Wa(h)re Archäologie: Die Medialisierung archäologischen Wissens im Spannungsfeld von Wissenschaft und Öffentlichkeit [1. Aufl.] 9783839420379

Archäologie wird in populären Wissensprodukten oftmals wirkmächtig vermarktet. Marco Kircher erörtert die zentralen Span

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Wa(h)re Archäologie: Die Medialisierung archäologischen Wissens im Spannungsfeld von Wissenschaft und Öffentlichkeit [1. Aufl.]
 9783839420379

Table of contents :
Inhalt
1. Vorwort
2. Einführung
2.2. Forschungsgegenstand
2.3. Ziele
2.4. Fragestellungen
2.5. Gliederung
2.6. Begriffsdefinitionen
3. Theorie und Methode
3.1. Theoretische Annahmen
3.1.1. Wissenschaft und Medien
3.1.2. Wissensweitergabe
3.2. Methodik
3.2.1. Grundlage
3.2.2. Interviews
4. Wissensverbreitung und Medien
4.1. Grundlagen der Medienlandschaft
4.2. Formen der Wissensverbreitung
4.2.1. Wissensgesellschaft
4.2.2. Gesellschaftlich-mediale Rahmenbedingungen
4.2.3. Wissenskommunikation
4.3. Wissensvermittlung in der Erlebnisgesellschaft
4.3.1. Emotionen
4.3.2. Unterhaltung
4.4. Visuelle Einflüsse
4.4.1. Wirkmacht der Bilder
4.4.2. Bilder als Wissensprodukte
4.5. Lernen
5. Popularisierung von Archäologie
5.1. Forschungsstand
5.2. Formen und Akteure populärer Vermittlung
5.3. Alternativarchäologie
5.4. Kommerzielle Verwertungen
5.5. Der Alte Orient im Diskurs
6. Ausstellungen
6.1. Reflexionen zum Ausstellungswesen
6.2. Besucherforschung
6.3. Kulturhistorische Ausstellungen
6.4. Sonderausstellungen
6.5. Fallbeispiele
6.5.1. Babylon – Mythos und Wahrheit
6.5.2. Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze
6.5.3. Schätze des Alten Syrien – Die Entdeckung des Königreiches Qatna
6.6. Fazit
7. Fernsehen
7.1. Merkmale der Produktion und Rezeption
7.2. Archäologie im Spielfilm
7.3. „Sciencetainment“ oder Wissensvermittlung im TV
7.4. TV-Dokumentationen
7.5. „Where great minds make history“ oder Geschichte und Archäologie im TV
7.5.1. Die Terra X-Sendereihe
7.6. Fallbeispiele
7.6.1. Babylon-Tower
7.6.2. Jenseits von Eden – Lifestyle in der Steinzeit
7.6.3. Qatna – Entdeckung in der Königsgruft
7.6.4. Fazit
7.7. Ausblick
8. Internet
8.1. Kennzahlen und Kennzeichen
8.2. Präsentationsarten
8.2.1. Web 2.0
8.3. Das Internet als Wissensmedium
8.4. Problemfelder
8.5. Internet und Archäologie
9. Interviewauswertung
9.1. Interviewerfahrungen
9.2. Analyse
9.3. Fazit
10. Synthese
10.1. Aspekte der Wissensvermittlung
10.1.1. Generelle Tendenzen
10.1.2. Aufbereitung von Archäologie
10.1.3. Kommerzialisierungen
10.1.4. Mediale Einflüsse
10.1.5. Rolle der akademischen Wissenschaften
10.2. Untersuchungsergebnisse
10.3. Zukunftstrends
10.4. Forschungsdesiderate
11. Ausblick
12. Das Wichtigste zum Schluss – Dank an
12.1. Nachwort
13. Quellenverzeichnis
14. Anhang

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Marco Kircher Wa(h)re Archäologie

Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen History in Popular Cultures | Band 7

Editorial In der Reihe Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen | History in Popular Cultures erscheinen Studien, die populäre Geschichtsdarstellungen interdisziplinär oder aus der Perspektive einzelner Fachrichtungen (insbesondere der Geschichts-, Literatur- und Medienwissenschaft sowie der Ethnologie und Soziologie) untersuchen. Im Blickpunkt stehen Inhalte, Medien, Genres und Funktionen heutiger ebenso wie vergangener Geschichtskulturen. Die Reihe wird herausgegeben von Barbara Korte und Sylvia Paletschek (geschäftsführend) sowie Hans-Joachim Gehrke, Wolfgang Hochbruck, Sven Kommer und Judith Schlehe.

Marco Kircher (Dr. phil.) hat an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. promoviert.

Marco Kircher

Wa(h)re Archäologie Die Medialisierung archäologischen Wissens im Spannungsfeld von Wissenschaft und Öffentlichkeit

Soli Deo Gloria Dieses Buch ist die überarbeitete Version der Dissertation, die 2011 an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. eingereicht wurde. Der Druck dieses Buches erfolgte mit freundlicher Unterstützung von Semmel Concerts GmbH, der Wissenschaftlichen Gesellschaft Freiburg im Breisgau sowie der Graduiertenschule Kultur- und Sozialwissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlagkonzept: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Nachtfotografie auf der Ausgrabungsstätte Qatna (Syrien). Im Vordergrund des langzeitbelichteten Bildes ist ein Laserscan eines Palastanbaus zu sehen, der zu Fotografiezwecken in die Nacht verlegt wurde, im Hintergrund das Zelt des Nachtwächters. Fotografie und Copyright: Marc Steinmetz, 2009. Lektorat: Marco Kircher, Volker Haase Satz: Marco Kircher Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-2037-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhalt

1.

Vorwort | 9

2.

Einführung | 11

2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6.

Warum diese Forschung? | 11 Forschungsgegenstand | 14 Ziele | 16 Fragestellungen | 17 Gliederung | 17 Begriffsdefinitionen | 18

3.

Theorie und Methode | 21

3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.2. 3.2.1. 3.2.2.

Theoretische Annahmen | 21 Wissenschaft und Medien | 21 Wissensweitergabe | 23 Methodik | 26 Grundlage | 26 Interviews | 29

4.

Wissensverbreitung und Medien | 33 Grundlagen der Medienlandschaft | 33 Formen der Wissensverbreitung | 38 Wissensgesellschaft | 38 Gesellschaftlich-mediale Rahmenbedingungen | 43 Wissenskommunikation | 48 Wissensvermittlung in der Erlebnisgesellschaft | 63 Emotionen | 69 Unterhaltung | 72 Visuelle Einflüsse | 75 Wirkmacht der Bilder | 75 Bilder als Wissensprodukte | 78 Lernen | 82

4.1. 4.2. 4.2.1. 4.2.2. 4.2.3. 4.3. 4.3.1. 4.3.2. 4.4. 4.4.1. 4.4.2. 4.5.

5.

Popularisierung von Archäologie | 87

5.1. 5.2. 5.3. 5.4. 5.5.

Forschungsstand | 90 Formen und Akteure populärer Vermittlung | 92 Alternativarchäologie | 97 Kommerzielle Verwertungen | 104 Der Alte Orient im Diskurs | 107

6.

Ausstellungen | 111 Reflexionen zum Ausstellungswesen | 112 Besucherforschung | 116 Kulturhistorische Ausstellungen | 118 Sonderausstellungen | 119 Fallbeispiele | 121 Babylon – Mythos und Wahrheit | 122 Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze | 134 Schätze des Alten Syrien – Die Entdeckung des Königreiches Qatna | 147 Fazit | 154

6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.5. 6.5.1. 6.5.2. 6.5.3. 6.6.

7.5.1. 7.6. 7.6.1. 7.6.2. 7.6.3. 7.6.4. 7.7.

Fernsehen | 161 Merkmale der Produktion und Rezeption | 161 Archäologie im Spielfilm | 165 „Sciencetainment“ oder Wissensvermittlung im TV | 168 TV-Dokumentationen | 172 „Where great minds make history“ oder Geschichte und Archäologie im TV | 174 Die Terra X-Sendereihe | 181 Fallbeispiele | 183 Babylon-Tower | 183 Jenseits von Eden – Lifestyle in der Steinzeit | 191 Qatna – Entdeckung in der Königsgruft | 197 Fazit | 205 Ausblick | 209

8.

Internet | 211

8.1. 8.2. 8.2.1. 8.3. 8.4. 8.5.

Kennzahlen und Kennzeichen | 211 Präsentationsarten | 215 Web 2.0 | 217 Das Internet als Wissensmedium | 228 Problemfelder | 230 Internet und Archäologie | 232

7.

7.1. 7.2. 7.3. 7.4. 7.5.

9.

Interviewauswertung | 239

9.1. 9.2. 9.3.

Interviewerfahrungen | 240 Analyse | 241 Fazit | 264

Synthese | 265 10.1. Aspekte der Wissensvermittlung | 266 10.1.1. Generelle Tendenzen | 266 10.1.2. Aufbereitung von Archäologie | 268 10.1.3. Kommerzialisierungen | 272 10.1.4. Mediale Einflüsse | 275 10.1.5. Rolle der akademischen Wissenschaften | 278 10.2. Untersuchungsergebnisse | 280 10.3. Zukunftstrends | 284 10.4. Forschungsdesiderate | 288 10.

11.

Ausblick | 291

12.

Das Wichtigste zum Schluss – Dank an | 297

12.1. Nachwort | 298 13.

Quellenverzeichnis | 299

14.

Anhang | 345

1. Vorwort

Diese Arbeit handelt von der Aufbereitung archäologischer Erkenntnisse für ein breites Publikum. Sie ist interdisziplinär angelegt und beinhaltet Aspekte diverser soziologischer Richtungen, der Vorderasiatischen Altertumskunde, verschiedener archäologischer Wissenschaften, der Geschichtswissenschaften, der Museologie sowie der Medien- und Kommunikationswissenschaften. Daher gibt es keine eng gefasste Zielgruppe der Leserschaft. Vielmehr ist diese Arbeit gedacht als Anstoß für alle Interessierten und Involvierten im gesamten Bereich der Kultur- und Geschichtswissenschaften, aber auch für diejenigen Personen aus der Medienbranche, welche in der Wissensvermittlung tätig sind. Nicht zuletzt aufgrund des potentiell breiten Leserkreises schließe ich mich Meyen (2001: 42f; vgl. Schneider 1995) an, der – im Sinne von Schopenhauer und Popper – fordert, wissenschaftliche Ergebnisse verständlich zu vermitteln, und verwende eine möglichst allgemeinverständliche Ausdrucksweise. Bezüglich der Berücksichtigung beider Geschlechter sind in den Formulierungen, sofern möglich, Begriffe genutzt, die in einem Wort beide Geschlechter integrieren. Wenn eine doppelte Bezeichnung notwendig gewesen wäre, wurde aus Gründen der Lesefreundlichkeit die männliche Form gewählt, die aber den weiblichen Personenkreis mit einschließt. Genauso wie jeder andere Forscher bin auch ich von meinem Umfeld und meinen Ideen beeinflusst. Neben der Familienprägung haben gerade die Erfahrungen beruflicher Art und die universitäre Ausbildung entscheidenden Anteil an meiner Denk- und Arbeitsweise. Sowohl die Seminarthemen als auch die Charaktereigenschaften der Lehrenden an den Universitäten haben mich geprägt. Ich möchte daher jedem Leser die Möglichkeit geben, eine grobe Einschätzung meiner wissenschaftlichen Persönlichkeit durch die Nennung einiger beruflicher Eckdaten vorzunehmen: Vor dem Studium absolvierte ich eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Die meiste Hochschulzeit verbrachte ich an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, außerdem erfolgten Auslandsaufenthalte in Frankreich (Université Pierre Mendès France in Grenoble), in Irland (University College Dublin) sowie die Teilnahme an Seminaren an der Universität Basel. Neben Vorderasiatischer Archäolo-

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gie studierte ich Urgeschichtliche Archäologie sowie einige Semester Ethnologie. Während des Studiums nahm ich neben traditionell archäologischen Lehrveranstaltungen an Seminaren über Wissenschaftsjournalismus1 sowie Museologie in Bezug auf die Präsentation des Alten Orients teil. Ferner arbeitete ich an einem mehrsemestrigen Ausstellungsprojekt über die öffentliche Faszination an Archäologie mit. Die Teilnahme an verschiedenen Exkursionen und Ausgrabungen haben mich darüber hinaus archäologische Vorgehensweisen in anderen Ländern kennen lernen lassen. Der Besuch von mehreren Kongressen zu Themen der Wissenspopularisierung und der qualitativen Sozialforschung sowie die Teilnahme an diversen Seminaren zu Medien- und Journalismuskompetenzen haben mir Kenntnisse ermöglicht, welche über die üblichen kulturhistorischen Inhalte einer universitären Ausbildung hinausgehen. Abgesehen von den formalen Ausgangsbedingungen dürfte noch relevant sein, dass mir persönlich die ansprechende Vermittlung von archäologischem Wissen an ein großes Laienpublikum seit einigen Jahren am Herzen liegt und diese Forschungsarbeit daher kein lästige Pflicht, sondern das Ergebnis eines gehegten Wunsches darstellt. Meiner Doktormutter Prof. Dr. Marlies Heinz, die mir diese Möglichkeit gerne eingeräumt und mich umfassend unterstützt hat, und meiner Zweitbetreuerin Prof. Dr. Barbara Korte sei daher ein großes Dankeschön ausgesprochen. Alle weiteren Personen, denen ich mit Freude Dank sagen möchte, finden sich im Kapitel 12.2

1

Im Seminar wurden Printveröffentlichungen über archäologische Themen (vorrangig über den Alten Orient) analysiert. Das Ergebnis ist publiziert in Benz/Liedmeier (2007).

2

Die eher unübliche Vorgehensweise, sich am Ende der Arbeit zu bedanken, liegt in dem Gedanken begründet, dass man nach gelesener Arbeit besser einschätzen kann, in welchen Bereichen Hilfe geleistet wurde – ähnlich wie man bei einem Spielfilm erst nach dem Anschauen einschätzen kann, welche Arbeit vonnöten war.

2. Einführung

2.1. W ARUM

DIESE

F ORSCHUNG ? „Archaeologists are obsessed with context: the context of artefacts; the context of soils across an archaeological site; the context of archaeological sites; the context of ancient cultures and past societies. Paradoxically archaeologists are less aware of their own context […].“ (RUSSELL 2002: 38)

Geschichte ist ein Millionengeschäft geworden. Motive der Vergangenheit werden in überaus vielen Facetten verwendet: archäologische Themen liefern Vorlagen für erfolgreiche Kinofilme, historische Romane erzielen hohe Auflagen, kulturhistorische Ausstellungen ziehen hunderttausende von Besuchern an, Sachbücher über Archäologie erreichen große Käuferschichten, neue Magazine mit geschichtlichen Inhalten werden aufgelegt, vergangene Kulturen bilden den Rahmen für Comicgeschichten, historische Themenparks entstehen vielerorts neu, Brett- und Computerspiele mit Handlungen in der Vergangenheit erreichen immense Verkaufszahlen, archäologische Dokumentarfilme werden im Fernsehen zur besten Sendezeit ausgestrahlt, Konsumprodukte werden mit wohlklingenden Namen aus der Vergangenheit beworben, Rollenspiele haben häufig geschichtliche Anlehnungen und im Internet wird eine ständig wachsende Vielfalt an Informationen über historische Themen bereitgestellt (vgl. Korte/Paletschek 2009b; Jensen/Wieczorek 2002; Pirker/Rüdiger et al. 2010; Heinz 2003; Schlehe et al. 2010; Heinken 2010; Samida 2010a, 2010b). Dem jeweiligen Produkt dieser – durchaus erweiterbaren – Aufzählung liegen dabei unterschiedliche Intentionen zugrunde. Eines haben die angeführten Beispiele aus dem populären Bereich jedoch gemeinsam: Sie werden maßgeblich außerhalb des kulturwissenschaftlichen Feldes produziert. Bilder der Vergangenheit entstehen

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demzufolge nicht nur durch Veröffentlichungen von Fachvertretern, sondern ebenso durch viele andere, wirkmächtige Quellen. Zugespitzt lässt sich die These formulieren, dass zwei unterschiedliche Arten von Archäologien existieren. Zum einen gibt es die akademische Disziplin mit den entsprechenden Publikationen der universitär ausgebildeten Archäologen: Wissenschaftler konstruieren theoretische Modelle und diskutieren an Universitäten, in Instituten und auf Kongressen. Sie üben praktische Feldforschung aus, restaurieren und interpretieren materielle Hinterlassenschaften, übersetzen philologische Quellen und vieles mehr. Die Ergebnisse ihrer Forschungstätigkeiten werden häufig in schriftlicher Form publiziert. Diese Aktivitäten finden größtenteils innerhalb der scientific community mit einem begrenzten Rezeptionskreis statt. Zum anderen gibt es die oben geschilderte Vielzahl von reichweitenstarken und damit einflussreichen Quellen, welche häufig von Personen erzeugt werden, die keine akademische Ausbildung in einem kulturhistorischen Fach besitzen. Diese Produkte weisen ein breites Spektrum in Bezug auf die Qualität und die Art der Darstellung auf und weichen teilweise sowohl im Inhalt als auch in der Präsentationsform erheblich von den Ergebnissen ab, die in wissenschaftlichen Publikationen zu finden sind. Die scientific community schenkt der nichtakademischen Beschäftigung mit der Vergangenheit bisher wenig Beachtung. Wie Felder et al. (2003) hervorheben, gibt es eine Kluft zwischen den Interessen der Öffentlichkeit und den wissenschaftlichen Forschungsgegenständen. Diese thematischen Lücken bleiben jedoch nicht leer, sondern scheinen von Akteuren ohne historische Ausbildung erfolgreich gefüllt zu werden (Holtorf 2005a: 64ff). Trotz der in den letzten Jahren verstärkt zu beobachtenden Interdisziplinarität innerhalb der archäologischen Wissenschaften blieb die Forschung nach den inhaltlichen Interessensgebieten der Öffentlichkeit weitgehend unbehandelt, obwohl umgekehrt von Seiten der Öffentlichkeit ein starkes Interesse an archäologischen Themen besteht (Schmidt 2002: 244ff; Young 2002; Merriman 2004b). Die Beschäftigung innerhalb der Archäologie mit der Art und Weise der vielfältigen populären Darstellungen ist ebenfalls als marginal einzustufen. Selten erfolgt seitens ausgebildeter Archäologen eine konstruktive Auseinandersetzung mit populären Veröffentlichungen; zumeist werden diese Formate ignoriert oder nur in mündlicher Form kritisiert. 1 Ohne eine Auseinandersetzung mit den Herstellungskriterien bleibt jedoch im Regelfall ungeklärt, warum das jeweilige Popularisierungsprodukt entsprechend angefertigt wurde. Mit einem besseren Kenntnisstand der medialen Umstände wäre es möglich, die Prozesse zu verstehen, die zur Produktion eines entsprechenden Formates geführt haben. In dieser Forschung werden sowohl populäre Medien wie Internet und Fernsehen als auch Ausstellungen in ihrem Kontext erläutert, da sie aufgrund ihrer Reichweite erheblichen Einfluss bei der Schaffung und Vermittlung von Wissen über vergangene Kulturen ausüben. 1

Zu vorhandenen Analysen s. Kap. 5.1, in dem der Forschungsstand behandelt wird.

E INFÜHRUNG | 13

Wolfram/Sommer (1993) fordern eine Beschäftigung mit nichtakademischen Autoren, welche archäologische Thematiken verarbeiten. Die Wichtigkeit dieser Aufforderung wird beispielsweise daran deutlich, wenn die Auflagenstärke der sogenannten pseudoarchäologischen Literatur (vgl. Fagan 2006) den Absatzzahlen der akademischen Veröffentlichungen gegenüberstellt wird. Allein von Dänikens2 Bücher, die sich fast alle mit archäologischen Themen beschäftigen, haben eine weltweite Auflage von über 65 Millionen Exemplaren erreicht,3 während die meisten Fachveröffentlichungen von Archäologen mit einer Auflage von wenigen hundert Exemplaren gedruckt werden.4 Auch Entwicklungen wie der Bau des MysteryParks (s. Kap. 5.3; vgl. Holtorf 2005a), ein künstlicher archäologischer Erlebnispark in der Schweiz, oder das geplanten Wunhenge, 5 ein Plastik-Nachbau der englischen Steinkreisanlage Stonehenge in Deutschland, zeigen auf, dass die Forderung von Sommer und Wolfram aus dem Jahre 1993 mittlerweile ein noch dringenderes Desideratum darstellt. Die Fragen, welches Interesse die Öffentlichkeit an archäologischer Forschung hat oder welche Bedürfnisse von wem geschaffen werden, sollten behandelt werden und zwar nicht zuletzt deshalb, damit die öffentlich finanzierte Forschung das öffentliche Interesse besser wahrnehmen und berücksichtigen kann (Holtorf 1993: 56; Zimmerman 2003: 144). Denn während die populären, häufig von privatwirtschaftlicher Seite angefertigten Produktionen boomen, besteht die Gefahr, dass die staatlich finanzierten Forschungs- und Vermittlungsinstanzen wie Universitäten und Museen an gesellschaftlicher und politischer Relevanz verlieren.6 Private Produktionen haben anstelle des Auftrags zur Bildung der Gesellschaft zumeist kommerzielle Interessen, was häufig zu einer einseitigen Fokussierung auf spezielle Aspekte führt. Eine These ist, dass populäres Wissen verstärkt eine Verbindung mit Elementen der Unterhaltung eingeht, um in dem immer mehr auf Profit 2

Erich von Däniken ist ein Schweizer Schriftsteller, der keine kulturhistorische Ausbildung besitzt. Details zum Lebenslauf unter http://tatjana.ingold.ch/index.php?id=lebens lauf (29.09.2011).

3

http://info.kopp-verlag.de/neue-weltbilder/verbotene-archaeologie/chris-weiland/die-schri

4

Dabei ist es keine Ausnahme, dass die Anzahl der verkauften Exemplare den zweistelli-

5

www.br-online.de/bayerisches-fernsehen/frankenschau/frankenschau-archiv-090621-ID1

ften-der-maya-kehren-am-23-12-2-12-die-goetter-zurueck-.html (03.03.2012) gen Bereich nicht überschreitet. 245856210358.xml?_requestid=20940 (05.11.2009). Mittlerweile wurde das Projekt an dem vorgesehenen Standort gestoppt, die Umsetzung an einem anderen Ort wird aber geprüft (www.frankenpost.de/nachrichten/regional/ofrbay/art2389,1110088, 05.11.2009). 6

Dass sich die Geschichtswissenschaften im Allgemeinen zu wenig um die Medien kümmern, was einen geringen Einfluss auf das populäre Geschichtsbild zur Folge hat, stellt Quandt (2007: 181) fest.

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ausgerichteten Markt bestehen zu können (vgl. Mandel 2005). Deswegen sollen in dieser Forschung auch ökonomische Kriterien bei der Gestaltung von kulturhistorischen Wissensprodukten erläutert werden. Die unterschiedlichen Ziele der scientific community und der anderen Anbieter haben möglicherweise zur Folge, dass die Diskrepanz zwischen der Art der Präsentation von archäologischen Themen in populären Medien und in Fachorganen immer größer wird. Die Frage, ob eine zunehmende Differenzierung oder eine Angleichung dieser beiden Bereiche stattfindet, ist Teil dieser Forschungsarbeit. Darüber hinaus kann das Erläutern des medialen Kontextes hilfreich sein, das von fachlicher Seite produzierte, archäologische Wissen jenseits von Fachpublikationen besser in die Öffentlichkeit zu transportieren. Die Öffentlichkeit generiert ihr Wissen gegenwärtig aus ganz unterschiedlichen Quellen. Offensichtlich ist, dass Journalisten, freie Buch-Autoren und – insbesondere im Internet – verstärkt auch Laien als einflussreiche Transformatoren und Multiplikatoren wissenschaftlicher Erkenntnisse fungieren. Bisher wurde wenig empirische Forschung zur Popularisierung archäologischen Wissens durchgeführt. Meine Untersuchung kann diese mannigfaltigen Lücken in den verschiedenen Feldern nicht vollständig ausfüllen. Es ist jedoch mein Anliegen, Impulse zu liefern, um eine nur am Rande geführte Diskussion über die Vermittlung historischen Wissens an ein breites Publikum fächerübergreifend zu beleben.

2.2. F ORSCHUNGSGEGENSTAND „Many kinds of media are engaged in the representation of archaeology, and most of them are more widely popular than those provided by archaeologists themselves.“ (GARDNER 2007: 255)

Wissen wird durch ganz verschiedene Formate vermittelt. Diesbezüglich vollzieht sich seit einigen Jahren in vielen Bereichen der Gesellschaft ein tiefgreifender Wandel: Darstellungsweisen sind selbst bei althergebrachten Medien im Umbruch (s. Kap. 4.2.2), in kurzen Abständen eröffnen in Deutschland neue Science Center, im Fernsehen werden auf so vielen Kanälen wie nie zuvor Wissenssendungen ausgestrahlt und das Internet erreicht ständig neue Spitzenwerte in Verbreitungsgrad, Nutzungsdauer und Angebotsvielfalt. Aspekte dieser gesellschaftlichen Veränderungen werden ausführlich reflektiert und anschließend mit der Popularisierung von kulturhistorischem Wissen in Bezug gesetzt. Welche Akteure mit welchen Gründen welche Darstellungen in den deutschen Medien des 21. Jahrhunderts erzeugen, steht im Zentrum meiner Forschung. Die allgemeinen Aussagen werden

E INFÜHRUNG | 15

anhand der Vermittlung von archäologischem Wissen über den Alten Orient exemplarisch untersucht. Dazu analysiere ich eine Auswahl von Medienformaten: Ausstellungen bilden eine einflussreiche Popularisierungsform, indem sie ein Massenpublikum erreichen. Ausstellungen stellen in dieser Forschung einen Schwerpunkt dar, wobei in den Fallbeispielen zwei Sonderausstellungen näher betrachtet werden, in denen Kulturen des Alten Orients dargestellt sind. Ferner gehört eine Ausstellung über das Alte Ägypten zum Untersuchungsgegenstand, da aufgrund der innovativen Vorgehensweise der Ausstellungsmacher neue Tendenzen beschrieben werden können. Um aktuelle Trends im Ausstellungswesen aufzuzeigen, liegt der Fokus auf Sonderausstellungen der Jahre 2008 bis 2010. Dabei untersuche ich sowohl solche Ausstellungen, die von öffentlich finanzierten Museen mit historisch ausgebildeten Fachvertretern initiiert wurden, als auch eine Ausstellung, die gänzlich privat finanziert und produziert wurde. Außerdem werden Fernsehdokumentationen der ZDF-Reihe Terra X analysiert, da diese ein Millionenpublikum erreichen und damit sehr wirkmächtige Bilder schaffen. Ich beziehe Sendungen mit ein, die zwischen 1999 und 2009 produziert wurden und explizit Themen aus dem Alten Orient zum Inhalt haben. Als weiteren Aspekt meiner Forschung sind die Veränderungen der Wissensverbreitung durch das Internet angeführt. Dazu wird die Sachlage beleuchtet, dass nicht mehr nur für die traditionellen Akteure aus der Medienbranche, sondern prinzipiell für jeden die Möglichkeit gegeben ist, Wissen durch das Internet zu verbreiten. Anhand von einigen Beispielseiten wird eine Situationsbeschreibung dazu geliefert, welche archäologischen Angebote existieren und welche Akzeptanz sie erfahren. 7 Um nicht nur von der Außenperspektive Beschreibungen zu liefern oder spekulative Deutungen über die Gründe der jeweiligen Produktionsweise anzustellen, führe ich neben den Fallbeispiel-Studien qualitative Interviews durch. Dazu werden unterschiedliche Akteure der Produktion geschichtlichen Wissens sowie Akteure der Vermittlung von Geschichte befragt. Damit sollen Hintergrundinformationen und Meinungen herausgefunden werden, die das Verhalten der originären Wissensproduzenten prägen bzw. zu den Endprodukten der Wissensvermittler führen.

7

Einige wichtige diskursprägende Elemente habe ich in meinem Forschungssample ausgewählt – und bin mir dabei bewusst, dass noch eine Vielzahl von weiteren Faktoren relevant ist. Was in dieser Untersuchung beispielsweise unbehandelt bleibt, sind Analysen von Radiobeiträgen, Comics, Computerspielen, Romanen, Hörbüchern, Rollenspielen, Zeichentrickfilmen, Lehrfilmen, Tourismus, Werbung sowie die Wissensaneignung durch verbale face-to-face Kommunikationsformen. Beiträge in Printmagazinen sowie Spielfilme werden ebenfalls nicht eigens untersucht, vorhandene Forschungsarbeiten darüber jedoch in die Analyse integriert.

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2.3. Z IELE Diese Forschung will mit ihrem interdisziplinären Ansatz einen Beitrag zum tieferen Verständnis der populären Wissenskulturen leisten. Durch die Publikation soll auch eine verbesserte Kommunikation zwischen Produzierenden und Vermittlern von geschichtlichem Wissen eröffnet werden. Sie soll dazu beitragen, die existierende Kluft zwischen den verschiedenen Systemen ‚Wissenschaft‘ und ,Medienbranche‘ zu verringern. Einerseits herrscht partiell eine ablehnende Haltung von Wissenschaftlern gegenüber gewissen populären Medienformaten vor. Andererseits wird der vielzitierte Elfenbeinturm der Wissenschaft deswegen bemängelt, weil Wissenschaftler ohne explizite Berücksichtigung ihres Umfeldes Forschung betreiben. Meine Forschungsarbeit soll Bausteine liefern, mit denen Brücken gebaut werden können, die Wege in und aus dem Turm bereitstellen, so dass Personen aus unterschiedlichen Feldern andere Berufsgruppen besser kennen und damit verstehen lernen (vgl. Müller 2004b: 114; Korbmann 1992). Die Perspektive der Vermittelnden und der Rezipierenden wird erläutert. Diese Gebiete jenseits der fachwissenschaftlichen Perspektive werden bisher in den archäologischen Publikationen nur spärlich aufgegriffen und nehmen daher einen großen Umfang in dieser Studie ein. Dadurch können archäologisch Interessierte vertiefte Kenntnisse im Bereich der Wissenschaftskommunikation und der Medienlandschaft bekommen und fundiertere Bewertungen der Medienprodukte vornehmen. Außerdem können Möglichkeiten sichtbar werden, wie Archäologen konstruktiv in die Vermittlung der Inhalte eingreifen können (vgl. Benz/Liedmeier 2007: 153). So könnte langfristig seitens der Wissenschaft besser dem Auftrag nachgekommen werden, eine breite Öffentlichkeit mit seriösen Informationen zu versorgen. Für Mitarbeiter der Medienbranche können sich Ansätze dafür ergeben, die Herausforderung zwischen inhaltlich korrekter Wissensvermittlung und dem notwendigen wirtschaftlichen Erfolg des Produktes bewältigen zu können. Die Synthese der theoretischen Reflexionen, der konkreten Medienanalyse sowie der Interviews soll es gestatten, Aussagen über die Konsumption, Transformation und anschließende erneute Produktion archäologischen Wissens in populären Wissenskulturen zu treffen. Sie soll ermöglichen zu erkennen, wie Geschichte im öffentlichen Diskurs konstruiert wird. Daraus können auch gesellschaftliche Bedürfnisse deutlich werden, die von Wissenschaftlern zukünftig behandelt werden können. Problemfelder zwischen den akademischen und den populären Wissenskulturen werden ebenso genannt wie Forderungen für zukünftige Umsetzungen. Ein Hauptziel der Forschung ist es, eine Diskussion über die aufgezeigten Spannungsfelder anzustoßen und fächerübergreifende Anregungen zur kritischen Selbstreflexion der kulturhistorischen Disziplinen zu liefern. Deswegen ist eine ausführliche Bestandsaufnahme des vielschichtigen Diskurses sowie eine Vielzahl an – durchaus

E INFÜHRUNG | 17

provokanten – Aussagen von Autoren unterschiedlicher Disziplinen sowie an Literaturhinweisen integriert.

2.4. F RAGESTELLUNGEN Die Schwerpunkte dieser Untersuchung liegen auf folgenden Fragenkomplexen: • Wie sind die aktuellen medialen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für Wissensvermittlung beschaffen? Welche Wege und Initiativen zur Popularisierung von Wissen gibt es momentan, welche Trends zeichnen sich für die Zukunft ab? • In welchem Kontext agieren welche Akteure, die zur Schaffung und Verbreitung von Orientbildern in Wissenschaft, Museen und populärkulturellen Medien beitragen? Welchen Einfluss hat die Erwartungshaltung der ‚Öffentlichkeit‘, was sind die Bedürfnisse der Produzierenden? Welche Spannungsfelder treten zwischen wissenschaftlicher und kommerzieller Vorgehensweise auf? • Wie hoch ist die Nachfrage der Rezipierenden hinsichtlich der verschiedenen Vermittlungsangebote von historischem Wissen? Welche Faktoren sind von Bedeutung, wenn Akteure außerhalb der scientific community Geschichtsbilder kreieren? • Welche Darstellungsformen über archäologische Themen existieren gegenwärtig? Wie ist die inhaltliche Beschaffenheit des populären historischen Wissens: Unterscheidet sich die Wahl der behandelten Themen sowie des Vermittlungsstils nach der Art der Medien? Sind geschlechterspezifische Merkmale erkennbar? Werden Bezüge zur gegenwärtigen Situation im Vorderen Orient oder zur Lebenswelt der Rezipierenden hergestellt?

2.5. G LIEDERUNG Nach kurzen Erläuterungen über die Terminologie erfolgen Angaben zur Theorie und Methodik des Forschungsprojektes. Daraufhin sind generelle Angaben zur Mediennutzung, zur Wissensgesellschaft sowie zur aktuellen Situation der verschiedenen Arten von Wissensvermittlung und Wissensaneignung zu finden. Die Erlebnisorientierung der Gesellschaft wird diesbezüglich intensiver betrachtet. Eine Übersicht über die öffentlichen Darstellungen von Archäologie und die Beschäftigung innerhalb der archäologischen Disziplin schließt daran an. Nachfolgend werden generelle Betrachtungen zum Ausstellungswesen und zum Fernsehen mit eigenen Analysen von Sonderausstellungen bzw. Dokumentarfilmen ergänzt. Allgemei-

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ne Merkmale des Internets sind ebenso wie entsprechende archäologische Angebote im nächsten Kapitel beschrieben, bevor Ergebnisse von Interviews mit diversen Berufsvertretern präsentiert werden. In die anschließende Synthese der Teilthemen ist eine allgemeine Reflexion der Wissensvermittlung im Generellen sowie hinsichtlich der Archäologie eingebunden. Ein persönlicher Ausblick unter Berücksichtigung von momentanen und zukünftigen Entwicklungen der Wissenspopularisierungen schließt die Publikation ab.

2.6. B EGRIFFSDEFINITIONEN Im Folgenden skizziere ich einige Schlüsselbegriffe meiner Untersuchung, da neben verschiedenen Begrifflichkeiten für dieselbe Sache auch für bestimmte Begriffe verschiedene Definitionen existieren. Am Begriff ,Medien‘ bzw. ,Medium‘ zeigt sich beispielhaft, welche Bandbreite an Auslegungen vorliegen kann. Vollbrecht verdeutlicht die weit auseinanderklaffenden Definitionen von ,Medium‘: Eine DVD kann ein Medium sein, Luft kann als Trägermedium fungieren und Personen können als spiritistisches Medium bezeichnet werden, 8 um nur einige Verwendungsweisen zu nennen (Vollbrecht 2005). Ich verwende die Definition nach Borstnar/Pabst/Wulff (2002: 11ff), bei der ein Medium ein System der Informations- und Zeichenverarbeitung ist, welches spezifische Regeln der Produktion, Vermittlung, Verbreitung, Rezeption und Weiterverarbeitung der Inhalte aufweist. Ergänzend ist anzuführen, dass bei der Nennung eines einzelnen Mediums (wie z.B. des Internets) in diesem wiederum unterschiedliche Medienformate enthalten sein können. So kommen beispielsweise Kombinationen von Text, Bewegtbild und Grafik vor, was unter dem Begriff Intermedialität9 zusammengefasst wird. Der Begriff ,Wissenschaft‘ ist zwar klar definiert, ‚Wissen‘ jedoch besitzt vielfältige Bedeutungen. Das von Wissenschaftlern unter festgelegten Kriterien des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns erzeugte Wissen wird explizit als ,wissenschaftliches Wissen‘ bezeichnet. Während in wissenschaftlichen Veröffent-

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Vor allem bis 1900, in der Esoterik auch heute noch, wurden Menschen als Medium

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Wagner (2005) beschreibt den Begriff als Verschränkung unterschiedlicher Medienfrag-

bezeichnet, die für oder anstatt etwas sprechen. mente bzw. definiert damit Bezüge zwischen verschiedenen Medien. Darunter zu verstehen ist z.B. der Verweis in Printprodukten auf Videos zum Thema, die auf der dazugehörigen Webseite zu finden sind. Auch Übergänge von Informationen aus einem Medium in ein anderes gehören dazu und sind z.B. am Hinweis ‚Dieser Onlineartikel ist in der gedruckten Ausgabe XY erschienen‘ zu erkennen.

E INFÜHRUNG | 19

lichungen ausschließlich diese Wissensart zu finden ist, kommen in den Medien sowohl wissenschaftliche als auch außerwissenschaftliche Wissensformen vor. In dieser Forschung wird zwischen den verschiedenen Wissensarten unterschieden (siehe hierzu weiterführend Kap. 4.2.1). Zu den außerwissenschaftlichen Wissensformen zählt beispielsweise das Alltagswissen. In meiner Untersuchung geht es wiederholt um die Meinung oder das Verhalten der ,Öffentlichkeit‘. Die Bezeichnung ‚Öffentlichkeit‘ weist eine seit langem kontrovers diskutierte Verwendung auf (vgl. Schirrmacher/Nikolow 2007: 12, 21ff; Schmidt 2008: 70f; Salzmann 2007: 19-21, 31ff). Solch ein Sammelbegriff kann in den meisten Aussagen nur als fiktiver Stellvertreter eingesetzt werden, denn es existiert keine allumfassende, homogene Öffentlichkeit.10 Selbst das spezifischere Publikum einer Ausstellung oder die Zuschauer einer Dokumentation sind sehr heterogen in ihrer sozialen Zusammensetzung und lassen sich nicht in eine übereinstimmende Kategorie einordnen. Der Begriff ,Teilöffentlichkeiten‘ versucht, zumindest gewisse Differenzierungen und Gemeinsamkeiten zu fassen. Im Gegensatz zur besser spezifizierbaren scientific community bleibt der Begriff der ,Öffentlichkeit‘ ein unscharfer Begriff, der von mir vorrangig als Funktionsbegriff für alle Personen verwendet wird, die keine Fachwissenschaftler im Bereich des jeweils behandelten Themenfeldes (zumeist Altertumskunde) sind. Der Ausdruck ,Laie‘ wird in dieser Publikation mit der synonymen Definition verwendet. Der Begriff ,Diskurs‘ hat in verschiedenen Sprachen und Kulturen unterschiedliche Bedeutungen (vgl. Eder 2006; Landwehr 2008: 15; Keller 2008: 95). Allein in Deutschland wird der Terminus ,Diskurs‘ vielschichtig und damit unpräzise verwendet. Landwehr hebt hervor, dass dessen inflationärer Gebrauch von manchen Autoren bereits beklagt wird: Statt ‚Diskurs‘ könnte häufig auch ,Sprachgebrauch‘, ,Aussage‘, ,Text‘ oder ,Diskussion‘ verwendet werden (Landwehr 2008: 16). In dieser Untersuchung werden unter ,Diskurs‘ die im Folgenden aufgeführten Elemente verstanden: Im Sinne Foucaults, des einflussreichsten Vertreters der Diskurstheorie, sind Diskurse Verbünde inhaltlich zusammengehöriger Texte (Foucault 1988). Diskurse werden als Praktiken definiert, die erst die Dinge bilden, von denen sie sprechen (ebd.: 74), es sind also von Forschern gebildete künstliche Konstrukte, um bestimmte Phänomene zu fassen, in dem die Bereiche des Machbaren, Sagbaren und Denkbaren Ausdruck finden (Landwehr 2008: 20). Die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes ,Diskurs‘ wird anhand folgender Aussage deutlich: Diskurse werden angesehen als „interaction in society“, denn „language users actively enga10 Schirrmachers Stufenmodell der Öffentlichkeit differenziert zwischen der breiten Öffentlichkeit, der gelegentlich interessierten Öffentlichkeit, der gebildeten/interessierten Öffentlichkeit, der Fachöffentlichkeit, Fachkreisen außerhalb des engeren Forschungsgebietes und der Fachwissenschaft (Schirrmacher/Nikolow 2007: 30; bzw. genauer in Schirrmacher 2008).

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ge in text and talk not only as speakers, writers, listeners or readers, but also as members of social categories, groups, professions, organizations, communities, societies or cultures“ (von Dijk 1997: 3, zitiert in Fraas 2005: 3). Fraas weist auf diese gesellschaftliche Dimension von Diskursen hin, vor allem darauf, dass Diskurse auf Vermittlungsinstanzen angewiesen sind. Diskurse sind deswegen immer auch Mediendiskurse, weil Medien erst den Austausch möglich machen und die Diskurse durch die Art ihrer medialen Vermittlung prägen. Diskurse können durch ihre massenmediale Verbreitung gesellschaftliche Relevanz erlangen und Wissen bzw. Wirklichkeit kreieren.11 Manchmal werden sie als etwas schwer Fassbares, aber eigenständig Mächtiges mit einer Eigendynamik, ja fast mit einer Persönlichkeit, definiert. Landwehr (2008: 20) betont daher, dass Diskurse weder etwas seien, was handelnd an die Stelle des Menschen tritt, noch seien es Wesen, die bestimmen, was wir denken bzw. tun. Diskurse üben zwar eine Definitionsmacht aus, diese Position ist jedoch ständig umstritten und umkämpft, was beispielsweise bei alternativen Deutungen archäologischer Sachverhalte deutlich zu Tage tritt (s. Kap. 5.3).

11 Mit der Untersuchung von bestimmten (Leit-)Medien lassen sich unter Umständen Ausgangspunkte eines Diskurses untersuchen, nie aber die Gesamtheit aller Aussagen eines ausgewählten Diskurses. Allein durch die – nach einem durch die Medien ausgelösten Startimpuls erfolgende – interpersonelle Kommunikation existieren schier endlose Verzweigungsmöglichkeiten eines Diskurses (Fraas/Klemm 2005).

3. Theorie und Methode

3.1. T HEORETISCHE A NNAHMEN 3.1.1. Wissenschaft und Medien Zum einen folge ich dem Modell, dass Wissenschaft nicht mehr die alleinige Vormachtstellung und Deutungshoheit über die Verbreitung von wissenschaftlich generiertem Wissen besitzt (Gibbons et al. 1994: 4ff; vgl. Weingart 2003: 123ff). Zum anderen sehe ich die Erzeugung von Wissen – neben der Wissenschaft als Produktionsquelle – zusätzlich auf vielfältige Gesellschaftsbereiche ausgeweitet. Die Forschung basiert auf Modellen der Wissenssoziologie von Weingart (2003, s.a. 2005) und Keller (2008), da diese inhaltlich plausibel erscheinen und für meinen Forschungsgegenstand eine geeignete Grundlage bieten. Weingart hebt hervor, dass es momentan einen tiefgreifenden Wandel der Öffentlichkeit gibt, der besonders die Wissenschaft betrifft. Einerseits wird die Öffentlichkeit nun vor allem durch die Medien vertreten, andererseits ist die Wissenschaft zu einem Teil der Öffentlichkeit geworden, weil sie in den öffentlichen Medien beobachtet und bewertet wird (Weingart 2005: 11).1 Weingart spricht diesbezüglich von einer Medialisierung der Wissenschaft (ebd.: 12).2 Die staatlich finanzierte Wissenschaft verspürt seit einigen Jahren einen zunehmenden Legitimationsdruck, der aus aktueller Sicht noch weiter steigen wird (vgl. Weingart 2003; s.a. Kap. 10.3). Diese Legitimation erfolgt im Wesentlichen durch eine Präsenz der Wissen-

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Die Stellung des Wissenschaftssystems in der Gesellschaft kann unterschiedlich eingeordnet werden. Während die Soziologie die Wissenschaft als einen Teil der Gesellschaft sieht (Weingart 2003: 42), gibt es Bevölkerungsumfragen, die dieser Sicht widersprechen (Gisler 2004: 9).

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Er bezeichnet damit die gestiegene Rolle der Medien für die gesellschaftliche Kommunikation inklusive ihren Rückwirkungen auf die anderen Teilsysteme (siehe folgende Fussnote).

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schaft und ihrer gesellschaftsrelevanten Forschungsergebnisse in populären Medien. Als logische Konsequenz aus diesen Entwicklungen entsteht ein engeres Verhältnis zwischen Wissenschaft und Medien, so Weingarts Modell (Weingart 2003: 121; vgl. Jochum 1999: 7f). Die Bereiche Wissenschaft und Medien gelten als miteinander verwoben (Weingart 2003: 65), wenngleich Weingart diesen Zustand nicht gleichsetzt mit einer Verschmelzung der getrennten Systeme. Ich schließe mich Weingarts Modell an und gehe von unterschiedlichen Teilsystemen wie der universitären Archäologie, der Ausstellungslandschaft, den Printmedien, den Fernsehmedien etc. aus. Die Nutzung der populären Medien ist in den letzten Jahren auf ein hohes Maß angestiegen, so dass diese mittlerweile in vielen gesellschaftlichen Bereichen eine enorme Wirkungsmacht aufweisen (vgl. Luhmann 1996; s. Kap. 4). Wissenschaftliche Themen werden in den Medien in überaus vielfältigen Formen vermittelt. In Bezug auf die Kommunikationsweisen herrschen im wissenschaftlichen im Vergleich zum medialen System überaus unterschiedliche Kriterien vor, so dass sowohl in der Darstellungsform als auch in der Selektion und Aufbereitung des Inhalts erhebliche Differenzen in Bezug auf ein bestimmtes Thema auftreten können. Die entsprechenden Irritationen, Veränderungen und Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft und Medien sind Forschungsziele der Wissenssoziologie und sollen herausgearbeitet werden (vgl. Weingart 2005: 11; Weingart 2003: 87). Die Erzeugung und Verbreitung von Wissen in einer Gesellschaft bezeichnet Weingart als Wissensordnung (Weingart 2003: 139ff). 3 Darin werden zwischen den verschiedenen, nebeneinander bestehenden Wissensformen (s. Kap. 4.2.1) unter anderem die Verfügbarkeit und die Definitionsmacht von Wissen ausgehandelt. Gegenstand meiner Forschungsarbeit ist das Herausstellen des Einflusses der anderen Wissensformen (Weingart 2003: 127; vgl. Keller 2008: 96). Kellers Ansatz der wissenssoziologischen Diskursanalyse will unter anderem Interessen, Strategien und Ressourcen der Akteure, die in den Prozessen der Wissensproduktion sowie der Wissensverbreitung agieren, aufzeigen. Diese Vorgehensweise beschäftigt sich vorrangig mit institutionellen Prozessen und Praktiken der Produktion und Zirkulation von Wissen. Es geht um die Herstellung und Veränderung gesellschaftlicher Wissensverhältnisse durch Wissenspolitiken, „d.h. diskursiv strukturierte Bestrebungen sozialer Akteure, die Legitimität und Anerkennung ihrer Weltdeutungen als 3

In Weingarts Wissensordnung sind alle involvierten Bereiche wie Wissenschaft, Politik, Recht, Wirtschaft sowie Medien enthalten. Die Wissenschaft wird darin als ein System angesehen, die Wirtschaft gilt dabei ebenso wie die Medien als ein weiteres System. Das Wissenschaftssystem stellt in diesem Modell ein differenziertes Gebilde dar, welches zwar in manchen Aspekten abgrenzbar von anderen Bereichen ist, zugleich aber nicht autark agiert, da es beispielsweise bezüglich seiner Finanzierung mit Politik und Wirtschaft interagiert.

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Faktizität durchzusetzen“ (Keller 2008: 188). Dieses Erkenntnisinteresse ist deckungsgleich mit einigen meiner Ziele, so dass Kellers Ansätze in Bezug auf die populäre Archäologie integriert werden. 3.1.2. Wissensweitergabe Die Menschen in unserer Gesellschaft werden nicht mehr vorrangig durch Begegnungen mit Anderen oder durch kulturell bzw. religiös tradierte Handlungsmuster geprägt. Stattdessen sind vermehrt massenmedial vermittelte „Welterfahrungen“ (Keller 2008: 15) und wissenschaftliches Wissen, welches wiederum in nichtwissenschaftliches Wissen eingearbeitet und transformiert wird, maßgebliche Einflussfaktoren (ebd.). Die Weitergabe von Wissen an eine breite Öffentlichkeit erfolgt in unterschiedlichen Formaten (s. Kap. 4.2). Es kann sich hierbei einmal um die klassischen Formen der Wissenspopularisierung handeln, in denen Fachwissen, zumeist von Wissenschaftlern, intentional für einen nicht-spezialisierten Empfängerkreis vermittelt wird. Dazu wird die Informationsmenge zumeist reduziert und vereinfacht dargestellt; Ausstellungen sind hierfür ein prägnantes Beispiel. Es existieren jedoch darüber hinaus einflussreiche Formate, die nicht explizit für die Wissenspopularisierung produziert werden. Mit diesen Formaten, wie beispielsweise Spielfilme oder Dokumentationen,4 werden zusätzlich oder ausschließlich andere Absichten, wie etwa Unterhaltung, verfolgt (s. Kap. 4.3). Durch solche Angebote werden auch Teilöffentlichkeiten erreicht, welche unter Umständen die intentionalen Formen der Popularisierung von Wissen nicht rezipieren. Die konkrete Vermittlung von Wissen kann linear vonstatten gehen: Informationen werden von einem Sender emittiert und von einem Empfänger rezipiert (vgl. Weingart 2003: 116). Die Mathematiker Shannon und Weaver haben in den 1940er Jahren in ihrem Kommunikationsmodell die Begriffe ,Sender‘ und ,Empfänger‘ geprägt (Shannon/Weaver 1948). In ihrem Modell wird vom Sender ein Signal zum Empfänger ausgesandt; während dieses Prozesses können jedoch vielfältige Störfaktoren auftreten. Dadurch ist nicht sichergestellt, dass die gesendete Botschaft mit gleichem Inhalt und identischer Intention beim Empfänger ankommt. Der Empfänger muss ferner zum Decodieren den gleichen Code kennen und benutzen. Bei der Vielfalt der Deutungsmöglichkeiten einer Aussage ist eine deckungsgleiche Wirkung noch wesentlich unwahrscheinlicher als dies bei technischen Konstruktionen der Fall ist. Die Codierungsvarianten sowie die Störfaktoren erreichen eine immense Anzahl von Möglichkeiten, so dass nur schwer vorhergesagt werden kann, welche Informationen beim Empfänger tatsächlich ankommen. Ihr auf Technik bezo-

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Weitere Formate s. Kap. 2.

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genes Modell wurde trotzdem von vielen Kommunikationswissenschaftlern übertragen und als Erklärungsmodell für soziale Kommunikation verwendet. Gerade für die Popularisierung in Massenmedien galt lange Zeit die Idee von Shannon/Weaver als eine adäquate Erklärungsvariante (vgl. Broks 2006: 119). Im Popularisierungsmodell kann zwischen Sender und Empfänger optional der Journalist stehen, der die Mittlerrolle übernimmt und wissenschaftliches Wissen für ein Laienpublikum aufbereitet. Dieser ist unterschiedlichen Einflussfaktoren ausgesetzt: Abbildung 1: Einflussfaktoren auf journalistisches Arbeiten

Quelle: Prott 1994: 488; grafische Neugestaltung Michael Kircher.

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Wissenschaftliches Wissen gilt bei der linearen Vorstellung als Wissen, welches hierarchisch im Stellenwert über den anderen Wissensformen steht. Durch die Weitergabe dieses autark in der scientific community erzeugten Wissens wird die in der Rangordnung weiter unten befindliche Öffentlichkeit aufgeklärt. Kommunikation verläuft dabei ausschließlich in einer Richtung: vom Wissenschaftler zum Laien, welcher unter dem Begriff Öffentlichkeit subsumiert wird. Die Öffentlichkeit gilt dabei ausschließlich als passiv empfangend und weder in den Produktions-, noch in den Vermittlungsprozess5 eingebunden (Daum 2002: 26; Kretschmann 2003: 9; Weingart 2003: 116). Auch wenn dieses Modell bei vielen Wissenschaftlern, Politikern und Medienvertretern eine beliebte Variante darstellt, ist diese Vorstellung mittlerweile unter Popularisierungsforschern kaum noch anzutreffen (Ash 2007: 349). Aufgrund finanzieller und technischer Ressourcen gab es in den letzten Jahrhunderten häufig nur eine begrenzte Anzahl von Stellen, die eine Machtposition innehatten, um wirkmächtig Diskurse zu leiten. Diskurse verliefen häufig einseitig und waren stark vorgegeben. Dieses beispielsweise von Verlags- oder Medienhäusern besetzte Alleinstellungsmerkmal existiert heute in dieser Form nicht mehr. Heute sind vermehrt dialogische Diskurse machbar und ist es auch für Privatpersonen möglich, als Produzent und zugleich Sender von Inhalten tätig zu werden (Fraas/Klemm 2005: 5; s.a. Kap. 8.2.1), wenngleich die Massenmedien noch eine prägende Rolle innehaben. In der Forschung wurde das lineare Modell seit Mitte der 1980er Jahre vor allem durch den Sammelband von Shinn/Whitley (1985)6 revidiert. Whitley sieht Popularisierung als einen wesentlich komplexeren Prozess an, bei dem verschiedene Akteure involviert sind und bei dem es mehr Rückwirkungen der Öffentlichkeit auf den eigentlichen Produktionsprozess von Wissen gibt als bisher angenommen. Whitleys provokative These besagt, dass Popularisierung kein Feld außerhalb der Wissenserzeugung, sondern Teil desselben ist. Dies gilt vor allem für Wissenschaftsbereiche, deren Fachsprache sowie Forschungsgegenstand eine Nähe zum Alltag der Öffentlichkeit aufweist – was in kulturhistorischen Fächern eher der Fall sein kann als in den Naturwissenschaften. Ferner differenziert er die vormals als homogen und passiv angesehene Öffentlichkeit in verschiedene Teilöffentlichkeiten mit unterschiedlichen Vorbildungen und Interessen. Darüber hinaus sieht Whitley die scientific community ebenfalls als heterogen an, so dass sie differenzierter betrachtet werden sollte (Whitley 1985). Auch wenn wissenschaftliches Wissen weiterhin vorrangig von Wissenschaftlern produziert wird, steht das Feld der Wissenschaften nicht mehr mit einem ex5

Galten im 19. Jahrhundert die Wissenschaftler zugleich als Produzierende und Vermittler (Daum 2002), so haben heute vor allem Wissenschaftsjournalisten die Vermittlerfunktion inne. Zur Aufgabe der Journalisten siehe detaillierter Kap. 4.2.3.2.

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Die Publikation beinhaltet verschiedene Beiträge über Popularisierung, die auf einer Tagung 1983 gehalten wurden.

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klusiven Alleinstellungsmerkmal an der Spitze eines Hierarchisierungsmodells. Vielmehr existieren mehrere Wissensproduzierende gleichzeitig, so dass eine Vielzahl von unterschiedlich strukturierten Sendern parallel Informationen ausstrahlen (vgl. Gibbons et al. 1994; Weingart 2003: 141; Ash 2007; Derks 2005: 42). In früheren Annahmen wurde die Gruppe der Wissensproduzierenden klar von den Konsumierenden abgegrenzt (Daum 2002: 26). Meine These ist, dass keine klare Trennlinie mehr zwischen Produzierenden und Konsumierenden von Wissen vorherrscht. Konsumierende können ebenfalls die Rolle der Produzierenden übernehmen und Empfänger können zu Sendern werden. Die üblichen Rollenverteilungen sind nicht mehr ausschließlich an bestimmte Berufsgruppen gebunden und können kurzfristig sowie temporär wechseln (siehe dazu v.a. Kap. 8).

3.2. M ETHODIK 3.2.1. Grundlage In diesem Kapitel sind zunächst einige grundsätzliche Aspekte angesprochen, bevor die diskursanalytische Vorgehensweise sowie die Interviewauswertung detaillierter erläutert werden. Lange wurden populäre Medien und Massenkultur von Intellektuellen mit einem negativen Image betrachtet (vgl. Adorno/Horkheimer 1947). Nicht zuletzt deswegen rückten in wissenschaftlichen Abhandlungen vorrangig Bereiche der sogenannten Hochkultur in den Fokus (vgl. Korte/Paletschek 2009b: 11). Verschiedene Strömungen in den Forschungen, beispielsweise die Wissenssoziologie, fordern seit den 1960ern, sich mit allen vorhandenen Formen des Wissens in der Gesellschaft – unabhängig von einer Bewertung – zu beschäftigen (Berger/Luckmann 2007).7 Obwohl seither eine Vielzahl von neuen Bereichen in den wissenschaftlichen Forschungskanon aufgenommen wurde, gibt es nach wie vor Elemente, die in den Forschungen zur Wissenspopularisierung vernachlässigt werden. Hierzu zählt

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Außerhalb der traditionellen Wissenschaftsforschung fanden in den 1960er Jahren vor allem im anglophonen Raum Veränderungen in der Denkweise statt, die als cultural turn zusammengefasst wurden. An verschiedenen Universitäten – federführend war das Centre for Contemporary Cultural Studies an der Universität Birmingham; vor allem Stuart Halls Arbeiten wurden häufig rezipiert (siehe etwa Hall/Koivisto/Merkens 2004) – entstanden als eine Folge davon die cultural studies, die sich mit der Populärkultur auseinandersetzen. Musikstile jenseits der Klassik, Filme, Fotografien und Themen des täglichen Lebens (der nicht-intellektuellen) Bevölkerung wurden dem üblichen Forschungskanon ergänzt, so dass auch neue Geschichtskulturen Beachtung fanden.

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die Beschäftigung mit archäologischen Themen, welche von NichtFachwissenschaftlern verbreitet werden. Diese Forschung geht transdisziplinär vor und berührt mit Ausstellungen staatlicher Institutionen einerseits Aspekte der traditionellen Hochkultur und Diskurse der scientific community. Gleichzeitig aber sind durch Elemente wie TV-Dokumentationen und alternative Wissensangebote von Laien Diskurse der Öffentlichkeit und Bereiche außerhalb des klassischen hochkulturellen Feldes integriert (vgl. Hüppauf/Weingart 2009: 15; Nowotny 2004). Die Studie ist so konzipiert, dass nicht ein spezifischer Untersuchungsgegenstand tiefgründig analysiert wird, sondern es ist explizit gewollt, ein breitgefächertes Spektrum von Gesichtspunkten anzusprechen und diverse Medien zu analysieren. Wie Kloock (2007: 7) betont, verschmelzen im Digitalzeitalter Text, Bild und Ton, so dass von klassischen Einzelmedien immer weniger gesprochen werden kann (vgl. Shanks 1997: 99). Kommunikation ist zum multimedialen Phänomen geworden. Dieser Aspekt der Multimedialität wird in der Untersuchung betont. Dafür wurden aus unterschiedlichen Mediengenres einige Fallanalysen ausgewählt, bei denen unter Verwendung verschiedener Methoden bestimmte Elemente beleuchtet werden. Während bei medienwissenschaftlichen Untersuchungen zumeist ein Medium im Fokus steht und das gesellschaftliche Umfeld oft ausgespart oder nur am Rande gestreift wird (Meyen 2001: 11), ist der Kontext in dieser Forschung ebenfalls berücksichtigt: Neben der Deskription der jeweiligen Endprodukte werden auch Umstände ihres Entstehungskontextes miteinbezogen. Die Praxis, Fragestellungen und Ergebnisse aus wissenschaftlichen Arbeiten in populären Darstellungen aufzugreifen, umzugestalten und zu eigenständigen Bildern zu formen, kann als ein Diskurs untersucht werden. Der Diskurs konstituiert sich hier durch ein gemeinsames Thema: Die Kultur und Geschichte des Alten Orients. Dieser Gegenstand wird in einem gemeinsamen Entstehungszeitraum und gemeinsamen Kommunikationsraum behandelt. Für die Analyse der Fallbeispiele sollen vorrangig Arbeitsweisen aus der historischen und wissenssoziologischen Diskursanalyse (nach Landwehr 2008 und Keller 2008) angewendet werden. Die diskursanalytische Vorgehensweise erscheint für mein Projekt angebracht, um Regeln der Repräsentation von geschichtlichen Begebenheiten herauszuarbeiten. In Anlehnung an Landwehr (2008: 92) möchte ich Gründe dafür finden, warum bestimmte Aussagen über das Altertum auftreten und wie diese Erscheinungsformen Wirklichkeiten hervorbringen. Meine Forschungsleitfrage lautet dementsprechend: Wo werden durch wen wie welche archäologische Diskurse erzeugt? Und warum tritt der Diskurs in dieser Form auf? Welche Begriffe und Konzepte werden verwendet, um bestimmte Inhalte darzustellen und um Bezüge zu anderen Aussagen herzustellen? Die Diskursanalyse bietet auch die Möglichkeit herauszufinden, welche Begriffe und Konzepte nicht bzw. in geringem Maße benutzt werden und welche Themen wiederholt auftauchen – und damit erst zu wirksamen Aussagen

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werden.8 Welche medienspezifischen Sprachmittel verwendet werden, soll ebenso hinterfragt werden wie beispielsweise die institutionellen Hintergründe. Bei der Verbreitung von Diskursen spielen Ressourcen wie Geld, Wissen, symbolisches, ökonomisches, soziales oder kulturelles Kapital (nach Bourdieu 1982) eine wichtige Rolle, da sie Machtfaktoren darstellen. Diese Ressourcen konstituieren sich nicht nur diskursintern, sondern in einem Zusammenspiel von Diskursen, ihren SprecherAkteuren sowie ihrem Publikum (Keller 2008: 259). Diese Aspekte sollen in Bezug auf archäologische Präsentationen wie Sonderausstellungen herausgearbeitet werden. Die Wissenssoziologische Diskursanalyse9 (nach Keller 2008) umfasst ferner die Rolle der handelnden Akteure im Prozess der Diskursproduktion und -rezeption.10 Kellers Schwerpunkt liegt dabei auf institutionellen Akteuren und wird von mir noch auf den Bereich der privaten Akteure erweitert. In der Vergangenheit wurden Diskursanalysen vorrangig nur auf eine Mediengattung, die Printmedien, fokussiert, daher führten vor allem die Literaturwissenschaften Diskursanalysen durch. Zwar ist ein Ziel, Strukturen aus Texten zu isolieren, mit denen Bilder über die Vergangenheit geschaffen werden. Diskurse finden allerdings in verschiedenen (Medien-)Formen statt und sollten daher in Medienverbünden analysiert werden (vgl. Fraas 2005), was in dieser Untersuchung berücksichtigt wird. Ich beschränke mich nicht auf die Textanalyse, sondern ziehe weitere diskursprägende Formate hinzu. Nichtsprachliche Aspekte wie beispielsweise Orte der Wissenspräsentation oder die Flyergestaltung für Sonderausstellungen werden integriert. Gerade durch Bilder bzw. Farben, Schriftarten, Logos und Gestaltung werden verstärkt Eindrücke transportiert (Landwehr 2008: 57; vgl. auch Hüppauf/Weingart 2009; Fraas 2005). Diese bisher in der Forschung wenig berücksichtigten semiotischen Gesichtspunkte werden in der Forschungsarbeit auch erwähnt, da sie unterschwellige Rezeptionshinweise beinhalten, Stimmungen erzeugen, Assoziationen über stillschweigend vorausgesetzte Wissensaspekte auslösen und Gruppenzugehörigkeit vermitteln können (Fraas 2005: 86).11 Für die TV-Dokumentationen werden neben der Diskursanalyse von Begriffen, Themen und Bezügen auf sprachlicher Ebene die spezifischen filmischen Mittel untersucht (Mikos 2008). Anhand von Aspekten wie der Trailergestaltung, Schnitt, 8

Erst durch eine Menge von Aussagen entsteht ein Diskurs. Einmalig Genanntes wird von

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Die Wissenssoziologische Diskursanalyse stellt keine spezifische Methode, sondern einen

Foucault als Äußerung bezeichnet (Foucault 1997: 148; s. Landwehr 2008: 71). Forschungsgegenstand dar, der vor allem innerhalb der Soziologie Bedeutung findet. 10 „Der wissenssoziologischen Diskursanalyse geht es um die Erforschung der Prozesse der sozialen Konstruktion von Deutungs- und Handlungsstrukturen auf der Ebene von Institutionen, Organisationen bzw. kollektiven Akteuren und um die Untersuchung der gesellschaftlichen Wirkungen dieser Prozesse.“ (Keller 2008: 10) 11 Fraas sieht diese Aspekte insbesondere bei Neuen Medien als zunehmend wichtig an.

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Musik oder dem Einsatz von O-Tönen soll unter anderem untersucht werden, wie Überzeugungskraft, Emotion und Authentizität geschaffen werden. Inwiefern bei Wissenssendungen über längst vergangene Kulturen Wissenschaftler als Protagonisten dienen und welche Bedeutung Reenactment-Szenen besitzen, ist ebenfalls von Interesse. 3.2.2. Interviews Mit Vertretern verschiedener Berufsgruppen wurden Interviews durchgeführt, um Rahmenbedingungen, Veränderungsprozesse und Produktionsfaktoren des jeweiligen Mediums etc. herausarbeiten zu können. Im Rahmen dieser Einzelforschung war nur eine begrenzte Zahl an Interviews möglich, weswegen die Ergebnisse nicht repräsentativ sind. Ziel war es, trotz einer geringen Stichprobenzahl Auskünfte aus einem möglichst breiten Spektrum von Repräsentanten aus den Bereichen der Kulturwissenschaften und der Kulturvermittlung zu erhalten. Dazu wurden von mir elf themenzentrierte Vor-Ort-Interviews mit Experten unterschiedlicher Berufsfelder vorgenommen: Universitätsdozenten der Vorderasiatischen Archäologie und Altorientalischen Philologie, Ausstellungsleiter, Wissenschaftsjournalisten sowie Produzenten von TV-Dokumentationen konnten befragt werden. 3.2.2.1. Theoretischer Rahmen In der Sozialforschung existieren verschiedene empirische Möglichkeiten zur Interviewdurchführung. Eine Methode ist quantitativ angelegt; dafür wird vor allem mit standardisierten Fragebögen eine größere Anzahl an Interviewpartnern ausgewählt. Bei der qualitativen Interviewdurchführung nimmt zumeist eine geringere Personenzahl teil, dafür werden die Fragen ausführlicher behandelt und zumeist tiefgründiger ausgewertet. Den Interviewten wird durch nicht zu eng gefasste, sogenannte ,offene Fragen‘ genügend Freiraum gelassen, um ihre eigene Sicht darzulegen und ihre subjektiven Deutungs- und Handlungsmuster zu veranschaulichen (Froschauer/Lueger 2003, v.a. 16ff). Dadurch können im Vergleich zur quantitativen Forschung genauere Aussagen darüber gewonnen werden, welche Themen, Begriffe und Vorgehensweisen für die befragten Personen relevant sind. So wird vermieden, Ergebnisse nur in vorgefertigten Kategorien zu erhalten und unerwartete Aspekte auszuschließen (vgl. Flick 2007: 124ff). Aufgrund dieses Vorteils für das Erreichen der Untersuchungsziele dieser Forschung wurden sowohl für die Durchführung als auch die Auswertung qualitative Methoden angewandt. Ein weiteres Merkmal qualitativer Forschung ist die Offenheit bezüglich dem theoretischen Konzept, so dass im Laufe der Forschung z.B. Anpassungen des Fragebogens erfolgen können. Bei Experteninterviews steht der Akteur in seiner Position im Fokus (Keuneke 2005: 262). Das Wissen von Experten wird dadurch relevant, weil sie durch ihre

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(Schlüssel-)Position einen bedeutenden Einfluss auf andere Akteure und Bereiche haben (Bogner/Menz 2005b: 45). Im Gegensatz zu Laien, die vorwiegend auf Alltagswissen rekurrieren, agieren Experten mit wissenschaftlichem Wissen und haben außerdem Macht zur Durchsetzung von Ansichten, zum Beispiel Weltbildern. Daher interessiert nicht allein das faktische Wissen der Person, sondern das Deutungswissen wird besonders gewichtet. Aus den aufgezeigten Gründen wurden sogenannte Experteninterviews (Bogner/Menz 2005a: 19; siehe grundsätzlich Bogner/Littig/Menz 2005) als geeignet ausgewählt, um Antworten auf die Forschungsfragen zu erhalten. 12 3.2.2.2. Interviewdurchführung Die Auswahl der Gesprächspartner für die Experteninterviews erfolgte nach größtmöglicher Relevanz für meine Forschungsfragen. Aufgrund der multiperspektivischen Ziele der Forschung variierten die beruflichen Hintergründe und die Orte der Interviewdurchführung stark. Die durchgeführten Experteninterviews erfolgten in den Jahren 2009 und 2010 jeweils im Umfeld der Interviewten, zumeist im eigenen Büro. Als geeignete Erhebungsmethode wurden halbstrukturierte Leitfadeninterviews ausgewählt. Ein Leitfaden stellt einen gewissen Rahmen sicher, in dem sich das Gespräch bewegt, und gewährleistet die Vergleichbarkeit zwischen den Interviews. Gleichzeitig lässt er durch die Offenheit dem Interviewten die Freiheit, eigene Schwerpunkte zu setzen (Meuser/Nagel 2005: 77). Die Reihenfolge der Fragen kann je nach Gesprächsverlauf variieren, auch dürfen zusätzliche Fragen gestellt werden, wenn aufschlussreiche Themenfelder zur Sprache kommen. Eigene Hypothesen des Interviewenden sollen soweit wie möglich außen vor bleiben, um eine mögliche Beeinflussung des Interviewten zu vermeiden. Suggestivfragen sind ebenfalls zu unterlassen, um eine größtmögliche Zurücknahme des eigenen Konzeptes zu erreichen. Kernziel ist, das Relevanzsystem des Befragten herauszuschälen, so dass die Sichtweise und Schwerpunktsetzung des Interviewten stärker gewichtet wird als das Abarbeiten bestimmter Fragen des Interviewenden (vgl. Kruse 2008: 203). Dieser geringe Grad der Strukturierung drückt sich in der Bezeichnung ,halbstrukturiertes Leitfadeninterview‘ aus. Die Leitfadenfragen wurden aus den Vorarbeiten, den Forschungszielen und den Arbeitshypothesen heraus entwickelt. Zu Beginn des Interviews wurde eine kurze, offene Frage gestellt, mit der der Gesprächspartner die Möglichkeit hatte, nach eigenem Ermessen Schwerpunkte zu setzen. Der erste Fragenteil zielte vor allem auf persönliche Arbeitserfahrungen ab, der Mittelteil beinhaltete grundsätzliche Fragen zur kulturhistorischen Wissenspopularisierung und gegen Ende des Interviews wurde nach der Meinung über zukünf12 In der Forschungsliteratur wird Experteninterviews erst allmählich eine größere Bedeutung eingeräumt.

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tige Tendenzen der Wissensverbreitung gefragt.13 Neben dem schriftlichen Leitfaden gehörte ein Postskript zur Erhebung, in dem Kontextangaben wie Stimmung, besondere Vorkommnisse etc. notiert wurden. Ein kurzgehaltenes Datenblatt mit soziodemographischen Angaben rundete die Datenaufnahme ab. 3.2.2.3. Transkription und Auswertung der Interviews Sämtliche Interviews wurden mit digitalen Aufnahmegeräten vollständig elektronisch aufgezeichnet, sofern das in der Praxis umsetzbar war. Anschließend wurden sie in Anlehnung an das ,Gesprächsanalytische Transkriptionssystem‘ (GAT) (Selting et al. 1998) transkribiert.14 Diese Verschriftlichung wurde am Computer mithilfe des Programms TAMS Analyzer durchgeführt. Bezüglich der Auswertung heben Meuser/Nagel hervor, dass sich Experteninterviews vorrangig an thematischen Einheiten orientieren. Das ÜberindividuellGemeinsame der verschiedenen Interviews ist relevant; d.h. gemeinsame Wissensbestände, Wirklichkeitskonstruktionen, Interpretationen und Deutungsmuster (Meuser/Nagel 2005: 81). In meiner Forschung sollen auch gerade die Differenzen der verschiedenen Sichtweisen aufgezeigt werden. Die für meinen Forschungsansatz adäquate theoretische Grundlage zur Interviewauswertung bildet die Sichtweise von Froschauer/Lueger (2003). Die Autoren stellen dabei die Methode der Themenanalyse als eine Möglichkeit zur Textinterpretation vor. Diese Methode ist geeignet, wenn eine größere Textmenge überblickt werden soll und der manifeste Gehalt von Aussagen zentraler Fokus der Forschung ist. Die Themenanalyse kann entweder durch das Textreduktions- oder Codierverfahren durchgeführt werden. Ich habe mich für das erstere Verfahren entschieden, da die Methode für meine Forschungsarbeit geeignet scheint. Einerseits ermöglicht sie, die relevanten Charakteristika und Unterschiede in den Aussagen zu erfassen, andererseits bietet sie ein bewältigbares Arbeitspensum für meine Forschung, in der neben den Interviews noch weitere Themenbereiche abgedeckt werden. Zur Methode der Textreduktion gehört es, die wichtigen Themen zu identifizieren und anschließend zentrale Elemente herauszuarbeiten. Ferner sind gegebenenfalls die Stellen ihres Vorkommens aufzuzeigen und es ist eventuell hervorzuheben, in welchem Kontext die Themen durch die interviewte Person angesprochen wurden. In einem weiteren Schritt werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Vergleich zu anderen Interviews erarbeitet. Im letzten Arbeitsschritt werden diese Ergebnisse in den Gesamtzusammenhang der 13 Grundsätzlich war die Vorgehensweise an das Modell von Helfferich (2005) angelehnt, nach dem der Interviewer – abgesehen von den Fragen – kaum Reaktionen durch Worte, Mimik und Gestik liefert, um eine Beeinflussung des Interviewten zu vermeiden. 14 Von der Vielzahl der GAT-Vorgaben wurde nur eine Auswahl berücksichtigt, da für meine Methode keine detaillierte Transkription mit Angaben zu Tonhöhen etc. angebracht ist.

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Forschung gestellt und Differenzen oder Ähnlichkeiten mit anderen Themen genannt (Froschauer/Lueger 2003: 159ff). Die ausgewählten Untersuchungsgegenstände dieser Forschung – so heterogen sie auf den ersten Blick erscheinen mögen – werden in der crossmedialen Untersuchung durch verschiedene Methoden aufeinander bezogen und stützen sich so gegenseitig (vgl. Trepte 2005). Auf die Ausgrabungsstätte Qatna im Alten Syrien lässt sich diese Vorgehensweise beispielsweise ideal anwenden, weil neben der Ausstellung (Kap. 6.5.3) und deren Webseite auch eine Fernsehdokumentation (Kap. 7.6.3) inklusive der dazugehörigen Internetseiten mit Forum produziert wurde (s. Kap. 8.5), so dass hier die Vergangenheitsrepräsentation auf mehreren Ebenen dargelegt werden kann. Ziel ist es, durch die Gesamtbetrachtung der einzelnen Fallbeispiele in Verbindung mit den allgemeinen Angaben über Medien und Gesellschaft zu grundsätzlichen Aussagen über die Strukturen der Repräsentation von Geschichte zu gelangen.

4. Wissensverbreitung und Medien

4.1. G RUNDLAGEN DER M EDIENLANDSCHAFT „Die Medien sind in allen modernen Gesellschaften zu einem mental wie wirtschaftlich und politisch entscheidenden Faktum, zu einem Wirklichkeitsgenerator sui generis geworden.“ (MERTEN/SCHMIDT/WEISCHENBERG 1994: 1)

Die Vermittlung von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen an ein größeres Publikum geschieht durch verschiedene Medien. Es folgen zunächst einige allgemeine Angaben über solche Medien und deren Nutzung durch die Öffentlichkeit, bevor im nächsten Kapitel die Wissensvermittlung erläutert wird. In der Vergangenheit hat die Anzahl der Medien ständig zugenommen. Auch das Spektrum der Medienformate differenziert sich immer weiter aus, was sich sowohl in einer inhaltlichen Vielfalt als auch in einer großen Bandbreite der Darstellungsformen ausdrückt. „Wir stehen einem nie gekannten Angebot im Fernsehen, Radio und bei Zeitschriften gegenüber.“ (Heinken 2010: 151)1 Darüber hinaus ist die Medien-Nutzungsdauer in den letzten Jahren erheblich angestiegen: Der Medienkonsum beträgt in Deutschland pro Person beträchtliche zehn Stunden täglich (Ridder/Engel 2005: 424). Dabei sind vor allem die audiovisuellen Medien beliebt; sie wurden 2010 täglich 508 Minuten eingeschaltet (ARD Medien Basisdaten 2010).

1

Durch die immense Auswahl – allein durch digitale Receiver lassen sich hunderte an Fernsehstationen und Radiosendern empfangen – fragmentiert sich das Angebot und die Nutzung der verschiedenen Medien zusehends (Schenk 2007: 766).

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Tabelle 1: Mediennutzungsdauer im Zeitvergleich

Quelle: ARD Medien Basisdaten 2010; grafische Neugestaltung Michael Kircher.

Im Alltag werden die verschiedenen existierenden Medien sehr unterschiedlich verwendet. Während die Fernsehnutzung (s. Kap. 7) fast ausschließlich auf den privaten Bereich beschränkt ist, hat das Internet (s. Kap. 8) im Arbeitsalltag vieler Berufsgruppen eine zentrale Rolle eingenommen. 2 Neben den audiovisuellen Medien werden beispielsweise Bücher rezipiert. Sie werden 25 Minuten am Tag gelesen (Stand 2005), dabei ist interessanterweise – diversen Unkenrufen zum Trotz – zwischen 1995 und 2005 eine Steigerung der Lesezeit um zehn Minuten festzustellen (Hans-Bredow-Institut 2008: 36).3 Die prinzipiell große Bedeutung von Printmagazinen kommt darin zum Ausdruck, dass das Lesen von Zeitschriften die zweitbeliebteste Freizeitbeschäftigung der Deutschen darstellt (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 3).4 Auch für die Verbreitung von Archäologie spielen Zeitschriften eine große Rolle, denn immer wieder werden archäologische Titelgeschichten gestaltet; dabei fungieren sowohl deutsche Themen, das präkolumbianische Amerika oder der Alte Orient als ,Aufhänger‘ (Beispiele finden sich in Heinken 2010 und Varwig 2010). Anhand der obigen Angaben ist zu erkennen, dass die Konsumierung von Medienprodukten im Alltag eines Menschen eine enorme Größe darstellt. Die Bedeutung der Medien für jedes Individuum und die Gesellschaft kann daher gar nicht genug hervorgehoben werden und der Aussage „Medien haben Ausbildung, Beruf

2

Eine repräsentative Umfrage von 2004 ergab, dass die Hälfte der Bevölkerung Computer nie in der Freizeit nutzt (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 119).

3

Hier tritt geschlechterspezifisch eine erhebliche Differenz auf, denn Frauen lesen durchschnittlich 33 Minuten täglich in einem Buch, während Männer nur die Hälfte der Lesezeit, 16 Minuten, erreichen (Hans-Bredow-Institut 2008: 36).

4

Die repräsentative Umfrage stammt aus dem Jahr 2006.

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und Freizeit gleichermaßen fast vollständig durchdrungen“ (BKM 2008: 99) ist zuzustimmen.5 Gerade die Massenmedien, mit dem Fernsehen als Leitmedium, sind zu den Instrumenten der Wirklichkeitskonstruktion geworden (Nolte 2005: 102; Eckoldt 2007). In besonderer Weise gelten die in den Medien virtuell dargestellten Ereignisse für den Betrachter als wahr (Schmidt 1994: 14). Ob die Medien Wirklichkeiten herstellen oder lediglich darstellen, bleibt umstritten, es besteht jedoch unter vielen gegenwärtigen Forschern eine Tendenz zur erstgenannten Option (so etwa Eckoldt 2007). Nach Ruhrmann (1994: 246) gibt es • konstruierte soziale Wirklichkeiten • konstruierte soziale Wirklichkeiten der Medien • konstruierte soziale Medienwirklichkeiten der Rezipierenden. Die in den Medien auftauchenden Themen sind durch die Medienverantwortlichen bereits stark selektiert, daraus sucht der Rezipierende wiederum seine persönlichen Favoriten aus. Er wählt dabei nicht nach Aktualität oder nach allgemein gültigen Nachrichtenfaktoren des Journalismus6 aus, sondern nach ganz subjektiven Relevanzkriterien (Ruhrmann 1994: 255f): „Der Zuschauer konstruiert, erzählt und interpretiert offensichtlich nur die für ihn persönlich relevante soziale Wirklichkeit.“ (Ruhrmann 1994: 248) Die von den Medien angebotenen Inhalte und Bilder zu gewissen Themen sind somit per se keine Abbilder der Wirklichkeit, sondern bieten Möglichkeiten zur Wirklichkeitskonstruktion, die von den Rezipierenden angenommen oder abgelehnt werden können (Schmidt 1994: 16; vgl. Yogeshwar in Göpfert 2006a). Die Medien erfüllen für die Nutzer ganz unterschiedliche Funktionen: Unterhaltung, Entspannung, Information, Selbstfindung, Meinungsbildung, Spannung oder Eskapismus sind einige der Aspekte, die Forscher je nach Ansicht favorisieren (Meyen 2001: 27). Insbesondere die Eskapismusthese wird bei der Mediennutzung, vor allem bei Themen der Archäologie genannt (Ickerodt 2008: 77); die Gründe für die Flucht aus dem Alltag sind allerdings individuell sehr verschieden (Meyen 2001: 19). In den Medien haben sich gewisse Schemata entwickelt, die der Nutzer kennt und erwartet. Laut Schmidt gehören dazu folgende Aspekte: Die Erwartungen an den Wirklichkeitsbezug eines Formates (z.B. Unterschied Nachricht/Spielfilm), die Glaubwürdigkeit (Nachrichtensprecher/Pressesprecher), die ästhetische Gestaltung 5

Luhmanns These „Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt wissen, wissen wir durch die Massenmedien“ (Luhmann 1996: 9) dürfte zwar etwas übertrieben (s.a. Reichertz 2009: 17), aber tendenziell noch immer aktuell sein.

6

Ausschlaggebende Selektionskriterien nach Luhmann (1996: 59ff) sind etwa Überraschung, Konflikte, Quantitäten, lokaler Bezug, Normverstöße oder Einzelfälle. Detailliertere Angaben zu den Nachrichtenfaktoren sind in Kap. 4.2.3.2 angegeben.

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(Dokumentation/Spielfilm) sowie die Funktion eines Medienangebotes (Bericht/Unterhaltung). Durch die Schemata laufen sowohl die Produktion als auch die Distribution und die Rezeption von Medienangeboten in einem festgelegten Rahmen ab: Die Rezipierenden sind im Vorfeld informiert, welche Kommunikationsabsichten ein bestimmtes Medienschema in Aussicht stellt, welche Themen vorkommen können und wie die Umsetzung technisch, stilistisch und ästhetisch geschehen kann. Dadurch wird das Erkennen, Einordnen und Bewerten des Formates und der Inhalte erleichtert (Schmidt 2008: 61; vgl. Scherzler 2007: 116). Da Medienformen nur als Transportmittel für Inhalte fungieren, welche von Menschen kreiert werden, stellt sich die Frage, wer ,hinter den Medien steckt‘. Jahrtausendelang war Lesen und Schreiben einem exklusiven Kreis vorbehalten, der über die entsprechende Macht und die Ressourcen verfügte und damit auch die Produktion und Verbreitung von Wissen steuerte. 7 Die vor wenigen Jahrhunderten begonnene Ausbreitung der Alphabetisierung bedeutete zusammen mit der Erfindung des Buchdrucks einen immensen Schritt, der es nun immer mehr Personen ermöglichte, mittels Lesen an Informationen zu gelangen.8 In den letzten Jahrzehnten waren vorrangig Medienkonzerne bzw. Verlage mit großem Kapital, einer ausgeklügelten Logistik und einer Vielzahl von Vernetzungen in der Lage, ein Massenpublikum zu erreichen. Bei Medienverlagen zeichnet sich der Trend ab, dass immer mehr Großkonzerne Medienverbünde mit einer Vielzahl von Medien und Formaten besitzen. Dies hat eine Kontrolle bestimmter Weltbilder durch wenige Interessensgruppen zur Folge. Herrschte durch die Medienkonzentrationen in den 1990er Jahren noch die Befürchtung vor einer Monopolbildung dieser Akteure vor (Merten et al. 1994), so zeigt sich wenige Jahre später ein durchgreifender Umbruch. Üblicherweise konnten sich nichtelitäre Schichten, ohne Verfügungsmacht über das notwendige symbolische und ökonomische Kapital, nur Informationen aneignen. Die gegenwärtige Möglichkeit für Laien, Bücher zu veröffentlichen, stellt eine bisher nie dagewesene Neuerung dar. Beispielsweise können im deutschen Verlag Books on demand ohne die üblichen hohen Kostenbeteiligungen oder Verlagszusage Bücher ohne Inhaltsprüfung herausgebracht werden.9 Damit ist es für Personen aller gesellschaftlichen Milieus potentiell möglich, selbst aktiv Wissen und Meinungen großflächig zu verbreiten. Neben diesem (vorläufigen?) Höhepunkt der Buchdruckrevolution tritt ein anderes Phänomen auf, durch das noch schneller 7

Die mündliche Wissensweitergabe, die lange Zeit eine bedeutende Rolle einnahm, wird

8

Diese folgenreiche Entwicklung spiegelt sich in dem häufig zitierten Buchtitel Die Gu-

hier nicht thematisiert. tenberg-Galaxis von McLuhan (1995, Erstausgabe 1962 unter dem Titel The Gutenberg Galaxy) wider. 9

Seit 1998 sind dadurch über 150.000 Titel erschienen (www.bod.de/ueber-bod.html, 08.03.2010).

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und kostengünstiger publiziert werden kann: Das Internet. Im World Wide Web werden spätestens durch das ‚Web 2.0‘ (auch ‚Mitmachweb‘ genannt, s. Kap. 8.2.1) in wachsendem Maße Inhalte von Laien produziert, wodurch vorhandene Grenzen und Hierarchien der traditionellen Medienlandschaft aufgelöst werden (vgl. Armborst 2006: 103). Insgesamt ist eine beträchtliche Steigerung der Zahl von Produzierenden und Vermittlern von Wissen zu beobachten. Diese Entwicklung wird von vielen begrüßt,10 Wersig warnte allerdings bereits vor der großen Internetwelle grundsätzlich vor einer weiter steigenden Medienproduktion, welche die vorhandenen, gut ausgebauten Kommunikationskanäle „zu verstopfen“ droht (Wersig 1993: 65). Die Medien sind mit ganz wenigen Ausnahmen kommerzialisiert (Weingart 2003: 115). Abgesehen von den öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radioformaten, denen eine Sonderstellung zukommt,11 unterliegen Fernsehstationen genauso wie Verleger von Printpublikationen einem erheblichen finanziellen Druck und haben daher kaum Spielraum, um ökonomisch wenig erfolgreiche Formate beizubehalten. Diese Entwicklung verschärft sich jeweils in Zeiten einer Wirtschaftskrise, wenn es schwieriger wird, Werbeplätze zu verkaufen bzw. hohe Preise zu erzielen. Es ist heutzutage üblich, dass Verlage oder Sender Artikel bzw. Sendungen häufig von privaten Produzierenden einkaufen. Im Alltagsgeschäft kann dies heißen: Sollte eine Titelstory eines Magazins wie beispielsweise GEO schlechte Absatzzahlen erreichen oder ein Thema einer Dokumentation wie etwa Terra X geringe Einschaltquoten erzielen, werden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen und bekommen beispielsweise keine Folgeaufträge mehr. Im Internet herrscht durch die im Verhältnis zu anderen Medien deutlich geringer ausfallenden Produktionskosten noch – vergleichsweise – wenig Druck. Auch können mit der Wissensvermittlung im Internet nur minimale Erlöse erzielt werden. Zwar generieren einige erfolgreiche Webseiten umfangreiche Erlöse, bezüglich der Vermittlung von Nachrichten oder wissenschaftlichem Wissen liegen die Einnahmemöglichkeiten jedoch im Regelfall deutlich unter den Kosten. Trotzdem ist auch im Internet zunehmend ein verstärkter Fokus auf kommerziell verwertbare Inhalte festzustellen (Range/Schweins 2007; s.a. Kap. 8.2).

10 Gerade die Vorteile für die Demokratie werden hierbei positiv herausgestellt (siehe beispielsweise Eichholz 2010; Weingart 2005; Döpfner 2006). 11 Seit dem Aufkommen der Privatsender 1985 herrscht auch hier ein vermehrter Konkurrenzkampf um notwendige Werbegelder. Ferner lassen sich die Gebühren nur rechtfertigen, wenn eine breite Öffentlichkeit die Angebote rezipiert, so dass auch hier ein Erfolgsdruck existiert, wenngleich in abgeschwächterer Form (s.a. Kap. 7.1).

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Ausstellungen zählen nicht zu den üblichen Medien, 12 gelten aber als Vermittlungsmedien für wissenschaftliches Wissen (Wersig/Schuck-Wersig 1995: 121; Merriman 2004c; s. Kap. 6). Sie besitzen im Bezug auf die Kommerzialisierung häufig (noch) einen Sonderstatus, insbesondere wenn sie öffentlich finanziert sind. Vor allem in Häusern mit einer Forschungsabteilung und einer ständigen Ausstellung sind direkte personelle Auswirkungen bei einer nicht erfolgreichen Sonderausstellung nicht zu erwarten. Jedoch sind selbst im Ausstellungswesen vermehrt betriebswirtschaftliche Tendenzen zu beobachten und Bewertungen anhand von Besucherzahlen zu spüren. Auch stehen ausschließliche Veranstalter von Sonderausstellungen, beispielsweise die Bundeskunsthalle in Bonn, oder private Ausstellungsinitiatoren wie etwa von Körperwelten oder Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze (s. Kap. 6.5.2) unter erheblichem finanziellem Erfolgsdruck, damit eine teilweise oder komplette Refinanzierung ihrer Kosten erreicht werden kann.

4.2. F ORMEN

DER

W ISSENSVERBREITUNG

4.2.1. Wissensgesellschaft Kultur und Bildung werden als Grundlagen der deutschen Gesellschaft angesehen.13 Dies schließt ein, dass Forschungsergebnisse der kulturhistorischen Wissenschaften im gesellschaftlichen Diskurs zirkulieren. 14 Neben Bezeichnungen wie ,Informationsgesellschaft‘15 wird unsere Gesellschaft seit einigen Jahren als ,Wissensgesellschaft‘16 charakterisiert. Dieser Begriff tauchte erstmals in den 1960er Jahren in den USA auf und kennzeichnet den Wandel von der Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungs- bzw. Wissensgesellschaft. In einer solchen Gesellschaft

12 Unter klassischen Medien werden üblicherweise Formen wie Buch, Zeitung sowie Produkte der Unterhaltungselektronik verstanden. 13 So die Bundesregierung in ihrem Medienbericht 2008 (BKM 2008, v.a. 174). 14 Dies wird nicht nur von der Politik, sondern auch zunehmend von der Bevölkerung so gesehen: Dass Geschichte zu den elementaren Aspekten von Kultur gehört, wurde 1981 von 68% der Bevölkerung angegeben, zehn Jahre später bereits von 84% (Schmidt 2002: 254). 15 Dieser Begriff wurde vor allem in den 1990er Jahren häufig verwendet. Einige der anderen Gesellschaftsbezeichnungen, die Geisteswissenschaftler in den letzten Jahren eingeführt haben, nennen Willems/Jurga (1998: 9): Konsumgesellschaft, Erlebnisgesellschaft, Multioptionsgesellschaft, Kommunikationsgesellschaft, Mediengesellschaft. Zum Begriffsdiskurs siehe ausführlicher Kübler (2005) und Eichholz (2010). 16 Zur Begriffsgeschichte der Wissensgesellschaft siehe Eichholz (2010: 40ff).

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nimmt die Produktion und Vermittlung von wissenschaftlichem Wissen in allen gesellschaftlichen Bereichen eine prägende Rolle ein (vgl. Broks 2006). Anzeichen dafür sind beispielsweise, dass andere Formen von Wissen, wie etwa Alltagswissen (s.u.), durch wissenschaftliches Wissen ersetzt werden, Wissenschaft eine bedeutende Rolle in verschiedenen Gesellschaftsbereichen aufweist und Intellektuelle einen gehobenen Status besitzen. Ein grundlegendes Merkmal ist die ökonomisch zentrale Bedeutung von Wissen, das als Ware in ganz verschiedenen Arten vermarktet wird (Keller 2008: 86ff; Liessmann 2006).17 In Deutschland übten im Jahr 1999 22% aller Beschäftigten eine Tätigkeit im Wissenssektor aus, dabei machte die Verbreitung von Wissen den größten Anteil aus (Rohrbach 2008: 94). Neben der Verwendung innerhalb der scientific community gilt das Verfügen über Wissen mittlerweile als eine ausschlaggebende Ressource sowohl für politische Gremien, privatwirtschaftliche Belange als auch für Alltagsentscheidungen von Privatpersonen (Neidhardt et al. 2008; Pscheida 2009). „Wissenschaft und Technik sind zum integralen Bestandteil des Konsums geworden und somit integraler Bestandteil des Lebensstils“, stellt Nowotny (2004: 174) fest. Wie Weingart erläutert, ist Wissen kein Spezifikum unserer gegenwärtigen Gesellschaft, denn alle Gesellschaften basieren auf irgendeiner Form von Wissen. Er betont, dass Wissen in jedweder Gesellschaftsform aller Zeitepochen prägend ist: durch religiöses Wissen, astrologisches Wissen, tradiertes Wissen, weltanschauliches Wissen, Alltagswissen oder durch eine Mischung dieser Wissensformen. Unsere westliche Kultur bezeichnet Weingart eher als eine Wissenschaftsgesellschaft, da vor allem wissenschaftlich erzeugtes Wissen im Vordergrund steht, wenngleich andere Wissensquellen weiter parallel existieren. Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Wissensformen (z.B. über die Definitionsmacht, s.a. Kap. 10.1.5) gelten als ein weiteres Merkmal einer Wissensgesellschaft (Weingart 2003).18 Ob unsere Gesellschaft tatsächlich zu einer Wissens(chafts)gesellschaft geworden ist, bleibt umstritten. Es melden sich sowohl Befürworter als auch Kritiker der Fokussierung auf Wissen zu Wort (vgl. Eichholz 2010). Von Seiten der Politik wird dieser Wissensfokus grundsätzlich gefördert: Beispielsweise wurde in 17 Willke sieht für die Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse eine traditionelle Warenökonomie als relevant an. Eine Wissensökonomie hingegen existiert, wenn die Grundbedürfnisse relativ problemlos befriedigt werden können, so dass sekundäre Bedürfnisse erzeugt und gestillt werden können (Willke 2002: 162). Wie groß diese sekundären Bedürfnisse in Bezug auf Wissen sind, lässt sich etwa an folgender Zahl erahnen: Pro Minute wurden in den 1990er Jahren auf der Welt circa 500.000 urheberrechtliche Seiten kopiert, was eine Summe von 250 Milliarden Kopien jährlich ergibt (Theisen 1997: 88). 18 Einen Vergleich zwischen wissenschaftlichem Wissen und Alltagswissen bieten Dahinden/Hättenschwiler 2001.

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Lissabon im Jahr 2000 beschlossen, die Europäische Union zur weltweit wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wissensgesellschaft zu machen (Deutscher Bundestag 2007: 275) und die Deutsche Bundeskanzlerin Merkel fordert eine Verbreitung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in allgemeinverständlicher Sprache (Merkel 2011). In Deutschland sind im Jahr 2000 die Jahre der Wissenschaft eingeführt worden, seit 2005 wird jährlich eine Stadt der Wissenschaften gekürt, in Bremen und Braunschweig gibt es seit 2005 bzw. 2007 ein Haus der Wissenschaft und viele Universitäten veranstalten Wissenschaftsmeilen oder ähnliche Aktionen. Die ersten landesweiten Aktionsprogramme wurden zur gleichen Zeit wie die Veröffentlichung von Shinn/Whitley (1985) initiiert: In Großbritannien wurde das Programm Public Understanding of Sciences (PUS)19 aufgelegt. Diese Initiative war ein Vorstoß, mit dem die verbesserte Vermittlung wissenschaftlichen Wissens an die Öffentlichkeit vorangetrieben wurde; es bezog sich vor allem auf Naturwissenschaft und Technik. Public Understanding of Science and Humanities (PUSH) ist ein Programm, welches 1999 in Deutschland gestartet wurde, um die Natur- und Geisteswissenschaften besser für die Öffentlichkeit aufzubereiten. Für dieses Ziel wurde von verschiedenen Organisationen die Vereinigung wissenschaft im dialog (wid) ins Leben gerufen. 20 Federführend fungierte dabei der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Die Grundannahmen des PUS waren noch eher im linearen Modell verhaftet, während PUSH schon einen veränderten Kommunikationsansatz zeigt, der in der Namensgebung wissenschaft im dialog bereits zu erkennen ist. Die genannten Vermittlungsprogramme in England und Deutschland wurden von vielen begrüßt, riefen aber auch Kritik hervor. Die Ansätze wurden als unzureichend eingestuft, weil sie vor allem die (Werbe-)Perspektive der Wissenschaft und nicht das Interesse der Öffentlichkeit in den Vordergrund stellen (vgl. Salzmann 2007: 21ff; Weingart 2003: 118; zu PUS siehe Broks 2006). In Deutschland läuft die Umsetzung von PUSH in verschiedenen Phasen und Schwerpunkten; in Großbritannien wurde das PUS-Programm mittlerweile durch Public Awareness of Science (PAWS) ersetzt, dessen Name ebenfalls eine veränderte Sichtweise andeutet.21 Grundsätzlich hat durch diese Programme eine Aufwertung der Öffentlichkeit stattgefunden, die nicht mehr als ahnungslos, sondern mit einem entsprechenden Vorwissen und einer Beurteilungsfähigkeit angesehen wird (Gisler 2004: 14). 19 In den USA wurde ein gleichlautendes Programm bereits 1957 initiiert. 20 Informationen unter www.wissenschaft-im-dialog.de/wir-ueber-uns/gruendung-und-gesc hichte/memorandum.html (17.01.2010). 21 Manche Forscher (Broks 2006) fordern inhaltlich und von der Bezeichnung her ein Programm PEST (Public Engagement with Science and Technology), was vorrangig einen Dialog der Bevölkerung mit der Wissenschaft auszeichnet. Broks (2006) würde eine gänzlich anderen Bezeichnung favorisieren: CRESP (Critical Understanding of Science in Public).

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Die verschiedenen ressourcenaufwändigen Beispiele von öffentlich geförderten Aktivitäten verdeutlichen die gestiegene Bedeutung von Wissen außerhalb des originären Wissenschaftsbetriebes.22 Galt lange Zeit das Motto „Wissenschaft erzeugt Wissen, das sie überwiegend für ihre eigenen Erkenntniszwecke verwendet“ (Neidhart et al. 2008: 27), ist mittlerweile die Nachfrage nach Wissen durch Personen außerhalb der scientific community deutlich gestiegen. Während in den 1980er Jahren keine Steigerung von Wissensprodukten gegenüber den 1970ern festzustellen war (Hömberg in Gerwin/Dürr 1992a: 60ff) und auch in den 1990er Jahren von keiner signifikanten Zunahme von Wissensmagazinen gesprochen werden kann (Göpfert/Ruß-Mohl 2000c), ist seit einigen Jahren zu konstatieren, dass „die Wissenschaftskommunikation boomt“ (Wefer 2008: 3). Es zeigen sich in den letzten Jahren eine verstärkte Differenzierung, Individualisierung und Flexibilisierung der Wissensangebote sowie ein größerer Bedarf nach aktualisierten Informationen (Pscheida 2009: 260).23 Wissenschaft ist mittlerweile in überaus vielen Formaten medial zu finden.24 Die unterschiedlichen, häufig innovativen Aktionen und Initiativen diverser Akteure zeugen einerseits von einem gestiegenen Interesse an der Vermittlung seitens der Wissenschaft. Die hohe Akzeptanz dieser Angebote belegt zugleich auch einen verstärktes Wunsch nach Forschungsthemen seitens der Öffentlichkeit. „Wissenschaft hat heute einen ähnlichen Stellenwert wie Kino und Theater“, „Wissenschaft ist wieder in der Gesellschaft angelangt“, so das Fazit eines Symposiums über Wissenschaftskommunikation 2008 (Wefer 2008: 3). Wissenschaft hat sich also von einem Nischenprodukt für Interessierte zu einem Thema für die breite Öffentlichkeit entwickelt. Die Archäologie hat diesbezüglich eine beachtliche Medienpräsenz erlangt (s. Kap. 5). Neben der verstärkten Nutzung von wissenschaftlichem Wissen in allen Gesellschaftsteilen ist parallel dazu seit Beginn des dritten Jahrtausends eine verstärkte Verbreitung und Vermarktung von nichtwissenschaftlichem Wissen festzustellen. 25 Neben den staatlichen Institutionen bieten vermehrt private Dienstleister Wissen an. 22 Zur deutschen Politik bezüglich der Wissensgesellschaft siehe Eichholz (2010: 17ff). Viele der genanten Aktivitäten sind auch deswegen initiiert worden, um Studierende für naturwissenschaftliche Fächer zu generieren. 23 Diese Bedürfnisse können insbesondere durch das Internet ideal gestillt werden (Pscheida 2009). 24 Bertold et al. (2008) führen hierzu eine ausführliche Übersicht an. 25 Neben den Wissenschaftlern agiert eine Vielzahl an Akteuren auf dem Wissensmarkt, so gelten beispielsweise interessierte Laien – als Autoren von populären Büchern oder Betreiber von Internetseiten – als Vermittler von historischem Wissen (Mohr 2007: 31). Zu diesen Akteuren sind auch Randgruppen oder Außenseiter zu zählen, die eigene Standards einer Wahrheitsdefinition haben (Hüppauf/Weingart 2009: 15; für die Archäologie s. Kap. 5.3).

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So wurden auf verschiedenen Fernsehkanälen Wissensmagazine zur Hauptsendezeit lanciert. Berthold et al. (2008) haben nicht weniger als 45 Wissensformate im deutschen Fernsehen erfasst.26 Die Sendeformate der privaten Sender verstehen sich vorrangig als Wissensmagazine, die meisten der öffentlich-rechtlichen Sendungen definieren sich als Wissenschaftsmagazine (s.a. Kap. 4.2.3.2). Hierbei zeigt sich, dass gerade durch die privaten Fernsehsender die Grenze zwischen wissenschaftlichem Wissen und Alltagswissen aufgehoben wird. In diesen Wissensformaten sind nicht neue wissenschaftliche Erkenntnisse der Anlass für einen Fernsehbeitrag, sondern aus Alltagsphänomenen werden Themen kreiert. Insbesondere die Relevanz der Inhalte für den Alltag der Zuschauer ist eine Ursache für den Boom der Wissensformate (Götz-Sobel 2006: 125). Einige Wissenssendungen der privaten Kanäle versuchen darüber hinaus, mit (inszenierten) Mysterien Zuschauer zu erreichen. 27 Unter dem Label ,Wissen‘ werden demzufolge einige Fernsehformate vermarktet, die oft mit Wissenschaft nichts zu tun haben und von Weichert folgendermaßen beschrieben werden: „[...] die aktuelle Banalität zur Primetime ist Wissen unter Ausschluss der Wissenschaft“ (Weichert 2005: 51). Im Bereich der Printmedien existieren etablierte Wissensmagazine wie Bild der Wissenschaft, National Geographic, Geo, P.M. oder Spektrum der Wissenschaft, die monatlich eine verkaufte Auflage zwischen 50.000 und 500.000 Exemplaren erreichen 28 und in unterschiedlicher Intensität historisch-archäologische Themen im Repertoire haben. Mittlerweile sind zusätzlich diverse Wissensformate für Kinder am Zeitschriftenkiosk erhältlich: Seit 1996 gibt es eine Kinderausgabe von GEO namens Geolino, von Spiegel heißt sie Dein Spiegel – einfach mehr wissen (seit 2009), das Kinderheft der Zeit, ZeitLeo, wurde 2011 ausgebaut und Was ist Was erscheint seit 2009 zusätzlich im Magazinformat. Neben den multithematischen Zeitschriften existieren themenspezifische Titel wie G/Geschichte, GeoEpoche, 26 Dabei existieren unterschiedliche Sendeformate von der Wissens-Quizshow bis hin zur moderierten Dokumentation. Einige Sendungen mit hohen Einschaltquoten im Dokumentarbereich seien exemplarisch genannt: Abenteuer Wissen (ZDF), Abenteuer Forschung (ZDF), Faszination Wissen (BR), Quarks & Co (WDR), W wie Wissen (ARD), Galileo (Pro7), Abenteuer Leben (Kabel 1), Nano (3sat), Welt der Wunder (RTL II), Planetopia (Sat.1). Siehe auch die Auflistung von Trepte/Burkhardt/Weidner (2008: 31). 27 Prominentestes Beispiel ist die Sendung Galileo Mystery. Pro7 hat dieses wöchentliche Spezial im Jahr 2007 ergänzend zur täglichen Ausstrahlung der Sendung Galileo eingerichtet. Das Format wurde Ende 2009 eingestellt. 28 Die monatliche Gesamtauflage der großen Wissensmagazine beträgt mehr als 1, 5 Millionen Exemplare. Hinsichtlich Auflagenzahlen der genannten Wissensmagazine siehe Bertold et al. (2008: 333). Bild der Wissenschaft existiert seit 1964, GEO seit 1976, PM seit 1978, Spektrum der Wissenschaft seit 1978 und National Geographic Deutschland seit 1999 (Lobigs 2008: 324).

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P.M. History oder Karfunkel. Eine Sonderstellung im Bereich der Altertumswissenschaften nehmen die Magazine Damals, Antike Welt, Archäologie in Deutschland und epoc ein. Sie sind überwiegend von Fachwissenschaftlern geschrieben,29 während die anderen Magazine vorrangig von Wissenschaftsjournalisten verfasst werden. Populäre Wissensmagazine erlitten zwischen 1999 und 2004 durchschnittlich einen Auflagenrückgang von ca. 10% (Lobigs 2008: 326), was aber vorrangig der Wirtschaftskrise statt einem Interessenschwund geschuldet sein dürfte, denn Angebote ohne zusätzliche Kosten wurden gerne konsumiert. Die Geschichtszeitschriften verzeichneten gegen den allgemeinen Trend eine stark erhöhte Nachfrage, so dass viele Verlage Neuerscheinungen auflegten oder die Erscheinungsfrequenz von Geschichtsmagazinen erhöhten. Täglich werden mehrere tausend Geschichtszeitschriften verkauft, was knapp drei Millionen Exemplaren jährlich entspricht (Fischer 2003). Auch der Boom von – kostenfreien – Wissenssendungen im Fernsehen setzte sich in diesem Zeitraum fort und Wissenschaftsseiten in Zeitungen werden vom Publikum sehr gut angenommen; vor allem jüngere Leser und Frauen rezipieren diese Angebote (Lobigs 2008: 326; Imboden 2007). In überregionalen Tageszeitungen haben Wissenschaftsartikel einen immensen Zuwachs erfahren; deren Anzahl stieg zwischen 2003 und 2007 um knapp 50% (Elmer et al. 2008).30 Der Anteil der Archäologie-Artikel folgte diesem Trend allerdings nicht und verringerte sich leicht von 1,0% auf 0,9% (ebd.: 885). Anhand der aufgezählten Formate bestätigt sich, dass die gegenwärtige Gesellschaft von einer Pluralisierung der Wissensformen, Wissensakteuren und Orten der Wissensproduktion geprägt ist (Wehling 2003: 119; vgl. Stichweh 2004; Pscheida 2009). 4.2.2. Gesellschaftlich-mediale Rahmenbedingungen Einige Medienformate wie Kino, Computerspiele oder Musik sind primär auf Unterhaltung ausgelegt. Einflussreiche Medien, bei denen neben dem Unterhaltungsaspekt die Wissensvermittlung im Zentrum stehen kann, sind das Fernsehen, diverse Printmedien wie Tageszeitungen, Zeitschriften und Bücher sowie das Internet. 31

29 Dies gilt ebenso für Spektrum der Wissenschaft. 30 Diesen Daten liegt eine Studie zugrunde, in der circa 4.000 Artikel der Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung und Die Welt untersucht wurden. 31 Diese grobe Unterteilung ließe sich für alle Medien differenzierter betrachten. So könnte etwa das Fernsehen in verschiedene Sender aufgeteilt werden, die Sender wieder in verschiedene Programmschemata und die einzelnen Sendereihen könnten wiederum spezifisch betrachtet werden. Es geht an dieser Stelle jedoch um eine grundlegende Betrachtung, ohne Feinheiten zu erläutern.

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Die Medien richten sich bei der Vermittlung von wissenschaftlichem Wissen nicht nach Vorgaben aus der Wissenschaft, sondern nach ihren eigenen Zielvorstellungen, nach persönlichen Vorlieben der Agierenden als auch nach den Gesetzen des Marktes. 32 Sie bieten der Wissenschaft für die von ihr zumeist kostengünstig oder kostenfrei erhaltenen Informationen eine Gegenleistung, so dass beide Seiten profitieren können. Diese Leistung besteht vor allem aus Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit (Weingart 2003: 115). Da ein Überangebot an Informationen herrscht, wird Aufmerksamkeit „zum Erfolgsfaktor“ (Schenk 2007: 776) und zu einer Ressource, die Massenmedien exklusiv besitzen und nutzen. Obwohl für viele Mitglieder unserer Gesellschaft so viel Freizeit wie nie zuvor verfügbar ist (Opaschowski 1993: 17), herrscht eine immense Aufmerksamkeitsökonomie vor. „Wirklich ist, was Aufmerksamkeit findet – alles andere findet in der öffentlichen Wahrnehmung keine Beachtung.“ (Nolte 2005: 12) Immer mehr Angebote konkurrieren um Beachtung, so dass sich ein Produkt gegenüber vielen anderen Reizen durchsetzen muss, um wahrgenommen zu werden.33 (Massen-)Medien, die es schaffen, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, haben eine Deutungshoheit über gesellschaftliche Themen und sind für die Wirklichkeitskonstruktion relevant. Bei den konkurrierenden Medien ist primär ein Kampf um Aufmerksamkeit entbrannt, während die Vermittlung von Informationen nur noch sekundär ist (Eckoldt 2007: 140; Nolte 2005: 12). In den letzten Jahren hat sich die Aufmerksamkeitsspanne verringert, so dass Informationen schneller aufgenommen werden. Rezipierende wollen für einen Beitrag weniger Zeit investieren oder suchen in schnellerer Frequenz Abwechslung. Weil Rezipierende immer weniger Zeit zum Nachdenken und Auswählen haben, konsumieren sie maßgeblich vorselektierte, einfach aufzunehmende Produkte wie Bilder und Filme (Bolz 2007: 29).34 Beim Lesen von jeglichen Printprodukten spricht Opaschowski von einem Trend zum „Fast-Food-Lesen“ (Opaschowski 2003: 188; 32 Dabei prägen die kommerziellen Wissensprodukte Unternehmensziele wie publizistischer und finanzieller Erfolg, Behauptung in der Medienkonkurrenz, Positionen im Werbemarkt ebenso wie Interessen der Wissenschaftsjournalisten, Publikumsinteresse, neu aufkommende Themen in Forschung und Gesellschaft usw. Bis zum Endprodukt wirkt somit ein komplexes Zusammenspiel von teils beständigen, teils kurzfristig änderbaren Faktoren. 33 Dies gilt vor allem im städtischen Bereich mit einer Vielzahl von visuellen Angeboten sowie einer flächendeckenden Verbreitung moderner Fernseh- und Internettechnik. 34 Nichtsdestotrotz sollte jeder Rezipient als ein aktiv handelnder Nutzer angesehen werden, der durch seine Selektion spezieller Produkte aus dem Überangebot von Printmedien, Internetseiten, Ausstellungen, Fernsehangeboten etc. bereits vor der eigentlichen Rezeption Einfluss ausübt. Um potentielle Rezipierende zum tatsächlichen Konsum zu animieren, werden durch die Produktgestalter häufig schrille Titel und Darstellungsformate etc. gewählt.

