Vorlesungen über die Astronomie, zur Belehrung derjenigen, denen es an mathematischen Vorkenntnissen fehlt: Teil 2 [Reprint 2019 ed.] 9783111614533, 9783111238623

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Vorlesungen über die Astronomie, zur Belehrung derjenigen, denen es an mathematischen Vorkenntnissen fehlt: Teil 2 [Reprint 2019 ed.]
 9783111614533, 9783111238623

Table of contents :
Inhalt des zweiten Theils
Sechs und zwanzigste Vorlesung
Sieben und zwanzigste Vorlesung
Acht und zwanzigste Vorlesung
Neun und zwanzigste Vorlesung
Ein und dreißigste Vorlesung
Zwei und dreißigste Vorlesung
Drei und dreißigste Vorlesung
Pier und dreißigste Vorlesung
Fünf und dreißigste Vorlesung
Sechs und dreißigste Vorlesung
Sieben und dreißigste Vorlesung
Acht und dreißigste Vorlesung
Neun und dreißigste Vorlesung
Vierzigste Vorlesung
Ein und vierzigste Vorlesung
Zwei und vierzigste Vorlesung
Drei und vierzigste Vorlesung
Vier und vierzigste Vorlesung
Fünf und vierzigste Vorlesung
Sechs und vierzigste Vorlesung
Sieben und vierzigste Vorlesung
Acht und vierzigste Vorlesung
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Vorlesungen über die

Astronomie, zur Belehrung derjenigen, denen eS an mathematischen Vorkenntnissen fehlt.

Don

H. W. Brande s, Professor in Leipzig.

Zweiter

Theil.

Mit Kupfern.

Leipzig, de, G. 3. Goschen. 1827

O let ine gaze! — Os Gazing there’s no End. O let me think ! — Thought too is wildcr’d here ;

In Midway Flight Imagination tires ; Yct soon reprunes her Wing to soar anew,

Her Point anable to forbear, or gain ; So great the Pleasure, so profound the Plan! O laß mich scharrn! Kein End' ist hier des Scharms!

Gedanken eilt, — zu matt ist euer Flug! Die Schwingen selbst der kühnsten Phantasie

Ermüden eh' sie halb das Ziel erreicht;

Sie hebt von neuem stets sie, — lockend schwebt

Das Ziel ihr vor, doch unerreichbar fern. —

So reitzv.oll ist, so tief des Weltbau's Plan.

Boung.

Inhalt

des zweiten Theils.

Sechs und zwanzigste Vorlesung. Einleitung. Das Fern­

rohr. -Objectiv.

Ocular. Bild im Brennpunkte. Sehewinkel.

Vergrößerung und Lichtstarke.

DaS Spiegeltelescop.

Seite

i — ii. Sieben und zwanzig ste Vorlesung. Wie groß die Gegen­ stände auf dem Monde seyn müssen, um uns kenntlich zu seyn.

— Schatten der Berge auf dem Monde.

Mittel, die Höhen

der Berge zu bestimmen. Verschiedenheit der Mondberge. Höhe der Bergadern und Ringgebirge.

S. n — 24.

Acht und zwanzigste Vorlesung.

Der Mond hat keine

Meere, und vermuthlich gar kein Wasser. — Tiefe Crater. Beschreibung einiger Mondgegenden.

Beschreibung eines Son­

nen-Untergangs auf einer hohen Bergspitze des Mondes.

S

24 — 36.

Neun und zwanzigste Vorlesung. Monde.

Dämmerung auf dein

Höhe der Atmosphäre des Mondes.

Wolkige Erschei-

IV

nungen in derselben. — Neu entstandene Crater auf dem Monde. Lichterscheinungen im Monde.

Bewohner des Mondes.

S.

36 — 51.

Dreißigste Vorlesung. erscheint.

Wie die Erde den Mondbewohnern

Ungleiche Erscheinung der Sterne auf dem Monde.

Drehung de- Mondes um seine Are.

Librationen des Mondes.

Gestalt des Mondes. Untersuchungen über die Stärke des Mond­

lichtes.

S. 51 — 57.

Ein und dreißigste Vorlesung.

Ueber die Oberfläche der

Sonne. Sonnenflecken.

Ihre wahre Beschaffenheit nach H e r-

schel und Cappocci.

Rotation der Sonne. Sonnenfackeln.

Vermuthungen über den Zusammenhang unsrer Witterung mit dem Erscheinen von Sonnenflecken.

Zwei und dreißigste Vorlesung.

S. 58 — 73.

Ob die Sonne eine von

der Kugelgestalt abweichende Form hat. — Zodiacallicht. — Uebereinstimmung aller Bewegungen im Planetensystem in Hin­ ficht der Richtung.

Wahrscheinlichkeitsrechnung in Beziehung

auf diesen Gegenstand.

zelnen Planeten.

Größe, Masse und Dichtigkeit der ein­

Spharoidische Gestalt derselben.

zeiten. Lichtstarke der einzelnen Planeten.

Drei und dreißigste Vorlesung. Axe.

tion.

S. 74 — 90.

Mercurius. Lage ferner

Gebirge auf diesem Planeten. — Venus. Berge.

Atmosphäre.

Rotations­

Ihre Rota­

Dämmerung und Strahlenbrechung m ihrer

90 — ioo.

Vier und dreißigste Dortesung.

Wolkenzüge und Winde.

Mars.

Pallas, Juno, Vesta.

den.

Ceres,

Ueber seine Gestalt.

Entdeckungsgeschichte.

größer» Planeten entstanden sind.

Schnee auf dem

MarS.

Ob sie aus einem

Ihre geringe Größe.

Asteror-

S. ioi — na.

Fünf und dreißigste Vorlesung. seiner Oberfläche.

Jupiter.

Streifen auf

Veränderliche Lage seiner Flecken.

lenbrechung in seiner Atmosphäre.

Strah­

Mannigfaltige Erscheinun­

gen , welche die Monde dem Iupitersbewohner darbieten.

dieser Monde. zu.

Größe

Sie wenden dem Jupiter immer dieselbe Seite

S. uz — 126.

Sechs und dreißigste Vorlesung.

Erscheinungen, welche

der Ring des Saturn den Saturn-bewohnern darbietet.

fen und andre Erscheinungen auf dem Saturn.

Strei­

Seine Monde.

Auch fie kehren immer dieselbe Seite gegen ihren Hauptplaneten. Ihre Größe.

S. 126 — 136.

Verschiedene Erschei­

Sieben und dreißigste Vorlesung.

nungen des Saturnsringes; sein mehrmaliges Verschwenden, wenn

Sonne und Erde durch seinen Knoten gehen.

Größe der Ringe.

Schröter- Beobachtungen, die gegen die Rotation des Ringe­ streiten.

Schröterschen Beobachtungen. Uranus.

Olber- Erklärung der

Gründe für die Rotation.

Seine Monde.

Uranus.

Jahr-zeiten auf dem

S. 137 — 150.

Acht und dreißigste Vorlesung.

Besorgnisse bet der Erschei­

nung der Cometen. — Gründe, warum der Comet von

1811

drer verschiedene Perioden seiner Sichtbarkeit hatte. Stellungen

des Cometen von 1325.

Ueber die ungleiche Lichtstarke eines

Cometen nach fernen verschiedenen Stellungen.

Ueber das Auf­

suchen der Cometen. — Große Ungleichheit der Bahnen der Cometen.

Große Wechsel der Erleuchtung, denen fast jeder

dornet unterworfen ist.

S. 150 — 160.

Reun und dreißigste Vorlesung.

Cometen.

Don den Schweifen der

Bewegung der einzelnen Schweifthcrlchen; Bestim­

mung der gleichzeitigen Lage mehrerer Theilchen und der Form

des Schweifes. Wie die Theorie tn Hinsicht auf Form und Größe des Schweifes nut der Beobachtung überemstimmt.

S.

161 — 169.

Vier- igste Vorlesung.

Nachrichten von allen besser beob­

achteten großen Cometen. — Ob der Kern des Cometen ein fester Körper ist? Größe der beobachteten Conretenkerne.

S.

170 — 181.

Ein und vierzigste Vorlesung.

Ueber die Erscheinungen

tn der den Cometen zunächst umgebenden Atmosphäre.

Ueber

die Ursachen der bald mehr bald minder starken Krümmung

des Schweifes. Cometen mit zwei Schweifen. Gegen die Sonne gekehrter Schweif. Hohle Schweifconoide.

Zwei und vierzig st e Vorlesung.

S. i8* — 194.

Laplace's und Herschels

Meinungen über die Bildung der Cometen - Atmosphären, und über die allmahlige Ausbildung dieser Körper selbst.

Don den

vier Cometen, deren Umlaufszeit man kennt. — Widerstand un

Aether. Erdbahn.

Geringer Abstand der einen Cometenbahn

der

S. 194 — 201.

Drei und vierzigste Vorlesung. nen.

von

Die Fixsterne sind Son­

Ihre große Entfernung photometrisch bestimmt.

der Fixsterne.

Parallaxe

Wie man sie an zwei in derselben Richtung

stehenden, ungleich entfernten Sternen beobachten könnte.

Beob­

achtung der Parallaxe mit feststehenden Instrumenten.

Brad­

S. 201 — 209.

ley'- , Brinkley'S und Ponds Beobachtungen.

Vier und vierzigste Vorlesung.

Wie man die Geschwin­

digkeit des Lichte- durch Beobachtungen gefunden hat.

ration oder Abirrung de- Lichte-.

S. 210 — 218.

Fünf und vierzigste Vorlesung.

Fixsterne.

Wie

man

in

ihnen

Sonne erkennen könnte. — Veränderliche Sterne.

Sech-

und

vierzigste

Eigne Bewegungen der

die eigne Bewegung unsrer

Verschiedener Glanz der Sterne.

Neue Sterne.

Vorlesung.

gemeinschaftliche eigne Bewegung;

der, und ihre Umlauf-zeiten.

Aber­

S. 219 — 22g.

Doppelsterne.

iIhre

ihre Bewegung um einan­

Drei Sterne zu einem Systeme

vereinigt. — Ueber die Anordnung des ganzen, un- umgebenden

Sternenheers.

Sternzahlungen. Bestimmung der Lichtstarke ein­

zelner Sterne. — Als Anhang ein Brief von OlberS.

Sieben und vierzigste Vorlesung. fernung der Sterne nach ihrem Glanze.

seus liegenden Sternhaufens. Sternsystem-

S. 229 — 243.

Bestimmung der Ent­ Größe des im Per­

Bestimmung der Größe unsers

durch Abzahlung.

Herschel-

Darstellung eines

A 111

Üuerschnrtts unsers Systems.

Anzahl aller Sterne in diesem

S. 244 — 258-

großen Sternsysteme.

Acht und vierzigste Vorlesung.

Lichtnebel.

Beobachtungen über d»e

Vermuthungen und Beobachtungen über ihre Aus­

bildung zu Weltkörpern.

Verbindung der Sterne mit Nebeln.

Nebelflecke, die sich als Sternenheere zeigen.

Wahrscheinliche

Verbindung derselben zu noch auSgedehntern Systemen.

Grenze,

wo selbst diese Sternsysteme unsern stärksten Fernrohren un­ kenntlich werden.

Schlußbetrachtungen.

Unernreßlichkeit der sichtbaren Schöpfung. S. 258 — 273.

Sechs und zwanzigste Vorlesung.

Äbenn wir unser Auge zum Sternenhimmel erheben, so ist wohl niemand unter un«, in dem nicht der lebhafteste Wunsch entstände, jene zahllosen Weltkbrper näher kennen zu lernen, zu sehen, wie dort die Naturkräfte wirken, zu wissen, ob auch dort.so zahlreiche, wundervolle Erscheinunqen, wie auf unsrer Erde, die Aufmerksamkeit des Forscher- auf sich ziehen, ja end, lich, ob e« auch dort Wesen gebe, die diese Erscheinungen beobachten, die sich in der für sie eingerichteten Welt glücklich fühlen, und die diese« Glück dankbar empfinden. — Alle diese Fragen zu beantworten, fehlen un« nun freilich die Mittel, und nie wird e« dem irdischen Auge gelingen, Lanz die Beleh­ rung über sie zu erhalten, die Unser, im Wissen nie befrie­ digter, Geist verlangt; aber dennoch ist auch in Beziehung auf diese Fragen, in Beziehung auf die natürliche Beschaffenheit der entfernten Weltkbrper, dem Fleiße und Scharfsinne unsrer Zeitgenossen so manche Beobachtung gelungen, daß ich wohl hoffen darf. Sie werden, m. h. H., gern bei dem verweilen, was die Beobachter uns über diese Gegenstände mittheilen. Unsre frühern Untersuchungen betrafen einzig die Gesetze der Bewegung, nach welchen In unserm Sonnensysteme die Himmelok-rper ihren Lauf vollenden; und diese Gesetze ließen sich, theil« 6e«»egen, weil sie au« zahlreichen Beobachtungen abgeleitet werden konnten, theil« weil die nothwendigen Grund­ regeln aller Bewegung auch hier gelten mußten, sicher ent­ wickeln, so daß wir tn Beziehung auf sie ein Lehrgebäude der Astronomie besitzen, wie e« wohl keine andre Wissenschaft zu besitzen sich rühmen kann. Die jetzt aufgeworfenen Fragen da­ gegen, deren einige offenbar ganz außer dc-m Kreise dessen liegen, wa« durch Beobachtung entschieden werden kann, forBrande« Dort. 2. Th. I

2

Sech« und zwanzigste Vorlesung.

dern etwas viel Schwieriger«; — wir wollen Gegenstände sehen, die unser Auge nicht erreicht, wir wollen Gegenstände beurtheilen, die vielleicht denen auf der Erde ganz unähnlich sind; und wir sind daher hier «eit mehr in Gefahr, sowohl durch unser Auge, welche- die Gegenständ« nut unvollkommen erkennt, al- durch unsre Phantasie, dir auch auf andern Welt­ körpern irdische Gegenstände uns vorbildet, getäuscht zu wer­ den. Zu hoch dürfen Sie daher die Hoffnungen nicht span­ nen, wenn eS darauf ankimmt, jene entfernte Welten näher kennen zu lernen; aber überzeugen werden St« Sich doch, daß unsre Wißbegierde auch hier mannigfaltige Befriedigung erhält, und daß künftige Zeiten wohl manch« Frag« «erden beantwor­ ten können, die wir jetzt noch unbeantwortet lassen müssen. Den kühnen Gedanken, zu sehen, was dort, in einer Entfernung von Tausenden, ja von Millionen Meilen, die Natur auf den einzelnen Weltkörpern bewirke, welch« Verän­ derungen sich dort zutragen, konnte der Mensch nicht eher fas­ sen, bis das Fernrohr ihm «in Mittel, da- natürliche Sehen zu verstärken, dqrgeboten hatte. Zetzt schien « unser

Auge treffende, Licht auf eine angemessene Werse zu verweh­ ren , und dadurch die Erleuchtung des Bildes im Auge''zu

verstärken.

Daß das Bild im Auge auch eine gewisse^Grüße

haben muß, um uns eine deutliche Empfindung zu gewähren, ist bekannt;

denn kleine oder entfernte Gegenstände werden

uns ja nur wegen des zu kleinen Sehewinkels, weil das Bild im Auge allzu klein wird, endlich unkenntlich.

Wenn Sie den Versuch mit dem durch das convexe Glas dargestellten Bilde wiederholt anstellen, so werden Sie Sich

leicht überzeugen, daß das Bild auf der weissen Flache undeut­

lich wird, sobald sie den Gegenstand naher oder wieder nahe an das Glas bringen, indem sehr entfernte Gegenstände in

geringerer Entfernung vom Glase ein deutliches Bild geben, nähere Gegenstände in größerer Entfernung vom Glase; und

hieraus werden Sie leicht begreifen, daß bei 'der geringen

Veränderlichkeit, welche in unserm Auge die Stellung des Crystalls und der Netzhaut gegen einander allenfalls nur ge­

stattet, das Bild auf der Netzhaut undeutlich werden muß, wenn die Gegenstände sehr nahe rücken, da es deutlich ist für mittlere und große Entfernungen.

Ein gesundes Auge fleht

deutlich, wenn die Gegenstände mehr als g Zoll vom Auge entfernt sind, und besitzt die Fähigkeit, bei größerer Entfer­

nung des Gegenstandes, die kleinen Aenderungen anzunehmen, die nöthig sind, um auch da ein deutliches Bild auf der Netz­

haut zu erhalten;

wollen wir aber sehr nahe Gegenstände

deutlich sehen, so müssen wir künstliche Hülfsmittel anwenden, damit die Lichtstrahlen unser Auge so treffen, als ob sie von

einem ziemlich entfernten Punkte herkämen, das heißt, die auf verschiedene Punkte des Auges fallenden, von einerlei Punkte

ausgehenden Strahlen, müssen das Auge fast in paralleler Richtung treffen. Dieß bewirkt das einfache Vergrößerungs­

glas;

denn, wenn (Tab. II. Fig. i.) a der Punkt ist, wo

Lichtstrahlen, die von einem sehr entfernten Punkte Herkom­ men, also auf das Glas CD parallel auffallen, sich sammeln,

mit andern Worten, wenn a der Brennpunkt des Glases ist, so werden umgekehrt auch die von a ausgehenden Strahlen im

Sech« uuk^zmanzigste Aorlesun g.

5

Ölest C D so gebrochen > daß sie parallel au«fallen, und ein

Ange in E steht den Punkt' » durch da« Glas deutlich, wttl rt von parallelen Strahlen «in deutliche« Bild auf der Netz« haut empfängt.

Aber da« Auge in E fleht auch den Gegen­

stand vergrößert oder, unter einem größer« Sehrwinkel; denn die von b «»«gehende» Lichtstrahlen werden so gebrachen, daß

sie mit PR parallel «»«fallen, die von c ausgehenden, so daß sie mit P S parallel ausfaüea, und die Richtung dieser Strah­

len, welche da« Auge E treffe», ist also so verschieden, wie e« der Winkel bPc angiebt, wenn P in der Mitte de« Glase« liegt, da« heißt, wir sehen den Gegenstand so groß, wie ein Auge an der Stelle de« Glase« ihn

sehen würde, und den­

noch sehen wir ihn deutlich, weil die von einerlei Punkte b

«»«gehenden Strahlen unser Auge so treffen,

wie e« ohn«

Hülfe de« Glase« nur bet entfernten Gegenständen der Fall ist.

Dach e« ist vielleicht »»nöthig, dieß umständlich zu erklä­

ren, da der Versuch am besten zeigt, daß der Gegenstand b c desto stärker vergrößert erscheint, j« kleiner dir Brennweite de«

Glase« ist, oder je näher wir ihn an da« Glas bringen müs­ sen, um ein deutliche« und vergrößerte« Bild von ihm zu sehen. Rash dieser Vorbereitung kann ich nun wohl auf da« Fern­

rohr zurückkammeu.

Denn (lab. I. Fig. 2.) Lichtstrahlen

von sehr entfernten Gegenständen auf die Gia«ltnse AB auf­ falle» , so müsse» wir im Brennpunkte D die Tafel, die da«

Bild empfangen sott, aufstrlle», und e« entsteht auch hier ein umgekehrte« Bild DH de« Gegenstandes.

Stellt nämlich GO

«inen wottt aber» Sonnenrande, CO einen vom untern Son­

nenrande kommenden Lichtstrahl vor, die beide durch die Mitte

des Glases gehen, so bildet sich der obere Sonnrnranb in H, der untere Sonnrnrand in O ab, und da GOC der Sehe­

winkel ist, unter welchem uns die Sonne erscheint, so ist da«

Bild.DU so groß, wie e« dem Sehewinkel, der eben

so

groß al« DOH ist, und der Brennweite OD"angemessen ist. Ze größer also. di« Brennweite ist,

desto größer wird auch

das Bild desselben Gegenstandes; aber desto schwächer ist auch

die Erleuchtung diese» Bilde«, oder desto minder hell rrschelni

6

Sechs und zwanzigste Vorlesung.

uns dieses Dild. Denn wenn bte Größe des Glases dieselbe bleibt, so ist die gesammke Erleuchtung, welche das Tonnen­ bild D H empfingt, der Lichtmengr angemessen, welche von der Sonne auf da« Glas AB fällt, und jeder Theil des Bil­ des ist also desto minder glänzend, je mehr sich das Licht über rin großes Dild austheilen muß. Hieraus erhellt, daß es da, wo wir ein sehr großes Dild verlangen, nothwendig ist, auch dem Glase ABeine bedeutend« Größe zu geben, und daß die Lichtstärke in jedem Falle zunimmt, je größer man das Glas nimmt, welche- di» Strahlen zu dem Bilde sam­ melt. Da- Fernrohr (Fig. g.) besteht nun aus diesem Objectiv­ glase A B, welches das Sonnenbtld oder das Dild eines andern hellen Gegenstandes in DH darstellt, und aus dem Ocular oder Augenglase P. Das letztere ist so gestellt, baß es als einfaches Vergrößerungsglas zur Betrachtung des Bilde- D H dient, und da dieses Dild uns unter dem Srhewinkel DPH erscheint, der offenbar eben so vrelmal größer wie DOH ist, als DO größer wie DP, s, sieht «in jenseits P stehendes, das Dild durch das Glas P betrachtendes Aug« den Gegenstand vergrößert. Ein solches Instrument dient also, die kleinen Theile entfernter Gegenstände deutlicher zu sehen, indem es bewirkt, daß ihr Dild auf der Netzhaut im Auge größer wird. Sie werden nun auch leicht übersehen, daß Vergrößerung und Lichtstärke eines Fernrohres zwei ganz verschiedene Ding« find. Die Vergrößerung des Instruments (Fig. 3.) würd» dieselbe bleiben, wenn ich auch einen Theil des Glase« AB verdeckte und nur durch einen kleinen Theil desselben Licht ein­ fallen ließe; denn immer noch würden diese wentgen Strahlen »in Dild DH, eben so groß, al-vorhin, darsteüen; aber die Erleuchtung des Bilde- DH, und eben deshalb auch di« Erleuchtung des in unserm Auge selbst dargestellten Bildes ist geringer geworden, und dadurch kann sogar der Nutzen, den die Vergrößerung gewährte, ganz aufgehoben «erden. Soll dieser Nutzen ganz statt finden, so muß das Fernrohr «in voll­ kommen deutliches und ein hinrricheuv erleuchtetes Dild gebe», um eme starke Vergrößerung zu ertragen»

Sechs und zwanzigste Vorlesung.

7

Käme es auf die Dergrkßerung allein dn, so müßte man dem Objectiv AB «ine recht große Brennweite und btm Ocular P eine möglichst kleine Brennweite geben;

denn wenn de»

Objectiv« Brennweite OD so Fuß oder aggo Linien betrüge, die Brennweite DP nur eine Linie, so hätte man eine aggo

malige Vergrößerung; und so könnte man glauben, daß sich die Dergrößerung bi« in« Unglaubliche steigern lasse.

starken Vergrößerung gegen.

stehen

Aber dieser

unübersteigliche Hindernisse ent­

Zch will zurrst nur von

dem geringeren Hindernisse,

weil diese« mit den eben erläuterten Betrachtungen zusammen» hängt, reden, nämlich davon, daß bei so starker Vergrößerung die Lichtstärke allzu geringe wird.

Die bestimmte Lichtmenge,

»eiche zu Erleuchtung de« Bilde« DH dient, geht durch da« Gla« P auf da« Auge über, und bewirkt dort die Erleuchtung

de« Bilde« im Auge; je stärker nun die Vergrößerung ist, auf einen desto größer« Theil der Netzhaut wird diese Lichtmenge

»««getheilt, und e« erhellt leicht, daß eine Lichtmenge, die bei hundrrtmattger Vergrößerung zugeretcht hätte, um da« Auge

noch lebhaft zu rühren, hiezu lanße nicht mehr zuretchen wird, wenn man eine agoo malige Vergrößerung angebracht hätte,

oder dieselbe Lichtmenge auf einen so sehr vielmal größer»

Theöl der Netzhaut wirken ließe.

Man bemerkt diese Abnahme

de« Glanze« der Gegenstände, wenn man bei einerlei Objectiv

den Mond oder einen Planeten mit immer stärker» Vergröße­ rungen beobachtet, und wird da leicht gewahr, Grenzen der Vergrößerung,

daß man dlr

die einem bestimmten Fernrohre

angemessen ist, gar wohl überschreiten könnte;— bei irdischen Gegenständen kann

man eben die Bemerkung machen.

Um

als» starke Dergrößerung gebrauchen zu können, muß auch da« Objectiv groß seyn und da« Bild recht viel Licht erhalten.

So

große Objective aber, wenn sie auch sonst ohne Fehler zu erhal­

ten wären, kann man schon «egen der Schwierigkeit ungemein große Gläser zu erhalten, nicht gut anwenden, und hierin lag

ein Grund, warum Herschel die Spiegelteirscope vorzog. Ein Hohlspiegel AB, (Tab. I. Fig. 5.) stellt, eben so wie da« convexe Linsengla«, im Brennpunkt« de« Spiegel« rin Bild

EH de« Gegenstandes dar; denn die Lichtstrahlen CD, IG,

8

SrchS und zwanzigste Vorlesung,

die mit einander parallel auffallen, kommen nach der Zurückwrrfung am Spiegel in E zusammen, und da ebenso alle mit IG parallel elnfallenden Strahlen sich in E sammel», so stellen sie dort rin stark erleuchtete« Bild de« Punkte« dar, von wel­ chem sie au«gingrn; ebenso ist H da« Dild de« Punkte«, von welchem der Lichtstrahl F G herkömmt, und E H folglich da« umgekehrte Dild de« ganzen Gegenstände«, der zwischen IG, FG feine Strahlen zum Spiegel sendet. Außer dem bald näher, zu erklärenden Vortheile, daß der Spiegel die Licht­ strahlen nicht in Farbenstrahlen zerlegt, gewährt da« Spiegeltelescop, welche« au« einem solchen Spiegel und einem zum Betrachten de« Bilde« dienenden Augenglase besteht, zwei Vor­ theile, die da« dioptrische Fernrohr nicht besitzt, nämlich den, daß man mit minderer Schwierigkeit Mekaüspiegel von großem Durchmesser, al« eben so groß« Gläser, erhalten kann, und daß e« beim Schleifen der Spiegel eine Gestalt giebt, die im strengsten Sinne die Strahlen, dir parallel mit der Axe de« Fernrohre« rinfallen, in einem einzigen Punkte vereinigt. Den ersten Vortheil hat Herschel in vollem Maaße zu be­ nutzen gewußt, indem er Spiegel besaß, die über 2 Fuß, ja die 4 Fuß Durchmesser hatten. Spiegel von 2 Fuß Durch­ messer geben eine Lichtstärke, die säst iccco mal so gra- ist, al« beim natürlichen Sehen, und selbst Spiegel von 12 Zoll Durchmesser gewähren schon eine so ungemeine Lichtstarke, daß Herschel mit einem Spiegeltelescop, dessen Spiegel 12 Zoll Durchmesser hatte, die Ziffern an einer Thurmuhr erkennen konnte, al« «< schon zu dunkel war, nm mit bloßem Auge den Thurm selbst zu sehen; denn die ungemein schwache Erleuch­ tung, di« der letzt« DämmerungSschimmer noch auf die Ziffern der Uhr warf, «ar viel zu schwach, um im bloßen Auge rin Dild de« so erleuchteten Gegenstände« hervorzubringen, aber al« der Reflektor etwa 2000 mal so viel Licht, al« die kleine Oeffnung de« Augenstern« für sich allein erhalten würde, ver­ einigte, und dem Auge zusendete, da wurde der schwach erhellt« Gegenstand sichtbar. Mir solchen Instrumenten konnte Her­ schel also auch die schwächsten Sterne noch sehen, und «« ist nicht zu verwundern, daß schon Sterne der dritten Größe «in

Sechs und zwanzigste Vorlesung.

9

|u starkes Licht gaben, Sirius aber und andre Sterne erster Grtße, schon wenn sie nur dem Gesichtsfelde nah« kamen, «in Licht, als ob dl« Morgenröthe anbräche, v«rbre«teten. Bet so starker Erleuchtung des Bildes ließe sich nun aller­ dings wohl hoffen, daß auch eine fthr starke Dergr-ßerun»ohl anwendbar sei, zumal da nach der Theorie dem Spiegel »tue Form gegeben werden kann, durch welche die Strahlen, di« mit seiner Are (mit der auf seine Mine senkrechten Linie) parallel einsallen, -enau in einem Punkte »«reinigt werden; aber hier tritt «in in der Unvollkommenheit menschlicher Werke liegendes Hinderniß «in, indem selbst di» schönste Politur des Metallfpiegels nicht von allen Unglelchheiten und feinen Rth» chen frei ist, die bei sehr starker Dergrtßerun- sich als Helle Strahlen, die nämlich das Licht unregelmäßig zurückwerfen, zeigen; denn offenbar werden dies« kleinen Rihchen, die wir bet schlechter Politur schon mit bloßem Auge sehen, durch die starke Dergrtßrrung auch da sichtbar, wo die vollendetste Kunst sie zu dem mtglichsten Grad« von Feinheit herabgrbracht hat. Aber nicht bloß von dieser Seite stehe» den starke» Der» gr-ßerungen Hindernisse entgegen, sondern bet Fernrthren mit Gläsern, bet Refractoren, wo die Brechung der Lichtstrahlen allein zur Dergrtßerung beiträgt, kam noch ein sehr «rsent» licher Umstand hinzu, nämlich daß eS unmöglich scheint, im strengsten Sinne alle Strahlen, die von einem Punkte her» kommen, wieder in einem Punkte zu vereinigen. Bet den Fernröhren, wie man sie zurrst verfertigt«, fand dieß beson­ ders statt wegen der ungleichen Brechbarkeit der Farben, und deßwegen, weil das Licht der Sonn«, des Monde- und der Sterne sich so verhält, als wäre es aus allen Farben gemischt. Bei dem Bilde, mit dessen Betrachtung ich anfing, ist «< nicht ganz einerlei, ob der Gegenstand MP (Fig. i.) blau »der roth ist, sondern da- Bild NO liegt dem Glase etwas näher, wenn der Gegenstand blau, entfernter, wenn er roth ist, und eben deßhalb wird das Bild eines Sternes undeutlich, weil die blauen Strahlen sich in einem andern Punkt«, als die gelben, diese in einem andern Punkte, als die rothen, vereinigen. — Denn daß das Sonnenlicht alle diese verschiedenen Farben ent-

io

Sechs und zwanzigste Vorlesung,

hält, zeigt bas Prisma. — Diese Undeutlichkeit vermöge der ungleichen Drechdarkeit der Farbenstrahlen haben wir freilich durch die Zusammensetzung des Ob,ectiv« aus Gläsern von ungleicher Beschaffenheit, (so roi< Tab. I. Fig. 4. zeigt,) auf­ heben gelernt, indem das die Farben stark zerstreuende Hohl­ glas das blau« Bild grade um' so viel mehr als da« rothe Bild von dem Platze, den sie bet den convexen Gläsern ein­ nehmen, verrückt, daß sie nun fast vollkommen zusammenfal­ len ; aber dennoch bleiben kleine Unvollkommenheiten übrig, di« auch hier der Vergrößerung Grenzen sehen. Man hat indeß in der neuesten Zeit, vorzüglich durch Fraunhofer-Kunst, Gläser erhalten, die so rein und schön sind, daß sie bei 9 Zoll Durchmesser «ine Lichtstärke und eine Schärfe der Bilder geben, wie man sie bis dahin nicht kannte, und bi« daher Veranlas­ sung geben, die Spiegrltelescope, die selbst bei drr besten Poli­ tur nur kaum die Hälfte de< auffallend«» Lichte« zurückwerfen, und in einigen Zähren immer sehr an Reinheit der Oberfläche verlieren, nicht mehr so häufig anzuwenden. Zum Schluffe dieser Betrachtungen über die Grenzen, welche uns beim Gebrauch der Fernröhre in Rücksicht auf Vergröß«, rung gesteckt sind, muß ich auch noch da- erwähnen, daß man -et sehr starken Vergrößerungen immer nur einen kleinen Raum übersieht, und daß daher die unaufhörlich fortrückenden Sterne zu schnell vor dem Fernrohr Vorbeigehen, um genau beobachtet zu werden. Fraunhofer- größere Fernröhre begegnen die­ sem Nachtheil dadurch, daß sie durch ein Uhrwerk da« Fernrohr so schnell fortführen, al« nöthig ist, um der täglichen Bewe­ gung drr Sterne zu folgen, und gewähren daher die große Annehmlichkeit, den Gegenstand lang« Zeit, al« ob er vor dem Fernrohr fest stände, zu beobachten. Diese ganz der Optik angehörenden Betrachtungen sollten vorzüglich dazu bienen, einige Grundkenntnisse festzustellen, die bet der Beurtheilung der Beobachtungen durch Fernröhre Vor­ kommen, und zugleich zu zeigen, warum unsre Bestrebungen doch auch hier in gewisse Grenzen eingeschränkt sind. Daß da« Bild im Fernrohre umgekehrt ist, hat bei astronomischen Beobachtungen, wo man nicht hierauf Rücksicht nimmt, keinen

Sech« und |w«n|ig|te Vorlesung.

n

Nachtheil; em die Gegenstände aufrecht, in ihrer natürliche« Stellung, t" sehen, muß man dem Fernrohr noch einig« •Ufte mehr geben, Wodurch aber di« Lichtstärke etwa« herab» -«setzt wird. Ich füg« jetzt noch einige Nachrichten über wirklich anwend» bare Vergrößerungen hinzu. Herschel hat in der früheste« gelt seiner Beobachtungen versucht, ungemein starke, selbst über da« Sechstausendmalige hinau«geh,nbe Dergrbßernngr« anzuwenden; seine spätern Untersuchungen aber zeigen deutlich, da- er di« mit solchen Vergrößerungen erhaltenen Destimmun» gen keine«»,ge« für sicher hält, und daß er deßhalb in der Folge selbst Vergrtßerungen, die bi« auf da« Eintausendfache gehen, selten angewandt hat. Fraunhofer hat seine» vollkommensten Fernrbhren nur Soomalig« Vergrößerung gege» ben, und damit also die Grenz« dessen, «a« diese schöne« Fernrihre noch mit Sicherheit leisten, bestimmt. Diese Untersuchungen mögen für jetzt hinreichen, um da« Werkzeug, durch dessen Hülfe wir entfernte Weltkörper genauer betrachten können, kennen zu lernen; die Anwendung auf da« Einzeln« wird mir oft Veranlassung gebe«, an da« hier Mit» getheilte noch Mehrere« anzukaüpfen.

Sieben und zwanzigste Vorlesung.

Unter allen Himmelskörpern, deren Oberfläche wir näher ken­

nen zu lernen hoffen können, nimmt unstreitig der Mond dm ersten Platz ein. Er bietet schon dem bloßen Auge Ungleich­ heiten dar, die ganz -ewtß im Fernrohre sich noch viel auffal­ lender darstellen müssen, und deren Natur zu erforschen nicht unmöglich scheint. Um aber zu übersehen, was denn etwa unsre Fernröhre uns dort zeigen können, wollen wir zuerst die Frege umkehren, und untersuchen, was für Gegenstände auf der Erde wohl noch für un« kenntlich seyn würden, wrnn wir

Sieben und |Wanjigfle Verlesung,

12

mit unfern Fernrthren, vom Monde aus, die Erde beobach, ««trn. Herschel bemerkt, daß ein« sehr kleine Kugel, von Sie« gellack, die so entfernt war, daß sie dem bloßen Aug« H Src. groß im Durchmesser hätte erscheinen müssen, also mit bloßen Augen und mit schwacher Vergrößerung durchaus nicht wahr, genommen «erden konnte, durch da- zehnfußige Spiegelttlescop bei 4zrmaliger Vergrößerung al« Kugel erschien, statt daß goomaliq« Vergrößerung noch kein sichres Urtheil über ihr« Gestalt zuließ. Ein Silberkügelchen erschien bet 432maliger Vergrößerung schon als rund, obgleich es so klein «ar, daß es dem bloßen Auge nur, al- § Secunde im Durchmesser Hal, tend, hätte erscheinen können, und wenn dieses Kügelchen bei dunkelm Himmel, wo di« schwach erleuchtet« Erde nicht viel zu Erleuchtung desselben beitrug, durchs Fernrohr angesehen wurde, so sah man die obere erleuchtete Seite sich, wie einen halben Mond, von der unerleuchteten unteren Sette unter­ scheiden. Kügelchen aus einer wenig Licht zurückwerfenden Materie mußten größer seyn, wenn man mit eben der Ver­ größerung ihre Gestalt erkennen sollte; und wir können daher nach diesen Versuchen höchstens annehmen, daß bei Soomaliger Vergrößerung »in nicht ganz besonders ausgezeichneter Gegen­ stand erkannt werden kann, der sich dem bloßen Auge als ; Sec. im Durchmesser haltend darsiellt, weil Gegenstände, dem Silberkügelchen gleich, nur selten sich unsrer Beobachtung dardieten. Ein Gegenstand, der | See. scheinbaren Durch­ messer darbiettt, ist eine Millionmal so entfernt, als sein wah, rer Durchmesser, und hiernach zu urtheilen, müßt« ein« Kugel von 3 Fuß im Durchmesser noch auf ioo Meilen Entfernung sichtbar seyn, und eine von der Sonne erhellte Kugel, so groß als unser Mond, könnte noch in 9000 mal so großer Entfer­ nung, als di« des Mondes, von uns erkannt werden, wenn er nur hinreichend erleuchtet wäre. *) *D denn

Rach Schröters Angabe können Fernröhr« noch mehr leisten»

mit yomaliger Vergrößerung las

er unbekannte Schuft,

«0 die

Buchstaben 1 Linie groß waren, m 1500 Fuß Entfernung; daraus und

Sieben und zwanzigste Vorlesung.

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Daß die Erfahrung diese auf entfernte Gegenstände auf der

Erde angewandte Behauptung nicht bestätiget, darf uns nicht befremden; denn da wir jeden irdischen Gegenstand durch tue

Luft sehen,

die nur den

geringsten Theil der Lichtstrahlen

durchläßt, so ist es ganz einleuchtend, daß ein sehr entfernter Gegenstand uns bei so kleinem Sehewinkel nicht sichtbar wer« den kann, als der nähere, der uns sein Licht fast ganz unge-

schwacht zusendet.

Eben das findet auch in etwas verminder­

tem Grade bei den Gestirnen statt, und auch da ist es also nicht wehr möglich, einen Körper - unserm Monde gleich, selbst

wenn er gut erleuchtet ist, in 9000 mal so großer Entfernung, das ist etwas jenseits des Uranus, noch deutlich als Kugel zu erkennen, sondern die Grenze der Sichtbarkeit mit jenem

Fernrohre möchte wohl bedeutend geringer seyn. Könnte ein Mondbewohner wirklich Gegenstände auf der

Erde noch erkennen, wenn sie einen Sehewinkel von | See. dar­ böten, so würden, -da der Mond ungefähr 50000 Meilen, oder 50000 mal 24000 Fuß entfernt ist, Gegenstände von 1200 Fuß

im Durchmesser doch ungefähr die kleinsten seyn, die er voll­

kommen deutlich

erkennen könnte.

Aber diese Gegenstände

müßten zugleich sich durch ihr Licht oder durch ihre Dunkel­

heit so von

den sie umgebenden Gegenständen unterscheiden,

daß dieser Unterschied das Auge recht lebhaft rührte, und da dieß wohl nur bei wenigen Gegenständen hinreichend der Fall ist, so würde eine Stadt auch von 12000 Fuß Durchmesser vielleicht noch nicht von der umgebenden Ebne, auf welcher

Waldungen und Anhöhen.mannigfaltige Schattirungen bewir­

ken , zu unterscheiden seyn. Wenn wir auf der Erde in eine Entfernung von 20 Mei­

len hinaus sehen, so scheint es uns schon viel, wenn wir an

aus ähnlichen Bestimmungen berechnet er, daß siomalige Vergrößerung zureiche, um auf dem Monde Gegenstände von 900 Fuß Durchmesser zu

sehen, und Gegenstände von 4000 Fuß Durchmesser deutlich zu erkennen $ aber bei stärkern Vergrößerungen darf man nicht geradezu schließen, daß eine doppelt so starke Vergrößerung einen halb so großen Gegenstand noch deutlich zeige, sondern die Wirkung ist immer etwas geringer als das Maaß der Vergrößerung hoffen ließ.

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Sieben und zwanzigste Vorlesung.

einem auf einem hohe« Serge stehenden Gebäude die elnzel»en Theile, vielleicht Fenster und Thüren mlt einem starken

Kernrohr wahrnehmen; diese Gegenständ« aber, wenn ich st» auch nur 4 Kuß breit rechn«, haben doch schon auf 1 Meiü Entfernung einen Sehewinkel von 30 See., auf 20 Meilen

einen Sehewtnkel von

Secunden, und wenn eia Gegenstand

im Mond« so groß erscheinen muß,

um noch gut erkannt j«

«erden, so fände das bei Gegenständen, die ein« halbe Meile im Durchmesser halte», statt, so'daß eine Stadt von 12000

Kuß Durchmesser 4m Monde und ihrer Grtße nach stchtbar seyn künnte, wenn nur ihr Glanz

»der ihre Dunkelheit sich

-egen die umliegenden Gegenstände zureichend auszeichnete. Der Mondbewohner, welcher unsre Erd« mit starken Kern» rthren, und mit Auge», den unsrtgen gleich, besbachm, wird

als»'«»hl auch die kleineren Znsrln im dunkleren Ocean, die mit Schnee bedeckten Berggipfel der Alpen und Pyrenäen, den Dodeasee, und ähnliche, je selbst di« an ihren Mündungen

Meilen breiten Ström«, wie die Elbe, Donau, und andre sehen

kiunea; «r wird di« dunkel brschatteten Thäler Abends von den

noch im Sonnenstrahl« glänzenden Berggipfeln unterscheiden ;

aber ob er von allrn großen Werken der Menschen eine Spur wahrnehmen wird, ob er bemerken wird, daß das prachtvoll«

Petersburg einen Platz einnimmt, der sonst -dowar,— das ist wohl ziemlich zweifelhaft.

So große Veränderung«», wt«

N»rd«Am«rita sie seit einem Jahrhundert erlitten hat, könn»

ten ihm noch em eheste» sichtbar werden, da dir unermeßlichen

Wälder, welch« ehmals di« jetzt fruchtbaren Ebnen bedeckte«,

wohl «in andres Licht zeigen konnten, als di« jetzt freie oder mit Dörfern und Städten bebaute Erd«, und so könnte frei­ lich der nach und nach erfolgende Wechsel in der Beschaffenheit

der Erde einen scharfsinnigen Mondbewohner auf den Gedan­

ken bringen,

daß unsre Erde bewohnt sei, wenn er sich aus

dem, ihm unbegreiflichen Wechsel von Erscheinungen, welch«

di« bald mit Schnee bedeckte, bald von Wolken verhüllte Erd« ihm darbtrtet, erst heraus gefunden hat.

Diese Urberirgunge« zeigen uns ungefähr, wie «eit allen­ falls unsre Kenntniß der Mondfläch« gehe» kann; wir wolle»

Siehey unb zwanzigste Vorlesung.

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nun sehen, was di« Beobachter uv« über den Mond mitgetheilt haben. Wenn mau den Mond auch nut mit einem mittelmäßigen Kernrohr« beobachtet, so idgt er sich voll kleiner Flecken, die, m«nn wir bk Beobachtung um bi« Zeit der Viertel anstellen, -roßentheji« »inen dunkeln Raub neben einer Heller erleuchte» ten Fläche darbieten; der dunkle Rand ist allemal gegen die ungrleuchttte Hälft« de« Monde« gekehrt, und ist breiter bet den Gegenständen, di« der Grenze der Erleuchtung näher l«eg«u. Bedient man sich eh»«* größer» Fernrohr«, so sieht man, daß dies« schwarzen Ränder Veränderungen leiden, daß sie, wenn die Beobachtung beim ersten Viertel angestcllt wird, nach, und nach schmäler «erden, indem der Gegenstand, an welchem wir sie sehen, seine Entfernung non der Lichtgrenze vermehrt. Sahen wir vorhin einzelne au« diesem-dunkeln Rande «eiter voran« gegen die Lichtgrenze zu vorspringend« dunkle Spitzen, so kürzen diese sich nach und nach merklich ab, und obgleich der hell« Fleck, wenn «r einmal mitten auf der Mondscheibe ist, auch mitten ans derselben bleibt, soverlkrt sich doch sei» dunkler Rand immer mehr, je mehr, von einem Tage zu» andern, sich der Mond der völligen Erleuchtung nähert. E« bedarf keiner langen Beobachtung, um un« zu belehr reu, daß diese dunkeln Ränder Schatten sind, und daß also die glänzende» Flecke, mit denen sie verbunden sind, hohe Gegenstände, Berge seyn müssen. Wenn di« Lichtgrenze nahe an einem solchen Berge vorbeigrht, so ist für diesen die Spnn« erst kürzlich aufgegangen, wenn die Beobachtung vor dem Vollmonde angestellt werd, und dagegen ist die Sonn« dort dem Untergang« nahe, wenn wir d«n Gegenstand nach dem Vollmonde, nahe än der Grenze de« erleuchteten und dunkeln Theile«, sehen. Um diese Zeit sind die Schatten sehr lang, wie wir es ja schon au« Erfahrungen auf der Erde wissen; und da die Sonne sich immer mehr dem Zenith de« Berge« nähert, je mehr die Lichtgrenze sich von ihm entfernt, so müs­ sen zugleich die Schatten sich abkürzen, und endlich ganz ver­ schwinden. Die regelmäßige Erscheinung dieser Schatten über­ zeugt un« also, daß der Mond Berge auf seiner Oberfläche

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Sieben #nb zvanjigste Vorlesung,

hat, nnd da zwei nahe bei einander liegende Berge durch die ungleiche Länge ihrer Schatten sich uns als ungleich hoch kennt klch machen, so lässt sich leicht übersehen, daß wir darauf den­ ken dürfen, btt Höhen der Berge auszamessen; und wir finden uns dazu um so mehr- aufgefordert, da die oft weit vorsprin­ genden Spitzen der Schatten uns die hohen Gipfel kenntlich machen, die sich an manchen Stellen, auf einer Reihe niedri­ ger Berge aufgethürmt, erheben. Die auf Tab. III. mitgetheilte Zeichnung einer Mondgegend, wie sie, nach Schrörers Beobachtungen, bei verschiedener Beleuchtung erscheint, giebt hiezu ein schtnes Beispiel. Diese Messung der Mondberge ist so einfach, daß sie nur wenig Erläuterung bedarf. Daß wir Mittel besitzen, um die scheinbare Länge des Dergschaltens abzumeffen, wissen Sie itn Allgemeinen; indeß muß ich doch darüber noch etwas Genaue­ res sagen. Wenn man mit beiden Augen gleich gut sieht, so kann man sich gewöhnen, mit dem einen bloßen Auge zu sehen, während man mit dem andern durch das Fernrohr blickt; man fleht dann die im Fernrohr vergrößert etfcheinenden Gegen« flönde vor denen schwebend, die man mit bloßem Auge gewahr wird, und wenn man, wie Schröter, in bestimmter Ent­ fernung eine Tafel, worauf gleiche Theilungen aufgetragen sind, aofstellt, so kann man angeben, wie viele solche Theile die Länge des Schattens, den man messen will, bedeckt, folglich wie groß diese Länge uns erscheint. Sobald wir die Länge des Schattens auf der Mondoberfläche kennen, so müssen wir nur noch wissen, wie hoch die Sonne in >enem Punkt des Mondes zu der Zeit über dem Horizonte stand, und dieß ergiebt sich aus dem Abstand« des beobachteten Punktes von der Lichtgrenze. Liegt der Punkt, auf welchen wir unsre Beobachtung richten, in der Licht­ grenze selbst, so steht ihm die Sonne im Horizonte; finden wer, durch richtig in Betrachtung gezogene Messungen, daß der beobachtete Punkt umdes Mond-Umfangs von der Lichtgrenze absteht, so sieht ein in diesem Punkte des Mon­ des stehender Beobachter die Sonne einen Grad hoch über dem Horizont«, und so ferner. Und diese Sonnenhöhe giebt

Sieben und zwanzigste Vorlesung.

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un-, ganz wie auf der Erde, da- Verhältniß der Derghühe zur Länge de- Schattens an; denn wenn CB A (Tab. I. Fig.6.) der Winkel ist, den die Sonnenstrahlen mit dem Horizonte AB machen, oder CB A der Höhe der Sonne gleich ist, so giebt die Zeichnung an, wie vielmal so groß di« Schattenlänge AB ist, als die Berghöhe AC.

