Von Bastarden und natürlichen Kindern: Der illegitime Nachwuchs der mecklenburgischen Herzöge 1600-1830 9783412217976, 9783412224257

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Von Bastarden und natürlichen Kindern: Der illegitime Nachwuchs der mecklenburgischen Herzöge 1600-1830
 9783412217976, 9783412224257

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QUELLEN UND STUDIEN AUS DEN LANDESARCHIVEN ­M ECKLENBURG-VORPOMMERNS herausgegeben von Kathleen Jandausch, Matthias Manke, Martin Schoebel und René Wiese Band 17

CORINNA SCHULZ

VON BASTARDEN UND NATÜRLICHEN KINDERN DER ILLEGITIME NACHWUCHS DER MECKLENBURGISCHEN HERZÖGE 1600–1830

2015 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar. Umschlagabbildungen Karl I. (1540–1610) Kopie von Theodor Fischer, Mitte 19. Jahrhundert, Staatliches ­Museum Schwerin; Friedrich Wilhelm (1675–1713) Gemälde, Künstler unbekannt, um 1700, Staatliches Museum Schwerin; Friedrich Franz I. und Louise von Sachsen-Gotha mit ihren Kindern, Gemälde von Daniel Woge, 1788, Staatliches Museum Schwerin; Carl Leopold (1678–1747) Gemälde, Künstler unbekannt, um 1740, Staatliches Museum Schwerin.

© 2015 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Anja Borkam, Jena Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-22425-7

Inhalt

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.1 Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Thematik und Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Methodische Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2 Unehelichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.1 Von „Bastarden“ und „Unechten“, naturales und spurii: ­ Bezeichnungen für illegitime Kinder im Wandel der Zeit . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Illegitime Nachkommen in der Frühen Neuzeit: Randgruppe oder gesellschaftlich akzeptierte Tatsache? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Die rechtliche Stellung der unehelichen Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Die zwiespältige Haltung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3 Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3.1 Beziehungssysteme im adligen Familienverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3.2 Die Mütter: Ehefrauen, Mätressen, Geliebte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3.2.1 Versorgung der Frauen – finanzielle Absicherung der Kinder? . . . . . . 69 3.2.2 Nähe und Distanz: Beziehungen der Mütter zu ihren Kindern . . . . . 77 3.3 „Ew. hochfürstl. Durchlaucht“: Umgangs- und Kommunikationsformen als Zeichen emotionaler Bindung zwischen dem Herzog und seinen Kindern 85 3.4 Die Position der natürlichen Kinder im Familienverband des Herzogs . . . . 98 3.5 Die Beziehungsintensität zwischen den natürlichen Geschwistern . . . . . . . 111

4 Kindheit und Jugend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 4.1 Die ersten Lebensjahre: Die Entwicklung von der Geburt zum Kleinkind . 120 4.2 Zwischen Hofmeister und Dorfschule: Das Erziehungsideal im Wandel . . 128 4.2.1 Auf „peregrination“: Die Ausbildung zum weltgewandten Adligen . . 129 4.2.2 Forstakademie und Gymnasium: Die bürgerliche Erziehung der unehelichen Söhne von Herzog Friedrich Franz I. . . . . . . . . . . . . . . 144 4.3 Die Erziehung der unehelichen Töchter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

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Lebenswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 5.1 „… werden mir doch noch ein wendig geldt schicken“: Das ökonomische Kapital der unehelichen Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 5.2 Die Betätigungen der unehelichen Söhne: Offiziere, Gutsherren und Beamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

6 Inhalt 5.3 Widerstand zwecklos?! Konfliktsituationen der natürlichen Kinder mit der Herzogsfamilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 5.3.1 Der Kampf um das Erbe: Die Gebrüder von Mecklenburg vor dem Reichshofrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 5.3.2 Auf der Flucht: Die Fräulein von Mecklenburg gegen Herzog Carl Leopold . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

Bildteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 6 Gesellschaftliche Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 6.1 Adel oder Bürgertum? Der Stand der unehelichen Kinder . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 „Von Mecklenburg“: Personen- und Familiennamen als öffentliches Bekenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Fehlende Urkunden und existierende Wappen: Der Nachweis der Standeszugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Der heimische Adel und die natürlichen Kinder: Akzeptanz und Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Die Heiratsbeziehungen als Indikator des gesellschaftlichen Ansehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Die Stiftsfähigkeit der unehelichen Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.3 Die natürlichen Kinder und ihr gesellschaftliches Auftreten . . . . . . .

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7 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 8 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 8.1 Kurzbiografien der natürlichen Kinder der mecklenburgischen Herzöge von 1600 bis 1830 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.1 Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.2 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 Einleitung Seitdem Mann und Frau in einer Ehe zusammenleben, die zumindest in unserem westlichen Kulturkreis dem rechtlichen Anspruch und der gesellschaftlichen Erwartungshaltung nach monogam geführt werden sollte, kam es zu Verstößen gegen das sechste Gebot. Trotz des großen Einflusses der Kirche konnte zu keiner Zeit eine ausschließlich eheliche Zeugung von Kindern durchgesetzt werden – immer gab es Fälle von Ehebruch, vorehelichem Beischlaf, einem Zusammenleben ohne rechtliche Anerkennung und religiösen Segen oder anderen Formen außerehelicher Sexualkontakte. Die außerehelich gezeugten Kinder nahmen bis weit in das zwanzigste Jahrhundert hinein eine rechtliche und soziale Sonderstellung ein,1 die im Wesentlichen auf einer gesellschaftlichen Stigmatisierung beruhte. Während die erbrechtliche Benachteiligung im Verhältnis zu ehelich gezeugten Nachkommen bereits im Römischen Recht verankert war, ging mit den Versuchen der Kirche, die Deutungshoheit über die Ehe für sich in Anspruch zu nehmen, ein von der weltlichen Obrigkeit bereitwillig aufgegriffener und forcierter gesellschaftlicher Ansehensverlust für die illegitimen Kinder einher. Allerdings variierte die Stärke des Ansehensverlustes in Abhängigkeit zum gesellschaftlichen Umfeld, in der das Kind gezeugt wurde und aufwuchs. Illegitime Kinder des Adels, vor allem des Hochadels, unterlagen einem anderen gesellschaftlichen Normengefüge. Nicht umsonst sprach Mikhaël Harsgor von einem „Goldenen Zeitalter für Bastarde“2 zwischen dem vierzehnten und sechzehnten Jahrhundert.3 Sie konnten Karriere machen, sei es im kirchlichen Bereich als Bischöfe und Päpste, im Militär durch Übernahme hoher Offiziersränge oder auch in der Adelshierarchie an sich, wo sie in die Herzogsränge, mitunter sogar in die Königsränge aufstiegen.4 Anstatt durch den Geburtsmakel und die damit einhergehende Bescheinigung einer moralischen Unvollkommenheit in eine gesellschaftliche Randposition gedrängt zu sein, lebten sie oftmals voll integriert am väterlichen Hof oder in seinem Umfeld. Viele Namen wurden diesen Kindern gegeben, wovon „Bastard“ zweifelsohne der prägnanteste ist. 1

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Erst im Rahmen der Kindschaftsreform von 1998 wurden die ehelichen und nichtehelichen Kinder endgültig gleichgestellt, so dass der Artikel 6 Absatz 5 des Grundgesetzes, der besagt: „Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern“, endlich eingelöst wurde. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland: Textausgabe, Art. 6 Abs. 5. Harsgor: L’essor des bâtards nobles, S. 324. Leah Otis-Cour lehnt die Bezeichnung „Goldenes Zeitalter“ ab und plädiert dafür, vom „Spätsommer adliger Bastarde zu sprechen, der den illegitimen Nachkommen im Adel noch eine bevorzugte Position bescherte, die [aber] im Grunde ein Privileg bereits vergangener Zeiten war“. Otis-Cour: Lust und Liebe, S. 78. Slanička: Bastardromane in Mittelalter und Früher Neuzeit, S. 2.

8 Einleitung Frei von jedweden pejorativen Untertönen fand das Wort im vormodernen Sprachgebrauch allgemein für nichteheliche Kinder Verwendung, besonders aber für die anerkannten Söhne von Adligen, die mit einer nicht angetrauten oder einer verheirateten Frau niederen Standes gezeugt wurden.5 Trotz dieser Ambivalenz oder gerade deswegen nahmen die unehelichen Kinder eine Sonderrolle ein. Obwohl im Unreinen, außerhalb der legitimen gesellschaftlichen Ordnung und Anerkennung gezeugt, gehören sie nur bedingt zu den Randgruppen.6 So zählt Bernd Hergemöller die Unehelichen zu den „latenten Randgruppen“, da sie zwar von Geburt an ein unverschuldetes Kainsmal trugen, ähnlich den „körperlich Andersartigen“, aber kein eigenständiges Gruppengefühl besaßen und untereinander keinen handlungsrelevanten Kontakt pflegten. Er bescheinigte gerade den finanziell und sozial bessergestellten unehelichen Kindern im Gegensatz zu dem bäuerlichen illegitimen Nachwuchs oder dem der Unterschichten schwere Benachteiligungen, sobald sie eine Karriere anstrebten.7 Doch mit einer gängigen Randgruppen-Definition, wie der von Franz Irsigler, die Personengruppen erfasst, die „aufgrund des berufs- oder gruppenspezifischen, den allgemeinen anerkannten Normen und Wertvorstellungen widersprechenden Verhaltens eine so ausgeprägte soziale Diskriminierung [erfuhren], daß sie zu einer Lebensform in zumindest partieller Isolierung oder gar in völliger Distanz zur übrigen Gesellschaft gezwungen waren und sich daraus eine spürbare und dauerhafte Beeinträchtigung ihrer Lebens- und Sozialchancen ergab“8 – damit scheinen adlige Bastarde nur wenig konform zu gehen. Zwar waren die unehelichen Kinder von Fürsten gegenüber dem ehelichen Nachwuchs benachteiligt, vor allem wenn hochadlige Handlungsspielräume als Maßstab dienten. Aber eine ausgeprägte soziale Diskriminierung ist ebenso wenig zu konstatieren wie eine spürbare Beeinträchtigung von Lebenschancen. Vielmehr zeichnete sich die Personengruppe durch hohe gesellschaftliche Mobilität und Aufstiegsmöglichkeiten aus, sobald sie von väterlicher Seite anerkannt und unterstützt wurde. Nicht umsonst umgab sie ein Nimbus, der seit jeher auch die Fantasie von Literaten beflügelte.9 5 6 7 8 9

Kluge: Etymologisches Wörterbuch, S. 95, vgl. auch den Artikel „Bâtard“ in der Enzyklopädie von Diderot und d’Alembert: Encyclopédie, S. 138. Vgl. einführend zu der Problematik Randgruppen von Hippel: Armut, Unterschichten, Randgruppen; Irsigler und Lassotta: Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker; Roeck: Außenseiter, Randgruppen, Minderheiten. Hergemöller: Randgruppen der spätmittelalterlichen Gesellschaft, S. 13–14. Irsigler und Lassotta: Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker, S. 13. Allein für das Renaissance-Drama identifizierte Alison Findlay über einhundert Theaterstücke, in denen Bastarde eine Rolle spielten, vgl. Findlay: Illegitimate Power; vgl. ebenso Neill: „In Everything Illegitimate“. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts tauchten auch in den Werken deutscher Dramatiker und Dichter immer wieder uneheliche Kinder auf, so beispielsweise bei Johann Wolfgang von Goethe in seinem Trauerspiel „Die natürliche Tochter“, auch in Heinrich von Kleists „Die Familie Schroffenstein“, „Der Findling“ und „Marquise von O“ und natürlich bei Friedrich Schiller in seinen Schauspielen „Die Jungfrau von Orleans“, „Die Räuber“ und „Maria Stuart“, um nur einige Beispiele zu benennen. Ebenso

Einleitung

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Geschichten und Mythen über die „Kinder der Liebe“,10 die jederzeit und vielerorts kursierten, spiegelten aber oftmals mehr die Sensationslust nachfolgender Generationen als die tatsächlichen Lebensumstände der Bastarde wider. Je nach persönlicher Haltung wurde entweder die Zuschreibung negativer Charaktereigenschaften wie Machtgier und Skrupellosigkeit11 oder aber die Betonung von Wohlgestalt und Tapferkeit12 favorisiert. In diesem Sinne näherten sich vorangegangene Historikergenerationen dem Thema der „adligen Bastarde“ zwar bereits unter dem Aspekt des biografischen Zugriffs auf einzelne, spezielle Akteure, allerdings fehlt bis dato eine moralisch wertneutrale Analyse der Lebensbedingungen und -chancen der natürlichen Kinder. Dieses Manko gilt es zu beheben, gerade auch weil uneheliche Kinder ein großes Erkenntnispotential für die Kategorien Normen, Verwandtschaft und Hofgesellschaft besitzen. Als „institutionalisierte Außenseiter“13 – wobei zu fragen sein wird, inwieweit sie innerhalb der höfischen beziehungsweise der adligen Hierarchien eine Sonderrolle einnahmen – lassen sich an ihnen gesellschaftliche Ordnungsprinzipien anhand von Konzepten wie Legitimität und Illegitimität, Reinheit und Unreinheit, von Inklusion und Exklusion aufdecken. Der Normenverstoß bei ihrer Geburt begleitete sie in aller Regel lebenslang, obwohl ausgiebig Instrumentarien geschaffen wurden, den Makel zu mindern oder sogar ganz zu beseitigen.14 Die Untersuchung über uneheliche Fürstenkinder bereichert den Diskurs über frühneuzeitliche und adlige Verwandtschaftsbeziehungen, indem sie deutlich das „Konstrukt“ Verwandtschaft offenbart. Verwandtschaft ist weit weniger eine biologische Determinante als vielmehr ein hochgradig verhandelbares, aus verschiedenen rechtlichen und kulturellen Komponenten zusammengesetztes künstliches Gebilde.15 Die Einbindung oder eben Nichteinbindung der Bastarde in das verwandtschaftliche

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spielten uneheliche Kinder in einer Vielzahl von Romanen eine Rolle, wobei Margaret Bozennna Goscilo in ihrer Analyse „The Bastard Hero in the Novel“ als besonders geeignete Beispiele herausstellt: Daniel Defoe „Colonel Jack“, Charles Dickens „Oliver Twist“, Honoré de Balzac „La fille aux yeux d’or“, William Makepeace Thackeray „The History of Henry Esmond“, Leo Tolstoi „Krieg und Frieden“ und Günter Grass „Die Blechtrommel“, Goscilo: The Bastard Hero in the Novel, S. VII. Beust: Kinder der Liebe, Vorrede III. Als Paradebeispiele gelten in diesem Zusammenhang die italienischen „Renaissance-Bastarde“ der Familie Borgia, insbesondere Cesare und Lucrezia Borgia. Während im 19. Jahrhundert der negative Ruf verfestigt wurde, bemüht sich die aktuelle Forschung, ein vielseitigeres Bild ihres Lebens zu entwerfen, vgl. Neumahr: Cesare Borgia; Uhl: Lucrezia Borgia. Das Leben des Hermann Moritz von Sachsen, ein natürlicher Sohn Augusts des Starken, der spätere Maréchal de Saxe, bewertete die Forschung ausgesprochen wohlwollend, wobei sein militärisches Geschick besonders hervorgehoben wurde, vgl. dazu Treffer: Moritz von Sachsen. Slanička: Editorial, S. 3. Zum Dispenswesen vgl. vor allem Schmugge: Kirche, Kinder, Karrieren. Vgl. einleitend dazu Rexroth und Schmidt: Freundschaft und Verwandtschaft, S. 8; ansonsten Schröder: Die kulturelle Konstruktion von Verwandtschaft, S. 16–30.

10 Einleitung Gefüge bietet Einsichten in die zwischenmenschlichen Umgangsformen elitärer Bevölkerungsschichten, das Alltagsverhalten sowie das innerfamiliäre Konfliktpotential und dessen Lösungsmöglichkeiten. Zudem werden durch die Berücksichtigung der unehelichen Kinder im Untersuchungsfeld der interpersonellen Beziehungen in einem so komplexen System wie dem frühneuzeitlichen Fürstenhof neue Sichtweisen erschlossen, die eine differenzierte Betrachtungsweise der Strukturen, Verhaltensnormen und Interaktionsmuster dieses sozialen Umfelds erlauben.

1.1 Forschungsstand „Für die durchgängig dem bürgerlichen Milieu entstammenden deutschen Historiker des 19. und 20. Jahrhunderts war und ist das Thema bis heute so gut wie keine vergleichende Untersuchung wert“,16 konstatierte Widder in Bezug auf die geschichtswissenschaftliche Forschung über illegitime Nachkommen. Der Schwerpunkt ihrer Arbeiten, insbesondere ihrer zuletzt veröffentlichten Auseinandersetzung mit dem Forschungsstand,17 in der sie weiterhin das Desiderat beklagt, liegt zwar im Spätmittelalter, kann aber ohne weiteres, wenn nicht sogar im stärkeren Maße auf die Frühe Neuzeit übertragen werden. Zwar veröffentlichte Höfler bereits 1891 „Die Ära der Bastarden am Schlusse des Mittelalters“18, doch mangelte es der Schrift an einer sachlichen Analyse der Lebenssituation adliger Bastarde. Der Autor nahm eine stark moralisierende Haltung aufgrund des im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts zu beobachtenden Ansehensverlustes nichtehelicher Kinder ein. Das Desinteresse an dieser Personengruppe im höfischen Umfeld lag in der allgemeinen Forschungsausrichtung begründet, die traditionell verfassungsgeschichtlich orientiert war. Die vornehmlich institutionsgeschichtlichen Untersuchungen drängten Themen wie uneheliche Kinder und deren Mütter an den Rand des Interesses, da sie fast ausschließlich den privaten Lebensbereich des Fürsten betrafen. Erst durch die Öffnung der Geschichtswissenschaft für sozialgeschichtliche Fragestellungen war die Möglichkeit gegeben, Themen wie außereheliche Sexualität und Illegitimität in den Blickpunkt der Forschung zu rücken. Hinzu kam, dass Philippe Ariès mit seinen historischen Studien über die Kindheit, die er 1960 in Frankreich publizierte,19 für die Forschung Neuland erschloss und somit den für die Illegitimitätsforschung so wichtigen Themenbereichen Kindheit und Jugend neue Impulse gegeben wurden. 16 17 18 19

Widder: Konkubinen und Bastarde, S. 420. Widder: Skandalgeschichten oder Forschungsdesiderate. Höfler: Ära der Bastarden; zur Bewertung von Höflers Arbeit Widder: Konkubinen und Bastarde, S. 420. Zwar wird seine Kernthese, dass vor dem 18. Jahrhundert im Wesentlichen kein Konzept einer Kindheit existierte, inzwischen weitgehend abgelehnt, nichtsdestotrotz bietet seine Arbeit eine Fülle von Anregungen, vgl. dazu Ariès: Geschichte der Kindheit.

Forschungsstand

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Die ersten weiterführenden Studien unter einem sozialgeschichtlichen Aspekt erfolgten in dem von Laslett herausgegebenen Sammelband „Bastardy and Its Comparative History“.20 Die Autoren übernahmen eine Vorreiterrolle, indem sie sich mit Hilfe der Pfarrregister dem Sachverhalt quantitativ näherten. Die ersten bedeutenden deutsch- und französischsprachigen Arbeiten lagen ebenfalls Anfang der 1980er Jahre vor. Während Grimmer ihr Werk „La femme et le bâtard“21 publizierte, erschien in Deutschland Mitterauers Arbeit über „Ledige Mütter“,22 die, nach einem zögerlichen Beginn der Bearbeitung des Themas in den 1970er Jahren, nachfolgende Forschungen maßgeblich prägen sollte. Der Interessenlage der New Social History geschuldet, konzentrierte sich dieses Beispiel der historischen Familienforschung vornehmlich auf bäuerliche und städtische Schichten beziehungsweise auf gesellschaftliche Unterschichten, so dass nichteheliche Kinder des Adels bei den Betrachtungen unberücksichtigt blieben. Zwar erweiterte die historische Forschung in den 1990er Jahren ihr Spektrum, aber nach wie vor blieb das Paradigma der „Geschichte von unten“ bestehen und nichteheliche Kinder des Adels fanden keine Erwähnung. Sie spielten keine Rolle in den lebhaften Diskursen zur Kindstötung, da sie im Gegensatz zu vielen unehelich geborenen Kindern, die aufgrund ihrer prekären gesellschaftlichen Situation zu Opfern wurden, nicht nachweisbar betroffen waren.23 Ebenso blieben sie in dem von Ludwig Schmugge herausgegebenen Werk „Illegitimität im Spätmittelalter“, das den Umgang und das Verhältnis der katholischen Kirche mit illegitimen Kindern beleuchtet, unberücksichtigt.24 Der Ergebnisband eines von ihm 1992 veranstalteten Kolloquiums widmete sich ausführlich dem kirchlichen Dispenswesen anhand von Fallstudien; zusätzlich boten Beiträge zu quantifizierenden, soziologischen und juristischen Fragestellungen erstmals einen umfassenderen Einblick in die Situation unehelicher Kinder. Aufmerksamkeit fand das Thema nicht nur bei den Mediävisten und Kirchenhistorikern, sondern auch unter den Rechtshistorikern. Die rechtliche Sonderstellung illegitimer Kinder, sei es in Hinsicht des Erbrechts, der Legitimation

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Der Sammelband ist das Ergebnis einer in den 1970er Jahren beginnenden Zusammenarbeit von Laslett und Oosterveen bei der Untersuchung der langfristigen Entwicklung der Illegitimenquote in England anhand von Familienrekonstruktionen mit Hilfe der Kirchspiele. Komplettiert wird der Sammelband durch Arbeiten bezüglich des europäischen Festlandes (Frankreich, Schweden, Deutschland) und außereuropäischer Entwicklungen (USA, Jamaika, Japan). Vgl. dazu Laslett (Hg.): Bastardy and Its Comparative History. Grimmer: La femme et le bâtard. Mitterauer: Ledige Mütter. Michalik: Kindsmord; Meumann: Findelkinder, Waisenhäuser, Kindsmord; Dülmen: Frauen vor Gericht; Ulbricht: Kindsmord und Aufklärung. Schmugge und Wiggenhauser (Hg.): Illegitimität im Spätmittelalter; im Nachfolgenden erschien seine ausführliche Monografie über die vatikanischen Pönitentiarie-Praktiken, vgl. dazu Schmugge: Kirche, Kinder, Karrieren.

12 Einleitung oder der Zunft- und Amtsfähigkeit, schuf Untersuchungsbedarf, der auch den zeitgenössischen moralphilosophisch-literarischen Diskurs mit einschloss.25 Erst die Hinwendung zu historisch-anthropologischen und kulturgeschichtlichen Fragestellungen ermöglichte einen umfassenden Perspektivwechsel in der Illegitimitätsforschung. Fragen der Lebens- und Verhaltensweise des Individuums rückten in den Vordergrund, Fragen nach seiner Selbstdeutung und deren Rückwirkung auf die Wirklichkeit. Das Interesse galt nicht mehr dem sozialen Ganzen, sondern dem ganzen Menschen.26 Eng einher ging damit die Wiederentdeckung des Forschungsfeldes „Adel“,27 in dem nunmehr den Müttern und ihren unehelichen Kindern entsprechend Beachtung geschenkt wurde. In einer Vielzahl von Publikationen, die vor allem auch den populärwissenschaftlichen Markt bedienten,28 richtete sich der Blick auf die Mätressen als potentielle Mütter, wobei der Fokus auf Einzelschicksale wie das von Christina Wilhelmina von Grävenitz,29 Madame de Pompadour,30 Gräfin von Cosel,31 Wilhelmine von Lichtenau32 oder Eléonore d’Olbreuse dominierte.33 Eine systematische Untersuchung fertigte erst Michael Sikora mit seiner bislang unveröffentlichten Habilitationsschrift an, der seine Aufmerksamkeit aber nicht auf die Mätressen, sondern auf die nichtstandesgemäßen Ehefrauen legte.34 Den natürlichen Kindern, gezeugt in einer Liaison, wurde lange Zeit nur randständiges Interesse entgegengebracht, was sich erst mit den bereits erwähnten Aufsät25 26 27

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Vgl. Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe. In vielen Ausführungen folgt sie der bereits 1967 veröffentlichten Arbeit von Schubart-Fikentscher, vgl. Schubart-Fikentscher: UnehelichenFrage. Borgolte: Sozialgeschichte des Mittelalters, S. 168. In den letzten zehn Jahren erschienen zahlreiche Arbeiten über den deutschen und europä­ ischen Adel, sowohl unter gesamtdarstellerischen als auch kultur- und mentalitätsgeschichtlichen Aspekten, so dass nur eine Auswahl der Publikationen angegeben werden kann, vgl. Conze u. a. (Hg.): Adel in Hessen; Harasimowicz (Hg.): Adel in Schlesien; Sikora: Adel in der frühen Neuzeit; Asch: Europäischer Adel; Düselder (Hg.): Adel und Umwelt; Labouvie (Hg.): Adel in Sachsen-Anhalt; Demel: Der europäische Adel; Asch (Hg.): Der europäische Adel im Ancien Régime. Zum mecklenburgischen Adel neuerdings Jacobs: Familie, Stand und Vaterland. Jurewitz-Freischmidt: Galantes Versailles; Friedman: Ladies of the Bedchamber; Griffin: Tugenden der Kurtisanen; Hanken: Vom König geküßt. Oßwald-Bargende: Die Mätresse, der Fürst und die Macht. Dade: Madame de Pompadour; Stickel: Zur Ikonographie einer Maîtresse en titre; Weisbrod: Von Macht und Mythos der Pompadour; Kuster: Aufstieg und Fall der Mätresse. Göse: Vom Aufstieg und Fall einer Favoritin. Ebenso existieren einige Biografien für den populärwissenschaftlichen Markt, vgl. u. a. Doubek: Die Gräfin Cosel; Hoffmann: Constantia von Cosel. Hagemann: Wilhelmine von Lichtenau. Vgl. dazu vor allem die Aufsätze von Michael Sikora, Juliane Schmieglitz-Otten, Sabine ­Maehnert und Gritt Brosowski in: Mächtig verlockend. Laut seiner Hompage trägt die Habilitationsschrift den Titel „Mausdreck mit Pfeffer“. Das Problem der ungleichen Heiraten im deutschen Hochadel der Frühen Neuzeit (http://www. uni-muenster.de/Geschichte/Personen/Sikora/, 10.2.2012).



Thematik und Fragestellung

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zen von Widder35 änderte. Zudem trugen vor allem die Artikel von Simona Slanička, die im Zuge ihres Habilitationsprojektes „Ein echter Bastard – Konstruktionen der Hybridität bei adligen Illegitimen, 13.–16. Jahrhundert“36 entstanden, dazu bei, die Thematik neu auszurichten.37 Dafür nahm die Autorin Impulse aus den Postcolonial Studies auf, wo seit den 1980er Jahren die „Hybridität“ Karriere gemacht hatte. Als das „Wort der Stunde“38 diente der Terminus dazu, die „Arbeitsweise und Entstehung von Kulturpraktiken sowie mögliche Reibungsflächen und Überlappungen im Prozess ihrer ethnisch-religiösen Differenzierung zu verstehen“.39 Eine Verbindung zu den unehelichen Kindern besteht bereits aus etymologischer Sicht, da das Wort „Bastard“ zusammen mit der Bedeutung „Mischling“ dem lateinischen hybrida zugrunde liegt. So sieht Slanička die Bastarde als Grenzgänger, als Mischlingsfiguren, die einen grundlegenden kulturellen Menschentypen darstellen.40 Anhand von gut dokumentierten „Beispiel-Bastarden“ aus südlicheren Gefilden wie Burgund, Luxemburg und Italien untersucht sie deren Rolle als Herrschaftsinstrument ebenso wie die Selbst- und Fremdwahrnehmung in Kunst und Literatur der Zeit. Ihr Untersuchungszeitraum endet um 1600, als „aus den ‚grossen Bastarden‘ eben blosse Bastarde im heutigen, pejorativen Sinn geworden sind“.41

1.2 Thematik und Fragestellung Der zuvor skizzierte Forschungsstand lässt deutlich die Desiderate zu Tage treten, die in Bezug auf die unehelichen Kinder existieren. Im besonderen Maße betroffen sind davon die protestantischen Herrscherhäuser. Um zumindest diese Forschungs­lücke zu schließen, wurde die in Mecklenburg ansässige Dynastie der Obotriten als Untersuchungsgegenstand ausgewählt. Weitergehende Vergleiche mit anderen Herrscherhäusern können nur marginal erfolgen, da dafür notwendige Vorarbeiten fehlen. Für den Untersuchungsraum „Mecklenburg“ spricht zum einen, dass quantitativ und qualitativ ausreichend dokumentierte Fallbeispiele im Schweriner Landesarchiv 35 Vgl. Anmerkung 16 und 17. 36 Vgl. http://www.uni-bielefeld.de/geschichte/forschung/forschungsprojekte/foda.html, 11.2.2012, laut Auskunft der aktuellen Homepage sollte das Projekt 2011 als Habilitationsmanuskript mit dem Titel „Bastarde als Träger der italienischen Renaissance“ fertiggestellt sein und im Zuge dessen 2012 „Anton, der große Bastard von Burgund. Eine biographische Skizze“ sowie „Bastarde als Motiv der Weltliteratur. Ein Lesebuch“ erscheinen. (http://www.hist.unibe.ch/unibe/philhist/hist/content/e267/e7919/e7920/publikationen/ datei/datei/­publikationen-slanicka_ger.pdf, 11.2.2012). 37 Slanička: Der zweifarbige Bastard; Dies. (Hg.): Bastarde; Dies.: Bastardväter; Dies.: „Tamquam legitimus“; Dies.: Bastardromane in Mittelalter und Früher Neuzeit. 38 Misik: Hybridität. 39 Ha: Hype um Hybridität, S. 13–14. 40 Slanička: Bastarde als Grenzgänger, Kreuzfahrer und Eroberer, S. 6. 41 Vgl. zur Projektbeschreibung Slanička: Weder unerwünscht noch rechtlos, hier S. 15.

14 Einleitung existieren. Zum anderen ist das mecklenburgische Fürstenhaus für die Untersuchung von Illegitimität prädestiniert, da die Familie weder über die finanziellen Mittel noch über die Machtbasis verfügte, ihre Zöglinge in herausragenden Positionen unterzubringen und zu protegieren. Diesem Argument liegt die Annahme zugrunde, dass sich dem Phänomen „Illegitimität“ tiefgreifender genähert werden kann, sobald sich der Vater mit den gesellschaftlichen Gegebenheiten arrangieren musste. Erst unter dieser Voraussetzung gewinnen Fragen nach Akzeptanz und Integration in den heimischen Adel berechtigte Aussagekraft. Zudem wurde das Land durchgängig von Abkömmlingen derselben Dynastie regiert. Diese Konstanz in der herrschenden Familie erhöht den Vergleichswert innerhalb der longue durée. Der 1701 gegründete Staat Mecklenburg-Strelitz wurde bewusst außen vor gelassen, was unter anderem mit der ursprünglich eigenständigen Sammlung der Strelitzer Archivalien zusammenhängt. Entscheidend aber war, dass die dort regierende Dynastie eine eigene Entwicklung nahm. Zweifelsohne wäre es interessant gewesen, sich den Töchtern des Herzogs Carl II. zu nähern – Fürstin Therese von Thurn und Taxis sowie Prinzessin Friederike von Preußen –, die beide durch folgenschwere außereheliche Affären auf sich aufmerksam machten.42 Doch hätte dies den Untersuchungsrahmen gesprengt. Es wäre die Miteinbeziehung des preußischen Königshauses sowie seines Macht- und Einflussgebietes ebenso nötig gewesen wie die Analyse vollkommen anderer Lebensumfelder verbunden mit anderen politischen und gesellschaftlichen Faktoren. Da die Arbeit stark auf die ungedruckten Quellen des Landeshauptarchivs Schwerin gestützt ist, wird der Untersuchungsrahmen von den archivalischen Beständen diktiert. Die Kinder von Herzog Carl am Anfang des siebzehnten Jahrhunderts markieren den Beginn. Obwohl sich im Archiv Notizen und Archivalien finden, die auf frühere uneheliche Kinder hinweisen, sind diese jedoch in quantitativer und qualitativer Hinsicht nicht ausreichend, um sie mit einzubeziehen.43 Den Schlusspunkt der Untersuchung bilden die Nachkommen von Großherzog Friedrich Franz  I. und deren Lebenswege vorwiegend in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. Zwar hatte auch dessen Sohn Herzog Friedrich Ludwig, der 1819 verstarb, mindestens zwei uneheliche Kinder, aber diese nahm der Großvater in seine Obhut und ermöglichte ihnen einen ähnlichen Lebensweg wie seinen eigenen Bastarden.44 Eine zeitlich weiter gefasste Ausdehnung erfuhr die Untersuchung nicht. Die bis 1918 42 43

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Philipps: Therese, Fürstin von Thurn und Taxis; Panzer: Einzige Mann im fürstlichen Hause; Schad: Fürstin Therese von Thurn und Taxis. Die frühste archivalisch belegte Überlieferung zu dem Thema ist ein Brief aus dem Jahr 1595, wo sich eine Margarethe Struck an Herzog Carl wandte und ihr Leid klagte, in der Jugend durch Herzog Christoph zu Fall gebracht worden zu sein. Da keine weiteren Informationen vorliegen, wurde dieses unbenannte Kind in die Untersuchung nicht mit einbezogen. Vgl. dazu die von den Archivmitarbeitern angefertigte Zusammenfassung in: Filii naturales Principum, LHAS, 2.12-1/2 1–3. So zum Beispiel Eduard Plüschow, vgl. Bock: Plüschow, S. 88–89.



Thematik und Fragestellung

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nachfolgenden Großherzöge Paul Friedrich, Friedrich Franz II., Friedrich Franz III. und Friedrich Franz IV. hatten keinen unehelichen Nachwuchs, allenfalls ihre nicht in der Regierungsverantwortung stehenden Söhne.45 Da sich die Untersuchung zuvor fast ausschließlich auf die jeweiligen Landesherrn beschränkte – die einzige, ohnehin nur randständig betrachtete Ausnahme ist Herzog Friedrich  –, sollte das Muster nicht aufgebrochen werden. Auch das uneheliche Kind der verwitweten Großherzogin Anastasia Michailowna Romanowa, Alexis Louis von Wenden, hätte mehr eine anekdotenhafte Erzählung als einen Vergleichswert geboten, zumal seine Geburt 1902 fast einhundert Jahre nach den Kindern von Friedrich Franz datiert. Nichtsdestotrotz ist durchaus von einer longue durée zu sprechen, in der ausreichend Fallbeispiele sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht existieren. Herzog Carl (1540–1610) hatte vier illegitime Kinder,46 für seinen Großneffen Johann Albrecht (1590–1636) sind zwei47 belegt. Herzog Gustav Adolf (1633–1695) und Herzog Friedrich (1638–1688) besaßen jeweils eine uneheliche Tochter.48 Mit den Herzögen Friedrich Wilhelm (1675–1713) und Carl Leopold (1678–1747) werden die Überlieferungen umfassender, aber zum Teil auch unsicherer, so dass die fünf unehelichen Kinder für Friedrich Wilhelm49 und acht für Carl Leopold50 definitiv als Mindestangaben zu verstehen sind. Das Gleiche gilt für die Kinder von Großherzog Friedrich Franz I. (1756–1837), der seine Vorgänger in Bezug auf die dokumentierten natürlichen Kinder bei weitem übertraf, da von mindestens fünfzehn auszugehen ist.51 Diese Zahlen belegen bereits, dass es sich bei dem Phänomen „hochadlige Bastarde“ keineswegs um vereinzelt auftretende Sonderfälle handelte, sondern um eine im herzoglichen Umfeld durchaus präsente Personengruppe. Zudem ermöglichte die longue durée, die Entwicklungslinien und Veränderungen im Umgang mit den Illegitimen nachzuzeichnen. Während trotz jeweils individuell 45 46 47 48 49 50

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Beispielsweise Herzog Wilhelm von Mecklenburg (1827–1879), vgl. für seinen Lebensweg Kasten: Prinz Schnaps, S. 12–18. Margarethe von Mecklenburg verh. von Plessen, Carl Jürgen von Mecklenburg, Albrecht von Mecklenburg und Anna Sophie von Mecklenburg verh. Bernard. Georg von Mecklenburg, Maria von Mecklenburg verh. Rochaut. Erstgenannter: Christina von Mecklenburg verh. von Guldenöhre, Letztgenannter: Maria Elisabeth von Mecklenburg verh. Schultz. Friedrich Wilhelm von Mecklenburg, Carl Leopold von Mecklenburg, Friedrich Wilhelm Streit, Friederica Wilhelmina von Mecklenburg verh. von Wolffradt, Friederica Luisa von Mecklenburg verh. von Weissmantel. Christina Maria von Mecklenburg, Louisa Charlotte von Mecklenburg, Carl von Mecklenburg, Magdalena Sophie von Mecklenburg, Juliana von Mecklenburg verw. Stralendorff, Carl Leopold von Wolffradt, Emanuel von Mecklenburg, N. N. Officins, August Hinrich Brockmöler. Friedrich Mecklenburg, Franz Mecklenburg, Friedrich Franz Kentzler, Friedericka Franziska Stein, Maria Peltz, Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, Louisa von Kleinow verh. du Trossel, Friederike von Kleinow verh. von Wenckstern, Friedrich Mecklenburg, Franz Waack, Friedrich Franz Mecklenburg, Louise Mecklenburg, Ludwig Mecklenburg, Marianne Lettow verh. Ehrcke, Friederike Mecklenburg.

16 Einleitung ausgeprägter Faktoren die grundlegenden Verhältnisse der Kinder im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert gleichbleibenden Mechanismen unterlagen, sind deutliche Veränderungen zu Zeiten Friedrich Franz I. zu beobachten. Diese waren nicht nur an unterschiedliche ökonomische Handlungsspielräume gebunden, sondern müssen tendenziell auch im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Umwälzungen während der Sattelzeit, in die seine mehr als fünfzigjährige Regierung fiel, gesehen werden. Das Land Mecklenburg war im gesamten Untersuchungszeitraum stark geprägt von einer Dualität zwischen dem Fürsten und den privilegierten Landständen, zu denen ursprünglich die Geistlichkeit, die Ritterschaft und die Städte gehörten. Aus ihrem Selbstverständnis heraus, das Land zu repräsentieren, bezeichneten sie sich als Landstände, die nach dem Ausscheiden der Geistlichkeit durch die Reformation nur noch von der Ritterschaft zusammen mit den Städten gebildet wurden.52 Die Ritterschaft setzte sich bis Mitte des siebzehnten Jahrhunderts ausschließlich aus adligen Besitzern von Rittergütern zusammen,53 die ihrem Lehnsherrn den Lehns- oder Homagial-Eid geleistet hatten, so dass die Begriffe Adel und Ritterschaft für Mecklenburg bis ins achtzehnte Jahrhundert hinein synonym gebraucht werden können.54 Von Anbeginn verstand sich die ritterschaftliche Standesvertretung als Garant für die Einheit des Landes gegenüber den ständig zerstrittenen Landesherren.55 Die desolate Finanzlage des jeweils regierenden Fürsten sollte sich im gesamten Zeitraum der Frühen Neuzeit nicht ändern, wodurch die Ritterschaft ihre Privilegien wie die Nutzung der Jungfrauenklöster Dobbertin, Ribnitz und Malchow,56 die Be-

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54 55

56

Vgl. Heck und Heitz: Die Union der Stände von 1523, S. 134. Zwar gab es schon im 16. Jahrhundert bürgerliche Gutsbesitzer, diese gaben ihr Bürgerrecht jedoch nicht auf. Solange diese Gutsbesitzer die Stellung als Bürger behielten und weiterhin ihrer bürgerlichen Gewerbetätigkeit nachgingen, wurden sie nicht zur Mannschaft bzw. zum Adel gezählt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurden teilweise adlige Güter für viele Jahre meistbietend an nichtadlige Personen verpfändet, aber wirkliche Verkäufe fanden meistens nur untereinander statt. Vgl. Raabe: Meklenburgische Vaterlandskunde, S. 25–26; ExtraSendschreiben an die bürgerlichen Rittergutsbesitzer in Mecklenburg, S. 17–18. Extra-Sendschreiben an die bürgerlichen Rittergutsbesitzer in Mecklenburg, S. 9–10. Die erste, schon 1229 nach dem Tode von Heinrich Borwin I. erfolgte Landeshauptteilung wurde erst im 14. Jahrhundert allmählich überwunden. Durch ein fehlendes Primogeniturrecht blieb die Konsolidierung seit Mitte des 15. Jahrhunderts nicht von Dauer, so dass seit dem Tod von Magnus II. 1503 erneut Erbstreitigkeiten auftraten, die 1520 zur Nutzteilung des Landes auf Grundlage des Neubrandenburger Hausvertrages führten. 1555 folgte die faktische Teilung der Landesherrschaft in einen Güstrower Teil unter Ulrich und einen Schweriner Teil unter Johann Albrecht. 1621 kam es zur endgültigen Zweiten Landeshauptteilung, aus der Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow hervorgingen. Vgl. Cordshagen: Mecklenburg; Karge u. a.: Geschichte Mecklenburgs, S. 57–62. Vgl. Assecuration vom 2. Juli 1572 und 3 Reverse vom 4. Julii 1572 und 23. Febr. 1621, S. 81–83.



Thematik und Fragestellung

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teiligung an der Gesetzgebung sowie die Festsetzung und Verwaltung der Landeskontributionen im sogenannten Landkasten ausbauen und festigen konnte.57 Die Stärke der Ritterschaft bedurfte eines ständigen Austarierens des fürstlichen Handlungsspielraums. Die zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts forcierten Versuche, die Machtbefugnisse des Landesherrn auszudehnen, scheiterten. Der rechtmäßige Herzog Carl Leopold wurde auf der Basis einer Reichsexekution durch auswärtige Truppen aus seinem Land vertrieben, später abgesetzt und durch seinen Bruder Christian Ludwig ersetzt.58 Wie ausführlich zu zeigen sein wird, eröffnete diese veränderte Machtbasis den natürlichen Kindern einzigartige Handlungsoptionen, woraus sich wiederum Rückschlüsse auf das Handlungspotential unter weniger außergewöhnlichen Umständen ableiten lassen. Den roten Faden der Untersuchung bildet die Ausgestaltung der Vater-Kind-Beziehung. Das Verhältnis dient als Reflexionspunkt zur Bewertung der Worte und Taten, der Beziehungsnetze und der Ereignisse. Dabei gilt es, wie bereits ausgeführt, die Entwicklungslinien im Untersuchungszeitraum nachzuzeichnen und diese in den Zusammenhang gesamtgesellschaftlicher Tendenzen, aber auch individuell bedingter Umstände zu setzen. Bei der Analyse des Quellenmaterials liegt die Aufmerksamkeit im besonderen Maße auf Äußerungen von Zuneigung, Kontaktmomenten und der Einflussnahme auf die Lebensperspektive; auf Gesichtspunkten, durch die sich letztendlich eine emotionale Verbundenheit manifestierte. Es ist wichtig, stets die Differenz zwischen den unehelichen Kindern im Allgemeinen und den adligen Bastarden im Besonderen zu bedenken, weshalb die Arbeit mit einer kurzen Darstellung der rechtlichen und sozialen Implikationen der Illegitimität in der Frühen Neuzeit beginnt. Erst im Anschluss folgt der erste Teil der Untersuchung, zusammengefasst in dem Kapitel „Familie“. Familie bezieht sich in diesem Zusammenhang nicht nur auf Vater und Kind, sondern berücksichtigt ebenso die Geschwisterebene und die Einbindung in die fürstliche Familie sowie die ausführliche Auseinandersetzung mit dem Mutter-Kind-Verhältnis. Besonderes Augenmerk wurde der spezifisch adligen Familienauffassung beigemessen, da nur so die Bedeutung des Verstoßes gegen die Ordnungs- und Lebensvorstellungen durch die Unehelichkeit zu erfassen ist. Im darauffolgenden Abschnitt wird die Untersuchung unter dem Aspekt der Erziehung fortgesetzt. Die in der Jugend herausgebildeten Werte und Situationsdeutungen bestimmten alle weiteren Entwicklungen. Durch die Vermittlung des kulturellen Kapitals, das als wirkmächtiges Mittel der Integration sowie der Distinktion diente, wurde der Grundstein der Standeszugehörigkeit gelegt und damit der Aus57 58

Vgl. ebd., S. 85–92. Vgl. dazu Jahns: „Mecklenburgisches Wesen“; Wick: Versuche zur Errichtung des Absolutismus; Ballschmieter: Andreas Gottlieb von Bernstorff.

18 Einleitung gangspunkt der eigenen Lebensperspektive, die bestimmt war von der ersten Einbindung in soziale Netzwerke und institutionelle sowie organisatorische Strukturen.59 Ein unterschiedlicher Ressourcenaufwand mündet in einer deutlichen Diskrepanz zwischen der frühneuzeitlichen Erziehung natürlicher Kinder und deren Erziehung zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts, so dass nicht nur die Methoden, sondern auch ihre Intentionen zu prüfen und zu vergleichen sind. Dieser dynamische Entwicklungsprozess betraf im Wesentlichen die männlichen Nachkommen, daher bildete neben der Kategorie Zeit auch die Kategorie Geschlecht eine Trennlinie, der nachzugehen sein wird. Die Erziehung entsprach dem später zu erwartenden Lebensumfeld, wofür das entsprechende ökonomische Kapital bereitgestellt werden musste. Da Art und Weise der finanziellen Zuwendung ebenso wie die Höhe des zur Verfügung stehenden Geldes differierten, entwickelten sich für die natürlichen Kinder unterschiedliche Lebenswege, die es zu verfolgen gilt. Nicht immer waren diese Lebensentwürfe durch einen Konsens zwischen Kindern und fürstlicher Familie geprägt, so dass bei Formen des Widerstandes, die bis auf die Ebene der Reichsgerichte führten, die Handlungsspielräume, die sich aus der jeweiligen sozialen Konstellation, den wirtschaftlichen Verhältnissen und rechtlichen Bestimmungen ergaben,60 auszuloten sein werden. Das letzte Kapitel widmet sich übergreifend der Frage, wie sich die Standeszugehörigkeit der natürlichen Kinder konstruierte, da eine Nachfolge in den väterlichen Stand ausgeschlossen war. Durch Auswertung der Namensgebungen und der Wappennutzung, aber auch durch das Fehlen von Adelsdiplomen werden Erkenntnisse gewonnen, die über die alleinige Praxis der Standeserhebung Illegitimer hinausgehen, da sie das allgemeine Adelsverständnis berühren. Als Messlatte für den gesellschaftlichen Erfolg diente die Akzeptanz durch den alteingesessenen mecklenburgischen Adel, die im Aufbau freundschaftlicher oder verwandtschaftlicher Beziehungen, der Privilegiennutzung und Integration in die Adelslandschaft ihren Niederschlag fand.

1.3 Methodische Ansätze Aufgrund der eben erläuterten Fragestellung, die den Menschen, sein Handeln, seine Intentionen und sein Fühlen in den Vordergrund rückt, verortet sich die voliegende Dissertation innerhalb der historisch-anthropologischen Geschichtsschreibung.61 Die 59 60 61

Fietze: Historische Generationen, S. 126. Vgl. Frindte: Handlungsspielräume von Frauen, S. 8. In seiner Einführungsschrift zur Historischen Anthropologie erklärte Dülmen dazu programmatisch: „Die historische Anthropologie stellt den konkreten Menschen mit seinem Handeln und Denken, Fühlen und Leiden in den Mittelpunkt der historischen Analyse. Mit der Historischen Anthrologie tritt der einzelne Mensch, das Einmalige und Besondere wieder in die allgemeine Geschichtsschreibung ein, was nicht heißt, daß damit soziale, politische, ökono-



Methodische Ansätze

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Fokussierung auf Akteure und Themenkomplexe wie Familien- und Geschwisterbeziehungen, Erziehungsfragen, Moralvorstellungen oder das Selbstverständnis gesellschaftlicher Gruppen, beispielsweise des Adels, eröffnet die Zugangsmöglichkeiten zu fremden, in diesem Fall historischen Kulturen.62 Gerade die für die Erforschung von Illegitimität grundlegenden Kategorien Familie und Verwandtschaft können als privilegierte Forschungsthemen der historischen Anthropologie gelten.63 Wenn Familie und Verwandtschaft als Organisations- und Ordnungsgefüge ernst genommen werden, ist es möglich, sich neben der gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Ordnung auch der Geschlechterordnung anzunähern.64 Anhand von Fragen der subjektiven Wahrnehmungsweisen und der Interpretation des eigenen Selbstverständnisses können Rückschlüsse auf Handlungsspielräume gezogen werden. Zusätzlich liefert die Erforschung der Selbst- und Fremdwahrnehmung adliger Bastarde und ihrer Positionierung innerhalb der Adelsgesellschaft, gegen deren grundlegende Selbstdefinition der edlen Abstammung sie ja verstießen, die Möglichkeit der Infragestellung eines homogenen Verständnisses von Kultur und kultureller Identität. „Gerade die ‚Unreinheit‘ und ‚Hybridität‘ einer ‚Kultur‘“, wie Medick ausführt, und die damit einhergehende „Vielfalt kultureller Überschneidungen, Synkretismen, Grenzüberschreitungen, Verhandlungen und Konflikte [können als] konstitutives und bewegendes Moment historischer Prozesse gesehen [werden].“65 In der historischen Anthropologie tief verankert und wegen der Vielschichtigkeit der Themenkomplexe erforderlich ist ein interdisziplinärer Ansatz unterschiedlichster geschichtswissenschaftlicher Richtungen. So werden neben kultur-, mentalitäts- und emotionalitätsgeschichtlichen Aspekten die Bereiche Genealogie und Rechtsgeschichte, zur Erörterung der Illegitimität im Allgemeinen auch klassisch-sozialgeschichtliche und historisch-demografische Fragestellungen Beachtung finden. Auch wird eine Einordnung in landesgeschichtliche Vorgänge erfolgen. Für die ganzheitliche Betrachtung von Personen und ihrer Beziehungsnetzwerke prädestiniert und in der Historischen Anthropologie häufig genutzt, sind mikroanalytische Verfahren. Sie ergeben sich durch die Konzentration auf eine kleine Bevölkerungsgruppe in einem überschaubaren Umfeld. Erst die weitgehende Erschließung allen verfügbaren Quellenmaterials und deren Kombination lässt die sozialen Konturen einer Person hervortreten, zumal wenn erfolgreich Quellen aus traditionell ge-

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mische und kulturelle Perspektiven aufgegeben würden. Im Gegenteil: sie erhalten vielmehr ein neues und anderes Gewicht. Sie werden in Bezug gesetzt zum Menschen, der sich in diesen vorgegebene Strukturen entweder durch Unterwerfung und Aneignung oder durch eigene Interpretation und Aktion zu realisieren versucht.“ Dülmen: Historische Anthropologie, S. 5. Vgl. dazu Ruppel: Verbündete Rivalen, S. 13. Burgiere: Historische Anthropologie, S. 178. Labouvie: Einleitung, S. 4. Medick: Quo vadis Historische Anthropologie, S. 84.

20 Einleitung trennten Gebieten des Lebens miteinander in Beziehung gesetzt werden.66 Dahinter steckt die Annahme, dass nur anhand detaillierter Studien kleinerer Forschungsräume, aufbauend auf einer umfassenden Quellenanalyse, größere geschichtliche Zusammenhänge aufgezeigt werden können.67 Somit liegt der Erkenntnisgewinn bei mikrohistorischen Verfahren vor allem in der Möglichkeit, Handlungsbedingungen und Deutungen auf der Ebene einzelner Akteure zu untersuchen und ihre wechselseitigen Verflechtungen in Abhängigkeit zueinander zu überprüfen.68 Die Rekon­ struktion sozialer Beziehungsnetze erfolgt nicht als reiner Selbstzweck, sondern öffnet den Blick auf gesellschaftliche, ökonomische, kulturelle und politische Verhältnisse, die durch sie zur Entfaltung kommen, so dass neue Einsichten in historische Handlungs- und Ergebniszusammenhänge geschaffen werden.69 Dazu trägt die Sicht des Forschers weniger auf die „Normalität“ als vielmehr auf den „normalen Ausnahmefall“ bei. Durch ihre Normüberschreitung wiederum sind die unehelichen Kinder geradezu für diese Aufgabe prädestiniert, vor allem dann, wenn in der untersuchten Gesellschaft die Normüberschreitung teilweise selbst zur Normalität wurde.70 Wird diese Prämisse berücksichtigt, so folgt, dass die Ränder einer Gesellschaft mehr aussagen als das eigentliche Zentrum.71 Eine der methodischen Herausforderungen besteht darin, die zu den einzelnen Individuen gewonnenen Einsichten auf die Erkenntnisebene zur Illegitimität im Allgemeinen zu abstrahieren. Denn schließlich sollen weniger individuelle Biografien rekonstruiert, als vielmehr Rückschlüsse gewonnen werden, inwieweit sich das Phänomen „Illegitimität“ auf die Person auswirkt. Dieser Problematik kann entgegengewirkt werden, indem der Akteur nicht wie in Zeiten des Historismus als homo clausus verstanden wird, sondern als ein Handlungsträger in seinen Bezügen zu Umwelt, Familie, Verwandtschaft, Klasse, Peergroup etc.72 Die Intention der biografischen Methode, die in grundlegenden Elementen Anwendung findet, bleibt gewahrt. Die Erlebnisse in ihrer chronologischen und konkreten Abfolge verdeutlichen den Einfluss der Wirkungsfaktoren des Umfeldes, wodurch die Umwelt gleichermaßen als ein „soziales Mikroskop“ wahrgenommen wird.73 66 67 68

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Einführend vgl. dazu Medick: Weben und Überleben, S. 14–38. Vgl. zur Beziehung Mikrogeschichte und Historische Anthropologie Dülmen: Historische Anthropologie, S. 52–55. Reinhard schlägt die Nutzung des Wortes Mikropolitik vor, sobald „die Erzeugung und Nutzung von persönlichen Loyalitäten, die durch Verwandtschaft, Freundschaft und klienteläre Beziehungen zustande kommen“ Gegenstand der Untersuchung sind, vgl. Reinhard: Kommentar Mikrogeschichte und Makrogeschichte, S. 136. Medick: Quo vadis Historische Anthropologie, S. 89. Der Begriff „normaler Ausnahmefall“ wurde von Eduardo Grendi geprägt, der damit auf ein Spezifikum mikroanalytischer Verfahren hinwies, vgl. Medick: Entlegene Geschichte, S. 173–174. Ulbricht: Mikrogeschichte, S. 22. Gestrich: Einleitung, S. 4. Lamnek: Qualitative Sozialforschung, S. 607.



Methodische Ansätze

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Als nützliches Werkzeug zur Analyse von Handlungsoptionen der historischen Akteure, ihrer Lebensumfelder und maßgeblich prägenden Erfahrungen stellten sich das von Pierre Bourdieu begründete Habitus-Konzept und seine Unterscheidung der Kapitalarten heraus. Obwohl die geschichtswissenschaftliche Forschungslandschaft das Gesamtkonzept „Bourdieu“ nur selten rezipiert,74 fanden seine Kapitalarten als ein flexibles Instrument zur Beschreibung sozialer Handlungen breite Verwendung.75 Das Kapital, eine „Metapher für soziale Macht“,76 ist die Verfügungsgewalt der Akteure über spezifische Ressourcen. Zwar bildet das ökonomische Kapital die Basis, ergänzt wird es allerdings durch das kulturelle und soziale Kapital. Während das soziale Kapital durch gesellschaftliche Beziehungsnetzwerke entsteht und auf den Ressourcen beruht, die aus der Zugehörigkeit zu einer Gruppe resultieren, liegt das kulturelle Kapital in drei verschiedenen Aggregatzuständen (objektiv, inkorporiert und institutionalisiert) vor. Zusätzlich zu diesen drei Kapitalsorten existiert das symbolische Kapital, welches durch das Prestige die wahrgenommene und legitim anerkannte Form der anderen ist. Alle Kapitalformen sind ineinander konvertierbar und bestimmen die Handlungsspielräume der Akteure.77 Das Schlüsselkonzept des Bourdieu’schen Theoriekonstrukts, der Habitus, führt das Gegensatzpaar Individuum/Gesellschaft und seine Wechselwirkung zusammen. Der Habitus bezeichnet das habituell gesteuerte Vermögen der sozialen Akteure, eine Vielzahl situationsabhängiger und situationsadäquater Handlungen hervorzubringen.78 Er ist nicht angeboren, sondern bildet als „inneres Gesetz“ die Antwort auf früh geübte Anpassung an äußere Zwänge. 79 Dadurch entsteht ein System dauerhafter Dispositionen, die nur unbewusst zum Tragen kommen. Der Akteur ist weniger frei handelndes Subjekt als vielmehr vorgeprägt durch einen lebenslangen Sozialisationsprozess. Sein Habitus äußert sich in der sozialen Praxis, sprich in Vorlieben, Auftreten und Geschmack, wodurch wiederum eine Gruppenzugehörigkeit konstruiert wird. Erst die unreflektierte Verinnerlichung dieser Faktoren erlaubt, die typischen Gedanken, Wahrnehmungen und Handlungen einer Kultur zu erzeugen.80

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Droste: Habitus und Sprache, S. 96. So auch in der Adelsforschung, wo „Bourdieus Konzept der Kapitalsorten, vor allem die Vorstellung vom ‚symbolischen Kapital‘ als Konstituens sozialer Gruppen, […] in nahezu jede Untersuchung [mit einfließt]“. Wienfort: Historische Adelsforschung, Abs. 2. Bohn: Habitus und Kontext, S. 23. Bourdieu: Die verborgenen Mechanismen; Ders.: Ökonomisches Kapital; ausführlich zum symbolischen Kapital Bourdieu: Sozialer Sinn, S. 205–221. Raphael: Habitus und sozialer Sinn, S. 267. Flaig: Habitus, Mentalitäten und die Frage des Subjekts, S. 360. Bourdieu: Soziologie der symbolischen Formen, S. 145.

22 Einleitung

1.4 Quellenlage Die für die mikroanalytische Verfahrensweise notwendige dichte Quellenüberlieferung wurde vornehmlich im Schweriner Landeshauptarchiv vorgefunden. Darüber hinaus wurden Quellen aus dem Landeskirchlichen Archiv Schwerin, den Archiven in Wismar und Rostock sowie dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien zu Rate gezogen, um den Quellencorpus in Schwerin zu ergänzen und zu vertiefen. Zwei Bestände kristallisierten sich im Landeshauptarchiv als maßgeblich heraus. Als wesentlicher Quellenfundus dienten zum einen die „Acta de filiis naturalibus principum Mecklenburgensium“,81 die Materialien zu den natürlichen Kindern der mecklenburgischen Fürsten über einen fast vierhundertjährigen Zeitraum hinweg, ab Mitte des sechzehnten Jahrhunderts bis zum Jahr 1837, beinhalten. Zum anderen wurden für die unehelichen Kinder von Herzog Friedrich Franz I., die vornehmlich im neunzehnten Jahrhundert lebten, Bestände des Großherzoglichen Kabinetts I. 82 herangezogen. Interessanterweise werden bereits hier Unterschiede im Umgang mit den natürlichen Kindern sichtbar. Während sie sich innerhalb der älteren Pertinenzbestände, wo die Archivalien ab der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts in Anlehnung an das Fürstenrecht nach Sachgruppen sortiert wurden, unter dem Stichwort „Inneres: Fürstenhaus, Dynastie- und Hofsachen“ wiederfanden und dort einen Platz zwischen „Taufen“ (2.12-1/1) und „Prinzenerziehung“ (2.12-1/3) einnahmen, verschwanden sie später aus dem eigentlichen Findbuch. Sie erhielten zwar fortlaufende Signaturnummern im Bestand Großherzogliches Kabinett I., wurden aber in einem kleinen, separaten Heft aufgeführt, das nach Belieben entfernt werden konnte. Die Quantität und die Qualität des vorgefundenen Quellenkorpus variierten stark. So traten bei dem Versuch, die Mütter quellentechnisch zu erfassen, erhebliche Probleme auf. Bereits Widder wies darauf hin, dass die Frauen in Urkunden, Rechnungen und ähnlichen, die Versorgungsfragen betreffenden Quellen oft nicht explizit als Mätressen oder Geliebten bezeichnet wurden. Ihr Status musste somit entweder aus dem Kontext heraus abgeleitet oder vermutet werden.83 Zudem existiert nur in seltenen Fällen persönliche Korrespondenz zwischen dem Landesherrn und seinen Geliebten. Ähnliches gilt auch für viele der unehelichen Kinder. Dieser Umstand hatte naturgemäß eine Konzentration auf die besser dokumentierten Nachkommen zur Folge, woraus gleichzeitig die Gefahr erwuchs, die anderen Kinder und ihre Lebensumstände zu vernachlässigen. Dieser Diskrepanz konnte nur zum Teil entgegen81 82 83

Zu finden unter der Signatur 2.12-1/2 Uneheliche Kinder (Acta de filiis naturalibus principum Mecklenburgensium), der Aktenbestand umfasst 0,80 lfm. (http://lha.mvnet.de:2200/ webrun.fau?sid=EECF1F0826&NR=111, 8.7.2008). LHAS, 2.26-1: Großherzogliches Kabinett I. (1763–1918/20). Das Problem betrifft nicht nur die Aktenbestände für die mecklenburgischen Herzöge, sondern ist im Zusammenhang mit Mätressen in der Forschung ein generelles Problem, worauf Ellen Widder hinweist, vgl. Widder: Skandalgeschichten oder Forschungsdesiderate, S. 75.

Quellenlage

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gewirkt werden. Daher ist es unabdingbar, im Blick zu behalten, dass prinzipiell nur Aussagen zu Kindern getroffen werden können, über die ausreichend Informationen vorliegen, was schlussendlich immer diejenigen sind, denen Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Über eine Dunkelziffer lässt sich bloß spekulieren. Gerade auch deshalb kann es nicht Sinn und Zweck dieser Arbeit sein, eine auf Vollständigkeit zielende Auflistung aller natürlichen Kinder sowie deren lückenlosen Lebensläufe zu erreichen. Vielmehr gilt durch Setzung ausgewählter Schwerpunkte, die Beziehungen der Akteure, ihre Handlungsweisen und Motive herauszuarbeiten. Die häufige Lückenhaftigkeit in der Quellenüberlieferung erfordert, neben der Schwerpunktsetzung die Basis so breit wie möglich zu gestalten, denn immer wieder treten dunkle Flecken auf, die zu überbrücken sind: Briefe, auf die sich bezogen wird, sind nicht mehr vorhanden; Ereignisse, von denen gesprochen wird, sind nicht mehr rekonstruierbar. Um fehlendes Wissen zum Alltagsleben so genau wie möglich rekonstruieren zu können, wurde auf eine Kombination unterschiedlichsten Quellenmaterials zurückgegriffen. Die Untersuchung erstreckt sich auf Rechtsquellen, mit denen die Handlungs- und Kommunikationszusammenhänge analysiert werden sollen, um darüber die Selbstwahrnehmung abzuleiten. Zudem wurden serielle Quellen wie Kirchenbücher oder die Renterei- und Schatullrechnungen ebenso berücksichtigt wie offizielle Dokumente in Form von Verordnungen und Testamenten. Ein Manko bestand in der privaten Korrespondenz, vor allem wenn der von Benigna von Krusenstjern geprägte Begriff des Selbstzeugnisses als Maßstab angelegt wird. Nur in sehr wenigen Quellen trat „die Person des Verfassers bzw. der Verfasserin […] in ihrem Text selbst handelnd oder leidend in Erscheinung oder [nahm] darin explizit auf sich selbst Bezug“.84 Eine Ursache liegt in dem fehlenden Vorhandensein von privaten Archiven. Zwar existierte ein Familienarchiv der Familie „von Mecklenburg“, die auf einen natürlichen Sohn des Herzogs Friedrich Wilhelm zurückgeht, doch ging dieses in den Kriegswirren des zwanzigsten Jahrhunderts verloren. Dass sich dort auch Privatbriefe befanden, die die Lebensumstände der natürlichen Kinder erhellt hätten, zeigen einige Abschriften, die der mecklenburgische Freiherr Cuno Friedrich von Rodde in den 1920er Jahren für seine adelsgenealogischen Sammlungen anfertigte. Leider sind diese nur sporadisch, unvollständig und familiengeschichtlich intendiert. Ohnehin ist der Begriff „Privatbrief“ für den Hochadel des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit problematisch, weil zwischen der Privatheit des Hauses und der Öffentlichkeit außer Haus keine Trennung erfolgte, weshalb auch die Beziehungs- und Kommunikationsebene sowohl privat als auch öffentlich zugleich war.85 Diese Nicht-Trennung spiegelt sich ebenso in der im Landeshauptarchiv in Schwerin verwahrten Korrespondenz der Herzöge wider. Während vor allem Ausfer84 85

Krusenstjern: Was sind Selbstzeugnisse, S. 463. Vgl. zur Diskussion über den Begriff Rutz: Ego-Dokument oder Ich-Konstruktion. Fouquet: Fürsten unter sich, S. 173.

24 Einleitung tigungen von Schreibern aus der Kanzlei vorliegen, sind fürstliche Autografen im Zusammenhang mit den natürlichen Kindern selten überliefert. Anscheinend wurden zwischen der fürstlichen Familie und den natürlichen Kindern gewechselte Briefe nicht per se aufbewahrt, sondern häufig nur dann, wenn finanzielle Angelegenheiten geregelt wurden, die es auch in späterer Zeit nachzuvollziehen galt. Erst ab Friedrich Franz  I. lassen sich dahingehend Veränderungen beobachten, dass häufiger Reiseerfahrungen und Zustandsberichte erhalten blieben, obwohl auch hier ein finanzieller Aspekt in aller Regel mit einfloss.86 Nun gewinnt ein Brief als „Überrest eines konkreten Kommunikationsvorganges“ zwischen zwei oder mehreren Personen87 seine Aussagekraft nicht ausschließlich durch ausgetauschte Informationen, sondern auch durch seine Tiefenstruktur, wo sich anhand der Rhetorik, der Stilmittel, der Briefformalia und der Einhaltung oder eben Nichteinhaltung des höfischen Zeremoniells und der höfischen Konventionen Beziehungsmuster ableiten lassen.88 Daher wird die Korrespondenz eben nicht nur in Bezug auf inhaltliche Aussagen analysiert, sondern auch hinsichtlich schriftlich-formaler Aspekte. Im Rahmen des Machbaren wird die Quellenbasis so breit wie möglich gestreut, so dass sich ganz im Sinne der Mikrogeschichte ein Bild aus vielen Einzelteilen zusammensetzt. Dadurch kann zumindest zum Teil einer Fragmentierung mittels „Dialogisierung“ der historischen Quellen, wie von Medick gefordert, entgegengewirkt werden. Die wechselseitige Konfrontation historischer Texte und der Austausch untereinander sind letztendlich für Historiker das Pendant zur Clifford’schen rekon­ struktiven „dichten Beschreibung“ in der Ethnologie.89 Der Anspruch dieser Arbeit kann nicht sein, eine histoire totale90 der unehelichen Kinder der mecklenburgischen Fürsten zu schreiben. Sehr wohl aber besteht die Chance, sich durch close reading der Quellen sowie durch behutsame interpretatorische und rekonstruktive Bemühungen einem in der Frühen Neuzeit weitverbreiteten Phänomen und seinen Protagonisten zu nähern und so Einblicke in einen bis dato wissenschaftlich stark vernachlässigten Bereich der Adelsforschung zu gewinnen.

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Vgl. vor allem die Korrespondenz zwischen ihm und seinem Sohn Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, zu finden unter LHAS, 2.26-1, Nr. 4114 und LHAS, 2.26-1, Nr. 4115. Beer: Eltern und Kinder; Teuscher: Bekannte, Klienten, Verwandte. Fouquet: Fürsten unter sich, S. 191. Medick: Weben und Überleben, S. 28. Vgl. zur Problematik einer umfassenden Rekonstruktion Dressel: Historische Anthropologie, S. 249.

2 Unehelichkeit 2.1 Von „Bastarden“ und „Unechten“, naturales und spurii: ­Bezeichnungen für illegitime Kinder im Wandel der Zeit Um dem Phänomen „Unehelichkeit“ in der Frühen Neuzeit näherzukommen, ist eine Analyse der in diesem Zusammenhang auftretenden Begrifflichkeiten, die bereits erste Einblicke in die gesellschaftliche Wahrnehmung bietet, unumgänglich. Zwar ist illegitim beziehungsweise Illegitimität nur bedingt ein zeitgenössischer Begriff, doch wurde er bereitwillig von der Forschung aufgegriffen, da ihm bereits eine rechtliche und gesellschaftliche Einordnung zugrunde liegt. In historisch greifbaren Kulturen bedeutete die Erlangung der Geschlechtsreife in aller Regel keineswegs automatisch auch das Recht, Sexualverkehr zu praktizieren. Zuvor mussten die Aspiranten mittels eines rituellen Aktes, der zumeist auch vertragstechnische Regelungen und religiöse Aspekte beinhaltete, zu Mann und Frau erklärt werden.1 Erst nach der Eheschließung war es erlaubt, Nachwuchs in die Welt zu setzen. Falls Kinder zuvor geboren wurden, galten diese als unehelich, als illegitim. Die Begriffe Legitimität und Illegitimität wurden durch Max Weber in den Zusammenhang von „Geltung“ und „Ordnung“ gesetzt.2 Dies hätte bedeutet, dass eine „Ordnung“ zwar legitim beziehungsweise illegitim sein kann, aber nicht ein Handeln, ebenso wenig die Folgen einer Handlung wie zum Beispiel ein unehelich gezeugtes Kind. Der Zusammenhang zur illegitimen Geburt lässt sich konstruieren, wenn Handeln und soziale Beziehungen an die Vorstellung einer legitimen Ordnung geknüpft werden können. Erst die Deutungsmacht einer existierenden Ordnung mit einem Normengefüge vermag, eine Handlung als illegitim – in diesem Fall die unehelich geborenen Kinder – zu brandmarken.3 Dennoch bleibt die konkrete Erfassung des Begriffes der Illegitimität einigen Schwierigkeiten ausgesetzt, da die zentral gültigen Normen einem stetigen Wandel in zeitlicher, aber auch räumlicher Hinsicht ausgesetzt sind. Während heutzutage die staatliche Eheschließung über den Status eines ehelichen oder nichtehelichen Kindes gebietet – wobei dieser generell gültig und rechtmäßig eindeutig definiert ist4  –, stellte sich die Situation im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit ungleich komplizierter dar. Nach der Durchsetzung des Hoheitsanspruchs der Kirche über die Ehe im Laufe des Mittelalters war zwar im Allgemeinen die kirchliche Trauung ausschlaggebend für die Legitimität eines Kindes, allerdings konnte die Norm in regionalen Ausnahmefällen umgangen werden. Stärker als in den katholischen Ländern setzte 1 2 3 4

Vgl. allgemein zu Hochzeits- und Verlobungsriten Gennep: Übergangsriten, S. 114–141. Vgl. zur legitimen Ordnung Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 16. Vgl. für die Verbindung von Unehelichkeit und legitimer Ordnung Hoffmann-Nowotny: Soziologische Marginalien, S. 11–13. Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S. 15.

26 Unehelichkeit sich im protestantischen Raum die Auffassung durch, dass die Verlobung mit ihren entscheidenden besitzrechtlichen Vereinbarungen die Voraussetzung für eine rechtmäßige Zeugung sei.5 Gängige Praxis war dies unter anderem in Schweden, wo den Kindern eines verlobten Paares in den Matrikeln der Status legitim offiziell zugesprochen wurde.6 Die vielfältigen Begriffe, die den Sachverhalt der Illegitimität umschreiben, unterlagen einem zeitlichen Wandel und sind zumeist abgeleitet von der Geschlechtsverbindung, aus der das Kind hervorging. Mitte des achtzehnten Jahrhunderts hatte sich der Begriff der natürlichen Kinder durchgesetzt, obwohl zugleich eine Vielzahl anderer Begrifflichkeiten daneben stand, wie Zedlers „Universallexicon“, das zwischen 1732 und 1754 erschien, aufführt: „Natürliche Kinder, uneheliche Kinder, ausser der Ehe erzeugte Kinder, unrechtmäßige Kinder, Liberi naturales, Liberi illegitimi, werden in denen Rechten überhaupt alle diejenigen genennet, deren Eltern nicht ordentlicher Weise mit einander verheyrathet sind oder in einer rechtmäßigen Ehe leben. […] Inzwischen wird aber deshalber in denen Rechten nicht sowol auf dasjenige, was der Natur der Sache, als vielmehr einer ausdrücklichen Verfügung derer Gesetzte gemäß ist, gesehen. Und heissen also erstlich und überhaupt zwar alle dienjenigen natürliche Kinder welche aus keinem ordentlichen Ehe-Bette erzeuget worden; in besondern Verstande aber, und vornehmlich in Absicht auf die alten römischen Gesetze, bloß die von einer sogenannten Concubine […].“7 Dem Römischen Recht entnommen, wurden mit dem Begriff der liberi naturales vormals ausschließlich Kinder aus Konkubinaten bezeichnet. Seit Kaiser Augustus das Konkubinat als eine „formlos und ohne Eheabsicht eingegangene dauerhafte Geschlechtsverbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts, der bestimmte Rechtswirkung zuerkannt wurde“,8 erlaubt hatte, standen die liberi naturales in Rechten und Ansehen den anderen unehelichen Kindern voran. Synonym wurde dazu der Ausdruck nothi verwendet, den bereits die Griechen für außerhalb des ehelichen Beischlafs gezeugte Kinder benutzten. Während die Bezeichnungen nothi und liberi naturales weitgehend wertneutral Verwendung fanden, schwang in dem Wort spurii ein stark abwertender Unterton mit. In diesem Fall galt der Vater als nicht nachweisbar, sei es aufgrund eines einmaligen sexuellen Kontaktes, zum Beispiel bei einer Vergewaltigung, oder eines unterstellten freizügigen Lebenswandels der Mutter, die als vermeintliche Dirne mit mehreren potentiellen Vätern verkehrte.9 Lediglich die Begriffe adulterini und incestuosi spiegeln eine noch stärkere soziale Ächtung wider. Während

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Mitterauer: Ledige Mütter, S. 13. Gaunt: Illegitimacy, S. 314. Zedler: Artikel „natürliche Kinder“, Sp. 1001–1002. Giesen: Artikel „Konkubinat“, S. 1074. Schubart-Fikentscher: Unehelichen-Frage, S. 36.



Bezeichnungen für illegitime Kinder im Wandel der Zeit

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adulterini für Kinder stand, die Resultat eines Ehebruchs waren,10 wurde mit filius incestuosus ein in Blutschande gezeugter Sohn bezeichnet.11 Fanden vorangegangene Begriffe vor allem Anwendung im römischen Rechtsgebrauch und im Kanonischen Recht, vollzog sich ab dem siebzehnten Jahrhundert, angeregt durch die Entwicklung des usus modernus, dahingehend eine Vereinfachung, dass unter naturales die Kinder von Konkubinen und ehrbaren Witwen und unter spurii alle sonstigen unehelichen Kinder zusammengefasst wurden.12 Da nach wie vor kein einheitlicher Begriffsapparat vorherrschte, existierten parallel dazu zahlreiche deutsche Begriffe: Mamzer, Waise13, Hornung, Winkelkind, Hurenkind, Bankert, Beikind, Afterkind, Kebskind, Kegel oder Kegelsohn.14 Die Bezeichnungen unecht und echtlos, die ebenfalls im Zusammenhang mit unehelichen Kindern auftauchen, verweisen auf die strikte Lebens- und Standesordnung im abendländischen Mittelalter. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes echtlos lag in „außerhalb des Gesetzes stehend“ beziehungsweise „gesetzlos“, erstreckte sich aber im Laufe des Mittelalters alsbald auch auf „außerhalb der Ehe geboren“.15 Neben dieser Vielzahl von Begrifflichkeiten tritt die Bezeichnung „Bastard“ auf, die vor allem heutzutage negative Konnotationen hervorruft. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, war dies ursprünglich keineswegs intendiert, schließlich wählte Wilhelm der Eroberer Mitte des elften Jahrhunderts den Bastard als Beiwort zur Selbstbezeichnung. Die Wortherkunft ist nicht eindeutig belegt. Vielleicht leitete sich Bastard aus dem lateinischen bastum ab, was „Packsattel“ bedeutete und auf eine Zeugung anspielte, die anstatt im Ehebett „im Vorübergehen“ erfolgte.16 Oder aber das Wort stammte vom gotischen Bansts, die „Scheune“, und wurde als „der in der Scheune Gezeugte“ interpretiert.17 In der romanischen und englischen Sprache fest verankert, fand das Wort Eingang in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch und stand für die nichtehelichen Kinder, besonders für anerkannte Söhne von Adligen, die mit einer nicht angetrauten oder einer verheirateten Frau niederen Standes gezeugt wurden.18 Durch die gesell10 11 12 13

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Zedler: Artikel „Adulterini liberi“, Sp. 587. Ders.: Artikel „Filius incestuosus“, Sp. 916. Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S. 132. Eng verbunden mit der Vorstellung der Familienlosigkeit ist der Begriff Waise, der in diesem Zusammenhang aber nur vom Kanzler der Halleschen Universität Johann Peter von Ludewig benutzt wurde. Vgl. Ludewig: Consilia Hallensivm Ivresconsvltorvm, S.  81–86; ebenso Schubart-Fikentscher: Unehelichen-Frage, S. 11. Eberhard: Versuch einer allgemeinen teutschen Synonymik, S. 191–192; Becker: Uneheliche, S. 451; Schubart-Fikentscher: Unehelichen-Frage, S. 37. Danckert: Unehrliche Leute, S. 9. Vgl. prinzipiell zur Wortherkunft Bastard Glück: Wort „Bastard“, S. 25, ansonsten auch Teichman: Illegitimacy, S. 1–4. Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch, S. 131. Kluge: Etymologisches Wörterbuch, S. 95.

28 Unehelichkeit schaftlich hochgeachtete Stellung des Vaters waren die Bastarde vor der Verachtung, die den spurii entgegenschlug, geschützt. Der abwertende Beigeschmack der Bezeichnung entwickelte sich erst durch die Ausdehnung des Begriffes auf alle sozialen Schichten. Als Pendant zur erstrebten „Reinheit“ gesehen, wurde der Bastard zur symbolischen Kulmination sozialer und kultureller Vermischung, zu einem Hybrid. Spätestens die aufkommende Rassenlehre und die Hinwendung zum Biologismus im neunzehnten Jahrhundert trugen dazu bei, den Bastard vollends zu diskreditieren. Die zutiefst negativ besetzte Assoziation mit Mischling überlagerte die ursprüngliche Bedeutung.19 In den für diese Arbeit untersuchten Quellen taucht der Begriff „Bastard“ zwar nicht mehr auf, stattdessen wird ausschließlich die Umschreibung „natürliche Kinder“ genutzt, doch hat er nach wie vor seine Berechtigung durch die enge Verknüpfung der Vorstellung eines adligen, unehelichen Kindes, hervorgerufen auch durch die Weiterverbreitung in einer Vielzahl von zeitgenössischen literarischen Werken.20

2.2 Illegitime Nachkommen in der Frühen Neuzeit: Randgruppe oder gesellschaftlich akzeptierte Tatsache? Einigkeit besteht in der Forschung darüber, dass eine exakte quantitative Erfassung der Illegitimitätsrate der Bevölkerung Europas in Zeiten vor den akkurat geführten Pfarrlisten kaum möglich ist,21 so dass die Aussagen diesbezüglich stark voneinander abweichen. Im Allgemeinen geht man davon aus, dass die Anzahl unehelicher Kinder im Mittelalter „nicht gering gewesen“22 sein dürfte. Allerdings scheint die anderorts geäußerte Vermutung, dies beträfe ein Drittel der geborenen Kinder, als zu hoch gegriffen.23 Auch die vage Angabe zum Dorf Montaillou über „Bastarde in Hülle und Fülle“24 zu Beginn des vierzehnten Jahrhunderts bestätigt die Vermutung, dass uneheliche Kinder im Mittelalter zum alltäglichen Bild gehörten und nichts Ungewöhnliches waren. Konkrete Angaben fallen auch noch für die nachfolgenden Jahrhunderte schwer, weshalb die allgemeine Aussage von van Dülmen im Raum steht, dass aufgrund strenger Kontrollen des sittlichen Verhaltens nur „von einer geringe[n] Zahl von un19 20

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Ausführlich dazu Ha: Unrein und vermischt, hier S. 125–127. Als ein Beispiel mögen die Werke Friedrich Schillers dienen, in denen er uneheliche Kinder wie im Falle des Grafen Dunois im Schauspiel „Die Jungfrau von Orleans“ ausdrücklich als Bastarde betitelte, ebenso wie die Königin Elisabeth im Werk „Maria Stuart“ („Der Thron von England ist durch einen Bastard entweiht“, 3. Aufzug, 4. Auftritt). Bulst: Illegitime Kinder, S. 22; Mitterauer: Ledige Mütter, S. 17. Arnold: Artikel „Kind“, Sp. 1143. Sprandel: Diskriminierung der unehelichen Kinder, S. 487; vgl. zur Kritik an dieser Schätzung Bulst: Illegitime Kinder, S. 23. Le Roy Ladurie: Montaillou, S. 224.



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ehelichen Kindern“25 in der Frühen Neuzeit ausgegangen werden kann. Der Begründer der deutschen Demografie und Statistik Johann Peter Süßmilch26 lieferte Mitte des achtzehnten Jahrhunderts aus der Sicht des Zeitgenossen genauere Zahlen von unehelich Geborenen: Für die alten preußischen Provinzen, ohne Schlesien und Ostfriesland, nahm er jährlich achttausend „Hurkinder“ an, die er als „schädliche Recruten“27 wider der guten Sitten deklassierte. Ebenso stellte er ein Ungleichgewicht in der Verteilung fest. Während in der Stadt Dresden eine uneheliche auf neun bis zehn eheliche Geburten kam beziehungsweise das Verhältnis in der Universitätsstadt Leipzig sogar eins zu sechs betrug, lagen die Quoten in ländlichen Gebieten wesentlich niedriger. In der Kurmark war die Quote nur eins zu achtzehn.28 Die heutige Forschung geht weiterhin von einer Ungleichverteilung der Zahlen aus. Die Arbeits- und Wohnverhältnisse in den Städten, die ein enges Zusammenleben von Männern und Frauen förderten, ebenso wie die enormen sozialen Unterschiede, die unter anderem großen Teilen der Gesellschaft eine Ehe verwehrten, trugen zu den erhöhten Illegitimitätsraten in den Städten im Vergleich zu den ländlichen Regionen bei.29 Auch wenn zuverlässige Zahlen für das Mittelalter und die Frühe Neuzeit fehlen, stimmt Bulst der von Zeitgenossen geäußerten Ansicht, dass es sich bei der Illegitimität um ein bedeutendes gesellschaftliches Phänomen handle, nur bedingt zu. Stattdessen schließt er sich der von Woude für das neunzehnte und zwanzigste Jahrhundert aufgestellten These an: „[I]llegitimacy was a moral rather than a demographic problem“.30

2.2.1 Die rechtliche Stellung der unehelichen Kinder Die rechtliche Stellung des unehelichen Kindes war zum großen Teil abhängig von dem Verhältnis der Eltern zueinander. Wenn diese in einer eheähnlichen, dauerhaften Beziehung lebten, die eine unzweifelhafte Bestimmung des Vaters zuließ, und der Sexualkontakt nicht wie im Falle der Blutschande und des Ehebruchs als im besonderen Maße verrucht galt, konnten die nichtehelichen Kinder unter Umständen eine Reihe von Rechten beanspruchen. Herausgebildet hat sich diese Möglichkeit unter dem Römischen Recht, das alle Kinder als unehelich ansah, die nicht in einer Ehe geboren wurden. Ursprünglich lag ausschließlich zur mütterlichen Seite ein Verwandtschaftsverhältnis vor, was zur Folge hatte, dass die Kinder in der mütterlichen

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Dülmen: Das Haus und seine Menschen, S. 185. Vgl. ausführlich zu Süßmilch Birg (Hg.): Ursprünge der Demographie. Süßmilch: Die göttliche Ordnung, S. 463. Ebd., S. 461–462. Bulst: Illegitime Kinder, S. 31. Ebd., S. 38.

30 Unehelichkeit Familie voll erbberechtigt waren, aber gegenüber dem Vater keinerlei Rechte einfordern konnten und dieser seinen illegitimen Kindern keine Alimente schuldete.31 Durch die Überführung des gesellschaftlich anerkannten Konkubinats in einen gesicherten Rechtsrahmen unter Kaiser Augustus verbesserte sich die Stellung der unehelichen Kinder.32 Die sich allmählich durchsetzende Unterscheidung zwischen liberi naturales und spurii führte zu einer rechtlich bessergestellten Position zumindest der natürlichen Konkubinatskinder. Diese besaßen im Gegensatz zu den durch Ehebruch und Inzest gezeugten Kindern gegenüber der Mutter und dem Vater einen Unterhaltsanspruch und waren sogar zum Erben des väterlichen Besitzes berechtigt, wenn dieser ehe- und kinderlos verstarb.33 Mit den Bemühungen der christlichen Kaiser, das Konkubinat einzudämmen, ergab sich durch eine nachträgliche Heirat sogar die Möglichkeit der vollständigen Legitimation (legitimatio per subsequens matrimonium), wodurch der Status als eheliches Kind erreicht wurde. Unter Kaiser Justinian erfolgte sogar die Weiterentwicklung der Institution der Legitimation. Neben der Legitimation durch nachfolgende Heirat konnte mit einem kaiserlichen Gnadenakt, zum Beispiel im Falle des Todes der Konkubine, sowie der legitimatio ex testamento, dem im Testament niedergeschriebenen Wunsch des Vaters, die nachträgliche Anerkennung erfolgen.34 Im Gegensatz zum Römischen Recht kannten die germanischen Rechtsgebräuche keine Einteilung zwischen ehelichen und unehelichen Kindern, was zum einen in der unterschiedlichen Auffassung bezüglich der Stellung eines Menschen in der Gesellschaft begründet lag, die in den germanischen Territorien nicht abhängig von der Geburt, sondern von der Aufnahme in den Familienverband war.35 Zum anderen resultierte dies aus den von den Germanen akzeptierten Formen des Zusammenlebens. Die Muntehe galt als vollkommenste Art der Eheschließung, da sie durch einen familienrechtlichen Vertrag zustande kam, bei dem der Besitztransfer eine nicht unerhebliche Rolle spielte. Falls der Brautschatz nicht gezahlt werden konnte oder die Braut einem höheren Stande angehörte als der Ehemann, konnte eine Friedelehe geschlossen werden, in der das Erbrecht der Kinder im Gegensatz zu der Muntehe nicht auf väterlicher, sondern nur auf mütterlicher Seite lag.36 Am stärksten entspricht die Kebsehe den heutigen Vorstellungen eines Konkubinats. Sie wurde durch die einseitige Verfügung des Mannes über eine Unfreie begründet, die keinerlei Rechte für sich oder für ihre Kinder in Anspruch nehmen konnte.37 31 32 33 34 35 36 37

Baumgarten: Entstehung des Unehelichenrechts, S. 23; Hartwich: Entwicklung des Konkubinats, S. 340. Vgl. ausführlich zum römischen Konkubinat Friedl: Der Konkubinat im kaiserzeitlichen Rom; Meyer: Der römische Konkubinat. Baumgarten: Entstehung des Unehelichenrechts, S. 25. Hartwich: Entwicklung des Konkubinats, S. 340–341. Baumgarten: Entstehung des Unehelichenrechts, S. 25. Hartwich: Entwicklung des Konkubinats, S. 342–344. Becker: Nichteheliche Lebensgemeinschaft, S. 19–20.



Die rechtliche Stellung der unehelichen Kinder

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Zumindest die normativen, weltlichen Rechtsquellen wie der im dreizehnten Jahrhundert angewandte „Sachsenspiegel“ zeugen von einer Verschlechterung der rechtlichen Stellung unehelicher Kinder.38 In den Rechtsquellen des Mittelalters wird die uneheliche Geburt zu einem Makel, der dem Menschen aufgrund seines Zeugungsaktes anhaftet. Selbst wenn die Eltern später die Ehe eingingen, konnte der Makel nicht wettgemacht werden, denn im „Sachsenspiegel“ heißt es wie folgt: „Wenn einer mit der Frau eines anderen Mannes öffentlich hurt oder ein Mädchen oder eine Frau notzüchtigt, nimmt er sie später zur Ehe, eheliche Kinder gewinnt er jedoch niemals mit ihr.“39 Die Bestimmungen sind in den Kontext einer versuchten Reglementierung des Sexualverhaltens einzuordnen. In die gleiche Richtung zielt die Festlegung, dass nunmehr auch die Zeugung schon im ehelichen Stand geschehen musste. Die unehelichen Kinder galten als familien- und rechtlos, sie bekamen kein Standrecht und keine Lehnsfähigkeit zugesprochen und waren sowohl von der aktiven als auch passiven Erbfolge ausgeschlossen.40 Am Ende des Mittelalters lockerten sich die Bestimmungen. Das hing sowohl mit der Durchsetzung der schon im Römischen Reich praktizierten Unterscheidung zwischen spurii und naturales zusammen als auch mit der Aufhebung der Rechtlosigkeit.41 Obwohl es im Kanonischen Recht nur wenige explizite Äußerungen zu nichtehelichen Kindern gab, übte die Haltung des Kirchenrechts starken Einfluss aus auf spätere Rechtspositionen. Im unmittelbaren Zusammenhang steht der Versuch der Kirche, die Position der Ehe zu stärken und Konkubinate zu verbieten, da außerehelicher Geschlechtsverkehr als schwerwiegende Sünde galt. Die mittelalterliche Kirche drängte auf die alleinige Kontrolle der Trauzeremonie, sie konnte diesen Anspruch offiziell aber erst auf dem Trienter Konzil im Jahre 1563 festschreiben, obwohl seit der Teilung der Kirche in einen katholischen und protestantischen Teil von keinem allgemeingültigen Beschluss mehr die Rede sein konnte.42 Im Kanonischen Recht galten die Kinder als legitim, die während einer gültigen Ehe geboren oder auch nur empfangen wurden. Selbst Kinder, die innerhalb von klandestinen („heimlichen“) Ehen und auch Putativehen, das heißt „vemeintlichen“ Ehen, die aufgrund fehlender Voraussetzungen von Beginn an ungültig waren, gezeugt wurden, bekamen den Status eines legitimen Kindes zugesprochen. Ebenfalls wurde der Gedanke der Legitimation aufgegriffen und ausgestaltet: Wie im Römischen Recht bestand die Möglichkeit der Anerkennung der liberi naturales durch eine nachfolgende Ehe. Zudem 38 39 40 41 42

Vgl. zur Kritik an der einseitig auf Rechtsquellen ausgelegten Deutung der Illegitimität Willoweit: Von der natürlichen Kindschaft, S. 56–58. Repgow: Sachsenspiegel, Art. 37. Willoweit: Von der natürlichen Kindschaft, S. 61–63; Hartwich: Entwicklung des Konkubinats, S. 30. Vgl. für die Kategorisierung unehelicher Kinder in spätmittelalterlicher Jurisprudenz Gottschalk: Niemandes Kind, S. 25. Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S. 75.

32 Unehelichkeit behielt sich der Papst seit dem dreizehnten Jahrhundert vor, durch hoheitliches Reskript die Illegitimität aufzuheben.43 Daneben begünstigte eine ausdrücklich formulierte Fürsorgepflicht die Unehelichen. Selbst gegenüber den durch Blutschande oder Ehebruch gezeugten Kindern wurde eine Unterhaltspflicht der Eltern in Form von Alimenten befürwortet.44 Trotz fundamentaler Unterschiede zwischen den Positionen der protestantischen Kirchen und der katholischen Kirche in Bezug auf das Eherecht blieben die protestantischen Bestimmungen denen im Kanonischen Recht getroffenen Bestimmungen erstaunlich nahe. Die Gründe dafür liegen im konservativen Traditionalismus der Jurisprudenz, sind aber auch pragmatischer Natur, da die intensive Durchdringung des Kanonischen und Römischen Rechts eine Neuausarbeitung verhinderte.45 Ein markanter Unterscheidungspunkt lag in der protestantischen Ablehnung des Sakramentalcharakters der Ehe, wodurch der kirchlichen Trauung nur noch eine deklaratorische Aufgabe zukam. Eine gegenseitige, vertragsrechtliche Absprache zwischen Mann und Frau in Form eines Verlöbnisses, das einem starken Mitwirkungsrecht der Familie unterlag, galt praktisch als bindend.46 Erst im Verlaufe des siebzehnten Jahrhunderts setzte sich die Trauung als Voraussetzung für eine gültige Ehe durch, was zur Folge hatte, dass der Konsensualakt zu einem Formalakt auch in den protestantischen Ländern wurde. Die rechtlichen Bestimmungen in der Frühen Neuzeit stellten ein Konglomerat des Römischen und Kanonischen Rechts sowie der deutschen Rechtstradition dar. Später traten naturrechtliche Einflüsse hinzu, die sich vor allem auf das Verwandtschaftsverhältnis und den Unterhalt bezogen.47 Die greifbaren, praktischen Auswirkungen blieben eher bescheiden, dafür half das Naturrecht, das im gelehrten Schrifttum seiner Zeit eine große Rolle spielte, einen übergeordneten sittlichen Rahmen auszubilden, der den Anspruch untermauerte, Illegitime in das Familienrecht zu integrieren. Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist die Wirkung des Naturrechts auf die Praxis des usus modernus.48 Die aus dem juristischen Diskurs zumindest nominell abgeleitete rechtliche Verbesserung der Stellung unehelicher Kinder ging einher mit der Wiederaufwertung des Konkubinats, das durch die Juristen des siebzehnten Jahrhunderts neu beurteilt wurde. Unabhängig von den positiven Gesetzen, die eine nichteheliche Gemein43 44 45 46 47 48

Herrmann: Die Stellung unehelicher Kinder nach Kanonischem Recht, S. 107 ff. Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S. 66. Ebd., S. 79. Burghartz: Zeiten der Reinheit, S. 80; der verpflichtende Charakter eines Eheversprechens resultiert laut Roper aus den bereits ausgehandelten besitzrechtlichen Übertragungen; Roper: Das fromme Haus, S. 129–130. Vgl. für die Stellung der unehelichen Kinder im Naturrecht Gottschalk: Niemandes Kind, S. 31; auch Leineweber: Die rechtliche Beziehung des nichtehelichen Kindes, S. 227. Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S.  178; Schubart-Fikentscher: Unehelichen-Frage, S. 55.



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schaft nach wie vor unter Strafe stellten, vertraten Naturrechtler wie Grotius und Pufendorf die Ansicht, dass schon ein Zusammenleben zwischen Mann und Frau dem Status der Ehe entspreche.49 Dies habe natürlich unmittelbare Folgen für die Kinder, die aus dieser Beziehung hervorgehen. Naturrechtlich gesehen sollten sie denselben Status und das gleiche Ansehen genießen wie die in den beglaubigten Ehen geborenen Kinder. Ebenfalls legitimierte das Naturrecht die Sonderstellung adliger Bastarde. Die herrschende Schicht war durch einen Vertragsabschluss mit den Untertanen weiterhin im status naturalis, der sie über die positive Gesetzgebung erhob. Damit konnten per se adlige Konkubinate nicht strafbar sein.50 Allerdings konnten die aus diesen Verbindungen hervorgegangenen Kinder nur wenig praktischen Nutzen aus diesen Ideen ziehen. Im Verhältnis zum Spätmittelalter hatte sich ihre traditionelle Rolle, die unter anderem im Ausbau des Machtbereiches lag, eher verschlechtert als verbessert. Auf ausdrücklichen Wunsch des Vererbenden hin waren sie zwar erbberechtigt, aber nur eingeschränkt. Erst nachdem eine Legitimation stattgefunden hatte, galten sie als voll erbfähig. Im Falle eines adligen Kindes wurde die Legitimation zumeist mit der staatlichen Verleihung durch den Landesherrn (per rescriptum principis) erreicht, bei der nicht unbeträchtliche Zahlungen fließen konnten. Die andere, schon zuvor beschriebene Möglichkeit lag in einer nachfolgenden Ehe (legitimatio per subsequens matrimonium). Die Legitimation, die für alle Stände theoretisch gleichbedeutend war, diente in erster Linie zur Befreiung vom Geburtsmakel und musste nicht automatisch Erb- und Unterhaltsansprüche beinhalten. Allerdings erbte ein nicht legitimiertes Kind, falls eheliche oder legitimierte Kinder existierten, durch testamentarische Verfügungen höchstens ein Zwölftel des Besitzes, während rechtlich anerkannte Kinder das gesamte Allod des Vaters erben konnten.51 Unstrittig im damaligen Rechtsdiskurs war die Tatsache, dass Uneheliche, unabhängig von einer Legitimation, nicht auf die Lehngüter folgen durften.52

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So vertrat Grotius die Meinung: „Derowegen halten wir dafür/ daß der Ehestand bloß allein natürlicher Weise seye eine solche Bey- und Zusammenwohnung eines Mannes mit dem Weibe/ welche das Weib gleichsam unter des Mannes Augen und Hut setze. Dann man solche Zusammenwohnung auch an etlichen stummen unvernünfftigen Thieren siehet; bey dem Menschen aber/ so weit er ein Vernunfft-begabtes Thier ist/ ist das dazu gekommen/ daß das Weib sich dem Mann zu Treunen und Glauben verpflichte“ (Kapitel 5, Abs. VIII), Grotius: Von Kriegs- Und Friedens-Rechten, S. 105. Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S. 127. Ein Beispiel für die Ungleichbehandlung zwischen legitimierten Unehelichen und Nichtlegitimierten bietet ein Gutachten aus Halle aus dem Jahr 1698: Ein Generalfeldmarschall, der von zwei adligen Damen drei Kinder hatte, ließ zwei davon durch den Kaiser legitimieren. Nach dem Tod des Generalfeldmarschalls galt das nichtlegitimierte Kind als nicht erbfähig, auch nicht durch eine Verfügung im Testament, so dass ihm höchstens ein Zwölftel des Allods zustand. Somit war er zwar einsetzungsfähig, aber nur im begrenzten Rahmen. Vgl. dazu Schubart-Fikentscher: Unehelichen-Frage, S. 118. Ebd., S. 113.

34 Unehelichkeit Das Erlangen des mütterlichen Erbes stellte sich in dieser Situation weniger kompliziert dar. Bereits der Sachsenspiegel verweist auf den tradierten Ausspruch, „daß kein Kind seiner Mutter Kebskind sei“.53 Die rechtliche Gebundenheit des Kindes an die mütterliche Seite hatte zur Folge, dass illegitime Nachkommen mütterlicherseits die Erbrechte eines ehelichen Kindes genossen, da eine Blutsverwandtschaft als Basis des Erbrechts unumstößlich feststand. Ausnahmen, obwohl keineswegs mehr generellen Charakters, konnten auch hier wieder aus der Zeugung innerhalb einer verwerflichen Verbindung erfolgen.54 Die so gezeugten Kinder waren in aller Regel auch von den ansonsten unstrittigen Unterhaltszahlungen, die der Vater zu leisten hatte, ausgeschlossen und bekamen maximal die alimenta naturalia zugesprochen, die dem Lebensnotwendigsten entsprachen. Wie sich die Unterhaltspflicht für die naturales und spurii gestaltete, hing seit der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts stark mit Stand und Vermögen des Vaters zusammen. Davon abhängig konnten als Unterstützung die Kosten sowohl für einen gesellschaftlich angemessenen Lebensstil als auch für Studienzwecke fallen. Der Großteil der unehelichen Kinder musste sich aber mit einer Grundversorgung zufriedengeben, die einen gesellschaftlichen Aufstieg in keiner Weise unterstützte und endete, sobald sie selbstständig für ihren Lebensunterhalt aufkommen konnten, was teilweise bereits mit dem zehnten Lebensjahr veranschlagt wurde.55 Bis zum achtzehnten Jahrhundert war der Namensgebrauch weitgehend unabhängig vom familienrechtlichen Stand, so dass es durchaus üblich war, auch ohne Zustimmung des Erzeugers dem Kind den Namen des Vaters zu geben. Je höher der Sozialstatus der Eltern war, desto stärker unterlag die Namensgebung Reglements.56

2.2.2 Die zwiespältige Haltung der Gesellschaft Edmund

Thou, Nature, art my goddess; to thy law My services are bound. Wherefore should I Stand in the plague of custom, and permit The curiosity of nations to deprive me, For that I am some twelve or fourteen moonshines Lag of a brother? Why bastard? wherefore base? When my dimensions are as well compact, My mind as generous, and my shape as true, As honest madam’s issue? Why brand they us With base? with baseness? bastardy? base, base? Who, in the lusty stealth of nature, take 53 54 55 56

Repgow: Sachsenspiegel, Art. 51. Schubart-Fikentscher: Unehelichen-Frage, S. 64–67. Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S. 143–146. Ebd., S. 112.



Die zwiespältige Haltung der Gesellschaft

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More composition and fierce quality Than doth, within a dull, stale, tired bed, Go to th’ creating a whole tribe of fops Got ’tween asleep and wake? Well then, Legitimate Edgar, I must have your land. Our father’s love is to the bastard Edmund As to th’ legitimate. Fine word – ,legitimate‘! Well, my legitimate, if this letter speed, And my invention thrive, Edmund the base Shall top th’ legitimate. I grow; I prosper. Now, gods, stand up for bastards! William Shakespeare, „King Lear“, I. Akt, 2. Szene, 1–2257

Einen seiner charismatischsten Bösewichte schuf William Shakespeare in seinem Drama „König Lear“ mit dem Bastard Edmund, einem unehelichen Sohn des Grafen von Gloucester. Edmund, ein Machiavellist, der skrupellos gegen seinen Bruder Edward vorgeht, der, als leiblicher Sohn des Grafen, die von ihm begehrte Anerkennung erhält, schafft durch seinen Ehrgeiz den Aufstieg bis zum Heerführer. Der Ehrgeiz liegt nicht nur im Machtstreben begründet, sondern entspringt ebenso den Wünschen nach Selbstverwirklichung und familiärer Anerkennung, die ihm die soziale Ordnung aufgrund seiner Herkunft verwehrt. Nicht Grausamkeit, sondern ein Schicksal, das ihm nur einen Platz hinter seinem ehelich geborenen Bruder einräumt, erklärt seine Motivation. In seinem zu Beginn des siebzehnten Jahrhunderts uraufgeführten Stück griff Shakespeare ein in damaligen fortschrittlich gebildeten Kreisen Europas beliebtes Paradoxon auf. So zeichnen sich die Bastarde durch Stärke und Leidenschaft aus, werden aber aufgrund ihrer Geburt um die Möglichkeit betrogen, diese Eigenschaften voll zu entfalten.58 Die soziale Stigmatisierung unehelicher Kinder beschränkte sich nicht nur auf die Zeit des Mittelalters oder der Frühen Neuzeit, sondern reichte bis weit in das zwanzigste Jahrhundert hinein.59 Stark abhängig war das Ansehen des Kindes von der Art der Zeugung, nach der die bereits zur römischen Zeit übliche Unterscheidung in naturales und spurii erfolgte. Andere Faktoren übten ebenfalls einen starken Einfluss auf den Grad der Ächtung aus. Neben Status und Vermögen der Eltern bestimmten Faktoren wie das Aufwachsen in einem städtischen oder ländlichen Umfeld sowie der Wandel von unterschiedlich stark ausgeprägten Sittlichkeits- und Moralvorstellungen das Leben des Kindes. Das uneheliche Kind wurde bei der Geburt mit einem Makel belegt – der Infamie, im deutschen Sprachgebrauch auch Anrüchigkeit genannt. In Anbetracht der Tatsache, dass in einer ständisch gegliederten Gesellschaft 57 58 59

Hunter (Hg.): William Shakespeare „King Lear“, S. 72. Hunter: Introduction, S. 19. Vgl. ausführlich zur Unehelichkeit im 20. Jahrhundert Buske: Fräulein Mutter und ihr Bastard.

36 Unehelichkeit ein tadelloser Ruf und die persönliche Ehre Grundvoraussetzungen für ein materielles Auskommen, eine erfolgreiche Heiratspolitik und den sozialen Aufstieg waren,60 bedeutete die Anrüchigkeit ein kaum zu überwindendes soziales Stigma. Der „Sachsenspiegel“ fixierte die „unechte“ Geburt als Erscheinungsform minderer Ehre, womit sie als „rechtlos“ galt. Mit der Rechtlosigkeit ging die Unfähigkeit zu gerichtlichen Handlungen einher, worunter die Besetzung des Richteramtes, die Tätigkeit als Schöffe, Eidhelfer oder Zeuge fielen. Uneheliche Kinder konnten weder eine Vormundschaft übernehmen noch städtische Ämter bekleiden, als Kläger standen ihnen weder Wehrgeld noch eine normale Buße zu; sie waren lehnsunfähig und fanden keine Aufnahme in die Handwerkerzünfte. Jedoch bedeutete die Rechtlosigkeit nicht automatisch auch den Ausschluss aus dem allgemeinen Rechtsschutz wie im Falle der Echtlosigkeit oder Friedlosigkeit, sie muss vielmehr als Verlust von Rechten gesehen werden, die an die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stand gebunden waren.61 Der Rechtsschutz umfasste Verbrechen wie Raub, Körperverletzung oder Totschlag. Spielleuten und unehelich Geborenen war laut „Sachsenspiegel“ der gerichtliche Zweikampf erlaubt, was sie über Räuber und Diebe stellte, die ihre Ehre durch eigenes Verschulden und nicht durch die Geburt verloren hatten.62 Diese Vielschichtigkeit der Erscheinungsformen der Unehrlichkeit erschwert einen Konsens in der Forschung zum Wesen der Unehrlichkeit im Allgemeinen. Einigkeit besteht laut Ernst Schubert darin, dass sich die Infamie seit dem Mittelalter in ihrem Wesen letztendlich nicht gewandelt hat, woraus folgen würde, dass die soziale Stigmatisierung Ausgangspunkt der obrigkeitlichen Ausgrenzungspostulate der Frühen Neuzeit war.63 Die Zuschreibung der Infamie war keineswegs eine unumstößliche Tatsache, sie unterlag vielmehr zeitgenössischen Diskursen, die besonders im achtzehnten Jahrhundert an Schärfe gewannen. Die Rechtsgelehrten, selbst die fortschrittlichsten, vertraten die Ansicht, dass die Unehelichen zumindest einer mangelnden Ehrbarkeit unterlagen (levis notae macula), jedoch fiel aufgrund der Vermischung des römischrechtlichen infamia-Begriffes mit dem deutschen Begriff Anrüchigkeit eine exakte Bestimmung des Terminus in der deutschen Rechtstradition schwer. Angesichts der Tatsache, dass der Makel nicht durch eigenes, sondern durch fremdes Verhalten entstanden war, setzte sich die Forderung nach Möglichkeiten zur Milderung durch. Diskutiert wurden Optionen der Zulassung zum Schöffenamt und zu anderen öffentlichen Positionen. Selbst die Lehnfähigkeit unehelicher Kinder wurde in Betracht gezogen, obwohl das stark vom Status der Mutter abhängig blieb. Somit bot sich die Möglichkeit, durch einwandfreies individuelles Verhalten seinen Geburtsmakel abzuschwächen. Allerdings konnten nur Mitglieder gut situierter Bevölkerungsschichten 60 61 62 63

Dülmen: Der ehrlose Mensch, S. 1–2. Danckert: Unehrliche Leute, S. 9–12. Brandhorst und Hergemöller: Spielleute, Vaganten und Künstler, S. 175. Schubert: Mobilität ohne Chance, S. 118.



Die zwiespältige Haltung der Gesellschaft

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diese Chance wahrnehmen, die Unterschichten blieben weiterhin mit dem gesellschaftlichen Stigma belastet.64 Am energischsten sprachen sich die Zünfte gegen die Lockerung des ablehnenden Verhaltens gegenüber unehelichen Kindern aus.65 Seit dem dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert war die Zunftunfähigkeit von Unehelichen in fast allen Zunftordnungen festgeschrieben. So trugen die spätmittelalterlichen Zünfte maßgeblich dazu bei, die Unehelichkeit mit der Unehrlichkeit zu vermischen. Die Forderung nach „echt und recht“, die für die Aufnahme in eine Zunft eine schriftliche Beweisführung verlangte, entwickelte sich zu einem funktionierenden Kontroll- und Ausschlussmechanismus sozial unerwünschten Verhaltens und somit zum zuverlässigen Mittel der Sozialdisziplinierung. Nowosadtko geht sogar so weit, die Unehrlichkeit als eine existentielle Voraussetzung der Zünfte zu deuten, da sie sich selbst in Abgrenzung nach außen hin konstituierten.66 Hinter dem strengen Moralkodex der Zünfte lagen selbstverständlich auch ökonomische Interessen verborgen. Je strikter die Vorgaben gehandhabt wurden, umso kleiner gestaltete sich der Kreis der Zunftberechtigten. Aus diesem Grund forderten zumeist die wirtschaftlich bessergestellten Zünfte wie die Goldschmiede als Erste den generellen Ausschluss der Illegitimen.67 Die Ehrauffassung der Zünfte ging lange Zeit konform mit der kirchlichen und territorialen Gesetzgebung, sie rief aber zugleich auch Kritiker wie Johann Peter von Ludewig auf den Plan, der die Ungleichbehandlung unehelicher Kinder in Abhängigkeit von dem Sozialstatus der Eltern anprangerte: „Hätte ich nun einem Gesetzgeber zu rathen: so würde ich, nach dem Sinn der göttlichen Gesetze, rathen alle Geburths-Flecken der unehelichen Kinder, mit eines, aufzuheben und, bey Straffe, zu gebieten: daß solchen dieserwegen niemand mehr, einigen Vorwurf machen solle. Da es ohnedeme, jetzigem Gebrauch nach, etwas gantz unbesonnes ist: daß uneheliche Kinder grosser Herren ihre Bediente vom erstem Rang, im Staat und Kriege, werden mögen; aber, Schuster und Schneider zu werden, ihnen verboten seyn solle.“68 Weniger aus einem Gerechtigkeitsverständnis heraus als vielmehr zur Ankurbelung von Wirtschaft und Bevölkerungsentwicklung wurden im achtzehnten Jahrhundert staatlicherseits zunehmend Maßnahmen gegen die rigiden Zunftpraktiken initiiert. Dennoch änderte sich in der Praxis wenig. Eine „gefallene“ Meistertochter hatte unter normalen Umständen keine Chance, jemals eine ehrbare Meisterin zu werden. Die Zunftpraxis war konservativer als das Zunftrecht, das durch staatsoffizielle Eingriffe gelockert werden musste, und wesentlich konservativer als die Gesellschaft.69

64 65 66 67 68 69

Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S. 28–31. Vgl. allgemein für das Verhältnis Zunftwesen zu unehelichen Kindern Wissell: Des alten Handwerks Recht, S. 240–254. Nowosadtko: Scharfrichter und Abdecker, S. 292–293. Schubert: Mobilität ohne Chance, S. 122. Ludewig: Consilia Hallensivm Ivresconsvltorvm, S. 86. Schultz: Das ehrbare Handwerk, S. 48–49.

38 Unehelichkeit Die Diskriminierung unehelicher Kinder ging eng einher mit der Kriminalisierung lediger Mütter. Trotz aller obrigkeitlichen Anstrengungen, den nichtehelichen Geschlechtsverkehr zu eliminieren, stellte dieser Sachverhalt den häufigsten Anklagepunkt unter allen Sittendelikten.70 Neben moralischen Motiven und dem Versuch der Durchsetzung von Ehegesetzen spielten in diesem Fall auch ökonomische Gründe eine Rolle. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein unehelich gezeugtes Kind durch die Gemeinschaft versorgt werden musste, insbesondere, wenn die Zeugung von einem verheirateten Mann ausging, war wesentlich höher als bei ehelichen Nachkommen.71 Dadurch entstand die paradoxe Situation, dass der durch die Obrigkeit aufgebaute Druck und die damit verbundene soziale Ächtung sowie die ohnehin schlechteren Verdienstmöglichkeiten lediger Frauen oftmals erst die Versorgungsschwierigkeiten mit sich brachten. Seit dem sechzehnten Jahrhundert wurde die nichteheliche Schwangerschaft sogar in die strafrechtliche Praxis der unteren Gerichtsinstanzen aufgenommen. Die Kriminalisierung erfolgte im Rahmen der seit der Reformation erlassenen Eheordnungen. Die Verfahren hatten nicht nur eine disziplinierende Wirkung, sie dienten gleichzeitig der Festlegung der Vaterschaft, wodurch zumindest eine finanzielle Grundsicherung möglich war. Zumeist verhängte das Gericht Geldbußen, die durchaus dem Jahreslohn einer Magd beziehungsweise eines Knechtes entsprechen konnten.72 Einige Frauen sahen als einzigen Ausweg aus ihrer schwierigen materiellen und emotionalen Situation nur die Tötung ihres unehelichen Kindes. In der zeitgenössischen Diskussion sowie in der späteren historischen Aufarbeitung des Phänomens Kindsmord werden zwei Ursachen für den Vollzug der Tat als ausschlaggebend angesehen. Zum einen wird ein Grund in der schwierigen finanziellen Situation der Mutter vermutet, zum anderen in der sozialen Ächtung unverheirateter Mütter. Dabei kam es nicht immer zum eigentlichen „Tötungsakt“. Die oftmals prekäre materielle Situation erlaubte nur eine sehr schlechte Versorgung der Wöchnerin und des Neugeborenen, so dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine ungewöhnlich hohe Anzahl infolge dieser durchaus intendierten oder unterbewussten Form postnataler Geburtenkontrolle verstarb.73 Den Frauen, die durch den kargen Lohn kaum selbst ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten, schien die Tötung des Kindes häufig der einzige Ausweg zu sein. Die Situation stellte sich als besonders dramatisch dar, wenn sie keine Heirat und auch keine finanzielle Hilfe von Seiten des Kindsvaters zu erwarten hatten, sei es, weil er sich weigerte oder selbst vollkommen verarmt war.74 Untersuchungen für die Frühe Neuzeit im Schwäbischen beweisen, dass kein Geselle eine „gefallene“ Magd geheira70 71 72 73 74

Breit: „Leichtfertigkeit“ und ländliche Gesellschaft, S. 267–294. Meumann: Findelkinder, Waisenhäuser, Kindsmord, S. 75; Schubert: Arme Leute, Bettler und Gauner, S. 126. Gleixner: „Das Mensch“ und „der Kerl“, S. 42–59. Burghartz: Zeiten der Reinheit, S. 269. Michalik: Kindsmord, S. 76.



Die zwiespältige Haltung der Gesellschaft

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tet hat. Die rigide Zunftpolitik, für die eine unangetastete Ehre maßgeblich war, minderte die Ehechancen der jungen Frauen, die oftmals ohne familiären Rückhalt in der Stadt dienten, enorm.75 Trotzdem verweist Michalik darauf, dass für diese Unterschichtenfrauen die Angst vor einem Ansehensverlust nur eine marginale Rolle spielte. Städtisches Handwerk und das Bürgertum postulierten wesentlich strengere Ehrbarkeitsideale als die bäuerlichen Kreise. Der soziale Status der Mutter, ihre Herkunftsfamilie und die Familiensituation der Frauen sowie die jeweiligen Umstände der Schwangerschaft und die Beziehungen zum Kindsvater bestimmten entscheidend darüber, wie stark die außereheliche Schwangerschaft als Schande verstanden wurde.76 Im Gegensatz zu unehelichen Kindern aus dem Unterschichtenmilieu galten adlige Bastarde im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit weniger als eine Schande, sondern vielmehr als eine Bereicherung für den Familienverband. Selbstverständlich betraf die durchweg positive Haltung nur die von adligen Vätern gezeugten Kinder. Vom vierzehnten bis zum sechzehnten Jahrhundert spielten im europäischen Kulturkreis königliche, hochadlige und auch päpstliche Bastarde eine nicht zu unterschätzende Rolle in der Politik. Prädestiniert für den Aufstieg eines Bastards schienen die Adelskulturen in Italien und Frankreich zu sein. In einer Krisensituation wie dem Hundertjährigen Krieg konnten die unehelichen Kinder in besonderem Maße ihr Können in Szene setzen. Vielfach dienten sie in den Truppen ihrer natürlichen Väter und Halbbrüder. Durch ihren illegitimen Status besaßen sie größere Freiräume als die ehelich geborenen Söhne, da ihr Tod keine erbrechtlichen Komplikationen implizierte. Als Anführer oder lieutnants, sprich Stellvertreter ihrer Väter und Brüder, wurden ihnen oft gefährliche Missionen übertragen, in denen sie durch Mut und Verwegenheit hervorstechen konnten. Ein anderer Aufgabenbereich im Zusammenhang mit militärischen Aktionen lag in der Verwaltung neu eroberter Gebiete,77 wo sie aufgrund der rechtlich unklaren Besitzverhältnisse eine eigene Machtbasis aufbauen konnten. Der Vorteil eines Bastards im Gegensatz zu anderen Parteigängern lag in seiner unbedingten Loyalität gegenüber der Familie. Mehr als seine ehelichen Halbgeschwister musste er auf das Wohlwollen des Familienoberhauptes bedacht sein, da sein Status nicht durch rechtliche Normen fixiert war, sondern vor allem auf der Gunst des Vaters beruhte. Eine Untersuchung der unehelichen Kinder der Grafenfamilie Montfort zeigt, dass ihnen aufgrund der Geburt Karrieren auf mittlerer Ebene wie die Position eines Domherren offenstanden, sie allerdings solche Wege nur mit Unterstützung ihrer natürlichen Väter beschreiten konnten.78

75 76 77 78

Dürr: Mägde in der Stadt, S. 255. Während Dülmen (Dülmen: Frauen vor Gericht) und Ulbricht (Ulbricht: Kindsmord und Aufklärung) die „Schande“ noch als vordergründiges Phänomen für den Kindsmord herausstellten, lehnte Michalik diese These ab, vgl. dazu Michalik: Kindsmord, S. 96. Slanička: Bastardromane in Mittelalter und Früher Neuzeit, S. 2. Burmeister: Illegitime Adelssprößlinge, S. 116.

