadratisch gerahmten Signatur kennzeichnete er seine Arbeiten selbst als Markenartikel, die sich zumeist an eine gehobene Konsumentenschicht wenden. Die Arbeiten von Emil Preetorius (1883–1973) stehen solcher Warenästhetik eher fern. Charakteristisch für seinen markanten Personalstil sind Silhouettenfiguren mit elegant geschweiften Konturen, in denen sich seine Liebe zur

fernöstlichen Kunst verrät. Mit Karl Hofer (1878–1955) und Albert Weisgerber (1878–1915) sind auch prominente Vertreter der modernen Malerei als Plakatkünstler vertreten. Wie die Plakate an das Institut gelangt sind, ließ sich bisher nicht ermitteln, vermutlich schlummerten sie über mehrere Jahrzehnte unbeachtet in einer Schublade.* Die Ausstellung »Blickfänger« präsentierte zwischen 1900 und 1921 datierbare Stücke. Das Seminar Das Projektseminar zielte zunächst auf die genauere Erfassung und wissenschaftliche Bearbeitung dieses bereits vollständig digitalisierten Bestands ab, d. h., Künstler, Entstehungsjahr, Maße und Druckerei jedes einzelnen Plakats wurden bestimmt. Dabei konnten zahlreiche neue Erkenntnisse zu den jeweiligen Entstehungszusammenhängen gewonnen werden. Die Studierenden stellten die Plakate, ihre Schöpfer und natürlich auch die beworbenen Produkte oder

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Objekte in Lehre und Forschung // Bild-Schrift-Synthesen

Inhalte einzeln vor, kontextualisierten diese und arbeiteten die spezifischen Wirkungsstrategien heraus. Anstelle von Hausarbeiten verfassten sie Einträge für den die Ausstellung dokumentierenden Katalog, der zugleich ein Bestandskatalog ist. Die Texte wurden dafür vom Seminarleiter redak­ tionell bearbeitet und um Kurzbiographien der zwölf vertretenen Künstler ergänzt. Die Ergebnisse flossen zudem in die Bilddatenbank des Instituts ein. Zugleich erarbeiteten die Studierenden gemeinsam mit dem Dozenten das Ausstellungskonzept, das die unterschiedlichen Aufgabenstellungen, die breiten kulturhistorischen Bezüge und den ästhetischen Schauwert des Mediums Plakat verdeutlichte und auf ein breit gefächertes Publikum zielte.

Literatur Damm, Heiko (Hg.): Blickfänger. Plakatkunst des frühen 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Kunsthistorischen Instituts, Köln 2018. Kühnel, Anita: Geburt eines neuen Mediums, in: Avantgarde! Die Welt von gestern. Deutschland und die Moderne 1890–1914. Worte in Freiheit. Rebellion der Avantgarde (Ausst.-Kat. Berlin, Kunstbibliothek und Staatsbibliothek SMB), Dortmund 2014, S. 108–141.

BLICK FÄNGER

Die Ausstellung Aus konservatorischen Gründen mussten hochwertige Faksimiles einbezogen werden, wodurch die materialen Qualitäten der UV-sicher gerahmten Originalexponate noch stärker in den Blick gerückt wurden. Ein Teil der Reproduktionen wurde an einer in der Mitte des Raums aufgestellten »Litfaßsäule« angebracht. Ergänzend wurden in mehreren Vitrinen zeitgenössische Publikationen aus der Universitätsbibliothek gezeigt.

PLAKATKUNST DES FRÜHEN 20. JAHRHUNDERTS AUS DER SAMMLUNG DES KUNSTHISTORISCHEN INSTITUTS

Seit 2017 wird die Sammlung des AMA digitalisiert. Die Mitarbeiter konzentrieren sich aus konservatorischen Gründen zunächst auf Schellackplatten und Tonkassetten.

Es war ein Anliegen des Seminars, durch die Verteilung der Exponate auf Wand und Säule die Vielfalt gestalterischer Ansätze erfahrbar zu machen sowie Schlaglichter auf zentrale Aufgabenfelder und die stilistische Entwicklung der deutschen Plakatkunst der ersten beiden Jahrzehnte des ­20. Jahrhunderts zu werfen. AUSSTELLUNG 7. FEBRUAR BIS 25. APRIL 2018 GRAFISCHER ENTWURF: KÜHLE UND MOZER, KÖLN

IN DER SCHULE DES SEHENS DER JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ GEÖFFNET JEDEN MITTWOCH, 13–16 UHR. DER EINTRITT IST FREI. INSTITUT FÜR KUNSTGESCHICHTE UND MUSIKWISSENSCHAFT JOHANNES GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ JAKOB-WELDER-WEG 18 · 55128 MAINZ

FA_Final_5Plakate_A1_Blickfaenger.indd 3

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HAUKE DORSCH

Es bot sich an, die kleine Schau mit auffälligen Plakaten zu bewerben, die ihrerseits als »Blickfänger« fungierten.

Als Teil des Praxismoduls des Bachelor-Studiengangs vermittelte das Seminar nicht nur Kenntnisse zu einem in der akademischen Kunstgeschichte weitgehend vernachlässigten Kapitel der Designgeschichte, es gewährte darüber hinaus auch Einblicke in kuratorische Praktiken. Am Rahmenprogramm der Ausstellung beteiligten sich die Studierenden mit eigenen Impulsreferaten und Führungen.

*   Mein Kollege Klaus T. Weber hat mich auf diesen Bestand aufmerksam gemacht und seine Bearbeitung durch viele Gespräche und praktische Hilfestellung unterstützt, wofür ich ihm an dieser Stelle herzlich danken möchte.  

MISSIONARISCHER EIFER UND WISSENSCHAFTLICHER AUFTRAG SENEGALESISCHE MUSIK IM ARCHIV FÜR DIE MUSIK AFRIKAS

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Entgegen einer verbreiteten Vorstellung besteht die Arbeit in und mit einem Schallarchiv nicht primär im Abstauben von Regalen, Reinigen von Platten oder auch gelegentlichen Zufallsfunden ungeahnter musikalischer Schätze, wenngleich Letzteres natürlich den eigentlichen Reiz ausmacht. In dieser universitären Sammlung mit einem in der öffentlichen Wahrnehmung doch eher randständigen Schwerpunkt trifft sich der wissenschaftliche Auftrag mit dem durchaus

mission­arischen Eifer, Musik vom afrikanischen Kontinent einem größeren Publikum bekannt zu machen. Der Euphorie des Archivgründers Wolfgang Bender für diese Musik ist es zu verdanken, dass die im deutschsprachigen Raum einzigartige öffentlich zugängliche Sammlung von etwa 10.000 Tonträgern aller denkbaren Formate zusammengetragen wurde und 1991 ihren Platz an der Universität Mainz fand. Das Archiv für die Musik Afrikas (AMA) konzentriert sich

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Objekte in Lehre und Forschung // Missionarischer Eifer und wissenschaftlicher Auftrag

auf Populärmusik und deckt fast alle Länder Afrikas ab. Der aktuelle Leiter hat im westlichen und südlichen Afrika geforscht, unter anderem auch zu traditionellen Musiker*innen, sogenannten Griots bzw. Griottes, in Gambia, Senegal und Mali. Als Universitätsinstitution hat das AMA den Anspruch, Studierende an afrikanische Musik heranzuführen und für die Archivarbeit zu motivieren. In Seminaren und extracurricularen Veranstaltungen findet eine ausführliche Auseinandersetzung mit afrikanischer Musik statt. Weiterhin sind studentische Hilfskräfte und Praktikant*innen am AMA beschäftigt. Das Archiv ist mit Anhörstationen, Möglichkeiten zur Digitalisierung, mit Filmschnittplätzen und weiterem Equipment ausgestattet, die eine Medienarbeit vor Ort ermöglichen.

Zwischen traditionellen Vorbildern und moderner Improvisation Ein Beispiel, wie sich der Anspruch an Außenwirkung mit Bezügen zwischen Sammlungen verknüpfen lässt, bietet eine Langspielplatte des senegalesischen Musikers Lamine Konté: »Chant du Nègre … Chant du Monde«. Die Platte stellt musikalisch einen Ausnahmefall dar, weil hier moderne, auf Französisch verfasste Gedichte des ersten senegalesischen Präsidenten Léopold Sédar Senghor von einem traditionellen westafrikanischen Saiteninstrument, der Kora, untermalt werden. Das Plattencover dagegen bietet eine recht konventionelle­ Darstellung des Koraspielers Konté und entspricht der gängigen Ikonografie des Griots, also des für einige west­ afrikanische Gesellschaften charakteristischen traditionellen Musikers, Geschichtenerzählers und Genealogen. Mit Verweis auf diesen ethnografischen Kontext wurde das Plattencover anlässlich einer Konferenz auf dem Campus der Universität in Mainz ausgestellt, um zu zeigen, dass diese Spannung von traditioneller Ikonografie und modernen poetischen Texten sowie einer Musik, die auf traditionelle Vorbilder rekurriert, zugleich aber improvisiert und modernisiert ist, sowohl ethnische als auch nationale Bezüge ermöglicht und damit die Dynamik vieler moderner afrikanischer Gesellschaften reflektiert.

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Poesie der Négritude Anlässlich einer aktuellen Mainzer Debatte über rassistische Ikonografie wurde die LP zum von der Sammlungskoordination ausgeschriebenen »Objekt des Monats März 2014«. Hierbei wurde der Begriff »nègre« kritisch betrachtet und in Bezug zur Négritude, einer literarischen Bewegung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, gesetzt. Auf der LP besingt Konté den Dichter-Präsidenten Senghor, dessen literarisches Werk in Deutschland durch Janheinz Jahn, nach dem die Jahnbibliothek an unserem Institut benannt ist, popularisiert wurde. Die Poesie der Négritude ist aber auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus, und wenngleich das AMA als postkoloniale Sammlung nicht mit Herausforderungen der Provenienzforschung oder Restitutionsforderungen konfrontiert ist, bieten sich hier inhaltliche Anknüpfungspunkte zu diesen Fragen, die besonders die Ethnografische Studiensammlung beschäftigen.

Verschiedene Forschungsprojekte am Archiv für die Musik Afrikas widmen sich senegalesischer Musik, untersucht wird z. B. die Gestaltung der Plattencover.

Weitere Forschungen zur senegalesischen Musik Zur senegalesischen Musik fanden und finden weitere Forschungen am Archiv statt. Der US-amerikanische Historiker und Senegal-Experte Richard Shain hat hier zur Gestaltung der Hüllen senegalesischer LPs gearbeitet. Eine Abschlussarbeit am Institut für Ethnologie und Afrikastudien war der Thematik gewidmet, wie der senegalesischen Popstar Youssou N’Dour anlässlich seiner neu begonnenen politischen Karriere einen Imagewechsel vom Griot hin zum patriotischen Unternehmer vorgenommen hat. Ibrahima Wane von der Universität Dakar forscht derzeit zur senegalesischen Musik am AMA. Eine gemeinsame Publikation Wanes mit dem Archivleiter zu dem bisher wenig erforschten senegalesischen Musikstil Yela soll daraus hervorgehen. Faszinierend hierbei ist der Anspruch des führenden und international bekanntesten Musiker dieses Stils, Baaba Maal, sich auf die musikalischen Traditionen der Fulbe sprechenden Gruppen des Senegal zu beziehen, wobei er besonders deren nomadische Vergangenheit betont. Gleichzeitig bedient er sich für seine Musik modernster Produktionsmethoden sowie unterschiedlicher stilistischer Einflüsse und fördert auch Hip-Hop-Künstler*innen und andere jüngere Musiker*innen, die sich eher an westlichen Genres orientieren.

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LEBENSLÄUFE VON KIRCHENLIEDERN EIN KOMMENTARPROJEKT DES GESANGBUCHARCHIVS ANSGAR FRANZ UND CHRISTIANE SCHÄFER

Um Überlieferungsgeschichten von Kirchenliedern zu rekonstruieren, müssen viele Textfassungen miteinander verglichen werden.

Die Kirchenlied- und Gesangbuchgeschichte ist ein Spiegel der Kulturgeschichte. Kirchenlieder wurden und werden von Millionen von Menschen gesungen, sie sind auf verschiedene Weise in Kunst und Medien präsent, in Film und Fernsehen, in Konzerten, Theaterstücken und Romanen. In früheren Epochen gehörten sie zu dem allen Gesellschaftsgruppen gemeinsamen Bildungsgut. Sie spielen für die Entstehung kollektiver Identitäten eine maßgebliche Rolle. Inhaltliche Erschließung als Grundlage der Forschung Wer ergründen will, wann ein Lied zuerst in die Gesangbuchtradition gelangte und wie es über die Jahrhunderte hinweg überliefert wurde, braucht eine repräsentativ große Anzahl von Quellen. Im Idealfall sollten die für die Weitergabe der Lieder besonders wichtigen Exemplare auch inhaltlich erschlossen sein. Beides bietet das Mainzer Gesangbucharchiv. Es beherbergt die wichtigsten und rezeptionsleitenden Gesangbücher der verschiedenen Konfessionen und erschließt sie inhaltlich über die »Hymnologische Datenbank«, die aktuell Aussagen zu ungefähr 37.000 Liedtiteln ermöglicht. Das Vorkommen der einzelnen Lieder kann auf diese Weise ermittelt und die entsprechenden Liedfassungen können direkt im Gesangbuch nachgeschlagen werden. Das sind ideale Voraussetzungen für die Erforschung bislang unbekannter Liedgeschichten. So konnte im Rahmen eines vom Erzbistum Köln finanzierten und inzwischen erfolgreich abgeschlossenen Drittmittelprojekts ein großer Kommentar zu sämtlichen Stammteilliedern des katholischen Einheitsgesangbuchs »Gotteslob« von 2013 erarbeitet werden. Das Buch ist im Oktober 2017 unter dem Titel »Die Lieder des Gotteslob. Geschichte – Liturgie – Kultur« erschienen. Herausgegeben haben es Ansgar Franz, Hermann Kurzke und Christiane Schäfer, die seit Jahren gemeinsam das Gesangbucharchiv leiten. Panorama der Geschichte des Glaubens und der Frömmigkeit Ein solches Werk hat es im katholischen Bereich bislang nicht gegeben. Während das evangelische Liedgut schon seit Jahrhunderten von einer hymnologischen Reflexion begleitet wird, ist der katholische Liedbestand viel weniger, ja oftmals gar nicht erforscht. Außerdem weist er einige Besonderheiten auf: Die Lieder sind – mit ganz wenigen Aus-

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nahmen – bis weit ins 18. Jahrhundert hinein anonym überliefert, sie haben häufig eine schwer greifbare Textgestalt, sind sehr variantenreich und werden je nach Region vielfach verschiedenen Melodien zugeordnet. Daher werden in diesem Kommentar die Lieder nicht nur entstehungsgeschichtlich von ihren überlieferten oder ältesten Texten und ihren Quellen her gedeutet, sondern es werden von dort aus auch ihre Wege durch die Jahrhunderte bis zur Gegenwart sichtbar gemacht. Dabei breitet sich ein faszinierendes Panorama der Geschichte des Glaubens und der Frömmigkeit aus. Es reicht von den alttestamentlichen Psalmen, den lateinischen Hymnen der alten Kirche und des Mittelalters über das 16. Jahrhundert und den Barock bis zur Aufklärung des 18. Jahrhunderts, die vieles ausmustert, von da zur Restauration des 19. Jahrhunderts, die Altes neu aufpoliert, und zum Neuen Geistlichen Lied der letzten fünfzig Jahre. Zu diesem katholischen Panorama gehört seit dem 20. Jahrhundert auch die evangelische Tradition, und zwar sowohl die evangelisch-lutherische als auch die evangelisch-reformierte und freikirchliche. Kriminalistischer Spürsinn Entstanden sind so Liedporträts zu über 300 Liedern, die in gewisser Weise die »Lebensläufe« der Lieder nachverfolgen. Rekonstruiert sind sie direkt aus den Quellen. Um sie adäquat darstellen zu können, müssen die bedeutenden Überlieferungsstufen in den Blick genommen, viele Textfassungen miteinander verglichen, Melodien ausfindig gemacht und zugewiesen, einzelne Gesangbücher geistes-, frömmigkeitsund kirchengeschichtlich eingeordnet, Überlieferungslücken eruiert und Sekundärzeugnisse gesichtet werden. Die Suche nach der Herkunft einer ganz bestimmten Textfassung kann manchmal kriminalistischen Spürsinn erfordern. So hat sich zum Beispiel für das bekannte Adventslied »Maria durch ein’ Dornwald ging« gezeigt, dass es keineswegs – wie häufig angenommen – aus dem 16. Jahrhundert stammt, sondern vielmehr eine Schöpfung des 19. Jahrhunderts ist, die wahrscheinlich auf August von Haxthausen (1792–1866) und seinen aus Schriftstellerinnen und Schriftstellern der Romantik bestehenden Freundeskreis zurückgeht. Zuweilen lassen sich mit etwas Glück auch lang gehütete Geheimnisse lüften: So kann man inzwischen mit 223

Objekte in Lehre und Forschung // Lebensläufe von Kirchenliedern

großer Sicherheit sagen, dass die seit dem »Gotteslob« von 1975 unter dem Pseudonym Hans W. Marx verbreitete Fassung des katholischen Klassikers »Ein Haus voll Glorie« schauet von Friedrich Dörr (1908–1993) in Zusammenarbeit mit der Gotteslobkommission verfasst wurde.

tung, innerhalb einer Predigt oder beim Singen selbst. Zugleich kann es erhellend sein für diejenigen, die sich ganz allgemein für das religiöse Liedgut interessieren, das jahrhundertelang das kulturelle Gedächtnis der Gesellschaft geprägt hat und noch prägt.

Tieferes Verständnis des Liedguts Das Wissen um den »Lebenslauf«, den ein Lied genommen hat, trägt zu seinem tieferen Verständnis bei. Gedacht ist das Buch für diejenigen, die im Gottesdienst ganz konkret mit Liedern umgehen – sei es bei der Gottesdienstgestal-

Ein solches Projekt möchte die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung einer interessierten Öffentlichkeit nahebringen. Zugleich kann es zeigen, dass das Sammeln von Gesangbüchern keinen Selbstzweck darstellt.

ANFASSEN ERWÜNSCHT! DIE VOR- UND FRÜHGESCHICHTLICHE SAMMLUNG IN DER LEHRE SEBASTIAN FÜRST, PETER HAUPT UND DANIEL SCHÄFER

Die Studierenden erlernen mittels unterschiedlicher Techniken, vom Fragment auf das Ganze zu schließen. Das Nachschlagewerk zeichnet die »Lebensläufe« der Lieder des katholischen Einheitsgesangbuchs »Gotteslob« nach, so des bekannten Weihnachtslieds »Vom Himmel hoch«, das bereits aus dem 16. Jh. stammt.

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Objekte in Lehre und Forschung // Anfassen erwünscht!