Hierin liegt deutlich di« Anleitung zu Messung der Berg« höhen im Monde, indem sich, au« der scheinbaren Länge be« Schatten-, wegen der bekannten Entfernung de« Monde- von un-, die wahre Länge de« Schatten«, und darau« die wahre Höhe de« Berge« finden läßt. Indeß ist dies« Bestimmung in dem Falle, wo der Berg weit von der Mitte der un- sicht« baren Seite de« Monde- entfernt liegt, nicht ganz so leicht. In der Mitte der Mondscheibe trifft unsre Gesichtslinie die Oberfläche de« Monde« senkrecht, und wenn (Tab.I. Fig.6.) AB der wahre Schatten ist, so sind CA, DB, unsre Gesichts­ linien, deren Lage sogleich zeigt, daß wir den Schatten auf eine vollkommen richtige Weise sehen. Dieses ist nicht mehr so gänzlich der Fall, wenn wir gegen den Rand des Mondes hin sehen, sondern da ist unsre Gesichtslinie GB (Tab. I. Fig. 7.) schief gegen des Monde« Oberfläche geneigt; und ob­ gleich wir, au« der bekannten Lage der Gesicht-linie gegen die Oberfläche de« Monde«, leicht die wahre Länge de« Schatten« AB herletten könnten, wenn er un« auch nur so groß al« BI erscheint, so wird dieß doch dadurch sehr erschwert, daß wir den Punkt A, den Fuß de« Berges, oder eigentlich den Fußpunkt der Derticallmie CA, nicht sehen können, sondern den ganzen, uns dunkel erscheinenden Raum CB als Schatten sehen und abmeffen. Die Berechnung der Höhe muß daher hierauf Rücksicht nehmen, und dir Höhen lassen sich auch in diesem Falle bestimmen. Eine besondre Erörterung verdient nun noch die Frage, wie genau denn diese Messung wohl seyn kann.

Die sehr schwarzen Schatte« zeichnen sich so auffallend gegen dir erleuchtete Moodfläche aus, daß man sie unstreitig al« Gegen­ stände, die eine recht scharf« Beobachtung gestatten, ansehen darf. Brande« Borl. 2. LH. 2

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Sieben und zwanzigste Vorlesung.

Obgleich nun dennoch eine Unsicherheit von wenigsten« 500 Fuß über die Länge des Schattens übrig bleibt, so ist doch diese Unsicherheit darum nicht so sehr nachtheilig für btt Bestimmung der Derghöhen, weil wir Zeitpunkte zur Abmessung wählen können, wo der Schatten 10 mal und 20 mal so lang ist, als die Derghöhe, und wo also ein Fehler von rooo Fuß in der Schattenlänge nur 100 Fuß Fehler, und selbst noch weniger, in die Bestimmung der Derghöhe bringt. Diese Höhen sind nun freilich nur so bestimmt, daß sie von den zunächst am Fuße der Berge liegenden Ebnen an gerech­ net werden, und sie geben uns daher keine so gleichförmige Bestimmung für alle Berge, wie wir sie auf der Erde, wo wir die Höhen über der MeereSfläche angeben, erhalten; aber wenigstens reichen sie doch hin, um uns im Allgemeinen deut, liche Begriffe von der Oberfläche des Mondes zu geben. Eine etwas nähere Kenntniß der mehr oder minder hohen Lage der größeren Ebnen im Monde können wir aber auch wohl noch zu erlangen hoffen, und bann würbe, wenigstens für bie Berge, deren Schatten in diese Ebnen fallen, die Hihenbestimmung immer mehr auf eine solche bestimmte Oberfläche, wie eS bei UNS die MeereSfläche ist, zurückgeführt werden. Der nicht unausführbare Vorschlag von Drobisch, wie man über bie ungleiche Höhe der einzelnen großen Ebnen Beobachtungen an« stellen könne, besteht in Folgendem. Wäre der Mond eine Kugel, auf welcher keine Berge sich über die Oberfläche erhü­ ben, so würd« di» Linie, welche den erleuchteten Theil von dem dunkeln Theile trennt, in der Wirklichkeit ein KreiS, in der scheinbaren Mondscheibe, so wie wir sie sehen, eine ovale Linie, eine halbe Ellipse, seyn. Diese Grenzlinie der Lichte« sehen wir nun oft durch Gegenden de« Mondes gehend, wo keine erhebliche Berge sie unterbrechen, und die Beobachtung könnte bann wohl, indem sie den genauen Lauf dieser Linie bestimmte, entscheiden, ob diese eine wahre Ellipse ist. — Sie wird eS offenbar nicht seyn, wenn jtn« Ebnen einen Abhang haben; denn wenn diese, viele Meilen breiten Flächen am einen End« 500 Fuß höher als am andern lägen, so könnten sie unS immer al« Ebnen erscheinen, aber sie wären dann nicht

Sieben und zwanzigste Vorlesung.

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mehr Theile einer Kugelfläche, sondern die Lichsgrenze würde

un« ihre Abweichung von der Kugelfläche verrathen.

Ehe ich Sie aber mit der Erzählung, was für Berge und Ebnen denn die Beobachtung de« Monde« un« kennen lehrt, unterhalte, muß ich noch eine andre Methode, die Höhen der Berge aus dem Monde zu bestimmen, erwähnen; eine Methode,

di« früher att die schon angeführte, schon von Galilät an» gegeben, und von Heveltu« in der zweiten Hälft« de« sieb»

zehnten Jahrhundert« angewandt worden ist. Denn wir un« auf einem hohen Berge befinden, so erscheint un« die ausgehende Sonne etwa« früher, al« die Bewohner

der benachbarten Thäler, selbst derjenigen Thäler, welch« nicht

im Schatten de« Berge« liegen, sie erblicken. Stellt nämlich D die Spitze diese« Berge« (Tab. I. Fig. g.) vor, und BC ist eine tiefer liegende Ebne, so gelangen die Strahlen der in

der Richtung B A stehenden Sonne schon nach D, während die Ebne BC noch beschattet ist. Auf der Erde, die sich schnell um ihre Axe dreht, ist diese längere Beschattung de« Thale«

von kurzer Dauer und überda« weniger auffallend, «eil die Dämmerung doch auch die Thäler schon erhellt, ehe die Sonne aufgeht; auf dem Monde aber zeigt sich un« eben die Erschei»

nung auffallender.

Wenn Sie den Mond, vorzüglich wenn

er dem Viertel nahe ist, auch nur mit einem mittelmäßigen Fernrohre beobachten, so sehen Sie nicht bloß fein« Lichtgrenze unregelmäßig -«»«gezackt, sondern e« zeigen sich Ihnen auch einzelne, mitten im Dunkel liegende Lichtpunkte.

Setzen Sie

die Beobachtung länger, mehrere Stunden lang, fort, so neh,

men, bei wachsendem Monde, oder um die Zeit de« ersten Viertel«, diese Lichtpunkte an Umfang zu, die ihnen nach und

nach näher rückend« Lichtgrenze erreicht sie endlich, und siezet» gen sich nun durch ihre langen Schatten, al« da«, wofür wir sie wohl gleich erkannten, al« Dergspihen. Offenbar kann die Zeit ihre« ersten Erscheinen«, oder die Zeit, da sie vom ersten

Sonnenstrahl« getroffen «erden, un« zur Bestimmung ihrer

Höhe dienen; denn da der Astronom so gut für jtbtn bekannten Punkt de« Monde«, wie für i«d«n Punkt der Erd«, dir Zeit

de« Sonnen»Aufgang« berechnen kann, wenn der Ort in der

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Sieben und zwanzigste Vorlesung,

regelmäßigen Oberfläche des Monde« liegt, so rrgiebt diese Rechnung, daß dir Sonne in B (Tab. I. Fig. g.) in der Ebne aufging, tn dem Augenblicke, da die Spitze D den ersten Sonnenstrahl empfing, und da hiedurch der Abstand B C gefunden wird, so läßt fich di« Höhe CD de- Berge« bestim­ men. Statt diese Rechnung über den Sonnen »Aufgang zu führen, könnte man auch den Abstand des hellen Punkte« von der Lichtgrenz« beobachten uyd abrness««, um BC kennen zu lernen; aber diese Abmessung ist darum nicht immer so leicht, weil die Lichtgrenzr selten so regelmäßig ist, daß man, sie durch die vorspringenden schon erleuchteten Bergspitzen und di« da­ zwischen liegenden dunkeln Thäler mit völliger Sicherheit zie­ hen könnte. Um diese- Hervortreten der erleuchteten Berggipfel in der dunkeln Seite des Mondes Ihnen im Bild« zu zeigen, theile ich Ihnen (Tab. III. Fig. i. 2. und Tab. V. Fig. 1. 2.) einige in Schröters Beobachtungen vorkommende Fälle mit, wo da- eine Mal viele einzelne Spitzen eines 11000 Fuß hohen Gebirges, weit in die Nachtseite hinein zerstreut, sichtbar waren (Tab. V. Zig. 1.); das andre Mal (Tab. V. Fig. 2 ) schon eine ganz« Kette hoher Berge, die eine weite mit Schat­ ten bedeckte Vertiefung umschließen, völlig erleuchtet sichtbar ward, obgleich sie noch «eit außer der eigentlichen Erlruchtungsgrenze lag. In den beiden andern Zeichnungen sind ein­ zelne erleuchtete Dergspihen in der Nachtseite zu sehen, und es sollte hier der ganze, nur der Schrift wegen weiß gelassene Raum, als mit Nacht bedeckt, gezeichnet seyn. Sie sehen hier zugleich, wie die ganz beschatteten runden Thäler, und die in eine offene Eben« fallenden spitzen Dergschatten sich auSnehmen, wenn dies« Gegenständ« der Lichtgrenze nahe sind, und auf Tab. III. wie ganz anders sie erscheinen, wen« die Lichtgrenze an der «inen oder andern Seite, wenn sie näher oder entfernter liegt. Um aber alle« hier zusammen zu fassen, was di« Destimmung der Derghthen betrifft, muß ich doch auch noch da­ erwähnen, daß man zuweilen Berg« über den kreisförmigen Rand der Mondscheibe hrrvortr«t«n sieht, so wie C (Tab.I. Fig» 9.).

Sieben und zwanzigste Vorlesung.

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Die Höhe dieser Berge läßt sich leicht berechnen, wenn sie gerade in dem Punkte fich befinden, der un« im Mondrande, im Umfange der sichtbaren Seit« de« Monde«, erscheint. —

Solche Berge hat man auch mehrmal« bei Sonnenfinsternissen, al« über dm Rand de« dunkeln Monde«, wenn er die Sonne verdeckte, hervorragend »ahrgenommen, und grade die höch­

sten Berg« ans dem Monde hat man in diesen Gegenden de«

Monde« kennen gelernt.

Schröter, dessen anhaltende Beobachtungen und sorgfäl­

tige Messungen un« dm Mond viel genauer kennen gelehrt haben, al« man e« früher je gehofft hatte, hat auch auf die Bestimmungen der Derghöhm im Monde großen Fleiß gewandt.

Seinen Semühungen verdanken wir die Kenntniß, daß e« im

Monde Berge giebt, welche di« Höhe der Berge auf der Erde übertreffen, oder wenigsten« ihnen gleich kommen.

Unter die­

sen zeichnet Schröter vorzüglich die Randgrbirge au«, denen

er die Namm Dörfel und Leibnitz beilegte, indem

er,

nach Ricetolt'« Beispiel, di» Namm berühmter Mathema­ tiker und Astronomen zu Bezeichnung der Mondberge wählte.

Die Gipfel de« erstem sind gegen 30000 Fuß, die de« lehterN 24000 Fuß hoch, und man müßte st« sogar noch höher anneh­

men, wenn sie zur Zeit der Beobachtung nicht ganz genau auf dem Rande lagen,

sondern etwa« ;mselt«

oder diesseit«

de« Rande«, au« der von un« abgewandten, oder au« der un« zugekehrtrn Halbkugel, über den Rand hrrvorragten.

Diese

große Höhe ist für den Mond um so auffallender, da der Durchmesser de« Monde« nur ungefähr ein Viertel de« Erd­

durchmesser« ist, und jene Berge daher, in Vergleichung gegen den Monddurchmesser, viermal so hoch find, al«

die höchsten

Gipfel der Indischen Gebirge gegen den Durchmesser der Erde. Diesen am nächsten an Höhe kommen dle eine ganze Berg­

kette bildenden Gebirge, die in der Mitte der un« zugewand­ ten Seite de« Monde« liegen.

19000 Fuß Höhe,

Ihre Gipfel haben 15000 bi«

und da sie gegen die Mitte der un« sicht­

baren Mondscheibe zu liegen, so bieten sie um die Zeit der Viertel, wenn die Lichtgrenze nahe un ihnen voibelgeht, theils weit in die Nacht hinau«liegende «rleüchteie Spitzen, ehe die

n

Sieben und zwanzigste Vorlesung.

Sonne an ihrem Fuße anfgrht, theil» sehr lange Schatten dar, wenn die Sonne auch die sie umgebenden Ebnen schon erleuchtet. Diese Gebirgskette ist die, welche Hevel mit dem Namen der Appenninrn bezeichnete, und sie ist auch in unsrer Mondchart« (Tab. IV.) als «ine Dergreihe zwischen den bei­ den oberwärt» liegenden großen dunkeln Flecken kenntlich. Schröter macht über diese Bergkette, welche di« beträcht­ lichste Gebirgsgegend auf der uns zugrwandten Seite de» MondrS ist, noch die Bemerkung, daß ihre Gipfel nicht in der Mitte de» ganzen Dergzuge» liegen, sondern daß die Berge von der linkt liegenden grauen Fläche dr< Regenmeerr» (mare imbrium) steiler aufstetgen, so daß die höchsten Gipfel sich alle nach dieser Seite zu finden. Die übrigen Gebirge im Mond« sind von geringerer Höhe, und zeigen sich al» Bergrücken, al» Ringgebirge und al» ein­ zelne Berge. Die Bergrücken, oder Drrgadern, wie Schrö­ ter sie nennt, sind besonders zahlreich und weit fortlaufend in den grauen Flächen, die man Meere genannt hat, und die nicht» ander» al» ausgedehnte Ebnen zu seyn scheinen. Nach Schröter» Beobachtungen sind diese Drrgadern meisten» niedrig, und zum Theil so unbedeutend, daß sie bei ziemlich hohem Stande der Sonn« sich von der umgebenden Ebne gar nicht auSzeichnen; erst wenn die Sonne sie unter einem sehr kleinen Winkel, bei niedrigem Stande über ihrem Horizonte erleuchtet, unterscheidet man ihre Schattenseite von der Licht­ seite, und unter solchen günstigen Umständen hat Schröter zuweilen Gelegenheit gefunden, ihre Höhe zu messen. Bei einigen ist der Abhang ungemein stach, so daß diese niedrigen Hügelrrihrn von 400 bi» 500 Fuß Höhe sich über einer andert­ halb Meilen breiten Grundfläche erheben, und daher erst ein« beschattete Seit« zu zeigen anfangen, wenn die Sonne nicht viel über einen Grad hoch steht. Die einzelnen Berg« bieten am wenigsten merkwürdige- dar, obgleich unter ihnen manche, mit steilem Abhange bi« zu 9000 Fuß Höhe aufgethürmt, un» die Festigkeit dieser zuckerhutförmigen Massen verrathen; aber desto merkwürdiger sind -biv Ringgebirge, mit «elchrn der ganze Mond gleichsam bedeckt ist. Unsre Mondcharte (Tab. IV.)

Sieben und zwanzigste Vorlesung.

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zeigt ihr Ansehen so auffallend, und zeigt ihrer so viele, daß ich Sie nur auf diese hinzuweisen brauche, um Zhnrn sogleich die richtige Vorstellung zu geben, wie sie sich un< darstellen. Wenn Sle den Mond selbst mit einem Fernrohre ansehen, so müssen Sie vorzüglich die Gegenden, die der Erleuchtung-grenz« nahe liegen, in- Auge fassen, und werden da ganz gewiß immer, kleinere und größere schwarze Flecken mit einem Hellen Ringe umgeben, den Ring an feiner Schattenseite mit einem schwarzen Rand« bezeichnet, gewahr werden, in denen Sir leicht da-, wa- wir Ringgebirge nennen, erkennen. Zn den au-Schröter entlehnten Zeichnungen (Tab. V. Fig. 2. uyd 4. und Tab. VI. Fig. 1.) sind mehrere von diesen RinggebirS«n dargestellt. Diese Zeichnungen sind nach einem ziemlich großen Maßstabe au-geführt, so daß eine ganze nach eben dem Maaßstabe gezeichnete Mondcharte beinahe 4 Fuß im Durchmesser haben würde. Bei schwächerer Vergrößerung tre­ ten die Ringgebirge zwar nicht so auffallend hervor, aber wenn man lange und wiederholt dieselben Gegenden genau beobach­ tet, so erkennt man, selbst mit mäßig starken Instrumenten, alle wesentlichen Umstände, worauf e- hier ankömmt. Man findet zum Beispiel oft Gelegenheit, sich von der Richtigkeit der Behauptung zu überzeugen, daß auf diesen Wallgebirge« sich an manchen Orten sehr hohe einzelne Bergspitzrn erheben, deren lang« Schatten, weit vorspringend über den Schatten­ rand de- Ringgebirge-, sich wie schwarze feine Streifchen in der Hellen Umgebung fort erstrecken; und daß an manchen Orten solche Dergspitzen zahlreich an einander aufgethürmt seyn müssen, indem viele scharfe Spitzen dem ganzen Schat­ tenrande ein zackige- Ansehen geben. Diese Ringgebirge haben keine so ungemeine Höhe, wie die vorhin erwähnten Berge, indem sie nicht über 7000 Fuß hoch zu seyn scheinen, wenn man nämlich -en« einzelnen auf ihnen vorragenden Spitzen nicht in Betrachtung zieht. Sie umschließen entweder ebne Flächen, die ziemlich gleich hoch mit den Ebnen, in welchen sich diese Ringgebirge befinden, zu seyn scheinen, oder e- sind tiefe Einsenkungen, oder Crater, die von diesen Riogbergen eingeschlossen sind. Einige der umschlossenen

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Sieben und zwanzigste Vorlesung.

Vertiefungen haben in der Mitte noch einen bedeutenden Berg, und diese Centralberge scheinen meistens fich sehr steil au« der Tiefe der weiten Abgründe, denen die meisten Ringgebirge zur Umwallung dienen, zu erheben. Doch ich muß auf diese merk­ würdigen Gegenstände noch umständlicher zurück kommen.

Acht und zwanzigste Vorlesung.

W wir die natürliche Beschaffenheit der Mond-Oberfläch« mit der Oberfläche der Erde zu vergleichen suchen, so bietet sich unS zwar manche Uebereinstimmung dar, aber doch auch die mannigfaltigste Derschiedenhrit. Da wir uns so leicht veranlaßt finden, da«, wa« auf der Erd« vorhanden ist, auch in andern Weltktrpern eben so zu vermuthen, so glaubten die Beobachter, welche zuerst den Mond mit Fernrbhrrn betrach­ teten, in den grauen, schon dem bloßen Auge sichtbaren Flecken, Meere zu sehen. See fanden nämlich, daß diese grauen Flächen, in welchen sich zwar hie und da ein Berg, gleichsam eine Insel, hervorhebt, doch im Ganzen al« völlig eben erschie­ nen, durch keine Ungleichheit der Schattierung, noch weniger durch dunkle Schatten irgend eine Anhöhe oder ungleichen Ab­ hang verriethen, und au« diesem Grunde gaben Hevel so­ wohl al« Rircioli diesen Gegenden den Namen der Meere; und die Namen de« Rircioli sind noch im Gebrauch, ob­ gleich wir diese Flächen nicht mehr für Meere halten. Beob­ achtungen mit stärkern Instrumenten, und vorzüglich genaue Aufmerksamkeit auf die Erscheinungen bei niedrigem Stande der Sonne, haben nämlich gezeigt, daß diese Flächen zwar große Ebnen, aber daß sie doch keine Wasserflächen sind; sie sind mit niedrigen Anhöhen nach allen Richtungen durchzogen, bieten flache Abhänge an manchen Stellen dar, und scheinen den großen Ebnen des nördlichen Deutschlands zu gleichen, in denen sich auch Anhöhen und tiefer lregende Gegenden mit einander

Acht und zwanzigste Vorlesung.

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gemischt finden. Nur einige wenige mit Ringbrrgen umgebene Ebnen boten der Beobachtung Schrbter« keinen Anschein von Unebenheit dar, und könnten allenfalls für Wasserflächen gelten; aber auch fit sind vermuthlich nicht ganz vollkommene Ebnen, denn theil- muß man bedenken, daß ganz unbedeu­ tende Anhbhen in den mit Gebirgen umgebnen kleinen Ebnen, wo bei niedrigem Stande der Sonne die ganze Ebne im Schatten de- Ringgebtrgt liegt, nicht kenntlich werden ktn» nen, theils hat doch auch Lohrmann, selbst in der Ebne Archimedes, die Schröter für am meisten eben hielt, Ungleichheiten wahrgenommen. Wasser scheint also der Mond nicht zu besitzen, •) und diese Behauptung wird auch dadurch noch aufs Neue unterstützt, daß wir in der Oberfläche des Mondes tiefe Abgründe finden, die auf der Erde ohne Zweifel mit Wasser angefüllt wären, und die dort völlig frei von Wasser sind. Die Ringgebirge nämlich umfassen in den meisten Fällen nicht Ebnen, sondern große Vertiefungen, die wir mit den Eratern unsrer fruerspeyenden Berge vergleichen können, obgleich sie an Größe diese wett übertreffen. Don ihrer großen Tiefe zeugt der, selbst noch bet hohem Stande der Sonne sicht­ bare, Schatten auf ihrem Boden, und er dient auch hier zur Bestimmung der Tiefe des Bodens unter dem obern Rand« de- Berges, und eben dadurch zu Bestimmung dieser Tiefe unter der das Ringgebtrge umgebenden Ebne. Die Messung dieser Tiefen ist indeß weniger sicher, als die Messung der Höhen, besonder- deßwegen, weil wir hier in dem engen Raume nicht das allmähltge Abnehmen oder Zunehmrn der Schattenlänge beobachten, und uns dadurch überzeugen können, daß der dunkle Raum rin wahrer, mit der wachsenden Son­ nenhöhe in gehörigem Maaße abnehmender Schatten sei. Schröter führt mehrere von ihm selbst angestellte Beobach­ tungen an, die diese Crater noch ganz beschattet zeigten, bei großer Sonnenhöhe, statt daß zu andrer Zeit bei gleicher Son­ nenhöhe kein Schatten mehr zu sehen war; und diese Ungleich') Gruithuisen behauptet zwar, er sei nicht ohne Wasser, aber mit Sicherheit läßt sich dieß nicht Nachweisen.

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Acht und zwanzigste Vorlesung.

heit giebt Veranlassung zu der Desorgniß, daß diese tiefen Höhlen vielleicht zuweilen durch andre Ursachen un« mit Dunkel bedeckt erscheinen, so wie e« auf der Erde der Fall seyn könnte, wenn ein dicker schwarzer Rauch dem Blick de« Beobachter« «ine schwarze Bedeckung darböte, auch dann, wenn dir Sonne hoch über dem Horizonte stände. Wenn aber auch diese Unfi» cherheil uns zweifelhaft macht, ob wir dir Tiefe einer einzel» nen bestimmten Einsenkung richtig angebrn, so scheint doch da« Zusammenstimmen so vieler Messungen zu der Ueberzeugung zu fühsen, daß diese Abgründe wirklich mehrere tausend Fuß unter der Oberfläche der Ebnen de« Monde« tief sind; bei einigen derselben hat die Messung löoco bi« igooo Fuß Tiefe angr» geben, bet vielen andern scheint eine Tief« von gooo bi« ioooo Fuß vollkommen entschieden zu seyn. Schröter hat außer diesen Messungen der Schatten noch eine andre merkwür­ dige Beobachtung gemacht, die «inen großen und tiefen Ab­ grund grade im Rande de« Monde« zeigte; ein Einschnitt in den Mondrand, so tief, daß er eine Kluft von 16000 Fuß tief dem Auge darstellte, war der Gegenstand dieser Deobach, tung, und Schröter bemerkt mit Recht, daß diese etwa 6 Meilen breite Kluft sich, in der Richtung gegen unser Auge zu, ziemlich weit fort erstrecken mußte, indem «ine runde Ver­ tiefung von nur 6 Meilen Durchmesser un« zum Theil durch den Rand selbst würde verdeckt werden; btt Kluft mußte wenig­ sten« in der damal« gegen die Erde gewandten Richtung 25 Mei­ len lang seyn, um einen so sichtbaren Einschnitt in die Mond­ kugel zu geben. Dieser ungemein groß« Umfang einer craterähulichen Berti«, fung wird Zhnen ohne Zweifel auffallend scheinen, und gehört wieder zu den Gegenständen, die wir auf der Erde nicht so finden; aber im Monde sind ähnliche, wenn auch nicht ganz so weite Abgründe nicht selten; die Einsenkung, welche mit ihrem Ringgebirge den Namen Erato sthene« führt, (Tab. V. Fig.i.) ist nach Schröter« Messung 8 Meilen tm Durch­ messer , 6700 Fuß unter dem Gipfel de« Ringgrbirge« tief, und diese« 5500 Fuß über die umgebende Ebne hervorragend; die Einsenkung Co per nicu« har bei 7$ Meilen Durchmesser

Acht und zwanzigste Vorlesung.

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9000 Fuß Tiefe; die Etnsenkung Land«öerg, deren Ring,

gebirge 3400 Fuß hoch ist, besteht au« etiiem 6500 Fuß tiefen, 7 Meilen breiten Abgrunde, der also bi« 3000 Fuß unter die

Oberfläche de« Monde« hinabgeht.

Wenn wir damit dir Erster

unsrer Duleane vergleichen, so ist ihr« Weit« sehr unbedeutend, indem der Lrater de« Aetna nur etwa 4000 Fuß Durchmesser hat, und auch der Crater de« Pichtncha, dem Humboldt

14000 Fuß Umfang beilegt,

nicht viel größer

seyn

kann.

Aber in andrer Hinsicht haben freilich di« Lrater auf der Erde manche Aehnlichkeit mit jenen Einsenkungen,

indem auch bei

den Einfenkungen auf dem Mond« an der innern Seit« die

Wände steil find,

statt daß die Wälle nach außen meisten«

»bgeflächtere Abhänge haben, indem sich von dem Boden die» ser Abgründe im Mond« Lrntralbtrg« rrheben, di« «den so, wie

im Lrat«r

de« Pichtncha, hoch aufgethürmt, dennoch die

Höhe de« Rtnggebirge« lange nicht erreichen. —

Schröter hat den, freilich etwa« mißlichen. Versuch go» macht, den Raum der Etnsrnkungen mit der Größe de« Ring»

gebirge« zu vergleichen, um die Frage, ob die Masse de« letz» tern au« der Etnsenkung aufgeworfen sei, zu beantworten. Sie «erden au« dem Bisherigen wohl übersehen, daß e«, wenn

man keine in« ^kleinste gehende Bestimmung fordert, wohl

möglich ist,

da« ganze Profil einer solchen Einsenkung mit

ihrem Rtnggebirge kennen zu lernen; denn nicht bloß die gan» zrn Höhen und Tiefen, sondern auch die Schiefe der Abhänge lernt man au« dem Schatten, und au« der Sonnenhöhe, wo»

bei der Abhang cd oder ab (Tab. I. Fig. 10.) ganz erleuch» tet zu erscheinen anfängt,

kennen,

und ist so, ziemlich gut,

im Stande, die Masse au«zurechnen, die ehmal« die Vertie­

fung «»«füllte, und die Masse, di« jetzt al« Wall aufgehäuft ist.

Die Berechnung bei einigen Bergen zeigte,

daß beide

nicht viel verschieden waren, also, so weit sich au« so großer Ferne urtheilen läßt, der Wall sich wohl al« Erfolg elne« vul­

kanischen Ausbruch« erklären lasse.

Zndeß kann diese Gleich­

heit nicht für alle Rtnggebirge gelten. Die Entstehung der Rtnggebirge muß wohl im Monde zu verschiedenen Zeiten statt gefunden haben; denn ost sind Ein-

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Acht und zwanzigste Vorlesung.

senkungen in der Masse der Rtnggebirge selbst, und hier scheint also rin« spätere Eruption, die den vulcanischen Eruptionen bei uns zu vergleichen wäre, das Wallgebirge durchbrochen zu haben, welches einer frühern Eruption seinen Ursprung ver­ dankte. Ueberhaupt bieten diese Ringgebirgr, die theils Ein­ senkungen, theils wenig vertiefte Ebnen umschließen, manche Gelegenheit zu Fragen dar, zu deren Drantwortung Schrö­ ter wenigstens einige Gedanken angegeben hat. Nach dem ganzen Ansehen der Ringgebirgr ist man geneigt, denen, welche tlvße Ebnen umschließen, eben den Ursprung beizulegen, wie denjenigen, die tiefe Einsenkungen in sich fassen; auch sind, wie Schröter bemerkt, einige jtntr mit Ringgebirgrn umge­ benen Ebnen gegen di« Mitte vertieft, wenn gleich diese Ver­ tiefung ziemlich unbedeutend zu seyn scheint; *) es bietet sich daher der Gedanke dar, ob durch «ine sehr lange Dauer sich jene Einsenkungen wieder ausgefüllt haben, und ob die sie umgebenden Ringgebirgr vielleicht nur Reste höherer Ringgrbirge sind, oder ob die an diesen Orten ausgrworfene Masse von andrer Art «ar, und gleich Anfangs sich wieder in den Cratrr zurückstürzte. Zn jedem Falle ist der Unterschied de< Lichtes merkwürdig, welches der innere Theil der Wallebnen in Vergleichung gegen die Crater zeigt, jene nämlich sind grau, diese zeigen, wenn ihre Abgründe von der Sonne erleuchtet werden, «ln sehr Helles Licht, so daß wir nach Analogie auf der Erde den Boden der letzter« als aus hartem, weissem Ge­ stein bestehend ansehen müßten.

Die Vermuthung, daß eine langsam zerstörende Kraft diese Gebirge abfläche, findet in der Beobachtung einige Stütze, daß eö Reihen kleiner Berge im Monde giebt, die als Ueberreste eines RinggebirgeS einen unterbrochenen, doch noch ziemlich kenntlichen, Kreis ausmachen, und sich auf einer gleichmäßigen Ebne so erheben, daß man sie für unbedeutende Ueberreste eine- RinggebirgeS um eine jetzt völlig verschüttete Vertiefung

•) Bei der Ebne Newton (Tab. ITT. Fig. 2.) zeigt sich der hier angegebne Schatten nut bei sehr niedrigem Stand« der Sonne.

Licht unk zionnztgste Vorlesung.

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ansehen möchte. — Tab. VI. Fig. 1. zeigt M a und b zwei Beispiel« solcher Hügelrechen. Ob wir aber nach diese«, an Aehnlichkeiten mit irdischen Erscheinungen geknüpften Verglrtchongen schließen dürfen, auch die mit Ringgebirgen umgebnen Ebnen, die über 10 Meilen, ja selbst über 20 Meilen Durchmesser haben, die also ganzen Provinzen Deutschlands an Inhalt gleich sind, könnten durch Ausbrüche solcher Kräfte, wie.sie bet unsern Dulcanen wirken, entstanden seyn; — bas zu entscheiden, kann wohl niemand wagen. * # * An diese zerstreuten Bemerkungen, dl» ich Ihnen bisher mitgetheilt habe, reih« ich nun noch etwas genauere Beschreib bungen der Gegenden an, drren Abbildung ich Ihnen hier nach Schröters Beobachtung, und aus seinen Zeichnungen entlehnt, »orsege. Ich habe drei größere Landschaften gewählt, di« von dem verschiedenen Ansehen der einzelnen Mondgegen» den eine» hinreichenden Begriff geben. Die erste ist «in« verkleinerte Abzeichnung des war« »erenitatis (Heiterkeits-Meer), das ein« Fläche von 7000 Qua­ dratmeilen, beinahe so groß als Spanien, etnnimmt (Tab. V. Fig. 3.). Es ist eine der grauen Flächen, die schon dem bloßen Auge im Monde sichtbar sind, und enthält nur kleinere Einsenkungen bei k, p, q, r, «, t, u, v, w, x, unter denen q und k merkwürdig sind, weil von ihnen so viele niedrige Dergadern ausgehen; k ist 3000 Fuß tief, und sein Ring­ gebirge 1700 Fuß hoch, q ist 3200 Fuß tief, und hat nur ein 900 Fuß hohes Ringgebirge. Die Bergadern sind nur gegen 500 Fuß hoch und flach, so wie ich sie schon oben be­ schrieben habe. Auch hier zeigt sich die von Schröter so oft gefundene Merkwürdigkeit, daß diese Dergadern von einem Crater zu einem andern, oder zu einem Berge hinübergehen, so als ob sie, wie Schröter andeutet, vielleicht die Verbin­ dungen zwischen den Eratern verdeckten. Am Umfange des Heiterkeits-Meeres liegen ziemlich hohe Berge, die bei ab unterbrochen sind, «0 ein schichtenartigrr

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Acht and zwanzigste Vorlesung.

Absatz die Trennung von der angrenzenden Ebne bezeichnet.

Zn

den Gebirgen am Umfang« zeichnet sich da« Ringgebtrge P e ft«

doniu« von i6 Meilen Durchmesser au«, welche« ungleich

hoch, sich der Höhe von 3000 Kuß nähert;

der Crater n,

welcher da« Ringgebtrge zerstört hat, ist 9000 Fuß tief, und ein nahe daran liegender sogar noch tiefer.

Die Ringgebtrge,

Menelau«, Plintu«, Calippu«, liegen mit mehrrrn

andern in der Gebirg«reihe,

die diese Ebne einschlseßt, und

der Crater de« P lin iu« ist 6goo Fuß tief, sein Ringgebirge «300 Fuß hoch; der Crater de« Menelau« 7300 Fuß, de«

Ealippu« 9200 Fuß tief.

Zn der Nähe de« Calippu«

erhebt sich ein« Dergspihe bi« zu 15600 Fuß Höhe, und an der andern Seite bet bä ist «Ine Reihe von Bergköpfen, deren erster b sich fast ganz steil 9500 Fuß über die Ebn« erh«bt,

statt daß die folgenden zedrr immer weniger über die Ebn«

hervorragen. Statt baß da« Heiterkeit«meer ein Beispiel einer recht flachen Ebne im Monde giebt, kann die Gegend (Tab. V. Fig. 4.) um da« Ringgebirge Tpcho al« ein Beispiel derer die­ nen, die von zahlreichen Cratern und Vertiefungen überall auf­

gewühlt, fast nur Gebirge an Gebirgen zeigen.

Diese Gegend

ist in der südlichen Halbkugel de« Monde« auf einem der

Theile de« Monde«, die sich al« die hellsten au«zeichnen.

Die

Tiefen der einzelnen Crater, unter denen die tiefern sich schon durch längere Schatten kenntlich machen, will ich

nicht alle

erwähnen, sondern nur von dem Crater Tycho anführen, daß

er 10 Meilen weit, sein Ringgebirge 10100 Fuß hoch ist;

der Lentralberg in der Mitte erhebt sich 3400 Fuß über den Boden de« Crater«.

Die umwallten Ebnen, die hier ohne

Schatten erscheinen, sind theil« weniger niedrig liegend, theil«

mit sehr abgeflächten Bergen umgeben, die also kein« Schatten­

seite bei der Sonnenhöhe mehr hatten, bet welcher die Beob­ achtung angestellt wurde. Der Tycho gehört zu den Cratern, deren Boden convex, gleichsam in die Höhe gehoben ist, und auf dieser Wölbung

erhebt sich der Centralberg.

Bei einigen Cratern und Wall-

ebnen ist diese Wölbung noch auffallender, zum Beispiel bei

Acht und zwanzigste Vorlesung.

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Hevel (Tab. VI. Fig. 3.); und Schrtter hegt die Ver­ muthung, daß hier, nach dem Au«bruche, welcher den Tratet herborbrachte, noch «ine von unten herauf wirkende Kraft den Doden gehoben habe, aber nicht wichtig genug gewesen sei, um die aufgehobnen Schichte zu durchbrechen. Di« dritte hier abg«j»ichn«te Gegend (Tab. VI. Fig. 1.) ist ebenfall« reich an Bergen; sie liegt zwischen den beiden Ebnen, die den Namen Regenmeer (mare imbrium), und Thau' Bay (sinus roris) führen. Die beiden großen, mit dem Namen Hel Icon bezeichneten Etnfenkungen, die S2co und 6200 Fuß Tiefe haben, sind deßwegen merkwürdig, «eil alle ältern Zeichnungen von Hevel, Ricetolt und andern, nut dir östlichste dieser Etnfenkungen angeben, so daß man beinahe sicher annehmen darf, die andre sei erst neuerlich ent« standen, oder wenigsten« sonst nicht so in die Augen fallend al« jetzt gewesen. Die Bay der Regenbogen (sinus iridum) ist an einer Seite mit hohen Bergen umgeben, unter denen sich da« Dor» gebirgr c durch eine 6700 Fuß hohe steile Spitz« «»«zeichnet. Der weiße Streif zwischen den beiden grauen Flächen ist R l c» ctolt« Reifland (terra pruinae), da« gegen di« Spitze recht« sehr rauh und bergig erscheint. Ein« vierte Gegend (Tab. IIL Fig. 3.) hab« ich vorzüg» ltch darum noch belgefügt, weil sie in Vergleichung mit Fig. 1. und 2. zeigt, wie ungleich bet verschiedener Stellung der Sonne eben dieselbe Gegend sich zeigt. Zn Fig. 3. steht di« Sonn« über dem Ringgrbtrge Plato ziemlich hoch, und e« wirst daher nur der hohe Berg g, welcher in Fig. 1. den langen Schatten warf, noch einen kleinen Schatten nach der andern Seite; auch der spitzig« Berg Pico, dessen ktgelfbrmige Gestalt Schröter in Fig. 1. bet L besonder« dargestellt hat, ist hier ebenfalls mit einem Schatten umgeben, der aber lange nicht so bedeutend, al« bet dem niedrigen Stande der Sonn« in Fig. 1. ist. Die Ringebn« Newton, deren Vertiefung Fig. 2. zeigt, ist in Fig. 3. «egen de« hohen Stande« der Sonne gar nicht zu erkennen. Die Berge, welche diese wenig eingetiefte Ebne umgeben, sind nämlich so flach, daß sie bei

Acht und zwanzigste Vorlesung.

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hohem Stande der Sonne sich auf der grauen Ebne gar nicht

auszeichnen. Die mit yy bezeichnete ringförmige Reihe von Bergen ist eben die, welche auf Tab. VI. vorkömmt; 8 und X sind nie, drige Dergadern; z x eine höhere Dergreihe.

Die Gegen»

stünde q> b, x unter Plato in Fig. 3. fehlen in Fig. 1. — nicht weil sie zu jener Zeil gar nicht zu sehen waren, sondern weil Schröter jedes Mal nur den mit Bestimmtheit abge»

wessenen und beobachteten Theil einer Gegend in seinen Zeich» nungen dargestellt hat. Dieß mag zur Erklärung. der größer» abgezeichneten Ge­

genden hinreichen;

ich will nun nur noch bei einigen merk­

würdigen Gegenständen verweilen, die besonders erwähnt zu. werden verdienen. Unter diesen hält Schröter die hohe Fläche Wargentin für vorzüglich bemerkenswerth.

Dieses

ist eine Ebne fast halb so groß als das Königreich Sachsen,

die über die Mondoberfläche erhaben ist; sie scheint mit einem

beinahe plötzlichen Abhange sich über die umgebende Fläche zu erheben, selbst aber größtentheils eben, nur mit unbedeu­ tenden Hügeln eingefaßt zu seyn. Man sieht sie, so wie

Tab. VI. Fig. 2. zeigt, noch erleuchtet, wenn sie schon in die Nachtseite eingetreten ist, und dann erscheint sie als ein gro­ ßer platter, auf- der Mondfläche aufliegender Körper. Eben so merkwürdig sind die ganz schmalen, viele Meilen

langen Thäler, deren sich mehrere auf dem Monde finden. Tab. V. Fig.Z. stellt eine Gegend dar, die durch zwei solche Das westliche, hier nicht vollstän­ dig gezeichnete, ist 70 Meilen lang, (bei A.), das andre, B,

Thäler ausgezeichnet ist. 30 Meilen.

Diese Thäler scheinen, so wie die niedrigen

Bergadern, Verbindungen zwischen Cratern oder auch zwi­

schen Cratern und Bergen zu seyn, und es ist merkwürdig,

daß eines derselben durch den Crater C und die Berge D, E, fortzulaufen, und diese durchbrochen zu haben scheint. Etwas Aehnliches findet sich auch noch in einer andern Ge­

gend. Als das Auffallendste aber erwähnt Schröter den Umstand, daß die Gegenstände, die hier als Berge C, D, E, angegeben sind, zuweilen von der Rinne durchbrochen, zu

Acht und zwanzigste Vorlesung.

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andrer Zeit al« diese bedeckend erschienen, so daß hier zufäl­ lige Aenderungen stakt zu finden scheinen, und r« wohl seyn könnte, daß die Hellen Flecken C, D, E, nicht grade Berge, sondern andre, einer Veränderung unterworfene Gegenstände wären. Da« Ansehen dieser Thäler ist zwar ziemlich unsern Strömen ähnlich, aber da sie oft mit tiefen Abgründen in Verbindung stehen, ohne doch diese, soviel wir sehen können, mit einer Flüssigkeit au«zufüllen, so kbnnen sie wohl gewiß nicht die Bestimmung unsrer Ströme haben. Und daß die tiefen Höhlen nicht mit einem, unserm Wasser ähnlichen Flüs­ sigen angesüllt sind, läßt sich au« dem Schatten der umge­ benden Berge schließen, die wir in unsern Gewässern nicht so wahrnehmen könnten. Außer diesen schmalen Thälern kommen ganz einzeln auch größere, unregelmäßig geformte Thäler auf dem Monde vor, unter denen da« Thal Cassini, 40 Meilen lang und.ro Mei­ len ungefähr breit, wohl da« größeste ist. Diese« Thal ist von schroffen Sritenwänden, die aber dem größten Theile nach sich nicht über die Oberfläche der umgebenden Ebne erheben, «ingeschlossen, und der Boden diese« Thale« bietet, bet einer Größe von mehrer» hundert Quadratmeilen, keinen in die Augen fallenden Gegenstand dar. Zuletzt will ich noch ein« Gegend erwähnen, von welcher Schröter glaubt, daß sie spiegelähnlich ein vollkommene« Zurückwerfen de« Lichte« zeige. Diese« ist bi« Gegend um den Crater Euler, die bei höherm Stande der Sonne sehr glänzend erscheint, so wie e« sonst nur bei Bergen im Monde der Fall ist; bei niedrigem Stande der Sonne aber keine Schatten von Dergadcrn zeigt, sondern zu der Vermuthung Anlaß giebt, daß horizontal auSgedreitete Schichten von spie­ gelndem Glanze hier verbreitet, vielleicht bei dem AuSwurse au« dem Crater seitwärt« abgeflossen seyn mögen. >

Doch alle diese Angaben reichen nicht hin, um unsrer Phan­ tasie ein vollkommene« Bild von der Mondoberfläche zu geben. Brande« Dort. r. Th. 3

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Acht und zwanzigste Vorlesung.

WaS hiezu von Seiten der Beobachtung und darauf gestützter Zeichnung der Mondgegenden geschehen kann, ist durch Schrö­ ter und Lohrmann geschehen, *) indem jener eine Reihe von Mondlandschaften, so wie sie bei verschiedener Stellung der Sonne erscheinen, dargestellt hat, und dieser aus eignen und fremden Beobachtungen alle Theile der Mondoberfläche in eben solchen Zeichnungen, wie es unsre Landcharten sind, abznbilden angesangen hat. In diesen Lohrmannschen Zeichnungen ist, so weit die Beobachtungen eS gestatten, nicht bloß jeder Berg, jede Einsenkung, jedes Thal angegeben, son­ dern die ungleiche Schattirung der Berge zeigt auch, ob der Berg einen steilen oder sanften Abhang har; und man kann daher, wenigstens für die um die Mitte des Mondeö liegen­ den Gegenden, die ganze Oberfläche eben so gut, wie aus guten Landcharten beurtheilen. — Aber freilich, so wie keine Land­ charte uns die Schönheiten der Gegenden am Genfer-See zeigt, so wie keine den Reichthum schön angebailter Ebnen in Vergleichung gegen die unbebauten Strecken der weiten Hei­ den andeuten könnte, vorzüglich wenn Städte und Dörfer weg­ gelassen würden, eben so kann auch die Darstellung des Mon­ des uns nicht vollkommen über den Eindruck belehren, den wir, in den Mond versetzt, dort empfangen würden. Die Phantasie kann diesen Mangel einigermaßen ersetzen; aber es fehlen uns doch die Farben zum Ausmalen der Scene, und wenn wir nicht bloß zum Scherz uns mir Möglichkeiten unterhalten wollen, so müssen wir nicht zu dreist die Scene auSzumalen suchen. Daß sich dort manches unsern Augen ganz neue Schauspiel darbieten würde, das können wir unbe­ denklich sagen. Wir wollen uns zum Beispiel den Sonnen­ untergang auf der Spitze des Berges Wolf (der äußersten in Tab. V. Fig. i. bargestellten Spitze,) vorstellen.— Wenn die Sonne noch hoch genug steht, um auch die Thäler und Ebnen zu erleuchten, so sieht man von dieser Dergspitze nord­ wärts die Ebnen des Regenmeeres, gegen Südosten dagegen

*) Auch Gruithuisen hat einzelne Stücke deö Mondes schön dargestellt.

Acht ii nb zwanzigste Vorlesung.

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liegen Berge an Bergen, indem wir uns hier auf einem Gipfel der Mond-Appeninen befinden. Wenn sich die Sonne mehr senkt, so tritt die Lichtgrenze allmählig tiefer iy daS Regenmeer Hinern, und in den Derggegenden zeigt sich auch immer deutlicher der, durch keine Dämmerung gemilderte plötzliche Wechsel von Licht und Schatten, indem die Gipset der Berge noch in vollem Tageslichte glänzen, während die Thäler schon in schwarze Nacht gehüllt da liegen, und höchstens nur noch durch die von den Dcrgspihen ihnen zugesandten reflectirten Strahlen i ngemein matt erhellt werden. Die Sonne geht nun allen östlich gelegnen Bergspltzen unter, und die Schatten des Eratosthenes und andrer westlich liegender Berge fangen an, die Ebnen blS nahe an den Full unsers Berges zu bedecken; eine schwarze Nacht umgtebt uns schon von allen Seiten, kein Gegenstand in den tiefen uns umgebenden Thälern ist mehr zu sehen, nur fernhin nach Westen ist noch die erhellte Ebne, und noch glän­ zender der hohe Gipfel der Beige sichtbar, und wir, durch eine finstre Nacht von diesen Gegenden geschieden, stehen noch im vollen Sonnenlichte. Ein Berggipfel nach dem andern tritt in die Nacht Hinern und einsam stehen wir zuletzt noch im Sonnenstrahle, wahrend viele Meilen weit um uns finstre Nacht alles bedeckt;— endlich verbirgt sich auch uns die Sonne hinter den dunkeln Ebnen des Regenmeeres, eine plötzliche Nacht umhüllt uns, sobald der letzte Sonnenstrahl erloschen ist, und nur die Spitzen der fernen Berge bleiben uns in Westen noch, von der Sonne erleuchtet, kenntlich. — Ganz so würde es seyn, wenn nicht dem Berge Wolf die Erde, die man dort beim Sonnen - Untergänge halb erleuchtet sieht, hoch über dem Horizonte stände, und wenigstens Mit einem matten Mondscheinlichte den schroffen Gegensatz von Licht und Finsterniß milderte; da, wo die Erde nicht scheint, ist dieser Gegensatz so plötzlich cintretend, daß er für unser an eine Dämmerung und sogar an die reihenden Farben eines schönen Abc.idrothS ver­ wöhntes Auge nicht erfreulich seyn möchte. Aehnliche Schilderungen ließen sich wohl noch für mehrere Gegenden entwerfen, zum Beispiel die Schilderung des Ein­ drucks, den wir am Fuße einer mehrere tausend Fuß hohen

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Neun und zwanzigste Vorlesung.

