Von der Shoa eingeholt: Ausländische jüdische Flüchtlinge im ehemaligen Jugoslawien 1933-1945 9783205789802, 9783205789109

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Von der Shoa eingeholt: Ausländische jüdische Flüchtlinge im ehemaligen Jugoslawien 1933-1945
 9783205789802, 9783205789109

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Anna Maria Grünfelder

Von der Shoa eingeholt Ausländische jüdische Flüchtlinge im ehemaligen Jugoslawien 1933–1945

2013 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR

205-78910_Grünfelder_Shoah.indd 3

23.07.2013 11:23:37

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Dr.-Dora-Lauffer-Fonds des Verbands der Akademikerinnen Österreichs – Landesverband Steiermark

Umschlagabbildung : Jevrejska opština Sarajevo © 2013 by Böhlau Verlag Ges. m. b. H & Co. KG , Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1 , A-1010 Wien , www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Umschlaggestaltung : Michael Haderer

Korrektorat: Karin Leherbauer-Unterberger Herstellung und Satz : Carolin Noack Druck und Bindung : BALTO print

Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in Lithuania

ISBN 978-3-205-78910-9

Inhaltsverzeichnis Ausgangsposition und Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1 Jugoslawische Flüchtlingspolitik 1933–1941. . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Ein fremdenfreundliches Einwanderungsland ? Jugoslawische Immigrationspolitik 1933–1937 / 1938. . . . . . . . . 1.2 Von Repression zum „geduldeten Aufenthalt“, 1937 / 1938–1941. . . 1.2.1 Einführung der Sichtvermerkspflicht für österreichische Juden. 1.2.2 Handhabung der Sichtvermerksregelung. . . . . . . . . . . . . 1.3 Folgen der Sichtvermerksregelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Illegale Immigration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Menschenschmuggel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 „Fluchthilfe“ – „Behinderung von Amtshandlungen“. . . . . . 1.3.4 „Scheinehen“ ( „ Aufenthaltsehen“ ). . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Internierung – Zwangsaufenthalt in Jugoslawien. . . . . . . . . . . . 1.5 Möglichkeiten zur Emigration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 „Lösung der Judenfrage im Land“: Die ausländischen jüdischen Flüchtlinge im besetzten Jugoslawien. . 2.1 Auslieferung an die Deutschen – Sekundantenrolle der einheimischen Kollaborateure in Serbien. . 2.2 Die „Lösung der Judenfrage“ im Rahmen der Aussiedlung der Slowenen aus der Untersteiermark. . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Judenverfolgung im Unabhängigen Staat Kroatien ( USK ) „Freie Hand“ und deutscher Druck. . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Administrative „Ghettoisierung“. . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Flüchtlings-Alltag , Leben mit der Repression. . . . . . . . 2.3.3 Fluchtversuche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Versorgung und Betreuung trotz Schwierigkeiten. . . . . . 2.3.5 Die christlichen Kirchen und die Judenverfolgung im USK. 2.4 Die „Lösung der Judenfrage“ durch die Ustascha. . . . . . . . . 2.4.1 Improvisierte Schutzhaft-Lager : Kerestinec , Kruščica. . . . 2.4.2 Improvisierte „Arbeitsdienstlager“ Danica , Drinje bei Koprivnica , Gospić , Slano und Metajna. . . . . . . . . . . 2.4.3 Entwickeltes Lagersystem : Ustascha-Arbeits- und ­Konzentrationslager Jasenovac. . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.4 Frauen-Konzentrationslager : „Verwahrung“ bis zur Deportation oder Ermordung : Loborgrad , Đakovo. . . . .

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2.5 Hilfe für die KZ-Insassen : Die Rolle des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ( IKRK ). . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Deutsche Initiative zur Vollstreckung der „Endlösung“ im USK. . 2.6.1 August 1942 – Erster Abtransport in nationalsozialistische Lager in Polen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2 Mai 1943 – Deportation nach Auschwitz. . . . . . . . . . . 2.6.3 Fortsetzung der Deportationen aus dem USK 1943–1944. .

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3 Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien ( 1941–1943 ). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Zuflucht und Gefährdung auf den von Italien besetzten Territorien ( „ Zone II“ ). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Italienischer Widerstand gegen deutsche Auslieferungsforderungen. . . 3.2.1 Lagerinternierung wegen diplomatischen Drucks durch das Deutsche Reich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Lager Kraljevica ( Porto Rè ). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Freie Internierung in Dalmatien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Konzentrierung aller Flüchtlinge in der „Zone I“ – Lager Kampor /Insel Rab. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Rettungsbemühungen der italienischen Armee vor der Kapitulation Italiens ( August 1943 ). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Befreiung der Internierten der italienischen Lager. . . . . . . . . . . . . 3.5 Deutsche „Endlösung“ in den ehemaligen italienischen Territorien. . . . 3.6 Flüchtlinge in der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien. Ein Epilog.. 3.7 Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge. . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Liste der österreichischen Juden in Slowenien ( Draubanschaft ): Flüchtlinge und Fluchtziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Liste der aus Samobor nach Prahovo ausgereisten jüdischen Internierten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Liste der am 14. 3. 1940 aus Podravska Slatina nach Prahovo ( Serbien ) Ausgereisten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Liste der Flüchtlinge aus Daruvar , die nach Prahovo abreisten. . . . . . 4.5 Ausländische Opfer des Lagers Banjica , Beograd. . . . . . . . . . . . . 4.6 In Fužine internierte ausländische Juden. . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Liste der im KZ Jasenovac ermordeten ausländischen Flüchtlinge. . . . 4.8 Ausländische Internierte mit ungeklärtem Schicksal im Konzentrationslager Jasenovac ( inklusive Stara Gradiška ). . . . . . . . .

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4.9 Insassinnen und Insassen des Lagers Stara Gradiška ( Ustascha-Arbeits-und Konzentrationslager Jasenovac V ). . . . . . . 4.10 Insassinnen der Konzentrationslager Loborgrad und Gornja Rijeka. 4.11 Insassinnen und Opfer des Frauen-Konzentrationslagers Đakovo. . 4.12 Liste der auf dem jüdischen Friedhof Đakovo bestatteten Opfer der Typhusepidemie im Frauen-Konzentrationslager Đakovo. . . . 4.13 Liste der ( in Fiume /  Rijeka ) verhafteten Juden aus Österreich mit deutschen Reisepässen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.14 Liste der im italienischen Konzentrationslager Kraljevica internierten ausländischen Jüdinnen und Juden. . . . . . . . . . . . 4.15 Liste der aus den Zonen I und II nach Italien evakuierten jüdischen Flüchtlinge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellenverzeichnis. . . . Bibliografie. . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis. . Abbildungsverzeichnis. .

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Ausgangsposition und Quellen Die Jüdische Kultusgemeinde Zagreb betreute zwischen 1933 und 1941 55. 500 Juden aus dem gesamten Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten , die als Flüchtlinge vor der nationalsozialistischen Verfolgung nach Jugoslawien gekommen waren. 51. 500 Personen verließen bis zum deutschen Angriff auf Jugoslawien ( 6. April 1941 ) dieses Land.1 4. 000 bis 5. 0002 wurden von der Besetzung des Landes durch die Achsenmächte eingeholt. Die Geschichte der ausländischen Jüdinnen und Juden im ehemaligen Jugoslawien ist das zentrale Thema dieser Studie : Aus mehreren Gründen konzentriert sich die Verfasserin auf Slowenien und Kroatien bzw. auf die Draubanschaft und die Savebanschaft ( seit 26. August 1939 Banschaft Kroatien ): So war sogar der Verband der Jüdischen Gemeinden Jugoslawiens ( Savez Jevrejskih opština Jugoslavije ) überzeugt , dass sich die meisten jüdischen Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich , Österreich und den von Hitlerdeutschland vor dem Krieg in Jugoslawien besetz­ ten Ländern Osteuropas in Kroatien niederließen ; auch wenn sie über Jugoslawien den Weg in die Emigration nehmen wollten , strebten sie Zagreb an , wo seit 1934 internationale jüdische Flüchtlingshilfe-Organisationen Büros eröffneten und Erstversorgung boten. Daher überließ die Dachorganisation aller Juden Jugosla­ wiens die Vertretung vor den ausländischen jüdischen Hilfsorganisationen 1936 der 1

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Kroatisches Staatsarchiv Zagreb ( HDA ), Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer Helfer. ( Fonds 306 , Sign. ZKRZ ), EingangsGeneralregister ( GUZ ), Mikrofilm Z-2942 , Dok. 2235  /  2 /  2–45 , Blatt 381. Alexander KLEIN , Zehn Jahre Flüchtlingshilfswerk in Jugoslawien ( 1932–1942 ): In Zwischenwelten. 27. Jg. H. 1–2 , Wien 2010 , 55–60. Katrin BÖCKH ; Die Jüdische Gemeinde von Zagreb. Sozialarbeit und gesellschaftliche Einrichtungen in der Zwischenkriegszeit. Zeitschrift für Balkankunde 9 ( 1993 ), 105–154 ; hier S. 150 ; Ivo Goldstein , Holokaust u Zagrebu ( Der Holocaust in Zagreb ). Zagreb , 2001 , S. 465–476 ; Slavko GOLDSTEIN ; 1941 : Godina koja se vraća ( 1941 : Das Jahr , das sich wiederholt ), S. 145. Diese Zahlen nannte auch ein Zeuge , der vor der Landeskommission für die Ermittlung von Verbrechen der Okkupationsmächte und ihrer einheimischen Kollaborateure aussagte : Kroatisches Staatsarchiv Zagreb ( abgek. HDA , Landeskommission ( abgek. ZKRZ-GUZ , Fonds 306 ), Mikrofilm Z-2942 , Dok. 2235 /  2 /  2–45 ( Fasz. 10 ), Blatt 381. Holm SUNDHAUSSEN nannte mit Berufung auf einen kroatischen Zeugen , einen Mitarbeiter der Jüdischen Kultusgemeinde Zagreb , vor dem Nürnberger Tribunal , die Zahl von 3. 000 ausländischen jüdischen Flüchtlingen : Holm SUNDHAUSSEN , Der „Unabhängige Staat Kroatien“ ( einschließlich Dalmatiens ). In : Wolfgang BENZ ; Dimension des Völkermordes. München 1991 , S. 321–326 ; hier S. 321. Diese Zahl hat Walter MANOSCHEK in seinem Aufsatz Die Ermordung der Juden in Jugoslawien. In : Zwischenwelt. 27. Jg. Wien 2010 , H. 1–2 , S. 64–67 ; hier S. 65 , übernommen.

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Ausgangsposition und Quellen

Jüdischen Kultusgemeinde Zagreb. Slowenien und Kroatien waren ( z eitlich ) zuerst – seit 1933 – und im stärksten Ausmaß von der Immigration von Juden aus dem Deutschen Reich betroffen. Als in Rumänien die antisemitische Nationalchristliche Partei judenfeindliche Gesetze beschloss 3 , erwartete Jugoslawien eine Fluchtwelle aus Rumänien in Serbien 4 , doch diese nahm nicht jene Ausmaße an wie die Immig­ ration aus Hitlerdeutschland ; rumänische Juden flüchteten zwar nach Jugoslawien , zumeist in den jugoslawischen Teil des Banats , aber auch über Ungarn. Aber Serbien ( das Mazedonien , Kosovo und den größten Teil von Montenegro einschloss ) hatte nicht in gleichem Ausmaße wie Kroatien Fluchtwellen zu verkraften. Aus Ungarn flohen auch ungarische Juden vor der Diskriminierung durch das erste ungarische Judengesetz , das am 8. April 1938 beschlossen wurde.5 Neben deutschen , österreichischen und tschechoslowakischen sowie – seltener – ungarischen und rumänischen Juden kamen auch polnische Juden – zumeist mit Heimatzuständigkeit in Österreich – nach Slowenien und Kroatien ( bzw. in die Drau- und die Savebanschaft oder Banschaft Kroatien ). Zagreb und – in geringerem Umfang – Ljubljana entwickelten sich zu Sammelpunkten jüdischer Flüchtlinge , zumal das in Zagreb wirkende Palästinabüro die Vollmacht zur Ausstellung von Einreisezertifikaten für Palästina erhielt und praktisch als Konsulat fungierte. So mussten Juden , die nach Palästina wollten , nicht mehr nach Belgrad reisen.

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1937 wurden die Juden aus vielen Berufen verdrängt. Bis 1939 verloren ein Drittel aller Juden die rumänische Staatsbürgerschaft : Mariana Hausleitner vor der Berliner Gesellschaft für Faschismus- und Weltkriegsforschung über Rumänien im Zweiten Weltkrieg und den Antonescu-Kult nach 1945 : Rumänien im Zweiten Weltkrieg und die aktuelle Auseinandersetzung mit dem Antonescu-Kult , www.2i.westhost.com /  bg / 1_5.html HDA , Savska banovina Odjeljak državne zaštite ( Savebanschaft – Sektion Staatssicherheit , SB-ODZ , Fonds Nr. 145 ), Inv.-Nr. 469 /  4 , Zl. Pov. ( Vertraulich ) 7287 vom 17. 2. 1938 : Juden rumänischer Staatsangehörigkeit – Verhinderung ihrer Einreise nach Jugoslawien ab Jahresbeginn 1938. In Ungarn erging am 8. 4. 1938 ein „ Judengesetz“, mit dem der Anteil der Juden im öffentlichen und wirtschaftlichen Leben auf 20 % festgeschrieben wurde , wobei die konfessionelle Zugehörigkeit zum mosaischen Glaubensbekenntnis ausschlaggebend war. Jene Juden , welche nach 1919 zu einem christlichen Bekenntnis übergetreten waren , wurden ungeachtet des Konfessionswechsels als Juden klassifiziert. Im Februar 1939 folgte ein weiteres Judengesetz , dem zufolge „Halbjuden“ als „ Juden“ qualifiziert , „Rassenschutz“ eingeführt und der erlaubte Anteil von Juden am öffentlichen Leben weiter gesenkt wurde. Das dritte Judengesetz – am 8. 8. 1941 in Kraft gesetzt – folgte bereits der nationalsozialistischen Rassengesetzgebung , sodass bis zum Sommer 1941 in der „ Judenfrage“ die Gleichschaltung mit dem Deutschen Reich vollzogen war : László VARGA , Ungarn. In : Wolfgang BENZ , Dimension des Völkermords. S. 331–351 ; hier S.  332 f.

Ausgangsposition und Quellen

Die Jüdische Kultusgemeinde Zagreb erkannte schon frühzeitig die Notwendigkeit einer organisierten Betreuung dieser Migranten und mobilisierte ihre Mitglieder – 1933 zählte die Zagreber Gemeinde 12. 000 Seelen ; in ganz Slowenien lebten zu diesem Zeitpunkt nur 820 Juden ( die meisten von ihnen im Übermurgebiet ). Ljubljana zählte 91 Juden. Die Juden in Slowenien und Kroatien unterhielten enge persönliche und geschäftliche Beziehungen zu Juden in Österreich : Sie waren sowohl bereit als auch wirtschaftlich in der Lage , mittellos gewordene Jüdinnen und Juden aus Deutschland und Österreich bei sich aufzunehmen. Daher blieben in Jugoslawien nicht nur jene , die keine Möglichkeit zur Ausreise in ein Drittland sahen oder die zu alt oder zu krank waren , um die Suche nach einem neuen dauerhaften Wohnsitz im Ausland fortzusetzen. Manche der nach Jugoslawien Einreisenden ließen ihre Schiffspapiere und Einreisegenehmigungen für Drittstaaten verfallen oder wagten das Verlassen der Hochseeschiffe in jugoslawischen Gewässern , um in Jugoslawien unterzutauchen. Außerhalb der Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien fand die Niederlassung deutscher , österreichischer , tschechoslowakischer und polnischer Juden in Jugoslawien wenig Beachtung ( eine Ausnahme bildet der „Kladovo-Transport“6 ). Serbische und kroatische Historiker haben sich dieser Thematik angenommen : Die

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Gabriele AMERL /  Walter MANOSCHEK , Gescheiterte Flucht. Der „ ‚ KladovoTransport‘  “ auf dem Weg nach Palästina 1939–1942 , Wien 2001. Im Sammelband „Kladovo-Transport“ /  „The „Kladovo-Transport“. Transcripts of the Round table „Kladovo Transport“, Beograd , 2006 , kamen auch die israelischen Historiker Ženi ( Jenny ) LEBL ( in Belgrad geboren ) und Haim ŠAKER zu Wort : Ženi LEBL , Tragedija transporta Kladovo–Šabac. Odbor za pomoć emigrantima ( Die Tragödie des Transportes Kladovo–Šabac. Das Komitee zur Hilfe für die Emigranten ), S. 102–163. Haim ŠAKER Haim , Slučaj Kladovo–Šabac ( D ve knjige i jedan prikaz ) /  Der Fall Kladovo–Šabac. ( Zwei Bücher – eine Darstellung. ) S. 190–217. Milan KOLJANIN , Poslednje putovanje Kladovskog transporta ( Die letzte Fahrt des Kladovotransportes ), S. 65–101. Milan RISTOVIĆ , Turisti pod sumnjom. O jednom vidu politike Kraljevine Jugoslavije prema jevrejskim izbjeglicama 1938–1941. godine ( Verdächtigte Touristen. Ein Aspekt der Politik des Königreiches Jugoslawien betreffend die jüdischen Flüchtlinge 1938–1941 ), S. 170–189. Protokolle über diesen Transport finden sich im Memorandum der Landeskommission für die Ermittlung der Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer einheimischen Helfer „Ausrottung der jugoslawischen Juden“: HDA , ZKRZGUZ , Mikrofilm Z-2942 , Zl. 2235 /  2 /  2–45 , Blatt 382. Den Erlebnisbericht einer Mitreisenden des „Kladovo-Transportes“, Herta Reich , stellte Heimo GRUBER vor. Heimo GRUBER , Gefühl für Gefahr. Herta Reich und der „Kladovo-Transport“. In : Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands. 27. Jg., H. 1–2. Wien , August 2010 , S. 51–55.

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Ausgangsposition und Quellen

serbischen Forscher Milan Koljanin   , Milan Ristović 8 und Slobodan D. Milošević 9 werteten die Bestände der königlich-jugoslawischen Ministerien im Archiv Jugoslawiens aus Sie fanden in verschiedenen Beständen der jugoslawischen Regierung und nachgeordneten staatlichen Stellen die Behördenkorrespondenz. 10 Sie betreffen die Sichtvermerksregelungen Jugoslawiens für ausländische Juden und Durchführungsbestimmungen , die in der Zwischenkriegszeit nicht verlautbart wurden : Die zitierten Forscher bearbeiteten die offizielle jugoslawische Immigrationspolitik und die Gesetzgebung – allerdings erst vom Jahre 1938 an : Als entscheidenden Impuls für die Entwicklung der Immigrationsgesetzgebung werteten sie den „Anschluss“, die Einverleibung Österreichs in das Deutsche Reich. Die Auswanderung von Juden aus dem Deutschen Reich seit dem Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft im Jahre 1933 haben diese Historiker hingegen vernachlässigt : Diese Studie will die Lücke im Forschungsstand für die Jahre 1933–1938 zumindest teilweise – aufgrund der ihr in Kroatien und Slowenien zur Verfügung stehenden Archivalien – schließen : Die Autorin musste sich zu dieser Einschränkung deshalb entschließen , weil sie die Untersuchung aus eigener Motivation unternahm , weil hinter ihr kein wissenschaftliches Institut steht , das ihr bei der Finanzierung der Forschungsarbeiten und der erforderlichen Reisen zu Archiven außerhalb ihres Wohnortes ( Zagreb ) half. Aus eigenen Mitteln konnte sie den notwendigen längeren Aufenthalt in Belgrad zur Arbeit an den Beständen „Königlich-Jugoslawisches Außenministerium“, „Königlich-Jugoslawisches Innenministerium“ und an den Stenografischen Parlamentsprotokollen im Archiv Jugoslawiens ( Arhiv Jugoslavije ) in Belgrad nicht 7

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Milan KOLJANIN , Poslednje putovanje Kladovskog transporta ( The Last Voyage of the Kladovo Transport ). In : Kladovo transport , S. 65–101 und S. 428–466 ; DERS., Jevreji i antisemitizam u Kraljevini Jugoslaviji 1918–1941. ( Die Juden und der Antisemitismus im Königreich Jugoslawien 1918–1941 ). Beograd 2008 ; DERS., Nemački logor na beogradskom sajmištu 1941–1944 ( Das deutsche Lager auf dem Belgrader Messegelände 1941–1944. ) Beograd 1992. Milan RISTOVIĆ , Nemački ‚Novi poredak‘ i Jugoistočna Europa 1940 /  41–1944 /  45. Planovi o budućnosti i praksa ( Die deutsche ‚Neuordnung Europas‘ 1940 /  41–1944 /  45. Zukunftspläne und Praxis. ) Beograd , 1991 ; DERS., U potrazi za utočištem. Jugoslavenski Jevreji. Bekstvo od Holokausta 1941–1945 ( Auf der Suche nach Zuflucht. Die jugoslawischen Juden. Flucht vor dem Holocaust 1941–1945 ), Beograd , 1998. Slobodan D. MILOŠEVIĆ , Izbjeglice i preseljenici na teritoriji okupirane Jugoslavije 1941–1945 godine. ( F lüchtlinge und Migranten auf dem Territorium des besetzten Jugos­lawien 1941–1945. ) Belgrad , 1981. Slobodan D. Miloševićć ist nicht identisch mit dem 1987–2000 regierenden serbischen Präsidenten Slobodan Milošević ( verstorben 2006 im Gefängnis des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien Den Haag , in Scheveningen ). Akten der Königlich-jugoslawischen Ministerien , vor allem die Korrespondenz der jugoslawischen Vertretungen im Ausland mit den Inlandsbehörden.

Ausgangsposition und Quellen

leisten. Diese Studie beruht daher auf den Quellen im Kroatischen Staatsarchiv in Zagreb , im Kroatischen Staatsarchiv Split , im Staatsarchiv Rijeka und im Archiv der Republik Slowenien. Sie wertete für den Zeitraum 1933–1941 die Akten der Banschafts-Behörden der Draubanschaft ( Slowenien ) im Archiv der Republik Slowenien , im Kroatischen Staatsarchiv jene der Savebanschaft ( seit 26. August 1939 „Banschaft Kroatien“ ) aus. Die Einschränkung auf Slowenien und Kroatien erweist sich sachlich gerechtfertigt , weil – wie erwähnt – diese beiden Banschaften schon seit 1933 , und am stärksten , von der Immigration betroffen wurden ; Belgrad peilten hingegen jene Juden an , die von Jugoslawien aus ihre Ziele per Schiff auf der Donau erreichen wollten. Aber die großen Fluchtwellen gingen an Serbien ( inklusive der heutigen Republiken Mazedonien und Kosovo ) ebenso wie an Bosnien und Herzegowina vorbei. Solange der Passagierverkehr auf der Adria möglich war , bis zum Kriegseintritt Italiens ( Juni 1940 ), strebten die Jüdinnen und Juden , die aus Mittel- und Osteuropa über Jugos­ lawien nach Übersee emigrieren wollten , die jugoslawischen Adriahäfen auf dem Territorium der Savebanschaft ( bzw. der Banschaft Kroatien ), Split und Sušak , an. Von Slowenien ( Draubanschaft ) aus erreichten sie den italienischen Hafen Rijeka. Von Split aus suchten Juden auch in Albanien Zuflucht.11 Der Bestand „Königliche Banschaftsverwaltung der Draubanschaft“ ( „ Kraljevska banska upraba dravske banovine“ ) im Archiv der Republik Slowenien ( Arhiv Republike Slovenije )12 und die analogen Bestände im Kroatischen Staatsarchiv ( Hrvatski državni Arhiv ), Savebanschaft – Staatssicherheit 13 und Banschaft Kroatien – Abteilung für Staatssicherheit14 , Polizeiverwaltung 15 und Kabinett des Bans16 ermöglichen die Einsicht in die Praxis der Immigrationspolitik , in den Vollzug der Verordnungen und ihre Entwicklung. Da die zitierten serbischen Forscher die Akten der Zentralstellen auswerteten , konzentriert sich die vorliegende Studie auf die Implementierung der jugoslawischen Immigrations-Gesetzgebung durch die nachgeordneten Organe auf regionaler und kommunaler Ebene.17 Dabei war festzustellen , dass zu Beginn der 11 12 13 14 15 16 17

RAMAJ Albert , Rettung von Juden in Albanien. In : http ://davidkultur.at / Ausgabe. php ?ausg=73 & artikel=504 Arhiv Republike Slovenije Ljubljana ( abgek. ARS ), „Königliche Banschaftsverwaltung der Draubanschaft“ ( Kraljevska banska uprava dravske banovine , abgek. KBUDB ), Fonds „AS 067“ und „AS 068“. Hrvatski državni arhiv Zagreb ( abgek. HDA ), Savebanschaft – Sektion Staatssicherheit , SB-DZ , Fonds 145. HDA , Banschaft Kroatien – Sektion Staatssicherheit , BH-ODZ , Fonds Nr. 158. HDA , Savebanschaft und Banschaft Kroatien – Sektion für innere Angelegenheiten , Polizeiverwaltung , SB-OUP bzw. BH-OUP , Fonds Nr. 157. HDA , Savebanschaft – Kabinett des Bans , SB-Kab. bzw. BH-Kab , Fonds Nr. 155. Das Königreich Jugoslawien ( von 1918–1929 Königreich der Serben , Kroaten und Slo-

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Ausgangsposition und Quellen

Fluchtbewegung aus Deutschland die jugoslawischen Beamten Verständnis für „die schwierige Lage der Juden im Deutschen Reich“ aufbrachten und den flüchtenden Jüdinnen und Juden bereitwillig Zuflucht gewährten , obwohl der bis zu Jahresbeginn 1938 amtierende Innenminister , der katholische Priester Dr. Anton Korošec18 , als

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wenen /  Kraljevina SHS ), in den Grenzen vom 6. 4. 1941 ( dem Tag des deutschen Angriffs auf Jugoslawien ) bzw. vom 21. 4. 1941 ( W iener Abkommen zwischen den Achsenmächten über die Aufteilung Jugoslawiens ), umfasste das Territorium des Königreiches Serbien mit Mazedonien und Montenegro , die historischen Königreiche Kroatien , Slawonien und Dalmatien sowie Teile der ehemaligen Landesfürstentümer Krain , Kärnten und Steiermark mit einem Teil der Grafschaft Görz-Gradisca. Die jugoslawischitalienische Grenze in der Zwischenkriegszeit wurde durch den Vertrag von Rapallo ( November 1920 ) gemäß dem Geheimabkommen Italiens mit den Westmächten von London 1915 festgelegt und verlief am Gebirgsmassiv Učka ( Monte Nevoso ): Italien erhielt damit die Inseln Cres , Lošinj , Palagruža und Lastovo sowie die Souveränität über die dalmatinische Stadt Zadar , nicht jedoch auf ganz Dalmatien. Fiume /  Rijeka wurde am 12. 11. 1920 Freistaat ; 1924 trat Jugoslawien die Stadt im Vertrag von Rom ( 12. 9. 1924 ), mit Einschluss der Städte Volosko /  Volosco und Opatija / Abbazia , an Italien ab. Fiume /  Rijeka wurde Hauptstadt der neuen Provinz Carnaro. Jugoslawien behielt im Norden des ehemaligen Freistaates Kastav , Porto Baros und Delta sowie einige Orte am Karst. Zur jugoslawisch-italienischen Grenzregelung , die der italienischen Diplomatie einen Triumph bescherte , siehe Marina CATTARUZZA , L’Italia e il confine orientale. 1866–2006. Bologna 2007 , S. 163 f und 194 f. Dennis I. RUSSINOW , Italy’s Austrian Heritage. Oxford 1969 , S. 185–191. Dr. Anton Korošec ( 1872–1940 ), geboren in der ( slowenischen ) Untersteiermark , katholischer Priester in Maribor ( Marburg an der Drau ) und Ptuj ( Pettau ), wurde 1905 in Graz zum Doktor der Theologie promoviert. Schon in seiner Kaplanszeit wirkte er in einem Literaturzirkel in Maribor und als Redakteur der Kirchenzeitung. Weil er sich für die nationale Gleichberechtigung der Slowenen einsetzte und in seinen Artikeln die Deutschen attackierte , wurde er zu einer sechswöchigen Haftstrafe verurteilt , die aber vom Kaiser in eine Geldstrafe von 10. 000 Gulden umgewandelt wurde. Trotz Verweigerung der Zustimmung seines Ortsbischofs ließ er sich bei den slowenischen Landtagswahlen im Jahre 1902 als Kandidat der Slowenischen Bauernpartei aufstellen. Zudem wirkte er auch als Initiator der Katholischen Aktion und der Gründung des Slowenischen Christlichsozialen Bundes in Slowenien. 1906 wurde er in den Reichsrat berufen und blieb bis zum Untergang der Monarchie Abgeordneter , Initiator des slowenischen Klubs und der nachmaligen Kroatisch-slowenischen Gemeinschaft. Als solcher widersetzte er sich 1910 der Errichtung einer italienischen Universität in Triest und der Magyarisierungspolitik der kroatischen Banuse , bahnte hingegen die Zusammenarbeit der südslawischen Abgeordneten mit den Tschechen an. Am 29. 5. 1917 riefen die kroatischen und slowenischen Abgeordneten den Jugoslawischen Klub im Reichsrat aus ; Korošec wurde ihr Präsident. Am 3o. 5. 1917 ließ er im Reichstag die sogenannte „Mai-Deklaration“ mit der Forderung des Rechtes der Südslawen auf staatsrechtliche Selbstbestimmung gemäß den Friedensvorschlägen von Präsiden Wilson verlesen.

Ausgangsposition und Quellen

Antisemit bekannt war. Doch orientierte sich Jugoslawien hinsichtlich der Reaktion auf die Verfolgung der Juden im Deutschen Reich auch an der Entwicklung im Ausland , wie sie im Juli 1938 , bei der Konferenz von Évian , zum Ausdruck kam : Die internationale Staatenwelt zeigte sich nicht bereit , ihre Einreisequoten für die aus dem Deutschen Reich flüchtenden Jüdinnen und Juden zu erhöhen und jüdischen Flüchtlingen in ihren Staaten den Unterhalt und eine neue Existenz zu ermöglichen. Das jugoslawische Innenministerium und das Außenministerium entwickelten sich im Laufe des Jahres 1938 zu unbeugsamen Vertretern einer repressiven Linie gegenüber der Aufnahme jüdischer Flüchtlinge. Sie hielten sich an die Praxis anderer Einwandererländer , die im Jahre 1938 sukzessive ihre Grenzen für Juden aus dem Deutschen Reich schlossen. In den Beständen des Archivs der Republik Slowenien ( Ljubljana ) finden sich Berichte über Abschiebungen und die „unliebsamen Szenen“ dabei ( so formulierte die Banschaft Panikreaktionen und Verzweiflungsakte der Betroffenen , die auch die daran beteiligten Grenzbeamten belasteten , sodass sie illegale Einwanderer lieber laufen ließen und „wegsahen“, wenn solche die Grenze überschritten. In den kroatischen Behördenakten finden sich viel mehr Zeugnisse der „ Jagd“ auf illegale Immigranten – Fahndungsverzeichnisse und Abschiebebescheide. Die kroatischen Behörden wurden auch nicht unmittelbar mit der Verzweiflung der Abzuschiebenden konfrontiert. Eine drastische Wende in der jugoslawischen Immigrationspolitik kann auf die Jahreswende 1938 / 1939 datiert werden. Sichtvermerksregelungen traf Jugoslawien zwar schon gegen Jahresende 1937 / 1938 : Damals reagierte Jugoslawien auf den Erlass von Rassengesetzen in Rumänien , um die Fluchtwelle von rumänischen Juden RichNach dem Friedensschluss von Brest-Litowsk entfaltete Korošec eine lebhafte nationale Bewegung nicht nur in Slowenien , sondern auch in Kroatien , Dalmatien , BuH und in Böhmen. Am 5. /  6. 10. 1918 wurde in Zagreb der Nationale Rat der Slowenen , Kroaten und Serben gegründet , der die Vereinigung aller Südslawen anstrebte. Korošec wurde am 17. 10. 1918 zu seinem Präsidenten gewählt. Am 4. 11. 1918 ersuchte er die Entente um Anerkennung des Nationalen Rates der Slowenen , Kroaten und Serben als Regierung der Jugoslawen der ehemaligen Monarchie und als Verbündete der Entente bis zur Vereinigung mit Serbien und Montenegro in einem Staat. Nach dem Beitritt des Nationalen Rates zum Königreich Serbien und der Proklamation des Königreiches der Serben , Kroaten und Slowenen ( Königreich SHS ) erkämpfte er Slowenien die Anerkennung als eigenständige Provinz und des Slowenischen als eine der Staatssprachen. Von der ersten Regierung des Königreiches SHS an bekleidete er Ministerposten , so von 1931 an das Amt des Innenministers. Erst 1938 demissionierte er und widmete sich fortan bis zu seinem Tod ( 1940 ) der Entwicklung des bäuerlichen Genossenschaftswesens in Slowenien : : Slovenski biografski leksikon : www.nl.ijs.si  /  fedora  /  get  /  sbl : 1188 /  VIEW.

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Ausgangsposition und Quellen

tung Jugoslawien , zu stoppen und folgte als erstes europäisches Land dem Vorbild Hitlerdeutschlands , indem es in seine Gesetzgebung das Kriterium „Rasse“ aufnahm. Gemäß der Verfassung des Königreiches Jugoslawien galt die Gleichheit aller vor dem Gesetz und das Verbot aller Vorrechte aufgrund der Herkunft , Abstammung oder Zugehörigkeit.19 Auch österreichische Juden sahen sich nach dem deutschen Einmarsch am 13. März 1938 mit der in Jugoslawien geltenden Sichtvermerksregelung konfrontiert.20 Im Jahre 1938 wurde die Sichtvermerksregelung noch kulant angewendet ; dies beweisen besonders die Banschaftsakten der Draubanschaft : Den Umschwung in der jugoslawischen Einwanderungspolitik hin zu einer rest­ riktiven Anwendung der Sichtvermerksbestimmungen bewirkten zum einen der Missbrauch mit Sichtvermerken , zum anderen die Erfahrung , dass die westeuropäi­ schen Länder während des Jahres 1938 sukzessive ihre Grenzen für Juden aus dem Deutschen Reich schlossen. Die jugoslawischen Behörden griffen zu strenger Kont­rolle der Ein- und Ausreisen und zu vielfacher Behinderung der Reisefreiheit von „Touristen“. Der österreichiche Rechtsanwalt und nachmalige Schriftsteller Dr. Albert Drach hat in seinem autobiografischen „ ‚Z. Z.‘ das ist die Zwischenzeit. Ein Protokoll.“ seine Erfahrungen mit dieser jugoslawischen Praxis beschrieben und ein seltenes Zeugnis der jugoslawischen Immigrationspolitik hinterlassen. 21 Die Banschafts­akten in Slowenien und Kroatien weisen auf die stetig zunehmenden Repression der jugoslawischen Grenzdienststellen hin , denen eine wachsende Zahl illegaler Immigranten gegenüberstand. Sie bezeugen auch den Kampf der Behörden gegen die Begleiterscheinungen illegaler Immigration – Menschenschmuggel , Untertauchen , Dokumentenfälschung , „Scheinehen“ oder „Aufenthaltsehen“ ( die nur zu dem einen Zweck geschlossen wurden , die jugoslawische Staatsbürgerschaft und damit das Bleiberecht in Jugoslawien zu erlangen ). Der Umgang mit illegaler Immigration bildet das Hauptthema des ersten Kapitels : Jugoslawien schob illegale Immigranten ab : die Banschaftsakten enthalten Informationen über „unliebsame Szenen“ bei der Abschiebung und die Verweigerung oder Unterlassung gebotener Amtshandlungen durch einzelne Beamte , die sich in dieser Weise als „Fluchthelfer“ engagierten. 19 20 21

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Ustav Kraljevine Jugoslavije , Artikel 1. In : Službene novine Kraljevine Jugoslavije ( Amtsblätter des Königreiches Jugoslawien ) vom 24. 12. 1931. Nr. 141 , Dokument Nr. 427 , S. 1306–1314. HDA , Službene novine Kraljevine Jugoslavije : 1937 – Nr. I-XLVI ( Inv.-Nr. S-100007017 und Nr. XVII-LXXXIX ( I nv.-Nr. S-100007018 ); 1938 : Nr. I-XLVI ( I nv.-Nr. S-100007019 ) und XLVII-LXXXVIII ( Inv.-Nr. S-100007021 ). DRACH Albert , „Z. Z.“ das ist die Zwischenzeit. Ein Protokoll. 2. Band der Werkausgabe in zehn Bänden. Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Wendelin SCHMIDT-DENGLER unter Mitarbeit von Eva SCHOBEL. Redaktion Bernhard FETZ Wien , 2003. S. 356.

Ausgangsposition und Quellen

Am 16. Oktober 1939 erließ das Innenministerium eine Verordnung über die Internierung illegal eingereister ausländischer Juden in Jugoslawien22 : Dies bedeutete eine „Kapitulation“ vor der nicht zu verhindernden illegalen Immigration : Die Frage stellt sich , ob der Begriff „Asyl“23 diesem Status angemessen war , und im Vergleich mit der 1940 in Italien eingeführten Internierung war die Bezeichnung gewagt. In Jugoslawien gab es nun ein einziges richtiges „Internierungslager“, aber zahlreiche kleine Orte , in denen ausländische Juden unter vergleichbaren Bedingungen wie in Italien untergebracht wurden.24 Der Vergleich mit Italien ergibt sich deshalb , weil manche Immigranten bei der Einreise angaben , nicht in Jugoslawien bleiben , sondern in das gastfreundliche Italien weiterzureisen , wo Juden versorgt und keinerlei Diskriminierung ausgesetzt würden. Die jugoslawischen Behörden sprachen nicht von „Asyl“ im Sinne eines Rechtsinstitutes , sondern von „Zwangsaufenthalt bis zur Regelung des Status“. Die Regelung hatte daher provisorischen Charakter und die Dokumente zeigen : sie nutzten diese Chance   – sicher vor Abschiebung und Auslieferung an die deutschen Stellen –, nach einem dauerhaften Exil im Ausland zu suchen und die Weiterreise in die Wege zu leiten. Wie erlebten die jüdischen Flüchtlinge diese „Zwischenzeit“ ? Zeugnisse von Internierten haben sich nicht gefunden. Die zeitgenössische Presse in den beiden Banschaften bekundete eine unverkennbar kritische Haltung zur Entrechtung der deutschen Juden und eine Parteinahme zugunsten der im Reich Verfolgten ; zur Immigration nahmen die liberalen Zeitungen zwischen 1933 und 1938 nicht Stellung. Dies führte zur paradoxen Situation , dass sich diese Zeitungen ( das Paradebeispiel war „ Jutarnji list“, Zagreb ) zwar zugunsten der verfolgten Juden im Deutschen Reich engagierten , die jüdischen Flüchtlinge in Jugoslawien auch dann totschwiegen , als diese schon als Zielscheibe nationalistischer Attacken seitens rechtsorientierter Tageszeitungen dienten. Nach dem Jahre 1938 änderte auch die liberale Presse ihre Position und schwenkte auf die Befürwortung von Einwanderungsbeschränkungen für jüdische Flüchtlinge in Jugoslawien um.25 Wie die einheimische Bevölkerung zu dieser Thematik stand , ist den Zeitungen nicht zu entnehmen.26 Leser kamen in keiner Zeitung zu Worte , es gibt auch keine 22 23 24 25 26

Službeni list kraljevske banske uprave Dravske banovine , XI , 16. . 10. 1940 , št. 83 , S. 862– 863. Er wurde von Katrin BÖCKH in ihrem Übersichtsartikel „ Jugoslawien“ im Handbuch der deutschsprachigen Emigration , Spalte 280 , verwendet. A. KLEIN ; Zehn Jahre jüdische Flüchtlingshilfe. In : Zwischenwelten. S. 57. Arno LUSTIGER , Vor verschlossenen Türen. „Keiner ist schon zuviel.“ Die Flüchtlingskonferenz in Évian war die vorletzte Etappe auf dem Weg zum Holocaust. In : Frankfurter Allgemeine Zeitung ( FAZ ), 4. 7. 1998 , Nr. 152. Spezialuntersuchungen zur jugoslawischen Presse im Jugoslawien der Zwischenkriegszeit gibt es nicht. Doch hat Boško ITKOVIĆ ZUCKERMANN in seiner Diplom­arbeit

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Ausgangsposition und Quellen

Erinnerungsliteratur von ehemaligen Flüchtlingen in Jugoslawien , aus der die Haltung der Bevölkerung zur Immigration von Juden aus dem Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten rekonstruiert werden könnte. In diesem Zusammenhang interessiert die Frage , ob sie Antisemitismus begegneten : nicht in Form von Ausschreitungen , wohl aber in parlamentarischen Anfragen und ab 1938 in Pressekampagnen , in denen sie als wirtschaftliche und soziale Belastung , als Konkurrenz um Arbeitsplätze und als Parasiten dargestellt wurden. Katrin Völkl stellte fest , dass es in Kroatien ( bzw. auf dem Territorium der Savebanschaft , seit 26. August 1939 Banschaft Kroatien ) keine deklariert antisemitische Partei gab , und nicht einmal die von der NSDAP beeinflusste Ustascha , die 1941 schon Tage nach der Gründung des Unabhängigen Staates Kroatien die Verfolgung der Juden nach dem deutschen Vorbild aufnehmen sollte , Judenfeindschaft proklamiert habe.27 Aber die Parolen „Werft sie aus dem Land“ bedrohten die jüdischen Flüchtlinge zu einem Zeitpunkt , da immer weniger Staaten bereit waren , sie aufzunehmen. Anhand von Dokumenten des Jüdischen Historischen Museums in Belgrad ( JIM ) wird gezeigt , dass die Versorgung der Zuwanderer den Staat nicht belastete und dass die Angst vor den sozialen Folgen der Immigration vorgeschoben wurde , um die seit Ende 1938 zunehmend repressive Handhabung der Immigrationsbestimmungen zu rechtfertigen. Die jüdischen Gemeinden28 und die internationalen jüdischen Orga-

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zur Situation der Medien im Unabhängigen Staat Kroatien im Vorwort die Lage der jugoslawischen Medien im Königreich beurteilt : NDH i medije. Diplomska radnja na Fakultetu za političke znanosti i novinarstva Sveučilišta u Zagrebu , Zagreb , 2004 ( Der Unabhängige Staat Kroatien und die Medien. Diplomarbeit an der Fakultät für politische Wissenschaften und Journalismus der Universität Zagreb ; Zagreb 2004 ). Er legte jedoch nur die Kriterien „regierungsnahe“ und „oppositonell“ an ; dieses grobe Raster zwingt dazu , das Schwanken der liberalen Presse zwischen ihrer Rolle als Sprachrohr der Regierungspolitik und der Beeinflussung durch nationalistische Kräfte zu ignorieren. Katrin Völkl , Zur Judenfeindlichkeit in Kroatien : Wieweit gab es Antisemitismus bis 1941 ? In : Südosteuropa. Zeitschrift für Gegenwartsforschung. 42. Jahrgang , H. 1 / 1993 , 59–77. DIES. Die Jüdische Kultusgemeinde in Zagreb bis 1941. In : Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland. Heft 92 , Eisenstadt 1993. S. 158–195 , insbes. 184–189. Vgl. auch Ivo Goldstein , Antisemitizam u Hrvatskoj. Korijeni , pojava i razvoj antisemitizma u ­Hrvatskoj ( Antisemitismus in Kroatien. Wurzeln , Phänomen und Entwicklung des Antisemitismus in Kroatien ). Sammelband „Weiß man es … 1941–1945 ?“ ( Zbornik Zna li se 1941–1945 , Zagreb , 1996 , S. 12–52. Milan Koljanin hingegen sah auch im Kroatien der Zwischenkriegszeit schon antisemitsch motivierte Überlegungen zur Enteignung jüdischer Großkaufleute und Industrieller ( es blieb bei Planungen ): M. Koljanin , Jevreji i antisemitizam. S. 150 f. Darüber forschte Katrin Böckh : Židovska vjerska općina u Zagrebu do 1941. godine. ( Die Jüdische Gemeinde in Zagreb bis zum Jahr 1941. ) In : Časopis za suvremenu povijest ( Zeitschrift für Zeitgeschichte ), Zagreb , 1995 , Jg. 27 , Nr. 1. S. 33–53. DIES. Ju-

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nisationen kamen dafür auf. 29 Institutionelle Hilfe für die ausländischen Juden blieb im Königreich Jugoslawien eine innerjüdische Angelegenheit. Als einer der Gründe für die Entwicklung zu einer fremdenfeindlichen Immigrationspolitik wurde die Furcht der jugoslawischen Regierung vor deutschen Wirtschaftssanktionen , ja sogar vor einer deutschen Intervention als „Strafmaßnahme“ ermittelt. Deutscher Druck wurde nicht nur vorgeschoben ; es gab ihn : Schließlich maß Deutschland Jugoslawien in seinem Konzept für die „Neuordnung Europas“ 30 eine maßgebliche Rolle zu : wirtschaftlich und politisch als Brücke zwischen dem Deutschen Reich und den Verbündeten Deutschlands in Südosteuropa , Rumänien und Bulgarien zu fungieren.31 Die in dieser Studie vorgestellten Ergebnisse der Quellenforschung führten zu einer Reflexion über den angemessenen Sammelbegriff für die ausländischen Jüdinnen und Juden , die seit 1933 nach Jugoslawien kamen : Die Historiker des ehemaligen Jugoslawien verwendeten – inkonsequent und unreflektiert – die Bezeichnungen „ausländische jüdische Emigranten“ und „ausländische jüdische Flüchtlinge“, weil sich auch in den jugoslawischen Behördenakten diese Begriffe als Synonyme finden. „‚Emigration‘ hat im Vergleich mit ‚Flucht‘ beinahe etwas Geruhsames an sich“, bemerkte Friedrich Torberg.32 Die jugoslawischen Behörden sprachen von „Emig-

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goslawien : In : Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933–1945. Hrsg. von Claus-Dieter KROHN , Patrik VON ZUR MÜHLEN , Gerhard PAUL und Lutz WINCKLER ( Hrsg. unter redaktioneller Mitarbeit von Elisabeth KOHLHAAS ), Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933–1945. Darmstadt , Sp. 279–284 , hier Spalten 281 , 282. Dokumente wurden von der Direktorin des JIM , Vojislava Radovanović , der Autorin zur Verfügung gestellt , wofür ihr hiermit gedankt wird. Auch Ivo GOLDSTEIN hat sie ausgewertet : I. GOLDSTEIN , Holokaust u Zagrebu ( Der Holocaust in Zagreb ). Zagreb 2001 , S. 30 und passim ; DERS. : Židovi u Zagrebu 1918–1941 ( Die Juden in Zagreb 1918–1941 ). Zagreb 2004 , S. 433–453. Milan Ristović , Nemački ‚Novi poredak‘ i Jugoistočna Europa 1940 /  41–1944 /  45. S. 249. H. J. Schröder , Südosteuropa als „Informal Empire“ Deutschlands. In : Jahrbücher für Geschichte Osteuropas Nr. 23 , Konzept der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik für Südosteuropa S. 71–91 ; hier S. 74 ; M. Ristović , Nemački ‚Novi poredak‘.“, S. 288 ff. – H. Sundhaussen , Wirtschaftsgeschichte. S. 33. Einer der wichtigsten Gründe für die Annäherung Jugoslawiens an Hitlerdeutschland war die Hoffnung Jugoslawiens , von Deutschland wirksamen Schutz gegen Gebietsansprüche Italiens ( die in den Friedensverträgen unbefriedigt geblieben waren ) zu erhalten : Arnold SUPPAN , Jugoslawien und Österreich 1918–1938. Wien , 1996. S. 1224 f. Friedrich TORBERG, Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes. 14. Auflage , Wien. April 1980 , S. 271 ( Epilog ). Kateřina Čapková , Michal FRANKL , Unischere Zuflucht. Die Tschechoslowakei und ihre Flüchtlinge aus NS-Deutschland und Österreich 1933–1938. Aus dem Tschechischen übersetzt von Kristina Kallert. Wien– Köln–Weimar 2012. S. 19.

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ranten“ auch dann noch , als sie 1935 schon über die deutschen Rassengesetze und die Alltagsschikanen an deutschen Juden im Bilde waren.33 Kateřina Čapková und Michal Frankl wiesen darauf hin , dass die „Begriffsverwirrung“ entstand , weil sich eine international anerkannte Definition des Flüchtlingsbegriffs in der Zwischenkriegszeit erst etablierte , während der Begriff „Emigrant“ in den internationalen Konventionen der Zwischen- und Nachkriegszeit fehlt. Da die jüdischen Immigranten in Jugoslawien entweder die Weiterreise beabsichtigten oder aber bestrebt waren , sich eine neue Existenz aufzubauen und sich der Repatriierung nach Deutschland sogar mit Methoden der Kleinkriminalität ( Dokumentenfälschung , Untertauchen ) und mit Selbstmorddrohung widersetzten , ist anzunehmen , dass das Verlassen ihrer Heimat nicht ihrer freien Wahl entsprang , sondern Druck und Zwang.34 Daher hält sich die Autorin an den Begriff „Flüchtling“. Das Lavieren Jugoslawiens zwischen Annäherung an das Deutsche Reich und Neutralität bewahrte Jugoslawien nicht vor dem deutschen Angriff : Die deutschen Besatzer kamen ( auch ) mit der Entschlossenheit , „die Judenfrage zu lösen“: Die Umsetzung dieses Programms im ehemaligen Jugoslawien ist das Thema des zweiten Teils. Im deutsch besetzten Teil Sloweniens wurden die wenigen dort niedergelassenen Juden gemeinsam mit den „politisch unzuverlässigen“ Slowenen vertrieben , um in Serbien ermordet zu werden : Die Dokumente zur deutschen Judenpolitik in der Untersteiermark und in Krain , die Akten der „Entnationalisierungspolitik“ und der Kommission für die Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und einheimischen Kollaborateure35 enthalten Namenslisten der Auszusiedelnden , aber nur von niedergelassenen Jüdinnen und Juden. In den Akten zur Entnationalisierungspolitik finden sich vorwiegend slowenische Deportationsopfer verzeichnet.36 Ausländische jüdische Flüchtlinge , die sich vor 1941 in der Untersteiermark ( Štajerska ) niedergelassen hatten , wurden von deutschfreundlichen Bürgermeistern und Angehörigen der volksdeutschen Minderheit in Slowenien vertrieben. Dies be33 34 35

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HDA , SB-ODZ , Fasz. 4 , Dok. Zl. 4639 /  40. K. Čapková , Michal FRANKL , Unsichere Flucht. S. 19. ARS , Fonds Deželni svetnik okrožja Kranj ( Gaurat für den Landkreis Krainburg , AS 1604 ), Fasz. 899 , Mappe 3 , Kuvert Nr. 11 , Umsiedlung und Aussiedlung , Bezirk Krainburg ; Fonds Komisija pri predsedstvu SNOS za ugotavljanje zločinov okupatorjev in njegovih pomagačev ( Komission beim Ausschuss für die Volksbefreiung Sloweniens , AS 220 ), Fasz. 6 , Zl. 77 , Transportne liste za preselitev Gorenjske ( Transportlisten zur Umsiedlung aus Oberkrain ) und Zl. 80 , Volks- und Rassenverhältnisse der Untersteiermark , S. 83. ARS , Akten der Gauräte ( AS 1602 ), Fasz. 2 , Zl. 78 , Liste über reichsverwiesene Juden ; Fond Pooblaščenec državnega komisarja za utrjevanje nemštva , Urad Maribor ( Bevollmächtigung des Staatskommissars zur Festigung des Deutschtums ( AS 1625 ), Fasz. 1 , Zl. 6 ( mit Akten zur Enteignung einheimischer Juden ).

Ausgangsposition und Quellen

legen Akten der Ustascha-Verwaltung im Kroatischen Staatsarchiv.37 Jene , die auf das Territorium unter italienischer Herrschaft flüchten konnten , deportierte die italienische Verwaltung der „Provincia di Lubiana“ ( Westslowenien ) ab Juli 1941 in die italienischen Internierungslager. Die diesbezüglichen Archivalien finden sich jedoch in italienischen Archiven : Auf ihnen beruhen die Listen der Deportierten , die von der italienischen Historikerin Anna Pizzuti erstellt wurden.38 Im Archiv der Repub­ lik Slowenien finden sich hierzu nur spärliche Quellen – Akten der CarabinieriVerwaltung über Flüchtlinge ( aber nur jene aus Kroatien betreffend )39. Das slowenische Übermurgebiet und das kroatische Zwischenmurgebiet , die kroa­tische Baranja und die heutige serbische Region Vojvodina ( Vojvodina ) wurden am 11. April 1941 von Ungarn besetzt und im Dezember 1941 annektiert. Österreichische und tschechische Juden , die sich dort niedergelassen und Arbeit gefunden hatten ( vor allem in der von tschechischen Juden aufgebauten Textilindustrie ), hatten schon von Beginn der ungarischen Herrschaft an unter deren „KommunistenPhobie“ zu leiden : Sie wurden 1944 gemeinsam mit den ungarischen Juden in die Vernichtungslager deportiert : Es gibt hierüber nur Zeugenaussagen Überlebender in den Beständen der slowenischen und kroatischen Landeskommission für die Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und ihrer einheimischen Helfer , aber keine Behördenquellen in Slowenien und Kroatien. Die Verfolgung der Juden im deutsch besetzten Serbien , damit auch die Liquidierung der gestrandeten Flüchtlinge des „Kladovo“-Transportes , wurde – außer von den Historikern des „Kladovo“-Transportes40 – noch von Walter Manoschek41 und dem 37

Der Quellenbestand „Ustascha-Polizeidirektion“ ( RUR ŽO , Fonds Nr. 252 ) gibt hierüber Aufschluss. Dušan BIBER schilderte in seinem Werk Nacizem in Nemci v Sloveniji 1933–1941 ( Der Nationalsozialismus und die Deutschen in Jugoslawien 1933– 1941 ), Ljubljana 1966 , wie die deutsche Minderheit Jugoslawiens – ca. 500. 000 Personen in ganz Jugoslawien , darunter 60. 000 in Slowenien – in nationalsozialistisches Fahrwasser geriet. Der in ganz Jugoslawien tätige Kulturverein der Deutschen , der „Donau­schwäbische Kulturbund“, betrieb den „Anschluss der Untersteiermark an das Deutsche Reich“ und erhielt dafür intensive Unterstützung der „Volksdeutschen Mittelstelle“. 38 Anna PIZZUTI ; Ebrei stranieri internati in Italia … La zona annessa : Provincia di Lubiana : www.annapizzuti.it /  gruppi /  jblubiana.php. 39 Fonds Commando Carabinieri Reali Provincia di Lubiana ( CC. RR-Ljubljana ), Fasz. 160 /  V , R–15–1 Židovski begunci iz Hrvaške. Slowenische Historiker forschen nach den Schicksalen von Einzelpersonen : Einen ersten Schritt dazu bildet der zitierte Sammelband Slovenski Judje. Zgodovina in Holokavst. Hrsg. von Irena ŠUMI und Hannah STARMAN. 40 Siehe Anm. 5. 41 Walter MANOSCHEK ; „Serbien ist judenfrei“. Militärische Besatzungspolitik und Judenvernichtung in Serbien 1941 /  42. 2München 1995 , S. 167–177. Auch Holm SUND­

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Ausgangsposition und Quellen

serbischen Historiker Milan Koljanin erforscht. Eine Liste der österreichischen Opfer des serbischen Konzentrationslagers Banjica in Belgrad ( Liste Nr. 4.5 ) findet sich im Anhang.43. Sie beruht auf der Liste , die das Jüdische Historische Museum ( Jevrejski storijski muzej , Beograd ) der Autorin zur Verfügung stellte : Diese wurde nach Kriegsende nach Zeugenaussagen von überlebenden ehemaligen Insassinnen und Insassen rekonstruiert und gilt als „relativ“ vollständig. Serbien war spätestens im Sommer 1942 „ Judenfrei“. Die Autorin ergänzt diese Feststellung von Walter Manoschek mit der Bemerkung , dass nicht nur die radikale Säuberung durch die deutsche Militärverwaltung dazu beigetragen hatte , sondern auch die Flucht von Juden aus Serbien nach Dalmatien , unter die italienische Herrschaft , ab Mai 1941. Die zitierten serbischen Forscher haben die Fluchtwellen auf das ungarische Besatzungs- und Annexionsgebiet ignoriert. Die spärlichen Akten dazu bieten Hinweise , dass Ungarn bis 1944 für Juden tatsächlich ein sicheres Refugium bot , dass die dort niedergelassenen Flüchtlinge aber 1944 in die Transporte mit den ungarischen Juden gerieten. Raul Hilberg 44 und Holm Sundhaussen45 nahmen an , dass im USK die deutschen Besatzer von Anfang an die „Lösung der Judenfrage“ betrieben , während die kroatische Ustascha-Herrschaft nur „der Form halber“ ihre Zustimmung zu signalisieren hatte. Diese Auffassung spiegelt die heute geltende communis opinio in Kroatien wider , die „Lösung der Judenfrage“ im USK sei Sache der Deutschen gewesen , die Kroaten hätten damit nichts zu tun. Diese Überzeugung speist sich aus den Rechtfertigungsversuchen ehemaliger Ustaschi , wie des Ustascha-Stadtkommandanten von Dubrovnik , Ivo Rojnica46 : Seiner Meinung nach habe die Ustascha „die Deutschen“ 42

HAUSSEN , Übersichtsartikel „ Jugoslawien“. In : Wolfgang BENZ : Dimensionen des Völkermordes. S. 311–320. 42 M. KOLJANIN ; Nemački logor na beogradskom sajmištu 1941–1945 , Beograd 1980 , S. 117–147. 43 Jevrejski historijski muzej Beograd ( Jüdisches Historisches Museum Belgrad , abgek. JIM ): Lagerliste „Banjica“: Die nach Kriegsende rekonstruierte , ( relativ ) vollständige Lagerliste stellte die Direktorin des JIM , Vojislava RADOVANOVIĆ , Belgrad , der Autorin zur Verfügung , wofür ihr nochmals gedankt wird. 44 Raul HILBERG , Die Vernichtung der europäischen Juden. Die Gesamtgeschichte des Holocausts. Berlin 1982 , S. 488. 45 Holm SUNDHAUSSEN , Übersichtsartikel Der „Unabhängige Staat Kroatien“. In : Wolfgang BENZ : Dimensionen des Völkermordes. S. 321–327 ; hier S. 323. 46 Ivo Rojnica starb 2007. Er weilte von 1945 bis 1990 in der Emigration in Argentinien , kehrte aber nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft im ehemaligen Jugoslawien nach Kroatien zurück und veröffentlichte seine Memoiren : Ivo ROJNICA , Susreti i doživljaji. Razdoblje od 1938–1975 u mojim sjećanjima ( Begegnungen und Erlebnisse. Die Zeit von 1938–1975 in meinen Erinnerungen ). II. Bd. /  I. Teil , Zagreb , 1995.

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Ausgangsposition und Quellen

sogar verachtet ; andererseits : „Kroatien hat kooperieren müssen“  – im Interesse des Bestandes des USK. Die Tatsache der Morde an Juden , Serben , Roma in den Konzentrationslagern der Ustascha wird auch überhaupt geleugnet – nicht nur von überlebenden „Ehemaligen“, sondern auch von Historikern jüngerer Generationen. 47 Doch die Quellen in den kroatischen Archiven – auch jene der deutschen Behörden – führen zu einem anderen Schluss : dass nämlich im Jahre 1941 die deutschen Stellen den kroatischen Behörden weitgehend freie Hand ließen. Die Frage nach der Rolle der Deutschen bei der Liquidierung der Judenschaft wurde von Ivo Goldstein dahingehend beantwortet , dass sich die deutschen Dienststellen die gesamte Dauer der Judenverfolgung hindurch auf Beobachtung , Kontrolle und Beratung beschränkt haben.48 Die Bestände der Ustascha-Polizei sind zwar unvollständig erhalten ( in den letzten Kriegstagen skartierten die Ustascha-Dienststellen ihre Archive ), doch enthalten sie Vollzugsmeldungen nach Deportationen , die auf die Auftraggeber schließen lassen : Auch die Fragmente der Notizen des deutschen Polizeiattachés Hans Helm geben Aufschluss über die Kompetenzverteilung zwischen deutscher und kroatischer Polizei. Als Initiator fungierte bis zum Sommer 1942 die Ustascha , wobei ihr die deutschen Dienststellen freie Hand ließen. Ab Juli 1942 riss der entsandte Vertreter des Reichssicherheitshauptamtes , Franz Abromeit , die Initiative an sich und drängte die Ustascha in die Rolle von Sekundanten. 1943–1945 führte die Ustascha wieder aus eigener Initiative Deportationen in ihre Lager durch. Die Eigenständigkeit der kroatischen Polizeikräfte und ihre Alleinzuständigkeit für Konzentrationslager und Einweisungen bekräftigte der Vertreter des kroatischen Innenministeriums mit den deutschen Dienststellen.49 Der Bestand „Landeskommission“ enthält auch die Gerichtsurteile der jugoslawischen Volksgerichtshöfe und Militärgerichte gegen die evidentierten oder von den Überlebenden angezeigten mutmaßlichen Tätern dekretierten , geplanten und 47

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Der Leiter des Archivs der Erzdiözese Zagreb , Stjepan RAZUM , wies in einem Interview für die Wochenzeitung „Hrvatski list“ ( „ Kroatisches Blatt“ ), Zadar , vom 8. 8. 2012 unter dem Titel „Vrijeme je da rušimo mit o Jasenovcu“ ( „Es ist Zeit , den Mythos Jasenovac zu zerstören“ ) die Qualifizierung von Jasenovac als „Vernichtungslager“ zurück. Seiner Überzeugung nach sei dieses Werturteil von großserbischen Nationalisten gefällt worden , um „Kroatien“ ( nicht „den USK“ ) des Genozids an Juden , Serben und Roma zu beschuldigen. Razum ist bekannt , dass „ Jasenovac ein Arbeitslager“ war und Arbeitskräfte für Deutschland beschaffte : Dies schließt für Razum aus , dass Jasenovac ein Vernichtungslager war. Ivo GOLDSTEIN ; Holokaust u Zagrebu. S. 590. Zu diesem Abkommen siehe Fußnote 697 : Unterlagen aus den Aufzeichnungen des deutschen Polizeiattachés in Kroatien , Hans Helm. Die Beziehungen zwischen kroa­ tischen und deutschen Polizeidienststellen stellte Davor KOVAČIĆ dar : Davor KOVAČIĆ , Redarstveno-obavještajni sustav Nezavisne Države Hrvatske ( Polizei und Nachrichtendienst im Unabhängigen Staat Kroatien ). Zagreb 2009 , S. 15.

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Ausgangsposition und Quellen

vollstreckten Morde , „Massenliquidierungen“, Verschleppungen , Enteignungen und anderen Verbrechen gegen Leib , Leben und Eigentum der Opfer. Als Vollstrecker der Deportation von ausländischen jüdischen Flüchtlingen wurde jedoch nur ein einziger Täter verurteilt und an ihm die Todesstrafe vollzogen. Dieser Bestand erwies sich trotz des quantitaven Umfanges ( 848 Faszikel ) informativ nur für die Frage nach der Methode der Identifizierung der sterblichen Überreste auf den Arealen der Ustascha-Konzentrationslager : Im Jahre 1941 „interessierten“ sich die im Unabhängigen Staat Kroatien vertretenen deutschen Dienststellen für die ausländischen jüdischen Flüchtlinge , aber für „spezielle Fälle“: für Personen , die durch ihr Verhalten in den Internierungsorten erkennen ließen , dass sie Vermögenswerte oder beträchtliche Geldbeträge mit auf die Flucht nehmen konnten , für Pläne zur Ausreise aus Kroatien , besonders aber für ihre mögliche Zusammenarbeit mit feindlichen Geheimdiensten. Diese „Fälle“ wurden dann in die Konzentrationslager im Reich oder an die Gestapo Graz , die als Zentrale für Südosteuropa fungierte , weitergeleitet. Die mittellosen „kleinen Leute“ überließen sie der Behandlung durch die kroatische Ustascha. Die Deportationen in die Konzentrationslager Auschwitz und Bergen-Belsen leitete ab August 1942 Franz Abromeit : Den Ustascha-Stellen und dem Innenministerium des USK oblagen der technische Vollzug und die Finanzierung.50 Die Geschichte der kroatischen Konzentrationslager darf auch im deutschen Sprachraum als bekannt vorausgesetzt werden.51 Neben den wissenschaftlichen Monografien52 vermitteln Schilderungen Überlebender die Lebensbedingungen der 50

Dieser Quellenbefund steht im Gegensatz zum Tenor des Beitrages von Holm SUND­ HAUSSEN , „ Jugoslawien“, in : Dimension des Völkermordes. Die Zahl der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. Hrsg. von Wolfgang BENZ , München 1991 , S.  311–330 , hier S. 323 f. Auch belegen die Quellen der Institutionen des Ustascha-Regimes nicht Raul Hilbergs Einschätzung , dass die kroatische Regierung nur ihre Billigung zur deutschen Vorgangsweise , zum Abtransport der Juden nach Auschwitz , habe geben müssen. Raul HILBERG , Die Vernichtung der europäischen Juden. Die Gesamtgeschichte des Holocausts. Berlin 1982 , S. 488. 51 Die Entstehungsgeschichte und die Typisierung der Lager der kroatischen Ustascha schilderte Marija VULESICA in ihrem Überblicksartikel „Kroatien“, in : Kroatien. In : Wolfgang BENZ – Barbara DISTEL ( Hrsg. ), Der Ort des Terrors. Band 9 , München 2009 , S. 313–336. Die Opferzahlen nannte Holm SUNDHAUSSEN in seinem Überblicksartikel „Der Unabhängige Staat Kroatien“, in : W. BENZ , Dimension des Terrors. S.  323 f. 52 Maria VULESICA hat zu Recht die mangelhafte Typisierung der Ustascha-Lager in der kroatischen Literatur ( besonders bei Mirko PERŠEN und Zlatko DIZDAR ) kritisiert. Überblicksartikel „Kroatien“. In : Kroatien. In : Wolfgang BENZ – Barbara DIS­ TEL ( Hrsg. ), Der Ort des Terrors. Band 9 , München 2009 , S. 314 f.

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Ausgangsposition und Quellen

jüdischen ( und serbischen ) Häftlinge im Lagerkomplex Jasenovac53 : Über den Lageralltag in den Frauen-Konzentrationslagern erfahren die Historiker nur aus diesen Quellen. Auf die ausländischen Juden in den Lagern gingen indes nur einzelne Zeugen ein , die von der jugoslawischen Kommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und ihrer einheimischen Helfer einvernommen wurden ; die Kommission erklärte sich nämlich nur für jugoslawische Juden zuständig. Dennoch nahm sie in ihre Protokolle Hinweise auf ausländische Juden auf. Sehr ergiebig sind die Erinnerungen der Zeugen allerdings nicht. Wir erfahren nicht , wann und unter welchen Umständen die in die Lager eingelieferten ausländischen Jüdinnen und Juden ums Leben kamen und ob überhaupt welche überlebt haben. Auch die Memoirenliteratur der Überlebenden erwähnt nur wenige ausländische Juden als Opfer des KZ Jasenovac , aber keine ausländischen Jüdinnen. In diesem Zusammenhang stellte sich der Autorin die Frage nach der Zuverlässigkeit der Identifizierung der Toten in den Ustascha-Lagern , die von der genannten Kommission begonnen und vom Gedenkzentrum Jasenovac fortgeführt wurde. Das Gedenkzentrum ermittelte bisher mehr als 83. 000 Personen , die im Lagerkomplex Jasenovac ( zu dem das Frauen-KZ Stara Gradiška und das Kinder-KZ in Gornja Rijeka gehörten ) ihr Leben ließen : Darunter finden sich 17. 000 Namen von Jüdinnen und Juden54. Nicht mitgezählt sind die Opfer des Lagerkomplexes von Gospić–Jadovno–Slano–Metajna und jene der Frauenlager Loborgrad und Đakovo. 101 identifizierte jüdische Opfer mit Heimatzuständigkeit in Österreich wurden ermittelt ( siehe Liste Nr. 4.7 ). Von 86 Internierten der Lager Jasenovac und Stara Gradiška ist das weitere Schicksal nicht bekannt ( siehe Liste Nr. 4.8 ). 13 jüdische Opfer aus Österreich wurden im Frauenlager Stara Gradiška ermittelt ( siehe Liste Nr. 4.9 ). Aus Loborgrad und Gornja Rijeka wurden 24 Jüdinnen von 49 mit Heimatzuständigkeit in Österreich nach Auschwitz deportiert ( siehe Liste Nr. 4.10 ). 13 jüdische Tote der Typhusepidemie im Lager Đakovo und 31 Internierte mit Heimatzuständigkeit in Österreich wurden dort ermittelt ( siehe Liste Nr. 4.11 ). Die Forscher des Gedenkzentrums Jasenovac stützen sich in ihrer Arbeit auf die Befunde der zitierten Kommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besat53

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Den Lageralltag der jüdischen Häftlinge des KZ Jasenovac schilderte der nachmalige Oberrabiner von Jugoslawien , Cadik I. DANON , The Smell of Human Flesh. A Witness of the Holocaust. Memories of Jasenovac. ( Originaltitel : Sasećeno stablo Danonovih /  Der abgesägte Stamm der Danons ). Belgrad , 1976. Jožef KONFORTI , Sećanja Jevreja na logor ( Erinnerungen eines Juden an das Lager ). Beograd , 1972. Gedenkzentrum Jasenovac : www.jusp-jasenovac.hr /  Survey and search of the individual victims : www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711 ; – Opferzahlen : I. GOLD­ STEIN , Croatia …S. 138. – Dokumente gesammelt von MILETIĆ Antun , Koncentra­ cioni logor Jasenovac : 1941–1945 : 1. Ausgabe , Beograd : Jasenovac , 1986–1987.

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Ausgangsposition und Quellen

zungsmächte und ihrer einheimischen Helfer , die am 18. Mai 1945 ihre Arbeit im KZ Jasenovac aufnahmen. Sie sondierte aufgrund von Informationen von Zeitzeugen die Umgebung der Konzentrationslager und untersuchte die so gefundenen Gräber. Zur Identifizierung der sterblichen Überreste wurden Bekannte und Familienangehörige oder Mithäftlinge beigezogen. Auch hinterlassene Gegenstände des persönlichen Gebrauchs fanden dabei Verwendung. Unterlagen der UstaschaBehörden über Lagereinlieferungen55 halfen in wenigen Fällen , denn es sind nur wenige Namenslisten von Häftlingen erhalten. Auf diesen waren nebst den Namen manchmal – nicht immer – Geburtsdaten und die Orte des letzten Aufenthaltes der Deportierten verzeichnet ; aufgrund der Geburtsdaten konnten ausländische Juden , die schon auf früheren Fahndungslisten der Banschaftsbehörden evidentiert waren , herausgefiltert werden. Aufgrund der Angaben zum letzten Aufenthaltsort vor der Deportation ist dies nicht möglich , denn es wurden nur Aufenthaltsorte im ehemaligen Jugoslawien genannt. Selten findet sich ein Hinweis darauf , dass es sich um ausländische Juden handelt. Zuverlässigere Methoden standen der Kommission in den Jahren 1945–1947 nicht zur Verfügung. Die Arbeit der genannten Kommission und ihre Resultate werden von den zitierten Forschern im ehemaligen Jugoslawien ( nach Maßgabe der ihr zur Verfügung stehenden Methoden und Hilfsmittel ) als relativ zuverlässig bewertet. Dies muss deshalb betont werden , weil im ehemaligen Jugoslawien und auch heute noch in den Nachfolgestaaten die Kommission selbst – als Einrichtung des Antifaschistischen Rates der Volksbefreiung Jugoslawiens ( AVNOJ )56 und daher als „kommunistische“ Einrichtung – dem Verdacht der regimekonformen Geschichtsfälschung ausgesetzt war und blieb. Die Zahl der Opfer wird in Zweifel gezogen und als Fortschreibung der von Serbien , aber auch von „Altpartisanen“ ausgehenden kroatienfeindlichen Propaganda abqualifiziert.57 55 56

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HDA , Fonds „UNS“ ( Ustaška nadzorna služba – Ustascha-Kontrolldienst , Fonds 248 ,

acht Faszikel. HDA Zagreb : www.arhiv.hr / A RH i NE t arhivski informacijski sistem : Miodrag ZEČEVIĆ – Jovan POPOVIĆ ; Dokumenti iz istorije Jugoslavije , Državna komisija za utvrđivanje zločina okupatora i njihovih pomagača iz Drugog svetskog rata ( Dokumente zur Geschichte Jugoslawiens : Die Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und ihrer einheimischen Kollaborateure. Der kroatische Historiker Josip JURČEVIĆ konzipierte seine Dissertation über die Opferzahlen des KZ Jasenovac als Dekonstruktion des „Mythos Jasenovac“: JURČEVIĆ Josip , Nastanak jasenovačkog mita. Problemi proučavanja žrtava drugog svjetskog rata na području Hrvatske Zagreb , 1998. ( Dt. : Die Entstehung des Mythos Jasenovac : Probleme bei der Forschungsarbeit zu den Opfern des II. Weltkriegs auf dem Gebiet von Kroatien. Zagreb 2007. ) Der „Mythos Jasenovac“ besteht seiner Auffassung nach in der gigantischen Übersteigerung der Zahl der in Jasenovac Ermordeten und Verstorbenen sowie in der Widerlegung der These , dass Jasenovac als Vernichtungs­

Ausgangsposition und Quellen

Die als Kriegsverbrecher Verdächtigten hatten zumeist die Todesstrafe zu erwarten. Die Möglichkeit , dass die Überlebenden , die als Zeugen aussagten , sich sich an den ehemaligen Tätern rächen wollten , muss bei der Auswertung der Zeugenaussagen mitbedacht werden. Die Frage nach den Methoden der Identifizierung und nach der Verlässlichkeit der Ergebnisse stellt sich auch deshalb , weil sich nationale Institutionen wie das Dokumentationszentrum des österreichischen Widerstandes und die Opferevidenz von Yad Vashem auf das Register des Gedenkzentrums Jasenovac stützen. Konzentrationslager richtete auch die italienische Militärverwaltung in den besetzten Zonen des ehemaligen Jugoslawien ein : Aber diese dienten einem ganz anderen Zweck als die Konzentrationslager der Ustascha und der Nationalsozialisten. Die Zweite Italienische Armee errichtete solche 1942 im Besatzungsgebiet auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien , um die mehreren Tausend jugoslawischer Juden und einige Hundert ausländischer Flüchtlinge dem Zugriff der kroatischen Ustascha und der Deutschen zu entziehen und sie vor der Deportation in die Konzentrationslager der Nationalsozialisten zu bewahren ( schon im Jahre 1940 internierte Italien ausländische jüdische Flüchtlinge in italienischen Lagern – siehe Liste Nr. 4.13 ). Unterlagen zu diesen Internierungen finden sich im Kroatischen Staatsarchiv Split und im Staatsarchiv Rijeka. Die Bemühungen der italienischen Militärverwaltung in den besetzten Gebieten des ehemaligen Jugoslawien , die – über die Verbrechen der Ustascha im Bilde – eine Auslieferung der Juden an die Ustascha für unvereinbar mit der Soldatenehre und der Autorität Italiens hielt , dokumentierten Leon Poliakov und Jacques Sabille in einer Quellensammlung58 sowie Teodoro Morgani.59 Die bisher nicht ausgewerteten Unterlagen im Staatsarchiv Rijeka60 und im Kroatischen Staatsarchiv Split dazu wurden für diese Studie benutzt.61 Das Tauziehen der Deutschen Gesandtschaft und ihrer Dienststellen in Zagreb über die kroatische Regierung mit der italienischen Gesandtschaft und der italienischen Besatzungsstellen fand seine Fortsetzung in diplomatischen Bemühungen des deutschen Auswärtigen Amtes beim italienischen Außenminister Galeazzo Ciano. lager gedient habe. Siehe dazu auch die Rezension von Holm SUNDHAUSSEN ; Josip Jurčević : Die Entstehung des Mythos Jasenovac. Probleme bei der Forschungsarbeit zu den Opfern des II. Weltkriegs auf dem Gebiet von Kroatien. Über www.oeis.fuberlin /  / geschichte /  soe /  rezensionsseite /  rezensionen.55html. 58 Leon POLIAKOV – Jacques SABILLE ; Jews under Italian Occupation. Paris 1956. 59 Teodoro MORGANI ; Gli Ebrei di Trieste e di Abbazia. Roma 1979. 60 Staatsarchiv Rijeka ( Državni arhiv , DARI ), Rijeka , Fonds „Prefettura di Fiume“ ( Provinzverwaltung der Provinz Carnao DARI JU 039 ) und Questura di Fiume ( Polizeiverwaltung Fiume /  Rijeka DARI JU 053 ). 61 Staatsarchiv Split ( DAST ), Fonds „ Jüdische Gemeinde“ ( „ Židovska opcine“, ŽO ).

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Ausgangsposition und Quellen

Mussolini kritzelte auf die deutsche Verbalnote „Nulla osta“ ( „ Nichts dagegen“, also „kein Einwand gegen die Auslieferung an die Deutschen“ ) mit seiner Paraphe. Im italienischen Außenministerium , im Kriegsministerium und im Generalstab wurde unterdessen eine Antwortnote entworfen , mit der das deutsche Auslieferungsbegehren hinhaltend beantwortet wurde. Das Oberkommando für Slowenien und Dalmatien der Zweiten Italienischen Armee ( Supremo Commando per Slovenia e Dalmazia , SUPERSLODA ) erarbeitete gleichzeitig den Plan zur Internierung aller Juden in der „Zone II“ ( die von den Grenzen der Provinz Carnao bei Fiume bis nach Zadar , und von Orebić in Dalmatien bis nach Dubrovnik reichte und die Inseln Pag , Brač , Hvar und Mljet umfasste ), Daniel Carpi stellte diese Rettungsinitiative der Zweiten Italienischen Armee und der Zentralstellen in Rom 1974 erstmals vor.62 Noch leben in Kroatien ehemalige Internierte der italienischen Konzentrationslager Kraljevica und Kampor ( Insel Rab ). Aus eigenen Erinnerungen rekonstruierte einer der Überlebenden , der gebürtige Wiener Alfred Pal63 , eine ( unvollständige ) Liste der jugoslawischen und der österreichischen , deutschen , tschechoslowakischen und polnischen Insassen dieser Lager.64

62 Daniel CARPI , The Rescue of Jews in the Italian Zone of Occupied Croatia. In : Rescue Attempts during the Holocaust. Proceedings of the Second Yad Vashem International His­torical Conference – April 1974. Jerusalem 1977 , S. 465–553. 63 Alfred Pal ( der Autorin persönlich bekannt ) wurde 1920 in Wien geboren , kam aber schon als Kind mit seinen Eltern nach Zagreb. Er war Insasse der italienischen Konzent­rationslager Kraljevica und Kampor und trat 1943 der Partisanenarmee bei. Nach dem Krieg schloss er das Grafikstudium in Zagreb ab und war bis zu seinem Tod ( 2011 ) als Grafiker und Buchillustrator tätig. Seine Teilnahme am „Volksbefreiungskampf“ in Jugoslawien schützte ihn nicht vor der Arretierung durch das kommunistische Regime im Jahre 1948 : Als Tito mit Moskau brach und die der Komintern-Linie treuen jugoslawischen Kommunisten im Gefängnis auf der Adriainsel „Goli Otok“ internieren ließ , wurde auch Alfred Pal zwei Mal zum Aufenthalt in diesem Straflager für politische Gegner der kommunistischen Herrschaft in Jugoslawien verurteilt. Er verbüßte dort insgesamt vier Jahre und verrichtete Zwangsarbeit im Steinbruch. Seine Erfahrungen flossen in sein grafisches Werk ein : Er illustrierte Publikationen der jüdischen Gemeinde Zagreb. Alfred Pal : Autobiografija hrvatskog pionira grafičkog dizajna ( Die Autobiografie des kroatischen Pioniers des Grafikdesigns ): In : www.jutarnji. hr / Alfred-pal--autobiografija-hrvatskog …- /  952583 , 11. 6. 2011. 64 Siehe die Liste Nr. 4.14 im Anhang.

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Ausgangsposition und Quellen

Abb. 1 : Alfred Pal ( geb. in Wien 1920 , gestorben in Zagreb 2010 ). Insasse der italienischen Konzentrationslager Kraljevica und Kampor /  Insel Rab. Teilnehmer des Partisanenkampfes. Nach dem Krieg war er in Zagreb als Grafiker und Buchillustrator tätig ( Biografie siehe Abbildungsverzeichnis ). Mit freundlicher Genehmigung der Redakteurin von „Ha-Kol“ , Zagreb , Frau Vlasta Kovač. Die Internierten im italienischen Konzentrationslager Kampor auf der Insel Rab dürfen den Anspruch erheben , zwei Tage nach der Kapitulation Italiens , am 10. September 1943 , die Initiative zur Entwaffnung der italienischen Wachen und zu ihrer Befreiung ergriffen zu haben. Den Plan dazu entwickelte eine kommunistische „Zelle“ im jüdischen Lager – jugendliche Internierte , die sich im Lager Kraljevica zu politischer Information zusammengeschlossen hatten , obwohl sie bis zum Sommer 1943 keine Chance auf eine Befreiungsaktion sahen. Die italienische Lagerverwaltung garantierte zwar die Sicherheit der Internierten – aber sie fürchtete kommunistische Aktionen der Internierten , um nicht die Partisanen , die im Hinterland der Adriaküste Offensiven gegen die Deutschen und die Ustascha führten , auf den Plan zu rufen. An eine konkrete Aktion wagten die Planer erst zu denken , als im italienischen Lager Kampor ( Insel Rab ) von Einheimischen und slowenischen Internierten Nachrichten über den Sturz Mussolinis und eine bevorstehende Kapitulation Italienis durchsickerten. Planer der Befreiungsaktion agierten gemeinsam mit den slowenischen und kroatischen Flüchtlingen über die Lagerzäune hinweg , die die einzelnen 29

Ausgangsposition und Quellen

Komplexe voneinander trennten. Insofern stellt die Auflösung des Lagers nicht einen Akt der „Selbstbefreiung“, wohl aber der „Solidarität der Kommunisten“ dar , den sie ihren gefangenen Genossen im KZ Jasenovac nicht leisteten. Aus den von Ante Miletić publizierten Dokumenten zum Konzentrationslager Jasenovac lässt sich ersehen , dass sie in den Ustascha-Lagern inhaftierte Genossen , die sie als „Abweichler“, „Oppositionelle“ oder „Verräter“ verdächtigten , im Stich ließen. Zur Befreiung der Häftlinge aus dem Lager Kampor am 10. September 1943 gibt es zahlreiche Erinnerungen ehemaliger Beteiligter. Als einziger ausländischer Mit­ internierter nahm der Wiener Musiker Fritz Lunzer daran teil.65

Abb. 2 : Fritz Lunzer ( geb. 1896 in Wien , gestorben 1970 in Zagreb ) , Insasse der italienischen Konzentrationslager Kraljevica und Kampor /  Insel Rab ; Teilnehmer des Partisanenkampfes. Ab 1945 Professor an der Musikakademie Zagreb. Verehelicht mit der Exgattin seines Zagreber Gastgebers , Daria Polić ( Biografie siehe Abbildungsverzeichnis ). Mit freundlicher Genehmigung seines Stiefsohnes Branko Polić ( ­Zagreb ) und des Lexikografischen Institutes „Miroslav Krleža“, Zagreb. 65 B. POLIĆ , Vjetrenjasta klepsidra , S.  278. DERS. : Imao sam sreću ( Autobiografski zapisi 1. 11. 1942–24. 12. 1945 ). Zagreb 2006 , S. 13–41 , 99–108 ; Zeitzeuge Ivica LOZICA aus Korčula , Emilio TOLENTINO , Fašistička okupacija Dubrovnika 1941–1945 i rješavanje „ Jevrejskog pitanja“ ( Die faschistische Besatzung Dubrovniks 1941–1945 und die „Lösung der Judenfrage“ ), S. 201–208. In : Zbornik Jevrejski historijski muzej , Beograd ( Anthologie : Jüdisches Historisches Museum Belgrad ), Nr. 1 ( 1971 ), S. 201–208 und Anhänge.

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Ausgangsposition und Quellen

Die Rettung durch Evakuierung nach Süditalien ( die Listen von Geretteten erstellte Anna Pizzuti66 ) erlebten Franz Theodor Csokor67 und Alexander Sacher Masoch68 mit und hatten Erinnerungen daran. Die Memoiren Branko Polić’ ( „ Autobiographische Notizen“ ) vermitteln Kenntnisse über die Teilnahme von Österreichern , nicht nur Juden , am Partisanenkampf. In den offiziellen historischen Werken zum Partisanenkampf haben jedoch die ausländischen jüdischen Mitkämpfer keinen Platz. Die österreichischen , deutschen , polnischen und tschechischen Mitkämpfer , die sich aus der italienischen Internierung befreiten , kämpften und im Partisanenkampf fielen , wurden von der auf Militärgeschichte fokussierten jugoslawischen Historiografie über den Zweiten Weltkrieg zwar nicht vergessen , aber nicht als ausländische „Freiwillige“ wahrgenommen. Teilnehmer des Partisanenkampfes , die den Krieg in Jugoslawien überlebten , blieben nach Kriegsende in Jugoslawien : Der ehemalige Professor des Wiener Konservatoriums , Fritz Lunzer , konnte dort seine durch die „Einverleibung“ Österreichs unterbrochene Berufslaufbahn fortsetzen : In den Memoiren Überlebender findet sich kein anderer Österreicher , der im Nachkriegsjugoslawien eine öffentliche Position oder Bedeutung erringen konnte. Wie die Vermerke der jugoslawischen Polizei auf den Notizen von Hans Helm erkennen lassen , wurden österreichische Kommunisten im jugoslawischen Komitee für die ( Zwangs- )Repatriierung von mutmaßlichen Kriegsverbrechern in den Armeen der „Achsen“-Mächte eingesetzt. Vom Archiv Jugoslawiens ( Arhiv Jugoslavije ) erhielt die Verfasserin die Auskunft , dass keine Unterlagen dazu erhalten seien.69 Die Quellenlage im Archiv der Republik Slowenien und im Kroatischen Staatsarchiv sowie in regionalen Archiven dieser beiden Staaten ( auf die sich die Autorin aus finanziellen Gründen beschränken musste ) lenkte die Quellenforschung auf die Ermittlung möglichst vieler und möglichst lückenloser Lebensläufe. Die Datenbank des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes und des Yad-Vashem-Archivs konnten mit glaubwürdigen Berichten zum Überleben oder aber zum 66 Anna PIZZUTI , Ebrei exinternati in campi jugoslavi gestiti da italiani e rifugiatisi a Bari dopo l’8 settembre 1943 ( 414 nominativi ): www.annapizzuti.it /  pdf /  provenienza. php=jugoslav & t=Exinternati ; Anna PIZZUTI ; Ebrei exinternati. La salvezza : www. annapizzuti.it /  storie /  salvezza.php. Siehe Anhang Liste Nr. 4.15. 67 Susanne FALK ; Franz Theodor Csokor an der dalmatinischen Küste und in Italien. In : Ch. KÖSTNER – K. VOIGT , Österreichisches Exil in Italien 1938–1945 , S. 175–199. Franz Theodor CSOKOR erinnert sich in seinem Werk „Auf fremden Straßen“. Wien 1947 , seines Aufenthaltes auf der Insel Korčula , wo er internierte jüdische Flüchtlinge antraf. 68 Christine KÖSTNER  , Alexander Sacher-Masoch im Exil. In : Ch. KÖSTNER   – K. VOIGT , Österreichisches Exil in Italien. Wien 2009 , S. 203–210. 69 Miladin MILOŠEVIĆ ; amtsführender Leiter des Arhiv Jugoslavije : Mitteilung ( Mail vom 10. 11. 2012 )

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Ausgangsposition und Quellen

Tod Gesuchter ergänzt werden. Die Autorin dankt dem Nationalfonds der Republik Österreich , der Historischen Landeskommission für Steiermark , dem Bundesland Niederösterreich , der Magistratssektion 7 der Stadt Wien , dem Dr. Dorothea Lauffer-Förderungsfonds des Verbandes der Akademikerinnen Österreichs – Landesverband Steiermark und der „Volksbank Gailtal“ in Gundersheim , Herrn Direktor Horst Korenjak , für die Subvention der Druckkosten. Zu Dank verpflichtet bin ich den Zeitzeugen : Branko Polić und Slavko Goldstein ( Zagreb ), dem Schuldirektor von Topusko und Geschichtslehrer Mirko Ožerić , dem ehemaligen Partisanenkämpfer und Direktor des Kroatischen Statsarchivs Karlovac , Herrn Dr. Đuro Zatezalo ( Karlovac ), Frau Mira Altarac-Hadžić ( Zagreb ) sowie Antun Unterberger aus Ruma , die mir ihre eigenen Erinnerungen , als Zeitzeugie der Evakuierungen nach Italien , aber auch der Kontakte zwischen jüdischen Flüchtlingen und einheimischen ( jugoslawischen ) Juden vermittelten. Der Direktorin des Gedenkzentrums Jasenovac , Mag. Nataša Jovičić , und dem dortigen Kustos , Đorđe Mihovilović , wird für die ausführliche Darlegung der Methoden der Identifizierung von Opfern gedankt. Die Stadthistoriker von Radkersburg , Dr. Hermann Kurahs , Mag. Peter Stauder in Ehrenhausen und Dr. Adalbert Putz aus Deutschkreutz ( Burgenland ) mit persönlichen Erinnerungen an die vertriebene Familie Stern und den „Familienfotografen“ Ignaz Stern , sowie der Bürgermeister von Ehrenhausen Martin Wratschko , kannten Überlebende , die als österreichische Flüchtlinge nach Jugoslawien vertrieben wurden , persönlich und vermittelten mir die wertvollen Kontakte. Frau Univ.-Prof. Dr. Katrin Böckh ( Regensburg ) und Herrn Univ.-Prof. Dr. Karl Kaser habe ich für kritische Hinweise , Herrn Prof. Dr. Carlo Bethge für die Einsichtnahme in seine Manuskripte , Frau Karin Leherbauer für das Lektorat und wertvolle technische Hinweise zu danken.

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1 Jugoslawische Flüchtlingspolitik 1933–1941

1.1 Ein fremdenfreundliches Einwanderungsland ? Jugoslawische Immigrationspolitik 1933–1937 / 1938 Am 15. März 1933 wurde Manès Sperber , Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei , in einer Straßenrazzia der SA in Berlin verhaftet. Wegen seiner österreichischen Staatsbürgerschaft kam er am 24. April 1933 wieder frei , doch es hielt ihn im nationalsozialistischen Berlin nicht mehr. Über Wien kam er nach Zagreb und ließ seine damalige Frau Miriam nachkommen. Sperber kannte die Stadt Zagreb seit seinem ersten Aufenthalt dort im Jahre 1929 , als er als Individualpsychologe und Schüler Alfred Adlers von jugoslawischen Schülern der Wiener Psychoanalyse zu Vorträgen und Kursen eingeladen worden war.70

Abb. 1  : Manès Sperber , Schüler des Begründers der Individualpsychologie Alfred Adler ( geb. 1905 in Zablotow /  Galizien , gest. 1984 in Paris ), Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei , kommunistischer Apostat , Schriftsteller ( Quelle : Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliiothek , Wien ). 70

HDA , Savebanschaft , Banschaftsamt Staatssicherheit , Fasz. 57 , Zl. 17490 : Manès Sper-

ber und sein Zagreber Freund und Unterstützer , der Arzt Dr. Benno Stein , wurden von der Staatssicherheit wegen ihrer kommunistischen Sympathien observiert.

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Jugoslawische Flüchtlingspolitik 1933–1941

Der Internist Dr. Beno ( Benno ) Stein , seine damalige Frau Vera ( geborene Ehrlich , in der Nachkriegszeit Begründerin des Institutes für Kulturanthropologie und des nachmaligen Institutes für Ethnographie an der Universität Zagreb ) und ihre Schwester Ina , nachmals Übersetzerin deutscher Literatur in die südslawischen Sprachen und aus ihnen ins Deutsche , sowie der kroatische Dramatiker und Essayist Miroslav Krleža71 , der in den Dreißigerjahren als Kritiker des stalinistischen Kulturbegriffs der jugoslawischen Kommunisten hervortrat , gewährten Sperber Gastfreundschaft.72 Manès Sperber war einer der fast 9. 000 jüdischen Flüchtlinge , 71

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Miroslav Krleža ( 1893–1981 ), absolvierte 1911 das Kadettengymnasium im ungarischen Pecs ( Fünfkirchen ). Die Militärakademie in Budapest ( Ludoviceum ) verließ er 1913 , um sich in der Balkankrise über Paris nach Saloniki und nach Belgrad durchzuschlagen. In Zagreb begann er mit der Veröffentlichung von Literaturkritiken als freier Schriftsteller. 1916 wurde er als Soldat nach Galizien abkommandiert , kehrte aber 1917 wegen Krankheit ins zivile Leben zurück. In diesen Jahren verfasste er seinen „Antikriegs“-Roman „Hrvatski Bog Mars“ ( „Der kroatische Gott Mars“ ), eine sozialkritische Schilderung des Erlebnisses „Krieg“. Die soziale Unzufriedenheit der Arbeiter und Bauern mit ihrer wirtschaftlichen Lage und die Unzufriedenheit weiterer Kreise mit der Königsdiktatur bewogen ihn , sich mit den Ideen der Sozialdemokratie und des Kommunismus zu befassen. Er geriet jedoch bald in Konflikt mit der Kommunistischen Partei , weil er ihren Dogmatismus kritisierte und die Freiheit des Künstlers und Kreativen von den Vorgaben zu sozialem Engagement verteidigte. Krleža blieb in seinem Schafffen eng mit Zagreb verbunden , obwohl er 1920 /  21 in der „Provinz“, im Zwischenmurgebiet , seiner Geburtsregion , lebte , 1925 einige Monate in Russland , 1932 neun Monate lang in der Tschechoslowakei , in Warschau und Paris zubrachte. 1941 verhaftete ihn das UstaschaRegime kurzzeitig als Kommunisten , ließ ihn jedoch bald frei. Krleža schloss sich nicht den Partisanen an , sondern verbrachte die Kriegsjahre in frei gewähltem Hausarrest. Während sein literarisches Werk sowie seine Tätigkeit als Redakteur der von ihm begründeten Jugoslawischen Enzyklopädie Jugoslawiens von Kritik unangefochten blieb , rief seine politische Haltung Kontroversen hervor , weil er trotz frühester Jugend einen „antiimperialistischen“ Kommunismus vertrat , aber Äquidistanz zur politischen Praxis der jugoslawischen Linken und Rechten hielt. Kommunisten wie auch das UstaschaRegime waren bestrebt , ihn zu gewinnen. Im Jahre 1948 , als sich die jugoslawische Partei vom Stalinismus distanzierte , gewann Krleža jenen Einfluss auf die kulturelle Emanzipation in Jugoslawien , wie er ihn 1941–1948 innerhalb der Partei nicht erlangen konnte. Aber er blieb auch weiterhin Kritiker der realen Partei und engagierte sich öffentlich gegen Zensur in der Kunst. Sein Einfluss auf die jugoslawische Kultur war auch deshalb so bedeutend , weil er die ungarische und deutsche , die serbische und bosnische Kultur gleich gut kannte wie seine eigene. In : Leksikografski zavod Hrvatske : www. lkzmk.hr/o-miroslavu-krlezi. Manès Sperber hat seinen Aufenthalt in Jugoslawien im dritten Band seiner Trilogie „All das Vergangene“ geschildert. Der dritte Band trägt den Titel „Bis man mir Scherben auf die Augen legt“. Die gesamte Trilogie erschien in 3. Auflage in Wien 1983. Den Titel „Bis man mir Scherben auf die Augen legt“ erläuterte Sperber im Zusammenhang

Jugoslawische Flüchtlingspolitik 1933–1941

die 1933 und 1934 nach Jugoslawien kamen. Unter ihnen fanden sich Mitglieder der Deutschen Kommunistischen Partei , der auch Sperber angehörte. Die jugoslawische Polizei vermutete , dass die kommunistischen Parteien in Deutschland und Österreich ihre Mitglieder nach Jugoslawien in Sicherheit brachten.73 Dabei war die Kommunistische Partei in Jugoslawien seit 1929 verboten.74 Die Oktoberrevolution in Russland ließ den jugoslawischen König den Import revolutionärer Ideen , die Errichtung von Räterepubliken ( wie in Ungarn und – versuchterweise – in Bayern und Österreich ) befürchten. Aus der Sorge , die Kommunisten könnten auch an seinem Sturz arbeiten , observierte die jugoslawische Polizei sowohl die einheimischen , im Untergrund wirkenden Kommunisten als auch die Ausländer.75 In Zagreb trat Sperber als Aktivist im Auftrag der KPJ auf , die seit ihrem Verbot ( 1929 ) ihr Hauptquartier in Wien unterhielt. Die in Jugoslawien verbliebenen Kommunisten glaubten jedoch nicht daran , dass Sperber einen Parteiauftrag erhalten habe : Sie hielten zu Sperber Distanz , auch deshalb , weil er schon zu dieser Zeit Kritik am Verhalten der Komintern übte und den deutschen ebenso wie auch den jugoslawi-

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mit seiner ersten zwiespältigen Begegnung mit Zagreb : Der Titel entspricht einer im Städtel üblichen Beteuerung : „Das werd’ ich nicht vergessen , bis man mir Scherben auf die Augen legen wird.“ HDA , BH-ODZ. M. SPERBER ; „Bis man mir Scherben auf die Augen legt.“ Wien–Zürich 1983 , S. 617. Als Sperber 1933 nach Jugoslawien kam , hatte Jugoslawien eine neue Verfassung ( sie wurde am 28. 9. 1931 vom König verlautbart , nachdem König Alexander seit 6. 1. 1929 ohne die Nationalversammlung ( Narodna skupština ) regiert , alle Oppositionsparteien verboten und die Pressezensur verschärft hatte ). Die Verfassung von 1931 wurde von den nationalen Oppositionsparteien und den Nationalitätenvertretern als Oktroi abgelehnt , weil sie die Königsdiktatur nicht beseitigte und das Parlament zum Instrument seiner Diktatur degradiert hatte. Alle Parteien mit konfessioneller oder nationaler Prägung , die sich für nationale Eigenständigkeit der nichtserbischen Nationalitäten einsetzten , und auch die Kommunistische Partei Jugoslawiens blieben weiterhin verboten. In 82 Gerichtsprozessen wurden an die 400 jugoslawische Kommunisten zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt ; Mitglieder der Jugendorganisation der Partei ( SKOJ ) kamen in bewaffneten Auseinandersetzungen mit der Polizei ums Leben. Die KPJ zählte zu diesem Zeitpunkt landesweit nur insgesamt etwa 3. 500 Mitglieder , dennoch fürchtete König Alexander sie mehr als die Separatistenbewegungen der nichtserbischen Nationalitäten. Vgl. Šestojanuarska diktatura : In : Šestojanuarska diktatura : www.znaci. net /  00001 /  93_6.pdf ; vgl. Vladimir VELEBIT ; Jugoslavija u drugom svjetskom ratu ( Jugoslawien im Zweiten Weltkrieg. ), Beograd , 1980. Sperbers Erfahrungen mit der jugoslawischen Polizei finden sich im dritten Teil der Trilogie „All das Vergangene“. „Bis man mir Scherben auf die Augen legt“. Manès Sperber zitierte damit eine im Städtel übliche Beteuerung : „Das werd’ ich nicht vergessen , bis man mir Scherben auf die Augen legen wird.“

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schen Kommunisten ihren unbedingten Gehorsam gegenüber der Komintern-Linie vorwarf. Sperber bezog sich damit auf den Gehorsam der kommunistischen Parteien gegenüber den Weisungen aus Moskau an die deutsche KPJ , die Sozialdemokratie zu bekämpfen , nicht den Nationalsozialismus76. Miroslav Krleža führte Sperber in einen Kreis von Schriftstellern und Intellektuellen , die als Kommunisten oder Sympathisanten der KPJ diesen Konflikt mit orthodoxen jugoslawischen Kommunisten auf literarischem und künstlerischem Gebiet austrugen. Sie agitierten gegen die von der KPJ ( und hinter ihr von der Komintern ) verordneten künstlerischen Linie – den Zwang zu sozial engagierter Kunst.77 Das Ringen dieser Avantgarde um die kreative Freiheit gegenüber der dogmatischen Partei , politische Ziele und moralische Haltungen bilden zentrale Motive von Sperbers späteren Romanen ; für ihre Akteure standen jugoslawische Kommunisten – doktrinäre , loyale und von Loyalitätskonflikten zwischen eigenem , besserem Wissen und der verordneten Linie Zerrissene , jene , die in die stalinistischen Prozesse hineingerieten und umkamen sowie Dissidenten – als Vorbilder. Er gestaltete diese Erfahrungen nach seinem Bruch mit dem Kommunismus in seinem Roman „Wie eine Träne im Ozean“.78 Aber nicht nur die Kritik an der Politik der kommunistischen Parteien angesichts des Nationalsozialismus und der Etablierung autoritärer Herrscher in Europa machte Sperber bei den jugoslawischen Kommunisten unbeliebt. Sie verachteten Sperber als „Salonkommunisten“. Auch die ehemaligen Bekannten und Freunde Sperbers in Zagreb pflegten eine ambivalente Beziehung zu ihm : Sie schätzten an ihm sein Rednertalent und seine Fähigkeiten als Lehrer der Individualpsychologie ; manche bewunderten ihn , der in Wien und Berlin gelebt hatte , als Kosmopoliten , der auch der kleinen Provinzstadt seinen „Glanz verlieh“. Aber ihn begleitete der Ruf als Charmeur und „Don Juan“; sein dandyhaftes Auftreten befremdete auch seine Freunde. Manche glaubten , er trage „Überlegenheit des Weltmannes , der Provinzler belehren will“. Dass etwas Fremdenfeindlichkeit in den ablehnenden Kommentaren seiner Zeitgenossen mitschwang , kann nicht ausgeschlossen werden.79 Aber seine Zagreber Freunde sorgten für seine Frau Miriam und den am 31. Jänner 1934 in Zagreb geborenen Sohn Vladimir Uri , als Manès Sperber in diesem Jahr nach Paris ging , um in der Komintern-Zentrale zu arbeiten. 76 77 78 79

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M. SPERBER , ebenda , S. 598. – Die Haltung eines linientreuen Kommunisten vermittelt R. ĆOLAKOVIĆ ; Kazivanja o j ednom pokoljenju. I. Bd. S. 70. Zum Konflikt der Linken im literarischen Bereich siehe Konflikt in der jugoslawischen Linken : Stanko LASIĆ ; Krležijana. Auf : www.krlezijana.lzmk.hr /  clanak.aspx ?id=1781. Mirjana STANČIĆ ; Manès Sperber i Zagreb ( Manès Sperber und Zagreb ). In Forum – Književni časopis ( Forum – Literaturzeitschrift ), Jg. 39 , Zagreb 1991 , Heft 62 , Nr. 9–10 , S. 514–523. M. STANČIĆ ; M. Sperber i Zagreb. S. 517.