Die Vor- und Frühgeschichtliche Sammlung bietet aufgrund ihrer Entstehung durch Ankäufe, Schenkungen und Leihgaben, die eng mit den im Verlauf der Jahre wechselnden Interessen des Lehrpersonals zusammenhingen, ein breites Spektrum an Objekten. Sie deckt sowohl die Altsteinzeit als auch die Römerzeit, das Spätmittelalter und die Frühe Neuzeit ab und weist damit ein großes Potenzial für unterschiedliche Schwerpunktsetzungen in der Lehre auf. Für diese wurde sie bewusst angelegt – seit ihren Anfängen dient sie als Lehrsammlung und kommt bis heute regelmäßig in Lehrveranstaltungen zum Einsatz. Dreidimensionalität und Tastsinn So ist eine Zeichenübung an Originalfunden und Kopien Pflichtveranstaltung im dualen Studiengang »Archäologische Restaurierung«, und Bestimmungsübungen für Studierende der Vor- und Frühgeschichte befassen sich mit Keramik allgemein oder römischer Sachkultur. Hier wird Studierenden beispielsweise eine römische Scherbe vorgelegt, die mithilfe einschlägiger Bestimmungsliteratur hinsichtlich ihrer Warenart, des ursprünglichen Gefäßtyps und ihrer Datierung zu analysieren ist. Auf diese Weise soll den Studierenden die Fähigkeit vermittelt werden, vom Fragment auf das Ganze zu schließen – was anhand vollständiger Objekte in Museumsausstellungen nur bedingt möglich ist. Sie erhalten damit einen Einblick in die Praxis des Archäologen, der, ähnlich wie bei einem großen Puzzle, aus den Einzelteilen ein größeres, zusammenhängendes Bild erarbeiten muss. Fotografien und Abbildungen vermitteln hierbei nur eine unzureichende Kenntnis, da die Dreidimensionalität der Stücke verloren geht. Zusätzlich ist der Tastsinn gefragt, da Oberflächenbeschaffenheit (etwa die Qualität der Glättung der Ware) eine wichtige Information für die Datierung darstellt. Generell erhalten die Studierenden einen Überblick über facettenreiche frühgeschichtliche Keramik sowie Kenntnisse über technologische Aspekte, ihre Ansprache und chronologische Aussagekraft. Gerade in der praktischen archäologischen Arbeit, von universitären Abschlussarbeiten an Funden aus Grabungen der archäologischen Denkmalpflege (die eine potenzielle berufliche Perspektive bietet) bis hin zur

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postuniversitären Durchführung und Aufarbeitung von Feldprojekten, haben entsprechende Kompetenzen große, wenn nicht gar essenzielle Bedeutung. Digitalisierungserfahrungen Mit dem Beitritt der Vor- und Frühgeschichtlichen Sammlung zum Online-Museumsnetzwerk museum-digital im Sommer 2015 ergab sich darüber hinaus die Gelegenheit, wiederkehrende praktische Übungen zum Thema »Inventarisierung und Ordnung einer archäologischen Sammlung« anzubieten. Bei museum-digital handelt es sich um eine Plattform, die Museen und Sammlungen die Möglichkeit bietet, ihre Objekte online zu inventarisieren und einem breiteren Publikum zu präsentieren. Durch die einheitliche Form der Datenverarbeitung soll so ein digitaler Standard entstehen, der die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Museen und Sammlungen sehr erleichtert.

Neuzuordnungen über neue Vergleichsmöglichkeiten Dem Nutzer bietet die Plattform museum-digital die Möglichkeit, eine Auswahl der Objekte anhand verschiedener Epochen (z. B. Spätbronzezeit) vorzunehmen. So lässt sich anhand der eingetragenen Informationen schnell ein Überblick über die in der Sammlung enthaltenen Fundstücke gewinnen. Begleitend zu Lehrveranstaltungen kann nun leicht eine Auswahl an Objekten zusammengestellt werden, die für einen Zeitabschnitt repräsentativ ist. Die Studierenden können sich außerdem später die in den Übungen vorgeführten Funde am eigenen PC ein weiteres Mal vor Augen führen. Das Kennenlernen der wichtigsten »Leittypen« einer Epoche wird hierdurch erleichtert.

Die Veranstaltungen stießen bei den Übungsteilnehmern auf sehr positive Resonanz, da diese mit abwechslungsreichen Aufgaben betraut wurden und dabei einen hohen Lerneffekt in unterschiedlichen Bereichen wie fotografischer Dokumentation, Literaturrecherche, Aufbau von Inventarisierungsdaten und Provenienzforschung hatten. Als besonders interessant erwiesen sich Stücke, die nur wenige Vergleiche boten. Ihre zeitliche Einordnung lag bislang im Unklaren, durch eine intensive Sichtung der Fachliteratur zu den Fundorten konnte sie jedoch weiter eingegrenzt werden. So war es z. B. möglich, ein aus der Jungsteinzeit stammendes Gefäß der sogenannten Bischheimer Gruppe zuzuordnen, deren Hinterlassenschaften vergleichsweise selten sind.

Fotografien und Zeichnungen können Originale nicht ersetzen. So hilft das Ertasten der Oberflächenbeschaffenheit eines römischen Kerzenleuchterfragments bei dessen Datierung.

Es bietet sich daher an, die Studierenden der vor- und frühgeschichtlichen Archäologie an diesem Digitalisierungsprozess teilhaben zu lassen und ihnen dadurch praxisbezogene Erfahrungen in der Organisation und Verwaltung musealer Bestände, aber auch Strategien zur Literaturrecherche sowie typologisch-materialkundliche Grundkenntnisse zu vermitteln. Im Vorfeld der Lehrveranstaltung werden zunächst geeignete Objekte mit typologisch und / oder chronologisch interessanten Eigenschaften ausgewählt. So wurde in einem Semester unter anderem eine Gruppe von Repliken wichtiger Keramikformen, die einen Zeitraum von der frühen Jungsteinzeit (Mitte 6. Jt. v. Chr.) bis in die Völkerwanderungszeit (6. Jh. n. Chr.) abdecken, verwendet. Die Studierenden sind damit konfrontiert, zunächst erste Objektinformationen in den heterogenen Inventarunterlagen der Sammlung zu finden, um erste Anhaltspunkte zur Herkunft und Zeitstellung der Stücke in Erfahrung zu bringen. Im Anschluss erfolgt mittels Literaturrecherche die Suche nach weiterführenden Informationen zu den einzelnen Exponaten. Zudem müssen die Stücke fotografiert, vermessen und auf einer digitalen Karte eingetragen werden. Sobald alle Informationen vorliegen, können diese dann über die Eingabemaske in museum-digital eingestellt werden.

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LERNEN AM ORIGINAL DIE GEOWISSENSCHAFTLICHEN SAMMLUNGEN ALS GRUNDLAGE DER LEHRE KIRSTEN I. GRIMM UND WOLFGANG HOFMEISTER Studierende der Geowissenschaften lernen anhand von Sammlungsmaterial Merkmale von Fossilien kennen.

Aufbau der Sammlungen Im Wintersemester 1946/47 wurden im neu gegründeten Geologisch-Paläontologischen Institut an der Universität Mainz die ersten Vorlesungen und Übungen in Geologie und Paläontologie noch ohne eine entsprechende geologischpaläontologische Sammlung gehalten. Die Sammlungen entstanden nach und nach und wurden vor allem auf Exkursionen oder durch Grabungen zusammengetragen. Reale Gesteine, Minerale und Fossilien ermöglichen das Erkennen von spezifischen Eigenschaften der Gesteine, Minerale und Fossilien, verbunden mit haptischem Lernen. Nur so ist es möglich, im späteren Berufsleben als Geowissenschaftler Fossilien, Gesteine und Mineralien auch im Gelände zu erkennen und zu unterscheiden. Heute werden die Sammlungen neben der Forschung insbesondere in die Lehre im Bachelorund Master-Studiengang Geowissenschaften eingebunden. Bestimmungsübungen In den Lehrveranstaltungen werden zunächst Bestimmungsübungen durchgeführt. So sind Minerale definiert durch ihre Eigenschaften – bevorzugt physikalische und chemische Eigenschaften –, die es durch verschiedene Tests festzulegen gilt. Optische und mechanische Eigenschaften überwiegen, und so ist zum Beispiel die Härte ein charakteristisches Merkmal von Mineralien, das direkt am Objekt unter anderem mithilfe eines Nagels getestet werden kann. Ebenso müssen die Eigenschaften wie Dichte, Bruch, Spaltbarkeit usw. am Mineralmaterial untersucht werden. Die Übung »Minerale und Kristalle« vermittelt diese grundlegende Fähigkeit für Geowissenschaftler im ersten Fachsemester.

In den Geowissenschaften – an den Universitäten in die Teilgebiete Geologie, Petrologie, Mineralogie und Paläontologie gegliedert – ist Sammeln in mehreren Dimensionen verankert: Das konservatorische Sammeln rekurriert insbesondere auf authentisches Material, wie fundort- und damit herkunftstypisches Material, also Holotypen (= Belege zu Erstbeschreibungen von Organismen), Rara, Unikate usw. Das didaktische Sammeln hingegen sieht das Objekt als haptisch erfahrbaren Wissensträger und setzt diesen in der Lehre, auch unter Materialverlusten, ein. Das projektbezogene Sammeln liefert das Referenzmaterial für spezielle

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Forschungsprojekte und stellt besondere Ansprüche an das Daten- und Probenmaterial, wie z. B. Reinheit, Gefüge oder Zustand der Probe. Infolgedessen ist auch der Lehrgegenstand »Geo-Material« mehrdimensional. In die Lehre werden nicht nur Ausstellungsobjekte wie z. B. Dinosaurier oder Diamanten, sondern auch Forschungsobjekte (Lava, Magma, Keramik, Laserkristall usw.) und Ausbildungsobjekte – bezeichnet als Kristall, Mineral, Gestein, Fossil – einbezogen. Die Breite der dabei beteiligten Disziplinen neben den Geowissenschaften ist sehr hoch und reicht von den Wirtschaftswissenschaften bis zur Klimatologie.

Eine weitere Eigenschaft von Mineralen ist ihre atomare Ordnung: Alle chemischen Bausteine sind in den drei Raumdimensionen, symmetrischen Ordnungssystemen gehorchend, angeordnet. Das Resultat ist eine jeweils mineralspezifische Kristallform, ein materialtypischer Kristall, der sich durch spiegelglänzende Flächen, scharfe Kanten und spitze Ecken auszeichnet. Die unterschiedlichen Symmetrie-Möglichkeiten können in der Natur nicht immer vollständig realisiert werden, da Kristalle nur in Ausnahmefällen alleine und ungehindert wachsen können, meist behindern sie sich gegenseitig und bilden häufig auch keine typischen morphologischen Kris-

tall-Attribute aus. Hilfreich für die Mineralbestimmung können aber auch rudimentäre Morphologien sein. Um diese zu erkennen, werden ideale Kristallformen zum Vergleich herangezogen; in früheren Zeiten einer vornehmlich beschreibenden Wissenschaft dienten auch ideal ausgearbeitete Holzmodelle als Vorlagen. Bestimmungsübungen erfolgen auch an Gesteinen: Diese sind natürlich auftretende Vermengungen von Mineralen, Gesteinsbruchstücken und vielem mehr. In der Petrologie wird die Zusammensetzung der Gesteine bestimmt, und zur Untersuchung der einzelnen Komponenten muss aus Materialgründen häufig auf Vergrößerungsmethoden wie die Verwendung von Lupen zurückgegriffen werden. Diesen Arbeitsschritt, der gleichzeitig eine Grundlage aller geowissenschaftlichen Tätigkeiten darstellt, erlernen die BachelorStudierenden im ersten und zweiten Studienjahr in der Pflichtveranstaltung »Gesteine und Fossilien« an Originalmaterial aus den Sammlungen. Baupläne der Natur Fossilien und Gesteine veranschaulichen in der Erdgeschichte die Entwicklung des Lebens und der Erde. Aspekte wie Evolution werden auf diese Weise begreifbar gemacht. So begleiten jedes Erdzeitalter in der Lehrveranstaltung »Erd- und Lebensgeschichte« (3. Semester BSc.) eine Anzahl von Gesteinen und Fossilien, die den Ablagerungsraum mit seinen Bedingungen dokumentieren und so auch Rückschlüsse auf das Klima der Vorzeit zulassen. Im Anschluss an jede Vorlesungseinheit wird den Studierenden die Möglichkeit geboten, sich einen haptischen Eindruck der Gesteine und Fossilien zu verschaffen und diese kennenzulernen. Konkrete Arbeit an Fossilien erfolgt dann in den Veranstaltungen Paläontologie 1 und 2, die parallel zur Vorlesung eine Übung bieten. Hier wird insbesondere das Erkennen von Bauplänen der Natur vermittelt und durch das Zeichnen der Detailstrukturen von fossilen Organismen vertieft. Nicht nur die Baupläne spielen eine Rolle, sondern auch die Entwicklung der Baupläne in der Erdgeschichte stellt einen Beleg für die Evolution dar. Zunächst ist dabei aber auch das genaue Beobachten und anschließende Beschreiben der Objekte zu üben. Details zur Unterscheidung von fossilen Arten

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Objekte in Lehre und Forschung // Lernen am Original

lassen sich nur am Fossilmaterial, nicht aber an Fotos und Abbildungen erkennen. Stratigrafische Abfolgen der Gesteinsschichten, aber auch genetische Entwicklungsreihen können ebenfalls nur am Originalmaterial als Learning by Touching verdeutlicht werden.

Nicht nur die Lehre, sondern auch die Forschung ist in den Geowissenschaften ohne Originalmaterial undenkbar, und infolgedessen ist eine Institutssammlung unerlässlich, die auch entsprechend der Forschung und den differenzierten Lehrveranstaltungen wächst.

Mit Hilfsmitteln wie Strichtafel, Nagel und Lupe untersuchen die Studierenden das Mineralmaterial auf Eigenschaften wie Härte, Strichfarbe oder Glanz, Bruch und Spaltbarkeit, um es zu bestimmen.

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HINDUISMUS, BUDDHISMUS UND VOLKSRELIGION DIE SAMMLUNGEN DER INDOLOGIE ALS SPIEGEL DER RELIGIONSGESCHICHTE NINA-MAREIKE OBSTOI UND MARION MEISIG

Die Bronzefiguren der Sammlung Ursula Walter werden in verschiedenen religionswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen zur Veranschaulichung eingesetzt.

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Objekte in Lehre und Forschung // Hinduismus, Buddhismus und Volksreligion

Die heutige Abteilung für Indologie des Gutenberg-Instituts für Weltliteratur und schriftorientierte Medien erhielt in den Jahren 2000 und 2013 mit der vornehmlich indische Bronzefiguren umfassenden Sammlung Ursula Walter und einem Bestand an Ritualbildern aus Sri Lanka zwei bedeutende Schenkungen, die eine große Bereicherung insbesondere für die Lehre darstellen, aber auch Gegenstand aktueller Forschung sind. Veranschaulichung religionshistorischer Entwicklungen In der universitären Lehre bezieht die alle zwei Semester stattfindende Veranstaltung »Einführung in den Hinduismus« Bronzefiguren der indischen Hochgötter Śiva und Viṣṇu aus der Sammlung Ursula Walter als zusätzliches Quellenmaterial in den Unterricht ein. Bleiben die Götter in dem Text oft abstrakt, kann das plastisch erfahrbare Aussehen der Gestalten des hinduistischen Pantheons diese für die Studierenden anschaulich und nachvollziehbar erklären. Auch das im Wechsel mit der oben genannten Veranstaltung ebenfalls alle zwei Semester stattfindende Seminar »Einführung in den Buddhismus« nutzt die Sammlung mit Gewinn. Die Veranstaltung hat zum Ziel, den Buddhismus in seiner historischen Abfolge zu präsentieren – von den Anfängen der Religion in Indien bis hin nach Ostasien. Hierbei werden nun, neben der Arbeit an den Texten, auch Bronzefiguren der Sammlung herangezogen. Die Studierenden lernen, diese ikonografisch und religionswissenschaftlich genau zu analysieren. So ist es z. B. möglich, die weltweit unterschiedlichen buddhistischen Strömungen, die häufig in der Körperhaltung religiöser Darstellung, an ihren individuellen Attributen oder anderen speziellen ikonografischen Details festzumachen sind, zu konkretisieren und zu verdeutlichen. Die geradezu sprichwörtlich gewordene tibetische Gebetsmühle, die ebenfalls in der Sammlung vorhanden ist, steht symbolhaft dafür, wie einheimische volkstümlich-tibetische Elemente Eingang in die sonst magiefeindliche Hochreligion Buddhismus gefunden haben. Dokumentation magischen Denkens Die Sammlung von Ritualbildern aus Sri Lanka hat als religionswissenschaftliches Anschauungsmaterial ebenfalls einen festen Platz im Buddhismus-Unterricht der Indologie. Die

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Bilder sind der ikonografische Ausdruck für das auch heute noch allgegenwärtige magische Denken im Glauben der singhalesischen Bevölkerung Sri Lankas. Zur Abwehr übler Einflüsse führen die Menschen Rituale aus, die man Bali-Rituale (sprich: balli) nennt. Eine wichtige Funktion dabei nehmen die Bali-Figuren ein. Auf einem hölzernen, mit einem Baumwolltuch bespannten Rahmen werden sie reliefartig aus Lehm geformt und aufgestellt. Farbig bemalt, repräsentieren sie während der Kulthandlung die beteiligten Dämonen, Gottheiten oder Planeten. Am Ende des Opfers zerstört man die Kunstwerke jedoch wieder, um etwaigen Schadenzauber zu verhindern.

Literatur Ruelius, Hans: Kultbilder aus Sri Lanka. Eine Ausstellung des GoetheInstituts Göttingen, 12. November–1. Dezember 1978, Göttingen 1978. Bechert, Heinz: Mythologie der singhalesischen Volksreligion, in: Wörterbuch der Mythologie, hg. von H. W. Haussig, Stuttgart 1984, S. 511–656.

De Silva, W. A.: Note on the Bali Ceremonies of the Sinhalese, in: The Journal of the Ceylon Branch of the Royal Asiatic Society of Great Britain & Ireland, Vol. 22, No. 64 (1911), S. 140–162. Indische Bronzen der Sammlung Ursula Walter, ein kleiner Katalog, Institut für Indologie, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Text: Marion Meisig, Fotos: Angelika Schurzig, Mainz 2013.

An Objekten wie der geradezu sprichwörtlich gewordenen tibetischen Gebetsmühle wird deutlich, wie volkstümlich-tibetische Elemente Eingang in den Buddhismus gefunden haben.

Die Aquarelle der Sammlung zeigen nun mit Wasserfarbe auf Papier gemalte Abbilder ebenjener vernichteten Kultstatuen. Die Gemälde besitzen damit einen einzigartigen Dokumentationswert und stellen ein künstlerisches Äquivalent zu ansonsten nur in Geheimzirkeln bekannten Ritualtexten dar. Anhand dieser Hintergrundinformationen werden die Studierenden in die Lage versetzt, in der Unterrichtseinheit »Synkretismus – Religiöse Kunst aus Sri Lanka« die Vielzahl mythologischer Anspielungen auf den Bali-Bildern herauszuarbeiten, zu isolieren und zu interpretieren. In Arbeitsgruppen präsentieren die Studierenden ihre Erkenntnisse und können daraufhin darlegen, dass Volksreligion keineswegs mit einer Hochreligion – in diesem Fall mit dem Buddhismus – korrelieren muss, sondern aufgenommen, verarbeitet und in künstlerisch variationsreichen Spielarten integriert wird. Aussichten Da noch nicht alle Stücke aus beiden Sammlungen genau bestimmt sind, besteht hier noch Bedarf für zukünftige Forschung. Angedacht ist auch, eine Seminareinheit zu etablieren, in der Studierende in die Arbeit an den Objekten miteinbezogen sind. Eine wissenschaftliche Aufbereitung der Sammlung »Ritualbilder aus Sri Lanka« findet aktuell im Rahmen einer Dissertation statt. Im universitären Umfeld bot die Abteilung Indologie im Sommersemester 2018 erstmals im »Studieren 50 Plus« – Programm ein Seminar zum Thema »Kunst im Buddhismus« an, in welchem die Bronzefiguren der Sammlung eine zentrale Stellung einnahmen.

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BEDÜRFNIS NACH VERANSCHAULICHUNG GEOMETRISCHE MODELLE ALS INSTRUMENTE VON FORSCHUNG UND LEHRE TILMAN SAUER

Patricia Bär untersuchte die Geschichte geometrischer Modelle, insbesondere am Beispiel des Kreisschnittmodells eines Ellipsoids.