Felsenklippe, selbst stehend am Rande eines noch mit Schatten bedeckten und eben deßhalb als bodenlos erscheinenden Schlundes empfinden würden, wenn die gegenüberliegende schroff« Wand des Schlundes mit blendendem Lichte sich aus der tie­ fen Nacht de- Abgrundes hervorhebt; wie da, bei hiherem Steigen der Sonne, plötzlich, gleich einer leuchtenden Insel in der Finsterniß, die Spitze des Centralberget uns sichtbar wird, wie dieser immer mehr aus der Nacht hervorsteigt, und erst nach vielen Stunden auch der Doden der Einsenkung im Sonnenschein da liegt — Wie der Bewohner der Ebnen schon Stunden lang, «ährend ihn noch finstre Nacht umgiebt, di« glänzenden Dergspihen in der Ferne von der Sonne erhellt sieht, «he auch ihm die Sonne erscheint, u. so weiter. Doch es ist Zeit, diese Betrachtungen abzubrechen, und zu andern, die strenger wissenschaftlich sind, wieder überzugehen.

Neun und zwanzigste Vorlesung.

In den Schilderungen, mit welchen ich Sie, meine h. H.,

zuletzt unterhielt, erwähnte ich den gänzlichen Mangel einer Dämmerung auf dem Monde, und behauptet«, rin« plötzlich« Finsterniß folge dem verschwindenden letzten Sonnenblicke, wenigstens in den Gegenden, welchen die Erde nicht leuchtet. Diese Behauptung gründet sich auf die Ueberzeugung, daß der Mond keine so dichte und sich so hoch hinauf erstreckende Atmosphäre, als die Erde, hat. Wir können in Vergleichung gegen die dichte Dunsthülle, welche unsre Erde umgiebt, bei­ nahe sagen, der Mond habe gar keine Atmosphäre, indem di« Erscheinung»», welche eine sehr dünne, niedrige Atmosphäre verrathen, so schwach sind, daß sie sich nur bet sorgfältiger Beobachtung wahrnehmen lassen. Hätte der Mond einen solchen Dunstkreis wie die Erd«, so würden uns nicht die Mondge-enden immer gleich heiter erscheinen, sondern Wolken und Nebel

Neun und zwanzigste Vorlesung.

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würden oft manche Gegend ganz verhüllen, «der wenigsten« trüb« und undeutlich machen. Wir würden bann auch bemerken, daß die Nachtseite sich nicht so scharf von der Lichtseite abschnitt«, sondern eine Dämmerung würd« die Gegenden noch halb erhellt zeigen, denen die Sonne schon untrrgrgangen ist; eben deßwegen würden auch dir Schatten minder bestimmt erscheinen, «eil selbst dahin, wo die Sonne nicht ihre Strah­ len senden kann, doch da« von einer stark erhellten Luft reflectirte Licht noch bedeutende Helligkeit verbreiten würde. Endlich würde sich auch beim Bedecken eine« Sterne« durch den Mond wahrnehmen lassen, daß dieser, indem er nahe am Mondrande durch die Atmosphäre desselben gesehen würd«, nach und nach sein Licht verlöre. Alle diese Anzeigen von einer dichteren Atmosphäre sind nicht vorhanden; aber schwächere Spuren von atmosphärischen Erscheinungen zeigen sich dennoch. Obgleich nämlich da, wo wir die Helle Seite de« Monde« durch eine scharf gezogne Grenze von der Nachtseite getrennt sehen, keine Dämmerung zu bemerken ist, so hat doch Schrö­ ter unter günstigen Umständen, wo da« Auge durch den Glanz de« erhellten Monde« weniger geblendet wird, eine schwache Dämmerung wahrgenommen. E« läßt sich leicht übersehen, baß diese Dämmerung, wofern sie irgend merklich ist, sich un« am besten an den Hirnerspihen kurz nach oder kurz vor dem Neumonde zeigen muß. Die Lichtgrrnze zieht sich dann an der von un« abgekehrten Seit« de« Monde« sehr nahe an dem un« noch sichtbaren Mondrand« hin, und der schmale, durch Dämmerung erhellte Ring, der die Lichtgrrnze umgiebt, kann daher dann, al« vor der Hornspihe sich voran« erstreckend, auf der un« zugewandten Seite sichtbar seyn. Die Figur (Tab. J. Fig. ii.) erläutert dieß. Hier ist ABC der un« sichtbare Theil der erleuchteten Seite, und e« zieht sich an der von un« abgrwandten Seite die Lichtgrenzr, so tvi« AD C zeigt, fort. Die Dämmerung sollte un« nun überall al« ein schma­ ler, an der Lichtgrrnze liegender Streifen erscheinen, der zu schmal ist, um da, wo er von dem Hellen Monde überglänzt wird, bei G, sichtbar zu bleiben; aber wenn er von A bi« E

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Neun und zwanzigste Vorlesung,

über die Spitze des erleuchteten Theiles vorspringt, so wird er leichter zu bemerken seyn. Dieser matte Schimmer ist nun freilich schwer von derjenigen Erleuchtung zu unterscheiden, welche, kurz vor und nach dem Neumonde, das Erdenlicht dem Monde ertheilt; indeß hat Schröter bei mehrern Beob­ achtungen doch die völlige Ueberzeugung erlangt, es sei diese schwache Dämmerung kenntlich. Aus der Läiige A E des durch die Dämmerung sichtbar werdenden Theiles, läßt sich dann allerdings die Breite der durch Dämmerung erhellten Gegend, oder die Tiefe der Sonne unter dem Horizonte, bei welcher die Dämmerung auf dem Monde sich endigt, bestimmen; und da die Dämmerung in A (Fig. 12.) sich dann endigt, wenn das höchste im Horizont von A liegende Theilchen E der Atmosphäre nur noch grade von der dem Punctes untergehenden Sonne erleuchtet ist, so läßt sich aus der Breite AB (Frg. 12.) der durch Dämmerung erhellten Gegend auch auf die Höhe der noch ein'ger maßen zu Zurückwerfung des Lichtes fähigen Atmosphäre des Mondes schließen. Nach diesen Beobachtungen und Bcstmnnunaen ist die Breite des durch Dämmerung noch matt erhellten Strei­ fens, etwa 10 Meilen, statt daß sie auf der Erde 2-0 Mei­ len betragt; die dortige Dämmerung endigt fuh, wenn die Sonne 2\ Grad unter dem Horizonte ist, die unsrige, wenn sie is Grad unter dem Horizonte ist; und die Mond-Atmo­ sphäre ist nur bis 2000 Friß Höhe fähig noch bedeuten­ des Licht zu refl^ctiren, und kann daher, wenn gleich ihre höchsten Gegenden über jener Grenze liegen können, doch schwer­ lich über 4 oder ~ Meile hoch angenommen werden, statt daß die Erd-Atmosphäre 10 Meilen hoch ist. Diese unbedeutende Atmosphäre stimmt dann auch mit der Beobachtung, daß es kein unserm Wasser ähnliches Flüssiges auf dem Monde giebt, zusammen; denn, wenn wir irgend nach Analogien schließen dürfen, so würde Wasser auch Dämpfe veranlassen, und diese Dämpfe würden eine merklichere Atmo­ sphäre bilden. Dagegen, wenn kerne Atmosphäre, oder wenig­ stens keine erheblich dichte Atmosphäre durch ihren Druck daö Wasser in tropfbarer Gestalt erhält, so könnte dieses, unsrer

Neun und zwanzigste Vorlesung.

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irdischen Physik gemäß, auch gar nicht al» Wasser vorhanden seyn, und so kann der Mangel an Wasser hiedurch, al» auf» Neue beglaubigt, angesehen werden. Aber obgleich diese Atmosphäre so niedrig und wenig dicht ist, daß sie im Großen uns keine Erscheinungen von Wolken, und kein Verhüllen der dem Mond« nahen Sterne darbietet, so scheinen doch hie und da an einzelnen Stellen Erschein»»» gen vorzukommen, bi» wir wohl al» in der Mondluft ent» stehend ansehen müssen. Obgleich die Gipfel der Mondberge hoch über die Grenzen der Mond-Atmosphär« hervorragen, und eben deßhalb in immer ungetrübtem Lichte erscheinen, wenn nicht die Erd-Atmosphäre sie verdunkelt, so zeigen sich doch in den Thälern und in den Abgründen manche vorübergehende Erscheinungen, die sich als Nebel, Wolken, Rauch und der­ gleichen ansehen lassen. Wir müssen freilich bei Beurtheilung solcher Erscheinungen sehr vorsichtig seyn; denn da uns keine Stunde lang der Mond ganz auf gleiche Weise erleuchtet erscheint, und namentlich bei Gegenständen, denen die Sonne noch niedrig steht, die ungleiche Beleuchtung große Verschieden­ heiten der Erscheinung hrrvorbringen kann, so ist e« möglich, daß Ungleichheiten im Ansehn der Gegenstände statt finden, ohne daß die Gegenstände selbst eine Aenderung erleiden. Schröter zeigt durch die sorgfältige Darlegung aller Um­ stände, daß er hierauf allemal Rücksicht genommen hat, und seine Angaben verdienen daher einiges Vertrauen. Zu den Ungleichheiten, die man nur der Entstehung von solchen Bedeckungen, die wir mit Rauch, Wolken, Nebel ver­ gleichen würden, zuschreiben kann, rechnet Schröter die ver­ schiedene Erscheinung, welche die tiefen Abgründe darbieten. Der Erster Bernsullt schien einmal noch mit Schatten be­ deckt, als die Sonne so hoch stand, daß nur bei igoco Fuß Tiefe noch der ganze Boden beschattet seyn konnte; aber zu andrer Zeit war der Boden erhellt, und es ergab sich eine weit geringere Tiefe. Aehnliche Verschiedenheiten kommen bei mehrer« Cratern vor, und da, nach den Gesehen elastisch flüs­ siger Körper, die Mondluft in der Tief« dieser Abgründ« viel dichter al» über der Oberfläche der freien Ebnen seyn muß, so

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Neun und zwanzigste Vorlesung.

können sich da am ehesten dichtere Rauchsäulen und Wolken in ihr erhalten. Indeß auch über andern Mondgegenden schelnen solche Der« Lnderungen statt zu finden; sie scheinen gemessen Gegenden eigen zu seyn, und nach Schröter- Meinung mit dem Auf­ gange und Untergänge der Sonne in Verbindung zu stehen. Zu der letzten Behauptung führte besonder« die Beobachtung de« sehr Hellen Berge« Proclu«, den man in dem vom Erdenlichte erhellten Monde, um dir Zeit de« Neumonde«, nie auffinden kaun, obgleich andre, minder deutlich« Flecken, di; im Sonnenlichte sich weniger «»«zeichnen, in dem matten Lichte, welche« die Erd« verbreitet, sichtbar werden. E- ist nicht zu vermuthen, daß dieser Gegenstand da- Sonnenlicht gut zu refleetiren im Stande sei, und vom Erdenlichte wenig zurück­ werfe, und wir haben daher Grund zu glauben, daß hier eine atmosphärlsche Bedeckung, rin nächtlicher Nebel, statt finde. Auch bei einer Mondfinsterniß bemerkte Schröter diesen Unterschied, daß der sonst so vorzüglich Helle Proclu - dunkler al- andre Berge erschien. Die Vermuthung, e< möge eine nächtlich« Aenderung in der Atmosphäre an gewissen Orten ein­ treten, findet Schröter auch dadurch bestätigt, daß manche Berge und Crater erst eine erhebliche Zeit nach dem Aufgange der Sonne sich in ihrer vollkommenen Form zeigen, und in den ersten Augenblicken de- Tage- verhüllt zu seyn scheinen. *

*

#

Don ganz andrer Art sind bkjtnigen auf dem Mond« beob­ achteten Veränderungen, die dauernd bleiben, und daher auf Revolutionen, welche sich auf dem Monde begeben, schließen lassen. Schon neulich habe ich angeführt, daß von den zwei mit dem Namen Helicon belegten Einsenkungen bei den ältern Beobachtern nur eine vorkömmt, so daß man die Entstehung der zweiten al« zwischen Hevel- und Tobta« Mayer- Zeit fallend ansehen kann, indem Mayer um dle Mitte det vorigen Jahrhundert« auch die zweit« schon beob­ achtete. Man kann nicht wohl «»nehmen, baß )«ih zweite Ein-

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senkung von den ältern Beobachtern nur übersehen sei, denn dazu ist fie zu auffallend; man kann auch nicht glauben, daß fie durch atmosphärische Bedeckungen jenen Beobachtern, die fich so anhaltend mit dem Monde beschästigten, bei oft wiederhol« ten Beobachtungen unkenntlich gewesen sei; und es scheint also nicht« al« «in« neue Entstehung eine Erklärung für jene Weg­ lassung in den ältern Charten zu geben. Ganz eben so »er­ hält e« sich mit dem Thal« Cassini. Diese Wallebne von 10 Meilen Durchmesser liegt an der Grenze de« Regenmrere« (mare imbrium), und ist von Cassini am Ende de« sieb­ zehnten Jahrhundert« richtig gesehen und gezeichnet worden, obgleich die älteren Beobachter diesen sehr kenntlichen Gegen­ stand nicht angeben. Di« Vermuthung, daß sich hier Verän­ derungen zugetragrn haben, gewinnt dadurch noch mehr Wahr­ scheinlichkeit, daß sich in der Nähe noch drei Einsenkungen be­ finden, die aus den ältern Charten nicht so wie sie letzt sind, dargestellt werden, und daß Schröter« eigne Beobachtungen in dieser Gegend Veränderungen andeuten. Diese Verände­ rungen stehen mit der Frage, ob man im Monde leuchtende Erscheinungen, — feuerspeiend» Berge im Monde, gesehen habe, in Verbindung. Herschel hatte nämlich (m Zähre 1787 in der, bloß durch da« Licht der Erde matt erhellten Nachtseite de« Mon­ de«, die man kurz nach dem Neumonde auch mit bloßem Auge erkennt, leuchtende Punkt«, deutlich von denen unterschieden, die sich sonst in der Nachtseite mit Fernröhren wahrnrhmen lassen, gesehen, und man erklärte dieß al« sichtbare Autbrüche von Mondvulcanen. Schröter, der schon sonst die Bemer­ kung gemacht hatte, daß man einzelne Punkt« in drr Nachtseite de« Monde« vorzüglich hell sehe, und der daher der Meinung war, auch jtn« Erscheinung sei nur durch dir Erleuchtung vom Erdenlichte hervorgebracht worden, beobachtet« nun die Nacht­ seite de« Monde« öfter, und glaubte sein« Meinung durch die Beobachtung, daß man jene Hellen Punkte, die man al« be­ kannte Mondberge wieder erkennt, nicht immer gleich deutlich sieht, bestätiget zu sehen. Die dunkle Seite de« Monde« zeigt sich nämlich, auch an solchen Tagen, die gleich weit vom

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Neumonde entfernt sind, nicht immer gleich. Nicht bloß be­ merkt man deutlich, daß vor dem Neumonde die Nachtseite Heller ist, weil sie dann, indem wir sie sehen, ihr Licht von dem festen Lande Asiens empfängt, statt daß der Atlantische Ocean dem Monde weniger Licht zusendet, wenn er uns am Ab;ndhimmel erscheint; sondern auch an demselben Tage nach dem Neumonde ist die Erleuchtung der Nachtseite ungleich, vermuthlich je nachdem heitrer Himmel oder Wolken auf der Erde, die Erde selbst mehr oder minder - glänzend zeigen. Hiernach konnte man glauben, eine vorzüglich günstige Beleuch­ tung hnbe einen der Punkte, die das Erdenlicht am besten zurück werfen, mehr als gewöhnlich kenntlich gemacht, und selbst Herschel irre geleitet. Aber diese Meinung ward sehr erschüt­ tert, als Schröter selbst am 26. Sept. 1788* an der Grenze des Regenmeeres einen sonst nie bemerkten Lichtpunkt wahr­ nahm. Er überzeugte sich, daß dieser an derselben Stelle blieb, und wollte so eben durch Messung seine genaue Lage be­ stimmen, als er ihn abnehmen und verschwinden sah. Dec Ort, wo diese Lichterscheinung statt gefunden hatte, ward, mit Hülfe der tn der Nachtseite kenntlichen Gegenstände, hinrei­ ßend genau bestimmt, und nun diese Gegend, sobald sie erleuch­ tet erschien, genau beobachtet. Es war eine durch frühere Beobachtungen und Messungen schon genau bekannte Gegend, und auffallend war es daher, daß sich letztster ein Crater von ij Meilen Durchmesser zeigte, der früher nicht bemerkt worden war. Die Tiefe dieses Craters mußte nach dem bei hohem Sonnenstände ihn noch verdeckenden Schatten ßooo Fuß selin, aber diese Tiefe blieb ungewiß, da sich Veränderungen zeigten, so als ob vielleicht zuweilen eine Verdeckung des Cra­ ters, eine Verdichtung in der Mond - Atmosphäre, statt finde. Das Daseyn des CraterS aber war gewiß, und selbst jene atmosphärischen Bedeckungen konnten ja Folge der Eruptionen fenn, die vielleicht abwechselnd noch fortbauerten. Auch in der Folge schienen noch neue dauernde Veränderungen in die­ ser Gegend vorgegangen zu seyn; denn Schröter fand bei spätern Beobachtungen noch mehrere neue Crater, die schwerl.ch den frühern Beobachtungen hätten entgehen können, wenn

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sie schon da gewesen wären. Wir können also hier wohl sicher sagen, eS sind neue Erster unter unsern Augen entstanden, und mit einiger Wahrscheinlichkeit hinzufügen, daß die Entstehung derselben mit einer Lichterscheinung begleitet gewesen fei. — Diese Beobachtung über neu entstandene Einsenkungen ist auch nicht die einzige. Schröter hatte schon früher die Mondgegend um den mit dem Namen Hevel bezeichneten Berg ausgemessen und ausgezeichnet; aber am 27. Aug. 1788* entdeckte er in der vom Rmggebirge Hevel eingeschloffenen Fläche einen Crater, der bei jener, 10 Monate früher vorgenommenen, Ausmessung nicht sichtbar gewesen war. Dieser Erster, bei a in Tab. VI. Fig. 3., siel jetzt beim ersten Blicke in die Augen, und blieb nachher bei allen Stellungen der Sonne und bei allen Erleuchtungswinkeln sichtbar, so daß kein Grund, warum er bei der frühern Beobachtung unkenntlich gewesen seyn sollte, erhellte. Spätere Beobachtungen schienen auch zu zeigen, daß dieser neue Crater im Laufe des nächsten Jahres sich erweiterte. Unter den spätern Beobachtungen ist vorzüglich die vom 5. Febr. 1321. merkwürdig, an welchem Tage Olbers in Bremen und Kater in London einen glänzenden Licht­ steck beobachteten, den Kater gradezu für erne vuleanische Eischeinung halt. Kater beobachtete ihn schon am 4. Febr. in der Nachtseite des Monde-, weit von dem erleuchteten Theile entfernt, und wiederholte die Beobachtung am 5. und 6. Febr. Nach ferner Bestimmung, deren genaue Gründe er jedoch nicht angiebt, war eS der Berg Arista rch, in dessen Nahe sich diese Lichterscheinung zeigte. Am 5. Febr. hat Olbers eben diese Erscheinung gesehen; nämlich in der Ge­ gend des Arrstarch zeigte sich ein heller Punkt, einem Sterne sechster Größe gleich in der Nachtseite des Mondes. Ol-berist indeß nicht geneigt, einen AuSbruch eines VulcanS im Monde anzunehmen, da die ganze Beschaffenheit des Mon­ des dieser Meinung nicht günstig sei, sondern hält diesen lichten Punkt für eine Abspiegelung der leuchtenden Erde, deren Bild sich uns in einer Spiegelähnlichen Seitenwand des Gebirges Aristarch so auffallend deutlich zeigten. Daß

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eine reine Spiegelung un« ein viel hellere« Licht zeigen könne, al« die bloße gewöhnliche Erleuchtung einer rauhen Fläche, ist allerdings gewiß; daß ßch au« der eigenthümlichen Spie« gelglätte und der günstigen Lage einer solchen Felsenwand da« öftere Wiederkehren einer solchen glänzenden Erscheinung in einer und derselben Gegend erkläre, ist auch richtig; aber ich weiß nicht, ob die lange Dauer dieser Erscheinung, so wie Later st« beobachtet har, nicht doch einen Einwurf dagegen begründet, indem doch wohl «ine sehr genau gleiche Stellung der Erde gegen den Mond nöthig ist, um un« diese« Spie» gelbild zu zeigen. Don diesen plötzlichen Veränderungen, welche die Mond» oberfläch« zu erleiden scheint, verschieden, und auch mit den, al« ganz zufällig erscheinenden, vielleicht atmosphärischen Wich» feln, die sich in dem Anfehn einzelner Mondgegenden darbie» ten, nicht übereinstimmend, müssen die Abwechselungen der Erscheinungen seyn, von welchen Gruithuisen Nachricht giebt. Die Frage, auf deren Beantwortung sie hindeuten, ob man nicht periodische Wechsel auf der Mondfläche wahr« nehme, die un« auf Wechsel der Zahr-zeiten schließen ließen, ist schon sonst aufgeworfen, und namentlich von Hahn glaubte solch« regelmäßig wechselnde Erscheinungen beobachtet zu haben. Aber «he ich von diesen etwa« sage, ruß ich Sie auf die, auch diesen Beobachtern nicht unbekannte Vorsicht aufmerksam machen, die grad« da, wo wir solche periodisch« Ungleichheiten zu bemerken glauben, am nothwendigsten ist. Der Mond erscheint un« zu jeder Stunde unter einem andern Erleuchtung-winkel, und dieselbe Stellung, derselbe Erleuchtung«winkel, tritt, zwar nicht ganz vollkommen genau, aber doch beinahe ebenso in jeder Mond-periode wieder ein; wenn wir als» eine Fläche im Monde, am ersten Tag« nach ihrem Sonnenaufgange ander«, al« am zwelten, dritten Tage sehen, so kann da« zwei ganz verschiedene Ursachen haben, erstlich eine wahre Aenderung, die mit der Vegetation dieser Fläch« vorgegangen ist, wie Gruithuisen glaubt, und die bei jedem Mondwechsel, ebenso wie auf der Erd« bei ,«drm Ein­ tritt der gleichen Jahreszeit, wiederkehrt, oder auch zweiten«

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eine bloß scheinbare, die von dem Erleuchtung-winkel ab» hängt. Welche« von beiden mail annrhmen dürfe, darüber scheint.mir di« Entscheidung so schwiertg, daß ich zweifle, ob man sie schon jetzt mit einiger Sicherheit geben könne. Da« indeß kann man bestimmt sagen, daß auch die dem Erleuch­ tung-winkel gemäß, gewöhnlich bet derselben Mondphase ein» tretenden Erscheinungen doch zuweilen eine Abänderung leiden können; denn selbst kleine Aenderungen in der Stellung de« Monde«, der Sonne und der Erde gegen einander, können hlnreichen, diese immer doch nur feinen Unterschiede de« An» sehen« eben der Fläche zu stiren, und wegen der Llbration de« Monde«, von welcher ich Sie nächsten« unterhalten werde, tritt nicht nach jedem Neumonde, bet derselben Mondphase, auch ganz genau dieselbe gegenseitige Stellung wieder ein. Diese Ueberlegung macht e« mir bedenklich, die nach Gruit» huisen« Meinung zuweilen bemerkbaren Stirungen im Fort» gange de« Farbenwechsel« dem willkührltchen Etnwirken der Mondbewohner zuzufchreiben. Doch ich muß Ihnen auch von diesen Beobachtungen da« Wichtigste umständlicher mittheilen. Ein« allgemeine Aenderung der Farbe, während die Sonne über dem Horizont« ist, glaubt Gruithuisen an den grauen Flecken und an mehreren von Wällen umschlossenen Ebnen zu bemerken, die gegen die Zeit de« dortigen Sonnenuntergang« abgebleicht erscheinen, al« noch bleicher au« der Nachtseite wieder hrrvortreten und ein dunklere« Ansehen erhalten, wenn die Sonne sich höher über ihren Horizont erhebt. Die Be­ merkung, daß man nach pholometrischen Gesetzen «her da« Gegentheil erwarten sollte, ist ganz richtig; aber ob e« nun «ine in jedem Mondwechsel sich erneuernde Vegetation ist, bleibt doch nur Vermuthung; indeß wenn die Beobachtung sich völlig bestätigt, so liegt darin immer «ine Erweiterung unsrer Bekanntschaft mit der Mondfläche. Die Schwierig­ keit solcher Bestimmungen, welche den heutigen Zustand mit dem gestrigen vergleichen, ist aber allerdlng« groß, da da« Auge zwar leicht und sicher den Unterschied der Erleuchtung zweier neben einander liegender Flächen «ahrnimmt, aber so schwer entscheidet, ob die Erleuchtung, die ich jetzt sehe, der-

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Wenigen gleich ist, die ich vor einigen Minuten sah. Selbst die Vergleichung, daß das Grau der Ebne heute mehr hinter dem Glanze der uingebenden Berge zurückbletbe, als gestern, giebt keine ganz sichre Entscheidung, da das Auge mehr die Differenz der Eileuchtung als das Verhältniß derselben abschäht, und daher zwei Flächen, deren eine heute die Halste alles empfangnen Lichtes, die andre ein Zwanzigstel desselben zurückwirst, uns wert mehr ungleich erscheinen werden, als sie vielleicht gestern erschienen, wo jcbc nur halb so viel Licht, die eine em Viertel, die andre ein Vierzigstel zurückgab. *) Gegen die hieraus entstehende Täuschung könnte man sich frei­ lich sichern» wenn man eine eben erst in die erleuchtete Seite eintretende Ebne nut einer, die schon lange erleuchtet ist, ver­ gliche; aber auch das hat Schwierigkeit, da das auf die Mitte des erleuchteten Mondes sehende Auge mehr geblendet wird, als das auf die Lichtgrenze sehende, und dadurch cm ganz strenges Urtheil abermals gehindert wird. Zn Rücksicht auf diese Umstande darf es uns auch nicht wundern, wenn einer nicht ganz das sieht, was der andre angiebt, da selbst die wahrhaft vorhandenen Unterschiede dem einen Auge vielleicht kenntlich sind, wahrend ein andres Auge, wenn es auch sonst scharf sieht, vielleicht in Wahrnehmung dieser Unterschiede unsicherer ist. — Und was nun die Schlüsse über die Ursache dieser Ungleichheit in der Reflexion des Lich­ tes bet'ifft, so müssen wir uns da wohl bescheiden, ungemein leicht irren zu können. — Auch auf den Ebnen der Eide giebt ec> an heitern Tagen so ungleiche, mit dem Fortgänge des Tages wechselnde Erscheinungen, und sie kehren so regel­ mäßig wieder, daß wir die seltsamsten Schlüsse aus sie bauen konnten, wenn wir nicht durch genaue Untersuchung an Ort und Stelle uns über den wahren Zustand der Sache belehren könnten. Als die Französische Armee nach Aegypten kam, wurden die Soldaten oft durch eine Lusterscheinung getäuscht.

*) Der Unterschied zwischen * und ist , doppelt so groß als zwischen ’ und , obgleich das Verhältniß der ersten Zahlen so groß als das der letzten ist.

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die ihnen ein ausgedehnte- Gewässer, als zwischen ihrem Standpunkte und den entfernten Dörfern liegend, vorspiegelte; diese Erscheinung ist nur in den heißen Tagesstunden sichtbar, und die Französischen Soldaten, die zuerst wirklich, von dieser Erscheinung getäuscht, Wasser um sich zu sehn geglaubt hatten, bemerkten bald, weil sie im Fortgehen die Gegend ui ihrer wahren Gestalt sahen, daß nur eine in an­ dern Gegenden ungewöhnliche atmosphärische Erscheinung sie irre führe. Aber gesetzt nun, ein Beobachter sei in einem solchen Punkte, wo sich ihm das Phänomen zuerst zeigte, unverrückt stehend geblieben, er habe das Phänomen täglich eben so wahrgenommen, ohne sich die Belehrung, daß hier kein Wasser vorhanden sei, verschaffen zu können, würde der nicht guten Grund gehabt haben, uns zu erzählen, alle Mor­ gen nach 8 Uhr habe sich ein weiter See rrngS um ihn ge­ bildet, dieser sei kurz nach Mittag am ausgedehntesten nut Wasser angefüllt gewesen, sei aber kurz nach 4 Uhr ziemlich schnell verschwunden; die von ihm besuchte Gegend Aegyptens habe also das Eigne, daß überall in der heißen Jahreszeit täglich eine unsägliche Menge Wassers aus dem Boden her­ vorkomme und täglich wieder verschwinde, u. s. w. Wenn mau solche Täuschungen, die unS täglich umgeben, überlegt, so kann, glallbe ich, selbst der vortrefflichste Beob­ achter es unS nicht übel nehmen, wenn wir langsam und be­ denklich den Schlüssen beistlmmen, die er an feint Beobach­ tungen knüpft. Gruithuisen 6 Beobachtungen bieten aber selbst in die­ sem Wechsel noch auffallende Umstände dar. Er erzählt zum Beispiel, un CleomedeS zeige sich die umwallte Fläche allmählig dunkler, je höher die Sonne steigt, oder je mehr das Rmggebirge von der Sonne erleuchtet wird; aber man beob­ achte zuweilen in diesem sonst regelmäßigen Wechsel so plötz­ liche llnterbrechungen, daß man sie keinem andern Grunde, al­ ber Willkühr der Mondbewohner zuschreiben könne;— so wie bei uns die im schönsten Fortwachsen begriffene Vegetation plötzlich abgemäht da liegt, so sei auch dort der Fortgang der Vegetation zuweilen plötzlich unterbrochen. Der Sinus Trasi-

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menus macht gewöhnlich, während er beleuchtet ist, in seiner Farbe gleichmäßige Fortschritte, so daß er allmählig dunkler wird, bi« er kurz vor dem dortigen Sonnen «Untergänge bald schwarzgrau, bald rauchgrau erscheint; aber einmal war dieser Wechsel plötzlich unterbrochen, so daß man an ein« willkührlichr Einwirkung der Bewohner zu denken veranlaßt wurde, die, wie Gruithuisen sagt, um so glaublicher ist, da der Mond hier Straßen besitzt, und in dieser Gegend (südlich von Archimede«) sehr bevölkert zu seyn scheint. Diese Bemerkung führt mich endlich zu der allerschwierlgstrn Frage hinüber, ob wir denn je uns von dem Daseyn lebender Geschöpfe, vielleicht gar vernünftiger Bewohner im Mond« überzeugen können. Schon Schröter hat dieß nicht für ganz unmöglich gehalten, und sieht ähnliche Erscheinungen wie die eben erzählte, al« in der That auf Bevölkerung de« Monde« hindrutend an. Er erzählt ein« Beobachtung, wo in einer oft untersuchten Gegend auf einmal eine graue Ringebne mit grauem Ringgeblrge sichtbar geworden war. Der Gegen­ stand war zu groß, al« daß er frühern Beobachtungen hätte entgehen können, .int Veränderung in der Mond-Atmosphäre schien e« eben so wenig, al« ein durch Naturereignisse neu entstandner Berg zu seyn, und Schröter wirft daher die Frage auf, ob nicht diese Erscheinung und unzählbare ähnliche, die er beobachtet habe, zu dem Gedanken leiten könnten, daß solche Flächen zuweilen, durch absichtliche Cultur verändert, un« «ine andre Farbe zeigten. Er führt auch ältere Beobachtun­ gen an, die etwa« Aehnliche« anzudeuten scheinen, z. D. daß Di an ch in i'« Beobachtungen der mit Newton bezeichneten Ebn«, nicht mehr unsern >ehigen Beobachtungen entsprechen; Dianchini sah nämlich dort Helle Streifen, bey einem Stande der Sonne, wo die Fläche jetzt ganz gran erscheint, und e« sei wohl möglich, glaubte Schröter, daß ein solcher Wechsel au« allmähiiger Cultur in einer langen Reihe von Zähren hervorgeht. Und zu leugnen ist e« nicht, daß da« ehmal« mit Wald bedeckt« Deutschland den Mondbewvhnern ander« erschei­ nen mochte, al« da« jetzig« Deutschland, baß der ungeheure Waldbrand in Nord-Amerika im Sommer 1525, ein« plötzliche

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Aenderung der ganzen Ansicht lener Gegend bewirken konnte, und daß also auch im Mond« un< ähnliche Umwandlungen wohl sichtbar «erden könnten. — Die Entscheidung freilich, was da Natur und was Kunst bewirk«, wird immer schwer bleiben. Eine ähnliche Bemerkung macht Sch röter bei einer andern Mondgegend, wo er eine Menge hüglicher Ungleichheiten ge» wahr ward, die nach der Kleinheit der Schatten keine go Fuß hoch seyn konnten, die also mit unsern Häusern, Dörfern, Städten gar wohl verglichen werden könnten. Dle Demer» kung, daß auf der Erde die Wohnsitze der Menschen durch Rauchwolken, die über den Städten schweben, und durch ähn» liche Wechsel oft «io ganz verschiedenes Ansehen erhalten, und daß auch diese feineren Gegenstände im Monde solchen Wechseln unt rworsen sind, schien Schrötern zu der Meinung hinzu ziehen, daß auch dort sich uns eben hierin das Wirken leben» diger Wesen darthue. Sie sehen aus diesem allen, daß eine lange fortgesetzte Beobachtung, eine genau« Beachtung der in den Erscheinungen bemerkbaren periodischen Wechsel, vorzüglich wenn wir Mi^el entdeckten, die Lichtwechsel nicht bloß nach unsichrer Schätzung, sondern strenger abmrssend zu bestimmen, uns noch sehr viel über diesen Gegenstand lehren könnten, und so werden Sie die Bestrebungen Grulthutsrns gewiß als Dank verdienend ansehen, wenn Sie auch seine Schlüsse zu kühn und seine Hoffnungen zu weit gehend finden. Gruithuisen nämlich glaubt nicht bloß Heerstraßen auf dem Monde entdeckt zu haben, sondern auch große Bauwerke, deren eines er mit dem Namen Schröter belegt hat. Er findet nämlich zahlreiche Furchen, die ihm nichts anders als Waldalleen, aufgeräumte Wege in den dichtbewachsenen Land» strecken zu seyn scheinen; er giebt die Wohnungen der Mond­ bewohner als 40 bis go Fuß hoch, und kauiu so groß im Durchmesser, an; er ist geneigt, dir zuweilen beobachtete» Llchterschtmungen aus dem Monde, nicht Vulcanen, sondern dem Hervorbrechcn des beleuchteten Rauchs aus den Caminen der Höhlen bewohnenden Seleniten *) zuzuschreiben. *)

Kästners Archiv. 2. Lh. S. 2g6.

Brandes Borl. 2. Th.

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Das colossale Gebäude cber, welche- sich durch seine Form so sehr auszeichnen soll, daß man es mit andern Bergen gar nicht alS übereinstimmend ansehen könne, hat 5 deutsche Mei­ len im Durchmesser, und seine, nach Grurthuisens Beob­ achtung ungewöhnlich regelmäßige Form deute an, daß cs not­ wendig von verständigen Wesen aufgeführt seyn müsse. *) — Daran knüpft denn Gruithursen die Hoffnung, nicht bloß daß wir noch immer mehr uns von dem Daseyn der Mond­ bewohner überzeugen werden, sondern daß wir uns endlich auch ihnen bemerklich machen, und sie zu gegenseitigen Mit­ theilungen veranlassen könnten. Die Sache wäre interessant genug! — Eine Sprache freilich, die den guten Leuten dort oben verständlich wäre, fehlt uns, aber geometrische Begriffe (sagt Herr Gruithuisen) müssen sie doch haben! — Hier­ an ließe sich freilich ein Vorschlag zur Correspondenz mit den Seleniten anknüpfen, den man für Ernst nehmen könnte, wenn Nicht dre Sache so große Schwierigkeiten hätte. In der That würden wir Erdbewohner in das größte Erstaunen verseht wer­ den, wenn wir nach und nach im Monde einen Gegenstand entstehen sähen, der den Euklidischen Beweis des Pythagorifchen Lehrsatzes darstellte, und wenn das geschähe, so wäre eallerdings Zeit, den Seleniten durch einen auf der Erde colos­ sal ausgebauten andern Beweis dieses Lehrsatzes zu zeigen, daß wir auch etwas gelernt haben; aber ob es rathsam wäre, einige Millionen auf diesen colossalen Dau zu wenden, bei der Ungewißheit, ob die Seleniten unsre, 6 oder 8 Meilen lange, geo­ metrische Figur auch mit ihren Sehewerkzeugen wahrnehmen können, das will ich unentschieden lassen. Herr Gruithui­ sen spricht von ernem wohlfeilern Mittel, sich den Seleniten *) Dieser Mondfleck, Schröter, ist in Löhrmanns Charte, Sect I. angegeben, hat aber dort nichts so Ausgezeichnetes; auch hat Lohrmann bestimmt erklärt, daß er bei sorgfältiger Untersuchung die­ ses Gegenstandes nichts so Merkwürdiges daran finden könne, um diese Hügelreihe für em Bauwerk der Gelernten zu erklären. Dagegen hat Grulth Visen ganz kürzlich große Veränderungen dann beobachtet, nämlich das Verschwinden zweier Wälle, und das neue Entstehen zweier andern.

verständlich zu machen; aber cS scheint doch immer ein Feld von 30 bis 50 Quadratmeilen, und noch mehr, daju zu grhüren, um etwas den Selenikr» Sichtbares auezuführen, und da würde selbst ein in blühendem Rübsen zwischen dunkeln Tannen dargestellter Pythagorischer Lehrsatz nicht so leicht zu vollenden seyn. — Diese Vorschläge sehen freilich einem Scherze ähnlich; aber leugnen läßt es sich nicht, daß in dem Gedanken, bis zu einem andern Weltkörper hinüber eine Verbindung zwischen vernünf­ tigen Wesen anzuknüpfen, etwas so Anziehendes liegt, daß man es wohl der Phantasie verzeihen kann, wenn sie sich für einen Augenblick das Unmögliche als Wirklich geworben denkt.

Dreißigste Vorlesung.

Nachdem ich Sie, m. h. H., mit so Manchem, was die Beschaffenheit der Mond-Oberfläche betrifft, unterhalten habe, muß ich nun noch auf einige, mehr den Lauf, und die Stellung des Mondes gegen di« Erde betreffende Untersuchungen zurückkommen.

Der Mond kehrt uns fast genau immer dieselbe Seite zu, welches wir an der glcichbleibenden Lage seiner Flecken, die beim Zunehmen und Abnehmen seiner Lichtgestalk immer die­ selben bleiben, deutlich bemerken. An der von uns abgewand­ ten Seite des Monde« sehen die Bewohner niemals die Erde; in den Gegenden, die un« am Mondrand« erscheinen, steht die Erde unaufhörlich beinahe genau im Horizonte; in den Gegenden, die uns in der Mitte der Mondscheibe liegen, steht die Erde immer nahe am Zenith; und überhaupt ändert sich — kleine Unterschied« bei Seite gesetzt — die scheinbare Stellung der Erbe gegen den Horizont an keinem Orte auf dem Monde. Die Orte, denen die Erde sichtbar ist, genießen »in angeneh­ mes Schauspiel, welches uns bei der Beobachtung de« Mon-

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Dreißigste Vorlesung.

drs nicht zu Theil wird. Während die Erde unausgesetzt den­ selben Platz am Himmel einnlmmt, wendet sie zu >edrr Stunde eine andre Seite gegen den Mond, und während der Mondbe« wohner, um die Zeit des Neumondes, die Erde fortwährend ganz erleuchtet sieht, stellen sich ihm abwechselnd bald die dunkeln Meere, bald dl« glänzender» festen Länder dar, und die Rota» tien der Erde könnte dort einem nur mäßig aufmerksamen Beobachter nicht entgehen. Wenn der Mond uns nur zum Theil erleuchtet erscheint, so sehen die Mondbewohner auch die Erde nicht ganz erleuchtet, und zwar immer so, daß ihnen so viel von der Erde erleuchtet ist, als uns am Monde dunkel erscheint, nämlich beim Neumonde sehen sie die Erde ganz erleuchtet, weil ja dann der Mond ungefähr zwischen Sonne und Erde steht, beim Vollmond ist dagegen die dunkle Seit« der Erde dem Monde zugewandt, und in der Zwischenzeit fin­ det eben der Gegensatz statt. Zndem der Mondbewohner die Erde ansieht, bietet sie ihm eine doppelte Zeitbestimmung dar; erstlich zeigt sie auf eine ähnliche Weise, wie uns der Mond, durch ihre Lichtgestalt den Verlauf des Monat-, wie weit sie vom Neulicht« oder Volllichte entfernt ist, zweitens giebt sie durch ihre Rotation gleichsam eine Stunden-Abtheilung, indem der Mondbewohner sich nur gewisse Flecken zu bemerken braucht, um (vorausgesetzt, daß kein bewölkter Himmel auf der Erde hinderlich ist,) an der Stellung dieser Flecken den Verlauf eine- Erdentages zu beobachten, der auch, ihm zu einer beque­ men Abtheilung seiner langen Tage dienen kann. Die Bewoh­ ner der von uns abgewandten Mondhälfte entbehren diesen Vortheil ganz. Lassen Sie uns nun auch die scheinbare Stellung und Bewegung der Sterne, so wie sie sich auf dem Monde dar­ stellt, in Erwägung ziehen. Um diese Betrachtung zu erleich­ tern, will ich es so ansehen, als ob der Mond sich tn der Ekliptik bewegte, und trn strengsten Sinne der Erde dieselbe Seite zuwendete. Wenn der Mond, den ich hier als eine große Kugel ab zeichne, ohne mit der Erde fortgeführt zu werden, bloß seinen Krels ABCD (Tab. II. Fig. 2.) durch­ lief«, so stände in A her Stern (J dem Ort« * auf der Ober-

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fläche de- Monde- im Zenith; -ei der Stellung in B ist noch immer der Ort a der Erde jugewandt, und dieser Ort hat nun den Stern U offenbar nach der Richtung a'U' im Horizonte; bei der Stellung in C befindet sich der Stern U im Nadir de< Punkte- a, und ist also unter dem Horizonte ver» borgen; in der Stellung D endlich ist eben der Ort in a", und sieht nun den Stern U nach der Richtung a"U" wieder im Aufgange. Di» Orte also, welch« auf dem Monde unge­ fähr die Erde in ihrem Zenith sehen, beobachten eben so gut, wie wir, rin Aufgehen und Untrrgehen der Sterne; die ganze Himmel-kugel scheint ihnen in nicht völligen 2g Tagen eine Umdrehung zu machen, und wenn wir selbst in diesem Stand­ punkte die Erscheinungen beobachteten, so würden wir au- die­ ser scheinbaren Umdrehung der Himmel-kugel eben so gut auf «in« Rotation de- Monde- um eine gegen die Ekliptik senk­ rechte Axe schließen, wie wir «- au< der ähnlichen Erscheinung auf der Erde thun. Auch auf dem Monde giebt «- einen Punkt, dem der Stern, «elcher einmal im Zenith erscheint, immer im Zenith steht; auch den Mondbewohnern scheinen alle Sterne um eben jenen Stern, der dem Pole de- Mondeim Zenith steht, ihre Umläufe zu vollenden, und dieser Stern ist ihnen Polarstern. Der Mond dreht sich also um eine gegen diesen Polarstern gerichtete Axe, und nach diesen Erörterungen, da der Mond demselben Fixsterne nach und nach seine verschie­ denen Seiten zuwendet, werden Sie wohl kein Bedenken tra­ gen, ihm eine wahre Axendrehung beizulegen, obgleich er der Erde immer dieselbe Sette zuwendet. Die Zeit einer ganzen Umdrehung ist genau der siderifchen Umlauf-zeit de- Monde­ gleich; denn, da die Erde «ährend feine« Umlauf- nach V gekommen ist, so sieht der Ort a'" wieder den Stern U im Zenith, ehe e- Neumond ist, nämlich dann, wenn der Mond uns wieder genau bei dem Sterne erscheint, welcher dem Sterne U grade gegenüber steht. Verhielte e- sich ganz so, wie ich bta dieß noch in stärkerm Maaße thäte, als es der Mond beim Bewirken bet Fluch auf der Erde thut. W«r dürfen also wohl annehmen, daß der Mond, obgleich er >etzt nicht weich, und seine Gestalt zu ändern fähig ist, doch ehmals eine der Attraktion gemäße längliche Gestalt mag angenommen haben, die uns freilich, da di« lange Are nie erheblich von uns abgewandt ist, niemals sichtbar wird, und allenfalls nur durch die allerfeinsten Abmessungen erkannt «erden könnte. Uebrigens ist der Umstand, daß der Mond uns immer einerlei Seite zuwendet, darum noch besonders merkwürdig, weil eben das, nach Beobachtungen über das ungleiche Licht der Jupiter-monde und Saturnu-monde, auch bei diesen stark zu finden, und also ei» für alle Nebenplaneten geltendes Naturgesetz zu seyn scheint. Noch eine den Mond betreffende Frage will ich hier erwäh­ nen, und dann die Betrachtungen über diesen Weltkörper schließen. Auch die Frage nämlich, w.ie viel Licht der Mond uns zusendet, scheint eine mathematische Beantwortung zu ge­ statten. Wenn der Mond alles Licht zurückwürfe, welches er von der Sonne empfängt, so ließe sich die Frage genau beant­ worten, welche Erleuchtung von ihm der Erde ertheilt würde; aber diese Beantwortung wird unsicher, da wir auch für de» Mond wohl, wie für Gegenstände auf der Erde, anneh­ men müssen, daß er nur «inen Theil der empfangenen Licht­ strahlen zurückwirft. Die am weißeste» erscheinenden Gegen­ stände auf der Erde geben doch noch nicht die Hälfte der Licht­ strahlen zurück, welche sie erhalten, und da im Monde offenbar

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minder weiße, weniger Licht refleetirende Gegenstände mit weißeren gemischt sind, so darf man für ihn nur etwa annehmen, daß er den vierten Theil des auffallenden Lichtes reflrctirt; und darnach berechnet, könnt» man dir vom Vollmonde uns ertheilte Erleuchtung nur etwa auf rin Dreihundrrttausendtel der Erleuchtung sehen, die uns durch die Sonne zu Theil wird. Ungefähr läßt sich der geringe Grad der Erleuchtung, welchen wir dem Monde verdanken, auch aus dem matten Glanze abnehmen, welchen er uns bei Tage zeigt. Er gleicht da einem Hellen Wölkchen, und da nun ein ganz mit Hellen Wölkchen belegter Himmel doch gewiß nicht mehr Erleuchtung, als die Sonne selbst, bewirkt, so erhellt, welche geringe Erleuch­ tung der Mond allein, den wir al- «in unbedeutend kleines Wölkchen ansrhen können, zu bewirken im Stande ist. Wenn der Mond uns halb erleuchtet erscheint, so sendet er uns nicht völlig ein Drittel des Lichtes zu, welche« wir im Vollmond von ihm erhalten; denn da im Vollmond seine Mitte von der dort im Zenith stehenden Sonne vollkommener erleuchtet wird, als es zur Zeit der Viertel, wenn die Sonne den um die Mitte b»< Mondes liegenden Gegenden erst aufgeht, oder ihnen unter­ geht, der Kall ist, so nimmt die «ns zu Theil werdende Erleuch­ tung nicht allein nach dem Maaße der verminderten Größe sei­ nes erleuchteten Theiles, sondern noch stärker ab, weil der uns zugewandte erleuchtet« Theil des Mondes selbst desto schwächer erleuchtet ist, je geringer er wird, oder >e weniger wir von den Gegenden sehen, welchen die Sonne im Zen«th ist. Da für die Mondbewohner eben dieses in Beziehung auf die Erde gilt, so übersehen Sie zugleich den Grund, warum die gleich nach dem Neumonde oder kurz vor dem Neumonde so merk­ liche Erleuchtung der dunkeln Mondseite durch Erdenlicht, schon wenige Tage nach dem Neumonde so sehr viel schwacher wirb. Ich endige hiemit die Erzählung dessen, was ich Ihnen über den Mond mitzutheilen habe, und werde nun zur Sonne über­ gehen.

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Ein und dreißigste Vorlesung.