40 Unehelichkeit Bastarde konnten Karriere machen – vielleicht war das nicht die Regel, aber es passierte auch nicht so selten, um diesen Fakt als Sonderfall herauszustellen. Zwar schafften es nur wenige an die Spitze wie Wilhelm der Eroberer, der sogar auf den englischen Thron gelangte, aber sobald ein Bastard königlichen oder hochadligen Blutes war, konnte er erheblichen Einfluss auf die Politik ausüben.79 Noch zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts tauchten Stereotypen unehelicher Kinder auf, die in den Ritterromanen des Mittelalters ihren Ursprung hatten. Den unehelichen Kindern der großen Herren, die als „Kinder der Liebe“ galten, sagte man nach, dass sie „öfters weit schöner, tapferer, klüger und unternehmender sind, als die rechtmäßigen“.80 Die Erklärung dafür fand man in der freiwilligen Vereinigung zweier liebender Personen, wobei sich die Harmonie beim Liebesakt auf die zu erwartenden Kinder übertragen sollte. Für Italien im Zeitalter der Renaissance stellte Burckhardt die Tatsache heraus, dass es kein fürstliches Haus gab, welches nicht irgendeine unechte Deszendenz in der Hauptlinie hatte, was er wie folgt begründet: „Die Bastarde wurden schon deshalb öfter zugelassen, weil die ehelichen Söhne minorenn und die Gefahren dringend waren; es trat eine Art von Signorat ein ohne weitere Rücksicht auf echte oder unechte Geburt. Die Zweckmäßigkeit, die Geltung des Individuums und seines Talentes sind hier überall mächtiger als die Gesetze und Bräuche des sonstigen Abendlandes. War es doch die Zeit, da die Söhne der Päpste sich Fürstentümer gründeten!“81 Zwar mögen schillernde Papstsöhne wie ein Cesare Borgia im besonderen Maße der Vorstellung eines skrupellosen, militärisch äußerst erfolgreichen Bastards entsprochen haben, sie waren aber in der europäischen Kultur keineswegs Einzelfälle. Neben Frankreich sind auch in der übrigen romanischsprachigen Welt bedeutende Bastarde nachzuweisen, so die Trastámaras, die eine eigene Bastard-Königslinie begründeten, oder das Haus Aragón, das den neapolitanischen Thron mit unehelichen Kindern besetzte.82 Die Positionen, die durch administrative und kirchliche Ämter wahrgenommen wurden, standen weniger im Fokus der Öffentlichkeit als die übernommenen Aufgaben im militärischen Bereich, die wesentlich zu dem zwiespältigen Bild beitrugen, dem sich die Bastarde ausgesetzt sahen. Wenn man der Familie wohlwollend gegenüberstand, wurden im Allgemeinen das Engagement und der Mut hervorgehoben, mit denen sich die unehelichen Kinder für den Familienverband einsetzten. Die Gegenseite betonte indessen die Skrupel- und Ruchlosigkeit, die zum Erreichen der Ziele eingesetzt wurden. Diese stark polarisierte Wahrnehmung adliger Bastarde wurde in den mittelalterlichen Bastardromanen und Chroniken aufgegriffen und weiterverbreitet, wie die Analyse von Slanička zu diesem Thema beweist. Ihre militä79 80 81 82

Vgl. allgemein zum Einfluss englischer königlicher Bastarde auf die Politik im Mittelalter Given-Wilson: The Royal Bastards, hier S. 54. Beust: Kinder der Liebe, Vorrede III. Burckhardt: Das Geschichtswerk, S. 377. Slanička: Bastardromane in Mittelalter und Früher Neuzeit, S. 2.



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rische Einsatzfähigkeit beruhte auf der unbedingten Loyalität gegenüber der Familie. Ihren Platz in der höfischen Gesellschaft nahmen sie aufgrund einer spezifischen Funktion in der Hierarchie ein, die sich aus den Beziehungen zum Vater und den Halbbrüdern ableitete.83 Die unehelichen Kinder hatten auch ohne Legitimation das Recht, den väterlichen Namen und das Wappen zu führen, auf dem zur eindeutigen Identifizierung der Bastardbalken hinzugefügt wurde. In der französischen Adelskultur galt der Begriff Bastard sogar als eigenständiger Titel, der einem Hofrang beziehungsweise -stand entsprach.84 Mit den rigider werdenden Sexualnormen im sechzehnten Jahrhundert, die zwar nicht in vollem Umfang, aber selbstverständlich auch auf die Lebensumwelt des Adels einwirkten, waren die steilen Karrieremöglichkeiten der Bastarde vorläufig passé. Zwar waren sie aufgrund der naturrechtlich abgesicherten Freiräume der hochfürstlichen Väter weitgehend vor sozialer Stigmatisierung geschützt, blieben aber vom Wohlwollen ihres Erzeugers abhängig. Durch ihren inoffiziellen Status boten sie Stoff für Skandalgeschichten und Mythen um ihren jeweiligen Erzeuger. So berichtete Wilhelmine von Bayreuth in ihren Memoiren von nicht weniger als 354 Bastarden, die dem Sachsenkönig August der Starke nachgesagt wurden.85 Solche übertriebenen Zahlen, die im Umlauf waren, reflektieren das Bild, das die Gesellschaft vom frivolen Hofleben in Dresden hatte, obwohl sie keineswegs das Ansehen des Herrschers herabsetzten. Immerhin unterstrich der sexuell aktive Fürst, der seine Potenz durch eine Vielzahl von Kindern zum Ausdruck brachte, seine Männlichkeit und Herrscherqualitäten.

83 84 85

Ebd., S. 2. Ebd., S. 4. Weber-Kellermann (Hg.): Wilhelmine von Bayreuth, S. 106; selbstverständlich entspricht die im zeitgenössischen Umfeld verlautbarte Zahl nicht den historisch überlieferten Fakten. Offiziell besaß Kurfürst August der Starke neben einem ehelichen Sohn und Nachfolger acht außereheliche Kinder, für deren Zukunft er großzügig Vorsorge traf, vgl. dazu Vogel: Die Kinder August des Starken.

3 Familie 3.1 Beziehungssysteme im adligen Familienverband Die Einordnung außerehelich gezeugter Kinder in den Kontext der Fürstenfamilie erfordert zunächst eine grundlegende Auseinandersetzung mit den Besonderheiten des adligen Familiensystems. Grundlegende Kenntnisse lassen sich bereits durch eine kritische Gegenüberstellung von Begrifflichkeiten wie Familie, Haus, Geschlecht und Dynastie gewinnen, die in ihrer jeweiligen Aussagekraft Eigenschaften des adligen Familienverbandes hervorheben.

Familie Das heutzutage geläufige Wort Familie findet sich in einem ähnlichen Verständniszusammenhang in allen europäischen Sprachen wieder,1 kann aber nur bedingt auf die adligen Familienverhältnisse der Frühen Neuzeit übertragen werden. Dem französischen Lehnwort famille entsprungen, setzte die deutsche Wortverwendung allmählich Ende des siebzehnten Jahrhunderts ein. Die Übernahme des Wortes brachte zu diesem Zeitpunkt aber noch keine inhaltliche Umgestaltung beziehungsweise Eingrenzung zu dem sonst gebräuchlichen Begriff des Hauses, so dass beide Beschreibungen synonym Verwendung fanden.2 Zuvor hatte das eingebürgerte Wort in Rückführung auf den lateinischen Ursprung familia Spuren in der akademischen Sprachwelt hinterlassen. Aufgegriffen in gelehrten Abhandlungen der Ökonomik und des Naturrechts, hingen mit dem Wort unmittelbar die aristotelische oikos- und die römisch-rechtliche pater familias-Lehre zusammen.3 Verdeutlichen lässt sich dies anhand der in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts verbreiteten und im Zedler’schen Lexikon zu findenden Definition, nach der familia umfasst: „1) alle die Bluts-Freunde, daher sagt man ejusdem familiae esse, einerley Name, Schild und Helm führen, 2) Weib, Kinder, Hausgesinde, Knecht und Mägde, und in dem Verstand heißt pater familias der Haus-Vater, 3) die Erbschafft […], 4) die Leibeigene und erbliche Knecht […]“.4 Der Begriff familia bezieht neben den leiblichen Verwandten auch alle Angehörigen eines Hauses und einer Herrschaft mit ein, die unter dem Schutz des Hausherrn, des pater familias, stehen. Ab der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts vollzog sich ein Bedeutungswandel des Familienbegriffs. Der Mediävist Ludolf Kuchenbuch vertritt die These, dass der Eintritt des Familien-Wortes ins Haus-Konzept ursächlich auf dessen Haupt1 2 3 4

Die idealtypische Minimaldefinition von Familie beinhaltet ein rechtlich geregeltes, eheliches Zusammenleben von mindestens einem Mann und einer Frau und den dazugehörigen Kindern, vgl. dazu König: Rolle der Familie in der Soziologie, S. 246. Gestrich: Artikel „Familie“, Sp. 791–792; Gestrich und Gall: Geschichte der Familie, S. 4. Schwab: Artikel „Familie“, S. 267. Zedler: Artikel „Familia“, Sp. 205.



Beziehungssysteme im adligen Familienverband

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sinn als Herrschaftsbegriff zurückzuführen ist, der sich allmählich auf eine reine Haushaltsbedeutung reduzierte.5 Auf dieser Grundlage vollzog sich die Wandlung zum modernen Verwandtschaftsterminus, der bereits bei Adelung anklingt, wo unter der Familie diejenigen Personen verstanden werden, „welche eine häusliche Gesellschaft ausmachen, Eheleute und ihre Kinder als ein Collectivum“.6 Die vielfältigen Bedeutungsvarianten, die das gelehrte familia beinhaltete, wie etwa die Sinnbeschränkung auf das Gesinde, traten zu Gunsten des heutigen Familienverständnisses, getragen durch die Vorstellung der Kernfamilie, zurück. Zwar impliziert der heutige Familienbegriff neben der Vater, Mutter und Kind umfassenden „typischen“ Kernfamilie auch intergenerationale Beziehungen und Verwandtschaftsnetzwerke, doch beschränkt sich im wissenschaftlichen Sprachgebrauch der Bezug oftmals auf die Eltern-Kind-Ebene.7 Während für die moderne Familienforschung die Begriffsunterscheidung sinnvoll erscheinen mag, würde die Einengung den frühneuzeitlichen Verhältnissen bei weitem nicht gerecht werden. Nichtsdestotrotz herrschen in der Forschung teils kontroverse Diskussionen. So unterstützt Karl Heinz Spieß die Idee einer vormodernen Kernfamilie und spricht sogar von einer anthropologischen Konstante im Sinne eines besonderen emotionalen Bezugssystems zwischen Eltern und Kindern,8 doch sind solche Thesen nicht unumstritten.9 Somit scheint der von heutigen Vorstellungen aufgeladene Familienbegriff nur sehr bedingt mit der Lebenswirklichkeit des frühneuzeitlichen Adels kongruent zu sein. Allerdings bieten auch der zeitgenössische familia-Begriff ebenso wie der Familienbegriff von Michael Mitterauer, der breiter angelegt ist10 und auch Haushaltsmitglieder und Bezugspersonen mit einschließt, die nicht miteinander verwandt sind, nur teilweise Lösungsansätze. Stattdessen läge es nahe, im Zusammenhang mit Adelsfamilien die Ausdehnung des Familienbegriffes sowohl auf horizontale als auch vertikale Verwandtschaftslinien zu vollziehen, um folglich die Familie als ein engmaschiges Verwandtschaftsnetz zu verstehen. Durch die Miteinbeziehung der weiteren Verwandtschaftskreise ist der adlige Familienbegriff untrennbar mit dem Geschlecht verbunden, denn nicht nur die lebenden Familienmitglieder, sondern auch die Vor- und Nachfahren werden mit einbezogen. Da die Geschlechterfolge, sprich die Zugehörigkeit zu einem Haus, den Adel seit alters her definierte, mag es durchaus sinnvoll erscheinen, den adligen Familienbegriff mit dem des Hauses in Einklang zu bringen.

5 6 7 8 9 10

Kuchenbuch: „… mit Weib und Kind und …“, S. 345. Adelung: Artikel „Familie“, Sp. 38. Jakoby: (Wahl-)Verwandtschaft, S. 19. Spieß: Zur Einführung, S. 14. Vgl. dazu Teuscher: Bekannte, Klienten, Verwandte; Völker-Rasor: Bilderpaare – Paarbilder, S. 111. Vgl. dazu Mitterauer: Die Familie als historische Sozialform.

44 Familie

Haus Das Haus war ein zeitgenössischer Begriff, der in seiner Vielfältigkeit und Vielschichtigkeit entweder als umschreibendes Synonym, oft aber auch als Argument Verwendung fand.11 Obwohl aus dem damaligen Sprachgebrauch stammend, birgt ein Übertrag auf die adlige Lebenswelt des fürstlichen Hauses wiederum einige Gefahren.12 Einerseits ist die Assoziation von Haus in seiner räumlich-realen Erscheinung fragwürdig, da die Familienmitglieder des Hochadels in aller Regel nicht an einem gemeinsamen Ort wohnten. Zum anderen übt das von Otto Brunner konzipierte „ganze Haus“13 weiterhin große Wirkmächtigkeit aus. Neben berechtigter harscher Kritik14 trugen auch konzeptionelle Weiterentwicklungen15 dazu bei, dass die Idee eines gemeinsam lebenden Personenverbandes unter Einschluss des Gesindes und der Produktionsmittel in der Wissenschaft nach wie vor als „ganzes Haus“ Bestand hat. Nichtsdestotrotz verspricht der Hausbegriff Erkenntnisgewinn aufgrund seiner Quellennähe, vor allem in einem dynastischen Verständnis gedacht. Bereits Zedler weist auf die Mehrdeutigkeit des Begriffes hin, indem er die Definition „materialiter“ Art anbietet, aber auch auf die Interpretation in „juridice und civiliter“ Weise eingeht, die eine „Familie und bestelltes Haus-Wesen von unterschiedenen Personen“ beinhaltet.16 Unter Adelung erfolgte die Präzisierung des Begriffes, der neben den althergebrachten Worterklärungen die Hausbedeutung als ein „Geschlecht, d.  i. alle von einem gemeinschaftlichen Stammvater herstammende Personen, bald im weitesten Verstande mit Einschließung der Seitenverwandten, bald aber auch, und zwar am häufigsten, mit Ausschließung derselben“17 mit aufgreift. Gerade in der Bedeutungswelt des Adels nahm dieser Interpretationsansatz eine hervorgehobene Stellung ein. Das Haus versinnbildlicht somit die Gemeinschaft der lebenden, der toten, aber auch der zukünftigen Angehörigen der Abstammungslinie, wodurch es sich zum zentralen Ort für die Akkumulation und Weitergabe von symbolischem Kapital eignete.18

Dynastie Das Haus als Versinnbildlichung der Verwandtschaftslinie ist untrennbar mit den Kategorien Geschlecht und Dynastie verbunden, die im wissenschaftlichen Diskurs

11 Grillmeyer: Der Adel und sein Haus, S. 356. 12 Schröder: Reichsstifte Herford und Quedlinburg, S.  228; Ruppel: Verbündete Rivalen, S. 63–64. 13 Brunner: Das „Ganze Haus“; vgl. zum Forschungskontext des Hausbegriffes von Brunner Grillmeyer: Habsburgs Diener in Post und Politik, S. 15–21. 14 Vgl. zur Kritik an Brunner Opitz: Neue Wege der Sozialgeschichte; Groebner: Außer Haus. 15 Vgl. u. a. für Weiterentwicklung des Konzepts von Otto Brunner Derks: Über die Faszination des „Ganzen Hauses“. 16 Zedler: Artikel „Haus“, Sp. 873. 17 Adelung: Artikel „Haus“, Sp. 1019. 18 Bastl: Haus und Haushaltung, S. 268.



Beziehungssysteme im adligen Familienverband

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äquivalent verstanden werden.19 Nach Hans K. Schulze sind das Geschlecht und die Dynastie „agnatische Verwandtschaftsverbände, die sich ihrer Abkunft von einem gemeinsamen Stammvater (,Spitzenahn‘) bewusst sind“.20 Die Interpretation und Nutzung der Dynastie gewann in der Geschichtswissenschaft an Aussagekraft durch die von Wolfgang Reinhard angeregte Funktionalisierung des Begriffes im Zuge des Staatsbildungsprozesses, wodurch die Dynastie zum eigenständigen Handlungsträger erhoben wurde.21 Die Dynastie kann aber auch als Summe der normativen Erwartungen an die einzelnen Familienmitglieder angesehen werden.22 Die Einbindung der Normen in symbolische Sinnwelten war einer der entscheidenden Faktoren adligen Selbstverständnisses. Beständig wurde dem adligen Familienmitglied durch Genealogien oder Memorialbauten in Form von prunkvollen Grablegen sein Platz innerhalb der Dynastie sowohl physisch als auch psychisch verdeutlicht. Die Genealogie entwickelte sich dadurch von einer Denkform hin zu einer kulturellen Ordnungsmacht, ausgestattet mit der Kompetenz, zeitliche und räumliche Relationen herzustellen.23 Infolge der ständigen Vergegenwärtigung der Familientradition bildete sich eine Gedächtnistiefe im Adel heraus, die in der Form der Memoria zu einer der adligen Grundeigenschaften avancierte.24 Somit war die Institutionalisierung der Dynastie für die Prägung des adligen Habitus unverzichtbar. Nach Andreas Pečar konnte der Vorgang als voller Erfolg gewertet werden, „wenn die einzelnen Familienmitglieder weder an der Entität der Dynastie noch an deren hohen Stellenwert Zweifel hegten und sich den damit einhergehenden Rollenerwartungen beugten“.25 Es galt, das Wohl der Dynastie, der Familie, über die eigenen persönlichen Interessen zu stellen. 19 20

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Dynastie ist ein moderner, wissenschaftlicher Begriff, der in der Sprache von Politik und Recht des 17. und 18. Jahrhunderts nicht verwendet wird, vgl. Wunder: Einleitung, S. 15. Schulze: Familie, Sippe und Geschlecht, S. 39; Wolfgang E. J. Weber bietet folgende Definition an: „Typologisch-theoretisch handelt es sich bei ,Dynastie‘ um eine optimierte Erscheinungsform der Familie, die sich durch erhöhte Identität (und damit verstärkte Abgrenzung nach außen), ausdrücklich gemeinsam genutzten (individueller Verfügung durch Familienmitglieder entzogenen) Besitz (Güter, Ränge, Rechte, Ämter), im Interesse ungeschmälerter Besitzweitergabe bzw. maximaler Besitzerweiterung bewußt gesteuerte Heirat und Vererbung sowie daher in der Regel gesteigerte historische Kontinuität auszeichnet“, vgl. Weber: Dynastiesicherung und Staatsbildung, S. 95. Vgl. allgemein dazu Reinhard: Geschichte der Staatsgewalt. Andreas Pečar weist auf einige Kritikpunkte im Hinblick auf die Dynastie als Handlungsträger hin. Unter anderem stellt sich die Frage, inwieweit die Kategorie Dynastie, letztendlich ein sprachliches Gebilde, das als „Kollektivsingular“ ein künstliches Produkt ist, die lebensweltlichen Realitäten mit einschließt. Zudem gibt er zu bedenken, dass, wenn Dynastien als Handlungssubjekte gelten, sie allenfalls durch Personen gebildet werden, die den Anspruch erheben, im Sinne der Dynastie zu handeln, vgl. Pečar: Bruderzwist, S. 77–78; auch Ders.: Dynastie. Pečar: Bruderzwist, S. 79. Heck: Genealogie als Monument, S. 1. Oexle: Aspekte der Geschichte des Adels, S. 25; auch Pečar: Genealogie als Instrument. Pečar: Bruderzwist, S. 80.

46 Familie

Adlige Familienordnung Die familiären Beziehungen innerhalb einer Adelsfamilie wurden maßgeblich durch das Umfeld mitbestimmt. Nicht das Individuum schaffte Bedeutung, denn erst das Zusammenspiel mit seiner Verwandtschaft, den Vor- und Nachfahren, konstruierte die adlige Familienidentität. In dem familiären Netzwerk lag der Grundbaustein des adligen Selbstverständnisses, da die hervorgehobene gesellschaftliche Stellung aufgrund der geblütsmäßigen Abkunft – praktisch die Geschichte der Familie – legitimiert werden konnte. Dies führte zu einer besonderen, standesspezifischen Familienauffassung, die Heinz Reif als adlige „Familienordnung“ charakterisierte.26 Grundlage dessen war die hierarchisch-patriarchale Struktur der Adelsfamilie,27 die einem modernen Individualitätsverständnis konträr gegenüberstand. Das primäre Ziel der adligen Familienordnung lag in der Sicherung des Fortbestandes der Familie. Dabei kam ihr durchaus konstitutive Bedeutung zu, schließlich definierte die Geschlechterfolge von jeher den Adel, disziplinierte nach innen und grenzte nach außen hin ab, woraus sich die Homogenisierung des Standes, aber auch seine Differenzierung zu niederen Ständen ableitete.28 Das Familienbewusstsein initiierte frühzeitig die Konformität, die statusund standeserhaltend wirkte, indem das Individuum seine persönlichen Neigungen und Präferenzen zurücknahm und der Familie unterordnete, was individuelle Selbstverwirklichung in den meisten Fällen ausschloss.29 Letztendlich war das standesgemäße Leben nur mit dem Rückhalt und der Unterstützung der Familie möglich, da unkonformes Verhalten bei einem Bruch mit der Familie durchaus existentielle Gefahren heraufbeschwören konnte, die direkt den gewohnten Lebensstil und die Standeszugehörigkeit betrafen. Folglich bestimmte weniger der Charakter einer Person als vielmehr seine Stellung im Familiengefüge die Handlungsmöglichkeiten. Die innerfamiliären Beziehungen hingen maßgeblich davon ab, inwieweit die Beteiligten diese Gedanken verinnerlichten. Falls Differenzen zwischen den Familienmitgliedern auftraten, zumindest bei den regierenden Geschlechtern, übten diese zumeist unmittelbaren Einfluss auf das Land aus. Auch die Herrschaft der Mecklenburger Dynastie litt darunter. Brüderliche Konkurrenzsituationen führten immer wieder zu Landesteilungen, die eine Schwächung der Position des Herzogs gegenüber den Ständen zur Folge hatten. Dadurch kam dem Einhalten der Familienordnung nicht nur Bedeutung im Hinblick auf den Hausfrieden, sondern auch für die Landesentwicklung zu. Um die Situation zu entlasten, schlossen die herzoglichen Geschwister immer wieder Vergleiche und 26 27 28 29

Reif: Westfälischer Adel, S. 94; ebenso Kollbach: Aufwachsen bei Hof, S. 52–55. Die Familie war durch die Institutionalisierung des Patriarchats, das durch die Lehren des Apostels Paulus im Epheserbrief christlich legitimiert wurde, im selben Ausmaß hierarchisiert wie das öffentliche Leben, vgl. Rauh: Wertwandel in der Familie, S. 413. Reif: Westfälischer Adel, S. 21, 41, 50; ebenfalls Braun: Konzeptionelle Bemerkungen zum Obenbleiben, S. 89. Kollbach: Aufwachsen bei Hof, S. 53.



Beziehungssysteme im adligen Familienverband

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Verträge, in denen die Macht- und Versorgungsfragen geregelt wurden.30 Ab dem neunzehnten Jahrhundert übernahm das Hausgesetz diese Funktion.31

Heiratsverhalten Den Grundstein für eine fest verankerte, funktionierende Familienordnung legte eine erfolgreiche Heiratspolitik sowohl im regierenden Hochadel als auch im niederen Landadel.32 Während Familien wie die Habsburger Dynastie mit einer erfolgreichen Ehepolitik ihre Großmachtstellung begründeten,33 erwartete ebenso der Nieder­adel Geldzuwächse und den Ausbau des Verwandten- und Einflusskreises, der letztlich zur Anerkennung und Zementierung der eigenen Stellung unerlässlich war. In allen gesellschaftlichen Schichten galt die Eheschließung nicht als privater Akt, sondern als wichtiges gesellschaftliches Ereignis, durch das ökonomisches und soziales Kapital in die Familie transferiert wurde. Darüber hinaus war sie nicht nur subjektives Ziel eines jeden Menschen, sondern geradezu eine notwendige Voraussetzung, um überhaupt eine Rolle in der ständischen Gesellschaft zu spielen. Ansonsten bot vornehmlich der Antritt einer Kloster- beziehungsweise Stiftsstelle oder eines anderweitigen geistlichen Amtes ein ehrenvolles Ledigendasein.34 Das adlige Heiratsverhalten entsprach nur bedingt dem European Marriage Pattern.35 Mit einem Durchschnittsalter von drei- bis vierundzwanzig Jahren heirateten die adligen Damen geringfügig früher als die restliche weibliche Bevölkerung, das Alter der 30 Zum Beispiel: Fürstbrüderlicher Vertrag vom 20.  Mai 1586, Brüderlicher Vertrag vom 28. April 1608, Erbvertrag zu Fahrenholz vom 6. Juli 1611 wegen Theilung der Aemter und Einkünfte, Assecurationsrevers vom 23. Februar 1621, Fürst-Brüderlicher Unions – Vergleich: Ratione Juris Primogeniturae et Apanagii vom 31. Januar 1707; Verträge enthalten in Sachsse: Mecklenburgische Urkunden. 31 Vgl. für die Hausgesetze in Mecklenburg Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, besonders § 8–13; Schulze: Die Hausgesetze der regierenden deutschen Fürstenhäuser; vgl. einführend zum Thema Hausgesetze Erler: Artikel „Hausgesetze“; Weitzel: Die Hausnormen deutscher Dynastien; speziell zu Hausgesetzen des Hochadels im 19.  Jahrhundert aus rechtsgeschichtlicher Perspektive Gottwald: Fürstenrecht und Staatsrecht. 32 Vgl. zum Thema der fürstlichen Ehen Hillenbrand: Fürstliche Eheverträge; Essegern: Kursächsische Eheverträge; Knöfel: Dynastie und Prestige; Essegern: Höfische Ehen. 33 Versinnbildlicht wird die habsburgische Heiratspolitik durch das berühmte Distichon „Bella gerant alii, tu felix Austria nube. Nam quae Mars aliis, dat tibi diva Venus“. Vgl. zum Herkommen des Ausspruches Klecker: Bella gerant alii; für die Anfänge der erfolgreichen Heiratspolitik Debris: „Tu, felix Austria, nube“; Bastl: Habsburgische Heiratspolitik. 34 Vgl. allgemein zur Heirat in der Frühen Neuzeit Dülmen: Das Haus und seine Menschen, S. 134–183, hier S. 158–159; ansonsten Goody: Die Entwicklung von Ehe und Familie; Burghartz: Zeiten der Reinheit; Duhamelle und Hudson (Hg.): Eheschließungen im Europa des 18. und 19. Jahrhunderts. 35 Dem European Marriage Pattern liegt die Theorie zugrunde, dass in Westeuropa ein hohes Heiratsalter und eine ausgeprägte Ledigenquote vorherrschte; ursprünglich dazu Hajnal: European Marriage Patterns in Perspective; Ders.: Two Kinds of Pre-industrial Household Formation System; ohne die These grundsätzlich in Frage zu stellen, kam es zu Ausdifferenzie-

48 Familie Männer betrug zwischen dreißig und vierzig Jahren.36 Hochadlige Nachkommen wurden eher als die Mitglieder des Landadels verehelicht. Da adlige Haushalte nicht in gleicher Weise von der Übergabe des Besitzes abhingen wie bäuerliche Schichten, konnten Heiratsstrategien verfolgt werden, die zum Ziel hatten, den Fortbestand der Familie abzusichern und die eigene Position zu stärken. Den mit der Hochzeit einhergehenden umfangreichen Transferleistungen lagen oft langwierige Verhandlungen zugrunde, die in detailliert ausgearbeiteten „Ehepacten“ mündeten, in denen die finanziellen Regelungen bezüglich Brautschatz, Morgengabe und Witwenversorgung festgehalten wurden.37 Obwohl die Eheschließung zwischen zwei Individuen erfolgte, stand beim Hochadel vornehmlich die Verbindung zwischen zwei Dynastien im Vordergrund. Deutlich wird dies bei der erfolgreichen Eheschließung des Herzogs Carl Leopold und der russischen Zarentochter Katharina Iwanowna im Jahr 1716. Der mecklenburgische Herzog war in erster Linie an einer familiären Verbindung mit Zar Peter I. interessiert. Flexibel wählte er unter den Töchtern von Iwan V. aus: Als seine erste Wahl, die verwitwete Herzogin Anna von Kurland, nicht zur Verfügung stand, nahm er die von dem Zaren bestimmte, ältere Schwester zur Frau.38 Ein anderes Charakteristikum adligen Heiratsverhaltens zeigt sich in der hohen Quote der Nichtverheirateten, die teilweise mehr als die Hälfte betragen konnte.39 Gemäß der Rolle der adligen Frau, die Kontinuität des Hauses aufrechtzuerhalten, lag die Kinderzahl des Adels deutlich über der in weniger vermögenden Schichten, so dass trotz hoher Kindersterblichkeit der vielköpfige Nachwuchs entsprechend standesgemäß versorgt werden musste. Während der Hochadel über entsprechendes ökonomisches und soziales Kapital verfügte, seine Söhne und Töchter strategisch günstig zu verheiraten – wobei durchaus Probleme auftreten konnten, gleichrangige, konfessionell genehme Ehepartner zu finden –, und somit in der Lage war, ein europaweites Verwandtennetzwerk aufzubauen, galt es für die niederen Adelsfamilien, große finanzielle Anstrengungen zu unternehmen, um eine Versorgung der verheirateten Söhne zu gewährleisten und die Mitgiften für die Töchter bereitzustellen. Folglich barg das hehre Ziel der Ehe, den Fortbestand der Dynastie mit ausreichend Erben abzusichern, auch beständig Konfliktpotential durch die Aufgabe, diese finanziell versorgen zu müssen.

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rungen und Weiterentwicklungen des Ansatzes, vgl. dazu Ehmer: Heiratsverhalten; Engelen und Wolf: Marriage and the Family in Eurasia. Gersmann: Artikel „Adelshochzeit“, Sp. 58. Vgl. ausführlich sowie ein Forschungsüberblick zum Thema Eheverträge Lanzinger u. a.: Aushandeln von Ehe; ebenso an einem Fallbeispiel Mutschler: Haus, Ordnung, Familie, S. 52–86. Grigorian: Die Romanows, S. 14–16. Gestrich u. a.: Geschichte der Familie, S. 459–460; Dabei handelt es sich um ein europaweites Phänomen. In Frankreich und Italien bleiben über die Hälfte aller Männer im Erwachsenenalter ehelos, im England der Frühen Neuzeit liegt der Anteil der Unverheirateten zwar niedriger, beträgt im 17. Jahrhundert aber auch dort rund ein Drittel, vgl. Ago: Junge Adlige, S. 384.



Beziehungssysteme im adligen Familienverband

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Aus dieser Situation resultiert die Forschungsfrage, inwieweit das autoritäre Familienmodell, das hauptsächlich auf die Realisierung einer Familienstrategie abzielte, den beteiligten Menschen Raum für Affekte und Emotionen ließ.40

Emotionalität Die Folge der adligen, teils sehr strengen Familienräson bestand in der Herausbildung einer spezifischen Emotionalität, die Heinz Reif in seiner Untersuchung des westfälischen Adels dadurch charakterisierte, dass die Bindungen innerhalb der Familie weniger durch Emotionen forciert als durch die Familienordnung festgelegt wurden.41 Dies zeigte selbstredend Rückwirkungen auf das Verhältnis der Eheleute als auch auf die Eltern-Kind-Beziehungen. So stellte auch Norbert Elias heraus, dass sich die Erwartungshaltung an ein adliges Ehepaar, zumindest in den höfisch-französischen Kreisen, auf die reine Repräsentation des Hauses beschränkte. Wenn die Eheschließung dazu genutzt werden konnte, den Rang des Mannes zu unterstreichen, möglichst sein Prestige und Ansehen zu mehren, zumindest aber den Rang und den Status zu wahren, dann wurde die Erwartung der Gesellschaft erfüllt. Ob sich das Paar mochte, gar liebte, spielte keine Rolle, solange sie der gemeinsamen Repräsentationsverpflichtung nachkamen.42 Allerdings lehnt Ronald G. Asch einen Übertrag der französischen Zweckehen auf die Verhältnisse im Deutschen Reich in dieser Absolutheit ab.43 Zwar hielt sich in der Forschung lange Zeit die Meinung, dass affektive Bindungen zwischen Familienmitgliedern erst Ende des achtzehnten Jahrhunderts aufkamen und die vormoderne Familie in allen sozialen Klassen mehr „eine soziale Realität und nicht eine Gefühlseinheit“44 darstellte, doch widerlegte eine intensive Auswertung von frühneuzeitlichen Briefwechseln diese Theorie weitgehend.45 40 41 42 43 44

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Reif: Westfälischer Adel, S. 100; vgl. auch Spieß: Familie und Verwandtschaft, S. 476. Reif: Westfälischer Adel, S. 97; vgl. zur Kritik daran Kollbach: Aufwachsen bei Hof, S. 54. Elias: Die höfische Gesellschaft, S. 90–91. Asch: Europäischer Adel, S. 105. Ussel: Die Kleinfamilie, S. 100. Für diese These werden unterschiedliche Gründe herangezogen: (1) streng hierarchisches Erziehungsideal, das auf Gehorsam und Konformität abzielt; (2) Eheschließung aus strategischem Kalkül und Abwägung finanzieller und politischer Interessen; (3) fehlende Intimität erschwerte die Schaffung einer für die Emotionalisierung notwendigen Privatsphäre; (4) familiäre Gleichgültigkeit, direkte und unausweichliche Konsequenz der demografischen Verhältnisse (hohe Kindersterblichkeit), vgl. grundlegend dazu Ariès: Geschichte der Kindheit; zudem Asch: Europäischer Adel, S. 105; Hufschmidt: Adlige Frauen, S. 244–245. Hufschmidt: Adlige Frauen, S. 252–254; auch ein Blick in literarische Zeugnisse, die sich ab dem 14. Jahrhundert, teilweise sogar noch früher, zurückverfolgen lassen und über intime, gefühlsbetonte Ehe- bzw. Familienleben berichten, lassen die These der „Sentimentalisierung und Emotionalisierung“ des Familienlebens erst ab dem 18. Jahrhundert fraglich erscheinen, vgl. dazu Schnell: Sexualität und Emotionalität, S. 94–96; ebenso Lenz: Emotionen und Affektion; Beer: Eltern und Kinder.

50 Familie Verändert haben sich allenfalls die Repräsentationsformen von Zuneigung und Liebe, die jeweils extrem zeitgebunden und natürlich auch individuell unterschiedlich verstanden werden müssen.46 Zuneigung, basierend auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt füreinander und der Verpflichtung, gemeinsam die Aufgaben des Lebens zu meistern, war der Grundpfeiler der vormodernen Ehe, nicht eine körperliche, lustvolle Anziehungskraft. Eine romantische, leidenschaftliche Liebe, verstanden als Zeichen von Geschmacklosigkeit, sollte in einer stabilen, zufriedenen Ehe tunlichst vermieden werden.47 Schuld war die grundsätzliche Zweifelhaftigkeit des Fleisches, stets galt Lust, die den sexuellen Akt begleitete, als höchst fragwürdig,48 so dass auch in der Ehe, dem einzigen Umfeld, in dem Geschlechtsverkehr erlaubt war, stets Sittsamkeit und Tugendhaftigkeit gefordert wurden. Prinzipiell bedurfte die „Liebe“ im patriarchalen Familiensystem der Verinnerlichung der Geschlechterrollen. Nur durch die freiwillige Unterordnung der Frau konnte die notwenige Stabilität der ehelichen Verhältnisse erreicht werden.49 Zudem kam den Beteiligten ihr endogames Heiratsumfeld im Sinne einer begrenzten, aus denselben sozialen Kreisen entstammenden Partnerauswahl zugute. Gemäß Bourdieu schaffen eine gemeinsame soziale Situation und ähnliche Sozialisationsbedingungen die Grundvoraussetzung dafür, dass Personen unbewusst Sympathie und Anziehung füreinander empfinden.50 Ähnliche Erfahrungen im familiären und kulturellen Umfeld befördern ohne Zweifel das Entstehen emotionaler Bindungen. Die Verbundenheit erstreckt sich ebenfalls auf die Eltern-Kind-Beziehungen, sie leidet aber in der Analyse gleich wie die der Paarbeziehungen oftmals an der Wortkargheit der Generationen, die zeitlich vor der Spätaufklärung, in deren Zuge die Individualisierung zunehmend in gefühlsbetonten Briefen und Tagebucheinträgen ihren Ausdruck fand, lebten.51 Anzeichen von Akten der Zuneigung zeigt Anke Hufschmidt im Rahmen ihrer Arbeit über den Adel im Weserraum auf. Neben beständiger Kritik, dass die Mütter zu nachsichtig mit ihrem Nachwuchs umgehen, zeugen Briefe ebenso wie kostbare Grabstellen von der aufrichtigen Trauer über verstorbene Kinder. Zudem nahm die Mutter innerhalb des Familiengeflechts oftmals eine Vermittlerrolle bei der Kommunikation der einzelnen Familienglieder ein, vor allem in Bezug auf den Vater.52 Des Weiteren betont Karl-Heinz Spieß eine merklich emotionalere Beziehung 46 47 48 49 50

51 52

Lesemann: Liebe und Strategie, S. 207. Rauh: Wertwandel in der Familie, S. 415; Ussel: Die Kleinfamilie, S. 98. Schnell: Sexualität und Emotionalität, S. 98. Wunder: Überlegungen zum Wandel, S. 23. „Der Geschmack paart die Dinge und Menschen, die zueinander passen, die aufeinander abgestimmt sind, und macht sie einander verwandt. Diese Art sozialen Sinns für Verträglichkeiten und Unverträglichkeiten bezeugt völlig unbestreitbar die Endogamie innerhalb der Klassen und sogar Klassenfraktionen …“, Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 374; vgl. im Zusammenhang mit adligen Heiratsstrategien Lesemann: Liebe und Strategie, S. 196–197. Lesemann: Liebe und Strategie, S. 207. Vgl. Emotionale Beziehungen zwischen Eltern und Kindern Hufschmidt: Adlige Frauen, S. 244–251.



Die Mütter: Ehefrauen, Mätressen, Geliebte

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zwischen den Vätern und Töchtern als zwischen den Vätern und Söhnen. Er führt diesen Unterschied auf die Tatsache zurück, dass in die Töchter weniger Erwartungshaltung und Druck als in die potentiellen Erben projiziert wurde.53

3.2 Die Mütter: Ehefrauen, Mätressen, Geliebte „Denn es ist nicht ungewöhnlich, daß Fürsten Concubinas halten“54 – diese Einsicht gewannen bereits Luther und Melanchthon. Die unter einer Familien- oder Staatsräson getroffene Partnerwahl verhinderte, wie im vorherigen Abschnitt kurz dargestellt, zwar nicht automatisch die Ausbildung von Zuneigung zwischen den Eheleuten, doch ebenso gut konnte das Verhältnis von Distanziertheit, gar Abneigung geprägt sein. Der Ausweg aus dieser emotionalen Zwangslage sowie die Möglichkeit der Befriedigung sexueller Bedürfnisse lagen für den männlichen Part – und das ausschließlich für den männlichen Part – in außerehelichen Beziehungen zu Frauen niedrigeren Standes. Laut der Verteidigungsschrift, die Herzog Carl Leopold als Rechtfertigung für seine Ehescheidung von der Fürstin Hedwig Sophie von Nassau-Dietz entwerfen ließ, blieb ihm quasi gar keine andere Wahl, als sich Mätressen zu nehmen. Sinngemäß argumentierte er mit einer vollkommenen Aversion gegen seine Ehefrau, die es ihm unmöglich machte, ihr beizuwohnen. Zudem riet ihm die Herzogin selbst zu dieser Handlungsoption, wie er anführen ließ.55 Die Argumentationslinie muss im Kontext der rechtlichen Legitimationsversuche in der vom Herzog intendierten Ehescheidung gesehen werden. Mit einer Reihe von klassischen juristischen Topoi, wie etwa ekelerregende, unheilbare Krankheiten und die Gefahr der Sünde, versuchte er, seiner Frau die Schuld zuzuweisen.56 Dem verheirateten Fürsten bot sich ein beachtlicher Handlungsspielraum. Für ihn bestand die Möglichkeit, falls mit der Ehefrau kein Einvernehmen getroffen werden konnte, auf andere Frauen auszuweichen. Rechtliche Konsequenzen musste er dabei nicht fürchten, höchstens die moralischreligiös motivierten Vorwürfe eines sündhaften Lebens. Möge bei bürgerlichen Personen der Ehebruch auch strafbar sein, so müsse er hingegen bei „grossen fuersten und Herren“ akzeptiert werden, wie der Jurist Christian Thomasius anführt, „indeme diese den legibus privatorum poenalibus nicht unterworfen / sondern allein Gott vor

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Spieß: Familie und Verwandtschaft, S. 480. Dieser Ausspruch entstammt dem sogenannten Wittenberger Ratschlag vom 10.12.1539, im Zuge der Erörterung betreffs der Auseinandersetzung um die Doppelehe des Landgrafen Philipp von Hessen, zitiert nach Sikora: Ungleiche Verbindlichkeiten, Abs. 16. Westphal: Der kaiserliche Reichshofrat, S. 45, alle Gutachten zum Scheidungsprozess befinden sich im LHAS, 2.12-1/9, Nr. 548. Westphal: Der kaiserliche Reichshofrat, S. 46–47.

52 Familie ihren Handlungen Rechenschafft geben muessen, hiernechst eine concubina etwas von der Splendeuer ihres amanten zu ueberkommen scheinet“.57 Wie sich das Zusammenleben mit diesen Frauen gestaltete, ob der Fürst mit ihnen in einem Konkubinat, einer eheartigen Gemeinschaft, zusammenlebte, oder ob diese Frauen, oft wechselnd, nur kurzzeitig an seiner Seite verblieben, hing von verschiedenen Faktoren ab. 1. Eine Beziehung, im hohen Maße geprägt durch körperliche Intimität, zumeist auch Vertrauen, gründete selbstverständlich stark auf die persönlichen Vorlieben und Charaktereigenschaften der Akteure. Die Frauen, als formal abhängige Parts der Konstellation, waren darauf bedacht, die Sympathie und Gunst des Herzogs zu erhalten, um ihre Position im sozialen Gefüge abzusichern und auszubauen. Inwieweit sie ihren Spielraum nutzen konnten, um ökonomisches und soziales Kapital daraus zu schlagen, hing mit der von Erziehung und sozialem Umfeld geprägten Persönlichkeit zusammen. Besonders ersichtlich wird dies am französischen Königshof Ludwigs XIV. Dort setzten sich vor allem altadlig geborene Frauen als Mätressen durch, zum einen schlicht weil sie aufgrund ihrer Geburt Zugang zu dem Monarchen hatten, zum anderen weil sie durch ihre Abkunft auch größere Gunst- und Respektbeweise einfordern konnten. Zusätzlich verfügten sie durch ihre Familien am Hofe über natürliche Alliierte.58 Am mecklenburgischen Fürstenhof spielte die Herkunft der Geliebten in Zusammenhang mit dem für sie zu erreichenden maximalen Status – soweit die Quellen Aussagen diesbezüglich zulassen – eher eine untergeordnete Rolle. Die Einflussmöglichkeiten am Hofe waren relativ eng beschieden. Im Gegensatz zu den absolutistischen Höfen, die als kulturelle und politische Zentren eine Anziehungskraft entwickelten, stand der mecklenburgische Hof, unabhängig ob Schwerin, Strelitz oder Güstrow, niemals derart im Fokus der Aufmerksamkeit machtvoller Hofparteien. Gerade viele einflussreiche alteingesessene Adlige hielten sich mit einem Engagement bei Hofe zurück.59 Den Herzögen wurde immer wieder eine starke Verbundenheit mit dem einfachen Volk, aus dem sie den Großteil ihrer Liebhaberinnen rekrutierten, unterstellt. Während die im achtzehnten Jahrhundert regierenden Herzöge Friedrich Wilhelm und sein Bruder Carl Leopold dafür arg kritisiert wurden,60 beurteilten Zeitgenossen Herzog Friedrich Franz I. in dieser Hin57 58 59 60

Thomasius: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken, S. 93. Horowski, Das Erbe des Favoriten, S. 99. Siehe Abschnitt 5.2, S. 179. So leitete der Baron von Eichholtz seine Bekenntnisse mit folgenden Worten ein: „Gott mögte es des Herrn Hertzogs Frau Mutter [Christine Wilhelmine, geb. Landgräfin von Hessen=Bingenheim, Gem. des Herzogs Friedrich zu Grabow, andern Ortes wieder als eine vortreffliche, hochgesinnte Frau und Mutter geschildert] vergeben, daß sie so sehr schlechte Sorge vor Ihrer Herren Söhne Erziehung getragen, und daß sie insonderheit zugegeben, daß dieselben mit gemeinen Leuthen so gahr vertraulich umbgegangen, und denselben mehr Gehöre gegeben, auch ihnen mehr Vertrauen erwiesen, als Leuthe, die ihre Geburth und die ihnen beywohnende Gelehrsahm= und Geschicklichkeit billigst sollte in Betrachtung bringen. Gewiß



Die Mütter: Ehefrauen, Mätressen, Geliebte

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sicht wesentlich wohlwollender und rühmten seine Volksnähe.61 Letztendlich blieben die Frauen fast ausschließlich von der Lust und Launenhaftigkeit der Fürsten abhängig, zumal wenn jene beliebten, ihre Gespielinnen häufig zu wechseln. 2. Neben den individuellen Charaktereigenschaften und Neigungen, die zweifellos zu den wichtigsten Faktoren für die Ausgestaltung dieser zwischenmenschlichen Beziehungen zählten, spielte die Position des Herzogs im Familiengefüge ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auf einem nachgeborenen Sohn lastete ein geringerer Druck, die Familiendynastie durch rechtmäßige Erben aufrechtzuerhalten, als auf dem regierenden Herzog, der sich dieser Erwartungshaltung nur entziehen konnte, wenn er bereit war, die Herrschaft für seine potentiellen Kinder aufzugeben. Zwar verzichteten einige prominente frühneuzeitliche Fürsten auf legitime Erben, um in einer dauerhaften Beziehung mit einer Frau niederen Standes zu leben, doch blieben dies Einzelbeispiele.62 Die Legalisierung einer länger andauernden Liaison bot sich somit für die nicht in der Regierungsverantwortung stehenden männlichen Mitglieder der Familie an, aber auch für einen Witwer, der zusammen mit seiner verstorbenen, rechtmäßigen Ehefrau bereits genügend Nachwuchs gezeugt hatte, so dass eine erfolgreiche Fortführung der Linie vorausgesetzt werden konnte. 3. Inwieweit die Geliebten der Herzöge die Möglichkeit besaßen, ihre Position zu institutionalisieren, stand im Wesentlichen auch mit dem Zeitpunkt des Zusammenseins in Verbindung. Die Wahrscheinlichkeit, geehelicht zu werden, war im siebzehnten Jahrhundert beziehungsweise Anfang des achtzehnten Jahrhunderts höher als im neunzehnten Jahrhundert. Die religiös-moralisch begründeten Gewissenskonflikte wegen eines nichtehelichen Zusammenlebens mit einer Frau belasteten so manchen Fürsten schwer. Als Paradebeispiel gilt in diesem Kontext die bereits erwähnte Doppelehe des Landgrafen Philipp von Hessen. Durch Martin Luther, der höchsten protestantischen Instanz schlechthin, sanktioniert, lieferte das theoretisch rein seelsorgerisch gesprochene Urteil auch den nachfolgenden Generationen eine Legitimation der Bigamie. Da eine Scheidung prinzipiell aus theologischen Überlegungen nicht in Frage kam, zudem eine im Verborgenen begangene Sünde schwerer wog als eine möglicherweise fehlerhafte, dafür aber offene Gewissensentscheidung, befürwortete Luther die Doppelehe des Fürsten.63 Aber nicht nur die morganatischen Gemahlinnen, sondern auch die nicht geehelichten Mätressen entwickelten sich im Laufe des

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wäre, daß Herzog Friedrich Wilhelm sowohl als Carl Leopold mit gemeinen Leuthen sich am allerlängsten hätten aufhalten, und ihnen ihr gantzes Hertz entdecken können.“ Behr: Les anecdotes du Roi des Obotrite (Sondersammlung UB Rostock, Mss. Meckl. B.707). Vgl. dazu Manke: Geburtstagsgedichte für Großherzog Friedrich Franz I., S. 420; Wiese: Orientierung in der Moderne, S. 24; Hirschfeld: Friedrich Franz II., S. 79–80. Zum Beispiel: Friedrich III. Kurfürst von Sachsen (vgl. dazu Ritschel: Friedrich der Weise und seine Gefährtinnen) und Georg Wilhelm Herzog zu Braunschweig-Lüneburg (vgl. dazu Sikora: Eléonore d’Olbreuse). Vgl. dazu Oßwald-Bargende: Die Mätresse, der Fürst und die Macht, S. 162; sowie Breuel: „Mit gutem Gewissen“; ausführlich Buchholz: Rechtsgeschichte und Literatur; allgemein zur frühneuzeitlichen Polygamiediskussion Buchholz: Erunt res aut quattuor in carne una.

54 Familie siebzehnten Jahrhunderts zu nicht mehr wegzudenkenden Institutionen an den europäischen absolutistischen Höfen. Mit dem Aufkommen der bürgerlich-empfindsamen Sittenkritik am Ende des achtzehnten Jahrhunderts galten sie zwar vielerorts nicht mehr als Institution, doch zumindest als Privileg eines Fürsten. Erst zum neunzehnten Jahrhundert hin änderte sich das Ansehen der Frauen dahingehend, dass selbst die Vermählung eines verwitweten Herrschers zu einem Skandalfall avancieren konnte.64 Die Ursachen dafür sind neben den veränderten Moralvorstellungen der Öffentlichkeit, die selbst für die politisch-dynastisch konzipierte Ehe des Hochadels im gewissen Maße Zuneigung und Treue, angelehnt an das neue Ideal der Liebesheirat, erwartete, auch die strukturellen Veränderungen der Höfe.65 Die Herrschaftsausübung in der Frühen Neuzeit war kein abstraktes Prinzip, sondern verband eng personale Elemente wie Freundschaft, Zuneigung und Vertrauen mit politischen Entscheidungsprozessen.66 Das beförderte die Entstehung der Günstlingswirtschaft, deren weibliche Ausprägung sich in dem Mätressenwesen widerspiegelt. Die dyadische Bindung zwischen Gönner und Günstling, die sich nicht ausschließlich auf ein Amt, sondern vor allem auf den Zugang zum Herrscher erstreckte, bildete ein wesentliches und charakteristisches Merkmal der auf den Herrn fokussierten Rangordnung der höfischen Face-to-Face-Gesellschaft.67 Das Ende dieser vormodernen politischen Praxis beschnitt die Partizipationsmöglichkeiten aufstrebender Frauen an der Politik, da ihnen die neuen Zugangsvoraussetzungen – Leistung und Ausbildung – letztendlich verwehrt blieben. Auch adaptierte der Adel das bürgerliche Frauenbild so weit, dass eine weibliche Teilhabe an politischen Angelegenheiten, sei es inoffiziell oder durch ein quasi öffentliches Hofamt, nicht länger geduldet wurde.68 Trotz des unterschiedlichen Werdegangs, den die Geliebten an der Seite des Fürsten vollzogen, gab es im untersuchten Zeitraum durchaus Analogien im Wahlverhalten der Herzöge. Abgesehen von Herzog Carl Leopold genossen die mecklenburgischen Herzöge die meisten ihrer Affären, die zu Kindern führten und dadurch quellentechnisch belegbar sind, in einem Lebensabschnitt, in dem sie entweder noch nicht verheiratet waren oder aber ihre dynastischen Pflichten im Hinblick auf Nach64

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So ließ sich der preußische König Friedrich Wilhelm III. von seinem morganatischen Heiratsplan mit Georgine von Dillon, der Tochter des französischen Gesandten, aufgrund der negativen öffentlichen Meinung abbringen, vgl. Stamm-Kuhlmann: König in Preußens großer Zeit, S. 407–408. Auch seine später eingegangene Heirat zur linken Hand mit Gräfin Auguste von Harrach war anfangs von starken Anfeindungen seitens der Öffentlichkeit und seiner Familie begleitet, vgl. Diemel: Adelige Frauen im bürgerlichen Jahrhundert, S. 161– 166. Diemel: Adelige Frauen im bürgerlichen Jahrhundert, S. 151–152. Dade: Madame de Pompadour, S. 2. Winterling: Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit, S. 37–39; Hirschbiegel: Zur theoretischen Konstruktion der Figur des Günstlings, S. 33–36. Ludwig I. von Bayern konnte gegen die Widerstände seiner Regierung, des Adels und der Bevölkerung die Stellung seiner Mätresse Lola Montez letztendlich nicht dauerhaft durchsetzen, vgl. Diemel: Adelige Frauen im bürgerlichen Jahrhundert, S. 145–152.



Die Mütter: Ehefrauen, Mätressen, Geliebte

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wuchs in ausreichendem Maße erfüllt hatten. So setzte Herzog Friedrich Wilhelm den Großteil seiner natürlichen Kinder vor der Heirat mit Sophie Charlotte von Hessen-Kassel im Jahr 1704 in die Welt. Dass in seiner Ehe keine rechtmäßigen Erben mehr gezeugt wurden, lasteten bereits Zeitgenossen seinem zuvor ausschweifenden Lebenswandel an.69 Mit der vorehelichen Zeugung von Nachwuchs folgte er dem Beispiel seines Vaters Herzog Friedrich, der circa fünf Jahre vor seiner Hochzeit eine Tochter bekommen hatte,70 ebenso wie Herzog Johann Albrecht am Anfang des siebzehnten Jahrhunderts, der laut einer über einhundertfünfzig Jahre später erfolgten Auskunft der Landstände ein Fräulein von Plessen geschwängert hatte, die ihm seinen Sohn Georg von Mecklenburg gebar.71 Im Gegensatz dazu kam Herzog Friedrich Franz I. erst seinen dynastischen Verpflichtungen nach, bevor er ausgiebig außereheliche sexuelle Kontakte unterhielt. Neunzehnjährig mit Prinzessin Luise von Sachsen-Gotha verheiratet, belegen die von 1775 bis 1785 geborenen acht Kinder ein entsprechend sexuell aktives Eheleben. Mit dem Tod seines Onkels Herzog Friedrich I., eines sehr sittenstrengen, pietistischen Fürsten, und seiner damit verbundenen Thronbesteigung im Jahr 1785 endete diese Ehephase. Anstatt weiterer legitimer Nachkommen wurde dem Herzog seit 1788 eine Vielzahl unehelicher Kinder geboren, woraus die Schlussfolgerung zu ziehen ist, dass er ab diesem Zeitpunkt seine sexuellen Bedürfnisse wahrscheinlich im Einvernehmen mit der Herzogin, die als kränklich galt,72 anderweitig auslebte. In der auf Zweck- und Pflichterfüllung ausgerichteten adligen Ehe konnte ein solches Arrangement durchaus beiden Parteien zugutekommen. Während der Mann durch die Unterstützung, zumindest Duldung, seiner außerehelichen Aktivitäten den nach außen repräsentierten Ehefrieden nicht aufs Spiel setzte, wurde die Fürstin von den Belastungen und Gefahren möglicher Schwangerschaften entbunden.73 69 70

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Franck: Des Alt- und Neuen Mecklenburgs Sechzehendes Buch, S. 4. Die Mutter ebenso wie der Geburtsort sind nicht nachweisbar. Das Geburtsdatum lässt sich nur anhand eines Briefes der Tochter, der späteren verwitweten Kammerrätin Maria Elisabeth Schultz, rekonstruieren, siehe LHAS, 2.12-1/2, Nr.  28: Schreiben Maria Elisabeth Schultz an Herzog Carl Leopold, Schwerin 24.3.1731. In dem Attest heißt es wie folgt: „Urkunden und bezeugen hiemit für jedermänniglich […] das der weyland Herr Georg von Mecklenburg von dem hochseeligen Herrn Hertzog zu Mecklenburg-Güstrow Hans Albrecht vor seiner Vermählung mit einem Fräulein aus einem alten adelichen mecklenburgischen annoch florierenden rittermäßigen Geschlechte gezeuget und von höchst demselben unter andern in seiner hinterlassen Testament als ein natürlicher Sohn anerkannt sey“, LHAS, 3.1-13.121.111.3: Attest über Familie Georg von Mecklenburg, Rostock 6.3.1766. Ein wenig boshaft schreibt die preußische Königin Luise über die „Mama“ des Erbprinzen Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin: „[…] von Schwerin ist recht gut wegen der Mama sich zu ängstigen, sie stirbt ja schon seit 40 Jahren, alle Jahre ein paarmal und tut ihr gar nichts, wie kann er sich denn nicht daran gewöhnen. Dieser Zustand gehört mit zu ihrer Gesundheit, und die Katzen haben ein zähes Leben.“ Brief von Königin Luise an ihren Bruder Herzog Georg, Memel 7.10.1807, in: Rothkirch (Hg.): Luise, S. 394. Biercamp: „Eine Krankheit, die ich Ihnen immer gewünscht habe“, S. 70.

56 Familie Ein anderer gemeinsamer Punkt im Wahlverhalten der Herzöge liegt in der Diversität der gesellschaftlichen Schichten, denen die Damen entstammten. Abgesehen von Friedrich Franz I., der sich ausschließlich mit nichtadligen Damen einließ, wählten seine Vorgänger ihre Favoritinnen aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten. Neben Geliebten aus dem eingeborenen mecklenburgischen Adel (Plüskow, Plessen) wurden auch ausländische Bürgertöchter (Säbel) und einheimische Unfreie (Greler) erwählt. Schlüsse, wie die Kontaktaufnahme zustande kam, lassen die Quellen kaum zu. Oftmals unterhielten die Familien der Frauen Kontakte zum Hof (Wedemann, Bojanowsky) oder sie waren selbst im Dunstkreis der Herzöge tätig (Müller). Die detaillierte Untersuchung der nichtstandesgemäßen Frauen am frühneuzeit­ lichen mecklenburgischen Fürstenhof bietet sich in Form einer Kategorisierung an: 1.) die morganatischen Ehefrauen, 2.) die Mätressen, 3.) die Geliebten.

Morganatische Ehefrauen Das erstrebenswerte Ziel für die Geliebte einer hochfürstlichen Person war ohne Zweifel der Stand als morganatische Ehefrau. Im Zeitraum von 1600 bis 1830 schafften es nachweislich zwei Frauen, in diesen Rechtsstatus erhoben zu werden und mit dem Herzog die Ehe zur linken Hand einzugehen.74 Allein schon die Tatsache, dass diese eheliche Rechtsform „zur linken Hand“ hieß, besaß symbolische Aussagekraft. Die linke Hand war „die weniger gebrauchte, ungeschicktere, weniger geltende“,75 die in der „Heiligen Schrift“ als die mit Laster behaftete angesehen wurde, wohingegen die Rechte Tugend bedeutete, weshalb zu ehrende Personen auf dieser Seite standen.76 Zedler führte den Beinamen der Eheform auf die Vermählungspraxis zurück. Bei einer rechtmäßigen Vermählung wurden die Hände gewechselt, bei dieser Form der Ehe aber schlug der Bräutigam seine linke Hand in die rechte Hand seiner Braut.77 Die morganatische Ehefrau partizipierte in keiner Weise an den Vermögens- und Standesrechten des Mannes. Das spiegelte sich bereits in den Eheverträgen wider. Während der hochadlige Ehevertrag einen umfangreichen Gabentausch festlegte, um der Witwe im Versorgungsfall weiterhin ein standesgemäßes Leben zu gewährleisten, war diese Option bei der morganatischen Ehe beschränkt. Das Ungleichgewicht der Verhandlungspartner im Hinblick auf die Brautfamilie verhinderte einen vollwertigen Gabentauschakt bei der Eheschließung. Stattdessen waren die morganatischen Eheverträge geprägt von Verzicht und strikter Eingrenzung des partnerschaftlichen Status. Zwar erstreckte sich auch in diesen Fällen ein gewichtiger Teil auf die materi74 75 76 77

Anna Deelen wurde als Ehefrau von Herzog Carl angesehen, Carl Leopold ehelichte Christine Dorothee von Lepel. Grimm und Grimm: Artikel „link“. Zedler: Artikel „Lincke Hand“, Sp. 1312. Zedler: Artikel „MATRIMONIUM AD MORGANATICAM“, Sp. 2088.



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elle Versorgung der Frau, oft auch verbunden mit einer Standeserhebung, im Gegenzug musste sie jedoch auf alle weitergehenden Ansprüche, vor allem für den potentiellen Nachwuchs, verzichten.78 Dass der Status als Ehefrau zur linken Hand trotz alledem erstrebenswert war, hatte verschiedene Ursachen. So bestand, selbst wenn es der Intention des Herzogs entsprochen hätte, keine Aussicht auf eine volle, rechtsgültige Ehe, da unabhängig von jedweden politischen und finanziellen Interessen in der Ebenbürtigkeit des Partners eine Grundvoraussetzung für die hochfürstliche Ehe lag. Die Festlegung der Ebenbürtigkeit entwickelte sich im sechzehnten Jahrhundert nach einem strengen Reglement dahingehend, nur andere regierende Häuser als ebenbürtig anzusehen, zuweilen noch die Mitglieder alter reichsgräflicher Familien, die zwar ebenbürtig, aber ungleich waren.79 Deshalb bot die morganatische Ehe das Maximum an zu erreichender Rechtssicherheit für die Frau. Der Fürst büßte die Freiheit ein, die Beziehung zu jeder Zeit nach Gutdünken und ohne großen Aufwand lösen zu können. Wenn er diesen Umstand wünschte, so musste er eine rechtsgültige Scheidung anstreben.80 Zudem schützte eine Ehe die Frau zumindest rechtlich vor der vollkommenen Abhängigkeit von dem Fürsten. War sie zuvor auf willkürliche Schenkungen und testamentarische Verfügungen zur finanziellen Absicherung angewiesen, was regelmäßig zu Auseinandersetzungen mit den rechtmäßigen Erben führte, so besaß sie durch die Morgengabe ein Mindestmaß an Rechtssicherheit verbunden mit Zusagen für die Zukunft.81 Gleichwohl verstärkte die Ehe nicht nur das ökonomische Kapital der Braut, sondern beeinflusste ebenso überaus positiv ihr soziales Kapital, da sie ein Zusammensein mit dem Fürsten erlaubte, ohne dass die Ehre der Frau in den Augen der Gesellschaft verlustig ging. Seit die Kirche die alleinige Deutungshoheit über eine vollgültige, sittlich untadelige Ehe beanspruchte, gab es in letzter Konsequenz für die Beteiligten zur Wahrung ihres Seelenheils und ihrer moralischen Integrität nur die Möglichkeit der Ehe, wie das zuvor zitierte Beispiel des Landgrafen Philipp von Hessen zeigt. Die Ehrsicherung erstreckte sich keineswegs nur auf das Paar, sondern schloss auch den Nachwuchs mit ein. Selbst wenn sie nicht an den Standes- und Erbrechten väterlicherseits partizipierten, blieben sie doch vom Makel der unehelichen Geburt verschont. Wie wichtig dieser Fakt für die Lebensgestaltung im siebzehnten Jahrhundert war, beweist das Schreiben eines natürlichen Sohnes von Herzog Carl an Herzog Adolf Friedrich I. Darin bat Carl Jürgen von Mecklenburg den regierenden Herzog, ihm ein „attestation quod ex matrimonio him natus“ auszustellen, um „eher und mit weniger dif78 79

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Sikora: Ungleiche Verbindlichkeiten, Abs. 10. Vgl. zur Ebenbürtigkeit Sikora: Eléonore d’Olbreuse, S. 25; Hofer: Artikel „Ebenbürtigkeit“, Sp. 15–17; ansonsten ausführlich Willoweit: Standesungleiche Ehen des regierenden hohen Adels; als Beispiel für mögliche Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Ebenbürtigkeit Sikora: Ein kleiner Erbfolgekrieg. Wie im Falle von Herzog Carl Leopold und Christine Dorothee von Lepel, vgl. Westphal: Der kaiserliche Reichshofrat, S. 45–46. Sikora: Ungleiche Verbindlichkeiten, Abs. 12.

58 Familie ficulte zu der eröffneten Canonicatsstelle“ zu gelangen,82 die ihm sein Vater, der erwählte Episcopus vom Ratzeburger Domkapitel, verschafft hatte. Herzog Adolf Friedrich I. kam der Bitte ohne Zögern nach und beurkundete ihm seine „Ehrliche Geburt“. Um das Zeugnis zu verifizieren, führte er an, dass „jederweniglich wissend das Weiland der Hochgeborene Hochwürdige Fürst, Herr Carl […] gedachtes Carl Jürgen von Mecklenburg, Mutter pro Uxore gehalten und geheret, Ihnen und seinen Bruder und Schwestern im Testamento eingewißes zu ihrer Unterhaltung vermachet, auch ihrer Mutter die letzte Ehre erwießen, und der Leich mit KlagKleidern selbst nachgefolget“ sei.83 Somit erstreckt sich die Argumentationslinie für die Bestätigung der ehelichen Abkunft auf drei Punkte. Zum Ersten wird die allgemeine Bekanntheit der Ehe angeführt, woraus die Schlussfolgerung zu ziehen ist, dass der Herzog seine Beziehung offen auslebte. Eine Verheimlichung wäre schon angesichts der langen Dauer dieser Beziehung, die zwar nicht konkret eingrenzt werden kann, aus der aber immerhin vier die ersten Jahre überlebende Kinder hervorgingen, schwierig geworden. Darüber hinaus gab es nur wenig Grund zur Heimlichtuerei. Herzog Carl I. hatte als nachgeborener Sohn, der gemäß Erbfolge kaum eine Chance besaß, an die Regierungsgewalt zu gelangen, keine ebenbürtige Frau geehelicht, so dass er ohne dynastische Zwänge mit Anna Deelen zusammenleben konnte. Folglich fehlten politisch oder moralisch-religiös motivierte Begründungen zur Geheimhaltung, zumal deren Lebensmittelpunkt abseits der mecklenburgischen Höfe lag. Inwieweit sich das Öffentlichkeitsgebaren mit der Regierungsübernahme Carls I. 1603 änderte, bleibt aufgrund des Quellenmaterials ebenso ungeklärt wie die Frage, ob seine Frau, die kurz danach verstarb, Repräsentationsaufgaben übernahm. Zum Zweiten fanden sowohl Anna Deelen als auch ihre Kinder Berücksichtigung im fürstlichen Testament, was als offizieller Akt der Anerkennung galt. Das Testament ist das einzige überlieferte Dokument, das die Frau explizit namentlich erwähnte, jedoch nicht in Umschreibung einer Ehefrau, sondern in der als Haushälterin, die zu ihrer Versorgung zweitausend Gulden und ein Haus in Neubrandenburg versichert bekam.84 Die fehlende Bezeichnung als Ehefrau wirft die Frage auf, inwieweit ein offizieller Trauungsakt im Beisein der Geistlichkeit vollzogen wurde. Ob die priesterliche Einsegnung, die in den Ordnungen des sechzehnten bis achtzehnten Jahrhunderts zum Gültigkeitserfordernis einer Ehe avancierte,85 erfolgte, kann nicht nachgewiesen werden, da Quellen in Form von Kirchenbucheinträgen oder andere dokumentierte Aussagen nicht überliefert sind. Selbst wenn eine morganatische Ehe nicht nur im Verborgenen mit einem Priester geschlossen, sondern öffentlich bekannt gegeben wurde, fielen die Feierlichkeiten

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LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Schreiben von Carl Jürgen von Mecklenburg an Herzog Adolf Friedrich, Ratzeburg 25.9.1646. Ebd., Reskript von Herzog Adolf Friedrich, Schwerin 28.9.1646. LHAS, 2.12-1/11, Nr. 54: Testament Herzog Carl I., 23.10.1604. Vgl. dazu Schwab: Eheschließungen und nichteheliche Lebensgemeinschaften, S. 209–210.



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deutlich einfacher aus als bei üblichen standesgemäßen Hochzeiten.86 Auch dazu lassen sich im Fall Anna Deelen und Herzog Carl I. keine Nachweise finden. Die Bitte von Carl Jürgen von Mecklenburg um Zeugnis seiner Abstammung lässt darauf schließen, dass rechtmäßige Dokumente wie ein Ehevertrag oder ein Kirchenbucheintrag bereits zur Mitte des siebzehnten Jahrhunderts nicht mehr existierten. Ob es Aufzeichnungen jemals gegeben hat oder ob sie in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges verloren gegangen sind, muss unbeantwortet bleiben. Allerdings war die schriftliche Fixierung des Rechtsstatus anscheinend nicht ausschlaggebend, denn die Anerkennung als Ehefrau konstruierte sich ebenso über symbolträchtiges Handeln, wie Herzog Adolf Friedrich I. durch die Hervorhebung der Teilnahme seines Großonkels am Trauerzug für Anna Deelen betonte. Begräbnisse, insbesondere Begängnisse, unterlagen einem erheblichen Aufwand und einem hohen Grad an Inszenierung, der von den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln abhängig war, wodurch nicht nur religiöse, sondern auch dynastisch-ständische Repräsentationsaufgaben erfüllt wurden.87 Indem der regierende Landesfürst an der Begräbniszeremonie seiner „Haushälterin“ im öffentlichen Raum teilnahm, demonstrierte er für alle ersichtlich seine Anerkennung von Rang und Ehre dieser Person. Durch das Tragen der „Klagkleider“ – zeittypisch ein schwarzer, weiter, faltiger Mantel, ein Schleier, der das Gesicht bedeckte, und die Trauerbinden, die hinten am Hut hingen – bekundete er zudem offen seinen persönlichen Schmerz und seine Trauer über den Verlust.88 Dem vormodernen Kommunikationsstil entsprechend, den Gert Althoff als einen demonstrativ-gestischen, rituellen Vermittlungsakt charakterisiert, erzeugten diese Zeichen und das Verhalten alleinstehend Geltungsanspruch und suggerierten Verbindlichkeiten, die keiner schriftlichen oder verbalen Bestätigungen bedurften.89 Gewiss war die Beziehung zwischen Anna Deelen und Herzog Carl in der mecklenburgischen Landesgeschichte singulär und durch dynastische Rahmenbedingungen wie seiner nachgeborenen Position im Familiengefüge bestimmt. Durch die für ihn glückliche Fügung des Schicksals in Form der Regierungsübernahme wurde ihm ermöglicht, seine Frau und seine Kinder finanziell abzusichern und ihren Handlungsspielraum sozial zu erweitern. Öffentliche beziehungsweise höfische Funktionen übten sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aus.

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Sikora: Ungleiche Verbindlichkeiten, Abs. 44. Vgl. ausführlich zu der Unterscheidung von Begräbnissen und Begängnissen Babendererde: Sterben, Tod, Begräbnis; allgemein zum Begräbniszeremoniell des Adels Brinkmann: Grabdenkmäler, Grablegen und Begräbniswesen, S. 86–97. Vgl. einführend zur Trauerkleidung Wagner: Beiträge zur Entwicklung der Trauertracht, hier S. 98; zur Farbsymbolik der Trauerkleidung Burde: Bedeutung und Wirkung der schwarzen Bekleidungsfarbe, S. 2–5. Ausführlich dazu Althoff: Gefühle in der öffentlichen Kommunikation, S. 82–99, hier S. 83; vgl. auch Bastl: Tugend, Liebe, Ehre, S. 315.

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Mätressen Die Mätressen, wegen ihren außerehelichen Beziehungen zum Fürsten gesellschaftlich-moralisch schlechter angesehen als die morganatischen Ehefrauen, waren oftmals nicht weniger einflussreich als die geehelichten Geliebten. Die etymologische Herleitung des seit dem siebzehnten Jahrhundert gebräuchlichen Wortes Mätresse als weibliche Form von mâitre (für Gebieter, Herr)90 verweist bereits auf eine Position der Stärke und des Anspruchs, die über die Stellung einer rechtlosen Geliebten hinausging.91 Auch Zedler greift noch die ursprüngliche Wortbedeutung auf, schließt aber die spezielle, sprachliche Nutzung an: „im generalen Verstande die Frau oder Wirthin des Hauses […]; im spezialen ein Weibs-Bild, mit der man ausser der Ehe in genauer Liebes-Verständniß lebet […]. Hauptsächlich hat die letzte Bedeutung nur unter grossen Herren und Standes-Personen statt.“92 Durch den ausschließlichen Bezug auf hohe Standespersonen legt die Zedler’sche Definition bereits den Grundstein der Verbindung zwischen Mätresse und dem höfischen Milieu. Zwar suggerierten zeitgenössische Titulaturen wie maîtresse régnante“, maîtresse en titre oder maîtresse declarée ein höfisches Amt, doch fehlen in den Archiven Quellen, die genaue Aufgabenfelder oder Funktionen der Tätigkeit spezifizieren.93 Dennoch übernahmen die Frauen, sobald ihre Position öffentlich formal bekannt gegeben war, in der absolutistisch-repräsentativen Form der höfischen Herrschaft auch soziale und repräsentative Aufgaben. Sybille Oßwald-Bargende führt diese Entwicklung auf die strukturellen Bedingungen der „repräsentativen Öffentlichkeit“ (Jürgen Habermas) des Hofes zurück. Ein „privates Verhältnis“ war nicht lebbar, da die Trennung von privater und öffentlicher Sphäre im heutigen Sinne nicht existierte.94 Ausgehend vom französischen Hof Ludwigs XIV. hatte sich ein Institutionalisierungsprozess vollzogen, der zur festen Einbindung der Mätresse in das höfische ­Patronagesystem und in die herrschaftliche Repräsentation führte.95 Im höfisch-absolutistischen Kosmos war die Mätresse quasi ein Statussymbol, auf das kaum ein Fürst verzichten wollte oder konnte.96 Wie alle Favoriten besaß die Mätresse keine einklagbaren Rechte, allein die Gunst des Herrschers entschied. Solange sie in dieser stand, das heißt über uneingeschränkten Zugang zu dem Herrn verfügte und diesen auch zu verwalten wusste,97 nahm sie eine Spitzenposition in der informellen höfischen Hierarchie ein. Zwar brachte das Quasiamt keinen direkten Zuwachs an symbolischem Kapital oder Ehre, 98 aber an 90 91 92 93 94 95 96 97 98

Kluge: Etymologisches Wörterbuch, S. 604. Trauth: Die Interessen der Mätressenforschung, S. 138. Zedler: Artikel „MAITRESSE“, Sp. 653. Oßwald-Bargende: Sonderfall Mätresse, S. 138. Dies.: Die Mätresse, der Fürst und die Macht, S. 240. Rabeler: Mätresse, S. 61. Hoffmann: Frauen machen Geschichte, S. 185. Paravicini: Der Fall des Günstlings, S. 17. Dade: Madame de Pompadour, S. 76.



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der Macht, verstanden im Weber’schen Sinne als die Chance, das Handeln der anderen zu beeinflussen,99 partizipierte die Mätresse durchaus. Die Gestaltungsspielräume und Lebensentwürfe der Frauen waren zutiefst unterschiedlich. Einige reich versorgte Damen, die auch nach dem Tod des Fürsten über ausreichend ökonomisches und soziales Kapital verfügten, bewahrten ihren hervorgehobenen Status, aber das Schicksal vieler anderer und dabei auch der häufig prominenteren Beispiele, wie Gräfin Cosel oder Christina Wilhelmina von Grävenitz, zeigen die Unberechenbarkeit einer Mätressenposition auf. Falls als Maßstab die engen, von Andrea Weisbrod in ihrer Arbeit über die Pompadour genutzten Definitionsgrenzen des Mätressenwesens genutzt würden,100 fänden wir in Mecklenburg nur bedingt Mätressen vor. Einzig die Mätresse des Herzogs Carl Leopold, Friederica Wilhelmina von Wolffradt, besaß zumindest potentiell Einflussmöglichkeiten auf politische Entscheidungen, obwohl genaue quellenkundliche Nachweise fehlen. Allerdings ist unter Berücksichtigung der zeitlich-räumlichen Komponente sowie aufgrund des überlieferten zeitgenössischen Sprachgebrauchs die Nutzung der Kategorie Mätresse zumindest bei einigen Frauen an der Seite der Herzöge Friedrich Wilhelm und Carl Leopold durchaus statthaft. Der mit sehr jungen Jahren in die Regierungsverantwortung gekommene Herzog Friedrich Wilhelm nutzte seinen Spielraum in Bezug auf das weibliche Geschlecht weidlich aus. Wirft man einen Blick auf die in der Literatur verbreiteten Ansichten über ihn, so zeichnet sich durchweg das Bild eines ungestümen, lebenslustigen, aber auch leichtfertigen und überheblichen jungen Mannes ab, kurz eines „Debauchierten“.101 Die Ehelosigkeit, die nach seinem Regierungsantritt zwölf Jahre andauerte, ließ die Damen immer wieder hoffen, dass er sie in einen ehrbaren Stand erhöbe. Mochte dies durchaus sein Ansinnen bei seiner ersten großen Liebe, Aurora von Königsmarck, der späteren Mätresse von August dem Starken, gewesen sein, die er 1691 in Hamburg kennengelernt hatte und der er flammende Briefe schrieb,102 so war es später wohl ausschließlich Mittel zum Zweck. 99

„§16 Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“, Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, S. 28. 100 Weisbrod: Von Macht und Mythos der Pompadour, S. 19. Die Autorin grenzt den Mätressenbegriff auf die maîtresse en titre ein, die definiert wird a) als ein zeitlich und räumliches Phänomen, b) als ausschließlich an den absolutistischen Höfen des Ancien Régime auftretend, c) durch das Verschwinden im Zuge der französischen Revolutionen und den veränderten Herrschaftsstrukturen sowie d) durch die Anknüpfung an eine politische Funktion. 101 Der Begriff debauchiert wurde von Vehse geprägt und seitdem immer wieder aufgegriffen. Vehse: Mecklenburgs Hof und Adel, S. 181; vgl. zum verbreiteten Charakterbild Franck: Des Alt- und Neuen Mecklenburgs Sechzehendes Buch, S. 4; Boll: Geschichte Meklenburgs, S. 212; Borchardt und Borchardt: Mecklenburgs Herzöge, S. 83. 102 So heißt es in einem Brief vom 25. Februar 1692: „Madam! Mit Recht war ich in Unruhe, da mir jede erwünschte Nachricht von Ihnen fehlte; um so glücklicher bin ich beim Empfange derselben, ob ich gleich meine Empfindungen für Sie nicht auszusprechen wage, Dennoch fällt es mir schwer, Ihnen zu verschweigen, daß ich nur mit Ihnen beschäftigt bin, und daß es

62 Familie Seiner „einige Zeit gehabte matresse Agneta Sabeln“,103 die quellentechnisch verhältnismäßig gut zu belegen ist, versprach er vor Zeugen, keine andere zu heiraten als sie, woraufhin das Mädchen zusammen mit dem Herzog von Hamburg nach Schwerin floh.104 Neben der Benennung von Zeugen lag im Zusatz bei „nüchterne Muthe“105 der Rechtfertigungsansatz zur Ehrenrettung der Dame, die dieses Versprechen glaubte und Hoffnung auf den ehrbaren Ehestand hegte. Den Topos der Nüchternheit führte ebenfalls die Mätresse von Carl Leopold, Margarethe Greler, in einem ähnlichen Sinnzusammenhang an.106 Trotz des Verweises, dass die Schwüre nicht aus Leichtsinn, sondern bei klarem Verstand gesprochen wurden, existierte keine rechtliche oder anderweitige Grundlage, diese Beteuerungen einzufordern. Laut eigener Aussage litt die Säbel unter „allen Canzeln und in der ganzen weldt viel Blame“, weil sie dem Versprechen Glauben schenkte. Indem Friedrich Wilhelm sie auf „dem Schloße publique wohnen hatte“ und sie „nebst den hochfürstl. Brüdern und vornehmsten am Hofe speisete“, konsternierte er die „Ministri, die Hr. Geistlichen, das gantze Land nebst denen hochfürstl. Angehörigen“.107

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nur von Ihnen abhängt, die Leiden des Abwesenden zu vergrößern. Ich wünsche sehr, Ihr Bildniß zu besitzen und würde dafür sorgen, daß es, als das köstliche Kleinod für mich, eine ausgesuchte Stelle erhielte. Es würde mir theurer sein, als mein Leben. In dieser Stimmung für Sie, hoffe ich bald die Ehre zu haben, Ihnen mündlich in vollem Eifer zu beweisen, wie sehr ich bin Ihr ganz gehorsamer und getreuester Diener Friedrich Wilhelm“. Vgl. Cramer: Denkwürdigkeiten der Gräfin Maria Aurora Königsmark, S. 23. Nach der Übernahme der Landesherrschaft schenkte die schöne, kluge Frau seinen Wünschen Gehör. Wahrscheinlich ging der junge Herzog sogar eine heimliche Verlobung mit ihr ein, die aber aufgrund fehlender Geldmittel seinerseits und durch die Ablehnung seiner Mutter und seines ehemaligen Hofmeisters de Löw, inzwischen Marschall und Geheimer Rat, nicht zu einer Verehelichung führte, vgl. dazu Funk: Aurora von Königsmark, S. 4. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 9: Vertragsentwurf von Herzog Friedrich Wilhelm, Mai 1700. Die schnelle Flucht aus Hamburg, wo der Herzog die Wintermonate zu verbringen pflegte, war nötig geworden, nachdem zwei seiner Diener den aus einer schwedischen Familie stammenden, lüneburgischen Kapitän Salmuth erstachen, mit dem der Herzog zuvor aufgrund von Betrügereien beim Kartenspiel aneinandergeraten war, vgl. dazu zusammenfassend Funk: Die Ermordung des Capitains Salmuth, S. 12. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 9: Wahrhaffter Bericht undt Umstände S. Höchstseeligst Verstorbenen Hochfürstl: Durch: Friedrich Wilhelm […] gnädigst versprochen aber nicht erfüllten Promessen gegen Streiten undt seiner Frauen nebst Beylagen von Thomas Streit, Berlin 10.1.1714. „Er hat Mir mit nüchtern Munde im bette hoch heilig gegen mich versprochen, und gott zum zeugen darüber gerufen, daß wäre ein großer Zeuge der zugegen wäre, daß müßte er halten, wann er sich vor der Welt durchen Priester trauen ließen, und er fände etwas an Ihr [seine Ehefrau Sophie Hedwig von Nassau-Dietz, Anm. der Autorin] daß er nicht leiden könnte, so konnte er von ihr sich scheiden laßen […]“, LHAS, 2.12-1/2, Nr. 27: Brief von Margarethe Greler an ihre drei Töchter, Dömitz, 16.1.1736. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 9: Wahrhaffter Bericht undt Umstände S. Höchstseeligst Verstorbenen Hochfürstl: Durch: Friedrich Wilhelm […] gnädigst versprochen aber nicht erfüllten Promessen gegen Streiten undt seiner Frauen nebst Beylagen von Thomas Streit, Berlin 10.1.1714.



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Verantwortlich für die ablehnende Haltung war nicht nur ihr skandalträchtiger Einstand in Schwerin, sondern auch die Ungewissheit, in der der Herzog sein Umfeld in Bezug auf seine Heiratsabsichten, wovon alle Seiten auf das Ärgste abrieten, beließ.108 Das Speisen an der herzoglichen Tafel erforderte eine förmliche Vorstellung, wodurch sie sich deutlich von den anderen Frauen, mit denen der Fürst intimen Umgang pflegte, unterschied.109 Die Tochter eines Hamburger Bürgers saß nun beim mecklenburgischen Herzog am Tisch, kostbare Gunstbezeugungen in Form von Diamenten sowie samtene Kleider110 ließen zudem keinen Zweifel an seiner Zuneigung aufkommen. Mit dem Zugang bei Hofe ging die Positionierung innerhalb der höfischen Gesellschaft einher. Wenn auch nicht offiziell, so nahm sie doch aufgrund seiner Auszeichnungen eine Spitzenposition innerhalb der höfischen Rangordnung ein, die ihr nach Ausweis der Hierarchie eigentlich nicht zustand. Unruhe und Neid der alteingesessenen Eliten waren vorprogrammiert. Lange konnte Agnese Säbel ihre Position als Mätresse nicht halten. Ob Vorkommnisse zu ihrem „Sturz“ führten oder der Herzog ihrer einfach überdrüssig wurde, kann dabei nicht genau rekonstruiert werden. Schon 1700, also knapp ein Jahr nachdem sie in Schwerin eintraf, ging sie im schwangeren Zustand auf Wunsch des Herzogs eine Ehe mit seinem damaligen Kammerdiener Thomas Streit ein und verschwand vom Hofe.111 Länger und einflussreicher gestaltete sich die Beziehung zwischen Carl Leopold und seiner Mätresse Friedrica Wilhelmina von Mecklenburg, verheiratete von Wolffradt. Das Verhältnis zwischen dem Herzog und seiner natürlichen Nichte – sie war das Produkt einer Liaison des Herzogs Friedrich Wilhelm mit einer gewissen Johanna Schwan – dauerte fast zwei Dekaden. Wahrscheinlich entsprangen zwei Kinder, Carl Leopold von Wolffradt und Emanuel von Mecklenburg, dieser Verbindung. Der Herzog arrangierte 1719 die Hochzeit zwischen dem siebzehnjährigen Hoffräulein und seinem engen Vertrauten, dem Geheimen Rat Hermann Christian von Wolffradt, unter „Ansehung der von dem Bräutigamb nunmehro in die Vier und Zwantzig Jahre, uns und unsere fürstl. Hause bereits geleisteten [Dienste]“.112 Inwieweit diese Ehe eine reine Alibifunktion übernahm, um dauerhaft ungehinderten Zugang zu dem Fräulein zu erhalten und ihre Versorgung zu gewährleisten, muss unbeantwortet bleiben, doch zeugt der im darauffolgenden Jahr zur Welt gekommene Sohn bereits zu diesem Zeitpunkt von Intimitäten zwischen dem Herzog und der Frau von Wolffradt. Da die Vaterschaft in der Literatur teilweise dem Geheimrat zugeschrie-

108 Ebd. 109 Oßwald-Bargende: Die Mätresse, der Fürst und die Macht, S. 96. 110 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 9: Wahrhaffter Bericht undt Umstände S. Höchstseeligst Verstorbenen Hochfürstl: Durch: Friedrich Wilhelm […] gnädigst versprochen aber nicht erfüllten Promessen gegen Streiten undt seiner Frauen nebst Beylagen von Thomas Streit, Berlin 10.1.1714. 111 Ebd., Konzept zum Ehevertrag von Agneta Sabel und Thomas Streit, Mai 1700. 112 Sondersammlung UB Rostock, Familienpapiere v. Wolfradt: Verschreibung von Herzog Carl Leopold, Dömitz 1.9.1719 (Abschrift von 1738).

64 Familie ben wurde,113 lässt vermuten, dass Madame de Wolffradt noch nicht als offizielle Mätresse in Erscheinung trat. Diese Funktion übernahm sie erst im Danziger Exil, wo sich die herzogliche Familie seit Dezember 1721 aufhielt. Lange blieb die rechtmäßig angetraute Herzogin nicht bei ihrem Mann in Danzig. Ob deren kurzzeitiger Aufenthalt der Anwesenheit der „gnädigen Frau“, wie die Wolffradt von da an genannt wurde,114 oder nicht doch eher den dürftigen Verhältnissen der Umgebung geschuldet war, sei dahingestellt. Auf jeden Fall reiste Katharina Iwanowna zusammen mit ihrer kleinen Tochter weiter nach Russland und kehrte nie wieder zurück.115 Die unruhige Situation, in der sich der Herzog und sein Land befanden, prägte die folgenden Jahre des Zusammenlebens zwischen Carl Leopold und seiner Mätresse. Nach dem Exil in Danzig lebte Friederica Wilhelmina, die zuvor pikanterweise durch das aktive Zutun des Herzogs zur Witwe geworden war,116 offiziell als erste Frau an der Seite Carl Leopolds. Sie übernahm die typischen Funktionen einer Mätresse. Als Mittlerperson zwischen Bittstellern und dem Herzog regulierte sie den Zugang, obendrein erfüllte sie Repräsentationsaufgaben zum Beispiel bei Taufpatenschaften.117 Trotzdem blieb ihre Position angreifbar, was die Konfliktsituation in Wismar 1735 im Zuge der „Wendessen-Affäre“118 verdeutlicht. Nachdem sie regelrecht aus 113 Franck: Des Alt- und Neuen Mecklenburgs Sechzehendes Buch, S. 24; Gesterding: Genealogien und beziehungsweise Familienstiftungen, S. 218. Allerdings deuten alle Indizien auf eine Paternität von Herzog Carl Leopold hin. 114 Vitense: Geschichte von Mecklenburg, S. 259. 115 Vgl. für ihren weiteren Lebensweg Grigorian: Die Romanows, S. 23–27. 116 Ihr Ehemann starb im Laufe der „Dömitz-Affäre“. Nachdem der Geheime Rat von Wolffradt lange Jahre in der Gunst des Herzogs gestanden hatte, wurde 1721 ein Inquisitionsverfahren gegen ihn eröffnet. Er und seine Mitangeklagten, der Geheimschreiber Scharff und der Bürgermeister von Dömitz, Brasch, sollten an einer Verschwörung gegen Carl Leopold beteiligt gewesen sein. Während zwei Soldaten sofort hingerichtet wurden, wurden die drei Hauptangeklagten erst nach zweijähriger Haft zum Tode verurteilt – obwohl nie eindeutige Beweise ihrer Schuld existierten. Vgl. Wick: Versuche zur Errichtung des Absolutismus, S. 157–158; auch Boll: Geschichte Meklenburgs, S. 246. 117 Zwischen 1730 und 1732 übernahm sie bei jeder Taufe in der Schweriner Schlosskirche die Position als erste Gevatterin. Ab 1732 ging ihre Dominanz zurück, auch wenn sie sich weiterhin an einzelnen Taufakten beteiligte, vgl. Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69554: Kirchenbuch, Schweriner-Schlosskirche, 1730–1734. 118 Der Hofmarschall Baltasar Henning von Wendessen ließ seinen Diener, der indiskreterweise Informationen an den Herzog weiterleitete, die einen Kontakt zwischen seinem Herrn und der kaiserlichen Kommission vermuten ließen, durch in Wismar ansässige Schweden verprügeln. Der Herzog, der sich in seinen Machtbefugnissen angegriffen sah, entließ Wendessen und forderte die sofortige Räumung der durch ihn selbst angemieteten Zimmer. Der ehemalige Hofmarschall weigerte sich, woraufhin es zu Handgreiflichkeiten zwischen ihm und dem Herzog kam, infolgedessen er von herzoglichen Soldaten zusammengeschlagen wurde. Nach zwei Tagen Haft, einem Entschuldigungsschreiben und der Fürsprache der schwedischen Kommandantur wurde Wendessen freigelassen und entfloh bald darauf dem Umkreis des Herzogs; vgl. zusammenfassend die Ereignisse Glöckner: Nicht die feine Mecklenburgische Art; aus der Sicht des Hofmarschalls, Wendessen: Wahrhaffte Relation.



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dem Haushalt des Herzogs geflohen war, stellte sie eine Reihe von Forderungen, damit sie die Beziehung fortführe. Die Wolffradt versicherte, nicht „caprisiös“ sein zu wollen, doch verlangte sie die Erfüllung ihrer Punkte und drohte ansonsten mit dem „Eid zu Gott zu gehen“.119 Als Begründung führte sie die Notwendigkeit an, für sich und ihre Kinder sorgen zu müssen. Die ausgesprochen nachdrücklich gestellten Forderungen, die ihren Ruf und eine finanzielle Absicherung tangierten, illustrieren die ambivalente Machtposition, in der sich die „gnädige Frau“ befand. Als eine von der Gunst des Herzogs abhängige Person im sozialen Gefüge des Hofstaates war ihre Position durch Anfeindungen Dritter besonders gefährdet. Gleich im ersten Punkt beanspruchte sie Schutz vor übler Nachrede, was als Hinweis gelten mag, dass sie ihre Verletzlichkeit stets bewusst im Auge behielt. In ihrer Lage blieb ihr soziales Kapital beständig angreifbar, besonders wenn sie sich der Attacken „solche[r] Mäuler“ nicht erwehren konnte, da diese Personen es vorzogen, unbenannt zu bleiben.120 Allerdings erwuchs eine Gefahr für ihre Stellung nicht nur durch das Gerede beim Herzog, sondern auch durch despektierliches Verhalten der offiziellen Hofangehörigen wie des Hofmarschalls Deder. Der höfische Umgang, mochte er im Wismarer Exil auch noch so rudimentär ausgestaltet sein, bedurfte der ständigen Vergewisserung der eigenen Position durch Ehr- und Rangbezeugungen der Teilnehmer. Ausbleibende Ehrbezeugungen schwächten ihre Position innerhalb des sozialen Gefüges, da sie den fehlenden Rückhalt des Herzogs implizierten. Vehement forderte sie ihn auf, „doch die leute anzubefehlen das sie allen respect vor mich haben sollen“.121 Sie brauchte die Unterstützung des Herzogs, um den in ihren Augen angemessenen Rang durchzusetzen. Wenn sie hinsichtlich ihres Ansehens das aktive Eingreifen des Herzogs erbat, so stellt der zweite, mehrere Punkte umfassende Teil ihres Forderungskatalogs das genaue Gegenteil dar. Indem sie finanzielle Sicherheiten verlangte, machte sie sich von dem Fürsten unabhängig. Das Geld und die materiellen Versprechungen halfen nicht nur, ihren zukünftigen Lebensstatus abzusichern, sondern ihr auch einen Lebensstil zu gewährleisten, „als es Eine honete Frau zu kömt“.122 Die Selbstinszenierung als eine ehrbare Dame diente wiederum dem Akt der symbolischen Kommunikation zur Status- und Rangsicherung. Madame de Wolffradt verfügte über einen beachtlichen Handlungsspielraum, der auf der starken Zuneigung des Herzogs fußte. Im Zuge dieser Affäre ließ der Herzog gegenüber Vertrauten, die die Vorkommnisse schriftlich publik machten, verlautbaren, „[er] hätten Land- und Leute verlohren, aber es wäre Ihnen nicht so 119 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 23: Schreiben Friederica Wilhelmina von Wolffradt an Herzog Carl Leopold, Wismar 10.10.1735. 120 Vollständig lautet der 1. Punkt: „keine argen gedancken gegen mich zu hegen sondern wenn solche Mäuler kommen und was von mir sprechen, sie dazu anzuhalten daß sie solches beweisen und mir sie zu nennen wer sie sein, auch wenn sie nicht wahr machen können was sie sprechen, davon zu straffen und mit mir nicht zu schelten oder altertion ohne mein Verschulden zu machen“. Ebd. 121 Ebd. 122 Ebd.

66 Familie empfindlich, als diese affair“.123 Der Streit des Paares, der sich vor Augen und Ohren der Wismarer Bevölkerung und unter Mitwirkung des schwedischen Tribunals vollzog, zeigt die Ambivalenz der Machtverhältnisse in der Beziehung. Eine klare Zuordnung von Dominanz des Fürsten und Unterordnung der Mätresse liefe anhand dieses Beispiels ins Leere. Das fordernde, selbstbewusste Auftreten der Wolffradt sowie die im fragwürdigen Licht erscheinende Hinrichtung ihres Mannes sorgten für ihren schlechten Ruf bei den in Moralfragen ohnehin nicht zimperlichen Publizisten des neunzehnten Jahrhunderts. So titulierte Eduard Vehse die Mätresse als „eine der frechsten ihrer Zeit“,124 wahrlich ohne irgendwelche Belege für diese Aussage zu liefern. Ein von den Chronisten und Geschichtsschreibern negativ entworfenes Charakterbild teilte sie mit dem Großteil ihrer Schicksalsgenossinnen, denn nur die wenigsten Mätressen waren so positiv konnotiert wie die Geliebte von Herzog Carl Eugen von Württemberg, Franziska Theresia Reichsgräfin von Hohenheim.125 Generell litten die Favoritinnen in der Frühen Neuzeit unter schlechter Presse, da sie scheinbar die Entscheidungsprozesse unbotmäßig beeinflussen konnten und damit die kollegialen Leitungsgremien, denen allein die Legitimität zugesprochen wurde, in den Schatten stellten.126 Traf dieser Vorwurf Favoriten beiderlei Geschlechts, so kam bei Frauen erschwerend die Unterstellung hinzu, dass die Einflussnahme vor allem in der sexuellen Beziehung begründet lag. Sexuelle Ausschweifungen an königlichen Höfen dienten als Symbol für politische Korruption und waren in der Presse, insbesondere der französischen, allgegenwärtig. Die „Schmähschriften“ über die Mätressen ermöglichten dezidierte Hofkritik. Ihr, dem bösen Einzelwesen, wurde die Verantwortung für die politischen Missstände aufgebürdet, da sie sich als Verkörperung des Absolutismus nicht an das Recht zu halten hatte.127 Jens Ivo Engels führt dies auch auf prinzipielle Vorbehalte gegenüber jedweder Art weiblicher Machtausübung zurück, indem die öffentlich handelnde, selbstbestimmt-aktive und einflussreiche Frau als Paradox wahrgenommen wurde. Die patriarchale Gesellschaftsordnung ließ für sie nur begrenzte Einflussmöglichkeiten zu. Sobald die Frau eine Stellung innehatte, in der sie Macht ausübte, geriet sie schnell in den Verdacht, „unnormal“ zu sein, was gerne auf sexuelle Defekte wie Asexualität oder im Falle der Mätresse treffender auf eine übermäßig gesteigerte Sexualität zurückgeführt wurde.128 Wenn zudem noch der Faktor der zweifelhaften Herkunft hinzukam, lag die gesellschaftliche Verurteilung nicht nur im Handeln, sondern bereits in der Geburt als self-fulfilling prophecy begründet. So verwundert es nicht, dass David Franck die Mätresse Carl Leopolds als „in Unkeuschheit ge123 Sondersammlung UB Rostock, Mss. Meckl. B.703 (8) 32: Curieuse Zeitungen aus Wismar, Wismar 14.10.1735. 124 Vehse: Mecklenburgs Hof und Adel, S. 299. 125 Wagner: Herzog Karl Eugen von Württemberg, S. 121–143. 126 Kaiser: Reichsfürsten und ihre Favoriten, S. 17. 127 Weisbrod: Von Macht und Mythos der Pompadour, S. 277; Dade: Madame de Pompadour, S. 12. 128 Engels: Königsbilder, S. 216–217.



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zeugte und zur Unkeuschheit gemißbrauchte Wolffrädtin“129 betitelte und damit ausdrücklich auf ihre uneheliche Herkunft anspielte.

Geliebte Die Unterscheidung zwischen Mätresse und Geliebte ist angesichts der ausgesprochen kritischen Quellenlage zu vielen Frauen in einigen Fällen nur schwer zu treffen. Wahrscheinlich noch während seiner ersten Ehe unterhielt Herzog Carl Leopold eine langfristige Beziehung zu Margarethe Dorothea Greler, mit der er mehrere Kinder zeugte. Obwohl das Verhältnis Jahre andauerte, sind nur spärliche Informationen zu der Frau überliefert, was vermuten lässt, dass sie nie offiziell in Erscheinung trat, sondern mit Carl Leopold hauptsächlich in Doberan verkehrte.130 Neben den längerfristigen Beziehungen zu einigen wenigen Frauen genossen die Herzöge des achtzehnten Jahrhunderts auch kurzzeitige Arrangements, die wahrscheinlich dem direkten Umfeld bekannt, aber in weiteren öffentlichen Kreisen keine Verbreitung fanden, so dass ein Kapitalzuwachs für die Frau, sei es in ökonomischer oder sozialer Hinsicht, nur marginal erreicht werden konnte. Der einhundert Jahre später regierende Herzog Friedrich Franz I. führte in dieser Hinsicht ein besonders ausschweifendes Leben. Keine seiner Frauen erreichte den Status einer Mätresse, was nicht nur zeitlich bedingt gesehen werden muss, sondern auch im Zusammenhang mit dem sozialen Umfeld stand, aus dem er seine Geliebten rekrutierte. In Anbetracht seiner Ablehnung des Hofstaates erstaunt die Wahl der Gespielinnen, die ihm eine Distanzierung vom unbeliebten Residenzleben verschafften, nicht weiter.131 Die größten Freiheiten boten sich dem Herzog beziehungsweise späteren Großherzog in seinem innig geliebten Sommersitz in Doberan/Heiligendamm, wo die Standesgrenzen zum Teil nicht nur verwischten, sondern er weitgehend frei von Etikette ungehemmt leben konnte.132 Der ungezwungene Umgang im Heilbad erlaubte ihm offenere Kontakte zu weiblichen Personen zweifelhaften Rufes, wie die Situation kritisch in einem Bericht an die Neustrelitzer Regierung geschildert wird: „Traurige FreudenMädchen sind überflüssig anwesend. Von ihnen wohnt ein ziemlich freches Exemplar bei dem Herzog, assitiert beim Spiel, wenn der Herzog bank macht in seinem

129 Franck: Des Alt- und Neuen Mecklenburgs Sechzehendes Buch, S. 227. 130 Margareta Dorothea wurde 1694 als Tochter von Joachim Grölert geboren, vgl. Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69072: Kirchenbuch Doberan. 131 In seinem Tagebuch vom Jahr 1828 schrieb er offen seine Gedanken zum Leben am Hofe nieder, so begann er zynisch mit folgender Einleitung: „dieses saubere Leben, bestehet in 1) ewiger Einformigkeit, 2) aus intrigue 3) Mistrauen einer gegen den anderen, daher entsteht dem ein unausstendiges Leben, für den … da täglich mit dieser Gesellschaft leben soll – dazu kommen noch 4) manche jerante und unangenehme Famillien verhältnisse …“. Im Anschluss führte er die Punkte, die sein Widerwillen erregten, genauer aus, vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 4399: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz I., 1828. 132 Hirschfeld: Friedrich Franz II., S. 81.

68 Familie Hause, und umarmt frank und frei nach Gelegenheit seine und die übrigen Spieler! Das ist doch sehr sehr arg […].“133 Der Bericht entstand zu einem Zeitpunkt, als der über fünfzigjährige, kürzlich verwitwete Herzog sich in seinen außerehelichen Eskapaden bereits zurücknahm. Seine „Sturm-und-Drang-Phase“, in der er viele kurzlebige Affären genoss, die zu sechs, jeweils mit unterschiedlichen Müttern gezeugten unehelichen Kindern führten, erlebte er zwischen 1787 und 1790. Ohnehin gebaren ihm nur zwei Frauen mehr als ein Kind, was ein deutlicher Beleg für längerfristige Arrangements ist. Die Mutter der Kleinow-Schwestern, Madame Saal, später verheiratete Bode, entstammte als Tochter eines Hofmusikers ebenso einem Künstlerkreis wie seine große Altersliebe, die Schauspielerin Louise Müller, die vor allem in Heiligendamm an seiner Seite weilte. Die Schauspielerei entsprach dem „klassischen“ Mätressen- beziehungsweise Geliebtenmilieu par excellence – zumindest in den Augen des Publikums, bei dem die Vorurteile bezüglich der „sittenlosen Aktricen“ weit verbreitet waren.134 Die unerlässliche physische Attraktivität,135 eine erotische Bühnenpräsenz und das Verschmelzen von Rollenbild und realer Person machten die Schauspielerin zur Projektionsfläche so mancher männlichen Phantasie. Begünstigt durch die finanziell ungesicherten Verhältnisse der Frauen konnten die Herren von Stand ihre erotischen Wünsche auch ausleben. Eine der berühmtesten Beispiele ihrer Zeit war die in Weimar tätige Caroline Jagemann, offizielle Mätresse von Großherzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach, die es nicht nur schaffte, den Posten der Operndirektorin einzunehmen, sondern auch für sich und ihre Kinder den Adelstitel von Heygendorff verliehen zu bekommen.136 Trotz einer fast zwanzig Jahre währenden Beziehung zwischen Friedrich Franz I. und Madame Müller,137 in der auch die gemeinsamen Kinder Ludwig Christian Helmuth Mecklenburg und Friedericke Mecklenburg geboren wurden, sind keinerlei Hinweise überliefert, dass der Herzog seiner Geliebten eine ähnliche Ehre zuteil werden lassen wollte. Ebenso wenig strebte er, obwohl seit 1808 verwitwet, eine Legalisierung der Verhältnisse durch eine morganatische Eheschließung an. Selbstverständlich versorgte der Herzog sie und den Nachwuchs, worauf später noch einzugehen sein wird, aber er unternahm keine Versuche der Statuserhöhung. Keine seiner Geliebten besaß die Hoffähigkeit, weshalb den Damen der offizielle Zugang zu den beim Herzog unbeliebten Hofkreisen verwehrt blieb. Wahrscheinlich lag 133 LHAS, 4.11-1, Nr. II/309: Brief von Oertzen an von Pentz, 5.8.1808, fol. 46–48; auch zitiert in Manke: Geburtstagsgedichte für Großherzog Friedrich Franz I., S. 420. 134 Puschmann: Fahrende Frauenzimmer, S. 145. 135 Laermann: Die riskante Person in der moralischen Anstalt, S. 154. 136 Becker-Cantarino: Von der Prinzipalin zur Künstlerin, S. 117–126. 137 Im Oktober 1809 findet Louise Müller zum ersten Mal Erwähnung bei der Spielkasse, als sie 10 Rthl. Gold bekommt, ab November findet sich ihr Name auch bei den allgemeinen Ausgaben wieder, da sie 50 Rthl. monatlich erhält, vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 10937: Schatullberechnungen 1809.



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darin einer der Gründe für seine Passivität in dieser Angelegenheit. Neben der Rücksichtnahme auf familiäre und höfische Interessengruppen vollzog Friedrich Franz somit deutlich die Trennung zwischen seiner offiziellen Regierungstätigkeit als Landesherr und seinem privaten Amüsement, zumindest in Ludwigslust und Schwerin. Ohnehin basierte diese Haltung nicht auf der Intensität der Beziehung, die, ähnlich wie im Falle Wolffradt und Carl Leopold, im internen Macht- und Einflussgefälle keineswegs asymmetrisch war. Zeugnis davon liefern seine Tagebuchaufzeichnungen. Penibel hält er ihr körperliches Wohlbefinden ebenso wie ihre Abreisen und Ankünfte fest und gibt Einblick in seine Verwirrung und Verzweiflung, als ihn Müller nach heimlicher Heirat mit dem Schauspieler Eduard Gerlach überstürzt verlässt. Die Gefühlslage des fast siebzigjährigen Großherzogs schwankte zwischen Hoffnung am Anfang der Krise, als ihm die Bestätigung der Ehe mitgeteilt wurde, und vollkommener Bestürzung, als die endgültige Trennung von seiner Müller vollzogen war.138 Die Affäre, die er im Verhältnis zu den üblichen Tagebucheinträgen in seiner emotionalen Betroffenheit recht intensiv dokumentierte, beschäftigte ohne Zweifel den ganzen Hof und fand auch außerhalb der Landesgrenzen Beachtung.139 Die Aufzeichnungen zeigen das Bild eines alternden Liebhabers, dessen ganzes Handeln und Denken auch in der darauffolgenden Zeit bis zu dem plötzlichen Tod seiner ehemaligen Geliebten im November 1829 auf diese Frau ausgerichtet war.140

3.2.1 Versorgung der Frauen – finanzielle Absicherung der Kinder? Die Mätresse beziehungsweise Geliebte eines Herzogs zu sein, ging einher mit handfesten ökonomischen Vorteilen für die Damen. Wenn sie es schafften, sich über einen längeren Zeitraum die Gunst des Herrschers zu erhalten, konnten sie ziemlich sicher sein, auch für die Zeit darüber hinaus eine zumindest grundlegende finanzielle Versorgung zu erreichen. Spätestens in dem Moment, in dem sich eine Schwangerschaft abzeichnete, wurden im Regelfall umfangreiche Vorkehrungen für eine finanzielle Absicherung der Mutter als auch des Kindes getroffen. Solange die Vaterschaft zweifelsfrei feststand, stellten sich die Herzöge zumeist den finanziellen Verpflichtungen. 138 Noch ein Jahr später, Müller verließ ihn an diesem Tag, schrieb er zum 17. März: „Heute vor einem Jahr war für mich dem datum nach der traurigste tag des Lebens …“, LHAS, 2.26-1, Nr. 4399: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz I., 17.3.1830. 139 Zumindest wurde der Erbgroßherzog Paul Friedrich von verschiedenen Seiten über die Vorkommnisse unterrichtet, LHAS, 2.26-1, Nr. 4968: Brief des Sekretärs Prosch an Erbgroßherzog Paul Friedrich, Ludwigslust 17.2.1829; LHAS, 2.26-1, Nr. 4974: Brief des Leutnants von Zülow an den Erbgroßherzog Paul Friedrich, o. O. Februar 1829. 140 Der Tageseintrag zu ihrem Tod lautet: „Heute Abend erhielte ich die Traurige mir höchst niederschlagende Nachricht daß die liebe gute Müllern (leider verehelichte Gerlach) in der Nacht vom 10 auf d. 11 dieses Monats an der BrustWaßersucht und Leberverhärtung in Bamberg gestorben ist“, LHAS, 2.26-1, Nr. 4399: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz I., 19.11.1829.

70 Familie Selbstverständlich variierten die ausgeloteten Unterstützungsgelder abhängig von der Intensität der Beziehungen, aber auch dem Geburtsstand der Frau. Die Versorgungsmaßnahmen waren schematisch ähnlich angelegt. Solange die Frau unverheiratet blieb, erfolgten regelmäßige, zum Teil recht üppige Zahlungen. Der Eintritt in den Ehestand wurde durch Gelder für die Mitgift unterstützt, bedeutete für die Frau meistens aber auch das Ende ihres finanziellen Beistandes, wovon das Kind jedoch nicht unmittelbar betroffen sein musste. Die Renterei- beziehungsweise Schatullbelege weisen regelmäßige Zahlungen an die Damen nach. Während Herzog Friedrich Wilhelm vor allem Madame Wedemann, der Mutter des von ihm protegierten Friedrich Wilhelm von Mecklenburg, jährlich dreihundert Reichstaler zuwies,141 wurde die Privatkasse des späteren Herzogs Friedrich Franz I. wesentlich stärker beansprucht. Zwei Frauen, Demoiselle Saal und Madame Müller, kamen in den Genuss einer überdurchschnittlich hohen finanziellen Versorgung. Demoiselle Saal, die Tochter eines Hofmusikers, schenkte Friedrich Franz I. zwei Töchter. Wenige Jahre später, die Töchter waren drei und vier Jahre alt, setzte sie bei dem Herzog einen rechtsgültigen Vertrag durch, der ihren Unterhalt gewährleistete. Friedrich Franz I. vermachte vierzigtausend Reichstaler mittels Schenkung, „da wir derselben ein für Uns und sie anständige Versorgung schuldig zu sein glauben“.142 Zudem erklärte sich der Herzog bereit, Ausgabeposten wie die Besoldung ihres Personals, Zulagen für kleinere Reisen und Fourage für die Pferde zu übernehmen.143 Ob er zu diesem Zeitpunkt immer noch sexuelle Kontakte zu ihr unterhielt, ist unklar. Tendenziell spricht der Vertrag dagegen. Der Herzog forderte kein weiteres ihm Treue gebietendes Verhalten, sondern begründete die Zahlungen mit seiner moralischen Verpflichtung. Demoiselle Saal konnte nur bedingt das Kapital ihr Eigen nennen, da die Schenkung lediglich bis zu ihrem Tode Gültigkeit besaß. Die ihr zur Verfügung stehenden Zinsen beliefen sich auf zweitausenddreihundert Reichstaler jährlich. Somit war das Geld ausdrücklich an sie, nicht an die Kinder gebunden. Darüber hinaus erhielt sie einige Jahre später das von ihr bewohnte Haus mit den dazugehörigen Pertinenzien als persönlichen Besitz. Nicht allein die Geliebte, auch ihre Familie profitierte von der intimen Beziehung zum Herzog. Kurz vor der Geburt des ersten Kindes wurden das Gehalt des Vaters aufgestockt, seine Schulden übernommen sowie andere finanziellen Belastungen durch den Herzog getragen – es ist unwahrscheinlich, dass es sich dabei um eine rein zufällig zeitliche Koinzidenz handelte.144 Selbst wenn Saal als Hofmusiker keine einflussreiche Position in der Hofhierarchie besetzte, so war doch der Zugang zum Hof 141 LHAS, 2.22-1, Nr. 208/212/216/220: Hauptregister der Jahre 1704–1708. 142 LHAS, 2.26-1, Nr.  4171: Vertragsentwurf von Herzog Friedrich Franz I., Schwerin 14.2.1798. 143 Ebd., Zusicherung von Herzog Friedrich Franz I. für Demoiselle Saal, Ludwigslust 2.3.1798. 144 LHAS, 2.26-1, Nr. 7040: Konzeptschreiben von Herzog Friedrich Franz I. an den Hofmusikus Saal Senior, Ludwigslust 10.8.1793.



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und zum Umfeld des Herzogs im weitesten Sinne möglich. Dadurch lebte seine Tochter nicht isoliert in der Nähe des Herzogs, sondern konnte auf familiäre Netzwerke und Vertraute zurückgreifen, sicherlich nicht zum Schaden ihres Ansehens. Auch als Friederika Louise Saal 1809 den Hof- und Harmonienmusiker Carl Friedrich Bode heiratete, konnte sie die Beibehaltung der für sie so vorteilhaften finanziellen Einigung weitgehend durchsetzen. Nach wie vor erhielt sie die Zinsen des legierten Kapitals, musste aber ab sofort alle weiteren Unterhaltsposten alleine tragen. Zusätzlich wurden zehntausend Reichstaler zur freien Disposition ausgelotet, falls ihr Mann oder zukünftige Kinder sie überlebten.145 Selbst nach ihrem Tod 1831 blieb der Großherzog seiner ehemaligen Geliebten verbunden, indem er ihren Begräbnisort bestimmte und für die Kosten aufkam.146 Ähnlich generös wie bei Demoiselle Saal zeigte sich Herzog Friedrich Franz I. nur gegenüber Madame Müller. Noch bevor er mit ihr gemeinsame Kinder zeugte, sicherte der Herzog seiner Geliebten jährlich achthundert Reichstaler zu. Sogar deren Kinder aus einer vorhergegangenen Beziehung waren mit eingebunden, sie sollten im Todesfall der Mutter einen jährlichen Unterhalt von vierhundert Reichstalern erhalten.147 Nach der Geburt seiner Kinder Ludwig und Friedericke Mecklenburg wurde die Versicherung dahingehend spezifiziert, dass die beiden eine jährliche Rente von dreihundert Reichstalern auf Lebenszeit zugesprochen bekamen.148 Zudem schenkte der Herzog der Müller ebenso wie Louise Saal ein Haus in Ludwigslust.149 Madame Müller konnte sich diese Privilegien sogar nach ihrer heimlichen Heirat bewahren. Im Gegensatz zu der Ehe von Saal und Bode, die mit Dispens des Herzogs erfolgte, war die Ehe zwischen Müller und dem Schauspieler Gerlach ohne Einverständnis und Wissen von Friedrich Franz I. geschlossen worden. Damit ging sie ein nicht geringes Risiko ein. Die ihr ausgestellte Zusicherung von 1822, die im Wesentlichen die Punkte von 1809 und 1813 wieder aufgriff, beinhaltete den von Friedrich Franz gewünschten Passus, dass „gedachte Louise Müller nach Unseren Verlangen, während Unsere Lebenszeit bey Uns verbleiben, und sich dabey stets zur Unseren völligen Zufriedenheit in Treue gegen Uns betragen wird“.150 Dieser Punkt hätte ihm ermöglicht, auch im rechtlich einwandfreien Sinne die Zahlungsverpflichtung aufzuheben. Stattdessen bestätigte der Herzog, nachdem er von ihrer Ehe und dem

145 LHAS, 2.26-1, Nr. 4171: Bekräftigungsakte für Friedricke Saal, Ludwigslust 25.6.1808. 146 LHAS, 2.26-1, Nr. 4185: Schreiben von Landesbaumeister Groß an Großherzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 23.9.1831. 147 LHAS, 2.26-1, Nr. 4147: Versicherung von Herzog Friedrich Franz I. an Louise Müller, Ludwigslust 20.12.1809. 148 Ebd., Notiz von Großherzog Friedrich Franz I., undatiert; später dann Wiederholung der Versicherung Großherzog an Louise Müller, Ludwigslust 26.3.1822. 149 Ebd., Schenkungsbrief Herzog Friedrich Franz I. an Louise Müller, Ludwigslust 1.1.1813. 150 LHAS, 2.26-1, Nr. 4150: Versicherung Großherzog Friedrich Franz I. an Louise Müller, Ludwigslust 26.3.1822.

72 Familie Wunsch, das Land zu verlassen, erfahren hatte, die lebenslange Pension, die nun auch außerhalb des Landes ausgezahlt werden sollte.151 Die großzügigen finanziellen Absicherungen von Saal und Müller entsprachen nicht der Regel, sondern stellen zwei herausragende Sonderfälle dar. Obwohl auch andere Frauen Zusicherungen für eine finanzielle Unterstützung oft schriftlich erhielten und diese auch in Anwesenheit von Zeugen ausgesprochen wurden, besaß der Herzog in solchen Fragen durchaus einen Handlungsspielraum, den er zu nutzen wusste. Beispielhaft verdeutlicht dies der Fall einer Madame Schmidt, die ab dem Zeitpunkt ihrer Niederkunft jährlich dreihundert Reichstaler Gold erhalten sollte, eine durchaus stattliche Summe für eine Frau niederer Herkunft, und zudem die einmalige Zahlung von eintausend Reichstalern. Die Summe wurde als Abfindung bei einer Verehelichung heraufgesetzt, nachdem klar war, dass es sich um einen Knaben handelte.152 Zahlungen fanden über Jahre hinweg statt, fielen aber wesentlich geringer als ursprünglich vereinbart aus. Auch ihre zehn Jahre später eingereichte Eingabe verschaffte ihr weniger als die Hälfte der ausstehenden Gelder. Obwohl die prinzipielle Rechtmäßigkeit der Forderung nicht in Frage stand, versagte man die vollständige Abgleichung der Schuld. Das eigenhändige Schreiben des Herzogs wurde aufgrund der Formlosigkeit anstatt als vollgültige Verschreibung eher als Absichtserklärung gedeutet.153 Trotz letztendlich schriftlicher Versicherungen blieb die Basis der Zahlungen das Wohlwollen des Herrschers, da sich eine mögliche Klage schon aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses, in dem sich ihr Ehemann befand, aber auch im Hinblick auf die finanziellen Belastungen eines Gerichtsprozesses verbot. Somit waren schriftliche oder mündliche Zusicherungen über regelmäßige Geldzuwendungen für die Frauen durchaus risikobehaftet. Zu viel hing von der Gunst des Herrschers ab. Die Verschreibung von Grundbesitz bot hingegen größere finanzielle Sicherheit. Der rechtmäßige Ankauf oder die Überschreibung von Besitz erschwerten eine spontane Rücknahme des Geschenkes, insbesondere auch in Bezug auf nachfolgende Generationen. Im gesamten Untersuchungszeitraum stellte die Übertragung von Häusern deshalb ein probates, für die Frauen erstrebenswertes Mittel der finanziellen Unterstützung dar. Sowohl die beiden zuvor erwähnten Geliebten von Friedrich Franz I., Saal und Müller, profitierten von geschenkten Häusern als auch die vorangegangenen Mätressengenerationen. Herzog Carl übertrug seiner „Haushälterin“ Anna Deelen ein Haus in Neubrandenburg,154 Herzog Friedrich Wilhelm über-

151 LHAS, 2.26-1, Nr.  4159: Versicherung von Großherzog Friedrich Franz  I., Schwerin 20.02.1829. 152 LHAS, 2.26-1, Nr. 4171: Dotationsbrief von Herzog Friedrich Franz I. an Friederike Saal, Ludwigslust 26.9.1805. 153 LHAS, 2.26-1, Nr. 4199: Schreiben von der Lühe an Herzog Friedrich Franz I., Schwerin 22.4.1797. 154 LHAS, 2.12-1/11, Nr. 54: Testament von Herzog Carl I., 23.10.1604.