Die moderne Mathematik hat es mit abstrakten Gegenständen des Denkens zu tun, sie erzeugt ihre Objekte durch Axiome und Definitionen selbst und untersucht dann deren mathematische Eigenschaften. Aber viele mathematische Objekte haben einen historischen Ursprung in anschaulich gegebenen Dingen, und auch die abstrakteren Gegenstände des mathematischen Denkens können manchmal zur besseren Anschaulichkeit materiell dargestellt werden. Ein Beispiel sind algebraische Flächen. Eine Kugel oder ein Ellipsoid z. B. ist ein anschaulich gegebenes Objekt, dessen Eigenschaften man zum Teil durch Anschauung erfahren kann. Die Sammlung Geometrischer Modelle an der Universität Mainz umfasst Originale und Nachbauten von historischen geometrischen Modellen, und zwar sowohl von einfachen Flächen als auch von solchen abstrakten Flächen, deren anschauliche Bedeutung nicht leicht zu gewinnen ist. Historische Entwicklung von Modellen Ein Beispiel ist das Kreisschnittmodell eines dreiachsigen Ellipsoids. In unserer Sammlung findet sich ein solches Modell unbekannter Herkunft, das aber mit hoher Wahrschein­ lichkeit auf einen Katalog mathematischer Modelle zurückgeht, der im 19. Jahrhundert von dem Mathematiker Alexander von Brill entwickelt wurde und dessen einzelne Modelle dann auch kommerziell vertrieben wurden. Bei den Kreisschnittmodellen werden sogenannte Flächen zweiter Ordnung, dazu gehören etwa die Kugel und das Ellipsoid, aber auch Paraboloide und Hyperboloide, durch ineinandergesteckte kreisförmige Scheiben aus Pappe erzeugt. Die Konstruktion führt damit einen mathematischen Satz vor Augen, der besagt, dass es etwa für jedes Ellipsoid zwei Scharen von parallelen Ebenen gibt, die das Ellipsoid in konzentrischen Kreisen schneiden. Wenn man unser Kreisscheibenmodell in die Hand nimmt, kann man außerdem beobachten, dass es in sich beweglich ist. Man kann es in zwei Richtungen flach zusammendrücken, und dazwischen nimmt es viele verschiedene ellipsoidale Formen an, unter anderem auch die einer Kugel. Im Rahmen ihrer 2017 angefertigten Masterarbeit über »Historische geometrische Modelle von Quadriken« im Studiengang Master of Education mit Schwerpunkt Ma-

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thematik untersuchte Patricia Bär die Geschichte solcher geometrischen Modelle zweiter Ordnung und speziell dieses Kreisschnittmodells eines Ellipsoids. Dabei ergab sich, dass die Mathematiker einem »Bedürfnis nach Veranschaulichungen von Gleichungen, die Flächen darstellen«, auf unterschiedliche Weise begegneten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden dazu neben Holz- und Gipsmodellen vor allem auch »bewegliche Modelle, wie etwas das Stabmodell von Henrici oder die Karton-Modelle von Brill«. Vor allem mit der Beweglichkeit der Modelle ergaben sich vielfältige neue Möglichkeiten, Eigenschaften dieser Flächen anschaulich zu erkunden. Die Beliebtheit dieser Kartonmodelle zeigte sich auch darin, dass sie die Grundlage für einen ganzen eigenen Verlag von Modellen bildeten. Die Produktion dieser Modelle ging dann im Zuge des Ersten Weltkriegs stark zurück und hat erst in jüngerer Zeit mit den neuen Möglichkeiten, welche Computer-Programme und 3D-Drucker bieten, wieder zugenommen. Gerade mit Blick auf die Didaktik des Mathematikunterrichts spielt der Aspekt des Konkreten, Anschaulichen und Haptischen eine wichtige Rolle, und zwar in allen Alterstufen und Schulformen. »Neben der Darstellung verschiedenster räumlicher Körper können solche Modelle vor allem den Geometrie-Unterricht bereichern, da ihre Verwendung und Erstellung das räumliche Vorstellungsvermögen, das nicht nur in der Geometrie, ­sondern auch im Alltag von Bedeutung ist, besonders fördern. Anders als Darstellungen der Körper mithilfe eines Computer-Programms oder durch Vollmodelle zeigen Karton-Modelle weitere Eigenschaften der Körper auf, die sonst nicht direkt erkennbar sind, und ermöglichen so einen plastischen und motivierenden Zugang zum Beispiel bei der Behandlung von Schnittflächen«, schreibt Bär im Fazit ihrer Arbeit. Verzahnung von Lehre und Forschung Im Rahmen der Arbeit erstellte Bär auch eigene Versionen solcher Modelle, von denen einige nun unsere Sammlung geometrischer Modelle ergänzen. Sie fand dabei heraus, dass die Anfertigung eines solchen Modells nicht nur Geschick und Handfertigkeit erfordert, sondern auch eine genaue formelmäßige Analyse der geometrischen Beziehungen. Mathematische Modelle werden zwar meist aus ­didaktischer

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Objekte in Lehre und Forschung // Bedürfnis nach Veranschaulichung

oder pädagogischer Motivation als Illustrationen abstrakter Konzepte hergestellt, sie dienen aber gelegentlich auch zur Erforschung von noch unbekannten Zusammenhängen. Und jedenfalls erleichtern sie den heutigen Studierenden das Entdecken versteckter oder wenig offensichtlicher Eigenschaften dieser abstrakten Gegenstände. Die mathematische Analyse kann heute durch das Erstellen von virtuel-

len Modellen, etwa durch Verwendung von Software zur dynamischen Geometrie (z. B. Geogebra), ergänzt werden. Dabei erweitert die Untersuchung der virtuellen Modelle die Erfahrung im tatsächlichen Umgang mit den materiellen Modellen, was nicht zuletzt auch aus konservatorischen Gesichtspunkten interessant ist, denn das Kreisschnittmodell aus ineinandergesteckten Pappscheiben ist durchaus fragil.

NICHTS ALS EIN HAUFEN SCHERBEN? EIN BESONDERER GRABFUND UND SEINE REKONSTRUKTION PATRICK SCHOLLMEYER

Die Bruchstücke der rekonstruierten Grabkessel stammen aus dem frühen 7. Jh. v. Chr., vermutlich aus einem Grab in Attika / Griechenland. Sie haben eine Höhe von 109 bzw. 108 cm, einen Durchmesser von rund 46 cm und fassen jeweils 37 Liter.

Im Rahmen ihrer Masterarbeit erstellte Patricia Bär auch eigene Versionen von geometrischen Modellen, die nun die Sammlung des Instituts für Mathematik ergänzen.

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Als im Jahr 1949 im Mainzer Institut für Klassische Archäologie eine Kiste mit Scherben die Aufmerksamkeit der dort tätigen Wissenschaftler auf sich zog, konnte keiner ahnen, dass sich die Untersuchungen bis 1957 hinziehen würden, und nur wenigen dürfte damals schon bewusst gewesen sein, welch spannenden Fund man da vor sich hatte. In der Tat entpuppte sich der »Haufen Scherben« als regelrechter Glücksfall für die Wissenschaft. Wegen des schlechten Erhaltungszustands waren die Scherben von den Vorbesitzern bislang wenig gewürdigt und vor allem nicht gebührend wertgeschätzt worden. In Mainz allerdings drehte sich diese Fehleinschätzung unter der Obhut fachkundigen Personals bald in ihr Gegenteil um.

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Objekte in Lehre und Forschung // Nichts als ein Haufen Scherben?

Teamarbeit – von der Scherbe zur Rekonstruktion Wieder einmal konnten Archäologen zeigen, dass ihre Wissen­ schaft auch dem geringsten Fragment hohe Bedeutung beimisst und sie in der Lage sind, aus einer im wahrsten Sinn des Wortes nur bruchstückhaften Überlieferung komplexe kulturhistorische Zusammenhänge zu rekonstruieren. So gelang es Roland Hampe (1908–1981), German Hafner (1911–2008) und Erika Simon (geb. 1927), der Kiste Scherben ihre wissenschaftlichen Geheimnisse zu entlocken. Unterstützt wurden sie dabei von Restauratoren des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz sowie Zeichnerinnen und Fotografinnen. Erheblichen Anteil hatte zudem der in Mainz-Kastel wohnende Töpfer und Bildhauer Adam Winter (1903–1978), der den Ton für die zu restaurierenden Partien zur Verfügungen stellte. Ebenso werden die damaligen Studierenden oft Gelegenheit gehabt haben, den Fund selbst in Augenschein zu nehmen, dabei ihr eigenes Auge zu schulen und auf diese Weise archäologische Methodik von der Pike auf zu lernen. Dem Team gelang schließlich die Wiederherstellung zweier großer Kessel (griechisch kratere) mit Lotusblütenhenkeln, die auf konischen Ständern ruhen, und die weitgehende Entschlüsselung des einstigen sozio-kulturellen Kontextes. Die Scherben in Forschung und Lehre Damit wären bereits diejenigen Bereiche – nämlich Forschung und Lehre – genannt, in denen Objekte aus universitären Sammlungen im Gegensatz zu reinen musealen Schaustücken in der Regel genutzt werden. Während die Forschung zu den Scherben gewissermaßen ihren vorläufigen Abschluss mit zwei wichtigen bereits 1959 und 1960 erschienenen und weiterhin als Standardwerke geltenden Publikationen fand, sind sie weiterhin Gegenstand der Lehre. Auch hier steht gewissermaßen Roland Hampe am Anfang. Denn es war ihm von Beginn seiner Berufung nach Mainz an ein wichtiges Ziel gewesen, für seine Studierenden eine Lehrsammlung mit originalem Anschauungsmaterial aufzubauen, da seiner Überzeugung nach ein Lernen nur auf der Basis von Fotografien und Büchern mit Schwarz-Weiß-Abbildungen niemals zum echten archäologischen Sehen befähige.

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Erkenntnisse – die Verwendung und Bedeutung der Gefäße in der Antike Umso mehr erwiesen sich die zunächst so unscheinbar wirkenden Scherben als ein echter Glücksfall für die Lehre. Allein durch die Handhabung erschließt sich die besondere materielle Beschaffenheit der Scherben und gibt Anlass zu weitreichenden Reflexionen über die Brenndauer, die wiederum wichtige Rückschlüsse über den Herstellungszeitraum sowie damit verbunden die eigentliche Verwendung zulassen. Denn bei diesen besonderen Scherben handelt es sich um Fragmente von Gefäßen, darunter großen Kesseln, die allein zum Zweck ihrer rituellen Vernichtung bei aufwendigen Begräbnisfeierlichkeiten zu Ehren ranghoher Mitglieder vornehmer adliger Familien Athens respektive Attikas zu Beginn des 7. Jahrhunderts v. Chr. in einem relativ kurzen Zeitraum zwischen Tod bzw. Aufbahrung und Bestattung bzw. Verbrennung des Leichnams hergestellt worden sind.

Literatur Hampe, Roland: Ein frühattischer Grabfund, Mainz 1960. Hampe, Roland, und Erika Simon: Corpus Vasorum Antiquorum, Deutschland, Band 13, Mainz, Universität, Band 1, München 1959, S. 18–31, Tafel 8–26. Kistler, Erich: Die »Opferrinne-Zeremonie« , Bankettideologie am Grab, Orientalisierung und Formierung einer Adelsgesellschaft in Athen, Stuttgart 1998.

Schollmeyer, Patrick: Die Sammlungen des Instituts für Klassische Archäologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, in: Florian M. Müller (Hg.): Archäologische Universitätsmuseen und -sammlungen im Spannungsfeld von Forschung, Lehre und Öffentlichkeit, Tagungsband Innsbruck 2010, Wien 2013, S. 417–428. Schollmeyer, Patrick: Unter dem Schutz der Götter. Griechisches Leben im Spiegel der Kunst, Darmstadt 2015, S. 114–118, Abb. 138–141.

Gemeinsam mit Restauratoren und Zeichnerinnen rekonstruierten die Wissenschaftler die Gefäße und ihre Bildmotivik, hier zu sehen auf einer Vorzeichnung und in der Publikation von Roland Hampe.

Ebenso aufschlussreich ist die mühsame, aber lohnende Analyse des Dekors. Schritt für Schritt wird erlernt, wie sich selbst kleinste Fragmente durch Vergleiche mit besser erhaltenen Darstellungen zu größeren Bildern wieder zusammensetzen lassen, um schließlich durch Hinzuziehung von Schriftquellen, d. h. vor dem Hintergrund zeitgenössischer Vorstellungen und sozialer Werte, sogar ihren spezifischen Sinn zu offenbaren. Die Scherben und ihr heutiges Publikum Zu guter Letzt eignet sich der sogenannte Mainzer frühattische Grabfund auch dazu, Studierende in die wichtige Arbeit der Vermittlung universitärer Forschung für ein allgemein interessiertes Publikum aller Alters- und Bildungsstufen einzuführen. Im Rahmen regelmäßig stattfindender Führungen werden die Gefäße und ihr kulturhistorischer Hintergrund immer wieder thematisiert. So wird man sich in den nächsten Jahren, in denen besondere Jubiläen anstehen, abermals von studentischer Seite mit Hampes Glückskauf auseinandersetzen und sowohl alte als auch neue Vermittlungsformate erproben.

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Universitäre Sammlungen sind vielfach quer zu Disziplinen und Institutionen miteinander sowie mit außeruniversitären Feldern verflochten. Ihre Objekte sind durch ihre Biographien und Provenienz, wechselnde Nutzungen und Verbindungen zu verschiedenen Akteuren Knotenpunkte ausgedehnter Beziehungsnetze, über disziplinäre, institutionelle und geografische Grenzen hinweg. Sammlungen bergen damit zahlreiche Anknüpfungspunkte zur kooperativen wissenschaftlichen Arbeit, sie bilden zudem Brücken zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Indem dieses Kapitel ausgewählte Objekte sammlungs- und disziplinenübergreifend nebeneinander stellt, macht es das interdisziplinäre Potenzial der Sammlungen deutlich. Es bringt insbesondere Wissensfelder zusammen, die sonst eher selten miteinander korrespondieren.

KAPITEL // 04

NACHBARSCHAFTEN

Ein bewusst assoziativ-spielerischer Ansatz erschließt den Zugang zu den oft in komplexen Zusammenhängen zu verortenden Wissensdingen: Unter Oberbegriffen, die unterschiedliche Facetten des Wert-Begriffs aufgreifen und Bezüge zu den jeweiligen Geschichten der Exponate und ihrer wissenschaftlichen Verwendung herstellen, werden neue Objektnachbarschaften gebildet. Diese verdeutlichen Parallelen und Unterschiede in den wissenschaftlichen Praktiken, erzeugen ungewohnte Verknüpfungen oder zeigen bisher nicht beachtete Verbindungen auf und regen so zu neuen Fragestellungen und Blickweisen an. (VH)

Neue Nachbarschaften // Lebenswert

LEBENSWERT Inkubator Firma Stoss Nachf. Wiesbaden, vermutlich 1950er Jahre Metall, Glas, Kunststoff, Gummi // 42,5 x 70 x 34,5 cm Medizinhistorische Sammlung Der Inkubator (»Brutkasten«) für Früh- und Neugeborene wurde 1857 in Frankreich entwickelt. Indem er ein Mikroklima mit geregelter Luftfeuchtigkeit und -temperatur erzeugt, schafft er kontrollierte Außenbedingungen für Brut- und Wachstumsprozesse. In den vergangenen 150 Jahren wurde die Technik immer weiter verfeinert und mit weiteren Geräten der Intensivmedizin verbunden. Der Inkubator symbolisiert einen wesentlichen Entwicklungsschritt der Medizin im 19. Jh., die zunehmend das Kind als Patient entdeckte und die hohe Sterberate von Säuglingen nicht länger akzeptieren wollte. Und er steht wie kaum ein zweites medizinisches Gerät für den medizinischen Fortschritt. Mit seiner Hilfe können heute Kinder am Leben erhalten werden, die weniger als 25 Wochen im Mutterleib verbracht haben und deren Geburtsgewicht weit unter 1.000 Gramm liegt. (VH)

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Neue Nachbarschaften // Wertschätzung

WERTSCHÄTZUNG

1 // Brief [Entwurf?] an Ludwig van Beethoven Clemens Brentano (1778–1842) vermutlich Wien im Dezember 1813 // 22 x 19 cm Sammlung Clemens Brentano »Lieber sehr geliebter Beethoven! Sie sind mir durch einzelne Äußerungen ihrer Kunst in meinem Leben ein so lebendiger und doch ewiger Trost gewesen«. So beginnt ein überschwänglicher Brief Clemens Brentanos an Ludwig van Beethoven. Der Schriftsteller verleiht seiner tiefen Verehrung des Komponisten Ausdruck und entschuldigt sich für sein ungeschicktes Verhalten bei einer zufälligen Begegnung in einem Kaffeehaus. Wann dieses Zusammentreffen stattfand und ob Brentano den Brief überhaupt abschickte, ist unbekannt. Vermutlich suchte er sich Beethoven als Librettist anzubieten, denn er kündigte an, diesem bald seine »Muse zu jedem Gebrauch« zu übergeben. Die Forschung geht davon aus, dass Beethoven mit Desinteresse reagierte. (KS)

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2 // Chants d’ombre Léopold Sédar Senghor (1906–2001) Erstausgabe, Paris, 1945 // 18,3 x 13 cm Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen »A Monsieur J. Jahn en hommage fraternel« – »Für Herrn J. Jahn in brüderlicher Huldigung«. Mit dieser handschriftlichen Widmung versah der senegalesische Schriftsteller und Staatsmann Léopold Sédar Senghor die Erstausgabe seiner Lyriksammlung »Chants d’ombre«, die er dem Begründer der Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen, Janheinz Jahn, schenkte. Jahn war nicht nur passionierter Sammler afrikanischer Literatur, sondern auch ihr unermüdlicher Vermittler. Er übertrug Senghors Gedichte ins Deutsche. Zwischen den beiden Männern entstand in ihrer jahrelangen Zusammenarbeit eine enge Freundschaft. (AOe)

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Neue Nachbarschaften // Wertstoff

WERTSTOFF

1 // Steinkohle Karbon, ca. 330 Millionen Jahre Fundort Zeche Oberhausen-Osterfeld // Kohlenstoff 23 x 40 x 19 cm Geowissenschaftliche Sammlungen Die etwa 330 Millionen Jahre alte Steinkohle aus der Zeche Oberhausen-Osterfeld ist ein Beleg für das starke Pflanzenwachstum im Erdzeitalter Karbon. Neben ihrem Heizwert liegt der eigentliche Wert der Steinkohle in der Jahrmillionen alten Überlieferung eines Sumpfwaldes. Kohle entsteht, wenn Pflanzen unter Wasserbedeckung nicht verrotten und dann von Sand und Geröll überdeckt werden. Dabei nehmen Druck und Temperatur zu, das Wasser wird ausgepresst und gleichzeitig steigt der Kohlenstoffgehalt. (KG)

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2 // Geschäftsbrief aus dem Archiv des Kaufmanns Pūšu-kēn Gipsabguss, Berlin 2005 // Original: Tontafel aus Kültepe / Kanesch, Zentralanatolien, 1880 v. Chr., heute im Vorderasiatischen Museum Berlin // 5 x 5,5 cm Altorientalistische Lehrsammlung »Hier [in Assur] ist es zu einem Prozess um […] Stoffe […] gekommen. Vielen Leuten wurden Strafen auferlegt. Auch dich haben sie zur Zahlung von 10 Minen Silber verurteilt.« So berichten zwei Händler aus Assur (heute Irak) an ihren Geschäftspartner in Kanesch, der Zentrale der altassyrischen Handelsniederlassungen, über Sanktionen gegen den Handel mit anatolischen Stoffen. Die Maßnahmen wurzelten wohl darin, dass man den ausgedehnten Handel mit assyrischen Textilien bedroht sah, der ein wichtiger Bestandteil des assyrisch-anatolischen Fernhandels darstellte. Die Keilschrift-Tafel berichtet so nicht nur über wertvolle Stoffe, sondern ist auch selbst »Wertstoff«, indem sie der heutigen Forschung wichtige Hinweise auf Handelsströme im Alten Orient gibt. (EH)

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Neue Nachbarschaften // Wertstoff

3 // Lauteninstrument aus Alltagsmaterialien Afrika, genauer Herkunftsort unbek. // 1970er Jahre Metall, Holz, Kunststoff // 91 x 22 x 14,5 cm Archiv für die Musik Afrikas Das Archiv für die Musik Afrikas (AMA) widmet sich in seinem Sammeln und Forschen vornehmlich professionell produzierten Aufnahmen von Berufsmusikern. Da bei dieser Fokussierung der Bezug zum »Rohstoff« der Musikproduktion in den Hintergrund zu rücken droht, bewahrt das AMA auch einige wenige Instrumente auf. Zu diesen zählt dieses Saiteninstrument, das an die schwierigen Rahmenbedingungen des Musizierens in manchen afrikanischen Ländern erinnert. Aus zweckentfremdeten Alltagsmaterialien hergestellt, verweist es auf die kontinuierlich geforderte Kreativität und Innovationsfähigkeit von Popmusikern und an die bisweilen abenteuerlichen Karrieren, die Einzelne von der Straße auf die Bühnen der Welt brachten. (HD)