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vgl. Heinken 2010: 152), da die Meisten schneller und oberflächlicher lesen als noch vor einigen Jahren. Für Printartikel hat diese Entwicklung beispielsweise zur Folge, dass der Umfang abnimmt und die Länge, Struktur und Typografie der Texte zu entscheidenden Faktoren geworden sind, um Konsumierende zum Lesen zu animieren (Wais 2010). Außerdem haben Fotos und Grafiken in vielen Printprodukten eine überragende Bedeutung bekommen, da sie den Leser binden und leiten (Heinken 2010: 152f; Wais 2010; Hiller 2009: 165). Beim Fernsehen ist das schnelle Umschalten (= zappen) mittlerweile Usus und beim Internet deuten die Begriffe surfen genauso wie browsen (= durchblättern) bereits darauf hin, dass Wissen eher flüchtig und bruchstückhaft aufgenommen wird (vgl. Yogeshwar in Hettwer/Zotta 2008a2: 505f, Eichholz 2010: 193). Mit der Verringerung der Aufmerksamkeitsspanne geht folglich zumeist eine weniger intensive Auseinandersetzung mit dem Thema einher. „Die Informationsaufnahme erfolgt [...] immer häufiger in leicht bekömmlichen Infotainment-Häppchen“, konstatiert Hiller (2009: 161). Wissensthemen generieren seit einigen Jahren eine erhöhte Aufmerksamkeit und sind Umsatzbringer für viele Medien (Eichholz 2010: 186). Der Spiegel hat diesen Trend im Jahr 2003 mit „Science sells“ ausgedrückt (Ruby 2008: 2). Gerade die neuen Formate im TV- und Printbereich ziehen neue Kundenschichten an, die bisher nicht als Zuschauer oder Leser von solchen Formaten aufgetreten sind. Insbesondere crossmediale Vermarktungen sind in der Medienwelt ein wachsender Trend sowohl für Zusatzeinnahmen als auch zur Ressourceneinsparung (Lobigs 2008). So wurde als Ergänzung zur 1996 initiierten Wissenssendung Welt der Wunder (damals Pro7, seit 2005 RTL II) im Jahr 2005 ein gleichnamiges Magazin aufgelegt, welches 2009 mit einer verkauften Auflage von über 300.000 Exemplaren und mehr als eine Million Leser monatlich zu einem der wachstumsstärksten Magazine im deutschen Zeitschriftenmarkt aufstieg. 35 Darüber hinaus wurde durch die Herausgeber ein Internetkanal in Betrieb genommen. In der Eigenbeschreibung von Bauer Media wird die Medienkonvergenz betont: „Zusammen mit der gleichnamigen Sendung im TV, dem Internetauftritt und dem innovativen wdwip.tv bildet Welt der Wunder die erste Crossmedia-Marke des Wissens.“36 Auch zur Fernsehsendung Wunderwelt Wissen (Pro7)37 wurde ein gleichnamiges Magazin herausgegeben und die beiden zeitgleich im Dezember 2004 gestarteten PrintWissensmagazine ZeitWissen und SZ Wissen waren Ableger der etablierten Zeitun35 Die Leserzahl des Magazins betrug Ende 2009 1,35 Millionen Leser (www.bauermedia. de/weltderwunder.html, 26.02.2010). 36 www.bauermedia.de/weltderwunder.html (26.02.2010). Neben dem klassischen TVFormat wird nicht nur auf Web-TV und das Printmagazin, sondern auch noch auf Bücher, CD-Roms, DVD, E-Paper sowie auf eine internationale Ausrichtung Wert gelegt. 37 Die Fernsehsendung existiert seit Ende 2007 nicht mehr, das Printmagazin hingegen erscheint noch.

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gen Zeit und Süddeutsche Zeitung. Selbst die Fernsehzeitschrift Hörzu gibt seit 2009 unter dem Namen Hörzu Wissen. Das Magazin, das schlauer macht ein eigenes Wissensmagazin als Zeitschrift heraus. Dessen ungeachtet sind nicht alle Wissensformate Selbstläufer auf dem Markt. So wurde im kostenpflichtigen Printbereich SZ Wissen nach fünf Jahren wieder eingestellt; Horizonte, ein Titel mit der gleichen Zielgruppe wie GEO, schaffte nur eine Ausgabe und Abenteuer Archäologie ist nach knapp vier Jahren in epoc aufgegangen. Auch im Fernsehen muss sich jedes neue Format erst bewähren: Beispielsweise wurden die Wissenssendungen Terraluna (Pro7) und das Zusatzformat von Galileo, das Galileo Wissensquiz (Pro7) ebenso wie Galileo Mystery mangels Erfolg abgesetzt.38 Problematisch bei diversen Wissensformaten ist das Verhältnis zwischen der tatsächlichen Vermittlung von Wissen und der Inanspruchnahme desselben für andere Zwecke. „In großen Kommunikationsbereichen herrschen Kommunikationsformen vor, die lediglich auf eine bestimmte Wirkung und nicht auf Wissensvermittlung aus sind: Überredung, Werbung, Verschleierung, Irreführung etc.“, erklärt Wersig (1993: 65). Er bemängelt, dass etwa die Sprache, eigentlich klassisches Mittel der Wissenskommunikation, zunehmend zum Instrument verschiedener Interessen wird und dadurch Inhalte trivialisiert, überfrachtet und zynisch umgestaltet werden. Jedoch ist dieser Trend nicht als böse Absicht, sondern als Ausdruck allgemeiner Bewegungen anzusehen (ebd.). Ergebnisse und Skandale aus der Wissenschaft werden häufig genutzt, um Umsätze zu erzielen. Medien können allerdings auch von der Wissenschaft instrumentalisiert werden (Weingart 2003: 122; vgl. Scherzler 2008: 128f; Holtorf 2007: 15). Von Archäologen etwa werden bei Interviews nur bestimmte, zumeist herausragende Aussagen getroffen, statt die konkreten Ziele eines Forschungsprojektes herauszustellen, da befürchtet wird, diese könnten für die Öffentlichkeit als langweilig erscheinen. Es ist Konsens in der Wissenschaft, im Regelfall Ergebnisse zuerst in Fachpublikationen zu verbreiten, bevor Massenmedien davon berichten. Bei Ausgrabungen mit außergewöhnlichen Befunden ist diese Reihenfolge unter Umständen schwierig einzuhalten, da wissenschaftliche Auswertungen häufig viele Jahre in Anspruch nehmen. Daher wird in bestimmten Fällen mit den üblichen Gepflogenheiten der wissenschaftlichen Kommunikation gebrochen und die Verantwortlichen platzieren Pressemeldungen zeitnah.39 Der Fall des Affenfossils Ida ist ein prägnantes Beispiel aus der Gegenwart. Hier wurde im Frühjahr 2009 ein paläontologischer Fund in einer exzessiven Art 38 Die Beispiele zeigen, dass viele Faktoren zum Erfolg eines Produktes notwendig und Steigerungen nicht unbegrenzt möglich sind. Eine detaillierte Analyse der einzelnen Misserfolge ist im Rahmen dieser Studie nicht möglich. 39 Ein berühmtes Beispiel des 19. Jahrhunderts ist Heinrich Schliemann. Er forcierte zuerst ein großes Medienereignis, bevor die wissenschaftlichen Publikationen folgten (Samida 2009).

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vermarktet, die bisher ihresgleichen sucht: Der Paläontologe Hurum hatte einem Privatsammler ein Primaten-Fossil aus der Grube Messel abgekauft und daraufhin mit Erfolg bei einigen Fernsehsendern angefragt, ob sie das Erforschen des Fossils mit Kameras begleiten würden. Am 19. Mai 2009 erfolgte im Naturkundemuseum in New York die Ergebnispräsentation auf einer Pressekonferenz, bei der seitens der Wissenschaftler Worte wie „erste[s] Bindeglied zum Menschen“ (Hurum) oder, „achte[s] Weltwunder“ (Franzen) fielen. Darüber hinaus wurde eine eigene Webseite arrangiert, die nicht im sachlich-wissenschaftlichen, sondern aufwändigemotionalen Stil – inklusive Videosequenzen im Stil eines Hollywoodtrailers – gestaltet wurde. 40 Ferner erschien ein populär verfasstes Buch mit dem Titel The Link (Tudge/Young 2009), das auf Deutsch unter dem Titel Das Missing Link (Tudge 2009) herausgebracht wurde. Google zeigte am Folgetag der Pressekonferenz sein Logo in Gestalt des Affenfossils, im US-Fernsehen wurden Werbespots lanciert, in denen die Entdeckung mit der Mondlandung verglichen wurde, und die dazugehörige TV-Dokumentation war wenige Tage nach der Pressekonferenz zu sehen. In Deutschland wurde die Sendung vom ZDF im Rahmen der Terra X-Reihe ausgestrahlt und erreichte mit 14,3% eine überdurchschnittlich hohe Einschaltquote. Hurum, der Hauptakteur, meint zu dieser auffälligen Vorgehensweise: „Jede Popgruppe tut dasselbe. Jeder Sportler macht das. Wir müssen beginnen, in der Wissenschaft auch so zu denken.“ (Hurum in Mäder 2009: 8) „Wir haben Ida innerhalb von zwei Wochen Pressearbeit zu einer Ikone der Evolution gemacht [...]. Durch das Buch, die TV-Dokumentationen und durch die Webseite haben wir im Grunde einen großen Teil der Popularisierung unserer Ergebnisse selbst übernommen. [...] Es ist unsere Forschung, es ist unsere Arbeit, es ist unser Fossil und wir wollten es in unserer Art und Weise der Welt präsentieren. [...] Was wir hier zum ersten Mal gemacht haben: Wir haben den ganzen Job selbst gemacht.“ (Hurum in Lehmkuhl 2009: 11)

Hurum fordert, dass Wissenschaft neben der wissenschaftlichen Publikation auch auf anderen Ebenen kommunizieren sollte, wenn sie eine sehr große Öffentlichkeit erreichen oder eine Verzerrung ihrer Ergebnisse vermeiden möchte (Lehmkuhl 2009: 13). Welch unübliche Vorgehensweise von populärer Wissenskommunikation dieser Fall darstellt, ist daran zu erkennen, dass diese Präsentationsart von der New York Times als Beginn eines neuen Zeitalters, des ,Mediazäns‘, bezeichnet wurde (Mäder 2009). Unter vielen Forschern sowie unter Journalisten wird der Fall des ,selbsterzeugten Hypes‘ mittlerweile kritisch gesehen (siehe Lossau 2009; Lehmkuhl 2009).

40 www.revealingthelink.com. Mittlerweile (21.01.2011) fällt die Aufmachung etwas nüchterner aus.

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4.2.3. Wissenskommunikation Die Kommunikation von Wissen und Wissenschaft verläuft in verschiedenen Formen. Im Folgenden werden Hintergründe, Sichtweisen und Kriterien der Wissensvermittlung erläutert. Wie im vorherigen Kapitel gezeigt wurde, verschwimmt in der Praxis die Trennlinie zwischen Wissen und Wissenschaft aufgrund der Vielzahl an Arten und Produkten im Wissenssektor. Damit einher geht eine unscharfe Verwendung der Begriffe ,Wissenskommunikation‘, ,Wissenschaftskommunikation‘ und ,Popularisierung‘ in der Forschungsliteratur (vgl. Eichholz 2010: 119), wobei sich folgende Differenzierungen der Begriffe ausmachen lassen: Unter Wissenschaftskommunikation (oder Wissenschaftspopularisierung) werden zumeist die Arten der Wissensverbreitung verstanden, die von Wissenschaftsorganisationen bzw. Wissenschaftlern selbst stammen und sowohl für eine fachspezifische Rezipierendengruppe (= fachinterne Kommunikation) als auch für ein breiteres Publikum verfasst sein können (vgl. Eichholz 2010: 7ff). Zu Letzterem fallen etwa Meldungen, die durch Pressestellen von Forschungseinrichtungen oder Hochschulen verfasst werden oder Artikel, die Wissenschaftler für populäre Printmagazine (z.B. Antike Welt) schreiben. 41 Popularisierung (siehe folgender Abschnitt) gilt als diejenige Form der Wissenskommunikation, welche sich vorrangig an ein breites Publikum wendet. Wissenschaftsjournalismus (s. Kap. 4.2.3.2) ist die Art von Popularisierung, bei der Informationen aus der Wissenschaft von Autoren aufbereitet werden, die unabhängig vom Wissenschaftsbetrieb agieren und entweder selbständig arbeiten oder in Unternehmen der Medienbranche angestellt sind. 4.2.3.1. Popularisierung „Im Popularisierungsprozess werden neuartige Wissensprodukte geschaffen, die nicht lediglich reduzierte Versionen des je zugrundeliegenden Ausgangswissens sind, sondern andere oder zusätzliche Bedeutungsgehalte in sich tragen können.“ (EICHHOLZ 2010: 10)

Unter dem Begriff ,Popularisierung‘ wurde lange Zeit die Vereinfachung von wissenschaftlichem Wissen und die Verbreitung an ein breites Publikum verstanden. Die Prozesse der permanenten Umwandlung, Neuschaffung, Statusveränderung und Neukonstituierung von Wissen im Rahmen der Popularisierung wurden hingegen vernachlässigt. Bisher ist weder eine einheitliche Methodik in der Popularisierungs-

41 Dieser Bereich ist nicht Gegenstand der Arbeit.

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forschung noch eine Definition des Begriffes Popularisierung herausgearbeitet worden. 42 Ruchatz fasst retrospektiv unter Popularisierung alle Kommunikationsformen zusammen, die „viele zugleich adressierten und potentiell der ganzen Bevölkerung, statt nur den Gebildeten zugänglich waren“ (Ruchatz 2005: 139). In der Gegenwart sind unter Popularisierung überaus mannigfaltige Phänomene zu fassen, was eine eingängige Definition erschwert.43 Popularisierung ist keine neue Erscheinung, welche aufgrund der ökonomischen oder medialen Rahmenbedingungen der letzten Jahre oder Jahrzehnte entstand. Bereits im 19. Jahrhundert hatten Wissenspopularisierungen Hochkonjunktur: „Popularisierung wurde nach 1848 in Deutschland zum inflationär gebrauchten Schlagwort.“ (Daum 2002: 2)44 Trotzdem hat sich in Deutschland die Forschung und Umsetzung im Vergleich mit Ländern wie England oder den USA nur in geringem Maße ausgeprägt. Diese Tatsache ist nicht neu, sondern wurde schon vor 150 Jahren in dieser Form offengelegt und kritisiert (Daum 2002: 16). Die hierzulande noch immer zögerliche Beschäftigung mit der Thematik zeigt sich exemplarisch daran, dass im Brockhaus multimedia premium, der 335.000 Stichwörter enthält, weder der Begriff ‚Popularisierung‘ noch ‚Populärwissenschaft‘ aufgeführt ist.45 Hinzu kommt, dass der Fokus traditionell sehr stark auf Naturwissenschaft und Technik liegt (vgl. Dierkes/van Grote 2000; Daum 42 Immerhin scheint das Desiderat erkannt, so erschien 2005 der Sammelband ‚Popularisierung und Popularität‘, der Zugänge und Definitionshinweisen aus historischer Sichtweise liefert (Blaseio/Pompe/Ruchatz 2005). Vgl. Kretschmann (2009a, 2009b), der auch eine Übersicht über Popularisierungsforschungen gibt. Über die Entwicklungsgeschichte und Etymologie siehe Daum (2002), vgl. auch Stäheli (2005). Spezifisch auf die Popularisierung von Wissenschaft geht Eichholz (2010: 119ff) ein. 43 Ein Beispiel für die Sichtweise von Popularisierung in Bezug auf Fernsehen liefert Alexander Stock, Leiter der Hauptabteilung Kommunikation beim ZDF: „Popularisierung ist das Mittel, um Popularität zu erreichen. Jede Form von Werbung und Marketing ist der Versuch einer Popularisierung. Auch jede Programmstrategie bis hin zum Programmschema ist ein formales Element der Popularisierung.“ (Stock 2005: 318) 44 Nach dem immensen Interesse an wissenschaftlichen Themen im 19. Jahrhundert ebbte die Popularisierungswelle im Laufe des 20. Jahrhunderts ab (Weingart 2005: 13ff). Seit Ende des 20. Jahrhunderts zeichnet sich jedoch ein Trend zur erneuten Popularisierung ab. Diese Entwicklung wird begleitet bzw. ausgelöst durch ein Wiedererstarken der Visualisierungen (s. Kap. 4.4) und des Erlebnisfaktors (s. Kap. 4.3). Während sich Wissenschaft vom 16.-18. Jahrhundert häufig als vorführbare und damit sicht- und erlebbare Wissenschaft präsentierte – beispielsweise auf Jahrmärkten, in bürgerlichen Salons und Universitäten – entwickelte sich durch die weiteren Spezialisationen eine textbasierte Wissenschaft sowie Popularisierungsform heraus. 45 Brockhaus multimedial premium 2007, aktualisiert im Januar 2010. Ich danke Daum für einen ähnlichen Hinweis in einer Fußnote seiner Publikation von 1998.

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2002; Shinn/Whitley 1985; Schettler 1992; Seising 1996; Broks 2006; Salzmann 2007; Schäfer 2007). Geisteswissenschaften hingegen fristen im Diskurs ein stiefmütterliches Dasein, obwohl ihre Fächer zu den Gründungsdisziplinen vieler Universitäten gehören und noch heute einen erheblichen Studierendenanteil aufweisen. Wenngleich in den letzen Jahren großangelegte Initiativen zur besseren Vermittlung der geisteswissenschaftlichen Forschungsergebnisse gestartet wurden,46 nimmt die Thematik erst allmählich in den Geistes- und Altertumswissenschaften Raum ein (Göpfert/Ruß-Mohl 2000b: 10; vgl. Korte/Paletschek 2009: 10). Wissenspopularisierung wurde in der Vergangenheit von Seiten vieler Wissenschaftler traditionell als eine zusätzliche, unhonorierte Arbeit betrachtet, die nicht zum Kernbereich der Wissensproduktion gehört und nach erfolgter Wissensproduktion vorrangig von Außenstehenden durchgeführt wird (Whitley 1985; Daum 2002: 26). Auch gegenwärtig erfolgt häufig noch eine pauschale Abwertung des populären Wissens als eine niedere Form des höher angesehenen wissenschaftlichen Wissens. Nikolow/Bluma sehen dies als eine Strategie der Wissenschaftler an, um eine Deutungshoheit in der Öffentlichkeit zu erreichen bzw. auszubauen und die vorhandene soziale Hierarchie zwischen Produzierenden und Konsumierenden aufrechtzuerhalten bzw. zu verstärken (Nikolow/Bluma 2009: 59; vgl. Schirrmacher/Nikolow 2007: 25; Stone 1994: 196). Hierarchisierungen sind beispielsweise dann zu spüren, wenn Akademiker populäre Darstellungen in ihren Kommentaren verunglimpfen (Ash 2007: 350). Die negative Sichtweise auf Popularisierung scheint noch Grundbestandteil der (archäologisch-)wissenschaftlichen Denkweise zu sein (Biehl 2005; Young 2002: 240), denn der Begriff ,populärwissenschaftlich‘ ist unter vielen Wissenschaftlern mit einem negativen Image besetzt (Daum 2002: 16) und viele Forscher publizieren weiter exklusiv für einen kleinen FachLeserkreis (Biehl 2005: 247). Diese Haltung wird jedoch nicht mehr von allen geteilt und momentan fordern viele mit Nachdruck eine populäre Vermittlung von Wissen und ein Eingehen auf die Bedürfnisse der Öffentlichkeit, um die bestehende Distanz zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu verringern (vgl. Weingart 2003: 113; Jochmann 2009; für die Archäologie beispielsweise Holtorf 2005a; Sommer/Wolfram 1993; Biehl 2005; s.a. Kap. 4). Bisher ist häufig die Vorgehensweise üblich, Forschungsfragen innerwissenschaftlich für die Öffentlichkeit, aber selten mit der Öffentlichkeit zu entwickeln. Dadurch jedoch wird die Gesellschaft

46 Beispielsweise wurde 2006 das PUSH-Programm speziell für Geisteswissenschaften ausgeschrieben (www.pressrelations.de/new/standard/result_main.cfm?aktion=jour_pm& comefrom=scan&r=249233, 04.05.2010) und die Volkswagenstiftung hat im gleichen Jahr die Förderinitiative Pro Geisteswissenschaften aufgelegt (www.volkswagenstiftung. de/foerderung/strukturen-und-personen/pro-geisteswissenschaften.html, 04.05.2010). Die Archäologie ist an solchen Initiativen bisher kaum beteiligt (vgl. Scherzler 2005: 154).

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als imaginierte Gruppe gesehen, ohne wirklich deren Fragestellungen und Perspektiven zu berücksichtigen. Nicht zuletzt weil die Wissenschaft Finanzen benötigt und idealerweise auch die Zustimmung der Politik und Öffentlichkeit braucht, steigt sie „vom Elfenbeinturm in den Jahrmarkt“ (Kogler 2004: 133) und ist in den Medien zu finden.47 „Die Furcht vor der ehemals als dämonisch oder minderwertig angesehenen Mediengesellschaft verwandelt sich in die Akzeptanz der Jahrmarktgesellschaft, die noch ganz nach den alten Regeln funktioniert: Tue Gutes, rede laut darüber, sei schneller als die Händler vom Nebenstand, und biete deine Ware feil.“ (Kogler 2004: 133)

Diese Aussage spiegelt den Gesinnungswandel wider, der vielerorts anzutreffen ist. Bei einem möglichen Eingehen auf Interessen der Bevölkerung darf jedoch nicht der Aspekt ausgeschlossen werden, dass freie wissenschaftliche Forschung zweckfrei zu innovativen und kritischen Ergebnissen kommen muss. 4.2.3.2. Wissenschaftsjournalismus „Nach den Kriterien der Alltagswelt ist wissenschaftliches Wissen bis auf Ausnahmen irrelevant – und auf diese Ausnahmen kommt es beim Wissenschaftsjournalismus an.“ (PETERS/JUNG 2006: 27)

Wie ,Wissenschaftsjournalismus‘ definiert wird und welche konkreten Merkmale er aufweist, wird im Folgenden recht umfassend erläutert, da diese Angaben für das Verständnis von verschiedenen Popularisierungsprodukten hilfreich sind. 48 Wissenschaftsjournalismus ist die Form von Journalismus, der sich inhaltlich auf Themen der Wissenschaft konzentriert.49 Er existiert seit über 100 Jahren, führte aber bis in die 1990er Jahre ein Schattendasein. Durch den Wissensboom seit dieser Zeit hat der Wissenschaftsjournalismus eine beachtliche Ausweitung erfahren. Neben einem verstärkten Interesse an solchen Themen kann dies auch daran liegen, 47 Die massenmediale Berichterstattung führt dazu, dass wissenschaftliche Themen in der Öffentlichkeit bekannt werden. Das stellt gleichzeitig die Voraussetzung dar, damit von anderen Akteuren erneut auf die Thematik zurückgegriffen wird (Luhmann 1996: 28f). 48 Es geht in dieser Forschung vor allem um Berichte aus, nicht um Berichte über die Wissenschaft (was z.B. Finanzierungsfragen oder Interessenskonflikte der verschiedenen Institutionen wären). 49 Genauere Angaben zum Wissenschaftsjournalismus inkl. Ausbildungsmöglichkeiten etc. sind in Wormer (2006) und Hettwer (2008) zu finden.

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dass sich diese Journalismusform Ende der 1990er Jahre in der Art der Präsentation gewandelt hat. Göpfert/Ruß-Mohl zufolge ist er nicht mehr langweilig und kompliziert geschrieben, sondern interessant aufbereitet (Göpfert/Ruß-Mohl 2000a: 7). Neben dem Beruf des Wissenschaftsjournalisten, 50 der für Print, Hörfunk und Fernsehen Beiträge anfertigt, gibt es neuerdings auch Wissensjournalisten. Einige der in Kap. 4.2.1 geschilderten Wissensmagazine in Print und TV bieten ein typisches Arbeitsfeld für Wissensjournalisten; zum Beispiel bezeichnet sich Aiman Abdallah, Moderator der Sendung Galileo, als Wissensjournalist (Hettwer et al. 2008: 13). In Deutschland ist die Vorstellung tief verwurzelt, „Wissenschaftsjournalisten hätten damit zu tun, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Öffentlichkeit zu ‚transportieren‘ und solchermaßen in Zeiten knapper Finanzen für die notwendige – angeblich gefährdete – Akzeptanz ‚der‘ Wissenschaft zu sorgen. Auch heute noch hört man aus dem Wissenschaftsbereich die larmoyante Klage über eine so genannte LaienBevölkerung, die einfach nicht versteht und einsieht.“ (Kohring 2006: 18)

Dieser Ansicht nach, welche seit den Anfängen des Wissenschaftsjournalismus existiert, sollten Journalisten eine gleichförmige Perspektive wie die Wissenschaftler besitzen und den Fortschritt oder kulturellen Wert der Wissenschaft propagieren oder die fachspezifischen Forschungsergebnisse möglichst unverändert in die Alltagssprache übersetzen (vgl. Kohring 2006). Wissenschaftler, die den Journalisten 51 Informationen liefern, sehen sich dabei häufig selbst als diejenigen, welche die Autoren-Hoheit über das journalistische Produkt besitzen. Für Journalisten hingegen werden Wissenschaftler ausschließlich als Lieferanten von Informationen gesehen, während die volle Verantwortung über den Bericht bei den Journalisten verbleibt. Einige Forscher sehen Wissenschaftsjournalisten nicht als Übersetzer, sondern eher als Auslandskorrespondenten an, die aus einer fremden Kultur (Wissenschaft) einer anderen (Öffentlichkeit) Bericht erstatten und die Forschungsergebnisse in einen größeren Zusammenhang einordnen (Peters/Jung 2006; Scherzler 2005: 154). Das unterschiedliche Rollenverständnis hat etwa zur Folge, dass bei journalistischen Berichten, welche keine mit der Wissenschaft deckungsgleichen Inhalte transportieren, häufig Beschwerden von Wissenschaftlern auftreten. Diese beklagen eine mangelnde Qualität der medialen Präsentationen. Die Bedürfnisse 50 Während bei kleineren Zeitungen und Magazinen häufig mehrere Themengebiete von einem Journalisten abgedeckt werden, gibt es gerade bei überregionalen Printmagazinen Wissenschaftsjournalisten, die sich ausschließlich Themen der Wissenschaft zuwenden. 51 Die häufige Annahme, dass die zumeist techniklastigen Themenbereiche des Wissenschaftsjournalismus überwiegend von Männern abgedeckt werden (vgl. Daum 2008), bestätigt sich nicht: Eine Studie über Wissenschaftsjournalisten ergab, dass 46% dieser Journalismusart weiblich sind (Blöbaum 2008).

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des Publikums52 sind für Journalisten elementar und deren Bedürfnisbefriedigung stellt somit ein Qualitätsmerkmal für den Journalismus dar. 53 Journalisten denken deshalb in der Perspektive der Leser und nicht in den Relevanzkriterien der Wissenschaftler, so dass sie sich eher als Stellvertreter der Öffentlichkeit und nicht als Sprachrohr der Wissenschaft sehen. Wissenschaftsjournalisten sind allerdings vielfältigen Einflüssen ausgesetzt und stehen im Spannungsfeld zwischen verschiedenen Ansprüchen. Abbildung 2: Aufgaben und Einflussbereiche des Wissenschaftsjournalismus

Quelle: Hettwer/Zotta 2008b: 212.

In der Kommunikation für eine größere Öffentlichkeit gelten grundsätzlich andere Regeln als in der Wissenschaftskommunikation, die für eine kleine, spezifische Leserschaft gemacht wird (vgl. Peters/Göpfert 2000: 25; Haller 2000: 19; Kapff 2004: 128; Scherzler 2005: 155). Grundsätzlich herrscht ein gegensätzliches Selbstverständnis zwischen den Berufsbildern des Wissenschaftlers und des Journalisten

52 Als Publikum gilt hier nicht der fachlich ausgebildete Rezipientenkreis. Das Publikum ist allerdings nicht per se als nichtwissenschaftlich zu definieren. Grundsätzlich sind Wissenschaftler als Rezipierende bei massentauglichen Angeboten häufig in der Minderheit, so dass mediale Produkte üblicherweise nicht an dieser Zielgruppe ausgerichtet werden. 53 Über die Publikumskenntnisse der Journalisten s. Kap. 4.2.3.4.

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vor. Korbmann kommentiert bezüglich der unterschiedlichen Rollen pointiert, dass der Wissenschaftsjournalist so wenig ein Wissenschaftler sei wie der Fußball kein Fuß sei (Korbmann 1992: 49ff). Zu den konkreten Unterschieden – und damit möglichen Spannungsfeldern – zwi schen der wissenschaftlichen und der journalistischen Vorgehens- bzw. Darstellungsweise zählen nachfolgende Aspekte (nach Haller 2000: 19; Haller 1992: 43; Grunenberg 1992; Hömberg 1992: 58f; Hömberg 2000; Peters/Göpfert 2000; attempto 2005): • Während es in der Wissenschaft den Anspruch gibt, die Persönlichkeit des Forschers zu negieren und auch bezüglich der Forschung eine distanzierte Sachbezogenheit in den Vordergrund zu stellen, wird die Persönlichkeit in den Medien häufig bewusst gesucht und herausgestellt, 54 wodurch etwa Nähe zum Rezipierenden erzeugt wird. Rudolf Augsteins Anweisung für die Journalisten anlässlich der Gründung des Spiegels bringt den Aspekt der Personalisierung auf den Punkt: „Personen sind farbiger und erregen mehr Interesse als abstrakte Vorgänge. Personen machen eine Geschichte lebendig. Nichts ist interessanter für den Menschen als der Mensch.“ (Augstein 1947, zitiert in Held 2007: 125) Je höher der Status (Macht, Prestige, Prominenz, Elite) einer Person ist, desto besser eignet sich diese für einen journalistischen Bericht. Dieser Faktor der Prominenz gilt auch für Institutionen und Objekte und ist zumeist der entscheidende Aspekt, um Aufmerksamkeit zu erlangen (Franck 1998: 105f). • Aus Sicht der Wissenschaft Nebensächliches kann für Rezipierende sehr wichtig sein, so dass Journalisten ggf. andere Themen in den Vordergrund stellen. Wissenschaftlich interessante Befunde fallen häufig durch das Raster der Medien, weil sie sich nicht in Superlativen wie ‚am ältesten‘, ‚am größten‘ oder ‚am schönsten‘ beschreiben lassen. • Ereignisse von kurzer Dauer und Einzelfälle/Außergewöhnlichkeit sowie Überraschungen/Unvorhergesehenes (zumeist Negatives) und fertige Resultate werden berichtet, während Wissenschaftler eher langfristigere Zeiträume und wiederkehrende Prozesse beobachten. 54 Wie Benz/Liedmeier gerade an Titelgeschichten von GEO der letzten Jahre nachgewiesen haben, werden durch die Herausgeber Persönlichkeiten immer stärker in den Vordergrund gerückt (Benz/Liedmeier 2007: 162). Das Magazin P.M. History ist ein Beispiel für die bewusste Verbindung von Geschichte mit persönlichen Schicksalen. Personalisierungen sind generell ein beliebtes Interessensgebiet: Buch-Biografien verkaufen sich sehr gut, nicht nur in BILD werden fast sämtliche Themen mit persönlichen Schicksalen und Gefühlen verknüpft, Magazin- und Onlinemeldungen über Prominente werden millionenfach gelesen. Auch journalistische Berichte aus der Wissenschaft sind oft in persönliche Erlebnisse des Forschers oder Journalisten eingebettet.

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• Journalisten wollen generalisierende Aussagen treffen und Fakten liefern ohne ausführliche Erklärungen vorzunehmen. Dabei ist Eindeutigkeit wichtig, so dass in einem Bericht im Regelfall keine verschiedenen Theorien und Abwägungen vorkommen, was der wissenschaftlichen Vorgehensweise widerspricht. • Die Verwendung von Stereotypen, die Übereinstimmung eines Beitrages mit Erwartungen sind – trotz der oben genannten Vorliebe für Herausragendes – gut für journalistische Publikationen, während sich wissenschaftliche Veröffentlichungen eher an den erzielten Ergebnissen orientieren. • Während wissenschaftliche Desiderate häufig ausreichend Anlass zur Forschung bieten, ist bei Journalisten eine potentielle Identifikation der Leser mit dem Inhalt wichtig, um einen Beitrag zu verfassen. In räumlicher, politischer oder kultureller Weise sollte daher eine Relevanz (= Bedeutsamkeit, Betroffenheit) für das Publikum vorliegen. 55 Diese Nähe bedeutet einen Alltagsbezug zum Leser, was sich in verschiedenen Medienformaten als zwingendes Hauptkriterium herauskristallisiert (vgl. auch Salzmann 2007: 131)56. Wenngleich es auf den ersten Blick paradox erscheint, gilt gerade auch bei Archäologischem der Gegenwartsbezug als eminent wichtig (Kapff 2004: 129; Scherzler 2005: 154; Schörken 1995: 165ff;57 Childs 2002: 228; Holtorf 2007: 47; Benz/Liedmeier 2007). 58 Dies kann etwa durch eine existierende oder hergestellte räumliche Nähe geschehen (etwa ‚Ausgräber der (regionalen) Uni XY forschen im Orient‘) oder Nähe wird mit Identitätsbezügen, oft nationaler Art, hergestellt (Pollock 2005). Für den Großteil der populären Medienformate wird der Grundsatz ,den Leser abzuholen, wo er steht‘ 55 Journalisten wählen Themen aus, die auch in Feldern jenseits der Wissenschaft Relevanz aufweisen, sie stellen Wissenschaft folglich in einen größeren, teils auch neuartigen Kontext. Dadurch ermöglichen sie unter anderem Orientierung, was für Rezipierende einen bedeutsamen Faktor darstellt (Kohring 2006). 56 Salzmann (2007) stellt heraus, dass sich die Rolle von Wissenschaftsmagazinen im Spannungsfeld zwischen dem wissenschaftlichem Fachdiskurs und tagesaktuellem Gesellschaftsdiskurs befindet, wobei der Trend besteht, mehr auf den gesellschaftlichen Kontext statt auf wissenschaftliche Relevanz einzugehen. 57 Schörken zählt in Bezug auf historische Themen folgende typische Aspekte von Relevanz auf: Parallelisierung historischer Ereignisse; Aktualisierung historischer Ereignisse; Psychologisierung historischer Persönlichkeiten; Aufzeigen des Unveränderlichen in der Geschichte; Aufzeigen der Perspektive des ‚kleinen Mannes‘; Entschlüsselung von Geheimnissen; Aufzeigen von Vorbildern und Vorläufern sowie die Stilisierung der Geschichte als Feld unverfälschter großer Leidenschaften und Abenteuer (Schörken 1995: 167). 58 Tilden betont, dass auch bei Freilicht-Führungen das wichtigste Kriterium ist, dass die Erklärungen zu den Stätten/Objekten unbedingt etwas mit der Persönlichkeit der Besucher, ihren Erfahrungen, Idealen etc. zu tun haben muss, wenn Inhalte ankommen sollen (Tilden 1957: 11ff).

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umgesetzt, so dass die meisten Themen auf irgendeine Weise mit der gegenwärtigen Alltagswelt verknüpft werden. 59 Hinsichtlich archäologischer Inhalte zeigen sich unter anderem solche Unterscheidungsmerkmale, die in Tabelle 2 aufgelistet sind. Die meisten erfolgreichen journalistischen Produkte weisen einige oder viele der obigen Merkmale auf, die als Nachrichtenfaktoren (vgl. Ruhrmann 1994: 238ff) bezeichnet werden. Allerdings sind diese Kriterien vor allem anhand des Produktes, also der Produzierendenseite erarbeitet worden, so dass die Kriterien der Rezipierenden zumeist unbekannt bleiben (Lederbogen 2004: 85). Generell wird als oberstes Gebot der Medien zumeist die Befriedigung der Leserwünsche genannt. Hierzu gehört auch die Wahl der Themen. Jedoch wurden bemerkenswerterweise in einer Studie mit 21 Wissenschaftsjournalisten auf die Frage, wie die Themenauswahl erfolgt, Leserwünsche kein einziges Mal erwähnt. Hingegen betonen 18 Antworten den ,Newswert‘, 16 den ,persönlichen Schwerpunkt‘, 9 ,Vorgaben der Redaktionskonferenz‘, 7 ,Kuriosität‘, 6 ,Sensation‘ und 3 ,Agenda Setting‘ als ausschlaggebend (Müller 2004a: 61). Aufgabe des Wissenschaftsjournalisten ist vor allem, verständlich zu schreiben und die Leser unterhaltsam zu binden, so dass Berichte als Infotainment verkauft werden können, betont Korbmann (1992: 49ff; vgl. Ruhrmann 1994: 241). Der Wettstreit in den Medien um die Aufmerksamkeit des Lesers oder Zuschauers ist in den letzten Jahren härter geworden, weil Qualität und Erfolg von Beiträgen immer mehr an ökonomischen Kriterien gemessen werden (vgl. Weingart 2005: 24f). Die Formate müssen im jeweiligen Beitrag Rezipierende vom ersten Moment an binden, auch wenn diese möglicherweise gar nicht an dem Themengebiet interessiert sind und schnell weiterblättern oder umschalten können. In den journalistischen Angeboten scheint es grundsätzlich eine verstärkte Entwicklung weg von Bildung, hin zur Unterhaltung zu geben: „Immer kürzer, immer unterhaltsamer. So kann man den Trend im gegenwärtigen Journalismus charakterisieren.“ (Peters/Göpfert 2000: 59 Eine der wenigen kritischen Stimmen zu dieser üblichen Vorgehensweise liefert Schörken (1995: 168). Er sieht die künstliche Erzeugung von Nähe kritisch, da dies eine Praktik sei, die auf Dauer nicht funktionieren könne. Auch Hiller (2009: 167) hält die in manchen Berichten teils skurrilen Bezüge zwischen der Vergangenheit und der heutigen Lebenswelt für überzogen. Sie favorisiert es, Personen, die an Geschichte nicht interessiert sind, nichts aufzuzwängen, so wie man Sport-Desinteressierte auch nicht zwangsweise zum Konsumieren von Sportberichten nötigen sollte. Inwiefern dieser nachvollziehbare Ansatz von Erfolg gekrönt ist, bleibt fraglich, da das von ihr betreute Geschichtsmagazin Damals in den letzten Jahren erhebliche Auflagenrückgänge hinnehmen musste, während neue, schrille Magazine mit lebensweltlichen Bezügen stabile oder steigende Verkaufszahlen aufweisen.

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21) Journalismus entwickelt sich dadurch immer mehr zum Sensationsjournalismus (Kapff 2004: 128) und um ein Massenpublikum zu erreichen, müssen einfach zu verstehende und stark zugespitzte Thesen formuliert werden (Spitzing 2010). Bei Science Centern und diversen Fernsehformaten tritt der Unterhaltungsaspekt überaus deutlich zu Tage (s.a. Kap. 4.3). Tabelle 2: (Vermeintliche) Unterscheidungsmerkmale zwischen der Fachwissenschaft Archäologie und populärer Archäologie Proper archaeology scientific, truth-orientated serious, intellectual, sense the uncomfortable, demanding way real satisfaction but can be uninspiring lectures, museum visits for its own sake good conscience, moral high ground pro-active searching for answers real insights in ancient cultures people interested for the right reasons historical knowledge and consciousness enlightenment, reality High culture, lasting true learning and responsible education public outreach by scientists ordinary people should not be underestimated

Populist archaeology commercial, market-orientated trivial, vulgar, nonsense the easy, uncritical way; needs illustration seemingly satisfying but actually trash mass media and popular culture a means for something else bad conscience, morally inferior passive reception of information superficial excitement about discoveries people interested for the wrong reasons ignorance about the past myth, fantasy, entertainment cultureless, common, transient harbours risks for the development of youngsters; at best harmless prostitution; sensationalistic journalism the ignorant, uninterested, unappreciative masses; the Mammon

Quelle: Holtorf 2007: 113.

Die notwendige Unterhaltung wird vor allem mit Geschichten erzeugt (vgl. Heinken 2010: 153f). Nichts wird so schnell und einfach verstanden wie eine gute Geschichte, betont Walter (2006). Vor allem populärwissenschaftliche Beiträge setzen auf Geschichten: „Geschichte besteht aus spannenden Geschichten. Wir zeigen, dass man die auch anders vermitteln kann als in der Schule“, so Schaper, Redakteur von GeoEpoche (zitiert in Fischer 2003: 19). Eine Story funktioniert unter anderem deswegen, weil sie Spannung, Dramatik und interessante Charaktere bietet.

58 | WA (H )RE A RCHÄOLOGIE „Storytelling bietet Bezüge und Zusammenhänge, die über die Vermittlung von Fakten weit hinausgehen. Durch Geschichten können wir Erfahrungen teilen, Lebensweisheiten, Ansichten und Werte vermitteln, erklären, wie bestimmte Dinge sind – und warum sie so sind, unsere Rollen und unseren Sinn im Leben definieren.“ (Walter 2006)60

Geschichtenerzählen hat die entscheidenden Vorteile, dass es Publika generieren kann, die vorher noch nicht am Thema interessiert waren, und dass das Publikum auf diese Weise Informationen aufnimmt, ohne dass es ihm bewusst wird (Blum 2008; Haaf 2000; Dähn 2006; Wormer 2006: 11). Geschichten lassen sich darüber hinaus besser lesen, verstehen und erinnern (vgl. Glaser/Garsoffky/Schwan i. Vorb.).61 Auch wenn dies keineswegs die Idealvorstellung der historisch arbeitenden Wissenschaftler ist: Nicht vorrangig die Geschichte interessiert die Menschen, sondern Geschichten sind es, die Faszination ausüben (vgl. Holtorf 2005a, 2005b, 2007: 144). Archäologen sehen sich selbst nicht gerne als Geschichtenerzähler, obwohl sie das Potential hätten, dies mit den realen Forschungsergebnissen zu tun (Young 2002: 240; Holtorf 2005b; zur Wichtigkeit der narrativen Elemente für die Archäologie vgl. Ickerodt 2008: 73ff; Childs 2002; Joyce 2002; Young 2002; Shanks/Tilley 1987: 18f). „Archäologen erzählen Geschichten. Sie handeln entweder von wissenschaftlichen Ereignissen, wie zum Beispiel fantastischen Entdeckungen, oder von Ereignissen und Vorgängen in der (prä-)historischen Vergangenheit“ (Langenfeld 1999: 34). Jedoch sind Fachwissenschaftler nicht für eine solche Vermittlungsart ausgebildet. Young, Chefredakteur des US-Magazins Archaeology,62 drückt die mangelnde Fähigkeit der Fachwissenschaftler zum guten Storytelling zugespitzt so aus: „In fact, they are trained to be bad storytellers, which is why so many manuscripts arrive at our office bone dry and bloodless, if they arrive at all.“ (Young 2002: 240) Insbesondere in Berichten aus dem Wissensjournalismus, bei denen keine aktuelle Meldung zu Grunde liegt, ist zu erkennen, dass Aspekte wie ,Abenteuer‘ oder ,Faszination‘ in den Vordergrund gestellt werden. Damit sollen Interesse und Emotion evoziert werden, was bei Fernsehsendungen wie Abenteuer Wissen oder Faszination Forschung bereits im Titel sichtbar ist (Lehmkuhl 2008a; Holtorf 2005; vgl. 60 Elemente einer Story sind laut Walter: ein Protagonist (Erster, der handelt), emotionale Eigenschaften (emotionale Bindung aufbauen), ein Dilemma (auslösender Zwang einer Geschichte), ein Ziel (gedanklich vorweggenommener, zukünftiger Zustand), Konflikte/Veränderung/Antagonist (Vorher-Nachher-Effekt) und ein Gleichnis (auf das eigene Leben anwendbare Erkenntnis) (Walter 2006). Verschiedene ‚Archetypen‘ einer Story wie Rivalität, Erfolg, moralischer Fehltritt etc. listet Nolte (2005: 96) auf. 61 Zu Vor- und Nachteilen der verschiedenen narrativen Elemente in Bezug auf Wissensaneignung siehe Glaser/Garsoffky/Schwan (2009). 62 Das Magazin erscheint mit einer Auflage von über 200.000 Exemplaren.

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Trepte/Burkhardt/Weidner 2008: 32). Die stereotype Verknüpfung von Archäologie und Abenteuer trat beim mittlerweile umbenannten Printmagazin Abenteuer Archäologie ebenfalls deutlich zu Tage. Lehmkuhl führt an, dass Abenteuer oder Faszination beim Zuschauer häufig dadurch erreicht wird, indem Erkenntnisprozesse rekonstruiert, Irrwege nachgezeichnet und Personalisierungen der Forscher vorgenommen werden (Lehmkuhl 2008a: 192ff). Wissenschaftsberichterstattung ist immer eine Gratwanderung zwischen der Kompliziertheit und Komplexität von Wissenschaft und der Publikumsorientierung, dem Trend zur Vereinfachung, Unterhaltung und Sensationalisierung (Göpfert/RußMohl 2000a: 8). 4.2.3.3. Verhältnis von Wissenschaftlern zu Journalisten Fast jeder, über den in der Presse berichtet wird, klagt, dass er eine schlechte Presse hat, dass Inhalte oft falsch oder vulgär dargestellt sind oder dass er sich unverstanden fühlt. Dadurch existiert seitens der Akademiker ein gewisses Unbehagen gegenüber den Medien (Grunenberg 1992; Peters 1988; Lederbogen 2004: 75; Eichholz 2010: 188; Brittain/Clack 2007: 23ff). Jedoch ist der Grund, was genau schlecht ist, häufig subjektiv und nicht wissenschaftlich begründbar, merkt Peters an (Peters 1988: 73). Es gibt darüber hinaus das sogenannte hostile media phenomen, welches besagt, dass man sich in der Berichterstattung immer benachteiligt fühlt. Dieser Effekt tritt unabhängig von der beruflichen Position auf und gilt sowohl für die Wissenschaft, als auch für Politik oder Bürgerinitiativen (ebd.). Eine falsche Darstellung von Wissenschaftlern und ihren Ergebnissen ist ein Thema, das immer wieder auftaucht. Allerdings ist dies kein Phänomen der letzen Jahre, denn spätestens seit den 1920er Jahren ist bekannt, dass die Medien wissenschaftliche Ergebnisse nicht so wiedergeben, wie es die Wissenschaft gerne hätte (Weingart 2003: 120). Wissenschaftler akzeptieren vor allem Beiträge, die ähnlich der wissenschaftlichen Sicht- und Darstellungsweise sind. Die Kriterien des eigenen Systems werden also auf das andere übertragen (vgl. Kohring 2006). Bei einer davon abweichenden Darstellung des Themas oder Berufes werden Journalisten schnell angefeindet.63 63 Das unterschiedliche Selbstverständnis führt in Verbindung mit Unwissen häufig zu einem Unverständnis gegenüber der andere Seite. Korbmann bezeichnet die Lernfortschritte der Wissenschaftler über das Funktionieren der Medien als eher langsam; er führt seit 18 Jahren immer wieder die gleichen Diskussionen. In seinem Artikel listet er etliche Missverständnisse auf (Korbmann 1992). Hüppauf/Weingart bestätigen ebenfalls, dass eine Diskrepanz zwischen dem Selbstbild und Fremdbild von Wissenschaft vorliegt, aber den Wissenschaftlern zugleich die Funktionslogiken der Medien nicht bekannt sind (Hüppauf/Weingart 2009: 34). Zur Differenz zwischen öffentlichem Bild und eigenem Selbstverständnis in der Archäologie siehe auch Felder et al. (2003).

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Das antagonistische Verhältnis kann auch aus gegenseitigem Nichtverständnis herrühren (Gerwin/Dürr 1992a: 7; vgl. Korbmann 1992; Hüppauf/Weingart 2009). Die Darstellung in den Medien ist auch für Archäologen ein gern diskutiertes Thema. Klagen, Beschwerden und Protest dominieren hierbei die Resonanz (Kaeser 2010).64 Oft ist ein Jammern über das unzureichende Bild in den Medien zu finden, welches sich nur auf Ausgrabungen konzentriert. Da sich Archäologen untereinander ebenfalls vorrangig über Ausgrabungen unterhielten, mute dieses Kritisieren doch seltsam an, kommentiert Holtorf (2005b: 234).65 Kaeser stellt heraus, dass auch Archäologen aufgrund ihres Verhaltens – seit den Anfangstagen der Forschung – einen Anteil an den stereotypen Bildern haben: „Kurzum: die fachinternen Gepflogenheiten decken sich mit den abgedroschensten Klischees.“ (Kaeser 2010: 57) Archäologen sind jedoch nicht nur deswegen von den Medien enttäuscht, weil ihr Beruf einseitig dargestellt wird, sondern auch, weil neben Sensationen aus fernen Ländern auch häufig falsche Angaben zur Vergangenheit zu finden sind (Emele 1997: 1; Holtorf 2007: 105). Emele zeigt exemplarisch, dass Angaben von Wissenschaftlern in teils skurrilen Ausmaßen umgeformt und in unterschiedlichen Formaten wiederverwendet werden (Emele 1997: 1). Diesbezüglich gibt es sehr unterschiedliche Meinungen und persönliche Erfahrungen, die Fehlerquote scheint aber oft gar nicht so hoch wie angenommen zu sein (Brittain/Clack 2007: 23). Scherzler weist darauf hin, dass die bemängelten Fehler in vielen Fällen keine inhaltlichen Falschangaben sind, sondern sich auf das Weglassen von Informationen beziehen – was Journalisten notwendigerweise machen müssen (Scherzler 2005).66 Emeles Untersuchung zeigt keine feststellbare bewusste Täuschung der Rezipierenden aufgrund von falschen Angaben. Eher liegt eine Selbsttäuschung der Autoren vor, die das glauben, was sie formulieren. Emele stellt als Ergebnis seiner Forschung einen frappierenden Gegensatz fest: Journalisten bestehen vehement darauf, in ihren Produkten Wahrheit zu vermitteln, jedoch produzieren sie Geschichten, die fast alle nach erzählerischen Motiven geformte Fiktion sind (Emele 64 Yeilyurt nennt die Arbeit von denjenigen Wissenschaftsjournalisten, die unsauber arbeiten, „Pseudo-Wissenschaftsjournalismus“ (Yeilyurt 2007: 61). 65 Yeilyurt (2007: 60) widerspricht dieser Ansicht vehement, da Personen mit einem Fokus auf Ausgrabungserzählungen wohl keine richtigen Wissenschaftler seien. Auch weil Wissenschaftsjournalisten in dem jeweiligen Fachgebiet eingearbeitet seien, „wird es kaum Meinungsverschiedenheit zwischen Wissenschaftlern und Wissenschaftsjournalisten bezüglich der Darstellung in den Medien geben“ (ebd.). Seine Einschätzung dürfte eine seltene Ausnahme sein. 66 Eher als faktische Fehler sind falsche Bewertungen der Forschungen durch Wissenschaftsjournalisten ein Bemängelungsgrund, so Flöhl (in Gerwin/Dürr 1992b: 73). Dass sehr wohl inhaltliche Fehler zu finden sind, soll an dieser Stelle nicht unterschlagen werden (siehe hierzu beispielsweise Emele 1997, insbesondere S. 1 u. 18).

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1997: 128). Das Image der Archäologie in den Medien dürfte kein zwingender Grund für die negative Einschätzung der Wissenschaft sein: In der oben zitierten Studie von Elmer (s. Kap. 4.2.1) wurden 21 archäologische Artikel auf eine Wertung hin überprüft. Dabei weisen 71% einen positiven, 24% einen neutralen und 5% einen negativen Grundton auf. Der negative Wert von 5% ist nach den Disziplinen Mathematik und Paläontologie der drittgeringste von allen 16 Feldern, so dass die Vergangenheitsforschung durchaus mit einem guten Image dargestellt wird (Elmer et al. 2008: 886). Die generellen Beziehungen von Wissenschaftlern zu Journalisten sind nicht so schlecht, wie die obigen Aussagen vermuten lassen. Trotz teils erheblicher Differenzen in der Wertung der Darstellungen (Eichholz 2010: 188) bezeichnen Wissenschaftler ihre Beziehungen mit Journalisten häufig als gut. Umfragen haben ergeben, dass seit den 1980ern das Verhältnis besser geworden ist: Sowohl die Interaktion von Wissenschaftlern mit Journalisten als auch von Journalisten mit Wissenschaftlern wird besser bewertet (Peters 2008: 118ff; Stroemer o.A.). Grundsätzlich ist die Distanz zwischen Wissenschaftlern und Medienschaffenden 67 zurückgegangen. Mehr und mehr Wissenschaftler vermitteln mittlerweile ihre Forschung gerne der Öffentlichkeit (Wefer 2008) und akzeptieren die Darstellungsregeln in den Medien (Peters/Jung 2006: 35). Auch im Verhältnis der Archäologen zu den Medien gibt es Fortschritte und gelingende Kooperationen (vgl. Pendergast 1998; Heinken 2010: 155). 4.2.3.4. Wissenschaftsjournalisten und ihr Publikum Während Wissenschaftler in ihren üblichen Veröffentlichungen für ein überschaubares Fachpublikum schreiben, sind Beiträge der Wissenschaftsjournalisten explizit für ein breites Publikum angefertigt. Das Publikum ist für die Produzierenden jedoch zumeist eine unbekannte Größe, so dass häufig ein Zielpublikum angesprochen wird, ohne deren Interessen zu kennen (Hüppauf/Weingart 2009: 34; Müller 2004a; Luginbühl 2008: 219).68 Emele führt an, dass Erwartungen des Publikums imaginiert werden, die zumeist auf der Ebene von Kolportageliteratur liegen (Emele 1997: 128). Wissenschaftsjournalisten bestimmen, was in den Medien erscheint – und prägen so wiederum entscheidend mit, was als öffentliches Interesse wahrgenommen wird. Bei einer der wenigen vorhandenen Studien mit Journalisten und 67 Der Begriff Medienschaffende ist als Überbegriff gewählt, weil in der Medienbranche eine Vielzahl von unterschiedlichen Akteuren involviert ist (siehe Altmeppen 2008: 46). 68 In einzelnen Fällen gibt es allerdings fundiertere Kenntnisse, so führen etwa diverse Printmagazine regelmäßig Umfragen durch. Beispielsweise ist die Leserschaft des historisch ausgerichteten Magazins Damals (ca. 25.000 verkaufte Exemplare) der Redaktion recht gut bekannt (Hiller 2009: 167) und auch bei Archäologie in Deutschland (ca. 20.000 verkaufte Exemplare) liegen Kenntnisse über die Leser vor.

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Rezipierenden wurde herausgefunden, dass bei der Gewichtung der Interessensgebiete durch die Wissenschaftsjournalisten die Geistes- und Sozialwissenschaften bei nur 24% Interesse liegen, während sich 44% der Rezipierenden für geistes- und sozialwissenschaftliche Themen interessieren.69 Bei einer genaueren Aufschlüsselung der beliebtesten Themengebiete wird von Journalisten der Bereich Geschichte am drittseltensten genannt, taucht aber bei den Rezipierenden schon auf Platz drei der beliebtesten Themen auf – darüber hinaus sind noch zwei weitere geisteswissenschaftliche Themen unter den ersten sechs Nennungen zu finden (Reichmann 2004; Müller 2004a: 60f).70 Es klafft also eine erhebliche Lücke zwischen den Vorstellungen der Autoren über das Leserinteresse und den tatsächlichen Vorlieben der Leser. Die Studie über Aspekte der Wissenschaftsberichterstattung beinhaltet folgende erwähnenswerte Fragen: Warum konsumieren Sie Wissenschaftsjournalismus-Beiträge? Interesse/Neugier ist für 87,3% der ausschlaggebende Grund (bei dieser Gruppe erfolgt vorrangig eine Nutzung des Internets), 57,9% gaben Weiterbildung an, für beachtliche 54,6% ist der Konsum von Wissenschaftsjournalismus Teil der Lebenskultur, für 47,5% geschieht es aus beruflicher Notwendigkeit und 31,5% betreiben dies aus Hobby. Auf die Frage In welchem Format verfolgen Sie Wissenschaftsberichterstattung? antworteten 76,4%, dass sie durch das Internet erfolgt, 74% lesen Magazine/Fachmagazine, 65% informieren sich aus der Tageszeitung, ähnlich viele (64,3%) nutzen das Fernsehen. Grundsätzlich konsumieren 66,7% häufig wissenschaftliche Berichte, 25,8% tun dies manchmal und nur 4,5 % beschäftigen sich selten mit wissenschaftsjournalistischen Produkten (Müller 2004a).

69 Bei der online mit freiwilligen Teilnehmern durchgeführten Umfrage fällt auf, dass mehr als doppelt so viele Teilnehmer männlich waren: 378 Männer im Vergleich zu 186 weiblichen Teilnehmern. Eine ähnliche Online-Studie weist sogar 73% männliche Teilnehmer auf (Lederbogen 2004: 213). Die Altersstruktur der genannten Studie von Müller sah folgendermaßen aus: Von 577 Teilnehmern, die meisten davon stammten aus Österreich, waren 20 Teilnehmer unter 20 Jahren, 181 zwischen 20-29, 124 zwischen 30-39, 66 zwischen 40-49, 35 von 50-59, 15 von 60-69 und 8 zwischen 70-79 Jahren. 70 Zu erwähnen ist, dass auf die offene Frage, welches Spezialthema die Leser besonders interessiert, nur 2,8% der Befragten Geschichte und 0,7% Archäologie angaben. Allerdings betrug der höchste Wert der 27 gebildeten Antwortkategorien 6% und die meisten Antworten waren nicht kategorisierbar, so dass diese Antworten nur bedingt aussagekräftig sind (Müller 2004: 46).

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4.3. W ISSENSVERMITTLUNG IN DER E RLEBNISGESELLSCHAFT „Erleben wird vom Nebeneffekt zur Lebensaufgabe.“ (SCHULZE 1992: 55)

Schulze hat in seiner vielzitierten Veröffentlichung von 1992, der eine Studie aus der Mitte der 1980er Jahre zugrunde liegt, eine deutliche Erlebnisorientierung in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft festgestellt. Somit charakterisiert er sie als ,Erlebnisgesellschaft‘. ,Erlebnis‘ ist ein Begriff mit positiven Konnotationen, was sich an der Verwendung von Bezeichnungen wie Erlebnispark, Erlebniszoo, Erlebnismuseum, Erlebnisurlaub, Erlebniskultur usw. zeigt (Reinhardt 2005: 178, Fußnote 24). Auch im Bereich der wissensvermittelnden Printmagazine ist dieser Trend sichtbar, beispielsweise lautet der Untertitel von Geolino, der Kinderausgabe von GEO, Das Erlebnisheft. Der Trend zum Erlebnis hat sich in den letzten Jahren weiter fortgesetzt, wenngleich die Bezeichnung ,Erlebnis‘ häufig durch den englischen ,Event‘-Begriff ersetzt wird (Gebhardt/Pfadenhauer/Hitzler 2000: 9; Kemper 2001). Schulze (2005: VII) stellt klar, dass es den Menschen mit Erlebniswunsch nicht einfach um Spaß geht. Daher ist die Erlebnisgesellschaft nicht mit einer Spaßgesellschaft gleichzusetzen. Erlebnis bedeutet mehr als nur spaßige Unterhaltung: Die Ansprache aller Sinne – statt nur des Intellekts – ist dabei von zentraler Bedeutung. Das „totale Erlebnis“ ist sinnlich fassbar und körperlich spürbar, der „kalten“ Rationalität der modernen Lebenswelt werden als eine Art Wiederverzauberung Elemente wie „Gefühl“, „Wärme“ und „Authentizität“ eingehaucht, erläutern Gebhardt/Pfadenhauer/Hitzler (2000: 10f; vgl. Schulze 2005: VII). Erlebnisse können in verschiedenen Dimensionen erfahren werden: Intensives sinnliches Erleben bei live-Veranstaltungen unterscheidet eventkulturelle Veranstaltungen von vielen traditionellen Kultur- und Bildungsangeboten. Erlebnisse werden außerdem vermehrt sozial erfahren. Rezipierende nehmen in wachsendem Maße kulturelle Angebote nicht mehr alleine wahr, sondern lassen sich zusammen mit anderen unterhalten, was wiederum ein erhöhtes Zufriedenheitsgefühl erzeugt. Dadurch wirkt Kultur lebendiger (Bohnen 2004: 148). Events werden vor allem deswegen immer häufiger arrangiert, um Aufmerksamkeit zu erreichen. Sie werden vorrangig in Freizeitveranstaltungen angeboten. Solche Freizeitangebote besitzen in Deutschland eine immense gesellschaftliche und ökonomische Bedeutung, denn die Freizeitwirtschaft ist bereits Deutschlands größter Arbeitgeber und weist bezüglich des Umsatzes eine weiter steigende Tendenz auf (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 1). Während eine Erlebnisorientierung bei Freizeitveranstaltungen als geeignet angesehen wird, tritt in Verbindung

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mit Wissenschaft ein Spannungsfeld auf: „Wissenschaft interessiert die Leute nicht, es sei denn, sie wird als Sensation aufgemacht oder als Popanz hingestellt, als kurioses Schmankerl oder als Gefahr für Mensch und Natur“ (von Randow 1992: 10). Die Popularisierung von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen erfolgt häufig mittels Erlebniserzeugung in traditionellen Freizeitformaten. Dass zwischen Freizeitaktivitäten und Wissensaneignung keine strikte Trennung mehr herrscht, spiegelt sich exemplarisch in Wefers Aussage, Wissenschaft sei wie Kino (Wefer 2008: 3), wider. Die Vermischung manifestiert sich in vielen Facetten: Ob Wissensquizshows im Fernsehen,71 Science Center, Wissenschaftsjahre, Science Days oder Ausstellungsschiffe – Interaktivität und Event sind en vogue.72 Diese „Science Events“ (Eichholz 2010: 200) sind Erlebnisveranstaltungen, mit denen vor allem seit der Jahrtausendwende Wissenschaft greifbar vermittelt wird. Aufgrund der rasanten Entwicklungen auf dem Freizeit- und Unterhaltungsmarkt ändert sich das Rezeptionsverhalten: „Informationen müssen schnell aufnehmbar sein, Texte dürfen nur noch kurz und prägnant gefasst werden, Interaktivität wird zum Schlagwort“ (Braun 2006: 159). In den neuartigen Vermittlungsarten wird die Distanz zwischen Objekt und Rezipierenden größtenteils aufgehoben, indem Wissenschaft haptisch, multimedial und audiovisuell präsentiert wird. Auch verschwimmt durch diese Veranstaltungen die Distanz zwischen Hoch- und Populärkultur (Gebhardt/ Pfadenhauer/Hitzler 2000: 11). Dass die ,Wissenschaft zum Anfassen‘ keine zu vernachlässigende Randerscheinung ist, verdeutlicht die Tatsache, dass in den USA bereits mehr als 50% aller Museumsgäste ein Science & Technology Center besuchen (Weingart 2004: 16). Weltweit steigt die Anzahl der Science Center an.73 In Deutschland hat sich die Zahl solcher interaktiver Einrichtungen innerhalb von zehn Jahren auf mittlerweile über 30 verdoppelt, darüber hinaus befinden sich weitere in Planung. Ihre Bedeutung wird – nicht zuletzt durch ihre Vorreiterrolle in der Verbindung von Erlebnis- und Lernelementen – von vielen Forschern hoch einge71 Wer wird Millionär (RTL) ist beispielsweise eines der erfolgreichsten Formate im deutschen Fernsehen überhaupt. 72 Für die Nähe von Wissenschaft und Erlebnis steht symptomatisch, dass das ScienceHouse direkt neben dem Europa-Park, Deutschlands meistbesuchtem Freizeitpark, errichtet wurde und in Kombination mit diesem vermarktet wird. Auch der Freizeitpark selbst wirbt mit einem Bildungsansatz: „Der Europa-Park bietet sich als kompetenter Partner an, wenn es um den Zusammenhang von Imagination und Lernen geht. Die Möglichkeit, Erlebnis und Bildung, Faszination und Spaß mit edukativem Ansatz zu verbinden, ist in unserem Erlebnispark vielfältig geboten. Das Motto: ‚Staunen, Entdecken und Begreifen‘ ist Grundlage vieler Angebote im Park“ (www.europapark.de/ leseobjekte.pdf?id=14238o, 17.06.2010). 73 Es gab 2003 weltweit 1300 Science Center mit 220 Millionen Besuchern und einem Umsatz von 1,3 Milliarden Dollar (Reinhardt 2005: 133).

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schätzt (Eichholz 2010; Reinhardt 2005; Nahrstedt 2002). Der Vielfalt der ,Aktivmuseen‘ wird beispielsweise von einem Reiseführer für deutsche Erlebnismuseen aufgezeigt. In dem vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft unterstützten Buch werden 76 solcher Stätten präsentiert. Darin nehmen auch historische Erlebnismuseen einen ansehnlichen Stellenwert ein; immerhin sieben archäologische Museumslandschaften werden darin präsentiert (Neubauer 2007).74 Auch Museen setzen auf den Trend zum Erlebnis: Immer mehr lassen Living-HistoryGruppen auftreten oder bieten Mitmachaktionen an (vgl. Keefer 2006). Zwischen Bonn und Nimwegen haben sich 18 Ausstellungshäuser unter dem (Marketing-) Label ‚Erlebnismuseen‘ zusammengeschlossen.75 Umfragen von Besuchern traditioneller Museen zeigen, dass Mitmachelemente überaus beliebt sind (Anderson 2004: 25). Museen, insbesondere Freilichtmuseen, haben durch die Begehbarkeit generell den Vorteil, Erlebnisse nicht lediglich auf medialer, sondern sinnlicher Art zu bieten (vgl. Kallinich 2003: 17). Archäologische Freilichtmuseen sind insbesondere deswegen erfolgreich, weil sie anschaulich, lebendig und authentisch wirken und es dem Besucher ermöglichen, in die jeweilige Zeitepoche einzutauchen (Derks 2005: 50). Neben den mehrmonatig oder ganzjährig geöffneten Erlebniswelten, wie etwa Freilichtmuseen, werden darüber hinaus circa 1500 mittelalterliche Veranstaltungen pro Jahr angeboten (Fischer 2003).76 Diese Zahl belegt exemplarisch das Interesse an sinnlichem Erleben von ,Vergangenheit‘. Die Tendenz, sich über die Vergangenheit nicht nur passiv zu informieren, wird im Slogan ,Anfassen und Mitmachen‘77 des Archäologischen Zentrums Hitzacker deutlich. Der Archeoparc Schnalstal nennt sich ‚Aktivmuseum‘, und stellt in der Selbstbeschreibung deutlich heraus, dass ‚Begreifen‘ und ‚Selbsterfahrung‘ wesentliche Elemente der Einrichtung sind. Auch die Keltenwelt am Glauberg bewirbt in ihrem Flyer bewusst die interaktiven und erlebnishaften Elemente: „Entdecken, erforschen und begreifen: Ob interaktive Führungen und Workshops für alle Altersgruppen oder Vorführungen keltischen Handwerks, stets steht die erlebnisorientierte Vermittlung keltischer Lebenswelten im Mittelpunkt. Spezielle Angebote für Bildungseinrichtungen geben Schülern in Zukunft die Möglichkeit, den Geheimnissen der Kelten vom 74 Der Reiseführer „Erlebnis Wissen: Die besten Erlebnismuseen und Science-Center“ (Neubauer 2007) liegt mittlerweile in zweiter Auflage vor. Neben archäologischen sind auch einige paläontologische Orte aufgeführt. Durch die Verbreitung des Buches wird der Trend zu Erlebnismuseen weiter gestärkt. 75 Informationen hierzu unter www.erlebnismuseen.de (21.01.2011). 76 Siehe hierzu die Terminhinweise in der Mittelalterzeitschrift Karfunkel, die in einer Druckauflage von 40.000 Exemplaren erscheint. 77 Das in der Nähe von Hamburg gelegene Freilichtmuseum eines bronzezeitlichen Dorfes ist unter www.archaeo-zentrum.de (21.01.2011) beschrieben.

66 | WA (H )RE A RCHÄOLOGIE Glauberg auf spannende Weise selbst auf die Spur zu kommen [...] den zukünftigen Keltenwelt-Garten mit allen Sinnen erleben: heiliger Hain, keltische Kulturlandschaft, Spielplatz, interaktives Informationssystem [...]. “ (Keltenwelt am Glauberg 2010)

Die Forschungstätigkeit der Besucher der neu errichteten Keltenwelt wird durch die Aussage „Werden Sie selbst zum Wissenschaftler, der Interessantes über die Vergangenheit herausfindet!“ explizit suggerierte. Der Hinweis „Konzerte, Lesungen und Filmnächte – zukünftig erwarten die Besucher vielfältige Veranstaltungen, die alle Sinne anregen und die Welt vor 2.500 Jahren zu neuem Leben erwecken“ wiederholt den Aspekt des Erlebens (ebd.). Dieser wird auch in der Publikation Archäologie erleben – 50 Ausflüge in die Vergangenheit (Wais/Müller/Steinhilber 2009) für Besucher archäologischer Stätten betont.78 Wurden Freilichtmuseen anfangs von Archäologen noch belächelt, werden sie nun als wichtig angesehen, weil sie der Archäologie ein positives Image verschaffen (Banghard 2000; Schmidt 2002: 260; Braun 2006: 159). Spaß ist für 90% der Bundesbürger der Grund, eine Freizeitaktivität auszuüben (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 113). Die Hauptmotive der Besuche von Erlebniswelten sind jedoch sowohl Freizeitgestaltung als auch Bildungsinteresse. Einer Studie zufolge sind es dementsprechend nicht, wie häufig angenommen, ausschließlich Spaß oder das Ausüben einer willkürlichen Freizeitaktivität (Nahrstedt 2002: 330). Obwohl viele Politiker und Forscher die Verknüpfung von Spaß- und Lernfaktoren begrüßen, bleibt problematisch, dass bei Erlebniswelten eine tiefere Einbindung der Ausstellungsinhalte in wissenschaftspolitische oder gesellschaftliche Kontexte zumeist fehlt. Erlebniswelten legen den Fokus, unabhängig von ihrem inhaltlichen Schwerpunkt, auf eine angenehme Stimmung des Besuchers. Obwohl sich die meisten Initiatoren von wissenschaftlichen Erlebnisstätten als Bildungseinrichtungen definieren (Eichholz 2010: 200ff), bleibt dadurch wirkliche Bildung oft hinter den Unterhaltungszielen zurück. Kritikpunkte sind etwa die Fokussierung auf wenige Aspekte und das häufig nur einseitig positiv vermittelte Bild einer Thematik oder Kultur, ohne kritische Aspekte aufzugreifen. So werden 78 Auch die Eigenbeschreibung des Helms-Museums, das nun in Archäologisches Museum Hamburg umbenannt wurde, betont die interaktiven Komponenten: „Als Hamburgs einziges archäologisches Museum präsentiert das Helms-Museum neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, die unkompliziert und leicht verständlich zugänglich gemacht werden. Auf einer Ausstellungsfläche von über 1.300 qm wird das Museum seine Besucher zukünftig auf eine spannende Reise zwischen den Zeiten schicken. Auf dieser Reise können die kleinen und großen Besucher die Kulturgeschichte des Menschen in Eigenregie und aktiv durch Anfassen und Ausprobieren spielend und sinnlich erforschen: Eine archäologische Erlebniswelt für die ganze Familie!“ (www.helmsmuseum.de/index.php/18089, 02.07. 2010).

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echtes Nachdenken und differenzierte Reflexion verhindert (vgl. Nahrstedt 2002: 378; Eichholz 2010: 203f; Schlehe et al. 2010). Über die Grundsatzfrage der Erlebnisorientierung gibt es geteilte Meinungen: Von enthusiastischen Befürwortern, für die endlich die Wissenschaft in der Gesellschaft angekommen ist, bis hin zu Kritikern, die das Ende der Seriosität sehen. Kritiker kommen vor allem aus den Geisteswissenschaften, die diese Vermittlungsform vorrangig als Werbung durch die Wissenschaft ansehen, wodurch ein kritischer Blick kaum mehr möglich sei. Ferner werde durch ,Anfass-Experimente‘ kein Verständnis für Wissenschaft und ihre Methoden geschaffen, so Zetzsche (2004). Kübler bezeichnet den allgemeinen Trend folgendermaßen: „Angesichts der Überfülle von Inhalten und desorientierenden Informationen gibt man sich rasch zufrieden, begnügt sich mit dem Mainstream und fragwürdigen Highlights, will keine Zeit und Kraft an eigenständigen Lösungen, Umwege und Sackgassen verschwenden, sondern bewegt sich auf den ausgespurten Highways des Informations- und Kommerzmarktes. Hauptsache schnell, modisch in, populär, unaufwändig und sofort konsum- bzw. anwendbar“ (Kübler 2005: 193).

Unabhängig von einer Qualitätseinschätzung scheinen die Besucherzahlen zu zeigen, dass durch die erlebnishafte Präsentation die Bedürfnisse von vielen Rezipierenden befriedigt werden (Zetzsche 2004: 29). Es wird somit deutlich, dass Erlebnisse trotz einer immensen Zunahme der Internetnutzung und der fortschreitenden medialen Inszenierung von Ereignissen (Kallinich 2003: 6) nicht nur in virtuellen Welten erfahren, sondern sinnlich erlebt werden wollen (vgl. Nahrstedt 2002: 375). Die Besucher wünschen sich echte Erlebnisse in Form von Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Anfassen etc. Weil diese Bedürfnisse in archäologischen Vorführungen bzw. Freilichtmuseen befriedigt werden können, sind diese Formen so beliebt (Kapff 2004: 130; Beyer/Sturm 2006: 69f; Zimmerman 2003: 110; Holtorf 2005a: 155ff).79 Generell bilden nicht inhaltliche Aspekte, sondern Geselligkeit und Kommunikation die wichtigste Vorliebe für (potentielle) Besucher von Museen und

79 Das wohl erfolgreichste Beispiel für die Anziehungskraft von ereignishafter Vergangenheitspräsentation ist das Jorvik Viking Centre in York (England), welches 2007 den 15millionensten Besucher seit der Eröffnung im Jahr 1984 feierte (www.culture24.org.uk/ history+%2526+heritage/time/viking+and+anglo%252dsaxon/art52338, 21.01.2011; ich danke Holtorf [2005: 155] für den Hinweis).

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kulturellen Veranstaltungen, so die Aussage von Mandel (2008: 77).80 Ob die musealen Events im kulturhistorischen Bereich deswegen gut besucht sind, weil ein Interesse für die Vergangenheit besteht oder weil es nur ein weiteres Unterhaltungsevent ist, bleibt ohne weitere Untersuchungen offen (Schmidt 2002: 262; vgl. Hilgers 2001). Für Holtorf ist die Erlebnisorientierung der zentrale Grund für die verbreitete Faszination an Archäologie, während Interesse über wissenschaftliche Erkenntnisse über die Vergangenheit erst eine nachrangige Rolle spielt (Holtorf 2005: 236).81 Der Konsum von populären Archäologieprodukten ermöglicht für die Rezipierenden unter anderem ein Flüchten aus der Alltagswelt (Holtorf 2007: 145). Shanks/Tilley sehen in populärer Archäologie eine Art Voyeurismus, so dass der Hauptgrund der Faszination die subjektive Erfahrung durch Entdeckungen der Vergangenheit bildet (Shanks/Tilley 1987: 23). Mit großer Sicherheit gilt Unterhaltung als ein entscheidender Faktor für den hohen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad von Archäologie in der Gesellschaft. Vermutlich liegen die Gründe in verschiedenen Faktoren und je nach Ereignis und Person verschieben sich die Schwerpunkte. „Dem Besucher geht es darum, ein gewisses Ereignisniveau zu erreichen. Menschen brauchen anscheinend besondere Anlässe, um (Erlebnis-)Orte zu besuchen, aber sie brauchen sie auch, um eine emotionale und intellektuelle Befriedigung zu erhalten.“ (Bröckers 2007: 47)

80 Dieser soziale Aspekt wird in Umfragen unabhängig von Bildung, Alter oder Geschlecht favorisiert. Bildung oder Lernen ist erst ein nachrangiger Besuchsgrund (Mandel 2008: 77). Siebenmorgen erläutert einen solchen Aspekt am Beispiel von Vernissagen, zu denen die Besucher vor allem wegen des Essens und Trinkens kämen. Die Ausstellung selbst würden sie, trotz der geäußerten Absicht, auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr besuchen (Siebenmorgen 2008: 272). 81 Generell nehmen Rezipierende von Ausgrabungsberichten jeglicher Art, im Gegensatz zu Erkenntnisschilderungen aus verschiedenen anderen Geisteswissenschaften, mental in haptischer Weise an der Beweisführung teil, so dass durch die Vermittlungsart eine überzeugend wirkende Wirklichkeitsbeschreibung empfunden wird.

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4.3.1. Emotionen „Allmählich setzt sich die Einsicht durch, dass faktisch alles, was wir tun und lassen, von Gefühlen begleitet, bestimmt oder besetzt ist.“ (SCHMIDT 2005B: 7)

Emotionen sind nicht nur in Erlebniswelten von großer Bedeutung, sondern bei unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern: Einkaufen, Unterhaltung, Politik, Erziehung, Sport und andere Bereiche sind von Emotionen geprägt. Insbesondere beim Gebrauch von Medien entstehen Gefühle diverser Art (Schmidt 2008: 99f). Bartsch et al. (2007: 9) gehen sogar davon aus, dass Emotionen wesentlich dafür verantwortlich sind, dass die Mediennutzung in den Industrieländern zur häufigsten Freizeitbeschäftigung geworden ist. Jede Mediengattung ist emotional geprägt (Schmidt 2005c: 32ff), wobei bestimmte Emotionen für bestimmte Medien prädestiniert sind. Kognitive Emotionen wie Hoffnung lassen sich besser in Printmedien darstellen, körperlich ausdrucksstarke Emotionen wie Freude besser in audiovisuellen Medien (Schmidt 2008: 117). Emotionen und audiovisuelle Medien sind eng miteinander verknüpft, denn sie stellen sowohl Emotionen von anderen dar, erzeugen aber auch Gefühle beim Rezipierenden (Bartsch et al. 2007: 8f). Gerade das Fernsehen ist sehr stark auf Emotionen ausgelegt, weil es das geeignetste Medium ist, diese hervorzurufen (Hickethier 2005: 7; Schenk 2007: 195). Eine starke Emotionalisierung taucht nicht nur in Unterhaltungsformaten auf, auch für Nachrichtensendungen kann eine verstärkte visualisierte Darstellung von Emotionen und Sensationen festgestellt werden (Maier 2003). Circa ein Fünftel der täglichen Emotionen werden durch Radio- und Fernsehnachrichten und Zeitungsberichte ausgelöst (Kogler 2004, 128).82 Gezielte Emotionalisierungen werden ebenso wie Events vorrangig deswegen durchgeführt, um Aufmerksamkeitsgewinne zu erzielen.83 „Medien stereotypisieren und schematisieren Emotionen, nicht zuletzt durch die Bildung von Prototypen (Helden, Stars). Medien kommunalisieren bzw. sozialisieren den Umgang mit Emotionen: Und schließlich kommerzialisieren und instrumentalisieren Medien Emotionen im Kontext der Aufmerksamkeitsökonomie, und zwar nicht nur für Werbung und Unterhal-

82 Die Angabe bezieht sich auf eine Studie, die Ende der 1980er durchgeführt wurde. Der Anteil dürfte mittlerweile aufgrund der immer emotionaler gestalteten Darstellung höher liegen. 83 Häufig wird dies durch eine Erhöhung des Unterhaltungsfaktors erreicht (Schmidt 2008: 72).

70 | WA (H )RE A RCHÄOLOGIE tung, sondern zunehmend für alle Formate, womit der selbstdestruktive Kreislauf von Innovation, Trivialisierung und Vampirisierung in Gang gesetzt wird.“ (Schmidt 2008: 116f)

Rezipierende haben persönliche Lieblingsmedien und auch Lieblingsemotionen. Bedeutend ist der Kontext, in dem die Emotionen dargestellt werden, denn sowohl die Produktions- als auch die Rezeptionsbedingungen beeinflussen die Erzeugung, Darstellung und Rezeption von Gefühlen (Schmidt 2008: 117). Emotionen variieren von Rezipient zu Rezipient, denn vom Produzenten können keine Emotionen erzeugt werden, sondern lediglich Anlässe zur Ausprägung, die dann ganz individuell erfolgt, angeboten werden (ebd.: 110). „Der emotionale Umgang mit emotionsstimulierenden Medienangeboten kann von verschiedenen Rezipienten und in verschiedenen Situationen – zum Teil durchaus komplementär – zu verschiedenen Zwecken genutzt werden, die von Unterhaltung und Entspannung über Information und Belehrung bis hin zu Lebenshilfe und moralischer Orientierung reichen können.“ (Schmidt 2008: 118)

Positive Emotionen erzeugen positive Konnotationen mit der besuchten Institution bzw. dem rezipierten Produkt (Grötsch 2008: 114). Erlebniswelten gehören zu den potentiellen Orten, die den Besuchern emotionale Erlebnisse für einen begrenzten Zeitraum ermöglichen. Dabei gelten Neugier, Abwechslung vom Normalen, Spannung und Reizsucht als Erlebnis- und Emotionsfaktoren. Unterschieden wird zwischen explorativem Erleben (suchendes Informieren, Neugierigsein auf etwas Besonderes), sozialem Erleben (Kontakt mit anderen, ohne sich verpflichten zu müssen), biotischem Erleben (Körperreize wie Fahrtwind, Kribbeln im Bauch bei Schiffschaukeln etc.) sowie optimierendem Erleben (hohe soziale Anerkennung beim Besuch von teuren Erlebniswelten) (Kagelmann 1998: 61). Wenn Einrichtungen wie Freilichtmuseen keine emotionalen Reize bieten, sind sie nur für eine kleine Schicht interessant, nicht aber für ein Massenpublikum. Organisatoren solcher Einrichtungen müssten daher heutzutage als emotion manager tätig sein, so Kaiser (2006: 212ff). Schormann fordert von Ausstellungen, dass sie weder reine Informationsorte, noch Erlebnisveranstaltungen ohne Nachhaltigkeit sind. Vielmehr sollten sie Inhalte anschaulich machen, beim Besucher Emotionen hervorrufen, ihn persönlich berühren und ansprechen. Dadurch könnten Besuche zu einem informativen Event mit Erlebnischarakter werden (Schormann 2004). Mit Reizwörtern, die unmittelbar Gefühle erzeugen, wird vor allem im Journalismus und Marketingbereich gearbeitet, um Aufmerksamkeit bei potentiellen Rezipierenden zu erreichen. Im Bereich Archäologie sind dies Begriffe wie ,Geheimnis‘, ,Rätsel‘, ,Pharaonen‘, ,Pyramide‘, ,Troia‘, ,Atlantis‘, ,Gold‘, ,Fürsten‘, ,Raub‘, ,Fluch‘ oder ,Jahrhundertfund‘, die dafür häufig eingesetzt werden (Kapff

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2004: 129). Solche Worte werden weniger von Archäologen, sondern zumeist von Vermittlern, beispielsweise Wissenschaftsjournalisten, gewählt. Neben Gefühlen wie ,Spannung‘ hat der Faktor ,Authentizität‘ beim Rezipienten einen prägenden Status. Das subjektiv variable Gefühl von Authentizität nimmt bei historischen Darstellungsformen eine gewichtige Rolle ein: „Authentizität ist ein Schlüsselbegriff im Umgang mit Geschichte“ (Pirker/Rüdiger et al. 2010: 14). Viele Rezipierende sehnen sich nach authentischen Angeboten. Manche suchen dafür bewusst das Original, was zum Beispiel anhand von hohen Touristenzahlen an Originalstätten, an der Fülle der Raubgrabungen und der hohen Preise für diese illegalen Gegenstände oder anhand der immensen Versicherungssummen von Originalobjekten ablesbar ist. Vielen allerdings reicht statt wissenschaftlicher Echtheit das subjektive Gefühl des Originalen aus (Reinhardt 2005: 167; Holtorf 2007: 105), so dass Korff bereits von einer „Aura der Rezeption“ (Korff 2001: 54) spricht. Dies kann etwa durch eine entsprechende Atmosphäre, Emotionen, Nacherleben und Repliken erreicht werden (Pirker/Rüdiger et al. 2010: 17). Solche Gefühle lassen sich beispielsweise durch künstliche Welten wie Freizeitparks oder in Ausstellungen durch Inszenierungen und Repliken erzeugen.84 Kagelmann drückt die Definitionsvielfalt von Authentizität folgendermaßen aus: „Wichtig ist: als ‚echt‘, ‚authentisch‘ gilt das, was die Menschen als solches betrachten“ (Kagelmann 1998: 88; vgl. Opaschowski 1993: 275; Bachleitner 1998: 49). Er hebt hervor, dass Künstliches und Natürliches nebeneinander existieren kann, denn in der Postmoderne schließt das eine das andere nicht aus, wobei das Künstliche gerade das Interessante ist (Kagelmann 1998). Authentizität ist sowohl in musealen Darstellungen als auch in Film- und Fernsehproduktionen signifikant geworden (Pirker/Rüdiger et al. 2010: 20). Zwar liefern Fernsehdokumentationen aufgrund der Bilder und O-Töne per se authentisches Material (Emele 1997: 21), trotzdem legen die Fernsehschaffenden besonderen Wert auf eine authentische Wirkung beim Zuschauer (Pirker/Rüdiger et al. 2010: 20). Dazu werden vielfach Reenactmentszenen (spielfilmartige Sequenzen) eingesetzt und bewusst Stereotype bedient, auch wenn diese nicht der Wirklichkeit entsprechen. Zimmerman betont diesbezüglich, dass die vorhandenen Vorprägungen des Publikums so tief verwurzelt sind, dass Authentizität mit wissen84 Für die Rezipierenden hat diese simulierte Echtheit in einfach zu konsumierenden Angeboten diverse Vorteile gegenüber Besuchen von Originalstätten in fernen Ländern: Potentiell negative Aspekte wie ein zeitlich und finanziell hoher Reiseaufwand, Kriminalität, Durchfall, Hitze oder Ähnliches müssen nicht in Kauf genommen werden. Auch sind die nachgestellten Präsentationen und Rekonstruktionen zumeist sehr anschaulich und damit für Laien verständlich gestaltet. Korte/Paletschek sehen in der Beschäftigung mit Geschichte die Befriedigung von Wünschen nach Unterhaltung und neuem Wissen, nach ästhetischen und emotionalen Erfahrungen und der Begegnung mit einer fremden Lebenswelt, ohne ein Risiko einzugehen (Korte/Paletschek 2009b: 9f).

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schaftlich korrekten Rekonstruktionen nicht zu erreichen ist. Aus diesem Grund können Anpassungen nur sehr behutsam vorgenommen werden (Zimmerman 2008: 142). Eine authentische Atmosphäre wird ferner durch Interaktivität hergestellt. Viele Medien versuchen deswegen, bei gewissen Formaten eine direkt erscheinende Kommunikationsebene mit dem Publikum herzustellen oder zu inszenieren. Diese Nähe zum Rezipierenden wird etwa durch Umfragen, beispielsweise in Printprodukten oder auf Webseiten, sowie durch Internetangebote, insbesondere durch Expertenchats und Foren, angestrebt. Authentizität und Inszenierung gelten oft als gegensätzliche Konzepte: „Was inszeniert ist, verliert an Authentizität; was authentisch ist, kommt ohne Inszenierung aus“ (Schultz 2003: 11). Grundsätzlich jedoch bilden Inszenierungen nicht a priori etwas Gegensätzliches zur Authentizität (ebd. 12). Fischer-Lichte (2000: 23) sieht Inszenierungen sogar ausdrücklich als Teil der Erlebnisgesellschaft und als Mittel, welches trotz der Simulation Wahrheit und Authentizität erzeugen kann. Inszenierungen werden momentan in vielfältigen Wissensprodukten eingesetzt; Assmann erkennt bezüglich kulturhistorischen Inszenierungen ein bisher nicht erreichtes Ausmaß: „Gegenwärtig erleben wir das Jahrzehnt der Geschichtsinszenierungen“ (Assmann 2007: 178). 4.3.2. Unterhaltung „Unterhalten ist der erfolgreichste Modus der Vermittlung: Unterhaltsamkeit erleichtert das Verständnis – auch wenn das Bildungsbürgertum in die Schaubühne geht, will es letztlich nur unterhalten werden.“ (HICKETHIER 2005: 7)

Elemente der Unterhaltung tauchen mittlerweile in den unterschiedlichsten Gesellschaftsbereichen auf (vgl. Schramm/Wirth/Bilandzic 2006). Unterhaltung lässt sich schwer definieren, da sie ebenso wie emotionales Empfinden ganz individuell vom Rezipierenden und der Situation abhängig ist (Goldbeck 2004: 37; Reinhardt 2005: 31ff; Klemm 2007: 4).85 Für die meisten Menschen bedeutet ,unterhaltend‘ eine Kombination aus Interessantem und Vergnüglichem (Meyen 2001: 27). Klemm zufolge ist das Gegenteil von Unterhaltung nicht Information, sondern Langeweile (Klemm 2007: 3; vgl. Meyen 2001: 28).

85 Die Definitionen ‚für den Unterhalt sorgen‘, ‚ein Gespräch führen‘, oder ‚die Zeit auf angenehme Weise verbringen‘ spiegeln die unterschiedlichen Bedeutungsebenen des Verbs ‚unterhalten‘ wider.

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In den Kulturwissenschaften ist Unterhaltung häufig negativ besetzt. Sie gilt als Gegenstück zu Hochkultur und Kunst und wird zumeist als billig und minderwertig angesehen (Meyen 2001: 28). Vor allem Intellektuelle haben Schwierigkeiten mit Unterhaltungsformaten. Forscher betrachten die Bereiche ,Information‘ und ,Unterhaltung‘ oftmals gesondert und nehmen eine Trennung von guter und schlechter Unterhaltung vor.86 Hochkulturelle Unterhaltung ist akzeptiert, während popkulturelle/massenmediale Unterhaltung abwertend eingeschätzt wird (Goldbeck 2004: 319f). Paradox ist, dass populäre Unterhaltung gerne in Kommentaren abgewertet wird, bei den gleichen Personen jedoch in der Freizeit überaus beliebt ist (ebd.: 13). Wenn Museen, Vorträge, aber auch Konzerte alleine besucht werden, gelten sie als Bildung. Bildungskultur wird dann zur Unterhaltungskultur, wenn man sie zu zweit oder in größerer Gesellschaft erlebt. Unterhaltungskultur ist häufig eine Breitenkultur, die – im Gegensatz zur traditionellen Hochkultur – als unterhaltsam und erlebnisreich gilt, weil sie sinnlich erlebt wird (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 251f). „Der Verstand sorgt für die Bildungskultur, aber das Herz schlägt für die Breitenkultur in einer Mischung aus Unterhaltung und Erlebnis“ (ebd.: 252). Die Unterhaltungsindustrie, wie z.B. Kino, prägt ganz maßgeblich Bilder von verschiedenen gesellschaftlichen Themen (vgl. Altmeppen 2007: 47). Auch Bilder über die Vergangenheit werden hier konstruiert. Aber nicht nur klassische Unterhaltungsmedien, sondern alle (Massen-)Medien binden Kunden durch Unterhaltung. Die Rezipierenden nehmen dieses Angebot gerne an: „Alle Medienkonsumenten wollen [...] unterhalten werden“ (Heinken 2010: 152). Dies kann klar erkennbar gestaltet und für den Rezipierenden von vorneherein offensichtlich sein (z.B. bei humoristischen Angeboten). Es kann aber auch unbewusst geschehen, indem der Rezipient etwa beim Lesen – auch von Wissenstexten – unterhalten wird. Im Ausstellungsbereich gilt Unterhaltung seit langem als ein Grund für Besucher, ins Museum zu gehen (Kallinich 2004; Schormann 2004). Eine deutliche Trennung der Bereiche Information und Unterhaltung ist in vielen Bereichen kaum mehr möglich. Unterhaltung gilt sogar als Voraussetzung, um Informationen aufzunehmen (Reinhardt 2005: 38; John 2008: 36). Unterhaltung wird als Mittelweg zwischen Langeweile und Überforderung angesehen, denn beide Zustände werden als negativ und unangenehm empfunden (Schramm 2008: 104). Vor allem audiovisuelle Medien werden zur Unterhaltung genutzt (Siegert/Rimscha 2008: 7). Hier ist es wiederum das Fernsehen, das als Unterhaltungsmedium schlechthin gilt (vgl. Hallenberger 2008: 64). Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen fallen 80% der Sendungen in die

86 Beispielsweise werden kulturelle Angebote, die als Information gelten, höher bewertet als unterhaltende Texte, die als unwichtiger eingestuft werden (Goldbeck 2004: 39).

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Kategorie Unterhaltung,87 gleichzeitig aber werden beim ZDF 50% der Hauptsendezeit (und 40% der Gesamtsendezeit) als Informationsangebot eingruppiert (Schächter 2008; Stock 2005).88 Daran wird deutlich, dass viele Formate sowohl als ,Unterhaltung‘ als auch unter ,Information‘ eingeordnet werden können (vgl. Scholl et al. 2007). Trotz der immer häufiger anzutreffenden Mischformate gilt Lernen und Unterhaltung oftmals noch als Gegensatz, der vor allem zwischen den Bereichen Ausbildung/Beruf und Freizeit gezogen wird. Die allmähliche Auflösung des Gegensatzpaares zeigt sich in der seit Jahren steigenden Bereitschaft, sich in der Freizeit weiterzubilden (Reinhardt 2005: 180). So gaben 1993 nur 11% der Befragten an, sich außerberuflich weiterzubilden zu wollen, während es im Jahr 2004 bereits 25% waren (ebd.). Inwiefern Unterhaltung bei der Vermittlung von Wissenschaft eingesetzt werden darf, bleibt ein Spannungsfeld. „Wenn die Beschäftigung mit Wissenschaft an Attraktivität gewinnen soll, dann darf sie nicht ausschließlich als Pflicht einer aufholbedürftigen Bürgerschaft präsentiert werden. Wissenschaft ‚muss‘ – auch in der Wissensgesellschaft – Spaß machen.“ (Eichholz 2010: 129)

Diese Forderung ist in vielen (Erlebnis-)Formaten wie den Science Centern bereits umgesetzt. Darstellungskonventionen aus Unterhaltungsformaten werden immer häufiger für die Wissensvermittlung entlehnt, was bei Dokumentarsendungen ebenso wie bei Ausstellungsgestaltungen sichtbar ist. Varwig weist darauf hin, dass viel Unterhaltung nicht zwangsweise zu Lasten von Informationen gehen muss (Varwig 2010: 172). Trotzdem bleibt die Grundsatzfrage offen, ob bei all den Formaten der Inhalt durch den Erlebnis- und Abenteuergestus überlagert wird.89 Zusätzlich sollte hinterfragt werden, ob vorrangig ökonomische Prinzipien regieren und unsere Gesellschaft statt zu einer Wissens- zu einer Unterhaltungsgesellschaft geworden ist, weil sich Information zu Infotainment und Bildung zu Edutainment verändert haben (Hügel 2007: 35; vgl. Pfeiffer in Sonnabend 2010: 15).90

87 Im Privatfernsehen beträgt der Unterhaltungsanteil 90% (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 214). 88 Der Anteil an Wissenschafts-, Technik- und Umweltthemen am gesamten Informationsangebot betrug im Jahr 2005 3,5% (Götz-Sobel 2006: 115). 89 Kritisch zur Erlebnisentwicklung im archäologischen Bereich äußert sich etwa Yeilyurt (2007). 90 Unter Infotainment wird eine Mischung aus Information und Unterhaltung (Entertainment) verstanden, Edutainment ist eine Verknüpfung von Bildung (Education) und Unterhaltung. Ausführlich dazu siehe Reinhardt (2005).

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4.4. V ISUELLE E INFLÜSSE Bilder sind ein wichtiges Kommunikationsmedium und gewinnen in unserer Gesellschaft als diskurskonstituierende Elemente seit einigen Jahren verstärkt an Bedeutung (vgl. Belting 2004: 351). Daher wird im Folgenden die Rolle der Bilder erörtert. 4.4.1. Wirkmacht der Bilder „Bilder haben für uns in nahezu allen Lebens- und Wissensbereichen eine nie gekannte Bedeutung erlangt.“ (BURDA 2004: 12)

Bilder erfreuen sich in unserer Gesellschaft gegenwärtig einer großen Beliebtheit. Als Beispiel für die hohe Nachfrage nach bilddominierten Angeboten kann das Internet-Nachrichtenportal Zoomer.de gelten. Dieses auf (Bewegt-)Bilder fokussierte Informationsangebot entwickelte sich innerhalb von wenigen Monaten zu einer Nachrichtenseite mit Millionen von Seitenaufrufen pro Monat.91 Selbst die Frankfurter Allgemeine Zeitung als ein Medium, welches statt auf schnelllebige Layoutveränderungen auf ein beständiges Aussehen Wert legt, zeigt seit 2007 ein Foto auf der Titelseite. Ebenso deutet die Tatsache, dass beachtliche 70% der Käufe in Buchhandlungen spontan sind, auf die Wichtigkeit der grafischen Gestaltung durch Coverbilder und Layout hin (Maurer 2010: 98). Bilder werden durch verschiedene Medienformate einer breiten Öffentlichkeit präsentiert (Hüppauf/Weingart 2009: 16) und sind häufig Auslöser, um Interesse an einem Thema zu generieren (Bleuel 2009: 106). Visuelle Eindrücke konstituieren sich aus unzählbaren und überaus vielschichtigen Elementen. Nicht mehr nur klassische Bilder im kunstgeschichtlichen Sinn werden als Bilder bezeichnet. In Bezug auf die Rezeption von Ausstellungen hebt Scholze hervor: „Die ästhetischen Anteile von Schrift und Text wirken grundlegend bei der Entscheidung zum Lesen eines Textes mit, denn Ausstellungstexte werden zuerst als Bild wahrgenommen“ (Scholze 2004: 134). Der deutsche Bild-Begriff fasst innere und äußere Bilder zusammen (pictures and images), er ist flexibel und vieldeutig (Boehm 2008: 11). Das Bilder- und Interpretations-Spektrum hat sich

91 Das von Ulrich Wickert herausgegebene Nachrichtenportal www.zoomer.de existierte von Februar 2008 bis Februar 2009 und wurde aus Kostengründen inmitten der Wirtschaftskrise eingestellt.

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durch die aufkommenden Bildwissenschaften 92 und den sogenannten pictorial turn (Mitchell 1994) bzw. iconic turn (Boehm 1994) und die visual culture studies (siehe hierzu Nikolow/Bluma 2009) wesentlich erweitert. 93 Wissenschaftsbilder wurden trotz allem bisher kaum beachtet (siehe folgenden Abschnitt, vgl. Nikolow/Bluma 2009: 52; Hüppauf/Weingart 2009: 35). Lange Zeit wurde die Auffassung vertreten, dass jenseits von Sprache kein Sinn möglich sei (Boehm 2008: 14). Aber in Bildern liegt eine bisher häufig unterschätzte Bedeutung. Visuelle Darstellungen sind ein Kommunikationsmedium, das ebenso dokumentieren, aber auch konservieren, erzählen, unterhalten oder überzeugen kann. Sie erzeugen auch durch Ästhetik Sinn und können Wissen schaffen (Heßler 2004: 8). „Während aber die Sprache mehr und mehr darauf verzichten muss, Realität zu garantieren, weil allem, was gesagt wird, auch widersprochen werden kann, verlagert sich die Reproduktion von Realität auf die beweglichen, optisch/akustisch synchronisierten Bilder.“ (Boehm 2008: 15)94

Durch Bilder ist es möglich, eine Menge Daten ,auf einen Blick‘ zu zeigen. Ihre Bedeutung erschließt sich oftmals unmittelbarer als bei Textsequenzen, wobei Unsicherheiten schwerlich im Bild gezeigt werden können. Dies gelingt im textbasierten Diskurs leichter. Im herrschenden Spannungsfeld zwischen Texten und Bildern sind es die visuellen Darstellungen, die Tatsachen schaffen 95 (vgl. Schmidt 92 Es existiert keine einheitliche Bildwissenschaft. Vielmehr werden aus unterschiedlichen Disziplinen heraus diverse Facetten beleuchtet (s.a. Maurer 2010: 47, 53ff). 93 So sind beispielsweise Visualisierungen verstärkt in den Fokus gerückt. (Ab-)Bilder sowie Illustrationen werden durch den Begriff Visualisierungen ergänzt. Diese zeigen, z.B. durch Computeranimationen, nicht Vorhandenes, sondern bisher Unbekanntes, was mit traditioneller Technik nicht dargestellt werden konnte. 94 Beispielsweise liegt bei der ‚Histosoap‘ Rome, die im Alten Rom spielt, die Bedeutung der Bilder eindeutig über den Texten (vgl. Späth 2010). Es werden bewusst Bilder gezeigt, die für den Inhalt der Story nicht wichtig sind. Solch eine Vorgehensweise dürfte auch für viele andere Darstellungen üblich sein. 95 Historisch gesehen haben sich textbasierte Kulturen gegenüber bildbasierten durchgesetzt, auch in der deutschen Geschichte ist die sukzessive Überwindung der Bilder durch Texte feststellbar (Mattl 1994: 14). Diese Entwicklung scheint sich jedoch momentan wieder umzukehren. Interessant ist ferner, dass selbst Sachverhalte, welche nur mit Worten dargestellt werden, vom Erzähler häufig bildhaft ausgedrückt werden. Das berühmteste Beispiel dürfte Jesus Christus sein, der vieles in bildhaften Gleichnissen ausdrückte. Über die herausragende Rolle von Metaphern in der heutigen Sprache siehe beispielsweise Lakoff/Johnson (2007).

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2008: 132; Heßler 2004: 8). Außerdem werden Bilder leicht erinnert, so dass Burda konstatiert: „Es sind nicht Texte, sondern Bilder, die die Wende zum 21. Jahrhundert markieren und sich in unsere Köpfe eingebrannt haben“ (Burda 2004: 11; vgl. Emele 1997: 130). Bilder bedeuten nicht für alle Betrachter dasselbe, da ihnen erst vom jeweiligen Betrachter subjektiv und situativ Bedeutung zugeschrieben wird. „Wir projizieren unsere mentalen auf physische Bilder. Unsere eigene Imagination nistet sich in den Blick ein, den wir auf die Bilder werfen“ (Belting 2005: 134; vgl. Schmidt 2008).96 Trotz dieser persönlichen Zuschreibungen halten Menschen das, was sie sehen, am ehesten für wirklich und Bildern wird Objektivität zugebilligt (Shanks 1997: 83; Hallet 2008: 437; Nolte 2005: 102; Sachs-Hombach 2003: 318). Da es eine Authentizitätssehnsucht gibt, werden Bilder vom Betrachter, ungeachtet der Realität, häufig als authentisch eingestuft (Wortmann 2003: 224).97 Dieser Umstand wird unterstützt von den Umständen, dass Bilder zum einen im limbischen System abgelegt werden,98 wo sie nicht rational hinterfragt werden (Nolte 2005: 103), und zum anderen grundsätzlich mehr Emotionen als Text erzeugen. Unter dem Einfluss von Emotionen unterscheidet der Mensch weniger zwischen Fakt und Fiktion (Schmidt 1994: 15). Obwohl die Manipulationsmöglichkeiten durch den Siegeszug der Digitalfotografie und die Verbreitung hochwertiger Bildbearbeitungsprogramme zugenommen haben, scheint paradoxerweise die momentan zu beobachtende Einflusssteigerung von Bildern in vielen gesellschaftlichen Bereichen nicht abzubrechen. Den Betrachtern ist generell selten der Prozess der Konstruktion eines Bildes bekannt, so dass leicht Authentizitäten oder ,Wahrheiten‘ erzeugt werden können, obwohl es sich um ein ,falsches‘ Bild handelt (vgl. Schmidt 2008: 132). Während bei wissenschaftlichen Abhandlungen die Textproduktion in großen Teilen überprüfbar ist, bleibt die Bildproduktion häufig unklar und ungeprüft. Ungeachtet dieser Umstände besitzen Bilder grundsätzlich eine hohe Aussagekraft und Wirkmächtigkeit. Boehm stellt fest, dass Bilder die Macht haben, zu entscheiden, wie die Welt gesehen wird (Boehm 2008: 11). Visualisierungen besitzen deshalb eine hohe Wirkmächtigkeit, weil 75% aller gespeicherten Informationen des Gedächtnisses über den Sehnerv ablaufen (Nolte 2005: 102). Da Einzelbilder im Gedächtnis sogar 96 Ähnlich Maurer: „Erinnerungsbilder, Imaginationen, Träume, Vorstellungen überlagern materielle Bilder“ (Maurer 2010: 55). 97 Bilder werden gerne als wahrheitsgetreu angesehen, können aber nicht authentisch sein (Wortmann 2003: 13). Die Authentizität einer bildlichen Darstellung ist selbst diskursiv und wird von jeder Epoche und Kultur neu erarbeitet, wobei es letztendlich einzig auf den Betrachter ankommt, ob er dem Bild Authentizität zusprechen will oder nicht (ebd.: 156f; Schmidt 1994: 14). 98 Das limbische System befindet sich in der rechten Hirnhälfte, wo emotionale Erlebnisse – auch Mythen – verarbeitet und gespeichert werden (Nolte 2005: 103).

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besser als bewegte Bilder gespeichert werden können (Burda 2004: 10), kommt Bildern folglich neben dem Medium Fernsehen auch in den anderen Darstellungsformen wie Ausstellungen oder dem Internet eine entscheidende Bedeutung zu. Gerade künstliche Welten wie Disneyland oder Hollywood-Produktionen formen das (Bild-)Gedächtnis fundamental. Diese ausschließlich zu Unterhaltungszwecken geschaffenen Medien setzen häufig den Maßstab für Sehgewohnheiten und prägen sogar das Geschichts- und Wissenschaftsbild entscheidend mit. Anhand des weitläufig bekannten Spielfilmcharakters Indiana Jones wird deutlich, welch wirkmächtige Bilder die Unterhaltungsbranche schaffen kann, während die Wissenschaft mitunter wesentlich geringere Strahlkraft besitzt. „Wissenschaftliche Geschichtsbilder reflektieren menschliches Selbstverständnis – aber sie konstituieren es nicht“ (Holtorf 2005b: 235). Die immer wieder aufgeworfene Frage, ob aus Bildern der Wirklichkeit längst die Wirklichkeit der Bilder geworden ist (Merten/Schmidt/Weischenberg 1994: 2), erlangt dadurch eine große Relevanz. Obwohl mittlerweile nicht zuletzt durch das Fernsehen und das Internet eine Bilderflut herrscht, hat das Bild von seiner Faszination nichts verloren (Hallet 2008: 437ff). Aufgrund des Informationsüberangebotes und der daraus resultierenden Aufmerksamkeitsökonomie sind Bilder vermehrt gefragt, weil durch sie Informationen schneller aufgenommen werden können (Hoffrichter 1995: 128). 4.4.2. Bilder als Wissensprodukte „Bilder informieren und erzeugen Wissen.“ (SACHS-HOMBACH 2005: 9)

Die Produktion bzw. Kommunikation von Wissen erfolgt primär textbasiert. Bilder gelten jedoch ebenfalls als eine eigene Form der Wissensproduktion. Neben Fotos gewinnen in der Wissenschaft zunehmend computergenerierte Bilder an Bedeutung (Nikolow/Bluma 2009). Grundsätzlich wurden Visualisierungen bisher in der Wissenschaftsforschung sehr vernachlässigt, auch über Wirkungen von populären Wissenschaftsbildern ist bisher wenig bekannt (Hüppauf/Weingart 2009; Molyneaux 1997; Biehl 2005: 253; Heßler 2004: 1899). In der Archäologie sind entsprechende Forschungen ebenfalls ein Desiderat, obwohl archäologische Visualisierungen mit ihrem Vorkommen in Fernsehen, Internet, Bildbänden, Sachbüchern, Filmund Werbeplakaten sowie Ausstellungen einen signifikanten Einfluss auf Rezipierende haben (Mohr 2007: 26)100 und für viele Personen sogar den Erstkontakt zu

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Hessler liefert eine Vielzahl an weiterführenden Quellen.

100 Mohr spricht diesbezüglich sogar von einer Visualisierung der Antike statt einer Medialisierung (Mohr 2007: 29).

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archäologischen Themen darstellen. 101 Es verwundert daher, dass trotz der weitreichenden Verbreitung von populären archäologischen Darstellungen kaum Forschungen über Bilder in der Archäologie existieren.102 Während in wissenschaftlichen Veröffentlichungen Bilder argumentativunterstützend zum Text platziert werden, tauchen Bilder in Populärveröffentlichungen auch ohne Textbezug auf. Bilder aus der Wissenschaft werden in diesen Fällen nicht unbedingt aus wissenschaftlichem Interesse, sondern aus ästhetischen Gründen, vorwissenschaftlicher Neugier oder aus sensationalistischem Neuigkeitswert gezeigt und angeschaut (Hüppauf/Weingart 2009: 11). Oft dienen sie dazu, Stimmungen zu erzeugen. Hüppauf/Weingart betonen, dass die gleichen Bilder im innerwissenschaftlichen Kontext eine andere Wirkung haben können als im populären Zusammenhang. Durch den Transformationsprozess aufgrund des anderen Rezeptionshorizontes können erhebliche Veränderungen auftreten, so dass die Kontextualisierung entscheidend die Bildwirkung prägt (Hüppauf/Weingart 2009: 14; Heßler 2004: 13). In Bilder gehen Herstellungsbedingungen, aber auch Darstellungskonventionen, Seh- und Bildtraditionen sowie theoretische Vorannahmen ein. Diese Kriterien formen die Informationen, welche im Bild vorhanden sind. Durch Bilder wird Wissen somit nicht einfach transportiert, sondern zuerst einmal geschaffen (Heßler 2004: 14). Bilder dienen dabei als Mittel, um zu überzeugen, zu legitimieren und auch um neue Erkenntnisse abzusichern. Oft knüpfen sie dazu an Sehgewohnheiten und Darstellungstraditionen an (ebd.: 8) und arbeiten mit Themen des kollektiven Gedächtnisses, damit beim Betrachter ein Widererkennungseffekt erzeugt wird. Rezipierende halten Ausschau nach Bildern, die für ihr Relevanzsystem bedeutsam – und damit erinnerungswürdig sind. Dazu zählt beispielsweise das prähistorische Motiv der Hand aus der Höhle von Chauvet (Hallet 2008: 437). Einerseits aktivieren viele Bilder altbekannte Vorstellungen und wirken dadurch anziehend. Andererseits betont Hallet, dass gute Fotos und Bilder auch Neues zeigen sollen. Dadurch können sie Aufmerksamkeit wecken und im Idealfall auch das Vorstellungsvermögen anregen. Viele Bilder werden daher, beispielsweise im Wissenschaftsfernsehen, eindrucksvoll inszeniert und wirken durch Effekte, wie eine besondere Lichtstimmung, beispielsweise geheimnisvoll (vgl. Hallet 2008: 437ff). Pörksen weist darauf hin, dass Informationen in populären Bildern häufig lediglich unterschwellig enthalten sind. Stattdessen wird auf einen Unterhaltungsfaktor, z.B. durch Personalisierungen und Bezüge zur alltäglichen Lebenswelt, Wert 101 Archäologische Bilder können auch bei tagesaktuellen Themen auftauchen; beispielsweise verwendete die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19.02.2008 ein Foto eines altägyptischen Reliefs auf ihrem Titelblatt, um Strafen für Steuerhinterziehungen visuell darzustellen. 102 Der Sammelband von Juwig/Kost (2010) belegt, dass allmählich auch Archäologen tiefer in die Thematik einsteigen.