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ließ seiner Mätresse Agnese Säbel bei ihrer Verheiratung ebenfalls ein Wohnhaus.155 Herzog Carl Leopold vermachte Margarethe Dorothea Greler und seinen mit ihr gezeugten Kindern das uralte adlige Gut Toitenwinkel samt den dazugehörigen Höfen.156 Gleichsam ist zu beobachten, dass alle Übertragungen von Grundbesitz erst in Betracht gezogen wurden, wenn es galt, uneheliche Kinder zu versorgen. Während die Frauen von Friedrich Franz I. selbst über den Besitz entscheiden konnten, wurde in den vorherigen Jahrhunderten zumeist ausdrücklich in den Verträgen die Erbberechtigung der natürlichen Kinder festgelegt. Neben regelmäßigen Zuwendungen von Geld und Wertgegenständen nutzten die Herzöge zur Versorgung ihrer Affären mitunter die Option, diese entsprechend zu verheiraten. Auch wenn es im achtzehnten Jahrhundert durchaus vorkam, dass die Herzöge nach der Verehelichung ihrer Mätressen weiterhin mit ihnen intim verkehrten, wie bei Herzog Friedrich Wilhelm mit der Oberjägermeisterin von Bergholtz sowie Herzog Carl Leopold mit Friederica Wilhelmina von Wolffradt geschehen, wurde dieses Mittel hauptsächlich angewendet, um den „abgelegten“ Frauen ihren Lebensunterhalt zu gewährleisten. In dem Moment, da der Fürst die Frauen fallen ließ, gab er sie schutzlos der gesellschaftlichen Ächtung preis. Mochte vorher der „splendeur ihres amanten“157 den Ansehensverlust als gefallene Frau weitgehend von ihnen abgehalten haben, so konnten die Damen nicht darauf vertrauen, dass dies auch zukünftig der Fall sein würde. Die einzige die Ehre wiederherstellende Maßnahme schien somit die Verheiratung der Beteiligten zu sein. Da ohnehin nach Maßgabe der Einschätzung der Lebensrealitäten der Ehestand in der Vormoderne das einzig erstrebenswerte Lebensumfeld für Mann und Frau konstruierte,158 entsprach der Akt der Verheiratung praktisch der gesellschaftlichen Wiedereingliederung, nachdem die Frau durch das außereheliche Verhältnis zuvor gegen die Ordnungsnormen verstoßen hatte. Die nachträgliche Heirat sühnte das vorher begangene Vergehen.159 Allerdings profitierten nicht nur die Frauen, sondern vor allem auch die Fürsten von einer Eheschließung. Die Verant-

155 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 9: Wahrhaffter Bericht undt Umstände S. Höchstseeligst Verstorbenen Hochfürstl: Durch: Friedrich Wilhelm […] gnädigst versprochen aber nicht erfüllten Promessen gegen Streiten undt seiner Frauen nebst Beylagen von Thomas Streit, Berlin 10.1.1714. 156 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 25: Versicherung von Herzog Carl Leopold über das Gut Toitenwinkel, Rostock Okt. 1713. Der Wert des Gutes Toitenwinkel wurde 1706 auf 70 000 Rthl. taxiert und an Heinrich Christian Sohst verpachtet, ab 1715 an den herzogstreuen Barthold Hans von Zülow. Inwieweit die jährlich 3 000 Rthl. Pacht Greler und den Kindern zugutekam, ist schwer zu rekonstruieren, vgl. für die Geschichte von Toitenwinkel Münch: Toitenwinkel und Rostock, S. 215–228. 157 Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken, S. 93. 158 Hufton: Frauenleben, S. 94–95; Puff: Die Ehre der Ehe, S. 107; ausführlich Roper: Das fromme Haus. 159 Dinges: Ehre und Geschlecht, S. 137.

74 Familie wortung für die Versorgung der Damen übernahm ein anderer Mann, folglich konnten sie sich damit jeglichen potentiellen moralischen Verpflichtungen entziehen. Als Ehepartner boten sich im Dienste des Herzogs stehende Personen an, jedoch variierte das Reservoir an Kandidaten im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert. Die Mätressen des achtzehnten Jahrhunderts besaßen Aussicht auf gesellschaftlich höher stehende und finanziell besser ausgestattete Partien als die Geliebten von Friedrich Franz I. Die Herzöge Friedrich Wilhelm und Carl Leopold erwählten die zukünftigen Ehemänner aus dem höfischen Umfeld, unabhängig davon, ob diese den Wunsch verspürten zu heiraten oder nicht. Letztendlich hatten die Untergebenen keine Chance, sich dem Willen des Herrschers zu entziehen, solange sie nicht bereit waren, die gegebenenfalls negativen Konsequenzen einer Befehlsverweigerung zu akzeptieren. In dieser Zwickmühle steckte der Oberkammerdiener des Herzogs Friedrich Wilhelm, Thomas Streit, als an ihn die „Bitte“ herangetragen wurde, die vom Herzog abgelegte Mätresse Agnese Säbel zu ehelichen und das ungeborene Kind als das Seinige anzunehmen. Ungeachtet der Tatsache, dass er „Jahr und Tag es refusiret, und viele ungnadet deshalb erlietten hatte“, wie er später betonte, denn er fürchtete die Kosten einer „reichlich zu leben gewohnte fürstl. Maitrese“, willigte er ein. Er hoffte auf „viel gnade undt Wohlergehen von S. D. gantzen Hause Meck.“, schließlich befreie er durch die Heirat „S. D. von einer jährlich großen Unterhaltung“ und helfe, „die gantze fürstl. Familie und [das] gantz Landt [zu] beruhigen“.160 Thomas Streit verlieh seiner Erwartung Ausdruck, durch sein Einlenken nicht nur die Gunst des Herzogs zu vertiefen, sondern auch im Interesse der fürstlichen Familie zu handeln und damit die Sympathie selbiger zu erhalten. Ferner wurde ihm seine Heiratseinwilligung versüßt durch die Bereitstellung eines Hauses und einer Mitgift von zehntausend Reichstalern – allerdings standen aufgrund der Finanzlage vorläufig nur sechstausend Reichstaler zur Verfügung –, weiterhin durch die Beförderung zum Oberkriegskommissar und das Versprechen des Herzogs, ihm auch allzeit zu helfen und ihn nicht zu verlassen, da er sich ja des Kindes annehme.161 Die Verheiratung der Mätresse bedeutete nicht automatisch die Abkehr vom Kind, sondern diente in erster Linie der Versorgung der Mutter. Selbst wenn der Stiefvater das Kind offiziell als sein eigen Fleisch und Blut anerkannte, konnte der fürstliche Nachwuchs durchaus als Pfand für finanzielle Forderungen dienen. Problematisch wurde dies beim Tod des leiblichen Vaters, der im Falle von Friedrich Wilhelm Streit bereits dreizehn Jahre später eintrat. Die vormals mündlich zugesicherte Unterstützung verlor ihre Verbindlichkeit. Die fürstliche Familie fühlte sich gegenüber der Bastardfamilie nur wenig verpflichtet, wahrscheinlich weniger verpflichtet

160 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 9: Wahrhaffter Bericht undt Umstände S. Höchstseeligst Verstorbenen Hochfürstl: Durch: Friedrich Wilhelm […] gnädigst versprochen aber nicht erfüllten Promessen gegen Streiten undt seiner Frauen nebst Beylagen von Thomas Streit, Berlin 10.1.1714. 161 Ebd.



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als in dem Fall, wenn der Junge offiziell den Namen Mecklenburg getragen hätte und nicht von jemand anderen angenommen worden wäre. Mit der Eheschließung ging nicht zwangsläufig die Anerkennung des Bastards als eigenes Kind einher. Während der erste Sohn der Wolffrädtin den Namen des Vaters trug, hieß die Tochter der Buchwalten, verehelichte Oberjägermeisterin Bergholtz, Friederica von Mecklenburg.162 Besonders deutlich tritt dieser Sachverhalt bei den Kindern von Friedrich Franz I. zu Tage. Zwar ließ er seinen erstgeborenen, unehelichen Sohn durch den ihm nahestehenden Kammerlakaien Kentzler als den Seinigen annehmen und erziehen,163 er wurde ebenso wie seine erstgeborene, uneheliche Tochter adoptiert,164 aber überwiegend behielten die Kinder den Namen Mecklenburg, selbst wenn die ehemaligen Geliebten heirateten. Herzog Friedrich Franz I. musste wahrscheinlich weniger beharrlich auf seine Untergebenen einreden als der vorherige Herzog Friedrich Wilhelm. Im Gegensatz zu den barocken Fürsten rekrutierte er die potentiellen Ehemänner nicht aus seinem unmittelbaren Umfeld – einzige Ausnahme mag hier Kentzler gewesen sein – sondern verheiratete die Frauen mit Vorliebe an Verwaltungs- oder Forstbedienstete. Alleine vier Frauen ehelichten Jäger beziehungsweise Förster.165 Gewiss waren auch diese Angestellten dem Herzog verpflichtet gleichwie vormals die Hofangehörigen im achtzehnten Jahrhundert, doch besaßen sie geringes soziales Kapital. Demzufolge mussten weniger finanzielle Mittel aufgewandt werden, um die Kandidaten von den Heiratsplänen zu überzeugen. Sobald die Frauen den Bund der Ehe eingingen, hieß dies in aller Regel, den Schlussstrich unter die gemeinsame Zeit mit dem Herzog zu ziehen, gleichbedeutend mit einer Verbannung aus seiner Nähe. Ausnahmen bildeten wieder einmal Demoiselle Saal, verheiratete Bode, und Madame Müller, spätere Gerlach. Im Gegensatz zu früheren Zeiten pflegte Herzog Friedrich Franz I. bei all seinen Affären, dafür Sorge zu tragen, dass die Frauen im Anschluss heirateten, wenn sie nicht schon vor der herzoglichen Kontaktaufnahme verheiratet waren. Eine im neunzehnten Jahrhundert nicht mehr angewandte Versorgungspraxis von ehemaligen Geliebten war der Rückzug der Damen in ein Kloster beziehungsweise in ein weltliches Damenstift. Vornehmlich adlige Mätressen nahmen diese Alternative für sich in Anspruch. Freilich konnten dort nur wenige eine Karriere machen wie die 162 LHAS, K. 22a: Hofstaatsachen – Bestallungen, Dublette des Testamentes von Melchior von Bergholtz, Stockholm 20.9.1738. 163 In einem Schreiben des Stiefvaters, des Postrats Kentzler, heißt es folgendermaßen: „Franz Adolph Kentzler […] indem es diesem auf meinem Nahmen getauften und für meinen Sohn gehaltenen Manne …“, LHAS, 2.26-1, Nr. 4198: Brief des Postrats Kentzler an Großherzog Friedrich Franz I., Lübtheen 24.1.1824. 164 LHAS, 2.26-1, Nr. 4200: Brief von Franziska Stein, adoptierte Suhr, an Erbgroßherzogin Auguste Friederike, Hornsraten 20.1.1842. 165 Louise Tegern, verh. Suhr, Margarete Elisabeth Bojanowsky, verh. Zarnow, Friederika Christiana Elisabeth Schulzen, verh. Schmidt beziehungsweise Isebarn, sowie Christina Maria Deters.

76 Familie Exmätresse Augusts des Starken, Maria Aurora Gräfin von Königsmarck, im kaiserlich freiweltlichen Damenstift zu Quedlinburg.166 Beispielhafter ist hingegen, wie sich das Leben der ehemaligen Mätresse von Herzog Friedrich Wilhelm, Sophia Magdalena von Plüskow, gestaltete. Im Mai 1695 veranlasste der Herzog, dass Plüskow eine Conventualenstelle im Kloster Rühn „auß sonderbahren gnaden und bewegenden uhrsache“ zugesprochen bekam.167 Bereitwillig übernahm er die üblichen Einkaufsgelder. Zwar hatte bereits der Vater, Hans Albrecht von Plüskow, zehn Jahre zuvor die Zusicherung erwirkt, dass er zwei unbenannte Töchter einschreiben dürfe,168 doch forcierte der junge Herzog das Tempo. Als er die Einschreibung veranlasste, bewohnte noch die Familie des Hofmeisters das der Plüskow versprochene Haus. Ihr im desolaten Zustand befindliches Ausweichquartier bedurfte dringend umfangreicher Reparaturen.169 Im Gegensatz zu den drei Jungfrauenklöstern Dobbertin, Malchow und Ribnitz, die der Nutzung der Ritterschaft unterlagen, stand das Kloster Rühn seit dem Dreißigjährigen Krieg unter dem Einfluss des Herzoghauses, das stets eine mecklenburgische Fürstentochter als „Herzogin-Regentin“ an die Spitze berief. In einem eigenen Haus mit einem Garten lebten die Frauen letztendlich in vollständig getrennten Wirtschaften und häuslicher Selbstständigkeit. Diese Autonomie bescherte dem Zusammenleben nur einen wenig klösterlichen Charakter, trotz fester Regeln zu Besuchs- und Urlaubsmöglichkeiten sowie einzuhaltenden Gebetszeiten. Eher entsprach Rühn einer kleinen, sehr abgelegenen Residenz, der eine Herzogin vorstand, die über einen Hofstaat verfügte.170 Wie sich das Leben von Sophia Magdalena von Plüskow in Rühn gestaltete, ist durch fehlende Quellen schwer zu rekonstruieren. Zwar befand sich das väterliche Gut nur wenige Kilometer entfernt, ebenso ist Korrespondenz zwischen dem Vater und der Herzogin-Regentin Sophie Agnes überliefert, aber als Sophia Magdalena von Plüskow 1703 verstarb, geschah dies in aller Stille und Abgeschiedenheit. Der Kirchenbucheintrag vermerkt ausdrücklich eine Beisetzung ohne jegliche Zeremonien und „Gepränge“171 – ein ungewöhnlicher Vorgang für das Mitglied einer alten, traditionsbewussten Adelsfamilie.

166 Vgl. dazu Kubitscheck: Maria Aurora; Mai: „… ich fange nachgerade an einzusehen, daß es meine Bestimmung ist, Aebtissin zu werden“. 167 LHAS, 2.12-3/2, Nr. 168: Konzeptschreiben Herzog Friedrich Wilhelm, o. O. 1.5.1695. 168 LHAS, 2.12-3/2, Nr. 162: Konzeptschreiben von Herzogin Sophie Agnes an Hans Albrecht von Plüskow, Rühn Mai 1685. 169 LHAS, 2.12-3/2, Nr. 168: Schreiben von Perkentin an Herzog Friedrich Wilhelm, Bützow 8.5.1695. 170 Vgl. zur Geschichte des Klosters Rühn Voss: Kloster Rühn; Das siebenhundertjährige Kloster Rühn. 171 Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 6952: Kirchenbuch Rühn, 6.10.1703.



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3.2.2 Nähe und Distanz: Beziehungen der Mütter zu ihren Kindern Innerhalb des untersuchten Zeitraums unterlag die Intensität der Beziehung zwischen den Müttern und ihren Kindern erheblichen, von verschiedenen Faktoren abhängigen Schwankungen. Entscheidenden Einfluss auf die Bindungsstärke gewann die Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen den Eltern. Solange der Herzog der Mutter mit Respekt und Zuneigung begegnete, folgerte daraus zumeist auch ein engerer Kontakt zwischen Mutter und Kind. Als wesentlich stellte sich in diesem Zusammenhang die Frage dar, inwieweit das Kind in den ersten Lebensjahren bei der Mutter oder zumindest im näheren Umfeld derselben erzogen wurde. In dem Moment, wo die Mutter mit einem anderen Mann den Bund der Ehe einging und damit eine eigene Familie gründete, stieg die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihr Kind bei sich behalten konnte. Seltener blieben die Kinder bei der Mutter, wenn diese alleinstehend ihr Leben verbrachte. Im Gegensatz zu den späteren natürlichen Kindern lebte der Nachwuchs von Herzog Carl in seiner Jugend wahrscheinlich in der Nähe von beiden Elternteilen. Zwar fehlen letztendlich verbindliche Quellenangaben, doch spricht die Dauer der Beziehung zwischen Anna Deelen und Herzog Carl für ein gemeinsames Familienleben mit der leiblichen Mutter. Das Zusammenleben als Kernfamilie im Sinne von Vater, Mutter und Kind erfuhren die nachfolgenden Generationen höchstens, wenn sich die Mutter verheiratete, wodurch sie oft, aber nicht immer, von einem anderen Mann als eigene Kinder angenommen wurden. Die durch die Verheiratung konzipierte Ehegemeinschaft trug grundsätzlich zur Entstehung von Verbundenheit zwischen Mutter und Kind bei. Nähe schuf eine wesentliche Bedingung für den Aufbau enger emotionaler Beziehungen zwischen den Beteiligten, auch wenn selbstverständlich so ein Familienumfeld keine Garantie für familiär friedfertige Beziehungen barg. Jedoch ebenso wenig gingen automatisch Probleme damit einher. Konfliktpotential bot das Miteinbringen eines herzoglichen Bastards in eine neue Familie vor allem dann, wenn die Versorgungsansprüche des Kindes mit denen der nachfolgenden ehelich Geborenen kollidierten. So beklagte sich Maria Waack, die Mutter von Franz Mecklenburg, bei Herzog Friedrich Franz I., dass sie von ihrem „Mann wegen den Knaben viele Verdrießlichkeiten“ erleide, „er hat sich auch vorgenommen nicht das Mindeste für ihn zu bezahlen“.172 Als Ausweg aus dieser misslichen Lage bat sie den Herzog, den Jungen von ihr zu nehmen, zumal in Zukunft durch seinen Schulunterricht vermehrt Kosten anstehen würden. Die Bewahrung des Familienfriedens und der Wunsch nach bestmöglicher Versorgung des eigenen Kindes gingen bei dem Ansuchen Hand in Hand. Zwar wurde der Bitte stattgegeben, allerdings nur unter der Auflage des Verlustes der monatlichen Unterhaltungszahlung von einem Louisdor, was sie dazu bewog, ihn doch zu behalten.173 In der Haushaltsplanung dienten die Zahlungen des Herzogs 172 LHAS, 2.26-1, Nr. 4202: Brief von Maria Waack an Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 18.2.1810. 173 Kommentar Herzog: fiat; ebd., Notiz Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 25.4.1810.

78 Familie nicht nur der Unterstützung des einen Kindes, sie besserten auch den Lebensunterhalt der ganzen Familie auf. Selbst wenn das Kind seinem Stiefvater „Verdrießlichkeiten“ bereitete, auf die Zahlungen verzichten konnte die Försterfamilie nicht. Allerdings traten Auseinandersetzungen wie diese eher selten auf. Die regelmäßigen Unterhaltszahlungen bildeten das Fundament für den Einfluss des Herzogs auf die Erziehung. Selbst wenn die unehelichen Kinder vollständig in ein neues familiäres Umfeld integriert waren, lag die letzte Entscheidungsbefugnis immer beim Fürsten. Deutlich wird dies bei Fritz Mecklenburg, einem mit Madame Viereck, vermählte Frey, gezeugten Sohn. In einem rationalen, geschäftlichen Tonfall, der keine Rückschlüsse auf ihre Präferenzen zulässt, fragte sie an, was mit ihrem Sohn geschehen solle, da sie gemäß dem Wunsch des Herzogs ihren bisherigen Wohnort Ludwigslust Richtung Gadebusch zu verlassen habe. Bliebe der Knabe in der Residenz, obläge es alleine dem Herzog, für dessen Unterhalt, Erziehung und Kleidung zu sorgen, nähme sie ihn mit, benötigte sie dafür monatlich zwei Friedrichsdor. 174 Friedrich Franz I. willigte ein, die Summe zu zahlen, so dass der kleine Fritz bei seiner Mutter blieb. Zwar wurde der Herzog über die Erziehungsfortschritte des Jungen weiter auf dem Laufenden gehalten, aber alleine schon die räumliche Distanzierung zu seinem leiblichen Vater stärkte die Position der Mutter und des Stiefvaters. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind zumindest in den ersten Jahren im Umfeld der Mutter lebte, stieg im neunzehnten Jahrhundert im Verhältnis zu den vorangegangenen Zeiten. Je intensiver sich die Bindung zwischen dem Herzog und den Geliebten ausgestaltete, desto größer waren deren Chancen, dass ihnen auch die Sorgfaltspflicht übertragen wurde, wie die Beispiele von Müller und Saal zeigen. Die Töchter von Madame Saal, die Kleinow-Schwestern, hielten sich in ihrer Jugend in der Nähe ihrer Mutter auf. Das legte den Grundstein für die auch später im Erwachsenenalter anhaltenden engen Beziehungen. Als die Mutter verstarb, wachten beide Töchter am Totenbett,175 die Älteste bekam auf eigenen Wunsch hin den Schlüssel zur Gruft überreicht. 176 Madame Saal übernahm nicht nur die Verantwortung für ihre eigenen Töchter, sondern agierte auch als Stiefmutter für Friedrich Mecklenburg, den späteren Mecklenburg von Kleeburg. Seine Briefe, die er während seines Dienstes in der österreichischen Armee verfasste, zeugen von einer tiefen Verbundenheit zu seiner Pflegefamilie, zu Madame Saal und deren Töchtern, sowie zu seinem Großvater, dem Reitknecht Bojanowsky, der seinen Enkel innig liebte.177 Die leibliche Mutter hingegen, die verheiratete Jägerin Zarnow, spielte in seinem Leben keine Rolle. Derartig enge Bezie174 LHAS, 2.26-1, Nr. 4201: Brief von Friedericke Frey an Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 31.12.1812. 175 LHAS, 2.26-1, Nr. 4187: Akten betreff Nachlass Saal, Ludwigslust 1.3.1831. 176 LHAS, 2.26-1, Nr. 4185: Landbaumeister Groß an Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 23.9.1831. 177 „Erzeigen mir Ew. Herzog. Durch. die eigene Gnade und schreiben doch einmahl und sag an es als denn doch auch meinem alten guten Großvater welcher untertröstlich wegen meiner ist. Nie hab ich diesen alten guten Mann mehr Thränen ergießen sehen als bey der Abreise.“



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hungen zu der familiären Seite der Mütter wie bei Bojanowsky sind nur selten dokumentiert. Für das siebzehnte und achtzehnte Jahrhundert sind keinerlei Nachweise vorhanden, auch im neunzehnten Jahrhundert scheint der Aufbau von intensiven Kontakten zwischen den Kindern und den Familien der Mütter eher selten vollzogen worden zu sein. Eine Ausnahme bildete aufgrund der weiten räumlichen Distanz Agnese Thiem, die zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Tochter Louise Mecklenburg in Dresden lebte. Dort nahm die Großmutter das kleine Mädchen in ihre Obhut, da sich Thiem „sehr wenig in Betreff desjenige was bey einen solchen jungen Geschöpfe unumgänglich zu thun nöthig ist, bekümmert hat.“178 Folgerichtig wurde der Großmutter auch die Aufsicht über die kleine Louise zugesprochen, nachdem die Mutter in sehr jungen Jahren verstorben war.179 Während bei diesem Beispiel die Entfernung den Ausschlag für den Aufbau der Beziehung zur Großelterngeneration gab, trug bei Bojanowsky die Nähe dazu bei. Zwischen dem Herzog und seinem Reitknecht, dem späteren Geschirrmeister und Kastellan des Palais in Ludwigslust, herrschten seit jeher gute Beziehungen. Verstärkt durch ihre gemeinsame emotionale Verbundenheit zu dem jungen Mecklenburg unterstützte der Herzog seinen langgedienten Angestellten zeitlebens. Sogar den Tod und die Beisetzung seines alten Dieners, zu der auch der Enkel aus Berlin anreiste, hielt er im herzoglichen Tagebuch fest.180 Lediglich drei Knaben von den fünfzehn unehelichen Kindern wurden von den Müttern getrennt. Da alle drei Frauen mit niederen Bedienten verheiratet waren, entsprachen anscheinend die Lebensbedingungen nicht denen, die sich der Herzog für seine natürlichen Kinder wünschte. Bemerkenswert ist auch, dass es sich um seine drei erstgeborenen unehelichen Söhne handelte; später verfuhr er weniger rigide. Neun Jahre nachdem Schmidt, geborene Schulzen, ihren Sohn abgab, bat sie darum, ob sie ihn „gegen Erhaltung desjenigen, was jährlich für denselben bezahlet wierd, zu [ihr] nehmen dürfe, wo er unter der Aufsicht seiner Mutter gewiss so gut wo nicht besser bewachten seyn wird, als bey Fremden“.181 Der Bitte wurde nicht entsprochen.

178 179

180 181

LHAS, 2.26-1, Nr. 4114: Brief von Friedrich Mecklenburg an Herzog Friedrich Franz I., Czarlaw (?) 23.1.1809. LHAS, 2.26-1, Nr. 4135: Brief von Christian Gottlieb Mäußel an Kabinettssekretär Hoese, Dresden 26.4.1814. Ursprünglich befahl Herzog Friedrich Franz I., seine Tochter nach Ludwigslust zurückzuholen, um dort für sie zu sorgen, doch erreichte die Großmutter, dass ihre Enkelin bei ihr bleiben durfte: „Wie herzzerschneidend mir daher E.H.D. Wunsch meinen Enkel nach Ludwigslust zu nehmen […], will ich zu schildern mir nicht unterfangen, […] über dem aber auch keine weibliche Person das für meinen Enkel fühlen kann als ich, von niemanden daher jede jetzt noch so nöchtige Unterstützung gewiß mit einem solchen willigen Herzen erfolgen kann und wird als von mir.“ Ebd., Brief von Christina Sophia Döring an Herzog Friedrich Franz I., Dresden 22.4.1814. LHAS, 2.26-1, Nr. 4396: Tagebucheinträge vom 3.3.–6.3.1821. LHAS, 2.26-1, Nr. 4199: Brief von Frederika Schmidt, geb. Schulzen, an Herzog Friedrich Franz I., Biesttorf 22.2.1797.

80 Familie Allenfalls bestand für diese Frauen die Option eines sporadischen Briefkontaktes,182 noch seltener sahen sie ihre leiblichen Kinder. 1795 schrieb der Förster Schmidt an den Pflegevater Boldt, den Wunsch seiner Frau übermittelnd, „den kleinen Fritze doch einmahl zu sehen“.183 Die Entscheidungsbefugnis lag allerdings nicht bei Boldt, sondern beim Herzog. Erst benötigte der Kabinettskopist die Erlaubnis und Resolution zur Reise sowie die Zusage einer finanziellen Unterstützung. Nach deren Gewährung stand der Erfüllung des Wunsches nichts mehr im Wege.184 Eine Einflussnahme auf das Leben der Kinder wird unter diesen Umständen kaum möglich gewesen sein. Den Frauen blieb allenfalls die Möglichkeit, an den Herzog zu appellieren, seiner Sorgfaltspflicht gegenüber den Kindern nachzukommen. Unabhängig voneinander wandten sich beide Mütter der bei Boldt in Pension gegebenen Jungen an den Herzog, ihn inständig bittend, für die Zukunft der Kinder Vorsorge zu treffen. Während Maria Krieg sich auf „das Flehen einer krancklichen, besorgten Mutter“ berief, die darunter litt, dass für des Sohnes „künftiges Schicksal noch keine bestimmung getroffen worden“185 war, argumentierte Schmidt mit der Wankelmütigkeit nachfolgender Regierungen. Sie befürchtete, dass der Sohn des Fürsten, da er keine persönlichen Verpflichtungen erbte oder glaubte, sich an solche halten zu müssen, nicht mehr für den Unterhalt eines unehelichen Halbbruders aufkommen werde. Die Aussetzung eines kleinen Kapitals würde nicht nur dem Wohl des Kindes und die Ruhe der Mutter begründen, sondern auch „den Pflichten des Vaters mit einem Male entledigen“.186 Auf beide Ansuchen reagierte Friedrich Franz I. recht unwirsch und wortkarg. Der Herzog ließ ausrichten, dass sie unbesorgt sein können, da er schon für das Kind sorgen werde, mahnte aber zumindest Schmidt zeitgleich, ihn „in dieser Angelegenheit […] weiter nicht zu behelligen“.187 In dem Moment, wenn die Kinder den Frauen frühzeitig entzogen wurden, hatten die Mütter keinerlei Mitsprache mehr. Sowohl finanziell als auch gesellschaftlich waren ihre Mittel derartig limitiert, dass sie ihren Kindern keine Unterstützung leisten konnten. 182 Sehr vereinzelt tauchen in den Rechnungsbelegen bei Boldt Posten für Briefe zwischen den beiden in seiner Obhut befindlichen Friedrich und Franz Mecklenburg und ihren Müttern auf, vgl. zum Beispiel LHAS, 2.26-1, Nr. 4423: Geldberechnungsbuch von Christian Ludwig Boldt, Weihnachten 1801 bis 1802. 183 LHAS, 2.26-1, Nr. 4199: Förster Schmidt an Kabinettskopist Christian Ludwig Boldt, Bischoff 9.6.1795. 184 Boldt bat den Herzog (21.6.1795) um Erlaubnis und Resolution zur Reise sowie um finanzielle Unterstützung, was bewilligt wurde, vgl. ebd., Notiz vom 21.6.1795. 185 LHAS, 2.26-1, Nr. 4141: Brief von Maria Krieg an Herzog Friedrich Franz I., Doberan 30.3.1801. 186 LHAS, 2.26-1, Nr. 4199: Brief von Friederika Schmidt, geb. Schulzen, an Herzog Friedrich Franz I., Biesttorff 9.10.1797. 187 Ebd., Antwortnotiz von Herzog Friedrich Franz I. auf das Schreiben vom 9.10.1797; LHAS, 2.26-1, Nr. 4141: Antwortschreiben von Herzog Friedrich Franz I. an Maria Krieg, Ludwigslust 16.4.1801.



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Wenigstens wussten die Kinder eindeutig um die Identität ihrer leiblichen Mutter, anders noch als im Falle von Friederica Wilhelmina von Wolffradt und deren Mutter Johanna Schwan. Folglich gestaltete sich das Verhältnis der beiden Frauen äußerst ambivalent, wie im Zuge des Wolffradt’schen Testaments und der anschließenden Streitigkeiten ersichtlich wird. Obwohl Wolffradt wegen der Identität ihrer Mutter „jederzeit viel bedenken getragen“, bestimmte sie in ihrem Vermächtnis jährlich einhundert Reichstaler von ihren dreizehntausend Reichstalern Brautschatzgeldern zu deren Unterstützung.188 Als Schwan das Testament nach dem Tod der Tochter erhielt, erschrak sie laut eigener Aussage, „daß ein Mensch kann wieder gott, wieder der Natur, wieder wissen und gewißen handeln, wie die seelige frau da sie so viele Jahre von ihrer Kindheit an so wohl gewusst daß ich ihre Mutter alß ich gewusst daß sie mein Kindt gewesen“.189 Vollkommen überraschend kam die Zurückstellung im Testament nicht, war doch bereits 1740, in dem Moment, wo Wolffradt Johanna Schwan zunehmend als finanzielle Belastung wahrgenommen hatte, die Problematik zwischen Tochter und Mutter diskutiert worden.190 Die Infragestellung der Mutterschaft bedeutete nicht nur eine emotionale Kränkung für Schwan, sie ging auch mit erheblichen finanziellen Verlusten einher. Da Wolffradt keine Kinder hinterließ, hätte sie, gäbe es kein Testament, als die Universalerbin Anspruch auf das Vermögen erheben können. Stattdessen kam nun der Rittmeister Otto von Bars in den Genuss des Erbes, sie hingegen musste mit der bescheidenen Pension zufrieden sein, trotz der Tatsache, dass sie „derselben natürliche Mutter, auch sowohl bei Hofe als auch sonst bei allen dafür gehalten und erkant [war]“.191 Die Mutterschaft an sich steht außer Zweifel, sowohl der Kirchenbucheintrag192 als auch die von Schwan selbst angeführten Zeugenaussagen sprechen für die Tatsache.193 Aber ebenso steht die Unsicherheit der Tochter außer Zweifel. Wolffradt begründete sie mit den Erlebnissen in der Kindheit, wenn sie klagte, dass die Mutter „sich niemals nach mir umgesehen, in meiner Jugend sich auch nicht um mich bekümmdert [hatte]“.194 Bereits unmittelbar nach der Geburt wurden Mutter und Tochter auf 188 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 10: Testament von Friederica Wilhelmina de Wolffradt, geborene von Mecklenburg, 28.5.1744. 189 Ebd., Schreiben von Johanna Schwan an Herrn Santman, Rostock 24.7.1748. 190 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 27: Schreiben von Johanna Schwan an Herzog Carl Leopold, o. O. 17.3.1740. 191 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 10: Brief von Johanna Schwan an Herzog Christian Ludwig, o. O. 19.8.1749. 192 Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69199: Kirchenbuch Hagenow, 9.9.1702. 193 Von Bassewitz, die Kastellanin Dorothea Elisabeth Blauen sowie der Hofweinschenk und Kellermeister Johann Christoph Ebeling sagen zu Gunsten Johanna Schwans aus, siehe LHAS, 2.12-1/2, Nr. 10: Brief von Johanna Schwan an Herzog Christian Ludwig II., Anlagen B–D, o. O. 19.8.1749. 194 Ebd., Testament von Friederica Wilhelmina de Wolffradt, geborene von Mecklenburg, 28.5.1744.

82 Familie Geheiß des Vaters Friedrich Wilhelm voneinander getrennt.195 Durch die Order des Herzogs war der Handlungsspielraum von Johanna Schwan äußerst begrenzt, selbst wenn sie eine aktive Rolle im Leben ihrer Tochter hätte spielen wollen. Vereinzelte Besuche in der Kindheit reichten nicht aus, damit die Tochter eine tiefe emotionale Bindung aufbauen konnte. Anscheinend scheiterte auch der Versuch, den sie später als erwachsene Frau unternahm. Anno 1730, nach der Rückkehr von Danzig nach Schwerin an der Seite Carl Leopolds als dessen Mätresse, ließ sie Johanna Schwan aus Hamburg zu sich holen. Die Frau des Kastellans versicherte eidlich, dass Schwan die ganze Zeit beständig auf dem Schlosse gewesen sei und „die seel. G. R. [Geheime Rätin, Anm. der Autorin] sich immerzu bey ihr aufgehalten“ habe, auch nahm die Schwan an allen fürstlichen Gesellschaften teil.196 Trotz dieser bezeugten Nähe, die auch im weiteren Exil in Wismar fortgesetzt wurde, konnte der Entfremdung, die in jungen Jahren stattgefunden hatte, nicht Einhalt geboten werden. Solange seine Mätressen in keiner Ehegemeinschaft lebten, ließ Herzog Friedrich Wilhelm die gemeinsamen Kinder wahrscheinlich nicht in der Umgebung der Mütter aufwachsen. Inwieweit Kontakte zwischen Carl Ludwig von Mecklenburg und seiner im Kloster Rühn lebenden Mutter Sophie Magdalene von Plüskow existierten, ist fraglich, da keine Belege vorhanden sind und ihr früher Tod einen nicht einmal zehnjährigen Halbwaisen hinterließ. Ebenfalls gibt es keine Aufzeichnungen über Beziehungen zwischen dem herzoglichen Bastard und der altadligen Familie mütterlicherseits. Die sehr zeitig erfolgte Anerkennung und Annahme durch seinen leiblichen Vater löste Carl Ludwig aus dem sozialen Gefüge der Mutter heraus. Auch in späteren Jahren wurden die Folgen der frühen Distanzierung nicht relativiert, wurde ein Verhältnis zur Familie der Mutter nicht aufgebaut. Ähnliches ist bei seinem Halbbruder Friedrich Wilhelm von Mecklenburg zu beobachten, wo ebenfalls keine tiefergehenden Verbindungen zur mütterlichen Familie Wedemann zu finden sind. Allerdings blieb die Mutter nicht komplett ohne Einfluss auf das Leben ihres Sohnes, zumindest in ihrer Todesstunde traf sie Vorsorge wegen seiner zukünftigen Vormünder, indem sie den Herrn Oberhauptmann von Löwen und den Obrist-Stallmeister von Bülow erwählte, was auch durch den Herzog konfirmiert wurde.197 Weitere Beziehungen sind nicht dokumentiert, zumal erschwerend hinzukam, dass Friedrich Wilhelm als Adliger einem anderen gesellschaftlichen Stand als seine mütterliche Verwandtschaft angehörte. Dass es in diesen genannten Fällen zu keinem Aufbau intensiver emotionaler Beziehungen zwischen Kindern und Müttern kam, basierte alleine auf dem Verhältnis des Vaters zu den Müttern. Auch für das achtzehnte Jahrhundert gilt die Beobach195 Ebd., Brief von Johanna Schwan an Herzog Christian Ludwig II.; Anlagen B: verfasst von Bassewitz, o. O. 2.10.1748. 196 Ebd., Anlage C: Kastellanin Dorothea Elisabeth Blauen, o. O. 17.10.1748. 197 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 15: Tutorium für den von Fräulein Sophia Wedemann hinlassen unmündigen Sohn Friedrich Wilhelm von Mecklenburg, Gr. Schw. (?) 13.7.1708.



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tung: Je enger sich der Kontakt zwischen Herzog und Mätresse gestaltete, desto höher lag die Chance, dass die Mütter Einfluss auf das Leben ihrer Kinder nehmen konnten. Die langwierigen Mätressen von Carl Leopold, Greler und Wolffradt, hielten zeitlebens Kontakt zu ihren Kindern, auch wenn zumindest im ersten Fall die Beziehungen nicht immer konfliktfrei verliefen. Früh gab Greler ihre drei Töchter – der in der Verschreibung von Toitenwinkel erwähnte Junge musste bereits verstorben sein – in die Obhut von Anne Sophie de Wendessen, die spätestens ab 1719 die Schwestern im Bauhof von Doberan erzog.198 Folglich blieb hauptsächlich die Möglichkeit zum brieflichen Kontakt zwischen der Mutter und ihren Kindern. Wie selten persönliche Zusammentreffen waren, zeigen die flehentlichen Briefe von Greler, in welchen sie das Versprechen ihrer Tochter in Erinnerung ruft, sie „bald von hier abzuholen […], denn [sie] sehe mit schmertzen da nach aus“.199 Der persönliche Ton in den Briefen ist geprägt von den zeitgenössisch typischen Floskeln emotionaler Verbundenheit. Während Greler die Anrede „Meine hertzviel geliebte Kinder“200 nutzte, schrieben die Mädchen im Gegenzug „Hertzliebe Mama“ und „ma chére mama“.201 Anfang der 1730er Jahre holte der Herzog seine Töchter in seine Umgebung, integrierte sie in seinen Hofstaat. Die leibliche Mutter blieb weiterhin außen vor und isoliert. Zwar wurde sie von den Mädchen in unregelmäßigen Abständen über die im Umkreis des Herzogs geschehenen Aktivitäten unterrichtet, doch partizipierte sie nicht am höfischen Leben. Wesentliche Ursache dafür sah sie selbst im Verhältnis von Carl Leopold zur Wolffrädtin, der „Dirne“, wie sie die Mätresse gerne in Briefen an ihre Töchter titulierte.202 Wolffradt genoss großzügige materielle Unterstützung durch den Herzog, Greler hingegen konnte nur schwerlich mit den ihr zugewiesenen Geldern auskommen, weswegen sie ihren Töchtern keinen finanziellen Beistand leisten konnte, als diese ihn forderten. Die damit verbundenen Vorwürfe ihrer Töchter, sie würde ihre Kinder vergessen, wies sie strikt von sich, meinte sogar, dass sie mehr an sie denken würde, als die wiederum an ihre Mutter.203 198 Der zur kaiserlichen Exekution gegen Mecklenburg-Schwerin verordnete Kammer- und Kassendirektor übermittelte die Anweisung, Fräulein von Wendessen weiterhin 290 Rthl. bar und die bis dahin genossenen Deputate, das Vieh und die Naturalien gegen Quittung zu überlassen, vgl. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 13: Kammer- und Kassen Direktor an Ambtmann Eck, Schwerin 25.7.1719. 199 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 27: Brief von Margarethe Greler an die Fräulein von Mecklenburg, o. O. 4.4.1734. 200 Ebd., Brief von Margarethe Greler an die Fräulein von Mecklenburg, Dömitz 16.1.1736. 201 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 29: Brief von Christina Maria von Mecklenburg an Margarete Greler, Schwerin 8.11.1732; die Anredefloskel entsprach gängigen Konventionen, vgl. Francke: Hertzliebe Mama. 202 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 27: Brief von Margarethe Greler an die Fräulein von Mecklenburg, o. O. 4.4.1734. 203 Ebd.

84 Familie Ihr Status und der finanzielle Spielraum limitierten die Möglichkeiten, ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen; ihre Abhängigkeit vom herzoglichen Willen war zu stark. In dem Moment, als der Herzog die Fräulein von Mecklenburg zu sich holte, blieb der leiblichen Mutter allenfalls die Rolle der Zuschauerin und gelegentlichen Bittstellerin. Zwar hielt sie lebenslang Kontakt zu ihren Töchtern, sie besaß aber nur geringfügige Einflussmöglichkeiten auf deren Lebensweg oder Entscheidungsfindung, wie sich nach der Flucht der Mädchen aus der väterlichen Obhut zeigte. Allenfalls eine ermahnende und vermittelnde Rolle nahm sie ein, ohne die Meinung ihrer Töchter revidieren zu können.204 Hingegen ermöglichte die emotionale und körperliche Nähe zu Herzog Carl Leopold seiner Mätresse Friederica Wilhelmina von Wolffradt, weitgehend Einfluss auf das Lebensumfeld ihrer Kinder auszuüben. Gleichwohl Carl Leopold von Wolffradt als auch Immanuel Leopold von Mecklenburg in jungen Jahren verstorben waren, deuten die spärlichen Quellenbelege, die zu den beiden Jungen existieren, darauf hin. Sie lebten im Umfeld der Mutter, und selbst als der ältere von beiden Unterricht durch einen Informator erhielt, geschah dies in Wismar, dem damaligen Aufenthaltsort seiner Mutter.205 Die Sorge um ihre Kinder nutzte sie erfolgreich als argumentative Grundlage für eine schriftliche Fixierung ihrer finanziellen Unterstützung ebenso wie zur Festigung der Beziehung zum Herzog.206 Neben der Sorge um den zukünftigen Lebensweg zeigte sich die emotionale Nähe auch im Akt der Trauer bei einem Todesfall. Gedruckte Trauergedichte für die Mutter weisen sie als offizielle Bezugsperson aus,207 zudem folgte der Herzog ihrem Wunsch und gab Anweisungen, Carl Leopold von Wolffradt in Schwerin beizusetzen.208 Als sie selbst knapp zehn Jahre später ihr Testament verfasste, wünschte sie ausdrücklich eine „Besetzung in aller Still […] nahe bey meinem altesten Sohn“.209 Nachdem Herzog Carl Leopold und seine Mätresse bald nach dem Tod ihres gemeinsamen Sohnes getrennte Wege gingen, blieb das Kind postum der emotionale Bezugspunkt. Die besonders innige Beziehung, die Wolffradt zu ihren Kindern unterhielt, war nur möglich im Einvernehmen 204 „… kinder geschrieben, darinne aber ihren großen Fehler und ungehorsam unter die augen gestellet, wie sie auß inliegender Coypi sehen werden, unter dessen aber will ich unterthanigst bitten, wann sie nach meiner mütterlichen rath werden unterthänigst gegen sie als ihr durchläulichtigster Vatter flehen ihre großer Fehler und ungehorsam an kennen daß sie auch ihreo Vätterlicher hertz werden erweichen lassen, um sie in gnaden wieder an nehmen“, ebd., Brief von Margarethe Greler an Herzog Carl Leopold, o. O. 26.11.1736. 205 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 23: Kondolenzschreiben von Informator Carl Christian Engel an Herzog Carl Leopold, Wismar 14. 8.1736. 206 Ebd., Brief von Friederica Wilhelmina von Wolffradt an Herzog Carl Leopold, Wismar 10.10.1735. 207 Trauergedicht von C. C. E. sowie J. F. Stemwede, in: Sondersammlung UB Rostock, Familienpapiere v. Wolfradt. 208 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 23: Anweisung von Herzog Carl Leopold an Superintendanten Christian Wittsche, Wismar 18.9.1736. 209 LHAS, 2.12-1/2, Nr.  10: Testament Friederica Wilhelmina de Wolffradt, geborene von Mecklenburg, o. O. 28.5.1744.



Umgangs- und Kommunikationsformen

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mit dem Fürsten. Sowohl die Fürsten des achtzehnten Jahrhunderts als auch Friedrich Franz I. im neunzehnten Jahrhundert reglementierten streng den Zugang zu ihren natürlichen Kindern. Zwar vergrößerten sich die Einflussmöglichkeiten der Mütter, sobald sie heirateten, aber selbst dann lag die letzte Entscheidungsgewalt, wenn der Herzog sie ausüben wollte, noch immer beim Vater. Sogar die von Herzog Friedrich Franz I. zutiefst verehrte Madame Müller konnte nicht beliebig über ihren Sohn verfügen, als sie sich mit ihrem Ehemann außerhalb des Landes befand. Während Ludwig Mecklenburg bei ihrem Aufenthalt in Hamburg noch häufiger an ihrer Seite war, bedurfte der Besuch an ihrem Krankenlager erst der Zustimmung seiner königlichen Hoheit, die nicht mehr rechtzeitig eingeholt werden konnte.210 Je intensiver und länger sich die Beziehung zwischen dem Herzog und der Frau gestaltete, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass die Mutter eigene Entscheidungen bezüglich ihres Kindes treffen beziehungsweise den Vater in ihrem Sinne beeinflussen konnte. Sobald der Vater das Kind offiziell annahm, stand es ihm zu, über das Leben des Nachwuchses zu entscheiden.

3.3 „Ew. hochfürstl. Durchlaucht“: Umgangs- und Kommunikationsformen als Zeichen emotionaler Bindung zwischen dem Herzog und seinen Kindern Inwieweit die Herzöge regelmäßigen Umgang mit ihren Kindern pflegten, sie an deren Alltag partizipierten und sie persönlich – sei es verbal oder schriftlich – Informationen über die neuesten Ereignisse in deren Leben empfingen, wurde nur unzureichend dokumentiert und überliefert. Naturgemäß besonders diffizil ist die Analyse persönlicher Zusammenkünfte, deren Ausgestaltung sowie Intensität. Da keine Berichte aus eigener Hand, ebenso wenig wie von Dritten, über Treffen zwischen Herzog und Kind existieren, lässt sich allenfalls aus sporadischen Bemerkungen über ein Beisammensein oder durch gemeinsame Aufenthaltsorte auf eine persönliche Kontaktaufnahme schließen. Die Treffen zwischen Kindern und Vätern werden häufiger und regelmäßiger stattgefunden haben, als anhand der Quellen nachzuweisen ist, zumal wenn sich die unehelichen Kinder im Umfeld des Hofes aufhielten. Folglich werden die Kinder von Herzog Carl ihren Vater ebenso stetig gesehen haben wie die Fräulein von Mecklenburg, die von Carl Leopold in sein Hoflager nach Wismar geholt wurden. Zur Hofgesellschaft zu gehören und damit ohne Schwierigkeiten am höfischen Umfeld zu partizipieren stellte die Grundvoraussetzung für intensive Face-to-Face-Kontakte zwischen Vätern und Kindern dar. Anhand der Kinder von Herzog Friedrich Franz tritt dies besonders klar zu Tage, da ausreichend Quellenmaterial zur Verfügung steht, um die Kleinow-Schwestern und den später geadelten Mecklenburg von Kleeburg im Ver210 LHAS, 2.26-1, Nr. 4153: Brief von Eduard Gerlach an Großherzog Friedrich Franz I., Bamberg 4.12.1829.

86 Familie gleich zu ihren nicht als adlig geltenden Halbgeschwistern zu betrachten. Der problemlose Verkehr in Hofkreisen ermöglichte den dreien auch in ihrem späteren Leben regelmäßige persönliche Treffen mit ihrem Vater, welche er in seinem Journal, zumindest in Form von Bemerkungen zu An- und Abreisen, zu erwähnen pflegte. Während der im Dezember stattfindende Geburtstag des Herzogs einen beliebten Zeitpunkt für Besuche markierte, sind im Zusammenhang mit Kleeburg auch weniger offizielle Anlässe wie „Saujagdten“211 oder gemeinsame Segelausflüge erwähnt.212 Zwar weist das Tagebuch Kleeburg als einen regelmäßigen Gast bei seinem Vater aus, allerdings wird die Beziehung nicht ersichtlich. Im Gegensatz zu den ehelich gezeugten Kindern, die entweder mit Vornamen erwähnt oder als Sohn/Tochter tituliert wurden, fand er durchweg als Rittmeister beziehungsweise später als Major von Kleeburg Erwähnung. Gleiches gilt für die Kleinow-Schwestern, die jedoch das Attribut Tochter zum Teil beigelegt bekamen.213 Nur seinen unehelichen, mit Müller gezeugten Sohn Ludwig Mecklenburg nannte er bei seinem Rufnamen Louis, allerdings war dieser auch deutlich jünger als seine Halbgeschwister und im Zeitraum der Aufzeichnungen noch ein Kind beziehungsweise Jüngling. Das Tagebuch diente als Erinnerungsstütze214 nicht nur für den Herzog, sondern auch für den Hof, wie er zu Beginn eines seiner Journale festhielt.215 Die Aufzeichnungen besaßen also keinen rein privaten Charakter, da sie anscheinend einem weitergefassten Adressatenkreis zumindest im geringen Umfang zur Verfügung standen. Zwar änderte sich im Laufe der Jahre der Tonfall, er wurde persönlicher, beinhaltete auch Momente der Trauer und der Freude, er blieb aber weiterhin nur mit wenig subjektiv-emotionalen Eindrücken gespickt. Aus dem semiprivaten Charakter der Journale resultiert die Distanziertheit, mit der Friedrich Franz I. nicht immer, aber oftmals die Ereignisse niederschrieb. Bei dem Tod seines „natürlichen Sohn[es] Frid. Meckl. [Friedrich Mecklenburg, Anm. der Autorin]“, hielt er kommentarlos die äußeren Umstände fest.216 Allerdings lassen sich auch beim Tod des Thronfolgers Friedrich Ludwig 1819 keine Zeichen von persönlicher Trauer finden,217 allenfalls beim Tod seines Sohnes Adolf zeigte der 211 LHAS, 2.26-1, Nr.  4395: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz  I., 5.11.1820. 212 Ebd., 18.7.1820. 213 Friedrich Franz schrieb „meine Tochter die DuTrossel“ LHAS, 2.26-1, Nr.  4396: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz I., 3.7.1821. 214 Vgl. zur Funktion des Tagebuchs Boerner: Tagebuch, S. 16–20; die spätere Forschung relativiert zwar die Aussagen, stellt sie aber nicht grundsätzlich in Frage Wuthenow: Europäische Tagebücher. 215 Der Beginn lautet: „Neues Journal von und für den Hof worinnen alles angeführt was mir und anderen Liebhabern, von Neuigkeiten, interessant seyn kann.“ LHAS, 2.26-1, Nr. 4391: Tagebuchaufzeichnungen Herzog Friedrich Franz I., 1785. 216 LHAS, 2.26-1, Nr.  4398: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz  I., 30.3.1826. 217 LHAS, 2.26-1, Nr.  4393: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz  I., 29.11.1819.



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Großherzog deutlich die Zuneigung, die er für jenen empfand, indem er nicht nur auf Brustkrämpfe verwies, unter denen er nach der „sehr schmerzenden Nachricht“ litt, sondern auch anfügte: „Dieser gute Sohn gehet mich unendlich nahe.“218 Gefühlsmäßige Äußerungen brachen nur in Ausnahmesituationen hervor. Das unterstreicht den Stellenwert, den seine Tochter Friederica von Wenckstern bei ihm eingenommen haben muss, denn er schrieb ausdrücklich nieder, wie sehr er sich gefreut habe, seine „liebe Tochter“ wiederzusehen.219 Auch der ein paar Tage später erfolgte Besuch mit ihren Töchtern war ihm „sehr angenehm“.220 Die Distanz zwischen den Wohnorten ließ Besuche stets zu etwas Besonderem werden, selbst wenn diese sich einigermaßen regelmäßig, zumindest einmal im Jahr ergaben. Fernab höfischer Zwänge und des Protokolls fanden Treffen zwischen Friedrich Franz I. und seinen unehelichen Kindern in Doberan statt. Die dort verbrachten Sommermonate erlaubten dem Herzog Freiräume in Umgang und Tagesgestaltung, die in der Residenz nur schwerlich durchzusetzen waren. So besuchten die KleinowSchwestern 1809 bis 1811 zusammen mit der Familie des Majors von Wickede, bei der sie ab 1809 in Kost gegeben wurden,221 im Sommer den Kurort.222 Auch später kehrten sie als verheiratete Frauen immer wieder in das Seebad zurück, genauso wie ihr Halbbruder Mecklenburg von Kleeburg, der bei einem seiner Besuche 1816 sogar im herzoglichen Palais bei seinem Vater wohnte.223 Zudem verbrachten die natürlichen Kinder von Herzog Friedrich Franz I., Kentzler, Peltz und Mecklenburg, der Forstinspektor in Zickhusen, dessen Mutter mit dem Doberaner Polizeidiener Krieg verheiratet wurde, ebenfalls regelmäßig Zeit an der Ostsee. Aufgrund der Schwierigkeit, Face-to-Face-Kontakte analytisch und interpretativ zu erfassen, bietet sich alternativ ein Blick auf die Korrespondenz zwischen den Herzögen und deren Kindern an. Der Schriftverkehr als zentrales Kommunikationsmedium in der Frühen Neuzeit überbrückte räumliche Trennungsphasen, diente doch die Quasimündlichkeit von Briefen auch immer als Ersatzhandlung für gegenseitige Treffen. Sowohl die dabei verwendeten Titulaturen als auch Inhalt und Tonfall innerhalb eines Briefes können Einblicke in das Beziehungsgeflecht gewähren. Ein differenziertes Briefzeremoniell charakterisiert den höfischen Brief, in dem eine Trennung zwischen Privatem und Öffentlichem nicht stattfand. In seiner Multifunktionalität verband er politischen und familiären Austausch, vermittelte Sachinformationen ge218 LHAS, 2.26-1, Nr. 4396: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz I., 8.5.1821. 219 LHAS, 2.26-1, Nr. 4398: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz I., 9.12.1825: „heute Morgen war die Obristl: von Wenckstern meine liebe Tochter bey mir, ich habe mich sehr gefreuet Sie wieder zu sehen“. 220 Ebd., 15.12.1825. 221 Ab 1809 quittierte Major von Wickede auf Schlackendorf die Pensionszahlungen für die Fräulein von Kleinow, LHAS, 2.26-1, Nr. 4191: Quittung von Major von Wickede, Schlackendorf 24.9.1809. 222 Verzeichniß der bey dem Seebade zu Doberan angekommenen Cur-Gäste und Fremden, Rostock 1809–1811. 223 Ebd., Jg. 1816.

88 Familie nauso wie Gefühlslagen und bezeugte Beziehungen zu Zeiten personaler Herrschaft.224 Durch die Einbindung in das adlige Zeremoniell, das in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts noch weitgehend dem starren Kanzleistil verpflichtet war und erst allmählich den freieren, französisch geprägten „galanten Stil“ übernahm, herrschten diffizile Schreib- und Formregularien. Neben bestimmten Größenverhältnissen, die Briefformate, Faltungen, Siegel, Buchstaben und Platzabstände beinhalteten, mussten die Reihenfolge und vor allem die Anredeformen beachtet werden. Die korrekte Anrede stellte im Hinblick sowohl auf die äußere Adresse als auch innere Anrede und Namensnennung am Briefende die größte Herausforderung dar.225 Für die Meisterung des komplexen deutschsprachigen Titularwesens bot eine kaum zu überschauende Anzahl von Ratgeberliteratur Hilfestellung an. Neben der dem Stand entsprechenden Anrede erläuterten die Briefsteller auch den korrekt strukturierten inneren Aufbau sowie Stil- und Dispositionsfragen.226 Die überlieferten Briefe von zwei Söhnen an ihren Vater Herzog Carl entsprechen im Wesentlichen dem Stil der Kanzlei, dem stylus curiea, dessen Duktus Robert Vellusig als „nicht persönlich, sondern argumentativ, [in] ihre[r] sprachliche[n] Grundform nominalistisch und in ästhetischer Hinsicht ausdruckslos“ beschrieb.227 Trotz des formalen Korsetts erscheint der Inhalt des durch Carl Jürgen von Mecklenburg in Straßburg verfassten Briefes von sehr persönlicher Natur. Der Junge berichtete von seinen dortigen Lernerfolgen und seinem Gesundheitszustand, begleitet von dem Versprechen, den Herren auf der Reise keinen Grund zur Klage zu geben, und der Bitte „meinen bruder und schwestern so gnediglich und veterlich versorgen daß wir auf alle felle unser brodt und ehrlich hin kommen haben mögen.“228 Damit folgte der Brief deutlich dem tradierten rhetorischen Dispositionsschema: salutatio (Gruß), exordium (Eingang), narratio (Erzählung), petitio (Bitte), conclusio (Schluss).229 In der petitio spiegelt sich seine Verantwortung als ältester Bruder gegenüber seinen Geschwistern wider, sie entspricht aber ansonsten der standardisierten Bitte um Erhaltung der Gunst. Bereits in der Titulatur wird die Verbindung zwischen Adressant und Adressat ersichtlich: „Durchlauchtiger hochgeborener Fürst E.  G. sind meine sonliche und gehorsame dienst ieder zeit zuvor Genediger her und hertzvielgeliebter und Vater.“230 Die Nichterwähnung des Taufnamens der angesprochenen Person führt Sophie Ruppel als Beleg 224 225 226 227 228

Ruppel: Das „stillose“ Zeitalter, S. 80–81. Ebd., S. 70–71. Vgl. ausführlich zur frühneuzeitlichen Briefpraxis Furger: Briefsteller. Vellusig: Artikel „Brief“, Sp. 410. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Carl Jürgen von Mecklenburg an Herzog Carl, Straßburg 26.9.1605. 229 Furger: Briefsteller – Zum Kulturtransfer in der deutschen Epistolographie, S. 278. 230 Auch die äußere Anrede auf der Rückseite enthält den Verweis auf den Vater: „Dem durchlauchtigen hochgebornen Fürsten und Hern Hern Carole Herzogen zu Mekelenburgk Fürsten zu mench. Graffen zu Schwerin der land Rostock und Stargart Hern meinen gnedigen und hertzvielgeliebten Hern und Vater“, LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Carl Jürgen von Mecklenburg an Herzog Carl, Straßburg 26.9.1605.



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an, dass nicht das Individuum, sondern Rolle und Beziehungen im Mittelpunkt standen.231 Für Carl Jürgen von Mecklenburg war Herzog Carl sowohl Fürst und Herr und das selbstredend an erster Position, wie es dem Rang entsprach, aber eben auch Vater, was die Subskription „Unterthenig gehorsamer Sohn weil ich lebe Carl Iurgen meklenburg“ unterstrich.232 Das Schreiben diente dem Austausch zwischen einem Vater und seinem in der Fremde befindlichen Sohn und nicht dem Austausch zwischen Untergebenem und Herrn, obwohl die Hierarchieunterschiede, die alleine schon aufgrund des Vater-Sohn-Verhältnisses existierten, selbstverständlich deutlich erhalten blieben. Zwar wurden knappe Informationen über tatsächliche Ereignisse gewechselt, aber durch die Kürze des Briefes lag die eigentliche Funktion in der gegenseitigen Vergewisserung des aneinander Denkens. Informationen über die Kavalierstour von Adolf Friedrich und Johann Albrecht II., zu deren Entourage Carl Jürgen von Mecklenburg gehörte, erhielt der Herzog ohne Zweifel über regelmäßige, ausführliche Berichte des Hofmeisters und seiner Neffen. Dahingehend stillten die Briefe des Sohnes das Bedürfnis des Vaters, Anteil an dessen Leben zu nehmen, und verdeutlichen das ehrliche Interesse, das Herzog Carl gegenüber Carl Jürgen empfand. Der Status Vater-Sohn tritt in den Formulierungen deutlich zu Tage. Einem gänzlich anderen Charakter unterliegt ein Brief des zweiten Sohnes Albrecht von Mecklenburg an seinen Vater, der ebenfalls Lernfortschritte thematisiert. Obwohl der Text „manu propria“ geschrieben, wie ausdrücklich festgehalten wird, fehlt ihm jedweder persönlicher Einschlag. Bereits die Anrede: „Euwer gnediger fürst und herr belangend meinen studiren und schulübungen“ ebenso wie die Schlussformel: „gehorsamer und getreuer von der Zeit des lebens“ lassen einen Verweis auf ein Vater-Sohn-Verhältnis missen.233 Zwar befinden sich ebenfalls in der petitio der Topos von „kinderlicher liebe und trewe“ und die Bitte um Beibehaltung der väterlichen Gunst, doch liegt die Intention in dem stark formalisierten Brief weniger im Kontakt zwischen Vater und Sohn als vielmehr im Nachweis der erfolgreichen Meisterung der Schriftübungen. Trotz der räumlichen Trennung überwachte und beobachtete der Vater die Lernfortschritte seines Sohnes. Sowohl die an Herzog Carl adressierten Briefe als auch die, die er an Dritte schrieb und die seine leiblichen Kinder tangierten, in denen er beispielsweise offen von „unser tochterlein“234 sprach, verschleierten nicht die Abstammung, sondern benannten sie klar. Die Identität der Kinder war durch das rege Engagement, das der Herzog am Leben seiner Abkömmlinge nahm, nicht angreifbar. Inwieweit Herzog Friedrich Wilhelm offen mit seinen Kindern mündlich oder schriftlich verkehrte, ist nur schwer zu rekonstruieren, da lediglich zwei kurze Auszüge von Briefen existieren, die er an eines seiner Kinder sandte. Die zeitliche Nähe 231 Ruppel: Verbündete Rivalen, S. 144; ebenso Furger: Briefsteller, S. 109–110. 232 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Carl Jürgen von Mecklenburg an Herzog Carl, Straßburg 26.9.1605. 233 Ebd., Brief von Albrecht von Mecklenburg an Herzog Carl, Mirow 3.2.1608. 234 Ebd., Konzeptschreiben von Herzog Carl an Sievert von Plessen, o. O. 15.9.1608.

90 Familie der verfassten Briefe verweist auf regelmäßige Korrespondenz zwischen Friedrich Wilhelm und seinem Sohn Carl Ludwig von Mecklenburg. Während das eine ­Schreiben die Danksagung auf die üblicherweise gewechselten Neujahrsgrüße verbunden mit dem Wunsch an seinen Sohn für „alles Wohlsein und guten Succeß zu seiner Perfectionirung“235 beinhaltet, deutet der vorangegangene Brief auf ein enges, zumindest stark Anteil nehmendes Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Sorgenvoll erkundigte sich der Herzog nach dem Gesundheitszustand von Carl Ludwig, nachdem dieser krankheitsbedingt die Armee verlassen musste, und bat eindringlich um weitere Nachrichten.236 Vorherige Schriftwechsel zwischen Vater und Söhnen während ihrer Ausbildungsjahre in Paris sind nicht erhalten. Ebenso wenig ist aus den Akten ersichtlich, ob der Umzug der jungen Mecklenburger zu Beginn ihres Unterrichts nach Rostock, der in den gleichen Zeitraum fiel, in dem auch der Herzog plante, seine Residenz in die alte Handelsstadt zu verlegen,237 erfolgte, damit sich die Jungen in der Nähe des Vaters aufhielten. Die dürftige Überlieferung von Korrespondenz zwischen natürlichen Kindern und dem Herzog und Vater setzte sich bei Carl Leopold und seinem Nachwuchs fort. Es ist davon auszugehen, dass Carl Leopold, solange er als apanagierter Herzogsbruder in Doberan lebte, Kontakt zu seinen dort mit Greler gezeugten Kindern halten konnte. Unsteter wurde die Situation zu Zeiten seines Exils in den 1720er Jahren. Direkte Schreiben zwischen Töchtern und Herzog sind nicht auffindbar, dafür existieren Nachweise der Korrespondenz zwischen Carl Leopold und Madame de Wendessen, bei der die Mädchen in Pflege lebten.238 In dem Zusammenhang übernahm der Herzog eine Mittlerfunktion bei der Nachrichtenübertragung, da er erhaltene Informationen an die leibliche Mutter weitertrug. Ansonsten beschränkten die ungünstigen äußeren Umstände im Danziger Exil, die seine Einflussmöglichkeiten auf sein Land minderten, die Handlungsoptionen. Ratlos schrieb er an Greler, dass Wendessen wegen eines Kindes lamentiere, das krank sei, und dass nur allein Gott Hilfe wisse, er aber seinen Wunsch, die Kinder von dort nach Schwerin bringen zu lassen, nicht realisieren könne.239 Zu dem Zeitpunkt 235 Ebd., Brief des Herzogs Friedrich Wilhelm an Carl Ludwig von Mecklenburg, 11.1.1713. 236 LHAS, 11.3-1/4, Nr. 1436: Mecklenburg, Wieschendorfer Papiere W II 6, Abschrift Brief des Herzogs Friedrich Wilhelm an Carl Ludwig von Mecklenburg, 12.2.1712. 237 Im Gegenzug zur Überlassung der Hoch- und Niederjagd in der Rostocker Heide versprach Friedrich Wilhelm 1702, obwohl keine entsprechenden fürstlichen Quartiere in der Stadt zur Verfügung standen, die Übersiedlung nach Rostock. Seit dem 17. Jahrhundert residierte der fürstliche Hof zumeist am Hopfenmarkt in der Neustadt, als Regierungsgebäude wurde das Weiße Kolleg der Universität, ebenfalls am Hopfenmarkt, genutzt. Allerdings endete bereits nach zwei Jahren die von der Stadt und auch vom Herzog zunehmend unerwünschte Partnerschaft, vgl. Stuth: Höfe und Residenzen, S. 48. 238 Vgl. zur Korrespondenz zwischen Herzog Carl Leopold und Madame de Wendessen, LHAS, 2.12-1/2, Nr. 26. 239 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 27: Brief von Herzog Carl Leopold an Margarethe Greler, Danzig 24.10.1725.



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nahm der Herzog durchaus Anteil am Schicksal seiner Töchter, aber die räumliche Distanz limitierte seine Möglichkeiten zu agieren. Als sich Carl Leopold wieder im Lande beziehungsweise in der Nähe, im schwedischen Wismar, aufhielt, holte er seine Töchter umgehend an seinen Hof. Das war der erste persönliche Kontakt seit vielen Jahren, wie ein Brief an die Mutter andeutet, in dem er berichtete: „Es ist vorgestern die wensen mit ihren angehorigen hier kommen sie sind auf den schlos und sehr angeneme geste bin von der erziehung dem ansehen nach recht content sie wollen gerne hierbleiben.“240 Später, nach dem Zerwürfnis, auf das noch genauer einzugehen sein wird,241 betonten seine Töchter in der Retrospektive, dass sie ausdrücklich auf Wunsch und Befehl des Vaters 1730 nach Schwerin gekommen waren.242 Zwar sind diese Äußerungen im Kontext der Auseinandersetzungen und des Kampfes um ihre Alimentationszahlungen zu betrachten, wo eine Darstellung der sich nur widerstrebend Fügenden vorteilhaft erschien, um die Distanz zu ihrem Vater zu betonen, doch ist es durchaus wahrscheinlich, dass die Initiative tatsächlich von Carl Leopold ausging. Seine zuvor beklagte Ohnmacht in Bezug auf seine Töchter überwand der Herzog, indem er sie in sein Umfeld holte. Auch hier schuf Nähe Handlungspotential. Die nächsten Jahre verblieben die Fräulein von Mecklenburg bei Herzog Carl Leopold und seiner Entourage. Im Gegensatz zu den Quellen des achtzehnten Jahrhunderts, die den Kontakt zwischen mecklenburgischen Herzögen und deren natürlichen Kindern nur punktuell anreißen, existiert für Herzog Friedrich Franz I. eine Vielzahl an Belegen der Korrespondenz zwischen ihm und seinem unehelichen Nachwuchs. Freilich sind nicht für jedes Kind mit dem Vater gewechselte Briefe erhalten, doch reicht die Überlieferung aus, exemplarisch intensiven persönlichen Kontakt bis hin zum distanzierten Verhalten aufzuzeigen. Tonfall, Anlässe und Inhalte sowie die Formalia unterscheiden sich teils stark und bieten gerade im Hinblick auf die Abweichung von vorgegebenen Phrasen einen Einblick in die Emotionen der Beteiligten. Die meisten analysierten Schreiben an Friedrich Franz I. dienten oft in Form von Bittgesuchen der Klärung von Unterhalts- und Karrierefragen, mitunter beinhalteten sie aber auch Familienangelegenheiten. Erhalten geblieben sind ebenfalls der regelmäßig über mehrere Jahre geführte Briefverkehr mit Mecklenburg von Kleeburg in der Zeit seines Dienstes in der österreichischen Armee ebenso wie der mit Friedrich Franz Mecklenburg während dessen Studienzeit. 240 Ebd., Brief von Herzog Carl Leopold an Margarethe Greler, Schwerin 14.10.1730. 241 Siehe Punkt 5.3.2, S. 203. 242 „Und nur um jetzt benante Zeit das unverhoffte Malheur gehabt von dem Herrn Hertzog Carl Leopold, unserem Herrn Vater nach Schwerin beruffen zu werden. Wir könten uns freylich aus obliegender kindt. Pflicht dermahlen nicht entbrechen, diesen ernstlichen Ansinnen Ihro. Hochfürstl. Durchl. als Kinder zu gehorsahmen, und lebten der gäntzlichen Zuversicht forderlichst hinwiederum nach Rostock beuhrlaubt zu werden“, LHAS, 2.12-1/2, Nr. 34: Submission von Christina Maria, Louise Charlotta und Juliana, geborene von Mecklenburg an den Kaiser, o. O. 6.9.1737.

92 Familie Die Überlieferungsgeschichte der Briefe zwischen Friedrich Franz Mecklenburg und seinem Vater zeigt auf, dass der heutige Zugang zu den Privatbriefen des Herzogs teilweise dem Zufall und glücklichen Umständen geschuldet ist. Dies lässt die Vermutung zu, dass auch mit weiteren unehelichen Kindern durchaus regelmäßig privater Natur korrespondiert wurde, die Briefe aber im Privatbesitz blieben. Der Ankauf des Briefwechsels zwischen Friedrich Franz Mecklenburg und dem Herzog erfolgte 1928 von einem Fräulein Heidenheim, die über eine familiäre Erbschaft in dessen Besitz gelangt war.243 Bereits der damalige Archivrat Friedrich Stuhr maß der Errungenschaft einen herausragenden Stellenwert bei, da „die Briefe einen guten Einblick in das Verhältnis zwischen Vater und Sohn gewähren und von der Zuneigung und Fürsorge des ersteren Zeugnis ablegen, auch einige bemerkenswerte Äußerungen über das Befinden des Großherzogs, studentische Umtriebe und Unruhe in Wismar enthalten“ sind.244 Die in den Briefen erwähnten Themen umfassen ein breites Spektrum: angefangen von seinen Studienplänen245 und -erlebnissen246 über Reiseerfahrungen247 bis hin zu Zukunftsabsichten beruflicher248 als auch familiärer Natur.249 Sie beinhalten aber

243 Als sich der Kauf abzeichnete, wurden Erkundigungen über die Verkäuferin eingezogen. Sie stellte sich als Dame mit einem „hochachtbaren Ruf“ heraus, die als Telegraphenassistentin ein gutes Auskommen hatte. Da keine unlauteren Absichten erkenntlich waren, wurde das Geschäft für 200 Mark abgeschlossen, vgl. LHAS, 5.2-1, Nr. 2794: Brief des Archivrats Friedrich Stuhr an das Großherzogliche Sekretariat Schwerin, o. O. 21.1.1928. 244 Ebd., Brief des Archivrats Friedrich Stuhr an das Großherzogliche Sekretariat Schwerin, o. O. 30.1.1928. 245 Im ersten Schritt trug Mecklenburg seine Studienpläne in mündlicher Weise an den Herzog heran, als diese auf Ablehnung stießen, legte er seine Absichten noch einmal schriftlich dar, denen dann auch entsprochen wurde: „Bey meiner letzten Anwesenheit in Dobberan erlaubten mir Ew. königl. Hoheit mich schriftlich an Sie zu wenden, um Ihnen den Plan für meine […] Studien vorzulegen […] bitte Ew. königl. Hoheit zwar unterthänigst mir zu erlauben, daß ich diesen Winter noch in Rostock bleibe, denn aber auf Ostern eine andere Universität beziehe […].“ LHAS, 5.2-1, Nr. 2794: Brief von Friedrich Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Rostock 26.8.1829. 246 LHAS, 2.26-1, Nr. 4201: Brief von Friedrich Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Göttingen 9.5.1830. 247 U. a. seine Reise nach Heidelberg und die Rückreise am Rhein entlang nach Köln, ebd., Briefe von Friedrich Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz  I., Göttingen 9.5.1830, Heidelberg 22.4.1828 und 25.9.1828. 248 Ebd., Brief von Friedrich Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Göttingen 4.7.1830. Der Herzog unterstützt den Plan des Sohnes, sich als Auditor im Amt Gadebusch zu betätigen. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 35: Brief von Großherzog Friedrich Franz I. an Friedrich Franz Mecklenburg, Ludwigslust 15.7.1830. 249 Die Idee des Sohnes, den Stand der Ehe einzugehen, quittierte er spöttisch: „[…] über deinen Brief vom 4. habe ich lachen müßen besonders wegen deiner Heiraths idee, da hat es doch wohl noch etwas Zeit […].“ Ebd., Brief von Großherzog Friedrich Franz I. an Friedrich Franz Mecklenburg, Ludwigslust 18.8.1835.



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ferner aktuelle Geschehnisse in Mecklenburg250 ebenso wie die üblichen Neujahrsund Geburtstagswünsche251 und Nachrichten über den Gesundheitszustand.252 Zudem wurden immer wieder Geld- und Schuldenfragen besprochen, die der Herzog gewöhnlich übernahm,253 wenn auch nicht unbedingt klaglos.254 Der formale Sprachgebrauch führt zu einem steifen Tonfall in den Briefen des Sohnes an den Vater. Sehr durchdacht in der Wortwahl, wenig Spontanität zulassend, tritt die Hierarchie in der Korrespondenz deutlich zu Tage. Durchweg Verwendung fand die förmliche Anrede „Ew. königl. Hoheit“. Eine verwandtschaftliche Beziehung wird in den Briefen nicht deutlich, selbst Bitten und Danksagungen verweisen nicht auf das Vater-Sohn-Verhältnis. Die Wahrung der strengen Formalität charakterisiert deutlich die verwendete Anrede „Aller durchlauchtigster Großherzog! Aller Gnädigster Großherzog und Herr!“, verbunden mit der Unterschrift „allerunterthänigst FFMeklenburg“.255 Diese gemäß der Etikette und dem offiziellen Titulaturgebrauch richtige Anrede verwendeten auch andere uneheliche Kinder, so zum Beispiel Mecklenburg von Kleeburg und seine als Förster tätigen Söhne Mecklenburg sowie Friedrich Kentzler, der zuweilen aber auch zu dem weniger förmlichen „Mein allergnädigster Großherzog und Vater!“ griff. In solchen Fällen unterschrieb er mit „treu gehorsamster Sohn, Fritz Kentzler“256, so dass nicht nur die Ansprache, sondern auch die Schlussformel den Grad familiärer Verbundenheit bezeugte. Eine merklich weniger starre, wesentlich emotionalere Ausdrucksweise pflegten die natürlichen Töchter in den Briefen an ihren Vater. Während in den Schreiben an die Söhne in der Anrede nur selten der direkte Vaterbezug hergestellt wurde, hieß es bei Friederike von Wenckstern: „Liebster bester Vater“257 oder: „Theuerster bester

250 U. a. über die Choleraepidemie in den 1830er Jahren, ebd., Brief von Großherzog Friedrich Franz I. an Friedrich Franz Mecklenburg, o. O. 6.9.1832. 251 LHAS, 2.26-1, Nr. 4201: Brief von Friedrich Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Rostock 9.12.1829. 252 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 35: Brief von Großherzog Friedrich Franz I. an Friedrich Franz Mecklenburg, Ludwigslust 15.7.1830. 253 „Studioso juris Mecklenburg wird bestätigt für die Zeit während seines Studiums 400 Rthl. zu zahlen, auch noch nach seinem Studium bis Gelegenheit zu einer Anstellung sich bietet.“ Ebd., Brief von Großherzog Friedrich Franz I. an Friedrich Franz Mecklenburg, Ludwigslust 16.4.1830. 254 „dein brief vom 15. hat mich etwas befremdet da ich gelaubte, du würdest keine üble Wirthschaft führen allein da ich das gegentheil daraus ersehe, so muß ich dich ernstlich warnen, bessere Wirtschaft zu treiben, für dießmahl schicke ich dier 4 Louisdor […].“ Ebd., Brief von Großherzog Friedrich Franz I. an Friedrich Franz Mecklenburg, Ludwigslust 25.12.1832. 255 Vgl. dazu die Briefe in LHAS, 2.26-1, Nr. 4201. 256 LHAS, 2.26-1, Nr. 4198: Brief von Friedrich Kentzler an Großherzog Friedrich Franz I., Wismar 14.10.1816. 257 LHAS, 2.26-1, Nr. 4197: Brief von Friederike von Wenckstern an Großherzog Friedrich Franz I., Neustrelitz 10.12.1833.

94 Familie Vater“258 bei Maria Peltz. Noch gefühlsbetonter, frei von Konventionen erscheinen die weiblichen Subskriptionen: „sie zärtlich liebende u. gehorsame, aber sehr unglückliche Tochter Maria Peltz“,259 „Ihre sie innigliebende Marianne“260 oder auch: „Lebewohl lieber bester Vater und behalte lieb deine dich liebende gehorsame Tochter Friederike von Wenkstern“.261 Wenn die Anredepraxis unter dem Aspekt der Intimität interpretiert wird, dann spricht der Tonfall seiner natürlichen Töchter für eine enge emotionale Bindung zwischen den Parteien. Überschwänglich plaudernd und vertraut im Tonfall, lassen sie die männliche Zurückhaltung missen. Zwar werden Bitten an den Herzog formuliert, diese sind aber nicht untertänig, sondern ziemlich direkt; so heißt es in dem Schreiben einer Tochter an Friedrich Franz I.: „[I]ch bitte Sie sagen Sie doch an Viereck das er mir doch die einzige Barmherzigkeit bezeigte und mir seine Marie […] überlasse“, und schließt mit der Aufforderung, „doch recht bald an mich zu schreiben“.262 Wesentlich forscher formulierte eine andere Tochter ihre Wünsche. Gespickt mit Vorwürfen und Beschwerden wandte sie sich an Friedrich Franz I.: „Sie sind meiner so hart gegen mich, was ich nicht verdient habe, ich darf nur so selten zu Ihnen kommen und dann mögen sie es auch noch nicht.“ Daher beschloss sie, ihn auf eigene Initiative hin aufzusuchen und bat „dringend mir die Zeit zubestimmen, wonach ich am Donnerstag zu Ihnen kommen kann, nur bitte ich das ich Ihnen dann allein Sprechen kann“.263 Das kritische, selbstbestimmte Schreiben seiner Tochter, das langwierige Irritationen nach sich zog,264 nahm der Großherzog ausgesprochen unwirsch auf. Obwohl er mit seinen natürlichen Töchtern einen offenen, weitgehend von Konventionen befreiten Briefverkehr führte, war durch die direkten Vorwürfe und die aufgestellten Forderungen eine Grenze überschritten worden, die er seiner Tochter verübelte. Allerdings argumentierte er nicht aus Sicht des Fürsten, 258 LHAS, 2.26-1, Nr. 4208: Brief von Maria Peltz an Großherzog Friedrich Franz I., Bauhof Rühn 20.3.1836. 259 Ebd. 260 LHAS, 2.26-1, Nr. 4145: Brief von Marianne Ehrke an Großherzog Friedrich Franz I., Doberan 14.6.1836. 261 LHAS, 2.26-1, Nr. 4197: Brief von Friederike von Wenckstern an Großherzog Friedrich Franz I., Neustrelitz 10.12.1833. 262 LHAS, 2.26-1, Nr. 4145: Brief von Marianne Ehrke an Großherzog Friedrich Franz I., Doberan o. Z. 263 LHAS, 2.26-1, Nr. 4208: Brief von Maria Peltz an Großherzog Friedrich Franz I., Bauhof Rühn 1.11.1835. 264 Im darauffolgenden Jahr kam es zu neuen Streitigkeiten zwischen ihr und ihrem getrennt lebenden Ehemann, so dass sie inständig Friedrich Franz I. um seine Unterstützung in der Sache bat: „[…] lieber bester Vater, verlassen Sie mich nun nicht, Sie haben sich freilich eine ganze Zeit von mir zurückgezogen, und ihr unglückliches Kind ganz verlassen […]“ (Bauhof Rühn, 20. März 1836); Der Brief rührte ihn aufrichtig, wie er in der Antwort schrieb, er beruhigte sie in der Angelegenheit und bat darum, auf dem Laufenden gehalten zu werden, vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 4208: Briefkonzept von Großherzog Friedrich Franz I. an Maria Peltz, Ludwigslust 24.3.1836.



Umgangs- und Kommunikationsformen

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als er über den Brief ärgerlich bemerkte: „dessen ganzer Inhalt väterlich bey mir keinen angenehmen Eindruck gemacht hat“,265 sondern berief sich auf den Gehorsam und die Unterordnung, die ein Kind seinem Vater schuldete. Der normative Rahmen erlaubte nur bedingt Äußerungen, die die Fügsamkeit auch von erwachsenen Kindern gegenüber den Eltern unterminierten. Darin unterschied sich die Erwartungshaltung an die unehelichen fürstlichen Kinder nicht von den Ansprüchen, die an den Nachwuchs des deutschen Hochadels des Spätmittelalters,266 des westfälischen Stiftsadels der Frühen Neuzeit267 oder der Führungsschichten des schweizerischen Bern268 gestellt wurden. Trotz dieser vereinzelt auftretenden Diskrepanzen durften sich die Töchter in ihren Briefen Freiheiten herausnehmen, die sonst nur den ehelichen Halbgeschwistern zustanden. Deutlich wird dies in der Anredepraxis. Gleichwie bei den natürlichen Töchtern lautete die Begrüßungsformel von Herzog Carl an Friedrich Franz I.: „Lieber Vater“; der fürstliche Rang fand keine Beachtung in der Anrede. Allerdings pflegte er im Gegensatz zum weiblich-emotionalen Stil, nüchtern, nur mit „treu gehorsamster Sohn“ zu unterschreiben.269 Die vertrauliche, den Rang ignorierende, dafür die Beziehung in den Mittelpunkt stellende Anrede, die den ehelich geborenen Kindern erlaubt war, zieht eine deutliche Trennungslinie zwischen ihnen und den unehelichen Söhnen. Dass die Töchter diesem strengen Sprachreglement nicht unterworfen waren, erscheint erstaunlich, verwischen doch in ihren Anredeformen deutlich die Standesgrenzen, welche ihre Brüder wahrten. Auch wenn die Beziehung zu Friedrich Franz I. in Anrede und Subskription nicht im Mittelpunkt stand, so erfolgte in den Binnentexten durchaus eine deutliche Benennung der familiären Verbindung. Der Rückgriff auf den Topoi des Vaters fand vor allem in zwei Situationen Anwendung, wie anhand der Schreiben von Mecklenburg, dem Oberförster zu Wabel, gezeigt werden soll. Zum Ersten bezog sich der Oberförster in seinen Briefen auf das Vater-Sohn-Verhältnis in den Momenten, wenn es galt, seine Bitten zu legitimieren. Durch die Beschwörung der Vatergefühle und -pflichten konstruierte er eine emotionale Nähe, die scheinbar nützlich erschien, um seine Wünsche durchzusetzen. An das „treue[] väterliche[] Herz[] Euer königlichen Hoheit“ appellierte er in einer Schuldenfrage und vertraute darauf, dass „am wenigsten […] Euer königlichen Hoheit bey Ihrem so liebenvollen, guten Herzen, ihr Kind fallen laßen“ werden.270 Die Standesgrenzen blieben 265 266 267 268 269 270

Ebd., Konzept von Großherzog Friedrich Franz I. an Maria Peltz, Ludwigslust 1.11.1835. Spieß: Familie und Verwandtschaft, S. 454–471. Reif: Westfälischer Adel, S. 129–138. Teuscher: Bekannte, Klienten, Verwandte, S. 42. Vgl. dazu die Korrespondenz von Herzog Carl an seinen Vater, LHAS, 2.12-1/22, Nr. 59. LHAS, 5.2-1, Nr. 3276: Brief von Oberförster Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz  I., Wabel 6.1.1834. Der Bitte zur Bezahlung einer Kapitalschuld von 2 000  Rthl. wurde allerdings nicht entsprochen. Nach Aufzählung der ihm zur Verfügung stehenden Gelder schloss das Reskript mit dem Hinweis: „[…] eine solche Ausgabe vermögen auch

96 Familie trotz alledem gewahrt, wie die förmliche Anrede zeigt. Die solchermaßen unterlegten Supplikationen führten nicht automatisch zum Erfolg, erhöhten aber den moralischen Druck auf Herzog Friedrich Franz I., der diesem oft genug nachgab. In den Danksagungen für empfangene Wohltaten wurde zum Zweiten auf den Topos Vater eingegangen. „Mit jedem Tage erkenne ich es mehr, und danke Gott dafür, daß er mir das große Glück beschieden einen so liebenvollen guten Vater zu besitzen. Verzeihen Sie mein Herr meine treuliche Sprache, es kommt diese Stimmung aber aus einem redlich dankbar gesinnten Herzen“,271 schrieb Mecklenburg an Friedrich Franz I. Das Überschreiten der sprachlichen Konventionen, die direkte, emotionale Ansprache als Vater entschuldigte er mit dem Überschwang seiner Gefühle. Das Gleichgewicht in der Dualität der Rolle von Friedrich Franz I.: einerseits Fürst, anderseits Vater war nicht immer leicht auszutarieren. Allerdings dankte der Oberförster explizit dem „liebenvollen guten Vater“, was die Schlussfolgerung zulässt, dass er in seiner Selbstwahrnehmung die Erfüllung seiner Bitten auf sein „Sohnsein“ zurückführte. Trotz gelegentlicher Abweichungen waren die Briefe der natürlichen Söhne generell klar normierten und hierarchisch differenzierten Sprachkonventionen unterworfen – ganz im Gegenteil zu dem Schreibstil, in dem ihr Vater mit ihnen korrespondierte. Den regelmäßigen, einen längeren Zeitraum umfassenden Briefverkehr zwischen Friedrich Franz  I. und seinen Söhnen Mecklenburg von Kleeburg und Friedrich Franz Mecklenburg, Amtsauditor zu Gadebusch, der in den Archiven überdauerte, verfasste der Fürst eigenhändig. Silke Marburg taxiert in ihrer Untersuchung der Kommunikation von König Johann von Sachsen den Wert fürstlicher Autografen „auf der physischen Inskription seiner Selbst, die der Schreiber mit Tinte auf dem Papier leistete und die in materieller Hinsicht mit seiner Handschrift übermittelt wurden“.272 Die eigenhändig verfassten Briefe bezeugen einen hohen Grad an Intimität zwischen den Beteiligten, wie auch die Anreden und Unterschriften des Herzogs verdeutlichen. So heißt es in seinen Schriftstücken: „Liebster, bester Sohn“, 273 „Liebster Sohn“274 oder einfach „Lieber Fritz“.275 Die Verwendung des Superlativs lässt keine Aussage über den Grad der Intensität der Beziehung zu, sondern war vielmehr der Situation geschuldet. Da er die direkte Ansprache als Sohn wählte, unterschied er in seinen Schreiben nicht zwischen seinen ehelich geborenen und unehelich gezeugten Kindern. Auch seinen Sohn Friedrich Ludwig, den Erbprinzen, titulierte er mit

271 272 273 274 275

weder unsere PrivatCasse noch unsere öffentliche Cassen zuleisten.“ Ebd., Konzept zum Kabinettsreskript, Ludwigslust 11.1.1834. Ebd., Brief von Oberförster Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Wabel 13.8.1829. Marburg: Europäischer Hochadel, S. 83. LHAS, 2.26-1, Nr. 4115: Briefkonzept von Herzog Friedrich Franz I. an Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, o. O. 24.5.1814. LHAS, 2.26-1, Nr. 4133: Briefkonzept von Großherzog Friedrich Franz I. an Oberförster Franz Mecklenburg, o. O. 19.4.1827. LHAS, 2.26-1, Nr.  4198: Briefkonzept von Großherzog Friedrich Franz  I. an Friedrich Kentzler, o. O. Dezember 1818.



Umgangs- und Kommunikationsformen

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„Liebster Sohn“ und unterzeichnete die Briefe an ihn gewöhnlich mit „dein treuer Vater u. Freund FF“276 – dieselbe Floskel, die er zum Beispiel auch bei seiner Tochter Maria Peltz oder seinem Sohn, Amtsauditor Mecklenburg, wählte.277 Bei einem ­Schreiben an Kleeburg erweiterte er sogar die Abschlussformel um den Part: „[…] daß ich bis an mein Ende stets seyn und bleiben werde dein treuer Vater und Freund“.278 Nicht nur die äußeren Formen zeugen von Intimität, sondern auch der Inhalt und Tonfall der Briefe. Neben vereinzelt humoristischen Einschüben thematisierte der Herzog seine Gefühle und Ängste, wenn er an seinen Sohn Mecklenburg von Kleeburg schrieb: „Liebster, bester Sohn, dein brief […] hat mich unendlich erfreut, weil er mir gute Nachrichten brachte. Dein ganzes benehmen kann nicht anders als meine liebe gegen dir vermehren, fahre so fort so wird es dir stets wohlgehen, und mich oft gelegenheit geben dir beweise meiner wahren achtung zu geben. Deine ausführlige militairische relation war äußerst interesant. Den aufrichtigen Antheil nehme ich an den avancement und gratuliere zu derselben. Ich werde nicht verfehlen für dein equipage durch den Minister von Plessen, welcher im Junii nach Wien kömmt Sorge zu tragen, denn du verdienst daß mann dich unterstützt. Ich erwarte daher mit ungedult deinen nächsten brief. Diesen adressiere ich an dich nach Wien. Ich hätte wohl sehen mögen, wie ihr Brüder euch alle wieder gesehen habt, besonders das Wiedersehen mit Gustav. Ich wollte daß ich an allen meinen Kindern so viel Freude erlebte wie an dich, allein Carl macht mich viel zu schaffen. Es grüßt dich die ganze Welt […]. Ein wahres Glück ist daß du so lebendig davon gekommen bist, oft habe ich im Stillen für deihn leben gefürchtet, allein Gott hat mich so glücklich gemacht, dich mir zu meiner Freude zu erhalten. Ich freue mich dich einstmahl wieder zu sehen, lebe tausend mahl wohl und sey versichert […].“279 Friedrich Franz I. sprach offenherzig über seine Emotionen, sogar von der Liebe und dem Stolz, den er gegenüber seinem Sohn empfand, der somit Kenntnis über den Grad der Zuneigung besaß. Ebenso spiegelte die Angst, die er verspürte, als sich sein Junge im Kriegsalltag und damit in ständiger Lebensgefahr befand, die Innigkeit seiner Gefühle wider. In dem Brief gestand er die Furcht ein, die er in seinem Umfeld nicht offensichtlich zur Schau stellen konnte oder wollte. Allerdings scheute der Herzog nicht davor zurück, seine Regierungsmitglieder wie den Minister von Plessen, der die Verhandlungen für Mecklenburg im Zuge des Wiener Kongresses leitete, anzuweisen, sich für die Belange seines unehelichen Sohnes einzusetzen. 276 Vgl. dazu die Korrespondenz zwischen Erbprinz Friedrich Ludwig und seinem Vater, LHAS, 2.12-1/22, Nr. 248. 277 LHAS, 2.26-1, Nr. 4208: Briefkonzept von Großherzog Friedrich Franz I. an Maria Peltz, o.  O. 25.03.1836; LHAS, 5.2-1, Nr.  2915/1: Briefkonzept von Großherzog Friedrich Franz I. an Friedrich Franz Mecklenburg, Ludwigslust 16.11.1834. 278 LHAS, 2.26-1, Nr. 4208: Briefkonzept von Herzog Friedrich Franz I. an Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, o. O. 24.5.1814. 279 Ebd.

98 Familie Darüber hinaus zeugt der Brief von der egalitären Sichtweise, die Friedrich Franz I. allen seinen Kindern entgegenbrachte. Wenn er von dem Wiedersehen der Brüder schrieb, zog er verbal keine Grenze zwischen Friedrich Mecklenburg und dessen fürstlichen Halbgeschwistern. Der Herzog ging in dem Schreiben sogar so weit, kritische Bemerkungen über seinen ehelichen Sohn Carl zu machen, was den offenen Umgang zwischen ihm und seinem natürlichen Sohn unterstreicht. Der sehr persönliche Tonfall des Herzogs, der in einigen Briefen zu Tage tritt, steht im krassen Gegensatz zu der Art und Weise, wie die Briefe seiner natürlichen Kinder an ihn gehalten waren. Selbstredend finden sich auch auf Seiten der Kinder, vor allem der Töchter, gerade in Passagen der Danksagung und Bitten Zeugnisse emotionaler Verbundenheit, doch offene Zuneigungsbekundungen sind kaum überliefert. Deutlich wird die Asymmetrie der Ausdrucksmöglichkeiten. Während der Herzog seine Gefühle klar und eindeutig benannte, zudem in den Briefen die Standesgrenzen zwischen seinen ehelichen und unehelichen Kindern verwischte, durften sie sich solche Freiheiten nicht herausnehmen. Die hierarchische Diskrepanz sowohl im Hinblick auf das Vater-Kind- als auch das Fürst-Untertanen-Verhältnis prägte den Stil der schriftlichen Kommunikation der natürlichen Kinder mit ihrem Vater.

3.4 Die Position der natürlichen Kinder im Familienverband des Herzogs Trotz der Blutsverwandtschaft, hergestellt durch den Vater, gehörten die unehelich oder in einer morganatischen Ehe gezeugten Kinder in keiner Form zum offiziellen fürstlichen Familienverband. Die Nichtebenbürtigkeit der Mutter sowie der illegitime Moment der Zeugung gaben den restriktiven Exklusionsmechanismen des adligen Familienverständnisses ausreichend Anlass für die Separation von der Verwandtschaft väterlicherseits. Normativ wird dies am deutlichsten durch die Rangunterschiede der Halbgeschwister. Als natürliche Kinder konnten sie niemals demselben Rang angehören wie die ehelich geborenen Brüder und Schwestern. Sie standen mindestens eine Stufe niedriger, wie Julius Bernhard von Rohr in seiner „Ceremoniel-Wissenschaft“ festhielt: „So ist billich, daß die in der unordentlichen Ehe, oder vielmehr ausser dem Ehestand erzeugten Kinder, um eine Stufe iederzeit geringer seyn, als die ehelich gebohrnen.“280 Dass dies nicht überall eine Gesetzmäßigkeit war, zeigt der Blick nach Frankreich. Dort wurden die Söhne von Ludwig XIV. mittels königlichen Edikts zu Prinzen von königlichem Geblüt erklärt. Damit nahmen sie offiziell denselben Rang ein wie die rechtmäßig geborenen Prinzen.281 Die in den Territorien des Heiligen Reiches Deutscher Nation üblichen Rangunterschiede verursachten erhebliche Diskrepanzen in der Stellung der Kinder hinsichtlich sozialer, ökonomischer und rechtlicher Faktoren. Offizielle zeremonielle Ehrbe280 Rohr: Ceremoniel-Handlungen, S. 220. 281 Ebd., S. 221–222.



Die Position der natürlichen Kinder im Familienverband des Herzogs

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zeugungen entfielen bei der Geburt eines unehelichen Kindes, genauso wenig wurden etwaige Maßnahmen im Todesfall ergriffen. In den Familiengenealogien fanden sie keinen Platz. Gegenüber der väterlichen Familienseite besaßen Bastarde nicht das Recht, Erbschaftsansprüche geltend zu machen. Falls sie dennoch bedacht wurden, dann auf ausdrücklichen Wunsch des Familienmitgliedes hin, das über seinen Allodialbesitz testamentarisch frei verfügen konnte. Die Frage, inwieweit die Familie des Herzogs gegenüber den unehelichen Kindern unterhaltspflichtig war, führte zu Diskussionen. Die Töchter von Carl Leopold konnten in den Wirren der Regierungszeit ihres Vaters und ihres Onkels Christian Ludwig II. vor dem kaiserlichen Hofrat Alimentationszusagen durchsetzen,282 die der spätere Herzog Friedrich ihnen verweigerte. Er argumentierte nicht nur mit der in seinen Augen unbewiesenen Abkunft, sondern auch mit dem niederen Stand der Mutter, der keine weitreichenden Zahlungen rechtfertige. Darüber hinaus ließ Herzog Friedrich vehement verneinen, „daß willkührliche Handlungen der Gnade, die einer oder anderen der mecklenburgischen Landesfürsten seinen natürlichen Kindern erwiesen hat, alle etwaige illegitime Kinder meiner Vorfahren an der Regierung folglich auch die angebliche natürliche Tochter weyl. Herrn Herzog Carl Leopold dergl. befugt mache gleiche Wercke der Gnade auf dem Wegen Rechtens, zu fordern“. Der Herzog fühlte sich nicht verpflichtet, den illegitimen Kindern lebenslang Unterhalt zu zahlen, zudem der Streit „nicht mit ihrem angeblichen Vater, sondern mit meiner Person, mit dem bloßen Regierungsnachfolger desselben“ ausgefochten wurde.283 Somit lehnte er jegliche Verantwortung für sich und das fürstliche Haus und damit für die Familie gegenüber seiner noch lebenden Cousine ab, zumal diese bereits verheiratet beziehungsweise verwitwet war. In seinem Selbstbild argumentierte er ausschließlich als Landesherr, der den Allodialbesitz seines Onkels ausgeschlagen hatte, wodurch eventuelle persönliche Verpflichtungen des Verstorbenen hinfällig wurden. Allerdings erwiesen sich Auseinandersetzungen um Alimentationsfragen als nicht charakteristisch für die Beziehungen der unehelichen Kinder zur Herzogsfamilie im Mecklenburg der Frühen Neuzeit. Trotz der unterschiedlichen Rangansprüche, die ihnen den formalen Zugang zum Familienverband verwehrten, dominierten auf informeller Seite kooperative und freundschaftliche Verhaltensweisen gegenüber dem Nachwuchs. Verstarb der Vater frühzeitig, garantierten gute Beziehungen zu den fürstlichen Familienmitgliedern eine erfolgreiche Lebensplanung. Deutlich wird dies am Beispiel der Bastarde des siebzehnten Jahrhunderts, da sowohl die Kinder von Herzog Carl als auch die zwei unehelichen Kinder von Johann Albrecht II. ihren Vater verhältnismäßig früh verloren hatten.

282 Vgl. Punkt 5.3.2, S. 203. 283 LHAS, 2.12-1/2, Nr.  24: Konzept der Gegendarstellung verfasst von Friedrich August Bouchholtz, o. O. 11.5.1765.

100 Familie Der ältere Sohn von Herzog Carl, Carl Jürgen von Mecklenburg, begleitete die beiden jungen Herzöge Adolf Friedrich und Johann Albrecht II. auf deren Kavalierstour bis nach Straßburg, von wo er Briefe an seinen Vater sandte.284 Wahrscheinlich bekleidete er den Posten eines Edeljungen, der in den Rechnungen aufgeführt, aber nicht namentlich benannt wurde.285 Zwar verhinderte der Altersunterschied einen allzu engen, freundschaftlichen Kontakt zwischen den Parteien, auch lag das Hauptaugenmerk der Reise für ihn in seinen Studien, doch näherten sie sich sicherlich durch die gemeinsame Erfahrung der Fremde einander an. Als kurz darauf Herzog Carl verstarb, nahmen die beiden jungen Herzöge ihre Pflichten gegenüber den unmündigen Waisen wahr und trafen Maßnahmen für deren Bildungsweg und Versorgung. Als Entscheidungen zum Fortkommen von Carl Jürgen von Mecklenburg getroffen werden mussten, wandten sich die Vormünder an Herzog Johann Albrecht II. Sie baten ihn um Anweisungen und Unterstützung „wegen der Vetterlichen vertraulichen affection, so E. H. D. zu derselben sehlig in Gott ruhenden Herrn Vettern und Vatern hochlöblicher geruhtend, in und allewege gehabt, und getragen, die hülffliche handt alß reichen und bieten wollen.“286 In der Zuversicht auf Übernahme der Kosten betonten die Vormünder die verwandtschaftliche Beziehung, die den Herzog mit dem Vater der Kinder verband. Carl hatte nach dem durch eigene Hand verursachten Tod von Herzog Johann VII. offiziell dessen väterliche Aufgaben übernehmen und als Vormund für seine Neffen Sorge tragen müssen. Wie innig er diese Rolle interpretierte, zumal die Mutter der beiden, Herzogin Sophie, weiterhin sehr präsent war und die finanziellen Angelegenheiten regelte, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden, doch zeichnete er sich nach außen für die Geschicke der Jungen verantwortlich. Indem die Vormünder seiner hinterlassenen Kinder darauf verwiesen, erinnerten sie an die moralische Verpflichtung der jungen Herzöge. In dem Antwortschreiben reagierte Johann Albrecht II. zurückhaltend, da er es für nötig hielt, die Sache mit seinem Bruder zu besprechen.287 Das Schicksal und vor allem die Kosten der nachgelassenen Kinder betrafen das ganze fürstliche Haus. Deswegen fanden die Söhne in dem von Adolf Friedrich und Johann Albrecht II. geschlossenen Vertrag von Fahrenholz, der Modalitäten zur Landesteilung festschrieb, auch unter dem Paragraphen 75 explizit Berücksichtigung: „Wir wollen auch unsern in GOtt ruhenden Herrn Vettern und Vattern, Hertzog Carln hinterlassenen beyden Söhnen, zu ihrem bessern Unterhalt

284 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Carl Jürgen von Mecklenburg an Herzog Carl, Straßburg 26.9.1605. 285 Vgl. LHAS, 2.12-1/7, Nr. 87: Zur Kostenberechnung des Aufenthaltes der Prinzen Adolph Friedrich und Johann Albrecht II. zu Straßburg, Reise-Register (17.9.1605–30.2.1607). 286 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Hans von Winterfeld an Herzog Johann Albrecht, o. O. 1.2.1611. 287 Ebd., Konzept Antwortschreiben von Herzog Johann Albrecht II., o. O. 11.2.1611.



Die Position der natürlichen Kinder im Familienverband des Herzogs

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einen jeden 300. fl. vermachen, und dafern sie sich recht und wohl schicken und verhalten und der Tugend befleißigen, auf 10 Jahr jährlich entrichten lassen.“288 Zwar wurde der noch unverheirateten Tochter Anna Sophie im Gegensatz zu ihren Brüdern keine zusätzliche Zahlung versprochen, aber auch ihr Fortkommen sicherte die fürstliche Familie ab. Bereits kurz nach der Geburt war ihre leibliche Mutter verstorben. Obwohl ihr Vater zu diesem Zeitpunkt noch lebte, übernahm die verwitwete Herzogin Sophie frühzeitig eine federführende Rolle in ihrem Leben, das sich in den ersten Jahren fern des Hoflebens abspielen sollte. 1608 brachte die Herzogin mit Wohlwollen des Vaters das kleine Mädchen persönlich in das Kloster Rehna zu Magdalena Halberstadt.289 Später veranlasste sie ein Unterkommen ihres „PflegTöchterlein[s]“, wie sie selbst das Mädchen titulierte, im Kloster Preetz.290 Der an ihren Sohn geschriebene Satz: „das Ich anna sophie Mekelnburg im Kloster habe“291 zeugt darüber hinaus von dem Verantwortungsgefühl, das sie gegenüber der jungen Frau verspürte. Von klein auf ohne eigene Mutter aufgewachsen, übernahm die Herzogin die Verpflichtung, die Waise zu unterstützen. Trotz der schwierigen äußeren Umstände aufgrund des Dreißigjährigen Krieges blieb die Einflussnahme der fürstlichen Familie auch in späteren Jahren spürbar, sei es bei der Wahl der Ehepartner,292 beim Kriegsdienst an der Seite des Herzogs Adolf Friedrich293 oder bei der bereits erläuterten Unterstützung der Stellenannahme des Kanonikats in Ratzeburg. Noch intensiver als bei den Kindern von Carl gestalteten sich die Beziehungen in der nachfolgenden Generation zwischen dem unehelichen Sohn Johann Albrechts II. und der fürstlichen Familie, die seinen Lebensweg wohlwollend und protegierend begleitete. Sowohl der nach dem Tod des Güstrower Herzogs allein regierende Adolf Friedrich als auch dessen Sohn Carl, den er nach Frankreich begleitete, am auffälligsten aber sein jüngerer Halbbruder Gustav Adolf, der die Regierung in Güstrow übernahm, kümmerten sich um die Belange von Georg von Mecklenburg, wodurch ihm eine landansässige Karriere ermöglicht wurde. Seine Bewährungsprobe erlebte Georg im ausklingenden Dreißigjährigen Krieg, in einem Braunschweig-Lüneburgschen Regiment. Anstellung erhielt er aufgrund der Fürsprache seines Onkels Adolf Friedrich, der den dort regierenden Herzog Georg bat, den „Filius Naturalis“ seines Bruders in seine Dienste zu nehmen, um 288 „Erbvertrag zu Fahrenholz vom 9. Juli 1611 wegen Theilung der Aemter und Einkünfte“ (Sachsse: Mecklenburgische Urkunden, S. 317) 289 LHAS, 2.12-1/2, Nr.  5: Konzeptschreiben Herzog Carl an Sievert von Plessen, o.  O. 15.9.1608. 290 Ebd., Schreiben der Herzogin Sophia an Hans Hahn, Abraham von Winterfeld, Daniel Zölnern, Lübz 21.2.1614. 291 Ebd., Brief von Herzogin Sophie an Herzog Adolf Friedrich, o. O. um 1617. 292 Punkt 6.2.1, S. 246. 293 Leutnant Albrecht Mecklenburg findet im Tagebuch von Herzog Adolf Friedrich Erwähnung, vgl. LHAS, 2.12-/25, Nr. 3: Tagebuch von Adolf Friedrich, unter anderem 30.5.1625, 1.5.1626.

102 Familie „etwaß tödliches im Krieg sehen lehrens und erfahren möge, damit er künfftig seinem Vaterlande […] nützlich dienen könne“.294 Überdies stand der Herzog seinem unehelichen Neffen bei, als dieser in kaiserliche Gefangenschaft geriet, indem er Ranzion, also Lösegeld, und neue Ausrüstung stellte, ehe er sich diesmal an Landgraf Johann von Hessen-Darmstadt wandte und ihn um eine weitere Dienstmöglichkeit ersuchte.295 Unmittelbar im Anschluss an seine Militärzeit begleitete Georg von Mecklenburg den zweitältesten Sohn von Herzog Adolf Friedrich auf dessen Grand Tour nach Frankreich. In dieser kleinen, meist inkognito reisenden Suite entstand wohl eine enge, beinahe freundschaftlich zu nennende Beziehung zwischen den beiden jungen Männern. In vielen Briefen von Herzog Carl an seinen Vater fand der „Capitain Meclenbourg“ Erwähnung.296 Eindringlich bat der junge Herzog in fast allen Postskripta um Überweisung von Geldbeträgen für seinen Cousin, im Notfall half er ihm auch mit seinen eigenen finanziellen Mitteln aus.297 Zwar lassen die Quellen keine Aussagen zu, inwieweit sich Carl auch im Anschluss der Reise für ihn einsetzte, zumal seine Einflussmöglichkeiten als nicht regierender Landesherr beschränkt waren, doch weisen sie zumindest auf die Selbstverständlichkeit hin, mit der sich Georg von Mecklenburg im fürstlichen Umfeld bewegte. Zweifelsohne behandelte Herzog Adolf Friedrich I. den unehelichen Nachwuchs seines Bruders nicht gleichrangig dem ehelichen, doch wird ersichtlich, dass er trotz alldem Verantwortung für dessen Ausbildung und Werdegang übernahm. Der Militärdienst ebenso wie die Bildungsreise nach Frankreich bereiteten auf kommende Aufgaben in der fürstlichen Administration vor. Bereits ab 1646 füllte er den Posten eines Kammerjunkers aus,298 1654 bestallte ihn Gustav Adolf zum Geheimen Rat und Hauptmann zu Stargard.299 Normalerweise mied der mecklenburgische Adel den Dienst am Hof der Herzöge. Zu Zeiten von Adolf Friedrich entstammten von 160 Personen nur 19 dem Landadel, selbst in späteren Zeiten, am Ende des achtzehnten Jahrhunderts, lag das Verhältnis bei 61 zu 389 Personen.300 Zudem ging Georg von Mecklenburg zu diesem Zeitpunkt seine erste Ehe ein, die seine Position am fürstlichen Hof festigen sollte. Er heiratete Catharina Dorothea von Halberstadt, die zuvor als fürstlich mecklenburgische Hofmeisterin tätig gewe294 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 6: Empfehlungsschreiben von Herzog Adolf Friedrich an Herzog Franz zu Braunschweig und Lüneburg, 20.10.1639. 295 Ebd., Recommendation beim H[errn] Landgrafen zu Hessen für Georg von Mecklenburg, undatiert. 296 Vgl. die Briefe von Herzog Carl an seinen Vater Herzog Adolf Friedrich, LHAS, 2.12-1/7, Nr. 221. 297 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 6: Brief von Georg von Mecklenburg an Herzog Adolf Friedrich, Orleans 31.12.1644. 298 LHAS, 2.12-1/26, Mecklenburg: Bestallungsurkunde 3.11.1646. 299 LHAS, 2.22-10/25, Nr. 10a: Bestallungsurkunde 22.9.1654. 300 Jacobs: Familie, Stand und Vaterland, S. 162.



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sen war und ab 1664 die Aufsicht über die Erziehung der Güstrower Prinzessinnen ausübte. Sie verstarb kurz darauf „auf dem fürstl. Hause zu Güstrow“, wie die Leichenpredigt bescheinigte,301 was die Nähe zur Familie des Herzogs veranschaulicht, die auch an der Begräbniszeremonie teilnahm. Die Beziehung zum Herzog ging über ein reines Dienstverhältnis hinaus. Als Gustav Adolf der schlechte Gesundheitszustand seines Hauptmannes zu Stargard mitgeteilt wurde, verfügte er, ihm seinen Leibarzt zu schicken, wie er an seinen Halbbruder schrieb, da er aufgrund der „gnädigste[n] affection […] euch solche unpässlichkeit nicht gönnen, sondern gerne restituiret und bey guden wohlwesen sehen möchte“.302 Die Anteilnahme an dem Wohlbefinden der Person bezeugt durchaus Sympathie und ehrliches Interesse, allerdings ermöglichten die Standesunterschiede keine Egalität in der Beziehungskonstellation. Die Grenzen zwischen dem regierenden Herzog und dem älteren Halbbruder blieben gewahrt. Die starke Einflussnahme der Fürstenfamilie auf die Lebensgeschicke der unstandesgemäßen Verwandtschaft blieb auch im achtzehnten Jahrhundert erhalten, dort wesentlich geprägt durch die Landesbesetzung und innerfamiliären Streitigkeiten unter der Regentschaft von Herzog Carl Leopold. Anhand der Kinder von Herzog Friedrich Wilhelm wird deutlich, inwieweit sich äußere Faktoren, in diesem Fall die Reichsexekution, auf die Beziehungen auswirken konnten, aber auch wie gewichtig das Verhältnis des Vaters zur Fürstenfamilie war. Mit einem Testament versuchte Friedrich Wilhelm, die Position seiner unehelichen Kinder im Familiengefüge festzusetzen. In einem frühen, von eigener Hand niedergeschriebenen Entwurf bestimmte er die Vormünder für seinen illegitimen Nachwuchs. Er bat unter anderem seine „freundlich geliebte und hochgeehrte Frau Mutter […] für diese beide unser natürlichen Kinder bestens zu sorgen“.303 Indem er seine Mutter auswählte, daneben auch Herzog Friedrich IV. von Schleswig-HolsteinGottorf, wäre über seinen Tod hinaus eine kontinuierliche familiäre Einbindung gewährleistet gewesen. Außerdem zeugt die Wahl von dem Vertrauen und der Wertschätzung, die er seiner Mutter gegenüber empfand. Allerdings nahm nach seinem Tod nicht die Mutter entscheidenden Einfluss auf das Leben seiner Kinder, vielmehr waren es die Brüder. Obwohl an dieser Stelle nicht ausführlich das Geschwisterverhältnis der drei nacheinander regierenden Herzöge Friedrich Wilhelm, Carl Leopold und Christian Ludwig II. erläutert werden kann – zumal eine wissenschaftliche Aufarbeitung bis dato ausblieb – ist eine Problemskizze für den Rückschluss auf die Beziehung der unehelichen Kinder zu den Brüdern unumgänglich. 301 Leichenpredigt für Fr. Catharina Dorothea von Halberstatten, […] Verstorben 8. Februar 1665, in: Sondersammlung UB Rostock, Familienpapiere Mecklenburg, von Mecklenburg. 302 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 6: Briefkonzept von Herzog Gustav Adolf an Georg von Mecklenburg, o. O. 8.4.1661. 303 LHAS, 2.12-1/11, Nr. 102: Testamentsentwurf von Herzog Friedrich Wilhelm, November 1710.

104 Familie Nach dem frühen Tod des Vaters Friedrich zu Mecklenburg-Grabow und des Herzogs Christian I. Louis von Mecklenburg-Schwerin übernahm der noch nicht achtzehnjährige Friedrich Wilhelm die Verantwortung für seine jüngeren Geschwister. Das Verhältnis der Brüder untereinander konnte unterschiedlicher nicht sein, auch wenn sie zu Mutter und Schwester alle gleichsam gute Beziehungen unterhielten. Die Korrespondenz zwischen Christian Ludwig II. und Friedrich Wilhelm zeugt von einer engen Verbundenheit. Seinen kleinen Bruder sehnsüchtig erwartend, schrieb der Herzog an den aus Italien zurückkehrenden Christian Ludwig: „Ich gehen morgen wills Gott nach Grabow zu mama, und will da die Wölfe jagdt machen […] – was ein plaisir, Mon chere Frere schreibe nun doch wan wieder nach ihm hier ausehen soll, damit ich nun viel der parfoce jagt darnach richten kann.“304 Sie sorgten sich umeinander, stimmten ihre Pläne miteinander ab und waren einander Vertrauenspersonen, denen auch Geheimnisse, die es vor der Mutter gab, anvertraut werden konnten. So wollte Friedrich Wilhelm im Jahre 1711 von Mainz mit der Armee durch Holland reisen, etwas, worauf er sich trotz seines schon damals angegriffenen Gesundheitszustandes überaus freute. Seinen Bruder weihte er in die Pläne ein, versehen mit der strikten Bitte, der Mutter ja nichts davon zu erzählen.305 Ein ganz anderer Tonfall herrschte zwischen dem regierenden Herzog und dem zweitgeborenen Carl Leopold, der bereits 1695 nach der Rückkehr von seiner Kavalierstour die Aufteilung des Herzogtums verlangte. Als er mit dieser Forderung scheiterte, ging er ins Ausland, vornehmlich nach Hamburg, und beteiligte sich an den Feldzügen Karls XII. von Schweden in Polen, dem er Bewunderung entgegenbrachte.306 Mit der Festschreibung der Primogenitur durch den Hamburger Vergleich schienen all seine hochgesteckten Ambitionen vorläufig gestoppt. Streitigkeiten um Unterhaltszahlungen, Missverständnisse und verletzte Eitelkeiten bestimmten die Korrespondenz zwischen den Brüdern. So klagte Carl Leopold, „als wann derselben meiner gegenwart fast wiederlich fallen wolle; so sich dann nicht undeutlich zugleich daraus schließen dass meine worte mir öfters anders als meine intentionen ist missdeutet“.307 Zwar wurden mit dem Vergleich zwischen den Brüdern 1707, zu einem Zeitpunkt, als eheliche Nachkommen Friedrich Wilhelms schon fraglich waren, Erbund Unterhaltsstreitigkeiten offiziell beigelegt, allerdings folgte keine emotionale Annäherung der beteiligten Parteien. Die nach dem Tod des ältesten Bruders verstärkt auftretenden Animositäten zwischen Carl Leopold und Christian Ludwig mündeten nach der Suspendierung von Carl Leopold in wüsten, zu Papier gebrachten Beleidigungen. Der abgesetzte Herzog 304 LHAS, 2.12-1/22, Nr. 176: Brief von Herzog Friedrich Wilhelm an Herzog Christian Ludwig II., o. O. 16.1.1706. 305 Ebd., Brief von Herzog Friedrich Wilhelm an Herzog Christian Ludwig II., o. O. 8.7.1711. 306 Wick: Versuche zur Errichtung des Absolutismus, S. 35. 307 LHAS, 2.12-1/22, Nr. 175: Korrespondenz der herzoglichen Familie untereinander, Brief von Herzog Carl Leopold an Herzog Friedrich Wilhelm.



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beschimpfte seinen jüngeren Bruder unter anderem als „eine Missgeburt ihres uraltfürstlichen würdigsten Hauses, einen Rebellen und Verräter, der nur mit dem Satan zu vergleichen ist“.308 Dermaßen verhärtete Fronten erforderten eine eindeutige Positionierung der unehelichen Kinder innerhalb der Familienkonstellation des Fürsten, die sie zu Gunsten von Christian Ludwig II. trafen. Allerdings musste diese Entscheidung erst rund zehn Jahre nach dem Tod des Vaters gefällt werden. Zuvor hatte sich die Beziehung zu dem regierenden Onkel Carl Leopold durchaus positiv, weitgehend zum Vorteil der unehelichen Kinder entwickelt. Die Tochter Friederica Wilhelmina ging auf Wunsch von Herzog Carl Leopold die auch von ihm finanziell großzügig ausgestattete Ehe mit Hermann Christian von Wolffradt ein, obwohl in diesem Fall das Engagement des Herzogs wohl weniger auf den Wunsch der Versorgung seiner Nichte zurückzuführen war, als vielmehr in der Absicht begründet lag, den Unterhalt der Frau zu gewährleisten, mit der er sexuelle Kontakte unterhielt. Die „Gnaden und Wohltaten [, mit denen sie] überschüttet“309 wurde, wie ihre Mutter später berichtete, erscheinen somit in einem anderen Licht. Im Gegensatz dazu entsprang die Unterstützung der Brüder von Mecklenburg erst einmal nicht dem Eigennutz, sondern resultierte aus der Verpflichtung gegenüber dem Verstorbenen. In den ersten Jahren flossen die Legatsgelder regelmäßig, obwohl bereits ab 1716 Klagen über ausstehende Zinszahlungen laut wurden,310 die sich in den folgenden Jahren summierten und nicht mehr abrissen. Durch ausreichend finanzielle Mittel und wohl auch durch Intervention von Carl Leopold erfolgten die Avancements in der mecklenburgischen Armee stetig und schnell. Als sich die Situation zwischen dem Landesherren und seiner Ritterschaft zuspitzte, stand außer Frage, wem die Loyalität galt. Die Brüder stellten ihr Tun ganz in den Dienst des Herzogshauses, nahmen an Kampfhandlungen gegen die ins Land einfallenden Exekutionstruppen teil und beteiligten sich an den Aktionen gegen die Ritterschaft.311 Das Pflichtbewusstsein schmiedete beide Parteien aneinander. Indem Friedrich Wilhelm seine Kinder anerkannte und für sie Vorsorgemaßnahmen traf, die durch das Testament rechtsgültig wurden, übertrug er die Aufgabe auch an nachfolgende Familienmitglieder. Derweilen verspürten die Brü-

308 Vitense: Geschichte von Mecklenburg, S. 261. 309 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 10: Bericht von Johanna Schwan, Rostock 24.7.1748. 310 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Supplik von Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg an Herzog Carl Leopold, o. O. 14.12.1716. 311 Ein Obristleutnant von Mecklenburg – zu diesem Zeitpunkt hatten beide den Rang inne – nahm aktiv am Vorgehen gegen die aufsässige Ritterschaft teil, indem er half, das Rittergut von Jobst Hinrich von Bülow einzuziehen, vgl. dazu Franck: Des Alt- und Neuen Mecklenburgs Sechzehendes Buch, S. 123. Bei der entscheidenden Kampfhandlung gegen die 1719 ins Land eingefallenen Exekutionstruppen unter General von Bülow erlebte zumindest Carl Ludwig von Mecklenburg seine Feuertaufe im Gefecht. Als Mitglied des am Kampfgeschehen beteiligten Infanterieregimentes von Kahlden feierte er in der Schlacht von Walsmühlen einen glänzenden Sieg; Keubke u. a.: Das Mecklenburger Militär, S. 15–16.