Jugoslawische Flüchtlingspolitik 1933–1941

Der österreichische Kommunist Julius Kornweitz ( im Widerstand führte er den Decknamen „Bobby“ ) hielt sich – jugoslawischen Polizeiakten zufolge – seit 1934 wiederholt in Jugoslawien auf und pflog ebenfalls Kontakte zu jugoslawischen Kommunisten. Dies notierte jedenfalls der deutsche Polizeiattaché in Zagreb : Er wusste auch , dass die KPÖ seit dem Februar 1934 angesichts der zu erwartenden Niederlage in Maribor ( Marburg ) und in Zagreb Niederlassungen plante , um sich in Sicherheit zu bringen.80 Weitere von deutschen Agenten in Jugoslawien observierte Österreicher , Dr. Georg Nussbaum ( geb. 1912 und katholisch getauft und in Zagreb mit der Tochter eines ehemaligen Mitglieds der ungarischen Räterepublik verheiratet ) sowie Dr. Aleksandar Florić ( in Wien geboren , aber in Novi Sad aufgewachsen81, waren nach den Informationen des deutschen Polizeiattachés aus politischen Gründen nach Zagreb gekommen. Die jugoslawische Polizei mutmaßte im Jahre 1938 , dass damals 3. 000 jüdische Flüchtlinge in Zagreb Kommunisten aus dem Deutschen Reich , aus Österreich und der Tschechoslowakei waren , die von ihren Parteiorganisationen außer Landes geschickt worden waren , um mit den jugoslawischen Kommunisten gemeinsam den Sturz des Königs und die Errichtung einer jugoslawischen Räterepublik zu betreiben.82 Die Furcht der Polizei vor der „kommunistischen Infiltration“ bekamen Juden zu spüren : Juden und Marxisten wurden von ihr in den Fahndungsberichten als Synonyme verwendet.83 Die kommunistische Gefahr diente 1938 als einer der Vorwände für die zunehmend repressive Immigrationspolitik Jugoslawiens. Dennoch konnten im Jahre 1933 4. 400 , 1934 4. 200 Juden aus dem Deutschen Reich nach Jugoslawien einreisen. Zwischen 1935 und 1937 bewegte sich die Zahl der 80

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Archiv Helm , Fasz. 16 , Zl. 13 ( Akt : Agent Sirovatka ), S. 1215. Kornweitz weilte zum Zeitpunkt der Machtergreifung der Ustascha in Zagreb. Er wurde gefangen und vom damaligen Chef der Ustascha-Polizei , Eugen Dido Kvaternik , gefoltert , um Informationen über den Kommunisten Siegmund Städtler zu erhalten : Ebenda , Archiv Helm ; Heimo HALBRAINER , Maribor und Zagreb als Orte des politischen Exils und Drehscheiben des österreichischen Widerstandes. In : Zwischenwelt. 27. Jg. H. 1–2. Wien , August 2010 , S. 45–49 ; hier S. 57. HDA , ebenda , Fasz. 3 , Akt Florić. Falls Julius Kornweitz , wie Hans Helm annahm , seit 1934 in Zagreb lebte , blieb er bis 1941 von der Polizei unbehelligt. Auch zum Auslandsapparat der KPÖ in Jugoslawien und seinen Funktionären , die zwischen verschiedenen Staaten des Balkans und der ehemaligen Tschechoslowakei pendelten und so die Kontakte zur Organisation in Österreich aufrechterhielten , haben als Personen in den Akten der Abteilung Staatssicherheit der Banschaften in Zagreb und Ljubljana keine Spur hinterlassen. HDA , BH-ODZ , Zl. 19748 / 1940. Polizeibericht aus Zagreb an das Innenministerium in Belgrad vom 20. 4. 1940.

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Juden aus dem Deutschen Reich zwischen 2. 200 und 2. 800 pro Jahr.84 Sie reisten zumeist mit gültigen Reisepässen als Touristen ein , um von Jugoslawien aus Reisemöglichkeiten nach Übersee wahrzunehmen oder aber , um sich in Jugoslawien niederzulassen. Die Touristen , die angaben , wegen der alltäglichen Schikanen und der Entrechtung der Juden geflohen zu sein , wurden von den Mitgliedsländern des Völkerbundes , auch von Jugoslawien , als „Emigranten“ oder „Wirtschaftsemigranten“ behandelt : Der Begriff „ausländische jüdische Emigranten“ zieht sich durch alle Dokumente der Banschaftsbehörden. Sie gaben sich offensichtlich keine Rechenschaft darüber , aus welchen Gründen diese Deutschen mit ordnungsgemäßen Papieren ihr Land verließen – ob auf äußeren Druck hin oder aus freien Stücken , warum sie sich zur Verlegung ihres ordentlichen Aufenthaltsortes ins Ausland entschlossen und ob sie wieder ins Reich zurückkehren konnten. Für diese Personen , die sich trotz vorhandener Reisedokumente als „Flüchtlinge“ betrachteten ( das Wort „Asyl“ kommt in keinem Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung und in keinem Bescheid vor ), gab es in der Zwischenkriegszeit keine internationale Regelung. Sie unterlagen der nationalen Gesetzgebung , in Jugoslawien dem Gesetz für den Aufenthalt und die Bewegung von Ausländern aus dem Jahre 1920 , das sich auf das kaiserliche Dekret Nr. 198 ex 1857 stützte. Staatsbürger Deutschlands , Österreichs , der Tschechoslowakei , Ungarns , Rumäniens durften sich mit gültigen Reisepässen 90 Tage sichtvermerksfrei in Jugoslawien aufhalten , mussten jedoch innerhalb dieser Frist das Land wieder verlassen. Verlängerungen des Aufenthaltes waren im Gastland nur in Ausnahmefällen statthaft. Für Einreisende ohne gültige Reisepässe , Staatenlose , enthielt das zitierte Gesetz Bestimmungen über den Toleranzaufenthalt. Unter diesem Titel konnten solche Personen Aufenthaltsgenehmigungen erlangen , wenn die Unterhaltsleistung seitens eines jugoslawischen Staatsbürgers gewährleistet war.85 Am 4. Juli 1936 unterzeichnete der Völkerbund mit Belgien , Dänemark , Frankreich , Holland , Norwegen und der Tschechoslowakei eine provisorische Vereinbarung über die Rechtsstellung von Zivilflüchtlingen , mit der sich die Unterzeichnerstaaten zur Ausstellung von Identitäts- und Reisepapieren an jüdische „Wirtschaftsemigranten“ aus dem Deutschen Reich und zur Vermeidung der umgehenden fristlosen 84 Alexander KLEIN , Zehn Jahre Flüchtlingshilfswerk in Jugoslawien ( 1932–1942 ). In : Zwischenwelten. H. 1–2., Wien 2010 , S. 55–60. DERS., Sadašnje stanje njemačke emigracije i uloga pomoćnih odbora s osobitim obzirom na rad Odbora iu Zagrebu ( Der derzeitige Stand der deutschen Emigration und die Lage der Hilfskomitees mit besonderer Berücksichtigung der Tätigkeit des Zagreber Komitees ). In : Židov , Jg. 21 , Zagreb /  Beograd 1937 , Nr. 13. S. 56. Vgl. Katrin BÖCKH , Übersichtsartikel „ Jugoslawien“. In Handbuch der deutschsprachigen Emigration. Spalte 280. 85 Arhiv Republike Slovenije ( ARS ), Uradni list Kraljevine SHS 1920 / 1921. Zakon o boravku i kretanju stranaca.

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Ausweisung bzw. Abschiebung in das Heimatland verpflichteten.86 Eine entsprechende Konvention schloss der Völkerbund bei der Konferenz der Regierungschefs der Mitglieder des Völkerbundes in Genf am 7. Februar 1938 mit Belgien , Dänemark , Frankreich , Großbritannien , Holland , Norwegen und Spanien ab.87 Das Königreich Jugoslawien war zwar Mitglied des Völkerbundes , trat jedoch weder der provisorischen Vereinbarung noch der Konvention bei. Seit 1933 gestaltete die jugoslawische Regierung nämlich die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Hitlerdeutschland immer enger88: Die „freundschaftlichen“ Beziehungen zum Deutschen Reich brachten Jugoslawien einerseits Zollprivilegien und Absatzgarantien. Als Preis dafür hatte Jugoslawien andererseits Druck aus Berlin zur Anpassung an die politische Linie hinzunehmen. Gerade die Aufnahme von Juden provozierte deutsche Drohungen , die Jugoslawien sehr ernst nahm. Trotzdem behielt Jugoslawien die Mitgliedschaft in der Kleinen Entente bei und lavierte zwischen seiner Annäherung zum Deutschen Reich , Neutralität und guten Beziehungen innerhalb der Kleinen Entente. So willfahrte Jugoslawien den Forderungen Großbritanniens , die Transitrouten durch Jugoslawien für die Einreise von Juden nach Palästina zu schließen , nur teilweise , indem es – bis 1940 – jüdischen Flüchtlingen Ausreisegenehmigungen für Palästina erteilte.89 Ministerpräsident Stojadinović wies jedoch die Banschaftsämter an , dies nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen und die Presse zum Verzicht auf Berichte darüber anzuhalten..90 In Jugoslawien fanden die deutschen Juden berufliche Möglichkeiten , trotz der im Land herrschenden Arbeitslosigkeit ( die schon vor der Weltwirtschaftskrise 30 % betrug ).91 Die Arbeitslosigkeit betraf vor allem die ungelernten Arbeitskräfte , 86

Unabhängige Expertenkommission Die Schweiz – Zweiter Weltkrieg. www.akdh. ch /  ps /  uek.pdf , S.  38 f. 87 Ebenda , S. 40. Die Tschechoslowakei ratifizierte die Konvention nicht , obwohl ihre Vertreter an den Verhandlungen teilgenommen hatten : Kateřina ČAPKOVÁ , Michal FRANKL , Unsichere Zuflucht. Die Tschechoslowakei und ihre Flüchtlinge aus NSDeutschland und Österreich 1933–1938. Wien–Köln–Weimar 2012 , S. 71–83. 88 H. J. SCHRÖDER , Südosteuropa als „Informal Empire“ Deutschlands. In : Jahrbücher für Geschichte Osteuropas Nr. 23 , Konzept der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik für Südosteuropa , S. 71–91 ; hier S. 74. 89 M. RISTOVIĆ , U potrazi. S. 26 f. 90 HDA Zagreb , Banschaft-Abt. Staatssicherheit , Fasz. 57 , Zl. 16775 , vom 4. 4. 1940. 91 Mira KOLAR DIMITRIJEVIĆ , Obrisi strukture radničke klase međuratnog razdoblja u svjetlu privrednog razvitka ( Strukturen der Arbeiterklasse der Zwischenkriegszeit im Licht der Wirtschaftsentwicklung ). Separat aus dem Sammelband Revolucionarni radnički pokret u Zagrebu između dva svjetska rata , Prilozi za povijest socijalističke revolucije ( Die Revolutionäre Arbeiterbewegung in Zagreb in der Zwischenkriegszeit. Beiträge zur Geschichte der sozialen Revolution ). Zagreb , 1983 , S. 114–132. Hier S. 132.

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während es an Facharbeitern in der Industrie mangelte.92 Den Aufbau der Textilindustrie in der Draubanschaft ( Slowenien ), des wichtigsten Industriezweiges Jugoslawiens ( der den Beschäftigtenanteil zwischen 1921 und 1938 um nahezu 100 Prozent erhöhte ), leisteten jüdische Fabrikanten aus der Tschechoslowakei.93 Jüdische Facharbeiter und Instruktoren aus Industrieunternehmen in Österreich und Deutschland wirkten in den Niederlassungen in Jugoslawien : Bernhard Schilling , geb. 1868 in Wien , bei Siemens AG , Zagreb94 ; Ing. Hans Frankl ( geb. 1900 in Wien ) fand 1937 eine Anstellung als Experte für Zelluloseverarbeitung in der Zagreber Papierfabrik AG ( Zagrebačka dionička tvornica papira ).95 Dr. August Moos aus Ulm war Chefgeologe der jugoslawischen Firma „Petrolej d. d.“ und zuständig für die kroatischen Ölförderungsstätten.96 Der Wiener Robert Bassist ( geb. 1905 ) arbeitete bis 31. März 1941 als Textiltechniker in der Strick- und Wirkwarenfabrik „Heinrich Graner d. d.“ in Čakovec.97 Leopold Stern ( geb. 1892 in Wien ) wurde als Vulkaniseur in der Fabrik für Gummiprodukte „ Jirašek“ in Zagreb aufgenommen ; dort machte er sich als Fachmann für die Verwendung von Generika für Kautschuk in der Erzeugung von Autoreifen sowie für die Produktion von Isolierbändern aus Kautschukersatz für die Elektrowirtschaft unentbehrlich , zumal als nach Kriegsbeginn die Wiederverwertung von Wegwerfmaterial nötig wurde.98 Karl Moses ( geb. 18. April 1889 in Wien ) 92 93

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Mira KOLAR DIMITRIJEVIĆ , Obrisi strukture radničke klase međuratnog razdoblja u svjetlu privrednog razvitka , S. 130. Holm SUNDHAUSSEN ( 1983 ), S. 105 , 263. Zum Beitrag tschechischer Textilfabrikanten zum Aufbau der slowenischen Textilindustrie siehe Nataša VODOPIVEC , Podjetništvo v Mariboru in okolici med svetnim vojnama ( Die Unternehmer in Maribor und Umgebung in der Zwischenkriegszeit ). Diplomarbeit – Universität Maribor , 2004. HDA , RUR ŽO , Fasz. 10 , Zl. 1862 – Inv.-Nr. 28903. HDA , SB-ODZ , Fasz. 9 , Zl. 52522 – Ablehnungsbescheid vom 3. 10. 1938 , Fahndungsliste Nr. 50 / 1938 vom 27. 10. 1938. Seit 1941 übte er seine Tätigkeit für das Reichsministerium für Ölförderung im Rahmen des Vierjahresplanes für Jugoslawien aus und arbeitete für Preussag , Wintershall AG und Deutsche Erdöl AG. Deutsche Konkurrenten um diese Positionen agitierten jedoch gegen ihn und erreichten im Juni 1944 , dass Polizeiattaché Helm ihn und seine Familie verhaften und ins Lager Bergen-Belsen einliefern ließ. HDA , Archiv Helm , Fasz. 37 , Akt Moos Dr. Augustin. Die ganze Familie wurde mit den ungarischen Juden nach Auschwitz deportiert und kam dort ums Leben – genauso wie der Arbeitgeber , der Fabrikant Heinrich Graner , und seine Frau Erna : HDA , Landeskommission – Generalregister ( Fonds 306 , abgek. ZKRZ-GUZ ), Buch XVI , Z. 2930 , Zl. 175 , Posten 429 der Liste der jugoslawischen Juden in deutschen oder ungarischen Vernichtungslagern und Fasz. 356 , Zl. Zh-25258. Der Nutzen für die Firma hinderte die Ustascha nicht , ihn im Juli 1941 ins Konzentrationslager zu bringen. Eebnda. Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 4 , Zl. 2289 / 1941 – Inv.Nr. 27876.

Jugoslawische Flüchtlingspolitik 1933–1941

war als Ingenieur in diversen öffentlichen Bauvorhaben und bei privaten Baufirmen in Našice , Županja , Vukovar und Vinkovci beschäftigt.99 Die jüdischen Flüchtlinge konnten auf die materielle und finanzielle Unterstützung der jüdischen Gemeinden zählen : Der Bund der Jüdischen Gemeinden erlegte 1933 seinen Mitgliedern eine Sonderabgabe für ihre Versorgung auf.100 Die jüdische Kultusgemeinde in Zagreb , eines der Mitglieder des Belgrader Dachverbandes , gründete zusätzlich 1936 ein eigenes Komitee , das mit den internationalen jüdischen Hilfsorganisationen Jewish Joint Distribution Committee ( JOINT )101 und Hebrew Immigrant Aid Society ( HICEM )102 um finanzielle Unterstützung und Sachspenden verhandelte und die Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge organisierte.103 Am 21. Mai 1933 veranstaltete die Gemeinde zum ersten Male eine Geldsammlung , die den Betrag von 572. 000 Dinar ( umgerechnet ca. 10. 000 Dollar ) erbrachte.104 Wohlhabendere jüdische Familien organisierten einen täglichen Mittagstisch in den jüdischen Gemeinden oder luden Flüchtlinge zu den täglichen Mahlzeiten in ihr Heim ein.105 99

HDA , BH-ODZ , Fasz. 49 , Zl. 8888 vom 3. 5. 1940 Karl Moses wurde 1941 nach Jasenovac

verbracht , seine Frau Ružica ( gb. 1905 ) im August 1942 aus Loborgrad nach Auschwitz. HDA Bjelovar , SUBNOR , Sign. 44 /  45 : Diese Liste findet sich auch im Bestand „Landeskommission“ ( Fonds Nr. 306 , Mikrofilm , Z–2942 , Zl. 18372 , Protokoll Zl. 138 vom 1. 12. 1945. 100 Zur humanitären Tätigkeit der Zagreber Kultusgemeinde siehe Katrin BÖCKH  , Židovska vjerska općina u Zagrebu do 1941. godine ( Die Jüdische Gemeinde in Zagreb bis zum Jahr 1941 ). In : Časopis za suvremenu povijest ( Z eitschrift für Zeitgeschichte , Zagreb ) Jg. 27 , Zagreb 1995 , H. 1 , S. 33–53 , hier 50–52. 101 Zu JOINT( Jewish Joint Distribution Committee , JDC ) siehe : Yad Vashem , SHOAResearch-Center : www.yadvashem.org /  … /  Microsoft%20Word%2 PDF 102 Die jüdische Hilfsorganisation HICEM wurde 1927 aus der Fusion von drei Organisationen : HIAS ( Hebrew Immigrant Aid Society , New York ), ICA ( Jewish Colonization Association , Paris ) und Emigdirec ( Organisation für Emigrationen , Berlin ) gegründet , um die jüdische Emigration außerhalb der USA zu koordinieren. Emigdirect musste 1934 ihre Tätigkeit einstellen und auch die ICA konnte infolge der britischen Kriegsrechtsregelung außerhalb von Großbritannien nicht wirksam werden. Eine Zeit hindurch wurde HICEM nur von HIAS finanziert. Zu Kriegsbeginn , 1939 , hatte HICEM Niederlassungen in ganz Europa , in Nord- und Südamerika sowie im Nahen Osten. Sie beriet und unterstützte Juden bei der technischen Durchführung der Emigration. 1940 verlegte HICEM ihr Hauptquartier nach Portugal. Yad Vashem , SHOA-ResearchCenter , www1.yadvashem.org. 103 RISTOVIĆ , U potrazi. 26–28. Angaben darüber , wie hoch die finanziellen Leistungen der internationalen jüdischen Organisationen für die Betreuung der Juden aus dem Deutschen Reich waren , gibt es weder in den kroatischen Archiven noch im Archiv des Bundes der Jüdischen Gemeinden Serbiens in Belgrad. 104 A. KLEIN , Zehn Jahre Flüchtlingshilfswerk in Jugoslawien ( 1933–1942 ), S. 56. 105 B. POLIĆ , Vjetrenjasta klepsidra. S. 266.

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Vonseiten der nichtjüdischen Bevölkerung in der Draubanschaft ( Slowenien ) und in der Savebanschaft ( ab 26. August 1939 Banschaft Kroatien ) sind keine Initiativen zur Hilfe bekannt. Sie scheint von der Fluchtwelle aus dem Deutschen Reich kaum Notiz genommen und sich für die Flüchtlinge nicht verantwortlich gefühlt zu haben. Milan Koljanin zufolge verhielt sich hingegen die nichtjüdische Bevölkerung auf dem Lande in Serbien solidarisch mit Juden aus dem Deutschen Reich , nahm sie bei sich auf und teilte den Tisch mit ihnen106 , weshalb bei der Konferenz von Évian internationale jüdische Vereine der jugoslawischen Regierung Dank dafür entboten hätten. 107 Die liberale Presse hielt sich in diesen Jahren landesweit108 zum Thema „ Jüdische Einwanderung nach Jugoslawien“ zurück.109 Sie registrierte nur aufmerksam , wie Land für Land die Einreisemöglichkeiten für Juden einschränkte. Aber nationalistische Zeitschriften initiierten Kampagnen gegen die Zuwanderung : Sie argumentierten mit der damit verbundenen finanziellen und sozialen Belastung und mit der Gefahr für „die katholische Familie“.110 Obwohl sie Juden nicht explizit nannte , war die antijüdische Tendenz klar ersichtlich : Die Anspielungen bezogen sich auf die mittellos Ankommenden , auf ihre Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt , die Versorgung durch die jüdische Kultusgemeinde in Zagreb , die Subventionen der internationalen jüdischen Hilfsvereine und die Solidarität der einheimischen Juden. Dies war auch der Tenor der behördlichen Stellungnahmen in den Banschaften Drau ( Dravska banovina ) und Save ( Savska banovina ), „Die Juden nehmen uns die Arbeitsplätze weg ( … ). Sie fallen den humanitären Institutionen und dem Staat zur Last. ( … ) Wir müssen unsere Leute zur Arbeit ins Ausland ziehen lassen. ( … ) Unsere Jugend hat keine beruflichen Chancen ( … ).“111 106 M. KOLJANIN ; Jevreji i antisemitizamu Kraljevini Jugoslaviji 1918–1941. S. 485. Zitate aus Presseberichten zur Solidaritätder Bauern in Serbien mit den Juden aus dem Deutschen Reich. 107 JIM , Dok. ŽOZ , Zl. 5857 , Tätigkeitsbericht des Exekutivkomitees des Bundes der Jüdischen Gemeinden Jugoslawiens vom 28. 11. 1938. 108 Milan KOLJANIN , Jevreji i antisemtizam u Kraljevini Jugoslaviji 1918–1941. S. 113–157. Milan Koljan konzentrierte sich in seiner Untersuchung zum Thema „Antisemitismus in der Presse“ im ehemaligen Jugoslawien auf die Situation in Serbien und Kroatien ( unter Einschluss von Bosnien , Herzegowina und Montenegro ): Für die slowenische Presse stützte er sich auf die Untersuchungen der auch hier nachstehend zitierten slowenischen Historiker. 109 I. GOLDSTEIN , Židovi u Zagrebu 1918–1941 ( Die Juden in Zagreb 1918–1941 ), Zagreb , 2004 ; S. 50 , 526 , 527. 110 Ein Beispiel : Die Zeitschrift „Hrvatska straža“ ( „ Kroatische Wacht“ ), in der sich die nationalistische Ustaschia artikulierte „Hrvatska straža“, National- und Universitätsbibliothek Zagreb , Sig 85. 453 , Jahrgänge 1–11 ( 1. 1. 1933–24. 10. 1943 ). 111 Beispiele dafür sind folgende Ablehnungsbescheide zu Anträgen potenzieller Immig­ ranten auf Einreisegenehmigung : HDA Zagreb , Banschaft – Abt. für Staatssicherheit

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Weitere Argumente gegen die Aufnahmen von Juden fand diese Presse in der „deutschnationalen Einstellung“ der deutschen Juden , in ihrem „Auftreten als Bannerträger des Pangermanentums“, weshalb sie angeblich „die Slawen als minderwertige Rasse“ betrachteten : Mit dieser Variante des Antisemitismus agitierten die Repräsentanten der slowenischen Nationalbewegung , die antideutsch war und von katholischen Geistlichen geprägt wurde.112 Katholischer Antisemitismus – in den Amtskirchen Sloweniens und Kroatiens präsent – betrachtete „die Juden“ als Gefahr für die Sittlichkeit wegen ihres „verderblichen Einflusses auf Kultur , Bildung und Erziehung“113. Die Behauptung von Milan Koljanin , dass schon 1933 „die Medien in allen Städten (  Jugoslawiens – Anm. d. Verf. ) die Kampagne gegen die Juden“114 aufgenommen hätten , lässt sich nicht aufrechterhalten : Die liberale ( und auch auflagenstärkere ) Presse hielt sich in der Frage der Immigration bis zum Jahre 1933 auffallend zurück. Dies entsprach der Regierungslinie : Als ein dalmatinischer Abgeordneter 1934 eine Petition an das Belgrader Innenministerium um Verhinderung weiterer Zuwanderung richtete , entgegnete ihm der damalige Innenminister Živojin Lazuić : „Wir werden auch weiterhin Juden aus dem Deutschen Reich Asyl gewähren.“ Im Land befänden sich schon 2. 000 „ Jüdische Emigranten aus Deutschland , die mit Ausnahme von 90 Personen , von ihrer Hände Arbeit lebten und zumeist ohnehin nach Palästina auszuwandern gedenken. ( … ) Die Aufnahme von Emigranten und die Gewährung von Asyl ist unsere Tradition , Tradition dieses Staates“, bemerkte der jugoslawische Innenminister.115 Bis 1938 konnte Jugoslawien sich tatsächlich als Aufnahmeland von jüdischen Flüchtlingen mit einer vielhundertjährigen Tradition betrachten : Sie reicht in das späte 15. Jahrhundert zurück , als sephardische Juden unter der osmanischen Herr( Sign. BH-ODZ 158 ; im Weiteren abgek. Banschaftsbehörde für Staatssicherheit ), Fasz. 11 , Zl. 59999. Fasz. 23 passim. 112 O. LUTHAR – I. ŠUMI , Living in Metaphora. S. 40. Für Hinweise auf die Bedeutung dieser Bewegung als Komponente des slowenischen Antisemitismus danke ich Herrn Univ.-Prof. Dr Karl Kaser ( Graz ). 113 Diese Urteile über die Juden aus dem Deutschen Reich finden sich gleicherweise in slowenischen und kroatischen Zeitschriften in Slowenien und Kroatien , die der katholischen Kirche nahe stehen , wie der Slowenischen Volkspartei ( Slovenska ljudska stranka , SLD ), aber auch der eher antiklerikalen Kroatischen Volkspartei ( HSS ): Übersicht von Milan KOLJANIN ; Jevreji i antisemitizam 1918–1941 , S. 240. Oto LUTHAR – Irena ŠUMI , Living in Metaphora. Jews and Anti-Semitism in the Balkans. In : Jews and Slavs. Volume 12. Ed. by Wolf MOSKOVICH , Oto LUTHAR , Irena ŠUMI. Jerusalem–Ljubljana 2004 , S. 29–38.; hier S. 34. Die beiden Autoren bestätigen Koljanins Befund für die Situation in Slowenien. 114 M. KOLJANIN ; Jevreji i antisemitizam 1918–1941. S. 240. 115 M. KOLJANIN , Jevreji i antisemitizam 1918–1941. S. 242.

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schaft Schutz fanden. Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen russische und polnische Juden auf der Flucht vor den Pogromen in ihrer Heimat nach Serbien und in die zu Transleithanien gehörenden Regionen Ostkroatiens und Ostsloweniens.116 In der wirtschaftlichen Not nach dem Ersten Weltkrieg geriet jedoch diese Tradition konfessioneller Toleranz ins Hintertreffen ; judenfeindliche Vorurteile lebten auf : Juden wurden als Kriegsgewinnler , Spekulanten , Ausbeuter , Kapitalisten117 gesehen , die schlechten Arbeitsbedingungen und die Armut der Industriearbeiter unter den ausländischen Investoren des Wiederaufbaus nach dem Ersten Weltkrieg „den geldgierigen , ausbeuterischen“ Juden angelastet.118 Milan Koljanin stellte fest , dass diese antisemitischen Vorurteile in den Regionen mit industrieller Entwicklung „explodierten“ – nicht zufällig habe sich der Antisemitismus in Slowenien und Kroatien besonders unangenehm bemerkbar gemacht. Diese Einschätzung der regional unterschiedlichen Intensität antisemitischer Strömungen teilten Historiker in Kroatien119 und Slowenien.120 In den ländlichen Gebieten Serbiens , Bosniens und der Herzegowina , wo auch die Tradition der religösen Toleranz des Osmanischen Reiches noch Wirkung zeigte , stießen nach Meinung von Koljanin 116 Milan KOLJANIN , Jevreji i antisemitizam u Kraljevini Jugoslaviji 1918–1941. Beograd 2008 , 150 f. und 190 f. 117 Mira KOLAR DIMITRIJEVIĆ , Obrisi strukture radničke klase međuratnog razdoblja u svjetlu privrednog razvitka. Separat aus dem Sammelband Revolucionarni radnički pokret u Zagrebu između dva svjetska rata , Prilozi za povijest socijalističke revolucije , Zagreb , 1983 , 114–132. – Holm SUNDHAUSSEN , Wirtschaftsgeschichte Kroatiens im nationalsozialistischen Grossraum 1941–1945 , S. 105 , 263. – Arnold SUPPAN , Jugoslawien und Österreich 1918–1938. Wien , 1996 , S. 114. 118 Zur Investitionsstruktur im Königreich Jugoslawien : Alice TEICHOVA , Kleinstaaten im Spannungsfeld der Großmächte. Wirtschaft und Politik in Mittel- und Südosteuropa in der Zwischenkriegszeit. Wien , 1988 , 43 , 61 , 70 , 81 : Britisches Kapital in der jugoslawischen Berg- und Hüttenindustrie nahm mit 45 % den ersten Platz der gesamten direkten Auslandsbeteiligungen ein. Die Donauschifffahrt war zu ca. 84 % in britischem Eigentum : Ebenda , 103. 119 Ivo GOLDSTEIN , Holokaust u Zagrebu. Zagreb 2001 , 30 f. – Ivo GOLDSTEIN , Židovi u Zagrebu 1918–1941. Zagreb 2004 , 433–453. Zum Antisemitismus im Kroatien der Zwischenkriegszeit s. Katrin VÖLKL , Zur Judenfeindlichkeit in Kroatien : Wieweit gab es Antisemitismus bis 1941 ? In : Südosteuropa. Zeitschrift für Gegenwartsforschung. 42. Jahrgang , H. 1 / 1993 , 59–77. DIES. : Die Jüdische Kultusgemeinde in Zagreb bis 1941. In : Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland. Heft 92 , Eisenstadt 1993. S. 158–195 , insbes. 184–189. Vgl. auch Ivo Goldstein , Antisemitizam u Hrvatskoj. Korijeni , pojava i razvoj antisemitizma u Hrvatskoj ( Antisemitismus in Kroatien. Wurzeln , Phänomen und Entwicklung des Antisemitismus in Kroatien ). Sammelband „Weiss man es … 1941–1945 ?“ ( Zborniku Zna li se 1941–1945 /  „Weiss man es … 1941–1945 ?“ ). Zagreb , 1996 , S. 12–52. 120 Living in Metaphor : Jews and Anti-Semitism in the Balkans. In : Jews and Slavs. Volume 12. Ed. by Wolf MOSKOVICH , Oto LUTHAR , Irena ŠUMI. Jerusalem–Ljubljana 2004 , 29–38.

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Juden nie auf so geballte Konkurrenzangst wie in der Drau- und in der Savebanschaft ( in Slowenien und Kroatien ).121 Man sollte meiner Meinung nach auch in Rechnung stellen , dass in der Zwischenkriegszeit die Konfessionen in ihrem Verhältnis zueina­ nder generell Misstrauen und Distanz bewiesen : Sie entsprang der Lehre der Päpste seit Pius IX. , der Religions- und Gewissensfreiheit als einen der „modernistischen Irrtümer“ gebrandmarkt hatte. Dies gilt für die christlichen Kirchen gegenüber dem Judentum in besonderem Maße.

1.2 Von Repression zum „geduldeten Aufenthalt“, 1937 / 1938–1941 1.2.1 Einführung der Sichtvermerkspflicht für österreichische Juden Jugoslawien erntete wegen seiner freizügigen Einwanderungspolitik Kritik : Der deutsche Botschafter Viktor von Heeren intervenierte im Innenministerium122 , die Drohung , Deutschland werde „nicht dulden , dass sich Jugoslawien zu einem ,Paradies für Juden‘123 und zum ,Hort der jüdischen Emigration wie Prag‘ entwickle“, vernahm eine jugoslawische Regierungsdelegation bei ihrem Besuch in Berlin 1937.124 Diese Warnungen nahm die jugoslawische Regierung in ihrem Bemühen um die Erhaltung der Eigenständigkeit sehr ernst : Der jugoslawische Ministerpräsident war seit 1937 im Bilde über die Vorbereitungen für den deutschen Einmarsch in Österreich ( er wusste lediglich nicht , wann dieser erfolgen werde ). Die aus der Besetzung Österreichs resultierende direkte Nachbarschaft des Deutschen Reiches erfüllte die jugoslawische Regierung mit Sorge „um den Erhalt der Neutralität Jugoslawiens“ – was im Klartext bedeutete : „mit dem Bangen vor der Expansion des Deutschen Reiches , vor einer möglichen militärischen Strafexpedition“.125 Der jugoslawische Ministerpräsident Stojadinović trat gewissermaßen eine Flucht nach vorne an , indem er bei seinem Besuch bei Hitler am 17. Jänner 1938 seine Bereitschaft bekundete , den „Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich als innere Angelegenheit Deutschlands“ zu behandeln , sich strikt neutral zu verhalten , vor allem sich nicht an eventuellen internationalen Maßnahmen zur Hilfe für die Flüchtlinge aus Österreich 121 M. KOLJANIN , Jevreji i antisemitizam 191. 122 M. KOLJANIN , Jevreji i antisemitizam. S. 413. 123 Franz Theodor CSOKOR erwähnte deutsche Pressekommentare zur jugoslawischen Immigrationspolitik : Auf fremden Straßen. Wien , 1947. S. 174. 124 Ein deutscher Offizier zur jugoslawischen Journalistendelegation , die den jugoslawischen Ministerpräsidenten bei seinem Besuch in Berlin 1937 begleitete : HDA , Landeskommission ( Fonds 306 ), Mikrofiche Z–2942 , Dokument HDA 429 , Blatt 380–397 , hier Blatt 383. 125 D. BIBER ; Nacionalsocijalizam in Nemci v Jugoslaviji. S. 269.

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zu beteiligen. „Schrittweises Zurückweichen von Ministerpräsident Stojadinović gegenüber deutschen Forderungen“ konstatierte der ehemalige jugoslawische Diplomat und Zeitzeuge aus Slowenien , Dušan Biber.127 Ein solches Zurückweichen stellt die zum Jahresende 1937 getroffene jugoslawisch-deutsche Vereinbarung betreffend die Einreise deutscher Juden nach Jugoslawien dar : Jugoslawien stimmte zu , die Gültigkeit des noch mit der Weimarer Republik 1931 abgeschlossenen Abkommens über die bilaterale Sichtvermerks-Freiheit nur auf die Reichsbürger zu beschränken.128 Deutsche Juden wurden damit aus der Sichtvermerks-Befreiung ausgeschlossen. Jugoslawien nahm demnach als eines der ersten Länder Europas nationalsozialistische Unterscheidungskriterien in seine eigene Gesetzgebung auf und diskriminierte Menschen mit Regelungen , die im Widerspruch zu dem in Jugoslawien anerkannten Grundrecht der Gleichheit vor dem Gesetz standen. Jugoslawien hatte zu diesem Zeitpunkt schon eine Verordnung über die Sichtvermerkspflicht für Juden aus Rumänien erlassen ( aber nicht verlautbart ), nachdem im Dezember 1937 dort eine antisemitische Regierung an die Macht gekommen war und Europa eine Flüchtlingswelle erwartet hatte ( die jedoch ausblieb ).129 Ihre Bestimmungen sind nur einer Weisung des königlich-jugoslawischen Innenministeriums an die Banschaften zu entnehmen : Demnach war die Verordnung so formuliert , dass sie sukzessive auch auf andere Staaten angewendet werden konnte. Die Sichtvermerkspflicht betraf „ Juden aller Länder mit Rassengesetzgebung“ Als „ Jude im Sinne der jugoslawischen Sichtvermerkspflicht“ war zu betrachten , wer „nach den Gesetzen seines Heimatlandes als Jude gilt“.130 Wie sollten die Grenz126

126 A. SUPPAN , Jugoslawien und Österreich. Erklärungen jugoslawischer Politiker ausländischen Diplomaten gegenüber : S. 1224. 127 Ministerpräsident Stojadinović wurde durch die Vertretungen der Jugoslawiendeutschen unter Druck gesetzt : Diese agitierten vehement für den „Anschluss Österreichs“ gemeinsam mit der slowenischen Untersteiermark an das Deutsche Reich : D. BIBER ; Nacizem in Nemci v Jugoslaviji 1933–1938. S. 128. 128 M. RISTOVIĆ , U potrazi. 26. Hinweis auf diese Modifizierung auch bei Klaus VOIGT , Das Exil von Österreichern in Italien 1938–1945. In : Christina KÖSTNER  /   K laus VOIGT ( Hg. ), Österreichisches Exil in Italien 1938–1945. Wien 2009 , S. 16–39 ; hier S. 17. Arnold Suppan verweist auf ein Treffen zwischen jugoslawischen und deutschen Grenzbehörden bald nach der deutschen Besetzung und die Vereinbarung über „gute Zusammenarbeit“: Arnold SUPPAN , Jugoslawien und Österreich 1918–1938. Wien , 1996 , S.  1215 ; Ivo GOLDSTEIN , Židovi u Zagrebu 1918–1941 ( Die Juden in Zagreb 1918–1941 ). Zagreb 2004 , S. 461. 129 HDA , Savebanschaft , Verwaltungssektion für Staatssicherheit ( SB-UO , Fonds 145 ), Fasz. 4 , Zl. 469 /  4 vom 17. 2. 1938. 130 HDA , BH-ODZ , Fasz. 50 , Zl. 11997 vom 14. 12. 1939 : Hierbei handelt es sich um einen Erlass des jugoslawischen Innenministeriums , das auf Ersuchen des jugoslawischen Au-

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beamten jedoch erkennen , wer in welchem Lande als Jude zu gelten habe ? Daher dekretierte das königlich-jugoslawische Innenministerium , dass Anträge über die jugoslawischen Vertretungsbehörden in den Heimatländern der Sichtvermerkspflichtigen einzubringen und die Entscheidung des Belgrader Innenministeriums im Heimatland abzuwarten sei. Vor der Kennzeichnung der jüdischen Reisepässe im Deutschen Reich , in der „Ostmark“ und im Sudetenland waren die jugoslawischen Vertretungsbehörden im Ausland zur Feststellung der Rassenzugehörigkeit der Antragsteller auf Sichtvermerke verpflichtet. Die Erteilung der Sichtvermerke behielt sich das königlich-jugoslawische Innenministerium vor , während den Banschaften die Regelung von Aufenthaltsgenehmigungen entzogen wurde. Sie durften ab der Einführung der Sichtvermerkspflicht lediglich Empfehlungen für oder gegen die Genehmigung von Sichtvermerken abgeben. Conditio sine qua non für die Erteilung war das Vorliegen einer Rückkehrerlaubnis der Behörden des Heimatlandes. Personen , die ohne Sichtvermerk im Grenzbereich angetroffen werden würden , sollten umgehend abgeschoben und den Behörden des Herkunftslandes übergeben werden , während jene , die in Jugoslawien ohne gültigen Sichtvermerk aufgegriffen würden , in Schubhaft genommen werden sollten.131 Jugoslawien wollte weiterhin Transitvisa zur Reise in Drittländer erteilen. Bei der Antragstellung auf ein jugoslawisches Transitvisum mussten eine Einreisegenehmigung des Ziellandes sowie Anschlussvisen all jener Länder vorliegen , die nach der Ausreise aus Jugoslawien im Transit bis zum Ziel zu durchreisen waren.132 Die jugoslawischen Vertretungen im Ausland wurden angewiesen , Transitvisa deutlich als solche zu kennzeichnen und auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu achten. Es sollte vermieden werden , dass Ausländer die nötigen Visen in Jugoslawien beschafften und sich daher länger in Jugoslawien aufhielten , als für die Durchreise in ein Drittland erforderlich wäre. Personen ohne Einreisevisum für das Zielland , nur im Besitz von Transitvisa , sollten keinesfalls einreisen dürfen , sondern an der Grenze zurückgewiesen oder – bei illegaler Einreise nach Jugoslawien – abgeschoben werden.133 Der serbische Historiker Milan Ristović behauptet , dass Jugoslawien „schon bald nach dem Anschluss“134 die Sichtvermerkspflicht für österreichische Jüdinnen und Juden verhängte : Es gibt jedoch keine amtliche Verlautbarung eines entsprechenden ßenministeriums Unklarheiten betreffend die Feststellung der „Rassenzugehörigkeit“ beseitigen wollte. 131 HDA , ebenda , Fasz. 1 , Zl. 61573 ; Fasz. 4 , Zl. 4501. 132 RISTOVIĆ , U potrazi. S. 40. 133 Beispiele dafür bieten die Ablehnungsbescheide in Banschaft – Abt. Staatssicherheit , Fasz. 23 , Fasz. 11. 134 M. RISTOVIĆ , U potrazi. S. 26.

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Erlasses. Nur die Weisung des Belgrader Innenministeriums an die Banschaftsämter vom 12. Juli 1938 bezieht sich zum ersten Male auf deutsche , österreichische und tschechoslowakische Juden.135 Am 1. Dezember 1938 dehnte das jugoslawische Innenministerium die Sichtvermerkspflicht auf Juden aus Italien ( dessen Rassegesetz am 17. November 1938 in Kraft getreten war ) auf jene aus Polen und Palästina136 aus. Wie aus der Korrespondenz des jugoslawischen Aussenministeriums mit den Auslandsvertretungen zu erfahren ist , sei die Verlautbarung der Sichtvermerkspflicht für Juden aus Österreich und dem Deutschen Reich unterlassen worden , um die im Land ansässigen jüdischen Gemeinden und die ausländischen jüdischen Hilfsorganisationen in Jugoslawien ( JOINT und HICEM ) nicht zu beunruhigen. So lautete die Sprachregelung für die jugoslawischen Diplomaten im Ausland.137

1.2.2 Handhabung der Sichtvermerksregelung

Der Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Österreich zog eine – von der internationalen Öffentlichkeit erwartete – Welle von Flüchtlingen aus Österreich nach sich. Die chaotische Situation an den Grenzen zur Tschechoslowakei , zu Ungarn und Jugoslawien , die alle in den ersten Tagen nach dem deutschen Einmarsch die Grenzen für Reisende aus Österreich schlossen , beobachteten Auslandsjournalisten.138 Nicht nur Juden flohen nach Jugoslawien , sondern auch der Justizminister des Kabinetts Schuschnigg , Dr. Josef Gerö ( der in seine Geburtsstadt Subotica flüchtete ).139 Im 135 HDA Zagreb , Banschaft-Abt. Staatssicherheit , Fasz. 57 ; Fasz. 1 , Zl. 61573 ; Fasz. 4 , Zl. 4501. RISTOVIĆ , U potrazi 35 : Dass es im Archiv Serbiens und Montenegros ( Arhiv Srbije i Crne Gore / ASCG ), das im Archiv für Jugoslawien / Arhiv Jugoslavije , Beograd besteht , keine amtlichen Dokumente zur Verschärfung der Einreisebestimmungen gibt , bestätigte der Stellvertretende Direktor des Archivs für Jugoslawien , Miladin Milošević , der Autorin per Mail am 4. 3. 2009. 136 HDA , Banschaft-Abt. Staatssicherheit , Fasz. 1 , Zl. 61573 : Innenministerium am 26. 1. 1939 an die Savebanschaft ; ebenso Fasz. 4 , Zl. 4501 ; Zitat bei RISTOVIĆ , U potrazi. S. 31. 137 RISTOVIĆ , U potrazi. 31 zitierte undatierte Dokumente der Jugoslawischen Gesandtschaft in Teheran im „Arhiv Jugoslavije“. 138 Bericht des Reporters der Zagreber Tageszeitung „ Jutarnji list“, der den Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Wien erlebt hatte und mit dem Zug nach Jugoslawien zurückkehren wollte : „ Jutarnji list“, 14. 3. 1938. Jg. XXVII , Nr. 9385. Ebenso der Bericht des Reporters von „Hrvatski list“, Osijek , 18. 3. 1938. NSK Zagreb , Signatur bf. 84. 088. Jugoslawien lockerte die Grenzsperre sukzessive : Ebenda. – Der US-Journalist G. E. R. Geyde wurde Zeuge des Chaos auf den Straßen Richtung österreichisch-ungarische Grenze , wo Taxis und abgestellte Autos und Fahrräder den Verkehr blockierten , während ihre Besitzer versuchten , über die „Grüne Grenze“ ins Nachbarland zu gelangen : G. E. R. Geyde , Raub , Mord , Erniedrigung. In : Th. CHORHERR , 1938 – Anatomie eines Untergangs , S. 217–220. 139 HDA , Archiv Helm , Fasz. 39 und Buch 22 ( Katholische Kirche – Hilfsstelle ).

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Laufe des Jahres 1938 kamen die in Wien wirkende ( 1890 in Sarajevo geborene ) Psychoanalytikerin Danica Deutsch ( auf dem Weg in das amerikanische Exil )140, der Wiener Musiker Fritz Lunzer (Abb.2) , Professor am Konservatorium , die Mezzosopranistin der Wiener Staatsoper Eva Hadrabova und der Bariton Alois Pernerstorfer ( mit Frau Alice ) nach Zagreb und wurden von Freunden der Familie des Bankdirektors Artur Polić aufgenommen.141 Walter Wodak ( nachmaliger österreichischer Botschafter in Belgrad und Moskau ) flüchtete im Mai 1938 wegen seiner politischen Tätigkeit in der Sozialdemokratie und in der illegalen freien Angestelltengewerkschaft nach Zagreb , woher seine erste Frau Erika stammte. In Zagreb weilte er vom Mai bis 19. November 1938 und trat von dieser Stadt aus die Reise ins Exil nach London an.142 Auch der Dirigent Bruno Walter ( mit vollem Namen Bruno Walter Schlesinger ) machte auf seiner Reise aus Wien , wo er seinen Direktionsposten in der Wiener Staatsoper verloren hatte , in die Emigration nach Nordamerika halt in Zagreb. Im Oktober 1938 dirigierte er in Zagreb und erweckte Hoffnungen , dass er sich dort auf längere Zeit niederlassen werde. Doch Bruno Walter hatte schon die Emigration in die USA in die Wege geleitet.143 140 B. POLIĆ , Vjetrenjasta klepsidra. S. 378. Ihre Biografie verfassten KENNER Clara , Danica Deutsch , u. KEINTZEL , Brigitta &  KOROTIN , Ilse ( Hg. ): Wissenschaftlerinnen in und aus Österreich. Leben , Werk , Wirkung. Köln–Wien , 2002 , S. 128–139. 141 Eva Hadrabova erhielt jedoch ein Engagement in Graz und in Dresden ; Alois Perners­ torfer blieb ebenfalls nicht in Jugoslawien : Bayerisches Musiker-Lexikon : www. bmlowww.bmlo.lmu.de /  h0051. 142 Walter Wodak ( 1908–1974 ), Sohn eines jüdisch-religiösen Handwerkers in der Wiener Leopoldstadt , Jurist , Diplomat , war als Mittelschüler und Student Mitglied sozialdemokratischer Vereinigungen , trat aber nach den Februarkämpfen 1934 der KPÖ bei. Im Exil in London schloss er sich dem Austrian Labour Club in London an und trat 1940 in das britische Pioneer Corps ein. Seine Laufbahn als österreichischer Diplomat begann er 1945 in Großbritannien , setzte sie 1951 in Paris fort und vertrat 1953–1959 Österreich in Belgrad , von 1964 bis 1970 in Moskau : Seine Biografie und weitere Karriere siehe Bernhard KUSCHEY , Die Wodaks – Exil und Rückkehr. Eine Doppelbiografie. Jüdische Linke – Wissenschaft und Politik im englischen Exil – Diplomatie für Österreich. Wien 2008. S. 60 f , 71–73. 143 I. GOLDSTEIN , Židovi u Zagrebu 1918–1941. S. 453. Diese Angaben ließen sich bei der Zagreber Philharmonie nicht verifizieren ! Der ehemalige Musikredakteur des Jugoslawischen Rundfunks – Radio Zagreb , Branko Polić , Zeitzeuge und Autor der Memoiren Vjetrenjasta klepsida ( Autobiografski zapisi 1924–1942 ( Sanduhr imWind [ Autobiografische Aufzeichnungen 1924–1942 ], Zagreb 2004 ; Imao sam sreće. autobiografski zapisi 1. 1. 1942–24. 12. 1945 ) /  Ich hatte Glück ( Autobiografische Aufzeichnungen 1. 11. 1942–24. 12. 1945 ), Zagreb 2006 ( sowie zweier weiterer Bände ), erinnert sich an das Konzert , aber nicht mehr an das Datum , zu dem es stattfand : Mündliche Mitteilung an die Verfasserin.

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Abb. 3 : Dr. Albert Drach , Rechtsanwalt und Schriftsteller in Mödling bei Wien ( geb. in Mödling , 1902 ; dort 1995 gstorben ); Flüchtling in Jugoslawien 1938 ( Quelle : Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek , Wien. Ende 1938 reiste der nachmalige österreichische Schriftsteller , der aus Mödling gebürtige Dr. Albert Drach , nach Zagreb , von dort nach Split.144 Er hat seines Aufenthaltes in Zagreb in seinem autobiografischen „Protokoll“, „Z. Z.“ das ist die Zwischenzeit gedacht. Jüdinnen und Juden , die die Einreise nach Jugoslawien unmittelbar nach dem deutschen Einmarsch schafften , kamen noch mit gültigen österreichischen Reisepässen und konnten daher ohne Sichtvermerke einreisen. Dies war jedoch nur bis zum 1. April 1938 möglich : Wie die Wienerin Hilda Haim der jugoslawischen Grenzpolizei 144 Dr. Albert Drach ( geboren am 17. 12. 1902 in Wien , gestorben am 27. 3. 1995 in Mödling ) floh über Ljubljana und Italien nach Frankreich. Aus dem französischen Auslieferungslager Rivesaltes konnte er mithilfe von Dokumenten seiner Halbschwester und der Umdeutung eines Dokumentes mit den Initialen „I. K. G.“ – vor den französischen Behörden interpretierte er das Kürzel „I. K. G“ ( „Israelitische Kultusgemeinde“ ) als „im katholischen Glauben“: Sein Roman „ ‚Z. Z.‘ das ist die Zwischenzeit“ ( hrsg. von Wendelin SCHMIDT-DENGLER. Wien 2005. Die amtliche Meldung seiner Einreise findet sich im Archiv der Republik Slowenien : ARS , KBUDB , Fasz. 33–11 , Zl. 31191 vom 26. 10. 1938 : Österreichische Nationalbibliothek – Sammlungen – Literaturarchiv : www.onb.ac.at /  Sammlungen /  Literaturarchiv www.onb.ac.ac /  Sammlungen /  Literaturarchiv /  Bestände /  Drach Albert , Abb.-Verz. Nr. 2.

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in Maribor ( Marburg an der Drau ) berichtete , mussten die jüdischen Inhaber von österreichischen Reisepässen diese spätestens am 1. April 1938 bei der Polizei abgeben. Sie verloren die Gültigkeit.145 Österreichische Juden erhielten jedoch nach diesem Datum neue , deutsche Reisepässe. Diese waren offensichtlich auch mit der Wiedereinreisegenehmigung versehen , denn in zahlreichen dokumentierten Fällen erhielten sie jugoslawische Sichtvermerke für Aufenthalte in den slowenischen Badeorten Rogaška Slatina ( Rohitsch-Sauerbrunn ), Radenci ( Bad Radein ), Bled ( Veldes ) und in anderen slowenischen Ortschaften. Ihre Gültigkeit betrug bis zu drei Monaten.146 Auch Transitvisa wurden erteilt : Izidor „Soki“, Sofia und Sohn Georg Geiringer aus Wien kamen mit solchen nach Jugoslawien.147 Der Grund für die Erteilung der Wiedereinreisegenehmigung war eine Täuschung der ausländischen Konsulate seitens der nationalsozialistischen Behörden : Die NS-Behörden stellten zwar solche Reisepässe aus , mit denen die Inhaber bei Konsulaten jener Länder , die Sichtvermerkspflicht eingeführt hatten , Visa beantragen konnten. Aber sie mussten bei der Ausfolgung der neuen Reisepässe einen Revers unterschreiben , dass sie nach der Ausreise aus der „Ostmark“ nicht wieder einreisen würden. Dies berichteten der Grenzpolizei Maribor der Wiener Herman Starer , als er am 30. August 1938 nach Jugoslawien einreiste148 , die Wienerin Lilly Birnbaum149 , Hacker Julius und Margarethe150 und Figdor Regina.151 Der Hintergrund dieser Vorgangsweise der NS-Behörden war ihr Bestreben , die österreichischen Juden zum „freiwilligen“ Verlassen Österreichs zu zwingen : wie der selbst betroffene junge Rechtsanwalt aus Mödling , Albert Drach , bemerkte : im Oktober 1938 sei der Slogan „ Juda verrecke“ von niedrigerrangigen Nationalsozialisten als „ Juda verreise“ „missverstanden worden“. Aber die Obrigkeit habe diese Interpretation nachdrücklich „korrigiert“ – indem sie den Reisenden nur ein minimales Reisegeld zugestand , um so potenzielle Aufnahmeländer von der Beherbergung mittelloser Auswanderer abzuschrecken. Nach Jugoslawien wollte Drach nur deshalb , weil er ein Visum für ein afrikanisches Land erwerben konnte und Bekannte seiner Familie in Split ihm bei der Beschaffung von Transitvisa behilflich sein konnten. Dank ihrer Vermittlung kam er schließlich zu einem Visum und Schiffspapieren für Marseille.152 145 146 147 148 149 150

ARS , KBUDB ( AS 067 ), Fasz. 33–11 , Zl. 35871 / 1938 vom 10. 11. 1938 Hilda Haim.

Ebenda , Fasz. 33–11 : Zl. 24292 / 1938. Ebenda , Fasz. 33–11 , Zl. 25350 / 1938. Ebenda , Zl. 24779 / 1938 vom 30. 8. 1938. Ebenda , Zl. 25039 / 1938 vom 28. 9. 1938. Ebenda , Zl. 24292 / 1938 : Das Ehepaar Hacker durfte am 21. 7. 1938 nach Radenci reisen und sich dort drei Monate lang aufhalten. Sie traten von dort aus am 4. 11. 1938 die Schiffsreise zum Exil in Albanien an. 151 Ebenda , Zl. 25044 / 1938 vom 28. 9. 1938. 152 A. DRACH , „Z. Z.“ das ist die Zwischenzeit. Ein Protokoll. S. 356–359.

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Das Beispiel von Albert Drach zeigt , dass die Anwendung der jugoslawischen Sichtvermerksregelung auf österreichische Juden demnach mit der vehement betriebenen „Aussiedlung“ der Juden aus Österreich durch die NS-Stellen zusammenfiel. Auch im „Altreich“153 übten die Behörden diese Vorgangsweise. Die Pässe erhielten die Antragsteller mit der Drohung ausgefolgt , im Falle eines Rückkehrversuches in ein KZ eingewiesen zu werden.154 Die „Säuberung“ Österreichs lief aber auch in anderer Weise ab : Die nationalsozialistische Behörde in Österreich zog die Pässe ein und jagte die Betroffenen ohne Dokumente über die Grenze in die Nachbarländer. Von Geburt an in Österreich beheimatete Jüdinnen und Juden mit ausländischen Eltern wurden ebenso an die Grenzen transportiert oder im Niemandsland ausgesetzt und ihrem Schicksal überlassen : Präger Julius , dessen Eltern in Jugoslawien geboren waren , der selbst jedoch gebürtiger Wiener war , dort zur Schule ging , den österreichischen Militärdienst und eine Handelslehre absolvierte , wurde am 10. November 1938 bei Spielfeld über die österreichisch-jugoslawische Grenze getrieben.155 Am frühesten widerfuhr dies den jüdischen Gemeinden im Burgenland , die auf diese Weise kollektiv aus ihren Heimatgemeinden vertrieben wurden.156 In Rechnitz stellte die Gestapo im April 1938 Ausweisungsbescheide zu , gemäß denen die Empfänger bis 31. Mai 1938 die „Ostmark“ zu verlassen hatten. Die Empfänger dieser Bescheide wurden in ein Sammellager in Jennersdorf verbracht und von dort , nach Abnahme ihrer Pässe , einzeln und bei Nacht , über die jugoslawische Grenze getrieben. Die jugoslawischen Grenzpolizisten attackierten sie mit Holzstöcken , um sie zurückzujagen157 , da sie keine jugoslawische Einreisegenehmigung besaßen , ohne Reisepässe auch keine erhalten konnten. Daher lebten sie wochenlang im Grenzzollort Rogosovci in einer Scheune , bis ihnen die humanitäre Organisation für nicht konfessionell gebundene Juden „Gildemeester“ von der Bezirkshauptmannschaft die Rückgabe ihrer Pässe erwirkte und durch Vermittlung der jüdischen Gemeinde Zagreb beim 153 Von der Schweiz registriert : Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg : Die Schweiz und die Flüchtlinge , www.akdh.ch /  ps /  uek.pdf , S. 76. Vgl. M. KOLJANIN ; Jevreji i antisemitizam. S. 485. 154 Jonny MOSER , Österreich : In : Wolfgang BENZ ( Hg. ), Dimension des Völkermordes. Die Zahl der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus ( München 1991 ), hier dtb. München 1996 , S. 67–94. 155 HDA , SB-ODZ , Fasz. 4 , Zl. 4628. 156 J. MOSER , Die Juden. In : Verfolgung und Vertreibung. Widerstand und Verfolgung im Burgenland 1934–1945. Eine Dokumentation. Auswahl , Bearbeitung und Zusammenstellung : Dr. Wolfgang Neugebauer unter Mitarbeit von Dipl.-Dolm. Erica Fischer , Mag. Brigitte Ungar-Klein , Franz West und Mag. Wolf Michael Zacherl. Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes , 2Wien , 1983. S. 294–341 , hier 294. 157 Diesen Fall schilderte J. Moser , Die Juden. In : Verfolgung und Vertreibung. S. 294.

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jugoslawischen Innenminister Dr. Anton Korošec158 Visen ausgestellt wurden. Am 8. Juni 1938 durften sie vorläufig Quartiere in „Esrazdin“ ( Varaždin ? ) beziehen159 , um schließlich auf einem landwirtschaftlichen Gut in Podravska Slatina , Golenić160 , untergebracht zu werden , wo die jüdische Gemeinde Zagreb einen „Lehrkibbuz“ unterhielt.161 Die Gemeindechronik von Rechnitz verzeichnet namentlich bekannte Rechnitzer , die diese Ausweisung erlebten. In Jugoslawien können folgende Biografien noch nachverfolgt werden : Heinrich Frankl und Gattin , Hugo Fellner und Gattin Frieda mit drei minderjährigen Kindern162 , Max Fellner , seine Gattin Elsa163 und Sohn Kurt ; Kurt kam in Brčko ums Leben164 , Leopold Schreiner , Rudolf Weiss ( 1901 ) und seine Gattin Frieda ( 1914 ), Franz und Johann Schönwald , Samuel , Josefine165 , Ludwig und Olga Steuer , Adalbert Weis und seine Frau Karoline , Samuel Kraus , Matilda Adler , Käthe Mayer ( geb. 1919 ), 158 Dies wurde bestätigt durch den Erlass der Banschaft Zl. Pov-II-DZ-Br. 35597 /  399 vom 25. 7. 1939 , ebenda , Fasz. 49 , Zl. 10617 /  39 vom 25. 7. 1939. 159 J. MOSER , in : Verfolgung und Vertreibung : Dok. Nr. 21 , S. 309 , Bericht der  Jüdischen Telegrafenagentur aus Paris , 10. 5. 1938. Zu den Familien Fellner und Frankl finden sich keine Hinweise auf das weitere Schicksal. 160 Die jüdische Familie Gutman stellte 1933 ihren landwirtschaftlichen Besitz in Golenić bei Podravska Slatina der Jüdischen Kultusgemeinde Zagreb zur Ausbildung junger Juden für die Aufbauarbeit in Palästina zur Verfügung. Seit 1933 lebten und arbeiteten dort auch deutsche Alyah-Emigranten : Židovski Zagreb , Kulturno-povijesni vodič ( Das jüdische Zagreb. Ein kulturgeschichtlicher Führer ). [ Hrsg. vom Vertreter der jüdischen Minderheit der Stadt Zagreb. ] Zagreb 2011 /  5771 , S. 25. 161 HDA Zagreb , BH-ODZ , Fasz. 40 , Zl. 3741 / 1940 , S. 9. Die Behauptung von Alexander KLEIN , Zehn Jahre Flüchtlingshilfswerk , S. 56 , dass Podravska Slatina mit der Ankunft der Rechnitzer Juden die „erste Flüchtlingskolonie erhalten“ habe , trifft nicht zu , denn zum Zeitpunkt der Einweisung der Rechnitzer wurden dort schon Palästina-Emig­ ranten aus Deutschland ausgebildet : Židovski Zagreb , Kulturno-povijesni vodič , S. 25. 162 Hugo und Frieda Fellner stehen auf der Opferliste des DÖW. 163 Auf der Opferliste von Yad Vashem als Opfer des Massakers in Brčko. 164 HDA , BH-ODZ , Fasz. 49 , Zl. 9823 /  40 vom 20. 2. 1940 ; Kurt Fellner steht auf der Opferliste des DÖW. 165 HDA , ebenda. Josefine Steuer musste in Zagreb im Krankenhaus behandelt werden : ebenda , Fasz. 49 , Zl. 10617 /  39 vom 24. 8. 1939.

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Rudolf und Frieda Weiss , Moritz und Edith ( geb. 1915 ) Kertes , Viktor Engel , Leo166 und Anna Blau ( die einzige 1947 aus Jugoslawien nach Rechnitz Repatriierte )167 Am 24. August 1939 wurde der Gruppe aus Rechnitz mitgeteilt , dass sie bis spätestens 14. November 1939 Jugoslawien zu verlassen habe und dass es keine Fristerstreckung geben werde.168 Da die Jüdische Gemeinde Zagreb die für das Jahr 1939 genehmigten 70 Palästinazertifikate jenen jungen Juden zugeteilt hatte , die schon länger in Golenić weilten als die burgenländische Gruppe , erwirkte sie Reisegenehmigungen per Bahn zum jugoslawischen Hafen Sušak für Leo und Anna Blau , Rudolf und Frieda Weiss sowie Adalbert und Karoline Weis. Sie sollten mit einem der Züge fahren , mit dem die tschechische Reiseagentur ČEDOK Juden aus dem Generalprotektorat Böhmen und Mähren nach Sušak transportierte , um sie nach Kolumbien einzuschiffen. Aber dieser Transport musste aus technischen Gründen abgesagt werden. Die Stadtgemeinde Podravska Slatina erwirkte daher , dass diese Personen „wegen guter Führung“ weiterhin in Golenić bleiben durften.169 Olga Steuer durfte nach Großbritannien , Max Adler , Ignatz und Elisabeth Benau , Schreiner Ladislaus ( L eopold ) und Steuer Julius bis spätestens 15. August nach Schanghai , Adalbert , Theresia und Eugen Spegler ( S piegler ) bis Ende Juli in die USA ausreisen.170 Adalbert Spegler /  Spiegler wurde zum Zeitpunkt , als die Gruppe den Bescheid über die Nichtverlängerung der Aufenthaltsgenehmigung in Golić erhielt ( 24. August 1939 ), im Krankenhaus in Podravska Slatina behandelt.171 Anna Blau überlebte als einziges Mitglied der Rechnitzer Gruppe in Jugoslawien und wurde von Osijek aus , von wo sie sich 1945 bei der Landeskommission zur Repatriierung der Kriegsopfer meldete , nach Rechnitz repatriiert.172 Nicht in der Heimatchronik von Rechnitz verzeichnet sind folgende Vertriebenen :

166 Auf der Opferliste von Vad Vashem als Opfer von Brčko. 167 HDA , Zemaljska komisija za repatrijaciju ( ZKRZ , Fonds 1522 ), Fasz. 14 : Kartei der ausgereisten ausländischen Staatsangehörigen 1947–1948 ( Staatenliste A–S ). Leo Blau steht auf der Opferliste des DÖW. 168 HDA , BH-ODZ , Zl. 9823 /  40. 169 HDA , ebenda , Fasz. 49 , Zl. 10617 : Bescheid des Innenministeriums vom 20. 2. 1940. 170 HDA , ebenda , Fasz. 49 , Zl. 10617. 171 HDA , BH-ODZ , Fasz. 49 , Zl. 10617 /  39 vom 24. 8. 1939. 172 HDA , ZKRZ-Zemaljska komisija za repatrijaciju ( Fonds 1522 ), Fasz. 14 : Kartei der ausgereisten ausländischen Staatsangehörigen 1947–1948 ( Staatenliste A-S ).

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Ernst und Malwina Waldmann173 , Adalbert , Therese und Eugen Spegler174 , Robert und Ilona Cviker175 , Leopoldine Glaser ( geb. 1870 )176 ; sie kam laut Yad Vashem-Liste in Jugoslawien ums Leben. Eine Gruppe Wiener Juden , die über die österreichisch-ungarische Grenze getrieben wurde , erhielt in Ungarn keine Aufenthaltsgenehmigung und überschritt daher illegal die ungarisch-jugoslawische Grenze im kroatischen Zwischenmurgebiet ( Međimurje ) bei der Stadt Čakovec. Dort wurde sie wegen illegaler Einreise in Schubhaft genommen : Moritz Wilder , von Beruf Weber , geb. 1908 ; seine Frau Greta Wilder , geb. 1918 , Oskar Bellak , Maschineningenieur , geb. 1890 , und Abel Schlesinger , 65 Jahre alt.177 Die jüdische Gemeinde intervenierte für sie beim Ban , weil sie befürchtete , dass im Falle der Rücksendung dieser Gruppe nach Ungarn die ungarischen Behörden diese Personen den NS-Stellen in Österreich ausliefern würden.178 Daher appellierte die jüdische Kultusgemeinde an den Banus , ihnen die Einreise zu genehmigen , weil sie Kenntnis hatte , dass nach Österreich repatriierte Juden nach Polen abtransportiert worden waren.179 Die Zusage , die „Ostmark“ schnellstens zu verlassen , erpresste die Gestapo von Juden , die von der SA in Straßenrazzien gefangen oder von ihren Mitbürgern aus ihren Wohnungen oder Häusern , Unternehmen und Geschäften vertrieben worden waren : Sie wurden ins KZ Dachau eingeliefert , um aufgrund der Versicherung , unverzüglich und ohne Rückkehr Österreich zu verlassen , wieder freigesetzt zu werden : Der Vater des in Kanada lebenden gebürtigen Grazers Leo D. war das Opfer einer 173 HDA , BH-ODZ , Fasz. 52 , Zl. 13. 605 , Schreiben der BH an die Banschaft – Kabinett des Bans vom 25. 5. 1940 , und Fasz. 68 , Zl. 6812 / 1940. 174 HDA , BH-ODZ , Fasz. 68 , Zl. 6812 vom 14. 3. 1940. 175 HDA , BH-ODZ , Fasz. 68 , Zl. 6812 / 1940 , und BH-Kab. Fasz. 52 , Zl. 13. 60. 176 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 2 , Zl. 3368 /  41 : Im Jahre 1942 wurden die Jüdinnen in das Frauen-KZ Stara Gradiška eingeliefert. Leopoldine Glaser findet sich auf keiner Opferliste. 177 HDA , BH-ODZ , Fasz. 68 , Zl. 6812 / 1940 und BH-Kabinett des Bans , Fasz. 52 , Zl. 13. 60. 178 VARGA , Ungarn. In : Wolfgang BENZ , Dimension des Völkermords. S. 331–351 ; hier S.  332 f. 179 HDA Zagreb , ODZ / 158 , Fasz. 7 , Zl. 44856 : Schreiben der Jüdischen Gemeinde Zagreb , Zl. 709 / 1939 vom 18. 9. 1939. Es wurde mit Zl. Pov Nr. 44772 , 44676 , 44677 am 19. 12. 1939 ans Innenministerium Belgrad weitergeleitet.

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solchen Razzia. Nach einer mehrwöchigen Haft in Dachau wurde er unter der Bedingung freigesetzt , Österreich sofort zu verlassen. Er hatte keine Zeit , sich um ein jugoslawisches Visum zu bemühen , sondern floh sofort mit seiner Familie über die „Grüne Grenze“ nach Jugoslawien.180 Der Kaufmann und Inhaber der Firma Rosenberg & Neumann in Radkersburg , der „Landesproduktenhändler“ Ferdinand Neumann , seine Eltern Moritz und Berta sowie seine Frau Roszy ( geb. Arvay aus Nagykanisza ) erlebten das gleiche Schicksal : Am 11. November 1938 wurde Ferdinand Neumann nach „Arisierung“ des Familien­ betriebes verhaftet und nach Dachau verbracht. Sein Vater Moritz ersuchte die Behörden um Freigabe von 2. 600 RM zur Anschaffung von Garderobe und Koffern für die Emigration seines Sohnes mit seiner Familie. Ferdinand Neumann durfte , gesundheitlich durch Misshandlungen im KZ schwer angeschlagen , im Februar 1942 aus Dachau nach Radkersburg zurückkehren. Als er wegen einer schweren Erkrankung die Ausreise aus Österreich aufschieben musste , bedrohte ihn der Bürgermeister wieder mit KZ-Einlieferung ; nur eine Intervention des behandelnden Arztes bewahrte ihn davor. Sein Sohn wurde am 7. Juni 1939 mit einem Kindertransport nach Schweden verschickt. Ferdinand und Roszy erhielten schließlich einen deutschen Reisepass mit Gültigkeit bis 1. September 1943 und reisten 1939 über Venedig in den Ferienort Lovran.181 Ferdinands Eltern , Moritz und Berta , durften hingegen nicht 180 Andrea Strutz , „Suddenly I was a ‚ Judenbua‘ …“. ( Erinnerungen des Grazers Leo D., der in Kanada lebt ). Historisches Jahrbuch der Stadt Graz , Nr. 38 /  39 , S. 56–91. 181 Weil die italienischen Behörden die Aufenthaltsgenehmigung für Ferdinand und Roszy Neumann nicht verlängern wollten , versuchte das Ehepaar im November 1939 illegal mithilfe von Fischern über die Bucht von Fiume auf das jugoslawische Territorium überzusetzen. Sie wurden von der jugoslawischen Polizei zurückgewiesen und den Carabinieri übergeben. In der Schubhaft in Fiume ( Rijeka ) erlitt Roszy Arvay eine Nierenbeckenentzündung und wurde im Krankenhaus behandelt. Am 29. 7. 1940 wurden sie mit anderen exösterreichischen , deutschen , tschechischen und slowakischen Juden in Fiume ( Rijeka ) in Haft genommen und in der Provinz Viterbo interniert : Staatsarchiv Rijeka ( DARI ), Prefettura ( Provinzialregierung ) di Fiume ( Fonds Nr. JU-39 ), Zl. 0368 , Liste „Ebrei arrestati nella Provincia di Fiume“; am 2. 8. 1940 sandte die Quästur eine Kopie dieser Liste über die Verhaftung und Internierung an das Deutsche Konsulat in Fiume. DARI , Questura di Fiume ( Polizeidirektion , Fonds Nr. JU-53 ), Fasz. Nr. 563 , Zl. 001701 , und Liste „Ebrei arrestati“ Nr. 0368 vom 2. 8. 1940 ). – Nach der Kapitulation Italiens verließ das Ehepaar am 6. 11. 1943 auf eigene Faust den Internierungsort. Im Juli 1944 durften die beiden aus Neapel nach New York ausreisen. Nach dem Krieg ließ sich das Ehepaar Neumann in Rom nieder. Ferdinand Neumann hielt nach dem Krieg seiner Heimatstadt Radkersburg die Treue , besuchte sie bis zu seinem Tod ( 1995 ) regelmäßig und referierte in den Schulen über seine Erlebnisse im Exil : Hermann KURAHS , Zur Geschichte der Juden in Radkersburg. In : Gerald LAMPRECHT ( Hrsg. ), Jüdisches Leben in der Steiermark. Marginalisierung – Auslöschung – Annäherung. Innsbruck–Wien–Mün-

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ausreisen , da die Behörden noch aushaftende Schulden unter dem Titel „ Judenvermögensabgabe“ und andere Steuern von ihnen eintrieben und sie Schwierigkeiten hatten , das Geld aufzutreiben – zumal ihre Liegenschaften so billig abgelöst wurden , dass der Erlös die Schulden nicht deckte. Der kränkliche , fast blinde 76-jährige Mann und seine Frau wurden am 20. April 1940 von Radkersburgern an die ungarische Grenze bei Zelting getrieben. Bis 1944 lebte das alte Ehepaar im 1941 von Ungarn annektierten Übermurgebiet.182 Bis zum Jahresende 1938 registrierte die Grenzpolizei in Maribor österreichische Juden , die berichteten , dass sie von den NS-Behörden zur „freiwilligen“ Ausreise und zur Unterzeichnung einer schriftlichen Erklärung gezwungen worden waren , dass sie nicht nach Österreich zurückkehren würden. In der Draubanschaft ( Slowenien ) ließen sie sich nicht nieder , sondern wählten den Weg in ein Drittland : Das jugoslawische Innenministerium erteilte tatsächlich im Jahre 1938 weiterhin Touristenvisa und Transitvisa : Sie setzten jedoch voraus , dass der Antragsteller vorsorgte , um das Land innerhalb einer Frist von 30 Tagen wieder zu verlassen. Nach der Grenzabfertigung leitete die Grenzpolizei eine minutiöse Observierung des Reisenden ein. Registriert wurden die Ankunft im Bestimmungsort , die polizeiliche Meldung dort und die Abreise sowie die Einhaltung der Gültigkeitsfrist.183 Doch die Kontrolle der Ein- und Weiterreise , des Aufenthaltes und des Datums der Abreise bewies den jugoslawischen Behörden , dass manche Sichtvermerksinhaber die Visen dazu benutzten , um in Jugoslawien „unterzutauchen“. Dr. Kurt Mahler ( gebürtig aus Braunschweig , aber in Wien heimatzuständig ) und seine Frau Martha erhielten Visen für Rogaška Slatina und für die Insel Rab. Sie kamen am 8. August 1938 nach Rogaška Slatina und meldeten für 29. Oktober 1938 die Abreise auf die Insel Rab an. Dort kamen sie nie an.184 Das österreichische Ehepaar Dr. Richard und Katharina chen–Bozen , 2004. S. 59–92. Abdruck im 19. Jahresbericht des Bundes-Oberstufenrealgymnasiums mit Gewerbe-BORG 1987 /  88. 182 Am 25. 5. 1944 verstarb Moritz Neumann bei der Deportation nach Nagykanisza ; seine Frau kam während des Transportes nach Auschwitz ums Leben : Hermann KURAHS , Zur Geschichte der Juden in Radkersburg. In : G. LAMPRECHT , Jüdisches Leben in der Steiermark. Marginalisierung – Auslöschung – Annäherung. Schriften des Centrums für Jüdische Studien , Bd. 5. Innsbruck 2004. S. 90 f. 183 Das jüdische Ehepaar Erlich Abraham und Hinda aus Prag reiste mit deutschen Pässen und Visen mit Gültigkeit bis 30. 9. 1938 am 16. 8. 1938 in Maribor ein , wollte in Maribor einige Tage bleiben , dann Zagreb besuchen und schließlich nach Sušak reisen ( was bedeutete , dass sie die Einreise nach Italien bei Fiume /  Rijeka anstrebten ): So wurden die Polizeidienststellen in diesen Orten zur Aufenthaltskontrolle angewiesen. Das Ehepaar war jedoch noch im November 1938 in Jugoslawien nicht mehr „auffindbar“: ARS , KBUDB , Fasz. 33–11 , Zl. 25263. 184 ARS , KBUDB ( AS 067 ), Fasz. 33–11 , Zl. 25357 / 1938.

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Finsterbusch sowie Dr. Justin Finsterbusch , die sich mit Touristenvisa in Rogaška Slatina aufhielten , äußerten Hotelangestellten gegenüber , sie würden lieber Selbstmord begehen , als ins Deutsche Reich zurückzukehren.185 Es sei sehr schwierig zu kontrollieren , ob sich die Inhaber von Visen an die Gültigkeitsdauer und die Bedingungen des Aufenthaltes hielten186, berichtete die Grenzpolizei von Maribor ( Marburg an der Drau ) der Banschaft in Ljubljana und dem Innenministerium. Wegen des Untertauchens österreichischer Juden in Jugoslawien empfahl sie schon im September 1938 die generelle Ablehnung aller Anträge österreichischer Juden auf jugoslawische Tourismusvisen. Nur mehr Transitvisa sollten erteilt werden.187 ( Die österreichischen Juden , die sich mit Transitvisa für Übersee in der Draubanschaft aufhielten , stehen auf Liste Nr. 4.1 – Österreichische Juden in Slowenien Draubanschaft , Flüchtlinge und Fluchtziele ). Als legal eingereiste österreichische Juden offensichtlich untertauchten 188 , wandten die Grenzpolizeidienststellen eine Präventionsmaßnahme an : Sie nahmen den Einreisenden die Pässe ab und leiteten sie an die Polizeidienststellen jenes Grenzüberganges weiter , über den der betreffende Reisende ausreisen wollte oder musste. Damit sollte die Ausreise gewährleistet werden. Der österreichische Rechtsanwalt und nachmalige Romancier Dr. Albert Drach , der am 25. Oktober 1938 bei Maribor ( Marburg an der Drau ) eingereist war , musste seinen Reisepass bei der dortigen Grenzpolizei deponieren. Diese sandte ihn an die Direktion der Stadtpolizei in Zagreb , weil Drach der Polizei in Maribor als Reiseziel Zagreb angegeben hatte. Die Zagreber Polizei wieder leitete ihn nach Split weiter , weil Drach ihr gegenüber als Ort der Ausreise aus Jugoslawien Split nannte. Drach sollte eigentlich in Zagreb interniert werden , da er ohne Reisepass ankam : Alle mit ihm reisenden Inhaber von Pässen mit dem Stempel „ J“ wurden auf dem Zagreber Bahnhof sofort „interniert“; Drach schaffte es , der Polizei zu entkom185 Ebenda , Zl. 27500 / 1938 – Das Ehepaar kam mit einem Reisepass Nr. 13317 und einem jugoslawischen Visum Nr. 28102 vom 6. 7. 1938 , das einen Monat lang gültig war , am 16. 9. 1938 in Rogaška Slatina an. 186 Ebenda , Zl. 24778 / 1938 : Diese Vorkommnisse betrafen die „deutschen Juden“ Viktor Goldberg und Herman Starer : ebenda , Zl. 24779 und Zl. 26239 / 1938. ( Die Heimatzuständigkeit der Genannten ist nicht bekannt. ) 187 Die Draubanschaft ( die Banschaft in Ljubljana ) empfahl die generelle Ablehnung am 12. 9. 1938 : ARS , KBUDV , Fasz. 33–11 , Zl. 26239 ( Aktenzahl der Empfehlung für das königlich-jugoslawische Innenministerium : II–25. 040 /  2 ). Eine analoge Empfehlung der Savebanschaft ( Banschaft Kroatien ) ist nicht dokumentiert ; die Praxis der kroatischen Banschaftsbehörden entsprach dieser Empfehlung aus Ljubljana. 188 Nach dem schon erwähnten Ehepaar Dr. Kurt und Martha Mahler wurde von der Polizei in Jugoslawien vergeblich gefahndet : ARJ , KBUDB , Fasz. 33–11 , Zl. 25357 vom 8. 8. 1938.

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men und nach Split zu reisen. In Split bedurfte es noch des Antichambrierens um Durchreisegenehmigungen , bis ihm seine Bekannten ein Visum für Frankreich beschaffen konnten.189 Kollmann Egon und Elsa , die am 12. November 1938 legal in Maribor einreisten und mit jugoslawischen sowie chinesischen Sichtvermerken in Rogaška Slatina haltmachten , um sich von ihren Verwandten in Zagreb und anderen jugoslawischen Städten zu verabschieden , mussten ihre Reisepässe in Maribor abgeben. In Rakek ( Westslowenien ), an der Grenze zu Italien , erhielten sie die Pässe bei der Ausreise nach Italien wieder ausgefolgt.190 Reisende ohne Reisepass konnten auch nicht in Jugoslawien ein Visum für ein Drittland beantragen. Nach dem Beginn des Krieges , am 21. September 1939 , wies das jugoslawische Innenministerium die Polizeibehörden an , trotz der kriegsbedingt nötigen erhöhten Wachsamkeit gegenüber Ausländern ausländische Reisende in ihrer Bewegungsfreiheit in Jugoslawien nicht einzuschränken und für Ortsveränderungen innerhalb der Banschaft auf die Genehmigungspflicht zu verzichten : Aber – diese Weisung bezog sich „ … ausdrücklich nicht auf ausländische Juden …“191 Besuchsvisen auf Einladung ihrer Verwandten , Freunde oder Familienangehörigen in Jugoslawien erhielten Juden aus Österreich im Jahre 1938 nur mehr in seltenen Ausnahmefällen : Wurden Einreisen zu Besuchen genehmigt , dann für maximal 30 Tage , zumeist kürzer. Die jugoslawischen Behörden kalkulierten damit , dass es in 30 Tagen kaum möglich sein werde , von Jugoslawien aus die Weiterreise in ein Drittland zu erreichen. Fristüberschreitung sollte mit sofortiger Abschiebung bestraft werden.192 Ein Aufenthalt in Jugoslawien konnte nach Meinung der Behörden zur dauernden Niederlassung benutzt werden , was unbedingt zu verhindern war. Interventionen hochrangiger Persönlichkeiten , wie jener des Direktors der Zagreber „Diskontbank d. d.“, Artur Polić , bei Innenminister Dr. Anton Korošec zugunsten von Fritz Lunzer aus Wien ( auf Vermittlung eines Geschäftsfreundes von Artur Polić ) halfen in solchen Einzelfällen. Die Verfolgung der Juden im „Altreich“ und im ehemaligen Österreich galt hinfort zumeist als Grund für die Verweigerung des Sichtvermerkes193 : so , wenn in Österreich oder im Deutschen Reich lebende Söhne und Töchter zu ihren Eltern 189 ARS , KBUDB , Fasz. 33–11 , Zl. A. DRACH , „ ‚ Z. Z.‘ das ist Zwischenzeit“, S. 376. Die Zeit seines Aufenthaltes in Split schildert er als Serie von erotischen Aktionen mit seinen Gastgebern und zufälligen Bekannten in übersteigertem , ironischem „Kanzleideutsch“, das den Juristen Drach verrät. 190 ARS , KBUDB , Fasz. 33–11 , Zl. 26918 / 1938 : Die Reisepässe trugen die Nummern 21957 und 21958 ; ausgestellt wurden sie von der Polizei in Wien am 15. 9. 1938. Die jugoslawischen Sichtvermerke Nr. 20971 und 20972 galten zehn Tage lang. 191 Ebenda , Fasz. 9 , Zl. 29359 vom 19. 10. 1939. 192 Ebenda , Fasz. 4 , Zl. 4478 /  39. 193 Ebenda , Fasz. 26 , 4478 /  39.

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nach Jugoslawien zurückkehrten oder in Jugoslawien verheiratete Kinder die alten Eltern , die ihre Pensionen , Bankkonten und andere soziale Rechte im Reich verloren hatten , zu sich nehmen wollten. Die 62-jährige Wiener Jüdin Agnes Barsis ( W ien VII , Kaiserstraße Nr. 57 / 17 ? ) gab an , ihre Tochter , die sie fünf Jahre lang nicht gesehen habe , besuchen zu wollen. Ihr jugoslawischer Schwiegersohn Eduard Stricker verpflichtete sich der Banschaftsbehörde gegenüber , für alle Kosten aufzukommen. Aber die Zagreber Banschaftsbehörde befürchtete ( im Gutachten vom Jänner 1940 ) „wegen der schwierigen Lebensbedingungen die Absicht zur dauernden Niederlassung in Jugoslawien“. „Wenn die Tochter das Bedürfnis hat , ihre Mutter zu sehen , kann sie zur Mutter nach Wien fahren“, schrieb die Behörde ins Gutachten.195 Anträge von Familienangehörigen der jugoslawischen „Spanienkämpfer“, die im Jahre 1939 in französischen Gefängnissen interniert waren , wurden abgelehnt , weil dies „Kommunisten“ oder „Philokommunisten“ seien.196 Selbst wenn gut situierte und unbescholtene jugoslawische Staatsbürger für die Kostenübernahme und materielle Versorgung der österreichischen Verwandten bürgten , blieben die Behörden bei der Ablehnung.197 Hinter „Verwandtenbesuchen“ vermutete das Banschaftsamt eine Notlage des Besuchenden , deretwegen er dem jugoslawischen Staat zur Last fallen würde198 ; Unternehmer mit Niederlassungen in Jugoslawien – wie Mitglieder der Firma „Kastner & Öhler“ ( Graz– Zagreb ) – wurden als Opfer der „Arisierungen“199 und daher als potenzielle soziale Belastung erkannt ; Arztbesuche200 oder Studieren in Jugoslawien , Pflege beruflicher Kontakte galten als „Verschleierung der Absicht zur längeren Niederlassung in Jugoslawien“ und daher als Versagungsgrund.201 Abgelehnt wurden Anträge auch dann , wenn der Antragsteller angab , selbst genügend Geld mitzubringen , um sich erhalten zu können , sodass er niemandem zur Last fallen werde.202 Ein Ersuchen der jüdischen Gemeinde Zagreb , jüdische Kinder aus dem Reichsprotektorat Böhmen und Mähren im Ferienheim des tschechoslowakischen „Ferialverbandes“ in Crikvenica ( Kuesten194

194 HDA , BH-ODZ , Fasz. 26 , Zl. 1018 /  40. 195 HDA , BH-ODZ , Fasz. 26 , Zl. 977 /  40., Fasz. 30 , 2371 , 2373 , 2381. 196 Ebenda : Fasz. 30 , Zl. 2385–2391 , 2393 , 2395 ; Beispiele : Steiner Doris Johanna aus Wien , für die ihr Verwandter Herbert Spitzer , Zagreb , bürgen wollte : ebenda , Fasz. 8 , 47569 vom 9. 1. 1939 , und Alfred Neumann , für den der Industrielle Aleksandar Samuel aus Zagreb bürgen wollte : ebenda , Zl. 47570 vom 9. 9. 1939. 197 Ebenda , Fasz. 36 , Zl. 25442 /  39 , 3408 /  40 , 8269 /  39. 198 Ebenda , Fasz. 33 , Zl. 2722 /  40 , 2723 /  40 ; Fasz. 15 , Zl. 45082 /  39 , Fasz. 40 , Zl. 4304 /  40 und 4305 /  40. 199 Ebenda , Fasz. 15 , Zl. 4304 /  40 , Fasz. 11 , Zl. 58892 /  39 , 55910 /  39 , 61484 /  39 , 54327 /  39. 200 Ebenda , Fasz. 11 , Zl. 54478 /  39 , 54478 /  39. 201 Ebenda , Fasz. 34 , Zl. 3048 /  40 , 3727 /  38 , 34124 / 1939. 202 Ebenda , Fasz. 33 , Zl. 2723 / 1 940 ; Fasz. 15 , Zl. 45082 /  39 ; Fasz. Zl. 4304 /  40 , Zl. 4305 /  40.

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land ) unterzubringen , schlug das Banschaftsamt mit der Begründung ab , „dass bisher schon zahlreiche jüdische Emigranten in unser Land gekommen sind , und dass auch wir viele einheimische Kinder haben , die soziale und Sachhilfe nötig hätten“.203 Auf Empfehlung der Banschaft Kroatien ließ das Belgrader Innenministerium als Behördenbehelfe Listen all jener jüdischen Sichtvermerkswerber erstellen , deren Anträge auf kurzfristigen Aufenthalt gewährt , jene , die abgewiesen wurden , und der Personen , die von den Grenzbehörden über die Grenze abgeschoben wurden.204 Die Sichtvermerksregelung betraf auch die in Jugoslawien eingebürgerten Ausländer und ihre Familien.205 Ein Gesetz , wonach die seit 1935 in Jugoslawien mit Aufenthaltsgenehmigungen niedergelassenen ausländischen Juden binnen drei Monaten und alle seit 1. Jänner 1919 in Jugoslawien eingebürgerten binnen sechs Monaten das Land zu verlassen hatten , wurde ebenfalls nicht verlautbart und von der jüdischen Zeitung in Belgrad „Židov – Jevrejski glas“ ( „ Der Jude – Die Stimme des Judentums“ ) nicht publiziert. Dies bedeutet jedoch nicht , dass das Gesetz nicht angewendet worden wäre.206 Ing. Hans Frankl ( geb. 1900 in Wien ), der am 14. Oktober 1937 als Experte für Zelluloseverarbeitung in der Zagreber Papierfabrik AG ( Zagrebačka dionička tvornica papira ) eingestellt wurde , erhielt auf seinen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltsvisums und der Arbeitsgenehmigung am 3. Oktober 1938 einen Ablehnungsbescheid. Die Ablehnung konnte ihm nicht selbst ausgehändigt werden , weil er untergetaucht war. Am 27. Oktober 1938 schrieb die Polizei die Fahndung nach ihm aus.207 Die Beschäftigung ausländischer Juden in jugoslawischen Firmen bot den Behörden Grund , „wegen der zahlreich verfügbaren gut ausgebildeten Jugendlichen ( … )“ ihren Weiterverbleib in Jugoslawien als „unnötig“ zu erachten.208 Gruppenevakuierungen von Juden aus Ländern , die nach der Annexion Österreichs ebenfalls von Hitlerdeutschland bedroht wurden – wie aus der Tschechoslowakei –, wurden ab 1938 nur mehr mit Sammelpässen zugelassen , um das Abspringen auf jugos­ lawischem Territorium zu verhindern : Der tschechische Reiseveranstalter „ČEDOK“, Prag , führte solche Transporte im Transit über Ungarn und durch Jugoslawien entweder in den jugoslawischen Hafen Sušak oder nach Rijeka. Die Transporte durften erst dann Einreisegenehmigungen für Jugoslawien erhalten , wenn die Hafenbehörden 203 Ebenda , Fasz. 39 , Zl. Nr. 3670 /  40  – Empfehlung der Banschaftsverwaltung vom 20. 12. 1939. Ablehnung durch das Innenministerium : 29. 1. 1940. 204 Ebenda , Fasz. 36 , Zl. 3381 /  40. 205 Ebenda , Fasz. 36 , Zl. 3419 /  40. 206 Dies vermutet wegen der Nichtverlautbarung und Nichtveröffentlichung in „Židov – Jevrejski glas“ Harriet P. FREIDENREICH ; The Jews of Yugoslavia. A quest for community. Philadelphia 1979 , 188. 207 HDA , BH-ODZ , Fasz. 9 , Zl. 52522 – Ablehnungsbescheid vom 3. 10. 1938 , Fahndungs­ liste Nr. 50 / 1938 vom 27. 10. 1938. 208 Ebenda , Fasz. 36 , Zl. 3419 /  40 , 38634 /  39 und 21145 /  39.

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dem jugoslawischen Innenministerium die bereitstehenden Schiffe notifizierten , um zu verhindern , dass sich die Flüchtlinge im Hafen aufhielten und untertauchten.209 In der Abwehrhaltung gegenüber jüdischen Flüchtlingen wusste sich Jugoslawien mit anderen traditionellen Aufnahmeländern einig : Sie führten sukzessive die Sichtvermerkspflicht nur für Juden aus dem Deutschen Reich sowie strenge Grenzkont­ rollen , die Eintragung von Rückreisevermerken ( „ refoulé“ ) in die Reisepässe und die Zurückweisungs- sowie Abschiebepraxis ein. Die Suche nach einer dauerhaften und sicheren Methode , den Zustrom der jüdischen Flüchtlinge aus dem Reich in engen Grenzen zu halten , gipfelte in der Einführung des »J«-Stempels in deutsche Reisepässe jüdischer Inhaber , damit auch in österreichische und in jene von Juden aus dem Sudetenland.210 Der jugoslawische Ministerpräsident Milan Stojadinović rechtfertigte die Einführung der Sichtvermerkspflicht für jüdische Immigranten damit , dass Jugoslawien seit 1933 zu den Ländern gehöre , die am meisten jüdische Immigranten aufgenommen haben , sodass es mit ihrer Versorgung 1938 an die Grenzen seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten gestoßen sei.211 Doch diese Behauptung entspricht nicht der Wahrheit : Es gibt keine Quellen darüber , dass der jugoslawische Staat die Versorgung der Flüchtlinge wenigstens zum Teil mitfinanziert hätte : Der Bund der Jüdischen Gemeinden Jugoslawiens organisierte diese : Im Jahre 1933 führte er für seine Mitglieder eine zusätzliche „Gemeindesteuer“ ( auch „Sozialsteuer“ genannt ) ein.212 Joint , HICEM213 , die jüdische Loge B’nai B’rith 214 , die jugoslawische Sektion der Internationalen Zionistischen Frauenorganisation ( Women’s International Zionistic Organization , WIZO ), die ein Büro in Zagreb unterhielt 215, und die 1935 gegründete Frauenorganisation zur Unterstützung der Flüchtlinge ( Udruženje žena za pomoć izbjeglicama )216 leisteten Zuschüsse zur „Sozialsteuer“. 209 Ebenda , Fasz. 53 , Zl. 13104 /  40. 210 Die Schweiz führte schon am 28. 3. 1938 die Sichtvermerkspflicht für Juden aus dem Deutschen Reich in seinen damaligen Grenzen ein und erweiterte sie im August 1938 für Juden aus der Tschechoslowakei : www.akdh.ch /  ps /  uek.pdf , 58 , 75 f. 211 M. RISTOVIĆ , U potrazi. S. 40. 212 M. RISTOVIĆ , ebenda , S. 26–28. 213 Ženi LEBL , Tragedija Transporta Kladovo-Šabac Odbor za pomoć emigrantima. In : Kladovo transport , S. 103. 214 In Zagreb entstand eine Loge der jüdischen humanitären Organisation B’nai B’rith 1926 : Über :  – Židovska općina Zagreb ( J üdische Gemeinde Zagreb ) , www.zoz. hr /  home.php ?content=content & term=220 & key =219 & key1=220. 215 K. VOIGT ; Joškos Kinder. S. 22. 216 K. BÖCKH , Jugoslawien. In : Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933–1945. Hrsg. v. Claus-Dieter KROHN u. a. Darmstadt … Sp. 279–284 , hier : 282 ; I. GOLDSTEIN , Židovi u Zagrebu 1918–1941. S. 459–460. M. KOLJANIN , Jevreji i antisemitizam. S. 471.

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Auch der Erzbischof von Zagreb , Dr. Alojzije Stepinac217 , reagierte auf die nach dem deutschen Einmarsch in Österreich zu erwartende Flüchtlingswelle. Er richtete auf dem Zagreber Hauptbahnhof eine Aufnahmestelle ein , die Flüchtlingen materiell und mit Sachspenden half , Quartiere vermittelte und sich um Aufenthaltsgenehmigungen bemühte. Damit reagierte Erzbischof Stepinac auf die politische Entwicklung noch vor dem Appell des Staatssekretärs des Heiligen Stuhles , Eugenio Pacelli , nachmals Papst Pius XII. , an die Bischöfe in der freien Welt , lokale Hilfskomitees für nichtarische Katholiken zu bilden oder mit solchen zusammenzuarbeiten , um den Flüchtlingen materielle Hilfe , Unterkunft und Vermittlung zum Erhalt von Aufenthaltsgenehmigungen zu erwirken.218 Der Biograf und persönliche Sekretär des Zagreber Erzbischofs , Pater Aleksa Benigar OFM , überlieferte die nicht schriftlich festgehaltenen Vermittlungsbemühungen von Mitarbeitern des Erzbischofs bei Ban-

217 Dr. Alojzije Stepinac ( 1898–1960 ), Erzbischof von Zagreb 1937–1960. Ab 1947 konnte er dieses Amt nicht mehr ausüben , da ihn das kommunistische Gericht wegen „Zusammenarbeit mit den Besatzungsmächten und den einheimischen Helfern“ zu 16 Jahren Gefängnis mit Zwangsarbeit verurteilt hatte , die Strafe aber nach Verbüßung von acht Jahren ( auf internationalen Druck hin ) in lebenslangen Hausarrest umgewandelt hatte. Sein Sekretär , der Franziskaner P. Aleksa BENIGAR , veröffentlichte 1978 in Rom die erste Biografie mit wissenschaftlichem Anspruch : Aleksa BENIGAR ; Alojzije Stepinac. Hrvatski kardinal. 2 Zagreb 1993 ( mit weiterführender Literatur ). Die Biografie konzentriert sich ganz auf die Wahrnehmung der bischöflichen Funktionen und auf die pastorale Tätigkeit des Erzbischofs : Diese betrachtete er als seine erste und wichtigste Pflicht – aber die Umstände zwangen ihn , auch als Kirchenpolitiker und Politiker zu denken und zu handeln. Diesen Aspekt konnte der Biograf nicht in der wünschenswerten Ausführlichkeit schildern. Benigar lässt auch bei manchen seiner Behauptungen Herkunftsnachweise vermissen. Er dürfte aus eigenen Erinnerungen geschöpft und diese mit den Quellenbefunden verwoben haben : Die Biografie konnte erst nach dem Fall des Kommunismus , 1993 , in Zagreb erscheinen , denn für die kroatischen Kommunisten war und blieb Erzbischof Stepinac ein „Kleronationalist“ und „Quisling“. 218 Diese Note des Vatikanischen Staatssekretariates vom 9. 1. 1939 , Sign. NAZ 183. Pr / 1 939 , findet sich im Archiv der Erzdiözese Zagreb ( A rhiv Nadbiskupije zagrebačke ). Archivdirektor Prof. Dr. Stjepan RAZUM stellte ( per Mail vom 24. 2. 2009 ) die Kopie der Autorin zur Verfügung , wofür ihm hiermit gedankt wird. – Das Archiv der Erzdiözese Zagreb enthält lt. Register der Präsidialakten ( Registar presidijalnih spisa ) 1937–1942 zum Begriff „Emigranti“ die Dokumente NAZ 82 und 183 aus 1938 sowie Nr. 183. Pr / 1939. Titel : Izvještaj o djelatnosti akcije za pripomoć emigrantima od 31. 12. 1938 do 15. 4. 1939 ( Bericht über Hilfsaktionen für Emigranten vom 31. 12. 1938 do 15. 4. 1939 ). In dieser Hilfstelle sprach auch der ehemalige Justizminister des Kabinetts Schuschnigg , Josef Gerö , vor , der nach seiner Entlassung aus dem KZ Buchenwald gemeinsam mit Mitarbeitern über Zagreb in seine Geburtsstadt Subotica flüchtete : HDA , Archiv Helm , Fasz. 39.

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ken und bekannten Bankiers , Polizeidienststellen und bei den Konsulaten Italiens , Frankreichs , der Schweiz und Portugals um Einreisevisen.219 In dieser Hilfsstelle fanden auch Flüchtlinge aus Österreich Beschäftigung. Sie nutzten diese Tätigkeit , um anderen jüdischen Flüchtlingen Aufenthaltsgenehmigungen zu beschaffen oder Kontakte zu Kommunisten zu pflegen. Dr. Georg Nussbaum ( geb. 1912 in Wien , staatenlos , katholisch seit Geburt , seiner Abstammung nach Jude ), der von Gestapo-Agenten in Zagreb beschattet wurde , weil er die Tochter eines ehemaligen führenden Mitglieds der ungarischen Räterepublik geheiratet hatte , betätigte sich in dieser Hilfstelle.220 Die katholische Kirche in Slowenien und Kroatien , den am meisten von der Immigration betroffenen Regionen , hielt sich an die Linie , die der Kardinalstaatssekretär und ( seit 1939 Papst Pius XII. ) vorgab : diskrete Hilfe statt lauter Proteste , die seiner Meinung nach die nationalsozialistischen Stellen herausforderten und die Lage der Juden noch verschlimmerten.

1.3 Folgen der Sichtvermerksregelung 1.3.1 Illegale Immigration Schon seit den ersten Tagen nach dem deutschen Einmarsch in Österreich , als Jugos­ lawien die Grenzen für Reisende aus Österreich vorübergehend schloss221 , riskierten Fluchtwillige den Weg über die „Grüne Grenze“ in der südlichen Steiermark. Zwischen April 1938 und Februar 1941 war die gewaltsame Vertreibung und Ausschaffung von Jüdinnen und Juden aus Österreich die „gängigste“ Methode , die Ostmark von jenen Juden zu „säubern“, die sich nicht von selbst zum Verlassen Österreichs entschlossen. Nicht in jedem Fall erhielten Auszusiedelnde Reisepässe ; noch weniger 219 Aleksa BENIGAR , Alojzije Stepinac. Hrvatski kardinal ( Alojzije Stepinac. Der kroatische Kardinal. 1. Auflage Rom 1974 ).2 Zagreb , 1993 , S. 365 : Einer der damit befassten Mitarbeiter von Erzbischof Stepinac war der nachmalige Kurienkardinal und Präfekt der Glaubenskongregation Kardinal Dr. Franjo Šeper ( ein Quellenbeleg fehlt ). 220 HDA , Archiv Helm : Fasz. 18 , Zl. 86 ( Akt : Dr. Georg Nussbaum ) und Fasz. 19 , Zl. 19 ( Akt : E. Rosen , Schwager von Dr. Nussbaum ). Dr. Georg Nussbaum , der sich mit Sprachunterricht den Lebensunterhalt verdiente , wurde von einer Schülerin denunziert , Kontakte zu Kommunisten zu unterhalten und Medikamente für die Partisanen zu organisieren : Zu diesen Aktionen ebenda , Fasz. 31 , Zl. 153 ( Dr. Alexander Florić ). Dr. Alexander Florić , ebenfalls in Wien geboren , aber in Novi Sad aufgewachsen , wurde 1941 im Zuge einer Geiselnahme verhaftet und 1943 als Geisel erschossen : ebenda. 221 Bericht des Reporters der Zagreber Tageszeitung „ Jutarnji list“ vom 14. 3. 1938. Jg. ­ XVII , Nr. 9385. Ebenso der Bericht des Reporters von „Hrvatski list“, Osijek , 18. 3. 1938. X NSK Zagreb , Signatur bf. 84. 088. G. E. R. Geyde , Raub , Mord , Erniedrigung. In : Th. CHORHERR , 1938 – Anatomie eines Untergangs , S. 217–220.

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hatten sie Zeit , sich um jugoslawische Visa zu bemühen. Jene , die schon Ablehnungsbescheide für ihre Sichtvermerksanträge in Händen hielten , und andere , die von vornherein nicht die Zeit hatten , ein jugoslawisches Visum zu beantragen oder die die Voraussetzungen nicht erfüllten , riskierten den Weg über die „Grüne Grenze“ oder die Einreise über internationale Grenzübergänge ohne Dokumente : Schlepper halfen dabei – auch bei der Beschaffung gefälschter Papiere. Illegale Grenzüberschreitung und ihre Folgen – Menschenschmuggel ( in dessen Folge auch Dokumentenfälschung auftritt ), „Verhinderung von Amtshandlungen“ und „Scheinehen“ ( Eheschließungen nur zum Zweck der Erlangung der jugoslawischen Staatsbürgerschaft ) – traten als Folgen auf , je restriktiver Jugoslawien seine Immigrationspolitik zwischen 1938 und 1941 gestaltete , je weniger es auf die Entwicklung im ehemaligen Österreich und in seinen Nachbarländern Rücksicht nahm.222 „Die deutschen Behörden verfolgen die Juden brutal ; diese scheuen daher keine Mühe und wenden alle dieser Rasse eigene Raffinesse auf , um aus dem Deutschen Reich fortzukommen“, berichtete die Grenzpolizei der Banschaft in Ljubljana223 : Die Grenzpolizei hatte Kenntnis , dass im Jahre 1939 die nationalsozialistischen Behörden in Österreich aus Jugoslawien Repatriierte nach Polen deportierten.224 Von Mitte September bis 6. Oktober 1939 zählten die jugoslawischen Behörden 114 deutsche Juden , die versuchten , über Spielfeld /  Straß die „Grüne Grenze“ nach Jugoslawien zu gelangen. Am Grenzübergang Murska Sobota wurden von Juli bis November 62 Familienoberhäupter beim illegalen Grenzübertritt gefasst.225 Zwischen dem 9. und 14. Dezember 1939 verhaftete die Polizei in Zagreb ungarische , slowakische , polnische226 , tschechische227 und österreichische Juden228 wegen unerlaubten Grenzübertritts und illegalen Aufenthaltes. Die Banschaftsverwaltung Laibach stellte im Ermittlungsprotokoll fest , dass die Flüchtlinge die Lebensbedingungen für Juden 222 HDA , BH-ODZ , Fasz. 49 , Zl. 48986 vom 17. 11. 1939 – acht jüdische „Illegale“ ( ohne Namensnennung ). 223 Ebenda , Fasz. 40 , Zl. 741 / 1940 – Bericht der Grenzpolizei Maribor an die Banschaft ; der Ban informierte davon am 20. 1. 1940 das Innenministerium. 224 HDA , BH-ODZ , Fasz. 11 , 44046 / 1939. 225 Ebenda , Fasz. 11 , Zl. 57082 /  39 , 57588 /  39. 226 Ebenda , Fasz. 34 , Zl. 2867 / 1940 ; Fasz. 42 , Zl. 3014 / 1940 : Nichtjüdische Polen wurden mit Unterstützung des polnischen Konsulates in Belgrad nach Rumänien verbracht , wo sie von französischen Truppen übernommen wurden. In Zagreb sorgte das polnische Konsulat für die Ausreise mit Schiffen nach Marseille , wenn sie die Absicht hatten , sich den polnischen Legionen in Westeuropa anzuschließen. Fasz. 36 , Zl. 3303  /  40 ; 3309  /  40 ; Fasz. 37 , Zl. 3464  /  40 , 3499  /  40 ; 3500  /  40 ; 3503  /  40 ; 3505  /  40 ; 3506 /  40 ; 3508 /  40. 227 Ebenda , Fasz. 40 , Zl. 3882 /  40 und 42 / 19. 228 Ebenda , Fasz. 11 , Zl. 59999 / 1940 und Fasz. 16 , Zl. 349 / 1940.