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gelegt (Pörksen 2008: 149). Bilder aus der oder vielmehr über die Wissenschaft gelten häufig als Ware, deren Wert anhand der üblichen Marktmechanismen von Angebot und Nachfrage bemessen wird. Im Wissenschaftsjournalismus ist es Usus, dass Themen in Abhängigkeit von gutem Bildmaterial behandelt werden. Für Geisteswissenschaften wie etwa Mathematik oder Philosophie ist der Visualiserungstrend eine kaum lösbare Herausforderung, da sich deren Inhalte nur schwer bildlich darstellen lassen. In der medialen Repräsentation von Wissenschaft dominieren daher insgesamt die Naturwissenschaften vor den Geisteswissenschaften. Gerade bei Printmagazinen, aber auch online, müssen zu potentiellen Themen gute Fotos vorliegen, sonst kann dies ein Ausschlusskriterium für die Veröffentlichung eines Artikels sein (vgl. Heinken 2010; Scherzler 2005: 156). Solche visuellen Elemente dienen unter anderem dazu, den Leser zu leiten und zum Weiterlesen zu animieren (Heinken 2010). Fotos können sogar ein entscheidendes Kaufkriterium für ein populärwissenschaftliches Magazin sein: „Noch immer sind 97% der GEO-Leser an erster Stelle von der Fotografie [...] begeistert“ (Chefredakteur Gaede in GEO 4/2004: 3, zitiert in Zetzsche 2004: 72). Sowohl in GEO als auch in National Geographic nehmen Fotos einen sehr hohen Stellenwert ein; sie sind von professionellen Fotografen erstellt und werden oft seitenfüllend eingesetzt.103 Die immens wichtige Bedeutung von Abbildungen und Grafiken gilt auch für Magazine mit archäologischem Inhalt. Selbst Magazine mit geringerer Auflage, die sich eher an ein Fachpublikum wenden, haben in den letzten Jahren eine verstärkte grafische Aufbereitung erfahren. So wurden die bereits traditionell bildhaltigen Magazine Archäologie in Deutschland und Antike Welt den modernen Sehgewohnheiten angepasst und auch in Alter Orient aktuell, der Mitgliederzeitschrift der Deutschen Orient Gesellschaft, spielen farbige Qualitätsabbildungen eine große Rolle. Benz/Meise bemängeln allerdings in Bezug auf Illustrationen von Seiten der Fachwissenschaftler, dass diese keine Lebensbilder erzeugen, die Emotionen hervorrufen. Weil aber Bilder in der Öffentlichkeit immer wichtiger werden und nur eine vom Fach begeisterte Öffentlichkeit die Museen, Universitäten und Forschungsprojekte legitimieren, betrachten sie dies als „eine mittlere Katastrophe“ (Benz/Meise 2006: 18). Pryor kritisiert ebenfalls die Fachwelt: Er sieht die wissenschaftliche Fotografie in archäologischen Publikationen als unzureichend an, da sie eine Objektivität vorspiegelten, die nicht der Realität entspricht. Statt der leblosen, akkurat angeordneten Grabungsstellen sollten Fotos etwas von der Faszination transportieren, die von der Archäologie ausgeht. 103 Schon vor einigen Jahrzehnten nahmen Bilder eine gewichtige Rolle ein: Deutschlands ältestes, noch existierendes populärwissenschaftliches Magazin Bild der Wissenschaft (gegründet 1967) trägt den Anspruch im Titelnamen. Es gab auch ein mittlerweile eingestelltes Magazin namens Illustrierte Wissenschaft. Dessen ungeachtet haben Bilder in ihrer Bedeutung in den letzten Jahren weiter zugenommen.

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Daher sollten sie die Grabungsmitarbeiter sowie die Grabungsumstände abbilden. Da sich die meisten Grabungsleiter jedoch nicht in populärwissenschaftliche Publikationen hineinversetzen könnten, würden nur Fotos mit wissenschaftlichem Standard angefertigt. Archäologen könnten allerdings selbst Einfluss auf die populären Fotodarstellungen nehmen, indem sie Fotos zur Verfügung stellen, die von den Medien verwendet werden können (vorausgesetzt, es reisen keine eigenen Fotografen der Medien an). Dazu müssten diese Fotos allerdings nicht ausschließlich den Kriterien der wissenschaftlichen, sondern zusätzlich der medialen Fotografie standhalten können (Pryor 1996). Bildproduzenten sollten sich deshalb der Herausforderung stellen, effektvolle, aber gleichzeitig inhaltsreiche Bilder zu liefern. Hüppauf/Weingart (2009: 19) erwähnen, dass in wissenschaftlichen Bildern gerne Fortschritt und Technologie gezeigt wird. Auch in archäologischen Berichten wird häufig mittels Fotos der Einsatz von Hightech-Geräten betont. 104 Im Rahmen der verstärkten Bedeutung von Visualisierungen haben die archäologischen Wissenschaften eine erstklassige Ausgangsbasis, da ihre Disziplin auf materiellen Hinterlassenschaften beruht und somit in idealer Weise medial präsentierbar ist. Neben Fotografien sind 3D-Animationen und Landkarten diejenigen Visualisierungsformen, welche Informationen über vergangene Kulturen vermitteln. Die gute Darstellbarkeit ist ein wesentliches Kriterium, warum Archäologie so präsent in den Massenmedien ist. 105 Da über die Wirkung der Medien auf die Wahrnehmung und Rezeption der Wissenschaft bisher kaum Kenntnisse vorliegen (Hüppauf/Weingart 2009: 16), eröffnet sich insbesondere für die bildhaltige Archäologie ein großes Forschungspotential.

104 Die aktuelle Bucherscheinung Archäologie im 21. Jahrhundert (Knaut/Schwab 2010) hebt ebenfalls diesen Aspekt hervor. 105 Dessen ungeachtet sind die für Wissensvermittler zugänglichen Bildquellen gerade für den Bereich der Vorderasiatischen Archäologie nur spärlich vorhanden und sollten ausgebaut werden (Scherzler 2003).

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4.5. L ERNEN „Wenn aber die stolze Flotte der Bildungsträger und die immer größer werdende Armada der lernenden Unternehmen nicht stärker auf die gewaltigen Eisberge achten, die da in Gestalt des informellen Lernens auf sie zukommen, kann es einem Teil von ihnen wie der Titanic gehen, die längst auf dem Meeresboden ruht.“ (LIVINGSTONE IN DOHMEN 2001: 7)

Es dürfte zutreffen, dass viele Medienschaffende ausschließlich am kommerziellen Erfolg ihres Wissensproduktes interessiert sind (s.a. Kap. 10.1.3). Für Wissenschaftler, Museumsverantwortliche und andere Wissensvermittler sollten jedoch Lernprozesse von Interesse sein, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Einige relevante Faktoren werden an dieser Stelle beleuchtet, da Lernen als ein Prozess angesehen wird und Wissen als Produkt dieses Prozesses gilt (Willke 2002: 19). Das Erinnerungsvermögen eines Menschen differiert je nach Art der Wissensaneignung. Im Gedächtnis bleiben folgende Anteile haften: Tabelle 3: Erinnerungsvermögen nach Art der Aufnahme

Quelle: Nach Dahinden et al. (2006: 180) und Kaiser (2006: 119); grafische Gestaltung Michael Kircher.

Effektives Lernen ist nur über eine aktive Beteiligung des Lernenden, idealerweise in Art und Thema selbstbestimmt, möglich. Fremdbestimmtes Lernen, wie es generell in der Schule stattfindet, funktioniert wesentlich schlechter und wird immer

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weniger akzeptiert (Schmidt 2005a: 241; Kaiser 2006: 120; Scherzler 2007: 114).106 Der Lernprozess läuft je nach sozialen und situativen Faktoren unterschiedlich ab. Im Zusammensein mit anderen Menschen verbessert sich der Lernfaktor (Graf 2003: 75). Ein langfristiger Lerneffekt tritt vor allem dann ein, wenn die erhaltenen Informationen im Nachhinein mit anderen ausgetauscht werden (Kirchberg 2009: 181).107 Generell ist eine positive Atmosphäre anzustreben, um eine gute Informationsaufnahme zu gewährleisten (Waidacher/Raffler 2005: 134). Ebenso sind Staunen, authentische Kontexte und Emotionen für die Erinnerungsleistung förderlich (Mandl/Winkler 2003: 335; Ladenhinth 2007: 32; s.a. Kap. 4.3.1). „Je mehr Sinne bei der Aufnahme beteiligt sind, desto besser kann eine Information gespeichert werden.“ (Nolte 2005: 112) Grundsätzlich kann durch unterhaltende und emotionale Elemente ein höheres Erinnerungsvermögen erreicht werden als bei sachlichnüchternen Darstellungsweisen (Hickethier 2005: 10; Grötsch 2008: 114; Kirchberg 2006: 39). Insbesondere durch kleine Schocks wird besonders gut gelernt und behalten. Daher sollten Brechungen, Verfremdungen, Illusionen und Irritationen geschaffen werden (Franzke 1988: 78f; vgl. Grötsch 2008: 127), ohne aber zu einer unangenehmen Grundstimmung zu führen. Intensive emotionale Erfahrungen werden am besten erinnert (Nahrstedt 2002: 289). Erlebniswelten/Freilichtmuseen ermöglichen ebenso wie (v.a. interaktive) Ausstellungen subjektive, ganzheitliche Erfahrungen und werden daher als lerntechnisch sinnvoll angesehen (Graf 2003; Grönke 2009; Schuck-Wersig/Wersig 1986: 123; John 2008: 34; Ladenhinth 2007; Markowitsch 2007: 55).108 Lernen erfolgt hier vor allem in Gruppen (Nahrstedt 2002). Auch Dokumentationssendungen besitzen ein hohes Erinnerungspotential, da sie sowohl visuelle und emotionale Reize auslösen können als auch Unterhaltung bieten. Texte, die Emotionen erzeu106 Die Schulpädagogik sieht zwar vor, dass fremdbestimmtes Lernen nicht dominieren sollte, in der Praxis aber ist die Schule für die Schüler zuerst einmal ein Zwangsbesuch, bei dem die Lehrperson den Stoff vorgibt. Ob darin pädagogische Elemente mit Selbstbestimmung der Schüler verwendet werden, kommt erst an zweiter Stelle. 107 Waidacher sieht die Beschäftigung mit Inhalten vor oder nach einem Museumsbesuch als notwendig an, damit Lernerfolge erzielt werden können. Dies kann auch alleine erfolgen (Waidacher 2005: 123). 108 Durch das in vielen Ausstellungen verfolgte heuristische Konzept des entdeckenden Lernens sollen Erkenntnisse durch Erleben und Erfahren eines Kontextes gewonnen werden. Neben den wirkmächtigen visuellen Reizen wäre es ideal, möglichst noch andere Sinne zu aktivieren. Durch Erleben, Anschauen, Vergleichen, Erinnern und Schlussfolgern können in ungezwungener Weise Erfahrungen gesammelt werden, die gut erinnert werden können und durch reinen Text nur schwer zu vermitteln wären. Texte, Bilder und Töne ergänzen dabei die visuellen Eindrücke (Scholze 2004: 201; Falk/Derking 2000: 195f).

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gen, werden im Gegensatz zu neutralen Texten besser erinnert.109 Gerade für das Langzeitgedächtnis sind Emotionen hilfreich (Schlimbach 2007: 106f, 204ff; vgl. Schmidt 2008: 108; Waidacher/Raffler 2005: 134ff). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass optimale Bedingungen für die Wissensaneignung dann herrschen, wenn in selbstgesteuerter Weise emotionale, kognitive und aktionale Lernprozesse in einer Wechselbeziehung stehen (vgl. Zorn 2003: 45). Wissen wird immer mehr als „erlebte Information“ (Pine/Gilmore 2000: 276, zitiert in Nahrstedt 2002: 92) betrachtet. Elementar ist, dass der Lernaspekt nicht aufgezwungen wirkt. Wie eine Besucherbefragung einer Sonderausstellung ergab, erreicht ein Vermittlungsinhalt mit Zeigefingerdarstellung des Bildungsauftrages eine Akzeptanz von annähernd 0%, wenn der gleiche Inhalt hingegen als Erlebnisdarstellung vermittelt wird, liegt die Akzeptanzquote bei fast 100% (Grewenig in o.A. 2001: 106)! 70% des Lernens findet mittlerweile außerhalb der gesellschaftlich honorierten Bildungsbereiche wie Schulen statt (Dohmen 2001: 7). Diese Form des Lernens, welche zum wachsenden Trend des lebenslangen Lernens gehört,110 vollzieht sich vor allem in der Freizeit. Dabei können ganz unterschiedliche Orte, wie etwa Freilichtmuseen und Ausstellungsgebäude, als Lernumgebungen fungieren (vgl. Nahrstedt 2002; Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 275ff). Gerade die Lernorte mit Erlebnisorientierung haben seit den 1970er Jahren erheblich zugenommen und verändern sich ständig weiter (Nahrstedt 2002, siehe Abbildung 3). Ohne eine gezielte Förderung dieser Bereiche, die zumeist originäre Freizeitstätten sind, droht allerdings ein Verkommen dieser Stätten zu reinen Spaßzonen (Dohmen 2001). Mindeststandards in Bezug auf Bildungsrichtlinien existieren nicht. Zwar wird von vielen Betreibern von Erlebniswelten das Wort ,Bildung‘ aus Angst vor negativen Konnotationen vermieden, Einrichtungen mit Lerninhalten werden allerdings nachweislich von Besuchern akzeptiert (Nahrstedt 2002: 52). ,Bildung‘ und ,Lernen‘ scheinen somit ein positiveres Image zu bekommen, wie auch die Angaben zur Wissensgesellschaft (s. Kap. 4.2.1) zeigen. Es sind gerade die Freizeiterlebniswelten, die Alternativen gegen die Tendenz einer rein kognitiv und leistungsorientierten ausgerichteten Wissensgesellschaft bieten. „Sie aktivieren die Kraft positiver Erlebnisse für soziales und kommunikatives Lernen“ (Nahrstedt 2002: 378). Erlebniswelten werden als Kristallisationspunkte einer veränderten sozialen Dynamik der Wissensgesellschaft angesehen (ebd.). Solche Einrichtungen mit der Möglichkeit des „learning by feeling“ (Reinhardt 2005: 168) bekommen durch ihre hohe Besucherresonanz eine Wirkungsmacht in Sachen Bildung, wenngleich Langzeitwirkun109 Laut Schlimbach ist eine konstruktive Verarbeitung (die über reines Faktenlernen hinausgeht) von schriftlichen Informationen dann möglich, wenn Texte abwechselnd Abschnitte mit neutralen, schwach emotionalen und hoch emotionalen Sequenzen beinhalten (Schlimbach 2007: 311). 110 Siehe hierzu auch Kübler (2005: 190ff) und Eichholz (2010).

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gen – auch in Bezug auf das präsentierte Thema – bisher noch eine relativ unbekannte Größe darstellen (Nahrstedt 2002: 276). Abbildung 3: Schwerpunkte der verschiedenen Lernorte mit Erlebnischarakter

Quelle: Nahrstedt 2004: 30; grafische Neugestaltung Michael Kircher.

Geschichte wird gegenwärtig durch unterschiedliche Akteure in sehr heterogenen Formen an vielfältigen Stätten angeboten (Assmann 2007: 179), so dass eine Trennung von Lernen und Freizeit auch in Bezug auf archäologische Wissensvermittlung in vielen Fällen nicht mehr angebracht ist (Brittain/Clack 2007: 21). Gerade Archäologie wird oft an Originalstätten oder Freilichtmuseen vermittelt, wo aufgrund des Erlebens und der häufigen kommunikativen Reflexion – man berichtet z.B. Bekannten von dem Besuch – ein hoher Lernfaktor erreicht wird (Grönke 2009). Positive Lernerfahrungen mit Freilichtmuseen im Rahmen schulischer Geschichtsvermittlung (Mäther 2009) unterstreichen, dass diese Form des Lernens an außerschulischen Lernorten stärker in den Fokus der (historischen) Wissensvermittlung rücken sollte.111

111 Grönke bemerkt, dass Schülern heute häufig außerschulische Ersterfahrungen mit Geschichte fehlen. Prägend wirken stattdessen Medien wie das Fernsehen. Solche Medienformate vermitteln allerdings häufig Geschichtsinformationen, die sachlich nicht immer richtig bzw. verkürzt sind. In außerschulischen Orten kann auf dieses Wissen eingegangen werden, so dass eine Reflektion und Korrektur möglich wäre (Grönke 2009: 34).

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Auch durch das Internet kann Lernen auf eine anregende Art erfolgen, da – etwa im Vergleich zur Schule – viel mehr Inhalte greifbar sind und jeder mit eigenem Tempo und persönlichen Vorlieben agieren kann. Außerdem ist das multimediale Lernen dem spielerischen Mediengebrauch der Freizeit angepasst, wodurch eine höhere Lernmotivation erreicht werden kann und die Lernenden wesentlich selbständiger vorgehen. Problematisch dabei ist sowohl die mögliche Datenüberflutung mit der daraus resultierenden Desorientierung, als auch die stark differierende und kaum zu kontrollierende Qualität der Angebote (Kübler 2005: 190ff). Ergänzend zu den Angaben in den obigen Kapiteln folgen bezüglich der Wirkungen des Medienkonsums an dieser Stelle noch einige Hinweise. Welche Inhalte eines bestimmten Mediums Rezipierende aufnehmen, wird üblicherweise von der Medienwirkungsforschung untersucht. Jedoch kann bereits die Tatsache, dass ein Medium freiwillig für eine gewisse Zeit genutzt wird, als eine Wirkung bezeichnet werden (Maletztke 1998: 82). Medienwirkungen generell vorauszusagen ist sehr schwierig, da üblicherweise von den Reziperenden weder ihr persönliches Vorwissen über das Untersuchungsthema, noch ihre Gefühlslage, ihre Medienkompetenz oder andere Einflussfaktoren wie familiäre Prägungen bekannt sind (Wegener 2005: 205ff). Erschwerend kommt hinzu, dass auf Rezipierende nicht nur ein einzelnes Medium, sondern ein Medienverbund einwirkt (Brittain/Clack 2007: 14). Aufgrund dieser Schwierigkeiten und des Aufwandes für die Wirkungsforschung ist allgemein über die Rezipierenden von Medienformaten sehr wenig bekannt. Da auch nur wenige der Zuschauer oder Leser von sich aus eine Rückmeldung zu einem Format geben (vgl. Kapff 2004: 129), ist eine Produktbewertung jenseits der Verkaufszahl bzw. Einschaltquote kaum möglich, ohne das Feld der Spekulation zu verlassen. Insbesondere langfristige Effekte des Medienkonsums sind nicht zu belegen. Allgemein lässt sich sagen, dass Rezipierende Informationen nicht immer vernunftsorientiert, sondern oft oberflächlich anhand gewisser Reize wie Bilder, Stimmungen oder Wiederholungen verarbeiten (Schenk 2007: 775; Grütter 1992; Heinisch 1988: 84). Weitgehend Einigkeit herrscht zudem darüber, dass Massenmedien grundsätzlich einen erheblichen Einfluss auf Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Vorstellungsbildung der Rezipierenden ausüben (Schenk 2007: 778). Gerade durch die Wiederholung von Themen in verschiedenen Medien setzen sich Bilder und Thesen im Diskurs fest. Jedoch übernehmen Rezipierende von Medienangeboten häufig nicht die Intentionen der Medienschaffenden oder Ausstellungsmacher, sondern arbeiten die Inhalte je nach Kontext zusammen mit eigenen Vorstellungen, Erfahrungen und Wissensbeständen um (Heinisch 1988; Grütter 1992; Fiske 2000; Wegener 2005: 205ff).

5. Popularisierung von Archäologie „Die Archäologie ist – von den meisten Archäologen unbemerkt – jenseits ihres Zuständigkeitsbereiches zur Leitwissenschaft eines Diskurses quer durch die Disziplinen geworden, der sich derzeit anschickt, die Grenzen zwischen Natur- und Geisteswissenschaft zu überwinden.“ (EBELING 2004: 13)

Archäologie erscheint in der Alltagskultur in unzähligen Facetten. Das Fach ist eine vielschichtige Angelegenheit geworden, die nicht mehr nur für einen historisch interessierten Zirkel bestimmt ist, sondern von Massen rezipiert wird (Samida 2006: 150ff; Holtorf 2007). Archäologie wirkt auf viele Menschen anziehend, so dass Felder folgendes konstatiert: „Schon das Wort allein, besonders aber der Reiz des Unbekannten und Unberührten und die Luft des Abenteuers, die damit verbunden werden, scheinen eine mystische Faszination auf Außenstehende auszuüben – die idealisierte Vorstellung vom ‚Archäologen als Schatzsucher‘ und die unwillkürliche Assoziierung des Berufs mit Abenteuer und Gefahr, Geheimnis und Gold, ist weit verbreitet.“ (Felder 2003)1

Die Öffentlichkeit kommt zumeist durch populäre Produkte mit Archäologie in Berührung. In den Massenmedien, den wichtigsten Informationskanälen der Bevölkerung (Scherzler 1995: 153), ist Archäologie mehr als je zuvor ein beliebtes Thema. Sowohl in Büchern, Fernsehbeiträgen, Hochglanzjournalen als auch in Tagesund Wochenzeitungen werden wiederholt Themen des Altertums aufbereitet (Benz/Meise 2006: 15; Clack/Brittain 2007: 9; Burmeister 2005: 153; von Welck

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Der Titel des Magazins Epoc dossier vom September 2008 bringt die Ansicht vieler Menschen auf den Punkt: Faszination Archäologie.

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2004: 113; Ebeling 2004; Hansen 2005; Holtorf 2005a, 2005b, 2005c, 2007; Kapff 2004; Seewald 2010; van Ess 2010). Beispielsweise wurden in den drei einflussreichen Printmedien Der Spiegel, Zeit und Frankfurter Allgemeine Zeitung in den Jahren 1980-1989 weniger als 200 archäologische Artikel veröffentlicht; zwischen 1990-1999 erschienen bereits über 800 Artikel und im vergleichsweise nur halb so langen Zeitraum von 2000-2004 haben die Herausgeber mehr als 900 Artikel gedruckt (Biehl 2005: 246).2 Acht der zwölf Titelthemen von National Geographic Deutschland 2003 waren archäologisch ausgerichtet und quer durch verschiedene Printmedien taucht Archäologie wiederholt auf (Benz/Liedmeier 2007: 155, 160).3 Wie in Kap. 4.2.3.4 aufgeführt, korreliert die Vorliebe der Autoren für gewisse Themen nicht unbedingt mit dem Interesse der Leser, so dass unklar ist, ob die altertumskundlichen Inhalte auch rezipiert werden. Analysen bestätigen allerdings das tatsächliche Publikumsinteresse: Archäologische Titelgeschichten bei Printmagazinen mit unterschiedlichen Themengebieten verkaufen sich nachweislich sehr gut, so etwa bei Bild der Wissenschaft oder National Geographic Deutschland (Varwig 2010; Heinken 2010). Untersuchungen darüber, welche Artikel in Tageszeitungen durchgelesen werden, ergaben, dass archäologische und historische Themen von teilweise über 35% der Zeitungsleser gelesen werden – das entspricht dem prozentualen Leseanteil von Berichten über Skandale und Pop-Prominente (Seewald 2010: 198).4 Auch auf den Online-Seiten der Tageszeitungen ist Archäologie ein beliebtes Sujet, so dass Seewald feststellt: „Aus dem ehemaligen Exotenfach ist eine Leitdisziplin geworden“ (Seewald 2010: 204; vgl. Eingangszitat). Ergänzend zu den gelesenen Informationen gelten eine Fülle von Ausstellungen (s. Kap. 6.3), Büchern, Fernsehsendungen (s. Kap. 7.5) sowie Internetangeboten (s. Kap. 8.5) als maßgebliche Vermittlungsmedien für archäologische Themen. Eine quantitative Umfrage mit 1402 Personen zeigt auf, dass beachtliche 72,2% der Befragten Interesse an Archäologie haben. Als bevorzugte Informationsquelle für Archäologie geben die Interviewten das Museum bzw. archäologische Stätten an (63,8%), durch das Fernsehen informieren sich 57,5%, Bücher lesen 53,9% und Zeitschriften wer-

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Ein Beispiel aus den USA verdeutlicht ebenfalls die Beliebtheit im Printbereich: Innerhalb eines Jahres wurden in der New York Times über 100 Artikel zur Archäologie gezählt (Pollock 2005: 78, Fussnote 1).

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Eine Forschergruppe hat elf deutschsprachige Printmedien mit unterschiedlichem Zielpublikum zu Beginn des 21. Jahrhunderts untersucht. Dabei ergaben sich schwankende Quantitäten, so ist die Artikelanzahl im Vergleich über mehrere Jahre teils konstant, teils ansteigend, teils gibt es schwache Jahre (Benz/Liedmeier 2007).

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Zum Vergleich: Artikel über das Thema Oper werden von unter 3% der Zeitungsleser rezipiert (Seewald 2010: 198).

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den von 43,6% konsumiert. Andere Medien spielen nur eine untergeordnete Rolle. 5 Die Hälfte der Interviewten wünscht sich mehr Informationen über Archäologie, vermittelt vor allem durch Museen und archäologische Parks (55,3%), Bücher (50,8%) und durch das Fernsehen (44,3%). Insgesamt sehen 70,5% die Beschäftigung mit Archäologie als Wissensvermehrung an, für 29,5% dient sie als anregende Unterhaltung (Bohne/Heinrich 2000). Im Gegensatz zu vielen anderen wissenschaftlichen Disziplinen verfügt die Archäologie demnach bereits über ein interessiertes Massenpublikum.6 Auch jenseits von intentionaler Wissensaneignung kommt die Öffentlichkeit mit archäologischen Inhalten in Berührung. Die Archäologie nimmt im Unterhaltungsgenre, in der Kunst, der Werbung oder im Tourismus einen beachtlichen Stellenwert ein (vgl. Felder et al. 2003; Heinz 2003; Jensen/Wieczorek 2002; ein Musterbeispiel für Archäologie in der Alltagskultur liefert Holtorf 2007: Kapitel 2; vgl. Holtorfs Auflistung 2005a: 135ff). Die Archäologie bietet einen weiteren Aspekt, der sie von etlichen anderen universitären Fächern unterscheidet: Die Themen weisen für Laien eine lebensweltliche Nähe auf. Trotz der vermeintlich großen Distanz aufgrund der Zeit- und Ortsdifferenz zwischen der Gegenwart und den vergangenen Kulturen behandelt die Archäologie universelle Themen. Aspekte wie Wohnen, Essen, Kleidung, Herrschaft, Handel und Migration berühren immer wiederkehrende Gegebenheiten und sprechen Grundfragen des Lebens an: Wie hat alles angefangen? Gibt es Konstanten im Leben? Wie geht man mit herausfordernden Situationen und Umbrüchen um? Solche Fragen nach Orientierung begründen einen entscheidenden Faktor für den Erfolg der Archäologie in der Alltagswelt.7

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Die Studie (Bohne/Heinrich 2000) wurde vor der weiträumigen Verbreitung des Internets durchgeführt. Auffällig ist, dass sich das Mediennutzungsverhalten nicht signifikant mit dem Bildungsniveau ändert, sondern durch alle Bildungsschichten ähnlich ist.

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Medial ist die Archäologie wesentlich präsenter als Disziplinen wie beispielsweise Politikwissenschaft, Soziologie oder Ähnliches, die ein Vielfaches an Studierenden aufweisen. Dieser Umstand liegt einerseits am vorhandenen Interesse, andererseits aber auch an der guten medialen Darstellbarkeit von Archäologie (siehe vorheriges Kapitel über Bilder).

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Menschen suchen in den Medien generell nach Orientierung, Übersicht und Ordnung (Hickethier 2005). Diese Antworten können in Informationen über die Vergangenheit gewonnen werden (Ickerodt 2008: 90; Benz/Liedmeier 2007; Röder 2010: 95; Varwig 2010: 162).

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5.1. F ORSCHUNGSSTAND „Interest in public perceptions has not been a central concern of pre- and protohistoric archaeologists.“ (SCHMIDT 2002: 244)

In Deutschland gibt es zum öffentlichen Interesse und der Rezeption archäologischer Produkte kaum empirische Forschungen oder ausführliche Diskussionen innerhalb der Archäologie (Schmidt 2002; Samida 2006: 20).8 „Das eigentliche Problem [...] ist nicht mangelndes Wissen in der Öffentlichkeit über die Realitäten in der Archäologie, sondern eher ein mangelndes Wissen unter Archäologen über die Realitäten in der Öffentlichkeit.“ (Holtorf 2005b: 241)9 Zwar existieren Untersuchungen von Romanen (Maier und Schweizer 1999; Ickerodt 2004), Jugendbüchern (Driehaus 1979), Schulbüchern (Sénécheau 2008) oder Filmen (Stern 1993, 1994, 2002a, 2002b), zum generellen Verhältnis der Altertumskunde zu populären Darstellungen gibt es jedoch kaum tiefergehende Bestandsaufnahmen. Es dominieren Aufsätze, die Themen dieser Art aufgreifen und häufig eher persönliche Kommentare denn empirische Untersuchungen sind (beispielsweise Andreae 1981; Ebeling 2004; Yeilyurt 2007).10 Selbst die erfolgreichsten deutschen archäologischen Sachbücher Götter, Gräber und Gelehrte (Ceram 1949), Und die Bibel hat doch Recht (Keller 1955) und Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit (Pörtner 1959) wurden nicht ausführlich auf ihre Erfolgsgründe, ihre Rezeption etc. untersucht. Sie üben als Longseller mit einer Millionenauflage seit Jahrzehnten einen immensen Einfluss auf das Bild von der Archäologie aus. Archäologische Museen (s. Kap. 6) wurden – im Gegensatz zu anderen musealen Bereichen11 – kaum in der Forschungsliteratur behandelt, obwohl sie einen

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In den USA hingegen hat sich bereits vor Jahren der Bereich Public Archaeology entwickelt, auch wenn dort auf universitärer Ebene der Diskurs noch ausbaufähig ist (McManamon 1994; Arnold 2002: 411). In Großbritannien ist die Thematik im Fach ebenfalls präsent (Merriman 2004; Clack/Brittain 2007; Kulik 2005, 2007; im Magazin public archaeology wird sich explizit mit den relevanten Themen auseinandergesetzt). Im Unterschied zu Deutschland gab es in Großbritannien nie die strikte Aufspaltung in die beiden Lager ,Wissenschaft‘ und ,Öffentlichkeit‘. Dort ist ein leserorientierteres Schreiben oder eine Mitarbeit der Wissenschaftler in Fernsehproduktionen schon länger üblich.

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Zum (Nicht-)Wissen der Archäologen über die Vergangenheits-Vorstellungen der Öffentlichkeit siehe auch Stone (1994).

10 Einen ähnlichen Zustand konstatieren Jameson/Baugher (2007: 8) für die US-amerikanische Archäologie. 11 Siehe weiterführend etwa Baur (2010) oder John/Dauschek (2008).

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großen Stellenwert als Popularisierungsmedium einnehmen. Archäologen bzw. archäologisch ausgebildete Museumsmitarbeiter beteiligen sich bisher nur zurückhaltend an den museologischen Diskussionen, so dass Museen und Ausstellungen im deutschen archäologischen Diskurs nur eine marginale Rolle einnehmen. Müller-Scheeßel beklagt zudem, dass die wenigen konstruktiven Beiträge wirkungslos verpuffen (Müller-Scheeßel 1999a: 123ff). Aus Deutschland stammende Monographien sind beispielsweise von Kaiser (2006), Flügel (2007) und Zorn (2003) verfasst, relevante Artikel wurden ferner durch Derks (2005), von Welck (2004) und Keefer (2009) geschrieben. Außerdem setzen sich die Beiträge der Ausgabe 23/2000 der Archäologischen Informationen im Besonderen mit archäologischen Museen auseinander. 12 Ein Großteil der vorhandenen Beiträge über mediale Darstellungsformen ist zudem im Rahmen des fachinternen Wissens- und Verständnisbereiches entstanden, ohne Kenntnisse über die Medienlandschaft oder die Sichtweise der Produzierenden mit in den Diskurs zu integrieren (Scherzler 2008). Nennenswert sind einzelne Initiativen aus den letzten Jahren, die das Verhältnis der Archäologie zur Öffentlichkeit beleuchten: Beispielsweise wurde eine Tagung zur Antike in der gegenwärtigen Alltagskultur durchgeführt (Korenjak/Tilg 2007),13 auch der Sammelband von Jensen/Wieczorek (2002) beleuchtet das vielfältige Auftauchen von archäologischen Komponenten in der Gesellschaft. Insbesondere Holtorf (2005a, 2007) geht länderübergreifend auf die Archäologie in alltagskulturellen Zusammenhängen ein. Biehl (2005) und Samida (2006) thematisieren mediale Neuerungen und öffentliche Präsentationen in der Urgeschichtlichen Archäologie. Auch wurden archäologische Artikel in diversen deutschsprachigen Printmedien untersucht (Benz/Liedmeier 2007). Ferner gibt es in den Archäologischen Informationen, wiederholt Themenhefte und Einzelbeiträge zur Thematik (vgl. Schmidt 2002: 244f).14 Im Rahmen von Ausstellungsprojekten wurde die öffentliche Darstellung ebenfalls behandelt (Felder et al. 2003; Heinz 2003). Eine Ausnahme bezüglich der Rezeptionsforschung in Deutschland bildet die großangelegte Laien-Befragung von Bohne/Heinrich (2000). 12 In dem Veröffentlichungsorgan der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF) sind Artikel von Hoika (2000), de Grooth (2000), Auffermann (2000), Banghard (2000) und Schmidt (2000) abgedruckt. Um das Jahr 1999 und auch später wurden darüber hinaus einige Tagungen zur musealen Archäologie-Präsentation der Zukunft ausgerichtet. Die 1971 gegründete Gesellschaft hat unter anderem zum Ziel, die Distanz zwischen Experten und Laien zu verringern 13 Die Beiträge der 2005 in Bern abgehaltenen Tagung beschäftigen sich vor allem mit Klassischer Archäologie und Philologie. 14 Genannt sei außerdem noch die eher auf Theorie und Geschichte fokussierte Publikation von Borsdorf (2004). Im anglophonen Diskurs existieren spezifische Veröffentlichungen zur Thematik Archäologie im Museum, so etwa von Swain (2007) und McManus (1996).

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Symptomatischerweise wurde nicht nur diese Umfrage von Studierenden durchgeführt; auch die genannten Projekte von Felder et al. (2003) und Heinz (2003) wurden maßgeblich von Studierenden beeinflusst. Eine der wenigen Beschäftigungen mit Popularisierungsmedien stellt die Untersuchung von Emele (1997) dar, die in Fachkreisen jedoch kaum Resonanz fand.15 Auch die anderen, zumeist sporadischen Ansätze16 blieben ohne Widerhall, so dass von keiner wirklichen Reflexion im Fach gesprochen werden kann (Jensen 2002: 14). Die bereits 1981 von Maier geäußerte und von Wolfram/Sommer 1993 bekräftigte Klage über die Diskrepanz zwischen der Wissenschaft und ihrem Publikum wurde bisher nicht grundlegend aufgegriffen. Dieser Umstand wird exemplarisch daran deutlich, dass beim Mannheimer Archäologiekongress 2008 zwar circa 250 Vorträge gehalten wurden, abgesehen von einem Museumspenal allerdings kein Beitrag von Medienschaffenden oder Archäologen über mediale Darstellungen enthalten war. Forschungen über Kenntnisse und Verarbeitungsmechanismen von Wissenschaftspräsentationen in der Öffentlichkeit sind ein generelles Desiderat (vgl. Felt 2000; Broks 2006) und auch für historisch-archäologische Themen besteht bezüglich der Rezeptionsweisen noch erheblicher Untersuchungsbedarf (Pirker/Rüdiger et al. 2010: 12; Samida 2006; Holtorf 1993: 62ff; Ickerodt 2009: 10).

5.2. F ORMEN

UND

A KTEURE

POPULÄRER

V ERMITTLUNG

„The past is both completed and still living.“ (Shanks/Tilley 1987: 7)

Wenn Forschungsergebnisse aus der Archäologie für ein breites Publikum aufbereitet werden, geschieht das nur in Einzelfällen direkt durch die Fachwissenschaftler, so etwa in Ausstellungen. Es sind im Regelfall die Medien, die zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit vermitteln (Stern 1994: 9). Solange Archäologen selbst

15 Die mangelnde Rezeption könnte daran liegen, dass die Arbeit in den Sozialwissenschaften erfolgte und deswegen nicht in den archäologischen Diskurs vorgedrungen ist. 16 Viele der fachinternen Reflexionen haben ihren Schwerpunkt auf Klassischer Archäologie, während andere Disziplinbereiche eine Randerscheinung bilden. Seidensticker/Vöhler (2001) untersuchten Auswirkungen der Archäologie im 20. Jahrhundert, berücksichtigten jedoch ausschließlich Elemente der Hochkultur. Zu Einflüssen der Archäologie auf hochkulturelle Bereiche siehe auch Himmelmann (1976). Erst in letzter Zeit werden populärkulturelle Formen im deutschsprachigen Raum öfter wissenschaftlich untersucht, während diese im anglophonen Raum schon länger einbezogen werden (Korte/Paletschek 2009b: 11).

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kein großes Publikum erreichen, sind Vermittler wie Journalisten, Romanautoren oder Filmemacher17 vonnöten, die als wirkmächtige Multiplikatoren archäologischer Ergebnisse fungieren (vgl. Beran 1993: 76). Im Zusammenhang mit der Fremdproduktion formulieren Bernbeck/Pollock die Frage, warum seitens der Archäologie zugelassen wird, dass Nicht-Fachleute die Popularisierung übernehmen. Denn die Archäologie kann mittlerweile für alle ihre Spezialgebiete Experten in ihren eigenen Reihen vorweisen oder arrangiert sie bei Bedarf (Bernbeck/Pollock 2005: 43). Spitzing (1994: 167) merkt dazu an, dass Archäologen sich nicht über merkwürdige Berichte wundern sollten, wenn sie als Wissenschaftler nicht selbst aktive Vermittlungsarbeit betreiben. Insgesamt besteht eine Kluft zwischen den Arbeitsfeldern ,Produzieren‘ und ,Vermitteln‘, die zu einer Trennung der Wissenschaft vom Publikum führt. Viele sehen in der mangelnden Ausbildung der Wissenschaftler im Bereich der sprachlichen Vermittlung einen entscheidenden Grund für diese Trennung und den großen Erfolg von populären Produkten anderer Autoren (Schmidt 2002: 265f; Härke 2002; Fagan 1987: 3). Wissenschaftler erlernen nicht, einfach zu verstehende Beiträge mit korrektem Inhalt zu verfassen. Da die übliche Fachsprache nicht für ein breites Publikum geeignet ist, sollten Wissenschaftler anstreben, auch ggf. narrativere Vermittlungsarten einzusetzen (Bernbeck/Pollock 2005: 43; vgl. Dawid/Schlesinger 2002b: 27; Childs 2002; Joyce 2002; Young 2002; Shanks/Tilley 1987: 18f). Die Medienproduzenten setzen ein potentielles Thema erst dann um, wenn es den eigenen Erwartungen entspricht und Eigenschaften wie ,alt und geheimnisvoll‘, ,spannend und zugleich voll neuer Informationen‘ bieten kann (Emele 1997: 128). Aufgrund dieser Merkmale sieht die Öffentlichkeit in der Archäologie etwas Spannendes und Geheimnisvolles. Faszination und Spannung sind per se noch nichts Besorgniserregendes. Die Öffentlichkeit hat jedoch aufgrund der populären Veröffentlichungen, die zudem vorwiegend auf Schätze fixiert sind, ein zu ,schatzgräberlastiges‘ Bild von der Altertumswissenschaft (vgl. Felder et al. 2003). Felder et al. stellen die Frage, „warum der Realitätsferne des vermittelten Eindrucks bisher kaum mit Plädoyers und Korrekturen von Seiten der Fachwelt entgegengewirkt wurde“ (Felder et al. 2003: 163). Einerseits monieren viele Archäologen zwar dieses Schatzsucher-Klischee, andererseits schließen sich viele Organisatoren von Sonderausstellungen, die im Regelfall Wissenschaftler mit archäologischer Ausbil17 Bei Dokumentationen sind im Gegensatz zu Buchpublikationen eine Vielzahl an relevaten Personen beteiligt. Bei einer Terra X-Folge beispielsweise muss das von den Autoren angedachte Produkt zuerst dem Redakteur zusagen, der anschließend die Zusage des Senders benötigt. Es gibt folglich ein mehrseitiges Abhängigkeitsverhältnis. Solche Abhängigkeiten sind entscheidender als fixierte Regeln über einen Beitrag für ein Sendeformat im Sinne eines „so und so muss ein Beitrag aussehen“ (Emele 1997: 22). Diese häufig vermuteten Kriterien ergeben sich erst automatisch, stellt Emele fest (ebd.).

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dung sind, gerade diesem Trend an. Sie untermauern das genannte Bild, indem sie Ausstellungen veranstalten, die inhaltlich und/oder durch den Ausstellungstitel exakt dieses Klischee bedienen (vgl. Spitzing 1994: 167; Schuck-Wersig/Wersig 1986: 68). So lauten Sonderausstellungen etwa Schätze des Alten Syrien (Stuttgart 2009/2010, s. Kap. 6.5.3), Mythos und Magie. Erstes Gold in MecklenburgVorpommern (Schwerin 2003), Afghanistan. Gerettete Schätze. Die Sammlung des Nationalmuseums in Kabul (Bonn 2010) oder Gold der Steppe (Mannheim 2009/2010). Der Landkreis Landshut betreibt die Webseite www.abenteuerarchaeologie.com und wirbt mit „Abenteuer Archäologie – forschen Sie mit!“ (19.10.2011). Selbst viele ausgebildete Archäologen haben offenbar die Vorstellung, dass die Öffentlichkeit nur für Sensationen zu begeistern ist. Spitzing sieht diese Annahme als falsch an. Ihrer Meinung nach sind die Leute auch an weniger Spektakulärem interessiert, wenn es ihnen spannend erklärt wird (Spitzing 1994: 167). Die Umfrage von Bohne/Heinrich (2000) zeigt auf, dass das Alltagsleben in der Vergangenheit das beliebteste Interessensgebiet darstellt (42,6% der Befragten interessieren sich dafür), während die Bereiche Kunst und Bauwerke in der Beliebtheitsskala überraschenderweise nur je 35,6% erreichen. Zu Letzterem sind Schatzobjekte sowie Monumentalität zu zählen – beides Elemente, die in populären Darstellungen überproportional betont werden. Die populäre Darstellung der professionellen Altertumswissenschaftler ist nicht Gegenstand dieser Forschung. Einige Anregungen und Verweise werden trotzdem an dieser Stelle gegeben, da das Bild von Archäologie mit der Darstellung der Archäologen verknüpft ist. Das populäre Bild eines archäologischen Wissenschaftlers ist noch immer dominiert vom romantischen Abenteurer- und EntdeckerKlischee des 19. Jahrhunderts (Shanks/Tilley 1987: 23; Fagan 1987: 3; Brittain/ Clack 2007: 15; van Ess 2010: 173).18 Fagan sieht das öffentliche Bild der Archäologie folgendermaßen: „For many people, our discipline is still a world of lost treasures, grimming skeletons, mysterious civilizations, and the Curse of the Pharaoh.“ (Fagan 1987: 3) Schmidt schätzt die Lage 15 Jahre später ähnlich ein: „The image of the archaeologist in the eyes of the public varies between an adventurer, as it were a combination of Schliemann, Carter and Indiana Jones, and a nerd with a little brush poking around at old bits and pieces.“ (Schmidt 2002: 245) Dass diese Aussage keine einseitig-verzerrte Sichtweise von Betroffenen widerspiegelt, zeigt sich in der allgemeinen, disziplinenunabhängigen Aussage eines Wissenschafts18 Auch in Rekonstruktionsbildern (z.B. Zeichnungen) tauchen immer die gleichen Motive auf, selbst wenn sie von/für Archäologen angefertigt werden. Typische Darstellungen, die vor 100 Jahren erstellt wurden, haben sich trotz erheblichen Erkenntnisgewinnes nur marginal verändert. Visualisierungen scheinen demnach wirkmächtiger zu sein, als die meisten vermuten, stellen Moser/Gamble (1997: 210) und Rahemipour (2010) fest (s.a. Kap. 4.4).

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journalisten: „GEO fördert das Bild vom Wissenschaftler als Abenteurer und neugierigem Forscher, der in detektivischer Manier die Welt erforscht.“ (Martin Meister, GEO-Redakteur, in Zetzsche 2004: 73) Brittain/Clack stellen fest: Die Bilder aus den Anfangstagen der Archäologie sind ergänzt durch Hollywood-Bilder: Archäologe ist entweder der heroisch-männliche Forscher, der antiquierte, abgedrehte Sammler oder der Professor. Meist ist das Bild kombiniert mit einem Experten, Abenteurer, Ausgräber, Entdecker und Schatzsucher.19 Die angesehensten Archäologen besitzen in der öffentlichen Vorstellung den Schlüssel zu großen, ungelösten Rätseln der Menschheit bzw. finden die Wahrheit hinter den ältesten, größten und reichsten Ruinen der Vergangenheit (Brittain/Clack 2007: 15). Stereotypen und Mythen sind ein tragender Bestandteil von populären Verarbeitungen: „Bis heute ist der Einsatz von Mythen für die Populärkultur interessanter als die vielfältigen Ergebnisse der altertumswissenschaftlichen Forschung.“ (Heilmann 2002: 34; vgl. Mohr 2007: 29) Wann und von wem wurden die stereotypen Motive initiiert? Samida hebt hervor, dass Stereotype schon sehr lange in der Disziplin vorhanden sind. Selbst ohne den kommerziellen Druck der Medien stellten sich die frühen Forscher und Reisenden als Abenteurer dar. Beispielsweise hat Schliemann in seinen Presseartikeln bewusst die Abenteuerkomponenten betont. Die Topoi Ausgräber, Entdecker, Abenteurer und Held sind maßgeblich von Schliemann und den frühen Altertumsforschern geprägt worden – und gelten sowohl bei Indiana Jones als auch bei populären Wissensprodukten der Gegenwart noch immer (vgl. Samida 2010b). Nicht die (Unterhaltungs-)Medien in den letzten Jahrzehnten haben demzufolge die Klischees kreiert, sondern die Archäologen selbst. Die Medienschaffenden bauen demzufolge auf bereits vorhandene und teils durch Fachwissenschaftler auch heute noch weiter tradierte Vorstellungen auf, wie Kaeser (2010) herausstellt. Populäre Bilder werden aber nicht unverändert von den Rezipierenden übernommen. Eine deutsche Umfrage brachte zu Tage, dass die meisten Befragten (neun von zehn) einen Archäologen als einen Ausgräber sehen, aber nur zwei von zehn betrachten ihn auch als Schatzsucher, während circa die Hälfte der Befragten auch das Museum oder den Schreibtisch und die Universität als Arbeitsplatz eines Archäologen wähnt (Bohne/Heinrich 2000: 22f). Dies überrascht insofern, als dass das Fernsehen als bildprägendstes Medium (Stern 1994: 9) Arbeitsorte jenseits von Grabungsstätten nur sehr unterrepräsentiert darstellt. Gegenwärtig herrschen über 19 Bezüglich des Wissenschaftler-Klischees sind auch Änderungen möglich. Statt dem Archäologen als verstaubtem Weltfremden wird in den letzten Jahren verstärkt der globale „Hightech-Freak“ (Stern/Tode 2002: 76) gezeigt. Zum Bild der Archäologen in Bezug auf Geschlechterrollen siehe Fries/Ramuschegg/Dornbeck (2007). Publikationen zur Darstellung von Archäologen im Film stammen von Stern/Tode (2002) und Holtorf (2005: 43ff).

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diese Typisierung des Berufsbildes konträre Meinungen, so haben manche Wissenschaftler kein Problem damit, als Abenteurer gesehen zu werden, anderen ist dieses Bild zuwider (siehe Interviewaussagen in Kap. 9.2). Insgesamt ist der fachinterne Diskurs über die Selbst- und Fremdsicht noch ausbaufähig – oder wie es Kaeser ausdrückt: „Auch unterstellte Eigenschaften sind nie bedeutungslos: Sie sagen viel aus über genau das, was fachintern nie wirklich erörtert wird“ (Kaeser 2010: 60). Zwar ist es ein Leichtes, falsche oder vereinfachte Berichte zu kritisieren. Jedoch haben Archäologen, wenn sie an einem Beitrag beteiligt sind, kaum Einfluss auf die Umformung ihrer Forschungsergebnisse durch Medienschaffende oder Laien. Selbst bei der Titelwahl von Ausstellungen entscheiden letztlich nicht allein die archäologisch ausgebildeten Kuratoren. Die mediale Berichterstattung zu ignorieren ist nicht von Vorteil, denn es sind v.a. die Medienschaffenden, häufig Nichtarchäologen, die Bilder über die Archäologie formen. Solche Bilder über das Fach und über die Vergangenheit werden ge- und ggf. auch missbraucht, nicht selten für politische Ziele. Diese Art von Missbrauch kann umso leichter geschehen desto mehr die Wissenschaftler die populäre Vermittlung ignorieren (Pollock 2005: 78). Beran kritisiert, dass sowohl eine emotionsfeindliche Versachlichung in den Publikationen als auch akademisches Standesdenken nicht weiter führt, sondern eher die Kluft zwischen Akademikern und Interessierten weiter vergrößert (Beran 1993: 75). Holtorf fordert diesbezüglich Folgendes: „Ich meine, wir Archäologen täten gut daran, rechtzeitig zu beginnen, die vielfältigen Beziehungen zwischen Archäologie und Gesellschaft zu untersuchen – und auch zu beeinflussen. Wichtig wird es sein, daß wir unseren ‚Markt‘ im Auge behalten: Schließlich sind wir in manchen Bereichen durchaus gefragt. Wir sollten als Wissenschaftler unseren Ehrgeiz daransetzen, eine Kommunikationsebene zum nicht-wissenschaftlichen Leser und Museumsbesucher zu finden, die sich nicht mit Goldgeklimpere und Urzeitklischees zufrieden gibt. Aus Eigeninteresse und aus Verantwortung.“ (Holtorf 1993: 56)

Die unzureichende Beschäftigung mit populären Darstellungen kann in einer grundlegenden Ablehnung dieser Darstellungsformen und einem Misstrauen in die Medienschaffenden begründet sein (vgl. Maier/Schweizer 1999: 149). Es gibt Professoren, die sich über schlechte Spiegel-Artikel echauffieren, gleichzeitig aber ein aktives Desinteresse an der öffentlichen Darstellung des Faches zeigen. Des Weiteren kommt es vor, dass bei Stellenbesetzungen in der Archäologie populäre Veröffentlichungen als negativ angesehen werden. Letztere Punkte berichten Benz/Meise und fügen konstatierend hinzu: „Die Archäologie ist im Medienzeitalter angekommen – viele Archäologen freilich noch nicht.“ (Benz/Meise 2006: 19) Beispielhaft für die problematische Kooperation mit Wissenschaftlern ist die Aussage eines Romanautors zu sehen: „Ja, ich ziehe gern Archäologen zu Rate, wenn es mir gelingt, die Mauer aus Arroganz, Ablehnung und Widerwillen zu überwinden – was

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mir bisher aber nur im Ausland beispielhaft gelungen ist.“ (Mielke in Maier/Schweizer 1999: 149) Ein altorientalischer Philologe merkt an: „In einer Zeit, in der prähistorische Romane häufig auf den Bestsellerlisten zu finden sind, seriöse archäologische Sachbücher hingegen kaum, in der also davon ausgegangen werden muss, daß sich die Öffentlichkeit hauptsächlich auf diesem Wege mit Prähistorie auseinandersetzt, ist dies ein nicht zu vernachlässigendes Dilemma.“ (anonymisiertes Interviewzitat mit einem bedeutenden Sumerologen, zitiert in Maier/Schweizer 1999: 153)

Diese Aussagen stellen kein repräsentatives Bild dar, denn viele Archäologen suchen mittlerweile aktiv den Dialog (Heinken 2010: 155; Pfälzner in ZDFNachtstudio 2008; vgl. Pendergast 1998). Eine kleine Umfrage in Bezug auf Romane zeigt ebenfalls, dass alle zwölf befragten Archäologen grundsätzlich eine Zusammenarbeit zwischen Romanautoren und Archäologen befürworten, auch wenn in manchen Aspekten Differenzen vorherrschen (Maier/Schweizer 1999).

5.3. A LTERNATIVARCHÄOLOGIE „In one sense, however, archaeologists only have themselves to blame. If the ,loss of nerve‘ leads to failure to address big questions which are of real interest to people, is it any wonder that someone else comes along and fills the gap, especially if they apparently have a new and powerful method for doing so?” (SHENNAN 2002:13)20

Veröffentlichungen mit für die Altertumswissenschaftler bizarr anmutenden Interpretationen, die durch Personen ohne fachliche Ausbildung erstellt werden, finden einen sehr großen Absatzmarkt. In der vorliegenden Arbeit kann nur ansatzweise auf dieses vielseitige Feld eingegangen werden. Aufgrund des immensen Einflusses kann diese Art der populären Beschäftigung mit Archäologie jedoch nicht unerwähnt bleiben, weshalb die Relevanz und der Forschungsstand kurz aufgezeigt werden.

20 Shennan trifft diese Aussage nicht in Bezug auf die alternativen Interpretationen von Laien (pseudo- oder fringe archaeology), sondern über vorschnelle Interpretationen der Genetiker zu archäologischen Befunden. Das Zitat drückt aber die Angelegenheit treffend aus.

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Quantitativ gesehen liegt der Einfluss der Alternativarchäologie um ein Vielfaches über dem der Fachdisziplin: Alleine die 65 Millionen Bücher des Autors von Däniken dürften mehr Leser erreicht haben als sämtliche archäologische Fachliteratur, die weltweit jemals publiziert worden ist (Holtorf 2005b: 235). Hinzu kommen diverse Fernsehsendungen und Kinofilme von und über ihn. Eine Umfrage, die in Großbritannien in den 1980er Jahren durchgeführt worden ist, weist von Däniken als bekanntesten Autor aus, der über archäologische Themen schreibt (Layton 1994: 200). Die Verbreitung seiner Thesen erfolgt im besten Sinn crossmedial: Neben den genannten Medienformaten werden regelmäßig Vortragstourneen angeboten, darüber hinaus existiert ein Erlebnismuseum in der Schweiz: Der Mystery Park ist eine im Jahr 2003 eröffnete Anlage, die inhaltlich eng an von Dänikens Idee eines außerirdischen Einflusses auf diverse irdische Kulturen in der Vergangenheit angelehnt ist. In der Erlebniswelt werden berühmte archäologische Stätten aus verschiedenen Erdteilen im Eventstil präsentiert und ungelöste Fragen über die jeweiligen Bauwerke und/oder die entsprechende Kultur in den Vordergrund gerückt (vgl. von Däniken/von Däniken 2005). Die 100 Millionen Euro teure Anlage wurde aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nach einer Schließungszeit zwischen dem Winter 2006 und dem Frühjahr 2009 im Jahr 2010 mit anderem Namen und veränderter Konzeption neu eröffnet. 21 Mit einer Besucherbilanz von über einer Million Besucher in den ersten Jahren hat sie mehr Leute angezogen als viele kulturhistorische Parkanlagen oder archäologische Museen in mehreren Jahrzehnten erreichen. Die Ausstellung Unsolved Mysteries präsentierte 2001 in Wien vor über 100.000 Besuchern alternative Theorien und Fundobjekte mit umstrittener Deutung, um Rätsel der Archäologie zu zeigen (Habeck 2001; Dona/Habeck 2004). Im Sauerland eröffnete 2010 ein Pyramidenpark, der neben diversen ,Science & MysteryThemen‘ auch archäologische Aspekte berührt. 22 Insbesondere die Sachbücher der Alternativarchäologie sind außerordentlich erfolgreich. Im deutschen Buchhandel erscheinen jährlich über 90.000 Neuveröffentlichungen 23, darunter ca. 250 archäologische Titel; wobei letztere Zahl seit 1980 relativ konstant geblieben ist. Im Gegensatz dazu gibt es einen immensen Esoterik-Markt, in dessen Rahmen auch archäologische Themen behandelt werden (Schmidt 2002: 265). Neben den oben genannten Büchern von Dänikens werden manche Verschwörungstheorien über 100.000 Mal verkauft. So beispielsweise Werke von von Illig. Er vertritt die Thesen, dass im Mittelalter ein Zeitraum von 300 Jahren erfunden ist und dass die Pyramiden 2000 Jahre jünger datiert werden müssen (Wiegelmann 2009).

21 Der Park firmiert mittlerweile unter Jungfrau Park, in dem Erich von Dänikens ‚Mysteries of the World‘ integriert sind. 22 www.galileo-park.de (17.01.2011). 23 www.boersenblatt.net/329018 (23.06.2010).

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Diese Größenordnungen verdeutlichen einerseits das breite Interesse der Öffentlichkeit an dissidenten Themen, andererseits auch die Vielfalt der Wissensgesellschaft, deren Charakter sich nicht allein durch Veröffentlichungen von Wissenschaftlern speist. „Die oft harsche Kritik der Fachleute tut der Publikumswirksamkeit solcher Sachbücher kaum Abbruch. Aber sie ist Indiz für die hierzulande – anders als im angelsächsischen Raum – noch vielfach tiefe Kluft zwischen Wissenschaft und Publikum.“ (Maier 1981: 36)

Auch das Internet bietet eine beliebte Medienform, in der der Bedarf nach Diskussionen zu neuartigen Deutungen gestillt werden kann (Seewald 2010: 203). Nicht nur Alternativautoren 24 oder Boulevardmagazine im Print und Fernsehen setzen auf das Zugpferd ,Mystik und Archäologie‘, auch seriöse Herausgeber schließen sich diesem Topos an. So ziert der Steinkreis von Stonehenge das Cover von Der Brockhaus – Mythologie (Erstausgabe 2009) und das GeoSpecial Magische Orte (2008/2009) trägt den Untertitel Osterinsel, Atlantis, Stonehenge: Neues über Rätsel mit uralter Anziehungskraft. Fakt ist, dass die Kombination von Themen der Vergangenheit mit Mystik bei populärwissenschaftlichen Magazinen eine höhere Nachfrage erreicht als ausschließlich seriöse Themen (Fischer 2003). Trotz des großen Interesses der Bevölkerung an alternativen Theorien über Archäologie scheint dieser Bereich bisher – abgesehen von abwertenden Kommentaren – seitens der Wissenschaft konsequent gemieden worden zu sein. Wolfram/Sommer regen an, „sich verstärkt auch mit ‚außerarchäologischen‘ Autoren zu beschäftigen. Wir sind der Meinung, dass hier wichtige Anstöße zu finden sind, sich mit den gesellschaftlichen, aber auch emotionalen Auswirkungen und Wurzeln des Faches auseinander zu setzen, ein Aspekt, der seltsamerweise aus der innerachäologischen Diskussion fast völlig ausgeklammert bleibt. Dabei sind wir uns durchaus bewusst, daß die Namen bestimmter Autoren fast als Reizwort erscheinen, was eine inhaltliche Auseinandersetzung, oft schon eine Lektüre, von vorneherein verhindert. Aber ist es nicht an der Zeit, diese Einstellung zu überwinden?“ (Wolfram/ Sommer 1993: 1)

Auch Härke fordert bezüglich der problematischen Interpretationen durch NichtFachleute, dass das Überdenken grundlegender archäologischer Fragen nicht nur diesen überlassen werden sollte (Härke 1993: 9). Aussagen, die für die scientific 24 Ein Foto von Stonehenge dekoriert zum Beispiel das Cover von Das große Buch der Esoterik: Geheimgesellschaften – Satanismus – Heilkunde – Magie – Wahrsagen (Langbein 2000) und von Das Unerklärliche – Mysterien, Mythen, Menschheitsrätsel (Habeck 1997). Weitere Angaben unter Heinz (2003).

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community außerhalb des commen sense liegen, erlangen im deutschsprachigen Fachdiskurs wenig bis keine Beachtung. Obmann/Wirtz (1994) und Jüdt (2009) gehören zu denjenigen, die sich mit der Angelegenheit beschäftigen; Leskovar/ Kowarik (2003) haben darüber hinaus diesem Thema eine österreichische Ausstellung gewidmet.25 Im anglophonen Bereich wird die Thematik öfter aufgegriffen (Fagan 2006; Epstein 1987; Cole 1980; Harrold 1995; Russell 2002; Fagan 1987; Holtorf 2005c; Feder 2006; Fritze 2009). Viele Autoren der Alternativliteratur vertreten Meinungen, die den üblichen Theorien der Wissenschaft deutlich entgegenstehen. Deutlich wird das bereits in Buchtiteln wie • Jäger verlorenen Wissens: auf den Spuren einer verbotenen Archäologie (von Däniken 2003) • Brisante Archäologie – Geschichte ohne Dogma (von Däniken 2008) • Lexikon der verbotenen Archäologie (Bürgin 2009) • Verbotene Archäologie – sensationelle Funde verändern die Welt (Cremo/ Thompson 1994) • Verbotene Geschichte: Die großen Geheimnisse der Menschheit und was die Wissenschaft uns verschwiegen hat (Fischinger 2010). Speziell für den Alten Orient existiert beispielsweise: • Die Sumerer gab es nicht: Von den Phantom-Imperien der Lehrbücher zur wirklichen Epochenabfolge in der ,Zivilisationswiege‘ Südmesopotamien (Heinsohn 2007) • Der zwölfte Planet (Sitchin 1989). Viele Leser scheinen mit der Seite der ,Andersdenkenden‘ zu sympathisieren – und haben dabei vielleicht den Werdegang von Schliemann im Hinterkopf, der trotz gegenteiliger Meinung der Gelehrten beharrlich an seiner Theorie festhielt und Erfolge aufweisen konnte. Nowotny (2004: 171) hebt die paradoxe Situation in unserer Gesellschaft hervor, dass immer mehr von der Wissenschaft erwartet wird, zugleich aber das Vertrauen in dieselbe abgenommen hat. Der Verlust des Expertenstatus, bedingt durch einen Glaubwürdigkeitsrückgang durch Laien (ebd.: 181), wird in vielen Publikationen der Alternativarchäologie bewusst forciert; teilweise wird die Wissenschaft in diesen Veröffentlichungen abschätzig eingestuft. Fakten 25 Allgemein ist auch Wörther (2006) zu nennen. In Bezug auf den Keltenbegriff wurden im Rahmen einer Tagung im Jahr 2010 unter anderem populäre und esoterische Verwendungen des Namens untersucht. Informationen unter www.schlossmuseum.at/eisenzeiten (26.06.2010).

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und Fiktionen, Wirklichkeit und Traum vermischen sich in dieser Art von Beschäftigung mit kulturhistorischen Themenkomplexen. Üblicherweise ordnen Diskurse angehäuftes Wissen. Diskurse arbeiten dabei auch mit Verboten und Schranken, um Aussagen in bestimmte Bahnen zu lenken (Landwehr 2008: 74). An den gezeigten Beispielen wird deutlich, dass sie keinesfalls vollständig kontrollierbar sind, da in unserem Gesellschaftssystem grenzenlos Wissen und ‚Wahrheit‘ produziert werden können (ebd.). Welche Gründe in der Begeisterung vieler Menschen für esoterische Ideen liegen und inwiefern diese Meinungen durch die Rezipierenden übernommen werden, ist bislang nur in Ansätzen erforscht. Ein Grund des immensen Erfolges der nicht fachlich ausgebildeten Autoren scheint zu sein, dass sie die großen Fragen und Themen behandeln, die durch Fachveröffentlichungen nicht abgedeckt werden. Insbesondere ab den 1980er Jahren stillten die interessierten Massen, deren Bedürfnisse nach Antworten auf die großen Fragen unbefriedigt blieben, ihren Wissenshunger verstärkt in der Alternativarchäologie. Die Schuld daran wird sowohl der professionellen Archäologie, die keine ausreichende Öffentlichkeitsarbeit anbot, als auch den Medien zugewiesen, die Archäologie nur in geringem Maße offerierten (Kulik 2007: 121; vgl. Pryor 1996; Holtorf 2007: 88ff, 110). Ein weiterer Grund ist, dass die Bücher von Autoren wie von Däniken mitreißend und verständlich geschrieben sind, 26 während die mittlerweile durchaus existierenden populären Veröffentlichungen von Akademikern in einer weit weniger interessanten Sprache verfasst sind. Ferner spielt für den Erfolg die mangelnde Kompetenz bzw. Ausbildung zu kritischem Denken eine Rolle: „In popular culture many people cannot distinguish good evidence from bad, or logical and empirical argumentation from seemingly impressive but ultimately empty rhetoric. Sadly, formal education has slighted the development of critical thinking.“ (Fritze 2009: 219) Fagan zufolge hängt die Rezeption von ,skurrilen Ideen‘ nicht unbedingt vom Bildungsniveau ab (Fagan 1987: 3). Ebensowenig ist das Verfassen solcher Theorien von einem bestimmten Milieu abhängig; es gibt beispielsweise Autoren, die einen Professorentitel in anderen Fachgebieten aufweisen (so oben genannter Heinsohn (2007); vgl. Fritze 2009; v.a. 220ff). Fiske liefert in seinen allgemeinen Ausführungen zu populärer Kultur einen generellen Erklärungsansatz, der auch die Begeisterung für alternative archäologische Theorien erklären könnte: „Popular texts must offer popular meanings and pleasures – popular meanings are constructed out of the relevances between the text and everyday life, popular pleasures derive from the production of these meanings by the people, from the POWER to produce them. There is little 26 Ferner dürfte der Erfolg seiner Bücher über extraterrestrischen Einfluss auch darin begründet sein, dass Interessierte am Ufo-Diskurs seine Theorien als Belege sehen, so dass primär kein archäologisches Interesse vorliegt.

102 | WA (H )RE A RCHÄOLOGIE pleasure in accepting ready-made meanings, however pertinent. The pleasure derives both from the power and process of making meanings out of their resources and from the sense that these meanings are OURS at opposed to THEIRS. Popular pleasures must be those of the oppressed, they must contain elements of the oppositional, the evasive, the scandalous, the offensive, the vulgar, the resistant.“ (Fiske 1998: 126; Hervorhebung im Original)

Ein weiterer Grund kann sein, dass trotz aller Wissenschafts- und Technikprägung in Deutschland die Hälfte der Bevölkerung an Astrologie etc. glaubt (von Randow 1992; 11; Müller 1992: 70). Es scheint, dass je rationalistischer die Gesellschaft wird – wie in der gegenwärtigen Wissensgesellschaft zu beobachten – desto eher werden nicht-rationale Aspekte auf die Vergangenheit projiziert (Merriman 2004: 9). „Esoterik ist immer zivilisationskritisch und sehr oft mit individuellen oder kollektiven Heilserwartungen verbunden. Sie ist eine dezidierte Abkehr von einer aufgeklärten, rationalistischen intellektuellen und konfliktfreudigen Denkweise, die objektiviert, differenziert und diversifiziert und damit die Dinge oft auch verkompliziert. Esoterik ist Innenschau, subjektiv, antiintellektuell, Glaubens- oder Gefühlssache, ganzheitlich, harmonisch und vereinfachend. Anstelle des scharfsinnigen Diskurses tritt das schlichte Empfinden, verunsichernde Skepsis wird durch das tröstliche Erfahren von Wahrheiten ersetzt. Esoterik scheut überprüfbares (und damit gegebenenfalls auch widerlegbares) Wissen. Deshalb eignen sich urgeschichtliche Kulturen als Projektionsfläche esoterischer Wunschvorstellungen in besonderem Maße.“ (Huth 2005: 12)

Huth sieht den Erfolg in einer Flucht aus der (komplizierten) Moderne begründet, bei der in der Vergangenheit eine heile Welt gesucht – und erschaffen – wird (Huth 2005; vgl. Holtorf 1993: 59). Benz/Meise beobachten Folgendes: Je weniger feste Werte in der Welt existieren, desto mehr gilt Archäologie als Sinnstifter und viele Leute suchen Gewissheiten bei mystifizierten Germanen, Kelten, in Altägypten und Atlantis. Archäologen sollten die Grenze zwischen Wissenschaft und Sinnstiftung deutlich machen und suchende Personen an die Religion oder Philosophie verweisen. Andernfalls informieren sich die Interessierten bei Ufo-Gläubigen oder rassistisch gesinnten Alternativarchäologen, die ihre Ideen pseudowissenschaftlich ,verpacken‘ (Benz/Meise 2006: 19-22; vgl. Ickerodt 2009; vgl. Heinz 2003).27 Wenn der Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit intensiviert würde, könne Letzteres verhindert werden, so Emrich. Die Autorin sieht Wissenschaftsjournalisten in der Pflicht, Aufklärung zwischen Technik und Wissenschaft einerseits und dem Orientierungsbedürfnis der Menschen andererseits zu leisten, um ein 27 Inwieweit die Leser der pseudowissenschaftlichen Autoren den wissenschaftlichen Denkund Argumentationsweisen folgen wollen, bleibt offen (vgl. Müller 1992: 70).

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geistiges Vakuum in der Gesellschaft zu vermeiden, das von Pseudowissenschaften und Esoterikern ausgefüllt wird (Emrich in Gerwin/Dürr 1992b: 72). Den alternativen Bereich seitens der Wissenschaft auszusparen, bedeutet einerseits, die enormen Wirkungen zu ignorieren (Holtorf 2007: 88ff). Andererseits stellt dies auch eine unwissenschaftliche Vorgehensweise dar. Denn Aufgabe der von öffentlichen Geldern finanzierten Institutionen sollte auch die Beschäftigung mit öffentlichen Interessensfeldern sein; wissenschaftliche Diskurse scheinen aber häufig hermetisch abgeschlossen. Die Forschung hat sich bisher aufgrund der mangelnden Diskussion mit der Öffentlichkeit neuen inhaltlichen Impulsen verschlossen. „Die archäologische Forschung hat es bisher teilweise massiv verabsäumt, ihr Wissen um die Vergangenheit in einer für alle zugänglichen Art und Weise zu präsentieren, und sich mit Themen zu befassen, die scheinbar großes Interesse hervorrufen“ konstatieren Leskovar/Kowarik (2003: 66). Letzteres hat dazu geführt, dass die Pseudowissenschaften einen großen Stellenwert erlangt haben. 28 Um auf die Anliegen dieser interessierten Teilöffentlichkeit einzugehen, sollte ein Verständnis des Gegenübers vorliegen. Eine solche Forderung setzt wiederum eine Offenheit der Archäologen voraus, diese verstehen zu wollen und seine Sprache zu sprechen (Felder et al. 2003: 164, vgl. auch Leskovar/Kowarik 2003: 66). Diese Offenheit ist ggf. leichter zu erreichen, wenn sich Wissenschaftler bewusst werden, dass die Archäologie häufig erst durch die reichweitenstarken Alternativarchäologen ein breites Publikum bekommen hat, von dem wiederum die Facharchäologen leben. Verdienst und Bärendienst sind demzufolge eng verknüpft, bemerkt Maier (1981: 36). Schmidt sieht ebenfalls Handlungsbedarf: „To sum up, interest in archaeology on the part of the German public can be considered quite significant, while interest on the part of archaeologists in the German public, on the other hand, has tended to be minimal. If the public’s interest is restricted to treasure, mystic rites, magic and esoteric matters, this may also be a measure of the concern archaeologists have shown in addressing the general public. The many events staged by museums, historical societies, evening colleagues etc. in the end only reach a particular audience, and have very little effect on the public at large.“ (Schmidt 2002: 271)

Trotz vieler offener Fragen scheint eine Beschäftigung mit der Thematik dringend erforderlich (vgl. Huth 2005: 13), denn eine Tatsache kann nicht mehr geleugnet werden: „Wirkungsmächtige Geschichtsbilder werden heute mehr denn je außerhalb der Universitäten produziert und prägen die Geschichtskultur.“ (Hardtwig/Schug 2009: 12) Durch Ignoranz der oben genannten Tatsachen verspielt die 28 In diesen alternativen Veröffentlichungen interessiert es häufig mehr, wie es gewesen sein könnte, statt wie es aufgrund der Sachlage am wahrscheinlichsten gewesen ist. Für Laien ist dieser Unterschied aber kaum zu ziehen.

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Wissenschaft die Chance auf Einflussnahme, denn ohne Wissen über diesen Bereich kann nicht agiert werden.

5.4. K OMMERZIELLE V ERWERTUNGEN „It might not be science, but it sells tickets.“ (Felder 2003)

Archäologie ist mehr als nur die Vermittlung von Wissen über die Vergangenheit. Archäologie gilt als lukrativer Markt, der in den Bereichen Unterhaltung, Kunst, Werbung, Wissensvermittlung und insbesondere im Tourismus 29 Milliardenumsätze generiert. Aus diesem Grund ist staatlich finanzierte Archäologie nicht mehr nur als Kostenfaktor, wie von manchen beklagt, sondern vielmehr als positiver Werbeträger für verschiedene Branchen anzusehen (Schmidt 2002: 263). Härke (1993: 6) hebt hervor, dass die populären Produkte der Vergangenheitsvermittlung nicht vorrangig zur Wissensvermittlung, sondern aus Konsumgründen geschaffen werden.30 Das wird spätestens dann klar, wenn Vergangenheitsaspekte beispielsweise als Designvorlage für diverse Waren verwendet und Alltagsprodukte mit Archäologie beworben werden (Schnitzler et al. 2006; Jensen/Wieczorek 2002; Heinz 2003). Produkte dieser Art wirken mit ihrem „Archaeo-Appeal“ (Holtorf 1993: 57) auf die Menschen, weil die Mischung aus Sensationsmache, Abenteuergeist, Vergänglichkeitsaura und Ursprünglichkeit, Spektakularität, Sakralmythos und Authentizität anziehend ist, meint Holtorf (ebd.).

29 Archäologie-Tourismus wurde in den letzten Jahren salonfähig. Darunter sind beispielsweise durch Reisebüros organisierte Ausflüge zu Freilichtmuseen oder mehrtägige Kulturreisen zu verstehen. Auch viele Touristen ohne spezifisch historisches Interesse besuchen seit jeher Monumente der Vergangenheit, indem sie auf ihren Reisen bewusst alte Städte beziehungsweise Altstädte ansteuern (vgl. Lübbe 2004: 29). 30 Selbstkritisch bemerkt Härke, bezüglich des Ausnutzens von wissenschaftlichen Erkenntnissen, in ungewöhnlicher Ehrlichkeit: „Vom ‚Machen‘ zum Ausnützen der Vergangenheit ist es nur ein kleiner Schritt. Es bedarf überhaupt keiner Polemik, festzustellen, daß auch wir Facharchäologen die Vergangenheit ausnützen, nämlich um uns einen Broterwerb zu sichern und eine interessante Beschäftigung von der Gesellschaft bezahlen zu lassen.“ (Härke 1993: 7) Ähnlich Beran: „In erster Linie wird nicht die Archäologie ausgenutzt (von Nazis, Kommunisten oder bürgerlich-demokratischen Nationalisten), sondern die Wissenschaft nutzt, oft relativ erfolgreich, die aktuelle Politik zur Förderung ihrer eigenen Ziele. Gegenteilige Behauptungen sind m.E. frommer Wunsch oder Selbstbetrug.“ (Beran 1993: 77)

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Wie anhand der populären Wissensformate (s. Kap. 4.2.1) deutlich wird, gilt Wissen – bereits ohne explizite Nutzung von Versatzstücken aus der Archäologie zu Unterhaltungs-, Werbe- oder Verkaufszwecken bestimmter Produkte – als Ware. 31 Die anvisierte Publikumsorientierung von Wissensformaten der Medien erfolgt mit dem Ziel, eine möglichst hohe Verkaufszahl der Produkte zu erreichen. Dabei wirken vielfältige Umstände und unterschiedliche Interessen auf das archäologisches Popularisierungsprodukt – und damit auf das Geschichtsbild – ein: Faktoren wie Öffentlichkeitsarbeit, Wissensvermittlung, Unterhaltung, Dokumentation, Einschaltquoten, Sendetermine sowie Etats sind relevant, wie Stern hinsichtlich von TV-Dokumentationen herausstellt (Stern 1994: 9). Die Qualitätsfrage wird dabei nicht allein vom Zeit- und Kostenbudget oder vom Selbstanspruch des jeweiligen Mediums geprägt. Oft liegt es am Autor selbst, welche Inhalte vermittelt werden. Auch angesehene Printmagazine wie Der Spiegel, die in der eigenen Redaktion sogenannte Dokumentare zur Verifikation der geschriebenen Fakten beschäftigen, oder TV-Dokumentationen der öffentlichrechtlichen Sender bürgen nicht automatisch für Qualität (vgl. Ickerodt 2009: 11).32 Die Spiegel-Qualität beispielsweise ist zumeist erschreckend, besser recherchiert sind GEO, National Geographic und auch History, urteilt Schmidt (2002; vgl. Ickerodt 2009: 11).33 Schmidt ist auch der Ansicht, dass viele Medien nur das Klischee vom grabenden Archäologen verstärken, während von Bildung oder dem Liefern von korrekten Fakten oft keine Spur zu finden ist, so dass er die ernüchternde Aussage trifft: „Most journalists have no idea at all about archaeology.“ (Schmidt 2002: 270) Aufgrund der Aufmerksamkeitsökonomie erlangen die in Kap. 4.2.3.2 genannten Kriterien des Wissenschaftsjournalismus häufig mehr Bedeutung als der Wunsch nach korrekten Angaben in allen Belangen. Inhaltliche Umformungen sind dabei durchaus feststellbar und können in manchen Fällen ähnlich auftreten, wie in Abbildung 4 skizziert ist. Aus ,wahrer Geschichte‘ wird eine ,Ware Geschichte‘, so bezeichnet Terberger (2007: 125) den grundsätzlichen Trend zur Vermarktung archäologischen Wissens (vgl. Felder 2003b; Holtorf 2007; Spitzing 2010). Zwischen einem positiven Nebeneffekt und bewusster kommerzieller Ausnutzung verläuft allerdings eine fließende Grenze. In verschiedenen Bereichen sind bereits extreme Vermarktungsten31 Die weltweit prominentesten Vermarktungssobjekte der Archäologie sind Indiana Jones und Lara Croft. 32 Einleitend zur Prüfung der Informationen siehe www.netzwerkrecherche.de/files/nrkonferenz-fact-checking-referenten-2010.pdf (19.01.2011). 33 Beispielsweise wurde aufgrund der Titelgeschichte des Spiegels mit dem Covertext Die Suche nach dem Garten Eden. Archäologen auf den Spuren des biblischen Paradieses (Schulz 2006) ein offener Brief von Archäologen initiiert, da im Artikel sehr viele Falschangaben enthalten sind.

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denzen festzustellen; Spindler kritisiert ein teilweise übertrieben aggressives Marketing von archäologischen Objekten oder Fundstellen (Spindler 2002; vgl. Samida 2010a; zur Ausstellungsvermarktung s.a. Kap. 6.4). Abbildung 4: Verzerrungen zwischen Aussagen der Fachwissenschaftler und journalistischer Aufbereitung

Quelle: Buchegger; aus Eberhardt 2005.

Abgesehen von den wenigen genannten Ansätzen und Holtorfs Forschungen (v.a. Holtorf 2005a und 2007) bleibt die Vermarktung bisher nur unzureichend im Blickfeld der Wissenschaften. Mohr fordert daher berechtigt, die Kommerzialisierung der Vergangenheit detaillierter zu untersuchen (Mohr 2007: 30).34 Auch Watrall konstatiert: „One of the most obvious problems is that archaeologists are ignorant of the dynamic of the commercial interactive industry.“ (Watrall 2002: 39) Er bezieht sich vorrangig auf Computerspiele, die enorme Zahlen sowohl bezüglich der Rezipierenden als auch des kommerziellen Erfolges erreichen. Watrall fordert unter anderem deswegen ein Zugehen auf diese Thematik, da durch den Spielebereich Bevölkerungsschichten erreicht werden, die sich sonst nicht für Archäologie interessieren. Kommerzielle Aspekte treten jedoch nicht nur in Bezug auf privatwirtschaftliche Medien oder Produkthersteller auf, auch staatliche Wissensinstitutionen sind davon nicht ausgenommen, wie der Vorderasiatische Archäologe Bernbeck be-

34 Mohr sieht darin auch eine Möglichkeit, die Kluft zwischen Elite- und Populärkultur herauszuarbeiten.

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merkt: „Ich finde es erstaunlich, wieweit die gesamte Forschung an der Universität, an der ich derzeit tätig bin, seit meiner Studienzeit in eine Ware verwandelt wurde.“ (Bernbeck 2010: 60)

5.5. D ER A LTE O RIENT

IM

D ISKURS

Während das deutsche Universitätssystem eine Unterteilung der Archäologie in verschiedene Regional- und Zeitgebiete und somit unterschiedliche Archäologien vorsieht, vollzieht die Bevölkerung keine solche Trennung des Faches. Die meisten der in dieser Arbeit behandelten Fallbeispiele beziehen sich auf das Forschungsgebiet der Vorderasiatischen Archäologie, so dass an dieser Stelle eine Erläuterung dazu erfolgt. Zwar sind Themen des Alten Ägyptens gegenwärtig medial wesentlich präsenter als Forschungsgegenstände der Vorderasiatischen Altertumskunde, jedoch ist der Alte Orient seit langem konstanter Bestandteil sowohl des öffentlichen als auch wissenschaftlichen Diskurses. Angefangen mit den vorchristlichen Texten aus Griechenland, tauchen in Europa immer wieder mannigfaltige Reflexionen zum Orient auf. 35 Altorientalische Lebenswelten wurden sowohl mit Tyrannei und Despotie auf der einen als auch mit märchenhaftem Luxus und Lebensfreude auf der anderen Seite dargestellt. Einflussreiche Bilder aus westlicher Geschichtsschreibung, Literatur, Kunst sowie Spielfilmen prägen unser Bild des Orients bis heute. Tonangebende Printmedien nutzen wiederholt Themen des Alten und des Modernen Orients als Aufmacher. So lautete beispielsweise die Spiegel-Ausgabe vom 03.06.2006 Die Suche nach dem Garten Eden. Archäologen auf der Suche nach dem biblischen Paradies und am 02.02.2008 Dubai. Das Übermorgenland. Goldrausch am Golf. Spiegel Geschichte 2/2010 handelt von Persien und das Magazin G/Geschichte titelte im Dezember 2008 Faszination Morgenland: Europa und der Orient – Traum und Albtraum. Das Magazin epoc brachte im Februar 2010 Mythos Babylon als Titelthema heraus. National Geographic Deutschland hat eine Auflage von monatlich mehr als 200.000 Stück – die weltweite Auflage von National Geographic beträgt nicht weniger als 26 Millionen Exemplare36 – und GEO verkauft über 400.000 Hefte. Beide Magazine behandeln immer wieder Themen der Vorder-

35 Die ungeheure Vielfalt der Konnotationen zeigt sich beispielsweise im Internet anhand der Treffer zum Suchbegriff ‚ex oriente lux‘. Zu diesem Ausdruck sind die Konnotationen vorrangig positiv geprägt, der Orient wird jedoch häufig auch negativ gesehen. 36 Die weltweite Verkaufszahl hat Maraszek in ihrem Vortrag Die Himmelsscheibe von Nebra. Typologie verschiedener Ausstellungskonzeptionen am Mannheimer Archäologiekongress (13.-17.05.2008) genannt.

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asiatischen Archäologie. 37 Neuere populärwissenschaftliche Bücher wie Türkei – Wiege der Zivilisation (Zick 2008) werden aufgelegt und Schrotts Buch über die Verortung von Homer schlug medial überaus hohe Wellen (Schrott 2008). Jedoch haben nicht nur Printprodukte den Alten Orient zum Thema. Persepolis – Blick in ein Weltreich (Balonier 2006) zählt zu den ersten in High Definition (HD) produzierten Dokumentarfilmen. Das Vorderasiatische Museum in Berlin befindet sich in Deutschlands meistbesuchtem Museum und archäologische Sonderausstellungen ziehen in wenigen Monaten oft hunderttausende Besucher an (s. Kap. 6.5). Alleine in den Jahren 2007 bis 2010 wurden folgende Ausstellungen gezeigt: • Afghanistan. Gerettete Schätze. Die Sammlung des Nationalmuseums in Kabul (11.06.-03.10.2010 in der Bundeskunsthalle in Bonn) • AltSüdArabische Altertümer (Jemen) (23.11.2009-10.01.2010 im Vorderasiatischen Museum in Berlin) • Könige am Tigris – Medien assyrischer Herrschaft (18.04.-31.08.2008 in der archäologischen Sammlung der Universität Zürich) 38 • Ex oriente lux – Wege zur neuzeitlichen Wissenschaft (25.10.2009-24.01.2010 im Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg) • Babylon – Mythos und Wahrheit (25.06.-05.10.2008 im Vorderasiatischen Museum in Berlin) • Die ältesten Monumente der Menschheit – Vor 12.000 Jahren in Anatolien (20.01.-17.06.2007 im Badischen Landesmuseum Karlsruhe) • Streifzüge durch Persien – 5500 Jahre Geschichte in Ton (01.06.-31.08.2008 in den Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum) • Schätze des Alten Syrien – Die Entdeckung des Königreichs Qatna (17.10.200914.03.2010 im Landesmuseum Württemberg Stuttgart ) • Gilgamesch – Archäologie einer unsterblichen Gestalt im Alten Orient (25.10.2007-24.02.2008 im Kestner-Museum Hannover) • Das persische Weltreich – Pracht und Prunk der Großkönige (09.07.-29.10.2006 im Historischen Museum der Pfalz in Speyer) Auch Das grosse Spiel – Archäologie und Politik (vom 12.02.-13.06.2010 im Ruhr Museum Essen) und Alexander der Grosse und die Öffnung der Welt – Asiens Kulturen im Wandel (vom 03.10.2009-21.02.2010 in den Reiss-Engelhorn-Museen 37 Dass der Orient ebenfalls in Journalen ohne historischen oder politischen Schwerpunkt vorkommt, wird beim mobil-Magazin der Deutschen Bahn deutlich: Hier finden sich häufiger Artikel mit Orientbezug; beispielsweise in den Ausgaben 02/2008, 09/2008, 01/2009 und 03/2010. 38 Eine ähnliche Ausstellung Könige am Tigris – assyrische Palastreliefs in Dresden fand vom 20.03.-29.09.2004 in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden statt.

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Mannheim) befassten sich mit dem Alten Orient. Einige größere Sonderausstellungen der vorherigen Jahre seien an dieser Stelle ergänzend genannt: Die Hethiter – Das Volk der 1000 Götter (vom 18.01.-28.04.2002 in der Bundeskunsthalle Bonn), 7000 Jahre persische Kunst – Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran (vom 10.08.2001-26.05.2002 in der Bundeskunsthalle Bonn) sowie 10.000 Jahre Kunst und Kultur aus Jordanien (vom 29.04.-21.08.2005 in der Bundeskunsthalle Bonn). Ein starkes öffentliches Interesse an dieser vielschichtigen Thematik ist offensichtlich – und vor der Kulisse der aktuellen Weltpolitik auch nicht überraschend. Überraschend ist dagegen, dass im wissenschaftlichen Diskurs der letzten Jahre das Interesse am Orientbild mitsamt seinem Einfluss auf wissenschaftliche Forschungsund Vermittlungsarbeit nicht im gleichen Maße gestiegen ist. Den Orientalismus machte bereits in den 1970ern Edward Said zum vieldiskutierten Thema (Said 1978). Kontroverse Diskussionen wurden auch durch Samuel Huntingtons provokante These vom „Clash of Civilizations“ ausgelöst (Huntington 1996), was zur Erörterung zahlreicher Einzelthemen führte wie dem Vergleich von Religionen oder Identität in christlicher und islamischer Welt (Schirrmacher 2006; Kanacher 2003). Partiell wurde auch die Rezeption mesopotamischer Funde und ihre Wirkung auf das europäische Orientbild bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts untersucht (Bohrer 2003; Mangold 2004; Polaschegg 2005; Dalley 1998; Sievernich 1989; Fagan 1979). Die Bedeutung von Bildern und Stereotypen über den Alten Orient blieb bei der Diskussion über aktuelle und zukünftige Einflüsse weitgehend ausgespart. Neben den in Kapitel 2 angeführten Forschungslücken fehlt eine Analyse der Rezeption historischer Lebensbilder des Alten Orients in den verschiedenen populären Wissenskulturen der letzten Jahrzehnte.39 Ein weiteres Desiderat besteht in der unzureichenden Beschäftigung damit, wie Forschungsergebnisse der Vorderasiatischen Altertumskunde einem größeren Laienpublikum zugänglich gemacht werden können (Marzahn 2010b). Neben den oben genannten Beispielen populärer Aufbereitung von Themen des Alten Orients gibt es Printveröffentlichungen, die explizit für einen zielgerichteten Leserkreis bestimmt sind. Einige Beispiele in deutscher Sprache sind die Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie mit einer Druckauflage von 500 Exemplaren, 40 die Zeitschrift Alter Orient aktuell mit einer Auflage von 1000 Stück. Antike Welt erscheint mit ca. 12.000 Stück41 und Archäologie in Deutschland mit knapp 11.000 Exemplaren.42 39 Die Umfrage von Bohne/Heinrich (2000) mit vorgegeben Antworten kann in Bezug auf die Frage nach Interesse am Alten Orient nicht weiterhelfen, da Ägypten und der Orient in der Studie zusammengefasst wurden. 40 www.degruyter.de/files/down/mediadaten/zarate.pdf (24.01.2011). 41 www.zabern.de/media/2/ANTIKE%20WELT%20Mediadaten%202011.pdf (24.01.2011). 42 www.aid-magazin.de/uploads/media/AiD_Mediadaten_2011.pdf (24.01.2011).

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Fachbücher werden häufig nur in einer Auflage von wenigen hundert Exemplaren aufgelegt. Anhand dieser Zahlen wird deutlich, dass auch – oder gerade – im Bezug auf die Vorderasiatische Altertumskunde ein erheblicher Reichweitenunterschied in der Zirkulation von Wissen, welches durch Fachwissenschaftler konstruiert wird, und dem von Wissenschaftsjournalisten produzierten Wissen vorliegt. Trotz dieser erheblichen Diskrepanzen in der Verbreitung ist eine Beschäftigung mit medialen Darstellungen innerhalb des Faches mit dem genannten Thema bisher unzureichend. Dies zeigt sich exemplarisch daran, dass beim International Congress on the Archaeology of the Ancient Near East (ICAANE) 200743 in 350 Vorträgen kaum das Thema der Popularisierung angesprochen wurde. 44 Einzig über mesopotamische Architektureinflüsse in der westlichen Welt seit 190045 bzw. über Museumspräsentationen46 fanden Vorträge statt, die Rolle der Medien hingegen blieb ausgespart.

43 Ein inhaltlich ähnliches Bild liefert das Programm des Kongresses 2010. 44 Auch andere Themen wie Theoriedebatten, Zeitepochen wie das Paläolithikum und Natufien oder die Situation der Fächer an den Universitäten blieben weitgehend bzw. gänzlich ausgespart. 45 Siehe hierzu die Vorträge von Paley, Pedde und Micale (www.6icaane.it/Papers.pdf, 24.06.2010). 46 Vortrag Salje (www.6icaane.it/Papers.pdf, 24.06.2010).

6. Ausstellungen „Museen und Ausstellungen sind – neben Buchpublikationen und Fernsehsendungen – das zentrale Bindeglied zwischen den Wissenschaftlern und ihrem für sie letztlich zahlenden Publikum.“ (MÜLLER-SCHEEßEL 1999A: 125)

Museen sind von Wissenschaftlern betriebene Forschungs- und Vermittlungsanstalten, die als Medium zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit fungieren und wissenschaftlich erzielte Erkenntnisse für eine breite Zielgruppe popularisieren. Korff stellt heraus, dass die bereits seit Jahrhunderten existierenden Museen – zusammen mit Ausstellungshäusern – zu den gegenwärtig erfolgreichsten und dynamischsten Medien der Wissensgesellschaft gehören und als Gewinner der Kulturszene gelten (Korff 2008; vgl. Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 266). Diese Tatsache ist umso bemerkenswerter, als dass neu aufkommende Medien wie beispielsweise das Internet und die vielfältigen mobilen Geräte wie Smartphones oder E-Book-Reader für einen großen Teil der Gesellschaft faszinierend wirken und eine nicht unerhebliche Zeit mit ihnen verbracht wird. Anhand der Museumsgründungen und steigenden Besucherzahlen ist ersichtlich, dass Museen nach elektronischen Medien die am stärksten expandierende Mediengattung im nordatlantischen Kulturraum sind (Korff 2008: 19). In Deutschland existierten im Jahr 1969 673 Museen, 1988 bestanden 2400, 1998 waren bereits 5376 Museen registriert und 2008 sind nicht weniger als 6190 Museen zu zählen, hinzu kommen 488 Ausstellungshäuser (Flashar 2001: 26; Institut für Museumsforschung 2009). Obwohl 65% der Bundesbürger nie in ein Museum gehen (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 119),1 ist ein gesteigertes Interesse für eine solche Einrichtung festzustellen: Während sich 1992 lediglich 20% der Bevölkerung für einen Museumsbesuch interessierten, waren es

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15,8% gehen einmal und 13,6% mehrmals im Jahr in ein Museum oder in eine Kunstausstellung (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 247).

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acht Jahre später bereits 38% (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 266). Große Ausstellungshäuser machen in Deutschland 3,8% aller Museen aus, sie verzeichnen aber 36,6% der Besucher (Magdowski 2008: 212). Museen und Ausstellungen werden in Deutschland jährlich weit über 111 Millionen Mal besucht (Institut für Museumsforschung 2009).2 Eine solche Größenordnung galt vor wenigen Jahrzehnten noch als utopisch, denn für Westdeutschland wurden 1971 erst 16 Millionen Besucher gezählt (Sturm 1991: 17).3 Die hohe Zahl überrascht umso mehr, als dass für außerhäusliche Aktivitäten wie einen Museumsbesuch eine erhebliche Hemmschwelle besteht, da hierfür mehr Eigeninitiative, Zeit, Geld und Nerven notwendig sind als für häusliche Freizeitaktivitäten wie Fernsehen, Lesen etc., die darüber hinaus spontan erfolgen können (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 119). Obwohl das Einzugsgebiet eines Museums regional beschränkt ist, erreichen museale Darstellungen in vielen Fällen mehr Rezipierende als beispielsweise wissenschaftliche Buchpublikationen. Es lässt sich demzufolge festhalten, dass Ausstellungen Orte sind, an denen wirkmächtig Geschichte gezeigt und auch konstruiert wird. Eine Wahrnehmung als Veröffentlichungsmedium erfolgt allerdings in Fachkreisen nur marginal, denn diese Art der Erzeugung und Vermittlung von Wissen wird nur äußert selten rezensiert oder gar zitiert.

6.1. R EFLEXIONEN ZUM A USSTELLUNGSWESEN „Die Institution Museum hat sich in den letzten 30 bis 40 Jahren vollständig verändert.“ (DRÖGE/HOFFMANN 2010: 13)

Standen traditionell die Bereiche Sammeln, Forschen und Bewahren im Zentrum der Museumsarbeit, liegt heute der Fokus eher auf publikumswirksamem Präsentieren (Bröckers 2007: 13; Dröge/Hoffmann 2010: 13; John 2008: 16). Die Ausstellungsflächen steigen im Vergleich zum Depot an; eigene Räume für erlebnisorientierte Angebote wie Museumsshops oder Restaurants nehmen ebenfalls zu (Korff 2007: XIII). Auch inhaltlich hat sich die Museumslandschaft den Trends der Frei-

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Zum Vergleich: 32 Millionen Besucher gehen jährlich ins Theater oder zu ähnlichen Bühnenveranstaltungen, knapp 18 Millionen Mal werden die Stadien der ersten und zweiten Fußballbundesliga besucht (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 260; http://bundes liga.de/de/statistik/saison/index.php;?competition=mbl&submodul_id=2&sub_1_modul_i d=3; http://bundesliga.de/de/statistik/saison/index.php;?competition=mbl2&submodul_id =2&sub_1_modul_id=3, 03.07.2010).

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Zehn Jahre später waren es bereits beachtliche 54 Millionen (Sturm 1991: 17).

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zeitwirtschaft angenähert, was daran liegt, dass Museen verstärkt mit Freizeitangeboten konkurrieren (Aydin 2010: 63). In den Anfangszeiten der Museen waren Erlebnisse ein Charakteristikum dieser Einrichtung – noch bevor die Vermittlung von Wissen wichtig wurde (Bröckers 2007). Nachdem sich in der Folgezeit Museen zu primären Bildungsinstitutionen mit reiner Wissensvermittlung entwickelt haben, ist seit einigen Jahren wieder eine verstärkte Erlebnisorientierung im Museumswesen festzustellen. Museen werden heute nicht mehr als Stätten des Lernens und der Vermittlung von Informationen verstanden, sondern als Orte, an denen Geschichten erzählt und Erlebnisse geboten werden. Unterhaltung in Form der Erzählung oder der Erfahrung steht im Vordergrund, während die Informationsaufnahme unterschwellig abläuft (Buschmann 2010: 151; Scholze 2004: 18). Ausstellungen werden vermehrt als ganzheitliche Erlebnisräume gestaltet, in denen sich Elemente von Schatzkammer, Theater, Film, Lehrbuch und Spielewelt vermischen (Graf 2003: 80). Erlebnisse und Events stehen mittlerweile bei allen Museen in verschiedener Ausprägung im Programm (Korff 2007: XVIII) und werden vor allem deswegen initiiert, um höhere Besucherzahlen zu erreichen. 4 Events fungierten allerdings bereits vor einigen Jahrzehnten – damals noch unter dem Begriff Veranstaltung – als Zugpferd für Besucherströme.5 Museen haben grundsätzlich auf das Erinnerungsvermögen einen großen Einfluss, weil die materialisierende Darstellung von Dingen sehr einprägsam ist (Müller-Scheeßel 1999a: 125). Originalobjekte in Museen bieten – im Gegensatz etwa zu Filmen – Informationen aus erster Hand und weisen somit einen unübertrefflichen Authentizitätsvorsprung auf (Auffermann 2000: 205). Außerdem ist ein Gang ins Museum immer ein unterhaltsames Erlebnis, weil der Besucher den Raum mit allen Sinnen erfährt (Hügel 2007: 354).6 Visuell-sinnliche Erlebnisse sind folglich Bestandteil jeder Ausstellung. Sie können Eindrücke hinterlassen, die wesentlich prägender sind als jegliche schriftliche oder virtuelle Information zu geben im Stande ist. Dadurch kann ein guter Lerneffekt erzielt werden (Ladenhinth 2007; Dawid/Schlesinger 2002a: 10). Trotzdem besteht zwischen einer Musealie außerhalb ihres ursprünglichen Kontextes und dem Besucher eine Distanz. Diese kann durch Interpretation überwunden werden. Zur Objektinterpretation gehört nicht nur 4

Die Erlebnisthematik wurde 1998 auf der Jahrestagung des deutschen Museumsbundes erörtert, dabei wurden die verschiedenen Interessen und Spannungsfelder deutlich (Kugler 1998).

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So waren Veranstaltungen in den 1970er Jahren im Bonner Landesmuseum für 60% der Besucher ausschlaggebend für den Museumsbesuch (Hilgers 2001: 19).

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In Kassel wurde 2011 sogar eine Ausstellung präsentiert, bei der das Anfassen von Repliken und auch Originalen ausdrücklich erlaubt war. Die Sonderausstellung Das Alte Ägypten (be)greifen wurde insbesondere für Sehbehinderte konzipiert, stand jedoch allen Besuchern offen (Zimmer 2011).

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die sachliche, sondern auch die emotional-ästhetische Ebene. Dadurch wird ein Objekt mit der Lebenswelt des Besuchers in Beziehung gesetzt (Zorn 2003: 38ff).7 Dies geschieht teilweise mittels Erfahrungen, die dadurch verstärkt werden, dass Besucher vermehrt in die Ausstellungen involviert werden, um ihnen ein sinnliches Erleben zu ermöglichen (Korte/Paletschek 2009b: 41). Das Nürnberger Nationalmuseum beispielsweise verdeutlicht die bewusste Ausrichtung auf Sinneserfahrungen in seinem Slogan „Alle Zeiten, alle Sinne“. 8 Um dies zu ermöglichen, werden immer öfter Inszenierungen arrangiert.9 Durch Inszenierungen werden häufig ganze Räume umgestaltet und dem Besucher wird ein Eintauchen in die damalige Welt suggeriert. Der Besucher erfährt die Ausstellung mit allen Sinnen und legt sie als „produktiver Rezipient“ (Klein 2008: 110) für sich selbst aus. Diese Form, so Klein, hat das Museum vom Ruf des Akademisch-Trockenen befreit und ist besonders beim Präsentieren von vergangenen Kulturen beliebt. Klein zufolge dienen solche Inszenierungen in erster Linie nicht der Information, sondern sind eher erläuternd und ermöglichen Erlebnisse (Klein 2008: 99ff). Der Fokus auf Erlebnisse, Emotionen und Inszenierungen kann dazu führen, dass manche Ausstellungen inhaltlich ähnlich wie kommerzielle Themenparks gestaltetet werden, in denen Unterschiede reduziert oder romantisiert sind und kulturelle Unterschiede, Vielfalt sowie Minderheiten kaum oder gar nicht vorkommen (vgl. Schlehe et al. 2010). Insbesondere die inszenatorischen Formen beeinflussen die Vorstellung über das jeweilige Thema prägend, sie „verändern entscheidend unsere (historische) Wirklichkeitswahrnehmung“ (Franzke 1988: 74). Jedoch bilden die Inszenierungen nur einen Aspekt von vielen, sehr heterogenen Erzähl- und Wahrnehmungsprozessen, die im Museum ablaufen (Buschmann 2010: 168). Trotz der vielen Inszenierungen werden die meisten Kontextinformationen über die gelesenen Texte aufgenommen, 10 wobei deren Gestaltungsform eine entscheidende Rolle ausübt (Scholze 2004: 134). Der Leser kann durch das Layout stimuliert oder entmutigt werden, 7

Eine Gefahr bei zu wenig Interpretation besteht darin, dass Besucher nicht viel mit den Objekten anfangen können (lediglich die Experten) und das Interesse verlieren. Bei zu viel Interpretation durch Inszenierung sind Laien-Besucher oft fasziniert, die Wahrheit ist aber häufig verfälscht. Besser ist die ästhetisch-informative Version, die beide Gruppen anspricht (Zorn 2003: 38ff).

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www.gnm.de (12.01.2011).

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Der Begriff ,Inszenierung‘ wird seit den 1980ern inflationär benutzt, ist aber unscharf definiert, denn jegliche Ausstellung von Objekten stellt eine Inszenierung dar (Klein 2008: 107; Franzke 1988).

10 Eine Umfrage im Berliner Pergamonmuseum ergab, dass 77% der Besucher Texttafeln lesen (Schuck-Wersig/Wersig 2005: 75). Die Tafeln sind somit die meistgenutzte Informationsquelle, was aber gleichzeitig bedeutet, dass mehr als ein Fünftel keine Tafeln liest.

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denn die Kommunikation von Ausstellungstexten erfolgt sowohl inhaltlich, als auch rhetorisch und ästhetisch. Das Zusammenspiel dieser Faktoren entscheidet über die Verständlichkeit, Lesbarkeit und auch über die Interpretations- und Rezeptionsweise und Sinnerzeugung (ebd.; Sarasin 2003: 38). Scholze weist darauf hin, dass Texte und Bilder bzw. Objekte in einem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen. Die Aura des Objektes, so die in der Forschungsliteratur häufig verwendete Bezeichnung in Anlehnung auf Benjamins Ausführungen von 1935 (Benjamin/Schöttker 2007), wird von schriftlichen Ausführungen bekämpft. Dem magische Charakter von Gegenständen oder Bildern wird dadurch ein „kalkulatorischer“ (Scholze 2004: 131) Charakter entgegengesetzt (vgl. Mattl 1994: 18). Unabhängig von Art und Umfang der textlichen Informationen leben Ausstellungen in der Regel von der Aura des Authentischen, von dem gewissen Extra, welches von einem Original ausgeht. Neben den Ausstellungsobjekten, dem Ausstellungsthema und der Darstellungsweise ist darüber hinaus der Ort, an dem eine Ausstellung gezeigt wird, für deren Wirkung von – häufig unterschätzter – Bedeutung (vgl. Gisler 2004: 42). Laut Hügel ist der Ausstellungsraum nicht nur notwendiges Übel, sondern konstituierend für die Ausstellung. „Man kann fast sagen, er ist die Ausstellung“ (Hügel 2007: 351). Die Museumsarchitektur bildet ein Element eines ganzen Komplexes, zu dem unter anderem noch die Objekterfahrungen, Textinformationen, Einbauten, Bilder, Grafiken, AV-Medien und andere Präsentationsmittel gehören (Scholze 2004: 271). Die Museumserfahrung der Besucher konstituiert sich somit als ein vielfältiges Zusammenspiel von kommunikativ wirkenden Medien. Für Gisler (2004) sind Ausstellungen ein Ort, an dem Inhalte sichtbar werden, die die Ausstellungsmacher für wichtig halten. Gleichzeitig lassen sich an der Gestaltung Hinweise erkennen auf die Einordnung der Personen, die als potentielle Besucher gelten. Anhand der selbstgewählten Darstellungsform lässt sich nicht nur der konzeptionelle Fokus, sondern gegebenenfalls auch ein Trend auf der Darstellungs- und Bedeutungsebene feststellen. Ausstellungen stehen somit immer im Bezug zur Gegenwart; in der Objektauswahl, Präsentation und Deskription spiegeln sich aktuelle Positionen und Denkmuster wider (Gisler 2004; vgl. Scholze 2004: 37; Bröckers 2007: 13).

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6.2. B ESUCHERFORSCHUNG Während kaum Forschungen über die große Zahl der Nichtbesucher durchgeführt werden,11 liegen verschiedene Studien über Besucher von Museen vor. Es zeigt sich, dass die Besuchsgründe ebenso vielfältig sind wie die Verhaltensweisen im Museum und dass daher kein Kategorisierung eines typischen Museumsbesuchers vorgenommen werden kann (Kaiser 2006: 56f; Treinen 1988: 27; Waidacher/ Raffler 2005: 123). Gewisse Aussagen lassen sich jedoch für die Mehrheit der Museumsgäste generalisieren und werden im Folgenden angeführt. Plakate sind für eine Vielzahl von Besuchern ein entscheidender Auslöser, um eine Ausstellung zu besuchen (Hoffrichter 1995). Das unterstreicht die Bedeutung der visuellen Kommunikation (vgl. Kap. 4.4).12 Mindestens drei von vier Museumsbesuchern kommen mit Freunden, so dass dem sozialen Aspekt eine immense Bedeutung zukommt (Waidacher/Raffler 2005: 126). Der erlebnisverwöhnte Mensch (vgl. Kap. 4.3) erwartet, im Museum Informationen spannend aufbereitet zu bekommen. Der Großteil der Besucher hat weniger Fach-, Lern- oder Bildungsinteresse, sondern wird von Neugier oder dem Wunsch nach Ablenkung getrieben. Es ist eher die Lust, irgendetwas Interaktives zu unternehmen, als ein spezifisches Interesse am wissenschaftlichen Ergebnis oder Prozess. Museen dienen also – abgesehen vom Schulbesuch – vorrangig zur Unterhaltung in der Freizeit (Treinen 1988; Waidacher/Raffler 2005: 13f, 126; Kaiser 2006: 54; Zorn 2003: 52f).13 „Zerstreuung und Unterhaltung sind sicherlich gerade in Zeiten des ‚Edutainment‘ treibende Kräfte. Es mag auch noch Individuen geben, die ins Museum gehen, um ihr Wissen zu vermehren“, so Müller-Scheeßel (1999a: 122). Es herrscht also eine große Differenz zwischen dem Bildungsziel, welches die Museumsverantwortlichen und viele Kulturpolitiker anstreben, und dem tatsächlichem Museumserlebnis der Besucher (Treinen 1988). Es gibt jedoch auch Studien, die diesem Bild widersprechen: Als konkrete Gründe für einen Museumsbesuch

11 Eine der wenigen Forschungsarbeiten stammt von Terlutter (2000). 12 Neben dieser altbekannten Form der Öffentlichkeitsarbeit werden heute insbesondere von finanzkräftigen Museen crossmediale Marketingkonzepte durchgeführt, zu denen neben Zeitungsannoncen, Flyern und Berichten in Tourismusbroschüren auch Formate wie Internetwerbung oder Bannerwerbung vor dem Ausstellungshaus zählen. Hinzu kommen von Journalisten verfasste Beiträge, die in Zeitungen und in regionalen oder überregionalen Fernsehsendungen über die Ausstellung berichten und somit als Informationslieferant dienen. 13 Treinen sieht beim Museumsbesucher ähnliche Motive wie beim Fernsehen oder Stadtbummel: ein aktives Dösen führe zu „kulturellem window-shopping“ (Treinen 1988: 32ff).

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werden darin primär die Wissenbestätigung bzw. -erweiterung und erst sekundär der Wunsch nach einem kulturellen Erlebnis genannt (Müller 2002;14 Auffermann 2000). So ergab für das archäologische Museum Mettman eine 1997 durchgeführte Befragung von 1000 Besuchern folgende Hauptbesuchsgründe: 67,1% wollen eine Wissenserweiterung und 36,3% erwarten von ihrem Museumsbesuch ein Kulturerlebnis (Auffermann 2000: 209).15 Prinzipiell sollten die Motive und Erwartungen der Besucher in Beziehung gesetzt werden zu den Museumsobjekten, um einen gelungenen Besuch zu ermöglichen, betont Zorn (2003: 51). Schuck-Wersig/Wersig zufolge suchen Menschen im Alltag nach Selbstbestätigung. Diese tritt dann ein, wenn sie selbst etwas (erfolgreich) getan oder erlebt haben. Daher handeln viele Menschen aktiv, was sich etwa darin äußern kann, dass sie Gegenstände im Geschäft, bei Freunden oder auf touristischen Reisen anfassen wollen. Diese aktive Rolle wird aber in traditionellen Museen durch die verordnete Passivität nicht ermöglicht, was ein wesentlicher Nachteil von Museen ist (Schuck-Wersig/Wersig 1986: 33f; vgl. Zorn 2003: 65f). Gerade diese oft bemängelte Eigenschaft wird durch die zunehmend interaktiven Erlebniselemente nunmehr behoben. Im Bezug auf Lernen ergab eine repräsentative Befragung, dass Besucher auch Jahre nach ihrem Ausstellungsbesuch noch Erinnerungen vorweisen können. Insbesondere konkrete Objekte werden erinnert.16 Hinsichtlich des Lerneffektes zeigt sich im Vergleich zu anderen Medien der Geschichtsvermittlung wie Film, Buch oder Schulunterricht ein Vorteil der musealen Darstellungsform (Schäfer 2004: 114). Jedoch gibt es auch hier unterschiedliche Forschermeinungen. Manche vertreten den eher ernüchternden Standpunkt, dass der effektive Wissenszuwachs bei Ausstellungen sehr gering ist, lediglich bekanntes Wissen verfestigt und ein implizites Lernen erzielt wird (Treinen 1988; Kaiser 2006: 63). Das Bedürfnis, Ausstellungsinformationen zu Hause mithilfe des Ausstellungskataloges zu vertiefen, scheint nicht besonders ausgeprägt. Der Anteil an Besuchern, die einen Ausstellungskatalog erwerben, ist in manchen Häusern auf 4% zurückgegangen.17 14 Die Werte stammen aus einer Studie von 1996. Auch Neugier oder Schaulust bilden einen wichtigen Motivationsgrund, um einer Ausstellung einen Besuch abzustatten. 15 Berücksichtigt werden muss hierbei noch der Faktor, dass ggf. erwartete Antworten (Idealvorstellungen) gegeben werden („Ich möchte mein Wissen erweitern“), während die tatsächlichen Gründe nicht oder erst nachrangig genannt werden. Zorn (2003) nennt als Besuchsgründe Neugier, Bildung, Schönes sehen, Unterhaltung, Wandel erkennen, Weltbild bestätigen/suchen sowie den gesellschaftlichen Zwang. 16 Die Umfrage zum Haus der Geschichte in Bonn wurde mit 1.200 Personen durchgeführt (Schäfer 2004). 17 Bezüglich der Babylon-Sonderausstellung beträgt der Besucheranteil, der einen Katalog erworben hat, weniger als 4%. Früher lag der Prozentsatz im Durchschnitt höher (Persönliche Mitteilung 2009 von Joachim Marzahn, Vorderasiatisches Museum Berlin).