Di. glücklichen Erfolgt, welche die Bemühung, die Oberfläche

des Mondes näher kennen zu lernen, belohnt haben, sind zwar wohl geeignet, uns die Hoffnung zu gewähren, auch über die Beschaffenheit andrer Weltkbrper werde sich mit Hülfe von Fernrthren mancher Aufschluß ergeben; aber gewiß sehen Sie selbst schon dieser Hoffnung die nirderschlagende Bemerkung ent» gegen, daß alle übrigen Weltkbrper so ungemein viel entfern­ ter sind, als der Mond, und daß also die einer genauen Kenntniß derselben entgegenstehenden Schwierigkeiten in star­ kem Maaße wachsen müssen. Was die Sonne betrifft, so kömmt zu der Schwierigkeit, sehr entfernte Gegenstände zu erkennen, noch die weit erheb­ lichere, daß uns dort alle Vergleichung mit Gegenständen auf der Erde verläßt, und baß wir also weit schwerer ein Urth«l über das Gesehene bilden, und nicht mit Sicherheit aus dem Erscheinen deS Gegenstände« auf seine wahre Beschaffenheit schließen kirnen. Die Sonne ist mit einem Glanze umgeben, hinter dem di« irdischen ErleuchtungSmittel weit zurückbleibrn, und über dessen Entstehen wir gar keine, von Erscheinungen auf der Erde her­ genommene Muthmaßung wagen können. Di« Sonne sendet Licht au«, und theilt der Erde Wärme mit, ohne daß sie sich verzehrt, und ihr Brennen muß also wohl von dem Verbren­ nen , welche« wir auf der Erde kennen, wobei die Stoffe in ganz und gar veränderte Form übergehen, höchst verschtrden seyn. — Ueber einen, so gänzlich außerhalb dem Kreise unsrer Beobachtungen liegenden Gegenstand, Vermuthungen aufzustellen, scheint kaum irgend einen Nutzen zu haben, und Sie wer­ den von mir daher nicht erwarten, daß ich bei Hypothesen über di« Frage, welcher Proceß dort seit Jahrtausenden thätig sei,

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verweile. Daß wir diesem wundervollen Körper Licht und Wärme verdanken, daß über das ganze Planetensystem sich die­ se- Licht, obgleich mit abnehmender Stärke in größerer Entfer­ nung, verbreitet, da- wissen wir mit Sicherheit; aber selbst die leichte Frage, ob denn auch die belebende Wärme, deren wir un- erfreuen, den übrigen Planeten, »zu Theil werde, kön­ nen wir nicht mit ganz entschiedener Sicherheit beantworten, da manche Erscheinungen der Wärme sich so darstrllen, als ob diese erst an den Gegenständen auf der Erde entstände. Aus diesem Grunde müssen wir auch Bedenken tragen, die lange» Tage im Monde al- eine so ungemein hohe Temperatur bewir­ kend anjusthen, und den beschwerlichen Wechsel zu beklagen, den die kalten langen Nächte dort hervorbringcn können; denn diese-, so wie di« Empfänglichkeit der lebenden Wesen für Kälte und Wärme, kann dort ganz anders seyn, als die Analogie mit irdischen Gegenständen es zu ergeben scheint. Aus eben diesem Grunde ist die Beantwortung der Frage, ob die der Sonne näheren Planeten sehr erhitzt werden, ob die Ober« stäche der Sonne selbst sehr großer Hitze ausgesetzt sei, nicht so bestimmt zu beantworten, statt daß wir über die stärkere Erleuchtung in der Nähe der Sonne durch das schöne Licht der ihr näheren Planeten deutlich belehrt werden. Obgleich die Sonne dem bloßen Auge, und selbst dem durch ein schwaches Fernrohr unterstützten Auge, wenn man ihr Licht durch gefärbte Gläser mäßiget, fast immer als eine Fewrkugel, gleichförmig leuchtend in allen Punkten, erscheint, so entdeckt man doch, bei häufigerer Beobachtung und bei stärkerer Ver­ größerung, schwarze Flecke in der Sonne, auf welche man auch schon kurz nach Entdeckung der Fernrthre aufmerksam wurde. Diese Flecke sind zwar höchst veränderlich, man sieht sie oft heute in der Mitte der Sonne, wenn auch gestern keine da waren, man sieht die schon beobachteten zuweilen att den fol­ genden Tagen in ganz andrer Gestalt, in mehrere zertheilt, oder aus mehreren zusammen geflossen; aber dennoch bemerkt man, so lange sie bestehen, ein regelmäßige- Fortrücken auf der Sonntnscheibe, welches auf eine Umdrehung der Sonn« um ihre Ax» mit völliger Sicherheit schließen läßt. Hat man

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nämlich gestern einen Fleck in der Sonne gesehen, und hat seine Stelle durch Messung bestimmt, so sieht man gewöhnlich eben den Fleck, wenn auch vielleicht in etwas veränderter Gestalt, auch heute wieder, und findet ihn mehr dem west­ lichen Rande der Sonne zu gerückt; am nächsten Tage nähert er sich diesem noch mehr, und vollendet, wenn er so lange kenntlich bleibt, in etwa 14 Tagen einen völligen Durchgang durch die Sonnenscheibe. Flecke, die sehr lange bestehen, sieht man auch wohl, nachdem sie, seit ihrem Verschwinden am westlichen Sonnenrand«, 14 Tage unsichtbar gewesen sind, am -stlichen Rande wieder hervorkommcn, und in einzelnen Fällen wenigstens hat man denselben Fleck viele Umläufe voll« enden sehen, wenn gleich eine ganz ungeänderte Gestalt des« selben in so langer Zeit wohl niemals statt findet. Um Ihnen diese Umläufe anschaulich vorzustellen, habe ich in Tab. II. Fig. 4. eine Reih« von Beobachtungen dargestellt, wo ich selbst im Zahr« igiy. «inen Fleck, der ziemlich unver« ändert wiederkehrte, zwei Umläufe habe vollenden sehen. Der Fleck mochte am ig. Mat eingetret«« seyn, wurde aber erst am 20. Mat zuerst beobachtet, und dann, so wie di« Zahlen es zeigen, bis zum 2g. Mat verfolgt; er hätte, wenn die Beobachtung nicht durch ungünstige Witterung unterbrochen wäre, noch einige Tage sichtbar bleiben müssen. Am 16. Zuni war eben dieser Fleck wieder in dir Sonnenscheibe ringetre« ten, und an diesem Tage ziemlich eben so weit vom Rande als am 20. Mai beobachtet. Die Beobachtung wurde vom ig. bis 23. Juni unterbrochen, aber am 23. Zuni, so wie am 24. und 26. war noch eben der Fleck zu sehen. Da er am 24. Zuni fast eben die Stelle, wie am 2g. Mai ein­ nahm , am 23. Zuni, wie am 27. Mai, am rg. Zuni, wie am 22. Mai, so hatt« er 27 Tag« und etwas darüber, zu einem scheinbaren Umlaufe angewandt, und dieß stimmt mit andern Beobachtungen, welche 27s Tag angegeben haben, über­ ein. Dieses regelmäßige Fortrücken und Wirderkehren der Sonnenflecken deutet offenbar auf eine Umdrehung der Soni«e um ihre Are hin, und zwar auf eine Rotation, die eben so nach der Ordnung der Zeichen gerichtet ist, wie die Umdrehung

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der Erde. Die Zett der Umdrehung ist offenbar kürzer als 27 Tage; denn wenn wir, als die Erde in B stand (Tab. VI. Fig. 5.), den Sonnrnfleck mitten in der Sonne in A sahen, und nach 27^ Tagen, wo dir Erd« in C ist, ihn wieder mit­ ten In der Sonne sehen, so hat er einen ganzen Umlauf und noch den Dogen AD außerdem zurückgelegt; dieser Dogen AD enthält so viele Grade, al« die Erde in 27 Tagen in ihrer Dahn durchläuft, also 27 Grade, und der einfache Sah, daß in 27 j Tagen 387 Grade, als» in 25? Tag 360 Grade durch­ laufen , oder «ine Rotation vollendet werde, läßt sich leicht übersehen. Die Lage der Sonnenaxe ist nicht ganz so leicht genau anzugebrn, indeß wird die in der Figur (Tab. II. Fig. 4.) gezeichnete Dahn des Sonnenflecks Ihnen schon ungefähr zei­ gen, wie die Lage der Axe bestimmt wird. Um den Anfang de« Juni weichen die scheinbaren Dahnen der Flecken wenig »011 einer graben Linie ab, und Sie übersehen wohl, daß die Dahn ganz grade, und mit der Linie B C übereinstimmend wäre, wenn der Pol A der Sonne genau im Rande der Sonne läge. Aber nur am g, Juni steht die Erde so, daß sie den Nordpol der Sonn« in A, den Südpol in D, im Sonnenrande fleht; vorher dagegen befinden wir uns auf der Seite, wo der Südpol uns zugewandt ist, und die Dahn jedes Fleckes «endet daher ihre convexe Seite nach Norden, statt daß nach dem g- Juni die durchlaufenen Dogen immer deutlicher ihre concave Seite nach Norden kehren. Wegen dieser veränderten Stellung der Erde gegen die Sonnenaxe durchläuft auch derselbe Fleck bei seiner Wiederkehr nicht die­ selbe scheinbare Dahn auf der Sonneuscheibe, und würde, wenn man ihn rin halbes Jahr später, im December, noch wieder beobachtet hätte, eine Dahn etwa wie GH durchlau­ fen, weil wir uns dann an der grade entgegengesehten Seite der Sonne befinden, und daher den Fleck im einen Falle nach derselben Seite heraufsteigend sehen, wo er im andern Falle wegen der schiefen Lage der Sonnenaxe herabstieg. Die genaue Destirnmung der Rotation-zeit der Sonne, und auch der Lage ihrer Axe, würde bei genauer Deobachtung

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nicht so sehr schwer seyn, wenn die Flecke vtlllg unveränderlich wären; aber da fast nie ein Fleck ohne sein» Gestalt zu ver­ ändern über einen beträchtlichen Theil der Svnnenscheibe fort; geht, so giebt es keinen eigentlich festen Punkt, auf welchen man seine Beobachtung richten könnte, und wir müssen be­ sorgen, daß auch der ganze Fleck seine Stelle ändert. Es wäre daher eine recht lange fortgesetzte Reihe von Beobachtun­ gen nöthig, um zwischen den kleinen Ungleichheiten, die sich gewiß ergeben würden, eine mittlere Bestimmung für die Lage der Are zu erhalten. Diese Beobachtungen aber sind nicht so ganz leicht, da sie ein genau micrometrisch messendes, und mit großer Sorgfalt genau ausgestelltes Instrument fordern, und diese Schwierigkeit, die sich einer vollkommen genauen Bestimmung entgegen stellt, scheint die neuern Beobachter ab­ gehalten zu haben, sich damit zu beschäftigen. Die gewöhn­ liche Angabe, daß der Nordpol der Sonnenaxe unter 83 Grad Neigung gegen den ig. Grad der Fische gerichtet ist, kann als dem Wesentlichen nach genau angesehen werden, aber eine Unsicherheit von mehreren Graden scheint noch dabei statt zu finden. Ueber die Natur der Sonnenflecke können wir bloß Muth­ maßungen wagen. Man hat lang« selbst über ihre Lage, ob sie Erhöhungen auf der Sonnenfläche oder Einsenkungen unter die Sonnenfläche wären, entgegengesetzte Meinungen gehegt; Bode war einer der ersten, der sie als in die leuchtende Oberfläche eingetieft erkannte, und spätere Beobachtungen, be­ sonder- Herschels Beobachtungen, haben diese Ansicht bestätigt. Die schwarzen Flecke nämlich, die man eigentlich meint, wenn von Sonnrnflecken die Rede ist, sind gewöhn­ lich mit einem grauen Rande umgeben, den man den Abhang gegen jene Tiefe hin nennen möchte, und dieser Abhang wird sichtbar oder unsichtbar gerade so, wie es die Stellung des Auges gegen die Oberfläche der Sonne fordert. Die Erfah­ rung macht man wenigstens sehr oft, daß der schwarz» Fleck, der in der Mitte der Sonne rund und mit einem grauen Rande von allen Seiten umgeben war, sich als länglich und als nur noch grau, so wie die Einfassung gefärbt war, zeigt.

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wenn der Fleck nahe an den Rand der Sonne hinrückt; und so müßte sich eine runde Vertiefung zeigen, die, indem sie gegen den Sonnenrand hinrückt, un< immer mehr und mehr nur den einen Abhang noch zeigt, während der Doden der Vertiefung uns durch den gegen uns gekehrten Abhang ver­ deckt ist. Aus diesem Grunde sieht man die Flecke selten bei ihrem Eintritte in die Sounenscheibe, weil nämlich der um­ gebende Theil der höher liegenden leuchtenden Fläche sie ver­ deckt; nur bedeutend große Flecken kann man nahe am Sonnenrande sehen, und sehr selten sind sie so groß, daß sie sich als Einschnitte in den Sonnenrand, selbst beim Eintritte oder Austritte, zeigen könnten. Die Sonnrnfleckt sind zuweilen so groß, daß man sie bei neblichem Himmel oder bei Sonnen-Untergange, wenn das Auge, ohne geblendet zu werden, die Sonne ansehen kann, mit bloßem Auge erkennt. Zm April 1779 und im Novem­ ber 1795 sah man solche Flecke, deren Durchmesser man das nne Mal auf 3000, das andre Mal auf 6000 geographische Meilen schätzte, ja Sehr öter beobachtete im December 1791 einen Fleckrnstrich, der gegen 200 Millionen Quadratmeilen Oberfläche hatte, oder einen Raum 21 mal so groß, al< die ganze Oberfläche der Erde, einnahm. So große Flecke sind zwar selten, aber oft genug sieht man ganze Gruppen von Flecken, deren Inhalt sehr groß ist. So sah Pa stör ff im März Igas eine Fleckenreihe, deren Inhalt 51 Millionen Quadratmeilen betrug, und am 3 März 1826 sah eben dieser Drobachter 42 Flecken in einem 6 Minuten langen Raume. Unter den letztern war einer i£ Minuten im Durchmesser und bedeckte also 90 Millionen Quadratmeilen auf der Oberfläche der Sonne. Herschel glaubte alle Erscheinungen der von ihm an­ haltend beobachteten Sonnrnflecken am besten zu erklären, wenn er folgende Hypothese annahm. Der Sonnenkörper ist dunkel und mag den Planeten ähnlich seyn. Diesen dunkeln Körper umgiebt zunächst eine durchsichtige Atmosphäre, in welcher Wolken schwimmen, die wir mit unsern Wolken ver­ gleichen können, und diese haben nur ein matte«, vielleicht

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durch Zurückwerfung zu uns gelangendes Licht. Oberhalb die­ ser Wolkendecke, welche die ganze Oberfläche der Sonne um« giebt, und die uns selten den dunkeln Sonnenkörper sehen läßt, befindet fich nun die, über die ganz« Sonne verbreitete glänzende Masse, «ine Art von leuchtender Wolkenbedeckung, vermöge welcher die Sonne uns als leuchtend erscheint. Diese beiden Arten von Wolkenmassen bilden in der Regel eine gänzliche Bedeckung; aber in einzelnen Fällen entstehen in ihnen Oeffnungen, so daß wir durch die glänzenden Wolken die tie­ fer liegende Wolkenschichte gewahr werden, oder, wenn auch diese «ine Oeffnung darbieten, bis auf den dunkeln Sonnen­ körper hinabsehen, dessi.i Oberfläche sich uns dann als ein ganz schwarzer Sonnenfleck zeigt. Der Sonnenkirper selbst muß also nur wenig Licht empfangen, da er uns so dunkel erscheint. Aber von Zach macht die richtige Bemerkung, daß mitten im glänzenden Sonnenlichte auch rin ziemlich gut erleuch­ teter Körper unserm durch das starke Licht geblendeten Auge sehr dunkel erscheinen müsse, und man also diese Dunkelheit nicht so schwarz anzunehmen braucht, wie sie sich dem Auge zeigt. Don Zach beweist dieß durch ein Experiment. Wenn man in einem kleinen Spiegel das Bild des Hellen Himmels sieht, so erscheint diese- bekanntlich mit nicht ganz schwachem Lichte; aber man stelle nun einen sehr kleinen Spiegel so, daß er dem Auge einen Theil der Sonne verdeckt, und sehr Spiegel und Sonne durch ein Fernrohr mit Verdunkelung-gläsern an, so erscheint jener Spiegel, obgleich er das Bild des Hellen Him­ mel- zurückwirft, ganz schwarz; man kann daher immer an­ nehmen, daß auch die dunkeln Theile der Sonne, so schwarz sie uns auch Vorkommen, von einem nicht unbedeutenden Lichte erleuchtet sind. Die sehr wechselnde Erscheinung der Flecken erklärt sich aus dieser Hypothese, nach welcher sie atmosphärische Erschei­ nungen auf der Sonne sind, sehr gut; denn auch in der Wolkendecke, die unsre Erde umzieht, sind oft Oeffnungen, die viele Tage lang dieselben Gegenden der Erde, diejenigen näm­ lich, welche heitern Himmel haben, begleiten; aber auch diese haben gewiß nicht fortwährend dieselbe Gestalt, sie mögen auch

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sich bald vergrößern, bald verkleinern, mögen ihren Platz auf der Erbe ändern, und dem sehr entfernten Beobachter eben so gut über die genaue Rotationszeit der Erde Zweifel übrig las­ sen, wie un< die Sonnrnflecken nicht erlauben, eine ganz ge­ naue Bestimmung der Sonnen-Umdrehung zu erhalten. Daß die gegen den Rand hin sich ändernde Gestalt der Sonnrnflecken und ihr fast immer statt findendes gänzliches Verschwinden nahe am Rande der Sonn« darauf hindeuten, baß sie unterhalb der glänzenden Oberfläche liegen, habe ich schon angeführt; aber eine Beobachtung HersckelS, die zu beweisen scheint, daß die schwarzen Flecke unterhalb der grauen Fläche liegen, und daß auch dir graue Fläche sich in die glän­ zende Oberfläche eingrtieft befindet, muß »ch noch erwähnen. Ein runder Sonnenfleck, der schon ziemlich gegen den Rand hin gerückt war, zeigte sich rundum von einer grauen Fläche umgeben, aber diese graue Fläche war (Tab. VII. Fig. 2.) von dem dunkeln Fleck, an der dem Sonnenrande zugekehrten Seite, durch einen schmalen helleren Streifen cd abgesondert, und zwischen der grauen Fläche und der glänzenden SonnenOberfläche befand sich an derselben Seite ein schmaler Streifen von etwas dunklerer Farbe bei a b. Diese Erscheinung läßt sich nach Herschels Ansicht so erklären. Stellt A B (F,g. 3.) «inen Theil der dunkeln Sonnen-Oberfläche vor, und ist PF die wolkige, G K die feurige Atmosphäre, welche beide, so wie die Figur zeigt, durchbrochen sind, so sehen wir von der Erde aus nach den Richtungen dd und ec durch dir Oeffnung den dunkeln Sonnenkörprr; an der Seite AP, dir dem Sonnen­ rande zu gekehrt ist, sehen wir die Dicke der dunkeln Wolken­ schichte, indem die Gesichtslinie cc nach dem oberen Theile, dd nach dem untern Theile dieser Wolkenschichte gerichtet ist, und eben so sehen wir zwischen aa und bb die Dicke der leuch­ tenden Sonnenwolken. Diese Erklärung zeigt vorzüglich gut die Ursache des hellen Randes cd (in Fig. 2.); denn wenn die dunkeln Sonnenwolken uns bloß durch zurückgeworfeneS Licht sichtbar werden, so muß der Rand cd, der von f her (Fig. 3.) beinahe senkrecht beschienen wird, heller seyn, alS die Fläch« b c und es, welche nach schiefer Richtung die LichtBrandeS Vorl. 2. Th. 5

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strahlen empfangen. Warum ab dunkler erschien, ist minder deutlich, und setzt offenbar voraus, daß die Lichtwolkenschichte nur vorzüglich an ihrer obern Seite Licht aussendet. Die schwarzen Flecke sind fast immer sehr viel kleiner als die Ocffnungen in der glänzenden Oberfläche, und wenn also die grauen Ränder uns ein« dunkle Wolkendecke jtigen, so hält diese offenbar da- Licht der glänzenden Wolken zurück, so daß der feste Sonnenkirper selbst da nicht, oder doch nur schwach, davon erleuchtet werden kann, wo er uns von Wolken entblößt erscheint; indeß führt Herschel selbst auch Fälle an, wo eine solche den schwarzen Fleck umgebend» schirmende Wolkenschichte nicht da war, und giebt nicht an, wie er da das dunkle Ansehen der dann doch stark erleuchteten Oberfläche erklär». Gegen diese Ansicht sind aber, obgleich sie Manches für sich zu haben scheint,' Zweifel erhoben. Zn Hinsicht auf daAnsehen der grauen Umgebung der Flecken, bemerkt Pastorff, daß sie ihm nicht als gleichförmig grau, sondern al« aus einer Menge netzartig oder wie Rmgelchen an einander gefügter Linien erscheine. Zn Hinsicht auf die Behauptung, daß die ganze glänzende Schichte rin Fluidum sei, haben mehrere Beob­ achter bemerkt, daß dieses Fluidum wegen der Rotation der Sonne eine sphäroidische Gestalt annehmen müsse, die sich in der Beobachtung der Sonne doch selbst dann nicht zeigt, wenn wir die Sonnenpole im Rande der Sonne sehen. Aber den­ noch scheint, tvtnn man die Sonnenfiecke iftrr und anhal­ tend beobachtet, ihr plthiiches Entstehen, das Wandelbare ihrer Gestalt, die so oft rintretrndr Vereinigung mehrerer kleinen In «inen großen, das Entstehen neuer Flecke in der Nähe der schon vorhandenen, auf atmosphärisch« Ereignisse hinzudeuten. Wenn wir irgend eine Ursache annehmen, die in der leuchten­ den Atmosphäre rin« Veränderung bewirkt, so läßt et sich leicht denken, baß sie, zuerst in einzelnen Punkten wirkend, nach und nach größere Oeffnungen hervorbringt, die Reste glänzender Wolken, welche noch zwischen den Oeffnungen übrig waren, auch aufltst, und auch in benachbarten Gegenden thä-

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tig, endlich sich über ungemein große Flächenräume ou-brriter. Dagegen wenn sie ju wirken aufhirt, werden sich neue Glanz« «olken Herstellen, es wird, so wie Herschel es aus seinen Beobachtungen erzählt, sich ein Damm von glänzenden Wol­ ken über einen Theil der Oeffnung hin ziehen, de» sich allmäh, lig vergrößert, und endlich die ganze Oeffnung bedeckt, grade so wie auf der Erde zuerst einzelne Wolken den heitern Him­ mel trüben, und nach unb nach wachsend, endlich die ganze Oeffnung in den Wolken, den ganzen uns sichtbaren blauen Himmel, verdecken. Herschel glaubt oft sehr deutlich, da wo «in solcher Wolkendamm über den Fleck geführt zu seyn schien, bemerkt zu haben, daß diese glänzende Masse, gleich einer Drücke über dem Abgrunde schwebe, daß zuweilen auch die dunkeln Wolken eine solche Decke bilden, aus denen einzeln« tiefer gegen dir Sonne hinabhängen, u. f. w. — Aber bei solchen ins Einzelne gehenden Destimmungen darf man freilich nicht vergessen, daß die Phantasie, selbst bet einem so besonnenen Beobachter, wie Herschel, sich einmischt, und daß man über die genaue gegenseitige Lage der Hbhe und Tiefe sich doch auch gar wohl täuschen kann. Das, was wir mit einiger Sicher­ heit sagen können, kömmt wohl darauf zurück, daß die Sonnenfleckt schwerlich in einer festen Masse so mannigfaltig und so veränderlich entstehen könnten, daß sie in einer bloßen, gleichförmig flüssigen Masse gar keine Dauer haben könnten, indem die Vertiefungen sich sogleich ausfüüen müßten; daß als» atmosphärische Wechsel am besten uns eine Analogie für diese Erscheinungen darbieten. Herschel glaubt, diese Oeffnungen würden durch ein von unten hervorbrechendes, beide Wolken­ schichten durchbrechendes, elastisches Fluidum hervorgebracht; denn man bemerke, daß bei unregelmäßigen Einschnitten in die graue Wolkendecke auch rin ziemlich entsprechender Einschnitt in der leuchtenden Wolkendecke entstehe, so als ob der Strom, welcher lene aus einander trieb, auch diese zerrissen habe. — Sehr mächtig wirkend muß unstreitig diejenige Ursache seyn, «eiche diese Aenderungen hervorbringt; denn da diese Aende­ rungen uns, in 20 Millionen Meilen Entfernung, oft in weni­ gen Stunden merklich «erden, so muß, selbst auf viel« Meilen

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weit, in wenigen Stunden jener Wolken verzehrende oder Wol­ ken erzeugende Proceß thätig seyn. Wie wir die,enigen Erscheinungen, wo sich uns keine tief schwarze, sondern nur grau« Flecke zeigen, erklären müssen, erhellt, wenn wir Herschels Hypothesen folgen, von selbst. Diese Untiefen, wie Herschel sie nennt, sind Oeffnungen in der Schichte der Glanzwolken, denen keine für uns sichtbare Oeffnungen in den an sich dunkeln Wolken entsprechen. Her­ schel behauptet, daß da, wo wcr erhebliche Theile dieser grauen Wolkenschichte sehen, sie uneben, als ob Schichten der­ selben Art über einander lägen, erscheinen. Sehr kleine Oeffnungen dieser Art hat Herschel fast immer bemerkt, und auch Gruithuisen findet etwas AehnlicheS. Herschel bemerkt, daß diese kleinen Oeffnungen der ganzen SonnenOberfläche ein buntes Ansehen geben, indem man, bei hin­ reichend starker Vergrößerung, fast überall Einrisse wahrnehme, welche einen Blick bis auf die dunkle Wolkenschichte gestatten. Eben dieß bemerkt auch Capocci, der in der neuesten Zeit mit einem 9fußige» Fraunhoferschen Fernrohr, mit Zvomaliger Vergrößerung die Sonne oft beobachtet hat. Er bestäti­ get nicht nur diese Bemerkung, sondern fügt noch hinzu, daß dieses bunte Ansehen der Sonn« am auffallendsten ist, wenn große Flecken in der Sonne sind, und daß diese Erscheinung, als ob die Oberfläche der Sonne in Bewegung oder Ausregung sei, in den ersten Tagen nach dem Entstehen großer Flecken sich am deutlichsten zeigt. Nach Capocci'S Beobachtung ist der innere Theil der Sonnenflecken so lange als bas Entstehen und Zunehmen des Fleckes dauert, ohne alle Schattirung, und dir Ecken und Spitzen der Begrenzung, sowohl des schwarzen, als des grauen Theiles, sind ganz scharf; hingegen wenn die Oeffnung abzu­ nehmen anfängt, so sieht man btt Begrenzung minder scharf, indem die Ränder von einem leuchtenden Dunste eingehüllt erscheinen. Dieser leuchtende Dunst erstreckt sich oft, gleich einer Drücke, über den Abgrund hin, er bildet oft mehrere Lichtstreifen, die zum Schließen der Oeffnung beitragen mögen. Die Ansicht Herschels, daß eS zwei Wolkenschichten sind.

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hält Capocci nicht für ganz genügend, sondern er glaubt eher, d,e Materie, die wir al« grauen Rand der Flecken sehen, sei von fester Beschaffenheit, indem sie oft so scharfeckig abgeschnitten erschein«, *) und die Vereinigung mehrerer kleiner Flecken sich ganz so, wie ein Einstürzen einer festen Kruste, zeige. Diese hart« und trockne Kruste scheine zahlreiche Spat» ten zu haben, au-gefüllt mit einer leuchtenden elastischen Flüs» sigkeit, und diese Spalten haben meisten« eine Richtung gegen den Mittelpunkt der Oeffnung zu, deren Rand die graue Fläch« »»«macht. Diese regelmäßige strahlenartige Anordnung wird aber nach Eapocet'« Beobachtung oft durch höher liegende Helle Streifen unterbrochen, die vom äußern Rande her sich auf der grauen Fläche mannigfaltig verzweigen, sich «ft bi« über die ganze Oeffnung «eg erstrecken, und manchmal den leuchtenden Duft herzugeben scheinen, welcher die Oeffnun-en nach und nach verschließt. Dabei scheine e«, al« ob jene harte leuchtende Materie sich in eine Art von Dunst ver­ wandle, und dieser erschien bei einem großen Fleck im März I826 al« violettlich, und so al« ob er von dem Hellen Strei­ fen, der Hellen Drücke, die den Fleck in zwei Theile zerlegte, »»«ginge. Die Beantwortung der Frage, ob gewiss« Gegenden der Sonne geeigneter sind, al« andre, un« Sonnenflecke zu zei­ gen, scheint durch Capocci'« Beobachtungen etwas näher herbei geführt zu seyn. Mai« wußte zwar auch früher schon, daß di« Sonnenflecke nur um den Sonnen «Aequator, nie in der Nähe der Pole erscheinen; aber Capocci giebt einige nähere Bestimmungen an. Jener eben erwähnte Fleck lag 14 Grade nördlich vom Sonnen-Arquatvr, wo auch Her­ schel im Zahre 1779 einen großen Sonnenfleck beobachtete, und eine Vergleichung vieler Beobachtungen gab Capocci die Ueberzeugung, daß man zwischen o Grad und 10 Grad nördlicher Breite auf der Sonne, selten Flecke gesehen hat, *) Bei diesen scharfen Ecken muß man jedoch bedenken, daß >edcs Hundertel einer Secunde eine ganze Meile beträgt, also selbst recht erhebliche Abrundungen unsrer Beobachtung entgehen können.

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und wenn dort Flecke erschienen, waren sie klein; dagegen sind die Sonnenflecke in 3 bi« g Graden südlicher, und in 11 bi« 15 Graden nördlicher Breite häufiger, und hier haben sich di« größeren Flecke gezeigt; die in den Jahren 1625, 1627, 1752, 1764, 1776, 1777, *778, 1779, 1326 beobachteten auffallend­ ste!» Flecke lagen da, und im Jahre 1779 sah man 6 Monate lang dort Flecke, die noch schöner wieder hervorkamen, nach­ dem sie schon eine Zeit lang sich verdeckt hatten. Ueber 40 Grad Breite hinau« erscheinen fast nie Sonnenfleck«, und Capocci führt e« al« eine sehr seltne Beobachtung an, daß er im April 1826 im 49° südl. Breite einen kleinen Fleck wahrnahm. Hteju fügt er noch die auffallende Bemerkung, daß man die größeren Flecke von kleineren gewöhnlich so begleitet finde, daß alle auf demselben Parallelkreise, ohne sich sehr bi« in ver­ schiedene Breitenkreis« au«zudehnen, liegen, und daß der Haupt­ fleck gewöhnlich am vorangehenden Ende ist. Selbst entfern­ tere, auf einerlei Parallelkreise liegende Flecke stehen oft durch feine zackige Streifen auf demselben Parallelkreise in Verbin­ dung, und e« scheint, al« ob nun bald in diesem, bald in jtntm Theile der so in unruhiger Bewegung gleichsam aufgährenden Sonnen-Atmosphäre die Flecke größer hervortreten; wodurch denn aber die Bestimmung der Rotation-zeit der Sonne sehr erschwert wird. Ein eigentliche« Wiedererkennen desselben Flecke« findet, selbst nach einer halben Rotation, wo er an der Ostsrite der Sonne auf« neue hervortritt, nicht statt, denn in ganz unveränderter Gestalt wird er selten, viel­ leicht nie, wieder erscheinen; aber wenn nach dem richtigen Zeitverlaufe ein eben so großer Fleck, auf eben dem Parallel­ kreise, erscheint, und wohl gar bei mehreren Umdrehungen sich ziemlich genau eben so zeigt, so haben wir Grund genug, au« dieser Erscheinung di« Rotation«prri»d« herzulritrn, wenn wir gleich wissen, daß sie wohl immer nicht ganz genau dar­ au« bestimmt werden kann. Die bisher betrachteten dunkeln Flecke sind zwar die auf­ fallendsten, welche wir in der Sonne bemerken, indem sie selbst mit kleinen Fernröhren, sobald man Derdunkelung-glLser an­ bringt, nicht selten gesehen werden; aber sie sind nicht di«

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einzigen veränderlichen Erscheinungen, die sich uns auf der Sonne darbieten. Schon die frühern Beobachter redeten von Sonnenfackeln, und unsre jetzigen bessern Fernrthre zeigen noch deutlicher solch« hellere Theile der Sonnenfläch«. Dies« mit lebhafterem Glanze ausgestatteten Flecke sind zwar zuweilen auch rund, gewthnlich aber ziehen sie sich in langen Strei­ fen fort, die nach Herschels Messung zuweilen eine Länge von iöcoo Meilen haben. Man sieht sie am deutlichsten in der Nähe des Randes der Sonne, und kann daraus schließen, daß sie Erhöhungen auf der glänzenden Oberfläche seyn müssen, indem diese sich am wenigsten gut zeigen müssen, wenn wir grade von oben auf sie herab sehen, und am besten erscheinen müssen, wenn wir sie von der Seite ansehrn. Merkwürdig und bei öfterer Beobachtung der Sonne ganz deutlich in die Augen fallend ist es, daß diese glänzenden Streifen oder Adern am häufigsten in der Nähe der Oeffnungen Vorkommen; zwi­ schen diesen ziehen st« sich oft in langen Zügen hin, so daß man irgend «inen Zusammenhang beider mlt einander fast nicht bezweifeln kann. Herschel bemerkt, daß sie oft mit kleinen grauen Stellen gemischt sind, und dann so schnellen Wechseln unterworfen sind, daß man zuweilen in io Minuten Aenderun­ gen der Gestalt wahrnimmt. Ob man sie wirklich als zusam­ mengedrängte Lichtwolkrn ansehen darf, die, von der Stelle der Oeffnungen weggetrieben, sich in der Nähe gesammelt haben, ist freilich zweifelhaft, indeß stellt die Erscheinung sich unge­ fähr so dar. Die Lage dieser Sonnenfackeln ganz genau zu bestimmen, und zu sehen, ob sie der Rotation der Sonne fol­ gen, scheint schwierig zu seyn, zumal da der hervorstechende Glanz sich beim Heranrücken gegen die Mitte der Sonne so sehr vermindert; ich erinnere mich nicht, daß jemand es mit einiger Genauigkeit gethan hätte. Was Herschel über die Entfernung jener Wolkenschich« ten von der Oberfläche der dunkeln Sonne gesagt hat, scheint mir nicht auf ganz sichern Bestimmungen zu beruhen. Daß bei einer Beobachtung, wie die in Tab. VII. Fig. z. dar­ gestellte ist, die scheinbare Breite des Raumes cd wohl dazu dienen könnte, die Dicke der unteren Wolkenschichte zu bestim-

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men, und daß eben so aus der Messung von ab die Dicke der oberen Wolkenschichte gefunden werden könnte, ist einleuch­ tend; aber ob dies« Gegenstände sich deutlich genug zeigen, um sie mit entschiedener Sicherheit als das, was sie nach Angabe der Zeichnung seyn sollen, zu erkennen, daran daif man wohl zweifeln. Zch führe daher auch Herschels Meinung, daß die glänzenden Wolken nicht viel unter 400 Meilen, und nicht viel über 600 Meilen von der dunkeln Oberfläche der Sonne entfernt seyn können, nur als eine weiter zu prüfende Behaup­ tung an. Hiemit könnte ich die Erzählung von dem, was wir über die Oberfläche der Sonne wissen, schließen, wenn ich nicht noch Einige- von andern Meinungen über diesen Gegenstand, und von Vermuthungen über den Zusammenhang der Verän­ derungen in der Sonnen-Atmosphäre mit den Veränderungen in der Erd-Atmosphäre Ihnen mittheilen müßte. Unter den neueren Beobachtern der Sonne verdienen doch auch Schröter und von Hahn genannt zu werden, und diese sind geneigt, grade die Licht-Adern und die einzelnen helleren Lichtpunkte als Theile der festen Sonnen-Oberfläche zu betrachten, und manche der dunkeln Flecke als beschattete Gegenden der Sonnen-Ob-rfläche, also vielleicht als tiefe Ab­ gründe anzusehen. Unter andern beobachtete Schröter einen sehr großen Sonnenfleck, der mit seinem umgebenden Rande den Cratern und Ringgebirgen des Mondes sehr ähnlich schien, und von Hahn sprach sogar die Behauptung aus, daß die Oberfläche der Sonn« der des Mondes ungemein ähnlich sei. Spätere Beobachter, namentlich Capoeci, Gruithuisen, und Pastorff, sind der Ansicht Herschels geneigter; und es scheint mir, daß wenigstens die Hauptsache, daß die Son­ nenflecke und Sonnenfackeln nur atmosphärische Erscheinungen sind, wohl allen Beifall verdient. Da die Sonne ganz unstreitig die Erleuchtung und Erwär­ mung der Erde bewirkt, so ist die Frage natürlich, ob denn beim Erscheinen vieler Flecken irgend «ine verändert« Ein­ wirkung auf die Erde merklich sei. Herschel glaubte eine Andeutung zu finden, daß die fruchtbareren Zahre die wären.

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welche sich durch viele Sonnenfleckt ausgezeichnet hatten, und Gruithuisen hat sich ganz entschieden für diese Meinung erklärt. Ein sehr sprechendes Beispiel vom Zusammentreffen vieler Sonnenflecke mit ungewöhnlich heißer Witterung findet Gruikhuisen im Sommer 1825, wo in der Mitte des Zuli große Sonnenflecke erschienen, wo die Hitze nicht bloß in Europa groß war, sondern auch am Cap (wie Gruithuisen anführt,) die Saaten verdorrten und die Flüsse fast austrocknrten, und in Amerika durch große Hthe dir aus­ gebreiteten und furchtbaren Waldbrände unterhalten wurden, welche die dortigen Wälder verheerten. Als einzelnes Beispiel ähnlicher Art könnte ich auch die im Mai und Zuni igig, gleichfalls bei großer Hitze, von mir beobachteten zahlreichen und sehr oft neu entstehenden und sich verändernden Sonnen­ flecke anführen; aber ich weiß doch nicht, ob wir schon genug Beobachtungen besitzen, um diese Uebereinstimmung für sicher zu halten. Aufmerksamkeit vrrdieut indeß diese auch von Capocct und von Biela mit eignen Beobachtungen unter­ stützte Behauptung, da wir den Zusammenhang, in welchem unsre Witterung vielleicht mit den Revolutionen in der Son­ nen-Atmosphäre stehen mag, nicht wissen können, und Gruithuisrn durch vtellährige Beobachtungen sich belehrt zu haben glaubt, daß vorzüglich da neu entstandenen, großen, oft sich umwandelnden Sonnenflecke sich wirksam zeigen, so daß im Winter bei großer Kälte das Entstehen eines bedeutenden Son­ nenflecks Thauwrtter anzeige. — Die Bemühungen, Regeln für die Bestimmung der Witte­ rung zu finden, würden hiedurch aber nur noch weniger Erfolg versprechen, wenn veränderliche, nicht terrestrische Ursachen so bedeutend rinwirken sollten.

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Di. Beobachtung der Sonne bietet noch eine Sonderbarkeit

dar, die sich nicht erklären läßt, und über deren genaue Rich­ tigkeit man wohl einige Zweifel hegen darf. Die Beobach­ tungen de- Sonnen-Durchmesser- haben, wenn man sie auf die mittlere Entfernung der Erde von der Sonn« zurückführt, Ungleichheiten gezeigt, die man, bei dem Mittel aut vielen Beobachtungen, nicht als Fehler der Beobachtungen glaubt» anfehen zu dürfen. Zn den Jahren 1750 dis 1774 fand man den Horizontaldurchmrsser 32'. 2"; in den Zähren 1775 bi« 1782 gab man ihn zwischen 32'. 2" und 32'. o"; in den Zähren 1752 bis 1786 zwischen 32*. 0" und 31'. 59" an, so daß,S schien, als nehme der Durchmesser der Sonne ab. Dagegen fand man in den Zah-vn 1304 bis igog den Horizontaldurchmesser 36'. 6"; ein« Reihe von Deffel angestelltet, von mir reducirter Beobachtungen in den Zähren igiö bis 1818 geben 32'. s|". Wenn diese Beobachtungen alle vollkommen zuverlässig sind, so ntf rt« der Durchmesser zu ge­ wisse» Zeiten 7co Meilen mehr, als zu anderer Zeit betra­ gen, und das würde un«, da dieser Wechsel doch nur in der Wolkenschichte der Sonne statt finden sinnt#, zu der Bestim­ mung , daß die glänzenden Wolken eine wenigstens 350 Mei­ len dicke Schichte bilden müßten, Veranlassung geben. Eine elliptische Gestalt der Sonne, wie sie aus der Rotation folgen sollt», nimmt man nicht auf ein» deutliche Weise wahr, vielmehr haben genaue Beobachtungen über den scheinbaren horizontalen und verncalen Durchmesser der Sonne zu der Behauptung Veranlassung gegeben, daß der mit der Axe übereinstimmende Durchmesser der größere sei, und etwa mehr al< der Durch­ messer des Aequator« betrage. Wenn fernere Beobachtungen dieß bestätigen sollten, so würde ein« solche Gestalt der Sonne, di« sich au« der Rotation nicht erklären läßt, auf irgend eine

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in der natürlichen Beschaffenheit der Sonne liegende Ursache, di« Licht-Atmosphär« gegen die Pole hin an«zudehnrn, hin. beuten. Daß e« solche Ursachen geben könne, läßt sich einsehen; denn gesetzt auf unsrer Erde fände grade an den Polen mehr Erhitzung statt, al« unter dem Aequalor, so würde au« diesem Grunde die Atmosphäre an den Polen höher und aus­ gedehnter seyn müssen, und eben so könnte >a au« irgend einem Grunde etwa« Aehnliche« auf der Sonne statt finden. Diese dürftigen Nachrichten über den Körper der Sonne und ihre Atmosphäre, enthalten alle«, wa« wir bi« >eht wis­ sen, und die Hoffnung, unsre Kenntnisse erheblich erweitert zu sehen, ist nicht recht groß, da wir zwar di« Rotation«zeit der Sonne, und die Lage* ihrer Axe wohl genauer kennen lernen können, aber die Beschaffenheit der Flecken und Fackeln immer schwer zu erforschen seyn wird. Außer zener Licht-Atmosphäre, womit ich Sie bisher un­ terhalten habe, zeigt sich noch eine schwach leuchtende Erschei­ nung um die Sonne, die man als «ine viel ausgedehntere Atmosphäre angesehen hat. Wenn Sie in den letzten Winter­ monaten um di« Zeit, wo die Dämmerung Abends schon größtentheil« vorbei ist, den westlichen Himmel genau ansrhen, so bemerken Sie bei völlig heiterm Himmel leicht einen blaffen Schimmer, der ungefähr der Milchstraße gleiche, und sich hoch am Himmel hinauf von der Gegend de< westlichen Horizonts, wo sich ungefähr dann die Sonne befindet, gegen da« Sie­ bengestirn zu erstreckt. Diesen Schimmer, welcher in der Richtung der Ekliptik sich zeigt, und den man daher da« Zodiacallicht, weil e« im Thierkrets«, Zodiaeu«, liegt, genannt hat, muß man allerding« al« mit der Sonne verbunden an­ sehn, wenn man auch zweifelhaft bleibt, ob man ihn eiste Atmosphäre der Sonne nennen soll. Dieser Schimmer näm­ lich, welcher sich al« «in nicht sehr breiter Streifen, zuweilen bi« zu 90 Graden Entfernung von der Sonn« wahrnehmen läßt, begleitet dies«, und ist im Februar und März am besten zu sehen, weil die Ekliptik dann mit dem westlichen Horizonte «inen großen Winkel macht, und daher die Dünste am Hori­ zonte un« minder hindern, diese nicht sehr lebhafte Licht'-Tr-

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scheinung zu sehen. So wie die Erscheinungen sich in unsern Gegenden darbieten, kann man, obgleich der matt verwaschene Schimmer keine gut bestimmten Umrisse darbietet, doch mit zureichender Genauigkeit sagen, da« Zodiacallicht zeige sich als eine sehr längliche Ellipse, in deren Mitte die Sonne steht, deren kleine Axe, senkrecht auf die Ekliptik, viel kleiner ist, als d,e in der Richtung der Ekliptik liegende große Axe, und dieser Beschreibung entspricht recht gut die Erklärung, daß «in sphäroidisch geformter Raum um die Sonne mit der Ma­ terie, die sich uns im Zodiacallichte zeigt, ausgefüllt fei, und daß diese Materie also «ine sehr weit ausgedehnte Sonnen Atmosphäre bilde. Zn der heißen Zone hat Horner das Zodiacallicht öfters als einen 4 Grad! breiten, sich bis zum Zenith hinauf erstreckenden Streifen gesehen, der, erst nahe am Horizonte breiter werdend, im Horizont g bi« 10 Grad Breit« hatte. Diese Beschreibung stimmt nicht so gut mit der angeblich elliptischen Form der Sonnen-Atmosphäre überein; und da man gerade in der heißen Zone bas Zodiacallicht das ganze Zahr durch beobachten kann, weil dort die Ekliptik immer einen großen Winkel mit dem Horizonte macht, so sollten wir wohl von daher die besten Beobachtungen über die wahre Gestalt dieser Erscheinung erwarten. Daß sich im Zodiacallicht« eine feine Materie, die, um die Sonne verbreitet, entweder selbst leuchtend ist, oder Son­ nenlicht zurückwirft, uns zeigt, können wir al- gewiß anneh­ men; ob diese Materie aber eine Sonnen-Atmosphäre heißen könne, ob sie durch Attraktion der Sonne so mit dieser ver­ bunden sei, daß sie die Rotation der Sonne begleitet, das ist eine andre Frage. Liner eigentlich so zu nennenden Son­ nen • Atmosphäre müßten wir ohne Zweifel «ine elliptische, sphäroidlsche Form beilegen, und der Aequator dieses abge­ platteten SphäroidS müßte genau im Sonnen - Aequator liegen; aber nach allen Beobachtungen ist, wie Laplacr bemerkt, das Zodiacallicht zu sehr ausgedehnt, als daß diese Gestalt einer 25 tägigen bis 26 tägigen Rotation der Sonne entsprechen könnte. La place sagt nämlich ganz richtig, wenn die Son­ nen-Atmosphäre sich b«S zum MercuriuS erstreckte, so

müßt« «in in so großer Entfernung in 26 Tagen um die Sonne herumgcsührtes Theilchen, eine so große Schwungkraft haben, daß es gar nicht in dieser Entfernung bleiben könnte; da nun sogar die Materie de- Zodiacallichts sich bis an die Erdbahn erstreckt, so können feine Theilchen gewiß nicht die rotirende Oberfläche der Sonn« so wie eine Atmosphäre begleiten, und sobald dieß nicht der Kall ist, sobald die Theilchen des Zodiacal­ lichts eine andre, gewiß viel geringere Umlaufs-Geschwindig­ keit haben, so fällt auch der Grund, warum diese Materie gerade ein Sphäroid bilden soll, weg, und wir müßten diese Gestalt au« Beobachtungen, so genau sich diese anstellen las« sen, erst kennen lernen. Die Behauptung Cassini'«, baß das Zodiacallicht an Glanz abnehme, wenn die Sonne wenige Fleck« hat, ist von Capocci wieder in Erinnerung gebracht, als im Februar und März 1326 viele Sonnenflecke zu sehen waren, und das Zodiacallicht sehr schön erschien, doch ist eS bei der sehr un­ gleichen Heiterkeit der Luft nicht leicht, die Lebhaftigkeit de« Lichte« bei einem so schwach leuchtenden Gegenstände richtig abzuschähen. Die Vermuthung, daß mit dieser SonnenAtmosphäre die Nordlichter in Verbindung stehen, ist durch di« ungemeine Seltenheit der Nordlichter zu einer Zeit, wo die Sonnen-Atmosphäre sich nicht geändert zu haben scheint, wohl als widerlegt anzusehen. Die Fragen, ob diese Materie, die vermuthlich in eben der Richtung wie die Planeten um die Sonne läuft, den nach andern Richtungen gehenden dorne» ten keinen Widerstand entgegen setze; — warum bie Planeten nicht durch ihr« anziehende Kraft diese Materie zu sich her­ anziehen und mit ihrer Masse vereinigen, da die Schwung­ kraft der einzelnen Theilchen, welche der Attraktion der Sonne da« Gleichgewicht hält, die Anziehung der Planeten nicht aufheben kann; — und ähnliche Fragen, lassen sich biS je';t noch gar nicht beantworten.