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im Deutschen Reich unerträglich fänden.229 „( … ) neben Juden aus Österreich und dem Reich ( werden ) polnische und slowakische Juden in so großer Zahl in unser Land geschmuggelt , dass wir zwangsläufig auf den Gedanken kommen , was wohl aus uns werden wird , wenn alle Juden , [ … ] aus dem Protektorat und Reich zu uns flüchten.“230

1.3.2 Menschenschmuggel

Die Grenzregion bei Spielfeld /  S traß und in der Südweststeiermark wurde von den meisten Flüchtlingen als Ausgangsort für die Grenzüberschreitung gewählt : In der südlichen Steiermark , im Grenzbereich von Eibiswald , Ehrenhausen , Lang­ egg , Leutschach , Spielfeld  /  Straß231 , ebenso wie im südlichen Burgenland , an den Grenzübergängen des Bezirkes Jennersdorf , sammelten sich Fluchtwillige , die mit dem Zug , einzeln oder in Gruppen , ankamen und von dort aus zu Fuß den Weg über die österreichisch-jugoslawische Grenze antraten. Die Kommandanten der Grenzdienststellen gaben zu , dass sie der illegalen Immigranten nicht Herr würden : Schuld deran sei das Schlepperwesen , das diesseits und jenseits der Grenzübergänge zwischen Österreich und Jugoslawien sowie zwischen Ungarn und Jugoslawien traditionell verwurzelt sei. Seit 1918 schmuggle die Bevölkerung Waren , aber auch Menschen von hüben nach drüben und verdiene sich damit ein Zubrot ; die schlecht bezahlten Grenzbeamten profitierten davon.232 Auf illegale Einreise nach Jugoslawien stand gemäß Artikel 180 des jugolawischen Einwanderungs- und Aufenthaltsgesetzes aus dem Jahre 1920 , das sich auf das kaiserliche Dekret Nr. 198 ex 1857 stützte , eine Gefängnisstrafe bis zu sechs Monate. Die jugoslawischen Behörden reagierten auf die Zunahme der illegalen Immigrationen so , wie es in den Weisungen für die Banschaftsbehörden stand : mit Zurückweisung an der Grenze – für die es nur wenige Belege gibt : Am 7. März 1941 entdeckte die jugoslawische Grenzpolizei in Šentilj ( bei Spielfeld /  S traß ) die aus Klingental bei Aussig stammende Mittelschülerin Christina ( Kristina ) Stallberg ( geb. am 11. Mai 1924 ) und den aus Aussig stammenden Handelsgehilfen Erhard Herz ( geb. am 27. Juli 1923 in Karbitz bei Aussig ) beim illegalen Grenzübertritt und schickten sie umgehend auf österreichisches Territorium zurück.233 Auf ungarisches 229 HDA , BH-ODZ , Fasz. 40 , Zl. 741 /  40 Bericht der Banschaftsverwaltung aus Laibach /  Ljubljana an das Belgrader Innenministerium , 20. 1. 1940. „Illegale Einwanderung der Juden“. 230 Ebenda , Fasz. 32 , Zl. Nr. 2592 /  40. Die Zahl der polnischen Flüchtlinge betrug an nur einem Tag ( 20. 4. 1942 ) bei Terezin 400 ; weitere warteten auf der ungarischen Seite. 231 HDA , BH-ODZ , Fasz. 49 , Zl. 8872 vom 25. 4. 1940. 232 Bürgermeister Martin Wratschko , Ehrenhausen , und Stadthistoriker Mag. Peter Stauder : gde @ ehrenhausen.steiermark.at. 233 ARS , KBUDB ( AS 068 ), Fasz. 33–18 , Zl. 9463 vom 7. 3. 1941 ; ebenso wurden Leander

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Territorium wurden am 17. 2. 1941 Weimer Josef , seine Frau Etelka und sein einjähriges Kind aus Wien mit zwei jüdischen Familien aus Polen zurückgeschickt.234 Abschiebungen sind hingegen dokumentiert – wenn sie auch fernab der Öffentlichkeit verliefen und von der Presse offensichtlich nicht wahrgenommen , jedenfalls nicht als Problem erkannt wurden. Die beiden Grazerinnen , ihrer Herkunft nach polnische Jüdinnen und staatenlos – Schnee Beile ( geb. 10. August 1888 in Stanislav , Polen ) und Schnee Helene ( geb. am 19. Dezember 1918 in Graz ) –, waren mit Nansen-Pässen für Staatenlose am 18. November 1938 in Maribor an der Einreise nach Jugoslawien gehindert und in Schubhaft genommen worden. Beide widersetzten sich der Abschiebung tätlich. Die Beamten verfrachteten sie in den Zug ; da fiel Beile in Ohnmacht. Der deutsche Grenzpolizist weigerte sich , die beiden Frauen zu übernehmen ; der slowenische Amtsarzt attestierte beiden schwere Depressionen und Angstzustände. Sie wurden in der Schubhaft in Maribor so lange verarztet , bis ein erneuter Versuch , sie auf österreichisches Gebiet zurückzuschaffen , gelang.235 Am 24. März 1941 wurden mit dem „Zug Nr. 615“ ( Maribor–Dravograd /  Unterdrauburg ) österreichische und deutsche Juden aus dem Reichsprotektorat Böhmen und Mähren sowie aus der Slowakei über die Grenze verbracht und den nationalsozialistischen Behörden in Österreich übergeben , die die Entgegennahme auch schriftlich bestätigten. Fuchs Ernst ( geb. 13. Juli 1888 in Trebič , zuständig in Wien , Handelsvertreter ) mit seiner Frau Adriana ( geb. Schütz , geb. 1904 in Mürzzuschlag , zuständig in Wien ); Edmund Politzer ( auch „Pollitzer , geb. 11. August 1892 in Wien , dort zuständig ; Kaufmann ); Popper Erwin ( geb. 3. September 1900 in Wien , Elektriker dortselbst ); seine Frau Josefine Popper ( geb. Langecker , geb. 21. Juni 1908 in Wien , dort zuständig ); Riegler Leo ( geb. 28. November 1923 in Lackenbach , Zimmermaler ); Schischa Benedikt ( geb. 24. 2. 1883 in Wien , Dentist ); Josephovits Tobias Bela ( geb. 1881 in Kaschau , zuständig in Wien , Redakteur ); Goldstein Moritz ( geb. 3. Oktober 1921 in Wien , Mechaniker dortselbst ); Neumann Richard Rudolf ( geb. 28. Juli 1895 in Budapest , zuständig in Wien , Lehrer )236

Nifteri und Heppener Jakob am 9. 1. 1941 bei Šentilj im kurzen Weg über die Grenze zurückgeschickt : ebenda , Zl. 1552. 234 Ebenda , Zl. 7329 / 1941. 235 ARS , KBUDB , Fasz. 33–11 , Zl. 34557 / 1938 vom 23. 11. 1938. 236 ARS , KBUDV ( AS 068 ), Fasz. 33–18 , Zl. 12270 / 1941 : Die Gruppe bestand aus insgesamt 22 Personen.

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Am 18. 2. 1941 wurde das Ehepaar Israel und Olga Schächter beim illegalen Grenzübergang bei Dravograd ( Unterdrauburg ) gefasst und nach einer viertägigen Schubhaft dort wieder über die Grenze geschickt.237 Die Strafandrohung traf auch die Schlepper.238 Hatten die Migranten jedoch den Grenzbezirk verlassen , konnten sie bis zum Ausbruch des Krieges ( S eptember 1939 ) vor der Entdeckung und damit vor der Verhaftung und Abschiebung sicher sein : Straßenkontrollen außerhalb des Grenzbereiches wurden erst am 16. September 1939 eingeführt.239 Diese Strafmaßnahme werde jedoch kaum jemals angewendet , kritisierte das Banschaftsamt für Staatssicherheit in einem Bericht an das Innenministerium über die Zustände an der deutsch /  österreichisch-jugoslawischen Grenze.240 Die Zurückweisungen von Flüchtlingen an den Grenzen und die Abschiebungen blieben innerhalb der jugoslawischen Ministerien nicht unumstritten : Die Tourismussektion im Ministerium für Handel und Bergbau fürchtete um den Ruf Jugoslawiens im neutralen Ausland , die Kürzung der finanziellen Subventionen internationaler jüdischer Organisationen für Flüchtlingsbetreung und einen Einbruch der Gästezahlen aus Ungarn , der Schweiz und der Türkei sowie aus Palästina241 , weil von dort jüdische Emigranten nach Jugoslawien kamen , um ihre nach Jugoslawien geflüchteten Angehörigen zu besuchen. Das Ministerium forderte Bedachtnahme auf die Tatsache , dass die Tourismuszentren , die Kurorte und die Heilbäder in Slowenien ( Draubanschaft ), die Sommerfrischen an der Adria durch das Ausbleiben noch immer zahlungskräftiger jüdischer Kundschaft , vor allem aus Ungarn242, geschädigt würden.243 Es gab allerdings auch Proteste der Hoteliersvereinigung der Draubanschaft ( Slowenien ) gegen Erleichterungen bei der Sichtvermerkspflicht für Juden , weil die Hotels fürchteten , dass Gäste aus dem Deutschen Reich in den slowenischen Touristenzentren sich durch die Anwesenheit von Juden „belästigt“ fühlen könnten 237 Ebenda , Zl. 5669 / 1941 vom 19. 2. 1941. 238 Jugoslawisches Gesetz Nr. 198 , 1920 /  21 , Art. 180 ; kaiserliches Dekret 1857. Arhiv Repub­ like Slovenije ( ARS ), Uradni list Kraljevine SHS 1920 / 1921. 239 HDA , BH-ODZ , Fasz. 7 , Zl. 44785 /  39 – Runderlass an alle Polizeidienststellen vom 20. 9. 1939 und Fasz. 52 , Zl. 12802. 240 HDA , BH-ODZ , Fasz. 11 , Zl. 57082 : Bericht des Amtes für Staatssicherheit der Banschaft Kroatien an die Polizeidirektion Zagreb vom 2. 12. 1939 und an die Banschaftsverwaltung der Draubanschaft , Ljubljana : Runderlass an alle Polizeidienststellen , Zl. 57588-I-Pov-DZ–1939 ; ebenso Fasz. 11 , Zl. 59999 , Pov. Nr. 44046 / 1939. 241 M. RISTOVIĆ ; U potrazi , 49. 242 M. RISTOVIĆ , Turisti pod sumnjom : In : „Kladovo-Transport“. 174. – M. RISTOVIĆ , U potrazi. 48. In der Sommersaison 1938 weilten allein in Bled /  Veldes 1. 600 Gäste aus Ungarn , mehrheitlich Juden ( Information der „Združenja gostinskih podjetnikov na Bledu“ ( „ Hoteliersvereinigung Bled“ ). 243 M. RISTOVIĆ , Turisti pod sumnjom. 180–183.

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oder dass jüdische und deutsche Gäste einander provozieren und Juden ihren Ressentiments freien Lauf lassen könnten. Das Innenministerium beharrte jedoch auf der 1937 / 1938 erlassenen Regelung und machte geltend , dass jüdische Immigranten aus Staaten mit Rassegesetzgebung ohnehin einreisen dürften , wenn sie eine Rückkehrgenehmigung ihres Heimatstaates vorweisen könnten.244 Die Zunahme der illegalen Grenzüberschreitungen schrieb die Polizei der Banschaft Kroatien der Tätigkeit kommunistischer Organisationen in den Herkunftsländern der ausländischen Juden zu , die ihre Parteimitglieder nach Jugoslawien einschleusten.245 Das Amt für Staatssicherheit in Zagreb schätzte , dass die 1939 etwa 3. 000 illegal in Zagreb lebenden ausländischen Juden mehrheitlich dank kommunistischer Vermittlung den Grenzübertritt geschafft hätten : „Dies sind Personen , die sich in marxistischen Organisationen im Reich und im Protektorat betätigt hatten … ( und ) Juden , die auch hier als richtige Kommunisten bekannt sind.“ 246 Doch die Infiltration aus dem Ausland war eine Phobie der Behörden : Die Kommunistische Partei Jugoslawiens ( KPJ , die seit 1920 verboten war und im Untergrund agierte ) konnte wegen der intensiven polizeilichen Verfolgung wenig Auslandskontakte pflegen.247 Die Zagreber Polizei ließ auch das HICEM-Büro und das Büro der jüdischen Frauenorganisation Zagreb ( WZO ) beschatten und erfuhr , dass sich diese Organisationen regelmäßig gewerbsmäßiger Fluchthelfer bedienten , um möglichst viele über Österreich und Ungarn flüchtende Jüdinnen und Juden nach Jugoslawien zu bringen.248 Dass auch die nationalsozialistischen Behörden Juden mithilfe von Schleppern außer Landes brachten , erfuhr die Grenzpolizei in Maribor von ihren Agenten , die Reisende mit häufigen Einreisen nach Jugoslawien observierten. Über einen als Agenten tätigen Mitarbeiter der deutschsprachigen Presse in der Draubanschaft ( S lowenien ), Josip Godec , kam die Polizei auf die Spur eines Grazer Schleppers , Joseph Schleich. Joseph Schleichs Tätigkeit und Biografie wurden in Österreich durch zwei Persönlichkeiten bekannt : Der überlebende ehemalige Flüchtling und nachmalige is244 M. RISTOVIĆ , U potrazi. 49. 245 HDA,  BH-ODZ , Fasz. 57 , Zl. 17490 /  40. 246 HDA Zagreb , BH-ODZ , Zl. 19748 /  40 vom 20. 4. 1940. 247 Erst am Tag des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion traten sie aus der Illegalität heraus und riefen das ganze jugoslawische Volk zum Kampf gegen die Besatzungsmächte auf : Petar MORAČA – Dušan BILANDŽIĆ – Milan STOJANOVIĆ , Istorija Saveza komunista ( Geschichte des Bundes der Kommunisten ). Beograd 1980 , S. 105. Zeitzeugenbericht von Slavko GOLDSTEIN , 1941 : Godina koja se vraća ( 1941 : Das Jahr , das sich wiederholt ). 2Zagreb 2007 , S. 197. 248 Ebenda , Fasz. 11 , Zl. 59999 /  39 ; Fasz. 40 , Zl. 11154 /  39 ; Fasz , 49 , Zl. 8870 /  40 ; Fasz. 51 , Zl. 12798 /  39 ; Fasz. 53 , Zl. 14298 /  40.

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raelische General , Robert R. Weiss , Sohn eines Textilhändlers aus der Wiener Porzellangasse , setzte sich zeitlebens ( aber vergeblich ) für die posthume Ehrung Joseph Schleichs als „Gerechter unter den Völkern“ ein , weil Schleich ihn selbst , seine Mutter , seine Tante und seinen Cousin im Februar 1941 über die „Grüne Grenze“ nach Jugoslawien brachte. Robert Weiss war überzeugt , dass Joseph Schleich gemeinsam mit dem Organisator der österreichischen Jugend-Alyah , Aaron Menczer249, 150 elternlose jüdische Kinder auf diese Weise gerettet habe. Er gab an , insgesamt 205 jüdische Kinder und 27 Erwachsene zu kennen , denen Schleich gegen den Betrag von 600 Reichsmark die Flucht über die steirisch-jugoslawische Grenze ermöglicht habe.250 Der zweite Forscher , der die Biografie von Joseph Schleich rekonstruierte , ist der ehemalige Direktor des Steiermärkischen Landesarchivs in Graz , Walter F. Brunner. Er fand im Steiermärkischen Landesarchiv Graz einen Strafakt des Grazer Landesgerichtes aus dem Zeitraum 1940–1942–1946–1948 betreffend „Schleich – Menschenschmuggel“.251 Dieser Akt belegt , dass sich Joseph Schleich für die „Säuberung“ der „Ostmark“ von den Juden von den nationalsozialistischen Behörden in Österreich in Dienst nehmen ließ – dass er aber auf diese Weise einer nicht zu präzisierenden Zahl von österreichischen Juden das Leben gerettet haben dürfte. Demnach war Joseph Schleich ( geb. 1902 in Graz ) zwischen 1922 und 1938 als Schmuggler von landwirtschaftlichen Produkten aus Slowenien und von Sacharin , Feuerstein und anderen Mangelwaren nach Jugoslawien tätig , wurde dafür auch wiederholt gerichtlich verurteilt. Als ab 1933 aus dem Deutschen Reich Juden über Österreich und Jugoslawien emigrierten , nahm Schleich Kontakt zu jüdischen Organisationen im Deutschen Reich auf , und empfahl sich als Wegführer über die österreichisch-jugoslawische Grenze hinweg. Er richtete auch das Grazer Haus seiner Mutter in der Münzgrabenstraße , wo Mutter und Großmutter eine Geflügelzucht unterhielten , als „Lehrkibbuz“ ein , erhielt dafür von der jüdischen Gemeinde in Graz den Status eines „Stadtkibbuz“ ( wie sie mehrere jüdische Gewerbetreibende 249 Das Porträt-Foto von Robert R. Weiss findet sich bei Ch. KÖSTNER /  K. VOIGT , Österreichisches Exil in Italien , nach S. 324. 250 Die Autorin erhielt von Robert R. Weiss eine CD mit dem Protokoll seiner gelungenen Grenzüberschreitung nach Jugoslawien mithilfe von Joseph Schleich , wofür Robert R. Weiss hiermit gedankt werden soll. 251 BRUNNER Walter F. /  Joseph Schleich – Fluchthelfer , Menschenfreund oder Opportunist und Nutznießer fremder Not ? Vortrag vor der Historischen Gesellschaft Steiermark ( Manuskript o. J. ). Die Autorin dankt Walter F. Brunner , der ihr 2009 das Manuskript zur Verfügung gestellt hat. Die Biografie von Joseph Schleich soll von der Historischen Landeskommission für die Steiermark veröffentlicht werden. Zur Person von Joseph Schleich siehe auch Herbert BLATNIK , Zeitzeugen erinnern sich an die Jahre 1938–1945 in der Südweststeiermark. Eibiswald , 2000 , S. 22. ( Hierbei handelt es sich um ein Faksimile der handschriftlichen Ortschronik der südweststeirischen Gemeinde Eibiswald. )

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in Graz ebenfalls unterhielten )252 und nahm dort Juden aus dem Deutschen Reich zur landwirtschaftlichen „Ausbildung“ auf , die von manchen diplomatischen Vertretungsbehörden sogar als Qualifikation anerkannt wurde. Im Jahre 1938 fand diese Tätigkeit ein Ende. Schleich kam jedoch dank der Vermittlung seines Grazer Zahnarztes Alexander Klein , des damaligen Präsidenten der jüdischen Gemeinde in Graz , in Kontakt zu den Organisatoren der Jugend-Alyah in Berlin , Recha Freier253 und zum Wiener Aaron Menczer sowie zu jüdischen Verbänden , die für konfessionslose Juden die Emigration organisierten. Diese Kontakte führten Schleich zur „Zent­ ralstelle für jüdische Auswanderung“ im Wiener Palais Rothschild. Diese nahm seine Dienste als erfahrener Schmuggler in Anspruch , um die von den nationalsozialistischen Behörden praktizierte erzwungene Ausweisung oder Abschiebung von Juden über die Grenze zu kontrollieren , an den Einkünften der gewerbsmäßigen Schlepper finanziell zu partizipieren und zu beobachten , wer wohin flüchtete , mit welchem Ziel , mit welchem Gepäck , vor allem mit welchen nicht deklarierten Vermögenswerten.254 Aus dem von Walter F. Brunner ausgewerteten Strafakt gehen die Bedingungen hervor , unter denen Schleich jüdische Gruppen nach Jugoslawien zu bringen hatte : Die Vereinbarungen über die Preise und die Zusammensetzung der 252 Andrea STRUTZ , „Suddenly I was a ‚ Judenbua‘ …“ ( Erinnerungen des Grazers Leo D., der in Kanada lebt ). Historisches Jahrbuch der Stadt Graz , Nr. 38 /  39 , S. 56–91. 253 Recha FREIER ( 1892–1984 ) engagierte sich als Zionistin für die Evakuierung möglichst vieler Kinder und Jugendlicher aus dem Deutschen Reich nach Palästina. Sie schickte die Gruppen auch ohne „Palästina-Zertifikate“ auf die Reise. Jüdische Organisatio­ nen , die zwischen 1933 und 1938 noch für das Ausharren der jüdischen Bevölkerung in Deutschland plädierten , diskreditierten sie. Recha Freier wurde wegen des „Verdachts auf Fälschung von Palästina-Zertifikaten“ angezeigt. Ihr Gatte , Moritz Freier , reichte die Scheidung ein und emigrierte mit dem gemeinsamen Sohn nach London , Recha Freier flüchtete vor der Strafverfolgung mit der Tochter nach Wien. Auch dort wurde ihre Organisation der Alyah vom Ältestenrat abgelehnt. So emigrierte sie nach Zagreb und arbeitete kurzzeitig im „Palästinabüro“. Dort arbeitete sie mit dem jugoslawischen Juden Joseph Indig zusammen , der im Sommer 1941 43 jüdische Alyah-Jugendliche über Slowenien nach Nonantola bei Modena begleitete und sie 1943 in die Schweiz eva­ kuierte. Recha Freier verließ noch vor der deutschen Besetzung Jugoslawien Richtung Palästina : Gudrun MAIERHOF , Recha Freier. Zwischen Zionismus und Widerstand. In : Inge Hansen – Schaberg – Christian Ritzi ( Hrsg. ), Wege von Pädagoginnen vor und nach 1933. Hohengerer-Batzmannweriler , 2004 – Recha Freiers Engagement für die Organisation der „Aliyah“ aus dem Deutschen Reich wurde in Israel erst posthum gewürdigt , weil als Initiatorin der Jugend-Alija lange Zeit allein Henriette Szold geehrt wurde. K. VOIGT , Joškos Kinder. Flucht und Alija durch Europa , 1940–1943. Josef Indigs Bericht. Berlin , 2006 , S. 15. 254 HDA Zagreb , Archiv Helm , Fasz. 4 , Akt 93 ( Gross , Kriminalkommissar der Stapo Salzburg ).

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Gruppen traf Schleich mit der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien. Die Bedingungen , unter denen Schleich „ Judentransporte“ übernehmen durfte , diktierte jedoch die Gestapo : Schleich hatte das finanzielle Risiko zu tragen , denn das „Honorar“ – 520 RM von insgesamt 670 RM ( später 750 RM ) pro Person – wurde erst nach telegrafischer der telefonischer Bestätigung der Ankunft des Transportes in Zagreb fällig. Im Betrag von 670 bzw. 750 RM waren neben Schleichs Honorar die Reisekosten Wien–Zagreb über Kroatisch Minihof /  Mijenovo im Burgenland und die Übernachtung in Graz , die „Honorare“ für die Grenzzoll- und Grenzgendarmeriebeamten sowie für eventuelle Schlepperhilfe aus Jugoslawien inbegriffen. Die „Kunden“ schickte ihm der Verband jüdischer Kriegsopfer des Ersten Weltkriegs. Mit diesem schloss Schleich am 31. Jänner 1940 ein Abkommen über den Transport der Mitglieder dieser Vereinigung ab. Auch die Gestapo hatte ein Interesse an Schleichs Tätigkeit und verpflichtete ihn , für die Genehmigung seiner Transporte Personen ihrer Wahl – Insassen von Gestapo-Gefängnissen – mit in die Transporte zu nehmen : Zudem war der Gestapo an der finanziellen Beteiligung am Gewinn aus diesen Transporten gelegen , weshalb sie Schleich dazu verpflichtete , Schlepper , die nicht mit ihr in Kontakt standen , auszukundschaften und zu denunzieren. Für ihre Zustimmung zu den Transporten kassierte sie von Schleich nicht nur „Schutzgeld“, sondern stellte auch strenge Bedingungen. So durfte jeder Transport nur mit ihrer Genehmigung abgehen , maximal 15 Personen umfassen , deren Namensliste ihr zur Bewilligung einzureichen war. In Graz hatte Schleich die Gruppen persönlich zu übernehmen und auf kürzestem Weg zu ihren Nachtquartieren zu bringen , darauf zu achten , dass ihm kein Transportmitglied entkam und dass niemand Kontakt mit der Grazer Bevölkerung aufnahm. Jeder folgende Transport durfte erst dann nach Graz kommen , wenn die Gestapo Schleich bestätigt habe , dass die vorherige Gruppe die jugoslawische Grenze überschritten habe.255 Sollten die jugoslawischen Grenzbeamten die Gruppe am Grenzübertritt hindern , war Schleich verpflichtet , den Versuch zur neuerlichen Grenzüberschreitung so oft zu wiederholen , bis er glückte.256 Schleich erfüllte seine Pflicht , nicht mit der Gestapo kooperierende Schlepper „auffliegen“ zu lassen , indem er eine Gruppe von 34 Juden und Jüdinnen aus „Osteuropa“ und zwei Wiener Juden , die am 19. 2. 1941 mit einem nicht bekannten Fluchthelfer nach Eibiswald gekommen waren , von der Grenzpolizei verhaften ließ. Mit den Flüchtlingen wurden auch ihre Schlepper festgenommen.257 Aufgrund das Abkommen mit der Gestapo , von dem auch die Banschaftsämter für Staatssicherheit der Draubanschaft und der Banschaft Kroatien Kenntnis hat255 R. Weiss , CD-ROM , S. 17. 256 W. F. BRUNNER , Joseph Schleich. Vortragsmanuskript , S. 16 f. 257 W. F. BRUNNER , ebenda , S. 17.

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ten258, konnte Schleich zwischen Oktober 1940 und Februar 1941 etwa 1. 200 Personen nach Jugoslawien schleusen ( so viele Zoll- und Grenzabfertigungen registrierte die Grenzbehörde Spielfeld.259 Im Oktober 1940 „operierte“ Schleich nicht mehr vom Burgenland , vom Bezirk Jennersdorf , aus : Die jugoslawische Grenzpolizei hatte wegen des Krieges und wegen der Sorge der jugoslawischen Behörden um die Neutralität Jugoslawiens Vorschrift zu strengster Grenzkontrolle aller Ausländer und Schießbefehl. Schleich war wegen seiner wiederholten Einreisen nach Jugoslawien verdächtig260 und wurde mehrmals angeschossen. Zudem erfuhr er von seinen slowenischen Kontaktpersonen , dass er während der Aufenthalte in Jugoslawien beschattet werde. Dies bestätigt die Ausschreibung der Fahndung nach ihm durch die Banschaftspolizei der Draubanschaft in Ljubljana.261 Schleich verlegte daher seine Tätigkeit im Oktober 1940 in die Gemeinde Ehrenhausen ( Bezirk Leibnitz ) und führte die Gruppen entweder über den Radlpass oder über den Grenzübergang Langegg.262 Obwohl Schleich aus seinen Einkünften aus der Schleppertätigkeit der Gestapo „Schutzgeld“ bezahlen musste , konnte er es sich in dieser Zeit leisten , mit seiner damaligen Lebensgefährtin , der Mitarbeiterin der Zentralstelle für jüdische Auswanderung , Berta Horiner , auf großem Fuß zu leben und so viel zu verdienen , dass er für seine damalige Frau und den gemeinsamen Sohn Lebensversicherungen im Gesamtwert von 50. 000 RM abschließen konnte.263 Die Zeugenaussagen im Strafprozess bezifferten Schleichs Einkünfte aus der Schleppertätigkeit mit 24 Millionen RM , die Zahl der von ihm angeblich nach Jugoslawien Verbrachten auf 20. 000 Personen. Das Gericht stellte diese Zahl nicht infrage. Im März 1941 kündigte die Gestapo die Zusammenarbeit mit Schleich auf und ließ ihn verhaften , seine Geliebte Berta Horiner in ein KZ einliefern. Gegen Schleich erstatteten angeblich „Geschädigte“ Anzeige wegen Schmuggels und Steuerhinterziehung ; das Strafverfahren , dessen Akte sich im Steiermärkischen Landesarchiv in Graz befindet , wurde mit der Verurteilung Schleichs zu zehn Monaten Haft in erster Instanz abgeschlossen ; Schleich kam schon am 25. Dezember 1941 frei. Das Verfahren ging jedoch in die zweite Ins258 HDA Zagreb , BH-ODZ , Fasz. 50 , Zl. 10597 /  40. Bericht der Banschaft – Staatssicherheit der Draubanschaft ( Ljubljana ) an die Banschaft Zagreb – Staatssicherheit am 14. 12. 1939 , Židovski begunci iz Nemčije , ilegalno prehajanje v državo ( Jüdische Flüchtlinge aus Deutschland – Illegale Einreise ). 259 W. F. BRUNNER ; Joseph Schleich. Vortragsmanuskript. S. 14. 260 Weisungen für den Kriegsfall zur Erhaltung der Neutralität Jugoslawiens : Verhinderung der Einreise unerwünschter Personen , HDA Zagreb , BH-ODZ , Fasz. 7 , Zl. 44785  /  39 vom 20. 9. 1939. 261 HDA , BH-ODZ , Fasz. 50 , Zl. 10597. 262 W. F. BRUNNER , Joseph Schleich. Vortragsmanuskript. S. 10. 263 Ebenda , S. 5.

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tanz ; das zuständige Gericht in Dresden verfolgte es als „nicht kriegswichtig“ nicht weiter. Schleichs gesamtes Vermögen wurde beschlagnahmt , sodass er nicht einmal das bombengeschädigte Haus in Graz renovieren lassen konnte.264 Ein Nutznießer der Dienste Joseph Schleichs war ( der schon genannte ) Robert R. Weiss , der Sohn eines Textilhändlers aus der Porzellangasse in Wien , von der Handelsakademie verwiesener Schüler. Sein Vater war nach der Arisierung des Geschäftes nach Argentinien vorausgereist , um für seine Familienangehörigen die Reisekosten nach Südamerika zu verdienen. Robert R. Weiss wurde 1940 zum Arbeitsdienst für Juden auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in der Nähe von Wien eingesetzt. Dort erfuhr er von Transporten aus Wien nach Polen , konnte aber auch unentdeckt die Flucht vorbereiten. Im Jänner 1941 brach er mit Mutter , Tante und Cousin aus Wien auf.265 Auch ein Wiener Musiker , der Oboist Hans Silbermann , schloss sich der Gruppe an. Aaron Menczer verwies sie an Joseph Schleich. Am 6. 2. 1941 riskierten sie die Fahrt mit dem Zug nach Graz und fanden die Adresse , an der sie Schleich antreffen würden : Glockenspielplatz Nr. 7 – ein Restaurant , das Schleich mit seiner damaligen Ehefrau , einer Slowenin aus der Umgebung von Murska Sobota , führte. In den an das Restaurant anschließenden Wohnräumen hatten sie zu warten , bis sie Schleich mit der letzten Straßenbahn durch das menschenleere Graz zum Haus in der Münzgrabenstraße führte. Während sie in den Hinterräumen des Restaurants warteten , bemerkten sie , dass hochrangige Nationalsozialisten das Restaurant besuchten und dass diese keine Notiz von den ins Hinterzimmer Geführten nahmen.266 Zu essen bekamen sie nichts – auch nicht in Schleichs Haus ; die Nacht verbrachten alle frierend und hungrig. Am 8. 2. 1941 , an einem kalten Wintertag mit viel Schnee , reiste die Gruppe – nunmehr zwölf Erwachsene und drei Kinder – per Zug nach Spielfeld. In der Gestapo-Dienststelle wurden ihre Pässe und die Steuer-Unbedenklichkeitserklärungen kontrolliert und ihnen alles Geld bis auf den Betrag von 10 RM pro Person abgenommen. Mit der vom Gestapo-Beamten ausgesprochenen Warnung „Wir lassen Euch jetzt gehen. Aber wenn es Euch einfallen sollte zurückzukehren , kommt ihr ins Konzentrationslager !“ machte sich die Gruppe zu Fuß auf nach Sausberg , wo sie Schleich verabschiedete : „Viel Glück , kehrt nicht um ! Denkt daran , was Euch der Gestapomann gesagt hat !“ Dort mussten die Fluchtwilligen tagelang bei 264 Schleich gab im Gerichtsverfahren vor dem österreichischen Volksgerichtshof an , dass er nach seiner Haftentlassung einer Strafkompagnie an der Ostfront zugeteilt worden sei. Walter F. Brunner erhob jedoch , dass er die Kriegszeit in einer Kaserne in Tirol zugebracht hat. Ebenda , S. 6 f. 265 Robert Weiss’ Vater war 1938 nach Argentinien ausgewandert – um dort eine Arbeit zu finden und der Familie die Reise nach Südamerika bezahlen zu können : R. Weiss , Joshko’s Children. CD-ROM , S. 15. 266 R. Weiss , Joshko’s Children. CD-ROM , S. 16.

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Bauern in Grenznähe warten , bis die jugoslawischen Schlepper eintrafen , die ab der Grenze die Flüchtlinge weiterbeförderten. Schleich bezahlte die Unterbringung bei den Bauern und die Dienste der jugoslawischen Schlepper.267 Beim Aufstieg auf den Radlpass , als der Weg immer steiler und der Schnee immer tiefer wurde , warfen die Flüchtlinge auf den Rat der Schlepper hin ihr Gepäck ab – wie Robert Weiss von den Wegführern hörte , würden in den nächsten Tagen die Bauern der Umgebung den Wald nach den verlassenen Gepäckstücken absuchen und alles Brauchbare mitnehmen. Auf 700 Meter Seehöhe wartete ein Pferdegespann mit einer Holzfuhre auf die Flüchtlinge. Mit diesem fuhren sie , unter Brettern und Säcken mit Sägespänen versteckt , bergabwärts und bis nach Maribor /  Marburg an der Drau. Dort empfing sie in seinem Konfektionsgeschäft der Vertreter von HICEM in Maribor , der Textilfabrikant Marko Rosner 268 , verpflegte sie und ließ sie ausruhen. Am 21. 2. 1941 brachten sie Taxis , die die jüdische Kultusgemeinde aus Zagreb organisiert hatte , nach Zagreb. Die Autos hatten ehemalige jüdische Emigranten aus der Tschechoslowakei , die sich in der Draubanschaft ( Slowenien ) niedergelassen und die jugoslawische Staatsbürgerschaft erworben hatten , bereitgestellt : Der Jude Jurij Polak , Vertreter der Schweizer Firma Suitex S. A. Glarus und Eigentümer der Textilfabrik ( Mariborske tekstilne tvornice E. Zelenka & Co. )269, brachte wiederholt auch schon früher Flüchtlinge mit seinem Auto selbst nach Zagreb.270 Auch der Textilexperte Pavel Weiss unterstützte 267 Robert R. Weiss , Joshko’s Children , S. 31. 268 R. Weiss , Joseph’s Children , S. 31. – Marko Rosner wurde nach der deutschen Besetzung Maribors enteignet ; er konnte auf das italienische Territorium der „Provincia di Lubiana“ flüchten und gelangte nach Palästina. Nach 1945 strengte das kommunistische Gericht gegen ihn ein Verfahren wegen „Kooperation mit den Besatzern“ und ein Konfiszierungsverfahren an , sodass er auch aller Rechtsansprüche auf das von den NS-Behörden enteignete Vermögen verlustig ging : Boris HAJDINJAK , Maribor in mariborski Judje 1938–1941 ( Maribor und die Juden von Maribor ). In : Vsako leto eno ime : Reševanje Judov 1938–1941 in slovenski pravičnik Uroš Žun. Znanstveno srečanje v okviru projekta Šoa-spominjajmo se ob mednarodnem devu spomina na žrtve holokavsta ( Jedes Jahr ein Name : Die Lösung der Judenfrage 1938–1941 und der slowenische Gerechte unter den Völkern. Uroš Žun. Wissenschaftliches Symposion im Rahmen des Projektes Shoa – Treffen zum Internatio­nalen Gedenktag an die Opfer des Holocaust ). Maribor , 26. 1. 2011 , S. 1–3 ; hier S. 2. Alexander KLEIN würdigte das Engagement von Marko Rosner um die Erstbetreuung der Flüchtlinge. Alexander KLEIN , Zehn Jahre Flüchtlingshilfswerk , a. a. O. S. 56. 269 ARS , AS 68 , f. 13 / 13 / 1941 , Mappe 5408. 270 HDA  , BH - ODZ  , Fasz. 34 , Zl. 3741 /  40  – Bericht des Bans der Draubanschaft , Dr. Marko Natlačen , an das königliche Innenministerium in Belgrad über die illegale Immigration von jüdischen Flüchtlingen , vom 20. 1. 1940. Jurij Polak führte wegen der Landesverweisung bis 1941 einen „Papierkrieg“ mit der Banschafts-Polizei um das Bleiberecht , der wegen des Kriegsbeginns in Jugoslawien nicht mehr abgeschlossen wurde. Vor der deutschen Besetzung der Untersteiermark flüchtete er mit seinem

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die Rettungsaktionen für ausländische jüdische Flüchtlinge mit seinem Auto.271 Die Polizei in Maribor wusste darum und betrachtete besonders Jurij Polak als „naiven , wunderlichen Gutmenschen“, weil er öffentlich erklärt hatte , er helfe den verfolgten Juden aus Dankbarkeit dafür , dass er als Jude in Maribor gastfreundlich aufgenommen wurde. 1939 wurde Jurij Polak „wegen Einmischung in innere Angelegenheiten Jugoslawiens“ auf Antrag der Polizei von Maribor aus dem Lande gewiesen.272 Willi Rossmann , Prokurist der Marburger Textilfabrik , der wie Rosner für HICEM arbeitete , war ebenfalls für den Transport zuständig.273 Marko Rosner bezahlte die jugoslawischen Schlepper , obwohl ihr „Honorar“ in dem mit Schleich vereinbarten Preis inbegriffen war. Die Schlepper hätten sonst die Gruppe denunzieren können. Yad Vashem ignorierte die Bemühungen von Robert R. Weiss um die Ehrung des ehemaligen Schleppers Joseph Schleich als „Gerechter unter den Völkern“, obwohl Schleich eine nicht genau feststellbare , aber beträchtliche Zahl von Juden vor der nationalsozialistichen Verfolgung gerettet hatte. Walter F. Brunner verweist darauf , dass das Gedenkzentrum Yad Vashem sich an der Zusammenarbeit Schleichs mit den nationalsozialistischen Stellen und an seiner persönlichen Bereicherung durch die Schleppertätigkeit gestoßen und darum Schleich die Anerkennung verweigert habe. Er führte zugunsten von Joseph Schleich ins Treffen , dass Zeugen im Prozess gegen Joseph Schleich bescheinigt hätten , nicht nur aus finanziellem Interesse gehandelt zu haben : Schleich habe Fluchtwillige auch kostenlos mitgenommen ; zudem habe Schleich von den Flüchtlingen bei den Quartiergebern hinterlassene Gepäcksstücke nicht an sich genommen , sondern ihre Besitzer sogar in Jugoslawien ausgeforscht und ihnen ihr persönliches Gepäck nach Jugoslawien nachgesandt habe. Walter F. Brunner gab zu bedenken , dass vielleicht noch mehrere Juden der Verfolgung entgangen wären , hätten nur mehr Menschen wenigstens zur persönlichen Bereicherung den Mut zur Fluchthilfe durch Menschenschmuggel gefunden.274 Joseph Schleichs Tätigkeit konnte sich zum einen wegen der Zusammenarbeit mit den nationalsozialistischen Stellen Österreichs , andererseits dank der „Mithilfe“ der Bevölkerung in den grenznahen Orten diesseits und jenseits der österreichisch-

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Auto nach Laibach : A. www.iznz.si /  doc. /  ZGO /  Holokavst ( 11. 10. 2007 ), Judje Spodne Štajerske. Blatt 11. HDA Zagreb , Banschaftsamt –Abt. Staatssicherheit , Fasz. 10 , Zl. 48986 /  39 : Unter­ suchungsantrag des Innenministeriums an das Banschaftsamt vom 7. 11. 1939 ; Fasz. 40 , Zl. 3471 /  40. HDA Zagreb , Banschaft – Abt. Staatssicherheit , Fasz. 34 , Zl. 3741 /  40 : Bericht des Bans der Draubanschaft ( Slowenien ), Dr. Marko Natlačen , an das Innenministerium in Belgrad vom 20. 1. 1940. W. F. BRUNNER , Joseph Schleich , Vortragsmanuskript , S. 23. Walter F. BRUNNER ; Joseph Schleich. S 36.

Folgen der Sichtvermerksregelung

jugoslawischen , ebenso wie der ungarisch-jugoslawischen Grenze entfalten.275 Die Schilderung von Robert R. Weiss gibt einen Einblick in die Ausmaße des Hilfsnetzes : Bauernfamilien , Gasthöfe und private Zimmervermittler boten Quartiere für die Zeit , die die Flüchtlinge mit Warten auf einen geeigneten Zeitpunkt für den Grenzübertritt zubringen mussten. Die einheimische Bevölkerung kannte den Rhythmus der jugoslawischen Grenzpatrouillen. Einheimische mit Geländekenntnissen , Besitzer von Telefonen und Autos , Spediteure und Lastenträger sorgten für den Transport über die Grenze und weiter bis nach Zagreb , wohin die meisten Flüchtlinge wollten. Das Netz der Fluchthelfer auf jugoslawischer Seite reichte von den Grenzorten Dravograd ( Unterdrauburg ), Holmec , Šentilj und Maribor , Lendava , Murska Sobota , Ormož über Štrigova , Čakovec und Koprivnica bis nach Zagreb. In der Draubanschaft verhängte die Polizei für ertappte Schmuggler Geldstrafen in der Höhe von 500 Dinar ( nach damaligem Kurs ca. 10 Reichsmark /  RM ) oder Gefängnis bis zu zehn Tagen. Die Schmuggler wählten zumeist die Haftstrafe und verbüßten sie in den Polizeigefängnissen.276 Auch Quartiergeber wurden für die Aufnahme illegaler jüdischer Migranten mit Geldstrafen belegt277. Das Zagreber Büro der jüdischen Organisation HICEM bediente sich dieses Netzes , warb auch neue Helfer an und finanzierte diese.278 Druckereien zur Fälschung von Heiratsurkunden ( um Mischehen glaubhaft zu machen ), Ariernachweisen , Taufscheinen , vor allem von jugoslawischen Reisepässen und „Palästina-Zertifikaten“, waren in das Netz der Schlepper eingebunden.279 Die Vorlage von Taufscheinen forderte das jugoslawische Generalkonsulat in Wien von jenen Sichtvermerksbewerbern , die eine nichtjüdische Konfessionszugehörigkeit geltend machten. Der Vermerk „Getauft“ mit dem Taufdatum wurde auch in den Reisepässen eingetragen. Die Grenzpolizei in Maribor hatte zuerst festgestellt , dass in den Reisepässen Taufdaten „korrigiert“ worden waren : Zumeist war die Ziffer „3“ in der Jahreszahl durch eine Null ersetzt worden.280

275 Beispiele für Schlepper in Ungarn und über die ungarisch-jugoslawische Grenze hinweg finden sich im Akt der Grenzpolizei Lendava , die Züge aus Budapest übernahm : ARS , KBUDB ( AS 068 ), Fasz. 33–18 , Zl. 7771. 276 ARS , KBUDB ( AS 068 ), Fasz. 33–18 , Zl. 12199 : Ein Bespiel dafür ist der in Murska Sobota entdeckte Fluchthelfer Maks Podhostnik ( geb. 14. 8. 1909 in Peteranjec bei Varaždin ). 277 Ebenda , Zl. 7329 / 1941 , 7334 / 1941 und 7336 / 1941 : Es handelte sich um zwei Quartiergeber in Mursko Središće , Übermurgebiet ( Kroatien ). 278 Ebenda , Fasz. 11 , Zl. 59999 /  39 ; Fasz. 40 , Zl. 3741 /  40 , und W. F. BRUNNER ; Joseph Schleich. Vortragsmanuskript , S. 23. 279 Ebenda , Fasz. 53 , Zl. 15510 /  40. 280 ARS , KBUDB ( AS 067 ), Fasz. 33–11 , Zl. 29267.

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Ein fremdenfreundliches Einwanderungsland ?

1.3.3 „Fluchthilfe“ – „Behinderung von Amtshandlungen“ Die Grenzpolizei in Maribor /  Marburg an der Drau hatte Erfahrung mit der Abneigung der Grenzbeamten gegen Abschiebeaktionen281 : Der Bericht des Bans der Draubanschaft , Dr. Marko Natlačen , deutet schon darauf hin , dass es bei den Abschiebungen „unliebsame Szenen“ gegeben habe , denen nicht alle Beamten nervlich gewachsen gewesen seien. Beamte widersetzten sich der Abschiebung – wie der Chef der Grenzpolizei Koprivnica ( am Grenzübergang zum ungarischen Gyenkenyes ). Er weigerte sich , die Illegalen zurückzuschicken , weil er annahm , dass wegen der judenfeindlichen Stimmung in Ungarn282 auch die ungarische Grenzpolizei aus Österreich eingereiste Juden nicht in Ungarn behalten , sondern ins Herkunftsland abschieben werde.283 Sein Kollege , der Chef der Grenzpolizei Maribor /  Marburg an der Drau , Uroš Žun , ließ im November 1940 bei Šentilj ( S pielfeld /  S traß ) eine „ Jugend-Alyah“Gruppe von 16 Mädchen aus Deutschland ohne Dokumente einreisen.284 Er brachte sie nicht auf österreichisches Territorium zurück , sondern in einem Hotel in Maribor unter und sorgte gemeinsam mit Marko Rosner für ihre leiblichen Bedürfnisse , aber auch für die Information der Öffentlichkeit über das Flüchtlingsproblem. Der Zagreber HICEM-Funktionär Josef Indig wusste , dass Uroš Žun angesichts der regendurchnässten , verängstigten Gruppe die Kontrolle verlor , tobte , mit den Vorgesetzten stritt und schließlich den Alleingang riskierte. Die Gruppe wurde nach Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung in einem ehemaligen Schloss in Unterkrain , Leskovec bei Krško , untergebracht und von der jüdischen Kultusgemeinde Zagreb versorgt , aber Uroš Žun unterstützte sie auch weiterhin. Yad Vashem ehrte ihn als einen der slowenischen „Gerechten unter den Völkern“.285 281 Amtliche Berichte der Grenzpolizei Maribor an die Banschaft und das Innenministerium in Belgrad : ARS , KBUDB ( AS 068 ), Fasz. 33–18 , Zl. 12270. 282 László VARGA , Ungarn. In : Wolfgang BENZ , Dimension des Völkermords , S. 331–351 ; hier : 332 ; A. KLEIN , Zehn Jahre Flüchtlingshilfswerk in Jugoslawien , S. 58. 283 HDA , Banschaft – Abt. für Staatssicherheit , Fasz. 11 , Zl. Nr. 59999 ; 16. 12. 1939. 284 Die 16 jungen Frauen gehörten einer Alyah-Gruppe aus Chemnitz , Berlin , Eberswalde und Kiel an. Ihre Namen und Herkunftsorte sind dem Akt der Ustascha-Polizeidirektion Zagreb zu entnehmenen : Ustascha-Polizeidirektion ( RUR ŽO , Fonds Nr. 252 im HDA ), Fasz. 2 , Zl. 300 / 1941 vom 29. 5. 1941 ; Österreicherinnen waren in dieser Gruppe nicht vertreten. 285 Marjan TOŠ ; Uroš Žun in reševanje Judov 1938–1941 preko Maribora ( Uroš Žun und die Vertreibung der Juden 1938–1941 über Marburg ). In : Vsako leto eno ime. Reševanje Judov 1938–1941 in slovenski pravičnik Uroš Žun. Znanstveno srečanje … Maribor , 26. 1. 2011 ( In : Jedes Jahr ein Name. Die Vertreibung der Juden 1938–1941 und der slowenische Gerechte unter den Völkern , Uroš Žun ). Wissenschaftliches Symposion anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages , Marburg , 26. 1. 2011 , S. 9.

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Folgen der Sichtvermerksregelung

In der Öffentlichkeit unbekannt ist die Hilfe des Chefs der Bahnverwaltung Maribor , Stefan Krajnovič , der mit dem Chef der Expositur des Polizeikommissariates Dravograd ( Unterdrauburg ), Stanislav Šuligoj , zweimal , am 26. November 1939 und 13. Dezemberdes gleichen Jahres , insgesamt 28 jüdische Flüchtlinge vor der Abschiebung bewahrte. Am 26. November 1939 ließ Šuligoj zwölf Juden nach der Abfahrt des Zuges aus dem Grenzbahnhof Dravograd aus dem langsam fahrenden Zug springen und verschwinden : Ein Flüchtling gestand der Polizei gegenüber , auf diese Weise in Jugoslawien abgesprungen zu sein : Kohn Theodor ( auch Feodor , Fodor , Fedor ), ein Kaufmann aus Wien ( geb. 3. November 1886 in Wien ). Nachdem er seine Eisenhandlung in Wien durch die „Arisierung“ verloren hatte , wollte er sich zu seinen Schwiegereltern nach Bjelovar begeben.286 Krajnovič ermöglichte am 13. Dezember 1939 auf dem Bahnsteig in Maribor 16 Flüchtlingen , die er hätte zum Kommissariat bringen müssen , das Entkommen mit bereitstehenden Autos ( die Marko Rosner zum Bahnhof geschickt hatte ). Beide Beamten wurden jedoch von einem Hilfsschaffner denunziert , vom Dienst suspendiert und angezeigt.287 „Fluchthilfe“ boten auch manche ausländischen Schiffe , die von jüdischen Emig­ ranten im sicheren Ausland angeheuert wurden , um Juden aus dem Deutschen Reich nach Übersee oder Palästina zu bringen. 377 jüdische Emigranten konnten im März 1939 vom griechischen Schiff „Colorado“, das sie von Rijeka nach Ecuador bringen sollte , in den jugoslawischen Hoheitsgewässern entkommen. Die „Colorado“ hatte in Rijeka , bevor die Reisenden an Bord gingen , Kleinboote , Ruder , Segel und andere Requisiten geladen. In den jugoslawischen Gewässern vor Split hielt das Schiff , angeblich wegen eines Maschinenschadens : Flüchtlinge gingen von Bord und steuerten mit Kleinbooten die dalmatinische Insel Olib an , wo sie sich nach der Landung zerstreuten. Der „Fall Colorado“, ein „internationaler Skandal“ ( das Belgrader Innenministerium ), war nicht der erste Fall : Die türkische Gesandtschaft in Belgrad warnte die jugoslawischen Behörden schon im Oktober 1938 vor dieser neuen Form von Fluchthilfe. Als Konsequenz daraus beschloss das Innenministerium , „mit Rücksicht auf die internationale Lage und die weltweit herrschende judenfeindliche Stimmung , weshalb kein Staat der Welt Juden aufnehmen will“, ausländischen Juden 286 HDA , BH-ODZ , Fasz. 47 , Zl. 7831 /  40. 287 HDA Zagreb , Banschaftsamt –Abt. Staatssicherheit , Fasz. 40 , Zl. 3741 – Bericht des Bans der Draubanschaft ( Dravska Banovina ), Dr. Marko Natlačen , an das Belgrader Innenministerium vom 20. 1. 1940 , S. 3–5. Informationen über den Prozessausgang gibt es nicht. Weitere Fluchthelfer erwähnt der Bestand „Königliche Banschaftsverwaltung der Draubanschaft“ ( KBUDB ), Fasz. 33–11 , Zl. 12199 : Der Fluchthelfer Podhostnik Maks wurde für den Transport von österreichischen Jüdinnen und Juden , die sich nach Šabac zum „Kladovo-Transport“ begeben wollten , mit einer Geldstrafe von 500 Dinar oder zehn Tagen Gefängnis belegt. Er ging ins Gefängnis.

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Ein fremdenfreundliches Einwanderungsland ?

keine Gruppenvisen für Transit mehr auszustellen und keinem aus Rijeka ( Italien ) ausfahrenden Überseeschiff das Einlaufen in jugoslawische Häfen zu gestatten.288 Diese Entscheidung bekamen die Insassen eines Zugstransportes in Organisation der tschechoslowakischen Reiseagentur ČEDOK zu spüren. 250 deutsche , tschechoslowakische und polnische Juden und Jüdinnen im Zug sollten in Sušak vom griechischen Dampfer „Agiazoni“ übernommen werden , der am 18. März 1939 in Fiume /  Rijeka 450 Juden mit einem Sammelpass für China aufgenommen hatte. Die „Agiazoni“ durfte nicht in Sušak einlaufen. Die im Zug befindlichen 250 Reisenden warteten in Graz vergeblich auf die jugoslawische Einreisegenehmigung. Auch in Sušak warteten unterdessen noch 300 Personen mit Schiffsplätzen auf den Dampfer.289 Der britische Jude österreichischer Abstammung ( u nd mit britischem Dominiums­pass für Palästina ) Josef Schindelmann konnte seinen Plan , mit dem griechischen Dampfer „Irina Vernicos“ des Reeders Vernikos Dimitrios im Hafen Bakar 300 deutsche , polnische und tschechoslowakische Juden und Jüdinnen für Israel aufzunehmen , nicht umsetzen.290 Auch der Österreicher Dr. Willy Perl291 , Korrespondent für New Yorker Zeitungen , Vertreter einer amerikanischen Hilfsorganisation mit Wohnsitz in London , der mit einem jugoslawischen Mehrfachvisum für drei Monate zwischen Rijeka , Sušak und Triest hin- und hergereist war , um Schiffstransporte der jugoslawischen Linie „ Jadranska plovidba“ und der Reederei „Marovic“ mit Bestimmungsort Korfu zu organisieren , musste seinen Plan aufgeben : Griechenland erteilte keine Einreisegenehmigung , worauf ihm auch Jugoslawien die Einreiseerlaubnis entzog.292

1.3.4 „Scheinehen“ ( „ Aufenthaltsehen“ )

Eine – in der Presse beachtete – Folge der restriktiven Sichtvermerkspolitik waren die ( Schein- )Ehen zwischen österreichischen oder deutschen Juden mit jugos­ lawischen Staatsangehörigen. Die ausländischen Partner erlangten sofort mit der Eheschließung die jugoslawische Staatsbürgerschaft ( sie verloren aber automatisch jene des Heimatlandes ). Die Medien reagierten darauf , weil jugoslawische Staatsbürger ihre „Heiratsabsichten“ in Annoncen bekundeten , gegen Geld anboten und sich explizit an „ausländische Jüdinnen“ wandten. Besonders unter Muslimen war 288 289 290 291

HDA , Banschaft – Abt. Staatssicherheit , Fasz. 52 , Zl. 13104 /  39. HDA , BH-ODZ , Fasz. 52 , Zl. 16656 vom 16. 3. 1940.

Ebenda , Fasz. 52 , Zl. 13104 , 13. 10. 1939. Rechtsanwalt Dr. Willy Perl , österreichischer Staatsbürger und getaufter Jude , gebürtig aus Wien , der jedoch 1938 schon in London lebte , organisierte Schiffstransporte auf der Donau , im kroatischen Staatsarchiv ist er jedoch als Organisator von Schiffstransporten auf der Adria evidentiert : HDA BH-ODZ , Fasz. 52 , Zl. 1304. Stephen Esrati , Death of a Mossad Gangster. Stephen G. Esrati : www.fpp.co.uk /  BoD /  Mossad /  Perl /  Obit.html. 292 HDA , BH-ODZ , Fasz. 52 , Zl. 130104 vom 20. 9. 1939.

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diese Tendenz zu bemerken : Am Scheriatsgericht in Zagreb wurden im Jahr 1938 14 Ehen zwischen Moslems und Jüdinnen /  Juden geschlossen – mehr als in den Jahren 1918–1938 insgesamt.293 Die Landesbehörden in Bosnien und sodann das Oberste Scheriatsgericht in Sarajevo verboten daher Mischehen von Muslimen mit nichtmoslemischen Ausländerinnen ; die Gerichte in der Banschaft Kroatien , namentlich jene in Zagreb , waren nicht so streng.294 Branko Polićs Familie beherbergte österreichische Staatsbürger , die Muslime aus Bosnien und Herzegowina geheiratet hatten.295 Abraham Adolf Herschkowitz ( geb. 20. Juli 1897 in Mielec , zuständig in Wien ) heiratete eine jugoslawische Staatsbürgerin aus Skopje ( Mazedonien ) und erhielt am 23. Jänner 1940 die jugoslawische Staatsangehörigkeit.296

1.4 Internierung – Zwangsaufenthalt in Jugoslawien Am 28. Juni 1939 besuchte der Flüchtlings-Hochkommissar des Völkerbundes297 , der bei den Mitgliedsstaten die Verbesserung des Rechtsstatus der jüdischen Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich zu erwirken hatte , Belgrad.298 Behördenquellen zu diesem Besuch gibt es nicht. Das Ergebnis des Besuches ist einem Protokoll des Verbandes der jüdischen Gemeinden Jugoslawiens zu entnehmen : Diese ersuchten den Hochkommissar um eine Intervention zugunsten der in Jugoslawien niedergelassenen ausländischen Juden , die von der Ausweisung betroffen wurden. Die Annullierung der Ausweisungen erreichte der Hochkommissar nicht. Sein Besuch bewirkte jedoch , dass das Innenministerium dem Vorschlag des Bundes der Jüdischen Gemeinden Jugoslawiens zustimmte , die Flüchtlinge nicht abzuschieben , sondern in Jugoslawien zu internieren.299 Die vorübergehende Internierung würde bis zur Legalisierung ihres Status und /  oder bis zum Erhalt von Einreisegenehmigungen für Drittländer dauern ; die jüdischen Gemeinden würden die Aufenthalts- und Verpflegungskosten tragen 293 I. GOLDSTEIN , Židovi u Zagrebu 1918–1941 , S. 448–470. 294 Zlatan HASANOVIĆ , Muslimani u Zagrebu 1878–1945 ( Die Muslime in Zagreb 1878– 1945 ), S. 348. 295 1941 flüchtete Uroš Žun vor den Deutschen nach Kroatien , trat den Partisanen bei und fiel im 1942 (  ? ): Marjan TOŠ ; Uroš Žun ; Branko Polić : Vjetrenjasta klepsidra , S. 267. – I. GOLDSTEIN ; Holokaust u Zagrebu , S. 577. 296 HDA , BH-ODZ , Fasz. 42 , Zl. 5836. 297 Alexander KLEIN , Zehn Jahre Flüchtlingshilfswerk in Jugoslawien , S. 57 , erwähnte den Besuch von Hochkommissar Neill Malcom , gemeinsam mit dem Sekretär des Hochkommissariates , Sir Duncanon ; M KOLJANIN , Jevreji i antisemitizam. S. 475 , zufolge besuchte der Nachfolger von Neill Malcom , Emerson ( Vorname nicht bekannt ) am 28. 6. 1939 Belgrad. 298 Alexander KLEIN , Zehn Jahre Flüchtlingshilfswerk in Jugoslawien. S. 57. 299 M. KOLJANIN , Jevreji i antisemitizam. S. 475.

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Ein fremdenfreundliches Einwanderungsland ?

und die Verantwortung für das Wohlverhalten der jüdischen Immigranten übernehmen. Das Bestreben der jüdischen Hilfsorganisationen , den Internierten die Arbeitsaufnahme und Rechte , wie sie die russischen Flüchtlinge in Jugoslawien genossen , zu ermöglichen , hatte keinen Erfolg. Das Bestreben der jüdischen Hilfsorganisationen , den Internierten die Arbeitsaufnahme und Rechte , wie sie die russischen Flüchtlinge in Jugoslawien genossen , zu ermöglichen , hatte keinen Erfolg. Das zugkräftige Argument des Bundes der Jüdischen Gemeinden war der Hinweis darauf , dass die Abschiebungspraxis die illegale Immigration nicht verhindert hätte. Wirksam war auch die Garantie , dass Gelder der internationalen jüdischen Organisationen auch weiterhin nach Jugoslawien fließen würden. Am 16. Oktober 1939 informierte es per Erlass die Banschaftsbehörde in der Banschaft Kroatien über die obligate Entsendung der Immigranten in Jugoslawien in Orte , die ihnen als „Zwangsaufenthalt“ bis zur Regelung ihres Status zugewiesen wurden.300 Eine konkrete Frist für ihren Aufenthalt dort wurde nicht festgesetzt. Den Internierten wurde die Möglichkeit geboten , sich um Visen zu kümmern und die Ausreise vorzubereiten.301 Zu diesem Zweck erhielten sie auch Reisegenehmigungen. Nicht bekannt ist jedoch , wie Jugoslawien bei der Ausstellung von provisorischen Reisedokumenten verfuhr , wenn die Internierten keinen gültigen Reisepass besaßen. Das Hochkommissariat empfahl in solchen Fällen die Ausstellung von „Titres d’ identité et voyage“ als Reisedokument302, Jugoslawien förderte die Ausreise der Juden ; aber die Ausstellung solcher Reisedokumente ist nicht belegt. Der Erlass über die Internierung regelte eine bereits bestehene Praxis.303 In der Draubanschaft ( S lowenien ) bestand bereits ein Ort , an dem jüdische Flüchtlinge interniert wurden , das Schloss Leskovec ob Krškem.304 In Kroatien weilten schon seit Juni 1938 die Jüdinnen und Juden aus dem österreichischen Burgenland auf dem landwirtschaftlichen Gut Golenić bei Podravska Slatina ( Ostkroatien ), das als „Lehrkibbuz“ diente.305 In Stubičke Toplice waren zu diesem Zeitpunkt polnische Jüdinnen registriert306 ; Quartiere wurden in Samobor , Draganić , Jastrebarsko , Ozalj , im Thermalheilbad Topusko ( ca. 65 km südwestlich von Zagreb , nahe der heutigen Grenze zu Bosnien und Herzegowina ) gefunden.307 300 HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , ZKRZ-GUZ–2235 /  2 /  2–45 , Blatt 382. Memorandum „Iskorenjivanje jugoslovenskih Jevreja“. 301 Ebenda , Fasz. 40 , Zl. 3915 /  40 , Verordnung Nr. P. I. 29451 vom 16. 10. 1939. 302 K. ČAPKOVÁ , Michal FRANKL , Unsichere Zuflucht. S. 77. 303 K. BÖCKH , Jugoslawien. In : Handbuch der deutschsprachigen Emigration. Sp. 282. 304 K. VOIGT , Joschko’s Kinder. S. 22–26 ; M. TOŠ , Uroš Žun in reševanje Judov 1938–1941 preko Maribora. In : Vsako leto eno ime , S. 9. 305 HDA , Banschaft – Abt. Staatssicherheit , Fasz. 41 , Zl. 4803 /  40. Vgl. I. GOLDSTEIN , Židovi u Zagrebu 1918–1941 , S. 469. 306 HDA , ebenda , Fasz. 26 , Zl. 1018 /  40 und Fasz. 54 , Zl. 1576. 307 Der Direktor der Schule und Professor für Geschichte Mirko OŽERIĆ , Tepusko , be-

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Noch im Jahre 1944 lebte in Topusko eine Gruppe von österreichischen Juden , die von der ersten Stunde der Partisanenbewegung im Raum zwischen Karlovac und Zagreb ( Kordun und Banija ) kooperierten.308 Pisarovina309 und der Winterkurort Fužine im Gorski Kotar ( siehe Liste Nr. 4.6 )310 nahmen ebenfalls Flüchtlinge zur Internierung auf.

Abb. 4 : Poglavarstvo Samobor (Samobor), „Poziv“ (Aufforderung an die jüdischen Flüchtlinge laut oben stehender Liste zur Vorsprache betreffend Ortstaxe (Quelle. Stadtmuseum Samobor). Für die schon in den Kurorten niedergelassenen ausländischen Juden bedeutete die „amtliche“ Internierung die Legalisierung des Aufenthaltes. Die jugoslawischen Behörden verwendeten im Zusammenhang mit der Internierung nie den Begriff „Asyl“, sondern verordneten immer „Zwangsaufenthalt“. Das Rechtsinstitut „Asyl“ existierte richtete der Autorin ( telefonisch , 12. 11. 2008 ), dass die Bevölkerung Flüchtlinge aufgenommen habe. Auch sein Onkel und seine Tanten hatten jüdische Familien in ihren Häusern beherbergt. Eine Tante sei noch lange nach deren Emigration ( in die USA und nach Palästina ) mit den ehemaligen Emigranten in Kontakt geblieben. 308 M. RISTOVIĆ , U potrazi … S. 130 , 131. 309 Ebenda , Fasz. 33 , Zl. 2708 /  40. 310 Ebenda , Fasz. 28 , Zl. 1548 /  40.

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nicht ; der Begriff wurde allerdings gelegentlich unreflektiert verwendet ( wie bei der Petition des kroatischen Abgeordneten im Belgrader Parlament , als der Innenminister ankündigte , deutschen Juden [ trotz negativer Stimmung im Lande ] „weiterhin Asyl bieten zu wollen“311. Auch der Begriff „Flüchtling“ wurde im Zusammenhang mit den Juden aus dem Deutschen Reich und den von den Deutschen besetzten und annektierten Ländern als Synonym für „Emigranten“ verwendet.312 Die Internierung , der „Zwangsaufenthalt“, schützte dann vor der Auslieferung an das Heimatland , wenn die Internierten sich an die Auflagen für den Aufenthalt hielten : Sie durften ihren Aufenthaltsort nur ausnahmweise frei wählen – dann , wenn sie die Adresse eines jugoslawischen Staatsbürgers angeben konnten , der bereit war , sie aufzunehmen und ihren Lebensunterhalt zu sichern. Den Ort ihres Zwangsaufenthaltes durften sie ohne vorherige behördliche Genehmigung nicht verlassen und keine entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisse eingehen. Mit der Internierung sollten vor allem die untergetauchten illegalen Immigranten ermuntert werden , sich polizeilich zu melden , um einen legalen Aufenthaltstitel zu erlangen. Freiwillige polizeiliche Meldung sollte mit nachträglicher Legitimierung des Aufenthaltes honoriert werden ; damit waren sie vor der Abschiebung sicher. Nichtmeldung oder Verlassen des Internierungsortes ohne vorherige Genehmigung durch das Amt für Staatssicherheit der Banschaft zog hingegen die Abschiebung nach sich.313 Das Ehepaar Nathan und Jeanette Frankl , das 30 Tage lang bei seinen Verwandten in Zagreb , Margarethe und Henrik Neumann , weilen durfte , versäumte das Ablaufdatum seiner Aufenthaltsgenehmigung. Zur Strafe wurde es nicht abgeschoben , sondern zum „Zwangsaufenthalt bis zur Abschiebung“ nach Ozalj bei Karlovac eingewiesen. 314 Abschiebung drohte auch jenen , die sich in den Orten des Zwangsaufenthaltes nicht selbst erhalten konnten oder die von keiner Institution unterstützt wurden , „denn wir haben genug eigene Arme , sodass wir nicht auch noch für den Unterhalt ausländischer Juden aufkommen können“.315 311 M. KOLJANIN , Jevreji i antisemitizam. S. 242. 312 Auch Russen , die 1917 vor der Oktoberrevolution nach Jugoslawien flüchteten und sich dort niederlassen , wirtschaftlich und kulturell , mit Einschränkungen auch politisch betätigen durften , wurden sowohl als „Emigranten“ wie auch als „Flüchtlinge“ bezeichnet. Die Arbeitsaufnahme wurde ihnen nicht verwehrt : Irena LUKŠIĆ , Ruska emigrantska periodika , pogled iz Zagreba ( Russische Emigrantenzeitschriften aus Zagreber Sicht ): Über : www.rusija.hr /  ruska-emigrantska-periodika-u-beogradu-pogled-iz-zagrebahttp :// www.rusija.hr /  ruska-emigrantska-periodika-u-beogradu-pogled-iz-zagreba ( 20. 7. 2011 ). 313 Erlass des Innenministeriums Zl. P. I. 29451 vom 16. 10. 1939. Erlässe zur Vollstreckung : ebenda , Fasz. 9 , Zl. 50150 /  39 , Zl. 50421 /  39 vom 21. 10. 1939 ; ebenso Zl. 29345 /  39 vom 22. 10. 1939 ; Fasz. 40 , Zl. Nr. 3915 /  40. 314 HDA , BH-ODZ , Fasz. 41 , Zl. 4839 / 1940. 315 Ebenda , Fasz. 35 , Zl. 3061 ( Banschaftsamt , 22. 1. 1940. Weisung an die Polizeidienststellen ).

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In den Internierungsorten – laut behördlicher Diktion in den Orten des „Zwangsaufenthaltes“ – boten jüdische und nichtjüdische Familien Quartiere an , weil die jüdischen Gemeinden für die Untergebrachten die Miete bezahlten. Die Aufnahme von Flüchtlingen stellte somit für die zumeist in bescheideneren Verhältnissen lebenden Vermieter eine zusätzliche Einkommensquelle dar.316 Pensionen und Hotels sahen in der Aufnahme der Emigranten eine geschäftliche Chance – vor allem in Regionen , die touristisch nicht erschlossen waren oder die ihre frühere Klientel infolge der Wirtschaftskrise verloren hatten.317 Die Flüchtlinge mussten für ihre Reise in die Internierungsorte selbst aufkommen. Von den Einkünften aus den Pensionspreisen mussten die Quartiergeber 15 Dinar monatlich pro Person an die Gemeinde abführen , als Unkostenbeitrag für die Bewachung der Flüchtlinge. Die Gemeinden hoben auch von den Flüchtlingen selbst „Ortstaxen“ ein , deren Bezahlung in den meisten Fällen von der jüdischen Gemeinde Zagreb übernommen werden musste.318 In Samobor319 und Lipik bezogen die Internierten Kureinrichtungen. Zur Unterbringung dort bemerkte der Referent der Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Okkupationsmächte und ihrer einheimischen Helfer , dass die dortigen Hoteliers und Betreiber der Kur- und Badeanlagen sich vor allem um wohlhabendere ausländische Juden bemühten und diesen die nötigen Aufenthaltsgenehmigungen besorgten , sodass die dort Internierten sich um nichts kümmern mussten.320 Es gibt allerdings auch Quellen , denen zufolge sich die Einwohnerschaft von Samobor vehement gegen die Niederlassung von Juden in ihrer Gemeinde aussprach.321 So wurden aus Samobor Flüchtlinge auch in andere Internierungsorte verlegt : 117 jüdische Flüchtlinge aus allen Herkunftsländern erhielten die Zuweisung für die Orte Gacko und Čapljina in der Herzegowina – unter ihnen die Familie „Elenbog( h )en“: Hermann /  Chaim ( 61 Jahre alt ; geboren in Falticena /  Rumänien ; zuständig in Wien , Kaufmann ), seine Frau Laura und seine Tochter Herma ( Her316 Der ehemalige Flüchtling Robert Weiss kam als Verkäufer in einem Geschäft in Zagreb unter : Mail an die Verfasserin vom 22. 8. 2008. 317 In Daruvar boten 1940 Frau Klema Schrenger , Eigentümerin der „Vila Valy“, und Herr Hinko Keršner , Eigentümer des Hotels „Strauss“ in Daruvar , der jüdischen Gemeinde und über diese der Banschaftsverwaltung ihre Objekte für die Aufnahme von 100 Flüchtlingen an : HDA , BH-ODZ , Fasz. 30 , Zl. 2708 /  40. Ebenda , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , Dokument HDA 429 , Blatt 381. 318 Ebenda , Fasz. 11 , Zl. 58679 ; vgl. Ivo GOLDSTEIN  , Holokaust , S. 44 , und Slavko GOLDSTEIN , 1941 : Godina koja se vraća. S. 37. 319 HDA , Landeskommission , Z-2942 , Dokument HDA 429 , Blatt 381. 320 HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , ebenda , Blatt 382. 321 HDA , Innenministerium des USK ( MUP NDH , Fonds 223 ), Fasz. 304 , Zl. 10106 vom 12. 7. 1941.

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mine , geb. 1921 ) flüchteten im Jahre 1939 aus Wien und wurden zum Zwangsaufenthalt nach Samobor geschickt und von dort – zu einem nicht genannten Zeitpunkt – in die Herzegowina weitergewiesen.322 Mit der Familie Elenbogen kam ihr Verwandter , der ledige Julio Roninger. Die so weit von Zagreb entfernten Zwangsaufenthalte in der Herzegowina erwiesen sich 1941 als Rettung , weil sie in die italienische Besatzungszone fielen. Die Familie wurde zwar von der italienischen Armee 1942 in Dubrovnik interniert , konnte jedoch rechtzeitig vor der deutschen Besetzung Dalmatiens von den jugoslawischen Partisanen nach Apulien evakuiert werden und überlebte. Julio Roninger findet sich auf der Liste der ausländischen Juden , die am jugoslawischen Partisanenkampf teilgenommen haben und mit dem „PartisanenVerdienstorden 1941“ ausgezeichnet wurden.323 Der Zwangsaufenthalt in einer entlegenen Region und die damit verbundene Isolierung der Internierten mögen es mit sich gebracht haben , dass sich Partner in Mischehen , wie die katholische Slowenin Marija Polgar , die Ehefrau des Wieners Josef Polgar ( nach 27 Jahren Ehe ), trennte und die Behörden um Repatriierung nach Slowenien ersuchte.324 Die jüdischen Gemeinden bürgten für das Wohlverhalten der Internierten und trugen die Versorgungskosten , wenn die Eingewiesenen nicht selbst für sich sorgen konnten. Gerade die jüdische Gemeinde Mostar , die in den letzten Jahren vor dem Krieg von der Abwanderung ihrer Mitglieder betroffen war ( die Zahl sank bis 1940 von 300 auf 180 Angehörige ), übernahm diese finanzielle Belastung , weil die jüdische Kultusgemeinde Zagreb die Versorgung in dieser entlegenen Region nicht regelmäßig leisten konnte. Sie überwies jedoch Geldhilfe ; auch die jüdische Gemeinde von Dubrovnik sprang helfend ein.325 Wie die Verteilung der Zwangsaufenthalte für ausländische Juden zeigt , waren die Behörden bestrebt , die Flüchtlinge möglichst weit „in die Provinz“ abzuschieben : Dort waren die Beschäftigungsmöglichkeiten noch beschränkter als in der Stadt , wo sich Emigranten mit Privatunterricht in Fremdsprachen326 oder als Modistinnen327 durchschlagen konnten. Die Internierten durften nur bei Juden arbeiten. Die Post wurde angewiesen , an Flüchtlinge adressierte Sendungen den Adressaten nicht direkt auszuhändigen , 322 HDA , BH-ODZ , Fasz. 11 , Zl. 58679 / 1939 ; ebenda , Ustascha-Polizeidirektion ( RUR ŽO , Fonds 252 ), Fasz. 15 , Zl. 5185 / 1942 – Inv.-Nr. 29832 vom 3. 8. 1942. 323 Jaša ROMANO , Jevreji Jugoslavije. S. 471. 324 HDA , RUR ŽO , Fasz. 15 , Zl. 5185 / 1942 – Inv.-Nr. 29832 vom 3. 8. 1942. 325 A. PINTO , Jevreji Sarajeva i Bosne i Hercegovine , S. 165. 326 Dr. Georg Nussbaum aus Wien. Er kam 1938 als Kommunist und heiratete in Zagreb die Tochter eines ehemaligen Mitgliedes der ungarischen Räterepublik , Susanne Rosen : HDA , Arhiv Helm , Fasz. 7. 327 Irma Pollak , Staatsangehörige des Reichsprotektorates Böhmen und Mähren : HDA , Archiv Helm , Fasz. 4 , Zl. 51 ( Agent Goppelt ).

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sondern der Polizeistation zur Zensur zu übergeben , die sie dann an die Flüchtlinge weiterleiten sollte.328 Die Frage nach dem Verhältnis der eingesessenen Bevölkerung zu den jüdischen Internierten läss sich nicht nur aufgrund der Bestrebungen beantworten , an den Internierten zu verdienen , sondern auch anhand von Polizeiakten mit Denunziantenprotokollen : Die ausländischen Juden führten „ein mondänes Leben , während wir unsere Arbeitskräfte ins Ausland schicken müssen“329, sie müssten sich nicht um Arbeitsstellen sorgen , „denn immer finde sich irgendwo ein Cousin , der es schon richten wird“; sie trieben sich in Kaffeehäusern herum , spielten und vergnügten sich mit Frauen zweifelhafter Moral.330 Die nationalkroatische Zeitung „Mlada Hrvatska“ forderte 1939 ganz offen , alle ausländischen Juden aus dem Land zu werfen und keine neuen mehr aufzunehmen , weil alle Juden deutschfeindlich gesinnt seien.331 Eine Pressekampagne gegen die jüdischen Flüchtlinge und ihre Beherbergung in Jugoslawien gab es nur in Kroatien : Immerhin gab es auf dem Territorium der Banschaft Kroatien die meisten Internierungsorte. Antisemitische Kampagnen gegen „die Juden“ gab es aber auch in Serbien und Slowenien : Belgrader Journalisten beschuldigten Zagreb , durch die „deutsche Emigration noch jüdischer“ geworden zu sein.332 In der Draubanschaft ( Slowenien ) galt die Losung , Juden seien immer mit den Deutschen gegangen und daher für Slowenen unerträglich.333 In Serbien warfen Medien den Juden ihren angeblichen Mangel an serbischem Patriotismus und – im Widerspruch dazu – „mangelhafte jugoslawische Gesinnung“ vor.334 Dies bedeutete den besonders gravierenden Vorwurf der Opposition zum König , der die nationalen Spannungen durch die „Schaffung einer jugoslawischen Nation“ zu überwinden versuchte.335 Ministerpräsident Stojadinović sagte zwar dem Bund der jüdischen Gemeinden Jugoslawiens zu , judenfeindliche Pressekampagnen zu verbieten ; doch geschah nichts dergleichen. Diese Pressehetze konnte Antipathie gegen die Juden erzeugen – aber bis zur Besetzung Jugoslawiens ( 6. April 1941 ) gab es keine tätlichen Angriffe gegen Juden , auch nicht gegen die ausländischen Juden in ihren Internierungsquartieren. 328 HDA , BH-ODZ , Fasz. 28 , Zl. 1548 /  40. 329 Ebenda : Beispiele dafür sind folgende Ablehnungsbescheide zu Anträgen potenzieller Immigranten auf Einreisegenehmigung : HDA Zagreb , ODZ / 158 , Fasz. Nr. 11 , Zl. 59999. Fasz. Nr. 23 passim. 330 HDA , BH-ODZ , Fasz. 50 , Zl. 13970 / 1940 Bericht aus Daruvar. 331 M. KOLJANIN , Jevreji i antisemitizam , S. 245. 332 Ebenda , S. 253. 333 O. LUTHAR – I. ŠUMI , Living in Metafora , S. 40. 334 M. KOLJANIN , Jevreiji i antisemitizam , S. 249 f. 335 I. GOLDSTEIN , Croatia. A History , S. 124 f.

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Für die Beurteilung der Internierung der ausländischen jüdischen Flüchtlinge im Königreich Jugoslawien muss berücksichtigt werden , dass Jugoslawien die Völkerbunds-Konvention über die Rechtsstellung der Zivilflüchtlinge vom 10. 2. 1938 nicht unterzeichnet hatte , daher nicht verpflichtet war , sie mit politischen Flüchtlingen gleichzustellen. Indem aber Jugoslawien auf die Abschiebung verzichtete , entsprach es dem Gedanken des Schutzes von Flüchtlingen. Sie erhielten freilich nicht die anderen Rechte im Sinne der Konvention : Identitätsausweise , das Recht auf Beschäftigung , soziale Rechte und Zugang zur Schulbildung. Die Behörden tolerierten eine Beschäftigung der Flüchtlinge durch Juden und die Organisation von Schulunterricht durch die jüdische Kultusgemeinde Zagreb. Jugoslawien stimmte andererseits schon früher einem Schutz der Flüchtlinge vor Abschiebung ins Reich zu als Italien , das bei den jüdischen Flüchtlingen einen Ruf als besonders sicheres Aufnahmeland genoss. Italien internierte die jüdischen Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich nach Kriegsbeginn als „feindliche Ausländer“ ( siehe Liste Nr. 4.13 ); dies stand in offensichtlichem Gegensatz zu den Gründen und Umständen des Aufenthaltes deutscher , österreichischer , tschechischer , slowakischer und polnischer Juden in Italien , ungeachtet auch der Tatsache , dass diese Flüchtlinge die Staatsbürgerschaft verloren , die Reichsbürgerschaft im Deutschen Reich nie erhalten hatten. Sie wurden auch in Italien als „Staatenlose“ – apolidi – geführt. Bei den ausländischen Juden aus dem Deutschen Reich gingen die Behörden von vornherein davon aus , dass sie „Hass auf Deutschland“ hegten. Die Formulierung , „odio degli ebrei per la Germania“336 sollte auch die meistverwendete Begründung für willkürliche Verhaftungen und schließlich für die Internierung werden.337 Zudem internierte Italien männliche jüdische Flüchtlinge zwischen 14 und 65 Jahren in Lager , während Frauen , Kinder und Männer , die das 65. Lebensjahr überschritten hatten , in die „freie Internierung“ in Gemeinden eingewiesen wurden. Während Jugoslawien von den Flüchtlingen erwartete , für sich selbst zu sorgen , und die jüdischen Gemeinden verpflichtete , den Unterhalt der Mittellosen zu finanzieren , wurden in Italien die Gemeinden herangezogen.338 In Jugoslawien wurde nur ein einziges „richtiges“ Konzentrationslager gegründet , in Draganić bei Karlovac : Es handelte sich um leerstehende Lagerräume eines landwirtschaftlichen Gutes beim Bahnhof an der Bahnlinie Zagreb–Karlovac ; das Areal wurde für die Unterbringung mit Stacheldraht umzäunt ; Gendarmen bewachten es tagsüber.339 Die schwierigen Lebensbedingungen 336 M. A. MATARD-BONUCCI , L’Italia fascista e la persecuzione degli ebrei , S. 317. 337 DARI , Questura di Fiume ( JU-53 ), Fasz. Nr. 563 , Akt Nr. 001701 – Arvay Roszy , Gattin von Ferdinand Neumann. 338 M. A. MATARD-BONUCCI , L’Italia fascista e la persecuzione degli ebrei , S. 317. 339 Slavko GOLDSTEIN ; 1941 : Godina koja se vraća ( 1941 : Das Jahr , das sich wiederholt ). 2Zagreb 2007 , S. 24. Slavko Goldstein , dessen Vater Ivo namens der jüdischen

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in der Internierung resultierten in beiden Ländern aus der Armut und Unterentwicklung des bäuerlichen Landes.340 In beiden Ländern waren die Internierten ihres Lebens sicher – sicher auch vor Misshandlungen , vor der Willkür von Wächtern und Lagerkommandanten. Aber das Misstrauen der Behörden gegenüber ihrer politischen Haltung spürten sie hier wie dort : „Es waren ‚Quartiere für Geduldete‘ “, urteilte Josef Indig.341 Dies gilt auch für die freie Internierung in Jugoslawien , wo die örtliche Bevölkerung Widerstand gegen die Einweisung leistete oder nur an den Flüchtlingen verdienen wollten , ihnen aber mit Misstrauen und Ablehnung begegnete.342 Sicher waren die Flüchtlinge in der jugoslawischen Internierung vor Abschiebung und Auslieferung an die nationalsozialistischen Stellen im ( ehemaligen ) Österreich – aber nicht vor deren Agenten in Jugoslawien : Seit 1933 wirkte in Jugoslawien ein dichtes Netz deutscher Agenten ; diese Tätigkeit übte auch der 1938 ernannte Innenminister Milan Aćimović vor seiner Ernennung in das Ministeramt aus. Nach dem deutschen Einmarsch in Österreich errichtete der Sicherheitsdienst ( SD ) Büros in Graz und Klagenfurt zur Koordinierung der Agententätigkeit. Die Dienststellen Salzburg und Wien der „Abwehr“ ( des Nachrichtendienstes des OKW ) waren für Jugoslawien zuständig. Unmittelbar vor dem deutschen Überfall auf Jugoslawien gründete die „Abwehr“ eine eigene Nachrichtendienststelle für Jugoslawien unter der Bezeichnung „ Juppiter“, die ihren Sitz am Bahnhof von Maribor ( Marburg an der Drau ) hatte. Ihre Mitarbeiter wurden als Bahnbeamte getarnt. Auch die in Maribor wirkende Expositur des deutschen Konsulates Ljubljana fungierte als Nachrichtendienst. Im Jänner 1938 schloss der Kriminalkommissar der Gestapo , Hans Helm , der nachmalige Polizeiattaché an der Deutschen Gesandtschaft in Zagreb , mit der jugoslawischen Polizeidirektion ein Kooperationsabkommen zwischen Gestapo und jugoslawischer Polizei. Die Überwachung Jugoslawiens wurde schließlich noch durch eine – auch die jugoslawischen Stellen verstörende – „Flut“ deutscher „Touristen“ in Jugoslawien seit 1938 perfektioniert.343 Die deutschen Stellen ließen die flüchtenden Juden auch im Ausland nicht aus den Augen und verbrachten Flüchtlinge aus der Internierung wieder auf deutsches Reichsgebiet zurück : So wurden im Jahre 1940 tschechische Juden aus der Internierung in Samobor zur Einvernahme nach Hamburg verbracht , weil sie , Agentenmeldungen Gemeinde Karlovac die Flüchtlinge in Draganić betreute , begleitete seinen Vater zu den Theateraufführungen der Flüchtlinge , mit denen sie sich die Zeit und das Bangen vor der ungewissen Zukunft vertrieben. 340 Christina KÖSTNER – Klaus VOIGT ( Hrsg. ), Österreichisches Exil in Italien 1938– 1945. Wien 2009 , Vorwort S. 10 f. 341 VOIGT , Joškos Kinder , S. 25 , 26 und passim. 342 Beispiele hierfür : Denunzianten über das angeblich „mondäne“ Leben der jüdischen Flüchtlinge in Daruvar : HDA , BH-ODZ , Fasz. 50., Zl. 10590 / 1940. 343 Dušan BIBER , Nacizem in Nemci v Jugoslaviji 1933–1941 ( Der Nationalsozialismus und Jugoslawiendeutsche 1933–1941 ). Ljubljana 1966 , S. 230.

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zufolge , Anschläge auf deutsche Züge planten , die Erdöl aus Rumänien und deutsche Umsiedler aus Bessarabien nach Deutschland transportierten.344 Fluchtpläne der Internierten , besonders aber Geld und Wertgegenstände der Flüchtlinge , die sie vor dem Verlassen ihrer Heimat nicht deklariert haben könnten , beobachteten die Agenten. Franz Rippl hatte die ausländischen Juden in Crikvencia zu observieren : Franz Hödl war für Rijeka und Opatija zuständig. Hödl wurde 1943 in Rijeka von einem fahrenden Auto aus erschossen. Das Amt des Polizeiattachés in Zagreb verdächtigte kommunistische Partisanen dieser Tat345 und lag damit gewiss nicht falsch.

1.5 Möglichkeiten zur Emigration346 Da den jugoslawischen Behörden daran gelegen war , sich der Internierten zu entledigen , sie in andere Länder weiterzuleiten , erlaubten sie ihnen , ihre Zwangsaufenthalte zu verlassen , damit sie Genehmigungen für die Einreise in andere Länder erwerben konnten. Die burgenländischen Flüchtlinge in Podravska Slatina erhielten solche ( siehe Liste Nr. 4.3 ): für Schanghai Max Adler , Ignaz und Elisabeth Benau , Steuer Ludwig , Steuer Josefine ( geb. 24. Dezember 1914 in Rechnitz ) und Tochter Olga. Nur für Olga gibt es eine Bestätigung , dass sie am 15. August 1939 ausgereist ist.347 Spegler ( Spiegler ) Adalbert und Theresia durften im Juli 1940 in die USA ausreisen.348 Zwischen 14. und 25. März 1940 erhielten Flüchtlinge aus Samobor , Podravska Slatina und Daruvar Ausreisegenehmigungen für Prahovo , den Donauhafen in der Donaubanschaft ( Serbien ), in dem schon Flüchtlinge des Kladovo-Transportes weilten ( siehe Listen 4.2 , 4.3 , 4. 4  ). Jüdische Flüchtlinge fanden in Albanien Zuflucht.349 Einige wenige Namensakten von Flüchtlingen , die Albanien als „ultima ratio“ wählten , enthält der Bestand „Sektion für Staatssicherheit der Banschaft Kroatien im Kroatischen Staatsarchiv. Es 344 HDA , Helm , Fasz. 17 , Zl. 128 , Akt Arnold Herzog , Hynek Jaroslav ; ebenso Fasz. 18 , Zl. 5 , Karban Lavoslav ; Die Verdächtigten durften wieder nach Zagreb zurückkehren , wurden jedoch dauernd beschattet. 345 HDA , Archiv Helm , Fasz. 5 ( Akt Rippl : Er war Hödl unterstellt und berichtete dem Amt Helms von der Ermordung Hödls ). 346 Zu den Fluchtzielen von Slowenien aus siehe Liste Nr. 4.1 im Anhang. 347 Ebenda , Fasz. 40 , Zl. 4322 / 1940. 348 Ebenda , Fasz. 68 , Zl. 6812 vom 14. 3. 1940. 349 Fasz. Nr. , Dok. Nr. 18895 / 1938 vom 2. 6. 1938 ; 21704 / 1938 vom 11. 11. 1938 ; Zl. 18895 / 1938 – Zur Flüchtlingspolitik Albaniens siehe Albert Ramaj , Rettung von Juden in Albanien. In : G2W -Glaube in der 2. Welt ( Ökumenisches Forum für Religion und Gesellschaft in Ost und West ) 2 /  2007 , 35. Jahrgang , S. 17–19 ( Themenschwerpunkt : Rettung von Juden in Albanien ). RAMAJ Albert , Rettung von Juden in Albanien. In : http ://davidkultur.at / Ausgabe.php ?ausg=73 & artikel=504.

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sind Einvernahmeprotokolle der jugoslawischen Polizei mit den illegal Eingereisten , in denen die Beamten die Flüchtlinge auf die Möglichkeit der Einreise in Albanien hinwiesen. Leo Thuer kam zuerst nach Tirana , ließ sich aber in Durrhës ( D urazzo ) nieder. Dort engagierte er sich für die Aufrechterhaltung von Kontakten zwischen allen ausländischen Flüchtlingen und richtete in ihrem Namen ein Hilfsersuchen an die jüdische Gemeinde Split. Diese gewährte ihm auch einen ( nicht bezifferten ) Geldbetrag. Auch Richard Atlas350 fand 1938 in Albanien Zuflucht und erhielt eine Aufenthaltsgenehmigung.351 Diese Flüchtlinge in Albanien gerieten 1940 unter italienische Herrschaft und wurden im Jahre 1941 , vor der Besetzung Albaniens durch die Deutsche Wehrmacht , in italienische Internierungslager in Sicherheit gebracht.352 Jüdische Flüchtlinge , die 1938 in Murska Sobota als illegale Einwanderer entdeckt wurden , äußerten der jugos­lawischen Polizei gegenüber , sie wollten von Jugoslawien aus Italien erreichen , weil sie dort als Juden gastfreundlich aufgenommen und versorgt würden.353 Diese unter jüdischen Immigranten nach Jugoslawien verbreitete Überzeugung relativierten sie nach ihrer Ankunft dort – ein Zeichen der Enttäuschung über die Aufnahme sind die Migrationen der Flüchtlinge auf das italienische Territorium und wieder nach Jugoslawien zurück354 , wenn sie befürchten mussten , dass ihnen die italienische oder die jugoslawische Polizei wegen illegaler Einreise auf den Fersen sei.355 Die italienische Polizei schob jüdische Flüchtlinge ab – sowohl nach Jugoslawien wie auch auf österreichisches Territorium356 , obwohl den italienischen Behörden die Entwicklung der Lage für die Juden in Österreich bekannt war. Die italienischen Behörden hatten Kenntnis , dass die Opfer der Abschiebung in das Konzentrationslager Hinterbrühl eingewiesen wurden.357 Ende 1938 kamen der 350 HDA , BH-ODZ , 45789 ( Fahndungsliste in Zagreb vom 20. 11. 1939 ). 351 Shaban Sinani , Die Diplomatie des königlichen Albaniens über die Rettung der Juden. Aus dem Albanischen von Zef Ahmeti. http ://albanisches-institut.ch /   ?p=839. 352 DARI , Landeskommission für die Ermittlung von Verbrechen der Okkupationsmächte und ihrer Kollaborateure vom 25. 11. 1941 , Nr. 17638 ; und ebenda : Landeskommission , Confinati politici , Affari in materia , Zl. 1–2–50. Ministero Interno Sanita , Roma. 353 HDA , SB-ODZ , Fasz. 7 , Zl. 59999 / 1939 ; Sterensis Leib und Egon Prister ( gebürtig aus Polen , zuständig in Wien ). 354 HDA , BH-ODZ , Fasz. 7 , Zl. 59999 / 1938. 355 HDA , BH-ODZ , Fasz. 7 , Zl. 59999 / 1938 : Davon berichtete der Zagreber Sekretär des Hilfsausschusses der Jüdischen Kultusgemeinde , Alexander KLEIN. A. KLEIN , Zehn Jahre Flüchtlingshilfswerk in Jugoslawien. S. 57. 356 K. VOIGT , 17–21. Zirkularmitteilungen der italienischen Behörden über Zurückweisungen an der österreichisch-italienischen Grenze finden sich in Staatsarchiv Rijeka ( DARI ), Prefettura di Carnaro /  Fiume ( Fonds JU-039 ), Fasz. 558 , 559. 357 So verfuhren die italienischen Grenzbehörden Ende September 1938 mit 750 jüdischen Flüchtlingen , die nach Triest oder Rijeka wollten , um per Schiff nach Griechenland bzw. Palästina zu reisen : Das Zagreber Banschaftsamt – Abtl. Staatssicherheit , erfuhr

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aus Radkersburg gebürtige Ferdinand Neumann mit seiner Frau Roszy , geborene Arvay 358, nach Lovran359, Felix ( Felice ) Bacher aus Wien mit seiner Frau Frieda und seiner Tochter Lilly nach Abbazia /  Opatija.360 Ferdinand Neumann unternahm mit seiner Frau Roszy , dem Ehepaar Ramras ( Johanna und Josef ) und zwei weiteren Flüchtlingen – Wilma Sarah Löbl ( geb. 1886 ) und dem Wiener Kaufmann Georg Groß ( geb. 1901 ) – den Versuch der illegalen Grenzüberschreitung nach Jugoslawien , weil sie ihre Aufenthaltsgenehmigungen für Italien hatten ablaufen lassen. Die Ehepaare Ramras und Neumann wurden von der italienischen Polizei verfolgt , festgenommen und nach einer einmonatigen Untersuchungshaft361 freigelassen. Sie durften in Fiume bleiben , um Einreisegenehmigungen für Länder in Übersee zu beschaffen. Georg Groß blieb in Haft , weil die italienische Polizei bei seiner Einvernahme den Eindruck gewann , er sei an einem Schleppernetz beteiligt , das der Grazer Weinhändler Benedetto ( Benedikt ) Schwarz in Rijeka /  Fiume unterhielt.362 Im November 1940 ging aus Fiume der erste Transport der aus Jugoslawien nach Fiume geflüchteten ausländischen Juden ins Königreich Italien ab.363 über das Kommissariat der Grenz- , Bahn- und Schiffspolizei Sušak davon : HDA , BHODZ , Fasz. 52 , Zl. 39343 am 28. 9. 1938. 358 Ferdinand NEUMANN , Erinnerungen eines Radkersburger NS-Opfers. In : 19. Jahresbericht des Bundes-Oberstufenrealgymnasiums mit Gewerbe- BORG 1987 / 1988. Bad Radkersburg. Ferdinand Neumann , Erinnerungen eines Radkersburger NS-Opfers. DARI Rijeka , JU-39 , JU-39 , Serie „S“, Fasz. 561 , Runderlässe des Innenministeriums Zl. 35615 /  4 43 und Zl. 45626 /  4 43 vom 15. 7. 1940. – Zum Lager Ferramonti di Tarsia. M. A. MATARD-BONUCCi , L’Italia fascista , S. 327. – K. VOIGT , Zuflucht , S. 192 und 263. DARI , JU-39 , Serie „S“ Fasz. 565 : Vollzugsbericht über die Internierung der Familie : 29. 1. 1941 , Nr. 0804 , und Bitte um Familienzusammenführung : Akt Nr. 03570. 359 Einweisungen aus der Provinz Fiume nach Ferramonti di Tarsia : DARI Rijeka , JU-39 , Fonds JU39 , Serie „S“, Fasz. 561 , Runderlässe des Innenministeriums Zl. 35615 /  443 und Zl. 45626 /  443 vom 15. 7. 1940. – Zum Lager Ferramonti di Tarsia. M. A. MATARD-BO­ NUCCI , L’Italia fascista , S. 327. – K. VOIGT , Zuflucht , S. 192 und 263. 360 DARI , JU-39 , Quästura , Serie „S“ Fasz. 565 : Vollzugsbericht über die Internierung der Familie : 29. 1. 1941 , Nr. 0804 , und Bitte um Familienzusammenführung : Akt Nr. 03570. Es wird gebeten , der Mutter zu erlauben , mit Tochter Lilly , deren Entbindung bevorstehe , zusammenzubleiben , damit die Mutter ihr bei der Geburt beistehen könne. 361 Roszy Arvay erlitt während der Untersuchungshaft Nierenkoliken und musste in das Krankenhaus überführt werden : DARI Rijeka , ebenda. 362 DARI Rijeka , JU-39 , Serie „S“, Fasz. 563 , Dok. Nr. 001701 , S. 3–4. Weitere Fälle von „Pendlern“: HDA , BH-ODZ , Fasz. 4 , Zl. 55253 /  38 und Fasz. 11 , Zl. 53912 /  38 , Fasz. 34 , Zl. 3027 /  39 , 15923 /  39 , 16695 /  39. 363 Anna PIZZUTI , Ebrei stranieri internati in Italia durante il periodo bellico. Internati di Jugoslavia : www.annapizzuti.it /  pdf. /  nazione-php ?n=jugoslav & t=Jugoslavia.

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Ging es um die Einschiffung nach Übersee vom italienischen Hafen Fiume /  Rijeka aus , so wandte Italien schon 1938 Präventivmaßnahmen gegen das „Abspringen“ von Flüchtlingen mit Schiffspatenten für Übersee an : Nach dem „internationalen Skandal“, den das griechische , aber unter panamesischer Flagge verkehrende Schiff „Colorado“ im Oktober 1938 verursacht hatte – es lud in Fiume /  Rijeka an Bord genommene Flüchtlinge für Ecuador in jugoslawischen Hoheitsgewässern aus364 –, erließ Italien Bestimmungen , um die Flüchtlinge möglichst lange außer Landes zu halten und möglichst rasch wieder aus den italienischen Hoheitsgewässern hinaus zu manövrieren. Ausländische jüdische Flüchtlinge mit Schiffspatenten durften – noch vor Erlass der Sichtvermerkspflicht für Juden ( 27. Jänner 1939 ) – erst dann nach Rijeka reisen , wenn ihr Schiff in den Hafen Rijeka eingelaufen war. Die Schiffe durften nur so lange im Hafen Rijeka liegen , um die Flüchtlinge an Bord zu nehmen , wobei sie streng kontrolliert und von jedem Kontakt zu Einheimischen ferngehalten wurden , um das Untertauchen von Flüchtlingen in Fiume /  Rijeka zu verhindern.365 Im März 1940 ersuchte Italien die jugoslawische Seite offiziell , Gruppenreisen von Juden , wie sie die tschechische Reiseagentur ČEDOK zur Evakuierung der Judenschaft der ehemaligen Tschechoslowakei durchführte , keine Transitvisa für die Durchreise durch Jugoslawien Richtung Rijeka /  F iume mehr zu erteilen.366 Defacto hatte Italien jedoch schon 1939 die Einreise aller ČEDOK-Transporte abgelehnt und daher die Evakuierung von deutschen , tschechoslowakischen und polnischen Juden und Jüdinnen nach China367 verhindert.368 Ab 19. August 1939 stellte Italien keine Touristenvisa mehr aus , ab 1. September 1939 wurden nur mehr Einzel-Transitvisa gewährt. In der Provinz Carnaro ( Rijeka /  Fiume ) mit ihrer starken Faschistischen Partei und den zahlreichen Angehörigen der „Schwarzhemden-Miliz“ ( „ Milizia volontaria“ ) sorgte der Leiter der Quästur ( Öffentliche Ordnung und Sicherheit , Polizei ), Dr. Temistocle Testa , für die bedingungslose Zusammenarbeit mit der Gestapo und die Auslieferung von illegalen Grenzgängern an die deutschen Behörden sowie für Abschiebungen nach Jugoslawien.369 Umfang-

364 HDA , SB-ODZ , Fasz. 52 , Zl. 10134 /  38. 365 HDA , SB-ODZ , Fasz. 52 , Zl. 13104 – Innenministerium an die Hafenbehörde Susak vom 22. 4. 1939. 366 Ebenda : Runderlass des jugoslawischen Außenministeriums Zl. 5831–319 vom 8. 6. 1940. 367 Ebenda , Fasz. 52 , Zl. 16656 /  39 vom 16. 3. 1940. 368 HDA , BH-ODZ , Fasz. 52 , Zl. 13104 – Bericht der Banschaftspolizei an das Innenministerium vom 20. 9. 1939. 369 Dr. Temistocle Testa steht auf der Kriegsverbrecherliste der jugoslawischen Kommission für die Ermittlung von Verbrechen : Die jugoslawische Justiz wurde seiner jedoch nicht habhaft : HDA , ZKRZ-GUZ , Zl. IV , 144 vom 17. 4. 1947. Vgl. Silva BON ; Le communità ebraiche di Fiume ed Abbazia , S. 89.

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reiche Fahndungslisten für illegale ausländische Immigranten370 , die zudem von den Präfekturen ( Provinzverwaltungen ) den deutschen Konsulaten zur Kenntnisnahme übermittelt wurden371 , zeugen davon ( siehe Liste Nr. 4.13 – In Fiume /  Rijeka verhaftete Juden aus Österreich mit deutschen Reisepässen )372 und von der Übermittlung dieser Dokumente an das Deutsche Konsulat in Fiume /  Rijeka.

370 DARI Rijeka , JU-39 , S. 562 : Nr. 1648 , 15. 4. 1940 ; ebenda , S. 566 , Bainmann Werner , Österreicher ( geb. 1904 ), eingereist im Juni 1940 ; o. Zl. 371 DARI Rijeka , JU-053 , Serie „E“: „Ebrei arrestati muniti di passaporti di Germania , del Protettorato di Boemia e Moravia e della Polonia“, Dok. Nr. 03608 , ohne Datum ! Das Dokument ist identisch mit einer Liste , die im August 1939 dem Deutschen Konsulat in Rijeka zur Verfügung gestellt wurde. Daher kann es in den Sommer 1939 datiert werden. Auch Quästur – Serie „S“, Liste Nr. 03608 vom 20. 8. 1940. 372 DARI , JU-53 , Fasz. 563 , Prefettura di Fiume-Questura , Ufficio Stranieri ( „ Ebrei arrestati muniti di passaporti di erminai , del Protettorato di Bomia e Moravia e della Polonia“ ).