106 Familie der, solange sie in den Genuss ihres Erbes kamen, ebenso eine Verpflichtung gegenüber dem Herzogshaus, wie sie ihnen selbst zuteilwurde. Allerdings prägte nicht nur Pflichtbewusstsein die Beziehung, gleichermaßen fußte sie auf der Wertschätzung der Personen. Immerhin zog Carl Leopold eine Hochzeit zwischen Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg und seinen unehelichen Töchtern in Betracht.312 Die Ehen hätten die Familienbindung der Brüder an Carl Leopold noch verstärkt. Doch der Ehepakt zerschlug sich. Stattdessen entfremdeten sich die Parteien, was in einer Klage der Brüder vor dem Reichshofrat gipfelte. Für den Bruch zwischen Carl Leopold und seinen Neffen mussten Ereignisse ausschlaggebend gewesen sein, die sich in Livland abgespielt hatten, wohin der Herzog seine Truppen nach Einmarsch der Exekutionstruppen beordert hatte, um sie vor feindlichen Zugriffen zu schützen. Zwar währte der Aufenthalt der Brüder in der Fremde nicht lange, doch litten sie ebenso wie die anderen Truppenteile unter dem ausgebliebenen Sold und unter mangelnder Verpflegung. Zudem erhielten sie besorgniserregende Nachrichten aus der Umgebung Carl Leopolds. Jemand denunzierte die Brüder beim Herzog, ihnen wurde Korrespondenz mit den von Carl Leopold als feindlich eingestuften Adligen vorgeworfen. 313 Allen Beteuerungen zum Trotz – immerhin hätte laut Dienstreglement der mecklenburgischen Armee denjenigen die Todesstrafe ereilt, der „mit dem Feinde […] briefe wechselt, oder empfänget, und nicht sogleich angiebet, sie mögen vor Inhalt haben, was sie wollen“314 – blieb die Stimmung zwischen ihnen und ihrem Onkel eisig, so dass sie ihren Abschied aus der Armee als einzigen Ausweg sahen. Dieser aber wurde ihnen nicht gewährt.315 Die Notsituation zwang sie, sich familiär umzuorientieren, da andere aktivierbare Netzwerke nicht existierten. Als Offiziere hatten sie innerhalb ihrer Regimenter Freundschaften geschlossen, mit deren Hilfe kurzzeitige finanzielle Engpässe überwunden werden konnten, aber letztendlich verfügte keiner der ausländischen, niederadligen oder bürgerlichen Offiziere über genügend Einfluss, um die Brüder auf politischer und 312 S. Punkt 6.2.1, S. 246. 313 Ominös schrieb Friedrich Wilhelm von Mecklenburg von „Verwirrungen“, wobei er seine Hoffnung zum Ausdruck brachte, dass Carl Leopold ihre Unschuld anerkenne: „S. A. connoitra alors nôtre innocence, comme il nous est tres sensible de nous avoir imputé ce a quoi nous navons jamais songé seulement, et chose dont nous serrions incapables comm’ allant contre le devoir d’un honet homme. La confusion dans la quelle ce traitement que nous necroions pas avoir merité nous mit ne nous permis pas de dire adieu a nos Amis“, vgl. dazu LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Brief von Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg an den Geheimen Rat von Wolffradt, Schwerin 26.9.1719. 314 LHAS, 2.12-2/18, Nr. 4798: Hochfürstliche Revidierte Mecklenburgische Kriegsartikel Herzog Carl Leopold, 1717. 315 Der Kanzler von Wolffradt, der als Mittelsmann agierte, beteuerte den Brüdern: „Je ne saurios m’abstenir de temoigner ma surprise sur ce que vous y semblez etre en peine comme si S. A. S. vous portoit quelque disgrace, ne m’etant appercen de rien de semblable, pendant tout le tems que vous etes partis d’icy j’ay raison de crocie le contraire …“ vgl. LHAS, 2.121/2, Nr. 14: Brief vom Geheimen Rat von Wolffradt an Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg, Dömitz 9.3.1720.



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rechtlicher Ebene zu unterstützen. Ebenso schied die mecklenburgische Ritterschaft aus, auf deren Intervention hin die Exekutionstruppen ins Land einmarschierten. Da die Bemühungen der Ritterschaft erste Erfolge zeigten, bestand kein Interesse an zwei illegitimen Kindern eines verstorbenen Herzogs, die sich politisch nicht instrumentalisieren ließen. Zudem besaßen die Brüder, bedingt durch deren Isolation von den Familien der Mütter, keine ausgeprägten familiären Beziehungen innerhalb des mecklenburgischen Adels, die im Notfall hätten genutzt werden können. Somit blieb nur der jüngste Bruder ihres Vaters übrig. Zu diesem besaßen sie zeitlebens eine enge Beziehung, weshalb davon auszugehen ist, dass sie nicht erst zu diesem Zeitpunkt entstand, sondern der Grundstein dafür bereits in der Jugend gelegt worden war und vor allem aus der gegenseitigen Wertschätzung der Brüder Christian Ludwig und Friedrich Wilhelm resultierte. Sie standen sich so nahe, dass die Frau Christian Ludwigs, Gustave Karoline, die Tochter Adolf Friedrichs II. von Mecklenburg-Strelitz, in einem Brief die beiden Brüder symbolisch als ihre „beyden geliebten Söhne“ betitelte und mit dem „Verlust der Mütterlichen dispens“316 drohte, wenn sie ihrem Befehl, sie aufzusuchen, nicht nachkämen. Natürlich besaßen solche Bezeichnungen einen stark formelhaften Charakter, sie deuten aber darauf hin, dass die Beziehungen durchaus persönlicher Natur waren und über ein reines Untertanenverhältnis hinausgingen. Wie hundert Jahre zuvor bei der Beziehung zwischen der Herzogin Sophie und Anna Sophia Mecklenburg lässt die Titulierung darüber hinaus auf ein Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Belangen der Brüder von Mecklenburg schließen, bei dem eine Eltern-Kind-Beziehung, selbst wenn sie nur symbolisch verstanden wird, immer auch geprägt ist von Sorge und Unterstützung. Neben der Familie von Christian Ludwig existierten weitere briefliche Kontakte mit der verwitweten Herzogin Sophie Charlotte, der Herzogin Auguste in Dargun, eine Tochter Gustav Adolfs von Mecklenburg-Güstrow, sowie dem „Prinzen von Mirow“, Herzog Karl Ludwig Friedrich von Mecklenburg-Strelitz.317 Inwieweit Christian Ludwig in den Jahren der Auseinandersetzung vor dem Wiener Reichshofrat aktiv Einfluss nahm, ist schwierig abzuschätzen. Er blieb aber gegenüber den Vorgängen wohlwollend und positiv gestimmt. Ehrbezeugungen, wie die Übertragung von Patenschaften und Namensanlehnungen bei Neugeborenen,318 dienten immer wieder der Rückversicherung der Gunst. Auch fand die Hochzeit von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg 1724 auf dem Wohnsitz seines Onkels, dem Grabower Schloss, statt.319 316 LHAS, 11.3-1/4, Nr. 1436: Abschrift eines Briefes von Herzogin Gustava Carolina an Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg, o. O. 4.10.1720. 317 Die Rekonstruktion ihrer Korrespondenz erfolgte anhand der Aufzeichnungen der Wieschendorfer Papiere in LHAS, 11.3-1/4, Nr. 1436. Sie ging über die üblichen Neujahrs- und Geburtstagswünsche hinaus, der Inhalt kann aber durch die sehr lückenhaften Abschriften nicht erschlossen werden; ebenso vgl. Bill: Geschichte der Familie von Mecklenburg, S. 8. 318 Vgl. LHAS, 11.3-1/4, Nr. 1436. 319 Vgl. Abschrift der „Familienbibel“ von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg, in: LHAS, 11.3-1/7, Kasten 34: von Mecklenburg.

108 Familie Nach erfolgreichem Abschluss der Güterübertragung an die Brüder von Mecklenburg entfernten sich zwar die Lebenswelten, da die Brüder fortan den Lebensstil landsässiger Adliger pflegten, aber der Kontakt brach nicht ab. Nachdem Carl Leopold verstorben war, ernannte der nun regulär das Herzogsamt ausführende Christian Ludwig seinen Neffen Carl Ludwig zum Geheimen Rat, womit die Beziehungen wieder intensiviert wurden. Auch nachfolgende Generationen dienten dem Herzogshaus und besetzten durchaus prominente Posten in der Hofverwaltung.320 Die früh getroffene Entscheidung für Christian Ludwig und gegen den später zunehmend familiär isolierten Carl Leopold stellte keine Selbstverständlichkeit dar. Als die Brüder von Mecklenburg sich schriftlich die Zusicherung zur Unterstützung ihrer Angelegenheit vor dem Reichshofrat von Christian Ludwig einholten, war eine Suspendierung des regierenden Herzogs bei weitem nicht abzusehen, so dass die eindeutige Positionierung in der Familienkonstellation erhebliche Risiken barg. Wären die Ereignisse zu Gunsten von Carl Leopold verlaufen, hätten der Stand und die Position im Familiengefüge Christian Ludwig wahrscheinlich weitgehend vor Repressalien geschützt – nicht so seine Neffen. Allerdings blieb die Wahl der Seite, um in den Genuss ihres Erbes zu kommen, letztendlich alternativlos. Dass zumindest ein Teil der Familie ihr Ansinnen unterstützte, war existentiell, schließlich verfügten sie aufgrund ihrer Erziehung und ihres bisherigen Lebens als illegitime Fürstensprösslinge nur sehr begrenzt über Zugang zu anderen Netzwerken. Der Frontenwechsel verhalf ihnen zu dauerhafter Loyalität und dem Wohlwollen von Christian Ludwig. Er wirkte sich positiv auf ihren Lebensweg aus, im Gegensatz zu deren Schwester Friederica Wilhelmina von Wolffradt, die Carl Leopold gewählt hatte. Zwar existieren keine Aufzeichnungen, die das Verhältnis zwischen ihr und Christian Ludwig illustrieren, doch verband sie mit dessen jugendlichem Sohn, dem späteren Herzog Friedrich, eine regelrechte Feindschaft. So klagte sie ihrem Geliebten Carl Leopold, dass es sie in ihrer „Seel kränckt, daß ihro der Prins Friederich, solchen großen Hass und groll auff mich geworffen, und mir allen fordt anthut, […] Gott weiß daß ich in allen Stücken unschuldig bin, waß der Prins von mir arges denckt, und da ich so viele Feinde habe, die mir bey ihn anschwärzen, so wollte uns wünschen, daß Er mir nur sagte“.321 Gute Beziehungen zwischen den unehelichen Kindern von Herzog Friedrich Wilhelm und der Familie von Christian Ludwig waren somit kein Automatismus. Gleichwohl leiteten sich die Animositäten nicht von ihrer Herkunft ab, sondern lagen wahrscheinlich in ihrer Position als offizielle Mätresse von Carl Leopold begründet. Ohnehin betrachtete Herzog Friedrich auch andere mit Carl Leopold in Verbindung stehende Personen mit Argwohn, wie sein bereits geschilderter späterer Widerstand gegen die Alimentation der Fräulein von Mecklenburg beweist. 320 Vgl. Abschnitt 6.4. 321 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 23: Brief von Friederica Wilhelmina von Wolffradt an Herzog Carl Leopold, undatiert.



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Während in den vorherigen Generationen die Herzogsfamilie die Entwicklung und Lebensgestaltung der unehelichen Kinder stark beeinflusst hatte, trat zu Zeiten von Herzog Friedrich Franz I. ein scheinbarer Bedeutungsverlust ein, im Wesentlichen verursacht durch seine lange Lebens- und Regierungszeit. Wie aufgezeigt, wuchs die Intensität der Beziehungen zur Familie des Herzogs vor allem in dem Moment, als der Vater verstarb und Maßnahmen zur Versorgung – sei es durch Erbschaft oder Ausbildung – getroffen werden mussten. Friedrich Franz I. regelte diese Angelegenheiten im Alleingang: Er verfügte die entsprechende Berufswahl, vergab Positionen in seiner Verwaltung, schenkte Mitgiften und Ausstattungen bei der Eheschließung und sicherte seine unehelichen Kinder oftmals durch Vergabe von Kapital an die Mütter ab. Bei seinem Tod hatte der Nachwuchs seinen Platz in der Gesellschaft zumeist außerhalb der höfischen Sphäre gefunden, die Ältesten waren selbst fast fünfzigjährig. Zwar sind für den nachfolgenden Zeitraum sporadisch Schreiben einiger unehelicher Kinder an den jeweiligen Großherzog erhalten, in denen sie unter anderem Todesfälle in der Familie bekannt geben oder wegen der Erlaubnis zur Vergabe des Namens des Großherzogs bei Neugeborenen anfragen, doch existieren keine Hinweise auf tiefergehende Verbindungen persönlicher Natur.322 Hingegen ist für die am Hof verkehrenden Geschwister, die Kleinows und für Mecklenburg-Kleeburg, Kontakt zu ihren Halbgeschwistern belegt. Insbesondere die von Kleeburg an seinen Vater verfassten Briefe bezeugen einen gewissen ungezwungenen Umgang, als er sich zusammen mit seinen Brüdern in Paris aufhielt. Im Mai 1814 trafen sie in der französischen Hauptstadt zusammen, was Kleeburg veranlasste, seinem Vater zu berichten, dass „die Umarmung mit durchlauchtigsten Prinz Gustav auf 6 Jahren […] für mich so rührend und freundmahl [war], daß ich mich noch nicht erholen kann“.323 Mit gemeinsamen Ausritten und anderen Aktivitäten verbrachten sie dort ihre Zeit. Zudem hielt Kleeburg während seines Dienstes in der österreichischen Armee mittels Briefen Kontakt zu den Prinzen.324 Der freundschaftliche Umgang blieb auch in späteren Jahren bestehen. Gemeinsam wurden Jagdausflüge unternommen, die laut Tagebucheinträgen des Herzogs oft in den Forst zu Zickhusen, dem ja ein weiterer unehelicher Sohn vorstand, führten.325 Das enge Verhältnis, welches Mecklenburg-Kleeburg vor allem zu Herzog Carl pflegte, stellte aber gewiss die Ausnahme im Umgang der unehelichen Kinder mit den ehelichen Geschwistern dar. Ansonsten boten die Sommermonate in Doberan/Heiligendamm die Option, sich zu begegnen, da sowohl die Herzogsfamilie als auch einige uneheliche Kinder regelmäßig Kurgäste waren. 322 Vgl. dazu die Briefe von Oberförster Mecklenburg zu Wabel in LHAS, 5.2-1, Nr. 3276. 323 LHAS, 2.26-1, Nr. 4115: Brief von Friedrich Mecklenburg von Kleeburg an Herzog Friedrich Franz I., Paris 9.5.1814. 324 LHAS, 2.26-1, Nr. 4115: Brief von Friedrich Mecklenburg von Kleeburg an Herzog Friedrich Franz I., Polanice 4.3.1813. 325 U.  a. LHAS, 2.26-1, Nr.  4394: Tagebucheintrag von Großherzog Friedrich Franz  I., 4.4.1820; ebenso LHAS, 2.26-1, Nr.  4399: Tagebucheintrag von Großherzog Friedrich Franz I., 8.1.1829.

110 Familie Die prominente Rolle der Herzogsfamilie im Leben der natürlichen Kinder, die sie im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert einnahm, resultierte aus der Verantwortlichkeit, die die unehelichen Kinder beim Todesfall des Vaters verspürten. Erst in diesem Moment wurde die Frage wirklich relevant, ob die natürlichen Kinder in der Familie akzeptiert waren. Allerdings bedeutete Verantwortung für sie zu übernehmen und sie zu unterstützen auch, sie zur Verwandtschaft zu zählen? Wie bereits erläutert, gehörten sie aus rechtlicher Sicht zweifelsohne nicht zur Familie. Zudem würde eine Reduktion auf die biologische Definition in Anbetracht der Lebenswirklichkeit einer Füstenfamilie zu kurz greifen. Ebba Severidt stellte bei ihrer Untersuchung der Familie Gonzaga ausdrücklich fest, dass in der Adelsfamilie keine Unterscheidung zwischen Bluts- und Affinalverwandten sowie zwischen Agnaten und uterinen Verwandten getroffen wurde.326 Mochte auch die Frage „des Blutes“ im adligen Selbstverständnis immens wichtig sein, sobald es um die Miteinbeziehung in die Verwandtschaft ging, trat dieser Aspekt zurück. Diese Ansichten korrespondieren mit aktuellen Tendenzen in der Geschichtswissenschaft, wo die Verwandtschaft zunehmend als offenes Konzept verstanden wird, das durch seine fließenden Grenzen nur schwer von Freundschaftsbeziehungen zu unterscheiden ist. Verwandtschaft wird somit zur „Denkweise sozialer Beziehungen“, nicht zu einer biologischen Tatsache.327 Damit würde auch die strikte Unterscheidung zwischen „fehlender Negierbarkeit“328 auf der einen Seite und Freiwilligkeit auf der Freundschaftsseite entfallen. Die Unterstützung, die den unehelichen Kindern zumeist durch die Familie des Herzogs zuteilwurde, war weitgehend kein einklagbares Recht, sondern beruhte allein auf dem Engagement der Herzogsfamilie, das in aller Regel weit über die Akzeptanz der schriftlich fixierten Erb- und Unterhaltsfragen hinausging. Was die Familienmitglieder zu diesem Handeln bewog, ob eine moralische Verpflichtung gegenüber dem verstorbenen Vater, womöglich doch ein familiär geartetes Zusammengehörigkeitsgefühl oder schlicht persönliche Sympathie, gefördert durch regelmäßigen Umgang miteinander, muss Spekulation bleiben. Die streng ausgeprägten Hierarchieunterschiede verhinderten die Ausbildung einer „gleichwertigen“ Freundschaft. Darüber hinaus definierte ein stark einseitiges Abhängigkeitsverhältnis die Beziehung, was den Begriff Patronage zur Charakterisierung in den Blickwinkel drängt.329 Allerdings wird auch in diesem Zusammenhang vor allzu scharfen Trennlinien zwischen Patron-Klient-Beziehung und Freundschaft 326 Severidt: Familie, Verwandtschaft und Karriere bei den Gonzaga, S. 29. 327 Vgl. allgemein zum Problem der Verwandtschaftsdefinition Jussen: Künstliche und natürliche Verwandte, S. 39–59, hier S. 40. Ebenso Jarzebowski: Inzest, S. 13–22, 145–145. 328 Rexroth und Schmidt: Freundschaft und Verwandtschaft, S. 8. 329 Vgl. zur Patronage Jancke: Patronage, Freundschaft, Verwandtschaft; Emich u. a.; Stand und Perspektiven der Patronageforschung; Droste: Patronage in der Frühen Neuzeit; Jancke: Autobiographie als soziale Praxis; Mączak und Müller-Luckner (Hg.): Klientelsysteme im Europa; vgl. für politische Patronagebeziehungen Thiessen: Diplomatie und Patronage.



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gewarnt, zumal die Freundschaft noch nicht durch romantische Ideale erhöht, sondern durchaus an die Erwartung von Hilfe und Unterstützung gekoppelt war.330 Hinsichtlich der Fürstenfamilie brachte die illegitime Geburt den herzoglichen Bastarden eine Zwitterstellung zwischen Verwandtschaft und Gefolgschaft ein. Obwohl nicht der offiziellen Dynastie zugehörig, standen sie zumeist in einem besonderen Ansehen und der Gunst der Familienmitglieder. In Krisensituationen, aber auch im alltäglichen Umgang erinnerte sich die Fürstenfamilie an ihre Pflichten, die sie gegenüber dem Vater verspürte, und protegierte die natürlichen Kinder entsprechend.

3.5 Die Beziehungsintensität zwischen den natürlichen Geschwistern Die Zwischenstellung, die die natürlichen Kinder im Familiengeflecht des Fürsten einnahmen, lässt der Frage der Beziehungsbedeutung der unehelichen Brüder und Schwestern untereinander besonderes Gewicht zukommen. Sowohl das komplizierte, von Standesunterschieden beeinflusste Verhältnis zur Familie des Vaters als auch die fast immer auftretende komplette Loslösung von der Seite der Mutter legen die Vermutung nahe, dass die Geschwisterbeziehungen durch eine hohe Bindungsintensität geprägt waren. Ein beträchtlicher Grad an Zuneigung und Abhängigkeit charakterisierte nicht nur das Verhältnis der unehelichen Geschwisterpaare des Adels, sondern auch das ihrer ehelichen Pendants, wie zuletzt Sophie Ruppel in ihrer grundlegenden Studie „Verbündete Rivalen“ konstatierte.331 Oftmals fungierten die adligen Geschwister untereinander noch vor den Eltern als primäre Bezugspersonen. Im Gegensatz zu der Dissertation von Ruppel, die auf eine reichhaltig ausgetauschte Korrespondenz zwischen den Brüdern und Schwestern zurückgreift, existiert für die unehelichen Kinder der mecklenburgischen Herzöge bedauerlicherweise nicht diese ausgiebige Quellenlage. Ihre Beziehungen lassen sich oft erst im Rückschluss zum väterlichen Verhältnis und durch die Rekonstruktion ihrer Lebenswege eruieren. Während heutzutage Geschwisterkinder in aller Regel egalitär behandelt werden, ausgestattet mit gleichen Rechten und Kapital unabhängig von der Geburtsfolge, kennzeichnete das vormoderne adlige Geschwisterverhältnis eine klare und strenge, vertikale Hierarchisierung. Wie Sophie Ruppel herausstellt, verlief die Trennlinie nicht nur zwischen Erben und Nachgeborenen, sondern auch in der Rangfolge von älteren zu jüngeren Geschwistern.332 In diesem Zusammenhang betont sie einschränkend, dass die vertikale Differenzierung wohl vornehmlich ein

330 Seidel und Schuster: Freundschaft und Verwandtschaft, S. 152; Asch: Zwischen defensiver Legitimation und kultureller Hegemonie, Abs. 17. 331 Ruppel: Verbündete Rivalen. 332 Ebd., S. 124–125.

112 Familie adliges Phänomen war, das sich nicht unbedingt auf städtische Gesellschaftsschichten übertragen lässt.333 Die gleiche Zurückhaltung scheint ebenfalls bei den natürlichen Fürstenkindern angebracht zu sein. Indem letztendlich ein offizieller Rechtsanspruch auf Versorgung fehlte, oblag es alleine der Entscheidung des Herzogs, wie das Kind zu unterhalten sei. Zwar bedachte auch Herzog Friedrich Wilhelm seine zwei erstgeborenen Söhne wohlwollender als die später gezeugten Kinder, doch hing dies sowohl mit der Geschlechterfrage zusammen als auch mit der Tatsache, dass sein dritter Sohn von jemand anderem adoptiert wurde. Zwischen dem minimal älteren Friedrich Wilhelm von Mecklenburg und seinem Bruder Carl Ludwig unterschied der Herzog nicht. Somit erlaubte der Status der Unehelichkeit Freiräume, die ansonsten aufgrund des teils sehr rigide gehandhabten adligen Erbschafts- und Familienrechts nur selten zur Verfügung standen. Weil weder Rücksicht auf Sukzessionsregelungen noch auf den Wunsch des Zusammenhaltens des dynastischen Besitzes genommen werden musste, da die natürlichen Kinder von vornherein ausgeschlossen waren, bestand die Möglichkeit, sie unabhängig von ihrer Geburtsfolge gleich zu behandeln. Nicht nur Herzog Friedrich Wilhelm nahm die Option dahingehend wahr, dass er seinen beiden Söhnen gleich viel vermachte, sondern auch Herzog Carl.334 Die Gleichbehandlung durch den Vater wirkte auf das Verhältnis der Brüder zurück. Frei von Konkurrenz- oder Neidgedanken war das Schicksal seiner zwei Söhne aufs engste miteinander verwoben, woraus ein sehr inniges Verhältnis resultierte. Zwar wurde in offiziellen Schriftstücken der ältere Bruder zuerst genannt, oft führte er auch die Korrespondenz335 und avancierte zudem während der Armeezeit meist kurz vor dem jüngeren Bruder. Dennoch gibt es keine Hinweise, dass die durchaus existierende äußere Hierarchisierung ihre Beziehung beeinflusste. Sie hielten ihr Leben lang zusammen, trafen praktisch alle wichtigen Entscheidungen in Gleichschritt und Absprache miteinander. Gemeinsam unternahmen sie 1723 eine Vergnügungstour nach Italien, vornehmlich um den Karneval in Venedig zu besuchen.336 Kurz darauf gingen sie zeitnah, nachdem sie erfolgreich die von ihnen eingegangenen Verlobungen mit den natürlichen Töchtern von Carl Leopold gelöst hatten, den Bund der Ehe ein. Gleichsam kämpften sie gemeinschaftlich vor dem Reichshofrat um ihr Erbe und lebten zusammen mit ihren Familien in unmittelbarer Nachbarschaft, zuerst in Wismar, später dann auf den ihnen übertragenen Gütern. Die Patenlisten der Kinder von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg verdeutlichen die starke Verbundenheit zwischen den Familien der Brüder. Regelmäßig trat 333 Ebd., S. 125. Als Beleg für ihre Argumentation führt sie Teuscher: Bekannte, Klienten, Verwandte, S. 51 an, ebenfalls dazu Signori: Geschwister, S. 21. 334 Vgl. dazu ausführlich Abschnitt 5.1, S. 162. 335 Vgl. die Korrespondenz zwischen Friedrich Wilhelm von Mecklenburg und dem Reichshofagenten Johann Nicolaus Vogel, in: LHAS, 2.12-4/2, Gut Karcheetz, Vol. I.a. 336 Neben dem Karneval in Venedig lagen Neapel und Rom auf ihrer Route, vgl. dazu ebd., Brief von Friedrich Wilhelm an Johann Nicolaus Vogel, 15.1.1723.



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sein Bruder beziehungsweise dessen Frau als Paten auf. Noch häufiger jedoch übte seine Halbschwester, Frau Majorin Weissmantel, die Tätigkeit aus.337 Friederica Louisa von Mecklenburg, aufgezogen als Tochter von Bergholtz, verheiratet an den Major Erasmus Heinrich Schneider von Weissmantel, pflegte intensive Beziehungen zu den Brüdern, insbesondere zu Friedrich Wilhelm von Mecklenburg, da dieser eine ihrer Halbschwestern, Sophia Charlotte von Bergholtz, ehelichte. Der lange Zeit währende gemeinsame Lebensmittelpunkt in Wismar begünstigte regelmäßige Kontakte. Später residierte die andere Schwester, Friederica Wilhelmina von Wolffradt, zusammen mit ihrem Geliebten, Herzog Carl Leopold, ebenfalls in der Stadt. Während sich die beiden Schwestern regelmäßig trafen – immerhin wählte Wolffradt einen Besuch bei ihrer Schwester als Ausgangspunkt für ihre vorübergehende „Flucht“ vor ihrem Geliebten Carl Leopold –, ist kein Kontakt mit ihren Brüdern belegt. Dies ist umso bemerkenswerter, da die Brüder ihrem verstorbenen Ehemann großes Vertrauen entgegengebracht hatten. Nun aber belastete die Nähe zum verhassten Onkel die Beziehung zu stark. Obwohl auch die Familie Bergholtz unter Carl Leopold zu leiden hatte,338 überschattete die Konfliktsituation nicht die Beziehungen der Schwestern. Zwar ist fraglich, ob die Spannungen komplett herausgehalten werden konnten, aber anscheinend dominierte die emotionale Verbundenheit, zumal der Ehemann, Major von Weissmantel, ebenfalls von den guten Beziehungen zur Entourage des Herzogs profitieren konnte. Von Geschwisterkindern wurde erwartet, füreinander einzustehen, besonders in akuten Notfallsituationen wie beispielsweise im Todesfall. Häufig übernahmen die Geschwister der verstorbenen Parteien die Vormundschaft. Schließlich trugen sie in den Augen der Gesellschaft für ihre Nichten und Neffen eine Mitverantwortung,339 die zum Großteil auf der engen emotionalen Verbundenheit, aber auch auf Pflichtgefühl basierte. Diese Erwartungshaltung erfüllten die Brüder von Mecklenburg. Als Friedrich Wilhelm früh verstarb und viele unmündige Kinder hinterließ, zudem der Tod der Ehefrau bereits zwei Jahre später erfolgte, übernahm die Vaterrolle selbstverständlich Carl Ludwig von Mecklenburg, der sie zusammen mit Georg Friedrich von Bergholtz ausübte.340 Den Grundstein des zeitlebens engen Verhältnisses der Brüder Mecklenburg legte die gemeinsame Erziehungs- und Ausbildungszeit. Da ihre ersten Lebensjahre unbekannt sind, ist unklar, ob sie von klein auf zusammenlebten. Definitiv ab 1703, im Alter von acht beziehungsweise neun Jahren, wurden sie gemeinsam erzogen und 337 Vgl. LHAS, 11.3-1/4, Nr. 1436: Mecklenburg. 338 Der Oberjägermeister Melchior von Bergholtz war im Zuge der Wolffradt’schen Affäre zusammen mit seiner Familie von Schwerin nach Wismar geflohen, woraufhin Herzog Carl Leopold seine Besitztümer einziehen ließ, LHAS, 2.12-1/26, K22 b Bergholtz: Erlass von Herzog Carl Leopold, Dömitz 3.11.1721. 339 Ruppel: Verbündete Rivalen, S. 93. 340 Vgl. zu Friedrich Wilhelm von Mecklenburg und Georg Friedrich von Bergholtz als Vormünder der minorennen fünf Söhne des verstorbenen Obristen Friedrich Wilhelm von Mecklenburg LHAS, 2.12-4/2, Gülzow, Vol. II b, Teil I.

114 Familie verbrachten in der darauffolgenden Zeit kaum einen Tag getrennt voneinander.341 Die kollektiven Jugenderfahrungen schufen eine emotionale Nähe, die beständig anhielt und die die Brüder als die Bezugspersonen zueinander etablierte. Ob die Kon­ struktion des Zusammengehörigkeitsgefühls in dieser Lebenssituation vom Vater intendiert war oder sich eher beiläufig als positives „Abfallprodukt“ entwickelte, bleibt spekulativ. Keine Rolle spielte, dass sie von zwei Müttern abstammten, da allein der Herzog ihren Status und die Lebensumstände bestimmte. Darin unterschieden sich die natürlichen Kinder des Herzogs Friedrich Wilhelm in nichts von denen des Herzogs Friedrich Franz I., der auch einige seiner natürlichen Nachkommen gemeinsam aufziehen ließ. Neben dem späteren Mecklenburg von Kleeburg, der mit den Kleinow-Schwestern aufwuchs, zeigt dies vor allem das Beispiel der Försterbrüder Mecklenburg, die von der Pflegefamilie Boldt großgezogen wurden. Entsprechend den Gebrüdern von Mecklenburg einhundert Jahre zuvor erhielten auch sie das gleiche Maß an sozialem und kulturellem Kapital mit auf den Weg, woraus ein ähnlicher Werdegang resultierte. Ebenso verbrachten sie gemeinsam einige Zeit im Ausland, auch wenn die Reise sie nicht mehr in die französische Hauptstadt zur Erlernung adligen Benehmens führte, sondern sie mit dem Studium der Forstwirtschaft in der Provinz vorliebnehmen mussten.342 Die Idee der kollektiven Reiseerfahrungen bestand fort. Allerdings nahm die Beziehungsintensität im Laufe der Jahre ab, was auch an der räumlichen Trennung lag, denn der eine Bruder übte sein Amt in Zickhusen, der andere im circa fünfzig Kilometer entfernten Wabel aus. Dafür übernahmen sie Aufsichts- und Ausbildungsfunktionen über zwei ihrer jüngeren Brüder, die ebenfalls das Forsthandwerk erlernten. Als diese rund fünfzehn Jahre jüngeren Mecklenburgs von der Forstakademie aus Tharandt in die Heimat zurückkehrten, lebten sie bei ihren Brüdern, die somit in eine Vaterrolle gegenüber ihren Halbgeschwistern gerieten. Das gemeinsame Lebensumfeld, derselbe soziale Status, ähnliche Ausbildungs- und Wissensgebiete – letztendlich entschieden diese Faktoren über den Grad der Intensität des Kontaktes und der Beziehungen. Als der Forstobermeister Friedrich Mecklenburg zu Tharandt, der in Wabel lebte, verstarb, kümmerten sich seine Brüder in Rücksprache mit Großherzog Friedrich Franz I. um den Nachlass und die Beerdigung. Franz Mecklenburg, der ihm durch die gemeinsamen Lehrjahre besonders nahestand, erhielt den praktischen Teil des Erbes wie Kleidungsstücke und Kugelbüchse, die beiden älteren Brüder „wünscht[en] gleichfals ein kleines Andenken vom Verstorbenen zu besitzen“343 und wählten ideelle Gegenstände, zum Beispiel seine Pfeife. Wertgegenstände wie die goldene Uhr und Ringe überließen sie seiner Verlob341 Die Bestallung ihres gemeinsamen Informators erfolgte 1703, vgl. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Bestallung von Johann Friedrich Thielcke durch Herzog Friedrich Wilhelm, Schwerin 10.1.1703. 342 Die Jahre 1808/1809 verbrachten sie zusammen in Zillbach, vgl. dazu die Akten in LHAS, 2.26-1, Nr. 4126. 343 LHAS, 2.26-1, Nr. 4133: Brief von Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Wabel 18.4.1826.



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ten, für die sie beim Großherzog um finanzielle Unterstützung baten, da sie glaubten, dies ihrem „verstorbenen Bruder noch im Grabe schuldig zu sein“.344 Dies geschah, obwohl sie wussten, dass das Eheversprechen ohne Rücksprache mit dem Vater erfolgt war. Dieser, daraufhin leicht vergrätzt, lehnte längerfristige Zahlungen ab und befahl nur die Auszahlung einer einmaligen Summe.345 Der Wunsch nach Erinnerungsgegenständen und die Fürsprache zu Gunsten der Verlobten zeigen, dass sich die Brüder emotional verbunden fühlten und füreinander einstanden. Die Geschwister dienten als Referenzsystem, um finanziellen Wünschen Nachdruck zu verleihen, gerade wenn sie vom Vater ansonsten gleich behandelt wurden. Der Oberförster von Wabel versuchte, eine Zulage zu seinem Gehalt zu erwirken, indem er Zahlungen an seinen Bruder als Beweis anführte. „Mein Bruder zu Zickhusen,“ wie er an seinen Vater schrieb, „mit dem ich mich nur in einer Paralläle stellen will, erhielt eine baare Summe zu seiner Einrichtung, bei seiner Verheirathung eine Zulage von 200 Rthl. und eine höhere Charge“. Er vergaß nicht zu versichern, dass er seinem „guten Bruder von den [er] so viel halte diese Vorzüge nicht gönnen sollte“, fühlte sich selbst aber ein wenig „ungnädig“ behandelt.346 Der Vater sah es anders. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt hatte er ein ähnliches Ansuchen mit der Begründung abgelehnt, „daß er seinem altesten Bruder nicht gleich behandelt worden ist […,] da er eine wohlhabende Frau […] angeheiratet“347 habe. Ein äquivalenter Umgang innerhalb der einzelnen Geschwistergruppen, wohlmerklich nicht aller Kinder, war dem Herzog ausgesprochen wichtig. Das bekam auch seine Tochter Maria Peltz zu spüren, nachdem sie sich mit einem trotzigen Brief an Friedrich Franz I. gewandt hatte: „Mein lieber bester Vater […], warum wollen sie uns auch das nicht geben was ihre andere Kinder bekommen haben, die düTrossel, die Wengstern, und Kleeburg haben alle drei 20 000 Rthl. bekommen, […] die haben Ihnen zum theil viel erger gemacht und das habe ich nie gethan, und habe auch nicht volle 12 000 Rthl bekommen, und was habe sie denn auch alles […], was ich nie bekomme habe, so auch die Jahre ihrer Erziehung, was kosten Ihnen dies nicht. Wollen sie mir die Jahre nicht geben, so geben sie mir so viel Geld zu, daß ich das jenige bekomme, was die andern bekommen haben dann bin ich auch sehr zufrieden.“348 Der rigorosen Ablehnung der Forderung seitens Herzog Friedrich Franz I. folgte das bereits erläuterte, länger anhaltende Zerwürfnis. Die Kinder nahmen durchaus die Hierarchisierung in der Gunst des Vaters bewusst wahr, auch wenn die Beteilig344 Ebd. 345 „Was die Unterstützung der ohne mein Wissen Verlobte anbetrifft so kann ich mich nicht entschließen, ihr jährliches zu geben, sondern frei mahl für alle Mahl 20 Rthl. schenken, welches du mir in Anrechung bringen kannst, lebe wohl ich bei stets treu Freund ff.“ Ebd., Antwortkonzept von Großherzog Friedrich Franz I., o. O. 19.4.1826. 346 LHAS, 5.2-1, Nr. 3276: Brief von Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Wabel 23.7.1823. 347 Ebd., ad 1b, Notiz 1.10.1822. 348 LHAS, 2.26-1, Nr. 4208: Großherzogliches Kabinett I., Brief von Maria Peltz an Großherzog Friedrich Franz I., Bauhof Rühn 1.11.1835.

116 Familie ten die Ursachen dafür nicht erschließen konnten. Nicht nur das vermachte Geld, sondern auch die einzeln ausgestalteten Formen der Erziehung, die für das entsprechende soziale und kulturelle Kapital sorgten, wurden als Gunstbeweise aufgefasst und interpretiert. Die Episode zeigt, dass sich die Geschwister teils mit Argusaugen beobachteten, stets die Anerkennung und Liebe des Vaters vergleichend. Erhielt zum Beispiel die Tochter einer Kleinow-Schwester eine Klosterstelle zugesprochen, widerfuhr es selbstverständlich auch dem Nachwuchs der anderen Schwester.349 Allerdings verlief eine deutliche Trennlinie zwischen den Kleinow-Schwestern und Mecklenburg von Kleeburg sowie den anderen natürlichen Kindern von Friedrich Franz I. Die Kleinow-Schwestern genossen eine wesentlich bessere finanzielle Ausstattung, gingen am Hof und damit in den „besseren Kreisen“ ein und aus, zudem galten sie als adlig beziehungsweise wurden später offiziell geadelt – das alles erhob sie über ihre Brüder und Schwestern, separierte sie von ihnen. Die Standeszugehörigkeit und das Lebensumfeld dominierten im Gegensatz zur biologischen Komponente den Grad des Geschwisterverhältnisses. Die Beziehungsintensität der Kleinow-Schwestern, auch im Zusammenspiel mit Kleeburg, reichte an die der Gebrüder von Mecklenburg heran. Gleichsam den einhundert Jahren zuvor lebenden Brüdern verbrachten sie den Großteil der Jugend zusammen, zumal im Falle von Louise und Friederike von Kleinow die gemeinsame leibliche Mutter eine prägende Rolle in derer Leben spielte. Als die drei sich 1809 trennten – die Schwestern lebten von da an mit der Frau Majorin von Wickede in Rostock,350 und ihr Bruder ging zur Armee –, hielten sie die Kommunikation mittels Briefen aufrecht. Neben direkter Korrespondenz, die nicht überliefert ist, wurde auch der Vater als Informationsvermittler in Anspruch genommen. Er leitete obligatorische Grüße und dem Briefwechsel beigefügte Schreiben weiter.351 Außerdem diente er als Bezugsperson zur Verifizierung von Gerüchten wie im Falle der Hochzeitsabsichten des „Schwesterchen[s] Louise“, als Kleeburg bat, „innigst [seine] erschreckliche Neugier hierüber baldigst gnädigst zu befriedigen“.352 Trotz der dauerhaft anhaltenden räumlichen Trennung blieben die Geschwister ihr Leben lang auf das engste miteinander verbunden. Neben gemeinschaftlich begangenen Geburtstagen ihres Vaters oder anderen Anlässen, währenddessen die ansässigen Familien den Geschwisterfamilien Obdach gewährten,353 wird dies vor allem 349 Für du Trossel: LHAS, 2.26-1, Nr. 8521: Großherzogliches Kabinett I. – Personalia, Schreiben von Großherzog Friedrich Franz  I. an die Klosterbeamten zu Dobbertin, Schwerin 02.04.1818; für Wenckstern: LHAS, 2.12-3/2, Nr. 247, Dobbertin: Schreiben von Großherzog Friedrich Franz I. an die Klosterbeamten zu Dobbertin, Schwerin 30.10.1819. 350 Vgl. die Quittung in dem Zeitraum in LHAS, 2.26-1, Nr. 4191. 351 LHAS, 2.26-1, Nr. 4114: Brief von Friedrich Mecklenburg von Kleeburg an Herzog Friedrich Franz I., Bielitz 18.5.1813. 352 LHAS, 2.26-1, Nr. 4115: Brief von Friedrich Mecklenburg von Kleeburg an Herzog Friedrich Franz I., Polanice bei der Weichsel 4.3.1813. 353 Die Tagebucheinträge von Herzog Friedrich Franz I. zeugen davon, dass die in Strelitz lebenden Wenckstern’s bei ihrer Schwester du Trossel, später auch bei der Familie Mecklenburg



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ersichtlich im Hinblick auf einschneidende Lebens- und Krisensituationen. So unterstützten sich die Kleinows bei Geburten, zu denen teilweise nicht nur die gesamte Familie der Schwester, sondern auch die Mutter zur Hilfe kamen.354 Darüber hinaus eilte Friederike von Wenckstern auf der Stelle aus Strelitz heran, als die Ehestreitigkeiten von Louise zu eskalieren drohten – sogar von Scheidung wurde gesprochen –, um ihrer älteren Schwester in dieser schweren Stunde zur Seite zu stehen. Dass dieser Besuch getrieben von Sorge ausschließlich ihrer Schwester galt, zeigt die Bemerkung im Tagebuch von Friedrich Franz I., dass von Wenckstern dem Hof keinen offiziellen Besuch abstattete.355 Im Gegensatz zu ihrem Bruder, für den auch Kontakte zu weiteren Geschwistern nachweisbar sind,356 fokussierte sich der Umgang der Schwestern aufeinander, da ihre gesellschaftliche Stellung, zementiert durch ihre Hochzeiten mit du Trossel und von Wenckstern, sie deutlich über ihre anderen Geschwister erhob. Dass vereinzelt Treffen im liberaleren Doberaner Umkreis stattfanden, ist möglich, aber nicht dokumentiert. Woher nun ihre Schwester Maria Peltz um die Summen wusste, die Herzog Friedrich Franz I. den Kleinows und Kleeburg überlassen hatte, ob sie aus erster Hand stammten oder nur allgemein umherschwirrende Gerüchte wiedergaben, lässt sich schwer einschätzen. Vielleicht kannte sie die Summe auch durch ihre „Försterbrüder“, die sie aber nicht als Referenz anführte, da diese wohl weniger als die von ihr erhofften zwanzigtausend Reichstaler bekommen hatten. Die Situation der Brüder entsprach eher ihrer gesellschaftlichen Position, was wiederum den Umgang miteinander beförderte. Die Kontakte erstreckten sich sogar auf den Nachwuchs, schließlich willigte Franz Mecklenburg, Oberförster zu Wabel, ein, dass der Sohn seiner Halbschwester Peltz seine zweite Tochter ehelichte.357

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von Kleeburg unterkamen, vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 4398: Tagebucheintrag von Großherzog Friedrich Franz I., 10.12.1825; ebenso 2.26-1, Nr. 4400, Tagebucheintrag von Großherzog Friedrich Franz I., 13.12.1835. LHAS, 2.26-1, Nr. 8521, Personalia: Brief von Major du Trossel an Großherzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 14.11.1816. „Auch kam die Obrist. v. Wenckstern aus Strelitz, wegen ihrer Schwester die DuTrossel hier an und war nachmittags bey mir, gehet aber nicht bey Hof.“ LHAS, 2.26-1, Nr. 4398: Tagebucheintrag von Großherzog Friedrich Franz I., 31.5.1826. So verkehrte er regelmäßig zur Jagd in Zickhusen, zudem bat der Oberförster zu Wabel nach der Geburt eines seiner Kinder den Großherzog Paul Friedrich, dass „sein guter Bruder Kleeburg die Patenstelle für Euer königlichen Hoheit vertreten darf“. LHAS, 5.2-1, Nr. 3276: Brief von Franz Mecklenburg an Großherzog Paul Friedrich, Wabel 4.7.1838. „Der Sohn meiner Halbschwester Peltz zu Rühn welcher vor vierzehn Tage eine Pachtung auf der Insel Seeland nahe bei Copenhagen angenommen […] kam zu mir und bat, ich möchte ihm meine zweite Tochter zur Frau geben. Da ich gegen die Person des jungen Manes nichts haben kann, er mir auch als ein tüchtiger Landwirt bekannt ist, so willigte ich in seinen Wunsch, und glaube ich das Euer königlichen Hoheit diese meine gegebene Einwilligung auch nicht missbilligen werde.“ Ebd., Brief von Franz Mecklenburg an Großherzog Paul Friedrich, Wabel 13.7.1841.

118 Familie So bleibt zu konstatieren, dass im Allgemeinen die natürlichen Geschwisterkinder eine sehr enge Beziehung verband. Auch die Kinder von Herzog Carl und die Töchter von Herzog Carl Leopold, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangenen wird, erfüllten das gesellschaftlich geforderte Bild der füreinander eintretenden Geschwister. Selbstverständlich kümmerte sich die älteste Tochter von Carl, die an Siegfried von Plessen verheiratete Margarethe, um ihre jüngere Schwester358 ebenso selbstverständlich, wie sie als Witwe während der Kriegszeiten ihren Bruder Carl Jürgen bei sich aufnahm.359 Ernstzunehmende Konflikte oder Zerwürfnisse zwischen den Geschwistern sind für den untersuchten Zeitraum nicht dokumentiert. Nur wenig Einfluss auf die Beziehungsintensität hatte der Aspekt der Vollgeschwisterschaft, also ob sie über dieselbe Mutter verfügten, da sich der Status und die Situation der Kinder über den Vater definierten. Allerdings erhöhte eine gemeinsame Mutter die Wahrscheinlichkeit, zusammen aufzuwachsen, was wiederum auf die positive Ausgestaltung der Beziehungen zurückwirkte. Eine gemeinsam verbrachte Jugendzeit führte zu einem ähnlichen Lebensumfeld, Wertesystem und zu einer ähnlichen Standeszugehörigkeit – diese Gemeinsamkeiten verbanden, zumeist lebenslang. Dahinter trat auch die für die adlige Familie ansonsten typische Hierarchisierung nach der Geburtsfolge zurück. Nicht der gleichwertige Zeugungsakt des Vaters konstruierte die Geschwisterbeziehung, sondern erst die Gunst und Anerkennung, die er den jeweiligen Kindern zugestand.

358 „[…] sie erster tage alß möglich sich naher [Rhmes] begeben, gedachte unsere tochterlein ihr Schwester von dannen abholen, derfall zu sich nehmen […] wie sie dan woll thun würdt, wahrten und Pflegen lassen“, LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Konzeptschreiben Herzog Carl an Sievert von Plessen, o. O. 15.9.1608. 359 Ich „habe mich zuvor seither zum Brock bei meiner Schwester, Siegrid von Pleßen, seeligen Wittwe, auffgehalten, aber mehr nicht als schlechte Habitation, undt Wohnung, undt freie Holtzung alda sonsten nichts dabei gehabt“, LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Schreiben von Carl Jürgen von Mecklenburg an Herzog Adolf Friedrich, Schwerin 15.3.1632.

4 Kindheit und Jugend Seit Philippe Ariès1 das Thema Kindheit für die historische Forschung erschlossen hat, sind seine Thesen in der Wissenschaft immer wieder aufgegriffen, bearbeitet, erweitert und inzwischen auch revidiert worden.2 Sehr wohl besaßen in der Frühen Neuzeit Kinder einen besonderen Status, gleichsam existierten starke gefühlsmäßige Bindungen zwischen den Eltern und dem Nachwuchs. Ein Hauptaugenmerk der Forschung lag lange Zeit auf der Analyse von normativen Vorstellungen und Konzepten die Kindheit betreffend, was auch auf die spezifische Quellensituation zurückzuführen ist. Die Auseinandersetzung mit Kindern im historischen Kontext wird erschwert durch den Mangel an direkten Zeugnissen. Selbst kommen die Kinder selten zu Wort, den Großteil an Quellen bilden Niederschriften von Erwachsenen, wodurch automatisch Interpretationen und Deutungen einfließen.3 Die Akten, die über die unehelichen Kinder existieren, beziehen sich in einem wesentlichen Teil auf den ersten Lebensabschnitt, da Grundstein und Richtung ihres späteren Werdeganges in die ersten Jahre fallen. Die Intensität der Anteilnahme des Vaters beeinflusste direkt die Perspektiven, wenn der Grad der Ausbildung und der Erziehung, die sie genossen, sie entsprechend mit dem kulturellen und sozialen Kapital für die Zukunft ausrüstete. Die Protektion des Vaters musste sofort erfolgen. Bei keinem der untersuchten Fälle trat eine Unterstützung erst im Erwachsenenalter auf. Die Anerkennung als fürstlicher Bastard erfolgte zeitnah zur Geburt, entweder offiziell durch die Vergabe des Namens Mecklenburg oder auch im informellen Rahmen durch Abfindung der Mutter oder durch andere getroffene Regelungen bezüglich des Kindes. Spätere Eingaben um Unterstützung von angeblichen Kindern waren nicht von Erfolg gekrönt.4 1 2 3 4

Ursprünglich erschien Ariès’ „L’enfant et la vie familiale sous l’ancien régime“ 1960. Die erste deutsche Übersetzung erfolgte 1975, vgl. Ariès: Geschichte der Kindheit. Zur Einführung Foyster und Marten (Hg.): A Cultural History of Childhood; Jarzebowski: Artikel „Kindheit“; Cunningham: Die Geschichte des Kindes; Fass (Hg.): Encyclopedia of Children and Childhood. Jarzebowski: Artikel „Kindheit“, Sp. 570. Zum Beispiel Elisabeth Margaretha von Mecklenburg. 1753 wandte sie sich an den regierenden Schweriner Herzog. Sie gab an, die natürliche Tochter des Herzogs Friedrich Wilhelm sowie der Baronesse und Generalstochter von Bigen zu sein, die in ihrem 15. Lebensjahr an den mecklenburgischen Hof gekommen war. Eine Affäre mit dem Herzog führte zur Geburt der Tochter 1710 in Hamburg. Aufgrund der Liaison von der Familie verstoßen, wurde die Baronesse weit unter ihrem Stand nach Lüneburg verheiratet, lebte dort in bescheidenen Verhältnissen und vermachte ihrer Tochter lediglich ein dürftiges Erbe. Inwieweit Friedrich Wilhelm tatsächlich der natürliche Vater dieses Fräuleins von Mecklenburg war, bleibt fragwürdig, zumal der Beischlaf in einen Zeitraum fiel, in dem er schon lange als nicht mehr zeugungsfähig galt. Ebenso widerspricht das mangelnde Engagement für die Tochter dem Verhalten Friedrich Wilhelms, da er ansonsten seine natürlichen Kinder, zumindest durch die Verheiratung der Mutter, finanziell abzusichern pflegte. Insbesondere in Anbetracht der

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Das Engagement der Herzöge in der Jugendzeit ihrer natürlichen Abkömmlinge variierte stark, auch innerhalb der Geschwistergruppen. Zudem sind im Zeitraum vom siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert bis hin in die Lebenszeit der Kinder von Friedrich Franz I. deutlich Veränderungen erkennbar, die sich unmittelbar auf den potentiellen gesellschaftlichen Rang auswirkten.

4.1 Die ersten Lebensjahre: Die Entwicklung von der Geburt zum Kleinkind Als fast aussichtsloses Unterfangen erwiesen sich die Rekonstruktionsversuche des Geburtszeitpunktes und -ortes. Für die natürlichen Kinder der mecklenburgischen Herzöge im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert ist das Wissen um ihre Geburtsjahre in den meisten Fällen verloren gegangen. Während für die Zeit um 1600 die Kirchenbucheinträge fehlen, mangelt es für die späteren Jahre an Möglichkeiten zur Eingrenzung der Suche sowohl in zeitlicher als auch räumlicher Dimension. Dafür waren verschiedene Faktoren verantwortlich. Zweifelsohne spielte die in der Frühen Neuzeit zu beobachtende Geringschätzung des Geburtstages eine Rolle. Noch im siebzehnten Jahrhundert kannten viele Personen ihr genaues Geburtsdatum nicht. Zwar dokumentierte der Adel solche Ereignisse wesentlich penibler, schließlich zog er einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner Legitimation aus der Ahnenreihe, aber gerade hier stand nicht die singuläre Person im Vordergrund, sondern die Kontinuität der Familie. Erst mit der Säkularisierung und zunehmenden Betonung der Individualität gewannen die Geburtstage an Bedeutung.5 Hingegen standen die Geburten der unehelichen Kinder in keiner Kontinuität; keine Familientradition wurde fortgeführt, im besten Fall eine neue Familie gegründet. Ohnehin wichtiger als die Geburt und eines der bedeutendsten Familienereignisse überhaupt war der Taufritus, die Aufnahme in die christliche Gemeinschaft, denn erst durch das Sakrament der Taufe wurde das Kind zum vollwertigen Familienmitglied. Tauffeierlichkeiten dienten der Repräsentation und Pflege vielfältiger verwandtschaftlicher und freundschaftlicher Beziehungen. Selbstverständlich erhielten auch die unehelichen Kinder eine Taufe, aber im Stillen, genauso wie sich ihre Geburt vollzog. Die Heimlichkeit der ersten Tage stand im Kontrast zu ihrem späteren Leben, wenn viele Kinder der Öffentlichkeit, zumindest den Hofkreisen, bekannt waren, und verdeutlicht den Rang-

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Tatsache, dass es sich bei dem Fräulein von Bigen um eine adlige Dame und nicht nur um eine Dienstmagd handelte, ist dieses Verhalten sehr unwahrscheinlich. Die Bittschrift um finanzielle Unterstützung überzeugte anscheinend auch den Schweriner Hof nicht vollends, da gerade einmal 10 Rthl. angewiesen wurden, LHAS, 2.12-1/2, Nr. 11: Bittschrift von Elisabeth Margaretha von Mecklenburg an Herzog Christian Ludwig, Schwerin 10.12.1753. Koller: Artikel „Namenstag“, Sp. 1044; Hopf-Droste: Der Geburtstag, S. 229–237; vgl. für die konfessionellen Unterschiede bei Geburtstags- und Namenstagsfeiern Müller: Das historische Jubiläum, S. 44–46.



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unterschied zu ihren ehelichen Halbgeschwistern. Im Gegensatz zu diesen blieben ihnen durch ihre Position in der ständischen Hierarchie zeremonielle Ehrbezeugungen verwehrt: Keine offiziellen Notifikationsschreiben wurden versandt, keine Feste gefeiert, keine Gratulationsschreiben der anderen fürstlichen Häuser entgegengenommen. Die einzigen genauer dokumentierten Geburtsumstände, an denen die Abgeschiedenheit der ersten Lebenstage nachgewiesen werden kann, sind die der Friederica Wilhelmina von Mecklenburg, verheiratete von Wolffradt. Erhalten blieben die Überlieferungen in Form eines Berichtes, den Johanna Schwan anfertigte, um ihre Mutterschaft im Rahmen der späteren Erbschaftstreitigkeiten zu beweisen. Getreulich schilderte sie die Ereignisse von 1702 mit genauen Angaben von Namen und Orten, um ihrer Aussage Legitimation zu verschaffen: „Meine Seelige Tochter, die Geheimte Räthin von Wolfrath geborene von Mecklenburg, ist von mir Johanna Schwan geboren, Anno 1702 d 7 September nachts gegen 2 Uhr bey Boitzenbourg auf in Klein Hoff Balen genandt so der Hochseelige Hertzog Friedrich Wilhelm […] an der Amtman Halthus gnädigst geschenckt, wie sie geboren ist sie in einer kutsche […] nach Hagenau gebracht zu dem Oberforstmeister Grevenitz, der von Ihro hochfürstl. Durchl. des hochseelige Hertzog Friedrich Wilhelm als natürlichen Vater von meiner seeligen Tochter in meiner gegenwart zu Boitzenburg, vordehro abreise nach Pohlen, gnädigst anbefohlen daß er das Kindt so ich mit gottes hülfe gebähren werde anehme, es tauffen laßen und mir gute Amme bestellen die es stillen und wohl in acht nehmen sollte, wobey ihre die aufsucht auf gnädigste anbefohlen; weilen aber der hochseeligen Hertzog noch nicht von Pohlen zurück gekommen wahr so ist der Tauf-actus einige tage aufgehoben, […] sie ist also in Hagenau getaufft und Ihr den Namen Friderica Wilhelmine beygelegt; Nachdem ist sie mit der Amme zu der nunmehro wohlseeligen Frau Hauptmann von Bülow des seeligen Herrn Oberstallmeister von Bülow Frau Mutter gestand die daß Kinde mit hertzlicher liebe angekommen und solche hertzliche ja mütterliche liebe und aufsicht vor sie gehabt als keine leibliche Mutter haben könnte; auch vor mir als des Kindes leibliche Mutter sonderbare liebe und güte geheget, und schon ich sehr öfferst auf etliche Tage in allen vergnügen zu Rehna bey sich gehalten.“6 Der Bericht von Johanna Schwan offenbart einige sehr bemerkenswerte Punkte über die Geburtsumstände eines unehelichen Kindes. Zum einen wird deutlich, dass die Einflussmöglichkeiten der Mutter unmittelbar nach der Geburt äußerst begrenzt waren und alle weiteren Entscheidungen nicht mehr in ihren Händen lagen. Ab diesem Zeitpunkt nahm sie allenfalls als Zuschauerin am Leben ihrer Tochter teil. Selbst die regelmäßigen Besuche in Rehna und später auch in Hamburg änderten nichts an der Degradierung ihres Status. Zum anderen unterstreicht die Abgeschiedenheit des Geburtsortes die Heimlichkeit des Vorganges. Heimlichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass niemand am Hofe von den anderen Umständen der Gelieb6

LHAS, 2.12-1/2, Nr. 10: Bericht von Johanna Schwan, Rostock 24.7.1748.

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ten des Herzogs wusste. Wahrscheinlich war die Schwangerschaft einer Mätresse, selbst wenn diese nicht lange an der Seite des Herzogs verweilte, ein zumindest in kleinen Zirkeln gern und häufig besprochenes Thema. Das änderte aber nichts an den Versuchen, die Geburt so diskret wie möglich zu gestalten und sie nicht innerhalb der „repräsentativen Öffentlichkeit“ des Hofes zu vollziehen. Unmittelbar beteiligt, übernahmen wenige Vertraute in Vertretung des Herzogs die Handlungsgewalt. Der Aufschub des Taufaktes, begründet mit der Abwesenheit des Herzogs, lässt sich nur erklären, wenn er zuvor die Absicht geäußert hätte, darauf einzuwirken oder sogar selbst daran teilnehmen zu wollen. Der im Kirchenbuch erfolgte Eintrag lässt keine Rückschlüsse auf die hohe Abkunft zu. Selbst die Mutter wurde nicht erwähnt, sondern das Kind als „Findling“ deklariert, dem der Name Friederica Wilhelmina beigelegt wurde. Solange der Pfarrer es ihnen nicht verwehrte, ließen Mütter unehelicher Kinder ansonsten oft das Neugeborene unter dem Namen des Vaters eintragen, was einer öffentlichen und rechtsgültigen Abstammungserklärung gleichkam.7 In Anbetracht der Position des Vaters war ein solches Vorgehen zu diesem Zeitpunkt undenkbar. Die Initiative zur öffentlichen Anerkennung konnte nur von ihm ausgehen, nicht von der unstandesgemäßen Mutter. Für Friederica Wilhelmina fungierten als Taufpaten eine Frau Gerversche, die Tagfrau Elisabeth Helen und die Frau Stadtvogt,8 drei Damen ohne persönlichen Bezug zu dem Kind oder zur Familie der Mutter. Drei Personen reichten gewöhnlich aus, dies war normal für niedrige gesellschaftliche Schichten, hingegen unnormal für den Adel beziehungsweise Hochadel, die zumeist wesentlich mehr Taufpaten ernannten.9 Die Bereitschaft der Ehefrau eines Mitgliedes der städtischen Honoratioren, eine Stelle als Patin zu übernehmen, deutet zwar an, dass es sich um keinen normalen „Findling“ handelte, ansonsten wurde dem Kind aber keine besondere Wertschätzung zuteil. Die Übertragung der Patenschaft, auch in adligen Kreisen eine Ehrbezeugung und ein Zeichen von Verbundenheit, verlor bei den unehelichen Kindern ihre gesellschaftliche Aufgabe. Wie hätten auch drei fremde Personen auf die Glaubenserziehung des Kindes einwirken, wie ihm im Todesfall der Eltern zur Seite stehen können? Anstatt eine symbolische Verwandtschaft und Beziehungsnetzwerke zu konstruieren, verkam sie zum Pflichtteil des obligatorischen Taufritus. Auch wenn so die „geistige Geburt“ erfolgte, die „soziale Geburt“10 erlebten die unehelichen Fürstenkinder an dieser Stelle nicht. Normalerweise wurden die Taufpaten aus zwei ver7 8 9

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Gleixner: „Das Mensch“ und „der Kerl“, S. 50. Am 9.9.1702 wurde „ein Findeling“ auf den Namen Friederica Wilhelmina getauft. Taufpatinnen waren „die Frau Gerversche, die Tagfrau Elisabeth Helen, die Frau Stadtvoigt“; Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69199: Kirchenbuch Hagenow, 9.9.1702. Kizik: Die reglementierte Feier, S. 176; Labouvie wies im 16./17. Jahrhundert für den anhaltinischen Adel eine Gevatterzahl von acht bis 32 Personen (Durchschnitt 18,2) nach. Im 18. Jahrhundert reduzierte sich die Zahl auf vier bis elf Paten (Durchschnitt 9,2), vgl. Labouvie: Nachkommenschaft und Dynastie, S. 219. Alfani: Geistige Allianzen, S. 26.



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schiedenen Gruppen gewählt. Zum einen wurde versucht, Verwandte und enge Freunde für diese Aufgabe zu gewinnen, die, mit den Familienverhältnissen vertraut, meistens bereit waren, in der Not zu helfen. Zum anderen bestimmte man einflussreiche, gesellschaftlich höher stehende Personen als Taufpaten, was das eigene Prestige unmittelbar steigerte.11 Der gesellschaftlich geächtete Status einer illegitimen Geburt verhinderte diese Ehrbezeugungen. Von der Familie isoliert, fand sich keine verbindliche Bezugsperson. Zwar hätten auch dem Hof nahestehende Personen wie die Mutter von Bülow, bei der das Kind schließlich aufwachsen sollte, oder der Oberforstmeister von Grevenitz, der für das Kind in den ersten Tagen die Verantwortung trug, die Patenschaft übernehmen können, doch wäre damit der Anerkennung durch den Herzog vorweggegriffen worden, selbst wenn die Tatsache an sich durch die getroffenen Vorbereitungen nicht mehr zur Disposition stand. Das Taufregister ließ den Werdegang des Kindes vollkommen offen. Der Status des fürstlichen Bastards konstruierte sich nicht durch die Geburt, sondern erst durch die Gunstbezeugungen, die der Vater dem Kind erwies. Den ersten handfesten Beweis seiner Gunst erhielt das Mädchen, indem sie der Frau Hauptmann von Bülow zur Pflege anvertraut wurde. Dadurch wurde sie zwar fern vom Hof, aber trotzdem durch eine dem Hof nahestehende Person erzogen, die mit dem adligen Habitus und dem Lebensumfeld entsprechend vertraut war. Gleichzeitig muss die Wahl als Auszeichnung für die am Hof tätige Familie von Bülow bewertet werden, schließlich drückte der Herzog damit sein Vertrauen aus. Dass dieses Vertrauen gerechtfertigt war, zeigt die Aussage der Mutter, die dem Mädchen frei von Bitterkeit ein sehr liebevolles Umfeld für die ersten Lebensjahre bescheinigte. Wie viele Jahre Friederica Wilhelmina in Rehna lebte, lässt sich nicht genau ermitteln. Ab dem Zeitpunkt, „daß sie müste was lernen und alda keine gelegenheit dazu wahr“,12 wurde sie zu dem Kammerdiener du Jean nach Hamburg gebracht, wo sie so lange blieb, bis der Herzog ungefähr eineinhalb Jahre vor seinem Tod sie nach Schwerin beorderte. Der von Schwan verfasste Bericht über die Geburtsumstände steht singulär innerhalb des überlieferten Quellenmaterials. Letztendlich können für die anderen natürlichen Kinder, angefangen bei den Kindern von Herzog Carl bis hin zu denen von Herzog Carl Leopold, keine verbindlichen Aussagen darüber getroffen werden, wann genau, wo und unter welchen Bedingungen sie geboren wurden, ebenso wenig wie sie ihre ersten Lebensjahre verbrachten. Die vollkommene Exklusion der Mutter wird nicht immer stattgefunden haben, vor allem Anna Deelen und Margarethe Gre11 12

Rößner-Richarz: Taufe und Patenschaft, S. 14–15; Kizik: Die reglementierte Feier, S. 178; Brero: Geburt und Taufe, S. 190. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 10: Bericht von Johanna Schwan, Rostock 24.7.1748; Von Bassewitz bescheinigte dieses Arrangement. Er brachte die kleine Friederica Wilhelmina auf herzoglichen Befehl nach Hamburg zum französischen Kammerdiener, vgl. ebd., Brief von Johanna Schwan an Herzog Christian Ludwig  II., o.  O. 19.8.1749, Anlage  B: Versicherung von Bassewitz, Schwerin, 2.10.1748.

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ler genossen aller Wahrscheinlichkeit nach größeren Einfluss, der aber nicht eindeutig in schriftlichen Belegen nachgewiesen werden konnte. Am Ende des achtzehnten und am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts verbesserte der fortschreitende Dokumentierungswille die Quellenlage, so dass für viele Kinder des Herzogs Friedrich Franz I. zumindest Geburtszeitpunkte und -orte festgestellt werden können, auch wenn Schilderungen über die Umstände der Geburten kaum überliefert sind. Im Verhältnis zu den vorangegangenen Jahrhunderten sind vor allem drei Unterscheidungsmerkmale ins Auge zu fassen: (1) Die Kirchenbucheinträge belegen, dass zumindest ein Teil der Geburten nicht mehr an abgelegenen Orten im Verborgenen erfolgte, sondern im Lebensumfeld des Vaters. Die meisten seiner unehelichen Kinder wurden dem Herzog in seiner Residenzstadt Ludwigslust geboren, unter anderem Kentzler, die Kleinow-Schwestern, der Amtsauditor Mecklenburg, Sohn der Viereck, und der Sohn von Müller, Ludwig Mecklenburg. Darüber hinaus erblickten seine Kinder auch in Doberan (Sohn von Waack) und in Schwerin (Forstinspektor Mecklenburg auf Zickhusen)  – andere Orte, die der Herzog regelmäßig aufsuchte – das Licht der Welt. Anscheinend bestanden weder Anlass noch Interesse, die Mutter und das Neugeborene durch Schutzmaßnahmen wie die Verlegung der Geburt in die Peripherie vor einem Ansehensverlust zu bewahren. Dass die Geburt am Wohnsitz der Mutter stattfand, spricht für einen ungezwungeneren Umgang mit einer unehelichen Schwangerschaft, zumindest für eine schon vor der Geburt vollzogene Anerkennung der fürstlichen Vaterschaft. Allerdings wurden nicht alle Kinder unter den Augen der höfischen beziehungsweise städtischen Öffentlichkeit geboren, in einigen Fällen wurde nach wie vor die Abgeschiedenheit bevorzugt, zum Beispiel bei Mecklenburg-Kleeburg. Bojanowsky brachte ihren Sohn in Güritz zur Welt, in einem erst Mitte des achtzehnten Jahrhunderts angekauften, bei Grabow gelegenen Jagdhaus des Fürsten.13 Güritz beweist, dass der Vater unmittelbaren Einfluss auf den Ort der Geburt nahm  – wenn er wollte. Ob es auf Wunsch der Familie der Mutter passierte, die als Bediente unmittelbar am Ludwigsluster Hof beschäftigt war, um die zu diesem Zeitpunkt noch unverheiratete Mutter zu schützen, bleibt spekulativ. (2) In keinem nachgewiesenen Fall wurden die Kinder von Friedrich Franz I. als „Findlinge“ deklariert. Die Mutter fand immer einen entsprechenden Eintrag im Kirchenbuch, selbst der Vater wurde in den Taufregistern teilweise offen benannt, gleichwohl an dieser Stelle die Verantwortlichen unterschiedlich verfuhren. Der Sohn von Anna Marta Schom erhielt schon im Taufregister den Namen ihres Ehemannes Kentzler beigelegt. Dieser Akt nahm dem Kind jeglichen Makel, die Vaterschaft wurde in einem rechtsgültigen Dokument offiziell anerkannt und akzeptiert. Damit verbunden waren weitreichende rechtliche Konsequenzen, wie der Vater in einem Brief an den Großherzog fünfunddreißig Jahre später bemerkte. Indem er den Jungen auf seinen Namen taufen ließ und alle Welt ihn für seinen Sohn hielt, besaß der 13

Vgl. dazu LHAS, 2.12-1/26, Nr. 194.



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Sohn ebenso wie die ehelichen Kinder uneingeschränktes Anrecht auf das Erbe des Vaters.14 Dass eine andere Person als Vater angegeben wurde, fand in dieser Konsequenz nur ein einziges Mal statt. Meistens wurde der Eintrag für den Vater freigelassen (Kleinow) oder direkt „unehelich“ angegeben (Viereck, Müller). Bei Franz Mecklenburg, Oberförster zu Wabel, stand als Vater Friedrich Mecklenburg verzeichnet, versehen mit der in Klammern gesetzten Bemerkung, dass es sich dabei um Friedrich Franz I. von Mecklenburg handelte.15 Ähnliches ist bei dem Sohn der Waack zu beobachten. Ein Herr Mecklenburg war als Vater angezeigt, weitere Bemerkungen wurden nachträglich getilgt.16 Einzig bei dem Eintrag von Kleeburg wurde Herzog Friedrich Franz I. direkt als Vater benannt.17 (3) Ein weiterer Unterschied zum überlieferten Taufeintrag aus dem achtzehnten Jahrhundert zeigt sich bei den zur Verfügung stehenden Paten, obwohl auch hier wie beim Eintrag des Vaters unterschiedlich verfahren wurde, denn gesellschaftlich angesehene Personen konnten nur zum Teil gewonnen werden. Bei der Taufe von Kentzler erklärten sich die beiden regierenden Herzöge von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz bereit, eine Patenstelle zu übernehmen, obwohl sie selbstverständlich nicht persönlich an der Zeremonie teilnahmen, sondern durch Kammerherrn vertreten wurden. Damit stand praktisch der eigene Vater seinem Kind Pate, was nur möglich war, da nach außen hin die Vaterschaft von jemand anderem anerkannt wurde. Selbst wenn bei anderen Kindern die Spalte „Vater“ keinen Eintrag führte, verzichtete Friedrich Franz I., in dieser Situation als Pate aufzutreten. Die Patenstellen bei den Kleinow-Schwestern wurden durch Angehörige des Hof­ adels vertreten, unter anderem durch den Schlosshauptmann Ludwig Hartwig von Both, den Herrn Obristen Carl Friedrich Dietrich von Spobe, den Küchenmeister von Wickede und die Kammerjunker Gersdorff und Cramon.18 Die Taufzeremonie übernahm der Hofprediger Studemund. Eine ähnlich illustre Gevatterschaft konnte der Sohn der Müller, Ludwig Mecklenburg, für sich verbuchen. Als Paten standen ihm die Kammerherrn von Bülow und Plessen sowie der Oberstallmeister von Bülow zur Seite.19 Nur die langjährigen Mätressen gewannen hochrangige Herrschaften als Paten für ihre Kinder. Die Entscheidung zur Annahme einer Patenstelle lag ergo nicht allein im Status des Kindes als eines unehelichen Abkömmlings des Herzogs begründet, sondern leitete sich aus dem Ansehen und der Stellung der Mutter ab. Damit wurde 14

LHAS, 2.26-1, Nr. 4198: Postmeister Johann Friedrich Kentzler an Großherzog Friedrich Franz I., Lübtheen 24.1.1824. 15 LHAS, 2.26-1, Nr. 4124: Abschrift Kirchenbuch 24.9.1788. 16 Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69072: Kirchenbuch Bad Doberan, 28.3.1802. 17 Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69132: Kirchenbuch Grabow, 23.1.1790. 18 Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr.  69322: Kirchenbuch Ludwigslust, 13.10.1793, 13.12.1794. 19 Ebd., 2.11.1811.

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die Übernahme der Gevatterschaft zu einem Spiegel des sozialen Prestiges, über das die Mutter verfügte. Dabei wurden von den potentiellen Paten nicht nur der aktuelle Stand, sondern wohl auch die zukünftigen Entwicklungen im Beziehungsgeflecht zum Herzog als positiv prognostiziert. Schließlich konnte die Herstellung einer symbolischen Verwandtschaft mit dem Kind des Herzogs eine durchaus positive Wirkung auf den Paten entfalten, falls der natürliche Sprössling die Gunst des Vaters langfristig genoss. Und je enger die Beziehung zwischen Herzog und Mutter war, desto höher stieg die Wahrscheinlichkeit dafür. Daher lag in der Annahme der Patenschaft die Chance, langfristige Verbindungen zum Herzog zu knüpfen. Zudem hätte die Weigerung, diese Aufgabe zu übernehmen, zweifelsohne negative Konsequenzen impliziert, zumindest solange die Geliebte im hohen Ansehen beim Fürsten stand. Die anderen Mütter requirierten keine so hoch angesehenen Paten. Die Mutter des späteren Mecklenburg von Kleeburg übertrug ihrem Vater Johann Heinrich Bojanowsky eine Patenstelle.20 Dass ein Familienmitglied aus der Linie der Mutter sich dazu bereit erklärte, ist ungewöhnlich und nimmt die enge Beziehung, die der Großvater zu seinem Enkel unterhalten sollte, vorweg. Ansonsten wurden Paten aus dem Umfeld des Geburtsortes gewählt. So übernahmen nichtadlige Hofangestellte beim Sohn von Madame Viereck21 die Aufgabe. Im Fall von Waack sind auf lokaler Ebene wichtige Personen, wie der Landkrüger oder der Polizeidiener, bezeugt.22 Die Zusammensetzung der Paten lässt darauf schließen, dass der Herzog hier nur wenig Einfluss ausübte, die Auswahl vielmehr im Wesentlichen durch die Mutter, begrenzt durch das ihr zur Verfügung stehende soziale Kapital, getroffen wurde. Inwieweit die Paten, abgesehen von Bojanowsky und Wickede bei den Kleinows, tatsächlich auf das Leben ihrer Schützlinge einwirkten, ist aus den Quellen nicht ersichtlich und somit nur schwer zu bewerten. Die Kosten für die Taufhandlungen ebenso wie für die Ammendienste übernahm der Herzog, wie im Falle Kleinow dokumentiert.23 Wahrscheinlich stellte er sich der Verantwortung auch bei den anderen Frauen, allerdings sind nicht für alle Nachweise überliefert. Ebenso existieren nur sporadische Informationen zu den ersten Lebensjahren der natürlichen Kinder, allenfalls gewähren einige Schreiben des Kabinettskopisten Boldt einen kleinen Einblick. Da in den anderen Fällen davon auszugehen ist, dass die Kinder im Umkreis der Mutter lebten, gab es keinen Grund, Akten zu produzieren. 20 21 22 23

Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69132: Kirchenbuch Grabow, 23.1.1790. Aufgeführt sind unter anderem ein Herr Registrator Peter Joachim Anderssen und ein Kammerdiener Daniel Kreigel, vgl. Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69322: Kirchenbuch Ludwigslust, 1.8.1809. Aufgeführt sind der Landkrüger Joachim Ernst Evers, der Polizeidiener Anton Ludwig Friedrich Krieg und Johann Joachim Framm, vgl. Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69072: Kirchenbuch Bad Doberan, 28.3.1802. LHAS, 2.26-1, Nr. 4191: Quittung Oberhofprediger Studemund, Ludwigslust 21.12.1794; Quittung Küster Schroeder, Ludwigslust 15.12.1794.



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Boldt nahm auf Veranlassung des Herzogs 1789 zwei einjährige Knaben bei sich auf, die von zwei verschiedenen Müttern stammten. Inwieweit die Mütter darum baten oder ihre Einwilligung gaben, ist ungewiss. Als die Jungen in die Pflegefamilie kamen, litten sie unter einem schwächlichen Gesundheitszustand, wie der Arzt Wittstock später anmerkte, wobei „eine mangelhafte Pflege und Aufsicht […] in der ersten Zeit Ihres Dasyens“ die Ursache dafür war.24 Friedrich Franz I. versprach, für alle Kosten aufzukommen, und stellte den Boldts genügend Geld zur Verfügung, um zusätzlich ein Kindermädchen zur Entlastung der älteren Ehefrau zu engagieren.25 Die Kinder wuchsen in diesem zwar offiziell zum Hof, allerdings außerhalb des Schlosses gelegenen, kleinbürgerlichen Umfeld mit ihren Pflegeeltern und dem Kindermädchen auf.26 Regelmäßig erhielt der Herzog Nachricht über die beiden, Boldt kümmerte sich in Rücksprache mit ihm engagiert und pflichtbewusst um die Ausbildung seiner Pflegekinder, so dass sie ihre Kindheit in behüteten Verhältnissen verbrachten. Unklar ist, ob die Jungen von Anfang an um ihre wirkliche Abkunft wussten. Die Akten enthalten eigenhändig geschriebene Gratulationsschreiben von den zehnjährigen Knaben, die beginnen mit: „Dich bester Vater, den ich herzlich liebe“. Diese sind aber mit „Friedrich Boldt“ beziehungsweise „Franz Boldt“ unterzeichnet. Für das Umfeld, die Nachbarschaft, war der Sachverhalt klar. Der oben zitierte Arzt Wittstock versuchte, Profit aus seinen Therapien zu schlagen, indem er Boldt eindringlich bat, dem Herzog bei der Einreichung der jährlichen Papiere seine Bemühungen in Erinnerung zu rufen.27 Das Engagement für die natürlichen Herzogskinder barg die Hoffnung, in der Gunst von Friedrich Franz I. aufzusteigen – nicht ganz unberechtigt, denn immerhin schaffte es Wittstock, später die Position des Leibarztes des Herzogs einzunehmen. Auch Boldt blieben Gunst und Wohlwollen des Herzogs erhalten, nachdem ihn seine Pflegekinder, wie er sie gewöhnlich titulierte, verlassen hatten, um den Forstberuf zu erlernen. Persönliche Kontakte zwischen dem Herzog und seinen natürlichen Kindern sind für die ersten Lebensjahre nicht belegt und auch nicht wahrscheinlich. Ausnahmen bilden wieder einmal die in unmittelbarer Nähe des Hofes aufgewachsenen KleinowSchwestern und Mecklenburg-Kleeburg, bei denen zumindest theoretisch die Chance dazu bestand. 24 25

26 27

LHAS, 2.26-1, Nr. 4110: Brief von Dr. Wittstock an Kabinettskopist Christian Ludwig Boldt, Ludwigslust 14.2.1792. LHAS, 2.26-1, Nr.  4124: Brief von Kabinettskopist Christian Ludwig Boldt an Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 15.9.1794. Mit zehn Jahren wurde beschlossen, dass die Kinder alt genug seien, um auf sich selbst aufzupassen, weswegen das Kindermädchen entlassen wurde; ebd., Brief von Kabinettskopist Christian Ludwig Boldt an Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 17.3.1798. Im Bold’schen Haushalt sind aufgeführt: ein Mann, eine Frau, zwei Kinder und ein Dienstbote, LHAS, 2.26-1, Nr. 12637: Verzeichnis derer in Ludwigslust außerhalb dem Schloss befindlichen Personen so alleine zum Hof gehören im Jahr 1794. LHAS, 2.26-1, Nr.  4124: Brief von Kabinettskopist Christian Ludwig Boldt an Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 15.9.1794.

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4.2 Zwischen Hofmeister und Dorfschule: Das Erziehungsideal im Wandel Die Weichen für ein erfolgreiches, gesellschaftlich angesehenes und ökonomisch gesichertes Leben wurden zwar oft unmittelbar nach der Geburt und in den ersten Lebensjahren während der Primärsozialisation gestellt, die entscheidende Richtung gab aber die Ausbildungszeit vor. Erst dann wurde den unehelichen Kindern das prägende kulturelle Kapital vermittelt. Der von Pierre Bourdieu geprägte Begriff des „kulturellen Kapitals“ umfasst Bildung und Wissen, die Fähigkeit ästhetische Urteile abzugeben, aber auch äußerliche Produkte wie Bildungstitel und materielle Dinge in Form von Kunstwerken. Selbstverständlich resultierte das Ansehen der natürlichen Kinder nicht aus Universitätsbesuchen oder wertvollem Besitz, sondern daraus, inwiefern sie tatsächlich das dem Adel entsprechende kulturelle Kapital internalisiert hatten. Dieses verinnerlichte, inkorporierte kulturelle Kapital muss über einen längeren Zeitraum hinweg eingeübt werden, ehe es praktisch mit der Person verschmilzt und zu einem festen Bestandteil, zum Habitus wird.28 Ein gleichwertiges kulturelles Kapital erhöht die Wahrscheinlichkeit des gegenseitigen Verständnisses, was in der Fähigkeit zum Ausdruck kommt, die situationsbedingte kulturelle Klaviatur richtig zu spielen und den Erfordernissen gemäß zu reagieren. Dadurch wird diese Form des Kapitals zum wirkmächtigen Mittel der Distinktion. Wenn die unehelichen Kinder nicht frühzeitig das ihrem Stand entsprechende Verhalten einübten, war die Chance auf Akzeptanz in höheren gesellschaftlichen Kreisen vertan.29 Gemeinsam ist den natürlichen Kindern der mecklenburgischen Herzöge, sobald sie offiziell anerkannt waren, das starke Engagement, das die Väter in der Erziehung ausübten. Zum Teil wirkten sie direkt auf die Lehrpläne ein, ließen sich regelmäßig Informationen über die Fortschritte zukommen und hielten engen Kontakt zu den Informatoren und Lehrmeistern. Und selbstverständlich kamen sie vollständig für die anfallenden Kosten auf. Durch die Übernahme der finanziellen Belastungen erfüllten sie letztendlich die Forderung, die auch an andere, weniger gesellschaftlich hochstehende Väter gestellt wurde: Solange das Kind sich nicht alleine ernähren konnte, bestanden verbindliche Alimentationszahlungen seit dem Tag der Geburt.30 Unter diesem Aspekt war eine fundierte Ausbildung nicht alleine zum Wohle des Kindes wichtig, sondern der stärkste Garant eines später finanziell selbstständigen Lebens. 28

29 30

„Inkorporiertes Kapital ist ein Besitztum, das zu einem festen Bestandteil der ,Person‘, zum Habitus geworden ist; aus ,Haben‘ ist ,Sein‘ geworden. Inkorporiertes und damit verinnerlichtes Kapital kann deshalb (im Unterschied zu Geld, Besitz- oder sogar Adelstiteln) nicht durch Schenkung, Vererbung, Kauf oder Tausch kurzfristig weitergegeben werden.“ Bourdieu: Die verborgenen Mechanismen, S. 56. Vgl. generell zur Definition von kulturellem Kapital ebd., S. 53–63. Vgl. Abschnitt 2.2, S. 28.



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Allerdings werden im untersuchten Zeitraum bezüglich der Ausbildung auch deutliche Unterschiede sichtbar, die weniger in veränderten Unterrichtsmethoden und -konzepten begründet lagen als vielmehr in der Zielsetzung. Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert entsprach die Erziehung adligen Standards, wodurch die Kinder frühzeitig den adligen Habitus verinnerlichten. Im Gegensatz dazu bestand Herzog Friedrich Franz I. auf eine „einfache“, eine bürgerliche Ausbildung, die dem späteren Lebens- und Wirkungskreis entsprechen sollte. Diese konträren Ausbildungsziele führten somit zu grundverschiedenen Bildungsansätzen bei den unehelichen Kindern. Eine andere Zäsur verlief entlang des Geschlechtes. Spätestens ab dem siebten Lebensjahr erhielten die Mädchen und Jungen separaten Unterricht. Zwar gab es in der ständischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit keine konkrete geschlechterspezifische Erziehung, die auf Männlichkeit oder Weiblichkeit abzielte, doch bestimmten Kenntnisse den Lehrplan, die dazu angedacht waren, die unterschiedlichen Rollen, die den Männern und Frauen ihre standesgemäße Existenz sicherten, auszufüllen.31 Durch das divergente Erziehungsumfeld, das sich für die Mädchen weniger stark veränderte als für die Jungen, aber auch aufgrund der unterschiedlichen Quellenlage bietet es sich an, die Erziehung der unehelichen Mädchen gesondert zu betrachten.

4.2.1 Auf „peregrination“: Die Ausbildung zum weltgewandten Adligen Die Erziehungsbemühungen, die bei den unehelichen Kindern der Herzöge Carl, Friedrich Wilhelm und Carl Leopold zum Tragen kamen, entsprachen den zeitgenössischen Vorstellungen einer adligen Ausbildung. Die Ziele der Bildungsmaßnahmen lagen in der Verinnerlichung des spezifisch adligen Ethos, das die aristokratische Kultur prägte.32 Die Kinder des Adels wurden in ihrem Stand für ihren Stand erzogen. Zum traditionellen, zu erlernenden Tugendkatalog gehörten: Selbstkontrolle, Selbstsicherheit, Edelmut, Großzügigkeit, gepaart mit Humanitas und Grazie – kurzum, der von Castiglione entworfene „vollkommene Hofmann“ entfaltete nach wie vor Wirkungsmacht. Das spezifisch antrainierte Dekorum-Verhalten diente der Legitimierung und Stabilisierung der Standesüberlegenheit und der äußeren Geltung, dem Prestige einer Person. Der Anstand wurde zum Abstand, zur Distinktion von Mitgliedern der anderen Stände.33 Oftmals determinierte die Familienordnung maßgeblich den Erziehungsaufwand, der den einzelnen Kindern zuteilwurde. Während der Erstgeborene, der Nachfolger, in seiner Ausbildung von einem hohen Maß an Aufmerksamkeit und Zuwendung profitierte, konnte das Ausbildungsniveau der nachgeborenen Söhne abfallen, vor allem in kostenintensiven Punkten wie den obligatorischen Bildungsreisen. Allerdings durfte 31 32 33

Wunder: Geschlechterspezifische Erziehung, S. 252–253. Oexle: Aspekte der Geschichte des Adels, S. 37, auch Asch: Europäischer Adel, S. 156–157; allgemein für adlige Erziehung Többicke: Höfische Erziehung. Beetz: Frühmoderne Höflichkeit, S. 246; Herrmann: Familie, Kindheit, Jugend, S. 78.

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deren Ausbildung nicht zu stark vernachlässigt werden, bildeten sie doch gleichsam den dynastischen Reservepool. Daher richtete sich die höfische Standeserziehung zwar am künftigen Regenten aus, aber die Brüder und Altersgenossen erhielten inhaltlich äquivalenten Unterricht.34 Eine fundierte Ausbildung aller Kinder war damit nicht nur unumgänglich, sondern eine Investition in die dynastische Zukunft, weshalb die Eltern in aller Regel dem Thema Erziehung mit großer Aufmerksamkeit begegneten. Das Engagement manifestierte sich in umfangreichen „Erziehungsinstruktionen“, in denen die allgemeinen Rahmenbedingungen der Ausbildung nach Übertragung der Erziehungsgewalt auf einen Lehrer beziehungsweise den Hofmeister festgelegt wurden.35 Ebenso wie in den „Fürstenspiegeln“ stand bei den „Instruktionen“ die Festlegung von pädagogischer Praxis gegenüber politischer Theorie im Vordergrund. Was die unehelichen Kinder betrifft, lagern in den mecklenburgischen Quellenbeständen zwar keine ausdrücklich als „Erziehungsinstruktion“36 bezeichneten Hinterlassenschaften, doch erteilte Herzog Friedrich Wilhelm bei der Ernennung und Bestallung von Dr. Johann Friedrich Thielcke zum Hofmeister seiner zwei Söhne, den „jungen Meckelnbürger[n]“, ausführliche Anweisungen.37 Indem der Herzog seine Erwartungen an die kommende Ausbildungszeit formulierte, unter anderem auch wie der Unterricht umzusetzen sei, wurde den Charakteristika der fürstlichen „In­ struktion“ durchaus entsprochen. Somit engagierte sich der Herzog unabhängig von dynastischen Belangen in der Ausbildung seiner Söhne. Friedrich Wilhelm ermahnte Thielcke, „getreu, hold unterthänigst und gewärtig“ zu sein und nach „seinem äußersten Vermögen“ zu erziehen und allen Nachteil von seinen Untergebenen abzuwenden. Auffällig energisch pochte der Herzog auf eine Erziehung in „wahrer Gottesfurcht“, selbst genaue Instruktionen zur Art der Vermittlung erließ er in diesem Kontext. In Gegenwart des Hofmeisters waren die Jungen angehalten, dreimal am Tag andächtig zu beten und das Wort Gottes zu lesen. Die „Erlernung der zum rechten Christentumbs nötigen Lehrhauptstücke“ erfolgte mittels der lutherischen Katechismen und anderer theologischer Werke, später, mit zunehmendem Alter, vervollständigte die religiöse Ausbildung die Erlernung biblischer Sprüche, der Psalmen Davids und anderer geistlicher Gebete und Gesänge. Zweck und Ziel dieser seit frühster Kindheit erfolgten religiösen Erziehung war es, sicherzustellen, dass die Jungen „zu keiner anderen Lehre verleitet“ würden. Damit unterlag auch die Ausbildung unehelicher Kinder einem der Credos höfischer Standeserziehung: Standhaftigkeit in konfessionellen Belangen.38 Mochte das konfessio34 35 36 37 38

Mutschler: Adel und Erziehung, S. 38, Stannek: Telemachs Brüder, S. 27. Vgl. dazu Kollbach: Aufwachsen bei Hof, S. 57–60; Többicke: Höfische Erziehung, S. 54– 84; Mutschler: Adel und Erziehung, S. 21–46. Andere geläufige Bezeichnungen waren Vermahnung, Ordnung, väterlicher Wille, Meinung oder Instruktion, Mutschler: Adel und Erziehung, S. 21. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Instruktionen von Herzog Friedrich Wilhelm für Johann Friedrich Thielcke, Schwerin 10.1.1703. Stannek: Telemachs Brüder, S. 31.



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nelle Bekenntnis im Falle der illegitimen Söhne eine reine Privatangelegenheit sein, hinsichtlich eines Familienmitgliedes eines regierenden Hauses entwickelte die Religionszugehörigkeit enorme politische Tragweite. Im konfessionell zersplitterten Alten Reich entschied das „richtige“ Glaubensbekenntnis über einflussreiche Eheschließungen, starke Bündnispartner und die Möglichkeit, seinen Machtbereich auszudehnen. Eine Vielzahl von Konversionen von Fürsten in der Frühen Neuzeit belegt die machtpolitische Komponente.39 Auch der Bruder von Herzog Friedrich Wilhelm, Carl Leopold, spielte kurzzeitig mit dem Gedanken, zum Katholizismus überzutreten, allerdings nahm er davon Abstand, als sich die erhofften Optionen auf einen Machtzuwachs zerschlugen.40 Die gleich zu Beginn erläuterte und detailliert ausgearbeitete Anweisung zur religiösen Erziehung besitzt einen durch und durch konventionellen Charakter,41 weshalb auch bei dem legitimen Nachwuchs inhaltlich keine wesentlichen Veränderungen zu beobachten gewesen wären. Allerdings dienten die früh einsetzenden religiösen Unterweisungen nicht nur der Festigung des Glaubensbekenntnisses, sondern ebenso der Lösung profanerer Probleme. Oft kamen die jungen Schüler durch das Lesen religiöser Texte erstmalig in Kontakt mit Schriftlichkeit. Aus diesem Grund wurden die Katechismen teils mit Anweisungen zu Leseübungen versehen; ein Beleg dafür, dass die religiösen Unterweisungen mit dem Erlernen von Lese- und Schreibfähigkeiten Hand in Hand gingen.42 Erst im Anschluss an die ausführlichen Instruktionen zur Formung des religiösen Glaubens bestimmte der Herzog den Grundstock des zu erlernenden Wissens. Er beauftragte Thielcke, den Jungen die lateinische Sprache zu vermitteln und zu gegebener Zeit den Unterricht auf Bereiche wie Ethik, Politik, Historie und Geografie auszuweiten und „was sonsten dergleichen Jungen Leute in der Jugend zuerlernen nöthig Ihnen mit […] guter gedult“ beizubringen. Obwohl sich Französisch an den europäischen Höfen als Kultursprache durchgesetzt hatte, war das Erlernen des Lateinischen unerlässlich, zumal es nach wie vor Bildungssprache war. 43 Sobald eine Karriere in der Landes- und Zentralverwaltung angestrebt wurde, konnte auf gelehrtes Wissen in Sprachen und Rechtsfächern nicht verzichtet werden. Die Bedeutung des Unterrichts in den Fächern Historie und Politik für die Ausbildung des adligen Standesbewusstseins unterstreicht auch Thomas Mutschler in seiner Analyse der Erziehungsinstruktionen für die Grafen von Ysenburg-Büdingen. Gerade die Festigung historischen Wissens nahm im Bildungskontext des Adels eine prominente Rolle ein, da das Wissen um die Vergangenheit als Voraussetzung für die

39 40 41 42 43

Vgl. dazu Peper: Konversionen im Umkreis des Wiener Hofes; Mader: Abhandlungen und Aufsätze; Christ: Fürst, Dynastie, Territorium und Konfession. Vgl. dazu Lisch: Über den beabsichtigten Uebertritt des Herzogs Carl Leopold von Meklenburg. Vgl. dazu Kollbach: Aufwachsen bei Hof, S. 58, auch Mutschler: Adel und Erziehung, S. 26–28. Kollbach: Aufwachsen bei Hof, S. 272. Müller: Latein als lingua franca.

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Herrschaftsnachfolge angesehen wurde. Auf der fundierten Kenntnis der Vergangenheit fuße das Wissen um eine generationenübergreifende Identität der Familie.44 Selbst wenn bei den unehelichen Kindern die Nachfolgeproblematik obsolet war, trug das Wissen um die Dynastiezugehörigkeit des Vaters auch in ihrem Fall zweifelsohne zur Identitätsbildung bei, schließlich wuchsen die Söhne in einem Umfeld auf, das ihre fürstliche Abkunft nicht in Frage stellte. Herzog Friedrich Wilhelm präzisierte den Unterrichtsstoff und die Methoden nicht weiter, sondern überließ dem neu ernannten Hofmeister die detaillierte Ausformung. Auf ihm lastete die alleinige Verantwortung, den Brüdern das grundlegende akademische Wissen eines jungen Kavaliers beizubringen. Aufgrund fehlender anderslautender Anweisungen ist davon auszugehen, dass Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg Unterricht gemäß dem Bildungskanon junger Adliger erhielten. Dieser konnte nach den Vorgaben der Eltern variieren, beinhaltete aber neben den erwähnten gesellschaftlichen Fächern häufig, zumindest in abgewandelter Form, besagten Lateinunterricht, die Grundzüge moderner Sprachen, Rhetorik und Stil sowie Mathematik.45 Der Unterricht im Bereich der adligen Exerzitien beschränkte sich für die Jungen vorläufig auf das Erlernen von Tänzen.46 Im Gegensatz zu der im Bestallungsschreiben sehr kurz gehaltenen Passage zum Lernstoff widmeten sich die Instruktionen ausführlich der sittlichen Erziehung der beiden Kinder. Der Hofmeister war angehalten, sein Leben dementsprechend zu gestalten, dass er seinen Zöglingen auch außerhalb der Unterrichtsstunden ein gutes Vorbild biete. So sollte er nach dem Befehl Friedrich Wilhelms „seinen Untergebenen fleißig beiwohnen, gute obsicht auf sie haben, und vor allen bösen ab- und zu den guten anhalten, und mit besondern fleiße und emsiger Sorgfalt dahinführen, daß seine Untergebene affecten und undienliche gemühts […] gemäßigt und gedämpft, [….] und sie zu mäßigen und sittsamen Leben und der Gottesfurcht, zur aufrichtigkeit, wahrheit, sanftmuth, liebe und gerechtigkeit und allen andern Prinßl. Tugenden [Hervorhebung der Autorin]“ erziehen. Indem der Herzog eine Ausbildung gemäß den hochadligen Verhaltensidealen einforderte, setzte er seine Söhne zumindest erziehungstechnisch dem möglichen legitimen Nachwuchs gleich. Da die Ernennung des Hofmeisters in die Junggesellenzeit des Herzogs fiel, war dessen spätere kinderlose Ehe noch nicht abzusehen. Zwar konnte aufgrund ihrer Geburt eine Inanspruchnahme der Herzogswürde ausgeschlossen werden, aber zumindest die Ausbildung sollte dem Rang eines Prinzen entsprechen. Dazu nahm die Vermittlung adliger Tugendvorstellungen als Werkzeug sozialdistinguierender Praktiken eine elementare Rolle ein. Im frühmodernen Staat wurde die Tugend und zunehmend auch die Bildung allgemein als Grundvoraussetzung zur Erhaltung des Adels und seiner Rolle in der Gesellschaft verstanden. 44 45 46

Mutschler: Adel und Erziehung, S. 28–31, auch Kollbach: Aufwachsen bei Hof. Pils: Identität und Kontinuität, S. 95. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Brief von Johann Friedrich Thielcke an Herzog Friedrich Wilhelm, Rostock 3.11.1703.



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Über die Ansicht, dass ein Adliger tugendhaft sein müsse, gab es keine Diskussion. Die adlige Geburt rechtfertigte die Annahme eines tugendhaften Charakters bis zum Beweis des Gegenteils, wobei die öffentlich anerkannte Tugend aufgrund der Standeszugehörigkeit gleichzeitig Grundlage war für eine fortdauernde Erwartung auf öffentliche Dienstleistungen.47 Die von Friedrich Wilhelm geforderten Erziehungsgrundsätze legten den theoretischen Grundstein des Unterrichts, die konkrete Ausgestaltung in der Praxis überließ er dem Hofmeister. Es ist nicht davon auszugehen, dass besonders innovative Unterrichtsmodelle zum Einsatz kamen, denn diese hätten sicherlich Rücksprache erfordert. Vielmehr wurde nach den üblichen Methoden höfischer Standeserziehung vorgegangen. Neben den exempla und der imitatio dominierte das „memoriren“ die didaktischen Praktiken. Vortrag und Repetition lösten einander so lange ab, bis der Zögling den Inhalt des Vortrages lückenlos referieren konnte.48 Parallel zur Bestallung des Hofmeisters erfolgte die Immatrikulation der circa zehnjährigen Knaben an der Universität Rostock.49 Ob die Einschreibung ausschließlich symbolisch vollzogen wurde oder sie an den offiziellen Vorlesungen teilnahmen beziehungsweise sie Privatstunden durch die Professoren erhielten, lässt sich nicht klären. Abgesehen von ihrem Matrikelnachweis sind keine weiteren Spuren im Universitätsarchiv vorhanden. Die ersten Unterrichtsjahre der unehelichen Kinder von Herzog Carl und Herzog Carl Leopold sind weniger detailliert überliefert, doch bezeugen die Quellen ebenso das Engagement der Väter. Gleichfalls wurden Informatoren bestellt mit der Aufgabe, die Ausbildung zu übernehmen. Das Ziel der ersten Ausbildungsjahre lag in der grundlegenden Wissensvermittlung, um spätere Studien an der Universität oder wie bei Carl Leopold von Wolffradt an einer Akademie zu gewährleisten.50 Herzog Carl vertraute in Bildungsfragen dem Pastor Johann Andreas in Mirow, der sowohl Carl Jürgen von Mecklenburg als auch sieben Jahre später dessen kleinen Bruder Albrecht bei sich in Obhut hatte. Inwieweit die Jungen einen qualitativ hochwertigen Unterricht erhielten, bleibt fraglich. Später, nach dem Tod Herzog Carls, als die Vormünder die Aufsicht über die Erziehung ausübten und um weitere Gelder baten, damit Carl Jürgen zusammen mit seinem Präzeptor an einer Universität verbleiben könne,51 wurde angemerkt, dass „er in seiner Jugendt sehr verseummet und sich mehr deß müßigen lebens bei Hofe“52 erfreut hatte als fleißig zu studieren.

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Stichweh: Der frühmoderne Staat und die europäische Universität, S. 261. Stannek: Telemachs Brüder, S. 35. Hofmeister (Hg.): Die Matrikel der Universität Rostock, S. 45. Welche Akademie der potentielle Lehrer im Auge hatte, legte er nicht dar, LHAS, 2.12-1/2, Nr. 23: Relation von August Christoph Fersen an Herzog Carl Leopold, Schwerin 2.3.1735. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von A. von Winterfeld, D. Zölner, H. von Nessa, E. Cothmann und H. Stallmeister an Herzog Johann Albrecht, o. O. 1.2.1611. Ebd., Antwortkonzept von Herzog Johann Albrecht, o. O. 11.2.1611.

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Ähnliche Vorwürfe wurden auch gegen den jungen Herzog Adolf Friedrich erhoben, nachdem sein neuer Hofmeister, Samuel von Behr, ihn in Straßburg kennen gelernt hatte. Verzweifelt klagte er über dessen „kindische“ Erziehung und dass der junge Herr „weder reitten noch reden“ könne.53 Der schludrige Umgang mit den ersten Bildungsbemühungen war also nicht dem unehelichen Status von Carl Jürgen geschuldet, sondern resultierte anscheinend aus einer allgemeinen Geringschätzung von Bildung am mecklenburgischen Hof. Dennoch erwarben die Jungen elementare Fähigkeiten in „beten, lesen, schreiben und rechnen“,54 was unabdingbar war angesichts der fortgeschrittenen „Verschulung“ und Akademisierung des adligen Standes Ende des sechzehnten Jahrhunderts.55 Die Lernfortschritte wurden regelmäßig überprüft, sei es durch die vom Lehrer vorgeschlagenen und durch den Herzog abgesegneten „examine“56 oder mittels eigenhändig geschriebener Briefe an den Vater, in denen die Verbesserungen des Schreibstils des Kindes dokumentiert wurden.57 Dergleichen ließ auch Herzog Friedrich Wilhelm durchführen. Er ordnete an, seine Söhne jeweils vierzehn Tage nach Johannis und Weihnachten durch den Kanzleidirektor Johann Klein sowie den Rostocker Universitätsprofessor und Superintendenten Johann Peter Grünenberg examinieren zu lassen.58 Die regelmäßigen Termine dienten der Wissensüberprüfung ebenso wie der Evaluierung der Arbeit der Lehrer. Die Jungen lebten auf das engste mit ihren Informatoren zusammen, die neben der eigentlichen Lernstoffvermittlung auch anfallende Erziehungsaufgaben übernahmen. Thielcke wohnte zusammen mit seinen Zöglingen vier Jahre lang in Rostock bei dem Superintendenten Grünenberg. Der angedachte Informator des Sohnes von Herzog Carl Leopold forderte ein besonderes Zimmer, besser noch ein Haus, damit der Schüler „weiter keine communication hätte mit einer oder anderen Compagnie auch sonst von seinem studiren abgehalten zu werden dadurch alle Gelegenheit vermieden wäre“.59 Auch die Kinder von Herzog Carl wurden von der Familie separiert.60 Darüber hinaus zeichneten sich die Hauslehrer für die Finanzen verantwortlich, wie Rechnungen von Thielcke belegen. Als er klagte, dass nicht genügend Geld für eine adäquate Ausbildung vorhanden sei, veranlasste der Herzog augenblicklich die Aufstockung des Budgets, wodurch dem Hofmeister zusätzlich zu den achthundert Reichstalern noch einhundert Reichstaler für Bücher

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Irrgang: Die Peregrination Adolf Friedrichs I., S. 24. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Pastor Johann Andreas an Herzog Carl, Mirow 3.1.1608. Deventer: Erziehung – Bildung – Kavalierstour, S. 506. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Pastor Johann Andreas an Herzog Carl, Mirow 3.1.1608. Ebd., Brief von Albrecht von Mecklenburg an Herzog Carl, Mirow 3.2.1608. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Anweisungen von Herzog Friedrich Wilhelm, o. O. 4.5.1704. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 23: Relation von August Christoph Fersen an Herzog Carl Leopold, Schwerin 2.3.1735. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Pastor Johann Andreas an Herzog Carl, Mirow 20.6.1601.



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und andere kleinere Ausgaben zur Verfügung standen.61 Selbstredend kamen die Herzöge für alle die Ausbildung betreffenden Kosten auf. Eine der größten Ausgabeposten entstand durch die für die standesgemäße Ausbildung unerlässliche Bildungsreise. Nachweislich kamen Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg in den Genuss, durch Europa reisen zu dürfen. Ebenso begleiteten der älteste Sohn von Herzog Carl, Carl Jürgen von Mecklenburg, als auch eine Generation später der Sohn von Herzog Johann Albrecht, Georg von Mecklenburg, ihre hochadlige Verwandtschaft auf deren Grand Tours.

Auf „peregrination“ Die Kavalierstour bildete den krönenden Abschluss der adligen Bildungsbemühungen. Die ihr zugemessene Bedeutung im adligen Erziehungsweg wird anhand einer Vielzahl von Forschungspublikationen, die zu dieser Thematik in den letzten Jahren verfasst wurden, sichtbar.62 Grundsätzlich diente die Grand Tour63 weniger der akademischen Ausbildung als vielmehr der Vervollkommnung des adligen Habitus durch intensive Kulturkontakte mit ausländischen Adligen und Höfen. Das für die Distinktion von niederen gesellschaftlichen Schichten benötigte kulturelle Kapital, das die Zementierung der kulturellen Hegemonie begründete, konnte kaum aus Büchern, sondern nur durch intensiven Umgang mit seinesgleichen und den Mächtigen der Welt, die am Hof, dem Zentrum der Politik, wirkten, gelernt werden.64 Während sich erst im Laufe des siebzehnten Jahrhunderts die Praxis durchsetzte, auch die Söhne wichtiger Fürstendynastien auf Reisen zu schicken, gehörte die Kavalierstour für den niederen Adel – wenn er sie sich denn leisten konnte – in jedem Fall zum Pflichtprogramm, verbesserte diese doch ungemein die Chance, die nötigen

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Somit standen für 1703 rund 900 Rthl. zur Verfügung, dieselbe Summe wurde auch für das Jahr 1704 angewiesen, vgl. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Brief von Johann Friedrich Thielcke an Herzog Friedrich Wilhelm, Rostock 3.11.1703. Die höfische Bildungsreise hat seit den 1990er Jahren die Aufmerksamkeit einer Vielzahl von Historikern auf sich gezogen, vgl. für die wichtigsten Monografien u. a. Leibetseder: Die Kavalierstour; Black: France and the Grand Tour; Stannek: Telemachs Brüder; Brilli: Als Reisen eine Kunst war; bei den Sammelbänden vor allem Babel und Paravinci (Hg.): Grand Tour. Im internationalen Diskurs hat sich der Begriff Grand Tour als Bestandteil der aristokratischen Erziehung weitgehend durchgesetzt. Der Begriff tauchte seit dem 17. Jahrhundert in zeitgenössischen Schreiben europaweit auf, ist aber in Zedlers Universalenzyklopädie nicht erfasst. Im Laufe der Zeit unterlag die Bedeutung einem ständigen Wandel: von der Frankreichreise zur Europa- bis hin zur Parisreise, während im 19. Jahrhundert damit die Reisetätigkeit von Engländern auf dem Kontinent assoziiert wurde. Aus diesem Grund plädiert Leibetseder für den Terminus Kavalierstour, der sich aus dem gesellschaftlichen Stand des Reisenden konstituiert. Ebenfalls gebräuchlich sind Ausdrücke wie höfische Bildungsreise, Länderreise und Peregrination, vgl. dazu Leibetseder: Die Kavalierstour, S. 18–23. Paravinici: Der Grand Tour, S. 662.

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Qualifikationen für Tätigkeiten am Hof sowie in Verwaltung, Militär oder im diplomatischen Korps zu erwerben.65 Zu den beliebtesten Reiserouten gehörten der Giro d’Italia via Venedig, Bologna, Florenz mit dem Hauptziel Rom und natürlich die Tour de France. Aufgrund der Hochachtung für französische Kultur und Lebensweise im barocken Zeitalter bot sich eine Rundreise, unabhängig davon, ob es die kleine Rundfahrt entlang der an der Loire gelegenen Schlösser nach Orléans oder die große Fahrt in die süd- und westfranzösischen Provinzen war, geradezu an, die frankophilen Neigungen des Adels zu befriedigen. Daneben konnte die Reiseroute auch durch die Niederlande führen, wobei Personen aus dem Umfeld des Kaiserhofes den südlichen Teil bevorzugten und Söhne aus protestantischen Familien eher die Vereinigten Provinzen aufsuchten. England lag weitgehend abseits der üblichen Routen der Grand Tour und gewann erst im Laufe des achtzehnten Jahrhunderts an Attraktivität.66 Als 1706 Herzog Friedrich Wilhelm den Beschluss fasste, seine Söhne nach Paris zu schicken, übernahm das Hofmeisteramt weiterhin der ihnen vertraute Thielcke, so dass der Herzog mit der Arbeit des Gelehrten bis dato zufrieden gewesen sein musste. Besaß der Hofmeister schon in heimischen Gefilden großen Einfluss und trug Verantwortung, potenzierte sich dies in der Fremde, fern von der Familie. Trotzdem oder gerade deswegen unterlag das Hofmeisteramt einer sehr ambivalenten Betrachtungsweise. Junge, gut ausgebildete Universitätsabsolventen fanden in der Tätigkeit als Hauslehrer häufig Gelegenheit, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Während ihr Einflussbereich innerhalb des Hauses durch die Anwesenheit des Vaters und der Mutter gewissen Einschränkungen unterlag, übernahmen sie als Tutoren auf Reisen umfassendere Aufgaben. Neben der Gesamtverantwortung für das Gelingen des Unternehmens, die ihnen aufgebürdet wurde, oblag ihnen die Lösung der alltäglichen Probleme wie Transport und Unterkunft, Auswahl der Lehrer sowie das finanzielle Auskommen. Durch die permanente Nähe beziehungsweise das monate-, wenn nicht gar jahrelange Abhängigkeitsverhältnis erwuchs zwischen Hofmeister und Zögling oftmals eine enge emotionale Bindung, die dazu führte, dass der Adlige, sobald er sich in der entsprechenden Machtposition befand, seinen ehemaligen Lehrer mit aussichtsreichen Karrieremöglichkeiten bedachte.67 Zwar bestand für Thielcke diese verlockende Option nicht, da aufgrund des illegitimen Status seiner Untergebenen kein Herrschaftsanspruch zu erwarten war, doch bot der Herzog mit dem Versprechen auf ein jährliches Gehalt von zweihundert Reichstalern und dem Posten eines Legationssekretärs anscheinend genügend Anreiz, damit der Rechtsgelehrte in den Auslandsauf-

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Bötefür: Reiseziel ständische Integration, S. 19. Vgl. zu den beliebtesten Reiserouten der Grand Tour Stannek: Telemachs Brüder, S. 68–84. Ein Paradebeispiel bietet dafür die Beziehung des mecklenburgischen Herzogs Adolf Friedrich I. zu seinem Erzieher und späteren Kanzler Samuel von Behr am Anfang des 17. Jahrhunderts, vgl. Irrgang: Die Peregrination Adolf Friedrichs I.



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enthalt einwilligte, ohne dass eine Dauer abzusehen war.68 Das enge Verhältnis, das auf der gemeinsamen Reise entstand, hatte nicht nur Vorteile, es barg auch oft genug erhebliches Konfliktpotential. Die Konflikte lagen zum großen Teil in dem aus den Standesunterschieden resultierenden Selbstverständnis der adligen Zöglinge begründet, zumal wenn sie aus einem regierenden Hause kamen. Obwohl offiziell als Stellvertreter des Vormundes agierend, wurde der Hofmeister nicht als Autoritätsperson anerkannt. Jugendlicher Übermut und Desinteresse an den Studien führten zum Bild der „als Sklavendienst empfundene[n] Beschäftigung“69 des Hofmeisters, der den Launen seines Anvertrauten ausgeliefert war.70 Thielcke hatte weniger mit solchen Problemen zu kämpfen. Zum einen lag das an dem jugendlichen Alter seiner Zöglinge, denn normalerweise erfolgte die mehrjährige Bildungsreise im Alter von sechzehn bis fünfundzwanzig Jahren,71 und zum anderen an deren Geburt, die jenen nicht den Stand von Prinzen, sondern nur von jungen Edelleuten einräumte, so dass die Standesdünkel wahrscheinlich weniger stark ausgebildet waren. Die Grand Tour der beiden jungen Söhne von Herzog Friedrich Wilhelm begann im August 1706. Versehen mit letzten Instruktionen ihres Vaters ging die Reiseroute über Hamburg in die Vereinigten Provinzen nach Den Haag, wo die Reisesuite, bestehend aus Thielcke, den beiden Jungen und mindestens einem Diener, auf die Pässe zur Weiterreise nach Frankreich wartete. Neben den vom Herzog gewünschten Exkursionen in nahe gelegene Orte72 nutzten sie in den Niederlanden die Zeit, um gesellschaftliche Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Freundliche Aufnahme fanden sie bei Santen, dem Residenten in Haag, der ihnen unter anderem Zugang zur Botschaft von Lothringen verschaffte.73 Das 68 69 70

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LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Brief von Herzog Friedrich Wilhelm an Johann Friedrich Thielcke, Rostock 10.8.1706. Garms-Cornides: Hofmeister auf Grand Tour, S. 257. Anschaulich klagte ein ehemaliger Hofmeister über die „Wiederwärtigkeiten“, denen er während des Amtes ausgesetzt war. Neben der Untertänigkeit, die den Eltern entgegengebracht werden musste, trug dazu oftmals das Verhalten der Zöglinge bei, so führte er an: „diesen jungen Herrn steht offtmahls gar nicht an ihres Auffsehers humeur, und nach dessen Gefallen zu leben, und da sie solches auff Befehl der Eltern endlich thun müssen, so geschicht es doch wieder Willen und mit Verdruß, welches wahrhaftig ein wohlmeinenden Hofemeister nicht wenig betrübt, wenn er siehet, dass seine von Hertzen gemeinte Arbeit so wenig anschläget, insonderheit wenn der Untergebene mit keinen sonderlichen Ingenio begabet und nicht alles so prompte fassen kann…“, vgl. dazu das Werk von einem nicht genannten Autor: Der adeliche Hofemeister, S. 111–112. Schulz: Kavalierstouren im Raum Sachsen-Anhalt, S. 123. Auf die Frage Thielckes, „ob in den Niederlanden nicht die nächsten Orten biß die Passeports zukommen, mit besehen kann“, antwortete der Herzog ausdrücklich: „Wie beide Untergebenen noch Jung sindt, ist nöthig vor der Hand anderer Orten, als worauf die route trifft zubesehen.“ Vgl. dazu LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Resolution Herzog Friedrich Wilhelms, Neustadt 16.8.1706. Ebd., Brief von Johann Friedrich Thielcke an Herzog Friedrich Wilhelm, Paris 15.10.1706.

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Angebot, die Jungen, ausgestattet mit einem Empfehlungsschreiben für ein Studium, an der dortigen Akademie anzumelden, musste Thielcke ausschlagen. Friedrich Wilhelm wünschte keine Akademieaufenthalte, was wohl auch mit den schlechten, wenig lehrreichen Erfahrungen seiner Brüder in Wolfenbüttel zusammenhing.74 Mittelsmann in Paris war der extra für diese Aufgabe bestallte Monsieur de la Tour.75 Bereits kurz nach dem Eintreffen in der französischen Hauptstadt führte de la Tour die Reisegruppe an den Versailler Hof. Nicht ohne Stolz berichtete Thielcke nach Mecklenburg: „Wir hatten die Ehre von Madame76 in der Großen Gallerie angeredet zu werden, welche nachdem Sie ihren Nahmen hörete, mich fragte ob Sie Prinzen wären? Ich gab zur Antwort: Nein, sie wären Edelleute, Mons de Torci,77 aber ist, wie ich erfahren habe bereits genauer, sonder zweifel von la Tour bey Erlangung der Passeport informiert.“78 Dass die „Jungen von Mecklenburg“ von einem Mitglied des französischen Königshauses auf die Stufe von Prinzen gestellt wurden, zeugt davon, dass ihr Erscheinungsbild hochadligen Ansprüchen genügte – zumindest auf den ersten Blick. Die Kleidung als „Körper des Körpers“79 besaß Distinktionscharakter, weil sich Rang und Status in ihr widerspiegelten. Wenn also als Bildungsziel der Maßstab genommen wird, allein durch Kleidung und Bewegung eines jungen Herrn den sozialen Rang beziehungsweise den seiner Familie sicht- und erkennbar zu machen,80 dann musste die bis dahin erfolgte Ausbildung durch Thielcke überaus erfolgreich gewesen sein. Der Antrittsbesuch in Versailles war der einzige seiner Art, zumindest in überlieferter Form. Quartier nahm der Hofmeister mit seinen Untergebenen auf Weisung Friedrich Wilhelms in Paris, „weilen sie wegen Ihrer Jugendt vom Hofe zu Versailles 74 Vgl. dazu Koolman: Die Erziehung eines Prinzen, S. 83–90. 75 LHAS, 2.12-2/4, Nr.  1045: Bestallung des Factors de la Tour in Versailles, Schwerin 3.8.1706. 76 „Madame, ist ein Ehren-Titel in Franckreich, welchen man den Hertzoginnen, Fürstinnen und andern Standes- und Vornehmen Adelichen Frauen giebt. Man tituliret auch die Königin Madame. Wenn man das Wort Madame ohne Zusatz nimmt, so wird des Königs Bruders Gemahlin, des Königs Vaters-Schwester, oder des Königs-Mutter-Schwester dadurch verstanden, und ihr zugleich der Titel Altesse Royale gegeben“, vgl. dazu Zedler: Artikel „MADAME“, Sp. 126. 77 Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um Jean-Baptiste Colbert, den Marquis de Torcy, der unter Ludwig XIV. von 1696–1715 Außenminister war. 78 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Brief von Johann Friedrich Thielcke an Herzog Friedrich Wilhelm, Paris 15.10.1706. 79 Erasmus von Rotterdam formulierte die Erkenntnis: „In summa dictu de corpore, nuc cultu paucis, eo quod uestis quodamodo corporis corpus est, & ex hac quop liceat habitum animi conijcere“ (Ist doch die Kleidung gewissermaßen der Körper des Körpers, und man kann auch von ihr auf die Gesinnung schließen“), Erasmus von Rotterdam: De civilitate, S. 20, vgl. dazu Stannek: Telemachs Brüder, S. 95; auch Kim: Bildung des Körpers, S. 186–187; ansonsten Mutschler: Adel und Erziehung, S. 35. 80 Pils: Identität und Kontinuität, S. 104.