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Da Ich jetzt, m. h. H., im Begriff 6ei.r# Matterwerden gegen die Lichtgrenze hin, zuweilen auffallender «ar, auf ungleiche Beschaffenheit einzelner Theile de# Mercuriu# hindeutetrn, schienen wenig Sichere# zu lehren, und e# «ar daher sehr erfreulich, daß Schröter endlich eine regel­ mäßig wiederkrhrei.dr Abstumpfung der ein«» Hornspihe de# mondfirmig erleuchteten Mrrcur# bemerkte. Diese ungleiche Erscheinung de# Planeten ward durch Beobachtungen am Tage, wobei man den Mercur anhaltender betrachten konnte, bestä» tigt, und die Umdrchung#zeit ziemlich nahe zu 24 Stunden bestimmt. Aber diese entdeckte Rotation de# Mereuriu# wurde noch mehr bestätigt, al# endlich Schröter und Harding «inen Streifen bemerkten, dessen Lage sich schon in 1} Stun­ den so, wie e# der Rotation gemäß seyn mußte, änderte. Aehnliche Flecken und Streifen, die indeß manchen Verände­ rungen unterworfrn waren, wurden noch öfter beobachtet, und obgleich au# ihren, von einem Tage zum andern merklichen.

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Aenderungen in Form und Lage sich ju ergeben schien, daß sie atmosphärische Erscheinungen seyn mochten, so ließ sich doch die Notation dcS Mercurius auch an ihnen wahrnehmen, da ein Fortrückcn von 50 Meilen in einer Stunde doch nicht gut als ein Fortrücken auf dem Mercur, sondrrn mit der Ober­ fläche des Planeten, angesehen werden kann. Aber wegen der Aenderung der Lage dieser Streifen ergab sich auö ihnen nicht immer eine gleiche Rotationszeit, oder vielmehr, in Verglei­ chung gegen die aus den gesummte» Beobachtungen folgende Umdrehungszeit, fand sich, daß diese atmosphärischen Erschei­ nungen, gleichsam vom Winde fortgcführt, ihre Stelle nach mancherlei Richtungen änderten. Die Länge dieser, oft schnell entstehenden, und oft auch bald wieder verschwundenen atmo­ sphärischen Streifen fand Schröter zuweilen 400 Meilen, und bemerkt, daß sie in der Zeit seiner damaligen Beobach­ tungen (im Mai igoi) wiederholt in derselben Gegend ent­ standen, also auf eine, dem Klima einer bestimmten Gegend angemessene Veränderung hindeuteten. Die wichtigste Folgerung aber, die sich au- dem beobach­ teten Fortrücken der Streifen ziehen läßt, ist die, daß auch de- Mercurius Are etwa 20 Grade gegen die Ekliptik geneigt ist, also, obgleich die Beobachtung keine sehr genaue Bestim­ mung der Lage der Are gegen die MercurSbahn gestattete, doch so viel erhellt, daß die Abwechselungen der Jahreszeiten eben solche ungleiche Höhen der Sonne Mer dem Horizonte bar­ bieten , wie auf der Erde. Die so oft beobachtete Ungleichheit der Hornspitzen, wo bald die eine, bald die andre abgestumpfter erschien, erklärt Schröter aus dem Schatten sehr hoher Gebirge, die gegen das Ende der sichtbaren Erleucbtungsgrenze liegend, ihren Schat­ ten bis an diese Grenze warfen. Daß wirklich diese Schatten die Hornspitze bedeckten, und nickt etwa eine an sich graue Fläche uns den Anblick der Hornspitze entzog, schließt Schrö­ ter daraus, weil ein solcher dunkler Flächentheil bei den ver­ schiedene» Stellungen der Erde doch wohl einmal sich so gezeigt hätte, daß er von der L'.ckrgrenze entfernt gegen den Pol des Planeten hin zu sehen gewesen wäre Da dieses nie statt

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fand, so liegt darin allerdings ein Grund zu glauben, daß diese Dunkelheit erst bei der Annäherung zur Lichtgrenze ent­ stand, daß ste also ein, erst bei niedrigem Stande der Sonne recht auffallend werdender Schatten war. Dieser Schluß hat vieles für sich; und man könnte nur den Zweifel hegen, ob bei der starken Dämmerung, die auf dem MercuriuS statt finden muß, wenn er wirklich eine solche Atmosphäre hat, wie es andre Beobachtungen andeuten, die Schatten dunkel genug find, um uns kenntlich zu werden. Sind es wirklich Schat­ ten, durch welche diese Erscheinung hervorgebracht wird, so müssen sie unstreitig sehr hohen Bergen angehbren, die dann freilich nicht allein sehr lange Schatten werfen, sondern, da ste auch den ganzen dichtern Theil der Atmosphäre mit beschat­ ten, die Dämmerung weit mehr aufheben können, als es bei uns, da wir auf der Erde so hohe Gebirge nicht kennen, der Fall «st. Schröter rechnet dies« Gebirge zu Meilen hoch an. Nicht bloß gegen die Pole hin, die uns doch immer ziem­ lich nahe bei den Hörnerspihen erscheinen werden, scheinen solche Gebirge zu seyn, sondern auch gegen den Aequator zu. Schröter beobachtete nämlich, daß b«e Lichtgrenze zuweilen auch um die Mitte des Planeten eine Einbeugung zeigte, so als ob die Schatten langer Gebirgsketten uns den Anblick eines Theils der Halbkugel entzögen, die, nach der Natur der Kugeisorm, erleuchtet seyn sollte. Diese beschattete Einbeu­ gung verschwand, wenn die Rotation des Planeten uns eine andre Serie darbot, und zuweilen traf die Zeit einer zweiten Beobachtung so glücklich, baß man jene Schatten am folgen­ de» Abend eben so wieder erkannte. Das ist ungefähr das ganze Resultat der schönen und müh­ samen Beobachtungen Schröters. Merkwürdig scheint es indeß auch noch, daß zuweilen in langer Zeit kerne solche atmosphärische Streifen wahrgenommen wurden, und daß sie dagegen zu andrer Zeit so dauernd in derselben Gegend der Oberfläche, wenn gleich mit einer nicht ganz unerheblichen Fort» rückung, wahrgenommen wurden. Schröter bemerkt, daß er in derselben südlichen Gegend des Planeten über ein halbe-

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Mercurs-Zahr lang solche Streifen beobachtet habe, die also mehr ein« Eigenthümlichkeit dieser Gegend, als ein Erzeugniß der ungleichen Jahreszeiten ju seyn schienen.

Auch die Oberfläche der Venus bietet nur wenig abwech­ selnde Erscheinungen dar, aus -denen fich auf bk natürliche Beschaffenheit dieses Planeten schließen ließe. Ihr weiße«, sehr lebhaftes Licht macht sie dem Mercurius ähnlich, und auch dir Erscheinung, daß das Licht, gegen di« Sichtgrenze zu, viel matter wird, bemerkt man an ihr, wie am Mercur. Obgleich auch sie schwache, nebliche Flerke zeigt, so find diese doch metstens so schwer zu erkennen, so undeutlich und unbestimmt, daß Herschel es nicht wagte- daraus ihre Umdrehungspe­ riode abzulriten. Auch Schröter sand diese Bestimmung, die in älterer Zeit (vermuthlich unter besonders günstigen Umständen) Cassini geglückt war, sehr schwierig, und wäre vielleicht zu keinem sichern Schluffe gelangt, wen» er nicht bemerkt hätte, daß bit Hornspihen der sichelförmig oder auch halb erleuchteten Venus zuweilen ungewöhnlich abgerundet erschienen. Da er dies» Beobachtungen viel früher, als die schon erzählten über den Merrurius, anstellte,'so hatte er zur Vergleichung nur die Erscheinungen des Mondes vor fich, wel­ cher uns auch, bald «tn noch in der Nachtseite liegendes, aber dennoch schon erleuchtetes Gebirge, also «Int ungewthnlich scharf vvrausspvtngende Spitze, bald eine Beschattung durch hohe etwas von der Lichtgrenze entfernt liegende Berge, also ein abgestumpftes Horn, zeigte. Die beobachteten Flecke hat­ ten zwar durch ihre in wenigen Stunden merkliche Aenderung der Lage auf eine Rotation hingewiesen, deren Dauer nicht viel von 23 «der 24 Stunden verschieden seyn konnte; aber da man am folgenden Tage nie denselben Fleck wieder erkannte, so ließ sich über die genaue Dauer einer Umdrehung aus so geringen Aenderungen wenig schließen. Diese Beobachtung der Htrnerspitzen führte dagegen zu einer bestimmteren Folge­ rung. Oft nämlich war das südliche Horn der Venus viel

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zu stumpf abgerundet, während da- nördliche die richtige Gestalt, die man nach der Phase de< Planeten erwarten mußte, zeigte. Hatte sich diese abgerundet« Form an einem Tage gezeigt, so war sie auch am nächsten Tage wieder eben so zu sehen, und zwar trat derselbe Grad von Abrundung, so weit sich dieß ver« gleichend bestimmen ließ, am folgenden Tage «ine halbe Stund« «her ein; wurde die Beobachtung mehrere Stunden lang fort­ gesetzt, so sah man, wie die Abstumpfung de- Horn- zunahm, und wie sich später die zugespitzte Gestalt wieder herstellt«, und überzeugte sich fast augenscheinlich, daß die Venu- nach 23s Stunden un- wieder eben dl« Seite zuwrndet, statt daß in der Zwischenzeit ein« andre Seite un- zugrkehrt war. Dies« Beobachtung einer abgerundeten Hornspitze ward in einigen Fällen dadurch noch auffallender und belehrender, baß man von der erleuchteten Spitze, wie durch zwischen liegende Schatten, abgesondert, einen leuchtenden Punkt, also eine am Ende deHorne- hervorglänzrnde erleuchtete Gegend oder Dergspitze ent­ deckte. Schröter hatte einigemal da- Glück, diesen abge­ sonderten Lichtpunkt entstehen zu sehen, indem er zuerst einen von der dunkeln Seite in die Lichtgrenze eingreifenden Ein­ schnitt bemerkte, einen dunkeln Schatten, der allmählig zu­ nahm, bi- er einen Theil der Hornspitze ganz von dieser trennte, und zuletzt auch diesen Hellen Punkt mit Nacht be­ deckte. Auch di« Beobachtung, die ich schon, al- am Mercuriuangrstellt, erzählt habe, daß sich ein« unregelmäßige Einbeu­ gung der Lichtgrenze zeigte, kömmt bei der Denn- vor. Schrö­ ter bemerkte zuweilen, daß da- eine Horn in einiger Entfer­ nung von der Spitze «eit schmäler al< da- andre au-geschnit­ ten war, oder daß die Grenze sehr der zackicht ausgeschnitte­ nen Lichtgrenze de- Monde- glich, und er bemerkt wohl mit Recht, daß man dieß noch öfter sehen würde, wenn nicht daLicht der Venu- gegen die Erleuchtung-grenze so matt wäre, daß schwache Trübungen unsrer Atmosphäre hinreichen, um unjen« Erscheinungen zu verhüllen. Diese Beobachtungen sind in der That so sprechende Beweise, nicht bloß sür di» Rotation der Venu«, sondern auch für da- Daseyn hoher Berge auf

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ihr, daß man kaum ihnen etwas entgegen zu sehen weiß. Zwar könnten auch dunkle atmosphärische Bedeckungen oder Gegen« den der DenuS, die an sich weniger Licht turückwerfen, uns ähnliche Erscheinungen darbieten; aber die genaue Angabe, wie der Scharren heran rückt, und das Hervortreten von Lichtpunk­ ten in der Nachtseite, scheint zu sehr die Meinung, daß wir auch dort, wie im Monde, Berge erkennen, zu bestätigen. Die Berge auf der Erde würden freilich wohl kaum hinrei­ chen, um ein solches Phänomen darzubieten, theils weil ihre Schatten sich bald nach Sonnen-Aufgang schon sehr abkürzen, theils weil eine helle Dämmerung sowohl die Erdfläche selbst, als die erleuchtete Atmosphäre noch sichtbar machen würde; aber wenn die Berge auf der Erde einige Meilen hoch wären, und den durch sie beschatteten Gegenden nicht bloß den Anblick der Sonne schon lange vor ihrem Untergange raubten, son­ dern ihnen auch ernen großen Theil der Dämmerung entzögen, so möchte wohl eher dem VenuSbewohner das Daseyn von Bergen kenntlich werden. Hoch müssen diese Berge auf der NenuS allerdings seyn, und Schröter berechnet ihre Höhe zu 4 bis 5 Meilen, indem sie sonst nicht so entfernt von der Llchtgrerlze ihren Schatten bis an diese werfen konnten; indeß darf uns diese Höhe in so fern weniger wundern, al^wirja auch auf dem so sehr kleinen Monde Berge finden, die eine Merle hoch sind, und also, nach Verhältniß der Halbmesser, auf einem Planeten, dessen Durchmesser vier MondeSdurchmessern gleich ist, auch wohl Berge von 4 Meilen Höhe seyn können. Die Beobachtungen deS MercuriuS, die uns auch dort recht sehr hohe Berge anzugeben scheinen, stimmen hiemit zusammen, und geben uns Veranlassung, uns mehr über die geringe Höhe der Berge auf der Erde zu wundern. Die Lage der Axe der Venus ließ sich aus diesen Beobachtun­ gen Nicht bestimmen; denn wenn auch aus der langsamen und doch in 23s Stunden wiederkehrenden Aenderung der Erscheinungen sich allenfalls schließen ließe, daß der Gegenstand, nahe am Pole liegend, seine Stelle nur langsam änderte, so konnte doch ein solcher Schluß nur sehr oberflächlich seyn. Nur er ne Beobachtung scheint über die Lage der Axe etwas nähern AufBrandcs Vor!. 2. Th. 7

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schluß zu geben. Schröter sah nämlich einmal einen dunkeln Streifen, der eine schiefe Richtung gegen die Lichtgrenze der damals halb erleuchteten Venus hatte, und der seine Stelle vermöge der Rotation so änderte, daß man sah, er sei dem Aequalor parallel; er rückte nämlich in einer Richtung, die mit seiner eignen Lage übereinstimmle, fort. Diese Beobachtung, die freilich auch keine ganz gute Bestimmung der Axe giebt, deutet wenigstens an, daß die Schiefe der Ekliptik auf der Venus wohl noch größer, als auf der Erde, seyn mag, da­ heißt, daß die Zone, welche zuweilen die Sonne im Zenith sieht, breiter ist als auf der Erde, und die Zonen, denen die Sonne zuweilen ganze Tage lang nicht aufgeht und nicht untergehr, ausgedehnter sind, als auf der Erde. Diese Streifen sind auf der Venus sehr selten, und die übri­ gen lieblichen Flecke zeigen keine mit dem Aequator parallele Lage. Die Veränderlichkeit derselben scheint zu zeigen, daß sie in der Atmosphäre der Venus entstehn, und dort vielleicht unsern Wolken ähnlich seyn mögen; indeß bleibt es immer etwas zweifelhaft, ob der bewölkte Himmel der Erde weniger Licht als der von der Sonne beschienene feste Erdkörper zurück­ wirft, und so fern kann man auch mit Herschel die dunklem Flecke als ein Durchblicken des dunkeln DenuskörperS anschen; und der ungemeine Glanz der weißen von der Sonne erleuchteten Wolken der Erd < Atmosphäre ließe sich mit Recht als Grund dafür angeben. Aber für Schröters Meinung, daß die dunklem Flecke wolkenartige Verdichtungen der Atmosphäre sind, scheint doch das zu sprechen, daß wir mit gutem Grunde annehmen dürfen, daß das Licht der Venus zum Theil von Gegenständen auf ihrer Oberfläche, namentlich von erleuchteten Bergsplhen, herkomme. Merkwürdig ist es übrigen-, daß nur so selten wolkenähnliche Verdunkelungen in der ziemlich dichten Atmo­ sphäre der DenuS entstehen. Daß diese Atmosphäre ziemlich dicht genannt werden könne, erhellt auS mehrern Umständen, nämlich, au- der so starken Abnahme des Lichte- gegen die Lichtgrenze hin, und auS der auf der Venus beobachteten Dämmerung. Die Schwächung de- Lichte- gegen die Lichlgrenze zu, stimmt ganz mit dem

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matten Licht« überein, welche- bei un- die untergehende oder ausgehende Sonne zeigt; und es ist offenbar, daß sowohl dem Beobachter, welchem eine leuchtende Wolkendecke den Anblick d.r Erd » Oberfläche entzieht, al- dem Beobachter, welcher durch die Atmosphäre auch den Erdkörprr selbst erkennt, die matte Erleuchtung, so wie sie durch die weit in der Luft fortgegangnen Lichtstrahlen bewirkt wird, eine eben solche starke Abnahme- de- Lichtes gegen die Lichtgrenze hin, zeigen müßte. Auch die Dämmerung auf der Venu- spricht für eine sie umgebende dicht« Atmosphäre, und Herschel stimmt darin ganz mit Schröter überein, daß e- eine Dämmerung auf der Venus giebt, die man an der Hornspitze, zu der Zeit, wenn die Venu- sichelförmig erleuchtet, un- nur «inen kleinen Theil ihrer hellen Seite zuwendrt, deutlicher al- am Monde, sonst aber eben so, wie ich e« in Beziehung auf den Mond erklärt habe, gewahr wird. Da diese Dämmerung sich, unge» achtet der Schwierigkeit, schwach erhellt? Theile eine« so ent» fernten Planeten noch zu erkennen, so deutlich zeigt, so dürfen wir sie wohl al- eben so stark wie bei un- «»nehmen, indem, jenen Beobachtungen zufolge, un« Gegenden noch kenntlich, noch als matt erleuchtet, sichtbar bleiben, welchen die Sonne schon 7 Grade unter dem Horizont« steht. Schröter fügt zu diesen Bestimmungen noch eine andre. Wenn die Venuun- zwei ganz gleiche, regelmäßig gespitzt zulaufend« Hörner zeigt, so dürfen wir wohl annehmrn, daß wir sie so sehen, wie eS der Kugel» Oberfläche gemäß ist; gleichwohl hat Schröter zu solchen Zeiten bemerkt, daß die beiden Hörner» spitzen sich weiter al- der Halbkreis erstreckten, und schließt hieraus, daß die Strahlenbrechung auch dort, wie auf der Erde, bewirke, daß mehr als die halbe Kugel von der Sonne erleuchtet wird, und daß diese Vergrößerung des erleuchteten Theile- ziemlich eben so viel als auf der Erde beträgt, die Strahlenbrechung in der Venus»Atmosphäre also der Strahlenbrechung in der Erd-Atmosphäre nahe gleich ist. Ob eine Abweichung von der genauen Kugelform, welche Schröter zweimal, als eine kleine Abflächung des kreis­ förmigen Rande- sah, vielleicht auch Folge der Strahlenbre»

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chung in der Atmospäre ist, läßt sich nicht behaupten, aber möglich ist es wenigstens. Schröter hielt diese auffallend abgestächt« Stelle, die nicht da lag, wo wir den Pol der Venus vermuthen könnten, für eine hohe Derggcgend, an welche sich eine viel niedrigere anschlteße. Endlich muß ich noch zwei Erscheinungen anführen, die man an der Venus beobachtet hat. Die erste ist ein den Körper der Venus bei Durchgängen durch die Sonuenscheibe umhüllender Ring, den man Atmosphäre der Venus nennen würde, wenn er sich nicht auf bedeutend größere Entfernungen von ihrer Oberfläche erstreckte, als sich, andern Beobachtungen zufolge, die Atmosphäre der Venus zu erstrecken scheint, und über dessen Entstehung sich baher nichts Gewisses sagen läßt. Die andre Erscheinung besteht darin, daß man zuweilen die ganze unerlcuchtete Seite der Venus erkennt, und daß diese sich zuweilen m aschgrauem, zuweilen in röthlichem Lichte zeigt. Dieses, von mehrer» Beobachtern wahrgcnommene Phänomen gleicht der Erscheinung, welche die Nachtseite des Mondeuns darblttet; aber bei diesem wissen wir, daß die Erde die nächtliche Erleuchtung bewirkt, statt daß uns kein Körper bekannt ist, der die Nachte der Venus so erheblich erhellen könnte. Ein Natur - Ereignrß, unsern Nordlichtern gleich, könnte uns indeß gar wohl die Nachtseite kenntlich genug erleuchtet zeigen. Am Mercurius hat man etwas Achnliche» nie bemerkt; aber einmal sah Schröter, beim Vorübcrgange desselben vor der Sonne, auf ihm einen matt erleuchteten Fleck, der also gleichfalls eine Licht - Erscheinung in der Nachtseite, wenn auch auf eine kleine Gegend beschränkt, seyn mußte.

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Pier und dreißig st «Vorlesung.

Sie Beobachtungen bet Planeren MarS, mit welchen ich Sie, m. h. H., heute unterhalten werde, bieten uns etwas mehr Defriedigung, als die bisher erzählten dar, und wenn gleich selbst hier unsre Kenntnisse von den Eigenschaften dieses Planeten dürftig bleiben, so zeigen uns doch die Beobachtungen manche sehr auffallende Uebereinstimmung mit Erscheinungen auf der Erde. Der Mars, der nicht so sehr viel weiter, als die Erde, von der Tonne entfernt ist, scheint, unter allen Planeten, der Erde am ähnlichsten zu seyn, und wenn es gleich etwas gewagt ist, von dem Schnee auf dem Mars und von Wolkenzügen und Winden, die wir dort beobachten, zu reden, so geben doch die Beobachtungen UNS so nahen Anlaß zu Vergleichungen mit den eben erwähnten Gegenständen auf der Erde, daß man sehr zu der Meinung hmgezogen wird, auch dort sei Luft und Witterung ziemlich so, wie auf der Erde. Nicht bloß Herschel und S ch r t t e r haben dem Mars eine genauere Aufmerksamkeit geschenkt, sondern auch manche andre Beobachter, namentlich Harding, Gruithnisen, FlaugergueS, haben uns Beiträge zur Kenntniß dieses Planeten geliefert. Unter den Erscheinungen, auf welche sie aufmerksam machen, ist eine, die man leicht mit einem guten Fernrohre wahrnimmt, und die schon in den Jahren 1704 und i7»9-von Maraldi beobachtet ist, nämlich daß man um die Pole des MarS Helle Flecke bemerkt, die sich nach den Jahreszeiten des Mars allmählig anders zeigen, und ziemlich regelmäßige periodische Wechsel darbieten. Sie wissen schon, das der Mars zu seinem Umlaufe um die Sonne 1 Jahr und 322 Tage gebraucht, und da auch er eine Rotation hat, und seine, gegen die Dahn geneigte, Are, immer einerlei Lage behält, so müssen die Wechsel t^r Jahreszeiten eben so in einem Marsjahre «iederkehren, wie bei uns in einem

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unsrer Zähre. Die Stellung seiner Are ist aus Beobachtung seiner Flecken bekannt, und man weiß daher, daß zum Beispiel am 12. März 1313 die Sonne den Südpol des Mars zu bescheinen anfing, oder daß damals Frühlings-Anfang auf der südlichen Halbkugel des Mars war. Kurz nach diesem Zeit­ punkt« beobachteten FlaugergurS und Gruithuisen den MarS, beide sahen einen ungemein glänzenden Fleck um den erst seit Kurzem dem Sonnenlichte ausgesehten Südpol, und beide beobachteten übereinstimmend, daß dieser Fleck sich allmählig verkleinerte. Flaugergues konnte ihn im September gar nicht mehr unterscheiden, Gruithuisen sah ihn selbst im Oktober noch, wo er am kleinsten war, und nach des Lehteren Beobachtungen hatte er sich im April 1314 schon wieder ungemein vergrößert. Wenn Sie nun überlegen, daß die Zeit vom 31. März 1313 bis zum 27. Mai in jenen Gegenden ungefähr mit unserm April, die Zeit vom 27. Mat bis 24. Zuli mit unserm Mai, die Zeit vom 24. Zuli bis 19. September mit unserm Zuni, vom 19. September bis 15. November mit unserm Juli, vom 15. November bis 11. Januar 1314 mit unserm August, vom 11. Januar bis 9. März mit unserm September übereinstimmte, so war der Fleck in der Jahreszeit am kleinsten, die unserm heißesten Sommermonate entspricht, und fing sogleich wieder an größer zu werden, als die Herbstnachtgleiche vorbei war. Eine ähnliche Uebereinstim­ mung dieser Erscheinung mit der Jahreszeit haben Schröter und andre in frühern Jahren, namentlich 1733 und 1793, bemerkt, und auch der Nordpol des MarS hat zu andern Zeiten dieselbe Erscheinung dargeboten. Namentlich haben Gruithuisen und Raschig im Anfänge des Jahres 1322 den Nordpol auf ähnliche Weise vorzüglich glänzend gesehen, zu einer Zeit, die kurz nach Anfang des Frühlings der nörd­ lichen Halbkugel fällt. Diese wiederholt beobachtete Uebereinstimmnng ist so auf­ fallend, daß man in der That Grund hat, jene hellen Polar­ flecke Schneeflecke zu nennen, und zu sagen, daß sich bald nach der Herbstnachtglei«,e diejenige Polargegend, welcher die Sonne niedrig steht, mit Schnee bedeckt, daß diese Bedeckung,

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welche un« die Polargegenden mit sehr erhthetem Glanze zeigt, nach dem Eintritte de« Frühling« zu verschwinden anfängt, grade in dem Monate, der dem höchsten Stande der Sonne folgt, am meisten vermindert ist, und sich — vielleicht nicht alle Zahre gleich, aber doch im Allgemeinen — mit großer Regel­ mäßigkeit, kurz nach der Herbstnachtgleiche wieder erneuert. Da nach der Herbstnachtgleiche der Pol fortwährend in der Nachtseite ist, so können wir «ährend de« Winters nur die gegen die gemäßigte Zone zu liegenden Gegenden wahrneh­ men, und diese waren e«, welche Gruithuisen im April I814 mit jenem Glanz« überdeckt sand. Uebrigen« bemerkt Herschel, daß der im Zahre 1733 beobachtete Nordpolar­ fieck seinen Mittelpunkt etwa 13 Grade vom Pole entfernt halte, statt daß der Mittelpunkt de« Südpolarflecks dem Pole sehr nahe lag. Wenn sich da« bei dem jährlichen Wiedererscheinrn beider Flecke immer so fände, so ließe sich daraus ein Schluß auf dir ungleiche Beschaffenheit einzelner Gegenden in den Polarzonen hrrleiten. Wir können zwar nicht ganz sicher entscheiden, ob diese glänzende Bedeckung, die an Weiße wohl sicher dem Schnee gleich kommen mag, auf der Oberfläche des Mars selbst ist, oder ob- r« nur Veränderungen in seiner Atmosphäre sind: aber glaublicher ist doch da« erstere, da di« sehr gleichförmig fort­ währende Erscheinung eher dafür, als für atmosphärische Wechsel, zu sprechen scheint. Ob wir aber sonst von Ungleichheiten auf der Oberfläche de< Mar« selbst etwa« erkennen, ist sehr unge­ wiß. Die übrigen Flecke, di« von Herschel und Schröter beobachtet wurden, zeigten sich so veränderlich, daß sie nur den Wolken - Erscheinungen in unsrer Atmosphäre ähnlich zu seyn schienen. KunowSki hat sie zwar konstanter gefunden, aber da auch Gruithuisen die Aehnlichkeit mit Gewilken anzu­ erkennen scheint, so werden noch erst mehr Beobachtungen sich veremlgen müssen, um un« zu der Meinung, r« zeige sich un« darin etwa« andre«, zu bewegen. Gruithuisen glaubt indeß einen Unterschied zwischen einem rithlichen und grauen Gewölk zu bemerken, und vermuthet, jtnt« erhalte durch den Glanz des festen Lande«, diese« durch da« mattere reflectirte

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Licht deS Meeres die ungleiche Färbung; —- eine Meinung, die zwar schwer zu prüfen ist, da das Wiederertennen der Gren­ zen beider Arten von Färbung schwierig seyn mag, die aber unS eine angenehme Aussicht zur genauern Kenntniß des Mars eröffnet, wenn sie sich bestätigen sollte. Schröters und Herschels Meinung ging entschieden dahin, daß die auf der übrigen Fläche des Mars sichtbaren Flecke viel zu veränderlich wären, um für etwas anders, als für Wolken ähnliche Erschei­ nung, gehalten zu werden. Zm Allgemeinen finden sie sich unregelmäßig über die Oberfläche des Mars verbreitet, aber manchmal haben sie doch eine dem Aequator des Mars paral» lele Richtung, und bilden ziemlich regelmäßige, wenn gleich nicht ununterbrochene Gürtel um den Mars. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß auch unsre Erde zu gewissen Zeiten ziem­ lich eben so mir Wolkenstreifen, die sich unter demselben Paral­ lelkreise weit fort erstrecken, umgeben seyn mag; denn der trübe Himmel im November scheint wohl allen Ländern, die mir uns unter einerlei Breite liegen, ziemlich auf gleiche Weise eigen zu seyn. Bei einigen dieser Streifen, die im Allgemeinen der täg­ lichen Bewegung des MarS um seine Axe folgen, bemerkte Schröter Abweichungen von der aus andern Beobachtungen hergeleiteten Umdrehungsperiode. Er vergleicht diese eigen­ thümliche Bewegung, mit welcher dre Wolken auf dem MarS über der Oberfläche desselben fortgeführt werden, mit der Bewe­ gung, die unsern Wolken durch den Wind ertheilt wird. Schröter erwähnt einen solchen, nahe am Aequator deS MarS beobachteten Wolkensirerfen, der mit eigenthümlicher Bewegung von Nordwest nach Südost fortrückte; und in der Stunde etwa 3 Merlen, also in der Secunde 20 Fuß zurück­ legte, welches mit der Geschwindigkeit eines frischen, lebhaf­ ten Windes auf der Erde recht wohl überetnstrmmt. Indeß, da wir die Bewegung der Woltenmassen im Großen, selbst auf der Erde, noch Nicht genau kennen, da wir nicht wissen, ob die Wolkendecke, die heute bei uns den Himmel überzreht, sich nach bestimmten Gesetzen vergrößert, oder nach bestimm­ ten Gesehen und ziemlich eben die Ausdehnung behaltend, wer-

Vier uiib dreißigste Vorlesung.

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ter fortrückt, ob derselbe Wind, welcher bei uns die Wolken treibt, über so große Gegenden, daß man es vom Mars auS beobachten könnte, derselbe ist: so können wir wohl nicht genau sagen, wie fern jene Deobachtung dem entsprechend ist, was auf der Erde statt findet. Angenehm wäre es, wenn die den Mars beobachtenden Astronomen ihre Aufmerksamkeit dar» auf richten wollte», ob eine Uebereinstimmung zwischen den stärker» oder schwächer« Bewölkungen und den JahrSzetken de« Mar« zu bemerken wäre; denn da uns, der Unvollkommen­ heit unsrer terrestrischen Meteorologie ungeachtet, hierüber doch Einige« auf der Erde bekannt ist, so ließe sich die Frage, ob sich barm Ähnlichkeiten zeigten, wohl eher beantworten. Daß diese Fleckenbeobachtungen un« nicht bloß die Rota» tionszeit de« Mars, sondern auch die Lage seiner Axe kennen gelehrt haben, übersehen Sie schon au« dem oben Angeführ» ten; — nach Herschel« und Schröter« Meinung ist bei­ des mit ziemlicher Genauigkeit bestimmt. Nach diesen Beob­ achtungen liegt der Nordpolarstern de« Mar« im Schwänze des Schwane«, und da seine Axe sich mehr al« die der Erde von der rechtwinklichen Lage gegen die Ebne der Dahn entfernt, so dürfen wir auf einen dort größer« Wechsel der Jahreszeiten, als bei un«, schließen. Die Schiefe der Ekliptik beträgt dort »84 Grad, und es muß daher die Zone, welche bei un« die heiße Zone heißt, 57 Grade einnehmen, jede Polarzone muß 284 Grad vom Pole sich erstrecken, und für jede gemäßigte Zone bleibt daher ein Streifen, zehn Grade schmäler als auf der Erde, übrig. Die langsame UmdrehungSben egung des Mar« läßt nicht vermuthen, daß er erheblich von der Kugelform abweichen könnte, und Schröter fand auch die Axe nicht einmal um es kleiner, al« den Aequatoreal-Durchmesser, oder war viel­ mehr unsicher, ob man überhaupt einen Unterschied wahrneh­ men könne. Desto unerwarteter war es, daß Herschel bet wiederholten Messungen eine Abplattung, die T*3 betragen sollte, gefunden hatte. Diese ungleiche Bestimmung hatte etwa« höchst Auffallende«, und erst neuerlich hat Har ding durch eine Deobachtung, die gleichfalls den Mars stark abgeplattet

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Vier und dreißigste Vorlesung,

zeigte, den Grund dieser Ungleichheit einigermaßen nachgewie­ sen. Gewiß war es nämlich, und Harding kann dieß, als Augenzeuge und Theilnehmer an den Sch röterschen Beob­ achtungen am besten bestätigen, daß zur Zeit der Schröterschen Beobachtung keine Abplattung zu bemerken war; Harding hat sich auch davon sonst noch oft überzeugt; aber am 28- März 1324 sah er den Planeten ganz so abgeplattet, wie Herschel ihn angiebt. Zu dieser Zeit, einige Zeit vor der Nachtgleiche, zeigten sich an beiden Polen kleine Helle F. ckchen, aber zugleich war um den Aequator der Rand an beiden Sei­ ten so ungewöhnlich glänzend, baß dieses starke Licht eine scheinbare Vergrößerung deö Aequatoreal- Durchmessers bewir­ ken mochte. Wenn ich die Angaben richtig verstehe, so war am Aequator an beiden Rändern ein, gegen die gemäßigte Zone allmählig matter werdendes glänzendes Licht; die Polar­ zone stellte sich dem Auge wegen ihrer Helligkeit als über den kreisförmigen Rand hervorspringend dar, und brachte eben deßhalb, weil man hier den Rand nach Maaßgabe der benach­ barten Gegenden richtlg schätzte, an dieser Stelle nicht die Täuschung hervor, als ob der Durchmesser größer wäre; am Aequator aber, von wo der Helle Rand allmählig verwaschen gegen die gemäßigten Zonen fortging, bewirkte die Irradia­ tion die volle Täuschung, wodurch man denAequatoreal-Durch­ messer zu groß angab. Die Beobachtungen des Mars müssen, wenn man seine Oberfläche am besten zu sehen wünscht, um die Zeit der Oppo­ sition angestellt werden. Dann ist er nicht nur unS weit näher, sondern wir sehen dann auch seine ganze erleuchtete Oberfläche, statt daß er uns, wenn er bei Sonnen-Aufgang oder Sonnen-Untergang im Meridian erscheint, einen Theil seiner dunkeln Seite zuwendet, und unS deßhalb, etwa so, wie der Mond kurz nach dem Vollmonde, nicht ganz rund erschei­ nen kann. Zst der Mars im Anfang deSJuni oder im Anfang des December in Opposition, so sehen wir beide Pole im Rande der Marsscheibe. —

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*

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Vier und dreißigste Vorlesung.

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Diese drei Planeten sind nebst dem Jupiter und Saturn seit den ältesten Zeiten bekannt gewesen, und in Jahrtausen­ den war kein neuer Planet entdeckt. Selbst die Hoffnung, durch Hülfe der Frrnrihrr neue Planeten zu entdecken, schien ziemlich geringe, da man nur bei starken Vergrößerungen einen dem bloßen Auge unsichtbaren Planeten von Fixsternen zu un­ terscheiden hoffen konnte, und mit diesen alle Gegenden de« Thiertrrise« durchzumustern schwierig war, in Ermangelung so starker Vergrößerungen aber ein Planet nur durch feine Bewe­ gung erkannt werden kann. Daß Herschel den Gedanken faßte und auSsührte, mit starker Vergrößerung den Himmel zu durchsuchen, um zu sehen, ob e< nicht noch mehr Planeten gebe, werde ich bei der Entdeckung de« Uranus erwähnen, und dagegen hier «»geben, wie die Planeten entdeckt sind, die zwi­ schen dem MarS und Jupiter ihre Dahnen haben. Schon lang« vor der Entdeckung dieser Planeten hatte besonder« Bode darauf aufmerksam gemacht, daß der Abstand zwischen den Dahnen de< Mars und Jupiter größer sei, al« man nach Maaßgabe der übrigen Zwischenräume erwarten konnte, und daß also hier wohl noch rin unbekannter Planet feine Dahn haben könne. Al- daher im April 1301 in Deutschland die Nachricht bekannt wurde, daß Piazzi einen Cometen ohne Nebelhülle entdeckt habe, der, anfangs rück­ läufig, eine rechtläufige Bewegung annahm, al« er 56 Grad« von der Opposition entfernt war, so vermuthete man sogleich, brr neu entdeckte Körper möge der hier vermißte Planet seyn, der ungefähr so weit von der Opposition stillstehend erscheinen mußte. Auf eben den Gedanken waren unterdeß auch Piazzt und Oriani gekommen. Piazzi hatte diesen Stern, der sich von Fixsternen nicht merklich unterschied, am 1. Jan. igoi beobachtet, und am folgenden Abend bemerkt, daß er seine Stelle gegen die übrigen Sterne geändert habe. Dies« Beob­ achtung, welche den Stern al- «inen Planeten oder Cometen erkennen ließ, bewog Piazzi, seine Aufmerksamkeit fortge­ setzt auf ihn zu richten; aber am 11. Febr. unterbrach eine Krankheit die Beobachtungen; die Zeit, wo der Planet gese­ hen «erden konnte, ging unterdeß vorbei, und da andre Astro-

log

Vier und dreißigste Vorlesung.

nomen zu spät von dieser Entdeckung unterrichtet wurden, so kam es nun darauf an, im nächsten Winter, wenn der Planet wieder in hinreichendem Abstande von der Sonne gesehen wer­ den konnte, ihn wieder aufzufinden. Dieses war aber ohne Kenntniß der Dahn des Planeten nicht wohl möglich, und diese Dahn aus einer so kurzen DeobachtungSreihe abzuleiten, schien ebenfalls nach den bis dahin bekannten Methoden nicht ausführbar. Man konnte nämlich aus der kurzen Deobach­ tungSreihe wohl übersehen, daß eine Kreisbahn von einem 2| mal so großen Halbmesser, als die Erdbahn, den Beobach­ tungen entspreche; aber da eine genau kreisförmige Dahn gar nicht wahrscheinlich war, so konnte der Planet nach einem Zwischenraum von 10 oder n Monaten einen bedeutend andern Stand haben, als die Kreisbahn ergab, und die Schwierig­ keit, einen so kleinen Stern anfzufinden, wenn man seinen Ort nicht einmal bis auf einige Grade genau kannte, ließ besorgen, daß der Planet ganz wieder verloren gehen möchte. ES war daher von der größten Wichtigkeit, daß Gauß den Gedanken faßte, selbst eine so kurze DeobachtungSreihe, vor­ ausgesetzt, daß die Beobachtungen sehr genau wären, müsse hinreichen, um die Dahn ganz zu bestimmen, wenigstens genau genug, um den verloren geglaubten Planeten wieder aufzufinden. Er entdeckte eine Methode, um diese Bestimmung der Dahn leichter und genauer, als man es bis dahin aus Beob­ achtung eines so kleinen Theiles der Dahn konnte, zu berech­ nen, und gab, nachdem er sich von der vorzüglichen Genauig­ keit der Beobachtungen Prazzi'S überzeugt hatte, die wahre Dahn des Planeten, den Piazzi Ceres genannt hatte, an. Nach dieser Dahn waren btt Orte berechnet, wo der Planet im December igoi und Januar igo2 erscheinen mußte, und OlberS, der nach Angabe dieser Vorausberechnung den Htmmel in der Gegend deS Planeren durchmusterte, entdeckte die Ceres am l. Zanuar 1302 zum zweiten Male. Er hatte nämlich an diesem Tage die kleinen Sterne um den Ort deS Planeten in eine Charte eingetragen, und da einer seinen Ort gegen die übrigen Sterne am 2. Zan. geändert hatte, so war

Vier und dreißigste Vorlesung.

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der Planet nun wieder aufgefundrn, und konnte leicht weiter verfolgt werden. *) Die Astronomen hatten sich, noch kaum mit diesem einen neuen Planeten recht bekannt gemacht, al« Olbrr« einen zweiten, den er Palla« nannte, entdeckte. Nachdem er näm» lich am 2g. März 1302 die Cere« beobachtet hatte, und die Sterne in der benachbarten Gegend sorgfältig beobachtete, um die Cere« desto leichter unter ihnen wieder zu erkennen, bemerkte er fast genau an eben der Stelle, wo er vor drei Mona» ten die Lere« fand, einen Stern siebenter Größe, der sich damal« an dieser Stelle, nahe bei zwei bekannten Sternen, nicht befunden hatte. Schon an diesem Abend zeigten drei» stündige Beobachtungen mit dem Mikrometer, daß der neue Stern ein wenig forteücke, am folgenden Abend hatte.er seine Stelle um 20 Minuten verändert; — e« war also ein zwei­ ter neuer Planet. Dieser Planet war erst drei Wochen beob­ achtet, al« Gauß schon mit großer Genauigkeit seine Dahn bestimmte, und dadurch die, durch alle folgende Beobachtung bestätigte, Behauptung, daß dieser Planet fast eben die Um« laustzeit wie die Cere« habe, aber in einer mehr elliptischen und mehr gegen die Ekliptik geneigten Dahn sich bewege, schon völlig außer Zweifel setzte. Diese analytisch-geometrische Ent» deckung, daß man au« einem so kleinen beobachteten Dogen die Dahn bestimmen könne, setzte di« Astronomen und Mathe» matiker fast noch mehr in Erstaunen, al« die Entdeckung der neuen Himmelskörper selbst, und man erkannte e« mit Bewun­ derung, daß Deutschland in Gauß einen Mathematiker be­ sitze, der mit Laplaee und Lagrange einen gleichen Rang einnehme. Auf ganz ähnliche Weise, wie Piazzi, entdeckte Har» ding am 1. Sept. 1304 btn dritten neuen Planeten, Zuno, indem er bet einer Revision der am 1. Sept, in seine Charte eingetragnen Sterne, am 4. Sept, den einen nicht wieder *) Bon Aach hatte schon im December bei der Durchsuchung die­ ser Gegend «inen Stern gesehen, der nachher al« Ceres erkannt wurde; aber dunkler Himmel hindert« ihn, seine Entdeckung zu vollenden.

IIO

Vier und dreißigste Vorlesung.

fand, sondern ihn an einer andern Stelle bemerkte, und sich nun von der eignen Bewegung desselben welter überzeugte. Und endlich fügte eine neue von Olbers gemachte Entdeckung noch den vierten Planeten, Vesta, zu diesen hinzu. Die Entdeckung dieses letzten war kein Zufall, sondern da die Bah« nrn der drei schon bekannten Planetchen Olbers zu der Ver­ muthung führten, daß diese Körper, wenn es ihrer noch meh­ rere, in ziemlich gleichen Dahnen laufend, gebe, wohl alle durch den nordwestlichen Theil der Jungfrau gehen möchten, so beobachtete er diese Gegend oft und sorgfältig, und fand, bei einer solchen Durchmusterung des nördlichen Flügels der Jungfrau am 29. März 1507, einen unbekannten Stern sechs­ ter Größe, der sonst dort nicht gestanden hatte; er hielt ihn sogleich für einen neuen Planeten, und überzeugte sich, durch die eigne Bewegung desselben, daß er sich nicht geirrt habe. Alle diese vier Planeten laufen in Dahnen, die nicht sehr weit von einander liegen, um die Sonne; und obgleich die Vesta «inen erheblich geringern Abstand al« dir übrigen hat, und deshalb ihre Umläufe schneller vollendet, so kann man doch den Gedanken an einen gemeinschaftlichen Ursprung dieser Planeten nicht ganz unangemessen finden. Was die Dahnen der Ceres und Pallas betrifft, so ist eS höchst merkwürdig, daß diese sich in einem Punkte, nämlich da, wo die PallaS von der Nordseite der Ceresbahn auf dieSüdseite übergeht, einander sehr nahe sind, und sich wahrscheinlich ehemals durch­ schnitten haben, und auch künftig einmal, wegen der Aende­ rung der Lage der Sonnenferne, sich wieder schneiden werden. Zn Rücksicht auf di« Zukunft ist dieser Umstand für die unge­ störte Bewegung beider Planeten von keinem Einfluß, indem die Planeten in alle» andern Punkten ihrer Dahn ungestört bei einander vorbei laufen können, und der Fall, daß ihre Ankunft ,n der Nähe jenes Durchschnittspunktes auf dieselbe Zeit träfe, durchaus unwahrscheinlich ist. Aber in Hinsicht auf die Vergangenheit führt dieser Durchschnittspunkt der Dahnen zu dem Gedanken, daß beide Planeten einmal, vielleicht vor Zahrtausrnden, gleichzeitig von diesem Punkte ausgrgangen sind, also vielleicht ihr Entstehen der Zersttrung eines größer»

Vier und dreißigste Vorlesung.

m

Planeten verdanken. Dieser Gedanke war es, der Olbers bewog, die Gegenden, wo jentr DjirchschnittSpunkt ungefähr liegt, genauer zu beobachten; denn wenn >ener größere Planet hier in mehrere Stücke zersprengt wurde, so müßten die Dahnen, obgleich sie durch Perturbationen unaufhörlich Aenderungen erleiden, doch hier ungefähr am nächsten zusammen kommen. Sie haben gesehen, daß Olber« die Vesta in der Gegend jenes «inen Knotens wirklich entdeckt«, und auch die Zuno wurde in der Himmelsgegend, die, als andrer Knoten, dieser entgegengesetzt ist, entdeckt; aber ob man jene Entstehung der vier zusammen gehörenden Planeten deshalb annehmen soll, bleibt dennoch unentschieden. Diese Planeten sind alle so klein, daß man auf ihrer Oberfläche nie viel entdecken wird; aber selbst über ihre wahre Größe war man lange zweifelhaft, da Schröter die schein, baren Durchmesser derselben viel größer fand, als Herschel. Nach Herschels bei dieser Gelegenheit angestellten Unter» suchungen über di« so leicht mögliche Täuschung, daß die Fern­ röhre uns den Durchmesser eines sehr kleinen glänzenden Gegen­ stände« zu groß angeben, kann man wohl nicht mehr zweifeln, daß Herschel im Wesentlichen Recht hat, und daß die Durch­ messer der vier neuen Planeten sehr klein sind. Herschel macht nämlich den Schluß, daß «in Planet, der mit scoitia» liger, und selbst mit gcomaliget Vergrößerung noch nicht ganz deutlich als Scheibe erscheint, gewiß nicht über Z Secunde scheinbaren Durchmesser habe, und schätzt den Durchmesser der Zuno höchsten« auf Secunden. Er bemerkt, daß man zwar bei schwächerer Vergrößerung schon den Planeten al« Scheibchen zu sehen glaube, aber da die Deutlichkeit der Erschei­ nung bei stärkerer Vergrößerung nicht regelmäßig zunehme, so sei dieß nur ein durch Irradiation, durch den lebhaften Eindruck de« starken Lichtes, hervorgebrachte« falsches Bild. Zu diesen Gründen H er sch el« fügt O lber- noch andre, photometrisch« Gründe für die Kleinheit dieser Planeten. Olber« findet nämlich au« der Vergleichung der Lichtstärke de« Uranus und der Ceres, daß die letztere höchsten« t65 Secunden im Durch­ messer haben könne, wenn man annimmt, daß beide da« Licht

112

Vier und dreiß igste Vorlesung,

gleich gut zurückwerfen. Pallas ist noch kleiner. Nach diesen Bestimmungen ist der Durchmesser der CrreS (nach Herschel) 35 Meilen, der Durchmesser de< Pallas zwischen 35 und 30 Meilen, Zuno etwa eben so groß, und Vesta hat selbst nach Schröter- Beobachtungen einen sehr kleinen Durchmesser. Hiernach könnten mir keinem dieser Planeten einen Durchmesser, der auch nur | des Monddurchmesser« betrüge, beilegen, und die körperliche Größe eines dieser Planeten würde kaum mehr als einige Tausendtel der Größe drS Monde­ betragen. Unter diesen kleinen Planeten zeichnet Vesta sich durch ein ungemein glänzendes Licht aus, so baß Schröter nicht abgeneigt ist, ihr ein eigenthümliche-, nicht bloß von Erleuch­ tung durch dir Sonne hervorgehendes Licht beizulegen. Ceres und Pallas zeigen einen veränderlichen Glanz, und scheinen Atmosphären um sich zu haben, die sehr ausgedehnt sind, und uns bald mehr bald minder die festen Körper dieser Planeten verhüllen. Zn dieser Atmosphäre scheinen bald Aufheiterungen, bald Verdichtungen statt zu sinden, und daher der oft schnelle Wechsel der Erscheinungen zu entstehen. Sie zeigen sich nämlich zuweilen mit trübem, neblichem Lichte, zuweilen heitrer aber kleiner, vermuthlich dann, wenn der Nebel weniger Licht zurückwirft, und uns die Körper der Planeten selbst sehen läßt. Zuno scheint mit weniger Nebel umgeben zu seyn, zeigt aber dennoch gleichfalls Lichtwechsel. Die große Verschiedenheit, welche zwischen den ältern Planeten und den beiden ersten dieser neu entdeckten Planeten statt zu finden schien, veranlaßte Herschel, diese mit dem besondern Namen, Asteroiden, zu belegen; aber obgleich allerdings die Dahn der Palla- viel elliptischer und mehr gegen die Ecliptik geneigt ist, al- di« irgend eine- andern Planeten, so liegt doch weder darin, noch in dem etwas neblichen Ansehn der Ceres und Palla-, ein Grund, um einen neuen Namen einzuführen, und da- jetzt um so weniger, da die Vesta sich den übrigen Planeten viel ähnlicher zeigt, und doch offenbar mit Ceres und Palla- in eine Classe gehört.