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6.3. K ULTURHISTORISCHE A USSTELLUNGEN Museen sind ein wirkmächtiges Medium für die öffentliche Vergangenheitskonstruktion (Merriman 2004c). In den USA hat eine Umfrage ergeben, dass beachtliche 88% der Bevölkerung bereits ein Museum mit archäologischen Inhalten aufgesucht haben (Ramos/Duganne 2000: 12).18 Im Jahr 2008 wurden die 423 in Deutschland existierenden historisch-archäologischen Museen deutlich über 16 Millionen Mal besucht, hinzu kommen 40 Millionen Gäste von Volkskunde-, Heimatkunde-, Schloss- und Burgmuseen sowie kulturgeschichtlichen Spezialmuseen, die ebenfalls historisch-archäologische Inhalte zeigen (Institut für Museumsforschung 2009). Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs meistbesuchte Museen – das Pergamonmuseum beziehungsweise das British Museum und der Louvre – beinhalten explizit Archäologie und Geschichte. Sowohl Erwachsene, als auch jede Schülergeneration, die im Klassenverband Museen besichtigt, werden in Bezug auf Vergangenheitswissen von Museen geprägt (Sénécheau 2003). Trotz dieser Bedeutung wird bisher in Deutschland in der universitären Ausbildung für Altertumskunde kaum der Aspekt der Vermittlungsarbeit angeboten, so dass für museale Aufgaben keine Fachkompetenzen erworben werden können (Flashar 2001). Kulturhistorische Museen genießen im Regelfall eine große Glaubwürdigkeit. Dies liegt darin begründet, dass sie als nichtkommerzielle Institutionen mit hoher Reputation sowie zumeist langer Tradition bekannt sind. Ferner werden mit einer Museumseinrichtung oft berühmte Gründerväter oder Mäzene verknüpft und für Sonderausstellungen fungieren hochrangige Politiker und namhafte Wissenschaftler als Repräsentanten, die für Qualität bürgen. Neben den deutschen Ausstellungsorten sind die vielen archäologischen Stätten und Museen nicht zu vernachlässigen, die auf Reisen im Ausland massenhaft besucht werden. Auch archäologisch üblicherweise nicht besonders interessierte Personen besuchen im Rahmen ihres kulturellen Reiseprogramms häufig historische Stätten. Insbesondere die kulturhistorischen Ausstellungen sind mit ihren Eventangeboten der Erlebnisgesellschaft angepasst (Korff 2008: 21), so dass einige Forscher mittlerweile nicht mehr eine mangelnde Publikumsorientierung beklagen, sondern ein Zuviel an Sensationen und „museotainment“ (Samida 2006: 183) und ein Zuwenig an Bildung (ebd.: 184). Informationsangebote in archäologischen Museen sind aber vonnöten, da gegenwärtig viele Besucher – im Gegensatz zum Bildungspublikum der früheren Jahre – kaum mehr Vorwissen aufweisen (Aydin 2010: 64). Shanks/Tilley zufolge sind Entdeckungen für Menschen faszinierend, weil sie die Brücke zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit sind. Weil Ausstellungen

18 Die Studie stammt aus dem Jahr 2000; es wurden landesweit 1016 Personen befragt (Zimmerman 2003: 10)

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dieses Erlebnis bieten, sind sie sehr beliebt (Shanks/Tilley 1987: 71). Die konkrete Verknüpfung mit der gegenwärtigen Lebenswelt, ein zentraler Bestandteil des Wissenschaftsjournalismus (s. Kap. 4.2.3.2), nimmt bei Ausstellungen einen steigenden Stellenwert ein. Symptomatisch dafür steht die Eigenbeschreibung des Helms-Museums Hamburg: „Die hier entdeckten kulturellen Hinterlassenschaften führen den Besucher als Meilensteine durch die Jahrtausende, wobei der stete Bezug zur Gegenwart ein wesentliches Leitmotiv darstellt. Durch die anschauliche Inszenierung der Lebenswelten vergangener Epochen, im Vergleich zum heutigen Zeitgeschehen, sollen sie die eigene Welt und die der Vorfahren besser verstehen lernen.“19

6.4. S ONDERAUSSTELLUNGEN Während Dauerausstellungen häufig 10-15 Jahre unverändert bestehen, werden Sonderausstellungen für eine begrenzte Zeitdauer von zumeist 2-10 Monaten entweder in einem abgesonderten Raum (,Sonderausstellungsfläche‘) oder integriert in die permanente Ausstellung gezeigt (vgl. Zorn 2003: 16). Eine Sonderform stellen diejenigen Ausstellungen dar, welche in Räumen stattfinden, die nicht an ein Museum mit eigener Sammlung angegliedert sind. Das in Deutschland wohl treffendste Beispiel einer solchen Einrichtung, in der aufwändige Sonderausstellungen auch im kulturhistorischen Themenbereich stattfinden, ist die Bundeskunsthalle in Bonn.20 Seit einigen Jahren ist ein genereller Trend zu solchen Ausstellungen zu verzeichnen, welche unabhängig von Sammlungen initiiert und häufig an mehreren Standorten präsentiert werden. Diese Art der Wanderausstellung war in den letzten Jahren weltweit sehr erfolgreich.21 Das wahrscheinlich prominenteste Beispiel ist die Ausstellung Körperwelten, die in den 15 Jahren ihres Bestehens international über 27 Millionen Besucher angezogen hat (Woods 2009). Im Jahr 2008 wurden in Deutschland 9145 Sonderausstellungen von Museen gezeigt, hinzu kommen 1867 Präsentationen durch Ausstellungshäuser und einige unabhängige Ausstellungen

19 www.helmsmuseum.de/index.php/18089 (02.07.2010). Auch die Keltenwelt am Glauberg betont in ihrem Flyer bewusst den Bezug zu heute: „Hören Sie, was uns heute noch mit Kelten verbindet!“ (Keltenwelt am Glauberg 2010). 20 Die Einrichtung, in der verschiedene Ausstellungen gleichzeitig stattfinden können, zieht regelmäßig mehrere Hunderttausend, teils auch mehr als eine Million Besucher jährlich an. 21 Blockbusterfilme wie Titanic oder Star Wars wurden ebenfalls in Ausstellungen erfolgreich umgesetzt (Woods 2009), auch Harry Potter wird in Großausstellungen vermarktet.

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wie Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze. Maischberger spricht aufgrund der hohen Zahl von Sonderausstellungen bereits von einem „ins Maßlose gesteigerten Ausstellungswesen“ (Maischberger 2009: 53). Von allen Sonderausstellungen lassen sich 472 in den Bereich der historisch-archäologischen Sonderausstellungen gruppieren (Institut für Museumsforschung 2009). Welch immense Bedeutung die Sonderausstellungen haben, lässt sich am Verhältnis der Besucherzahl in Museen ablesen, das nicht selten bei einer Quote von 70% Sonderausstellungsbesuchern zu 30% Besuchern der Dauerausstellungen liegt (Siebenmorgen 2008: 272).22 Besucherzuwächse in Museen werden hauptsächlich aufgrund von Sonderausstellungen erzielt, die häufig große Massen anziehen (Institut für Museumsforschung 2007, 2008; Bröckers 2007: 72 Graf 2003: 74; von Welck 2004: 113). Müller weist darauf hin, dass bei Sonderausstellungen großer Häuser nicht selten Besucherzahlen von über 100.000 kalkuliert werden. Dafür wird mit externen Firmen ein Corporate Design entwickelt, um über Werbematerial, wie Flyer und Poster, sowie wissenschaftliche Begleitbände ein geschlossenes Wahrnehmungsbild und einen Wiedererkennungseffekt zu erreichen. In intensiver Werbung mit großen Medienpartnern wird die Ausstellung dabei als einmalig und außergewöhnlich dargestellt. Insbesondere die Medien übernehmen einen immer wichtigeren Part der Öffentlichkeitsarbeit, was zum Ausstellungserfolg führen soll (Müller 2010: 200f). Bezüglich der Präsentationsweise ist zwischen Dauer- und Sonderausstellungen zu differenzieren. Bei Dauerausstellungen befinden sich häufig die meisten Objekte hinter Glas und es werden Entwicklungsreihen von Objektgattungen gezeigt, was die Zuschauer unter Umständen gar nicht interessiert. „Many museums, and particularly archaeology museums, are terribly boring.“ (Schmidt 2002: 258) Auf gegenwärtige Sonderausstellungen dürfte Schmidts Aussage nicht zutreffen, sie werden häufig nach neuesten technischen und didaktischen Möglichkeiten gestaltet – und mit „reißerischen Titeln“ (Samida 2006: 184) beworben. Die Titel beinhalten Reizwörter, „die das medial vermittelte Bild der Disziplin Archäologie als einer abenteuerlichen Schatzsuche aufnehmen (Gold, Schatz, Rätsel, Geheimnis, Luxus) und auf diese Weise hohe Besucherzahlen erzielen“ (Aydin 2010: 64). Gerade die Sonderausstellungen mit Titeln, in denen die Worte ,Schatz‘ oder ,Gold‘ vorkommen, sind beliebt, weil sie das Klischee von Indiana Jones (dem sogenannten ,Indiana Jones Syndrom‘, vgl. Spitzing 2010) bedienen (Schmidt 2002: 259ff). „Sie werben mit dem archäologischen Tafelsilber, leben vom Nimbus der Goldschätze oder vom Mythos sagenumwobener Hochkulturen.“ (Derks 2005: 43) Sonderausstellungen werden bewusst publikumsorientiert konzipiert, dabei haben gerade Inszenierungen zum Erfolg des Typus ‚Sonderausstellung‘ beigetragen, denn noch mehr als bei Dauerausstellungen dominiert bei Sonderausstellung der Wunsch nach 22 Diese Zahl bezieht sich auf das Badische Landesmuseum in Karlsruhe, die Werte klaffen in manch anderen Häusern noch extremer auseinander.

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intensiven visuellen Eindrücken – und weniger nach Informationsbeschaffung. Sonderausstellungen sind erfolgreich, weil damit Bedürfnisse der Eventkultur gestillt werden (Jensen 2002: 11; Bröckers 2007).23 Die großen temporären Ausstellungen, die kostspielige und aufwändige Inszenierungen mit Licht, Farben und kostspieligen Materialen sowie Exponate mit hohem materiellen und künstlerischem Wert bieten, prägen das Bild der Archäologie in der Öffentlichkeit (Aydin 2010: 64). Diese überregionalen Ausstellungen setzen Standards und treiben so die Erwartungshaltung der Besucher für andere Sammlungen in die Höhe (Derks 2005: 40): „Die visuelle Verwöhnskala steigt unaufhaltsam [...]“ (ebd.: 45). Traditionelle Museen und Dauerausstellungen wirken gegenüber Blockbuster-Ausstellungen wie den „Tut shows“ (Kramer 1999: 117) langweilig. Diese Entwicklung ist gerade für die vielen kleinen und mittleren Museen ein Problem, da sie mit ihren naturgemäß älteren Dauerausstellungen und geringen finanziellen Spielräumen nicht in der Lage sind, solche aufwändigen Installationen auf dem neuesten Stand anzubieten. Bezüglich der verstärkten Ästhetisierung und Inszenierung von Objekten gibt es in der Forschungsliteratur ein breites Bewertungsspektrum, was von euphorischer Bejahung dieser Form bis zur deutlichen Ablehnung reicht (siehe Kaiser 2006; John/Dauschek 2008).

6.5. F ALLBEISPIELE In dieser Untersuchung werden Sonderausstellungen in die Analyse einbezogen, die sich explizit mit den Kulturen des Alten Orients befassen. Neben der Sonderausstellung Babylon. Mythos und Wirklichkeit gehört Schätze des Alten Syrien – Die Entdeckung des Königreiches Qatna zum Gegenstand meiner Studie. Außerhalb der geographisch eng gefassten Orientdefinition wird die Ausstellung Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze in die Forschung integriert, weil deren außergewöhnliche Vorgehens- und Präsentationsweise für kulturhistorische Ausstellungen weitreichende Auswirkungen haben dürfte und daher in den Diskurs einfließen sollte. Insbesondere die im Kapitel 4.2 thematisierten Faktoren der veränderten Wissensvermittlung lassen sich durch diese Ausstellungsanalyse treffend aufzeigen. Mit der Auswahl der Ausstellungen werden nicht nur überaus einflussreiche, sondern auch unterschiedlich konzipierte Darstellungsweisen mit Fundpräsentationen verschiedener Provenienz berücksichtigt, um einen aussagekräftigen Einblick in aktuelle

23 Schmidt widerspricht dieser Ansicht deutlich. Er findet, dass selbst moderne, teure Sonderausstellungen nur „mausetote Objekte“ mit nichtssagender Beschriftung und einer „Fliegendreckkarte“ böten und historische Interpretationen oder eine Relevanz für die Lebenswelt der Besucher nicht vorhanden seien (Schmidt 2000: 220).

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Ausstellungskonzeptionen zu erreichen. Untersucht werden vorrangig der Grad der Inszenierung, der Erlebnisaspekt, die inhaltlichen Themen sowie die Gestaltung der Plakate, Flyer und Webseiten. 6.5.1. Babylon – Mythos und Wahrheit Babylon – ein Name, der vielfältige Assoziationen weckt. 24 Unzählige Vorstellungen ranken sich seit vielen Jahrhunderten um den Begriff; seit Ende des 19. Jahrhunderts ergänzen wissenschaftliche Erkenntnisse aufgrund von Ausgrabungen in der antiken Stadt Babylon diese Mythen. „Alles in allem existieren so viele Mythen und Vorstellungen, dass selbst offen auf dem Tisch liegende Fakten manchmal kaum wahrgenommen werden.“ (Marzahn 2010a: 33) Der Umstand, dass der Begriff ,Babylon‘ nicht nur bei geschichtlich Interessierten Verwendung findet, zeigt sich beispielsweise daran, dass bei ebay Deutschland im Juni 2010 unter dem Suchbegriff ,Babylon‘ über 4000 Objekte in ganz unterschiedlichen Kategorien angeboten wurden. 25 Aber auch bei der Gruppe der historisch Interessierten respektive der Medien gilt das Babylon des Altertums selbst ohne grundlegend neue wissenschaftliche Erkenntnisse noch als Topthema. So war Babylon der Zeitschrift epoc26 das Titelthema der Ausgabe 3/2010 wert. Anhand dieser beiden Beispiele wird deutlich, dass das originär altorientalische Thema Babylon nichts an Aktualität eingebüßt hat. Daher verwundert es nicht, dass im Vorderasiatischen Museum in Berlin im Jahr 2008 eine Sonderausstellung mit dem Titel Babylon – Mythos und Wahrheit ausgerichtet wurde. 27 Das Vorderasiatische Museum bildet einen Teilbereich des Pergamonmuseums, welches mit jährlich circa einer Million Besuchern Deutschlands meistbesuchtes Museum ist (Kircher 2010: 34). Das monumentale Museumsgebäude befindet sich auf der Berliner Museumsinsel, die als UNESCOWeltkulturerbe eingestuft ist. Untersuchungen zum Dauerbetrieb des Pergamonmu-

24 Hieke (2010: 29) nennt zu Babylon allein aus theologischer Sicht zehn Assoziationen. Das biblisch bekannte Babylon als Stadt, als Kultur sowie als Sinnbild für heidnische Religionen gilt für viele als ein Archetyp für den Alten Orient – wenngleich die meisten Menschen nur sehr vage Kenntnisse in Bezug auf eine geographische, chronologische und kulturelle Zuordnung besitzen. 25 Es wurde eine willkürliche Stichprobe am 09.06.2010 durchgeführt. 26 Epoc ist ein monatlich erscheinendes Magazin über Archäologie und Geschichte. Es ist Nachfolger des Magazins Abenteuer Archäologie. Selten fungieren Wissenschaftsjournalisten als Autoren, zumeist schreiben promovierte Fachexperten, in der genannten Ausgabe Cancik-Kirschbaum (2010), Marzahn (2010) und Hieke (2010). 27 Auch im Pariser Louvre und Londoner British Museum wurde diese Ausstellung, allerdings in abgewandelter Form, gezeigt.

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seums zeigen, dass zwei Drittel der Gäste Erstbesucher des Museums sind. Nur 16% stammen aus Berlin oder dem Umland, was das Museum als überaus touristischen Anziehungspunkt ausweist. Der soziale Aspekt eines Museumsbesuches wird daran deutlich, dass lediglich ein Fünftel der Museumsbesucher allein anreist (Schuck-Wersig/Wersig 2005: 70ff).28 Sonderausstellungen finden im Vorderasiatischen Museum, welches keine extra ausgewiesene Sonderausstellungsfläche aufweist, nur selten statt. Die Sonderausstellung Babylon – Mythos und Wahrheit wurde mit außergewöhnlich großem organisatorischem und finanziellem Aufwand arrangiert. Die Finanzierung erfolgte sowohl durch staatliche Mittel als auch durch die Unterstützung von privaten Geldgebern. Sie wurde von den Staatlichen Museen zu Berlin, dem Musée du Louvre und der Réunion des musées nationaux in Paris sowie vom British Museum in London veranstaltet. Kuratiert wurde sie durch das Vorderasiatische Museum und die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin mit Unterstützung der Staatsbibliothek zu Berlin. Diese temporäre Ausstellung über das altorientalische Babylon hebt sich von traditionellen Ausstellungen dadurch ab, dass sie zweigeteilt ist. Die im Eintritt 12,Euro (ermäßigt 6,- Euro) teure Ausstellung beinhaltet neben dem klassischarchäologischen Ausstellungsteil Wahrheit einen umfassenden Bereich Mythos. 29 Letzterer setzt sich ausschließlich mit der Rezeptionsebene auseinander, wobei vor allem die Sichtweise verschiedener Künstler der vergangenen Jahrhunderte präsentiert wird. Durch die beiden Ausstellungsteile wird das ,wahre‘ Babylon der Archäologie dem mental geschaffenen ,mythischen‘ Babylon direkt und offensiv gegenübergestellt. Diese bewusste Konfrontation beginnt bereits in der Ausstellungswerbung. Im kollektiven Gedächtnis vorhandene Assoziationen zu Babylon werden durch die Plakatwerbung explizit negiert. Die in großen Druckbuchstaben sichtbaren Botschaften der vier unterschiedlichen Werbeplakate lauten „Kein Turm!“, „Keine Hure!“, „Kein Gott!“ und „Kein König!“. Diese Wortbotschaften werden bei allen Plakaten durch den Untertitel „Babylon war nicht Babel“ verstärkt und darüber hinaus visuell durch das jeweils passende Hintergrundbild eines Turms, einer Hure, eines Gottes bzw. eines Königs ergänzt. Die Plakate sind mit

28 An dieser Stelle noch einige demographische Angaben: Die Geschlechter- und Altersgruppierungen verteilen sich recht gleichmäßig. Der höchste Bildungsstand ist für 52% der Besucher der Hochschulabschluss, weitere 22% besitzen die Hochschulreife. 56% der Besucher sind berufstätig. Die Angaben beziehen sich auf eine Umfrage unter 440 Besuchern der Dauerausstellung zwischen 2001 und 2004 (Schuck-Wersig/Wersig 2005: 70ff). 29 Bildmaterial und weitere Informationen zur Ausstellung unter www.smb.museum/ smb/babylon/show_text.php (25.04.09).

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pinkem, orangem, grünem oder blauem Farbstich gestaltet, wobei in der unteren Plakathälfte eine goldene Nuance erkennbar ist. Abbildung 5: Werbeplakat

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz.

Die Werbung wirkt auf den Betrachter aufgrund der Text- und Farbwahl provokant irritierend. Sollte Hoffrichters Aussage zutreffen, dass Plakate für den Besuch einer Ausstellung ausschlaggebend sind (Hoffrichter 1995), ist der Mut belohnt worden: Die Ausstellung wurde von großen Menschenmassen besucht, darüber hinaus erreichten die Plakate in Grafikwettbewerben Prämierungen.30 Die Werbekampagne wurde von zwei privaten Agenturen entwickelt, die nicht nur die Plakatwerbung übernahmen, sondern ein einheitliches Corporate Design für alle kommunikativen Maßnahmen verwirklichten. Eine für (kulturhistorische) Ausstellungen innovative Marketingform waren die deutschlandweit gesendeten Kinospots in unkonventio-

30 Die Werbekampagne wurde mehrfach ausgezeichnet: beim Red Dot Communication Design Award 2009, beim 12. Corporate Design Preis 2009 sowie im Wettbewerb 100 beste Plakate 08 (www.smb.museum/smb/babylon/nachricht.php?ti_id=33680&lang=de, 26.07.2010).

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neller Machart.31 Potentiellen Besuchern wird durch die Werbeaussagen bereits im Vorfeld klargemacht, in der Ausstellung das ‚wahre‘ Babylon jenseits der bekannten Vorstellungswelt kennenlernen zu können. Auch der Ausstellungstitel Mythos und Wirklichkeit bringt das Ziel der Ausstellungsmacher prägnant zur Sprache. Ein Hauptanliegen der Initiatoren ist es, den vielschichtigen Mythos zu dekonstruieren, der über der archäologischen ‚Wahrheit‘ liegt. Babylon soll nicht länger als Sündenpfuhl wie in der Bibel oder in apokalyptischen Hollywood-Filmen wie Sin City (USA 2005) gelten und wird daher als eine Hochkultur mit Gelehrten und Weisen dargestellt, die viele Errungenschaften hervorgebracht hat, welche noch heute Staunen beim Betrachter auslösen. Da Babylon ein in der Gesellschaft überaus weit verbreiteter Topos ist, musste im Titel keines der üblichen Reizwörter wie ,Schatz‘ oder ,Gold‘ verwendet werden, um Aufmerksamkeit bei potentiellen Besuchern zu wecken. 32 In Anbetracht der Tatsache, dass bezüglich der babylonischen Kultur noch viele Aspekte unerforscht und unklar sind, ist der ‚Wahrheits‘-Begriff im Titel allerdings mutig gewählt. Ausstellungsteil Wahrheit Dieser Ausstellungsbereich ist in die üblichen Ausstellungsräume der Sammlung des Vorderasiatischen Museums integriert und inhaltlich von Mitarbeitern des Museums konzipiert. Hauptverantwortlich für den fachlichen Bereich zeichneten sich dabei Joachim Marzahn, Kustos des Vorderasiatischen Museums, und Bernd Müller-Neuhof. Beide besitzen einen Doktorgrad in Altorientalischer Philologie bzw. Archäologie. Die Grundidee der Ausstellung ist, erstmalig die babylonischen Funde aus verschiedenen Museen an einem Ort zu präsentieren, wozu 800 Objekte ausgewählt wurden. Neben den Stücken, die sich bereits seit langem in Berliner Besitz befinden, stammen die meisten Leihgaben aus dem Pariser Louvre und dem Londoner British Museum. Es werden überwiegend – von wenigen Ausnahmen abgesehen – Originalobjekte gezeigt. Sowohl die Kooperation mit den sehr bekannten und angesehenen ausländischen Museen als auch das Zeigen von Originalen unterstreicht den eigenen Anspruch, die ‚Wahrheit‘ zu präsentieren. Der Umstand, dass die Ausstellung in einem anerkannten Traditionshaus gezeigt wird, das zugleich Deutschlands meistbesuchtes Museum ist, unterstützt das Anliegen, Glaubwürdigkeit zu schaffen und wirkmächtige Aussagen herzustellen. Inhaltlich ist die Darstellung der babylonischen Lebenswelt nicht nur auf die Stadt Babylon in einer bestimmten Zeitperiode begrenzt, sondern umfasst mehrere 31 Der kreativ-künstlerische Spot für eine eher jüngere Zielgruppe ist unter www.you tube.com/watch?v=57pUTGgYFas (12.01.2011) zu sehen. Ich danke Elisabeth Wagner für diesen Hinweis. 32 Beim Flyer allerdings wurde nicht auf goldene Farbe verzichtet. Ein Teil der Vorderseite ist goldfarben und im Innenteil bildet Gold die Hintergrundfarbe.

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Jahrtausende, wobei je nach Epoche Objekte aus dem gesamten babylonischen Herrschaftsgebiet mit einbezogen werden. Als Darstellungsform wurde keine chronologische Sortierung, wie bei archäologischen Präsentationen häufig üblich, sondern eine themenzentrierte Ausrichtung nach Aspekten wie Königtum, Religion etc. (s.u.) gewählt. Der große Anteil an schrifttragenden Objekten ist eine Besonderheit dieser archäologischen Ausstellung. Während die Altorientalische Philologie in der Wissenspopularisierung üblicherweise ein Schattendasein fristet, werden hier mit über 150 Objekten ungewohnt viele Schriftzeugnisse, vorrangig Keilschrifttafeln aus gebranntem Ton, in den Fokus gerückt. Diese Auswahl erfolgte ungeachtet der Tatsache, dass über 99% der Besucher kein einziges Wort der Keilschriftzeichen entziffern können. Die Ausstellungsmacher versuchen durch die umfangreichen Schriftpräsentationen bewusst hervorzuheben, dass der Wissenschaft erst durch die zahlreichen Keilschriftfunde ein umfassenderer Zugang zur damaligen Kultur möglich ist. Die umfangreiche Darstellung der zeitgenössischen Textberichte unterstützt außerdem die Authentizität des Gezeigten und die Glaubwürdigkeit der schriftlichen Aussagen, die von den Ausstellungsmachern in den Texttafeln zu finden sind. Der Stellenwert der Keilschrift in der Ausstellung ist auch daran sichtbar, dass in jedem Raum an der Wand in großen Lettern das Wort ‚Babylon‘ in akkadischer Keilschrift prangt. Die Art der Ausstellung kann einerseits als klassische Objektpräsentation bezeichnet werden, zugleich aber spielen Inszenierungen eine gewichtige Rolle. Deutschlands größte Museumsinszenierungen im altertumskundlichen Bereich lassen sich im Pergamonmuseum finden. 33 Im Gegensatz zu denjenigen neuartigen Inszenierungsformen, die seit einigen Jahren in vielen Ausstellungen anzutreffen sind, besaßen in diesem Museum Inszenierungen bereits einen hohen Stellenwert, lange bevor ein Diskurs über den Inszenierungstrend in Museen eingesetzt hat. Schon bei der Errichtung des Vorderasiatischen Museums wurden das Ishtar-Tor und die dazugehörige Prozessionsstraße großflächig rekonstruiert. Durch diese monumentalen Bauten mit originalen Ziegelsteinen herrscht eine authentische Atmosphäre, bei der sich der Besucher relativ mühelos in die antike Atmosphäre zurückversetzen kann. Die Inszenierungen mit Originalobjekten, generell in der Museumslandschaft eine rare Vorgehensweise, hat den Vorteil, dass die Objekte im Vordergrund bleiben und nicht durch Inszenierungseffekte in den Hintergrund rücken. In der Berliner Sonderausstellungen haben die Ausstellungsmacher trotzdem noch Mittel eingesetzt, um die Wirkung der Objekte zu intensivieren: Der Raum mit dem Ishtar-Tor beispielsweise ist abgedunkelt und eine spiegelähnliche Fassadengestaltung gegenüber dem Tor verstärkt den Größeneindruck des Bau33 Die Monumentalität der Bauten innerhalb eines Museums dürfte auch weltweit Seinesgleichen suchen.

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werks. Die anderen Räume der Ausstellung sind zumeist hell beleuchtet und haben eine unifarbene Gestaltung, so dass eine sachliche Atmosphäre herrscht – im Gegensatz zu vielen archäologischen Ausstellungen, die stark abgedunkelt sind, um eine geheimnisvolle, mystische Atmosphäre zu erzeugen. In der BabylonAusstellung sind manche Gegenstände durch Spotbeleuchtung hervorgehoben, allerdings nicht in exzessiv-aufdringlicher Weise. Goldobjekte stehen ebenfalls nicht besonders im Fokus, was bei archäologischen Ausstellungen eher selten der Fall ist. Neben den üblichen Vitrinen mit Objekten hinter Glasscheiben können einige Musealien freistehend besichtigt werden, so dass eine Nähe der Besucher zu den Objekten ermöglicht ist. Kontextualisierungen sind bei Objekten selten vorgenommen; dies ist vorrangig bei der Gesamtatmosphäre in manchen Bereichen wie der Prozessionsstraße oder einzelnen Räumen angestrebt und etwa durch großformatige Reliefplatten und eine adäquate Wanddekoration umgesetzt. Großformatige Bilder, die vor vielen Jahrzehnten von Andrae gemalt wurden und in der Dauerund Sonderausstellung in Deckennähe sichtbar sind, zeigen Landschaft und Architektur zur Zeit der Grabungen. Zeittafeln, Gemälde, Fotos und Aufzeichnungen Koldeweys zur Ausgrabungszeit illustrieren ebenfalls die Objektpräsentation, stehen aber deutlich im Hintergrund. Thematisch sind in der Sonderausstellung viele Bereiche angesprochen. Behandelt werden die Felder Königtum, Architektur und Bauwesen,34 Religion inkl. Bestattungswesen, Recht, Arbeitswelt, Alltag, Wissenschaft sowie Transformation und Forschungsgeschichte. Die Rezeption von Babylon ist einerseits im Bereich der Transformation integriert, vor allem aber im separaten Ausstellungsteil ‚Mythos‘ dargelegt. Teils thematisiert sind das politische System, die Geographie, das Klima und die Nahrungsmittelkette. Nicht oder nur ganz am Rande angesprochen wurden die Themen Geschlechterverhältnis, Kinder, Arbeitsweise der Archäologie sowie die Konservierungsmethoden in Deutschland und vor Ort. Die Forschungsgeschichte wird ohne die Themen Fundteilung, Kolonialgeschichte, Sammlungsgeschichte oder rezente Raubgrabungen behandelt. Generell lässt sich sagen, dass aufgrund des breiten Themenspektrums keine enge Zentrierung auf einen Bereich angestrebt ist, sondern die Gesamtkultur in den Vordergrund gerückt ist. Trotz der vielen Objekte stehen nicht nur Materialbeschreibungen, sondern auch die Lebensumstände der Menschen im Fokus. Während viele andere archäologische Ausstellungen wie etwa die beiden anderen untersuchten Ausstellungen Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze und Schätze des Alten Syrien – Die Entdeckung des Königreiches Qatna vorrangig herrscherfixiert sind, wird in dieser Ausstellung eine eher sachliche Situationsbeschreibung des damaligen Lebens der Bevölkerung vorgenommen. Gerade durch die präsentierten Bereiche Alltag, Tagesablauf, Wohnen, Schule und Landwirtschaft ist eine Nähe zu heute hergestellt, so dass Andersartigkeit und 34 Nicht thematisiert sind die Herstellungstechniken der Objekte oder verrottete Materialien.

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Fremdheit vermieden und Vertrautheit geschaffen wird.35 Es wird häufig versucht, den dominierenden negativen Klischeevorstellungen über das altorientalische Babylon ein positives Staunen entgegenzusetzen. Dies geschieht etwa durch die zentrale Positionierung eines rezenten Pfluges – verbunden mit der Erwähnung, dass die babylonische Landwirtschaft effektiver war als die heutige Technik im Vorderen Orient. Eine umfassende Wissensvermittlung ist in der Berliner Ausstellung das Ziel: 36 In den Räumen sind ausführliche Texte angebracht. 37 Dabei gibt es keine materiell oder farblich abgesonderte Tafelbereiche, sondern die Schrift ist direkt auf die künstlich aufgestellten Wände angebracht. Als Sprachform ist vorrangig ein gebildeter Duktus gewählt; häufig sind lange Sätze gebraucht, in denen teils Fachbegriffe verwendet sind. Nicht verwendet wird eine narrative, emotionale oder gar reißerische Art, in der Irritationen, Humor, Zitate oder szenische Einstiege, wie häufig bei Artikeln in populärwissenschaftlichen Reportagen/Features üblich, eingesetzt sind. In dem verwendeten deskriptiven Stil steht die Aufzählung von Fakten im Vordergrund. Forschungslücken, offene Fragen oder verschieden Interpretationsmöglichkeiten kommen kaum zur Sprache; der grundsätzliche Tenor der Vermittlung ist ,Hier sehen Sie die Wahrheit, nichts als die Wahrheit‘. Die Texte stammen von den beiden oben genannten promovierten Altertumskundlern, die eine Ausbildung in diversen archäologischen beziehungsweise philologischen Fächern absolviert haben. Die Katalogbeiträge sind ebenfalls von fachlich ausgebildeten, häufig promovierten, teils auch habilitierten, Wissenschaftlern angefertigt. Alleine im Katalog Wahrheit wurden 38 Artikel von Autoren internationaler Herkunft abgedruckt und ein Umfang von über 600 Seiten erreicht, was die angestrebte Wissensvermittlung unterstreicht. Bilder von Ausstellungsobjekten ergänzen die vorrangig textdominierten Artikel. Umfangreiche Literaturverweise auf wissenschaftliche Quellen runden den Katalog ab. Die Erzeugung von Emotionen wie Spannung ist in diese Ausstellung ebenso wenig bewusst integriert wie Elemente von Abenteuer. Trotzdem können emotionale Reaktionen hervorgerufen werden. Staunen dürfte bei den Erstbesuchern einerseits durch die einzigartige Monumentalität erzeugt werden, andererseits durch das Erläutern von Fakten, die einen hohen Kulturstand zeigen und den Effekt ,Ach, so etwas konnten die damals schon?!‘ evozieren. Der Entdeckergeist wird ein wenig angeregt durch die Präsentation einer Holzkiste aus der Ausgrabungszeit. Sie ent35 Auch das Videoprojekt Babel now hat Bezug zu heute: Es zeigt Aufnahmen aus der gegenwärtigen Situation im Irak. 36 Im Ausstellungswesen generell existieren durchaus Sonderausstellungen, die vorrangig Objektschauen mit einer Fokussierung auf die Ästhetik sind, während eine wirkliche Informationsvermittlung in den Hintergrund rückt. 37 Die jeweiligen Saaltexte umfassten häufig 38 Zeilen Text.

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hält noch Ziegel, welche aus dem Irak nach Berlin verschickt wurden. Eine Personifizierung ist in der Ausstellung nicht exzessiv vorgenommen, auch wenn Robert Koldewey als Chef-Ausgräber mehrfach Erwähnung findet. Unterhaltung spielt im Vergleich zur Informationsvermittlung eine eindeutig untergeordnete Rolle. Die von Besuchern der Dauerausstellung des Pergamonmuseums gewünschte größere Interaktivität (Schuck-Wersig/Wersig 2005: 77) ist in der archäologischen Sonderausstellung nicht umgesetzt. Aus der insgesamt herkömmlichen Darstellungsweise der Ausstellung ragt die Kunstinstallation babylonian case heraus. Dieses Kunstprojekt, welches eine Museumskapsel aus der Zukunft symbolisiert, ist in einem eigenen kleinen Raum sichtbar. Eine solche Installation wirkt in einer sonst klassischen kulturhistorischen Objektpräsentation ungewöhnlich und würde inhaltlich eher in den Rezeptionsbereich passen. Andere Unterhaltungselemente sind räumlich getrennt vom Ausstellungsteil angeboten. In der anderweitig im Museumskomplex untergebrachten, eigens eingerichteten Babel-Lounge ist mit neubabylonischem Dekor, welches an das blaue Tor angelehnt ist, ein besonderes BabylonFlair inszeniert. Dieser Bereich fungiert tagsüber als Café und dient abends als Raum für diverse Veranstaltungen im Rahmen der Ausstellung. Dort wird unter dem Motto Babel Live eine Reihe von Veranstaltungen angeboten, die in einem eigenen Flyer beworben sind. Im Programm finden sich Konzerte, Lesungen, Filme und diverse Kunstprojekte. Häufig sind im Anschluss Gesprächsrunden eingeplant, so dass an dieser Stelle ein Dialog mit Gästen ermöglicht wird. Die Ausstellungsmacher verzichten vollständig auf multimediale Elemente; weder Filme, Computerterminals noch rechnergestützte Rekonstruktionen sind in der Ausstellung eingesetzt.38 Trotzdem kommen die meisten Besucher mit Technik in Berührung, da jeder Interessierte gratis ein Audioguide erhält. Sämtliche Ausstellungstexte und Objektbeschriftungen sind ebenso wie der Flyer zweisprachig in Deutsch und Englisch abgefasst. Im Flyer werden Begriffe wie ,Ereignis‘, ,Event‘ oder Ähnliches nicht genannt, stattdessen sind die inhaltlichen Themen angesprochen. Ferner ist im Flyertext 39 zwischen der altorientalischen und der gegenwärtigen Lebenswelt bewusst Distanz abgebaut und Nähe zu heute hergestellt, was bereits in der Überschrift zu Tage tritt: „Der erste Teil der Ausstellung legt die Wurzeln unserer abendländischen Kultur durch den Blick auf die archäologischen Relikte frei.“ Im weiteren Text erfolgt unter anderem der Hinweis, dass den Europäern vertraute Dinge wie Uhr, Kalender und Schrift auf die Babylonier zurückgehen, so dass ein Aktualitätsbezug erscheint, der für jeden Besucher verständlich ist. Abermals wird im Flyer das Ziel der Ausstellungsmacher, den Mythos zu 38 Lediglich im Ausgangsbereich des Museums zeigt das Videoprojekt Babel now Bewegtbilder. 39 Der Fließtext-Abschnitt umfasst 175 Wörter und nimmt circa eine halbe Seite ,DIN A5 lang‘ ein.

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dekonstruieren, anhand folgender Aussage deutlich: „Hier wird gezeigt, was hinter den Legenden steckt.“ Auf dem Ausstellungsflyer ist neben den üblichen organisatorischen Daten wie den Öffnungszeiten angegeben, dass die Ausstellung unter der Schirmherrschaft des Außenministers Dr. Steinmeier steht. Damit wird sowohl der bedeutende Ministerposten in den Vordergrund gerückt als auch ergänzend dazu der Doktorgrad genannt. Durch diese Nennung wird eine weitere Erhöhung der Glaubwürdigkeit angestrebt, denn auch im Zusammenhang mit Ausstellungen erhöhen bekannte Persönlichkeiten sowie akademische Titel das Vertrauen in den Inhalt und bringen darüber hinaus positive Marketingeffekte mit sich. Der mehrfach aufklappbare Flyer ist zweigeteilt gestaltet. Eine komplette Seitenfront informiert über den Wahrheitsteil, von der anderen Seite ist der Mythos-Bereich sichtbar, so dass der Flyer je nach Ansichtsseite wie ein eigener Flyer des spezifischen Ausstellungsteiles wirkt. Die Farbgebung für den Wahrheitsteil ist im Flyer und der restlichen Kommunikation zumeist babylonisch blau, während im Mythosteil pink dominiert. Der Anteil von Bildern auf dem Flyer beträgt etwa 50%. Die Titelseite des Flyerteils für den Wahrheits-Bereich ist ganzflächig mit einem Hintergrundbild belegt, wobei im Zentrum kein Text angebracht wurde, wodurch das abgebildete Foto eines Löwenkopfes mit aufgesperrtem Maul ins Auge sticht. Dieser aggressive Gestus entstammt einem babylonischen Ziegelmotiv und dient auch als Covermotiv für den Ausstellungsband ,Wahrheit‘. Die anderen Fotos zeigen neben dem berühmten Ishtar-Tor, das einen hohen Wiedererkennungseffekt aufweist, verschiedene Bestandteile der Ausstellung. Ausstellungsteil Mythos Die vorhandenen Mythen über Babylon werden auf einer gesonderten Fläche von über 1500 m2, ähnlich groß wie der Wahrheits-Bereich, dargestellt. Dieser Ausstellungsteil wurde von einem anderen Team organisiert und räumlich getrennt aufgebaut: Mitarbeiter der Berliner Kunstbibliothek haben ihn in den Räumen der islamischen Abteilung des Pergamonmuseums errichtet. Obwohl die Ausstellungsmacher des Wahrheits-Teiles den Mythos dekonstruieren wollen, ist die Besucherführung nicht so angelegt, dass man erst die Mythos-Abteilung besichtigt und dann die Wahrheit gezeigt bekommt, sondern zuerst besucht man den Wahrheitsteil und dann – wenn Zeit und Lust vorhanden sind – kann man den Mythos-Teil besichtigen. Neben der räumlichen Separierung liegt auch im Ausstellungskatalog eine Trennung vor: Für das gegenständlich überlieferte sowie das legendenhafte Babylon liegen zwei getrennte Ausstellungskataloge vor. Im Mythos-Teil der Sonderausstellung sind die ‚anderen Wahrheiten‘ zu sehen, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben. Es geht dabei um die Vorstellungen, die sich Menschen des Abendlandes vom altorientalischen Babylon gemacht haben und noch immer machen. Die Installationen in diesem Themenbereich „erzählen nicht die historische Wahrheit über Babylon, sondern die Wahrheit über

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eine Zivilisation, die den Mythos Babel braucht, um sich selbst zu verstehen“, so der Flyertext. Das Hintergrundmotiv für den Mythos-Teil des Flyers – und das Covermotiv des Mythos-Ausstellungsbandes – ist ein Gemälde über den Einsturz des babylonischen Turmes. Das grundsätzlich negative Image des ‚Molochs Babylon‘ wird in diesem Ausstellungsteil durch verschiedenartige Vorstellungen aufgezeigt, welche durch vielfältige Medien transportiert werden. Dabei wird deutlich, dass es gar nicht den einen Kern des Mythos gibt, sondern viele Elemente in einem großen Netzwerk existieren, aus dem die Vorstellungen stammen. Aus diesem Grund beschränken sich die Darstellungen in diesem Ausstellungsbereich nicht auf eine spezielle Epoche der Rezeption oder auf ein spezifisches Medium. Von Filmen aus Anfang des 20. Jahrhunderts über Gemälde aus verschiedenen Zeiträumen bis hin zu unterschiedlichen Kunstinstallationen der Gegenwart wird ein breites Spektrum der Mythen aufgezeigt. Die Mythos-Abteilung weist viele dunkle Räume auf, was einerseits konservatorischen Notwendigkeiten geschuldet sein dürfte, weil jahrhundertealte Bücher und Gemälde ausgestellt sind. Andererseits sind die Abdunkelungen aufgrund von diversen Videoinstallationen angebracht. Insgesamt wird in diesem Ausstellungsteil Multimedia großgeschrieben; diverse Filmsequenzen auf Leinwänden sind ebenso wie akustische Installationen integriert. Emotionen können nicht nur durch die multimedialen Elemente, sondern auch durch Inszenierungen, die dunkle Atmosphäre, durch Überraschungen sowie aufgrund von Irritationen bei Kunstinstallationen hervorgerufen werden. 40 In diesem Ausstellungsteil stehen insgesamt unterhaltende Elemente eher im Vordergrund als die Vermittlung von Fakten. Dies spiegelt sich auch darin wider, dass der Ausstellungskatalog zum Themenbereich Wahrheit (Marzahn/Schauerte 2008) mit 647 Seiten mehr als doppelt so umfangreich ist wie der Band Mythos mit 280 Seiten (Wullen/Schauerte 2008), was einen Kontrapunkt zum Verhältnis von Mythos und Wahrheit in den Köpfen der meisten Besucher bildet. Mit dem Ausspruch des Kurators Wullen „Wir selbst sind Babylon“ (Wullen 2008: 20) erscheint der Anspruch der Ausstellung, die Wahrheit über den Mythos zu legen, als nicht sehr erfolgsversprechend. Wullen betont außerdem, dass archäologische und historische Befunde gegen die Macht des Mythos keine Chance haben (Wullen 2008: 17). Außerhalb der Ausstellungsräumlichkeiten ist ein eigens eingerichtetes Kassen- und Souvenirhäuschen aufgebaut. In diesem Museumsshop werden Produkte offeriert, die nicht dem klassischen Sortiment des Pergamonmuseums entsprechen. Angelehnt an die Plakatfarben sind beispielsweise verschiedenen Andenken in grellem

40 Als irritierende Grenzüberschreitung dieses Ausstellungsteiles gilt beispielsweise eine Legolandschaft, die das Konzentrationslager Auschwitz darstellt.

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Grün, Pink, Orange und Blau angeboten, darunter ausgefallene Artikel wie Schwimmflügel mit dem Aufdruck „Babylon wird nicht untergehen“. Zur Berliner Ausstellung existiert eine umfangreiche Webseite, auf der zu jedem Themenblock der Ausstellung kurze textliche Informationsblöcke und mehrere Bilder verfügbar sind.41 Abgesehen von diesem recht umfangreichen inhaltlichen Angebot gibt es online noch eine Vielzahl an weiteren Informationen. Beispielsweise können Angaben über die Veranstalter, das Rahmenprogramm oder die Sponsoren ebenso abgerufen werden wie die Pressemeldungen und Medienbeiträge. Die abrufbare Resonanz in Print- und Audiovisuellen Medien ist ein positives Merkmal bezüglich des geforderten Dialoges. Eine Kommentarfunktion oder ein elektronisches Gästebuch ist allerdings nicht in die Seite integriert. Der insgesamt schnörkellose Aufbau ist im gleichen Corporate Design wie die anderen kommunikativen Maßnahmen gehalten, die Sprache entspricht ebenfalls dem Stil der anderen Textmaterialien. Die allgemeine Hintergrundfarbe ist weiß bei orange-brauner Farbgestaltung des Inhalts, beim Wahrheitsbereich wurde dafür die grüne Farbe verwendet, während der Mythosbereich eine pinke Farbwahl aufweist. Die Ausstellung ist ein deutlicher Versuch, das im abendländischen Diskurs seit Jahrhunderten bestehende negative Stereotyp zu widerlegen. 42 Statt einer abwertenden Vorstellung über Babylonien soll das Bild einer positiven, weitentwickelten Hochkultur kreiert werden. Die Initiatoren nehmen also populärkulturelle Vorstellungen zum Anlass, diese Thematik von wissenschaftlicher Seite aus zu betrachten, Widersprüche aufzuzeigen und allgemein verbreitet Vorstellungen zurückzuweisen. Dass den in der Gesellschaft verankerten Vorstellungen sogar ein eigener Ausstellungsteil gewidmet wird, ist eine Besonderheit. Neue Sichtweisen anzusprechen, kann ein Risiko sein, wenn Massen erreicht werden wollen. Allerdings hat das Pergamonmuseum ein hohes Renommee und wird auch ohne Sonderausstellung von großen Besucherströmen besucht. Zudem ist die Ausstellung in die touristenstarken Sommermonaten gelegt, so dass das Risiko eines Flops minimiert ist – auch wenn bei einer staatlichen finanzierten Institution kein so großer finanzieller Erfolgsdruck besteht wie bei privaten Museen. Der Mut der inhaltlichen Irritationen und der ungewöhnlichen Plakat- und Werbegestaltung wurde hinsichtlich der Besucherzahlen belohnt, denn die Ausstellung avancierte zu einem Publikumsmagneten:

41 Das umfangreiche Webangebot ist auch Jahre nach der Ausstellung noch online unter ww.smb.museum/smb/babylon/show_text.php?page_id=20 erreichbar (Stand Februar 2012). 42 Bei der Widerlegung des Negativbildes über Babylon wurde vermengt, dass der biblische Bericht keinen Blick auf die technischen Fähigkeiten liefert, sondern die theologischen Aspekte beleuchtet.

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Mit 560.000 Besuchern 43 gehörte Babylon – Mythos und Wahrheit zu den meistbesuchten Sonderausstellungen der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2008, obwohl die Laufzeit vom 26.06.-05.10.2008 nicht besonders großzügig bemessen war. Ohne Kenntnisse einer inhaltlichen Rückmeldung zu haben, ist das Votum der Besucher mit dieser ‚Abstimmung zu Fuß‘ als gelungen aufzufassen. Die reichweitenstarken Medienpartner wie National Geographic, Die Welt Gruppe oder das rbb Fernsehen haben dabei einen crossmedialen Werbeeffekt beigesteuert, den viele andere Ausstellungen nicht bekommen. Die Sonderausstellung fand in der Presse generell einen großen Widerhall, was die Öffentlichkeitsarbeit wirkungsvoll unterstützt hat: Die Berichterstattungen reichten von Erwähnungen in der Tagesschau, einer 120minütigen Ausstellungsdokumentation im ZDF über diverse Radioreportagen bis hin zu Artikeln in regionalen und überregionalen Tageszeitungen. Oft wurden in einem positiven Grundtenor Informationen zur Ausstellung geliefert, selten gab es eine Wertung, die außerordentlich positiv oder negativ ausfiel.44 Ein kritischer Bericht rührt daher, dass die Teilhabe der Frauen an der Prägung der babylonischen Lebenswelten im historischen Teil in der Ausstellung unterschlagen wird (Framm/Werneburg 2008).45 Speicher (2008) übt Kritik am für seinen Geschmack zu wenig reflektierenden Mythos-Teil.46 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die auf Wissensvermittlung bedachte Ausstellung Babylon – Mythos und Wahrheit auch ohne Aspekte wie Erlebnis, Interaktion und neue Medien sehr gut angenommen wurde. Die umfangreiche Berichterstattung in regionalen und nationalen Massenmedien hat ein darüber hinaus ein vielfach höheres Publikum erreicht als die tatsächlichen Ausstellungsbesucher vor Ort. Ob somit schlussendlich der ,Mythos Babylon‘ tatsächlich dekonstruiert oder vielmehr im kollektiven Gedächtnis gefestigt wurde, bleibt offen. 43 www.smb.museum/smb/babylon/nachricht.php?ti_id=31174&lang=de (27.04.09). Der Tagesdurchschnitt von circa 5.000 Besuchern entspricht einer Zahl, die von 50% aller Museen in Deutschland noch nicht einmal im Jahresdurchschnitt erreicht wird . 44 Hier ein Auszug aus dem Focus online-Artikel Der ewige Mythos (26.06.2008): „Trotz der kümmerlichen Reste am originalen Ort ist der Mythos Babylon lebendig wie kaum ein anderer. Eine monumentale Berliner Ausstellung im Pergamonmuseum versucht nun, Legende und historische Wahrheit zu entwirren. Dazu werden in der als Zweiteiler konzipierten Schau rund 1.000 Exponate – darunter Reliefs, Rollsiegel, Bilder, Münzen und allein 150 Keilschrifturkunden – ausgebreitet“ (www.focus.de/kultur/kunst/babylon-ausstellung-der-ewige-mythos_aid_313780.html, 12.01.2011). 45 Das Thema Frauen kommt nur im Mythos-Teil deutlicher an die Oberfläche, weil ,Frau‘ und ,Sünde‘ eine Verknüpfung darstellt, die in der Vergangenheit häufig verarbeitet wurde. Ansonsten erfolgte in der Ausstellung keine bewusste Genderfokussierung. 46 Abgesehen von dieser Stellungnahme eines Journalisten ist eine Resonanz seitens der Fachvertreter abermals Fehlanzeige.

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6.5.2. Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze „Wir wollen Wissenschaft als Abenteuer zeigen.“ (VERBIZH IN GÜNTHEROTH 2009: 106)47

Wurde das vielfältige materielle Erbe Ägyptens vor allem im 16. und 17. Jahrhundert nach Christus noch „als Ausdruck einer minderwertigen Kultur abgetan“ (Zorn 2003: 93), so hat sich diese Sichtweise inzwischen vollkommen umgekehrt. Seit Napoleons Forschungsreisen ist eine regelrechte Ägyptomanie ausgebrochen und in der Öffentlichkeit gilt Ägypten in Sachen Archäologie zumeist als mit Abstand erste Assoziation (vgl. Seipel 2000). In der Vermarktung von Topoi wie Glanz, Exotik, Pracht, Monumentalität, Hochkultur oder Fortschritt wird das Alte Ägypten in vielfältigen Bereichen als Zugpferd verwendet. 48 Auch diverse populäre Wissensformate wie Fernsehdokumentationen, Printartikel und Bücher rekurrieren ebenso wie Unterhaltungsformate immer wieder auf das alte Ägypten (vgl. Heinz 2003; Allenbacher in Marcks 2010). Vor allem Tutanchamun, der Pharao aus dem 14. Jahrhundert vor Christus, gehört in der Öffentlichkeit neben den Pyramiden zu den bekanntesten ägyptischen Motiven und findet vielerorts Verwendung.49 Seine Grabanlage wurde in den 1920ern Jahren entdeckt. Da sein Grab im Gegensatz zu anderen Pharaonengräbern nicht von Grabräubern geplündert wurde, blieben in mehreren Kammern sowohl seine Mumie als auch über 5000 Grabbeigaben erhalten. Zu diesen Objekten gibt es seit den 1960ern immer wieder Ausstellungen, wobei die Tutanchamun-Ausstellung in London 1972 die erste europäische Blockbuster-Ausstellung war. Die Sonderausstellungen sind in vielen Staaten beliebt und ziehen Millionen von Besuchern an.50 Die Welle der Sonderausstellungen über Tutanchamun hält auch nach 50 Jahren weiter an; so wurde beispielsweise 2008 im Kunsthistorischen Museum Wien Tutanchamun und die Welt der Pharaonen zeitgleich mit der Züricher Ausstellung Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze

47 Rainer Verbizh ist Szenograph der Ausstellung. 48 Ähnlich auch die Aussage eines Fernsehschaffenden: „Ja Ägypten – egal was sie da machen, das ist immer der Renner“ (eigenes Experteninterview). 49 Von Brettspielen über Schaufensterdekorationen bis zum Musical: Die Facetten seiner Anwendung sind unüberschaubar vielfältig. 50 Die Millionengrenze wird teilweise bereits bei einzelnen Sonderausstellungen überschritten, so kamen zur 1980 gezeigten Sonderausstellung Tutanchamun in Köln 1,3 Millionen Gäste (Kreitz 2010). Alleine für den ägyptischen Staat liefern die für internationale Sonderausstellungen ausgeliehenen Grabbeigaben Erträge in dreistelliger Millionenhöhe (Stölzel/Hanke 2010).

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gezeigt. 51 Letztere Ausstellung wurde als Wanderausstellung konzipiert und seit 2008 in verschiedenen europäischen Städten präsentiert, wobei für Deutschland bislang München, Hamburg und Köln ausgewählt wurden.52 Die für Erwachsene am Wochenende 19,- Euro und wochentags 16,- Euro teure Ausstellung (ermäßigt 3,- Euro Rabatt) wird nicht auf Sonderausstellungsflächen von Traditionsmuseen mit archäologischer Dauerausstellung gezeigt. Stattdessen fungieren Veranstaltungshallen mit multifunktionaler Nutzungsweise als Präsentationsorte. In München ist dies die Event-Arena des Olympiaparks, in Hamburg die Alte Oberpostdirektion, in Köln die EXPO XXI und in Zürich, dem ersten Ausstellungsort, wurde das ToniAreal, eine ehemalige Joghurt-Abfüllhalle, ausgesucht. Diese Räumlichkeiten bieten genug Nutzungsfläche für die benötigten circa 4000 m2 Ausstellungsfläche. Abgesehen von der Hamburger Örtlichkeit strahlen die Gebäude weder kulturhistorische Kompetenz aufgrund ihrer Ausstellungshistorie aus, noch stellen sie Traditionsbauten einer Bildungsinstitution dar. Dadurch geht vom Veranstaltungsort selbst kein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit aus. Im Regelfall werden kulturhistorische Ausstellungen in Einrichtungen der öffentlichen Hand präsentiert und durch staatliche Stellen ausgerichtet, wobei entweder der Bund, das Land oder regionale Einrichtungen als Träger von Museen oder Ausstellungen fungieren. Bei Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze hingegen tritt das Novum auf, dass die Ausstellung komplett von einer Agentur veranstaltet wird, deren übliches Arbeitsfeld in der Organisation von Konzerten und Shows liegt. 53 Die Ausstellungskonzeption stammt von Wulf Kohl, einem Grafikdesigner, und Paul Heinen, der als Designer und Projektentwickler im Unterhaltungs- und Edutainmentbereich tätig ist. Die wissenschaftliche Leitung liegt bei Martin von Falck und Wolfgang Wettengel, zwei promovierten Ägyptologen. Bei dieser Ausstellungsumsetzung ist ausschließlich eine Vielzahl externer Spezialisten aktiv, während sonstige Museumsausstellungen üblicherweise zum großen Teil von Museumsmitarbeitern durchgeführt werden. Inhaltlich ist es das Ziel der Ausstellungsmacher, erstmals ein vollständigeres Bild des Fundspektrums zu präsentieren und nicht nur einen kleinen Ausschnitt abzubilden, wie es bei ähnlichen Ausstellungen häufig der Fall ist. Die Tutanchamun-Sonderausstellung beispielsweise, die 1980/1981 in fünf Städten Deutsch51 Weitere Informationen zur Historie von Tutanchamun-Sonderausstellungen in Malek (2009). 52 Die Ausstellung wurde zuerst in Zürich gezeigt, anschließend in Brno (Tschechien), danach in München, Hamburg, Köln, Frankfurt sowie teilweise zeitgleich in Barcelona, Madrid, Budapest, Warschau, Manchester, Dublin und Seoul. Weitere Städte sind in Planung. Die Angaben in dieser Arbeit beziehen sich auf die Münchner sowie teilweise auf die Zürcher Ausstellung. Leichte Abweichungen sind daher in anderen Städten möglich. 53 Die Wanderausstellung wird organisiert von Semmel Concerts mit Sitz in Bayreuth. Weitere Informationen unter www.semmel.de

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lands gezeigt wurde, beinhaltete lediglich 55 (Original-)Objekte. 54 Die Macher dieser Ausstellung zeigen über 1000 der 5700 Gegenstände, welche die Grabausstattung im ägyptischen Tal der Könige umfasste. Der Inhalt der Ausstellung stimmt somit weitgehend mit dem Titel Tutanchamun – sein Grab und die Schätze überein. Da Museen normalerweise nie die ganze materielle Realität eines bestimmten Kontextes abbilden, 55 liegt hier gegenüber vielen anderen Ausstellungen eine realistischere Darstellung eines Themas vor. Die Anziehungskraft von Originalobjekten, die zugleich Unikate darstellen, ist für viele ein wesentlicher Grund, um Ausstellungen zu besuchen. Die Tutanchamun-Ausstellung zeigt allerdings kein einziges Originalobjekt! Neben dem rekonstruierten Innern der Grabkammern wurden sämtliche Klein- und Großobjekte im Originalmaßstab in Kairo neu angefertigt, wobei für die Kopien gänzlich andere Materialien verarbeitet wurden. Die Objektbeschriftungen in der Ausstellung weisen dabei nicht die verwendeten Werkstoffe der Repliken aus, sondern geben die Originalmaterialien an. Ein Beispiel für ein Schild lautet „Original aus vergoldetem Holz mit Einlegearbeiten aus Elfenbein und Ebenholz“. Trotz der Repliken kann der Besucher noch ein Gefühl für die handwerklichen Meisterleistungen bekommen, denn die Eventveranstalter haben die detailgenaue Rekonstruktion der Objekte von deutschen Ägyptologen überprüfen lassen. Seipel hat für die Replikate gar den Begriff „Originaldubletten“ erfunden (Seipel 2008: 77). Durch den Einsatz von Kopien ist es möglich, bisher Unmögliches zu zeigen. Die ursprüngliche Anordnung der Grabbeigaben sowie eine solch umfassende Objektpräsentation konnte bisher in keiner der Ausstellungen über Tutanchamun gezeigt werden. Ferner dürften bestimmte Originalobjekte, wie die berühmte Maske des Pharaos, aufgrund von unbezahlbaren Versicherungssummen56 oder aus konservatorischen Gründen Ägypten nie mehr verlassen. Dadurch ist es für Interessierte in anderen Staaten nicht mehr möglich, solche Objekte zu sehen – außer als Kopie. Die Ausstellung ist eindeutig als Inszenierung konzipiert, bei der das Erleben im Vordergrund steht. Der Produzent möchte eine „spektakuläre Inszenierung schaffen“ (Semmelmann 2008a: 3), so dass die Kopien aufgrund der verschiedenen eingesetzten Ausstellungselemente (s.u.) die intendierte Wirkung nicht beeinträchtigen. Aufgrund der Repliken ist eine weitere Option umsetzbar, die bei üblichen Ausstellungen undenkbar ist: Diese Ausstellung kann an zwei Orten gleichzeitig aufgebaut werden, 54 Trotz dieser geringen Objektanzahl zog sie in nur 1,5 Jahren Ausstellungsdauer über vier Millionen Besucher an. 55 Diese Einschränkung ist sowohl durch die Erhaltungsbedingungen als auch durch die begrenzte Anzahl ausstellbarer Objekte gegeben, welche immer nur einen Ausschnitt aus der Wirklichkeit eines Themenkomplexes (Ausstellungstitels) aufzeigt. 56 Die Versicherungssumme für die Maske liegt bei sechs Milliarden US-Dollar (Heinen 2008: 121).

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da die Ausstellungsmacher die komplette Ausstellung noch ein zweites Mal haben anfertigen lassen. Der Einleitungsteil von Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze besteht aus Schautafeln, auf denen die Entdeckungsgeschichte und der geschichtliche Kontext erläutert sind. Die ausgiebig mit Fotos und Grafiken durchsetzten Tafeln beinhalten reichlich textliche Informationen. Daran schließt sich ein Bereich mit drei kurzen Filmsequenzen an, die nacheinander auf drei nebeneinander angebrachten Leinwänden gezeigt werden. 57 Männliche Sprecherstimmen, die Spannung erzeugen, und Reenactmentszenen lassen bei den Kurzfilmen über die Zeit Tutanchamuns keine Langeweile aufkommen. Im nächsten Ausstellungsabschnitt wartet wieder ein Film auf die Besucher, die gruppenweise in einem dunklen Vorführungssaal einen eigens produzierten Film auf Großbildleinwand ansehen. In diesem achtminütigen Film geht es um die Geschichte von Howard Carter und seinen mühevollen Weg bis zur Entdeckung des Grabes. In den Dokumentarfilm sind Originalaufnahmen aus der Zeit der Grabentdeckung eingearbeitet, wodurch eine Stimmung des ‚live Dabeiseins‘ hervorgerufen wird. Nach dem von den Ausstellungsmachern als „Abenteuer-Kino“ (Semmelmann 2008b: 16) bezeichneten Film gelangt die Besuchergruppe nacheinander zu drei teilrekonstruierten Räumen der Grabanlage Tutanchamuns. Dabei übernimmt der Besucher explizit die Rolle des Entdeckers in den 1920er Jahren.58 Es wird eine real wirkende Erstentdeckerstimmung geschaffen, indem in einer grabdunklen Atmosphäre mit nur kerzenhafter Spotbeleuchtung nacheinander die Grabkammern gezeigt werden, wie sie damals vorgefunden wurden (siehe Abbildung 6). Die Objekte sind allerdings zumeist in der ursprünglich glänzenden Herstellungsqualität zu sehen; nicht im verstaubt-verwitterten Zustand der Wiederentdeckung. Die Kammern werden nur beleuchtet, solange akustische Elemente in Form von Musik und gesprochenem Text eingespielt werden. Der Audiotext verstärkt die Entdeckerstimmung, da er teilweise aus einem nachgesprochenen Originaltext des Ausgräbers Howard Carter besteht und in einem spannungserzeugenden Tonfall von einem fernsehbekannten Sprecher vorgetragen ist.

57 Der Besucher muss dazu nach jedem Film die Position wechseln, um einen optimalen Blickwinkel zu haben. 58 Dass diese Entdeckerrolle des Besuchers keine Interpretation von mir ist, verdeutlicht die Aussage des Produzenten Dieter Semmelmann „Werden Sie mit TUTANCHAMUN – SEIN GRAB UND DIE SCHÄTZE selbst zum Entdecker!“ (Semmelmann 2008: 3, Hervorhebung im Original).

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Abbildung 6: Eine der präsentierten Kammern der Grabanlage

Quelle: Semmel Concerts GmbH.

Anschließend folgt der Bereich der Ausstellung, in dem die ausgewählten Objekte aus den Grabkammern aufgebaut sind. Während die vorherigen Bereiche mit den drei Leinwänden, das Kino sowie der Grabkammerbereich sehr dunkel ausgeleuchtet werden, sind die Schätze zumeist in einem hellen Licht postiert. Ab hier ist die Besucherführung aufgehoben und der Weg sowie die Aufenthaltsdauer sind für jeden Besucher individuell wählbar. Generell werden Besuchergruppen und Führungen in der Konzeption von Ausstellungen, genauso wie in der Forschungsliteratur, nicht oder nur am Rande berücksichtigt (Wernli 2009: 1f). Diese Ausstellung hingegen ist in einem wesentlichen Abschnitt ausschließlich für Gruppen konzipiert, da sowohl der Film über Howard Carter als auch die anschließende ‚Entdeckung‘ der Kammern in vorgegebenen Zeitabschnitten zusammen mit anderen Besuchern erfolgt. Opaschowski stellt heraus, dass ein alleiniger Museumsbesuch reine Bildung ist, ein gemeinsamer Besuch mit Anderen führt zu einem unterhaltsamen Ereignis (Opaschowski 1993: 184). Gerade dieser soziale Faktor wird von den Ausstellungsmachern gefördert, durch die Pflicht der Gruppenaufteilung sogar aufgezwängt. Museumsbesucher haben dann eine authentische Erfahrung, wenn sie eine Immersion erleben, was insbesondere durch Reenactment oder haptische Erlebnisse erfolgen kann. Das Gefühl von Authentizität hängt also nicht allein damit zusammen, Originalobjekte zu sehen. Vermehrt ist eine sinnliche Erfahrung der Vergangenheit, eine „felt history“ gefragt (Pirker/Rüdiger et al. 2010: 17). Genau dies wird bei der Tutanchamun-Ausstellung angeboten; es ist sogar ausgewiesenes Ziel, die Besucher mit einem Live-Erlebnis zu begeistern (Semmelmann 2008a: 3). Die

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,Event-Arena‘ des Münchner Olympiaparks trägt somit den passenden Namen für diese kulturhistorische Ausstellung. Durch Tempelpfeiler, 59 großformatige Malereien und Schilfpflanzen im Foyer werden Rekontextualisierungen erreicht, die ebenfalls förderlich für eine authentische Atmosphäre sind (vgl. Schuck-Wersig/Wersig 1986: 85). Durch die Dunkelheit und das Flackerlicht bei den Objekten der Grabkammern sowie durch großflächige Wandmalereien an verschiedenen Ausstellungsbereichen wird dieser Effekt noch verstärkt. Die Erlebnisorientierung (s. Kap. 4.3; Schulze 2005) ist von den Ausstellungsmachern der Tutanchamun-Ausstellung in den Mittelpunkt gestellt. Eine Zwischenüberschrift im Ausstellungskatalog bringt dies auf den Punkt, denn diese heißt nicht ,Die Ausstellung zu dem Bestattungsereignis‘ oder ,Die Ausstellung zu dem Ausgrabungsereignis‘, sondern der Titel lautet „Das Ereignis – Die Ausstellung“. Erlebnis und Unterhaltung stehen bei dieser Ausstellung offenkundig im Vordergrund, jedoch sollen sich die Besucher auch Wissen aneignen. Verbizh möchte, dass die Besucher sich „amüsieren und spielerisch dazulernen“ (in Aboul-Kheir 2009). Semmelmann will eine „zeitgemäße Art, geschichtliche Zusammenhänge begreifbar und erlebbar zu machen“ (in AboulKheir 2009), eine Pressemitteilung bezeichnet die Ausstellung als „historisches Edutainment at its best“. 60 „So macht Lernen Spaß“ wird auf der Homepage verkündet, bei der der Untertitel „Geschichte zum anfassen und staunen [sic]“ lautet. Insgesamt werden neben reichlich emotions- und spannungserzeugenden Elementen auch viele Informationen vermittelt, so dass der angestrebte Balanceakt geglückt scheint. Während manche Ausstellungsbereiche objektzentriert und auf Ästhetik bedacht sind, dominiert in anderen Bereichen die Informationsvermittlung. Die Texte im Objektbereich sind immer abseits der Gegenstände angebracht, so dass sie keine Einheit bilden, sondern visuell getrennt nutzbar sind. Die relativ kurz gefassten Saaltexte61 sind zumeist in schwarzer Schrift auf beigem Hintergrund angebracht. In den durchgängig in deutsch und englisch abgefassten Texten wird kein Hintergrundwissen vorausgesetzt, sondern alle Sachverhalte werden erklärt, so dass Laien als Zielgruppe adressiert sind. Storytelling wird vor allem bei der Entdeckungsgeschichte von Carter eingesetzt. Dazu sind häufig Zitate von Carter eingebaut, was die Spannung erhöht und das Gefühl des Dabeiseins verstärkt. Ansonsten ist eine sachlich orientierte Alltagssprache als vorherrschender Textstil eingesetzt; es dominiert eine vorrangig deskriptive Faktenaufzählung. Szenische Einstiege, Humor, Übertreibungen etc. werden nicht verwendet. Die meisten Angelegenheiten 59 Die Installation der Tempelpfeiler ist aufgrund des großen Platzbedarfes gebäudeabhängig nicht in jeder Stadt realisierbar. 60 Ferner bezeichnet der Stadtpräsident von Zürich die Ausstellung als „von renommierten Ägyptologen auf seine Authentizität und Detailtreue überprüfte[s] Edutainment“ (Ledergerber 2008: 3). 61 Die Zeilenzahl liegt bei einer Zeilenlänge von circa sechs Wörtern zumeist unter 20.

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werden als unstrittige Fakten präsentiert, 62 darüber hinaus finden einige Wissenslücken in der Forschung Erwähnung. Inhaltlich wird der Titel der Ausstellung behandelt, so dass das Themenfeld ‚Macht und Herrschaft‘ inklusive dem politischen und religiösen Umfeld sowie der Forschungsgeschichte im Zentrum steht. Angeführt sind ferner die Bereiche Geographie, Klima, Handwerk, Anthropologie und Bestattungswesen. Nicht oder weniger ausführlich behandelt werden Alltag, Landwirtschaft, Architektur, Nahrungsmittelkette, Geschlechterverhältnis, Herstellungstechniken der Objekte, andere Materialien, Arbeitsweise der Archäologie, Kolonialgeschichte und Rezeption. In der Ausstellung sind also Teilaspekte der Kultur herausgegriffen, dabei wird nicht mit vorhandenen Stereotypen gebrochen, sondern in der Gesellschaft bereits bestehende Vorstellungen über Tutanchamun werden in der Ausstellung bestätigt, verstärkt und um Kontextinformationen ergänzt. Die Initiatoren schaffen ein luxuriöses, Ehrfurcht erregendes Ambiente mit positiver Grundstimmung, wobei negative Aspekte weitgehend ausgeblendet bleiben. Gerade bei Erläuterungen zu den heutigen Ägyptern wird eine einseitige Klischeewelt gefestigt, was in Überschriften wie „Seelen voller Heiterkeit“ zum Ausdruck kommt. Eine glorreiche, gute Bewertung der damaligen Kultur ist der Grundtenor der Ausstellung, so dass es Besuchern ermöglicht wird, in eine Welt voller Faszination einzutauchen. Als zeigenswerte Objekte sind vorrangig nach unserem Verständnis ästhetisch reizvolle Gegenstände sowie kostbare Materialen ausgewählt, weniger edle Materialien wie Nahrungsmittel oder Stoffe bleiben unterrepräsentiert oder gänzlich ausgespart. Die Repliken sind wie Originalobjekte inszeniert, lediglich die sparsamen Schutzabsperrungen weisen auf die veränderte Sachlage hin. Neben den Objekten, welche bei Objektschauen häufig ausschließlich im Zentrum stehen, werden hier auch explizit Menschen in den Fokus gerückt. Die im Wissenschaftsjournalismus übliche Personalisierung wird in dieser Ausstellung intensiv vorgenommen. Zum einen wird im ersten Ausstellungsteil Howard Carter und seine Lebens- und Ausgrabungsgeschichte in den Vordergrund gestellt. Zum anderen liegt der Fokus im zweiten Teil klar auf der Person des Pharaos Tutanchamun mit seiner familiären und politischen Geschichte sowie seinem Tod. Die Ausstellung verfolgt damit grundsätzlich einen narrativen Ansatz, da die Objekte um die Geschichten der beiden Protagonisten gereiht sind. „Die Ausstellung erzählt Geschichten. Spannende Geschichten“ formuliert es Kreitz (2010). Dabei soll der Besucher selber in die Geschichten involviert werden. Die Gäste der Sonderausstellung machen beim Besuch der Tutanchamun-Ausstellung eine doppelte Zeitreise: Zum einen ins Jahr der Entdeckung des Grabes, 1922, und zum anderen in die Regierungszeit Tutanchamuns im 14. Jahrhundert vor Christus. Im Gegensatz zu herkömmlichen Samm62 Insbesondere bei den möglichen Todesursachen Tutanchamuns bleiben dem Besucher verschiedene Deutungsmöglichkeiten offen.

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lungen bringt diese Ausstellung dem Besucher die damaligen Zeit auch insofern näher, als dass die Objekte zumeist im glänzenden Originalzustand der Herstellungszeit und nicht im verwitterten Jetzt-Zustand präsentiert werden. Außerdem werden die Besucher mit einer ungewohnten Abschaffung der Distanz zum Objekt konfrontiert, da weitestgehend auf Glasscheiben verzichtet wird.63 Somit wirkt es, als könne man die Objekte anfassen, auch wenn dies nicht gewünscht bzw. aufgrund von Podesten kaum möglich ist. Die von Schuck-Wersig/Wersig (1986: 18) geäußerte Aussperrung der Besucher durch die Einsperrung der Objekte wird hiermit obsolet. 64 Die räumliche, zeitliche und kulturelle Distanz wird in dieser Ausstellung in besonderem Maße durch die Emotionserzeugung und das Nacherleben des Entdeckungsmomentums verringert beziehungsweise aufgelöst. Durch die subjektiv fühlbare Entdeckerfreude wird außerdem der Eindruck von Authentizität gesteigert (Schuck-Wersig/Wersig 1986: 94). In den Katalogen und Pressemeldungen werden gezielt positive Stimmen von Fachleuten lanciert, was die Glaubwürdigkeit der Ausstellung erhöht und die ungewöhnliche Vorgehensweise legitimiert. So fungiert Münchens Oberbürgermeister Ude als Schirmherr, dessen Grußwort in der Katalogbeilage abgedruckt ist. In dieser Beilage ist auch ein NZZ-Interview mit dem Rektor der Universität Basel abgedruckt. Auch steigern Artikel der zwei wissenschaftlichen Leiter, beide studierte Ägyptologen, und die positive Bewertung eines weiteren Ägyptologen, Malek, die Authentizität und Glaubwürdigkeit. Der Szenograf Verbizh betont, „Wir wollten weder Disneyland noch Pseudokitsch [...]. Wir legen großen Wert auf Authentizität, wollen unbedingt wissenschaftlich korrekt sein. Aber nicht trocken, wir wollen Wissenschaft als Abenteuer zeigen.“ (Verbizh in Güntheroth 2009: 106) Der Ausstellungskatalog im Paperbackformat (Semmelmann 2008a) umfasst 132 Seiten. Im Katalog sind nicht alle Stücke der Ausstellung, sondern nur eine geringe Auswahl abgebildet; es ist sozusagen ein Best-of abgedruckt. Im Ausstellungsshop werden ergänzend zum Katalog diverse Bildbände und Publikationen über die Originalobjekte angeboten. Die Katalogbeiträge sind größtenteils von einem freischaffenden Autor und Reisejournalisten,65 teils auch von promovierten Altertumskundlern, vorrangig Ägyptologen, verfasst. In den Artikeln sind keine Quellenangaben genannt, als weiterführende Literatur finden sich am Katalogende lediglich einige Verweise auf populärwissenschaftlich verfasste Bücher. Der Katalog beinhaltet zu Beginn Fotos und Texte, die Land und Leute des heutigen Ägyp63 Vor allem Schmuck und Kleinobjekte sind hinter Glas präsentiert, größere Objekte sind frei angeordnet. 64 Es stellt sich gegebenenfalls die Frage, ob der Wegfall der Glasvitrinen symbolisch für den Wegfall der Trennung von Bildung und Unterhaltung oder gar von Hoch- und Populärkultur steht. 65 Katalog-Redakteur und Autor der meisten Artikel ist Walter M. Weiss.

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ten darstellen. In den Beiträgen wird eine überaus positive Stimmung erzeugt, was bereits durch Überschriften wie „Das Land der Träume“ oder „Haupt- und Märchenstadt Kairo“ offensichtlich wird. Aufgrund dieser gegenwärtigen Informationen wird die immense Zeitdistanz zum 14. vorchristlichen Jahrhundert abermals verringert. Mehrere Seiten des Kataloges befassen sich mit der Fundsituation ab 1922, wobei zeitgenössische Fotos den überwiegenden Teil der Dokumentation ausmachen. Dabei bestätigt sich die Analyse Emeles, dass bei der Verwendung von historischen Ausgrabungsfotos weniger alte Grabungsdokumentationen – also wissenschaftlich aussagekräftige Bilder – verwendet werden, sondern Fotos eher als Schmuckbilder mit der Konnotation „alt und geheimnisvoll“ fungieren (Emele 1997: 74f). Abgedruckte Auszüge aus dem Buch des Chefausgräbers Howard Carter aus dem Jahr 1924 bieten dem Leser einen Report aus erster Hand und bilden damit eine der glaubwürdigsten Formen eines authentischen Berichts. Sowohl im Katalog als auch in der Ausstellung erfolgt demzufolge eine starke Personalisierung der Ausgrabungsgeschichte. Eine Besonderheit des Kataloges sind die zahlreichen Fotos und Berichte über die Aufbauphase der Ausstellung und die Entstehung der Repliken. In dieser Dokumentation wird der immense Aufwand der Herstellung der Kopien deutlich geschildert. Der Katalog lässt den vorherigen Besucher der Ausstellung und jetzigen Leser wieder an etwas teilhaben – diesmal an der Herausforderung, solch eine Ausstellung auf die Beine zu stellen. Im hinteren Katalogteil findet sich dazu das Making-of, in dem die Arbeitsschritte der Ausstellungsmacher beschrieben sind und die beteiligten Personen zu Wort kommen. So sind Artikel vom Szenografen, den Ausstellungsgrafikerinnen, der Fotografin, der Regisseurin der Ausstellungsfilme und ein Interview mit den wissenschaftlichen Beratern zu finden.66 Ein weiteres Mal wurde bewusst die personalisierte Darstellungsform gewählt. Abgesehen von diesem Ausstellungskatalog wurde mit zeitlicher Verzögerung mittlerweile auch ein eigener Kinderkatalog angefertigt (Semmelmann 2010).67 Ergänzend zu den Katalogen gibt es zusätzlich eine Beilage, die auf den jeweiligen Ausstellungsort zugeschnitten ist. In der Beilage sind neben Grußworten der örtlichen Veranstalter und Schirmherren ebenso Hintergrundinformationen zur Ausstellungsgeschichte, zur Replikenherstellung und zum Veranstalter zu finden. Die Beilage ist mit Werbeanzeigen durchsetzt, was für Ausstellungsbroschüren ungewöhnlich ist. Es wird deutlich, dass die Ausstellungsmacher auch bei der Kataloggestaltung neue Wege jenseits der klassischen Vorgehensweise beschritten haben.

66 Beispielsweise ist zu lesen, wie die beauftragte Model-Fotografin mit der Herausforderung umging, leblose archäologische Objekte abzulichten. 67 Der Kinderkatalog ist sehr personalisiert gestaltet. Viele Artikel sind so angelegt, dass diverse Personen aus der Zeit Tutanchamuns in der Ich-Perspektive berichten.

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Für Veranstaltungen gibt es einen eigenen Flyer mit dem angebotenen Programm, zu dem verschiedene Führungen (inkl. Blindenführungen), einzelne Abendvorträge oder verschiedene kulinarische Angebote wie „Apero Luxor“ oder „Speisen wie die Pharaonen“ gehören. Spezialangebote wie das „Event Package“, die „Pharao-Experience“ oder der „Late Walk – allein mit dem Pharao“ können ebenso gebucht werden wie kostenlose Kinderworkshops. Die Webseite68 versetzt den potentiellen Besucher bereits in die Entdeckerrolle, da das Intro durch eine Bilderfolge im Videostil und musikalischer Untermalung Emotionen und Spannung erzeugt. In der Einleitung wird sowohl auf Tutanchamun als auch auf die Fundumstände hingewiesen. Das nach dem Intro folgende Webangebot ist mit schwarzem Hintergrund und bronze-goldener Schrift gestaltet. In der Bildmitte wird auf allen Seiten des Angebotes ein jeweils unterschiedliches Foto angezeigt, ferner kann ein professionell gestaltetes Video abgespielt werden. Die generell dunkle Atmosphäre des Webangebotes soll die Grabkammer widerspiegeln und den Entdeckergeist entfachen. Das in Deutsch und Englisch abrufbare Angebot enthält viel content bereit. Auffällig für Internetangebote archäologischer Ausstellungen sind dabei die vielen Inhalte innerhalb des Unterpunkts ,Schulen‘, bei dem Lehrmaterial gratis verfügbar ist. 69 Dies überrascht umso mehr, da diese Ausstellung eine rein kommerzielle Veranstaltung ohne staatliche Finanzierung und Bildungsauftrag ist. Genannt sei noch, dass online neben organisatorischen Informationen noch ein Blog,70 ein Gästebuch, ausgewählte aktuelle Presseberichte über die Ausstellung, historische Presseartikel aus den 1920er Jahren über den Fund, Stimmen der maßgeblich beteiligen Ausstellungsmacher sowie ein Bereich mit häufig gestellten Fragen verfügbar sind. Podcasts von Vorträgen des Begleitprogramms sind ebenfalls abrufbar. Außerdem ist auf YouTube ein eigener Kanal initiiert und die Ausstellung ist auf den Seiten von Twitter und Facebook eingebunden. Die Ausstellungsmacher nutzen somit aktiv alle aktuell gängigen Medienformate für die Außendarstellung und ermöglichen durch das Gästebuch auf der Webseite sowie durch Twitter, Facebook und die Kinderworkshops Elemente des Dialogs mit dem Publikum. In der Ausstellung selbst spielt das Internet keine Rolle. Als individuell nutzbare technische Hilfsmittel werden Audioguides gegen eine Gebühr ausgeben.71 68 www.tut-ausstellung.com (10.12.2011). 69 Die Überschrift ,Schulen‘ wird im Navigationsmenu bereits als dritte Auswahlmöglichkeit angeboten und ist somit kein nachrangiger, schwer zu findender Unterpunkt. 70 Der Blog ist ohne Gastnutzerfunktion und wird von einem wissenschaftlichen Leiter der Ausstellung gespeist. 71 Dieses Konzept wurde ab der Ausstellung in Hamburg geändert. Seither ist ein Audioguide im Preis inbegriffen und wird an jeden Besucher ausgegeben. Die Texttafeln wurden dazu verringert, so dass die meisten Informationen nunmehr durch Audioguides vermittelt werden, was zu einer gesprächsärmeren Atmosphäre führt.

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Der insgesamt hohe Stellenwert von Bildern wird bereits im Ausstellungsfoyer deutlich, wo Leuchttafeln mit aktuellen Fotos und Situationsbeschreibungen des heutigen Ägyptens den Blick auf sich ziehen. Vielfältige Fotos und Grafiken sind auch auf jeder Informationstafel im Eingangsbereich zu finden. In etlichen Räumen sind darüber hinaus großflächige Wanddekorationen durch Reproduktionen von altägyptischen Wandmalereien installiert. Ein Foto des Replikates der goldenen Totenmaske von Tutanchamun dominiert die Werbemaßnahmen, bei denen es als alleiniges Motiv eingesetzt ist. Es wird also auf ein bekanntes Bild gesetzt, welches im kollektiven Gedächtnis bereits vorhanden ist. 72 Das Maskenfoto am Katalogcover ist im aufwendigen Reliefdruck gestaltet, so dass die Maske plastisch erfühlt werden kann. Das Wort ,Tutanchamun‘ wurde hier ebenfalls im Reliefdruck angebracht. 73 Die Maske ist mit einem weißen Lichtkranz umgeben, während der Hintergrund in ein Blau getaucht ist, das nach außen hin immer dunkler wird, bis der Bildrand fast schwarz erscheint. Das berühmte Masken-Motiv ziert neben den Werbeplakaten auch den Flyer, der auf auffallend glänzendem Papier gedruckt wurde. Oberhalb der Maske ist der Ausstellungstitel genannt, über welchem geschrieben steht „Die grosse Ausstellung zur archäologischen Weltsensation“. Am unteren Ende der Frontseite ist die Webadresse angegeben. Im Flyer ist eine eigens arrangierte Objektkonstellation fotografisch abgebildet, bei der vorrangig Goldobjekte zu sehen sind. Die dominanten Fotos sind in den blauen Hintergrund eingefügt, der sich durch das ganze Layout zieht. Lediglich bei manchen Seiten sind Schwarz-Weiß Fotos der Ausgrabungszeit im Sepia-Effekt als Hintergrundmotiv sichtbar und organisatorische Angaben in weißer Farbe auf schwarzem Hintergrund gedruckt, wobei die Überschriften bronze-golden gestaltet sind. Im Flyer sind neben Informationen zur Ausstellung lobende Auszüge aus Pressestimmen angeführt, auch findet sich im Münchner Flyer die legitimitätsförderliche Angabe, dass der Oberbürgermeister Ude als Schirmherr fungiert. Die Entdeckerrolle wird auch dem Leser des Flyers bereits ansatzweise zuteil, denn beim ersten Hineinschauen lautet die Überschrift „Ich sehe wunderbare Dinge“, beim zweiten Aufklappen des Flyers kommen Goldobjekte zum Vorschein. Im Text ist davon die Rede, dass ein maßstabsgetreuer Nachbau der Kammern zu finden ist, so dass Besucher einen „authentischen Raumeindruck erhalten“, ferner sind „meisterhafte Repliken in Museumsqualität“ zu erwarten. Einerseits wird also die von traditionellen Museen bekannte 72 Kaisers Aussage bezüglich Erlebniswelten trifft für diese Ausstellung ebenfalls zu: „Ein markantes Merkmal der Erlebniswelten besteht darin, emotional aufgeladene Bilder wachzurufen und diese gleichzeitig auf typische, einprägsame Ikonen zu reduzieren.“ (Kaiser 2006: 245) 73 Für diesen Namen wurde eine eigene Schrift kreiert, die leicht an die Hieroglyphen angelehnt ist. Der Buchstabe A ist davon abweichend besonders gestaltet, so wie auch bei der Babylon-Ausstellung das A an die Keilschrift angelehnt wurde.

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Qualität sowie Authentizität angepriesen, andererseits weisen Worte wie „Sensation“, „Erlebnis“, „überwältigend“, „Faszination“, „Schätze“, „Gold“ oder „Erlebnisausstellung“ deutlich auf die ausgeprägte Erlebnisorientierung hin. „Die Ausstellung macht das Wunder dieses Augenblicks – das Eintreten in eine überwältigende Schatzkammer, das Entdecken neuer Welten, neuer Wunder – für ihre Besucher mit allen Sinnen erlebbar und beschwört die Faszination des vergangenen exotischen Reichs am Nil mit neuesten Mitteln wieder herauf“, so die Eigenbezeichnung auf dem Flyer. Sowohl durch die Ausstellungen als auch durch die vielfältigen kommerziellen Präsentationsweisen avancierte der vor über 3000 Jahren lebende Pharao in der westlichen Welt zu einer Ikone der Gegenwart, zum „Popstar Tutanchamun“, wie es das Magazin P.M.History ausdrückt (Ausgabe 04/2009: 10). Der Ausstellungsshop bietet unter anderem die Möglichkeit, ,Star-Souvenirs‘ mit nach Hause zu nehmen. Es gibt eine Vielzahl von Objekten zu erwerben, die in irgendeiner Art mit dem gegenwärtigen oder historischen Ägypten in Verbindung gebracht werden können. Die Bandbreite der käuflichen Andenken reicht dabei von ‚Ausstellungskitsch‘ bis zu qualitätvollen Accessoires. In der Katalogbeilage wird darauf hingewiesen, dass im Ausstellungs-Shop „hochwertige Souvenir-Repliken mit Echtheitszertifikat des Cairo Museum“ erhältlich sind (Semmelmann 2008b: 17). Ferner werden – von interessierten Laien als auch von Wissenschaftlern geschriebene – Veröffentlichungen populärer Art angeboten. Während Museumsshops mittlerweile auch in den meisten großen traditionellen Ausstellungen ein beachtlicher Umsatzträger sind, waren die eigentlichen Ausstellungen bisher im Regelfall werbefrei, was sie von vielen anderen medialen Formen der Wissensvermittlung unterscheidet. Bei dieser Ausstellung allerdings gibt es im Foyer einen Stand des ägyptischen Fremdenverkehrsamtes, bei dem als Hintergrundinstallation meterhohe Pyramiden aufgestellt sind, Flyer über Ägypten angeboten werden, ein Video über Ägypten gezeigt wird und Prospekte diverser Reiseveranstalter ausliegen. Diese Tourismusprospekte eröffnen den Besuchern neben den virtuellen Ausstellungsreisen in die Vergangenheit noch die Möglichkeit, auf einer realen Ägyptenreise im 21. Jahrhundert individuelle Eindrücke zu sammeln. Die Südwestpresse weist mit dem Titel „Götter, Gräber und Geschäfte“ auf den kommerziellen Charakter der Ausstellung hin und benennt den Unterhaltungsaspekt in dieser Ausstellung als „Pharaotainment“ (Aboul-Kheir 2009). Das Werbebudget von über einer halben Million Euro übertrifft für manch komplette Ausstellungen im kulturhistorischen Bereich das insgesamt zur Verfügung stehende Geld und das Gesamtbudget von circa fünf Millionen Euro stellt ebenfalls einen Sonderfall dar. Die Presseresonanz ist fast ausschließlich positiv; so avancierte die Replikenausstellung sogar zur Titelstory im Printmagazin Stern (02.04.2009). Der Bund, die Tageszeitung aus Bern, urteilte „wissenschaftlich überprüfte Authentizität, verblüffend qualitätvolle Repliken und anspruchsvolle Inszenierung“ (Pfister 2008).

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Die positive Resonanz zieht sich bis in die Fachwelt. So schreibt Blome, Direktor des Basler Antikenmuseums, zusammen mit dem Konservator der ägyptischen Abteilung, Wiese, in der Katalogbeilage von Zürich ein Vorwort. Der Ägyptologe und Direktor der Universität Basel, Loprieno, äußert sich positiv über die Ausstellung. Er begrüßt die Rekontextualisierung und die große Objektzahl und sieht zudem einen tiefgreifenden Wandel von herkömmlichen Ausstellungen, die Erkenntnis vermitteln wollen, hin zu Ausstellungen, die Erfahrung ermöglichen (vgl. Lüscher 2008). Diese Stimmen und die Tatsache, dass zwei promovierte Ägyptologen die wissenschaftliche Leitung der Ausstellung innehaben, zeigen, dass Fachvertreter diese ungewöhnliche Art von Ausstellung nicht per se boykottieren. Das Feedback der Laien lässt sich an den Besucherzahlen ablesen: Die Tutanchamun-Ausstellung wurde in Zürich von circa 250.000, in München von 330.000 und Hamburg von etwa 550.000 Besuchern gesehen. 74 In München wurden circa 1000 Führungen gebucht und circa 30.000 Schüler besuchten die Ausstellung. Rezipierende haben bei Ausstellungen über die Vergangenheit somit erwiesenermaßen kein Problem mit Plastikobjekten aus der Gegenwart. Holtorfs Aussage „The boundary what is genuinely old and what is artificially new loses it’s meaning“ (Holtorf 2010: 38) scheint sich hier zu bewahrheiten. Es lässt sich resümieren, dass alles an dieser Ausstellung an den aktuellen Bedürfnissen und Wünschen des Publikums ausgerichtet ist. Ein Hauch von Abenteuer und Entdeckertum ist dabei bereits durch die Webseite oder den Flyer zu spüren und wird in der Ausstellung deutlich evoziert. Dabei spielt die Aura des Originals nur noch eine zweitrangige Rolle, solange die anderen Faktoren ein echt wirkendes Erlebnis vermitteln, was Opaschowski treffend ausdrückt: „Freizeit ‚muss‘ nicht in jedem Fall den [sic] Anspruch von Wahrheit und Wirklichkeit entsprechen. Freizeit braucht das ‚Original-Gefühl‘.“ (Opaschowski 1993: 275)

74 In Europa besichtigen diese Wanderausstellung vom Start im Jahr 2008 bis September 2011 circa 2,5 Millionen Besucher (www.tut-ausstellung.com/de/frankfurt/die-grosse-tut anchamun-erlebnis-ausstellung.html, 20.10.2011).

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6.5.3. Schätze des Alten Syrien – Die Entdeckung des Königreiches Qatna Qatna ist der Name eines historischen Stadtstaates im heutigen Syrien, dessen bronzezeitliche Blütezeit mit der Zerstörung der Stadt um 1340 v. Chr. zu Ende ging. Der lange Zeit nur Fachleuten geläufige Name75 wurde 2002 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als zuerst Schriftfunde, dann die Entdeckung einer unberaubten Königsgruft ein großes Medienecho auslösten.76 In Deutschland wurde den Meldungen auch deswegen eine größere Aufmerksamkeit zuteil, da seit 1999 ein Forscherteam der Universität Tübingen an den internationalen Ausgrabungen beteiligt ist und weil die aufsehenerregenden Funde im deutsch-syrischen Arbeitsbereich zu Tage traten. Die Nähe zur Universität Tübingen gilt auch als ausschlaggebender Punkt, warum in Stuttgart 2009/2010 eine Sonderausstellung über diesen Fundort initiiert ist. Das Landesmuseum Württemberg77 tritt als Veranstalter der Ausstellung auf, die als Grosse Landesausstellung Baden-Württemberg '09 fungiert. Ausstellungsort ist die Sonderausstellungsfläche im Alten Schloss Stuttgart, einem repräsentativen Gebäude am prestigeträchtigen Schlossplatz. Die Ausstellung ist hier einmalig aufgebaut und nicht als Wanderausstellung konzipiert. Produziert ist die Ausstellung von archäologisch ausgebildeten Mitarbeitern des Landesmuseums und der eigens angestellten Kuratorin Ellen Rehm. Rehm, die in Vorderasiatischer Archäologie promoviert ist, hat zusammen mit Erwin Keefer, der einen Doktortitel in Ur- und Frühgeschichtlicher Archäologie trägt, die Projektleitung inne. Insgesamt können die Besucher in der Sonderausstellung 450 Objekte sehen. Es sind sowohl einige der 2000 Gegenstände der Königsgruft ausgewählt als auch Objekte anderer Herkunft, die den Kontext verdeutlichen sollen. Die Sonderausstellung ist nicht als reine Objektschau konzipiert, sondern hat auch die Lebenswelt der Menschen im mittelbronzezeitlichen Qatna zum Inhalt. Da der Königspalast von Qatna im Mittelpunkt steht, konzentriert sich die Ausstellung auf die Bereiche Macht, Herrschaft sowie Politik, Ökonomie und Religion. Jedoch wird auch versucht, Aspekte der Kultur jenseits des Königtums zu zeigen. Konkret werden die Themen Handelsverbindungen und wirtschaftliche Grundlagen, diplomatische Beziehungen und kriegerische Auseinandersetzungen, Götterwelt und Religiosität,

75 Die ersten Ausgrabungen gab es in Qatna ab 1924. 76 Die Funde wurden damals zeitnah an die Presse gemeldet. Neben den aktuellen Berichten in verschiedenen Medien unmittelbar nach Bekanntwerden wurde 2003 die ZDF-Fernsehdokumentation Flammen über Qatna im Rahmen der Terra X–Reihe produziert (s. Kap. 7.6.3). 77 Das Museum ist traditionell auf die württembergische Geschichte – von ihren Anfängen bis zur Gegenwart – spezialisiert.

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Totenkult, das tägliche Leben mit Haus und Haushalt sowie Technik und Werkstätten angeführt; die Rolle der Frauen ist nicht gesondert angesprochen. Die Bereiche Geographie und Klima werden am Rande erwähnt. Nicht in die Ausstellung integriert sind Gebiete wie die Denk- und Arbeitsweise der Archäologie inklusive ihrer Konservierungs- und Restaurierungsmethoden oder die Rezeption wissenschaftlicher Ergebnisse. Die Konzeption der Ausstellung erfolgt sowohl chronologisch als auch thematisch sowie inszenatorisch. Inszenierungen stehen dabei eindeutig im Vordergrund: In einem Raumbereich ist der Königspalast virtuell durch auf Großbildleinwand gezeigte Computerillustrationen des Palastinneren wiederhergestellt. Diese virtuellen Eindrücke sind ergänzt durch reale Säulenrekonstruktionen im begehbaren Besucherbereich und durch die Rekonstruktion von mehreren Palastwänden. Eine lange beige Mauer im Ausstellungssaal, welche die Palastmauer darstellt, unterstreicht den Anspruch, eine sinnlich erlebbare Rekontextualisierung vorzunehmen. Abbildung 7: Mauerinszenierung. Im Hintergrund stark vergrößerte Siegelabrollungen.

Quelle: Landesmuseum Württemberg, Stuttgart / Foto: Hendrik Zwietasch.

Auch die Gruft ist rekonstruiert, in die der Ausstellungsbesucher durch einen engen Korridor gelangt, der optisch so gestaltet ist, dass der Besucher das Gefühl des Hinabsteigens bekommt. Zwar ist die Gruft nicht originalgetreu nachgebaut, aber die verschiedenen Kammern der Originalgruft werden durch verschiedene Räume angedeutet, in denen Vitrinen mit Objekten eingegliedert sind. Die Gruftatmosphäre ist durch dunkle Lichtverhältnisse und niedrige Deckenhöhen besonders erlebbar.

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Ein Erstentdeckererlebnis wird darüber hinaus durch eine sich bewegende, taschenlampenartige Spotbeleuchtung erzeugt. Außerdem haben die Ausstellungsgestalter in den Wänden der Grabkammern an verschiedenen Stellen Gucklöcher integriert, durch die ein Blick auf Rekonstruktionsbilder der jeweiligen Räume im Originalzustand möglich ist. Zum Ausstellungsende werden auf einer Großbildleinwand filmartig Keilschrifttafeln gezeigt, die sich mit dem Ende Qatnas befassen. Der Textinhalt wird sowohl in deutschem Untertitel angezeigt als auch emotionsgeladen von einer professionellen Männerstimme auf Deutsch vorgelesen. Dazu sind im gleichen Raum Flammen auf herunterhängende Fahnen projiziert, was den Untergang der Stadt veranschaulicht und die Dramatik steigert. In der insgesamt nicht sehr dunkel gehaltenen Atmosphäre der Ausstellung dominierte Beige, was einerseits an die Farbe der trockenen Landschaft erinnert, die bei Luftbildern von Qatna zu sehen ist, andererseits die Lehmziegel der Bauten symbolisiert. Im einführenden Bereich der Ausstellung sind einige schwarze Wände angebracht, während im Palastbereich mehrere beige Wände mit Spotbeleuchtung zu finden sind. Im Flyer wird deutlich, dass die Ausstellung mehr erreichen will, als nur leblose Objekte zu zeigen: Es wird damit geworben, dass das Königreich Qatna in der Ausstellung „zu neuem Leben erweckt wird“, „Die eindrucksvollen Exponate zeichnen in Verbindung mit aufwändigen Toninstallationen und 3D-Animationen ein lebendiges Bild des Alten Orient.“ Durch die verschiedenen Inszenierungen wird eine möglichst umfassende, mehrere Sinne ansprechende Rekontextualisierung angestrebt. In der Ausstellung sollen dem Besucher Emotionen, Spannung, Staunen sowie ein Hineinversetzen in die damalige Situation und ein Entdeckererlebnis ermöglicht werden. Neben den ausstellungsinternen Angeboten gibt es eine Reihe von weiteren Erlebnismöglichkeiten durch Zusatzveranstaltungen. Diese sind im ausführlichen Flyer aufgeführt und optional buchbar. Angeboten werden verschiedene Führungen, unter anderem in kroatischer und arabischer Sprache oder Führungen in den Abendstunden. Außerdem offerieren die Veranstalter einige wenige Abendvorträge sowie Diskussionsabende über aktuelle Kontakte zwischen dem Vorderen Orient und dem Westen. Des Weiteren werden diverse Vorträge der Evangelischen Kirche über theologische Themen, Vorführungen zur Restaurierung sowie mittägliche Kunstpausen angeboten. Eine Reise nach Syrien ist ebenfalls im Zusatzprogramm buchbar.78 Ein sogenanntes „Erlebnispaket“ wird von Stuttgart-Marketing angeboten, worunter hauptsächlich eine Übernachtung, ein Stadtplan und ein Stadtführer zu verstehen sind. Spezielle Angebote für Kinder runden das Rahmenprogramm ab; für diese gab es diverse Attraktionen wie Workshops und Schüler-Lehrerinformationen, Kinderführungen oder Kindergeburtstagsaktionen. Die Kinderange78 Die Reise wurde nicht vom Museum, sondern durch den Reiseveranstalter Biblische Reisen organisiert.

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bote werden im Flyer in einem optisch angepassten, kindgerechten Layout präsentiert. Diese zusätzlichen Veranstaltungen bieten den Besuchern Möglichkeiten zur Interaktion, die in der Ausstellung sonst kaum gegeben sind.79 Der Fokus hinsichtlich der Präsentationsobjekte liegt primär auf dem Zeigen von Einzelstücken als auf Fundmassen, wobei ausschließlich Originalobjekte ausgestellt werden; Repliken sind nicht eingesetzt. Sämtliche Objekte in der Ausstellung sind sachlich in Vitrinen mit teils schwarzer oder weinroter Farbgestaltung präsentiert. Die Anordnung erfolgt geschützt hinter Scheiben, durch eine nur geringe Tiefe der Vitrinen und einer Aufstellung der Objekte dicht an der Glasscheibe wird eine Nähe zwischen dem Besucher und den Originalobjekten erzeugt. Die in deutscher und englischer Sprache abgefassten Saaltexte sind direkt auf die Wände aufgebracht, ohne eine gesonderte Hintergrundfarbe oder Verzierung zu verwenden. Für die Texte wurde keine spezielle Schriftart kreiert, sondern Standardschrift verwendet. Sämtliche Textinhalte stammen von der Ausstellungskuratorin, die eine Ausbildung in Vorderasiatischer Archäologie besitzt. Die vermittelten Informationen werden als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse präsentiert, offene Fragen sind selten zu finden. Im Text und in den Überschriften wird eine sachliche Sprache verwendet, die vorrangig Fakten aufzählt. Die alltagssprachlichen Formulierungen der Texte enthalten kein Fachvokabular und sind somit für Laien verständlich. Sie weisen auch keine szenischen Einstiege oder ähnliche Stilelemente auf, die den Leser bewusst fesseln sollen. Durch die Aussage im Ausstellungstext, dass die Lebensumstände damals so vielfältig wie heute waren, wird Nähe zur altorientalischen Kultur hergestellt. Weitere konkrete Bezüge zur gegenwärtigen Lebenswelt der Besucher werden nicht explizit, sondern eher indirekt hergestellt. Auf populärkulturelles Wissen oder populäre Fragestellungen wird in der Ausstellung nicht gesondert Bezug genommen, was darin begründet sein mag, dass es vorrangig um ein neues, bisher nur von Fachleuten bearbeitetes Gebiet geht. Die Ausstellungsmacher haben zusätzlich eine Ebene für Kinder gestaltet, in der in niedriger Höhe kürzere Texte und interaktive Exponate angebracht sind. Der Ausstellungskatalog (Landesmuseum Württemberg 2009) enthält mehr als 50 Artikel von Autoren internationaler Herkunft, die zumeist in Vorderasiatischer Altertumskunde ausgebildet sind und häufig einen Doktor- oder Professorentitel aufweisen. Die akademischen Grade sind in der Publikation nicht angegeben, es wird demzufolge keinen Wert auf Autorenreputation gelegt. Der Katalog ist neben der deutschen auch in arabischer Sprache angefertigt. Die zusätzliche Produktion in der Landessprache der Fundobjekte ist eine sehr seltene Vorgehensweise innerhalb der Archäologie. Der 320 Seiten starke Band ist mit circa 400 Fotos außerordentlich

79 Das obligatorische Gästebuch ist auch in dieser Ausstellung vorhanden.

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reich bebildert. Er enthält viele ganzseitige, teilweise auch doppelseitige Fotos. 80 Zeichnungen oder Rekonstruktionszeichnungen ergänzen die visuellen Darstellungen. Selbst das Literaturverzeichnis ist mit Fotos durchsetzt und enthält sowohl Fachliteratur als auch populäre Literaturangaben. Im ausführlichen Anhang finden sich neben dem Quellenverzeichnis eine Zeittafel, eine Landkarte, ein Glossar und eine außergewöhnlich umfangreiche Dankesliste. Die Artikel behandeln verschiedene Themen über Qatna sowie das syrischen Umfeld der Stadt. In den Katalog ist auch der Artikel Wie findet man ein Königsgrab? (Al-Maqdissi/Pfälzner 2009) aufgenommen, in dem zuerst die Historie der Ausgrabungen in Qatna skizziert und anschließend die Chronologie des Fundes der Königsgruft geschildert wird. In diesem Artikel sind alle Fundereignisse im Präsens verfasst. Gewisse Formulierungen wirken emotionsverstärkend und zeigen eine Personalisierung der Wissenschaft, beispielsweise habe der Anblick der Gruft „die Ausgräber erstarren“ lassen (Al-Maqdissi/Pfälzner 2009: 105). Auch mögliche Gefahren und Mühen der Archäologen werden geschildert, wodurch das Abenteuer-Bild des Archäologen gefestigt wird, wenngleich die Angaben nicht erfunden, sondern wahrheitsgetreu sind. Solche narrativen Züge treten bei Publikationen archäologischer Wissenschaftler selten auf. Die Schirmherrschaft der Sonderausstellung haben Günther H. Oettinger, seinerzeit Ministerpräsident von Baden-Württemberg, und Mohammad Naji Ottri, Vorsitzender des Ministerrates der Arabischen Republik Syrien, übernommen. Diese Angaben sind im ausführlichen Flyer auf der ersten Innentextseite angegeben und erhöhen die Glaubwürdigkeit und das Renommee der Ausstellung.81 Das Ausstellungsmotiv, das sowohl auf dem Flyer als auch auf den anderen Werbematerialen sowie dem Ausstellungsbuch als Coverbild fungiert, besteht aus dem sogenannten ‚Wächterpaar‘. Ein Foto dieser beiden steinernen Sitzstatuen, die ursprünglich vor dem Eingang der Königsgruft postiert waren, nimmt auf dem Flyer die obere Hälfte der Frontseite ein. Mit der Auswahl dieser Personendarstellung bestätigt sich der Trend zu Personalisierungen. Das stereotype Verwenden von Goldobjekten in Werbematerialien wird hier allerdings nicht beansprucht, obwohl „Schätze“ im Ausstellungstitel genannt sind: Auf gelb-grünem Hintergrund ist mit roten Lettern in Großbuchstaben „Schätze des alten Syrien“ gedruckt. Die beiden Begriffe „Schätze“ und „Syrien“ wirken dabei dominant, da sie um ein Vielfaches größer als die Worte „des Alten“ gedruckt sind. Die Unterüberschrift „Die Entdeckung des Königreichs Qatna“ (ebenfalls in Großbuchstaben) ist in brauner Farbe in 80 Im ersten Themenkapitel Syrien – Das Land wird die Kapiteleröffnung doppelseitig mit einem Foto hinterlegt, das von einem Berg aus einen weiten Blick in eine grüne Ebene zeigt, wobei im Vordergrund eine bunte Blumenwiese zu sehen ist. Dies irritiert diejenigen Betrachter, die eher eine beige Wüste erwarten. 81 Im Kurzflyer findet dieser Umstand keine Erwähnung.

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kleinem Format gehalten. Neben organisatorischen Angaben am unteren Ende des Flyers ist eine Kopfzeile mit dem Aufdruck „Erstmalig in Europa“ eingefügt. Hervorgehoben wird auf dem Cover ferner, dass die Ausstellung als ,Grosse Landesausstellung Baden-Württemberg 2009‘ gilt. Im Inneren des Flyers sind vor allem im Kopfbereich Fotos angebracht, im Übrigen sind auch ab und zu Bilder in die Seiten integriert. Im Inneren des beige gehaltenen Flyers sind hauptsächlich Goldobjekte abgebildet, so dass hier der Schatzaspekt sichtbar zum Tragen kommt. Auch im Text kommt dieser Gesichtspunkt zum Vorschein, denn die Ausstellung wird mit Aussagen wie „unter anderem aus Gold und Halbedelsteinen bestehenden spektakuläre Objekte“ oder „Kostbarkeiten werden gezeigt“ beworben. Die textlichen Informationen, die den Flyer gegenüber den Fotos überlagern, enthalten Angaben zur Historie der Funde, einen Raumplan mit Erklärungen, Informationen über Führungen, Vorträge, Diskussionsabende und Veranstaltungen, eine Kinderseite mit Veranstaltungen, je eine Halbseite mit Informationen in englisch und arabisch sowie Touristeninformationen über Stuttgart. Der Einsatz multimedialer Elemente lässt sich wie folgt beschreiben: Im Foyer der Ausstellung wird eine veränderte Fassung der Terra X-Folge Qatna – Entdeckung in der Königsgruft (s. Kap. 7.6.3) gezeigt. Der zweite mögliche Kontakt der Besucher mit Technik sind gegebenenfalls Audioguides, die kostenlos in deutscher und englischer Sprache sowie in einer Kinderversion ausgegeben werden. Im Eingangsbereich der Ausstellung ist eine computeranimierte Landkarte auf eine tischähnliche Fläche projiziert. Die mit modernen Features animierte Karte zeigt die historische Entwicklung des Großraumes auf und verändert sich innerhalb der chronologischen Abfolge mehrfach. In der Ausstellungsmitte steht die 3DRekonstruktion des Palastes im Mittelpunkt und am Ausstellungsende wird der oben genannte Keilschriftfilm gezeigt. Insgesamt überwiegen bewegte Bilder deutlich, während klassische Bilder eine eher untergeordnete Stellung einnehmen. Fotografien sind in der Ausstellung kaum angebracht. Abgesehen von einem Foto des Naturraumes sind auch keine rezenten Bilder der syrischen Lebenswelt integriert. Rekonstruktionszeichnungen sind nur bezüglich der Grabkammer zu sehen. In einem Ausstellungsbereich sind ganze Wände mit überdimensionalen Siegelabrollungen in weiß-beiger Farbe gestaltet, ansonsten existieren keine wandfüllenden Bildformate. Es lässt sich festhalten, dass in der Ausstellung Objekte gegenüber Bildern dominieren. Die Webseite82 ist inhaltlich stark an den Flyer angelehnt, enthält jedoch noch einige zusätzliche Informationen wie die Auflistung der Leihgeber oder Downloadmöglichkeiten wie beispielsweise den Inhalt des Kinder-Audioguides. Das Design orientiert sich ebenfalls an der Flyergestaltung. In der Mitte der Webseite ist der content auf beigem Hintergrund integriert, links und rechts wurde ein brauner Rah82 www.schaetze-syrien.de (12.08.2010).