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Abb. 5 a–c : Reale Questura di Fiume : Dokument : handschriftlicher Entwurf des ­Schreibens der Quästur Fiume an den deutschen Konsul in Fiume , Zl. 3068 , betr. Liste der in Fiume verhafteten Juden mit „Reisepässen Deutschlands , des Protekto­rates ­Böhmen und Mähren sowie aus Polen“, mit beigeschlossener Namensliste ( Quelle : Staatsarchiv Rijeka /  Državni arhiv Rijeka ). Der Quästor ( Polizeichef ) für die Provinz Carnaro ( F iume /  Rijeka ), Dr. Temistocle Testa , war zwar bekannt als Befürworter der Auslieferung von illegalen Grenzgängern aus dem Deutschen Reich  – einer seiner Untergebenen , der Beamte in der Fremdenpolizei von Fiume /  Rijeka , Dr. Giovanni Palatucci373  , wurde 1990 die Eh373 Giovanni Palatucci , geb. 31. 5. 1909 in Montella ( Provinz Avellino , Region Campania ). Er wuchs in einer sehr religiösen Familie ( aus Neapel gebürtig ) auf , aus der mehrere Priester und der Bischof von Campania ( Provinz Salerno ) hervorgingen. Giovanni Palatucci promovierte 1932 in Turin zum Doktor der Rechtswissenschaften. 1935 legte er die Rechtsanwaltsprüfung ab und trat in den Staatsdienst , in die Präfektur in Rom , ein. Hierfür musste er auch der Faschistischen Partei beitreten. Seine Karriere führte ihn von Rom nach Genua , um von dort wegen eines Artikels mit einer offenherzigen Kritik an der Arbeitsweise der Polizei 1937 strafweise nach Fiume /  Rijeka versetzt zu werden. Seine Personalakte im Staatsarchiv Rijeka – DARI , Fonds Nr. 053 , war datiert mit 23. 3. 1928 ( Innenministerium Rom ) und enthält eine Dienstbeurteilung durch seinen Vorgesetzten , Dr. Temistocle Testa. Er bescheinigte Palatucci „vorbildlich faschis­tische Gesinnung und Haltung“. Nach der Kapitulation Italiens ( 8. 9. 1943 ) und Einbeziehung der Provinz Carnaro in die Operationszone Adriatisches Küstenland zwang der damalige Präfekt

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rung als „Gerechter unter den Völkern“ zuteil , weil er Testas Weisungen und Vorgangsweise unterlaufen und jüdische Flüchtlinge gerettet haben soll. In Ramat Gan bei Tel Aviv wurden 1953 eine Straße und ein Park , 1955 ein Waldstück um Jerusalem nach ihm benannt. Im gleichen Jahr verlieh ihm der Bund Jüdischer Gemeinden Italiens posthum eine Goldplakette. 1995 ehrte ihn die Republik Italien mit dem Goldenen Orden für besondere zivile Verdienste. Papst Johannes Paul II. ernannte ihn im „Heiligen Jahr 2000“ zum „Märtyrer des XX. Jahrhunderts“; die italienische Polizei wählte ihn zu ihrem Schutzpatron.374 Palatuccis Rettungstätigkeit soll darin bestanden haben , dass er als Beamter der Quästur ( Polizeidirektion ) Fiume /  Rijeka aus der Meldekartei der Fremdenpolizei Karteikarten mit den Namen ausländischer Antragsteller auf Aufenthaltsgenehmigung oder Sichtvermerken einfach habe verschwinden lassen , dass er „unter den Augen der Gestapo-Agenten“ auf einmal 800 jüdische Flüchtlinge , die auf die Einschiffung auf den griechischen Dampfer „Agiazoni“ warteten , nach Opatija , Lovran und andere Küstenorte „verteilt“ und sie den Augen der Agenten entzogen habe. Solche Aktionen von Dr. Giovanni Palatucci konnten jedoch von den italienischen Historikern Marco Coslovich375 und Amleto Ballarini376 durch italienische Archiv­ unterlagen nicht belegt werden : Die Rettung von „Tausenden“ jüdischen Flüchtdie italienischen Beamten , auf ihren Posten zu bleiben. Palatucci übernahm die Leitung der Quästur. Die Gestapo beschattete ihn wahrscheinlich wegen der Gerüchte über die „ Judenwirtschaft“, die von den Wehrmachtsstellen einberichtet worden war. Unter dem Vorwand des unerlaubten Besitzes eines Radioapparates , den die Gestapo bei einer Perlustrierung seiner Wohnung fand , wurde Giovanni Palatucci verhaftet , in das Triestiner KZ „Risiera di San Sabba“ eingeliefert und von dort nach Dachau deportiert. Der Suchdienst des Internationalen Roten Kreuzes in Bad Arolsen hat auf Anfrage der Autorin bestätigt , was in der Literatur vermutet wurde. Palatucci starb am 18. 2. 1945. Die Umstände seines Todes sind nicht bekannt : „Palatuccis Kollege in der Quästur , Alberino Palumbo , erinnerte sich jedoch nach Bekanntwerden des Todes Palatuccis im KZ , dass Palatucci schon zu Lebzeiten eine Dienstethik als Polizist vertreten habe , die ihn für den Einsatz zur Rettung Gefährdeter prädestiniert habe : „La Polizia significa vita , quella vita che serve ad aiutare il prossimo , la povera gente“: I Giusti d’Italija. I non ebrei che salvarono gli ebrei 1943–1945. Edizione italiana a cura di Liliana Picciotto. Milano , 2007. S. 182 , 258 , 264. – Im Jahre 2002 wurde das Seligsprechungsverfahren für Giovanni Palatucci eingeleitet. www.questure.poliziadistato.it /  Trieste / Articolo–6–631–4911–1.htm ( 28. 5. 2009 ). 374 Marco COSLOVICH , Giovanni Palatucci. Za pravedan spomen. Kroatische Ausgabe des italienischen Originals : Giovanni Palatucci. Una giusta memoria. ( Aus dem Italienischen übersetzt von Rina BRUMINI ). Rijeka 2011. S. 11 f. 375 M. COSLOVICH ; Giovanni Palatucci. Za pravedan spomen. S. 76 f. 376 Amleto BALLARINI , Giovanni Palatucci. Favole e storia , Fiume. Rivista di Studi Adria­ tici ( Nuova seria. ). Anno XLIII. – Gennaio-Giugno 2003 , Nr. 1–6 , Bd. 7. Roma , 2003. S. 48–77 ; hier S. 49 f.

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lingen , die sich in Rijeka und in den Städten der nördlichen Adria eingefunden haben sollten , halten diese Forscher auch sachlich für unmöglich : Zum einen hatte Giovanni Palatucci als Beamter der Quästur in Rijeka nicht die nötigen Kompetenzen , um als Polizist Quartiere zu beschaffen und die einheimische Bevölkerung zur Aufnahme ausländischer Juden zu verhalten.

Abb. 6 : Dr. Giovanni Palatucci ( 1909–1945 ), Beamter der Fremdenpolizei Fiume /  Rijeka 1937–1943 ; 1943 Leiter der Polizei Fiume ( Rijeka ); am 12. 2. 1945 in Dachau ums Leben gekommen ; italienischer Gerechter unter den Völkern und Kandidat für die Seligsprechung. Polizeibeamte setzten sich mit persönlichen Kontakten zu ausländischen Juden dem Verdacht der Korruption , des Handels mit Dokumenten und der Spionage aus.377 Als untergebener Polizeibeamter konnte er auch nicht einfach Meldekartons von Flüchtlingen „verschwinden lassen“, ohne dass er dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen worden wäre. Der Archivar des Staatsarchivs Rijeka , Boris Zakošek , verweist darauf , dass Personalakten ausländischer Flüchtlinge nicht in nennenswerter Zahl aus dem Bestand dieses Archivs , „Prefettura di Fiume – Ufficio Stranieri“, verschwunden und nach dem Zweiten Weltkrieg wieder an das Archiv in Rijeka zurückgekommen seien. 378 Marco Coslovich zufolge weigerte sich die Quästur in 377 Das Staatsarchiv Rijeka enthält einen Akt über ein Disziplinarverfahren gegen einen Kollegen Palatuccis , Tommaso Musta , der einer Jüdin bei der Antragstellung half. Er wurde der Korruption und des Amtsmissbrauchs beschuldigt , weil er eine ausländische Jüdin in die Quästur bestellt und ihr geraten hatte , was sie angeben und was verschweigen solle : DARI , Tommaso Mussa : Quästura di Fiume ( JU-053 ). 378 Ebrei arrestati munidi di passaporti di Germania , del Protettorato di Boemi e Moravia e della Polonia. Auf diesen Dokumenten beruht auch die Studie Boris ZAKOŠEK , Gio-

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Rijeka nach der Kapitulation Italiens , der Bitte des Triester Hilfskomitees für die jüdischen Flüchtlinge zu entsprechen und die Meldeakten der Juden in Rijeka zu vernichten. Eine ministerielle Inspektion in der Quästur ergab im Juli 1943 , als das Innenministerium noch im Kabinett von Pietro Badoglio die Freilassung jüdischer und arischer Internierter verfügte , eine schlampige und säumige Erledigung der Dienstobliegenheiten. Palatucci , der zu dieser Zeit schon Chef der Quästur war , hatte sie zu verantworten. Die Unordnung in seinem Ressort wurde zwar von Palatuccis Biografen ( „ Hagiographen“ laut Coslovich ) als eine „Form der Solidarität mit den Verfolgten“ „idealisiert“: Coslovich zufolge spricht die Aktenlage gegen die Annahme , Palatucci habe die Inspektion irreführen und zu einer intensiveren Untersuchung seiner „Unordnung“ veranlassen wollen , um unterdessen durch Manipulationen an Akten Juden zu retten : Die Unterlagen beweisen , Coslovich zufolge , dass auch dort , wo Palatucci helfen konnte , seine Hilfe „nicht eindeutig“ gewesen sei. Dies spricht nicht gegen die Möglichkeit , dass Giovanni Palatucci jüdischen Flüchtlingen im Rahmen seiner Möglichkeiten bei der Erledigung der Aufenthaltsformalitäten , auch bei der Quartiersuche , half – allerdings fand Marco Coslovich im Briefwechsel Palatuccis mit seinen Eltern in Italien , seinen Vorgesetzten und den Dienststellen in Rom keine Hinweise auf ein besonders entwickeltes Bewusstsein für die Notwendigkeit , als Polizist zum Wohle von ausländischen Juden zu wirken – vielmehr habe er immer wieder seine Versetzung aus Rijeka betrieben und erkennen lassen , dass ihn nichts an diese Stadt binde. Coslovich glaubt , dass dem offiziellen Italien an der Idealisierung und „Kanonisierung“ Palatuccis gelegen sei , um den Vorwurf der kollaborationistischen und antisemitischen Politik unter dem Einfluss und auf Druck Hitlerdeutschlands zu entkräften. Palatucci hatte nur beschränkte Möglichkeiten , Juden zu helfen. Ob er diese genutzt hat , ist für Coslovich379 fraglich.380 Palatucci wurde von der Gestapo im November 1944 auch nicht wegen seiner Hilfe für Juden verhaftet , sondern wegen vermuteter Kontakte zu den Alliierten und /  oder zu den Partisanen. Die Gestapo schloss dies aus dem Fund eines nicht angemeldeten Radios in seiner Wohnung. Über das Triestiner Konzentrationslager „Risiera di San Sabba“ wurde er nach Dachau befördert und kam am 11. 2. 1945 ums Leben.381 vanni Palatucci … S. 90. „Neprikosnoveno fašističko držanje i usmjerenje“, mit Faksimile des Personalaktes von Giovanni Palatucci. 379 M. COSLOVICH , Giovanni Palatucci. Za pravedan spomen. S. 112 f. 380 Gegen einen Kollegen von Palatucci , Dr. Tommaso Mussa , ließ Testa wegen vergleichsweise geringfügiger Hilfe für eine Jüdin – Absprache mit ihr , wann sie in der Quästur erscheinen und was sie angeben solle – ein Disziplinarverfahren einleiten : DARI , Ques­ tura ( JU-53 ), Tommaso Mussa. 381 B. ZAKOŠEK , Giovanni Palatucci , S. 93 f. – M. A. MATARD-BONUCCI , L’Italia fascista e la persecuzione degli ebrei , S. 373.

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2 „Lösung der Judenfrage im Land“: Die ausländischen jüdischen Flüchtlinge im besetzten Jugoslawien Die Aufteilung des ehemaligen Jugoslawien ( April 1941 )382 unter den Achsenmächten und ihren Verbündeten nach dem deutschen Angriff auf Jugoslawien schufen für jüdische Flüchtlinge , zumeist Grenzgänger ohne gültige Reisedokumente , neue , schwer überwindbare Grenzbarrieren383 : In Serbien wurde eine deutsche Militärverwaltung eingesetzt.384 die Draubanschaft ( Slowenien ) wurde unter Italien , Deutschland und Ungarn aufgeteilt. Ungarn besetzte das slowenische Übermurgebiet , in Kroatien das Zwischenmurgebiet und die Baranya , auf dem Territorium der heutigen Republik Serbien die Region Bačka ( heute : Teil der Vojvodina ) und annektierte diese Territorien am 16. Dezember 1941. Auf dem Territorium der Banschaft Kroatien ( Banovina Hrvatska ) entstand der Unabhängige Staat Kroatien ( USK ), dem die Region Srijem – Syrmien , Nordwestserbien bis zur Stadt Zemun ( Semlin ) – sowie Bosnien und Herzegowina zugeschlagen wurden. Italien annektierte Dalmatien ab der Meeresenge von Novigrad bei Zadar bis Omiš südlich von Split , die meisten Adriainseln ( mit Ausnahme von Pag , Brač , Hvar und Mljet ), das Küstenland bis zur Osteinfahrt der Bucht von Bakar , die Quarnerinseln und den nördlichen Teil der Region Gorski kotar ( im Hinterland von Rijeka ) sowie Westslowenien einschließlich der Hauptstadt Ljubljana ( Laibach ). Ungarn besetzte ( und annektierte im Dezember 1941 ) die Regionen Übermur und Zwischenmur , die Bačka und die Baranja. Die Untersteiermark ( Štajerska ), das Miestal und Krain kamen unter deutsche Verwaltung. Bulgarien besetzte das damalige Südserbien ( nachmals Mazedonien ).385 Die Deutsche Wehrmacht und die italienische Armee verblieben nach der Kapitulation Jugoslawiens ( 17. April 1941 ) als „Schutzmächte“ auf dem Territorium des USK. Um die Juden in ganz Europa zum Verschwinden zu bringen , gab es im April 1941 Überlegungen , die Bündnispartner des Deutschen Reiches zur „Lösung der Judenfrage im eigenen Land“ zu verhalten.386 382 Zur Aufteilung Jugoslawiens siehe Ferdo Čulinović , Okupatorska podjela Jugoslavije ( Die Aufteilung Jugoslawiens durch die Besatzungsmächte ). Beograd 1970. 383 Die Neuordnung des Territoriums des ehemaligen Jugoslawien durch das Wiener Abkommen vom 21. 4. 1941 siehe F. ČULINOVIĆ , Okupatorska podjela , S.  236 ; Tone FERENC , Okupacijski režimi drugo svetovno vojno med. ( Besatzungsregime während des Zweiten Weltkriegs ). 1. Teil , Ljubljana 2006 , S. 105–119 , 209–248 ; DERS. : Okupacija slovenskega ozemlja ( Die Besetzung Sloweniens ). In : Slovenska novejša zgodovina 1848–1992. Ljubljana 2006 , S.  581–586 ; DERS. : Okupatorski režimi v Evropi in Sloveniji 1941. In : Prispevki za novejšo zgodovino Slovenci in leto 1941. Ljubljana 2001 , S. 105–113 ; hier S. 108–110. 384 F. ČULINOVIĆ , Okupatorska podjela. S. 236 f. 385 Ungarische Besatzungspolitik : F. ČULINOVIĆ ; ebenda , S. 236 und S. 558–584. 386 C. BROWNING , The Path to Genozide. Essays on Launching the Final Solution.

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„Lösung der Judenfrage im Land“

2.1 Auslieferung an die Deutschen – Sekundantenrolle der einheimischen Kollaborateure in Serbien387 Unter den ausländischen jüdischen Flüchtlingen in Serbien , die in den Donauhäfen auf die Weiterfahrt des „Kladovo-Transportes“ warteten , befanden sich auch Flüchtlinge , die im Jahre 1940 aus der damaligen Banschaft Kroatien nach Prahovo ausreisen durften , um sich den Schiffstransporten anzuschließen.388 Die männlichen Teilnehmer wurden im Oktober 1941 von deutschen Soldaten als Geiseln in Zasavica erschossen ; die Frauen und Kinder mussten unter winterlichen Bedingungen zu Fuß nach Belgrad aufbrechen , um ins Lager Sajmište ( auf dem Gelände der Alten Messe in Belgrad ) eingeliefert zu werden. Dort wurden sie ab Mai 1942 ermordet.389 Im Elaborat der Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer einheimischen Helfer wird eine Gruppe von 45 jüdischen Flüchtlingsfamilien aus Österreich , Deutschland , Polen und der ehemaligen Tschechoslowakei genannt , die den „Kladovo-Transport“ verließen , um sich nach Griechenland durchzuschlagen. Wegen älterer und kranker Familienmitglieder unterbrachen sie die Flucht in Kuršumlijska Banija ( heute : Republik Kosovo ). Schließlich fanden sie Unterkunft bei jüdischen Familien in Prizren und Priština. Als am 16. Oktober 1939 das jugoslawische Innenministerium die Internierung , den Zwangsaufenthalt der ausländischen jüdischen Flüchtlinge verfügte , wurden diese Familien im Kosovo festgehalten.390 Italien , das 1941 in dieser Region seine „Interessenszone III“ einrichtete391 , lieferte auf Forderung der deutschen Militärverwaltung von Serbien diese Familien an die Deutschen aus. Sie alle wurden im Frühsommer 1942 im Konzentrationslager Banjica bei Belgrad erschossen.392 Dies ist der einzige Fall , dass Italien Cambridge 1992. – Mc FEE Gordon , When did Hitler decide on the Final Solution  ? Über : www.holocaust-history-org /  hitler-final-solution. 387 Die Autorin stützt sich aus dem im Vorwort genannten Grund auf Quellen in den kroa­ tischen Archiven. 388 Siehe die Listen 4.2 , 4.3 , 4.4 im Anhang. 389 W. MANOSCHEK, „Serbien ist judenfrei“. S. 175 ff. Eine ausführliche Darstellung des Schicksals der jüdischen Insassen und Insassinnen des Lagers Banjica bietet Milan KOLJANIN , Nemački logor na beogradskom sajmištu 1941–1944 ( Das deutsche Lager auf dem Belgrader Messegelände 1941–1944 ). Beograd 1992. 390 HDA , ZKRZ-GUZ , Ausrottung der jugoslawischen Juden : HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , ZKRZ-GUZ-2235 /  2 /  2–45 , Blatt 382 f. 391 Den Verlauf der Demarkationslinie zwischen dem deutschen und italienischen Einflussbereich in dieser Region notierte Edmund Glaise von Horstenau : P. BROUČEK ; Ein General im Zwielicht. III. Bd. S. 99. 392 JIM , Liste Banjica ( ohne Signatur ): Siehe die Liste der österreichischen Opfer des Lagers Banjica ( Nr. 4.5 ) im Anhang : Aus der Liste des JIM sind die Namen der aus dem Kosovo deportierten ausländischen Juden nicht zu erschließen , weil als „letzter Aufent-

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Auslieferung an die Deutschen

auf ehemals jugoslawischem Territorium ausländische Flüchtlinge an die Deutschen übergab.393 Dass die deutschen Militärbehörden in Serbien schon im Sommer 1942 Serbien als „ Judenfrei“ erklären konnten , liegt auch daran , dass 1941 Juden aus ganz Serbien versucht hatten , auf das italienische Territorium , möglichst nach Dalmatien , zu gelangen. Split mit etwas mehr als 200 einheimischen Juden beherbergte im Sommer 1941 mehr als 3. 000 jüdische Flüchtlinge , Dubrovniks 87 einheimische Juden nahmen im Mai 1941 1. 600 Flüchtlinge ( darunter 274 österreichische und deutsche Juden ) auf , die in der westlichen Herzegowina interniert waren. Die zahlenstärksten Gruppen bildeten Juden aus Serbien sowie aus Bosnien und Herzegowina.394 Die Nachricht über das Ende dieser Gruppe bewog die in Dalmatien stationierte Zweite ( italienische ) Armee , dem deutschen Druck nach Auslieferung auch der Juden in der italienischen „Zone II“ ( in Dalmatien , auf den dalmatinischen Inseln und im Küstenland ) Widerstand entgegenzusetzen. Bis zum Abzug der italienischen Verwaltung aus dem ehemaligen Jugoslawien lehnten die italienischen Militärbehörden beharrlich und erfolgreich die Auslieferung der auf ihrem besetzten Territorium weilenden ausländischen Juden ab und bemühten sich nach der Kapitulation Italiens , diese vor der Besetzung Dalmatiens und der Inseln durch die Deutschen auf das von den Alliierten kontrollierte Apulien zu evakuieren. Der italienische Generalstab ließ die Armeeführung in Dalmatien jedoch im Stich.395 Walter Manoschek verweist auf schon in der zweiten Jahreshälfte 1941 bestehende Pläne der deutschen Militärverwaltung in Serbien , die Juden in das Generalgouhaltsort“ zumeist Beograd angegeben wurde. Es gibt keine Namenslisten der im Kosovo Internierten. 393 JIM , Liste Banjica : Liste Nr. 4.5. 394 Im Kroatischen Staatsarchiv Split ( DAST ) enthält der Bestand „Židovska općina Split“ mit dem schriftlichen Nachlass des damaligen Präsidenten der jüdischen Gemeinde Split , Vid Morpurgo , Signatur Ž. O. Fonds K-1-4 , Berichte über die Flüchtlingswellen aus ganz Jugoslawien , zumeist Richtung Split , aber auch nach Dubrovnik , seit Mai 1941. Bericht der Jüdischen Gemeinde von Dubrovnik an die Jüdische Kultusgemeinde Zagreb und an die Landeskommission zur Ermittlung von Kriegsverbrechen der Besatzer und einheimischen Kollaborateure , Zl. ZKRZ-GUZ , Zl. 2235 / 16a–1–45. Vgl. Duško KEČKEMET , Židovi u povijesti Splita ( Die Juden in der Geschichte von Spit ). Split 1971. S. 173–177. Emilio TOLENTINO , Fašistička okupacija Dubrovnika 1941–1945 i rješavanje „ Jevrejskog pitanja“ ( Die faschistische Besatzung Dubrovniks 1941–1945 und die „Lösung der Judenfrage“ ). In : Zbornik – Jevrejski historijski muzej , Beograd ( Anthologie : Jüdisches Historisches Museum Belgrad ), Nr. 1 ( 1971 ), S. 201–208 ; hier S. 204 f., Bernard STULLI , Židovi u Dubrovniku. Zagreb 1989 , S. 86. 395 Nisim NAVONOVIĆ , Vorsitzender der jüdischen Gemeinde von Priština , wusste von der Versorgung dieser jüdischen Emigranten durch die Mitglieder der jüdischen Gemeinden des Kosovo , aber nichts von ihrem weiteren Schicksal : www.elmundosefarad. wikidot.com /  jevreji-pristine ( 10. 11. 2011 )

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„Lösung der Judenfrage im Land“

vernement oder auf das besetzte Territorium der Sowjetunion zu „evakuieren“. Ein Alternativplan sah die „Evakuierung“ ins Donaudelta , also nach Rumänien , vor. Das deutsche Außenministerium wies jedoch alle diese Pläne zurück : Die Ansiedlung auf dem Territorium der UdSSR kam nicht infrage wegen der Kontaktmöglichkeiten zu Kommunisten ; die „Auslagerung“ ins Donaudelta wurde nicht akzeptiert , um dem verbündeten Rumänien nicht eine zusätzliche Belastung aufzuerlegen ; die „Neigung der Juden zur Beteiligung an Sabotageakten gegen die Deutschen“ ließ die Evakuierung ebenfalls nicht als akzeptabel erscheinen. Daher forderte das Außenministerium die „Lösung im Land“ durch Einlieferung in Konzentrationslager in Serbien. Diese wurde im Mai 1942 exekutiert.396

2.2 Die „Lösung der Judenfrage“ im Rahmen der Aussiedlung der Slowenen aus der Untersteiermark Die meisten jüdischen Flüchtlinge , die bis zum deutschen Angriff gegen Jugoslawien die österreichisch-jugoslawische Grenze überschritten , waren über die „Grüne Grenze“ zwischen der österreichischen und der slowenischen Steiermark geflüchtet. Jene , die sich vor dem Beginn des Krieges in Jugoslawien zum Verbleib in Maribor und Umgebung entschlossen hatten , gerieten nun wieder unter deutsche Herrschaft. Die slowenische Historiografie ermittelt noch , wie viele ausländische Juden sich vor 1941 in der Draubanschaft ( Slowenien ) niedergelassen haben.397 50 jüdische Flüchtlinge mussten im einzigen Internierungslager in Slowenien , im Schloss Leskovec ob Krškem ( Unterkrain , nahe der Grenze zu Kroatien ), auf die Regelung ihres Aufenthaltstitels warten. Unterkrain allerdings fiel nach dem Wiener Teilungsvertrag an die von Italien annektierte Provinz Laibach.398 Als die italienischen Behörden zwischen 25. und 31. Juli die Juden der Provincia di Lubiana ( in ganz Slowenien waren es 91 , davon wohnten 45 in Ljubljana ) sammelten , um sie im November nach Ferramonti di Tarsia und in andere italienische Internierungslager abzutransportieren , wurden auch die transportfähigen Insassen von Leskovec ob Krškem in die Deportation einbezogen. Einige wenige ältere Menschen durften in Leskovec ob Krškem bleiben. Sie wurden jedoch 1943 von den Deutschen nach dem Osten abtransportiert. Namenslisten der Deportationsopfer sind nicht 396 W. MANOSCHEK , „Serbien ist judenfrei.“ S. 167–177. 397 Damjan HANČIČ , Renato PODBERSIČ , Žrtve nacionalsocijalizma in boljševizma med slovenskimi Judi ( Opfer des Nationalsozialismus und Bolschewismus unter den Slowenen ): In : Svako leto eno ime. Srećanje Maribor 26. 1. 2011 ( Jedes Jahr ein Name. Konferenz – Maribor /  Marburg 26. 1. 2011 ). Kulturni centar –Sinagoga , Maribor , www.zss. si /  htm. Auch : Damjan HANČIČ , Renato PODBERŠIČ ; Hitlerjeva dolga senca ( Hitlers langer Schatten ). Celovec 2007 , S. 179–180. 398 RISTOVIĆ , U potrazi , S.  23–82 ; vgl. I. GOLDSTEIN , Židovi u Zagrebu 1918–1941 , S. 451.

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erhalten.399 Ein einziger österreichischer Jude konnte als Insasse eines Slowenentransportes ausgemacht werden : Rudolf Münz ( auch „Mütz“ ), Textilfacharbeiter in Kranj ( Krainburg ), wohin er 1938 geflüchtet war. Er wurde mit einem Transport nach Serbien verbracht und kam vermutlich im Lager Sajmište ums Leben.400 Rudolf Mütz ( geb. 15. November 1879 in Wien , wohnhaft in Wien , Riemergasse 14 / 10 ) findet sich auf der Opferliste des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes ; als Todesort wurde „Sirida“ ( vielleicht Irig , heute Vojvodina , Republik Serbien ) angegeben.401 Obwohl die Ausweisung aus der Untersteiermark Slowenen und Juden betraf , einte das gemeinsame Schicksal die Insassen der Transporte nicht : Nationalbewusste Slowenen , die nach dem Willen der deutschen Besatzer aus der Untersteiermark auszusiedeln waren , protestierten , als sie mit Juden und Roma in gemeinsamen Waggons deportiert wurden. In slowenischen Gemeinden mit einem deutschsprachigen Bevölkerungsanteil und deutschen Behörden vertrieben noch vor der deutschen Besetzung die Bürgermeister jüdische Flüchtlinge trotz gültiger Aufenthaltsgenehmigungen. Sofern diese Vertriebenen nicht den Übertritt auf das italienisch annektierte Territorium schafften , blieb ihnen nur der Fluchtweg über die slowenisch-kroatische Grenze.402 Erwin Süßmann , der sich 1940 in der slowenischen Ortschaft Dobrova ( Gemeinde Šmartno pri Slovenj-gradec ) niedergelassen hatte und dort die Taufe in der katholischen Kirche nahm403 , wurde auf diese Weise nach Kroatien vertrieben. Wegen 399 Listen der aus der Provincia di Lubiana nach Italien deportierten Jüdinnen und Juden veröffentlichte Anna Pizzuti : Ebrei stranieri internati in Italia durante il periodo bellico. La zona annessa : La provincia di Lubiana. www.annapizzuti.it /  gruppi /  jblubiana.php. DIES. : Ebrei internati in Italia … Elenco degli internati provenienti da Lubiana. www. annapizzuti.it /  database /  ricerca.php. Aus den Listen von Anna Pizzuti ist nicht zu erschließen , ob die außerhalb des ehemaligen Jugoslawien geborenen Juden in Slowenien in Ljubljana niedergelassene Juden mit Geburtsort im Ausland oder und ausländische , nach Ljubljana geflüchtete Juden waren. 400 Damjan HANČIČ  , Renato PODBERSIČ , Žrtvenacionalsocijalizma in boljševizma med slovenskimi Judi ( Opfer des Nationalsozialismus und Bolschewismus unter den Slowenen ): In : Svako leto eno ime. Srećanje Maribor 26. 1. 2011 ( Jedes Jahr ein Name. Konferenz – Maribor  /  Marburg 26. 1. 2011 ). Kulturni centar –Sinagoga , Maribor , www.zss. si /  htm. Ebenso , Andrej PANČUR , Judje s Spodne Štajerske in kot žrtve holokavstva v Europi , www.iznz.si  /  doc.  /  ZGO  /  Holokavst ( 1 1.  10.  2007 ), S.  19. Laut Mitteilung der Direktorin des Jüdischen Historischen Museums in Belgrad ( J IM  ), Vojislava Radovanović , sind Interniertenlisten dieses Lagers nicht vorhanden. 401 Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ( D ÖW ): Österreichische Holocaustopfer-Datenbank : www.doew.at / Ausstellung /  shoaopferdb.html. 402 HDA , Ustascha-Polizeidirektion ( Sign. RUR ŽO 248 ), Fasz. 5 , Zl. 4011 – Inv.-Nr. 28003 vom 21. 8. 1941. 403 Ebenda , Fasz. 5 , Zl. 2819 – Inv.-Nr. 27958.

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„illegalen Grenzübertritts“ internierte ihn am 14. April 1941 die Ustascha-Polizei in Kerestinec. Er geriet schließlich ins Konzentrationslager der Ustascha „Danica“ in Drinje bei Koprivnica. Ein Gesuch um Entlassung und Repatriierung nach Slowenien wurde von der Ustascha nicht behandelt404 ( die Rückführung auf das Territorium der früheren Draubanschaft war auch unrealistisch , da sie geteilt worden war und die Untersteiermark , wo er gewohnt hatte , deutsch besetzt war ). Auch der ehemalige Wiener Bankdirektor Ludwig Fürstenthal und seine Frau Gisela , die sich im Dezember 1940 in der slowenischen Gemeinde Reichenburg ( L eskovec , Landkreis Brežice ), niedergelassen hatten , wurden nach Kroatien ausgewiesen.405 Die Wienerin Elsa König mit ihren beiden Söhnen Franz ( geb. 1909 ) und Karl ( geb. 1911 ), die in Slowenien ausgedehnte Ländereien besaßen , wurden vertrieben. Die Söhne wurden aus Zagreb nach Jasenovac eingeliefert. Ihr Schicksal ist ungeklärt.406 In Slowenien erledigte sich die „ Judenfrage“ durch Vertreibung und Deportation , im Zuge der Aussiedlung der „nicht eindeutschungsfähigen Slowenen“, sodass die Deutschen dort keine Konzentrationslager errichten mussten. Sofern die wenigen Juden in Slowenien nicht selbst geflüchtet oder von den Angehörigen der deutschen Volksgruppe vertrieben worden waren , deportierten die deutschen Behörden sie ab Juni 1941 zusammen mit den „nicht eindeutschungsfähigen“ Slowenen.407 In drei 404 Ebenda , Fasz. 5 , Zl. 4011 – Inv.-Nr. 28003 vom 21. 8. 1941. 405 Ebenda , Fasz. 4 , Zl. 2819 – Inv.-Nr. 27958. 406 HDA , RUR ŽO , Fasz. 9 , Zl. 973 – Inv.-Nr. 28782 ; ARS , Bestand „Gauhauptmannschaften“ ( AS 1602 ), Fasz. 2 , Zl. 78 , Liste über reichsverwiesene Juden : Der aus Rogaška Slatina vertriebene Adolf Rosenthal wird als jüdischer Flüchtling genannt. Seine Herkunft und sein weiteres Schicksal sind nicht bekannt. 407 Die Vertreibung der slowenischen Bevölkerung in den USK war ein Teil eines von Reichsaußenminister Ribbentrop konzipierten Planes : aus dem USK die Serben aussiedeln , in die freiwerdenden Räume nationalbewusste und sonst politisch missliebige Slowenen anzusiedeln. Ribbentrop rechnete mit mindestens 250. 000 „auszusiedelnden Slowenen“. Weil aber die Ausweisung der kroatischen Serben nach Serbien ( und ins Deutsche Reich ) ins Stocken geriet – auch wegen des Widerstandes der deutschen Militärverwaltung in Serbien –, wurde der Plan nur zu etwa 25 % realisiert , ca. 60. 000 Slowenen nach Kroatien , aber auch Serbien deportiert : Andrej PANČUR , Judje s Spodne Štajerske in Gorenjske kot žrtva holokausta v Evropi ( Juden der Untersteiermark und Oberkrains als Opfer des Holocaust in Europa ): Institut za novejšo zgodovina , Ljubljana : www.iznz.si /  doc. /  ZGO /  Holokavst ( 11. 10. 2007 ), 11 ; Tone FERENC , Okupacijski sistemi med drugo svetovno vojno ( Besatzungssysteme während des Zweiten Weltkriegs ). 1.  Teil , Ljubljana 2006 , S.  105–119 , 209–248 ; T. FERENC , Okupacija slovenskega ozemlja ( Die Besetzung slowenischen Territoriums ). In : Slovenska novejša zgodovina 1848–1992 ( Slowenische Zeitgeschichte 1818–1992 ). Ljubljana 2006 , S. 581– 586 ; DERS., Okupacijski režimi v Evropi in Sloveniji 1941. In : Prispevki za novejšo zgodovino. Slovenci in leto 1941 ( Besatzungssysteme in Europa und in Slowenien 1941. ( Beiträge zur neueren Geschichte : Die Slowenen und das Jahr 1941 ). Ljubljana 2001 , S. 105–113.

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Transporten mit Slowenen und Sloweninnen während des Juni 1941408 kamen auch jüdische Familien nach Serbien. Im Juli folgten ihnen Juden aus ( der ) Oberkrain : In Serbien wurden jüdische und slowenische Vertriebene in die Lager „Banjica“ und „Sajmište“ ( Belgrad ) verbracht , wo sie 1942 , im Zuge der „Endlösung“ der Judenfrage in Serbien , ermordet wurden. Von diesen Transporten sind keine Listen erhalten. Weder die slowenischen noch die jüdischen Opfer wurden namentlich eruiert ; die Juden wurden auch nicht als Juden vertrieben , da die wenigen einheimischen Juden der Untersteiermark und in Oberkrain in ihre slowenische Umgebung integriert waren und sich nicht unterschieden. Auch auf das ungarisch besetzte Territorium vertrieben die deutschen Besatzer Juden aus der Untersteiermark : Für die dorthin Vertriebenen erwies sich dies als Glück im Unglück , denn bis zum Jahre 1944 genossen sie dort Sicherheit.409 Die jüdische Bevölkerung im slowenischen Übermurgebiet kam am 11. April 1941 unter ungarische Besatzung. Ungarisch besetzt wurden auch das kroatische Zwischenmurgebiet und die kroatische Baranya ( Ungarn holte sich in Jugoslawien die durch den Friedensschluss von Trianon Jugoslawien zugesprochenen ehemals ungarischen Territorien wieder zurück ).410 Im Übermurgebiet hatten sich zwischen 1919 und 1938 ungarische Juden niedergelassen , die vor den judenfeindlichen Maßnahmen in ihrer Heimat flüchteten. Diese und Juden aus der Tschechoslowakei erwarben sich Verdienste beim Aufbau der Textilindustrie und von Druckereien. Die slowenischen Autorinnen und Autoren411 erwähnten nicht , dass seit der Mitte der Dreißigerjahre , als die Rückwanderung in Jugoslawien niedergelassener ungarisch-gebürtiger Juden nach Ungarn einsetzte , die Zuwanderung ungarischer Juden nach Jugoslawien nicht aufhörte : Dies belegen die Behördenberichte über illegale Immigrationen und die Fahndungsverzeichnisse der Polizei in Zagreb412 und in Ljubljana.413 408 F. ČULINOVIĆ , Okupatorska podjela Jugoslavije , S. 114–125. 409 A. PANČUR , Judje s Spodne Štajerske in Gorenjske kot žrtva holokausta v Evropi ( Juden der Untersteiermark und Oberkrains als Opfer des Holocaust in Europa ): Institut za novejšo zgodovina , Ljubljana : www.iznz.si /  doc. /  ZGO /  Holokavst ( 11. 10. 2007 ), 11 ; www.iznz.si ( 11. 10. 2007 ), S. 20. 410 Irena ŠUMI – Oto LUTHAR , Holokavst kot osebna in skupinska izkušnja : pričevanja iz Prekmurja ( Der Holocaust als individuelle und kollektive Erfahrung. Erfahrungsberichte aus dem Übermurgebiet ): In : Slovenski , Judje. Zgodovina in Holokavst ( Die slowenischen Juden. Geschichte und Holocaust ). Hrsg. von Irena ŠUMI und Hannah STAR­ MAN. Maribor 2012 , S. 241–280 ; hier 247. 411 Damjan HANČIČ , Renato PODBERSIČ , Nacionalsocialistično in komunistično preganjanje Judov na Slovenskem ( Nationalsozialistische und kommunistische Judenverfolgung in Slowenien ). In : Hitlerjeva dolga senca. 412 HDA , SB-ODZ , Fasz. 4 , Zl. 59999 / 1938 ( 21. 11. 1938 ). 413 ARS , KBUDV ( AS 068 ) 33–18 , Zl. 7771 / 1941 : Vig Jozef aus Budapest und Pfeffer Istvan aus Kisvarda wurden bei Murska Sobota als illegale Grenzgänger aus Ungarn aufgegrif-

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Der Wiener Textilexperte Robert Bassist ließ sich 1938 mit seiner Frau Fritzi und seinen beiden minderjährigen Söhnen , dem elfjährigen Robert und dem sechsjährigen Erich , in Čakovec , im kroatischen Zwischenmurgebiet , nieder. Robert Bassist fand dort Anstellung in der Strick- und Wirkwarenfabrik „Heinrich Graner d. d.“ in Čakovec ( dies ist die einzige behördliche Erwähnung eines österreichischen Juden auf ungarischem Besatzungsgebiet ). Die ganze Familie wurde schon in den ersten Tagen nach der Besetzung des Übermurgebietes durch Ungarn wegen angeblicher kommunistischer Sympathien von Robert Bassist von der ungarischen Polizei verhaftet.414 Die Familie wurde mit den ungarischen Juden nach Auschwitz deportiert und kam dort ums Leben – genauso wie der Arbeitgeber , der Fabrikant Heinrich Graner , und seine Frau Erna.415

2.3 Judenverfolgung im Unabhängigen Staat Kroatien ( USK ) „Freie Hand“ und deutscher Druck 2.3.1 Administrative „Ghettoisierung“ Schon in den ersten Tagen nach der Installierung der Ustascha-Herrschaft in Kroa­tien erließ diese „Gesetzesverordnungen“, mit denen die einheimischen und die im USK weilenden ausländischen Juden in ihrer Bewegungsfreiheit beschnitten , am Verlassen iher Wohn- oder Aufenthaltsorte gehindert , gekennzeichnet und registriert wurden. Als eine der ersten Maßnahmen zur Reglementierung des Aufenthaltes von Ausländern im USK erließ das Innenministerium des USK am 15. April 1941 das Verbot , „Staatsbürgern jener Staaten , die im Zuge der militärischen Operationen des Deutschen Reiches untergegangen waren oder ihren Status geändert hatten“, Einreise- und Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen , wenn sie keinen Reisepass des Deutschen Reiches mit der Genehmigung zur Wiedereinreise in ihr Herkunftsland vorweisen könnten.416 Dies galt für Staatsangehörige „des ehemaligen Österreich , Böhmens , Mährens und der Slowakei , Polens , Serbiens und Mazedoniens“. Staatsbürger aus den vom USK nicht anerkannten ( weil nicht mehr existenten ) Ländern konnten auch fen. Weitere ungarische Juden , die zwischen 1938 und 1941 ins Übermurgebiet flüchteten : ebenda ( AS 067 ), Fasz. 33–11 , Zl. 26400–26408. 414 Zur Judenverfolgung auf dem ungarisch besetzten Territorium siehe : Randolph L. BRAHAM , The Politics of Genocide : The Holocaust in Hungary. Detroit 2000. 415 HDA , Landeskommission – Generalregister ( Fonds 306 , abgek. ZKRZ-GUZ ), Buch XVI , Z. 2930 , Zl. 175 , Posten 429 der Liste der jugoslawischen Juden in deutschen oder ungarischen Vernichtungslagern , und Fasz. 356 , Zl. 25258. 416 HDA , Innenministerium ( MUP NDH ), Fasz. 301 , Runderlass der Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit ( RAVSIGUR ), Zl. 21689-VI–21. 8. 1941 – Inv.-Nr. 10087 vom 21. 8. 1941.

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nur dann Einreise- und Aufenthaltsgenehmigungen erhalten , wenn die politische Haltung des Antragstellers „positiv“ war und wenn sie neben deutschen Reisepässen Empfehlungsschreiben der Deutschen Gesandtschaft vorweisen konnten.417 Die Deutsche Gesandtschaft in Zagreb erteilte Empfehlungen für Ausreisewillige , die der Ustascha-Polizeidirektion in Zagreb zwecks Erhalt von Ausreisegenehmigungen vorzulegen waren. Andererseits jedoch vereinbarte der Leiter der „ JudenAbteilung“ in der Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit ( RAVSIGUR ), Dr. Vilko Kühnel418, mit dem Agenten des Reichssicherheitshauptamtes ( RSHA ) im Innenministerium , Dr. Erwin Fränzel419, zu einem nicht bekannten Zeitpunkt eine allgemeineAusreisesperre für Juden aus dem USK : Diese Vereinbarung muss jedenfalls vor dem Juli 1941 getroffen worden sein : Eine Eingabe von deutschen , österreichischen und anderen ausländischen Flüchtlingen um Gewährung der Ausreisegenehmigung mit Datum vom 21. Juli 1941 wurde von der Ustascha-Polizeidirektion nicht beantwortet.420 Die Petenten wurden vielmehr am 5. September 1941 in das Zagreber Sammellager „Zavrtnica“ eingeliefert , von wo sie nach dem 11. September nach Jasenovac verbracht wurden : Dies betraf die gebürtigen Wiener Karl Spitzer 417 Ebenda , Fasz. 301 , Runderlass der Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit ( RAVSIGUR ), Zl. 21689-VI–21. 8. 1941 – Inv.-Nr. 10087 vom 21. 8. 1941. 418 Dr. Vilko Kühnel , Polizeijurist aus Bjelovar. Er war kurzzeitig im Wiener Institut für Sippenforschung tätig. Von dort her kannte er Dr. Erwin Fränzel , der als deutscher Mitarbeiter in der „ Judenabteilung“ der Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit eingesetzt war. In Wien arbeitete er mit Fränzel zusammen , wenn es galt , Juden Bestätigungen darüber auszustellen , dass sie als „Halbjuden“ zu gelten hätten. Nach Abschluss der Juden-Deportationen aus Kroatien 1943 wurde er gemeinsam mit Fränzel nach Sarajevo versetzt ; dort handelte er sich eine Disziplinarstrafe wegen „ausschweifenden Lebenswandels“ ein. HDA , Archiv Helm , Fasz. 7 , Zl. 153 ( Bericht Helms an das RSHA über Kühnels Tätigkeit ). I. GOLDSTEIN zufolge deklarierte er sich bald als Volksdeutscher , bald als Kroate , war bald hilfsbereit gegenüber der jüdischen Kultusgemeinde ( wenn es galt , Hilfssendungen in die Konzentrationslager vor der „Beschlagnahmung“ durch die Wachen zu bewahren und sie den Adressaten auszuhändigen ), bald unerbittlich bei Eingaben von Familienangehörigen der Konzentrationslager-Insassen um Freilassung : I. GOLDSTEIN , Holokaust u Zagrebu. S. 156 f. und passim. 419 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 5156 – Inv.-Nr. 28207 und Zl. 4925 – Inv.-Nr. 28196 vom 18. 9. 1941. Dr. Erwin Fränzel stammte aus Wien und war vor seiner Verwendung in Zagreb im Wiener Institut für Sippenforschung beschäftigt. Von dort kannte er Dr. Vilko Kühnel. Zu seiner beruflichen Verwendung in Zagreb siehe HDA , Archiv Helm , Fasz. 7 , Zl. 153. 420 Christopher R. BROWNING erwähnt eine Absprache Himmlers und Heydrichs im „Sommer“ 1941 , Juden keine Ausreisegenehmigungen mehr zu erteilen. Diese Absprache stand im Zusammenhang mit konkreten Plänen Hitlers in der Euphorie der Erfolge im Russland-Feldzug , die „Endlösung der Judenfrage in ganz Europa anzugehen“: S. 23–25.

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( geb. 1888 ) und Eugen Weiss ( geb. 1911 ), Anton Steinhardt ( geb. 1903 in Bieringsdorf /  Burgenland ), Weiss Ludwig aus Mattersburg ( geb. 1919 ) sowie Mitgefangene aus der Tschechoslowakei und dem „Altreich“.421 Die Vereinbarung zwischen der kroatischen und der deutschen Seite über die Nichterteilung von Ausreisegenehmigungen und die Empfehlungen der Deutschen Gesandtschaft um Erhalt von Ausreisegenehmigungen müssen nicht im Widerspruch zueinander stehen : Auch im Reich durften Juden noch ins Ausland auswandern , obwohl im Oktober 1940 schon Deportationen deutscher Juden nach Polen liefen. Eine Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung erhielt die aus Wien gebürtige deutsche Schauspielerin Tilla Durieux ( geboren in Wien am 18. August 1880 als Ottilie Godeffroy ; weil ihre Eltern sich ihrem Wunsch nach einer Schauspielerlaufbahn widersetzten , nahm sie den Mädchennamen ihrer französischen Großmutter als Künstlernamen an ). Sie verließ mit ihrem jüdischen Ehemann Ludwig Katzenellenbogen 1933 Hitlerdeutschland und kam 1934 über die Schweiz und Italien nach Zagreb , wo Tilla Durieux’ entfernte Verwandte lebten. 1936 entschloss sich das Ehepaar , in der damals italienischen Küstenstadt Abbazia ( Opatija ) eine neue Existenz zu gründen , und eröffnete dort ein Hotel. In ihrer Autobiografie „Die ersten 90 Jahre meines Lebens“ ( 1956 in Berlin veröffentlicht ) schilderte sie den Existenkampf um dieses Hotel , das zwar den ausländischen jüdischen Flüchtlingen aus dem Deutschen Reich in diesem Teil Italiens als Sammelpunkt diente , die wirtschaftliche Existenz aber nicht sicherte. Tilla Durieux erhielt weiterhin Engagements im Deutschen Reich und nahm diese auch an , um den gemeinsamen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Exgattin von Ludwig Katzenellenbogen , die nach Kuba emigriert war , beschaffte dem Ehepaar Visa für Kuba , doch Ludwig Katzenellenbogen konnte sich erst nach langem Zögern zum endgültigen Verlassen Europas entschließen. Die beiden befanden sich in Beograd , als die Stadt von den Deutschen bombardiert wurde. Tilla glaubte , dass Ludwig Katzenellenbogen beim Bombardement ums Leben gekommen sei. Sie erfuhr erst nach dem Krieg , dass er , der auch in Jugoslawien wegen angeblicher Steuerhinterziehung von Gestapo-Agenten gesucht wurde , von der Gestapo aus Belgrad ins KZ Oranienburg verschleppt worden war , wo er bald nach der Einlieferung starb. Tilla Durieux konnte wegen des Krieges im ehemaligen Jugoslawien das Land nicht mehr verlassen , obwohl ihr das Innenministerium des USK auf Intervention der Deutschen Gesandtschaft in Zagreb eine Ausreisegenehmigung erteilte : Sie blieb in Zagreb bei ihrer entfernten Verwandten , der Künstlerin Zlata Lubienski. Ein einquartierter Beamter der Deutschen Gesandtschaft gab sich als Nazigegner zu erkennen und schützte die beiden Frauen , die für die Partisanen sammelten und als 421 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 4925 – Inv.-Nr. 28196 ( Bericht der Ustascha-Polizeidirektion an RAVSIGUR über den Abschluss der Einlieferungen der Lager-Insassen von „Zavrtnica“ in Jasenovac ( 18. 9. 1941 ).

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Kuriere arbeiteten. 1952 kehrte Tilla Durieux nach Deutschland zurück.422 Auch Ersuchen um Aufenthaltsgenehmigungen nicht so prominenter Juden wie Tilla Durieux unterstützte die deutsche Gesandtschaft , denn auch hierbei handelte es sich um das Verlassen des Deutschen Reiches : Das Ehepaar Carl und Johanna Holdesheim erhielt ein Empfehlungssschreiben zum Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung in Zagreb.423 Auch in den kroatischen Rassegesetzen vom 30. April 1941 und in der am 25. April 1941 veröffentlichten Gesetzesbestimmungen über die kroatische Staatsbürgerschaft 424 finden sich Bezüge zu den Juden ausländischer Staatsangehörigkeit : So konnten sie die kroa­tische Staatsbürgerschaft nicht erlangen , und sie verloren diese , weil nur Personen arischer Herkunft das Recht auf die kroatische Staatsbürgerschaft zustehe. Einer weiteren Kategorie konnte auf Entscheidung des „Poglavnik“ hin das Recht auf die kroatische Staatsbürgerschaft und die „Arierrechte“ „ehrenhalber“ zuerkannt werden : Auch in diese fielen ausländische Juden nicht hinein : Begünstigte waren Personen , die sich um die „Freiheitsbestrebungen des kroatischen Volkes Verdienste erworben hatten und die bereit waren , dem neuen Staat loyal zu dienen“.425 Die Gesetzesbestimmungen zum Schutz des arischen Blutes und der Ehre des kroatischen Volkes 426 regelten in Punkt 3 ) die Feststellung der Rasse für Personen , die außerhalb des Staatsterritoriums geboren waren und nichtkroatische Eltern hatten : Nur für solche konnte die Konfesssionzugehörigkeit am 10. April 1941 ( dem Tag der Ausrufung des USK ) als Kriterium dienen – für kroatische Juden und Juden des ehemaligen Jugoslawien galt die Konfession nicht als relevant für die Beurteilung der Rassenzugehörigkeit. Neben der Konfession konnte auch der Befund der Behörden des Herkunftslandes über ihre ( arische oder nichtarische ) Abstammung oder aber die Rassenzugehörigkeit von Eltern und Großeltern maßgeblich sein. In Zweifelsfällen war der Befund der „Rassenpolitischen Kommission“ im Innenministerium des USK entscheidend. Die Kategorie „Mischling“ gab es im kroatischen Rassegesetz nicht.427 Am 28. Mai 1941 erließ die Direktion der Ustascha-Polizei das Verbot , den Wohnort ohne vorherige Genehmigung der Ustascha-Polizei zu verlassen sowie die Auffor422 HDA , Innenministerium des USK ( MUP NDH ), Fasz. 194 , Zl. 11882-I. 3. Eingangsstempel des Antrages auf Ausreisegenehmigung vom 9. 6. 1941 ; Ausreisegenehmigung erteilt am 21. 6. 1941 : – Aus der Autobiografie von Tilla Durieux veröffentlichte die Zagreber Zeitschrift „Republika“ das Kapitel „Erinnerungen an die Jahre der Emig­ ration in Opatija und Zagreb“ ( „ Sjećanja na godine emigracije provedene u Opatiji i Zagrebu“ ). Republika 5–6 , Zagreb 1991 , S. 132–154. 423 HDA , Ustascha-Polizeidirektion ( RUR ŽO ), Fasz. 8 , Zl. 8093–28554 vom 31. 12. 1941. 424 Gesetz Zl. XXIX /  64-Z. p. 1941 , Zakonska odredba o državljanstvu“. Amtsblatt vom 25. 4. 1941 , S.  418. 425 Gesetzesbestimmung Zl. XXXIX /  64-Z. p. 1941 , Pkt. 2 ; insgesamt 5 Punkte. 426 Gesetzesbestimmung Zl. XLIV /  67-Z. p. 1941 vom 30. 4. 1941 , Amtsblatt Nr. 17. 427 Gesetzesbestimmungen Zl. XLV /  68-Z. p. 1941 Amtsblatt vom 30. 4. 1941 , S. 421 f.

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derung zur Registrierung der Juden , um auch jene zu erfassen , die nicht Mitglieder der jüdischen Kultusgemeinde Zagreb oder bei ihr zur Betreuung registriert waren.428 Die Unterlassung der Meldepflicht wurde mit Einweisung in ein Konzentrationslager bedroht ; Nichtmeldung von Personen , die unangemeldete Juden versteckten , zog die standrechtliche Aburteilung nach sich. 429 Am 22. Mai 1941 trat örtlich die Kennzeichnungspflicht für Juden in Kraft – ohne Gesetz , nur auf die Initiative von lokalen Ustascha-Polizeistellen hin.430 110 kroatische Familien und Einzelpersonen431 versteckten Juden und wurden zu „Gerechten unter den Völkern erklärt : Für den in Baden bei Wien geborenen ehemaligen Journalisten David Stegmann ( 70 Jahre alt ), der in Pisarovina auf Zwangsaufenthalt weilte432 , intervenierte 1941 , als die Deportation der Juden aus Pisarovina einsetzte , der Hotelier aus Karlovac , Pavao Horvat 433, beim Ustascha-Polizeikommissariat , ihn bei seiner Tochter in Karlovac leben zu lassen. Pavao Horvat garantierte dem Ustascha-Kommissariat gegenüber für den Unterhalt David Stegmanns. Aber diese Intervention wurde am 21. April 1942 abgelehnt. Am 5. Juni 1942 wurde er in ein Lager nach Jasenovac verbracht , nachdem noch 1941 sein Schwiegersohn in Jasenovac und seine Tochter Noemi nach Loborgrad verbracht worden waren. Alle drei wurden nicht als Opfer identifiziert ; ihre Schicksale sind nicht bekannt. Aus der Drohung mit dem Konzentrationslager für die Umgehung der Registrierungspflicht zogen – wie Zeev Milo bemerkte – „Optimisten den Umkehrschluss , dass 428 HDA , Helm , Fasz. 6 , Akt Helm. Über die Erfahrungen bei der Registrierung in Zagreb siehe Zeev MILO , Im Satellitenstaat Kroatien. Eine Odyssee des Überlebens 1941–1945. Mit ausführlicher Beschreibung der historischen Ereignisse. 2Klagenfurt 2002 , S. 57. 429 HDA , RUR ŽO , Fasz. 2 , Zl. 739 / 1941 – Inv.-Nr. 27433 /  41. 430 GOLDSTEIN , Holokaust u Zagrebu , S. 125. 431 Laut Mitteilung der Jüdischen Kultusgemeinde Zagreb ( Julia Kos ), Stand : September 2011. 432 David Stegmanns Tochter Noemi war in Karlovac mit dem Prokuristen der Schuhfab­ rik „Filip Reiner“, Cezar Loewy , verheiratet und führte in Karlovac eine Privatschule : HDA ( Kommissariat der Ustascha-Polizeidirektion Karlovac , ZRO ), Fasz. 1 , Regesten : Zl. 272 vom 6. 9. 1943. 433 HDA , ebenda , Fasz. 1 , Zl. 272 vom 6. 9. 1943 : Bericht des Polizeikommissariates Karlovac. David Stegmann war nicht der einzige Jude , dem Pavao Horvat Zuflucht in seinem Hotel gewährte und die Meldepflicht ignorierte , aber der einzige , der als Retter ausländischer jüdischer Flüchtlinge aufscheint. Ivo Goldstein zufolge war er eine Anlaufstelle für Juden aus Zagreb , von denen mehrere ihm die Rettung zuschrieben. Er wurde 1943 in Dachau eingeliefert , konnte aber 1945 nach Karlovac zurückkehren und wurde 1965 als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt : I. GOLDSTEIN , Solidarnost i pomoć Židovima u Nezavisnoj Državi Hrvatskoj ( Solidarität und Hilfe für die Juden im Unabhängigen Staat Kroatien ): In : Radovi Zavod za hrvatsku povijest ( Arbeiten – Institut für kroatische Geschichte ), H. 34–35–36 , Zagreb , 2004. S. 205–228 ; hier S. 205 f.

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ordnungsgemäße Registrierung vor dem Konzentrationslager schütze“. 434 Jene illegal in Kroatien lebenden jüdischen Emigranten , die sich registrieren ließen435 , mussten hingegen erfahren , dass ihre Registrierungsformulare vor allem dazu dienten , der Ustascha-Polizei den Weg zu ihren Unterkünften zu weisen , und dass das Verbot , sich von den Internierungsorten zu entfernen , dem gleichen Zweck diente. Der Erfüllung der Registrierungspflicht folgten Razzien in den Quartieren mit jüdischen Flüchtlingen und ihr Abtransport in das Zagreber Polizeigefängnis ( Petrinjska ulica 30 )436, um dann in ein Konzentrationslager verbracht zu werden : Der 57-jährige Max Kutscher , ein Alyah-Flüchtling aus Wien , auf Zwangsaufenthalt in Stubičke Toplice , meldete sich bei der Ustascha-Polizei an , wurde im Einwohner-Meldeamt registriert und nach Drinje ( Koprivnica ) eingeliefert. Sein weiteres Schicksal ist nicht bekannt.437 Es besteht jedoch Grund zur Annahme , dass er , wie die anderen ausländischen Insassen des Konzentrationslagers „Danica“ in Drinje bei Koprivnica , in die Lika transportiert wurde und entweder in Jadovno oder auf der Insel Pag ermordet wurde.

2.3.2 Flüchtlings-Alltag , Leben mit der Repression

Die von der jüdischen Kultusgemeinde Betreuten und Versorgten ( die den täglichen Mittagstisch der Gemeinde in Anspruch nahmen ) bekamen schon am 14. April 1941 einen Vorgeschmack auf ihre zukünftige Lage unter der Ustascha-Herrschaft : An diesem Tag delogierte die Ustascha-Polizei438 ( das Pendant zur „SS“ ) die jüdische 434 Zeev MILO , Im Satellitenstaat Kroatien , S. 57. 435 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , ausgefüllte Anmeldeformulare in den Fasz. 17–19. 436 In Jasenovac 1941 ermordete Emigranten : Opferliste www.jusp-jasenovac.hr /  Default. aspx ?sid=6711. 437 Max Kutscher litt an Angina pectoris und sorgte mit seiner Frau Maria für seinen Enkel , eine Vollwaise. Die Bemühungen seiner Frau Maria um seine Freilassung aus diesem Grunde und wegen seiner Krankheit hatten keinen Erfolg : HDA , BH-ODZ , Fasz. 40 , Zl. 4193 / 1940 ; Meldebestätigung in HDA , RUR ŽO Meldeamt ( Fonds 259 ), Zl. 2645. Einlieferung in das Lager „Danica“ ebenda , RUR ŽO , Fasz. 5 , Zl. 2819 – Inv.Nr. 27958. 438 Die Ustascha-Polizei besaß in der Anfangszeit nur in Zagreb eine Organisationsstruktur mit einer Direktion ( Ravnateljstvo ustaškog redarstva ) und war auch nur für Zagreb zuständig. Sie vereinnahmte jedoch die Zuständigkeit für das gesamte Staatsgebiet , während sich außerhalb Zagrebs Ustascha-Polizeidienststellen erst sukzessive konstituierten. Vorrang bei der Besetzung hatten die Ustascha-Rückkehrer aus der italienischen Emigration. Da diese durchwegs keine polizeiliche Ausbildung vorweisen konnten , mussten im Interesse der Funktionsfähigkeit der Polizei Beamten des ehemaligen Königreichs Jugoslawien im Dienst belassen werden. Zwischen diesen beiden unterschiedlich ausgebildeten und politisch geprägten Beamten gab es häufige Kompetenzstreitigkeiten und Konflikte , weil die professionellen Polizeibeamten des früheren Königreiches gegen die Willkür und Brutalität der Ustaschi opponierten – oder aber sie

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Kultusgemeinde Zagreb aus ihrem Gebäude ( Palmotićeva 16 ) und beschlagnahmte dieses samt dem Inventar , der Kasse , den Sparbüchern und dem gesamten Archiv für den Bedarf der Gestapo. Daher konnte die Kultusgemeinde ihre Bedürftigen nicht mit dem täglichen Mittagstisch versorgen.439 Am 5. Mai 1941 erhielt die Gemeinde ein wesentlich kleineres Ausweichquartier zugewiesen , in dem sie bis zu ihrem „Erlöschen“ am 3. Mai 1943 alle Leistungen – die Mittagstafel , die Schule und die Freizeitgestaltung in den Gemeinderäumen – wieder aufnahm. Dies war dank der Freigabe der Devisen-Konten möglich. Die Behörden hatten Gründe für dieses Entgegenkommen : den Devisenzufluss aus den ausländischen Hilfsorganisationen nicht abzuschneiden.440 In den Kuranlagen in Samobor quartierten sich Dienststellen der SS ein ; für die jüdischen Bewohner wurde ein „Ausweichlager“ im nahe gelegenen Erdödy-Schloss Slavetić eingerichtet.441 In den Internierungsorten bekamen die ausländischen Flüchtlinge die behördlich forcierte Judenfeindschaft zu spüren : Die Ustascha-Ortsgruppe im Kurort Lipik protestierte am 8. Juli 1941 bei der Ustascha-Polizeidirektion in Zagreb „ …wegen der Präsenz von Juden und jüdischen Emigranten in einem der schönsten Kurorte Kroatiens , den sie mit ihren in aller Öffentlichkeit getragenen Judenkennzeichen verunzieren ( … ) Sie konsumieren unsere Lebensmittel , arbeiten aber nichts und nehmen den Badegästen , Beamten deutscher Dienststellen , in der Hauptsaison den Platz in den Kuranlagen weg.“ Man habe sie einige Zeit hindurch zur Arbeit eingesetzt , aber es gebe für sie keine Arbeitsplätze : Im gleichen Schreiben heißt es andererseits : „( … ) sie nehmen den Einheimischen Arbeitsplätze weg“. Die Bevölkerung des Bezirkes Pakrac mit dem Kurort Lipik sei größtenteils serbisch – „und wir haben schon mit den Serben genug Probleme ; wir brauchen nicht auch noch diese Parasiten , die nichts arbeiten und nur essen wollen. ( … ) Die Juden sind unerwünscht , die zuständigen Behörden mögen sich darum kümmern , dass sie so schnell wie möglich aus Lipik verschwinden“: So schloss das Schreiben des Ortschefs der Ustascha.442 In gleichem Sinne schrieb auch die Bezirksbehörde von Pisarovina ( Landkreis Karlovac ) an die Ustascha-Polizeidirektion : Die jüdischen Flüchtlinge seien eine „( … ) untragbare wirtschaftliche Belastung , ( … ) unproduktive Esser und Preistreiber“. Das Schreiben schloss mit der Forderung : „Schiebt Sie in das Lager Kerestinec ab !“443 noch überboten , um nicht in den Verdacht der Illoyalität zu geraten. F. JELIĆ BUTIĆ , Ustaše i Nezavisna Država Hrvatska , S. 63 , und I. GOLDSTEIN ; Holokaust , S. 125. 439 I. GOLDSTEIN , Holokaust , S. 106 , 171. 440 I. GOLDSTEIN , Holokaust , S. 233–246. 441 Ebenda , Fasz. 7 , Zl. 6841 – Inv.-Nr. 28307. 442 HDA , ebenda , Fasz. 3 , Zl. 1102 – Inv.-Nr. 27585 vom 9. 6. 1941 und Zl. 1256 – Inv.-Nr. 27638 vom 7. und 8. 7. 1941. 443 Ebenda , Fasz. Zl. 3 , Dok. Zl. 1522 – Inv. Zl. 27730.

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2.3.3 Fluchtversuche Im Sommer 1941 erteilte die Ustascha-Polizei großzügig Ausreisegenehmigungen , unter der Bedingung jedoch , dass die Antragsteller ihr unbewegliches Vermögen abtraten und die Genehmigungen mit Wertgegenständen bezahlten. Ausländische Konsulate – das Konsulat von Uruguay , das spanische Konsulat in Zagreb , der portugiesische Honorakonsul Alexander Ehrmann ( selbst Jude ) – erteilten auf eigene Verantwortung Einreisevisen ; Bolivien und Honduras nahmen Handwerker auf.444 Die Erteilung der Ausreisegenehmigungen funktionierte als „Geschäft“; Geld und Wertgegenstände öffneten die Türen zur Ustascha-Polizei : Gegen großzügige Bezahlung erhielt Branko Polić für seine Familie und deren österreichischen Gast , Fritz Lunzer , die begehrten Dokumente445. Jüdische Flüchtlinge in ihren Internierungsorten erreichten hingegen nichts446: Der aus Hamburg (  ? ) stammende Paul Koch ( seit 16. Dezember 1940 auf Zwangsaufenthalt in Slatina bei Banja Luka ) ersuchte für 67 mit ihm in Banja Slatina bei Banja Luka lebende jüdische Flüchtlinge um Auswanderungsgenehmigungen für Italien , weil sie in der Internierung von der Gemeinde nur pro Person zehn Dinar Taggeld erhielten , also Hunger und Entbehrung litten. Manche seien krank und könnten sich weder einen Arzt noch Medikamente leisten. Die Antwort der Ustascha-Polizeidirektion in Zagreb : Auswanderung nach Italien kommt nicht infrage , für Versorgung hat man kein Geld ( diese Gruppe wurde im Dezember 1941 nach Jasenovac eingeliefert ).447 Ebenso erging es einer Gruppe von österreichischen und deutschen Juden in Brčko , für die der Wiener Julius Teitler als Sprecher um Ausreisegenehmigung für alle nach Italien ersuchte. 448 Nach Brčko waren ( zu einem nicht genau bestimmten Zeitpunkt ) Internierte aus Fužine verlegt worden ( siehe Liste Nr. 4.6 ). Die ausländischen und die einheimischen Juden in Brčko wurden im Dezember 1941 von der Ustascha als „Vergeltung für Partisanenüberfälle“ ermordet.449 Dies ist die einzige dokumentierte Massenliquidierung von ausländischen jüdischen Flüchtlingen außerhalb der Konzentrationslager der Ustascha. Es gibt keine Namensliste der Opfer von Brčko ; erst nach der Neukonsti444 I. GOLDSTEIN , Solidarnost i pomoć Židovima u Nezavisnoj Državi Hrvatskoj , S. 211. 445 B. POLIĆ , Vjetrenjasta klepsidra. S. 402. 446 Chr. BROWNING , The Path to Genocide , S. 23–25. 447 HDA , Helm , Fasz. 37 , Zl. 521. Paul Koch stammte aus Hamburg und war Bekannter des Schriftstellers Felix Sternheim , der über Crikvenica in die Schweiz flüchtete. Ebenda. 448 HDA , Banschaftsamt , Fasz. 59 , Zl. 18115 vom 26. 7. 1940 , und Ustascha-Generaldirektion ; Fasz. 6 , Zl. 5698 – Inv.-Nr. 28231 vom 1. 10. 1941. 449 Avram PINTO , Jevreji Sarajeva i Bosne i Hercegovine. Sarajevo 1987 , 170. Avram Pinto überlebte das KZ Jasenovac ; er erinnert sich zwar der Erschießungen der einheimischen Jüdinnen und Juden , erwähnt aber nicht das Schicksal der dort internierten ausländischen Flüchtlinge.

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tuierung der jüdischen Gemeinde von Brčko ( 1995 ) konnten ihre Mitglieder für die Opfer ein Denkmal am Saveufer errichten. Das Gedenkzentrum Yad Vashem führt in seiner Opferliste Namen derer , die aus Fužine nach Brčko kamen : Diese wurden in der Liste der Internierten von Fužine als Opfer von Brčko vermerkt ( siehe Liste Nr. 4.6 ). Die Flucht aus den Internierungsorten – zumeist auf das von Italien besetzte oder annektierte Territorium – bedeutete im Jahre 1941 und noch bis weit in das Jahr 1942 ein Risiko , von den italienischen Behörden direkt an die Ustascha ausgeliefert zu werden : Das italienische Innenministerium hatte am 28. Mai 1941 ein generelles Einreiseverbot und Verbot des Aufenthaltes im gesamten kroatisch-italienischen Grenzbereich verhängt. Die Grenzpolizisten waren zur Zurückweisung aller im Grenzgebiet angetroffenen Personen an die Behörden jenseits der Grenze , auf das Territorium des Unabhängigen Staates Kroatien und zur Übergabe der gefassten Grenzgänger an die Ustascha verpflichtet.450 Die Partisanen waren es , die damit getroffen werden sollten – aber es traf auch die jüdischen „Illegalen“.451 Allerdings änderten sich im September 1941 die Machtverhältnisse zwischen Italien und dem USK sowie die Gestaltung der bilateralen Grenze grundlegend : Am 21. August 1941 verfügte die Zweite Italienische Armee auf USK-Territorium die Wiederbesetzung ( „ reoccupazione“ ) jener Teritorien , auf denen sie nach der Kapitulation Jugoslawiens ( 17. Mai 1941 ) als Schutzmacht stand : Dieser Bereich umfasste eine Zone in Westkroatien von 70 km Breite , die parallel zu den annektierten Regionen im Küstenland und in Dalmatien verlief : Sie umfasste die Regionen Gorski kotar , Lika und Festland-Dalmatien. In dieser Zone übernahm die italienische Armee die Zivilverwaltung : Seit 7. September 1941 , als die von Italien einseitig ausgerufene Wiederbesetzung kroatischen Territoriums in Kraft trat und die „Zone II“ ( anschließend an die „Zone I“ – annektierte Territorien ) entstand , befand sich zwischen dem Staatsterritorium des USK und dem italienischen Staatsterritorium eine „Pufferzone“.452 Bis zum Zeitpunkt der „Wiederbesetzung“ ( „ reoccupazione“ ) respektierten die italienischen Militärdienststellen dort die Behörden des USK : Ab dem 7. September 1941 jedoch beließen sie den kroatischen Stellen in der „Zone II“ nur periphere Verwaltungsangelegenheiten , für jüdische Flüchtlinge und jugoslawische Juden bedeutsam wurde , dass ab diesem 450 K. VOIGT , Zuflucht , S. 203. 451 K. VOIGT , Zuflucht , S. 207. – M. Ristović , U potrazi … S. 87. – B. POLIĆ : Vjetrenjasta klepsidra , S. 410. 452 Die italienische Armee notifizierte am 21. 8. 1941 der kroatischen Regierung die „Wiederbesetzung der Zone II , weil Kroatien alleine die Ruhe und Ordnung nicht erhalten und die Partisanen nicht wirksam bekämpfen könne : Wiederbesetzt“ wurde die gesamte Lika bis zur Linie Karlovac–Bihač–Knin : Bericht darüber vom Kommando des Ersten Gendarmerieregimentes an die Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit ( RAV­ SIGUR ) vom 22. 8. 1941 , in : Antun MILETIĆ , Koncentracioni logor Jasenovac 1941–1945. III. Bd. Dokumente , Beograd–Jasenovac , 1979 / 1980 , Dok. Nr. 17 , 46–48 , hier 47.

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Datum die kroatischen Behörden die zurückgeschickten Grenzgänger ohne Genehmigung durch die italie­nische Armee nicht festnehmen durften.453 Aber die praktische Handhabung dieser Kompetenzverteilung hing von den örtlichen italienischen Kommandanten und ihren Vorgesetzten ab : Im Gorski kotar und im nördlichen Küstenland war dies die Quästur ( Polizeidirektion der Provinz Fiume /  Rijeka ). Ihr Leiter , Dr. Temistocle Testa , lieferte unnachsichtig die im Grenzbereich Gefassten an die Ustascha ab. Die von der italienischen Armee Gefassten konnten im Jahre 1941 auch nicht sicher sein , dass die italienischen Behörden nicht doch ihr „Placet“ zur Verhaftung durch die Ustascha gaben , die dann die ausländischen jüdischen Internierten in ein Konzentrationslager einlieferte.454 Eine Sigrid Popper wurde beim Fluchtversuch auf italienisches Territorium gefasst – ein Mithäftling in Jasenovac berichtete der jugoslawischen Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und ihrer einheimischen Helfer , dass eine „Frau Popper“ aus Wien gemeinsam mit einem Wiener Arzt ( Dr. Steiner ), einem Ing. Schiller ( möglicherweise Ing. Emmerich Schiller )455 oder Schilling ( Bernhard Schilling ? 456 ) und einem Wiener Rechtsanwalt ( Dr. Langer ) in den ersten Oktobertagen 1941 in einem Wald erschossen wurde.457 Der kroatische Tischtennis-Weltmeister Žarko Dolinar bediente sich seiner internationalen Bekanntheit , um mit ungarischen Sportkollegen Zagreber Juden auf das von Ungarn besetzte Territorium des ehemaligen Jugoslawien in Sicherheit zu bringen.458 Es gibt keine Hinweise darauf , dass diese Fluchtmöglichkeiten nach Ungarn auch ausländische jüdische Flüchtlinge wahrnahmen459: Wie viele ausländische Juden , die sich ab 1941 nach Ungarn retten konnten , der „Endlösung“ in Ungarn ab 1944 zum Opfer fielen , lässt sich mangels Aufzeichnungen über sie nicht eruieren. 453 HDA , RUR ŽO , Fasz. 7 , Zl. 6996–28322 vom 22. 7. 1941. 454 HDA , MUP NDH , Fasz. 191 , Zl. II-C–1305 / 1941 vom 8. 5. 1941. 455 HDA , RUR ŽO , Fasz. 11 , Zl. 2806 – Inv.-Nr. 29084 und 3145 – Inv.-Nr. 290120 vom 17. 4. 1942. 456 HDA , ZKRZ-GUZ , Mikrofilm Z-2942 , GUZ 2235 /  7–45 : Internierter des KZ „Danica“, Koprivnica. Er findet sich nicht auf der Opferliste des Dokumentationszentrums von Jasenovac : www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. Siehe Liste der identifizierten Opfer des KZ Jasenovac im Anhang ! 457 Antun MILETIĆ , Koncentracioni logor Jasenovac. Beograd 1986 / 1987 , Bd. III , Dok. 225 , 227 , 229. S. 506–524. 458 DOLINAR Žarko und Boris : The Game of Their Lives. The Stories of Righteous Among the Nations Who Devoted Their Lives to Sport : www.yadvashem.org /  yv /  en / exhibitions /  righteous_sportsmen /  dolinar.asp. 459 HDA , ZKRZ-GUZ , Mikrofilm Z-2944 , Zl. 2235 /  45 , Dr. Pavle Vinski , Rechtsreferent der Kreiskommission für die Verbrechen der Besatzer und einheimischen Kollaborateure : Osijek ; Elaborat über die Situation der Juden in Osijek – Emigration nach Ungarn.

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Fischerboote brachten die Fluchtwilligen über die Drau ; dann setzten sie die Reise als „blinde Passagiere“ in Lokalzügen fort : Schaffner und Lokführer ließen sie auch gratis mitfahren. Nicht gelungene Fluchtversuche bezahlten die Betroffenen mit dem Tod im Gefängnis von Osijek.460

2.3.4 Versorgung und Betreuung trotz Schwierigkeiten

Die Sequestrierung jüdischen Eigentums461 hatte für die Flüchtlinge zur Folge , dass ihr bei Speditionen aufgegebenes Reisegepäck in Kroatien nicht mehr freigegeben wurde. Dies hinderte die Spediteure nicht daran , den Adressaten die Lagergebühren vorzuschreiben.462 Obwohl die Ustascha-Behörden landesweit die Konten der jüdischen Gemeinden sperrten und die finanzielle Hilfe internationaler jüdischer Organisationen versiegen musste , verpflichtete ein Erlass der „ Juden-Abteilung“ des kroatischen Innenministeriums vom 29. Mai 1941 die jüdischen Gemeinden zur Versorgung der ausländischen Flüchtlinge im USK.463 Nach Beginn der Deportation in die Ustascha-Konzentrationslager mussten die jüdischen Gemeinden von Zagreb , Osijek und Sarajevo laut Erlass der Ustascha-Polizeidirektion zusätzlich die Versorgung von jüdischen Lagerinsassen übernehmen.464 Die jüdische Kultusgemeinde Zagreb registrierte im Mai 1941 625 ausländische Jüdinnen und Juden , die so weit von Zagreb entfernt waren , dass die Gemeinde in Zagreb Gemeinden in der Provinz in die Unterhaltsleistungen mit einbeziehen wollte : in Sarajevo 100 Personen , in Bosanski Šamac 30 , in Derventa ( Bosnien ) 98 , in Banja Slatina ( bei Banja Luka ) 74 , in Tuzla ( Bosnien ) 12 , in Ruma ( Vojvodina ) 153. Etwas weniger weit entfernt war Westslawonien , wo im Kurort Lipik 64 , in Daruvar 88 wohnten. In Donji Lapac ( Lika ) hielten sich sechs ausländische Flüchtlinge auf. ( In dieser Statistik fehlten die Flüchtlinge in der westlichen Herzegowina , die schon wegen der Kämpfe zwischen nationalserbischen Tschetniks und Ustascha , Ustascha und Partisanen auf bosnisch-herzegowinischem Territorium nicht betreut werden konnten : 147 ausländische Flüchtlinge wurden in Čapljina , 117 österreichische und deutsche Jüdinnen und Juden in Gacko ( Herzegowina ) untergebracht , weil sie die 460 HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2944 , GUZ 2355 /  Blatt 5. 461 I. GOLDSTEIN , Holokaust u Zagrebu , S. 103–114 und 145 ; Erinnerungen an die Auswirkungen der Beschlagnahmung jüdischen Vermögens auf die eigene Existenz bei B. POLIĆ , Vjetrenjasta klepsidra. 378 , und Zeev MILO ( alias Vladimir MÜLLER ), Im Satellitenstaat Kroatien 1941–1945 , S. 44 f. 462 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 3 , Zl. 1091 / 1941 – Inv.-Nr. 27578 : Schreiben von Emigranten aus dem Zwangsaufenthalt in Lipik an die Ustaša-Polizeidirektion vom 7. 7. 1941 ; ebenda , Fasz. 8 , Zl. 8402 – Inv.-Nr. 28647 vom 17. 11. 1941. 463 HDA , RUR ŽO , Fasz. 2 , Zl. 286 / 1941– Inv.-Nr. 27255. 464 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 4 , Zl. 2353 / 1941 – Inv.-Nr. 27893.

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Judenverfolgung im Unabhängigen Staat Kroatien ( USK )

jüdische Gemeinde Mostar dort versorgen konnte.465 Sie kamen zumeist aus der Internierung in Samobor. Von ihnen wusste der Funktionär der jüdischen Gemeinde von Sarajevo , Avram Pinto.466 Für die ausländischen Flüchtlinge in der näheren Umgebung von Zagreb ( in Pisarovina 30 , im Lager Draganić 178 , im Schloss Kerestinec 160 und in der Stadt Zagreb ca. 450 Personen ) wollte die Kultusgemeinde Zagreb weiterhin selbst aufkommen. Die jüdischen Gemeinden in der Provinz sahen sich jedoch außerstande , auch noch für ausländische Flüchtlinge zu sorgen , da sie durch Emigration , Flucht , Verhaftung Mitglieder verloren und durch die Beschlagnahmungen jüdischen Vermögens selbst verarmt waren.467 Zusätzlich zu dieser Verpflichtung stellte sich der Kultusgemeinde die Notwendigkeit , für die Erfüllung der Kennzeichnungspflicht durch die Flüchtlinge zu sorgen. Grundsätzlich waren dazu die Gemeinden , in denen sie interniert waren , verpflichtet ; sie hatten die Judenkennzeichen auch zu beschaffen. Doch die Gemeinden wälzten die Zahlungspflicht auf die zumeist mittellosen Flüchtlinge ab , obwohl diesen die Jüdische Kultusgemeinde Zagreb wegen der Sperre ihrer Bankkonten das früher übliche Taschengeld von 50 Dinar , ab April 1941 nur mehr 30 Dinar pro Person und Tag , während der Dauer der Sperre nicht ausbezahlen konnte.468 Wegen des Widerstandes der Gemeinden gegen die Zahlungspflicht zwang die Ustascha-Polizeidirektion die jüdische Kultusgemeinde Zagreb zum Ankauf der Kennzeichen.469 Die Kultusgemeinde nahm diese Pflicht peinlich genau wahr , um nicht die eigene Handlungsfähigkeit aufs Spiel zu setzen und um ihre Mitglieder vor Angriffen möglichst zu schützen.470 Für die Sorgepflichten der jüdischen Kultusgemeinde Zagreb gegenüber der rasch wachsenden Zahl Bedürftiger überwies das Internationale Komitee vom Roten Kreuz über seinen Delegierten in Zagreb , Julio Schmidlin471, der jüdischen Ge465 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 15 , Zl. 5185 / 1942 – Inv.-Nr. 29832 vom 3. 8. 1942. 466 Avram PINTO , Jevreji Bosne i Herzegovine ( Die Juden von Bosnien und Herzegowina ). Sarajevo 1987 , S. 178 ; und Avram PINTO   /  David PINTO  , Dokumenti o stradanju Jevreja u logorima NDH ( Dokumente zum Mord an den Juden in den Lagern des USK ). Sarajevo 1972. S. 165. 467 I. GOLDSTEIN , Holokaust , S. 244 , 246 und 290. 468 HDA , RUR ŽO , Fasz. 2 , Zl. 286 / 1941 – Inv.-Nr. 27255. 469 HDA , ebenda , Fasz. 2 , Zl. 556 / 1941 – Inv.-Nr. 27373 , Schreiben der Bezirksverwaltung Pisarovina mit Anforderung von „ Judenkennzeichen“; ebenda , Fasz. 2 , Zl. 583 / 1941 – Inv.-Nr. 27386 , Schreiben der Stadthauptmannschaft Sarajevo. 470 HDA , ebenda , Fasz. 2 , Zl. 556 / 1941 – Inv.-Nr. 27373 vom 14. 6. 1941. – weitere Beispiele : Pakrac : Fasz. 4 , Zl. 2189 / 1941 – Inv.-Nr.  – 27854 ; Makarska , Fasz. 3 , Zl. 934 / 1941 – Inv.-Nr. 27516. 471 Julio Schmidlin ( geb. 1921 in Zagreb ) war der Sohn des damaligen Schweizer Generalkonsuls in Zagreb , Paul Julio Schmidlin. Julio Schmidlin besuchte eine Zagreber Schule

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meinde Geld – monatlich bis zu 10. 000 sFr. Für die Geldsendungen gewährten die staatlichen Stellen in Kroatien einen niedrigen Wechselkurs : Er betrug bis zum Jahre 1943 1 : 100 , sodass die jüdische Gemeinde 1 Million kroatische Kuna , ab September 1943 1,6 Millionen Kuna ausbezahlt bekam. Zu diesem Zeitpunkt wäre wegen der hohen Inflationsrate in Kroatien ein Kurs von 1 : 180 angemessen gewesen , denn gegen Jahresende 1943 war die Hauptstadt Zagreb bereits von der Partisanenarmee eingekreist , so dass die Lebensmittelversorgung auch für die kroatische Bevölkerung zum Erliegen kam und die Inflation galoppierte.473 Über die von Italien annektierten Städte Laibach /  Ljubljana und Split konnte die Jüdische Kultusgemeinde Zagreb die Beziehung zur italienischen „Delegazione per l’assistenza agli emigranti ebrei“ ( DELASEM ) und zu jüdischen Organisationen in der Schweiz aufrechterhalten. Über das in Budapest wirkende JOINT-Büro funktionierten die Beziehungen zu Hilfsvereinen und privaten Wohltätern in der Türkei und in Palästina.474 Im Juli 1941 sandte JOINT Geld.475 Über die Höhe der Unterstützungen aus der freien Welt und den neutralen Staaten gibt es nur die Unterlagen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ( IKRK ).476 Dank der Geldhilfe konnte die jüdische Kultusgemeinde die Versorgung der einheimischen und ausländischen Bedürftigen in Zagreb und in der Provinz bis zum 3. Mai 1943 ( als ihr Präsident , der Oberrabiner und die meisten Mitarbeiter in Lager im Osten deportiert wurden ) aufrechterhalten. So bot sie täglich 350 kostenlose Mahlzeiten und einige weitere zu ermäßigten Preisen. Als sie in diesen beiden Jahren ihre Gemeindemitglieder um die Bezahlung der Gemeindesteuer und Spenden bat , erwies sich die Mehrheit der Briefe als unzustellbar : Ihre Adressaten , kroatische Jüdinnen und Juden , waren entweder geflüchtet oder deportiert.477 Die jüdischen Gemeinden in der 472

und sprach gut Kroatisch und Serbisch : HDA , Archiv Helm , Akt Schmidlin , Fasz. 27 , Seite 94 ( Bericht über Schmidlins einzigen , von UNS ausnahmsweise gewährten Besuch im KZ Jasenovac ). 472 M. KEVO , Veze Međunarodnog odbora Crvenog križa. Dok. Nr. 3 , S. 42 ( 24. 5. 1942 ). 473 Ebenda , Dok. Nr. 15 vom 16. 9. 1943 , S. 98–100 ; Dok. Nr. 29 vom 28. 12. 1943 , S. 160–162. 474 JIM , Beograd , Jüdische Kultusgemeinde Zagreb , ŽOZ , Fasz. 63 , Vorlage einer Liste benötigter Medikamente vom 30. 1. 1943 , weil seit November 1942 keine Medikamentensendung mehr angekommen war : Bitte um regelmäßige quartalsmäßige Sendung von Medikamenten K-65-4-1- / 1–94. 475 HDA , RUR ŽO , Fasz. 2 – Inv.-Nr. 27554 – I. GOLDSTEIN , Kontakti zagrebačke Židovske općine s inozemstvom 1933–1945. ( Auslandskontakte der jüdischen Gemeinde Zagreb ). In : Kladovo transport , Beograd 2006 , S. 23–49 ; hier S. 41 f. 476 GOLDSTEIN , Kontakti zagrebačke Židovske općine. In : „Kladovo-Transport“, S. 39 f. 477 Jevrejski historijski muzeji ( J IM ) , Beograd , Archivbestand „ J üdische Gemeinde Zagreb – Aufzeichnungen über die Briefaktion zur Einhebung der Gemeindesteuern und Bitten um Spenden“ ( Sign. ŽOZ ), Fasz. 60 , 63 , 65.

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Judenverfolgung im Unabhängigen Staat Kroatien ( USK )

Provinz sahen sich außerstande , Geld aufzubringen , weil ihnen die lokalen UstaschaTreuhänder der Finanzen und des Vermögens der Kultusgemeinden die Überweisung selbst der kleinsten Beiträge für die Flüchtlingshilfe untersagten. Die jüdische Kultusgemeinde erwirkte zwar eine amtliche Weisung der Direktion für die Ustascha-Polizei an die Treuhänder zur Freigabe des Geldes , aber nicht auch die amtliche Weisung an die Treuhänder. So konnten sich die Treuhänder auch weiterhin querlegen.478

2.3.5 Die christlichen Kirchen und die Judenverfolgung im USK

Weil sich die jüdische Kultusgemeinde außerstande erklärt hatte , auch noch für die konvertierten Juden zu sorgen , übernahmen die katholische Kirche und die deutsche evangelische Kirche diese Aufgaben. Die vom Erzbischof von Zagreb 1938 auf dem Zagreber Hauptbahnhof eingerichtete Hilfsstelle stellte sofort nach dem deutschen Einmarsch in Zagreb ihre Tätigkeit ein und vernichtete die Unterlagen.479 Die Sekretärin der Hilfsstelle , Terezija Škrinjarić , wurde dennoch ins Gestapo-Gefängnis nach Graz verbracht ; vor der Einlieferung in Auschwitz soll sie die Intervention des Erzbischofs beim „Poglavnik“ ( „ Führer“ des USK ), Dr. Ante Pavelić , bewahrt haben.480 Ein dem Erzbischof nahestehender Zagreber Jude , Amiel Shomrony ( alias Emil Schwarz481 ), erinnert sich jedoch , dass die „Caritas“ die Aufgabe übernommen habe , auch nicht konvertierten jüdischen Flüchtlingen zu helfen , und dass Priester , die gute Beziehungen zu Ustascha-Angehörigen hatten , bei diesen für Flüchtlinge um Ausreisebewilligungen , Aufenthaltsgenehmigungen oder Ausnahme von der Anwendung der Rassegesetze interveniert hätten. Amiel Shomrony , der als damaliger Aktivist der jüdischen Kultusgemeinde mit dem Erzbischöflichen Ordinariat in Zagreb Kontakt hielt , behauptete , dass Erzbischof Stepinac allen Bittstellern , für die er Kontakte zur Ustascha-Führung herstellte , das Versprechen abgenommen habe , über die Hilfe und die Interventionen dafür strikt Stillschweigen zu wahren.482 Die Interventionen zugunsten gefährdeter Juden nahmen solche Intensität an , dass das Kabinett des „Poglavnik“ ein Verbot jeglicher Intervention zugunsten von Juden 478 HDA , RUR ŽO , Fasz. 2 , Zl. 286 / 1941 – Inv.-Nr. 27255 – Wiederholung der Weisung am 4. 6. 1941 , Zl. 286–1 und Genehmigung , Zl. 405 / 1941 vom 3. 7. 1941. 479 Archiv der Erzdiözese Zagreb ( Arhiv Nadbiskupije zagrebačke , NAZ ), Zl. 183. Pr / 1939. 480 Archiv der Erzdiözese Zagreb ( Arhiv Nadbiskupije zagrebačke , NAZ ), Präsidialakt Zl. 183. Pr / 1939. 481 Ariel Shomrony , geboren 1917 in Županja ( Slawonien ) als Emil Schwarz : Interview mit ihm von Sandra MILKOVIĆ , Stepinac spašavao Židove … ali nedovoljno da bude Pravednik među Narodima ( Stepinac hat Juden gerettet …aber dies genügt nicht , um als Gerechter unter den Völkern anerkannt zu werden ). In : Jutarnji list , Zagreb , 11. 5. 2008. Beilage „Panorama“, S. 10. 482 S. MILKOVIĆ , Interview mit Ariel Shomrony im „ Jutarnji list“, Zagreb , 11. 5. 2008.

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„Lösung der Judenfrage im Land“

verlautbarte und ankündigte , jede Intervention werde als „Sabotage“ betrachtet und strengstens bestraft werden.483 Materielle Hilfe der katholischen Kirche kann in den Quellen des Erzbischöflichen Archivs in Zagreb nicht festgestellt werden.484 Dan Baram ( geboren 1931 in Zagreb ) bestätigt , dass er mit seinen Eltern dank der Vermittlung des Erzbischofs beim Pfarrer der Landpfarre Ščitarjevo ( ca. 20 km südöstlich von Zagreb ), Dr. Dragutin Jesih , aufgenommen und versteckt wurde. Dr. Dragutin Jesih wurde 1942 von einer Ustascha-Streife verschleppt. Tage später fanden Bauern der Umgebung seine Leiche im Save-Fluss. Er wurde dafür zum „Gerechten unter den Völkern“ Kroatiens ernannt.485 Für die katholische Kirche kann aufgrund der Archivunterlagen im Erzbischöflichen Archiv in Zagreb , im Kroatischen Staatsarchiv und in Quelleneditionen festgestellt werden , dass der Erzbischof von Zagreb , Dr. Alojzije Stepinac , bei den kroatischen Behörden intervenierte : Erhalten sind persönliche Schreiben des Erzbischofs an den damaligen Innenminister Dr. Andrija Artuković486 für die Ausnahme der konvertierten und der in Mischehen lebenden Jüdinnen und Juden von den Rassegesetzen , aber auch für „humanes Vorgehen bei Deportation und in den Lagern ( … )“.487 Die amerikanische Historikerin Esther Gittmann behauptete , im Gedenkzentrum Yad Vashem befänden sich noch unausgewertete Dankschreiben überlebender Jüdinnen und Juden , die Erzbischof Stepinac vor den Deportationen und den Lagern bewahrt habe.488 In den schriftlichen Interventionen des Erzbischofs um 483 HDA , RUR ŽO , Inv.-Nr. 28814 , 28815 , 28189 , 28252 , Militärkabinett des „Poglavnik“, o. Zl. Zeitungsartikel in „Novi list“ Nr. 16 vom 18. 5. 1941 und Nr. 60 vom 28. 6. 1941. 484 Ivo GOLDSTEIN , Solidarnost i pomoć Židovima u Hrvatskoj. Članak problematizira pitanje solidarnosti stanovništva sa Židovima u razdoblju Nezavisne Države Hrvatske( Solidarität und Hilfe für die Juden im Unabhängigen Staat Kroatien ). Der Artikel stellt die Frage der Solidarisierung der kroatischen Bevölkerung mit den Juden im Unabhängigen Staat Kroatien zur Diskussion. In : Radovi -Zavod za hrvatsku povijest ( Arbeiten – Institut für kroatische Geschichte ), H. 34–35–36 , Zagreb 2004. S. 205–235. 485 Dan Baram ( Milivoj Fuks , alias Milivoj Radičević , geb. 1931 in Zagreb , nachmaliger kroatischer Honorarkonsul in Israel seit 1992 ) berichtete Sandra Milković , dass seine Familie mithilfe von Erzbischof Stepinac vom Pfarrer Dr. Dragutin Jesih gerettet wurde : www.yadvashem.org. 486 Schreiben vom 22. 5. und 30. 5. 1941 , zitiert von Jure KRIŠTO , Sukob simbola. Politika , vjere i ideologije u Nezavisnoj Državi Hrvatskoj ( Ein Konflikt der Symbole. Politik , Religion und Ideologien im Unabhängigen Staat Kroatien ). Zagreb 2001 , S. 273–276. 487 HDA , Justizministerium des USK – Kultus Abt. ( Sign. MPB-B 218 ), Fasz. 3 , Zl. 48061 vom 21. 6. 1941. 488 Esther GITTMANN referierte bei einem Seminar über Erzbischof Stepinac der Katholisch-Theologischen Fakultät Zagreb, September 2008. Interview mit Tomislav Vučković in „Glas Koncila“ 8. 9. 2008. Esther Gittmann wurde 1939 in Sarajevo geboren. Ihre Mutter

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Judenverfolgung im Unabhängigen Staat Kroatien ( USK )

Ausnahme der konvertierten Juden von den Rassegesetzen fällt jedoch auf , dass er die Berechtigung von Deportationen und Konzentrationslagern niemals grundsätzlich infrage stellte und die kroatische Regierung dafür niemals kritisierte. Eine Intervention kam dem Wiener Arzt Dr. Lavoslav Bodnar zugute , der im September 1941 in Zagreb verhaftet und ins KZ Jasenovac eingeliefert worden war. Das Erzbischöfliche Ordinariat und der Heilige Stuhl appellierten an die Ustascha-Polizeidirektion , ihn freizulassen und mit seinem Visum für Bolivien ausreisen zu lassen. Bodnar wurde gegen Jahresende 1941 in Jasnovac ermordet , aber die Korrespondenz zwischen dem Ordinariat und der Ustascha-Polizei zog sich noch bis ins Frühjahr 1942 hin. Das Ordinariat bekam keine Information über sein Schicksal.489 In Einzelfällen wurden konvertierte Juden von den Rassegesetzen ausgenommen – aber einheimische Jüdinnen und Juden , nicht ausländische. Es ist nicht zu beweisen , dass dies auf Ersuchen des Erzbischofs geschah ( es gibt Hinweise , dass einflussreichere Personen als der Erzbischof , so der Sekretär des „Poglavnik“ und sein Vater ( ein angesehener Zagreber Rechtsanwalt ), die Ausnahmen bewirkten , für ihre Interventionen jedoch Geld nahmen.490 Unterlagen über Sachhilfe des Erzbischofs an Juden gibt es im Archiv der Erzdiözese nicht – Ariel Shomrony , der namens der Jüdischen Kultusgemeinde mit dem Erzbischof und dem Ordinariat Kontakte pflog , erinnerte daran , dass sich die kirchlichen Stellen der Gefahr bewusst waren , der Juden sich selbst und ihre Helfer ausgesetzt hätten , wenn sie bei der Vorsprache bei der „Caritas“ gesichtet worden wären. Der Erzbischof ließ Geld über vertrauenswürdige Kontaktpersonen direkt zu den Bedürftigen bringen. Er nahm jedoch allen Mirtarbeitern das Versprechen ab , strengstes Stillschweigen zu bewahren.491 Am 3. Mai 1941 wurde das Gesetz über den Übertritt von einer Religionsgemeinschaft zu einer anderen 492 beschlossen : Kraft dieses Gesetzes gebührte das letzte Wort über die Zulassung zum Konfessionswechsel nicht den Religionsgemeinschaften , sondern dem Staat. Juden wurden vom Recht auf Konversion grundsätzlich ausgeschlossen. flüchtete mit ihr nach Zagreb und erhielt – Esther Gittmanns eigener Aussage zufolge – auf Vermittlung von Erzbischof Stepinac die Ausreisegenehmigung aus dem USK. 489 Die Interventionsschreiben des Erzbischöflichen Ordinariates finden sich im Fond als „Prezidijalni spisi“ ( „ Präsidialakten“ ), Zl. 108 / 1941 des Archivs der Erzdiözese Zagreb ( NAZ ) Zagreb ; HDA , RUR ŽO , Fasz. 17 , Zl. 5749 und Zl. 6870 ; I. GOLDSTEIN , Solidarnost i pomoć Židovima u Nezavisnoj Državi Hrvatskoj. S. 218. Der Genannte ist auf der Liste des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes ( D ÖW ) mit Todesdatum 13. 2. 1942 verzeichnet. www.doew.at / Ausstellung /  shoaopferdb.html. 490 HDA , Archiv Helm , Fasz. 28 , Akt 159 ( Mintas ). 491 I. GOLDSTEIN , Solidarnost i pomoć Židovima u Nezavisnoj Državi Hrvatskoj. S. 218. 492 Gesetzesbestimmung LV /  87-Z. p. 1941 , Amtsblatt „Narodne novine NDH“, Nr. 19 / 1941 vom 5. 5. 1941.

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„Lösung der Judenfrage im Land“

Keine der anerkannten Religionsgemeinschaften  – weder die katholische Kirche noch die deutsche evangelische Kirche und auch nicht die Muslime – protestierten gegen die Vereinnahmung einer Gewissensangelegenheit und eines individuellen Grundrechtes auf Bekenntnisfreiheit durch den Staat. Als das Ministerium für Unterricht und Kultus493 von den katholischen Pfarren , der evangelischen Kirche sowie von orthodoxen und griechisch-unierten Gemeinden Listen der getauften Juden anforderten , entsprachen die katholischen Pfarren dieser behördlichen Aufforderung. Auf die Listen setzten die Pfarren neben die Namen der Täuflinge die Adressen auf dem Territorium des USK , in seltenen Fällen die Heimatzuständigkeit ( mit der die Identifizierung ausländischer Jüdinnen und Juden ermöglicht wird ). Mit ihrer Willfährigkeit gegenüber dem Staat lieferten die Pfarren Hinweise auf Wohnungen von Juden.494 Auch Personen mit österreichischen und deutschen Geburtsorten ( bei denen jedoch nicht festzustellen ist , ob sie Flüchtlinge oder aus USK-Territorium niedergelassen waren ) ließen sich in katholischen Pfarren Zagrebs und in der evangelischen Kirche taufen.495 Dan Baram zufolge erließen katholische Pfarrer nach dem Beginn der Judenverfolgungen konversionswilligen Juden den Taufakt und stellten ihnen einfach Taufscheine „pro foro civili“ – für die Vorlage bei weltlichen Behörden – aus , um dem Inhaber wenigsten die Chance zu geben , als Konvertit von der Verfolgung verschont zu werden ; sie wussten jedoch , dass für die Behörden im Sinne des Gesetzes auch getaufte Juden Juden blieben.496 493 Kroatisch : Ministarstvo nastave i bogoštovlja , abgek. MNB ). Am 24. 6. 1941 wurde die Kultussektion aus dem Unterrichtsministerium ausgegliedert und dem Ministerium für Justiz zugeteilt. 494 Zum Verhalten der katholischen Kirche im USK während der Judenverfolgung vgl. Anna GRÜNFELDER , Katholische Kirche und Ustascha-Herrschaft 1941–1944. In : Südostforschungen. Bd. 69 /  70 , Regensburg 2010 /  2011 , S. 182–227 ; hier S. 211–216. 495 HDA , RUR ŽO , Fasz. 2 , Zl. 3688 / 1941. 496 Sandra MILKOVIĆ , Stepinac spašavao Židove … ali nedovoljno da bude Pravednik među narodina. Ekskluzivno iz Jeruzalema o procesu pred Yad Vashemom ( Stepinac hat Juden gerettet … aber dies genügt nicht für die Ernennung zum Gerechten unter den Völkern. Exklusiv aus Jerusalem über das Verfahren von Yad Vashem ). In : Jutarnji list ( Morgenzeitung ), Zagreb , 11. 5. 2008 , Beilage „Panorama“, S. 10. Die Eltern von Dan Baram , alias Milivoj Fuks , hatten sogar ihren Familiennamen Fuks gegen den kroatischen Familiennamen Radičević eingetauscht , der Vater hatte seinen Vornamen Friedrich kroatisieren lassen und nannte sich Miroslav. Die Familie fand mithilfe von Erzbischof Stepinac beim Pfarrer von Ščitarjevo in der Nähe von Zagreb , Dr. Dragutin Jesih , Unterschlupf. Dieser versteckte mehrere Juden im Keller des Pfarrhauses. Dr. Jesih wurde 1942 von einer Ustascha-Streife entführt. Am nächsten Tag fanden Bauern seine Leiche im Save-Fluss. Dr. Dragutin Jesih ( 1895–1942 ) wurde 1992 die Ehrung als „Gerechter unter den Völkern“ zuteil : www.yad-vashem.org.

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Die „Lösung der Judenfrage“ durch die Ustascha

Die evangelische Kirche mit Landesbischof Dr. Philipp Popp erhielt für die Betreuung jüdischer Flüchtlinge aus Großbritannien finanzielle Hilfe über die Diskontbank Zagreb , als Empfänger wurde Hilfspfarrer Becker genannt. Polizeiattaché Helm war nicht informiert , ob diese Gelder zweckentsprechend verwendet wurden und wie hoch die Beträge waren.497 Zeugnisse Überlebender für die Hilfe der christlichen Kirchen und ihrer Gläubigen zugusten der ausländischen Flüchtlinge gibt es nicht. Vereinzelte Proteste aus der nichtjüdischen Bevölkerung gegen die Verfolgung der Juden finden sich in den Akten der Ustascha-Polizei.498

2.4 Die „Lösung der Judenfrage“ durch die Ustascha499 2.4.1 Improvisierte Schutzhaft-Lager : Kerestinec , Kruščica Das Ustascha-Regime richtete schon am 14. April 1941 – vier Tage nach seiner Kons­ tituierung – Konzentrationslager in stillgelegten Fabriken oder in Gebäuden ein , die dem Strafvollzug gedient hatten : Neben Gefangenen und Deserteuren des kurz dauernden militärischen Widerstandes der königlich-jugoslawischen Armee gegen die einrückende Deutsche Wehrmacht wiesen Ustascha-Angehörige Feinde , Regimegegner und Personen ein , die als „Gefahr für die öffentliche Ruhe und Sicherheit“ qualifiziert wurden : Wegen Missachtung der Polizeistunde , Bettler ( Enteignete und Arbeitslose , die nur durch Betteln überleben konnten ), wegen Aufenthaltes an Orten , zu denen Juden , Serben und Roma der Zutritt verboten war.500 Die Haft in diesen Lagern entsprach der „Schutzhaft“, dem Wegsperren Unliebsamer und Unangepasster. Zu diesem Zeitpunkt existierten weder reguläre kroatische Polizei noch Justiz , sodass die Einweisungen und die Lagerführung allein auf Willkür beruhte.501 497 HDA , Helm , Fasz. 5 , Zl. 226 ( Akt : Hübner Gerhard ) und Zl. 208 ( Kurt Hoppe ) vom 21. 7. 1941. 498 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 4724 / 1941 – Inv.-Nr. 28136. 499 Ivo GOLDSTEIN , Holokaust u Zagrebu. S. 636. Dieses Werk ist die bisher einzige kroa­tische Monografie zur Vernichtung des Judentums im USK. Der Autor behandelt nicht nur die Verfolgung der 12. 000 Zagreber Juden , sondern jener des gesamten kroatischen Territoriums : Von ca. 39. 000 überlebten etwa 9. 000 ; 75 % kamen ums Leben. Siehe auch H. SUNDHAUSSEN , Der „Unabhängige Staat Kroatien“ ( einschließlich Dalmatiens ). In : W. BENZ , Dimension. S. 321. 500 Davor KOVAČIĆ , Redarstvo Nezavisne Države Hrvatske uvodi red na zagrebačke ulice 1941. godine ( Die Gendarmerie des USK stellt auf den Zagreber Straßen wieder Ruhe her ). Über http : // www.bib.irb.hr /  datoteka /  492894.Redarstvo_uvodi_red. d.c ( 2. 11. 2012 ). 501 Einen Erfahrungsbericht bietet Slavko GOLDSTEIN , 1941 , S. 38–51 : Godina koja se vraća. Slavko Goldsteins Vater Ivo wurde als einer der ersten Juden von Karlovac in das KZ „Danica“, Koprivnica eingeliefert ; die Familie erfuhr nur dank Vermittlungen von Nachrichten über die Internierung und eine Besuchserlaubnis.