36nf nnb dreißigste Vorlesung.

ii3

Fünf und dreißigste Vorlesung.

Der Plane«, m. h. H., ju dessen Beobachtung ich Sie jetzt hinüberführe, bietet schon bei einer oberflächlichen, durch Fern­ röhre angestellten Beobachtung, eine:« so unterhaltenden Anblick

dar, daß ich nicht unterlassen darf. Sie zur eignen Beobach­ tung desselben

anfzufordern.

mit mittelmäßigen auf ihm

Nicht nur nimmt

Fernrihren

»vahr, soadern,

ungleich

man schon

erleuchtete Streifen

ganz vorzüglich unterhaltend und

belehrend wird die Beobachtung de« Jupiter dadurch, daß

die schnell sich ändernde gegenseitige Stellung seiner vier Monde un< in

wenigen

Stunden Bewegungen der

wahrnehmen läßt.

Himmelskörper

Dies« Monde vollenden ihr» Umläufe ziem­

lich schnell, und man sieht daher in sehr kurzer Zeit, wie einer oder der

andre sich vom Hauptplaneten entfernt,

andern Monde vorbei rückt,

bei dem

vom Schatten de« Jupiter ver­

finstert wird, oder vor dem Planeten vorbeigehend, nicht nur

selbst un« aus der Scheibe de« Planeten erscheint, sondern

auch

einen

un« mit bessern Instrumenten deutlich kenntlichen

Schatten wirft.

Zn Hinsicht aus diese Veränderungen ist der

Zuptter nächst dem Monde derjenige Gegenstand,

einem

der sich

nur gelegentlich beobachtenden Freunde der Astronomie

vorzüglich empfiehlt.

Aber so schön sich der Zupiter dem ersten Blicke durch ein gute« Fernrohr zeigt,

so schwierig ist e« dennoch, au« dem,

wa« sich un« auf seiner Oberfläche darbtet«, sichre Schlüsse über die eigentliche Beschaffenheit diese« Planeten zu ziehen.

Die grauen Streifen,

die man, al« über di« ganze Scheibe

de« Zupiter fortgehend, sehr leicht wahrnimmt, sind meisten«

so gleichförmig, daß e« schon au«gezeichnet gut« Instrumente fordert, um solche Verschiedenheiten in dem Lichte der einzelne»

Gegenden de« einen oder andern Streifen« zu entverken, daß man dl« Rotation«peri»d« de« Zupiter darau« »bleiten könnte.

Brande« Bert. 3. LH.

8

114

Fünf und b r c i p i 9 st c Vorlesung.

Zn den meisten Fällen stehl man diese parallelen grauen Streifen, zwischen denen ein hellerer Streifen liegt, und die von den helleren, nach den Polen zu liegenden Gegenden, ebenfalls deutlich abgeschnitten erscheinen, so gleichförmig über den ganzen Planeten sortgezogen, daß man keinen kennilichen Punkt in ihnen wahrnehmen kann, und es entweder den mit stärkeren Instrumenten ausgerüsteten Beobachtern überlassen, oder eine vorzüglich günstige Zeit abwarten muß, um die Um­ drehungszeit zu bestimmen. Solche günstige Zeitpunkte giebt e« zuweilen. Schröter zum Beispiel erwähnt einen Zeit­ punkt, wo einer jener Streifen sich nicht durch die ganz« Scheibe des Jupiter erstreckte, sondern sich so wie Tab. VII. Fig. 5. zeigt, plötzlich endigte, und da mußte es leicht seyn, die Rotation zu sehen. Ein eben so günstig sich auszeichnender Gegenstand mußte der von Cassini beobachtete Fleck seyn, welchen man öfter wiederkehren sah, und aus dessen Erschei­ nungen man schon im Jahr 1665 die Rotationszeit bestimmte. Aus diesen und ähnlichen Beobachtungen kennt man die Lage der Axe de- Jupiter, und weiß, daß die Streifen seinem Aequator parallel sind, was auch daraus erhellt, daß man sie während der ganzen Umdrehungszeit immer eben die Stelle auf dem Jupiter «innehmen sieht. Diesem Aequator fast parallel sind auch die Dahnen der Monde, und da wir un­ immer nahe an der Ebne des Jupiters-Aequators befinden, welcher wenig gegen die Erdbahn geneigt ist, so scheinen di« Monde beinahe in einer mit den Streifen parallel laufenden Linie hin und her zu gehen, sich bald dem Hauptplaneten zu nähern, vor ihm oder hinter ihm vorbei zu gehen, sich auf der andern Seile zu entfernen, zurückkrhrrnd wieder zu ihm zu kommen und so weiter. Die Monde sind deshalb in den meisten Fällen leicht von Fixsternen zu unterscheiden, weil sie beinahe genau in einer geraden Linie stehen. Die schnelle Umdrehung des Jupiter, die, bei der sehr ansehnlichen Größe dieses Planeten, auf seinem Aequator eine sehr große Schwungkraft hervorbringen muß, ist Ursache der starken Abplattung, di« ich schon früher erwähnt habe; und schon daran, daß der größt« Durchmesser mit d«r Richtung

Fünf und dreißigste Vorlesung.

115

der Streifen übereinstimmt, kann man erkennen, daß diese mit der Richtung de« Aequators parallel sind. Dieser Umstand, daß die Streifen vollständige Gürtel um den ganzen Planeten bclden, kann uns bei der Frag«, Wa­ ste ihrer eigentlichen Natur nach seyn mögen, emigermaaßcn leiten, obgleich freilich auch nur so fern, als wir uns an ähnliche Erscheinungen auf der Erbe halten. Weber unsre Länder noch Meere, nicht die Bergketten auf der Erde, ja ni«*t einmal die Afrikanischen Wüsten, die noch am meisten als durch Parallelkretse begrenzt angegeben werben könnten, stellen solch« Gürtel um die ganze Erde dar; aber da- die Wolkendecken zu gewissen Jahreszeiten gar wohl solche, wenn auch nicht gerade ganz ununterbrochene, doch wenigstens dem Erd-Aequator parallel« Gürtel bilden mögen, habe ich schon neulich erwähnt. Auch auf dem Mars kommen ähnlicbe atmo­ sphärische Streifen, aber, so wie auf der Erde, unterbrochen und veränderlich, vor, und so mögen auch die Zupitersstrrifen atmosphärische Erscheinungen seyn. Merkwürdig ist es, daß diese Wolkenstreifen auf dem Jupiter so sehr konstant find, statt daß sich auf der Erde und dem Maes nur veränderliche und unvollkommene Wolkrnzonen bilden, und Venus und Mercurius nur schwache Spuren ähnlicher Streifen zeigen. Man kann hieran vielleicht nicht ganz mit Unrecht die Vermuthung knüpfen, daß auf den der Sonne näheren Planeten keine einzelne Jahreszeit Dauer genug besitze, um einen recht bestimmten Charakter zu erhalten, und daß di« lang« Dauer eines Jahres auf dem Jupiter keinen so schnellen Wechsel der Erscheinungen, wie bei uns, julaffr. Dabei ist nun auch da« noch zu bemerken, daß auf dem Jupiter überhaupt nur «ine gering« Ungleichheit der Tages­ länge und der Mittagshöhe der Sonne an einem bestimmten Orte statt finden kann; denn da di« Axe de« Jupiter beinah« senkrecht auf seiner Dahn ist, oder, nach unsrer Art zu reden, die Schiefe der Ekliptik nur wenig« Grabe beträgt, so giebt e« um jeden Pol nur eine sehr kleine Polarzone, welcher zu gewissen Zeiten die Sonn« mehrere Tage lang nicht aufgeht über nicht untergeht, und auch dir Zone, wo die Sonne bis

Il6

Fünf und dreißigste Vorlesung.

zum Zenith hinaufsteigt, ist nur schmal. An einem bestimmttn Orte der Oberfläche deS Jupiter sind die Tage also im Laufe eine« ganzen Jahre« wenig ungleich, und t« ist wohl möglich, daß sich dadurch eine regelmäßig bestimmte, jedem Parallelkreise eigenthümliche Witterung ergiebt, wie wir sie auf der Erde nicht kennen. Verhielte dieß sich wirklich so, dann ließe sich vielleicht au« der Vergleichung der Streifen de« Saturn mit den Streifen de« Jupiter noch etwa« mehr lernen; Saturn hat erhebliche Veränderungen der Jahreszeiten, und wenn sich fände, daß auf ihm die Streifen zu verschiedenen Zeiten zu andern Parallelkreisen übergingen, statt daß sie im Jupiter ziemlich genau immer denselben Breiten auzugehören scheinen, so läge darin ein« Bestätigung de« eben gesagten. Schon die ältern Beobachter de« Jupiter, Cassini und M a r a l d i, kannten dies« Gürtel de« Jupiter, und er» kannten in ihnen dunkle Flecke, unter welchen besonder« einer an der Grenze de« südlichen Gürtel« einige Jahre lang sichtbar blieb und daher zur Kenntniß der Rotation führt«. Cassini fand auch schon, daß einige dieser Flecke di« Rotation-periode etwa« ander« ergaben, al« sie au« andern Beobachtungen bestimmt war, und daß also einige von ihnen eine eigen­ thümliche Bewegung über der Oberfläche de« Planeten haben mußten. Unter den neuern Beobachtern hat Schröter diesem Pla­ neten am meisten Aufmerksamkeit gewidmet. Zur Zeit seiner Beobachtungen war der Jupiter durch vier dunklere Streifen in Zonen zerlegt, unter welchen die zu beiden Seiten de« Aequator« liegenden Hellen Zonen am meisten glänzend waren. Die Polarzonrn und die Zone, in welcher sich der Aequator selbst befand, zeigten sich nicht ganz so hell; die in der Zeich­ nung (Fig.2.) dunkel dargestellt« Streifen aber zeichneten sich durch rin viel mattere«, gelbe«, bräunliche« Licht au«. Unter den dunkeln Streifen ist der nördlichste, der hier al« der unterste erscheint, dadurch merkwürdig, daß Schröter sein« Entstehung beobachtet hat. Ein klriner, streifenartig »»«gedehnter, grauer -leck, der sich anfang« hier zeigte, bildet«

Fünf und dreißigste Verlesung.

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sich, allmählig mehr, dem Aequator parallel aus, und bildete endlich einen schmalen grauen Streifen, der sich um mehr als die Hälfte der äkugel erstreckte; dieser Streifen war nach Verlauf eines Jahres noch zu sehen, fing aber endlich an dünner zu werden und sich in zwei Streifen zu zertheilen; er erhielt später, «ährend sich an seiner Nordsrtt« ein Heller Lichtstreif bildete, wieder ein dunkleres Ansehen und bestand so noch geraume Zeit. Der südlichste dunkle Streifen, der in der Zeichnung der obere ist, umfaßte zu der Zeit der Schrbterschen Beobachtungen nicht den ganzen Planeten, und da sein Endpunkt ziemlich genau unverrückt blieb, so konnt« die Beobachtung desselben zu Bestimmung der Rotationszeit dienen. Aber ganz genau entsprach diese Beobachtung nicht einer immer gleichen Rotationszeit, sondern die Periode des Umlaufs dieses Endpunkts war bald etwas länger, bald etwas kürzer, so wie es geschehen müßte, wenn dieser Wolkenstreif, zwar immer ziemlich nahe über denselben Gegenden stehend, doch zuweilen sich etwas östlicher, zuweilen westlicher fortge­ zogen hätte. Auffallende Veränderungen zeigte er selten, doch hatt« «r «inmal einen plötzlichen Zuwachs erhalten, der gegen «in Drittel des Jupiter umfaßte, so daß in kurzer Zeit «in« Trübung der Atmosphäre, wett ausgedehnt über einen mit dem Aequator parallelen Flächenraume, entstanden «ar, die aber bald wieder verschwand. Daß diese Aenderungen in der Atmosphäre des Planeten entstehen, scheint wohl ziemliche sicher zu seyn, ob wir aber in den glänzender» Streifen Wolkenbedeckungen sehen, wie Herschel glaubte, oder ob die grauen Streifen, nach Schrö­ ters Meinung, Wolken sind, statt daß sich uns in dem licht­ vollem Theile des Planeten seine feste Oberfläche zeigt, läßt sich nicht wohl entscheiden. Zur Beantwortung der Frage, ob dies« dunkeln Streifen immer denselben Theilen der Jupiters-Oberfläche entsprechen, hat Schröter wenigstens einige Beobachtungen geliefert. Die südlichere, vorzüglich glänzend« Zone erschien nämlich zuweilen breiter, zuweilen schmäler, so daß hier die Wolkensireiftn nicht ganz unveränderlich denselben Parallelkreisen angr-

ng

Fünf «nb dreißigste Vorlesung,

hörten, unb sich wohl burch tine Messung hätte entscheiden lassen, ob hier der graue Streifen sich über der Oberfläche b« Planeten fort bewegte, oder der glänzende. Die nörd­ liche Helle Zone zeigte keine Veränderungen der Breite, aber es wurden zuweilen in ihr einzelne Stellen von vorzüglich Hellem Lichte sichtbar, und einer dieser Hellen Flecke, der lange sichtbar blieb, kam immer nach y Stunden und 55 bis 56 Minuten zu seiner vorigen Stellung zurück, jedoch nicht so, daß man bis auf Secunden die Umbrehungszeit angeben konnte. Zn der ersten Hälfte des Decembers 1736 folgte aus 34 Rotationen dieses glänzenden F'ecks eine Periode von 9 Stunden 55 Minuten ig Secunden, während zu derselben Zeit das Ende des südlichen dunkeln Streifens eine zwischen 9 Stunden 54 Minuten 53 Secunden und 9 Stunden 55 Mi­ nuten 5 Secunden schwankende Periode angab. Bei 34 Ro­ tationen mußte also der Längen-Unterschied beider Gegenstände auf dem Jupiter sich um 6 Grade etwa geändert haben. Zn der zweiten Hälfte des Decembers vollendete der helle Fleck seinen Umlauf noch langsamer, in 9 Stunden 56 Minuten, statt daß das Ende des dunkeln Streifens in 9 Stunden 55 Minuten eine Rotation vollendete, und erst vom 15. December an erne langsamer» und ungemein langsame Bewegung annahm, indem die Periode desselben nach dieser Zeit 9 Stunden 56 Minuten 32 Secunden betrug. Cassini hatte die Rotations­ zeit 9 Stunden 55 Minuten 58 Secunden gefunden. Hier­ nach scheinen weder die hellen noch die dunkeln Gegenstände eine unverrückte Lage auf des Planeten Oberfläche zu behalten, und wofern die grauen Streifen Wolken sind, die hellsten Flecke aber am meisten frei von atmosphärischen Bedeckungen sind, würden wir sagen müssen, daß die Gegend, welche sich eines heitern Himmels erfreute, bald diese, bald jene, von der vorigen etwas abweichende Lage hatte. — Di» »den erwähnte helle Gegend hatt» etwa 500 Merlen im Durchmesser. Die Acquatorealzone und die Polarzonen waren nicht so glänzend, wie die eben erwähnten, sie erschienen mit kleinen grauen Strcrfchen, die alle dem Aequaror parallel liefen, schattirt. Diese Ttreifchen, die doch 50 Meilen breit, und

Fünf und dreißigste Vorlesung.

IIY

5co bis looo Meilen lang seyn mochten, verminderten bald auffallender falb weniger den Glanz dieser Zcnen. Alle diese Erscheinungen deuten also auf einen mit dem Aequator parallelen Luftzug hin, auf einen Wind, der uns an den beständigen Ostwind unsrer heißen Zone und an den au# einer ähnlichen Ursache entstehenden FrühlingS-Ostwind in den Gegenden, welche wir bewohnen, erinnert. Und merkwürdig ist es wenigstens, daß die Jahreszeiten, welche die am wenig­ sten veränderliche Witterung haben, stch bei uns durch eben den Ostwind auSzeichnen, der auf dem Jupiter, bei sehr wenig veränderlicher Witterung, vielleicht immer wehen könnte. Als ungewöhnliche Erscheinungen führt Schröter noch dunkle Flecke au, die in einem bestimmten Parallelkreise, nämlich da beobachtet wurden, wo tu » d (Fig. 5.) der Aequatorealstretfe» an den südlichen dunkeln grenzt. Diese kleinen dunkeln Flecke waren rund, und ihre scheinbare Bewegung stimmte gar nicht mit der UmdrehungSprriode überein, ihre kurze Dauer erlaubte zwar keine sehr genaue Bestimmung, aber ihr« Bewegung war so schnell, daß fir in 7 bis g Stunden einen Umlauf vollenden mußten, und eben das ergab sich aus den Beobachtungen, wo die ziemlich regelmäßige Wieder-Er­ scheinung ähnlicher Flecke mit einiger Wahrscheinlichkeit anneh­ men ließ, daß derselbe Fleck noch mehrere Umläufe vollendet habe. Andere zugleich sichtbare Flecke befolgten unterdeß >ie bekannte Rotation-periode, und jtnt Fleck« mußten also Itegenstände seyn, die gooo bis iooco Fuß in 1 Secunde auf vier über der Oberfläche des Planeten durchliefen. Ueber ih'e Natur läßt sich keine Muthmaßung wagen; — wären sie beständig dauemd, so könnte man an Monde, viel näher, als die übrigen, an der Oberfläche des Planeten, denken. 2aS ist ungefähr alles, «aS ich Ihnen über diesen Pla­ neten mittheilen kann, indem neuere Beobachter nichts Wesent­ liche- zu diesen Entdeckungen hinzugrfügt haben. Dl« merk­ lich« Abnahme de« Lichte- gegen den Rand de< Jupiter, welche sich scheu bei ziemlich oberflächlicher Beobachtung wahrnrhmen läßt,» scheint etNep. Beweis zu geben, daß die feste Oberfläche doch am meisten beiträgt, um den Hellen Glanz des Jupiter

120

Fünf und dreißigste Vorlesung.

zu verstärken. Die Gegenden, welche an« im Rande erscheinen, sehen zu gleicher Zeit auch die Sonne nah« am Horizont, weil die uns zugekehrte Seite beinahe auch gegen die Sonne gewandt ist, und die matt« Erleuchtung dieser Klächemhrile, welche aller Wahrscheinlichkeit nach ein durch die Jupiter«« Atmosphäre sehr geschwächte« Licht erhalten, wirb un«, indem wir den Rand de« Jupiter betrachten, merklich. Man bemerkt diese« am Rande schwächere Licht überhaupt leicht, aber erkennt den Unterschied auch daran besonder«, daß rin vor dem Jupiter vorbeigrhender Jupiter-mond sich glänzender in Vergleichung gegen den Planeten zeigt, so lange er dem Rande nahe ist. Noch eine Erscheinung muß ich erwähnen, die aus ungleiche Strahlenbrechung in der Atmosphäre de« Jupiter hindeuttt; und diese an sich vielleicht wenig merkwürdige Beobachtung wag Ihnen al« Dewei« dienen, wie manche Kragen, die sehr schwierig scheinen, doch durch sorgsältige Beobachtungen wohl ihre Beantwortung finden könnten. Gchrbtrr beobachtete nämlich mehrmal« eine zwischen dem Aequator and dem Südpole liegende unregelmäßige Abstächung de« Rande«, dir nicht dem Planeten selbst eigen seyn konnte, weil sie keine«» Wege«, der Rotalivn-zeit angemessen, regelmäßig wirderkehrte. E- bleibt zwar ungewiß, ob wir sie au« ungleicher Strahlen­ brechung erklären dürfen; aber nach unsrer terrestrischen Physik ist e« wenigsten« denkbar, daß in der Gegend, wo der Rand sich abgeflächter al« der ätrri« zeigte, eine schwächere Brechung der Strahlen in der Jupiter« > Atmosphäre statt fand. Nrhwe ich an, an dieser Stelle habe gar kein« Strahlenbrechung in der Atmosphäre B D statt gefunden, (Tab. VII. Fig. 4.) so kam von dirsey Stell« de« Rande« der Lichtstrahl so *i« B A zu un« und K A B war hier der scheinbare Halbmisser, statt daß bei dem gewöhnlichen Zustande der Jupiter«»Atmo­ sphäre der Lichtstrahl, so wie EDA gebrochen zu un« kömmt, und der scheinbar« Halbmesser de» Winkel K A D entstricht. War als» in den benachbarten Gegenden der natürliche Instand, so muß» da, «0 dir Refraktion sehr schwach wer, «in Stück der Scheib« zu fehlen, gleichsam abgeschnittrn zu seyn scheinen.

-Auf unb dreißigste Vorlesung.

131

Obgleich aber, wie Sie hier abermals übersehen, unsre Kenntnisse von bem, was auf bet Oberfläche anbrer Planeten

ben Phänomenen bet bork wirtenden

sich ereignet, unb von Naturkräfte, so

ungemein geringe sinb: so

sinnen wir boch

von einigen Erscheinungen, bie sich bort unserm Auge barbte»

ten würden, bestimmt eeben,

unb sie als ein Beispiel, wie

verschieden sich die Phänomene auf ben verschiedenen Plane­ ren zeigen, anführen.

Der Jupiter besitzt vier Monde, unb

diese müssen durch ihre schnell wechselnden Stellungen weit mehr

als es unser Mond thut, zur Kenntniß

selbst den gewöhnlichen Beobachter

der himmlischen Bewegungen hinsühren.

Auf

der Erde giebt es, namentlich unter ben Städtebewvhnern, die ben Himmel selten sehen können, unb daher auch alles Inter­ esse an ben himmlischen

Erscheinungen zu verlieren

pflegen,

viele, die nie beachtet haben, daß der Mond heute bei einem andern Sterne al» gestern steht; aber diese sogar würden wohl aufmerksam werben, wenn vier Monbe am Himmel stäuben, und der eine an dem

andern vorbei rückend,

nach wenigen

Stunden eine ganz andre Stellung einnähme. ist auf dem Jupiter der Fall.

Dieses aber

Der nächste seiner Monde ge­

braucht nur etwas mehr als vier Zupiterstage zu einem Umlauf um ben Jupiter, unb wenn er also einmal mit dem entfern­

testen der Monbe zugleich aufgeht, so hat er sich schon beim

Untergänge um mehr als 30 Trabe von

ihm entfernt,

unb

der schnelle Wechsel der Stellungen, ben wir schon aus unserm

entfernten Standpunkte mit Vergnügen beobachten, muß sich dort noch viel anziehender zeigen.

Daß diese Monde eben so bie Erscheinungen des wachsen­ den unb abnehmenden Mondes zeigen

müssen, wie wir sie

kennen, werden Sie leicht übersehen.

Stehen die Monde

nah« bei einander, so find sie in einerlei Phase;

der nächste unb der entfernteste an einem Abend

aber wenn

beide als

Vollmond aufgehen, so hat sich der nächste gegen bie Zeit sei­

nes Unterganges schon stark dem letzten viertel genähert, wäh­ rend der entferntere noch beinahe voll erscheint.

Und so können

alle vier Monde bald alle gleich, bald in ben verschiedensten Phasen zugleich am Himmel stehen.

122

Fünf und dreißigste Vorlesung.

Diese vier Mendt müssen, da sie vom Jupiter doch ziem­ lich groß erscheinen, vorzüglich wenn sie alle dem Dollmond nahe sind, eine starke nächtliche Erleuchtung auf dem Jupiter bewirken, statt daß dir Erleuchtung durch btt Sonne viel schwächer als bei uns seyn muß, da diese dort nur ungefähr 6 Minuten im scheinbaren Durchmesser hat, und nur etwa der Erleuchtung gewährt, welche sie uns schenkt. Daß diese Monde gewissen Gegenden de« Jupiter oft da« Phänomen der Sonnenfinsternisse zeigen, ist nicht allein an« der Stellung dieser Monde gewiß, sondern wir sehen e« auch sogar, wenn einer der Monde vor dem Jupiter vorbelgeht, indem dann sein Schatten auf dem Planeten deutlich «ahr­ genommen wird. Diese Sonnenfinsternisse «erden aber immer nur in sehr beschränkten Gegenden de« Jupiter sichtbar seyn können, und besonder« wenn der nächst« Mond sie hervor­ bringt, muß eine geringe Aenderung in dem Orte de« Beob­ achter« auf dir Erscheinung einen großen Einfluß habe», weil die Parallaxe aller Monde, vorzüglich aber die de« nächsten, sehr groß ist. Die so sehr oft eintretenden Verfinsterungen der Trabanten selbst, die. fast bei jeder Opposition durch den Schatten de« Jupiter gehen, werde ich schon bei einer andern Gelegenheit erwähnt haben. Diese Monde wurden sogleich, al« man die neu entdeck­ ten Fernrthre auf den Himmel richtete, von Galiläi und Simon Mariu«, entdeckt, und wirklich zeigen sie sich auch schon mit geringen Vergrößerungen sehr deutlich, und e« hat mehrere Menschen gegeben, welche sie mit bloßen Augen zu sehen glaubten. In stark vergrößernden Kernröhren zeigen sie sich al« kleine Scheibchen, und man hat daher auch ihre schein­ bar« und wahre Größe durch Hülfe der Mikrometer bestimmt, und kann da« hier um so leichter, da die Irradiation, durch «elche sonst da« Bild kleiner sehr Heller Gegenstände im Auge zu groß wird, dann ganz wegfällt, wenn dies« Mond« nahe an, o der sogar auf dem Jupiter selbst erscheinen. Diese Mes­ sung lder Monde selbst, di« Messung de« Schatten«, den sie auf denseit« des Jupi» ters gestanden hat, und nun wieder anfängt, fich der Sonne zu nähern. Um diese Zeit sehen wir beinahe noch genau die gegen den Hauptplaneten gekehrte Seite, die also bet diesem Monde dir hellste seyn muß. Dies« Gleichförmigkeit der Licht­ wechsel beobachtete Schrbtrr bei elf ganzen Umläufen des vierten Mondes; auch bet mehrer« Umläufen des dritten Mon­ des; und bei den beiden andern zeigten sie sich wenigstens sicher genug, um die Ueberzeugung zu geben, daß auch sie dem Planeten immer dieselbe Seit« zuwrnden. Die Lichtwechscl des vierten Monde«, der sich immer mit mildem, bläulichem Lichte zeigt, waren bei Schröters Beobachtungen so stark, daß er al- der hellste unter den vier Monden erschien, wenn er lenseils des Jupiter stand, und al« der dunkelste, wenn er fich diesseit« de« Jupiter befand, und rin wenig über di« Con­ function hinaus war. Bet dieser Schwäche seine« Lichte« zeigte er sich einmal, al« er vor dem Jupiter vorüber ging, so dunkel, daß er auf dem Planeten al« ein dunkler Fleck erschien, den mau erst, al« er nach dem Austritt sich in mat­ tem Lichte, al« ein ausgetretener Mond zeigt«, für einen hel­ len Körper erkannte. Hier scheint also die vom Jupiter abge« wandte Seite mit so dunkeln Flecken bedeckt zu sey», daß der Mond sich, gegen den hellen Jupiter gesehen, al« kaum irgend etwa« Licht zurückwerfrnd zeigt, und erst auf dem dunklen Himmel al« erleuchteter Körper, wiewohl mit schwachem Glanze, hervortritt. Dieselbe Erscheinung wurde bet mrhrern Dorüber­ gängen des »irrten Mondes gesehen, und auch der dritte Mond zeigte beim Dorübergange ähnliche Flecken. Die drei dem Jupiter nächsten Monde zeigen gewöhnlich ein reines weißes Licht, und ihre Lichtwechsrl sind nicht so auffallend, auch nicht fo vollkommen regelmäßig. Es scheint, daß atmosphärische

Fünf und dreißigste Vorlesung.

125

Veränderungen auf diesen Monden jene beobachteten Lichtwechsel zuveilen etwas stiren; denn obgleich fie bei dem vierten Monde so bestimmt «intreten, daß man an der Richtigkeit d.r Behaup­ tung, daß die »em Jupiter abgewandte Seite dunkler sei, nicht zweifeln kann, so war doch zuweilen um die Zett des schwächsten Glanze- da- Licht de« Monde« nicht ganz so matt, al- zu andrer Zeit. Es ist wohl nicht zu zweifeln, daß dieß in ungleicher Trübung der Atmosphäre seinen GruNd haben muß, und Herschel sowohl al- Schriter ziehen au- ihren Beobachtungen den Schluß, daß diese Seite de- vierten Mon­ de« mit einer immer trüben, aber doch zuweilen wehr oder minder trüben Atmosphäre umgeben sei. Sei den drei andern Monden scheinen ähnliche atmosphärische Wechsel noch mehr merklich zu se-n; aber dennoch «ar da« Hauptgeseh, daß die gleich« Seite immer dem Jupiter zugekehrt sei, auch hier unser» kennbar. Die Erscheinungen, welche der Jupiter jedem feiner Monde darbieter, sind also denen ganz ähnlich, welche die Bewohner unser- Monde- an der Erde wahrnrhmen, nur mit dem Unter» schiede, daß auf dem nächsten Monde de- Jupiter dieser Planet einen scheinbaren Durchmesser von ig Graden hat, und also ganze Sternbilder verdeckt. Auf den entferntem Monden ist die scheinbare Grtße nicht so erheblich, aber doch immer noch viel bedeutender al« die scheinbare Größe der Erde von unserm Monde au- gesehen. Auch die Monde selbst erscheinen auf einem oder dem andern Monde gesehen, recht groß; aber da ihre scheinbar« Grtße bet den immer wechselnden Annäherungen und Entfernungen sehr veränderlich ist, so will ich nur aleinzelne« Beispiel anführen, daß der dritte Mcnd, wenn er dem zweiten am nächsten ist, von diesem au« gesehen, einen scheinbaren Durchmesser von i Grad hat, dagegen nur 13 Min. groß auf dem zweiten Monde erscheint, wenn er am weitesten von ihm entfernt ist.

Diese Bemerkungen mögen genügen, um zu zeigen, welche ganz andre Erscheinungen auf jedem andern Himmelskörper sich dem Deo-achter -darbieten; und es ist eine angenehme veschäf»

116

©tcty« und dreißigste Vorlesung.

tigung der Phantasie, sich diese mannigfaltigen Erscheinungen zu denken, und sich zum Beispiel vorzustellen, welchen Ein­ druck der Jupiter, von seinem ersten Mond« au« gesehen, machen muß, wo er dem bloßen Auge so groß erscheinen würde, al« er un« bei igoomaliger Vergrößerung erscheint.

Sechs und dreißigste Vorlesung. Die Ueberlegung,

mit welcher ich Sie neulich unterhielt',

daß der Himmel den Beobachtern auf andern Planeten so ganz andre Phänomene darbietet, Phänomene, die dem, nur an di« Beobachtung de« von der Erde au« sichtbaren Him­ mel« gewöhnten, Aug« al« höchst überraschend und wunder­ bar Vorkommen würden, — diese Ueberlegung bietet sich un« wohl nirgend« auffallender bar, al« wenn wir un« auf den Saturn versetzen. Keiner der un« bekannten Himmelskör­ per ist mit so mannigfaltigen Begleitungen, al- er, au«gestattet, indem er sieben Mond« hat, die durch ihre Kreis­ läufe, durch die Verfinsterungen, welche sie erleiden, und welche sie veranlassen, durch ihre gegenseitigen Bedeckungen, durch die Mannigfaltigkeit ihrer gleichzeitig am Himmel er­ scheinenden kichtgestalten, «in unaufhörlich wechselnde- Schau­ spiel darbieten, und indem er «inen Ring um sich hat, der, juweilen leuchtend, zuweilen dunkel, ganze Sternbilder ver­ deckt. E« sind «igentlich zwei, durch «inen kleinen, krei-firmigen Zwischenraum getrennt«, Ringe, deren Dick« geringe ist, und die, roncentrisch den Saturn umgebend, sich un­ ungefähr so, wie Tab. VII. Fig. 6. darstellt, zeigen. Man kann sie, da sie an jeder Seit« eine breite, kreisförmige Ebne darbtet«», mit dem Ansehn de« flachen Horizont­ vergleichen, der gewthnllch unsre Erd- und Himmel-kugeln umgtebt. Die Ringe liegen, wie die Figur «- zeigt, so in einander, daß lhre Setrenflächen fast genau «in« einzige

Sech« und dreißigste Borlesung.

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Ebne darstellen, und sie jcigen sich daher fast wie ein einziger Ring, dessen rund um gehende Spalte, wodurch er in zwei getheilt ist, nur wenig Einfluß auf die Erscheinung hat; ich kann daher hier so reden, c.l< ob r« nur «in Ring wäre. Der Rmg, dessen Dicke sehr geringe gegen seine Breite ist, schwebt über dem Aequator de« Saturn, so, daß die schmale Seit« gegen den Planeten gewandt ist, und am Aequator de« Saturn wird er also nur al« em schma­ ler, vom östlichen bi« zum westlichen Horizonte durch da« Zentth laufender Streifen erscheinen, den man am Tag» wohl gar nicht sehen mag, da man dann seine dunkle Seite sehen müßte, und der bei Nacht nur an den Theilen, auf welche der Schatten de« Saturn nicht fällt, erleuchtet er­ scheint. Auf dem Pol« de« Saturn sieht man den Ring gar nicht, indem er dort und in den nächsten Umgebungen de« Pole« unter dem Horizonte liegt. Zwischen dem Aequator und dem Pole zeigt sich der Ring de« Saturn am besten und vollständigsten, und seine Erscheinungen sind von dop­ pelter Art. Da in unsrer Zeichnung die obere Seite de« Ringe«, die ich die nördliche nennen will, erleuchtet ist, so will ich die Erscheinungen so beschreiben, wie sie diesem Fall« entsprechen. Die Bewohner der nördlichen Halbkugel sehen den Ring erleuchtet, und er muß ihnen am Tage wie ein matt erleuchteter, vom östlichen bi« zum westlichen Horizonte reichender, in Süden am höchsten stehender Dogen erschei­ nen; bet Nacht sehen sie ihn der Form nach eben so, aber nun ohne Zweifel in einem schönen, lebhaften Glanz«, der bloß durch den Schatten de« Planeten an einer Stelle unter­ brochen wird. Dieser Schatten de« Planeten bedeckt bei Sonnen-Untergang den östlichen Theil de« Ringe«, und rückt so auf dem Ringe fort, daß um Mitternacht der südlich« Theil, gegen Sonnen-Aufgang der westliche Theil im Schat­ ten liegt, und also in jeder Nacht die Erscheinung einer Rtngfinsterniß, unsrer Mondfinsterntß ähnlich, sich wieder­ holt, und die Lage de« Schatten« auf dem Ringe fast statt einer Uhr dien»» kann, an der man beim ersten Blicke sieht.

128

Sechs und dreißigste Vorlesung,

wie weit es noch vor, oder schon nach Mitternacht ist. Aber während so der Ring den Bewohnern der ntrdlichen Himmelsstriche eine schöne Erleuchtung in der Nacht darbietet, verdeckt er zu eben der Zeit den Bewohnern der südlichen Halbkugel mit einrm dunkeln Gürtel die Gestirne, und einigen Gegenden ist selbst die Sonne am Tage hinter ihm verborgen. Zndem nämlich die Sonne, nicht hoch über der Ebne des Ringes stehend, diesen erleuchtet, wirft der Ring einen Schat­ ten auf den Saturn, und die Parallelkretse, auf welche er fällt, sehe» in langer Zeit die Sonne gar nicht, sondern «ährend fle sich in der Nachtseite drS Saturn befinden, bemerken sie den Ring nur dadurch, daß er ihnen vom ist, ltchen bis zum westlichen Horizonte eine ganze Rtlh« Stern­ bilder verdeckt, und am Tage macht er sich ihnen da, wo etwa «in« erhellte Atmosphäre einiges Tageslicht zurückwirft, auch als ein dunkler Streifen kenntlich, und da, wo die Monat« lang dauernde totale Sonnenfinsterniß gar kein Tageslicht hin gelangen läßt, mag sich Tag und Nacht wohl nicht sehr unterscheiden. Diesen Schatten, den der Ring auf den Saturn wirst, erkennen wir deu'itch mit unsern Fern­ röhren, und es ist also nicht zu bezweifeln, daß der Ring wirklich ein dunkler Körper ist. Der Ring wird mit dem Planeten so um die Sonne geführt, daß seine Ebn« immer mit sich selbst parallel bleibt, und daher ist während der einen Hälfte des Saturn-Zahres die Nordseite, während der andern Hälfte die Südseite erleuch­ tet. Ganze 15 unsrer Zahre ist also die eine Seite des Ringes mit Nacht bedeckt; und, obgleich die Beschattung «mes bestimm­ ten Punktes auf dem Saturn nicht grrade ganz so lange dauert, weil der Schatten vom Frühlings - Anfänge bis zum längsten Tage der ntrdlichen Halbkugel vom Aequator bis ziemlich zum Südpole hmrückt, so ist doch auch zene eben vorhin beschriebene, durch den Ring bewirkte, totale Sonnrnfinsterniß für manche Gegend ungemein lange dauernd. — Welche Verschiedenheiten dadurch In dem Elima der einzelnen Zonen hervorgebracht «erden migen, können «ir zwar gar nicht beurtheilen; aber uns würde es, nach der Naturbeschaf«

Sechs und dreißigste Vorlesung.

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fenheit unsrer Erde zu reden, höchst unangenehm seyn, wenn der Herbst unsrer gemäßigten Zone nun auch noch durch eine Wochen oder Monate dauernde Sonnenfinsterniß kälter und rauher würde. Diese gänzliche Verschiedenheit der Umstände läßt uns über die Ungleichheit der Zahrcszriten auf dem Saturn gar keine rechte Vermuthung wagen. Da die Neigung d«< Sa­ turn -AequatorS gegen die Ebne feiner Dahn größer ist als di« Schiefe der Ekliptik auf der Erde, so würden wir schon deshalb auf eine größere Verschiedenheit der ZahrSzeitrn, als bet uns, schließen. Die Länge de« ZahreS, womit rin iSlähriger Herbst und Winter unsrer Zeitrechnung verbunden ist, scheint diesen ZahrSzeiten zu einer recht völligen Auobtldüng dienen zu können, und wenn wir nun dazu noch die mit dem Herbste verbundene totale Sonnenfinsterniß neh­ men, so scheint der Unterschied der ZahrSzeiten dadurch noch zuzunehmen. Bloß um den Aequaior, wo der Ring eine kurze und um die Zeit, wo die Sonne durch da« Zenith geht, tinfallende Verfinsterung herverbringt, findet einiger­ maßen die Gleichförmigkeit statt, die wir in unsrer heißen Zone beobachten. Was die übrigen Erscheinungen am Himmel betrifft, so zeigt sich di« Sonne dort nur 3 Ml», im Durchmesser, und die Erleuchtung muß also viel schwächer, al« auf der Erde seyn. Dir drei Planeten, MrrcuriuS, Venu« und Erde, kommen dort kaum au« den Sonnenstrahlen hervor, indem die Venu« sich nicht viel über 4 Grade, die Erde nicht über 6 Grade von der Sonne entfernt. Zupiter zeigt sich dort etwa so, wie die Venu« bei uns, entfernt sich aber nur 30 Grade von der Sonne; Uranus ist unter den uns bekannten Planeten der einzige, der dorr in Opposition mit der Sonne erscheinen kann; aber selbst vom Saturn au< ist in der Opposition sein scheinbarer Durchmesser nur etwa 8 Secunden. Die Beobachtung der Fixsterne kann dort wohl durch die Wahrnehmung einer kleinen Parallaxe der nächsten unter ihnen etwa« Anziehende« darbirten; aber da auf der Erde kein Stern Brande« Vvrl. 2. Th. 9

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Sechs iinfr dreißigste Vorlesung,

«ine Parallaxe zeigt, die mehr als «ine Secunde betrüge, so wird auch vom Saturn aus keine über io Sec., und vom Uranus aus keine über 20 Sec. hinau-gehende Parallaxe statt finden kbnnen. Die Oberfläche des Saturn bietet dem Beobachter nicht so sehr viel Merkwürdiges dar. Nur mit sehr guten Instru­ menten sieht man auch auf ihm Streifen, die dem Aequator parallel sind, und Herschel hat diese im Jahre 1793 unge­ fähr so gesehen, wie die Figur sie (Tab. VII. Fig., 6 ) dar­ stellt, nur mit dem Unterschiede, daß die Schattierung in dem Kupfer nicht zart genug ist. Ts war die südliche Seite des Ringes, die damals erleuchtet «ar, und auf diese Stellung geht also auch die folgende Beschreibung. Sie sehn hier ganz nahe am Ringe, auf der Saturn-Kugel, den Schatten des Ringe-; daran grenzet eine glänzend« Zone um den Aequator; dann folgen drei dunkle und zwei Helle Streifen, und von dem letzten dunkeln Streifen bis an den Pol die auch nur matt erleuchtete Polarzonr. Die drei dunkeln und zwei Hellen Streifen machten vorzüglich den Gegenstand der Hrrschelschen Beobachtungen aus. Er fand, daß sie sich rund um den Planeten erstreckten, aber daß sie nicht in allen ihren Theilen gleich gut begrenzt, sondern zuweilen mehr ver­ waschen in einander taufend erschienen; und auf di« Beobach­ tung dieser Ungleichheit richtete Herschel seine Aufmerksam­ keit, um die Zeit der Umdrehung zu bestimmen. Da es un­ gewiß war, ob diese Ungleichheit darauf beruhte, daß zu einer Zeit eine andere Seite de« Planeten uns zugewandt ist, al- zur andern Zeit, oder ob sie von einem veränder­ lichen Zustande der Atmosphäre herrührte, so wurde bei >edcr Beobachtung angemerkt, daß das eine Mal alle Streifen so­ gleich beim ersten Blicke kenntlich und scharf begrenzt erschietun, «in andres Mal die Hellen Streifen verwaschen in die dunkeln übergingen, zu noch andrer Zeit nur einer der Streifen sich auszeichnete, während die andern sich undeutlich zeigten, u. s. w. Diese Beobachtungen wurden von Her­ schel zwei Monate fortgesetzt, und nun erst versuchte er, ob gleiche Erscheinungen nach gleichen Zwischenräumen «iederge-

Sech - und dreißigste Vorlesung.

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-ehrt waren, und also auf eine Rotation beuteten. Eine Rotation-zeit von 10 Stunden 16 Minuten, entsprach am besten den Beobachtungen, und es ergab sich, daß nur eine Gegend auf dem Saturn war, wo die Streifen sich recht deutlich ausjeichneten, zwei Gegenden aber, in denen eine Derwaschenheik und Undeutlichkeit statt sand. Die einzelnen Beobachtungen stimmten mit der ungleichen Schattierung der Gürtel, so wie Herschel sie hiernach annimmt, genügend überein, und man sieht hierau-, daß die Streifen während der zwei Monate keine erhebliche Veränderung erlitten, und daß die Umdrehung-zeit sehr nahe richtig bestimmt seyn muß. Unter Herschel- übrigen Beobachtungen scheint mir die am merkwürdigsten, daß die beiden Polarzonen weniger glänzend erscheinen, wenn sie den Sonnenstrahlen lange aus» gesetzt gewesen sind, al- zur Zett de- dortigen Frühling-. Diese- scheint mit den am Mar« angestellten Beobachtungen überein zu stimmen; aber freilich erinnert un- die von Her­ schel selbst gemachte Bemerkung, daß eine so kurze Deobachtung-rrihe nicht hinreicht, um un# über ein solche- Gesetz tn den dortigen Erscheinungen zu belehren, an Vorsicht in unsern Schlüffen über eine Erscheinung, die erst durch meh­ rere Saturn-iahre fortgesetzt beobachtet werden müßte, um sie al- sichern und regelmäßigen Erfolg der Zahr-zeiten anzu­ sehen. Herschel macht bei Gelegenheit dieser Beobachtungen «ine lehrreiche Bemerkung über die Art, wie man die Ver­ schiedenheit der Lichtstärke der einzelnen Theile eine- Plane­ ten untersuchen kann. Man nimmt nämlich für dasselbe Fernrohr nach und nach immer stärkere Vergrüßerungen, und bemerkt nun, daß bei den sehr starken Vergrößerungen zurrst dte;emgen Gegenden undeutlich zu werden anfangen,' die wegen schwächer« Lichte- keine so starke Drrgrißerung ertra­ gen, während die Hellern Gegenden noch recht gut kenntlich bleiben. — Dadurch überzeugt man sich, welche Gegend am meisten Licht besitzt, und welche Gegenden an Lichtstärke einander gleich sind. Daß jene Streifen atmosphärisch sind, läßt sich nach der

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Sech- und dreißigste Vorlesung.

Uebereinstimmung mit den Streifen des Jupiter vermu­ then; aber auch andre atmosphärische Erscheinungen, nämlich große, veränderliche Flecke von wolkigem Ansehen, bemerkte Herschel in den Polarzonen, und selbst einige Erschemungen, die eine Strahlenbrechung verrathen. Zu diesen Erschei­ nungen gehört, daß die Saturnsmonde, wenn ste hinter den Planeten treten, oft sehr lange an seiner Scherbe zu hängen scheinen, wovon der Grund aus Tab. VII. Fig 7. erhellt. Geht nämlich der Saturn-mond auf seiner Dahn von b, nach k, e, f fort, so erscheint er dem in der Richtung b a stehenden Auge schon nahe an dem Rande g des Saturn- A; bet dieser Stellung gelangt der Lichtstrahl, ohne noch merk­ lich in die Armospähre des Planeten einzudringen, in grader Richtung zum Auge; hat dagegen der Satellit die Stellung k oder e erreicht, so sollte er, bei gradltnigtem Fortgänge der Lichtstrahlen, schon hinter dem Planeten verborgen seyn; aber da der Lichtstrahl in der Atmosphäre des Saturn ge­ brochen wird, so kann au- e, vielleicht selbst aus f noch, ein Lichtstrahl zum Auge gelangen, und der Trabant scheint, während der ganzen Zelt, die er gebraucht, von b nach f zu gelangen, immer noch am Rande des Saturn zu stehen. Vielleicht muß auch noch eine andre von Herschel beobach­ tete Erscheinung, nämlich eine Unregelmäßigkeit in der Figur des Saturn, au- einer zuweilen ungleich stark wirkenden Strahlenbrechung erklärt werden. Herschel fand nämlich, daß die Figur des Planeren sich nicht als reine Ellipse, son­ dern so wie Tab. VH. Fig. 3 zeigt, darstellte, daß nämlich die stärkste Krümmung nicht am Aequator, sondern etwa mitten zwischen Pol und Aequator lag. Herschels Ver­ muthung, daß die anziehende Kraft de- Ringes dem Sa­ turn' diese von andern Planeten abweichende Gestalt gegeben habe, scheint durch DesselS rechnende Untersuchung wider­ legt zu seyn, und eS scheint daher der Mühe werth, zu fra­ gen, ob nicht durch irgend einen Umstand bloß scheinbar jene Irregularität entstehen konnte. Schröters Deobachtung über eine zuweilen sichtbare unregelmäßige Abflächung deJupiters-Rande- leitet zu der Vermuthung, daß auch hier

Sich- und dreißigste Vorlesung.