4 // Experimentierstation »Verbrennungswärme« mit Kalorimeter Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 2002 Metall, Glas, Kunststoff, Holz 63 x 29 x 25 cm (ohne Messgeräte) Sammlung Energieparcours

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Mit dem Kalorimeter, das Teil einer Experimentierstation des Energieparcours ist, kann die Verbrennungswärme eines Stoffes bestimmt werden. Der Stoff wird unter Luftzufuhr in einer Kammer im unteren Teil des Gefäßes verbrannt und gibt die dabei entstehende Wärme an das Wasser im oberen Teil des Gefäßes ab. Über die gemessene Temperaturerhöhung im Wasser kann man dann die Verbrennungswärme des Stoffes in Kalorien berechnen. Im Versuch, der im Energieparcours von Schülern ausgeführt wird, wird die Verbrennungswärme eines Brennstoffs (Esbit) bestimmt, möglich wäre es aber auch, mit der Apparatur die Kalorien von Nudeln oder Kartoffelchips zu ermitteln. (HF)

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Neue Nachbarschaften // Wertvorstellung

WERTVORSTELLUNG

2 // Diagonalfläche von Alfred Clebsch mit farbigen Geraden und hervorgehobener Doppel-Sechs Hersteller und Designer: Oliver Labs, 2014 // 3D-Druck, basierend auf gipsähnlichem Puder und Klebstoff // Höhe: 20 cm Sammlung Geometrischer Modelle

1 // Shiva Naṭarāja Südindien, 19. Jh. // Bronze 56 x 47,5 cm Sammlungen der Indologie Diese bekannte Darstellung des hinduistischen Gottes Shiva als König des Tanzes (Natarâja) beruht auf einer Legende, in der »abtrünnige Rishis« den Gott mit Gesängen vernichten wollen und den Dämon der Unwissenheit, Apasmâra Purusha, auf ihn hetzen. Shiva jedoch beginnt zu tanzen und wandelt die negativen Kräfte des Gesanges in kreative um. Tanzend zertritt er dem Dämon das Rückgrat und befreit dadurch die Menschen von der Unwissenheit. Der Gott Shiva gilt im Hinduismus als Zerstörer der Welt. Mit diesem reinigenden Akt ebnet er jedoch gleichzeitig den Weg für eine neue Schöpfung. (NO)

3 // Gipsmodell zur Veranschaulichung der Kubikkurven nach einem System von August Ferdinand Möbius hergestellt unter Anleitung von Alexander Brill (1842–1935) Tübingen, 1880er Jahre // Gips // Durchmesser: 10 cm Sammlung Geometrischer Modelle

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Die beiden geometrischen Modelle helfen bei der räumlichen Vorstellung sogenannter kubischer Kurven und Flächen, die dadurch beschrieben werden, dass eine gewisse Formel einen vorgegebenen Wert annimmt. Die Kugel zeigt einige Haupttypen dieser Kurven in einer geschlossenen Version, d. h., sie laufen auf der Kugel weiter, bis sie zum Anfangspunkt zurückkehren. Dabei können auch eigentlich unendlich ferne Punkte im Endlichen dargestellt werden. Viele der Typen kubischer Kurven können auch als ebene Schnitte mit der kubischen Diagonalfläche von Alfred Clebsch erhalten werden. Diese hat sich – 1872 erstmals präsentiert und hier in einem modernen 3D-Druck gezeigt – quasi zum Inbegriff des mathematischen Modells entwickelt. Sie symbolisiert den Beginn der modernen algebraischen Geometrie. (TS)

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Neue Nachbarschaften // Wertordnung

WERTORDNUNG Metronomschaukel Eigenbau der Werkstätten des Instituts für Physik, 2010 Plexiglas, Kunststoff, Metall // 30 x 45 x 35 cm Physikalische Sammlungen Wenn die Pendel der vier Metronome auf der Schaukel nacheinander aus ihrer Verankerung gelöst und unabhängig voneinander in Bewegung gebracht werden, ist zu beobachten, dass die Metronome zwar auf das gleiche Tempo eingestellt sind, aber durch das zeitversetzte Anstoßen unabhängig voneinander schwingen. Nach kurzer Zeit ist etwas Erstaunliches zu bemerken: Die Pendel schlagen ohne äußere Beeinflussung zunehmend im Gleichtakt. Wie kommt es zu dieser geheimnisvollen Taktangleichung? Die Schaukel »koppelt« die Metronome, sodass diese »Informationen« über Tempi und Pendelpositionen »austauschen«. Die Bewegung jedes einzelnen Metronoms beeinflusst die Schaukel, die wiederum die Metronome so antreibt, dass ein vorgehendes Metronom allmählich gebremst und ein zu langsames beschleunigt wird. Auf diese Weise werden die Metronome synchronisiert. Dieses Phänomen wurde erstmals im Jahr 1665 durch den niederländischen Mathematiker und Physiker Christiaan Huygens (1629–1695) erforscht. Es tritt in vielen weiteren Zusammenhängen der Natur auf und ist deshalb Gegenstand des Demonstrationsobjekts aus den Physikalischen Sammlungen. (LK)

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Neue Nachbarschaften // Symbolwert

SYMBOLWERT 1 // Plastikpuppe Massenproduktion in lokaler Fabrik, vermutlich Nigeria gekauft 2002 auf dem Markt in Azare (Nigeria) von Nadia Cohen // Kunststoff // Höhe: 24,5 cm Ethnografische Studiensammlung

2 // Sitzender Pavian Ägypten, Spätzeit, 7.–4. Jh. v. Chr. Ägyptische Fayence (Quarzkeramik) // 4,3 x 2,1 x 3 cm Prinz Johann Georg-Sammlung 3 // Thot als Pavian moderner Gipsabguss, Berlin Original: Spätzeit, ca. 720–332 v. Chr., heute im Ägyptischen Museum Berlin (Inv.-Nr. 4438) // 13,5 x 9 x 9 cm Ägyptologische Studiensammlung

Dieser Typ von Plastikpuppe wurde in vielen Ländern Westafrikas produziert und als Spielzeug für Mädchen auf lokalen Märkten verkauft. Bei den Yorùbá in Südwestnigeria erlebten solche Puppen eine Transformation ganz besonderer Art. Sie konnten ebenso wie geschnitzte Figuren als Erinnerungsfiguren für Zwillinge dienen. Zwillingen wurde und wird bei den Yorùbá besondere Verehrung entgegengebracht. Sie sollen die Macht haben, Glück, Reichtum und Segen zu bringen, aber auch Schaden zuzufügen. Zwillingsfiguren galten als Verkörperung des verstorbenen Zwillings. Daher wurde ihnen große Aufmerksamkeit und große persönliche Fürsorge vor allem durch die Mutter zuteil. (AB)

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Der Mantelpavian ist Symbol für den Mond- und Schreibergott Thot. Der Gott des Wissens gilt als Patron der Schreiber. Als Sekretär des Sonnengottes notiert er das Ergebnis beim Totengericht und vermittelt somit »alles Leben und Wohlergehen«, wie die Hieroglyphen am Sockel der rechten Figur besagen. Das rechteckige Schmuckstück (Pektoral) an seinem Hals zeigt die Mondsymbolik, mit der Thot eng verbunden ist: den Mond in seinen Phasen in einer Barke, mit der der Gott in der Vorstellung der alten Ägypter über den Nachthimmel fährt. An Abgüssen von Originalen wie diesem lernen Studierende der Ägyptologie derartige Symbole zu interpretieren. Aus der Prinz Johann Georg-Sammlung stammt das linke, schlichter gehaltene Original. Der Bruder des letzten Königs von Sachsen brachte die Figur zu Beginn des 20. Jh.s von einer seiner Ägyptenreisen mit; heute wird sie als Dauerleihgabe im Landesmuseum Mainz aufbewahrt. (MZE / BH)

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Neue Nachbarschaften // Symbolwert

4 // Votivgabe spätes 19. / Anfang 20. Jh. // Metall // 18 x 4,5 cm Medizinhistorische Sammlung

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Votivgaben (von lat. Votum »Gelübde«) sind Gegenstände, die Gläubige seit der Antike an heiligen Stätten darbringen – verbunden mit der Bitte um Rettung aus einer Notlage oder als Dankesgabe. Vielfach beziehen sie sich auf die Heilung von einer Krankheit. Um den angesprochenen Heiligen anzuzeigen, welcher Körperteil oder welches Organ betroffen ist, tragen sie häufig entsprechende Symbole, wie hier Augen. Solche Votivgaben wurden an Wallfahrtsorten standardisiert zum Kauf angeboten – und werden es zum Teil noch heute. Sie gehören zu den Objekten in der Medizinhistorischen Sammlung, anhand deren sich die Patientenperspektive nachvollziehen lässt. (VH)

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5 // Umrissstempel für den Gesundheitsunterricht: Vergleichende Anatomie Deutsches Gesundheitsmuseum – Zentralinstitut für Gesundheitserziehung // Köln, um 1965 Gummi, Metall, Pappe // je 10 x 18 cm Medizinhistorische Sammlung Derartige Stempelsets dienten in den 1960er Jahren als Lehrmittel in der Schule, sie sollten den Lernstoff im Biologieunterricht veranschaulichen. Das ausgestellte Set bildet menschliche Körperteile und Organe ab, es gab den Schülerinnen und Schülern Orientierung über deren »normale« Beschaffenheit und Verortung. Die Umrisse waren an das Maß von Schulheften angepasst und konnten ausgemalt werden. Ergänzt durch Dias und Lehrtafeln, waren sie vom 1949 gegründeten Deutschen Gesundheits-Museum entwickelt worden, der Vorgängerinstitution der heutigen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. (VH)

6 // J. J. D (Johnny Just Drop) Live!! at Kalakuta Republik Fela Kuti (1938–1997) // 1977 (Decca Afrodisia) 30 x 30 cm (Cover) Archiv für die Musik Afrikas Fela Kuti war nicht nur als Schöpfer eines eigenen Musikgenres, des Afrobeat, sehr populär, sondern auch wegen der expliziten politischen Botschaften seiner Texte. Anders als viele andere Musiker im Afrika der 1950er bis 1980er Jahre stimmte er nicht das Loblied der Herrschenden an. Trotz Verfolgung blieb er ein radikaler und unbestechlicher Kritiker des nigerianischen Militärregimes. Er verlieh der Musik so eine neue Symbolkraft und einen eigenen Stellenwert als kritische, politisch relevante Instanz. Lemi Ghariokwu, Illustrator einer Vielzahl der Albumcovers Fela Kutis, fand mit seinem an Karikatur und Comics angelehnten Stil eine treffende Umsetzung der dezidiert an breite Bevölkerungsschichten adressierten Aussagen. Heute werden seine Illustrationen als Kunstwerke international ausgestellt und erhalten einen von der Schallplatte losgelösten Eigenwert. (HD)

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Neue Nachbarschaften // Wertzeichen

WERTZEICHEN 1 // (Tetra-)Drachmen, griechische Münzen Athen, um 431 v. Chr. / um 450 v. Chr. Silber // Durchmesser: 2,5 bzw. 1, 4 cm, Gewicht: 16,74 bzw. 3,8 g Münzsammlung 2 // Stater, griechische Münze Aegina, 500–480 v. Chr. Silber // Durchmesser: 1,9 cm, Gewicht: 11,93 g Münzsammlung 3 // Solidus, römische Münze Mailand, 6. Sept. 394–17. Jan. 395 n. Chr. Gold // Durchmesser: 2,1 cm, Gewicht: 4,47 g Münzsammlung

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4 // Denar, römische Münze 28 v. Chr. Silber // Durchmesser: 1,8 cm, Gewicht: 3,55 cm Münzsammlung Münzen waren schon in der Antike im doppelten Sinn Wert-Zeichen: als Zahlungsmittel, die meist unabhängig von ihrem Materialwert für einen wirtschaftlichen Wert standen, aber auch als Symbolträger in vielerlei Kontexten. So finden sich auf den frühesten Münzprägungen des griechischen Mutterlands, den Stateren aus Ägina, Schildkrötenabbildungen, die auf die Bedeutung Äginas als See- und Handelsmacht verweisen. Die jahrhundertelang geprägten attischen (Tetra-)Drachmen illustrieren die politische Vormachtstellung und den Reichtum Athens durch die Darstellung der Göttin Athena und ihres Wappentiers, der Eule. Die römischen Denare mit dem Krokodilmotiv wurden geprägt, um den endgültigen Sieg Octavians über M. Antonius und Kleopatra VII. und die Eingliederung Ägyptens in das Römische Reich zu feiern. Der Solidus trägt das typische spätantike, standardisierte Porträt des herrschenden Kaisers – in diesem Fall Arcadius. (AE)

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Neue Nachbarschaften // Wertzeichen

5 // Federgeld unbekannter Handwerker von den Santa-Cruz-Inseln (Inselstaat Salomonen) // gekauft zwischen 1975 und 1980 auf der Insel Malaita von Alfred Horn // Federn, Rinde, Harz, Muscheln, Kauri, Pflanzenfasern, Palmblatt Länge: ca. 900 cm, Durchmesser: 38 cm Ethnografische Studiensammlung (Dauerleihgabe A. Horn) Etwa 700 Stunden dauerte es, eine Doppelrolle aus 50.000 bis 60.000 Federchen des Kardinalhonigfressers anzufertigen. Je leuchtender das Rot, desto wertvoller waren die Rollen. Sie wurden bis in die Mitte des 20. Jh.s auf den Santa-Cruz-Inseln für den Tausch von großen Booten und Schweinen, für rituelle Verpflichtungen gegenüber den Vorfahren und bei Heiraten als Gabe für die Familie der Braut verwendet. Seit einigen Jahren gibt es Bestrebungen, die Herstellung von Federgeld als Ausdruck kultureller Identität wiederzubeleben. (AB)

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6 // Brotstempel 6. / 7. Jh. n. Chr. // Ton // Höhe: 3,8 cm, Durchmesser: 16,5 cm Prinz Johann Georg-Sammlung

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Das Stempeln von Brot war eine von der Antike bis in die frühe Neuzeit geübte Praxis. Brote für den täglichen Verzehr wurden mit Herstellerstempeln versehen, Rundbrote für den religiösen Gebrauch trugen neben Markierungen zum besseren Brechen im Rahmen der eucharistischen Feier vielfältige Ornamentmotive, Tierdarstellungen, Inschriften und christliche Zeichen. Das Brot spielte nicht nur im Rahmen der Eucharistie eine wichtige Rolle, sondern wurde in geweihter Form auch zu großen Kirchen- und Heiligenfesten und an diejenigen verteilt, die die Kommunion nicht empfangen konnten. (BH)

7 // Sammlung von Druck-Klischees Herstellungsabteilung des Rowohlt Verlags vermutlich Hamburg, 1950er–1970er Jahre Zink, Papier / Pappe // 1,5 x 1,5 cm bis 12 x 19 cm Mainzer Verlagsarchiv Diese Klischees wurden von der Werbeabteilung des Rowohlt Verlags beim Druck von Anzeigen verwendet. Meist zeigen sie das Signet des Verlags in verschiedenen Versionen: Rowohlt Verlag, rororo (für den Taschenbuchverlag), ERV (Ernst Rowohlt Verlag). Manche Klischees werben aber auch für eine Buchreihe (Rowohlt Paperback, rororo aktuell), für einzelne Buchtitel oder für das Lesen der Verlagsprodukte im Allgemeinen: »Eine Leselust ohnegleichen!« oder »Thrillern sie weiter«. (CGi)

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Neue Nachbarschaften // Vergleichswert

VERGLEICHSWERT

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1 // Siparuna palenquensis S.S. Renner & Hausner Typusbeleg // Fundort: Berg Pichincha, Flusslandschaft zwischen Aloag und Santo Domingo, subtropischer Regenwald Sammler: Benkt Sparre, 3. Januar 1967 // 41 x 27 cm Herbarium

2 // Darstellung eines Blütenstandes von Escallonia rubra (Escalloniaceae) Vorlage für eine Publikation von Wilhelm Troll (1897–1978) E. Göppert // Mainz, 1969 // Tusche auf Karton // 20 x 32 cm Botanische Sammlungen

Herbarbelege nennt man die aufgeklebten, getrockneten und gepressten Pflanzen, die in Herbarien verwahrt werden. Unter ihnen nehmen sogenannte Typusbelege eine besondere Stellung ein. Ein Typusbeleg ist der Herbarbeleg, auf dem die Erstbeschreibung der jeweiligen Pflanzenart basiert. Für den Autor einer neuen Art besteht nach internationalen Bestimmungen die Verpflichtung, bei der Veröffentlichung Typusbelege und den Ort ihrer Hinterlegung zu benennen. Der Name der Art und der Typusbeleg sind nach der Publikation fest verbunden, der Typusbeleg dient als allgemein anerkannte Referenz für diesen Namen und wird immer wieder für Vergleiche herangezogen. (GK)

Pflanzen werden in wissenschaftlichen Publikationen seit der Etablierung der bis heute gültigen hierarchischen Ordnung der Pflanzenwelt typisierend dargestellt. Häufig wird nicht ein individuelles Exemplar wiedergegeben, sondern ein abstrahierendes Modell, in dem die typischen Eigenschaften einer Vielzahl von Individuen zusammengefasst sind. Im Nachlass Wilhelm Trolls, von 1946 bis 1966 Professor für Botanik an der Mainzer Universität, finden sich Hunderte solcher Pflanzendarstellungen, insbesondere von professionellen Zeichnern angefertigte Druckvorlagen für Publikationen Trolls zur Formenlehre der Blütenstände. (RCB)

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Neue Nachbarschaften // Vergleichswert

6

3 // Rotgesichtklammeraffe (Ateles paniscus) Kunststoff-Replikat // 9 x 7 x 11 cm Osteologische Lehrsammlung

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5 // Anatomisch moderner Mensch (Homo sapiens) Kunststoff-Replikat // 17 x 13 x 18 cm Osteologische Lehrsammlung

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4 // Mandrill (Mandrillus sphinx) Kunststoff-Replikat // 12 x 14 x 22 cm Osteologische Lehrsammlung

Die vergleichende Untersuchung verschiedener PrimatenSchädel sowie nahe verwandter Nicht-Primaten ist wesentlicher Bestandteil der Lehre in der Anthropologie. Ähnlichkeiten gilt dabei besondere Aufmerksamkeit. Dabei ist jedoch zwischen evolutiv neuen und evolutiv alten Merkmalen zu unterscheiden, denn die stammesgeschichtliche Verwandtschaft von Organismen ist nur über neue Merkmale nachzuvollziehen. Beispielsweise lässt sich über die Existenz von fünf Zähnen hinter jedem Eckzahn eine nähere Verwandtschaft von Mandrill und Mensch begründen. Bei zahlreichen Primaten-Arten wie dem Klammeraffen finden sich hingegen sechs Zähne. Diese Merkmalsalternative ist jedoch evolutiv alt und sagt nichts über die Verwandtschaft der entsprechenden Primaten-Arten untereinander aus. (HH)

6 // Prophetengesicht Gipsabguss, farbig gefasst // vor 1914 Schenkung Richard Hamann-MacLean Original: Bauskulptur an der Kathedrale von Reims / Frankreich, vor 1241 // 16 x 14,5 x 7 cm Kunstgeschichtliche Sammlungen In über 25 Metern Höhe mit dem bloßen Auge kaum erkennbar, zierte die unterlebensgroße Originalfigur gemeinsam mit anderen Prophetengestalten das Rosettenfenster des Südquerarms der französischen Krönungskathedrale in Reims. Beim Beschuss von Reims durch die deutsche Artillerie wurde die Figur stark beschädigt. Der besondere Wert des Abgusses liegt darin, dass dieser – anders als das heutige Original – den unzerstörten Zustand des Gesichts zeigt. Die Kopie vermittelt damit einen ansonsten nicht mehr fassbaren Grad an Authentizität der mittelalterlichen Vorlage, die an dieser hoch liegenden Stelle zur Ehre Gottes und nicht zur menschlichen Anschauung existierte. Die Reimser Bauskulptur hatte einen richtungweisenden Einfluss auf die europäische Plastik des 13. Jh.s. Diese ist Gegenstand der kunstgeschichtlichen Lehre an der Universität Mainz. Das Prophetengesicht mit seinem starken emotionalen Ausdruck verweist auf die Kunstwerke des »Naumburger Meisters«, die Teil der regionalen Kunstgeschichte sind und herausragende Beispiele in Mainz (Domlettner und andere) hinterließen. (KW)