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annochs nichts profitieren können“.81 Die Ortswahl legt nahe, dass der Schwerpunkt, zumindest vorläufig, auf die Vermittlung akademischen Wissens gelegt wurde, weniger auf höfische und gesellschaftliche Umgangsformen. Allerdings begründete der Herzog seine Order ausschließlich mit dem jugendlichen Alter, nicht mit ihrem illegitimen Status. Der Hofmeister übernahm die Verantwortung für die Reisekasse, die nach beständigen Klagen seinerseits von anfangs jährlich 2 000 Reichstaler auf 3 880 beziehungsweise 3 316 Reichstaler erhöht wurde.82 Die zusätzlichen Geldmittel standen neben der Ausweitung des Unterrichts vor allem für vermehrte gesellschaftliche Kontakte zur Verfügung. In den ersten Jahren beschränkten sich diese auf gelegentliche Opernund Komödienbesuche sowie auf zumeist am Sonntag stattfindende Ausfahrten mit der Karosse.83 Mit zunehmendem Alter seiner Zöglinge – die Jungen waren nunmehr fünfzehn und sechzehn Jahre alt – drängte Thielcke darauf, ihnen mehr Zugang zur „Conversation“ zu verschaffen, an der es wegen fehlenden Geldes und durch den Befehl des Herzogs, diese einzuschränken, erheblich mangelte. Er klagte darüber, „dass also die simplen Promenaden fast unsre gantze Compagni machen, woselbst man zwar viele Leute siehet, aber wenig von ihnen lernt“, ein Umstand, der dazu führte, „dass die jungen von Mecklenburgen wan sie sich bey Jemanden zuzeiten befinden, mit welchem sie nicht täglich zu seyn gewohnt, fast gantz verstummen“.84 Der Begriff „Conversation“ bezog sich im zeitgenössischen Sprachduktus keineswegs ausschließlich auf den Akt des Redens, sondern umfasste die gesamten Aspekte des Umgangs miteinander und schloss auch Blicke, Gesten und die Körperhaltung mit ein.85 Thielcke zeichnete das Bild von zwei wohlerzogenen, aber auch sehr schüchternen jungen Männern, die, wenn sie nicht bald aktiver am gesellschaftlichen Leben teilnähmen, Mühe hätten, sich später in den Kreisen entsprechend „schicklich“ zu bewegen. Die Resolution des Herzogs auf das Schreiben Thielckes ist zwar nicht erhalten, doch bezeugt die Erhöhung des Geldbetrages, dass der Herzog auf die Warnung entsprechend reagierte. Die „Designation der notwendigen Ausgaben“ aus Paris deuten infolgedessen ebenfalls auf verstärkte gesellschaftliche Aktivitäten hin, die oft in diplomatischen Kreisen wie auf Botschaftsempfängen stattfanden,86 wo neben Treffen mit Einheimischen vor allem auch der Kontakt zum ausländischen Adel, beispielsweise zum Prinzen von Birkenfeld,87 gepflegt wurde. 81 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Resolution von Herzog Friedrich Wilhelm, Neustadt 16.8.1706. 82 Ebd., Resolution von Herzog Friedrich Wilhelm, Neustadt 18.8.1706. 83 Ebd., Brief von Johann Friedrich Thielcke an den Herzog Friedrich Wilhelm, Paris 18.4.1709. 84 Ebd. 85 Ausführlich zur Begriffsgeschichte der Konversation Plotke: Conversatio/Konversation. 86 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Brief von Johann Friedrich Thielcke an Herzog Friedrich Wilhelm, Paris 22.9.1709. 87 Thielcke beschrieb die Beziehung zum Prinzen von Birkenfeld (Pfalzgraf und Herzog Christian III. von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld) als dermaßen gut, dass er auf seine Hilfe und Unterstützung in einer aufgrund des lückenhaft überlieferten Briefverkehrs nicht mehr genau

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Die unverzüglichen Reaktionen des Vaters bezeugen den Stellenwert, den die Konversationsfähigkeit im adligen Bildungskanon einnahm. Ein Mangel an eloquenter Ausdrucksweise und selbstsicherem Auftreten in gesellschaftlichen Kreisen wäre als nicht wieder gutzumachendes Manko interpretiert worden. Die Meisterung der Konversation, versetzt mit Esprit, Bonmots und Scherzen bedurfte weitreichender Fähigkeiten, da Etikette und gesellschaftliche Erwartungshaltungen decodiert werden mussten, was nur bei Verinnerlichung der adligen Wertevorstellungen gelang.88 Eine hart antrainierte Zwanglosigkeit wurde zum Ideal erhoben. Verpönt waren allzu fachliche Gespräche, sie durften nicht zu sehr persönlicher Natur sein und keinesfalls aktuelle politische Fragen berühren, auch Gespräche über Dritte bargen stets ein gewisses Risiko. Aufgrund der strengen inhaltlichen Reglementierung rückte die Form der Konversation in den Vordergrund  – sie hatte leicht und spielerisch zu sein, musste sich stets auf den Gesprächspartner einlassen mit dem Ziel, ihm Vergnügen zu bereiten.89 Die Anforderungen konnten nicht aus Büchern erlernt, sondern nur mittels vieler geistreicher Konversationspartner beständig eingeübt werden. Der Unterricht, den die Jungen in Paris genossen, baute auf die in Rostock erlernten Grundlagen auf. Auch diesbezüglich gab Herzog Friedrich Wilhelm dem Hofmeister Instruktionen. In dessen Händen lag aber weiterhin die präzise Ausgestaltung. Der Fokus schwenkte allmählich vom akademischen Wissen zu den adligen Exerzitien. Der Herzog wünschte, dass sie, sobald sie das entsprechende Alter erreicht haben, „insonderheit in Fechten sich üben, wie auch in Matheh“.90 Thielckes nach Mecklenburg gesandte Designationen belegen die im Laufe der Zeit engagierten Hauslehrer: „Frantzmeister“, „Sprachmeister“, „Musique-Meister“, „Rittmeister“, „Fechtmeister“, „Tanzmeister“ und ein „Mathematico“.91 Nach sechs Studienjahren, wovon drei in Paris verbracht wurden, zog Thielcke ein Fazit bezüglich der Lernfortschritte seiner „Untergebenen“, das ein genaues Bild des vermittelten Lehrstoffes bietet: Das Latein, das den beiden Jungen anfangs Schwierigkeiten bereitet hatte, beherrschten sie nun passabel. Sie konnten es sowohl ins Deutsche als auch ins Französische, was sie inzwischen ebenso gut beherrschten wie ihre Muttersprache, übersetzen. Daneben hatten sie ihre Lektionen in Geografie und „neuster Historie“ sowie den Unterricht in Genealogie, der sie dazu befähigte, die herrschenden Häupter bis in die dritte Generation hinein zu benennen, erfolgreich beendet. Nach den in der Mathematik bereits absolvierten Bereichen Arithmetik und Fortifikation erlernten sie die Geometrie.92 Die akademische Ausbildung entsprach ziemlich genau dem, was laut Vorschlag auch den späteren legitimen Fürstensöhnen, in

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rekonstruierbaren Angelegenheit hoffte, vgl. ebd., Brief von Johann Friedrich Thielcke an Herzog Friedrich Wilhelm, Paris 7.4.1710. Kollbach: Aufwachsen bei Hof, S. 338. Für die Regeln der Konversation Ehler: Konversation, S. 26–40. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Resolution von Herzog Friedrich Wilhelm, Neustadt 16.8.1706. Ebd., Brief von Johann Friedrich Thielcke an Herzog Friedrich Wilhelm, Paris 22.9.1709. Ebd., Brief von Johann Friedrich Thielcke an Herzog Friedrich Wilhelm, Paris 18.4.1709.



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diesem Fall dem Sohn Christian Ludwigs II., dem Herzog Friedrich, vermittelt werden sollte,93 und bekräftigt somit die Vermutung, dass Herzog Friedrich Wilhelm für seine beiden illegitimen Kinder den gleichen Maßstab einer fundierten Ausbildung anlegte, wie es bei ehelich Geborenen der Fall gewesen wäre. Allerdings hätte das adlige Standeswissen eine wesentlich prominentere Rolle im Bildungskanon eingenommen, da die adligen Exerzitien der Jungen in den ersten Jahren deutlich hinter dem gelehrten Wissen zurücktraten. Die Kinder wurden anfangs ausschließlich in Musik und Tanz unterrichtet, aber selbst das nicht mit aller Konsequenz. Als Thielcke aus Kostengründen zwischen einem Tanz- und Mathematiklehrer entscheiden musste, wählte er Letzteren,94 obwohl gerade dem Tanz eine hohe Bedeutung in der adligen Inszenierung zukam. Die anspruchsvollen höfischen Tänze waren geradezu prädestiniert, um sich durch ungeschicktes Verhalten der Lächerlichkeit preiszugeben.95 Gestik, Mimik und Affekte galt es im höfischen Umfeld zu kontrollieren, auch die Sprache des Körpers, seine Haltung, hatte entsprechend Platz im Zeremoniell. Derweilen spiegelten die Exerzitien auch die hohe Wertschätzung geometrisch-symmetrischer Formen und einer ebenso wohlgeordneten Umgebung wider, die anhand von Gebärden und einer edlen Körperhaltung erzielt und durch angemessene, zierliche und geordnete Bewegungen dargestellt wurde.96 Allerdings stand alle Körperlichkeit wie das Reden unter dem Topos der Lässigkeit. 97 Indem die ständische Identität durch eine hochdifferenzierte Körperhaltung inszeniert wurde, versinnbildlichte das adlige Körperverhalten durch die „Beredsamkeit des Leibes“ den sozialen Status und grenzte nach „unten“ ab. Die strikte Ablehnung jeglicher Form von Künstlichkeit ließ sich nur mit einem hohen Maß an Körperbeherrschung umsetzen.98 Somit dienten Tanzübungen auch dazu, den Grad an Körperkontrolle zu erreichen, um Anstrengungen mühelos zu übertünchen und alles als eine natürliche Gabe erscheinen zu lassen. Herzog Friedrich Wilhelm reagierte umgehend auf die Notrufe aus Paris. Er forcierte den Unterricht zum Ausbau der wichtigen, zum adligen Habitus gehörenden Fertigkeiten in gleicher Weise wie er die Intensivierung der Konversation befürwortete. So sollten seine Jungen mit dem Tanzen „gleichfals continuieren auch nun mehr ohne Zeit Verlust auf das fechten und reiten sich accliciren“.99 Im Alter von fünfzehn 93 94 95 96 97 98 99

Vgl. dazu LHAS, 2.12-1/3, Nr. 26: Gedanken zur Erziehung des Erbprinzen Friedrich, um 1725. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Brief von Johann Friedrich Thielcke an den Herzog Friedrich Wilhelm, Paris 18.4.1709. Schörle: Die Verhöflichung des Lachens, S. 130–132. Vgl. zum Verhältnis Prinzenerziehung und Symmetrie Heiss: Die Liebe des Fürsten zur Geometrie, S. 110; zur geometrischen Ordnung als Grundprinzip der barocken Welt- und Gesellschaftssicht Hinrich: Staat und Gesellschaft im Barockzeitalter, S. 217. Zur Lippe: Vom Leib zum Körper, S. 40. Linke: Sprachkultur und Bürgertum, S. 4; vgl. zum Forschungsdiskurs Körperlichkeit im Adel Schnell: Zur Konversationskultur in Italien und Deutschland, S. 327–332. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Resolution von Herzog Friedrich Wilhelm, o. O. 22.7.1709.

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und sechzehn Jahren verdrängte das Erlernen der gesellschaftlichen Umgangsformen endgültig den akademischen Lehrstoff. Die Mathematik stand zwar weiter auf dem Unterrichtsplan, sollte aber auf ausdrücklichen Wunsch des Herzogs hin nur gelehrt werden, wenn dies ohne Einschränkung der Exerzitien möglich wäre. Im Vergleich zu den Bildungsreisen der unehelichen Kinder im Jahrhundert zuvor sind wesentlich weniger Informationen erhalten, die Aufschluss über Unterrichtsgestaltung und -inhalt geben. Während die Reise von Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg ausschließlich für sie beide konzipiert wurde mit dem Ziel, die Jungen in der französischen Hauptstadt zu tadellosen Kavalieren zu erziehen, begleiteten Carl Jürgen und Georg von Mecklenburg mecklenburgische Herzogssöhne in die Fremde. Inwieweit sie offiziell zur Entourage gehörten, ist zumindest bei Carl Jürgen unklar, was auf die unterschiedlichen Voraussetzungen der Reisen verweist. Der Sohn von Herzog Carl begleitete die jungen Herzöge Adolf Friedrich und Johann Albrecht auf deren Grand Tour bis nach Straßburg, wo alle Beteiligten einige Zeit verweilten.100 Das über Leipzig reisende Gefolge zählte laut Kostenrechnungen vierundzwanzig Personen. Zwar wird Carl Jürgen namentlich nicht erwähnt, doch könnte er sich unter dem Posten „Edelknaben“, auf die nicht näher eingegangen wurde, befinden.101 Edelknaben wurden oft gemeinsam mit der herrschaftlichen Person unterrichtet, in deren Nähe sie fast beständig verweilten. In diesen Peergroups entstanden nicht selten Freundschaften, die lebenslang hielten.102 Allerdings ist unklar, wie sich das Verhältnis zwischen Carl Jürgen und den Herzögen gestaltete. In einem Brief an seinen Vater, letztendlich der einzige definitive Beweis seiner Reisebegleitung, versprach er, sich gegen seine „genedigen Hern so wol auch den Hoffemeister praceptoren und anderen mitgesellen“ dermaßen zu verhalten, dass keine Klagen das Ohr des Vaters erreichten.103 Zudem legte er vor dem Vater Rechenschaft über seine Lernerfolge ab, die, obwohl von „Kranckheiten und unfal gnedichtig und reterlich behütet“, in den letzten Wochen kaum vorangeschritten waren. Allerdings versicherte er im selben Schriftzug, „künftige woche meine studieren wiederrumb einen anfang zu machen“. Mit solchen beruhigenden Versprechungen an die in der Heimat weilenden Eltern wird er sich kaum von anderen adligen Jungen auf ihren Bildungsreisen unterschieden haben. Ob sein Vater ihm den Aufenthalt im Ausland auch finanziert hätte, wenn nicht der kostensparende Glücksfall der Reise der beiden legitimen Erben eingetreten wäre, ist zweifelhaft, aber nicht auszuschließen. Ebenso ungewiss ist, ob er die Herzogssöhne auf ihren weiteren Touren begleitete. Ziemlich sicher reiste er nicht innerhalb der elfköpfigen Suite des älteren Prinzen Adolf Fried100 Vgl. ausführlich zur Grand Tour der Herzöge Adolf Friedrich und Johann Albrecht Irrgang: Die Peregrination Adolf Friedrichs I. 101 Vgl. LHAS, 2.12-1/7, Nr. 87: Kostenberechnung des Aufenthaltes der Prinzen Adolph Friedrich und Johann Albrecht zu Straßburg Juli 1605. 102 Wunder: Geschlechterspezifische Erziehung, S. 250. 103 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Carl Jürgen von Mecklenburg an Herzog Carl, Straßburg 26.9.1605.



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rich durch Frankreich,104 sondern allenfalls mit Johann Albrecht nach Besançon ins Burgundische, doch existieren keine weiteren Briefe aus dieser Zeit. Im Gegensatz zu Carl Jürgen von Mecklenburg muss Georg von Mecklenburg, als er Herzog Karl von 1644 bis 1646 auf dessen Kavalierstour nach Frankreich begleitete, älter und erfahrener gewesen sein, denn schließlich hatte er schon einige Jahre zuvor in Kriegsdiensten gestanden. Herzog Karl, der zweitälteste Sohn von Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin, besaß die besondere Gunst seines Vaters, weshalb er auch als Nachgeborener trotz der angespannten finanziellen Situation eine Grand Tour unternehmen durfte. Die erste Etappe verlief durch Frankreich nach Saumur.105 Einen europaweiten Bekanntheitsgrad erreichte Saumur aufgrund seiner theologischen, von Calvinisten geleiteten Akademie. Im siebzehnten Jahrhundert gehörte die Stadt an der unteren Loire zu einem der von reformierten Adligen häufig aufgesuchten Orte während ihrer obligatorisch absolvierten Bildungsreisen durch Frankreich. Allerdings nahm diese Klientel nur gelegentlich Stunden in Theologie, stattdessen besuchten die Adligen vornehmlich die Standesschule, die académie d’équitation, die Unterricht in Reiten, Fechten, Tanzen und speziell für Ausländer auch in der französischen Sprache anbot.106 Unklar ist, ob Georg von Mecklenburg an dieser Ausbildung ebenfalls partizipierte. Auch wenn Herzog Karl inkognito reiste, das Auftreten als adliger Kavalier an dessen Seite beanspruchte einige Ausgaben, die zu leisten er nicht immer im Stande war. So galt es, sich ebenso wie der Prinz entsprechend der örtlichen Mode einzukleiden,107 zudem benötigte er dringend Gelder, um Lehrer zu engagieren „damit [er] von der sprache lernen könnte“.108 Von der Erlernung adliger Exerzitien ist in keinem seiner Briefe die Rede, so dass für ihn wohl speziell die Vervollkommnung seiner Sprachkenntnisse im Vordergrund stand. Geldsorgen belasteten ihn beständig, obwohl sich Herzog Karl regelmäßig in seinen Briefen an den Vater für den „sehr melancholisch[en]“ Kapitän Mecklenburg verwendete und um Auszahlung von dessen Geldern, die aus der Boizenburger Zollkasse kamen, bat.109 Im Notfall half der junge Herzog nicht nur mit Worten, sondern auch mit barer Münze aus den schlimmsten Verlegenheiten, weswegen er sein Zurückbleiben in Saumur, während Karl die Tour durch Italien fortsetzte, mit einiger Sorge betrachtete.110 104 U. a. gehörten dazu Hans Ulrich von Negendank, Mathias Fischer, Hofmeister Samuel von Behr, Junker Burchardt Clüver, Kammerdiener Hans von Bülow, Leibarzt Johannis Schletzer, Edelknaben Adam Bülow und Heinrich Bilden sowie Diener des Hofmeisters Heinrich Keding, Irrgang: Die Peregrination Adolf Friedrichs I., S. 28. 105 Vgl. für die Grand Tour von Herzog Karl Stannek: Telemachs Brüder, S. 145–148. 106 Kretzer: Calvinismus und französische Monarchie, S. 201–204. 107 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 6: Brief von Georg von Mecklenburg an Herzog Adolf Friedrich, Orleans 31.12.1644. 108 Ebd., Brief von Jürgen von Mecklenburg an Simon Gabriel de Nedden, Saumur 9.5.1645. 109 LHAS, 2.12-1/7, Nr.  221: Brief von Herzog Karl an Herzog Adolf Friedrich, Saumur, 20.8.1645. 110 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 6: Brief von Georg von Mecklenburg an den Sekretär Simon Gabriel von Nedden, Luddin 29.8.1645.

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Im Gegensatz zu den anderen unehelichen Kindern mecklenburgischer Herzöge, die in der Fremde zu Ausbildungszwecken verweilten, war der Aufenthalt von Georg von Mecklenburg durch eine große Eigenverantwortlichkeit geprägt. Keine Präzeptoren oder Hofmeister übernahmen die Federführung, ebenso wenig konnte er sich an seinen Vater wenden, der bereits vor Jahren verstorben war. Er bat nicht um Erlaubnis zum Unterricht, sondern lediglich um die ihm versprochenen Unterhaltsgelder, was sein initiatives Handeln belegt. Trotz der Bitten Karls für seinen Reisekompagnon lag die Organisation der Finanzierung der Reise im Wesentlichen in dessen eigenen Händen, wie die ständigen Schreiben an den Sekretär von Nedden bezüglich auftretender Geldprobleme verdeutlichen.111 Allerdings bot die Reise von Herzog Karl für Georg von Mecklenburg die einmalige Chance, Synergien bei den Ausgaben zu schaffen, die ihm erst die Weiterbildung ermöglichten. Das Erlernen der französischen Sprache, aber auch der Umgang mit anderen Adligen in Saumur, der ohne Zweifel stattgefunden hatte, brachten ihm die Kenntnisse, die er benötigte, um den Kriegsdienst endgültig quittieren zu können, und seinem Wunsch gemäß, Anstellung innerhalb des mecklenburgischen Herzogshaus zu finden.112 Der Tod des Vaters bedeutete die größte Gefahr für eine standesgemäße adlige Ausbildung, da diese mitunter Kosten verursachte, die durch testamentarische Verfügungen nicht immer abgedeckt werden konnten. Umso essentieller wurde in diesem Zusammenhang die Unterstützung der restlichen Familie des Herzogs, die im Falle von Georg von Mecklenburg trotz aller punktuellen Schwierigkeiten fraglos erfolgte. Standesgemäße Ausbildung und familiäre Akzeptanz – sei es vom Vater oder von der restlichen Familie – gingen somit Hand in Hand. Letztendlich glich die Ausbildung der unehelichen Kinder prinzipiell denen ihrer ehelichen Pendants, wenngleich natürlich durch knappere finanzielle Mittel beschränkt. Von klein auf innerhalb der adligen Standesgrenzen erzogen, verinnerlichten die unehelichen Kinder den adligen Habitus, so dass sie auch im späteren Leben bereitwillig in diesen Kreisen anerkannt wurden.

4.2.2 Forstakademie und Gymnasium: Die bürgerliche Erziehung der unehelichen Söhne von Herzog Friedrich Franz I. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Generationen unehelicher Kinder im mecklenburgischen Herzogshaus spielte bei der Erziehung der natürlichen Abkömmlinge von Herzog Friedrich Franz I. die Vermittlung eines adligen Standesbewusstseins keine Rolle mehr. Die Ausbildung zielte nicht darauf ab, Fertigkeiten und Kennt111 Vgl. dazu die Briefe von Georg von Mecklenburg an den Sekretär Simon Gabriel von Nedden in ebd. 112 „Jorg mecklenburg [ist] entschlossen den Krieg zu quitren und C. L. und seinem Vaterlande treulich zu dienen und auffzuwarten, von das gleichwohl billig daß er so accommodiret werde, daß er seine jahrlichen Unterhalten haben möge“, ebd., Verfasser unbekannt, 20.6.1649.



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nisse für junge adlige Kavaliere zu vermitteln, sondern sie auf eine spätere Stelle in der Verwaltung vorzubereiten. Statt der Standeserziehung stand die Befähigung zum Broterwerb im Mittelpunkt. Selbstverständlich lag auch in der geglückten Standeserziehung die Grundlage zur Sicherung des eigenen ökonomischen Kapitals begründet, aber nicht zum reinen Selbstzweck, eher als Resultat aus erworbenem kulturellen und sozialen Kapital. Friedrich Franz I. wusste, dass er seiner Vielzahl von unehelichen Kindern, selbst wenn er es gewollt hätte, nicht ausreichend ökonomisches Kapital mit auf den Weg geben konnte, um ihnen ein Leben in Adelskreisen zu gewährleisten. Ganz abgesehen von den anfallenden Kosten, genügte die Vermittlung von kulturellem Kapital nicht, wenn es von vornherein aussichtslos war, die Kinder mit dem entsprechenden ökonomischen Kapital auszustatten. Die Unterstützung, die Friedrich Franz I. bei der Erziehung und Ausbildung seiner natürlichen Kinder leistete, variierte stark, wie das reichhaltig überlieferte Quellenmaterial belegt. Die Intensität des Engagements hing im beträchtlichen Maße davon ab, inwieweit die leiblichen Mütter Verantwortung für die Kinder trugen. Wuchsen die Kinder bei der Mutter und einem Stiefvater auf, bestand durchaus die Gefahr, dass die akademische Bildung vernachlässigt wurde. So klagte ein Lehrer über den Sohn der Madame Deter, nachdem Friedrich Franz I. die vermehrten Kosten für den weiterführenden Unterricht übernommen hatte, dass, als er den „junge[n] Fr. Mecklenburg im 20. Lebensjahr erhielt, er allerdings verwildert [war], und wegen vernachlässigten Gedächtnisses über die Jahre hinaus, wo er zu einer litterarischen Sache hätte gebildet werden können“ und er allenfalls für das Forstwesen oder Militär tauge.113 Eine weiterführende Ausbildung im Forstbereich lag ohnehin im Trend der Zeit. Die Vernachlässigung des Unterrichts kam selten vor, meistens erhielten die Jungen eine ungefähr gleichwertige Ausbildung, ähnlich die der anderen Kinder, die außerhalb der mütterlichen Fürsorge direkt unter dem Einfluss von Friedrich Franz I. standen. Keine eigens bestallten Hofmeister oder Präzeptoren erwarteten die Söhne, stattdessen belegen die Rechnungen Besuche in der Schule des ansässigen Küsters so wie die anderen Kinder im Orte. Sowohl der spätere Mecklenburg von Kleeburg als auch die von Boldt erzogenen Jungen gingen beim Ludwigsluster Küster Schröder zur Schule, vielleicht sogar eine Zeit lang gemeinsam.114 Dort werden sie ähnlich der zwanzig Jahre später erlassenen Schulordnung Unterricht in Religion, biblischer Ge-

113 LHAS, 2.26-1, Nr. 4132: Brief von Herrn Koencke an den Kabinettssekretär Hoese, Rostock 15.7.1817. 114 Erstmals Schulgeld für Mecklenburg von Kleeburg wurde für das Quartal Weihnachten-Ostern 1796 aufgeführt, vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 4112: Rechnung des Küsters Schroeder, Ludwigslust 15.4.1797; für die Boldt’schen Pflegekinder vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 4124: Brief des Kabinettskopisten Ludwig Christian Boldt an Herzog Friedrich Franz  I., Ludwigslust 25.4.1794.

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schichte, Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen erhalten haben.115 Indes beschränkte sich der Unterricht nicht ausschließlich auf den Schulbesuch, sondern wurde durch Privatlehrer erweitert.116 Zwar sind bezüglich Kleeburgs keine Einschränkungen bekannt, doch wurde Boldt ermahnt, nachdem er noch zwei Jahre zuvor eine Bewilligung für zusätzliches Geld zur Einstellung eines Seminaristen bewirkt hatte, die Ausgaben im Auge zu behalten und anzuzeigen, ob die Privatstunden überhaupt von Nutzen seien. Dem Herzog ging es weniger um die aktuelle finanzielle Belastung als vielmehr um die Zukunft der Jungen, was das mit eigener Hand verfasste Antwortkonzept widerspiegelt, in dem es heißt: „[…] und übrigens die Kinder nicht so vornehm gehen, und erzogen werden, weil sie […] wenn sie größer werden und es nicht so guthaben können, unglücklich macht, denn ihre Bestimmung kann doch nur sein ein Handwerk zu erlernen oder Soldat zu werden oder auch Landmann.“117 Wenige Monate darauf verfestigte sich der Gedanke beim Vater, sie beim Militär unterzubringen, weshalb er seine Ermahnungen an Boldt präzisierte und ihn aufforderte, die Kinder „nicht zu vornehm und weichlich zu halten, damit wenn die Zeit kommt, daß sie in den Soldatenstand treten sollen, ihnen die damit verbundenen härteren Lebensart nicht zu schwer ankomme“.118 In diesen Anweisungen an den Pflegevater trat die Sorge zu Tage, dass die Jungen an einen Bildungs- und damit auch verbundenen Lebensstil herangeführt würden, der später nicht weiter aufrechtzuerhalten wäre. Die Ausbildung sollte dazu befähigen, ein Leben im bürgerlichen Umfeld zu führen, nicht dazu, um am Hofe zu verkehren – im Gegensatz zu ihrem Halbbruder Mecklenburg von Kleeburg, der eine Ausnahme innerhalb der unehelichen Söhne von Friedrich Franz I. war. Die Handlungsmöglichkeiten des Vaters waren eingeschränkter als in den vorherigen Generationen, wo es undenkbar gewesen wäre, dass offiziell anerkannte Söhne einer bürgerlichen Erwerbstätigkeit nachgingen. Friedrich Franz I. wurde in regelmäßigen Abständen über die Leistungen seiner Sprösslinge in Kenntnis gesetzt. Boldt sandte ihm Zeugnisse, die Auskunft über Disziplin und Lerninhalte gaben. So erfuhr er, dass der Lehrer, ein Herr Dreves, „mit der Aufmerksamkeit, der Lernbegierde und dem Fortschritte, die von beyden Kinder, sowohl in den Sprachen als Wissenschaften gemacht worden sind“, zufrieden war, besonders weil er glaubte, „daß beyde bey einer nur schwachen Leibesbeschaffenheit und bey nur mittelmäßigen Geistesanlagen nicht so viel leisten können“.119 Fraglich ist, ob der Lehrer wusste, dass er zwei Söhnen des regierenden Herzogs nur „mittelmäßige Geistesanlage“ bescheinigte (und dass dieser seine Einschätzung auch lesen 115 Heinz: Lesebuch, S. 9. 116 Zum Beispiel für Kleeburg LHAS, 2.26-1, Nr. 4112: Großherzogliches Kabinett I. 117 LHAS, 2.26-1, Nr. 4124: Handschriftliche Notiz von Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 1.10.1796. 118 Ebd., Handschriftliche Notiz von Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 26.12.1797. 119 Ebd., Anhang A des Briefes des Kabinettskopisten Ludwig Christian Boldt an Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 22.12.1798.



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würde), da die Kinder zu dem Zeitpunkt noch nicht den Namen Mecklenburg führten und Boldt als Vater anzusprechen pflegten. Am Ende ihrer Schullaufbahn überzeugten sie mit guten Kenntnissen in Geschichte, Religion und Geografie, ebenso wurden ihre Fortschritte in Schreiben und Französisch gelobt.120 Zudem entfalteten die vorgetragenen Bedenken des Herzogs anscheinend nur wenig Wirkung. Auf Anfragen von Boldt folgte prompt die Bewilligung zusätzlicher finanzieller Mittel für den Unterricht. Ein Muttersprachler lehrte Französisch, darüber hinaus erhielten sie private Stunden im Malen, später in Geometrie und Tanzen.121 Dass der Zeichenunterricht lohnte, bestätigte Friedrich Franz I., wie ihm die regelmäßig mitgesandten Bilder der Kinder zeigten. Ausdrücklich beließ er sie bei den Aktenstücken und trug Boldt auf, den Jungen mitzuteilen, dass ihm „die Zeichnungen sehr gefallen“ haben.122 Da zu diesem Zeitpunkt keine direkte Kommunikation zwischen dem leiblichen Vater und seinen beiden Söhnen belegt ist, war dies eine der wenigen Möglichkeiten, in Kontakt mit ihm zu treten. Bei einer anderen Gelegenheit bat Franz Mecklenburg Boldt, den er immer noch als Vater titulierte: „Haben sie bester Vater doch die Güte und überreichen Sie diese Zeichnung Ihr. Herzogl: Durchlaucht als ein Opfer jugendlicher Dankbarkeit für die vielen Wohlthaten welche Ihrl. Herzl. Durchlaucht mir von Jugend an und noch jetzt erweisen, ich weiß Ihnen ja nichts anderes dazubringen, als daß ich durch Fleiß, Treue und gute Aufführung, ich mir die Liebe und das Zutrauen Ihrl: Herzogl: Durchlaucht zu gewinnen streben werde.“123 In den Augen der Jungen dienten Fleiß und gutes Betragen dazu, die Unterstützung durch den Herzog zu konservieren. Das Bewusstsein der stetigen Überwachung durch den unnahbaren Vater begleitete ihr Denken und Handeln und forderte Leistung ein. Zwar partizipierte er nicht an ihrem alltäglichen Lebensumfeld, doch nahm er durch die regelmäßigen Berichte von Boldt und natürlich durch die Tatsache, dass er die finanziellen Lasten trug, an ihrer Ausbildung teil. Die endgültigen Entscheidungen traf der Herzog, auch wenn er sich in aller Regel an die Empfehlungen des Pflegevaters hielt. Als Boldt ihm unterbreitete, dass sein Sohn anstatt dem Militär eher dem Forsthandwerk zugetan sei, ging Friedrich Franz I. bereitwillig darauf ein und beschloss, da „der älteste von des Kabinets-Kopistens Boldt Pflegekinder […] nächstens Ostern confirmieret werden [soll] und da derselben fortwährend Neigung zur Jagd zeigt, so 120 Ebd., Brief von Korrektor Dreves an Kabinettskopisten Ludwig Christian Boldt, Ludwigslust 15.12.1801. 121 Ebd., Brief von Herzog Friedrich Franz I. an Kabinettskopisten Ludwig Christian Boldt, Ludwigslust 6.1.1802. 122 Ebd., Brief von Herzog Friedrich Franz I. an Kabinettskopisten Ludwig Christian Boldt, Ludwigslust 21.12.1803. 123 LHAS, 2.26-1, Nr. 4199: Brief von Franz Mecklenburg an Familie Boldt, Wredenhagen 23.6.1804.

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wollen wir ihn solche lehren lassen, zu dem Ende derselbe schon von jetzt an Unterricht im Waldhornblasen beim Hofmusicus Theen nehmen soll und wir ihn dazu ein Waldhorn schenken wollen“.124 Sein Bruder tat es ihm nach, gleichsam noch zwei weitere uneheliche Söhne von Friedrich Franz I. sowie Heinrich Müller, der Sohn aus einer früheren Beziehung seiner Geliebten Madame Müller, der ebenfalls in seiner Ausbildung unterstützt wurde. Damit trennte sich der Entwicklungsstrang der unehelichen Söhne von Friedrich Franz I.: Einige besuchten weiterführende Schulen, andere begannen ihre Ausbildung zu Handwerkern. Die Ausbildung zum Förster erfolgte im Wesentlichen in zwei Schritten. Zuerst absolvierten die Jungen eine Grundausbildung bei einem Oberförster. In diesen zwei bis drei Jahren, wobei die jährlich anfallenden Kosten von circa zweihundert Reichstalern natürlich der Vater übernahm, erwarben sie praktische Kenntnisse im Forstund Jagdwesen, wie unter anderem im Umgang mit der Büchse oder Abrichtung eines Jagdhundes.125 Der Hinweis von Deters Sohn, dass er schon bei seinem Stiefvater in der „Lehre“ gewesen sei,126 nützte nichts, auch er musste zu einem Oberförster, der ihn zusammen mit seinem Halbbruder unterrichtete. Der zweite Teil der Ausbildung fand an einer Forstakademie statt. Dies war notwendig geworden, seitdem der Forstberuf, ähnlich dem der Ärzte und Juristen, am Ende des achtzehnten Jahrhunderts einen Professionalisierungsprozess durchlaufen hatte. Mittels ausdifferenzierter Fachsprache und spezieller forstwissenschaftlicher Techniken wurde die Waldwirtschaft für Laien undurchdringbar, was die Monopolstellung der Förster sicherte.127 Ihre bisherige Erziehung, aber natürlich auch ihre Abstammung ließen die Jungen durchaus auf eine Karriere innerhalb der Forstwirtschaft spekulieren. Das Erwartungsprofil wird sichtbar anhand eines Schreibens von Franz Mecklenburg, in dem er nachdrücklich seine Hoffnung zum Ausdruck brachte, „daß [er nicht] als gemeiner Jäger dienen soll“.128 Der Vater sah es ebenso. Er ließ Kostenvoranschläge und Informationen über die Lerninhalte an der Forstakademie 124 LHAS, 2.26-1, Nr. 4124: Brief von Herzog Friedrich Franz I. an Kabinettskopisten Ludwig Christian Boldt, Ludwigslust 13.12.1802. 125 Friedrich Mecklenburg lernte von 1803 bis 1806 beim Oberförster Lohse in Muchow (vgl. Rechnungen in LHAS, 2.26-1 4142: Großherzogliches Kabinett I.), Franz Mecklenburg von 1804 bis 1807 in Wredenhagen beim Oberförster Weidemann (vgl. die Rechnung in LHAS, 2.26-1, Nr. 4125), Franz Mecklenburg (geb. Waack) von 1817–1820 beim Oberförster Leubert (LHAS, 2.26-1, Nr. 4202: Brief von Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 22.12.1819) und Friedrich Mecklenburg (Sohn von Deters) ebenfalls bei Leubert (LHAS, 2.26-1, Nr.  4132: Brief von Oberförster Leubert an Kabinettssekretär Hoese, Wredenhagen 12.5.1818). 126 LHAS, 2.26-1, Nr. 4132: Großherzogliches Kabinett I., Brief von Friedrich Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Rostock um 1818. 127 Grewe: Forst-Kultur, S. 153. 128 LHAS, 2.26-1, Nr. 4199: Brief von Franz Mecklenburg an Herzog Friedrich Franz I., Fincken 10.9.1807.



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einholen. Für seine von Boldt erzogenen Söhne wurde die von Heinrich Cotta geführte Meisterschule in Zillbach, wenige Kilometer von Meiningen entfernt, ausgewählt. Cotta, einer der führenden deutschen Forstmänner, der auch eine Vielzahl an Lehrbüchern publizierte, hatte im dortigen Jagdschloss eine privat-forstliche Lehranstalt eingerichtet, die überaus großen Zuspruch genoss.129 Der Lehrplan konzentrierte sich auf die für die Forstwissenschaft wichtigen Kenntnisse in theoretischer und praktischer Hinsicht. Neben den allgemeinen Forstwissenschaften wurden Stunden in Mathematik, Naturkunde, insbesondere Botanik, in Jagdkunde, Forst- und Jagdrecht sowie in der Zeichenkunst erteilt. Darüber hinaus erhielten die Zöglinge Unterricht in Deutsch. Es wurde sowohl die Orthographie als auch Schönschrift und das Verfassen von geschäftlichen Schreiben eingeübt. Unterrichtet wurde in Geschichte, Geografie und Fremdsprachen, das allerdings nur gegen Gebühr. Die Schüler wohnten im Schloss, wo sie sich mitunter die Zimmer teilen mussten. Die jährlichen Kosten betrugen jeweils rund zweihundert Reichstaler.130 Die Jungen korrespondierten während ihrer dortigen Lehrzeit sowohl mit dem Kabinettssekretär Hoese als auch direkt mit ihrem Vater. Neben dem obligatorischen Klärungsbedarf bezüglich ausstehender Rechnungen berichteten sie von ihren Tätigkeiten wie der Vermessung von Distrikten und im Frühjahr von Anpflanzungen.131 Ferner schilderte Schulleiter Cotta dem Vater seine direkten Eindrücke. Er war zufrieden mit den beiden Kandidaten und meinte zuversichtlich, dass, wenn „der erste weis sein Pflegma und der zweite seine Jurialität zu mäßigen, […] beide den Grund ihres Hierseyns erreichen werden“.132 Auch Friedrich Franz I. musste mit den Umständen der Ausbildung und der Umgebung zufrieden gewesen sein, schließlich wählte er Tharandt, die Nachfolgeanstalt von Zillbach, als Lehrort für weitere Söhne aus.133 Ein Bruderpaar zusammen in die Ausbildung zu schicken, trug nicht nur zur Kostenersparnis bei, sondern festigte aufgrund gemeinsamer Erlebnisse, eines gleichwertigen Wissensstandes und eines ähnlichen Lebensumfeldes die Intensität der brüderlichen Beziehungen. Deutlich entwickelte sich durch die geteilten Erfahrungen während der Ausbildungszeit, auch im Hinblick auf alle vier Brüder, ein familiäres Zusammengehörigkeitsgefühl, das ansonsten nur bei den Geschwistern wie den Kleinows und Kleeburg, die zusammen aufwuchsen, zu beobachten war. Friedrich Mecklenburg von Kleeburg und Friedrich Franz Mecklenburg durchliefen im Gegensatz zu ihren Brüdern eine höhere Schulbildung. Diese ihnen gebotene 129 Vgl. ausführlich zu Leben und Wirken von Heinrich Cotta während seiner Zeit in Zillbach Burkhardt: Das Walddorf Zillbach; Richter: Heinrich Cotta, S. 31–65. 130 LHAS, 2.26-1, Nr. 4126: Brief von Heinrich Cotta an Kabinettsregistrator Hoese, Zillbach um 1808. 131 Ebd., Brief von Friedrich und Franz Mecklenburg an Herzog Friedrich Franz I., Zillbach um 1808. 132 Ebd., Brief von Heinrich Cotta an Herzog Friedrich Franz I., Zillbach 29.8.1808. 133 Vgl. die Quittungen in LHAS, 2.26-1, Nr. 4127.

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Möglichkeit reflektiert unmittelbar den herausgehobenen Status in der Beziehung zu ihrem Vater. Beide besuchten, aufgrund des Altersunterschieds aber nicht gemeinsam, die Domschule in Schwerin, die ab 1818 zu Ehren des Herzogs, nachdem sie den Status eines Gymnasiums erhalten hatte, in „Fridericianum“ umbenannt wurde.134 Da der Schulbesuch in Schwerin die Trennung von den Herkunftsfamilien erforderte, lebte Kleeburg ab 1802 als Pensionär beim dortigen Subrektor der Schule, einem Herrn Blandow.135 Das Verhältnis zu dem Lehrer gestaltete sich für den Jungen positiv, wahrscheinlich auch, weil er immer wieder Bezug auf seinen Vater nehmen konnte. Sobald der junge Mecklenburg dem Lehrer mit dem Argument aufwartete, „daß es der Wille Serenissimi sey sich mit den nöthigen Sachen […] zu versehen“,136 gab Blandow nach. Allerdings hatte die Zeit mit seinem Zögling durchaus positive Folgen für den Lehrer. Während der Armeezeit drängte Kleeburg darauf, seinem „gewesenen Lehrer Blandow“ eine Stelle als Präpositus anzuvertrauen. Als sein Vater der Bitte nachkam, dankte er überschwänglich, ob dieser „unaussprechliche[n] Freude“.137 Die Unterbringung als Pensionär bei Pfarrern oder anderen respektablen Leuten im Alter von zehn bis zwölf Jahren entsprach üblichen bürgerlichen Erziehungsgewohnheiten. Zwar stiegen dank der Bildungsrevolution im vorangegangenen Jahrhundert die Eltern zur primär verantwortlichen Erziehungsinstanz auf, aber das vornehmlich in der Primärsozialisation.138 Die Schulbildung erfuhr hingegen einen wesentlichen Professionalisierungsschub, der sich auch auf Mecklenburg auswirkte und die 1812 von Humboldt ausgearbeitete Reifeprüfungsordnung mit einschloss. Die Anforderungen griffen die neuhumanistischen Strömungen auf, was zur Betonung der alten Sprachen im Lehrplan führte. Die ehemaligen Gelehrtenschulen, die Lateinschulen, erhielten den Status eines Gymnasiums und wurden Normaltypus der höheren Schule, da ihnen die Vorbereitung auf die Universität oblag.139

134 Gymnasium Fridericianum (Hg.): Von der Fürstenschule zum Fridericianum, S. 23. 135 „Benedikt Johann David Blandow, geboren zu Falkenhagen bei Waren 1760. Er war auf der Schule zu Güstrow, widmete sich 1778 zu Halle der Theologie, ward daselbst Lehrer am Waisenhause, konitionirte nach seiner Rückkehr ins Heimatland beim Herrn von Zeppelin auf Thürkow und beim Herrn Kalkulator Bard zu Güstrow. Im Jahre 1783 erhielt er am nunmehrigen Gymnasium Fridericianum zu Schwerin die Stelle eines Präzeptors, das Jahr darauf die eines Succentors, 1798 wurde er Subrektor und gelangte 1809, nachdem er im Jahr zuvor zu Beidendorf aufgestellt, aber abgegangen war, zur Predigerstelle zu Sternberg und Sülten, ward auch zugleich zum Präbspositus des Sternberg’schen Zirkels ernannt.“ Artikel in: Freimüthiges Abendblatt, Sp. 156. 136 LHAS, 2.26-1, Nr. 4112: Brief von Rektor Blandow an Kabinetts-Registrator, Schwerin 5.1.1809. 137 LHAS, 2.26-1, Nr. 4115: Brief von Friedrich Mecklenburg an Herzog Friedrich Franz I., Rosatin 16.5.1810. 138 Rosenbaum: Formen der Familie, S. 296–300. 139 Reble: Geschichte der Pädagogik, S. 247.



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Die Rechnungen für Bücher von Kleeburg, der während einer gewissen Transformationsphase die Domschule besuchte, belegen Unterricht in der lateinischen, aber auch französischen und englischen Sprache. Darüber hinaus erhielt er Musik- und Zeichenunterricht und erlernte nachweisbar als einziger von den Kindern des Herzogs Friedrich Franz I. den Umgang mit einer Fechtwaffe, dem Rapier.140 Wahrscheinlich war zu diesem Zeitpunkt seine Militärkarriere, die 1809 einsetzte, absehbar, wobei aus den Quellen im Landeshauptarchiv Schwerin nicht ersichtlich ist, ob er seine Schullaufbahn mit einem Abgangszeugnis beendete. Im Gegensatz dazu beendete der ihm nachfolgende Friedrich Franz Mecklenburg seine Schullaufbahn auf dem Fridericianum mit dem Zeugnis zweiter Klasse, wobei in dem Schreiben an den Großherzog nicht vergessen wurde zu betonen, dass dies durchaus das gängige Abschlusszeugnis sei und höchstens Selektaner141 den ersten Grad schafften.142 An die Schulzeit in Schwerin schloss sich für Friedrich Franz Mecklenburg, als einzigen der Söhne Friedrich Franz I., ein Universitätsstudium an. Der Sohn selbst, nicht der Vater entschied, ein Studium der Rechtswissenschaften aufzunehmen. Größeren Einfluss als der Herzog nahm bei dieser Wahl wahrscheinlich sein Stiefvater Joachim Ernst Frey, der laut Staatskalender zu dem Zeitpunkt als „Actuarius“ am Gadebuscher Gericht diente143 und seinem Stiefsohn somit eine berufliche Perspektive aufzeigte. Der Herzog wurde in den Entscheidungsprozess mit eingebunden, als es um die genaue Ausgestaltung der Pläne ging, als der Studienort gewählt und damit natürlich die anfallenden Kosten in Betracht gezogen werden mussten. Die erste Wahl des Studienortes missbilligte Friedrich Franz I., zeigte sich aber mit Heidelberg zufrieden. Innerhalb der Universitätslaufbahn folgten noch die Stationen Rostock und Göttingen. Auffällig ist der intensive briefliche Kontakt, den Vater und Sohn während der Studienjahre pflegten und der direkt und ohne Mittelsmänner erfolgte. Die Studienzeit begann mit der wohl auch in anderen Familien gängigen Praxis väterlicher Ermahnungen an den Sohn. Er solle sich vor „Studenten Umtriebe“144 in Acht nehmen, riet Friedrich Franz I., der keine Mecklenburger in solche Situationen verwickelt sehen wollte – eine Anweisung, die sicherlich auch andere Väter ihren Sprösslingen mit auf den Weg gaben. Allerdings nützte der wohlgemeinte Ratschlag nur wenig. Kaum hatte Friedrich Franz Mecklenburg seine Studien in Heidelberg aufgenommen, geriet er in die studentischen Tumulte um den Auszug der Heidelber-

140 LHAS, 2.26-1, Nr. 4110: Quittung von Blandow, Schwerin 30.9.1808. 141 Selektaner besuchen die Selekta, die Schulklasse einer Gelehrtenschule, wo die besten Oberstufenschüler eines Jahrganges auf ein Universitätsstudium vorbereitet werden. 142 LHAS, 5.2-1, Nr. 2915/1: Brief von Herrn Horrbe (?) an Großherzog Friedrich Franz I., Schwerin, 19.3.1828. 143 Großherzoglich-Mecklenburg-Schwerinscher Staats-Kalender, S. 79. 144 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 35: Brief von Großherzog Friedrich Franz I. an Friedrich Franz Mecklenburg, Ludwigslust 24.7.1828.

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ger Studentenschaft nach Frankenthal.145 Maßgeblich daran beteiligt waren die ansässigen Burschenschaften. Allerdings ist fraglich, inwieweit ein gerade angekommener Student des ersten Semesters an den Ereignissen aktiv beteiligt sein konnte, oder ob er vielmehr von dem Strudel der Vorkommnisse mitgerissen wurde. Sicherlich beinhalteten seine Berichte in die Heimat alles andere als erfreuliche Nachrichten. Immerhin galten die damaligen Burschenschaften als ein Hort progressiver Ideen und antimonarchistischer Tendenzen, selbst wenn die Heidelberger in dieser Hinsicht gemäßigtere Positionen vertraten. Spottlieder über die deutschen Fürsten, in denen Friedrich Franz I. gleichfalls Erwähnung fand, wurden unter Umständen auch hier intoniert.146 Jedoch hielt die intensive Beziehung zwischen Vater und Sohn diesen Turbulenzen ohne größere Verstimmungen stand. Der Tonfall in ihrer Korrespondenz änderte sich jedenfalls nicht, abgesehen von vielfachen Entschuldigungen des Sohnes wegen seines „Antheils an den Unruhen in Heidelberg“.147 Hinzu traten Geldsorgen des jungen Studenten. Selbstkritisch bemerkte er gegenüber seinem Vater: „[…] daß ich ein junger Mensch, der bisher nie viel Geld in Händen gehabt, nie für seine Bedürfnisse zu sorgen hatte, bey allen redlichen willen, den ich gewiß hatte, doch in manchen Fällen zuviel ausgab, manches zu theuer bezahlte, weil es mir zuerst schien, als kann das viele Geld, in deßen Besitz ich mit einem Male war, nie alle werden. Dazu kam später die Unruhe in Heidelberg, die uns alle viel Geldt kosteten. Wie ich erst in Schulden war, setzt ich immer tiefer hinein.“148 Zu diesem Zeitpunkt studierte er bereits in Rostock. Selbst nachdem sich Heidelberg als Fiasko erwiesen hatte, durfte Friedrich Franz Mecklenburg nach wie vor selbstständig über seine Studienpläne bestimmen.149 Er schlug seinem Vater die Rostocker Universität vor, was dieser wahr145 1828 brachen im Zuge eines verhängten Verrufes – der Abbruch des akademisch-gesellschaftlichen Verkehrs – gegenüber der Bürgergesellschaft „Museum“ Tumulte und Auseinandersetzungen in Heidelberger Studentenkreisen aus. Infolgedessen zog ein Teil der Studenten nach Frankenthal aus und kehrte erst nach Ausweisung der bayerischen Behörden wieder allmählich nach Heidelberg zurück, vgl. Schroeder: „Eine Universität für Juristen und von Juristen“, S. 114; Roeseling: Burschenehre und Bürgerrecht, S. 81–110. 146 So heißt es in einem in den 1830er Jahren entstandenen Lied, was sich spöttisch der Landesfürsten annimmt: „Mecklenburg-Schwerins Berater/ist der beste Landesvater./Seiner lieben Kinder Schar/mehret sich von Jahr zu Jahr.“ Eine andere Version der Strophe lautet: „Mecklenburg-Schwerins Gevatter/ist ein echter Landesvater/weil er nur mit Vorbedacht/überall die Kinder macht.“ Lönnecker: „Unzufriedenheit mit den bestehenden Regierungen“, S. 121–122. 147 LHAS, 2.26-1, Nr. 4201: Großherzogliches Kabinett I., Brief von Friedrich Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Köln 25.9.1828. 148 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 35: Brief von Friedrich Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Rostock 26.8.1829. 149 „Und nachdem ich in Heidelberg einen Mann zu Rathe gezogen, der die Sache zu beurtheilen versteht, habe ich Rostock gewählt. Ich denke dort ein Jahr zu bleiben und dann wenn Ew: königl: Hoheit es genehmigen, noch eine andere Universität zu beziehen.“ LHAS, 2.261, Nr. 4201: Brief von Friedrich Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Köln 25.9.1828.



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scheinlich gerne bewilligte. Auch gegen Göttingen im darauffolgenden Jahr hatte Friedrich Franz I. nichts einzuwenden, zumal sein Filius das Studium dort zügig abschloss, „da man schon aus Langeweile arbeiten muß, wenn man das eigentliche Studentenleben nicht mitmacht“150 – was er auf keinen Fall mehr wollte. Über jegliche Geldnöte half ihm der Vater, wenn auch mit Mahnungen versehen, hinweg. Die Ausbildung der unehelichen Söhne von Friedrich Franz I. entsprach zeitgenössischen Bildungsvorstellungen. Adlige Exerzitien und Standesbewusstsein spielten entsprechend den Zukunftsaussichten kaum noch eine Rolle. Der Herzog begleitete die Erziehungsbemühungen seiner Kinder, finanzierte sie klaglos. An sich war die Laufbahn nicht vorgezeichnet, sondern wurde den Umständen angepasst. Als sich die Entscheidung zur Erlernung des Försterhandwerks für seine ältesten Söhne als praktikabel erwies, übertrug er deren Karriereweg auch auf die Jüngeren. Oft agierte der Herzog als Graue Eminenz, der den Kindern, sobald die zwischen ihnen übliche Kommunikation eine direkte Ansprache erlaubte, ihren Willen ließ. Wenn die Jungen Bitten an ihren Vater richteten, wurden diese nur selten abschlägig beschieden. Aus diesem Grund sticht auch die Ablehnung der Anfrage des jungen Friedrich Franz Mecklenburg, ob er nicht mit den anderen Domschülern nach Rügen fahren dürfe, hervor. Dem Kabinettssekretär Hoese, der die Korrespondenz in Geldangelegenheiten führte, wurde befohlen, im Namen des Großherzogs – darauf legte er besonderen Wert – zu antworten und das Geld zu verweigern mit dem Argument: „daß die Reisen [den] Schüler zu nichts, als zu […] Rohigkeiten der Sitte Anlaß habe, in dem Sie als Studenten, wie Handwerksburschen Frauen jägen, und Vagabonden als dem ähnliger sehen, als gesitteten Schülern“.151 Nicht Geiz diktierte die Absage, vielmehr die Sorge des Vaters um die moralische Integrität des Sohnes.

4.3 Die Erziehung der unehelichen Töchter Sobald das Augenmerk auf die Erziehung der unehelichen Töchter der mecklenburgischen Herzöge gelegt wird, fallen im Verhältnis zu den Söhnen vornehmlich zwei Unterschiede auf. (1) Da für die weibliche Erziehung wesentlich weniger verwertbare Quellen existieren, wird der Rekonstruktionsvorgang erschwert. Diese Herausforderung tritt allerdings nicht nur in den untersuchten Fällen auf, sondern trifft generell auf die Forschung zur frühneuzeitlichen Frauenbildung zu. Eine Ursache liegt in der weiblichen Bildungstradition, die, häufig theorielos und unreflektiert, weniger Zeugnisse hinterließ.152 Ebenso negativ auf die Quellenlage wirkte sich aus, dass sowohl adlige 150 Ebd., Brief von Friedrich Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Rostock 17.2.1830. 151 LHAS, 5.2-1, Nr. 2915/1: handschriftliche Notiz von Großherzog Friedrich Franz I., Doberan 30.6.1825. 152 Fertig: Zeitgeist und Erziehungskunst, S. 159.

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als auch bürgerliche Mädchen aus protestantischen Familien eine vornehmlich nichtinstitutionalisierte Bildung genossen, die folglich im häuslichen und familiären Kontext stattfand.153 (2) In Anbetracht der longue durée unterlag die Mädchenerziehung scheinbar weniger gewichtigen Veränderungen als die der Jungen. Zurückzuführen ist dies auf eine verhältnismäßig gleichbleibende Intention der Erziehung, die, verbunden mit einem tradierten Tugendkanon, der für adlige und bürgerliche Frauen galt, relative Konstanz bewahrte. Die weibliche Erziehung zielte nicht auf die Befähigung zum Broterwerb, sondern darauf, den zum Lebensumfeld passenden Ehemann zu finden und diesem „eine gute Ehefrau“ zu sein. Um 1600 symbolisierte die Hausmutter das Leitbild der Erziehung, woraus sich wünschenswerte Tugenden wie Frömmigkeit, Ehrbarkeit, Sparsamkeit, Bescheidenheit und Zurückhaltung, Sittsamkeit, Beherrschung, Barmherzigkeit und vor allem Gottesfurcht ableiteten.154 Beide Elternteile beteiligten sich an der Erziehung der Töchter,155 doch dienten die Mütter als die eigentlichen Mittler des Wissens. Der hauptsächliche Erziehungsort für die Mädchen war das Haus der Eltern. Selbst wenn die Mädchen in Kost gegeben wurden, fand dies meistens im näheren Umkreis statt, so dass jegliche Horizonterweiterung durch Reiseerfahrungen, die ihre Brüder so häufig machten, fehlte.156 Allein schon durch die räumliche Nähe gewannen die Mütter größere Einflussmöglichkeiten als bei den Söhnen. Gemäß der frühneuzeitlichen Lernmethode der imitatio lag deren Aufgabe darin, den Töchtern ein positives, nachahmenswertes Vorbild zu liefern, an dem sie sich orientieren konnten. Dieser Grundsatz besaß Gültigkeit, lange bevor die Mutterrolle im Zuge der Aufklärung deutlich emotional erweitert wurde. Aus der Praxis erwuchsen Probleme, sobald die Mutter nicht zur Verfügung stand – sei es aufgrund ihres Todes oder auch der Tatsache, dass sie die Vorbildfunktion wegen ihres Lebensweges oder ihrer Stellung im ständischen Gefüge nicht im gewünschten Maße ausüben konnte. Als Anna Deelen, die morganatische Ehefrau von Herzog Carl, bald nach der Geburt ihrer zweiten Tochter Anna Sophie von Mecklenburg verstarb, stellte sich für den Witwer die Frage, wie er mit seiner kleinen Tochter verfahren solle. Seine Schwägerin Herzogin Sophie und seine älteste Tochter Margarethe, verheiratete von Plessen, nahmen sich des Kindes an. Wahrscheinlich lebte das Mädchen zunächst im Umfeld der Herzoginwitwe, die sie allerdings ins Kloster gab, als sie mit ihrem Sohn Johann Albrecht II. nach Schweden reiste, um dessen Hochzeit zu arrangieren, wor153 Kleinau: „Kein Ort. Nirgends?“, S. 22; Jonach: Väterliche Ratschläge für bürgerliche Töchter, S. 23. 154 Rößner-Richarz und Gussone: Erziehung der Töchter, S. 42; Hufschmidt: Ilse von Saldern, S. 140; Dies.: Adlige Frauen, S. 100. 155 Lesemann: „dass eine gelehrte frau keine wirtinn sey“, S. 251. 156 Hufschmidt: Adlige Frauen, S. 62; Lesemann: Liebe und Strategie, S. 256.



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aufhin der Vater intervenierte und Anna Sophie durch ihre ältere Schwester abholen ließ.157 Nach dem Tod des Vaters, spätestens ab 1614, lebte und lernte sie auf Veranlassung der Herzogin Sophie erneut in einem Kloster.158 Zu diesem Zeitpunkt, Anna Sophies Alter betrug wahrscheinlich wenig mehr als zehn Jahre, begann ihre Erziehung gemäß den christlichen Tugenden, die im Großen und Ganzen ständeübergreifend propagiert wurden. Adlige Töchter ins Kloster beziehungsweise ins evangelische Damenstift zu schicken, entsprach durchaus den gängigen Erziehungspraktiken, vor allem wenn die Mutter als wichtigste weibliche Bezugsperson fehlte.159 Als dort vermitteltes Erziehungsziel galt der tugendhafte Lebenswandel, jegliche Form des Müßigganges hingegen war verpönt. Folglich nahmen neben religiösen Unterweisungen hauswirtschaftliche Tätigkeiten eine zeitlich große Rolle im Tagesablauf ein, dafür blieb die Vermittlung intellektueller Fähigkeiten auf das Rechnen, Schreiben und Lesen beschränkt. Die Konventualinnen des Damenstiftes sollten dazu befähigt werden, später mit den nötigen Kenntnissen in den Stand der Ehe einzutreten.160 Die Herzogin wählte das Kloster Preetz in Holstein. Dort lebte das Mädchen mindestens von 1614 bis 1617, das jährliche Kostgeld von vierzig Talern ließ sie sich von den Vormündern auszahlen.161 Neben den zukünftigen Konventualinnen besuchten auch weltliche Lehrmädchen, zu denen voraussichtlich Anna Sophia gehörte, das Kloster. Die Ausbildung war keine rein adlige Angelegenheit; im Verhältnis zu den Deputatsinhaberinnen befand sich ein signifikant höherer Anteil an nichtadligen Mädchen unter den Lehrkindern.162 Den Befund bestätigt eine Untersuchung zum Lüneburger Frauenkonvent Ebstorf, wo ebenfalls keine Ahnenprobe bei Aufnahme eines Lehrmädchens verlangt wurde.163 Das Kloster war die kostengünstigere Option zum Hausunterricht durch angestelltes Lehrpersonal. Die von Hanna Dose zu Ebstorf ausgewerteten Quellen liefern darüber hinaus Einblicke in das Leben der Lehrkinder und mögen exemplarisch auch für andere Konvente gelten, da die Aufnahme von Lehrkindern in fast allen Konventen vorkam. Zwischen dem neunten und elften Lebensjahr wurden die Mädchen zur Kost in das Kloster gegeben, wo sie gewöhnlich drei Jahre blieben. Normalerweise betreute jeweils eine Konventualin ein Kind, das gleich den zukünftigen Konventualinnen eine für Frauen sehr umfassende Bildung genoss. Nicht nur das Lernen und Arbeiten prägte das Leben der Mädchen – so konnte Dose auch Spielzeug im Besitz des Klosters nachweisen. Die 157 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Konzeptschreiben von Herzog Carl an Sievert von Plessen, o. O. 15.9.1608. 158 Ebd., Brief Herzogin Sophie an Hans Hahn von Basedow, Abraham von Winterfeld und Daniel Zölner, Lübz 21.2.1614. 159 Hufschmidt: Adlige Frauen, S. 65–68. 160 Koch: „Eingezogenes stilles Wesen“, S. 217–218. 161 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Andreas Wiedel an Herzog Adolf Friedrich, o. O. 1617. 162 Die Aussagen wurden bezüglich Untersuchungen für das 15. Jahrhundert getroffen, Rosenplänter: Kloster Preetz und seine Grundherrschaft, S. 206–209. 163 Dose: Evangelischer Klosteralltag, S. 241.

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Mädchen trugen weltliche Kleidung, zu den gegebenen kirchlichen Feiertagen erhielten sie besondere Festessen und Geschenke zum Nikolaustag.164 Im Laufe des siebzehnten Jahrhunderts fand das Leitbild der christlichen Eheund Hausfrau dahingehend Erweiterung, dass für junge adlige Damen eine höfisch ausgerichtete Unterweisung an Bedeutung gewann,165 was anhand der Töchter der Herzöge Friedrich Wilhelm und Carl Leopold nachzuweisen ist. Die Tochter von Herzog Friedrich Wilhelm, verheiratete von Wolffradt, wurde von ihrer Pflegemutter, der Frau Hauptmann von Bülow, auf Anweisung des Vaters getrennt, als „sie müste was lernen und alda keine gelegenheit dazu wahr,“ weswegen sie zu dem Kammerdiener du Jean in Hamburg in Kost kam.166 Die Wahl fiel auf du Jean wegen seiner Französischkenntnisse, zumindest suggeriert der Name einen muttersprachlichen Hintergrund. Das Französische gehörte zwar bereits im siebzehnten Jahrhundert in den Bildungskanon adliger Frauen, allerdings verfügten diese oft nur über rudimentäre Kenntnisse.167 Erst das Ansteigen der Bildungsansprüche in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts festigte die Position der französischen Sprache als unumgänglichen Part in der Erziehung junger Edelfräulein. Die Sprachmeisterung war eine Voraussetzung, um an gebildeten Geselligkeiten teilzunehmen und öffentliche Korrespondenzen zu führen, zudem entwickelte sie sich zu einem distinktiven Merkmal gegenüber den niederen Ständen.168 Dass der Sprachunterricht im Falle von Friederica Wihelmina durch einen Mann erfolgte, war ungewöhnlich, aber wohl den Umständen der Unterbringung in Hamburg geschuldet. In den oberen Ständen unterrichteten normalerweise Mutterspachlerinnen die Mädchen. Die Monopolisierung der häuslichen Sprachvermittlung durch Ausländer führte praktisch dazu, dass die Nationalitätenbezeichnung Französin wie ein Berufsname gebraucht wurde.169 Lange lebte Friederica Wilhelmina nicht mit der Familie des Kammerdieners zusammen. Nachdem sie die Sprache gut gelernt hatte, wie ihre Mutter bescheinigte, wurde sie von ihrem Vater eineinhalb Jahre vor seinem Ableben, also ungefähr zehnjährig, an den Schweriner Hof gebracht.170 Über weitere konkrete Erziehungsschritte existieren keine Nachrichten. Sie erhielt voraussichtlich die typischen Unterrichtsinhalte des höfischen Umfelds vermittelt, die eng an Fénelons „Traité de l’éducation des filles“ (1687) angelehnt waren, worunter der Unterricht in Rechnen, Schreiben, Religion, Französisch, Geschichte, Geografie, Malerei, Musik, Literatur, Tanz und Handarbeit fiel.171 164 165 166 167 168 169 170 171

Vgl. insgesamt zu Lehrkindern im Kloster ebd., S. 230–243. Hufschmidt: Adlige Frauen, S. 64. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 10: Bericht von Johanna Schwan, Rostock 24.7.1748. Hufschmidt: Adlige Frauen, S. 98. Hardach-Pinke: Französische Einflüsse auf die deutsche Mädchenbildung, S. 61. Ebd., S. 63; vgl. ausführlich dazu Hardach-Pinke: Die Gouvernante. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 10: Bericht von Johanna Schwan, Rostock 24.7.1748. Kollbach: Aufwachsen bei Hof, S. 269, Ksoll-Marcon: Erziehung und Heirat, S. 242.



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Der Hofaufenthalt bot vor allem die Chance auf Vervollkommnung des kulturellen Kapitals. Indem ihr Vater sie zu sich nach Schwerin holte, bezeugte er öffentlich seine Anerkennung und positionierte sie im sozialen Raum. Er wies ihr einen Platz in seiner Nähe innerhalb der höfischen Gesellschaft zu, der die Kenntnisse von spezifisch kodierten Umgangs- und Verhaltensnormen erforderte, die sie nicht bei dem Kammerdiener im fernen Hamburg, sondern nur durch Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bei Hofe erlernen konnte. Letztendlich glichen die Anforderungen bezüglich Auftreten, Haltung und Konversationsfähigkeit denen des honnête homme, auch wenn weiterhin die Verpflichtung zum traditionellen Tugendkanon Keuschheit, Sittsamkeit und Frömmigkeit bestand.172 Im Gegensatz zu ihren Halbbrüdern studierte sie die Verhaltensweise aber nicht im Ausland, ihr diente stattdessen das heimatliche Umfeld als Lernort. Informationen zur Erziehung von Friederica Louisa von Bergholtz, einer weiteren Tochter von Herzog Friedrich Wilhelm, sind nicht überliefert, was mit den „intakten“ Familienverhältnissen zusammenhängt, in denen sie aufwuchs. Die Verantwortung für sie trugen ihre leibliche Mutter und der Stiefvater, die dafür gesorgt haben werden, dass das Kind eine Erziehung entsprechend dem adligen Umfeld genoss. Ebenfalls existieren nur spärliche Informationen über die Fräulein von Mecklenburg, die Töchter von Herzog Carl Leopold. Nachdem sie 1709 aus dem Haus des Hofmeisters Strahl zu Doberan „aus Erbarmen weggenommen“ wurden, lebten sie zusammen mit dem Fräulein von Wendessen in Rostock, in der Hoffnung, „daß Sie unter der Furcht Gottes in christlicher modestie sich würden leiten und erziehen laßen“.173 Erst 1730, also nach mehr als zwanzig Jahren des Zusammenlebens mit der „würdigen Matrone“,174 ließ der Vater sie an den Hof holen. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich bei dem „Fräulein von Wendessen“, wie sie ausschließlich in den Dokumenten tituliert wurde, um Anna Sophia von Wendessen handelte, die ab 1690 zehn Jahre lang den Dienst eines Kammerfräuleins bei Herzogin Christine Wilhelmine, der Mutter des Herzogs, ausübte. Sie stand nicht nur in der Gunst der Herzogsfamilie – 1703 erhielt sie auf Betreiben von Herzog Friedrich Wilhelm die Hebung einer Klosterjungfrau von Rühn zugesprochen175 –, sondern wurde auch im Testament ihrer Nichte Christina Wilhelmina von Grävenitz, der Mätresse des württembergischen Herzogs Eberhard Ludwig, bedacht.176

172 Anette Höfer u. a.: Honnête homme, S. 10. 173 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 30: Species facti: Herzog Carl Leopold an das Königlich Schwedische Tribunal zu Wismar, Wismar 10.12.1736. 174 LHAS, 2.12-1/25, Nr.  16: Archivbericht über Margarethe Greler und die Fräulein von Mecklenburg. 175 Wigger: Aus dem Leben der Königin Sophie Louise, S. 27. Die Vorinhaberin der Präbende war Sophia Magdalena von Plüskow, die ehemalige Mätresse von Herzog Friedrich Wilhelm und die Mutter seines Sohnes Carl Ludwig von Mecklenburg. 176 Oßwald-Bargende: Die Mätresse, der Fürst und die Macht, S. 285.

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Die Nähe zur Herzogin Christine Wilhelmine lässt vermuten, dass diese vielleicht nicht ganz unbeteiligt war bei der Auswahl der Erzieherin für die Töchter ihres Sohnes Carl Leopold, doch sind keine eindeutigen Schriftstücke überliefert, die diese Theorie untermauern. Als ehemaliges Hoffräulein kannte Wendessen die nötigen Umgangsformen des höfischen Lebensumfeldes, so dass sie in dieser Hinsicht prä­ destiniert war, die jungen Mädchen auf ein Leben in diesen Kreisen vorzubereiten. Ob zusätzliche Privatlehrer für die grundlegende akademische Ausbildung engagiert wurden, die sie unzweifelhaft erhalten haben, ist unklar. Als Carl Leopold 1730 erstmals seit langer Zeit seine Töchter und Wendessen wiedersah, war er „recht content“,177 was deren Auftreten und Erscheinungsform betraf. Obwohl zwischen der Erziehung der Fräulein von Mecklenburg und den Töchtern von Friedrich Franz I., den Kleinow-Schwestern, ein beträchtlicher, fast hundertjähriger Zeitraum lag und intensive Diskurse die Bildungsrevolution im „pädagogischen Zeitalter“178 vorangetrieben hatten, sind keine gravierenden Erneuerungen bemerkbar. Die von Heinz Reif um 1800 konstatierten starken Veränderungen betreffs Bildungsideal und Unterrichtsinhalt der Mädchen – weg von höfisch-formbetonten Inhalten hin zum hausmütterlich-emotionalen Zentrum der Familie179 – können vielleicht auch aufgrund der lückenhaften Quellensituation in dem Maße nicht nachvollzogen werden. Zwar wurde der Einfluss der Mutter dahingehend gestärkt, dass die Töchter längere Zeit bei ihr verblieben, allerdings hing das mit den intensiven Beziehungen zwischen Saal und dem Herzog zusammen, der, wie aufgezeigt, ansonsten nicht zögerte, die Kinder der Fürsorge der Mutter zu entziehen, wenn er diese als nicht ausreichend erachtete. Die eigentliche gesellschaftliche Sozialisation erfolgte gleich den früheren Zeiten, sobald die Mädchen in Kost zu fremden Familien gegeben wurden. Einblicke in die bei diesen Fällen verabredeten Arrangements liefern die Vereinbarungen, die Friedrich Franz I. für seine „liebe Louise“ getroffen hatte, die ein halbes Jahr beim Hofrat Lange in Lambrechtshagen nahe Rostock verweilte. Der Oberhofmeister von Grävenitz gab zuvor eine Einschätzung der Familienverhältnisse ab und klärte nach Zustimmung von Friedrich Franz  I. mit Lange die Modalitäten: Für Kleinow und ihr Mädchen verlangte er jährlich dreihundert Reichstaler. Die Summe hielt er für gerechtfertigt, da er zweihundert Reichstaler für seine eigenen in Pension gegebenen Kinder zu zahlen hatte und diese dort nicht einmal über ein Einzelzimmer verfügten. Die Verantwortung für die Wäsche sollte ihr persönliches Dienstmädchen tragen, Feuerung sei mit inbegriffen, Seife müsse aber selbst besorgt werden. Mittags werde Gemüsesuppe gereicht, abends ein Gericht; falls der Herzog es wünsche, gebe es gegen Aufpreis auch mehr. Der Hofrat bot an, ihr das beste Zimmer im Haus zu offerieren: seine eigene Kammer, auch wenn diese im Winter etwas kalt sei. 177 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 27: Brief von Herzog Carl Leopold an Margarethe Greler, Schwerin 14.10.1730. 178 Gall: Von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft, S. 98. 179 Reif: Westfälischer Adel, S. 340.



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Möbel bräuchte sie keine eigenen. Für Aktivitäten in Rostock schlug er die Anmietung eines kleinen Zimmers vor, was Extrakosten von rund fünfundzwanzig Reichstalern jährlich verursachte.180 Friedrich Franz I. nahm die Bedingungen „wegen der Kost [seiner] lieben Louise mit vielen Vergnügen an“, vergaß aber nicht darauf hinzuweisen, dass er es „gerne sehen werde, daß sie stets in ihrer Gesellschaft bleibt, wie auch wann sie zuweilen nach Rostock reiset, nicht ohne sie dahin gehet“.181 Da er, sobald die Tochter außerhalb seiner Reichweite lebte, selbst keine Kontrolle mehr ausüben konnte, war es umso wichtiger, zuverlässige Personen mit dieser Aufgabe zu betrauen. Somit bedeutete die Entfernung von der Umgebung der Eltern für ein junges Mädchen nicht unbedingt den Gewinn an Freiheiten, sondern lediglich einen Wechsel der Aufsichtspersonen. Selbstverständlich erhielt der Vater in der Zeit regelmäßige Schreiben vom Hofrat über das Leben seiner Louise im Lange’schen Haushalt. Trotz Zufriedenheit mit der Situation blieb das Arrangement nur ein halbes Jahr bestehen, weswegen Herzog Friedrich Franz I. dem Hofrat eindringlich versicherte: „Obgleich sie Aufenthalt und Begegnung ganz bey ihnen gehabt hat daß beydes zu Meiner völligen Zufriedenheit gereicht hat, so sind doch Umstände eingetreten, die Mich bestimmt haben, den anfänglich mit derselben gehabten Plan zu verändern. Sie kehrt daher nur allein aus diesen und keiner anderen Ursache nicht zu Ihnen zurück.“182 Der Herzog versprach darüber hinaus bei passender Gelegenheit Zeichen seiner „Werthschätzung“, die sich Hofrat Lange durch die Aufnahme der unehelichen Tochter verdient hatte, zu übermitteln. Während die Impulse des Lebensweges seiner „Förstersöhne“ häufig von anderen Personen, wie zum Beispiel von ihrem Pflegevater, ausgingen, traf Friedrich Franz I. die Entscheidungen für seine beiden mit Saal gezeugten Töchter aus eigener Initiative heraus. Er machte die Pläne und bestimmte den Weg. Der Herzog hatte den Entschluss gefasst, seine beiden Saal’schen Töchter weiterhin gemeinsam aufwachsen zu lassen und veranlasste deren Unterbringung bei der Familie des Majors von Wickede, mit der sie bis zu ihrer Verheiratung zusammenlebten. Auch bei seiner anderen Tochter, Friedericke Mecklenburg, wurden schwesterliche Beziehungen berücksichtigt. Ein Lehrer in Neubrandenburg nahm sie und ihre ältere Halbschwester Doris Müller auf.183 Die Entscheidung, die Mädchen in dieselbe Familie zu geben, ist zumindest bei den Kleinows nicht auf den Kostenfaktor zurückzuführen, sondern wohl vor allem der gegenseitigen Zuneigung und Anhänglichkeit geschuldet. Zudem gab es keinen vernünftigen Grund, die Mädchen zu trennen. Während ihre Brüder in der praktischen Ausbildung jeweils einem Oberförster zugeteilt waren, konnte der Unterricht für die Mädchen problemlos zusammen erfolgen. 180 LHAS, 2.26-1, Nr. 4192: Brief von Hofrat Matthias Lange an Oberhofmeister Grävenitz, Lambrechtshagen 23.8.1807. 181 Ebd., Notiz von Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 6.11.1807. 182 Ebd., Brief von Herzog Friedrich Franz I. an Hofrat Matthias Lange, Ludwigslust 31.5.1808. 183 LHAS, 2.26-1, Nr. 4164: Brief von C. W. Müller an Kabinettssekretär Hoese, Neubrandenburg 30.9.1827.

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Ohnehin war Selbstständigkeit für Frauen nicht das primäre Ausbildungsziel. Überhaupt ist unklar, inwieweit die Kleinow-Schwestern zu diesem Zeitpunkt noch Stunden erhielten. Sind für die Jahre 1801 bis 1803 Quittungen erhalten, die Extraunterricht in Tanzen, Französisch, Musik und Zeichnen belegen,184 fehlen diesbezüglich Nachweise für spätere Zeiten. Sophia Bull, bei der sich Friedericke Mecklenburg in Kost befand, nachdem ihre Halbschwester geheiratet und sie den Neubrandenburger Lehrer verlassen hatte, bat um die schriftliche Zusicherung, das Mädchen, dessen Bildung nach ihrer Aussage früher sehr vernachlässigt wurde, noch länger bei sich behalten zu dürfen, damit es ihr möglich wäre, „sie vor schädlichen Eindrücken zu bewahren und sie ihrer Bestimmung näher zu führen“.185 Von akademischer Bildung sprach sie nicht. Die „Bestimmung“ der Frau hatte sich im Verhältnis zum sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert nur marginal geändert. Selbst die Bildungsdiskurse der Aufklärung veränderten nur wenig das Bild der weiblichen Erziehung, beschränkte Rousseau in seinem „Emile“ doch das Erziehungsideal darauf, den Männern zu gefallen und sich nützlich zu machen. Nach wie vor wurden den Frauen Fähigkeiten zum abstrakten Denken abgesprochen und ihnen ausschließlich praxisbezogene Studien zugetraut.186 Der berühmte Aufklärer und Pädagoge Johann Heinrich Campe pointierte den gesellschaftlichen Konsens, indem er die weibliche „Bestimmung“ in der Rolle als „beglückende Gattinnen, bildende Mütter und weise Vorsteherinnen des inneren Hauswesens“187 sah. Durch die Eingrenzung des Betätigungsfeldes auf die Familie fokussierte sich der Lebenszweck auf den Ehemann und die Kinder. Deswegen prägte dieses Frauenbild, eingebunden in das Bestimmungskonzept, an dem sich auch die staatlichen Erziehungspläne, zum Beispiel in Preußen, orientierten, so entscheidend die Erziehung der Mädchen.188 Ab 1809, also mit fünfzehn und sechzehn Jahren, lebten die Kleinow-Schwestern mit der Familie des Majors Carl Ludwig Friedrich von Wickede vornehmlich in Ros­ ­tock. Zuvor hatte die Mutter im selben Jahr den Hofmusiker Carl Friedrich Bode geheiratet, so dass ihre Heirat unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit der Trennung von ihren Töchtern stand.189 Die Familie Wickede bot den jungen Damen 184 Vgl. die Quittungen in LHAS, 2.26-1, Nr. 4174a. 185 LHAS, 2.26-1, Nr.  4165: Brief von Sophie Bull an Kabinettssekretär Hoese, Parchim 3.6.1829. 186 Heinzelmann: Kontroverser Diskurs, S. 19–20; vgl. dazu auch Felden: Geschlechterkon­ struktion und Frauenbildung im 18. Jahrhundert. 187 Campe: Väterlicher Rath für meine Tochter, S. 16–17; ausführlich zur Bestimmung der Frau bei Campe Jonach: Väterliche Ratschläge für bürgerliche Töchter, S. 132–136, Heinzelmann: Kontroverser Diskurs, S. 4–52; vgl. auch zur Bestimmung Albisetti: Mädchen- und Frauenbildung, S. 36–44. 188 Wagner: Mädchenbildung als Objekt staatlicher Reformpolitik, S. 20–27. 189 Die Hochzeit zwischen dem Hofmusiker Carl Friedrich Bode und Friederica Louise Saal fand Anfang 1809 statt, vgl. Landeskirchliches Archiv Schwerin 69322: Kirchenbuch Ludwigslust, 2.1.1809.



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Optionen, die in der Familie eines Hofmusikers undenkbar gewesen wären. Als angesehene, alteingesessene Adelsfamilie, deren Mitglieder sich zudem lange in Hofdiensten engagierten, verfügten sie über das nötige kulturelle und soziale Kapital, um die jungen Damen in die bessere Gesellschaft einzuführen. Zusätzlich existierten schon frühzeitig Verbindungen zwischen den Familien, da Major Wickede, damalig Küchenmeister in Ludwigslust, die Patenschaft der jüngeren Tochter Friederike Kleinow übernommen hatte. Der Major und seine Frau, geborene von Zeppelin, waren mittleren Alters190 und hatten noch eine Tochter im Haus. Für die Mädchen fielen Kostgelder in Höhe von einhundertfünfzig Reichstalern je Quartal an, so dass sie höhere Ausgaben verursachten als ihre Brüder, die in die Försterlehre gegeben wurden. Normalerweise beanspruchte die Ausbildung der Mädchen nur einen Bruchteil der Kosten, die für die Brüder gezahlt wurden, doch hing der Mehrbedarf mit dem adligen Lebensumfeld zusammen, an dem die Mädchen partizipierten. Sie nahmen nicht nur am gesellschaftlichen Leben in Rostock teil,191 sondern reisten auch mit ihrer Pflegefamilie in den Sommermonaten nach Doberan, wo sie mit ihrem Vater zusammentrafen.192 Die Erziehung der Kleinow-Schwestern zielte auf die Verinnerlichung des adligen Habitus, der ihnen ermöglichte, sich sicher im Hofumfeld und in den besseren Kreisen zu bewegen. Damit glich die Intention der Erziehung im Wesentlichen der der vorherigen unehelichen Töchter mecklenburgischer Herzöge. Das unterschied sie von ihren Brüdern. Aber selbst im Vergleich der Ausbildung adliger Mädchen und Töchter des höheren Bürgertums sind kaum Abstufungen sichtbar – ganz im Gegensatz zu dem männlichen Bildungsweg, in dem deutliche Abgrenzungen zwischen den Ständen erfolgten.193 Auch daraus resultierte die Konstanz im Erziehungsverhalten.

190 Sophia Charlotte Amalia von Zeppelin (31.8.1765–8.4.1840); Carl Ludwig Friedrich von Wickede (verst. 7.11.1817) vgl. Stammreihe der Familie von Zeppelin (http://www.dirkpeters.net/archives/947, 2.8.2011). 191 Vgl. dazu die Rechnungen in LHAS, 2.26-1, Nr. 4191. 192 Die Badelisten belegen Aufenthalte in Doberan für die Jahre 1809 und 1810, vgl. dazu Verzeichniß der bey dem Seebade zu Doberan angekommenen Cur-Gäste und Fremden, R­ostock 1809–1811. 193 Hufschmidt: Adlige Frauen, S. 99.

5 Lebenswege 5.1 „… werden mir doch noch ein wendig geldt schicken“: Das ökonomische Kapital der unehelichen Kinder Einem beträchtlichen Teil des überlieferten Aktenmaterials über die unehelichen Kinder der mecklenburgischen Herzöge liegen finanzielle Thematiken zugrunde. Darunter fallen nicht nur direkte Fragen nach Geldzuwendungen, sondern selbstverständlich zugleich auch Erbschafts- und Vormundschaftsangelegenheiten sowie die damit auftretenden juristischen Auseinandersetzungen. Durch die Quantität des diesbezüglichen Inhalts der Quellen besteht leicht die Gefahr, das Vater-Kind-Verhältnis auf den Aspekt der Versorgung mit ökonomischem Kapital zu reduzieren. Der Blick auf die getroffenen Maßnahmen zeigt jedoch den Indikator für die Beziehungsintensität zwischen den Parteien. In welcher Form die unehelichen Fürstenkinder eine finanzielle Versorgung genossen und die Höhe derselben, ob diese generös oder nur elementar ausfiel, hingen von verschiedenen Faktoren ab: (1) Fraglos nahm das Ausmaß der Zuneigung, die der Vater gegenüber seinen Kindern verspürte, wesentlichen Einfluss. Nun mag schwerlich zu klären sein, wie emotionale Regungen entstanden oder eben auch nicht, aber zumindest zwei Aspekte fließen mit ein: a) ob die Bastarde in einem Konkurrenzverhältnis zu ehelich geborenem Nachwuchs standen und b) wie sich die Beziehung des Vaters zur Mutter gestaltete. Dass die finanzielle Absicherung der Kinder über teils sehr üppige Abfindungen der Mütter erfolgte, wurde bereits ausführlich erläutert. Waren hingegen die unehelichen Kinder der einzige Nachwuchs, zumal wenn mit einem standesgemäßen ehelichen Nachwuchs nicht mehr gerechnet wurde, konnten sich die Kinder berechtigte Hoffnungen auf eine großzügige finanzielle Unterstützung machen. (2) Neben der Nähe zwischen Vater und Kind spielte gleichfalls maßgeblich eine Rolle, ob der Vater noch lebte. Solange es in seinem Vermögen stand, half er in aller Regel bei finanziellen Hilfsgesuchen aus. Indessen war es beim Todesfall von essentieller Bedeutung, dass er bereits zu Lebzeiten rechtsgültige Verfügungen und Anweisungen getroffen hatte, die den Unterhalt seiner Kinder regelten. Dabei blieb aber stets das Risiko bestehen, dass nachfolgende Mitglieder der Fürstenfamilie den Anordnungen nicht oder nur punktuell nachkamen. (3) Die Höhe sowie Art und Weise des Unterhaltes standen im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Geschlecht. Während die Versorgung der unehelichen Mädchen durch die Mitgift erfolgte, die somit eine gesellschaftlich erstrebenswerte Eheschließung ermöglichte, wurde viel Unterhaltsgeld in die Erziehung und Ausbildung der Jungen gesteckt. Zudem wurden sie in Testamenten in höherem Maße mit ökonomischem Kapital bedacht, wie im Folgenden noch auszuführen sein wird.



Das ökonomische Kapital der unehelichen Kinder

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(4) Um überhaupt Unterhaltszahlungen, Geldzuwendungen und Erbschaftsbeteiligungen genießen zu können, musste zuvor zweifelsfrei die Vaterschaft von Seiten der Herzöge anerkannt sein. Interessanterweise finden sich in den Akten keine Belege für Streitigkeiten zwischen potentiellen Müttern und dem Herzog. Allenfalls nach dem Tod des Vaters sind Versuche belegt, durch Konstruktion einer Vater-Kind-Beziehung Geldzahlungen zu erwirken – diese blieben jedoch erfolglos.1 Das stand in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Symbolgehalt von Versorgungszahlungen: Nicht ausschließlich agnoszierte Kinder erhielten finanzielle Unterstützung, sondern erst der Akt der Übertragung von ökonomischem Kapital an sich agnoszierte die Kinder! Eine probate, mit hohem Ansehen verbundene Möglichkeit zur Weiterreichung des ökonomischen Kapitals lag in der Erwähnung im Testament.

Testamentarische Verfügungen Die mecklenburgischen Herzöge des siebzehnten Jahrhunderts bis einschließlich Herzog Friedrich Wilhelm bedachten die unehelichen Kinder in ihren Testamenten. Als Medium der politischen Kommunikation zwischen den Generationen lag das Hauptanliegen des frühneuzeitlichen Fürstentestaments in der Gewährleistung politischer Kontinuität und Stabilität über den Regierungswechsel hinaus.2 In ihrer grundlegenden Arbeit über Fürstentestamente schreibt Susan Richter ihnen sogar eine identitätskonstruierende Wirkung zu. Die vorangegangenen Herrschergenera­ tionen werden mit aufgegriffen und versinnbildlicht, so dass das Testament eines Fürsten neben der Form textlicher genealogischer Repräsentation auch immer der Memoria diente.3 Indem sowohl Familien- als auch erbrechtliche Fragen geregelt wurden, die über direkt nachfolgende Generationen weitere Glieder mit einbanden, besaß das Testament des Fürsten zusätzlich einen „verfassungsäquivalenten“, konstitutionellen Charakter.4 So sah auch das Zedler’sche Lexikon darin den entscheidenden Unterschied zu Testamenten von „Privat-Personen“, die sich allenfalls auf „Familien=Geschäffte“ erstreckten, hingegen die von Fürsten „als allgemeine und ordentliche Landes=Gesetze“ galten.5 Wie veränderte sich nun das Abfassen, der Charakter des Testamentes, wenn sicher war, dass die Fortführung der Dynastie nicht durch die eigene Linie stattfand, da keine rechtsgültigen Erben, sondern nur von der dynastischen Erbfolge ausgeschlossene Kinder hinterlassen wurden? Sowohl Herzog Carl als auch Herzog Friedrich Wilhelm zeugten ausschließlich Kinder außerhalb der standesgemäßen Ehe. 1 2 3 4 5

LHAS, 2.12-1/2, Nr. 11: Bittschrift von Elisabeth Margaretha von Mecklenburg an Herzog Christian Ludwig, Schwerin 10.12.1753. Vgl. grundlegend für fürstliche Testamente Richter: Fürstentestamente, S. 12. Ebd., S. 417. Puppel: Die Regentin, S. 49. Zedler: Artikel „Testament eines Fürsten“, Sp. 1313–1314.

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Lebenswege

Dabei hatte die Tatsache, dass Herzog Carl mit der Mutter seiner Kinder in einer morganatischen Ehe zusammenlebte, keine gravierenden Auswirkungen auf die Erbberechtigung. Das Testament von Herzog Carl wurde im Oktober 1604 verfasst, sechs Jahre vor seinem Tod. Möglicherweise früher angefertigte Konzepte sind nicht erhalten. Herzog Carl ließ das Testament niederschreiben, nachdem sich seine finanzielle und rechtliche Situation durch den Tod seines Bruders 1603 vollkommen geändert hatte. Die Literatur, in der wenige Informationen über den nur knapp sieben Jahre regierenden Fürsten zu finden sind, beschreibt ihn gemeinhin als bescheiden, sparsam und konfliktvermeidend.6 Allerdings erweiterten die neuen Rahmenbedingungen durch die Regierungsübernahme in Mecklenburg-Güstrow – zusätzlich musste er noch als Vormund für seine Mecklenburg-Schweriner Großneffen fungieren – seinen Handlungsspielraum, um seine natürlichen Kinder zu versorgen. Neue, weitreichende Verfügungen mussten getroffen werden. Schließlich waren sie nunmehr nicht nur die unehelichen Kinder eines nachgeborenen Fürsten, sondern die eines regierenden Herzogs. Da sich das Testament bezüglich inhaltlicher und sprachlicher Gestaltung an den Anforderungen der Rechtsurkunde orientierte, blieb meist nur wenig individueller Spielraum. In aller Regel wurden die Testamente durch einen protokollarischen Teil eröffnet.7 „Im Namen der heyligen und unteilbaren Dreifaltigkeit“,8 begann das Testament des Herzogs mit der üblichen Invocatio, einem der wichtigsten Elemente des Urkundenformulars, ehe sich die Intitulatio des Testierers vollständig, unter Berücksichtigung aller Titel, anschloss. Allerdings endete hiermit bereits der protokollarische Teil. Die ansonsten dazugehörige sana mente-Formel, in der die geistige Unversehrtheit erst die Testier- und Handlungsfähigkeit bestätigte, wurde in die Arenga eingeflochten, während die Inscriptio, die Benennung des Empfängers, bei einer einseitigen Willenserklärung ohnehin schwierig war. Mit der rhetorischen Begründung, der Arenga,9 fuhr der Herzog fort. Abgefasst wie das ganze Testament im Pluralis Majestatis, schilderte er seine Intentionen: Auch wenn der Tod nicht ungewiss war, so war es doch die Stunde seines Eintretens, so dass „verstendige Leutte bey guter Vernuft dahin zudenken pflegen, wie Sie Ihrer zeitlicher Güter halber und sonsten Verordung machen“, um späteren Streit zu verhindern. Im Anschluss folgte die Disposition, in der die eigentlichen rechtlichen Verfügungen der Urkunde festgehalten wurden. „Ohne überflüßig gepränge“ wünschte sich 6 7 8 9

Stuth: Höfe und Residenzen, S. 142; Sellmer: Karl I., Herzog von Mecklenburg-Güstrow, S. 138; Borchardt und Borchardt: Mecklenburgs Herzöge, S. 60. Vgl. zum Aufbau des fürstlichen Testaments Richter: Fürstentestamente, S. 56–66, auch im Folgenden. LHAS, 2.12-1/11, Nr. 54: Testament von Herzog Carl, 23.10.1604, auch im Folgenden. Vgl. zur Begriffsklärung Fischer: Studien zu den Arengen, S. 3–5.



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der Herzog seine Begräbniszeremonie und die Grablegung bei seinen Vorfahren und Verwandten. Zudem sollte eine Spende von fünfhundert Gulden der Kirche in Mirow zugutekommen. Bereits im Folgenden tat er seinen Willen kund, wie mit seiner „Haushälterin“ und deren gemeinsamen Kindern zu verfahren sei. Diese Bestimmungen bildeten einen, wenn nicht sogar den zentralen Punkt innerhalb des Testamentes. Allein schon hinsichtlich des quantitativen Aspektes nahm die Einsetzung der Lehnserben später im Text nur unwesentlich mehr Platz in Anspruch. Seiner morganatischen Ehefrau vermachte er zweitausend Gulden, zudem ein von ihm angekauftes Haus in Neubrandenburg, was im Todesfall an seine Söhne beziehungsweise an künftige männliche Nachfolger fallen sollte. Die Töchter nahm er davon aus. Sollte ein Sohn ohne Leibeserben versterben, so würde auch dessen Teil an den Bruder gehen. Über die vermachten zweitausend Gulden durfte die Frau nach eigenem Gutdünken verfügen. Neben dem Haus erhielt jeder Sohn fünftausend Gulden. Die Töchter mussten sich zwar mit weniger begnügen, aber auch ihnen wurden jeweils viertausend Gulden zur Alimentation versprochen. Oftmals wurde der weibliche Erbteil nicht erst nach dem Tod des Vaters ausgezahlt, sondern in Form einer Mitgift vergolten.10 Allerdings wies Carl ausdrücklich darauf hin, dass die Tochter die zur ehelichen Aussteuer gehörenden Güter „in Collationen zu bringen nicht schuldig sein“ sollte. Der jüngeren Tochter wurde derselbe Geldwert zugesprochen. Zudem traf er genaue Vorkehrungen, wie mit den vermachten Geldern zu verfahren sei, solange die Kinder unmündig waren. Neben den klar deklarierten Summen ließ er sich noch Freiräume für weitere Schenkungen seiner „Barschaft, Siegel und Briefe auch anderen zu Erb: und Erbgerechtigkeit gehörenden Stücken“. Im Anschluss erfolgte das „Vornehmbste Hauptstücke eines Jeder Testaments“: die Einsetzung der Erben. Obwohl seine natürlichen Kinder zuvor finanziell bedacht worden sind, benannte er sie doch nie als seine „Erben“. Der Begriff Erbe tritt erst im Zusammenhang mit seinen unmündigen Pflegesöhnen und Vettern, Adolf Friedrich und Johann Albrecht, auf, da keine von seinem „leibe geboren im ehebette erzeugte fürstliche Kinder und Lehnserben“ existierten. Zu erben heißt laut Zedler, „in die Rechte des Verstorbenen [zu] treten“11 – was für seine natürlichen Kinder unmöglich war. Somit blieben ihnen nur die von ihrem Vater ausgesetzten Legate. Laut lexikalischem Eintrag ist darunter „ein Vermächtniß, oder ein von dem Verstorbene verlassenes, u. von dem eingesetzten Erben abzutragendes Geschenke, [… das] aus einer besonderen Affection gegen den Legatarium herrühr[t]“,12 zu verstehen. Gerade weil es sich „nur“ um ein Legat handelte, sah er sich verpflichtet, an verschiedenen Stellen im Testament darauf hinzuweisen, dass er seine eigenen Güter in wirtschaftlicher Ordnung gehalten habe und sie ohne Schulden hinterlassen werde. 10 11 12

Goody: Geschichte der Familie, S. 140;Kaser: Macht und Erbe, S. 13. Zedler: Artikel „Erben“, Sp. 1488. Ders.: Artikel „Legatum“, Sp. 135.

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„So bitt[et] und begehre[t]“ der Herzog von den instituierten Erben, seine Wünsche in Bezug auf seine Söhne und Töchter zu respektieren, da sie in keiner Weise das Fürstentum betreffen, sondern nur seinen eigenen Vorrat an Besitztum. Indem er diesen Sachverhalt herausstellte, unterstrich er die Legitimation seiner Verfügung, gleichzeitig appellierte er an die moralische Einsicht seiner Großneffen. Eine ansonsten obligatorische Sanctio, sprich die Anordnung weltlicher oder geistlicher Strafen bei Zuwiderhandlung gegen die geäußerten Wünsche, formulierte Carl nicht, sondern beließ es bei der Bitte, die „Verordnung in aller Puncten und Clauseln trewlich [zu] halten“. Allerdings behielt er es sich vor, das Testament später gegebenenfalls abzuändern. Obwohl das römisch-rechtliche Testament im Prinzip eine frei widerrufbare Willenserklärung war, ließen doch fast alle Fürsten eine Vorbehaltsklausel einbringen, wie Richter herausstellte.13 Oft wurde von dem Recht auf Abänderung reger Gebrauch gemacht, wie im später Folgenden das Testament des mecklenburgischen Herzogs Friedrich Wilhelm zeigen wird. Am Ende der Disposition erfolgten die Auswahl und Ernennung der Testamentsvollstrecker. Zu den „Executoren“ ernannte der Herzog den Landrat und Kanzler Dietrich Bevernest auf Lüsewitz, Joachim Wangelin zu Vielitz, Hans Hahn zu Basedow und den Doktor der Rechte Daniel Zöllner. Zudem trug er den Exekutoren auf, die Vormundschaft für seine Söhne und Töchter zu übernehmen. Neben dem obligatorischen Hinweis, das Amt so gut zu versehen, dass sie Gott, dem Allmächtigen, deswegen Rede und Antwort stehen könnten, entschied sich der Herzog, einem jeden „der Executoren unser controfey [zu geben,] um unserer dabey zu gedencken“ – das Abbild des Herzogs als Mahnung und Ansporn zugleich. Für den eventuell eintretenden Fall seines vorzeitigen Ablebens bestimmte Carl zwar keine weiteren Personen, bezeugte aber den ernannten Vollstreckern insoweit Vertrauen, dass sie in dieser Situation die Wahl zu treffen hätten. Vertrauenswürdige Vormünder für seine Kinder zu gewinnen, war in dem fortgeschrittenen Alter, in dem sich der 1540 geborene Herzog befand, von enormer Bedeutung. Die zu dem Zeitpunkt noch lebende Mutter spielte in Fragen der Vormundschaft keine Rolle. Vor den üblichen, zum Eschatokoll gehörenden Beglaubigungsmitteln wurde der Kaiser gebeten, die testamentarische Disposition nicht nur zu konfirmieren, sondern auch im Fall einer Zuwiderhandlung einzuschreiten. Fast grundsätzlich strebten die Reichsfürsten die Konfirmation durch den Kaiser an, erst im späten achtzehnten Jahrhundert sind deutlich weniger Bestätigungsgesuche dokumentiert. Das Herrschaftsrecht von Monarch und Papst stellte einen Gnadenakt und nicht einen Bestandteil des Richteramtes dar, das der Kaiser ausübte. Zwar war die Konfirmation keine Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit des Testamentes, allerdings bezeugte der freiwillige Akt, dass die eigene Verfügung sich im Einklang mit den Reichsgesetzen befand. Somit diente sie zur Absicherung bei innerfamiliären Konflikten, zusätzlich wurde ihr mehr Gewicht durch die Autorität des Kaisers verliehen. All dies erhöhte 13

Richter: Fürstentestamente, S. 65.



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die juristische und moralische Wirksamkeit der Urkunde, denn schließlich erschwerte eine rechtsgültige Konfirmation spätere Versuche, das Testament vor den Gerichtsinstitutionen des Reiches anzufechten.14 Im Testament von Herzog Carl stand die Versorgung seiner unehelichen Kinder im Mittelpunkt. Innerhalb der Disposition wurde die Thematik, verbunden mit Bitten und Appellen an seine Erben, an verschiedenen Stellen aufgegriffen. Soweit nachweisbar wurden die Bestimmungen weitgehend von dem nachfolgenden Bruderpaar eingehalten15 – zumindest solange es die außen- und innenpolitische Situation, bald zugespitzt durch den Dreißigjährigen Krieg, zuließ. Ohne rechtmäßige Erben gesegnet, befand sich der später regierende Herzog Friedrich Wilhelm in einer ähnlichen Ausgangssituation wie sein Vorgänger. Allerdings war die Stellung seiner natürlichen Kinder in den Testamentsentwürfen eine andere. Eine Analyse seiner testamentarischen Hinterlassenschaft verdeutlicht den „Prozesscharakter“ des Testamentierens. Über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren hinweg sind verschiedene Versionen ausgearbeitet, überarbeitet, komplett verworfen und neu konzipiert worden. Seine unehelichen Kinder wurden zwar meistens bedacht, aber die Erwähnung erfolgte in verschiedenen Parts des Letzten Willens und mit variierender Beteiligungsmasse. Sein erstes nachweisbares „Project“ eines Testamentes fand im November 1701 seinen Abschluss, also zu einem Zeitpunkt, als der Herzog noch nicht verheiratet war. Dabei handelt es sich um detailliert ausgearbeitete, sehr umfangreiche Bestimmungen. Doch die formlose Art und Weise – weder existieren eine saubere Abschrift noch Unterschrift und Siegel – sprechen für einen reinen Entwurf, der nie einen rechtsgültigen Status erreicht hatte.16 Der Entwurf ist ein sichtbarer Beweis der Zuneigung, die Friedrich Wilhelm gegenüber seinem jüngsten Bruder Christian Ludwig empfand. Solange der regierende Herzog keinen ehelichen Erben zeugte, war die Nachfolge durch seinen Bruder Carl Leopold unumgänglich. Allerdings versuchte Friedrich Wilhelm mittels dieses Testaments, seinen jüngeren Bruder ebenfalls als Herzog zu etablieren, indem er eine Landesteilung anstrebte und Carl Leopold dazu verpflichten wollte, außerdem Geld zur Verfügung zu stellen.17

14 15 16 17

Vgl. zur kaiserlichen Konfirmation von Reichsfürstentestamenten, Richter: Fürstentestamente, S. 102–117. Vgl. dafür die Akte der Vormundschaft LHAS, 2.12-1/2 4. LHAS, 2.12-1/11, Nr. 166: Testamentsentwurf von Herzog Friedrich Wilhelm, o. O. November 1701. Christian Ludwig sollte Bützow, Rühn und Warin samt den dort befindlichen Ämtern und Städten als Landesfürst regieren. Reichsangelegenheiten sollten die Brüder in Absprache miteinander entscheiden. Da die zugedachten Ämter alleine kein standesgemäßes fürstliches Leben zuließen, wollte Friedrich Wilhelm den älteren Bruder dazu verpflichten, zusätzlich 20 000 Rthl. im Jahr abzutreten, ebd.

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Zusätzlich zu den nicht unbeträchtlichen Zahlungen bedachte er seine beiden natürlichen Söhne mit einem Gesamtbetrag von zweihunderttausend Reichstalern. Damit hätte ein jeder die für mecklenburgische Verhältnisse durchaus stattliche Summe von einhunderttausend Reichstalern erhalten. Seine anderen unehelichen Kinder wurden nicht explizit erwähnt. Auch in Bezug auf die Vormünder Friedrich Wilhelms und Carl Ludwigs von Mecklenburg zeigte der Herzog Ambitionen. Im Gegensatz zu Herzog Carl wählte er nicht unter den in seinen Diensten stehenden Adligen aus, sondern trug die Aufgabe seiner Mutter,18 dem regierenden Fürsten und Herzog Friedrich IV. von SchleswigHolstein19 sowie dem Grafen Wilhelm Moritz zu Solms20 an. Die bei Fürstenkindern häufig anzutreffende Differenzierung der Vormundschaft in eine Ehren-, Ober-, Mit- und Untervormundschaft erfolgte nicht.21 Die Wahl verdeutlicht die emotionale Verbundenheit und das Zutrauen, das Friedrich Wilhelm gegenüber seiner Mutter empfand. Zudem ernannte er mit Herzog Friedrich IV. von Schleswig-Holstein einen benachbarten Reichsfürsten, dem er anscheinend großes Vertrauen entgegenbrachte, denn in dem später anlässlich einer Reise nach Schweden ausgearbeiteten Testamentsentwurf sprach der Herzog ihm auch das Amt eines Exekutors zu.22 Zur Evaluierung dieses Testamententwurfes bietet sich der vergleichende Blick nach Sachsen an, wo zeitnah August der Starke ebenfalls seinen Letzten Willen niederschreiben ließ.23 Im Gegensatz zu dem mecklenburgischen Herzog besaß August der Starke einen legitimen Erben. Aus diesem Grund nahm die Einschwörung des Sohnes auf die politischen Visionen des Vaters, insbesondere seine Konversion zum katholischen Glauben, einen Schwerpunkt der Bestimmung ein. Zudem wurde grundsätzlich die albertinische Primogeniturerbfolge festgelegt sowie dem Kaiser die Obervormundschaft im Fall der Minderjährigkeit des Erbkurprinzen angetragen.24 Unmittelbar 18 19

20 21 22 23 24

Christine Wilhelmine von Hessen-Homburg (1653–1722). Im Prinzip ist die Zuordnung nicht eindeutig. In Frage kämen sowohl 1.) Friedrich  IV. (1671–1730) König von Dänemark und Norwegen und Herzog von Schleswig und Holstein, verheiratet in erster Ehe mit Louise, geb. Prinzessin von Mecklenburg (1677–1721) als auch 2.) Friedrich IV. (1671–1702) Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf. In dem ein halbes Jahr später verfassten Testament wird allerdings ausdrücklich der Herzog von HolsteinGottorf zum Exekutor benannt – sein Ableben einen Tag zuvor war bis dahin wohl unbekannt geblieben  –, so dass berechtigterweise auch im vorherigen Entwurf von ihm auszugehen sein wird., ebd., Testamentsentwurf von Herzog Friedrich Wilhelm, Schwerin 20.7.1702. Graf Wilhelm Moritz zu Solms-Braunfels (1651–1720) war der Schwager der Herzogin Christine Wilhelmine. Zu den Unterteilungen der Vormundschaft vgl. Puppel: Die Regentin, S. 99–104. LHAS, 2.12-1/11, Nr. 166: Testamentsentwurf von Herzog Friedrich Wilhelm, Schwerin 20.7.1702. Vgl. zur Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte Vötsch: Ein Testament Augusts des Starken, S. 251–253. Ebd., S. 255–256.



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nach der eigentlichen Erbeneinsetzung wurden unter dem Punkt vier der insgesamt neun Punkte umfassenden Disposition die natürlichen Kinder bedacht. „Weilen wir auch ausser der ehe einige natürliche kinder gezeüget,“ ließ August der Starke anführen: „auch selbige legitimieren lassen, undt wir in unßerem gewissen verbunden seindt undt unß datz [?] erkennen, so wohl dießen [fol. 120r] kinderen alß denen jehnigen perßonen, mit welchen wir solcher kinder erzeüget, ihren unterhalt undt versorgung zu schaffen undt vest zu setzen.“25 Priorität unter den bedachten Personen genoss Anna Constantia von Brockdorff, die Gräfin Cosel, die nicht nur eine jährliche Pension von fünfzehntausend Reichstalern, sondern auch die Bestätigung ihrer Besitztümer um das Gut Pillnitz zugesprochen bekam. Daneben erhielt die vorangegangene, als versorgungswürdig erachtete, da ebenfalls geschiedene Mätresse Ursula Katharina von Altenbockum, die Fürstin Teschen, die Herrschaft Hoyerswerda. Im Todesfall sollte dieser Grundbesitz an ihren Sohn fallen, der dafür aber auf seine jährliche Apanage zu Gunsten der Rentkammer zu verzichten hätte. Unabhängig von der jeweiligen Mutter erhielten die natürlichen Söhne eine jährliche Zuwendung von zwölftausend Reichstalern, die Töchter mussten sich mit der Hälfte zufriedengeben. Darüber hinaus traf August der Starke die Entscheidung, dass die Apanagen seiner natürlichen Kinder weitervererbt werden können, so dass die finanzielle Belastung auch für den potentiellen Nachfolger bestehen blieb, der sich allerdings durch Erlegung der Kapitalien zu fünf Prozent freikaufen konnte. Selbstverständlich verfügte August der Starke, Kurfürst von Sachsen, König von Polen, über andere finanzielle Möglichkeiten, seine unehelichen Kinder zu versorgen als der mecklenburgische Herzog. Allerdings sind auch prinzipielle Unterschiede sichtbar. In Bezug auf die finanzielle Unterstützung spielten die Mütter in Sachsen eine wesentlich größere Rolle als in Mecklenburg. Zwar bedachte auch Friedrich Wilhelm unverheiratete und damit unversorgte Exgeliebte – zwölftausend Reichstaler für die adlige Plüskow und sechstausend Reichstaler für die bürgerliche Wedemann –, doch sind diese Summen im Verhältnis zu den Geldern, die er deren Söhnen gewährte, verschwindend gering. Im Gegensatz dazu erhielten die zwei berücksichtigten Mätressen Augusts des Starken mehr als ihre Kinder. Diese Diskrepanz impliziert ein zum Teil anderes Verantwortungs- und Versorgungsverständnis. In Mecklenburg stand die direkte Versorgung der natürlichen Kinder im Vordergrund – nicht die der Mütter. Durch die Geburt eines fürstlichen Bastards ging nicht automatisch die Festigung der Position der Mutter einher, ganz zu schweigen von einer Standeserhöhung, so dass sie auch im Verhältnis gesehen mit wesentlich weniger Zuwendungen auskommen musste. Der Einfluss auf die Söhne war gering bis nicht existent, weshalb monetäre Verbindungslinien eher kontraproduktiv gewesen wären. Auch die große Sorgfalt bei der Auswahl der Vormünder, die 25

Testament des Kurfürsten Friedrich August I. von Sachsen, Dresden 4.4.1711, zitiert nach ebd., S. 258–262, hier S. 260.

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August der Starke zumindest in seinem Testamentsentwurf für seine natürlichen Kinder nicht traf, sprechen für die Fokussierung auf das Kindswohl und nicht auf das der Mutter. Ein weiterer Unterschied liegt in der Frage der Legitimation. Die Kinder, die August bedachte, hatte er zuvor legitimieren lassen, wie er ausdrücklich anführen ließ. Erst durch den offiziellen Akt der Anerkennung erwarben sie das Recht auf die durch das Testament geregelten Versorgungsmaßnahmen. Anders in Mecklenburg: Hier bildete die Erwähnung von Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg im Testament die Grundlage der offiziellen Anerkennung. Eindeutig als natürliche Söhne tituliert, wurde ihre Identität als Sprössling eines Fürsten in einem rechtsgültigen Dokument, wenn es denn zur Ausführung gekommen wäre, schwarz auf weiß niedergeschrieben. Bereits bei Herzog Carl wurde die namentliche Erwähnung in einem Testament als belastbarer Beweis der eigenen Identität gewertet. Gleich ist beiden Testamenten, dass nicht alle natürlichen Kinder mit eingeschlossen wurden. Die Trennungslinie Augusts des Starken verlief entlang der Legitimation. Bei Friedrich Wilhelm wurden diejenigen nicht erwähnt, die bei ihrer verheirateten Mutter lebten. Im Verhältnis zu dieser ersten testamentarischen Disposition mussten die Brüder im Laufe der Jahre „Verluste“ hinnehmen. Als abzusehen war, dass der Herzog keine eigenen Leibeserben mehr zeugen würde, wurden Arrangements zwischen den Herzögen Friedrich Wilhlem, Carl Leopold und Christian Ludwig getroffen, um dynastische und damit innenpolitische Streitigkeiten einzudämmen. Unzweifelhaft hätte Friedrich Wilhelm mit Vorliebe seinem jüngeren Bruder die Regierung angetragen, doch blieb ihm letztendlich keine andere Wahl, als die Primogenitur zu bestätigen und Carl Leopold als Universalerben einzusetzen. Die Apanageregelungen für die Brüder wurden festgesetzt, zudem durfte Friedrich Wilhelm über zweihunderttausend Reichstaler frei disponieren.26 Ursprünglich allein seinen zwei Söhnen zugedacht, kam nun der Umstand seiner Verehelichung hinzu. In dem ersten Testamentsentwurf nach dem „Fürst-Brüderlicher Unions-Vergleich“ im Juni 1707 mussten die Jungen sich nunmehr mit jeweils vierzigtausend Reichstalern zufriedengeben. Die Gemahlin erhielt fünfzigtausend Reichstaler. Darüber hinaus wurden zwei weitere natürliche Kinder erwähnt: die älteste Tochter des Marschalls von Bergholtz sollte ebenso wie der ohne Nachname genannte „bey dem Zoll-Comissario Streiten erzogen[e]“27 Friedrich Wilhelm zehntausend Reichstaler erhalten. Während das erste Testament die Brüder von Mecklenburg direkt in der Disputatio aufführt, sind sie ab 1707 nur noch in der beigefügten Designation zu finden. In dem drei Jahre später verfassten Testament heißt es bezüglich der beiden wie folgt: 26

Vgl. für die genauen Regelungen Fürst-Brüderlicher Unions-Vergleich, […] De dato Schwerin, d. 31. Jan. A. 1707. 27 LHAS, 2.12-1/11, Nr.  166: Testamentsentwurf von Herzog Friedrich Wilhelm, o.  O. 3.6.1707.



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„Werden Unsern beiden natürlichen Söhnen Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg achtzig tausend Rthlr., also einem jeden Viertzieg tausend Rthlr., vermachet, cum substitutione, dass einer dem andern, wan er unverheyrathet, oder ohne Erben mit tode abgehet, darin succedieren solle. Wann sie aber beyde unverheyrathet, ohne Erben versterben, fällt dieses Legatum der 80 000 Rthl. auf Unsers Bruders Hertzogs Christian Ludwig.“28 Auf dem Totenbett im Juli 1713 erhöhte Friedrich Wilhelm die Summe nochmals um zwanzigtausend Reichstaler, beließ es aber ansonsten bei seinen Dispositionen. Der Sohn von Streit fand sich bereits 1710 nicht mehr erwähnt, ebenso erhielt Bergholtz – zuvor war seine Tochter explizit genannt worden – nur noch achttausend Reichstaler.29 Friedrich Wilhelm nutzte in seinem Letzten Willen die ihm zur Verfügung stehenden Freiräume aus. Er verteilte die disponierbaren Gelder nach Sympathie und Zuneigung. Die überaus großzügige Verfügung für seine zwei Söhne war ein letzter Beweis seiner Wertschätzung. Gerade die letztmalige Erhöhung kurz vor seinem Tod zeugt von der Sorgfalt, die er für ihr weiteres glückliches Vorankommen walten ließ, zumindest soweit es ihm die engen dynastischen Grenzen erlaubten. Während Herzog Carl seine Kinder gleich behandelte und eine Unterscheidung nur in geschlechtlicher Hinsicht traf, verhielt sich Friedrich Wilhelm seinen Kindern gegenüber nicht egalitär. Zwar sprach er den Brüdern von Mecklenburg dieselbe Summe zu, doch musste sich der von Streit aufgezogene Sohn mit bedeutend weniger zufriedengeben. Auch fand seine Tochter Friederica Wilhelmina von Mecklenburg keinerlei Erwähnung in den Testamenten. Regelungen, die sie betrafen, wurden anscheinend außerhalb offizieller Schriftstücke festgelegt, waren aber offensichtlich ebenso wirkungsmächtig, da Friederica auch nach dem Tod des Vaters weiter am Hof verkehrte. In letzter Konsequenz blieben die in den Testamenten verschriebenen Legate reine Gunstbeweise, ein einklagbares Recht bestand nicht. Und inwieweit sie von den rechtsgültigen Erben umgesetzt wurden, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Finanzielle Unterstützung Auch wenn die Erwähnung der natürlichen Kinder in dem Testament eines Fürsten den ultimativ nachweisbaren Akt der Anerkennung darstellte, einen letztmaligen Beweis des Versorgungswillens des Vaters und seiner Zuneigung, so blieb der Nutzen doch ambivalent. Das Problem lag in dem grundsätzlichen Charakter des Testamentes – einer Willenskundgebung. Ob man dem Willen tatsächlich nachkam, hing von verschiedenen, oft auch außenpolitischen Faktoren ab.30 Wurden die unehelichen Kinder schon zu Lebzeiten des Vaters mit ausreichend ökonomischem Kapitel ausge28 29 30

Ebd., Testamentsentwurf von Herzog Friedrich Wilhelm, o. O. 21.10.1710. Ebd., Testament von Herzog Friedrich Wilhelm, o. O. 6.7.1713. Vgl. Punkt 5.3.1, S. 197.

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stattet, war es für sie sicherer. Der Transfer des Kapitals vom Vater auf das Kind differenzierte in Methode, Anlass und natürlich der Größenordnung. Direkt nach der Geburt ist keine Übertragung von Gütern oder anderen Besitztümern nachweisbar. Zu diesem Zeitpunkt, meistens schon vor der Geburt, erfolgte die Versorgung entweder über die Mutter, wie bereits ausführlich erläutert, oder aber der Vater nahm sich des Kindes an, ohne diesbezügliche Versicherungen auszustellen. Womöglich lag ein Grund dafür in der hohen Kleinkindsterblichkeit, die eine schriftliche Fixierung in so jungen Jahren noch nicht ratsam erscheinen ließ. Im Falle von Carl Leopold gründete die Nichtversorgung eindeutig auf seiner eigenen Situation. Als apanagierter Prinz, der zudem nicht das beste Verhältnis zu seinem regierenden Bruder pflegte, konnte er erst unmittelbar nach seinem Regierungsantritt aktiv werden. Bereits drei Monate nach dem Tod seines Bruders formulierte er die Konditionen zur Überlassung des „freywilligen geschenckten und gegenwertigen mündlich übergetragenen adelichen freyen Guthes Teutengenwinkel“.31 Der Vertrag wies seine Mätresse und ihre Kinder als Nutznießer aus, wurde zum Ende aber dahingehend spezifiziert, dass der einzige Sohn Carl mit Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahrs, also mit Erreichen der Majorennität, das „Guth und Haus von sich und seinen Erben allein haben, besitzen und genießen“32 sollte. Allerdings hing die Bedingung daran, seine Mutter und jede seiner Schwestern ab diesem Zeitpunkt mit Zinsen zu fünftausend Reichstalern zu vergüten. Die Überschreibung von Besitz stellte ein probates, sicheres Mittel der Kapitalübertragung dar, die auch den Umständen geschuldet war, dass selbst ein Fürst und gerade die mecklenburgischen Herzöge nur bedingt über große Summen Bargeld frei verfügen konnten. Selbstverständlich blieb die Option bestehen, den Kindern Kapital zu versichern und die jährlichen, meist fünfprozentigen Zinsen auszuzahlen, doch war dieses Vorgehen nicht frei von Risiken. Nachfolgenden Generationen fiel es verhältnismäßig leicht, sich solchen lästigen Pflichten zu entziehen mit dem Argument, dafür nicht genügend Geld vorrätig zu haben. Hingegen versprach eigener Grundbesitz eine größere Sicherheit, da die Beschlagnahmung von rechtsgültig übertragenen Gütern schwieriger war als die Einstellung regelmäßiger Zahlungen. Zusätzlich bildete der Besitz von Grund und Boden einen Grundpfeiler des frühneuzeitlichen adligen Selbstverständnisses, da die Ausübung von Herrschaftsrecht an die Besitzform geknüpft war. Zwar konnten die unehelichen Kinder ihren Vätern nicht in die Regierung nachfolgen, aber zumindest mittels adliger Güter an Herrschaft und politischen Entscheidungen partizipieren. Fehlende Untersuchungen zu den natürlichen Kindern der deutschen Fürsten erschweren den Vergleich, doch scheint die Übertragung von Grundbesitz ein regelmäßig angewendetes Mittel zur Versorgung gewesen zu sein. Beinahe unerlässlich wurde 31

LHAS, 2.12-1/2, Nr. 25: Versicherung von Herzog Carl Leopold über das Gut Toitenwinkel, Rostock Oktober 1713. 32 Ebd.