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die Strahlenbrechung jene Erscheinung veranlaßt habe; Har, dingS Beobachtung über die durch ungleichen Glanz hervor, gebrachte Täuschung in Beziehung auf die Figur de< MarS, läßt befürchten, daß eine solche Täuschung auch hier statt stn, den konnte; auch die Lage des Ringes, der etwa so wie a b sich vor dem Saturn zeigte, konnte eine Täuschung bewirken. — Welche dieser Vermuthungen die richtige sey, oder ob Saturn wirklich eine solche Form hat, ist noch nicht vollständiger untersucht. Daß eine Strahlenbrechung in der Atmosphäre des Saturn diese Erscheinung einer unregel­ mäßigen Gestalt bewirke, wird dadurch glaublich, daß nach Schröters Beobachtungen selbst zu der Zeit, als der Ring wenig sichtdar war, das Verhältniß zwilchen "der Axe und dem Aequatorsdurchmesser des Saturn sich nicht immer gleich fand; denn diese Ungleichheit würde sich durch eine bald stärkere, bald schwächere Strahlenbrechung wohl am besten erklären lassen. Zch gehe;eht zu den Monden des Saturn über, von denen rhmals nur fünf bekannt waren, deren aber nach Herschels Beobachtungen sieben vorhanden sind. Diese Monde sind, theils wegen ihrer großen Entfernung und da» durch bewirkten scheinbaren Kleinheit, theils wegen der star» ken Neigung ihrer Dahnen gegen die Ekliptik, schwerer als die Zupltersmonde zu beobachten; denn vermöge dieser Nei» gung stehen sie nicht so wie die ZupiterSmonde in grader Linie, sondern können nach allen Seiten um den Planeten herumstehen, vorzüglich dann, wenn der Ring breit, und so, wie Fig. 6. ihn darstellt, erscheint. Wenn man denjemgen Mond den ersten nennt, welcher dem Saturn am nächsten ist, so ist der sechste der zurrst entdeckte. Huyghcns entdeckte ihn kurz nach der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, und noch vor dem Ende des siebzehnten Jahrhunderts entdeckte Cassini noch vier Monde, den siebenten zuerst, dann den fünften, und endlich den drit» ten und vierten. Zu diesen Entdeckungen fügte erst Herschel die Beobachtung zweier Monde hinzu, die ihre Dahnen näher am Saturn als jene durchlaufen; den zweiten hat auch

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Sechs und dreißigste Dorlesung.

Schröter und neuerlich Struve gesehn, der erste scheint aber noch von feintm andern Beobachter wahrgenommen zu seyn. Herschel entdeckte beide 1789/ als der Ring fast ganz unsichtbar war, giebt aber den ersten als so klein an, daß er selbst in dem so ungemein lichtstarken, 4ofußrgen Telescop nur als ein sehr feiner Punkt erschien. Da um die Zeit dieser Beobachtungen die Erde sich in der Ebne des Ringes und der Dahnen fast aller Sarurnsmonde befand, so standen drese Monde fast genau in grober Linie und gin­ gen auf der seinen Linie, welche der Ring damals darstellte, so sort, daß sie zuweilen wie Perlen auf diesen feinen Faden gereihet erschienen, dann aber sich werter vom Planeren ent­ fernten, und rn der Richtung deS Ringels über ihn hinaus standen. Herschel schloß aus diesen Beobachtungen, wo manchmal einer oder der andre der Monde sich bloß als ern vorragender Theil des Ringes zeigte, daß die von ihm selbst und von Andern gemachten Beobachtungen über einzelne, deutlicher sichtbare Theile des RrngeS, wohl nichts anders seyn möchten, als Beobachtungen der Monde. Er stellte die Beobachtungen solcher glanzenden Punkte in dem Rrnge zu­ sammen, und fand wirklich, daß in sehr vielen Fällen irgend ein Mond da konnte gestanden haben, wo jene glänzende Punkte erschienen; aber alle Beobachtungen ähnlicher Punkte trafen doch nicht mit den Umlauf-zeiten der bekannten sieben Monde überein, so daß noch dre Vermuthung, ein achter Mond möge sich auch zuweilen so gezeigt haben, übrig blieb. Jene zwei neuen Monde waren aber nicht bloß auf dem Ringe, sondern auch getrennt von ihm, als werter vom Pla­ neten entfernt, gesehn, und ihr Daseyn eben dadurch erst außer Zweifel gesetzt worden; ihre Umlaufszetten ergaben sich als genau bestimmt; dagegen hätte man von einem achten Monde annehmen müssen, daß er sich sehr wenig über den Ring hinaus vom Planeten entferne. Die Existenz eines solchen achten Mondes ward aber dadurch zweifelhaft, daß die glanzenden Erscheinungen, welche in den Beobachtungen noch übrig blieben, nicht einer einzigen Umlauf-zeit ent« sprachen, sondern als Erscheinungen mehrerer Körper ange-

Sechs und dreißigste Vorlesung.

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sehen werden mußten. Diejenigen dieser glänzenden Punkte, die sich nm meisten ousjeichneten, ergaben, wenn man ste allein betrachtette, eine Periode von io Stunden, 32; Min.; aber wenn man dieß als die Umlausszeit eines achten Mon­ des ansah, so hätte dieser nach dem dritten äkeplerschrn Ge­ setze dem Saturn so nahe seyn müssen, daß er auf dem Ringe selbst lägt, und so ließ sich schließen, daß dieser Helle Gegenstand kein Mond,'- sondern ein Heller Punkt auf dem Ringe sei, und daß der Ring selbst eine Umdrehungsbewe­ gung habe. Hiemit ließen sich nun alle Beobachtungen er­ klären, wenn man annahm, es geb« fünf Punkte, die sich al« vorglänzend vor dem übrigen Ring« wahrnehmen lassen, und jeder kehre in 10 Stunden, 32 Min. 15 See. ju der Stelle, die er einmal eingenommen hatte, zurück. Her­ schels Untersuchung über diesen Gegenstand erscheint, wenn man sie sorgfältig prüft, mit so vieler Genauigkeit angestellt, die Beobachtungen so sicher, und die Schlüffe nut so vieler Umsicht gezogen, daß man an der Richtigkeit der Folgerun­ gen, zumal da Herschel bei manchen längere Zeit fortge­ setzten Beobachtungen den hellen Punkt seine Entfernung vom Saturn verändern sah, gar nicht zwetsrln kann. Gleich­ wohl hat rme von Schröter angestellt« Reihe von Beob­ achtungen Zweifel herbei geführt, von welchen ich Ste bald unterhalten werde. Daß die kleinen Monde uns nur wenig zu beobachten barbieten, ist wohl leicht voraus zu sehen; aber merkwürdig ist es, daß auch sie, oder wenigstens die fünf länger bekann­ ten und grtßrrn, einen deutlichen Lichtwechsel zeigen, der uns auch ihre Umdrehungsperiode als ihrer Umlaufsperiode gleich kennen lehrt, oder uns zeigt, baß auch sie dem Sa­ turn immer dieselbe Seit» zukehren. Wie aus der Beobach­ tung solcher Lichtwechsel, wenn sie sich immer gleich bet glei­ chen Stellungen gegen den Saturn zeigen, der Schluß, daß der Mond dem Hauptplaneten immer einerlei Seite zu­ wende, gezogen werden kann, haben Sie neulich schon ge­ sehen; ich füge daher nur noch eine andre wichtige Bemer­ kung hinzu. E« ist nämlich merkwürdig, daß schon vor

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©eährig«n Nacht bedeckt, welcher dann «in virrzig>ähriger ununterbrochener Tag folgt. Herschel hat zwei den Uranus begleitende größere Mond« entdeckt, und längere Zeit beobachtet; außerdem hat er noch vier kleiner« wahrgenommen, dir zu den kleinsten von ihm beobachteten Gegenständen gehören, und welche nur selten gese« hen werden konnten. Selbst die beiden größer» haben «in so schwachrs Licht, daß sie durch drn Glanz des Uranus unsicht­ bar werden, wenn sie diesem nahe kommen, aber dennoch schäht Herschel sie an.wahrer Größe den Monden des Zupf ter gleich, weil bei drr großen Entfernung von der Sonne

Sieben und dreißigste Vorlesung.

149

und von uns, ihr scheinbarer Glanz, auch bei solcher Größe, nur sehr geringe seyn kann. Zhre Dahnen sind betnahe senk, recht gegen die Ebne der Uranusbahn, und stimmen mit der Ebne seines Aequarors überein. Die übrigen Monde hat Herschel nur gesehen, und sich dadurch, daß sie nicht ihre Stelle fortwährend gleich einnah, men, überzeugt, daß es keine Fixsterne waren. Unsre Kennt» niß von ihren Dahnen beruht daher auf der Voraussetzung, daß die Ebnen dieser Dahnen ziemlich nahe mit den Ebnen der Dahnen der besser bestimmten zwei Monde-zusammenfal» len; denn wenn dieß der Fall ist, so reicht selbst eine einzige Deobachtung hin, um die Entfernung des neu entdeckten Mon­ des von seinem Hauptplaneten zu bestimmen. Wir kennen nämlich die elliptische Form GBF (Tab. VII. Fig. ir.), in welcher sich uns, bei einer gewissen Stellung des Uranus, die Dahnen der bekannten Monde zeigen; wird nun in C ein neuer Mond entdeckt, so nimmt man CED als seine Dahn an, und AC, AB geben uns die verhältnißmäßige Größe der Abstände beider. Hirmit ist die Dahn recht gut bestimmt, wenn man nur völlig sicher ist, daß der einmal in C gesehene Gegenstand wirklich rin Uranusmond war, und davon glaubt Herschel sich durch sorgfältige Destimmung, daß der gesehene Gegenstand seine Stelle gegen die übrigen Fixsterne verändert haben mußte, überzeugt zu haben. Sehr unvollkommen ist nun freilich unsre Kenntniß von den Abständen und Umlaufs, zeiten dieser Monde; aber folgend« Angaben sind wenigstens der Hauptsache nach als richtig anzusrhen, und für den zweitrn und vierten Mond, welche Herschel länger beobachtet hat, vollkommen zuverläßig. Abstand v. Uranus.

49000 Meilen Des ersten Mondes - zweiten • 64000 • 74000 » « dritten • vierten » 85000 • - fünften » 169000 • > sechsten » 338000 9

Umlaufüzett.

5 Tage 21 8 • 17 23 10 II 13 2 38 • 107 17

St. ' * -

; '

iso

Acht und dreißigste Vorlesung.

Herschel hegte einmal die Vermuthung, daß sich eine Erscheinung, wie ein Rmg, oder gar wie zwei Ringe um den Uranus zeigten. Er selbst har sich später gar nicht darüber geäußert, ob denn die Beobachtungen, wobei ein von der llranuSkugel verschiedener Gegenstand kenntlich zu seyn schien, ganz zu verwerfen sind; aber auS seiner genauen Erzählung der Beobachtungen erhellt wenigsten-, daß er gar keine sichere Schlüsse daraus zu ziehen wagte, und baß er ferne, anfang­ gefaßte Vermuthung, auch Uranus habe einen Rrng, als völlig unbegründet aufgab.

Acht und dreißigste Vorlesung.

Ä8enn wir, m. h. H., die unveränderliche Gleichförmigkeit, den regelmäßigen Wechsel in Erwägung ziehen, mit welcher alle Erscheinungen de- Himmels sich täglich oder jährlich erneuern, so dürfen wir un- wohl nicht wundern, daß da- plötzliche Erscheinen eines Fremdlings unter dem uns wohl bekannten, sich täglich uns zeigenden Sternenheere, die Aufmerksamkeit, ja das Erstaunen der Beobachter de- Himmels erregen mußte, so oft sich ein neuer, kenntlich genug hervortretender Stern der Beobachtung darbot. Aber nicht bloß durch ein plötzlicheErscheinen, sondern weit mehr noch durch das Ungewöhnliche ihrer Gestalt und ihre- Glanzes sind die Eometen, wenn sie al- unerwartete Fremdlinge in unsre Nähe kommen, geeignet, die Augen der mit Erstaunen und Furcht erfüllten Welt auf sich ju ziehen. Statt daß jeder andre Stern sich nur als ein helle- Pünktchen am Himmelsgewölbe zeigt, scheint der Eomet dagegen ganze Sternbilder mit seinem feurigen Schweife be­ deckend, näher und drohender, al- jene alle, gegen die Erde heranzurücken, und wir können uns nicht sehr wundern, daß man so oft die Eometen mit Furcht und Desorgntß angesehen hat. Man kann zwar dre Frage aufwerfen, warum grade

Acht and b r f i i; t g 11 e Vorlesung.

151

Furcht die Empfindung ist, die den Menschen bei iingewöhnllchen Ereignissen ergreift, warum er nicht heiter und vertrauend dahin, woher alles Gute ihm zu Theil wird, empor blickt; aber wem sollte auch nicht fogltid) die Antwort auf diese Frage fich darbieten, daß nur selten ein Mensch fich zu der Höhe der Weisheit und Tugend erhebt, daß keine Furcht mehr sein Vertrauen auf eine, nur zu seinem Heile wirksame Weltregierung erschüttern könnte.------Aber auch nicht bloß als unbestimmt drohende Boten einer zürnenden Gottheit hat man die Cometrn angesehen, sondern man hat, sogar aus wissenschaftlich begründeten Ursachen, De« sorgnisse über die Einwirkung derselben auf die Erde gehegt. Mochte der feurige Schweif des Cometen, wenn er die Erde erreichte, diese in Flammen sehen, oder mochten rS ^Wasser­ dämpfe seyn, die in Berührung mit der Erde unermeßliche Fluthen auf fie herabsendeten, immer könnte durch einen Come­ ten der ganzen irdischen Schöpfung ihr Untergang bereitet seyn; jo schon die AttractroikSkraft des nahe heran rückenden Cometen könnte das Meer aus seinen Ufern ziehen, und die festen Länder einer alles verheerenden Flulh aussehen, oder der Stoß eines an sie antrrffenden Cometen könnte die Erde aus ihrer Dahn rücken, und eine gänzliche Veränderung der Ordnung der Dinge, in welcher wir, aller unsrer Klagen un­ geachtet, uns glücklich fühlen, herbei führen. Ob diese Be­ sorgnisse gegründet sind, was nämlich der Erde begegnen würde, wenn sie mit einem Cometen zusammen träfe, darüber sind wir allerdings sehr wenig unterrichtet; aber wenn wir fragen, ob denn ein so nahes Zusammentreffen wahrscheinlich sei, so bie­ tet die Beantwortung dieser Frage denen, die etwa zur Furcht geneigt wären, und die nicht daran denken, daß unS und unsern Freunden und ganzen Ländern zahlloses Unglück begeg­ nen kann, ohne daß e< dazu eines Cometen bedarf, eine große Beruhigung dar. Die Dahnen der Cometen schneiden nämlich allerdings die Ebne, in welcher die Erdbahn sich befindet, aber diese DurchschnittSpunkte liegen fast allemal so entfernt von der Erdbahn selbst, daß an rin Zusammentreffen mit der Erde gar nicht zu

151

Acht und dreißigste Vorlesung,

denken ist. Und wenn auch wirklich eine solche Dahn einen wahren Durchschnittspunkt mit der Erdbahn gemein hätte, so ist die Wahrscheinlichkeit, daß der (somit dort in eben dem Augenblicke eintreffe, wo die Erde sich im Durchschniltspunkte befindet, höchst geringe. Wollen wir blos; auf den Stoß sehen, so bedarf die Erde, da wir den Cometen doch eben nicht größer als die Erde annehmen werden, nur etwa 14 Minu­ ten , um durch den gefährlichen Ort, wo der Comet allenfalls mit ihr Zusammentreffen könnte, hindurch zu kommen, und da diese Zeit j-ööo des Jahres ist, so erhellt schon daraus, in wie vielen verschiedenen Stellungen sich die Erde befinden kann, während der Comet, ohne ihr zu schaden, durch die Erdbahn geht, und daran ließe sich, wenn man die Umlaufszeit des Cometeki kennt, die Wahrscheinlichkeitsberechnung, wie unwahr­ scheinlich ein Zusammentreffen sei, knüpfen. Daß der Schweif eines Cometen die Erde erreichen könne, ist zwar eher mög­ lich, indeß hat man noch nie nachthetlige Folgen von den Schweifen der Cometen bemerkt, und da die Fälle, wo die Cometen der Erde auch nur auf 1 Million Meilen nahe kom­ men, immer nur selten seyn werden, und selbst bei dieser Nähe der Schweif noch immer auf die mannigfaltigste Weise neben der Erde vorbei gehen kann, so ist die Desorgniß, durch die Schweife der Cometen unangenehme Wirkungen zu erlei­ den, höchst unbedeutend. Aber eben diese Ueberlegungen zei­ gen auch, daß wir eben keinen Grund haben, denen beizusttmmen, welche den Cometen einen Emfluß auf dre Witterung zuschreiben. Der heiße Sommer und der schöne Wein des Jahres igii/ sollte, nach der Meinung mehrerer Meteorolo­ gen, von dem eben damals erschienenen Cometen herrühren; aber der Comet war selbst im October, als er uns am näch­ sten kam, noch so weit als die Sonne von der Erde entfernt, und ich kann mich daher nicht überzeugen, daß eine solche Einwirkung wahrscheinlich sei. Auch die Erfahrung spricht nicht für diese Einwirkung, denn es hat heiße Sommer ohne Cometen, und dagegen Cometen ohne gleichzeitige Wärme gegeben, so daß das Zusammentreffen als ganz zufällig er­ scheint.

Acht und dreißigste Vorlesung.

153

DieCometen «.scheinen zuweilen plötzlich mit schönem Glanze am Himmel, ohne daß selbst jetzt, wo die Astronomen uns alle voraus zu berechnende Ereignisse bekannt machen, uns irgend jttnanb ihre Ankunft hätte voraussagen können. Dieser Fall ereignet sich dann, wenn ein zur Sonne herantommenber Comet in einer solchen Stellung, daß die Sonne ihn mit ihrem Glanze verdeckt, sich der Sonne und Erd« genähert hat, und er nun mit schönem Glanze aus den Strahlen der Sonn« Her­ vortritt; der Comet wird dann am Abendhimmel nach Son­ nen-Untergang oder am Morgenhimmel vor Sonnen-Aufgang sichtbar, und entfernt sich nach und nach von der Sonne. Eben so kann er uns auf einmal in vollem Glanze sichtbar werden, wenn er sich in einer sehr südlichen Declination befun­ den hat, und erst dann über unserm Horizont« aufgeht, wenn er der Sonne und Erde nahe genug gekommen ist, um sich in schönem Glanze zu zeigen. Zn andern Fällen dagegen, wenn der zur Sonne gehende Comet über unserm Horizonte bei Nacht sichtbar ist, pflegen die unermüdet thätigen Astronomen ihn, sobald er nur in Fernröhren kenntlich ist, zu entdecken, und da sich dann seine Dahn sehr bald berechnen läßt, es vor­ aus zu bestimmen, ob er sich auch dem bloßen Auge zeigen wird. Dieser letztere Fall traf bei dem Cometen im Zahre ign ein, und Sie werden aus einer Zeichnung (Tab. VIII. Fig. i.) sich leicht überzeugen können, daß dieser dre« verschiedene Perio­ den seiner Sichtbarkeit haben mußte. Zn dieser Zeichnung stellt di« Ellipse, an welcher di« Monatstage ausgezeichnet sind, di« Erdbahn vor, und die beigesetzten Monatstage zeigen den Ort der Erde an jedem dieser Tage. Am 25. März wurde der Comet, dessen von Süden heraufgehend« Dahn Sie in der Figur leicht erkennen werden, in großer Entfernung, und in einer sehr südlichen Dreite, weit von der Ekliptik, entdeckt. Die Erde befand sich nm diese Zeit an eben der Seile der Sonne, an welcher sich der Comet befand, indem dieser senkrecht unter dem in der Ebne der Ekliptik liegenden Punkte A stand. Der Comet, dessen Dahn sehr stark gegen die Ekliptik geneigt war, näherte sich nun, wie die an seiner Dahn bemerkten Monais« tage zeigen, der Erdbahn; aber da d«e Erde sich von der

154

Acht und dreißigste Vorlesung.

Gegend, wo der Comet fortqing, entfernte, so konnte er immer noch nicht in vollem Glanze erscheinen; und da die von der Erde zum Cometen gezogenen Einten immer näher an der Sonne vorbei gingen, so konnte er nur bt6 Anfang de-Juni noch gesehen werden. Während de- Juli ging der Comet durch seinen aufsteigenden Knoten, und entfernte sich nun nörd­ lich von der Ecliptik, während die Erde qrade den entferntesten Theil ihrer Bahn durchlief. Am 22. August stand der Comet senkrecht über dem Punkte B, aber schon so wett über der Ebne der Erdbahn, daß die zu ihm gezogne Gesichtslinie nicht mehr allzunahe an der Sonne vorbei ging; der Comet trat in der Abenddämmerung aus den Sonnenstrahlen hervor, war aber noch ziemlich unscheinbar, da er fast um einen ganzen Durchmesser der Erdbahn von uns entfernt war. Aber nun gingen Erde und Comet einander entgegen, indem der Comet sich am 12. Sept, senkrecht über C befand, und dann so fort­ rückte, wie die seiner Dahn beigesehten Monatstage zeigen. Zn der Mitte des October war der hoch über der Ebne der Erdbahn stehende Comet der Erde am nächsten, und nachher entfernten beide Weltkörper sich, ungefähr nach entgegengesetz­ ten Richtungen, von einander. Die Figur zeigt, wo beide am 1. November, am 1. December, am 1. Januar sich befan­ den , und daß kurz nach dem Anfänge des Jahres igi2 der Comet uns wegen zu großer Entfernung unsichtbar werden mußte. Während die Erde nun den vom Cometen am meisten entfernten Theil ihrer Dahn durchlief, nahm zwar die Ent­ fernung des Cometen von der Sonne immer mehr zu; aber weil die Erde im August sich dem Cometen wieder sehr genä­ hert hatte, war es dennoch möglich, diesen mit Fernröhren noch einmal wieder zu sehen; und obgleich die große Entfer­ nung de- Cometen und seine südliche Stellung die nördlicyer wohnenden Astronomen hinderte ihn zu erkennen, so gelang dieß doch dem Astronomen WiSniewSki im südlichen Ruß­ land, und* dieser beobachtete ihn zwei Wochen lang, ungeachtet sei­ nes sehr schwachen Lichtes. Als der Comet zuerst gesehen wurde, war er über 40 Millionen Meilen von der Erde, und 56 Mil­ lionen Meilen von der Sonne entfernt, bei seiner schönsten

Acht und dreißigste Dorlefung.

Sichtbarkeit

er

war

Millionen Meilen

21

über

155

Sona« und eben so weit von der Erde entfernt,

von

der

und zeigt«

sich, dieser großen Entfernung ungeachtet, mit einem 20 Grade

langen Schweife;

im August

al«

Igi2,

Wi« nie« «ki

befand er sich nicht weit mehr von der Zupi-

ihn wie versah,

über 90 Millionen Meilen von der Sonne und

ter«bahn,

über 70 Millionen Meilen von der Erde,

weshalb er denn

auch so ungemein schwach an Licht sich zeigte,

und uns un­

gefähr die Grenze kennen lehrte, über welche htnau« r« un«,

ein

wenn

nicht diesen großen und

Comet

an Glanz übertrifft,

Cometen

schönen

nicht leicht gelingen möchte,

einen Co-

melen wahrzunehmen. Der Comet, welcher sich im Herbste de« Zähre« 1825 in

aber doch mit

einem matten Lichte,

Erscheinungen

recht schönem,

langem

bot eine gewissermaßen ähnliche Reihe von

Schweife zeigte,

Er wurde im

dar.

Znli

entdeckt,

al«

er

noch 50 Millionen Meilen von der Sonne und 60 Millionen

Meilen von

der Erde entfernt war.

Er «ar damal«

nur

sehr schwach an Licht, und da die Erde ungefähr auf ihn zu­

so war auch seine Bewegung langsam.

ging,

Zn der Mitte

de« August erreichte er feinen niedersteigenden Knoten,

und

da er eine, der Bewegung der Erde entgegengesetzte Bewegung so kamen Erde und Comet einander näher,

hatte,

und der

Aber schon im Oktober

Comet erreichte einen schönen Glanz.

nahm sein südlicher Abstand von der Ekliptik so zu,

daß er

für un«, in unsern nördlichen Gegenden, nicht mehr aufging,

während

besten

er

in den

Lichte gezeigt

Gegenden

südlichen hat.

Oktober« in Opposition

Zndeß kam

mit

sich

noch lang« im

er in der Mitte de«

der Sonn«,

und seine Entfer­

nung von der Erde nahm daher in den folgenden

zu,

obgleich er noch der Sonne etwa« näher kam;

Comet noch immer zu südlich «erden,

und in

den ersten Monaten

war,

werden.

um

ander«

al«

de« folgenden Zähre«

so konnt« er «rst im April

und Mai wieder beobachtet «erden,

klein

da der

um bei un« gesehen zu

stand,

sich jenseit« der Sonne befand,

Monaten

mit

wo er aber schon

zu

gesehen

zu

Frrnrdhren

J*56

Acht und dreißigste Vorlesung.

Diese Erzählungen haben Ihnen zugleich gezeigt, in welechen Entfernungen etwa die Cometen und noch sichtbar blei­ ben , und ich will daher hieran sogleich die Deantwor

Acht und dreißigste Vorlesung,

je näher sie der Sonne sind; obgleich wir nun nahe bet der Sonne, wegen des Glanzes der Sonne, keinen Cometen sehen kännen, so folgt doch aus dieser Betrachtung die Regel, daß man so bald als es nach Sonnen-Untergang möglich ist, die Nachsuchung ansangen, und die der Sonne am nächsten lie­ gende Gegend vorzüglich durchsuchen muß. Man bedient sich dabei am besten eines leichten, frei in der Hand zu hal­ tenden Cometrnsuchers, und muß langsam und nach der Ordnung, damit kein kenntlicher Gegenstand unbemerkt bleibe, den Himmel durchforschen. Wenn man die Beobachtung an­ fängt, so «st es, nach OlberS Bemerkung, gut, zuerst einige Nebelflecke in der zu untersuchenden Gegend aufzusuchen, um sich den Eindruck zu merken, welchen diese, den Cvmeken sehr ähnlichen Gegenstände, nach Maaßgabe des eben statt finden­ den Zustandes der Lust, auf das Auge machen. Glaubt man einen Cometen gefunden zu haben, so muß man ihn im Cometensucher so lange beobachten, bis man seinen Ort gegen einige kenntliche Sterne sich hinreichend gemerkt hat, um ihn In einem stärker» Instrumente aufzufinden, wo sich dann oft schon sogleich entscheiden läßt, ob der Gegenstand ein Comet oder ein Nebelfleck oder Sternhäufchen sei. — Die bestimmte Entscheidung, ob es ein Comet ist, geht am sichersten aus der, bei fortgesetzter Beobachtung, bemerkten Bewegung her­ vor. Ist der Comet einmal aufgefunden, so ist es, wenn Nicht eine Reihe trüber Tage die Beobachtungen sehr lange unter­ bricht, leichter, ihn weiter zu verfolgen; kennt man nachher bei wiederholten Beobachtungen die Dahn genau, so findet man ihn selbst dann noch auf, wenn er schon ungemein lichtschwach ist, wie das Beispiel des Cometen von ign gezeigt hat. Die Dahnen der Cometen sind im höchsten Grade mannig­ faltig. Man hat einen Cometen beobachtet, im Jahre iögo, der nur etwa 30000 Meilen von der Oberfläche der Sonne entfernt blieb, als er dieser am nächsten kam, und einen, der selbst in der Sonnennähe (1729) noch 85 Millionen Meilen von der Sonne entfernt blieb, und der nur durch seine bedeu­ tende Größe in so großer Entfernung sichtbar wurde. Jener

Acht und dreißigste Lorlesung.

159

erste bewegte sich in der Sonnennähe ungemein schnell, wie es di« bei seiner Annäherung zur Sonne auf ihn wirkende starke Anziehungskraft forderte; der letzt« dagegen ging sehr langsam fort. Die Bahnen der Cometen haben dl« mannig­ faltigsten Lagen, so daß die Bewegung bald wenig geneigt gegen die Ekliptik, bald fast senkrecht auf dieselbe ist, und sich eben so gut rechtläusig als rückläufig findet. Die Anzahl der Cometen ist sehr groß; denn bei der jetzigen fleißigen Beob­ achtung werden fast in jedem Zahre mehrere Cometen aufge­ funden, unter denen nur höchst selten einer ist, der schon in frühern Zeiten beobachtet wäre. Hieraus läßt sich auf di« ungemein große Anzahl, bie gewiß Tausend« betragen muß, schließen. Ob alle Cometen in geschloffenen Dahnen um die Sonne laufen, ist zwar nicht ganz gewiß, indeß sieht man doch bei den neuen genauern Berechnungen, daß die Dahnen derjeni­ gen Cometen, welche sich genau genug bestimmen lassen, sich immer als elliptisch zeigen, und kaum möchte rin einziger sicherer Fall anzugeben seyn, wo ein Comet sich in einer Parabel oder Hyperbel ohne Ende von der Sonne entfernte. Unmöglich ist indeß dieser Fall nicht, da nach den allgemeinen Drwegungsgesehen rin Körper auch in diesen Curven um die Sonne lau­ fen, und sich nach einmaliger Annäherung für immer von ihr entfernen kann. Dei unsrer gänzlichen Unkunde, was für diese sonderbaren Weltkörper angemessen seyn möge, dürfen w»r uns gar kein Urtheil, ob diese Anordnung ihrer Dahnen zweckmäßig sei, erlauben, und die Möglichkeit einer solchen gänzlichen Entfernung von unsrer Sonne um so weniger ganz zurückweisen, da es gewiß ist, daß mehrere Cometen sich bis zu ungemein großen Abständen von der Sonne entfernen, und also, wenn Licht und Wärme einen großen Einfluß auf sie ausüben, wie eS wohl der Fall zu seyn scheint, den größesten Wechseln der Erleuchtung und vermuthlich auch der Erwär­ mung unterworfen seyn müssen. Der Comet von ign zum Dtispiel, welcher in seiner Sonnennähe noch etwas «eiter als die Erde von der Sonne entfernt blieb, braucht, nach Argelandcrs Berechnung, gegen 3000 Zahre zu einem Umlaufe

i6o

Acht und dreißigste Vorlesung,

um die Sonne, und obgleich bei einer so ausgedehnten Bahn diese Bestimmung wohl um ioo Zahre unsicher seyn kann, so ist doch die oberflächliche Bestimmung sicher genug, daß er sich etwa bis auf goco Millionen Meilen von der Sonne ent­ fernen muß, und über zwei Jahrtausende außer den Grenzen unsers Planetensystems verweilt. Etwas Aehnltches findet bei den meisten Cometen statt, ja bei manchen mag der Wechsel der Jahreszeiten, wenn ich die ungleiche Erleuchtung und Erwärmung eines ganzen Umlaufes so nennen darf, noch viel auffallender seyn. Nach Encke's Berechnung war der große Comet von iögo in seiner Sonnennähe nur i2gooo Meilen vom Mittelpunkte, also nur 32000 Meilen von der Oberfläche der Sonne entfernt, und die Sonne erschien auf dem Cometen mehr als 70 Grade im Durchmesser, die Erleuchtung war 25000 mal so start als auf der Erde, und in eben dem Maaße vermehrt würden wir auch die Erwärmung, wenn die Erde dorthin verseht würde, anrechnen müssen. Aus dieser alle unsre Vorstellung übersteigenden Erleuchtung und Erhitzung, in welcher fast alle Körper der Erde in Dampf verwandelt wer­ den würden, ging der Comer sehr schnell wieder in die Regio­ nen des Zupiter und Saturn, und nach wenigen Zähren in die Gegenden außerhalb des Planetensystems über; er entfernt sich, nach Encke's Berechnung, wahrscheinlich 400 mal so weit als die Erde von der Sonne, und in dieser Entfernung von gcco Millionen Meilen erscheint ihm die Sonne nur S See. im Durchmesser, und die Erleuchtung durch die Sonne ist nur tsö’ööö der Erleuchtung, welche wir genießen, also sehr schwach, obgleich in dieser ungemeinen Entfernung doch noch immer stärker als die Erleuchtung von unserm Mondlichte. — Welrkörper, die solchen Wechseln ausgesetzt sind, müssen — so dürften wir wohl schon theoretisch schließen,— höchst ver­ schieben erscheinen, je nachdem sie erst zur Sonne heran kom­ men, oder bei ihr verwetten, und sich wieder von ihr entfer­ nen; und die Beobachtung bestätiget auch wohl hinreichend diese Vermuthung.

Neun und dreißigste Vorlesung.

161

Neun und dreißigste Vorlesung.

Die großen Veränderungen, m. h. H., «eiche ich, als auf den Cometen, bei ihrer Annäherung zur Sonne, vörgehrnd, neulich erwähnte, zeigen sich und durch die prachtvollen Schweife, die wir besonderd nach der Sonnennähe der Cometen an diesen beobachten. Es läßt sich zwar nicht be­ haupten, daß grade bifjtniqtn Cometen di« längsten und glänzendsten Schweife hätte»., die der Sonn« am nächsten kommen, indem der Comet von ign, der von 1325, und viele andre, größere Schweife hatten, als manche Cometen, die sich der Sonne sehr viel mehr näherten; aber dennoch ist nicht etwa bloß die Annäherung zur Erde die Ursache, warum wir die Cometen zur Zeit ihrer Sonnennähe mit schönen Schweifen ausgestaller sehen, sondern diese sind ohne Zweifel wirklich nicht so groß vor der Sonnennähe und lange nach der Sonnennähe. Unser Urtheil bleibt hier freilich immer etwas unsicher; denn da der entferntere Theil des Schweifes immer ein matteres Licht hat, als der dem Cometen nähere Theil, so wird jener, auch wenn er noch vorhanden ist, bei größerer Ent­ fernung sich leichter unsrer Beobachtung entziehen; aber dennoch dürfen wir aus den Beobachtungen auf «ine wahre Zunahme und Abnahme des Schweifes schließen, die freilich nicht ganz regelmäßig erfolgt, aber doch abhängig von der Annäherung zur Sonne zu seyn scbeint. Der Schweif des Cometen von igil war l2 Millionen Meilen lang kurz nach seiner Sonnennähe, und Herschel erkannte ihn noch als weit länger, und 2 Monate später betrug die und sichtbare Länge nur noch 5 Millionen Meilen. Der Schweif des Comeren von iöig war 7 bis 8 Millionen Meilen lang am Ende des November, und im Anfänge des folgenden Jahres nur 3 Millionen Meilen. Bei der Beobachtung des Cometen von 1665, den man vor seiner Sonnennähe sah, ward di« Länge des Schweifs zuerst nur Brandes Borl. 2. Th. 11

162

92 e ii n ti ii b dreißigste Vorlesung.

2: bis 3 Millionen Meilen, nachher, als er der Sonn^njher kam, beinahe 5 Millionen Meilen beobachtet. Diese und ähnliche aus den Beobachtungen gezogene Fol­ gerungen sprechen für die Behauptung, daß der Schweif mit der Annäherung zur Sonne junimmr; aber ganz gewiß finden auch dabei abwechselnde und uns noch unerklärliche Verände­ rungen statt. Nicht allein sind manche der Sonne nahe kom­ mende Cometen doch nicht mit großen Schweifen ausgestattet, welches vielleicht einem Mangel an hinreichender Masse, um den Stoff zum Schweife herzugeben, zuzuschreiben ist; sonder» auch der Schweif eines und desselben Cometen nimmt bald ab und bald zu, so daß di» Veränderungen entweder auf einer bei gleicher Entfernung ungleichen Einwirkung der Sonne, oder auf einer im Cometen selbst zuweilen »intrrtenden Ungteichheit beruhe» müssen. Beispiele solcher Aenderungen gaben der Comet von 1577 und der von 1618, und mehrere andre. ES fehlt uns bi« ,eht ganz an sichrer Kenntniß, wovon diese Wechsel abhängen; indeß muß ich bemerken, daß Capocci und von Biela einen ungleichförmigen Einfluß der Sonne hiebei anzunehmen geneigt sind. Beide behaupten ganz deut­ lich, daß dir Cometen sich uns dann mit den schönsten Schwei­ fen zeigen, wenn zur Zeit ihrer Annäherung zur Sonne die leuchtende Materie der Sonne in unruhiger Bewegung ist, und sich viele Sonnenflekken zeigen; — und wenn dieß sich bestä­ tigen sollte, so könnten auch wohl die ungleichen Erscheinun­ gen des Schweifes eines länger erscheinenden Cometen von dem Zustande der Sonnen-Atmosphäre abhängen. — Doch ich kehre von diesen noch allzu sehr tm Dunkeln liegenden Verän­ derungen zu der nähern Angabe dessen zurück, was wir mit einiger Sicherheit über die Schweife der Cometen sagen können. Die allgemeine Beobachtung, daß die Schweife der Comettn sich immer nach der von der Sonne abgewandten Seite hin erstrecken, hat zu der Vermuthung Veranlassung gegeben, daß die Sonne auf die im Schweife sichtbare Materie eine abstoßende Kraft ausüben müsse, und da diese Vermuthung die Grundlage emer Rechnung geben kann, so ist eS wohl der Mühe werth, etwa« länger bei ihr zu verweilen. Wir müssen

Neun und dreißigste Dorlesung.

163

hier offenbar die zwei Fragen zu beantworten suchen, welche Dahn jede« von der Sonne zurückgestoßene Schweiftheilchen durchläuft, und in welcher Anordnung die zu verschiedenen Zeiten vom Cometen au« gegangenen Theilchen sich uns in irgend einem Zeitpunkte zeigen. Um die erste Frage zu beantworten, muß lch Sie an da­ erinnern, was ich schon früher bei Gelegenheit der Cometen» bahnen bemerkt habe, daß die von der Sonne angezogenen Körper nicht bloß in Ellipsen und Parabeln, sondern auch in Hyberbeln um die Sonne laufen können. An diese Demer» kung schließt sich die Bestimmung der Dahn abgestoßener Körper an, welche gleichfalls eine Hyperbel ist, wenn man vorautsetzt, daß auch dir abstoßende Kraft der Sonne in der doppelten Entfernung nur ein Viertel, in der dreifachen Ent» fernung nur ein Neuntel u. s. w. dessen beträgt, was sie in der einfachen Entfernung war. Dir Hyperbel ist eine krumme Linie, die au« zwei von einander abgesonderten Stücken besteht. Ziehen Sie zwei grade, sich unter willkührlichem Winkel in A schneidende Linien AB, und AC, (Tab. VIII. Fig. 11.) und verlängern Sie diese auch irnseit- A. Nehmen Sir nun die Entfernungen AD, DE, EF, FG, gleich groß auf einer der Linien, und ziehen durch >eden dieser Theilung-punkte grade, mit der andern Linie parallele, Linien und zwar so, daß DH der AD gleich, EI nur der Hälfte, FK nur dem Drittel, GL nur dem Viertel der D H gleich sei, und so immer fort dem zehnten Punkte nur ein Abstand, gleich dem Zehntel der AD ent» spreche: so liegen alle so bestimmte Punkte, II, I, K, L, auf dem einen Aste einer Hyperbel, welcher folglich sich immer näher an die Linie AB anschließt. Nimmt man dagegen A d gleich der Hälfte der AD, und di doppelt so groß al« AD; Ae gleich dem Drittel von AD, und ek gleich dem drei­ fachen der AD; As gleich dem Viertel von AD, und f 1 gleich dem Vierfachen dieser AD,-so erhält man den zweiten Ast der Hyperbel, welcher sich eben so an AC, wie der erste an AB anschließt. Der andre Theil PBS der Hyperbel wird genau eben so zwischen den Verlängerungen jener graben Linien

Neu « und dreißigste Dorlesung.

164

gezeichnet. Diese krumme Linie hat, so wie die Ellipse, zwei Brennpunkte, deren einer bei S wenig vom einen Scheitel H entfernt, der andre bet S wenig von dem andern Scheitel R entfernt liegt, und es läßt sich nun nach Gesehen der Mechanik beweisen, daß ein von der Sonne 8 (in einem Brennpunkte) angezogner Körper bei einer gewiss-n anfänglichen Geschwin­ digkeit die Hyperbel P R S durchlaufen kann, und daß dagegen ein von der Sonne S abgestoßener Körper die andre Hälfte der Hyperbel QkUL durchlaufen muß. Marr erhält ver­ schiedene Hyperbeln, wenn man den Winkel CAB anders zeichnet, und jeder von der Sonne abgestoßene Körper kann, nach Maaßgabe seiner anfänglichen Geschwindigkeit, eine oder die andre dieser Hyperbeln durchlaufen, genau so, wie die Ellipsen mehr oder minder länglich seyn konnten, die ein ange­ zogener Körper durchläuft. *) Diese Behauptungen, die frei­ lich eines aus der Mechanik hergenommenen Beweises bedürf­ ten, werden Ihnen nun leicht Anleitung zu Beantwortung jener zwei Fragen geben. Es fei (Fig. 9.) S die Sonne, um welche der Comet in feiner Dahn DB C A von D nach A fortgeht. Wir können uns vorstellen, in jedem Zeitpunkte werde durch die abstoßende Kraft der Sonne ein Theilchen des Cometen fortgerissen, und dasjenige Theilchen, welches in D den Cometen verließ, durchlaufe die Hyperbel DdlE, dasjenige Theil­ chen, welches in B den Cometen verließ, durchlaufe die Hyper*)

Die Ellipse, Parabel und Hyperbel sind nicht allein, so fern als

sie Bahnen der um die Sonne laufenden Körper seyn können, verwandt,

sondern sie besitzen auch die gemeinschaftliche Eigenschaft, daß sie Kegel­ schnitte sind.

Ist nämlich (Tab. VIII. Fig. 10.)

erstlich nach der Richtung

DE so

schneidet,

em Kegel, den man

daß der Schnitte

beide

Seitenlinien CA, CB trifft, so erhalt man eme Ellipse als DurchschnittSlinre

mit der Kegelfläche z wäre dagegen -wertens der Schnitt DFG

parallel mit der Seitenlinie CB geführt, so würde die DurchschnittSlmie

FDG eme Parabel seyn; und endlich drittens erhält man eme Hyperbel, wenn die Ebne H D I so liegt,

daß sie oberhalb C in B C einschneidet.

Denkt man sich dann einen zweiten oberhalb C, dem bisher betrachteten Kegel gegenüber

liegenden Kegel, so schneidet eben die Ebne

H D1,

welche hier den hpberbolischen Schmtt HD 1 giebt, auch dort ein,

giebt dre zweite Hälfte der Hyperbel.

und

Neun Mnb dreißigste Vorlesung.

165

bel BK, da-fenige Theilchen, welche- in C den Cometen »er« ließ, durchlauf« bi« Hyberbel CL, und eben so sei für alle zwischen jrttfn Punkten liegenden Punkte dir Dahn der loie Theorie über die unregelmäßig wechselnden Aende» ru gen in der bald größer», bald geringern Länge des Schweife- keine Erklärung giebt, übersehen Sie leicht, und eben so wenig zeigt sie uns, warum die Zurückbeugung bald auf kurze Zeit größer, bald geringer ist. Hier bleibt also noch viel zu fragen und zu untersuchen übrig; aber es läßt sich für jetzt kaum hoffen, daß wir in diesen Untersuchungen

16g

Neun und dreißigste Vorlesung.

schon glückliche Fortschritte machen könnten, da di« Zahl guter Beobachtungen von Cvmetenschweifen sehr geringe ist, und unter den älteren Beobachtungen uns manche durch ihre Unrichtigkeit eher irre leiten, als uns richtige Entscheidung über die wirklich eingetretenen Phänomene geben mögen. *) Indeß hoffe ich doch, daß lene Theorie eine entfernt« Anleitung enthalten könne, um uns über die Entstehung der Schweife zu belehren, wenn es gleich freilich gewiß ist, baß wir noch mehreres werden in Betrachtung ziehen müssen, um alle einzelne Erscheinungen zu erklären. Ich bemerkte vorhin, daß auch der Eomet selbst die Schweiftheilchen abzustoßen, und dadurch die Ausdehnung des Schweifes in die Breite hervorzubringen scheine; und muß Ihnen daher die dafür sprechenden Gründe noch etwas näher angeben. Der große Eomet von ign zeichnete sich nicht bloß durch einen langen Schweif aus, sondern es ließ sich an ihm zugleich wahrnehmen, daß der glänzende Schweif den Eometen nicht unmittelbar berührte, sondern ungefähr so, wir Fig. 4. Tab. VIII. zeigt, den Körper des Eometen um« gab. Stellt nämlich hier A den Eometen selbst vor, so schien «in hohles Eonoid, «ine beinahe kegelförmig leuchtende Masse, wovon HBK die innere Begrenzung darstellt, ihn so zu umgeben, daß zunächst an ihm rin Raum, nicht mit der leuchtenden Schweifmaterie erfüllt, frei war, und dann, wi« ein glänzender Mantel, die Materie des Schweifes diesen See übersehen leicht, daß dadurch leeren Raum umhüllte. der Eomet das auf Tab. IX. Fig. 5. dargestellte Ansehn er« Hallen konnte. Denn obgleich ;ene Helle Materie den Lome» ren gewiß rund um umgab, so sahen wir sie doch an den beiden Seiten am lebhaftesten, weil unsre GesichtSlinie da am längsten in der Hellen Oberfläche forllirf, also auf weit mehr leuchtende TheUchen traf, als um die Mitte, wo die GesichtSlinie nur auf wenige Theilchen der dünn leuchtenden •) Ich habe die aus Beobachtungen berechneten Formen vieler Come-

tenschweife in einer Zeichnung dargrstellt, in dem Sten Hefte bet Unter­ haltungen für Freunde der Physik und Astronomie.

Neun und dreißigste Vorlesung.

169

Schichte stößt. Dieser Umstand, daß bi« Helle Materie de« Schweife« von dem Cometen selbst entfernt lag, gab Older« Veranlassung zu der Vermuthung, daß auch der Comet selbst diese Materie von sich zurückstoße, und daß, wie t« dann wohl nothwendig der Fall seyn muß, der Scheitelpunkt B die, ser leuchtenden Umhüllung (Tab. VIII. Fig. 4.) gegen die Sonn« hin, und zwar da liegen muß, wo die abstoßende Kraft der Sonne eben so stark ist, al« die abstoßende Kraft de« Cometen. E« läßt sich wohl einsehen, daß bei manchen Cometen, wenn sie gleich eben die abstoßende Kraft besitzen, dennoch vielleicht kein solcher leerer Zwischenraum sichtbar wird, nämlich dann, wenn jtnt Kraft nicht stark genug ist, um den leeren Zwischenraum groß genug zu machen, damit er un« au« unserm entfernten Standpunkte kenntlich sei. Die vom Comrten aufsteigenden Theilchrn werden dann offenbar in der galt» zen Oberfläche de« Schweifkegel« gegen H und K hin fortge» führt, oder vielmehr, wenn man ihre Bewegung in Beziehung auf Sonne und Cometen so wie vorhin verfolgt, wird man sie in dieser Schweifhülle in immer zunehmenden Entfernungen vorn Cometen auffinden. Und hier erhellt nun wohl der Grund, warum ich vorhin (Tab. X. Flg. 12.) dem Schweife prDsq «ine gewisse Breite beilegte; denn die gegen B hin immer neu vom Cometen aufsteigenden Theilchen drängen sich gewiß nach allen Seiten fort, einige eilen dem Cometen vor, einige bleiben hinter dem Cometen zurück, und bilden dadurch da« in die Breit« ausgedehnte Schweifconoid, dessen Form sich noch genauer würde bestimmen lassen, wenn wir über die hier wirkenden Kräfte schon ganz genau unterrichtet wären. Diese« mag hinreichen, um Sie mit den Bestimmungen bekannt zu machen, welche un« durch Theorie zu erhalten etwa möglich seyn möchte; da« nächste Mal werd« ich St« mit «int» gen Nachrichten von wirklich beobachteten Cometen unterhalten.

170

Vierzigste Vorlesung.

Vierzigste Vorlesung.

Die Geschichte derjenigen Cometen, m. h. H>, welche durch auffallenden Glanz dir Augen der Beobachter auf sich gezogen haben, enthält so viel Anziehende-, daß ich wohl hoffen dürfte, Ihre Aufmerksamkeit zu fesseln, wenn ich auch länger bei der Erzählung der von ihnen dargebvtenen Erscheinungen verweilte, al- r- mir dem Zwecke dieser Darstellung der Phänomene de« HimmelS angemessen scheint. Au- den älteren Beobachtungen, die un- oft nur durch schlecht unterrichtete Chronikenschrrrber aufbrhalten sind, und in deren Erzählung man oft mehr dir Ansicht eine- mit Schrecken und Erstaunen erfüllten Zeitalter-, al< die genaue Au-sagr wirklicher Beobachtungen erkennt, will ich gar nicht- mittheUen, da e« so schwer ist, hier die wirk» lichcn Beobachtungen von dem zu unterscheiden, was die Phan­ tasie hinzufügte. Daß die letztere sehr oft auf die Erzählung ihren Einfluß geäußert habe, ja daß zuweilen die Wahrheit so verunstaltet ist, daß man gar nicht weiß, wa- man davon halten soll, davon überzeugt man sich am besten, wenn man Lubienihky'- Geschichte aller Cometen durchblättert, wo zum Beispiel erzählt wird, im Zahre 1000 unsrer Zeitrech­ nung sei au- einer Oeffnung de- Himmel- eine brennende Fackel mit langem blitzendem Schweife herabgrsallen, und al- sich die Spalte de- Himmel- ollmählig verlor, sei eine Figur mit einem Schlangenkopfe und mit blauen Füßen gesehen worden; diese« erdichtete Thier ist sogar dort abgebildet, und man findet dort viele ähnliche Nachrichten, die ganz unglaublich sind, gesammelt. Einer der ersten von einem Astronomen beobachteten Corot» ten ist der schöne Comet vom Zahr 1472. Er ging in der Ent­ fernung von i Million Meilen bei der Erde vorbei, und zeigte feinen 4 bi« 5 Millionen Meilen langen Schweif in einer recht vortheilhaften Stellung. Zm Jahre 1531 wurde der Comet,

Vierzigste Vorlesung.