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„Lösung der Judenfrage im Land“

Zu den ersten „Schutzhäftlingen“ gehörten die „illegalen Immigranten“, ungeachtet der Tatsache , dass es sich um Vertriebene und Flüchtlinge handelte. Die ersten Lager – Kerestinec ( in der Nähe von Zagreb ), „Danica“ in Drinje bei Koprivnica ( Nordostkroatien ) und Kruščica in Bosnien – entstanden in bereits vorhandenen Objekten für Sträflinge : Die ausländischen Juden , die sich pflichtgemäß registrieren ließen , aber auch die aus der ehemaligen Draubanschaft ( Slowenien ) Richtung Kroatien ( USK ) vertriebenen , wurden als „illegale Einwanderer“ festgenommen und in das Schloss Kerestinec bei Zagreb eingewiesen. Dieses Schloss diente bis dahin als Anstalt zum Strafvollzug. Als die Ustascha das Schloss am 17. April 1941 übernahm , „reservierte“ sie es primär für die jüdischen Angehörigen der Kroatischen Rechtsanwaltskammer , um von ihnen „Kontributionen“ an Geld und Wertsachen zu erpressen.502 Diese genossen eine bevorzugte Behandlung – die anderen litten unter den desolatenVerhältnissen des baufälligen Schlosses , wenn sie auch wegen der Nähe zu Zagreb von jüdischen Ärzten der Kultusgemeinde betreut wurden.503

2.4.2 Improvisierte „Arbeitsdienstlager“ Danica , Drinje bei Koprivnica , Gospić , Slano und Metajna

Nach dem Beginn des Russlandfeldzuges ( 22. Juni 1941 ), als die kommunistischen „Guerillas“ Anschläge in den Städten unternahmen , , verlegte die Ustascha-Polizeidirektion die ausländischen jüdischen Flüchtlinge aus Kerestinec , weil das Schloss die Kommunisten und ihre Sympathisanten aufnehmen musste. So kamen die männlichen und arbeitsfähigen Flüchtlinge in das Lager „Danica“ in Koprivnica504, während Frauen , Kinder und ältere Menschen nach Kruščica bei Travnik ( Bosnien ) verlegt wurden : Dort befand sich ein Gefängnis für politische Häftlinge des Königreiches Jugoslawien mit Baracken.505 502 Der Erfolg der Erpressungstaktik veranlasste den Chef von RAVSIGUR ( des kroatischen Pendants zur Staatspolizei ), eine allgemeine Kontributionspflicht für Juden auszuschreiben und Ausreisegenehmigungen von der Erfüllung der Kontributionspflicht abhängig zu machen. Die Frist für die Ablieferung von Wertgegenständen begann am 15. 5. 1941. Am 31. 10. 1941 übergab der von der jüdischen Kultusgemeinde Zagreb kons­ tituierte Ausschuss der Ustascha-Polizeidirektion Zagreb 82 Kartons und Säcke mit Goldmünzen und Schmuck im Gesamtwert von 210 Mio. Kuna ( ca. 10,5 Mio RM ) und 100 Mio. Kuna in Geld ( ca. 5 Mio. RM ): I. GOLDSTEIN , Holokaust , S. 162–172. 503 HDA , RUR ŽO , Fasz. 4 , Zl. 1815 / 1941 – Inv.-Nr. 27778. 504 HDA , Ustaško povjereništvo za grad i kotar Koprivnica ( ZUR-ŽO ) – Ustascha-Kommissariat für die Stadt und den Bezirk Koprivnica ( die örtliche Polizeidienststelle , die auch als Nachrichtendienst galt ), Fonds Nr. 1514 , Fasz. 1 , Zl. 1 / 1941. ZUR-ŽO in den einzelnen Großbanschaften und Städten fungierten als „Nachrichtendienst“: J. KOLANOVIĆ , Holocaust in Croatia. A. a. O., S. 165. 505 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 / 1941 – Inv.-Nr. 28240 und Zl. 6320 / 1941 – Inv.-Nr. 28247 – Ausländische jüdische Flüchtlinge wurden in Kruščica nicht ausgemacht.

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Die „Lösung der Judenfrage“ durch die Ustascha

Am 14. April 1941 übernahm die Ustascha im nordostkroatischen Koprivnica das noch von der Verwaltung des Königreiches Jugoslawien eingerichtete „Kriegsgefangenen-Lager“ in den Hallen der stillgelegten chemischen Fabrik „Danica“. Das KZ „Danica“ ( „ Morgenstern“ ) – „ein schöner Name für eine grausige Realität“ ( Slavko Goldstein )506  – nahm während seines Bestehens ( 1 4. April 1941 bis Jahresende 1942 ) nebst Serben , Juden , Kommunisten , Adventisten und zufälligen Opfern von Straßenrazzien der Ustascha-Milizen507 auch Alyah-Flüchtlinge aus Wien , Graz , Berlin und Leipzig sowie aus Ungarn und Rumänien auf. Der Alyah-Gruppe gehörten neben Mitgliedern aus dem „Altreich“ der schon erwähnte Max Kutscher aus Wien , als einzige Frau die Wienerin Hedy ( Hedwig ) Tudiower , die Wiener Walter und Ladislaus Bereny , Bela Adalbert Fischer , Hans Markovitz , der minderjährige Josef Wimmer und Max Steinhauer sowie Otto Fürst aus Graz an. Auch der aus Slowenien abgeschobene Berliner Erwin Süssmann ( „ als jüdischer Emigrant politisch unzuverlässig , aus Slowenien geflüchtet , daher illegaler Grenzübertritt“ ), der zu dieser Alyah-Gruppe gehörte , wurde aus Kerestinec nach Koprivnica verlegt. Hedy Tudiower blieb die Frau in diesem Männerlager ( bis sie am 15. Dezember 1941 ins Frauen-Konzentrationslager Loborgrad eingewiesen wurde ).508. Die Insassen hatten die Schützengräben zuzuschütten , die die königlich-jugoslawische Armee gegen die deutschen Besatzer ausheben ließ.509 Es gab Misshandlungen und körperliche Strafen , aber keine Morde , sondern „Vernichtung durch Arbeit“ mit unzulänglicher Ernährung. Die jüdische Gemeinde in Zagreb organisierte zwar die Sendung von Lebensmittelpaketen , doch die Paketpost wurde durch die Truppenbewegungen510 behindert. Von den 5. 600 Personen , die vom 14. April 1941 bis zur Schließung ( Jahresende 1942 ) durch dieses Lager gingen , kamen insgesamt etwa 500 Personen tatsächlich frei.511 Derart Begünstigte waren die Wiener Hans König und sein Vater Maximilian ( die gemeinsam mit der getauften und „arischen“ Gattin Stefanie und Tochter Gertrud mit Auswanderungszertifikaten für Argentinien eingereist waren ). Der Vater kam im Juli 1941 mit Magendurchbruch ins Krankenhaus Koprivnica. Am 27. Jänner 1942 wurden Hans und sein Vater Maximilian entlassen.512 Bernhard Schilling ( geb. 1868 in Wien ), seit 40 Jahren evangelisch , war in der Zwischenkriegszeit Experte 506 Slavko GOLDSTEIN , 1941 : Godina koja se vraća S. 38 , 39. 507 HDA , MUP NDH , Fasz. 1 , Zl. 1514 / 1941. 508 HDA , ebenda , Fasz. 5 , Zl. 2817 – Inv.-Nr. 27958 vom 14. 6. 1941. 509 HDA , ebenda , Fasz. 3 , Zl. 901 / 1941 – Inv.-Nr. 27054 vom 31. 5. 1941. Fasz. 1 , Zl. 248 – Inv.Nr. 27148. 510 Koprivnica war Aufmarschgebiet der Deutschen Wehrmacht für die Besetzung Ser­ biens : L. HORY – M. BROSZAT , Der kroatische Ustaschastaat , S. 40 f. 511 HDA , RUR ŽO , Fasz. 10 , Zl. 1862 – Inv.-Nr. 28903. 512 Ebenda , Fasz. 11 , Zl. 3170 – Inv.-Nr. 29131.

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„Lösung der Judenfrage im Land“

bei Siemens in Zagreb und Instruktor für den Ingenieurs-Nachwuchs. Er wurde aus dem Unterkrainer Ort Reichenburg ( Brestanje ) über die kroatische Grenze getrieben und über Kerestinec nach Koprivnica eingeliefert. Seine in Zagreb wohnende Nichte Elise Schreiber erhielt am 5. September 1941 eine einmalige Besuchserlaubnis für ihn , weil er krank war.513 Am 3. Dezember 1941 wurde er aus „Danica“ entlassen.514 Das weitere Schicksal der Freigelassenen ist nicht bekannt ; es ist fraglich , ob sie den Razzien der folgenden Jahre und den großen Deportationswellen im August 1942 , Mai und November 1943 entgehen konnten. Bernhard Schilling befindet sich möglicherweise unter den Insassen des KZ Jasenovac , die Anfang Oktober 1941 unter dem Vorwand von Forstarbeiten aus dem Lager abgeführt und in einem Wald erschossen wurden.515 In zwei belegten Fällen waren die Entlassungsbescheide reine Täuschung der Angehörigen : Fritz Weiss , dessen Frau Elisabeth in Draganić interniert wurde , erreichte die Genehmigung zur Zusammenführung des Ehepaares , also die Entlassung ihres Gatten aus Koprivnica. Der Entlassungsbescheid für Fritz Weiss trägt das Datum 25. Juli 1941. Aber Fritz Weiss war laut Eingangsvermerk der Lagerverwaltung „nicht mehr im Lager Danica“.516 Der ehemalige Bankdirektor aus Wien , Ludwig Fürstenthal , der mit seiner Frau Gisela am 10. April 1941 aus Rann ( Brežica in Slowenien ) über die Grenze getrieben und in Kerestinec sowie in Koprivnica interniert wurde , sollte ebenfalls entlassen werden. Doch auch für ihn erging der Entlassungsbescheid am 25. Juli 1941 – und auch er war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Koprivnica.517 Auf der Liste von Yad Vashem findet er sich als eines der österreichischen HolocaustOpfer , aber ohne Angabe des Ortes. Seine Frau Gisela überlebte den Krieg in Zagreb und blieb nach dem Krieg dort. Ivo Goldstein zufolge wurde sie irrtümlich auf die Opferliste von Yad Vashem gesetzt.518 Die Gründung von Konzentrationslagern nach dem Modell jener im Deutschen Reich , die der Vernichtung politischer Gegner durch Arbeit , Misshandlungen und gezieltem Mord dienten , fällt in die Zeit nach dem Besuch des Leiters der UstaschaPolizei und der Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit , Eugen Dido

513 Ebenda , Fasz. 5 , Zl. 4297 – Inv.-Nr. 28062 vom 5. 9. 1941. 514 Ebenda , RUR ŽO , Fasz. 10 , Zl. 1862 – Inv.-Nr. 28903. 515 HDA , Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und ihrer einheimischen Kollaborateure. Mikrofilm Z-2942 , GUZ–2235 /  7–45. Protokoll Auferber : Bernhard Schilling. Er steht nicht auf der Liste der identifizierten Opfer des KZ Jasenovac : www.jups-jasenovac.hr. 516 HDA , RUR ŽO , Fasz. 4 , Zl. 2139 – Inv.-Nr. 27847 , Entlassungsgenehmigung mit handschriftlichem Vermerk „nicht im Lager“. 517 HDA , RUR ŽO , Fasz. 4 , Zl. 2264 – Inv.-Nr. 27874. 518 I. GOLDSTEIN ; Holokaust u Zagrebu , S. 644.

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Die „Lösung der Judenfrage“ durch die Ustascha

Kvaternik , im KZ Sachsenhausen am 8. Juni 1941.519 Die kroatischen Behörden begründeten die Einweisung von Juden in Lager mit der Notwendigkeit der Disziplinierung von „Staatsfeinden“: Am 26. Juni 1941 verlautbarte das Innenministerium die „Gesetzesbestimmung über Strafmaßnahmen gegen die Verbreitung von lügnerischen Behauptungen durch die Juden , zur Beunruhigung der Bevölkerung“: Im Text werden die Juden generell der Zusammenarbeit mit den Kommunisten und kommunistischen Partisanen sowie subversiver Anschläge gegen den USK beschuldigt.520 Anfang Juli 1941 wurden die Juden aus dem Lager „Danica“ nach Gospić ( Region Lika ) abtransportiert. Mit ihnen gingen Opfer der Straßenrazzien der UstaschaPolizei in die Transporte – „zur Strafe für die Verbreitung lügnerischer defaitistischer Informationen“.521 Im Lager blieben nichtjüdische Strafhäftlinge. Den Anlass für diese plötzliche Evakuierung der jüdischen Insassen dürften Drohungen deutscher Stellen geboten haben , die mit der „zu laschen“ Behandlung der Juden im Lager unzufrieden waren und bemerkt hätten , die kroatische Seite sei „( … ) wohl nicht fähig , die Judenfrage so zu erledigen , wie Deutschland sie gelöst hat und noch löst“. Also würden eben die deutschen Stellen „die Sache in die Hand nehmen“. Dies berichtete das Ustscha-Kommissariat des Bezirkes und der Stadt Koprivnica am 30. Juni 1941 der Ustascha-Polizeidirektion in Zagreb und empfahl dringende Maßnahmen , weil bei einem Abtransport der Juden ins Deutsche Reich auch das jüdische Vermögen verloren gehe.522 Dies erklärt die Verlegung der jüdischen Internierten in eine entlegene Region , und noch dazu in eine Region , in der nicht die Deutsche Wehrmacht als Schutzmacht stand , sondern die italienische Armee. Nur gerüchteweise war bekannt , dass sie zur Arbeit auf verlassenen serbischen Bauernhöfen in der Lika oder in den Salinen auf der Insel Pag eingesetzt werden sollten. Es gibt keine Transportlisten für die Verlegung aus Koprivnica nach Gospić , sondern nur Vollzugsberichte über die Transporte523 , ohne Angabe der Route oder des Zieles. Wohl aber geben Genehmigungen der Ustascha-Polizeidirektion zum „Transport von Lebensmitteln für die Lager Jadovno , Slano und Barbat auf der Insel Pag“ Hinweise darauf , wo sich Gefangene der Ustascha befanden.524 In der Stadt Gospić ( Lika , Ostabhang des 519 HDA , Archiv Helm , Fasz. 2 , Akt Beisner , und Fasz. 5 , Akt Eugen D. Kvaternik. 520 HDA , MUP NDH , Fasz. 278 , 291 ; darüber berichtete die amtliche Tageszeitung „Hrvatski narod“ ( „ Das kroatische Volk“ ) am 29. 6. 1941. 521 HDA , RUR ŽO , Fasz. 5 , Zl. 4133 / 1941 – Inv.-Nr. 28012 vom 8. 7. 1941. 522 Ebenda , Fasz. 3 , Zl. 1117 /  41 – Inv.-Nr. 27592 : Eingangs-Protokoll des Schreibens des Ustascha-Polizeikommissariates für die Stadt und den Bezirk Koprivnica vom 30. 6. 1941 mit den Beschwerden deutscher Offiziere und „technischer Delegationen“ über zu lasche Lagerführung und zu viele Freiheiten der Internierten. 523 HDA , RUR ŽO , Fasz. 5 , Zl. 3697 / 1941 – Inv.-Nr. 280. 000. 524 Ebenda , Fasz. 4 , Zl. 1971 / 1941 – Inv.-Nr. 27805 vom 5. 7. 1941 : Transport von Lebensmitteln nach Jadovno , Slano und Barbat auf der Insel Pag.

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Velebit-Gebirges ) waren schon am 11. April 1941 ( einen Tag nach der Ausrufung des USK ) das Gebäude des Kreisgerichtes mit dem Gefängnis , das Bahnhofsgebäude und unbenützte Magazine in der Stadt und Umgebung zur Aufnahme von Regimegegnern adaptiert worden. Die ersten Insassen waren Serben , Opfer der willkürlichen Verhaftungen und Razzien der Ustascha in den serbischen Dörfern sowie gefangene nationalserbische Tschetniks.525 Die Arbeit auf Bauernhöfen erforderte jedoch Transporte in relativ weit entfernte Gegenden , sodass die lokale Ustascha-Polizei dieses Vorhaben absagte und die Internierten zur Straßenreinigung und anderen kommunalen Arbeiten in der Stadt verwendete – ein Provisorium , das die Internierten bald durchschauten. Der Zagreber Häftling Edo Neufeld , der von nächtlichen Morden im Gefängnis Kunde hatte , bat einen italienischen Offizier , die Internierten zu schützen. Der Offizier lehnte ab , die italienische Armee mische sich in innerkroatische Angelegenheiten nicht ein.526 Jadovno war ein Weiler im Velebit-Gebirge in der Nähe von Gospić : Das VelebitMassiv weist dort ein ausgedehntes Höhlensystem auf. Dieser wenig bekannte Ort sollte zum Inbegriff eines der ersten Massenliqudierungen von Gefangenen der Ustascha – Juden , Serben , Regimegegner aller Nationalitäten des ehemaligen Jugoslawien – werden. Der Betreuer der Aliyah-Gruppe aus Deutschland , Österreich , Ungarn und Rumänien , Josip ( Josef ) Indig , musste für die Ausreisegenehmigungen für seine Anvertrauten nach Ljubljana „Freiwillige für den Staatlichen Arbeitsdienst der Ustascha stellen“ – diejenigen , die das Los traf , kehrten nicht wieder zur Gruppe zurück ; Josef Indig erfuhr , dass sie nach Gospić befördert wurden und sich vermutlich unter den Opfern von Jadovno befanden.527 Diese Jugendlichen , ebenso wie Fritz Weiss und Ludwig Fürstenthal tauchen auch auf keinen späteren Transport- oder Opferlisten auf : Die beiden österreichischen Flüchtlinge weilten möglicherweise schon in Gospić oder auf Pag , als die Entlassungsbescheide vom 25. Juli 1941 nach Koprivnica kamen.528 Dafür spricht eine Note der Ustascha-Polizeidirektion an die jüdische Kultusgemeinde , mit der Anweisung , auf Wunsch der Deutschen Gesandtschaft Zagreb das „Gepäck von ehemaligen deutschen Internierten in Draganić , die nicht wieder dorthin zurückkehren werden , ins Magazin der jüdischen Kultusge525 Der Grund dafür , dass sich die in Serbien entstandene Tschetnik-Organisation , die das deutsche Besatzungsregime in Serbien bekämpfte , auch auf dem Territorium des USK festsetzen und ausbreiten konnte , waren die Ausschreitungen der Ustascha-Milizen gegen die serbische Bevölkerung Kroatiens : Die Tschetniks traten in den gemischtnationalen Regionen mit dem Anspruch auf , für die Erhaltung der „biologischen Substanz des Serbentums in Kroatien“ zu kämpfen. Fikreta JELIĆ BUTIĆ , Četnici u Hrvatskoj 1941–1945 ( Die Tschetniks in Kroatien ). www.znaci.net /  00001 /  41_14.htm. 526 Zeev MILO , Im Satellitenstaat Kroatien , S. 67. 527 K. VOIGT , Joškos Kinder. S. 51–53. 528 HDA , RUR ŽO , Fasz. 4 , Zl. 2139–27847.

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meinde in Zagreb zur Abholung zu bringen“.529 Fritz Weiss und seine Frau Elisabeth waren dort seit 1940 interniert.530 Die Massenliquidierung von Lagerhäftlingen aus Gospić und Umgebung im Weiler Jadovno erfolgte , weil die Ustascha-Bewacher alle Spuren von Internierten tilgen wollten , auch als „Panikreaktion“ der Bewacher auf die Nachricht von der Wiederbesetzung der Region durch die italienische Armee.531 Die italienische Armee forderte den Abzug der bewaffneten Ustascha-Formationen aus der „Zone II“ und die Unterstellung der kroatischen Armee unter ihr Kommando. Nach Bekanntwerden der Wiederbesetzung trieben die Kommandanten die in Gospić und Umgebung internierten Häftlinge in Jadovno zusammen. Laut Aussagen der wenigen Überlebenden des Massakers von Jadovno wurden die Opfer in die Höhlen hinabgestoßen ; dann warfen die Bewacher Handgranaten nach.532 Das Massaker von Jadovno überlebten nur wenige Betroffene , denen es gelungen war , sich aus den Höhlen zu befreien.533 Es gibt keine originalen Namenslisten der Opfer von „ Jadovno“.534 Die italienische Armee ließ die Ustascha gewähren , fotografierte am Ort des Geschehens und ließ die Höhlen mit Kalk zuschütten , um die Infektionsgefahr zu bannen.535 529 HDA , RUR ŽO , Fasz. 15 , ohne Zahl – Inv.-Nr. 28701 , ohne Datum. 530 HDA , RUR ŽO , Fasz. 5 , Zl. 2819 – Inv.-Nr. 27958 : Das Schicksal von Elisabeth Weiss ist nicht bekannt. 531 „Wiederbesetzt“ wurde die gesamte Lika bis zur Linie Karlova–Bihač–Knin : Bericht darüber vom Kommando des Ersten Gendarmerieregimentes an die Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit ( RAVSIGUR ) vom 22. 8. 1941 , in : Antun MILETIĆ ; Koncentracioni logor Jasenovac 1941–1945. III. Bd. Dokumente , Beograd–Jasenovac , 1979 / 1980 , Dok. Nr. 17 , S. 46–48 , hier 47. 532 HDA , ZKRZ-GUZ 2235 /  2–45 , Fasz. 10 , Blatt 98 /  31. 533 Zeev MILO ( alias Vladimir MÜLLER ), Im Satellitenstaat Kroatien. 67. Vladimir Müller erfuhr dies von einem der wenigen Überlebenden dieses Massakers , dem Zagreber Rechtsanwalt Eduard – Edo – Neufeld. Zeugenaussagen in HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , Zl. 2235 /  7–45. 534 Đuro ZATEZALO , der ehemalige Direktor des Kroatischen Staatsarchivs Karlovac , erstellte aufgrund von Zeugenaussagen für die jugoslawische Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer einheimischen Helfer eine Opferliste für Gospić und Jadovno , ebenso wie für die Lager auf der Insel Pag , Slano und das Frauenlager Metajina. Ein Lager in Barbat nannte er nicht. Die Mehrheit der auf seiner Liste Verzeichneten sind Serben ; die registrierten Juden stammen – ihren mehrheitlich sephardischen Namen nach zu schließen – aus Bosnien und Herzegowina. Auch die noch lebenden Angehörigen der 165 Jugendlichen aus Zagreb , die nach Drinje-Koprivnica zum „Arbeitsdienst einberufen“ wurden , erhielten im Jahre 2007 , als Đuro Zatezalo die Opferliste rekonstruierte , Klarheit über deren Schicksal : Đuro ZATEZALO , Jadovno : Kompleks ustaških logora ( Jadovno. Der Ustascha-Lagerkomplex ). Beograd 2007. 535 Diese Information erhielt Branko Polić von der Frau eines italienischen Soldaten , die bei der Inspektion der Höhlen sowie bei der nachfolgenden Desinfektion zugegen sein

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Gospić war auch Zwischenstation für jene Häftlinge , die zur Arbeit in den Salinen der Insel Pag bestimmt waren. Auf der Insel Pag ließen örtliche Ustascha-Funktionäre ( im Auftrag der Ustascha-Polizeidirektion ) durch Häftlinge aus Gospić ein Männerlager in der Bucht von Slano und ein Frauenlager in der Nähe der Ortschaft Metajna errichten. Sie alle bildeten den Komplex „Ustascha-Lager Gospić“. Über die Bedingungen , unter denen diese Lager aufgebaut wurden , berichteten erstmals im Jahre 1985 Überlebende sowie Einwohner der Orte Slano und Metajna. Diese Orte befinden sich im Nordwesten der Insel Pag , wo es weder Trinkwasser noch Vegetation gab. Die Häftlinge mussten zu Fuß über den Velebit-Pass bei Oštarije bis nach Karlobag marschieren , um von dort mit Fischerbooten auf die Insel übergesetzt zu werden. Die ersten Ankommenden nächtigten in Slano unter freiem Himmel , auf dem Felsgelände , während die Frauen – Jüdinnen und Serbinnen mit ihren Kindern – in leer stehenden Häusern außerhalb der Ortschaft Metajna interniert wurden. Die wenigen Einwohner des Weilers Metajna konnten den Internierten nur von ihrer eigenen kargen Nahrung abgeben. Mitwisser gab es auf der ganzen Insel , denn als Wärter wurden Einheimische rekrutiert.536 Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz erfuhr von der „unsäglichen“ ( „unspeakable“ ) Lage der Internierten in den Lagern von Pag durch den Ortspfarrer und über den Erzbischof von Zagreb , Dr. Alojzije Stepinac , der den Heiligen Stuhl informierte. Die italienische Armee unterhielt in Pag eine Garnison , intervenierte jedoch nicht gegen die Zustände. Dies berichteten Vertreter jüdischer Organisationen an die Zentralagentur für Kriegsgefangene des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Auch jugoslawische Emig­ ranten in Palästina informierten internationale Organisationen über die Deportation der jugoslawischen Juden in Ustascha-Konzentrationslager , so auch über Gospić , Slano und Metajna.537 Am 19. August 1941 töteten die Ustascha-Wachen vor dem Abzug von der Insel Pag ( die zur „Zone II“ gehören und von Italien „wiederbesetzt“ werden sollte ) in Slano und Metajna die Insassen.538 Die italienische Armee fotografierte auch dort die musste : B. POLIĆ , Vjetrenjasta klepsidra , S. 420 f. Sie bestätigt die Zeugenaussagen gegenüber der Landeskommission für die Ermittlung von Verbrechen. 536 Branimir OSTOJIĆ – Mihael SOBOLEVSKI , Pag. Pakao u kamenom pustošu ( Pag : Hölle in der Steinwüste ). Feuilleton in 46 Fortsetzungen in der Tageszeitung Novi list , Rijeka , August–September 1985. 537 Mario KEVO , Veze Međunarodnog odbora Crvenog križa i Nezavisne Države Hrvatske , Dok. Nr. 1 , S. 32. 538 HDA , MUP NDH , Fasz. 304 , Zl. 10149 /  620 : Bericht des Großzupans von ModrušOgulin vom 13. 9. 1941. Die Landeskommission der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien ( FNRJ )für die Ermittlung der Verbrechen stützte sich bei den Erhebungen für die Kriegsverbrecherprozesse auf dieses Dokument : Beweismittel Zl. Reg. 23 /  5- I -K. 85 am 21. 3. 1945 der Landeskommission.

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nur oberflächlich verscharrten Leichen , überschüttete sie mit Kalk und desinfizierte die Umgebung.539 Für die Opfer stellte sie Kreuze auf.540 Auch von Slano , Metajna und einem Lager Barbat auf Pag541 gibt es weder Internierten- noch Opferlisten. Wie viele Häftlinge des gesamten Lagersystems ( Gospić , Jadovno Slano und Metajna ) den Lagerbedingungen und den Massenliquidierungen zum Opfer fielen , kann daher nur geschätzt werden.542 Im Jahre 1945 errechnete die jugoslawische Landeskommission zur Ermittlung der Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer einheimischen Helfer ca. 6. 000 Opfer : 737 Juden ( 407 Männer , 239 Frauen , 91 Kinder ); die anderen Opfer waren Serben , Kommunisten aus Kroatien und Bosnien-Herzegowina. 450 Insassen überlebten.543 Diese wurden Ende August 1941 nach Jasenovac verbracht.544 Die Alyah-Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich , Österreich , Ungarn und Rumänien finden sich nicht in Jasenovac , nicht in Kruščica und nicht in Loborgrad.545 Sie dürften in einem in Gospić, Jadovno oder auf der Insel Pag ums Leben gekommen sein.

2.4.3 Entwickeltes Lagersystem : Ustascha-Arbeits- und Konzentrationslager Jasenovac

Die Ustascha-Polizeidirektion ging im Juni 1941 an die Einrichtung eines zentralen Konzentrationslagers für die langfristige Internierung546. Die „rechtliche“ Grundlage dafür wurde erst am 25. November 1941 „nachgeliefert“: die Gesetzesbestimmung über 539 HDA , MUP NDH ; Fasz. 304 , Zl. 10149 /  620 : Bericht über die italienischen Maßnahmen zur Desinfizierung der Umgebung von Jadovno und Pag , verfasst vom Großžupan von Modruš-Ogulin , Zl. 493 vom 30. 9. 1941 ; das Original wurde von der Landeskommission für die Ermittlung von Verbrechen dem „Archiv der Volksbefreiung Jugosla­ wiens“ überlassen. 540 B. POLIĆ , Vjetrenjasta klepsidra. S. 419, 420. Nach 1945 unternahmen die Kommunistische Jugend ( SKOJ ) und die Antifaschistische Frauenorganisation ( AFŽ ) auf der Insel Pag die Kennzeichnung der Internierungsorte und der Massengräber mit Gedenktafeln : B. OSTOJIĆ – M. SOBOLEVSKI ; Pag. Pakao u kamenom pustošu. 45. Folge , 17. 9. 1985. 541 HDA , RUR ŽO , Fasz. 4 , Zl. 1848 / 1941 – Inv.-Nr. 27784. 542 Đuro ZATEZALO , Jadovno. Kompleks ustaških logora ( Jadovno. Der Ustascha-Lagerkomplex ). Beograd 2007. 543 HDA , ZKRZ-GUZ , Fasz. 11 , Zl. 2235 /  45 ( Elaborat über die Orte der Verbrechen ). 544 Slavko GOLDSTEIN wurde Zeuge dieses Transportes , der am 23. 8. 1941 durch Karlovac fuhr : Slavko GOLDSTEIN , 1941 : Godina koja se vraća , S. 226 f. 545 B. OSTOJIĆ – M. SOBOLEVSKI , Mihael , Pakao u kamenoj pustinji , Ustaški koncentracioni logor na Pagu , Novi list , Rijeka , Zl. 173–218 , 26. VII–18. IX 1985. Die Lagerlisten des ZUR-ŽÖs für die Stadt und den Bezirk Koprivnica bestätigen dies. 546 Die Entwicklung des Ustascha-Lagersystems schilderte Marija VULESICA in ihrem Überblicksartikel „Kroatien“ in : W. BENZ – B. DISTEL , Orte des Terrors.

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die Einweisung gefährlicher , schädlicher und untragbarer Personen in Arbeits- und Konzentrationslager. Dass es sich ( auch ) um ein Vernichtungslager handelte , ahnten Eingeweihte – Angehörige der wenigen Entlassenen und Empfänger der selten versandten Todesnachrichten durch den Ustascha-Kontrolldienst – frühestens gegen Jahresende 1941.547 Als am 25. November 1941 diese Gesetzesbestimmungen erlassen wurden , war der damals bestehende Lagerkomplex schon so mit Häftlingen überfüllt , dass die Einweisungen gestoppt wurden. Zu Jahresbeginn 1942 richtete die Lagerverwaltung zusätzlich die 40 km östlich gelegene ehemalige ( aus österreichisch-ungarischer Zeit stammende ) Festung Stara Gradiška als zentrales Frauenlager ( Jasenovac V ) ein.548 Die aus dicken Steinquadern errichtete Festung Stara Gradiška und ihr Turm ( „ Kula“ ) mit unterirdischen Kasematten , die „Strafzelle“ des Lagers , nahmen während ihrer Funktion als Ustascha-Lager ( Jahresbeginn 1942 bis Jahresende 1944 ) 3. 000 Insassen auf : Serbinnen konnten aus Stara Gradiška freikommen , indem sie sich zur „Umsiedlung“ nach Serbien oder aber zur Arbeit ins Deutsche Reich549 meldeten. Jüdinnen und Juden hatten diese Chance nicht 550 ( siehe Liste Nr. 4.9 Insassinnen und Insassen des Lagers Stara Gradiška Ustascha- Arbeits-und Konzentrationslager Jasenovac V ( identifizierte Opfer und ungeklärte Schicksale ).

547 Zakonska odredba o upućivanju pogibeljnih i nepoćudnih u radne i sabirne logore. N. MATAUŠIĆ , Jasenovac. Radni logor i logor smrti 1941–1945.( Jasenovac. Arbeits- und Todeslager 1941–1945 ). Zagreb , 2003 , S. 33 f. 548 Zur Entstehungsgeschichte von Jasenovac siehe : Nataša MATAUŠIĆ , Jasenovac. Logor smrti i radni logor 1941–1945 , S. 29–39. Organisation : ebenda , S. 40–52 ; vgl. I. GOLD­ STEIN , Holokaust , S. 269 , 302–343. 549 Ilija JAKOVLJEVIĆ ; Konclogor na Savi ( Das KZ an der Save ), Zagreb 1999 , S. 99 , 114. Anna Maria GRÜNFELDER , Arbeitseinsatz für die Neuordnung Europas. Zivilund Zwangsarbeiter /  innen aus Jugoslawien in der „Ostmark“ 1938 /  41–1945. Wien 2010 , S. 72–81. 550 Jožef KONFORTI , Sećanja Jevreja na logor Jasenovac ( Erinnerungen von Juden an das Lager Jasenovac ). Beograd , 1972 , S. 134.

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Abb. 7 a : Plan des Konzentrationslagers Jasenovac , gezeichnet vom Lagerkommittee der Überlebenden für die Landeskommission zur Ermittlung der Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer einheimischen Helfer ( Quelle : Kroatisches Staaatsarchiv Zagreb /    Hrvatski državni arhiv Zagreb ).

Abb. 7 b : Legende zum Plan des Konzentrationslagers Jasenovac ( Quelle : Kroatisches Staaatsarchiv Zagreb /  Hrvatski državni arhiv Zagreb ). 133



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Die Lagerverwaltung nahm die örtlichen Dienstleistungsbetriebe in Beschlag und ließ die Internierten dort nicht nur für ihren Dienstgebrauch , sondern auch für privaten Bedarf und für die deutschen Besatzungsstellen arbeiten : Es gab eine Wäscherei , eine Werkstätte für militärische Gebrauchsgegenstände , einen Chemiebetrieb für militärischen Bedarf. Weiters verwendete die Ustascha die örtliche Mühle , Bäckerei , Tischlerei , Schusterei und Schneiderei : In dieser arbeiteten seit Herbst 1941 insgesamt 269 Juden als Schneider , unter ihnen der Wiener Sigmund Wenkart und ein ausländischer Jude , Mandel Isidor.551 Sie befanden sich am 1. August 1943 noch immer auf der Liste : Im Juni 1943 standen darauf noch 169 Schneider , im Juli 1943 183. Am 1. August 1943 waren es noch 132 als Schneider verwendete Inhaftierte.552 Auch wurden die Internierten zur Wartung des Fahrzeugparkes der deutschen Dienststellen eingesetzt ; ein Maschinenhaus mit Stromaggregat ermöglichte den Betrieb von Werkstätten für Autoreparaturen. Die Insassen hatten auch aus Autobestandteilen Fähren zu zimmern. Mit diesen wurden die zum Tode Bestimmten über den Savefluss ans jenseitige Ufer übergesetzt , wo sich , in Donja Gradina , eine Exekutionsstätte befand.553 Die Frauen wurden zur Landwirtschaft , in der Schneiderei für die Ustascha-Uniformen und in den Wirtschafts- und Reinigungsbetrieben sowie in den Ambulanzen und Krankenstationen eingesetzt.554 „ Jasenovac“ ist daher einerseits mit den „Arbeitserziehungs-Lagern“ ( AEL ) zu vergleichen , in denen die Arbeit Strafe bedeutete und die Arbeitsbedingungen auf „Vernichtung durch Arbeit“ zielten.555 Andererseits gab es Ansätze zur Kommerzialisierung der Häftlingsarbeit ( wie sie die SS in ihren Konzentrationslagern im Deutschen Reich556 praktizierte ), wenn dieses Bestreben auch nicht über die Ansätze hinaus gedieh. 551 Sigmund Wenkart ( geb. 28. 5. 1916 in Wien ). Am 31. 3. 1938 kam er nach Varaždin. Am 30. 3. 1940 erhielt er eine Reisegenehmigung für Belgrad , um sein Palästinazertifikat abzuholen : HDA , BH-ODZ , Fasz. 56 , Zl. 16439. 552 Anton MILETIĆ  , Koncentracioni logor Jasenovac. III . Bd. Dokumenti. Beograd 1986 / 1987 , Dok. Nr. 35 : 269 jüdische Schneider 1941 ; Dok. Nr. 145 , Liste von 181 Schneidern am 1. 6. 1943 und Dok. Nr. 158 vom 1. 8. 1943 : Damals betrug die Zahl der Schneider nur mehr 132. 553 Dies sagte der Leiter der Mechanikerwerkstatt im Lager Jasenovac im Strafprozess aus : HDA , ZKRZ-GUZ , Mikrofilm Z-2953 , Urteil Z. Stup 40 /  46 vom 17. 5. 1946. 554 M. KEVO , Veze Međunarodnog Crvenog križa. Bericht des Kommissars des Britischen Roten Kreuzes für Nahost , Duncan Mackenzie , der in Jerusalem von jüdischen Organisationen Informationen über das Lager Jasenovac erhalten hatte : Dok. 1 , Kairo , 22. 1. 1942 , 36. Besichtigung , Bericht vom 18. 7., Dok. Nr. 68 , S. 386. 555 Gabriele LOTFI ; KZ der Gestapo. Arbeitserziehungslager im Dritten Reich. Stuttgart– München 2000. 556 Jan Erik SCHULTE , Zwangsarbeit und Vernichtung. Das Wirtschaftsimperium der SS. Oswald POHL und das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt 1933–1945. Paderborn , München , Wien , Zürich.

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Zu den seltenen Informationen über den Lageralltag der ausländischen jüdischen Flüchtlinge im Konzentrationslager Jasenovac gehören die Erinnerungen des Überlebenden aus Zagreb , Đuro Schwarz , an den Wiener Grafiker und Buchillustrator Walter Kraus ( geb. 1917 ? ), der für die Ustascha Porträts ihrer Familienangehörigen und andere Auftragswerke anfertigte und bis kurz vor dem Abzug der Ustascha aus Jasenovac im April 1945 lebte. Đuro Schwarz zufolge flüchtete Walter Kraus 1938 nach Belgrad ; 1941 floh er wegen der deutschen Besetzung Serbiens mit seiner aus Belgrad gebürtigen Gattin Vera nach Kroatien. Im Zug in Novska , unweit der Ortschaft Jasenovac , wurden sie von der Ustascha-Miliz verhaftet und ins nahe Lager Jasenovac eingeliefert. Wegen seiner kommerziellen Verwendung als Grafiker , der auch Aufträge aus der Außenwelt erhielt , durfte er seine im Reisegepäck mitgeführten Mal- und Zeichenutensilien sowie seine Bücher behalten. Als sich im April 1945 seine Spur verlor , nahm sein Mithäftling Đuro Schwarz seine hinterlassenen Bücher , Skizzen zu einer Illustration der „Divina Comedia“ und die von ihm gefertigten Tonskulpturen an sich und vermachte sie nach Kriegsende der wiedereröffneten jüdischen Gemeinde Zagreb.557 Am 17. Juli 1941 wurden aus Ruma ( Region Srijem , heute Serbien ) die einheimischen Juden und die dort wohnenden ausländischen Flüchtlinge , Angehörige der „Kladovo-Transporte“558, zur Internierung ausgehoben. Diese Reisenden erlebten eine Odyssee : Der Zug fuhr über Sr( ij )emska Mitrovica , wo sie in einem provisorischen Lager haltmachten , in das Lager Kruščica bei Travnik , wo einige ausgeladen wurden. Der Zug fuhr dann weiter nach Gospić , als dort die italienische Militärverwaltung die „Wiederbesetzung“ der „Zone II“ vorbereitete. Daher wurden sie aus Gospić Richtung Karlovac und Zagreb abgefertigt. In der Zwischenstation Jastrebarsko wurden sie wieder umgeladen : Für die Männer ging die Reise ins Lager Jasenovac I in der nahen Ortschaft Krapje.559 Frauen und Minderjährige wurden nach Loborgrad befördert.560 Flüchtlinge aus Daruvar wurden gemeinsam mit den einheimischen Juden am 4. August 1941 ausgehoben und ebenfalls auf die Fahrt Richtung Gospić geschickt , um über Jastrebarsko in Jasenovac eingeliefert zu werden. Wieder wurden die Frauen , Kinder und Jugendlichen aus dem Transport nach Loborgrad weitergeleitet. Der 557 HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , GUZ–2235 /  7–45 , Zeugenaussage von Ing. Đuro Schwarz , Zagreb , Blatt 9 , S. 732. Die Information über den Verbleib der Hinterlassenschaft erhielt die Autorin auch vom Kustos des Gedenkzentrums Jasenovac , Đorđe Mihovilović ( E-Mail vom 11. 11. 2010 ). 558 Zum „Kladovo-Transport“ siehe Anm. 4 ). Dass die in Ruma wohnenden ausländischen Flüchtlinge Teilnehmer des „Kladovo-Transportes“ waren , teilte der Autorin der Nachkomme einer jüdischen Familie aus Ruma mit , Antun Unterberger : antun.unterberger @ sezampro.rs. 559 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 13 , Zl. 3890 – Inv.-Nr. 29390. 560 HDA , ZUR-ŽO , Lagerlisten Loborgrad , Jasenovac und Liste der Minderjährigen von Loborgrad : , Ustascha-Polizeidirektion : Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941.

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„Emigranten aus Österreich und Deutschland“ ( darunter auch aus dem Reichsprotektorat Böhmen und Mähren ) gedachte nach 1945 die Bundesvereinigung der Veteranen des Partisanenkrieges ( SUBNOR ) und erstellte aus der Erinnerung der ehemaligen Mitbewohner und Mithäftlinge die Liste der toten Opfer und der Überlebenden.561 Aus dem Zagreber Sammellager „Zavrtnica“ an der östlichen Peripherie gingen vom 11. bis 20. September 1941 199 jüdische Opfer Richtung Jasenovac ab.562 Dem Abtransport war eine Großrazzia in der Stadt vorausgegangen , bei der die schon genannten jüdischen Flüchtlinge – die gebürtigen Wiener Karl Spitzer ( geb. 1888 ) und Eugen Weiss ( geb. 1911 ), Anton Steinhardt ( geb. 1903 in Bieringsdorf /  Burgenland ) sowie Weiss Ludwig aus Mattersburg ( geb. 1919 ), nebst Juden aus dem „Altreich“ und der Tschechoslowakei – trotz gültiger Einreisegenehmigungen für Drittländer und Schiffspapiere für Übersee –, ebenfalls verhaftet und über das Sammellager Zavrtnica nach Jasenovac deportiert wurden.563 Die Behauptung der amerikanischen Historikerin Harriet Pass Freidenreich , wonach die Juden in Zagreb bis 1944 „relativ sicher“ leben konnten , muss auf mangelnde Quellenkenntnis zurückzuführen sein.564 Eine Gruppe von 67 jüdischen Flüchtlingen aus Slatina bei Banja Luka , die mit ihren Ersuchen um eine kollektive Ausreisegenehmigung für Italien abgelehnt worden war , wurde im Dezember 1941 nach Jasenovac und Stara Gradiška verbracht. Ihr Sprecher Paul Koch verfasste eine Eingabe an die Ustascha-Polizeidirektion mit Kopie für die Deutsche Gesandtschaft in Zagreb : Ihre Einlieferung ins KZ müsse wohl ein Irrtum sein , da sie ja nicht Kroaten seien. Seit zwei Jahren lebten sie schon in Jugoslawien und hätten nie Anlass zu Beschwerden gegeben , weil sie sich immer ruhig und korrekt verhalten hätten. Alle seien deutsche Staatsangehörige und könnten daher doch wohl nicht als Kroaten oder kroatische Juden behandelt werden.565 Ebenso erging es der Gruppe in Brčko , für die Julius Teitler aus Wien als Sprecher um Ausreisegenehmigung für alle nach Italien ersuchte und keine Antwort bekam. 566 Die ausländischen Jüdinnen und Juden in Brčko wurden Opfer einer der „Vergel561 DA Bjelovar , SUBNOR ( Alt-Partisanenverband , Fonds Nr. 277 ), Sign. 44 , 45. Die Listen finden sich auch im Bestand „Landeskommission“ im Kroatischen Staatsarchiv. Mikrofilm Z-2946 , 2235 /  45. 562 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 13 , Zl. 5156 / 1941 – Inv.-Nr. 28207 : Die aus dem Lager Zavrtnica nach Jasenovac männlichen Deportierten finden sich auf den Listen identifizierter und nicht identifizierter Opfer von Jasenovac. 563 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 6 , Zl. 4925 /  041 – Inv Nr. 28196 vom 18. 9. 1941. 564 Harriet PASS FREIDENREICH , The Jews of Yugoslavia. A quest for community. Philadelphia 1979. S. 188. Die Ustascha-Bestände im Kroatischen Staatsarchiv standen ihr damals möglicherweise noch nicht zur Verfügung. 565 HDA , Helm , Fasz. 37 , Zl. 521 ( Akt Felix Sternheim ). 566 HDA , Banschaftsamt , Fasz. 59 , Zl. 18115 vom 26. 7. 1940 und Ustascha-Generaldirektion ; Fasz. 6 , Zl. 5698 – Inv.-Nr. 28231 vom 1. 10. 1941.

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tungsaktionen“ der Ustascha wegen angeblicher Kooperation mit den Partisanen , die daraufhin Brčko überfallen hätten. Sie wurden zwischen dem 11. und 16. Dezember 1941 am Saveufer erschossen , ihre Leichen in die Save geworfen.567 Es gibt keine originale Opferliste für das Massaker von Brčko.568 Am 19. September 1941 ließ die Direktion der Ustascha-Polizei Flüchtlinge aus Pisarovina in das Lager Krapje abtransportieren.569 Am gleichen Tag holten die Ustascha-Milizen die ausländischen Flüchtlinge aus den Quartieren in Jastrebarsko ab und verbrachten die Männer nach Jasenovac , die Frauen nach Loborgrad.570 Massenexekutionen in Jasenovac fanden vom 27. Dezember 1941 bis Ende Jänner 1942 statt. Dies berichtete ein entlassener serbischer Insasse von Jasenovac , Vojislav Prnjatović , der nach Serbien emigrierte und in der ( von der deutschen Militärverwaltung eingerichteten ) Regierung , in einem Komitee für die entlassenen und geflüchteten serbischen Insassen der Ustascha-Konzentrationslager , tätig wurde. Seinem Zeugnis zufolge wurden in diesem Zeitraum die Opfer aller Transporte bei der Ankunft ohne Aufnahmeformalitäten liquidiert ( insgesamt 3. 000–4. 000 Personen ); weiters hätten Liquidierungen immer dann stattgefunden , wenn die Zahl der Internierten die Tausendgrenze überschritt ; 100 Internierte aus der Krankenbaracke seien vor dem Besuch einer Kommission von Vertretern Deutschlands , Italiens , Frankreichs , des Hl. Stuhles und des Roten Kreuzes am 6. 2. 1942 „beseitigt“ worden.571 Ein Augenzeuge einer ersten Ermordung von Gruppen , der Zagreber Milan Auferber , sagte als Zeuge vor der Landeskommission aus , dass Anfang Oktober 1941 eine Gruppe von Juden zu Waldarbeiten abgeführt worden sei. Ihnen sei bei zufriedenstellender Arbeitsleistung Freilassung versprochen worden. Tatsächlich aber seien sie in einem Wald mit Draht aneinandergefesselt und erschossen worden : In dieser Gruppe hätten sich der Wiener Arzt Dr. Steiner , ein Wiener Rechtsanwalt Dr. Langer , ein Ingenieur Schilling572 oder Schiller ( vielleicht Emerich Schiller , 567 Avram PINTO , Jevreji Sarajeva i Bosne i Hercegovine ( Die Juden von Bosnien und Herzegowina ). Sarajevo 1978 , S. 178. 568 Die Liste Nr. 4.6 im Anhang bezieht sich auf die jüdischen Internierten in Fužine , die nach Brčko verlegt worden waren. Die aufgrund der Yad-Vashem-Liste eruierten Opfer wurden auf der Liste gekennzeichnet. 569 HDA , RUR ŽO , Fasz. 12 , Zl. 4741 / 1941 – Inv.-Nr. 28136 – Der Akt ist nicht vorhanden , nur die Registereintragung. 570 Ebenda , Fasz. 12 , Zl. 4741 / 1941 – Inv.-Nr. 28136. 571 A. MILETIĆ , Koncentracioni logor Jasenovac , III. Bd., Dok. Nr. 44 , S. 114–119. Der Verfasser des Berichtes , Vojislav M. Prnjatović , war selbst einer der Glücklichen , die aus Jasenovac entlassen wurden. 572 Vielleicht Bernhard Schilling ( geb. 1868 ), der Insasse des KZ „Danica“ in Drinje bei Koprivnica war. Er findet sich nicht auf der Opferliste des KZ Jasenovac.

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dessen Ermordung im KZ Jasnovac – allerdings erst 1942 – dokumentiert ist573 und eine Frau Popper ( vielleicht Sigrid Popper , die bei einem Fluchtversuch auf das italienische Territorium von der Ustascha verhaftet wurde574 ) befunden. Die Vornamen aller Genannten waren dem Zeugen nicht erinnerlich.575 Unter dem Namen „Steiner“ sind evidentiert : Steiner Art( h )ur ( geb. 19. Juli 1893 in Wien , zuständig in Wien ; Privatier , verheiratet ), emigriert im Februar 1939 aus Wien ; in Zagreb meldete er sich bei der Ustascha-Polizei an. Er gab als Wohnadresse Račkoga 7 und als persönlichen Besitz die Bargeldsumme von 16. 000 Dinar an576, Steiner Hugo ( geb. 1894 ; Geburtsort nicht bekannt ).577 Er findet sich auf der Liste der identifizierten Opfer von Jasenovac 1941.578 Ein Rechtsanwalt Langer findet sich in keiner Evidenz ausländischer Juden im USK. Als in der östlichsten Region des USK , in „Srijem“ /  Syrmien , im März 1942 gesäubert wurde579 , wurden Heinrich Hacker ( geb. 1888 in Kirchschlag , zuständig in Wiener Neustadt ; seit Februar 1940 Zwangsaufenthalt in Fužine ), Margarethe Bermann ( verehelichte Hacker , geb. 1899 in Wien , zuständig in Wiener Neustadt ) und Gertrude Hacker ( geb. 1928 in Wien , zuständig in Wiener Neustadt ; ebenfalls in Fužine interniert ) verhaftet : Die beiden Frauen kamen am 8. April 1942 nach Stara Gradiška , Heinrich Hacker nach Jasenovac. In den Unterlagen der Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer einheimischen Helfer gibt es Dossiers über „Strafsachen“, aufgrund der die Juden von Vinkovci und die dort weilenden ausländischen Flüchtlinge zur „fünfjährigen Lagerhaft mit Zwangsarbeit“ verurteilt und in Jasenovac , die Frauen in Stara Gradiška eingeliefert wurden : Das „Urteil“ des UstaschaKontrolldienstes ( UNS , eines Polizeiorgans ) lautet für alle Betroffenen wortwörtlich gleich : Unruhestiftung , Verbreitung lügnerischer Behauptungen , Hass auf die „Achse“ und den USK , Preistreiberei für Nahrungsmittel , wodurch sie das kroatische Volk korrumpieren , unmoralischer Lebenswandel. Alle Akten tragen das Datum 7. Mai 1942 : An diesem Tag wurden die gesamte Judenschaft von Vinkovci und nachstehende ausländische Juden ins Ustascha-Lager Jasenovac eingewiesen.580 573 574 575 576 577 578 579 580

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Gedenkzentrum Jasenovac : www.jusp-jasenovac.hr  /  Default.aspx ?sid=6711 Schiller Emerich , geb. 1896 ). HDA , RUR ŽO , Fasz. 8 , Zl. 8093 – Inv.-Nr. 28554. Sie steht nicht auf der Opferliste des KZ Jaenovac : www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. HDA , Landeskommission. Mikrofilm Z-2945 , GUZ–2235 /  Protokoll Jasenovac – Milan Auferber. HDA , ZUR-ŽO für die Stadt Zagreb , Fasz. 19 , Meldekartons. HDA ( MUP NDH-RAVSIGUR ), Fasz. 191 , Zl. II-C–1305 / 1941 vom 8. 5. 1941. www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 12 , Zl. 3548 – Inv.-Nr. 29256. HDA , RUR ŽO , Fasz. 12 , Blätter 2926 , 3252 , 3253.

Die „Lösung der Judenfrage“ durch die Ustascha

Kimelberg /  Kümmelberg Emanuel ( geb. 1884 in Vinkovci ), aufgewachsen in Wien , Chemiker , verheiratet mit der Katholikin Johana Marschabek , Vater eines Sohnes Franz ( geb. 1919 , Schüler , spricht Kroatisch , Deutsch , Ungarisch , Slowakisch , Tschechisch ); Emanuel Kimelberg /  Kümmelberg arbeitete in Vinkovci mit seiner Gattin zusammen und erhielt aufgrund ihrer Zuständigkeit dort Aufenthaltsgenehmigung ).581 Esad Spitzer ( ebenfalls in Wien geboren und zum Islam übergetreten ) und Dr. Isidor Wachtler , Chemiker und Apotheker , sowie seine Schwester Ella Flamm ( beide deutsche Staatsangehörige , aber aus Vinkovci gebürtig und 1938 dorthin emigriert ).582 Über den Abtransport aus Vinkovci gibt es eine detaillierte Anweisung der Ustascha-Polizeidirektion : Ein Angehöriger , Arzt , wurde hinbeordert : Er hatte die Abnahme aller Wertsachen vor der Verladung auf Lastwagen zu vollziehen und zu überprüfen. Im Juli 1942 war Syrmien „ Judenfrei“.583 Anfang Mai 1942 kamen noch Transporte von Jüdinnen aus Syrmien ( S rijem ) nach Stara Gradiška – aber sie blieben nur kurzzeitig und wurden nach Jasenovac verbracht. Die Erinnerungsliteratur kroatischer Überlebender der Lagerkomplexe Jasenovac I–Jasenovac V erwähnt die ausländischen jüdischen Flüchtlinge nicht. Nichts ist bekannt von ihrem Lageralltag , von ihrer Verweildauer , von Kontakten zu Mithäftlingen. Mit Ausnahme weniger Dokumente über den Arbeitseinsatz von ausländischen Juden haben sie keine Spuren hinterlassen ( auch die Deportationsdokumente der Ustascha-Polizei enthalten zumeist keine Namen oder – wenn Namen – dann ohne Herkunftsbezeichnung. Wegen der vielen gleichlautenden Namen der kroatischen Juden und jener aus Mitteleuropa ist die Feststellung , ob es sich um Juden aus Jugoslawien oder aus Mitteleuropa handelt , in vielen Fallen nicht möglich. Weil auch die von der jugoslawischen Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und einheimischen Kollaborateuren gegründete Unterkommission zur Repatriierung von Ex-Häftlingen584 keine österreichischen , deutschen oder anderen jüdischen Exinternierten aus Mitteleuropa enthält , ist davon auszugehen , dass die meisten der 1941 und 1942 in Jasenovac I–V Eingelieferten bald nach der Aufnahme ermordet wurden. Nach Aussagen von Überlebenden wurden in Massenexekutionen am 1. November 1942 und zu Weihnachten 1942 in Gradina , am rechten Saveufer 581 582 583 584

HDA , ebenda , Blätter 3252 und 3253. HDA , ebenda , Blätter , 3400 und 3401 ; 3570 und 3571 , 3600 und 3601. HDA , ebenda , Fasz. 15 , Zl. 4931 – Inv.-Nr. 2974 vom 28. 7. 1942. HDA , Državna kommisija za repatrijaciju ( Fonds Nr. 1514 ). Die Kartei der Überleben-

den enthält nur eine einzige Überlebende aus Österreich , die Rechnitzerin Anna Blau , die mit Leo Blau gemeinsam im Juni 1941 vertrieben wurde. Sie wurde in Osijek ausgeforscht und 1947 nach Rechnitz repatriiert. Details zu ihrer Biografie sind der Kartei nicht zu entnehmen.

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( heute Republika Srpska von Bosnien und Herzegowina ), alle jüdischen Insassen und Insassinnen ermordet , die nicht in der Landwirtschaft oder in den Werkstätten arbeiteten.585 Gemäß den Statistiken des jugoslawischen Bundesamtes für Statistik sind die 1941 und 1942 in den Lagern Jasenovac und Stara Gradiška Inhaftierten – Serben , Juden und Roma – zu 90 % umgekommen oder ermordet worden. Das Lager füllte sich aber immer wieder : Im Juni 1944 weilten dort 717 Jüdinnen , bis August 1944 sank ihre Zahl auf 690 ; sie stieg im September 1944 , als die Jüdinnen aus Split und anderen Orten Dalmatiens eingeliefert wurden , auf über 800 , um im November auf 183 zu sinken586 ( siehe Listen Nr. 4.7 – „Im KZ Jasenovac ermordete ausländische Juden“ [ identifizierte Opfer von Jasenovac ] und Nr. 4.8 – „Insassen von Jasenovac mit ungeklärtem Schicksal“ ). Am 18. Mai 1945 begann die Landeskommission zur Ermittlung der Verbrechen der Okkupationsmächte und ihrer einheimischen Kollaborateure587 mit den Untersuchungen auf dem Areal des Konzentrationslagers Jasenovac.588 Wie der Quellenbestand „Landeskommission“ zeigt , wirkten in ihr überwiegend Angehörige der Partisanenarmee und der zivilen Ausschüsse der Partisanen : Juristen , Ärzte , Berufsmilitärs und Techniker verschiedener Disziplinen , sodass die fachliche Kompetenz für die Erhebungen – Lozieren von Gräbern , Ausgrabungen und Untersuchungen mit den 1945–1948 verfügbaren gerichtsmedizinischen Methoden und Zeugeneinvernahmen – gegeben war : Dennoch wird der Wert ihrer Erkenntnisse auch heute angezweifelt , weil es sich um eine staatliche Gründung und um das Organ eines kommunistischen Staates handelt , der zwischen 1945 und 1948 vom Stalinismus geprägt war. Die Quellen , die der Kommission zur Lozierung von Gräbern zur Verfügung standen , waren nur fragmentarisch erhalten : Die Lagerkarteien und die Behördenakten der Ustascha-Organe waren vor dem Zusammenbruch des Ustascha-Systems 585 Datum von Massenexekutionen : Jožef KONFORTI , Sećanje Jevreja , S. 134 , 174 ; Nataša MATAUŠIĆ , Jasenovac , S. 111 f. 586 A. MILETIĆ , Koncentracioni logor Jasenovac. Dok. Nr. 195 , 197 , 203 , 205 , 206. 587 HDA , Fonds 306 : Zemaljska komisija za utvrđivanje ratnih zločina okupatora i domačih pomagača ( ZKRK ): Erhebungsprotokoll vom 18. 5. 1945 nach Besichtigung der Überreste des von der Ustascha gesprengten Lagerkomplexes Jasenovac , Zl. 1872 / 1945. – Ihre Gründung beschloss am 18. 5. 1944 das Präsidium des Antifaschistischen Rates der Volksbefreiung Kroatiens ( ZAVNOH ) und wirkte bis 31. 10. 1947. Dann übernahmen die Ermittlungsabteilungen der Staatsanwaltschaften die Feststellung von Kriegsverbrechen : J. KOLANOVIĆ , Holocaust in Croatia. A. a. O., S. 167. Ihre Opferzahlen wurden nie veröffentlicht , weil sie erheblich niedriger waren als die offiziellen Opferzahlen , die die jugoslawische Delegation bei der Friedenskonferenz in Paris 1947 präsentierte – 700. 000 Opfer alleine des KZ Jasenovac I–V 588 A. MILETIĆ , Koncentracioni logor Jasenovac II. Bd. Dok. Nr. 223 , Protokoll über den Lokalaugenschein auf dem Lagerareal mit den brandgeschädigten Ruinen.

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skartiert worden. Nur für eine Deportation , jene der Juden aus Vinkovci im Mai 1942 , blieben die Personenakten der Betroffenen erhalten.589 Die Unterlagen der deutschen Stellen fehlen ( mit Ausnahme der Notizen des deutschen Polizeiattachés ). Die Kommission kämpfte nicht nur mit den lückenhaften Unterlagen , sondern auch mit dem Bedürfnis der Opfer und Betroffenen , mit den ( mutmaßlichen ) Tätern abzurechnen und zu denunzieren.590

Abb. 8 : Die Landeskommission zur Ermittlung der Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer Helfer an der Arbeit – ( vermutlich ) auf dem Areal des Konzentrationslagers Jasenovac ( Quelle : Kroatisches Staaatsarchiv Zagreb /  Hrvatski državni arhiv Zagreb ). Die Landeskommission fand Gräber dank ihrer Sondierungen an Orten , die von Zeitzeugen als wahrscheinliche Grabstätten angegeben wurden : Sterbliche Überreste waren auch vom Savefluss ans Ufer gespült worden. Sogar in Belgrad , an der Mündung der Save in die Donau , wurden Leichen am Ufer geborgen. Die Identifizierung dieser Leichen war jedoch wegen des fortgeschrittenen Zersetzungsprozesses nicht mehr möglich.591

589 HDA , ZKRZ , Mikrofilm Z-2942 , ZKRZ-GUZ–2235 /  2 /  2–45 Blatt 385. 590 Darko KOVAČIĆ hat in seinem Aufsatz über die Ausgrabungen Zweifel geäußert. 591 A. MILETIĆ ; Koncentracioni logor Jasenovac. II. Bd. Dok. Nr. 220 , S. 465–471 : Obduktionsprotokolle für 42 Leichen : Belgrad , 13. 5. 1945 ; Dok. Nr. 221 , S. 473–482 : 54 Leichen bei Belgrad am 14. 5. 1945 geborgen. Dok. Nr. 222–482 : Zeugenbericht über die Bestattung von 24 Leichen , die am 15. 5. 1945 bei Belgrad aus der Save geborgen wurden. „Identifizierung nicht möglich.“

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Abb. 9 : Bergung eines Skelettfundes an der Save bei Jasenovac durch die Landes­ kommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer Helfer ( Quelle : Kroatisches Staaatsarchiv Zagreb /  Hrvatski državni arhiv Zagreb ). Sondierungen auf dem Areal des Lagers Jasenovac und in Stara Gradiška führten zur Entdeckung von Sammelgräbern innerhalb der Lagermauern des Ziegelwerkes ( Lager „Ciglana“, Jasenovac III ); in Stara Gradiška wurden Gräber in den benachbarten Wäldern entdeckt. Wegen der fortgeschrittenen Zersetzung der gefundenen sterblichen Überreste mussten die Aussagen von Bekannten , Mithäftlingen und Familienangehörigen zu Hilfe genommen werden. Für die ausländischen Opfer standen nur überlebende Mitgefangene zur Verfügung. ( Siehe Beilage : Liste Nr. 4.8 – ausländische jüdische Internierte mit ungeklärtem Schicksal : 86 Personen ). Wenn Leichen mit Überresten von Bekleidung entdeckt wurden , boten die im Lager obligaten Armbinden – gelbe für Juden – Hinweise. Eine noch unzuverlässigere Methode zur Feststellung von Opfern war die Identifizierung anhand hinterlassener persönlicher Gegenstände , die als „herrenloses Gut“ im Lager zurückblieben oder – in seltenen Fällen – in den Gräbern gefunden wurden.592 Die Kommission ermittelte mehr als 2. 000 Todesopfer , die sie in einem Wald unweit des Konzentrationslagers Stara Gradiška ausgraben konnte. Anhand der Bodenkonfiguration nahm die Kommission weitere Massengräber mit mindestens 3. 000 Toten an. Tod durch Erschlagen mit stumpfen Gegenständen , weil die Schädeldecke gespalten war , oder aber Tod durch Ersticken an Erbrochenem , durch Erhängen ( wenn noch Überreste der Schlingen an der Leiche entdeckt wurden ) und durch Erschießen. Einige Opfer zeigten keine Spuren von Gewaltanwendungen , sodass die 592 Davor KOVAČIĆ , Iskapanja : Radovi Zavoda za hrvatsku povijest. H. 34 /  35 /  36 , S. 240.

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Kommission annahm , dass sie an Hunger oder Krankheiten starben. Die Forschungen auf dem Areal von Jasenovac 1961 und 1964 ergaben mehrere Hunderte nicht identifizierbarer Leichen jüngerer Menschen , Opfer von Massenexekutionen im Lager zwischen dem 20. April und Mai 1942593 und von Oktober 1942 bis Dezember des gleichen Jahres sowie im August 1943. Für alle diese Leichen ergab das ermittelte Todesdatum , dass sie sofort oder bald nach ihrer Einlieferung ermordet wurden.594 Die Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen wurde im Jahre 1947 aufgelöst ; ihre Aufgaben übernahm die Generalstaatsanwaltschaft der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien.595 Ihre Ergebnisse wurden bis 1990 in Jugoslawien nicht veröffentlicht , denn sie kamen den von der jugoslawischen Politik und von serbischen Historikern vertretenen Opferzahlen – zwischen 500. 000 und 700. 000 , bis zu 1,1 Millionen Toten des KZ Jasenovac – nicht nahe. Die Kommission kam auf eine Gesamtzahl von 59. 188 Opfern des Lagerkomplexes Jasenovac I–V ( Jasenovac und Stara Gradiška ), davon 9. 044 Juden.596 Aufbauend auf den Ermittlungen der Landeskommission setzt das Gedenkzent­ rum Jasenovac die Suche nach Opfern fort und führt derzeit mehr als 82. 000 namentlich bekannte Tote in seiner Evidenz. Diese wiederum dient den nationalen Suchdiensten , wie dem Dokumentationszentrum des österreichischen Widerstandes , und dem Opferarchiv von Yad Vashem. Allerdings nennt das Namensregister des Gedenkzentrums Jasenovac nicht die Todesart oder die Fundstätte der sterblichen Überreste ; auch die Herkunft der Opfer wird gelegentlich falsch bezeichnet – der Ort des letzten Aufenthaltes vor der Verhaftung wird mit dem Geburtsort verwechselt. 593 HDA , ZKRZ-GUZ , 7547 /  45. 594 HDA , ZKRZ-GUZ , 8581 /  45. 595 Slavica PLEŠE , Sumarni inventar 1. 306. Zemaljska komisija za utvrđivanje zločina okupatora i njihovih pomagača NRH Zagreb ( 1944–1947 /  Summarisches Inventar 1. 306. Landeskommission der Volksrepublik Kroatien zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer einheimmischen Helfer ( 1944–1947 ). Kroatisches Staatsarchiv Zagreb 1988 , S. 1. 596 Dem Nürnberger Tribunal und den Friedenskonferenzen von Paris ( 1947 ) und London ( 1954 ) präsentierten die jugoslawischen Teilnehmer eine Opferbilanz für den Lagerkomplex Jasenovac von „mehr als 500. 000 Toten“ ; in den Achtzigerjahren , nach Titos Tod , sprachen serbische Historiker von „500. 000–700. 000 Opfern“ des Lagerkomplexes. Nach 1990 nannten sie die Zahl von 1,1 Million Toter des Ustascha-Konzentrationslagers Jasenovac. Josip JURČEVIĆ , Nastanak Jasenovačkog mita. Problemi proučavanja žrtava drugog svjetska rata na području Hrvatske. Josip Jurčević’s Anliegen war es , die unrealistischen Opferzahlen als Versuch serbischer Historiker zu enttarnen , den „genoziden Charakter des kroatischen Volkes“ zu beweisen. Holm SUNDHAUSSEN wies in seiner Rezension dieses Buches darauf hin , dass dieser Versuch in eine Minimierung der Opferzahlen mündete ( siehe auch Anm. 57 ). Über : www.öi.fu-berlin. de /  rezensionsseite /  rezension55.html.

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Die Partisanen unternahmen niemals einen Angriff auf das Lager Jasenovac , nicht einmal einen Versuch , internierte Kommunisten und gefangene Partisanen zu befreien. Allerdings vermerkte Polizeiattaché Hans Helm , dass eine Partisanendelegation beim Deutschen ( Bevollmächtigten ) General in Kroatien , Glaise von Horstenau , vorsprach , um mit ihm über einen Angriff der Partisanen gegen Jasenovac zu sprechen. Glaise von Horstenau seinerseits bemühte sich nach dem Besuch einer deutschen und italienischen Delegation ( an der auch der bei der Kroatischen Bischofskonferenz akkreditierte Vatikanische Beobachter teilnahm ), die brutale Ustascha-Lagerleitung abzusetzen und reguläre Polizeikräfte als Bewacher zu verwenden. Den deutschen Stellen war an der effizienten Erledigung ihrer Aufträge – technischer und Mechanikerarbeiten am Fahrzeugpark und an Waffen – und aus diesem Grunde an der weitgehenden Schonung der daran beschäftigten Häftlinge gelegen.597 Ob es zu einer Vereinbarung zwischen Glaise und Hebrang kam , ist nicht bekannt : Ein Bombardement im April 1945 traf das Lager , aber es galt nicht dem Lager selbst , sondern der Industrie in Slavonski Brod. Den Ausbruch wagten die Häftlinge erst angesichts der alliierten Bombardements über Ostkroatien und Syrmien , als auch Baracken des Lagers Feuer fingen. Als am 21. April 1945 1. 073 männliche Häftlinge in die Frauenbaracken verlegt wurden und einige Baracken-Älteste liquidiert wurden , ahnten die Verbliebenen , dass die Wachen im Begriff seien , das Lager aufzulösen und die Spuren der Morde zu beseitigen , dass dies aber ihr Tod sein werde. 600 Männer entschlossen sich am regnerischen Morgen des 22. April 1945 zum Ausbruch. 92 davon überlebten , weil sie den Savefluss durchschwammen und trotz der Salven der Ustascha-Wachen das jenseitige Ufer erreichten ( dieses stand bereits unter Kontrolle der Partisanen ). Am gleichen Tag , nur einige Stunden später , wagten auch die in der Lederfabrik ( Lager „Kožara“ ) internierten 167 Häftlinge den Ausbruch. Diesen Ver597 HDA , Archiv Helm , Fasz. 25 , Zl. 132 ( Untersuchungsmaterial der Landeskommission für die Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und der einheimischen Helfer , Blatt 30 ). Der Partisanengeneral Andrija Hebrang ( 1899–1949 ) vertrat als Mitglied der Kommunistischen Partei Kroatiens in der Partisanenbewegung eine „nationalkroatische“ Linie und bemühte sich , den stalinistischen Einfluss , den Tito akzeptierte , auszuschalten. So fand Glaise von Horstenau eine Gesprächsbasis mit ihm. Hebrang vertrat im Antifaschistischen Rat der Völker Jugoslawiens das Recht Kroatiens auf Eigenständigkeit und eigenständigen Entschluss über den Beitritt zu AVNOJ-Jugoslawien. Daher beschuldigte ihn Tito des Separatismus und Nationalismus. 1948 wurde Hebrang unter diesen Anschuldigungen verhaftet ; sein angeblicher Selbstmord in der Haft gilt als eines der Verbrechen der Kommunisten nach 1945 , das Tito angelastet wird. Sein „Todesfall“ war charakteristisch für die erste Nachkriegszeit , in der Tito mit Dissidenten abrechnete : Vgl. Nada KISIĆ KOLANOVIĆ , Hebrang – Iluzije i otrežnjenja ( Hebrang : Illusionen und Desillusionierungen ). Zagreb , 1996.

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such überlebten nur elf von ihnen.598 Dabei kam nach der Erinnerung von Miroslav Auferber Weissglass ( Vorname unbekannt ; Shlomo ? ) aus Leipzig ums Leben ( an die meisten anderen Opfer konnte er sich nicht mehr erinnern ).599

2.4.4 Frauen-Konzentrationslager : „Verwahrung“ bis zur Deportation oder Ermordung : Loborgrad , Đakovo

Mit dem 6. November 1941 begann das Frauen-Konzentrationslager Loborgrad bei Varaždin mit der Aufnahme von Internierten. Loborgrad entwickelte sich zu einem zentralen Frauen-Konzentrationslager600 , wie es Jasenovac für Männer war – mit einem wesentlichen Unterschied : War das Lager Jasenovac auf längere „Verweildauer“ der Internierten ausgerichtet , so dürfte das Frauen-Konzentrationslager Loborgrad nur ein „Transitlager“ dargestellt haben. Während des Aufenthaltes dort , im Frühjahr 1942 , versuchte die Lagerverwaltung , Internierte entgeltlich an die Bauern der Umgebung zu Feldarbeiten zu „verleihen“ – aber nur Serbinnen kamen für die versuchsweise Außenarbeit in Betracht. Doch angesichts ihres schlechten gesundheitlichen Zustandes gingen die Bauern auf diese Angebote nicht ein.601 Loborgrad befand sich nahe der Bahnlinie Zagreb–Varaždin ( damals mit Anschluss an Maribor /  Marburg ). Daher stellt sich die Frage , ob Loborgrad im Hinblick auf die geplante Deportation der Juden in Konzentrationslager der NS-Behörden angelegt wurde und ob zum Zeitpunkt der Gründung der kroatischen Lager schon Deportationen aus dem USK nach Auschwitz vereinbart waren.602 Dokumente 598 Proboj iz jasenovačkog logora /  Der Ausbruch aus dem Lager Jasenovac : www.jusp-jasenovac.hr. 599 HDA , ZKRZ-GUZ , Mikrofilm Z-2942 , GUZ 2235 /  7–45. Shlomo Weissglas findet sich nicht auf der Opferliste von Jasenovac. In der Internierung in Samobor weilte er seit 1939 mit seiner Frau Klara und seinen Kindern Laje und David : HDA , BH-ODZ , Fasz. 11 , Zl. 58679. 600 N. LENGEL-KRIZMAN , Prilog proučavanju terora u tzv. NDH. Ženski sabirni logori 1941–1942. godine. ( Beitrag zur Erforschung des Terrors im sogenannten Unabhängigen Staat Kroatien ). In : Povijesni prilozi ( Historische Beiträge , abgek. PP ), Jg. 4 , H. 1 , Zagreb 1985 , S. 1–38. 601 HDA , ZUR-ŽO Koprivnica , Fasz. 1 , Zl. 1056–1073. 602 Zum Vergleich : Als die deutsche Militärverwaltung in Serbien die Deportation der serbischen Juden ( inklusive ausländischer Flüchtlinge ) nach Auschwitz vorsah , lehnte das deutsche Außenministerium dies ab und teilte mit , dass die von den Belgrader Stellen vorgebrachten Sicherheitsgründe , die für die Deportation sprächen , aus deutscher Sicht gegen sie sprechen : Wenn Juden Neigung zu Sabotage pflegten , seien sie in der Nähe der russischen Kommunisten noch gefährlicher. Das deutsche Außenministerium lehnte dies ab und befahl die Internierung und „Lösung der Judenfrage“ im Land selbst. Documents on Foreign German Policy , Serie D , Nr. 363. Telegramm aus Belgrad vom 28. 9. 1941 , S. 582 ; Antwort von Ministerialdirektor Dr. M. Luther aus dem

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„Lösung der Judenfrage im Land“

aus dem Jahr 1941 , die eindeutig feststellen ließen , dass die kroatische Führung von Anfang an plante ( oder gezwungen wurde ), die Juden in einem Konzentrationslager der Nationalsozialisten ermorden zu lassen , sind bisher nicht gefunden worden. Zugunsten der Annahme , dass auch 1941 schon die Auslieferung nach Auschwitz vorgesehen war ( und im August 1942 auch tatsächlich durchgeführt wurde ), spricht die Wahl des Ortes Loborgrad. Als weiteres Argument für diese These kann die Einlieferung von Jüdinnen aus Bosnien und Herzegowina in Loborgrad im November 1941 dienen – schließlich gab es in Bosnien seit Beginn der Ustascha-Herrschaft ein Lager , Kruščica : Aber gerade von Kruščica aus gingen die ersten Transporte nach Loborgrad ab : 1. 370 Personen – die meisten waren Jüdinnen , 370 Serbinnen , 300 Minderjährige , 60 ältere Menschen603 – wurden im November 1941 in Räume gepfercht , die nach Ansicht der Ärztekommission maximal 400 fassen konnten.604 Trotz der Überfüllung des Lagers schon mit dem ersten Transport folgte im Dezember ein zweiter aus Kruščica : Daher richtete die Ustascha-Lagerverwaltung ( UNS ) im Dezember 1941 ein Nebenlager im Ort Gornja Rijeka ( kroatischer Draudistrikt ) ein605 , um die Zahl der Insassinnen in Loborgrad auf 800 Personen zu senken.606 Dort bestand ein Ustascha-Kinderlager , in dem Kinder aus dem Konzentrationslager Jasenovac , deren Eltern zum Arbeitseinsatz ins Deutsche Reich verbracht worden waren , im Geist der Ustascha erzogen werden sollten. Die etwa 100 Kinder dort waren von Typhus angesteckt und litten an anderen Folgekrankheiten der Unterernährung und Verwahrlosung , denn die sanitären und hygienischen Verhältnisse waren nicht besser als jene in Loborgrad. Daher wurde es im April 1942 wieder geschlossen : Die serbischen Internierten wurden nach Serbien ausgesiedelt , die Jüdinnen nach Loborgrad zurückgebracht.607

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deutschen Außenministerium vom 2. 10. 1941 , Dok. Nr. 376 , S. 605 f. Weiter Dok. Nr. 425 vom 25. 10.  , S. 697. In Belgrad waren zu diesem Zeitpunkt schon männliche Juden für Geiselerschießungen vorgesehen. Solche hatten schon stattgefunden ( in Zasavica am 21. 10. 1941 ): Siehe auch W. MANOSCHEK , „Serbien ist judenfrei“. HDA , Ustascha-Kommissariat , ZUR-ŽO für die Stadt und den Bezirk Koprivnica , Fasz. 1 , Zl. 1056–1073 ; Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 7 und 8 , Zl. 6841 – Inv.-Nr. 28307 , 28485 , 28507 , 28577 ; ebenda Landeskommission – GUZ , Z-2942 , Zl. 2235 , Zeugenaussagen von Überlebenden ; N. LENGEL-KRIZMAN , Prilog proučavanju terora tkzv. NDH. Jg. 4 , H. 1 , 12–23 ; hier S. 12. HDA  , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 7 , Zl. 28218 , 27274 , 28372 , 28373. Zitiert bei I. Goldstein , Holokaust , S. 344. Ebenda , Fasz. 7 , Zl. 7090 / 1941 – Inv.-Nr. 28335. Ebenda , Fasz. 7 , Zl. 6518 – Inv.-Nr. 28281 vom 26. 10. 1941. Zum Kinderlager , das von der Ustascha-Jugend ( Ustaška mladež ) geleitet wurde : Marija VULESICA , Kroatien. In : Wolfgang BENZ – Barbara DISTEL ( Hrsg. ), Der Ort des Terrors. Band 9 , München 2009 , S. 313–336.

Die „Lösung der Judenfrage“ durch die Ustascha

Loborgrad war Endstation für die jüdischen Flüchtlinge : – des provisorischen Lagers Slavetić ( 30 km westlich von Zagreb ); dieses wurde am 6. November 1941 aufgelassen608 – für die jüdischen Flüchtlinge aus Ruma ( Vojvodina , heute Serbien ), die am 17. Juli 1941 ins Lager Gospić deportiert , von dort aber wegen der Räumung der Ustascha-Lager infolge der italienischen „Wiederbesetzung“ der „Zone II“„umgeleitet wurden“. 43 Personen kamen nach Kruščica , eine ungenannte Zahl nach Krapje und Frauen sowie Kinder nach Loborgrad609 – für die jüdischen Flüchtlinge in Daruvar : Auch die dort untergebrachten ausländischen jüdischen Flüchtlinge wurden am 4. August 1941 aus ihren Unterkünften per Zug Richtung Gospić auf die Reise geschickt und Richtung Jasenovac transportiert. Die Männer blieben im Lager Krapje ( Lager Jasenovac I ), Frauen und Kinder sowie Minderjährige wurden nach Loborgrad verbracht 610 ( siehe Liste Nr. 4.10 – „Insassinnen von Loborgrad“ ). Im Lager Loborgrad brach im Dezember 1941 als Folge der unzureichenden sanitären Anlagen eine Typhusepidemie aus. Aus Sorge um die eigene Gesundheit und jene der Ortsbevölkerung ließ die Lagerverwaltung Erkrankte in Zagreber Krankenhäuser verlegen.611 Nach dem Bericht der Landeskommission zur Ermittlung der Kriegsverbrechen der Besatzer und ihrer einheimischen Helfer forderte das Lager 200 Todesopfer ; sie wurden ohne Särge entlang der Lagermauer vergraben.612 Unter ihnen befand sich Hirschl Malwina , Graz ( geb. 1880 ), gestorben 8. November 1941 in Loborgrad.613 Loborgrad wurde im August 1942 Sammellager für die jüdischen Emigranten , die aus dem gesamten Bereich des USK nach Auschwitz oder Bergen-Belsen deportiert wurden.614 Nach der Abfahrt des Transportes am 30. August 1942 ging ein weiterer Zug im September ab. Zu diesem Zeitpunkt verkaufte Lagerleiter Karlo Heger gemeinsam mit einem Beamten des Innenministeriums das Inventar und ließ die 608 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 7 , Zl. 6841 – Inv.-Nr. 28307. 609 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 6 , Zl. 6196 / 1941 – Inv.-Nr. 28240. 610 Kroatisches Staatsarchiv Bjelovar , Fonds „Verband der Antifaschistischen Kämpfer“ ( Sign. SUBNOR , 277 ), Zl. 44 /  45. 611 I. GOLDSTEIN , Holokaust , S. 353–358. 612 HDA , Landeskommission , Z–2942 , Fasz. 11 , Zl. 2235 / 1945 , S. 3 : Bericht von Dr. Leo Singer. 613 HDA , ZUR-ŽO für die Stadt und den Bezirk Koprivnica , Liste Nr. 1159 ( Liste Loborgrad ). 614 HDA , Ustascha-Kontrolldienst ( Sign. UNS , 248 ), Fasz. 1 , Zl. 248 / 1–5–2–3–3 : Auf der Liste der Insassinnen von Loborgrad sind die Deportationsopfer ( boldiert ) gekennzeichnet.

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„Lösung der Judenfrage im Land“

Gräber , die außerhalb entlang der Lagermauer angelegt worden waren , einebnen.615 Ab Anfang Oktober 1943 wurden Männer , Frauen und Kinder aus Stara Gradiška in dieses Lager verbracht ( 24 Jüdinnen von 50 mit Heimatzuständigkeit in Österreich ) und ebenfalls nach dem Osten abtransportiert616 ( siehe Liste Nr. 4.10 – Insassinnen der Konzentrationslager Loborgrad und Gornja Rijeka ). Auch Insassinnen , die vor dem Abtransport der Insassinnen ins Reich ( 1942 ) eine Mischehe glaubhaft machen konnten und daraufhin freigelassen wurden617 , finden sich auf der Insassinnen-Liste : Alina Mary , Heller Katharina , Gattin von Geza Heller ( geb. 1890 )618 , Kroner Klara ( Gattin des in Jasenovac ermordeten Benno Kroner )619 , Raab Karolina ( deren Gatte in Jasenovac ermordet wurde ).620 Das weitere Schicksal dieser Frauen ist nicht bekannt. Frauen-Konzentrationslager Đakovo – Tod durch Epidemien ( siehe Liste Nr. 4.11 – Insassinnen und Opfer des Frauen-Konzentrationslagers Đakovo ).621 Im September 1941 begannen in Bosnien622 die Deportationen der Jüdinnen und Juden in die Sammellager von Sarajevo , Travnik und Kruščica bei Travnik. Diese waren bald überbelegt , weil nach Kruščica und Sarajevo auch Flüchtlinge aus dem Zagreber Lager Kerestinec , aus dem Frauenlager Metajna ( Insel Pag ) und „Gestrandete“ des „Kladovo-Transportes“ aus Ruma ( Vojvodina ) eingeliefert wurden : Am 29. November 1941 forderte der Ustascha-Kontrolldienst ( UNS ) die jüdische Kultusgemeinde Zagreb auf , geeignete Lokalitäten für ein neues Frauenlager in der Nähe von Jasenovac ausfindig zu machen. UNS akzeptierte den Vorschlag der jüdischen Gemeinde von Osijek , die nicht genutzten Lagerhallen einer Mühle in Đakovo zu belegen. Die jüdische Gemeinde Osijek erreichte , dass die Ustascha-Lagerverwaltung von Jasenovac ihr die Verwaltung des Lagers übertrug ; sie hoffte , die künftigen Insassinnen vor der brutalen Behandlung durch die Ustascha zu schützen und die Lagerbedingungen so weit wie möglich erleichtern zu können.623

615 HDA , ZKRZ-GUZ , Mikrofilm Z-2942 des Fasz. 11 , Zl. 2235 , S. 3. 616 HDA RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 5819 oder 2291 – Inv.-Nr. 30006 vom 6. 11. 1942 ; ebenda , ZKRK , Mikrofilm Z-2942 , GUZ 22351–45 , Blatt 8 , S. 405. 617 HDA RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941 ), Freilassung ebenda. Fasz. 15 , Zl. 5199 – Inv.-Nr. 329839 vom 28. 4. 1942. 618 HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , Zl. 4183 – Inv.-Nr. 29513. 619 HDA , ebenda , Fasz. 8 , Zl. 8168 – Inv.-Nr. 28574. 620 HDA , ebenda , Fasz. 13 , Zl. 4183 – Inv.-Nr. 29513. 621 JIM ŽOZ , Liste K–24 /  81–1. 622 Rhythmus der Deportationen der bosnischen Juden : HDA Zagreb , ebenda , Fasz. 7 , Zl. 6909 / 1941 – Inv.-Nr. 28310 ; Zl. 6915 / 1941 – Inv.-Nr. 28313 und Zl. 7018 – Inv.-Nr. 28325. 623 HDA , Ustascha-Kontrolldienst ( UNS ), Sign. 248 / 1–5–3.

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Die „Lösung der Judenfrage“ durch die Ustascha

Allerdings gehörte die gesamte Liegenschaft mit den Lagerhallen dem Bistum Đakovo.624 Auch die Akten zur Errichtung des Frauen-Konzentrationslagers Đakovo befinden sich nur zum geringsten Teil im Kroatischen Staatsarchiv ( es handelt sich um Rechnungen für die Renovierung der Gebäude nach der Schließung des Lagers zwischen 15. und 30. Juni 1942 ). Die wesentlichen Dokumente über die Reaktionen des Bischofs , des Generalvikars und des Ordinariates zur Einrichtung , zum Betrieb und zum Bedarf an Hilfe werden seit der „Wende“ in Kroatien wieder im zuständigen kirchlichen Archiv , im Diözesanarchiv Đakovo , verwahrt. Dieses aber gewährt nur selektiv Zugang.625 Im Jahre 1985 , noch während der kommunistischen Herrschaft , konnte der serbische Historiker Zlatan Vasiljević diese Quellen benutzen , weil sie infolge der Beschlagnahmung durch die kommunistische Geheimpolizei ( OZNA ) 1945 im Archivbestand „Innenministerium der Sozialistischen Republik Kroatien“ im Kroatischen Staatsarchiv lagerten. Zlatan Vasiljevićs Erkenntnisse stimmen mit jenen überein , die im Jahre 2003 der kroatische Kirchenhistoriker Grgo Grbešić , ein Priester der heutigen Erzdiözese Đakovo , publizierte. Grbešić stützte sich auf die gleichen Quellen wie Vasiljević.626 Beide Autoren stimmen darin überein , dass der Bischof von Đakovo , Dr. Ante Akšamović , zwar auf die erste Anfrage hin der Einquartierung von KZ-Insassinnen in Gebäude im Eigentum der Kirche zugestimmt habe. Er habe jedoch bald merken müssen , dass ihm die Zustimmung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen abgenötigt worden war : nämlich mit dem Versprechen , das Lager nur für maximal einen Monat auf diesem Grundstück unterzubringen und nicht mehr Insassen einzuquartieren als 400 Personen. Als der Bischof gesehen habe , dass das Lager offensichtlich längerfristig in Đakovo bleiben sollte , weil immer wieder Transporte ankamen , habe er beim Ustascha-Quartier in Osijek und sogar beim „Poglavnik“ persönlich vehement gegen diese für eine Bischofsstadt Đakovo und auf Kirchengrund 624 HDA , Ministerium für Justiz und Kultus ( MPB-B ) – das Diözesanarchiv der Diözese Đakovo verweigerte der Autorin den Zugang zu den Akten betreffend des Frauen-KZ Đakovo. 625 Bei der Verleihung der Auszeichnung „Gerechte unter den Völkern“ an die ehemalige ( verstorbene ) Oberin des Klosters der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Kreuz in Đakovo , Mutter Amadea Pavlović ( für die Rettung der jüdischen Schülerin Zdenka Grünbaum vor der Lagereinweisung ), deutete der Weihbischof von Đakovo , Dr. Đuro Hranić , an , dass die Existenz des Konzentrationslagers Đakovo auf kirchlichem Grund in der Vergangenheit Anlass geboten habe , die Kirche zu desavouieren. Daher werde die Kirche das Archiv öffnen , „wenn die Zeit dafür reif ist“. An welchen Kriterien er erkennen will , wann und ob die Zeit reif ist , sagte er nicht. 626 Grgo GRBEŠIĆ , Prijelazi Židova u Katoličku crkvu u Đakovačkoj i Srijemskoj biskupiji od 1941. do 1945 ( Konversionen von Juden zur katholischen Kirche in der Diözese ĐakovoSrijem 1941–1945. godine ). In : Croatica Christiana periodica , Jg. 52 , Zagreb 2003 , S. 155–169.

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„Lösung der Judenfrage im Land“

unannehmbare Einrichtung protestiert. Wie beide Autoren feststellen , habe sich der Protest des Bischofs auf die „Schädigung des Ansehens seiner Bischofsstadt“, auf den Pachtentgang für die Diözese , auf die gesundheitlichen Gefahren , die vom Lager mit seinen unzulänglichen sanitären Einrichtungen ausgingen und die Bevölkerung von Đakovo betreffen könnten , besonders aber auf die „sittliche Gefährdung der Bevölkerung“ bezogen , wenn sie ins Lagerleben Einblicke erhalte ( was von Häusern in der Umgebung aus höheren Stockwerken ohne Weiteres möglich war ) und Zeugen der rituellen Waschungen der Jüdinnen werde.627 Beide Autoren kritisierten daher den Bischof , dass nicht Sorge um das Schicksal der Internierten seine Ablehnung des Lagers bestimmt hätten , sondern materielle Interessen und engherziger Konfessionalismus ; an Mitgefühl und Solidarität habe es der Bischof fehlen lassen , sich nicht gefragt , was mit den Jüdinnen würde , wenn das Lager geschlossen werden müsste. Der Bischof konnte nicht so gutgläubig gewesen sein anzunehmen , dass die Internierten dann freigelassen würden. Die Ustascha ließ ihre Opfer äußerst selten wieder los. Auch Grbešić bemerkte , dass weder der Bischof noch das Ordinariat „ ( … ) christliche Nächstenliebe , prinzipielle Ablehnung der Ustascha-Lager und der Verfolgung der Juden durch die Ustascha“628 bekundet hätten. Der Mangel an Soldarität der katholischen Amtskirche von Đakovo mit den jüdischen Internierten machte sich besonders gravierend bemerkbar , als im Februar 1942 kranke Frauen aus Stara Gradiška nach Đakovo verlegt wurden und dabei Flecktyphus einschleppten. Infolge der Raumnot , der unzulänglichen Sanitäranlagen und wegen des Fehlens einer Isoliermöglichkeit entwickelte sich die Infektion rasch zu einer Epidemie. Die jüdische Gemeinde ersuchte das Ordinariat als Eigentümer der Lagerhallen um Genehmigung zu einem Zubau , um zusätzliche Latrinen und eine Isolierstation für Infektionskrankheiten schaffen zu können. Aber das Ordinariat lehnte dies ebenso ab wie den Verkauf von Brennholz für die Beheizung der Lagerräume und für die Inbetriebnahme der Desinfektionsapparate , die die jüdische Gemeinde Osijek besorgte. Die Lagerärzte taten ihr Möglichstes , um die Epidemie zu bekämpfen , aber der Ortspfarrer bezeugte , dass Nacht für Nacht Tote aus dem Lager abgeholt und noch nachts auf dem jüdischen Friedhof von Đakovo beigesetzt wurden. Dies wird bestätigt durch die Rechnungen des örtlichen Bestattungsunternehmens in Đakovo für Särge und Bestattungen : Die Todesfälle erreichten 1942 den Höhepunkt : Am 16. März 1942 lieferte der Bestatter acht Särge , am 31. März neun , am 8. April 14 Särge. Im Zeitraum vom 1. April bis 13. April 1942 benötigte die Bestattung Đakovo 153 Särge ; bis zum Juni 1942 gab es an manchen Tagen mehr als 20 Tote.629 627 Z. VASILJEVIĆ  , www.elmundosefarad.wikidot.org / 1 -osnivanje-logora.  – vg. G. GRBEŠIĆ , Prijelazi , S. 165–169. 628 G. GRBEŠIĆ , Prijelazi , ebenda , S. 168 f. 629 HDA , UNS , Fasz. 4 , Zl. 40.

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Die „Lösung der Judenfrage“ durch die Ustascha

Als der Flecktyphus im Lager nicht mehr unter Kontrolle zu bringen war , griff Gemeindearzt Dr. Rudolf Čeleda zur Selbsthilfe , indem er Holz von der örtlichen Ambulanz und aus den bischöflichen Wäldern „organisierte“. Die Bischöfliche Forstverwaltung bemerkte dies und stellte den Betrag der jüdischen Gemeinde Osijek im April 1942 in Rechnung. Das Ordinariat verrechnete der jüdischen Gemeinde Osijek am 31. Dezember 1941 auch Lebensmittellieferungen aus der bischöflichen Mühle mit der Begründung , die Verwaltung der bischöflichen Güter sei „kein Institut zur Hilfe für Juden“.630 Es ist der Initiative des Totengräbers der Stadt Đakovo , Stjepan Kolb , zu verdanken , dass er jede Tote einzeln bestattete , ordentliche Aufzeichnungen über die Bestatteten führte. Jedes Grab kennzeichnete er mit unauffälligen Namenstäfelchen631 , sodass dieser Friedhof schon 1942 ein einsames Zeugnis der Pietät gegenüber den jüdischen Opfern bot. Nach dem Ende der Ustascha-Herrschaft konnte die Landeskommission zur Ermittlung der Kriegsverbrechen die Opfer leicht identifizieren.632 Im Städtischen Krankenhaus Osijek verstarben ebenfalls Lagerinsassinnen , so am 24. März 1942 Grete Wilder ( geb. 1918 in Wien , Häftlingsnummer 2193 ), deren Gatte Moritz Wilder ins Lager Jasenovac eingeliefert wurde.633 Sie findet sich nicht auf der Liste der in Đakovo Verstorbenen und auf der Liste der dort Bestatteten der Typhusepidemie. Anfragen an die Friedhofsverwaltung Osijek und an die jüdische Gemeinde in Osijek , ob sich ihr Grab auf einem der beiden städtischen Friedhöfe von Osijek befinde , blieben ergebnislos.634 630 VASILJEVIĆ , elmundosefarad.wikidot.com /  2–1-pogorsanje-higijensko-zdravstvenesituacije-u-logoru. 631 Siehe Liste 4.12 – Liste der auf dem jüdischen Friedhof Đakovo bestatteten Opfer der Typhusepidemie im Frauen-KZ Đakovo : Quelle : HDA , ZKRZ-GUZ 2235 /  9–45. Die auf den Täfelchen vermerkten Ortsnamen bezeichnen zumeist den Ort der Verhaftung , von dem aus die betreffende Tote ins Lager eingeliefert wurde ; in manchen Fällen wurde auch der Geburtsort oder der Ort der Heimatzuständigkeit vermerkt. Dies ist auch bei den Todeslisten der Fall. Die Identifizierung von ausländischen Jüdinnen im Lager Đakovo war der Autorin nur möglich , indem sie Angaben über frühere Zwangsaufenthaltsorte der jeweiligen Toten ermittelte. 632 Auf Initiative von Lea MAESTRO , namens der jüdischen Gemeinde Sarajevo , sanieren derzeit Mitglieder jüdischer Gemeinden von Bosnien und Herzegowina , Kroatien und Serbien den jüdischen Friedhof Đakovo mit den Namenstafeln. Er soll den Rang eines Kulturdenkmales erhalten : Monatszeitschrift „Ha-Kol“ der Koordination der jüdischen Gemeinden Kroatiens , März–April 2011 , S. 61. Vgl. auch KOŽEMJAKIN Boris , Groblje Sabirnog logora Đakovo ( Der Friedhof des Konzentrationslagers Đakovo ). Sarajevo 2011. 633 Grete Wilder kam 1939 mit ihrem Ehemann Moritz aus Wien über Ungarn illegal nach Murska Sobota , war in Samobor und im Kurort Lipik interniert , HDA , BH-ODZ , Fasz. 11 , Zl. 58679 , 1939. 634 HDA , Ustascha-Kontrolldienst , Fasz. 4 , Nr. 30066.

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„Lösung der Judenfrage im Land“

Die Quellen ergaben 13 Opfer der Typhusepidemie und 31 Internierte , mit Heimatzuständigkeit in Österreich ( siehe Listen Nr. 4.11 und 4.12 ). Eine Delegation des Gesundheitsministeriums , die das Lager inspizierte , war es , die die Ustascha-Polizeidirektion zur Schließung des Lagers in Đakovo zwang. Vom 15. Juni 1942 an wurden die überlebenden Insassinnen nach Jasenovac befördert. Mit 30. Juni 1942 gilt das Lager Đakovo als aufgelöst.635 Die deutschen Dienststellen in Zagreb hatten Kenntnis , dass die aus Đakovo nach Jasenovac verlegten Frauen und Kinder unmittelbar nach ihrer Einlieferung in Jasenovac liquidiert worden seien.636

2.5 Hilfe für die KZ-Insassen : Die Rolle des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ( IKRK ) Um den Insassen der Ustascha-Konzentrationslager das Überleben durch Nahrungsmittelpakete und Hygieneartikel zu ermöglichen , rangen der Zagreber Delegierte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ( IKRK ) und der „Sonderdelegierte des IKRK“ in Berlin für den Unabhängigen Staat Kroatien , Dr. Robert Schirmer , mit dem Außenministerium und dem Innenministerium des USK. Es galt , die Anerkennung der Genfer Konvention über die Behandlung von Kriegsgefangenen ( 1931 ) durch den USK zu erwirken. Nur mit dieser Anerkennung konnte das IKRK die Bestimmungen dieser Konvention auf Zivilinternierte anwenden und somit die Internierten in Konzentrationslagern betreuen , sie besuchen und ihnen regelmäßig Pakete mit lebensnotwendigen Nahrungsmitteln , Bekleidung , Medikamenten und Hygienebedarf zukommen lassen. Die Vertreter des IKRK bemühten sich , der kroa­ tischen Seite begreiflich zu machen , dass die Zusammenarbeit des USK mit dem IKRK aufgrund des international geltenden Reziprozitätsprinzips den kroatischen Kriegsgefangenen in den Feindstaaten zugute komme , indem Vertreter des IKRK diese besuchen und betreuen könnten. Die kroatischen Stellen erklärten diese Forderungen am 22. Dezember 1942 für angenommen637 , aber erst am 12. Juli 1944 durfte der Delegierte in Zagreb , Julio Schmidlin , den Konzentrationslagern Jasenovac ( Jasenovac III , auf dem Areal der Ziegelfabrik „Ciglana“ ), Stara Gradiška ( Jasenovac V ) und der Lager-Landwirtschaft Gređani Salaš den erbetenen außerordentlichen Besuch abstatten. Die im Dezember 1942 von den kroatischen Behörden zugesagte 635 HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , broj 3890 – Inv.-Nr. 29390 vom 18. 5. 1941. 636 HDA , ZKRZ-GUZ , Zeugenaussage von Mato Adler aus Slavonski Brod , Mikrofilm Z-2942 , Do. GUZ 2235 /  7–45 , Aussage 7091 vom 21. 7. 1945 , Blatt 750. 637 Mario KEVO , Veze Međunarodnog odbora Crvenog križa i Nezavisne Države Hrvatske ( Die Beziehungen zwischen dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und dem Unabhängigen Staat Kroatien ). I. Bd., Slavonski Brod – Zagreb , 2009. Dok. Nr. 2 , ab 22. 12. 1942 , S. 38.

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Hilfe für die KZ-Insassen

Anwendung der Genfer Kriegsgefangenen-Konvention auf Zivilinternierte und die da­raus resultierenden regelmäßigen Besuche von Vertretern des Internationalen Roten Kreuzes und die regelmäßigen Sendungen von Hilfspaketen des IKRK gewährten die kroatischen Behörden trotz der wiederholten Interventionen Schmidlins auch 1944 nicht.638 Von seinem fünftägigen Besuch in den Lagern verfasste Schmidlin Anfang August 1944 einen Bericht , dessen Tenor befremdet , weil er zwar kritische Bemerkungen anbringt , aber die Lage der Häftlinge und ihre Lebensbedingungen „( … ) entgegen aller Erwartung im Großen und Ganzen nicht ( Unterstreichung im Original ! ) schlecht … befand ; die Internierten befänden sich bei „relativ gutem Aussehen“, aber sehr dürftig , zerrissen und ärmlich gekleidet ( … ) und ständig bewacht( … )“ Die Schlafstätten waren Pritschen mit vielen Decken als Kälteschutz ; „Ordnung und Sauberkeit herrschten überall , aber leider war auch das Ungeziefer nicht zu übersehen.“ Er registrierte das Bestehen einer Theatergruppe , eines Orchesters , einer Fußballmannschaft der Internierten und den Schulunterricht für 17 Kinder verschiedener Jahrgänge. Die Nahrung sei karg , Mangelerscheinungen daher die Regel bei den zu schwersten Arbeiten verwendeten Internierten. Lebensmittelpakete von auswärts seien daher überlebenswichtig , ebenso Bettwäsche und Medikamente gegen Malaria , TBC und Rheuma. Infolge des feuchten , sumpfigen Gebietes sei das Wasser verseucht und nicht als Trinkwasser geeignet. Schmidlin vermerkt , dass die Lage Kroatiens allgemein sehr schwierig sei und auch die kroatische Armee nicht einmal mit dem Nötigsten versorgt werden könne. „Unter diesem Aspekt ist die mangelhafte Versorgung der Internierten verständlich und den Behörden nicht zu verübeln.“639 Allerdings : Schmidlin verfasste gleichzeitig noch einen Bericht , in dem er „( … ) alle ( … ) Befürchtungen , Gedanken und Konstatierungen von diskretester Art …“ niederlegen wollte : Er nahm darin Bezug auf die Schwierigkeiten , bei der kroatischen Staatsführung Unterstützung für seine Aufgabe zu finden , und deutete an , dass er „ …in einem zum äußersten gespannten Millieu ( sic ! ) und zu einer Zeit – die kleine ( sic ! ‚keine‘ ? ) Hemmungen mehr kennt ( … ) Gesetze und Vereinbarungen ( … ) leider nicht mehr ziehen ( … )“ auf diskrete Kontakte mit Personen setze , die wieder Beziehungen zum Wachepersonal in den Lagern hätten. Die Lagerleitung nehme auf „( … ) Recht oder Konvention ( … )“ keinerlei Rücksicht. Bei ihr gelte „( … ) ausschließlich das egoistische Interesse“. „Und diesbezüglich hilft uns … in unse-

638 M. KEVO , Veze Međunarodnog odbora Crvenog križa i Nezavisne Države Hrvatske ( Die Beziehungen zwischen dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und dem Unabhängigen Staat Kroatien ). I. Bd., Slavonski Brod – Zagreb , 2009. Dok. Nr. 59 vom 5. 6. 1944 , S. 312–315 ; Dok. Nr. 61 , 14. 6. 1944 , S. 330 f. 639 Dok. Nr. 71 Brief von 12 Seiten : 379–402 und ein weiterer Bericht.

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rem Bestreben der Gang der großen kriegerischen Geschehnisse …“ 640 Mit anderen Worten : Je schlechter die Kriegslage – desto besser für die Wirksamkeit des Roten Kreuzes. Schmidlin hoffte im Jahre 1944 auf den Zusammenbruch des USK infolge der eigenen Unfähigkeit , ein geordnetes Staatswesen aufzubauen , und infolge der militärischen Niederlagen seiner Schutzmacht , des Deutschen Reiches. Nur unter dem Druck der drohenden militärischen Niederlage werde die kroatische Staatsführung einlenken und „die humanitäre Tätigkeit des Roten Kreuzes“ erlauben. „( … ) Sonst könnten wir in diesem primitiven , verständnislosen und brutalen Umfeld nichts ausrichten. ( … )“ Schmidlin wollte nach seinem Besuch im Lager glauben , dass die Staatsführung kooperieren werde. „( … ) Die Frage ist aber , ob die Untergebenen die Weisungen befolgen werden. Diese extrem primitiven Elemente – zum Beispiel die Lagerleiter – sind im derzeitigen Regime die größte Gefahr für die Internierten …“ ( Unterstreichungen im Original. ) Einzelne führende Persönlichkeiten , die mit den Vollzugsorganen von Amts wegen Kontakt halten mussten , wollten dem Vertreter des IKRK helfen – aber „( … ) natürlich nur ganz inoffiziell und geheim ( … )“. Die Vollzugsorgane , die Lagerleitung für die Zusammenarbeit zu gewinnen – das „könnte teuer werden , aber für die Rettung von Menschenleben darf uns nichts zu teuer sein“. Schmidlin wollte den Preis ( in Geld und Sachspenden für die Wärter ) bezahlen , weil es gerade von diesen , „den unteren Chargen“, abhänge , ob das IKRK den Internierten Erleichterungen verschaffen dürfe oder nicht. Das Bewachungspersonal in den Lagern sei praktisch alleine zuständig und könne nach Belieben schalten und walten , denn aus Zagreb komme immer weniger Initiative wegen der alllierten Luftangriffe641 und wegen der gleichzeitigen Angriffe der Partisanen auf Züge. Schmidlin befürchtete , dass die kroatische Führung , die seiner Meinung nach reif für die Kapitulation war , vor ihrem Abtritt in den Lagern noch ein schlimmes Blutbad anrichten werde. „( … ) Ich werde alles tun , um solches zu verhindern. Bis dahin müssen wir noch mit Spenden das Leid lindern helfen.“642 Das IKRK organisierte in Portugal Lebensmittel , Medikamente , Kleidung und Artikel für die Körperpflege und besorgte die Lieferung per Bahn über Frankreich nach Kroatien , da die Alliierten Kroatien als Bundesgenossen des Dritten Reiches die Versorgung auf dem Seeweg blockierten. Die jüdische Gemeinde übernahm den 640 Ebenda , Dok. Nr. 71 , S. 400. 641 Kroatien wurde seit dem Jahre 1943 von alliierten Flugzeugen auf ihrer Route nach Österreich überflogen und die Küste bombardiert. Im Jahre 1944 verlagerten die Alliierten die Luftangriffe auf die Erdölförderungen in Rumänien und auf die deutschen Vorratslagerungen in Zemun /  S emlin. KARAKAŠ OBRADOV Marica , Saveznička bombardiranja Srijema u Drugom svjetskom ratu. www.cpi.hr  /  download /  links /  hr7334 , S. 531–550. In dieser Flugbahn befand sich das KZ Jasenovac. 642 Ebenda , Dok. Nr. 59 , S. 315–317. Freiburg /  Brsg. 1972 , 193.