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Neue Nachbarschaften // Gebrauchswert

GEBRAUCHSWERT

1 // Pferd ca. 1000–586 v. Chr. // Ton // 13 x 17 cm Biblisch-Archäologische Sammlungen In eisenzeitlichen Siedlungsschichten im heutigen Israel und Jordanien findet man gelegentlich derartige Pferde. Ihre Funktion ist völlig unklar. Sie werden meist als Kultgegenstände oder als Spielzeug für Kinder gedeutet. Die beiden Bruchstücke gehörten ursprünglich nicht zusammen, vermitteln aber eine Vorstellung vom vollständigen Aussehen eines solchen Pferds. (WZ)

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2 // Kleinfunde römisch // Fundort: Mainz Glas, Bein, Geweih, Bronze, Eisen // 1,4 cm bis 10,8 cm Vor- und Frühgeschichtliche Lehrsammlung Während in früheren Epochen viele Gebrauchsgegenstände aus Holz und anderen vergänglichen Materialien hergestellt wurden, besaßen die Römer ein ausgeprägtes Handwerk, das besonders in der Buntmetallverarbeitung, der Knochenschnitzerei und der Glasherstellung versiert war. Entsprechend ist die Kenntnis um »Kleinfunde« bei Grabungen in römischen Befunden sehr wichtig: Haar- und Nähnadeln, Spielsteine, Schreibgriffel, Fingerringe, Glasperlen, Beschläge oder Schlüssel müssen als solche erkannt werden, damit man über sie Aussagen zu sozialer Schicht, Finanzkraft oder auch Geschlecht der Bewohner treffen kann. An der Universität werden solche Objekte deshalb regelmäßig in Bestimmungsübungen eingesetzt, um den Studierenden die nötige Praxis im Umgang mit ihnen zu vermitteln. (SF / DS)

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Neue Nachbarschaften // Gebrauchswert

4 // Behälter Russland, 19. Jh. // Silber, Messing, Verzierung mit Silberfiligran und farbigem Email Höhe: 19,5 cm, Durchmesser: 17,5 cm Prinz Johann Georg-Sammlung Prinz Johann Georg, der Bruder des letzten sächsischen Königs, trug auf zahlreichen Reisen umfangreiche Sammlungen zusammen. Das besondere Interesse des selbst aus einer religiösen Familie stammenden Sammlers galt der Liturgie, den Kulten und Klöstern der orthodoxen Kirche und den mit den Objekten verbundenen Praktiken. Dabei wandte er sich – wie viele Sammler seiner Zeit – besonders der sogenannten Volkskunst zu, d. h. Gebrauchsgegenständen alltäglicher Frömmigkeit, die weder durch Material oder Alter noch eine besonders kunstvolle Gestaltung herausragend waren. Der Behälter diente vermutlich zur Aufbewahrung von Hostien oder Weihrauch; der zugehörige Teller ist mit drei Medaillons dekoriert, die eine Verkündigungsszene zeigen. (BH) 3 // 24 Klingen Jungsteinzeit // Fundort: Schleswig-Holstein Schenkung des Landesamts für Vor- und Frühgeschichte Schleswig, 1960 // Feuerstein // 3,2 bis 5,2 cm Vor- und Frühgeschichtliche Lehrsammlung

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Im Laufe der Menschheitsentwicklung waren technologische Innovationen immer wieder maßgeblich für regelrechte Fortschrittssprünge. Schon seit der Altsteinzeit gelang es Menschen, Schärfe und Härte von Feuerstein mit der Elastizität von Holz zu kombinieren. So wurden bald recht kleine Klingen kunstvoll aus dem Stein geschlagen, um dann in Holzschäftungen eingesetzt zu werden – fixiert mit Birkenpech. Diese Werkzeuge wurden in vielerlei Kontexten benutzt. Die handwerklichen Fertigkeiten gab man von Generation zu Generation weiter, sodass sich heute über Material, Technik und Form eine genaue Datierung und Zuweisung an eine bestimmte »Kulturgruppe« ergeben kann. (SF / DS)

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Neue Nachbarschaften // Quellenwert

QUELLENWERT

2 // Schüssel Bab edh-Dhra‘ (heute Jordanien) Frühbronzezeit, um 3000–2200 v. Chr. Ton // Höhe: 12,5 cm, Durchmesser: 22 cm Biblisch-Archäologische Sammlungen

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Die Schüssel wurde Toten für ihre Reise ins Jenseits mitgegeben und ist einer der ältesten Belege für die Vorstellung eines Lebens nach dem Tod in Palästina. Sie stammt aus Bab edh-Dhra‘, einer frühbronzezeitlichen Ortslage (ca. 3000– 2200 v. Chr.) auf der Lisan-Halbinsel am Toten Meer, dem tiefsten Punkt auf der Erdoberfläche. Hier gab es in dieser Zeit eine Siedlung, die als Monopolbegräbnisstätte für die gesamte Großregion genutzt wurde. Die Bewohner waren auf die Bestattung der Toten spezialisiert und stellten einen speziellen Keramiktypus als Grabbeigabe her, der sonst nirgendwo belegt ist. Insgesamt werden an diesem Ort rund 20.000 Grablegen vermutet. (WZ)

3 // Skizzenbuch mit Zeichnungen der Burg Katz, St. Goarshausen (linke Seite), der Burg Maus / Thurnberg, Wellmich, und der Wallfahrtskirche St. Marien, Bornhofen (rechte Seite) // Wilhelm Lotz (1829–1879) 1869, erworben vom Institut für Kunstgeschichte 1948 Bleistift, Papier, Pappe // 13,8 x 20 cm Kunstgeschichtliche Sammlungen Wilhelm Lotz studierte in Kassel, Marburg und Berlin und promovierte 1854 in Chemie beim berühmten Robert Bunsen (Heidelberg). Während seiner Tätigkeit als Gewerbelehrer in Kassel entdeckte Lotz seine Liebe zur Architektur, legte 1871 die Baumeisterprüfung ab und wurde 1872 Professor für Architektur in Düsseldorf, wo er 1879 verstarb. Der besondere Wert seiner Skizzen, die Vorarbeiten zu seinem posthum erschienenen Werk »Baudenkmäler im Regierungsbezirk Wiesbaden« waren, liegt in ihrer einzigartigen Dokumentation. Die hier gezeigten beiden Seiten beschäftigen sich unter anderem mit den beiden Rheinburgen Katz und Maus vor ihrem Wiederaufbau. Sie wurden später nicht abgedruckt und die Burgruine Maus in der Publikation nicht einmal erwähnt. (KW)

1 // Walnussschalen (Juglans regia) aus der Verfüllung eines Brunnens des römischen vicus Dalheim / Luxemburg // Ende 3. Jh. n. Chr. 34 x 27 mm bzw. 28 x 24 mm Archäobotanische Vergleichssammlung

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Klein und unscheinbar sind die Walnussschalen-Funde aus einem römischen Brunnen, und doch geben sie Aufschluss über viele Aspekte der antiken Alltagsgeschichte. Man findet sie in archäologischen Schichten seit der Zeit der römischen Präsenz in den Gebieten nördlich der Alpen. Da die Walnuss transport- und lagerfähig ist, stellt sich die Frage, ob nur die Nüsse jeweils eingeführt wurden oder ob das Gewächs selbst »importiert« wurde. Die klimatischen Ansprüche des Walnussbaums erlauben eine Kultivierung in den nordalpinen Regionen. Weitere archäobotanische Funde helfen weiter: Pollenfunde des 2. Jh.s n. Chr. belegen die Anwesenheit des Walnussbaums in unserem Gebiet, sodass wir seinen Anbau seit jener Zeit annehmen dürfen. (MK)

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Neue Nachbarschaften // Quellenwert

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4 // Dias ehemalige Sammlung Friedrich Jeremias (1864–1935) vornehmlich zwischen 1910 und 1914 erworben teilweise handkoloriert // je 6 x 6 cm bzw. 6 x 7 cm Biblisch-Archäologische Sammlungen

5 // Koffer mit Nachlass Karl Feldbausch (1887–1966) // vor 1966 // Kunststoff, Papier, Kunstleder mit Metallbeschlägen 16 x 51 x 32 cm (geschlossen) Sammlungen des Universitätsarchivs

Die Diasammlung wurde von Friedrich Jeremias angelegt, der von 1910 bis 1915 in Jerusalem als evangelischer Propst wirkte. In dieser Zeit fertigten verschiedene Hersteller, unter anderem das Fotolabor der American Colony in Jerusalem, großformatige Dias mit Szenen des Heiligen Landes (Landschafts-, Gebäude- und Porträtaufnahmen) an. Einige von ihnen wurden handkoloriert. Die Bilder wurden von Jeremias nach seiner Rückkehr nach Deutschland für Lichtbildvorträge verwendet. Sie sind ein wichtiges Zeugnis einer inzwischen untergegangenen Lebenswelt. (WZ)

In zwei Koffern wurde der Nachlass des Juristen Karl Feldbausch (1887–1996) nach dessen Tod an das Universitätsarchiv gebracht. Feldbausch hatte an der Universität Mainz testamentarisch eine Stipendienstiftung für Katholische Theologie sowie für Botanik und Zoologie eingerichtet. Der gezeigte Koffer beinhaltet Dokumente, die für ihn von besonderem Wert waren, etwa wichtige Schriftstücke und Fotos sowie auch Unterlagen zu Familienangehörigen, wie einen »Ahnenpass«. Derartige persönliche Überlieferungen geben einen guten Eindruck von der Persönlichkeit und der Lebens- und Arbeitsweise des Nachlassers und sind so wertvolle Quellen für die historische Forschung. (CGe)

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Neue Nachbarschaften // Werterhaltung

WERTERHALTUNG 1 // Fossile Vögel (Ralle) Tertiär: ca. 48 Millionen Jahre // Fundort: Grube Messel Originalkopf in Kunstharz / Abguss einer Platte Kunstharz und Phosphat (fossiler Knochen) 5,5 x 8 cm / 23,5 x 12 cm Geowissenschaftliche Sammlungen Vor 48 Millionen Jahre sind tote Vögel in den Maarsee der heutigen Grube Messel gelangt und dort zu Boden gesunken, Schlamm hat sich über sie gelegt und sie so für die Nachwelt im Ölschiefer erhalten. Da der wasserhaltige Ölschiefer mit den Fossilien beim Trocknen zerfällt, müssen Fossilien aus der Grube Messel zur Erhaltung in Kunstharz umgebettet werden. Die kurze Momentaufnahme des vergangenen Lebens bleibt so über Jahrmillionen erhalten. Fossilien erlauben uns einen Blick in die Entwicklungsgeschichte der Erde und geben uns so eine Vorstellung von vergangenen Lebensräumen. Mit der Kenntnis der vergangenen Lebensräume können wir heutige und zukünftige Entwicklungen besser verstehen. (KG) 1

2 // Garuḍa Darstellung einer Ritualfigur aus Sri Lanka Endoris Kulasekara // Sri Lanka, 1976 // Aquarell // 60 x 40 cm Sammlungen der Indologie Neben dem Buddhismus existieren im Volksglauben der Singhalesen auf Sri Lanka zahlreiche Götter- und Dämonenkulte. Magische Schutzzauber, sogenannten Bali-Rituale, besänftigen den Zorn der übernatürlichen Wesen. Dafür werden Statuen, die die Gottheiten repräsentieren, als große Halbreliefs aus Lehm gefertigt, bemalt und aufgestellt. Nach der Zeremonie zerstört man diese sofort, um Gegenzauber zu verhindern. Der Indologe Hans Ruelius beauftragte den singhalesischen Tempelmaler Endoris Kulasekara, diese Ritualfiguren auf Papier darzustellen. Die Aquarelle sind somit einzigartige Dokumentationen der nicht erhaltenen Statuen. Dieses Bild zeigt den Dämon Garuḍa, der als riesenhafter Geier Fürst der Vögel und Reittier des Gottes Vişṇu ist und im Ritual gegen Bisse von Schlangen und wilden Tieren eingesetzt wird. (NO)

3 // Flussuferläufer (Actitis hypoleucos) aufgestelltes Präparat // Mainz, 1989 präpariert von Detlev Gregorczyk // 16,5 x 7,6 x 5,6 cm Zoologische Lehrsammlung

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Der Flussuferläufer ist eine Vogelart aus der Familie der Schnepfenvögel. Mit einem Verbreitungsgebiet vom Süden und Westen Europas über ganz Eurasien bis Japan und die Inseln Südostasiens ist er zwar weit verbreitet, aber recht selten. Das Präparat eines Exemplars, das eines natürlichen Todes gestorben ist, trägt so zur Dokumentation der Artenvielfalt bei. Präpariert ist der Vogel hier in natürlicher Haltung, um die Bestimmung durch Studierende im Rahmen von Lehrveranstaltungen zu erleichtern. (DG)

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Neue Nachbarschaften // Wertwandel

WERTWANDEL 1 // Praxis Pietatis Melica Berlin, 1690 // 23,5 x 19,8 cm Gesangbucharchiv 2 // Hessen-Darmstädtisches allgemeines Gesang-Buch 2. Aufl., Darmstadt, 1781 // 16,8 x 13,2 cm Gesangbucharchiv

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3 // Katholisches Feldgesangbuch Berlin, 1939 // 10,3 x 7,2 cm Gesangbucharchiv 4 // Gotteslob Mainz, 2013 // 17,5 x 11,4 cm Gesangbucharchiv Die unterschiedliche äußere Gestalt dieser Gesangbücher aus vier Jahrhunderten verdeutlicht den Wandel ihrer Gebrauchskontexte. Die prächtige »Praxis Pietatis Melica« knüpfte in ihrer Ausstattung an die aufwendigen Handschriften des Mittelalters an, die für den gemeinschaftlichen Gebrauch z. B. in Klöstern angefertigt wurden. Das »Allgemeine Gesangbuch« war schon deutlich einfacher gestaltet, da für den individuellen Gebrauch gedacht – sein zerschlissener Zustand verweist darauf, dass evangelische Gesangbücher vielfach über Generationen vererbt werden. Ebenfalls abgegriffen, da wohl im Zweiten Weltkrieg von einem Soldaten viel herumgetragen, ist das handliche »Feldgesangbuch«. Das katholische »Gotteslob« von 2013 schließlich zeigt die sachliche Gestaltung moderner Gesangbücher, die sich nur noch wenig voneinander unterscheiden. (CS)

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Neue Nachbarschaften // Wertwandel

5 // Saul (Partitur) Georg Friedrich Händel (1685–1759) G. F. Händels Werke, Bd. 13, hg. v. F. Chrysander, Leipzig 1862 // mit Eintragungen von verschiedenen Dirigenten der Mainzer Liedertafel (später Singakademie) aus dem Zeitraum 1906–1971 // 34 x 27,5 cm Musikwissenschaftliche Sammlungen 1906 führte die Mainzer Liedertafel erstmals Händels »Saul« unter der Leitung von Fritz Volbach (1861–1940) im Rahmen der Konzerte der Kaiserin Friedrich-Stiftung auf, deren Zweck es war, »mustermäßige Aufführungen von Werken Händels in der Dr. Chrysander’schen Neubearbeitung« zu fördern. Auch bei späteren Aufführungen der Liedertafel (später Mainzer Singakademie) wurden Dirigierpartitur und Aufführungsmaterial verwendet. Der besondere Wert der Partitur ergibt sich aus den Eintragungen (Angaben zu Dynamik und Artikulation, Streichungen etc.). Durch diese sind teilweise recht konkrete Rückschlüsse auf die jeweilige Aufführung möglich, die dabei helfen können, Vorstellungen von adäquaten Interpretationen alter Musik zu verschiedenen Zeitpunkten zu rekonstruieren oder zu veranschaulichen. (JG)

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Neue Nachbarschaften // Innerer Wert

INNERER WERT 1 // Haushuhn, natürliche Größe Modell // Firma Somso-Modelle 1990er Jahre // Kunststoff // 49,5 x 28,7 x 26 cm Zoologische Lehrsammlung Das Modell eines Haushuhns gehört zu einer Reihe von Demonstrationsmodellen in der Zoologischen Lehrsammlung. Mit diesen kann die Anatomie der Tiere in der Lehre vermittelt werden. Anders als präparierte Tierbälge geben die Modelle auch einen Einblick in die inneren Organstrukturen, wenn auch nur in idealtypischer Form. (DG)

2 // Lekythos und Teil einer Lekythos (Salbölgefäße) Euböa, um 460–430 v. Chr. 1956 aus der Sammlung v. Grancy erworben Höhe: 28,9 cm, Durchmesser 9,5 cm; Bruchstück: 10,2 cm Klassisch-Archäologische Sammlungen

3 // Konservendose »Rotbuchs Krimidelikatessen« unbekannte Werbeagentur im Auftrag des Rotbuch Verlags vermutlich Hamburg, 1990er Jahre Weißblech, Papier // Höhe: 12 cm, Durchmesser: 10 cm Mainzer Verlagsarchiv

Zu den familiären Pflichten im klassischen Athen zählte der Totenkult, zu dem unter anderem die Salbung der Toten mit teuren Parfumölen gehörte. Zu diesem Zweck nutzte man sogenannten Lekythen, die durch einen besonderen Einsatz jeweils nur sehr wenig von dem kostbaren Inhalt fassten. Lange neigte man dazu, dies als Zeichen von betrügerischem Geiz zu interpretieren. Die Angehörigen hätten bei den Bestattungen aus Prestigegründen nur vorgespielt, dass sie sich eine große Flasche kostspieligen Salböls leisten könnten. Dagegen verweist die neuere Forschung zu Recht darauf, dass hierfür wohl eher spezielle Grabluxusgesetze verantwortlich waren, die im Zeitalter der radikalen Demokratie darauf abzielten, eine möglichst egalitäre Gesellschaft auch im Tod zu garantieren. (PS)

Im Gegensatz zu reinen Literaturarchiven sind für Archive wie das Mainzer Verlagsarchiv auch Objekte aus den Verlagsbereichen Herstellung und Marketing wertvoll, zum Beispiel Werbemittel. Für den Programmschwerpunkt Krimis und Thriller setzte der Rotbuch Verlag auf ungewöhnliche Kampagnen. Der »innere Wert« dieser Dose war im Archiv zunächst ein Rätsel, denn nach dem Öffnen wäre dieses Unikat zerstört gewesen. Eine Zeitzeugenbefragung bei der Verlegerin erbrachte die Lösung: Fruchtgummis als Werbegag! (CGi)

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KONTAKTDATEN Dieses Verzeichnis (Stand: Mai 2018) ist in einer regelmäßig aktualisierten Fassung auch unter www.sammlungen.uni-mainz.de abzurufen.

Ägyptologische Studiensammlung Dr. Monika Zöller-Engelhardt Institut für Altertumswissenschaften Arbeitsbereich Ägyptologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz Hegelstr. 59 // 55122 Mainz 06131 39-38344 [email protected] www.aegyptologie.uni-mainz.de

Biblisch-Archäologische Sammlung Prof. Dr. Wolfgang Zwickel Evangelisch-Theologische Fakultät Seminar für Altes Testament und Biblische Archäologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz Forum universitatis 4 // 55128 Mainz Tel. 06131 39-22685 [email protected] www.ev.theologie.uni-mainz.de/111.php

Besichtigung auf Anfrage per E-Mail

Teile der Sammlung sind auf den Fluren des Instituts zu besichtigen.