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men installiert. Insgesamt verkörpert die Seite einen geordneten Aufbau, bei dem keine multimedialen Elemente oder peppige Features eingebaut wurden.83 Es gibt gleichwohl einen Verweis auf YouTube, wo ein eigens produziertes Ausstellungsvideo hinterlegt wurde.84 Besondere dialogische Möglichkeiten mit den Besuchern werden auf der Webseite nicht eröffnet. Die Ausstellung ist sowohl durch öffentliche Gelder als auch von privaten Sponsoren finanziert. Kommerzielle Elemente sind insofern zu bemerken, als dass die oben erwähnten kostenpflichtigen Veranstaltungen und die Syrien-Reise angeboten werden. Der Museumsshop des Landesmuseums bietet auffallend wenige Waren speziell zu Qatna an. Selbst bei den Postkarten sind lediglich drei Ausstellungsmotive erhältlich. Unter den Artikeln finden sich weder ‚Kitsch‘, noch eine größere Auswahl populärwissenschaftlicher Bücher von Laien-Autoren; einzig der Roman Qatna (Courant 2009) existiert. Dieser ist zum Ausstellungsbeginn erschienen und wird im Shop gezielt vermarktet. Schätze des Alten Syrien – Die Entdeckung des Königreichs Qatna wurde fünf Monate gezeigt und zog gut 100.000 Besucher an. Es gab eine große Presseresonanz,85 beispielsweise berichteten die regionale und überregionale Presse, in der Tagesschau wurde ein Beitrag gesendet, über Qatna wurde eine zweite Terra X Sendung produziert86 (s. Kap. 7.6.3) und in Kombination mit den aktuellen Ausgrabungsergebnissen erschien zum Ausstellungsstart eine GEO Titelstory (Bischoff/Steinmetz 2009). Mit diesen massenmedialen Berichterstattungen wurde in crossmedialer Weise eine große Zahl an Rezipierenden erreicht, ohne dass eigene kostenintensive Werbemaßnahmen ergriffen werden mussten. Matthias Kleiner, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, bewertet die Ausstellung im Grußwort des Kataloges folgendermaßen: „So exzellent wie die archäologische Forschung ist auch ihre Vermittlung an die interessierte Öffentlichkeit. Die eindrucksvolle Ausstellung, die das Landesmuseums Württemberg in 83 Das Landesmuseum hat einen Auftritt bei Flickr, Twitter und Facebook, die QatnaAusstellung jedoch weist zum Stand August 2010 (also nach Ausstellungsende) auf keinen gesonderten Auftritt hin. 84 Dieses 7:30 Minuten lange Video wurde gänzlich ohne Sprechertext angefertigt. Es ist in der Anfangsphase mit ruhigem Schnitt gestaltet, mit klassischer Musik hinterlegt und fokussiert bildlich das Alte Schloss, in dem sich das Landesmuseum befindet. Im Verlauf des Filmes sind Aufnahmen der Ausstellung zu sehen und Popmusik zu hören; der Schnitt ist zu diesen Sequenzen schneller und teilweise ist eine rasche Bildfolge zu beobachten. Das Video ist mittlerweile nicht mehr online verfügbar. 85 Zu beachten ist, dass Resonanz von Fachleuten abermals inexistent ist. 86 Die Sendung Qatna – Entdeckung in der Königsgruft wurde im Februar 2010 im ZDF gesendet. Der Beitrag Flammen über Qatna lief erstmals im November 2005.

154 | WA (H )RE A RCHÄOLOGIE Zusammenarbeit mit den Archäologen und der syrischen Generaldirektion der Antiken und Museen zusammengestellt hat, ist hierbei ein Meilenstein. Wissenschaft und Forschung sind auch kulturelle Faktoren. Sie können nur zur Wirkung gebracht werden, wenn die Institutionen der Wissenschaft und die Wissenschaftlerinnen und die Wissenschaftler selbst die Vermittlung ihrer Arbeit an die interessierte Öffentlichkeit als eigenständige Aufgabe ernst nehmen und sie gemeinsam mit den Akteuren in Kultur, Politik und Gesellschaft betreiben. Diese Ausstellung ist ein herausragendes Beispiel für eine gelungene Kooperation.“ (Kleiner 2009: 21)

Insgesamt werden in dieser Ausstellung bestehende Traditionen archäologischer Ausstellungen bestätigt: Das Zeigen von glanzvoller Hochkultur und der Fokus auf Reichtum und Schätze. Damit wird das Stereotyp des schatzsuchenden Archäologen gefestigt. Bei der Darstellungsweise haben die Verantwortlichen viel Wert auf Inszenierungen gelegt, was aber nicht störend oder unangebracht wirkt. In der Ausstellung sind sowohl unterhaltende als auch informative Elemente in umfangreichem Ausmaß vorhanden, so dass eine geglückte Balance zwischen diesen beiden Polen erreicht wurde.

6.6. F AZIT In diesem Kapitel werden abschließend diverse Aspekte der drei Großausstellungen miteinander verglichen und zum Teil mit den allgemeinen Ausführungen der Arbeit in Bezug gesetzt. Die hohen Besucherzahlen bei allen untersuchten Sonderausstellungen verdeutlichen ein großes Interesse an Themen der entfernten Vergangenheit. Es zeigt sich, dass im kollektiven Gedächtnis seit langem bekannte Motive wie Tutanchamun oder Babylon noch immer eine immense Zugkraft besitzen, da sie bei sehr vielen Menschen Assoziationen hervorrufen, an die wiederum die Ausstellungen anknüpfen. Bei den beiden Ausstellungen dieser Thematik wurde kein spezifisches Zielpublikum, sondern die breite Öffentlichkeit anvisiert. Qatna hingegen war für die meisten Besucher ein neuer Begriff, so dass insbesondere das Publikum angesprochen wurde, welches bereits am gegenwärtigen oder alten Orient bzw. an Geschichte oder Archäologie generell interessiert ist. Durch die moderne Machart wurden aber auch bewusst jüngere Besucher angelockt. Die Resonanz belegt, dass auch ein neues Thema wie Qatna für viele anziehend ist. Für die Presse waren alle genannten Ausstellungen ein berichtenswertes Ereignis, denn sowohl im Fernsehen, in überregionalen und lokalen Zeitungen, in Wochen- und Monatsmagazinen sowie in Internetauftritten wurden Beiträge veröffentlicht. In der eigenverantwortlichen Öffentlichkeitsarbeit der Ausstellungen wird auf Webseiten und Flyern häufig auf diese

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Presseberichte hingewiesen, so dass für die Ausstellungsmacher neben der Selbstdarstellung auch die Fremddarstellung von Relevanz ist. Nicht zuletzt an der vielseitigen Presseresonanz sowie den Vermarktungsformen ist erkennbar, dass die Ausstellungen nicht mehr nur als ein eigenes Medium zu betrachten sind, sondern in ein Konglomerat von verschiedenen Medien eingebunden sind. Auch innerhalb der Ausstellungen kann Medienkonvergenz eine bedeutende Rolle einnehmen, wie bei den Darstellungsweisen von Qatna und Tutanchamun ersichtlich ist. Der von Medienschaffenden häufig genutzte Faktor der Prominenz zeigt sich auch in allen Eigendarstellungen der Sonderausstellungen. 87 Sowohl die privat finanzierte Tutanchamun-Ausstellung als auch die staatlich ausgerichteten Ausstellungen Babylon und Qatna betonen die Schirmherrschaft von berühmten Persönlichkeiten auf ihren Flyern und anderem Werbematerialien. Akademische Titel von Altertumswissenschaftlern werden darüber hinaus vorrangig bei der TutanchamunAusstellung in den Vordergrund gerückt. Deren Organisatoren haben sich als Neulinge im Ausstellungswesen im Gegensatz zu den Stuttgarter und Berliner Ausrichtern bisher weder einen Ruf erworben, noch können sie durch ‚ehrwürdige‘ Ausstellungslokalitäten Seriosität vermitteln, so dass in diesem Fall prominente Namen aus Politik und Wissenschaft zur Legitimation genutzt werden. Die TutanchamunAusstellung gastierte in Zürich in einer Fabrikhalle, in der zuletzt Molkereiprodukte abgefüllt wurden, und in München in der Event-Arena des Olympiaparks. Die Qatna-Ausstellung residierte in Stuttgart im Alten Schloss, in Berlin wurde die Babylon-Ausstellung im altbekannten Pergamonmuseum gezeigt; einem Traditionshaus, welches Teil des Weltkulturerbes Museumsinsel ist. Unterschiedlicher können die Ausstellungsorte der staatlichen und der privaten Veranstalter kaum sein. Sievers’ Frage, ob die klassischen Repräsentationsorte durch den Strukturwandel der kulturellen Öffentlichkeit weiterhin die traditionelle Relevanz besitzen (Sievers 2005/2006: 25), kann hier einerseits bejaht werden, weil die Ausstellungsresonanz in den klassischen Häusern die Erwartungen bezüglich der Besucherzahl übertroffen haben. Andererseits ist eine Ausweitung der althergebrachten Ausstellungsorte festzustellen, denn auch neue, ungewöhnliche Orte wie bei der Tutanchamun-Ausstellung ziehen Besuchermassen an. Eine Pluralisierung sowohl der Wissensvermittler als auch der Orte der Wissensvermittlung, wie es für die Wissensgesellschaft kennzeichnend ist (vgl. Kap. 4.2.1), lässt sich anhand der Ausstellungen belegen. Shanks/Tilley heben hervor, dass die Gegenwart der Vergangenheit in besonderem Maße die Anziehungskraft von Archäologie und Ausstellungen ausmacht, auch wenn dies objektiv gesehen immer eine Illusion bleiben muss (Shanks/Tilley 1987: 73ff). Um allgemein bei Rezipierenden eine besondere Reaktion oder Wissensan87 Um den Textfluss nicht zu behindern, werden die Ausstellungen im Folgenden nur noch mit der Kurzbezeichnung Babylon, Qatna bzw. Tutanchamun angegeben.

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eignung hervorzurufen, werden in der gegenwärtigen Gesellschaft häufig Erfahrungen – insbesondere durch Events – angestrebt (s. Kap. 4.3). Der Versuch, die Vergangenheit gegenwärtig erfahrbar zu machen, wurde vor allem bei der Tutanchamun- und der Qatna-Ausstellung durch die sinnlichen Inszenierungen unternommen. Insbesondere durch die suggerierte Rolle des Besuchers als Protagonisten werden die genannten Effekte hervorgerufen. Auch in der Babylon-Ausstellung wurde ein visuelles Eintauchen in die Vergangenheit ermöglicht, die Auswirkungen der Geschichte auf die Gegenwart wurden allerdings vorrangig textlich betont. Um ein gelungenes Erlebnis zu erreichen, ist insbesondere eine authentische Atmosphäre wichtig. Dass künstlich inszenierte Welten vom Besucher als artifizielle Authentizitäten bejaht werden, wird anhand der hohen Besucherzahlen der TutanchamunAusstellung deutlich, die neben den künstlichen Objekten den Erlebnisfaktor als Authentifizierungsstrategie einsetzt. Aber auch die Originalobjekte der BabylonAusstellung werden vom Publikum hervorragend angenommen, so dass nachweislich beide Konzepte akzeptiert werden. Interesse, Spannung und Aufnahmefähigkeit können in einer Ausstellung erzeugt werden, indem eine Verknüpfung der Ausstellungsobjekte mit der Lebenswelt des Besuchers hergestellt wird (Grütter 1992: 183; Scholze 2004: 199). Dies wurde bei den Untersuchungsbeispielen insofern gemacht, als dass der Besucher bei Tutanchamun die Entdeckerrolle übernahm, bei Qatna konnte der Ausstellungsgast einen Besuch des historischen Palastareals nachempfinden und bei Babylon wurde in der Ausstellung auf weitläufig bekannte Vorstellungen Bezug genommen In keiner Ausstellung jedoch wurden direkte Verweise auf aktuelle Aspekte der Kultur, Politik oder archäologischen Wissenschaft – in Deutschland oder dem jeweiligen Land – vorgenommen. Trotz dem Bezug zur eigenen Lebenswelt und der damit hergestellten Nähe geht es schlussendlich auch um eine Reise in eine ferne Welt und Kultur. Diese wird für den Besucher gegen eine Gebühr ermöglicht: Mit dem Eintrittsgeld dürfen die zahlenden Gäste an Erlebnissen oder an der glanzvollen Hochkultur teilhaben und eine Immersion ähnlich wie bei einem Film erfahren. 88 Zu den kommerziellen Aspekten sei noch angemerkt, dass private Sponsoren der Ausstellungen bei Qatna und Babylon dezent im Hintergrund genannt wurden, während bei der Tutanchamun-Ausstellung mit einem Stand der Tourismusbranche im Eingangsbereich der Ausstellung eine für alle Besucher evidente Kooperation zu Tage trat. Die Museumsshops der Babylon- und Tutanchamun-Ausstellung bieten eine Vielzahl von Produkten an, während der Shop des Stuttgarter Museums nur sehr wenige spezifische Waren offeriert. Die Webauftritte der drei Ausstellungen wurden gänzlich ohne Werbung gestaltet.

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88 Ergänzend dazu stellt Müller-Scheeßel (1999b: 142) die – ungelöste – Frage, ob die käuflichen Repliken von archäologischen Objekten in Museumsshops suggerieren, dass man sich Vergangenheit als Ware aneignen kann.

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Um für den Besucher, abgesehen vom eigentlichen Besuchserlebnis, einen nachhaltigen Lerneffekt zu erzielen, gelten gewisse Faktoren zur längerfristigen Wissensaneignung als hilfreich. Dazu zählen etwa Emotionen, Unterhaltung, Erlebnisse, Irritationen oder Gruppenbesuche (s. Kap. 4.5). Grötsch merkt ferner an, dass Erlebnisse und Emotionen in Ausstellungen nicht nur die Erinnerungsfähigkeit erhöhen, sondern auch einen wichtigen Anreiz für einen wiederholten Ausstellungsbesuch bieten (Grötsch 2008: 127). Unter Berücksichtigung dieser Faktoren lässt sich bezüglich der untersuchten Ausstellungen Folgendes konstatieren: Die Babylon-Ausstellung erzeugte aufgrund ihres Inhaltes, der sich offensiv gegen die gängigen Stereotypen wendet, Irritationen. Die Erzeugung von Emotionen wie beispielsweise Spannung wurde von den Verantwortlichen dieser Ausstellung kaum angestrebt. Die Besucher der Tutanchamun-Ausstellung wurden weniger mit Irritationen ihres vorhandenen Wissensbestandes konfrontiert, sondern haben vorrangig etwas erlebt. Die Ausstellungsmacher haben durch die Einteilung der Besucher in Gruppen und die Schaffung von Erlebnissen und Emotionen ein erhebliches Erinnerungs- und Lernpotential geschaffen. 89 In der Gesellschaft ist gegenwärtig der Bildungsbegriff bei manchen noch negativ besetzt und wird beispielsweise gedanklich mit dem Besuch eines traditionellen Museums verknüpft. Die Besucher der Tutanchamun-Ausstellung dürften diese vermutlich nicht bewusst mit Bildung assoziieren, haben sich aber trotzdem Wissen angeeignet. Die Königsgräber von Qatna in Syrien weisen gewisse Parallelen mit dem Grab Tutanchamuns in Ägypten auf, denn die Grabanlage entstand etwa zur gleichen Zeit, bestand auch aus mehreren Kammern und blieb ebenfalls unberaubt, was überaus selten der Fall ist. Aber auch in der Ausstellungskonzeption lassen sich Ähnlichkeiten zwischen Qatna und Tutanchamun feststellen, denn von beiden Ausstellungsmachern werden sowohl Emotionen, eine Entdeckerstimmung, erstrangige Ästhetik und der verstärkte Einsatz von Multimedia angestrebt. Aufgrund dieser Elemente ist von einem potentiell hohen Lernfaktor auszugehen. Opaschowskis Statement, dass Sonderausstellungen zu einem Erlebnisraum für ein breites Publikum avanciert sind und Museumsbesuche dadurch zum Freizeitereignis werden, trifft auf die untersuchten Ausstellungen zu. Insbesondere Tutanchamun und Qatna bieten die von Opaschowski konstatierten sinnlichen Erlebnisse statt Verstaubheit, wodurch Bildungsbarrieren abgebaut werden können (Opaschowski 1993: 199). Nach Mattl sollten Ausstellungen als wahr gelten, wohingegen Genuß, Thrill und Lebenserfahrung zu trivialen, kommerziellen Ausstellungen gehören (Mattl 1994: 24). Mattls Unterscheidung lässt sich hier nicht mehr trennscharf vornehmen. Sowohl Tutanchamun als auch Qatna bieten sowohl Entdeckererlebnis und Erfahrungen, die die Besucher selbst machen können. Darüber hinaus 89 Malek sieht diese Replikenausstellung im Bezug auf den Bildungs- und Informationswert als den üblichen Ausstellungen überlegen an (Malek 2009).

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dürfte Genuss, eine noch subjektivere Kategorie, bei Ausstellungen jeglicher Art potentiell spürbar sein, auch wenn der Genussfaktor bei diesen Ausstellungen auffällig in den Vordergrund gerückt ist; am intensivsten bei der TutanchamunAusstellung. Scholze weist darauf hin, dass in der Geschichtsschreibung die Ästhetik eine größere Wirkmächtigkeit gegenüber der Rhetorik besitzt. Rhetorik versucht zu appellieren, während Ästhetik durch sinnliche Anschauung wirkt (Scholze 2004: 140). Der ästhetische Faktor ist in allen Ausstellungen sichtbar, aber gerade die Tutanchamun-Ausstellung sorgt für eine intensive ästhetisch-reizvolle Gestaltung. Der starke Fokus auf visueller Attraktivität beginnt bereits bei der Flyer- und Webseiten-Gestaltung und findet in der Ausstellung ihren Höhepunkt. Ein weiterer Vergleichsaspekt offenbart Unterschiede zwischen den traditionellen und den privaten Veranstaltern: Der Ausstellungskatalog von Tutanchamun zeigt nur eine Auswahl der ausgestellten Objekte, richtet sich an ein Laienpublikum und beinhaltet nur ein sehr knapp gehaltenes und schwer zu findendes Verzeichnis mit weiterführender Literatur. Die Berliner Publikation zum Bereich ‚Wahrheit‘ sowie der Ausstellungsband zu Qatna enthält jeweils mehr als 400 Abbildungen sowie eine Vielzahl von Artikeln, die den aktuellen Forschungsstand zu den verschiedensten Themen umfassend widerspiegeln. Zudem sind ausführliche Quellenverzeichnisse angefügt, was die zusätzliche Ausrichtung des Kataloges an ein wissenschaftliches Publikum verdeutlicht. Zum Vergleich sei noch angeführt, dass die Seitenzahl des Berliner Kataloges der Gesamtausstellung nicht weniger als siebenmal umfangreicher ist als die der Tutanchamun-Ausstellung.90 Der ideale Textumfang in Ausstellungen wird sowohl in der Forschungsliteratur als auch von Besuchern ganz unterschiedlich bewertet. Dawid/Schlesinger etwa sind Verfechter von wenig Text. Sie betonen, dass Besucher ins Museum gehen, um etwas zu sehen. Wollten sie lesen, nähmen sie ein Buch zur Hand. Die Autoren bemängeln, dass die Besucher aufgrund der vielen angebrachten Texte zwangsweise im Stehen lesen müssten, was unangenehm ist (Dawid/Schlesinger 2002a: 7; vgl. Waidacher/Raffler 2005: 165). Während bei der Babylon-Ausstellung lange Texte dominierten, wurden bei Tutanchamun und Qatna häufig kürzere Textbausteine eingesetzt. Beide Arten wurden vom Publikum gut angenommen. 91 Ausstellungstexte werden generell in Deutschland zumeist von den Kuratoren geschrieben (Da-

90 An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass es zusätzlich zum knappen Ausstellungskatalog zur Tutanchamun-Ausstellung noch eine, bereits existierende, Publikation mit den Originalobjekten gab, der als Band zur Ausstellung angeboten wurde. 91 Eine empirische Besucherforschung darüber existiert nicht, allerdings bestätigen die Kuratoren der Babylon-Ausstellung, dass die langen Texte nachweislich von Besuchern rezipiert wurden.

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wid/Schlesinger 2002b: 25ff).92 Dieser Umstand trifft auch auf die Ausstellungen über Babylon und Qatna zu, bei der Tutanchamun-Ausstellung haben die beiden wissenschaftlichen Berater die federführende Rolle inne. Bereits vor über 20 Jahren wurden Forderungen nach einer Pluralität der Zugänge zu historischer Vergangenheit laut (vgl. Endrödi 1988: 124ff; Shanks/Tilley 1987: 97ff). Inwieweit die Aufweichung der vorherrschenden Stellung der Wissensvermittlung durch Fachwissenschaftler und Museen in der Praxis jedoch tatsächlich existiert, wird anhand der unterschiedlichen Ausstellungsmacher der vorgestellten Sonderausstellungen sichtbar. Die Monopolstellung der traditionellen Institutionen von Wissensvermittlung ist mittlerweile aufgehoben; neue Akteure agieren am Markt. Die Konsumierenden akzeptieren dabei unabhängig vom Veranstalter die Angebote. Mit den Erlebnisausstellungen wird die kontroverse Frage, ob eine Ausstellung oder ein Museum als Freizeiteinrichtung fungieren darf und gleichzeitig einen Bildungsanspruch einlöst (vgl. Bröckers 2007), neu entfacht. Opaschowski merkte bereits 1993 an, dass sich die Kultur wieder den Besuchern anpasst und nicht umgekehrt, wodurch Museen wieder kreativ-kommunikative Lernorte im Freizeitbereich geworden sind (Opaschowski 1993: 194). Insbesondere die Veranstalter der Tutanchamun-Ausstellung bieten Besuchern ein wesentlich größeres Erlebnis, als es in traditionellen archäologischen Ausstellungen üblich ist, die von ausgebildeten Fachwissenschaftlern organisiert werden. Auch die Qatna-Ausstellung bietet ein Nacherleben mehrerer Aspekte an und die Babylon-Ausstellung weist durch die monumentalen Objekte eine Inszenierung eindrucksvollen Ausmaßes auf. Rahmenprogramme sind bei allen Dreien vielfältig gestaltet und bieten Events für unterschiedliche Zielgruppen an. Wenn ein Eintauchen in eine faszinierende Welt noch gepaart ist mit einer oder mehreren Geschichten, sind die wichtigsten Faktoren für eine gelungene Darstellung erfüllt, betont Kagelmann (1998: 79). Diese narrativen Aspekte treten besonders bei Tutanchamun, aber auch bei Qatna zu Tage. Anhand der Fallbeispiele lässt sich sagen, dass der von Schulze (1992) auf die 1980er Jahre konstatierte Trend zur Erlebnisorientierung anhält und in Ausstellungen Einzug gefunden hat. Die Nachfrageperspektive der Gesellschaft nach Erlebnissen wurde bei der Tutanchamun-Ausstellung so ausdrücklich und ausschließlich umgesetzt wie kaum zuvor bei kulturhistorischen Ausstellungen, bei der Qatna-Ausstellung spielte sie ebenfalls eine grundlegende Rolle. In Berlin hingegen wurden nicht vorrangig Erlebniswünsche bedient, sondern diejenigen Aspekte dargestellt, welche die Wissenschaftler als wichtig betrachten. Jedoch ist sowohl der Erlebnisfaktor (Tutanchamun), die Multimedialität (Tutanchamun und Qatna) als auch eine eher klassische Objektpräsentation (Babylon) in Bezug auf die Zuschauerresonanz er92 In Staaten wie den USA oder Großbritannien hingegen gibt es den Bereich ,Ausstellungstexte schreiben‘ als eigenen Berufszweig (Dawid/Schlesinger 2002b: 28).

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folgreich. Daher lässt sich keine Begrenzung auf ein gängiges Erfolgsmodell der Gegenwart bzw. Zukunft ableiten. Ob Erfahrungen für die Besucher wichtiger geworden sind als Objekte bzw. Kenntnisse über kulturgeschichtliche Abläufe, bleibt offen. Auf jeden Fall wurde in allen drei Ausstellungen die Möglichkeit eines umfangreichen Wissenserwerbs geboten. Historische Ausstellungen sind nicht ausschließlich Vergangenheitsbewältigung, sondern bieten Gegenwartserkenntnis und Zukunftsorientierung (Borsdorf/Grütter/Rüsen 2004: 10). Vergangenheit wird explizit als ein Produkt der Gegenwart gesehen, so dass Ausstellungsmacher nicht nur als Vermittler, sondern auch als Produzenten von Wissen und Geschichtsbildern fungieren (MüllerScheeßel 1999b: 144). Sie haben darüber hinaus einen bedeutenden Einfluss auf zukünftige Formen der Wissensvermittlung, da durch großangelegte Ausstellungen Trends gesetzt oder Rezeptionsstandards geformt werden können. Ledergerber betont bezüglich der Tutanchamun-Ausstellung: „Die Ausgestaltung als wissenschaftlich abgesichertes Edutainment wiederum liegt im erfolgreichen Trend, Kulturinteressierte gleichermaßen intellektuell wie emotional anzusprechen.“ (Ledergerber 2008: 3) Sein Zitat kann auch stellvertretend für die Qatna-Ausstellung gelten. Insgesamt bestätigt die Erlebnisorientierung in den historischen Ausstellungen den gegenwärtigen Gesellschaftstrend, Erlebnisse anzubieten und Wissensvermittlung mit Unterhaltung zu verknüpfen. Zugleich demonstrieren die unterschiedlichen Konzeptionen aber auch Vielfältigkeit. Die inhaltliche Ausblendung von kritisch zu hinterfragenden Gesichtspunkten wie bei der Tutanchamun-Ausstellung ist zu kritisieren und sollte keinen grundsätzlichen Vorbildcharakter für andere Ausstellungen haben (vgl. Nahrstedt 2002: 382f). Zwar wird bei Freizeitparks wie Disneyworld oder dem Europapark eine größtmögliche ‚Wohlfühlatmosphäre‘ für die Besucher angestrebt. Bei Ausstellungen wissenschaftlichen Inhaltes sollte jedoch trotz besucherorientierter Darstellungsweise eine sachliche Korrektheit und Ausgewogenheit vorherrschen. Die Inszenierungen bergen darüber hinaus die Gefahr des ,Geschichte-Erlebens‘, ohne beim Besucher ein differenziertes Hinterfragen der gezeigten Version von Geschichte anzuregen (vgl. Scholze 2004: 154, 198). Ferner ermöglicht der allen drei Ausstellungen inhärente Fokus auf Schätze und Herrscher zwar große Besucherzahlen, spiegelt aber kein ausgewogenes Gesellschaftsbild wider. Zu einem reflektierten Geschichtsbewusstsein ist es jedoch nötig, auch das Leben der normalen Bevölkerung zu vermitteln. Außerdem wird nicht nur ausschließlich die männerdominierte Geschichte der Eliten präsentiert, sondern auch die jeweils erwähnten Grabungsleiter sind männliche Archäologen, wodurch Frauen in den Ausstellungen kaum bzw. gar nicht vorkommen.

7. Fernsehen

In diesem Kapitel wird zuerst die generelle Bedeutung des Fernsehens behandelt, bevor neben der Erwähnung von historischen Spielfilmen insbesondere dokumentarische Formate der Wissensvermittlung erläutert sind. Im speziellen stehen dabei Dokumentarsendungen der Reihe Terra X im Fokus. Diese Sendereihe prägt archäologische Dokumentationen in Deutschland seit vielen Jahren und erreicht die höchsten Zuschauerzahlen in diesem Genre, daher werden von diesem Format drei Sendungen genauer untersucht.

7.1. M ERKMALE

DER

P RODUKTION

UND

R EZEPTION

„Als Folge seiner sozialen Verwendung als Informations- und Dokumentationsmittel ist das Fernsehen zum Verkörperer des Realitätsprinzips in der modernen Gesellschaft geworden.“ (SCHMIDT 1994: 17)

Nicht das Buch oder die Zeitung gilt heute als Leitmedium der westlichen Gesellschaften, sondern das Bildmedium Fernsehen (vgl. Reichertz 2009: 220; HansBredow-Institut 2008: 237).1 Mehr als 96% aller Bundesbürger schauen mindestens einmal pro Woche fern, 78% sehen sich täglich etwas aus dem Fernsehprogramm

1

Das Fernsehen avancierte damit zum wichtigsten Medium, obwohl es gegenüber anderen Medien das aufwändigste Herstellungsverfahren benötigt (Reichertz 2009: 220). Zeitungen galten vor einigen Jahrzehnten als Leitmedium. Sie weisen gegenwärtig mit circa 25 Minuten ähnliche Nutzungszeiten wie Bücher auf (Hans-Bredow-Institut 2008: 34, 36), während das Radio seit Jahren eine konstant hohe Nutzungszeit von circa 3h täglich erreicht (ARD/ZDF Onlinestudie 2009), aber im Einfluss als geringer angesehen wird.

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an (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 199).2 Die Fernsehnutzung liegt bei 211 Minuten pro Tag,3 was eine Zunahme von 21% zwischen 1995 und 2005 bedeutet (Sevenonemedia 2006: 16). Diese Erhöhung des Zeitbudgets macht die überaus einflussreiche Rolle des Fernsehens deutlich, da die Steigerung trotz der Konkurrenz des Internets eintrat, in dem ebenfalls vermehrt Bewegbilder abrufbar sind. Das Fernsehprogramm ist vollständig auf die Zuschauer ausgerichtet. Dementsprechend wird die Gestaltung der einzelnen Beiträge anhand von Publikumsinteressen vorgenommen, wobei hier Unterschiede zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privaten Sendern vorliegen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, vom dem in Kapitel 7.5.1 einige Sendungen besprochen werden, strebt aufgrund des gesetzlich festgelegten Bildungsauftrages ein qualitatives Programm an, während sich Privatfernsehen ausschließlich an den Publikumsgeschmack wendet. Für die öffentlich-rechtlichen Sender bedeutet dies, dass nicht um jeden Preis ein Erreichen von Massenpublikum anzustreben ist. Ziel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es, die Gesamtgesellschaft zu erreichen (Stock 2005: 318f). Dieses festgelegte Grundprinzip wird jedoch von den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Praxis eingeholt: Fernsehen gilt heute als Ware. 4 Dabei sind die Fernsehzuschauer nicht mehr (nur) Konsumenten, sondern werden als Produkt angesehen, das an die Werbetreibenden verkauft wird (Bolz 2007: 44f). Dieser Umstand galt schon immer für die privaten Sender, hat mittlerweile aber auch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten erreicht. Die Unabhängigkeit von marktbeherrschenden Kräften sollte durch die überwiegende Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender gegeben sein, was allerdings nur noch bedingt zutrifft. Auch diese Sender müssen hohe Einnahmen und gute Quoten erreichen (Spitzing 2010: 220).5 Stock (2005: 319) ist der Meinung, dass ein reines Bildungsprogramm zu einem Minderheitenprogramm führen würde, so dass Popularisierung auch für die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten unabdingbar ist. Einerseits erfolgt diese aufgrund des Legitimationsdrucks,

2

Warum Zuschauer TV-Angebote nutzen, sehen Borstnar/Pabst/Wulff darin begründet, dass sie bestimmte Bedürfnisse befriedigen und sich belohnen wollen. Konkret kann das beispielsweise der Ersatz von Sozialkontakten, Ablenkung, Zeitvertreib, Selbstfindung oder Informationsgewinnung sein (Borstnar/Pabst/Wulff 2002: 31).

3

Die tägliche Nutzungsdauer ist für alle Personen in Deutschland ab 3 Jahren errechnet.

4

Deutlich wird dieser Aspekt beispielsweise daran, dass die Komposition der Filmmusik von Spielfilmen teilweise bereits im Vorfeld an den Unterbrechungen der Werbeblöcke ausgerichtet wird (Heidböhmer/Kinkel 2006). Zum Spannungsfeld zwischen Anspruch und Wirklichkeit der öffentlich-rechtlichen Sender siehe auch Jessen (2010).

5

Dies hat Auswirkungen: Vor allem infolge des Einnahmenrückgangs aufgrund der privaten Konkurrenz wurden die Formate der öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme moderner, zeitgemäßer und unterhaltender (Stock 2005: 318ff).

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da die öffentlich-rechtlichen Sender von allen Zuschauern bezahlt werden, andererseits, weil Werbeeinnahmen notwendig sind: „Der Popularisierungsdruck ist umso größer geworden, je umkämpfter der Markt, je härter der Wettbewerb, je erfolgreicher die Konkurrenz geworden ist, und umgekehrt: je geringer – im öffentlich-rechtlichen Fall – die Gebührenakzeptanz wird und je weiter sich die Gesellschaft in ihrem Zuschauerverhalten von den öffentlich-rechtlichen Qualitätsstandards entfernt.“ (Stock 2005: 320)

Aufgrund des ökonomischen Drucks steigt auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen die Bedeutung der Einschaltquoten ständig an, die zukünftig (noch) wichtiger als die Inhalte werden (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 215). Götz-Sobels Aussage verdeutlicht das Fokussieren auf Zuschauerzahlen: „[...] wenn unsere Sendung 30 Sekunden langweilig ist, dem Interesse kurzzeitig nicht entspricht, dann haben wir sofort 100.000 Zuschauer verloren“ (Götz-Sobel 2006: 127). Diese Ausführung in Bezug auf ZDF-Primetime-Dokumentationen verdeutlicht die notwendige exakte Ausrichtung an aktuellen Publikumsbedürfnissen und hebt die Konzentration auf die Zuschauerbindung statt auf Informationsvermittlung hervor (vgl. Stern 1994: 10). Die starke Ausrichtung des Fernsehens am Publikum unterscheidet es elementar von Formaten der Wissensvermittlung durch Fachwissenschaftler. Wissenschaftsveröffentlichungen dienen vorrangig dem Verbreiten von neugewonnenen Erkenntnissen, Fernsehformate hingegen zumeist dem Erreichen von hohen Zuschauerzahlen. Dazu müssen Fernsehberichte immer in Geschichten eingebettet werden (Göpfert 2000: 154). Während bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen die Inhalte oberste Priorität haben, nimmt bei Fernsehsendungen nicht das Thema, sondern die Gestaltung eine entscheidende Rolle ein. Van Appeldorn behauptet sogar, dass Inhalte für den Erfolg oder Misserfolg von Filmen und Fernsehsendungen nicht ausschlaggebend sind (vgl. Wachau 1999: 2). Ein weiterer Unterschied ist, dass Publikationen wissenschaftlicher Autoren zumeist ausschließlich von einem bestimmten Autor stammen, während bei einer Filmproduktion eine Vielzahl von Mitarbeitern mitwirkt. Produzenten, Regisseure, Kameraleute, Ausleuchter, Drehbuchschreiber, Reenactmentdarsteller, Redakteure, Finanziers und viele Andere bringen ihre persönliche Sichtweise ein. Daneben müssen Senderkonventionen, Sendeplatzformate und das potentielle Zielpublikum berücksichtigt werden (vgl. Parastar 2006: 186). Aufgrund der großen Zahl an Akteuren lässt sich das filmische Endprodukt demzufolge keiner einzelnen Person zuordnen, wie es beispielsweise bei wissenschaftlichen Monographien der Fall ist. Die Bedeutung eines Films ist nicht von vorneherein determiniert. Filmproduzenten schaffen zwar bestimmte Deutungsangebote und inszenieren bewusst bestimmte Lesarten, die sich beim Betrachter jedoch individuell je nach sozialen und

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kulturellen Rahmenfaktoren entfalten (Mikos 2005: 458; Schmidt 1994: 16). Im Fernsehen wird die Rezeption allerdings wesentlich mehr als bei Print- oder Onlineprodukten gesteuert. Nicht nur die Geschwindigkeit ist vorgegeben, auch die emotionale Empfindung wird in stärkere Bahnen gelenkt, wodurch der Freiraum zur Imagination erheblich eingeschränkt wird. Zwar dominiert das Bild, aber Fernsehen bietet darüber hinaus vielfältige Angebote der Wahrnehmung: Körpersprache, Kostümsprache, Ausstattung, Kameraführung, Musikuntermalung, Sprecherstimme, Schnitt, Effekte, Architektur, Licht sowie die Wiederholung von Situationsstereotypen6 sind einige der vielfältigen Aspekte, die auf die Zuschauer einwirken (Schmidt 1994: 16, Maurer 2010: 57).7 Für meisten Zuschauer bedeutet Fernsehen vor allem emotionales Erleben, d.h. Spaß, Spannung und Entspannung (Dehm/Storll 2003).8 Während Emotionen bei Printmedien im Regelfall auf ein gewisses Maß beschränkt bleiben, können durch die Kombination von Visualisierungen mit Audio-Effekten intensivere Gefühle hervorgerufen werden. Emotionale Empfindungen treten vorrangig bei Sendungen auf, die von den Zuschauern als Unterhaltung eingestuft werden; diese rufen bei 63% der Zuschauer Emotionen hervor. Bei (expliziten) Informationssendungen konstatieren immerhin noch 45% ein emotionales Erleben. Speziell der Aspekt Spaß, üblicherweise dem Unterhaltungsgenre zugeordnet, wird nachweislich auch bei Wissenssendungen evoziert; mehr als 2/3 der Zuschauer empfinden Spaß an diesen Sendungen (Dehm/Storll/Beeske 2005: 52).9 Es ist demzufolge bei der Emotionsempfindung nicht von Bedeutung, ob die Zuschauer die Programme als unterhaltende oder informierende Sendung einordnen. „Die Dichotomie Information versus Unterhaltung ist eine künstliche, bezeichnet formale Kategorien, die organisatorischen Wert haben, aber nicht das Fernseherleben des Publikums widerspiegeln.“ (Dehm 2008: 485)10

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Bekannte Beispiele sind der Sonnenuntergang auf der Ausgrabungsstätte oder die Jeepfahrt des Archäologen.

7

Zum Diskurs in den cultural studies, inwieweit eine Lesart und Wirkung durch den Film festgelegt oder individuell geprägt ist, siehe weiterleitend Borstnar/Pabst/Wulff (2002: 19).

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Dehms Rezipientenstudien konnten fünf Aspekte von ganzheitlichen, positiven Fernseherlebnissen ausmachen (Reihenfolge in absteigender Wichtigkeit): Emotionalität, Orientierung, Zeitvertreib, Ausgleich und soziales Erleben. Bei Anhängern von Wissensformaten steht das Orientierungserlebnis im Vordergrund (Dehm 2008).

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Bei der Studie wurde unter anderem die Rezeption der Sendungen Wunderbare Welt (ZDF) und Galileo (Pro7) untersucht.

10 Die Aussage ist Ergebnis einer weiteren Studie. Hierbei wurden Rezipienten-Reaktionen auf Wissenschaftssendungen im Vergleich zu Gute Zeiten, Schlechte Zeiten analysiert (Dehm 2008: 494).

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7.2. A RCHÄOLOGIE IM S PIELFILM „Kino- und Fernsehfilme prägen heute wie kaum ein anderes Medium Geschichtsbilder.“ (MEIER/SLANIKA 2007: 7)

Spielfilme sind kein Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, da sie explizit zu Unterhaltungszwecken und nicht zur Erzielung eines wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnes angelegt sind. Aufgrund ihres in der Gesellschaft sehr bedeutenden Einflusses auf historische Vorstellungen sowie aufgrund des vermehrten Einsatzes von Spielfilmszenen in Dokumentationen wird diese Medienart, und das Vorkommen des Alten Orients, dennoch kurz erläutert. Geschichtsmotive dienen für Kino- und Fernsehspielfilme immer wieder als Setting für fiktive Stories, wobei sich gerade Legenden und Mythen einer großen Beliebtheit erfreuen (vgl. Izod: 2001: 1). Aber auch reale Ereignisse aus der Vergangenheit werden filmisch auf- und umgearbeitet (vgl. Francaviglia/Rodnitzky 2007). Im Gegensatz zu historischen Dokumentationen werden Spielfilme mit Vergangenheitsbezug auch von Publika angeschaut, die kein besonderes Interesse an Wissensbeständen bezüglich Archäologie oder Geschichte aufweisen. Von Borries weist darauf hin, dass der Einfluss von Spielfilmen insbesondere auf Jugendliche deswegen außerordentlich hoch ist, weil diese privat nur noch wenig lesen und stattdessen vorrangig Internet, Handy und Fernsehen nutzen (von Borries 2007: 187). Spielfilme haben eine immense Wirkmacht auf die Vorstellungswelt von Geschichte, aber auch auf das Bild der Wissenschaftsdisziplin Archäologie, denn das Fach ist ein beliebtes Sujet in Abenteuer-, aber auch Horror- und sogar in Science-Fiction-Filmen (vgl. Felder 2003). Der tatsächliche Einfluss wird am Beispiel deutlich, dass der weltweit berühmteste Archäologe kein realer Fachwissenschaftler ist, sondern der Spielfilmcharakter Indiana Jones (Silberman 2008).11 Der Vordere Orient wird auffällig selten verfilmt. Heilmann weist darauf hin, dass die reale Geschichte des Alten Orients und die Fachdisziplin Vorderasiatische Altertumskunde den meisten Menschen unbekannt sind, so dass sich Themen dieses Gebiets nicht für Spielfilmproduktionen eignen, die auf ein Massenpublikum zie-

11 Die weltweit bekannteste Archäologin dürfte ebenfalls nicht aus der Fachdisziplin stammen, sondern vermutlich die Computerspielheldin Lara Croft sein. Pansegraus Feststellung, dass fiktive Wissenschaftler bekannter als reale Forscher sind (Pansegrau 2009: 376), findet im archäologischen Bereich mit diesen beiden Charakteren seine Bestätigung.

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len.12 Selbst die Perser sind in Hollywood trotz ihrer bedeutenden historischen Rolle fast inexistent, während die zeitgleich agierenden Griechen häufig verfilmt wurden. 13 Ausgenommen sind hierbei die Bibelverfilmungen, in denen diverse nichtjüdische Kulturen des Alten Orients vorkommen, die aber im Regelfall nicht im Zentrum der Story stehen. Wenn von Filmemachern Themen aus dem Vorderen Orient aufgegriffen werden, geschieht dies aufgrund des nur schemenhaften Wissens und der räumlichen und zeitlichen Distanz gerne im spekulativen oder mystischen Bereich. Die Sumerer fungieren dabei oft als Charaktere für dämonische Menschen aus uralten Zeiten und werden häufig in Grusel-, Action- oder Horrorfilmen verwendet (Heilmann 2007: 333ff). Bekannte Filmbeispiele mit altorientalischen Dämonen sind Der Exorzist (USA 1973), Tanz der Teufel (USA 1982), Ghostbusters (USA 1984) oder Scorpion King (USA 2002). Fachwissenschaftler stehen grundsätzlich vor dem Dilemma, dass die wirkungsvoll gemachten Spielfilme vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen zumeist äußerst unzureichend sind. 14 Auf der anderen Seite können Filme nicht per se verurteilt werden, da sie von ihrem Genre her bewusst keine Ambitionen auf Wahrheit haben (von Borries 2007). Spielfilme sind darauf angelegt, mit Elementen wie Farbe, Licht, Objektiv, Geschwindigkeit, Stimmen, Musik, Logik, Eleganz und Ästhetik den Zuschauer ein höchstmögliches Genussgefühl zu ermöglichen (Izod: 2001: 1). Außerdem hat jeder Spielfilmrezipient einen individuellen Anspruch, der nicht von Wissenschaftlern festgelegt und oktroyiert werden kann (von Borries 2007). Geschichte bedeutet im Spielfilm häufig, Geschichten von Individuen zu zeigen, was etwa an Produktionen wie Cleopatra (USA 1963), Gladiator (USA 2000), Alexander (USA 2004), Troja (USA 2004) oder 10.000 BC (USA 2008) deutlich wird. Im Film stehen persönliche Probleme häufig stellvertretend für historische Problemlagen und die Lösung persönlicher Probleme bringt die Lösung historischer Konflikte mit sich (Hoffmann 2009: 140). Diese immer emotional ausgestalteten Personalisierungen haben beispielsweise zur Folge, dass die Reflexion sozialer Fragen ausgeklammert bleibt (ebd.). Die Meinungen von Altertumswissenschaftlern über das Vorkommen von Archäologie in Spielfilmen sind ambivalent. Einerseits sind viele Fachwissenschaftler aufgrund der Eigenschaften des Schatzsuchers und gewalttätigen Abenteurers Indiana Jones genervt und erzürnt, weil diese trotz nichtvorhandener Parallelen auf den Archäologenberuf übertragen 12 Über relevante Spielfilme aus der Anfangszeit des Films bis in die 1960er Jahre siehe Heilmann (2005). 13 Die Filme The 300 Spartans (USA 1962) bzw. 300 (USA 2007) gehören zu den ganz wenigen, die den Persern eine Hauptrolle zugestehen (vgl. Levene 2007). 14 Spielfilme verzerren oft Erkenntnisse oder liefern falsche Angaben, bieten keine Pluralität etc., stattdessen folgen sie trivialen Mustern und bieten Einlinigkeit und Wirklichkeitsillusionen (von Borries 2007: 210ff).

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werden (Silberman 2008). Andererseits wird seine große Bekanntheit durchaus von Wissenschaftlern als positiver Imageträger genutzt (Holtorf 2007: 75, 135; Silberman 2008). Der Archäologe von den Hoff beispielsweise sieht durch (ScienceFiction-)Spielfilme, die archäologische Elemente enthalten, die Chance, dass Ergebnisse der Fachwissenschaft an die Öffentlichkeit vermittelt werden können (in Marcks 2010). Zwar sollte es nicht die Aufgabe von Altertumswissenschaftlern sein, an Spielfilmen Fehler zu suchen, denn die archäologischen Wissenschaften und die Populärkultur sind unterschiedliche Diskursfelder (Holtorf 2007: 106). Wenn Spielfilmelemente jedoch auf historischen Gegebenheiten basieren und dieser Umstand durch die Filmemacher betont ist, wird Authentizität erzeugt. Durch wissenschaftlich korrekt gestaltete Architektur, Kostüme, Waffen etc. wird ein Mythos der Faktizität geschaffen, so dass Zuschauer den Eindruck gewinnen, historisch ,richtige‘ Geschichtsinformationen zu erhalten (vgl. Hoffmann 2009: 140; Zimmermann 2008: 141).15 In den Köpfen der Öffentlichkeit werden Geschichtsbilder und Vorstellungen von Archäologie durch solche korrekt erscheinende, aber auch durch völlig fiktive Produktionen geprägt. Spielfilme gelten als das Schlüsselmedium des Geschichtsbewusstseins, da sie von Millionen von Zuschauern gesehen werden, während Fachpublikationen nur einen Bruchteil an Rezipierenden erreichen (von Borries 2007: 187; Strohm 2001; Samida 2006: 157; Kaiser 2006: 241). Daher erscheint eine Beschäftigung mit dem Spielfilmformat und der daran beteiligten Akteure durch die Fachwissenschaft geboten.16

15 Zimmermann betont, dass diese häufig bewusst kommunizierte Korrektheit eher ein Marketingtrick und Lippenbekenntnis ist. Dieser Umstand wird nicht zuletzt am geringen Einfluss deutlich, den Berater mit historischer Fachausbildung schlussendlich bei den großen Filmproduktionen der letzten Jahre hatten. Auch Regisseure, die sich aufgrund anderer Zielsetzungen nicht für eine korrekte Geschichtsvermittlung in bestimmten Aspekten interessieren, wollen für die Zuschauer trotz allem eine Illusion von Authentizität herstellen (Zimmermann 2008: 141). 16 Weiterführend siehe etwa Lindner (2005), Korenjak/Töchterle (2002), Baumgärnter (2004), Baxter (2002a), Day (1997), Emele (1997), Francaviglia/Rodnitzky (2007), Hoffmann (2009).

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7.3. „S CIENCETAINMENT “ ODER W ISSENSVERMITTLUNG IM TV „Das, was ihr im Fernsehen bringt, ist doch oberflächlich, reißerisch, oftmals sachlich falsch, zumindest einseitig und wird wissenschaftlichen Themen nicht gerecht.“ (GÖTZ-SOBEL 2006: 113)

Wissenschaft im Fernsehen ist generell ein Markenzeichen von Ländern, in denen ein großer Markt mit kaufkräftigen Zuschauern existiert, ein entwickeltes Wissenschaftssystem vorhanden ist und öffentlich-rechtliche Fernsehsender existieren (Lehmkuhl 2008b: 5). Wissenschaftssendungen waren lange Zeit eine Domäne der öffentlich-rechtlichen Sender, da diese traditionell einen Schwerpunkt auf ihrer Bildungsfunktion legen, während die Privatsender die Unterhaltungsfunktion betonen. Diese Trennung hat sich aber seit circa 1998 geändert (Riedl 2000), so dass auf verschiedenen Sendern Formate über Wissenschaft ausgestrahlt werden (vgl. Kap. 4.2.1). Die Wissensmagazine der Privatsender bezeichnet Yogeshwar als Boulevardmagazine, die unter dem Mantel der Wissenschaft laufen (Yogeshwar in Göpfert 2006a: 183). Das in Kapitel 4.2.3.2 angesprochene Spannungsfeld ,Wissen versus Wissenschaft‘ tritt hierbei wieder zu Tage. Die in der letzten Dekade neu aufgelegten Wissensformate gelten als deutsche Innovation (Lehmkuhl 2008b: 5). Insbesondere 2002/2003 gab es im Fernsehen eine Flut von neuen Wissenschaftsformaten mit steigenden Quoten – und die Vorliebe der Zuschauer für Wissenssendungen ist noch immer ungebrochen (Ruby 2008: 2). Lehmkuhl erwähnt ungefähr 80 Formate an Wissensmagazinen im deutschen Fernsehen (2008b: 5). Yogeshwar erklärt den Boom damit, dass in der Vergangenheit zu wenige Wissensmagazine gezeigt wurden (Yogeshwar in Göpfert 2006a: 183). Die erfolgreichen TVWissensformate mit überwiegend multithematischen Inhalten erreichen regelmäßig zwischen 1,3 und etwas über 2 Millionen Zuschauer (Lobigs 2008: 334). Im Untersuchungsjahr 2004 erreichte W wie Wissen (ARD) absolut gesehen mit 2,3 Millionen Zuschauern die meisten Zuschauer, Abenteuer Wissen (ZDF) und Joachim Bublath (ZDF) schalteten 2,2 Millionen Zuschauer ein und Galileo wurde durchschnittlich von einer Million Personen gesehen (Götz-Sobel 2006: 116). Eine spezielle Art der Wissensformate sind die überwiegend monothematischen Dokumentarsendungen. In 2002 wurden im Monat Oktober annähernd 1500 Dokumentarsendungen im deutschen Fernsehen ausgestrahlt (Wolf 2003: 18)! Die Sendereihe Terra X sticht mit durchschnittlich mehr als vier Millionen Zuschauern als ein überaus erfolgreiches Format heraus. Das Fernsehen übt demzufolge in Sachen

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Wissensvermittlung aufgrund seiner Beliebtheit trotz der konkurrierenden Angebote im Internet einen sehr bedeutenden Einfluss aus (Jaap/Göpfert 2006: 7). Das Eingangszitat, in dem Fernsehen als ein sachlich falsches und reißerisches Medium diskreditiert wird, spiegelt die Meinung vieler Wissenschaftler wider. Götz-Sobel, Redaktionsleiterin ,Naturwissenschaft und Technik‘ beim ZDF, hat diese oft gehörte Aussage wiedergegeben. Sie hebt hervor, dass viele Wissenschaftler auf Nachfrage oft gestehen, gar kein Fernsehen mehr zu schauen (Götz-Sobel 2006: 113). Auch Quandt übt Kritik, indem er fordert, dass Fachwissenschaftler nur über das Fernsehen diskutieren sollten, wenn ihnen die allgemeine Funktionsweise desselben bekannt sei (Qandt 2007: 185). Er bezieht sich dabei auf die Anforderungen, dass Fernsehen sowohl sach-, als auch medien- und publikumsgerecht sein muss. Intellektuelle betrachten das Fernsehen im Allgemeinen bzw. die populären Fernsehformate seit längerem skeptisch (Crivellari 2008: 163). Götz-Sobel stellt fest, dass eine pauschale Abwertung mit dem Alter steigt. Die Resonanz über Fernsehdokumentationen fällt umso positiver aus, je wissenschaftsferner die Rezipienten sind. Erwartungen an Fernsehbeiträge hängen demzufolge stark vom persönlichen Umfeld ab (Götz-Sobel 2006: 113). Die meisten Zuschauer wünschen sich von Wissensformaten Kompetenz, emotionale Ansprache, Qualität der Moderation und vor allem einen persönlichen Nutzen. Eine Wertung über die Qualität einer Sendung wird demzufolge von Produzenten, Rezipienten und Wissenschaftlern jeweils unterschiedlich beurteilt (vgl. Dehm 2008: 497). Trotz einer unter Zuschauern generell herrschenden Skepsis in Bezug auf die Glaubwürdigkeit von TVSendungen17 ist die Faszination am Fernsehen ungebrochen und auch als Informationsquelle wird das Fernsehen – neben Unterhaltungsgründen – gerne genutzt. Die Wirkmächtigkeit dieses Mediums kommt nicht nur aufgrund der hohen Reichweite, sondern auch aufgrund der Bildwirkung zum Tragen (s. Kap. 4.4), da Fernsehen aus einer pausenlosen Aneinanderreihung von Bildern besteht. Gerade bei Wissensformaten wird dadurch der Authentizitätsanspruch verstärkt und ein ,Das habe ich gesehen‘-Effekt evoziert, der eine hohe Glaubwürdigkeit hervorruft.18 Im Fernsehen beglaubigen sich darüber hinaus Bilder und gesprochene, teils auch lesbare, Texte gegenseitig. Experteninterviews sind ein ergänzendes Mittel, um einer Sendung 17 In Bezug auf die Glaubwürdigkeit des Fernsehens lässt sich langfristig gesehen ein Verlust konstatieren. Während im Jahr 1964 noch 50% der Zuschauer an eine wahrheitsgetreue Berichterstattung glaubten, waren es 1995 nur noch 20% (Diehlmann 2003: 142). 18 Generell scheint es die Auffassung zu geben, dass Rezipienten bei Gelesenem den Eindruck haben, dass es jemand erzählt habe und die Inhalte als nicht sicher gelten. Beim Fernsehen hingegen kommt es zur ,Ich habe es gesehen‘-Empfindung, was als authentischer und damit seriöser gilt. Dieser Effekt wird durch Wiederholungssendungen noch verstärkt (Aussage der Wissenschaftsjournalistin Diane Scherzler im Rahmen des Workshops Wissenschaft und Medien, Freiburg 15./16.01.2010; s.a. Kapitel 4.4).

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Seriosität zu verleihen. Wissenschaftler mit akademischen Graden werden daher von Fernsehsendern gerne eingesetzt (Wachau 1999; Marel in Lehmkuhl 2008c: 6). Das ZDF sucht als Interviewpartner kompetente, medienerfahrene, sympathische und möglichst auch in der Gesellschaft bekannte Wissenschaftler aus (Marel in Lehmkuhl 2008c: 6f). Interviewpassagen dürfen allerdings nur 20, maximal 30 Sekunden am Stück vorkommen, so das Diktum der Redaktion, um ein Umschalten zu verhindern (Steinhardt 2009). Fast alle Wissensformate verzichten mittlerweile auf längere Interviewsequenzen oder andere wortlastige Formen (Riedl 2000).19 Bei den Zuschauern variiert die Vorliebe für Experteninterviews ebenso wie der Wunsch nach anderen Gestaltungsmitteln wie Filmbeiträge oder Animationen je nach individuellem Geschmack, es kann daher keine generalisierende Aussage über die Beliebtheit der verschiedenen Stilmittel getroffen werden (Wachau 1999). Fernsehen hat generell den Vorteil, dass mit Bildern, Geräuschen, Musik, OTönen und Text verschiedene Ebenen der Wissensvermittlung eingesetzt werden können (Parastar 2006: 186). Auf den Fernsehzuschauer wirken in einem Beitrag informative und unterhaltende Aspekte ein, die zusammen mit Werbeelementen zu Infotainment verschmelzen (Bolz 2007: 44f). Die enge Verbindung zwischen Wissenschaft und Unterhaltung spiegelt sich in Zwießlers Eigenbezeichnung von Pro7 als den führenden „Sciencetainment-Channel“ in Deutschland wider (Zwießler in Lehmkuhl 2008d: 10). Aufgrund privat-kommerzieller Wissensmagazine sind auch die Informationssendungen der öffentlich-rechtlichen Anbieter unterhaltsamer gestaltet (Neumann 2007). Unterhaltung wird vor allem mittels spannender Geschichten erreicht. Götz-Sobels Kommentar über eine Sendung der Reihe Abenteuer Wissen, in der eine Dokumentation über das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg wie ein Krimi aufgemacht war, lautet: „So kann selbst ein Museum zum Schauplatz werden, der etwas von der Spannung eines Krimis ausstrahlt. Und Wissenschaftler werden zu Menschen, die nicht nur mit Kompetenz und Ambitionen ein Ziel verfolgen, sondern die sich auch mit Kreativität und Leidenschaft daran machen, ein Rätsel zu lösen.“ (Götz-Sobel 2006: 124)

Sie bewertet diese Machart positiv, weil damit kunsthistorische Themen erfolgreich für ein Massenpublikum aufbereitet werden können. Das Auslösen einer emotionalen Reaktion wie Spannung, Betroffenheit oder Identifikation wird als Grundlage angesehen, damit ein Zuschauer bereit ist, Sachinformationen aufzunehmen (Parastar 2006: 201). Um einen Spannungsbogen aufzubauen, wird oftmals ein Problem als noch nicht gelöst präsentiert und dem Zuschauer wird suggeriert, dass er partizipierender Zeuge der Entschlüsselung von 19 In Riedls Studie wurden 18 Beiträge untersucht, die aus vier öffentlich-rechtlichen und vier privaten Wissensformaten stammen (Riedl 2000).

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Rätseln ist. Faszination wird dabei entweder durch das Spektakuläre der Frage oder das Spektakuläre des Lösungsweges erzeugt; beides in Kombination wird ebenfalls eingesetzt (Lehmkuhl 2008a: 192ff) und oftmals mit einer aufregenden Sprache und dramatischer Musik unterstützt. Personen werden bei Wissenschaftssendungen außerdem häufig in den Mittelpunkt eines Beitrages gerückt und es wird versucht, die Zuschauer mit verschiedenen Mitteln direkt und indirekt anzusprechen. Opulente Bilder und beeindruckende Effekte tragen ebenfalls dazu bei, dass Emotionen und Spannung auch bei Wissensformaten zu prägenden Elementen werden (vgl. Neumann 2007: 3f, Yogeshwar in Hettwer/Zotta 2008a: 502f). Erleben Zuschauer beim Fernsehkonsum positive Gefühle, erzeugen diese eine Vorfreude auf ein erneutes Erleben und sind daher Motivationsfaktoren für eine wiederholte Rezeption dieses Formates (Schlimbach 2007: 31). Die Fokussierung auf Emotionen und Effekte seitens der Produzenten birgt allerdings die Gefahr in sich, die Beiträge zum sogenannten „Wow-Journalismus“ (Lehmkuhl 2008a: 193) verkommen zu lassen, bei dem der Erkenntnisgewinn des Beitrages sehr gering bleibt (ebd.). Obwohl die meisten Zuschauer kein Vorwissen über den Sendungsinhalt aufweisen, ist ein langes Ausholen in den Beiträgen nicht möglich, da beim Zuschauer dafür keine Geduld vorhanden ist (vgl. Steinhardt 2010: 263). Durch die kurze Aufmerksamkeitsspanne wird eine Vermittlung von komplexeren Sachverhalten erschwert, so dass kaum kritische Beurteilungen und Interpretationen ermöglicht werden. Als Gründe für die mangelnde Ausdauer nennt Yogeshwar einerseits den Umstand, dass Fernsehen vor allem zur Unterhaltung genutzt wird. Dadurch müssen Wissenssendungen attraktiv gestaltet sein, weil sie in Konkurrenz zu Fußballspielen oder Krimis stehen. Andererseits liegt es an der mangelnden Bereitschaft der Zuschauer, durch das „trockene Tal des Verstehens“ (Yogeshwar in Hettwer/Zotta 2008a: 502f) gehen zu wollen. Ein besonderes Merkmal des Fernsehens, gerade im Unterschied zum Lesen, ist, dass dort alles konsumfertig präsentiert wird. Dadurch verringert sich die Hirnaktivität, was aber dem Ziel der Wissensvermehrung entgegensteht (ebd: 503). Selbst bei attraktiv gestalteten Sendungen schauen sich viele Rezipierende statt der gut 40 Minuten Sendedauer nur noch 20 Minuten an. Aus diesem Grund gestalten Filmproduzenten ihre Beiträge so, dass ein Umschalten möglichst vermieden wird (ebd: 502).20 Eichholz drückt die Machart der Produzierenden folgendermaßen aus: „TV-Wissenschaftsmagazinmacher begründen die Entscheidung für kurze Beiträge in einfacher Sprache zur Darstellung komplexer Themen mit der ‚Macht der Fernbedienung‘: Anstrengende oder uninteressante Sendebeiträge werden nur allzuschnell ‚weggezappt‘ – zudem 20 Vor allem zu späterer Stunde müssen die Formate besonders unterhaltsam sein, da ansonsten aufgrund der erhöhten Müdigkeit schneller umgeschaltet wird (Scherzler 2007: 116).

172 | WA (H )RE A RCHÄOLOGIE müsse den Zuschauern ein kurzentschlossener Einstieg in laufende Sendungen ermöglicht werden, was bei zu komplexen und langwierig ausgeführten Themen nicht ohne weiteres möglich sei.“ (Eichholz 2010: 193; ähnlich Yogeshwar in Hettwer/Zotta 2008a: 502; Heinken 2010: 153)

Die Folge der Oberflächlichkeit ist, dass die Zuschauer glauben, Wissenschaft zu verstehen, was sich aber als Trugschluss herausstellt (Yogeshwar in Hettwer/Zotta 2008a: 502).

7.4. TV-D OKUMENTATIONEN „Wer auf den nationalen und internationalen Markt schaut, wird erkennen, dass sich die dokumentarischen Formate mehr vom erklärenden zum erlebnisorientierten Fernsehen entwickeln. Der Trend geht weg vom Analytischen, hin zu Geschichten, hin zu Menschen, hin zu mehr Drama.“ (BRAUBURGER 2009: 207)

Bevor im nächsten Kapitel auf historische Dokumentationen eingegangen wird, sind zunächst einige allgemeine Angaben aufgeführt. Bis vor einigen Jahrzehnten wurde in Dokumentarfilmen tendenziell versucht, ,Wirklichkeit‘ und ,Wahrheit‘ zu zeigen (vgl. Hickethier 2007: 182f). Es herrschten gewisse Genrekonventionen, wodurch gewisse filmische Mittel für Dokumentationen als erlaubt, andere hingegen als deplaziert galten. Mittlerweile werden bei Dokumentationen, die häufig von privaten Firmen im Auftrag der Fernsehsender produziert werden, vielfältige Gestaltungsformen eingesetzt. Das ZDF beispielsweise listet die Formate Doku-Drama, Dokumentation, dokumentarische Serie, dokumentarische Reihe, dokumentarische Essays und Dokumentarfilm auf (Feil 2003: 9).21 Trotz der veränderten Darstellungsformen verkörpern Dokumentarfilme für viele Produzierende und Zuschauer noch immer den Anspruch, Wirklichkeit zu zeigen (vgl. Sachs-Hombach 2003: 232). Dokumentaraufnahmen sind aber zum Großteil – bis zu 100% – inszeniert, d.h. für die Kamera in Szene gesetzt, arrangiert und ausgerichtet (Hickethier 2007: 183; vgl. Wortmann 2003: 203ff). Dokumentationen suggerieren somit eine real erscheinende Wirklichkeit, während sie tatsächlich nur eine künstlich erschaffene Szenerie zeigen (Stern 1993: 66; Yogeshwar in

21 Siehe auch die Erläuterungen verschiedener Doku-Formate von Göpfert (2006: 136ff); ausführlich zu Dokumentationen im deutschen Fernsehen siehe Wolf (2003).

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Göpfert 2006a). Diese Konstruktivität, die dem Fernsehen generell innewohnt, ist für die Zuschauer nicht zu erkennen, da die Herstellungsverfahren nicht gezeigt, sondern verschleiert werden (Schmidt 1994: 16). Allerdings werden Dokumentationen, im Gegensatz zu Spielfilmen, im Regelfall immer an Originalschauplätzen gedreht, was zur Genrekonvention gehört und den Wahrheitsanspruch unterstützen soll (Steinhardt 2010: 267). Inhalte werden in Dokumentationen zumeist verständlich, klar und widerspruchsfrei präsentiert. Kontroversen, Brüche und offene Fragen kommen selten zur Sprache, weil sie nicht ins Genre passen (Wirtz 2008; Marel in Lehmkuhl 2008c: 7). Durch eine stimmige Vermittlung von Bild und Ton entstehen beim Zuschauer Eindrücke von Authentizität. Der wichtigste Faktor für eine authentische und zufriedenstellende Wirkung ist für den Rezipierenden erlebte Emotion (Schlanstein 2008: 219f). Es ist gerade dieser Effekt, den Produzenten von Dokumentarfilmen anstreben. Schadt benennt diese Entwicklung und die daraus entstehenden Problemfelder wie folgt: „Der Trend geht zur totalen Emotionalisierung, eigentlich wird nur noch DANACH gefragt. In jeder Doku muss es wahnsinnig emotional zugehen. Am besten ein einziges Feuerwerk von Gefühlen, Gefühlsausbrüchen. Nähe suggerieren, wenn nötig mit nachgestellter Dramatik, egal, Hauptsache nah dran, oft genug eine einzige Gefühlsduselei. Doch für mich steht fest: wer als Zuschauer nur emotionalisiert wird, hat am Ende nichts davon, weil er nichts hat, woran er seine Emotion reiben kann. Dokumentarfilme brauchen Räume für Reflektion, Pausen, Leerzeichen. Der Zuschauer muss hin und wieder zurück in die Totale treten können, um darin zu atmen und zu erfassen, was hinter der Emotion eigentlich gemeint ist. Worum es wirklich geht. Im Film und für ihn. Erst dadurch entsteht Tiefe, bloße Emotion erzeugt das nicht.“ (Schadt 2003: 4, Hervorhebung im Original)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Ziel einer Dokumentation ein maximaler Zuschauerappeal ist, um beim Betrachter das Gefühl der Unterhaltung zu erreichen. Dies wird vorrangig durch spannende Geschichten mit beeindruckender Visualität, hoher Verständlichkeit, Zuschauernähe, Authentizität, Erlebnis und Emotionalität angestrebt (vgl. Steinhardt 2010: 272). Welche Menge an Informationen dabei vermittelt wird, hängt vom Produzenten ab.

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7.5. „W HERE GREAT MINDS MAKE HISTORY “ G ESCHICHTE UND A RCHÄOLOGIE IM TV

ODER

„Historical documentaries are more ,in‘ than ever before, and people all over the world are hungry for facts. History, not hearsay! In depth but in tune with the times. History with heart and soul. Let the stories of the past sweep you away to the distant worlds of [...] .“ (ZDF-ENTERPRISES 2010A)

Für die Vermittlung von Geschichte und Archäologie ist Fernsehen mit Abstand das einflussreichste Medium (vgl. Quandt 2007: 181; von Borries 2007; Ramos/Duganne 2000: 16; Stern 1994: 9; Rollins 2007; Korte/Paletschek 2009: 32). Das öffentliche Geschichtsbild liegt mittlerweile vorrangig in der Hand der Filmund Fernsehredakteure– und nicht mehr bei den Altertumswissenschaften (Samida 2010b; Wirtz 2008: 11; Hohenberger/Keilbach 2003: 7; Erll 2008). Die Sender Discovery Channel Deutschland oder National Geographic Deutschland, deren Existenz die generelle Nachfrage nach Dokumentationen aller Art verdeutlicht, strahlen eine Vielzahl von geschichtlichen Sendungen aus. Das ZDF-Spartenprogramm ZDFneo, Nachfolger des ZDFdokukanals, zeigt ebenfalls viele Dokumentationen, wobei die Reihe Terra X zur Primetime ausgestrahlt wird. Die deutsche Nachfrage nach historischer Wissensaneignung mittels des Fernsehens wird auch dadurch deutlich, dass ein ganzer Sender ausschließlich mit geschichtlichen Inhalten aufwartet: Der History Channel, in der Eigenbezeichnung lediglich History genannt, sendet in deutscher Sprache 24 Stunden täglich Geschichte aller Epochen. Auch die Vollprogramme haben Geschichte und Archäologie regelmäßig im Programm. Der Anteil an Geschichtssendungen im deutschen Fernsehen ist seit 1995 beträchtlich gestiegen. Wurden im Jahr 1995 circa 9000 Minuten Geschichtsfernsehen gesendet, sind es nun jährlich gut 15.000 Sendeminuten.22 Der Anteil an der Sendezeit stieg von 1,4% auf 2,4% an (Lersch/Viehoff 2009: 93).23 Der zu beobachtende Boom an Geschichtsausstrahlungen beinhaltet auch Filme über Ar-

22 Allerdings sind die Einschaltquoten der Geschichtsdokumentationen seit den 1990ern um ca. 50% zurückgegangen (Lersch 2008: 110). Dies könnte unter anderem auf das steigende Programmangebot zurückzuführen sein. 23 Im Jahr 2003 wurden 3,8% der Sendungen zur Frühgeschichte gezeigt, 2,5% zur Antike, 2,3% zum Frühmittelalter, 1,5% zu außereuropäischen Hochkulturen und 0,2% zu frühen Hochkulturen (Anmerkung: Die Periode von 1939-1945 ist mit 11% der alleinige Spitzenreiter) (Lersch/Viehoff 2007: 113).

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chäologie. 24 Erfolgreiche Sendungen erreichen zwei bis fünf Millionen Zuschauer (Wirtz 2008: 11), so dass mit einer einzigen Sendung zumeist mehr Menschen erreicht werden als durch Fachveröffentlichungen sämtlicher archäologischer Disziplinen in mehreren Jahren (vgl. Taylor 2001: 175). Das Fernsehen ist somit auch für die Archäologie die wirkmächtigste Vermittlungsart (Paynton 200225; Holtorf 2007: 52ff; siehe weiterführend Brittain/Clack 2007: 14). Die Filmeindrücke sind neben der einprägsamen Kraft der Bilder (s. Kap. 4.4.1) auch deswegen so formend auf das Bild der Wissenschaft und der Wissenschaftler, weil die wenigsten Laien einem echten Archäologen begegnen (Stern/Tode 2002: 71). Dadurch stellen Filme häufig die einzige Quelle über dieses Metier dar 26. Obwohl archäologische Dokumentationen bei einem großen Publikum Anklang finden, erfahren sie in Deutschland unter Archäologen bisher jedoch wenig Beachtung. Selbst das in Kiel im Zweijahresrhythmus stattfindende archäologische Dokumentarfilmfestival Cinarchea hat diesbezüglich nur eine minimale Belebung des innerwissenschaftlichen Diskurses erreicht.27 Generell setzen viele Produzierende nicht mehr auf Logik und lineare Evolution der Vergangenheitsentwicklung, sondern versuchen, die Bedeutung der Historie für die Gegenwart aufzuzeigen (Rosenstone 2005: 51). Deswegen wird vermehrt ein 24 Eine jeweils aktualisierte Übersicht über Archäologiesendungen im Fernsehprogramm ist auf der Seite www.archaeologie-online.de/nc/magazin/tv-programm/ aufgeführt (01.09. 2010). Eine Auflistung von Dokumentationen, die seit der Anfangszeit des archäologischen Dokumentarfilms in den 1920ern in Deutschland, Frankreich, Schweiz und USA produziert wurden, bietet Stern (1993). 25 Paynton konstatiert für Großbritannien eine umfangreiche TV-Präsenz von archäologischen Inhalten (Paynton 2002: 33) und im englischsprachigen History Channel wurde die archäologische Reihe Digging for the Truth mit den besten Zuschauerbewertungen ausgezeichnet, die jemals im Sender erreicht wurden (www.news.cornell.edu/stories/ March06/JoshBernstein.lgk.html 02.09.2010). Die Machart dieser dokumentarischen Sendung orientiert sich stark an Indiana Jones und beschäftigt sich thematisch mit weitläufig bekannten Namen und Mythen aus der Vergangenheit. 26 Die große Wirkmacht des historischen Films liegt nicht allein im werkimmanenten Einfluss, sondern erhebliches Potential entfaltet sich darüberhinaus durch die Einbindung in den Schulunterricht, durch Marketing, Presseresonanz, Begleitbuch und DVD zum Film oder durch zusätzliche Verarbeitungen in unterschiedlichster Weise. Erst durch diese zusätzlichen Formen und den daraus entstehenden Weiterverarbeitungen wird ein Film zum Erinnerungsfilm, der langfristige Auswirkungen hat (Erll 2008). Zwar sind diese Aussagen vorrangig für Spielfilme zutreffend, können bei aufwändigen Dokumentationen jedoch in ähnlicher Form gelten 27 Stern (1993, 1994, 1999, 2002), Stern/Tode (2002), Rahemipour (2003, 2010), Denzer (2003) und Sénécheau (2010) gehören diesbezüglich zu den Ausnahmen.

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Einbezug des Publikums beabsichtigt. Dieses Ziel wird beispielsweise beim Sender History dadurch angestrebt, dass jährlich – zusammen mit Focus Schule und P.M. History – ein Preis verliehen wird, bei dem Personen oder Interessengruppen geehrt werden, die sich einfallsreich mit Geschichte auseinandergesetzt haben. Der Senderslogan „Geschichte erleben“ betont den Erlebnisfaktor und damit den Einbezug der Zuschauer. Generell begegnet das Fernsehen dem konkurrierenden Internetangebot vor allem durch erlebnisorientierte Formate (Bleicher 2006: 25). Szenische Rekonstruktionen, fiktionale Anteile und andere Formen der Veranschaulichung und Animation dienen häufig dem Ziel, Dramatisierungen zu erreichen. Diese Stilmittel sind bei Geschichtssendungen von ARD und ZDF von 1995 bis 2005 sehr stark angestiegen, während Personalisierungen konstant auf hohem Niveau eingesetzt wurden und Emotionalisierungen im gleichen Zeitraum gesunken sind (Lersch/Viehoff 2007: 223ff).28 Emotionen und Erotik sind dabei diejenigen Faktoren, die eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart bauen (Wirtz 2008: 15ff). Historische Ereignisse und Schauplätze werden vermehrt visuell anschaulich rekonstruiert, was vermehrt durch nachgespielte Szenen oder Trickaufnahmen geschieht (vgl. Wolf 2005: 12). Durch die Reenactment-Szenen wird versucht, Anschaulichkeit und Lebendigkeit zu kombinieren. Denzer gibt dabei zu bedenken, dass durch diese Bilder historische Ereignisse zu einem ,so war es‘ zementiert werden, womit dem Zuschauer die gedankliche Möglichkeit eines ,so könnte es gewesen sein‘ genommen wird (Denzer 2003: 11). Die Spielszenen sowie narrative als auch fiktive Elemente werden häufig eingesetzt, um den Zuschauern auch in dokumentarischen Formaten die fernsehgerechte Spielfilm-Erzählform zu bieten (Bleicher 2006: 24; Wirtz 2008: 29). Schächter, Intendant des ZDF, äußert sich folgendermaßen: „Mit narrativen, inszenierten und aufwändig produzierten Formen können wir längst auch junge Zuschauerinnen und Zuschauer für komplexe Themen begeistern. Das ist eine Öffnung des Genres, die schon in den 80er Jahren begann als wir mit ‚Terra X‘ anfingen, selbst vermeintlich dröge Themen wie die Archäologie für ein großes Publikum interessant aufzubereiten – mit großem Erfolg.“ (Schächter in Lückerath 2009)

Die an Hollywood-Kinofilme angelehnte Aufmachungsart von Dokumentationen wurde maßgeblich vom ZDF initiiert. Sie kommt beispielsweise durch eine stärkere Dramatisierung in Sprache und Musik zum Ausdruck (Lersch/Viehoff 2007) und zeigt reißerische und effekthaschende Merkmale auf (Aydin 2010: 63, Fußnote 1). Spielfilme und Dokumentarfilme lassen sich aufgrund dieser Entwicklungen nicht mehr sauber trennen (von Borries 2007: 208). 28 Für die Studie wurden Stichproben von 1995, 1999 und 2005 ausgewertet.

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Neben den visuellen Eindrücken hat der Sprechertext eine entscheidende Bedeutung auf den zu vermittelnden Inhalt. In ihm wird in allen Dokumentationen – gleich welchen Themas – vielfach der Superlativ eingesetzt. Zwar sind Reizwörter ein gängiges Mittel von Wissenschaftsjournalisten, um Aufmerksamkeit zu erregen und Relevanz für Leser zu erzeugen, im Fernsehen wird der Superlativ jedoch so inflationär wie in keinem anderen Medium verwendet (Stern/Tode 2002: 75f). Er wird dabei nicht nur von Produzierenden, sondern auch von Archäologen gebraucht. Letztere nutzen Superlative in Interviews unter anderem deswegen, um eingesetzte Gelder zu rechtfertigen (ebd.). Seitens der Produzierenden können durch Superlative langwierige Erklärungen gespart werden oder es wird versucht, in sportlich-wissenschaftlicher Konkurrenz gegenüber anderen (Fernseh-)Themen herauszuragen. Es wird sich zeigen, ob der „Superlativismus“ (Stern/Tode 2002: 75) letztendlich kontraproduktiv wirkt, wie Stern/Tode (2002: 75f) mutmaßen. Problematisch bezüglich des Sprechertextes ist auch, dass für Dokumentationen über Jahre hinweg nur wenige unterschiedliche Sprecher eingesetzt werden und diese zudem fast ausschließlich männlich sind. Dadurch, so Denzer, besteht die Gefahr, dass sich alle historischen Epochen und geographischen Räume zu einem Einheitsbrei vermischen. Neben der Festigung des Klischees, dass Geschichte männlich ist, wird darüber hinaus keine Pluralität in der wissenschaftlichen Vorgehensweise angedeutet (Denzer 2003: 11). Inhaltlich werden Sendungen für ganz unterschiedliche Ziele konstruiert, so kann Geschichte von Zwecken der Nostalgisierung über Warnungen vor vergangenen Missständen bis hin zum Aufzeigen von gegenwärtigem Fehlverhalten in Anspruch genommen werden (Meier/Slanika 2007: 7). Im kollektiven Gedächtnis vorherrschende Topoi und Stereotypen tauchen immer wieder in Sendungen auf, weil sich diese durch mehrere Jahrzehnte der Kino- und Fernsehproduktionen herausgebildet haben und beim Zuschauer bestimmte Effekte auslösen. Eine Bestätigung der Stereotype, wie ein bestimmter Erzähltypus oder Abenteuerelemente bei archäologischer Feldforschung, bildet eine wichtige Komponente für einen großen Publikumserfolg, unter anderem erleichtern sie den Wiedererkennungswert (Stern 1994: 10; Meier/Slanika 2007: 7; Rahemipour 2003: 197; Spitzing 2010: 221).29 Eine problematische Konsequenz der Fokussierung auf Stereotype kann die Aneinanderreihung von Klischees in archäologischen Dokumentationen sein, während die Vermittlung von Inhalten zur Nebensache verkommt (vgl. Stern 1994: 10). Auffällig ist, dass sich teilweise keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse in populären Dokumentationen widerspiegeln, stattdessen finden sich immer wieder bekannte Stereotype wie Exotik, abenteuerliche Feldarbeit und spektakuläre Entdeckungen (Holtorf 2007: 33). Häufig werden Inhalte noch immer mit dem Kenntnis29 Die Darstellungsweisen der Stereotype können sich ständig ändern, da sie sowohl dem Medium Film als auch der Gesellschaft angepasst werden (Zimmermann 2008: 143).

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stand des 19. Jahrhunderts vermittelt, beklagt Stern (2003). Aydin stellt fest, dass sich archäologische Dokumentationen vorrangig vergangenen Hochkulturen, Schätzen, Mumien und mysteriösen Grabkammern widmen (Aydin 2010: 63, Fußnote 1). Wie Sénécheaus Forschungen ergaben, liegt häufig ein Fokus auf spektakulären Funden, Kostbarkeiten oder Ungewöhnlichem. Diese Elemente sind in eine Story eingebunden, damit die Zuschauer in eine außerordentliche Welt reisen können (Sénécheau 2010: 95; 112; vgl. Marel in Lehmkuhl 2008c: 7).30 Durch das Erzählen einer Geschichte wird überdies vermieden, dass die Zuschauer denken, es werde anstrengend, weil sie anhand von Erklärungen etwas lernen müssen (Götz-Sobel 2006: 118). Wolf fasst die Entwicklungen folgendermaßen zusammen: „Geschichts-Fernsehen bedient sich modernster erzählerischer Mittel, propagiert damit aber ein sehr altes Geschichtsdenken. Es packt das historische Material in Genres ab, die den Zuschauern bekannt sind, und verschiebt damit den Blick auf die Geschichte. Das vertraute Narrativ ersetzt die historische Konstellation, ja die historische Besonderheit und macht sie allen anderen Medien-Erlebnisarten gleich. Es dramatisiert und fiktionalisiert und hebt auf, was die Geschichte fremd macht. Es verhindert Lernen. Gefragt sind im GeschichtsFernsehen Stoffe, die sich als Geschichte, als Story erzählen lassen, am liebsten wie ein Spielfilm. Gefragt sind Geschichten, die sich als kontinuierliches und geschlossenes Stück erzählen lassen – ein irritiertes Publikum greift schnell zur Fernbedienung. An einer Erzählkultur, die offenen Fragen, Diskontinuitäten, Brüchen und Widersprüchen nachgeht und diesem Umstand auch durch komplexere Erzählmittel entsprechen will und kann, ist das Medium wenig interessiert.“ (Wolf 2005: 13)

Eine Studie über Wissenserwerb durch archäologisch-historische Dokumentationen (Glaser/Garsoffky/Schwan i. Vorb.) zeigt, dass Zuschauer Dokumentationen in narrativer Weise rezipieren, selbst wenn ihr Ziel ist, Informationen aufzunehmen. 31 Gerade wenn kein oder kaum Vorwissen vorhanden ist, ist eine narrative Machart mit Reenactment gut geeignet, um Zuschauer trotzdem für ein unbekanntes Thema zu interessieren. Durch die erzeugte Neugier und den Spannungsbogen gelingt es, 30 Früher war ,nicht fiktional‘ gleichbedeutend mit ,nicht narrativ‘. Dieser Grundsatz hat sich mittlerweile geändert (Kiener 1999: 59). 31 Für die Studie wurden drei Dokumentationen ausgewählt, die alle aus der ZDF-Reihe Versunkene Metropolen (im Rahmen von ZDF-Expedition, sonntags um 19:30) stammen. Die Sendungen befassten sich mit Hattuscha, Piramesse sowie Tucume, wurden alle von Helga Lippert und Claudia Moroni produziert und 2007 ausgestrahlt. Die untersuchte Rezipientengruppe bestand aus 212 Zuschauern. Für die Vergleichsgruppe wurden die Sendungen so verändert, dass keine Reenactmentszenen mehr enthalten waren. Den Zuschauern wurden eine Woche nach der Vorführung Wissensfragen über den Sendungsinhalt gestellt.

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Zuschauer zum Weiterschauen zu animieren. Es wurde ferner nachgewiesen, dass Dokumentationen mit Reenactmentszenen ein besseres Hineinversetzen der Zuschauer in die Thematik bewirken als Sendungen ohne solche nachgespielte Szenen. Während Studien über einen tatsächlichen Wissenserwerb durch Dokumentationssendungen bisher ein Forschungsdesiderat waren (Dehm 2008: 497), konnte erstmals belegt werden, dass Wissen besser erinnert wird, wenn es eng an eine Storyline angelegt ist. Bemerkenswert ist dabei, dass die Ergebnisse unabhängig von der Zuschauermotivation erzielt werden: Der gleiche Erinnerungseffekt tritt ein, wenn Zuschauer die Sendung aus Unterhaltungsgründen oder aus bewusster Absicht der Informationsaneignung anschauen (Glaser/Garsoffky/Schwan i. Vorb.). Erinnert werden von den Zuschauern häufig Eindrücke von Abenteuer, Ferne und altbekannten Mythen, während Kenntnisse über den realen archäologischer Alltag, der Ablauf des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses oder ein größeres Geschichtsverständnis nicht erreicht werden (vgl. Stern 1994: 10; Stern 2002: 164; Samida 2010b: 32; Wirtz 2008: 15ff). Rahemipour sieht einen noch geringeren Lerneffekt für die Zuschauer, da die immer wieder gezeigten Stereotype eine Gleichförmigkeit erzeugen. Die Zuschauer können sich dadurch im günstigsten Fall nur noch an die Kategorie Archäologie erinnern, selten aber an die Zeitepoche und fast nie an die spezifische Aussage des Films (Rahemipour 2003: 197). Auch können viele Zuschauer kaum noch zwischen Realität und Fiktion unterscheiden, weil durch die Produzenten, Regisseure, Schauspieler und Journalisten die Ebenen aus Fakt und Fiktion zu einem unentwirrbaren Geflecht vermischt werden, heben Zimmermann (2008: 159) und Wirtz (2008: 30) hervor. Einerseits bedingen manche Fernsehkonventionen generelle Unterschiede in der Vermittlung von Wissenschaft im Vergleich zur akademischen Publikation. Andererseits sind manche Kritikpunkte bezüglich verzerrter Darstellungen in mangelndem Wissen seitens der Filmemacher begründet. Manchen Filmproduzenten ist Archäologie als seriöse Wissenschaft gänzlich unbekannt: 32 „For some, what they do know about archaeology is fuelled by the simple stereotypes that we see in popular culture, like Indiana Jones and Lara Croft. It is no wonder, then, that the narratives often applied to archaeology revolve around words like ancient, secret, mystery, lost, civilisation, empire, detective. For the TV producer’s dream to be realised, if possible there should be a murder, a mystery or a controversial reinterpretation of remains, all taking place in exotic locations with rich visual images. Thus we get Ancient Egypt, mummies, and someone proclaiming how all the experts so far have got it wrong.“ (Henson o.J.)

32 Henson merkt an, dass viele Medienleute selbst Fernseh-Archäologie nicht kennen (Henson o.J.).

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Insgesamt sind die Bewertungen von Geschichtspräsentationen im Fernsehen durchaus kontrovers. Bei den Zuschauern gelten Dokumentationen zumeist grundsätzlich als glaubhafte und seriöse Vermittlungsform. Sénécheau stellt allerdings heraus, dass dieser Anspruch beispielsweise seitens der öffentlich-rechtlichen Sendungen oft nicht umgesetzt wird, obwohl diese selbst den Anspruch auf sachliche Korrektheit haben (Sénécheau 2010: 113f). Andere Autoren wie Lersch/Viehoff sehen den häufig geäußerten Vorwurf der Verflachung der historischen Inhalte im Fernsehen als nicht haltbar an und konstatieren eine korrekte Faktenvermittlung (Lersch/Viehoff 2007: 280). Von Altertumswissenschaftlern gibt es verschiedene Einschätzungen, wie das passende Fernsehformat sein soll. 33 Manche plädieren für Bildungsfernsehen, in dem kaum Unterhaltungselemente enthalten sind. Andere sehen in Infotainmentformaten eine Chance, dass eine solche Sendung ein Ausgangspunkt für den Zuschauer sein kann. Nach der Sendung könne der Interessierte beispielsweise die Webseite besuchen, sich das Begleitbuch kaufen und anschließend noch in die Museen gehen, so dass schlussendlich eine gute Bildung das Ergebnis sein kann (Brittain/Clack 2007: 21). Unabhängig von den Meinungen der Archäologen scheint sich eines bei der Produktion von Dokumentationen herauszukristallisieren: Es geht bei Fernsehbeiträgen zunehmend nicht um Geschichte und Annäherung an die historische Wahrheit, sondern um business, wie Wirtz (2008: 26) herausstellt. Ebenso wie andere Fernsehformate ist das Geschichtsfernsehen von Erfolgsdruck geprägt, so dass Dokumentationen auf die vermeintlichen Bedürfnisse und Erwartungen des Fernsehpublikums zugeschnitten werden, um viele Zuschauer zu erreichen. Generell kommt es den Produzierenden weniger auf die Neuigkeit der archäologischen Befunde oder wissenschaftlichen Theorien an, sondern darauf, den Zuschauer durch eine geeignete Handlung zu fesseln. Maßgebliche Faktoren, um hohe Einschaltquoten zu erzielen, sind Verständlichkeit, unterhaltende Elemente, die Einbettung der archäologischen Funde in einen Spannungsbogen und die Berücksichtigung diverser Nachrichtenfaktoren (s. Kap. 4.2.3.2; vgl. Steinhardt 2010: 272). Dramaturgisch wird Spannung zumeist damit erreicht, dass der Zuschauer der Auffassung ist, Rätsel würden zum Zeitpunkt der Sendung gelöst.34 Der kommerzielle Aspekt wird 33 Siehe hierzu insbesondere die Beiträge in Clack/Brittain 2007. 34 Die Zuschauer, so Lehmkuhl, folgen einem spannenden Weg, einem roten Faden, der aus ,Frage – Experiment – Irrweg – neuer Frage – neuem Experiment – Ergebnis‘ bestehen kann. Durch diese Machart erhält der Zuschauer nicht den Eindruck, Wissen doziert zu bekommen, sondern das Gefühl, am wissenschaftlichen Erkenntnisprozess teilzunehmen und eine aktive Rolle bei der Entdeckung auszuüben (Lehmkuhl 2008b: 5; Parastar 2006: 189). Diese Form zieht Massen von Zuschauern an, ist in der Herstellung aber kostenintensiv, weswegen sie zumeist nur in öffentlich-rechtlichen Sendeformaten wie beispielsweise Terra X zu finden ist (Lehmkuhl 2008a: 5).

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auch daran deutlich, dass im Bereich der filmischen Geschichtsformate eine eigene Geschichtsindustrie existiert, so beispielsweise die Messe World Congress of History Producers – Where Great Minds Make History! mit über 400 Teilnehmern (Wirtz 2008: 24), die 2008 in History Makers – International Summit of History & Current Affairs Producers umbenannt wurde. 35 Mit der Ökonomisierung verschieben sich die relevanten Akzente, so dass die Darstellungsformen größere Bedeutung als die Inhalte erlangen (Crivellari 2008: 181). 7.5.1. Die Terra X-Sendereihe Nach den obigen allgemeinen Anführungen geht es in diesem Abschnitt speziell um Terra X-Sendungen. Die Dokumentationen dieser Sendereihe haben den erfolgreichsten Sendeplatz für archäologisch-historische Themen in Deutschland inne (vgl. Hillrichs 2004: 126) und besitzen daher ein hohes Wirkungspotential. Seit 1982 werden im ZDF sonntags um 19:30 unter dem Namen Terra X immer wieder Berichte zu archäologischen Themen gesendet. Wurden die Sendungen in den ersten Jahren lediglich ab und zu staffelweise, zumeist im Zweijahresrhythmus, ausgestrahlt, gilt Terra X seit 2008 als Dachmarke für alle wöchentlichen Sonntagabendsendungen des ZDF, die von 19:30-20:15 Uhr gesendet werden. In diesen Dokumentationssendungen sind nicht mehr nur archäologische, sondern auch geowissenschaftliche Themen enthalten. Galt Terra X bis dahin als Sendereihe, bezeichnet der Name heute einen Sendeplatz. Terra X trug zeitweilig den Untertitel Rätsel alter Weltkulturen, der später in Expeditionen ins Unbekannte unbenannt wurde. Seit der 2008 erfolgten Integration aller Dokumentationen in diesen Sendenamen gibt es keinen Untertitel mehr. Die Terra X-Sendungen tragen maßgeblich zur Meinungsbildung über Archäologie bei, denn diese Sendung schalten regelmäßig zwischen 3,5 und 5 Millionen Zuschauer ein (Degen 2010). Der sonntagabendliche Primetime-Sendeplatz ist von allen potentiellen Zuschauern – unabhängig von der technischen Ausstattung oder dem Wohnsitz – empfangbar, da das ZDF über eine uneingeschränkte Reichweite und damit Einflussmöglichkeit verfügt. Hinzu kommen noch die Internetnutzer, welche die Sendung beispielsweise über die ZDF-Mediathek 36 abrufen. Darüber hinaus werden die Dokumentationen mehrfach auf Arte sowie diversen Spartenprogrammen, die zum ZDF gehören, ausgestrahlt. Terra X gilt als etablierte Marke mit positiven Konnotationen und wird auch über die reinen Fernsehsendungen hinaus

35 Informationen über die Tagung, zugleich Namensgeber dieser Kapitelüberschrift, finden sich unter www.historyproducers.com (11.10.2010). Der Kongress 2011 ist unter www.historymakers2011.com präsentiert (17.01.2011). 36 www.zdf.de/zdfmediathek (12.10.2011).

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vermarktet. Ein konvergenter Medienauftritt durch Trailer, Webseiten, Pressekonferenzen, DVDs und Begleitbücher37 verkauft das Produkt Terra X auf diversen Ebenen. Der Name taucht mittlerweile auch im wachstumsstarken Markt der gedruckten Printmagazine auf: Hörzu Wissen bewirbt auf dem Titelblatt die Zusammenarbeit mit Terra X. Der enorme Einflussbereich liegt jedoch nicht ausschließlich im deutschsprachigen Empfangsgebiet des ZDF, denn die „Hochglanzproduktionen“ (ZDF-Enterprises 2010b) werden in bis zu 60 Staaten verkauft und somit von bis zu 50 Millionen Zuschauern gesehen (Wirtz 2008: 24). Die internationale Verkaufbarkeit einer Dokumentation muss daher von Beginn an berücksichtigt werden. Dafür werden beim Dreh bereits verschiedene Sehgewohnheiten eingeplant, so dass verschiedene, leicht variierende Formate produziert werden. Die circa 250.000 Euro teuren Folgen (vgl. Feil 2003: 29) werden häufig als Koproduktion von eigenen Mitarbeitern und Fremdfirmen hergestellt.38 Der Soundtrack, für jede Folge eigens erstellt, wird vielfach von bekannten Musikern komponiert. 39 Götz-Sobel erklärt, dass die knapp 45minütigen Terra X-Beiträge bei allen Altersstufen gut ankommen, was ansonsten bei Fernsehsendungen nur schwerlich zu erreichen ist. Aufgrund der heterogenen Zuschauergruppe müssen auch Personen ohne besondere Affinität zu wissenschaftlichen Themen angesprochen werden (Götz-Sobel 2006: 118). Um dieses Ziel zu erreichen, versuchen die beteiligten Akteure, Kultur als ein Erlebnis zu vermitteln. Terra X bevorzugt für ihre Reihe Themen und Erkenntnisse, die sich dramaturgisch gut aufbereiten lassen – die Aktualität der Informationen ist dafür zweitrangig (vgl. Lehmkuhl 2008b: 4). Archäologie ist sehr gut dafür geeignet, den Erlebnischarakter zu liefern. Die Zuschauer sollen dafür an einer Expedition teilnehmen, sich auf einer Entdeckungsreise zu Plätzen fühlen, „wo die Wurzeln der Zivilisation und die Geheimnisse der Menschheitsgeschichte liegen“, so Hillrichs, Redaktionsleiter ,Kultur und Wissenschaft‘ beim ZDF (Hillrichs 2004: 125; vgl. Holtorf 2009). Durch solche Dokumentationen wird den Zuschauern die von ihnen erwartete Aura von Archäologie geboten, hebt Hillrichs hervor (2004: 125).

37 Die traditionellen Begleitbücher (vgl. Lippert 2008) werden mittlerweile nicht mehr aufgelegt. Erreichten sie teils über 100.000 Käufer (Emele 1997: 13), konnten zuletzt nur noch circa 15.000 Exemplare abgesetzt werden (persönliche Mitteilung eines Fernsehschaffenden in einem anonymisierten Interview). Selbst mit dieser Zahl liegt der Leserkreis noch erheblich über dem Absatz von Publikationen der Altertumswissenschaftler. 38 Für den eigenen Produktionsbereich zeichnet sich ZDF Enterprises verantwortlich. 39 Beispielsweise kreierte Uwe Fahrenkrog-Petersen, der als Produzent und Komponist Alben im zweistelligen Millionenbereich verkauft hat, den Soundtrack für verschiedene Folgen. Das Vorhandensein von ökonomischem Kapital wird an der Auswahl von erstrangigen Komponisten deutlich.

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7.6. F ALLBEISPIELE Bei der folgenden Filmanalyse werden drei Produktionen der Terra X-Reihe behandelt. Sie befassen sich explizit mit Themen des Alten Orients und haben dabei unterschiedliche Zeitepochen zum Inhalt.40 Die ausgewählten Sendungen wurden in Deutschland produziert und im Jahr 1999, 2003 beziehungsweise 2010 erstmalig im ZDF ausgestrahlt. Anhand der unterschiedlichen Produktionszeiträume können Entwicklungstrends in der Machart von archäologischen Dokumentationen dieses Sendeplatzes angedeutet werden. Zwei der drei Sendungen beschäftigen sich mit Themen, die Anlass zu Sonderausstellungen gaben, welche in den vorherigen Kapiteln untersucht wurden. Da der zu vermittelnde Inhalt entscheidend vom Darstellungsformat abhängt (vgl. Wulff 1999: 32), liegt in meiner Untersuchung der Fokus auf der Frage, welche Kommunikationsart die Filmemacher mit den Zuschauern anstreben. Neben der Analyse von Begriffen auf sprachlicher Ebene werden die spezifischen filmischen Mittel untersucht. Aspekte wie Trailergestaltung, Musik, Computerrekonstruktionen, der gezielte Einsatz von Wissenschaftlern sowie die Verwendung von Reenactment-Szenen soll Aufschluss über die Machart und Intention geben. 7.6.1. Babylon-Tower Die Sendung Babylon Tower (Lippert 1999) mit dem Untertitel Götterthron am Euphrat wurde 1999 produziert und in einer 41:59 Minuten41 langen Fassung ausgestrahlt. Die Sendung erreichte bei ihrer ZDF-Ausstrahlung 4,56 Millionen Zuschauer (Degen 2010). Das Drehbuch sowie die Regie stammen von Helga Lippert, die seit 1992 in der Redaktion von Terra X tätig war. Die Redaktion der Sendung lag bei Gottfried Kirchner, der ebenfalls in der Redaktion tätig war. Die Dokumentation wurde komplett vom ZDF in einer Eigenproduktion hergestellt. Die Sendung über den babylonischen Turm wurde nicht Turm zu Babel oder ähnlich genannt, sondern bekam mit Babylon Tower eine englische Titelbezeichnung. Diese Namenswahl verdeutlicht den Wunsch nach einem modernen Titel, der auch Publika jenseits der üblicherweise Geschichtsinteressierten anziehen soll, da sowohl die englische Sprache als auch Ähnlichkeiten zu Namen neuzeitlicher Wol-

40 Weitere Terra X-Produktionen zu einem Thema der Vorderasiatischen Altertumskunde sind Das Phantom von Uruk: Fahndung nach König Gilgamesch (Peter Moers, Frank Papenbroock 2007), Die Minen des Hephaistos (Gerhard Thiel, Gerhard Rekel 2005) sowie In geheimer Mission. Der Fund von Tell Halaf (Saskia Weisheit, Kay Siering 2010). 41 Der Untersuchung liegt die 57:40 Minuten lange Fassung zugrunde, die für Arte produziert wurde und auf der Kauf-DVD enthalten ist.

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kenkratzer wie CN-Tower Aktualität schaffen. Das Titeldesign wurde in innovativer Keilschriftform gestaltet. Zum Sendungsstart ist das kurze allgemeine Terra X-Intro mit Jeep, Wüstensand, Skorpion und dem Untertitel „Expeditionen ins Unbekannte“ zu sehen. Anschließend folgt der Sendungstrailer. Dieser enthält vorrangig Reenactmentszenen und ist mit spannungserzeugender Musik gestaltet. Gegen Ende sind die Umrisse von sich bewegenden Menschen in der Kulisse zu sehen, die durch einen Sonnenuntergang über einer Turmruine dominiert wird. Durch den stimmungsvollen Sonnenuntergang wird einerseits die Zuschauererwartung von Exotik bedient, andererseits deuten die vielen Reenactmentszenen an, dass im Film keine eintönige Präsentation von leblosen Objekten, sondern Bewegung und Aktion zu erwarten ist. Im Mittelpunkt der Dokumentation steht die Suche und Entdeckung der mesopotamischen Tempeltürme, wobei der babylonische Turm den Kern der Geschichte einnimmt. Allgemeine Informationen über die Kulturentwicklung umrahmen die Wissensinhalte über die Turmbauten. Die Story ist anhand der Erlebnisse des Deutschen Ausgräbers Koldewey aufgebaut, der zu Sendungsbeginn in Reenactmentszenen zu sehen ist, in denen er im ‚Dezember 1897‘ auf irakischem Gebiet auf der Suche nach lohnenswerten Ausgrabungsstätten ist. Babylon wird als ein wichtiges Ziel seiner Expedition geschildert. Vom persönlichen Zugang Koldeweys hören die Zuschauer erst im Verlauf der Sendung wieder etwas, worauf der Kommentar „wir werden dem Forscher später wieder begegnen“ (02:10) hinweist. In den folgenden 25 Minuten werden sowohl die Geschichte Mesopotamiens ab 4000 v.Chr. als auch die Entstehungsgeschichte der mesopotamischen Tempeltürme erläutert. Nach 28 Minuten wird der Bogen zurück zu Koldewey gespannt, der ein weiteres Mal durch nachgespielte Szenen bei seinen Vermessungsarbeiten gezeigt wird. Das altertümliche Babylon wird nun länger behandelt und auch das Turmthema ist erneut aufgegriffen. Gleich zum Beginn der Dokumentation wird versucht, den Zuschauer in die Thematik zu involvieren. Durch die Personalisierung auf Koldewey und die konkrete Situation zu einem konkreten Zeitpunkt kann sich der Zuschauer gedanklich in die Forscherrolle versetzen. Fragen, warum gerade in einem bestimmten Gebiet geniale Geister grandiose Projekte ersannen (02:50) oder was unter der gewaltigen Schuttmasse schlummern möge (02:15), verstärken den Einbezug und die Neugier des Zuschauers. Die Sprechertextangabe, dass alle Versuche bislang an der spröden Ruine gescheitert waren, führt zur Beteiligung der Zuschauer an der Herausforderung, ob die offene Frage gelöst werden kann. Der Betrachter am Bildschirm kann sich durch diese Filmtechniken als Teilnehmer der Rätselentschlüsselung fühlen. Die Erzeugung von Neugier in der Einleitung wird nach 03:15 Minuten abgeschlossen, indem die Aussage „Eine Reise zu den Anfängen der Menschheit“ zusammenfasst, was die Zuschauer in der Sendung erwartet. Ein möglicher Spannungsabfall während der Sendung könnte aufgrund der häufig sichtbaren lehmfarbenen Ruinen-

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reste eintreten. Den üblichen Kriterien von Wissenschaftsjournalismus folgend, erscheinen diese wenig spektakulär und könnten so zum Ab- oder Umschalten des Fernsehbeitrages führen. Um dem vorzubeugen, werden beispielsweise in der achtzehnten Minute die ästhetisch eindrucksvollen und materiell kostbaren Objekte des Königsfriedhofs von Ur gezeigt, womit das beliebte Schatzmotiv auftaucht. Ein weiteres Mittel, um den Zuschauern Abwechslung zu bieten, sind Reenactmentszenen, die ab und zu in den dokumentarischen Beitrag integriert wurden, ohne die Sendung zu dominieren. Im Beitrag gibt es zwei knapp 20minütige Phasen, die ohne Reenactmenszenen auskommen. Nachgespielte Szenen sollen die vorher besprochenen Inhalte visuell verständlich vermitteln und einen Kontrast zu den eher statischen Aufnahmen von archäologischen Stätten bieten. Gerade im Trailer und in der Einleitung dominieren solche Reenactmentszenen. Gezeigt werden beispielsweise Arbeiter, die eine Zikkurratmauer mit Ziegelsteinen erhöhen. Koldewey als Ausgräber wird mehrmals ins Bild gesetzt. Als nachgespielte Ereignisse sind Szenen in Babylon während eines Gerichtsfalles (20:55), Alltag auf der Strasse (43:44), Bankgeschäfte (45:40), ein Astronomie-Reenactment (45:10) sowie die Erlebnisse Nebukadnezars mit Gott und dem Propheten Daniel (47:00) zu sehen. Unterhaltungen sind in diesen Szenen zumeist hörbar, bleiben im Regelfall aber in Sprache und Lautstärke unverständlich. Lediglich die alttestamentarische Szene ist mit lautstarken, verständlichen Stimmen gedreht worden. Die nachgespielten Szenen sind häufig so gestaltet, dass durch einen speziellen Musikeffekt und durch die Tricktechnik-Einblendung der Personen in das gleiche, vorher personenfreie Setting (Mehrfachbelichtung) für alle Zuschauer klar ist, dass an dieser Stelle eine simulierte Szene beginnt. Um die persische Eroberung des neubabylonischen Reiches zu zeigen, wurden Szenen aus einem vorhandenen Spielfilm in die Dokumentation eingebaut (50:07). Hierzu wurde ein alter Film aus den Anfangstagen des Films ausgewählt, so dass durch die schwarz-weißen bzw. sepiafarbenen Sequenzen der Eindruck einer zeitgenössischen Aufnahme suggeriert wird. Neben den Filmszenen enthält die Sendung eine Reihe von rezenten Aufnahmen, auf denen häufig Flüsse, Palmen und die lokale Bevölkerung während des Alltags zu sehen sind. Gezeigte Bewässerungsanlagen oder Methoden des Salzabbaus, die gegenwärtig ähnlich wie vor Jahrtausenden sind, verringern die Distanz zwischen der heutigen und der altorientalischen Lebenswelt. Bestehende Schilfund Lehmhäuser werden ebenfalls präsentiert, um den Zuschauern einen Eindruck zu geben, wie die Häuser damals vermutlich ausgesehen haben könnten. Für den Filmbeitrag wurde außerdem ein Schilfhausbau initiiert, ferner wurden Aufnahmen von heutiger Lehmziegelfertigung und dem Brennen von Backsteinen gezeigt. Zu Letzterem wird betont: „Noch immer lodern die Backsteinfeuer, wie vor 4000 Jahren“ (16:55), womit explizit ein Bezug zur Gegenwart hergestellt wird. Ferner wird die Verwendung von Asphalt als Mörtel beim Backsteinbau demonstriert

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(38:40). Gegenwärtige Aufnahmen des Grabungshauses in Assur, von rekonstruierten Stadtteilen Babylons (29:20) und von Bildern von Landschaft und Leuten in Borsippa und Samarra (52:00) runden die mannigfachen rezenten Filmsequenzen ab. Mit diesen Aufnahmen, bei denen immer die Geräuschkulisse hörbar ist, wird Gegenwartsbezug bewirkt, Verständlichkeit gefördert und Authentizität erzeugt. Diese Aspekte werden durch die Bilder von Rekonstruktionsbauten und Reenactmentszenen verstärkt. Die archäologischen Aufnahmen wurden ausnahmslos an verschiedenen Originalschauplätzen (Eridu, Ur, Uruk, Dur-Kurrigalzu, Assur, Nimrud und Borsippa) im heutigen Irak gedreht, was ebenfalls Authentizität schafft. Dazu sind viele Tempelturmhügel dargestellt; auch die Ströme Euphrat und Tigris werden des Öfteren gezeigt. Ergänzend zu den filmischen Eigenaufnahmen sind auch archivarische Filmsequenzen integriert. Fotos, Gemälde und Zeichnungen sind ebenfalls immer wieder in die Bewegtbildaufnahmen integriert: Alte Grabungsfotos von Eridu und Uruk ergänzen die Fotos der Babylon-Ausgrabung Anfang des 20. Jahrhunderts ebenso wie heutige Luftbilder. Diverse Zeichnungen des babylonischen Turmes im Laufe der Jahrhunderte werden gegen Ende des Filmbeitrages gezeigt, während in den ersten Minuten bereits das berühmte Gemälde Breughels vom Turm zu Babel zu sehen ist. Mit diesem Bild ist nicht zuletzt ein Wiedererkennungseffekt bei den Zuschauern beabsichtigt, der zum Weiterschauen animieren soll. Neben den vielfältigen Rekonstruktionsversuchen des Turms werden auch Rekonstruktionszeichnungen des Palastes von Nimrud oder des Königsfriedhofes von Ur abgebildet. Ein plastisches Modell der babylonischen Toranlage ergänzt diese Visualisierungsformen. Den Zuschauern werden demzufolge vielfältige visuelle Darstellungsformen präsentiert. Eine weitere Methode, den Rezipienten die Vergangenheit zu verdeutlichen, bilden die aufwändig gestalteten virtuellen Computerrekonstruktionen des babylonischen Turmes. Dabei wird nicht nur die vermutete äußere Gestalt nachgeahmt, sondern auch ein Hineingehen des Zuschauers simuliert, weil Treppenschritte in beweglicher Beobachterperspektive vorgenommen werden. Mit Hilfe dieses Effekts, der mit dramatischer Musik verstärkt wird, ist ein weiteres Mal das Hineinversetzen der Zuschauer angestrebt. Zu einem späteren Zeitpunkt wird mithilfe einer Computeranimation der Einsturz der Zikkurrat gezeigt. Neben einem Zoomeffekt einer Detailansicht einer Steinstatue sind diese Computeranimationen die einzigen herausragenden Bildeffekte in einer Dokumentation, die, abgesehen von den Reenactmentszenen, keine ungewöhnlichen Spezialeffekte einsetzt. Durch die Storyline entlang am Protagonisten Koldewey wird in Babylon Tower eine bewusste Personalisierung vorgenommen. Die Aussage „Kaiser Wilhelm II. interessierte sich brennend für seine Pläne“ (28:14) gibt zusammen mit der Angabe, dass der Kaiser privates Geld in diese Grabung investierte, Einblicke in private Vorlieben des Kaisers. Darüber hinaus bedienen diese Informationen auch den Nachrichtenfaktor der Prominenz. Des Weiteren wird dem Zuschauer Walter And-

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rae vorgestellt. Von ihm ist neben einer Portraitzeichnung auch sein damaliges Arbeitszimmer mit Tigris-Ausblick zu sehen. Die heute in diesem Büro tätigen irakischen Archäologen werden ebenfalls gezeigt. Eine bewusste Subjektivierung von wissenschaftlichen Inhalten wird auch an der Aussage „Das Gedächtnis der geplagten Verwalter war überfordert“ (14:00) deutlich. Agatha Christie taucht ebenfalls in der Dokumentation auf; von ihr wird ein Foto gezeigt und ihre Verbindung zum Ausgräber Max Mallowan erwähnt. Zu den Namen, die nicht nur Fachexperten geläufig sind, sondern im kollektiven Gedächtnis auftauchen, gehört der neubabylonische König Nebukadnezar. Dieser aus der Bibel bekannte Name wird als einziger mehrmals erwähnt. Prominente Institutionen wie die Deutsche Orientgesellschaft und das Deutsche Archäologische Institut werden ebenfalls in der Dokumentation genannt, ohne sie besonders in Szene zu setzen. Durch das Nennen von bekannten Namen wird Prominenz und Relevanz erzeugt, Glaubwürdigkeit geschaffen sowie die Chance erhöht, dass die Zuschauer nicht umschalten. Die Tendenz, Personen verstärkt ins Bild zu rücken, wird auch darin deutlich, dass bei den gezeigten antiken Objekten sehr häufig Menschen dargestellt werden; zumeist in Form von Statuen oder Reliefs. Erstmals kommt nach über einer halben Stunde Spielzeit ein Experteninterview zum Einsatz, in dem ein irakischer, deutschsprechender Archäologe Informationen preisgibt. Später ist ein Kommentar einer Innsbrucker Archäologin, die im Irak tätig ist, sichtbar. Als dritter Wissenschaftler kommt ein deutscher Forscher zu Wort. Bei allen Interviews ist weder der akademische Titel, noch der Name genannt.42 Lediglich im Sprechertext wird einmal ein Professorentitel genannt und im Abspann wird die wissenschaftliche Beratung von Prof. Dr. Hansjörg Schmid eingeblendet. Diese Angabe zielt aber weniger auf eine Wirkung beim Zuschauer, als dass es der üblichen Gepflogenheit entspricht, die verantwortlichen Mitarbeiter zu nennen. Prominenz oder Legitimität wird demzufolge nicht absichtlich durch wissenschaftliche Reputation erzeugt. Der Darstellung von Archäologie wird in der Dokumentation, abgesehen von den Interviews, folgender Raum eingeräumt: Die frühen Forschungen in Ur sind mündlich genannt, ebenso die Ausgrabungen in Assur. Bezüglich Assur sind noch Aufnahmen des gegenwärtigen Grabungshauses inbegriffen, auch wenn zuerst das ansprechende Ambiente des hauseigenen Gartens und nicht die Tätigkeiten gefilmt sind. Ergänzend dazu wird noch ein irakischer Archäologe gezeigt, während er in Andraes Buch liest. Archäologische Tätigkeiten sind durch die nachgespielten Zeichnungs- und Vermessungsarbeiten von Koldewey zu sehen. Die archäologische Arbeitsweise wird außerdem durch Fotos von früherer Museumsarbeit in Berlin angedeutet. Schwarz-Weiß-Videoaufnahmen der Grabung von 1962 am babylonischen Turmfundament sind neben gegenwärtigen Distanzaufnahmen von Grabun42 Im ganzen Film werden, mit Ausnahme der Landkarten, keine Texteinblendungen mit Namensangaben von Orten oder Herrschern vorgenommen.