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Deutsche Initiative zur Vollstreckung der „Endlösung“ im USK

Transport in die Lager ; die Angehörigen der Häftlinge durften ihre Pakete ebenfalls gegen einen geringen Transportkostenanteil beischließen. Die aus der Schweiz stammenden Pakete durften jedoch nicht direkt ins Lager gebracht werden , da sie „als Luxusgüter psychologische Probleme bereiteten“, wie die Lagerleitung von Jasenovac dem Delegierten des IKRK berichtete. Schmidlin verfiel daher auf den Trick , die Pakete in der jüdischen Kultusgemeinde auszupacken und den Inhalt in die Lebensmittelpakete der jüdischen Kultusgemeinde miteinzupacken.643 Bis zum Jahre 1943 belieferte die jüdische Gemeinde Zagreb auf eigene Kosten 600 Empfänger von Paketen in den Konzentrationslagern Jasenovac und Stara Gradiška ( von insgesamt 1. 200 Häftlingen ), die „wegen guter Führung zum Empfang von Spenden berechtigt waren“ mit Lebensmittel- und Kleiderpaketen. Täglich gingen 150 Pakete mit bis zu fünf Kilogramm Inhalt in die Lager ab , denn jeder Häftling sollte mindestens zweimal monatlich ein Paket erhalten.644 Auf der Liste der Paketempfänger im Jahre 1943 fand sich in Stara Gradiška im Jahre 1943 Leo Blaha aus Wien , der allerdings laut Liste der Ermordeten und Verstorbenen des Lagerkomplexes Jasenovac645 1942 ermordet wurde. Doch dabei muss den Ermittlern der Kriegsopfer kein Fehler unterlaufen sein : Die jüdische Gemeinde rechnete damit , dass die Mithäftlinge das Ableben ( oder Verschwinden ) eines Paketempfängers absichtlich nicht meldeten , sondern die „herrenlosen“ Pakete – wenn sie denn zu den Internierten gelangten – untereinander aufteilten.646

2.6 Deutsche Initiative zur Vollstreckung der „Endlösung“ im USK647 Nach den undatierten Notizen der Sektion IVB4 des RSHA bestand eine Vereinbarung zwischen dem Leiter der „ Judenabteilung“ der Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit ( RAVSIGUR ), Eugen Dido Kvaternik , mit dem damaligen Leiter der Sektion IVB4c ( Kroatien ) des RSHA in Berlin , Wilhelm Beis( s ) ner darüber , dass die ausländischen jüdischen Flüchtlinge im USK „den Deutschen

643 KEVO , Veze Međunarodnog odbora Crvenog križa. Dok. Nr. 66 , vom 6. 7. 1944 S. 350– 352. 644 JIM Beograd , Jüdische Gemeinde Zagreb , ŽOZ , Zl. 4810 , Sign. K–60–1–1 / 1 /  46 BIS K-60-1-1- / 1- / 1 /  56 vom 12. 1. 1943 ; ebenso K–65–6–1 / 1–72 vom 8. 1. 1943 ; vgl. Bericht des Zagreber Delegierten des IKRK vom 12. 5. 1942 an das IKRK ; vgl. KEVO , Veze Međunarodnog odbora Crvenog križa. Dok. Nr. 2 , S. 42. 645 www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. 646 Ein Beispiel : JIM Beograd , ŽOZ K–65–6–1 / 1–72 : Bei einzelnen Namen stehen solche Vermerke. 647 Die Quellenedition Documents on German Foreign Policy 1918–1945. Staff of Editors , Serie „D“, Volume XII und Volume XIII , Washington 1962. Vol. XII und XIII.

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gehörten“. Auch der Vertreter der italienischen Geheimpolizei im USK ( Opera di vigilaza e repressione antifascista , OVRA ), Eugenio Coselschi , berichtete dem italienischen Außenministerium am 31. Juli 1941 über eine solche kroatisch-deutsche Vereinbarung.649 Möglicherweise kam sie beim Besuch von Eugen Dido Kvaternik im RSHA am 8. Juni 1941 zustande ( einen Beleg dafür gibt es jedoch nicht ). Während des Jahres 1941 ließen die deutschen Stellen den kroatischen Behörden beim Vorgehen in der „ Judenfrage“ freie Hand , ja der Verbindungsoffizier des RSHA bei der Deutschen Gesandtschaft in Zagreb , Gottfried Beisner , bestand derauf , dass Festnahmen von Juden , auch wenn sie auf Antrag deutscher Stellen erfolgten , die kroatische Polizei vorzunehmen habe.650 Dennoch kam es zu Spannungen wegen der Nichtbeachtung dieser Kompetenzverteilung und der Eigenmächtigkeiten deutscher Stellen und Angehörigen des volksdeutschen „Kulturbundes“651 , die sich auf deutsche Aufträge beriefen , wenn sie – an der kroatischen Polizei und sogar den Ustascha-Dienststellen vorbei – Juden verhafteten.652 Sie eskalierten im Jahre 1943 ( nach den Deportationen kroatischer und ausländischer Juden nach Polen ) und führten zu einem schriftlichen Abkommen zwischen dem Kommandanten und Gründer einer besonderen kroatischen Polizei-Einsatzgruppe , Konstantin Kammerhofer , mit der kroatischen Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit ( RAVSIGUR ) am 29. November 1943 : Kammerhofer erkannte die alleinige Entscheidungsbefugnis des kroatischen Innenministeriums über Festnahmen und Internierungen sowie Deportationen ins Ausland an. Er akzeptierte auch , dass die deutsche Polizei nur dann intervenierte , wenn vor Ort keine kroatischen Polizeikräfte zugegen waren , und dass die Deutschen keine eigenen Konzentrationslager im USK unterhalten durften.653 Die Gestapo ließ die Juden , die sie aus Österreich auswies , auch nach dem Grenzübertritt nicht aus den Augen. Der deutsche Verbindungsoffizier wie auch Polizei­ 648

648 HDA , Archiv Helm , Fasz. 4 , Akt Helm. 649 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 6 , Zl. 5156 – Inv.-Nr. 28207 und Zl. 4925 – Inv.Nr. 28196 vom 18. 9. 1941 : Eugenio Colseschi – Bericht für das italienische Außenminis­ terium vom 31. 7. 1941 : Notizen des RSHA-Abtlg. IV B 4c über eine diesbezügliche Zusammenarbeit Helms mit E. D. Kvaternik. Auch Helm , Fasz. 4 , Akt. Helm. 650 Wilhelm Beis( s )ner stellte die Kontakte zwischen der Sektion IV B 4c im RSHA und der „ Judenabteilung“ des kroatischen Innenministeriums bei der Abfassung der kroa­ tischen Rassegesetze her , organisierte den Besuch von Eugen Dido Kvaternik im RSHA und im KZ Sachsenhausen am 8. 6. 1941 und organisierte die Ausbildung von 100 Ustascha-Polizisten als KZ-Wärter , wie vereinbart wurde : HDA , Archiv Helm , Fasz. 2 , Akt Beissner. 651 D. BIBER , Nacizem in Nemci v Sloveniji 1933–1941 ( Der Nationalsozialismus und die Deutschen in Jugoslawien 1933–1941 ), S. 232 f. 652 HDA , RUR ŽO , Fasz. 9 , Zl. 706 / 1942 – Inv.-Nr. 28756. 653 HDA , Archiv Helm , Fasz. 5 ( Akt Himmler ) und Fasz. 36 ( Kammerhofer – Polizei ).

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Deutsche Initiative zur Vollstreckung der „Endlösung“ im USK

attaché Helm ließen durch ihre Agenten die ausländischen jüdischen Flüchtlinge im USK observieren. Auch jüdische Flüchtlinge fanden sich zu Spitzeldiensten bereit und ließen sich dafür mit Ausreisegenehmigungen für Angehörige aus dem Reich und Aufenthaltsgenehmigungen im USK entlohnen.654 Die Agenten „interessierten“ sich für Fluchtpläne der ausländischen Juden im USK655 , besonders nach Palästina ; in solchen Fällen war das RSHA unverzüglich telegrafisch oder telefonisch zu unterrichten. 656 Politische , besonders kommunistische Kontakte und Betätigung657 , Zusammenarbeit mit dem britischen und /  oder französischen Geheimdienst 658 waren weitere Verdachtsgründe , die sich schon ergaben , wenn Flüchtlinge Post aus Feindländern erhielten.659 Die aus dem Reichsprotektorat Böhmen und Mähren stammende Emigrantin Irma Pollak ( geb. 1877 ) wurde , obwohl sich der Verdacht nachrichtendienstlicher Betätigung nicht bestätigen ließ , „ins Generalgouvernement evakuiert“ – die deutschen Stellen wussten , dass sie niemals wieder nach Kroatien zurückkehren werde.660 Der Zusammenarbeit mit westlichen Geheimdiensten verdächtigt wurde auch der nach Zagreb emigrierte katholische Halbjude Erwin Fall ( geb. am 20. Juli 1901 in Wien-Gainfarn ), der 1938 seine Spedition in Wien , Mackartstraße 1 , verließ und in Zagreb beim Hauptbahnhof ( Tomislavov trg 9 ) eine neue Spedition eröffnen konnte. Erwin Fall reiste seit 1938 wiederholt nach Budapest , wo die britische Abwehrzentrale für Südosteuropa agierte ; die Gestapo verfolgte auch von Wien aus seine Kontakte mit Budapest. Erwin Fall ließ sich wegen der Observierung durch die Gestapo in einem Akt der „Flucht 654 HDA , Helm , Fasz. 4 , Akt Irene Fröhlich – Agent „Fuchs“ ( Vorname unbekannt ); ebenda , Agent Tomany. 655 HDA , Helm , Fasz. 4 , Akt Irene Fröhlich ( gebürtig aus Krems an der Donau ; sie nahm am Mittagstisch der jüdischen Kultusgemeinde Zagreb teil und wurde von einem Mitbenutzer , der für das Amt Helm „arbeitete , um eine Ausreisegenehmigung für seine Familienangehörigen aus dem Reich zu erhalten“, ausgehorcht. 656 HDA , Archiv Helm , Fasz. 6 , Akt Zl. 10 – Kammerhofer. Der aus Wien gebürtige slowakische Staatsbürger verriet der Agentin Gagern seine Fluchtpläne für Palästina : ebenda , Fasz. 4 , Akt Arno( ld ) Rausnitz und Akt Gagern. 657 HDA , Helm , Fasz. 11 , Zl. 232 ( Agent Schlicht , Vorname unbekannt ) – Bericht an das Einsatzkommando /  Beissner vom 24. 2. 1942 über eine kommunistische Gruppe , bestehend aus im USK akkreditierten ausländischen Journalisten und Juden. – Vom Amt Helm enttarnte Kommunisten unter jüdischen Emigranten besondes in Fasz. 37 : Dr. Aleksander Florić ( aus Wien gebürtig ), Dr. Georg Nussbaum , Dr. Wilhelm Pollak und Hilde Pollak. 658 Beschuldigte : Friedrich Gartner : Helm , Fasz , Klara Junghans ebenda , Fasz. 6 , Zl. 226. 659 HDA , Helm , Fasz. 19 , Zl. 70. – Dr. Oto Tösch , ins Gestapogefängnis Graz eingeliefert ; Friedrich Hohl , ebenda , Fasz. 5 , ( Akt Hohl ); Fasz. 20 , Zl. 14 , „ein Wiener , Dr. Walter“ ( keine weiteren Informationen zu ermitteln ). 660 Ebenda , Fasz. 4 , Zl. 51 ( Akt : Agent Goppelt ); das Büro Helm forderte die Sicherstellung der im Geschäft von Irma Pollak vorgefundenen 120 Paar Handschuhe.

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„Lösung der Judenfrage im Land“

nach vorne“ 1941 von der Zagreber Dienststelle der „Abwehr“ als Agent anwerben , auch um seine in Wien verbliebenen Eltern zu schützen. In Zagreb unterhielt Erwin Fall eine Beziehung zur Wiener Ärztin Dr. Grete Fenema661 , geborene Fürnberg ( die geschiedene Gattin eines Holländers ), die Falls Vater in Wien , Gustav Fall , ärztlich betreute. Grete Fenema wurde am 5. Juni 1941 aufgrund einer anonymen Anzeige , sie plane ein Attentat auf Hitler , in Zagreb verhaftet und ins polizeiliche Gefangenenhaus Graz eingeliefert. Agentenmeldungen , dass jüdische Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich Anschläge auf deutsche Züge planten , die Erdöl aus Rumänien und deutsche Umsiedler aus Bessarabien nach Deutschland transportierten , empfingen die AbwehrVertreter noch im Königreich Jugoslawien , während des Jahres 1940. Auch über Anschläge auf italienische Schiffe durch Emigrantengruppen aus Deutschland und der Tschechoslowakei wurde die Abwehr informiert , konnte jedoch keine konkreten Spuren entdecken – trotz der Zusammenarbeit der Gestapo in Zagreb und in Ljubljana.662 Auch Grete Fenema wurde mangels an Beweisen enthaftet und durfte im Dezember 1941 aus Graz nach Zagreb zurückkehren. Der weiteren Beschattung entzog sie sich im Februar 1942 durch die Flucht in die Stadt Crikvenica im kroatischen Küstenland. Ihr Wiener Patient , Dr. Gustav Fall , der Vater von Erwin Fall , war unterdessen zu seinem Sohn nach Zagreb gekommen und schloss sich Grete Fenema an.663 Alle Verdächtigten ließ das Amt des Polizeiattachés durch die kroatische Polizei festnehmen ; diese hatte sie dann dem Sicherheitsdienst ( SD ) zu übergeben , der sie an die nationalsozialistischen Behörden in Österreich überstellte. Die deutsche Polizei verhaftete auf USK-Territorium nicht.664 Einsatzgruppen , die wie in den 661 In Zagreb polizeilich gemeldet – Meldeformular Zl. 1191 im Fonds 252 ( RUR ŽO ). 662 HDA , Helm , Fasz. 17 , Zl. 128 , Akt Arnold Herzog , Hynek Jaroslav ; ebenso Fasz. 18 , Zl. 5 , Karban Lavoslav ; Die Verdächtigten durften wieder nach Zagreb zurückkehren , wurden jedoch dauernd beschattet. Zu österreichischen Kommunisten , die ebenfalls verdächtigt wurden , siehe Heimo HALBRAINER , Maribor und Zagreb als Orte des politischen Exils und Drehscheiben des österreichischen Widerstands. In : Zwischenwelt , 27. Jg., H. 1–2 , Wien , August 2010 , S. 45–49. 663 HDA , Helm , Fasz. 3 , Zl. 332. 664 KOVAČIĆ Davor , Obilježja njemačkog policijskog sustava u Nezavisnoj Državi Hrvatskoj od 1941. do 1945. godine ( Charakteristika des deutschen Polizeiapparates im Unabhängigen Staat Kroatien 1941–1945 ). In : Časopis za suvremenu povijest ( Zeitschrift für Zeitgeschichte ), Zagreb 2007 , H. 3 , S. 515–549 ; hier S. 556 f und www.hrcak.srce /  hrcak.srce. hr /  file /  29736 ( 18. 3. 2007 ) – 1941 wirkte das EK in einem einzigen Fall von Judenverfolgung mit der Ustascha-Polizei zusammen : bei der Verhaftung des Präsidenten der jüdischen Kultusgemeinde Zagreb , Dr. Hugo Kohn , des Mitgliedes des Präsidiums , Dr. Miroslav Šalom Freiberger und Dr. Aleksandar Licht , und des Komitees für Flüchtlingshilfe , Dr. Makso Pscherhof , sowie des Sekretärs des Komitees , Alexander KLEIN , am 11. 4. 1941. Die etwa 50 Verhafteten wurden in die Grazer Zentrale des EK Sipo und SD verbracht , verhört und bis auf einen Verhafteten wieder nach Zagreb verbracht. Ebenda , S. 557–559.

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Deutsche Initiative zur Vollstreckung der „Endlösung“ im USK

eroberten Gebieten der Sowjetunion agierten , gab es im USK nicht. Helms Büro veranlasste die Einschaltung der Gestapo-Zentrale für Südosteuropa in Graz oder das Grazer Deviseninspektorat , das ebenfalls für den USK zuständig war.665 Neben der Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten von Feindländern waren es Geldtransfers , Devisenschmuggel , als „Devisenverbrechen“ qualifiziert , deren das Amt Helms Flüchtlinge beschuldigte , die durch ihr Verhalten darauf schließen ließen , dass sie über eigenes Geld verfügten. Sie wurden zur Devisenkontrolle nach Graz überstellt , die ein Verfahren wegen „Devisenverbrechens“ ( sic ! ) einleitete.666 Die Wiener Emigrantin Irma Fröhlich wurde auf diese Weise im Juli 1941 von der kroatischen Polizei Helm übergeben und in das Gestapo-Gefängnis in Graz eingeliefert. Sie wurde jedoch nicht an das Oberlandesgericht in Dresden zur Fortsetzung des Devisenstrafverfahrens überstellt , sondern im November 1941 enthaftet und durfte nach Zagreb zurückkehren. Die jugoslawische Geheimpolizei ( OZNA ) nahm aufgrund dieser „ungewöhnlichen Privilegierung einer Jüdin durch die Gestapo“ an , dass Irma Fröhlich der Zusammenarbeit der Gestapo zugestimmt haben musste.667 Die systematische Ausforschung der ausländischen Emigrantinnen und Flüchtlinge und die Einlieferung in die Konzentrationslager , um sie von dort in nationalsozialistische Konzentrationslager in Polen zu deportieren , unternahm der vom RSHA im Juli 1942 nach Zagreb entsandte „Experte für Judenfragen des RSHA“, Franz Abromeit. Die kroatische Behandlung der „ Judenfrage“ dürfte während des Jahres 1941 Thema kritischer Bemerkungen in den deutschen Dienststellen gewesen sein , wie die schon erwähnte Kritik einer technischen Delegation deutscher Dienststellen im Konzentrationslager „Koprivnica“ zeigt. Die Entscheidung , die „ Judenfrage“ der kroatischen Zuständigkeit zu entziehen und selbst in die Hand zu nehmen668 , setzte der „Experte für Judenfragen“ in der Abt. IV B 4 des RSHA , Franz Abromeit669, um , der am 1. Juli 1942 im Amt des deutschen Polizeiattachés den Dienst antrat. Seiner Ankunft gingen systematische Aushebungen von Juden durch die Ustascha-Polizei und Einlieferungen 665 HDA , ibd. Fasz. 6 , Zl. 226 und Fasz. 8 , Zl. 63 ( Akt : Agent Meyer ) 8 ; Fasz. 11 , Akt Zl. 282. 666 HDA , RUR ŽO , Fasz. 5 , Zl. 197 , Akt Hoff. 667 Ebenda , Fasz. 1 , Akt Irma Fröhlich ( geb. 1885 in Krems /  Donau ) : Sie wohnte bis 1944 in Zagreb , floh dann auf das von den Partisanen kontrollierte Territorium und starb im gleichen Jahr an Typhus. I. GOLDSTEIN ; Holokaust. S. 634. Ihr Todesort und das Todesdatum sind nicht bekannt. 668 HDA , RUR ŽO , Fasz. 3 , Zl. 1117 /  41 – Inv.-Nr. 27592 ( Eingangs-Protokoll des Schreibens des Ustascha-Polizeikommissariates für die Stadt und den Bezirk Koprivnica vom 30. 6. 1941 ) mit den Beschwerden deutscher Offiziere und „technischer Delegationen“ über zu lasche Lagerführung und zu viele Freiheiten der Internierten. 669 Franz Abromeit : geb. 1906 in Königsberg ( auch Tilsit als Geburtsort genannt ), in HDA , Helm , Fasz. 1 , Akt Abromeit.

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„Lösung der Judenfrage im Land“

in die Ustascha-Konzentrationslager in der ersten Jahreshälfte 1942 voraus , die als Vollstreckung der Wannsee-Beschlüsse zu bewerten sind.670 Ab März begannen die Razzien in Zagreb – nicht mehr aufgrund von Befragungen durch die Hausmeister , sondern anhand von Listen aus der Anmeldekartei. Aber jüdische Partner in Mischehen und getaufte Juden wurden 1942 von den Transporten ( noch ) ausgenommen. Getaufte Juden , die sich mit dringlichen Bitten um Schutz vor der Deportation an Erzbischof Stepinac wandten und der Deportation entgingen , schrieben die Rettung seinen Interventionen zu. Ein Indiz dafür , dass der „Poglavnik“ die Bitte des Erzbischofs erfüllte , ist auch eine Vorhaltung des deutschen Gesandten Siegfried Kasche gegenüber dem „Poglavnik“, „der Vatikan sei in Kroatien noch immer zu einflussreich“.671

2.6.1 August 1942 – Erster Abtransport in nationalsozialistische Lager in Polen

Abromeits Aufgabe war der Abtransport aller in Kroatien lebenden Juden , die nicht unerlässlich für das Funktionieren der kroatischen Konzentrationslager seien , in die Konzentrationslager der Nationalsozialisten in Polen. Für diese Transporte sind keine Namenslisten erhalten : Ein Bericht über die Zusammenstellung und den Fahrplan der Züge672 lässt darauf schließen , dass in jenen Garnituren , die am 16., 20. und 27. August 1942 aus Osijek abgingen , Insassinnen von Stara Gradiška und Häftlinge aus Jasenovac abtransportiert wurden. Am 13. und 24. August 1942 fuhren Kompositionen aus Zagreb über Varaždin ab , wo vermutlich die Insassinnen von Loborgrad einwaggoniert wurden. Gemäß den Vollzugsberichten der Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit ( RAVSIGUR ) und des Ustascha-Kontrolldienstes ( UNS ) wurden etwa 2. 000 Personen , primär kroatische Juden mit „kommunistischem Dossier“ sowie jüdische Flüchtlinge , aus den Lagern abtransportiert. Die Kosten dafür – 500. 000 Kuna ( ca. 25. 000 RM ) – konnte der Ustascha-Kontrolldienst aus dem beschlagnahmten jüdischen Vermögen refundieren. Die jüdische Gemeinde und die „ Juden-Abteilung“ des Innenministeriums hatten mit Kartoffeln , Bohnen , Fett und Mehl für die Verpflegung während des Transportes zu sorgen.673 670 I. GOLDSTEIN , Holokaust , S. 426. 671 HDA , RUR ŽO , Fasz. 9 , Zl. 226 / 1942 – Inv.-Nr. 28683. HDA , Archiv Helm , Fasz. 9 , ( Agent Tomo Mravunac , der Erzbischof Stepinac ausspionierte ). 672 Siehe hierzu den Überblicksartikel von Holm SUNDHAUSSEN , Der „Unabhängige Staat Kroatien ( einschließlich Dalmatien )“ in W. BENZ , Die Dimension des Völkermordes. München 1996 , 321–327 ; hier S. 325. 673 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 15 , Zl. 5108 – Inv.-Nr. 29811 vom 14. 8. 1942 ( telegrafische Anweisung an den Logornik von Osijek ): Eine für 30. 8. 1942 in Reserve gehaltene Zugskompositon wurde nicht benötigt : ebenda , Fasz. 15 , Zl. 5026 / 1942 vom 10. 8. 1942 ; HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Zl. 5240 / 1942 – Inv.-Nr. 29855. Diese Berichte gingen auch an das Innenministerium des USK : MUP NDH , Fasz. 302 , Zl. 5026

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Deutsche Initiative zur Vollstreckung der „Endlösung“ im USK

Am 30. August 1942 erstattete der Leiter der „ Juden-Abteilung“ des Innenministeriums , Dr. Vilko Kühnel , der Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit ( RAVSIGUR ) den Vollzugsbericht : „Mit 30. August 1942 ist die Aussiedlung der für die Deportation ins Deutsche Reich vorgesehenen Juden abgeschlossen.“674 Jene , die 1943 nach Auschwitz oder Birkenau deportiert wurden und 1945 nach Kroatien zurückkehren konnten , wussten , dass von den ersten Transporten aus dem Unabhängigen Staat Kroatien niemand überlebt hatte.675 Insgesamt wurden – laut dem Statistikamt des RSHA – im Jahre 1942 aus dem USK 4. 972 Jüdinnen und Juden in Lager im Osten deportiert.676

2.6.2 Mai 1943 – Deportation nach Auschwitz

Nichtsdestoweniger hatte der Agent der Sicherheits-Polizei , Gerhard Hübner677, zu überprüfen , ob die Deportation komplett erfolgt sei , „ob alle Juden in Kroatien gefasst und in Lager vertrieben worden sind“. Diese Weisung bezog sich speziell auf die von der italienischen Armee verwaltete „Zone II“, wo 2. 500 jüdische Flüchtlinge dem Zugriff Hübners und Abromeits entzogen waren.678 Am 19. Jänner 1943 schloss Abromeit mit dem Leiter der „ Juden-Abteilung“ des Innenministeriums , Dr. Filip Crvenković679 , eine schriftliche Vereinbarung über die Deportation aller noch in den Ustascha-Konzentrationslagern verbliebenen Jüdinnen und Juden680 , die nicht als Arbeitskräfte im Lager oder im Wirtschafts- und Beschaffungsamt für die Lager681 benötigt wurden. Die kroatische Seite verpflichtete sich zur Ausforschung der noch nicht Internierten – inklusive der in der „Zone II“ lebenden Jüdinnen und Juden. SS-Obersturmbannführer Hermann Krumey wurde mit der Zusammenbringung der Juden auf diesen Gebieten betraut und zum Kommandanten eines Sonderkommandos bestellt.682 vom 10. 8. 1942 , und Zl. 5030 vom 24. 8. 1942. Ebenda , MUP NDH , Fasz. 302 , Zl. 5026 vom 10. 8. 1941 und Zl. 5026 sowie 5030 vom 24. 8. 1942. 674 HDA , ebenda , Zl. 5240 – Inv.-Nr. 29855 , und Zl. 5274–29861. Abromeit verwendete in seinem Bericht die Formulierung „im wesentlichen abgeschlossen“. 675 HDA , ZKRK , Fasz. 10 , Dok. Nr. 88–9 und Fasz. 15 , Zl. 3768–3769. 676 I. GOLDSTEIN , Holokaust , S. 434. 677 HDA , Archiv Helm , Fasz. 5 , Zl. 226 – Hübner Gerhard : SS-Obersturmführer , Kriminaloberinspektor : 1941 in Diensten der EK-SIPO und SD in Belgrad , 1942 Stellvertreter Helms in Zagreb. Zuständig für die Kommunikation mit den anderen deutschen Dienststellen , für Kommunisten und illegale Migrationen für Abwehrzwecke. Im Herbst 1943 durch Obersturmführer Rudolf Bluhm ersetzt : ebenda , Fasz. 5 , Zl. 226. 678 L. POLIAKOV  /  J. SABILLE , Jews under Italian Occupation , S. 148–150. 679 HDA , Archiv Helm , Fasz. 3 , Zl. 303 ( Akt Eichmann ). 680 HDA , Archiv Helm , Fasz. 12 , Zl. 218 ( Kühnel ). 681 HDA , Ustascha-Nachrichtendienst , Sign. 248 / 1–5. 682 HDA , Archiv Helm , Fasz. 7 , Zl. 154 ( Akt Hermann Krumey ).

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„Lösung der Judenfrage im Land“

Am 3. Mai 1943 ging ein Transport von 1. 700 Lagerinsassen aus Jasenovac und 300 Personen aus Verstecken , aus Altersheimen und Krankenhäusern , nach Auschwitz ab.683 Auch die getauften Jüdinnen und Juden wurden nur mehr in seltenen Ausnahmefällen verschont. Seit März 1943 bestürmten Gefährdete den Zagreber Erzbischof um eine Vermittlung beim „Poglavnik“, und dieser schien wieder bereit , Getaufte und jüdische Partner aus Mischehen auszunehmen. Doch der deutsche Gesandte setzte den Staatschef offensichtlich mit der Bemerkung unter Druck , der Heilige Stuhl werde in Kroatien zu mächtig. „Wollen wir doch sehen , wer dieses Mal siegen wird – er oder wir.“684 Auch von dieser Deportation gibt es keine Transportlisten. Bekannt ist nur , dass der Oberrabiner der Zagreber Kultusgemeinde , Dr. Miroslav Šalom Freiberger685 , mit seiner Frau sowie der Präses der Gemeinde , Dr. Hugo Kohn , mit Gattin nach Auschwitz kamen. Dort wurden Freiberger und Kohn noch an der Rampe erschossen , weil sie gegen die brutale Behandlung der Deportierten protestierten.686 Überlebende dieser Transporte , die nach dem Zusammenbruch des Nationalso­ zialismus nach Jugoslawien zurückkehrten , berichteten , dass Insassen der Transporte zur Arbeit in der deutschen Kriegswirtschaft eingesetzt worden seien687 , konkret im Betrieb der „I. G. Farben A. G.“ beim Lager Auschwitz. Ein Überlebender sagte vor der Landeskommission aus , dass in einem Transport ein österreichischer Jude , Chemiker , der in einem Versteck in Slowenien gefunden worden war , mittransportiert , aber in Maribor auswaggoniert worden sei.688

683 HDA , Innenministerium , Fasz. 3 , Zl. 303. – Der Zagreber Delegierte des IKRK nennt nur „500–600 Volljuden“, 350 Juden aus der Provinz und 300 Juden aus Bosnien. 100– 200 Juden seien entkommen : M. KEVO , Dokumenti Međunarodnog odbora Crvenog križa. Bd. 1 , 70 , Dok. Nr. 7 vom 28. 5. 1943. 684 HDA , Archiv Helm , Fasz. 22. Dies berichtete auch der Zagreber Delegierte des IKRK Julio Schmidlin am 5. 7. 1943 an die Genfer Zentrale : M. KEVO , Veze Međunarodnog odbora Crvenog križa i Nezavisne Države Hrvatske. Dok. 10 , S. 80. 685 Erzbischof Stepinac bot den Ehepaaren Freiberger und Kohn an , sie zu verstecken , doch beide lehnten es ab , sich in Sicherheit zu bringen , solange ein Gemeindemitglied verfolgt werde : I. GOLDSTEIN , Holokaust , S. 472. 686 I. GOLDSTEIN , Holokaust , S. 475. – M. KEVO , Dokumenti Međunarodnog odbora Crvenog križa. Bd. 1 , Dokument Nr. 7 des Delegierten des IKRK in Zagreb an die Zentrale in Genf vom 28. 5. 1943 über diese Deportation , S. 70 f. 687 HDA , ZKRZ-GUZ , Mikrofilm Z-2946 , Sign. GUZ 2235 / 15–45 , Blatt 1325 : Elaborat der Kommission vom 5. 1. 1946 über die Judenverfolgung in Sisak , Petrinja und Kostajnica , und Blatt 2366 , betreffend den Einsatz von Juden aus Osijek. 688 HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2946 , Sign. GUZ 2235 / 15–45 , Blatt 1325 , und GUZ 2235 /  24–45 , Blatt 2366 : Elaborate der Kommission 1946 über die Judenverfolgungen in der kroatischen Provinz.

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Deutsche Initiative zur Vollstreckung der „Endlösung“ im USK

Gemäß einer Mitteilung des Chefs der Carabinieri-Einheit in Nordkroatien und Slowenien , General Giuseppe Pièche , an das italienische Außenministerium wurden alle 1942 und 1943 aus dem USK in deutsche Besatzungsgebiete im Osten deportierten Juden in den Gaskammern ermordet.689

2.6.3 Fortsetzung der Deportationen aus dem USK 1943–1944

Hübner und der Leiter der Abt. IV. des Stabes von SIPO und SD Zagreb , SS-Major Herbst , konzentierten sich auch nach der Deportation vom 3. Mai 1943 darauf , die noch verbliebenen Juden in Kroatien , die „sich der rassischen Verfolgung zu entziehen versuchten“, auszuforschen690 , weiters noch 400 Jüdinnen und Juden aus kroatischen Lagern zu deportieren , die wegen „mangelnder Kooperationsbereitschaft der kroatischen Stellen“ ( Hübner ) verschont worden waren.691 Diese 400 Juden sollten in einer vom „ Jewish Agency“ geplanten Aktion aus dem USK nach Palästina verbracht werden.692 Der damalige Leiter der „ Juden-Abteilung“ des Innenministeriums , Dr. Đuro Vragović , ein nach Einschätzung des deutschen Polizeiattachés „fanatischer“ Betreiber der „Endlösung“, setzte nach Helms Meinung die deutsche Seite geradezu „unter Druck“, „ Jewish Agency“ zuvorzukommen und diese Juden ins Reich abzutransportieren.693 Am 5. Mai 1943 kam Himmler selbst nach Zagreb. Die deutschen Stellen wollten diesen Besuch geheimhalten. Aus den Notizen Helms und seinen Aussagen vor der Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer einheimischen Helfer geht hervor , dass Himmler die kroatische Führung zur Auslieferung aller noch verschonten Jüdinnen und Juden nach Deutschland auffordern wollte. Diese Thematik sei jedoch im Rahmen der politisch-militärischen und wirtschaftlichen Lage des USK besprochen worden. Himmler habe seine „Sorge“ ( „Unzufriedenheit“ ) wegen der Nichterfüllung der kroatischen Verpflichtungen gegenüber dem Deutschen Reich bekundet und Kritik erkennen lassen , dass die Wehr689 Mit dieser Information motivierte der Carabinieri-Kontaktoffizier die Kommandanten der Zweiten italienischen Armee , den italienischen Generalstab und das italienische Außenministerium , dem deutschen Druck auf Auslieferung der jüdischen Flüchtlinge in den Territorien unter italienischer Besetzung zu widerstehen und sie nicht an die Ustascha und die Deutschen auszuliefern : Daniele CARPI , The Rescue of Jews in the Italian Zone of Occupied Croatia. In : Rescue Attempts during the Holocaust. Proceedings of the Second Yad Vashem International Historical Conference – April 1974. Yad Vashem Jerusalem 1977 , S. 465–553 , hier 490 , und Faksimile der Aktennotiz 520. 690 HDA , Archiv Helm , Fasz. 5 , Zl. 226 – Hübner Gerhard. 691 HDA , ebenda , Fasz. 5 ; Fasz. 39. 692 HDA , ebenda , Fasz. 37 , Zl. 284. 693 Dr. Vragović war Ministerialrat im Innenministerium ; geb. 1894 in Petrinja , Jurist. HDA , ebenda , Fasz. 16 , Zl. 113.

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„Lösung der Judenfrage im Land“

macht in einem unzumutbaren Maße zur „Befriedung“ des USK gebunden sei., Ihr fehlten die Kräfte an der Ostfront , die in Kroatien nicht nur gegen die Partisanen kämpften , sondern auch die Ustascha-Milizen zu disziplinieren hätten.694 Diese Gesprächsinhalte sind nur den hinterlassenen Notizen Hans Helms zu entnehmen ; ein Gesprächsprotokoll über diesen Besuch gibt es nicht. In der kroatischen Öffentlichkeit tauchten Spekulationen auf , dass Himmler die kroatische Polizei unter das Kommando der Deutschen zwingen wollte. Diese Spekulationen gründeten sich auf das passive Verhalten der kroatischen Polizei und der Ustascha-Wachen bei den Deportationen vor dem Abtransport von Juden am 3. Mai 1943 : Sie „sahen weg“, als Passanten den Juden Lebensmittel zusteckten , Decken brachten und Unmut gegen „die Deutschen“ und die „Willfährigkeit der Kroaten“ bekundeten.695 Die kroatische Führung verlieh dem Besuch Himmlers , gegen den Willen der deutschen Stellen , demonstrativ einen hochoffiziellen Charakter und zeichnete Himmler mit einem Orden aus , um zu dokumentieren , dass es den „Kniefall“ nicht gegeben habe. Dies war auch als Signal aus der Kanzlei des „Poglavnik“ an die deutschen Polizeistellen zu interpretieren : Himmler habe die Souveränität der kroatischen Polizei anerkannt. Da das Amt des Polizeiattachés die öffentlichen Spekulationen dementieren und den Eindruck , es gebe zwischen der kroatischen Führung und den deutschen Stellen Divergenzen , zerstreuen wollte , erließ Hans Helm ein Kommuniqué über Himmlers Besuch : Der Reichsführer SS habe über die Aufstellung einer aus bosnischen Muslimen bestehenden SS-Einheit , der „Handschar-Division“, gesprochen.696 Tatsächlich aber schloss der Gründer einer besonderen kroatischen Polizei-Einsatzgruppe , Konstantin Kammerhofer , mit der kroatischen Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit ( RAVSIGUR ) am 29. November 1943 eine Vereinbarung darüber , dass die Zuständigkeit und die Entscheidung über Festnahmen und Internierungen sowie Deportationen ins Ausland dem kroatischen Innenministerium obliege. Die Deutschen durften nur intervenieren , wenn vor Ort keine kroatischen Polizeikräfte zugegen waren. Die Deutschen verpflichteten sich , keine eigenen Konzentrationslager im USK zu unterhalten , sondern die Zuständigkeit der kroatischen RAVSIGUR zu respektieren.697 694 Zu Problemen mit den Verpflichtungen gegenüber den Deutschen hinsichtlich der Aushebung von Arbeitskräften : HDA , MUP NDH , Fasz. 204 , Zl. 555 vom 12. 8. 1943 , Inv.-Nr. 9522 , und Fasz. 249., Zl. 4032–4674 ; Himmlers Besuch :. HDA , Archiv Helm , Fasz. 3 , Zl. 296 und Fasz. 5 , Zl. 185 , Fasz. 25 , Untersuchungsmaterial „Himmler Heinrich“, Seite 22. 695 HDA , ZKRZ , Mikrofilm Z-2942 , Zl. 2235 /  2 /  2–45 , Blatt 385. Das Abkommen erwähnte I. GOLDSTEIN , Holokaust u Zagrebu , S. 472 und S. 475. 696 HDA , Archiv Helm , Fasz. 16 , Zl. 185 ( Akt Himmler ), und Fasz. 39 , Buch XXXII. 697 HDA , ebenda , Fasz. 5 ( Akt Himmler ) und Fasz. 36 ( Kammerhofer – Polizei ).

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Deutsche Initiative zur Vollstreckung der „Endlösung“ im USK

Weil Italien auf den besetzten Territorien formell die Zuständigkeit der kroatischen Behörden anerkannte , machten die deutschen Stellen Druck auf die kroatische Seite , damit diese von der italienischen Militärverwaltung die Auslieferung der nicht-italienischen Juden aus den besetzten Gebieten erwirke. Dies vereinbarte am 19. Jänner 1943 Abromeit mit dem Leiter der „ Juden-Abteilung“ des Innenmministeriums , Dr. Filip Crvenković698 , im Rahmen des Abkommens über die Deportation aller noch in den Ustascha-Konzentrationslagern verbliebenen Jüdinnen und Juden.699 Die italienische Armee , die nach der Kapitulation Jugoslawiens ( 17. April 1941 ) als Schutzmacht auf kroatischem Territorium verblieben war , aber am 7. September 1941 wieder das Besatzungsregime eingeführt hatte , reagierte während des Jahres 1941 nicht einmal auf die Massaker , die die Ustascha unter den Augen der italienischen Besatzung in Gospič , Jadovno und auf der Insel Pag verübte. Jüdische Flüchtlinge an den Grenzen zu den von Italien annektierten und besetzten Territorien wurden zurückgewiesen oder an die Ustascha ausgeliefert. Doch die Informationen über die Lage der Insassen der Ustascha-Konzentrationslager ließ den Widerstand der italie­ nischen Besatzungsbeamten und Militärangehörigen , die mit den Flüchtlingen in Kontakt kamen , gegen die Abschiebungen nach Kroatien wachsen. Das Jahr 1942 ist geprägt vom Bemühen des Oberkommandos der italienischen Armee für Slowenien und Dalmatien ( Supremo Commando per la Slovenia e per la Dalmazia , SUPERSLODA ), die in die „Zone II“ geflüchteten Jüdinnen und Juden vor dem Zugriff der Ustascha und der deutschen Stellen zu schützen.

698 HDA , ebenda , Fasz. 3 , Zl. 283 , 303 ( Akt Eichmann ). 699 HDA , ebenda , Fasz. 12 , Zl. 218 ( Kühnel ). Das Abkommen erwähnte Holm SUND­ HAUSSEN in seinem Überblicksartikel „Der Unabhängige Staat Kroatien ( inklusive Dalmatiens )“ in : W. BENZ , Dimension des Völkermords. S. 323 f.

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3 Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien ( 1941–1943 ) Nach der Gründung des USK und dem Beginn der Judenverfolgung durch die Ustascha versuchten Gefährdete auf jene Gebiete zu gelangen , die Italien nach seinem Eintritt in den Krieg gegen Jugoslawien annektierte oder besetzt hielt : Westslowenien bis zur slowenischen Hauptstadt Laibach , Teile des kroatische Küstenlandes und des Gorski kotar ( des an die Küstenregion anschließenden Hinterlandes ), Dalmatien ab Zadar bis südlich von Split , mit den Inseln , ausgenommen Hvar , Brač , Mljet und Pag.700 Am 13. Mai 1941 erstreckte Italien jedoch die Sichtvermerkspflicht für Staatsangehörige des ( ehemaligen ) Jugoslawien auf die Staatsbürger des USK für Reisen auf das annektierte Territorium : Juden hatten wegen der italienischen Rassegesetze keine Chance auf legale Einreise nach Italien : Diese Erfahrung machte der Zagreber Branko Polić , dessen Eltern für sich und ihren Gast Fritz Lunzer Visa für Dalmatien beantragten , um bei Freunden auf der Insel Korčula Zuflucht zu suchen.701 Die Flucht in die „Provincia di Lubiana“ ( Westslowenien ) und in die Provinz Carnaro ( F iume /  Rijeka ) wurde dadurch ebenso erschwert , wie im Jahre 1939 die Flucht aus Österreich nach Jugoslawien.702 Fluchtwillige konnten praktisch nur mehr illegal nach Italien einreisen. Trotzdem setzte nach den ersten Repressalien an kroatischen Juden eine Massenflucht Richtung Westslowenien , Küstenland und Dalmatien ein , weil die italienischen Grenzposten im Jahre 1941 nicht befestigt waren : Italien wollte gegenüber dem USK überhaupt keine Grenze , sondern nur eine Demarkationslinie , weil aufgrund der Römischen Verträge der USK als „Königreich Kroatien“703 mit dem Königreich Italien in Personalunion vereinigt werden sollte. 700 N. KISIĆ KOLANOVIĆ , NDH i Italija 178. Italien annektierte diese Regionen ; der „Poglavnik“ stimmte in den Römischen Verträgen vom 18. 5. 1941 der Annexion Dalmatiens mit den Inseln ( ausgenommen von Pag , Brač , Hvar und Mljet ) sowie von Teilen des Küstenlandes zu. Der Vertragstext findet sich im Amtsblatt „Narodne novine NDH – Međunarodni ugovori“, Nr. 1 , S. 49–51. Der Grenzverlauf ist angegeben bei F. ČULINOVIĆ , Okupatorska podjela , S. 240. 701 B. POLIĆ ; Vjetrenjasta klepsidra. S. 402. 702 HDA , Innenministerium , Fasz. 26 , Pr. 1941 , Zl. 20567 : Diese Note der italienischen Gesandtschaft Zagreb vom 26. 5. 1941 an das kroatische Außenministerium wurde an das Innenministerium des USK weitergeleitet , um für die kroatischen Bewohner Dalma­ tiens Erleichterungen bei der Sichtvermerkspflicht zu erwirken. Die italienischen Stellen beharrten auf der Sichtvermerkspflicht im Sinne der Note. 703 Ein König von Kroatien war bereits bestimmt : Herzog Enzo von Spoleto , aus einer Nebenlinie des Hauses Savoyen , Aosta , verheiratet mit einer griechischen Prinzessin. Er war Marineoffizier und hatte in Pula gedient ( dies war sein einziger Bezug zum

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

Erst im Laufe des Jahres 1941 , als sich die Beziehungen des USK zum Königreich Italien nicht im Sinne der Römischen Verträge entwickelten , aber auch wegen des Flüchtlingsstromes aus Kroatien auf das italienische Territorium , befestigte Italien die Grenze zum USK.704 Die Erstreckung der italienischen Sichtvermerkspflicht auf die annektierten Territorien fiel in eine Zeitspanne , da die Ustascha-Polizei einheimischen und exjugoslawischen Jüdinnen und Juden freigiebig Ausreisegenehmigungen erteilte. Nutznießer dieser Freizügigkeit schrieben sie der Gier der Ustascha nach dem „sagenhaften“ jüdischen Reichtum zu , den die jüdischen Besitzer bei Erhalt der Ausreisegenehmigungen dem USK zu hinterlassen hatten. Neben dieser gesetzlich gedeckten Enteignung der Juden sicherten sich die Ustascha-Polizisten durch Erpressung Geld und Wertgegenstände als Preis für Ausreisevisen : Mit solchen „Geschenken“ schaffte es der Mitarbeiter der jüdischen Gemeinde Zagreb , Josef Indig , für 43 Alyah-Jugendliche Ausreisegenehmigungen und – dank der Hilfe der italienisch-jüdischen Organisation DELASEM  – sogar Einreise- und Aufenthaltsgenehmigungen in slowenischen Gemeinden zu erhalten.705 Dieser Gruppe gehörten österreichische Jüdinnen und Juden aus Wien und Graz an : aus Wien Adele Bohrer , Avin Fritz und Avin Max , Susanne Elster , Kurt Ha( h )n , Otto Liebling , Herbert Mohler , Hans Silbermann , Leo Koffler ( in Teplitz-Schönau geboren , aber in Wien zuständig ), Eva Rosenbaum , Schneider Kurt , Schiffmann Josef , aus Graz gehörte ihr Hans Süßmann. Die weiteren Gruppenmitglieder stammten aus Frankfurt am Main , Berlin , Gelsenkirchen , Leipzig , Chemnitz , Zwickau , Eberswalde und Kiel. Ungarische und polnische Jüdinnen und Juden waren ebenfalls vertreten. Alle diese Jugendlichen ehemaligen Jugoslawien ). Herzog Enzo sollte sich als „König von Kroatien“ „Tomislav II“ nennen ( um die Nachfolge des mittelalterlichen Königs Tomislav I. zu dokumentieren ). Doch Enzo von Spoleto beließ es bei der Designierung , richtete sich ein „Kroatien-Büro“ in seiner Residenz in Fiesole ein , weigerte sich jedoch , nach Zagreb zu kommen – und sei es auch nur zur Krönung. Der kroatische „Poglavnik“ stellte der kroa­tischen Öffentlichkeit am 21. 5. 1941 ( drei Tage nach Unterzeichnung der Römischen Verträge ) den Plan zur „Erhebung Kroatiens zum Königreich“ vor , erntete jedoch „entsetztes Schweigen“ ( Branko Polić ). Nach diesem „Test“ drängte er nicht mehr auf die Krönung und auf die staatsrechtliche Regelung des Königtums. Nach der Kapitulation Italiens ( 8. 9. 1943 ) kündigte Pavelić die Römischen Verträge auf und annullierte die Ernennung des Königs. N. Kisić Kolanović , NDH i Italija , S. 178 f. F. ČULINOVIĆ , Okupatorska podjela Jugoslavije. 240. Zur Biografie des designierten Königs : Giulio VIGNOLI , Il Sovrano Sconosciuto , Tomislavo II Re di Croazia , Milano , 2006. 704 ARS , Comando Carabinieri Reali Provincia di Lubiana ( CC. RR-Ljubljana , Fonds AS 1781 ), Fasz. 160 /  V , R–15–1 Židovski begunci iz Hrvaške ( Jüdische Flüchtlinge aus Kroatien ). 705 K. VOIGT , Joškos Kinder. S. 54.

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Deutsche Initiative zur Vollstreckung der „Endlösung“ im USK

begleitete Josef Indig , der Zagreber Mitarbeiter der jüdischen Flüchtlingshilfe , bis zum slowenischen Jagdschloss Lesno Brdo in der Gemeinde Horjul , wo sie bis Juli 1942 weilten. Dann wurden sie wegen der Partisanenoffensiven in Westslowenien nach Norditalien evakuiert und ließen sich in der „Villa Emma“ in Nonantola bei Modena nieder.706 Der Wiener Musiker Fritz Lunzer kam zu einer Ausreisegenehmigung der Ustascha-Polizeidirektion , weil seine Gastgeber , Daria Polić mit ihrem Sohn Branko , solche „kaufen“ konnten.707 Der jugoslawische Weltmeister im Tischtennis 1939 , Žarko Dolinar , den die Ustascha wegen seiner internationalen Popularität zu Propagandazwecken vereinnahmte , nutzte seine privilegierte Position im Staate , um für Juden Ausreisebewilligungen , Passierscheine und Blankoformulare von Identitätskarten sowie Informationen über Deportationen und Listen der potenziellen Deportationsopfer zu beschaffen. Mit guten Beziehungen zu italienischen Sportskameraden halfen Žarko Dolinar und sein Bruder Boris den jüdischen Sportskollegen. Der Vater der beiden wurde kurzzeitig von der Ustascha in Geiselhaft gehalten , um Informationen über die von den beiden Brüdern beschützten Juden zu erpressen. Alle drei Dolinars ließen sich dadurch nicht einschüchtern. Die beiden Brüder erhielten 1993 den Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“.708 Gegenüber Flüchtlingen , die die Einreise ohne italienisches Visum riskierten und schafften , erwiesen sich die italienischen Behörden unterschiedlich rigoros oder tolerant : In der Zeit der Etablierung der italienischen Herrschaft in der Provinz Laibach ging der italienische Präfekt Enrico Grazioli schonend und taktvoll vor – sowohl gegenüber Slowenen ( auf deren gewaltsame Italianisierung er verzichtete ) als auch 706 HDA , RUR ŽO , Fasz. 2 , Zl. 300 /  4 1 – Inv.-Nr. 27266 ( Erlaubnis von slowenischen Gemeinden zur Niederlassung , 29. 5. 1941 ). – I. GOLDSTEIN , Solidarnost i pomoć Židovima u Nezavisnoj Državi Hrvatskoj. S. 222. 707 B. Polić , Vjetrenjasta klepsidra , S. 398 f. 708 Žarko Dolinar ( 1920–2003 ) stammte aus Koprivnica und war Mitglied des Sportklubs Maccabi , Zagreb. 1939 gewann er in Kairo Silber im Tischtennis-Teammatch und Bronze im Einzelbewerb bei der Tischtennis-Weltmeisterschaft. Die beiden Dolinars hatten zudem Beziehungen zu ungarischen und italienischen Sportlern , die mit den beiden Dolinars zusammenarbeiteten , um Juden die Flucht auf das ungarische Territorium im Zwischenmurgebiet und in der Baranya sowie nach Rijeka zu ermöglichen. Nach dem Krieg setzte Žarko Dolinar seine Sportkarriere fort und wurde TischtennisWeltmeister in London ( 1954 ) sowie Vizeweltmeister in Utrecht 1955. Im Jahre 1949 beendete er sein Studium der Veterinärmedizin in Zagreb und erhielt einen Lehrstuhl für Biologie an der Universität Lausanne. Er heiratete die Tochter eines von ihm geretteten Juden , Judith Duić. Am 8. 9. 1993 wurden er und sein Bruder Boris als „Gerechte unter den Völkern“ anerkannt : The Game of Their Lives. The Stories of Righteous Among the Nations Who Devoted Their Lives to Sport : www.yadvashem.org  /  yv /  en /  exhibitions /  righteous_sportsmen /  dolinar.asp.

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

gegenüber Flüchtlingen.709 Um der Sicherheit der jüdischen Flüchtlinge willen , wegen der Nähe der Deutschen und der Ustascha , leiteten die italienischen Behörden die Flüchtlinge nach Appeninenitalien weiter und internierten sie dort.710 In der Provinz Carnaro waren die Behörden nicht so tolerant : Der im Jahre 1941 amtierende Präfekt , Vicenzo Genovese , und der Polizeichef der Provinz , Dr. Temis­ tocle Testa , erwiesen sich auch dann noch als Verfechter der Abschiebung , als die italienischen Behörden schon Kenntnis hatten , dass die Abgeschobenen in Kroatien in Konzentrationslager der Ustascha eingeliefert wurden.711 Schon Rijeka ohne italienisches Visum zu erreichen erwies sich als schwierig , denn die Brücke über den Fluss Fiumara , der das ( italienische ) Fiume /  Rijeka von der bis 11. April 1941 jugoslawischen Vorstadt Sušak trennte , wurde von Carabinieri schwer bewacht. Sušak wurde am 11. April 1941 von Italien annektiert. Das dortige Hotel „Park“ diente „als Sammelstätte aller Verzweifelten“, erinnert sich Branko Polić , der sich mit Fritz Lunzer und seinen Eltern ebenfalls dort einfand , um auf eine Fluchtmöglichkeit über die Brücke zu warten.712 Genovese übermittelte auch dem Deutschen Generalkonsulat in Rijeka Listen der in Rijeka befindlichen ausländischen jüdischen Flüchtlinge.713 Er leitete Eingaben von ausländischen jüdischen Flüchtlingen um Gewährung der Internierung im Königreich Italien nicht an das Innenministerium weiter.714 Als der Leiter des DELA709 Zur Flucht von Slowenen aus der Untersteiermark und Krain in die Provinz Laibach M. CATTARUZZA , L’Italia e il confine orientale 1866–2006. S. 215 f. 710 Die Liste der aus Laibach nach Ferramonti di Tarsia Abtransportierten findet sich bei Anna PIZZUTI , Ebrei stranieri internati. Le provincie annesse : La provincia di Lubia­na : www.annapizzuti.it /  gruppi /  jplubiana.php. 711 Vicenzo Genoveses unerschütterliche Entschlossenheit , alle jugoslawischen Flüchtlinge auf USK-Territorium zurückzuweisen oder abzuschieben , belegt eine Sammlung von Dokumenten der italienischen Organisation für jüdische Flüchtlingshilfe DELASEM , hrs. von Teodoro MORGANI , Gli Ebrei di Trieste e di Abbazia. Triest 1979. Diese Sammlung enthält ein Promemoria des Präsidenten von DELASEM ; Settimio SO­ RANI , Exsegretario della DELASEM Roma , manoscritto inedito. Vicenzo Genovese und sein Vorgesetzter , der Präfekt der Provinz Carnaro , Dr. Temistocle Testa , wurden von der Landeskommission für die Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und einheimischen Kollaborateure auf die Liste der Kriegsverbrecher gesetzt und vom jugoslawischen Kriegsgericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt : DARI , Rijeka , Stadtkommission für die Ermittlung von Kriegsverbrechen – Liste Sign. JU-106. 712 B. POLIĆ , Vjetrenjasta klepsidra. S. 416. 713 Spionageberichte Franz Hödls aus Opatija : Archiv Helm , Fasz. 3 ; Hödl wurde 1944 in Rijeka von einem fahrenden Auto aus erschossen : Archiv Helm , Fasz. 5 , Zl. 191. 714 Teodoro MORGANI , Gli Ebrei di Trieste e di Abbazia. Triest 1979 , Copia del Promemoria preparato da Settimio Sorani Ex segretario della DELASEM Roma – per S. E. Almansi ; manoscritto inedito ( 5. 1. 1942 ), S. 220–222.

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Deutsche Initiative zur Vollstreckung der „Endlösung“ im USK

SEM-Büros in Triest , Dr. Mario Morpurgo , sich mit einem Interventionsschreiben der Zentrale in Rom persönlich zu Quästor Genovese begab , um den Verzicht auf die Abschiebung und um Internierung der Flüchtlinge in Italien zu erreichen , wies ihn dieser mit den Worten „è gia deciso – tutti saranno rimpatriati“ die Tür.715 Das Innenministerium in Rom reagierte jedoch auf die Interventionen von DELASEM , weil es auch von der italienischen Gesandtschaft in Zagreb über die Judenverfolgung informiert wurde : Am 2. Dezember 1941 erhielt die Provinz Carnaro einen Befehl , „Flüchtlinge aus politischen Motiven“ nicht abzuweisen , sondern ihnen vorübergehend Aufenthalt zu gewähren.716 Genovese , der als Präfekt der Provinz Carnaro ( zu der territorial Sušak gehörte ), für Sušak zuständig war , ließ befehlsgemäß die in Sušak weilenden jüdischen Flüchtlinge weiterhin dort wohnen. Jene , die in der von Flüchtlingen überbordenden Stadt kein Quartier finden konnten , wies er in andere Orte der an die Provinz Rijeka im Osten anschließenden kroatischen Küstenorte wie Kraljevica , Crikvenica , Novi Vinodolski und Selce ein. Ortskundige kroatische Juden , die aus Kroatien ins Küstenland flohen , peilten von vornherein diese ihnen als Sommerfrischen bekannten Orte an der Adria an : Dort befanden sie sich unter italienischer Herrschaft , aber nominell auf kroatischem Territorium. Fritz Lunzer als deutscher Jude wurde in Sušak von der italienischen Polizei auf kroatisches Territorium zurückgeschickt , indem ihn die Polizei umgehend in den nächsten Zug nach Zagreb setzte. Er sprang jedoch vor der Einfahrt in den ersten kroatischen Ort hinter der italienisch-kroatischen Demarkationslinie , Plase , aus dem fahrenden Zug und schlug sich durch die Macchia bis auf die Insel Krk – auf annektiertes italienisches Territorium – durch , um von dort in die „Zone II“ nach Kraljevica zu fliehen , wo er seine Gastfamilie Polić wieder fand.717 Split , im Gubernatorium Dalmatien ( Governatorio di Dalmazia718 ) war schon im Mai 1941 ( noch vor der Erstreckung der italienischen Sichtvermerksregelung auf das annektierte Territorium , 13. Mai 1941 ) von jüdischen Flüchtlingen überlaufen : Es kamen Juden aus Bosnien und Herzegowina und Serbien sowie schätzungsweise 200–250 Juden aus Deutschland , Österreich und Polen.719 Die 284 Juden von Split , 715 T. MORGANI , Gli Ebrei di Fiume e di Abbazia , Im Promemoria erwähnt : 220. 716 T. MORGANI , ebenda. 717 B. POLIĆ , Vjetrenjasta klepsidra. S. 412–420. 718 Das nach den Römischen Verträgen zwischen dem USK und Italien von Italien eingerichtete „Gobernatorio Dalmazia“ galt als italienisches Hoheitsgebiet , aber nicht als „nationales Territorium“ ( wegen der überwiegend slawischen Bevölkerung ). Die Provinzen hingegen genossen den Status italienischen Staatsgebietes. Sitz des Gubernatoriums war Zadar , jene dalmatinische Stadt , die Italien nach dem Ersten Weltkrieg behalten durfte. Der Gouverneur wurde von Mussolini ernannt. Zur unterschiedlichen Rechtsstellung der annektierten Territorien siehe M. CATTARUZZA , L’Italia e il confine orientale. S. 214 f. 719 Z. DIZDARI , Talijanska politika , S. 215.

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

bzw. die 425 Juden im ganzen italienischen Dalmatien versorgten im Sommer 1941 bis zu 3. 800 jüdische Flüchtlinge.720 DELASEM , JOINT und das Italienische Rote Kreuz schlossen sich mit der jüdischen Gemeinde in Split zu einem Hilfskomitee zusammen , das den Flüchtlingen Personaldokumente für die Internierung in Italien ausstellen durfte , die auch von den italienischen Behörden in Dalmatien und im Königreich Italien anerkannt wurden.721 Damit war die Voraussetzung gegeben , dass der Gouverneur , Dr. Giuseppe Bastianini , sie in italienische Internierungslager weiterleiten durfte. Die Mitglieder der Komitees in Split und Triest kooperierten , um Informationen über die in Italien bereits internierten ausländischen Flüchtlinge zwecks Familienzusammenführung in der Internierung in Italien zu beschaffen.722 Der damalige Präsident der jüdischen Gemeinde , Ing. Vid ( Viktor /  Vittorio ) Morpurgo723 und seine beiden Stellvertreter , Jahiel Kambi und Markus Finci , sowie Vid Morpurgos Verwandter in Triest , Dr. Mario Morpurgo , organisierten die Betreuung in Split.724 Die Spliter Unternehmerfamilie Stock 725 leistete nicht nur Bedeutendes bei der materiellen Versorgung , sondern beschäftigte Flüchtlinge. Die aus Graz gebürtige Internistin Dr. Suzanna Remenji-Schwarz , im April 1941 nach Split gekommen , baute eine Ambulanz und eine TBC-Station auf , in der auch ( nichtjüdische ) Familienangehörige der Partisanen behandelt wurden.726 Die Zagreberin Ina Jun Ehrlich /  Erlih727 720 Duško KEČKEMENT , Jevreji Splita ( Die Juden von Split ). Split 1971 , S. 215. 721 DAST Split , Ž. O. K-4 /  II. 722 DAST , Split , Ž. O. K-4 /  II , 01. 05. 1942. 723 Ing. Vid Morpurgo war Ingenieur der Chemie , aber auch Dichter , Historiker und langjähriger Präses der jüdischen Gemeinde Split. Die Familie führte seit Generationen Konfektionsfabriken , eine Seidenraupenzucht , eine Schnapsdestillerie und – mit der Spliter Familie Emil Stock gemeinsam – eine Ziegelfabrik. Er engagierte sich in der Handels- und Gewerbekammer , war Mitbegründer der Ersten Dalmatinischen Volksbank und beschäftigte sich auch mit Weinerzeugung und Export : D. KEČKEMET , Židovi Splita , S. 123 f., 169. 724 DAST  , Split , Fonds „Židovska općina“ ( „ Ž.  O.“ ), K–1  /  I–1  /   V II  ; besonders auch Ž. O. K-4 /  III-K–4 /  VIII , K5 /  I–5 /  III-K–5 /  V ; K–6 /  I-K–6 /  VIII. 1942 und 1943. 725 Ing. Emil Stock , die Familie Morpurgo und einige andere Unternehmer gründeten ca. 1900 in Split und Umgebung Fabriken für diverses Baumaterial. Diese entwickelten sich auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu den bedeutendsten Unternehmen dieser Branche im Nachkriegsjugoslawien. Im Jahre 1909 errichtete Ing. Emil Stock am Fluss Jadera in der Nähe von Split den ersten Generator , 1913 einen zweiten. Damit schenkte er der Stadt Split Elektrizität. D. KEČKEMET , Židovi Splita , S. 124 , 125. 726 Jaša ROMANO , Jevreji Jugoslavije 1941–1945. Žrtve genocida i učesnici Narodnoos­ lobodilačkog rata ( Die Juden Jugoslawiens 1941–1945. Opfer des Genozids und Teilnehmer des Volksbefreiungskrieges ). Beograd 1980 , S. 469. 727 Ina Jun Erlih , eigentlich Ina Juhn ( nach dem ersten Ehemann , Miroslav Juhn , der 1941 bei einer der ersten Razzien gegen die kroatischen Juden ins KZ „Danica“ eingeliefert

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erteilte den jüdischen Schulkindern Gymnastik- und Schwimmunterricht. TBCkranke Flüchtlinge wurden zu Genesungsaufenthalten in die italienischen Alpen geschickt.728 Die wöchentlichen Geldüberweisungen durch DELASEM – bis zu 18. 000 Lire – ermöglichten der Gemeinde in Split solche Betreuungen der Flüchtlinge.729 Als jedoch der alliierte Luftkrieg über Italien einsetzte und die Einwohner der italie­ nischen Städte im Februar 1943 auf das Land evakuiert wurden , verlor DELASEM die Förderer aus den Augen , sodass sie ihre Hilfe für die jüdische Gemeinde in Split reduzieren musste. Der Kreis ihrer Hilfsempfänger in Split musste auf TBC-Kranke und Frauen mit Neugeborenen sowie auf sehr betagte und schwerkranke Flüchtlinge eingeschränkt werden.730

3.1 Zuflucht und Gefährdung auf den von Italien besetzten Territorien ( „ Zone II“ ) Wegen der Überfüllung der Stadt Split mit Flüchtlingen willfahrte Gouverneur Giuseppe Bastianini den Wünschen jener jüdischen Flüchtlinge , die Verwandte oder Freunde in Italien und daher Versorgungsmöglichkeiten nachweisen konnten , dort in der „freien Internierung“ leben zu dürfen. 1. 180 jüdische Flüchtlinge wurden nach Italien verbracht.731 Im November 1941 sandte er Kinder nach Nonantola , in die „Villa Emma“732 und bis 15. Dezember 1941 1. 179 jüdische Flüchtlinge aus Dalmatien wurde und vermutlich in Jadovno ums Leben kam ), geb. 1902 in Zagreb , dort 1983 verstorben , war Schriftstellerin und literarische Übersetzerin , vor allem aus den südslawischen Sprachen ins Deutsche. In der Zwischenkriegszeit gehörte sie einer kommunistischen Studentinnengruppe an. Nach dem Krieg heiratete sie den österreichischen Physiker Engelbert Broda. Unter dem Namen Ina Jun Broda gab sie 1950 eine Anthologie von Kurzgeschichten , die das Erlebnis des Krieges reflektieren , heraus : Der Dichter in der Barbarei. Die schwarze Erde ( 1958 ). Weiters veröffentlichte sie eine Anthologie jugoslawischer Partisanenpoesie , die erste serbisch-kroatische Auswahl von Gedichten Bert Brechts , Pjesme ( 1961 ), sowie die deutsche Nachdichtung von Krležas „Balladen des Peter Kerempuch“ und schließlich eine kommentierte Ausgabe kroatischer Poesie unter dem Titel „Die älteste kroatische Dichtung“ ( Zagreb , 1972 ). Unter www.jewishvirtuallibrary.org /  jsource /  judaica /  ejud_0002_0011_0_10488.html. 728 DAST , Split , Ž. O. K-IV /  I I , 4. 5. 1942. Klinikkarte eines jüdischen TBC-Patienten , Zl. 592 /  42. 729 DAST , Split , Ž. O. K-4 /  III , Dok. Zl. 11222 /  42 vom Mai 1942. 730 DAST , Split , Ž. O. K-4 /  V. 731 T. MORGANI , Ebrei di Fiume e di Abbazia ( 1441–1945 ), S. 71. Zitat aus dem Promemoria von DELASEM. 732 D. KEČKEMET , Židovi Splita , S. 177. – Vgl. Klaus VOIGT , Josef Indigs Bericht über die ‚Kinder der Villa Emma‘. In : Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch. Band 24 , 2006. Kindheit und Jugend im Exil. Ein Generationenthema. Hg. Im Auftrag der

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

und Montenegro nach Vicenca , Asta , Aosta , Treviso , Ferramonti , Lecce u. a. Orte.733 Die jüdische Gemeinde in Split rechnete damit , dass der Gouverneur eine größere Konzentration von Juden in Split nicht dulden konnte , weil unweit von Split , im dalmatinischen Hinterland , die vereinigten Armeen der Deutschen , Italiener und Ustascha Offensiven gegen die Partisanen führten. Die Angst vor Kommunisten unter den Juden , besonders unter den ausländischen Juden , vor ihren Kontakten zu Partisanen , vor dem Überlaufen zu den Partisanen beherrschte auch die italienische Besatzungsmacht. Die Gemeinde in Split veranlasste daher auf eigene Initiative die Auslagerung in Orte der Provinz.734 Im September 1941 brachte sie Flüchtlinge in Privathäusern auf den Inseln Hvar und Korčula unter.735 In Vela Luka auf der Insel Korčula bestand seit 1937 eine von der jüdischen Gemeinde Split finanzierte „Schule“ für professionelle Fischer zur Ausbildung potenzieller Einwanderer nach Palästina. Mitglieder der Hashomer Hatzair aus Sarajevo waren die zahlreichsten Schüler , aber auch ein Wiener nahm daran teil ( überliefert ist nur der Name Willy ). Die Handwerker , die den Fischern zuarbeiteten , unterwiesen die „Schüler“ in Fassbinderei , in der Tischlerei , im Einsalzen von Fischen und im Anfertigen und Ausbessern von Netzen. Als 1938 die Emigration nach Palästina erschwert wurde und immer mehr Flüchtlinge in Vela Luka blieben , stellte zwar die jüdische Gemeinde in Split die Finanzierung ein , aber die Fischer von Korčula führten die „Ausbildung“ der jüdischen Mitbewohner kostenlos weiter.736 Der Landkreis Dubrovnik mit Einschluss von Städten auch in der heutigen Republik Montenegro , in dem vor dem Zweiten Weltkrieg 148 sephardische Juden lebten , nahmen schon in den ersten Tagen nach der Ausrufung des USK 700 Flüchtlinge auf 737 , obwohl deutsche Gesellschaft für Exilforschung ( Society for Exil Studies von Claus-Dieter Krohn , Erwin Rotherjund , Lutz Winckler und Wulf Köpke unter Mitarbeit von Inge HansenSchaberg ). 733 www.anna.pizzuti.it /  gruppe /  jbdalmazia.php ; Kroatisches Staatsarchiv Rijeka ( DARI ), Landeskommission für die Ermittlung von Verbrechen der Okkupationsmächte und ihrer Kollaborateure vom 25. 11. 1941 , Nr. 17638 ; und ebenda : Landeskommission , Confinati politici , Affari in materia , Zl. 1–2–50. Ministero Interno Sanita , Roma. 734 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 15 , Zl. 5185 / 1942 – Inv.-Nr. 29832 vom 3. 8. 1942. 735 Zvonko MARIČIĆ , Luka Spasa Vela Luka ( Vela Luka , rettender Hafen ). Vela Luka 2004 , S. 39, 40. Der nach Palästina emigrierte ehemalige Emigrant auf Korčula , David MAESTRO , hielt seine Erinnerungen an diese Schule in Ivrit fest und ließ sie ins Kroatische übersetzen ( „O boravku židovskih izbjeglica u Veloj Luci“ /  „ Der Aufenthalt jüdischer Flüchtlinge in Vela Luka“ ). Aus dieser Quelle schöpfte Zvonko MARIČIĆ , ebenda , S. 34. 736 Z. MARIČIĆ , Luka Spasa , S. 15–33 : Vgl. auch K. VOIGT , Zuflucht auf Widerruf. 2. Bd., S. 218–220. 737 E. TOLENTINO , Fašistička okupacija Dubrovnika 1941–1945 i rješavanje „ Jevrejskog pitanja“ ( Die faschistische Besatzung Dubrovniks 1941–1945 und die „Lösung der Ju-

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Vertreter am 1. Juni 1941 das Gemeindeeigentum beschlagnahmten und obwohl Dubrovniker Juden wegen „Unterstützung der kommunistischen Partisanen“ nach Gospić abtransportiert wurden.738 Im Dezember 1941 liquidierte die Ustascha die jüdischen Kolonien in Čapljina und in Gacko : Die männlichen Internierten aus Čapljina , im Alter zwischen 16 und 60 Jahren , wurden laut Erlass der Ustascha-Polizeidirektion des USK vom 13. November 1941 nach Jasenovac deportiert.739 117 Flüchtlinge konnten der Deportation entkommen und fanden in Dubrovnik bei einheimischen Juden Unterkunft.740 Die Familie des Wiener Kaufmanns Chaim Elboghen ( 61 Jahre alt , geboren in Falticena /  Rumänien )741 , der mit seiner Frau Laura , seiner Tochter Herma , seinem Sohn Hermann und einem Verwandten 1941 in Čapljina weilte und nach Split flüchtete , wurde von den italienischen Behörden nach Dubrovnik geschickt.742 denfrage“ ). In : Zbornik – Jevrejski historijski muzej , Beograd ( Anthologie : Jüdisches His­ torisches Museum Belgrad ), Nr. 1 ( 1971 ), S. 201–208 und Anhänge. Emil Tolentino entstammte einer der ältesten jüdischen Familien der Stadt Dubrovnik. Er war 1941 Sekretär der jüdischen Gemeinde und teilte 1941 das Los der jüdischen Mitbürger – die Einlieferung in das italienische Konzentrationslager Kampor /  Insel Rab. 1945 übernahm er als Präsident die wiederbelebte jüdische Gemeinde von Dubrovnik : S. 558. 738 E. TOLENTINO , Fašistička okupacija Dubrovnika , S. 206 f. , und Faksimile der Ausschreibung der Verhaftung der Dubrovniker Juden und Transport nach Gospić. Der Sekretär der jüdischen Gemeinde Dubrovnik , Emilio Tolentino , musste am 30. 5. 1941 Vertretern der deutschen Behörden im USK das Archiv der Gemeinde übergeben : Bei der Amtshandlung bemerkte er , dass die Deutschen schon Namenslisten ihrer Mitglieder besaßen. Diese hatten noch vor Beginn der deutschen Besetzung Personen erstellt , die sich mit der Begründung , „wissenschaftliche Forschung“ zu betreiben , Zutritt zum Archiv beschafft hatten. Am 30. 5. 1941 kamen die Deutschen mit einer „Anweisung der Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit des USK“ vom 30. 5. 1941 ( Zl. 2510 /  41 , unterzeichnet von Eugen Dido Kvaternik ) an die Polizei Ragusa , die Mitglieder des Einsatzstabes bei der Verhaftung von Juden , Serben und Freimaurern sowie bei den Hausdurchsuchungen zu unterstützen. Als Vollzugsbeamter bei der großen Verhaftungsaktion fungierte der Volksdeutsche Peter Stadt : Bericht des Einsatzkommandos vom 2. 5. 1941 , zitiert bei E. Tolentino , Fašistička okupacija … , S. 202 , Fußnote 4. Originaldokument im Jüdischen Historischen Museum Belgrad ( Jevrejski historijski muzej , Beograd , JIM ), Sign. JIM ŽOZ , 3048. 739 E. TOLENTINO , Fašistička okupacija , S.  203 , JIM-Dokumente ŽOZ , 3005 und 3047. Faksimile Beilage Nr. 11. 740 E. TOLENTINO , Fašistička okupacija , S.  203 , JIM-Dokumente ŽOZ , 2983 , 2985 , 2986 und 2973. 741 Er findet sich auf der von Anna PIZZUTI erstellten Liste der in Jugoslawien internierten 413 Personen , die 1943 nach Italien evakuiert wurden : www.annapizzuti.it / gruppi /  jbdalmazia.php. 742 Chaim Elboghen wurde nach Italien evakuiert , ebenso sein Reisegefährte Julio Roninger. Chaims Frau Laura und die Kinder stehen nicht auf der Liste von Anna Pizzuti

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

Als zu Jahresbeginn 1942 das italienische Innenministerium wegen Überfüllung der italienischen Internierungslager743 die weiteren Transporte aus Dalmatien verbot und die Repatriierung aller in Dalmatien befindlichen jüdischen Flüchtlinge in den USK befahl744 , veranlasste auch Bastianini die Einweisung von jüdischen Flüchtlingen in die freie Internierung : nach Dubrovnik , auf die Insel Korčula , auf die Insel Mljet , nach Makarska , in das kroatische Küstenland.745 In das kroatische Küstenland – nach Crikvenica746 und in den kleinen Ort Selce bei Crikvenica747 – kamen ca. 900 Flüchtlinge aus Split. Dorthin begaben sich auch Flüchtlinge , die von den italienischen Carabinieri aus der annektierten Provinz Fiume /  Rijeka abgeschoben wurden.748 Indem Bastianini gegen die Weisung aus Rom handelte , wusste er sich im Einklang mit Kommandanten der italienischen Armee , wegen der Erfahrungen mit den jüdischen Flüchtlingen in Kuršumlijska Banija , Prizren und Priština749 , die von der italienischen Militärverwaltung im Kosovo an die deutsche Militärverwaltung in Serbien ausgeliefert worden waren , worauf sie im Konzentrationslager Banjica bei Belgrad ermordet wurden.750 Im Küstenland zwischen Bakarac und Novigrad bei Zadar , das zum besetzten Gebiet ( „ Zone II“ ) gehörte , gebärdeten sich die Angehörigen der italienischen Armee

„Ebrei stranieri internati in Italia durante il periodo bellico. Ex internati in campi Jugoslavi“ ( 413 nominativi ): www.annapizzuti.it /  gruppi /  jd.php. 743 A. PIZZUTI ; Ebrei stranieri : La zona annessa : Le provincie dalmate : www.annapizzuti.it /  gruppi /  jbdalmazia.php. 744 DA Split , Ž. O. K-4 /  II , 25. 05. 1942. 745 Z. Maričić , Luka spasa … , S. 82. 746 DARI Rijeka , DARI–447 ( Kotarska oblast Crikvenica /  Bezirkshauptmannschaft Crikvenica , Sign , Ko /  C ; ibd. Fasz. 303 , unnummerierte Akten und Bericht des Bezirkshauptmannes vom 11. 3. 1942 , Zl. 10908–42 – laut Schätzung des Generals der Zweiten italienischen Armee Mario Roatta befanden sich im August 1942 im ganzen Küstenland etwa 800 jüdische Emigranten : N. KISIĆ KOLANOVIĆ , NDH i Italija … , S. 187. 747 DARI Rijeka , Bezirkshautpmannschaft Novi Vinodolski ( JU-141 ), Fasz. 303 , Zl. 60337–42. 748 N. KISIĆ KOLANOVIĆ , NDH i Italija. S. 85–87. 749 Noch vor dem Beginn des Krieges im ehemaligen Jugoslawien kamen 100 jüdische Familien aus Österreich , Deutschland , Polen und der Tschechoslowakei auf das Territorium der heutigen Republik Kosovo : 45 Familien mit vorwiegend älteren und kranken Familienmitgliedern wurden in Prizren betreut. Sie alle wurden , nachdem die italienischen Behörden sie den Deutschen übergeben hatten , im Konzentrationslager Banija bei Belgrad erschossen. Nisim Navonović , Zeitzeuge aus Priština , wusste von der Versorgung dieser jüdischen Emigranten durch die Mitglieder der jüdischen Gemeinden des Kosovo , aber nichts von ihrem weiteren Schicksal. www.holocaust.org. 750 Jevrejski istorijski muzej Beograd ( JIM ), ohne Sign. Liste Banija.

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besonders arrogant gegenüber den kroatischen Behörden751 und ließen diese merken , dass sie keine Zuständigkeit für die Flüchtlinge genossen.752 Die Befugnisse für den Personenverkehr und für die Fischerboote , die Genehmigung zum Besitz und zur Inbetriebnahme von Rundfunkgeräten , Bewaffnung , Zivilschutz – dies alles verblieb der italienischen Militärverwaltung. Passierscheine erteilte sie auch Personen , deren Anträge kroatische Behörden abgelehnt hatten : „Die italienische Armee behält sich vor , Dokumente an Personen ihrer Wahl auszustellen – ungeachtet der Entscheidungen kroatischer Behörden“, beschied der Militärkommandant von Senj , als die kroatischen Behörden gegen die Ausstellung eines Passierscheines an einen Juden in Senj protestierten.753 Beschwerden kroatischer Stellen über die diktatorischen Methoden der Militärbehörden schmetterten diese mit dem Hinweis darauf ab , dass die „Reokkupation“ vom „Poglavnik“ mit den italienischen Stellen zwecks „zusätzlicher militärischer Verstärkung“ vereinbart und unterschrieben worden sei.754 Die vom USK Verfolgten – Juden und „Pravoslawen“ ( Orthodoxe , Serben )755 – profitierten von diesem kroatisch-italienischen Antagonismus : Sie waren dank der italie­nischen Militärverwaltung auf nominell kroatischem Hoheitsgebiet sicher vor dem Zugriff der Ustascha und konnten die judenfeindlichen Erlässe der Ustascha , wie die Kennzeichnungs- und die Registrierungspflicht ignorieren. Die italienischen Kommandostellen stellten den jüdischen Ankömmlingen Lichtbildausweise mit einmonatiger Gültigkeit und der Möglichkeit zur Verlängerung aus und verboten ihnen , diese Identitätskarten den kroatischen Behörden zur Vidierung oder auch nur zur Evidenzführung im Einwohner-Meldeamt vorzulegen.756 So angenehm für die jüdischen Flüchtlinge diese Privilegierung gewesen sein mochte – sie hatte auch unangenehme Konsequenzen : Die einheimische ( slawische ) Bevölkerung in Dalmatien und im Küstenland , die rigoroser Italianisierung 751 Das Auftreten der italienischen Dienststellen im USK empfand auch der deutsche ( Kommanierende ) General in Kroatien , Dr. Edmund Glaise von Horstenau , als unzumutbar : Peter BROUČEK ; Ein General im Zwielicht. Die Erinnerungen Edmund Glaises von Horstenau. III. Bd., Wien 1988 , S. 88. 752 HDA , RUR ŽO , Fasz. 10 , Zl. 1767 – Inv.-Nr. 28896. 753 HDA , Ustascha-Polizeidirektion , Fasz. 13 , Zl. 4041 / 1942 – Inv.-Nr. 29453. 754 Z. DIZDAR , Talijanska politika. S. 645 – zitiert aus dem Zehntagesbericht des Kommandos der Kontinentalarmee des USK vom 11. 7. 1941 im Archiv der Jugoslawischen Streitkräfte in Belgrad , Fonds „Archiv des USK“ ( „ Arhiva NDH“ ), Fasz. 85 , Dok. Nr. 12 /  6 vom 11. 7. 1941. 755 Die nationalserbischen Tschetniks wurden von der italienischen Armee aufgenommen und gegen die Partisanen eingesetzt : Fikreta JELIĆ BUTIĆ , Četnici u Hrvatskoj 1941– 1945 ( Die Tschetniks in Kroatien 1941–1945 ). www.znaci.net /  00001 /  41_14.htm. 756 DARI Rijeka , Bezirkshauptmannschaft Novi Vinodolski ( Sig. DARI 143 ), Fasz. 303 , Zl. 63014–42.

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

unterworfen wurde757 , verhielt sich den jüdischen Flüchtlingen gegenüber feindselig und ließ sie dies bei der Vergabe von Quartieren und bei der Zuteilung von Lebensmitteln spüren.758 Als der dalmatinische Gouverneur Flüchtlinge ins Küstenland schickte und die dortige Bevölkerung zu ihrer Versorgung verpflichtete , protestierte der Bezirkshauptmann von Novi Vinodolski im kroatischen Innenministerium : „Sie genießen Bewegungsfreiheit , sie treiben die Preise für Lebensmittel in die Höhe , weil sie jeden Preis dafür zahlen , während unsere arme Bevölkerung dadurch zu kurz kommt.“759 Die Versorgungsschwierigkeiten bestanden tatsächlich , denn die italienische Militärverwaltung schränkte die Ausfahrten aufs Meer ein , sodass die Fischerei , die einzige Einnahmequelle der einheimischen Bevölkerung nach Ausfall des Tourismus und der Überweisungen der Arbeiter aus dem Ausland , beeinträchtigt wurde. Um landwirtschaftliche Produkte mussten sich die Einheimischen auf das Festland , nach Slawonien , begeben. Aber die Lebensmittelknappheit war auch dort groß , weil dort die Deutschen requirierten.760 Die Kommunisten und Angehörigen der Partisanen misstrauten jüdischen Flüchtlingen wegen der Privilegierung durch die italienische Besatzung ; sie schlossen daraus auf Spionage und unterstellten den Flüchtlingen faschistische Sympathien , Feigheit oder Erpressbarkeit.761 Die Agenten des deutschen Polizeiattachés Helm in den Orten des Küstenlandes ( „ Zone II“ ) vermuteten hinter der judenfreundlichen Haltung der italienischen Militärs Intrigen gegen den deutschen Bundesgenossen und gemeinsame Spionage von Juden und Italienern für Nachrichtendienste von Feindländern.762 Dabei war die Judenfreundschaft der italienischen Behörden nur ihre eine Seite – die Kehrseite hingegen das nervöse Misstrauen der italienischen Militärkommandanten auch den jüdischen Flüchtlingen gegenüber , die sie kommunistischer Sympathien oder geheimer kommunistischer Betätigung763 verdächtigten. Denunzianten , 757 Marina CATTARUZZA bezeichnet die italienische Besatzungspolitik im ehemaligen Jugoslawien 1941–1943 wegen der Zwangsitalianisierung , die Widerstand erweckte , und wegen der brutalen Repressalien gegen jede Form des Widerstandes als „unglücklich“ und „verfehlt“ : L’Italia e il confine orientale , S. 215 f. 758 DA , Rijeka ( JU-134 ), Bezirkshauptmannschaft Novi Vinodolski , Fasz. 303 , Zl. 63014–42. Die Beschwerden von Flüchtlingen darüber bei der jüdischen Gemeinde Split : DAST , Split , Židovska općina , K–4 /  III , 17. 5. 1942. 759 DARI Rijeka , ibd. Fasz. 303 , Zl. 63014–42. 760 DARI Rijeka , Bezirkshauptmannschaft Novi Vinodolski ( Fonds JU-42 ), Buch 3 , Zl. 1597 vom 20. 3. 1942. 761 HDA Zagreb , Archiv Helm , Fasz. 4 , Akt Helm , S. 49. 762 Spion Helms war der tschechische Emigrant Karl Urbanetz. Urbanetz flüchtete jedoch 1943 nach Kairo : Archiv Helm , Fasz. 17 , Zl. 91 ( Urbanetz Karl ). 763 Gegen die Annahme , dass es sich bei der italienischen Besatzung um eine harmlose , unterhaltsame „Operettenarmee“ gehandelt habe , verwehrt sich Zeev MILO , der sie

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Italienischer Widerstand gegen deutsche Auslieferungsforderungen

wie der aus Sarajevo gebürtige Einwohner von Crikvenica , Heinrich /  Hinko Popper , trugen das Ihre dazu bei , um die Italiener zu verunsichern : Er trug der italienischen Militärpolizei „Informationen“ und „Verdachtsmomente“ gegen wohlhabendere jüdische Flüchtlinge zu und erpresste diese mit der Drohung , sie wegen angeblicher kommunistischer Kontakte anzuzeigen.764

3.2 Italienischer Widerstand gegen deutsche Auslieferungsforderungen 3.2.1 Lagerinternierung wegen diplomatischen Drucks durch das Deutsche Reich Noch während der Vorbereitungen zu den Deportationen aus Kroatien im August 1942 veranlassten der deutsche Gesandte in Zagreb und das Amt des Polizeiattachés die vorgesetzten Behörden in Berlin , Druck auf Italien auszuüben , um die Auslieferung der in die „Zone II“ geflüchteten Juden zu erwirken. Außenminister Ribbentrop übermittelte dem Duce am 17. August 1942 ein Memorandum mit der Ankündigung765 , dass die „Endlösung der Juden Kroatiens in die entscheidende Phase eingetreten“ sei , weshalb die Auslieferung aller in der „Zone II“ weilenden Juden – der kroatischen Staatsangehörigen wie auch der ausländischen jüdischen Flüchtlinge – aus „Sicherheitsgründen“ erforderlich sei : Die Juden pflegten geheimes Einverständnis mit den Briten , um diese zu einer Landung in der Adria zu veranlassen. Das Memorandum hielt fest , dass zwar die Deutschen den USK als Interessensphäre der Italiener betrachteten und selbst kein direktes Interesse an Kroatien hegten , dass der USK aber angesichts der militärischen Lage ein wichtiges Verbindungsglied zum Mittelmeer , Nachschubweg für Rommels Afrikakorps und als Lieferant für Bauxit von vitaler Bedeutung sei. Aus eben diesem Grunde hätten die Briten ein eminentes in seinen Zufluchtsorten Crikvenica und Novi Vinodolski erlebte : Im Satellitenstaat Kroatien , S. 118–120. – Ebenso B. POLIĆ , Vjetrenjasta klepsidra , S. 418. – Franz Theodor Csokor machte diese Erfahrung : Susanne FALK , Franz Theodor Csokor an der dalmatinischen Küste und in Italien. In : Ch. KÖSTER /  K. VOIGT , Österreichisches Exil in Italien 1938–1945 , S. 175–199 , hier 181. 764 HDA , Archiv Helm , Fasz. 5 , Zl. 191 – Bericht ex Februar 1943 , S. 49 , 50. – Hödl erfuhr , dass im Hinterland von Crikvenica 8. 000 Partisanen tätig waren , denen 2. 000 italienische Patrouillensoldaten gegenüberstanden. Ein italienischer Offizier bekundete laut seine Vermutung , dass Italien das Küstenland und das Hinterland annektieren würde , um der Partisanen Herr zu werden. 765 Anna PIZZUTI , Ebrei stranieri internatiin Italia durante il periodo bellico. Fiume ed Abbazia. La deportazione : www.annapizzuti.it /  storie  /  fa06.php. www.annapizzuti. it /  jd.php – Der entsprechende Text des Memorandums , „Appunto per il Duce“, findet sich auf http ://www.storiaxxisecolo.it /  deportazione /  documento.pdf.

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Interesse an der Landung an der Ostküste der Adria. Die deutsche Seite habe Informationen , dass die Briten in Kroatien eine starke Ablehnung gegen das Deutsche Reich vermuteten und sich diese zunutze machen wollten. Diese Situation und die gefährliche militärische Lage in Kroatien erforderten eine dringende konzertierte militärische Aktion , die auch die „vollständige Lösung der Judenfrage in Südkroatien“ einschließe. Für die Spezialaktion sollten zwei Wehrmachtsdivisionen , eine SS-Standarte und kroatische Truppen eingesetzt werden.766 Die diplomatischen Initiativen der deutschen Stellen – bei denen die kroatische Führung nur sekundierte – sind der Quellensammlung von Leon Poliakov und Jacques Sabbilla zu entnehmen.767 Diese Argumentation enthält auch ein Memorandum , das am 17. August 1942 der Gesandte bei der Deutschen Botschaft in Rom , Otto Fürst von Bismarck , dem Kabinettschef des italienischen Außenministers Ciano , Marchese Blanco Lanza d’Alejo , überreichte und – nach Beendigung des protokollarischen Aktes – bemerkte , dass die Juden „im Osten“ ein schweres Schicksal erwarte : Dennoch setzte der Duce sein „nulla osta“auf das Memorandum.768 Zu diesem Zeitpunkt bestanden bereits Überlegungen im italienischen Außenministerium , im Kriegsministerium und im italienischen Generalstab , die jüdischen Flüchtlinge in Lagern im Küstenland zu internieren , um die Kontrolle über sie zu behalten. Sie planten diese Maßnahmen im Hinblick auf die deutsch-kroatischen Offensiven im Hinterland von Dalmatien und des Küstenlandes , die ihre Besorgnis erweckten , sie könnten sich über die kroatisch-italienische Demarkationslinie ausweiten und das Küstenland direkt einbeziehen , sodass die Ustascha und die deutschen Kräfte sich der Juden bemächtigen könnten. In diesem Fall würde die italienische Armee die Juden nicht mehr schützen können ; sie müsste zwangsläufig ihr den jüdischen Flüchtlingen gegenüber abgegebenes Versprechen brechen. Das Kriegsministerium wurde vom Oberkommando der italienischen Armee für Slowenien und Dalmatien ( Supersloda ) mit der Befürchtung konfrontiert , der Widerstand der Untergebenen in der Armee gegen die Auslieferung der Juden an die Ustascha und die Deutschen sei so 766 L. POLIAKOV – J. SABILLE , Jews under the Italian Occupation. Paris 1955 : Instruk­ tionen für das Memorandum , das Kasche auszuarbeiten hatte : Dokument V , S. 168–170. 767 L. POLIAKOV – J. SABILLE , Jews under Italian Occupation. Paris 1956. Faksimili der Telegramme der deutschen Botschaft mit den Entwürfen für die Intervention des deutschen Außenministers finden sich bei Faksimile dieses Telegramms bei E. TOLEN­ TINO , Fašistička okupacija Dubrovnika. Beograd. Beilage 12 und Inhaltsangabe S. 208. Daniel CARPI hat diese diplomatische Offensive zusammengefasst : The Rescue of Jews in the Italian Zone of Occupied Croatia. In : Rescue Attempts during the Holocaust. Proceedings of the Second Yad Vashem International Historical Conference – April 1974. Yad Vashem Jerusalem 1977 , S. 465–553 , Faksimile der Aktennotiz des Duce „Nulla osta“, S. 520. 768 L. POLIAKOV – J. SABILLE , Jews under the Italian Occupation , S. 138. – TOLEN­ TINO , Fašistička okupacija Dubrovnika. Beilage 12 und Inhaltsangabe , S. 208.

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stark , dass eine „Insurrektion größeren Ausmaßes“ drohe , von der nur die kommunistischen Partisanen profitieren würden.769 Mit „Prestigegründen“ argumentierten die Kommandanten der italienischen Armee gegenüber dem italienischen Generalstab und dem Kriegsministerium. Die italienische Armee würde ihr Ansehen und ihre Autorität in der Bevölkerung der besetzten und annektierten Territorien steigern und die Italien feindselig gesinnte einheimische Bevölkerung für Italien gewinnen , wenn sie sich als Beschützerin der Gefährdeten präsentiere. So könne die Bevölkerung auch motiviert werden , der italienischen Armee bei der Partisanenbekämpfung zu helfen. Der Oberkommandierende der Zweiten Armee , General Mario Roatta770 , begab sich persönlich zu Mussolini , um ihn zu überzeugen , dass Italien deutschem Druck nicht nachgeben dürfe , denn damit würde es zur Militärmacht zweiter Klasse und zum Satelliten des Deutschen Reiches herabsinken. Standhaftigkeit würde der italienischen Armee hingegen einen nachhaltigen Prestigegewinn bei Kroaten und Slowenen bescheren. Italien müsse die Kontrolle über die jüdischen Flüchtlinge behalten und ihnen aus Gründen der Selbstachtung seinen Schutz garantieren.771 Die Andeutungen von Graf Bismarck und Mussolinis „Nulla osta“ bewog die Beamten im Außenministerium ( vermutlich mit Wissen von Außenminister Ciano )772 , den Chef des italienischen Generalstabs Ugo Cavallero , Verbindungsoffiziere zur Zweiten italienischen Armee in der „Zone II“ und den Oberkommandierenden der Zweiten italienischen Armee , General Mario Roatta , die Ausarbeitung des Planes zur Konzentrierung der jüdischen Bevölkerung in der „Zone II“ zu beschleunigen , den deutschen Interventionen hingegen mit einer Hinhaltetaktik zu begegnen : Die Beamten des italienischen Außenministeriums entwarfen für die Antwortnote an Außenminister Ribbentrop zwei Versionen : Für Außenminister Ciano formulierten 769 POLIĆ , Imao sam sreće. ( Autobiografski zapisi 1. 11. 1942–24. 12. 1945. ) /  Ich hatte Glück. ( Autobiografische Notizen 1. 11. 1942–24. 12. 1945 ). Zagreb 2006 , S. 18. 770 Mario Roatta ( 1881–1968 ) war Kommandant der Zweiten italienischen Armee seit 20. 1. 1942. Seine militärische Karriere begann er 1934 als Leiter des Militärischen Nachrichtendienstes ; 1939 war er Militärattaché in Berlin , von März 1941 bis Jänner 1942 Generalstabschef der Landstreitkräfte. Er galt als Experte für die Geografie des Balkans und die Berg- und Guerillakriegführung. Politisch erwies er sich als Pragmatiker und – laut Außenminister Ciano – intelligentester Kopf unter den Macchiavellisten , als deklarierter Verächter des Ustascha-Regimes : KISIĆ KOLANOVIĆ , NDH i Italija , S. 217 , 218. 771 POLIAKOV – SABILLE , Jews under Italian Occupation , S. 142 f. Appendix , Dokument IX , Kasches Telegramm vom 10. 11. 1942 an das Reichsaußenministerium. Daniel CARPI , The Rescue of Jews in the Italian Zone of Occupied Croatia. In : Rescue Attempts during the Holocaust. Proceedings of the Second Yad Vashem International His­ torical Conference – April 1974. Yad Vashem Jerusalem 1977 , S. 465–553. 772 J. SABILLE in L. POLIAKOV – J. SABILLE , Jews under the Italian Occupation , 138 und Appendix , Dokument III.

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sie ein klares Nein zum deutschen Begehren , in der Fassung für den Duce wählten sie die vorsichtigere Formulierung : Das deutsche Begehren werde „geprüft“ – aber ohne Fristen für die Operationalisierung zu nennen.773 In einem Antwortentwurf auf eine weitere zu erwartende Note der deutschen Stellen argumentierte das italienische Außenministerium mit der Ankündigung einer Selektion der jüdischen Flüchtlinge vor der Auslieferung : Italien könne nur die kroatischen und die anderen nichtitalienischen Flüchtlinge ausliefern. Unter den in der „Zone II“ weilenden Jüdinnen und Juden würden diese sowie Personen von der Auslieferung ausgenommen werden , die die Voraussetzungen zur Erfüllung der italienischen Staatsbürgerschaft besäßen. Jene , die einen Wohnsitz in der „Zone II“ angeben könnten würden als „Italiener gleichgestellt“ anerkannt und ihnen die Verlegung nach Italien gewährt.774 Diese Bedingung erfüllten alle dort lebenden jüdischen Flüchtlinge.

3.2.2 Lager Kraljevica ( Porto Rè )

Der diplomatische Druck gab den Ausschlag dafür , dass die italienische Armee seit September 1942 in der Stadt Kraljevica ( Porto Rè ) das dort bestehende Internierungslager für Kroaten und Slowenen775 ( wegen kommunistischer Betätigung , Unterstützung der Partisanen , anderer italienfeindlicher Handlungen ) für die Aufnahme jüdischer Flüchtlinge adaptierte , ohne dass eine formelle Weisung aus Rom dafür erging. General Mario Roatta handelte auf eigenes Risiko , als er mit untergebenen Militärs und zivilen Stellen an die Internierung ging.776 Ein Teil der slowenischen und kroatischen Insassen des Lagers Kraljevica wurde in das Internierungslager Gonars bei Palmanova777 verlegt. 773 A. PIZZUTI , Ebrei stranieri internati …La zone di occupazione : Fiume ed Abbazia. La deportazione : www.annapizzuti.it /  storie /  fa06.php. 774 A. PIZZUTI , Ebrei stranieri internati …ebenda und A. PIZZUTI , Memorandum „Appunto per il Duce“: http ://www.storiaxxisecolo.it /  deportazione /  documento.pdf 775 TOLENTINO  , Fašistička okupacija Dubrovnika. Beilagen Nr. 13–15 , 17 , 18 über die Korrespondenz der Deutschen Gesandtschaft in Zagreb und Rom. 776 Siehe dazu insbes. CARPI , Rescue Attempts. S. 465–553 und Marie-Anne MATARDBONUCCI , L’Italia fascista , S. 344–346. 777 Das Lager Gonars wurde im Februar 1942 für die Internierung nicht Italianisierungswilliger oder der Zusammenarbeit mit den kommunistischen Partisanen verdächtigter Slowenen gegründet. Von den mehr als 5. 000 Insassen waren mehr als 1. 600 Kinder : Von 453 Opfern des Hungers und der Misshandlungen wurden die sterblichen Überreste geborgen. Das Lager wurde sofort nach der Kapitulation Italiens aufgelöst : Alessandra KER­ SEVAN , Un campo di concentramento fascista. Gonars 1942–1943 , Udine , 2003. Carlo Spartaco CAPOGRECO , I campi di Mussolini. L’internamento civile nell’ Italia fascista ( 1940–1943 ). Milano 2004. Slowenische Ausgabe : Fašistična taborišča , Internacije civilistov v fašistični italiji ( 1940–1943 ). Prevedla Nevenka Troha. Ljubljana 2011 , S. 134–136.

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Das Lager in Kraljevica ( Campo di Concentramento Porto Rè per internati civili di guerra ) – Baracken unweit der Frankopan-Festung , nahe am Strand und der Schiffswerft Kraljevica – nahm ab Ende Oktober 1942 die in den Orten des Küstenlandes und des Gorski kotar weilenden jüdischen Flüchtlinge auf. Die Flüchtlinge reagierten panisch , als die italienischen Soldaten sie auf Militär-Lkw verluden , überzeugt , dass es direkt Richtung Kroatien gehe , zumal ihnen die Soldaten keine Auskunft über das Ziel der Fahrt gaben. Der damalige Oberkommandierende der Zweiten Armee in der „Zone II“, Vittorio Amato ( der Nachfolger Roattas ), entschloss sich daher , am 9. November 1942 persönlich die Flüchtlinge im Lager zu besuchen , um sie in seiner Ansprache auf dem Lagerplatz , des Schutzes durch Italien vor der Auslieferung zu versichern.778 Ein Dankschreiben der Internierten an ihn bezeugt dies : „After the declaration made by Your Excellency we are convinced that the protection accorded us is made more effective by our internment in this camp , where we are under the immediate guard of the Italian army. These days will leave an indelible memory in our minds , and nothing will ever erase from our hearts the eternal gratitude we feel to the Italian army. Italy has in us sure and true friends , who will endeavour through our activity to serve the interes of this noble land.“779 Neben jüdischen Flüchtlingen aus dem ganzen ehemaligen Jugoslawien fanden sich auch Juden aus Deutschland , Österreich , der Tschechoslowakei , Polen ( siehe Liste Nr. 4.14 der internierten ausländischen Juden im Lager Kraljevica /  Porto Rè ).780 Diese Liste – 52 ausländische Internierte – entspricht dem Stand der Internierung im Lager Kampor ( Insel Rab ) von Juli 1943 bis 10. September 1943. Sie wurde von Alfred Pal ( siehe Abb. 10 ) aus seiner Erinnerung erstellt.781 Sofort nach der Einlieferung in Kraljevica nahm sich ein Wiener Flüchtling , Dr. Baruh ( Zuname nicht bekannt ), der in Crikvenica gewohnt hatte , durch eine Medikamenten-Überdosis ( Luminal ) das Leben.782

778 B. POLIĆ , Imao sam sreće , S. 36. Branko Polić , Insasse des Lagers Kraljevica , erinnert sich an die Verzweiflung der Internierten und an die Ansprache des italienischen Generals. 779 Brief , gezeichnet von Insassen des Lagers : dem ehemaligen Direktor der Kroatischen Nationalbank , Pavle Schlossberger , weiters Universitätsprofessoren und kroatischen Industriellen : L. POLIAKOV /  J. SABILLE , Jews under the Italian Occupation , S. 145. 780 L. POLIAKOV  /   J. SABILLE , S.  146. – HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , Zl. 2235 /  8–45 , Elaborat über die Judenverfolgung vom 4. 11. 1945 , S. 1038–1044 : Židovi u logoru Kraljevica. Progoni Židova po talijanskom okupatoru ( Die Juden im Lager Kraljevica. Judenverfolgung durch die italienische Besatzung ). 781 HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , Zl. 2235 /  9–45. 782 HDA. Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , Zl. 2235 /  8–45 , Zeugenbericht S. 1046. Liebenschein Baruh ?