Altorientalistische Lehrsammlung Prof. Dr. Doris Prechel / Eva Huber, M. A. Institut für Altertumswissenschaften Arbeitsbereich Altorientalische Philologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz Hegelstr. 59 // 55122 Mainz Tel. 06131 39-38320 bzw. -38323 [email protected] bzw. [email protected] www.ao.altertumswissenschaften.uni-mainz.de Archäobotanische Vergleichssammlung Dr. Margarethe König Institut für Altertumswissenschaften Arbeitsbereich Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz Schönborner Hof, Schillerstr. 11 // 55116 Mainz Tel. 06131 39-36894 [email protected] www.vfg-mz.de/ Besuch nach Vereinbarung

Botanischer Garten Dr. Ralf Omlor Johannes Gutenberg-Universität Mainz Anselm-Franz-von-Bentzel-Weg 9 a + b // 55128 Mainz Tel. 06131 39-22628 [email protected] www.botgarten.uni-mainz.de Öffnungszeiten: Freiland: täglich 7.30–18 Uhr Gewächshäuser: täglich 7.30–15.30 Uhr freitags 7.30–13 Uhr Botanische Sammlungen Barbara Dittmann, Dipl. Biol. Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Tel. 06131 39-22591 [email protected] www.bio.uni-mainz.de/1639_DEU_HTML.php

Sammlung Clemens Brentano Karen Stuckert, M. A. Universitätsbibliothek Mainz Johannes Gutenberg-Universität Mainz Jakob Welder-Weg 6 // 55128 Mainz Tel. 06131 39-24568 [email protected] www.ub.uni-mainz.de/unsere-sammlungenbrentano-rilke-george/ Der Bestand ist unter https://visualcollections.ub.uni-mainz.de/ themen/nav/classification/305108 komplett zugänglich.

Die Sammlung ist auf den Fluren des Instituts zugänglich.

Computersammlung Christoph Naethbohm Zentrum für Datenverarbeitung Johannes Gutenberg-Universität 55099 Mainz Tel. 06131 39-26306 [email protected]

Geowissenschaftliche Sammlungen apl. Prof. Dr. Kirsten Grimm Institut für Geowissenschaften Johannes Gutenberg-Universität Mainz Johann-Joachim-Becher-Weg 21 // 55128 Mainz Tel. 06131 39-23798 [email protected] www.geowiss.uni-mainz.de/

Sammlung Energieparcours Dr. Heike Funk NaT-Lab für Schülerinnen und Schüler Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Tel. 06131 39-22610 [email protected] www.blogs.uni-mainz.de/nat-schuelerlabor

Führungen durch die Schausammlung sowie Besuche der Forschungs- und Lehrsammlungen auf Anfrage per E-Mail

Ethnografische Studiensammlung Dr. Anna-Maria Brandstetter Institut für Ethnologie und Afrikastudien Johannes Gutenberg-Universität Mainz Forum universitatis 6 // 55128 Mainz Tel. 06131 39-20119 [email protected] www.ifeas.uni-mainz.de/1007.php Führungen auf Anfrage

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Sammlung Geometrischer Modelle Prof. Dr. Tilman Sauer Institut für Mathematik Arbeitsgruppe Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften Johannes Gutenberg-Universität Mainz Staudingerweg 9, 5. OG // 55128 Mainz Tel. 06131 39-22837 [email protected] www.geschichte.mathematik.uni-mainz.de

Gesangbucharchiv Dr. Christiane Schäfer Seminar für Praktische Theologie, Abteilung Liturgie­ wissenschaft und Homiletik, Forschungsstelle »Kirchenlied und Gesangbuch« Johannes Gutenberg-Universität Mainz Philosophicum, U1-508 / 522 Jakob-Welder-Weg 18 // 55128 Mainz Tel. 06131 39-20316 [email protected] www.blogs.uni-mainz.de/gesangbuchforschung/ gesangbucharchiv/ Öffnungszeiten: Mi, Do 11–14 Uhr (Anmeldung per E-Mail oder Telefon)

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Anhang // Kontaktdaten

Herbarium apl. Prof. Dr. Gudrun Kadereit Institut für Molekulare Physiologie AG Biodiversität und Evolution der Pflanzen Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Tel. 06131 39-22537 [email protected] www.spezbot.fb10.uni-mainz.de/68.php

Klassisch-Archäologische Sammlungen Dr. Patrick Schollmeyer Institut für Altertumswissenschaften Arbeitsbereich Klassische Archäologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz Philosophicum, Jakob-Welder-Weg 18, 55128 Mainz Tel. 06131 39-25239 [email protected] www.klassische-archaeologie.uni-mainz.de/146.php

Münzsammlung Dr. Alexandra Eppinger Historisches Seminar Arbeitsbereich Alte Geschichte Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Tel. 06131 39-26726 [email protected] www.instag.geschichte.uni-mainz.de/336.php

Osteologische Lehrsammlung apl. Prof Dr. Holger Herlyn Institut für Anthropologie Fachbereich Biologie, Anthropologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Tel. 06131 39-23179 [email protected] www.anthropologie.uni-mainz.de

Besucheradresse: Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie, Anselm-Franz-von-Bentzelweg 9 b, 2. Stock

Regelmäßige öffentliche Führungen und Angebote für Schulklassen; Termine auf Anfrage per E-Mail

Sammlung: SB II, Colonel-Kleinmann-Weg 2, Raum 03-523 Zugänglichkeit für Lehrveranstaltungen auf Anfrage

Besuch für Studierende und Mitarbeiter*innen jederzeit auf Anfrage möglich

Kunstgeschichtliche Sammlungen Dr. Klaus T. Weber Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft Abteilung Kunstgeschichte Johannes Gutenberg-Universität Mainz Georg-Forster-Gebäude, 1. OG, Jakob-Welder-Weg 12, 55128 Mainz Tel. 06131 39-30014 [email protected] www.kunstgeschichte.uni-mainz.de

Archiv für die Musik Afrikas Dr. Hauke Dorsch Institut für Ethnologie und Afrikastudien Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Tel. 06131 39-23349 [email protected] www.ama.ifeas.uni-mainz.de

Physikalische Sammlungen Prof. Dr. Lutz Köpke / apl. Prof. Dr. Klaus Wendt Institut für Physik Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Tel. 06131 39 -22894 bzw. -22882 [email protected] bzw. [email protected]

Standort des Archivs: SB II, Erdgeschoss, Colonel-Kleinmannweg 2 Wechselnde Öffnungszeiten, s. Website

Prinz Johann Georg-Sammlung Prof. Dr. Vasiliki Tsamakda Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft Abteilung Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Tel. 06131 39-37781 [email protected]

Sammlungen der Indologie Dr. Marion Meisig Nina-Mareike Obstoi, M. A. Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien Abteilung Indologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz Colonel-Kleinmann-Weg 2, SB II // 55128 Mainz Tel. 06131 36-22647 [email protected] bzw. [email protected] www.indologie.uni-mainz.de Führungen auf Anfrage; eine Auswahl von Bronzefiguren ist in Vitrinen im Philosophicum, Jakob Welder-Weg 18, vor Hörsaal P5 zu sehen. Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen Dr. Anja Oed Institut für Ethnologie und Afrikastudien Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Tel. 06131 39-25933 [email protected] www.jahn-bibliothek.ifeas.uni-mainz.de Informationen zu den Öffnungszeiten und zum Standort der Bibliothek s. Website

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Sammlung online: https://bildarchiv.uni-mainz.de/KGS/ Führungen auf Anfrage Medizinhistorische Sammlung Prof. Dr. Norbert W. Paul Universitätsmedizin Mainz Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin Langenbeckstr. 1 // 55131 Mainz Tel. 06131 17-9545 [email protected] www.unimedizin-mainz.de/medhist/uebersicht.html Zugänglichkeit nach telefonischer Vereinbarung

Musikwissenschaftliche Sammlungen Jonathan Gammert Universitätsbibliothek Mainz Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Tel. 06131 39-22173 [email protected] www.musikwissenschaft.uni-mainz.de/ musikwissenschaft/index.html Sammlung: Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft, Abteilung Musikwissenschaft, Philosophicum Vorgebäude, Jakob-Welder-Weg 18 Zugänglichkeit auf Anfrage

Dr. Birgit Heide Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Landesmuseum Mainz Große Bleiche 49-51 // 55116 Mainz Tel. 06131 2857-171 [email protected] www.landesmuseum-mainz.de/sammlung/ die-prinz-johann-georg-sammlung/ Die Sammlung befindet sich als Dauerleihgabe am Landesmuseum Mainz. Sie ist derzeit nicht ausgestellt, steht aber für Forschungs- und Studienzwecke oder für Leihgaben weiterhin zur Verfügung.

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Anhang // Kontaktdaten

Sammlungen des Universitätsarchivs Dr. Christian George Universitätsbibliothek – Universitätsarchiv Jakob-Welder-Weg 6 // 55128 Mainz Tel. 06131 39-25959 [email protected] [email protected] www.ub.uni-mainz.de/universitaetsarchiv Besuch nach Vereinbarung Mainzer Verlagsarchiv Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien Abteilung Buchwissenschaft Johannes Gutenberg-Universität Mainz Philosophicum, U1- 609 Jakob-Welder-Weg 18 // 55128 Mainz Tel. 06131 39-39197 (vormittags) [email protected] www.buchwissenschaft.uni-mainz.de/verlagsarchiv Besuch nach Vereinbarung Vor- und Frühgeschichtliche Lehrsammlung PD Dr. Peter Haupt Institut für Altertumswissenschaften Arbeitsbereich Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz Schönborner Hof, Schillerstr. 11 // 55116 Mainz Tel. 06131 39-33426 [email protected] www.vfg-mz.de Zoologische Lehrsammlung Detlev Gregorczyk Fachbereich Biologie Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Tel. 06131 39-22471 [email protected] www.bio.uni-mainz.de/zoo

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SIGLEN DER AUTORINNEN UND AUTOREN AB AE AOe BH CGe CGi CS DG DS EH GK HD HF HH JG KG KS KW LK MK MZE NO PS RCB SF TS VH WZ

–    Anna-Maria Brandstetter –    Alexandra Eppinger –    Anja Oed –    Birgit Heide –    Christian George –    C. Gi. –    Christiane Schäfer –    Detlev Gregorczyk –    Daniel Schäfer –    Eva-Maria Huber –    Gudrun Kadereit –    Hauke Dorsch –    Heike Funk –    Holger Herlyn –    Jonathan Gammert –    Kirsten Grimm –    Karen Stuckert –    Klaus Weber –    Lutz Köpke –    Margarethe König –    Monika Zöller-Engelhardt –    Nina-Mareike Obstoi –    Patrick Schollmeyer –    Regine Claßen-Bockhoff –    Sebastian Fürst –    Tilman Sauer –    Vera Hierholzer –    Wolfgang Zwickel

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AUTORINNEN UND AUTOREN

Dr. Anna-Maria Brandstetter (AB) ist Ethnologin und Akademische Direktorin am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, wo sie mit einer Arbeit über die Lebenswelten der Bolongo im kongolesischen Regenwald (Demokratische Republik Kongo) promoviert wurde. Seit 1992 ist sie Kuratorin der dortigen Ethnografischen Studiensammlung. Ihre Forschungen führten sie in den Kongo, nach Südäthiopien und Ruanda. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Erinnerung und Geschichte, materielle Kultur, Geschichte ethnografischer Sammlungen, koloniale und postkoloniale Verflechtungsgeschichte und Politik. Dr. Andreas Brandtner ist seit 2018 Direktor der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin. Zuvor war er Direktor der Universitätsbibliothek Mainz, stellvertretender Leiter der Universitätsbibliothek Wien, stellvertretender Leiter der Handschriftensammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek (heute: Wienbibliothek im Rathaus), Projektmanager an der Österreichischen Nationalbibliothek und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich in Linz. Begleitend lehrte er an den Universitäten Wien, Innsbruck, Mainz und Albuquerque. In Wien, München und Paris studierte er Deutsche Philologie, Philosophie, Sprachwissenschaft, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft und absolvierte Postgraduate-Studien der Library and Information Studies in Wien sowie von Arts Management in Salzburg, Chicago und Shanghai. Er publizierte zum Archiv- und Bibliothekswesen, zur Literaturtheorie, zur literaturwissenschaftlichen Grundlagenforschung und zur Literatur von der Frühen Neuzeit bis zur (Post-)Moderne.

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Prof. Dr. Regine Claßen-Bockhoff (RCB) leitet die AG Diversität der Blütenpflanzen am Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie studierte Bio­ ­ logie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule ­Aachen, an der sie 1984 promovierte, von 1985–1990 als wissenschaftliche Angestellte arbeitete und 1994 habilitierte. Nach drittmittelgeförderten Forschungsaufenthalten in Südostasien, Australien und Südafrika wurde sie 1997 als Universitätsprofessorin an die Johannes Gutenberg-Universität berufen. Der Schwerpunkt ihrer Lehr- und Forschungsarbeit liegt auf den Gebieten der Entwicklungs- und Funktionsmorphologie, Blütenökologie und Evolutionsbiologie. Dr. Heiko Damm studierte Kunstgeschichte, Komparatistik und Italianistik in Leipzig, Berlin und Rom. Er wurde 2006 mit der Arbeit »Santi di Tito (1536–1603) und die Reform des Altarbilds in Florenz« an der Freien Universität Berlin promoviert. Nach mehrjähriger Tätigkeit am Kunsthistorischen Institut in Florenz verfolgt er seit 2012 als wissenschaftlicher Assistent an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ein Habilitationsprojekt zu Luca Giordano. Seine Forschungsinteressen betreffen neben der italienischen Kunst der Frühen Neuzeit auch Fragen der Material- und Produktionsästhetik sowie die Geschichte und Kennerschaft der Handzeichnung. Von 2014 bis 2016 war er maßgeblich an Konzeption und Katalog der Ausstellung »Caravaggios Erben. Barock in Neapel« im Museum Wiesbaden beteiligt.

Dr. Hauke Dorsch (HD) ist seit 2010 Leiter des Archivs für die Musik Afrikas (AMA) am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er studierte Ethnologie, Religionswissenschaft und Afrikastudien an der Universität Hamburg und wurde dort auch in Ethnologie promoviert. Anschließend forschte er an der Universität Bayreuth zu afrikanisch-kubanischen Beziehungen und an der University of Southampton zu kommunaler Integrationspolitik in Bayreuth. Neben Lehrtätigkeiten an den genannten Universitäten und an der Freien Universität Berlin organisiert er Konzerte afrikanischer Musiker, kuratiert Ausstellungen in Bayreuth und Mainz und legt gelegentlich als DJ auf.

Sebastian Fürst, M. A., (SF) war von 2015 bis 2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Insti­ tut für Vor- und Frühgeschichte, wo er zusammen mit Daniel Schäfer und Peter Haupt unter anderem auch die Sammlung betreute. Er studierte Vor- und Frühgeschichte, Soziologie und Philosophie an der Johannes Gutenberg-Universität und schließt derzeit eine Dissertation über den eisenzeitlichen Korallenhandel ab. Nach einem zweijährigen Promotionsstipendium des Landes Rheinland-Pfalz arbeitete er über zwei Jahre auf mehreren archäologischen Ausgrabungen mit eisenzeitlichem Schwerpunkt. Seit September 2017 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG /ANR-Projekt »Celtic Gold – Fine metal work in the Western La Tène culture«.

Dr. Alexandra Eppinger (AE) ist seit 2014 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Alte Geschichte des Historischen Seminars der Johannes Gutenberg-Universität Mainz tätig, wo sie neben ihren Aufgaben in Lehre und Forschung die Münzsammlung betreut. Sie studierte Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Latein an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, wo sie 2013 mit einer Arbeit zur Rolle des mythischen Helden Hercules im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum in der Spätantike promoviert wurde. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen die Rezeption von Hercules in politischen Karikaturen des 18. Jahrhunderts, antike Transgender-Phänomene sowie Atheismus in der römischen Kaiserzeit.

Dr. Heike Funk (HF) studierte Chemie in Karlsruhe und Mainz und promovierte 1996 am Institut für Kernchemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie arbeitete als Projektleiterin am ESWE-Institut in Wiesbaden im Bereich Radioaktivität und übernahm 2002 den Aufbau des »Bündnisses für gesunde Kinder« beim Rheinhessischen Turnerbund. Von 2004 bis 2011 war sie im Koordinierungsbüro des NaT-Lab der Johannes Gutenberg-Universität Mainz für die Planung und Durchführung von Schülerprojekten und den Aufbau eines Netzwerks zuständig. Seit 2009 leitet sie die Chemielaborantenausbildung der Mainzer Universität und betreut die Projekte im Energieparcours des NaT-Lab.

Prof. Dr. Ansgar Franz studierte Katholische Theologie, Geschichte und Italianistik in Mainz und Rom. Nach Promotion und Habilitation war er von 2000 bis 2004 Professor für Liturgiewissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, seit 2005 hat er die Professur für Liturgiewissenschaft und Homiletik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz inne. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Traditionen und Riten im Umfeld von Sterben und Begräbnis, die Rezeption des Alten Testaments in den christlichen Liturgien sowie die lateinische mittelalterliche Hymnographie und das deutsche Kirchenlied. Er ist Leiter der Forschungsstelle »Kirchenlied und Gesangbuch«, der die Sammlung »Mainzer Gesangbucharchiv« angeschlossen ist.

Jonathan Gammert (JG) studierte Musik und Germanistik (Lehramt für Gymnasien) sowie Bratsche (Musiklehrer-Diplom) in Mainz. Von 2011 bis 2017 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Musikwissenschaft am Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Unter anderem leitete er von 2013 bis 2014 ein vom Gutenberg-Lehrkolleg gefördertes Schwerpunktlehrprojekt zum Thema Musikedition und war 2015 vertretungsweise Assistent der geschäftsführenden Leitung des Instituts. Die Musikwissenschaftlichen Sammlungen betreut er seit 2015, seit Ende 2017 als Fachreferent für Musik, Musikwissenschaft und Musikpädagogik an der Universitätsbibliothek Mainz.

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Anhang // Autorinnen und Autoren

Dr. Christian George (CGe) ist seit 2012 Leiter des Universitätsarchivs der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er studierte Geschichtswissenschaften mit Schwerpunkt Rheinische Landesgeschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und promovierte mit einer Arbeit zu Studierenden der Universität Bonn in der Nachkriegszeit. Während des Studiums war er mehrere Jahre im Archiv der Universität Bonn tätig, bevor er eine Stelle am Landeshauptarchiv Koblenz antrat, wo er anschließend das Referendariat für den wissenschaftlichen Archivdienst absolvierte. Neben der Leitung des Universitätsarchivs betreut er seit 2013 die Altbestände der Universitätsbibliothek Mainz. C. Gi., M. A., (CGi) ist seit 2009 am Institut für Buchwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, jetzt Buchwissenschaft im Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien, beschäftigt. Unter anderem betreut sie dort das Mainzer Verlagsarchiv, das bedeutende Bestände der Verlage Rowohlt, Rotbuch, Syndikat, Europäische Verlagsanstalt, Brockhaus und des Faksimile Verlags enthält. Sie studierte Buchwissenschaft, Publizistik und Italienisch in Mainz. Anschließend arbeitete sie in einem wissenschaftlichen Verlag in Stuttgart und dann bei der Stadt Mainz als Projektkoordinatorin für das Gutenberg-Jahr 2000 sowie als Geschäftsführerin der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft. Detlev Gregorczyk (DG) wurde von 1987 bis 1988 zum staatlich geprüften Präparator an der Präparatorenschule in Bochum, Fachrichtung Biologie, ausgebildet. Seit Oktober 1989 ist er als wissenschaftlicher Präparator am Fachbereich Biologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz tätig und betreut in dieser Funktion die Zoologische Lehrsammlung.

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apl. Prof. Dr. habil. Kirsten I. Grimm (KG) ist seit 2014 Kuratorin der Naturwissenschaftlichen Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und seit 2017 stellvertretende Leiterin der Sammlungskoordination. Sie studierte in Mainz Geowissenschaften und promovierte über ein stratigraphisch-paläontologisch-paläogeographisches Thema und habilitierte sich über unteroligozäne Meeresverbindungen in Mitteleuropa. Seit 1997 ist sie als freie Mitarbeiterin am Naturhistorischen Museum Mainz mit der Sammlungsarbeit betraut. Dort sowie unter anderem im Museum Wiesbaden, im Urweltmuseum Geoskop in Thallichtenberg und im Deutschen Edelsteinmuseum in Idar– Oberstein kuratierte sie mehrere naturwissenschaftliche und geowissenschaftliche Ausstellungen.