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gen der Uni Innsbruck in Borsippa die einzigen Bewegtbilder von archäologischer Feldarbeit. Die Arbeitsweise der Archäologie wird nicht erläutert, Kommentare wie „mühevolle Bestandsaufnahme“ (27:55), „Sisyphusarbeit“ (35:08) oder die Nennung von 250 Arbeitern betonen allerdings ebenso den Aufwand der Arbeit wie die Wiederherstellung des Ishtar-Tores im Berliner Museum, was als „das größte Puzzle der Welt“ (30:20) bezeichnet wird. Kontroversen der Forschung oder multiperspektivische Zugänge werden nicht geschildert, offene Forschungsfragen jedoch an manchen Stellen angesprochen. 43 Andere Wissenschaftsdisziplinen, die an der Forschung beteiligt sind, werden nicht erwähnt. Moderne Technik als wichtiges Hilfsmittel zur Lösung altertumskundlicher Fragen wird in der Sendung ebenfalls nicht angesprochen.44 Archäologische Objekte, die in Museen lagern, werden in der Sendung hingegen des Öfteren gezeigt; 45 zumeist sind sie mit schwarzem Hintergrund in Szene gesetzt. Abgesehen von diesen Objekten werden in der Sendung altorientalische zeitgenössische Texte und Bildquellen (v.a. Reliefbilder), vor allem aber archäologische Befunde als Wissensquellen genannt. Bezüge zu anderen Kulturen spielen in dem Beitrag keine Rolle. Als Bindeglied zwischen den zeitlich und räumlich weit entfernten Kulturen der Vergangenheit und der Gegenwart der Zuschauer setzen die Filmemacher verschiedene Elemente ein, mit denen Relevanz für die Zuschauer erreicht wird: Die oben genannte Schilderung Koldeweys als deutscher Forscher, der auf der Suche ist, zieht Zuschauer in diese Situation. Im Sprechertext wird neben der Nennung von Kaiser Wilhelm auch betont, dass ein deutscher Architekt 1903 Assur entdeckte. Dadurch wird in der für das deutsche Fernsehpublikum produzierten Dokumentation Nähe und Relevanz erzeugt. Auch das Ishtar-Tor in Berlin schafft Nähe und Authentizität, die durch die Angabe verstärkt wird, dass vor 2.500 Jahren hier die Babylonier bei der alljährlichen Neujahrsprozession entlangschritten. Angaben, dass zwischen Euphrat und Tigris die Wiege „unserer“ Kultur liegt (02:40), schaffen ebenso einen Bezug zur heutigen Gesellschaft wie die Aussage, dass die damaligen Leistungen bis heute nachwirken (12:41). Außerdem werden Bilder von gegenwärtigen Moscheen und dem heutigen rekonstruierten Babylon gezeigt. Dazu kommt die Erwähnung, dass das Wiederaufbauprojekt die „vielgerühmte Stadt aus dem Dunkel der Vergangenheit“ hebt (33:10) sowie die Nennung, dass Präsident 43 Beispielsweise durch Angaben wie „[...] bleibt im Dunkel der Geschichte“ (11:40) oder „Die Aufgangsfrage bleibt ungeklärt“ (23:03). 44 Vermutlich fehlt dieser Aspekt, weil zur Drehzeit keine aktuellen Ausgrabungen mit technischen Hilfsmitteln stattfanden. Möglich wäre auch ein bewusstes Weglassen, um das Archäologie-Bild des 19. Jahrhunderts zu bedienen. 45 Dazu zählen diverse Rollsiegel, die Uruk-Vase, frühdynastische Statuetten, herausragende Objekte des Königsfriedhofes von Ur, Elfenbeinobjekte, Reliefs von Nimrud sowie die babylonische Weltkarte.

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Hussein dort jährlich Festspiele abhalten ließ. Interesse und damit Relevanz für die Zuschauer wird auch durch die Nennung von Ur und dem Bezug zu Abraham geschaffen, dessen Name auch geschichtlich wenig interessierten Zuschauern ein Begriff ist. Eine Zeitreise wird für die Zuschauer auch durch LandkartenAnimationen angedeutet: Die Karte verändert sich durch Spezialeffekte von einer heutigen Landkarte in eine alt aussehende Karte mit den damaligen Ortsnamen. Am Ende der archäologischen Sendung sind – unter Begleitung von dramatischer Musik – Hochhäuser des heutigen New York sichtbar, so dass explizit ein Bogen von damals zur möglichen heutigen Bedeutung gespannt wird. Folgende Sprecheraussagen verdeutlichen die Analogien, die für die Menschen der Gegenwart gezogen werden: „Die Bauherren von heute sind vom selben Ehrgeiz getrieben wie die Herrscher vor 3000 Jahren“ (55:55), „Ansprüchen, denen gelegentlich ein Ende gesetzt wird“ und „Es ist die Fortsetzung der alten Geschichte“ (56:52).46 Musik wird in der Dokumentation nur in bestimmten Szenen eingesetzt. Bei rezenten Filmsequenzen wirken die Bildaufnahmen ohne musikalische Begleitung; lediglich die vorhandene Geräuschkulisse, wie etwa Wasserplätschern, ist zu hören. Wenn Museumsobjekte gezeigt werden, erfolgt eine Untermalung durch ruhige Hintergrundmusik. 47 Die Musik stammt dabei von einem orientalisch klingenden Zupfinstrument. Bei der Präsentation der Turmgemälde, die auch Anmaßung und Zerstörung thematisieren, ist eine bombastische, engelchorartige Komposition von klassischer Musik ausgewählt, die Dramatik transportiert. Die Bilder des 20. Jahrhunderts sind mit Elektropop-Tönen unterlegt. Als Sprecher ist die männliche Stimme Gert Heidenreichs ausgewählt, die in tiefer Tonlage und ruhiger, aber zugleich anregender Art Fachwissen vermittelt. Die sachlichen Beschreibungen sind öfter mit Reizwörtern und Superlativen durchsetzt: Aussagen, dass es ein mühsamer Prozess war, das Land zu einem Paradies, einem „wahren Garten Eden“ (05:30) zu machen, sollen beim Zuschauer ebenso ein Weiterschauen hervorrufen wie die Betonung, dass manche Funde einzigartig sind. Folgende Auszüge aus dem Sprecherkommentar verdeutlichen die verbale geschilderte Außergewöhnlichkeit: „gigantisches Bauwerk von wahrhaft kosmischer Dimension“ (01:10), „Ziegelkolosse, die jahrtausendelang Gelehrte und Künstler in Bann zogen“, „Symbole für irdischen Größenwahn“, „eines der ersten Menschenbilder, die wir kennen“ (12:52), „geniale Tüftler konstruierten“ (13:19), „eine Pioniertat, mit der er alle Vorgänger übertraf“ (16:15), „dieser kühne Entwurf erforderte neue Dimensionen der Baustatik“ (16:20), „und wieder übertraf die Konstruktion alles bisher dagewesene“ (21:50), „ein Wunderwerk der Architektur“ (42:13), „Mutter aller Metropolen“ (43:25). Um den Zuschauer mithilfe des Sprechertextes 46 Als letzte Aufnahme läuft jemand die Treppe einer Zikkurrat hinunter, wodurch ein (kultureller?) Abstieg symbolisiert wird. 47 Die Musik wurde von der Gruppe Klangraum angefertigt.

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interessiert zu halten, wird ferner das rhetorische Mittel der Fragen ab und zu eingesetzt. Beispielsweise werden diverse Fragen zum Turm aufgeworfen, die den Zuschauer neugierig machen sollen. Nicht nur durch den Sprechertext, sondern generell wird in der Sendung immer wieder versucht, eine Fokussierung auf Emotionen statt auf objektive Fakten vorzunehmen, um eine Distanzierung zu vermeiden. Beispielsweise wird zur Erklärung des Codex Hammurabi ein konkreter Fall nachgespielt, bei dem eine ungewöhnliche Todesstrafe ausgesprochen wird. Durch dieses Urteil, welches unseren Gesetzen widerspricht, wird ein Einzelschicksal gezeigt, wodurch Emotionen beim Betrachter hervorgerufen werden. Dramatik oder Überraschung sind beispielsweise in der Erwähnung von gefährlicher archäologischer Arbeit oder im Reenactment zu finden. Trotz der obigen Reizwörter sind emotionserzeugende Faktoren wie Erlebnis und Dramatisierung generell auf einem mäßig ausgeprägten Niveau. Abschließend stellt sich die Frage, ob in der Sendung nur Effekthascherei betrieben, lediglich alte Stereotypen gezeigt oder neues Wissen vermittelt wird. Insgesamt steht die Wissensvermittlung eindeutig im Vordergrund. Dazu wurde eine erklärende, aber trotzdem attraktive Aufbereitung gewählt. Bilder von Palmen und karger Wüstenlandschaft bieten die Art von Exotik, die bereits im allgemeinen Terra X-Trailer als charakteristisches Merkmal gezeigt wird. Ein Jeep kommt in der Sendung im Übrigen nicht vor. Inhaltlich werden nicht nur Stereotype wiederholt, sondern auch mit ihnen gebrochen und unbekanntere, neue Inhalte gezeigt. Dies ist ein Widerspruch zur allgemeinen These im vorherigen Kapitel, in dem es heißt, dass Brüche nicht gezeigt werden (Wirtz 2008; Marel in Lehmkuhl 2008c: 7). Der Mythos des vollkommen bösen Babylons wird widerlegt und andere im kollektiven Gedächtnis verhaftete Vorstellungen werden entkräftet oder ergänzt. Zu religiösen Vorstellungen wird häufig der materielle Befund gestellt. Beispielsweise wird einerseits gezeigt, dass der babylonische Turm tatsächlich real existierte, andererseits wird bewusst Wert auf die Tatsache gelegt, dass es verschiedene Türme dieser Art im Alten Orient gab. In der Dokumentation treten Zikkurrathügel als immer wiederkehrendes Bildobjekt auf. Thematisch liegt der Schwerpunkt eindeutig auf den herausragenden Fähigkeiten der männlichen Könige und Baumeister von monumentalen Türmen und Stadtanlagen. Macht, Reichtum und Glanz der Elite dominieren die Sendung, während Frauen, Kinder oder das Alltagsleben der Bevölkerung nicht im Zentrum des Beitrages stehen. Die damalige Gesellschaft und die Stadt Babylon werden generell als Hochkultur hervorgehoben und wohlwollend bewertet. Die heutige Kultur im Irak wird ebenfalls in gutem Licht dargestellt, so werden etwa die handwerklichen Fähigkeiten oder die ‚arabische Gastfreundschaft‘ betont. Der Grundtenor des Beitrages ist ein positives Bild des Alten (und gegenwärtigen) Orients.

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7.6.2. Jenseits von Eden – Lifestyle in der Steinzeit Die 43 Minuten lange Fassung Jenseits von Eden (Thiel 2003) mit dem Untertitel Lifestyle in der Steinzeit wurde 2003 von der privaten Firma Ilona Grundmann Filmproduction hergestellt. Buch und Regie führte der freie Autor Gerhard Thiel, die Redaktion lag bei den beiden langjährigen Terra X-Verantwortlichen Claudia Moroni und Helga Lippert. Die Erstausstrahlung im ZDF sahen 4,96 Millionen Zuschauer (Degen 2010). Der im Titel verwendete Begriff ‚Eden‘ ist allen Menschen bekannt und spricht somit potentiell alle Zuschauer an, ohne ein archäologisches Vorwissen vorauszusetzen. 48 ‚Lifestyle‘ ist ein positiv konnotiertes Modewort aus der aktuellen Zeit, so dass ein Bezug zur Gegenwart erzeugt wird. Gleichzeitig wird jedoch durch das Widerspruchspaar ‚Steinzeit versus Lifestyle‘ Irritation und damit Neugier ausgelöst. Der Trailer startet mit dem bekannten Stereotyp der Exotik: einem Sonnenuntergang. Außerdem besteht er vorrangig aus Reenactment-Szenen. Im Trailer wird eine spannungserzeugende, mystische Stimmung geschaffen. Schnelle Schnitte, dunkle Aufnahmen mit Fackellicht und Reenactment mit Kriegsszenen lassen Dramatik entstehen. Zeitlupenszenen andererseits und die Frage „Muss die Menschheitsgeschichte umgeschrieben werden?“ (00:52) erzeugen darüber hinaus Neugier und sollen die Zuschauer zum Anschauen der ganzen Sendung animieren. Das serientypische, allgemeine Terra X-Intro wird erst nach dem Trailer für den Jenseits von Eden-Beitrag gezeigt. Bei der vier Jahre älteren Ausstrahlung Babylon Tower wurde zuerst das Terra X-Intro gezeigt und anschließend der Sendungstrailer. Das allgemeine Intro wurde gegenüber der 1999er Produktion neu gestaltet, enthält aber noch die typischen Merkmale wie den Skorpion und den Jeep, wobei Jeeps nun im Trailer mehrfach auftauchen. Außerdem wird kein Untertitel der Reihe mehr angezeigt. Die Story des Beitrages ist einerseits entlang der archäologischen Feldforschungsarbeiten aufgebaut, so dass Ausgrabungsarbeiten und die Materialfunde im Zentrum der Sendung stehen. Andererseits liegt ein Erzählstrang auf Göbekli Tepe, dem Hauptfundort der Dokumentation. Die Sendung beginnt mit einer Kombination dieser beiden Aspekte, dem frühmorgendlichen Arbeitsbeginn in Göbekli Tepe. Immer wieder werden in der Dokumentation laufende Ausgrabungsarbeiten an diesem und anderen Orten gezeigt. Die Aufnahmen beinhalten dabei nicht nur Arbeitsszenen, sondern zeigen beispielsweise Bilder der Mittagspause in Göbekli

48 Darüberhinaus ruft der Titel Jenseits von Eden bei manchen Personen eine zusätzliche Assoziation hervor, da ein gleichnamiges Erfolgslied von Nino de Angelo aus den 1980ern existiert.

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Tepe. Anhand dieses Filmmittels des Zeigens der gegenwärtigen Arbeit wird Distanz zwischen der gewohnten heimischen Zuschauerwelt und dem fremden altorientalischen Setting verringert. Der Zuschauer kann sich auch dadurch gewissermaßen als involviert an der Entschlüsselung von bedeutenden Fragen fühlen. Der Fundort Göbekli Tepe wird als sehr außergewöhnlich bezeichnet, denn laut Sprechertext liegt dort die „Urzelle der Zivilisation“, „Auf dem Göbekli Tepe hat alles angefangen“ (7:43). Nach einigen Erläuterungen zu dieser Ausgrabungsstätte werden verschiedene andere neolithische Orte im Alten Orient präsentiert, in denen bedeutsame Entwicklungen aufzuweisen sind: Jericho, Basta, Beidha, Ba’ja, Latmos und Çatal Höyük werden behandelt. Teilweise werden mögliche Verbindungen zwischen den Orten angesprochen. Am Ende der Sendung wird der Bogen wieder zurück zu Göbekli Tepe gespannt. Alle angesprochenen Fundorte werden anhand der Originalschauplätze in Bewegtbildern gezeigt, wodurch die bestmögliche Authentizität und Kontextualisierung erreicht wird. Ergänzend zu den Kameraaufnahmen werden den Zuschauern Landkarten sowie Computersimulationen präsentiert. Virtuelle Rekonstruktionen von verschiedenen Stadien der Anlage von Göbekli Tepe verdeutlichen dem Zuschauer das mögliche Ursprungsaussehen. Auch hier ist keine statische und damit möglicherweise Langweile auslösende Vorgehensweise gewählt, sondern die Rekonstruktionen werden mit sich bewegender ‚Kamera‘Perspektive präsentiert (08:46). Die Stätte von Ba’ja ist ebenfalls in einer virtuellen Rekonstruktion sichtbar, in der fließende Sturzbäche die Lebendigkeit erhöhen und Dramatik auslösen. Auch von Çatal Höyük werden Computerrekonstruktionen gezeigt; sowohl eine Dorfansicht als auch eine Innenansicht des Stierhauses sind sichtbar. Obige Animationen sind teilweise kaum merklich in reale Landschaftsaufnahmen oder nachgespielte Szenen eingefügt, was der Vorgehensweise in Spielfilmen entspricht (siehe Abbildung 8). Mit welchen weiteren filmischen Mitteln werden die Inhalte in dieser Dokumentation transportiert? Der Film beginnt mit Reenactment. Darin werden Ereignisse des lokalen Bauern namens Shabag nachgespielt, die sich vor wenigen Jahren zugetragen haben. Durch die Nennung seines Namens und dem Kommentar „Er ahnte nicht, welches Juwel für die Wissenschaft unter seinem Acker verborgen lag“ (01:40) wird unverzüglich Subjektivität geschaffen. Anschließend folgen Aufnahmen eines Sonnenaufgangs und von auf Pferden herangaloppierenden Arbeitern. Der Sprechertext gibt an, dass sie im September 2002 archäologisch tätig sind. Durch die Bilder werden beim Zuschauer einerseits Emotionen erzeugt. Andererseits wird es für den Zuschauer durch die Kombination von Bild und Textinformation ermöglicht, sich in die konkrete Situation hineinzuversetzen und Neugier aufzubauen. Spannung wird auch durch die Aussage, dass die Archäologen weitere archäologische Schätze erwarten (08:00), oder Worte wie „was die Arbeiter Tag für Tag freilegen, versetzt nicht nur Fachleute in Aufregung“ (02:24) aufgebaut. Dramatik und Mystik werden häufig erzeugt, indem zum entsprechenden Text dunkle

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Aufnahmen gezeigt und geheimnisvoll klingende Musik eingespielt wird. Insbesondere bei den Themen Jenseits, Begräbnisrituale und Göttervorstellungen, die im Film mehrfach thematisiert werden, zeigen sich diese Attribute. Beispielsweise wird an einer Stelle textlich auf mögliche Berggötter eingegangen, dazu werden Bilder eines dunklen, wolkenverhangenen Gewitterhimmels gezeigt. Die Wandmalereien von Çatal Höyük werden als „grausige Wandbilder“ bezeichnet und mit der Angabe ergänzt, dass sich sofort Aasfresser über die Leichname hermachten. Ähnlich diesem Beispiel bietet der Beitrag immer wieder dramatische und/oder überraschende Momente. Dazu dienen auch Reenactmentszenen, die in Jenseits von Eden wiederholt eingesetzt werden. In Göbekli Tepe wird die Hypothese von dort durchgeführten schamanistischen Ritualen visuell umgesetzt, indem entsprechend verkleidete Schauspieler bei Dunkelheit mit Fackeln Rituale durchführen. Der Sprechertext unterstützt die fremdartigen Bilder und exotisiert die Vergangenheit weiter: „Begleitet von rhythmischer Musik und unter Drogen tanzten sich die geweihten Männer in Ekstase. So die Vorstellung der Fachleute.“ (06:10) Abbildung 8: Reenactment-Szene inklusive Computerrekonstruktionen

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der Ilona Grundmann Filmproduction.

Nachgespielte Szenen lassen die Zuschauer nicht lediglich von einer Beobachterposition Einblick gewinnen, sondern gerade durch bewegte Aufnahmen aus der Froschperspektive zu Themen wie der Jagd wird der Zuschauer hautnah in die Tierund Pflanzenwelt sowie in die Jagdposition versetzt. Weitere Reenactment-Szenen sind die Gesichtsmasken-Herstellung in dunklem Flackerlicht, Beidha-Einwohner in einer kurzen Kriegsszene, erste Ackerbauern ,im Schweiße ihres Angesichtes‘, Hirten inklusive eines Nachspiels der ,Kain und Abel‘-Tötungsszene, Basta-Häuser sowie in Basta ansässige Männer mit Vieh und nachts durchgeführte Bestattungen

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mit fackelnden Flammen. Das Ende der Sendung bezieht sich auf Göbekli Tepe und zeigt magisch-düstere Reenactmentszenen, bei denen Geister, Götter und Schamanen im Mittelpunkt stehen. Insgesamt sind in den nachgespielten Szenen neben Schamanen vor allem Jäger, Hirten und Krieger zu sehen. Diese Personen sind fast ausschließlich männlich, Frauen sind quasi inexistent. Die Geräuschkulisse ist hörbar, verständliche Stimmen werden im Reenactment jedoch nicht eingesetzt. Bei den dokumentarischen Aufnahmen werden neben den naturräumlichen Gegebenheiten und der Architektur der archäologischen Stätten auch Kleinfunde aus diesen Orten präsentiert. Tierfiguren, Menschenstatuen und diverse andere Kleinobjekte aus Museumsbeständen werden immer wieder in den Beitrag eingeflochten. Sämtliche Gegenstände werden für den Zuschauer rotierend auf schwarzem Hintergrund präsentiert, so dass sowohl Besonderheit als auch Bewegung konstruiert wird. Auffällig ist, dass das in der Sendung zuerst gezeigte Kleinobjekt eine Phallus-Statuette und die zweite Darstellung eine „freizügige Darstellung einer Frau“ (04:11) sind. Der Aspekt ,Sex sells‘ fließt somit auch in kulturhistorische Dokumentationen ein (vgl. Wirtz 2008: 16). Archäologische Arbeit wird im Filmbeitrag häufig gezeigt. Dabei sind ausschließlich Feldforschungen zu sehen, während Tätigkeiten anhand von Büchern oder Büroarbeit generell ausgeblendet bleibt. Die Aufnahmen an den archäologischen Stätten sind zumeist während der Grabungssaison gemacht, um Tätigkeiten vor Ort aktiv darstellen zu können. Dies geschieht zumeist in der Totale, so dass viele Arbeiter in Bewegung sichtbar sind. Ab und zu werden auch Detailaufnahmen der Arbeit gezeigt; so fehlt nicht die Freilegung eines Objekts durch einen Pinsel, das bekannte Stereotyp der archäologischen Arbeit. Ungewöhnlich ist, dass die Zelte der Grabungsmitarbeiter ebenso wie die Mittagspause ins Bild gerückt werden. Bei allen Aufnahmen der Grabungsarbeiter sind die Hintergrundgeräusche zu hören. Der Sprecher nennt mehrfach die anstrengende und mit Hindernissen durchsetzte Arbeit.49 Es wird beispielsweise betont, dass die Arbeiter in Hitze und Staub „schuften“ (02:15) oder „auf Hochtouren akribisch untersuchen“ (13:30). Für die Zuschauer wird durch die Subjektivierung der Arbeit eine Teilhabe an der aktuellen, herausfordernden Forschung suggeriert, womit der Eindruck einer passiven, distanzierten Wissensaufnahme vermieden wird. Aussagen wie „endlich, ein Kieferknochen“ (39:59) mit Bildern der Freilegung desselben erzeugen die Spannung, live an der Erforschung dabei zu sein und möglicherweise Lösungen ‚hautnah‘ zu erleben. Zugleich wird durch Arbeiter, die mit dem Pferd oder Jeep heranpreschen, das angenehme und von vielen Zuschauern erträumte Flair von Exotik erzeugt. Eine Personalisierung von Wissenschaft wird dadurch angestrebt, dass verschiedene Forscherinterviews gezeigt werden. Jeweils zweimal sind Aussagen der 49 Für Göbekli Tepe wird die Zahl von 60 einheimischen Arbeitern und 20 Forschern angeführt.

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Archäologen Dr. Klaus Schmidt und Dr. Hans-Georg K. Gebel zu sehen. Letztere werden im Filmabspann als wissenschaftliche Berater angeführt. Teilweise werden Forschernamen auch im Sprechertext genannt, z.B: „Archäologin Anneliese Peschlow untersucht [...]“ (15:55). Von der promovierten Archäologin ist ebenfalls ein Interview während ihrer Feldforschungen in die Sendung eingebunden. Neben der Berufsgruppe der Archäologen kommen auch ein Archäozoologe, Prof. Dr. Joris Peters, und ein Paläopathologe, Prof. Dr. Dr. Schultz, zu Wort. Letzterer wird an seinem Arbeitsplatz an der Universität Göttingen gezeigt, wo er anhand moderner Laborgeräte Analysen durchführt. Ansonsten spielt in der Dokumentation HighTech keine prägende Rolle, um Rätsel der Vergangenheit zu lösen. Bei allen Interviews sind der vollständige Name, die Berufsbezeichnung und der oben angeführte akademische Grad eingeblendet. Durch die Titelbezeichnungen wird den Aussagen Legitimität zugewiesen. Universitäten oder das Deutsche Archäologische Institut werden hingegen nicht besonders in Szene gesetzt, um Reputation oder Prominenz zu erzeugen. Die ausschließliche Nennung von deutschen Forschern ist ein Mittel, um für die deutschen Zuschauer Verbindungen zwischen der Vergangenheit des Alten Orients und der Gegenwart herzustellen. Weitere Elemente, um dieses Ziel zu erreichen, sind die oben angesprochenen Reenactmentszenen, denn durch die konkret sichtbaren Handlungen wird Aktualität und damit Nähe geschaffen; allerdings erzeugen die befremdlichen Schamanenrituale gleichzeitig Distanz. Die aktuell laufenden Forschungen und die suggerierte Teilnahme der Zuschauer ermöglichen insgesamt eine hohe Distanzminimierung. An einer Stelle des Beitrages wird ein Versuch von experimenteller Archäologie am Göbekli Tepe initiiert bzw. gefilmt. Auch hier werden die Zuschauer als Zeugen einer aktuell laufenden Forschung einbezogen. Ein weiteres Mittel zu Aktualitätserzeugung ist die Aufnahme von Frauen, die gegenwärtig den heiligen Berg von Göbekli Tepe aufsuchen, um göttliche Hilfe zu erfahren. Somit wird eine Sinnhaftigkeit der historischen Stätte für die Gegenwart dargelegt. Die visuelle und verbale Ansprache des bekannten Topos ,Kain und Abel‘ bewirkt ferner eine Ansprache aller Zuschauergruppen. Bezüge zur heutigen Zeit werden in dieser Sendung auch gerade dadurch angestrebt, dass Worte aus der Gegenwart verwendet werden, die darüber hinaus Spannung und Bedeutung erzeugen. Folgende Reizwörter und Aussagen verdeutlichen dieses Ziel: „Ökokatastrophe“, „Exportschlager“, „Mode-Accessoires“, „Kurzwaren-Sortiment“, „Wassermanagement à la Jungsteinzeit“, „Die Geburtsstunde der Immobilie“, „imposante Steinzeitmetropole“, „das älteste Gefäß der Welt“, „Boomtown aus dem Neolithikum“, „ingenieurtechnische Spitzenleistung, für die es kein Vorbild gibt“ , „legendäre Steinzeit-City“ oder „der Zauberberg der Steinzeit, der erste Megabau von Menschenhand“. Weitere Reizwörter, die den Zuschauer aufhorchen lassen sollen, sind: „spektakuläres Ausgrabungsprojekt“, „ein Jahrtausendfund“, „die eigentliche Sensation aber ist das Alter“, „imposante Bildwerke“, „des ältesten von Menschen

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errichteten Heiligtums“, „einzigartige Wahrzeichen von unerklärlicher Qualität“, „ersten Architekten der Menschheit“, „für jene Ära ein architektonischer Weltrekord“ sowie „grausige Wandbilder“. Durch diese Begriffe aus der gegenwärtigen Rhetorik, oft durchsetzt mit Anglizismen, wird durch die Filmemacher ein Superlativismus geprägt und Modernität der altorientalischen Kulturen vermittelt. Superlative werden allerdings auch von Wissenschaftlern eingesetzt: „Wenn wir das nachweisen können, dann haben wir die erste Wasserbevorratung der Menschheit festgestellt“, erklärt Gebel (31:20). Begriffe wie ,Rätsel‘ und ,mysteriös‘ werden wiederholt verwendet, um eine geheimnisvolle Atmosphäre zu schaffen und bei den Zuschauern Spannung und Neugier zu erhalten und sie somit zum Weiterschauen zu animieren. Durch das wiederkehrende Formulieren von Fragen und Herausforderungen werden diese Emotionen immer wieder neu ausgelöst oder verstärkt. Vermittelt werden die textuellen Inhalte durch die männliche Sprecherstimme von Gert Heidenreich. Statt einer sachlicher Wissensvermittlung weist die Sprecherstimme eine dramatische Tonlage auf, wodurch eine aufregende Grundstimmung ständig ein ‚Passieren‘, ein ‚Erlebnis‘ vermuten lässt. Die Musikuntermalungen unterstützen eine Atmosphäre von Spannung und Geheimnis. Sowohl bei den Präsentationen von musealen Objekten als auch bei Reenactmentszenen sowie bei Aufnahmen von archäologischen Stätten begleitet Musik die verbalen und visuellen Eindrücke. Durch den niedrigen Geräuschpegel kommt der Musik dennoch eine untergeordnete Bedeutung zu. Neben den ausgewählten Worten kreieren vorrangig die Bilder Aussagen von Außergewöhnlichkeit. Göbekli Tepe etwa wird mit den berühmten Bauwerken der Menschheit gleichgesetzt: Im kollektiven Gedächtnis bereits verankerte Monumente wie die Pyramiden, die Sphinx, der babylonische Turm, Stonehenge oder die Tempel von Malta werden als Ähnlichkeiten aufgeführt und gezeigt. Mit diesen Vergleichen wird für einen bisher unbekannten Ort Prominenz und damit erhöhte Bedeutung geschaffen. Auch die Höhlenmalereien von Cap Blanc und Lascaux werden als Vergleichselemente herangezogen. Zum Fundort Beidha, der Allgemeinheit ebenfalls unbekannt, wird das bekannte Petra kurz als Übergangspunkt genannt, um den Zuschauern einen ‚Aha-Effekt‘ zu ermöglichen. Abgesehen vom Fokus auf das Spektakuläre der Funde und Befunde stellt sich die Frage, wie wissenschaftliche Arbeit präsentiert wird. Die archäologische Wissenschaft wird in der Dokumentation als laufender Prozess dargestellt. Ungeklärte Fragen werden insbesondere in den Anfangsminuten öfter erwähnt, was vor allem aus Gründen der Spannungserzeugung geschieht. Aber auch im Laufe der Sendung wird immer wieder betont, wenn sich Fragen und Spekulationen nicht nachweislich beantworten lassen, somit sind Herausforderungen und Probleme aus wissenschaftlicher Sicht angeführt. Genannt wird auch, wenn Sachlagen wissenschaftlich eindeutig sind. Selten kommen im Film auch multiperspektivische Zugänge zur Sprache, beispielsweise werden bei Çatal Höyük zwei Interpretationssichten geschildert.

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Die Hauptaussagen der Filmemacher beziehen sich einerseits auf die fortschrittlichen Arbeiten der Kulturen im Alten Orient. Immer wieder werden die herausragenden Leistungen, vor allem handwerklicher Art, hervorgehoben. Auch generelle Aussagen wie „in jener Epoche herrschten paradiesische Zustände, fast wie im Garten Eden“ (12:28) werten die Vergangenheit in dieser Region auf. Als Gegenpol wird der Lebensraum der Fernsehzuschauer gewählt: „während die Naturburschen auf dem europäischen Kontinent noch halbnackt durch die Landschaft stromerten, [...]“ (32:28). Trotz der insgesamt positiven Darstellung der Kulturen des Alten Orients werden Probleme nicht verschwiegen. Ein weiterer Fokus der Produzenten liegt auf der Götterwelt, die immer wieder thematisiert wird. Göbekli Tepe im Speziellen wird als Kultplatz der Steinzeit angesehen, als „reiner Tempelkomplex“, als „magischer Ort“. Darüber hinaus wird dem Ort eine absolute Schlüsselstellung zugebilligt, was sich im Begriff „Urbau auf Erden“ (42:28) und im Schlusssatz widerspiegelt: „Von Göbekli Tepe aus nahm die Entwicklung der Menschheit und der Kultur ihren Lauf, rund um den Globus. Die Wiege der Zivilisation stand weder in Palästina, noch in Mesopotamien. Sondern in Anatolien.“ (42:50) In der Dokumentation werden durch Jeeps, Abenteuer, Herausforderungen und Mystik vorherrschende Stereotype bedient. Emotionalität ist vor allem durch die Aspekte Erlebnis, Dramatisierung und Spannung auf einem hohen Niveau angesiedelt. Einzelschicksale bzw. Schicksale ganzer Gruppen stehen gegenüber allgemeinem Faktenwissen im Vordergrund. Bewegung ist eine ständig auftauchende Größe in der Sendung. Sie ist sowohl in den nachgespielten Szenen, in den Computerrekonstruktionen, bei den Ausgrabungsarbeitern als auch bei den sich bewegenden Museumsobjekten prägnant. 7.6.3. Qatna – Entdeckung in der Königsgruft Im Jahr 2005 wurde in der Terra X-Reihe die Sendung Flammen über Qatna ausgestrahlt. Eine weitere Produktion über diese Ausgrabungsstätte wurde 2010 unter dem Titel Qatna – Entdeckung in der Königsgruft (Schillinger 2009) im ZDF gesendet.50 Der 43:39 Minuten lange Beitrag wurde von 4,77 Millionen Zuschauern gesehen (Degen 2010). Buch und Regie der in dieser Untersuchung behandelten Produktion von 2010 lag in den Händen von Simone Schillinger, einer freien Autorin, die ZDF-interne Redaktion wurde von Günter Myrell und Georg Graffe übernommen. Die Produkti-

50 Die Gründe für die ungewöhnliche Vorgehensweise einer erneuten Sendung über denselben Fundort dürften vor allem in der idealtypischen Konstellation liegen, dass sowohl Relevanz durch die deutschen Ausgräber vorliegt als auch Emotionen gefilmt wurden sowie exzeptionelle Funde vorliegen.

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on wurde im Auftrag des ZDF von der Story House Productions, einer privaten deutschen Filmfirma, in Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum Württemberg und dem National Geographic Channel durchgeführt. Als Produzent fungierte Jens Afflerbach von der Story House Productions. Der Beitrag beginnt mit dem allgemeinem Terra X-Sendungsintro, welches seit 2008 für alle sonntagabendlichen Dokumentationen eingesetzt wird. Das effektvoll gestaltete Intro deutet in lebendiger Weise Themen aus Geschichte und Natur an. Aufgrund der Umstellung gibt es kein speziell archäologisches Intro mit den bekannten Elementen Jeep und Skorpion mehr. Nach dem Terra X-Intro folgt der Sendungstrailer. Die ersten Bilder sind dabei überaus dunkel; nur ein Taschenlampenkegel erhellt die schwarzen Aufnahmen. „Eine sensationelle Entdeckung“ (00:34) lauten die ersten Worte des Sprechertextes und auf den nun folgenden Tageslichtaufnahmen sind Freudenrufe von gefilmten Arbeitern zu hören, die einen Sarkophag entdeckt haben. Im Anschluss daran sind Computerrekonstruktionen sichtbar, die über reale Aufnahmen der archäologischen Stätte Qatna gelegt werden und sich effektvoll aufbauen. Weitere Computeranimationen rekonstruieren Innenansichten des Tempels; die Sprecheraussage „mit der größten überdachten Halle jener Zeit“ (00:54) verdeutlicht die Außergewöhnlichkeit des Filmthemas. Danach wird ein Forscher über Büchern in einem Bibliothekskeller gezeigt, in dem kaum mehr als eine Schreibtischlampe als Lichtquelle im ansonsten dunklen Raum fungiert. „Einem Wissenschaftler gelingt die Entschlüsselung uralter Texte“ (00:58) erklärt der Sprecher dazu. Das Trailerende besteht aus einer kurzen Reenactmentszene und Aufnahmen von laufenden Ausgrabungen. Bombastisch klingende Orchestermusik ergänzt die bild- und texthaltigen Traileraussagen. Nach dem Trailer erklingen Musikrhythmen im traditionell-orientalischen Stil und Flammen erscheinen auf dunklem Hintergrund. Kurz darauf ist der Titel Qatna in arabischorientalisch gestaltetem Schriftlayout sichtbar, während der Untertitel „Entdeckung in der Königsgruft“ in schnörkellosen Druckschrift-Großbuchstaben erscheint. (siehe Abbildung 9). Die Story der Dokumentation ist eng an das angelehnt, was im Trailer deutlich zum Ausdruck kommt: die aktuell laufende archäologische Entdeckungsgeschichte des altsyrischen Königreichs Qatna. Darin eingeflochten sind Informationen über Aspekte der überregionalen Herrschaftspolitik in der Zeitepoche des Untergangs der Stadt. Die eigentliche Dokumentation über das altsyrische Königreich startet mit Bildern von ägyptischen Statuen und Pyramiden; letztere sind im Sonnenuntergang aufgenommen. Mit dieser Bilderwelt werden den Zuschauern, von denen die allermeisten Qatna noch nicht kennen, bekannte Motive geliefert. Durch den Wiedererkennungseffekt soll Lust zum Anschauen der restlichen Dokumentation erzielt werden. Interesse wird darüber hinaus hauptsächlich dadurch erzeugt, dass durch

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den Sprecher zu Beginn der Dokumentation, aber auch im Laufe der Sendung, immer wieder offene Fragen gestellt werden. Abbildung 9: Titelgestaltung

Quelle: Screenshot der ZDF-Ausstrahlung (Schillinger 2009).

Archäologische Forschungen werden in der gesamten Dokumentation als laufender Prozess in der Gegenwartsperspektive geschildert, auch wenn in der Realität die Antworten bereits vor Jahren erlangt wurden. Angaben im Sprechertext, dass die Forscher zu bestimmten Aspekten noch zu wenig wissen oder dass noch ungeklärte Rätsel zu lösen sind, verstärken die Neugier. Durch diese Kommentare und die vielen gestellten Fragen wird der Spannungsbogen aufrecht erhalten: „Jeder Blick eine neue Entdeckung. Und jede Entdeckung bringt neue Fragen“ (43:38). Sogar am Ende der Dokumentation wird der Spannungsbogen nicht zum Abfallen gebracht, sondern mit der abschließenden Frage „Was mag das versunkene Qatna noch für sie bereithalten?“ (43:11) hochgehalten. Neben den ungelösten Fragen wird in der Sendung auch geschildert, wenn die Wissenschaft Antworten erreicht hat. Die Langwierigkeit und Aufwändigkeit der Forschungen wird mehrfach betont. Genannt ist beispielsweise, dass die Forscher seit zehn Jahren in Qatna forschen, 51 dass „ein jahrelanges Geduldsspiel“ (37:53) für die Übersetzung der Keilschrifttafeln notwendig war und dass die Ausgrabungen unter erschwerten Bedingungen ablaufen. Die Präsentation von wissenschaftlicher Arbeit zieht sich als roter Faden durch die Sendung. Immer wieder werden von Forschern gezeichnete Pläne der Stätte gezeigt, vor allem aber werden die Grabungsarbeiten in den Mittelpunkt gerückt. Angefangen mit der Entdeckungsgeschichte vor knapp 90 Jahren, stehen die Entdeckungen von 2002 unverkennbar im Zentrum der Dokumentation. Zu 51 Vom amerikanischen Ägyptologen Charles van Siclen wird erwähnt, dass er seit 20 Jahren in Ägypten forscht.

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diesen Arbeiten wird die Datumsangabe „August 2002“ geliefert, wodurch sich der Zuschauer in diesen Zeitpunkt hineinversetzen soll. Neben Aufnahmen aus dem Jahr 2002 sind auch Bilder der Kampagnen von 2008 und 2009 sichtbar. Für Dokumentationen aller Art werden insbesondere Personenaufnahmen zumeist speziell arrangiert und Ereignisse nachgestellt. Bei dieser Ausgrabung war jedoch der seltene Fall gegeben, dass ein Filmteam zum Entdeckungszeitpunkt der Grabkammer anwesend war, wodurch etliche nicht-inszenierte Originalsequenzen des Entdeckungsaugenblicks gezeigt werden können. In manchen Szenen werden Grabungsarbeiten in der Totale gezeigt, teils sind aber auch Nahaufnahmen wie Pinsel- oder Handfeger-Arbeiten zu sehen. Sprecherkommentare wie „[...] hoffen die Forscher auf wertvolle Entdeckungen“ (03:35) begleiten die visuellen Darstellungen. Teilweise wird gezeigt, wie die Arbeiter warten, was die Position des Zuschauers als Teilnehmer widerspiegeln soll. Auch werden Problemfelder des Grabungsleiters Pfälzner bezüglich der Ausgrabung genannt, so dass nicht nur für den vor Ort tätigen Forscher, sondern auch für die involvierten Zuschauer eine Herausforderung zu meistern ist. Aussagen wie „tausende Kilometer entfernt, in Berlin, macht sich jetzt ein Spezialist an die Arbeit“ (10:07) suggerieren, dass die Forschung zum Zeitpunkt der Fernsehsendung von statten geht. Die Erwähnung, dass „Sprachwissenschaftler Dr. Thomas Richter“ einer von nur wenigen Qualifizierten weltweit ist, erschwert die Aufgabe, welche die Wissenschaftler zu lösen haben. Die Sprechermitteilung, dass Richter zunächst an der Entzifferung scheitert und dass ihm das Entschlüsseln große Schwierigkeiten bereitet, wird durch die Aufnahme seiner Gesichtsmimik intensiviert, die Mühe und Müdigkeit anzeigt. Neben der philologischen Büroarbeit und der archäologischen Feldforschung wird auch der Berufszweig der Restauratoren genannt; Bilder von (anonymen) Restauratorenhänden bei der Arbeit und deren präparierten Kleinobjekten illustrieren diesen Arbeitsbereich. Ferner wird eine Pollenanalyse von italienischen Forschern angeführt. Dazu sind Reagenzgläschen mit Bodenproben während der – anonym gezeigten – Bearbeitung durch Mitarbeiter zu sehen. Eine weitere Darstellung von technischen Hilfsmitteln ist eine Mikroskopuntersuchung im Labor. High-Tech-Geräte zur Erforschung der offenen Fragen werden nicht in den Vordergrund der Sendung gerückt, tauchen aber an verschiedenen Stellen auf. Abgesehen von den restaurierten Objekten aus der Grabkammer werden während der Sendung noch zwei weitere Male archäologische Kleinobjekte vorgeführt. Deren Präsentation erfolgt zumeist vor einem dunklen Hintergrund. Unter den Objekten befinden sich auch Golderzeugnisse, welche aber nicht die Sendung dominieren. Textzeugnissen hingegen wird eine besondere Bedeutung eingeräumt, denn trotz ihrer Fremdheit und Unentzifferbarkeit für die Zuschauer werden Keilschrifttafeln mehrfach in Nahaufnahme gezeigt. Inhaltlich werden neben dem altsyrischen Königreich Qatna Verweise auf die zur damaligen Zeit existierenden Großmächte der Hethiter und Ägypter aufgezeigt, die damals in unmittelbarem Bezug zu Qatna standen. Von beiden Kulturen werden

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Kriegsszenen nachgespielt. Ägypten wird darüber hinaus mehrfach mit seiner Monumentalarchitektur präsentiert und – durch Interviews mit dem Ägyptologen van Siclen – eingehender erwähnt, was vermutlich an dem großen öffentlichen Bekanntheitsgrad der altägyptischen Kultur liegt. Hethitische Stätten, im kollektiven Bewusstsein eher unbekannt, sind hingegen bildlich genauso absent wie vertiefende Sprecher- oder Interviewkommentare über die hethitische Kultur. Darüber hinaus bleibt die Thematisierung von andere Orten oder Kulturen der damaligen Periode ebenso ausgespart wie die Behandlung von vorherigen Epochen der Stadt Qatna. In der Dokumentation werden wiederholt Erlebnis und Emotionen, insbesondere Spannung, geschaffen. Abgesehen von der Schilderung der Herausforderungen werden hierfür folgende filmische Mittel und Darstellungsweisen eingesetzt: Spannung wird beispielsweise durch das Filmen einer Situation erzeugt, in der Archäologen durch eine an einem Stock befestigte kleine Kamera bisher unbekannte Eindrücke aus einer Grabkammer bekommen. Die am Laptop sichtbaren wackligen Bilder, teils minderer Qualität, werden dem Fernsehzuschauer gezeigt und lassen bei ihm ein ,Erstentdecker-Gefühl‘ aufkommen. Die Schilderung, dass (Einsturz-) Gefahr droht, lässt den Zuschauer am Bildschirm ebenso ‚mitfiebern‘ wie bei Bildern, auf denen aufgrund der Schwärze zunächst nichts zu erkennen ist. Auch Kommentare wie „gleich wird sich zeigen, ob die Erwartungen erfüllt werden oder ob es eine Enttäuschung gibt“ (17:33), oder dass noch zu gefährlich ist, die Kammer zu betreten, „denn im Innern der Kammer lauert der Fluch des Pharao“ (19:36), steigern die Spannung. Die Frage „doch werden sie die ersten sein, die die Gruft nach der Bestattung betreten?“ macht die Zuschauer ein weiteres Mal neugierig – und animiert sie dazu, die Sendung weiter anzuschauen. Die Filmemacher zeigen auch Nachtarbeiten auf der Grabung mit spärlicher Beleuchtung. Durch mehrfach eingeblendete, imponierende Vollmondaufnahmen wird eine Zeit des Wartens symbolisiert. In der Dokumentation wird wiederholt in Bild und Ton betont, dass neue Erkenntnisse oder Überraschungen auftauchen, welche zumeist die gestellten Erwartungen übertreffen. Der dominante Entdecker- und Schatzsuchergestus, der vor allem aus Spielfilmen oder Vorgehensweisen von Forschern des 19. Jahrhunderts bekannt ist, wird nicht nur durch die mediale Präsentation der Filmemacher geschaffen, auch von den Wissenschaftlern selbst wird dieses Bild untermauert: Der Archäologe van Siclen wird mit seiner Fotografin gezeigt, wie sie im Tempel mit Taschenlampen auf die Suche nach Informationen unterwegs sind. Der Zuschauer nimmt sowohl an den formulierten Herausforderungen mit ungewissem Ausgang teil, als auch an den kurz darauf gezeigten Entdeckungen und an der Freude der Arbeiter, die in den Aufnahmen gezeigt wird. Durch dieses Hineinversetzen in die Forscherposition wird die Distanz zwischen der vorchristlichen Kultur des alten Syrien und der jetzigen Lebenswelt der Zuschauer abgebaut. Die ersten in der Sendung gezeigten Filmaufnahmen von Qatna bestehen weniger aus archäologisch aussagekräftigen Bildern, als aus einer Sonnenaufnahme und

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einer mehrere Sekunden lang gezeigte Landschaftssilhouette, die von der Sonne orange gefärbt ist. Das Motiv der orangenen Sonne taucht noch sieben weitere Male in der Sendung auf und wird teilweise auch als Interviewhintergrund verwendet. Auch die Bilder am Filmende sind Zeitlupenaufnahmen von dunklen Menschenumrissen in orangem Sonnenlicht, bevor zu allerletzt noch einmal ein Sonnenuntergang über dem Gelände gezeigt wird. Ob in Kombination mit Spezialeffekten wie Flammen oder zusammen mit Reenactmenszenen – das für Terra X typische Stereotyp des exotischen Sonnenuntergangs wird in dieser Dokumentation massiv bedient und dient ebenfalls zur Emotionserzeugung. Beige-braune Landkarten im nostalgischen Stil sind ebenfall ein Terra X-Merkmal, welches in keiner Sendung fehlt. Die Karten werden in Qatna – Entdeckung in der Königsgruft computeranimiert bearbeitet, indem Handelswege durch sich bewegende Pfeile dargestellt werden. In der Dokumentation werden häufig noch andere Spezialeffekte eingesetzt. Ein beliebtes Mittel dieser Sendung ist, dass die Bewegungsgeschwindigkeit der Kamera häufig wechselt. Zeitlupeneffekte wechseln zu Momenten mit schnellen Kameraschwenks, bevor die Geschwindigkeit wieder langsam wird. Diese eher für Spielfilme üblichen Techniken (z.B. Troia, USA 2004) werden ergänzt durch die betonte Verwendung von Zoomeffekten und teilweise eingesetzte schnelle Schnitte. Hinzu kommt der Einsatz von Blitzeffekten bei einigen Überblendungen. Die Filmemacher nutzen auch andere, für den Zuschauer überraschende Effekte: So entpuppt sich beispielsweise am Ende einer Reihe einiger gezeigter Schwarz-Weiß-Bilder von frühen Forschungen das vermeintliche Foto der Altgrabung durch trickreiche Veränderungen zu einem Buntbild der gegenwärtigen Grabung und geht in Bewegtbildaufnahmen über. Ein anderes Mittel ist das im Zeitraffer gezeigte frühmorgendliche Treiben der Arbeiter auf der Ausgrabungsstätte bei zunehmender Helligkeit; ergänzt durch den Sprecherkommentar „die Geschichte der Wiederauferstehung Qatnas geht weiter“ (40:56). Neben den verschiedenen Darstellungsoptionen der realen Aufnahmen von der Ausgrabungsstätte sind Computeranimationen ein beliebtes Element dieser Dokumentationssendung. Die verschiedenen Techniken werden dabei mitunter in Kombination eingesetzt. Beispielsweise sind virtuelle Rekonstruktionen von architektonischen Bauteilen sichtbar, die sich in effekthaschender Weise in zunehmenden Ausmaßen über reale Aufnahmen ausbreiten. Eine ähnliche Vorgehensweise ist in der Szene sichtbar, bei der eine reale Landschaftsaufnahme der trockenen Steppe durch Visualisierungen einer Seenlandschaft mit Pflanzen und Tieren überlagert wird. Eine zusätzliche Animation dieser Art ist die virtuelle Aufschüttung der Stadtwälle, für die ein historisches Foto als Untergrund verwendet wird. Aber auch 100%ige Computerrekonstruktion werden gezeigt; so etwa eine aufwändig gestaltete virtuelle Palastrekonstruktion in Außen- und Innenansicht. In Letzterer werden auch Menschen inklusive deren Bewegungen rekonstruiert. Eine weitere Computeranimation zeigt, wie sich liegende Knochen eines Elefantenskeletts zusammenfü-

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gen, kurz drauf werden den Knochen Fleisch und Haut zugefügt und der Elefant beginnt, sich zu bewegen. Generell ist allen Animationen zu eigen, dass sie nie statisch, sondern immer in beweglicher Perspektive, z.B. in Flugansicht, gezeigt werden. Neben den Computerrekonstruktionen werden Szenen mit Schauspielern nachgespielt, um den Zuschauern die damalige Zeit näher zu bringen. Auch hier werden teilweise verschiedene Techniken im Mix eingesetzt: Um eine größere Schlacht zu zeigen, werden die Kämpfe durch Reenactmentszenen in computeranimierten Hintergründen rekonstruiert. In nachgespielte Szenen werden auch häufig virtuell erzeugte Flammen integriert. Reenactment wird in der Sendung ferner für folgende Kulissen verwendet: Ägypter in typischer Kleidung, hethitische Krieger im mythischen Dunkel, Personen des Königshofes mit Goldschmuck in Qatna, verschiedene nächtliche Ritualszenen in dunkler Grabkammer sowie ein längeres Kriegsreenactment mit Geräuschen und Flammen beim Untergang. Anders als beispielsweise in der Jenseits von Eden-Dokumentation werden in diesem Beitrag häufiger Frauen, zumeist mit edlem Schmuck und attraktivem Aussehen, gezeigt. Reenactmentszenen sind in dieser Sendung nicht mehr deutlich getrennt vom eigentlichen, klassischen Beitrag, sondern sind in diesen oft in sehr kurzen Sequenzen eingeflochten. Verständliche Dialoge sind in keiner nachgespielten Szene zu hören. Zu den weiteren eingesetzten Stilmitteln der Filmemacher gehört die deutliche Personalisierung der Wissenschaft. Im Beitrag werden immer wieder Altertumsforscher genannt und gezeigt, die auf der Suche nach Antworten sind. Abgesehen von der Erwähnung des Erstentdeckers von Qatna, Compte Du Mesnil du Buisson, stehen die gegenwärtigen Forscher im Mittelpunkt. Sehr oft werden ihre Gesichter und Emotionen präsentiert, dabei sind die Unterhaltungen zwischen den Forschern und die Hintergrundgeräusche ebenfalls hörbar. Die Hauptverantwortlichen werden mit Namen und Titel genannt und deutlich sichtbar ins Bild gerückt. Im Fokus steht der „Tübinger Professor Peter Pfälzner“, der immer wieder, auch mit Großaufnahmen seines Gesichtes, zu sehen ist. Von ihm sind nicht weniger als fünf Interviewsequenzen integriert, was seine Rolle als Protagonist der Sendung verdeutlicht. Das Setting der Interviews variiert; beispielsweise wurde eines in der Grabkammer gedreht, wo Pfälzner in Bewegung und teils kniend zu sehen ist. In den Interviews steht nicht ausschließlich die Vermittlung von wissenschaftlichen Erkenntnissen im Vordergrund, denn in einem Interview kommt ausschließlich seine Freude zum Ausdruck: „[...] macht mich irgendwie fassungslos und natürlich auch überglücklich“ (42:58). Neben Peter Pfälzner wird Heike Dohmann-Pfälzner genannt und auf der Grabungsfläche sichtbar, von „Dr. Thomas Richter“, mit der Berufsbezeichnung „Sprachwissenschaftler“, ist ein nur wenige Sekunden dauerndes Statement in seinem Büro zu sehen. Abgesehen von diesen deutschen Forschern wird der amerikanische Ägyptologe Charles van Siclen gezeigt und interviewt. Er wird sowohl einsam mit seinem Laptop, auf einem Stein in Tempelareal sitzend, als auch gemeinsam mit seiner Fotografin, im Tempelbereich laufend, gefilmt. Insgesamt ist

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diese Sendung von einer Vielzahl an Interviews geprägt. In diesen Sequenzen werden neben dem Namen der ausschließlich männlich Interviewten der akademische Grad und die Berufsbezeichnung eingeblendet. Die Interviews sind ein weiteres Mittel, um für die Zuschauer eine Verbindung zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart herzustellen. Das überwiegende Zeigen von deutschen Forschern baut zusammen mit der Erwähnung, dass sie in Tübingen respektive Berlin tätig sind, eine Brücke zwischen Vorderasien und Deutschland. Außerdem dienen sie dazu, statt einer sachlich-nüchternen Wissenschaft eine subjektive und gefühlsbetonte Seite zu präsentieren. Als Sprecher der Dokumentation wurde Jürg Löw ausgewählt, der mit tiefer, männlich-markanter Stimme und aufregender Betonung die Sendung kommentiert. Im Sprechertext werden so gut wie keine Modewörter aus der Gegenwart oder Anglizismen verwendet. Superlative werden nur an ausgewählten Stellen eingesetzt. Dabei sind Formulierungen wie „Qatna war einer der antiken Dreh- und Angelpunkte der antiken Globalisierung“, „sagenhaftem Reichtum und dem Schwelgen im Überfluss“, „eine archäologische Sternstunde“, einer der „größten überdachten Halle jener Zeit“ oder „Prachtbau“ selten mediale Übertreibungen von banalen Sachverhalten, sondern durchaus realistische Einschätzungen des außergewöhnlichen Fundortes. Die Musikstile sind in dieser Dokumentation auffallend vielfältig. Je nach Bildinhalt wechseln die Musikbeiträge teilweise in rascher Folge. Neben zumeist klassisch-instrumenteller Musik sind mitunter auch schnelle, elektronische Musiksequenzen hörbar. Insgesamt dominiert orchestrale, spannungserzeugende Musik, wie sie aus Soundtracks von Spielfilmen bekannt ist. Nicht nur die vielseitigeren Musikbeiträge unterscheidet diese Dokumentation von den anderen beiden untersuchten, die Musik wird auch an wesentlich mehr Filmsequenzen eingesetzt und in einer größeren Lautstärke abgespielt. Musik gilt somit kaum noch als nebensächliche Hintergrundmusik, sondern ist ein prägender Faktor, der vorrangig Gefühle von Spannung und Dramatik erzeugt und unterstützt. Entdeckungen sind das Top-Thema der Dokumentation; Qatna – Entdeckung in der Königsgruft beinhaltet diesen Aspekt bereits im Untertitel. Die Sendung zeigt und thematisiert mit spielfilmähnlichen Mitteln immer wieder Ausgrabungen, die in Qatna zuletzt stattfanden. Der Fokus auf reizvolle Entdeckungen bestätigt die in der Gesellschaft vorhandenen Assoziationen, dass archäologische Wissenschaft Abenteuer und die Suche nach Schätzen bedeutet. Die Konzentration auf Herrschaft, Reichtum und Macht sind ebenfalls Topoi aus den Anfangsjahren der Wissenschaft sowie der Unterhaltungsindustrie. Die ausgewählten Bereiche sind ebenso wie die Überraschungen und Superlative nicht künstlich durch die Filmemacher inszeniert, sondern spiegeln einen realistischen Befund wider. Allerdings ist der inhaltliche Fokus auf ein Gebiet begrenzt, andere Aspekte der damaligen Kultur beziehungsweise neuere Themengebiete der historischen Wissenschaften bleiben ausgeblendet.

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7.6.4. Fazit „Mit dem Fernsehen öffnet sich kein Fenster zur Welt, sondern ein Fenster zu unserer Kultur und Gesellschaft.“ (SCHMIDT 1994: 17)

Aufgrund der obigen Untersuchung lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen für kulturhistorische Dokumentationen der Reihe Terra X aufstellen. Auch wenn gewisse Konventionen für die Sendereihe gelten, tragen die behandelten Filme die Handschrift der einzelnen Verantwortlichen. Außerdem ist jedes Thema einzigartig und lässt sich nicht ohne Weiteres mit anderen vergleichen. Trotz der individuellen Ausgestaltung sind aber gewisse Tendenzen in den Darstellungsformen sichtbar. Was jeder Sendung inhärent ist, ist die Erzählung von Geschichten. Waren in den 1980er Jahren fremde Schauplätze aufgrund ihrer Exotik noch ein Einschaltkriterium, so betont Lippert, dass sämtliche Orte außerhalb von Europa mittlerweile schon von vielen Zuschauern bereist wurden und daher nicht mehr exotisch genug sind. Geschichten werden daher in den Vordergrund von Dokumentationen gerückt, so dass Terra X-Sendungen heute wie Wissenschaftskrimis aufgemacht sind (Lippert in ZDF-Nachtstudio 2008).52 Ein Merkmal, das ebenfalls in allen untersuchten Folgen auftritt, ist der Einsatz von Reenactmentszenen. Durch deren Anschaulichkeit und Dramatik soll ein Hineinversetzen der Zuschauer in die damalige Zeit erreicht werden – und ein besseres Verständnis der Inhalte, was wiederum eine Bindung der Zuschauer an den Film bewirkt. Reenactment soll Zuschauer zum Anschauen animieren, denn es wird gerne in den Trailern eingesetzt. Reenactmentszenen stützen die Aussagen des Sprechertextes und suggerieren aufgrund der Bilder Authentizität. Problematisch ist, dass spezifische Handlungen, die in den Szenen nachgespielt werden, wissenschaftlich oft nicht belegt sind. Somit können hypothetische oder falsche Bilder erzeugt werden, die sich beim Betrachter wirkmächtig als ‚gesehene Wahrheit‘ festsetzen. Auch werden nachgespielte Szenen teilweise nicht zur Wissensvermittlung, sondern lediglich zur Emotionalisierung beziehungsweise Dramatisierung eingesetzt (vgl. Kirchner in ZDF-Nachtstudio 2008). Diese problematischen Aspekte sind beispielsweise bei den nachgespielten schamanistischen Ritualen in Göbekli Tepe in der Jenseits von Eden-Sendung zu beobachten. Während in der Babylon-Sendung Reenactmentszenen deutlich erkennbar vom Rest abgegrenzt sind, vermischen sie sich bei Jenseits von Eden mit

52 Helga Lippert hat selbst elf Filme für Terra X produziert und war 20 Jahre lang in Terra X-Arbeiten involviert.

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Computeranimationen und werden bei Qatna sehr häufig, fast unmerklich und in kleinen Sequenzen eingesetzt. Aufmerksamkeit und Authentizität wird in den Dokumentarfilmen überdies noch durch andere Faktoren erzeugt: Virtuelle Rekonstruktionen spielen insbesondere in den 2003er und 2010er Produktionen eine wichtige Rolle. Eindrucksvolle Animationen mit modernster Technik, beispielsweise bei Landkarten, sind auch deswegen von Bedeutung, weil potentiell jeder Zuschauer mit Computerzugang selbst Techniken wie ,Google Earth‘ verfügbar hat. Um sich von der Konkurrenz der digitalen Medien abzuheben, müssen die Fernsehformate effektvolle Darstellungsarten einsetzen (vgl. Steinhardt 2010: 270f). Experteninterviews werden in den letzten Jahren mit steigender Tendenz eingesetzt. Auch die Einblendung des akademischen Titels hat sich mittlerweile etabliert. Lediglich in der 1999er Sendung waren wenige Interviews im Beitrag integriert und die Interviewpartner wurden hierin ohne Namen und Titel gezeigt. Die Sprechzeiten waren allerdings länger als in den neueren Sendungen, was die Aussage der verkürzten Aufmerksamkeitsspanne und mangelnder Geduld der Zuschauer (vgl. Kap. 4.2.1) unterstreicht. Generell wird durch den konkreten Bezug zu Forscherpersönlichkeiten eine starke Personalisierung angesteuert; menschliche Gefühle sollen Sachinformationen ergänzen oder gar ersetzen (vgl. Göpfert 2000d: 163). Dadurch werden Beziehungen und Emotionen aufgebaut und den Zuschauern wird Nähe zum behandelten Thema ermöglicht (vgl. Mikos 2008: 53; Korte/Paletschek 2009: 33). In allen Dokumentationen werden Originalschauplätze, die einen hohen Authentizitätseffekt bieten (vgl. Sénécheau 2010: 94), gezeigt. Die Qatna – Dokumentation konzentriert sich auf nur einen Schauplatz, während die anderen beiden viele verschiedene Orte zeigen. Diese beiden behandeln außerdem größere Zeiträume, während die Qatna-Dokumentation nur eine kurze chronologische Epoche thematisiert. Modernität und Bezug zu heute wird in allen Sendungen angestrebt, wobei dafür diverse Mittel zum Einsatz kommen. Die Titelbezeichnungen sind eine Möglichkeit, um Aufmerksamkeit und Aktualität zu erreichen. Während keiner der drei Titel Worte wie ‚Gold‘ oder ‚Schatz‘ enthält, sind zwei Titel mit den englischen Begriffen ‚Tower‘ beziehungsweise ‚Lifestyle‘ aufgepeppt. Für die Qatna-Sendung wurde weder im Titel noch im Untertitel eine englische Bezeichnung verwendet. Im Sprechertext sind in unterschiedlichen Ausmaßen Begriffe aus gegenwärtigen Diskursen, wozu auch Anglizismen zählen, eingesetzt, um Nähe zur Gegenwart herzustellen. Kirchner bezeichnet diese Methode kritisch als ,Scheinaktualisierungen‘ (Kirchner in ZDF-Nachtstudio 2008). Solche Modebegriffe werden vor allem in Jenseits von Eden verwendet, während dieses textliche Mittel in der neuesten Produktion nicht auftaucht. Superlative als medienspezifisches Sprachmittel des Fernsehens (Stern/Tode 2002: 75f) werden unterschiedlich intensiv eingesetzt. In

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der jüngsten Qatna-Sendung finden diese, ebenfalls wie andere Reizwörter, nur in geringem Maße Verwendung, während in der 2003er Sendung solche Wörter in einer wesentlich höheren Frequenz gewählt wurden. Alle Sprecher erzeugen nicht nur durch die Wortwahl, sondern auch durch den Tonfall, eine spannende Atmosphäre. Bei keiner der untersuchten Sendungen sind weibliche Sprecher eingesetzt, was ein generelles Merkmal der Terra X-Reihe ist. Sowohl Babylon als auch Jenseits von Eden wird von Gert Heidenreich gesprochen, der als langjähriger Standardsprecher für Terra X tätig war. Seine Betonung ist bei der vier Jahre jüngeren Produktion wesentlich dramatischer. Zwar generieren die Sprecherstimmen häufig eine gewisse Grundspannung, dieser Aspekt wird in manchen Fällen jedoch zu sehr in den Vordergrund gerückt. Selbst Kirchner, ,Erfinder‘ von Terra X, kritisiert, dass die Sprecher gegenwärtig zu aufgeladen, zu martialisch klingen (Kirchner in ZDFNachtstudio 2008). Der Topos, dass alte Rätsel erst durch moderne Technik gelöst werden können, ist in Dokumentarfilmen häufig vorkommend, analysieren Stern/Tode (2002: 76). In den untersuchten Sendungen ist dieser Aspekt allerdings kaum ausgeprägt; lediglich in der neuesten Produktion wird Technikeinsatz gezeigt, ohne eine übermäßige Betonung desselben vorzunehmen. In den Dokumentationen von 2003 und 2010 werden mehrfach aktuelle Feldforschungen gezeigt, ohne die die Sendungen schwer vorstellbar sind, da sie eine tragende Rolle einnehmen. 1999 hingegen wurde historisches Wissen fast ohne aktuelle Forschungsaufnahmen präsentiert. In allen Sendungen werden Probleme als noch nicht gelöst präsentiert und dem Zuschauer wird suggeriert, dass er partizipierender Zeuge der Entschlüsselung von Rätseln ist. Letzteres Stilmittel wird gerade bei den beiden jüngeren Beiträgen nachdrücklich eingesetzt. Balkenhol wirft hierzu die Frage auf, inwieweit der Zuschauer sich dabei wirklich als Entdecker fühlt, da eigene Gedanken aufgrund des ständigen Sprecherkommentars kaum möglich sind (Balkenhol 2003: 212). Auch eine ausdrückliche Emotionalisierung trägt zur Involvierung der Zuschauer bei (Korte/Palatschek 2009: 33). In den untersuchten Beiträgen werden Emotionen durch die ständige Spannungserzeugung in hohem Maße angestrebt. Spitzings Aussage, dass der Spannungsbogen einer Sendung nicht länger als 20 Sekunden sinken darf (Spitzing 2009), bestätigt sich gerade bei den beiden jüngeren Dokumentationen. Bei der Produktion von 2010 wurde Musik neben den visuellen und verbalen Mitteln als bedeutendes Medium zur Emotionalisierung und Dramatisierung eingesetzt. Filmmusik unterstützt bei den vorherigen Sendungen ebenfalls diese Intention, wird aber eher als Hintergrundmusik eingesetzt. Die in den Dokumentationen gezeigten Kleinobjekte sind ausnahmslos auffällige Preziosen. Die Namen der Museen, in denen sie sich befinden, werden in keiner Dokumentation genannt. Die Objekte werden im Regelfall nach aufwändiger Restaurierung und mit schwarzem Hintergrund inszeniert. Durch die Auswahl und Art

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der Präsentation wird einerseits eine Gegenwärtigkeit der Vergangenheit geschaffen (Sénécheau 2010: 94), andererseits wird ein Bild der Außergewöhnlichkeit geformt. Die ästhetisch herausragenden Funde werden stellvertretend für die Gesellschaft gezeigt; sie symbolisieren eine Hochkultur. Alltagsgegenstände hingegen sind inexistent, so dass sich bei den Zuschauern ein verzerrtes Bild einprägt. Nicht nur durch die Kleinobjekte, auch im übrigen Berichtteil wird inhaltlich bei allen drei Sendungen, neben dem religiösen Aspekt, die Botschaft von handwerklichen Meisterleistungen, Innovation und technischem Fortschritt transportiert. Die Aspekte Monumentalität, Macht und kultureller Fortschritt ergänzen dieses Bild. Die Diskurse, die in den drei untersuchten Dokumentationen wiederholt aufgegriffen werden, liegen alle in diesen Bereichen und zeigen somit keine große Varianz. Wenn spekulative Theorien dargelegt werden, wie beispielsweise die schamanistische These von Göbekli Tepe im Beitrag Jenseits von Eden, stammen sie ursprünglich zumeist von eigenen Äußerungen der Altertumswissenschaftler. Alternative Theorien, die außerhalb des archäologischen Fachdiskurses liegen, werden in den Sendungen nicht behandelt. Interviews werden ausschließlich von an den Forschungsprojekten beteiligten und fachlich ausgebildeten Wissenschaftlern gezeigt. In allen behandelten Dokumentationen wird das allgemein bekannte Geschichtsbild widerlegt oder mit bisher unbekannten Informationen ergänzt. Trotz dieser inhaltlich neuen Faktenvermittlung werden in den Fernsehbeiträgen Klischees insofern bestätigt, als dass sie häufig den (männlichen) Abenteurer- sowie Schatzsucher–Topos der Archäologie bedienen.53 Während die Folge von 1999 solche Aspekte nachrangig integriert, stechen die beiden jüngeren Dokumentationen durch die explizite Abenteuer-Atmosphäre heraus. Die Dokumentarfilme zeigen ein Spannungsfeld auf, welches sich im Namen schon andeutet: Es sind Dokumentationen und Filme zugleich. Einerseits wird nachweislich historisches Wissen vermittelt, andererseits erfolgt die Machart anhand von Kriterien des Unterhaltungsformates Spielfilm. Panzer weist darauf hin, dass der klassisch aufgemachte Archäologiefilm nur für 3sat und Arte geeignet ist, für ein großes Publikum hingegen muss inszeniert werden (Panzer in ZDFNachtstudio 2008). Terra X zielt auf ein Massenpublikum, welches weit über die Zielgruppe der geschichtlich Interessierten hinausgeht. Auch wenn Hillrichs hervorhebt, dass Terra X aufgrund des guten Rufes keine „inszenatorische Finessen“ oder „schauspielerische Klimmzüge“ (Hillrichs 2004: 125) mehr nötig habe, so ist dieser ZDF-interne Anspruch insbesondere bei der 2010er Produktion nicht mehr zu erkennen. Aber auch 2003 ist die Gestaltung bereits mit vielen reißerischen Elementen ausgestattet. Effekthaschende Kameraeinstellungen sind ebenso an der Tagesordnung wie eine Vielzahl an emotionsgeladenen Reenactmentszenen. Die Orientierung nach Nachrichtenwertfaktoren bestätigt die Ausrichtung der Doku53 Die männlichen Sprecherstimmen unterstützen diesen Effekt.

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mentationen nach Marktkriterien, d.h. einer hohen Einschaltquote (vgl. Salzmann 2007: 9; Spitzing 2010). Spitzing führt aus, dass die Produzenten eines PrimetimeFilms, der die beabsichtigte Zuschauerzahl nicht erreicht, ggf. nie wieder durch den Sender beauftragt werden (Spitzing 2009).54 Schmidts Eingangszitat, dass das Fernsehen ein Fenster zur Gesellschaft eröffnet, lässt sich anhand der Terra XSendungen in Bezug auf die Ökonomisierung sowie die Erlebnisorientierung von Wissensprodukten belegen.

7.7. A USBLICK Die Nutzung des Fernsehens unterliegt gegenwärtig tiefgreifenden Veränderungen (vgl. Kap. 10.3). Abgesehen von der klassischen Rezeption mithilfe eines eigenen Fernsehbildschirmes werden Inhalte vermehrt per Computer angeschaut: Fast zwei Drittel aller Internetnutzer in Deutschland sehen sich bereits über das Internet Bewegtbilder an, wozu sowohl Fernsehsendungen als auch private Videos zählen (ARD/ZDF-Onlinestudie 2009). Teilweise existieren neuartige Anbieter von Bewegtbildformaten, aber auch die traditionellen Fernsehsender bauen ihr Webangebot immer weiter aus. Terra X-Beiträge sind beispielsweise bereits einige Tage vor der Ausstrahlung im ZDF in der ZDF-Mediathek abrufbar.55 Aufgrund der beachtlichen Verbreitung des Internets folgen im nächsten Kapitel einige Ausführungen zu diesem Medium.

54 Die Autorin ergänzt, dass die Marktregeln weder von bestimmten Medienleuten noch von Wissenschaftlern festgelegt wurden, sondern schlicht herrschende Gesetze des Marktes sind (Spitzing 2009). 55 www.zdf.de/ZDFmediathek (18.01.2011).

8. Internet

Während Medienformate wie Fernsehen, Ausstellungen oder bestimmte Printpublikationen jeweils nur von einem bestimmten Nutzerkreis verwendet werden, ist das Internet überaus weit verbreitet. Auch die archäologische Wissensvermittlung bleibt davon nicht unberührt, zumal für die Zukunft von weiter steigenden Angebots- und Nutzungszahlen auszugehen ist. Insbesondere für das lange Zeit herrschende Wissensmonopol der akademischen Altertumswissenschaften stellt das Internet besondere Herausforderungen dar. Um die Rolle des Internetmediums fundiert einordnen zu können, werden im Folgenden seine Charakteristiken ausführlich erläutert.

8.1. K ENNZAHLEN

UND

K ENNZEICHEN „Längst hat der digital turn in Umfang und Geschwindigkeit vorangegangene Umbrüche wie die Erfindung des Buchdrucks oder die industrielle Revolution in den Schatten gestellt.“ (MÜNKER IN SOHN 2010: 11)

Das Internet ist innerhalb weniger Jahre nach seiner Einführung1 zu einem überaus bedeutenden Medium geworden. Nutzten weltweit 1995 erst 16 Millionen Menschen das Internet, waren es zum Zeitpunkt der ersten großen Interneteuphorie im Jahr 2000 fast 361 Millionen und 2010 bereits annähernd zwei Milliarden – und ein Ende der stark ansteigenden Nutzerzahlen ist nicht absehbar (Khan 2008: 6).2 Auch hierzulande ist das World Wide Web ein beliebtes Medium: 71,9% der Deutschen

1

Am 30.04.1993 wurde das Internet, das zuvor einige Jahre als internes Netzwerk fungier-

2

http://internetworldstats.com/stats.htm (21.12.2010).

te, frei zugänglich (Khan 2008: 5).

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(50,73 Millionen) ab 14 Jahren nutzen das Internet (AGOF 2010: 5).3 Die durchschnittliche Verweildauer beträgt 136 Minuten täglich (ARD/ZDF Onlinestudie 2009). Generell ist das Internet für eine steigende Zahl von Menschen zur Kommunikationszentrale des beruflichen, aber auch des privaten Alltags geworden und gilt auch als eine wichtige Informationsquelle. „Mit zunehmender Nutzung ist das Internet im Begriff, in einzelnen Bereichen herkömmliche Medien als Leitmedien abzulösen.“ (Wagner 2005 105; vgl. Drossou/Krempl/Polterman 2006: 2)4 Lichtensteiger begründet die große Akzeptanz des neuen Mediums damit, dass durch das Internet sowohl Massen- als auch Individualkommunikation stattfinden kann. Sie erläutert in ihrer Publikation den uses-and-gratification-Ansatz und führt an, dass durch diese Kommunikationsarten verschiedene Bedürfnisse der Mediennutzer befriedigt werden können (Lichtensteiger 2005: 65ff).5 Gibt es besondere Merkmale des Mediums Internet im Vergleich zu anderen Medienformen? Während der Konsument von Fernseh- und Printprodukten primär passiv diejenigen Angebote rezipiert, die durch die Produzierenden erstellt wurden, ist der Nutzer im Internet aktiv tätig, um Inhalte individuell nach eigenen Vorlieben auszuwählen. Damit ist der Rezeptionspfad für den Autor bzw. Seitenbetreiber weniger vorhersehbar als bei anderen Formaten (Luginbühl 2005: 428ff). Diese Freiheit zur Auswahl bedingt gleichzeitig auch eine notwendige Eigeninitiative, da

3

Vor allem die Jüngeren greifen häufig auf die Vernetzung per Computer zurück: In der Gruppe der 14-19-Jährigen gehen 97,2% online (ebd.), bei der Gruppe der 20-39-Jährigen sind es noch über 90% der Bevölkerung, die Webangebote beanspruchen. Mit zunehmendem Alter sinkt die Quote, doch auch bei der Gruppe der über 60-Jährigen nutzt mehr als 1/3 das Internet (Stand zweites Quartal 2010).

4

Die traditionellen Medien wie Fernsehen, Print oder Radio haben zwar noch immer eine gewichtige Stellung, sind jedoch nicht mehr die ausschließlichen Träger von öffentlichen Diskursen. Eine Bevölkerungsumfrage zur eigenen Einschätzung der Mediennutzung ergab, dass das Fernsehen von 80% der Befragten als wichtig oder sehr wichtig eingeschätzt wird, während das Internet und die Zeitung für ca. 66% als wichtig/sehr wichtig gelten (Range/Schweins 2007: 10). Hierbei ist allerdings zu betonen, dass die Inhalte der herkömmlichen Medien – wie Zeitungen oder Radiosender – großteils auch im Internet zu finden sind.

5

Nach McQuail sind vorrangig die folgenden vier Bedürfnis-Kategorien ausschlaggebend für die Internetnutzung: Information, Unterhaltung, persönliche Identität (z.B. Verhaltensmodelle finden, mit anderen identifizieren), Integration und soziale Interaktion (Einblicke in die Verhältnisse von anderen, Möglichkeiten der Vernetzung, Basis für Unterhaltung schaffen) (Lichtensteiger 2005: 65ff).

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beim pull-Medium Internet alle Informationen selbst abgerufen werden müssen. 6 Vorteilhaft ist für Internetnutzer, dass die meisten Inhalte kostenlos sind und keine längerfristige Bindung wie bei Abonnements von Zeitungen, Magazinen oder beim Pay-TV notwendig ist. Ein Kennzeichen des Internets zeigt sich darin, dass es verschiedene Medienformate vereint: In Webangeboten sind sowohl Lese-, als auch Audio- und Bildmedien verfügbar und häufig in kombinierter Form anzutreffen. Vernetzungen durch Verlinkungen, Such- und Selektionsfunktionen, eine vergrößerte Auswahl sowie Möglichkeiten auf Archivzugriffe sind weitere Merkmale. Das World Wide Web übertrifft aufgrund seiner vielfältigen technischen Möglichkeiten einzelne andere Medien: Gegenüber dem Printmedium etwa liegen die Vorteile in den Aspekten der Multimedialität in Form von Angeboten wie Fotostrecken, Videos, Podcasts, Audiogalerien oder Computeranimationen (vgl. Luginbühl 2005: 428ff; Liechtensteiner 2005: 1). Sofern Webseiten zeitnah gepflegt werden, hebt sich das Internet im Vergleich zu Büchern oder Magazinen durch eine unübertreffliche Aktualität hervor. Gemeinsam mit Printmedien hat das Internet gegenüber dem Fernsehen den Vorteil, dass Inhalte je nach Bedarf zeitunabhängig und auch wiederholt konsumiert werden können. Insbesondere die Interaktivität, ein Alleinstellungsmerkmal des Internets gegenüber anderen Medien, begründet seinen Erfolg (s. Kap. 8.2.1). Stock etwa sieht den Erfolg von bestimmten Internet-Nachrichtenseiten in der angebotenen Mitmachfunktion begründet und konstatiert einen generellen Wandel: „Es geht nicht mehr nur um einen Trend, sondern um eine radikale, grundsätzliche Herausforderung. Denn das Informations- und Nutzungsverhalten der jungen Generation hat sich angesichts der technischen Möglichkeiten grundlegend verändert.“ (Stock in Dippel 2010: 8)7 Die Nutzer rufen gerade die Onlineformate, die sich besonders von Printpublikationen abheben, gerne auf. Eine gegenwärtig sehr gefragte Form der Präsentation von Inhalten sind Angebote mit Bewegtbildern, was der bemerkenswerte Erfolg von YouTube und ähnlichen Portalen eindrucksvoll aufzeigt (s.a. nächstes Kapitel). Bei der Wissenschaftsvermittlung ist die Nachfrage nach Bewegtbildern ebenfalls feststellbar: DFG-Science TV, ein Internetportal mit ‚Filmtagebüchern‘ von Forschern, wird beispielsweise sehr gut angenommen (Menhart 2008: 17).8 Trotz des immensen Erfolges von Bewegtbil6

Radio oder Fernsehen werden als push-Medien bezeichnet, da auch ohne aktives Eingreifen der Rezipierenden neue Informationen ankommen und konsumiert werden können. Die Inhalte werden durch den Sender bestimmt (to push = anschieben, drücken; im Gegensatz zu to pull = holen).

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Stock befürchtet aufgrund dieses Verhaltens das Aussterben der Papierzeitung auf absehbare Zeit (Stock in Dippel 2010).

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DFG Science TV ist neben der eigenen Webseite http://dfg-science-tv.de auch auf YouTube, Twitter, Flickr und Facebook präsent. Das Angebot wird gerne genutzt: In knapp zwei Jahren wurden über 370.000 Videos abgerufen (Sonnabend 2010: 19).

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dern und der generellen Wirkmächtigkeit von Bildern (s. Kap. 4.4) ist zu beachten, dass im Internet bei Text-Bild-Angeboten Textelemente vor den Bildelementen wahrgenommen werden. Das im Printbereich gültige Motto ‚Bild schlägt Wort‘ lässt sich somit nicht ohne weiteres auf das Internet übertragen (Laun 2007). Wie sich anhand der obigen Angaben herauskristallisiert, stellt das Internet nicht lediglich ein anderes Trägermedium von Informationen dar, sondern verändert die Formen der Verständigung. Durch das Internet wird die Grenze zwischen persönlicher Kommunikation und Massenkommunikation aufgehoben (Armborst 2006: 13).9 Tabelle 4: Unterscheidungskennzeichen zwischen dem Informationsaustausch durch traditionelle Massenmedien und dem Internet: Massenkommunikation Linearität Monomedialität unidirektional Massenpublikum redaktionelle Vermittlung geringe Interaktivität (monologische Kommunikation) geringe Eigenaktivität des Rezipienten (passives Publikum) Distribution periodisches Erscheinen lokale bis nationale Reichweite hohe Eintrittsbarrieren (Kosten) auf Angebots- und Nutzerseite teilweise zeitliche Bindung

Internetkommunikation Hypertextualität Multimedialität bi- bzw. multidirektional Massenpublikum sowie Zielgruppenund Individualpublika direkte Übermittlung hohe Interaktivität (dialogische Kommunikation) hohe Eigenaktivität des Rezipienten (aktive Nutzer) individueller Zugang Echtzeit globale Reichweite tiefe Eintrittsbarrieren keine zeitliche Bindung

Quelle: Eigene Darstellung, nach Lichtensteiger (2005: 34) und Armborst (2006: 19).

Das Internet fungiert nicht als vollkommen eigenständiges Medium, sondern ist mit anderen verzahnt: „Das Internet braucht die Massenmedien, um Aufmerksamkeit zu faszinieren, und die Massenmedien brauchen das Internet, um in Kontakt mit den Zielgruppen zu kommen.“ (Bolz 2007: 10; vgl. Fraas 2005: 89; Institute for the 9

Armborst merkt an, dass die herkömmlichen Massenmedien genau genommen keine Massenkommunikation, sondern Masseninformation betreiben, da kein Dialog möglich ist (Armborst 2006).

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Future 2005: 4ff) Viele Angebote von traditionellen ‚Marken‘ werden daher im Rahmen einer crossmedialen Vermarktungsstrategie auch im Internet weitergeführt, wo sie wiederum Verweise auf die jeweiligen Parallelangebote enthalten;10 beispielsweise existiert neben dem Printmagazin Archäologie in Deutschland die Webseite www.aid-magazin.de. 11 Neben den etablierten Unternehmen, die außerhalb des Internets bereits ein klassisches Medienprodukt aufweisen, sind auch neue Betreiber wie YouTube12 oder The Archaeology Channel 13 hinzugekommen, die ausschließlich virtuelle Webangebote liefern.

8.2. P RÄSENTATIONSARTEN Während in anderen Medien Begrenzungen in Bezug auf Umfang, Dauer oder Materialart herrschen, können im Internet Informationen fast ohne Einschränkungen hinterlegt werden. Schetsche et al. weisen darauf hin, dass die Aufmerksamkeit das einzig knappe Gut im Netz ist (Schetsche et al. 2005: 27). Stellt die Möglichkeit, umfangreiche Inhalte zu hinterlegen, für die Anbieter noch einen Vorteil dar, ist der Aspekt der Aufmerksamkeitsökonomie für kommerzielle Betreiber problematisch, weil der Rezipierende das genutzte Angebot mit einem kurzen Klick wechseln kann. Währenddessen im Printbereich beispielsweise Zeitungen durchschnittlich 40 Minuten gelesen werden 14, bleiben Internetseiten nur wenige Minuten im Fokus des Lesers. Um die Leser trotzdem länger auf einem Webangebot zu halten, zeichnen sich Artikel im Netz häufig durch ein verändertes Layout aus. Ein offensichtliches Merkmal ist die Unterteilung von längeren Berichten in kurze Abschnitte sowie die Aufteilung auf mehrere Seiten. Eine ausgeprägte Art dieser Gestaltung zeigt sich beispielhaft im Artikel Geisterstadt im Wüstensand (Schulz 2009), der sich mit der Ausgrabungsstätte Qatna befasst. In dem auf Spiegel Online veröffentlichten Artikel beginnt häufig bereits nach zwei bis drei Zeilen ein neuer Abschnitt. Über das Rezeptionsverhalten in Bezug auf Nachrichtentexte konnten

10 Zur von Bild initiierten Maya-Schatzsuche im März 2011 und deren crossmedialen Verbreitung siehe Scherzler (2010). 11 Bekannte Beispiele für die erfolgreiche Übertragung eines Offline-Produktes in die Online-Welt sind die Seiten www.bild.de und www.spiegel.de, die Anfang 2011 zu den zehn am meisten gelesenen Webseiten Deutschlands gehörten (www.alexa.com/topsites/ countries/DE, 17.01.2011). 12 www.youtube.com (18.01.2011). 13 www.archaeologychannel.com (18.01.2011). 14 Die Lesedauer von Zeitungen bezieht sich auf das Jahr 2009 (www.medialine.de/deutsch/ wissen/medialexikon.php?snr=3324, 06.12.2010).

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Range/Schweins (2007) anhand der Online-Angebote von namhaften Printmagazinen wie Der Spiegel oder Handelsblatt15 folgendes herausfinden: Seriöse, aufwändig recherchierte Artikel werden weniger gelesen als Artikel mit seichten Themen. Die Faktoren Überraschung, Schaden, Sex, Erotik und Emotion sind nachweislich bestimmende Nachrichtenfaktoren und haben speziell für Textanreißer 16 eine wichtige Funktion. Werden Reizwörter wie etwa ‚brutal‘ in Überschriften verwendet, führen diese nachweislich zu hohen Klickraten (Range/Schweins 2007: 63f). Viele Anbieter verwenden daher solche Begriffe und die obigen Themen, um die Aufmerksamkeit auf ihren Beitrag zu ziehen. Der oben genannten Artikel enthält viele solcher Reizwörter, wie symptomatisch an folgendem Satz zu sehen ist: „Von den gierigen Orient-Tyrannen blieben am Ende nur Knochengrus und bleiches Gebein“ (Schulz 2009). Range/Schweins ziehen aus ihrer Studie das Fazit, dass die Klickoptimierung im günstigsten Fall zu einer Überdrehung von Nachrichten und zum Übersteigern von Sachverhalten führt, im ungünstigsten Fall jedoch zur Verfälschung von Inhalten. Außerdem bringt der Fokus auf hohe Leserzahlen eine inhaltliche Gleichförmigkeit, so dass immer wieder diejenigen Themenkomplexe verwendet werden, die erfolgversprechend sind (Range/Schweins 2007: 67).17 Die beiden Forscher konstatieren ebenso wie Niggemeier (2008), 18 dass der Krawallund Sensationsjournalismus sowie die seichte Unterhaltung den seriösen Berichtsjournalismus in den Hintergrund gedrängt haben. 19 Infotainment ist auch im Internet en vogue: „Boulevard und Information sind im Netz ein Bündnis eingegangen“ 15 Untersucht wurden die Online-Angebote von Spiegel, Stern, Focus, Wirtschaftswoche und Handelsblatt. 16 Hiermit sind die kurzen Abschnitte auf der Startseite gemeint, die den Leser zum Anklicken des ganzen Artikels führen sollen. (Häufig verwendete englische Ausdrücke für Textanreißer sind Teaser, Leads und Cliffhanger). 17 Die Autoren nennen folgende wiederkehrende Themenfelder: Lotto, die 100 reichsten Menschen, die zehn schönsten Frauen, Liebestipps, Nutzwert für den Alltag, Bewerben – aber richtig, Fettnäpfchen beim Bewerbungsgespräch und Knigge in allen Varianten (Range/Schweins 2007: 68). 18 Niggemeier sieht im Onlinejournalismus wesentlich geringere Qualitätsansprüche im Vergleich zum Printjournalismus und klagt: „Jedes Medium wird im Internet zum Boulevard-Medium“ (Niggemeier 2008: o.A.). 19 Range/Schweins kommentieren: Kurzfristig erscheint die Anpassung an die Lesegewohnheit – und der Niveauverlust – erfolgreich. Langfristig aber verlieren die Qualitätshäuser sowohl Ansehen als auch ihre herausragende Merkmale (gegenüber Laienbeiträgen) wie Sprachkompetenz, Glaubwürdigkeit, Relevanz etc. Außerdem können Infotainment-Journalisten, „die dem Volk aufs Maul schauen“ (Range/Schweins 2007: 80), keine kritische Rolle mehr im Staat übernehmen. Die Autoren sehen es daher als lohnenswert an, für Qualitätsjournalismus zu „kämpfen“ (ebd.: 81).

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(Range/Schweins 2007: 5). Während gedruckte Zeitschriften, Zeitungen oder Bücher oft einen eigenen typischen Rahmen und Stil haben, in dem Inhalte ausgedrückt werden müssen, wird diese Eingrenzung in den Onlineangeboten der Printprodukte häufig außer Kraft gesetzt. Das gehobene Niveau der gedruckten Formate verschwimmt auf den Webseiten zusehends mit der Alltagssprache. Maßgebliche Faktoren dafür sind Webangebote von Laien, bei denen die Texte in mündlichem Ausdrucksstil verfasst sind und die auch für andere stilprägend wirken. Auch Onlinejournalisten wählen zunehmend eine umgangssprachlichere Ausdrucksform. Ein erhöhter Zeitdruck bei Onlineveröffentlichungen ist dabei ein Grund von vielen. Eine weitere Ursache ist die Unverbindlichkeit des Internets, d.h. die fehlenden Abonnements wie bei Zeitungen und Zeitschriften führen zu einer Fokussierung auf seichte Themen. Damit sollen hohe Klickzahlen erreicht werden. Generell ist durch die kommunikativen Möglichkeiten des Internets wie Chatten und Kommentieren durch die Laien eine eigene Sprachkultur entstanden, die sich auch auf professionell erstellte Angebote auswirkt. 8.2.1. Web 2.0 „The audience has taken on the roles of publisher, broadcaster, editor, content creator (writer, photographer, videographer, cartoonist), commentator, documentarian, knowledge manager (librarian), journaler and advertiser (buyer and seller).“ (BOWMAN/WILLIS 2003: 38)

Der Begriff ‚Web 2.0‘ wurde maßgeblich von O’Reilly (2005) geprägt.20 Neben der Benennung ‚Web 2.0‘ existiert im Deutschen noch der Ausdruck ‚Mitmachweb‘. Web 2.0 bezeichnet vorrangig die Erstellung von Plattformen (user generated context) und Inhalten durch Laien (user generated content) und deren verstärkte kommunikative Beteiligung in diversen Webangeboten (participatory media) (siehe obiges Eingangszitat; vgl. Bachmair 2009: 83; Reichert 2008).21 Gerade das Telefonieren im Internet und der immense Erfolg von sozialen Netzwerken (social communites, siehe nächstes Kapitel) stehen symptomatisch dafür, dass sich das Internet immer mehr von einem Lese- zu einem Kommunikationsmedium entwi-

20 O’Reilly hat den Ausdruck auf einer Tagung im Jahr 2004 verwendet. Die Bezeichnung wurde durch die Medien vor allem aufgrund seines Artikel (O’Reilly 2005) weltweit verbreitet. 21 Über die vielfältigen Netzwerke siehe auch die Übersicht vom Institute for the Future (2005: 10).

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ckelt hat (vgl. Strang 2007: 83f). Döbler erwähnt, dass sich das „Netz der Informationen“ mehr und mehr zu einem „Netz von Menschen“ (Döbler 2008: 113) verwandelt. Während vor der Zeit des Web 2.0 vorrangig Firmen und Institutionen Informationen in überwiegend statischer Weise anboten, sind nun vermehrt Individuen und deren Wissen sowie deren soziale Verknüpfungen im Internet präsent. Inhalte sind dabei nicht mehr statisch, sondern können in kürzester Zeit verändert werden (Döbler 2008: 114). Weblogs und Wikis22 waren die ersten bekannten Web 2.0-Elemente und dienten häufig zum Informationsaustausch, anschließend folgten Angebote wie YouTube, Flickr, Myspace und Facebook. Letztere dienen vorrangig zu Unterhaltungszwecken, wobei die Nutzung von Unterhaltungselementen im Internet vor allem bei der Altersgruppe der 14-29-Jährigen liegt (Hans-Bredow-Institut 2008: 239). Welch immense Bedeutung dabei bildhaltige Angebote haben, lässt sich anhand des Videoportals YouTube aufzeigen: Weltweit werden gegenwärtig pro Minute über 20 Stunden Videos hochgeladen (Beißwenger 2010a: 5). Schätzungen gehen davon aus, dass YouTube circa 10% des gesamten Datenverkehrs im Internet in Anspruch nimmt (Beißwenger 2010b: 16). Auch in Deutschland ist der Boom sowohl zum Einstellen als auch zum Betrachten von Bewegtbildern nachzuweisen: Mehr als 75% der Internetnutzer sehen sich durchschnittlich vier Videos pro Tag an und im Beispielmonat August 2009 haben 36 Millionen Deutsche mehr als sechs Milliarden Mal online Videos betrachtet (ebd.: 18). Einen Erklärungsansatz für den Trend, selbst etwas zu veröffentlichen, liefert das Institute for the Future: Menschen haben das Grundbedürfnis, etwas herzustellen oder zu produzieren, was sichtbar für andere ist. Dieses Bedürfnis lässt sich durch das Internet ohne aufwändige Barrieren verwirklichen (Institute for the Future 2005: 29; vgl. Armborst 2006: 50) und spiegelt sich im YouTube-Slogan „Broadcast yourself“ wider.23 Mit der Bezeichnung Web 2.0 sind die enormen Veränderungen im Internet gemeint, die Auswirkungen auf die gesamte Medienlandschaft mit sich bringen (vgl. Möller 2006; Tapscott/Williams 2009; Alby 2008; Ebersbach/Glaser/Heigl 2008). Web 2.0 wird als Teil eines strukturellen Umbruchs gesehen, da sich die Rezipierenden nicht mehr innerhalb traditioneller Grenzen durch vorgegebene Produkte, sondern selbstorganisiert auf virtuelle Weise informieren (Mangold 2008). Dabei geht es nicht nur um die neue Art der Aneignung von Informationen, sondern um das Bereitstellen von Inhalten. Diejenigen Individuen und 22 Der Begriff ‚wiki‘ stammt aus dem hawaiianischen Wort ‚wikiwiki‘, was ‚schnell‘ bedeutet (Döbler 2008: 120). Wikis stehen für Internetprojekte, bei denen in gemeinsamer Arbeit Inhalte erstellt werden. Das bekannteste Projekt ist Wikipedia. 23 Die Möglichkeit, etwas Sichtbares zu schaffen, blieb in der Vergangenheit zumeist einer kleinen elitären Gruppe vorbehalten, die über entsprechende Ressourcen verfügten. Das ist auch archäologisch an den erhaltenen Denkmälern und Bauwerken erkennbar.

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Bevölkerungsgruppen, welche traditionell von der Produktion offizieller Medienformate ausgeschlossen sind, können nunmehr am Produktionsprozess partizipieren (Fraas/Klemm 2005).24 Einteilungen aus der ‚alten Welt der Massenmedien‘ sind nicht mehr vollständig gültig, denn die lange vorherrschende Hierarchisierung und Filterung durch Konzerne wird teilweise abgeschafft oder ergänzt. Statt des topdown-Prinzips existieren vermehrt Formen des bottom-ups, so dass Döpfner25 betont: „Im Internet führt der Nutzer den Journalisten. In der Zeitung wird der Leser geführt. Das Internet hat das Hierarchieverhältnis verkehrt. Es hat einen selbstlos antiautoritären, basisdemokratischen Gestus.“ (Döpfner 2006) Auch wenn diese Aussage nicht vollständig auf die großen Verlagsangebote im Netz übertragen werden kann, da diese noch immer einen großen Einflussbereich haben, heben Range/Schweins hervor, dass Redakteuren und Verlegern ein Teil ihrer Deutungshoheit genommen wird (Range/Schweins 2007: 48). Ehemalige Empfänger werden bei den oben genannten Angeboten zum Sender, verändern sich „vom Schüler zum Lehrer“ (Döbler 2008: 114; vgl. Armborst 2006: 14) bzw. vom Konsumenten zum Prosumenten, einer Mischung aus Produzent und Konsument (Bowman/Willis 2003: 9). Die traditionelle ‚one-to-many‘ Kommunikation ist durch die Technikentwicklungen und die social software durchbrochen, bei der nun eine ,many-tomany‘-Kommunikation stattfindet (Bowman/Willis 2010; vgl. Fikisz 2009; siehe Abbildung 10 und 11). Aufgrund dieser grundlegenden Änderungen kann von einem echten Umbruch in der Kommunikationsgeschichte gesprochen werden.26 Die Neuerungen betreffen jedoch nicht nur die Formen der Kommunikation, sondern auch Aspekte der Glaubwürdigkeit. Bolz stellt heraus, dass durch das Internet an die Stelle des einzelnen Experten die Schwarm-Intelligenz gesetzt wird. Dieser Paradigmenwechsel entsteht dadurch, dass viele Nutzer ein Netz des Vertrauens bilden und dass Vertrauen eine zunehmend wichtigere Komponente als Wahrheit darstellt (Bolz 2007: 145; vgl. Institute for the Future 2005).

24 Es ist mit den gegenwärtigen technischen Voraussetzungen mit sehr geringen Ressourcen machbar, Informationen und Meinungen schnell und weit zu verbreiten. Diese Möglichkeit ist eine Revolution in der Geschichte der Wissensverbreitung, die lange Zeit nur durch einen exklusiven Produktionskreis ausgeführt werden konnte und daüber hinaus einen wesentlich begrenzteren Empfängerkreis aufwies (vgl. Fraas 2005). 25 Döpfner ist Vorstandsvorsitzender des Axel Springer Verlages. 26 Diese Möglichkeiten erscheinen für viele der jungen Internetnutzer, sogenannte digital natives (ab circa 1990 geborene Personen, die von Kindheit an mit digitaler Technologie aufgewachsen sind), normal, sind aber in der Mediengeschichte revolutionär.

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Abbildung 10: Traditionelle Medienkommunikation

Quelle: Bowman/Willis 2010: 10.

Abbildung 11: Neuartige (Medien-)Kommunikation

Quelle: Bowman/Willis 2010: 10.

Die sogenannte Folksonomy, 27 also Bewertungen und öffentlich einsehbares Feedback 28 von Laien, etwa in Form von Kommentaren, Tags oder social bookmarking, wird immer wichtiger und ersetzt vermehrt Expertenmeinungen. Bowman/Willis sehen Meinungen von Rezipierenden auch in Bezug auf publizierte Artikel von Journalisten als überaus wichtige Komponente an: 27 Der Begriff ist ein Kunstwort, welches aus der Kombination von ‚folks‘ (= Leute) und ‚taxonomy‘ (= Klassifizierung) gebildet wurde. 28 Die Tatsache, dass immer mehr professionelle/traditionelle Anbieter Feedback bekommen, benennt Outing folgendermaßen: „It’s pretty much accepted by media professionals [...] that it’s a GOOD THING to let your audience or your customers in on a conversation with you. [...] Gone is the era when organizations spewed corporate messages and avoided backlash by ignoring the feedback.“ (Outing 2007a: 2, Hervorhebung im Original)

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„Today, news media organizations are actually story instigators. They track down important stories and relay them to the world. Once they are released, stories transform and can take a life of their own beyond the control of the news organization. The Internet community (and other media) appropriates the stories, retells them, comments on them, adds additional information or overlooked angles, and reworks them as part of a broad-based web of ideas and information. That’s not only a good thing, it’s essential. If it’s not happening, it means your reporting has little value to your audience.“ (Bowman/Willis 2003: 60)

Ähnlich sieht das auch Foster: „The story itself is not the final product, it’s just the starting point, because ultimately the goal of every story is to start discussion, to start a lot of other people saying what they think about it.” (Foster in Bowman/Willis 2003: 60) Artikel werden im Web 2.0 allerdings nicht mehr nur durch (bezahlte) Journalisten im Auftrag von Verlagen oder ähnlichen Einrichtungen angefertigt, sondern vermehrt durch freiwilliges Engagement erstellt. Diese Art von Journalismus wird – neben einer Reihe von englischen Begriffen 29 – durch Wortneuschöpfungen wie ‚Bürgerjournalismus‘ und ‚Graswurzeljournalismus‘ bezeichnet.30 Internetnutzer fungieren hierbei selbst als Autoren, so dass beispielsweise Internet-Zeitungen wie Opinio 31 oder Onlinezeitung24.de32 existieren, die explizit von Laien geschrieben werden.33 Amateurreporter werden auch von manchen professionellen Verlagshäuser integriert: Magazine wie Stern oder Zeitungen wie Die Welt und auch Bild drucken beispielsweise Auszüge aus Weblogs oder verwenden Artikel bzw. Videomaterial von Laien (Armborst 2006: 117; Schönhagen/Kopp

29 In der englischsprachigen Fachliteratur werden neben der Bezeichnung civic journalism außerdem noch Unterscheidungen zwischen participatory journalism, network journalism, open source journalism und crowdsourced journalism vorgenommen (s.a. Briggs 2007). Zum Bürgerjournalismus im Verhältnis zum traditionellen Journalismus siehe auch Volkmann (2008). 30 Informationen können somit außerhalb des traditionellen Journalismus weitergegeben werden, der üblicherweise einer hierarchischen Struktur unterliegt, die nach Auflagenzahl, Werbung etc. orientiert ist. Beim Bürgerjournalismus ist die Ausgangslage und die Zielsetzung eine andere. Hier können reine Schreibmotivation, Wünsche nach Informationsmitteilung über Freude und nachdenkliche Themen, Unterhaltung, Kreativität und vor allem Anekdoten und Gefühle aus dem Privatleben ausgedrückt werden (Bowman/Willis 2003: 40ff; Schönhagen/Kopp 2007: 2ff). 31 www.opinio.de (13.12.2010). 32 www.onlinezeitung24.de (13.12.2010) 33 Eine Studie mit 127 Akteuren von opinio.de ergab folgendes Bild: 63,8 % der Autoren sind Frauen, das Durchschnittsalter beträgt 40 Jahre und die Akteure weisen eine hohe formale Bildung auf (Schönhagen/Kopp 2007: 2ff).

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2007: 1; Volkmann 2008: 219).34 Für manche Medienformate ist durch die kostenfreien Angebote der Bürgerreporter eine Konkurrenz entstanden, auch wenn sich viele Amateurreporter nur als Ergänzung der traditionellen Medien sehen (vgl. Schönhagen/Kopp 2007).35 Anzumerken ist, dass trotz der vielen Beteiligungsmöglichkeiten nicht alle Formate im Internet Mitmachprojekte sind: Beispielsweise bleiben beliebte Nachrichtenseiten wie tagesschau.de oder Spiegel.de schwerpunktmäßig Massenmedien, die den Inhalt selbst bestimmen. Die Rolle zwischen Vermittler und Rezipient ist folglich nicht immer aufgehoben, so dass viele Medienformate noch immer primär als Informationsmedien und erst sekundär als Kommunikationsmedien fungieren (vgl. Luginbühl 2005: 459). 8.2.1.1. Formate Weblogs Weblogs36 waren das erste Online-Kommunikationsformat, das die öffentliche und die individuelle Kommunikation wirklich koppelt (Fraas 2006: 33).37 Inhalte von Weblogs sind zumeist eine Mischung aus Nachricht und Kommentar und werden in umgekehrter chronologischer Reihenfolge angezeigt. Blogs existieren in unterschiedlichen Ausprägungen: Von privaten Urlaubsblogs über Blogs von kommerziellen Unternehmen bis hin zu Wissenschafts- und Ausstellungsblogs.38 Letztere Form wird beispielsweise von der behandelten Tutanchamun-Ausstellung angeboten und durch einen der beteiligten Wissenschaftler geschrieben. Die meisten Blogs 34 Beispielsweise wird wöchentlich eine Seite der Onlinezeitung opinio.de als Tageszeitungen-Beilage in einer Auflage von 400.000 gedruckt (Armborst 2006: 117). 35 In Bezug auf die Fallstudie mit Autoren von opinio.de gibt es folgende Erkenntnisse: „Zusammenfassend belegt die Studie, dass die ‚OPINIO‘-Autoren deutliche Unterschiede zu den professionellen Journalisten aufweisen; dies insbesondere bei der Themenwahl, den Auswahlkriterien, den Motiven sowie den favorisierten Handlungsweisen. Entsprechend zeigt sich, dass sich die ‚OPINIO‘-Autoren, wenn man sie nach ihrem Verhältnis zum Journalismus befragt, nicht als Konkurrenz oder Ersatz zum professionellen Journalismus sehen, sondern vielmehr als Ergänzung.“ (Schönhagen/Kopp 2007: 6, Hervorhebung im Original) 36 Das englisches Kunstwort ‚Weblog‘ ist eine Kombination aus ‚Web‘ und ‚Logbook‘. Autoren in Weblogs werden ‚Blogger‘ genannt und der gesamte Bereich der Blogs wird als ‚Blogosphäre‘ bezeichnet – eine Zusammensetzung aus ‚Blog‘ und ‚Logos‘ (Armborst 2006: 9). 37 Wissenschaftlich gibt es allerdings bisher kaum Forschungen zu Blogs; laut Armborst (2006) existierte bis zu seiner Publikation keine einzige Monographie zum Thema. 38 Genannt seien beispielsweise ,Experten-Blogs‘, ,watchblogs‘ oder ,warblogs‘. Zu Weblogs und seinen verschiedenen Formaten siehe Armborst (2006), Fikisz (2009), Wolff (2007) und Huber (2008).

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werden von Einzelpersonen betrieben. 39 Eine Studie von Armborst ergab, dass ein Drittel der Blogger bereits in irgendeiner Form Berührung mit herkömmlichem Journalismus vorzuweisen hat (Armborst 2006: 183ff). 40 Blogs sind kein zu vernachlässigendes Randphänomen: Der Dienst Blogoscoop zählt alleine bei den von ihm untersuchten Blogs über 60 Millionen Seitenaufrufe und mehr als 100.000 neugeschriebene Artikel pro Monat. 41 Das Webangebot www.deutscheblogcharts.de zeigt die Anzahl der Verlinkungen in Webseiten an, die auf gewisse Blogs hinweisen, und nennt die dazugehörigen Seitenaufrufe. Dabei ist ersichtlich, dass etliche deutschsprachige Blogs mehrere hundert Verlinkungen und teilweise monatlich Millionen von page impressions erreichen.42 Weltweit sind bisher mehr als 100 Millionen Blogs initiiert worden (Fikisz 2009: 49). Der Einfluss von Blogs wird auch an folgendem Beispiel deutlich: Die US-amerikanische Onlinezeitung Huffington Post wurde unabhängig von klassischen Medienverlagen gegründet und ist im Stil eines Blogs angelegt. Diese Zeitung, deren Textanreißer zumeist Fotos aufweisen, avancierte in den USA zu einem beliebten Alternativmedium und die Chefredakteurin Huffington gilt mittlerweile nicht nur als mächtigste Bloggerin der Welt, sondern zählte bereits 2006 in der Auflistung der Time zu den 100 einflussreichsten Personen der Welt (Lauer 2010: 2).43 Zwar sind Blogs über aktuelle Geschehnisse generell beliebt, aber auch kulturhistorische Themen werden gerne gelesen. Der Zeit-Blog, einer der frühesten Blogs von etablierten Verlagen in Deutschland, weist beispielsweise am 17. Februar 2010 als meistgelesenen Blog ‚Spätrömische Dekadenz‘ Die wahren Gründe für den Untergang Roms auf.

39 Studenten, Akademiker und Freiberufler sind die häufigsten Betreiber, weil diese eine freie Zeiteinteilung haben (Armborst 2006: 77ff). Die aktiven Blogger dürften vorrangig aus der Gruppe der ‚Infoelite‘ kommen, jener ca. 3 Millionen Personen umfassenden Gruppe von Deutschen, die ein großes Interesse an Informationen haben, neue Kommunikationstechnologien besitzen und denen ‚Meinungsführerqualitäten‘ zugeschrieben werden, so Armborst. Der typischer Blogger ist 30, männlich, formal überdurchschnittlich gebildet, verbringt mehrere Stunden pro Tag im Internet und aktualisiert seinen Blog täglich (ebd.: 183ff). 40 Die explorative Studie wurde mit 150 Online-Fragebögen durchgeführt. 41 www.blogoscoop.net/statistics.html#BlogsDaily (09.12.2010). 42 Trotz vieler Blogleser und einer beachtlichen Zahl an Artikeln sind nur 1% der deutschen Internetnutzer aktive Blogger (Stand 2007, www.Wisskomm.tv vom 30.11.07). 43 Auch wenn solche Erfolge als Konkurrenz zu traditionellen Medienformaten gesehen werden, scheint sich gegenwärtig abzuzeichnen, dass Weblogs den traditionellen (professionellen) Journalismus nicht ersetzen, sondern ergänzen.

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Blogs sind zum Beispiel deswegen beliebt, weil in ihnen Themen, die in traditionellen Medien nicht vorkommen, behandelt werden (Armborst 2006: 25).44 Ein gestiegenes Interesse an Authentizität und subjektiven Meinungen ist ebenfalls für den Erfolg von Blogs verantwortlich (Armborst 2006: 50).45 Für den Verfasser liegt in der Möglichkeit, die eigenen Kenntnisse und Ansichten zu publizieren, eine große Faszination. Gleichzeitig ist aber zu konstatieren, dass nur wenige user ein langfristiges Engagement zeigen: Viele Blogs sind nach kürzester Zeit inaktiv oder werden innerhalb von wenigen Monaten wieder gelöscht (vgl. Fikisz 2009: 49). Weblogs haben auch für die Wissenschaft eine wachsende Bedeutung. In Deutschland existieren bereits mehr als 300 Wissenschaftsblogs (Menhart 2008: 17). Lugger sieht in ihnen ein sehr wirkmächtiges Medium: „Revolutionen bleiben meist unbemerkt, bis sie einen kritischen Punkt erreichen und alles schlagartig verändern. Wissenschaftliche Blogs haben nicht nur das Potential, Revolutionen auszulösen, sie sind selbst eine. Tag um Tag gewinnen sie Leser, Kommentatoren und Reichweite.“ (Lugger 2009: 27)

Solche Blogs bleiben jedoch zumeist auf die Kommunikation mit der Öffentlichkeit beschränkt, für einen bedeutenden Einfluss innerhalb der (kulturhistorischen) Wissenschaft werden keine Nachweise geliefert. Manche Stellen versuchen, die Erstellung von Blogs durch Wissenschaftler zu forcieren: Die Universität Stanford etwa fördert die Einrichtung von Blogs für Universitätsangehörige und das Magazin Nature forderte in der Februarausgabe 2009 die Wissenschaftler zum Bloggen auf (Lugger 2009: 27f; zu Nature vgl. Kubach 2009). Blogs über Wissenschaftsthemen dienen einerseits der Beschleunigung des Ideenumsatzes innerhalb der Wissenschaft, andererseits liefern sie aufgrund ihrer Öffnung für andere Interessenten auch Input für die Wissenschaft und können neue Themen definieren, merkt Menhart an (Menhart 2008: 17).