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Für das Lagerreglement durften die Insassen selbst sorgen. In den Baracken wurden Männer und Frauen getrennt ; alle schliefen auf Stockbetten , in „wagon-lits“, wie die Internierten mit Galgenhumor bemerkten.783 Die Insassen waren verpflichtet , jeden Tag mittags zum Appell zu erscheinen ; dann durften einander die Ehepartner treffen. Einer der ehemaligen Pferdeställe wurde zu einem Ausspeisungsraum umfunktioniert , in dem täglich aus der italienischen Garnison die Kessel mit der Verpflegung gebracht wurden. Die Insassen selbst verbesserten die Wasserleitung und die Latrinen ; die Männer kümmerten sich um die Lagerorganisation , die Einteilung der Arbeiten : Nach der Erinnerung von Branko Polić legten einige jüngere Männer aus Wien „einen befremdenden Mangel an Arbeitsmoral und Hilfsbereitschaft an den Tag“.784 Ein Kindergarten , eine Schule sogar mit Gymnasialunterricht , eine Musikgruppe und eine Kapelle von sechs Geigern und einer Ziehharmonika entstanden. Mangels anderer Beschäftigungsmöglichkeiten gestaltete sie den katholischen Gottesdienst in der Pfarrkirche Kraljevica. Zu lesen gab es alte Exemplare des Corriere della sera , anhand derer die Insassen Italienisch lernten. Obwohl unter den insgesamt 1. 200 Internierten weder ein Rabbiner noch ein Kantor vorhanden war , gab es jeden Freitag Sabbatfeiern in einer der Verwaltungsbaracken , geleitet von einem Zagreber Rechtsanwalt.785 Im Lager Kraljevica lebe es sich höchst angenehm , berichtete Agent Franz Rippl an den Polizeiattaché : Der italienische Kommandant Amato ( stationiert in Crikvenica ) habe ihnen Radios , eine Bibliothek mit Spielen und andere Vergünstigungen eingerichtet. Italienische Offiziere kämen ins Lager und brächten den Internierten Post. Manche italienischen Offiziere unterhielten sogar intime Beziehungen zu Jüdinnen und gewährten ihnen Ausgang oder Befreiung von der Internierung. General Amato bewohnte in Crikvenica eine Villa der jüdischen Familie Freund ; diese sei dafür aus dem Lager entlassen worden und könne sich völlig frei in Crikvenica bewegen.786 Fritz Lunzer , der im November 1941 die Insel Krk ( annektiertes Territorium ) aus eigener Initiative verließ , fand wieder mit seiner Gastfamilie zusammen , die sich bei Freunden in Kraljevica niedergelassen hatte. Von dort wurden Fritz Lunzer und die Familie Polić am 1. November 1942 von den Carabinieri ins Lager Kraljevica eingeliefert. Branko Polić erinnert sich an österreichische und deutsche Mitinternierte : an den Pädagogen und Juristen Fritz Fischl , einen „sehr gebildeten und begabten Verfasser von Sketches“ 787 , an den Wiener Juristen Georg Eisler 788 und an den Mu783 B. POLIĆ , Imao sam sreće , S. 19. 784 B. POLIĆ , ebenda , S. 36 , 37. 785 B. POLIĆ , ebenda , S. 32 f. und passim. 786 HDA , Helm , Fasz. 5 , Akt Rippl : Bericht S. 39 , 40. 787 B. POLIĆ , Imao sam sreće. Autobiografski zapisi ( 1. 11. 1942–22. 12. 1945. ) /  Ich hatte Glück. Autobiografische Aufzeichnungen ( 1. 11. 1942–22. 12. 1945 ). Zagreb , 2006 , S. 22. 788 B. POLIĆ , ebenda , S. 22

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siker Ernst Glasner ( in Wien zuständig , obwohl in Böhmen geboren ), der im Lagerorchester spielte.789 Fritz Fischl lernte im Lager Kraljevica die Zagreber Juristin Zdenka Graf ( die Tochter eines Rechtsanwaltes und ältesten Insassen von Kraljevica ) kennen und heiratete sie. Beide zusammen gingen zu den Partisanen. Fritz Fischl starb 1944 als Partisan in Jugoslawien an Flecktyphus.790 Branko Polić bemerkte , dass in Kraljevica , wo sich alle Internierten erst mit den Lagerbedingungen zu arrangieren versuchten , Unterschiede zwischen den Juden des ehemaligen Jugoslawien und den ausländischen ebenso wenig eine Rolle gespielt hätten wie politische oder soziale. Angesichts der ungewissen Zukunft dachten auch die politsch denkenden jugendlichen Insassen ( wie Branko Polić ), die sich als kommunistische „Zelle“ konstituierten , nicht an Befreiungsaktionen. Gravierender seien die Unterschiede der Charaktere – die Bereitschaft zu Anpassung und Solidarität – gewesen : Erst als die Insassen aus Kraljevica in das Konzentrationslager Kampor auf der Insel Rab verlegt wurden , hätten die Internierten , auf Gerüchte von der Kapitulation Italiens und des Abzugs der italienischen Armee aus Dalmatien , mit der Planung der Selbstbefreiung reagiert.

3.2.3 Freie Internierung in Dalmatien

In Dalmatien wurden die jüdischen Flüchtlinge im November 1942 auf wenige Orte und in Hotels konzentriert. Für alle Hotels wurde eine einheitliche Verwaltung eingesetzt ; alle wurden von Carabinieri bewacht : Im Landkreis Dubrovnik wurden in den Hotelkomplex „Hotel Kupari“ etwa 1. 000 bosnisch-herzegowinische und deutsche Juden aus Gacko untergebracht , im Hotel „Wregg“ im Dubrovniker Hafen Gruž ca. 100 bosnische Flüchtlinge ; zwischen 600 und 700 Juden aus der Stadt Dubrovnik und aus der Herzegowina wurden in den Hotels „Grand“, „Glavović“ und „Pracat“ auf der Insel Lopud einquartiert.791 Die italienischen Behörden nahmen tatsächlich „Selektierungen“ vor und ermittelten , dass 863 internierte Jüdinnen und Juden die Voraussetzungen besäßen , die italienische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Die Aktion war im Februar 1943 abgeschlossen – im gleichen Monat , in dem Ribbentrop wieder Druck auf Mussolini zur Auslieferung der Juden ausübte und Mussolini sogar einen Fahrplan für die Züge zur Deportation der Juden mit den Deutschen akkordierte. Das Militärkommando der Zweiten Armee in der „Zone II“ erkannte , dass die deutsche Seite die Hinhaltetaktiken nicht mehr 789 B. POLIĆ , ebenda , S. 33. 790 B. POLIĆ , ebenda , S. 52. 791 HDAZ , MUP NDH , Fasz. 303 , ohne Zl. ex 1942 : vgl. I. GOLDSTEIN , Holokaust u Zagrebu , S. 447 – dort auch weitere Internierungsorte für bosnisch-herzegowinische und serbische Flüchtlinge ; ebenso B. STULLI , Židovi Dubrovnika , S. 86–88.

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

akzeptierte , und beschloss eine sofortige Verlegung aller in der „Zone II“ Internierten auf das annektierte Territorium , um sie dem Zugriff der Kroaten und der Deutschen zu entziehen.792 Die „Zone II“ gewährte auch deswegen nicht volle Sicherheit , weil die Gefahr des Einbruchs der Demarkationslinie zwischen der „Zone I“ und der „Zone II“ unter den deutsch-kroatischen Offensiven gegen die Partisanen im Hinterland der gesamten Küste ständig wuchs. Die italienische Armee rechnete damit , dass sie in diesem Fall die Deutschen nicht daran hindern können würde , selbst die Flüchtlinge zu deportieren. Zudem unternahmen die kroatischen Behörden diplomatische Vorstöße in Rom , um die „Zone II“ wieder unter ihre volle Gewalt zu bringen.793

3.2.4 Konzentrierung aller Flüchtlinge in der „Zone I“ – Lager Kampor / Insel Rab

Die italienische Armee beschloss im Februar 1943 die Verlegung der Flüchtlinge aus dem Lager Kraljevica und aus allen Internierungsorten in Dalmatien in die „Zone I“, und zwar in das Lager Kampor auf der Insel Rab. Dieses Lager wurde im Juli 1942 für die Strafinternierung slowenischer und kroatischer Zivilisten wegen Zusammenarbeit mit den Partisanen eingerichtet.794 Das italienische Innenministerium genehmigte mit Erlass vom 31. Mai 1943 die Verlegung der slowenischen und kroatischen Insassen aus Kampor nach Gonars und die Einweisung der jüdischen Flüchtlinge in Kampor.795 Zwischen dem 27. /  28. 5.und dem 21. Juli 1943 wurden in elf Transporten , nach italienischen Quellen 2. 670 , nach jugoslawischen Studien mehr als 3. 300 Jüdinnen und Juden , darunter 503 Kinder bis zu 15 Jahren , nach Rab verbracht. Die Zahl der Kinder und der Personen , die älter als 50 Jahre waren , wird auf 40 % veranschlagt796 ( Liste der Internierten Nr. 4.14. Die Liste von Kraljevica entspricht jener von Rab ). Der erste Transport für Rab , mit 110 Personen , ging von Dubrovnik aus , weil dieses am weitesten von Rab entfernt lag. Zwischen dem 19. und 30. Juni 1943 wurden die restlichen Juden aus der Stadt und Umgebung von Dubrovnik , sodann die Juden aus Split , Makarska , Hvar und Brač eingeliefert. Vom 5. bis 14. Juli 1943 dauerte die 792 A. PIZZUTI , Ebrei stranieri internati … Internati di Jugoslavia : www.annapizzuti. it /  pdf /  nazione-php ?n=jugoslav & t=Jugoslavia … 793 L. POLIAKOV  /  J. SABILLE , Jews under Italian Occupation. S. 148–150. 794 Zur Gründung des Lagers in Kampor , auf der Insel Rab , am 27. 5. 1942 s. Ivan KOVAČIĆ  , Kampor 1942–1943. Hrvati , Slovenci i Židovi u koncentracijsom logoru Kampor na Rabu ( Kampor , 1942–1943. Kroaten , Slowenen und Juden im Konzentrationslager Kampor , Rab , 1942–1943 ), Rijeka , 1998. CAPOGRECO Carlo Spartaco , I campi del Duce. L’internamento civile nell’ Italia fascista ( 1940–1943 ). Milano 2004. Slowenische Ausgabe : Fašistična taborišča. Internacije civilistov v fašistični italiji ( 1940– 1943 ). Prevedla Nevenka Troha. Ljubljana 2011. S. 143. 795 DARI Rijeka , Prefettura di Fiume , Fasz. 676 , Zl. 1–2–50. 796 I. KOVAĆ , Kampor , S. 280 , Fußnote 115.

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Einlieferung der Insassen von Kraljevica.797 Am 21. Juli 1943 waren die 81 ( einheimischen ) Juden aus Rijeka an der Reihe ( ausländische Flüchtlinge dürfte es damals in Rijeka nicht mehr gegeben haben , weil sie in Italien interniert wurden ).798 Die jüdischen Flüchtlinge von der Insel Korčula ( Stadt Korčula , Vela Luka /  Vallegrande ), insgesamt 500 Personen , wurden aus Platzmangel nicht nach Rab befördert. Die Insel Korčula war am weitesten von der dalmatinischen Küste entfernt und daher nicht unmittelbar durch eine Eskalation der deutsch-kroatischen Militäroperationen bedroht. Die dortigen Flüchtlinge protestierten zwar , aber nach der Kapitulation Italiens erwies sich dies als Glück im Unglück : Die Partisanen besetzten kurzzeitig , bevor die Deutsche Wehrmacht in Dalmatien und auf die Inseln einrückte , Korčula und evakuierten gemeinsam mit der Bevölkerung auch die jüdischen Internierten.799 Die italienische Historikerin Anna Pizzuti nennt in ihrer Liste ( Nr. 4.15 ) 111 nichtjugoslawische jüdische Internierte , die im September nach Bari evakuiert wurden.800 In Rab herrschte unter dem Lagerleiter , dem Carabinieri-Chef Vicenzo Cuiuli , eine wesentlich rigidere Lagerordnung als in Kraljevica : Als die Menschen bei der Einweisung protestierten , weil es kein Trinkwasser gab und die Wachen die Bevölkerung daran hinderten , den Internierten über den Stacheldrahtzaun hinweg Wasser zu reichen , kam es zu Raufereien der Internierten mit den Wachen. Die Organisatoren der Meuterei wurden in den Gefängnisbunker eingeschlossen. Der Lagerleiter drohte den Insassen : „Wir sind hier , um euch zu schützen und die Sicherheit zu garantieren , wenn ihr gehorsam seid. Wir haben aber genug Waffen , um Ungehorsame zur Raison zu bringen.“801 Das jüdische Lager in Rab war – im Unterschied zum Lager für die Slowenen und Kroaten – weder ein Umerziehungs- noch ein Zwangsarbeits- oder Vernichtungslager. Aber die Lebensbedingungen waren nicht weniger prekär als im „Slawen-Lager“: Es fehlte an Wasser , Lebensmitteln und an ausreichenden Sanitäranlagen. 802 DELA797 Vollzugsbericht des Innenministeriums über die Verlegung von 1. 200 Juden aus Kraljevica nach Rab : HDA , MUP NDH , Fas. 299 , Dokument Nr. 8943 – Banschaftspolizei Kraljevica am 21. 7. 1943 in RAVSIGUR , MUP , Banschaftsämter und Polizeidirek­tionen der Banschaften Vinodol und Podgorje-Senj. 798 I. KOVAČ , Kampor , S. 279. 799 Z. MARIČIĆ , Luka spasa … , S. 123. 800 A. PIZZUTI , Ebrei stranieri internati in Italia durante il periodo bellico. Exinternati in campi jugoslavi gestiti da italianai e rifugiatisi a Bari dopo l’ 8 settembre 1943 : www. annapizzuti.it /  pdf /  provenienza.php=jugoslav & t=Exinternati. 801 I. KOVAČ , Kampor , S. 280 f. S. CAPOGRECO ; Fašistična taborišča. S. 243. 802 Der zentrale Platz im „Slowenen-Lager“ erhielt die Bezeichnung „Platz des Hungers“ ( „Trg gladi“ ). Der Laibacher Bischof Grigorij Rožman und der zuständige Ortsbischof , der Bischof von Krk , Josip Srebrnić , besuchten am 20. 11. 1942 das Lager der Slowenen und Kroaten und berichteten Papst Pius XII. über die unmenschlichen Zustände für die

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SEM sorgte durch Vertreter der jüdischen Gemeinden in Triest , Split und Rijeka für die Juden im Lager Rab.803 Sie arrangierten sich mit den Lagerbedingungen , setzten den in Kraljevica begonnenen Schulunterricht fort , organisierten Kurse für Sanitäter und Krankenschwestern als Vorbereitung auf den Partisanenkampf. Die Kommunisten unter den Insassen804 nahmen über den Zaun , der das Lager der internierten Slowenen und Kroaten von den jüdischen Internierten trennte , zu den slowenischen und kroatischen Kommunisten Kontakt auf. Die Parteimitglieder der KP von Rab boten ihnen Informationen über die politische Lage am Lagerzaun ( was in Kraljevica nicht möglich war ). Auf diese Weise erfuhren die Internierten von der Absetzung Mussolinis , der Errichtung des Badoglio-Regimes , dem Vorrücken der Alliierten in Festlanditalien sowie von dem erwarteten Ausscheren Italiens aus der Achse. Die Kommunisten unter den jüdischen Internierten entwarfen die Strategie für die Kapitulation Italiens , zur Entwaffnung der italienischen Wachen , zum Ausbruch und zur Evakuierung der Mitinternierten aus dem Lager.805 Ehemalige Insassen von Kraljevica und Rab betonten vor der jugoslawischen Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen die Hilfsbereitschaft der italienischen Lagerbehörden und ihre Bemühungen , die Lebensbedingungen für die Internierten so erträglich wie möglich zu gestalten.806 Über die Gründe für die Entscheidung des Innenministeriums und das Engagement des Armeekommandos SUPERSLODA und der italienischen Zivilverwaltung in Dalmatien gibt es vielfältige Spekulationen , die alle darauf hinauslaufen , Inhaftierten. Der Hl. Stuhl schaltete das Internationale Rote Kreuz ein. Der Zagreber Delegierte des IKRK , Julio Schmidlin , konnte wegen der Kriegshandlungen in Kroatien nicht nach Rab kommen : M. KEVO , Veze Međunarodnog odbora Crvenog križa i Nezavisne Države Hrvatske. Dok. Nr. 21 und 22 vom 26. 10. 1943. S. 122 , Dok. Nr. 21 – 26. 10. 1943. Ein Bericht der jüdischen Gemeinde Split über die Entwicklung der Lage der Flüchtlinge in Dalmatien ( Dok. Nr. 44 vom 11. 4. 1944 , S. 250–252 ) berichtet über die schwierige Lage für die Flüchtlinge in Rab. 803 DAST Split , Ž. O. K-6 /  IV , Zl. U-2244 /  43 ; zitiert bei MARIĆ , Luka spasa , S. 125. 804 Das Jüdische Historische Museum Belgrad ( JIM Beograd ) besitzt eine Liste der Parteimitglieder der KP unter den Insassen von Kampor /  Rab , die der Überlebende , der Zagreber Grafiker und Buchillustrator Alfred PAL ( geb. 1920 in Wien , gestorben 2011 in Zagreb ) aus seiner Erinnerung rekonstruiert hat. Auch Jaša ROMANO schloss seinem Werk , Jevreji Jugoslavije 1941–1945 , eine Liste der jüdischen Teilnehmer des Partisanenkrieges an , die er ebenfalls aus eigenen Erinnerungen verfasste. Er nennt darin Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Geburtsorten in Deutschland , Österreich und anderen Ländern. Keiner der Genannten wurde als Emigrantin oder Emigrant in den kroatischen Archiven aktenkundig. Demnach dürfte es sich bei den Personen mit nichtjugoslawischen Geburtsorten um Personen handeln , die schon in der Zwischenkriegszeit in Jugoslawien lebten. 805 B. POLIĆ , Imao sam sreće , S. 99–108. 806 HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , Zl. 2235 /  8–45 , S. 1046.

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Italienischer Widerstand gegen deutsche Auslieferungsforderungen

dass sich Italien damit für die Bemessung der Kriegsschuld durch die Alliierten einen „Bonus“ verdienen807 , maßvolle Behandlung sichern und mit der Zustimmung der Alliierten die annektierten Territorien behalten durfte.808 Marina Cattaruzza kritisiert an diesen Kalkülen , dass sie den primär humanitären Beweggrund der Armeekommandanten und der Zivilbehörden unterschätzten.809 Dass dieses für die italienische Armee bestimmend gewesen sei , schlossen auch Leo POLIAKOV und Jacques Sabille aus den eigenen Erfahrungen mit der italienischen Armee in Südfrankreich : Auf allen von Italien annektierten und besetzten Territorien habe sich die italienische Armee aus humanitären Motiven für die Nichterfüllung deutschen Auslieferungsbegehrens eingesetzt und selbst erfolgreich die Auslieferung von Juden an die Deutschen verhindert.810 Die aus ehemaligen Partisanen zusammengesetzte jugoslawische Landeskommission ließ in ihrer Beurteilung der italienischen Bemühungen um Schutz der jüdischen Flüchtlinge vor der Auslieferung an die Deutschen die fortdauernde Feindseligkeit gegenüber dem Kriegsgegner und faschistischen Feind der Kommunisten erkennen.811 Sie gab zwar im Elaborat über die Internierung in Kraljevica , Rab und Dalmatien die erfolgreiche Rettung der jüdischen Flüchtlinge durch die italienische Armee zu , ließ jedoch ihren humanitären Beweggrund nicht gelten. Vielmehr beschuldigten die ehemaligen Partisanen die italienische Armee , die Flüchtlinge dazu missbraucht zu haben , um sich als „Retter vor der Ustascha“ zu profilieren. Dabei habe die Ustascha in der „Zone II“ ohnehin keine Vollmachten besessen , so dass die Juden auch ohne italienische „Befreiung“ ( Hilfe ) sicher gewesen wären. Doch die italienischen Kommandanten fürchteten nicht so sehr den Zugriff der Ustascha auf die Juden in der Zone II , sondern das Vordringen der Deutschen , wenn die deutsch-kroatischen Offensiven gegen die Partisanen sich auf das Küstenland erstreckten. Daher kann die Internierung der jüdischen Flüchtlinge durch die italienische Militärverwaltung und die Konzentrierung in der Zone I als wirkliche Vorsichts- und Rettungsmaßnahme der italienischen Militärs zugunsten der Juden gewertet werden. 807 Ina Jun Broda , selbst Insassin von Kraljevica und Kampor ( Insel Rab ), nimmt dieses Motiv an : Susanne FALK , Franz Theodor Csokor. In : Chr. KÖSTER /  K. VOIGT , Österreichisches Exil in Italien. 181 , Anm. 9. 808 Ausführliche Darstellung der Spekulationen über die Motive bei I. KOVAČ , Kampor , S. 278 f , und I. GOLDSTEIN , Solidarnost i pomoć Židovima u Nezavisnoj Državi Hrvatskoj. S. 221 f. 809 M. CATTARUZZA , L’Italia e il confine orientale. S. 217. 810 L. POLIAKOV /  J. SABILLE , The Jews under Italian Occupation. Vorwort XVI. Dies ist auch die Leitidee der Darstellung der italienischen Rettungsbemühungen in den Besatzungsgebieten. 811 HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2944 , GUZ 2235 /  24–45 , Blatt 2768 – Elaborat des Mitgliedes der Landeskommission , Dr. Pavle Vinski , Zagreb , über die Weigerung der Italiener , die Juden an die Ustascha zur Einlieferung in KZ zu übergeben.

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3.3 Rettungsbemühungen der italienischen Armee vor der Kapitulation Italiens ( August 1943 ) Angesichts des Vordringens der Deutschen Wehrmacht in Italien und der erwarteten Kapitulation Italiens bereitete das Oberkommando der Zweiten Armee ab Juli 1943 den Abzug der Zweiten italienischen Armee aus den exjugoslawischen Territorien vor. Um die Internierten dann nicht einer möglichen Besetzung des annektierten Territoriums durch die Deutschen zu überlassen , forderte SUPERSLODA im August 1943 – immer verzweifelter –Schiffe zur Evakuierung der Lagerinsassen nach Italien an. Aber das Kabinett Badoglio reagierte am 19. August nur mit einer telegrafischen Empfehlung des Generalsekretärs des Außenministeriums , es sei zu vermeiden , die Juden im Stich zu lassen und sie der Gnade von Ausländern zu überantworten , ohne ihnen Schutz vor Repressalien zu bieten. Das Oberkommando möge daher jeden einzelnen Internierten von Rab möglichst rasch dahingehend prüfen , ob er für eine Überführung auf italienisches Territorium infrage komme.812 Italienische Soldaten retteten aus eigener Initiative Exinternierte : Belegt sind Abfahrten von Jüdinnen und Juden aus Crikvenica gemeinsam mit den abziehenden italienischen Soldaten auf deren Evakuierungsschiffen.813 200 Personen entkamen mit italienischen Schiffen über die Insel Vis /  Lissa nach Italien.814

3.4 Befreiung der Internierten der italienischen Lager Am 8. September 1943 schlossen die Mitglieder der kommunistischen Parteizellen aus einer ungewöhnlichen Geschäftigkeit der italienischen Wachen auf den Eintritt des Zeitpunktes für die Entwaffnung der Wächter und des Lagerkommandanten. Ehemalige Militärs unter den Insassen unter Führung des slowenischen Arztes Dr. Ludvik Znidarčič überwältigten die Wachen und den Kommandanten und übernahmen die Lagerleitung. Unter den Befreiern befand sich als einziger ausländischer Emigrant der Wiener Musiker Fritz Lunzer.815 Die wehrfähigen Insassen des slowenisch-kroatischen und des jüdischen Lagers gründeten eine Partisanenbrigade , die „Raber Brigade“, bestehend aus fünf Bataillonen. 300 Juden bildeten ein eigenes „ Jüdisches Bataillon“; 35 Jü812 T. MORGANI , Gli Ebrei di Trieste e d’Abbazia , S. 80. 813 HDA , Helm , Fasz. 36 , Ermittlungsmaterial , S. 230. 814 B. STULLI , Židovi Dubrovnika. S. 88. Die Evakuierung von Flüchtlingen von der Insel Korčula erlebte Alexander Sacher-Masoch mit : Christina KÖSTNER , Alexander Sacher-Masoch im Exil. In : Ch. KÖSTNER /  K. VOIGT ( Hg. ), Österreichisches Exil in Italien 1938–1945 , S. 200–210 ; hier 206. 815 I. BANIĆ , Fašističko koncentracijsko tovarišče Kampor : www.muzej-kampor.croatiarab.si /  povijest /  html.

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Befreiung der Internierten der italienischen Lager

dinnen , die im Lager einen Krankenschwesternkurs absolviert hatten , organisierten sich als Sanitätseinheit. Die Bewaffnung und Ausrüstung stammten aus den Militärbeständen der Italiener. Nicht Kampffähige schlossen sich zu einer Einheit zur Evakuierung der Kranken und Geschwächten auf das Festland zusammen.816 Vor dem Verlassen Rabs versammelten sich die Mitglieder der Raber Brigade auf dem Lagerfriedhof in Kampor , um von ihren verstorbenen Mithäftlingen Abschied zu nehmen.817 Am 15. September 1943 setzte die „Raber Brigade“ mit Booten auf das Festland über. Das Lagerarchiv , fünf Kisten , nahmen sie mit sich in die Partisanenarmee. Den italienischen Lagerkommandanten von Kampor , Vicenzo Cuiuli , führte die Brigade mit , um ihm am 18. September 1943 in Crikvenica den Prozess zu machen ; er kam ihnen zuvor und richtete sich selbst. Laut Weisung des Brigadekommandanten Franc Potočnik wurde er am Eingang zum Lager Kampor ohne alle Feierlichkeiten begraben. Die Familienangehörigen ließen nach Kriegsende seinen Leichnam exhumieren und nach Italien überführen.818 Nach dem Abzug der italienischen Armee aus Dalmatien und den dalmatinischen Inseln rückten Titos Partisanen in Dalmatien ein und besetzten Rab. Die Deutschen , die jedoch im September 1943 zügig in Dalmatien vorrückten , um eine alliierte Landung in Dalmatien zu verhindern , konnten mangels geeigneter Schiffe nicht auch die Inseln besetzen. So waren nach dem Abzug der Exinternierten von Rab die noch verbliebenen 211 älteren und kränklichen Personen in der Stadt Rab im Hotel „Imperial“ sicher. Bis Jahresende evakuierten die jugoslawischen Partisanen Exinternierte , unter ihnen auch die Lagerärzte von Kraljevica und Kampor , in verschiedene Orte Apuliens. Emilio Tolentino erinnert sich , dass diese Ärzte im Lazarett der italienischen Partisanen in Grumo ( Apulien ) eingesetzt wurden.819 Der Delegierte des IKRK in Zagreb , Julio Schmidlin , erhielt Information von Kollegen aus anderen Ländern , dass wehrfähige Evakuierte der britischen und US-Armee beigetreten und auf Malta oder in Istanbul gesichtet worden seien.820 Die deutschen Stellen in Zagreb und die kroatische Regierung wollten gegen die Evakuierungen 816 I. KOVAČ , Kampor. S. 318 f. 817 Auf dem Areal des ehemaligen „Slowenenlagers“ erinnert ein Denkmal an die Existenz des Lagers. Slowenische und kroatische Altpartisanen versammeln sich seit einigen Jahren wieder am 8. September zum Gedenken an die Haft. Initiativen der jüdischen Gemeinden Kroatiens und Sloweniens zur Renovierung des verwahrlosten Areals haben bisher noch keine Erfolge gezeitigt. I. BANIĆ , Fašistično taborišče Kampor : www.muzejkampor.croatia-rab.com.si /  povijest /  html. 818 I. KOVAČ , Kampor , S. 329. S. CAPOGRECO¸ Fašistična taborišča. 247. 819 E. TOLENTINO , Fašistička okupacija … S.  206. ; 820 KEVO , ebenda. Dok. Nr. 36 vom 17. 3. 1944 , 200. – Gemeinsam mit den jüdischen Emigranten evakuierten die Partisanen auch die Bevölkerung aus Dalmatien nach Nord­ afrika. Im ägyptischen El-Shat verbrachten Evakuierte aus Dalmatien und den Inseln zwei Jahre , bis sie repatriiert werden konnten.

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

durch die Partisanen mangels Zuständigkeit nicht einschreiten , zeigten sich jedoch besorgt , dass ihnen die Juden dort entgehen könnten.821

3.5 Deutsche „Endlösung“ in den ehemaligen italienischen Territorien Die kroatischen Institutionen hielten sich in Dalmatien von September 1943 bis November 1944. Die Deutsche Wehrmacht rückte trotz des heftigen Widerstandes der Partisanen rasch vor und erreichte am 27. September 1943 Split. In Split installierten die NDH-Behörden das Ministerium für die befreiten Territorien , die Stadtverwaltung , Banschaftsorgane , Militär , Polizei und Marine.822 Am 15. Oktober 1943 wurde die Insel Rab in die „Operationszone Adriatisches Küstenland“ einbezogen. Damit gerieten die dort verbliebenen Juden unter die Zuständigkeit des SS-Kommandos in Triest.823 Das Amt Helms bestand darauf , dass trotz der Kämpfe und der alliierten Luftangriffe über Dalmatien , die nicht nur Menschenleben kosteten , sondern auch die Infrastruktur zerstörten824 , die kroatische Polizei die Juden in Dalmatien aufbringe und die deutsche Besatzung von Split die Zuständigkeit für die Juden übernehme : Am 4. Oktober 1943 mussten die kroatischen Behörden auf Hübners Weisung die Juden in Dubrovnik verhaften und nach Auschwitz deportieren. Am 29. Oktober 1943 hatte die kroatische Polizei 100 Juden , die von der SS-Division „Prinz Eugen“ in Split gefangengenommen wurden , ins Lager Jasenovac befördert , um sie von dort nach Auschwitz abzutransportieren. Die jüdische Gemeinde von Split bilanzierte nach Kriegsende ihre Verluste an Mitgliedern : 305 Personen , von denen 116 in Konzentrationslagern umkamen , 92 emigrieren konnten , 14 eines natürlichen Todes starben. Über das Schicksal der ausländischen Juden konnte die Gemeinde in Split nicht Buch führen , weil sich jene , die sich retten konnten , bei der Gemeinde nicht mehr meldeten.825 821 HDA , Helm , Fasz. 36 , Ermittlungsmaterial Blatt 230. 822 Zur Entwicklung in Dalmatien nach dem Zusammenbruch Nikica BARIĆ , Uspostava i djelovanje uprave NDH vlasti u djelovima Dalmacije nakon kapitulacije ( rujan 1943– studeni 1944 ) /  Die Installierung der Verwaltungsorgane des USK und ihre Tätigkeit in Teilen Dalmatiens nach der Kapitulation Italiens ( September 1943–November 1944 ). In : Radovi Zavoda za hrvatsku povijest. Broj 31 , Zagreb 1998 , S. 55–79 , hier : 55–71 : Über : www.hrcak.srce /  file /  76380. F. JELIĆ BUTIĆ , Ustaše i NDH. S.  270. 823 Michael WEDEKIND , Nationalsozialistische Besatzungs- und Annexionspolitik in Norditalien 1943 bis 1945. Die Operationszonen ‚Alpenvorland‘ und ‚Adriatisches Küs­ tenland‘. München 2003 , S. 56 f , 77 und 110. 824 Zu den Luftangriffen v. Marica KARAKAŠ OBRADOV , Angloameričko bombardiranje Hrvatske ( Die britisch-amerikanischen Bombardements über Kroatien ). Zagreb 2009. 825 HDA  , Landeskommission , Mikrofilm Z-2944 , GUZ 2235  /  27–45 , Bl. 3644. GUZ 2235 /  27–45. Landkreis Split , Blatt 3643–3689 : Listen der von der SS Entführten und spurlos Verschwundenen.

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Deutsche „Endlösung“ in den ehemaligen italienischen Territorien

Am 12. November 1943 erstattete Hübner Helm den Vollzugsbericht für Split. Die Juden wurden mit dem Dampfer „Rab“ nach Metković transportiert. Von dort ging es nach Zemun826 und weiter nach Auschwitz. Einige , die auf dem Dampfer keinen Platz mehr fanden , wurden freigelassen , um aber am 1. März 1944 von Angehörigen der „SSDivision Prinz Eugen“ aus Split mit Lkw nach Jasenovac transportiert zu werden , wo sie sofort ermordet wurden.827 Die Kommunistin Zelić Ksenija aus Split berichtete der jüdischen Gemeinde Zagreb von weiteren Transporten von Jüdinnen mit Kindern und mit älteren Menschen aus Split ab Juni 1944 nach Jasenovac. In einem dieser Transporte befand sich auch Ksenija Zelić und wurde in Jasenovac Zeugin des Schicksals der jüdischen Transportinsassinnen. Der Lagerarzt wollte möglichst viele von den Insassinnen der Transporte für gesund erklären und zur Arbeit im Lager behalten , um sie vor der Deportation zu retten , deren Ziel er kannte. Er konnte jedoch die Kinder nicht vor dem Abtransport bewahren , und die Mütter wollten sich nicht von den Kindern trennen. Ksenija Zelić erinnert sich , dass drei Transporte mit Spliter Juden aus Jasenovac nach Auschwitz abgefertigt wurden. Schon kurz nach der Abfahrt hörten die Verbliebenen Schüsse aus der Richtung ; Kleider kamen am nächsten Tag zurück , und die Wachesoldatinnen teilten sie unter sich auf. Da wussten die Verbliebenen , dass die Insassinnen des Transportes schon unterwegs getötet wurden. In Jasenovac selbst wurden die letzten Jüdinnen – solche aus Bosnien – im Jänner 1945 ermordet.828 Die kroatischen Behörden konnten nach dem 8. September 1943 zwar die von Italien geräumten Teile Dalmatiens wieder unter ihre Kontrolle bringen , aber mangels Schiffen829 nicht auch die Inseln in Besitz nehmen. Daher konnten sich die in Rab verbliebenen Exinternierten auf Rab – ältere Menschen , Frauen und Kinder , die im Hotel „Imperial“ untergebracht waren – sicher fühlen. Sie litten nur unter der prekären Versorgungslage , weil die Alliierten die Versorgungsfahrten für Kroatien als Feindstaat blockierten.830 Julius Schmidlin berichtet darüber an die Zentralagentur für Kriegsgefangene des IKRK , dass manche Flüchtlinge sogar ihre als Reserve gehüteten Kleidungsstücke gegen Nahrung eintauschten.831 826 In Zemun wurde ein Massengrab mit 6. 500 Leichen – Juden und Jüdinnen , erkenntlich an den gelben Armbinden – entdeckt ; die Identifizierung war nicht möglich : HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , ZKRZ-GUZ 2235 /  2 /  2–45 , Blatt 389. 827 HDA Helm , Fasz. 5 , Zl. 226. 828 HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , GUZ 2235 /  7–45 , Zeugenaussage Ksenija Zelić , Insassin von Jasenovac , über den Abtransport der Jüdinnen. Ebenda , Bericht der Kommissionsmitglieder ( Dr. Zdravko Popović , Dr. Milan Majer , Dr. Ante Pecikozić , Ivan Broz , Major Dr. Ante Premer ). 829 In den Römischen Verträgen vom 18. 5. 1941 mit dem Königreich Italien hatte sich Kroatien verpflichten müssen , keine Schiffe in der Adria zu unterhalten : N. KISIĆ KOLANOVIĆ , NDH i Italija , S. 178. 830 M. KEVO , Veze , Dok. Nr. 33 vom 2. 2. 1944 , S. 180–182. 831 M. KEVO , Veze , Dok. Nr. 44 vom 11. 4. 1944.

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

Am 19. März 1944 besetzte die Deutsche Wehrmacht die Insel Rab ; Tage zuvor hatten sich schon Polizeikräfte in Rab positioniert. Sie unternahmen jedoch keine Razzien , weil sie damit rechneten , dass auf einer Insel die Fluchtmöglichkeiten ohnehin eingeschränkt waren. Vielmehr erließen sie in allen Orten der Insel Aufrufe an die Juden , sich in der Stadt Rab zu sammeln. Diejenigen , die ihn befolgten , wurden von der Sammelstelle aus nach Triest abtransportiert.832 Im Küstenland , in der ehemaligen Provinz Sušak und in der Provinz Carnaro ( Rijeka /  F iume ), die zur „Operationszone Adriatisches Küstenland“ gehörten ( sie reichte bis zur Stadt Bakar und umfasste auch die Quarnerinseln ), hatte der von Helm ausgesandte Agent Ripp noch vor der deutschen Besetzung alle jüdischen Unternehmen registrieren müssen.833 Die italienischen Behörden residierten zwar in der Stadt Rijeka , aber sie hatten keinerlei Vollmachten : Die Polizeikontrolle oblag der SS. Unter den insgesamt 380 aus der Provinz Carnaro deportierten Juden kamen nur 36 einheimische Jüdinnen und Juden aus Auschwitz , Buchenwald oder BergenBelsen zurück. Die Liste der überlebenden österreichischen Jüdinnen und Juden in Bari erstellte Anna Pizzuti ( siehe Beilage 4.15 ).

3.6 Flüchtlinge in der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien. Ein Epilog Der Musiker Fritz Lunzer wollte nicht nach Italien evakuiert werden. Er trat , wie Julio Roninger und Fritz Fischl , den Partisanen bei. Beide wurden dafuer mit dem hoechsten Orden des ehemaligen Jugoslawien , der „Partisanen-Gedenkmedaille 1941“ ausgezeichnet. Fritz Fischl und seine Frau Zdenka starben in der Partisanenarmee an Typhus.834 Die Kommunistische Partei hatte sich schon im September 1941 in einer „Plattform zum Aufruf zum Kampf gegen den faschistischen Aggressor und seine Verbrechen“ dafür ausgesprochen , dass auch die Verfolgung der Juden als eines der Verbrechen der Besatzer und ihrer einheimischen Kollaborateure zu ahnden sei. Die Staatskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und ihrer einheimischen Kollaborateure entsprach dieser Plattform. Um die Anerkennung als „Opfer“ und Anspruchsberechtigte auf entsprechende Leistungen mussten zivile jüdische Opfer bis zum Ende des kommunistischen Jugoslawien kämpfen. Der Beitritt zur Partisanenarmee bot darüber hinaus Juden , auch den Exinternierten der italienischen Konzentrationslager , eine höhere Überlebenschance , als wenn sie in das zivile Leben zurückgekehrt wären : Dort hätten sie schwer Helfer gefunden , denn 1943–1945 durchkämmten die Ustascha und die Deutschen rigoros 832 I. KOVAČ , Kampor , S. 337–339. 833 HDA , Archiv Helm , Akt Ripp und Fasz. 39. 834 I. GOLDSTEIN , Solidarnost i pomoć Židovima u vrijeme Nezavisne Države Hrvatske. S. 226. J. ROMANO , Jevreji Jugoslavije. S. 471.

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Flüchtlinge in der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien. Ein Epilog

alle potenziellen Verstecke nach Juden. Allerdings bot die Partisanenarmee nicht auch Schutz vor Vorurteilen und Diskriminierung : Im Jahre 1943 erließ Dr. Pavle Gregorić namens des Landeskomitees des Volksbefreiungskampfes Kroatiens ( ZAVNOH ) ein Manifest mit dem Verbot aller Agitation gegen Juden als Gruppe oder als Einzelperson.835 Die Geschichte der jüdischen Flüchtlinge aus Österreich und dem übrigen Mitteleuropa nach Italien endet im Jahre 1945 : Nur wenige Flüchtlinge aus Mitteleuropa integrierten sich im Jugoslawien der Nachkriegszeit und machten sich dort einen Namen. Nach der Befreiung vom Ustascha- und Besatzungsregime konnte er ab 1945 an der Musikakademie Zagreb seine in Wien unterbrochene Karriere als Professor für Gesang fortsetzen.836 1971 starb er in Zagreb als Miroslav Fritz Luncer. Er hatte Glück mit dem Vermögenstransfer aus Österreich : Seine Bildersammlung hatte er 1938 mitgebracht und vor der Ustascha gerettet , indem er sie einer Freundin der Familie Polić anvertraute. Diese wollte die Sammlung 1945 nicht mehr zurückgeben ; aber damals konnte man mit der Drohung , die Unterschlagung von Kulturgut anzuzeigen , die Herausgabe erzwingen. Das Klavier , das den Luftkrieg über Wien überstand , kam im Rahmen jugoslawischer Reparationsforderungen nach Zagreb.837 Die österreichischen Kommunisten Dr. Georg Nussbaum und das Ehepaar Wilhelm und Hilde Pollak blieben in der ersten Nachkriegszeit in Jugoslawien. Sie wurden in der jugoslawischen Landeskommission für die Repatriierung von Kriegsverbrechern nach Jugoslawien eingesetzt838 und erarbeiteten ein Memorandum über österreichische Kriegsverbrecher.839 Sie hatte die Auslieferung von Kriegsverbrechen aus jenen Ländern , die gegen Jugoslawien Krieg geführt hatten , zu betreiben und die Staaten daran zu hindern , diesen Menschen nicht das Bleiberecht als „displaced persons“ zu gewähren. Obwohl Jugoslawien mit 20 Ländern abschloss , in denen sich solche Personen mutmaßlich aufhielten , hielten sich diese nicht an die Auslieferungspflicht und schützten diese Personen durch die Anerkennung als „politische Dissidenten“.840 Am 8. 835 I. GOLDSTEIN , Solidarnost i pomoć Židovima u vrijeme Nezavisne Države Hrvatske , S. 225. 836 B. POLIĆ , ebenda , S. 314 , 363. 837 Ibd. , S. 338 f. 838 HDA , Landeskommission , Fasz. 387 , Zl. 29350. Zur Tätigkeit dieser Kommission gibt es weder im Kroatischen Staatsarchiv in Zagreb noch im Archiv Jugoslawiens ( Arhiv Jugoslavije ) in Belgrad Unterlagen : Mitteilung von Direktor Miladin Milošević , Juli 2011. 839 D. BIBER , Nacizem in Nemci v Jugoslaviji 1933–1945. S. 284. 840 Die 1943 gegründete jugoslawische Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer einheimischen Kollaborateure ( Državna komisija za utvrđivanje zločina okupatora i njihovih pomagača ) hatte auch die Aufgabe , die Repatriierung der Kriegsverbrecher zu veranlassen. Die Kommission zur Repatriierung geht auf Initiativen Jugoslawiens in der Organisation der Vereinten Nationen ( VN ) zurück , allen

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

September 1945 erhielt die jugoslawische Kommission von der Alliierten Kommission die Einreisegenehmigung zum Besuch der Lager in Österreich und Deutschland , aber nicht für Italien.841 Schon Ende 1944 hatte die damals schon in Belgrad konstituierte jugoslawische Regierung mithilfe der Landeskommission 395 Österreicher identifiziert – trotz der Erschwerung ihrer Tätigkeit durch das Alliierte Hauptquartier : Dieses verlangte für jeden Verdächtigten Begründungen für die Ermittlungen gegen ihn und „prima-facie-evidencies“ für das Vorliegen von Kriegsverbrechen. Außerdem verweigerten sie die Auslieferung von Personen , die „den Alliierten für Kriegsverbrecherprozesse nötig sein würden“. Unter ihnen befanden sich der ehemalige Innnenminister Dr. Andrija Artuković , der Chef der Ustascha-Polizei und des Ustascha-Nachrichtendienstes , Eugen Dido Kvaternik , sein Vater und ehemaliger Minister der Heimwehr ( Hrvatski Domobran ), Slavko Kvaternik , der Kommandant des Lagerkomplexes Jasenovac , Vjekoslav Maks Luburić , sowie zwei Bischöfe : Dr. Grigorij Rožman von Ljubljana ( Laibach ) und der Bischof von Sarajevo , Ivan Evađelista Šarić.842 Die Schwierigkeiten der jugoslawischen Kommission in Österreich resultierten daraus , dass die erste österreichische Regierung der Zweiten Republik die von den Vereinten Nationen für den Umgang mit Kriegsverbrechen festgelegten Regeln nicht anerkannte und nur die vorher gültigen Prinzipien für die Auslieferung von Straftätern gelten ließ. Mit diesem Argument verweigerte sie die Auslieferung Angehörigen der feindlichen Armeen , die auf dem Territorium von Jugoslawien gekämpft hatten , das Aufenthaltsrecht als „displaced persons“ zu verweigern und sie an Jugoslawien auszuliefern. Tito hatte allen in feindlichen Formationen dienenden jugoslawischen Staatsangehörigen als letzte Frist zum Austritt aus den feindlichen Formationen den 15. 9. 1944 gesetzt : Dies galt gleichermaßen für ausländische ( nichtjugos­lawische ) Staatsangehörige , Staatsbürger der Besatzungsmächte wie für jugos­lawische Staatsangehörige im Dienste des Feindes : Berislav JANDRIĆ , Prijepori saveznika oko zahtjeva Jugoslavije za izručenjem osumnjičenih za ratne zločine iz savezničkih izbjegličkih logora u Italiji 1945–1947. ( Divergenzen der Alliierten im Zusammenhang mit der Forderung Jugoslawiens nach Auslieferung der mutmaßlichen Kriegsverbrecher aus den Kriegsgefangenenlagern in Italien. 1945–1947. ) In : Časopis za suvremenu povijest , Zagreb 2006 , Jg. 38 , H. 2 , S.  373–716 : Über www.hrcak.srce.hr /  file / 11732. 841 In Österreich durfte die Kommission die Lager Asten ( Graz ), Braunau , Bregenz , Furnitz , Glasenbach , Hürt , Murdorf , Leibnitz , Lienz , Kellerberg , Krumpendorf , Klagenfurt , Peggetz ( Lienz ), Weizelsdorf , Weidmannsdorf , Glasenbach ( Salzburg ), Wolfsberg , St. Gertraut , St. Johann ( Pongau ), Gmunden , St. Peter , St. Salvador , St. Veit , Spittal , Treffling , Trofaiach , Villach , Viktring besuchen. B. JANDRIĆ , www.hrcak.srce.hr /  file / 11732. 842 Eugen Dido Kvaternik und Vjekoslav Maks Luburić entkamen : Kvaternik nach Argentinien , Luburić nach Spanien. Auch die beiden Bischöfe wurden in Abwesenheit zum Tode verurteilt : Dr. Grigorij Rožman floh nach Italien und dann in die Schweiz , Dr. Ivan Evanđelista Šarić nach Spanien. : A. GRÜNFELDER , Katholische Kirche und Ustascha-Herrschaft. S. 221 f.

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Flüchtlinge in der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien. Ein Epilog

von Personen , deren Straftaten politische und militärische Motive zugrunde lagen. Bis Jahresende 1946 erreichte die jugoslawische Kommission die Auslieferung von insgesamt 121 der von der UN-Kommission für Kriegsverbrechen ermittelten 2. 104 Kriegsverbrecher ( 1. 123 Deutsche und Österreicher , 759 Italiener und 222 andere ). Von den 121 Ausgelieferten waren 115 Deutsche und Österreicher , kein einziger Italiener. Als die Alliierten nach dem Abzug aus Italien alle jugoslawischen Missionen für die Auslieferung von Kriegsverbrechern ohne Zustimmung Jugoslawiens schlossen , stellte Jugoslawien die „Sysiphos“-Arbeit der Kommission ein und proklamierte im Juli 1947 eine allgemeine Amnestie : Der Konflikt mit Moskau ( der am 28. Juni 1948 in der Resolution des Informbüro über den Ausschluss Jugoslawiens gipfelte ) und die Mitteilung der Alliierten an Jugoslawien , dass keine Anträge auf Auslieferungen mehr angenommen werden würden , waren die Ursache dafür. Dafür , dass die Beschlüsse der Alliierten von Moskau , Jalta und Potsdam totes Papier blieben , die Kriegsverbrecher weitgehend sicher sein konnten , daran war auch Jugoslawien selbst schuld : Die Vertreter des Ustascha-Regimes , derer die jugoslawische Justiz habhaft wurde , wurden in Schnellverfahren ohne Rücksicht auf rechtsstaatliche Normen zum Tod verurteilt ; die Urteile wurden sofort vollstreckt ,ohne dass den Verurteilten eine Berufungsmöglichkeit gewährt worden wäre. Der Schauprozess gegen den serbischen Tschetnik-Führer Draža Mihajlović , besonders aber gegen Erzbischof Alojzije Stepinac , kirchliche Würdenträger und Ordensangehörige in Zagreb 1945–1946843 boten der internationalen Öffentlichkeit , besonders jener in den Ländern der Alliierten , Argumente dafür , dass der kommunistischen Justiz nur an der Abrechnung mit ihren politischen Gegnern zur Absicherung ihrer Macht gelegen sei , nicht aber an der Ahndung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Sie sahen , dass die jugoslawischen Anträge vielfach nicht begründet und belegt worden waren und dass Jugoslawien politische Gegner aburteilen wollte. Großbritannien und die USA konnten die Zusammenarbeit mit Jugoslawien gerade aus diesem Grund erfolgreich boykottieren.844 843 Erzbischof Stepinac wurde 1946 nach einem Schauprozess wegen „Zusammenarbeit mit der Okkupationsmacht und den einheimischen Kollaborateuren“ zu 16 Jahren Gefängnis mit Zwangsarbeit verurteilt. Nach acht Jahren Gefängnis wurde 1954 – auf internatio­nalen politischen Druck auf Jugoslawien – der Rest der Gefängnisstrafe in lebenslangen Hausarrest umgewandelt. 1960 starb Erzbischof Stepinac als Verbannter in seinem Geburtsort Krasić ( in der Nähe von Karlovac ). Auch die mitangeklagten Weihbischöfe und Ordensangehörigen wurden zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt : Katrin BÖCKH , Vjerski progoni u Jugoslaviji 1944–1953 ( Kirchenverfolgung in Jugoslawien 1944–1953 ). In : ČSP , Zagreb , Jg. 38 /  2006 , Nr. 2 , S. 403–431. – Zur Prozessführung : T( heodore ) DRAGOUN , Le dossier du Cardinal Stepinac , Paris 1958. 844 Berislav JANDRIĆ  , Prijepori saveznika oko zahtjeva Jugoslavije za izručenjem osumnjičenih za ratne zločine iz savezničkih izbjegličkih logora u Italiji 1945–1947.

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

Die Gerichte begannen im Jahre 1945 mit der strafrechtlichen Verfolgung der Kriegsverbrecher und Kollaborateure. Militärgerichte ( aus drei Personen bestehend ) urteilten Kollaborateure und „Volksfeinde“ aufgrund von Verordnungen über die Militärgerichte ( vom 29. Dezember 1942 und 24. Mai 1944 ). Artikel 12 der Verordnung ( „Uredba o vojnim sudovima“, abgek. UoVS ) stellte die Zuständigkeit der Militärgerichte für Kriegsverbrechen , Taten der Volksfeinde und Straftaten von Militärpersonen und Kriegsgefangenen fest , Artikel 13 und 14 definierten , wer als „Kriegsverbrecher“ und wer als „Volksfeind“ zu behandeln war : Nach Artikel 13 waren es jugoslawische Staatsbürger und Angehörige der Besatzungsmächte , die als Planer , Anordner , Organisatoren , Vollstrecker und Helfer von Massenmorden , Deportationen , Lagereinlieferungen , Folter , Zwangsarbeit , Aussiedlungen fungierten. Die Mitgliedschaft in der Ustascha , in Ustascha-Formationen und Polizei- , Militär- und Zivileinheiten der Besatzer galt als Kriegsverbrechen , ebenso wie die Vernichtung von „Volkseigentum“. Artikel 14 mit der Definition von „Volksfeinden“ überschneidet sich teilweise mit jener von „Kriegsverbrechern“ ( so wurde die Mitgliedschaft in zivilen und militärischen oder polizeilichen Organisationen auch unter diesem Artikel unter Strafe gestellt ) und ist unpräzise ( vielleicht mit Absicht , wie Portmann annimmt , um jeden Missliebigen vor Gericht bringen zu können ).845 Die Aburteilung von „Volksfeinden“ oblag den Kreisgerichten. Die Gerichte arbeiteten auf Grundlage der von den Landeskommissionen zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und ihrer Helfer erstellten Befunde , die auch auf Zeugeneinvernahmen beruhten. Michael Portmann stellte in seiner Studie zur „kommunistischen Abrechnung“ mit den Verbrechen im Krieg846 fest , dass diese Einvernahmeprotokolle „telle-quelle“ als Anklage verwendet worden seien und die solcherart erstellten Anklageschriften wieder wörtlich in die Urteilsbegründung eingegangen seien. Nach Portmann habe es also „in den allermeisten Fällen“ ( M. Portmann ) keine Verifizierungsverfahren gegeben.847 ( Divergenzen der Alliierten im Zusammenhang mit der Forderung Jugoslawiens nach Auslieferung der mutmaßlichen Kriegsverbrecher aus den Kriegsgefangenenlagern in Italien. 1945–1947. ) In : Časopis za suvremenu povijest , Zagreb , Jg. 38 , H. 2 , S. 373–716 : Über www.hrcak.srce.hr /  file / 11732. 845 M. PORTMANN , Kommunistische Abrechnung mit Kriegsverbrechern , Kollaborateuren , ‚Volksfeinden‘ und ‚Verrätern‘ in Jugoslawien während des Zweiten Weltkriegs und unmittelbar danach ( 1943–1950 ). Diplomarbeit an der Geistes- und Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien , 2002 , S. 56. 846 Michael PORTMANN , Kommunistische Abrechnung. S. 73.  847 Diese Behauptung findet sich auch in der Studie von Martina GRAHEK RAVANIĆ , Djelovanje Zemaljske komisije za utvrđivanje zločina okupatora i njihovih pomagača / Das Wirken der Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und ihrer Helfer. Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Universität Zagreb , Zagreb 2011 , S. 17.

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Flüchtlinge in der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien. Ein Epilog

Diese Mängel finden sich jedoch nicht in allen Gerichtsakten der 502 Faszikel ( die zum größten Teil mikroverfilmt wurden. Die gerichtliche Abrechnung mit den Verbrechen ist daher nicht durchwegs nur ein typisches Produkt kommunistischer Justiz , die die Feinde und Unterlegenen des Systems eliminieren wollte. Die Qualität der einzelnen Verfahren ist unterschiedlich : Der erste Anklagepunkt lautete in allen Fällen Zugehörigkeit zur Ustascha als einer „verbrecherischen und terroristischen Organisation“, womit meistens , aber nicht immer , automatisch auf Beteiligung an Verbrechen geschlossen wurde. Manche Gerichte bestanden auf Aussagen zu konkreten Tatumständen , statt aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Ustascha-Formation auch schon die Täterschaft für erwiesen anzunehmen. Gerichtsakten weisen durchaus auch abwägende Beurteilung von Belastungs- und Entlastungzeugen auf ; nicht alle Richter begnügten sich damit , die Übereinstimmung von Zeugenaussagen mit den Geständnissen der Angeklagten als Schuldbeweis zu akzeptieren , wohl wissend , dass Geständnisse erpresst wurden. Die Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen beweist dies in ihren Akten zur Zeugeneinvernahme ebenso wie in den Gerichtsakten. Die Kommission überprüfte Anzeigen , identifizierte Denunzianten und ließ den zuständigen Gerichten stichhaltige Verfahrensgrundlagen zukommen. In manchen Fällen ließ das Gericht die Einzelverantwortung an den zur Last gelegten Taten feststellen. Dies war der Fall bei der Verurteilung des Ustascha-Ortskommandanten von Daruvar , Čedomir Lasović , der die Deportation der einheimischen Juden und von 93 jüdischen Flüchtlingen aus Österreich , Deutschland und der Tschechoslowakei vollzog : Er wurde vom Kreisgericht Bjelovar verurteilt.848 Dies ist der einzige Fall , in dem die Ermordung ausländischer Juden explizit als Strafbestand festgestellt wurde , eine Generalisierung dieser Strafurteile und der jugoslawischen Kriegsverbrecherprozesse ( zu der Portmann neigt ) , ist daher nicht angebracht. Neben der unbestreitbar herrschenden Tendenz zur Rache- und Lynchjustiz gab es Ermittlungen und Verfahren , in denen tatsächlich Recht gesprochen wurde. Die Säulen des Gewaltregimes der Ustascha , einschließlich des Hauptverantwortlichen für die Gründung und den Betrieb von Konzentrationslagern und das Regime in ihnen , Eugen Dido Kvaternik , entkamen 1945 über Österreich nach Italien und Argentinien. Auch der Leiter des Konzentrationslagers Jasenovac , Vjekoslav Maks Luburić , entging der jugoslawischen Justiz. Diese wurde nachgeordneter Funktionäre habhaft. Vor Gericht schilderten einige – wie der Kommandant von Stara Gradiška , Ante Vrban , detailliert ihre Taten.849 Das kommunistische Jugoslawien errichtete für die Opfer des Ustascha-Regimes ein zentrales Denkmal : auf dem Areal des Konzentrationslagers. Andere Stätten der Massenmorde wurden in Eigeninitiativen – der 848 HDA , ZKRZ , Mikrofilm Z-2949 , K–198 /  45 vom 17. 6. 1946 /  Datum der Rechtskraft des Todesurteils 849 HDA , ZKRZ , Fasz. 279 , 15539 /  45. I. GOLDSTEIN , Holokaust u Zagrebu. S. 593 f.

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Deutsch-italienisches Ringen um die jüdischen Flüchtlinge aus Jugoslawien

Frauenorganisation ( AFŽ ) und der Sozialistischen Jugend ( SKOJ ) auf der Insel Pag , der Altpartisanenverbände ( SUBNOR ) auf der Insel Kampor 850 errichtet , aber nicht kontinuierlich betreut , sodass gerade Kampor verwahrloste. Die von der italienischen Militärverwaltung auf Pag und in Jadovno gekennzeichneten Stätten von Massenmorden werden erst in neuerer Zeit wieder von den Jüdischen Gemeinden und der serbischen Minderheitenorganisation in Kroatien sowie von Altpartisanenorganisationen nicht nur aus Kroatien , sondern auch aus Slowenien , Serbien sowie Bosnien und Herzegowina betreut , da Partisanen und kommunistische Opfer aus allen diesen Staaten auf dem Territorium des USK ums Leben kamen.

3.7 Fazit Ziel dieser Untersuchung war die Ermittlung möglichst vieler Einzelschicksale von jüdischen Flüchtlingen , primär aus Österreich , aber auch aus Deutschland , der ehemaligen Tschechoslowakei , Polen. Damit sollte die Datenbank des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes und des Yad-Vashem-Archivs mit Informationen zu Überlebenden oder aber zum Tod noch Gesuchter ergänzt werden : Insgesamt wurden 973 Jüdinnen und Juden ermittelt , deren Namen in den kroatischen und slowenischen Archivbeständen evidentiert waren. Mit Ausnahme jener , deren Ausreise aus Jugoslawien belegt werden konnte ( siehe Listen Nr. 4 und 4.2 , 4.3 , 4.4 ), war weder ihre Herkunft noch ihr weiteres Schicksal zu ermitteln. – 101 jüdische Opfer mit Heimatzuständigkeit in Österreich wurden ermittelt. – 86 Internierte der Lager Jasenovac und Stara Gradiška finden sich nicht auf der Liste der identifizierten Opfer des Lagersystems Jasenovac I–V , Jasenovac und Stara Gradiška ). Ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt. – Im Frauenlager Stara Gradiška kamen elf Jüdinnen mit Heimatzuständigkeit in Österreich ums Leben ( eine Tote – Epstein Irma – steht auch auf der Liste der im Lager Đakovo Verstorbenen ). – In Loborgrad und Gornja Rijeka waren 49 Jüdinnen und acht minderjährige Juden mit Heimatzuständigkeit in Österreich interniert. – 24 Insassen ( 23 Frauen und acht Minderjährige ) wurden im August 1942 nach Auschwitz deportiert. – Auf dem jüdischen Friedhof von Đakovo sind 13 Opfer der Typhusepidemie im dortigen Konzentrationslager bestattet. Im Lager wurden 31 Jüdinnen mit Heimatzuständigkeit Österreich ermittelt.

850 I. BANIĆ , Fašistično taborišće Kampor : www.muzej-kampor.croatia-rab.com.si /  povijest /  html.

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Fazit

Dazu kommen 236 ausländische Jüdinnen und Juden , die gemeinsam mit 211 einheimischen Juden zwischen 11. und 16. Dezember 1941 von der Ustascha in Brčko in einer „Vergeltungsaktion“ ermordet wurden. Darunter befanden sich vermutlich auch Internierte aus Fužine. Ihre Leichen wurden in den Savefluss geworfen. Die jüdischen Gemeinden errichteten für diese Opfer ein Denkmal an der Save. Ein Zeitzeuge , Avram Pinto aus Sarajevo , der zu dieser Zeit Häftling des Lagers Jasenovac war , erfuhr von diesem Massenmord von Einheimischen. Auch die Namen der 45 Familien , die in Kuršumlijska Banija , Prizren und Priština ( heute Republik Kosovo ) von den Italienern an die Deutschen ausgeliefert und in den serbischen Konzentrationslagern „Sajmište“ und „Banija“ ermordet wurden , waren nicht zu ermitteln und sind auch der jüdischen Gemeinde Pirština nicht bekannt. Durch die italienischen Konzentrationslager Kraljevica und Kampor ( Insel Rab ) gingen 52 Jüdinnen und Juden mit Heimatzuständigkeit in Österreich : Wie viele davon doch noch von der deutschen Besetzung der Insel Rab ( 19. März 1944 ) eingeholt und in die „Risiera di San Sabba“ in Triest , von dort in die Lager im Osten deportiert wurden , kann mangels Deportationslisten nicht festgestellt werden. Jugoslawische Politiker bekundeten in der Zwischenkriegszeit ihre Bereitschaft , im Geiste der „Asyl“-Tradition des Landes jüdische Flüchtlinge aufzunehmen. Aber die Stimmung im Lande entwickelte sich seit 1933 in Richtung einer „Fremdenfeindlichkeit“, die aus antisemitischen Vorurteilen ( „zu wenig patriotisch“, kommunistisch , „unser Unglück“ ) gespeist wurde. 1939 war die Forderung „Werft sie aus dem Land !“ kein Tabubruch mehr. Die dies forderten , bedachten nicht , dass zu diesem Zeitpunkt nur mehr wenige Staaten die bedrohten jüdischen Flüchtlinge aufnehmen wollte. In Slowenien und Serbien vollzogen die deutschen Machthaber die Auslöschung des Judentums – im Unabhängigen Staat Kroatien fanden sie nicht nur treue und engagierte Verbündete zur Vollstreckung des Genozids , sondern in der Ustascha eine Kraft , die auch aus eigenem materiellem Interesse Juden verfolgte und dabei eine sogar von den Deutschen mit Entsetzen beobachtete Brutalität entwickelte. Schon im ersten Jahr der Ustascha-Herrschaft wurden 66 % der auf dem USK lebenden ( oder verweilenden ) Juden ermordet. Die italienische Besetzung des ehemaligen Jugoslawien verfolgte im ersten Jahr jene Politik , wie sie die meisten neutralen und freien Staaten gegenüber jüdischen Flüchtlingen ebenfalls einnahmen : Es wies ihnen die Türe. Die Schreckensmeldungen über die Ustascha-Lager , die in anderen freien Ländern mit Gleichgültigkeit aufgenommen wurden , bewogen jedoch die italienische Armee zu einem Engagement , dessentwegen Marina Cattaruzza von einem Lichtblick in der sonst nicht gerade ruhmreichen Geschichte dieser Armee während des Zweiten Weltkriegs spricht. Auch Italien konnte aber wegen seiner politischen Schwäche die jüdischen Flüchtlinge schlussendlich nicht davor bewahren , den Deutschen in die Hände zu fallen und doch noch Opfer der Vernichtung des Judentums zu werden : Bis 1941 konnten sie hoffen , dieser durch Flucht nach Jugoslawien zu entkommen. 201

4 Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

4.1 Liste der österreichischen Juden in Slowenien ( Draubanschaft ): Flüchtlinge und Fluchtziele Argentinien Kelen Hans aus Wien ; er reiste am 20. 10. 1938 über Maribor nach Jugoslawien ein851 Albanien Hacker Julius und seine Frau Margarethe852 Löwus Hans853 Australien Jellinek Gertrude ( geb. am 22. 8. 1908 in Wien ) wollte nach Zagreb , wo ihr Gatte Jellinek Robert854 schon eingetroffen war ; gemeinsam wollten sie nach Melbourne emigrieren855 Kafka Rudolf , eingereist am 6. 11. 1938 ; er wollte zuerst die Familie Freiberger in Zagreb ( Jelačić-Platz Nr. 6 ) besuchen856 Italien Dr. Friedrich Welt aus Wien erhielt am 13. 7. 1938 ein jugoslawisches Tourismusvisum für den Wintersportort Kranjska Gora ; von dort aus begab er sich zum slowenischen Grenzübergang Rakek-Postojna ( Adelsberg ), um nach Italien auszureisen. Aufgrund des „umfangreichen“ Gepäcks , das er mitführte , befürchteten die jugoslawischen Stellen , er könnte um Niederlassung ansuchen.857 Auch Frau Pisk Liselotte858 sowie das Ehepaar Plaschkes Siegfried und Hedwig mit zwei Kindern reisten über Jugoslawien nach Italien und von dort nach Palästina.859 Minner Leopold und Margarethe erhielten am 13. 8. 1939 ein 2–3 Monate gültiges Visum für Rogaška Slatina ; am 31. 8. 1938 begaben sie sich nach Bled ( Veldes ) und reisten von dort nach Italien aus.860 851 852 853 854 855 856 857 858 859 860

ARS , KBUDB ( AS 067 ), Fasz. 33–11 , Zl. 30779 vom 20. 10. 1938. ARS , KBUDB ( AS 067 ), Fasz. 33–11 , Zl. 24291.

Ebenda , Zl. 30125 / 1938 vom 27. 10. 1938. Ebenda , Zl. 29839 / 1938 vom 12. 10. 1938. Ebenda , Zl. 32219 / 1938 vom 5. 11. 1938. Ebenda , Zl. 32218 / 19183 vom 6. 11. 1938. Ebenda , Zl. 25824 / 1938 vom 4. 12. 1938. Ebenda , Zl. 28418 / 1938 vom 19. 9. 1938. Ebenda , Zl. 28418 / 1938 vom 19. 9. 1938. Ebenda , Zl. 30522 / 1938 vom 13. 8. 1938.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

Kolumbien Kolumbien steuerte Tichler Olga an861 Montevideo Weiss Leo und Camilla ; sie blieben nach der Einreise am 26. 11. 1938 ( über Maribor ) einige Tage bei Verwandten in Ljubljana und reisten nach Italien aus , um nach Montevideo oder Bolivien zu gelangen862 Singer Dr. Hans ( geb. 26. 1. 1909 ) und Jeanette ( geb. 18. 2. 1915 ) aus Wien863 Palästina Mit Schiffskarten für Haifa reisten Viktor und Hermine Gelles am 16. 9. 1938 über Maribor ein864 , am 20. 9. 1938 das Ehepaar Dr. Rudolf und Chama Strisaver aus Wien865 , Fischer Erich aus Wien866 , Aptowitzer Abraham aus Wien867 , Beer Georg868 , Steinbach Walter hatte die Dokumente für die Einreise nach New York869 , ebenso Dr. Friederike Steinbach870 , Lagstein Salomon und Anna reisten am 22. 10. 1938 über Maribor nach Jugoslawien ein ; sie hatten Schiffskarten für Palästina vom Hafen Cristobal aus871 Panama hatte Cornela Spiss Fischer aus Wien die Reise über Ljubljana und Zagreb vorgesehen872 Schanghai Elsa und Egon Kollmann aus Wien , die chinesische Einreisegenehmigungen besaßen , wollten sich vor der Ausreise nach China von ihren Verwandten in Zagreb und anderen jugoslawischen Städten verabschieden. Sie kamen am 12. 11. 1938 über Maribor nach Rogaška Slatina und reisten am 20. 11. 1938 nach Italien aus.873 861 862 863 864 865 866 867 868 869 870 871 872 873

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Ebenda , Zl. 29839 / 1938 vom 12. 10. 1938. Ebenda , Zl. 32215 / 1938 vom 26. 11. 1938. Ebenda , Zl. 32216 / 1938 vom 26. 11. 1938. ARS , KBUDV , Fasz. 33–11 , Zl. 27710 / 1938. Ebenda , Zl. 28018 / 1938 vom 20. 9. 1938. Die Reisepässe des Ehepaares trugen die Nummern 16335 und 16336 ; das jugoslawische Visum 540877 galt für beide Partner. Ebenda , Zl. 28846 / 1938 vom 30. 11. 1938. Ebenda , Zl. 29173 / 1938 vom 4. 10. 1938. Ebenda , Zl. 30254 / 1938 vom 13. 10. 1938. Ebenda , Zl. 28018 / 1938 vom 20. 9. 1938 : Sein Reisepass trägt die Nr. 540878 ; das jugoslawische Visum wurde am 16. 9. 1938 ausgestellt. Ebenda , Zl. 29011 / 1938 vom 3. 10. 1938. Ebenda , Zl. 30869 / 1938 vom 22. 10. 1938. Ebenda , Zl. 290112 / 1938 vom 4. 10. 1938. ARS , KBUDB , Fasz. 33–11 , Zl. 26918 / 1938 : Die Reisepässe trugen die Nummern 21957 und 21958 ; ausgestellt wurden sie von der Polizei in Wien am 15. 9. 1938. Die jugoslawischen Sichtvermerke Nr. 20971 und 20972 galten 10 Tage lang.

Liste der aus Samobor nach Prahovo ausgereisten jüdischen Internierten

Rosenbaum Herbert aus Wien hatte ebenfalls Schiffskarten für Schanghai874 , desgleichen Sternschuss Norbert und Jolanda875 , die Familie von Leib Schneid ( L eib , Malwine , Norbert und Harry )876 , Pelteson Eva und Günther877 Frenkel Friedrich Eugen ( W ien )878 Kossowsky Alexander ( geb. am 22. 4. 1905 in Wien , Handelsreisender ) und Scheindel Golde ( geb. am 10. 2. 1906 in Stari Sombor )879 Samuel und Josefine Steuer aus Rechnitz 880 Weisz Martha ( W ien )881 Folgende österreichische Juden besaßen Visen für den Hafen Split : Chajes Charma ( geb. 2. 7. 1912 in Polen , ständig wohnhaft in Wien , „Akademik“ ) und seine Begleiterin Sternberg Franziska ( geb. 5. 3. 1915 )882 , Herz Irene883 USA Familie Austern : Iska , Perl , Israel , Chiel und Cäcillia ( Reisepässe Nr. 17841 , 17842 , 17843 , 17844 und 17845 ; jugoslawische Visa 20792 , 20793 , 20794 , 20795 , 20796 )884

4.2 Liste der aus Samobor nach Prahovo ausgereisten jüdischen Internierten 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Polak Julius ( geb. 1882 ) Polak Aranka ( Gattin von Julius ) Pragan Rudolf ( geb. 1930 ) Rozenberg Viktor Rudolf ( geb. 1921 ) Taubner Maks ( geb. 1875 ) Rajsman Julian ( geb. 1903 ) Rajsman Elza ( Gattin von Julian ) Levin Izak ( geb. 1904 ) Lajht Maksimilijan ( geb. 1914 ) Elbog( h )en Dr.  Lot( h )ar ( geb. 1900 )

874 875 876 877 878 879 880 881 882

Ebenda , Zl. 28419 / 1938 vom 27. 9. 1938. Ebenda , Zl. 28849 / 1938 vom 9. 10. 1938. Ebenda , Zl. 29011 / 12938 vom 3. 10. 1938. Ebenda , Zl. 29796 / 1938 vom 10. 10. 1938. Ebenda , Zl. 32765 / 1938 vom 10. 11. 1938. Ebenda , Zl. 30880 / 1938 vom 23. 10. 1938. HDA , BH-ODZ , Fasz 68 , Zl. 6812 / 1939. ARS , KBUDB , Fasz. 33–11 , Zl. 33662 / 1938 vom 15. 11. 1938. Ebenda , Zl. 28417 / 1938 vom 25. 9. 1938. „Akademik“ bedeutet im Slowenischen Mitglied einer Akademie der Wissenschaften und Künste. 883 Ebenda , Zl. 28843 / 1938 vom 28. 9. 1938. 884 Ebenda , Zl. 32763 / 1938 vom 28. 10. 1938.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

11. Erlih Mozes : Er und seine Frau Erna waren am 14. 3. 1940 in Nova Gradiška evidentiert885 12. Erlih Erna 13. Tauber Ernestina 14. Preminger Emil 15. Kahane Wolf 16. Dresdner Bernhard 17. Breiter Abraham : Opfer der Geiselerschießung von Zasavica 12. 10. 1941 laut Yad-Vashem-Liste

4.3 Liste der am 14. 3. 1940 aus Podravska Slatina nach Prahovo ( Serbien ) Ausgereisten886 1. Weiss  Adalbert ( geb. 1892 ) 2. Gattin Weiss Karoline 3. Weiss Rudolf ( geb. 1901 ) und 4. Gattin Weiss Frieda ( geb. 1914 ) 5. Schwarz Stefanie ( geb. 1887 ) 6. Fridl Ernst ( geb. 1903 ). Er wurde am 12. 10. 1941 Opfer der Geiselerschießung von Zasavica887 7. Waldmann Ernst 8. Gattin Waldmann Malwine

4.4 Liste der Flüchtlinge aus Daruvar , die nach Prahovo abreisten ( boldiert : Ermordete von Zasavica oder im serbischen KZ Sajmište ) 1. Abraham Breiter 2. Bergwerk Dr. Ignaz und seine Frau Felicija ( aus Polen stammend , in Wien zuständig , Ausreise genehmigt am 14. 3. 1940 ); auf der Opferliste von Yad Vashem ; Opfer von Zasavica bzw. des KZ Sajmište , Beograd , laut Yad Vashem 3. Dr. Lothar und Stella Elbog( h )en aus Hinterbrühl888 4. Feder Ing. Herman und Feder Toni889 885 886 887 888 889

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HDA , BH-ODZ , Fasz. 52 , Zl. 6812 / 1940.

Ebenda , Fasz. 52 , Zl. 13. 605 / 1940. Fridl Ernst findet sich auf der Liste von Yad Vashem. www.yadvashem.org. HDA , BH-ODZ , Fasz. Nr. 11 , Zl. 58679 / 1939 und Zl. 59999 / 1939 ; Fasz. 40 , Zl. 4322 /  40. DÖW-Liste : Feder Ing. Hermann , geb. 20. 10. 1906 ; Toni , geb. 30. 3. 1910 ; beide Opfer der Geiselerschießung von Zasavica.

Ausländische Opfer des Lagers Banjica , Beograd

5. Gelman Hermann 6. Kaiser Wilhelm ( während des Zwangsaufenthaltes in Fužine , Genehmigung für 14. 3. 1940 )890 7. Huserl Marcel und Rosa 8. Lemberger Erich und Antonia ( 14. 3. 1940 )891 9. Linker Hedwig , Leon und Tochter Eva ( Linker Hedwig wurde 1917 in Spittal an der Drau geboren ; sie lebte mit Gatten Leon und Tochter Eva in Klagenfurt ; Leon wurde in Zasavica erschossen ; Hedwig und Eva kamen im KZ Sajmište in Belgrad ums Leben )892 10. Mandel Ignaz ( geb. 1916 in Wien ); ( am 14. 3. 1940 genehmigt , am 29. 3. 1940 tatsächlich abgereist893 11. Širinger ( Schieringer ) Sofia und Širinger Gertrud 12. Eduard Urban und seine Frau Ella 13. Pragan Rudolf ( geb. 1930 ) ( Genehmigung am 25. 4. 1940 , während des Zwangsaufenthaltes in Samobor )894 14. Preminger Emil , ebenfalls 15. Ramras Josef und Johanna ( Josef , geb. 19. 3. 1881 in Aleksandrov , Russland ; ­Johanna , geb. 18. 8. 1889 in Suemek , Ungarn , wohnhaft in Wien ) 16. Ruf( f ) Art( h )ur ( geb. 1906 )

4.5 Ausländische Opfer des Lagers Banjica , Beograd895 Bretler Hedwig ( Vater : Max , geb. 8. 1. 1910 , Wien ); verhaftet durch die Gestapo Belgrad am 27. 10. 1941 und durch die SS am 9. 12. 1941 deportiert aus Belgrad Felmer Wilhelmina ( geb. 3. 2. 1887 in Linz ); Witwe mit zwei Kindern ; verhaftet durch die Gestapo Belgrad am 12. 11. 1941 ; deportiert am 9. 12. 1941 durch die SS Glogauer Leon ( geb. am 3. 10. 1876 in Wien ); deportiert am 14. 9. 1941 aus Belgrad und am 17. 9. 1941 ins „ Judenlager“ eingewiesen Goldstein Alice ( geb. Juli 1906 in Wien ); deportiert durch die SS am 3. 8. 1942 und am 11. 8. 1942 erschossen Goldstein Ruth ( geb. Mai 1929 , Schülerin ); deportiert durch die SS am 3. 8. 1942 und am 11. 8. 1942 erschossen Gottlieb Adolf (  ? ); deportiert am 13. 5. 1942 durch die SS ; am 28. 4. 1942 erschossen 890 891 892 893 894 895

HDA , ebenda ; Jaša ROMANO , Jevreji Jugoslavije 1941–1945. Opferregister. HDA , ebenda. HDA , ebenda und Opferliste G. AMERL /  W. MANOSCHEK , Vergebliche Flucht. HDA , ebenda , und Fasz. 56 , Zl. 16736 / 1940. HDA , ebenda , Fasz. 40 , Dok. Zl. 3741 / 1940 und Zl. 4332 /  40. Quelle : Liste des Jüdischen Historischen Museums Beograd ( JIM ) ohne Signatur.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

Herschdal Resi , Schneiderin ( geb. Juni 1913 in Wien ); am 19. 8. 1942 durch die SS deportiert ; am 24. 8. 1942 erschossen Hirschl Kitty ( geb. Dezember 1925 in Wien ); am 2. 12. 1941 in Belgrad angekommen ; am 9. 12. 1941 durch die SS deportiert Huler Ida ( geb. 1. 8. 1878 ); am 20. 7. 1942 durch die SS deportiert ; am 3. 8. 1942 erschossen Kat ( Katić ) Ivan , Kaufmann ( geb. 1908 in Wien ); am 19. 5. 1942 durch die SS deportiert , am 28. 4. 1942 „liquidiert“ Kolomon Heinrich , Angestellter ( geb. 2. 1. 1901 in Wien ); am 19. 8. 1942 durch die SS deportiert ; am 24. 8. 1942 erschossen Kon Cäcillia , Friseuse , verheiratet , ein Kind ( geb. 6. 9. 1902 in Wien ); am 12. 11. 1941 durch die Gestapo deportiert ; am 9. 12. 1941 durch die SS erschossen Kon Raul , Buchhalter , ledig ( geb. 9. 1. 1918 in Wien ); am 4. 9. 1942 durch die SS deportiert ; am 9. 9. 1942 erschossen Maier Elsa , Hausfrau ( geb. 3. 5. 1893 in Wien ); ein Kind ; am 10. 11. 1941 von der Gestapo ; am 9. 12. 1941 von der SS deportiert Maier Guido , Ingenieur ( geb. 6. 2. 189 ? in Wien ); am 2. 12. 1941 von der Gestapo verhaftet , am 3. 3. 1942 entlassen Medak Oskar , Kaufmann , verheiratet , ein Kind ( geb. 4. 11. 189 ? in Wien ); am 10. 8. 1942 von der SS Niš verhaftet ; am 11. 8. 1942 erschossen Miler Helena , Hausfrau , ein Kind ( geb. Mai 1879 in Wien ); am 3. 8. 1942 von der SS Senta verhaftet ; am 31. 8. 1942 erschossen Pesati Jacques , Installateur ( geb. 5. 5. 1895 in Wien ); am 4. 9. 1942 von der SS verhafet ; am 9. 9. 42 erschossen Raje Olga , Hausfrau ( geb. 6. 11. 1895 in Wien ); am 24. 4. 1942 von der SS verhaftet ; am 9. 5. 1942 erschossen Schmal Rudolf , ledig ( geb. Jänner 1902 in Wien ); am 4. 9. 1942 von der SS verhaftet ; am 9. 9. 1942 erschossen Schreiber Elsa , Hausfrau , Witwe ( geb. 1881 in Wien ); am 7. 5. 1942 von der SS verhaftet ; am 9. 5. 1942 erschossen Schreiber Miroslav , Privatangestellter , verheiratet ( geb. 5. 6. 1905 in Wien ); am 7. 5. 1942 von der SS verhaftet ; am 9. 5. 1942 erschossen Singer Draga , Hausfrau , Witwe ( geb. Mai 1870 ); am 27. 3. 1942 von der Gestapo verhaftet und von ihr übernommen Šterlieb Edmund , Kürschner ( geb. 8. 11. 1914 ); am 19. 8. 1942 von der SS verhaftet ; am 28. 8. 1942 erschossen Wasservogel Ernst , Gymnasiast , IV. Klasse ( geb. Mai 1926 ); am 4. 6. 1942 von der SS verhafatet ; am 7. 7. 1942 erschossen Wasservogel Jova , Gymnasiastin , III. Klasse ( geb. Mai 1926 ); wie Ernst

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In Fužine internierte ausländische Juden

Wasservogel Natalia Viktoria , Mutter ( geschieden ; geb. IX / 1890 ); wie die Kinder Wasservogel Richard , Arzt ( geb. Wien , verheiratet , zwei Kinder ); am 19. 3. 1942 von der Gestapo verhaftet ; am 31. 11. 1941 von der SS gefangen

4.6 In Fužine internierte ausländische Juden896 Die meisten der hier verzeichneten jüdischen Internierten wurden zwischen 11. und 16. 12. 1941 in Brčko ( Bosnien ) ermordet ( boldiert ! ) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.

Abend Gerson ( geb. 19. 12. 1899 in Jaroslav , Polen ; zuständig in Wien ); im März 1940 Zwangsaufenthalt Abosch Josef ( geb. 5. 11. 1904 in Czernaute , zuständig in Wien , staatenlos ); am 19. 2. 1940 in Fužine angekommen Amber Art( h )ur ( geb. 27. 5. 1896 Bielitz , zuständig in Wien ); Ankunft 19. 2. 1940 Amber Mali ( geb. 10. 1. 1898 in Grodek , Polen , zuständig in Wien ); ebenso Arnold Salomon ( geb. 12. 5. 1907 in Stanislau , Polen , zuständig in Graz ); ebenso Bisenz Nathan ( geb. 9. 10. 1892 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso Bisenz Lea ( geb. 26. 9. 1893 in Krakau , zuständig in Wien ); ebenso897. Beide befinden sich auf der Liste von Yad Vashem als Opfer des Massakers von Brčko. Brandstein Jakob ( geb. 19. 12. 1893 in Boszovce , Polen , zuständig in Wien ); ebenso Brandstein Sara ( geb. 20. 12. 1895 in Boszovce , zuständig in Wien ); beide auf der Liste von Yad Vashem als Opfer des Massakers von Brčko Braun Albert ( geb. 17. 7. 1888 in Ung. Ustra , ČSR , zuständig in Wien ); am 27. 2. 1940 angekommen Braun Ernö ( geb. 17. 7. 1914 in Miava , Slowakei , zuständig in Wien ); Ankunft 19. 2. 1940 ; zum Zwangsaufenthalt in Fužine angetreten Brodi Ernestine ( geb. 21. 6. 1895 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso Eckhaus Salomon ( geb. 8. 4. 1892 in Wasilew , Rumänien , zuständig in Wien ); ebenso Eckhaus Max ( geb. 25. 8. 1927 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso Eisner Antonia ( geb. 31. 5. 1900 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso Eisenstädter Leopold ( geb. 6. 8. 1900 in Wien , zuständig in Wien ); am 8. 3. 1940 angekommen Erber Norbert ( geb. 18. 4. 1889 in Klosterneuburg , zuständig in in Wien ); am 19. 2. 1940 angekommen Feldstein Hersch ( geb. 6. 12. 1895 , Borsylaw , Polen , zuständig in Wien ); ebenso

896 HDA , BH-ODZ , Fasz. 68 , Zl. 6812 / 1940. 897 Auf der Opferliste von Yad Vashem.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

19. Ferenczi Oskar ( Sohn des Samuel , geb. am 25. 8. 1889 in Wien , Reisepass des Deutschen Konsulates Zagreb Nr. 157 / 1939 ); kam nach Fužine ( Datum unbekannt ) und flüchtete von dort in die Provinz Fiume /  Rijeka ; dort im Juli 1940 verhaftet898 20. Fink Leo ( geb. 25. 10. 1885 in Wien , zuständig in Wien ); am 19. 2. 1940 angekommen ;899 laut Yad-Vashem-Liste ermordet „in Jugoslawien“ 21. Fischl Dr. Fritz ( geb. 1897 in Wien ); mit Gattin Marietta organisierte er kommunistische Zusammenkünfte in Ozalj und reiste mit italienischen Passierscheinen ins Küstenland und retour ; am 27. 2. 1940 zum Zwangsaufenthalt nach Fužine geschickt900. Im Partisanenkampf gefallen? 22. Fried Klara ( geb. 19. 1. 1883 in Wien , zuständig in Wien ); Ankunft am 19. 2. 1940 23. Frommer Ilonka /  Helena ( geb. 14. 7. 1898 in Rosenberg , Slowakei , zuständig in Wien ); Ankunft am 16. 3. 1940 24. Frommer Felix ( geb. 12. 4. 1925 in Wien , zuständig in Wien ); Ankunft am 16. 3. 1940 ; beide Opfer von Brčko laut Yad-Vashem-Liste 25. Frost Schulim ( geb. 18. 1. 1907 in Przemyśl , Polen , zuständig in Wien , polnischer Staatsangehöriger ); Ankunft am 19. 2. 1940 ; ermordet laut Yad-Vashem-Liste , aber ohne Angabe des Ortes 26. Fruchs Nathan ( geb. 27. 11. 1881 in Lwow , Polen , zuständig in Wien , staatenlos ); ebenso 27. Garfunkel Irma ( geb. 15. 7. 1921 in Wien , zuständig in Wien ); laut Yad-VashemListe wurde sie am 14. 6. 1942 nach Sobibor deportiert 28. Glas Otto ( geb. 30. 3. 1888 in Wien , zuständig in Wien ); am 16. 3. 1940 angekommen 29. Glas Alice ( geb. 8. 3. 1897 in Zagreb , zuständig in Wien ); wie Glas Otto 30. Goldenberg Isidor ( geb. 10. 4. 1881 in Lackie , Polen , zuständig in Wien ); am 19. 2. 1940 angekommen 31. Goldstein Simon ( geb. 5. 10. 1890 in Odessa , SSSR , zuständig in Wien ); ebenso und wie 32. Goldstein Albina ( geb. 20. 9. 1893 , Wiener Neustadt , zuständig in Wien ); 33. Graulich Juda ( geb. 22. 1. 1894 in Rozdol , Polen , zuständig in Wien , staatenlos ); ebenso 34. Graulich Feige-Reisel ( geb. 16. 7. 1894 , Zydaczov , Polen , zuständig in Wien , staatenlos ); ebenso 35. Haas Moses ( geb. 11. 11. 1890 , Brzerzany , Polen , zuständig in Wien ); ebenso 898 DA Rijeka , Prefettura di Fiume – Questura , Ufficio Stranieri ( JU-39 ), Elenco degli Ebrei stranieri arrestati in Fiume ; Nr. 928160 vom 2. 8. 1940. 899 HDA , ibd. Fasz. 68 , Zl. 6812 / 1940. 900 HDA , Archiv Helm , Fasz. 4 ( Akt Fischl , Akt Gemmingen ).

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In Fužine internierte ausländische Juden

36. Hacker Heinrich ( geb. 22. 11. 1888 , Kirchschlag , zuständig in Wiener Neustadt ); ebenso ( in Jasenovac evidentiert ! ) 37. Hoffer Elisabeth , ( geb. 13. 7. 1905 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso 38. Hoffer Rosa ( geb. 29. 8. 1888 , Nivnitz , ČSR , zuständig in Wien ); ebenso 39. Holzer Art( h )ur ( geb. 1. 2. 1898 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso 40. Imbermann Jonas ( geb. 1. 5. 1880 , Ottynia , Polen , zuständig in Wien , polnischer Staatsangehöriger ): und 41. Imbermann Jetty ( geb. 15. 7. 1879 , Kolomea , Polen , zuständig in Wien , polnische Staatsangehörige ); Ankunft am 8. 3. 1940 42. Josefsberg Gisa-Golda ( geb. 28. 10. 1898 , Stryj , Polen , zuständig in Graz , polnische Staatsangehörige ); Ankunft am 19. 2. 1940 43. Josefsberg Leo ( geb. 16. 12. 1931 in Graz , zuständig in Graz , polnischer Staatsangehöriger ); ebenso 44. Justitz Richard ( geb. 24. 2. 1911 in Wien , zuständig in Wien ); Ankunft am 8. 3. 1940 45. Kerpen Melanie ( geb. 14. 2. 1885 in Waidhofen an der Ybbs , zuständig in Wien ); Ankunft am 19. 2. 1940 46. Kleiner Karl ( geb. 14. 12. 1919 in Wien , zuständig in Wien , staatenlos ); Ankunft am 19. 2. 1940 47. Kleinfeld Lazar ( geb. 27. 4. 1904 Tismienica , Polen , zuständig in Wien , staatenlos ); ebenso 48. Körner Maria ( geb. 26. 6. 1891 in Przeworski , Polen , zuständig in Graz , staatenlos ); ebenso 49. Körner Isidor ( geb. 17. 2. 1903 in Stryj , Polen , zuständig in Graz , staatenlos ); ebenso 50. Körner Arnold ( Gatte von Körner Maria , geb. 12. 10. 1900 in Stryj , Polen , zuständig in Graz , staatenlos ); wie Körner Maria 51. Kohen Egon ( geb. 23. 5. 1900 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso 52. Kolm Emanuel ( geb. 11. 11. 1881 in Wien , zuständig in Wien , aber ČSRStaatsangehöriger ); über Sušak nach Jugoslawien eingereist ; am 27. 2. 1940 Zwangsaufenthalt in Fužine angetreten 53. Kolm C( a )eCillie ( geb. 30. 10. 1881 in Gyöngyös , Ungarn , zuständig in Wien ); am 19. 2. 1940 Zwangsaufenthalt in Fužine angetreten 54. Koppel Emanuel ( geb. 12. 3. 1881 in Wiesen-Mattersburg , zuständig in Wiener Neustadt ); ebenso 55. Koppel Theresia ( Gattin von Koppel Emanuel ; geb. 5. 1. 1892 in Györ , Ungarn , zuständig in Wiener Neustadt ); ebenso 56. Kraus Kurz ( geb. 18. 4. 1914 in Wien , zuständig in Wien , staatenlos ); Ankunft am 14. 3. 1940 , Zwangsaufenthalt in Fužine angetreten

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

57. Krumholz Heinrich ( geb. 5. 5. 1886 in Kroščenko , Polen , zuständig in Wien ); am 19. 2. 1940 Zwangsaufenthalt in Fužine angetreten ; ebenso die Familienmitglieder : 58. Krumholz Hilda ( geb. 1. 9. 1891 in Wien , zuständig in Wien ) 59. Krumholz Kurt ( geb. 4. 10. 1925 in Wien , zuständig in Wien ) 60. Krumholz Herbert ( geb. 9. 4. 1923 in Wien , zuständig in Wien ); er kam erst am 29. 3. 1940 nach Fužine 61. Lanyi Emil ( geb. 12. 12. 1893 in Wien , zuständig in Wien ); Ankunft am 16. 3. 1940 62. Lanyi Camilla ( geb. 16. 1. 891 in Wien , zuständig in Wien ); wie Lanyi Emil 63. Latzer Arpad ( geb. 19. 3. 1911 in Deutsch-Kaltenbrunn , zuständig in Wien , staatenlos ); Ankunft am 8. 3. 1940 64. Laufer Meilech ( geb. 1. 3. 1888 in Opatov , Polen , zuständig in Wien ); Ankunft am 19. 2. 1940 65. Lazar Ernst ( geb. 10. 7. 1913 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso 66. Lichtenstein Baruch ( geb. 25. 1. 1918 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso 67. Liebermann Lajcija ( geb. 26. 5. 1873 in Biala , Polen , zuständig in Wien ); Ankunft am 19. 3. 1940 68. Milrom Schame ( geb. 17. 12. 1877 in Podkamien , Polen , zuständig in Baden bei Wien , staatenlos ); Ankunft am 19. 2. 1940 69. Neumann Regina ( geb. 26. 9. 1904 in Nova Gradiška , Kroatien , zuständig in Wien ); Ankunft am 8. 3. 1940 , Zwangsaufenthalt in Fužine angetreten901 70. Neumann Harald ( geb. 17. 6. 1932 in Wien , zuständig in Wien ); Ankunftsdatum nicht bekannt 71. Rausnitz Leopold ( geb. 18. 4. 1895 in Wien , zuständig in Wien ); Ankunft am 16. 3. 1940 72. Rosenblatt Moritz ( geb. 1. 5. 1890 in Cernauti , Rumänien , zuständig in Wien ); Ankunft am 19. 2. 1940 73. Rosenblum Berek ( geb. 2. 1. 1892 in Chrzanov , Polen , zuständig in Wien ); Ankunft am 17. 2. 1940 74. Rosenthal Arpad Josef ( geb. 6. 2. 1883 in Iglo , Slowakei , zuständig in Wien ); Ankunft am 8. 3. 1940 75. Rumpler Pinkas ( geb. 15. 12. 1873 in Lapanow , Polen , zuständig in Wien ); Ankunft am 19. 2. 1940 76. Rumpler Sara( h ) ( geb. 12. 3. 1878 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso 77. Schischa Leopold Arpad ( geb. 5. 5. 1898 in Neustift a /  R. Deutschland , zuständig in Wien ); Ankunft am 8. 3. 1940 901 HDA , BH-ODZ , Fasz. 68 , Zl. 6812 / 1940. – Auf der Liste der im KZ Đakovo 1942 verstorbenen Insassinnen findet sich eine namensgleiche Person : Sie ist jedoch 1873 in Zagreb geboren und zuständig : ZUR-ŽO für die Stadt und den Bezirk Koprivnica , Liste Đakovo. Ohne Angabe der Häftlingsnummer.

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Liste der im KZ Jasenovac ermordeten ausländischen Flüchtlinge

78. Schmerling Pinkas ( geb. 20. 6. 1888 in Tarnov , Polen , zuständig in Wien ); Ankunft am 19. 2. 1940 79. Schneier Isak ( geb. 6. 7. 1897 in Jaslowicz , Polen , zuständig in Wien ); ebenso 80. Schneier Pepi ( geb. 15. 5. 1893 in Strusow , Polen , zuständig in Wien ); ebenso 81. Singer Ludvig ( geb. 13. 6. 1878 in Velike Mezriči , ČSR , zuständig in Graz , tschechischer Staatsbürger ); Ankunft am 8. 3. 1940 82. Stolzberg Nisim ( geb. 1. 3. 1895 in Kolomea , Polen , zuständig in Wien ); ebenso 83. Stolzberg Blime ( geb. 27. 1. 1867 in Staro Stolo , Polen , zuständig in Wien ); ebenso 84. Uhrmann David ( geb. 18. 10. 1876 in Bwozdzec , Polen , zuständig in Wien , staatenlos ); Ankunft am 19. 2. 1940 85. Weinbach Osias ( geb. 10. 3. 1895 in Zolynia , Polen , zuständig in Wien ); Ankunft am 27. 2. 1940 86. Weinbach Lotte ( geb. 9. 11. 1888 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso 87. Weisz Viktor ( geb. 10. 5. 1903 in Vrbovce , ČSR , zuständig in Wien ); Ankunft am 19. 2. 1940 88. Weisz Irene ( geb. 30. 1. 1908 in Mattersburg , wohnhaft Wien ); ebenso 89. Weisz Kurz ( geb. 27. 6. 1934 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso 90. Weisz Herbert ( geb. 18. 9. 1937 in Wien , zuständig in Wien ); ebenso 91. Zollschan Isias ( geb. 15. 5. 1882 in Girm , Deutschland , zuständig in Wien ); Ankunft am 27. 2. 1940

4.7 Liste der im KZ Jasenovac ermordeten ausländischen Flüchtlinge Identifiziert vom Gedenkzentrum Jasenovac – bestätigte Opfer902 1. Alkalay Herbert ( geb. 1924 in Wien ); 1941 ermordet 2. Altschul Gisela ( Gizela ; Vater : Eduard ; geb. 1874 in Wien ); 1943 ermordet 3. Basch Rudolf ( geb. 1892 ); Zwangsaufenthalt seit 1940 in Daruvar ; am 4. 8. 1941 aus dem Sammellager Daruvar nach Jasenovac deportiert ; ermordet 1942 4. Berger Karl ( geb. 1875 ); Zwangsaufenthalt in Stubičke Toplice903 und im Lager Daruvar ; von dort wurde er am 4. 8. 1941 über Gospić nach Jasenovac deportiert und ins Nebenlager Krapje eingewiesen904 ; ermordet 1941 902 Jene Opfer , die auf www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711 nicht aufscheinen , wurden aufgrund von Zeugen für die Landeskommission für Kriegsverbrechen der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien ( SUBNOR-Liste des Kroatischen Staatsarchivs Bjelovar , Fonds 277 ) identifiziert ; auf das Fehlen der Eintragung wird extra hingewiesen ; wo dieser Hinweis fehlt , gilt der Verweis auf www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. 903 HDA , Banschaftsamt , Fasz. 40 , Zl. 4193 / 1940 und 7985 / 1940. 904 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

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7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

15.

Berger Otto ( Herkunftsdaten und Haftort nicht angegeben ); zwei Träger dieses Namens als Emigranten ( geb. 1908 und 1912 ) ermordet ; auf den Opferlisten von DÖW und Yad Vashem Blaha Leopold ( geb. 1920 ); aus dem Sammellager Daruvar am 4. 8. 1941 nach Jasenovac deportiert und dort 1941 ermordet ; Blaha Leo , Häftlingsnummer 296 , meldete sich am 9. 9. 1943 beim Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Zagreb , Julio Schmidlin , für die Beteilung mit Hilfspaketen Blajher ( Bleicher ) Abraham ( 1887 ); am 4. 8. 1941 aus dem Sammellager Daruvar nach Jasenovac deportiert und 1941 dort ermordet Blajher ( Bleicher ) Kurt ( geb. 1922 ); am 4. 8. 1941 aus dem Sammellager Daruvar nach Jasenovac deportiert und 1941 dort ermordet Blumenfeld Oskar ( geb. 1889 ); aus dem Sammellager Daruvar am 4. 8. 1941 nach Jasenovac deportiert und 1941 dort ermordet Bodnar Dr. Ladislav ( geb. 31. 1. 1896 in Szeged , Ungarn ); Arzt , emigriert 1938 aus Wien ; Ende 1941 ermordet905 Bondi „Pavao“ ( Paul ); vom Zwangsaufenthalt in Samobor906 nach Jasenovac deportiert und dort ermordet – Todesjahr nicht bekannt907 Brauner Franz ( geb. am 20. 4. 1914 in Wien ); geschieden , emigriert aus Wien 1941 ; in Zagreb bei der Ustascha-Polizei mit Wohnsitz Palmotićeva 34 ( Formular Nr. 3479 )908 angemeldet ; 1941 ermordet Buchsbaum Paul ( 1921 ); am 4. 8. 1941 aus dem Sammellager Daruvar nach Jasenovac deportiert ; dort 1941 ermordet Bühler Hugo sen. ( geb. 1881 ); Zwangsaufenthalt in Daruvar ; am 4. 8. 1941 von Daruvar über Gospić nach Jasenovac , ins Nebenlager Krapje deportiert.909 Dort 1941 ermordet ; seine Gattin Paula wurde aus Loborgrad in ein Konzentrationslager „im Osten“ deportiert Bühler Fritz ( geb. 1921 ); Sohn von Bühler Hugo – Zwangsaufenthalt in Daruvar ; am 4. 8. 1941 mit dem Vater nach Krapje eingeliefert. 910 1941 in Jasenovac ums Leben gekommen – identisch mit Büchler Fedor ( geb. 1922 ) ?

905 Der Genannte ist auf der Liste des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes ( D ÖW ) mit Todesdatum 13. 2. 1942 verzeichnet. www.doew.at / Ausstellung /  shoaopferdb.html. 906 HDA , BH-ODZ , Fasz. 11 , Zl. 58679 / 1939. 907 http :// www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711.6711 als Emigrant ausgewiesen durch Zwangsaufenthalt : HDA , Banschaftsamt für Staatssicherheit ( BH-ODZ ), Fasz. 11 , Zl. 58679 / 1939. 908 HDA , RUR ŽO , Fasz. 17. 909 HDA , ebenda , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 910 HDA , ebenda , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941.

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Liste der im KZ Jasenovac ermordeten ausländischen Flüchtlinge

16. Deutsch Karlo – 1939 Zwangsaufenthalt in Stubičke Toplice911 ( geb. 1918 ); deportiert aus Vinkovci und ermordet 1942 17. Engel Viktor ( Jennersdorfer Gruppe ; Zwangsaufenthalt in Podravska Slatina912 „Viki“ geb. 1886 ); ermordet 1941913 18. Fantl Friedrich ( geb. 1902 ; Vater : Leopold ); 1942 in Jasenovac ermordet ; Opferliste Jasenovac 19. Fisch Markus ( geb. 1897 ); am 4. 8. 1941 wurde er mit der Gruppe aus Daruvar nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt914 ; in Jasenovac 1941 ermordet 20. Frankl Heinrich und Gattin915 ; aus dem Burgenland ausgewiesen ; zu Zwangsaufenthalt in Podravska Slatina eingewiesen. Ein Frankl Hinko916 ( kroatische Form von Heinrich ), geb. 1900 , weilte in Varaždin und wurde in Jasenovac ermordet , Übereinstimmung und Identität mangels Personalangaben nicht möglich917 21. Frankl Leopold ( geb. 1889 in Österreich ); 1944 in Jasenovac ermordet 22. Freund James ( geb. 8. 12. 1893 in Graz , zuständig in Graz , staatenlos ); am 27. 2. 1940 zum Zwangsaufenthalt nach Fužine geschickt918, Freund Johann ? Opfer von Jasenovac , 1893 geboren ; 1942 ermordet 23. Fromm Josef ( geb. 1893 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac /  Krapje deportiert.919 Nach Zeitzeugen aus Daruvar ermordet920 ; nicht auf der Opferliste Jasenovac ; laut Liste Yad Vashem in einem Lager in Polen ermordet 24. Fuček Paula ( geb. 1884 ; Mutter : Marie ); 1944 in Jasenovac ermordet 25. Haflender Rudolf ( geb. 1918 ; Vater : Rudolf ); 1942 ermordet 26. Hamburger Adolf ( geb. 1884 – lt. Opfer-Liste Jasenovac geb. 1898 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac /  Krapje921 deportiert , dort 1941 ermordet ; nicht auf der Opferliste Jasenovac 911 Als Emigrant auf Zwangsaufenthalt in Stubičke Toplice bestätigt : HDA   , Banschaftsamt , Fasz. 40 , Zl. 4193 / 1940. 912 HDA , Banschaftsamt , Fasz. 49 , Dok. Nr. 9822 /  40 und 9823 /  40. 913 Laut Yad-Vashem-Liste ermordet in Brčko. 914 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 915 HDA , BH-ODZ , Fahndung im Jänner 1940 in Zagreb. 916 Laut Yad-Vashem-Liste geb. 1913 ; Ermordung bestätigt. 917 Laut Liste DÖW geb. am 8. 4. 1888 ; am 9. 10. 1942 nach Theresienstadt , am 28. 10. 1944 nach Auschwitz deportiert. 918 HDA , Banschaftsamt , Fasz. 68 , Zl. 6812 / 1940. 919 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 920 HDAB , SUBNOR-Liste. 921 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

27. Heller Egon ( geb. 1915 ); am 4. 8. 1941 wurde er aus Daruvar nach Gospić , von dort nach Jasenovac /  Krapje verlegt.922 In Jasenovac ums Leben gekommen ( lt. Erinnerung von Zeitzeugen in Daruvar )923 ; nicht auf der Opferliste Jasenovac 28. Helmholtz Alexej ( geb. 1918 ; Vater nicht bekannt ); 1943 in Jasenovac /  Donja Gradina ermordet 29. Herman Lily – 1939 Zwangsaufenthalt in Samobor924 ( geb. 1926 in Sombor /  Vojvodina /  damals Ungarn ); 1941 in Jasenovac ermordet 30. Herzog Friedrich ( Miroslav ; Vater : Sigmund ; geb. 1891 in Wien ); 1942 in Jasenovac ermordet 31. Herzog Klementina ( Vater : Ignac , geb. 1886 in Schlaining ); 1941 in Jasenovac ermordet ; Opferliste Jasenovac925 32. Hoffman Katinka ( geb. 1887 in Wien , zuständig in Wien ; Vater : Aaron ); 1941 in Jasenovac ermordet 33. Jagoda Samuel ( geb. 1892 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac /  Krapje verlegt.926 Nach Erinnerung von Zeitzeugen aus Daruvar in Jasenovac wahrscheinlich ums Leben gekommen927 ; nicht auf der Opferliste Jasenovac 34. Javor Hermann ( geb. 1886 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac /  Krapje verlegt.928 Nach Erinnerungen von Zeitzeugen aus Daruvar in Jasenovac wahrscheinlich ums Leben gekommen929 ; nicht auf der Opferliste Jasenovac 35. Klagsbrunn Dr. Bruno ( geb. 19. 7. 1892 ); letzte Adresse : Laimgrubengasse 4 ; 1943 ermordet in Nova Gradiška , YU930 ; nicht auf der Opferliste Jasenovac nn. – aber : Klagsbrum – nn. Männlich ; ermordet 1943 in Donja Gradina  : Opferliste Jasenovac931 36. Kleinhaus Karolina ( geb. 1919 in Mallnitz ); 1945 ermordet

922 923 924 925 926 927 928 929 930

931

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HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196. 