Dr. Birgit Heide (BH) ist seit August 2017 Direktorin der Direktion Landesmuseum Mainz in der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz. Sie studierte Vor- und Frühgeschichte, Ägyptologie und Alte Geschichte in Mainz, Glasgow und Kiel und promovierte über das Altneolithikum im westlichen Kraichgau. Nach einem wissenschaftlichen Volontariat am Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen zu Berlin, übernahm sie 1999 die vor- und frühgeschichtlichen Sammlungsbereiche im Landesmuseum Mainz, kuratierte und betreute verschiedene Ausstellungen und interdisziplinäre Projekte und war an der vollständigen Neueinrichtung des Museums beteiligt. 2010 übernahm sie die Leitung des Bereichs Museumsbetrieb und 2016 die kommissarische Leitung des Museums.

Prof. Dr. Hans Peter Hahn ist Professor für Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Er arbeitet über materielle Kultur, Konsum und Migration. Neben Projekten der internationalen Museumskooperation forscht er zu Konsumgütern und zu Mobiltelefonen in Westafrika. Seine Publikationen umfassen unter anderem Aufsätze über Fahrräder, Plastiksandalen, Mobiltelefone und andere Alltagsgüter sowie zu ökonomischen Themen. Er hat eine »Einführung zu materieller Kultur« (2005) verfasst und ein »Handbuch Materielle Kultur« (2014) mit herausgegeben. Er ist Sprecher des DFG-Graduiertenkollegs »Wert und Äquivalent« (GRK 1576) und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats für das Humboldt-Forum in Berlin.

apl. Prof. Dr. Holger Herlyn (HH) betreut seit 2010 die Osteologische Lehrsammlung am Insti­ tut für Anthropologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er studierte Biologie an der Georg-August-Universität Göttingen. Am dortigen Zoologischen Institut erfolgte auch seine Promotion (Dr. rer. nat.) mit einer vergleichend-morphologischen Dissertation. Im Anschluss an eine Anstellung als Wissenschaftler in der AG Primatengenetik am Deutschen Primatenzentrum Göttingen wechselte Holger Herlyn im Jahr 2004 an das Institut für Anthropologie der Johannes Gutenberg-Universität. Seitdem forscht und lehrt er zur Stammesgeschichte und Evolution von Primaten, anderen Säugetieren und Wirbeltierparasiten.

Dr. Peter Haupt ist seit 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Vor- und Frühgeschichte, jetzt ein Arbeitsbereich des Instituts für Altertumswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er studierte Vor- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Geographie in Mainz und Wien und wurde 1999 mit einer Dissertation zu römischen Münzhorten promoviert. Danach war er am Rheinischen Landesmuseum Trier mit Grabungen im Vicus Belginum betraut und hatte von 2001 bis 2003 ein Postdoktorandenstipendium in einem DFG-Graduiertenkolleg inne. Nach der Habilitation im Jahr 2008 übernahm er 2010 eine Lehrstuhlvertretung in Marburg. Er führt zahlreiche Forschungsprojekte im In- und Ausland durch.

Dr. Vera Hierholzer (VH) ist seit 2014 Leiterin der Sammlungskoordination der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie studierte Geschichte und öffentliches Recht in Münster, war anschließend Doktorandin am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main und wurde 2006 mit einer Arbeit im Schnittfeld von Wissenschafts-, Wirtschafts- und Rechtsgeschichte an der Goethe-Universität Frankfurt promoviert. Nach einem wissenschaftlichen Volontariat am Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim (heute: Technoseum) war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Historischen Seminar der Universität Frankfurt und kuratierte verschiedene Ausstellungen am Museum für Kommunikation Frankfurt, am Frankfurter Goethe-Haus und am Museum Giersch.

Dr. habil. D.Sc. h.c. (VAST) Wolfgang Hofmeister ist Professor und Leitender Akademischer Direktor i. R. Sein Studium der Mineralogie und Physikalischen Chemie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz schloss er 1977 als Diplom-Mineraloge ab. Nach der Promotion über Kristallchemie erfolgte 1991 die Habilitation über Kristallographie. Seit 1992 war er Professor für Mineralogie und Kristallographie und Leiter des Instituts für Edelsteinforschung Idar-Oberstein der Mainzer Universität. Von 2008 bis 2013 war er Dekan des Fachbereichs Chemie – Pharmazie – Geowissenschaften und von 2013 bis 2017 Vizepräsident für Forschung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Wolfgang Hofmeister baute die Mineralogische Sammlung aus und ergänzte sie um Perlen, Elfenbein und Edelsteine aus seinen Forschungstätigkeiten in Südostasien und anderen Ländern. Eva-Maria Huber, M. A., (EH) ist seit 2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Altorientalische Philologie des Instituts für Altertumswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und betreut seitdem die Altorientalistische Lehrsammlung. Sie studierte Vor- und Frühgeschichte, Altorientalistik und Vorderasiatische Archäologie an der Philipps-Universität Marburg und schreibt derzeit ihre Dissertation über sumerische Ökonomie und Administration. apl. Prof. Dr. Gudrun Kadereit (GK) betreut neben ihren Aufgaben in Lehre und Forschung seit 2010 das Herbarium der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie studierte Biologie und Geographie in Osnabrück, Sterling (Schottland) und Göttingen, war anschließend Doktorandin am Institut für Spezielle Botanik der Universität Mainz und wurde im Fach Botanik promoviert. Nach mehreren drittmittelfinanzierten Postdoktoranden-Stellen war sie schließlich wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Allgemeine Botanik der Universität Mainz, wo sie 2009 habilitierte und 2016 zur apl. Professorin ernannt wurde.

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Anhang // Autorinnen und Autoren

Prof. em. Dr. Herbert Kargl, Dipl.-Wirt.-Ing., war von 1972 bis zu seiner Emeritierung 2001 Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik im Fachbereich Recht und Wirtschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er studierte an der TH (heute TU) Darmstadt Wirtschaftsingenieurwesen und kam im Rahmen dieses Studiums 1958 in Kontakt mit den damals üblichen Rechenautomaten. Nach dem Studium arbeitete er zunächst in einem Beratungsunternehmen und konnte dort praktische Erfahrung zur Einführung der EDV in Unternehmen gewinnen. Danach wechselte er zur TH (heute TU) München an den Lehrstuhl für Allgemeine und Industrielle Betriebswirtschaftslehre, wo er zusammen mit Assistenten-Kollegen ein Curriculum von Lehrveranstaltungen zur »Betriebswirtschaftlich angewandten Datenverarbeitung« entwickelte. 1967 erfolgte dort die Promotion und 1971 die Habilitation. Mit der Berufung 1972 an die Universität Mainz führte er dort das Fach Betriebsinformatik, später Wirtschaftsinformatik genannt, ein. Dr. Margarethe König (MK) ist seit 2006 Akademische Direktorin am Institut für Altertumswissenschaften, Arbeitsbereich Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie, und Leiterin des Archäobotanischen Labors. Sie studierte Forstwissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, parallel nahm sie an Lehrveranstaltungen der Geobotanik in Freiburg teil. Nach dem Diplom arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Forstökonomie der Universität Freiburg und wurde mit einer Arbeit zu einer interdisziplinären Fragestellung in den Forstwissenschaften promoviert. Nach einem wissenschaftlichen Volontariat am Landesmuseum Trier folgte die Übernahme in den Landesdienst Rheinland-Pfalz. Am Rheinischen Landesmuseum baute sie das Archäobotanische Labor auf, leitete die Pressestelle, koordinierte das Ausstellungswesen und war stellvertretende Direktorin.

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Prof. Dr. Lutz Köpke (LK) ist seit 1994 Professor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, lehrt das Fach Physik und forscht im Bereich der experimentellen Astroteilchenphysik. Neben der wissenschaftlichen Arbeit ist er in mehreren Bereichen der Lehrorganisation und Beratung tätig und interessiert sich sehr für die Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere für die verständliche Darstellung physikalischer Phänomene in Ausstellungen und Veranstaltungen. Dabei entstehen häufig Objekte, die die Sammlungen der Physikalischen Institute laufend ergänzen. Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Kurzke ist emeritierter Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er studierte Germanistik und Katholische Theologie an den Universitäten München und Würzburg und veröffentlichte zahlreiche Publikationen über Thomas Mann, ferner über Georg Büchner, Goethe, die Romantik (Novalis), Hymnologie (Kirchenlied, politisches Lied), Kulturreligiosität und Gegenwartsliteratur. Weiter gab er die große kommentierte Frankfurter Thomas-Mann-Ausgabe heraus. Im Feuilleton der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« und in der »Literarischen Welt« war er freier Mitarbeiter. Hermann Kurzke gründete das Mainzer Gesangbucharchiv und initiierte zahlreiche hymnologische Forschungsprojekte in Mainz. Dr. Marion Meisig studierte Politologie und Soziologie in Freiburg und anschließend Indologie, Sinologie und Religionswissenschaft in Münster. Sie promovierte im Fach Indologie über das Thema­ »Die ›China-Lehre‹ des Śaktismus. Mahācīnācāra-Tantra, kritisch ediert nebst Übersetzung und Glossar«. Danach absolvierte sie ein wissenschaftliches Volontariat am Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg. Von 1997 bis 2010 war sie Lehrbeauftragte, seit 2000 ist sie ehrenamtliche Sammlungsbeauftragte am Arbeitsbereich Indologie des Gutenberg-Instituts für Weltliteratur und schriftorientierte Medien an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Zusammen mit Nina-Mareike Obstoi organisierte und kuratierte sie mehrere Ausstellungen am Goethe-Institut in Frankfurt am Main und Mannheim.

Nina-Mareike Obstoi, M. A., (NO) studierte Kulturanthropologie, Allgemeine Sprachwissenschaft und Indologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit 2013 ist sie dort Co-Sammlungsbeauftragte, Doktorandin sowie seit 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Indologie des Gutenberg-Instituts für Weltliteratur und schriftorientierte Medien. Die Vermittlung von Wissen und die Arbeit mit Sammlungsobjekten stehen bei ihr im Vordergrund, sodass sie nicht nur die indologischen Sammlungsstücke in den BA-Unterricht und in das »Studieren 50 Plus«-Programm der Universität Mainz integriert, sondern darüber hinaus als freie Mitarbeiterin im Naturhistorischen Museum Mainz arbeitet. Dr. Anja Oed (AOe) ist seit 2002 wissenschaftliche Leiterin der Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie studierte Anglistik, Musikwissenschaft und Ethnologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Magister artium). Im Rahmen eines einjährigen Austauschstudiums an der University of Massachusetts Amherst, USA, erwarb sie ein interdisziplinäres African Studies Certificate. Sie promovierte an der School of Oriental and African Studies in London im Fach Afrikanische Sprachen und Literaturen mit einer Arbeit zu zeitgenössischen literarischen Transformationen eines Yorùbá-Märchens. Dr. Ralf Omlor ist seit 2000 wissenschaftlicher Leiter (Kustos) des Botanischen Gartens der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er studierte Biologie in Kaiserslautern und Manchester (England) und promovierte an der Universität Kaiserlautern mit einer Arbeit zur Systematik einer Teilgruppe der überwiegend tropisch verbreiteten Pflanzenfamilie der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae). Bevor er nach Mainz kam, war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Botanischen Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster tätig. Am Botanischen Garten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist er in erster Linie für das Sammlungsmanagement, die Öffentlichkeitsarbeit und die inhaltliche Ausrichtung des Gartens verantwortlich.

Prof. Dr. Norbert W. Paul, M. A., studierte Geschichte, Philosophie, Deutsche Philologie und Medizin in Münster und Düsseldorf. Von 1991 bis 1993 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Theorie und Geschichte der Medizin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter und Hochschulassistent am Institut für Geschichte der Medizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. 1995 wurde er zum Dr. rer. medic. an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster promoviert. Es folgten Forschungsaufenthalte in Washington, DC (USA) und an der Radboud-Universität Nijmegen (NL) sowie an der Stanford University in Stanford, CA (USA) und am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin. 2003 wurde er in Geschichte, Ethik und Theorie der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Düsseldorf habilitiert. Seit 2004 ist Norbert Paul Professor für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin im Fachbereich Medizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und geschäftsführender Leiter des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin. Prof. Dr. Hans-Jörg Rheinberger ist Molekularbiologe und Wissenschaftshistoriker. Von 1997 bis 2014 war er Direktor am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Er ist Honorarprofessor für Wissenschaftsgeschichte an der TU Berlin, Dr. h.c. der ETH Zürich und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften sowie der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Veröffentlichungen unter anderem: Experiment, Differenz, Schrift, Marburg 1992; Experimentalsysteme und epistemische Dinge, Göttingen 2001; Epistemologie des Konkreten, Frankfurt am Main 2006; Historische Epistemologie zur Einführung, Hamburg 2007; Der Kupferstecher und der Philosoph. Albert Flocon trifft Gaston Bachelard, Zürich 2016; Experimentalität. Gespräche über Labor, Atelier und Archiv, Berlin 2018.

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Anhang // Autorinnen und Autoren

Prof. Dr. Tilman Sauer (TS) ist seit 2015 Professor für Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Nach einem Studium der Physik, Mathematik und Philosophie promovierte er in theoretischer Physik an der Freien Universität Berlin und war danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Max-Planck-Instituten für Bildungsforschung und für Wissenschaftsgeschichte in Berlin sowie an den Universitäten Göttingen und Bern tätig. In Bern habilitierte er sich 2008 für das Fach Wissenschaftsgeschichte. Er arbeitete außerdem für mehrere Jahre als Mitherausgeber der Gesammelten Schriften Albert Einsteins am California Institute of Technology in Pasadena, USA. Dr. Christiane Schäfer (CS) studierte Germanistik, Buchwissenschaft und Volkskunde in Mainz. Nach dem Magisterabschluss im Jahr 1997 wurde sie 2003 im Fach Neuere deutsche Literaturgeschichte promoviert. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und stellvertretende Leiterin der Forschungsstelle Kirchenlied und Gesangbuch, der das Mainzer Gesangbucharchiv angeschlossen ist. Daniel Schäfer, M. A., (DS) studierte Vor- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie sowie Mittelalterliche Geschichte an der Philipps-Universität Marburg und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er betreute bis 2018 die Vor- und Frühgeschichtliche Lehrsammlung des Mainzer Instituts für Altertumswissenschaften, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war.

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Dr. Patrick Schollmeyer (PS) ist seit 1998 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz tätig und betreut dort die Sammlungen der Klassischen Archäologie. Er studierte Klassische Archäologie, Alte Geschichte, Ägyptologie und Kunstgeschichte an den Universitäten Mainz, Bonn und Heidelberg, wo er 1997 promoviert wurde. Er fungiert aktuell als Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Antikenmuseen im Deutschen Archäologen-Verband, dessen Vorsitzender er zugleich ist. Ausgezeichnet 2012 mit dem Lehrpreis des Senats der Universität Mainz, realisierte er bereits zahlreiche fachliche Sonderausstellungsprojekte gemeinsam mit Studierenden. Zudem arbeitet er seit 2014 interdisziplinär als Kurator der sogenannten »Schule des Sehens«, des Schaufensters für Wissenschaft und Kunst der Johannes Gutenberg-Universität. Karen Stuckert, M. A., (KS) leitet seit 2017 die Bereichsbibliothek Philosophicum und ist seit 2009 Fachreferentin an der Universitätsbibliothek Mainz. Sie studierte Romanistik, Germanistik und Kulturgeographie an der Universität Mainz und der Université de Bourgogne und beendete ihr Studium mit dem Doppelabschluss Magister Artium und Maîtrise en Lettres Modernes. Im Anschluss absolvierte sie ein Volontariat zur wissenschaftlichen Dokumentarin. Nach Projektarbeit für die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar und dem Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt am Main führte ein weiteres DFG-Projekt für die virtuelle Fachbibliothek für den Romanischen Kulturkreis sie zurück nach Mainz an die Universitätsbibliothek. Als Fachreferentin für die Germanistik zeichnet sie für die Sammlung Clemens Brentano verantwortlich.

Prof. Dr. Vasiliki Tsamakda studierte Geschichte und Archäologie an der Universität Kreta sowie Klassische Archäologie und Kunstgeschichte an der Universität Leipzig. 2001 wurde sie an der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaften der Ruprecht-­KarlsUniversität Heidelberg promoviert. Nach einer Tätigkeit als Lehrbeauftragte am Institut für Byzantinische Archäologie und Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg war sie von 2006 bis 2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturgeschichte der Antike der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. 2008 wurde sie an der Fakultät für Kulturwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München habilitiert und übernahm anschließend eine Vertretungsprofessur am dortigen Institut für Byzantinistik, Byzantinische Kunstgeschichte und Neogräzistik. Seit 2009 ist sie Professorin für Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Dr. Klaus T. Weber (KW) studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Volkskunde in Mainz und Marburg. 1994 schloss er sein Studium an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit der Magisterarbeit »Die Liebfrauenkirche in Arnstadt« ab. 2000 wurde ­ er mit der Arbeit »Die preußischen Festungsanlagen« von Koblenz promoviert. Von 1994 bis 2001 war er als freiberuflicher Kunsthistoriker unter anderem für das Bistum Limburg, die »Internationalen Tage Ingelheim« und das Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz tätig. Von 2001 bis 2010 war er Lehrbeauftragter an der Universität Koblenz-Landau. Seit 2001 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und seit 2014 Leiter des Servicezentrums Digitalisierung und Fotodokumentation der Universitätsbibliothek.

apl. Prof. Dr. Klaus Wendt studierte Physik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Dem Diplom folgte ein fünfjähriger Promotionsauf­ enthalt am Europäischen Beschleunigerzentrum CERN in Genf, wo er Laserspektroskopie zu kernphysikalischen Fragestellungen einsetzte. Seit 1988 befasst er sich als wissenschaftlicher Leiter der Arbeitsgruppe LARISSA in Mainz mit Entwicklung und Einsatz von dezidierten Lasern und Massenspektrometern, die an führenden Großforschungseinrichtungen weltweit eingesetzt werden. Die hochselektiven Verfahren erlauben die Ultraspurenbestimmung geringster radiotoxischer Kontaminationen sowie wichtige Präzisionsmessungen im Bereich von Atom-, Kern- und Teilchenphysik. 1999 Habilitation und 2004 Benennung zum außerplanmäßigen Professor am Institut für Physik. Dr. Monika Zöller-Engelhardt (MZE) ist seit 2015 als Postdoktorandin am Arbeitsbereich Ägyptologie im Institut für Altertumswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz beschäftigt. Sie studierte Ägyptologie und Vergleichende Sprachwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und wurde hier auch im Fachgebiet Ägyptologie mit einer interdisziplinären Arbeit zu Sprachwandelprozessen im Ägyptischen promoviert. Seit 2004 nimmt sie regelmäßig an Feldforschungen in Ägypten teil, ihr Spezialgebiet ist die Bearbeitung von Holzfunden. 2012 war sie an einer großen Ägypten-Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz in Speyer beteiligt und als Ausstellungsbegleitung in der Wanderausstellung »Tutanchamun. Sein Grab und die Schätze« in Frankfurt am Main tätig. In ihr Aufgabengebiet als wissenschaftliche Mitarbeiterin fällt unter anderem die Betreuung der Ägyptologischen Studiensammlung. Prof. Dr. Wolfgang Zwickel (WZ) nach seinem Studium der Evangelischen Theologie, Altorientalistik / Vorderasiatischen Archäologie, Ägyptologie und Vor- und Frühgeschichte in München und Tübingen war er zunächst Assistent in Tübingen, dann in Kiel; dort erfolgten auch die Promotion und die Habilitation im Bereich Altes Testament. Seit zwanzig Jahren hat er an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz den Lehrstuhl für Altes Testament und Biblische Archäologie inne.

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LITERATUR Allgemeine Publikationen zu den Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Neuere Publikationen mit direktem Bezug zu einzelnen Sammlungen der Universität Mainz

Brandstetter, Anna-Maria, und Vera Hierholzer (Hg.): Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und wissenschaftlichen Sammlungen, Göttingen 2018, erschienen als Print-Ausgabe und Open-Access-Publikation: www.v-r.de/de/ nicht_nur_raubkunst/t-1/1097499/.