44 Im Gegensatz zu professionellem Journalismus werden in Blogs auch ungenaue oder ungeprüfte Angaben sowie Gerüchte veröffentlicht. Armborst hebt allerdings hervor, dass durch die Angaben der jeweiligen Quellenlinks und der Möglichkeit, in kürzester Zeit Fehler zu korrigieren, Transparenz vorhanden ist. Er spricht daher von einem System, welches durch die community der Blogger selbstregulierend ist (Armborst 2006: 50). Ähnlich äußert sich Ziewitz (2008) zur Wikipedia. Zu Hierarchisierungen in der Wikipedia siehe Stegbauer/Bauer (2008). 45 „Für viele Blogger ist es eine wesentliche Motivation, das eigene Wissen zu verbreiten“ (Armborst 2006: 50). Armborst weist diesbezüglich darauf hin, dass Blogs entgegen mancher Ansicht kein Tagebuch sind, welches statt mit Tinte im Netz formuliert wird. Blogs sind bewusst an Leser gerichtet (Armborst 2006: 44).

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Social Communities Social Communities sind ein wesentliches Merkmal des Web 2.0. Sie sind auch unter den Begriffen ‚social media‘ oder ‚soziale Netzwerke‘ bekannt. Diese Webangebote erfordern eine Registrierung der Teilnehmer und fungieren als virtuelle Kontaktbörsen. Auf entsprechenden Plattformen werden private Informationen, die man früher nur in persönlichem Dialog ausgetauscht hat, öffentlich preisgegeben. Angebote dieser Art haben in den letzten Jahren einen immensen Zulauf erhalten: Anfang 2006 wurde unter den zehn beliebtesten Internetseiten der Welt kein soziales Netzwerk gelistet, 2008 hingegen gehörten bereits vier Anbieter dazu (Döbler 2008: 121) und 2010 gilt Facebook, das gegenwärtig populärste Portal, als die beliebteste Webseite der Welt.46 Outing führt dazu folgendes aus: „Social networking is the fastest growing segment of the Internet right now; social networks are the highest-traffic category of websites. This is the major lesson of the Internet era. Media today is no longer about ,elites’ [professional media, marketing departments of companies] pumping out information and sales pitches while the masses listen in.“ (Outing 2007b: 2)

Nennt Outing zum Zeitpunkt dieses Zitates im Jahr 2007 noch 34 Millionen Facebook-Nutzer, sind Mitte 2011 weltweit bereits über 700 Millionen Menschen in dieser community angemeldet. 47 Monatlich werden durch das Facebook-Portal nicht weniger als 570 Milliarden Webseiten aufgerufen.48 Galt Facebook anfangs als ein Portal, um private Kontakte zu pflegen, existiert mittlerweile nicht nur im Bereich der Archäologie eine Vielzahl an Seiten, Gruppen und Angeboten.49 Diese werden in unterschiedlicher Intensität frequentiert, was an den Bewertungen abschätzbar ist: Teilweise werden sie nur von Einzelnen als ‚like this‘ eingestuft, andere haben fast 100.000 solcher positiver Bewertungen.50 In Deutschland traten bis zum Frühjahr 2011 beachtliche 40 Millionen Menschen sozialen Netzwerken wie Facebook,

46 www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article7836033/Facebook-laut-Google-beliebteste-Inter netseite.html (15.12.2010). 47 http://internetworldstats.com/facebook.htm (20.10.2011). Auch das Portal Myspace (www.myspace.com) erreicht mit mehr als 250 Millionen Mitgliedern mehr Teilnehmer, als die meisten Staaten der Welt Einwohner zählen. 48 www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article7836033/Facebook-laut-Google-beliebteste-Inter netseite.html (15.12.2010). 49 www.facebook.com/search.php?q=archaeology&init=quick&tas=0.1957142713945359 ref=ts&type=pages (06.02.2011). 50 www.facebook.com/pages/archaeology/104053332963487 (10.02.2012).

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StudiVZ, SchülerVZ, Wer-kennt-wen, Xing etc. bei (Scherzler 2010: 100).51 In der Altersgruppe der 14-19-Jährigen sind vier von fünf Internetnutzern in solchen sozialen Netzwerken aktiv (ARD/ZDF Onlinestudie 2010). Netzwerke, die explizit die scientific community ansprechen, sind ebenfalls existent: Beim internationalen Netzwerk researchgate52 beispielsweise haben sich seit 2008 über 500.000 Akademiker registriert. In Deutschland sind solche virtuellen Gemeinschaften unter Wissenschaftlern bislang weniger etabliert. 53 Abbildung 12: Auszug der Facebook-Trefferliste zum Suchbegriff ,archaeology‘

Quelle: Auszug des Screenshots der Seite www.facebook.com/search.php?q=archaeology &init=quick&tas=0.1957142713945359&ref=ts&type=pages (07.03.2012).

51 Die Portale sind unter www.studivz.de, www.schuelervz.de und www.wer-kennt-wen.de zu finden. Andere Nutzerzahlen von sozialen Netzwerken unter www.compass-heading. de/cms/nutzerzahlen-sozialer-netzwerke-im-april-2010/ (06.122010). 52 www.researchgate.net (06.12.2010). 53 Unter www.academia-net.de startete im November 2010 eine spezielle Plattform nur für weibliche Wissenschaftlerinnen in Deutschland. Zum Jahresende (30.12.2010) gab es von den mehr als 500 Teilnehmern keine Wissenschaftlerin aus dem Fachgebiet Archäologie.

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Internetforen Internetforen bilden eine Plattform, bei der Gleichgesinnte über ein Thema diskutieren.54 Ähnlich wie bei Blogs können auch passive Nutzer am Diskurs teilhaben, da die veröffentlichten Beiträge zumeist ohne Anmeldung einsehbar sind. Im Gegensatz zu Blogs, bei denen teilweise auch Bilder integriert werden, bestehen Foren im Regelfall ausschließlich aus Textbeiträgen. In solchen Internetforen tauschen sich Rezipierende über diverse Themen aus. Vorhandenes Wissen wird in den Foren häufig durch persönliche Meinungen umgeformt und an einen breiten Leserkreis verbreitet. Im deutschsprachigen Forum von wer weiss was sind bisher beispielsweise knapp fünf Millionen Einträge von annähernd 500.000 registrierten Teilnehmern erstellt worden. 55 Diese Beispielseite verdeutlich ein wesentliches Merkmal von Foren: Häufig werden durch einen Teilnehmer Fragen gestellt, die durch andere Nutzer beantwortet werden sollen. Auch gelangen immer mehr Internetnutzer zu Foren, ohne diese bewusst aufsuchen zu wollen: Es ist vermehrt Usus, dass Personen Fragen in das Suchfeld einer Suchmaschine eingeben, anschließend werden in der Trefferliste Ergebnisse eines Forums angezeigt. Foren haben daher mittlerweile einen beachtlichen Einfluss auf die Wissensvermittlung und Meinungsbildung erreicht. Sie können als spezielle Webseiten eingerichtet sein, die ausschließlich als Forum fungieren, sind aber häufig Teil eines vielfältigen Webangebotes. Es existieren sowohl private Angebote als auch kommerzielle Foren (für die Archäologie siehe 8.5). Generell überwiegt die Anzahl der passiven Nutzer im Vergleich zu aktiven Verfassern. Outing hat zusammengefasst, wie hoch die Beteiligung von Seitenbesuchern eines Netzwerkes ist: 90% lesen sich nur die Seite durch, 9% schreiben gelegentlich einen Kommentar oder erstellen einen neuen Beitrag und 1% sind enthusiastische Nutzer, die häufig Inhalte liefern (Outing 2007a). Die unterschiedlichen Formate sind zunehmend miteinander verwoben und können auch mit anderen Medienformen interagieren. Ein deutliches Beispiel dafür liefert die Eigenbeschreibung der in Kapitel 4.2.1 genannten TV-Sendung Welt der Wunder (RTLII) für ihren Internetkanal: „Weltweit erstmalig haben Zuschauer die Möglichkeit, per Email, Chat, Blog, Foren etc. inhaltlich mit einem Sender zu interagieren und direkten Einfluss auf das Programm zu nehmen.“ (Welt der Wunder 2008)

54 Im Gegensatz zu Chats sind Foren im Regelfall ein asynchrones Medium der Interaktion. 55 www.wer-weiss-was.de (15.12.2010).

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8.3. D AS I NTERNET

ALS

W ISSENSMEDIUM

Das Internet gilt für viele als ein Medium, in dem keine glaubwürdigen Informationen zu finden sind. Richtig ist, dass im World Wide Web viele Unterhaltungsangebote offeriert werden und dass diese einen hohen Anteil des traffics ausmachen. Insbesondere die jüngeren Altersgruppen nutzen unterhaltende Angebote in hohem Maße (Hans-Bredow-Institut 2008: 239). Das Angebotsspektrum im Internet ist jedoch, ähnlich wie etwa beim Printbereich, überaus vielfältig und enthält unzählige Wissensangebote, so dass das Internet in zunehmendem Maße auch als Informationsmedium dient: „Was wir von der Welt wahrnehmen, erfahren wir zunehmend über die Medien. In der Google-Gesellschaft geschieht dies primär über Netzwerkmedien.“ (Schetsche et al. 2005: 21; vgl. Hans-Bredow-Institut 2008: 239) Die häufige Verwendung des Internets als Wissensmedium konnte eine Untersuchung belegen: 2007 konsumierten 46% der Internetuser Informationen aus Wissenschaft, Forschung und Bildung (Klingler/Gerhards/Turecek 2008: 149). Auch eine Studie über die Erfahrungen von Internetnutzern weist auf ein aufschlussreiches Merkmal hin: Der wichtigste Faktor, den user aus dem Gebrauch des Internets gewinnen, ist Orientierung. Hierzu zählen die Bereiche Informationsgewinnung und Lernen. Emotionalität, wozu Spaß und Unterhaltung gehören, folgt an zweiter Stelle (Dehm/Storll/Beeske 2006).56 Das Internet, ursprünglich zu Recherchezwecken erfunden,57 gilt mittlerweile als wichtigstes Recherchemedium überhaupt (vgl. Strang 2007).58 Auch für Studierende hat das World Wide Web einen hohen Stellenwert bekommen. Obwohl die Universität traditionell ein stark auf Bücher ausgerichteter Ort ist, nutzen die Studierenden das Internet als wichtiges (Recherche-)Medium. Dabei werden nicht nur Printpublikationen mittels der Internetauskunft recherchiert, sondern online verfügbare Artikel spielen mittlerweile in manchen Disziplinen eine größere Rolle als Printmaterial, das teilweise sogar ignoriert wird, wie Wolling (2008) aufzeigt. Innerhalb von wenigen Jahren hat sich somit eine jahrhundertelange Gewohnheit geändert (Brabazon 2007; Wolling 2008). Das Internet dient dabei wie ein breitgefächerter Kiosk in elektronischer Form, mit dem ein einfacher Zugriff zu korrekten

56 Diese Elemente gelten ähnlich auch für das Fernsehen, so dass medienübergreifende Bedürfnisse konstatiert werden können. Eine Differenz tritt insofern auf, als dass Emotionalität beim Fernsehen stärker ausgeprägt ist als beim Internet (Dehm/Storll/Beeske 2006). 57 Berners-Lee kreierte dieses Netzwerksystem Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre als Mitarbeiter am CERN in Genf. Ihm schwebte ein freier Wissensaustausch ohne Hierarchien vor. 58 Über Wissensrecherche im Internet s.a. Lindemann (2008).

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Informationen, aber auch Fehlinformationen möglich ist. Der individuelle und stets aktuelle Zugang zu Wissen, wie es Pscheida (2009) als Merkmal unserer Wissensgesellschaft postuliert, wird durch das Medium Internet in optimaler Weise ermöglicht. Je nach subjektiven Ansprüchen kann hier, in Ergänzung zu anderen Wissensformaten, die Wissensnachfrage gestillt werden. Damit ist die etwa von Nahrstedt (2002, s. Kap. 4.5) geforderte Selbststeuerung des Lernens in Idealform erreicht. Insbesondere die Merkmale des Web 2.0 lassen auch Auswirkungen auf Wissen und Wissenschaft beobachten: Die Dichotomie von Experte und Laie verschwindet häufig, mindestens aber verringert sich die Distanz (Pscheida 2009: 261). Wissen wird nicht mehr nur von Wissenschaftlern, sondern durch verschiedenste Akteure dezentral generiert. Ein prägnantes Beispiel dafür ist die Lexikonerstellung. Während traditionell durch ausgewählte Autoren eines Verlags Enzyklopädien wie etwa die Brockhaus Enzyklopädie erstellt werden, gibt es mittlerweile verschiedene kollaborativ angefertigte Online-Nachschlagewerke. So stellen allein für die deutsche Wikipedia circa 100.000 Nutzer ihre Wissenskenntnisse und ihre Zeit unentgeltlich zur Verfügung, wodurch bisher deutlich über eine Million Artikel entstanden sind,59 die monatlich ca. 750.000 mal aktualisiert werden (Wikimedium 2010: 8).60 Nicht nur von schreibbegeisterten Autoren, auch von Lesern wird dieses Angebot gerne angenommen, denn Wikipedia gehört in Deutschland zu den zehn meistbesuchten Internetseiten61 und wird stündlich circa 2,5 Millionen mal aufgerufen (Wikimedia 2010: 8). Nahezu 2/3 der deutschen Internetnutzer greift auf diese Webseite zurück, wobei die Nutzerquote umso mehr steigt, je jünger die Nutzer sind; bei den 14-19-Jährigen frequentieren bereits 94% der Nutzer dieses OnlineLexikon (ARD/ZDF Onlinestudie 2009).62 Die Bedeutung von Wikipedia nimmt gegenwärtig weiter zu, da Treffer bei der meistgenutzten Suchmaschine Google häufig dorthin verweisen. Wikipedia hält auch zunehmend Einzug in Universitäten und Wissenschaften: „Faktisch ist die Wikipedia, der immer lauter werdenden Kritik zum Trotz, auch in der Wissenschaftswelt auf dem besten Wege zum gleichwertigen Nachschlagewerk neben den herkömmlichen Lexika aufzusteigen.“ (Lorenz 2009a: 215) Auch ohne explizite Suche nach archäologischen Themen kommen Wikipedia-Nutzer mit (Vorderasiatischer) Archäologie in Kontakt: Beispielsweise wählte die deutsche Wikipedia am 23. Juli 2010 ihren Artikel des Tages über das Achämenidenreich, am 26. August 2010 über Yazilikaya und am 14. November 2010 über Susa. Der Erfolg von Wikipedia, die in über 250 Sprachversionen existiert, gilt beispielhaft für die Nutzung des Internets als Informationsquelle. Anhand 59 http://stats.wikimedia.org/EN/TablesWikipediaDE.htm, Stand 20.12.2010. 60 Die deutschsprachige Wikipedia wurde am 15.02.2001 gegründet, der erste Artikel zum Stichwort ,Archäologie‘ wurde knapp ein Jahr später verfasst (Cyron 2009b: 293). 61 www.alexa.com/topsites/countries/DE (17.01.2011). 62 Zur Wikipedia allgemein und in Bezug auf Geschichtsthemen siehe Lorenz (2009b).

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von Wikipedia wird auch deutlich, dass die Rolle von Konsument und Produzent fließend wechseln kann. Trotz dieser gravierenden Neuerungen erfolgt innerhalb der scientific community sowohl die Beschäftigung mit den aufkommenden Formaten im Internet als auch deren Nutzung nur in begrenztem Umfang. Beispielhaft können die Ergebnisse einer Befragung von über 1000 Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen bezüglich open access-Veröffentlichungen gelten: Nur sehr wenige Forscher machen bisher davon Gebrauch, Inhalte in einer kosten- und zumeist passwortfrei zugänglichen Publikation zu veröffentlichen. Als Grund werden zumeist die mangelnden Kenntnisse oder Vorbehalte gegenüber dieser Publikationsart angegeben. Jedoch wünschen sich circa 80% aller Teilnehmer einen Ausbau dieser Publikationsart (DFG 2005). Manche Autoren wie Haber/Hodel sehen insbesondere im Web 2.0 für die (historische) Wissenschaft weiteres Potential: „Web 2.0 macht deutlich, dass eine soziale Vernetzung sich sehr gut mit dem Austausch fachbezogener oder gar wissenschaftlicher Informationen verbinden lässt – viel besser vermutlich, als in der vor-digitalen Zeit.“ (Haber/Hodel 2007: 78) Für Stichweh stellt das Internet ein ideales Trägermedium für die Pluralisierung der Orte der Wissensproduktion dar (s.a. Kap. 4.2.1). In diesem konkurrieren Webseiten von akademischen Herausgebern mit qualitätvollen privaten Angeboten von Hobby-Forschern, „die mit Forschungsgeist, Leidenschaft und Ausdauer gepflegt werden und die gerade in dieser Ausschließlichkeit der Spezialisierung der akademischen Welt überlegen sein können“ (Stichweh 2004: 158f). Indem die Nutzer Daten von anderen Wissensproduzenten, ggf. Experten, auf vielfältige Weise in Bezug setzen, schaffen sie neues Wissen, stellen Armborst (2006: 21) und Nowotny (2004) heraus. Die These dieser Arbeit, dass keine klare Trennlinie mehr zwischen Produzierenden und Konsumierenden von Wissen vorherrscht (s. Kap. 3.1.2), zeichnet sich am deutlichsten im Medium Internet und dort insbesondere durch die Formen des Web 2.0 ab.

8.4. P ROBLEMFELDER Die Möglichkeit, im Internet Inhalte ungeprüft zu publizieren, wird gerade durch Wissenschaftler kritisch gesehen. Die teilweise mangelnde Qualität der Angaben ist insbesondere deswegen ein Problem, weil sämtliche Informationen gleichwertig nebeneinander zu finden sind und durch Verlinkungen innerhalb von Sekunden ein Zugriff auf ganz unterschiedliche Quellen und somit Qualitätsstandards möglich ist. Die schwierige Unterscheidung zwischen guter und schlechter Qualität ist daher ein kaum lösbares Problem (Nowotny 2004: 178). Hinzu kommt, dass die meisten Nutzer nicht den Versuch unternehmen, Inhalte zu prüfen. Obwohl das Internet eine

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im Verhältnis zu anderen Medien sehr einfache Möglichkeit des Vergleiches erlaubt, wird zumeist nur eine Informationsquelle genutzt (Medienbericht 2009: 79). Dieses Nutzerverhalten ist hinsichtlich korrekter Informationen deswegen problematisch, da aufgrund der kaum vorhandenen Veröffentlichungsbarrieren Spekulationen und bewusste Manipulationen viel leichter verbreitet werden können. Range/Schweins sprechen aufgrund der vielen Veröffentlichungen abseits von professionellen Medien von einem „Para- und Pseudojournalismus“ (Range/Schweins 2007: 7), der sich von Qualitätsjournalismus63 unterscheidet (ebd.: 46). Bowman/Willis bringen zum Ausdruck, dass das übliche journalistische Prinzip „filter, then publish“ umgekehrt wird, indem im Bürgerjournalismus „publish, then filter“ (Bowman/Willis 2003: 12) angewandt wird. Keen macht auf die negativen Folgen des Web 2.0 aufmerksam: Die Demokratisierung des Internets bringt zwar viele Meinungen hervor, zugleich geht jedoch die Bedeutung von gesicherten Informationen verloren und vermehrt sind falsche Informationen im Umlauf. Außerdem werden Nichtexperten zu Experten hochstilisiert, was der Laie allerdings nicht erkennen kann (Keen 2008). Viele Internetuser, gerade aus der akademischen Welt, sind von dem niedrigen Niveau in Bezug auf Sprache und Inhalt genervt und nutzen daher bestimmte Angebote nicht. Während für Laien die Alltagssprache anziehend wirkt, wirken die in Alltagssprache abgefassten Kommentare insbesondere für Wissenschaftler abschreckend, da die wissenschaftliche Kommunikationsform weder Umgangssprache, noch Subjektivität und Meinung ohne nachvollziehbare Basis beinhaltet. Während in der Forschungsliteratur und in den Medien vor allem positive Bewertungen der Möglichkeiten des Web 2.0 zu finden sind, äußert Graff eine der seltenen harschen Negativ-Kritiken. Der Journalist kommentiert in Bezug auf die Laienkommentare folgendes: „Sie zerfleddern – wie es gerne auch wir Zeitungsmenschen tun – jedes Thema. Sie tun dies aber oft anonym und noch öfter von keiner Sachkenntnis getrübt. Sie zetteln Debattenquickies an, pöbeln nach Gutsherrenart und rauschen dann zeternd weiter. Sie erschaffen wenig und machen vieles runter. Diese Diskutanten des Netzes sind der Diskurstod, getrieben von der Lust an Entrüstung. Haben wir Entrüstung gesagt? Setzen Sie dafür bitte beliebig ein: Sabotage, Verschwörung, Häme, Denunziation, Verächtlichmachung, Hohn, Spott. Ja, wir müssen uns die Kräfte des freien Meinungsmarktes als äußerst destruktiv vorstellen.“ (Graff 2007)

Vor- und Nachteile liegen folglich beim Internetmedium je nach Standpunkt dicht beieinander und müssen im Einzelfall abgewogen werden.

63 Als Kriterium für Qualität wird im Journalismus eine gründliche Recherche mit mindestens einer zweiten Quelle zur Bestätigung angesehen.

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8.5. I NTERNET

UND

A RCHÄOLOGIE

Ergänzend zu den obigen allgemeinen Ausführungen enthält dieser Abschnitt einige Anmerkungen zum Internet-Diskurs innerhalb der archäologischen Fachwissenschaften. Altekamp/Tiedemann boten 1999 eine der ersten deutschsprachigen Publikationen; sie lieferten eine grundlegende Einführung zum Internet und eine umfangreiche Übersicht über archäologische Webseiten verschiedenster Kategorien. Brunn (2001) informierte rückblickend über die in Deutschland ab 1995 allmählich auftretenden Archäologie-Seiten und nennt entsprechende Webauftritte.64 Feldmann (2001) veröffentlichte vor allem für die Prähistorische Archäologie eine erste umfassende Untersuchung. Ein Ergebnis ihrer Studie war, dass die Elemente des World Wide Web im Fach keinen intensiven Gebrauch fanden. Wenn das OnlineMedium verwendet wurde, blieb die Nutzung an traditionellen Medienformen angelehnt, ohne potentielle Vorteile des Internets auszuschöpfen. Samida (2006) schließt thematisch an diese Untersuchung an und konstatiert einige Jahre später ein ähnliches Resultat. In Deutschland bleiben Beiträge zum Onlinemedium Einzelfälle; in den archäologischen Wissenschaften ist eine insgesamt eher fehlende Beschäftigung mit dem Internet festzustellen. Dies zeigt auch exemplarisch ein Ergebnis der Studie von Samida: Im WS 2003/2004 wurde von 441 deutschen Lehrveranstaltungen der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie und der Archäologie des Mittelalters keine einzige Veranstaltung zu ,Archäologie und Internet/Neuen Medien‘ angeboten (Samida 2006: 141). Obwohl in der Wikipedia circa 15.000 Artikel mit einem Bezug zur Archäologie und des Denkmalschutzes existieren (Cyron 2009b: 293f), blieb bisher eine Auseinandersetzung mit der Online-Enzyklopädie auch hier Fehlanzeige.65 Letzteres erstaunt umso mehr, da mittlerweile sogar Fachwissenschaftler Wikipedia als Quelle für Recherche und Publikationen nutzen.66 Auch die Tatsache, dass nur in wenigen Universitätsbibliotheken der Zugang zur Online-Zeitschrift Internet Archaeology angeboten wird, belegt, dass die Facetten des Internets nicht wirklich zum Diskussions-Gegenstand in der scientific community der Archäologie geworden sind.

64 Einen ähnlichen Artikel in Bezug auf Historiker liefert Büttner (2004). Jenks/Tiedemann (2000) und Jenks/Marra (2001) setzen sich ebenfalls mit dem Internet für Historiker auseinander und bieten auch Hinweise auf Archäologie-Angebote. 65 Gleichwohl gibt es Personen wie Cyron (2009), die sowohl kulturhistorische Fachkenntnisse als auch Erfahrungen mit Wikipedia vorweisen und solche Desiderate ausfüllen könnten. Lorenz (2009b) setzt sich mit Geschichtswissen und Wikipedia auseinander. 66 Beispielsweise verwendet Heinz (2009) Wikipedia mehrfach als Bildquelle.

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Die Eigenschaften des Internets haben auch Auswirkungen auf die Aneignung und Verbreitung von historischem Wissen. Archäologische Kenntnisse werden nicht länger von wenigen Spezialisten kontrolliert und lediglich in einem begrenzten Fachkreis verbreitet. Hodder sah bereits vor dem Aufkommen der Features des Web 2.0 den Wechsel von der traditionellen Hierarchisierung in der Archäologie hin zur netzwerkbasierten Archäologie, weil durch das Internet neue Möglichkeiten der Partizipation möglich sind. Er bezeichnet es als ein Medium, in dem die Grenzen zwischen Spezialisten und der populären Archäologie verwischen, gerade weil jedem Interessierten potentiell die gleichen Daten zur Verfügung stehen und von Jedem seine eigene Sichtweise so leicht wie noch nie verbreitet werden kann (Hodder 1999).67 Autoren wie McDavid (2004), Childs (2002), Samida (2006) und Scherzler (2010) sehen im Internet die große Chance für die archäologischen Wissenschaftler, direkt mit dem Publikum zu kommunizieren. Gerade die Interaktivität wird als entscheidender Vorteil gegenüber anderen Medien gesehen. Durch Feedback und Fragen der Rezipierenden kann bewusst Multiperspektivität zugelassen und erreicht werden, wie Zimmerman (2003: 143) oder McDavid (2004: 160) anregen. Auch für Shanks bieten partizipatorische Formate wie Wikis, Blogs etc. für die Archäologie interessante Perspektiven. Zum einen ermöglichen sie neue Formen sowohl der Speicherung als auch der Veränderung von Informationen. Zum anderen regen sie, aufgrund des bottom-up-Prinzips, Fachwissenschaftler an, neu über Datenbanken, -eingabe und -speicherung sowie Informationsweitergabe nachzudenken (Shanks 2007: 288). Die Voraussetzungen und Formen des Web 2.0 bieten Möglichkeiten zu einer veränderten fachinternen Verständigung sowie zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Diese Chancen nutzen allerdings Archäologen kaum, sondern sie behalten vorrangig traditionelle Formen bei, konstatieren WeyrauchPung (2006) und Samida (2006). 68 Weyrauch-Pung beklagt, dass für die archäologischen Wissenschaften Gelegenheiten verpasst wurden, und führt dazu beispielsweise das Desiderat an, Webseiten wie www.archaeologie.de zu betreiben (WeyrauchPung 2006). Die Feststellung von Altekamp/Tiedemann (1999: XIII), dass das Internet eine massive Aufforderung ist, eingefahrene Gewohnheiten der Dokumentation, aber auch der Publikation zu verändern, wurde von den Wissenschaftlern folglich nicht aufgegriffen. Samida weist bezüglich der egalitären Zugangsweisen allerdings darauf hin, nicht die problematischen Aspekte des Internets auszublen67 Er selbst hat diese Forderung als Grabungsleiter von Çatal Höyük insofern umgesetzt, als dass allen Interessierten die Grabungsdaten auf der Internetpräsenz www.catalhoyuk.com (17.12.2010) zur Verfügung stehen. 68 Die Studie von Samida ergab, dass weder Newsgroups noch Mailinglisten oder EJournals von deutschsprachigen Archäologen akzeptiert werden (Samida 2006). Auch für die Geschichtswissenschaften konstatieren Haber/Hodel (2007), dass vorrangig herkömmliche Publikationsformen verwendet werden.

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den. Sie nennt als Beispiel, dass ein gleichberechtigtes Nebeneinander von wissenschaftlichen Daten und alternativen Deutungen (vgl. Hodder 1999) ein fragliches Resultat der Multiperspektivität ist, wenn die Fachwissenschaftler keine Deutungen anbieten und damit den Rezipierenden keine Orientierungsmöglichkeiten offerieren (Samida 2006: 219). Trotz der wenigen Reflexionen innerhalb des Faches existieren von den allermeisten Universitätsinstituten, Forschungseinrichtungen und Museen eigene Webangebote. Darin sind vorrangig Selbstbeschreibungen 69 und Kontaktmöglichkeiten aufgeführt. Samida erkennt in den Internetmöglichkeiten Chancen für archäologische Fachwissenschaftler: Während in den herkömmlichen Medien die meisten Inhalte über Journalisten vermittelt und transformiert werden, können gegenwärtig von den Wissensproduzenten selbst Inhalte ins Netz gestellt werden. Die Autorin sieht in der Direktvermittlung den Vorteil, dass ungewünschte Verzerrungen vermieden werden können (Samida 2006: 157). Auf den Webseiten der offiziellen Einrichtungen sind weiterführende Informationen über archäologische Erkenntnisse allerdings seltener zu finden. Webauftritte mit umfangreicheren historischen Inhalten existieren häufig unabhängig von staatlichen Einrichtungen und werden vielfach durch ehrenamtliches Engagement gepflegt. Dabei fungieren als Seitenbetreiber sowohl im Fach ausgebildete Archäologen als auch interessierte Laien. Im Rahmen dieser Forschungsarbeit kann keine Übersicht über das aktuelle Angebot geliefert werden, trotzdem werden im Folgenden exemplarisch einige Webadressen kommentiert, um Entwicklungen aufzuzeigen. Archaeologie Online70 ist das umfangreichste deutsche Archäologie-Portal. Die Webseite wurde im Jahr 2000 von Studenten archäologischer Fächer gegründet und bietet ein umfangreiches Angebot zu archäologischen Themen; beispielsweise sind über 1000 Nachrichten und 7000 Links einsehbar. Die von den Verantwortlichen vorrangig in ihrer Freizeit gepflegte Webseite wird monatlich von circa 35.000 Seitenbesuchern aufgerufen (Brunn/Jordan/Steinacker 2010). Geschichte Wissen 71 ist eine von Schülern im Jahr 2008 gegründete Webseite, die zum Ziel hat, den Einfluss der Geschichte auf die Gegenwart deutlich zu machen. Die Betreiber bedienen sich dabei einer modernen Präsentation mit verschiedenen Angeboten wie EJournal, Forum, Blog, Newsletter etc., mit denen ausdrücklich Interaktivität und Partizipation der Leser angestrebt wird. Das Themenspektrum des an Erwachsene adressierten Angebotes reicht von der Antike bis zur Jetztzeit. Der konkrete Bezug zur Gegenwart wird durch Forumsthemen aus dem aktuellen Tagesgeschehen erreicht. Im Hinblick auf die Vorderasiatische Altertumskunde existiert beispielsweise die Seite Mesopotamien.de. Sie bietet eine überschaubare Auswahl an Informati69 Dazu gehört teilweise auch die Vorstellung von Forschungsprojekten. 70 www.archaeologie-online.de (10.12.2010). 71 http://geschichte-wissen.de (10.12.2010).

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onen über den Alten Orient, um, so dass Ziel des Betreibers, einer breiten Öffentlichkeit einen Zugang zu dieser ansonsten medial unterrepräsentierten Region anzubieten. Die von einem studierten Vorderasiatischen Archäologen initiierte Seite scheint seit längerem nicht mehr aktualisiert zu werden. Archaeodb,72 in der Selbstbeschreibung als „Webportal für Altorientalistik und Vorderasiatische Archäologie“73 bezeichnet, listet im Lexikonstil Fundorte, Personen und Zeitschriftenartikel auf. Darüber hinaus ist ein Kalender, ein Forum und eine Linkliste implementiert. Das Projekt wurde 2006 von im Fach tätigen Wissenschaftlern gegründet und weist 2009 die letzten Einträge auf, so dass das Projekt gegenwärtig (Stand Ende 2010) als gescheitert angesehen werden muss. Hinsichtlich Webangeboten über alternative Deutungstheorien sei exemplarisch www.sagenhaftezeiten.com erwähnt, das sich vorrangig mit von Dänikens Thema des archäologischen Nachweises von außerirdischem Besuch auf der Erde beschäftigt. Die Seite der Forschungsgesellschaft für Archäologie, Astronautik und SETI bietet vorrangig Informationen über die Gesellschaft, von Däniken sowie diverse Nachrichten zur Thematik und wurde bisher über vier Millionen Mal besucht (Stand Oktober 2011). Bezüglich der reinen Blogs über Archäologie gibt es verschiedene Angebote, die zumeist nur einen begrenzten Leserkreis erreichen. Auch hier zeigt sich, dass gewisse Webauftritte nur kurzfristig existieren, beispielhaft kann www.archeol.de gelten. Diese Seite wurde im Februar 2009 initiiert und ist seit Oktober 2009 ohne weitere Einträge. 74 Blogs werden sowohl durch Einzelpersonen betrieben, so etwa http://archaeologie-news.blog.de, als auch durch kommerzielle Unternehmen. Beispielhaft ist das Angebot ChronoLogs75 zu nennen. Dieser Blog über „Geschichte, Archäologie und Kultur“ (Selbstbeschreibung auf der Homepage) ist ein Gemeinschaftsangebot der Magazine Spektrum der Wissenschaft und epoc (vormals Abenteuer Archäologie). In diesem Webauftritt werden nur selten Blogs zur allgemeinen Archäologie respektive zum Alten Orient verfasst und/oder kommentiert. Dieses Angebot spielt somit nur eine untergeordnete Rolle. Manche Blogs sammeln vorrangig Meldungen aus aller Welt, ohne dass das Verfassen von Artikeln oder Kommentaren im Vordergrund steht.76 Blogs sind also vielfältig ausgerichtet, scheinen innerhalb der Archäologie jedoch weder in der Praxis noch in der Forschungsliteratur einen großen Stellenwert zu besitzen. Foren sind häufig in Webseiten mit verschiedenen Angeboten integriert. So bietet Archäologie Online einen Forumsbereich, in dem Diskussionen ermöglicht 72 http://archaeodb.org/ (10.12.2010). 73 http://archaeodb.org/ (10.12.2010). 74 http://ancientneareast.net wurde ebenfalls nie eine häufig frequentierte Seite und ist seit Oktober 2008 ‚tot‘. 75 www.chronologs.de (10.12.2010). 76 Beispielsweise http://archaeonews.blogspot.com (30.12.2010)

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werden. Von den Seitennutzern wurden bislang mehr als 10.000 Kommentare eingeben (Stand 2010).77 Auch im Onlineangebot des Printmagazins G/Geschichte ist ein Forum integriert, in dem sich die Nutzer aktiv beteiligen: Bis Ende 2010 wurden über 8000 Beiträge zum Altertum verfasst. Webangebote im Bereich der Altertumskunde, die explizit als reine Foren fungieren, sind ebenfalls vorhanden. Zu den bekannten Adressen zählt beispielsweise www.geschichtsforum.de. In dem privat betriebenen Forum tauschen sich vor allem Laien über diverse Geschichtsthemen verschiedenster Epochen aus. Im Dezember 2010 existierten zu mehr als 28.000 Themen über eine halbe Million Beiträge von mehr als 13.000 Mitgliedern.78 Das archaeoforum79 mit über 3500 Themen und dem Zehnfachen an Einträgen ist auf Rekonstruktionen spezialisiert, bietet aber darüber hinaus eine Vielzahl an Themen der Vor- und Frühgeschichte.80 Im Hinblick auf Foren oder social communities von Fachwissenschaftlern gibt es kein Portal der archäologischen Disziplinen, welches weitläufig verwendet wird. Internationale Netzwerke wie Archaeoseek81 haben nur wenig Zulauf unter Archäologen. Es scheint, dass die Interessenten je nach Themengebiet speziell vernetzt sind 82 oder ausschließlich persönliche Kontakte pflegen, ohne dazu eine Internetplattform zu verwenden. Bezüglich der altorientalischen Disziplinen gab es – abgesehen von archaeodb – im Jahr 2007 den Versuch, eine eigenes Angebot zu etablieren: Das Ancient Mesopotamia Forum83 wurde in Deutschland von Fachwissenschaftlern als internationale Plattform für Forscher über den Alten Orient gegründet. Nachdem sich anfangs mehr als 100 Wissenschaftler angemeldet hatten, ist dieses Portal nach kurzer Nutzungsphase inaktiv geworden und ist daher ebenfalls als gescheitert zu beurteilen. In der weltweiten Wissenschaftler-Plattform Academia, in der über eine halbe Million Wissenschaftler registriert sind, gibt es die Gruppe www.academia.edu/People/Near_ Eastern_Archaeology, in der im Oktober 2011 fast 700 Personen angemeldet waren, was eine durchaus beachtliche Anzahl innerhalb des vergleichsweise kleinen Faches darstellt.

77 www.archaeologie-online.de/forum (30.12.2010). 78 www.geschichtsforum.de (06.12.2010). 79 www.archaeoforum.de (20.10.2011). 80 McDavid erklärt sich die Beliebtheit archäologischer Foren damit, dass die Themen einen Bezug zum heutigen Leben haben (McDavid 2004: 173). 81 www.archaeoseek.com (06.12.2010). 82 Einen Überblick über verschiedene englischsprachige Netzwerke gibt es unter http://open data.socrata.com/Education/Social-Networks-for-Archaeology/dmyu-vmqn (06.12.2010). Zu Newsgroups und Mailinglisten in der deutschsprachigen Archäologie siehe ausführlich Samida (2006). 83 www.am-forum.org (10.12.2010).

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Abschließend wird im Folgenden kurz reflektiert, inwiefern die in dieser Forschungsarbeit untersuchten Ausstellungen und Fernsehdokumentationen auf ihren Onlineangeboten Merkmale des Web 2.0 offerieren. Die Ausstellungen über Babylon und Qatna bieten auf ihren Webangeboten keine spezielle Dialogfunktion mit den Besuchern. Auf der Webseite der Tutanchamun-Ausstellung ist neben dem Blog ein virtuelles Gästebuch integriert. Kommentare von Besuchern dieses Blogs sind äußert selten, Einträge im Gästebuch 84 dagegen häufiger zu finden. Das ZDF bietet zu jeder Terra X-Dokumentation eigene Webseiten an. Die Webangebote zu Babylon Tower85 und Jenseits von Eden 86 beinhalten primär verschiedene Artikel mit umfangreichen Textinformationen.87 Abgesehen von einer Bilderstrecke88 zur erstgenannten Sendung sind keine interaktiven Features integriert. Dabei ist zu beachten, dass beide Sendungen bereits mehrere Jahre alt sind und damit vor dem Aufkommen des Web 2.0 produziert wurden. Auf den Webangeboten aller drei Sendungen sind Verweise zu populär verfassten Publikationen sowohl von Altertumskundlern als auch von Wissenschaftsjournalisten zu finden.89 Auf der Webseite zu Babylon Tower finden sich neben den Literaturhinweisen weiterführende Weblinks. Die Sendung Qatna – Entdeckung in der Königsgruft stammt aus dem Jahr 2010 – einer Zeit der intensiven Nutzung des Internets und seinen partizipatorischen Funktionen. Auch auf der Terra X-Seite zu dieser Dokumentation 90 sind mehrere längere Artikel mit Informationen hinterlegt. Im Unterschied zu den Webauftritten der älteren Sendungen haben die Webgestalter allerdings neben textlichen Informationen auch mehrere interaktive Elemente wie Fotostrecken integriert. Neben der Möglichkeit, die Fernsehdokumentation online anzuschauen, wurde ferner eine Seite eingerichtet, in der Sequenzen von Video-Interviews mit Ausgräbern von Qatna abrufbar sind. Dabei können die user je nach Interesse sowohl die Interviewpartner als auch die Themenkomplexe auswählen und teilweise Passagen sehen, die nicht in der Sendung gezeigt werden.91 Des Weiteren weist Terra X auf 84 Die Kommentare loben zumeist in wenigen Worten die Ausstellung. Häufig sind es Äußerungen von Schülern, die im Vorfeld eines Klassenbesuches verfasst sind. 85 http://terra-x.zdf.de/ZDFde/inhalt/17/0,1872,2006897,00.html (17.12.2010). 86 http://terra-x.zdf.de/ZDFde/inhalt/22/0,1872,2081590,00.html (17.12.2010). 87 Die Artikel beider Sendungen geben vor allem diejenigen Inhalte wieder, die in der Sendung geliefert wurden. 88 Die Bilderstrecke (www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/bilderserie/72792/Turm-von-Baby lon---Darstellungen?bildIndex=1) war zum 17.12.2010 nicht mehr abrufbar. 89 Ein solches Angebot ist zu begrüßen, denn dadurch bekommt der interessierte Zuschauer eine Orientierung, wo er weitergehende Informationen erhalten kann. 90 http://terra-x.zdf.de/ZDFde/inhalt/2/0,1872,8023970,00.html (17.12.2010). 91 www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/interaktiv/964622/Qatna---Interviews-mit-Archaeolo gen (10.12.2010).

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dieser und auf allen anderen Sendungs-Webseiten jüngeren Datums auf ein eigenes Terra X-Forum im Rahmen des allgemeinen ZDF-Forenangebotes hin.92 Obwohl in den ZDF-Foren generell viele Nutzer Beiträge liefern, 93 schreiben Zuschauer zur Terra X-Reihe nur sporadisch Forumsbeiträge. Die wenigen Beiträge werden zwar oftmals von mehr als 3000 Forumsbesuchern gelesen, aber nur äußert selten kommentiert. Zur Sendung Qatna – Entdeckungen in der Königsgruft wurde lediglich ein einziges Feedback abgegeben: Es handelt sich hierbei um eine Kritik zur Lautstärke der Hintergrundgeräusche.94 Ein Ergebnis bezüglich der Bewertung von Rezipierenden über diese Art der Wissensvermittlung konnte somit aufgrund des mangelnden Feedbacks nicht erlangt werden.95 Anhand dieses Umstandes zeigt sich ein ambivalentes Verhalten, das generell zum Ausdruck kommt: Einerseits wird das Internet im Allgemeinen häufig genutzt. Dazu gehören auch die Funktionen des Web 2.0, die einen beträchtlichen Anteil am Datenaustausch ausmachen. Andererseits kristallisiert sich Folgendes heraus: Entsprechende partizipatorische Angebote im (archäologisch-)wissenschaftlichen Bereich werden von Wissenschaftlern häufig nicht genutzt. Von Seiten der Fachwissenschaftler werden bestimmte Inhalte nicht offeriert oder werden, wenn sie existieren, nicht angenommen. Der mögliche Kritikpunkt der unzureichenden Qualität von Internetangeboten, in denen Laien Inhalte liefern, greift als Begründung nicht. Selbst Fachportale wie www.am-forum.org, die einen Qualitätsanspruch sichern, werden nicht kaum verwendet. Es zeigt sich ferner, dass auch Laien nur ausgewählte Seiten rege nutzen. Die Gründe für diese Verhaltensweisen herauszufinden wäre Aufgabe eines zukünftigen Forschungsprojektes. 96

92 http://terra-x.zdf.de/ZDFforum/ZDFde/inhalt/10/0,1872,5249770,00 (10.12.2010). 93 Beim ZDF sind insgesamt über 400.000 Mitglieder registriert, die mehr als 2 Millionen Beiträge verfasst haben (http://terra-x.zdf.de/ZDFforum/ZDFde/inhalt/10/0,1872,52497 70,00/, 10.12.2010). 94 http://terra-x.zdf.de/ZDFforum/ZDFde/inhalt/10/0,1872,5249770,00/msg2422194.php, ohne Titelnennung verfasst am 07.02.2010, dem Erstausstrahlungstag der Sendung (10.12.2010). 95 Mögliche Reaktionen auf die beiden älteren Dokumentationen sind nicht mehr nachvollziehbar. 96 Bezüglich weiterer Aspekte des Internets und zukünftiger Entwicklungen s. Kap. 10.3.

9. Interviewauswertung

Nachdem in den vorherigen Kapiteln diverse Hintergründe und Fallbeispiele von öffentlichen Darstellungen archäologischer Inhalte genannt wurden, folgen nun die Ergebnisse von verschiedenen Gesprächen mit Personen, die in den behandelten Themenkomplexen involviert sind. An der Forschung nahmen elf Experten teil, die mithilfe von Leitfäden interviewt wurden. 1 Als Experten in ihrem jeweiligen beruflichen Gebiet wurden Universitätsdozenten der Vorderasiatischen Archäologie und Altorientalischen Philologie, Ausstellungsleiter kulturhistorischer Ausstellungen, Produzenten von archäologischen TV-Dokumentationen sowie ein Wissenschaftsjournalist (Onlineredakteur) ausgewählt. Zwei der ausgewählten Personen fungierten außerdem als maßgeblich Beteiligte von Foren, so dass durch sie der Bereich community manager integriert war, der ursprünglich in eigenen Interviews abgedeckt werden sollte. In den Interviews blieben gewisse Grundfragen für alle Experten gleich, manche Fragen des Leitfadens wurden an das jeweilige Berufsbild angepasst. Alle durchgeführten Interviews wurden zur Auswertung hinzugezogen, wobei manche Interviews annähernd vollständig transkribiert wurden, in den meisten Interviews wurden jedoch bestimmte Passagen weggelassen: Einerseits wurden Ausführungen der Interviewten, die nicht von Forschungsinteresse sind, nicht transkribiert. 2 Andererseits musste diese Vorgehensweise gewählt werden, um ein zu bewältigendes Arbeitspensum zu gewährleisten. Für die Verschriftlichung dieser Interviews wurden in Anlehnung an die Transkriptionssmethode GAT (Selting et al.1998) Akzente in der Betonung sowie Pausen entsprechend wiedergegeben. Satzabbrüche sowie

1

Zur Methodik der Interviews s. Kap. 3.2.2. Die Interviewauswertung erfolgte erst nach der Fertigstellung der meisten anderen Kapitel, womit erreicht wurde, dass die vorherigen Ausführungen möglichst wenig von den Interviewaussagen beeinflusst wurden.

2

Hierunter fallen etwa persönliche Einzelfall-Erfahrungen (Kuriositäten wurden gerne erzählt) oder subjektive Themen der Interviewten, die für meine Forschungsbereiche wenig Relevanz aufweisen.

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zeitgleiches Reden wurden ebenfalls, mit leicht modifizierten Zeichen gegenüber GAT, kenntlich gemacht. 3 Von den Interviews liegen insgesamt 150 Seiten Transkriptionen vor.

9.1. I NTERVIEWERFAHRUNGEN Alle angefragten Experten willigten zu einem Gespräch ein. Im Regelfall bestand während der Unterhaltung eine Eins-zu-Eins-Interviewkonstellation.4 Die Interviewdauer war im Vorfeld auf circa eine Stunde angelegt. Die tatsächliche Interviewdauer variierte in den verschiedenen Interviews stark; sie betrug zwischen 25 und 160 Minuten.5 Mehrere Interviewpartner waren am Thema sehr interessiert und überaus auskunftsfreudig, so dass in diesen Interviews die Zeitvorgabe wesentlich überschritten wurde. Dadurch kommt zum Ausdruck, dass bezüglich der Popularisierungen ein hoher Redebedarf besteht und dass das Interview für einige eine willkommene Plattform bot, zu diesem Thema – endlich einmal – die eigene Sichtweise darzulegen.6 Häufig wurden durch den Interviewpartner während des Gespräches bereits diejenigen Themen selbständig angesprochen, die im Leitfaden als Fragen vorgesehen waren. Das in den Lehrbüchern zur Interviewdurchführung geschilderte ideale Verhalten des Interviewers ließ sich in der Praxis nicht vollständig erreichen. Ich selbst konnte mich nicht immer an die geplanten Leitfragen halten und habe beispielsweise Suggestivfragen gestellt. Der Vorteil der qualitativen Sozialforschung, möglichst offene Fragen zu stellen, führte in manchen Fällen zu unangenehmen Situationen für mich als Interviewer, denn teils wurden die sehr offenen Fragen nicht verstanden. Dies hat zu einer komischen Atmosphäre geführt, die sich für mich wie ein unausgesprochener Vorwurf im Sinne von ,Warum kann sich der Interviewer nicht ordentlich ausdrücken?‘ anfühlte. Die Unverständlichkeit führte teilweise zu ausführlicheren Erklärungen meinerseits, die wiederum die Offenheit der Frage ein-

3

Nach Meuser/Nagel (2005: 83) ist bei der Transkription von Experteninterviews eine

4

In zwei Fällen war zeitweise noch eine dritte Person anwesend, die kurzzeitig in das

5

Im Regelfall nahmen sich die Interviewten die angekündigte eine Stunde (oder länger)

6

Insbesondere ein Experte hatte sich inhaltlich gezielt auf das Gespräch vorbereitet und

aufwendige Notation überflüssig Gespräch involviert war. Zeit, zweimal musste ein Interview aus Zeitgründen früher beendet werden. sprach in seinen Reflexionen neben der Nennung von Gegebenheiten und Meinungen vor allem die Auswirkungen von Popularisierung an.

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schränkten. Das für diese Interviewform bekannte Problemfeld zwischen Strukturierung und Offenheit wurde somit in der Praxis deutlich. Bei allen Gesprächen herrschte meiner Einschätzung nach eine offene, unverkrampfte Atmosphäre. Nichtsdestotrotz dürften gerade bei Gesprächen mit Medienschaffenden einige Antworten nicht als hundertprozentig ehrliche Aussagen gewertet werden: Da meine universitäre Herkunft eine Positionierung als Wissenschaftler mit sich bringt, wurden manche Ausführungen im Hinblick auf allgemein bekannte Vorwürfe durch Wissenschaftler getroffen. Bei Aussagen von Medienschaffenden war somit eher eine Verteidigungshaltung gegenüber mir als Interviewer zu erkennen, bei der sie ihre Arbeit bzw. ihr Berufsstand gegen den Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit gerechtfertigt haben. Bei den Interviews mit Wissenschaftlern bestand eher ein ‚Miteinander‘ mit mir als Interviewer, so dass hier häufig drastischere Worte gewählt wurden, die ehrliche Empfindungen widerzuspiegeln scheinen.

9.2. A NALYSE Die Auswertung nach Froschauer/Lueger (2003; s. Kap. 3.2.2.3) ermöglicht das Herausarbeiten von Themen und zentralen Motiven, die im Folgenden zusammengefasst sind. Daran werden sowohl Gemeinsamkeiten als auch Spannungsfelder zwischen den Interviewten aufgezeigt sowie Bezüge zu den allgemeinen Ausführungen der Forschungsarbeit hergestellt. Allen Interviewten wurde eine anonyme Auswertung zugesichert. Um dies zu erreichen und eine gute Lesbarkeit zu gewährleisten, wird in diesem Kapitel unabhängig vom Geschlecht der Person durchgängig die männliche Sprachform verwendet. Die Interviewten werden in manchen Unterkapiteln in Ausstellungsmacher (E1, E2, E5, E9, E10), Fernsehschaffende (E7, E11) oder Wissenschaftler (E3, E4, E6) eingeteilt, hinzu kommt der Wissenschaftsjournalist E8. Diese Titulierungen bezeichnen ihren gegenwärtigen Beruf, wobei zu beachten ist, dass die Ausstellungsmacher zumeist gleichzeitig als Wissenschaftler im engeren Sinn tätig sind und somit häufig eine Doppelfunktion vorliegt. Prägnante Aussagen sind häufig als Zitat wiedergegeben. Die Zitate wurden aus der jeweiligen Transkription übernommen, jedoch wegen der besseren Lesbarkeit geglättet, d.h. es wurden insbesondere Dialektformen ersetzt, Wortwiederholungen sowie Füllwörter gestrichen, Pausenlängen nicht angegeben und Betonungen innerhalb eines Wortes nicht angezeigt. Kursivgeschriebene Worte bzw. Satzteile verdeutlichen eine Betonung, Bindestriche zeigen einen Satzabbruch an. Zur vereinfachten Auffindung des Originalzusammenhangs ist bei längeren Zitaten am Ende eine Zeilennummer angegeben, welche die Anfangszeile in der Transkription beziffert.

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Gegenwartsbezug Bezüge zur Gegenwart herzustellen, insbesondere zur Alltagswelt der Rezipierenden, ist ein wesentliches Merkmal im Wissenschaftsjournalismus (vgl. Kap. 4.2.3.2). In den Interviews wurde dieser Aspekt zumeist ohne gezieltes Fragen angesprochen und vor allem durch die Ausstellungsverantwortlichen hervorgehoben. E5 betont, in einer Ausstellung vorrangig Themen aus der Alltagswelt zu behandeln, denn „man muss den Besucher abholen“ (69). Auch E2 hebt hervor, dass eine Brücke zur gegenwärtigen Alltagswelt vonnöten ist: „Da muss man die Leute abholen bei dem, was sie wirklich verstehen, und da ist viel zu erklären“ (100). Er begründet dies mit der Fremdheit des Alten Orients für den Besucher. E10 bringt ebenfalls selbst ein, die historischen Themen verstärkt in einen Gegenwartsbezug zu setzen. Für E9 ist ein Ausstellungsziel, den Besuchern aus ihrem Alltag bekannte Themen statt fremder Aspekte zu präsentieren, um damit eine Reaktion wie „Donnerwetter, das haben die damals auch schon gemacht“ oder „in dieser Form war das bereits vorhanden“ zu evozieren. „Also uns ging es um diesen AhaEffekt“ (51), fasst E9 zusammen, was die Funktion der Alltagsbezüge ist. Bei Fernsehschaffenden kommt der Aspekt des Gegenwartsbezugs nicht so deutlich zum Ausdruck. Ein Experte sieht solch einen Bezug zunächst nicht als Intention an, auf Nachfragen jedoch kommt das Ziel doch zum Vorschein: „Also wir haben schon versucht immer, und wenn’s nur so in ein paar Sätzen war – das hat auch immer unser Hauptredaktionsleiter gesagt – man muss den Leuten versuchen klarzumachen, was das, was man da zeigt noch mit uns heute zu tun hat. Das ist aber manchmal nur ein Satz oder so“ (E11: 485). Ein anderer führt an, dass sich die Distanzüberbrückung von Themen des Alten Orients zur Gegenwart schwierig gestaltet. Gelingen kann dies, indem die persönliche Sichtweise des Archäologen inklusive seiner Gefühle gezeigt wird, so E7. Ein Gegenwartsbezug wird nicht ausschließlich bei der Wissensvermittlung durch spezielle Vermittlungsmedien angestrebt, sondern auch durch einen Wissenschaftler gewünscht. E3 führt an, dass die Popularisierung von Archäologie einen Bezug zur heutigen Lebenswelt bedeutet. Dadurch sollen heutige Probleme gelöst bzw. Warnungen bei Fehlentwicklungen ausgesprochen werden; beispielsweise die Erkenntnis, dass die Menschheit nicht aus den Fehlern der vorherigen Generationen lernt. Der Gegenwartsbezug ist dabei idealerweise direkt von archäologischen Fachwissenschaftlern herzustellen, ohne dass Vermittler einen künstlichen Bezug kreieren und Stereotype wie Geheimnis oder Abenteuer verwenden. Die Umsetzung dieses Ziels funktioniert aber leider in der Praxis mangels Interesse nicht, führt E3 aus. Als Grund nennt er die mangelnde Vermarktungsfähigkeit dieser Art der Popularisierung wegen fehlender Emotionen oder inhaltlicher Verzerrungen: „Diesen Wunsch, den wir da haben, Archäologie relevant zu machen für unser heutiges Leben, ist etwas, was sich nicht eignet in einer Gesellschaft, in der Archäologie ein warenwirtschaftliches Problem ist“ (442).

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Ideologie/Authentizität/Inszenierung Wie in Kapitel 4.3 angeführt, wird in Erlebniswelten großer Wert auf eine angenehme Atmosphäre gelegt und angestrebt, negative Gefühle für den Besucher zu vermeiden. Relevante Gesichtspunkte dafür sind etwa die Gestaltungsweise oder die Auswahl der inhaltlichen Themen. Alle in dieser Studie behandelten Ausstellungen haben durch ihre Gestaltungsarten eine angenehme Grundstimmung angestrebt. Die Interviews mit Ausstellungsmachern ergaben darüber hinaus, dass sowohl in der Tutanchamun- als auch in der Babylon-Ausstellung bewusst intendiert war, ein positives Bild der entsprechenden Kultur zu vermitteln. Dabei wurde ausdrücklich Wert auf ein durchweg gutes Image der rezenten Region gelegt. Insbesondere für die Babylon-Ausstellung erwähnt ein Beteiligter das explizite Ziel, den heutigen Irak in einem guten Licht darzustellen. Die Aussage von Kagelmann (1998, vgl. Kap. 6.6), dass Künstliches in der Postmoderne genauso salonfähig wie Originales ist, bezieht sich insbesondere auf Erlebniswelten. Eine positive Einschätzung zu künstlichen Themenparks (wie etwa Lascaux II) liefert Ausstellungsmacher E1 und schildert ausdrücklich den Replikenvorteil in der von ihm betreuten Ausstellung. Diese Meinung wird von Ausstellungsmacher E5 nicht unterstützt, denn seiner Ansicht nach stellen Repliken von Objekten keine Option dar, um eine Kontextualisierung zu erreichen. Authentizität ist laut E5 nur mit Originalen zu erreichen. Bezüglich Authentizität merkt der Fernsehschaffende E7 an, dass das gefühlt Authentische wichtig ist. Für historische Dokumentationen wird folgendes angestrebt: „Mein Ziel ist es natürlich, das Gefühl von Authentizität und Echtheit, und vor allem Gewissenhaftigkeit das ist ja das was dahintersteckt, das zu erzeugen beim Zuschauer, das ist sozusagen das oberste Ziel.“ (308). Während seiner Meinung nach Reenactment der Authentizität widerspricht, setzt er gerne Personalisierung als ein probates Mittel ein, um Authentizität beim Zuschauer zu erzeugen. Für den Online-Wissenschaftsjournalisten E8 stellt Authentizität auf Nachfrage kein Thema dar. Inszenierungen, so hebt ein Ausstellungsmacher hervor, sind in Ausstellungen wichtig, denn diese sollen dem Besucher helfen, den Inhalt zu verstehen. „Eigentlich ist der Höhepunkt [...] Funden, aber das wird noch gesteigert durch einen dramatischen Schluss, nämlich [...], den muss man natürlich großartig inszenieren“ (E5: 190). Auch ist eine besondere Präsentation von herausragenden Stücken notwendig. Das Hervorheben von besonderen Exponaten ist seiner Meinung nach wichtiger als eine Rekontextualisierung der Fundstücke, auch wenn diese bedeutsam ist, um einen lebendigen Eindruck zu vermitteln. Der Begriff Inszenierung wird üblicherweise vorrangig auf Ausstellungs- oder Filmgestaltung bezogen. Ein Experte hat ihn allerdings auch in Bezug auf die Popularisierung von Wissen durch Wissenschaftler im Rahmen von Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit verwendet, indem er zu den Ausführungen kritisch, und

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zugleich selbstreflexiv, hinzufügt „ich sage bösartig dazu Inszenierung von Wissenschaft“ (E3: 114). Die obigen Ausführungen deuten sowohl das breite Spektrum, in dem von Inszenierungen gesprochen wird, als auch die unterschiedlichen Konnotationen des Begriffes an. Event/Erlebnis/Emotion Wie zeigen sich die in Kapitel 4.3 der Erlebnisgesellschaft zugewiesenen Aspekte Events, Erlebnisse und Emotionen in den Interviews? Von den Ausstellungsmachern werden Events unterschiedlich bewertet. So findet E9 den Begriff ‚Event‘ „bescheuert“ (325); der Experte zieht den Begriff ‚Veranstaltung‘ vor. Generell nehmen Veranstaltungen für E9 nur einen untergeordneten Stellenwert ein, sind aber „eine vernünftige Geschichte“ (327), sofern ein Ausstellungsbezug vorliegt. Für E2 sind Events ebenso kein Thema, dem im Interview eine besondere Rolle zukam. Beide nehmen auch das Thema ,Emotion‘ im Gespräch nicht auf. Vier der fünf Ausstellungsmacher gehen nicht konkret auf den Aspekt ‚Erlebnis‘ ein, während einer von sich aus Erlebnisse thematisiert. Darin geht es um die Tutanchamun-Ausstellung, in der dem Besucher ein Erlebnis in Form einer Reise ermöglicht werden soll. Das Zeitreise-Erlebnis beginnt zunächst im heutigen Ägypten, was unter anderem durch Bilder geschieht, und wird anschließend mit der Reise zurück in die Zeit des Pharaos fortgesetzt. Der Experte hebt hervor, dass Erlebnis und Wissensvermittlung kein Widerspruch, sondern eine Notwendigkeit sind und gerade bei Ausstellungen angebracht erscheinen: „Aber ich sehe jetzt immer, das Entscheidende ist, was dort wirklich gemacht wird, es soll denk’ ich durchaus ein Erlebnis sein, wenn man mit der Vergangenheit konfrontiert wird. Vielleicht um viele Leute zu erreichen, muss es sogar ein Erlebnis sein es muss auch Spaß machen, aber es sollte nicht so sein, dass es als Selbstzweck einfach nur den Spaßfaktor bedient oder den Erlebnisfaktor also dann überschreitet man eine Grenze, wo es in Richtung Geisterbahn oder so gehen würde“ (E10: 521). Diese Aussage ist konform mit den Ausführungen zur Wissensvermittlung in der Erlebnisgesellschaft, wohingegen auffällig ist, dass der gleiche Experte das Thema Emotion eher meidet, obwohl dieser Aspekt üblicherweise eng mit Erlebnissen verknüpft ist. Auch der private Ausstellungsorganisator E1 hat in seinen Ausführungen Emotionen nicht thematisiert. Ein ähnliches Ergebnis zeigt sich beim Ausstellungsmacher E5. Es überrascht, dass das Emotionsthema von Verantwortlichen der Ausstellungen, die explizit Erlebnis und Gefühle hervorrufen sollen, kaum bis gar nicht angesprochen wird. Insbesondere E1 hat stattdessen mehrfach erwähnt, dass nicht nur „tainment“ , sondern vor allem „edu“ , also der Fokus auf Bildungsaspekte, ein erklärtes Ziel war. Von den interviewten Fernsehschaffenden drückt E7 deutlich aus, dass Miterleben, Unmittelbarkeit und Emotion ein gegenwärtiger Trend in Dokumentationen ist.

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Dadurch soll eine Involvierung der Zuschauer erreicht werden. Das zentrale Motiv seiner Aussage ist, dass Entdeckungen besonders beliebt sind. Sie bieten gern angenommene Identifikationsmöglichkeiten und verringern außerdem die Distanz zwischen dem Thema und der Lebenswelt des Zuschauers. Emotionen sind generell für sämtliche Filme elementar und spielen somit auch für historische Dokumentationen eine große Rolle. Sie fungieren als Türöffner zu den Zuschauern und sind darüber hinaus aufgrund der Aufmerksamkeitsökonomie auch während der Sendung notwendig. Alle letztgenannten Elemente konnten in der Dokumentation über Qatna in bestmöglicher Weise geboten werden, erläutert E7. Er widerspricht allerdings deutlich der herrschenden Vorstellung, dass Reenactmentszenen emotionalisieren, stattdessen würden sie illustrieren und sind daher kein zwingendes Merkmal für Dokumentationen. Seine Angaben bestätigen ansonsten den generellen Trend bezüglich Erleben und Emotion (Kap. 4.3) sowie der Gestaltung von Fernsehsendungen (Kap. 7) und weisen darüber hinaus Ähnlichkeiten zu den Zielen der Tutanchamun- und Qatna-Ausstellung auf (vgl. Kap. 6.5.2 u. 6.5.3). Während seine Erläuterungen und die Ausführungen in Kapitel 7.4 darauf hinweisen, dass Emotionen das grundlegende Merkmal für Fernsehbeiträge sind, kann E11 als langjähriger Fernsehproduzent weder mit dem Begriff ‚Emotion‘ noch mit ‚Gefühl‘ etwas anfangen. Er trifft die generelle Aussage, dass die Erzeugung von Gefühlen keine Grundintention von Fernsehdokumentationen ist. Der im Wissenschaftsjournalismus prägende Faktor der Prominenz spielt keine gewichtige Rolle im Bewusstsein der Vermittler; lediglich auf ausdrückliches Nachfragen wurden durch einen Ausstellungsmacher ,Stars‘ – in Form der Ausgräber – als prägendes Element bestätigt. Insgesamt ist es ein unerwartetes Ergebnis, dass Emotionen bei den sieben Ausstellungs- oder Fernsehmachern so selten erwähnt werden, und widerspricht der in den Kapiteln 4.3.1 und 7.4 genannten These der Fokussierung auf Emotionen. Die mündlich getroffenen Aussagen unterscheiden sich allerdings teilweise von den Produkten (wie Ausstellungen oder Fernsehdokumentationen), die häufig emotionserzeugende Elemente beinhalten. Letzteres kommt auch durch einen Wissenschaftler zum Ausdruck: E3 spricht das Thema Emotionen an, er bezeichnet das Fernsehen als das wichtigste Medium bezüglich der Wissensvermittlung, weil damit Dramatik und Gefühle, insbesondere Spannung, optisch und akustisch am intensivsten vermittelt werden können. Andere Wissenschaftler thematisieren Emotionen nicht bewusst. Informationsvermittlung/Storytelling Wie sehen Wissenserzeuger und Wissensvermittler das Verhältnis von Information und Unterhaltung in den verschiedenen Medien? Welche Rolle wird Storytelling, dem zentralen Merkmal des Wissenschaftsjournalismus, zugebilligt? Bezüglich dieser Aspekte zeigen sich sehr unterschiedliche Sichtweisen:

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Ausstellungsschaffende E1 und E10 nennen als Schlüsselaspekt für eine Ausstellung die Informationsvermittlung durch Storytelling. Dieses Merkmal ist das absolut zentrale Element; denn ohne die existierende Ausgrabungsgeschichte und Biografie des Ausgräbers gäbe es die Ausstellung nicht. Die erzählende Darstellungsweise wird auch durch den Ausstellungsarchitekt gefordert. Narrative Elemente und eine bewusste Personalisierung werden bewusst forciert und sollen zusammen mit dem Einsatz von modernen Medien von einer klassischen Museumspräsentation wegführen: „Das sind natürlich erzählerische Höhepunkte, wie sie ein Schriftsteller es sich besser nicht hätte ausdenken können, sowas also dann auch entsprechend erzählerisch darzustellen [...] das ist genau der Knackpunkt, der den Einstieg in die ganze Ausstellung liefert, den roten Faden“ (110). Einen roten Faden zu haben, ist (auch) für E5 das zentrale Motiv. Er betont ebenfalls selbständig das Storytelling und hebt hervor, dass Dramatik und Spannungsbögen elementar sind: „Zumindest bei den archäologischen Ausstellungen, da erzählt man ja immer eine Story ja also sozusagen die am besten einen Höhepunkt hat“ (187). Trotz des Hervorhebens von narrativen Elementen betont beispielsweise E1 mehrfach, dass Popularisierung generell Qualität und Seriosität haben muss und Bildung der zentrale Aspekt der Arbeit ist. Auch für die Ausführungen von E10 lässt sich das zentrale Merkmal herausarbeiten, dass für ihn nicht Erlebnis, sondern die Vermittlung von Informationen absolut im Vordergrund steht. E5, E9 und E2 bekräftigen ebenfalls, dass die Wissensvermittlung das Ausstellungsziel ist, wobei sich E2 allerdings gegen das Erzählen einer Story oder die Schaffung von Erlebnissen wendet. Er führt ergänzend aus, dass bei den Besuchern kein Vorwissen mehr vorhanden ist und daher in den Ausstellungen alles textlich erklärt werden muss. E2 und E9 betonen mehrfach die Erfahrungen, dass längere Texte bereitwillig gelesen werden, was zu einer Zufriedenheit der Besucher führt. Diese Angaben stehen im Widerspruch zu den Thesen der vorrangig visuellen Fokussierung (Kap. 4.4) sowie des Kurzlese-Charakters (Kap. 4.2.1). Um Informationen zu vermitteln, unterstreicht E2, dass dies mit entsprechender Umsetzung geschehen muss: „Man muss die Leute irgendwo abholen, da wo sie es gewöhnt sind. Die Leute sind heute gewöhnt, unterhalten zu werden. Es muss interessant sein, es muss irgendwie spannend sein und man kann außerdem noch was lernen. Also wenn man jetzt mit der Haltung rangeht ,ich weiß hier was und das will ich den Leuten jetzt mal beibringen‘ – funktioniert nicht. Ein paar wenige kriegen sie dann als Fans, aber mehr auch nicht. Also der Unterhaltungsfaktor ist es wahrscheinlich – man spricht ja auch vom Infotainment, diese Geschichte da kann man natürlich negativer Ansicht drüber sein, aber es hat auch seinen Vorteil, also wenn man es schafft, dann kommt man einfach besser an und hat eine größere Wirkung. Vielleicht nicht so tiefgehend, wie man es sich wünschen würde, aber – es ist ja nach wie vor – mir ist ja der Begriff Aufmerksamkeit erregen sehr wichtig, denn bevor nicht grundlegend Aufmerksamkeit da ist, werden sie auch nichts anderes

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rüberbringen. Ist ganz klar, zumindest bei den Leuten, die noch nie was damit zu tun hatten“ (1002). Dieses Statement stimmt ebenso wie die Betonung des Storytellings der anderen Ausstellungsmacher mit den Kriterien des Wissenschaftsjournalismus in Kap. 4.2.3.2 überein. Fernsehschaffende Der Experte E11 betont die Wichtigkeit von dramaturgische Bögen und einer Story: „also man muss eine Geschichte erzählen“ (190). Dabei hebt er hervor, dass Storytelling einer korrekten Informationsvermittlung nicht entgegensteht: „Ja die Fakten müssen natürlich immer stimmen, ja also ich meine Story erzählen heißt ja nicht, dass man phantasiert. Das ist die Storyline, die einen Film tragen muss. Sprich das ist jetzt der Aufbau des Films, das hat nix mit Phantasiestories zu tun“ (304). Für E7 ist Storytelling nicht nur das oberste Element einer Dokumentation, sondern sogar das zentrales Leitmotiv der gesamten Produktionsfirma: „Wir glauben, dass sich sozusagen Fakten am besten in Geschichten, als Teil von Geschichten vermitteln lassen und nicht als isolierte für sich stehende Blöcke. Also das ist eine Grundherangehensweise, die hoffentlich alle Stücke hier prägt, die wir machen, dass eben Geschichten erzählt werden und das Wissen, das da drin steckt, quasi mit transportiert“ (222). Er liefert dazu weitere Erklärungen: „Ich glaube der Anspruch ist, nicht Sachverhalte oder historische Epochen oder Ereignisse sozusagen umfassend oder abschließend darzustellen, sondern das Ziel ist, ein möglichst sinnlichen und gleichzeitig faktisch korrekten und bisher nicht bekannten Erzählansatz zu liefern der eben im besten Fall ein Interesse generiert, sich weiter damit zu beschäftigen und der einfach im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Leute bestehen kann. Denn das ist ja eine Grundvoraussetzung, auf der wir uns bewegen als Filmemacher. Wir sind in einem Wettbewerb um die Aufmerksamkeit von Zuschauern, um ihr Zeitbudget, das immer knapper wird. Um da sozusagen ein Stück raus zu gewinnen, bedarf es eben besonderer Anstrengung auch im Dokumentarfilm. Es ist nicht auf den Dokumentarfilm beschränkt, aber da eben auch und das bedeutet eben den Einsatz unterhaltender, erzählender und auch visuell interessanter Elemente, um eben den Sachverhalt möglichst interessant zu vermitteln“ (37). Er stellt ferner heraus, dass essentielle Bestandteile des Storytellings sowohl das Zeigen von wissenschaftlicher Forschung als auch Personalisierung sind. Die Personalisierung sieht er als Vehikel an, über das Wissen vermittelt werden kann. E7 erwähnt auch, dass Archäologen teilweise selbst die Erzählfunktion von historischen Geschichten übernehmen können. Die direkte Vermittlung durch Wissenschaftler ist seiner Meinung nach jedoch in Deutschland im Gegensatz zum anglophonen Raum bisher wenig ausgeprägt.

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Wissenschaftsjournalist „Wir versuchen immer Geschichten zu erzählen“ (8) ist das zentrale Motiv des Wissenschaftsjournalisten E8, wobei er auch Ausnahmen für manche Themen, beispielsweise Konzentrationslager, einräumt. Wissenschaftler Bei manchen Wissenschaftlern zeigt sich eine Abneigung gegen Personalisierung und Storytelling; beispielsweise kommt diese Ansicht als tragendes Gesprächsmotiv von E6 zur Sprache. Bei ihm ist mit dem Storytelling die Assoziation mit unwahren Angaben verbunden, so dass er fordert, stattdessen Realität zu zeigen. Wie E6 legt auch E3 dar, dass echte Wissenschaft per se spannend ist, so dass keine künstlichen Fragen kreiert und übergreifende Themen eröffnet werden müssen, was leider häufig geschieht. Experte E4 bewertet die populären Formate allgemein als sehr gut. E2, Wissenschaftler und Ausstellungsmacher, räumt bezüglich der Darstellungsweise durch Medien Zugeständnisse ein: „Naja, das ist auch dasselbe dann im Prinzip mit den Fernsehleuten. Die haben dann nur natürlich von den technischen Möglichkeiten her, von der Dramaturlogie wie sie uns darstellen wollen ganz eigene Vorstellungen, und da muss man dann ab und zu mal ein Auge zukneifen und sagen ,na ja, das war zwar nicht was ich darunter verstanden hätte, aber letztlich kommt’s dann rüber‘“ (1124ff). Zusammenfassend lässt sich bezüglich der Informationsvermittlung durch Storytelling sagen, dass der Fokus auf Narrativität bei E5 und E10 (beide Wissenschaftler und Ausstellungsmacher) ähnlich wie bei den Filmproduzenten E7 und E11 und beim Onlinejournalisten E8 liegt. Eine Abneigung dieses Stilmittels ist dagegen bei den Wissenschaftlern E3 und E6 festzustellen. Auffallend ist, dass die Geschichtsvermittlung anhand einer Erzählstruktur nicht nur durch Medienschaffende forciert wird, sondern auch von Wissenschaftlern, die üblicherweise eine konträre Arbeitsweise verfolgen. Ausstellungen Zu Ausstellungen wurden von verschiedenen Interviewten Kommentare abgegeben, die im Folgenden zusammenfassend genannt werden. E1 und E2 bestätigen die allgemeinen Ausführungen dieser Forschung und reden von einem generellen Trend zu mehr Ausstellungen (vgl. Kap. 6.1); E2 stellt dies auch für den Bereich der Vorderasiatischen Altertumskunde fest. E3 und E6 schätzen die Rolle von Ausstellungen als wichtig ein, wobei ersterer betont, dass für die Informationsaufnahme ein aktives Erarbeiten vonnöten ist, während bei Medien wie dem Fernsehen ein passiver Konsum erfolgen kann. Für E7 sind Museen „massenattraktiv“, sofern sie auf ein breites Publikum ausgerichtet sind. Er nennt die Ausstellungen über Qatna und Tutanchamun diesbezüglich als gute Beispiele. Von E4 werden die gegenwärtigen Sonderausstellungen, darunter Babylon, als sehr

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positiv bewertet, während E6 diesen Ausstellungen eher ablehnend gegenübersteht. E8 bemängelt deutlich die intellektuelle Machart vieler Ausstellungen: er kritisiert dabei einerseits die konservative Machart, andererseits auch die zu komplizierten Texte. E8 sieht darin eine hierarchische Popularisierungsart: „Da hab ich den Eindruck, dass Ausstellungen mit einer konventionellen Haltung gemacht werden. So eine Haltung, die so ein bisschen auf den Besucher runterguckt: ,Ich mach jetzt irgendwas wahnsinnig Gebildetes und du lieber Besucher musst dich anstrengen um das zu kapieren‘“(57). Als generelles Desiderat von Ausstellungen fordert E4, mehr reflexive Momente einzubauen, zum Beispiel auch Methoden der Archäologie gezeigt werden. Bezüglich der in dieser Forschungsarbeit behandelten Ausstellungen über Qatna, Babylon und Tutanchamun lassen sich durch die Interviews noch folgende Aussagen treffen: Während die Ausstellungskonzeption und die Produktion der Ausstellungstexte bei allen Ausstellungen maßgeblich durch die Wissenschaftler durchgeführt wurden, 7 erfolgten die Raumgestaltungen durch Fremdfirmen. Bei zwei Ausstellungen wurde auch die Öffentlichkeitsarbeit an private Kommunikationsagenturen ausgelagert. Zu letzterer kann auch das Führungsangebot zählen: Selbst beim staatlichen Pergamonmuseum gab es für die Babylon-Ausstellung Führungen durch Fremdmitarbeiter. Da das Berliner Vorderasiatische Museum aufgrund der Monumentalarchitektur eher als Touristenattraktion denn als Bildungsstätte gilt, kommen viele Besucher ohne spezifisches Orientinteresse, so die Ausführungen eines Interviewten. Die Sonderausstellungen in Stuttgart und München hingegen wurden gezielt aufgrund des Ausstellungsthemas aufgesucht. Ein Wissenschaftler und Ausstellungsmacher der Babylon-Ausstellung nennt immer wieder ‚Erfolg‘, was dadurch zum zentralen Motiv wird, und führt dazu hohe Besucherzahlen und das positive Feedback, auch von Prominenten, an. Der ,Erfolg gibt Recht‘-Topos zieht sich durch das gesamte Interview und dient zur Legitimation der Machart und zur Abwehr möglicher Kritik. Auch bei einem Ausstellungsmacher der Tutanchamun-Ausstellung ist eine starke Erfolgsbetonung festzustellen. Er hebt mehrfach die erfolgreich bewältigten Herausforderungen hervor und akzentuiert häufig den Erfolg bezüglich der Resonanz, diesbezüglich wird vor allem die hohe Akzeptanz der Repliken deutlich unterstrichen. Die Betonung der Legitimation des privaten Veranstalters ist ein wichtiges Anliegen; dazu werden beispielsweise wiederholt andere Referenzausstellungen – über Tutanchamun oder mit Repliken – angesprochen (auch weltweit) sowie die Kooperation mit Wissenschaftlern herausgestellt.

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Bei Qatna forderten noch zusätzliche Akteure Mitspracherecht ein, denn alle beteiligten Ausgrabungsleiter wollten sich in der Ausstellung wiederfinden.

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Fernsehen Im Interview mit E3 kommt zur Sprache, dass das Fernsehen vermehrt Berichte über Archäologie bzw. den Alten Orient sendet, wobei gerade Nachrichtenberichte in den letzten Jahren zugenommen haben. E4 billigt Fernsehdokumentationen eine bedeutende Rolle zu, was der folgende Satz ausdrückt: „Wenn ich mit Bekannten spreche oder auch mit Leuten, die ich noch nie vorher gesehen habe, im Zug, dann sagen die eigentlich immer als Reverenzpunkt ,da hab` ich was im Fernsehen gesehen, also da hab ich ne Dokumentation gesehen auf ZDF oder auf Phoenix‘“ (136). E2 und E3 sehen das Fernsehen ebenfalls als ein wirkmächtiges Medium, weil es im Gegensatz zu Ausstellungen nicht nur punktuell, sondern durch die Wiederholungssendungen öfter rezipierbar ist. E2 bringt ferner zur Sprache, dass Fernsehen als Unterhaltungs- und nicht als Bildungsmedium einzustufen ist. Die Bewertung der TV-Dokumentationen durch Wissenschaftler ist gespalten: E4 bewertet die sonntagabendlichen ZDF-Dokumentationen als „klasse“ und „hervorragend“. Solch ein positives Statement ist allerdings unter den Wissenschaftlern einzigartig. E3 beispielsweise steht für das andere Extrem in der Bewertungsskala. Das einzig Positive an Terra X-Sendungen liegt seineserachtes in der Akzeptanzerhöhung der Archäologie. Zur Verständnisvergrößerung tragen die Sendungen allerdings nicht bei, stellt er heraus. Er findet Terra X-Beiträge nervig und langweilig, weil alles geheimnisvoll dargestellt ist und alles erforscht werden muss. Außerdem bemängelt E3 nachdrücklich das übliche Muster, bei dem sich jeder Beitrag entlang einer offenen, spannenden Frage orientiert, die in der Wissenschaft bereits gelöst ist bzw. in der Forschung gar keine war oder ist. Er sieht die mediale Aufbereitung als wahrheitsverfälschend an. Das Ziel einer Fernsehdokumentation liegt für Fernsehmacher E7 explizit darin, bei den Zuschauern ein Interesse für das behandelte Thema zu erzeugen. Für E11 ist es zentral, dass sich der Laie für den Beitrag interessiert und den Inhalt versteht: „Man darf, man muss einen Level finden, der dem einfachen Volk Geschmack macht, dranzubleiben – das ist die Kunst“ (509). Außerdem ist es für E11 sehr wichtig, dass Fachleute die Sendung inhaltlich für richtig befinden. Bei ihm konnte das zentrale Motiv des Interviews – und sein Ziel einer Dokumentation – wie folgt herausgelesen werden: „Sagen wir mal so: Die Filme müssen immer total seriös sein, seriös ja wissenschaftlich fundiert und anschaulich verpackt“ (391). Er schildert dabei die Problematik, den Stoff zu verknappen und trotzdem genau und kor8 rekt zu arbeiten. Auch für E7 ist Gewissenhaftigkeit das entscheidende Ziel. Für die Umsetzung hebt E7 hervor, dass Storytelling das ausschlaggebende Kriterium ist. Visualität und Sinnlichkeit sind die weiteren elementaren Aspekte einer TVDokumentation. Diese Kennzeichen bestätigen die aufgeführten Kriterien des Wis8

E7 merkt außerdem an, dass Privatsender vorrangig auf die Quote schauen, während öffentlich-rechtliche Sender auch auf Qualität achten.

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senschaftsjournalismus (vgl. Kap. 4.2.3.2) und haben außerdem Parallelen zu den Aussagen der Ausstellungsmacher E5 und E10. Durch die stark abweichenden Aussagen bezüglich archäologischer Fernsehdokumentationen tritt beim Medium Fernsehen das Spannungsfeld ,Wissenschaft versus Wissenschaftsjournalismus‘ deutlich zu tage. Audiovisuelle Medien/Bilder/Visualisierungen Bezüglich audiovisuellen Medien treten sowohl in den Ausstellungen, als auch in den Interviewmeinungen unterschiedliche Ansichten auf. Manche thematisieren diesen Aspekt kaum, andere sehen darin eine überaus wichtige Rolle. E5 spricht selbständig die bedeutende Rolle der audiovisuellen Medien in Ausstellungen an, wobei bewegte Bilder und interaktive Formate als ideal betrachtet werden. Er betont, dass moderne Medien immens wichtig sind und von den Besuchern gewünscht werden,9 so dass der Medieneinsatz mit Hinblick auf die Besucherzahlen begründet wird. E1 weist darauf hin, dass Multimedia in der von ihm mitbetreuten Ausstellung nur in sehr abgeschwächter Form eingesetzt wurde. Der Wissenschaftler und Ausstellungsmacher E10 betont die optisch ansprechende Aufmachung einer Ausstellung als ein wesentliches Merkmal. Er hebt die Wichtigkeit von Bildern als Vermittlungsmedium mehrfach hervor. Durch Bilder kann eine Atmosphäre geschaffen werden, die eine gute Informationsvermittlung ermöglicht. Bilder sind, so Fernsehmacher E11, sehr wichtig bei der Gefühlsvermittlung. E7 weist darauf hin, dass Animationen sehr bedeutend sind, da sie unsichtbare Dinge visualisieren können. Generell ist Visualität nach den narrativen Elementen das zweite wichtige Kriterium bei einer Dokumentation, betont E7. In Dokumentationen werden mithilfe der Reenactmentszenen vermehrt Ereignisse sichtbar nachgestellt. E11 erläutert, dass früher in den Fernsehbeiträgen vorrangig Stätten bildlich präsentiert wurden, während heute Spielfilminszenierungen im Hollywood-Stil üblich sind. Das Ziel, eine visuell starke Umsetzung zu erreichen, erfolgt aufgrund der herrschenden Aufmerksamkeitsökonomie, hebt E7 hervor. Als Beispiel für eine spezielle Bildwirkung führt er an, dass Bilder mit einer Nachtatmosphäre beim Publikum den beliebten Entdeckermythos verstärken. Die in Kap. 4.4 geschilderte Wichtigkeit und Wirkmächtigkeit der Bilder wird in den Interviews sowohl von Fernsehschaffenden als auch von einem Ausstellungsmacher betont, wohingegen die anderen Gesprächsteilnehmer keinen Schwerpunkt darauf legen.

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Einen Nachweis liefert er zu dieser Behauptung nicht.

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Internet Auch bezüglich der Rolle des Internets in Bezug auf die Wissensvermittlung kristallisiert sich ein breites Meinungsspektrum heraus: Von E4 und E6 wird das Internet wiederholt als Medium der Zukunft eingestuft. E4 unterstreicht beispielsweise, dass das Internet die Möglichkeit zur Interaktivität bietet und das Fernsehen ersetzen wird. Er hält es daher für überaus bedeutsam, was über den Alten Orient im Internet gesagt wird und wie es dargestellt wird.10 Demhingegen räumt E5 dem Internet wenig Bedeutung ein und ist skeptisch, dass das Internet eine bedeutende Rolle bezüglich historischer Wissensvermittlung innehat. Als Grund führt er an, dass es ein pull-Medium ist, während Fernsehinhalte zufällig konsumiert werden können. Der Fernsehschaffende E7 sieht das Internet als wichtig an, beobachtet gleichzeitig jedoch folgende Problematik: „Ich glaube, dass es wichtig ist, wenn man Informationen im Netz vermittelt, dass man klar macht und sozusagen Nutzer die Kompetenz bekommen, gut von schlecht und hochwertig von nichthochwertig zu unterscheiden. Also der Segen des Netz ist ja auch sein Fluch. Das alles verfügbar ist, ist eben auch das Problem, dass man nicht mehr unterscheiden kann – oder nur mit einer bestimmten Kompetenz unterscheiden kann – was kommt eigentlich woher, was hat welchen Hintergrund, wem kann ich wie vertrauen. Da stehen ja oft die besten wissenschaftlichen Arbeiten neben irgendwelchen Verschwörungstheorien und du kannst nicht mehr unterscheiden, was ist eigentlichwas, wenn du nicht know-how hast, wenn du nicht Journalist bist oder weißt wie, oder Wissenschaftler, wenn du weißt, wie du mit Quellen umgehen musst und wie man die bewerten muss. Aber es ist, ich glaube es wird, in der schnellen Verfügbarkeit von Informationen, wird es sozusagen das Arbeitsmedium Nummer eins sein – ist es glaub ich auch schon“ (397) Für den Wissenschaftler E3 ist das Internet kein probates Arbeitsmedium, er sieht an erster Stelle Nachteile: „Also mir geht das Internet zunehmend auf den Nerv. Ich kann mich mit dem Internet nicht anfreunden. Ich sehe also wie das Internet ja fast persönlichkeitsverändernd ist. Also das, was das Internet mit meinem Wissen macht, und mit meiner Art zu forschen macht, das ist katastrophal. Also ich bin kaum noch handlungsfähig wegen der Informationsflut“ (305). „Die Information beherrscht sie“ ist eine weitere Feststellung, die dadurch verstärkt wird, dass sich E3 als Geisel der Information bezeichnet und die Gefahr ausmalt, ggf. im Informationsmeer zu ersticken. E3 vertritt damit eine kritische Sicht auf das Internet in Bezug auf die Wissenschaft und die Forscherpersönlichkeit, während negative Auswirkungen von anderen Interviewten nicht genannt werden. Internetforen spielen anscheinend keine Rolle in der Vorderasiatischen Altertumskunde. Keiner der befragten Wissenschaftler/Ausstellungsmacher nutzt Foren 10 Er betont die Wichtigkeit nicht nur in seinen Aussagen, sondern forciert tatkräftig Internetprojekte.

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aktiv oder kennt Kollegen, die sie nutzen. Einer der Wissenschaftler war in der Vergangenheit aktiv, einer ist zumindest angemeldet. Zeitmangel ist der am häufigsten genannte Grund der Nichtnutzung dieser Kommunikationsart. Als weiterer Grund für die spärliche Nutzung in der Altorientalistik wurde die Charaktereigenschaft der Altorientalischen Philologen genannt, die als Typ eher zurückgezogen eingeschätzt werden. Auch unabhängig von den Foren zeichnet sich ab, dass das Internet nur in bescheidenem Maße genutzt wird, während die Bedeutung aber von vielen hoch eingeschätzt wird. E4, E6, E7 und E11 betonen die hohe Relevanz in Bezug auf die Vermittlung von historischem Wissen oder der Präsentation von Forschungsinstituten etc. E10 und E5 sehen darin ein weniger wichtiges Medium und E3 kann ausschließlich Nachteile darin erkennen. Bewertung von (alternativen) populären Veröffentlichungen durch Wissenschaftler In diesem Abschnitt kommt zur Sprache, wie Wissenschaftler zu Produkten stehen, die außerhalb der klassischen Fachveröffentlichungen existieren. Die in Kap. 4.2.1 angesprochene Pluralität der Wissensprodukte wird durch E10 erwähnt, der anführt, dass neben Museen auch eine Vielzahl an unterschiedlichen Medien wie DVDs Wissen vermitteln. Die anderen Interviewten hingegen nennen zumeist lediglich die üblichen Massenmedien wie Fernsehen und Printprodukte. E6 übt sowohl Kritik an der Gestaltung von Ausstellungen und Fernsehdokumentationen als auch an Printartikeln. Bezüglich eines Spiegel-Artikels über Göbekli Tepe äußert er sich: „Was da beim Spiegel rausgekommen ist, das ist ja grauenhaft gewesen“. Während E3 eine ähnliche Wertung abgibt, schätzt E4 die gegenwärtigen Popularisierungsformate grundsätzlich überaus positiv ein.11 Bezüglich der Bewertung von alternativen Sichtweisen der Vergangenheitsinterpretation (Kap. 5.3) durch Wissenschaftler liegen bisher in der Forschungsliteratur kaum Informationen vor. Explizit dazu wurde in einem Interview folgende Aussage getroffen: „Also ich persönlich geh’ damit völlig entspannt um, weil manchmal find ich’s eigentlich auch bereichernd, denn es zeigt einem was können denn überhaupt für Fragen gestellt werden. Und ich bin ja auch wirklich der Meinung, also Archäologie – wir leben ja hier nicht im Elfenbeinturm, wir betreiben das ja nicht nur für uns zu rein wissenschaftlichen Zwecken, sondern es gibt nun mal eine Öffentlichkeit und es gibt verschiedene Interessensfelder und die haben auch alle mehr oder weniger stark ihre Berechtigung – also deswegen, wenn Frauen kommen und die tanzen in Stonehenge, um sich zu verwirklichen und meinen die müssen auch nach Çatal Höyük, weil’s da die Muttergottheit gab und wollen da 11 Als einziger Interviewter erwähnt E4 darüber hinaus in einem Rückblick die (als positiv erachtete) Hochkonjunktur von Popularisierung der Vorderasiatischen Altertumskunde unter Kaiser Wilhelm II.

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auch tanzen um das zu machen dann, ja gut, ich meine das ist ihre Motivation und so, dann find ich das auch ein bisschen für einen selber bereichernd und es lohnt sich, darüber nachzudenken, warum machen die das“ (E6: 369). Eine ähnliche Meinung vertritt Wissenschaftler E4, der gegenüber der Alternativarchäologie „entspannt“ ist. Von den beiden Wissenschaftlern, die zu diesem Thema Stellung bezogen haben, erfolgt also keine Zurückweisung, sondern eine Akzeptanz der vielfältigen Zugangsweisen außerhalb der Fachdisziplin. In der BabylonAusstellung ist ein bewusstes Abweisen der populären Vorstellungen zu sehen (s. Kap. 6.5.1), so dass eine Multiperspektivität an erster Stelle zum Aufzeigen der ,Wahrheit‘ dient. Dies spiegeln auch die Interviewaussagen wider. Die Kompetenz und Vermittlung von wahrheitsgemäßem Wissen wird hierin vergleichbar dem linear-hierarchischen Modell der Wissenspopularisierung gesehen (vgl. Kap. 3.1.2). Von den Medien vernachlässigte Themen wurden in den Interviews bis auf eine Ausnahme nicht angesprochen, bei der ein Wissenschaftler (E6) das Weglassen eines Themas – das Nichtzeigen von Teamarbeit bei archäologischer Feldforschung – bedauert hat. Von fünf Wissenschaftlern, die auf die Frage nach einer Einflussnahme der Popularisierung auf ihre wissenschaftliche Veröffentlichungen eingingen, wurde diese von zweien verneint, von dreien bejaht. Stereotype Mehrere interviewte Wissenschaftler zeigen sich von Stereotypen wie ,Schätze‘ und ,Abenteuer‘ genervt. E3 stellt heraus, dass der Abenteuer-Topos insbesondere bei Fernsehdokumentationen immer vorkommen muss. Er hält es für sehr bedenklich, dass in den Massenmedien bestimmte Klischees erschaffen werden. Dadurch wird zwar eine breite Bevölkerung erreicht, allerdings nur unter den Kosten der „Vergewaltigung“ der Forscher. Anhand dieser drastischen Aussage wird das Spannungsfeld deutlich, dass Vorteile für die Öffentlichkeit gleichzeitig massive Nachteile für die Wissenschaft mit sich bringen können. E6 klagt darüber hinaus bezüglich des Bildes über den Alten Orient mehrfach über die ständige Fokussierung auf Hochkulturen (das folgende Zitat bezieht sich auf Ausstellungen): „Das Darstellen von sogenannten Hochkulturen [...], da war auch immer der Fingerzeig darauf ,ja wir haben es hier mit Hochkulturen zu tun: seht wie reich und prächtig das Ganze ist‘“ (101).12 Die Wissenschaftler und Ausstellungsmacher der Babylon-Ausstellung sprechen in den Interviews deutlich den Versuch an, in der Ausstellung gegen Klischees anzugehen. Die vorherrschende Ausstellungsmotivation ist das Brechen von Stereotypen bezüglich Babylon. Zentral für die interviewten Ausstellungsmacher ist der 12 Anzumerken ist hierbei von meiner Seite, dass es nicht die privatwirtschaftlichen Medien, sondern die offiziellen staatlichen Stellen selbst sind, die ein solches Bild kreieren.

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„leidige“ Versuch, den Besuchern klarzumachen, dass die hiesigen Kulturen ihre Wurzeln und ihr Erbe aus den altorientalischen Kulturen ziehen. Unterschiede zwischen Journalisten und Wissenschaftlern werden exemplarisch daran deutlich, dass Fernsehmacher E7 die Faszination Archäologie daran festmacht, einen Mythos zu zeigen, in dem Abenteuer, große Funde und Emotionen enthalten sind. Die Herkunft der Stereotype werden von E8 und E2 zwar durchaus auch auf Wissenschaftsjournalisten geschoben, aber es erfolgt keine monokausale Verantwortungszuweisung an die Medien. Laut den Aussagen bestehen die Klischees teilweise schon sehr lange und werden gegenwärtig nicht nur durch Medien, sondern auch von Wissenschaftlern perpetuiert. Mögliche Geschlechterstereotype kamen in den Interviews fast gar nicht zur Sprache. Lediglich die männerdominierten Fernsehdarstellungen wurden von E6 kritisch erwähnt und E11 redet verallgemeinernd von den „Herren Professoren“. Alter Orient Die Frage, ob sich Deutschland als Erbe des Alten Orients betrachtet, bejahten die meisten Interviewten, bemängelten aber zugleich, dass dieser Umstand noch nicht im Bewusstsein verankert ist. 13 Ein Interviewpartner betont mehrfach, dass die europäischen Wurzeln im Vorderasiatischen Kulturraum liegen, der uns massive Fortschritte gebracht hat. Dieser ‚ex Oriente lux-Topos‘ durchzieht das gesamte Interview mit E9. Der Frage, ob eine Trennung zwischen dem Alten und Modernen Orient gezogen wird, stimmten die meisten zu, die dieses Thema erwähnten; es gab von fünf Personen vier Zustimmungen und eine Enthaltung. Unterschiede in der Vorstellungswelt drückt E7 folgendermaßen aus: „Während der Alte Orient natürlich sozusagen als Hort des Wissens der frühen Zivilisationen, der großen versunkenen Reiche – das wird natürlich gerne konsumiert – der moderne Teil ist angstbehaftet und von den politischen Entwicklungen der letzten [...]“ (465). Besucherorientierung/Kommerzialisierung Während wissenschaftliche Arbeit normalerweise unabhängig von unmittelbarer öffentlicher Resonanz erfolgt, zeigt sich in den Interviews, dass von allen Befragten im Ausstellungs- und Fernsehbereich ein großes Publikum angestrebt wird. Weder für eine der behandelten Ausstellungen noch für die Fernsehdokumentationen wird eine spezielle Zielgruppe anvisiert, sondern die breite Öffentlichkeit ist adressiert. Die in Kapitel 4.2.3.4 erwähnte Unkenntnis über die Rezipierenden wird am Statement des Fernsehmachers E7 deutlich: „Weil kein Mensch weiß, was der Zuschau13 Ein Wissenschaftler hat Ägypten als die Region genannt, aus der viele Erbschaften nach Europa kamen und noch heute zu finden sind.

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er eigentlich wirklich ist, und was der Zuschauer wirklich tut, wenn er guckt und all diese Dinge, ist natürlich der Zuschauer auch der am meisten malträtierte und missbrauchte Begriff wahrscheinlich in unserer Branche“ (314). Eine Orientierung am Besucher heißt in der Umsetzung für Ausstellungsmacher E5, dass normale Besucher-Fragen in der Ausstellung beantwortet werden. Fernsehmacher E7 fasst folgendermaßen zusammen: „Zuschauerorientierung heißt für mich, dinge klar, einfach und spannend zu erzählen“ (321). Neben der Orientierung am Besucher wurde in den Interviews mehrfach der Aspekt der wirtschaftlichen Verwertung angesprochen. Die Darstellungsarten sind geprägt vom wachsenden Wettbewerb und abnehmenden Zeitbudget in der Gesellschaft, betont E7 und weist auf die Wichtigkeit hin, Aufmerksamkeit zu erregen (ähnlich E2). Faktoren wie Storytelling, Visualität oder Emotionserzeugung spielen dabei laut E7 eine entscheidende Rolle (s.a. Kap. 4.2.2). Auffällig ist, dass zur Aufmerksamkeitserregung von E2 innovative Formate wie Computerspiele gefordert werden, ebensolche Elemente wurden aber in der von ihm mitbetreuten Ausstellung nicht eingesetzt. E10 betont, dass Wissensvermittlung und Kommerzialisierung gut kombiniert werden können, er sieht darin die Chance, dass „Großartiges“ entstehen kann. Während bei den staatlich finanzierten Wissenschaftlern oder Ausstellungsmachern der ökonomische Aspekt nicht zur Sprache kam, lässt sich dies bei privatwirtschaftlich finanzierten Wissensvermittlern finden: „Man muss sich immer wieder eines vor Augen halten: Ich hab ihnen eingangs gesagt, dass wir nach Themen suchen oder nach Formen suchen, wo wir Bildung und Unterhaltung einem möglichst breiten Publikum nahe bringen wollen. Und ganz schnöde gesagt, weil unser Geschäft das Eintrittskarten verkaufen ist, und es zunächst mal keine Rolle spielt ob wir sie für Roland Kaiser oder Tutanchamun verkaufen, das ist so“ (E1: 80). Ein zentrales Motiv im Interview von E10 ist der Aspekt, dass Arbeitsplätze geschaffen werden würden, wenn der Staat die Wissensvermittlung besser fördern würde. Er übt drastische Kritik an der üblichen Vorgehensweise im staatlichen Ausstellungssektor: „Ich kenn’ das, welche Eiertänze es da gibt im klassischen Museumsbereich, ich kenn’ diese Eiertänze, wirklich Eiertänze, Kleinkrämerei in Zusammenarbeit mit Kommunen, wenn’s darum geht eine gute Ausstellung, die informativ ist, die sehr viele Schulklassen anzieht, in Szene zu setzen. Es wird hier – ich sag es jetzt auch noch mal negativ ganz betont – korinthengekackt bis zum erbrechen, es werden Ideen kaputtgespart“ (288). Entgegen der von E10 kritisierten sparsamen Haltung des Staates sieht E1 im privaten Bereich eine steigende Bereitschaft, für Wissensprodukte Geld auszugeben. Er macht dabei die gegenwärtig erfolgreiche Tendenz aus, Bildung und Unterhaltung zu vermischen, was häufig durch Ausstellungen geboten wird. Er meint: „Ich persönlich glaube, dass dieser Trend zu Ausstellungen, zu Lesungen, zu Vorträgen zu gehen ein ganz wachsender Markt und Trend ist, der im angelsächsischen Raum meiner Meinung nach schon viel weiter ist als bei uns zumindest im deutschsprachigen Raum, weil es glaub’ ich

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im angelsächsischen Raum auch schon viel länger gang und gebe ist, privat Geld für Bildung auszugeben. Denn letztlich, jemand der hier her kommt und im Schnitt fünfzehn Euro Eintritt bezahlt, der tut das ja nicht unbedingt um sich zu berieseln – vielleicht auch das – aber der kommt, glaub ich schon, aus einem gewissen Bildungshunger hier her. Und in sofern glaube ich, dass dieser Trend, den wir da jetzt bedienen, aber den auch die großen Museen und Institutionen bedienen, dass der ungebrochen ist. Und sie sehen, ja das pflanzt sich ja fort - Louvre und Abu Dhabi“ (880). Der Wissenschaftler E3 hingegen kritisiert die Verbindung von Wissenschaft und Ökonomie ganz massiv: Er stellt heraus, dass Archäologie bzw. Informationen, Forschung und Forscher Ware geworden sind. Sämtliche Ergebnisse wissenschaftlichen Arbeitens sind im Gegensatz zu früher nunmehr zur Ware geworden, die von anderen Akteuren aufbereitet und konsumiert wird. Die Kritik an diesem Missstand ist das zentralste Motiv seiner Ausführungen. E3 sieht die Wissenschaftler als Warenlieferanten ohne Einfluss auf Weiterverarbeitung und beklagt eine Ausbeutung: „Wir sind hier mittlerweile in einer Opferrolle. Die Forschung ist eine Geisel fehlgeleiteten öffentlichen Interesses geworden.“ Auf die Frage nach den Ursachen antwortet er: „Also Ursachen sehe ich natürlich darin, dass die archäologische Information per se zu einer Ware geworden ist. Also jede Information ist Geld wert, hat einen Nutzwert inzwischen in der Medienlandschaft. So wie sich auch der Nutzwertjournalismus herausgebildet hat, so ist also auch die archäologische Information, wenn sie die also entsprechend deftig aufbereiten können, Geld wert“ (81). „[...] kommt also parallel hinzu, dass die Archäologie vermarktet wird, zur Ware wird in einem Ausmaß, wie wir es bisher noch nicht hatten und da bleibt natürlich die Korrektheit der Informationen auf der Strecke und archäologische Forschung wird vergewaltigt – oder personalisiert ausgedrückt: Der Archäologe wird vergewaltigt“ (114). Der Bereich der wirtschaftlichen Verwertung ist folglich für manche ein spannungsgeladenes Feld, während andere Interviewpartner dazu keinen Redebedarf hatten. Feedback Ein klares Ergebnis der Untersuchung ist mangelndes Feedback. Während bei allen behandelten Ausstellungen eine große Presseresonanz feststellbar ist, sind Rückmeldungen von Laien oder Fachleuten Mangelware. Das in einem Fall erhaltene positive Feedback wird durch einen Ausstellungsmacher als legitimierendes Merkmal für die Machart der Ausstellung angeführt. Bei Terra X-Sendungen wird kaum Feedback von Wissenschaftlern gegeben. Symptomatisch für die mangelnde Kommunikationsaktivität von Wissenschaftlern in Bezug auf populäre Wissensprodukte ist die Aussage des Wissenschaftsjournalisten im Online-Bereich (E8), der Rück-

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meldungen von Wissenschaftlern im bisherigen Berufsleben als vollkommen inexistent bezeichnet. Verhältnis der universitären Altertumskunde zur Popularisierung Mit Blick auf die universitäre Ausbildung bemerkt E3, dass die Archäologie in Deutschland nicht erlernt hat, Popularisierung zu betreiben, ohne sich zu schaden. Ähnlich meint E2: „Wir haben zu wenig Leute, die offensichtlich in der Lage sind, richtig populär zu schreiben. Wobei dem auch die nicht ganz günstige Wissenschaftstradition gegenübersteht, die weitgehend vermieden hat, populärwissenschaftlich zu schreiben“ (429). Drastischer drückt es E5 aus: „Also die Uni hat natürlich den Nachteil, dass sie sehr publikumsfeindlich ist, weil sie einfach-oder viele Leute an der Uni es immer – ja doch ein Teil immer noch – das hehre Wissen und das Elitäre auslebt und dadurch sich auch nicht öffnet und das auch gar nicht möchte. Also man möchte zwar Geld von der DFG, aber man möchte dafür nicht einen Bericht für den Spiegel schreiben – kann man ja sowieso nicht aber meinetwegen für irgendeine andere Zeitschrift, für damals oder so [...]. Obwohl ich finde, dass es richtig ist: Man bekommt vom Staat, von jeder Lidl-Verkäuferin bekommen wir Pfennigbeträge dafür, dass wir weiß ich wo ausgraben, oder dass wir diese Ausstellung machen, und ich finde schon, dass man sich mehr öffnen sollte“ (648). E3 sieht eine fortschreitende Fokussierung auf Öffentlichkeitsarbeit insofern kritisch, als dass die eigentliche Forschung dadurch nicht mehr durchgeführt werden kann. Er betrachtet die Popularisierung aus Sicht der Forschung als sehr problematisch, da sie beispielsweise auch Einflüsse auf universitäts- oder forschungsinterne Abläufe hat, was in folgender Aussage zum Ausdruck kommt: „Also ich beklage mich darüber – und das geht eigentlich seit Jahren schon – über die Grenzen hinaus, dass die Wissenschaft immer mehr von deren Popularisierung beeinflusst wurde. Ja dass man sogar die ganz klare Tendenz erkennt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Forschungsförderung und der Popularisierung von Projekten“. Diesen Zusammenhang bewertet er als sehr nachteilig. Trotz der angesprochenen Folgen sieht E3 „ungeheures Potential“ zur vermehrten Popularisierung. „Aber viele Institute – insbesondere diejenigen die mit einem Lehrkörper besetzt sind, der noch der älteren Generation angehört – oder unter dem Einfluss noch einer konservativen Haltung, wo also die Berührungsangst Forschung/Medien da ist, ja da haben sie also eine teilweise Unwilligkeit, an die Öffentlichkeit zu gehen mit Forschung. Weil man sagt ,also wir können nicht mehr kontrollieren, was dann bei rauskommt, wie wir dargestellt werden, wie unsere Ergebnisse dargestellt werden‘. Also da sind die nicht risikobereit, also da ist eine relativ konservative Haltung da bei sehr vielen Instituten“ (639). E3 fordert einerseits eine Popularisierung, um öffentliche finanzierte Forschung der Öffentlichkeit zu präsentieren. Andererseits schränkt er diese Forderung wieder ein, um einer (missbräuchlichen) Verwendung der Informationen als Ware vorzubeugen (s.o.). Er fügt auch hinzu,

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dass es diverse Verbände innerhalb der Archäologie gibt, die den Popularisierungstendenzen gegensteuern wollen. Nicht zuletzt aufgrund der mangelnden finanziellen Mittel und der wenigen Wissenschaftler, die für die populäre Vermittlung aktiv sind, sieht E4 den Einfluss der Universitätsinstitute auf das öffentliche Bild der Vorderasiatischen Altertumskunde als gering an. Er unterscheidet dabei zwischen einem Institut und dem Wissenschaftler als Person. Einem Institut billigt er aus Ressourcengründen keinen Einfluss zu, der handelnden Person schon: „Also wenn wir als zwanzig Professorinnen und Professoren in Deutschland in unseren Fächern es ernst nehmen und jeder von uns zweimal im Jahr Interviews gibt, dann können wir was bewegen“ (539). Presseerfahrungen und Beziehungen zwischen Wissenschaftlern und Journalisten Bezüglich des in Kapitel 4.2.3.3 aufgeführten Verhältnisses zwischen Wissenschaftlern und Journalisten war in den Interviews von Interesse, wie diesbezüglich die konkreten Erfahrungen im Bereich der Archäologie aussehen. Von schlechten Presseerfahrungen, vorrangig im Hinblick auf Fernsehdokumentationen, aber auch auf Printartikel bezogen, berichten die Wissenschaftler E6 und insbesondere E3. Letzterer führt dazu folgendes aus: „Jeder Kollege hat schon seine schlechten Erfahrungen gemacht, aber jeder ist bereit, immer wieder schlechte Erfahrungen zu machen. Das liegt daran, dass man sich dem allgemeinen Trend nicht entziehen will, man möchte auch in den Medien genannt werden. Sie wissen, dass wir eine sehr eitle Wissenschaft sind. Also beziehungsweise vielleicht besser nicht so auf die Wissenschaft beziehen, sondern dass die Leute, die sich in unserem Fachgebiet tummeln, irgendwie doch kleine Egomanen sind, und denen tut’s halt gut, medienpräsent zu sein. Das Ergebnis ist, dass man zwar immer auf die Medien schimpft und sagt ,ich hab die und die schlechte Erfahrung gemacht‘ aber letztendlich bereit wäre, das in Kauf zu nehmen. [...] Also das ambivalente Verhalten Forscher/Medien scheint mir charakteristisch zu sein. Ich kenne keinen, der das so kategorisch ablehnt, wenn er eine Chance hat, in den Medien präsent zu werden. Dann gibt’s halt so Wunschdenken oder Vorschussvertrauen, dann kommt die Erfahrung ,ja hab ich ja gewusst, wieder reingefallen‘ aber der Name ist gedruckt“ (590). E3 hebt mehrfach hervor, dass die Wissenschaft durch die Medien ausgeplündert wird und demzufolge das Opfer ist: „Also das wir inzwischen diese Bevölkerungskreise erreicht haben, die außerhalb der Bildungsbürgerschicht sind, das ist eine sehr gute Sache find ich, nur das Problem ist, wenn aus allem! aus jeder archäologischen Information etwas Geheimnisvolles gemacht wird, etwas noch nie Dagewesenes, Einzigartiges gemacht wird, dann werden wir als Forscher vergewaltigt“ (41). Seiner Ansicht nach sind Journalisten bzw. Medienschaffende nicht ethisch qualifiziert genug, um Popularisierung korrekt zu betreiben. Eine ähnlich

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drastische Aussage von E2 verdeutlicht die Spannungen zwischen Wissenschaftlern und Wissenschaftsjournalisten „Es gibt auch sogenannte Wissenschaftsjournalisten – also da kriege ich lange Zähne bei diesen Typen – das sind also meistens ziemlich eingebildete Fazkes, die also ihre sehr genaue Vorstellung davon haben, wie sie die Sache sehen wollen und entsprechend sehen dann auch die Ergebnisse aus“ (1099). Neben diesen deutlich kritischen Aussagen gibt es aber auch gute Presseerfahrungen. So hat E10 bisher nichts Negatives mit der Presse erlebt. Seitens der Wissenschaftsjournalisten werden ebenfalls Beschwerden zur Sprache gebracht. Fernsehschaffender E11 erläutert: „Am Anfang war das sehr schwierig, ich meine als wir angefangen haben, war da noch nicht so üblich, dass die Herren Hochschullehrer sich mit dem gemeinen Journalisten, zusammen in ein Boot gesetzt haben. Also für die waren wir ja immer nur die Deppen am Anfang. Das war so“. Er weist allerdings darauf hin, dass die Kooperation mittlerweile wesentlich besser funktioniert. Der private Ausstellungsmacher E1 führt dazu folgendes an: „Auch weil’s uns irgendwo ein Anliegen ist, das Publikum zu bilden und zu formen und gute Angebote zu machen, qualitativ hochwertige Angebote. Und ich sagte ihnen ja, wenn das möglich ist mit modernen aufgeschlossenen Wissenschaftlern wie [...Aufzählung einiger Namen...] wenn also dann Wissenschaftler so wie sie dann in Zukunft, oder auch eben halt die jetzt genannten und viele viele andere, Projekte wie unseres unterstützen, dann ist das glaub’ ich eine gute Sache. Natürlich gibt’s auch nach wie vor viele Widerstände, viele Verkrustungen, aber ich glaube, da wird die Zeit die Dinge eben auch ändern“ (1043). Dass eine bewusste Kooperation mit Journalisten zwar ein guter Schritt sein kann, aber trotzdem bezüglich des Inhaltes oder der Darstellungsweise ganz unterschiedliche Ziele existieren können, bringt Wissenschaftler E4 deutlich zum Ausdruck. Er betont, dass die Medien ein knallhartes Geschäft sind, in dem nur ,sex, drugs & rock’n roll‘ zählen, um ein breites Publikum zu erreichen. Das folgende Zitat bringt den Konflikt auf den Punkt: „Also mir sagte mal eine Journalistin, als ich ihr zwei Themen angeboten habe, von denen ich überzeugt war, sie seien wahnsinnig faszinierend: ,Äh nee, das interessiert mich nicht, ich brauche mehr Sex, mehr Blut und mehr Leichen‘ [...] Also das ist eine Gratwanderung“ (251). Der Fernsehschaffende E7 weist ebenfalls auf das zu bewältigende Spannungsfeld hin, korrekt zu bleiben und gleichzeitig die Zuschauer zu begeistern. Wie auch P 2 im Interview von E3 darlegt, existieren von der Öffentlichkeit und bei Wissenschaftlern unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe in Bezug auf Fernsehdokumentationen, so dass Laien Aspekte oder Darstellungsweisen „großartig“ finden, während Wissenschaftler darüber entsetzt sind. Wissenschaftler E6 spricht die Ambivalenz aus öffentlichem Erfolg und der Darstellungsweise an: „Aber dann steht echt mal eben der Vordere Orient im Blickpunkt des Interesses und deswegen ist es umso wichtiger, was für ein Bild wird dann da vermittelt, und da, als Archäologe tue ich mich

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da natürlich immer ein bisschen schwer – wie präsentiert sich die Archäologie grade jetzt“ (83). Neben den aufgezeigten Spannungsfeldern, die aus der Forschungsliteratur bekannt sind (vgl. Kap. 4.2.3.3), erwähnt E6 explizit die mangelhafte Zusammenarbeit zwischen Universität und Museum. Somit wird ein Spannungsfeld außerhalb der klassischen Konstellation ‚Wissenschaft versus Medien‘ deutlich, welches innerhalb von Wissenschaftsinstitutionen existiert. Forderungen Viele Interviewte haben die Gesprächsmöglichkeit intensiv genutzt, um Missstände aufzuzeigen oder Verbesserungsvorschläge im Hinblick auf die Popularisierung zu formulieren. Verschiedene Wissenschaftler (E2, E4, E6) sprechen mehrfach die Forderung aus, dass Fachwissenschaftler in stärkerem Ausmaß als Vermittler fungieren sollten. Die Aussage „wir müssten viel mehr Leute haben, die wissenschaftspublizistisch tätig sind“ (E2: 19) steht dabei exemplarisch für diesen Appell. Für E4 ist die Forderung nach Vermittlungsbereitschaft und Vermittlungskompetenz sogar das zentrale Motiv des gesamten Interviews. Er sieht die Wissenschaft deshalb in der Verantwortung, weil die Öffentlichkeit kein Vorwissen über den Alten Orient aufweist und die Wissenschaftler als einzige den Wissenszugang haben. Mehrere Wissenschaftler bemängeln darüber hinaus ausdrücklich die geringe Vielfalt an Popularisierungsprodukten, welche die Wissenschaftler selbst anfertigen. Ein Fachwissenschaftler folgerte aufgrund des mangelnden Vorkommen des Alten Orients in der Öffentlichkeit, dass die entsprechenden Fächer an den Universitäten Legitimationsprobleme haben: „Also es ist ein bisschen dürftig, was da so rüberkommt, das ist so die Nische, in der wir uns eingerichtet haben und diese Nische spiegelt sich dann im Grunde genommen wieder in der Lebenswirklichkeit des Faches oder der zwei Fächer, die wir ja haben an den Universitäten – ein ständiger Überlebenskampf“ (211). E10, Wissenschaftler und Ausstellungsmacher, beklagt den Umstand, dass archäologische Themen in Deutschland in unzureichender Zahl populär aufbereitet werden, und fordert eine Zunahme von öffentlichen Darstellungen. Er verlangt allerdings, dass die Medienschaffenden diesbezüglich aktiv auf die Wissenschaftler zugehen und nach Themen fragen sollten: „Es ist wichtig, Leute zu begeistern für dieses Thema, und dann kann man das weiterführen. Hier müsste aber dann der nächste Schritt nicht von uns kommen, sondern es müsste auch Leute, die in der Öffentlichkeit stehen – aus den Medien heraus, beispielsweise illustrierten Zeitschriften – die müssten dann auch mal herangehen“ (456). Der Fernsehschaffende E11 sieht die Pflicht genau andersherum; er fordert von den Wissenschaftlern, aktiver auf die Fernsehmacher zuzugehen und Themen vorzuschlagen. Auch E7 legt mehrfach den Wunsch dar, dass sich die Wissenschaft mehr öffnen sollte, was in folgendem Zitat deutlich wird: „Was Universitäten angeht, oder sagen

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wir mal die Wissenschaft, da glaube ich, ist gut, was sich auch so langsam auch in Deutschland breit macht. Das es den Spirit gibt, der davon ausgeht, dass man nicht nur für sich selber lehrt und forscht, sondern dass es auch eine Verpflichtung gibt, das, was man da lehrt und forscht und auch findet, für die Öffentlichkeit transparent zu machen. Um einfach auch, nicht nur im irgendwelche Fördergelder zu rechtfertigen, sondern auch um klar machen wir sind in einem gewissen öffentlichen Auftrag unterwegs, wir machen das nicht für uns im stillen Kämmerlein. Sondern alle sollen sehen was wir da tun, denn es ist zum Nutzen der Allgemeinheit wird’s ja auch gemacht und wenn da Wissenschaftler mit gutem Beispiel vorangehen und sich für solche Produktionen mal zur Verfügung stellen und auch diese Inhalte mit ihrer Person verknüpfen – was immer auch sozusagen damit verbunden ist – dann ist das hilfreich glaub ich“ (435). Auch E5, E7 und E11 begründen ihre Popularisierungsforderung mit der öffentlichen Bezahlung der Forschung. Einerseits zeigt sich mehrfach die Forderung nach einer stärkeren Vermittlungsarbeit durch Fachwissenschaftler, andererseits erwähnen einige Wissenschaftler die Kapitulation vor dieser Aufgabe. E2, E3 und E6 erläutern mehrmals den hohen Aufwand, den die Vermittlungsarbeit mit sich bringt, was aber aufgrund mangelnder Ressourcen nicht zu leisten ist. E4 drückt es folgendermaßen aus: „Da sind wir wirklich auch aus meiner Sicht am Kernproblem der Vermittlungsbereitschaft und der Vermittlungskompetenz in unseren Disziplinen. Wenn sie das gut und richtig machen wollen, ist das ein Vollzeitjob. Ja also ich, wenn ich dazu bereit wäre, könnte ich meine gesamte Zeit damit zubringen, populär über meine Inhalte zu schreiben. Vermutlich würde auch das ein oder andere davon publiziert. Es ist sehr sehr aufwändig und man muss das eben auch können, es ist eine bestimmte Art von Schreibe“ (257). Neben E4 führen auch andere Wissenschaftler die nichtvorhandene Kompetenz zu popularisieren an. E3 betont, dass die mangelnde Medienkompetenz von Archäologen auch zu schlechten Erfahrungen führt. Um dies zu vermeiden, äußert er die dringende Forderung nach festgelegten Regeln: „Man müsste eigentlich ein Regelwerk haben. Man müsste also allgemeine Standards haben, wie Wissenschaft in die Öffentlichkeit transportiert wird, weil da ist Wilder Westen. Ja also da ist die Forschung ausgeliefert der Plünderung durch die Medien [...] Also ich würde mir wünschen, dass diese Diskussion auf einer Ebene fortgeführt wird, die nicht bestückt ist mit Leuten, die im Geschäft stehen, denn die haben Interessen. Sondern ich könnte mir vorstellen, dass – es gibt ja Medienhochschulen undsoweiter – die sich des Themas annehmen und dass also auch gerade was Urheberrechte und solche Dinge angeht, endlich mal Fakten geschaffen, gesetzliche Fakten geschaffen werden“ (655). E5 nimmt beide Seiten in die Pflicht, um verbesserte Ergebnisse zu erreichen, und fordert „dass beide die Scheu überwinden. Also dass die Journalisten nicht nur denken ,das sind jetzt diese Elfenbeinfuzzies, mit denen muss ich mich jetzt unterhalten‘ und die anderen denken ,oh das sind jetzt die Zeitungsfuzzies, mit denen

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muss ich mich jetzt unterhalten‘ sondern dass man da einfach vielleicht, wenn man die Positionen der anderen kennt, das stimmt einfach, die auch anders beliefern kann und beidseitig ein bessere-“ (Satzabbruch) (941). Trotz der Forderungen nach mehr Vermittlungskompetenz der Fachwissenschaftler heben E4 und E10 die Notwendigkeit der klassischen Fachausbildung hervor, die wichtiger als die Vermittlungsarbeit einzuschätzen ist. E4 betont in diesem Zusammenhang nachdrücklich, dass Kenntnisse der Kulturwissenschaften die Schlüsselkompetenz sind, um das universitäre Fach für die Zukunft auszurüsten. Diverses An dieser Stelle folgen einige erwähnenswerte Aussagen, die nicht den obigen Abschnitten zuzuordnen sind. Wie in dieser Forschungsarbeit aufgezeigt, liefern verschiedene Medien diverse Angebote der populären Vermittlung kulturhistorischer Inhalte. Hinzu kommt, so E1, dass vermehrt private Initiativen Bildungsangebote liefern, die früher durch staatliche Träger durchgeführt wurden. Einen Vorteil für die Rezipierenden sieht E1 in den neuartigen Angeboten, „die historische Dinge populärwissenschaftlich und gut recherchiert aufbereiten und so Bildung und alte Kulturdinge einem viel viel breiteren Publikum vermitteln, was vielleicht vor der Universität oder vor dem Museum eine gewisse Schwellenangst hat“ (1030). E1 und E10 führen an, dass Bildung und Information als Bedürfnis der Gesellschaft gelten, was die Ausführungen zur Wissensgesellschaft in Kapitel 4.2.1 bestätigt. Das im gleichen Kapitel erwähnte lineare Modell der hierarchischen Wissensvermittlung zwischen den informierten Produzenten oder Vermittlern und den unwissenden Laien lässt sich bei E2 und E11 erkennen, während gerade E4 und E6 die Multiperspektivität der Wissensanbieter wohlwollend akzeptieren. Nutznießer der Fernsehdokumentationen und der großen Ausstellungen ist in erster Linie der Tourismus, merkt E3 an. Diese Abschätzung der Folgen wird sonst von keinem Interviewten vorgenommen. Eine ebenso singuläre Aussage ist der Bezug auf die gegenwärtigen Entwicklungen im weltweiten Edutainment- und Ausstellungsbereich, den E1 herstellt. Bei allen anderen Gesprächspartnern bleibt der Fokus vor allem auf Deutschland. Im Gespräch mit E1 kommt die Teamarbeit in der Projektentwicklung häufiger zum Ausdruck als in allen anderen Interviews. Während mehrere Interviewpartner eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit aufgrund der öffentlichen Finanzierung fordern, begründet ein Interviewter die forcierte Kommunikation der Deutschen Orient Gesellschaft (DOG) zwar auch mit einem ,Rückgeben‘ in die Gesellschaft, fügt aber noch hinzu, dass die Satzungsziele der Gesellschaft, Forschung und Vermittlung zu verknüpfen, erfüllt werden müssen. Bezüglich des DOG-Heftes Orient aktuell erläutert ein anderer Wissenschaftler, dass dies ein Beispiel dafür ist, dass sich selbst konservative Gruppierungen wie die DOG – wegen Mitgliederdruck – der Popularisierung nicht entziehen können.