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es bei einer angestrebten beziehungsweise schon vollzogenen Erhebung in den Reichsgrafenstand. Zwei Beispiele mögen das verdeutlichen: Landgraf Friedrich I. von Hessen-Kassel (1654–1730), König von Schweden, kaufte seinen beiden natürlichen, aus einer morganatischen Ehe stammenden Söhnen das in Norddeutschland gelegene Gut Panker. Zusammen mit zusätzlich erworbenen, benachbarten Ländereien wurde daraus die Herrschaft Hessenstein, woraus sich der nach der Erhebung gültige Name der „Grafen von Hessenstein“ ableitete.33 Ähnlich verfuhr auch Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz (1724–1799), der seinem erst fünfjährigen, mit Bretzenheim belehnten und ein Jahr darauf in den Reichsgrafenstand erhobenen Sohn eine Vielzahl von weiteren Gütern ankaufte und schließlich für dreihunderttausend Gulden auch das Lehngut auslöste.34 Dass die von Herzog Carl Leopold angestrebte Güterschenkung nicht in dem Sinne zum Tragen kam, war vor allem durch die landespolitischen Entwicklungen, die die Macht des Herzogs beschränkten, aber auch durch den frühen Tod seines Sohnes verursacht. Während für männliche Adlige ein ausreichender Grundbesitz die ultimative Form der finanziellen Absicherung darstellte, bestand die der Frauen in einer standesgemäßen Ehe. Selbstverständlich heirateten auch die Töchter der mecklenburgischen Herzöge – alle, bis auf die in jungen Jahren Verstorbenen. Während in dem zuvor erläuterten Testament Herzog Carl noch die unmittelbare Verbindung zwischen Geldzuwendung und Heirat mittels Festlegung der Mitgift zog, verschwimmt im achtzehnten Jahrhundert der Zusammenhang. So beklagte Erasmus Heinrich Schneider von Weissmantel, dass seine Frau Friederica Luisa von Mecklenburg, aufgezogen bei Bergholtz, weder vom Vater noch von der Mutter etwas zu ihrer Versorgung und Aussteuer erhalten habe. Die von ihrem leiblichen Vater, Herzog Friedrich Wilhelm, der Mutter vermachte Morgengabe war zwar überaus reichlich bemessen, kam aber eben nicht ausschließlich der Tochter zugute. Zudem trat der unglückliche Umstand hinzu, dass Herzog Friedrich Wilhelm kurz vor seinem Tode zwar für die Tochter eine Disposition von zwanzigtausend Reichstalern in Hamburg aufsetzte, aber die Herzogin ihn unmittelbar vor seiner Todesstunde überredete, das Geld doch anderweitig zu verwenden – so berichtete zumindest der spätere Ehemann. Friedrich Franz I. wiederum alimentierte seine Töchter im Zuge der Mitgift. Seine Lieblingstöchter, die Kleinows, erhielten Dotalgelder in Höhe von rund sechzehntausend Reichstalern. Die Auszahlung der Gelder erfolgte nicht einmalig, sondern durch Zinsabschläge aus der Kasse der Pensions- und Gnadengelder.35 Die Versicherung des Herzogs über jährlich eintausend Reichstaler ebnete letztendlich auch Mecklenburg von Kleeburg den Weg in die Ehe. Erst als dem Schwie33 34 35

Vgl. Burmeister: Friedrich von Hessen in Schweden. Ebersold: Karl August Fürst von Bretzenheim, S. 43–47; vgl. ausführlich zum Leben des natürlichen Sohnes Ders.: Karl August Reichsfürst von Bretzenheim. LHAS, 2.26-1, Nr. 10864: Pension und Gnadengelder 1819/1820.

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gervater in spe dies zugesagt wurde zusammen mit dem Versprechen, dass die Zahlung beim Todesfall in zwanzigtausend Reichstaler für Frau und Kinder umgewandelt werden würde, willigte er ein.36 Damit war der Nachweis von Geld bei einer Eheschließung nicht nur für die Frauen existentiell, sondern betraf ebenso die Männer. Für die Söhne von Friedrich Franz I. bedeutete dies, vor allem ein regelmäßiges, gesichertes Einkommen durch Lohnerwerb nachzuweisen. Von den Geldern eines Kleeburgs konnten seine Brüder zwar nur träumen, aber zumindest erhielt der Zickhusener Mecklenburg laut Aussage seines Bruders Franz anlässlich der Hochzeit sowohl eine Zulage zum Gehalt als auch Geld zur Einrichtung des neuen Hausstandes. Auch zwanzig Jahre später vermachte der Großherzog dem Amtsauditor Mecklenburg eine kleine Summe, hier zweihundert Reichstaler, für dessen Einrichtung nach der Hochzeit. Die Förderung der jungen Männer erfolgte nicht prinzipiell, denn abhängig von Zuneigung und der speziellen Lebenssituation entschied er individuell. Die natürlichen Kinder von Friedrich Franz I. genossen unzweifelhaft einen Vorteil gegenüber ihren Schicksalsgenossen vorangegangener Generationen – sie hatten einen Vater, den sie jederzeit ansprechen konnten. Der Tod anderer Herzöge im Jugendalter ihrer Kinder verhinderte deren aktives Eingreifen. Allenfalls bei Herzog Carl ist nachweisbar, dass sich seine „gehorsame dochter margareta von meckelenborg“ an ihren „freundtliche[n] hertzliebste[n] Her Vater“ wandte, damit er ihr „doch noch ein wendig geldt schicken“37 möge. Friedrich Franz I. reagierte bei dergleichen Anfragen ambivalent. Während er die wohl mehr als viertausend Reichstaler umfassenden Schulden Kleeburgs in Wien klaglos übernahm,38 weigerte er sich bei Kentzler und Franz Mecklenburg. Die beiden appellierten an das Mitgefühl des Vaters: „Sie mein allergnädigster Großherzog und Vater wollen gewiß nicht daß ich […] ein bedrängtes und nothleidenes Leben führen soll“, leitete Kentzler seine Bitte um Übernahme von zweitausend Reichstalern Schulden ein, die laut dessen Aussage vor allem im Zuge seiner Hochzeit gemacht worden waren.39 Endeten zunächst die Probleme des „jungen lebenslustigen Mann[es]“40 durch das Erbe des Vermögens der Mutter, so wurden die finanziellen Sorgen von Franz Mecklenburg zu einem dauerhaften Thema für seinen Vater. Über Jahre hinweg wandte sich der Oberförster zu Wabel, der auch wegen seiner vielköpfigen Familie partout nicht mit seinem Geld hinlangte, immer wieder 36 37 38 39 40

LHAS, 2.26-1, Nr.  4419: Versicherung von Großherzog Friedrich Franz  I. an Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, Doberan 1.7.1819. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Schreiben von Margarethe von Mecklenburg an Herzog Carl., o. O. 3.3.1605. LHAS, 2.26-1, Nr. 4116: Brief von Großherzog Friedrich Franz I. an Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, Ludwigslust 10.3.1818. LHAS, 2.26-1, Nr. 4198: Brief von Friedrich Kentzler an Großherzog Friedrich Franz I., Wismar 14.10.1816. Ebd., Brief des Postrats Kentzler an Großherzog Friedrich Franz I., Schwerin 28.1.1818.



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an seinen Vater. Als er Anfang der 1830er Jahre um Schuldenübernahme von 1 450 Reichstalern bat, lehnte der Großherzog kategorisch mit der Begründung ab, „da es gänzlich Mir an hand fehlt“.41 Franz Mecklenburg ließ nicht locker. Regelmäßig sandte er Eingaben an seinen Vater, der letztendlich zwar nicht die gesamte Kapitalschuld von zweitausend Reichstalern übernahm, dafür aber versprach, die Hälfte davon in vier Jahren abzutragen.42 Solche Entscheidungen traf er nicht alleine, sondern holte Empfehlungen von Regierungsmitgliedern ein, in diesem Fall vom Forstkollegium. Nachdem ihm das Kollegium das Diensteinkommen seines Sohnes erläutert hatte, stellte zwar der Großherzog entnervt fest, „daß Supl. sehr gut bezahlet ist, und [ich] nicht begreife das er nicht auskommen kann“,43 allerdings nahm er auch die Warnung des Forstkollegiums ernst: „wenn Sms. Ihn nicht fallen laßen wollen, so scheinet mir eine Hülfe doch rathsam“.44 Zwar sprang er nur widerwillig ein, doch in letzter Konsequenz konnten sich all seine natürlichen Kinder, nicht nur seine Lieblinge, darauf verlassen, in Notsituationen von der väterlichen Fürsorge zu profitieren. Als Jugendliche bezogen die Kinder von Friedrich Franz I. zusätzlich eine regelmäßige, kleine Zuwendung in Form eines Taschengeldes. Während der Herzog nicht zwischen den Geschlechtern unterschied, denn sowohl Friedericke und Ludwig Mecklenburg als auch Kleeburg erhielten monatlich zwei Louisdor,45 variierten die Summen hinsichtlich des Lebensumfeldes. Die Förstersöhne nahmen monatlich vier Reichstaler entgegen,46 während Luise und Friederike Kleinow sogar drei Louisdor geschenkt bekamen.47 Wie für die natürlichen Kinder der finanzielle Unterhalt erfolgte, woher die Zahlungen kamen und in welcher Form, variierte teilweise stark. Beim Todesfall des Vaters in Zusammenhang mit einer testamentarischen Vorsorge wurde die Altersfrage der Kinder essentiell. Das Vermögen der nachgelassenen Kinder von Herzog Carl, das an barem Geld vierzehntausend Reichstaler betrug, wurde nach dessen Tod durch die von ihm eingesetzten Vormünder verwaltet. Nach Übernahme der Vormundschaft kündigten diese alle Gelder auf und belegten den Besitz neu mit Zinsen.48 Das detaillierte Vorgehen wurde mit den Herzögen abgesprochen, die, obwohl im Testament nicht explizit erwähnt, doch die Aufgaben von Obervormündern übernahmen. 41 LHAS, 5.2-1, Nr.  3276: Antwortnotiz von Großherzog Friedrich Franz I., Ludwiglust 27.3.1832. 42 Ebd., Antwortnotiz von Großherzog Friedrich Franz I., Doberan 27.9.1834. 43 Ebd., Antwortnotiz von Großherzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 13.4.1833. 44 Ebd., Notiz, möglicher Verfasser Geheimer Kammerrat Hans L. B. von Plessen, April 1833. 45 LHAS, 2.26-1, Nr.  4164: Quittung von Friedericke Mecklenburg, Parchim 14.5.1828; LHAS, 2.26-1, Nr. 4161: Quittung von Ludwig Mecklenburg, Roggow 13.5.1829; LHAS, 2-26-1, Nr. 4112: Gesammelte Belege für Friedrich Mecklenburg. 46 LHAS, 2.26-1, Nr. 4124: Quittung von Friedrich Mecklenburg, Wredenhagen 23.10.1807; LHAS, 2.26-1, Nr. 4199: Brief von Franz Mecklenburg an Herzog Friedrich Franz I., Fincken 10.9.1807. 47 LHAS, 2.26-1, Nr. 4197: Quittung von Friederike Kleinow, Ludwigslust 1.8.1806. 48 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 4: Rechnungsaufnahme, undatiert.

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Die Kinder in ihrer Unmündigkeit waren den Entscheidungen ausgeliefert. So klagte Carl Jürgen von Mecklenburg 1622, sobald er seine „voigtbaren Jahre“, also seine Mündigkeit, erreicht hatte, über Desinformation und äußerte Befürchtungen, dass der in Zahlungsschwierigkeiten geratene Vormund von Hahn, der eine ansehnliche Summe der Kindergelder verwahrte, diese anderweitig nutzen könnte. Der junge Mann bat den Herzog um Kontrollmöglichkeiten, indem er Einsicht in die Briefe seiner Vormünder und Nachweise über die Geldanlagen verlangte.49 Zwar entsprang das Ansinnen seiner Sorge, doch bewegte er sich damit innerhalb der üblichen Parameter. Am Ende der Vormundschaft durfte der Zögling eine Schlussrechnung verlangen, die Einblick in die getätigten Geschäfte offerierte. Schließlich hatte der Vormund den Besitz nicht als Eigentum, sondern musste ihn angemessen verwalten.50 Trotz kleinerer Auseinandersetzungen mit den Vormündern überstand das Vermögen der drei Geschwister die Zeit relativ unbeschadet. Carl Jürgen von Mecklenburg geriet später in akute Existenznöte, weil er es verpasste, sein ererbtes Kapital rechtzeitig in Grund und Boden zu konvertieren. Während Albrecht von Mecklenburg durch Heirat mit Anna von Barner in den Besitz des Gutes Schlieven gelangte, schlug der Versuch des älteren Bruders, mit seinen Legatsgeldern Poppendorf zu kaufen, fehl.51 Allerdings wurde das Vorhaben wahrscheinlich nicht mit letzter Konsequenz vorangetrieben, da sein Auskommen prinzipiell durch die ihm vermachte Kanonikatsstelle gesichert gewesen wäre. Auch deshalb wählte der junge Mann die Möglichkeit, dem Herzog seine inzwischen achttausend Gulden anzuleihen und dafür jährlich vierhundertachtzig Gulden in Besitz zu nehmen.52 Dass er auf seine Ratzeburger Stelle insgesamt über vierzig Jahre warten musste, zudem der folgenschwere Dreißigjährige Krieg die Länder erschüttern sollte, war zu diesem Zeitpunkt schwerlich abzusehen. Sobald die Herzöge durch die Vertreibung aus ihren Landen nicht weiter über die Einnahmen verfügen konnten, wirkte sich dies selbstverständlich negativ auf die Finanzen der unehelichen Kinder aus. Aber selbst nachdem die Fürsten wieder restituiert waren, flossen aufgrund der Kriegssituation kaum Gelder an Carl Jürgen.53

49 50 51 52 53

Ebd., Brief von Carl Jürgen von Mecklenburg an den Herzog, Celle 22.2.1616. Puppel: Die Regentin, S. 129–130. LAHS 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Carl Jürgen von Mecklenburg an den Herzog (?), Schwerin 28.10.1620. Ebd., Schuldverschreibung von Herzog Adolf Friedrich für Carl Jürgen von Mecklenburg, Doberan 11.4.1621. 1643 wandte sich der bei seiner Schwester lebende Carl Jürgen von Mecklenburg an Herzog Adolf Friedrich und klagte, „daß [er] etliche viele Jahre [seine] Zinsen entrathen und [sich] in dieser hochbetrüblichen elenden Kriegszeit iämmerlich undt kümmerlich ohne dieselben behelffen müssen [und] deswegen in Schuldt und Noth undt groß Elend gekommen weil sonst keine Lebensmittel mehr […] vorhanden.“ Ebd., Brief von Carl Jürgen von Mecklenburg an Herzog Adolf Friedrich, Schwerin 17.9.1643. Zwar bekam er die erbetenen 100 Rthl., allerdings beliefen sich seine Zinsrückstände 1645 bereits auf 5 280 Gulden, ebd., Brief von Carl Jürgen von Mecklenburg an Herzog Adolf Friedrich, Brock 3.9.1645.



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Die natürlichen Kinder der nachfolgenden Generationen kämpften mit weniger prekären finanziellen Verhältnissen. Solange Friedrich Wilhelm lebte, erhielten seine Söhne das Geld aus der Rentereikasse aufgeführt unter den Posten „Donations- und Vermachte Gelder“.54 Eine Unterstützung seiner anderen Kinder zusätzlich zur Mitgift der Mütter ist nicht anzunehmen. Nach dem Tod des Vaters wurden die Landstädte, unter anderem Krakow, Stavenhagen und Tessin, in Regress genommen und von Carl Leopold angewiesen, die Fourage-Gelder der „Messieurs de Mecklenbourg“ zu leisten.55 Dass die finanzielle Absicherung der Brüder nach dem Entzug der Protektion ihres Onkels nicht zusammenbrach, lag an deren Unterstützung durch die Kommission des Kaisers. Genauso erging es den Töchtern von Carl Leopold. Selbst nach der offiziellen Absetzung ihres Vaters nahmen sie bis 1730 ohne Probleme ihren Unterhalt in Höhe von eintausendfünfhundert Reichstalern aus dem Amt Doberan in Empfang.56 Dieselbe Summe erhielten sie später auch aus der Kommissionskasse. Durch den Schutz des Reiches gerieten die natürlichen Kinder trotz dieser Querelen im Zuge der Reichsexekution nie in Existenznöte. Vielmehr schlugen sie sogar Profit aus den innen- und außenpolitischen Entwicklungen, die halfen, ihre Ansprüche durchzusetzen. Während die Versorgungsgelder für die Kinder der Herzöge Carl, Friedrich Wilhelm und Carl Leopold somit auch immer im landespolitischen Kontext betrachtet werden müssen, spielten solche Ereignisse bei Friedrich Franz I. keine entscheidende Rolle mehr. Zwar gab es auch bei ihm aufgrund des von Napoleon verursachten Exils in Altona kurzzeitige Zahlungsschwierigkeiten, doch blieben seinen unehelichen Kindern durch die Kürze des Aufenthaltes langwierige Ausfälle der Versorgungszahlungen erspart. Das Geld für die Zulagen seiner Kinder entnahm Friedrich Franz I. in aller Regel der Schatullkasse. Die Zahlungen waren zumeist unter „Allgemeine Ausgaben“ zu finden, wenn dieser Posten nicht ausreichte, wurde auch unter „Ausgaben für die Spielkasse“ und Garderobe angeschrieben. Nicht alle Kinder sind in den Aufzeichnungen mit aufgeführt, lediglich die Kleinow-Schwestern, Mecklenburg von Kleeburg, Friedrich Franz Mecklenburg, die Kinder von Müller sowie die zwei bei Boldt aufgewachsenen Försterbrüder. Die Schatullkasse war die zum unmittelbaren Gebrauch bestimmte Ausgabenkasse des Regenten, aus der Auszahlungen nur auf seinen Befehl hin erfolgen konnten. Obwohl die Ausgabenposten von Hof zu Hof variierten, lässt sich doch ein gemeinschaftliches Schema ableiten: 1) die Spielgelder des Regenten und der Personen seines Hauses; 2) Kleider und Juwelen; 3) Almosen, Belohnungen und Gnadenbezei54 55 56

Vgl. LHAS, 2.22-1, Nr. 228/Nr. 233: Hauptregister Johannis 1709/1710 sowie 1710/1711. Auf welcher rechtlichen Grundlage die Eintreibung der Gelder basierte, konnte nicht eruiert werden, LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: „Aufforderung zur Contirung der Messieurs de Mecklenbourg Fourage-Gelder“, o. O. 5.7.1717. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 34: Submission von Christina Maria, Louise Charlotta und Juliana von Mecklenburg an Kaiser Karl VI., o. O. 6.9.1737.

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gungen; 4) die Hofkapelle und die dazugehörigen Geistlichen, ebenso wie die Leibärzte und die Arzneien für den Regenten und sein Haus.57 Innerhalb dieser Kategorisierung würden Zulagen der unehelichen Kinder unter die Gnadenbezeigungen fallen, aber ebenso übernahm der Herzog die Medikamenten- und Arztrechnungen anstandslos, wie er es auch für die Mitglieder der Fürstendynastie getan hatte. Die Rechnungsbücher wurden geführt von vertrauenswürdigen Bediensteten, die dem engsten Umfeld des Fürsten entstammten. Die genaue Kenntnis der Materie führte dazu, dass Ausgaben oft nicht ausführlich, sondern nur knapp geschildert wurden, was eine exakte Aufschlüsselung erschwert.58 Ohnehin kümmerte sich Friedrich Franz I. um die Korrespondenz, die Geldangelegenheiten betraf, nur selten persönlich. Der Hauptteil diesbezüglicher Schreiben, die beispielsweise die Auszahlungen von Geldern zum Inhalt hatten, wurde vom Kabinettssekretär geführt. Obwohl die Schatulle häufig als das Privateigentum eines Monarchen definiert wird,59 ist die Zuordnung irreführend. Eine Unterscheidung zwischen dem Vermögen des Landesherrn und dem zum öffentlichen Zwecke dienenden Teil des Vermögens läuft in einer landständischen Finanzverfassung unweigerlich ins Leere. Da die Gesamtheit des Vermögens des Herzogs zur Deckung der zu zahlenden öffentlichen Ausgaben diente, muss folglich auch das gesamte Vermögen des Landesherrn als öffentliches Vermögen verstanden werden.60 Im Prinzip zahlte Friedrich Franz I. an seine Söhne so lange finanzielle Zulagen, bis sie mittels des eigenen verdienten Gehaltes ein in seinen Augen adäquates Leben führen konnten. Demgemäß erhielten sie nicht nur Zahlungen während ihrer Ausbildungszeit, sondern auch noch während ihrer ersten Arbeitsjahre, da sie trotz ihres Vaters nicht sofort in die entsprechenden Positionen kamen. Seinen Söhnen, ausschließlich des geadelten Mecklenburg von Kleeburgs, standen zu Lebzeiten ihres Vaters nach Aufnahme des Dienstverhältnisses rund eintausend Reichstaler zur Verfügung. Der Amtsauditor Mecklenburg, Sohn von Viereck, erhielt neben seinen rund fünfhundert Reichstalern Gehalt jährlich dreihundert Reichstaler aus der Privatkasse des Herzogs sowie die Zusage über Zahlung von vierhundert Reichstalern, bis er auf eine höher dotierte, sogenannte zweite Beamtenstelle aufgerückt sei.61 Die Einkünfte eines anderen Sohnes, des Postrats Friedrich Kentzler, beliefen sich auf rund eintausendzweihundert Reichstaler, allerdings konnte er partout nicht damit auskommen, da er alleine über neunhundert Reichstaler feste Kosten für Miete, Schreiber, Dienstpersonal, Wirtschaftsgelder und Kontributionen hatte. Für zusätzliche Posten wie

57 58 59 60 61

Krünitz: Artikel „Chatoulle“. Zimmer: Die Schatullrechnungen Friedrichs des Großen. Zum Beispiel Artikel „Chatoulle“, in: Herders Conversations-Lexikon, S. 71. Rosenberger: Finanzen und Finanzverfassung, S. 360. LHAS, 5.2-1, Nr. 2915/1: Aufstellung der Einkommenssituation von Friedrich Franz Mecklenburg, undatiert.



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Kaffee, Zucker, Wein, Kleidungsstücke und Gesellschaften machte er Schulden,62 die er im Laufe der Zeit mit der Erbschaft seiner Mutter teilweise begleichen konnte. Als er später auf den ihm wohl in Aussicht gestellten Posten seines Stiefvaters verzichtete, erwirkte er zumindest eine Gehaltszulage von Friedrich Franz I. in Höhe von zweihundert Reichstalern.63 Ähnlich prekär war die Situation beim Oberförster Franz Mecklenburg, dem seit „Johannis 1833 außer freyer Wohnung, Feuerung und der Genuß von 60,481 Ruten an Dienstländereien, 1 000 Rthl. Gage und 240 [Rthl.] von sonstigen Stipulationen“64 zustand, womit er ebenfalls nicht auskam. Allein die große Anzahl unehelicher Kinder von Friedrich Franz I. machte einen hohen finanziellen Aufwand erforderlich. Nicht allen konnte und wollte er das gleiche Maß an ökonomischem Kapital zur Verfügung stellen. Stattdessen lagen seine eigentlichen Versorgungsmaßnahmen darin begründet, für die Ausbildung genügend Kapital aufzuwenden und somit eine positive Ausgangslage zu schaffen, damit die Kinder später durch eine angemessene Beschäftigung ihre Existenz selbst sichern konnten. Für die Kinder von Friedrich Franz I. nahm die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses somit eine vollkommen andere Bedeutung ein als für die unehelichen Kinder vorangegangener Generationen.

5.2 Die Betätigungen der unehelichen Söhne: Offiziere, Gutsherren und Beamte Da Friedrich Franz I. seinen Söhnen zwar den Grundstein ihres Auskommens legte, jedoch in den meisten Fällen keine lebenslängliche Unterstützung im Sinne hatte, mussten sie Dienstverhältnisse annehmen, um ihren Lebensunterhalt zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang offenbaren sich prägende Unterschiede durch den vergleichenden Blick auf die Tätigkeiten der natürlichen Fürstenkinder des neunzehnten Jahrhunderts und die der Söhne im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert. Überaus deutlich tritt der Statusverlust, den die Kinder im Laufe der Zeit erlitten, zu Tage. Während die Söhne von Friedrich Franz I. vornehmlich in bürgerlichen Berufsfeldern agierten, übte der Nachwuchs der Herzöge Carl und Friedrich Wilhelm Tätigkeiten aus, die mit der „adligen Nahrung“ übereinstimmten. Dem entsprach die Verwaltung der eigenen Landgüter, darüber hinaus kamen für den protestantischen Adel nur noch Hofämter und die höhere Verwaltungslaufbahn sowie der Militärdienst in Frage.65

62 LHAS, 2.26-1, Nr.  4198: Fritz Kentzler an Großherzog Friedrich Franz  I., Wismar 3.12.1818. 63 Ebd., Fritz Kentzler an Großherzog Friedrich Franz I., Wismar 25.9.1824. 64 LHAS, 5.2-1, Nr. 3276: Kabinettsreskript von Großherzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 1.11.1834. 65 Endres: Adel in der frühen Neuzeit, S. 37.

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Militärdienst Die Genese des Adels war eng gebunden an die zu leistenden Kriegsdienste für einen Lehnsherrn. Auch wenn die kriegerischen Dienstpflichten in dem ursprünglichen Sinne im untersuchten Zeitraum keine Rolle mehr spielten, blieb doch die Rolle des „Kriegers“ im adligen Selbstverständnis tief verwurzelt.66 So wundert es nicht, dass im Kriegswesen der Frühen Neuzeit eines der wichtigsten Betätigungsfelder für den Adel lag. Begünstigt durch Erziehung, materielle Möglichkeiten, Klientelbeziehungen und Stand machten sie Karriere innerhalb des Offizierskorps. Selbst wenn auf subalternen Dienstgraden noch viele Bürgerliche anzutreffen waren, blieb der Adel in den höheren Offiziersrängen doch fast ausschließlich unter sich.67 Silvio Jacobs wies in seiner Dissertation nach, dass auch mecklenburgische Adlige bevorzugt diese Einnahmequelle ökonomischen Kapitals nutzten. Fast jedes ansässige Adelsgeschlecht stellte männliche Mitglieder für kriegerische Einsätze im Ausland – sei es in Ungarn, Frankreich oder den Niederlanden. Eine führende Position in einem der Söldnerheere versprach die Option auf beträchtliche finanzielle Gewinne, wie einige im siebzehnten Jahrhundert gebaute Herrenhäuser eindrucksvoll belegen, in die zumindest teilweise der Sold, die Lösegelder und die Geschenke von Belagerten flossen.68 Allerdings bot die Beschäftigung in Kriegsdiensten fast immer keine langfristige Perspektive, oft erfolgte nach einem gewissen Zeitraum der Rückzug in das zivile Leben.69 Unter diesen Gesichtspunkten ist es kaum verwunderlich, dass auch die natürlichen Söhne der Herzöge das kriegerische Engagement suchten. Wohl einzig Carl Jürgen, der älteste Sohn von Herzog Carl, fiel aus diesem Schema, da „mit Leibesschwachheit beladen“,70 er zum Kriegsdienst nicht taugte. Sein jüngerer Bruder Al­ brecht hingegen zog Anfang der 1620er Jahre dem Krieg nach,71 ehe er ab 1625 in den Tagebuchaufzeichnungen des mecklenburg-schwerinschen Herzogs im Rang eines Leutnants Erwähnung fand.72 Gleichfalls diente auch die nachfolgende Generation, der Sohn von Johann Albrecht, auf Vermittlung seines Onkels in den Söld66

Vgl. zur adligen Kriegermentalität im Mittelalter Kortüm: Menschen und Mentalitäten, S. 39–49, ebenso Hechberger: Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter, S. 522–523. 67 Hohrath: Artikel „Offizier“, Sp. 368. 68 Jacobs: Familie, Stand und Vaterland, S. 159. 69 Hufschmidt: Obristen, Ökonomen und Droste, S. 193–196. 70 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von A. von Winterfeld, D. Zölner, H. von Nessa, E. Cothmann und H. Stallmeister an Herzog Johann Albrecht., o. O. 1.2.1611. 71 Albrecht von Mecklenburg bat um 300 Rthl. für neue Ausrüstung, um seinem alten Obristen nachziehen zu können, doch verweigerte einer der Vormünder die Auszahlung, so dass er sich an den Herzog wenden musste. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 4: Brief von Albrecht von Mecklenburg an den Herzog (?), Güstrow 14.2.1622. 72 vgl. LHAS, 2.12-1/25, Nr.  3: Tagebuch von Herzog Adolf Friedrich, unter anderem 30.5.1625, 1.5.1626.



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nerheeren des Dreißigjährigen Krieges. Das Testament seines Vaters hatte diesen Weg bereits vorgezeichnet: Falls die Neigung vorhanden sei, solle ein Stipendium das Studium finanzieren, falls er dazu aber nicht „tuchtigk“ genug sei, solle er zum Kriegsdienst gehalten werden.73 So gesehen glichen die eingeschlagenen Karrierewege denen des einheimischen Adels. Auf einige Jahre Armeedienst, vornehmlich in fremden Heeren, folgte eine zivile Laufbahn entweder durch Heirat und Übernahme von Landgütern oder im höheren Verwaltungsdienst. Diese kurzzeitige Militärkarriere, unterstützt durch die Familie des Herzogs, entsprach aber nicht nur dem adelstypischen Erwartungsbild, sondern griff auch die Tradition fürstlicher Bastarde auf. Wie bereits erläutert, beruhte die „goldene Zeit der Bastarde“ im Spätmittelalter zum wesentlichen Teil auf ihrer erfolgreichen Präsenz in den Truppen ihrer Brüder und Väter.74 Auch die natürlichen Söhne des achtzehnten Jahrhunderts dienten durchweg im Militär. Da kaum von ihren Vätern gefördert, existieren nur spärliche Informationen über den Dienstweg von Friedrich Wilhelm Streit und August Hinrich Brockmöler, einem Sohn von Herzog Carl Leopold, die beide in der mecklenburgischen Armee ihren Dienst versahen.75 Dagegen ermöglicht die Quellenlage zu Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg nicht nur die Rekonstruktion ihrer Laufbahn, sondern auch den Nachweis der Verbindung zwischen ihrem unehelichen Status und der Militärkarriere. Ihr Vater wünschte und unterstützte diesen Weg, denn noch zu seinen Lebzeiten traten sie in den Dienst ein. Sein früher Tod führte aber dazu, dass der eigentliche Aufstieg unter der Regie ihres Onkels Carl Leopold erfolgte. Innerhalb kürzester Zeit avancierten beide in die Stabsoffiziersränge. Während Friedrich Wilhelm im Dragonerregiment Vitingshoff Karriere machte – er wurde bereits 1715 vom Rittmeister zum Obristleutnant befördert76 und erhielt ab April 1719 als Oberst das Kommando über das Regiment77 –, diente Carl Ludwig im Infanterieregiment von Bohlen, später von Kahlden, zunächst als Kapitän, dann ab 1717 auch in dem Rang eines Obrist73 74 75

76 77

LHAS, 2.12-1/11, Nr. 63: Kopie des Testaments von Herzog Johann Albrecht, Güstrow 9.3.1636. Vgl. dazu Punkt 2.3.2. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 32: Brief von August Hinrich Brockmöler an Herzog Carl Leopold; Schwerin 12.5.1740; LHAS, 2.12-1/2, Nr. 15: Brief von Ilsabe Leetzen an Herzog Carl Leopold, o. O. 23.8.1730; LHAS, 2.12-1/2, Nr. 9: Brief von Friedrich Wilhelm Streit an Herzog Carl Leopold, Dömitz 14.6.1729. Friedrich Wilhelm beteiligte sich auf Seiten Carl Leopolds wohl auch an den Kämpfen gegen die Exekutionstruppen. Eine Zeitlang wurde er arretiert wegen Teilnahme an den Tumulten, ehe er der Urfede abschwor und daraufhin freigelassen wurde, vgl. LHAS, 211-2/1, Nr. 426: Liste der festgesetzten und später freigelassenen Truppen, Hannover 18.11.1737. LHAS, 2.12-2/18, Nr. 3930: Kassenbuch des Vitingshoffschen Dragoner Regiments, Oktober 1715–Oktober 1716. LHAS, 2.12-2/18, Nr.  6377: Bestallungsurkunde Friedrich Wilhelm von Mecklenburg, Schwerin 11.4.1719.

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leutnants.78 Diese schnellen und stetigen Beförderungen konnten nur mit der Unterstützung des Landesherrn, dessen Gunst sie in den ersten Jahren durchaus genossen, bewerkstelligt werden. Da erst mit dem Rang eines Kapitäns finanzieller Gewinn erzielt werden konnte, stellte normalerweise die Übernahme einer eigenen Kompanie durch die Ernennung zum Kapitän oder Rittmeister den entscheidenden Karriere­ sprung dar, und das oftmals erst nach zwanzig Dienstjahren.79 Die pekuniären Anforderungen bei der Beförderung – der vorherige Dienstinhaber musste ausgezahlt oder seine Schulden mussten beglichen werden – führte zur Aushöhlung des Anciennitätsprinzips, welches die Rangfolge nach dem Dienstalter festlegte. Somit entschieden Herkunft und Kapital über das Offizierspatent, nicht unbedingt Erfahrungen und ehrenvoll geleistete Dienste. In Frankreich war dieses Verfahren durchaus gängig, in Preußen und Mecklenburg weniger stark ausgeprägt, aber letztendlich konnte sich kein stehendes Heer zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts dieser Praxis verschließen. Den Grundstein der Militärkarrieren Friedrich Wilhelms und Carl Ludwigs von Mecklenburg hatte zwar bereits ihr Vater gelegt, allerdings zeugt ihr schnelles Emporkommen davon, dass sie mit Hilfe ihrer Legatsgelder, deren Zahlung in den ersten Jahren regelmäßig erfolgte, die Beförderungen erkaufen konnten beziehungsweise diese durch Intervention ihres Onkels Carl Leopold zustande kamen. Mit gerade einmal Anfang zwanzig lag ihr Alter deutlich unter dem der durchschnittlich doppelt so alten mecklenburgischen Obristleutnants.80 Normalerweise blieb diese Position erfahrenen Militärs vorbehalten,81 so dass ihre Beförderungen unmittelbar mit ihrem familiären Hintergrund zusammenhängen mussten. Als legitime Fürstensöhne hätten sie unmittelbar die Position eines Obersts eingenommen. Aufgrund ihrer Illegitimität bestand nicht die Notwendigkeit, sie schnellstmöglich in diese repräsentative Position zu befördern, obwohl es anscheinend selbstverständlich war, dass das Herzogshaus ihren Weg weiterhin wohlwollend betrachtete und beschleunigend einwirkte. Zusätzlich mag die Tatsache eine Rolle gespielt haben, dass sie durch ihre fundierte Ausbildung, die sicherlich keineswegs 78

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Der Dienst in einem mecklenburgischen Infanterie Regiment war für einen Adligen eher ungewöhnlich. Während bei den berittenen Einheiten durchweg adelige Offiziere ihren Dienst antraten, betrug die Quote bei der Infanterie in einigen Regimentern nur 50 Prozent, vgl. Tessin: Mecklenburgisches Militär in Türken- und Franzosenkriegen, S. 186. Vgl. dazu Göse: Zwischen Garnison und Rittergut, S. 129; Rogg: Die Ursprünge. Ritter, Söldner, Soldaten, S. 88. Vgl. dazu Tessin: Mecklenburgisches Militär in Türken- und Franzosenkriegen, S. 185. Der berühmte Militärtheoretiker Fleming beschreibt die Wichtigkeit erfahrener Oberstleutnants, wenn sehr junge Obristen, was häufiger geschah, offiziell die Führung innehatten: „Ein Obrist-Lieutenant muß ein erfahrner und in allen Krieges- Wissenschafften wohl geübter Mann seyn, der lange Zeit gedienet, und vielen gefährlichen Actionen beygewohnt, damit er capable sey, dem gantzen Regiment wohl vorzustehen. Er muß die Conduite und Meriten eines iedweden Officiers wissen, die Soldaten vom Regiment so viel als möglich kennen, und sich also gegen dieselben verhalten, dass sie allenthalben Ursache finden, ihn zu fürchten und zu lieben.“ Vgl. dazu Fleming: Der vollkommene Teutsche Soldat, S. 160.



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dem Standard entsprach, gute Voraussetzungen für diese verantwortungsvolle Position mitbrachten, zumal sie ihr militärisches Geschick trotz der angespannten Zeiten kaum in Kampfhandlungen unter Beweis stellen mussten. Im Verhältnis zu ihrem Legat machten die Gagen, die als Obristleutnant jährlich rund vierhundert Reichstaler betrugen, nur einen geringen Teil ihrer Einkünfte aus. Es war verpönt, den Offiziersdienst in erster Linie als Broterwerb zu sehen, denn er stand in dem Ruf eines Ehrendienstes, der sein besonderes gesellschaftliches Ansehen aus der vermeintlichen Nähe zum Landesherrn bezog. Durch die Zugehörigkeit zur exklusiven adligen Offiziersschicht entwickelten sich spezifische gruppendynamische Verhaltensnormen und ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das innerhalb der Offiziersränge durch den Verzicht auf Dienstgradabzeichen deutlich wurde. Die Egalität auf elitärer Ebene, die sich im esprit de corps widerspiegelte, festigte die untrennbare Verbindung zwischen Ehre und Stand.82 Da die adlige Herkunft der beiden nie zur Diskussion stand, fanden die Brüder im Korpsgeist einen Familienzusammenhalt, der sich vollkommen unabhängig von Legitimität oder Illegitimität manifestierte. Das Bewusstsein der Standeszugehörigkeit überlagerte persönliche Divergenzen. Der Dienst im mecklenburgischen Heer in Zeiten des eskalierenden Streites zwischen dem Landesherrn und seiner Ritterschaft zeigt die Loyalität und das Selbstverständnis der beiden Adligen auf. Sie sahen sich als Abkömmlinge des Herzogshauses, dem sie Dienst, Treue und Ergebenheit schuldeten, aber nicht als Angehörige einer mecklenburgischen Ritterschaft, die selbstbewusst gegen Carl Leopold opponierte. Der Kontakt zum mecklenburgischen Adel existierte bis dato kaum. Zwar entstammte Carl Ludwig der alteingeborenen Familie der Plüskows, allerdings war, wie aufgezeigt, der Einfluss der Familie der Mutter auf die Erziehung ausgesprochen gering. Ihre Jugendzeit verbrachten die Brüder unter Aufsicht eines Rostocker Patriziersohnes im Ausland, und der anschließende Dienst im Heer, das seine Offiziere weniger aus Einheimischen, eher vornehmlich aus Rügenern und Pommern rekrutierte,83 wird ebenfalls nicht dazu beigetragen haben, Sympathien für die Ritterschaft zu wecken. Die beiden Brüder beteiligten sich aktiv am Vorgehen gegen die aufsässige Ritterschaft, und zumindest Carl Ludwig von Mecklenburg erhielt seine Feuertaufe in der Schlacht von Walsmühlen, als sein Infanterieregiment im Gefecht siegte.84 Trotz des Sieges war Carl Leopold sich seiner ausweglosen außenpolitischen Lage bewusst. Aus diesem Grund entschied er, die Landmilizen zu entlassen und seine übrigen Truppen nach Russland zu beordern, wo sie vor dem Zugriff des Kaisers geschützt wären. Den Weg in die Fremde traten somit auch Friedrich Wilhelm als Oberst seines Dragonerregimentes und Carl Ludwig als Obristleutnant im Infanterieregiment von Kahlden an.85 82 83 84 85

Rogg: Die Ursprünge. Ritter, Söldner, Soldaten, S. 86. Tessin: Mecklenburgisches Militär in Türken- und Franzosenkriegen, S. 185. Vgl. zu den Kampfhandlungen bei Walsmühlen Keubke u. a.: Das Mecklenburger Militär, S. 15–16. Voss: Beiträge zur Meklenburgischen Fahnenkunde, S. 302.

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Fern von Mecklenburg endete auch ihre Militärkarriere, da sich die Beziehungen zu Carl Leopold zusehends verschlechterten. Das Versprechen, ihnen den Oberbefehl über die Leibkompanie und die Zweite Kompanie anzuvertrauen, zerschlug sich mit dem Scheitern des Eheprojektes der Brüder mit den Töchtern von Carl Leopold. Hinzu kamen die erheblichen pekuniären Sorgen, die sich im Livländer Exil nicht länger verdrängen ließen. Weder Charge noch die Zinsen des legierten Kapitals flossen, was die Brüder in die Bredouille brachte. Zwar konnten sie sich kurzzeitig bei Regimentsfreunden Geld borgen, doch löste dies nicht ihre Probleme, sondern transformierte sie lediglich auf eine andere Ebene. Nun stand sowohl ihr ökonomisches als auch ihr symbolisches Kapital auf dem Spiel. Deswegen ersuchte Friedrich Wilhelm von Mecklenburg auch den Herzog immer energischer um das so dringend benötigte Geld, damit er seine Ehre, die ihm „das liebste in der Welt billig ist und bleibt“,86 erhalten konnte. In der ständisch gegliederten Gesellschaft war der Ehrbegriff die zentrale Kategorie, deren Einfluss weniger auf das persönliche Wohlbefinden wirkte als vielmehr auf das gesellschaftliche Umfeld, das die Ehre als ein Kapital verstand, mit dem die Reputation einer Person innerhalb der Gemeinschaft zum Ausdruck kam.87 Obwohl der Geburtsrang, der den Status eines Mannes in der ständischen Gesellschaft anzeigte, die Bedeutung einer militärischen Charge in der Regel übertraf und somit an erster Stelle im adligen Ehrenhaushalt stand,88 spielte die Ehre im Offiziersstand eine immens wichtige Rolle. Während für den Soldaten im stehenden Heer Treue und Gehorsam im Vordergrund standen, war für einen Offizier die persönliche Ehre das zentrale Motiv seines Handelns und Tuns.89 Daraus erklärt sich die Dringlichkeit, mit der Friedrich Wilhelm seinen Onkel ansprach – ein Ehrverlust durch die Nichtrückzahlung seiner Schulden hätte die Reputation und damit seine militärische Laufbahn unwiederbringlich ruiniert. Viele Unsicherheitsfaktoren belasteten eine Militärkarriere, vor allem wurde sie undenkbar, sobald der Rückhalt des Landesherrn schwand. Diese Perspektivlosigkeit veranlasste die Brüder, auch ohne Zustimmung des Herzogs nach ihrer Rückkehr schnellstmöglich den Dienst zu quittieren, um in der zivilen Laufbahn als Rittergutsbesitzer ihre Fortune zu suchen. Während im Lebenslauf der natürlichen Fürstensöhne im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert beinahe obligatorisch der Militärdienst dazugehörte, wie sich auch an den Söhnen Augusts des Starken erkennen lässt,90 war dieses Betätigungsfeld 86 87 88 89 90

LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Brief von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg an Herzog Carl Leopold, o. O. 18.9.1719. Backmann und Künast: Einführung, S. 15. Luh: Kriegskunst in Europa, S. 208. Sikora: Disziplin und Desertion, S. 338; zur Verbindung von Tapferkeit und Ehre vgl. Nowosadtko und Möbius: Schule der Helden, S. 159; ausführlich zur Entwicklung der adligen Ehre Guttandin: Das paradoxe Schicksal der Ehre. Neben dem berühmten Maréchal de Saxe, Moritz Graf von Sachsen (1696–1750), dessen Militärkarriere sich vornehmlich in Frankreich abspielte, sind seine Halbbrüder Friedrich



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im neunzehnten Jahrhundert alles andere als selbstverständlich. Einzig der durch seinen Vater ohnehin besonders wertgeschätzte Mecklenburg von Kleeburg trat in jungen Jahren in den Militärdienst ein. Im Gegensatz zu den früheren natürlichen Kindern war der Dienst kein kurzzeitiges Engagement mehr, sondern eine Lebensaufgabe, die nach wie vor viel Prestige ausstrahlte, sobald man die entsprechenden Ränge innehatte. Um die benötigten Beförderungen zu erreichen, mussten gleich den früheren Zeiten erhebliche Summen, zum Beispiel zur Montierung, aufgebracht werden. Auch deswegen ist die von Kleeburg eingeschlagene Offizierslaufbahn als Zeichen der Wertschätzung des Vaters zu interpretieren. Ursprünglich beabsichtigte Friedrich Franz I. auch für andere Söhne die Militärlaufbahn,91 er begrub aber seine Pläne und wählte stattdessen den zivilen Weg des Forstdienstes für sie aus. Die Militärkarriere seines Sohnes Friedrich Mecklenburg von Kleeburg begleitete Friedrich Franz I. stetig. Er half mit den benötigten Zulagen aus, um das teure Leben in Wien und Paris zu finanzieren und die Equipierung für die höheren Dienstränge zu unterhalten. Der Herzog arrangierte die Bestallung seines knapp achtzehnjährigen Sohnes in österreichische Dienste, indem er sich schriftlich an den General der Kavallerie Ludwig von Wallmoden-Gimborn wandte.92 Da Mecklenburg selbst zur Kapitulation gezwungen war und auch Russland und Preußen durch den Frieden von Tilsit ausgeschaltet waren, lag der Widerstand auf dem Kontinent in den Händen Österreichs. Ansonsten zur Untätigkeit gezwungen, bot sich für Friedrich Franz I. die Möglichkeit, wenn schon nicht mehr als Landesherr, so zumindest doch indirekt, auf persönlicher Ebene, aktiv zu werden. Kleeburg profitierte von seinem hybriden Status. Als nicht offizieller Part der Fürstenfamilie besaß er im Gegensatz zu den mecklenburgischen Prinzen den Freiraum, aktiv gegen den Usurpator vorgehen zu dürfen. Seine Abkunft war hinreichend bekannt, unter anderem belegt durch seinen Namen, so dass ein kriegerisches Engagement auch immer auf den Vater zurückfallen musste. Somit konnte Friedrich Franz I. seinen Widerwillen und seine Widerstandsbereitschaft kommunizieren, ohne allerdings diplomatische Verwicklungen heraufzubeschwören – schließlich handelte es sich nur um einen leiblichen, nicht um einen ehelichen Sohn. Die Karriere von Kleeburg lief zügig an, die Kadetten- und Fähnrichzeit praktisch überspringend erhielt er bereits im ersten Jahr sein Leutnantspatent und wurde bald darauf zum Oberleutnant ernannt, dann zum Rittmeister. Während des Kriegseinsatzes, bei dem sich von Kleeburg in der Schlacht bei Aspern auszeichnen konnte, hielt

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August Graf von Rutowsky (1702–1764) und Johann Georg Chevalier de Saxe (1704–1774) zu nennen, die sich in der sächsischen Armee bewährten und jeweils in den Rang eines Generalfeldmarschalls aufstiegen, wo sie als Reformer in Erscheinung traten, vgl. Pommerin: Johann Georg; Ders.: Rutowski (Rutowsky). Er dachte an die ungefähr gleichaltrigen, bei Boldt in Pflege gegebenen Söhne, vgl. LHAS, 2.26-1, Nr.  4124: Handschriftliche Notiz von Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 26.12.1797. LHAS, 2.26-1, Nr. 4114: Brief von Friedrich Mecklenburg an Herzog Friedrich Franz I., Schwerin 6.6.1808.

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Friedrich Franz I. Briefkontakt zu seinem Sohn. Auch wurde er durch dessen Vorgesetzte, die sein gutes Betragen lobten, auf dem Laufenden gehalten.93 Später sollte er stolz den Orden Pour le Mérite tragen, der seine Verdienste während der Befreiungskriege würdigte – nachdem sein Vater selbstverständlich für die Anfertigungskosten aufgekommen war.94 Wichtiger als militärische Avancements war für den jungen Mann zu diesem Zeitpunkt aber sicherlich sein gesellschaftlicher Aufstieg. Der Enkelsohn eines Stallbedienten bekam den Adelstitel Mecklenburg von Kleeburg als Belohnung für seine in der Armee geleisteten Dienste während der Feldzüge 1809 und 1812 verliehen.95 Neben Geld bot der Nachweis militärischer Tugenden wie Tapferkeit, Wagemut und Treue noch immer einen direkten Weg, die Erhebung in den Adelsstand zu legitimieren. Das nicht unerhebliche ökonomische Kapital, das Friedrich Franz I. während der Militärzeit in seinen Sohn investierte, unter anderem belegt durch dessen in Wien zurückgelassene Schulden von viertausend Reichstalern,96 zahlte sich letztendlich aus. Da der Rittmeister Mecklenburg von Kleeburg zur Suite des Feldmarschalls Karl Fürst von Schwarzenberg gehörte, erhielt er Zugang zu den ersten Familien Wiens,97 um direkt sein neu gewonnenes symbolisches Kapital in soziales umzuwandeln. Allerdings geriet seine Karriere ins Stocken, wie er seinem Vater klagte. Schlussendlich reichten seine finanziellen Mittel nicht aus, um ein Leben in den höchsten gesellschaftlichen Wiener Kreisen zu bewältigen. Obwohl er anfangs den Schein wahrte – „stets brillant equipirt“ –, wurden bei Beförderungen gewöhnlich reiche Inländer vorgezogen.98 Während in Kriegszeiten noch andere Mechanismen griffen, waren die Einflussmöglichkeiten des mecklenburgischen Hofes in Friedenszeiten viel zu gering, um den unehelichen Sohn des Großherzogs zu protegieren. Wie üblich reagierte der Vater prompt auf die Klagen des Sohnes und ersuchte um dessen Dimission aus kaiserlich-österreichischen Diensten, da er wünschte, ihn an seinem „Hofe zu haben und deswegen in königl. Preuß. Dienste gehen zu lassen“.99 93

LHAS, 2.26-1, Nr. 4115: Weitergeleiteter Brief von Obrist von Scheitter an den General der Cavallerie und Regiments Inhaber von Riesch, Rothagen (?) 24.2.1810. 94 Für die Goldarbeiten am Orden mussten 23 Dukaten bereitgestellt werden. Er legte besonderen Wert auf diese Ehrung, da seiner Meinung nach ihn „nur 12 aus der österreichischen Armee […] würklich verdient haben“, ebd., Brief von Friedrich Mecklenburg an Herzog Friedrich Franz I., Paris 19.5.1814. 95 AT-OeStA/AVA, Adel HAA Akten, Kleeburg: Entwurf des Adelsdiploms für Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, Wien 5.2.1813. 96 LHAS, 2.26-1, Nr.  4116: Anweisung von Großherzog Friedrich Franz I. an herzogliche Kammer, Ludwigslust 10.3.1818. 97 LHAS, 2.26-1, Nr. 4115: Brief von Friedrich Mecklenburg an Herzog Friedrich Franz I., Wien 5.2.1815. 98 LHAS, 2.26-1, Nr. 4116: Brief von Friedrich Mecklenburg an Herzog Friedrich Franz I., Berlin 21.8.1816. 99 Ebd., Brief von Großherzog Friedrich Franz  I. an Oberst Baron von Mengen, o.  O. 9.10.1816.



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Einige Jahre verkehrte Kleeburg vornehmlich in Berlin, ehe er 1821 im Rang eines Majors endgültig nach Mecklenburg zurückkehrte, wo er unter dem wohlmeinenden Blick seines Vaters weiter in der Hierarchie aufstieg. Wie groß der Einfluss des Vaters auf seine Militärkarriere gewesen sein muss, offenbart die nach dem Tod von Friedrich Franz I. verfasste Einschätzung des Generalleutnants von Both: „Ueberhaupt muß ich wenngleich bedauerlich, aber pflichtmäßig und unumwunden bey dieser Gelegenheit erklären, daß ich in dem Zeitraum seit welchem ich in nähere dienstliche Verhältnisse mit dem Oberstlieutenant von Kleeburg getreten bin, nur seine mehr denn geringe, wenn nicht absolut mangelnde Befähigung für seine Stellung als Commandeur habe wahr nehmen können, so daß es in der That im hohen Grade bedenklich erscheinen muß, bei so gänzlich abgehenden Besonnenheit, Einsicht und Würdigung seiner Stellung, bei so totaler Unkunde aller Gesetze [und Vorschriften in] seine Händen ein Truppen-Corps und eine umfängliche befehlshabende Gewalt anvertrauet zusehen; denn solche persönlichen Missverhältnisse stehen werde durch guten Willen – von welchem sonst unverkennbar der Oberst-Lieutenant beseelt ist – noch durch die thüchtigste Aufsicht und Mitwirkung der Vorgesetzten gehorig auszugleichen […].“100 Es ist undenkbar, dass solche Einschätzung des militärischen Unvermögens eines seiner Lieblingssöhne in dieser direkten und unumwundenen Art an Friedrich Franz I. herangetragen worden wäre. Ebenso unwahrscheinlich ist, dass Kleeburg schon zu Lebzeiten seines Vaters einen dreitägigen Hausarrest wegen der Misshandlung eines Trompeters erhalten hätte.101 Zwar ließ die Familie des Großherzogs Mecklenburg von Kleeburg nicht fallen und behandelte den Bericht von Both mit größter Diskretion, doch kam die nächste Beförderung zum Generalmajor erst mit der Pensionierung.102 Selbst wenn der Herzog nicht aktiv eingriff, agierte er als Graue Eminenz immer im Hintergrund. Die beim Hof bekannten engen Kontakte zwischen Friedrich Franz I. und seinem Sohn waren das wirksamste soziale Kapital, über das Kleeburg verfügte, denn sie schützten ihn vor Kritik und ebneten seinen Weg. Zu Lebzeiten

100 LHAS, 5.2-1, Nr.  208: Bericht des Brigade-Chefs Generalleutnant von Both betrf. den Oberstleutnant von Kleeburg, Ludwigslust 2.12.1838. Auf Befehl des Großherzogs Paul Friedrich wurde diese Nachricht kurz darauf eingesiegelt. Auch als sie sechs Jahre später noch einmal geöffnet und dem Großherzog Friedrich Franz II. zur Einsicht vorgelegt wurde, verschwand sie im Anschluss wieder verschlossen in den Kleeburg’schen Akten (Notiz 24.12.1844). 101 „Die Angelegenheit wegen Bestrafung des Oberstlieutnenants von Kleeburg mit dreitätigen HausArreste wegen der im Decbr. 1838 geschehnen Misshandlungen des Trompeters Richter, ist ad acta des letzten registriert worden“, heißt es in der Akte Mecklenburg von Kleeburg, Großherzogliches Kabinett III. Allerdings war es nicht möglich, diese besagte Akte des Trompeters Richter ausfindig zu machen, vgl. ebd., Archivnotiz. 102 Vgl. prinzipiell zur Karriere Kleeburgs LHAS, 11.3-1/4, Nr.  1436: auch Keubke und Mumm: Soldaten aus Mecklenburg, S. 50–51.

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des Vaters machte ihn seine Herkunft unangreifbar – zumindest im mecklenburgischen Einflussgebiet.

Gutsbesitzer Abgesehen von Mecklenburg von Kleeburg beendeten die natürlichen Söhne ihre Laufbahn nicht als Offiziere, sondern als Rittergutsbesitzer in heimischen Landen. Durch den zeitlich begrenzten Armeedienst eigneten sich die jungen Männer einen wichtigen Erfahrungsschatz an, doch wurde spätestens mit dem Wunsch nach Gründung einer Familie der Rückzug ins zivile Leben bevorzugt. Den Großteil der frühneuzeitlichen Vermögenswerte bildeten Grund und Boden, folglich bestand daraus auch das Fundament des adligen Reichtums.103 Der Landbesitz war nicht nur die grundsätzliche ökonomische Ressource, sondern besaß auch einen hohen symbolischen Wert. In ihm manifestierte sich das adlige Selbstverständnis; die Vorstellung, die der Adel von sich selbst hatte und wie er auf andere wirken wollte.104 Das Bild des am Hof domestizierten Adels prägte vielleicht das frühneuzeitliche Frankreich. Die adligen Lebensumstände in der mecklenburgischen Provinz waren jedoch weit davon entfernt. Stattdessen saßen die adligen Familien auf ihren teils riesigen Ländereien und opponierten als Mitglieder der Ritterschaft gegen den Landesherrn. Die Mitgliedschaft in der Ritterschaft und damit auch die Möglichkeit, an der politischen Gestaltungsmacht zu partizipieren, waren untrennbar mit Landbesitz verbunden. Somit integrierte einerseits der Erwerb eines Landgutes die natürlichen Kinder in den einheimischen Adel, anderseits emanzipierte der Kauf vom Herzogshaus. Diesen Schritt in die Eigenständigkeit dokumentiert auch die Quellenlage. Die Intervention des Vaters beziehungsweise der Herzogsfamilie beim Erwerb der Güter produzierte umfangreiches Aktenmaterial, dagegen sind nur wenige Aufzeichnungen überliefert, die das Alltagsleben als Gutsherr widerspiegeln. Der Kauf der Güter erfolgte mit dem ererbten Vermögen. Allein schon deshalb musste die Herzogsfamilie mit einbezogen werden, da sie zumeist die Gelder verwaltete. Ein weitgehend reibungsloses Zusammenspiel, abgesehen von den widrigen Umständen des Dreißigjährigen Krieges, ist zwischen Albrecht von Mecklenburg und den mecklenburgischen Herzögen zu beobachten. Er erwarb sein Gut durch Heirat, allerdings musste er die unmündigen Kinder der geehelichten Witwe sowie die Gläubiger des Gutes Schlieven auszahlen, um sämtliche Besitzungen unter seine eigene Verwaltung bringen und über diese auch erblich verfügen zu können.105 Zur 103 Demel: Der europäische Adel, S. 70. 104 Dewald: The European Nobility, S. 65. Dies manifestierte sich auch in einem ausgeprägten Interesse an Gartenkunst und Botanik, vgl. dazu auch Düselder: Vom „Botanisieren“ und der „Nützlichkeit der Natur“. 105 LHAS, 2.12-4/2, Gut Schlieven: Brief von Albrecht von Mecklenburg an den Herzog (?), Schwerin 5.1.1628.



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Aufbringung der Kaufgelder wandte er sich an die Herzogsfamilie, da diese ihm noch zweitausend Reichstaler schuldete. Im Prinzip kam sie der Verpflichtung nach, auch wenn sich die Angelegenheit bereits nach dem Ableben Albrechts bis ins Jahr 1650 hinzog.106 Ebenso konnte sich Georg von Mecklenburg auf die Unterstützung des Herzogs, seines Halbruders Gustav Adolf, verlassen. Obwohl laut Testament nur zweitausend Reichstaler als Legat vorgesehen waren,107 verpfändete der Güstrower Herzog die Vogtei Klein Wokern mit einem Wert von vierzehntausend Talern an Georg von Mecklenburg, der, ebenso wie seine Frau, in seinen Diensten stand.108 Im Jahre 1672 trat Georg von Mecklenburg die Vogtei wieder ab und bezog endgültig das Gut Teschow, das sein Bruder ihm wohl fünf Jahre zuvor gekauft hatte. Er überließ ihm die Geld- und Kornpachten für das Gut, vermachte ihm die Anteile am See und den zu Cammin gehörenden Kirchstuhl.109 Auch erließ er die Konzession, dass Georgs Töchter das Gut erben dürfen.110 Zudem unterstützte der Herzog seinen Bruder mit dringend benötigtem Baumaterial.111 Die Diskrepanz zwischen dem Wert des Gutes und seinem eigentlichen testamentarischen Besitz lässt sich am ehesten mit der Zuneigung und Nähe der beiden Brüder erklären. Das erworbene Gut bildete nicht nur die Grundlage für ökonomisches Kapital, sondern für die zukünftigen Generationen auch den Beweis von symbolischem Kapital. Als rund einhundert Jahre später ein Attest über die Familie ausgestellt werden musste, diente der Besitz des Lehngutes Teschow seinen Nachkommen als Nachweis, dass sie in einem „rittermäßigen Geschlechte“ gezeugt worden waren.112 Während der Erwerb der Rittergüter im siebzehnten Jahrhundert von der Kooperation der natürlichen Kinder mit der Herzogsfamilie geprägt war, wurde im achtzehnten Jahrhundert aufgrund der besonderen familiären Konstellation die Konfrontation zum signifikanten Merkmal, worauf im folgenden Kapitel ausführlich einzugehen sein wird.

106 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Herzog Adolf Friedrich an Kanzlei, Malchow 22.5.1650. 107 LHAS, 2.12-1/11, Nr. 63: Kopie des Testaments von Herzog Johann Albrecht, Güstrow 9.3.1636. 108 Ab 1645 übernahm Catharina Dorothea von Halberstadt die Hofmeisterstelle ihrer Mutter, die sie neun Jahre innehatte, ehe sie Georg von Mecklenburg heiratete. Ab 1664 übernahm sie die Erziehung der fürstlichen Töchter, verstarb aber bald darauf, vgl. Leichenpredigt für Fr. Catharina Dorothea von Halberstatten, […] Verstorben 8. Februar 1665, in: Sondersammlung UB Rostock, Familienpapiere Mecklenburg, von Mecklenburg. 109 LHAS, 2.12-4/2, Gut Teschow, Vol. 5: Kopie Versicherung des Gutes Teschow durch Herzog Gustav Adolf, Güstrow 31.10.1667. 110 LHAS, 2.12-4/2, Gut Teschow, Vol. 6: Versicherung der weiblichen Erbfolge des Gutes Teschow durch Herzog Gustav Adolf, Güstrow 18.12.1667. 111 Ebd., Brief von Georg von Mecklenburg an Herzog Gustav Adolf, Dargun 2.1.1679. 112 LHAS, 3.1-13.121.111.3: Attest über Familie von Georg von Mecklenburg, Rostock 6.3.1766.

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Die Intention zum Erwerb blieb gleich: Man wollte sich mit dem Seinigen „etablieren“.113 Die Beständigkeit und Stabilität im Leben, die ein ausreichend großer Landbesitz versprach, wurde besonders dann interessant, wenn es, wie im Falle der Brüder Mecklenburg, bereits mehrköpfige Familien zu versorgen galt. Mit der Übertragung der Erbschaft von Landgütern erlosch bis zu einem gewissen Grade der Status des unehelichen Fürstenkindes. Nun wurden sie nicht mehr durch ihre Abkunft, die ihnen besondere Vorteile verschaffte, definiert, sondern durch ihren Besitz. Der Wert der Güter, die eine ungefähre Größe von viertausendfünfhundert Hektar hatten, belief sich auf rund neunzigtausend Reichstaler  – zweifelsohne stattliche Güter, mit denen sie zu den besser begüterten Familien in Mecklenburg gehörten.114 Georg Tessin analysierte die Besitzverhältnisse der Güter in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts und stellte heraus, dass der durchschnittliche Wert der Ritterschaftsbesitzungen rund 22 600 Gulden betrug, wovon mehr als die Hälfte der 572 Besitzungen einen Wert von unter zwanzigtausend Gulden hatten.115 Denen standen rund zwanzig Adelsgüter mit einem Wert von einhunderttausend Gulden gegenüber, die zumeist bereits seit dem dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert im Besitz einer Familie waren.116 Auch ein vergleichender Blick nach Brandenburg belegt den überdurchschnittlichen Besitz der beiden Brüder im Verhältnis zum Nieder­ adel. Beim Nachbarn lag zur Mitte des achtzehnten Jahrhunderts der Durchschnitt bei eintausend bis eintausendzweihundert Hektar.117 Eine Analyse der 734 adligen Güter um das Jahr 1800 taxierte den Wert von rund einem Drittel der Güter auf vierzigtausend Taler und mehr, der Rest lag darunter.118 Wie sich das Leben der Brüder als mecklenburgische Landadlige gestaltete, wie und ob sie ihre Güter bewirtschafteten, lässt sich anhand der Quellen nicht feststellen. Bis zum Tode ihres Onkels Carl Leopold führten sie wahrscheinlich ein ruhiges, zurückgezogenes Landleben. Erst nach der Regierungsübernahme durch Christian Ludwig endete das beschauliche Leben, da der jüngere von beiden zum Geheimen Rat am mecklenburgischen Hofe ernannt wurde. Bei den natürlichen Kindern von Friedrich Franz I. spielten die Verwaltung und landwirtschaftliche Nutzung von Gutshöfen so gut wie keine Rolle. Zwar studierte sein jüngster Sohn Ludwig Mecklenburg das landwirtschaftliche Handwerk auf einem Gutshof nahe Güstrow, doch sind über seinen späteren Werdegang keinerlei 113 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Schreiben von Johann Nicolaus Vogel an Kaiser Karl VI., Wien 1.7.1721. 114 Für 1797 liegen genaue Angaben vor, was die Größe einzelner Besitzungen betraf. An der Spitze der Eigentümerfamilien mit dem größten Besitz fanden sich die Hahns (25 607 ha), gefolgt von Flotows (17 046 ha) und Maltzahns (14 565 ha), auf Platz 10 der Graf von Bothmer (6 069 ha) wieder; Buchholz: Historischer und geographischer Atlas, S. 64. 115 Tessin: Wert und Größe mecklenburgischer Rittergütter, S. 147. 116 Zur Kontinuität der Besitzungen Münch: Zu den mittelalterlichen Grundlagen, hier S. 49. 117 Asch: Europäischer Adel, S. 54. 118 Harnisch, Grundherrschaft oder Gutsherrschaft, S. 94.



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Informationen überliefert. Allenfalls seine Tochter Maria Peltz trat als Pächterin in Erscheinung. Nach Trennung von ihrem Mann bewirtschaftete die resolute, tatkräftige Frau alleine den Bauhof Rühn, dessen Pacht sich auf eintausend Reichstaler jährlich belief. Verbesserungs- und Modernisierungsvorschläge, die sie ihrem Vater unterbreitete, zeugen von Sachkunde und ökonomischem Wissen. In Problemsituationen wurde er in der Hoffnung konsultiert, finanzielle Unterstützung zu erhalten. Allerdings übertrieb sie in ihrem fordernden Tonfall. Der Herzog empfand das Drängen, die Pachtverlängerung schnellstmöglich durchzusetzen, als Dreistigkeit, was zumindest zu einer kurzzeitigen Entfremdung führte.119

Hof- und Staatsdienst Ein drittes wichtiges Betätigungsfeld für die unehelichen Kinder bot der Hof beziehungsweise nachfolgend der Staatsdienst, denn schließlich bestand bereits durch die Geburt eine besondere Nähe zum Herrscherhaus. Bevor Adolf Friedrich den natürlichen Sohn seines Bruders Georg von Mecklenburg in Kriegsdiensten unterbrachte, hatte jener bereits eine geraume Zeit dem Herzog als Page aufgewartet und so den Grundstock höfischen Benehmens gelernt.120 Nach seinem mehrjährigen Kriegsengagement und der gemeinsamen Bildungsreise mit dem Lieblingssohn des Herzogs kehrte Georg von Mecklenburg in den höfischen Dienst im Rang eines Kammerjunkers zurück.121 Abgesehen von Oberbeamten wie Hofmeister und Hofmarschall stand er mit diesem Dienstrang an der Spitze der zur Kammer gehörenden Personen.122 Besonders begehrt war das Amt durch den hohen informellen Charakter. Die eng mit dem Fürsten verbundenen Aufgaben setzten eine ständige Nähe zu ihm voraus. Aufgabenbereiche lagen im An- und Auskleiden, im Bedienen während der Mahlzeiten sowie in der Zustellung von Bittschriften und Audienzgesuchen. Gerade in der Kontrolle des Zutritts zum Fürsten lag der Einfluss der Kammerherren begründet.123 Im Gegensatz zu der Wichtigkeit des Amtes kann die finanzielle Vergütung des Dienstes mit jährlich einhundert Reichstalern als recht bescheiden angesehen werden, selbst mit der späteren Erhöhung auf zweihundert Reichstaler.124 Georg von Mecklenburg wechselte unmittelbar nach der Regierungsübernahme des Güstrower Teils durch seinen jüngeren Bruder in dessen Dienste 119 Vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 4208: Akten Maria Peltz betreffend. 120 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 6: Empfehlungsschreiben von Herzog Adolf Friedrich an Herzog Franz zu Braunschweig und Lüneburg, o. O. 20.10.1639. 121 LHAS, Mecklenburg, Hofstaatsachen-Bestallungen, Kammerherren: Entwurf Bestallungsurkunde zum Kammerjunker für Georg von Mecklenburg, o. O. 3.11.1646. 122 Unter Herzog Adolf Friedrich gehörten zur Kammer: die Präzeptoren, Kammerdiener, Leibknechte, Leibbarbiere, Kammerpagen, Pagen der Herzogin sowie der fürstlichen Kinder und die Lakaien, vgl. Stuth: Höfe und Residenzen, S. 179. 123 Pečar: Artikel „Kammerherr“, Sp. 306–307. 124 LHAS, Mecklenburg: Hofstaatsachen-Bestallungen, Kammerherren: Bestallungsurkunde zum Kammerjunker für Georg von Mecklenbrg, o. O. 17.1.1653.

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über. Er verließ den „engeren“ Hofdienst und wurde zum Rat und Hauptmann des Amtes Stargard bestallt. Üblicherweise waren sowohl der Hof als auch die Landesverwaltung am landesfürstlichen Hof angesiedelt, so dass die Räte zwar zum Hof gehörten, aber nicht automatisch zum Hofstaat, was sich unter anderem in der Separierung bei der Hofspeisung manifestierte.125 Der Wechsel vom engeren Hofdienst in einen Aufgabenbereich mit administrativer Tätigkeit fiel nicht nur in eine Phase der äußeren Transformation durch den Regentschaftsantritt seines Halbbruders, vielmehr veränderten sich seine persönlichen Lebensumstände auch durch die Heirat mit Catharina Dorothea von Halberstadt, weshalb der Gedanke naheliegt, dass der Karrieresprung in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen Ereignissen stand. Beide Ehepartner, er als Rat, sie als Hofmeisterin, waren dadurch mit der Herzogsfamilie und dem Hof eng verbunden. Allerdings ist aus den Unterlagen nicht ersichtlich, wo der Lebensmittelpunkt der beiden zu diesem Zeitpunkt lag. Den Titel „Geheimbter Rath und Hauptmann“126 trug Georg von Mecklenburg bis zu seinem Tode im Jahre 1675, obwohl er sich in den letzten Lebensjahren wohl vornehmlich der Verwaltung seines Gutes Teschow widmete. Die Amtstitel blieben, selbst wenn die Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben nicht mehr hauptsächlich betrieben wurde. Schließlich dienten Titel und Ämter auch immer als Nachweis der Gunst des Fürsten. In diesem Kontext muss auch die Ernennung von Carl Ludwig von Mecklenburg zum Geheimen Rat gesehen werden – sein älterer Bruder war bereits verstorben –, die Christian Ludwig wohl unmittelbar nach seinem Regierungsantritt veranlasste.127 Die kollegial strukturierte Behörde übte in einem nur grob abzugrenzenden Zuständigkeitsbereich eine Beratungs- und Regierungsfunktion aus. Jedoch wurde der Titel häufig nur als Ehrenbezeugung ohne konkrete Funktionszuschreibung verliehen. 128 Wahrscheinlich erfolgte die Bestallung Carl Ludwigs aus eben dieser Intention heraus, zumindest trat er nicht in den nachfolgenden wichtigen Verhandlungen über die Neustrukturierung der Regierungsbehörden und den Landesgrundgesetzlichen Erbvergleich in Erscheinung.129 Die von den Herzögen verliehenen Titel und Hofämter signalisierten nach außen hin deutlich die Gunst, in der die unehelichen Kinder bei der Fürstenfamilie standen. Obwohl Georg von Mecklenburg und Carl Ludwig von Mecklenburg durch ihren Grundbesitz offiziell der Ritterschaft angehörten, blieben die Bande zum Her125 Stuth: Höfe und Residenzen, S. 178. 126 LHAS, 2.12-4/2, Gut Teschow, Vol. 5: Versicherung von Pastor Justus Stolman, Cammin 5.5.1702. 127 Es ist keine Bestallungsurkunde zu finden, doch wird er in offiziellen Schriftstücken als Geheimer Rat tituliert, z.B. LHAS, 2.12-4/2, Gut Karcheez, Vol. 2: Brief von Herzog Christian Ludwig an die Geheime Rätin von Mecklenburg, Schwerin 27.10.1752. 128 Wieland: „Artikel“ Geheimer Rat, Sp. 263–264. 129 Vgl. Baumgartner: Die Entwicklung der obersten Landesverwaltung.



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zogshaus bestehen. Darin lag ein wesentlicher Unterschied zu anderen alteingesessenen Adelsfamilien in Mecklenburg, die zu jeglicher Art von Hofdienst eine sehr ambivalente Grundhaltung einnahmen. Selbstverständlich fanden sich auch Mitglieder des eingeborenen Adels unter den Ratgebern und Regierungsmitgliedern; an dieser Stelle sei auf Samuel von Behr130 und Henning Friedrich von Bassewitz131 verwiesen, doch kamen solche Personen eher selten vor. Zwar bot der Hofdienst durchaus attraktive Einkunftsmöglichkeiten, doch barg er auch die Gefahr der zunehmenden Abhängigkeit vom Fürsten, was zugleich als Ausdruck der Gefährdung des eigenen Sozialstatus interpretiert werden konnte. Die soziale Position leitete sich aus der Stellung bei Hofe ab, die wiederum auf die Gunst des Herrschers oder besonderer Klientelgruppen zurückzuführen war.132 Die schwache Position der mecklenburgischen Fürsten aufgrund der ständigen Geldnöte und Landesteilungen verhinderte den Aufbau eines „zentralen“ Hofes, der über genügend Autorität verfügte, die Machteliten des Landes zu binden. Sobald aber die Adligen umfangreiche Macht- und Einflussmöglichkeiten besaßen, bestand eine Gefährdungssituation für den Herrscher, der daher versuchte, diese adligen Kräfte von seinem Hof fernzuhalten. Im Gegenzug griff er auf Personen zurück, die weniger Prestige ihr Eigen nennen konnten, woraus folglich von vornherein eine größere Abhängigkeit resultierte.133 Die Familienlosigkeit der unehelichen Kinder hinsichtlich der Seite der Mutter brachte die beiden von Mecklenburg exakt in diese Situation. Sie verfügten über keine adlige familiäre Hausmacht, stattdessen verdankten sie ihr Kapital allein dem Fürstenhaus. Somit stellte das Engagement am Hof für die natürlichen Kinder auch immer einen Akt der gegenseitigen Versicherung der Loyalität und Bindung dar und diente der Auszeichnung. Dahingehend finden sich im Lebenslauf der unehelichen Kinder des neunzehnten Jahrhunderts keine Tätigkeiten, die bei Hofe praktiziert worden sind. Der direkte Fürstendienst spielte keine Rolle mehr. Der Hof als personales Machtzentrum, das einerseits den Mittelpunkt der Fürstenfamilie, anderseits die Regierungszentrale bildete, driftete zunehmend auseinander. Statt in den Hofdienst traten die unehelichen Kinder nun in den Staatsdienst ein. Auffällig ist dabei die Häufung von Förstern unter den Söhnen von Friedrich Franz I. Wenn sie keinen Stiefvater besaßen, der ihnen explizit einen anderen Weg wies, schlugen sie mit der Unterstützung ihres leiblichen Vaters eine forstwirtschaftliche Laufbahn ein. Sowohl in ökonomischer als auch kultureller Hinsicht besaß die Forstwirtschaft einen besonderen Stellenwert. Sie glich keiner anderen Tätigkeit, da Ergebnisse der Arbeit oft erst nach Jahrzehnten sichtbar wurden, was ein langfristiges, gegenseitiges 130 131 132 133

Vgl. seine Bedeutung für Herzog Adolf Friedrich Stuth: Höfe und Residenzen, S. 165–173. Vgl. dazu Neuschäffer: Henning Friedrich Graf von Bassewitz. Auge und Spieß: Hof und Herrscher, S. 6–8. Ebd., S. 11.

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Treue- und Vertrauensverhältnis voraussetzte.134 Der Wald in Mecklenburg blieb bis 1918 im Besitz des Landesherrn.135 Im Gegensatz zu dem Agrarbesitz, der in Domänen unterteilt und verpachtet war, stand der Waldbesitz unter gesamtheitlicher Verwaltung, wodurch die Effizienz verstärkt und der Ertrag erhöht werden konnten. Die wirtschaftliche Bedeutung war enorm, wie die 1816 erstmalig vorgenommene Aufschlüsselung des Etats durch das Kammer- und Forstkollegium zeigte. Nach Abzug der baren Ausgaben, die gerade einmal sechzigtausend Reichstaler betrugen, blieb ein Reingewinn von rund vierhundertfünfzigtausend Reichstalern!136 Ende des achtzehnten Jahrhunderts geriet die Forstwirtschaft in einen Transformationsprozess. Infolgedessen bedurfte die einsetzende Professionalisierung kompetent ausgebildete Leute. Diese Lücke nutzte Friedrich Franz I., indem er seine Söhne zu Cotta in die Lehre schickte. Auf der einen Seite sorgte er für deren Zukunft, auf der anderen gewann er qualifizierte Angestellte für diesen wichtigen Wirtschaftszweig. Obwohl laut Reglement Bürgerlichen die Laufbahn der höheren Forstanstellungen offenstand, wurden Unterschiede in der Titelvergabe deutlich, die aus der Verknüpfung des Forstkollegiums mit der Hofjägerei resultierten. Die adligen Jagdjunker besaßen eine generelle Exspektanz auf eine Forstinspektorstelle im Rang eines Oberforstmeisters, Bürgerliche hingegen trugen den Titel Oberförster auf dieser Position.137 Im Forstbereich lag eine der wenigen akzeptablen Bestätigungsfelder für den Adel, was zum wesentlichen Teil dem hohen Stellenwert der Jagd geschuldet war. Eine exakte Trennung zwischen Holzproduktion und Jagdwesen erfolgte zu diesem Zeitpunkt noch nicht.138 Auf der Stufe der Oberförster fanden sich auch die Söhne von Friedrich Franz I. wieder. Als „inspizierende Forstbediente“ standen sie einem Distrikt vor. Da nicht ohne elementaren Eingriff in die Verwaltungsstrukturen solche Stellen geschaffen werden konnten, mussten sie warten, bis sich dieses Problem auf natürliche Weise löste. Aber bereits mit Ende zwanzig übten beide diese verantwortungsvolle Tätigkeit aus.139 Der Aufgabenbereich umfasste die Aufsicht der untergeordneten Jäger und Förster, forsttechnische Arbeiten wie das Anlegen von Schlägen und die Bestimmung von Baumkulturen sowie wirtschaftliche Aspekte durch den Holzverkauf und die Naturalrechnungen.140 Zudem wird es innerhalb ihrer Verantwortung gelegen haben, 134 Theilemann: Adel im grünen Rock, S. 286. 135 Voss: 1000 Jahre Jagd- und Forstgeschichte, S. 78. 136 Die genauen Zahlen lauteten: Wert aller Naturalabgaben 417 280 Rthl., bare Einnahmen 98 417 Rthl., bare Ausgaben 59 536 Rthl., folglich „reine Revenue“ 456 161 Rthl., Geistefeldt: Zur Geschichte der Organisation der Forstverwaltung, S. 93–96. 137 Ebd., S. 100. 138 Kasten: Herren und Knechte, S. 46. 139 Friedrich Mecklenburg wird seit 1814 als Oberförster in Zickhusen geführt, vgl. Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher Staats-Kalender, 1815. Franz Mecklenburg übte das Amt ab 1817 in Wabel aus, vgl. Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinscher Staats-Kalender, 1817. 140 Geistefeldt: Zur Geschichte der Organisation der Forstverwaltung, S. 98.



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sobald ihr Vater oder der Hof zu Jagden in den Wäldern von Wabel und Zickhusen einrückten, diese entsprechend vorzubereiten und sich um deren Belange zu kümmern. Zwar adelte Friedrich Franz seine Söhne nicht, doch verschaffte er ihnen zumindest prestigeträchtige Berufe, die durchaus auch im Niederadel Akzeptanz fanden und die innerhalb der Etikette Umgang miteinander erlaubten. Der Försterberuf war eine Lebensstellung. Nach fünf Jahren wurde der in Zickhusen lebende Mecklenburg zum Forstinspektor berufen – ein einzigartiger Titel im damaligen Mecklenburg. Sein mit ihm aufgewachsener Bruder erhielt diese Auszeichnung erst zum fünfundzwanzigsten Dienstjubiläum, 1866 verstarb dieser im Rang eines Oberforstmeisters.141 Ihr jüngerer Bruder Franz Mecklenburg schlug nicht mehr die Oberförsterlaufbahn ein, obwohl er ebenfalls die Forstwissenschaften bei Cotta studiert hatte, sondern übernahm eine Stelle im Revisionsdepartement für Forstangelegenheiten, wo er bis in den Vorstand aufstieg. Sein Karrierebeginn 1825 zeigt die Wechselwirkung zwischen Forstkollegium, Großherzog und natürlichem Sohn. Ohne Zutun des Großherzogs gelangte Franz Mecklenburg auf die Liste der Kandidaten für die neu zu besetzende Revisorstelle. Als ihm dieses zu Ohren kam, wandte er sich an seinen Vater, um diesen zu bitten, seiner „huldreichst zu gedenken“.142 Friedrich Franz I. kontaktierte den Oberlandforstmeister Eggerß, einen der zwei höchsten Forstrepräsentanten, der ihm bescheinigte, dass im Gegensatz zu seinem Konkurrenten der junge Mecklenburg „die gehörige Ruhe und die Ausdauer für das Geschäft eines Forstrevisors in hohem Grad besitzt […,] welche für die mühsame und herzlich langweilige Beschäftigung […] durchaus erforderlich ist“. 143 Zusätzlich punktete der junge Mecklenburg mit einer schönen und zierlichen Handschrift, die im Kollegium Bewunderung erregte. Der Einfluss, den der Großherzog nahm, erstreckte sich allenfalls auf höfliches Nachfragen und Bekunden von Interesse. Erst nach Bekanntgabe der Zustimmung drückte Friedrich Franz I. deutlich sein Wohlgefallen aus und gestand: „Ich trauete ihm Fähigkeiten und Geschick zu, allein so habe ich es mir doch nicht vorgestellt“.144 Er empfahl seinen Sohn zur Verwendung. Wirklich glücklich wurde dieser in den ersten Jahren nicht. Zum einen lag das an finanziellen Unzulänglichkeiten, zum anderen an der Arbeit an sich.145 Allerdings verhalf ihm sein Vater 141 LHAS, 5.2-1, Nr. 3276: Brief von L. Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz II., Wabel 21.10.1866. 142 LHAS, 2.26-1, Nr. 4202: Brief von Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Zickhusen/Wabel 23.4.1825. 143 Ebd., Brief vom Oberlandforstmeister Hans Christian Eggerß an Großherzog Friedrich Franz I., Schwerin 7.5.1825. 144 Ebd., Antwortnotiz von Großherzog Friedrich Franz  I. auf den Brief von Eggerß vom 7.5.1825. 145 „[…] so muß ich auch gestehen: ich habe den Forstrevisor-Dienst früher nicht so sauer und unangenehm geträumt, als es wirklich ist, wenn pflichtmäßig alles mit Ordnungsliebe durchgeführt wird. Gewiß eins bin ich mit meinen Dienstarbeiten im Rückstand gewesen, solche übersteigen auch keineswegs meine wenigen Kenntnisse, allein ist ein schweres […] sich sei-

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trotz Bitten zu keiner Oberförsterstelle, auch wenn er ihm seine uneingeschränkte Anerkennung zusicherte, so dass Franz Mecklenburg seinen einmal eingeschlagenen Karriereweg fortsetzen musste. Auch zwei anderen Söhnen, die sich in Staatsdiensten verdingten, half der Vater primär beim Einstieg, die restliche Laufbahn absolvierten sie ohne nachweisbare Unterstützung des Herzogs. Den Wunsch seines Sohnes Friedrich Franz Mecklenburg, der gerade sein Studium in Göttingen beendet hatte, „die Beamtenlaufbahn an[zu]treten, um dort dem Vaterlande zu dienen“,146 erfüllte Friedrich Franz I. gerne und erließ an die Kammer diesbezügliche Anweisungen. Da ihm bereits sein Sohn die Unterstützung der Vorgesetzten versicherte, zog der Großherzog keine weiteren Erkundigungen ein. Die Beamtenkarriere verlief geradlinig und stetig bis zur Stufe eines Landdrosten.147 Letztendlich übte er als oberster Beamte eines Verwaltungsbezirkes in Stellvertretung des Landesherrn eine ähnliche Funktion aus wie zweihundert Jahre zuvor Georg von Mecklenburg – ohne Adelstitel und ohne die enge personelle Verflechtung zum Hof. Friedrich Franz Mecklenburg folgte in der Berufswahl seinem Stiefvater ebenso wie Friedrich Kentzler dem seinigen. Im Fall Kentzler wurden wahrscheinlich bereits langfristige Arrangements zwischen Herzog und Stiefvater getroffen. Denn der Sohn sollte nicht nur ebenfalls im Postdienst tätig werden, sondern zu gegebener Zeit auch die Stellung des Vaters übernehmen, was er später aber ablehnte.148 Die im öffentlichen Dienst angestellten Söhne kontaktierten ihren Vater in karrie­ re­technischen Fragen, aber letztendlich griff dieser nur selten direkt ein. Die Verknüpfung von Hof und Regierungsbehörden hatte in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts im Verhältnis zu den vorherigen Zeiten erheblich abgenommen. Der Bonus der natürlichen Söhne erstreckte sich vor allem auf den Einstieg und die relativ schnell erfolgenden Beförderungen auf Stellen, die ein gutbürgerliches Leben ermöglichten. Fraglos nahm Friedrich Franz I. in dieser Phase seine Einflussmöglichkeiten wahr, allein schon weil von ihm geäußerte Empfehlungen und Wünsche von den Regierungsstellen schwer zu ignorieren waren; er hielt sich ansonsten aber weitnen Zunftgenossen oft unangenehm machen und dadurch vielleicht gar nachteilige Folgen für sich erwirken, endlich sich in Schwerin mit der Sparsamkeit abquälen zu müssen, denn es ist hier ohne Haus, Hof, Acker und Vermögen, wahrlich ein sehr kostbares Leben und ohne Geiz unmöglich bei einer Einnahme von 751 Rthl. etwas zu erübrigen. – Aus Lust und Liebe zur schönen Natur wurde ich ein Forstmann, hier, muß ich nun in düstere Mauern den holden März vertrauern und ohne ihn vergehn, das wirkt sehr nachtheilig auf meine Gesundheit. Erretten Ew. königliche Hoheit – die mich stehts beglückten – daher bei passender Vacanz einer Oberförster-Stelle mich huldvollst auch aus dieser Lage.“ Ebd., Brief von Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Schwerin 12.10.1829. 146 LHAS, 5.2-1, Nr. 2915/1: Brief von Friedrich Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Gadebusch 5.2.1831. 147 Vgl. den Werdegang in ebd. 148 LHAS, 2.26-1, Nr. 4198: Brief von Friedrich Kentzler an Großherzog Friedrich Franz I., Wismar 25.9.1824.



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gehend zurück. Zwar wurden häufiger Geldfragen von seinen Kindern angeschnitten, doch wirkten diese nicht unmittelbar auf die Karriere nach. Der Karriereweg folgte den zu erwartenden Bahnen. Abweichungen sind nicht zu beobachten, stattdessen wurde pflichtgemäß der Dienst über Jahrzehnte hinweg absolviert.

5.3 Widerstand zwecklos?! Konfliktsituationen der natürlichen Kinder mit der Herzogsfamilie Das Verhältnis zwischen den unehelichen Kindern und der Familie des Herzogs, worunter in diesem Zusammenhang sowohl der Vater als auch die anderen Familienmitglieder zu verstehen sind, bot im Großen und Ganzen erstaunlich wenig Konfliktpotential. Selbst zu Zeiten ausgesprochen schwieriger äußerer Umstände, etwa während des Dreißigjährigen Krieges, bleibt eine große Anhänglichkeit beider Parteien zu konstatieren, obwohl unzweifelhaft finanzielle Probleme die Beziehungen immer wieder belasteten. Soweit wie möglich wurden aber Wünsche und rechtliche Verfügungen der verstorbenen Familienmitglieder berücksichtigt und umgesetzt. Erst im achtzehnten Jahrhundert traten dauerhafte Zerwürfnisse auf, die, stark personengebunden, im unmittelbaren Zusammenhang mit Herzog Carl Leopold standen. Das Spannungspotential resultierte nicht nur aus den Charaktereigenschaften Carl Leopolds, seinen Ambitionen und Entscheidungen, sondern vor allem aus den daraus folgenden veränderten politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Mecklenburg. Solange die Fürsten souverän ihr Land regierten, schlug das Kräfteverhältnis zwischen ihnen und dem natürlichen Nachwuchs der Dynastie eindeutig zu ihren Gunsten aus. Selbst wenn getroffene Entscheidungen, wie beispielsweise Kürzungen und Aussetzen von Unterhaltszahlungen, rechtlich nicht einwandfrei gewesen wären, so hätten die unehelichen Kinder als die von der Gunst abhängigen Personen nur wenig Spielraum besessen, dagegen vorzugehen. Das Eingreifen Wiens und seiner Verbündeten in den mecklenburgischen Ständekampf veränderte aber das Kräfteverhältnis. Neue Handlungsoptionen wurden für die natürlichen Kinder eröffnet, da sich die Abhängigkeit von der Herzogsfamilie reduzierte. Infolgedessen sind die Klagen vor dem Wiener Reichshofrat und das auf Konfrontation ausgerichtete Verhalten in ihrer Gänze und Totalität nur unter Berücksichtigung der gegebenen Entwicklungen in der Landespolitik zu verstehen.

5.3.1 Der Kampf um das Erbe: Die Gebrüder von Mecklenburg vor dem Reichshofrat In den Augen von Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg entzündeten sich die Streitigkeiten zwischen ihnen und ihrem Onkel an finanziellen Differen-

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zen, da ihre zugesicherten jährlichen Zinszahlungen mit Fortschreiten der politischen Wirren und der Exekutionstruppen im Land immer unregelmäßiger eintrafen. Aus Sicht des Herzogs lag die Ursache in mangelnder Loyalität.149 Die Brüder insistierten nachdrücklich auf ihren Abschied aus den Armeediensten. Erst als ihnen dieser verwehrt wurde, was ohnehin der prinzipiellen Haltung des Herzogs bei solchen Gesuchen entsprach, erwogen sie die Klage vor dem Reichshofrat in Wien, um ihr Anrecht auf das Erbe und ihren Lebensunterhalt durchzusetzen. Beschwichtigende Ratschläge von ihrer Vertrauens- und Kontaktperson zum Herzog, dem Geheimen Rat von Wolffradt, Zutrauen darauf zu haben, dass die vom Schicksal geschaffene Unordnung bewältigt werden könne,150 verfehlten nach Monaten des Wartens und der Ungewissheit ihre Wirkung. Bereits parallel zum Schriftwechsel mit Wolffradt bezüglich der Legatszahlungen im März 1720 bemühten sich die Brüder um einen Konsens mit Herzog Christian Ludwig II., der ihre Forderung nach den einhunderttausend Reichstalern offiziell anerkannte.151 Die sich bereits abzeichnende Spaltung der Herzogsfamilie stärkte ihre Position. Indem sie sich des Bruders des Herzogs versicherten, unterstrichen sie die Rechtsgültigkeit ihrer Forderung. Allerdings hofften die beiden nach wie vor auf eine gütliche Einigung, so dass sie über ein Jahr vergeblich auf positive Entwicklungen warteten, die mit dem Vorwand ausblieben, dass die nötigen Urkunden nicht auffindbar wären.152 Erst im Juli des Jahres 1721 meldete sich Carl Leopold in der Sache wieder persönlich zu Wort, als er die beiden Brüder in knappem Tonfall einbestellte.153 Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig wiesen diese „persönliche Comporation“154 zurück, zum einen aufgrund der so ungewöhnlich („non inserta causa“) vorgetragenen Ladung, zum anderen wegen der Tatsache, dass sie die „unterthänigst gesuchte Dimission von denen vormachts gehabten Krieges diese längst dadurch erhalten haben daß [sie] auff [ihre] eingesandte Memorialien keine resolution noch einige gnädigste Antwort erhalten haben“.155 Nach ihrer praktisch eigenmächtigen Entlassung aus den Armeediensten war der endgültige Bruch mit dem regierenden Herzog unumgänglich geworden. Die Verweigerung des direkten Befehls, bei ihm vorstellig zu werden, zeigte offen die Konfrontationsbereitschaft. Allerdings blieb ihnen kaum eine andere Wahl. Paranoia 149 Vgl. ausführlich zu den Vorkommnissen, die zum Zerwürfnis von Herzog Carl Leopold mit seinen Neffen führten Abschnitt 3.4, S. 98. 150 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Brief des Geheimen Rates von Wolffradt an Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg, Schwerin 17.3.1720. 151 Ebd., Revers von Herzog Christian Ludwig II., Grabow 6.4.1720. 152 Ebd., Brief von Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg an Herzog Carl Leopold, Wismar 30.3.1721. 153 Ebd., Order von Herzog Carl Leopold an Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg, Dömitz 10.7.1721. 154 Ebd., Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg, o. O. 28.7.1721. 155 Ebd.



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hatte sich im Sommer 1721 bei Hofe ausgebreitet, der unter anderem besagter Hermann Christian von Wolffradt zum Opfer fiel. Dem Zugriff des Onkels ausgeliefert zu sein, würde eine Gefahr für Leib und Leben bedeuten. Zudem waren die Vorbereitungen für die Klageerhebung zu diesem Zeitpunkt schon angelaufen, was Carl Leopold unzweifelhaft wusste. Dass der Reichshofrat zum Austragungsort des Prozesses gewählt wurde, ist zwar naheliegend, aber ebenso hätten sich die Brüder auch an das Reichskammergericht wenden können. Zwar bevorzugten im Falle von staatlich-hoheitlichen Streitpunkten mecklenburgische Kläger eindeutig den Reichshofrat, aber im Zusammenhang mit Fragen des Familienverbandes, dessen Inhalt sich auf die Ehe und testamentarische Probleme erstreckte, wurde häufiger das Reichskammergericht bemüht. 156 Der eindeutige Vorteil des Reichshofrates bestand in diesem Fall in der Nähe zum Kaiser. Während das Reichskammergericht gemeinsam von Kaiser und Ständen getragen wurde, war der Reichshofrat auf das Engste an die Person des Kaisers gebunden, so dass die Rechtsprechung durchaus der Einflussnahme des Kaisers und der Instrumentalisierung politischer Ambitionen des Hofes unterlag. Daher galt der Reichshofrat als das höchste Gericht im Reich, als das „Vornehmere“, dem trotz Protesten der Stände ein Vorrang vor dem Reichskammergericht eingeräumt wurde.157 In Anbetracht der politischen Situation in Mecklenburg konnte die Nähe zum Kaiser nur von Vorteil für die Kläger sein, zumal ihr testamentarischer Anspruch in größeren mecklenburgischen Zusammenhängen stand. Dass daraus auch Gefahr erwachsen konnte, wird in den von Friedrich Wilhelm geäußerten Befürchtungen deutlich: Er hatte das Gerücht gehört, dass die Kommission des Kaisers, um die Geldforderungen des Adels zu begleichen, überlegte, auch den Allodialnachlass von Herzog Friedrich Wilhelm heranzuziehen. Zudem bereiteten ihm mögliche „Successoren“ Sorgen wie beispielsweise aus dem Fürstenhaus Strelitz, die keine Unterschrift unter den Vergleich der Brüder gesetzt hatten und damit das Erbe der unehelichen Kinder nicht anerkannten.158 Allerdings überwogen für die Brüder die Vorteile, die sie aus der seit dem Einmarsch der Exekutionstruppen vollkommen verworrenen Lage im Land zogen, bei weitem. Zwei Regierungen existierten nun in Mecklenburg, die sich gegenseitig blockierten und in ihrer Arbeit behinderten. Auf der einen Seite saßen in Rostock die Subdelegierten aus Hannover und Wolfenbüttel, die im Namen der Konservatoren des Kaisers die Regierung übernommen hatten, um die alten Verhältnisse wiederherzustellen. Ihre Kassendirektion nahm Sitz in Boizenburg, wo sie sämtli156 Untersuchungen belegen ein Verhältnis von 1 263 Klagen beim Reichshofrat zu 744 Klagen beim Reichskammergericht, wobei die Autoren darauf hinweisen, dass letztere Zahl noch nach oben korrigiert werden muss, vgl. dazu Freitag und Jörn: Zur Inanspruchnahme der obersten Reichsgerichte, S. 76. 157 Jahns: Das Reichskammergericht und seine Richter, S. 53; Sellert: Der Reichshofrat, S. 21. 158 LHAS, 2.12-4/2, Gut Karcheetz, Vol. I.a: Brief von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg an Johann Nicolaus Vogel, Wismar 23.7.1722.

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che Einkünfte der Fürstendomänen, alle Zölle und anderen Abgaben einzog und verwaltete. Auf der anderen Seite stand Carl Leopold. Ihm verblieben die Festung Dömitz mit dem Elbzoll und die Abgaben der Stadt Schwerin, über die er weiterhin Kontrolle ausübte.159 Die Brüder von Mecklenburg profitierten von der Situation. Während der Gerichtsverhandlung erhielten sie ihre Zinszahlungen wohl aus der Boizenburger Kasse und waren somit wieder einigermaßen liquide. Auf jeden Fall sind keine akuten Geldnöte dokumentiert. Ohne weiteres besaßen die Brüder ausreichend finanziellen Spielraum, um sechzig Dukaten Gold „zu beforderung [ihrer] Sache anbewußten ohr [zu] emploiren“160 oder auch einige Wochen lang durch Italien zu reisen, um am dortigen Karneval teilzunehmen.161 Zu ihrer Vertretung vor Gericht hatten sie den „unzweiffenlichen Redner und Anwaldten vor dem hochlöbl. Kayserl. Reichs-Hof-Rath Johann Nicolaus Vogel“ 162 gewählt. Die sogenannten Reichshofratsagenten, von denen es gewöhnlich zwischen vierundzwanzig und dreißig Personen gab, und die ein Zeitgenosse zu denjenigen zählte, die aufgrund ihrer horrenden Gagen „am angenehmsten zu Wien leben“,163 vertraten Körperschaften und Personen, die keine Reichsstände waren, da diese keinen eigenen Sachverwalter erwählen durften. Die Reichsagenten erledigten somit alle Gerichtsangelegenheiten der Parteien und stellten das direkte Bindeglied zum Reichshofrat dar.164 Ihre Funktion lag aber nicht nur im offiziellen Bereich, sondern gerade auch im Aufbau informeller, belastbarer Verbindungen zu Hofangehörigen wie den Räten und Kanzlisten. Selbst wenn auf die Entscheidungsfindung oft nur wenig Einfluss ausgeübt werden konnte, galt es doch, im Sinne des Mandanten den Gang der schwerfälligen Verfahrensabläufe zu optimieren.165 Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg blieben während des Prozesses, der sich über Jahre hinzog, in Briefkontakt mit ihrem Anwalt, der sie über die neuesten Entwicklungen informierte. Während sie 1723 Italien bereisten,166 mahnte Friedrich Wilhelm Vogel, „daß es uns würde sehr lieb sein, wan(n) Mein Hr. Reichs-

159 Wick: Versuche zur Errichtung des Absolutismus, S. 147. 160 LHAS, 2.12-4/2, Gut Karcheetz, Vol. I.a: Brief von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg an Johann Nicolaus Vogel, Bützow, den 15.2.1722. 161 Ebd., Brief von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg an Johann Nicolaus Vogel, Leipzig 20.11.1722. 162 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Bestallungsurkunde Johann Nicolaus Vogel, 24.7.1724. 163 Keyßler: Neueste Reisen durch Deutschland, S. 125. 164 Vgl. ausführlich zu den Aufgaben, Rechten und Pflichten der Reichshofratsagenten Herchenhahn: Darstellung der gegenwärtigen Verfassung des Kaiserlichen Reichshofraths, hier S. 154. 165 Ehrenpreis: Kaiserliche Gerichtsbarkeit und Konfessionskonflikt, S. 72. 166 Neben dem Karneval in Venedig lagen Neapel und Rom auf ihrer Route, vgl. dazu LHAS, 2.12-4/2, Gut Karcheetz, Vol. I.a: Brief von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg an Johann Nicolaus Vogel, Venedig 15.1.1723.



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agent die Guttheit hätten etwas fleißiger zu schrieben, damit wir von dortigem nouis und Zustand unserer Sache ein wenig mehr möchten zu hören bekommen“.167 Die erste von Vogel übermittelte Vorstellung des Falls an den Reichshofrat erfolgte im Juli 1721168 und spiegelte im Großen und Ganzen den bekannten Sachverhalt wider: Der verstorbene Herzog Friedrich Wilhelm vermachte im Einklang mit der Brüderlichen-Vergleichs-Union seinen natürlichen Kindern Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg einhunderttausend Reichstaler mecklenburgischer Valeur. Sein Nachfolger Carl Leopold agnoszierte zwar sofort das Testament, weigerte sich nun aber, der Auszahlung nachzukommen. Da die vormals in seinen Militärdiensten stehenden Brüder gedachten, „dagleichen Bedienung zu quittieren, und sich mit dem ihrigen zu etablieren“,169 forderten sie ihr legiertes Kapital, das ihnen auch Herzog Christian Ludwig II. zugesichert hatte. Ohne diese Gelder hätten sie keinen „fixam sedem“ erwählen können, so dass sie gezwungen wären, auch weiterhin ein unstetes Leben zu führen. Aus diesem Grund ersuchten sie den Kaiser um Hilfe. Von der Rechtsprechung bis zum Vollzug der Entscheidung sollte über ein Jahrzehnt vergehen, während die innenpolitische Sachlage sich dahingehend veränderte, dass Christian Ludwig ab 1728 die Tätigkeit eines Administrators im Dienste des Kaisers ausübte, was trotz der Bemühungen Carl Leopolds, die Situation zu seinen Gunsten zu beeinflussen, de facto der Absetzung des regierenden Herzogs entsprach.170 Die Brüder wussten um die Vorteile der politischen Situation für ihr Legatsersuchen. Solange mit den im Land stehenden Exekutionstruppen Druck auf Carl Leopold ausgeübt werden konnte, war die Fortzahlung ihrer Erbschaftsansprüche aus der Exekutionskasse gewährleistet. Sie verknüpften sogar ihre persönliche Lage mit der Situation Mecklenburgs, indem sie den Kaiser baten, bis zur völligen Erledigung ihrer Sache die Exekutionstruppen im Land zu belassen.171 Da aus der Landeskasse selbstverständlich nicht ohne weiteres einhunderttausend Reichstaler für das Legat abgeführt werden konnten, schien die Übertragung von Immobilien ein probates Mittel zu sein, um den Erbschaftsforderungen nachzukommen. In das Zentrum des Interesses gerieten die Güter Gülzow, Karcheez, Boldebuck, Zibühl und Lübzin, die erst wenige Jahre zuvor von ihrem Vater gekauft wurden. Östlich, in der Nähe von Güstrow gelegen, entsprachen die Güter einer Gesamtfläche von über viertausendfünfhundert Hektar.172 Mochten die Brüder auch 167 Ebd., Brief von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg an Johann Nicolaus Vogel, Rom 9.4.1723. 168 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Schreiben von Johann Nicolaus Vogel an Kaiser Karl VI., Wien 1.7.1721. 169 Ebd. 170 Vgl. ausführlich dazu Matthias: Die Mecklenburger Frage. 171 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Schreiben von Johann Nicolaus Vogel an Kaiser Karl VI., Wien 1721. 172 Im Jahr 1818 entsprach die Größe der Güter exakt 4 685 Hektar, vgl. Bill: Geschichte der Familie von Mecklenburg, S. 46.

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Nutzen aus den Exekutionstruppen im Land ziehen, so stellten diese in gewisser Hinsicht dennoch ein Problem dar: Der finanzielle Druck auf das Herzogtum stieg an und somit auch die Schar von Kreditgebern. Insbesondere in der Ritterschaft erwuchs ein Konkurrent. Ein nicht näher genannter Freund aus dem Umkreis von Bernstorff, dem Wortführer in den Verhandlungen der Ritterschaft, erweckte in den Brüdern die Befürchtungen, dass auch die Ritterschaft anfangen könnte, sich für ihre Belange zu interessieren, was Friedrich Wilhelm von Mecklenburg zu der Vermutung veranlasste, „das die Meckl. Ritterschaft uns die Güther da wir ümb angehalten nicht gern gönnen sondern noch in der hoffnung stehen sie selbsten zu erhalten, welches doch etwas difficil scheint“.173 Die Brüder drängten auf eine schnelle Übertragung der Güter, zumal sie sich endlich in ihrem eigenen Domizil einrichten „und nicht wie bißhero zu Ihrem großen Nachteil und Beschwerde in der Frembde mit großen Kosten herum ziehen“174 wollten. Ihr Wunsch, sesshaft zu werden, fand in den Briefen bezüglich der Klage wiederholt Eingang und gewann Mitte der 1720er Jahre an Dringlichkeit, da nach den Eheschließungen der beiden nunmehr auch ihre Familien versorgt werden mussten. Zwar erfolgte nach dem Vorschlag der Güterübertragung verhältnismäßig rasch die Feststellung des Wertes der Güter, die auf rund neunzigtausend Reichstaler taxiert wurden,175 allerdings zog sich der Prozess des Besitzerwechsels über Jahre hin. Erst Mitte der 1730er Jahre, nach über zehnjähriger Dauer, ging der Prozess seinem Ende entgegen.176 Dem Usus entsprechend wurden die Entscheidungsgründe nicht schriftlich fixiert, da sie ausschließlich gerichtsinternen Zwecken dienten und weder für die Parteien noch für die Öffentlichkeit bestimmt waren.177 Die Übergabe der Güter wurde auf den 11. Januar 1734 festgesetzt, wobei zuvor geklärt werden musste, inwieweit noch andere Käufer oder Gläubiger ein Interesse daran hatten. Selbst überregional wurde im Hamburger Relation Courier die öffentliche Subhastation der „neu angekaufften Adeliche Gütter Karges, Gülzow, Zibühl, Boldebuck und Lübzin“178 inseriert. Allerdings scheint in Anbetracht des kurzfristigen Versteigerungstermins, der bereits sechs Tage später anberaumt war, die Intention fraglich. Augenscheinlich bestand kein wirkliches Interesse daran, die Güter zu versteigern, geschweige denn, Gläubigern die Chance auf Rückzahlung ihres Kredits einzuräu173 LHAS, 2.12-4/2, Gut Karcheetz, Vol. I.a: Brief von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg an Johann Nicolaus Vogel, Grabow 22.1.1724. 174 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Schreiben von Johann Nicolaus Vogel an Kaiser Karl VI., Wien Mai 1725. 175 Ebd., Gutachten Göttsche/Schmidt, o. O. 4.6.1726. 176 Damit befand sich die Prozessdauer am oberen Ende der Skala. Fast die Hälfte der Verfahren dauerte weniger als ein Jahr, 22 Prozent wurden binnen zwei und drei Jahren erledigt, weitere 20 Prozent lagen zwischen vier und zehn Jahren, vgl. Westphal: Kaiserliche Rechtsprechung, S. 507. Zu ähnlichen Befunden kommen auch Freitag und Jörn: Zur Inanspruchnahme der obersten Reichsgerichte, S. 122–123. 177 Sellert: Der Reichshofrat, S. 42. 178 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Hamburger Relation Courier, 5.1.1734.



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men, da diese sich ohnehin acht Tage vor Ablauf der Frist einzufinden hatten. Es wird davon auszugehen sein, dass Christian Ludwig II. als Kommissar des Kaisers im Interesse seiner ihm nahestehenden Neffen die Unwägbarkeiten reduzierte und den Prozess insoweit vorantrieb, wie es ihm seine bescheidenen politischen und finanziellen Einflussmöglichkeiten erlaubten. Im Gegensatz dazu agitierte Carl Leopold, der nach seinem gescheiterten Landesaufgebot ohnehin keinerlei Machtbasis mehr im Land besaß, vehement gegen die Übertragung der Güter: „Und erteile Euch darauf hiemit zum gnädigsten Bescheid demnmahls nur allein die Zinsen von deren Mecklenburger Legaten-Geldern, bey sonst gebührlicher Verhaltung auß unseren fürstlichen Renterey-Gefällen zu berichtigen, nicht aber Landes-Fürstlicher Güther und Gründe dafür eigenthümlich zu zerschlagen und abzustrafen seyn, gegens Uns besagter Gebrüder, Mecklenburgen auch durch entweichung auß Unseren Landen, nicht erscheinung auf unser berufen, und sonst mannighafter weise sich notorie dergestalt betragen, daß ihnen desfalls die genughaffte Rechenschaft und Verantwortung schwehr, wo nicht unmöglich fallen dürfte.“179 Alle Klagen und Bemühungen von Seiten Carl Leopolds halfen nicht: Die Überlassung der Güter an die Brüder von Mecklenburg fand statt. Zudem sollten sie die restlichen, ihnen aufgrund des Legats zustehenden zehntausend Reichstaler aus der Exekutionskasse erhalten. Eindringlich erbaten sie diese Gelder, damit ihnen genügend Kapital zur Verfügung stand, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen.180 Nach einigen weiteren juristischen Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit den Pächtern der Güter standen, erfolgte 1736 endlich die Übergabe der Güter, die sich die Brüder entsprechend aufteilten.

5.3.2 Auf der Flucht: Die Fräulein von Mecklenburg gegen Herzog Carl Leopold Carl Leopold geriet nicht nur mit seinen Neffen in Konflikt, sondern entzweite sich ebenso mit seinen Töchtern: Er verleugnete und verstieß sie. Gegenseitiges Misstrauen, verletzte Eitelkeiten und jugendlicher Leichtsinn bildeten ein unheilvolles Konglomerat, das zum endgültigen Zerwürfnis führte. Mitte der 1730er Jahre befand sich Carl Leopold an seinem absoluten Tiefpunkt. Von Wien suspendiert, lenkte sein verhasster Bruder zumindest nominell die Geschicke des Landes. Seine Bemühungen, die Herrschaft mittels eines allgemeinen Landesaufgebotes wiederzuerlangen, waren kläglich gescheitert. Selbst seine Residenzstadt Schwerin musste er 1735 aufgeben, nachdem Christian Ludwig deren Erstürmung befohlen hatte. In der Hektik der Flucht entschied der abgesetzte Her179 Ebd., Order von Herzog Carl Leopold an den Bürgermeister von Bützow, Schwerin 28.11.1733. 180 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Brief von Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg an Herzog Christian Ludwig II., o. O. 30.1.1734.

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zog, mit seinen Töchtern im Schlepptau Unterschlupf im nahe gelegenen Wismar zu suchen – was eine gewisse Ironie barg, wenn man bedenkt, dass nur wenige Jahre zuvor die von Carl Leopold arg drangsalierten Adligen ebenfalls Zuflucht in der Stadt gesucht hatten. Seit er seine Töchter fünf Jahre zuvor aus der Obhut des Fräuleins Wendessen von Rostock nach Schwerin geholt hatte, lebten sie im unmittelbaren Umfeld des Vaters. Während ihrer Rostocker Zeit erhielten sie Unterhaltszahlungen in Höhe von eintausendfünfhundert Reichstalern anstandslos aus den Kassen der Kommission, in die nach Einmarsch der Exekutionstruppen alle Einkünfte wie Domanialgelder, Zölle oder Steuern flossen. Die Exekutionskasse übernahm die Besoldung der mecklenburgischen Beamten ebenso wie die von Herzog Carl Leopold181 und bis zu einem gewissen Grade auch die von ihm ausgesetzten Gnadengelder und andere Zahlungsverpflichtungen. In den Jahren der räumlichen Trennung vom Vater lebten die Töchter somit in finanzieller Sicherheit und Unabhängigkeit, was mit ihrer Ankunft in Schwerin abrupt endete. Obwohl des stetigen Flusses an ökonomischem Kapital beraubt, genossen sie dort ein höchstmögliches Maß an Prestige und Ansehen. Als fester Bestandteil des höfischen Umfelds in Schwerin trugen sie öffentlich den Namen Mecklenburg, der sie als natürliche Kinder auswies. Auch übernahmen sie zusammen mit der Mätresse Wolffradt repräsentative Aufgaben, wie die Einwilligungen in Taufpatenschaften zeigen.182 Den Umständen zum Trotz schilderten sie in späteren Schrei­ben an Christian Ludwig und nach Wien ihre damalige Situation als äußerst desperat. Diese Diskrepanz zwischen Erzählung und realen Umständen resultierte aus der Intention des Briefes, in dem sie ihre Flucht vom Hoflager des Herzogs rechtfertigten. Auch wenn sie bereits die Schweriner Zeit als „kränckend[es] Leydwesen“ beschrieben, dabei von „scharfer Obsicht“ und „gefängerlicher Bewahrung“183 sprachen, verschlechterte sich die Stimmung im Hoflager erst merklich innerhalb der Wismarer Stadtmauern. Obgleich Wismar vorläufig Sicherheit repräsentierte  – schließlich lag es im schwedischen Hoheitsgebiet – bedeutete der Aufenthalt in der Stadt gleichzeitig weitere herbe Verluste an Macht und Kontrollmöglichkeiten für Carl Leopold, der doch zu Beginn seiner Herrschaftskarriere die Etablierung absolutistischer Herrschaftsinstrumentarien beabsichtigt hatte. Die überstürzte Flucht zwang die Gesellschaft, kurzzeitig in einem nur wenig repräsentablen Haus am Stadthafen Quartier zu nehmen. Erst drei Monate später bezog Carl Leopold mit Teilen seiner Entourage das standesgemäßere Stadthaus am Markt, das modernisiert und zurechtgemacht worden war, nachdem der schwedische Kommandant, der eigentliche Bewohner dieses Domizils, es geräumt hatte.

181 Baumgartner: Die Entwicklung der obersten Landesverwaltung, S. 62. 182 Landeskirchliches Archiv Schwerin 69554: Kirchenbuch, Schweriner-Schlosskirche, 1730– 1734. 183 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 34: Submission von Christina Maria, Louise Charlotta und Juliana von Mecklenburg an Kaiser VI., o. O. 6.9.1737.



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Zwar hatte Schweden seine Großmachtstellung durch die Verluste im Nordischen Krieg verloren, blieb aber durch die Besitzungen von Stadt und Herrschaft Wismar eine gewichtige territoriale Einflussgröße. Die Beziehungen zwischen Mecklenburg und Schweden gestalteten sich zwiespältig. Auf der einen Seite schmerzte noch immer die Abtretung Wismars – der beste Hafen Mecklenburgs, ja ganz Deutschlands, und die reichste Speisekammer des Landes – wie der Gesandte auf den westfälischen Friedensverhandlungen pathetisch verlautbaren ließ.184 Auf der anderen Seite bekannte Carl Leopold offen seine glühende Verehrung für den vorherigen Schwedenkönig Carl XII., nicht umsonst hatte Prinz Eugen Carl Leopold wenig schmeichelhaft als dessen Affen tituliert.185 Zusätzlich bestanden – selbstverständlich – verwandtschaftliche Beziehungen zu dem Nachbarn. Seine Schwägerin, die Frau des verstorbenen Friedrich Wilhelm, war eine geborene Prinzessin von Hessen-Kassel und somit die Schwester des momentanen schwedischen Königs.186 Mit den eigenen Wunden beschäftigt, verfolgte Schweden eine Politik der Nichteinmischung in den mecklenburgischen Ständekampf und verteidigte seine neutrale Position in den Streitigkeiten zwischen Carl Leopold, seinen Ständen und den Wiener Repräsentanten. Allerdings verbaten die verwandtschaftlichen Beziehungen ebenso wie die hochfürstliche Solidarität, gepaart mit einer generellen frühneuzeitlichen Wertschätzung von Gastfreundschaft, die Abweisung des Vetters in der Notsituation, so dass Stockholm ihm Unterschlupf gewährte – mit allem daraus resultierenden Ungemach. Gehörten Schlägereien der herzoglichen Bedienten mit Stadtangehörigen sowie das großzügige Schuldenmachen bei Kaufleuten und Gasthäusern zu den noch händelbaren Konflikten, die sich im Rahmen des Üblichen bewegten und unter das Motto der Schadensbegrenzung fielen, folgten durch offene Rang- und Jurisdiktionsfragen einige Unannehmlichkeiten. Mochte auch die Frage, wer die höchste gesellschaftliche Position in der Stadt einnahm, unzweifelhaft zu Gunsten des Tribunalpräsidenten geklärt sein, so stellte die Ankunft des suspendierten Herzogs diese Rangliste doch zumindest in Frage – mit entsprechenden Herausforderungen bei öffentlichen Zusammenkünften.187 Das gleiche Problem bestand bei Fragen der Jurisdiktion. Wer durfte über wen Recht sprechen, wer Strafen verhängen und wer diese ausführen? Selbstverständlich wollte der Herzog die Rechtsprechung über seinen Hofstaat nicht abgeben, musste aber mit ansehen, wie er oftmals übergangen wurde. Nicht nur der Herzog suchte bei den Schweden Schutz, immer häufiger wandte sich auch sein Personal an die schwedische Kommandantur, um Beistand vor der herzoglichen Willkür zu erhalten.188 184 Münch: Vom Fürstenhof zum Tribunal, S. 84. 185 Mediger: Mecklenburg, Rußland und England-Hannover, S. 367. 186 Vgl. allgemein zu Friedrich von Hessen-Kassel, späterer König von Schweden Burmeister (Hg.): Friedrich. 187 Jörn: „Wann sie bey der Stadt schlafen so wache ich.“, S. 95. 188 Siehe Baltasar Henning von Wendessen, vgl. Abschnitt 3.2, S. 51.

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Die Ohnmacht, mit der Carl Leopold nur schwerlich umgehen konnte, auch das Machtvakuum, in dem sowohl der Hofstaat als auch der Herzog sich befanden, führten zu einem Klima des Misstrauens und der Angst. In der Stadt und im Hoflager verbreiteten sich Gerüchte über seine Mätresse. Wenn selbst sie nicht davor gefeit war, nach Dömitz gebracht zu werden, schwebten auch alle anderen Hofmitglieder in akuter Gefahr. Während in Wismar die Möglichkeit der Protektion durch die Schweden bestand, bedeutete Dömitz – das letzte unter herzoglicher Verantwortung stehende Territorium – die vollkommene Auslieferung, und wie die enden konnte, hatten alle Beteiligten mit der Hinrichtung des Kanzlers von Wolffradt noch lebhaft vor Augen. Ein Jahr nachdem die bereits geschilderte Affäre mit seiner Mätresse ein gütliches Ende genommen hatte, schwirrten in Wismar neue Gerüchte umher, die diesmal die Fräulein von Mecklenburg in den Fokus der Aufmerksamkeit rückten. Über die nun folgenden Geschehnisse existieren verschiedene Sichtweisen und Aussagen. Die Frauen selbst hielten sich mit Details zurück, als sie wegen ihrer Alimentation an Christian Ludwig und an den Kaiser herantraten.189 Nach Schilderung ihres in Schwerin erduldeten Schicksals fuhren sie fort: „In solchen äußerst elenden Zustande sind wir in der Suite Ihro Durchl. von Suerin nach Wismar gebracht und haben auch während dortigen Auffenthalts nicht den geringsten Effect aller hochbeteuerten Verheißungen des Herrn Hertzoges genießen können. Dadurch wir wohlen da in den armseeligsten Nothstand und äußersten Bedrück gerahten, doch aber diese bittersten Leydens-Verhängniße waren dem väterlichen Hertzen noch nicht genug, sondern es thaten sich endlich solche höchstbedenckliche und weit sehende Umstände hervor, daß wir uns Drang des Gewißens zu letzt in Wismar unsere Retirade von Ihro durchl. Behausung nach eine andern und nahe belegene Wohnung, Gott weiß mit was Gefahr, Angst und schmertzlichen SeelenKummer zu nehmen entschließen müßen, wo selbst wir des hohen königlichen Tribunals gerechten Schutz und schleunige Protection gefunden.“ Da sie nun trotz aller „Natur- und Reichs Gesetze“ ohne Versorgungsmittel des Vaters dastanden, erflehten sie die Hilfe, die ihnen in den Jahren vor Schwerin bereits gewährt worden war. In erster Linie argumentierten die Mädchen mit gebrochenen Versprechen ihres Vaters und der nicht näher beschriebenen Zuspitzung der Situation, der ihre Retirade als ein „Drang des Gewißens“ legitimierte. Diese eingenommene Opferrolle sowie die Rechtmäßigkeit ihrer Unterhaltsforderungen sowohl durch Naturgesetze als auch positive Gesetzgebung dienten in ihren Augen als ausreichende Argumentationsgrundlage für die Alimentation. Mit dem Brief an den kaiserlichen Kommissar schlugen die Mädchen einen riskanten Pfad ein, der jeglichen Rückweg schon aufgrund der Animositäten zwischen 189 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 31: Schreiben von Christina Maria, Louisa Charlotta und Juliana von Mecklenburgen an Christian Ludwig, einliegend Schreiben an den Kaiser, Wismar 4.12.1736, auch im Folgenden.