171

welcher schon 1456 mit einem langen Schweife beobachtet war, wieder beobachtet; er ist nachher noch dreimal wieder erschie» nen. Er wurde dießmal vor der Sonnennähe beobachtet, und hatt« einen Schweif von 3 Millionen Meilen. Ein »orzüglich schöner Comet war der von Tycho, Mtstlin, und andern beobachtete, im Jahre 1577. Dieser Comet war in sei­ ner Sonnennähe nur 3^ Millionen Meilen von der Sonn« entfernt, und wurde ig Tage nach feiner Sonnennähe am 13. Nov. zuerst beobachtet. Er würde sich noch schöner gezeigt haben, al« es wirklich der Fall war, wenn er sechs Wochen früher die Punkte seiner Dahn erreicht hätte, wo er sichtbar ward; denn di« Erde entfernte sich schon sehr von der Gegend, wo der Comet in seiner Dahn oberhalb der Erdbahn vorbei­ ging. Die Länge de« Schweife« betrug in den ersten Tagen 5 Millionen Meilen. Der Schweif muß von ungewöhnlichem Glanze gewefrn seyn, da er sogar bei Tage zu sehen grw»s»n ist, und vorzüglich war die vorangehende Seite schön glän­ zend; — ein Umstand, der öfter beobachtet ist, und der wohl Veranlassung zu dem Gedanken geben kann, die hier am mei­ sten Widerstand leidende Materie de« Schweife« dränge sich mehr zusammm al« in andern Theilen desselben. Seine Länge nahm zu, und er erhielt einige Tage später «inen 2 Millionen Meilen langen Nebenschweif; die Drrite de« Hauptschweife« aber betrug gegen da« Ende hin 7cocoo Meilen. Am io. Dec. muß der Schweif über g Millionen Meilen lang gewesen seyn, und eben so lang, eher noch länger, muß er bi« gegen da« Ende de« Zahre« geblieben seyn. Aber die Erde entfernte sich stark von dem Comrten, während er in der entgegengesetzten Rich­ tung von der Sonne forteilt«, und daher endigen sich sehr bald die Beobachtungen, um die Zett, da der Comet noch kaum doppelt so weit, al« die Erde, von der Sonne ent­ fernt war. Unter den folgenden Cometen, die nicht so ausgezeichnet groß waren, erwähne ich den von 1607 nur darum, weil er eben der öfter beobachtete Comet ist, dessen mehrmalige Erschei­ nung Halley erkannte, und der daher unter dem Namen de« Halleyfchen Cometen bekannt ist. Er erschien jetzt unter

172

Vierzigste Vorlesung.

ziemlich günstigen Umständen, da die Erde ihm zur Zeit sei­ ne« Erscheinen«, vor der Sonnennähe, am Ende de« Septem­ ber ziemlich nahe kam; aber sein Schweif «ar nicht lang, und da er nach der Sonnennähe jenseits der Sonne stand, so konnte er nicht lange beobachtet werden. Da« Jahr i6ig zeichnete sich durch drei Cometen au«, von denen freilich einer unbedeutend war. Der zweite stand mit einem langen, aber matten Schweift so tief am südlichen Himmel, daß er nur in Italien ziemlich gut, und besser noch in Ost-Indien gesehen wurde; in Deutschland sah Kepler zwar den Schweif, aber ohne den Cometen selbst, der auch in Italien einen nur schwachen und unbestimmten Glanz zeigte, erkennen zu können. Die Aufmerksamkeit würd» aber auch sehr bald von ihm abgezogen, und auf den berühm­ ten, schönen Cometen gelenkt, brr längere Zeit am nördlichen Himmel sichtbar blieb. Dieser hatte am g. Nov. seine Son­ nennähe, g Millionen Meilen von der Sonne, erreicht, und ging gegen den Theil der Erdbahn zu, welchen diese während de« Winter« durchläuft; er war daher ziemlich in der gün­ stigsten Stellung flchtbar. 16 Tage nach der Sonnennähe ward er in Goa noch mit einem nur kleinen Schweife beobachtet; aber er stand zu sehr in der Morgenröthe, um seinen Schweif im rechten Glanze zu zeigen. Schon in den letzten Tagen de« November ward er auch in Europa beobachtet, und sein 5 bi« 6 Millionen Meilen langer Schweif breitete sich gegen da« Ende sehr au«. Diese Au«breitung ward indeß nicht ganz al« wahre Vergröße­ rung der Breite gegen da« Ende hin anzusehrn, sondern zum Theil nur scheinbar, weil di« äußersten Theile de« Schweif« nur etwa 4 Millionen Meilen von der Erde entfernt waren, statt daß brr Comet selbst mehr al« doppelt so weit von ihr abstand. Die Länge de« Schweife« ergiebt sich au« den fol­ genden Beobachtungen etwa« ungleich; aber höchst auffallend ist e«, daß er um die Zeit, al« die Erde durch die Ebne der Cometenbahn ging, ganz ungemein lang erschien. Dieß läßt sich vielleicht so erkläre». — Da di« früher angeführten Gründe,

Vierzigste

Dort esung.

173

warum der Schweif sich so, wie Fig. ja. Tab. X. prDsq,

au«breitet, nur in brr Ebn« brr Dahn statt finben, so kann

wohl brr in bieser Ebne liegenbe Durchschnitt burch bie ganze

Läng« be« Schweife« mehr Brette habe», al« «in auf bi« Ebn« brr Dahn senkrechter Längenschnitt.

Ist nun bie Erbe, und

folglich ber Beobachter in brr Ebne jene« breiter» Schnitte«, so trifft seine Gesicht«linie auf mehr leuchtenbe Thetlchen, al«

tn jrbrr onbtrn Stellung, unb e« (innen ihm baher bie sehr zerstreuten Schweiftheilchen, «eit vom Cometen, noch sichtbar

bleiben, bie er bet anbrer Stellung nicht mehr gewahr würbe. einem recht scharfen

Der Schweif erschien in biesrn Tagen

Auge über ioc> Grabe lang, unb mußte wenigsten« eine wahre Länge von 13 Millionen Meilen haben; inbeß war bie Läng«

de« recht hell unb

immer

sichtbaren

Schweife«

nur gegen

9 Millionen Meilen, unb nur tn einzelnen günstigen Augen»

blicken glänzte er länger unb breiter, al« in ben Zwischenzet» ten hervor. Der Schweif ging bamal« in einer Entfernung, bie etwa 4% Millionen Meilen betrüg, bei ber Erbe vorbei, währenb ber Comet selbst *7 Millionen Meilen von ihr ent»

fernt war.

In ben folgenben Tagen wirb ber so lang angegeben,

Schweif nicht mehr

boch hatte er auch am 16. unb 17. De»

cember eine Länge von mehr al« 6 ja bi« 7 Millionen Met»

len; aber nun nahm er vom ao. bi« 22. December sehr ab; er würbe bann noch einmal wieber schön am 24. unb beson» ber«

am ag.

December,

wo er

statt ber in

ben vorigen

Tagen beobachteten Länge von 2$ Millionen Meilen wieber bi« auf g Millionen Meilen angewachsen war,

unb in sehr

günstigen Augenblicken, selbst bi« zu 9I Millionen Meilen Ent­

fernung vom Cometen hervorblinkte.

Zm Anfänge be« näch­

sten Zähre« scheint «in« nicht bloß scheinbare,

fonbtrn wirk»

liche Abnahme be« Schweife« statt gefunben zu haben;

ben»

bie Entfernung be« Cometen von ber Erbe hatte noch nicht

sehr zugeaommen unb selbst bie entferntem Theile be« Schweife« waren boch nur 14 bi« 15 Millionen Meilen entfernt; aber bt« Länge be« un« sichtbaren Schweife« betrug nur noch etwa 3 Millionen Meilen, unb bei ber nachher stark zunehmenben

174

Vierzigste Vorlesung.

Entfernung der Erde vom Cometen wurden di« Beobachtungen bald ganz geschloffen. Der Comet des Zahre« 1652 hatte keinen erheblichen Schweif, er war aber selbst sehr groß, indem er oder wenig­ stens sein» Nebelhülle 30000 Meilen im Durchmesser hatte. Er war um die Zeit, al« er der Erde am nächsten kam, doch nur kurze Zeit zu sehen. Dagegen zeichnete sich der Comet von 1664 wieder durch «inen schönen Schweif au-. Dieser Schweif zeigte sich in ganz vrrschiedeilkn Gestalten, weil dir Stellung der Erde gegen ihn so verschieden war. Der Comet kam selbst in semer Son« nennähe nicht so nahe zur Sonne al- die Erde, sondern blieb «ine halbe Million Meilen außerhalb der Erdbahn, und die Erde ging so zwischen der Sonne und dem Cometen vorbei, daß der Schweif einige Tage lang in sehr verkürzter Pro­ lektion, einem Pfauenschweife gleichend, wie Hevel sagt, erschien. Der Comet selbst muß von sehr erheblichem Durch­ messer gewesen seyn, indem Hevel« Beobachtung diesen 23000 Meilen angiebt; die Länge de- Schweife« ergirbk sich nicht alle Tage gleich, aber doch Anfang« über 5 Millionen Meilen, nachher geringer, und im Februar 1665 nur noch i* Millionen Meilen, als der Comet von der Erde 29 Millionen Meilen, von der Sonne 27; Millionen Meilen entfernt war. Gleich nach diesem Cometen erschien auf kurze Zeit, im April 1665, ein schöner Comet, dessen Schweif anfangs 3 Millionen Meilen lang war, aber indem er sich der Sonne näherte, bis 6 Millionen Meilen zunahm. Er wurde sehr bald bei der Annäherung zur Sonne unsichtbar. Der Comet von iögo, eben der merkwürdige Comet, wel­ cher der Sonne so nahe kam, glänzte ebenfalls mit einem schönen Schweife, der indeß vorzüglich deshalb, weil der Comet der Erde nah« kam, sehr lang erschien. Als man ihn im November fast einen Monat vor seiner Sonnennähe beobach, kett, war sein Schweif zuerst nur J Million Meilen lang, nahm aber bald bi« auf 3 Millionen Meilen zu. Der Schweif erschien am schönsten gegen Ende des December und im Anfänge de« Zanuar, «0 er über 60 Grade lang «ar, und sich vom

23 i c r i t g fr c Vorlesung.

175

AntinouS bi« jur Cassiopeia erstreckte; aber schon in der Mitt« des Januar nahm er ab, und wurde bald nach Anfang des Februars unbedeutend. Der Halleysche Comet zeigte sich 1652 im August mit einem recht schönen Schweife, und dieß ist auch die Zahrszeit, «0 er kurz vor seiner Sonnennähe schon recht gut gesehen werden kann. Da er aber nördlich von der Sonne vorbei, ging, und sich dann als rückläufiger Comet nach einer, der Bewegung der Erde entgegengesetzten Richtung von uns ent« fernte, so blieb er nicht lange sichtbar. Das achtzehnte Jahrhundert ist nicht so reich an großen Cometen gewesen. Erst im Anfänge des Jahres 1744 kömmt ein Comet mit großem schönem Schweife wieder vor, der über zwei Monate lang vor der Sonnennähe, und dann noch kurze Zeit nach der Sonnennähe beobachtet wurde. Schon am 13. Dec. 1743 zeigte er sich mit einem kleinen Schweife, alt, er noch außerhalb der Marsbahn war; er näherte sich dann der Sonne und der Erde, so daß er kurz vor seiner Sonnennähe auch der Erde am nächsten kam. Erst nach' der Mitte des Januar- wurde der Schweif ansehnlich, und soll selbst bet Tag« gesehen worden seyn. Der Schweif zeigte sich nun allmählig immer deutlicher als ein doppelter Schweif. De Cheseaux giebt nach der Mitte des Februar den länger» 14 Millionen Meilen, den kürzern 4 bis 5 Millionen Meilen lang an. Auch H e i n s i u s beobachtete diesen doppelten Schweif, und beschreibt zugleich die Erscheinungen, di« sich um den Körper des Cometen selbst zeigten, die ich zu tintr andern Zeit erwähnen will. Aber das Merkwürdigste war nun, daß der Comet zuletzt einen sechsfachen Schiveif erhielt. Nachdem nämlich de Cheseaux ihn bis zum 1. März (dem Tage seiner Sonnennähe,) beobachtet hatte, und durch mehrere trübe Tage an weitern Beobachtungen gehindert war, begab er sich am g. März vor Sonnen-Aufgang an einen freien Platz, um den jetzt der Sonne sehr nahe gerückten Cometen noch zu sehen. Man sah nur noch seinen über dem Horizonte hervorragenden Schweif, oder vielmehr seine Schweife, deren »an Anfangs fünf, und endlich noch «inen sechsten, von einem

176

Vierzigste Vorlesung.

Lichte so hell wie die schönsten Theile der Milchstrasse gewahr ward. Nach der Stellung des Cometen konnte man diese lichten Streifen mit allem Rechte für Schweife, die von ihm au-gingen, halten; sie nahmen den ganzen Raum von der Hand des AntinouS und der Hand des Wassermanns bis zu den Füssen des Pegasus ein, und nach de Cheseaux Berechnung war der südliche n Millionen, der mittlere sowohl als der nördliche Schweif 15 Millionen Meilen lang. Der Cemet war am 1. März der Sonne bis auf 4} Millionen Meilen nahe gekommen. Der im Jahre 1759 im März zu seiner Sonnennähe zurückkehrende Halleysche Comet hatte dieß Mal keine günstige Stellung. Als er gegen die Erdbahn heranrückte, war die Erde schon sehr weit von der Gegend entfernt, wo er am vortheilhaftesten hätte gesehen werden können. Dennoch ent­ deckte ihn am 25. Dec. 1758 em die Astronomie liebender Landmann Palizsch in Sachsen, der diesen zurück erwar­ teten Cometen aufsuchte, und ihn fand, ehe er noch mir bloßem Auge zu sehen war. Während der Comet sich der Sonne näherte, und sich nun wieder von ihr entfernte, war die Erde in eine günstigere Stellung gekommen, und der Comet wurde im April in besserm Lichte, jedoch nur als mit einem matten Schweife ausgestattet, beobachtet. Der Comet vom Jahre 1769 kam bei seiner Annäherung zur Sonne, nämlich vor der Sonnennähe, der Erde nahe, und daher war sein Schweif damals weit schöner, als nach­ her. Man sieht bei den Beobachtungen diese- Cometen, wie groß der Unterschied in den Angaben der Länge de« Schweife«, bloß wegen ungleicher Heiterkeit de« Himmel« seyn kann; denn während Cassini in Pari« ihn 60 Grade lang beobachtete, wurde er in D 0 l 0 g n a 70 Grade lang gesehen, und P i n g r « von Bradley beobachteten Erscheinungen waren nun genau von dieser Beschaffenheit, und nachdem er sich überzeugt hatte, daß keine Fehler in der Stellung des Instrument« diese Ungleichheit bewirkten, schloß er sogleich richtig, daß die da» mal« kürzlich bekannt gewordene Fortpflanzung de« Lichte« diese Einwirkung auf die scheinbare Lage der Sterne haben müsse. Die Sterne scheinen vermöge der Aberration Ellipsen zu be» schreiben, die desto schmaler sind, >e näher die Sterne der Ekliptik stehen, deren große Axen aber alle gleich, nämlich 40 Sekunden find, weil dies« durch da- Verhältniß der Ge« schwindigkeit de« Licht« zur Geschwindigkeit der Erde bestimmt

218

Vier und vierzigste Vorlesung,

wird. Gäbe es Sterne, deren Licht langsamer zu uns käme, so würden sie eine größere Ellipse zu durchlaufen scheinen; aber solche Sterne har man nicht gefunden, sondern bei allen genau angestellten Beobachtungen findet sich die Aberration, derjeni­ gen Geschwindigkeit des Lichtes, die aus den Verfinsterungen der Zupireremonde geschloffen worden, so entsprechend, daß man keine Verschiedenheit, die für unsre Beobachtungen merklich wäre, wahrnehmen kann. Zn dieser Beobachtung der Aberration liegt nun auch ein neuer Grund für di« Behauptung, daß die Erde sich bewege; ruhete sie, während Sonne und Planeten um sie laufen, so könnte diese Abweichung nicht statt finden, indem diese eine Folge der zugleich statt findenden Bewegung der Erde und des Lichtes ist.

F ünf und vierzigste Vorlesung.

219

Fünf und vierzigste Vorlesung.

Die kleinen Aenderungen in der Lage der Fixsterne, womit

ich Sie, m. h. H., bisher unterhalten habe, ließen sich alle aus bekannten Ursachen erklären. Entweder wies ihre jähr­ liche periodische Wiederkehr auf einen Zusammenhang mit der Bewegung der Erde um die Sonne hm, oder man erkannte wenigstens an der Gleichheit der Aenderung für alle Sterne, daß der Grund nicht in einer Bewegung einzelner Sterne lie­ gen könne. Zu den Aenderungen der ersten Art würde die jährliche Parallaxe gehören, und die Aberration gehört dazu; als Aenderungen der zweiten Art kennen Sie schon da- Rück­ gehen der Nachtgleichen, wodurch alle Sterne ihre Lage gegen den Himmelspol ein wenig ändern, und die Nutation, oder daS Wanken der Erdaxe, wodurch kleine vom Monde abhän­ gende periodische Aenderungen hervorgebracht werden - auch die von den Störungen andrer Planeten abhängende Aenderung der Lage der Erdbahn, habe ich schon erwähnt. Aber außer allen diesen nach bestimmten Regeln erfolgenden Bewegungen haben nun sehr viele Fixsterne noch eigenthümliche Bewegun­ gen, die zwar so geringe sind, daß sie nur dem genau beob­ achtenden Astronomen merklich werden, aber doch sich bei Ver­ gleichung älterer Beobachtungen mit neueren ganz deutlich zei­ gen. Diese eignen Bewegungen der Sterne, vermöge welcher ein Stern sich den nach der einen Seite zu liegenden Sternen nähert, die an der andern Seite liegenden hinter sich zurück­ läßt, scheinen an gar keine Regel gebunden; es sind nicht grade die größesten Sterne allein, welche eine starke eigne Bewegung haben, sondern manche unbedeutend scheinende Sterne bewegen sich eben so schnell zwischen ihren Nachbarn fort, jo die am schnellsten fortrückenden sind grade einige kleinere Sterne; auch gehen nicht Sterne, die in denselben Sternbildern sich befinden.

220

Fünf und vierzigste Vorlesung.

nach übereinstimmenden Richtungen, sondern es finden dabei die mannigsaltigsten Ungleichheiten statt. Befremden kann es uns wohl eben nicht, daß auch jene entfernteren H mmelSkörper in Bewegung sind, da wir uns eine ganz vollkommene Ruhe gar nicht wohl denken können; und daß diese Bewegungen sich uns als sehr langsam zeigen, läßt sich aus ihrer großen Entfernung wohl erklären. Wir können nämlich offenbar schließen, daß ein durch 41 Millionen Meilen (oder s» weit als der ganze Durchmesser der Erdbahn) fortrückendrr Stern uns nur um eben so viel als seine,ährlicht Parallaxe beträgt, fortzurücken scheint, und folglich müssen Sierne, wie der Cassiopeja, und Nr. 61. im Schwan, dir über 5 Seeunden >ährlich fortrücken, und doch noch keine Secunde Parallaxe zeigen, jährlich einen Weg von 200 Mil­ lionen Meilen und noch mehr durchlaufen. Daß diese Bewe­ gungen, deren Größe und Richtung durch Kräfte, die uns ganz unbekannt sind, bestimmt wird, uns sehr unregelmäßig erschei­ nen können, läßt sich auch leicht übersehen; — dennoch hat man den Versuch gemacht, auch hier Regeln zu entdecken. Da unsre Sonne in so vielen Rücksichten sich den Fixster­ nen ähnlich zeigt, da es überdiefi schon an sich unwahrschein­ lich ist, daß sie, vollkommen ruhend, in dem Punkte bleibe, den sie einmal einnimmt: so ist es wohl anzunehmen, daß auch sie, so wie andre Sterne, «ine eigne Bewegung habe, und wir fragen mit Recht, welchen Einfluß dies« Bewegung auf die scheinbare Lage der Sterne haben müsse. Herschel und Prevost haben diese Frage vor etwa 40 Jahren zu beant­ worten gesucht, und aus einer Vergleichung der damals be­ kannten eignen Bewegungen der Fixsterne versucht, die Rich­ tung zu finden, nach welcher sich unsre Sonn« fortbewegt. Es ist offenbar, daß beim Fortrücken unsers ganzen Planeten­ systems all» Sterne hinter un- zurückbleiben, so wie Fig. ig. es für die Sterne A, B zeigt, wenn die Erde von C nach E rückt; fle würden anscheinend gegen den Punkt hin rücken müssen, den wir grade hinter uns lassen, oder von welchem abwärts unsre Bewegung gerichtet ist; rührten also all« andern Sterne, während d«e Sonne allein sich bewegt, so müßt« ihre

Fünf und vierzigste Vorlesung.

231

scheinbare Bewegung so beschaffen seyn, daß die sehr kleinen Dogen, welch« wir fie durchlaufen sehen, verlängert, zu jenem Punkte hin führten. Herschel und Prevost suchten deß, halb di« Durchschnitt-punkt« der verlängerten Dogen, die wir als durchlaufene Wege einzelner Sterne kennen, und glaubten darau- schließen zu dürfen, daß unsre Sonn« sich gegen daSternbild de- Hereulr- zu bewege, indem die meisten und erheblichsten Fortrückungrn der Sterne von diesem abwärt- zu gehen schienen. Herschel hat di« Richtung, nach welcher unsre Sonne sich bewegt, noch genauer zu bestimmen gesucht, und sogar die Geschwindigkeit derselben au-mitteln wollen; aber da- letztere scheint für jetzt noch ganz unmöglich, und selbst da- erstere kann nicht mit der Sicherheit geschehen, wie man e- au- den frühern, nicht sehr zahlreichen Beobachtungen für möglich hielt. E- läßt sich nämlich wohl rinsrhen, daß die wirklich eignen Bewegungen der einzelnen Stern« sich auf die mannigfaltigste Weise mit dem, wa- die Bewegung der Sonne bewirken würde, verbinden, und un< nicht so leicht die Bewe­ gung unser- eignen Standpunkte- wahrnehmen lassen; aber wenn gleich dadurch die Entscheidung über die Richtung unsrer eigenthümlichen Bewegung sehr erschwert wird, so muß doch bei länger fortgesetzten Beobachtungen endlich ganz gewiß auch die Beantwortung dieser Frage hervorgehen. Denn so ungleich auch bi« Richtungen der einzelnen Sterne seyn mögen, so wer­ den doch die, welche sich unsrer Sonne entgegen bewegen, am meisten, die, welche mit ihr nach einerlei Gegend hin rücken, am wenigsten scheinbar fortrücken; die Sterne, deren wahr« Bewegung senkrecht auf die Richtung der Bewegung unsrer Sonne ist, werden un- dennoch ein kleine- Hinrücken zu dem Punkte, von dem die Sonne weg rückt, zeigen; und so wird, wenn man alle eigne Bewegungen zusammen nimmt, sich etwaUeberwiegende- für die der Sonne eigenthümliche Richtung zwischen der ungemeinen Mannigfaltigkeit der eignen Bewe­ gungen doch endlich nicht verkennen lassen. Wäre aber die Richtung, nach welcher unsre Sonne sich bewegt, bekannt, so lernten wir au- der scheinbaren eignen Bewegung jede- Stern­ seinr wahre Bewegung besser kennen, und so übersehen Sie,

22r

Fünf und vierzigste Vorlesung,

daß eine ferne Nachwelt, selbst ene beiden Sterne zusammen wohl gewiß an Masse eben so groß alt unsre Sonne seyn mögen.

C echö und vierzigste Vorlesung.

231

De» manchen andern Doppelsternen ist bte blS jcM beob­ achtete Umlaufsbewegung so geringe, daß sie eint Umlaufezelt von icco Zähren und darüber zu haben scheinen. Da wir über die Entfernung derjenigen Sterne, die sich auch nicht einmal durch eine stärkere eigne Bewegung auSzeichnen, gar nichts bestimmen können, so läßt sich nicht angeben, wie groß die Masse dieser Sterne etwa seyn kann. Nimmt man als ein Beispiel die Sterne neunter Größe Nr. 2go. des Schwang, denen der jüngere Herschel ernen scheinbaren Abstand von See. beilegt, und fragt, wie weit müßten sie von einander, und wie weit von uns seyn, wenn die Masse beider zusam­ men der Masse unsrer Sonne gleich wäre: so erhält man für eine Umlaufszeit von 1400 Zähren, wie Herschels Ver­ gleichungen sie ungefähr ergeben, daß der Abstand beider Sterne von einander 125 mal so groß ald der Abstand der Erde von der Sonne seyn muß, und daß, da dieser Abstand uns nur 2j See. groß erscheint, diese Sterne nur Sec. Parallaxe haben könnten. Sie müßten also etwa 12 mal so entfernt seyn, als diejenigen und am nächsten stehenden Sterne, die höchstens J Sec. Parallaxe haben.

Diese Rechnung, so wenig sie eine positive Belehrung über die Größe, und den Abstand der Doppelsterne von einander und von uns, gewährt, dient doch wenigstens zu zeigen, daß wir gar nicht nöthig haben, den Doppelsternen so kleine Mas­ sen beizulegen, wie eS der Philosoph Schubert thut, dem die Vertheidigung der Hypothese, daß die entfernter» Sterne lange nicht die Dichtigkeit, wie unsre Sonne, haben, sehr am Herzen liegt. Er hat seine Vergleichungen auf eine als Beob­ achtung Herschels angesehene Bestimmung gegrünbet, die man aber gewiß als unrichtig ansehen kann. Herschel be­ diente sich nämlich bei seinen Angaben des Abstandes der Dop­ pelsterne von einander, oft des Auedrucks, daß dieser Abstand dem Durchmesser des größern Sterns gleich, oder zweimal so groß u. s. w. erscheine, und wenn man hieran eine Berech­ nung, wie klein jum Beispiel die Masse der Sonne seyn müsse, wenn ein nur um ihren doppelten Durchmesser von ihr abste-

2zr

Sech« und vierzigste Vorlesung.

hender Planet ioo Jahre zu einem Umläufe brauchen sollte, knüpfen wollte, so würde man allerdings ganz andre Resultakt, als diejenigen, erhalten, die meine eben geführten Rech­ nungen ergeben. Aber wer nur selbst einmal einen Doppel­ stern beobachtet hat, der sieht sogleich, was >ene nach schein­ baren Sterndurchmessern geschätzten Distanzen sagen wollen, nämlich daß sie nur auf eine bestimmte Vergrößerung und auf «In bestimmtes Instrument gehen, und also zwar zu einiger Vergleichung, aber nie zu einer messenden Bestimmung dienen. Die Durchmesser der Fixsterne sind so klein, daß sie auch bet starker Vergrößerung noch nicht als meßbar sich darstcllen., und gleichwohl glauben wir selbst bei der schwächsten Vergrößerung, )« selbst mit bloßem Auge ihnen einen gewissen scheinbaren Durchmesser beilegen zu dürfen. Stehen daher zwei Sterne, wie die im Kopfe des La stör, des einen der Zwillinge, ein­ ander sehr nahe, so verdeckt bei geringer Vergrößerung der gemeinschaftliche Glanz beider den Zwischenraum völlig, so daß wir nur einen einzigen Stern zu sehen glauben; nehmen wir eine stärkere Vergrößerung, so zeigt sich zuerst der Stern ver­ längert, bei noch stärkerer Vergrößerung gespalten, und nun leitet der Anblick uns allerdings zu dem Urtheile, daß wir den Abstand dem Durchmesser des einen Sternes gleich oder selbst kleiner sehen. Aber gehen wir zu einer noch stärker» Vergrößerung fort, so nimmt der scheinbare Abstand beider Sterne genau nach Verhältniß der Vergrößerung zu, die an­ scheinenden Durchmesser aber vergrößern sich nicht in eben dem Maaße, sondern man würde den Abstand letzt dem mehrfachen Durchmesser des einen gleich finden, wenn er vorhin nur dem einfachen Durchmesser gleich erschien. So erhellt, daß lene Vergleichung zwischen Abstand und scheinbarem Durchmesser zu gar keiner Abmessung dienen kann; und daß Herschel selbst sie dazu nicht angewandt wissen will, hat er durch seine um­ ständlichen Untersuchungen über diese unrichtigen scheinbaren Durchmesser gezeigt, aus welchen hervorgeht, daß man in allen diesen Fällen gar nicht von bestimmter scheinbarer Größe reden darf, sondern daß man die wahrhaften scheinbaren Durchmes­ ser von den täuschenden dadurch untrrscheidet, daß jene mit

S«ch< und vierzigste Vorlesung.

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steigender Vergrößerung regelmäßig und verhältnißmäßig «ach, srn, diese dagegen nicht. Unter den zahlreichen Beobachtungen von Doppelsternen, die letzt durch Struve'«, des jünger» Herschel- und South- Bemühungen doppelt lehrreich werden, kann ich nur einige wenige au-heben. £ de- großen Därrn ist ein Doppel­ stern, in welchem der größere fünfter Größe, der kleinere s«ch«ter Größe ist, ihr Abstand 2$ bi- 2Z Secunden. Schon der ältere Herschel bemerkte dir starke Aenderung ihre« Stel» lung-winkei-, und diese hat sich auch nachher völlig bestätigt, indem seit I78i in 33 Zähren, nach Struve'« Beobachtung, «in Fonrückrn von 227$- Graden» in der Dahn de« einen Stern« um den andern statt gefunden hat; darnach wäre die jährliche Bewegung 6 Grade, die Umlauf-zeit 60 Zahre, und nach de« jünger» Herschel« noch neuern Beobachtungen könnte die Umlauf-zeit wohl noch etwa« kürzer seyn. Der Stern Nr. 70. im Schlangenträgrr ist eben so merkwürdig. Den größer» seht Struve al« vierter Größe,'den kleinsten al« siebenter Größe an, statt daß der jüngere Herschel auch den erster» nicht so sehr erheblich größer, al« den zweiten findet; der Abstand beider ist ungefähr 5 Secunden. Seit Herschel« erster Beobachtung hatte der Stellung-winkel sich in 40 Zähren um 231 Grade, also jährlich um 7 Grade geändert; dies« Winkelbewegung hak sich aber nach Struvr'« und des jüngcrn Herschel« und South« Beobachtungen in den letzten Zähren sehr vermindert, so daß der eine Stern eine sehr excentrische Dahn um den andern zu durchlaufen, und sich jetzt in der Sonnenferne, wo die Fortrückung langsamer ist, zu befinden scheint. E« ist zu bedauern, daß zwischen I78i und 1304, und zwischen 1304 und 1319 gar keine Deob« achtungen angestelit sind, also theil« die größer Winkelbewe« gung nur sehr oberflächlich, theil« die damit verbundene kleinste Distanz ga» ni>cht kann angegeben werden; indeß scheint die Beobachtung von 1304 wirtlich einen kleinern Abstand beider Sterne zu ergeben, al« man vorher und nachher gefmnden hat, und da die Umlauf-zeit nicht viel über 60 Zahre vetra-en kann, so wird man in einem Menschenalter die reilative

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Sechs und vierzigste Vorlesung.

Dahn deß einen Sterns um den andern schon sehr genau ken­ nen lernen. Der Stern £ des Krebses ist ein dreifacher Stern. Bei etwa« schwächerer Vergrößerung hält man ihn nur für einen Doppelsiern, aber genauere Beobachtung zeigt den größer» al« doppelt, so daß nach South« Angabe der erste Stern sieben» ter Größe ist, der zweite so wie der dritte achter Größe. Der Abstand des ersten vom zweiten ist i See., de« ersten vom dritten 5l See.; der erste und zweite haben seit de« ältern Herschel« Beobachtung I7gi ihren Stellung«winkel um 24 Grade, jährlich i? Grad verändert; bet dem ersten und dritten ist die Aenderung de« Stellungswinkel« noch größer. Die relative Bewegung der kleinern Sterne um den größer» findet in entgegengesetzten Richtungen statt, und fortgesetzte Beobachtungen müssen hier nun erst zeigen, nach welchen Ge­ setzen diese drei, sehr wahrscheinlich zu einem System »er« bundnen Sterne ihre Bahnen weiter durchlaufen. Eben so merkwürdig sind die zwei Sterne Nr. 36. im Schlangenträger und Nr. 30. im Skorpion. Beide sind Dop­ pelsterne und stehen 13 Minuten von einander entfernt, und gleichwohl haben sie eine fast ganz gleiche eigne Bewegung, die jährlich 1 See. südlich und über £ See. westlich beträgt. Die Beobachtungen sind noch nicht lange genug fortgesetzt, um über die Aenderung der Stellung«winkel aller vier Sterne etwa« zu entscheiden; aber e« ist wenigsten« merkwürdig, daß Sterne, die wohl sicher keine Secunde Parallaxe haben, also bei 720 Secunden scheinbaren Abstand gewiß 1400 mal so weit von einander, al« wir von der Sonne, entfernt sind, dennoch in einer Verbindung mit einander stehen. E« wird sich in einer kleinen Reihe von Zähren entscheiden lassen, ob bloß die eigne Bewegung unser« Sonnensystem« sich un« in dieser scheinba­ ren Bewegung zweier gleich weit entfernten Sterne zeigt, oder ob sie zugleich eine Bewegung um einander haben. Unter den zahlreichen einzelnen Merkwürdigkeiten, die sich in den Beobachtungen der Doppelsterne finden, will ich nur noch einige wenige aukheben. Sehr oft sind die beiden nahe neben einander stehenden Sterne an Farbe verschieden; zum

Sich« und vierzigste Vorlesung.

aas

Beispiel in « de« Bootes ist der größere gelb, der kleinere schön blau, in y der Andromeda ist eben diese Ungleichheit. Der Stern 2 im Heren les zeigte sich im Juli 1752 al« Doppelsiern; die Sterne standen einander sehr nahe, waren aber doch deutlich zu erkennen, der größere als bläulich weiß, der kleinere al« aschfarbig; im Jahre 1795 war der kleinere nur mit Mühe zu erkennen, und im Jahre igoa konnte «Herschel ihn gar nicht mehr sehen, sondern der Stern schien nur eine etwa« verzogne Gestalt zu haben, oder länglich zu seyn, und auch Struve und South haben später den klei­ nen Stern nicht wahrnehmen können; — hier scheint also eine Bedeckung de« einen Stern« durch den andern statt zu finden, und e< ist zu vermuthen, daß erst in künftigen Zeiten der Begleiter wieder sichtbar werden wird. Ich breche endlich diese anziehenden Untersuchungen über dre mit einander zu einem Systeme vereinigten Sterne ab, und gehe zu einer neuen Frage über, nämlich ob e« uns mög­ lich ist, über die Ausdehnung des ganzen, un« umgebenden Sternenheeres irgend etwa« Nähere- zu erforschen? — Da die Entfernungen aller Sterne, selbst der nächsten, zu groß find, um abgemessen zu werden, um un« durch Parallaxe bei der Aenderung unser« Standpunkte« merklich zu werden, so giebt e« kein gradezu und auch kein völlig sicher zum Zwecke führen­ de« Mittel, um die Stellung der Sterne um un« zu bestim­ men; aber dennoch läßt sich der Versuch, den ganzen Stern­ haufen auSjumessen, wagen, und Herschel hat ihn wirklich angestellt. Unsre Sonne steht al« rin einzelner, mit keinem andern Sterne zu einem Doppelsterne verbundener Stern in einem weit ausgedehnten Haufen von Sternen, deren Entfernung und Größe wir zwar nicht kennen, von denen wir aber keinen Grund haben, anznnehmcn, daß sie einander erheblich näher stehen, als der nächste unter ihnen unsrer Sonne steht. Neh­ men nur also an, daß, bet aller wahrscheinlich statt findenden Ungleichheit der Entfernungen, doch im Mittel die Entfernung unsrer Sonne vom nächsten Fixsterne uns al« Maaß der Ent­ fernungen dienen könne, so läßt sich leicht zeigen, daß die

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Menge der Sterne, die wir in einem bestimmten Gesicht-feld« im Fernrohre sehen, un# al- Maaß der Tiefe de- ganzen in dieser Richtung liegenden, mit Sternen erfüllten, Raume- die» nrn kann, vorausgesetzt, daß unser Fernrohr da- Ende de« Sternhaufen- erreicht. Wir übersehen nämlich allemal im Gesicht-felde de- Fernrohr- einen kegelförmigen Raum, in des­ sen Spitze sich unser Auge befindet, und der, >e längerer sich au-dehnt, auch desto breiter in seinen entferntern Theilen wird; ist daher an einer Stelle der Raum nur bi- zu ioo solchen Entfernungen, die ich Siriu-weiten, oder Abstände de- näch­ sten Stern- von un- nennen will, mit Sternen erfüllt, an einer andern Stelle bis auf aco Siriu-weiten, so muß unser Fernrohr un- an der letzter» achtmal so viel Sterne al- an der erster» zeigen, da der Kegel, welchen wir übersehen, nicht bloß zu der doppelten Ferne hin sich au-dehnt, sondern auch da, wo die Sterne sich endigen, einen doppelt so großen Durch­ messer, eine viermal so groß« Grundfläche hat, als im ersten Falle. Auf dies« Ueberlegung gründete Herschel die aus seinen Sternzählungen abgeleiteten Desiimmungen über di« Größe des Sternhaufens, in welchem wir un- befinden. Aber man kann auf einem zweiten, freilich «mmer auch hypothetischem, Wege, die Größe und selbst die Anordnung diese- Strrnenheere- zu entdecken suchen. Wenn alle Sterne gleich an körperlicher Größe wären, und alle gleiche- eigen­ thümliche- Licht besäßen, so würde der ungleiche Glanz, in welchem sie sich un« zeigen, bloß von ihrer geringern oder größer» Entfernung abhängen. Würde der Sirius zu einer doppelt so großen Entfernung al< die ist, wo er sich wirklich befindet, hinau-gerückt, so würde sein Durchmesser mir halb so groß, seine scheinbare Größe, da wir uns ihn doch al«in ungemein kleine- Scheibchen vorstellen müssen, nur ein Viertel dessen seyn, wa« sie letzt ist, und sein Glanz würde un- also nur ein Viertel so groß, al< bei seiner >ehigen Ent­ fernung erscheinen. Umgekehrt also, wenn ein Stern sich uns mit einem nur »in Viertel so starkem Lichte als Sirius zeigt, so müssen wir ihm, unter Dorau-sehung gleichen Glan­ ze«, «ine doppelt so große Entfernung beilegen. E« ist zwar

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offenbar, daß wir sehr irren würden, wenn wir bet einem einzelnen Sterne diese Messung für genau halten wollten, da ohne Ziveiftl in der Größe und dem eigenthümlichen Glanze der Sterne eben die Mannigfaltigkeit, wie überall in der Natur, statt findet; aber wenn es nur im Allgemeinen wahr ist, daß es eben so gut kleinere al< größere Sterne, einige den Sirius übertreffend, einige ihn nicht erreichend, giebt, so können die puf eine Menge von Sternen angewandten Folgerungen sich nicht weit von der Wahrheit entfernen. Da wir r- nun in unsrer Gewalt haben, Fernrihre so einzurichten, daß da« eine uns denselben Gegenstand in dem einfachen, da- andre in vierfach so starkem Lichte zeigt, so findet eine ziemlich genau« Bestimmung über den scheinbaren gesammten Glanz zedeS ein­ zelnen Sternes, und mithin eine wahrscheinliche Abmessung der Entfernung statt. Um diesen Vergleichungen eine noch etwas allgemeinere Grundlage zu geben, würde e< angemessen seyn, nicht grade einen einzigen Stern, zum Beispiel Sirius, zum Maaße für alle zu wählen, sondern etwa ein Mittel audem zu nehmen, wat alle einzelnen Sterne, die wir erster Größe nennen, ergeben. Gewiß sind Aldebaran und Siriu«, wie sich schon au< ihrer verschiedenen Farbe schließen läßt, nicht an eigenthümlicher Helligkeit ganz gleich; wenn wir also, nach den eben angezrigtrn Gründen, eines andern Ster­ ne« Entfernung nach Siriusfernen und nach Aldebaran-fernen zu bestimmen suchen, so wird da« Mittel zwischen beiden, oder noch besser ein Mittel au« Bestimmungen, denen nach und nach alle Sterne erster Größe zur Grundlage dienen, un< ziemlich gut die Entfernung angeben, in weiche r»n Stern erster Größe müßte hinaus gerückt werden, um sich eben so glänzend al« ein andrer bestimmter Stern zu zeigen. Da« Mittel, wodurch wir unsern Fernröhren die zu dieser Vergleichung nöthige Einrichtung geben können, wird Zhnen sehr leicht verständlich seyn. Herschel bedient« sich zweier ganz gleicher Spiegeltelescop«, die er unter den vielen, ihm zu Gebote stehenden, so aussuchte, daß ein Stern, durch da«ine gesehen, sich völlig eben so wie durch das andre zeigt«. Das ein« dieser Fernrihre ward mit unveränderter Oeffnung

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angewandt, die Oeffnung des andern aber auf verschiedene Weise verkleinert. War die Oeffnung deS letztem durch einen vorgesetzten, nur um den Mittelpunkt offenen Schirm so ver­ deckt, daß sie ein Viertel der andern betrug, so konnte man schließen, daß-der Stern erster Größe, welcher sich in dem erstem mit vollem Lichte zeigte, hier nur ein Viertel der Licht­ stärke hatte, und daß also rrgend ein Stern, der sich in jenem ersten Telescope eben so lichtstark zeigte, als ein im zweiten gesehener Stern erster Größe, als doppelt so entfernt, als zwei Siriuefernen von uns entfernt, anzusehen sei. Durch eine verminderte Oeffnung konnte man den Glanz deS Sternes erster Größe auf das Neuntel, auf das Sechzehntel dessen, was er ursprünglich war, zurü.ckbringen, wenn man den Durch­ messer einem Drittel oder einem Viertel des Durchmessers, den das andre behielt, gleich machte, und so warman im Stande, dre in drei, in vier Siriusfernen stehenden Sterne kennen zu lernen. An diese Betrachtungen schließt sich die Berechnung derjeni­ gen Wirkung der Fernröhre an, welche Herschel ihren Raum durchdringende Kraft nennt, und diese bestimmt er nach folgenden Regeln. Wenn das Objectiv unsers Fernrohrs oder der Spie­ gel unsers SpregeltelescopS alle die Strahlen dem Auge zusen­ dete, die er von einem einzigen leuchtenden Punkte empfangt, und wenn diese alle in einem einzigen Punkte der Netzhaut vereiniget würden: so könnte man gradczu die Lichtstärke des Fernrohrs als nach der Größe der Objectiv-Oeffnung oder des Spiegels wachsend ansehen, weil auf einer Fläche von i Qua­ dratzoll 144 mal so viel Lichtstrahlen als auf einer Fläche von I Luadratlinie aufgefangen werden. Diese Bestimmung lei­ det aber in doppelter Hinsicht eme Beschränkung, selbst da, wo von Vergrößerung nicht die Rede ist, sondern die Strah­ len als von ernem Punkte aucgehend, und in einem Punkt wieder gesammelt angesehen werden können. Erstlich nämlich «erden von den Gläsern nicht alle Strahlen durchgelassen, und von den Spiegeln nicht alle Strahlen zurückgeworfen, und man erhält daher bet den besten achromerrschen Fernröhren nur Vö, bei den Spiegelteleskopen von gewöhnlicher Einrichtung nur

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bet den großen Herschelschen Spiegeltelescopen beinahe 51 des Lichtes, welches man eigentlich ganz erhalten sollte. *) Aber dieß ist nicht der einzige Lichtverlust, welcher statt findet, sott« dern da da- im Brennpunkte des Objektivs vereinigte Licht, von da ausgehend, und sich kegelförmig verbreitend, daS Okular trifft, so geht auch da Licht verloren, wenn entweder die Breite des OcularS nicht groß genug ist, um den ganzen Lichtkegel aufzufossen, oder die Pupille des Auges nicht groß genug ist, um den vom Augenglase durchgelassenen Llchtcylindee aufzunehmen. In dieser Hinsicht ist es sehr wichtig, bei der Beob­ achtung daS Auge fortwährend gegen alles unnörhtge Licht zu schützen, damit die Pupille sich so sehr als möglich erweitere, und alles gesammelte Licht empfange. Diese Sicherung des Auges vor fremdem Lichte gewährt zugleich den Vortheil, daß die Empfindlichkeit für schwaches Licht in starkem Grade erhöhet wird, und das Auge fähig wird, selbst einen schwach leuchten­ den Punkt noch zu bemerken, den eS, gereiht durch fremdes Licht, unter sonst ganz gleichen Umständen nicht wahrgenom­ men hätte. Dieser Verlust an Licht, an nutzlos gesammeltem Lichte, welches entweder bei dem Augenglase oder bei der Pupillen-Oeffnung vorbeigeht, tritt ein, wenn die Vergröße­ rung geringer ist, als die Zahl, welche angiebt, wie oft der Durchmesser der Pupille in dem Durchmesser der ObjectivOeffnung enthalten ist; — also nur bei sehr schwachen Ver­ größerungen. Wenn man Fixsterne beobachtet, so ist von einer Ver­ größerung, von einem größer» Raume, den das Bild auf der Netzhaut des Auges einnrmmr, nicht die Rede, sondern dieß muß immer als so klein, daß wir eS als einen wahren Punkt betrachten können, angesehen werden, und die Lichtstärke steigt also genau nach Verhältniß der Größe des Objektivs oder des

*) Die Verschiedenheit beider Arten von Spiegel-Teleskopen besteht dann, daß bei den ersteren noch cm zweiter kleiner Spiegel angebracht Ist, den man bei kleinern Teleskopen nicht entbehren kann; bei den größern hat Herschel diesen zweiten Spiegel weggelaffen, und das Bild des Gegenstandes wird sogleich durch das Augenglas betrachtet.

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Sechs und vi« rzigst« Vorlesung.

Spiegels. Hiernach läßt sich also, vermittelst einer Derech» nung, deren Gang Sie aus dem eben vorhin Angeführten vollkommen übersehen werden, die Raum durchdringende Kraft der Fernrihre angeben. Nehmen wir nämlich an, daß die zur sechsten Größe gerechneten Sterne die kleinsten sind, welche man noch mit bloßem Auge erkennt, so würde ein Fernrohr, dessen Lichtstärke al< die loofache deS bloßen Auge- angegeben wird, uns einen Stern sechster Größe noch sichtbar machen, wenn er auch zu einer io mal so großen Entfernung hinaus» gerückt würde, als die ist, wo er sich wirklich befindet; — das Fernrohr hat also dann eine zehnmal so große Raum durch­ dringende Kraft, als da« Auge. Nach Herschels Angaben kann man hiernach die Raum durchdringende Kraft durch fol­ gende Zahlen für verschiedene Instrumente auSdrücken: Ein Telescop von 2 Fuß Brennweite und 4 Zoll Oeffnung hat eine Kraft beinahe 13 mal so stark als das bloße Auge; ein siebenfußigeS Spiegcltelescop von Zoll Oeffnung, reichlich 20 mal; ein jofußigeS von beinahe 9 Zoll Oeffnung 29 mal; ein 2Ofußi» geS Telescop von beinahe 19 Zoll Oeffnung hatte, wenn eS mit Anwendung des kleinen Spiegels gebraucht wurde, eine Raum durchdringende Kraft — 61, wenn «S ohne den kleinen Spiegel gebraucht wurde, eine Raum durchdringende Kraft ZZ 75; des 2zfuß>g