Ägyptologische Studiensammlung Blase, Gerd: Unterstützung auf allen Ebenen, in: JGU Magazin, Mainz 2016,www.magazin.uni-mainz.de/4326_DEU_HTML.php.

George, Christian, Kirsten Grimm, Vera Hierholzer und Patrick Schollmeyer (Hg.): Die Braut, der Hammer und das Fahrrad. Mainzer Unigeschichten. Katalog zur Ausstellung anlässlich des 70-jährigen Jubiläums der Wiedereröffnung der ­Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2016. Gilles, Susanne: Auf dem Weg zu einer Sammlungskonzep­ tion – Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen Sammlungen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Berlin 2015, https://d-nb.info/1093242841/34 [11. Mai 2018]. Hierholzer, Vera: Die Koordination wissenschaftlicher Universitätssammlungen als neues Aufgabenfeld für Universitätsbibliotheken – das Beispiel der Universitätsbibliothek Mainz, in: Südwest-Info. Mitteilungsblatt des VDB-Regionalverbands Südwest 29 (2016), S. 15–18. Hierholzer, Vera, und Winfried Wilhelmy (Hg.): Ziemlich beste Freunde. Die Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zu Gast im Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum Mainz (Publikationen des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums 7), Mainz 2016. Beiträge zu den Sammlungen werden in unregelmäßigen Abständen in folgenden Online-Ressourcen veröffentlicht: Ansichtssache! Objektgeschichten aus den Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (bis 2016 unter dem Titel: Objekt des Monats), www.sammlungen.unimainz.de/124.php.

Blase, Gerd: Vom Heilwasser des Horus zum Hängebauch Echnatons, in: JGU Magazin, Mainz 2015, www.magazin.unimainz.de/2474_DEU_HTML.php. Zöller-Engelhardt, Monika: Die Binse in der Hand – die Schreiberstatue des Henka, Objekt des Monats August 2014 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2014, www.sammlungen.uni-mainz.de/740.php. Zöller-Engelhardt, Monika: Stellvertreter für die Ewigkeit – die Sitzstatue des Metjen, in: Ansichtssache! Objektgeschichten aus den Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2017, www.sammlungen.uni-mainz.de/2049.php. Altorientalistische Lehrsammlung Blase, Gerd: Keilschrift entziffern lernen, in: JGU Magazin, Mainz 2015, www.magazin.uni-mainz.de/3948_DEU_HTML.php. Prechel, Doris: Ein Kudurru des Marduk-apla-iddina II, Objekt des Monats September 2014 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2014, www.sammlungen. uni-mainz.de/746.php. Archäobotanische Vergleichssammlung Blase, Gerd: Vom Kern der Dinge, in: JGU Magazin, Mainz 2015, www.magazin.uni-mainz.de/4042_DEU_HTML.php. König, Margarethe: Landschaftsgeschichte und ihre Methoden, in: Christoph Ernst, Bernd-Stefan Grewe und Joachim Kuntz (Hg.): Beiträge zur Umweltgeschichte 1 (Tagungen des Arbeitskreises Forstgeschichte in Rheinland-Pfalz 1995 in Verbindung mit dem Sonderforschungsbereich 235), Trier 1996, S. 7–11.

König, Margarethe: Archäobotanik in Trier – ein Resümee, in: Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier 34 (2002), S. 113a–122. König, Margarethe: Wild oder kultiviert – rot oder weiß?, Objekt des Monats Juni 2015 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2015, www.sammlungen. uni-mainz.de/1107.php. Biblisch-Archäologische Sammlung Blase, Gerd: Der Turm zu Babel steht im Keller, in: JGU Magazin, Mainz 2014, www.magazin.uni-mainz.de/2316_DEU_ HTML.php. Zwickel, Wolfgang: Ein Ossuar aus der Umgebung von Jerusalem, Objekt des Monats Januar 2014 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2014, www. sammlungen.uni-mainz.de/591.php. Botanischer Garten Blase, Gerd: Expedition durch 470 Millionen Jahre Pflanzengeschichte, in: JGU Magazin, Mainz 2013, www.magazin.unimainz.de/1717_DEU_HTML.php. Omlor, Ralf: Pflanzen, Forschen, Erhalten. 60 Jahre Botanischer Garten Mainz, in: Mainz. Vierteljahreshefte 2 (2007), S. 1–8.

Sammlung Clemens Brentano Baader, Peter: Die Brentano-Sammlung und die übrigen handschriftlichen Bestände der Universitätsbibliothek Mainz. Sonderdruck aus: Jahrbuch der Vereinigung Freunde der Universität Mainz, Mainz 1960. Blase, Gerd: Die Maus, der Dichter und der Tanz, in: JGU Magazin, Mainz 2015, www.magazin.uni-mainz.de/4074_DEU_ HTML.php. Ethnografische Studiensammlung Blase, Gerd: Bronzekopf erzählt von afrikanischer Kultur und europäischen Plünderern, in: JGU Magazin, Mainz 2012, www.magazin.uni-mainz.de/630_DEU_HTML.php. Brandstetter, Anna-Maria: Einkaufen en gros, Verkaufen en détail – zwei Stabkarten von den Marshallinseln, Objekt des Monats März 2015 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2015, www.sammlungen.unimainz.de/809.php. Brandstetter, Anna-Maria: Kolonialwaren. Objekte aus Namibia in der Ethnografischen Studiensammlung Mainz, in: Anna-Maria Brandstetter und Vera Hierholzer (Hg.): Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären S. 147–159. Auch online: Sammlungen, Göttingen 2018, ­ www.v-r.de/de/nicht_nur_raubkunst/t-1/1097499/.

Omlor, Ralf: Maguey de pulque – die große Agave im Botanischen Garten, Objekt des Monats Februar 2014 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2014, www.sammlungen.uni-mainz.de/641.php.

Brandstetter, Anna-Maria: Tjurunga, in: Heike Gfrereis und Ulrich Raulff (Hg.): Der Wert des Originals, Marbach 2014,­ S. 112–113.

Omlor, Ralf (Hg.): Gart der Gesundheit … daryn vieler kreuter krafft und natuer mit yren rechten farben und gestalt. Begleitheft zum Arzneipflanzengarten Gart der Gesundheit im Botanischen Garten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2017.

Kohl, Karl-Heinz (Hg.): Das exotische Ding. Geschichten einer Sammlung [Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung anlässlich des 50. Jahrestags der Wiederbegründung der JGU Mainz, 18. April–30. Mai 1996], Mainz 1996.

Schmidt, Loki: Die Botanischen Gärten in Deutschland, Hamburg 1997.

JGU Magazin, Mainz, www.magazin.uni-mainz.de. 298

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Anhang // Literatur

Sammlung Geometrischer Modelle Bär, Patricia: Historische geometrische Modelle von Quadriken. Masterarbeit im Fachbereich Physik, Mathematik und Informatik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2017.

Grimm, Kirsten I.: Phonolith – Gestein des Jahres 2014, Objekt des Monats Oktober 2014 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2014, www.sammlungen. uni-mainz.de/750.php.

Herbarium Blase, Gerd: Die Sammlung wächst und wächst, in: JGU Magazin, Mainz 2013, www.magazin.uni-mainz.de/1421_DEU_ HTML.php.

Blase, Gerd: Mathematik in Händen halten, in: JGU Magazin, Mainz 2017, www.magazin.uni-mainz.de/7909_DEU_HTML.php.

Grimm, Kirsten I.: Rotes Erz mit langer Geschichte, Objekt des Monats Oktober 2015 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2015, www.sammlungen.unimainz.de/1275.php.

Hecker, Ulrich: Die Herbarien des Instituts für Spezielle Botanik und Botanischer Garten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, in: Mainzer Naturwissenschaftliches Archiv 17 (1979), S. 151–158.

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Grimm, Kirsten I.: Die Paläontologische Sammlung am Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität, in: Mainzer Naturwissenschaftliches Archiv, 2018 [im Druck]. Grimm, Kirsten I., und Bernd R. Schöne: Paleontological Collections of the University of Mainz (geoscientific collections), in: Lothar Beck und Ulrich Joger: Paleontological Collections of Germany, Austria and Switzerland, Berlin 2018 [im Druck]. Gesangbucharchiv Blase, Gerd: 4.000 Lackmusstreifen der Geschichte, in: JGU Magazin, Mainz 2013, www.magazin.uni-mainz.de/1257_ DEU_HTML.php. Franz, Ansgar, und Christiane Schäfer: »Es ist doch unser Tun umsonst?« Die Aufnahme der Lieder Martin Luthers »wie auch anderer seiner getreuen Nachfolger und reiner Evangelischer Lehr Bekenner« in die katholische Gesangbuchtradition, in: Kirchenmusikalisches Jahrbuch 101 (2017). Franz, Ansgar, und Hermann Kurzke: Hymnologie – was ist das eigentlich?, in: Natur & Geist. Das Forschungsmagazin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 1/2010, S. 42–45.

Sammlungen der Indologie Blase, Gerd: Buddhas Nase und das Glück, in: JGU Magazin, Mainz 2014, www.magazin.uni-mainz.de/2170_DEU_HTML.php. Indische Bronzen der Sammlung Ursula Walter. Ein kleiner Katalog, in: Religiosität und Sprache 1: Alltagssprache und ­sa­krale Sprache, Münster 2006, S. 137–225, Neuauf­ lage: Mainz 2013. Meisig, Marion: Der Bodhisattva als Musiker Guttila, Objekt des Monats Oktober 2013 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2013, www.sammlungen. uni-mainz.de/556.php. Meisig, Marion: Dämonen und Planeten – Ritualbilder aus Sri Lanka, Objekt des Monats April 2015 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2015, www.sammlungen.uni-mainz.de/961.php. Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen Blase, Gerd: Literatur jenseits von Klischees und Schubladen, in: JGU Magazin, Mainz 2016, www.magazin.uni-mainz. de/4582_DEU_HTML.php.

Kurzke, Hermann: Mit dem Glauben unterwegs, Objekt des Monats August 2016 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2016, www.sammlungen.unimainz.de/1511.php.

Geider, Thomas: Janheinz Jahn als Vermittler afrikanischer Literatur in den deutschen Sprachraum und die Weltliteratur, in: Anna-Maria Brandstetter und Carola Lentz (Hg.): 60 Jahre Institut für Ethnologie und Afrikastudien. Ein Geburtstagsbuch, Köln 2006, S. 141–161.

Scheidgen, Andreas: »Ihm soll Lob und Preis erschallen«. Wie Kirchenlieder die kulturgeschichtlichen Zeitläufe spiegeln, in: forschung. Das Magazin der Deutschen Forschungsgemeinschaft 2/2010, S. 4–9.

Oed, Anja: Literaturen in afrikanischen Sprachen und die Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen, in: Anna-Maria Brandstetter und Carola Lentz (Hg.): 60 Jahre Institut für Ethnologie und Afrikastudien. Ein Geburtstagsbuch, Köln 2006, S. 163–177.

Oed, Anja: Meisterdetektiv Akins neuester Fall – nigerianischer Kollege von Sherlock Holmes ermittelt auf Yorùbá, Objekt des Monats September 2015 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2015, www.sammlungen. uni-mainz.de/1153.php. Oed, Anja: Die stürmische Göttin und der mächtige Elefant, in: Ansichtssache! Objektgeschichten aus den Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2017, www.sammlungen.uni-mainz.de/1533.php. Schwarz, Anja (mit Flora Veit-Wild): Passionate and Controversial: Janheinz Jahn as a Mediator of Cultures Among Europe, Africa, and America, in: Ineke Phaf-Rheinberger und Tiago de Oliveira Pinto (Hg.): AfricAmericas. Itineraries, Dialogues, and Sounds, Frankfurt am Main 2008, S. 27–35. Seiler-Dietrich, Almut: Janheinz Jahn und die neoafrikanische Literatur, in: Flora Veit-Wild (Hg.): Nicht nur Mythen und Märchen. Afrika-Literaturwissenschaft als Herausforderung, Trier 2003, S. 94–113. Klassisch-Archäologische Sammlungen Blase, Gerd: Auf ins Actionkino der Antike, in: JGU Magazin, Mainz 2012, www.magazin.uni-mainz.de/860_DEU_HTML.php. Böhr, Elke: Corpus Vasorum Antiquorum, Deutschland, Band 63, Mainz Universität Band 2, München 1993. Hampe, Roland, und Erika Simon: Corpus Vasorum Antiquorum, Deutschland, Band 15, Mainz Universität Band 1, München 1959. Hampe, Roland: Ein frühattischer Grabfund, Mainz 1960. Hampe, Roland, und Erika Simon: Griechisches Leben im Spiegel der Kunst, Mainz 1959; 2. Auflage, Mainz 1985. Junker, Klaus (Hg.): Aus Mythos und Lebenswelt. Griechische Vasen aus der Sammlung der Universität Mainz, Ausstellungskatalog, Worms 1999.

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Anhang // Literatur

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Peschlow, Urs: Die Mosaiken im Lichthof, Objekt des Monats September 2013 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2013, www.sammlungen.unimainz.de/551.php.

Dorsch, Hauke: Das Archiv für die Musik Afrikas am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, in: Ethnoscripts 13 (2011), S. 173–180.

Osteologische Lehrsammlung Blase, Gerd: Geschichte in Schädeln, in: JGU Magazin, Mainz 2013, www.magazin.uni-mainz.de/1659_DEU_HTML.php.

Dorsch, Hauke: Vom »Indépendance Cha Cha« zu »Quitte Le Pouvoir«: Afrikanische Popmusik seit der Unabhängigkeitsära, in: Thomas Bierschenk und Eva Spies (Hg.): 50 Jahre Unabhängigkeit in Afrika – Kontinuitäten, Brüche, Perspektiven. Köln 2012, S. 501–523.

Herlyn, Holger: Von Menschen und anderen Affen, Objekt des Monats November 2015 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz 2015, www.sammlungen.unimainz.de/1413.php.

Schollmeyer, Patrick: Die Sammlungen des Instituts für Klassische Archäologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, in: Florian M. Müller (Hg.): Archäologische Universitätsmuseen und -sammlungen im Spannungsfeld von Forschung, Lehre und Öffentlichkeit, Wien 2013, S. 417–428.

Schmitt, Otto: Führer durch die Sammlungen des Vereins für Plastische Kunst Mainz, Mainz 1915. Weber, Klaus T.: Tanz nach dem Krieg, Objekt des Monats November 2014 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2014, www.sammlungen.uni-mainz. de/754.php.

Schollmeyer, Patrick: Ein Brautgeschenk mit moralischem Anspruch – der Mainzer Lekanis-Deckel Inv. 118, Objekt des Monats Mai 2013 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2013, www.sammlungen.uni-mainz. de/376.php.

Weber, Klaus T.: Rätselhafte Verkündigung, in: Ansichtssache! Objektgeschichten aus den Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2017, www.sammlungen.unimainz.de/2035.php.

Schollmeyer, Patrick: Bis auf die Knochen – die Häutung des Marsyas, Objekt des Monats August 2013 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2013, www.sammlungen.uni-mainz.de/548.php.

Medizinhistorische Sammlung Blase, Gerd: Mit dem Lebenswecker gegen Arthritis, in: JGU Magazin, Mainz 2014, www.magazin.uni-mainz.de/1833_ DEU_HTML.php.

Schollmeyer, Patrick: Notebooks der Goethezeit – die Daktyliothek des Sebastian Hess, Objekt des Monats Mai 2014 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2014, www.sammlungen.uni-mainz.de/718.php.

Prüll, Livia: Die Ursprünge unserer heutigen Medizin, Objekt des Monats August 2015 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2015, www.sammlungen. uni-mainz.de/1024.php.

Schollmeyer, Patrick: Unter dem Schutz der Götter. Griechisches Leben im Spiegel der Kunst, Darmstadt 2015.

Münzsammlung Blase, Gerd: Kleingeld war groß bei den Römern, in: JGU Magazin, Mainz 2013, www.magazin.uni-mainz.de/1426_DEU_ HTML.php.

Kunstgeschichtliche Sammlungen Fuhrmeister, Christian (Hg.): »Führerauftrag Monumentalmalerei«: eine Fotokampagne 1943–1945, Köln 2006. Hamann-McLean, Richard (Hg.): Robert Gerstenkorn 1877– 1965 (Kleine Schriften der Gesellschaft für Bildende Kunst in Mainz 36), Mainz 1968.

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Carlà, Filippo, und Claudine Walther: Ein römischer Denar des Münzmeisters Nerva mit Wahlszene, Objekt des Monats November 2013 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2013, www.sammlungen.unimainz.de/583.php.

Dorsch, Hauke: Preisgesang auf Dichterfürsten und Präsidenten – Lamine Kontés »Chant du Nègre... Chant du Monde...«, Objekt des Monats März 2014 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2014, www.sammlungen. uni-mainz.de/678.php. Dorsch, Hauke: Von Been-Tos und afrikanisch-amerikanischem Musikaustausch, Objekt des Monats Mai 2015 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2015, www.sammlungen.uni-mainz.de/970.php. Dorsch, Hauke, und Markus Verne: Schwarze Musik lagert in Mainz, in: Das Parlament, Nr. 10–11, 7. März 2011, www.dasparlament.de/2011/10_11/Themenausgabe/­33656838/312968. Musikwissenschaftliche Sammlungen Blase, Gerd: Schatzkiste voller regionaler Musikgeschichte, in: JGU Magazin, Mainz 2016, www.magazin.uni-mainz. de/5151_DEU_HTML.php.

Herlyn, Holger: The phylogenetic system of primates – character evolution in the light of a consolidated tree, in: Organisms Diversity and Evolution 16 (2016), S. 689–713. Prinz Johann Georg-Sammlung Blase, Gerd: Von der Vielfalt des Glaubens, in: JGU Magazin, Mainz 2017, www.magazin.uni-mainz.de/8242_DEU_HTML.php. Galavaris, George, und Richard Hamann-MacLean: Brotstempel aus der Prinz Johann Georg-Sammlung in Mainz (Hefte des Kunstgeschichtlichen Instituts der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 3, Studienheft der Prinz Johann Georg-Sammlung 1), Mainz 1979. Heide, Birgit (Hg.): Sammler – Pilger – Wegbereiter. Die Sammlung des Prinzen Johann Georg von Sachsen, Mainz 2004. Horn, Martina: Klein, aber fein – ein rätselhaftes frühbyzantinisches Porträtmedaillon, Objekt des Monats Februar 2015 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2015, www.sammlungen.uni-mainz.de/802.php.

Köppl, Chantal: Jan Le Febures Rosetum Marianum (1609), in: Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft für mittelrheinische Musikgeschichte 89 (2018), S. 50–66.

Renner-Volbach, Dorothee: Die Textilien in der Sammlung des Prinzen Johann Georg von Sachsen, Wiesbaden 1982.

Riedel, Friedrich W.: Musik als Krönung des Lebens, in: Walter Heist: Ein Leben im Schatten des Domes. Zum Gedächtnis an Adam Gottron, Mainz 1973, S. 20–26.

Weber, Wilhelm: Die Prinz Johann Georg-Sammlung des Kunstgeschichtlichen Instituts der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 1981.

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Anhang // Literatur

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Vor- und Frühgeschichtliche Lehrsammlung Blase, Gerd: 100.000 Jahre Menschheitsgeschichte, in: JGU Magazin, Mainz 2017, www.magazin.uni-mainz.de/5247_ DEU_HTML.php. Haupt, Peter: Masse statt Klasse, Objekt des Monats Januar 2015 der Sammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz 2015, www.sammlungen.uni-mainz.de/794.php. Haupt, Peter: Ein Alabastergefäß aus dem Mainzer Legionslager, in: Berichte zur Archäologie in Rheinhessen und Umgebung 9 (2016), S. 45–50. Jung, Patrick, und Nina Schücker (Hg.): 1000 gestempelte Sigillaten aus Altbeständen des Landesmuseums Mainz (Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 132), Bonn 2006. Zoologische Lehrsammlung Blase, Gerd: Alte Präparate für moderne Lehre, in: JGU Magazin, Mainz 2016, www.magazin.uni-mainz.de/4510_DEU_ HTML.php. Niethammer, G.: Otto Natorp zum Gedächtnis, in: Journal für Ornithologie 97 (1956), S. 438–440.