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den beiden Brüdern verstellte. Diesen gewichtigen Schritt in ihrem Leben, der letztendlich die Bande zwischen ihnen und ihrem Vater zerschneiden sollte, taten sie nicht ohne äußere Ermutigung, wie das Dienstmädchen der Wolffradt in späteren Verhören Carl Leopolds preisgab.190 Die Initiativ- und Ideengeberin zur Flucht war laut ihrer Aussage eine Frau Rode.191 Eine größere Anzahl von Militärleuten im Haus schürte die Furcht der drei Frauen, fortgeschafft zu werden. In ihrer Angst wandten sie sich an Rode, die zu helfen versprach. Nachdem Gerüchte kursierten, die einen Abtransport nach Dömitz befürchten ließen, organisierte Rode weitgehend die Flucht der Mädchen. Auch andere Personen, unter anderem ein „vornehmer Mann“, waren involviert. Das Dienstmädchen bezeugte, dass Rode einer jeden sechzehntausend Reichstaler zugesichert hatte, wenn diese nur beschwören würden, dass ihnen während ihres sechsjährigen Aufenthaltes am Hofe des Vaters Unzucht zugemutet worden war und somit „gewißensscrupel“ zur Flucht animiert haben. In dem Schreiben an Christian Ludwig folgten sie mit Bezug auf ihr Gewissen dem Ratschlag, auch wenn sie nicht explizit auf Unzucht verwiesen. Was Rode bewog, helfend einzugreifen, lässt sich ebenso wenig rekonstruieren wie mögliche Hintermänner und deren Intentionen. Gleichfalls bleibt die Frage bestehen, ob sich die im Prinzip sehr behütet aufgewachsenen Frauen der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst waren. Der Vater tobte. Nachdem auch die Mutter die Mädchen nicht zur Rückkehr hatte bewegen können, wandte sich Carl Leopold an das Tribunal, die Stadt Wismar und die Öffentlichkeit. Allerdings hatte er diesen Schritt einige Monate hinausgezögert. Erst als die Töchter den kaiserlichen Kommissar kontaktierten, um ihre Retirade zu rechtfertigen, reagierte er seinerseits mit der öffentlichen Verstoßung. Der Herzog ließ Patente drucken und verteilen, wo er bitterlich über das Benehmen der drei „Ehr-vergeßenen Flüchtlinge“ klagte, die „ganzt unanständig ihren eigenen willen gefolget“ sind und sich zudem alle Orte als „Freyleins von Mecklenburg“ anmeldeten. Aufgrund „solcher übermachten Boßheit“ beschloss er, „länger, nicht zusehen können noch wollen, und notiviren Euch demnach, dass Wir vorgeachtete von Uns entlauffene anjetzo bey der Wittwen Gerdessen sich aufhaltende Drey Frauens-Bilder oberwehnten Namen niemahlen ertheilet, auch nimmer dazu ernennen, und Sie nunmehro nicht allein als die undanckbahrste Menschen von der Welt, gäntzlich und ein vor allemahl von Unserer Fürstlichen Gnade ausgeschloßen und verbannet, sondern sie auch, nachdem Wir alle indicia, welche sich in der wieder sie angestellten Inquisition hervor gethan, wohl und reifflich ponderiret, für Beleidiger und Ver-

190 LHAS, 2.12-1/2, Nr.  3: Vereidigte Aussage von Margaretha Elisabeth Petersen, Wismar 29.10.1736, auch im Folgenden. 191 Sehr wahrscheinlich handelt es sich dabei um die Frau des Kaufmanns Anton Rode, der ein am Wismarer Markt gelegenes Haus an Hofangehörige Carl Leopolds, wie den Hofmarschall von Wendessen, vermietet hatte, vgl. Wendessen: Wahrhaffte Relation, Anhang Lit L.

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räther Unser Fürstlichen Hoheit und ihres Landes Herrn, imgleichen des Diebstahls schuldig, mithin allen Umgangs mit redlichen Leuten unwürdig, erklähret.“ 192 Gegenüber dem Rat spezifizierte Carl Leopold seine Anschuldigungen. Während im öffentlichen Patent die unrechtmäßige Namensaneignung und der angebliche Diebstahl im Vordergrund standen, zeugen die an das Tribunal gesandten „species facti“193 davon, wie tief der Herzog persönlich von der Angelegenheit betroffen war und wie unverständlich ihm diese Vorkommnisse waren. Auch in diesem Schreiben bezeichnete er die Frauen nicht als seine Töchter, sondern rechtfertigte ihre Aufnahme und Erziehung als einen Akt des Erbarmens, den er ihnen gewährte. Ab 1730 holte er sie als Gesellschafterinnen für die Geheime Rätin von Wolffradt nach Schwerin, wo sie „unter reichlicher Versorgung sittsahm und modest gelebet“. Selbst als die Mädchen einmal eine nicht näher ausgeführte „résistance“ zeigten und anschließend „mit Trähnen wemüthig“ um seine weitere Protektion baten, gewährte er sie ihnen großzügig und ließ ihnen weiterhin alles zukommen, was einer „honete[n] Subsistence“ bedurfte. Daher bestand der Herzog darauf, dass „bey solchen tractament und reichen Unterhalt hat kein Mensch anders gedancken oder Rechnung machen können, als daß die Magdgens in schuldigster danksagung sich dem hochfürstl. willen gemäß in christgeziemender modestie ihr comportement würden eingerichtet haben“. Stattdessen kehrten sie zu ihrer Widerspenstigkeit zurück. Sogar das Ansinnen, „frey zu leben oder pro lubita nach augendüncken zu heyrathen“, äußerten sie. Als in den Fräulein von Mecklenburg die Furcht wuchs, „ihre Confidenten zu verliehren und in der ungeziemenden Freyheit nicht länger fortzufahren“, entschlossen sie sich zu dieser „schändliche[n] Flucht“. Obwohl Carl Leopold es nicht explizit benannte – schließlich leugnete er mittels Patent die Vaterschaft – rührte sein Zorn daher, dass er väterliche Rechte und Pflichten ausübte, indem er auf einen tugendhaften Lebenswandel drängte. Welche adlige Tochter durfte sich schon herausnehmen, gegen den Willen des Vaters einen Ehemann zu wählen? Der Herzog erwartete im Gegenzug zu seinen Gunstbeweisen unbedingte Dankbarkeit und Loyalität. Da die Töchter ihm diese verweigerten, wurde ihm einmal mehr sein Autoritäts- und Einflussverlust deutlich vor Augen geführt. Wenn ihn selbst seine eigenen Kinder verließen, die doch durch christliche Lehren und Naturgesetze an ihn gebunden waren, auf wen konnte er sich dann noch verlassen? Er fühlte sich als Vater wie auch als Herzog und Herr zutiefst gekränkt. Als Erklärung für ihr Verhalten blieb ihm bloß der Topos der Verführung, die er der Ehefrau von Rode zuschrieb, wie er gegenüber dem Tribunal klagte: „[…] so ist doch höchst empfindlich, daß leute offenbahr in dieser Stadt in allgemeiner Ordnung aus den Augen setzen und sich nicht scheuen zu einem so heßlichen unternehmen, als in dem hochfürstl. Hause practiciret worden Beyhülfe und schandlichen Rath zu erthei192 StAW, Nr. 21/10: Ratsakte, Schreiben des Regierenden Herrn Herzog zu Mecklenburg an Bürgermeister und Rat in Wismar, Wismar 10.10.1736. 193 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 30: Species facti: Herzog Carl Leopold an das Königlich Schwedische Tribunal zu Wismar, Wismar 10.12.1736, auch im Folgenden.



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len, und sich der Herren desertion theilhafftig zu machen.“194 Laut Carl Leopold ermunterte Rode die Frauen, gab ihnen Anlass und Unterstützung, indem sie die Dienstmagd von Wolffradt überredete zu helfen. Diese sollte die Betten und andere Sachen aus dem Haus schaffen, womit der Tatbestand des Diebstahls erfüllt worden wäre, „weil davon d[en] Mädgens nicht ein eintziger Faden eigen ist“. Patent und Schreiben an das Tribunal hatten nicht den erhofften Effekt, da sich die Verantwortlichen des Tribunals nach Diskussionen in größerer Gesellschaft öffentlich dagegen aussprachen, das Patent kundzutun. Zwar hing es trotzdem in einigen Krügen der Stadt aus, doch wurde der Einfluss auf „honette Leute“ als geringfügig eingestuft.195 Auch wenn Carl Leopold ein offizielles Aufenthaltsrecht in Wismar genoss, stieß seine Anwesenheit bei der schwedischen Obrigkeit nur auf wenig Gegenliebe. Bereits in der Wendessen-Affäre griffen die Schweden in einer Vermittlerposition zu Gunsten des renitenten Hofmarschalls ein. Da diese Option im Falle der geflüchteten Frauen nicht mehr gegeben war, beschränkte sich die Unterstützung diesmal darauf, die Vergeltungsversuche des Vaters zu ignorieren, wodurch eine offene Konfrontation vermieden wurde. Auch der vorläufige Aufenthaltsort der Frauen bei der Witwe Gerdessen verband die Flüchtlinge mit dem Tribunal, da deren verstorbener Mann dort als Sekretär gearbeitet hatte. Aufgrund seiner schwachen Position befand sich Herzog Carl Leopold nicht in der Lage, adäquat auf die Vorgänge zu reagieren. Das Machtvakuum im Exil war zu augenscheinlich. Zwar ließ er Patente drucken und verteilen, ihre Durchsetzung aber konnte er nicht mehr gewährleisten. Ähnlich den Brüdern von Mecklenburg, die erfolgreich den Dualismus zwischen dem abgesetzten Landesherrn und der kaiserlichen Kommission für ihre Zwecke instrumentalisierten, profitierten auch die Mädchen von der Feindschaft. Die Loslösung von einer Partei führte quasi unweigerlich zur Annäherung an die andere. Ohnehin waren die von Carl Leopold vorgebrachten Verleumdungen wenig glaubhaft, führten sie doch seit über zwanzig Jahren unangefochten den Namen Mecklenburg. Zudem besaßen sie letztendlich schon die Anerkennung durch die Kommission, da diese zuvor jahrelang für den Unterhalt aufgekommen war. Die bereits getätigten Unterhaltszahlungen dienten auch später zur Legitimation ihrer Ansprüche, um die sie aber lebenslang kämpfen mussten. Kurz nach ihrer Flucht aus dem herzoglichen Hoflager schien sich für die Frauen alles zum Guten zu wenden, denn anstandslos erhielten sie das kaiserliche Reskript, dass ihnen wieder eine Alimentation von eintausendfünfhundert Reichstalern zusagte.196 Christian Ludwig musste in seiner Position als kaiserlicher Kommissar den Forderungen klaglos nachkommen. Auch sein Versuch, nach dem Tod einer der Schwestern das Quantum zu kürzen, scheiterte. Das im Jahre 1742 zuständige Sächsische Reichs-Vikariat 194 Ebd., auch im Folgenden. 195 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 30: Notiz zu unbenannter Zeugenaussage, Dezember 1736. 196 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 34: Kaiserliches Reskript, Wien 18.3.1738.

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schloss sich der selbstbewusst geäußerten Argumentation der Schwestern an: „Da wir doch natürliche Töchter eines regierenden Hertzogs und zwar von einem so ansehnlichen Haus sind, so werden wohl 750 vor eine Person nicht zuviel seyn. […] da wir auch Gewißenshalber uns von unserem Herrn Vater weg begeben und dadurch allehandt Vortheil außer Augen gesetzet, so wird dieses billig eher eine Belohnung verdienen als daß wir annoch an unseren hoch nothdürfftigen Unterhalt Abbruch leiden sollten.“197 Auch ein erneutes Patent von Carl Leopold, in dem er den plötzlichen Tod einer seiner Töchter lapidar als „Zeichen des göttlichen Straf-Gerichts“198 deutete, zeigte trotz scharfen Tonfalls und Anschuldigungen keine Wirkung. Ironischerweise brachte erst sein Tod den Töchtern die Nachteile, die der gekränkte Vaterstolz so sehr erhofft hatte. Unmittelbar nach der offiziellen Übernahme der Landesregierung stellte Christian Ludwig die Zahlungen vorläufig ein, die er als ungerechtfertigt beurteilte, weil a) die Frauen die Zusagen „nur dem einseitigen Vortheil des Contumacial Processes“199 verdankten und b) weil in seinen Augen die Begründung der Flucht nicht wahrheitsgemäß war. Zusätzlich verwies er auf das übliche Rechtsherkommen, bei der für „Persohnen solcher Abkunft intuiten Status et Conditionis [eine] landes-fürstliche[] ausdrückliche[] Declaration erforderlich ist“, es den Schwestern aber nicht nur daran mangle, „sondern vielmehr […] wiedrige Declarationes im Wege liegen“.200 Letzten Endes reduzierte er eigenmächtig die Unterhaltszahlungen auf fünfhundert Reichstaler. Dass er trotz des kaiserlichen Reskripts damit durchkam, lag weniger an seiner Argumentation, die ihm zum Teil sein Bruder geliefert hatte, als vielmehr an der neuen Machtkonstellation. Er war nicht mehr ein von kaiserlichen Gnaden abhängiger Kommissar, sondern der rechtmäßige mecklenburgische Herzog, der einem der ältesten fürstlichen Häuser vorstand. Hatten die Schwestern zuvor erheblich von dem eingeschränkten innenpolitischen Gestaltungsspielraum ihres Vaters profitiert, litten sie nun unter dem Desinteresse an ihrer Sache. Die Situation 197 Ebd., Acta: Die Geschwister von Mecklenburg Contra den Herrn Herzog Carl Leopold zu Mecklenburg betrf. eingegangen bei Sächsischen Reichs-Vikariat, S. 92. 198 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 30: Patent von Herzog Carl Leopold, Dömitz 15.6.1747. 199 „Mit welchen Mitteln ein Richter gegen Unbotmäßigkeiten seiner Gerichtsuntertanen vorgehen darf, ist allgemeines Problem der Gerichtsverfassung und des Prozeßrechts. Spezill gegen die Parteien eines Prozesses wird Zwang notwendig, wenn sie sich nachlässig oder bewußt widerwillig verhalten. […] Die wissenschaftliche Bezeichnung für das Ganze ist Ungehorsamsverfahren. Obwohl die Römer unter C. jeden Ungehorsam gegen Befehle eines Magistrats oder eines judex verstanden, ist dieses Wort im Zivilprozeßrecht, das seit der Rezeption in Deutschland heranwuchs, das Stichwort für den Ungehorsam der Parteien gegen prozeßleitende richterliche Anordnungen gworden. Man spricht infolgedessen von Contumacialnachteilen, die eine ungehorsame Partei treffen.“ Bucht: Artikel „Contumacia“, S. 636–637. 200 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 20: Herzog Christian Ludwig an die kurfürstliche Regierung zu Hannover, Schwerin 28.2.1748.



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sollte sich sogar mit dem Regierungsantritt von Herzog Friedrich noch verschlimmern, der die Zahlung der verheirateten Schwester ganz versagte und der unverheirateten Schwester nur noch zweihundertfünfzig Reichstaler zubilligte. Diese Situation war für die zwei übriggebliebenen Schwestern absolut unbefriedigend, die insistierten, natürliche Töchter eines „großen Herrn im Teuschen Reiche zu sein“, der sie „nicht nur öffentlich erkannt, sondern auch so wohl außer als bey dero HoffLager einer solchen Erziehung gnädigst genießen laßen, die mit diesem unsern Stande übereigen komme“.201 Die Federführung im folgenden Prozess übernahm Juliane von Mecklenburg, vermählte „Hauptmannin“ von Stralendorff zu Gamehl. Ihre unverheiratete Schwester hätte bei weitem nicht über die finanziellen Kapazitäten verfügt, um ihre Ansprüche in einem Prozess durchzusetzen. Der Wiener Reichshofrat erkannte ihre Forderungen an und erließ die Anordnung, die Implorantin klaglos zu halten. Trotzdessen passierte zum großen Ärger der Klägerin nichts, obwohl sich der Klagewert 1772 bereits auf fast dreißigtausend Reichstaler aufsummiert hatte.202 Der Elan des Wiener Reichshofrates, sich weiterhin um Angelegenheiten Mecklenburgs kümmern zu müssen, war äußerst gering. Das Ganze sollte schnellstmöglich aus der Welt geschafft werden, wie der mecklenburgische Gesandte nach Schwerin schrieb, denn der „Referent hat durchblicken lassen, dass er nichts mehres wünschet als diese unangenehme Sache loß zu werden, weilen in selbige so viele dinge respectu weyl. des Herrn Hertzog Carl Leopold einfließen, welche man lieber zu begraben als zu releviren wündschen sollte“.203 Zwar profitierten die Schwestern von Mecklenburg offiziell von der Wiener Rechtsprechung, aber solange keine Maßnahmen ergriffen wurden, den „Ultimum Conclusum“204 auch durchzusetzen, hatten die beiden Frauen keine Chance, zumal Herzog Friedrich auf seiner Weigerung bestand. Der konkrete Ausgang des Rechtsstreites ist nicht ganz schlüssig, doch einigten sich die Parteien wohl dem Wunsch Wiens gemäß informell, was unzweifelhaft erhebliche Abstriche der finanziellen Forderungen mit sich brachte. Die spätere, wenig engagierte Haltung aus Wien zeigt deutlich, dass das Aufbegehren gegen den väterlichen Willen nur aufgrund der damaligen besonderen innenpolitischen Situation von Erfolg gekrönt war. Schon aufgrund der Schwierigkeiten einer Exekution vermied Wien, unter regulären Umständen eine definitive vollstre201 Ebd., Brief von Juliana von Mecklenburg, verehelichte von Stralendorff, an Herzog Friedrich, o. O. 26.8.1756. 202 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 18: Acta betreffend die Geschwister von Mecklenburg modo Juliane von Mecklenburg, vermählte Hauptmannin von Stralendorf zu Gamehl contra Carl Leopold, modo den regierenden Herzog Friedrich (1764–1773), Designatio Julianas von Mecklenburg, Dobbertin 16.6.1772. 203 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 21: Schreiben des Legationrats von Schmidt an den Geheimen Rat von Bassewitz, Wien 1.6.1767. 204 Ebd., Ultimum Conclusum, Wien 27.10.1764.

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ckungsfähige Entscheidung zu fällen und bevorzugte stattdessen den diplomatischen Weg mittels eines Vergleiches.205 Selbstverständlich nahmen die Töchter in Vergleichsverhandlungen die schwächere Position ein. Die Exekutionstruppen, die ein Bedrohungsszenario aufbauen konnten, hatten schon lange das Land geräumt, und es war mehr als unwahrscheinlich, dass im Falle von Streitigkeiten zwischen natürlichen Kindern und der fürstlichen Dynastie neue Exekutionsmaßnahmen beschlossen werden würden, solange keine übergeordneten politischen Interessen bestanden. So konnten die natürlichen Kinder zwar zu Nutznießern solcher außenpolitischen Interessenlagen werden, initiierten sie aber nicht. Selbst mit dem Recht auf ihrer Seite besaßen sie keine Machtbasis, um dieses auch effektiv einzufordern, so dass in letzter Konsequenz ein Arrangement zwischen unehelichen Kindern und herzoglicher Familie immer die gewinnbringendste Variante war.

205 Sellert: Die Bedeutung der Reichskreise, S.  60–61; vgl. generell zu den Problemen der Durchsetzung von Urteilen der Reichsgerichte Ders.: Vollstreckung und Vollstreckungspraxis; auch Ehrenpreis: Kaiserliche Gerichtsbarkeit und Konfessionskonflikt, S. 58–60.

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Abb. 1 Herzog Friedrich (1638–1688)

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Abb. 2 Herzog Friedrich Wilhelm (1675–1713)

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Abb. 3 Herzog Carl Leopold (1678–1747)

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Abb. 4 Herzog Christian Ludwig II. (1683–1756)

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Abb. 5 Hermann Christian von Wolffradt (†1723)

Abb. 6 Herzog Friedrich Franz I. (1756–1837)

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Abb. 7 Friedrich Johann Ernst Mecklenburg von Kleeburg (1790–1864)

Abb. 8 Luise Friederike Charlotte Bode, geb. Saal

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Abb. 9 Baron Friedrich Bernhard Hanasch von Wenkstern (1786–1868)

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Abb. 10 Wappen der durch Carl Ludwig von Mecklenburg begründeten Familie, nach Siebmacher 1858

Abb. 11 Wappenentwurf für Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, 1813

6 Gesellschaftliche Stellung Indem der Herzog die Finanzierung der Ausbildung übernahm, sorgte er für das kulturelle Kapital; indem der Herzog seine Kinder mit Geldzahlungen bedachte und sie Erwähnung im Testament fanden, stellte er ihnen das ökomische Kapital zur Verfügung. Aber inwieweit gelang es, diese Kapitalformen auch in soziales Kapital zu konvertieren? Selbstverständlich war der herzogliche Vater auch in dieser Hinsicht nicht einflusslos, wenn er sich öffentlich zu seinen Kindern bekannte. So barg alleine der Familienname von Mecklenburg schon beträchtliches ererbbares Sozialkapital. Allerdings setzte das soziale Kapital immer ein Netzwerk von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen voraus, denn erst im gegenseitigen Kennen und Anerkennen, sprich in der Zugehörigkeit zu einer Gruppe, manifestierte es sich.1 Anerkennung aber ließ sich schwerlich befehlen, sie entwickelte sich erst mit den Gegebenheiten.

6.1 Adel oder Bürgertum? Der Stand der unehelichen Kinder Die ständische Gesellschaft war das dominierende Gesellschaftsmodell in der Vormoderne, in der der Stand, von gemeinsamen sozialen und rechtlichen Merkmalen abgeleitet, der gesellschaftlichen Verortung diente.2 Auch wenn die klassische Dreiteilung in Wehrstand (Adel), Lehrstand (Geistlichkeit) und Nährstand (Bauern) seit dem Mittelalter einige Differenzierungen erfuhr, blieb sie doch in groben Zügen bestehen. Die Wichtigkeit der Standeszugehörigkeit der natürlichen Kinder lag darin begründet, dass der Stand sich unmittelbar auf den Habitus eines Menschen auswirkte, seine Mentalität formte und die Alltagskultur prägte.3 Da sie aufgrund des illegitimen Akts der Zeugung dem hochadligen Stand ihres Vaters nicht nachfolgen konnten, bleibt die Frage bestehen, ob sie dem der Mutter assoziiert waren oder sich ihre Standeszugehörigkeit anders konstruierte.

6.1.1 „Von Mecklenburg“: Personen- und Familiennamen als öffentliches Bekenntnis „Der Name ist ein Stück des Seins und der Seele“,4 lautet ein oft zitierter Ausspruch Thomas Manns. Die Äußerung von Mann impliziert die Annahme, dass Namen nicht nur als Wörter verstanden, sondern auch als Dinge betrachtet werden müssen. 1 2 3 4

Bourdieu: Die verborgenen Mechanismen, S. 63. Bömelburg und Haug-Moritz: Artikel „Stand, Stände“, Sp. 824. Sikora: Adel in der frühen Neuzeit, S. 4. Mann: Die vertauschten Köpfe, S. 53.

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Gesellschaftliche Stellung

In manchen Fällen wird der Name als Reflexion der wahren Person im Körper erachtet, in anderen Zusammenhängen kann er neben der Person eines Menschen auch die Persönlichkeit des Namensträgers konstruieren, wie die anthropologische Forschung unterstreicht.5 Allerdings wäre es falsch, den Namen ausschließlich auf die Identifizierung von Individuen zu beziehen. Nach Marcel Mauss können sie ebenso genutzt werden, um Personen innerhalb von sozialen Beziehungen und Gruppen zu klassifizieren.6 In diesem Fall sind Namen Teile von Sprachcodes, die Informationen über Klasse, Geschlecht und Verwandtschaft befördern. Vielfältige und mehrdeutige Identitäten werden erschaffen. Der Namensträger kann sich als Mitglied seiner Abstammungslinie, aber auch als Vertreter eines bestimmten Wertesystems begreifen. Dadurch eröffnen sich nicht nur ihm selbst, sondern auch dem außenstehenden Wissenden weite Bezugsmöglichkeiten in Hinsicht der genealogischen Stellung im verwandtschaftlichen Geflecht.7 In aller Regel erfolgt die Namensgebung nicht durch die eigene Person. Andere Menschen treffen die Entscheidung, so dass bereits im Akt der Namensgebung das Potential liegt, die Beziehungen des Kindes innerhalb des sozialen Raumes sichtbar zu machen.

Personennamen Obwohl sich innerhalb des Untersuchungszeitraums die Zweigliederung in Vor- und Nachname durchgesetzt hatte, behielt der oft mehrteilige Vorname als christlicher Taufname seine hervorgehobene Position.8 Offiziell fand der Akt der Namensgebung – die „eigentliche soziale Geburt des Menschen“,9 wie Michael Mitterauer es formulierte – mit der kurze Zeit nach der Geburt vollzogenen Taufe statt. Im deutschen Sprachraum folgte die Namensgebung gewöhnlich dem Muster der Nachbenennung. Als häufige Inspirationsquelle dienten sowohl die Namen von Heiligen, dies jedoch nach der Reformation ausschließlich in den katholischen Ländern, als auch die der Ahnen und Paten.10 Die Tradition der Nachbenennung nach der Verwandtschaft zeigte sich zuerst bei den Herrschergeschlechtern. Während um 500 nach Christus nur die Namen von Toten weitergegeben wurden, die entweder direkte Vorfahren, weitläufige Verwandte oder auch Vorbilder für die Lebenden waren, benannte Karl der Große seine Töchter

5 6 7 8 9 10

Vgl. für die Namensforschung in der Anthropologie Bodenhorn und vom Bruck: „Entangled in Histories“, hier S. 25. Vgl. Mauss: A Category of the Human Mind. Scheibelreiter: Wappenbild und Verwandtschaftsgeflecht, S. 124. Kohlheim und Kohlheim: Artikel „Namensgebung“, Sp. 1042. Mitterauer: Abdallah und Godelive, S. 45. Vgl. ausführlich zur Namensgebung im deutschsprachigen Raum Mitterauer: Ahnen und Heilige; Brechenmacher und Wolffsohn: Die Deutschen und ihre Vornamen; eine pointierte Zusammenfassung liefert Lanzinger: Namenkultur.



Der Stand der unehelichen Kinder

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erstmalig nach noch lebenden Personen.11 Im Laufe des Mittelalters wurde die Praxis der Nachbenennung forciert. Die Namensgeber hofften, über die ausgewählten Fürsten- und Heiligennamen die Virtus der Namenspatrone auf den Täufling zu übertragen. Grundlage für diese Annahme ist ein Verständnis von Person in vergleichender Perspektive. Die Namensgleichheit konstruierte die Vorstellung einer Wesensgemeinschaft.12 Somit besaß der ahnenstolze Adel die Möglichkeit, mit Hilfe von familiären Traditionsnamen eine Kontinuitätslinie innerhalb der Genealogie zu erzeugen.13 Karl-Heinz Spieß wies nach, dass der Adel bereits im Mittelalter ausgiebig von dieser Option Gebrauch machte. In 174 untersuchten Fällen vererbten die Väter 72 Mal den Namen an die Söhne, 74 Namen waren identisch mit denen der Großväter väterlicher- als auch mütterlicherseits und in 28 Fällen standen die Onkel als Namenspaten zur Verfügung. Folglich entstammten alle Namen der agnatischen oder kognatischen Verwandtschaft.14 Inwieweit diese in Adelskreisen übliche Praxis der Namensgebung auch die unehelichen Kinder betraf, gilt es zu überprüfen. Die um das Jahr 1600 geborenen Kinder von Herzog Carl wiesen Namen auf, die in unmittelbarer Beziehung zur herzoglichen Familie standen. Der Name des Erstgeborenen Carl Jürgen setzte sich zusammen aus seinem Vaternamen und der niederdeutschen Variante des als heldenhaft verehrten, 1552 gefallenen Bruders des Vaters, Herzog Georg.15 Der zweite Sohn trug den in der obodritischen Dynastie ausgesprochen häufig verwendeten Namen Albrecht. So war sein Mitte des sechzehnten Jahrhunderts verstorbener Großvater, Albrecht der Schöne, bereits der siebte Fürst, der diesen Namen führte. Größere Freiheiten in der Namenswahl nahm sich der Herzog bei seinen beiden Töchtern. Der Name seiner ältesten Tochter Margarethe lässt sich nicht im unmittelbaren Umkreis der Herzogsfamilie verorten. Inwieweit der Name aus der mütterlichen Linie stammte, muss aufgrund der schwierigen Quellenlage zu Anna Deelen unbeantwortet bleiben. Ersichtlicher ist die Sachlage wiederum bei seiner jüngsten Tochter Anna Sophia. Der Namensteil Anna ehrte sowohl die Mutter Anna Deelen als auch die des Herzogs, Prinzessin Anna von Brandenburg, der ein inniges Verhältnis zu ihrem jüngsten Sohn Carl nachgesagt wurde.16 11 12 13 14 15

16

Vgl. Mitterauer: Zur Nachbenennung nach Lebenden und Toten, S. 396–397. Mitterauer: Ahnen und Heilige, S. 394–400. Vgl. dazu für das Mittelalter Althoff: Namengebung und adliges Selbstverständnis. Spieß: Familie und Verwandtschaft, S. 515. Der 1537 geborene Herzog Georg trat unter Kurfürst Moritz von Sachsen dem Schmalkaldischen Bund gegen den Kaiser bei, nahm an verschiedenen Feldzügen teil und wurde bei der Belagerung von Frankfurt am Main 1552 tödlich verwundet. Vgl. dazu Fromm: Georg von Mecklenburg, S. 680. Ein wesentlich weniger positives Bild zeichnet Thomas Kaufmann, der ihn als „ein[en] zur Gewalt neigende[n] Hasadeur“ tituliert, vgl. Kaufmann: Das Ende der Reformation, S. 70. Ihre Zuneigung erstreckte sich auf ihre beiden jüngsten Söhne, während sie sich mit ihrem ältesten Sohn, Herzog Johann Albrecht I., arg zerstritt, vgl. dazu Seraphim: Das livländische Mittelalter, S. 213.

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Gesellschaftliche Stellung

Die Bevorzugung familiärer Traditionsnamen spiegelte sich ebenso in der zweiten Generation wider. Als Beispiel sollen die Kinder von Georg von Mecklenburg, einem Sohn des Herzogs Johann Albrecht II., dienen. Georg von Mecklenburg, von seinem Halbbruder, Herzog Gustav Adolf, wohlwollend protegiert, nannte seine fünf Töchter unter anderem Eleonore Marie (Name der Mutter von Herzog Gustav Adolf )17 und Gustava Magdalena (Zusammensetzung aus den Namen des Herzogs und seiner Ehefrau),18 die anderen drei Mädchen erhielten zumindest einen in der Herzogsfamilie fest verankerten Namen. Ende des sechzehnten, Anfang des siebzehnten Jahrhunderts wählten die Eltern gewöhnlich Namen, die nur aus einem Part bestanden. Ausnahmen lassen sich zu diesem Zeitpunkt ausschließlich in höheren gesellschaftlichen Schichten finden, so dass eine Zweigliedrigkeit des Namens auf eine adlige Abstammung des Kindes verweist. Durch die in Adelskreisen auftretenden, mehrgliedrigen Vornamen erfolgte eine Distinktion gegenüber unteren gesellschaftlichen Schichten.19 Infolgedessen bot der Vorname die Möglichkeit, symbolisches Kapital auf das Kind zu transferieren und seine Standeszugehörigkeit deutlich zu unterstreichen. Im Laufe des siebzehnten Jahrhunderts wurde der Trend zu mehrteiligen Vornamen im gesamten Europa begierig von allen gesellschaftlichen Schichten aufgenommen. In aller Regel bekamen die Adelskinder nun mindestens zwei, wenn nicht noch mehr Vornamen mit auf den Weg. Die Mehrnamigkeit bot die Möglichkeit, den im Spätmittelalter zusammengeschrumpften Rufnamenwortschatz wieder auszudehnen. Zudem erlaubte die Vergabe mehrerer Vornamen eine größere Zahl von Verwandten und auch die Paten, die zunehmend eine Rolle bei der Namensvergabe spielten, zu bedenken und zu ehren.20 Die starken gesellschaftlichen Komponenten der Namensgebung werden auch anhand der Regularien in anderen europäischen Ländern sichtbar. So erhielten in Frankreich die Findelkinder nur einen Vornamen, wodurch sich die zumeist unehelich gezeugten Kinder bereits anhand dieser Tatsache von den „Respektablen“ unterschieden.21 Der Trend zur Mehrnamigkeit hielt über den gesamten Untersuchungszeitraum an. Erst mit dem Bedeutungsverlust der Patennamen bei der Benennung im ersten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts kehrte sich die Entwicklung um. Auch die Kinder von Herzog Friedrich Wilhelm trugen mehrgliedrige Namen, die entweder mit denen ihres Vaters identisch waren oder zumindest im engsten Familienkreis verwendet wurden. Noch deutlicher als im Fall des einhundert Jahre zuvor lebenden Herzogs Carl resultierten aus den Vornamen familiäre Verbindungslinien, die eine deutliche Zugehörigkeit zur herzoglichen Familie und dem Vater symboli17 18 19 20 21

Prinzessin Eleonore Marie von Anhalt-Bernburg (17.8.1600–17.7.1657). Prinzessin Magdalene Sibylle von Holstein-Gottorf (14.11.1631–22.9.1719). Kohlheim und Kohlheim: Personenamen, S. 692. Vgl. zur Entwicklung der Mehrnamigkeit in deutschen Territorien Kleinöder: Konfessionelle Namengebung, S. 109–119; Simon: Vornamen wozu?, S. 121–137. Wilson: The Means of Naming, S. 205.



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sierten. Der Erstgeborene bekam in einem Akt der Selbstverständlichkeit den Namen des Vaters zugesprochen, der kurze Zeit danach geborene Carl Ludwig erhielt einen Namen, der sich aus dem der Brüder des Vaters zusammensetzte. Die beiden Brüder von Mecklenburg, Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig, fühlten sich der Tradition auch in der nachfolgenden Generation verpflichtet und schöpften als Ehrbezeugungen aus dem Namenfundus der herzoglichen Familie, der durch die eigenen Namen zum Teil schon zu dem ihrigen geworden war.22 Unbedacht blieb lediglich Herzog Carl Leopold, ihr Kontrahent vor dem Wiener Reichshofrat.23 Seine Nichtberücksichtigung verdeutlicht das angespannte Verhältnis, das zwischen ihm und seinen Neffen, aber auch seiner restlichen Familie herrschte. Zudem wählten die Brüder vor allem für die Mädchen Namen aus den Familien der Ehefrauen, die alle dem mecklenburgischen Adel entstammten, um so die Achtung für die angeheiratete Familie auszudrücken. Zwei weitere uneheliche Kinder des Herzogs Friedrich Wilhelm trugen denselben Vornamen wie ihr Vater.24 Da sich seine Anteilnahme in diesen Fällen darauf beschränkte, die Mütter zu verheiraten, lag die Namenswahl wahrscheinlich alleine in den Händen der Frauen. In diesem Zusammenhang kann der Name Friedrich Wilhelm als der Wunsch interpretiert werden, ein Mindestmaß an Verbundenheit zum Vater und damit auch zur Legitimation herzustellen. Der Name wird zum Symbol der Zugehörigkeit, zu einer „symbolic patrionomy“,25 wie Stephen Wilson herausstellte. Diesen Wunsch verdeutlichen auch die Namen der Töchter des Herzogs. Seit dem siebzehnten Jahrhundert trat das Phänomen der Movierung von männlichen Vornamen auf.26 Aus diesem Grund trugen auch die Töchter Friederica Wilhelmina und Friederica Luisa den Namen ihres Vaters. Dass die Intention für die Namensgebung der unehelichen Kinder zumindest teilweise dem Wunsch entsprach, Verbindungen und Nähe zur herzoglichen Familie zu erzeugen, lässt sich auch anhand des Gegenbeispiels von Herzog Carl Leopold nachweisen. Bei der Namenswahl seiner Kinder erfolgte bei den Töchtern nur ein partieller Rückgriff auf familiäre Vornamen (Christina Maria, Louisa Charlotta) und bei

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Die Kinder von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg hießen: Friedrich Ludwig, Gustava Carolina, Carl Wilhelm, Friedrich Wilhelm, Sophia Charlotta, Carl Ludwig, Carl Friedrich, Wilhelmina Louisa, Wilhelm Ludwig, Carolina Friederica, Sophia Eleonora, Gustava Carolina, vgl. dazu LHAS, 11.3-1/7, Kasten 34: Stammtafel der älteren Linie von Mecklenburg. Die Kinder von Carl Ludwig von Mecklenburg hatten die Namen: Caroline Sophie Augusta, Sophia Hedwig, Christian Ludwig, Friedrich, Eleonore Friederika, Friderica Charlotta, Helena Elisabeth, Hermann Albrecht Dietrich, Maria Augusta Dorothea, vgl. dazu LHAS, 11.3-1/4, Nr. 1436: Mecklenburg. Vgl. zu den Streitigkeiten zwischen den Brüdern von Mecklenburg und Carl Leopold vor allem Punkt 5.3.1, S. 197. Friedrich Wilhelm Streit, Friedrich Wilhelm Leetzen. Wilson: The Means of Naming, S. 221. Vgl. dazu Kohlheim und Kohlheim: Personenamen, S. 691.

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den Söhnen keiner auf den väterlichen oder die brüderlichen Namen.27 Es wurde sich allenfalls auf Carl Leopold selbst bezogen, aber keine familiäre Traditionslinie hergestellt. Die Tendenz zu einer eng mit dem Vater verwandten Namenswahl blieb auch im darauffolgenden Jahrhundert bestehen. Fast jedes der Kinder von Herzog Friedrich Franz I. trug unabhängig vom Geschlecht entweder Friedrich oder Franz beziehungsweise die movierte Form in seinem Vornamen.28 Die gut dokumentierte Mehrgliedrigkeit der Vornamen, die in den vorherigen Jahrhunderten aufgrund der fehlenden Kirchenbücher und der Informationslage nicht lückenlos rekonstruiert werden konnte, erlaubt, die Rolle der Paten bei der Namenswahl hervorzuheben. In den deutschen Territorien nahm die Benennung nach Taufpaten zu diesem Zeitpunkt eine exponierte Stellung ein.29 Auch die unehelichen Kinder, wie zum Beispiel Friedrich Johann Christian Mecklenburg, Forstinspektor in Zickhusen,30 und sein Bruder Friedrich Wilhelm Adolf Mecklenburg, Oberförster in Wabel,31 erhielten die Namen der Taufpaten. Allerdings spielte der Taufname im täglichen Leben nur eine untergeordnete Rolle, der Rufname war der entscheidende Faktor. Oft stand er gar nicht an erster Stelle, da diese Position häufig auftretende Vornamen einnahmen.32 Trotz der Mehrgliedrigkeit wurde für die natürlichen Kinder ein Rufname ausgewählt, der im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrem Vater stand. Nachweisen lässt sich diese Tatsache anhand der Unterschriften und der offiziellen Dokumente. Der bereits erwähnte Oberförster zu Wabel wurde nur Franz junior gerufen, obwohl der Name Franz keineswegs offiziell im Kirchenbuch verzeichnet war. Sein Halbbruder, der Forstinspektor, der mit ihm aufgewachsen war, wurde Friedrich senior genannt. Die Namensgebung erlaubte, die fast gleichaltrigen Brüder nicht nur zu ihrem Vater, sondern auch in ein Verhältnis zueinander zu setzen.

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Die Söhne, mit unterschiedlichen Müttern gezeugt, hießen Carl, August Hinrich, Carl Leopold und Emanuel. Zum Beispiel: Friedrich Johann Christian Mecklenburg, Friedrich Wilhelm Adolf Mecklenburg, Friedrich Franz Adolph Kentzler, Friedrich Johann Ernst Mecklenburg, Franz Ernst Ludwig Johann Mecklenburg, Louisa Friederica Charlotte von Kleinow, Friederike Louise Charlotte von Kleinow, Friedericka Franziska Stein, Friederike Ulrike Christine Mecklenburg. Krüger: Textlinguistische Methoden der Namensforschung, S. 142; Lanzinger: Namenkultur, S. 121–122. Die Taufpaten waren: Johann Friedrich Christoph Schlaeger, Johann Daniel Christoph Bandelow, Christian Michael Panckow, vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 4124: Abschrift des Kirchenbucheintrages vom 7.2.1788 der Domkirche Schwerin durch Carl Christian Brandenburg, Schwerin 29.1.1802. Die Paten waren Adolf Stocks, Förster zu Kraak, Friedrich Driesch, herzoglicher Läufer zu Ludwigslust, Wilhelm Degens, Pächter zu Boldela, vgl. ebd., Abschrift des Kirchenbucheintrages vom 26.9.1788 von Pampow durch Prediger Carl Georg Garden, Pampow 15.1.1802. Bach: Deutsche Namenkunde, S. 38.



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Allerdings wäre es falsch, die Namensgebung auf eine rein persönliche Ebene zu beschränken. Gerade im neunzehnten Jahrhundert wurde ersichtlich, dass der Name durchaus politische Aussagekraft haben konnte, wie Michael Wolffsohn anhand der Untersuchung dynastischer Namen in München aufzeigt.33 Ein mit der herzoglichen Familie konnotierter Name war somit auch immer ein Loyalitätsbeweis gegenüber dem politischen System. Inwieweit dieses Phänomen auch in Mecklenburg auftrat, muss angesichts der Forschungslage unbeantwortet bleiben, auch wenn die Vermutung naheliegt, dass die Beliebtheit von Herzog Friedrich Franz I. durchaus ihre Spuren in der Namensgebung hinterlassen hat. Im europäischen Kontext diente die Vornamensvergabe als Unterstreichung der Familienbeziehung, die damit auch nach außen getragen wurde. Sie stellte aber bei weitem keine Selbstverständlichkeit dar. So trugen die beiden natürlichen Kinder des französischen Königs Ludwig XIV., die er mit seiner Mätresse Louise Françoise de La Vallière zeugte, nicht seinen Namen, erst der dritte wurde Louis genannt. Hingegen bekamen die sechs anerkannten Kinder, die er mit Françoise Athénaïs de Montespan hatte, Louis beziehungsweise eine Variation als Namen beigelegt.34 Der erstgeborene natürliche Sohn des sächsischen Kurfürsten Friedrich August I., August der Starke, wurde ebenso nicht nach seinem Vater, sondern Hermann Moritz gerufen. Allerdings trugen auch hier von seinen acht unehelichen Kindern zumindest zwei den Vatersnamen, einer den des Großvaters.35 Der Bastard Hermann Moritz von Sachsen, genannt Maréchal de Saxe, genoss im achtzehnten Jahrhundert großes Ansehen, wodurch er auch für andere uneheliche Kinder zum Namenspaten wurde; so im Falle des Sohnes des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II., der wünschte, dass sein noch ungeborener Sohn „Alexander Wilhelm Moritz v. Birkholtz heißen [solle:] Alexander weil er ein mahl sol ein düchtiger soldat werden, Wilhelm wegen ihnen [Wilhelmine Enke, Anm. der Autorin] und mir und Moritz weil der Marechal de Saxe so hies“.36

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Wolffsohn definiert dynastische Vornamen wie folgt: „Vornamen, die dem Namenschatz der bedeutenden deutschen Fürstenhäuser und Dynastien […] entstammen und bei denen davon auszugehen ist, dass die dynastische Konnotation von den namensgebenden Eltern in der jeweiligen Zeit besonders wahrgenommen wurden“, vgl. Wolffsohn: Nomen est omen, S. 22. Kinder mit Louise Françoise de La Vallière: Charles, Philippe, Marie Anne, Louis; zusammen mit Athénaïs de Montespan hatte er u. a. folgende Kinder: Louis Auguste, Louis César, Louise-Françoise, Louise Marie, Françoise Marie, Louis Alexandre, vgl. dazu Schwennicke: Europäische Stammtafeln, Tafel 340. Die Kinder hießen Hermann Moritz, Friedrich August, Johann Georg, Maria Aurora, Anna Karolina, Augusta Constantia, Friederike Alexandrine, Friedrich August, vgl. dazu Vogel: Die Kinder August des Starken. Hagemann: Wilhelmine von Lichtenau, S. 25. Bekanntheit erlangen sollte der frühverstorbene Junge unter den Namen Alexander von der Mark durch das für ihn geschaffene Grabmal von Johann Gottfried Schadow.

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Familiennamen Noch stärker als die individuellen Vornamen prägten die Familiennamen die Identität, da sie die Zugehörigkeit des Einzelnen zu einer Familie ausdrücken. Gleichsam automatisch von den verehelichten Eltern auf den Nachwuchs übertragen, halfen sie, in vormodernen Zeiten Ansprüche auf Besitz, Stand und Beruf abzusichern. Durch den Familiennamen wurde soziales Kapital transferiert und im Erbfall auch handfestes ökonomisches Interesse abgesichert. Die Ergänzung des Personennamens durch einen vererbbaren Familien- beziehungsweise Stammnamen nutzten zuerst Adlige, die sich nach ihren Stammsitzen (zum Beispiel Habsburg, Luxemburg, Wittelsbach) benannten.37 Spätestens im Laufe des fünfzehnten Jahrhunderts erreichte das neue System der Namensvergabe breite Bevölkerungsschichten, auch wenn Namensänderungen durchaus üblich blieben.38 Die gängigsten Namensableitungen bildeten sich aus Berufsbezeichnungen, Eigenschaften, dem Vaternamen (Patronyme),39 dem Herkunftsort (Toponym) sowie der Wohnstätte.40 Die unehelichen Kinder der mecklenburgischen Herzöge trugen fast durchweg den Namen Mecklenburg.41 Der Name verweist auf den ursprünglichen Hauptsitz der Obodriten, die Mikelenburg nahe der Stadt Wismar. Die erste urkundliche Erwähnung eines mecklenburgischen Fürsten erfolgte im Jahr 1171 in Gestalt von Pribezlaus de Mikelenburg.42 Seitdem setzte sich der Begriff Mecklenburg nicht nur namengebend für das ganze Land durch, er blieb auch untrennbar mit dem obodritischen Fürstengeschlecht verbunden, deren Nachfahren das Land bis 1918 regierten. Der Stammname Mecklenburg signalisierte demnach sowohl nach innen als auch nach außen, dass die natürlichen Kinder zum Land gehörten. Da Land und Familie im fürstlichen Selbstverständnis durchaus äquivalent interpretiert wurden, verortete der Nachname die Kinder im familiären Umfeld. Zusätzlich zu ihren an dem Herzogsnamen orientierten eigenen Vornamen bargen der Name Mecklenburg und die

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Scheibelreiter: Wappenbild und Verwandtschaftsgeflecht, S. 253. In der Forschung unterschiedlich formulierte Thesen zur Durchsetzung der Führung eines Nachnamens fassen Ulrike Krampl und Gabriela Signori wie folgt zusammen: (1) kulturelle Diffusionsprozesse ursprünglich adliger Namenspraktiken; (2) Aufkommen der Nachnamen zusammenhängend mit der Auflösung der Grundherrschaft; (3) Rationalisierung der Verwaltung und der Behörden, vgl. dazu mit weiterführender Literatur Krampl und Signori: Editorial, S. 10–11. Patronymie müssen in Bezug auf Nachnamen als dominierend angesehen werden, auch wenn die Frauenforschung darauf hinweist, dass die Entwicklung keineswegs einem Automatismus unterliegt, ebd., S. 11. Vgl. ausführlich zu den Klassen deutscher Familiennamen Kunze und Paul: Dtv-Atlas Namenkunde; Naumann: Das große Buch der Familiennamen; Bach: Deutsche Namenkunde; zusammengefasst bei Debus: Die Entstehung der deutschen Familiennamen. Im 17./18. Jahrhundert variierten die Schreibweisen in verschiedenen Dokumenten. Karge u. a.: Geschichte Mecklenburgs, S. 26.



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damit anhängenden Implikationen das größte soziale Kapital der Kinder, das ihnen in die Wiege gelegt werden konnte. Die Nutzung des Stammnamens Mecklenburg innerhalb des gesamten Untersuchungszeitraums ist eine der auffälligsten Gemeinsamkeiten. Quantitativ betrachtet gab es nur geringe Abweichungen, die in aller Regel aus der Verheiratung der ledigen Mütter resultierten. Wenn die Frauen, oft im schwangeren Zustand, zur Absicherung ihres Lebensunterhaltes den vom Herzog arrangierten Bund der Ehe eingingen, erhielt das neu geborene Kind den Namen des Stiefvaters; so geschehen im achtzehnten Jahrhundert bei Friedrich Wilhelm Streit und im neunzehnten Jahrhundert bei Friedrich Franz Kentzler sowie einigen Töchtern von Herzog Friedrich Franz I. 43 Dass gerade unter Herzog Friedrich Franz I. diese Praxis vorherrschte, lässt sich zum Teil auch auf die Vielzahl seiner Geliebten, die versorgt sein wollten, zurückführen. Allerdings nahm er unabhängig vom Namen genauso regen Anteil an der Entwicklung seiner unehelichen Kinder. Besonders nahe standen ihm zwei seiner Töchter, die Schwestern von Kleinow, die als einzige seiner Kinder seit der Geburt das Adelsprädikat von in ihrem Namen trugen. Die Namensverleihung von Mecklenburg entfiel in diesem Fall, denn schließlich lebte im Land ein prosperierender Zweig der Nachkommenschaft Carl Ludwigs von Mecklenburg, Sohn des Herzogs Friedrich Wilhelm. Aus diesem Grund griff Friedrich Franz I. auf das im achtzehnten Jahrhundert ausgestorbene Adelsgeschlecht von Kleinow zurück.44 Aber auch in diesem Zusammenhang verriet der Name zumindest den Eingeweihten und Kennern mecklenburgischer Verhältnisse die Verbundenheit zum Herrscher. Die damalige Residenzstadt Ludwigslust entsprang dem Ort Kleinow, weshalb bereits der Name die Nähe zur herzoglichen Familie wenigstens in räumlicher Hinsicht bezeugte. Dass uneheliche Kinder den Namen der Mutter führten, war Usus.45 Falls die Mutter aufgrund ihrer Anonymität als Namensgeberin nicht in Frage kam, wurden unterschiedliche Praktiken der Namensvergabe wie die Benennung nach dem Fundort des Kindes angewandt.46 Die Stigmatisierung des Kindes war somit bereits im Namen angelegt. Folglich bestand die Möglichkeit, die illegitime Abstammung anhand des Familiennamens zu belegen. In einem Vaterschaftsprozess zählte er zu den 43 44

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Unter anderem Maria Schroeder, Friederika Franziska Suhr, Marianne Lettow. Kleinow, auch Kleinau, Klenow, Klenau, war ein altes mecklenburgisches Adelsgeschlecht, das mit der Familie von Hagenow ein Wappen führte und in den Ämtern Stargard und Stavenhagen begütert war. Mitte des 17. Jahrhunderts gingen die Kleinows nach Dänemark. Eine Tochter des Hauses heiratete 1702 Christian Eberhard, den Fürsten von Ostfriesland. Vgl. Kneschke: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexikon, Bd. 5, S. 122–123; vgl. zur Verbindung von Kleinow und Ludwigslust Torp: Klenow. Wenzel: Familiennamen, S. 705; Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S. 140. So wurde aus dem Fundort in einer Nische der Name „Nischekind“ abgeleitet, aus dem Fundort einer Treppe entstand „Treppin“, vgl. Ellwardt: Taufe zwischen Familienfest und Policey-Ordnung, S. 96.

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wichtigsten Indizien einer ehelichen Abstammung.47 Allerdings weist Beate HarmsZiegler darauf hin, dass im achtzehnten Jahrhundert der Namensgebrauch noch weitgehend unabhängig vom familienrechtlichen Status erfolgte. Sowohl das Römische als auch das gemeine Recht erörterten die Namensführung nicht, letztendlich blieb für das usus modernus die Tradition entscheidend. In letzter Konsequenz bestimmte die Mutter die Namenswahl unabhängig von der Tatsache, ob es sich um eine anerkannte Vaterschaft handelte. Jedoch limitierte ein höherer Sozialstatus der Beteiligten die Beliebigkeit der Namensgebung enorm.48 So ist auszuschließen, dass im Falle eines beteiligten Fürsten die Namensvergabe gegen seinen Wunsch geschah, solange die Frau Unterstützung für sich und ihr Kind erhoffte. Innerhalb der Territorien des Alten Reiches gab es eine Vielzahl von Praktiken zur Namensvergabe illegitimer Fürstenkinder. Eine eindeutig dem Herrscherhaus zuzuordnende regionale Benennung war keineswegs selbstverständlich. Häufig wurden die Kinder nach den ihnen vermachten Lehen benannt wie Franz Ludwig von Holnstein und Maria Josepha Karolina Gräfin von Hohenfels, beides natürliche Kinder von Kurfürst Carl Albrecht von Bayern, dem späteren Kaiser Karl VII.49 Der Landgraf Friedrich von Hessen-Kassel, erwählter König von Schweden, betitelte seine Kinder als Grafen von Hessenstein.50 Die natürliche Nachkommenschaft von Herzog Leopold Eberhard von Württemberg-Mömpelgard trug den Namen der Mütter, zum einen das gräfliche Geschlecht von Sponeck, zum anderen das der Freiherrn von l’Espérance.51 August der Starke übte unterschiedliche Praktiken in der Namensgebung aus. Zwei Söhne erhielten Namen, die eine eindeutige Landeszuordnung zuließen (Moritz Graf von Sachsen, Johann Georg le Chevalier de Saxe), die anderen wurden nach Gütern in Polen benannt (Rutowsky, Orzielska), andere Kinder erhielten wiederum den Namen der Mutter (von Cosel).52 Wie stark der Name das Selbstverständnis eines jungen Menschen prägte, soll beispielhaft an einem Kind von Herzog Friedrich Franz I. erläutert werden. Während einige Kinder des Herzogs bereits im Taufbucheintrag unter dem Namen Mecklenburg geführt wurden, blieb im Kirchenbuch die Stelle für den Familiennamen des 1788 geborenen späteren Forstinspektors zu Zickhusen leer. Sein Ziehvater Boldt bescheinigte dem im fünfzehnten Lebensjahr stehenden Jungen eine gute Entwicklung, bemerkte aber, dass dieser „zum öfteren betreten zu seyn [scheint], da ihm seyn

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Schubart-Fikentscher: Unehelichen-Frage, S. 100; ausführlich zur Führung des väterlichen Familiennamens durch Illegitime bei Leineweber: Die rechtliche Beziehung des nichtehelichen Kindes, S. 180. Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S. 141. Vehse: Die Höfe zu Bayern, S. 171. Schwennicke: Europäische Stammtafeln, Tafel 254a. Ebd., Tafel 268. Ebd., Tafel 228a.



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Taufschein keinen bestimmten StammNamen gleich seinen jüngeren Bruder giebt“.53 Der Name war nach außen hin gleichbedeutend mit seiner Legitimation, mit der Anerkennung von Seiten des Vaters. Wenn also Boldt im Namen seines Zöglings um den Stammnamen bat, dann erhoffte sich dieser nicht weniger als die offizielle Akzeptanz. Da der Herzog von vornherein die Erziehung übernommen hatte, stand seine fürstliche Abkunft aber außer Frage. Demnach bedeutete für den Vater der Name nicht gleich Anerkennung. Da seine anderen Kinder, abgesehen von den oben benannten Ausnahmen, durchweg den Namen Mecklenburg erhielten, scheint die Nichtvergabe bei dem jungen Ziehsohn von Boldt allenfalls eine Unachtsamkeit seitens des Vaters zu sein, gleichwohl sie für den Jungen einen bis dahin großen Makel darstellte. Schließlich wurde der Bitte entsprochen und bereits zwei Wochen später erhielt Friedrich Johann Christian, der ältere Pflegesohn des Kabinettskopisten Boldt, wie Friedrich Franz I. ihn im Schreiben benannte, den Namen Mecklenburg als Stammnamen beigelegt.54 Innerhalb des betrachteten Zeitraums wurde die Namensvergabe wie aufgezeigt relativ konstant gehandhabt. Im Wesentlichen veränderte sie sich nur durch die Zugabe einer Präposition. Während im neunzehnten Jahrhundert die Kinder von Herzog Friedrich Franz I. einfach Mecklenburg als Familiennamen führten, hatten sie zuvor den Namen von Mecklenburg empfangen. In vielen europäischen Sprachen steht die Präposition mit der Bedeutung von oft für ein Adelsprädikat, so im deutschsprachigen Raum (aber nicht das niederländische van), im französischen de und di im italienischen Sprachgebrauch. Zwar deklarierte von ursprünglich nur den Besitzer eines Anwesens, doch vollzog sich im Laufe der Zeit ein Wandel der Präpositionsbedeutung. Spätestens im siebzehnten Jahrhundert hatte das von seinen ursprünglichen Sinn als Verweis auf eine Wohnstätte verloren und galt ausschließlich als Adelsprädikat und somit als entsprechende Auszeichnung.55 Lediglich in schweizerischen Randgebieten und im Nordwesten des Deutschen Reiches, wahrscheinlich aufgrund seiner Nähe zur niederländischen Sprache, blieb von als einfacher Namenszusatz bestehen. 56 Fehlende Taufbucheinträge verhindern die Überprüfung, ob die natürlichen Kinder der mecklenburgischen Herzöge bereits von Anbeginn ihres Lebens so gerufen wurden. Dass sie aber im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert im Laufe ihres Lebens von Mecklenburg hießen, beweisen die schriftlich überlieferten Urkunden und Akten. Die Namensgebung basierte weniger auf einem offiziellen oder rechtlichen Akt als vielmehr auf der Gewohnheit. Der Herzog beziehungsweise das herzogliche Umfeld nannte die Kinder von Mecklenburg, ergo hießen die Kinder von Mecklenburg. Ihre adlige Herkunft war folglich bereits im Namen angelegt. Daraus 53 54 55 56

LHAS, 2.26-1, Nr. 4124: Brief von Ludwig Christian Boldt an Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 10.4.1802. Ebd., Reskript von Herzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 24.4.1802. Seibicke: Die Personennamen im Deutschen, S. 187; ebenso Dahmen und Kramer: Soziolinguistische Methoden, S. 176. Debus: Entwicklung der deutschen Familiennamen, S. 174.

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erklärt sich die Wichtigkeit des richtigen Namens. Für Außenstehende zeigte er deutlich den Status an, wodurch ein Automatismus in Gang gesetzt wurde. Weil sie einen adligen Namen trugen, galten sie als adlig – von Mecklenburg bewies ihre Abstammung und barg damit ihr größtes soziales Kapital.

6.1.2 Fehlende Urkunden und existierende Wappen: Der Nachweis der Standeszugehörigkeit Zwar besaß das Gewohnheitsrecht in der Frühen Neuzeit eine weithin akzeptierte Geltung,57 aber gerade im Falle der natürlichen Kinder beruhte die Gewohnheit auf Konsens. Sobald dieser Konsens aufgekündigt wurde, wie bei den Fräulein von Mecklenburg, als deren Vater offiziell den Namen widerrief, schwächte die fehlende schriftliche Fixierung die Position der unehelichen Kinder. Die Beweislage war durch die vorherige jahrelange Anerkennung und Unterstützung zu eindeutig, als dass die Frauen wirklich Schaden an der öffentlichen Verleumdung genommen hätten. Auch diente sie als Argumentationsgrundlage bei den späteren Alimentationsstreitigkeiten. Ein schriftlicher Nachweis ihrer Abstammung hätte einer Verleumdung die Grundlage entzogen. In Mecklenburg war es Usus, dass alle im sechzehnten bis zur ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts gezeugten Kinder, die von ihren fürstlichen Vätern anerkannt und in welcher Art auch immer finanziell unterstützt wurden, als adlig galten. Als Ausnahme ist hier Friedrich Wilhelm Streit zu nennen, der dem Stand seines offiziellen, namensgebenden Stiefvaters folgte. Sobald die Kinder den Namen Mecklenburg trugen, griff der Automatismus. Die Standeszugehörigkeit der Mutter spielte in dieser Hinsicht keine Rolle. Dies widerspräche im eigentlichen Sinne dem Gedanken des Römischen Rechts, der die unehelichen Kinder dem Stand der Mutter zurechnete.58 Ebenso steht dies diametral zu der hochfürstlichen Rechtsauffassung, nach der der freie Geburtsstand nur über die Mutter erbracht werden konnte, da sie den Standestitel an die Kinder weitergab.59 Selbstverständlich verbot der illegitime Akt der Zeugung und die Nichtebenbürtigkeit der Mutter ein Nachfolgen in den väterlichen Stand, zumal dies erbrechtliche und dynastische Konsequenzen nach sich gezogen hätte, da mit einem gleichen Stand auch gleiche Rechte einhergingen. Aber aufgrund der potentiellen Rechtsbeziehung zum Vater und auch der deutschrechtlichen Tradition der Relevanz blutsverwandtschaftlicher Beziehungen galten die unehelichen Kinder dem Stand des Erzeugers zumindest als assoziiert.60 Herzog Carl Leopold ließ Erkundigungen einziehen, inwieweit sein mit der Wolff­ radt gezeugter Sohn ihm nachfolgen könne. Allerdings machte ihm der unbenannte 57 58 59 60

Garré: Artikel „Gewohnheitsrecht“, Sp. 867. Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S. 31. Küppers-Braun: Selbstverständnis des hohen Adels, Abs. 11. Harms-Ziegler: Illegitimität und Ehe, S. 34.



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Verfasser nur wenig Hoffnung, da „im römischen Reiche Teutscher Nation keine fürstliche Söhne der Landes Regierungs-Succession fähig, und dazu qualifisret seyn, im fall selbige nicht aus ordentlicher Ehe mit gebohrene Fürsten- und Gräfflichen, oder auch von der kayserl. Magt wehre in den Fürsten-Stand erhobenen […] gezeugt wörden“. Eine Möglichkeit bestehe darin, um eine fürstliche Standeserhöhung zu ersuchen, wie der Verfasser weiter ausführte. Allerdings falle diese unter die Rechte des Kaisers, weshalb das Gelingen dieser Option maßgeblich vom Beziehungsgrad zum Kaiser abhing, so „daß Sich darho wohl Niemand Hofnung machen könne, als welcher bey Kayserl. May. in besonders gracieren und vorzüglicher consideraton stehe“.61 Da der mecklenburgische Herzog sehr weit davon entfernt war, in der Gnade des Kaisers zu stehen, und er auch keine Unterstützung durch auswärtige Mächte oder wichtige Reichsstände genoss, musste die Idee alsbald verworfen werden. Im Prinzip bildeten das Nobilitierungsrecht und das Recht auf Standeserhöhungen sowie die Legitimation unehelicher Kinder Bestandteile der dem Kaiser vorbehaltenen Reservatsrechte (iura caesarea reservata illimitata), die er ohne Zustimmung anderer ausüben konnte.62 Während zwischen 1400 und 1519 nur 183 nichtadlige Personen in den Reichsadelsstand aufgenommen wurden, schnellte die Zahl bis 1740 auf 5 105 Erhebungen und 1 693 Standeserhöhungen nach oben, wobei allerdings genauere Angaben zu den einzelnen Ständen fehlen.63 Trotz Widerstände der etablierten fürstlichen Kräfte nutzte Wien somit seit der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts das Reservatsrecht der Standeserhöhung zunehmend freizügiger, um Parteigänger zu belohnen und die kaiserliche Klientel zu vergrößern.64 Erst ab dem achtzehnten Jahrhundert wurde das Instrumentarium genutzt, um unebenbürtige Glieder der fürstlichen Häuser in den Fürstenstand zu erheben. 1701 betrieb Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau, der „Alte Dessauer“, die Erhebung seiner morganatischen Ehefrau Anna Luise Föhse und ihrer Kinder in den Fürstenstand, ebenso Fürst Karl Friedrich von Anhalt-Bernburg, dessen Frau den Titel Reichsgräfin von Ballenstedt erhielt und seine Söhne den der von Bärenfeld. Weitere Beispiele für die Erhebung illegitimer Kinder sind bei bereits erwähnten Hessensteins zu finden (1772) und dem Sohn von Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz, Karl August Graf von Heydeck. Auch August der Starke strebte für seinen Sohn die Fürstenwürde an, doch zerschlug sich das Projekt.65 Ähnliche Bemühungen von Mecklenburger Seite sind nicht bekannt, was auf verschiedene Gründe zurückzuführen ist. Da wären zum einen die Mütter. Bis auf Anna 61 62 63 64 65

LHAS, 2.12-1/2, Nr. 23: Verfasser unbekannt, undatiert. Pelizaeus: Artikel „Kaiser“, Sp. 258; Neuhaus: Das Reich in der frühen Neuzeit, S. 17–18; Hoke: Österreichische und deutsche Rechtsgeschichte, S. 149–150. Langbrandtner: Standeserhöhung und Adelsbrief, S. 177; Frölichsthal: Nobilitierungen im Heiligen Römischen Reich, S. 72. Pečar: Höfische Gesellschaft des Reiches, S. 199; Ausführlich dazu: Schlip: Die neuen Fürsten; Klein: Erhebung in den weltlichen Reichsfürstenstand. Ebd., S. 189–190.

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Deelen schaffte es keine Mätresse, in den Stand der morganatischen Ehefrau erhoben zu werden, wobei deren Ehe in einen Zeitraum fiel, als die Erhebung unebenbürtiger Glieder noch nicht gängig war. Später diente die Erhebung in den Reichsgrafenstand vor allem als Auszeichnung und Absicherung der Frauen, die als langjährige Gefährtinnen an der Seite des Fürsten verweilt und ihnen zumeist Kinder geschenkt hatten. Da bis auf Anna Deelen diese Voraussetzung erst wieder einige Mätressen von Herzog Friedrich Franz I. an der Wende zum neunzehnten Jahrhundert erfüllten, die aber auch nicht geheiratet wurden, bestand aus Mecklenburger Sicht kein Grund, aktiv zu werden. Ohnehin erforderte die Standeserhebung einen erheblichen finanziellen Aufwand. Selbst wenn die Mecklenburger Herzöge mit dem Gedanken gespielt hätten, wäre eine Finanzierung unrealistisch gewesen. So bezahlte beispielsweise der „Alte Dessauer“ für seine Anna Luise Föhse dem Kaiser zweiundneunzigtausend Reichstaler.66 Zusätzlich bedurfte es in aller Regel des Ankaufs reichsunmittelbarer Lehen, die nur in einem begrenzten Maße zur Verfügung standen.67 Allerdings verfügte der Kaiser nicht nur über das Recht zur Erhebung in den Reichsadelsstand, sondern eben auch zur prinzipiellen Erhebung in den Adelsstand, der Nobilitierung. Er konnte dieses Recht delegieren, musste es sogar aus quantitativen Gründen tun. So erhielten Universitäten das Promotionsrecht, denn auch die Gelehrten galten als eigener Stand, quasi als Doktorenadel.68 Politisch und finanziell bedeutender aber waren die „einfachen“ Nobilitierungen. Nicht nur loyales Dienstpersonal wurde damit ausgezeichnet. Nichtadlige aus dem ganzen Reich konnten Gesuche nach Wien schicken und somit auch als Untertanen eines Landesfürsten um diese Würde bitten.69 Der Kaiser konnte zudem das sogenannte große Palatinat, das zumeist das Nobilitierungsrecht beinhaltete, übetragen. Damit stiegen die ihm treu ergebenen Hochadligen oftmals aus dem Wiener Umfeld in den Rang eines großen Hofpfalzgrafen auf.70 Mächtige Landesfürsten wurden nicht bedacht. Allerdings konnten beispielsweise Sachsen und Bayern das Nobilitierungsrecht zeitweise regulär erlangen, da sie im Falle einer Thronvakanz als Reichsvikare die kaiserlichen Amtsgeschäfte ausübten.71 Aufgrund solcher reichspolitischen Sondersituationen und wie im Fall Preußens zur Legitimierung des eigenen Machtanspruches entwickelte sich seit dem Westfälischen Frieden die Praxis der landesfürstlichen Erhebungen. Ausführliche Untersuchungen zu Bayern ergaben zwar, dass der Gebrauch anfangs keineswegs eine 66 67 68 69 70 71

Heirat nicht standesgemäß. Klein: Erhebung in den weltlichen Reichsfürstenstand, S. 153–154. Mühlberger: Promotion und Adelsverleihung; Bleeck und Garber: Nobilitas. Sikora: Adel in der frühen Neuzeit, S. 133. So wurde beispielsweise auch Gundaker von Liechtenstein das Palatinat übertragen, vgl. Winkelbauer: Fürst und Fürstendiener, S. 198–202; generell zum Palatinat Arndt: Hofpfalzgrafenamt. Vgl. grundlegend zu den Reichsvikaren Heckmann: Stellvertreter; auch Hermkes: Reichsvikariat in Deutschland; einführend Lammers: Artikel „Reichsvikariat“.



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angewandte Ausdrucksform fürstlicher Macht darstellte, sondern zunächst einmal auf Gelegenheiten beruhte. Aber im Laufe der Zeit wurde die Anwendung zunehmend zu einem Symbol der Selbstständigkeit gegenüber dem Kaiser, zu einer Ausdrucksform des Macht- und Prestigeanspruches eines starken Reichsfürsten, die zudem eine disziplinierende Wirkung auf den eigenen Adel versprach.72 Sowohl die aus kaiserlicher als auch landesfürstlicher Macht heraus initiierten Nobilitierungen bekamen einen schriftlichen Nachweis in Form eines Adelsdiploms. Mit dieser Urkunde erfolgte die Bestätigung der Zugehörigkeit zum Adel unabhängig davon, ob der Kaiser beziehungsweise die Landesfürsten die durchgeführte Standeserhebung gegenseitig anerkannten. Allerdings nützten alle Dokumente nur wenig, wenn die Standesgenossen den Neuankömmling in ihren Kreisen nicht anerkannten. Bereits im Spätmittelalter unterstützte zwar ein Wappen- beziehungsweise Adelsbrief den Aufstieg, er bot aber keine Garantie, denn die Wirksamkeit hing alleine von der Akzeptanz anderer Adelsgeschlechter ab.73 In diesem Kontext standen viele Legitimierungsdiskussionen, vor allem in Frankreich, wo die Autoren es nicht versäumten, daran zu erinnern, dass sich noblesse von dem lateinischen Wort noscibilitas (Ruf, Reputation) ableitete, weshalb die Nobilitierung keineswegs ausschließlich durch die „Hand des Königs“ erfolgen musste.74 In diesem Sinne vollzog sich der Aufstieg in die niederen Adelsränge zu Beginn der Neuzeit oft nicht durch einen eigentlichen Nobilitierungsakt, sondern stillschweigend durch die Annahme eines adelsspezifischen Lebensstils, den Ankauf von entsprechenden Landgütern und die Übernahme von standesspezifischen Ämtern und Aufgaben.75 Schließlich waren Rang und Status in letzter Konsequenz nur zum Teil rechtlich definiert, weshalb sie immer wieder neu ausgehandelt und abgesichert werden mussten. Erst durch die soziale Akzeptanz erreichte der Rechtsakt Gültigkeit. Den natürlichen Kindern bedeuteten die verbrieften Gnadenbeweise deswegen oft weniger als die standesspezifische Ausbildung, die sie genossen hatten. Erst das angeeignete kulturelle Kapital legte den Grundstein für die Akzeptanz des mecklenburgischen Adels und die eigenen rechtlichen Ansprüche, wie die Fräulein von Mecklenburg in ihren Schreiben an die kaiserlichen Autoritäten immer wieder betonten.76 Sobald der hochadlige Vater seinen natürlichen Kindern Aufmerksamkeit und Unterstützung schenkte, wurden sie praktisch auf informellem Wege von jeglichem Geburtsmakel befreit. In solchen Fällen ist eine wie auch immer geartete soziale Stigmatisierung nicht zu konstatieren. Aber wie bei allen Dingen in ihrem Leben – sie besaßen keinen rechtsgültigen Anspruch darauf, denn erst die alltäglichen Beweise 72 73 74 75 76

Zusammenfassend: Endres: Adel in der frühen Neuzeit, S. 95–96; ansonsten Ksoll: Wirtschaftliche Verhältnisse des bayerischen Adels; Riedenauer: Entstehung und Ausformung des landesfürstlichen Briefadels; Sagebiel: Problematik der Qualifikation. Spieß: Aufstieg in den Adel, S. 22. Jouanna: Legitimierung des Adels, S. 173. Asch: Artikel „Nobilitierung“, Sp. 202. Vgl. Punkt 5.3.2, S. 203.

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väterlicher, fürstlicher Gunst adelten sie. Während sich so die fehlenden schriftlichen Nachweise für die erste Generation oftmals weniger problematisch darstellten, hatten die nachfolgenden Generationen mit dem „Loch“ in ihrer Familiengeschichte zu kämpfen. Knapp einhundert Jahre nach dem Tod von Georg von Mecklenburg baten die Nachkommen bei den Landständen um ein Attest über die Familie. Bereits in der ersten Generation mangelte es an Söhnen, so dass die von Georg abstammenden Mecklenburgs nur in weiblicher Linie existierten. Allerdings bedurfte Gustav Adolph von Moltzahn, dessen Großvater mütterlicherseits Georg von Mecklenburg war, des Nachweises einer tadellosen Abstammung, um beispielsweise das Recht zu erwirken, seine Töchter in die Landesklöster einzuschreiben. Das von den Landräten und Deputierten ausgestellte Dokument bescheinigte in Zukunft jedermann, „das der weyland Herr Georg von Mecklenburg von dem hochseeligen Herrn Hertzog zu Mecklenburg-Güstrow Hans Albrecht vor seiner Vermählung mit einer Fräulein aus einem alten adelichen mecklenburgischen annoch florienden rittermäßigen Geschlechte gezeuget und von höchst demselben unter andern in seiner hinterlassen Testament als ein natürlicher Sohn anerkannt sey, hiernächst hertzoglich mecklenburgischer Geheimbter Rath und AmbtsHauptmann zu Darguhn gewesen, und das Lehn-Guth Teschow cum pertinentiis Kätewin und Kossow, deßen besitzer von alters her zu Landtägen gefordert worden und noch werden […] gehabt“.77 Keinen Einfluss auf das Attest nahm der Fakt, dass Georg von Mecklenburg außerhalb einer rechtsgültigen Ehe geboren worden war. Sehr wohl aber wurde erwähnt, dass die Zeugung nicht während eines ehebrecherischen Aktes erfolgt war. Dabei schwingt die besondere Stigmatisierung der „Adulterini liberi“ mit, der Kinder, die während eines Ehebruchs gezeugt wurden und die im Römischen Recht nicht nur von jeglicher Erbschaft, sondern sogar von einer Alimentation ausgeschlossen waren.78 Vor den gleichen Problemen standen auch die Nachfahren Carl Ludwigs von Mecklenburg, dem Sohn von Herzog Friedrich Wilhelm. Allerdings bereiteten die Zeugnisse ihrer Abstammung größere Sorgen. Gerade im neunzehnten Jahrhundert wurden in den Archiven, „in folge eröffneter Erbschaften von verschiedenen Seiten her wiederholte und dringliche Nachforschungen angestellt […], ohne daß das großherzoglich-meklenburgische Staatsarchiv den Anforderungen hätte genügen können, da es nur geringe Nachweisungen besitzt, welche für den Fall einer Entscheidung wohl zu Hülfe kommen, aber keine feste Grundlage abgeben können“.79 Bereits 1838 hatte der königlich-schwedische General-Major Philipp Klaes Ludwig von

77 78 79

LHAS, 3.1-1, Nr. 3.121.111.3: Attest für die Familie von Mecklenburg, Rostock 6.3.1766. Zedler: Artikel „Adulterini liberi“, Sp. 587. LHAS, 5.12-1/1, Nr. 564/1.8: Bericht über die Familie von Mecklenburg angefertigt durch Georg Christian Friedrich Lisch, Schwerin 31.1.1859.



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Mecklenburg den Engeren Ausschuss um ein Adelsdiplom ersucht.80 Allerdings konnte ihm ein solches – da nie ausgestellt – trotz intensiver Recherchen nicht ausgehändigt werden. Das einzige natürliche Kind eines mecklenburgischen Herzogs, das eine offizielle Erhebung in den Adelsstand erfuhr, war Friedrich Mecklenburg von Kleeburg. Wie bereits zuvor beschrieben, stand sein Nobilitierungsakt in einem engen Zusammenhang mit seinem Dienst im österreichischen Heer während der Befreiungskriege, wo er „vom Kadeten an durch 4 Jahre Dienst in den mitgemachten Feldzügen vom Jahre 1809 und 1812 in mehrere feindliche Gelegenheiten beweise von Muth und Entschlossenheit gegeben und sich dadurch wie auch durch seine besönderen Anhänglichkeit an den allerhöchsten Dienst eine vorzüglichen Rücksicht würdig gemacht hat“.81 Mit dem Namen hatte es keine tiefere Bewandtnis,82 er wurde aber im Wappen symbolisch dargestellt. Der Kleeburg’sche Nobilitierungsvorgang entsprach der damaligen mecklenburgischen Rechtsgewohnheit. Als Landesherrn kontaktierten die mecklenburgischen Fürsten den Kaiser und erbaten die Standeserhöhung. In diesem Fall übernahm der Erbprinz, der sich mittels Einschreiben an den Kaiser wandte, die Aufgabe. Der Praxis gemäß wurde nicht nur ein Kandidat vorgeschlagen, sondern neben Friedrich Mecklenburg auch für den Geheimen Kanzleirat Friedrich Schmidt um Aufnahme in den Adelsstand ersucht.83 Eigentlich hatte sich mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806 die Rechtsgrundlage gravierend geändert. Durch ihre neu gewonnene Souveränität besaßen die Schweriner und Strelitzer Herzöge das Recht, Standeserhöhungen selbst auszusprechen. Damit hätte Friedrich Franz  I. nicht nur Friedrich Mecklenburg, sondern auch seine anderen Kinder rechtlich einwandfrei in den Adelsstand erheben können. Allerdings blieb das Verfahren bis 1845, bis zu einem Zeitpunkt, wo sich die Beziehungen allmählich verschlechterten, weitgehend an Österreich gekoppelt. Erst 1832 erfolgte eine der wenigen eigenständigen Erhebungen in den mecklenburgischen Adelsstand.84 Prinzipiell wurde die Verleihung von Adelstiteln in Mecklenburg sehr restriktiv gehandhabt, gerade im Vergleich zu den ehemaligen süddeutschen Rheinbundstaaten, die mittels exzessiver Anwendung versuchten, durch die Schaffung eines Personenadels eine loyale, staatsgebundene Funktionselite zu kreieren.85 In Mecklenburg wurde sich vehement gegen die Käuf80 LHAS, 3.1-1, Nr.  3.121.111.3: Brief vom königlich-schwedischen General-Major von Mecklenburg an den engeren Ausschuss, o. O. 2.6.1838. 81 AT-OeStA/AVA Adel HAA Akten, Kleeburg: Entwurf des Adelsdiploms für Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, Wien 5.2.1813. 82 Dafür zeugen auch eine Reihe von anderen Standeserhebungen, deren verliehene Namen sich mit Klee zusammensetzten, so Kleeberg, Kleeblatt, Kleeborn, Kleefeld, Kleepüchler, Kleewein, vgl. Frank: Standeserhebungen und Gnadenakte. 83 AT-OeStA/AVA Adel HAA Akten, Kleeburg: Brief von Klemens Wenzel von Metternich an Kanzler Grafen von Agarte, Wien 11.8.1812. 84 Lippert: Grundzüge der Nobilitierungspolitik, S. 116. 85 Reif: Adel im 19. und 20. Jahrhundert, S. 5.

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lichkeit und den Eigenantrag auf Standeserhöhungen ausgesprochen, so dass nur noch Bürgerliche mit Gutsbesitz und Wohnsitz im Lande in Frage kamen. Damit orientierten sich die hiesigen Gewohnheiten an der sparsamen preußischen Nobilitierungspraxis, die als Kriterien beruflichen Erfolg, vor allem von Offizieren, großen Landbesitz und/oder konservative Gesinnung einforderte.86 Sowohl die Landräte als auch die beiden Großherzöge mussten ihre Zustimmung signalisieren.87 Dass Friedrich Franz I. keinen seiner Söhne dieser Prozedur unterzog, mag verschiedene Gründe gehabt haben. Zum einen widerspräche es der generellen restriktiven Nobilitierungspolitik, zudem konnten die Kinder die eigenformulierten Ansprüche an die zu Nobilitierenden bei weitem nicht erfüllen. Zum anderen hatte unter Umständen auch die prinzipielle Geringschätzung des höfischen Umfelds Einfluss auf die Entscheidung.88 Darüber hinaus mag die realistische Einschätzung den Ausschlag gegeben haben, dass mit dem zur Verfügung stehenden ökonomischen, aber auch sozialen und kulturellen Kapital ohnehin kein standesgemäßes Leben möglich gewesen wäre und damit auch die Anerkennung der Standesgenossen nur leidlich erreicht worden wäre. Der zu beobachtende Automatismus – sobald der herzogliche Vater für seine Kinder sorgte, galten diese als adlig – funktionierte zu Zeiten Friedrich Franz I. nicht mehr bei den Söhnen, sehr wohl aber im begrenzten Umfang bei den Töchtern. Die Standeszugehörigkeit der Kleinow-Schwestern war ambivalent. Während in den Kirchenbüchern bei der Geburt das von im Namen noch fehlte, wurde es später bei der Heirat mit aufgeführt.89 Auch in ihren Selbstbezeichnungen gehörte das von mit zu ihrem Namen. Anfangs unterzeichnete die Jüngere zwar nur als „Fritze Kleinow“, ab 1811 dann aber mit „Friederike von Kleinow“,90 ebenso wie auch Louise mit „von Kleinow“ ihre Quittungen signierte.91 Zudem bescheinigte Madame von Wickede, Kostgeld für „von Kleinows“ erhalten zu haben.92 Zurückhaltender waren die Einträge in den gedruckten und damit öffentlich zugänglichen Badelisten von Doberan formuliert. Während die Tochter von Wickedes ausdrücklich als „von Wickede“ bezeichnet wurde, finden sich die Kleinows nur unter „Demoiselle Kleinow“ wieder.93 Es herrschte eine gewisse Unsicherheit bezüglich ihres Standes, die mit der Zeit aber langsam abnahm. Ohnehin beinhaltete ihr Selbstbild das „Adeligsein“. Da 86 87 88 89 90 91 92 93

Ebd., S. 64. Lippert: Grundzüge der Nobilitierungspolitik, S. 117. Vgl. dazu LHAS, 2.26-1, Nr. 4399: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz I., 1828. Cop. Herr Baron Friedrich Bernhard Hanasch v. Wenkstern Hauptmann bei der kgl. Hannoverschen Garde in Hannover und Frl. Friederica von Kleinow (pater vacant), vgl. Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69322: Kirchenbuch Ludwigslust, 12.13.1816. Vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 4197. Vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 4193. Vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 4191. Verzeichniß der bey dem Seebade zu Doberan angekommenen Cur-Gäste und Fremden, Rostock 1809–1810.



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im Falle einer Verheiratung keine Gefahr bestand, den Namen durch Nachkommen weiterzugegeben, war die Standeszugehörigkeit leichter verhandelbar und durch die Akzeptanz des Umfeldes konstruierbar. Die Zuwendung ihres Vaters ermöglichte ihnen einen gehobenen Lebensstil, was sie maßgeblich von ihren Geschwistern unterschied. Mit Hilfe des ökonomischen Kapitals fiel es leicht, das nötige kulturelle und soziale Kapital aufzubauen, um gesellschaftlich akzeptiert zu werden. Schlussendlich enthob die Heirat mit adligen, am Hof tätigen Männern sie jeglicher Zweifel.

Wappen Im Wappen lag die Versinnbildlichung von Rang und Stand, von Herkunft und Beziehung eines Individuums. Durch diese genealogische Formbildung par excellence konnte somit das Wissen „über die korporative Zugehörigkeit einer Person“94 vermittelt werden. Indem das Wappen auch Träger von Herrschafts-, Eigentums- und Besitzverhältnissen war sowie auf Siegeln als Authentizitätsnachweis diente, bestand ein reges Interesse, die Vergabepraxis zu reglementieren. Während im Hochmittelalter beim Einsetzen des Wappengebrauchs95 das Verfahren ohne Kontrollinstanzen und willkürlich verlief, setzte der Kaiser in der Frühen Neuzeit gegenüber den Landesfürsten das alleinige Recht auf Verleihung eines Wappens durch. Eng an eine Standeserhöhung gebunden, wurde versucht, die Vergabe an Bürgerliche zu limitieren.96 Durch die Weitervererbung des Wappens von Generation zu Generation entstand eine symbolhafte Verbindungslinie, so dass der Frage, wie mit illegitimen Familienmitgliedern, die im eigentlichen Sinne die Familie nicht weiterführen konnten, zu verfahren sei, eine besondere Relevanz zukam. Das gebräuchlichste Mittel zur Kenntlichmachung einer „Bastardfamilie“ gegenüber der ursprünglichen Familie stellte im Spätmittelalter das Einfügen des sogenannten Bastardfadens dar. Ein schmaler Faden, der, aus heraldischer Sicht, von links oben nach rechts unten über das Wappen des Vaters führte, machte dem heraldisch Gebildeten kenntlich, dass der Träger dieses Wappens kein Familienanrecht besaß, sondern aus einer illegitimen Geburt stammte.97 Diese Form der Kenntlichmachung war vor allem in West- und Südeuropa gebräuchlich, ist aber beispielsweise auch für die Oldenburger Grafen nachweisbar. 98 In Mecklenburg wurde die Sache anders gehandhabt. Durchweg symbolisierte der Stierkopf auf den Wappen der natürlichen Kinder die enge Verbundenheit zum herzoglichen Haus. Die Ursprünge des Mecklenburger Stierkopfes im Wappen sind unbekannt, so dass genügend Raum für Spekulationen blieb, um das Wappentier in die mythische Herkunftslegende zu integrieren. Nikolaus Marschalk führte im sechzehnten Jahr94 95 96 97 98

Heck: Genealogie als Monument, S. 17. Vgl. zu den Anfängen des Wappenrechts Filip: Einführung in die Heraldik, S. 14–19. Lück: Artikel „Wappenrecht“, Sp. 636–637. Vgl. zum Bastardfaden und den Beizeichen Scheibelreiter: Heraldik. Trüper: Unebenbürtige Nachkommen, S. 188.

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hundert das Fürstengeschlecht auf Anthyrius, einen Feldherrn in der Armee Alexanders des Großen, zurück. Von dort zum Pferd Alexanders, Bucephalus, dessen Name übersetzt Ochsenkopf lautet, hin zum Wappentier der Obodriten war es dann nur noch ein kleiner Schritt.99 Nachweislich verwendete Nikolaus II., Fürst zu Mecklenburg und Mitregent seines Vaters Heinrich Borwin I., Anfang des dreizehnten Jahrhunderts zum ersten Mal den Stierkopf als Wappen- und Siegelbild. Auch später, als sich das herzogliche Wappen aus den verschiedenen Landesteilen zusammensetzte,100 führten die mecklenburgischen Herzöge stets als kleines Wappen das Bildmotiv des Stammwappens, den Stierkopfschild.101 Die Wappen der natürlichen Kinder waren fast identisch mit dem väterlichen, für das Herzogtum Mecklenburg stehenden Wappen. So wird das Wappen von Carl Jürgen von Mecklenburg wie folgt beschrieben: „In einem von Gold und Roth quadrirten Felde ist ein schwarzer gerade vor sich hin sehender Büffelskopf mit schwarzen Hörnern, goldener Krone, silbernem Ringe durch die Nase und großem Halsfelle. Auf dem Helm stehen 7 Stäbe, oben gespitzt, neben einander in folgender Ordnung: schwarz, golden, roth, schwarz, golden, roth, schwarz; über ihnen ist ein Pfauenwedel und auf diesem liegt rechts gekehrt ein Büffelskopf. Helmdecken: golden, roth und schwarz.“102 Die Unterschiede in der Heraldik, die sogenannten Beizeichen, waren minimal. Der Schild war in Gold und Rot quadriert anstatt rein golden zu sein, anstelle silberner zeigte das Wappen von Carl Jürgen schwarze Hörner. Die Veränderungen demonstrierten einerseits deutlich die verwandtschaftliche Nähe zur 99

Vgl. zur Herkunftslegende Hofmeister: Das Lied vom König Anthyrius; siehe auch Jacobs: Familie, Stand und Vaterland, S. 74. 100 Die genaue Blasonierung des herzoglichen Vollwappens – gezeichnet nach Georg Rixner – lautet wie folgt: Der Schild ist geviert und hat einen Mittelschild. Mittelschild: Grafschaft Schwerin, von Gold und Rot geteilt; Feld 1: Herzogtum Mecklenburg, in Gold hersehender, schwarzer Stierkopf mit einem silbernen Nasenring und abgerissenem Halsfell, dessen Randung bogenförmig ausgeschnitten ist und drei Spitzen hat, mit silbernen Hörnern, auf der Stirn eine rote Fürstenkrone; Feld 2: Herrschaft Rostock, in Blau ein aufgerichteter goldener Greif mit ausgeschlagener roter Zunge; Feld 3: Herrschaft Stargard: in Rot ein aus dem Spalt hervorgehender naturfarbener Frauenarm mit einem silbernen Ärmel, am Unterarm eine silberne Schleife, zwischen Daumen und Zeigefinger einen goldenen, diamantbesetzten Ring haltend; Feld 4: Fürstentum Wenden, in Gold ein gelehnter, schwarzer Stierkopf mit ausgeschlagener roter Zunge, silbernen Hörnern, auf der Stirn eine rote Fürstenkrone. Über dem Hauptschild drei goldene, gekrönte Spangenhelme. 1. Helm: Herzogtum Mecklenburg: ein Schirmbrett, bestehend aus fünf aufrecht stehenden, oben zugespitzten Pfählen in Gold, Blau, Rot, Gold und Schwarz, dahinter ein naturfarbener Pfauenfederbusch, belegt mit einem liegenden, schwarzen Stierkopf mit ausgeschlagener roter Zunge, silbernen Hörnern, auf der Stirn eine rote Fürstenkrone, Decke schwarz mit gold; 2. Helm: Grafschaft Schwerin, zwei Stierhörner, geteilt von Gold über Rot, Decke rot mit gold; 3. Helm: Herrschaft Rostock, ein offener Flug, rechts Gold, links blau, Decke blau mit gold; Schütt: Das Mecklenburger Fürstenwappen, S. 17. 101 Ders.: Auf Schild und Flagge, S. 47. 102 Masch: Wappen des Carl Jürgen von Meklenburg, S. 160–161.



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Obodritendynastie, anderseits bezeugten sie dem Kundigen ebenso klar, dass es sich nicht um Mitglieder der mecklenburgischen Fürstenfamilie handelte. Im Falle der von Carl Ludwig gegründeten Familie von Mecklenburg fehlten sogar diese minimalen Beizeichen, was in dem 1858 neu erschienenen Wappenbuch von Siebmacher als „heraldisch und genealogisch auffallend“ bezeichnet wurde.103 Gleich dem mecklenburgischen Wappen war die Gestaltung: „Im goldenen Felde einen vorwärtsgekehrten schwarzen Büffelskopf mit rother Krone und silbernen Hörnern, einen silbernen Ring im Maul haltend. Auf dem (gekrönten) Helm eine von blau, Gold, roth, Silber und schwarz in die Länge getheilte, oben rund gekerbte, unten etwas schmäler zugehende Tafel, über welcher ein Pfauenwedel von fünf Federn mit dem Büffelskopfe schräglinks belegt. Helmdecken golden und schwarz.“104 Die Eins-zu-eins-Umsetzung spricht für die besondere Nähe, die zwischen dem Vater und seinen beiden Söhnen herrschte. Die Führung desselben Wappens als symbolhafte Verdeutlichung der Genealogie unterstreicht die Zusammengehörigkeit und die Familienabstammung nach außen und auch für nachfolgende Generationen geltend. Zugegebenermaßen ist nicht nachweisbar, ob seine Söhne das Wappen schon zu Lebzeiten des Vaters führten oder ob es sich erst im Laufe der Zeit herausbildete. Im Landeshauptarchiv sind keine Akten oder Urkunden vorhanden, die auf einen offiziellen Verleihungsakt hindeuten. Ebenso wie die Namensgebung beruhte die Wappenaneignung auf Gewohnheit und allgemeiner Akzeptanz. Dass das keineswegs selbstverständlich war, zeigt der Blick nach Württemberg zu den natürlichen Kindern von Herzog Carl Alexander von Württemberg. Dort geriet dessen unehelicher Sohn, ein Hauptmann Carl von Buchenwald, in Auseinandersetzungen mit der herzoglichen Administration, da er häufiger das Wappen seines Vaters verwendete.105 Auch eines der Fräulein von Mecklenburg nutzte für ihr Wappen die typisch mecklenburgische Symbolik des Stierkopfes. Da keine genaue Beschreibung ihres Wappens vorliegt, sondern es nur als Siegelabdruck zwischen den Papieren im Archiv vorhanden ist, lassen sich Details nur schwer und die Farbgebung gar nicht ermitteln. Doch scheinen die Stierköpfe bis auf einen fehlenden Nasenring identisch zu sein. In den Patenten gegen seine Töchter ereiferte sich Herzog Carl Leopold ausschließlich über die Namensführung, nicht über die Wappennutzung – sei es Unwissenheit über die Verwendung oder weil er dem weniger Bedeutung zumaß. Das Wappen von Juliana von Mecklenburg ist in Form eines Heirats- beziehungsweise Ehewappens erhalten, das sowohl das ihrige als auch das Wappen des Ehepartners nebeneinander stellte und verband.106 Die Beibehaltung ihres Wappens zeugt von einem hohen Maß an genealogischem Bewusstsein, welches sie trotz aller auszutra103 104 105 106

Siebmacher’s grosses und allgemeines Wappenbuch, S. 14; vgl. dazu auch Abb. 10, S. 220. Meding: Nachrichten von adelichen Wapen, S. 379. Sauer: Kaiserlicher General, S. 149. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 20: Siegelabdruck an dem Brief der Geschwister von Mecklenburg an Herzog Christian Ludwig, o. O. 23.7.1749; Mandatum speciale ausgestellt durch Juliana von Mecklenburg, Dobbertin 23.4.1772.

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genden Differenzen selbstbewusst an ihrer Abstammung aus dem Obodritengeschlecht festhalten ließ. Zudem verdeutlicht die Wappenvereinigung die Akzeptanz des mecklenburgischen Adels, die sie in seinen Reihen willkommen hieß. Die alten Adelsfamilien Plessen und Stralendorff hätten kaum einem Heiratswappen zugestimmt, wenn das Wappen der Frau mit Makel behaftet gewesen wäre. Bei der natürlichen Nachkommenschaft von Friedrich Franz I. traten keine Wappen mehr in Erscheinung, die eine Abstammung vom Mecklenburger Fürstengeschlecht suggerierten. Ohnehin kamen nur noch einige seiner Kinder, die Kleinows und Mecklenburg von Kleeburg, als potentielle Wappenträger in Frage. Den Kleinow-Schwestern bescheinigte Lehsten in seiner Arbeit über den mecklenburgischen Adel die Führung des Wappens des wohl im achtzehnten Jahrhundert ausgestorbenen Adelsgeschlechtes von Kleinow, dessen Namen die Schwestern bereits führten.107 Allerdings finden sich in den Akten des Schweriner Landeshauptarchivs diesbezüglich keine Nachweise. Das Wappen von Kleeburg griff weder eine ausgestorbene noch eine familiäre Verbindungslinie auf, sondern wurde neu geschaffen. Interessanterweise setzte die Wappenaneignung schon vor dem eigentlichen Prozess der Nobilitierung ein. Bereits 1811 wandte sich Friedrich Mecklenburg an seinen Vater mit der Bitte, ihm „gnädigst ein Wappen [zu] bestimmen“, da er eines für seinen Militärdienst bräuchte. Er selbst machte den Vorschlag für die Gestaltung: So sollte auf dem Schild ein Arm aus einer Wolke zu sehen sein.108 Zwar spezifiziert er bei seinem Ansuchen um ein Wappen nicht den konkreten Gebrauch, doch war es unter anderem ein Zeichen der Inte­gration in sein fast durchweg adliges Offiziersumfeld, wo praktisch ein jeder über Familienwappen verfügte. Sein Abbildungsvorschlag fand Aufnahme in dem offiziellen Wappenentwurf bei seiner Erhebung in den Adelsstand. Da die Ausfertigung des Entwurfes nach Mecklenburg delegiert wurde, war sein Vater, den er in allen wichtigen Lebenslagen konsultierte, auch in dieser Angelegenheit sein wichtigster Ansprechpartner. Die Ausfertigung des Adelsdiploms erfolgte nur im Zusammenspiel mit einer entsprechenden Wappenidee, woraus Kleeburgs häufige Bitten in die Heimat resultierten, sich mit der Übersendung der Zeichnung zu beeilen.109 Der letztendlich übersandte und angenommene Entwurf beinhaltete einen „unten rund in eine Spitze zusammenlaufenden, von roth und gold der Länge nach gespal107 Das Wappen beschrieb er wie folgt: „In blauem Felde auf grünem Boden eine rothe Rose mit zwei Blättern an langem Stiele, begleitet von zwei gestürzten schwebenden und mit den Fängen gegen dieselbe gekehrten schwarzen Adlersklauen. Auf dem Helm eine solche Adlersklaue zwischen zwei Straussfedern. Helmdecken blau und roth.“ Lehsten: Der Adel Mecklenburgs, S. 126. 108 LHAS, 2.26-1, Nr. 4115: Brief von Friedrich Mecklenburg an Herzog Friedrich Franz I., 18.1.1811. 109 Ebd. 4.3.1813; LHAS, 2.26-1, Nr. 4114: Brief von Friedrich Mecklenburg an Herzog Friedrich Franz I., Bodin 26.6.1813.



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tenen Schild; in dem ersten Felde gehet von der Theilungslinie aus einer Wolke ein Arm hervor, welcher mit einem goldenen Armband, und einer blauen Bandschleiffe gezieret ist, und einen golden Siegelring […] hält; in der zweyten Hälfte befinden sich sieben Kleeblätter in der Mitte lang, zu beyden Seiten zwey pfahlweise gestellt: auf dem Schilde ruhet ein rechts gewandten goldgebröuten zu beyden Seiten, mit einem noth und geld und kunstmäßig vermischt herabfolgenden Decke umbgebener zum Helm mit offenem Kasten, und seiner golden Halskette auf dessen Krone ein Kleeblatt zwischen einem offenen schwarzen Adlerflug zu sehen ist“.110 Im Gegensatz zu den Wappenmotiven der vorhergegangenen Generationen natürlicher Kinder bestand keine Verbindung mehr zum Haus Mecklenburg. Bei den Kindern Friedrich Franz I. war die symbolhafte Verdichtung zur Abstammung mittels Wappen gekappt. Mochte der Vater ihn auch protegieren, so stand zumindest in dieser Hinsicht Kleeburg doch für sich allein.

6.2 Der heimische Adel und die natürlichen Kinder: Akzeptanz und Integration Nachdem im vorherigen Abschnitt festgestellt wurde, dass eine formaljuristische Nobilitierung bei weitem nicht das ausschlaggebende Argument der Standeszugehörigkeit zum Adel für die natürlichen Kinder war, bleibt die Frage, auf welchem Wege sich die Akzeptanz des heimischen Adels manifestierte. Folgende Indikatoren sprechen für eine erfolgreiche Integration in den mecklenburgischen Adel: (1) Die Heiratsbeziehungen: Der dem Ahnenkult treu ergebene Adel musste besondere Vorsicht walten lassen, um die Reinheit seiner Genealogie zu wahren. Deswegen kam dem Akt der Aufnahme in den Familienverband eine solche hohe Aussagekraft zu. Bei der Konstruktion von Familienverbindungen musste der soziale Status des neuen Mitgliedes auf das Genaueste analysiert und entsprechend berücksichtigt werden. Schließlich barg ein unebenbürtiges Glied in der Kette die Gefahr, die Genealogie zu unterbrechen und die damit verbundenen Vorrechte zu verlieren. Folglich wurde das Risiko, jemanden anzuheiraten, dessen Ahnenprobe Lücken aufwies, nur dann eingegangen, wenn a) seine Ebenbürtigkeit trotzdem nicht zur Diskussion stand und allgemein akzeptiert war oder b) der zu erwartende Gewinn an ökonomischem und sozialem Kapital das Wagnis rechtfertigte. (2) Die Stiftsfähigkeit: Ein weiterer Indikator für die gesellschaftliche Akzeptanz lag in dem Zugeständnis an der Partizipation adliger Standesvorrechte. Am deutlichsten trat dies bei der Erlaubnis zu Tage, die Töchter in eines der Landesklöster einschreiben zu dürfen, ohne den obligatorischen Ahnennachweis erbringen zu müssen. Da die Klostereinschreibung ein rigoroses Mittel zur Distinktion des Adels un110 AT-OeStA/AVA Adel HAA Akten, Kleeburg: Entwurf des Adelsdiploms für Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, Wien 5.2.1813.

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tereinander darstellte, kann das Teilen der Pfründe als Akt der Gleichberechtigung interpretiert werden. (3) Ritterschaftliches Engagement: Da eine synonyme Verwendung der Wörter Ritterschaft und Adel bis zur Mitte des achtzehnten Jahrhunderts in Mecklenburg durchaus legitim war, stellten die ritterschaftlichen Aktivitäten einen weiteren Gradmesser für eine gelungene Integration dar. Zwar genügte prinzipiell der Besitz eines ritterschaftsfähigen Gutes, um offiziell der Landstandschaft anzugehören, doch sagt dies allein nur wenig über die tatsächliche Nutzung der damit verbundenen Rechte aus. Die Teilnahme an den vor 1755 nicht unbedingt regelmäßig stattfindenden Landtagen gehörte zu den Ehrendiensten der Ritterschaft.111 Allerdings beteiligte sich oft nur eine Minderheit aktiv am Geschehen, obwohl der Landtag als ganzer Stolz der mecklenburgischen Ritterschaft galt und letztendlich Dreh- und Angelpunkt mecklenburgischer Landespolitik war.112 Somit signalisierte die Partizipation an den Landtagen ein Engagement für adlige Belange, in diesem Zusammenhang vor allem auch durch die Übernahme von Ämtern. Die Ritterschaft wählte aus ihren Reihen Kandidaten, die den Posten eines Landrats ausfüllten, der als politischer Berater das Bindeglied zwischen Landesherrschaft und Landschaft verkörperte. Diese Vermittlerposition, die sie einerseits zu Vertretern der ständisch-ritterschaftlichen Rechte machte, anderseits auch die Durchsetzung landeshoheitlicher Ansprüche beinhaltete,113 erforderte hoch angesehene und allgemeinhin akzeptierte Akteure. (4) Personale Verflechtung: Neben den „natürlichen“, durch Heirat gebildeten Verwandtschaftsbeziehungen lohnt gleichfalls der Blick auf die „künstlichen“ Beziehungen. Da Taufpatenschaften mehr das soziale Kapital der Eltern als das des Täuflings widerspiegelten, unterstrichen sie die soziale Akzeptanz. Mehr noch bedeutete die Bereitschaft zur Übernahme einer Vormundschaft nicht nur eine symbolische, sondern durchaus eine handfeste Verantwortung gegenüber der Familie. In aller Regel wurde diese Aufgabe nur einer Person anvertraut, mit der verwandtschaftliche oder freundschaftliche Bande bestanden. Abgesehen von diesen speziellen Lebenssituationen lässt sich eine erfolgreiche Integration ebenso an der regulären Interaktion der Akteure ableiten. Gemeinsame soziale Aktivitäten und regelmäßige Kommunikation, sei es durch persönliche Besuche oder durch Briefe, sprechen für eine enge Bindung, die durchaus den Grad von Freundschaft einnahm, die, der frühneuzeitlichen Gewohnheit entsprechend, auch immer an die Erwartung von Hilfe und Unterstützung gekoppelt war.114 Bei Aspekten der Integration in den mecklenburgischen Adel stellt sich vorab die Frage: Wer war der mecklenburgische Adel? Ebenso wie in den anderen Adelslandschaften des alten Reiches115 gab es keine homogene Gruppe in Anschauung, Zielset111 112 113 114 115

Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht, S. 103–109. Jacobs: Familie, Stand und Vaterland, S. 244. Ebd., S. 250. Seidel und Schuster: Freundschaft und Verwandtschaft, S. 152. Sikora: Adel in der frühen Neuzeit, S. 3–4.



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zung und Handlungsweise. Obwohl das ökonomische Kapital unüberbrückbare Differenzen schuf zwischen den reichen und mächtigen Geschlechtern und den Familien, „die dermassen herunter [ge]kommen, daß sie nicht emergiren noch viel adeliche Sitten an sich nehmen können“,116 galten doch gewisse gemeinsame Verhaltensmuster wie konservatives, bewahrendes Denken als charakteristisch.117 Adlig in Mecklenburg zu sein bedeutete keineswegs automatisch auch ein mecklenburgischer Adliger zu sein. Die Unterscheidung lässt sich am ehesten mit dem Blick auf die Ritterschaft erfassen. Zwar befähigte der Besitz eines Rittergutes unabhängig vom Status des Besitzers zur Landstandschaft und damit zur Teilnahme am Landtag, allerdings spaltete sich die Ritterschaft wiederum in eine „engere“ und eine „weitere“ Ritterschaft auf. Die „engere“ Ritterschaft verstand sich als die eigentliche Vertretung von Mecklenburg, die weiterführende Rechte wie das Deputiertenwahlrecht, die Hoffähigkeit und die Möglichkeit der Klostereinschreibung besaß.118 Sie setzte sich aus der Gruppe des eingeborenen, des rezipierten und des agnoszierten Adels zusammen. Die Differenzierung wurde erst zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts signifikant, als zunehmend Abschlusstendenzen zu Tage traten, um sich selbst einträgliche und prestigeträchtige Posten in den Landesklöstern und der Ritterschaft zu sichern. Ab 1700 fand der Begriff alteingeboren Verwendung, der kurz darauf auch sein juristisches Pendant durch die Trennung in alten und neuen mecklenburgischen Adel erhielt. Zu dem eingeborenen Adel zählten ursprünglich die Unterzeichner der Union von 1523, allerdings wurden im Laufe der Jahrzehnte die Bestimmungen gelockert und auch die Familien mit einbezogen, die den Vertrag von 1572 unterschrieben hatten.119 Eng an den eingeborenen Adel angelehnt waren die agnoszierten Edelleute, worunter diejenigen fielen, die nachweisen konnten, dass ihre Vorfahren schon 1572 Güter im Land und die Stiftsfähigkeit besessen hatten. Ihnen wurde ab der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts problemlos die Anerkennung, die Agnoszierung, zugesprochen. Den zahlenmäßig größten Teil aber stellten die rezipierten Geschlechter, die auch ursprünglich ausländische Adlige und ehemals Bürgerliche umfassen konnten. Das Fehlen einer frühen Ansässigkeit oder sogar der Stiftsfähigkeit musste mit einer entsprechenden Geldsumme ausgeglichen werden, danach konnte die Aufnahme, die Rezeption, erfolgen.120 Jedoch war es für den Prozess von Vorteil, über verwandtschaftliche Beziehungen zu verfügen oder eine andersartige Verbundenheit zur Ritterschaft nachzuweisen. Der dominierenden „engeren Ritterschaft“ stand die „weitere“, die sich aus ausländischen Adligen und Bürgerlichen zusammensetzte, gegenüber.

116 Klüver: Beschreibung des Hertzogthums Mecklenburg, S. 121. 117 Vgl. ausführlich zur Lebenswelt des mecklenburgischen Adels Jacobs: Familie, Stand und Vaterland. 118 Bill: Mecklenburgische Adelskunde, S. 37–41. 119 Jacobs: Familie, Stand und Vaterland, S. 79. 120 LHAS, 3.2-3/1, Nr. 243: Extrakt des Landtagsprotokolls vom 5.3.1833.

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Somit bedeutete die Aufnahme in die „engere“ Ritterschaft eine gelungene Inte­ gration in die mecklenburgische Adelslandschaft, da dies die Akzeptanz der alteingeborenen Familien voraussetzte.

6.2.1 Die Heiratsbeziehungen als Indikator des gesellschaftlichen Ansehens Fast durchweg schafften es die natürlichen Kinder der mecklenburgischen Herzöge im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert, in die alteingeborenen Adelsgeschlechter des Landes einzuheiraten, auch wenn nur in den seltensten Fällen die Väter noch direkt auf die Partnerwahl einwirken konnten, da viele frühzeitig verstarben. Allein Herzog Carl nahm erfolgreich Einfluss auf die Wahl seiner ältesten Tochter Margarethe von Mecklenburg, als er die Ehe mit einem Siegfried von Plessen arrangierte. Die Mitgift von nicht einmal dreitausend Reichstalern fiel relativ bescheiden aus, allerdings erhielt der Mann im selben Zeitraum auch das Amt Broda zur Bewirtschaftung, so dass dies durchaus in Korrelation zueinander gestanden haben wird. Auch legte der Vater in seinem Testament fest, dass die Tochter die zur ehelichen Aussteuer gehörenden Güter, „in Collationen zu bringen nicht schuldig sein“ sollte. Zusätzlich richtete der Vater an seinem Güstrower Hof die prächtigen Hochzeitsfeierlichkeiten aus. Das Fest dauerte vom 9. bis zum 14. November 1605.121 Die Küchen- und Kellerlisten geben Einblick, was alles neben den wohl unentgeltlichen Lieferungen an Wildbrett und Fischen verzehrt wurde und bezahlt werden musste: 18 Ochsen, 14 Kälber, 145 Hammel, 32 Schafe, 17 Schweine, 169 Gänse, 412 Hühner, 48 Seiten Speck, 307 Würste, 64 Drömt122 Hafer, 10 Drömt Roggen, 42 Schock123 Krebse, für 73 Gulden Rauchfutter und für 160 Gulden Gewürz und Konfekt. Als Trank wurden unter anderem 140  Tonnen Bier, 27  ½  Ohm124 Rheinwein und 9  Ohm „Franzwein“ aufgefahren, zudem brauchte man 450 Pfund Talg- und 182 Pfund Wachslichter.125 Zwar fehlt eine Gästeliste, doch ist die Annahme durchaus berechtigt, dass sich für das mehrtägige höfische Fest die Elite der mecklenburgischen Gesellschaft eingefunden haben wird. Adelshochzeiten waren der ideale Ort zur Repräsentation des eigenen Statusanspruches, wozu sich besonders die oft tagelangen Gelage anboten. Da Speisen einen hohen symbolischen Wert besaßen, brachte der Gastgeber im Sinne des Statuskonsums seinen Stand und Reichtum zum Ausdruck, indem er für eine

121 Eine Jahreszahl ist in den Akten nicht zu finden, doch wird die Hochzeit wahrscheinlich 1605 stattgefunden haben, da Sievert von Plessen das Amt Broda zu Johannis 1606 in Pension bekommen hat, vgl. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Aktennotiz Archiv. 122 Ein Drömt entspricht 466,2 Litern. 123 1 Schock = 5 Dutzend = 60 Stück. 124 Ein Ohm entspricht 145,5 Litern. 125 Boll: Geschichte Meklenburgs, S. 325.



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möglichst üppige, aufwändige Verköstigung sorgte.126 Der hohe Stellenwert spiegelte sich natürlich auch in den Kosten wider. Die Hochzeitsfeierlichkeiten verschlangen rund dreitausendfünfhundert Reichstaler127 und damit mehr Geld als die eigentliche Aussteuer. Ob dies auch mit den Finanzierungswegen zusammenhing – sprich die Aussteuer durch die väterliche Privatkasse bezahlt, die Feier aber über die Hofhaltungskosten abgerechnet wurde –, ließ sich nicht eruieren. Auf jeden Fall brachte die pompös zelebrierte Hochzeitsfeier der Tochter einen deutlichen Prestigegewinn ein, da der Vater öffentlich seine Zuneigung bekundete. Die jüngere Tochter, Anna Sophia, konnte nicht mehr von der väterlichen Fürsorge profitieren. Die Arrangements zur Hochzeit trafen nun die herzoglichen Brüder Adolf Friedrich und Johann Albrecht, die sich vor allem über die zu zahlenden Brautschatzgelder einigen mussten.128 Zwar hatte der Vater die beiden Töchter im Testament gleich bedacht, allerdings war bereits seit zehn Jahren aus ihrem Erbe auch der Unterhalt bestritten worden. Adolf Friedrich wünschte sich als Gemahl für das junge Fräulein seinen langjährigen Kammerdiener Joseph Bernard, der ihm bereits seit seiner Jugend aufwartete.129 Nach dem Einholen von Informationen über die finanzielle Ausstattung seiner Zukünftigen130 willigte dieser ein, wobei die Hochzeit erst zwei Jahre später vollzogen wurde. Im Gegensatz zu Adolf Friedrich hegte der jüngere Bruder einige Bedenken, wie er gegenüber seiner Mutter äußerte, denn er hatte „wohl gehoffet […] das sie vielleicht noch etwas höher sollte zu gebracht sein und ihrer schwester in denen gleich gekommen das sie auch einen von adel bekommen hette“.131 Allerdings hatte sich die Ausgangslage im Verhältnis zu ihrer Schwester wesentlich verschlechtert. Sie brachte weniger ökonomisches, durch den Tod des Vaters aber auch weniger soziales Kapital mit in die Ehe. Zudem war der Dreißigjährige Krieg bereits aufgezogen. Letztendlich beugte sich Johann Albrecht dem Wunsch seines Bruders, bestand aber darauf, Anna Sophie, wie er sie vertrauensvoll nannte, selbst entscheiden zu lassen, da sie „noch jung genug und noch wohl eine weile warten“ könne.132 Die junge Frau erklärte sich dazu bereit, auch wenn mit der Hochzeit für sie unzweifelhaft eine Statusminderung einherging. Immerhin hatte ihr herzoglicher Vormund ausdrücklich diese Ehe gewünscht, so dass selbst bei einem Widerwillen fraglich gewesen wäre, inwieweit Anna Sophie sich dem „Wunsch“ hätte widersetzen können. Indessen musste sich der Ehemann mit weniger, als ursprünglich angedacht 126 Gersmann: Artikel „Adelshochzeit“, Sp. 57. Eine ausführliche Zitation für eine Speisefolge bei adligen Hochzeiten liefert Bastl: Tugend, Liebe, Ehre, S. 236. 127 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Verzeichnis der für die Hochzeit von Sievert von Plessen aufgetragenen Güter aus Küchen und Keller für den 9. bis 14. November. 128 Ebd., Brief von Herzog Johann Albrecht an Herzog Adolf Friedrich, o. O. 17.12.1622. 129 Ebd., Schreiben von Herzog Adolf Friedrich, undatiert. 130 Ebd., Brief von Heinrich Ballmeister an Joseph Bernard, Rostock 19.11.1620. 131 Ebd., Brief von Herzog Johann Albrecht an Herzogin Sophie, Güstrow 27.3.1622. 132 Ebd.

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war, zufriedengeben. Auch die Bekundung, dass dem herzoglichen Vater eine Tochter so lieb wie die andere sei133 – was sicherlich der Fall war –, half nichts, die Mitgift betrug gerade einmal eintausendachthundert Reichstaler.134 Ihr Bruder Albrecht von Mecklenburg schaffte es, kurz darauf ebenfalls in den alten mecklenburgischen Adel einzuheiraten, als er die Witwe von Levin von Stralendorff, eine geborene von Barner, ehelichte. Durch die Heirat gelangte er in den Besitz des Gutes Schlieven, musste sich aber mit den Vormündern seiner Stiefkinder über entsprechende Ablösezahlungen einigen.135 Der andere Bruder hingegen, Carl Jürgen, blieb ehelos, da ihm von klein auf die Exspektanz auf eine Ratzeburger Kanonikatsstelle in Aussicht gestellt worden war – auch wenn er fast fünfzig Jahre darauf warten musste. Die Ehen der Kinder von Herzog Carl zeigen deutlich die zwei Richtungen, aus denen die Ehekandidaten der natürlichen Sprösslinge im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert rekrutiert wurden: einerseits aus dem heimischen Adel, anderseits aus am Hof und damit im herzoglichen Umfeld tätigen Kreisen. Ähnliche Muster sind auch bei Georg von Mecklenburg zu finden. Während zu seiner ersten Ehe keine Angaben überliefert sind, ist nachweisbar, dass er 1654 Catharina Dorothea von Halberstadt heiratete. Seit einigen Jahren schon Witwe übte sie das von ihrer Mutter übernommene Amt der Hofmeisterin aus. Damit war ein problemloser Kontakt zwischen beiden am Hof von Gustav Adolf möglich, wo Georg von Mecklenburg dann „aus sonderbahrer zu ihr tragender Liebe und affection“ um sie warb. Die mehr als zehn Jahre andauernde Ehe verbrachten sie wohl in Eintracht und Zuneigung, zumindest berichtet dies ihre Leichenpredigt.136 Im Gegensatz zu Anna Barner führte sie zwar keinen Grundbesitz zu, auch ist unbekannt, wie es um ihr ökonomisches Kapital stand, doch brachte ihre gefestigte Position am Hof einen Zugewinn an sozialem Kapital. Zudem lag ein unbestreitbarer Vorteil in der Kongruenz der Lebenswelten. Auch seine nachfolgende Ehefrau, Margarete Hedwig von Lowtzow, erfüllte das Kriterium. Aus einer alteingeborenen Familie Mecklenburgs stammend,137 diente sie als Hofmeisterin am Darguner Hof,138 wo er als Hauptmann von Dargun zweifellos regelmäßig verkehrte. Das Amt blieb in der Familie. 1719 übernahm ihre gemeinsame Tochter Sophie Hedwig von Mecklenburg, verheiratete von Moltzahn, diese Aufgabe.139 Die Ehefrauen von Georg von Mecklenburg bezeugen einmal mehr seine tiefe Verbundenheit mit der herzoglichen 133 Ebd., Brief von Joseph Bernard an Herzog Adolf Friedrich, Doberan 4.11.1622. 134 Ebd., Schreiben von Herzog Adolf Friedrich, 24.11.1622. 135 LHAS, 2.12-4/2, Gut Schlieven: Brief von Albrecht von Mecklenburg an Herzog Adolf Friedrich (?), Schwerin 5.1.1628. 136 Leichenpredigt für Fr. Catharina Dorothea von Halberstatten, […] Verstorben 8. Feb. 1665, in: Sondersammlung UB Rostock, Familienpapiere Mecklenburg, von Mecklenburg. 137 Vgl. zur Familie Lisch: von Lewetzow. 138 Ders.: Die letzte Residenz, S. 49. 139 Schmidt: Maltzan, S. 212.