HDAB , SUBNOR-Liste. HDA , Banschaftsamt , Fasz. 11 , Dok. Nr. 58679 / 1939.

www.jusp-jasenovac.hr /  poimeničnipopis.

HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. HDAB , SUBNOR-Liste. HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. HDAB ; SUBNOR-Liste.

Das Konzentrationslager befand sich nicht in Nova Gradiška , sondern in Stara Gradiška ; territoriale Zugehörigkeit : nicht YU ( das Königreich Jugoslawien kapitulierte am 17. 4. 1941 gegenüber der deutschen Besatzung ; Hitler erklärte Jugoslawien am 8. 7. 1941 für nicht mehr existent : Ladislaus HORY – Martin BROSZAT , Der kroatische Ustascha-Staat 1941–1945. S. 40–50. I. Goldstein , Croatia. A History. London 1999 , S. 124. www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711.

Liste der im KZ Jasenovac ermordeten ausländischen Flüchtlinge

37. Knol ( Knoll ? ) Fritz ( geb. 1902 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Jasenovac deportiert und dort nach Erinnerung von Zeitzeugen aus Daruvar vermutlich umgekommen. Nicht auf der Opferliste Jasenovac932 38. Koren Julio ( geb. 1895 in Wien , zuständig in Österreich ; Vater : Ilija ); 1941 ermordet 39. Kraus Walter ( geb. 1917 ? in Wien ); nach Belgrad geflüchtet. Mit seiner in Belgrad geborenen Frau Vera floh er nach der deutschen Besetzung Richtung Kroa­ tien , wurde in Novska von der Ustascha verhaftet und in das nahe Ustascha-KZ Jasenovac eingeliefert. Beide wurden ermordet – Walter Kraus im Jahre 1945933 40. Krishaber Karlo ( geb. 1900 ); 1942 ermordet 41. Kroner Benno ( geb. 1892 ; auf der Opferliste Jasenovac Geburtsjahr 1893 ); am 4. 8. 1941 aus Ruma über Gospić nach Jasenovac /  Krapje verlegt934 ; 1941 ermordet 42. Krumbein Osias ( geb. 1886 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac /  Krapje deportiert935 ; laut Zeitzeugen in Jasenovac ermordet , aber nicht auf der Opferliste Jasenovac936 43. Krumholz Josef ( geb. 1890 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac /  Krapje deportiert937 ; 1941 ermordet 44. Krzepya Sara ( oder Saša ? ) ( geb. 1899 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac /  Krapje deportiert938 ; Saša in Jasenovac ums Leben gekommen 45. Lederer Mirko ( geb. 1869 in Wien , zuständig in Österreich ; Vater : Josip  /  Josef ? ); 1942 in Jasenovac ermordet 46. Liebenschein Robert ( geb. 1883 in Wien , zuständig in Österreich ; Vater nicht bekannt ); 1941 in Jasenovac ermordet 47. Lindenfeld Alfons ( keine Daten bekannt ; geb. in Wien , zuständig in Östereich ); 1943 in Jasenovac /  Donja Gradina ermordet 48. Lukač Johanna ( Vater : Jakob ) ( geb. 1891 in Wien ); gem. Zeitzeugen aus Daruvar 1942 in Jasenovac ermordet ; nicht auf der Opferliste Jasenovac939

932 HDAB , SUBNOR-Liste. 933 www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711 und Information von Đorđe Mihovilović , Gedenkzentrum Jasenovac ( Koautor der Namensliste der Opfer von Jasenovac an die Autorin vom 7. 1. 2011 ). 934 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 935 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 936 www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. 937 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 938 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 939 HDAB , SUBNOR-Liste.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

49. Lustig Jacob ( Elektroingenieur aus Wien , geb. 12. 1. 1889 in Wien ; Vater : Bernhard ); aus Ruma am 4. 8. 1941 ins KZ Jasenovac eingewiesen940 ; 1942 ermordet 50. Maier Benno ( geb. 1884 ); am 4. 8. 1941 wurde aus Daruvar nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt941 ; auf der Liste www.juspjasenovac.hr Mayer Benno ( geb. 1889 ) – 1941 ermordet942 51. Mandel Josef ( geb. 1886 ); am 4. 8. 1941 wurde er aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac verbracht943 und wurde dort 1941 ermordet 52. Mandel Leopold ( geb. 1921 ); am 4. 8. 1941 wurde er aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac  /  Krapje deportiert944 ; dort 1941 ermordet ; hat sich am 9. 9. 1943 mit Haftnummer 197 /  B aus Stara Gradiška um ein Hilfspaket an das RK gewendet945 53. Mareček Hugo ( geb. 1899 in Wien , zuständig in Wien ; Vater : Josip /  Josef ? ); 1941 in Jasenovac /  Krapje ermordet 54. Mayer Adolf ( geb. 1891 lt. Liste Daruvar ); am 4. 8. 1941 aus dem Sammellager Daruvar nach Jasenovac deportiert946 ; dort ermordet ( lt. www.jusp-jasenovac. hr /  Survey and search of the individual victims Geburtsdatum 1890 ) 55. Neumann Hugo ( Sohn des Leopold , geb. 1886 ); wurde 1941 in Jasenovac ermordet 56. Pick Herman ( geb. 1892 ); aus dem Sammellager Daruvar am 4. 8. 1941 nach Jasenovac deportiert947 und 1941 ermordet. Auf der Liste Jasenovac Pick Hermann – Harry 57. Polanzer Sofija ( S ophie ; geb. 1894 in Wien , zuständig in Österreich ; Vater : Max ); in Jasenovac ermordet ; Todesjahr nicht bekannt 58. Pollak Stella ( geb. 1923 in Wien , zuständig in Wien ; Vater : Oskar ); 1944 in Jasenovac ermordet 59. Popper Otto , Emigrant in Nova Gradiška : Verhaftet durch Angehörige der deutschen Volksgruppe.948 Tod in Jasenovac polizeilich bestätigt949 , aber nicht auf der Opferliste Jasenovac

940 HDA , RUR ŽO , Fasz. 12. Zl. 3548 – Inv.-Nr. 29256 vom 8. 4. 1942 und Fasz. 13 , Zl. 3890 – Inv.-Nr. 29390. 941 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 942 www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. 943 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 944 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 945 M. KEVO , Dok. 7322 /  Nr. 17 vom 21. 9. 1943. 946 DA Bjelovar , Fonds 277 , Inv.-Nr. 44 , 45. 947 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 948 HDA , RUR ŽO , Fasz. 9 , Zl. 706 / 1942 – Inv.-Nr. 28756. 949 www.jusp-jasenovac.hr  /  Default.aspx ?sid=6711 ; HDA , Innenministeriums des USK , Fasz. 255 , Zl. 9157 vom 9. 9. 1944.

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Liste der im KZ Jasenovac ermordeten ausländischen Flüchtlinge

60. Pri( es )ter ( Prisker , Prister ) Egon ( geb. 1902 )950 ; aus dem Lager Daruvar nach Jasenovac deportiert und dort am 4. 8. 1941 ermordet 61. Raab Ernst ( geb. 1896 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Jasenovac deportiert ; dort 1941 ermordet ( auf der Opferliste Jasenovac „Raab Ernest“ ) 62. Raab Herbert ( S ohn von Ernst Raab , geb. 1929 ); lt. Zeitzeugen ( SUBNORListe ) ermordet ; nicht auf der Opferliste Jasenovac951 63. Raab Filip ( geb. 1889 ; lt. Opferliste Jasenovac geb. 1888 ); aus Daruvar nach Jasenovac deportiert ; 1941 ermordet 64. Raab Paul ( geb. 1924 ); aus Daruvar nach Jasenovac deportiert und dort 1941 ermordet 65. Raab Artur ( Arthur , geb. 1924 ); ebenfalls am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Jasenovac deportiert und 1941 ermordet ( nur auf der Opferliste Jasenovac , nicht auf jener des SUBNOR Daruvar952 66. Rand Artur ( 1905 ) – ( Geburtsdatum 1914 lt. SUBNOR-Liste ! ); aus dem Sammellager Daruvar nach Jasenovac deportiert und am 4. 8. dort umgekommen 67. Rauchberger Werner ( geb. 28. 10. 1903 in Breslau ); Kaufmann , verheiratet , emigriert aus Breslau im März 1941. Anmeldung bei der Ustascha-Polizeidirektion Agram , wohnhaft Ilica 124 /  II ( Anmeldung Nr. 2793 )953 ; 1941 im KZ Jasenovac ermordet954 68. Rich( e )ter Albert ( 1891 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt955 ; 1941 in Jasenovac ermordet 69. Schiller Emerich ( geb. 28. 2. 1896 in Fertöszentmiklos /  Ungarn , zuständig in Wien ; verheiratet , eine 16-jährige Tochter ); emigriert aus Wien am 6. 3. 1941 , in Draganić Zwangsaufenthalt956 ; Anmeldung bei der Ustascha-Polizeidirektion957 ; 1942 in Jasenovac ermordet ; seine Frau Dora starb im Lager Đakovo ; keine Informationen über das Schicksal seiner Tochter 70. Schlesinger Maks – Zwangsaufenthalt Samobor958 ; Schlesinger Makso , 1889 geb. in Novska /  Kroatien ; 1941 in Jasenovac ermordet ; Maks 1892 in Beograd geboren ; 1945 in Jasenovac ermordet 950 In Murska Sobota entdeckt : HDA , Banschaftsamt für Staatssicherheit , Fasz. 7 , Zl. 59999. 951 HDAB , SUBNOR-Liste. 952 www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. 953 HDA , RUR ŽO , Fasz. 19 ( angemeldete Ausländer in Agram ). 954 www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. 955 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941.. 956 HDA , ebenda , Fasz. 11 , Zl. 2806 – Inv.-Nr. 29084 und 3145 – Inv.-Nr. 290120 vom 17. 4. 1942. 957 HDA , ebenda , Fasz. 19 , Formular 3172. 958 HDA , Banschaftsamt , Fasz. 11 , Zl. 58679 / 1939.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

71. Schnee Alfred ( geb. 6. 7. 1913 in Wien ); poln. Staatsbürger , Musiker , arbeitslos , ledig , emigriert aus Graz am 7. 11. 1938. Mitglied des Kroatischen Symphonieorchesters ; wohnhaft in Agram , Ogrizovićeva 12959 ; 1941 in Jasenovac ermordet 72. Schönwald Zora ( 1913 ; Vater : Bernard ); ermordet 1943 73. Schrenger Eugenija ( laut Opferliste Jasenovac Geburts- und Todesjahr nicht bekannt ); aus Daruvar deportiert und in Jasenovac ermordet 74. Schrenger Klementina ( geb. 1871 in Wien , Hausfrau ); aus Daruvar deportiert und laut Opferliste Jasenovac 1942 in Jasenovac ermordet 960 75. Schrenger Maks ( Max ; geb. 1885 , Vater : Albert ); aus Daruvar deportiert und laut Opferliste Jasenovac 1943 in Jasenovac ermordet 76. Schrenger Olga ( geb. 1926 ; Vater : Paul ); laut Opferliste Jasenovac 1941 in Jasenovac ermordet 77. Schrenger Paula ( laut Opferliste Jasenovac Geburts- und Todesjahr nicht bekannt ); aus Daruvar deportiert und in Jasenovac ermordet961 78. Schrenger ( Šrenger ) Roza ( geb. 1863 ); 1941 in Jasenovac ermordet 79. Schweizer ( Švajcer ) Leonie ( geb. 1870 in Ungarn ; Hausfrau ); aus Daruvar deportiert und 1942 in Jasenovac ermordet 80. Schweizer Ela ( geb. 1909 ; Vater : Hinko ); aus Daruvar deportiert und 1941 in Jasenovac ermordet 81. Sechstover ( S echstower , Sechestover ) Siegmund ( geb. 26. 4. 1894 in Kolomanyja /  SSR ); wohnhaft in Wien , Typograf und Friseur , arbeitslos , verheiratet , emigriert aus Wien 1941 , wohnhaft in Agram Primorska 9 , polizeilich gemeldet per Formular 2405 ; 1941 in Jasenovac ermordet 82. Siegel Lili-Mimi ( geb. 1918 ; Vater : Joahim ); 1942 ermordet 83. Singer Jelka geb. Engelsratz ( geb. 25. 6. 1883 in Agram ); 1907 Eheschließung in Wien , Erwerb der „dt.“ ( österr. ? ) Staatsb. ; 1939 Emigration aus der Ostmark nach Agram , wo ihre Tochter lebt. Ein Sohn in Montevideo. Auf der Opferliste Jasenovac findet sich eine Trägerin dieses Namens , geboren in Krapina ( Geburtsjahr nicht bekannt ); ermordet in Jasenovac ( Todesjahr nicht bekannt ) 84. Spitzer Karl ( geb. 1889 lt. Opferliste Jasenovac962 ; geb. 15. 3. 1888 in Strassnitz  /  Protektorat , zuständig in Wien ; Fleischhauer , Witwer , zwei Söhne , 24 und 23 Jahre , beide im Ausland ; eine Tochter 19 Jahre ; emigriert aus Wien am 3. 12. 1940 ; er meldete sich bei der Ustascha-Polizei in Agram an. Am 5. 9. 1941 fand er sich mit einer Gruppe von Emigranten im Sammellager Zavrtnica 11 in

959 960 961 962

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HDA , Fonds 252 ( RUR ŽO ), Fasz. 19 , Meldeformular 3331.

www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711.

Liste der im KZ Jasenovac ermordeten ausländischen Flüchtlinge

Agram963 und schrieb ein Gesuch um Enthaftung zur Fortsetzung der Flucht. Das Ersuchen wurde abgelehnt ; ermordet 1941 85. Steinberger-Srdelić Ana ( Anna ? ; geb. 1908 in Wien , zuständig in Österreich ; Vater : Mavro ); 1945 in Jasenovac ermordet ; Opferliste Jasenovac 86. Steiner Hugo ( geb. 1894 , Geburtsort unbekannt ? ) und Steiner Hugo ( geb. 1916 in Daruvar , Sohn des Hinko ); Internierung in Daruvar , aus der er zu flüchten versuchte , aber wieder zurückkam964 ; beide Personen dieses Namens 1941 ermordet 87. Steinhardt Anton ( geb. 16. 10. 1903 in Pirinsdorf /  Bieringsdorf ); zuständig in Pirinsdorf ; Kaufmann , arbeitslos , verheiratet , zwei Söhne , vier und ein Jahr alt , emigriert aus Wien am 3. 1. 1941 , in Agram wohnhaft Šenoina 19 ( Parterre , Untermieter bei Horvat ). Anmeldung per Formular 3176 ; 1941 in Jasenovac ermordet ( deportiert im September 1941 aus dem Sammellager Zavrtnica 11 ; er unterschrieb ein Gesuch um Enthaftung , Rückgabe der Dokumente und Erlaubnis zur Fortsetzung der Flucht ; abgelehnt am 20. 9. 1941965 88. Taussig-Tausk Bruno-Walter ( geb. 1922 in Wien , zuständig in Österreich ; Vater : Ernest ); 1941 ermordet 89. To( c )h Artur ( lt. Liste Daruvar geb. 1894 , lt. Opferliste Jasenovac 1893 oder 1883 )966 ; aus dem Sammellager Daruvar am 4. 8. 1941 nach Jasenovac verbracht und dort 1941 ermordet 90. Veszeli Karl ( geb. 8. 2. 1908 in Kobersdorf , Vater : David gem. Opferliste Jasenovac967 , zuständig in Grabrendek , Ungarn , staatenlos , Schneider , ledig , arbeitslos ); er floh am 21. 12. 1940 aus Wien und meldete sich in Agram bei der Ustascha-Polizei an ; ermordet 1941 in Jasenovac 91. Wachler ( Wachsler ) Dr. Izidor ( geb. 18. 5. 1882 in Wien , Chemiker und Apotheker ); im Mai 1942 aus Vinkovci ( von wo er stammte ) nach Jasenovac deportiert. Er hatte gemeinsam mit seiner Schwester , der verwitweten Ella Flam( m )968 , Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung für ihre Geburtsstadt Vukovar beantragt , dieses war jedoch am 21. 11. 1939 abgelehnt worden. Die beiden kamen aber trotzdem nach Vukovar ; 1942 in Jasenovac ermordet 963 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 4925 – Inv.-Nr. 48196 und 5156 / 1941 – Inv.-Nr. 27207 vom 2. 9. 1941. 964 HDA , Innenministerium , Fasz. 191 , Zl. II-C–1305 / 1941 vom 8. 5. 1941. 965 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 4925 – Inv.-Nr. 48196 und 5156 – Inv.-Nr. 27207 vom 2. 9. 1941. 966 HDA , ZUR-ŽO , Liste Jasenovac , Blatt 1053. 967 Auf der Opferliste Jasenovac „Veseli“ Karl , Vater David ; geb. 1908. 968 Nicht auf den Listen der Ustascha-Konzentrationslager ; Deportation aus Vinkovci : RUR ŽO , Fasz. 15 , Zl. 4927.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

92. Wasser Dr. Hermann ( geb. 1889 ); aus Daruvar deportiert ; 1941 in Jasenovac ermordet ( nicht auf der Liste des SUBNOR Daruvar , aber registriert auf der Opferliste Jasenovac )969 93. Weiss Regina ( Ehefrau , geb. 1901 ; zuständig in Windhof bei Graz ); eine Trägerin dieses Namens , geb. 1896 , wurde 1942 in Jasenovac ermordet 94. Weiss Eugen ( geb. 12. 10. 1911 in Wien ); er befand sich am 5. 9. 1941 im Sammellager Zavrtnica 11970 und unterschrieb ein Gesuch um Enthaftung , Rückgabe der Dokumente und Ermöglichung der Fortsetzung der Flucht ; abgelehnt ; in Jasenovac ermordet ( angegeben : Geburtsort Vukovar )971 95. Weiss Ludwig ( geb. 31. 8. 1919 in Mattersburg ); zuständig in Mattersburg , Hilfsarbeiter , arbeitslos , ledig , emigriert aus Wien am 12. 3. 1941, wohnhaft in Agram ; Anmeldung Zl. 3178972 ; am 5. 9. 1941 fand er sich mit einer Gruppe von Emigranten im Sammellager Zavrtnica 11 in Agram und schrieb ein Gesuch um Enthaftung zur Fortsetzung der Flucht. Das Ersuchen wurde abgelehnt ; 1941 in Jasenovac ermordet 96. Weiss Paula ( geb. 1983 ); lt. Liste der Internierten in Đakovo ( Archiv des Jüdischen Museums in Belgrad ), Häftlingsnummer in Đakovo 2443973, 1942 im KZ Jasenovac ermordet 97. Werdisheim Maks ( Max , geb. 1. 1. 1886 in Triesch , Bezirk Iglau ; Eltern : Jakob und Sali ; verheiratet , vier Kinder , Kaufmann , in Leoben ); verhaftet in Agram am 14. 12. 1939 und am 18. 12. 1943 dem Kommissariat der Grenzpolizei in Maribor übergehen , die ihn am gleichen Tag ins Reich überstellt hat ; ein Werdesheim ( Vorname nicht bekannt ; zuständig in Wien ) wurde 1943 im KZ Jasenovac – Hinrichtungsstätte Donja Gradina ( heute Bosnien und Herzegowina ) ermordet 98. Volf ( Wolf ) Bernhard ( geb. im Mai 1862 in „Frannkirchen“ –Frauenkirchen , Bezirk Neusiedl ? ); Bäcker ; im Mai 1942 aus Vinkovci nach Jasenovac deportiert974 ; auf der Opferliste Jasenovac Wolf Benhard , geb. 1874 , deportiert aus Vinkovci ; ermordet in Jasenovac 1941 99. Wolf Gustav ( geb. 1918 ); ermordet 1941 in Jasenovac 100. Wolf Adolf ( geb. 1920 ; Vater : Bernhard ); ermordet 1941 in Jasenovac

969 HDA , ZUR-ŽO , Liste Jasenovac , Blatt 1054. 970 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 4925 – Inv.-Nr. 48196 und 5156 / 1941 – Inv.-Nr. 27207 vom 2. 9. 1941. 971 HDA , ZUR-ŽO , Liste Jasenovac , Blatt 1054. 972 HDA , ebenda , Fasz. 19. 973 HDA , ZUR-ŽO , Liste Đakovo. 974 HDA , RUR ŽO , Fasz. 15 , Zl. 4927.

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Ausländische Internierte mit ungeklärtem Schicksal

101. Wolf Walter ( geb. 18. 12. 1916 in Wien , wohnhaft in Wien ); Zwangsaufenthalt in Fužine am 8. 3. 1940975 angetreten ; auf der Liste der identifizierten Opfer von Jasenovac findet sich eine Person gleichen Namens , aber mit Geburtsdatum 1903 oder 1905976

4.8 Ausländische Internierte mit ungeklärtem Schicksal im Konzentrationslager Jasenovac ( inklusive Stara Gradiška ) 1. 2. 3. 4.

5. 6. 7.

975 976 977 978 979 980

981 982 983 984

Acel Alfred ( geb. 4. 3. 1873 in Wien ); Pensionist , verheiratet mit Acel Marija ( geb. 15. 4. 1881 in Kutina /  Kroatien ), Hausfrau ; Alfred wurde ins KZ Jasenovac , Marija nach Stara Gradiška eingewiesen977 Alfred Josef ( geb. 23. 5. 1904 in Wien , kaufmännischer Gehilfe ); Zwangsaufenthalt in Draganić , dann Pisarovina ; lt. Erlass der Ustascha978-Polizei Karlovac vom 14. 4. 1942 ins KZ Jasenovac eingeliefert979 Aronwald Maier ( geb. 1892 , G ); aus Ruma in Krapje eingeliefert Berger Adolf ( Sohn des Philipp , geb. in Wien am 27. 5. 1889 , Reisepass der Polizei St. Pölten Nr. 396 , ausgestellt am 25. 1. 1939 ); auf der Liste der in der Provinz Fiume /  Rijeka verhafteten Ausländer980 ; interniert in Jasenovac981 ; nicht auf der Opferliste Jasenovac982 Blaha Friedrich Blaha Leo – Lagernummer 296 in Stara Gradiška ; hat sich am 9. 9. 1943 um ein Hilfspaket an die jüdische Gemeinde Zagreb gewandt983 Bondy Bedrich – versuchte mit Bondy Georg aus Daruvar zu flüchten , kam aber zurück984 HDA , BH-ODZ , Fasz. 68 , Zl. 6812 / 1940.

www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711.

HDA , RUR ŽO , Fasz. 12 , Zl. 3706 – Inv.-Nr. 29308 vom 5. 5. 1942.

Ebenda , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240 vom 2. 9. 1941.

HDA , RUR ŽO , Fasz. 14 , br. 4757-Zl. 29686.

Staatsarchiv Rijeka ( im weiteren Text abgekürzt : DARI ), Fonds „Prefettura di Fiume“ ( JU-39 ), Fasz. 560 , „Ebrei arrestati muniti di passaporti di Germania , del Protettorato di Bomia e Moravia e della Polonia“ ) ( Pritvoreni Židovi s putovnicama Njemačke , ČeškoMoravskog protektorata i Poljske ). HDA , Ustascha-Kommissariat – Liste Jasenovac , Zl. 1014. www.jusp-jasenovac.hr  /  Default.aspx ?sid=6711 : Sämtliche hier verzeichneten Emig­ ranten finden sich nicht auf dieser Liste ! M. KEVO , Veze između Međunarodnog odbora Crvenog križa i Nezavisne Države Hrvatske. I. Bd. S. 108 , Dokument Nr. 17 ( Liste , die der Delegierte des ICRC in Zagreb , Julio Schmidlin , dem ICRC Genf vorlegte ). Innenministerium des USK , 191 , Zl. II-C–1305 / 1941 vom 8. 5. 1941.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

8. Bondy Georg : In den ersten Maitagen 1941 versuchte er aus Daruvar zu flüchten , kam aber zurück985 ; am 4. 8. 1941 wurde er mit der Gruppe aus Daruvar nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt 9. Brück (  ? ) Ludwig ( geb. 1871 ? ); am 4. 8. 1941 wurde er mit der Gruppe aus Ruma ( Syrmien , heute Vojvodina /  Serbien ) nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt986 10. Czescher H.  L. ( geb. 1882 ); aus Daruvar nach Krapje deportiert987 11. Diskur Jankel ( geb. 1902 ); in Jasenovac am 2. 9. 1941988 12. Entner Saul (  ? ) ( geb. 1884 , Ort der Geburt nicht bekannt ); am 4. 8. 1941 wurde er mit der Gruppe aus Daruvar nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt989 13. Fehr Dr. Emanuel ( geb. 1882 ); am 4. 8. 1941 wurde er mit der Gruppe aus Daruvar nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt990 ; auf der Opferliste von DÖW 14. Fischel Paul ( geb. 1892 ); am 4. 8. 1941 wurde er mit der Gruppe aus Daruvar nach Ruma , von dort nach Gospić , dann nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt991 15. Fogel Isak ( geb. 1888 ); aus Ruma nach Krapje deportiert992 16. Freiberger Hinko ( geb. 24. 3. 1910 in Graz , kroatischer Staatsbürger , Chauffeur , früher angestellt bei „Laprede DD“, jetzt arbeitslos , ledig ); emigriert aus Graz am 26. 7. 1938 , bei der Ustascha-Polizei gemeldet mit Wohnsitz Zagreb , Martićeva 19993 ; Insasse von Jasenovac994 17. Graindl ( auch Kreindl ) Gewing ( geb. 13. 3. 1874 in Brežane , Polen ); am 27. 2. 1941 von der Polizei Agram wegen illegalen Grenzübertritts verhaftet , aber wieder freigelassen. Weiters war er bei der Ustascha-Polizei nicht gemeldet. Bis 1. 5. 1942 war er in Pisarovina. Dort stellte er ein Gesuch um Rückführung nach Draganić , das auch genehmigt wurde. Am 1. 5. 1942 wurde er aus Pisarovina nach Agram ins Ustascha-Polizeigefängnis ( Petrinjska ulica ) eskortiert , um nach Jasenovac deportiert zu werden995 985 986 987 988 989 990 991 992 993 994 995

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HDA , Innenministerium des USK , 191 , Zl. II-C–1305 / 1941 vom 8. 5. 1941. HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. HDA , ebenda , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240. HDA , ebenda. HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. HDZA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240 vom 2. 9. 1941. HDA , RUR ŽO , Fasz. 17 , Formular Nr. 1603. HDA , ZUR-ŽO für die Stadt und den Bezirk Koprivnica , Liste Jasenovac , Blatt 1028. HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , Zl. 4204 – Inv.-Nr. 29521 vom 1. 5. 1942 ; Fasz. 14 , Zl. 4757-Zl.

29686 vom 14. 4. 1942.

Ausländische Internierte mit ungeklärtem Schicksal

18. Granierer Leo ( geb. 1889 ); aus Ruma nach Krapje deportiert996 19. Hahn Karlo ( geb. 1881 ); Zwangsaufenthalt in Ruma ; nach Jasenovac /  Krapje deportiert997 20. Haymann Angelo Gustav ( geb. 12. 11. 1900 in Wien ); getauft seit 1926 , Druckereitechniker , illegal mit Reisepass Nr. 93915 ( Polizei Wien , gültig bis 20. 2. 1940 ) nach Jugoslawien eingereist. Jugoslawische Aufenthaltsgenehmigung bis 30. 7. 1940. Da er erklärte , emigrieren zu wollen , wurde er am 4. 5. 1940 nach Jastrebarsko zum Zwangsaufenthalt geschickt.998 Am 19. 9. 1941 nach Jastrebarsko /  Krapje deportiert999 ; nicht auf der Opferliste Jasenovac 21. Heber Erich ( geb. 1927 ); aus Daruvar nach Krapje deportiert1000 22. Heber Isidor ( geb. 1891 ); aus Daruvar nach Krapje deportiert1001 23. Heber Martha ( geb. 1898 ); am 4. 8. 1941 wurde sie aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac /  Krapje verlegt ; nicht auf der Opferliste Jasenovac ; auch nicht auf den Insassenlisten Stara Gradiška , Đakovo , Loborgrad1002 24. Heber Rudolf ( geb. 1893 ); in Jasenovac am 2. 9. 1941 und 25. Heber Ernst ( geb. 1927 ); dito1003 26. Heller Geza ( geb. 1886 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac /  Krapje deportiert1004 27. Hellwig Edmund ( geb. 1881 ); aus Daruvar nach Krapje deportiert1005 28. Hirsch Gewing – Er wurde am 27. 2. 1941 ( wie Margulies , Löbl , Graindl /  Kreindl ) wegen illegalen Grenzübertritts verhaftet , aber bald wieder freigelassen. Am 1. 5. 1942 nach Agram in die Petrinjska ulica eskortiert , um nach Jasenovac deportiert zu werden.1006 Auf der Liste von Yad Vashem ist der Ort seiner Ermordung nicht angegeben 29. Hofmann Jacob ( geb. 1886 ); aus Krapje nach Jasenovac deportiert1007

996 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240 vom 2. 9. 1941. 997 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 998 HDA , Banschaftsamt für Staatssicherheit ( im weiteren Text : Banschaftsamt ; Fonds 158 ), Fasz. 67 / 1940 , Zl. 20643. 999 HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , Zl. 4039 / 1942 – Inv.-Nr. 29450. 1000 Ebenda , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240. 1001 Ebenda , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240 vom 2. 9. 1941. 1002 HDA Bjelovar ( abgek. HDAB ), SUBNOR-Liste ( Fonds 277 ), Sig.-Nr. 44, 45. 1003 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240 vom 2. 9. 1941. 1004 ibd. SUBNOR-Liste. 1005 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240. 1006 HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , Zl. 4204 – Inv.-Nr. 29521 vom 1. 5. 1942 ; Fasz. 14 , Zl. 4757Zl. 29686 vom 14. 4. 1942. 1007 Ebenda , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240 vom 2. 9. 1941.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

30. Hofman Norbert ( geb. 1908 ); 1939 Zwangsaufenthalt Samobor1008 ; deportiert am 4. 8. 1941 aus Daruvar1009 31. Hutterer Emil ( geb. 1901 ); am 4. 8. 1941 wurde er aus Ruma über Gospić nach Jasenovac /  Krapje verlegt1010 32. Indik Baruch ( geb. 1892 ); aus Ruma nach Krapje deportiert1011 33. Indik Josef ( geb. 1889 ); ebenso1012 34. Jacobowitz Josef ( geb. 7. 12. 1882 in Bielitz , Polen ); Rechtsanwalt in Wien , Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs ; er wurde in seiner Unterkunft in Agram am Tag verhaftet , als er mit Ausreisegenehmigung der Generaldirektion für öffentliche Ordnung und Sicherheit Richtung Italien abreisen wollte1013 35. Mitglieder der Familie Kalfuss wurden am 4. 8. 1941 aus Ruma über Gospić nach Jasenovac /  Krapje deportiert1014 36. Kalfuss Leib (  ?1870 ) 37. Kalfuss Hermann (  ?1899 ) 38. Kalfuss Samuel I ( geb. 1900 ) 39. Kallfuss Samuel II ( geb. 1905 ) 40. Kalfuss Max ( geb. 1903 ) 41. Kalfuss Sigmund ( geb. 1910 ) 42. Kalfuss Leo ( geb. 1904 ) 43. Katz Kalmann ( geb. 1894 ) 44. Klein Gustav ( geb. 1926 ) 45. König Karl und 46. König Franz ( S öhne von Elsa König , geb. 1911 und 1909 in Wien ); Elsa war Großgrundbesitzerin in Slowenien ; sie und ihre Söhne wurden von dort mit der slowenischen Bevölkerung nach Kroatien vertrieben , die Söhne am 20. 9. 1941 aus Agram nach Jasenovac deportiert1015 47. Krieger Sigmund ( geb. 1939 , Zwangsaufenthalt Samobor )1016 ; weiteres Schicksal unbekannt 48. Kugar Josef ( geb. 1883 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar über Gospić nach Jasenovac /  Krapje verlegt1017 ; nicht auf der Opferliste Jasenovac 1008 HDA , Banschaftsamt , Fasz. 11 , Fahndungsliste Zl. 58679 / 1939. 1009 HDAB , SUBNOR-Liste. 1010 HDAB , SUBNOR-Liste. 1011 Ebenda , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240 vom 2. 9. 1941. 1012 Ebenda , Zl. 6196. 1013 HDA , RUR ŽO , Fasz. 18 , Anmeldeformular Nr. 2779. 1014 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 1015 HDA , RUR ŽO , Fasz. 9 , Zl. 973 – Inv.-Nr. 28782. 1016 HDA , Banschaftsamt , Fasz. 11 , Zl. 58679 / 1939. 1017 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 ; HDAB ; SUBNOR-Liste.

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Ausländische Internierte mit ungeklärtem Schicksal

49. Leib Marjan ( geb. 1898 ); aus Daruvar nach Krapje deportiert1018 50. Löbl Alfred – Er kam zuerst ( wie Hirsch , Graindl /  Kreindl und Margulies ) nach Draganić , dann nach Pisarovina. Von dort am 1. 5. 1942 gemeinsam mit Hirsch Gewing und Kreindel sowie Margulies Abraham Wolf in die Petrinjska , um nach Jasenovac deportiert zu werden1019 51. Löwinger Dr. Wilhelm ( geb. 1885 ); am 4. 8. 1941 wurde er aus Ruma über Gospić nach Jasenovac /  Krapje deportiert ; weiteres Schicksal nicht bekannt1020 52. Mandel Isidor – 1943 noch in Jasenovac als Schneider beschäftigt1021 53. Mandel Leopold , Häftlingsnummer in Stara Gradiška 197 /  B – Ersuchen um Häftlingspaket am 9. 9. 19431022 54. Margulies Abraham Wolf ( auch Argulies , geb. am 13. 7. 1888 in Brody ); Buchhalter – In Maribor Dolmetscher für die Polizei ; wie Hirsch , Graindl /  Kreindl und Margulies ) nach Draganić , dann nach Pisarovina : aus Pisarovina am 1. 5. 1942 nach Agram in die Petrinjska eskortiert ( Grund ? nur undatierte Aktennotiz ), gemeinsam mit Hirsch Gewing und Hirsch Kreindel sowie Alfred Löb1023 55. Moses Karl ( geb. 1889 ); Wien , mit Gattin Ružica ( 1905 ); Zwangsaufenthalt in Daruvar ; am 4. 8. 1941 deportiert ; Karl kam nach Jasenovac , Ružica über Loborgrad nach Auschwitz1024 56. Nessel Leon ( 56 Jahre alt , Frontkämpfer ) und Sohn Roman ; Vater Leon wurde im August 1941 ins Lager Jasenovac deportiert1025 57. Neumann Ignac (  ?1882 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar über Gospić ( Jastrebarsko ) nach Jasenovac /  Krapje verlegt1026 58. Neumann Elisa mit Kind Lotte : Am 5. 8. 1940 interniert in Jastrebarsko1027 ; am 19. 9. 1941 nach Jasenovac /  Krapje deportiert1028 1018 Ebenda , Fasz. 6 , Zl. 630 – Inv. 28240 vom 2. 9. 1941. 1019 HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , Zl. 4204 – Inv.-Nr. 29521 vom 1. 5. 1942 ; Fasz. 14 , Zl. 4757-Zl. 29686 vom 14. 4. 1942. 1020 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 1021 Antun MILETIĆ  , Koncentracioni logor Jasenovac. III . Bd. Dokumenti. Beograd 1986 / 1987 , Dok. Nr. 35 : Liste von 269 im Jahre 1941 als Schneider beschäftigte Juden ; Dok. Nr. 165 : Liste von 181 Schneidern im KZ Jasenovac per 1. 6. 1943 und Dok. Nr. 158 , nur mehr 132 als Schneider beschäftigte Juden. 1022 M. KEVO , Veze između Međunarodnog odbora Crvenog križa …Dok. Nr. 17 vom 22. 9. 1943 ( Liste der Häftlinge von Jasenovac , deren Namen durch ihre Ersuchen um Hilfspakete bekannt wurden ). S. 108. 1023 HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , Zl. 4204 – Inv.-Nr. 29521. 1024 DA Bjelovar , SUBNOR-Liste , Fonds 277 , Inv.-Nr. 44 , 45. 1025 HDA Agram , Fonds 252 , Fasz. 9 , Zl. 998 – Inv.-Nr. 28795 , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240 vom 2. 9. 1941. 1026 HDA , Agram , RUR ŽO ( RUR ŽO ), Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. 1027 HDA , Banschaftsamt , Fasz. 35 , Zl. 3061 /  40. 1028 HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , Zl. 4039 / 1942 – Inv.-Nr. 29450.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

59. Pohoryles Hersch Mayer ( geb. 1906 ); am 4. 8. 1941 aus dem Sammellager Daruvar nach Jasenovac deportiert ; möglicherweise überlebt und in Bjelovar im landwirtschaftlichen Kombinat „Žitoprojekt“ beschäftigt ; es könnte aber auch Schafranek Artur gewesen sein1029 60. Prieter Elias ( geb. 1877 ); am 4. 8. 1941 wurde er mit der Gruppe aus Ruma nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt ; nicht auf der Opferliste Jasenovac1030 61. Rhoden Kamilo ( Camillo , geb. 21. 11. 1880 in Wien ); seit 1906 getauft 62. Rhoden An( n )a. Das Ehepaar emigrierte 1938 nach Sarajevo. Ihre beiden Söhne blieben in Wien zurück. Anna und Kamilo Rhoden erlangten die Arierrechte , wurden dessen ungeachtet am 4. 11. 1941 wahrscheinlich nach Jasenovac verbracht. Bitte um Freilassung – auf höhere Weisung unerledigt a. a. gestellt1031 63. Schachter Elsa und Gatte – in Derventa interniert ; im Jänner 1942 wurden die dortigen Internierten nach Jasenovac verbracht1032 64. Schafraneck Adolf ( geb. 1886 ); auf der Liste Bjelovar1033 Geburtsdatum 1891 ; am 4. 8. 1941 nach Jasenovac deportiert ; hat möglicherweise überlebt und in Bjelovar im landwirtschaftlichen Kombinat „Žitoprojekt“ beschäftigt. Es könnte aber auch Pohoryles gewesen sein. Nicht auf der Opferliste Jasenovac 65. Schallinger Willi ( geb. 1875 ); am 4. 8. 1941 wurde er aus Ruma nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt1034 66. Schmeck Sissmann ( geb. 1891 ) (  ? ); am 4. 8. 1941 wurde er mit der Gruppe aus Ruma nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt ; nicht auf der Opferliste Jasenovac1035 67. Schönfeld Moritz Leo ( geb. 1895 ; laut SUBNOR-Liste Bjelovar : geb. 1886 ); am 4. 8. 1941 aus dem Sammellager Daruvar nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt1036 68. Spieler Richard ( geb. 3. 3. 1919 in Wien zuständig in Wien , Student der Wirtschaftswissenschaften , ledig ); keine Angabe über Datum der Emigration ; Angehöriger der „H. P. D.“ ( „ Hrvatsko planinarsko društvo“, „Kroatischer Alpenverein“ ), wohnhaft in Agram , Lorkovićeva 8 , angemeldet per Formular 33411037 ; in Jasenovac interniert1038 1029 HDAB , SUBNOR-Liste. 1030 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 / 1941 vom 2. 9. 1941. 1031 HDA , RUR ŽO , Fasz. 256 – Inv.-Nr. 28690. 1032 HDA , RUR ŽO , Fasz. 9 , Zl. 1254 / 1942 – Inv.-Nr. 28837. 1033 HDAB , Liste SUBNOR ( Fonds 277 ). 1034 HDAB , Liste SUBNOR. 1035 HDAB , Liste SUBNOR. 1036 HDAB , Liste SUBNOR. 1037 HDA , RUR ŽO , Fasz. 19 : H. P. D. = Kroatischer Alpinismusverein. 1038 HDA , Ustascha-Kommissariat … Liste Jasenovac , Blatt 1048.

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Ausländische Internierte mit ungeklärtem Schicksal

69. Spira Jakob ( geb. 1877 ); am 2. 9. 1941 in Jasenovac interniert 70. Spitzer Esad ( geb. 23. 2. 1911 in Wien ); Arbeiter – im Mai 1942 aus Vinkovci nach Jasenovac deportiert1039 71. Stein Berthold – Zwangsaufenthalt Samobor1040 ; in Jasenovac interniert1041 72. Sterensis Ida mit Kind ( S ohn ); am 5. 8. 1940 in Jastrebarsko interniert ; am 19. 9. 1941 nach Jasenovac /  Krapje deportiert1042 73. Sterensis Lea ( Kind ; geb. in Wien ): wie Sterensis Ida1043 74. Stern Alexander ( Eltern : Wilhelm und Emilie , geb. Lewi , geb. in Wien , 47 Jahre alt , zuständig in Wien , Kaufmann ); und 75. Stern Erna , Gattin von Alexander Stern ( geb. Altmann , 45 Jahre alt ); interniert in Jasenovac. ( Es gibt zwei Trägerinnen dieses Namens ; nicht sicher , ob Erna , die gemeinsam mit Stern Mira und Stern Josefina am 22. 12. 1941 aus dem Lager Jasenovac nach Loborgrad verlegt wurde1044 , die Gattin von Alexander Stern war. ) 76. Stern Leopold ( geb. am 9. 9. 1892 in Wien , zuständig in Wien ; Vulkaniseur und Fachlehrer , verheiratet , eine Tochter , 18 Jahre alt ); er flüchtete am 26. 2. 1941 aus Wien nach Agram , um nach Istanbul zu gelangen. Er fand Arbeit bei der Firma Jirašek – Gummiprodukte , Agram. Die Firma Jirašek ersuchte am 23. 7. 1941 um Aufenthaltsgenehmigung für ihn , doch wurde das Ersuchen unerledigt bis 4. 12. 1941 liegengelassen , um dann als „überholt“ ad acta geschrieben zu werden ; nicht als Opfer von Jasenovac identifiziert , aber auf der Liste der Insassen von Jasenovac1045 77. Stern Paul ( geb. 1921 ); aus der Internierung in Daruvar versuchte er in den ersten Maitagen 1941 zu flüchten , kam aber zurück1046 ; am 4. 8. 1941 wurde er mit der Gruppe aus Daruvar nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt1047 78. Stiasny Ludwig ( geb. in Wien ); Zwangsaufenthalt in Makarska ; auf eigene Bitten wurde er am 15. 6. 1940 nach Jastrebarsko verlegt , weil der Aufenthalt in Makarska zu teuer für ihn war1048 ; am 19. 9. 1941 nach Jasenovac /  Krapje deportiert1049 1039 HDA , Banschaftsamt … Fasz. 15 , Zl. 4927 – Inv.-Nr. 29740. 1040 HDA , Banschaftsamt …Fasz. 11 , Zl. 58679 / 1939. 1041 HDA , Ustascha-Kommisariat ; Liste Jasenovac , Blatt 1049. 1042 HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , Zl. 4039 / 1942 – Inv.-Nr. 29450. 1043 HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , Zl. 4039 / 1942 – Inv.-Nr. 29450. 1044 HDA , RUR ŽO , Fasz. 8 , Zl. 8313 – Inv.-Nr. 28620 vom 22. 12. 1941. 1045 HDA , ZUR-ŽO … Liste Jasenovac Blatt 150. 1046 HDA , Innenministerium des USK , Fasz. 191 , Zl. II-C–1305 / 1941 vom 8. 5. 1941. 1047 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 / 1941. 1048 HDA , Banschaftsamt , Fasz. 67 , Zl. 20755. 1049 HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , Zl. 4039 / 1942 – Inv.-Nr. 29450.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

79. Süsskind Jakob ( geb. 1892 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt1050 80. Tobias Albert ( geb. 1894 ); aus Daruvar nach Krapje verbracht1051 81. Waldmann Jakob ( geb. 14. 2. 1916 in Drokolič , Polen , Zahntechniker ); am 8. 4. 1942 ins KZ Jasenovac eingewiesen1052 ; er weilte auf dem Territorium der Stadt Ruma und wurde von dort deportiert1053 82. Waldmann Mendel ( geb. 23. 3. 1890 in Borislav , Galizien , Zahntechniker ; zuständig in Wien ); am 8. 4. 1942 ins KZ Jasenovac eingewiesen1054 ; er weilte auf dem Territorium der Stadt Ruma und wurde von dort deportiert1055 83. Waldmann Mirca ( geb. 22. 7. 1889 in Wien , Hausfrau ); auch sie weilte auf dem Territorium der Stadt Ruma und wurde von dort deportiert1056 ; am 8. 4. 1942 ins KZ Stara Gradiška eingewiesen1057 ; nicht auf den Opferlisten1058 84. Weiss Hans ( geb. 1914 in Wien , Mag. pharm ); untergetauchter , nicht amtlich registrierter Emigrant ; wurde am 14. 9. 1942 aus Zagreb ins KZ Jasenovac eingeliefert1059 85. Wenkart Sigmund ( geb. 28. 5. 1916 in Wien ); am 31. 3. 1938 kam er nach Varaždin ; am 30. 3. 1940 erhielt er eine Reisegenehmigung für Belgrad , um sein Palästinazertifikat abzuholen ; er war einer der 132 jüdischen Internierten in Jasenovac , die am 1. 8. 1943 noch in der Schneiderei arbeiteten1060 86. Zerkowitz Bruno ( geb. 1889 ); am 4. 8. 1941 wurde er aus Daruvar nach Gospić , von dort nach Jasenovac und schließlich nach Krapje verlegt1061

1050 1051 1052 1053 1054 1055 1056 1057 1058

HDA , ebenda , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941. HDA , ebenda , Fasz. 6 , Zl. 6196 – Inv.-Nr. 28240 vom 2. 9. 1941. HDA , RUR ŽO , Fasz. 12 , Zl. 3548 – Inv.-Nr. 29256 vom 8. 4. 1942. HDA , ebenda , Fasz. 13 , Zl. 3890 – Inv.-Nr. 29390. HDA , ebenda , Fasz. 12 , Zl. 3548 – Inv.-Nr. 29256 vom 8. 4. 1942. HDA , ebenda , Fasz. 13 , Zl. 3890 – Inv.-Nr. 29390. HDA , ebenda , Fasz. 13 , Zl. 3890 – Inv.-Nr. 29390. HDA , ebenda , Fasz. 12 , Zl. 3548 – Inv.-Nr. 29256.

Liste http :// www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711 und HDA , Ustascha-Kommissariat ( ZUR-ŽO ), Lager Stara Gradiška. 1059 HDA , Innenministerium , Fasz. 302 , Zl. 5145 vom 14. 9. 1942. 1060 Antun MILETIĆ  , Koncentracioni logor Jasenovac. III . Bd. Dokumenti. Beograd 1986 / 1987 , Dok. Nr. 35 : Liste von 269 im Jahre 1941 als Schneider beschäftigte Juden ; Dok. Nr. 165 : Liste von 181 Schneidern im KZ Jasenovac per 1. 6. 1943 und Dok.-Nr. 158 , nur mehr 132 als Schneider beschäftigte Juden. 1061 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941.

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Insassinnen und Insassen des Lagers Stara Gradiška

4.9 Insassinnen und Insassen des Lagers Stara Gradiška ( Ustascha-Arbeitsund Konzentrationslager Jasenovac V ) Identifizierte Opfer und ungeklärte Schicksale boldiert : identifizierte Opfer 1.

Acel Marija ( Gattin von Acel Alfred aus Wien , geb. 15. 4. 1881 in Kutina /  Kroatien ); Alfred wurde ins KZ Jasenovac , Marija nach Stara Gradiška eingewiesen1062 2. Blüweiss Elisabeth – Die Ustascha-Polizei wies am 25. 2. 1942 „Blüweis Eliza­ beta“, geb. 12. 1. 1904 in „Vvbtberg“ bei Graz ( sic ! ), Hausfrau , nach Stara Gradiška ein.1063 Nicht auf der Opferliste von Jasenovac www.jusp-jasenovac.hr 3. Braun Leontina ( geb. am 5. 7. 1905 in Wien ); deutsche Kritikerin , wurde am 5. 3. 1942 nach Stara Gradiška eingeliefert1064 ; nicht auf der Opferliste von Jasenovac für Stara Gradiška ; www.jusp-jasenovac.hr 4. Epstein Irma ( geb. 1886 ); sie steht auch auf der Liste der im Lager Đakovo Verstorbenen , Häftlingsnummer 2438 ; deportiert aus Nova Gradiška1065 5. Fantl Cilli ( geb. 1877 ; Vater : Salomon , zuständig in Wien ); 1943 ermordet1066 6. Frankl Ivana ( geb. 1881 in Österreich ); 1944 in Stara Gradiška ermordet1067 7. Hacker Margarethe ( geb. 22. 12. 1899 in Wien , verehelichte Bermann ); zuständig in Wiener Neustadt – am 19. 2. 1940 zum Zwangsaufenthalt nach Fužine geschickt ; am 8. 4. 1942 wurde sie ins Ustascha-KZ Stara Gradiška eingeliefert1068 8. Hacker Gertruda ( geb. 17. 3. 1928 in Wien , wohnhaft Wiener Neustadt ); am 19. 2. 1940 zum Zwangsaufenthalt nach Fužine geschickt ; am 8. 4. 1942 wurde sie ins Ustascha-KZ Stara Gradiška eingeliefert1069 9. Hönigsfeld Lori-Leonora ( geb. 1897 in Wien ; zuständig in Wien ; Vater : Nathan ); 1942 in Stara Gradiška ermordet1070 10. Lustig Theresia ( geb. 28. 12. 1904 in Wien ); Hausfrau ; Zwangsaufenthalt in Ruma ; von dort mit ihren zwei minderjährigen Kindern ins KZ Stara Gradiška eingewiesen1071 1062 HDA , RUR ŽO , Fasz. 12 , Zl. 3706 – Inv.-Nr. 29308 vom 5. 5. 1942. 1063 HDA , RUR ŽO , Fasz. 10 , Zl. 2234 – Inv.-Nr. 28945. 1064 HDA , RUR ŽO , Fasz. 10 , Zl. 2450 / 1942 – Inv.-Nr. 28996. 1065 HDA , ZUR-ŽO für die Stadt und den Bezirk Koprivnica , Liste Đakovo. 1066 Nur auf der Opferliste des Ustascha-Lagersystems Jasenovac , dessen Bestandteil Stara Gradiška war ( Lager Jasenovac V ): www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. 1067 www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. 1068 HDA , RUR ŽO , Fasz. 12 , Zl. 3548 – Inv.-Nr. 29256. 1069 HDA , ebenda , Fasz. 12 , Zl. 3548 – Inv.-Nr. 29256. 1070 Nur auf der Opferliste Jasenovac : www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. 1071 HDA Fonds 252 ( RUR ŽO ), Fasz. 12 , Zl. 3548 – Inv.-Nr. 29256 vom 8. 4. 1942 und Fasz. 13 , Zl. 3890 – Inv.-Nr. 29390.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

11. Schrenger Vera ( geb. 1925 ; Vater : Paul ); laut Opferliste Jasenovac 1942 in Stara Gradiška ermordet1072 12. Schrenger Paul ( geb. 1897 in Wien1073 ; 1881 lt. Opferliste Jasenovac ; Vater : Samuel ); aus Daruvar deportiert und 1942 in Stara Gradiška ermordet1074 13. Waldmann Mirca ( geb. 22. 7. 1889 in Wien , Hausfrau ); am 8. 4. 1942 aus Ruma ins KZ Stara Gradiška eingewiesen1075 ; weiteres Schicksal nicht bekannt

4.10 Insassinnen der Konzentrationslager Loborgrad und Gornja Rijeka 1. Blajher ( Bleicher ) Berta ( geb. 1887 ; Geburtsort nicht bekannt ) ; am 4. 8. 1941 aus Daruvar1076 eingeliefert ; im August 1942 nach dem „Osten“deportiert und dort nach Erinnerungen von Mithäftlingen vergast. 2. Blajher ( Bleicher ) Hilda ( geb 1915 ; Tochter ) ; dito. 3. Blajher ( Bleicher ) Malvina ( geb. 1919 ) ; dito. 4. Bratman( n ) Ilze ( Ilse , geb. 1920 , Geburtsort nicht bekannt ) ; dito. 5. Epstein Fan( n )y1077. 6. Fisch Klara , Gattin des in Jasenovac ermordeten Markus Fisch1078 ( geb.1905 ) ; am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad1079 und Ende August 1942 nach Auschwitz deportiert , wo sie wahrscheinlich ums Leben kam. 7. Grass Sabine ; nach Auschwitz deportiert. 8. Herzberg Irma ( geb. Altarac , geb. 1901 ) ; am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad verlegt ; weiteres Schicksal nicht bekannt. 9. Herzberg Helga ( 1930 , Tochter von Irma ) ; Häftlingsnummer 390 , weiteres Schicksal nicht bekannt. 10. Hofmann Maria /  Malwina ( 1 890 ) ; am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad , dann nach Auschwitz deportiert und dort ums Leben gekommen. 11. Hutterer Elvira ( geb. Kraus ) ; wurde aus Ruma eingeliefert ; sie war daher Teilnehmerin des „Kladovo-Transportes“; Häftlingsnummer 422 ; im August 1942 nach dem Osten abtransportiert und wahrscheinlich ums Leben gekommen.

1072 www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. 1073 HDA , ZUR-ŽO Liste Jasenovac. 1074 www.jusp-jasenovac.hr /  Default.aspx ?sid=6711. 1075 HDA , RUR ŽO , Fasz. 12 , Zl. 3548 – Inv.-Nr. 29256 und Fasz. 13 , Zl. 3890 – Inv.-Nr. 29390. 1076 Alle aus Daruvar eingelieferten Frauen stehen auf der „Liste der deutschen und österreichischen jüdischen Emigranten“: HDA Bjelovar , SUBNOR ( Fonds 277 ) , Liste Nr.č 44 /  45. 1077 HDA , ZUR-ŽO für die Stadt und den Bezirk Koprivnica , Liste Loborgrad , Blatt 1056. 1078 HDA , Ustascha-Kontrolldient ( UNS , Fonds 248 ) , Fasz. 1 – Deportationsliste. 1079 HDA , RUR-ŽO ; Fasz. 6 , Zl 6196 vom 2. 9. 194.

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Insassinnen der Konzentrationslager Loborgrad und Gornja Rijeka

12. Kalfuss Alfred ( geb.1930 ) ; war einer der 200 in Loborgrad internierten Jugendlichen , die im August 1942 abtransportiert wurden.1080 13. Katz Berta ( geb. 1905 in Turnu Severin , aber zuständig in Wien ) ; wurde am 6. 8. 1942 aus Ruma eingeliefert ; Häftlingsnummer 502 ; ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt. 14. Katz Lia ( geb. 1932 in Wien , Bertas Tochter ) ; wurde als eine der 200 Jugendlichen aus Loborgrad ins Deutsche Reich deportiert und dort wahrscheinlich vergast. 15. Kaufer Josipa /  Josefa ( geb. Weiller , geb.1921 ) ; zuerst im Lager „Danica“, dann Zwangsaufenthalt in Pisarovina , am 6. 8. 1942 als Häftling Nummer 508 in Loborgrad eingeliefert und in einem Lager „im Osten“ ums Leben gekommen. 16. Kohn Johanna ( 1887geb. in Wien-Atzgersdorf ; dort zuständig ) ; Häftling Nr. 559. 17. Kohn Lotte ( geb. 1891 ) ; dito. 18. Kollmann Tilda ( geb. 1872 in Wien ) ; dito. 19. Konrad Livija ( geb. 1926 ; Vater Martin , Mutter Zora ; Schülerin aus Wien ) ; mit ihren aus Wien emigrierten Eltern ließ sie sich in Varaždin nieder und kam von dort als eine der 200 Jugendlichen nach Loborgrad , die im „Osten“ ermordet wurden. 20. Kreutenberg Serena wurde als Häftling Nr. 593 aus Ruma nach Loborgrad verbracht ; ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt. 21. Kreutenberg Samuilo ( Sohn von Serena , geb. 1935 ) ; wurde als Häftling Nr. 588 und einer der 200 Minderjährigen im Lager im Osten ermordet.1081 22. Krumbein An( n )a Taube (  ?1886 ) ; am 4. 8. 1941 wurde aus Daruvar über Loborgrad nach Auschwitz deportiert. 23. Krumbein Toni ( geb. Hersch ; geb. 1886 in Kosov , ehem. Russland ) ; Häftlingsnummer 593 ) und 24. Krumholz Fanny ( 1 892 , auf der Liste des Staatsarchivs Bjelovar Geburtsjahr 1891 ; geb. Engler , geb. in Valawe ) ; am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad verbracht ; Häftlingsnummer 594 ; nach Auschwitz deportiert. 25. Krzepya Adele(  ?1929 in der Liste des Staatsarchives Bjelovar Geburtsjahr 1923 ) ; am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad und Auschwitz deportiert. 26. Krzepya Sara( h ) ( geb. Denksch , geb. 1923 in Wien , Tochter des Jakob ) ; am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad deportiert ; Häftlingsnummer 595. 27. Löwy Nömi ( geb. Stegmann , geb.1914 Tochter des ehemaligen Journalisten David Stegmann aus Baden bei Wien ) ; Häftlingsnummer in Loborgrad 634 ; ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt. 1080 HDA Ustascha-Kommissariat … Liste Loborgrad-Kinder und Jugendliche bis zu 16 Jahren , Blatt 1075. 1081 HDA , ZUR-ŽO … Liste der Kinder und Jugendlichen.

233



Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

28. Löwenthal Grete ( geb. 1901 in Wien ) ; und 29. Löwenthal Helga ( geb. 1932 in Wien ; Schuelerin ) ; im August 1942 von Loborgrad ins Deutsche Reich deportiert ; beide ermordet. 30. Lustig Olga ( geb. Rubinstein , geb. 1885 in Wien ) ; am 4. 8. 1941 aus Daruvar in Loborgrad eingeliefert ; Häftlingsnummer 676. 31. Maestro Klara ( geb. 1905 in Graz , zuständig in Sarajewo ) ; aus Loborgrad nach Đakovo verbracht ; dort verstorben.1082 32. Mandel Süssel ( geb. Lazar , geb. 1887 in Drohobicz , zuständig in Wien ) ; am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad und schließlich nach Auschwitz deportiert ( wie Mandel Helene ). 33. Mandel Helene ( geb. Schönfeld , geb. 1905 ) ; am 4. 8. 1941 wurde sie aus Daruvar nach Loborgrad , dann aber ins Frauen-KZ Đakovo verbracht ; dort starb sie am 22. 6. 1942.1083 34. Mandel Margot ( geb. 1925 ) ; am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad ( Häftlingsnummer 698 ) und schließlich nach Auschwitz deportiert. 35. Mandel Kurt ( geb. 1930 ) ; dito laut Liste Loborgrad Sohn des Leopold Mandel ( der in Jasenovac ermordet wurde ) ; Häftlingsnummer in Loborgrad 697. 36. Mayer Hedwig ( geb. 1894 ; Gattin des in Jasenovac ermordeten MayerAdolf ) ; am 4. 8. 1941 aus dem Sammellager Daruvar nach Auschwitz deportiert. 37. Raab Irma ( geb. 1894 ) ; ihr Gatte und Sohn wurden am 4. 8. 1941 aus Daruvar deportiert ; die männlichen Mitglieder wurden 1941 in Jasenovac ermordet ) ; Irma kam in den Transport aus Loborgrad in ein Lager im Osten. 38. Sechstower Olga , Gattin des in Jasenovac ermordeten Sechstower Sigmund ; Häftlingsnummer 8901084 ; weiteres Schicksal nicht bekannt. 39. Spirer ( Spira Gerda ( geb. 1912 oder 1892 ) ; am 4. 8. 1941 aus Daruvar über Loborgrad nach Auschwitz deportiert ; ihr Gatte Jakob wurde aus Ruma nach Jasenovac verbracht. 40. Steinvurzel Hana ( Anna , geb. Hahn , geb. 1907 ) und 41. Steinvurzel Renata ( Tochter ) wurden am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad verbracht ( Häflingsnummern 951 und 952 )1085 und kamen in Auschwitz ums Leben. 42. Stern Erna , Gattin von Alexander Stern ( geb. Altmann , 45 Jahre alt ) ; kam gemeinsam mit 43. Stern Mira und

1082 1083 1084 1085

234

HDA , ZUR-ŽO , Liste Đakovo 1179. HDA , ZUR-ŽO , Liste Đakovo ( Liste Zl. 1179 ). HDA , Ustascha-Kommissariat … Liste Loborgrad , Blatt 1074. HDA , ebenda.

Insassinnen der Konzentrationslager Loborgrad und Gornja Rijeka

44. Stern Josefina am 22. 12. 1941 aus dem Lager Jasenovac nach Loborgrad1086 ; das weitere Schicksal dieser drei Mitglieder der Familie Stein ist nicht bekannt. 45. Toch Ida ( geb. 1884 , laut Liste des ZUR ŽÖs 1898 ) ; wurde am 4. 8. 1941 aus Daruvar in Loborgrad eingeliefert ( Häftlingsnummer 979 ) 1087 und kam in Auschwitz ums Leben. 46. Tudiower Hedi ( Hedwig , zuständig in Wien ; Jugendliche ) ; wurde im Lager „Danica“ interniert und am 15. 12. 1941 in Loborgrad eingewiesen ; dort wurde sie „wegen wiederholten Ungehorsams“ im März 1942 durch zweitägigen Essensentzug bestraft und im August nach dem Osten deportiert.1088 47. Wasser Klara ( geb. 1904 ) ; kam am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad ( Häftlingsnummer 996 )1089 ; ihr Gatte , Wasser Dr. Hermann , wurde 1941 in Jasenovac ermordet ; ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt. 48. Weiss Elisabeth wurde aus dem Zwangsaufenthalt in Draganić nach Loborgrad verbracht ( ihr Gatte Fritz wurde in Koprivnica interniert. Die Zusammenführung des Ehepaares wurde am 25. 7. 1941 genehmigt ; Fritz war zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon in Gospić , Jadovno oder auf der Insel Pag ermordet worden )1090 ; weiteres Schicksal nicht bekannt. 49. Werner Dora – kam aus dem Zwangsaufenthalt in Jastrebarsko nach Loborgrad ; weiteres Schicksal nicht bekannt. Die Freilassung aus Loborgrad erreichten : Allina Mariana ( Mary ) ( geb. Kohn , geb. 1910 in Wien , dort zuständig ); Angestellte , 1939 ; aus Wien illegal in Jugoslawien eingereist ; Zwangsaufenthalt in Daruvar ab 12. 2. 1940 ; am 4. 8. 1941 wurde sie mit der Gruppe aus Daruvar in Loborgrad eingeliefert ; Freilassung wegen Mischehe1091 Heller Katharina , Gattin von Geza Heller ( geb. 1890 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad , dann nach Gornja Rijeka deportiert1092 , da sie Partnerin in Mischehe1093 Kroner Klara ( Gattin des in Jasenovac ermordeten Benno Kroner ); wurde am 15. 12. 1941 aus Loborgrad freigelassen ; ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt1094 1086 HDA , RUR-ŽO , Fasz. 8 , Zl. 8313 – Inv. Nr. 28620 vom 22. 12. 1941. 1087 HDA , ZUR-ŽO , Liste Loborgrad. 1088 HDA , UNS , Fasz. 4 , o. Zl. Weisung der Verwaltung ; erwähnt bei I. Goldstein , Holokaust. S. 351. 1089 HDA , Ustascha-Kommisariat , Liste Loborgrad. 1090 HDA , ebenda. 1091 HDA , RUR ŽO , Fasz. 6 , Zl. 6196 vom 2. 9. 1941 ; Fasz. 15 , Zl. 5199 – Inv.-Nr. 329839 vom 28. 4. 1942. 1092 HDA , ebenda und Fasz. 13 , Zl. 4183 – Inv.-Nr. 29513. 1093 HDA , RUR ŽO , Fasz. 13 , Zl. 4183 – Inv.-Nr. 29513. 1094 HDA , RUR ŽO , Fasz. 8 , Zl. 8168 – Inv.-Nr. 28574.

235



Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

Raab Karolina ( Gattin , 1901 ); am 4. 8. 1941 aus Daruvar nach Loborgrad und Gornja Rijeka verbracht ; Partnerin in Mischehe

4.11 Insassinnen und Opfer des Frauen-Konzentrationslagers Đakovo1095 1. Cenover Hansi ( geb. 1892 in Wien ) 2. Cenover Vilma ( geb. 1895 in Wien ) 3. Deutsch Ida , Wien1096 4. Eisinger Ida , Wien ; Opfer der Typhusepidemie im Lager ; am 8. 5. 1942 auf dem jüdischen Friedhof Đakovo bestattet 5. Felkovitsch Therese ( aus Wien ) 6. Gosnove Vilma ( W ilma , Wien ) 7. Hecht Grete ( geb. Adler ; Gattin von Dr. Walter Hecht aus Wien und Mutter von Martin Hecht ? ); Häftlingsnummer 382 lt Liste des Ustascha-Kommissariats ZUR-ŽOs 8. Hochberger Maria ( W ien ); gestorben im Zeitraum 22. 3.–10. 4. 1942 ; Häftlingsnummer 2543 gem. Liste des Ustascha-Polizeikommissariats ( geb. 1892 ) 9. Hochstätter Berta ( W ien ); am 8. 5. 1942 begraben ; gem. Liste des Polizeikommissariats Häftlingsnummer 2342 , geb. 1880 10. Horovic Mart( h )a ( Deutschland ); Insassin von Đakovo , Häftlingsnummer 2103 , aus Lipik nach Đakovo deportiert 11. Horovic Dani ( Kind ); mit Mutter Martha in Đakovo ; Häftlingsnummer 2104 12. Horovic Antoni ( W ien ) 13. Kalav Kah Ella ( W ien ) 14. Kertes Edith ( geb. 1915 ); Häftlingsnummer 2818 15. Klein Mina ( Gattin von Gustav ? ); im Lager Đakovo verstorben und am 8. 5. 1942 beigesetzt 16. Knapp Truda ( Deutschland , geb. 1909 ); Häftlingsnummer 2306 17. Löwinger Malwine ( geb. 1887 , Gattin ? von Löwinger Dr. Wilhelm , der in Jasenovac eingeliefert wurde ); Häftlingsnummer 2125 18. Lustig Jania 19. Lustig Stel( l )a , ( geb. 1893 ; Wien ); Häftlingsnummer 2396 20. Maestro Klara ( W ien ); gestorben 21. Markus Dora ( geb. 1887 , Wien ); Häftlingsnummer 2239 22. Mayer Hedwig ( geb. 1894 ; Gattin von Mayer Adolf , der 1941 in Jasenovac ermordet wurde ); am 4. 8. 1941 aus dem Sammellager Daruvar nach Auschwitz deportiert 1095 Quelle für alle Internierten : JIM-Liste ŽOZ , K–24 /  81–1 , und HDA , Ustascha-Kommissariat für die Stadt und den Bezirk Koprivnica – Lager Đakovo. 1096 Laut Liste DÖW „Unbekanntes Lager in Jugoslawien“.

236

Liste der auf dem jüdischen Friedhof Đakovo bestatteten Opfer der Typhusepidemie

23. Naumann Alice ( W ien ) 24. Pauker Estera – Zwangsaufenthalt Samobor 25. Schiller Dora ( Gattin von Emmerich , der im Lager Jasenovac ermordet wurde ); starb im Lager Đakovo ; Häftlingsnummer 2225 ; keine Information über das Schicksal ihrer Tochter 26. Schönberg Lina ( W ien ); im Lager Đakovo gestorben 27. Steinberg Margarethe ( geb. 1906 ); Häftlingsnummer 2305 28. Wachsman Mandel – Zwangsaufenthalt Samobor seit 1939 ; weiteres Schicksal unbekannt ; Lilly ( geb. 1918 ) Tochter ? Häftlingsnummer 2620 29. Weckheim Lily ( geb. 1892 in Wien ); gestorben in Đakovo 30. Weiss Paula ( geb. 1983 ); Häftlingsnummer in Đakovo 2443 ; 1942 im KZ Jasenovac ermordet 31. Wilder Greta ( Ehefrau von Wilder Moritz , geb. 1918 in Wien ); Zwangsaufenthalt in Samobor und Lipik ; im KZ Đakovo als Vilder Greta mit Häftlingsnummer 2193 evidentiert ; sie wurde im Krankenhaus Osijek an Typhus behandelt und starb dort am 24. 3. 1942 ; sie steht nicht auf der Liste der auf dem jüdischen Friedhof in Đakovo bestatteten Opfer des KZ Đakovo ( vermutlich wurde sie in Osijek bestattet )

4.12 L  iste der auf dem jüdischen Friedhof Đakovo bestatteten Opfer der Typhusepidemie im Frauen-Konzentrationslager Đakovo1097 Weiss Paula aus Wien , 74 Jahre alt , gest. 9. 3. 1942 , 32. Reihe , Grab 12 Hochberger Maria aus Wien , 50 Jahre alt , gest. 22. 3. 1942 , 36. Reihe , Grab 1 Felkovits Tereza aus Wien , 67 Jahre alt , gest. 24. 3. 1942 , 36. Reihe , Grab 4 Deutsch-Goldstein Ida aus Wien , 67 Jahre alt , gest. 10. 4. 1942 , 38. Reihe , Grab 19 Gosnove Vilma aus Wien , 47 Jahre alt , gest. 10. 4. 1942 , 40. Reihe , Grab 3 Hochstätter Berta aus Wien , 62 Jahre alt , gest. 9. 5. 1942 , 46. Reihe , Grab 8 Maestro Klara aus Wien , 55 Jahre alt , gest. 10. 5. 1942 , 46. Reihe , Grab 17 Lustig Stella aus Wien , 49 Jahre alt , gest. 4. 6. 1942 , 54. Reihe , Grab 14 Eisinger Ida aus Wien , 61 Jahre alt , gest. 12. 6. 1942 , 58. Reihe , Grab 4 Kalav-Kaho /  Kolar Ella aus Wien , 56 Jahre alt , gest. 20. 6. 1942 , 41. Reihe , Grab 4 Naumann Alice aus Wien , 42 Jahre alt , gest. 20. 6. 1942 , 41. Reihe , Grab 6 Salom Cukolina aus Wien , 66 Jahre alt , gest. 20. 6. 1942 , 41. Reihe , Grab 8 Pinto Lujze aus Wien , 52 Jahre alt , gest. 20. 6. 1942 , 41. Reihe , Grab 9

1097 HDA , ZKRZ , Mikrofilm Z-2942 , Zl. 2235 /  9–45.

237



Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

4.13 L  iste der ( in Fiume /  Rijeka ) verhafteten Juden aus Österreich mit deutschen Reisepässen Sie wurden von der Kommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzer und ihrer einheimischen Kollaborateure ( Kroatisches Staatsarchiv , Fonds 306 , ZKRZ , Z-2968 , 2624 /  45 ) als „in unbekannten Lagern der Deutschen 1944 oder 1945 Ermordete“ registriert. ( JU-53 , Elenco – Prefettura di Fiume , Ufficio Stranieri ) ( „ Ebrei arrestati muniti di passaporti di erminai , del Protettorato di Bomia e Moravia e della Polonia“ ) NAME

VATER

Geburtsort und -datum

Reisepass

Gültigkeit

BERGER

Philipp

Wien , 27. 5. 1889

Nr. 396 ,

BERGER

Adolf

Wien , 13. 8. 1919

Polizei St. Pölten Nr. 99 , Polizei St. Pölten

25. 1. 1939– 24. 1. 1940

BACHER

Eduard

Wien , 13. 6. 1881

Nr. 104345 , Polizei Wien

22. 3. 1939– 21. 3. 1940

BEER Franz

Albert

Melnik , 18. 11. 1887

Nr. 100872 , Polizei Wien

27. 2. 1939– 27. 2. 1940

Adolf

DEUTSCH

Hermann

Bajcs , 23. 10. 1880

Nr. 131897 , Polizei Wien

10. 5. 1939– 10. 4. 1940

FISCHHOF

Erich

„Frauorkirchen“, 3. 3. 1897

Nr. 703 Deutsches Konsulat Triest

16. 12. 1939

FEILBOGEN

Samuel

Wien , 26. 9. 1889

Nr. 125179 , Polizei Wien

17. 5. 1939– 9. 5. 1940

FERENCZI

Samule ( sic ! )

Wien , 25. 8. 1889

Nr. 157 /  39 , ­Deutsches ­Konsulat Zagreb

Deutsche

FRANKL

Bernhard

Wien , 22. 11. 1889

Nr. 29721 , Polizei Wien

26. 9. 1938– 26. 9. 1940

GROSS­

Heinrich

Wien , 14. 1. 1894

Nr. 346 /  39 , ­Deutsches ­Konsulat Triest

22. 2. 1939

Adolf

­Alfred Felix

Richard

Robert Oskar

­Robert

MANN Otto

238

12. 9. 1938– 12. 9. 1939

Liste der ( in Fiume /  Rijeka ) verhafteten Juden aus Österreich NAME

VATER

Geburtsort und -datum

Reisepass

Gültigkeit

HAMEL

Sigismund

„Leopoli“, 26. 11. 1882

Nr. 125484 , Polizei Wien

25. 4. 1939– 25. 2. 1940

­Richard

HACKER

Maximilian

Kamberg , 3. 9. 1898

Nr. 1022 , BH ­Baden

27. 12. 1938– 26. 12. 1939

KAUFMANN

Arnold

Olmütz , 30. 5. 1900

Nr. 15855 , Polizei Wien

31. 8. 1938

Ignatz

KOMIN

Joachim

Nr. 379 /  38 , Deutsches ­Konsulat Triest

6. 9. 1938– 20. 2. 1940

MANDLER

Josef

Deutschkreutz , 25. 4. 1905

Nr. 437607

12. 7. 1938

NEUMANN

Moritz

Radkersburg , 20. 7. 1901

Nr. 163 , Polizei ­Rad­kersburg

2. 12. 1938– 2. 12. 1939

SCHECH­

David

Wien , 28. 2. 1915

Nr. 351 /  39 , Deutsches ­Konsulat Triest

23. 2. 1939– 23. 8. 1940

SCHIFF

Nathan

Wien , 5. 8. 1904

632 /  38 , Deutsches ­Konsulat Triest

14. 11. 1938– 13. 11. 1940

­Richard

STEINER

Maximilian

Nr. 140896 , Polizei Wien

31. 5. 1939

STERN

Ignaz

Wien , 31. 7. 1900 (  ? Jahreszahl nicht klar ­erkennbar  )

Im „Elenco …“: ­österr. Pass Nr. 1490 , Deutsches ­Konsulat Rijeka

18. 12. 1928

STERNFELD

Samuel

Kobersdorf , 1. 4. 1890

Nr. 113897 , Polizei Wien

3. 4. 1939– 3. 4. 1940

Adolf Israel

HERZ Ernst

Walter

Otto

Ferdinand

TER Erich

­Sigismund

­Maximilian

Julius

Hugo

Wien , 23. 1. 1900

Rechnitz , 24. 6. 1912 ( Jahreszahl nicht klar lesbar )

Nr. 181215 , Polizei Wien

1. 8. 1939

239



Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge NAME

VATER

Geburtsort und -datum

Reisepass

Gültigkeit

SNEL(  ? )

Maximilian ; Mutter : Sofia

Wien , 15. 4. 1920

Nr. 131813 , Polizei Wien

10. 5. 1939– 10. 5. 1940

SNEL(  ? )

Karl

Purkersdorf , 24. 2. 1889

Nr. 131084 , Polizei Wien

4. 5. 1939– 4. 5. 1940

TOBIAS Josef

Joachim

Wien , 19. 7. 1897

Nr. 3956 Deutsches ­Konsulat Danzig

3. 8. 1939

UNREICH

Sigismund

Wien , 21. 4. 1892

Nr. 103 /  38 , Deutsches ­Konsulat Zagreb

1. 6. 1938

WOLKEN

Joachim

Wien , 9. 5. 1904

Nr. 156859 , Polizei Wien

20. 6. 1939– 20. 6. 1940

SUEL Karl

Israel

SUEL Maximilian Israell

­Joachim

Erich Israel

EELENCO DEGLI EBREI ARRESTATI DI NAZIONE POLACCA

Salomon

Brody , 6. 2. 1902

Nr. 253 /  37 /  26072 Konsulat Wien

27. 1. 1937– 26. 1. 1941

Bernard

GRAUBART

Heinrich

Mikulice 24. 9. 1907

Nr. 1220 /  36 /  9878 Konsulat Wien

6. 5. 1936– 1939

ROZEN­

Josef

Ziebisczon , 16. 3. 1905

Poln. RP Nr. 1881 /  36 /  4777 , Wien

22. 6. 1936– 8. 1. 1938

ASCH­

KENAZY

Lazar

WALD Isak

240

Liste der im italienischen Konzentrationslager Kraljevica Internierten

4.14 L  iste der im italienischen Konzentrationslager Kraljevica internierten ausländischen Jüdinnen und Juden1098 Der Stand dieser Liste gilt auch für das Lager Kampor auf der Insel Rab ! 28. Eger Robert ( geb. 1882 , Wien ), evangelisch , Häftlingsnummer 10 , Baracke III 29. Fall Dr. Gustav ( geb. 1865 , Wien ), mosaisches Bekenntnis , Baracke „0“ 30. Hoffmann ( geb. Schwarz ), Katharina ( geb. 1892 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 47 , Baracke 1 31. Izakievic ( geb. Frankl ) Elsa ( geb. 1897 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 1 , Krankenbaracke ( „ Infirmiera“ ) 32. Knoll ( geb. Wurm ) Janina ( geb. 1890 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 58 , Baracke 8 33. Knoll Kurt ( geb. 1926 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 60 , Baracke II 34. Knoll Mehem ( Menahem ) ( geb. 1893 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 57 , Baracke II 35. Kohn Friedrich ( geb. 1900 , Wien ), mosaisches Bekenntnis, Häftlingsnummer 6 , Baracke Nr. II 36. Korani ( geb. Hirsch ) Frieda ( geb. 1872 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 5 , Baracke 8 37. Korani Margarethe ( geb. 1894 , Wien ), ohne Bekenntnis , Häftlingsnummer 6 , Baracke 8 38. Löw Felix ( geb. 1930 , Wien ), mosaisches Bekenntnis , Häftlingsnummer 2 , Baracke 7 39. Löw Neta ( geb. 1932 , Wien ), mosaisches Bekenntnis , Häftlingsnummer 3 , Baracke 7 40. Löw ( geb. Cohn ) Viola ( geb. 1891 , Geburtsort unbekannt ), mosaisches Bekenntnis , Häftlingsnummer 1 , Baracke 7 41. Lunzer Fritz ( geb. 1896 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 9 , Baracke III 42. Neurath Art( h )ur ( geb. 1885 , Wien ), mosaisches Bekenntnis , Häftlingsnummer 6 , Baracke II 43. Öhler ( geb. Gottschalk ) Gertrud ( geb. 1882 , Graz ), röm.-kath., Häftlingsnummer 5 , Baracke „0“ 44. Öhler Hugo ( geb. 1877 , Graz ), röm.-kath., Häftlingsnummer 4 , Baracke „0“ 45. Popper ( geb. Becker ) Anni ( geb. 1884 , Wien , röm.-kath., „Arierin“, Häftlingsnummer 6 , Baracke „ J“ 46. Popper Margarethe ( geb. 1914 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 7 , Baracke „ J“ 1098 HDA , Landeskommission , Mikrofilm Z-2942 , Zl. 2235 /  9–45.

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Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

47. Popper Dr. „Stepano“ ( geb. 1881 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 5 , Baracke „0“ 48. Reisner Dorit ( geb. 1929 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 7 , Baracke „0“ 49. Reisner Fritz ( geb. 1887 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 4 , Krankenbaracke 50. Reisner Rene ( sic ! ) ( geb. 1926 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 6 , Baracke 8 51. Reisner ( geb. Stern ) Stella , ( geb. 1892 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 5 , Baracke 8 52. Rotziegel ( geb. Fuchs ) Alice ( geb. 1869 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 4 , Baracke 2 53. Schwartz Georg ( geb. 1889 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 93 , Krankenstation 54. Spielmann Gertrude ( geb. 1895 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 82 , Baracke 1 55. Stein Dr. Johann ( geb. 1894 , Wien ), ohne Bekenntnis , Häftlingsnummer 100 56. Wasser ( geb. Schey ) Johanna , ( geb. 1898 , Wien ), röm.-kath., Häftlingsnummer 9 , Baracke „0“ 57. Weiss Eduard ( geb. 1899 , Wien ), mosaisches Bekenntnis ; Häftlingsnummer 533 , Baracke „I“

4.15 L  iste der aus den Zonen I und II nach Italien evakuierten jüdischen Flüchtlinge1099 1. Artmann Isacco /  Isak ( geb. in Roznialow am 23. 3. 1899 ); Österreicher ; weilte 1943 mit seiner Frau in Rab ; am 23. 3. 1938 war er in Dachau und Bergen-Belsen interniert ; am 16. 10. 1944 in Bari evidentiert 2. Bachrich Walter ( Vater : Eduard , geb. 1894 in Wien ); aus Split nach Bari eva­ kuiert 3. Gattin : Eisserlin Anna 4. Blumberg Heinrich ( geb. 1899 in Wien ); aus Split nach Bari evakuiert ; Gattin und zwei Söhne 5. Csokor Theodor ( Vater : „Giovanni“, polnische Staatsangehörigkeit ); aus Korčula nach Bari evakuiert 6. Elbo( r )g( h )en Chaim ( Vater : Abraham , geb. am 16. 3. 1891 in Falticena , Rumänien ); in Samobor , Čaplina , Mostar , Dubrovnik , Kupari interniert

1099 Anna PIZZUTI , Ebrei stranieri internati in Italia durante il periodo bellico. Exinternati in campi jugoslavi gestiti da italianai e rifugiatisi a Bari dopo l’ 8 settembre 1943 : www. annapizzuti.it /  pdf /  provenienza.php=jugoslav & t=Exinternati und www.annapizzuti. it /  database /  ricerca.php.

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Liste der aus den Zonen I und II nach Italien evakuierten jüdischen Flüchtlinge

7. Faberdufour „Giuseppe“ ( Vater : Jakob ; geb. 1912 in Wien ); aus „ Jugoslawien“ nach Bari evakuiert 8. Gattin : Pellegrino Margherita 9. Ferenzi Antonio ( Vater : Alfred , geb. 9. 5. 1906 in Österreich ); aus Dubrovnik am 15. 11. 1942 nach S. Maria al Bagno ( Provinz Lesce ) verbracht ; dort 1945 wohnhaft 10. Furedj Anna ( Vater : Bela ); Österreicherin , „aus Jugoslawien nach Bari evakuiert“ 11. Bruchnel Inge ( Tochter von Furedj Anna ); aus Split am 16. 8. 1944 nach Bari evakuiert 12. Wurst Leo ( Vater : Samuel , geb. 31. 3. 1911 ); Österreicher ; am 15. 11. 1942 aus Dubrovnik nach S. Maria al Bagno ( Provinz Lesce ) verbracht und dort 1945 wohnhaft 13. Glasner Ernest ( Vater : „Edoardo“; geb. am 7. 12. 1890 in Pardubice , Tschechoslowakei ); Österreicher ; 1938 von den italienischen Grenzbeamten zurückgewiesen ; nach Jugoslawien geflüchtet ; am 16. 10. 1944 in Bari evidentiert 14. Grünbaum Gertrude ( Vater : Otto , geb. am 26. 3. 1917 in Wien ); aus Jugoslawien nach Bari evakuiert 15. Lovy Tiberije Giorgio , Gatte ; am 16. 10. 1944 aus Jugoslawien nach Bari evakuiert 16. Huschak Kurt ( Vater : Oskar , geb. 1925 in Wien ); aus Jugoslawien nach Bari evakuiert 17. Glasz Zacri ( Mutter von Kurt Huschak ); am 16. 8. 1944 in Bari evidentiert , nach der Flucht aus Jugoslawien 18. Kohn Friedrich ( Vater : Emil , geb. am 19. 5. 1900 in Wien ); in Kraljevica interniert 19. Levi Gentile ( Vater : „Enrico“ /  Heinrich , geb. am 4. 10. 1923 in Wien ); am 15. 1. 1942 von Korčula geflüchtet ; in Bari noch am 15. 2. 1945 wohnhaft 20. Pollak Hans Peter ( Vater : Hans , geb. am 8. 12. 1896 in Österreich ); aus Jugoslawien nach Bari geflüchtet 21. Kaminker Regina , Gattin ; aus Jugoslawien nach Bari geflüchtet ; dort am 16. 8. 1944 evidentiert 22. Raab Georg ( Vater : Ferdinand , geb. am 16. 11. 1893 in Österreich ); aus Dubrovnik nach Bari geflüchtet 23. Samiel Margarete , Gattin – in Jugoslawien im November 1942 interniert ( Kraljevica ? ); geflüchtet ; 1945 in S. Maria al Bagno ( Provinz Lesce ) gemeldet 24. Sacher Masoch Alexander ( Vater : „Arturo“, geb. am 18. 11. 1901 in Witkowitz , Tschechoslowakei ); aus Korčula nach Bari evakuiert 25. Leitner Milica , Gattin ; in Bari am 16. 10. 1944 gemeldet 26. Schwarz Georg ( Vater : Moritz , geb. am 10. 3. 1889 in Wien ); aus Crikvenica im November 1942 in die Internierung verbracht ( wahrscheinlich Kraljevica ); zuvor war er am 25. 8. 1941 an der Grenze der Provinz Carnaro von der italienischen Polizei zurückgewiesen worden ; im November 1942 interniert ( wahrscheinlich in Kraljevica ); geflüchtet ; am 16. 10. 1944 in Bari gemeldet 243



Listen der ermordeten und geretteten Flüchtlinge

27. Silbermann Eduard ( Vater : Paul ; geb. am 11. 1. 1893 in Österreich ); in Rab interniert ; zuvor war er am 15. 11. 1942 in Dubrovnik interniert ; geflüchtet ; 1945 in S. Maria al Bagno ( Provinz Lesce ) gemeldet 28. Toch Erbert ( Herbert ; Vater : Adolf ; geb. 1894 in Wien ); aus Jugoslawien nach Bari geflüchtet 29. Gustl Giovanna , Gattin ; aus Split nach Bari geflüchtet ; dort am 16. 10. 1944 gemeldet 30. Udias Alfred ( Vater : David ; geb. am 17. 12. 1921 in Österreich ); aus Dubrovnik nach S. Maria al Bagno evakuiert 31. Udias Anna , Mutter ( im November 1942 interniert ); geflüchtet ; 1945 in S. Maria al Bagno ( Provinz Lesce ) gemeldet 32. Udias Anna , Gattin von David ( Vater : Abraham ; geb. am 18. 3. 1896 in Österreich ); aus Dubrovnik nach Bari evakuiert 33. Udias Alfred ( Sohn des Ehepaars Udias David und Anna ); interniert im November 1942 in Dubrovnik ; geflüchtet ; 1945 in S. Maria al Bagno ( Provinz Lesce ) gemeldet 34. Udias David , Gatte ( Vater : Samuel ; geb. am 19. 1. 1897 in Österreich ); aus Dubrovnik nach Bari evakuiert 35. Udias Gertrude ( Tochter von David und Anna ; geb. am 30. 4. 1927 ); aus Dubrovnik nach Bari evakuiert 36. Udias Grete ( Tochter von David und Anna ; geb. am 4. 6. 1932 in Österreich ); aus Dubrovnik nach Bari evakuiert 37. Weisglass David ( Vater : Adolf ; geb. am 25. 9. 1870 in Österreich ); aus Dubrovnik nach Bari evakuiert 38. Weisglass Klara ( Vater : David ; geb. am 18. 11. 1909 in Österreich ); aus Dubrovnik nach Bari evakuiert 39. Rosen Lea , Mutter ( interniert am 15. 11. 1942 ; vermutlich in Dubrovnik ); geflüchtet und 1945 in S. Maria al Bagno evident 40. Weisglass Samuel ( Vater : David ; geb. am 12. 11. 1905 in Österreich ); aus Dubrovnik nach Bari evakuiert 41. Wurat ( Wurst ? ) Wurat – auch „Wurst“ Leo ( Vater : Samuel ; geb. am 31. 3. 1911 in Österreich ); am 15. 11. 1942 in Dubrovnik interniert ; geflüchtet ; 1945 in S. Maria al Bagno gemeldet

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Hrvatski državni arhiv ( Kroatisches Staatsarchiv HDA ), Zagreb , Fonds 145 – Savska banovina – Odjelak za držarnu zaštitu Savebanschaft ( SB ) – Verwaltungsabteilung für Staatssicherheit ( SB-ODZ ), Fasz. Nr. 4. Fonds 158 – Banovina Hrvatska-Odjelak za državnu zaštitu ( Banschaft Kroatien , Sektion für Staatssicherheit , ODZ ). Fasz. Nr. 1–72. Fonds 155 – Banovina Hrvatska , Kabinett Bana ( Banschaft Kroatien , Kabinett des Bans , Fasz. Nr. 105–110. Fonds Nr. 157 – Banovina Hrvatska , Odjel za unutrašnje poslove ( Sektion für innere Angelegenheiten , Polizeiverwaltung , BH-OUP ), Fasz. Nr. 208 und 213. Fonds Nr. 218 – Ministarstvo pravosuđa i bogoštovlja NDH ( Ministerium für Justiz und Kultus des Unabhängigen Staates Kroatien , MPB ), Sektion für Justiz : Fasz. Nr. 28 ; 29 , 33. Fonds Nr. 223 – Innenministerium des USK ( MUP NDH ). Fonds Nr. 224 – Außenministerium des USK ( MVP NDH , Fonds Nr. 224 ). Fonds Nr. 248 – Kommandantur der Ustascha-Polizei – Judenabteilung ( ZUR-ŽO ). 245

Quellenverzeichnis

Fonds Nr. 252 – Direktion der Ustascha-Polizei , Judenabteilung ( RUR ŽO ). Fonds Nr. 1514 – Kommissariat der Ustascha-Polizei für Stadt und Bezirk Koprivnica , Zagreb , Nova Gradiška , Novi Vinodolski , Dubrovnik ( ZUR , Fonds Nr. 1521 ). Fonds Nr. 1512 – Archiv des Polizeiattachés bei der Deutschen Gesandtschaft Zagreb , Hans Helm ( Archiv Helm ). Fonds Nr. 306 – Landeskommission zur Ermittlung der Verbrechen der Okkupa­ tionsmächte und ihrer einheimischen Kollaborateure ( ZKRZ-GUZ – Generalregister und Namensregister ), Mikrofilme Z–2929 , 2960 , 2946 ; Fasz. Nr. 164 , 184 , 294 , 300–414. Fonds Nr. 1522 – Landeskommission für die Repatriierung von Ausländern ( ZKRS ), Fasz. Nr. 14 – Kartei der in Jugoslawien registrierten Ausländer. Fonds „Službene novine Kraljevine Jugoslavije ( Amtsblätter des Königreiches Jugoslawien ), Inventar-Nr. S-100007035 , S–1000007036 , S–100007017 , S–100007018 , S–100007019

Državni arhiv ( Staatsarchiv Rijeka , DARI ), Rijeka , DARI JU–39 – Riječka prefektura- kvestura ( Prefettura di Fiume /  Q uestura ), Serie „S“ ( Ufficio Stranieri ), Fasz. Nr. 569 , 560 , 561. DARI JU–053 – „Serie E“ ( „ Ebrei“ ). DARI JU–106 – Stadtkommission für die Ermittlung von Verbrechen ( Fonds JU 106 ), Elaborato concernente gli Ebrei , 7. 12. 1945. DARI 447 – Kotarsko poglavarstvo Crikvenica ( Bezirkshauptmannschaft Crikvenica , Sign , Ko /  C. ) DARI 143 – Kotarsko poglavarstvo Novi Vinodolski ( Bezirkshauptmannschaft Novi Vinodolski ).

Hrvatski državni arhiv Split ( Kroatisches Staatsarchiv Split , DAST ), Fonds „Židovska općina“ Ž. O. Fonds K-1-4.

Staatsarchiv Ljubljana Fonds AS 220 , Komisija pri predsedstvu SNOS za ugotavljanje zločinov okupatorjev in njegovih pomagačev ( Kommission beim Präsidium des Volksbefreiungskomitees Sloweniens ). Fasz. 6.

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Amtsblätter Kroatisches Staatsarchiv Zagreb Službene novine Kraljevine Jugoslavije ( 1929–1941 ) Narodne novine NDH ( 1941 )

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264

Abkürzungsverzeichnis AFŽ Antifašistički front žena Jugoslavije ( Antifaschistische Front der jugoslawischen Frauen ) AJ Arhiv Jugoslavije ( Archiv Jugoslawiens ), Beograd ARS Arhiv Republike Slovenije ( Archiv der Republik Slowenien ) AVNOJ Antifašističko vijeće narodnog oslobođenja Jugoslavije ( Antfaschistischer Rat der Volksbefreiung Jugoslawiens ) BH-ODZ Banovina Hrvatska – Odjelak državne zaštite ( Banschaft Kroatien – Sektion für Staatsschutz ) BH-OUP Banovina Hrvatska , Odjel za unutrašnje poslove ( Abteilung für innere Angelegenheiten , Polizeiverwaltung ) BORG Bundes-Oberstufenrealgymnasium CWO Cionist Women’s Organization ČEDOK Tschechische Reiseagentur ( gegründet 1920 ); DARI Državni arhiv Rijeka ( Staatsarchiv Rijeka ) DAST Državni arhiv Split ( Staatsarchiv Split ) DELASEM Delegazione per l’assistenza agli emigranti ebrei GRAVSIGUR Glavno ravnateljstvo za javni red i sigurnost ( Generaldirektion für öffentliche Ordnung und Sicherheit des USK ) HDA Hrvatski državni arhiv ( Kroatisches Staatsarchiv ) HDAB Hrvatski državni arhiv Bjelovar ( Kroatisches Staatsarchiv Bjelovar ) HICEM Hebrew Immigrant Aid Society HSS Hrvatska seljačka stranka ( Kroatische Bauernpartei ) IKRK Internationales Komitee vom Roten Kreuz JIM Arhiv Jevrejskog Istorijskog muzeja ( Archiv des Jüdischen Historischen Museums ), Beograd JOINT Jewish Joint Distribution Committee KPJ Kommunistische Partei Jugoslawiens KBUDB Kraljevska banska uprava dravske banovine ( Königliche Banschaftsverwaltung der Draubanschaft ), Ljubljana MBP-B Ministarstvo pravosuđa i bogoštovlja NDH ( Ministerium für Justiz und Kultus des Unabhängigen Staates Kroatien , MPB ), Abteilung für Justiz MUP NDH Ministarstvo unutarnjih poslova NDH ( Innenministerium des USK ) MVP NDH Ministarstvo vanjskih poslova NDH ( Außenministerium des USK ) 265

Abkürzungsverzeichnis

NAZ Nadbiskupski arhiv Zagreb ( Erzbischöfliches Archiv Zagreb ) OVRA Opera di vigilanza e repressione antifascista ( italienische Geheimpolizei , Pendant zur Gestapo ) OZNA Odjel za zaštitu naroda ( „ Abteilung zum Schutz des Volkes“; jugoslawische Geheimpolizei ) RAVSIGUR Ravnateljstvo za javni red i sigurnost ( Direktion für öffentliche Ordnung und Sicherheit des USK ) RSHA Reichssicherheitshauptamt RUR ŽO Ravnateljstvo ustaškog redarstva – Židovski odsjek ( Direktion der Ustascha-Polizei , Judenabteilung ) SB Savska banovina ( Savebanschaft ) SB-DZ Savska banovina – Državna zaštita ( Savebanschaft Abteilung Staatssicherheit ) SD Sicherheitsdienst SKOJ Savez komunističke omladine Jugoslavije ( Bund der kommunistischen Jugend Jugoslawiens ) STLA Steiermärkisches Landesarchiv SUBNOR Savezno udruženje boraca Narodnooslobodilačkograta ( Bundesvereinigung der Kämpfer des Volksbefreiungskrieges ( Bundesorganisation der Altpartisanen Jugoslawiens ) SUPERSLODA Supremo Commando per la Slovenia e per la Dalmazia UNS Ustaška nadzorna služba ( Ustascha-Kontrolldienst ; Geheimpolizei der Ustascha ) WIZO Women’s International Zionist Organisation ZAVNOH Zemaljsko antifašističko vijeće narodnog oslobođenja Hrvatske ( Landesrat der antifaschistischen Volksbefreiung Kroatiens ) ZKRS Zemaljska komisija za repatrijaciju stranaca ( Landeskommission für die Repatriierung von Ausländern ) ZKRZ-GUZ Zemaljska komisija za utvrđivanje zločina okupatora i domaćih pomagača – Glavni urudžbeni zapisnik ( Landeskommission für die Ermittlung der Verbrechen der Okkupationsmächte und ihrer einheimischen Kollaborateure – Generalregister ) ZUR-ŽO Zapovjedništvo ustaškog redarstva – Židovski odsjek ( Kommissariat der Ustascha-Polizei – Judenabteilung ZUR-ŽO ) ŽOZ Židovska općina Zagreb ( Jüdische Gemeinde Zagreb )

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Abbildungsverzeichnis Abb. 1 : Manes Sperber , Schüler des Begründers der Individualpsychologie , Alfred Adlers ( geb. 1905 in Zablotow /  Galizien , gest. 1984 in Paris ), Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei , kommunistischer Apostat , Schriftsteller ( Q uelle : Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek , Wien ). Abb. 2 : Fritz Lunzer ( geb. 1896 in Wien , gestorben 1970 in Zagreb ), Professor am Konservatorium in Wien , fand 1938 bei der Familie des Direktors der Zagreber Diskontbank d. d. Artur Polić Aufnahme , flüchtete mit der Gastgeberfamilie im August 1941 in das italienisch besetzte Küstenland , wurde von den Italienern in Kraljevica und auf der Insel Rab interniert. Nach der Kapitulation Italiens und der Auflösung des italienischen Lagers Kampor /  Rab schloss er sich den Tito-Partisanen an. 1945 konnte er seine Berufslaufbahn an der Musikakademie Zagreb fortsetzen. Er heiratete die Exgattin seines Gastgebers , Daria Polić , die Stellvertretende Direktorin der Konzertdirektion Zagreb , wurde somit Stiefvater des Autors autobiografischer Notizen zum jüdischen Leben in Zagreb , Branko Polić. Er kroatisierte seinen Vornamen Fritz zu Miroslav und seinen Familiennamen zu „Luncer“. Mit freundlicher Genehmigung von Branko Polić ( Zagreb ) und des Lexikografischen Institutes „Miroslav Krleža“, Zagreb. Abb. 3 : Dr. Albert Drach , Rechtsanwalt und Schriftsteller in Mödling bei Wien ( geb. 1902 in Mödling , dort 1995 gestorben ); Flüchtling in Jugoslawien 1938 ( Q uelle : Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek , Wien ). Abb. 4 : Poglavarstvo Samobor ( Bürgermeisteramt Samobor ), „Poziv“ ( Aufforderung an die jüdischen Flüchtlinge zur Vorsprache betreffend Ortstaxe ( Q uelle : Stadtmuseum Samobor ). Abb. 5 a–c : Reale Questura di Fiume : Dokument : handschriftlicher Entwurf des Schreibens der Quästur Fiume an den deutschen Konsul in Fiume , Zl. 3068 , betr. Liste der in Fiume verhafteten Juden mit „Reisepässen Deutschlands , des Protektorates Böhmen und Mähren sowie aus Polen“, mit beigeschlossener Namensliste ( Q uelle : Staatsarchiv Rijeka /  Državni arhiv Rijeka ). Abb. 6 : Dr. Giovanni Palatucci , Beamter der Fremdenpolizei Fiume /  Rijeka 1937– 1943 ; 1943 Leiter der Polizei Fiume /  Rijeka , am 12. 2. 1945 in Dachau ums Leben gekommen ; italienischer Gerechter unter den Völkern und Kandidat für die Seligsprechung. Abb. 7 a : Plan des Konzentrationslagers Jasenovac , gezeichnet vom Lagerkomitee der Überlebenden für die Landeskommission zur Ermittlung der Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer einheimischen Helfer ( Q uelle : Kroatisches Staaatsarchiv Zagreb /  Hrvatski državni arhiv Zagreb ).

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 7 b : Legende zum Plan des Konzentrationslagers Jasenovac ( Q uelle : Kroatisches Staaatsarchiv Zagreb /  Hrvatski državni arhiv Zagreb ). Abb. 8 : Die Landeskommission zur Ermittlung der Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer Helfer an der Arbeit ( vermutlich ) auf dem Areal des Konzentrationslagers Jasenovac ( Q uelle : Kroatisches Staaatsarchiv Zagreb /  Hrvatski Državni arhiv Zagreb ). Abb. 9 : Bergung eines Skelettfundes an der Save bei Jasenovac durch die Landeskommission zur Ermittlung von Verbrechen der Besatzungsmächte und ihrer Helfer ( Q uelle : Kroatisches Staaatsarchiv Zagreb /  Hrvatski državni arhiv Zagreb ). Abb. 10 : Alfred Pal ( geb. in Wien 1920 , gestorben in Zagreb 2010 ). Er kam schon als Kind mit seinen Eltern nach Zagreb. 1942 wurde er von den Italienern im Konzentrationslager für jüdische Flüchtlinge in Kraljevica interniert , 1943 ins KZ Kampor /  Insel Pag verlegt. Nach der Auflösung dieses Lagers ( September 1943 ) kämpfte er in der Partisanenarmee. Nach dem Krieg schloss er das Grafikstudium in Zagreb ab und war bis zu seinem Tod ( 2010 ) als Grafiker und Buchillustrator tätig. Mit freundlicher Genehmigung der Redakteurin von „HaKol“, Zagreb , Frau Vlasta Kovač.

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Reihe Jüdische ModeRne Herausgegeben von alfred bodenHeimer, Jacques Picard, monik a rütHers und daniel Wildmann

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ALBRECHT DÜMLING

DIE VERSCHWUNDENEN MUSIKER JÜDISCHE FLÜCHTLINGE IN AUSTRALIEN

Als nach 1933 viele Musiker vom NS-Regime aus Deutschland und Österreich vertrieben wurden, führte die Flucht manche bis ins ferne Australien. Hier mussten sie sich eine neue Existenz auf bauen. Während es einigen wenigen gelang, die Musikkultur ihrer neuen Heimat entscheidend mit zu prägen, wurden andere als „feindliche Ausländer“ interniert und oft zum Wechsel des Berufs gedrängt. So verschwanden sie auf doppelte Weise und fielen nicht selten dem Vergessen anheim. Das Buch ist das Ergebnis einer jahrelangen Spurensuche in Archiven. Es lebt aber ebenso von den Erkenntnissen aus zahllosen Gesprächen mit Überlebenden und Zeitzeugen. Damit gelingt es Albrecht Dümling, ein neues, bisher kaum beachtetes Kapitel der Kulturgeschichte des Exils aufzuschlagen. Das Buch legt Zeugnis ab vom persönlichen Mut der verschwundenen Musiker und von ihrem Überlebenswillen und Pioniergeist vor dem Hintergrund der rassischen, politischen oder religiösen Verfolgung durch das Dritte Reich. 2011. 444 S. 43 S/W-ABB. 2 KT. IN RÜCKENT. GB. 170 X 240 MM. ISBN 978-3-412-20666-6

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ANNA MARIA GRÜNFELDER

ARBEITSEINSATZ FÜR DIE NEUORDNUNG EUROPAS ZIVIL- UND ZWANGSARBEITERINNEN AUS JUGOSLAWIEN IN DER „OSTMARK“ 1938/41–1945

Thema dieser ersten Einzeluntersuchung sind die jugoslawischen „Fremdarbeiter“ im Deutschen Reich. Die Studie umfasst die Arbeitsemigration vor dem deutschen Angriff auf Jugoslawien und während des Zweiten Weltkrieges, wie auch die gewaltsame Rekrutierung durch Besatzer und einheimische Kollaborateure. Die Quellen dazu mussten in den Archiven der Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien erst identifi ziert werden. Zusätzlich wurden Überlebende des Arbeitseinsatzes in Kroatien befragt. Das Ergebnis ist die erste Darstellung der (zumeist) gewaltsamen Umstände der Rekrutierung in Jugoslawien und ihres Einsatzes in Österreich. Dieser wird insbesondere vor dem Hintergrund des Luftkrieges und der Partisanentätigkeit in Südkärnten gewertet. 2010. 262 S. BR. 155 X 235 MM | ISBN 978-3-205-78453-1

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