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9.3. F AZIT Insgesamt zeigt sich in den Interviews, dass sowohl innerhalb der Wissenschaft, als auch im Vergleich von Wissenschaftlern und Journalisten unterschiedliche Vorstellungen in Bezug auf die Qualität von Popularisierungen herrschen. E6 beispielsweise sieht Fernsehdokumentationen als ein Medium an, in dem Unwahrheiten gezeigt werden – während die Produzenten besonderen Wert auf Seriosität legen. Hier wird auch ohne direkten Dialog deutlich, dass der jeweils anderen Branche Dinge vorgeworfen werden, die von dieser wiederum zurückgewiesen werden. Eine weitere Illustration der unterschiedlichen Fremd- und Eigenwahrnehmung ist die folgende Einschätzung: Während Wissenschaftler E6 erwähnt, dass die Wissenschaft nicht im Elfenbeinturm agiere, beklagt Medienschaffender E11, dass die Wissenschaftler im Elfenbeinturm operieren. Differenzen zwischen den Branchen treten auch bezüglich der Darstellungsweisen, wie etwa Narration und Personalisierung, hervor. Einerseits kommen die unterschiedlichen Positionen deutlich zum Ausdruck, andererseits überrascht es, dass teilweise auch durch Wissenschaftler Sichtweisen des Journalismus vertreten werden. Eine generelle Gemeinsamkeit zwischen Wissenschaft und Medienschaffenden ist zu erkennen: die Forderung nach mehr Zusammenarbeit. Abgesehen von einem Wissenschaftler, der vor einer Kooperation erst die Einrichtung eines Regelwerks vonnöten hält, werden von beiden Branchen ein verstärktes Miteinander und eine zunehmende Popularisierung gewünscht.

10. Synthese

In den vorherigen Kapiteln wurden Entwicklungen in der (Medien-)Gesellschaft, Trends und Spannungsfelder in der Wissensvermittlung sowie Popularisierungen der Archäologie inklusive genaueren Betrachtungen von Ausstellungen und TVDokumentationen erörtert. An dieser Stelle folgen nun Ergebnisse anderer Forschungen, um die bisherigen Angaben zu ergänzen und dadurch ein aussagekräftiges Gesamtbild zu erreichen. Im Weiteren werden die Untersuchungsergebnisse in den Gesamtzusammenhang eingeordnet und ein Ausblick für zukünftige Entwicklungen und Forschungen gegeben.

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10.1. A SPEKTE

DER

W ISSENSVERMITTLUNG

10.1.1. Generelle Tendenzen „Many academic scientists still hope that the changes in the institutional landscape will have a limited impact and that the number of new actors who have been drawn into the process of knowledge production will remain small. Our view, on the contrary, is that the present changes are too profound and multifaceted.“ (GIBBONS ET AL. 1994: 139F).

Wie in der Publikation aufgezeigt wurde, haben die Menge, die Formen und die Akteure1 der Wissensprodukte seit Ende des 20. Jahrhunderts stark zugenommen. Insbesondere die verschiedenen Medien konstruieren Wirklichkeiten (Petersen/Schwender 2009). Das Eingangszitat hat daher in den vergangenen Jahren nichts an Aktualität eingebüßt, sondern noch an Dynamik gewonnen. Anhand der Macharten der verschiedenen Produkte wird trotz diverser Gemeinsamkeiten eine große Pluralität deutlich. Sowohl bei Produzierenden als auch bei Rezipierenden herrschen teils stark divergierende Präferenzen über die Darstellungsarten vor (vgl. Pirker/Rüdiger et al. 2010: 12), was sich anhand der Publikumsakzeptanz der verschiedenen Angebote belegen lässt. In Kap. 4.2.3.2 sind Unterschiede zwischen wissenschaftlichen und journalistischen Präsentationsformen aufgelistet. Eine generelle Einteilung in zwei Systeme – wissenschaftlich und außerwissenschaftlich – greift allerdings zu kurz, denn es herrscht eine komplexe Struktur vor, in der Vernetzungen ganz unterschiedlicher Intensität vorliegen (s.a. Kap. 3; Weingart 2003: 65).2 So werden beispielsweise Ausstellungen sowohl durch Fachwissenschaftler als auch durch externe Beteiligte gestaltet und bei Fernsehdokumentationen sind Akteure unterschiedlichster Berufe beteiligt. Die zunehmenden Grenzauflösungen zwischen Hoch- und Populärkultur zeigen sich auch in der Archäologie: Von öffentlicher Hand ausgerichtete Angebote

1

Weingart bezeichnet die Vielfalt der Wissensakteure sogar als vierte Gewalt im politischen System, die – im Gegensatz zum wissenschaftlichen Wissen – keinen Kontrollen oder Selbstregulierungen unterliegt und keine Verpflichtung zum Gemeinwohl aufweist (Weingart 2007: 322).

2

Weingart zufolge, der von verschiedenen, verwobenen Systemen ausgeht, geraten die anderen Teilsysteme in den Sog des Systems ,Medien‘, obwohl dieses System nicht mit den anderen kompatibel ist (Weingart 2005: 12). Dadurch entstehen Spannungen.

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wie die Terra X-Dokumentationen sind kommerziell ausgerichtet und privat finanzierte Ausstellungen wie Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze bieten inhaltlich korrekte Informationen. Gleichwohl ist in den Medien, auch bei angesehenen (Print-)Titeln, grundsätzlich ein Trend zur Boulevardisierung festzustellen, der auch vor der Wissenschaftsberichterstattung nicht halt macht (Fischer 2005). Gegenwärtig sind in unserer Gesellschaft solche Unterhaltungsformen akzeptiert, die vor einigen Jahrzehnten noch als vulgär galten (John 2008: 25), so dass manche bereits von „Pop-Wissen“ (Schmidt 2008: 191, in Bezug auf Jacke 2008) in Ergänzung zu Pop-Musik, Pop-Literatur etc. sprechen (ebd.). In der deutschen Popularisierungslandschaft existieren Formen der Berichterstattung, in denen Forschungsinhalte im Fokus stehen (bspw. die BabylonAusstellung). Bei anderen Formaten, etwa Wissensmagazinen, dient Wissenschaft häufig nur als Mittel zum Zweck, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und das entsprechende Produkt zu verkaufen. Eine klare Kategorisierung fällt immer schwerer: „Wissen bedeutet heute eben nicht mehr jenes reproduzierbare, eng an die Wissenschaft gekoppelte Wissen, sondern mutiert zunehmend zu einem Mosaik an Impressionen, die ein Bild ergeben.“ (Yogeshwar in Hettwer/Zotta 2008a: 507) Auch die Grenzen zwischen Lern- und Erlebnisorten verwischen, was in den behandelten Formaten und nicht zuletzt an den Begriffen edutainment und learnotainment (Grötsch 2008: 108) sichtbar wird. 3 Museen beispielsweise sind gleichzeitig auch Erlebnisfelder und Freizeitparks bieten ebenfalls Lernanreize (Nahrstedt 2002: 169). „Die Hochkultur4 wird vom Sockel geholt, aber nicht gestürzt; sie lebt weiter in der Freizeitkultur. Und auch die Freizeitkultur wird ernst genommen – nur mit dem Unterschied, dass

3

Unter learnotainment ist zu verstehen, dass der Lernende und seine Bedürfnisse im Vordergrund stehen, während beim edutainment der Erzieher dominiert (Grötsch 2008).

4

Sarasin merkt allgemein zu den Bereichen der Hoch- und Populärkultur an: Die Vorstellungen von zwei getrennten sozialen Ordnungen des Wissens sollten ersetzt werden durch das Konzept von zwei koexistierenden Diskursformen: Moderne Gesellschaften brauchen neben den hochspezialisierten Diskursen gewisse populärkulturelle Räume, in denen sich wesentlich mehr Akteure am Aushandeln von Normen und Wertvorstellungen für die Wissensgesellschaft beteiligen, als es im institutionellen Rahmen möglich ist. Diese Räume (‚Populärkultur‘) sind die Räume der medialen Öffentlichkeit, in der die Bewohner mit Populärwissenschaft und in vielen Arten und unterschiedlichen Kompetenzen ihr Bild konstruieren, darunter auch, wie sie Wissenschaft zu verstehen versuchen. „ ‚Populärkultur‘ oder eben ‚Öffentlichkeit‘ ist die Voraussetzung dafür, dass wissenschaftliche Weltbilder entstehen können – und sie schafft erst die Bedingung dafür, dass ‚Wissenschaft verstehen‘ auch bedeuten kann, sie zu kritisieren.“ (Sarasin 2003: 257)

268 | WA (H )RE A RCHÄOLOGIE man ihr den Ernst nicht anmerkt, weil der nicht anstrengend und langweilig, sondern unterhaltsam und erlebnisreich ist.“ (Opaschowski 1993: 196)

Müller-Scheeßel weist darauf hin, dass Besucher, die etwa in Massen zu Ausstellungen strömen, leicht das Gefühl haben, dass das, was viele konsumieren, ja nicht schlecht sein kann (Müller-Scheeßel 1999b: 143). Qualität kann also leicht durch Quantität suggeriert werden. Dieses Problem trifft auch Entscheidungsträger in Fernsehredaktionen, Museumsgremien, Printverlagen und wissenschaftlichen Einrichtungen. 10.1.2. Aufbereitung von Archäologie „Die Geschichte verlagert [...] ihren Schwerpunkt von der Universität zum Kulturbetrieb des Marktes.“ (ASSMANN 2007: 178)

Auch im Geschichtsbereich existiert gegenwärtig eine Vielzahl an Angeboten, die historische Themen mannigfaltig präsentieren. Diese populären Geschichtsdarstellungen erfahren ein großes öffentliches Interesse (Korte/Paletschek 2009), so dass prägende Vorstellungen über archäologische Themen geschaffen werden (Pirker/Rüdiger et al. 2010: 12; Bleicher 2005: 3; Emele 1997). Populäre Geschichtsdarstellungen sind auf eine hohe Allgemeinverständlichkeit und Zugänglichkeit für ein Laienpublikum angelegt. Dazu werden die Inhalte oft mit allen Sinnen erlebbar gemacht und Fakten werden mit Imaginärem verknüpft. Ziel dieser Präsentationsformen ist es, die Vergangenheit spannend zu machen und Anknüpfungsmöglichkeiten zur Lebenswelt der Rezipierenden zu bieten (Korte/Paletschek 2009b: 15; Benz/Liedmeier 2007). Letzteres wird beispielsweise häufig durch Personalisierungen angestrebt, wodurch Identifizierungen ermöglicht werden (Korte/Paletschek 2009b: 15). Trotz des verstärkten Einsatzes von Personalisierungen ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle Rezipierenden Lust darauf haben, persönliche Informationen über die Forscher zu erfahren (Varwig 2010: 167). Die überwiegende Zahl der deutschen Medien greift archäologische Themen nur dann auf, wenn sie als Sensationen gelten oder mit anderen Superlativen beschrieben werden können, um ein großes Publikum anzuziehen (vgl. Varwig 2010: 169; Heinken 2010: 154). Ausführliche Hintergrundinformationen werden dabei mangels Wissens der Wissenschaftsjournalisten, häufig aber auch aufgrund zu geringer Zeit bzw. Ressourcen, nur selten geliefert (vgl. Heinken 2010: 154). Ausnahmen gibt es für Artikel von Printjournalen, die eine lange Vorlaufzeit haben, sowie für ausführlich vorbereitete Dokumentationen wie für Terra X. Der Anspruch der Korrektheit wurde von den

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interviewten Fernsehmachern, aber auch von einigen Ausstellungsverantwortlichen, deutlich thematisiert. Zwar interessiert viele Menschen etwas an Archäologie, aber oft stehen nicht die Forschungsergebnisse aus der Wissenschaft im Vordergrund, sondern man deutet selbst, nutzt Versatzstücke aus dem reichhaltigen Angebot der Vergangenheitskonstruktionen, sucht beispielsweise nach romantisierenden Elementen und nach Abenteuergeschichten der Ausgräber. Burmeister weist auf den Unterschied hin, dass populäre Archäologie generell auf die Gegenwart fixiert zu sein scheint, wohingegen die akademische Archäologie die Vergangenheit fokussiert (Burmeister 2005b: 36).5 Somit steht häufig nicht die Vergangenheit im Zentrum, sondern die Befriedigung von Bedürfnissen der Gegenwart (vgl. Benz/Liedmeier 2007),6 beispielsweise Bildung, Unterhaltung,7 Entspannung, Zerstreuung, Identität, Orientierung, Abenteuer, Exotismus, neue Erfahrungen und Erlebniswelten oder Eskapismus in eine einfachere Vergangenheit (Korte/Paletschek 2009b: 9f). Archäologie gilt auch für einige als Religionsersatz und befriedigt metaphysische Bedürfnisse (Seewald 2010).8 Holtorf erläutert, dass die Rezipierenden insgeheim selbst die Vergangenheit als Archäologe erkunden möchten, um sich einen Traum zu erfüllen. Idealerweise möchten sie selbst an einer Ausgrabung teilnehmen, was nicht zuletzt an der vielgehörten Aussage im Bekanntenkreis von Archäologen deutlich wird: ‚Archäologie – das wollte ich auch immer machen‘. Da praktische Ausgrabungen nur für die wenigsten möglich sind,9 genügt alternativ ggf. eine Stunde des entsprechenden Fernsehprogramms, das Lesen eines Artikels oder ein Nachmittag im Museum (Holtorf 2005a; Varwig 2010: 162). Die populären Produkte bieten häufig (nur) solche genannten Aspekte an. Emele etwa hat diverse 5

In dieser Differenz sieht er den wesentlichen, kaum überbrückbaren Unterschied zwi-

6

Pryor, medial häufig präsenter Archäologe, hebt in Bezug auf Ausgrabungsstätten hervor,

schen beiden Bereichen (Burmeister 2005: 36). dass deren öffentliche Bedeutung ausschließlich an der Relevanz zu aktuellen Themen und Bedürfnissen festzumachen ist und nicht an der Einschätzung in wissenschaftlichen Fachkreisen (Pryor 1996). 7

Benz/Liedmeier konstatieren die Tendenz, dass der Unterhaltungsfaktor bei Printpublikationen mit der Auflagenhöhe des jeweiligen Mediums ansteigt (Benz/Liedmeier 2007).

8

Seewald führt beispielsweise den großen Erfolg von Printartikeln über das Grab des

9

Dieses Bedürfnis kann beispielsweise in York konkret umgesetzt werden, da in der

Paulus, das Judas-Evangelium oder die Maya darauf zurück (Seewald 2010). dortigen Einrichtung Besucher zum Ausgraben animiert werden. Auszüge aus der Eigenbeschreibung der Webseite lauten: „DIG offers you a unique archaeological adventure to get you on your way to becoming a real archaeologist. This is a one of a kind! So...DIG IT! SHAKE IT! SEE IT! FEEL IT! FIND IT!“ (www.digyork.com, 07.01.2010, Hervorhebung im Original).

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Medien mit unterschiedlichen Produktions- und Rezeptionsbedingungen in Bezug auf Archäologiedarstellungen untersucht. Auffallend am Ergebnis ist die augenscheinliche Ähnlichkeit der unterschiedlichen Formate. Zumeist sind konkrete, visuell darstellbare Geschichten konstruiert, so dass ein fassbarer Geschehensablauf geschildert wird, in dem der Rezipierende teils selbst integriert ist. „Elementare Erfahrungen, nicht Informationen oder Bildung sind oftmals das Ziel.“ (Emele 1997: 129; vgl. Kaiser 2006: 203ff; Hiller 2009) Jensen äußert sich diesbezüglich ähnlich deutlich: „Dem Publikum wird der Geschmack von Exotischem und Mystisch-Geheimnisvollem, von Phantasie und Faszination, von Abenteuer und Ferne, nicht von archäologisch-historischem Alltag und Erkenntnisprozess vermittelt.“ (Jensen 2002b: 13; vgl. Spitzing 2010)10 Kapff geht sogar soweit, den Konsumenten das Ziel der Wissensvermehrung abzusprechen: „Allerdings geht es den Mitgliedern der modernen Fun-Gesellschaft dabei nicht eigentlich um Wissensgewinn, um Bildung, Information, geistige Anregung. Das Bildungsbürgertum des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gibt es nicht mehr. Heute wollen die Menschen Unterhaltung. Sie wollen konsumieren, abschalten, sich in der Freizeit nicht noch in geistige Unkosten stürzen.“ (Kapff 2004: 130)11

Emele erkennt den Trend, für diese Zwecke immer banalere, sprachlich einfachere Geschichten mit immer bedeutsameren Reizwörtern zu verwenden und Faszination am Thema fast immer durch Spannung oder Geheimnis zu erzeugen (Emele 1997: 27, 128f). Archäologie wird von Medienschaffenden häufig als Abenteuer dargestellt, um Aufmerksamkeit zu erregen, womit wiederum Umsatz erlöst werden kann. Die Präsentation der Geschichten kann somit selbst zur Botschaft, zum Kommunikationszweck werden (Emele 1997: 131). Somit ist fraglich, ob bei der oft oberflächlichen, Aufmerksamkeit erzeugenden Vermittlungsart ohne Kontextualisierung wirklich historisches Verständnis erreicht werden kann (Hiller 2009: 161). Verschiedene Autoren ziehen daher das Fazit, dass sich viele Rezipierende nicht wirklich für fundierte Archäologie interessieren, sondern für ausgewählte Vergan10 Bezüglich Wunhenge, dem geplanten Plastik-Nachbau von Stonehenge, existiert ein Forumsbeitrag im Internet, der diesen Aspekt verdeutlicht: „Der Initiator von Wunhenge ist der Inhaber einer Kunstfelsfirma. Ich habe im Sommer vor Ort mit ihm gesprochen. Abgesehen von seinem bewundernswerten Enthusiasmus habe ich eine gewisse Beratungsresistenz festgestellt, was die Ausgestaltung des Archäoparks betrifft. So will er selbstverständlich ein Keltendorf neben die Henge-Anlage stellen.“ (www.archaeo forum.de/viewtopic.php?p=34238, 24.10.2011) Anmerkung: Die Erbauer der Steinkreisanlagen haben mit den keltischen Kulturen rein gar nichts zu tun, zwischen beiden liegt eine immense Zeitdifferenz. 11 Ähnlich Jensen (2002b: 13).

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genheitsaspekte, die in ihre Vorstellungen passen – kurzum für Archäologisches (Burmeister 2005a: 155; Holtorf 2005a, 2007; McManamon 1994: 63; Wieczorek/Beinhauer 2002: 9; Stern 2002: 164; Zimmerman 2003: 121). Eine Studie verschiedener Printmedien ergab, dass die Faktoren Sensation, Kult, Religion, Macht und Reichtum die Hauptthemen populärer Berichte darstellen (Benz/Liedmeier 2007). Häufig wird in der Popularisierung nur auf ,Sensationshascherei‘ sowie kuriose Erscheinungsformen gesetzt und überkommene Klischees sind immer wieder zu finden (Jensen 2002b: 13). Dieses Ergebnis ist für die meisten Fachwissenschaftler ernüchternd, bezeichnet aber keine neue Entwicklung. Bereits vor über 100 Jahren wurde beklagt, dass Museumsbesucher nur an Schätzen interessiert sind (Samida 2006: 177), und Pallottino konstatierte 1964, dass das populäre Interesse schon seit den Anfangstagen der Archäologie vor allem auf der Faszination an Mystery, der Begeisterung für Entdeckungen und verborgene Schätze oder auf Aspekten wie der Ästhetik oder dem wertvollen Objekt gegründet ist (Pallottino 1964: 323f). Insbesondere Mystik wird in den Medien häufig mit Archäologie verknüpft (Richards 2004: 52; vgl. Heinz 2003).12 Nicht nur der Deckmantel der Mystik, der über die Fachwissenschaft gelegt wird, auch der Fokus bei Ausstellungen und Dokumentationen auf spektakuläre Monumentalbauten, aufsehenerregende Goldschätze oder reiche Grabbeigaben ist problematisch für die Wissenschaftsdiszplin. Sensationalismus wird als Standard gesetzt, wodurch Archäologie als Wissenschaft des Extravaganten und der ausschließlichen Beschäftigung mit Reichen und Mächtigen gezeigt wird. Durch die ständigen Wiederholungen dieser Klischees setzt sich dieses Bild der Disziplin fest und wird dann auch von der Bevölkerung oder Politikern implizit oder explizit für zukünftige Forschungen erwartet. Diese unwissenschaftliche und fragwürdige Fixierung auf Sensationen mag zwar den Medienunternehmen und der Tourismus- oder Ausstellungsbranche (kurzfristig) Profit einbringen, ist aber für die Archäologie langfristig schädlich (vgl. Bernbeck 2008). Nicht nur für die Vorderasiatische Archäologie hat dies beispielsweise zur Folge, dass Kulturgüter zu Schätzen stilisiert werden. Das wiederum zieht Raubgrabungen vor Ort nach sich, um den Schwarzmarkt zu bedienen: „Das Bild des sensationelle Schätze hebenden Archäologen wird zum Leitbild: die Schätze tragen zum Wissen über eine Kultur bei, ihr Wiederauffinden ist vermeintlich gelebter Kulturerhalt und es gehört zum Prestige eines Landes, eines Museums und immer mehr Privatpersonen, derartige Objekte zu besitzen.“ (van Ess 2010: 174)

12 Das deutlichste Beispiel ist der in Kap. 5.3 erwähnte Mystery Park – in diesem ArchäoPark heißt der Kinderbereich Mysty Land und es finden Rollenspieltage namens MysteryCON statt.

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Manche Forscher betonen, dass Archäologie auch ohne Schätze und Sensationen für ein breites Publikum spannend sein kann (Scherzler 2005: 154; Henson o.J.; Hillrichs 2004: 123ff). Beispielsweise können die gewonnen Erkenntnisse oder der Prozess des Erkenntnisgewinns bereits anziehend genug sein: „People are genuinely interested in how we know what we think we know about the past” (Henson o.J.). Seewald allerdings weist darauf hin, dass Laien sich für Arbeitsweisen der Archäologie nur dann interessieren, wenn sie in eine Geschichte eingebunden sind: „Ein Archäologe, der keine Geschichte erzählt, bleibt ungehört.“ (Seewald 2010: 206)13 10.1.3. Kommerzialisierungen „Über den Wert einer künstlerisch-kulturellen Produktion entscheiden am Ende nur noch die Einschaltquoten und die Verkaufszahlen.“ (THOMAS MACHO IN KEMPER 2001B: 194)

Das allgemeine Kennzeichen einer Wissensgesellschaft, dass Wissen als Ware in ganz verschiedenen Formen vermarktet wird (Keller 2008: 86ff; Liessmann 2006), bestätigt sich in Deutschland in unterschiedlichen Bereichen. Konsum tritt statt Information vermehrt in den Vordergrund, ein erheblicher Teil der Beschäftigten im Wissenssektor arbeitet im Bereich der Wissensverbreitung und in Popularisierungsmaßnahmen wird momentan erheblich investiert (Opaschowski/Pries/ Reinhardt 2006: 217; Rohrbach 2008: 99; Eichholz 2010: 31). Im Universitätsbetrieb gelten Drittmitteleinwerbungen und mediale Präsenz als Qualitätsmerkmale eines Wissenschaftlers, Imagebroschüren von Forschungsprojekten ähneln Verkaufsprospekten von Unternehmen und Studiengänge werden auch nach betriebswirtschaftlichen Kriterien bemessen. Medienübergreifend ist ein Fokus auf die kommerzielle Verwertbarkeit von wissenschaftlichen Inhalten zu konstatieren. 14 Dadurch spielen Faktoren wie Atmosphäre und Ästhetik, die früher im Bildungsbereich eher unwichtig waren, nun auch in diesem Segment eine wichtige Rolle. Auch

13 Hier zeigt sich für viele Fachwissenschaftler ein Spannungsfeld auf: Einerseits plädiert man für eine umfassende Darstellung seiner Disziplin in populären Darstellungen. Andererseits ist fraglich, ob man selbst bei einer abendlichen Konsumierung von Wissensformaten im Fernsehen tief in die Methodik eines unbekannten Wissenschaftsthemas einsteigen möchte oder doch eine visuell ansprechend aufbereitete und leicht verständliche, unterhaltsame Variante bevorzugt. 14 Als Beispiel kann die Webseite www.wissenschaft.de (24.01.2011) gelten, die nicht von Wissenschaftlern einer öffentlichen Einrichtung, sondern von einem kommerziellen Verlag betrieben wird.

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sind die Wissenschaftler in Bezug auf finanzielle Verwertbarkeit und Aufmerksamkeitsökonomie nicht mehr ausgeklammert: „Wissenschaftler werden zu Moderatoren, Animateuren und Medienstars. Mittlerweile heißt es: Science sells“ (attempto 19/2005: 2). Galt Wissenschaft früher häufig als Aufklärung, so wird sie heute in verschiedenen Medienformaten vermehrt als Mittel zur Erlangung von Aufmerksamkeit eingesetzt und als Verkaufsprodukt genutzt (vgl. Weingart 2005: 20f). In Hinsicht auf die Aufmerksamkeitserzeugung merkt Schmidt an, dass in der Forschung weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass Aufmerksamkeit durch Überraschung, Neues, Unerwartetes oder Aktuelles erzeugt wird. Allerdings können auch Wiederholungen Aufmerksamkeit generieren. Insbesondere zu Unterhaltungszwecken sind Wiederholungen wichtig, sie schaffen durch eine Kombination aus Altbekanntem und Neuem Aufmerksamkeit (Schmidt 2008: 58f; Werber 1998). Die in archäologischen Darstellungen verwendeten Grundmuster und Stereotype führen daher nicht zur Ermüdung des Publikums und können in neuem Kontext immer wieder genutzt werden. Die herrschende Aufmerksamkeitsökonomie bringt verschiedene Folgen mit sich. Ein häufig eingesetztes Mittel, um Interesse zu wecken, sind prominente Namen (vgl. Grötsch 2008: 110; Bolz 2007: 23; Franck 1998: 105f; Schmidt 2005c: 38). Begriffe wie ,Babylon‘ oder ,Tutanchamun‘ beispielsweise sollen Interesse wecken,15 Forscherpersönlichkeiten werden in Fernsehdokumentationen gerne mit akademischer Titelbezeichnung ausgewiesen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens – wie ,Außenminister Dr. Steinmeier‘ – werden eingebunden, um das Image des Produktes zu verbessern. 16 Kulturelle Produkte werden aufgrund des finanziellen Drucks immer häufiger für eine multimediale Vermarktung konzipiert und auch vermehrt für den internati15 Auch Stars können innerhalb einer Ausstellung eine Rolle spielen: In der behandelten Tutanchamun-Ausstellung ragt einerseits Tutanchamun mit seinem glänzenden Reichtum heraus, andererseits wird Howard Carter als erfolgreicher Held in Szene gesetzt. 16 Inwiefern Medienprominenz bei Forschern innerwissenschaftliche Beurteilungen ergänzen oder gar ersetzen, ist unklar. Weingart erwähnt, dass manche Wissenschaftler Medienprominenz als positiv und nützlich ansehen, andere hingegen statt einer Reputationssteigerung einen schlechten Ruf im Kollegenkreise befürchten (vgl. Weingart 2003: 115). Er betont, dass Medienprominenz ergänzend sein, aber auch an die Stelle von wissenschaftlicher Reputation treten kann. Somit können ohne peer-review-Verfahren, die wissenschaftliche Qualität sicherstellen sollen, große Bekanntheitsgrade erreicht werden. Dies führt häufig zu zwiespältigen Meinungen innerhalb der Wissenschaft (auch in den durchgeführten Interviews zeigen sich verschiedene Positionen), bewirkt jedoch eine Zunahme des symbolischen Kapitals und kann somit bei der Ressourcenvergabe (ökonomisches Kapital) positive Auswirkungen haben. Popularisierung wird allerdings von vielen noch immer als minderwertig angesehen, was zu einer gewissen Skepsis führt. Auch führen verzerrte Darstellungen in den Medien zur Zurückhaltung (Weingart 1998).

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onalen Markt ausgerichtet (Bonfadelli 2002: 301). Bereits bevor Erkenntnisse generiert werden, setzt unter Umständen eine Kommerzialisierung ein, denn von einzelnen Medien werden „horrende Summen“ (Spitzing 2010: 220) für Exklusivrechte an herausragenden Ausgrabungen gezahlt (ebd.).17 Museen entwickeln sich aufgrund der immer wichtiger werdenden Museumsarchitektur, ihres Abbaus der fachwissenschaftlichen Kompetenz zugunsten des Managements und Marketings, dem verstärkten Hinzuziehen von externen Dienstleistern sowie ihrem Annähern an ein Shop- und Messedesign immer mehr zu einem Massenmedium, das sich an wirtschaftlichen Interessen orientiert (Fehr 2009). Museen gelten daher nicht mehr primär als Bildungseinrichtung, sondern werden beispielsweise von Politikern als Standortvorteil vermarktet (vgl. Siebenmorgen 2008: 269; Dröge/Hoffmann 2010b: 13). Müller weist darauf hin, dass nicht mehr Wissenschaft, Bildung oder Selbstverwirklichung im Zentrum von Museumskonzepten stehen, sondern Erfolg. Dabei kommt es darauf an, „sich einen Namen in der Museumslandschaft zu machen, die eigene Bekanntheit zu steigern, selbst eine Marke zu werden.“ (Müller 2010: 207). Der Fokus auf Faktoren wie ,Erfolg‘ und ,Event‘ kann sich nachteilig für ausgewogene Konzeptionen auswirken, denn „die Eventkultur kann dazu verführen, die wissenschaftlichen Pflichtaufgaben durch eine populäre Ausstellungspolitik zu vernachlässigen. Die Ausstellungs- und Veranstaltungspolitik der Museen passt sich einem vermeintlichen Publikums-Bedürfnis an und zeigt nur noch populäre Hauptwerke.“ (Kallinich 2003: 19)

Die Gefahr der inhaltlichen Verflachung besteht allgemein bei einer starken Fokussierung auf den finanziellen Erfolg des Wissensproduktes. Kallinichs warnende Ausführungen in Bezug auf Museen können stellvertretend für alle populären Aufbereitungen von Archäologie gelten: „Das Museum hat einen Aufklärungs-, keinen Verklärungsauftrag! [...] Schließlich darf das Museum nicht in der Medien- und Erlebnisgesellschaft aufgehen, sondern muss ein Ort kritischer Reflexion bleiben und ein Ort der Medien-, Kultur- und Gesellschaftskritik sein.“ (Kallinich 2003: 21; ähnlich auch Kaiser 2006: 227; vgl. Scholze 2004: 154, 198)

Richtig ist, dass viele populäre Angebote den wirtschaftlichen Erfolg ihres Erzeugnisses im Blick haben. Kultur und Ökonomie bilden keine Gegensätze mehr 17 Spitzing erläutert den Trend des Umgangs mit (historischem) Wissen mit einem eindrücklichen Vergleich: „Wissenschaftliche Ergebnisse sind schließlich keine Sportrechte, die demjenigen zugeschlagen werden, der am meisten zahlt. Aber genauso werden sie inzwischen gehandelt.“ (Spitzing 2010: 220)

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(Franck 1998: 159). Jedoch sind nicht alle Angebote an potentiellen Einkünften ausgerichtet, was an vielen Webinhalten sichtbar ist: Sowohl Wikipedia als auch etliche der historisch ausgerichteten Foren, Blogs etc. werden ehrenamtlich aus Leidenschaft an der Geschichte betrieben (vgl. Franck 2000). Rezipierende verwenden Wissensprodukte anscheinend ohne ersichtliche Präferenzen hinsichtlich des finanziellen Aufwandes. Sowohl nahezu kostenfreie Produkte wie Internetquellen oder Fernsehdokumentationen, aber auch Ausstellungen, die bis zu 19,- Euro Eintritt kosten, sind gern genutzte Angebote.18 Die finanziellen Umsätze der kulturellen Produkte addieren sich zu Größenordnungen, die in ihrer ökonomischen Leistung häufig unterschätzt werden. Der Kulturbereich erwirtschaftet in Deutschland mit jährlich 35 Milliarden Euro mehr als die Energiebranche und wächst schneller als die Gesamtwirtschaft (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 1, 258). Wie anhand der Ausführungen dieser Untersuchung ersichtlich wird, ist Geschichte dabei zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden (vgl. Assmann 2007: 178). Archäologie ist ein Teil dieses Marktes. „Archaeology ‚sells‘“ (Zimmerman 2003: 121). 10.1.4. Mediale Einflüsse Die Präsentationsformen der Massenmedien können Einfluss auf die Kommunikationsweisen von wissenschaftlichen Einrichtungen nehmen. Empirische Nachweise von solchen Beeinflussungen sind schwierig und in der Forschung bisher ausgeblieben, trotzdem werden im Folgenden einige Indizien genannt, die auf solche Wirkungen hindeuten. Der Theiss Verlag arbeitet an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Er verlegt seit vielen Jahrzehnten populäre Publikationen, die durch akademisch ausgebildete Autoren verfasst sind. Gegenwärtig ist zu erkennen, dass vermehrt solche Titel aufgelegt werden, die durch die Themen- und Wortwahl Gefühle hervorrufen und ein Massenpublikum ansprechen sollen. Beispiele dafür sind: Mythen der Welt (Comte 2008), Lost Cities (Levy 2008), Von Göttern und Helden (Krause 2010) oder Kultstätten und Opferplätze in Deutschland (Kuckenburg 2007). Auch die Gestaltung der Buchcover erfolgt vermehrt in emotionserzeugender Weise:

18 Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze kostete am Wochenende für Erwachsene 19,Euro Eintritt, für manche Vortragsabende im Begleitprogramm mussten 20,- Euro gezahlt werden. Rechnet man die Anreise hinzu, die für auswärtige Besucher der Ausstelllungen ergänzend fällig wird, ist diese Art der kulturhistorischen Bildung durchaus als hochpreisig einzustufen.

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Abbildung 13: Buchcover in geheimnisvoll-mystischer Gestaltung von Levy (2008) und Kuckenburg (2007)

Quelle: Theiss-Verlag.

Als Covermotive fungieren neben mystisch wirkenden Bildern häufig Portraits, was den Trend zu Personalisierungen unterstreicht. Diese Tendenz lässt sich bei einem anderen deutschen Verlag für populäre Geschichtsbücher ebenfalls ausmachen, wenngleich hier die Forscher in den Mittelpunkt gerückt werden: Der Philipp von Zabern Verlag brachte 2009 die Reihe Die Berühmten Archäologen heraus. Der renommierte Verlag setzt seit kurzem auch auf die Faktoren ‚Erlebnis‘ und ‚Interaktion‘. Ende 2009 startete die neue Webseite, deren Werbetext folgendendermaßen lautete: „Unter dem Motto: GESCHICHTE NEU ERLEBEN werden wir interaktiver, ansprechender, unterhaltsamer und informativer!“ (Theiss 2009, Hervorhebung im Original). Auf den Trend zu Bewegtbildern (s. Kap. 8.2.1) hat nicht nur die Deutsche Forschungsgemeinschaft mit ihrem Internetangebot DFG Science TV reagiert. Auch L.I.S.A., das Wissenschaftsportal der Gerda-Henkel-Stiftung, bietet im Bereich der Altertumswissenschaften Videos an und offeriert darüber hinaus Angebote einer social community. Die Volkswagenstiftung hat 2011 unter www.sciencemovies.de (25.01.2011) ebenfalls eine neue Plattform geschaffen, auf der sich Wissenschaftler mit ihren Forschungen per Video präsentieren. Ebenso sind auf dem Internetportal www.exzellenz-initiative.de (25.01.2011) viele Projekte der im Rahmen der Exzellenzinitiative geförderten Universitäten in Videoform dargestellt. Rückkopplungen aus dem populären Bereich sind auch bei der Gestaltung von Fachpublikationen festzustellen, so etwa bei der Zeitschrift für Orient-Archäologie,

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dem Zusammenschluss der beiden ehemals eigenständig erscheinenden Baghdader Mitteilungen und Damaszener Mitteilungen. Die 2008 erstmalig erschienene Zeitschrift weist ein Layout auf, das dem von kommerziellen Publikationen für ein breites Publikum entspricht. Das Cover ist mit Farbfotos versehen und auch im Band sind farbige Darstellungen, teils in seitenfüllendem Format, abgedruckt. Auch die Imagebroschüre der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Institutes ist dem aktuellen Erscheinungsbild von populären Magazinen angepasst. Sie enthält auf allen Seiten farbige Abbildungen und erscheint in kompaktem Format.19 Die Mitgliederzeitschrift der Deutschen Orient Gesellschaft, Alter Orient aktuell, wird bereits seit 2003 in Farbe gedruckt und ist im Stile eines populärwissenschaftlichen Journals gestaltet. Die genannten Darstellungsweisen unterscheiden sich beispielsweise in punkto Lesefreundlichkeit deutlich von der Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie, bei der etwa das Inhaltsverzeichnis am Ende des Bandes in alphabetischer Sortierung der Autoren, statt der üblichen numerischen Reihenfolge, angeordnet ist. Die komplette Zeitschrift ist inklusive der kleinformatigeren Bilder in Schwarz-Weiß gehalten. Abgesehen von den Printmerkmalen kommt es vor, dass Seminartitel im Universitätsbetrieb von der Alltags- und Werbesprache beeinflusst werden; im Jahr 2010 wurde am Freiburger Institut für Vorderasiatische Archäologie ein Seminar mit dem Titel Schöner Wohnen im Alten Orient angeboten. Insgesamt sind in der Art der Präsentationen Angleichungen zwischen populären Darstellungen und Produkten von Wissenschaftlern feststellbar. Inhaltlich hingegen ist der Fokus der populären Medien auf Kriterien wie Abenteuer, Erlebnis, Emotion, Personalisierung und Superlativismus nach wie vor ein markantes Unterscheidungskriterium der beiden Bereiche.

19 Die Ausgabe Deutsches Archäologisches Institut. Orient-Abteilung. Aktuelle Forschungsprojekte stammt aus dem Jahr 2008 und ist erstmalig in einer Auflage von 1.000 Stück erschienen. Sie wird zukünftig im Abstand von mehreren Jahren herausgegeben und informiert sowohl über das Profil der Abteilung mit ihren Außenstellen als auch über sämtliche Forschungsprojekte.

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10.1.5. Rolle der akademischen Wissenschaften „Universities are coming to recognise that they are now only one type of player, albeit a still major one, in a vastly expanded knowledge production process.“ (GIBBONS ET AL. 1994: 11)

Anhand der aufgezeigten Nutzungszahlen von populären Wissensprodukten wird deutlich, dass die Wissenschaft nur ein Akteur unter vielen ist, der mitunter einen wesentlich geringeren Einflussradius aufweist als andere Formate: „Überspitzt gesagt: Entscheidend ist nicht, was einige wenige Wissenschaftler glauben, sondern das, was die große Mehrheit der Bevölkerung wahrnimmt, auch wenn wir wissen, dass es nicht stimmt.“ (Weingart/Pansegrau 1998: 206) Ob der Einfluss von Wissenschaftlern auf die populären Produkte tendenziell zu- oder abnimmt, kann an dieser Stelle nicht ausgesagt werden. Fakt ist, dass Wissenschaftler im populären Vermittlungsprozess unterschiedliche Rollen übernehmen. Teils konzipieren sie Ausstellungen und erreichen damit viele Besucher sowie Leser des Ausstellungskataloges. Für manche Printmagazine schreiben sie selbst Artikel, für andere Journale gelten sie lediglich als Lieferanten der ,Ware Information‘. Für Fernsehdokumentationen werden Forscher häufig als wissenschaftliche Berater herangezogen. Dabei können sie zwar auf die Machart der Sendung nicht einwirken, häufig aber die Korrektheit der genannten Daten sicherstellen. Wie in der Studie herausgearbeitet wurde, üben die Medien einen großen Einfluss aus. Diese greifen jedoch zumeist auf Veröffentlichungen, Ausgrabungen oder Interviews mit Fachwissenschaftlern zurück, denen somit eine bedeutende Rolle zukommt. Diese Ambivalenz zeigt sich auch deutlich bei den Altertumswissenschaften: „Nach dem Ende des Monopols der professionellen Geschichtswissenschaft gehört Geschichte heute einer ständig wachsenden Gruppe von Sachwaltern: neben den Professoren auch den Politikern, den Ausstellungsmachern, den Geschichtswerkstätten, den Bürgerbewegungen, den Filmregisseuren, den Künstlern, den Infotainern und den Eventregisseuren. Das heißt keineswegs, dass der Einflussbereich der Historiker zurückgeht, im Gegenteil. Sie werden bei allen Geschichtsprojekten dringend gebraucht, müssen aber fortan mit anderen enger zusammenarbeiten.“ (Assmann 2007: 178)20

Ein Wandel ist allerdings nicht nur bei den Akteuren auszumachen, auch die klassischen Orte der Wissensvermittlung werden ergänzt:

20 Ähnlich Stichweh (2004: 159ff).

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„Die traditionellen Lernorte, wie die öffentliche Schulen und Museen, sind auf dem Weg, ihr Lernmonopol zu verlieren, und befinden sich im verstärkten Konkurrenzdruck mit privaten Lehreinrichtungen und Freizeitangeboten, die das Lernen zunehmend als auch lustvolle Erfahrung in ihr Angebot aufnehmen.“ (Grötsch 2008: 109)

Anhand der vorgestellten Tutanchamun-Ausstellung zeigt sich dieser Umstand deutlich. Für die Fachwissenschaften hat diese Ausweitung der Produzierenden Auswirkungen: „Die akademische Geschichtswissenschaft steht mit der Präsentation ihrer Erkenntnisse in der Öffentlichkeit in einer bisher nie dagewesenen Konkurrenzsituation.“ (Hardtwig 2005: 1)21 Das Ende des Alleinstellungsmerkmals für die Universitäten im Bezug auf die Wissensvermittlung hat häufig eine verstärkte Selbstvermarktung zur Folge (siehe etwa die Öffentlichkeitsarbeit zum ExzellenzCluster TOPOI, insbesondere Topoi 2009). Dies kann Vor-, aber auch Nachteile mit sich bringen, da Eigenwerbung Glaubwürdigkeitsverluste erzeugen kann (Weingart 2007b: 322). In der Gesellschaft zeigt sich gegenwärtig eine deutliche Ambivalenz: Einerseits waren Wissen und Wissenschaft noch nie so einflussreich und populär. Andererseits steckt die akademische Wissenschaft in einer Krise, während die „postakademische“ (Bammé 2004) expandiert (ebd.: 205ff; Willke 2002: 12; vgl. Weingart 2003: 87f). Die Deutungshoheit der Experten ist generell gesunken. Sowohl große Institutionen als auch ausgewiesene Experten verlieren an Autorität (Stehr 2001) und insbesondere im Internet existiert ein „Laien-Expertentum“ (Pscheida 2009: 262). Bei Betrachtung der Rezipierenden-Zahlen von populären Produkten kommt den Medien ein höheres Wirkungspotential als den Institutionen der Wissensproduktion zu.22 Die Deutungshoheit des öffentlichen Bildes von Archäologie liegt maßgeblich bei den populären (Medien-)Angeboten – und weniger bei Universitäten und Fachpublikationen.

21 Allerdings üben die von Nichtwissenschaftlern geschriebenen Bücher über historische Themen schon seit Jahrzehnten einen immensen Einfluss aus (vgl. o.A. 1975). 22 Wie Berger/Luckmann betonen, werden Wirklichkeiten innerhalb einer Gesellschaft durchgesetzt, weil jemand mehr Macht hat (Berger/Luckmann 2007: 117).

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10.2. U NTERSUCHUNGSERGEBNISSE „Der Trend heißt: Weg von verstaubten Sammlungen hin zur popularisierten Wissensvermittlung, Bildung als spaßiges Event inszeniert.“ (WILLMANN 2001).

Aufgrund der Kriterien ,Verbreitung‘, ,Aktualität‘ und ,Wirkmächtigkeit‘ wurden bestimmte Medienformate für die Forschung ausgewählt. In diesem Kapitel werden einige wesentliche Ergebnisse der Fallbeispiele sowie der archäologischen Popularisierungsforschungen in Bezug zu den generellen Angaben gesetzt. Archäologische Angebote sind ebenso im Trend wie Wissenspopularisierungen im Allgemeinen. Quantitativ ist anhand von Einschaltquoten, Auflagenstärken und Besucherzahlen ein medienübergreifend hohes Interesse nachweisbar. Die Vorlieben, Bedürfnisse und Motivationen der Rezipierenden sind diesbezüglich sehr vielfältig. Die Frage nach den Interessensfeldern der Öffentlichkeit wurde in dieser Arbeit qualitativ nicht behandelt und stellt ein Forschungsdesiderat dar. Von diversen Produzierenden und Popularisatoren archäologischen Wissens hingegen wurden qualitative Aussagen aufgenommen. Die Ergebnisse zeigen eine große Bandbreite an Meinungen auf; beispielsweise reichen die Bewertungen von populären Produkten durch Fachwissenschaftler von Faszination bis verächtlicher Ablehnung. Die Interviews verdeutlichen das in Kapitel 4.2.3.2 angesprochene Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Journalismus. Die Feststellung, dass sich bei den Medien gewisse Schemata entwickelt haben, die der Nutzer kennt und erwartet (vgl. Kap. 4; Schmidt 2008: 61; Scherzler 2007: 116), bestätigt sich in vielen Fällen der archäologischen Vermittlungsformate. Ein medienübergreifendes Merkmal ist der Einbezug des Rezipienten in die Forscherrolle. Insbesondere durch dieses Mittel wird dem Interessierten, zusammen mit der häufig explizit geschaffenen Nähe zur Lebenswelt des Konsumenten, die ferne Vergangenheit nähergebracht. Die Terra X-Dokumentationen etwa weisen das Grundmuster auf, zusammen mit dem Zuschauer eine Expedition zu ,spannenden Rätseln und großartigen Objekten‘ durchzuführen. Abgesehen von der BabylonAusstellung finden sich in populären Darstellungen häufig das SchatzsucherKlischee und der Abenteuer-Topos. Letztere Faktoren tragen dazu bei, dass die Aussage „Wissenschaft hat heute einen ähnlichen Stellenwert wie Kino und Theater“ (Wefer 2008: 3) auch oder gerade für archäologische Wissensprodukte gültig ist. Insbesondere für Rezipierende bedeutet Archäologie Unterhaltung. Jedoch wird auch von den Wissensvermittlern teilweise bewusst eine Vorgehensweise gewählt, die diesen Eindruck verstärkt. Um große Publika für Ausstellungen anzuziehen oder viele Fernsehzuschauer zu errei-

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chen, werden häufig Erlebnisse in unterschiedlichster Art initiiert und bei der Öffentlichkeitsarbeit in den Vordergrund gestellt. Wefers Vergleich mit einer Bühnenshow klingt daher tatsächlich nicht mehr sehr abwegig. Was früher nur für Freizeitparks galt, tritt nun auch in der Wissensvermittlung auf. Solche Parks wirken für die Besucher unter anderem deswegen faszinierend, weil Gefühle vollkommener Harmonie und Freiheit erzeugt werden, eine ästhetisch und emotional angenehme Atmosphäre herrscht, außergewöhnliche Ereignisse suggeriert werden und die Erfahrung einer perfekten Illusion sowie eines besonderen ,Kicks‘ erlebt werden kann (Bachleitner 1998). Derartige Elemente aus der Freizeitwirtschaft kommen insbesondere in der Tutanchamun-Ausstellung, aber auch in der Qatna-Präsentation und den Fernsehdokumentationen zum Tragen. Neben Faszination an der Exotik, Neugier auf das Thema und dem oben geschilderten Abenteuerbedürfnis dürften diese Elemente ausschlaggebende Gründe für die große Resonanz dieser Produkte sein. Die in Kapitel 4.3 geschilderten Kennzeichen der Erlebnisgesellschaft sind in Bezug auf die Vermittlung von Archäologie deckungsgleich. Unterschiede in der Darstellungsweise zwischen kommerziellen Vermittlern und staatlichen Organisatoren sind dabei nur noch schwerlich auszumachen. Lediglich der Ausstellungsbereich ,Wahrheit‘ der Babylon-Ausstellung bietet wenig an Erlebnis- und EmotionsElementen 23 und bricht darüber hinaus mit bekannten Stereotypen. Dieser Aspekt ist ein wesentlicher Unterschied zum kommerziellen Angebot der TutanchamunAusstellung, das primär Wert auf eine angenehme Atmosphäre legt, und zur QatnaPräsentation. Die Werbung der staatlichen Babylon-Sonderausstellung hingegen ist schriller gestaltet als die Öffentlichkeitsarbeit der Tutanchamun-Ausstellung, die vor allem innerhalb der Ausstellung wesentlich mehr emotionale Elemente aufweist. Insgesamt tritt vermehrt ein ambivalentes Verhalten zutage: „Show und Wissenschaft. Einerseits klagen die Forscher über Hollywood und darüber, dass falsche Bilder vermittelt werden, andererseits begeben sie sich selbst auf die Gratwanderung zwischen seriöser Information und Unterhaltung.“ (Neumeier 2010: 11)

Wie die Interviews zeigen, gibt es Wissenschaftler, für die eine solche Gratwanderung kein akzeptabler Weg ist. Sie lehnen den Trend, sich an populäre Darstellungsweisen anzupassen, bewusst ab, da die medialen Kriterien oft der wissenschaftlichen Seriosität widersprechen. Der Anspruch des Ausstellungsarchitekten der Tutanchamun-Ausstellung „Wir wollen Wissenschaft als Abenteuer zeigen“ (Verbizh in Güntheroth 2009: 106) verdeutlicht die für viele Wissenschaftler unüberbrückbare Differenz. 23 Der ,Mythos‘-Bereich beinhaltet allerdings, ebenso wie die Öffentlichkeitsarbeit, eine Strategie, die auf Emotionen – beispielsweise durch Überraschung und Provokation – setzt.

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In den untersuchten populären Darstellungen sind weder Prozesse des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns noch gegenwärtige Problematiken wie Raubgrabungen geschildert. Während insbesondere bei der privatwirtschaftlichen Ausstellung eine solche Vorgehensweise nicht erstaunt, ist es auffällig, dass selbst dort diese Bereiche ausgelassen sind, wo Fachwissenschaftler die Federführung haben. Denn es sind gerade Wissenschaftler, die die Darstellung archäologischer Vorgehensweisen und Methoden fordern. Im Bezug auf den Lerneffekt betonen manche Forscher, beispielsweise im Hinblick auf TV-Dokumentationen, dass weder ein größeres Verständnis von Geschichte noch von der wissenschaftlichen Disziplin erreicht wird. Stattdessen bleiben lediglich Eindrücke von Abenteuer, Ferne und altbekannten Mythen (vgl. Stern 1994: 10, 2002: 164; Samida 2010b: 32; Wirtz 2008: 15ff; Rahemipour 2003: 197). Wenn diese Ansicht auf alle populären Wissensangebote übertragbar wäre – was zukünftige Forschungen klären könnten – würde der generelle Sinn der aufwändigen Wissenspopularisierung für Wissenschaftler infrage gestellt. Gegen die oben geäußerten Ansichten, denen häufig keine empirische Studie zugrunde liegt, sprechen die Untersuchungen von Glaser/Garsoffky/Schwan (i. Vorb.) in Bezug auf TV-Dokumentationen. Die Forscher belegen erstmals, dass eine narrative Vermittlungsart von archäologischen Dokumentationen mit Reenactmentszenen eine höhere Merkfähigkeit bewirkt als Sendungen ohne diese Spielszenen (s.a. Kap. 7.4). Diese Analysen bestätigen die Angaben in Kapitel 4.5, dass emotionsauslösende Vermittlungsarten vorteilhaft für den Lerneffekt sind. Alle populären Wissensprodukte setzen auf Emotionen, sei es durch Faktoren wie ,Nähe zum Rezipienten‘, ,Staunen über großartige Dinge‘ oder ,Spannung und Erlebnis‘. Hierbei öffnet sich ein zwiespältiges Feld: Einerseits verzerrt der Fokus auf Superlative und Abenteuer häufig die Realität, andererseits sind gerade solche Elemente gut für ein potentielles Erinnern an den Inhalt. Allerdings ist wiederum zu beachten, dass jeder Rezipient die vermittelten Informationen individuell umarbeitet, so dass nur bedingt gesteuert werden kann, was Konsumenten aufnehmen (Heinisch 1988; Grütter 1992; Fiske 2000; Wegener 2005). Treinen zufolge funktioniert Lernen nur durch langfristige soziale Netzwerke, durch Austausch mit Gleichgesinnten (Treinen 1988). Diese Kommunikationsform ist durch das Web 2.0 sowie durch Ausstellungsbesuche gut umsetzbar, wenngleich die Gefahr der Kurzfristigkeit solcher Kontakte besteht. Des Weiteren wird farbigen Abbildungen in populären Produkten eine gewichtige Rolle eingeräumt. Da sie speziell angefertigt wurden, um Aufmerksamkeit und Emotionen auszulösen, unterscheiden sie sich häufig von wissenschaftlichen Bildern. Wie in Kap. 4.4 dargelegt, werden solche grafischen Darstellungen von den Rezipierenden gut erinnert und prägen daher das Bild der Archäologie und der Vergangenheit in entscheidender Weise. Die Feststellung verschiedener Autoren, dass Informationen nur noch mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne ,häppchenweise‘ aufgenommen werden (s. Kap. 4.2.1),

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wurde im Rahmen dieser Studie nicht untersucht. Den Aussagen von interviewten Ausstellungsmachern zufolge konnte allerdings das Gegenteil konstatiert werden. Die beobachtete ausführliche Informationsaufnahme mag zwar auch dem Umstand zu verdanken sein, dass in einem Museumsgebäude ein Ausweichen auf andere Themen nicht so einfach wie beim Fernsehen möglich ist, überrascht aber trotzdem, da der Trend des kurzfristigen Aufnehmens als allgemeingültig betrachtet wird. Sämtliche untersuchten Beispiele haben eine hohe Reichweite erzielt. Alle sind aber auch mit einem erheblichen Ressourcenaufwand produziert worden. Als wirkmächtige Akteure fungieren demzufolge nur diejenigen, welche über ausreichend ökonomisches Kapital verfügen. Die hinsichtlich der Wissensgesellschaft sowie des Web 2.0 öfter postulierte ,Macht der Laien‘ scheint daher vorrangig auf das Medium Internet beschränkt zu sein. Dort ist eine erhebliche Ausweitung der Wissensvermittler erkennbar. Der häufig zitierte Internetboom lässt sich sowohl hinsichtlich der Vielfalt archäologischer Angebote als auch der Nutzungszahlen nur teilweise belegen. Während Laien einige Angebote rege nutzen und aktiv Inhalte erstellen, bleiben unter Fachwissenschaftlern archäologische Webseiten mit interaktiven Elementen zumeist ungenutzt. Häufig ist bei den archäologischen Wissensangeboten einerseits zu erkennen, dass verschiedene Medienformate integriert werden: Ausstellungen beinhalten etwa Filmsequenzen mit Audiobeiträgen sowie Computeranimationen. Andererseits werden durch Verantwortliche unterschiedlichste Medienformate eines Produktes angeboten. Konvergente Vermarktungsstrategien werden zum Beispiel daran offensichtlich, dass Terra X-Folgen im Fernsehen auf mehreren Kanälen ausgestrahlt und als DVD angeboten werden, ggf. als Begleitbuch erscheinen und eine multimediale Internetpräsenz besitzen. In der populären Wissensvermittlung wirkt ein komplexes Zusammenspiel mehrerer Diskurse. Beispielsweise sind Aspekte wie Medien, Journalismus, Kommerzialisierung der Kultur, Authentizität, Information versus Unterhaltung, öffentlicher Diskurs, Fachdiskurs, Ästhetik, Erlebnis, Wissens(chafts)popularisierung und Wissenschaftspolitik relevante Felder. Die Endprodukte werden dementsprechend von vielen verschiedenen Akteuren auf verschiedenen Ebenen ausgehandelt. Trotz dieser vielschichtigen Zusammensetzung kann ein knappes Fazit der Untersuchungen gegeben werden: Bei den populären Produkten ist die Vermischung von Geschichten und Geschichte deutlich spürbar. Kapffs Bezeichnung „Archäotainment“ (Kapff 2004: 130) fasst die Lage treffend zusammen.

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10.3. Z UKUNFTSTRENDS „Es könnte als Folge der Ausstellung auch etwas in Bewegung geraten. Sie ist in der Tat eine Provokation – eine kluge Provokation, für die Museen, aber auch für andere Institutionen, wie für die Universitäten. Man wird über die Bücher gehen müssen, denn der technologische Fortschritt macht auch vor diesen kulturellen Institutionen nicht halt.“ (LOPRIENO IN LÜSCHER 2008).24

Diese Aussage des Rektors der Universität Basel drückt, ebenso wie die Vermarktung des paläontologischen Fundes Ida durch Wissenschaftler, die Dynamik der gegenwärtigen Wissensprodukte aus. Innovative Darstellungsformen von privaten Ausstellungsveranstaltern prägen ebenso wie vielgesehene Fernsehdokumentationen die Erwartungshaltung der Rezipierenden. Moderne Technik spielt bei öffentlichen Darstellungen von Vergangenheit eine zunehmende Rolle. Die Altertumswissenschaften haben allerdings traditionell eher Mühe mit der Akzeptanz von Neuen Medien, so dass es wünschenswert wäre, „Technologiefeindlichkeit und Innovationsresistenz“ (Flashar 2001: 24) zukünftig nicht weiter als Attribute der historischen Disziplinen zu erkennen (ebd.). Dabei geht es nicht um den durchaus vorhandenen Einsatz moderner Technik bei Feldforschungen und Laboranalysen. Vielmehr sollten die Universitäten ein Ort tiefergehender Reflexion über Neue Medien und gesellschaftliche Trends sein. Dies wurde bisher in den historischen Fächern vernachlässigt (Haber 2005; Strohm 2001: 134; Samida 2006), scheint aber dringend geboten, da Technik einen Einfluss auf die Rezeptionskultur hat (Yogeshwar in Hettwer/Zotta 2008a: 502). Gegenwärtig verändern Neuentwicklungen in schneller Abfolge traditionelle Rezeptionsgewohnheiten. Ehemals getrennte Medien verschmelzen, was anhand von Entwicklungen wie iPad und Smartphones sichtbar wird. Auch die Lesekultur verändert sich dramatisch: Im zweiten Quartal 2010 wurden beim US-amerikanischen Buchhändler Amazon.com fast doppelt so viele E-books wie gedruckte Ausgaben verkauft (Die Welt kompakt, 21.07.2010: 26). Medien sind fortan nicht mehr als fixe Kategorien zu betrachten, sondern als veränderbar und mit anderen Medien verbunden (vgl. Bachmair 2008: 225; Brittain/Clack 2007: 63ff). Internetangebote ergänzen zunehmend Printartikel und Fernsehsendungen. Der ZDF-Intendant Schächter bemerkt dazu: „Ich sehe ein Gegeneinander von TV und Web immer weniger. Internet und Fernsehen sind längst keine konkurrierenden Medien mehr. Das Beste aus zwei Welten schafft ein

24 Loprieno bezieht sich in dieser Aussage auf die Tutanchamun-Ausstellung.

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neues Meta-Medium.“ (Schächter in Lückerath 2009) Insbesondere die digitalen Formate sind keine statischen Produkte mehr und weisen durch die hohe Interaktivität häufig kurzfristige Anpassungen und Transformation auf (Shanks 2007: 281).25 Neue Medien können erstmals in der Menschheitsgeschichte zugleich als Spiel-, Arbeits- und Bildungsmedium eingesetzt werden (Strohm 2001: 132). ITunes, vor wenigen Jahren noch vorrangig als Abspielsoftware für Unterhaltungsformate eingestuft, fungiert mittlerweile durch iTunesU auch als Plattform für Elearning an Universitäten.26 Die leichte Verfügbarkeit des Internets im Vergleich zu Büchern oder Printmagazinen dürfte zu seinem weiteren Erfolg beitragen und dem Medium eine Deutungsmacht verschaffen, die den traditionellen wissenschaftlichen Verbreitungsformaten überlegen ist: Der Wikipedia-Artikel ,Archäologie‘ zum Beispiel wird bereits jetzt pro Jahr circa 100.000-mal aufgerufen (Cyron 2009b: 298). Audiovisuelle Medien besitzen gegenwärtig und zukünftig einen immensen Einfluss: In mehr als 99% aller Haushalte mit Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren gibt es neben einem Handy- einen Computer- und Fernsehzugang.27 Ein Zeitschriftenabonnement beziehen dagegen nur circa 40%, ein Zeitungsabonnement liegt in 56% der Haushalte vor (JIM-Studie 2010: 6). Die junge Generation wächst mit verschiedenen technischen Features wie Fernsehfernbedienung, mp3-Player oder Computermaus auf, bei denen sie jeweils nach eigenem Ermessen selbstgesteuert Inhalte auswählt – und spielend lernt. Veen/Vrakking bezeichnen diese Umwälzung mit dem Begriff „Homo Zappiens“ (Veen/Vrakking 2006; vgl. Yogeshwar in Hettwer/Zotta 2008a: 502). Dass die Technikentwicklungen massive Änderungen der Rezeptionsgewohnheiten mit sich bringen können, wird auch anhand von Brabazons Aussage bezüglich der zunehmenden Internetnutzung von Studierenden deutlich: „Clicking replaces thinking“ (Brabazon 2007: 16). Auch Konken erkennt Nachteile im veränderten Angebot:

25 Shanks führt als Beispiel an, dass der Nutzer einen gedruckten Text liest, ihn dann in eine Powerpoint-Präsentation einbaut, die anschließend im Internet in einen Blog integriert wird und Teile davon in Wikipedia eingegeben werden. Dabei geschieht jeweils eine Veränderung. 26 Das Angebot der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ist unter http://itunes.apple.com/ institution/albert-ludwigs-universitat/id414173058 (27.01.2011) zu sehen. Einführende Informationen gibt es unter www.podcasts.uni-freiburg.de/itunesu (27.01.2011). 27 Da mediale Kommunikation gegenwärtig im Zentrum steht und einen solch gravierenden Einfluss hat, stellt Vowe die Frage, ob die Definition ,Wissensgesellschaft‘ nicht besser durch die Bezeichnung ,Mediengesellschaft‘ abgelöst werden sollte (Vowe 2008). Eine solche Trennung scheint aber nicht sinnvoll, eher ist eine Vermischung von Wissens- und Mediengesellschaft zu konstatieren.

286 | WA (H )RE A RCHÄOLOGIE „Durch die Expansion der Medienlandschaft wird es immer schwieriger, Qualität von anspruchsloser Unterhaltung zu unterscheiden. [...] Die Masse der Medienkonsumenten orientiert sich zunehmend am oberflächlichen Mainstream, besonders jungen Menschen fehlen aufgrund des medialen Überangebotes Maßstäbe der qualitativen Einordnung.“ (Konken 2008: 7)

Für die klassischen Institutionen der Wissensvermittlung bedeuten die gegenwärtigen Änderungen grundlegende Herausforderungen. Hardtwig geht sogar davon aus, dass zukünftig tendenziell alle Mitglieder der Gesellschaft in Produktion, Kommunikation und Nutzung von Wissen einbezogen sind (Hardtwig 2005: 31). Für das Internet wird prognostiziert, dass von Nutzern bereitgestellter Inhalt zusammen mit communities und Foren zukünftig den größten Anteil der Netznutzung ausmachen (Cuhls/Kimpeler 2008: 10). Auch für den Lern- und Wissensbereich werden diese Formen vermehrt relevant (Sonnabend 2010; Schachtner/Höber 2008; Urchs 2009), so dass künftig möglicherweise von ,user generated archaeology‘28 gesprochen wird. Wissenschaftler sollten sich deswegen an den wachsenden sozialen Netzwerken aktiv beteiligen, um in diesem Feld präsent zu sein. „Learning by communicating ist das Gebot der Stunde“, äußert Hettwer (in Sonnabend 2010: 23, vgl. Cyron 2009b). Allerdings gibt es neben den euphorischen Stimmen, die jegliche Kommunikationsformen in das Internet verlagert sehen, auch gegenteilige Anzeichen: Insbesondere die digital natives billigen dem Internet keine besondere Rolle zu. Denn in Deutschland haben nur 3% der Jugendlichen ein eigenes Blog und nur 2% beteiligen sich aktiv an open source-Projekten wie Wikipedia. Auch Fotogemeinschaften oder Linksammlungen werden nur selten genutzt (Dworschak 2010, HansBredow-Institut 2008). Trotz aller Internetzunahme besitzen Printmedien eine ungebrochene Anziehungskraft; beispielsweise ist bei Büchern kein Umsatzeinbruch zu verzeichnen.29 Insgesamt bleibt also eine plurale Ausrichtung gefordert. Nichtsdestotrotz weist Mangold darauf hin, dass aufgrund der vermehrt selbstorganisierten Lernweise und der strukturellen Änderungen des Web 2.0 traditionelle Institute wie Museen ein passendes Angebot anbieten müssen, um nicht in eine „bedeutungslose Randexistenz“ (Mangold 2008: 14) verdrängt zu werden. Auch die fortschreitende Kommerzialisierung kann weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Öffentliche Zuschüsse werden immer knapper, während die Ansprüche des Publikums steigen. Die Konsumierenden möchten Attraktives und Aktuelles geboten bekommen. Hoffmann warnt davor, dass aufgrund von Tatenlosigkeit die Rolle des Staates und der kulturellen Öffentlichkeit im Neoliberalismus zugunsten der 28 Die Bezeichnung erfolgt in Anlehnung an den Artikel User generated history von Cyron (2009a). 29 www.boersenblatt.net/373561/template/-bb_tpl_branchenstudien (23.06.2010); vgl. JIMStudie (2010: 23).

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privaten Anbieter minimiert werde: „Wenn wir weiter die Zeiten des Umbruchs verschlafen und auf den Staat als allein-seligmachendes Vaterprinzip hoffen, dann werden wir Opfer jener Mega-Manager, die fixer handeln.“ (Hoffmann 1999: 19)30 Tendenziell sind Elemente, die Erlebnisse und Aufmerksamkeit generieren, noch immer im Trend. Durch diesen Fokus seitens der Medienschaffenden werden Sensationalismus, Skandale, Infotainment und Gewalt in den Vordergrund gerückt (Schenk 2007: 776). Die Erlebnisorientierung in der Gesellschaft führt bei 2/3 aller Jugendlichen bereits zur Stressempfindung im Erlebniskonsum (Kemper 2001b: 195). Ob sich die Erlebnisspirale in der Gesellschaft immer weiter dreht (Schulze 2005: 449; Gebhardt 2000: 27; Kemper 2001b: 194) oder eines Tages ruhigere Elemente wieder den Vorrang bekommen (vgl. Bachleitner 1998: 55), ist schwer abzuschätzen. Mit dem frühen Tod eines Journalisten aus der Boulevardbranche wurde deutlich, welche bitteren Folgen der Druck nach immer neuen Sensationen in den Medien haben kann.31 Auch wenn Spaßfaktoren zukünftig vermindert werden sollten, wofür es gegenwärtig Anzeichen gibt, werden sich die Gewohnheiten hinsichtlich Wahrnehmung und Erleben so geändert haben, dass diese nicht mehr zurück zu früheren Mustern verändert werden können (Grötsch 2008: 116; John 2008: 26). Eine Rückkehr zu altbekannten Darstellungsformen ist auch deswegen unwahrscheinlich, weil beispielsweise junge Leute, die mit einer Flut visueller Eindrücke aufgewachsen sind, auch bei kulturellen Angeboten nicht mehr auf optisch-akustische Finessen verzichten wollen. Atmosphärisches und Illusionierendes gehören für sie immer dazu (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 256). Tangieren solche generellen Trends und Aussagen überhaupt den kulturhistorischen Bereich oder bleibt dieser davon weitgehend unberührt? Im Vergleich zu früheren Epochen hat es noch nie eine Generation gegeben, die über soviel Freizeit verfügt und in der es so viele Menschen mit Bildung gibt. Daher prognostizieren Opaschowski/Pries/Reinhardt einen weiter steigenden Anteil an Kulturinteressierten (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 248). Wenn es darüber hinaus stimmt, dass unsere Epoche so viel Vergangenes konserviert wie nie zuvor und dass dies darin begründet liegt, dass sich in unserer Gesellschaft vieles schnell ändert, z.B. die Bausubstanz in Wohnorten (Lübbe 2004),32 dann dürfte aufgrund der weiterhin rasanten Veränderungen in technischer, baulicher und globaler Weise auch in Zukunft ein großer Bedarf an geschichtlichen Themen bestehen (vgl. Röder 2010: 95). 30 Generell zu Kultur und neuen Arten der Kulturfinanzierung siehe Hoffmann (2001). 31 www.tagesschau.de/ausland/abhoerskandal102.html (19.07.2011). Über die Jagd nach Sensationen in den Printmedien siehe auch www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518, 773072,00.html (20.10.2011). 32 Lübbe sieht dadurch einen änderungsbedingten Vertrautheitsschwund. Grundsätzlich tritt eine verstärkte Nachfrage nach Wissen besonders dann auf, wenn Epochen von Umbrüchen geprägt sind (vgl. Kretschmann 2009: 84).

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Brittain/Clack formulieren folgende Aufgabenstellung: „The challenge is for archaeological programming to continue to innovate in style and content, building on its already substantial market and popular interest in order to maintain its appeal in a multi-choice broadcast environment.“ (Brittain/Clack 2007: 63) Für Rezipierende von Kulturprodukten ist es gleichgültig, ob das Angebot öffentlich subventioniert oder privatwirtschaftlich finanziert ist (Schulze 2005: 449). Sie wählen das für sie attraktivste Angebot aus, so dass insbesondere Museen in Konkurrenz zu anderen Kultur- und Freizeitanbietern stehen (Mandel 2008: 75; Lorentzen 2007). Prognosen für 2020 gehen von bis zu 55% der deutschen Bevölkerung aus, die sich für einen Museumsbesuch interessieren, während es 2000 nur 38% waren (Opaschowski/Pries/Reinhardt 2006: 266). Archäologische Ausstellungen werden daher auch zukünftig ein maßgebliches Medium zur Wissensvermittlung sein und andere Wissensprodukte dürften ebenfalls nachgefragt werden. Solche an sich erfreuliche Entwicklungen können auch umstrittene Folgen mit sich bringen: Es gibt bereits Sonderausstellungen, die enge Zeitbegrenzungen für die Besuchsdauer eingeführt haben. Voss kommentiert dazu: „Das Monster Blockbuster hat Feuer gespuckt“ (Voss 2011: 27).

10.4. F ORSCHUNGSDESIDERATE In dieser Arbeit wurden gesamtgesellschaftliche Trends sowie Formate, Herstellungsfaktoren, Verbreitungszahlen und Nutzungsgründe von diversen populären Wissensdarstellungen angedeutet. Daran könnten unterschiedliche Detailuntersuchungen angeschlossen werden. Berger/Luckmanns Forderung aus dem Jahre 1966, das Wissen der Leute von der Straße ernst zu nehmen (Berger/Luckmann 2007: 3), scheint noch aktuell. Die Perspektive der Nutzer wurde generell in der Forschung lange Zeit vernachlässigt, so dass Rezipientenstudien nicht nur in Bezug auf die Wirkung archäologischer Wissensprodukte Mangelware sind.33 Nachfolgend ist eine Auswahl an offenen Fragen aufgeführt:

33 Von Seiten der Wissenschaft sollte an diesen Antworten mehr Interesse bestehen als an Auflagenzahlen, Einschaltquoten oder Besucherzahlen. Dies ist auch für wissenschaftliche Fachpublikationen von Relevanz: Von allen wissenschaftlichen Publikationen weltweit werden 50% nie zitiert (Weingart 2003: 37). Diese Forschungsarbeiten dienen folglich nicht zur Wissensvermehrung. Sollten Forschungen einem breiteren Publikum zugänglich sein – durch ein Aufgreifen in den Medien – steigt die Chance, dass die relevanten, vertiefenden Publikationen konsultiert werden.

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• Wer rezipiert welche Wissensformate? Lassen sich gewisse Gruppierungen je nach Milieu o.ä. herausarbeiten? • Warum beteiligen sich Nutzer aktiv in historischen Internetforen? Woher stammen ihre Informationen? • Was sind die Gründe für die hohe Nachfrage nach Alternativarchäologie? Gibt es Forschungsthemen, welche die Fachdisziplin vernachlässigt hat? • Wie funktionieren die Aneignungsprozesse und welche Langzeitwirkungen von archäologischen Darstellungen sind feststellbar? Welche Bilder und Inhalte von archäologischen Wissensformaten werden bei den Rezipierenden tatsächlich aufgenommen? Welche Effekte lösen die Rezeptionen der einzelnen Produkte aus? Inwiefern verändern sich Erinnerungen im Laufe der Zeit? • Welche Rolle besitzt Identität bei der Aneignung von Wissensprodukten? Spielt der Faktor insbesondere dann eine Rolle, wenn der Rezipient, zum Protagonisten hofiert wird? Kauft sich der Besucher gerade bei Events und Ausstellungen mit der Eintrittskarte gewünschte Charaktereigenschaften, ähnlich wie es bei Modeoder Automarken der Fall ist (vgl. Lipp 2000: 430ff)? • Welchen Stellenwert, welche Inhalte und welche Wirkungen haben Visualisierungen in populären Archäologiedarstellungen? Auch unabhängig von Rezipientenstudien bieten sich Forschungsfelder an: • Wie stark sind die intermedialen Verweise von Inhalten in den verschiedenen Medienformaten? • Wie gehen Wissenschaftler mit der Angabe um, dass im Internet Vertrauen wichtiger als Wahrheit ist? • Welche Möglichkeiten gibt es für Fachwissenschaftler, trotz des Erlebnistrends und der Ökonomisierung korrekte Inhalte zu vermitteln? Vermehrt sollten auch interdisziplinäre Forschungsprojekte angestoßen werden, um elementare Fragen wie die folgende lösen zu können: „Interessanter als die Frage, ob die Geschichte in neuen medialen Formen präsentiert wird (was unbestritten auch interessant ist), ist die Frage, ob der Medienwandel die Art verändert, Geschichte zu lernen und zu denken.“ (Hodel 2008: 195)

11. Ausblick „Public outreach is one of the most fundamental issues facing archaeology today.“ (FAGAN 2002B: 7)

Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern. Die Vorstellungen über diese sind jedoch veränderbar, da Geschichte in einem aktuell laufenden Prozess konstituiert wird, der vom Zeitgeist geprägt ist. Wie in dieser Arbeit dargelegt wurde, existiert eine hohe Anzahl von Wissensprodukten, die in vielfältigen Formaten durch verschiedene Akteure verbreitet und häufig durch kommerzielle Faktoren beeinflusst werden. Welche Konsequenzen und mögliche Handlungsweisen sich diesbezüglich für Archäologen eröffnen, wird im abschließenden Kapitel erläutert. Vom großen Publikumsinteresse an Archäologie profitieren vorrangig mediale Wissensprodukte, Spiel- und Dokumentarfilme, die Spieleindustrie und Autoren der Alternativliteratur (vgl. Holtorf 2007: 11). Archäologie wird darüber hinaus auch politisch und ideologisch ge- und missbraucht (vgl. Pollock 2005; Ickerodt 2009). „Wir beklagen die Verfälschung der Geschichte durch Ideologen, Politiker und andere ,unreine Gestalten‘, die sich die Archäologie zu Diensten machen. Aber das ist unsere eigene Schuld. Was wir nicht nutzen, werden andere nutzen.“ (Sommer 1993: 17; vgl. Holtorf 2005b: 242)1 Um die wissenschaftlichen Ergebnisse der archäologischen Disziplinen nicht gänzlich ohne Eingriffsmöglichkeiten zum Spielball anderer Vertreter verkommen zu lassen (vgl. Ickerodt 2009), erachten mehrere Autoren eine proaktive Medienkommunikation als notwendig. Sie führen des Weiteren als Gründe an, dass Einbußen an kultureller, gesellschaftlicher und politischer Relevanz drohen bzw. sogar die Disziplin Archäologie generell gefähr-

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Eine aktive Vermittlungsrolle von Anfang an würde auch mühselige Arbeit vermeiden, um falsche Erkenntnisse nachträglich zu revidieren: „Es ist sehr viel leichter, Unsinn in die Welt zu setzen, als den Unsinn und alles, was aus ihm abgeleitet wird, zu widerlegen.“ (Wörther 2006: 150)

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det ist, wenn Archäologen keine Medienpräsenz erlangen: „Wir werden mit öffentlichen Geldern bezahlt, wir müssen der Öffentlichkeit auch etwas bieten. Sonst rationalisiert uns die Öffentlichkeit weg.“ (Scherer in Neumeier 2010: 11; vgl. Ascherson 2004; Kulik 2004; Hardtwig/Schug 2009: 13; Samida 2006: 157) Flashar drückt es folgendermaßen aus: Wenn die Facharchäologen nicht aufpassen, sind die kleinen Kreise, die sie mit guter Information erreichen, bald als unscheinbare Punkte von der Landkarte verschwunden (Flashar 2001: 24).2 Vergangene Kulturen sind oft zugrunde gegangen, weil sie an ihrem erlangten Status festgehalten haben, obwohl sich die Umstände geändert haben. Es wäre schade, wenn die historischen Kulturwissenschaften nicht diese Erkenntnisse nutzen und selbstreflexiv ihren eigenen Kontext analysieren, diskutieren und aktiv mitgestalten. Da die Archäologie eine Disziplin ist, die bereits befruchtende Erkenntnisse aus anderen Disziplinen in ihre Forschungen integriert hat, dürfte es ihr nicht zu schwer fallen, ein weiteres, bisher vernachlässigtes Feld wie die Medienwissenschaften in den Fokus zu rücken. Die populäre Verwendung der Archäologie als Mittel zur Unterhaltung und Umsatzsteigerung sollte nicht resignierend zur Kenntnis genommen werden. Stattdessen könnte sie als Chance begriffen werden, um von diesen vorhandenen Ausgangspunkten Archäologie zu vermitteln: „It seems especially foolish not to take the advantage of existing interest in archaeology and use it to support legitmate archaeological activities and preservation.“ (McManamon 1994: 76; vgl. auch Holtorf 2007: 134, 2005: 242) Für keltischen Kulturen beispielsweise könnte Asterix als Ausgangspunkt verwendet werden (Huth 2005: 13). Selbst der von vielen Wissenschaftlern ungeliebte Indiana Jones könnte vorteilhaft genutzt werden (Holtorf 2005; McManamon 1994; Baxter 2002b). Manche Museen setzen diese Forderung ganz konkret um: Seit 2011 wird die Wanderausstellung Indiana Jones and the Adventure of Archaeology in diversen Staaten gezeigt. 3 Diese Sonderausstellung ist maßgeblich von der National Geographic Society in Zusammenarbeit mit Lucasfilm 4 erarbeitet worden und zeigt die ,echte Archäologie‘ hinter den Spielfilminhalten. Ein Bezug auf diese Unterhaltungsaspekte kann für eine Zielgruppe wirksam sein, sollte aber nicht für alle Teilöffentlichkeiten verwendet werden. Wichtig ist es, verschiedene Angebote anzubieten, um unterschiedliche Bevölkerungsgruppen zu erreichen (vgl. Scherzler 2007).

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Weingart trifft diesbezüglich die generelle Aussage: „Je einflussreicher die Medien in der Strukturierung öffentlicher Diskurse werden, desto wichtiger wird es für die Wissenschaft, die Aufmerksamkeit der Medien für sich zu gewinnen, weil sie diese zur Legitimierung ihrer Ansprüche auf Ressourcen brauchen.“ (Weingart 1998: 195)

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Zuerst war sie in Montreal, anschließend in Valencia zu sehen. Informationen unter www.indianajonestheexhibition.com (02.03.2012).

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Lucasfilm ist die Produktionsfirma der Indiana Jones-Spielfilme.

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Ein notwendiger Bestandteil für eine gute mediale Vermittlung von Forschungsergebnissen ist ein, bislang allerdings unzureichender, Dialog zwischen Wissenschaftlern und Medienschaffenden. Voraussetzung dafür ist die Offenheit von Forschern, denn „viele Archäologen und andere Geschichtsforscher haben immer noch Berührungsängste mit den Medien“ (Heinken 2010: 154). Differenzen zwischen Journalisten und Wissenschaftler sind dabei aufgrund ihrer unterschiedlichen Berufsziele normal und sollten daher ohne Pessimismus akzeptiert werden (Peters 2008: 116ff; Jochum 1999; Peters/Göpfert 2000: 25; Grunenberg 1992: 20; Kohring 2006; Sonnabend 2010: 22; für die Archäologie Holtorf 2007: 106; Varwig 2010).5 Ein intensiverer Dialog bietet Vorteile: „If the cooperation between media and archaeological science was better, it would be a winwin situation. Readers could profit from informative and entertaining articles about archaeology, journalists would get first-hand information more easily, and archaeological research would be better promoted in popular culture.“ (Benz/Liedmeier 2007: 154)6

Die Verbindung von Archäologie und Öffentlichkeit sollte idealerweise im Berufsverständnis enthalten sein: „Archaeology is about and for people, or it is nothing“ (Pryor 1996: o.A.; ähnlich Pfälzner 2008). In der Realität mangelt es aber häufig an gezielter Vorbereitung, wie dies geschehen soll. Bisher wenden Wissenschaftler für die Erstellung von Fachpublikationen, die gegebenenfalls nur von einer Handvoll Lesern rezipiert werden, sehr viel Arbeit auf. Für die Aneignung von Medienkompetenzen, die beispielsweise in Fernsehsendungen mit Millionen von Zuschauern genutzt werden könnten, nehmen sich bisweilen viele keine Zeit. Maßnahmen für einen forcierten Austausch mit dem außerwissenschaftlichen Publikum, etwa durch entsprechende Kommunikations- und Medientrainings in der universitären Ausbildung, werden infolgedessen immer wieder gefordert (Weingart/Pansegrau 2007).7 Die bei Wissenschaftlern herrschende Angst vor einem schlechten Ruf in der scientific community nach einem Auftritt in Medien ist weit verbreitet, aber empirisch nicht belegbar; eher wird eine Medienpräsenz positiv aufgenommen (Peters/Jung 2006: 26). Außerdem haben die Wissenschaftler entgegen den üblichen Vorstellungen einen ansehnlichen Einfluss auf die Bedeutungskonstruktionen durch die Me5

Diskrepanzen bestehen bereits seit den Anfangstagen der Archäologie (Sternke 2008:

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Ähnlich Lugger: „Innerhalb der sich austauschenden Seiten zwischen Forschern und

130). Institutionen sowie Medien zeichnet sich immer klarer ab, dass man durch Kooperation und Transparenz nur gewinnen kann.“ (Lugger 2009: 29) 7

Trepte/Burkhard/Weidner (2008) bieten mit ihrer Publikation eine Hilfestellung für Wissenschaftler dafür, wie sie ihre Ergebnisse in den Medien darstellen und wie eine Zusammenarbeit mit Medienschaffenden gelingen kann.

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dien (ebd.: 29). Journalisten können – einen entsprechenden Kenntnisstand durch vorherige Kooperation vorausgesetzt – auch dazu beitragen, Klischees zu hinterfragen oder zu brechen (vgl. Varwig 2010: 172). Denn wie die von Besuchern überaus erfolgreich angenommene Babylon-Ausstellung gezeigt hat, müssen Stereotype nicht immer perpetuiert werden. 8 Archäologen könnten den Medienschaffenden auch die Interessensgebiete der Bevölkerung darlegen: Die Umfrage von Bohne/Heinrich zeigt, dass ,Alltagsleben‘‘ das beliebteste Interessensgebiet ist, während die Bereiche ,Kunst‘ und ,Bauwerke‘ weniger favorisiert werden (Bohne/Heinrich 2000). Es sind also entgegen der weit verbreiteten Vorstellung nicht nur Schätze, für die sich die Öffentlichkeit interessiert. Wissenschaftsjournalisten könnten also auch von Wissenschaftlern hilfreiche Informationen für ihre Arbeit bekommen. Außerdem sollten Journalisten Verständnis für Sorgen der Fachleute aufbringen, um inhaltliche Verfälschungen und Verzerrungen möglichst zu vermeiden. Neben der Medienkompetenz sollten Reflexionen über populäre Mediendarstellungen in Forschung und Lehre integriert werden (Samida 2006, 2010; vgl. Hardtwig/Schug 2009). Ferguson fordert „to bring together the study of history with the study of television (and other media) because they both utilise signifying systems and discourses, and they both construct and represent and re-present again our world“ (Ferguson, zitiert in Nelson 2004). Neben dem Blick auf die Medien sollte auch der aktuelle Gesellschaftswandel für Altertumswissenschaftler ein Beschäftigungsthema sein. Bernbeck fordert ein: „Es ist nicht übertrieben, dem Wandel in der Gegenwart für die Geschichte genauso viel Gewicht beizumessen wie neuen Erkenntnissen über die Vergangenheit.“ (Bernbeck 2010: 58) Diese Desiderate können nicht allein von einzelnen Wissenschaftlern behoben werden, sondern sollten bereits durch hochschulpolitische Rahmenbedingungen angestoßen werden. Denn „aktuell sind weder die Reflexion der gesellschaftlichen Zusammenhänge, in denen ihre Forschung steht, noch die Kommunikation mit einem außerwissenschaftlichen Publikum als Bestandteile der Qualifikation im Beruf des Wissenschaftlers verankert“ (Weingart/Pansegrau 2007: 36f). Damit dieses Manko ausgefüllt werden kann, sind häufig zusätzliche Ressourcen notwendig, die für die jeweiligen Institute bereitgestellt werden müssen. Neben den universitären Leistungen sollte Drittmittelförderung von Projekten ebenfalls entsprechende Summen im Budget vorsehen. Archäologen sollten auch nach Lösungen suchen, wie eine gute Vermittlung mit Langzeitwirkung erfolgen kann – auch jenseits der klassischen Printpublikationen. Zum einen ist Geschichte für Freizeitzwecke meist geschönt oder wird als Erlebnis8

Auch das Buch Die weisse Massai (Hofmann 1998) hat mit Klischees gebrochen und wurde, trotz unterschiedlicher Kritiken, ein langjähriger Bestseller und anschließend ein großer Kinoerfolg (Maurer 2010).

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kulisse missbraucht (vgl. Kaiser 2006; Hiller 2009: 161). Zum anderen sind die aktuell vorherrschenden Erlebnisformate trotz ihrer Vorteile im Bezug auf die Erinnerungsleistung nicht als perfekt anzusehen: „Die Schlagworte des Infotainment und Edutainment, die sich besonders im Bereich der naturwissenschaftlichen Ausstellungen eingebürgert haben, führen zu der irrigen Annahme, dass eine Ausstellung ein kognitives Schlaraffenland wäre, in dem man quasi nur den Mund öffnen muss, damit die gebratenen Hühnerkeulen der Information oder der ‚Lernergebnisse‘ hineinfliegen.“ (Klein 2008: 112)

Um Geschichtskenntnisse jenseits von Sensationalismus zu vermitteln, setzt es einerseits Wissenschaftler voraus, die sich im Dialog dem verändertem (Medien-) Verhalten sowie den Werten und Forderungen der Menschen stellen (vgl. Scherzler 2010). Auf der anderen Seite müssen die Rezipierenden auch Offenheit und geistiges Bemühen mitbringen (Hiller 2009: 161). Die Fachleute sollten dabei bei der Vermittlung aufpassen, das eigene Selbstverständnis nicht auf Laien zu übertragen. Siebenmorgen merkt in Bezug auf Ausstellungen an: „[...] wir verspekulieren uns gewaltig, wenn wir glauben, der Besucher wolle nun endlich im Museum zum Wissenschaftler werden und dessen Problemstellungen und Erkenntnisse nachvollziehen“ (Siebenmorgen 2008: 271). Dialoge mit Vertretern außerhalb der scientifc community werden insbesondere für Museen gefordert (Fehr 2009; SchuckWersig/Wersig 1986; Endrödi 1988; Franzke 1988; Siebenmorgen 2008; Hauser 2006). „Museen müssen sich als lebendige, mehrdimensionale Kommunikationsorte begreifen, damit sie den parallel vorhandenen Bedürfnissen nach Kontemplation und Entspannung, schönen Erlebnissen, guter Unterhaltung und (Weiter-)Bildung gerecht werden können.“ (Mandel 2008: 86) Mandels Zitat kann auch stellvertretend für andere Popularisierungsbereiche gelten. Der Elfenbeinturm als Sinnbild einer Forschungsanstalt, in der mit Ruhe und Sorgfalt geforscht werden kann, sollte nicht abgerissen werden. Aber im Erdgeschoss könnte ein durchlässiger Eingangsbereich geschaffen werden, ein Forum mit der Gesellschaft. Es wird nicht reichen, aus großer Höhe aus dem Turm einen Blick nach draußen zu werfen. Die Wissenschaft sollte sowohl Medienschaffende als auch Rezipierende hineinbitten oder selbst nach draußen gehen. Das Schlusswort überlasse ich Sir Mortimer Wheeler, der in den 1950er Jahren folgende Anmerkungen verfasst hat: „The press is not always accurate and does not always emphasize those aspects of an excavation which are scientifically the most important; but sympathetic help is the best corrective of these failings, and may be regarded as a scientific no less than a social duty on the part of the modern archaeologist. Long ago, G.M. Trevelyan remarked that ,if historians neglect to

296 | WA (H )RE A RCHÄOLOGIE educate the public, if they fail to interest it intelligently in the past, then all their historical learning is valueless except in so far as it educates themselves‘. Recently, Mrs. Jacqetta Hawkes has been urging much the same thing. ,This [she remarks] is the century of the common man. Just as in the 18th and 19th centuries archaeology was adding to the art collections, the architecture, interior decoration and furniture of the wealthy and aristocratic, so it seems that in the 20th century we must take deliberate pains to make it add something to the life of a democratic society. Our subject has social responsibilities and opportunities which it can fulfil through schools education, through museums and books and through all the instruments of what is often rather disagreeable called ,mass communication‘ – the press, broadcasting, films and now television. If archaeology is to make its contribution to contemporary life and not risk sooner or later being jettisoned by society, all its followers, even the narrowest specialists, should not be too proud to take part in its diffusion. I would go further and say that we should not forget the problems of popular diffusion in planning our research.‘ Indeed, at the present time the public is prepared, nay eager, to meet the scientist more than half-way. It is now up to the scientist to contribute his share. To do him justice is not unaware of his duty. There may yet linger in remote cloisters a few pendants of the old school will have none of this vulgarization, but their mortality-rate is happily high. The modern scientist increasingly recognizes the public as his partners.“ (Wheeler 1954: 191f, Hervorhebung im Original)

12. Das Wichtigste zum Schluss – Dank an

Ein so umfangreiches Projekt wie diese Doktorarbeit entsteht nicht ohne die Unterstützung von anderen Personen. Gott sei Dank haben mir viele nette Menschen geholfen: Ich danke vor allem Marlies Heinz. Sie hat mit ihrer begeisternden und aufmunternden Art wesentlichen Anteil daran, dass ich Spaß und Leidenschaft am Studieren und Promovieren entwickelt habe. Darüber hinaus hat sie mir den Freiraum für diese nicht gerade typisch-archäologische Arbeit gewährt und durch ihre ehrlichen Kommentare die Relevanz der Arbeit verdeutlicht. Barbara Korte bin ich ebenfalls sehr dankbar. Obwohl ich nicht bei ihr studiert habe, hat sie sich ohne zu zögern als Zweitbetreuerin zur Verfügung gestellt, auf freundliche Art geholfen und viel Zeit investiert. Allen, die sich als Interviewpartner zur Verfügung gestellt haben, danke ich ebenfalls herzlich. Gerne würde ich die Namen nennen, aufgrund der einheitlichen Anonymisierung bleiben sie aber namenlos. Es würde den Rahmen sprengen, jedem weiteren einzeln für die jeweilige Hilfe zu danken. Jeder im Folgenden Genannte hat aber gewiss seinen Anteil an dieser Arbeit. Teilweise waren es kleine Tipps und hilfreiche Anregungen, teilweise große Gefallen, die es ermöglicht haben, dass eine solch umfassende Forschungsarbeit entstehen konnte. Von Herzen danke ich allen Freunden und Helfern, die im Folgenden – übrigens nicht nach der Größe ihrer Unterstützung geordnet – genannt sind! Marion Benz, Alexander Gramsch, Mareike Rehberg, Rolf Geserick, Saskia Goller, Sokmony Roos, Heiko Krieger, Björn Haschke, Sarah Lange, Esther John, Maya Müller, Christian Schmieder, Jan Kruse, Stephanie Bethmann, Christopher Bott, Tom Stern, Daniela Eichholz, Bernhard Bigler, Hans Werner Dreier, Eva Opitz, Oliver Huber, Markus Hoffmann, Caro Buchheim, Stefanie Samida, Sabine Becker, Heike von Ungern-Sternberg, Annika Lindenberg, Erwin Keefer, Manuela Glaser, Claudia Rohde, Simon Laidig, Thomas Jungmann, Forschergruppe Historische Lebenswelten an der Universität Freiburg inklusive den IGA-Nachwuchsforschern, Semmel Concerts, Anke Heer, Simeon Heer, Christine Gundel, Kristin Ohneberg, Uwe Schäfer, Simon Halama, Astrid Pecht, Jürgen Zinnel, Christian Pscheidl, Thorsten Leiendecker, Tanja Hohwieler, Cathrin Hoffmann, Tobias

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Stockmann, Christoph Scholz, Sylvia Paletschek, Michael Kircher, Volker Haase, Peter Welk und meine wundervolle Frau Rebekka. Die Semmel Concerts GmbH hat die Studie und den Druck dieses Buches finanziell unterstützt, die Wissenschaftliche Gesellschaft Freiburg im Breisgau übernahm Druckkosten, außerdem war die Auszeichnung meiner Dissertation durch die Graduiertenschule Kultur- und Sozialwissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg mit einer finanziellen Unterstützung für den Buchdruck dotiert. All diesen Förderern, die es erst möglich gemacht haben, dass dieses Buch erscheinen konnte, danke ich von Herzen! Das größte Dankeschön geht an meine Eltern, die mich mein ganzes Leben mit ihrer Liebe begleitet und mit allen Kräften, Finanzen und Leckereien während des langen Zeitraums von Studium und Doktorarbeit unterstützt haben. Zu guter Letzt danke ich meinem wunderbaren Retter und Freund Jesus Christus, der die Promotion in die Wege geleitet und sich in allen Dingen um die Umsetzung gekümmert hat.

12.1. N ACHWORT Gerade weil in meiner Publikation eine Vielzahl von Themen angesprochen ist, soll sie kein End-, sondern ein Ausgangspunkt sein. Ziel ist es, Impulse für eine befruchtende Debatte in den kulturhistorischen Disziplinen zu liefern. Dies alles geschieht in der Hoffnung des Autors, dass Wege gefunden werden, die Vergangenheit passend für die Zukunft aufzubereiten. Sie, lieber Leser, sind daher herzlich eingeladen, Reflexionen, Forschungen und Anwendungen in theoretischer, methodischer und praktischer Art durchzuführen sowie weiterführende Hinweise und sonstiges Feedback zu dieser Publikation an [email protected] zu senden. Herzlichen Dank.

13. Quellenverzeichnis

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14. Anhang

In diesem Anhang ist ein Muster eines Interview-Leitfadens abgedruckt. Die fettgedruckten Fragen stellen die Hauptfragen dar, die Fragen in Normalschrift mögliche Zusatzfragen.

Interview mit [Name] [Ortsangabe, Datum] •

Wo begegnen Ihnen in Deutschland öffentliche Darstellungen über den Alten Orient und wie beurteilen Sie diese? (Zeitungen, Magazine, Fernsehen, Internet)



Welche Aspekte empfinden Sie dabei als gut, welche könnten verbessert werden?



Wie schätzen Sie das Verhältnis von Information zu Unterhaltung in den verschiedenen Formaten ein?



Können Sie eine Veränderung im Laufe der Jahre feststellen? (Art der Darstellung? Inhaltliche Themen? )



Wie wird die Archäologie, wie wird die Philologie dargestellt?



Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach das Fernsehen in Bezug auf die Verbreitung von archäologischem Wissen?



Wie ist Ihre grundsätzliche Einschätzung zu Terra X?



Wie die Meinung zur Sendung [...]?

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Welche Bedeutung hat das Internet in Bezug auf die Verbreitung von archäologischem Wissen?



Nutzen Sie selber Internetforen als Informationsquelle? Schreiben Sie in Foren oder Blogs?



Wie schätzen Sie das Bild der Öffentlichkeit von der (vorderasiatischen) Archäologie ein?



Gibt es in der öffentlichen Wahrnehmung eine Trennung zwischen dem Alten Orient und dem jetzigen?



Wird Deutschland als Erbe des Alten Orients betrachtet?



Haben heutige Religionen einen Einfluss auf das Bild des Alten Orients? (9/11?)



Wie geht man als Wissenschaftler mit Fragen und Ideen der Laien um, die in Romanen, Fernsehsendungen etc. auftauchen?



Gibt es für Sie ein Desiderat in der archäologischen Forschung?



Wie fanden Sie die [...]-Ausstellung? (Was hat Ihnen am besten, was am schlechtesten Gefallen?)



Wie sind ihre persönlichen Erfahrungen mit der Presse?



Wie war die Fachkompetenz der Journalisten? Wie zufrieden sind Sie mit der Umsetzung? Wie die Unterschiede je nach Art der Medien etc.?



Wie schätzen Sie grundsätzlich die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern mit Medienleuten ein? (gibt es Verbesserungsmöglichkeiten / unlösbare Felder?)



Nun haben wir die Darstellung durch die Medienbranche angesprochen. Wie sehen Sie den Einfluss der Unis, Museen und archäologischen Institute im Bezug auf die populäre Wissensvermittlung?



Hat sich ihrer Meinung nach in den letzen Jahren diesbezüglich etwas verändert? Wie sehen sie zukünftige Entwicklungen?



Was würden Sie angehenden Akademikern der Altertumswissenschaften raten, was wichtig bzgl. der Vermittlung von historischen Inhalten wäre?

A NHANG | 347



Nun noch etwas zu ihrem persönlichem Berufsalltag



Hat die populäre Darstellung von Archäologie bzw. ihre Medienerfahrung die Art ihrer Publikationen beeinflusst?

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen/History in Popular Cultures Hans-Joachim Gehrke, Miriam Sénécheau (Hg.) Geschichte, Archäologie, Öffentlichkeit Für einen neuen Dialog zwischen Wissenschaft und Medien. Standpunkte aus Forschung und Praxis 2010, 304 Seiten, kart., zahl. Abb., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1621-7

Barbara Korte, Sylvia Paletschek (Hg.) History Goes Pop Zur Repräsentation von Geschichte in populären Medien und Genres 2009, 350 Seiten, kart., zahlr. Abb., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1107-6

Eva Ulrike Pirker, Mark Rüdiger, Christa Klein, Thorsten Leiendecker, Carolyn Oesterle, Miriam Sénécheau, Michiko Uike-Bormann (Hg.) Echte Geschichte Authentizitätsfiktionen in populären Geschichtskulturen 2010, 318 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1516-6

Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de