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Familie von Mecklenburg-Güstrow. Die Wahl der Partnerinnen verstärkte die Bande, anstatt sie in Richtung Ritterschaft aufzulockern, auch wenn die Familie Moltzahn als „die bedeutendste der mecklenburgischen Lande“140 galt. In diesen Moltzahn’schen Zweig wiederum heiratete später Carl Ludwig von Mecklenburg, der natürliche Sohn von Herzog Friedrich Wilhelm, ein. Er ehelichte die 1695 geborene Magdalene Luise von Moltzahn, wodurch sich praktisch generationenübergreifend die natürlichen Kinder familiär verbanden. Der Kontakt wird aller Wahrscheinlichkeit nach über den Darguner Hof zustande gekommen sein, wo die Moltzahns nach wie vor bedeutende Ämter innehatten und Carl Ludwig von Mecklenburg ungehinderten Zugang besaß.141 Da das Leben seines Bruders Friedrich Wilhelm mit ihm gewöhnlich im Gleichschritt erfolgte, heiratete dieser ebenfalls. Er vermählte sich in Grabow, dem Sitz des Onkels Carl Ludwig, mit dem Fräulein Sophia Charlotta von Bergholtz.142 Mit deren Mutter, der Oberjägermeisterin von Bergholtz, hatte Herzog Friedrich Wilhelm auch eine natürliche Tochter gezeugt, die somit eine Halbschwester der Braut von Friedrich Wilhelm von Mecklenburg war. Auch hier wiederum galt: Beide Familien waren dem herzoglichen Umfeld assoziiert, zumindest war die eine alteingesessen und die andere seit dem sechzehnten Jahrhundert in Mecklenburg zu finden.143 Die gegenseitige Kontaktaufnahme erfolgte über den gemeinsamen Hofzugang. Zudem ist auffällig, dass in beiden Familien das Phänomen Unehelichkeit vorkam. Die Einwilligung zur Hochzeit bezeugte das Vertrauen gegenüber der Zukunftsfähigkeit der jungen Männer, die zu diesem Zeitpunkt gerade den Rechtsstreit über ihr Erbe mit ihrem Onkel austrugen. Bevor die beiden den Bund der Ehe eingehen konnten, mussten sie ein nicht unerhebliches Problem aus der Welt schaffen: ihre Verlobung mit den natürlichen Töchtern von Herzog Carl Leopold. Um eine rechtliche Absicherung zu erhalten, wandten sie sich an die juristische Fakultät in Halle, wo sie die Vorkommnisse schilderten:144 Als sie einige Jahre zuvor noch in der Gunst des herzoglichen Onkels 140 Kneschke: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexikon, Bd. 6, S. 102; es existieren verschiedene Schreibvarianten für den Namen: Maltzan, Maltzahn, Moltzahn etc. 141 Schmidt: Maltzan, S. 213. 142 Abschrift Kirchenbuch Grabow: Heirat am 12.1.1724, vgl. LHAS, 11.3-1/4, Nr.  1436: Mecklenburg. 143 Ursprünglich stammte die Familie Birckholz aus der Mark Brandenburg, ab Ende des 16. Jahrhunderts aber war sie auch in Mecklenburg beheimatet, Gauhe: Des Heil. Röm. Reichs genealogisch-historisches Adels-Lexicon, Sp. 153. 144 Die Schilderung dieser Begebenheit ist in einem Gutachten der Juristischen Fakultät von Halle nachzulesen, in dem jedoch Codenamen verwendet wurden. Für die beiden Brüder standen die Bezeichnungen Cajus und Florindus. Eine zweifelsfreie Zuordnung konnte nicht erfolgen, aber wahrscheinlich handelt es sich bei Cajus um Carl Ludwig und bei Florindus um Friedrich Wilhelm von Mecklenburg. Den Auftrag zu dem Gutachten gaben die Brüder, die der Schreiber als „gute Freunde“ titulierte; vgl. dazu LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Ordinarius Decanus und andere Doctores der Juristen Fakultät auf der königl. Preuß. Universität Halle

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gestanden hatten, war auf Vermittlung des Generalmajors von Schwerin und des Ministers von Petkum einem der Brüder der Vorschlag zur „marriage alliance“ angetragen worden. Dieser zögerte, da er aufgrund seines jugendlichen Alters noch keine Ehe eingehen wollte. Als jedoch der Vermittler darauf hinwies, dass der Vorschlag vom Herzog persönlich ausgesprochen wurde und dieser eine Ablehnung nicht guthieße, erbat von Mecklenburg weitere Bedenkzeit. „Beyde Bruder [divertirten] sich in Gesellschaft bey einem Glas wein“,145 willigten letztendlich in den Vorschlag ein und erklärten sich, obwohl die Mädchen noch nicht mannbar146 waren, bereit, die beiden Töchter zu heiraten. Die Übereinkunft wurde schriftlich unter dem Siegel der Verschwiegenheit festgehalten. Allerdings kam es ebensowenig zum Austausch der Ringe, was einem öffentlichen Verlobungsakt entspräche, wie zu einem persönlichen Treffen zwischen den Verlobten. Selbst als alle Beteiligten das entsprechende Alter erreicht hatten, wurde ein Konsens nie offen mitgeteilt.147 Neben einer Mitgift, die fünfundzwanzigtausend Reichstaler betragen sollte, versprach die Ehe, die Militärkarriere der beiden Brüder zu befördern. Dem einen sollte die Leibkompanie, dem anderen die Zweite Kompanie unterstellt werden;148 Versprechen, die Carl Leopold in der mehr als fünfjährigen Verlobungszeit nicht einhielt. Ausschlaggebend für seinen Sinneswandel dürften vor allem die sich überstürzenden politischen Ereignisse gewesen sein, das Zerwürfnis mit seinen Neffen sowie seine chronisch klammen Kassen und seine Flucht aus Mecklenburg. 1724, zu einer Zeit, als die Klage wegen des Erbes am Reichshofrat bereits bearbeitet wurde, drängten die Brüder energisch darauf, aus dem Verlobungskontrakt entlassen zu werden, um sich anderweitig binden zu können.149 Auch wenn die von Carl Leopold initiierten Hochzeiten nicht vollzogen wurden, zeigt sich auch hier die damalige Nähe der Brüder zum Herzogshaus. Scheinbar waren sie eine gute Alternative, zumal sich Ehepartner für Carl Leopolds Töchter aus dem einheimischen Adel aufgrund der angespannten Beziehungen kaum finden ließen und er um die gute finanzielle Absicherung der beiden wusste. Der Vorteil der Verbindung lag im gleichrangigen gesellschaftlichen Status der Ehepartner als unehe-

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an Florindo und Cajo zu Hamburg, Januar 1724. Das Gutachten findet sich auch in gedruckter Form in der von Karl August von Boehmer zusammengestellten Sammlung von Gutachten und Entscheidungen an der Juristischen Fakultät Halle wieder: Böhmerus: Argvmenta, S. 451–454. Ebd., S. 451. Das mannbare Alter setzte in der Regel zwischen dem zwölften und sechzehnten Lebensjahr nach der erstmaligen monatlichen Blutung („monatliche Reinigung“ nach zeitgenössischem Sprachgebrauch) ein; vgl. Krünitz: Artikel „mannbar“, S. 744. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Ordinarius Decanus und andere Doctores der Juristen Fakultät auf der königl. Preuß. Universität Halle an Florindo und Cajo zu Hamburg, Januar 1724, S. 7. Ebd., Beilage Lit. B, 15.6.1718. Letztendlich stimmte das Gutachten aus Halle der Rechtmäßigkeit dieser Forderung zu, vgl. LHAS, 2.12-1/2, Nr. 14: Ordinarius Decanus und andere Doctores der Juristen Fakultät auf der königl. Preuß. Universität Halle an Florindo und Cajo zu Hamburg, Januar 1724.



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liche Kinder eines Herzogs. Der eigentliche Zweck fürstlicher Nachkommen – das Erben und die Weiterführung der Herrschaft sowie die Vermehrung des politischen Einflusses durch eine geschickte Heiratspolitik – war ihnen verwehrt, so dass die Verheiratung untereinander einen annehmbaren Kompromiss darstellte, der zudem die Bindung der Brüder an das herzogliche Haus gefestigt hätte. Die persönlichen, aber auch politischen Entwicklungen führten letztendlich in eine andere Richtung, auch für die Töchter von Herzog Carl Leopold. Nur eine von den dreien heiratete. Ihr erster Mann, Otto Detlev von Plessen,150 diente als Hauptmann in dem fürstlich-schwarzburgischen Regiment, das im Zuge der Reichsexekution von 1734 bis 1748 in Mecklenburg stationiert war. Ihre zweite Ehe ging sie mit August Friedrich von Stralendorff ein,151 der bis zu seinem Tod das Amt des Klosterhauptmanns von Dobbertin ausübte. Somit entstammten beide Ehepartner dem alteingeborenen Adel Mecklenburgs. Da deren Betätigungsfeld außerhalb des höfischen Umfeldes lag, kann die Wahl der Gatten auch als deutlicher Distanzierungsversuch Julianas von Mecklenburg von der Herzogsfamilie gewertet werden. Im Fall der natürlichen Kinder von Friedrich Franz I. sind selbst für die als adlig geltenden Kinder deutliche Veränderungen erkennbar. So bat Mecklenburg von Kleeburg 1819 seinen Vater um Einwilligung in die Ehe mit einem Fräulein von Strachwitz, welches er in Berlin kennen und schätzen gelernt hatte. Deren Eltern besaßen nicht unerhebliche Güter in Schlesien, was sie wohlhabend und zu einer guten Partie machte. Allerdings musste der junge Mann bei den Schwiegereltern in spe erst einige Bedenken ausräumen, die unmittelbar mit seinem illegitimen Status im Zusammenhang standen. Der Kriegsrat von Strachwitz wollte seine Zustimmung geben, sobald sich Kleeburg Güter in Schlesien ankaufen würde. Vor seinem Vater rechtfertigte Kleeburg dessen Verlangen, „weil er die Unsicherheit des Schicksals meiner Nachkommenschaft befürchtete und daß er nur aus Delicatesse diesen Gegenstand nicht beräthet“.152 Dem potentiellen Schwiegervater war durchaus bewusst, dass Kleeburg als natürlicher Sohn keine Erbberechtigung und auch keine Aussicht auf ein größeres mütterliches Erbe besaß. Auch wenn momentan gezahlte Zulagen, die ohne Rechtsanspruch jederzeit hätten eingestellt werden können, und der Offizierssold ein standesgemäßes Leben gewährleisteten, reichten sie doch nicht unbedingt aus, Rücklagen für zukünftige Generationen zu bilden – dafür brauchte es die Hilfe des Vaters, die er natürlich ohne Umschweife bekam. Dieser sicherte ihm die Unterstützung für „alles was dich glücklich machen kann“153 zu und versprach dem 150 Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69392: Kirchenbuch Neukloster mit Bäbelin, Heirat von Otto Detlev von Plessen mit Juliana von Mecklenburg, 08.05.1747. 151 Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr. 69380: Kirchenbuch Neuburg, Heirat von August Friedrich von Stralendorff mit Juliana von Mecklenburg, 11.7.1753. 152 LHAS, 2.26-1, Nr. 4418: Brief von Friedrich Mecklenburg von Kleeburg an Großherzog Friedrich Franz I., undatiert. 153 Ebd., Brief von Großherzog Friedrich Franz I. an Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, o. O. 30.3.1819.

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Kammerdirektor Rabe, dem Onkel der Dame, der sie in Berlin beaufsichtigt hatte, die Zahlung einer lebenslänglichen jährlichen Zulage von zweitausend Reichstalern und die Veranlassung eines Einsatzes in die Witwenkasse.154 Nach dem Ausräumen der väterlichen Zweifel stand der Ehe nichts mehr im Wege. Die alteingesessenen Familien in Mecklenburg spielten bei der Wahl keine Rolle mehr, was auch an der räumlichen Distanz gelegen haben wird. Allerdings heirateten auch seine Schwestern nicht mehr in diese Familien ein. Die Jüngere, Friederike von Kleinow, ehelichte den Baron Friedrich Bernhard Hanasch von Wenckstern,155 einen Hauptmann der königlich hannoverschen Garde, der später mit seiner Frau in Neustrelitz lebte, wo er im engsten Umfeld des dortigen Großherzogs diente.156 Luise von Kleinow blieb in Mecklenburg mit ihrem Mann, dem Gardekapitän Louis du Trossel,157 auch wenn deren Ehe nicht unbedingt glücklich verlief.158 Durch die Wahl der Ehepartner blieb zwar weiterhin die höfische Zugangsberechtigung zu ihrem Vater gewahrt, jedoch war sie bei weitem nicht mehr mit dem sozialen Prestige früherer Partnerschaften verbunden. Seine dem bürgerlichen Stande zugerechneten Kinder bezogen ihre Ehekandidaten weitgehend aus ihrem Umkreis, zum Teil aber auch aus sozial höhergestellten Positionen. So heiratete der Forstinspektor Mecklenburg zu Zickhusen die Tochter eines Gutsbesitzers mit Namen Agnes Ladiges,159 sein Bruder Franz Mecklenburg in zweiter Ehe die Tochter des Predigers Metelmann,160 Kentzler schaffte es sogar, eine Adelige, Friederike Franziska von Pressentin, als Ehefrau zu gewinnen. Selbstverständlich hatten sie zuvor um die Einwilligung ihres Vaters gebeten. Selbst wenn die 154 Ebd., Brief von Großherzog Friedrich Franz I. an den Kammerdirektor Rabe, Ludwigslust 1.4.1819. 155 Abschrift Kirchenbuch Neustrelitz Hof, Vermählung von Friedrich Bernhard Hanasch von Wenckstern und Friederika von Kleinow, 13.12.1816, vgl. LHAS, 11.3-1/4, Nr.  1163: Kleinow. 156 Vgl. zur Karriere von Wenckstern Keubke und Mumm: Soldaten aus Mecklenburg, S. 82– 83. 157 Abschrift Kirchenbuch Ludwigslust, Vermählung von Friedrich Louis du Trossel und Louise von Kleinow, 12.5.1815, vgl. LHAS, 11.3-1/4, Nr. 1163: Kleinow. 158 Großherzog Friedrich Franz I. schrieb am 26.5.1826 in sein Tagebuch: „Heute Nachmittag kam der Maj. v. duTrossel zu mir, und brachte mir schriftlich seine Bitte um Scheidung von seiner Frau an, welches auch nach gerichtlicher Auseinandersetzung geschehen soll […].“ Tags darauf (27.5.): „Heute Abend um 1/2  11  Uhr wie ich von Tafel in mein Zimmer komme und zu bette gehen will finde ich einen Brief vor worin mich die DuTrosseln schreibt, daß ihr Mann ihr behalten will. Ich denke ich falle aus den Wolcken. Es wird sich nun Morgen zeigen ob es wahr ist […].“ Eine Scheidung wurde wohl nicht vollzogen, sondern es erfolgte nur eine Trennung von Tisch und Bett, vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 4398: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz I. 159 Landeskirchliches Archiv Schwerin, Nr.  69145: Kirchenbuch Gressow, Vermählungen, 24.8.1808. 160 LHAS, 5.2-1, Nr. 3276: Brief von Franz Mecklenburg an Großherzog Friedrich Franz I., Wabel 31.5.1827.



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Zustimmung nicht immer euphorisch ausfiel, wie bei seinem Sohn Friedrich Franz Mecklenburg, über dessen frühe Heiratsidee er „habe […] lachen müßen“161, setzten seine Kinder in dieser Angelegenheit letztendlich ihren Willen durch. Anhand der unterschiedlichen Heiratskreise lässt sich deutlich der gewandelte Status der natürlichen Kinder erkennen. Die Wahlmöglichkeiten ergaben sich im Wesentlichen aus dem Lebensumfeld und den zu erwartenden Perspektiven. Wurde der Partner zuvor entweder aus altadligen Familien oder aber aus dem unmittelbaren herzoglichen Umkreis rekrutiert, stammten sie nun vornehmlich aus finanziell bessergestellten, bürgerlichen Kreisen, die am ehesten der Einkommenssituation der natürlichen Söhne entsprachen.

6.2.2 Die Stiftsfähigkeit der unehelichen Kinder „In Teutschland ist unter dem Adel Herkommens, daß keiner vor einen guten von Adel gehalten wird, der nicht seine 8 Ahnen i. e. Vor-Eltern sowol von väterlicher als mütterlicher Linie, und also von beyden Seiten 16 beweisen kann, und dererselben von Alters her ererbten Helm und Schild aufzulegen habe. Dieses wird sowol in hohen Stifften, als fürstlichen und geistlichen Ritter-Orden in Teutschland feste gehalten, und darinnen keiner aufgenommen, der nicht seine 8 Generationes, oder 8 Ahnen erweisen kann,“162 postulierte das Zedler’sche Lexikon. Somit besaßen die natürlichen Kinder der Herzöge prinzipiell weder für sich noch für ihre unmittelbaren Nachkommen die Möglichkeit, eine Ahnenprobe erfolgreich abzulegen. Carl Georg von Mecklenburg musste zur Annahme seiner Kanonikatsstelle an der Ratzeburger Domkirche zwar keine Ahnenprobe vorlegen, aber laut den Statuten immerhin nachweisen, dass er einer „rechtmäßige[n] Ehe entsproßen“163 war – was für ein illegitimes Kind durchaus eine Herausforderung darstellte. Mehr als dreißig Jahre nach dem Tod seines Vaters wandte er sich deshalb an Herzog Adolf Friedrich mit der Bitte, ihm ein „attestation quod ex matrimonio him natus“164 auszustellen, damit er endlich die Stelle, deren Exspektanz ihm sein Vater bereits 1599 verschafft hatte,165 antreten könne. Wie bereits erläutert, kam der Herzog dem Gesuch nach und bescheinigte die Geburt. Schriftliche Dokumente, die ausdrücklich bewiesen hätten, dass Carl Jürgen im Ehestand gezeugt worden war, konnten nicht vorgelegt werden, doch reichte die vom Herzog beglaubigte Aussage: „jeder weniglich wissend 161 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 35: Brief von Großherzog Friedrich Franz I. an Friedrich Franz Mecklenburg, Ludwigslust 18.8.1835. 162 Zedler: Artikel „Ahnen“, Sp. 855. 163 Die 1605 niedergeschriebenen Statuten umfassten 46 Artikel, vgl. Masch: Geschichte des Bisthums Ratzeburg, S. 564–567. 164 LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Brief von Carl Jürgen von Mecklenburg an Herzog Adolf Friedrich, Ratzeburg 25.9.1646. 165 Masch: Geschichte des Bisthums Ratzeburg, S. 560.

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das Weiland der Hochgeborene Hochwürdige Fürst, Herr Carl [die] Mutter pro Uxore gehalten und geheret“.166 Ob nach Jahrzehnten diese Tatsache wirklich noch allgemein bekannt war, ist zu bezweifeln, aber das Wort des Herzogs reichte aus, zumal Carl Jürgen auch noch im Testament Erwähnung fand. Die allgemeine Akzeptanz des Sachverhalts war auch in dieser Hinsicht wieder wichtiger als ein schriftlicher oder ein anderer handfest zu überprüfender Beweis. Abgesehen von eben jenem Carl Jürgen sind keine weiteren Versuche dokumentiert, natürliche Kinder in einer kirchlichen Einrichtung zu versorgen. Allein noch die Mutter von Carl Ludwig von Mecklenburg, Sophia Magdalena von Plüskow, fand Aufnahme in einem Kloster, nachdem sich ihr ehemaliger Geliebter, Herzog Friedrich Wilhelm, wohl dafür eingesetzt hatte.167 Die Frage der Stiftsfähigkeit betraf die natürlichen Kinder vor allem im Hinblick auf die nachfolgenden Generationen, wie die Einschreibung einer Tochter von eben diesem Carl Ludwig von Mecklenburg zeigt. 1742 schritt er zur Tat, nachdem er nunmehr einige Jahre als Besitzer eines Rittergutes offiziell im Land ansässig gewesen war. Er wandte sich direkt an den für die Einschreibung zuständigen Küchenmeister.168 Marietta Meier stellte in ihrer Arbeit über das adlige Damenstift Olsberg heraus, dass solche Gesuche normalerweise vor Komplimenten und Schmeicheleien strotzten.169 Im krassen Gegensatz dazu steht das Gesuch von Carl Ludwig: „Hinbey übersende daß gewöhnliche einschreibel Geld vor meine Tochter Maria Augusta Dorothea von Mecklenburg von Zibuhlschen Hause, gebohren d. 27 July 1742, getaufft d. 29. July 1742 welche im Dobbertinschen Kloster wollte eingeschrieben haben, ersuche also an Bringer dieses mir die gehörige Quittung zu remittiren.“170 Kurz und knapp, ohne umständliche Einführung und Floskeln äußerte er sehr dezidiert seine Wünsche. Allerdings verzichtete er nicht auf den Hinweis ihrer persönlichen Bekanntschaft, indem er anfügte, dass es ihm „sehr angenehm sein zu erfahren daß es Ew. Hochedel: noch wohl ergehet – seither Wismar da Sie mahl auf meinem schönen Flügel musicirten habe nicht das Vergnügen gehabt Ihnen zusehen“. Mehr beinhaltete das Schreiben nicht. Ebenso fehlte jegliche Art von Empfehlungsschreiben, wie sie oft hinzugefügt wurden, um das soziale Kapital des Aspiranten zu verdeutlichen.171 Nun mag der laxe Tonfall ein Ausdruck übermäßiger Selbstsicherheit bei diesem für das Selbstverständnis des Adels so wichtigen Schritt der Nutzung ihrer Privilegien sein – oder aber er resultierte einfach aus Unwissenheit. Schließlich war Carl Ludwig nicht in 166 167 168 169

LHAS, 2.12-1/2, Nr. 5: Reskript von Herzog Adolf Friedrich, Schwerin 28.9.1646. Vgl. Punkt 3.2.1, S. 69. Vgl. zum Einschreibeverfahren in die Landesklöster Attula: Dame von Welt, S. 20. Meier: Standesbewusste Stiftsdamen, S. 113; vgl. allgemein zur Funktion von Komplimenten Beetz: Frühmoderne Höflichkeit, S. 131–134. 170 LHAS, 3.2-3/1, Nr. 290: Brief von Carl Ludwig von Mecklenburg an den Küchenmeister Krull, Zibühl 30.7.1742. 171 Meier: Standesbewusste Stiftsdamen, S. 113.



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einem ritterschaftlich geprägten familiären Umfeld aufgewachsen, welches ihm von Jugend an über Herkommen und Gebräuche der Ritterschaft hätte instruieren können. Ganz fremd konnte ihm das Einschreibeverfahren aber nicht gewesen sein, immerhin wusste er, dass aufgrund des großen Andranges bei der Anwartschaft auf einen Klosterplatz die Anmeldung mit Bezahlung der Gebühr sofort nach der Geburt erfolgen musste. Oft wurde nicht einmal ausdrücklich die Tochter benannt, sondern bewusst der Name weggelassen, um im Falle der Verheiratung oder des Todes die Exspektanz auf eine andere Tochter übertragen zu können.172 Letztlich wurde eine Präbende zwar an ein Individuum vergeben, aber eine Familie damit bedacht. Die Regularien hatten sich erst Anfang des achtzehnten Jahrhunderts im Zuge der einsetzenden Diskussion um den alteingeborenen Adel verschärft, der die Meinung vertrat, dass nur ihm die Plätze in den drei Landesklöstern zustehen würden, da sie von ihm einst gestiftet und benefiziert worden waren. Neben dem Ausschluss von bürgerlichen Anwärterinnen diente die Restriktion dazu, auswärtige Adlige als Konkurrenten um die einträglichen Konventsplätze auszustechen.173 Als Kontrollinstanz dienten der Engere Ausschuss beziehungsweise die Landtage, wo klösterliche Provisoren die Liste der neu eingeschriebenen Fräulein vortrugen. Auf dem Landtag im November 1742 bemerkte man, dass die Einschreibung der Tochter von Carl Ludwig nicht ganz unproblematisch war, da „bekandlich von der Ritterschaft festgesetzet [wurde], daß nicht allein ein jeder, der von seinen Kindern, welche einschreiben lassen wollte, recipiret seyn, sondern auch gewisse Ahnen produciren müste; so würde denen Hrn. Provisoribus hierdurch aufgegeben, an der Ritterschaft, wie das letzere geschehe, zu berichten, da den die Ritterschaft hiernechst wegen des ersteren diese Sache weiter überlegen und denen Umbständen nach einen Schluß faßen würde“.174 Obwohl persönlich nicht auf dem Landtag anwesend, reagierte Carl Ludwig prompt und wandte sich mit der schriftlichen Bitte um Rezeption an die dort anwesende Ritterschaft: „Die Hochachtung, so ich jederzeit gegen dem Corps der Mecklenburgischen Ritterschafft geheget, hat das beständige Verlangen bey mich unterhalten, durch würkliche Angesessenheit, ein näheres Band der Vereinigung mit demselben zu überkommen. Nachdem ich nun die Ehre erlanget, unter ihnen zu wohnen; So ist solche Hochachtung nicht wenig vermehret und mein Augenmerk auf das die Ehre nehme zu etwaiger künftiger Verbeßerung der Mecklenburgischen Fräulein Clöster, Zwey Tausend Rthl. zu offeriren; Wobey ich mir aber auch gewiß verspreche, daß eine Löbl. Ritterschaft mir und meinen Descendenten, dem Besitz der Adelichen Clöster-Plätze, auch alle andere Ritterschaftlichen praerogativen geneigt gönnen werden.“175 172 Ebd., S. 164. In Mecklenburg wurde diese Praxis 1714 untersagt, vgl. Attula: Dame von Welt, S. 20. 173 Jacobs: Familie, Stand und Vaterland, S. 177. 174 Bill: Geschichte der Familie von Mecklenburg, S. 52. 175 Brief von Carl Ludwig von Mecklenburg an die Ritterschaft, Zibühl 3.11.1742, zitiert nach Bill: Geschichte der Familie von Mecklenburg, S. 52.

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Zwar wesentlich formeller abgefasst als sein Schreiben an den Küchenmeister trat er aber nach wie vor selbstbewusst für seine Wünsche ein. Carl Ludwig von Mecklenburg band das Gesuch – und formulierte dies eindeutig – an die Erwartung, an den Vorteilen, die eine Zugehörigkeit zur Ritterschaft mit sich brachte, zu partizipieren. Die Summe, die er offerierte, betrug das zu zahlende Minimum.176 Er klang nicht wie ein Mann, der eine Ablehnung oder gar ernsthafte Diskussion erwartete. Sein Ansuchen wurde selbstverständlich positiv beschieden. Der Ritterschaft, die sonst so energisch auf ihre Vorrechte beharrte, genügten seine an den Tag gelegte patriotische Gesinnung sowie die Einheiratung in eine alteingesessene Familie des Landes und seine ansonsten tadellose Haltung, mit der er „Jedermans Liebe und Freundschaft zuwege gebracht“.177 Wird die Begründung im Kontext der zeitgenössischen Adelsdiskurse gesehen,178 spielte sein Blut, sprich die Abstammung, nur eine untergeordnete Rolle und bezog sich allenfalls auf seine Frau, die aus einer alteingeborenen Familie stammte. Im Verhältnis dazu überwog die Wichtigkeit der Tugend, die sich in Auftreten und Verhalten manifestierte. Dass Carl Ludwig zwanzig Jahre zuvor als Offizier im Dienste des Herzogs aktiv gegen die ritterschaftlichen Belange aufgetreten war, war in Anbetracht seines sozialen Kapitals durch die Heirat mit Moltzahn und in zweiter Ehe mit dem Geschlecht Plessen sowie seinen Freundschaften mit dem ansässigen Adel vergessen. Die Aufnahme Carl Ludwigs von Mecklenburg fiel zwar in die Anfangszeit des Rezeptionswesens, wo sich das Reglement erst allmählich verfestigte,179 doch sind bereits hier deutliche Regelabweichungen zu beobachten, die den improvisierten Charakter der Aufnahme unterstreichen. Festzumachen ist dies vor allem an zwei Punkten: 1) Von der Feststellung des Problems bis zum Antrag auf Rezeption und schlussendlich der Aufnahme vergingen gerade einmal sechs Tage. Das war schnell – vor allem im Hinblick darauf, dass sich der Prozess durchaus über Monate, wenn nicht Jahre hinziehen konnte, sobald Urkunden benötigt und Rechtsverhältnisse geklärt werden mussten. Die zügige Annahme spricht für einen breiten Konsens innerhalb der Ritterschaft, mit der Carl Ludwig vielfältige Kontakte pflegte und die die Informationen sofort an ihn weitertrug. 2) Normalerweise musste der Aspirant Beweise seiner Zugehörigkeit zum mecklenburgischen beziehungsweise deutschen Adel erbringen. Dies erfolgte mittels Einsendung eines Diploms der Adelsverleihung oder einer Bestätigung, dass er einem Uradelsgeschlecht angehörte, für das keine schriftlichen Zeugnisse vorlagen. Carl Ludwig konnte weder das eine noch das andere vorweisen.180 176 Die Gebühren betrugen im 18. Jahrhundert zwischen 2 000 und 8 000 Rthl., vgl. dazu Jacobs: Familie, Stand und Vaterland, S. 179. Im Jahr darauf wurde der zu zahlende Mindestbetrag auf 4 000 Rthl. festgesetzt, vgl. Bill: Mecklenburgische Adelskunde, S. 52. 177 Franck: Des Alt- und Neuen Mecklenburgs Sechzehendes Buch, S. 175. 178 Vgl. zu den Diskursen u. a. Bleeck und Garber: Nobilitas. 179 Zu der Verfahrensweise der Aufnahme vgl. Bill: Mecklenburgische Adelskunde. 180 Bill: Geschichte der Familie von Mecklenburg, S. 53; ausführlich zu der in Mecklenburg üblichen Praxis der Aufnahme in die Ritterschaft Ders.: Mecklenburgische Adelskunde, S. 34–67.



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Großzügig sah man darüber hinweg und bestätigte ihm, sich allen notwendigen Bedingungen unterworfen zu haben. Allerdings umfassten die Regularien zur Einschreibung in eines der Klöster noch weitere Punkte. Zum Ersten musste der Vater des einzuschreibenden Fräuleins vom eingeborenen oder rezipierten mecklenburgischen Adel abstammen: Das Kriterium erfüllte Carl Ludwig von Mecklenburg nach seiner Ad-hoc-Rezeption. Zum Zweiten sollte der Nachweis erbracht werden, dass die Großmutter väterlicherseits als auch die Großeltern mütterlicherseits entweder vom Kaiser geadelt worden waren oder dem alten stiftsfähigen Adel angehört hatten.181 Im Falle von Carl Ludwig traf dies sogar zu. Da er aber in keiner rechtsgültigen Ehe gezeugt worden war, konnte er keine Ahnenprobe bestehen. Um die Aufnahme trotzdem zu ermöglichen, reichte es in seinem Fall aus, allein die Rezeptionsbescheinigung beizulegen.182 Damit war er die Ausnahme in der ansonsten augenscheinlich vollständigen Sammlung der Ahnentafeln zu den Einschreibungen im betreffenden Zeitraum.183 Dass die ganze Aufnahmeprozedur vom üblichen Gebaren abwich und der Familie Mecklenburg eine besondere Wertschätzung innerhalb der Ritterschaft widerfuhr, wird auch durch die später erfolgte Ausweitung der Regularien auf den anderen Familienzweig deutlich. Aufgrund des Erwerbs der Landgüter als Substitution für ihr Erbe hatte sich die Familie von Mecklenburg praktisch in die Gülzower Linie unter Friedrich Wilhelm und die Zibühler Linie unter Carl Ludwig aufgespalten. Ihrem Selbstbild nach betrachteten sie sich auch in der zweiten Generation noch immer als eine „unter einerley Umständen sich befindende Branche einer und eben derselben familie“,184 ungeachtet der Tatsache, dass ihre Stammväter unterschiedliche Mütter hatten. Carl Ludwig beantragte 1742 aber nur für seinen Teil der Familie die Aufnahme, da sein Bruder bereits verstorben war und sich dessen Töchter in einem Alter befanden, wo eine Einschreibung, die normalerweise ja unmittelbar nach der Geburt erfolgte, sinnlos gewesen wäre. Für die nächste Generation wurde das Thema wieder relevant, weshalb die drei Brüder Friedrich Wilhelm II., Carl Ludwig und Carl Friedrich von Mecklenburg 1770 die Rezeption beantragten. Sie beteuerten „d[ie]jenigen Qualitäten zu besitzen, welche nach der Landes Verfassung bey einer receptionfähigen Familie erfordert werden“.185 Dass sie nicht zugleich mit den Zibühlern rezipiert worden 181 LHAS, 3.2-3/1, Nr. 221: „Erfordernisse zur Einschreibung eines Fräuleins in eins der drey Mecklenburgischen Landes Klöster: Dobbertin, Malchow und Ribnitz, ingleichen wie und bey wem die Einschreibung nachzusuchen ist“, undatiert. 182 LHAS, 3.2-3/1, Nr. 246: Verzeichnis von einigen beym Kloster Dobbertin vorhandenen Ahnen-Nachrichten und Attestatis; Akte des Herrn Obrist-Leut. v. Mecklenburg Rezeptionsschein, Güstrow 6.11.1742. 183 LHAS, 3.2-3/1, Nr. 282: Ahnentafeln zu den Einschreibungen 201–400. 184 LHAS, 3.1-1, Nr. 3.121.18.1: Memorial der Gebrüder von Mecklenburg an den Landtag, Malchin 26.11.1770. 185 Ebd.

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sind, lag ohnehin nur an ihren Vormündern, die sich scheuten, die Summe ohne Rücksprache mit ihren Zöglingen auszugeben. Zu dem Zeitpunkt des Antrages bestand ein mehrjähriger, offizieller Rezeptionsstopp, allerdings stellte dieser für das Gesuch kein Hindernis dar – zumindest nach Meinung der Mecklenburgs –, da es sich nicht um eine Rezeption, sondern höchstens um eine Extension einer bereits bestehenden Rezeption handle. Dabei galt es nicht nur, den Aufnahmestopp zu umgehen, auch die Höhe der zu zahlenden Gelder sollte gedrückt werden. Der ehemalige Vormund, Hauptmann von Bülow, unterstrich ihre Aussagen vor dem Landtag und die Ritterschaft erklärte sich bereit, die Rezeption trotz offiziellen Stopps durchzuführen, weil sie glaubte, „einmahl gegebenen Versicherung des Landes jetzt nicht wiedersprechen zu können“.186 Auch wenn die Brüder letzten Endes jeweils eintausend Reichstaler zahlen mussten, blieben sie doch unter der regulären Summe von mindestens viertausend Reichstalern. Damit war die endgültige Anerkennung und Verankerung der Familie von Mecklenburg im Kreise der Ritterschaft vollzogen. Intensiv nutzten sie das erworbene Recht, ihre Töchter in Klöster einzuschreiben. Alleine für Dobbertin finden sich zwanzig Frauen, die das Anrecht auf eine Stelle genossen.187 Auch wenn finanzielles Kalkül den Anstoß für die offizielle Integration gab, so demonstriert das Entgegenkommen der Ritterschaft doch die Akzeptanz in ihren Reihen. Auf spätere Nachfragen konnten nunmehr problemlos Atteste ausgestellt werden.188 Auch zwei natürliche Enkeltöchter von Großherzog Friedrich Franz I. sind auf den Einschreibelisten des neunzehnten Jahrhunderts im Dobbertiner Kloster zu finden. Im Jahre 1816 bekam Franziska du Trossel eine volle Klosterstelle zugesprochen, 1819 dann Caroline Ernestine Friederike Louise von Wenckstern. Allerdings resultierte diese Ehre nicht mehr aus der Unterstützung der Ritterschaft, sondern war allein dem Engagement des Großherzogs zu verdanken. Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 hätte Friedrich Franz I. erlaubt, alles Kirchengut zu säkularisieren, worauf er aber verzichtete. Als Ausgleich, ebenso für die achtzigtausend Reichstaler Schulden, die sich als Beteiligung für die Kriegskosten angehäuft hatten, erhielt der Landesfürst die Gelegenheit, „verdienstvolle herzogliche Bediente“ auf je vier ganze und zwei halbe Hebungen einzuschreiben.189 Als Louis du Trossel ihn unmittelbar nach der Geburt der Tochter an das Versprechen erinnerte, reagierte er unverzüg-

186 Ebd., Extrakt aus dem Landtagsprotokoll, Malchin 28.11.1770. 187 LHAS, 3.2-3/1, Nr. 88: Alphabetisches Verzeichnis derjenigen Fräulein von mecklenburgischen eingeborenem und rezipierten Adel, welche seit 1696 in das Kloster Dobbertin eingeschrieben worden sind. 188 LHAS, 3.1-1, Nr. 3.121.111.3: Attestierung und Stiftsfähigkeit der Familie von Mecklenburg, Rostock 3.9.1789. 189 LHAS, 3.2-3/1, Nr. 164: Vertrag zwischen Herzog Friedrich Franz I. mit Ritter- und Landschaft über die Landes-Klöster Dobbertin, Malchow u. Ribnitz, o. O. 25.4.1809.



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lich.190 Das Gleiche geschah im Fall der später geborenen Tochter Wencksterns. Somit stellte die Aufnahme in das Kloster keinen Beweis der Integration in die Ritterschaft mehr dar, sondern war allenfalls ein Beweis für die Zuneigung des Vaters gegenüber seinen Töchtern.

6.2.3 Die natürlichen Kinder und ihr gesellschaftliches Auftreten Die Position der natürlichen Kinder in der mecklenburgischen Gesellschaft variierte stark im Hinblick auf die zeitliche Entwicklung, aber auch innerhalb einzelner Geschwistergruppen. Den Bezugspunkt jedoch bildete stets der Vater. Deutlich wird dies bei den Kindern von Herzog Carl. Soweit die spärlichen Quellen Aussagen zulassen, verkehrten sie zu dessen Lebzeiten am Hofe und mit der höfischen Gesellschaft, wie vor allem die beschriebene Heirat seiner Tochter Margarethe von Mecklenburg belegt. Ebenso nahmen die Kinder an der Beerdigungszeremonie ihres Vaters teil. Das fürstliche Begräbnis war ein stark reglementierter, zeremoniell geprägter Akt. Unter Verwendung staatlicher Symbolik wurde das Totengedenken mit der Repräsentation von Macht und Ansehen verbunden. Ein letztes Mal übernahm der Verstorbene repräsentative Aufgaben, so dass sein Sarg den Mittelpunkt bildete und folglich die ranghöchste Position einnahm.191 Eine streng einzuhaltende Zugfolge bestimmte das Geschehen. Unmittelbar hinter dem Sarg und den von zwei Adligen getragenen Wappen schritten die männlichen Verwandten und die geladenen Fürsten beziehungsweise deren Abgesandte, gefolgt von den Land- und Hofräten, Vertretern der Domkapitel Ratzeburg und Schwerin, den gelehrten Räten und Abgeordneten der Universität Rostock und weiteren verschiedenen Würdenträgern. Erst danach schlossen sich die weiblichen Verwandten, Fürstinnen und andere dem Hofstaat zugehörige Frauen an. Natürliche Kinder waren in diesen Arrangements nicht vorgesehen. Umso höher ist die Tatsache einzuschätzen, dass die Kinder von Herzog Carl an dem Leichenzug sogar an recht prominenter Stelle partizipierten. Selbstverständlich gingen sie nicht mit der fürstlichen Verwandtschaft und den Nachfolgern Adolf Friedrich und Johann Albrecht, da sie weder einen hochadligen Status innehatten noch zum offiziellen Familienverband gehörten. Allerdings folgten sie bereits den sich anschließenden drei Kämmerern. Diese bildeten somit eine Trennlinie zwischen dem Hochadel und Carl Jürgen und Albrecht von Mecklenburg sowie deren Schwager Siegfried von Plessen, dem Ehemann von Margarethe von Mecklenburg.192 Damit wurde die verbindliche Abfolge aufgebrochen, da sie nicht als Repräsentanten eines Hofs oder Landesamtes so weit vorne zu finden waren, sondern alleine aufgrund ihres Verhältnisses zum Verstorbenen. Dass sie ihrem Vater bei 190 Vgl. LHAS, 2.26-1, Nr. 8521, Personalia: Anordnung von Großherzog Friedrich Franz I. an die Klosterbeamten zu Dobbertin, o. O. 24.2.1818. 191 Stuth: Höfe und Residenzen, S. 360. 192 LHAS, 2.12-1/10, Nr. 53: „Leichbetettigung“ von Herzog Carl, 1610.

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diesem öffentlichen Akt ein letztes Mal für jedermann sichtbar ihren Respekt zollen durften, spricht für einen ungezwungenen Umgang mit ihnen am Hofe, der wohl auf den Wünschen und der Zuneigung des Verstorbenen beruhte. Der Unterschied wird besonders deutlich, wenn zum Vergleich der Trauerzug von Großherzog Friedrich Franz I. herangezogen wird. Ohnehin hatte sich das Zeremoniell im Laufe der Zeit stark verändert, doch ist auffällig, dass dessen natürliche Kinder, wie der Oberförster von Wabel und der Forstinspektor von Zickhusen, nicht als Söhne, sondern in ihrer Funktion als Forstbediente an der Überführung nach Doberan teilnahmen.193 Der Tod des Vaters war für die Kinder von Herzog Carl ein einschneidendes Erlebnis in ihrem Leben. Natürlich erfuhr auch ein ehelich gezeugter Nachwuchs starke Veränderungen durch den väterlichen Tod, doch trat dieser die Rechtsnachfolge an und beerbte ihn in aller Regel. Im Gegensatz dazu verloren die natürlichen Kinder ihren Bezugspunkt und ihre Legitimation zur Teilnahme am höfischen Leben, da sich Status und Ansehen aus den väterlichen Gunstbezeugungen ableiteten. Sie verfügten nicht mehr über eine direkte, emotional gefestigte Verbindung zum herzoglichen Hof und der Familie. Wohl auch deshalb ist im Folgenden kein weiteres öffentliches und gesellschaftliches Auftreten zu konstatieren. Auch in ritterschaftlichen Belangen traten sie nicht in Erscheinung. Ohnehin wäre dafür nur Albrecht von Mecklenburg in Frage gekommen, da sein Bruder kein Gut erwarb. Allerdings sind durchaus Kontakte zu anderen niederadligen Familien im Umkreis seines Gutes nachweisbar. Curt von Restorff auf Radepohl und Hartwig von Preen auf Petersberg bei Pinnow übernahmen die Vormundschaft seines hinterlassenen Sohnes Carl Christoph von Mecklenburg.194 Deren Güter lagen rund zwanzig beziehungsweise zehn Kilometer vom Besitz Albrechts entfernt in der Nähe der Stammgüter der Familie von Barner, aus der seine Frau stammte, so dass wahrscheinlich die Beziehungen aus Kontakten zu ihrer Familie resultierten. Während für die natürlichen Kinder die herzogliche Familie und im Regierungsumfeld tätige Personen die vormundschaftlichen Aufgaben übernommen hatten, wurden in der zweiten Generation familiäre Belange nicht mehr an die fürstliche Familie, sondern an Freunde und Verwandte aus dem ansässigen Niederadel herangetragen. Ähnliche Tendenzen lassen sich auch bei den Kindern von Herzog Friedrich Wilhelm beobachten. So wird ein überaus starker familiärer Bezug in der Patenwahl für die Kinder von Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von Mecklenburg deutlich. Da die Mehrheit ihrer großen Kinderschar in Wismar geboren wurde, waren nachbarschaftliche Verbindungen zum ansässigen Adel schon alleine hinsichtlich der räumlichen Dimension schwierig. Dementsprechend verwundert es nicht, dass die brüderlichen Familien füreinander Hauptbezugspersonen bei diesen offiziellen Ehrbezeugungen waren. 193 LHAS, 2.26-1, Nr. 4404: Beschreibung des Trauerzugs von Großherzog Friedrich Franz I., Ludwigslust 28.2.1837. 194 LHAS, 2.12-4/2, Gut Schlieven: Brief von Curt von Restorff und Hartwig von Preen an Herzog Adolf Friedrich, Schlieven 25.11.1653.



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Ebenso belegen die Patenlisten die starke Verbundenheit mit ihrer Halbschwester, der Majorin von Weissmantel, die regelmäßig als Patin fungierte.195 Bei den vormundschaftlichen Belangen veränderte sich zunächst wenig. Nach dem Tod von Friedrich Wilhelm, der mittels eines Epitaphion repräsentativ und öffentlich von seinen Angehörigen beklagt wurde,196 übernahm sein Bruder Carl Ludwig selbstverständlich die Vormundschaft. Daneben übten Georg Friedrich von Bergholtz, ein Verwandter ihrer mit Weissmantel verheirateten Schwester, sowie Curd Hans von Bülow diese Aufgabe aus.197 Die veränderten Lebensumstände auf dem Lande erleichterten zwar den Umgang mit dem Niederadel, aber nach wie vor stand die engste Familie an erster Stelle. Erst im Testament von Carl Ludwig von Mecklenburg wird die vollständige Integration in die Adelslandschaft sichtbar. Er setzte seine Frau als Vormund ein, wenn diese verhindert wäre, sollten der Geheime Rat Helmut von Plessen auf Ivenack und Cambs sowie der Landrat von Moltzahn auf Kummerow, ansonsten aber der Kammerjunker von Jasmund-Camin die Aufgabe übernehmen. Für die mit seiner ersten Ehefrau gezeugten Kinder berief er den Hofmeister Carl Friedrich von Moltzahn-Teschow und den Rittmeister Gustav Adolph von Moltzahn.198 Durch den frühen Tod des Bruders war er der wichtigsten familiären Bezugsperson beraubt, weshalb in seinem Testament eine Neuorientierung erfolgen musste. Daraus resultierte die Hinwendung zu den Familien der Mütter, die allesamt dem alteingeborenen Adel entstammten, was unweigerlich zu einer engeren Bindung führte. Ähnliches ist auch bei der Tochter von Herzog Carl Leopold, Juliana von Mecklenburg, verwitwete von Stralendorff, zu beobachten. Da sie selbst keine eigenen Kinder hatte und ihre Schwestern ebenfalls ohne Nachkommen bereits verstorben waren, profitierten von ihren testamentarisch verfügten Hinterlassenschaften ausschließlich die Verwandtschaft männlicherseits sowie eine Nachbarin (Frau von Boje) und Juliana von Preen, unter Umständen ihr Patenkind, wie die Namensgleichheit vermuten lässt.199 Im Gegensatz dazu und im Vergleich zu den natürlichen Kindern aus dem siebzehnten Jahrhundert florierten die Familien von Friedrich Wilhelm und Carl Ludwig von

195 Vgl. LHAS, 11.3-1/4, Nr. 1436: Mecklenburg. 196 Sondersammlung UB Rostock, Kl-66 (1-2): Familienpapiere Mecklenburg, v. Mecklenburg (2 Konvolute), Über den Tod Ihres geliebtesten Vaters des weiland hochwohlgebornen Herrn, Herrn Obersten Friedrich Wilhelm von Mecklenburg, Erb-Herrn auf Gülzow, Parum, Mühlengetz, und so ferner, suchten in folgenden ihre Leidenschafften auszudrücken, die sämtl. Betrübten Kinder, den 17 Merts 1741. 197 Vgl. zu Friedrich Wilhelm von Mecklenburg und Georg Friedrich von Bergholtz als Vormünder der minorennen fünf Söhne des verstorbenen Obristen Friedrich Wilhelm von Mecklenburg LHAS, 2.12-4/2, Gülzow: Vol. II b, Teil I; ebenso Bill: Geschichte der Familie von Mecklenburg, S. 170. 198 LHAS, 2.12-4/2 Lübzin: Testament von Carl Ludwig von Mecklenburg in XVII. Punkten. 199 StAW, Testamente und Nachlassregelungen Abt. II, Repos. 1 B., S. 23.

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Mecklenburg auch in den nachfolgenden Generationen.200 Dabei teilten die Familien das gleiche Schicksal vieler Adliger, die, mit reichlich Kindern gesegnet, diese auch standesgemäß versorgen mussten. Carl Ludwig von Mecklenburg bestimmte in seinem Testament die Aufteilung seiner drei Güter in zwölf Teile, wovon sechs Töchter jeweils einen und die Söhne zwei Teile erhalten sollten. Durch die Aufteilung der Stammlande erfolgte eine beträchtliche Wertminderung der vormals selbst für mecklenburgische Verhältnisse recht ansehnlichen Güter. Das so geschrumpfte ökonomische Kapital wirkte sich dahingehend auf ihre gesellschaftliche Rolle in Mecklenburg aus, dass die Söhne der Familien spätestens in der dritten Generation nicht ausschließlich als Gutsverwalter in Erscheinung treten konnten, sondern auch anderen Tätigkeiten nachgehen mussten. Sie schlugen mitunter den für mecklenburgische Verhältnisse nicht untypischen Weg einer militärischen Karriere in Nachbarstaaten wie Preußen, Schweden und Hannover ein. Allerdings blieben auffällig viele Familienmitglieder dem Hofdienst in heimischen Gefilden verhaftet. So diente ein Sohn von Carl Ludwig als Oberschenk (Dietrich [Hermann Albrecht] von Mecklenburg) und einer von Friedrich Wilhelm als Jägermeister (Carl Friedrich von Mecklenburg). In der dritten Generation trat Ludwig Hermann von Mecklenburg als Hofmarschall des Erbprinzen Friedrich Ludwig in landesherrliche Dienste, wo auch seine Cousine Elisabeth von Mecklenburg als Hofmeisterin wirkte. Ein weiteres Familienmitglied, Dietrich (Friedrich Wilhelm) von Mecklenburg, war zu diesem Zeitpunkt Vizekanzleidirektor der Justizkanzlei.201 Der Familienname Mecklenburg stand also nach wie vor für eine enge, wenn auch nicht mehr emotional aufgeladene Verbindung zur herzoglichen Familie. Selbst Christian Ludwig von Mecklenburg, wiederum ein Sohn Carl Ludwigs von Mecklenburg, der als Erbe des Hauptgutes Zibühl als einziger eine ständische Karriere einschlug, indem er Landrat des Schweriner Kreises und später Mitglied des Engeren Ausschusses wurde, verdankte diese Stelle unter anderem der Sympathie des Herzogs. Im Auswahlverfahren schlug die Ritterschaft gewöhnlich drei Aspiranten vor, unter denen der Herzog seinen Kandidaten bestimmte.202 Mit diesem starken ständischen Engagement stand Christian Ludwig von Mecklenburg singulär in seiner Familie da, es zeigt aber, dass die Familie nach der Rezeption voll und ganz in den ritterschaftlichen Corpus integriert war und auch Verantwortung übernahm. Ganz im Gegensatz dazu war für die als adlig geltenden natürlichen Kinder von Friedrich Franz  I., die Kleinow-Schwestern und Mecklenburg von Kleeburg, der Wirkungskreis im weitesten Sinne auf das höfische Umfeld begrenzt. Da sie beziehungsweise ihre Ehemänner über keine ritterfähigen Güter verfügten, ergab sich schon in dieser Hinsicht kein gemeinsamer Ansatzpunkt. Allerdings besaßen sie, obwohl sie nicht zum eingeborenen Adel gehörten, die Hoffähigkeit und verkehrten am Schweriner und Ludwigsluster Hof mit den ersten Familien im Lande. Auch partizi200 Vgl. ausführlich zu der Familiengeschichte der von Mecklenburg Bill: Geschichte der Familie von Mecklenburg. 201 Ebd. 202 Ebd., S. 61.



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pierten sie an den höfischen Festlichkeiten, die vor allem im Zusammenhang mit ihrem Vater standen. So notierte dieser in seinen Tagebüchern häufige Besuche seiner beiden Töchter, vor allem wenn die Familie Wenckstern anlässlich seines Geburtstages anreiste.203 Die vollständige Einbindung in die höfische Gesellschaft des in Mecklenburg beheimateten Kleeburgs und der Majorin du Trossel (Louise von Kleinow) zeigt deren Beteiligung an verschiedenen Theaterstücken, die zum 66. Geburtstag ihres Vaters zusammen mit der fürstlichen Familie und dem Hofstaat aufgeführt wurden.204 Die Feierlichkeiten verbrachten sie wohl gewöhnlich auch in räumlicher Nähe zu Friedrich Franz I., wahrscheinlich sogar an der fürstlichen Tafel, worauf das Verhalten Kleeburgs hindeutet, der sich beleidigt krankmeldete, nachdem man ihn an die Marschallstafel platziert hatte.205 Die Marschallstafel galt als öffentliche Tafel, obwohl bereits das Speisen dort als Auszeichnung verstanden werden kann. Mit einem noch höheren Prestige aber war die fürstliche Tafel, die eine durchaus flexible Teilnehmerzahl haben konnte, verbunden, da sie sowohl nach außen als auch innerhalb der höfischen Gesellschaft die ausgesprochen große Wertschätzung verdeutlichte, die die betreffende Person genoss. Damit stellte die Tafel ein ideales Medium der Herrschaftsrepräsentation dar, das als subtiles Instrument der Integration, aber auch Distinktion diente.206 Bei Feierlichkeiten für andere großherzogliche Familienangehörige sind zwar Kleeburg und du Trossel sowie ihre Familien anwesend, doch in keiner hervorgehobenen Position und somit auch an die Marschallstafel verbannt.207 Gleich wie die Kinder von Herzog Carl verloren sie mit dem Tod ihres Vaters die wichtigste Bezugsperson, doch veränderten sich ihre Lebensumstände nicht wesentlich. Zudem war ihre Position so weit gefestigt und ihre Hoffähigkeit akzeptiert, um weiterhin problemlos dort verkehren zu dürfen. Über seine nichtadligen Kinder sind so gut wie keine Aussagen zu treffen, allenfalls dass auch sie sich mitunter in den Sommermonaten in Doberan aufhielten.208 Ihre Netzwerke reichten zwar bis in das höfische Umfeld, beispielsweise durch ihren Pflegevater, den Kabinettskopisten Boldt, aber eben nicht bis in die höfische Gesellschaft. Mit dem Tod des Vaters beschränkten sich die Beziehungen stattdessen auf das familiäre Umfeld der Geschwister, lediglich deren berufliches sowie wiederum nachbarschaftliches Umfeld wurde mit einbezogen. 203 Zum Beispiel: 13.12.1821 (LHAS, 2.26-1, Nr. 4396), 8.12.1825 (LHAS, 2.26-1, Nr. 4398), 13.12.1835 (LHAS, 2.26-1, Nr. 4400). 204 So spielte Kleeburg den Prinzen Mutza aus dem Ritterroman „Der Zauberring“ von Friedrich de la Motte Fouqué, die Frau Majorin du Trossel übernahm eine Rolle aus dem ebenfalls von Fouqué geschriebenen Sängerkrieg, LHAS, 2.26-1, Nr. 4396: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz I., 10.12.1822. 205 LHAS, 2.26-1, Nr.  4398: Tagebuchaufzeichnungen Großherzog Friedrich Franz  I., 12.12.1825. 206 Jacobsen: Höfische Kultur im Aufklärungszeitalter, S. 180–181. 207 LHAS, 2.26-1, Nr. 1364: „Mittagstaffel auf dem Großherzoglichen Schlosse zur Geburtsfeier ihre königlichen Hoheit der Frau Großherzogin Alexandrine“, Schwerin 23.2.1835. 208 Vgl. dazu Verzeichniß der bey dem Seebade zu Doberan angekommenen Cur-Gäste und Fremden, Rostock.

7 Resümee Dass frühneuzeitliche Fürsten Kinder außerhalb einer standesgemäßen Ehe zeugten, war ein allgegenwärtiger Umstand, von dem kaum eine Generation ausgenommen blieb, wie sich am Beispiel Mecklenburgs nachweisen ließ. Fünf der neun im Zeitraum von 1600 bis 1800 regierenden Herzöge in Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow setzten Bastarde in die Welt, während zwei weitere überhaupt keinen Nachwuchs und ebenfalls nur zwei Herzöge legitime, aber keine illegitimen Kinder zeugten. Da auch andere europäische Herrscherhäuser mit einer Vielzahl von illegitimen Kindern gesegnet waren, ist es in dieser Hinsicht durchaus zulässig, von einem gesamteuropäischen Phänomen zu sprechen. Weil die männlichen Mitglieder der fürstlichen Dynastien ihre sexuellen Bedürfnisse ohne Furcht vor Sanktionen ausleben konnten, war Nachwuchs in Anbetracht unzuverlässiger Verhütungsmethoden praktisch unumgänglich. Allerdings wurden diese Kinder nicht als lästiges Nebenprodukt einer Liaison angesehen, sondern ebenso wie der eheliche Nachwuchs als eigene Abkömmlinge akzeptiert. Im Untersuchungszeitraum ist dieser Fakt die große Konstante im Umgang mit den Kindern. Neben solchen grundlegenden Gemeinsamkeiten, die auch auf anderen Ebenen existierten, offenbarten sich spürbare Unterschiede. Um diesen Gemeinsamkeiten und Unterschieden auf den Grund zu gehen, wurden als Untersuchungskategorien Familie, Erziehung, Lebensweg und gesellschaftliche Stellung gewählt. In genealogischer wie juristischer Hinsicht nicht dem Familienverband zugehörend, nahmen die natürlichen Kinder keinen Platz in der standesspezifischen Familienauffassung des hochfürstlichen Adels ein. „Das Geheimnis des Adels ist die Zoologie“, stellte Karl Marx pointiert fest.1 Innerhalb dieser Zoologie, innerhalb dieser Wertschätzung reiner Stammbäume und der Memoria fanden sie keine Berücksichtigung. Die formaljuristische Ausgrenzung, die ihnen jegliche Geburtsrechte verwehrte und ihnen die Standesungleichheit zu ihren ehelich gezeugten Halbgeschwistern bescherte, musste sich aber keineswegs auch auf die Gefühlsebene erstrecken. Zeichen emotionaler Verbundenheit waren nicht nur auf den ersten Verwandtschaftsgrad beschränkt, sie konnten auch innerhalb der gesamten herzoglichen Familie rekonstruiert werden. Ein gutes Verhältnis zur herzoglichen Verwandtschaft wurde besonders dann essentiell, wenn der Vater früh verstarb, da sie die Verantwortung für die zurückgebliebenen „Pflegekinder“ übernahm. Zwar verhinderten die Standesunterschiede den Aufbau gleichwertiger Familien- und Freundschaftsverhältnisse, doch charakterisiert der Begriff Patronage treffend das Beziehungssystem, zumal sich die natürlichen Kinder in einem einseitigen Abhängigkeitsverhältnis befanden.

1

Marx: Gesamtausgabe, S. 115.

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Selbstverständlich besaßen die natürlichen Kinder keinen Anspruch auf eine Patronagebeziehung, allerdings prädestinierten sie ihre Geburt und vor allem die Loyalität und das Pflichtbewusstsein, das die Familie gegenüber dem Vater empfand, für diese bevorzugte Stellung. Zwar schwächte sich der familiäre Einfluss zu Zeiten von Herzog Friedrich Franz I. ab, doch hing dies weniger mit prinzipiellen Veränderungen zusammen als vielmehr mit der langen Lebenszeit des Vaters, die automatisch die Abhängigkeit zur fürstlichen Verwandtschaft reduzierte. Somit blieb die Beziehung zwischen den natürlichen Kindern und der herzoglichen Familie gleichbleibenden Verhaltensmustern unterworfen. Die konstanten Verhaltensweisen basieren auf der anhaltenden Wirkmächtigkeit des adligen Familienverständnisses über den gesamten Untersuchungszeitraum. Ein ähnliches Bild ergab sich, sobald ausschließlich das Vater-Kind-Verhältnis in den Fokus der Aufmerksamkeit rückte, obwohl hier selbstverständlich individuelle Faktoren eine wesentliche Rolle spielten. Augenscheinlich ist die große Diskrepanz im Umgang mit den unehelichen Kindern. Während einige mit Gunstbezeugungen und Zuneigung überhäuft wurden, erhielten andere lediglich eine elementare Versorgung. Solche Zäsuren verliefen weniger entlang einer zeitlichen Trennlinie, sondern hingen mit persönlichen Präferenzen zusammen, wie die Ungleichbehandlung innerhalb von Geschwistergruppen zeigte. Sobald sie die volle Aufmerksamkeit des Vaters genossen, verfügten sie über den ungehinderten Hofzugang, was die Voraussetzung für regelmäßige Face-to-FaceKontakte bildete. Zudem wurde in der Korrespondenz das Vater-Kind-Verhältnis deutlich benannt. Die überlieferten Briefinhalte bezogen sich häufig auf Geld- und Karrierefragen, gaben aber auch Auskunft über das allgemeine Wohlbefinden und Reiseerfahrungen. Letztendlich zeugen sie von gegenseitiger Anteilnahme und offener Zuneigung. Ob sich das „Vatersein“ hinsichtlich des ehelichen und unehelichen Nachwuchses unterschied – ganz abgesehen von den rechtlichen und dynastischen Implikationen –, lässt sich durch das Quellenmaterial schwer fassen, da allenfalls Friedrich Franz I. Vergleichsmöglichkeiten bietet. In seinen Briefen machte er keinen Unterschied zwischen seinen „Lieblingsbastarden“ und dem ehelichen Nachwuchs. Der Herzog verwendete die gleichen vertrauten Anreden und persönlichen Bezeichnungen, er benannte klar und deutlich seine Gefühle. Zurückhaltender hingegen formulierten seine natürlichen Kinder, zumindest seine Söhne. Die Asymmetrie der Ausdrucksweise beruhte auf der hierarchischen Diskrepanz, die nicht nur durch das Fürst-Untertanen-Verhältnis zustande kam, sondern generell einem autoritären Vaterbild geschuldet war. Die Erwartung von Gehorsam und Fügsamkeit wurde jedem Kind, nicht nur den unehelichen auferlegt. Dieses patriarchale Vaterverständnis, was einerseits Fürsorge, anderseits Unterwerfung implizierte, bestimmte das gesamte Bild des Untersuchungszeitraums, obwohl selbstverständlich individuelle Faktoren stets Einfluss ausübten. Ebenso gleichbleibend gestalteten sich die Geschwisterbeziehungen.

266 Resümee Nicht nur für die unehelichen Kinder, sondern beim Adelsnachwuchs allgemein bildeten Geschwister füreinander primäre Bezugspersonen. Allerdings wurde das Beziehungssystem dominiert von einer expliziten Hierarchisierung mittels Geburtenfolge, indem ältere Geschwister Aufsichts- und Erziehungsfunktionen übernahmen. Im Gegensatz dazu charakterisierte eine Gleichwertigkeit, die stark mit der „Familienlosigkeit“ der natürlichen Kinder zusammenhing, die geschwisterlichen Beziehungen. Ihre illegitimen Geburtsumstände platzierten sie nicht innerhalb einer Familie, vielmehr wurden die Kinder offiziell von der väterlichen wie auch mütterlichen Seite ausgeschlossen. Da nun an ihnen keine dynastischen Verpflichtungen oder politischen Hoffnungen hafteten und sie auch keinen in Hausgesetzen festgelegten Erbfolgeregelungen unterlagen, entstanden Freiräume in puncto des Umganges mit ihnen. Die väterliche Gunst entschied über Zuwendung und Anerkennung, nicht der Platz in der Geburtenfolge, auch wenn die Älteren häufiger als Wortführer agierten. Unter Umständen dienten die Geschwister – wenn auch meistens erfolglos – als Referenzsystem, um Forderungen und Bitten zu legitimieren. Die dynastische Bedeutungslosigkeit der natürlichen Kinder führte dazu, dass sie im Gegensatz zu Geschwistergruppen des Hochadels nicht getrennt an verschiedenen Fürstenhöfen aufwuchsen, sondern gemeinsam ihre Jugend verbrachten. Die Aneignung des gleichen kulturellen und sozialen Kapitals wirkte stark verbindend und überlagerte bei weitem die etwaige Bedeutung einer Vollgeschwisterschaft. Ernsthafte Zerwürfnisse innerhalb der Geschwistergruppen waren nicht zu rekonstruieren, stattdessen existierten zumeist sehr enge, lebenslange Beziehungen. Selbst das Verhältnis der natürlichen Kinder zu ihren Müttern weist in der longue durée erhebliche Analogien auf, obwohl die Stellung der Frauen an sich einigen Veränderungen unterworfen war – angefangen mit der morganatischen Ehefrau über die einflussreiche Mätresse bis hin zur einfachen Geliebten im neunzehnten Jahrhundert. Die Herkunft der Frau in Bezug auf den maximal zu erreichenden Status spielte eine deutlich untergeordnete Rolle, auch wenn auffällig ist, dass im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert unter den Müttern einige noch aus dem Adel stammten, während Herzog Friedrich Franz  I. seinen Umgang auf Bürgerliche reduzierte. Dies schlug sich auch in der Wahl potentieller Ehemänner nieder. Während zuvor die Ehekandidaten vornehmlich aus dem höfischen, zum Teil adligen Umfeld rekrutiert wurden, arbeiteten im neunzehnten Jahrhundert selbige hauptsächlich im Forst- und Jagdhandwerk. Mit den ersten Anzeichen einer Schwangerschaft wurden zumeist umfangreiche finanzielle Vorkehrungen getroffen, die sich entweder auf besagte Heiratsarrangements oder finanzielle Absicherungen erstreckten und in ihrem finanziellen Umfang stark fluktuierten. Ob die Mütter enge Beziehungen zu ihren Kindern unterhielten, hing alleine vom väterlichen Willen ab. Die Chancen stiegen, wenn eine langfristige Beziehung zwischen dem Herzog und der Frau existierte oder sie die Ehe mit einem Partner einging, der die Familie adäquat versorgen konnte. Da im neunzehnten Jahrhundert kein adliges Lebensumfeld mehr für die Kinder gewährleistet sein musste, gewannen die Mütter an Einflussmöglichkeiten. Mit hoher Wahr-

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scheinlichkeit durften sie die Kinder in ihrem eigenen bürgerlichen Lebenskreis erziehen. Zwar wurden auch im neunzehnten Jahrhundert noch einige Kinder von ihren Müttern separiert, doch trat dieser Umstand seltener als in den vorherigen Jahrhunderten auf. Dennoch leiteten sich die Standeszugehörigkeit wie auch die gesellschaftliche Anerkennung des Nachwuchses nicht von der mütterlichen Seite ab, sondern erfolgten alleine durch die väterlichen Gunstbeweise. Darüber hinaus ist augenscheinlich, dass die meisten Beziehungen oder auch nur kurzzeitigen Liaisons, die zu dem versorgungspflichtigen Nachwuchs führten, zu einem Zeitpunkt eingegangen wurden, als die Herzöge noch nicht verheiratet waren oder sie ihre dynastischen Pflichten hinsichtlich der Zeugung von Nachkommen in ausreichendem Maße erfüllt hatten. Im Gegensatz zu dem Verhältnis zur fürstlichen Familie, das, geprägt durch das adlige und patriarchale Wertesystem, eine große Konstanz aufweist, traten bei der Erziehung erhebliche Veränderungen auf, die auf einer anderen gesellschaftlichen Stellung und Wahrnehmung fußten. Eine Zäsur verlief bereits bei den Geburtsumständen, auch wenn die der um 1600 geborenen Kinder nicht berücksichtigt werden konnten, da prinzipiell kaum Kirchenbucheinträge für diese Zeit existieren. Obwohl sich die Quellenlage einhundert Jahre später durch eine flächendeckende Dokumentation gebessert hatte, blieben fast alle Geburten im Dunkeln. Wahrscheinlich fanden sie größtenteils im Verborgenen, an abgelegenen Orten oder in der Anonymität einer Großstadt wie Hamburg statt. Ohnehin ist eine gewisse Bedeutungslosigkeit der Geburt zu konstatieren, schließlich erhielt das natürliche Kind seinen Status und seinen Stand nicht zu diesem Zeitpunkt, sondern erst durch spätere Zuwendungen seitens des Vaters. Damit ging auch der Verlust der „gesellschaftlichen Geburt“ einher, weil Taufakt und Patenwahl eher dem Charakter eines rein obligatorischen Aktes entsprachen, als dass sie zelebriert wurden. Im Gegensatz dazu fanden die Geburten der unehelichen Kinder im neunzehnten Jahrhundert in aller Regel am regulären Wohnort und so zumeist auch in der Nähe des Herzogs statt. Teilweise erfolgte sogar dessen offizieller Eintrag als Vater. Zumindest aber wurde kein Kind mehr als elternlos deklariert, da wenigstens die Mutter mit aufgeführt wurde. Dies spricht für eine erhöhte Einbindung des Herzogs in das rechtliche Normengefüge, das ihm von vornherein Verantwortung für die Kinder übertrug. Auf den ersten Blick scheint diese Entwicklung konträr zu den späteren Lebenschancen zu verlaufen, die bei den Bastarden des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts unzweifelhaft positiver zu bewerten sind. Allerdings war ein erhöhter sozialer Druck zur Anerkennung nicht gleichbedeutend mit höheren Zahlungs­ver­pflichtungen. Eine spätere freiwillige Anerkennung minderte den Umfang der Unterstützung keineswegs, sondern eröffnete sogar größere Handlungsspielräume, die die deutlichen Differenzen zwischen den Kindern erklären. Ebenso ergaben sich im Untersuchungszeitraum fundamentale Unterschiede in den Lehr- und Ausbildungsjahren aufgrund der ungleichen Standeszugehörigkeit

268 Resümee und der andersartigen Lebensperspektiven. Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert bildete die Einübung des adligen Habitus den Schwerpunkt der Erziehung, im neunzehnten Jahrhundert hingegen diente sie zur Befähigung, einem Broterwerb nachzugehen. Diese grundverschiedenen Intentionen führten jeweils zu spezifischen Bildungsräumen und -inhalten. So war die adlige Standesausbildung an die Ausbildung der heimischen Prinzen angelehnt, inklusive der obligatorischen Peregrination, wo Spracherwerb und Umgang mit Standesgenossen im Mittelpunkt standen. Im Vergleich dazu erfolgte die Erziehung der Söhne von Herzog Friedrich Franz I. nicht länger durch einen Hofmeister, sondern mittels öffentlicher Schulbesuche, die durch vereinzelte Privatstunden aufgewertet wurden. Bürgerliche, nicht mehr adlige Bildungsansprüche lagen ihr zugrunde. Zwar ist Anfang des neunzehnten Jahrhunderts auch im adligen Bildungskontext eine Hinwendung zu Bildungsvorstellungen des Bürgertums zu beobachten, was unerlässlich wurde in Hinsicht auf die Professionalisierung adliger Berufsfelder in der Verwaltung, doch fehlte bei den natürlichen Kindern eine Vermittlung des standesspezifischen Wissens. Dieses Manko an kulturellem Kapital begrenzte spätere Entwicklungen und wies frühzeitig in die Richtung eines bürgerlichen Erwerbslebens. Gerade im Verhältnis zu der Dynamik bei den Bildungsmaßnahmen der natürlichen Söhne fällt die große Konstanz auf, die die weiblichen Erziehungsumstände und -inhalte prägte. Im Gegensatz zu ihren Brüdern änderte sich ihr Betätigungsfeld – das der Ehefrau und Mutter – nur unwesentlich. Obwohl das Ideal der Hausfrau und Mutter im Laufe des achtzehnten Jahrhunderts eine Erweiterung durch die Miteinbeziehung höfischer Umgangsformen und Sprachkenntnisse erfuhr, blieben die Intentionen aber unabhängig vom adligen oder bürgerlichen Hintergrund ähnlich. Ende des achtzehnten Jahrhunderts wurde allenfalls in den Jugendjahren des Kindes der Einfluss der Mutter im Einklang mit den gesamtgesellschaftlichen Tendenzen, die den Mutterbegriff emotional aufluden, gestärkt. Aber selbst dann erfolgte die gesellschaftliche Sozialisation immer noch größtenteils außer Haus. Unabhängig vom Geschlecht ihrer Kinder übernahmen die Herzöge anstandslos die anfallenden Kosten für die Erziehung. Damit erfüllten sie die gesellschaftliche Erwartung, die allgemein an Väter unehelicher Kinder geknüpft war. Allerdings engagierten sich die Herzöge nicht nur als Geldgeber, sondern gestalteten aktiv die Unterrichtsinhalte mit. Auch dies verdeutlicht die hohe Wertschätzung, die der Vermittlung von kulturellem Kapital seitens der Väter beigemessen wurde. Während die Väter die frühen Lebensphasen ihrer Kinder aktiv mitgestalten konnten, war im Hinblick auf die spätere Versorgung vorausschauendes, mit der Familie abgestimmtes Handeln vonnöten. Abgesehen von arrangierten Eheschließungen, die vornehmlich den Töchtern einen Lebensstandard entsprechend ihres Standes gewährleisten sollten, boten andere getroffene Maßnahmen wie regelmäßige finanzielle Zulagen, aber auch Güterübertragungen und testamentarische Verfügungen der restlichen Herzogsfamilie ein gewisses Angriffspotential; auch wenn zu unterstreichen ist, dass die Herzogsfamilie, abgesehen von Zeiten starker innerfamiliärer Kon-

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flikte im Zuge der Reichsexekution, weitgehend die finanziellen Verpflichtungen respektierte und versuchte, diesen nachzukommen. So begünstigte eine allgemeinhin herrschende Harmonie innerhalb der Herzogsfamilie die natürlichen Kinder, da sie durch das extreme einseitige Abhängigkeitsverhältnis ansonsten nur begrenzte Handlungsspielräume besaßen, um ihre Forderungen zu bekräftigen. Selbst bei schriftlich fixierten Ansprüchen, durch Gerichte legitimiert, stellte sich die Problematik, dieses Recht auch durchzusetzen. Ein Handeln gegen den Vater oder die fürstliche Familie versprach nur dann Erfolg, wenn die Kinder von außenpolitischen Querelen profitieren konnten – in diesem Fall war ihnen die Unterstützung äußerer Mächte sicher. Die Durchsetzung der Übertragung von ökonomischem Kapital – sei es freiwillig oder erzwungen  – spielte eine wichtige Rolle bei der offiziellen Anerkennung. Schließlich war eine Erwähnung im Testament gleichbedeutend mit einer Legitimierung. Dabei beruhte der Akt alleine auf der väterlichen Gunst und stellte kein einklagbares Recht dar. Ohnehin stand nur der Allodialbesitz bei der Versorgung zur Verfügung. Aber selbst hier konnte nicht auf ein Pflichtteil spekuliert werden. Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert war für die natürlichen Söhne von Mecklenburg eine gewisse Dienstzeit beim Militär, vornehmlich im mecklenburgischen Heer, obligatorisch. Damit schlugen sie eine Laufbahn ein, die nicht nur bei den natürlichen Söhnen anderer Landesherrn zu beobachten ist, sondern der Gewohnheit des Adels entsprach. Gleichfalls wurde damit eine traditionelle Verbindungslinie zu den militärisch äußerst aktiven und erfolgreichen Bastarden des Spätmittelalters geschlossen. Allerdings dienten die natürlichen Söhne nicht mehr lebenslang. Beim Rückzug ins zivile Leben kristallisierte sich als Ziel die Etablierung mit einem eigenen Rittergut in heimischen Gefilden heraus, auch wenn sie teilweise noch Aufgaben in der Landesverwaltung oder Hofdienste übernahmen. Ihre Lebensgrundlage bezogen sie dem adligen Selbstverständnis nach aber aus ihrem Grundbesitz. Im Gegensatz dazu mussten die natürlichen Söhne von Herzog Friedrich Franz I. ihren Unterhalt verdienen. Der mit einem hohen sozialen Prestige belegte Offiziersdienst kam nur noch im Ausnahmefall in Frage. Stattdessen befanden sich auffällig viele Söhne im Staatsdienst, besonders als Förster. Der Dienst in der Forstverwaltung nahm eine „Zwitterstellung“ ein, bot er doch nicht nur gut ausgebildeten Bürgersöhnen, sondern auch Adelsgenossen gleichermaßen eine Beschäftigungsmöglichkeit. Dies verdeutlicht, dass der Vater seinen Söhnen, auch wenn sie nicht mehr zum Adel gehörten, eine zumindest dem adligen Stand entsprechende akzeptable Beschäftigung verschaffte. Ihre Nichtadligkeit ließ sich bereits am Namen ablesen. Die vorherigen Generationen unehelicher Kinder hießen durchweg von Mecklenburg, solange sie nicht den Namen eines Stiefvaters angenommen hatten. Bei den Kindern von Friedrich Franz I. entfiel das von, nur der Name Mecklenburg blieb bestehen. Die eindeutige Landeszuordnung durch die Namensgebung kam einem öffentlichen Bekenntnis der Vaterschaft gleich. Sowohl im deutschsprachigen Raum als auch im europäischen Kontext

270 Resümee war dies keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Genauso wie mit der Wahl der Vornamen, die häufig den väterlichen Namen mit aufgriffen, wurden familiäre Verbindungslinien geschaffen, die eine wichtige Rolle im Selbstverständnis der Kinder spielten. Der kleine Namenszusatz, dem doch eine so große gesellschaftliche Funktion zukam, wurde in keinem Fall offiziell verliehen. Ohnehin besaßen theoretisch nur der Kaiser oder von ihm autorisierte Personen das Recht, jemanden in den Adelsstand zu erheben. Aber auch diese Instanzen wurden nicht eingeschaltet. Inwieweit dies in den deutschen Territorien, aber auch europaweit im Umgang mit dem unehelichen Fürstennachwuchs gängige Praxis war, müssen weitere Studien belegen. Das Beispiel Mecklenburg zeigt deutlich den einsetzenden Automatismus. Sobald sich der herzogliche Vater intensiv um seine Kinder kümmerte, sie mit dem nötigen kulturellen und ökonomischen Kapital ausstattete, galten sie als adlig. Solange ein adelstypischer Lebensstil gewährleistet war, gab es keine Diskussion über die Standeszugehörigkeit. Jedoch stellte dies bei weitem kein Spezifikum im Umgang mit unehelichen Fürstensöhnen dar, sondern entsprach durchaus einer gängigen Praxis in den frühneuzeitlichen Territorien des Alten Reiches. Der Rang des Vaters oder ihrer ehelich gezeugten Halbgeschwister lag selbstverständlich außerhalb dieser informellen Standeserhebung, dafür hätte es, wie im Falle Frankreichs, königlicher Edikte bedurft. Auf gleichen informellen Wegen eigneten sich die mecklenburgischen Bastarde ihre Wappen an. Dabei übernahmen sie, ohne dass ihnen offiziell das Recht dazu verliehen wurde, Teile des mecklenburgischen Wappens. Der, durch keinen, vor allem in Westeuropa üblichen Bastardfaden gekennzeichnet und nur partiell durch Beizeichen modifiziert, signalisierte ebenso wie der Name nach außen den ungezwungenen Umgang des Herzogshauses mit seiner illegitimen Verwandtschaft. Auch dies änderte sich bis zum neunzehnten Jahrhundert. Diejenigen Kinder von Herzog Friedrich Franz I., die dem Adelsstand zugeordnet wurden, trugen Wappen, die jedoch keine Rückschlüsse auf Mecklenburg zuließen. Dem Großteil aber blieb selbst das verwehrt. Seine Bastarde besaßen kein ausreichendes ökonomisches und kulturelles Kapital, um einen adelsspezifischen Lebensstil anzunehmen. Allerdings hätte selbst die Bereitstellung des Kapitals für einen adligen Lebensstandard allein wohl nicht mehr funktioniert, da das Adelscorpus aufgrund seines Kampfes ums „Obenbleiben“ deutliche Abschließungstendenzen erkennen ließ. Für seine zwei Töchter galt dieses wegen ihres Geschlechts nur bedingt, aber um eine offizielle Standeserhebung seines Sohnes Mecklenburg von Kleeburg zu erwirken, musste sich der Herzog an den habsburgischen Kaiser wenden. Die Standesdifferenzen zwischen den natürlichen Kindern des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts und denen des neunzehnten Jahrhunderts schlugen sich gleichfalls in ihrem sozialen Kapital nieder, wie ihre Integration in den heimischen Adel belegt. Einen deutlichen Indikator bieten die Heiratsbeziehungen.

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Die Heiratspartner der von Mecklenburg entstammten fast durchweg den angesehensten alteingeborenen Adelsfamilien Mecklenburgs, auch wenn das Bild bei den Töchtern stärker variierte. Dies spricht für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz der natürlichen Kinder. Dazu passt, dass die ansonsten sehr auf ihre Vorrechte fixierte „engere“ Ritterschaft bereitwillig die Familie von Mecklenburg in ihrem Kreis willkommen hieß, obwohl sie die formalen Voraussetzungen nur bedingt erfüllte. Durch die Aufnahme in die „engere“ Ritterschaft bekamen sie ihre Stiftsfähigkeit bescheinigt, obwohl das aufgrund des mit Makeln behafteten Stammbaumes eigentlich nicht erlaubt gewesen wäre. In der aufkommenden Diskussion siegte eindeutig die ihnen bescheinigte Tugend über das „unreine Blut“. Dagegen ist für die natürlichen Kinder des neunzehnten Jahrhunderts keine Verbindung mehr zwischen ihnen und dem alteingeborenen Adel zu konstatieren. Selbst bei dem als adlig geltenden Nachwuchs wurden Heiratsarrangements nur noch mit auswärtigen Familien getroffen, ganz zu schweigen von den bürgerlichen Mecklenburgs, die ihre Ehepartner aus den eigenen, ihren beruflichen Umfeldern entsprechenden Kreisen rekrutierten. Durch das Auseinanderdriften der Lebenswelten gingen die gemeinsamen Ansatzpunkte verloren. Bei den Kindern, die durch ihren ungehinderten Hofzugang weiterhin mit der gesellschaftlichen Elite regelmäßig verkehrten, trug wohl der Nichtbesitz von Grund und Boden ein Übriges zur Separierung vom alten Adel bei. Allerdings war zu keinem Zeitpunkt eine wie auch immer geartete Stigmatisierung nachzuweisen, der Nimbus des herzoglichen Vaters schützte sie davor, selbst als sie nicht mehr dem adligen Stand angehörten. Letztendlich entschied der Kapitalzugang über ihre Lebenschancen, auch wenn deutlich wurde, dass vor dem neunzehnten Jahrhundert der soziale Aufstieg für die Kinder leichter vonstattenging. Die väterliche Unterstützung erhob sie quasi sofort in den Adelsstand, wohingegen später formalisierte Schritte zumindest bei den Söhnen nötig wurden. Doch bleibt zu unterstreichen, dass zu keiner Zeit und unter keinen Umständen die Kinder zu Bastarden im pejorativen Sinne herabsanken. Die Vermutung ist berechtigt, dass auch in den anderen deutschen Territorien, unter Umständen sogar innerhalb von Europa, die für Mecklenburg herausgestellten Befunde Gültigkeit haben. Allerdings sind aufgrund der Vielschichtigkeit europäischer Adelslandschaften weitere, systematisch angelegte Studien vonnöten, um nachzuweisen, dass auch außerhalb der Landesgrenzen die natürlichen Kinder der Fürsten in der Frühen Neuzeit von ihren Vätern hoch geschätzt und von der Gesellschaft weithin akzeptiert waren.

8 Anhang 8.1 Kurzbiografien der natürlichen Kinder der mecklenburgischen Herzöge von 1600 bis 1830 Herzog Carl I. (1540–1610) Der erst spät zur Regierung gekommene Herzog Carl I. zeugte zusammen mit seiner Haushälterin Anna Deelen vier Kinder, die das Erwachsenenalter erreichten. Genaue Geburtsdaten liegen nicht vor. Einem jeden Sohn vermachte er in seinem Testament fünftausend Gulden, zusätzlich zu einem Haus in Neubrandenburg, das sie sich teilen sollten. Die Töchter erhielten viertausend Gulden. Die älteste Tochter Margarethe von Mecklenburg ehelichte im Jahre 1605 Sievert von Plessen, der das Amt Broda in Pension erhalten hatte. Die Ehe währte nicht lange. Bereits 1613 starb ihr Ehemann. Sie heiratete nicht wieder und bewirtschaftete das Lehnsgut Broke selbstständig. Sie verstarb vor 1665 und hinterließ nachweislich eine Tochter (Sophia Elisabeth von Plessen). Carl Jürgen von Mecklenburg erhielt bereits 1599 eine Exspektanz auf eine Kanonikatsstelle in Ratzeburg. Ab 1601 wurde er zusammen mit seinem Bruder durch den Mirower Pastor Johann Andreas unterrichtet. Zusätzlich begleitete er 1605 die herzoglichen Brüder Adolf Friedrich und Johann Albrecht auf deren Peregrination bis nach Straßburg. Später studierte er in Rostock. Während seiner fast fünfzigjährigen Anwartschaft auf den Platz in Ratzeburg geriet er in arge finanzielle Bedrängnis, weil wegen des Dreißigjährigen Krieges die Zinszahlungen seines Erbes ausblieben. Daher lebte er in den 1630er Jahren lange Zeit bei seiner älteren Schwester. Erst 1646 konnte er die Kanonikatsstelle antreten, die er bis zu seinem Tod 1657 innehatte. Die Kindheit von Albrecht von Mecklenburg verlief ähnlich der seines älteren Bruders. Allerdings war er für die Reise nach Straßburg wohl noch zu jung. Er engagierte sich in Kriegsdiensten. Anfang der 1620er Jahre diente er in fremden Truppen, 1625 im Rang eines Leutnants im mecklenburgischen Heer. Im Anschluss an seine Militärzeit ehelichte er um 1628 die Witwe von Levin von Stralendorff, eine geborene von Barner. Dadurch gelangte er in den Besitz des Gutes Schlieven. Sein Todesjahr ist nicht bekannt, er starb aber vor 1650, ohne eigene Kinder zu hinterlassen. Die jüngste Tochter hieß Anna Sophia von Mecklenburg. Ihre Mutter verstarb bald nach der Geburt und Herzogin Sophie nahm sich ihrer an. Im Jahre 1608 brachte sie das Mädchen zur Erziehung im Kloster Rühn unter, später im Kloster Preetz in Holstein, wo sie bis 1617 blieb. Auf Wunsch von Herzog Adolf Friedrich wurde 1624 eine Ehe mit seinem langjährigen Kammerdiener Joseph Bernard arrangiert. Die Mitgift betrug eintausendachthundert Reichstaler. Zudem wurde der Mann zum Amtmann von Bukow bestallt. Mindestens ein Sohn, Christian Bernard, entsprang dieser Ehe. Der Ehemann verstarb um 1638. Ob Anna Sophia zu dieser Zeit noch lebte, ist unklar.

Kurzbiografien

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Herzog Johann Albrecht II. (1590–1636) Johann Albrecht hatte nachweislich zwei uneheliche Kinder. Über seine Tochter Maria von Mecklenburg existieren nur spärliche Informationen. 1632 heiratete sie Lorenz Rochaut, vormals Küchenmeister zu Strelitz, ab 1634 dortiger Stadtvogt. Rechtsstreitigkeiten über den Brautschatz im Wert von zweitausend Reichstalern zogen sich über viele Jahrzehnte hin. Vier Kinder wurden in dieser Ehe geboren. Die letztmalige Erwähnung in einem Schriftstück im Archiv erfolgte im Februar 1663. Georg von Mecklenburg stammte aus einer Beziehung des Herzogs mit einem adligen Fräulein um 1620. In seinem Testament bedachte er seinen Sohn mit zweitausend Reichstalern. Während seiner Jugendzeit wartete Georg seinem Onkel Herzog Adolf Friedrich als Page auf. Im Anschluss folgten einige Jahre Militärdienst außerhalb des Landes. Von 1644 bis 1646 begleitete er Herzog Karl auf dessen Kavalierstour nach Frankreich, wo Georg einige Zeit alleine in Saumur verweilte. Im Anschluss an diese Bildungsreise trat er seinem Wunsch gemäß in höfische Dienste. 1646 erhielt er die Bestallung zum Kammerjunker. Nach der Regierungsübernahme seines Halbbruders Herzog Gustav Adolf 1654 wurde er zum Rat und Hauptmann des Amtes Stargard ernannt. In den gleichen Zeitraum fiel seine Heirat mit der Güstrower Hofmeisterin Catharina Dorothea von Halberstadt. Die Ehe blieb kinderlos, nicht aber die zweite Ehe mit Margaretha Hedwig von Lowtzow, Oberhofmeisterin zu Dargun. Vier Töchter wurden geboren: Eleonore Maria, Maria Sybilla, Gustava Magdalena und Sophie Hedwig von Mecklenburg. Georg von Mecklenburg erhielt die Konzession, dass seine Töchter das Gut Teschow, das er seit 1667 als Lehnsgut besaß, erben dürfen. Er verstarb am 31. Mai 1675.

Herzog Gustav Adolf (1633–1695) Herzog Gustav Adolf hatte nachweislich eine Tochter, die Christine von Mecklenburg hieß. Sie wurde mit einem späteren königlich-dänischen Rittmeister verheiratet, weshalb sie wohl längere Zeit in Flensburg lebte. Zu ihrem Unterhalt belegte der Vater 1679 das mecklenburgische Gut Panzow mit neuntausend Reichstalern, doch wurde ihr erst 1749 die Hälfte des Wertes überlassen.

Herzog Friedrich (1638–1688) Um 1665 zeugte Herzog Friedrich zu Grabow Maria Elisabeth von Mecklenburg. Sie wurde mit einem Kammerrat Schultz verheiratet, ihr Bruder Herzog Friedrich Wilhelm sorgte für die Auszahlung ihrer Brautschatzgelder. Sie lebte noch 1731 im Stand einer Witwe.

Herzog Friedrich Wilhelm (1675–1713) Die ältesten natürlichen Söhne von Herzog Friedrich Wilhelm hießen Friedrich Wilhelm von Mecklenburg (geboren um 1693) und Carl Ludwig von Mecklenburg (gebo-

274 Anhang ren um 1694), genannt Gebrüder von Mecklenburg. Obwohl von unterschiedlichen Müttern abstammend – der ältere mit Sophia Wedemann, der jüngere mit Sophia Magdalena von Plüskow gezeugt –, wurden sie zusammen aufgezogen und im väterlichen Testament mit jeweils fünfzigtausend Reichstalern bedacht. Ab 1703 erhielten sie Unterricht durch den Hofmeister Johann Friedrich Thielcke, zuerst in Rostock, später auch in Paris, wo sie ihre adlige Standesausbildung abschlossen. Anschließend traten sie dem mecklenburgischen Militär bei, wo sie auch nach dem Tod des Vaters weiter dienten. Im Jahre 1719 avancierte Friedrich Wilhelm zum Oberst im Dragonerregiment Vitingshoff, sein Bruder hatte 1717 den Rang eines Obristleutnants im Infanterieregiment von Kahlden inne. Probleme bei den Zinszahlungen ihres Erbes führten zum Bruch mit dem regierenden Herzog Carl Leopold. Es folgten der eigenmächtige Austritt aus dem Militär und eine Klage vor dem Reichshofrat in Wien, die sich bis Mitte der 1730er Jahre hinzog. Als Gegenleistung für ihr Erbe bekamen sie Landgüter zugesprochen. Erst 1736 übernahmen Friedrich Wilhelm Boldebuck und Gülzow sowie Carl Ludwig Zibühl, Karcheez und Lübzin. Als Gutsbesitzer konnten sie das Wismarer Exil zusammen mit ihren Familien verlassen. Beide hatten in den mecklenburgischen Adel eingeheiratet: Friedrich Wilhelm ehelichte 1724 Sophia Charlotte von Bergholtz (1705–1742), Carl Ludwig im selben Jahr Magdalena Louisa von Moltzahn (1695–1732) und nach deren Tod Wilhelmine Juliane von Plessen (1703–1779). Nur wenige Jahre nach Übernahme seiner Güter verstarb Friedrich Wilhelm. Er wurde in der Kirche zu Parum beigesetzt. Sein Bruder, der zuvor noch den Titel eines Geheimen Rates erhalten hatte, verstarb 1752. Beide hinterließen eine große Anzahl an Kindern. Den 1700 geborenen Sohn Friedrich Wilhelm Streit zeugte der Herzog mit seiner Mätresse Agnese Säbel, die er in Hamburg kennen gelernt hatte. Noch im schwangeren Zustand verheiratete er sie mit seinem Kammerdiener Thomas Streit, der den Jungen als den Seinigen annahm. Als Anreiz bekam dieser den Titel eines Oberkammerdieners und das Amt eines Kriegskommissars übertragen. Als Aussteuer wurden sechstausend Reichstaler festgelegt mit dem Versprechen, später noch einmal viertausend Reichstaler auszuzahlen. Im Jahre 1727 diente Friedrich Wilhelm Streit als Fähnrich im mecklenburgischen Heer. Exekutionstruppen nahmen ihn um 1737 gefangen, doch ließen sie ihn frei, nachdem er schwor, nicht weiter Partei für Carl Leopold zu ergreifen. Er verstarb zwischen 1760 und 1764. Seine älteste Tochter hieß Friederica Wilhelmina von Mecklenburg. Sie wurde am 7. September 1702 bei Boizenburg geboren. Obwohl sie später Zweifel äußerte, war ihre Mutter aller Wahrscheinlichkeit nach Johanna Schwan. Unmittelbar nach der Geburt nahm sie Frau Hauptmann von Bülow in Rehna bei sich auf. Als sie ein Alter erreichte, um Unterricht zu erhalten, zog sie nach Hamburg zu dem Kammerdiener du Jean. Rund eineinhalb Jahre vor seinem Tod holte der Vater sie an den Schweriner Hof. 1719 veranlasste ihr Onkel Herzog Carl Leopold die Heirat mit dem Geheimen Rat Hermann Christian von Wolffradt, wofür er einen Brautschatz von dreizehntausend Reichstalern zur Verfügung stellte. Vermutlich unterhielt sie bereits zu diesem

Kurzbiografien

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Zeitpunkt sexuelle Kontakte zu ihrem Onkel. Spätestens seit dessen Flucht 1721 nach Danzig galt sie als die offizielle Mätresse des Herzogs, der bald darauf ihren Ehemann wegen einer angeblichen Verschwörung hinrichten ließ. Sie lebte die nächsten Jahre an seiner Seite. Zusammen hatten sie mindestens einen Sohn, wahrscheinlich aber eher mehr Kinder, die alle im Kindesalter starben. Die Wege des Herzogs und Friederica Wilhelminas trennten sich erst nach dem Wismarer Exil um 1736. Sie verstarb als Witwe von Wolffradt am 2. Juli 1748. Seine andere Tochter Friederica Louisa von Mecklenburg zeugte der Herzog wohl 1703 mit Olga Benedicta von Buchwald, die mit dem Hofmarschall Melchior von Bergholtz verheiratet wurde, der das Mädchen als sein eigenes Kind aufzog. Insgesamt zehntausend Reichstaler bekam die Familie von Bergholtz von Herzog Friedrich Wilhelm zugesprochen, auch bedachte er den Hofmarschall nochmals mit achttausend Reichstalern in seinem Testament. Im Jahre 1721 musste die Familie wegen Auseinandersetzungen mit Herzog Carl Leopold von Schwerin nach Wismar fliehen, wo Friederica Louisa 1724 den schwedischen Offizier Erasmus Heinrich Schneider von Weissmantel ehelichte. Mehrere Kinder entsprangen dieser Ehe. Sie verstarb zwischen 1738 und 1748. Ebenfalls 1703 wurde ein weiterer Sohn mit Namen Friedrich Wilhelm (Leetzen?) geboren. Er wuchs bei seiner Mutter Ilsabe Leetzen auf und diente 1730 als Freiwilliger in der königlich-dänischen Grenadiergarde. Da seine Mutter nicht über ausreichend Mittel verfügte, eine Offiziersstelle zu finanzieren, bat sie um Anstellung ihres Sohnes am herzoglichen Hof oder beim Militär. Auch über Carl Christian von Mecklenburg existieren kaum Informationen. Die Mutter soll eine gewisse Neudorff gewesen sein. Er wuchs nach dem Tod seines Stiefvaters in ärmlichen Verhältnissen auf und wandte sich 1715 mit der Bitte um Unterstützung an Herzog Carl Leopold.

Herzog Carl Leopold (1678–1747) Herzog Carl Leopold hatte mehrere natürliche Kinder. 1713, bei der Überschreibung des Gutes Toitenwinkel auf deren Mutter Margarethe Dorothea Gretler, fanden Christina Maria von Mecklenburg, Louisa Charlotte von Mecklenburg, Carl von Mecklenburg und Magdalena Sophie von Mecklenburg Erwähnung. Während Carl und Magdalena Sophie wohl bald darauf verstarben, kam noch die Tochter Juliana von Mecklenburg hinzu, die zusammen mit ihren beiden Schwestern Christina Maria und Louisa Charlotte Fräulein von Mecklenburg genannt wurde. Die drei Mädchen wuchsen gemeinsam bei einem Fräulein Wendessen auf dem Bauhof Doberan auf. Während dieser Zeit erhielten sie eintausendfünfhundert Reichstaler zu ihrem Unterhalt aus der Exekutionskasse. Im Jahre 1730 holte sie ihr Vater zu sich an den Schweriner Hof, wodurch sie ihre Unterhaltszahlungen verloren. Zusammen mit dem Herzog gingen sie 1735 in das Wismarer Exil. Doch entflohen sie im Jahr darauf der herzoglichen Obhut. Nach dem Bruch mit Herzog Carl Leopold, der sie öffentlich verleugnete, wandten sie sich hilfesuchend an den Kaiser. Er bestätigte den Schwestern ihren vor-

276 Anhang maligen Unterhalt. 1738 verstarb Christina Maria in Wismar. Trotz kaiserlichen Beschlusses folgten in den nächsten Jahrzehnten Alimentationsstreitigkeiten mit dem jeweils regierenden Herzog, die vor dem Reichshofrat ausgefochten wurden. Louisa Charlotte blieb unverheiratet. Juliana ehelichte zuerst den in fürstlich schwarzburgischen Diensten stehenden Hauptmann Otto Detlev von Plessen (1709–1749), eine zweite Ehe schloss sie 1753 mit dem Hauptmann August von Stralendorff (1706– 1776) auf Gamehl. Ebenso wie ihre unverheiratete Schwester, die 1779 verstarb, hinterließ sie keine Kinder. Ihr Testament verfasste sie 1793 in Wismar. Mit seiner Mätresse Friederica Wilhelmina von Wolffradt zeugte Herzog Carl Leopold aller Wahrscheinlichkeit nach zwei Jungen. Carl Leopold von Wolffradt wurde um 1720 noch während der Ehe seiner Mutter mit dem Geheimen Rat und Kanzler von Wolffradt geboren, so dass die Vaterschaft nicht einwandfrei festzustellen ist. Als junger Mann erhielt er Unterricht durch den Informator Carl Christian Engel in Wismar, doch verstarb er bereits im August 1736. Ausdrücklich wünschte sich seine Mutter in ihrem Testament, neben dem ältesten Sohn begraben zu werden. Aufgrund dieser Formulierung ist von mehreren Söhnen auszugehen. Die Position des jüngeren Bruders nahm Immanuel Leopold von Mecklenburg ein, der Anfang der 1730er Jahre als „junger Herr“ im Kirchenbuch der Schweriner Schlosskirche Eintrag fand. Weitere Informationen liegen nicht vor, so dass von einem frühzeitigen Tod auszugehen ist. Ein weiterer Sohn Carl Leopolds war August Hinrich Brockmöler, der 1740 zu seinem Vater nach Dömitz reiste. Der um 1714 geborene August Hinrich diente in den 1730er Jahren als Kammerherr bei seinem Vater, ehe er von den Exekutionstruppen in Haft genommen wurde. Über das Kind N. N., welches er mit Catharina Elisabeth Offcins (?) gezeugt hatte und die sich 1742 hilfesuchend an ihn wandte, sind keine weiteren Aussagen möglich.

Herzog Friedrich Franz I. (1756–1837) Die meisten natürlichen Kinder zeugte Herzog Friedrich Franz I. Seine älteste natürliche Tochter Maria Peltz, geborene Schröder, kam 1787 in Kavelstorff zur Welt. Sie wuchs bei ihrem Stiefvater Johann Heinrich Schröder in Rühn auf. Mit ihrem Ehemann Heinrich Peltz zeugte sie fünf Kinder, die allesamt in Rühn geboren wurden. Der älteste Sohn Franz Peltz wurde 1808 entbunden. Die Ehe kriselte, so dass 1824 eine Separation des Ehepaares beschlossen wurde. Da in den folgenden sechs Jahren keine Versöhnung erfolgte, kam es 1831 zur endgültigen Trennung. Maria Peltz bewirtschaftete selbstständig den Bauhof Rühn, dessen Pachtverlängerung sie bis 1850 erwirkte. Zwei natürliche Söhne des Herzogs kamen 1788 zur Welt. Der ältere von beiden, Friedrich Johann Christian Mecklenburg, gerufen Friedrich Mecklenburg, wurde am 7. Februar geboren, der jüngere Friedrich Wilhelm Adolf Mecklenburg, genannt Franz Mecklenburg, am 24. September 1788. Beide Mütter, Maria Christina Klockow, verehelichte Krieg, sowie Friederica Schulz, verehelichte Schmidt beziehungsweise Isebarn, spielten im Leben der Jungen nur eine untergeordnete Rolle, da die Halbbrü-

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der seit 1789 zusammen beim Kabinettskopisten Boldt in Ludwigslust aufwuchsen. Nach der gemeinsamen Schulzeit trennten sich vorläufig ihre Wege. Friedrich Mecklenburg ging ab 1803 beim Oberförster Lohse in die Lehre, Franz Mecklenburg beim Oberförster Weidemann in Wredenhagen. Doch bereits 1808 studierten beide wieder zusammen die Forstwissenschaften in Zillbach. Nach Ende ihres Studiums und der Rückkehr nach Mecklenburg mussten sie auf eine Anstellung mangels freier Plätze warten. 1813 übte Friedrich Mecklenburg das Amt eines Forstadministrators aus, im Jahr darauf wurde er zum Oberförster in Zickhusen berufen, 1819 zum Forstinspektor. Das Amt führte er bis zu seinem Tod 1849 aus. 1818 hatte er Agnes Ladiges geheiratet und mit ihr insgesamt fünf Kinder gezeugt. Sein Bruder Franz Mecklenburg musste länger auf seine Oberförsterstelle warten. Von 1814 bis 1816 diente er als Förster in Wabel, ehe er die dortige Oberförsterstelle 1817 übernehmen konnte. In erster Ehe zeugte er mit seiner seit 1813 angetrauten Gattin, einer geborenen Isebein, neun Kinder. Nach deren frühzeitigem Tod heiratete er eine geborene Metelmann, die ihm zwei Kinder gebar. Die Versorgung seiner Vielzahl von Kindern bescherte ihm erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Er behielt seine Oberförsterstelle in Wabel lebenslang. Sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum wurde im Schweriner Schloss gefeiert. Er verstarb am 21. Oktober 1866. 1789 wurde Friedrich Franz Adolph Kentzler, genannt Fritz Kentzler, geboren. Als Vater fungierte von Anfang an offiziell der spätere Postmeister in Lübtheen Friedrich Adolph Kentzler. Fritz Kentzler wuchs bei seinem Stiefvater und seiner Mutter Anna Martha Kentzler, geborene Schomm, vornehmlich in Ludwigslust auf. Um 1816 ging er als Postrat nach Wismar. Kurz zuvor hatte er sich mit Friederika Franziska von Pressentin vermählt (1795–1847). Eine Beförderung auf eine Stelle in Lübtheen lehnte er 1824 ab, da er bevorzugte, bei höheren Bezügen in Wismar zu bleiben. Allerdings verstarb er, mehrere Kinder hinterlassend, noch im selben Jahr. Friedrich Johann Ernst Mecklenburg, der spätere Mecklenburg von Kleeburg, wurde am 23. Januar 1790 in Güritz bei Grabow geboren. Sowohl seine Mutter Margarethe Elisabeth Bojanowsky, die im Jahr der Geburt den Jäger Zarnow heiratete und fortan in Carleput lebte, als auch Herzog Friedrich Franz I. sind im Kirchenbuch als Eltern aufgeführt. Der Junge wuchs bei seinem Großvater auf, dem Stallbedienten Johann Heinrich Bojanowsky, der in der Gunst des Herzogs stand. Eine wichtige Rolle spielte auch die Geliebte des Herzogs, Louisa Friederica Saal, die er als Stiefmutter und ihre Töchter als Schwestern titulierte. Nach seinem Besuch der Domschule in Schwerin trat er 1808 in das österreichische Heer ein und beteiligte sich folglich am Kampf gegen Napoleon. Seine Karriere verlief zügig. Im ersten Jahr erhielt er sein Leutnantspatent, wurde bald Oberleutnant und dann Rittmeister. Zur Würdigung seines Einsatzes im Kampf gegen Napoleon erhielt er neben dem Orden Pour le Mérite vor allem seine Erhebung in den österreichischen Adelsstand; ein Vorgang, den sein Vater wohlwollend begleitete. Als weitere Beförderungen in der österreichischen Armee aufgrund seines unzureichenden Kapitalzugangs nicht mehr möglich waren, trat er 1816 in preußische Dienste. Dort diente er von 1817 bis 1821 als

278 Anhang Kommandant einer Eskadron im Gardehusarenregiment. 1821 nahm er seinen Abschied. Zusammen mit seiner Frau Aurora Emilie Charlotte Freiin von Strachwitz, die er 1819 geheiratet hatte, kehrte er in die Heimat zurück, wo er bis 1846 seinen Dienst versah und in den Rang eines Obersts (1841) aufstieg. 1864 verstarb Mecklenburg von Kleeburg als Generalmajor in Ludwigslust. Er hinterließ eine Tochter. Über Friederika Franziska Stein, adoptierte Suhr, liegen kaum Informationen vor. Ihre Mutter Louise Tegern erhielt 1790 bei der Geburt eintausend Reichstaler Kapital sowie eine finanzielle Unterstützung zur Einrichtung. Sie ehelichte den Jäger Suhr, der ihre Tochter als sein eigenes Kind anerkannte, woraufhin er noch im selben Jahr eine Oberförsterstelle bekam. 1842 lebte Friederika Franziska kränklich mit ihrem arbeitsunfähigen Ehemann, einem Tischler, in Hornsraten. Louisa Friederica Saal hatte mit dem Herzog zwei Töchter: Louise Friederica Charlotte von Kleinow (1793–1839) und Friederike Louise Charlotte von Kleinow (1794– 1849). Sie wuchsen zusammen mit ihrem Halbbruder Friedrich Mecklenburg (von Kleeburg) bei ihrer Mutter in Ludwigslust auf. Für ihre gesellschaftliche Erziehung verließen sie die mütterliche Heimstatt. Nach einer kurzzeitigen Unterbringung von Louise beim Hofrat Matthias Lange 1807 lebten beide Schwestern gemeinsam ab 1809 bei der Familie von Wickede, zuerst in Schlagendorf, später in Rostock. Am 12. Mai 1815 heiratete Louise von Kleinow den Gardekapitän Louis du Trossel, der in väterlichen Diensten stand. Das Jahr darauf ging auch Friederike mit dem Baron Friedrich Bernhard Hanasch von Wenckestern den Bund der Ehe ein. Sie folgte ihrem Mann nach Neustrelitz, wo sie, nachdem sie neun Kindern das Leben geschenkt hatte, 1849 verstarb. Trotz der vier gemeinsamen Kinder verlief die Ehe zwischen Louise und du Trossel weniger harmonisch. Im Jahre 1826 trennte sich das Paar kurzzeitig, doch gingen sie 1832 gemeinsam nach Rostock, wo du Trossel den Posten des Kommandanten ausübte. Johann Friedrich Mecklenburg ist einer der wenigen Kinder, die vor dem herzoglichen Vater starben. 1796 wurde er geboren. Die Jugendjahre verbrachte er wohl bei seiner Mutter Maria Deters in Woosmar, wo er 1808 bei der Witwe Steinhoff Unterricht erhielt. 1811 gingen sie nach Altenheide. Zwischen 1816 und 1818 setzte er seine Studien bei einem Konencke in Rostock fort. Ab 1818 lernte er beim Oberförster Leubert, ehe er zusammen mit seinem Bruder Franz Mecklenburg (späterer Forstrevisor) nach Tharant ging, um dort die Forstwissenschaften zu studieren. Nach seiner Rückkehr kam er bei seinem Bruder, dem Oberförster Mecklenburg in Wabel unter, wo er 1826 verstarb. 1802 wurde ein Sohn des Herzogs auf den Namen Franz Ernst Ludwig Johann Mecklenburg (Franz Mecklenburg) in Doberan getauft. Er wuchs bei seiner Mutter Maria Waack auf. Ab 1812 lebte er von ihr getrennt und erhielt an eben jenem Ort auch Unterricht. Ab 1817 war er beim Oberförster Leubert in der Lehre als Forstund Jagdeleve. 1820 ging er mit seinem Bruder Fritz Mecklenburg nach Tharant, um dort Forstwissenschaften zu studieren. Nach seiner Rückkehr lebte er einige Zeit bei seinem Bruder, dem Forstinspektor in Zickhusen. Ab Mitte der 1820er Jahre übte er

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die Tätigkeit eines Forstrevisors in Schwerin aus, spätestens ab 1838 dann als Revisor im Vorstand. 1882 verstarb er in Schwerin. Am 1. August 1808 wurde Friedrich Franz Mecklenburg geboren. Seine Mutter, die verehelichte Madame Frey, vormals Viereck, zog mit dem Jungen und ihrem Ehemann 1812 nach Gadebusch, wo der Stiefvater den Posten eines Registrators innehatte. 1825 weilte er als Obersekundaner am Fridericianum in Schwerin. Nach dem Ende seiner Schullaufbahn ging er 1828 mit Unterstützung des Großherzogs zum Jurastudium nach Heidelberg. Allerdings musste er die Stadt wenige Monate später aufgrund seiner Teilnahme an den dortigen Unruhen verlassen. Er führte seine Studien erst in Rostock, dann in Göttingen weiter und beendete diese dort. Sodann folgte er dem beruflichen Weg seines Stiefvaters. 1831 trat er die Stelle des Amtsauditors in Gadebusch an, 1834 erhielt er eine Beförderung und Versetzung nach Bützow. Trotz anfänglicher Bedenken erlaubte ihm 1836 der Großherzog, sich zu verheiraten. Zudem kam er in den Genuss der Zusicherung einer lebenslänglichen Zulage von vierhundert Reichstalern. 1840 diente er als ältester dritter Beamter in Goldberg, 1848 wurde er zum Amtmann befördert. 1870 trug er den Titel eines Landdrosten, als ihm der preußische Kronenorden dritter Klasse verliehen wurde. Er verstarb nach 1878. Seine Tochter Louise Mecklenburg wurde nur acht Jahre alt. Ihre Mutter Agnes Döring lebte mit ihr seit 1812 in Dresden, wo sie eine finanzielle Zulage von jährlich fünfhundert Reichstalern erhielt. Als die Mutter 1814 starb, wurde der Bitte der Großmutter Christina Sophia Döring, das Kind bei sich behalten zu dürfen, stattgegeben. Allerdings verschied das Mädchen bereits 1818. Aussagen zu Marianne Ehrcke, geborene Lettow, sind kaum möglich. Eine Notiz von Herzog Friedrich Franz I. datiert den Geburtstag auf den 25. Mai 1812. Im Jahre 1833 heiratete sie den Postsekretär Ehrcke, der das Jahr darauf zum Postmeister in Doberan befördert wurde. Zwei Kinder wurden geboren, bis es 1835 zu Ehestreitigkeiten kam, doch versöhnte sich das Paar. Marianne Ehrcke bekam eine jährliche Zulage von zweihundert Reichstalern. Die kurz vor dem Tod des Vaters in Aussicht gestellten einhundert Reichstaler im Monat wurden von den nachfolgenden Herzögen nicht bezahlt. Sie lebte laut Volkszählung noch 1867 in Doberan. Zwei weitere Kinder zeugte der Herzog mit Louise Müller. Der Sohn Ludwig Christian Helmuth Mecklenburg, Louis gerufen, wurde 1811 geboren, die 1813 geborene Tochter hieß Friedericke Ulrike Christine Mecklenburg. Beiden sicherte der Vater jährlich dreihundert Reichstaler als Leibrente zu. Louis erhielt von 1818 bis 1823 Privatunterricht in Ludwigslust, der ab 1824 in Rostock fortgeführt wurde. 1829 ging er zu Pogge nach Roggow beziehungsweise Zappendorf bei Güstrow, um dort die Landwirtschaft zu studieren. 1834 hielt er sich in Doberan auf, danach verliert sich seine Spur. Er verstarb 1875 in seinem Geburtsort Ludwigslust. Friedericke Mecklenburg wurde ab dem Alter von fünf Jahren bei der Witwe Burmeister in Ludwigslust untergebracht, ab 1821 zusammen mit ihrer Halbschwester mütterlicherseits Doris Müller in Rostock bei der Witwe Böcler. Um 1827 lebte sie mit eben

280 Anhang dieser Schwester bei einem Lehrer Müller in Neubrandenburg, nach deren Verheiratung war sie 1828/1829 in der Pensionsanstalt der Sophie Bull in Parchim. 1831 ehelichte sie den Musiker Carl Eichhorst. Doch verlief auch diese Ehe nicht unproblematisch, da sie 1835 ein illegitimes Kind gebar, das den Namen Rüst beigelegt bekam und auf Wunsch der Mutter und Eichhorst in ein Hamburger Waisenhaus gegeben wurde. Ihr weiterer Lebenslauf ist unbekannt.

8.2 Abkürzungsverzeichnis A. Anno Abb. Abbildung Abs. Absatz Abt. Abteilung Abth. Abtheilung Anm. Anmerkung Art. Artikel AT-OeStA Austria-Österreiches Staatsarchiv Aufl. Auflage Ausg. Ausgabe AVA Allgemeines Verwaltungsarchiv Bd. Band betr. Betreffend bzw. Beziehungsweise ca. Circa d. Der ders. Derselbe dies. Dieselbe(n) Diss. Dissertation durchges. Durchgesehene ebd. Ebenda etc. Et cetera Einl. Einleitung erw. Erweiterte e. V. Eingetragener Verein Faks.-Dr. Faksimile-Druck Febr. Februar fl. Gulden fol. Folio geb. Geboren gest. Gestorben

Abkürzungsverzeichnis

HAA Hofadelsakten HHStA Haus-, Hof- und Staatsarchiv Hg. Herausgeber Jan. Januar LHAS Landeshauptarchiv Schwerin Mich. Michaelis Mss. Meckl. Manuskript Mecklenburg Nachdr. Nachdruck N. F. Neue Folge Nov. November Nr. Nummer o. O. Ohne Ort o. Z. Ohne Zeit Repos. Repositur rev. Revidierte RHR OR Reichshofrat Obere Registratur Rthl. Reichstaler S.  Seite Sp. Spalte sen. Senior Sonderausg. Sonderausgabe Sonderdr. Sonderdruck StAW Stadtarchiv Wismar u. Und Und andere u. a. u. a. Unter anderem UB Universitätsbibliothek unveröffent. Unveröffentlichte v. Von verh. Verheiratete verm. Vermehrte verst. Verstorben vgl. Vergleiche Vol. Volumen vollst. Vollständige Vorw. Vorwort Weihn. Weihnachten

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282 Anhang

8.3 Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Herzog Friedrich (1638–1688) LHAS, 13.1–2, Herzog Friedrich, Nr. 2 Abb. 2 Herzog Friedrich Wilhelm (1675–1713) LHAS, 13.1-2, Herzog Friedrich Wilhelm, Nr. 2 Abb. 3 Herzog Carl Leopold (1678–1747) LHAS, 13.1-2, Herzog Carl Leopold, Nr. 4 Abb. 4 Herzog Christian Ludwig II. (1683–1756) LHAS, 13.1-2, Herzog Christian Ludwig II., Nr. 2 Abb. 5 Hermann Christian von Wolffradt (†1723) LHAS, 13.1-2, Hermann Christian von Wolffradt, Nr. 1 Abb. 6 Herzog Friedrich Franz I. (1756–1837) Aus: LHAS, 13.1-2, Herzog Friedrich Franz I., Nr. 4 Abb. 7 Friedrich Johann Ernst Mecklenburg von Kleeburg (1790–1864) Aus: LHAS, 13.1-2, von Kleeburg, Nr. 1 Abb. 8 Luise Friederike Charlotte Bode, geb. Saal Aus: LHAS, 13.1-2, Bode, Luise Friederike Charlotte, Nr. 1 Abb. 9 Baron Friedrich Bernhard Hanasch von Wenkstern (1786–1868) Aus: LHAS, 13.1-2, Friedrich von Wenkstern, Nr. 1 Abb. 10 Wappen der durch Carl Ludwig von Mecklenburg begründeten Familie, nach Siebmacher 1858 Aus: Johann Siebmacher, J. Siebmacher’s grosses und allgemeines Wappenbuch/in Verbindung mit Mehreren neu herausgegeben und mit historischen, genealogischen und heraldischen Notizen begleitet von Otto Titan von Hefner; Bd. 3, Abth. 6. Die Wappen des Mecklenburger Adels, Neue vollst. geordnete und reich verm. Aufl., Nürnberg 1858, Tafel 12. Abb. 11 Wappenentwurf für Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, 1813 Aus: AT-OeStA/AVA Adel HAA Akten, Kleeburg: Hofadelsakten (1600–1918), Entwurf des Adelsdiploms für Friedrich Mecklenburg von Kleeburg, Wien 5.2.1813.



Quellen- und Literaturverzeichnis

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8.4 Quellen- und Literaturverzeichnis 8.4.1 Quellen Ungedruckte Quellen Landeshauptarchiv Schwerin Bestand 2.11-2/1 Staaten und Städte des Ostseeraumes, Schweden (Acta externa) Nr. 426 1737/1738 Gesandtschaft des Sekretärs Eberhard Köppen nach Stockholm. Bestand 2.12-1/2 Altes Archiv – Internum, Uneheliche Kinder (Acta de filiis naturalibus) Nr. 1–8: Vol. 1. Nr. 9–14: Vol. 2. Nr. 15–34: Vol. 3. Nr. 35–37: Vol. 5. Bestand 2.12-1/3 Altes Archiv – Internum, Prinzenerziehung einschließlich Erziehung unehelicher Kinder (Acta educationis principum Mecklenburgensium, item de filiis naturalibus eorum) Nr. 26: 1725/26 Erbprinz Friedrich, Vol. 2. Bestand: 2.12-1/7 Altes Archiv – Internum, Reisen fürstlicher Personen (Acta peregrinationum principum Mecklenburgensium) Nr. 87: 1605/07 Kostenberechnung des Aufenthalts der Prinzen Adolf Friedrich und Johann Albrecht zu Straßburg 1605 bis 1607. Speise-Register 1. bis 75. Woche, Vol. 7. Nr. 221: Schreiben des Herzogs Carl an seinen Vater, den Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg, von seinen Reisen, Vol. 30. Bestand 2.12-1/9 Altes Archiv – Internum, Eheschließungen (Acta matrimonialia) Nr. 548: 1709–1715 Carl Leopold, enthält: Scheidung der Ehe zwischen Herzog Carl Leopold und Herzogin Sophie Hedwig, geb. Fürstin von Nassau, Vol. 53. Bestand 2.12-1/10 Altes Archiv – Internum, Begräbnisse (Acta funeralia) Nr. 53: Carl, Herzog, gest. 1610, Vol. 6. Bestand 2.12-1/11 Archiv – Internum, Testamente und Erbschaften (Acta testamentorum et hereditatum) Nr. 54: Altes, Carl, Herzog, gest. 1610, Vol. 5. Nr. 63: Johann Albrecht II., Herzog, gest. 1636, Vol. 12. Nr. 166: Friedrich Wilhelm, Herzog, gest. 1713, Vol. 25.

284 Anhang Bestand 2.12-1/22 Altes Archiv – Internum, Familienbriefe der herzoglichen Familie (Litterae familiares inter Serenissimi familiam) Nr. 175–176: 1702/13 Friedrich Wilhelm, Herzog, geb. 28. März 1675, gest. 1713. Bestand 2.12-1/25 3: Altes Archiv – Internum, Verschiedene Angelegenheiten des Herzogshauses (Varia Domestica) Nr. 3: 1621/25 Tagebücher des Herzogs Adolf Friedrich von Mecklenburg. Bestand 2.12-1/26 Altes Archiv – Internum, Hofstaatsachen (Acta aulica) Nr. 194: Fürstliche Schlösser und Häuser, Guritz bei Grabow, Jagdhaus. Bestand 2.12-1/26 Altes Archiv – Internum, Hofstaatsachen (Acta aulica) Kasten 22b Bergholtz: Bestallungen. Mecklenburg: Bestallungen. Bestand 2.12-2/4 Regierungskollegien und Gerichte (Acta Collegiorum) Nr. 1045: Bestallung und Besoldung der mecklenburg-schwerinschen Regierungs­ bedienten. Bestand 2.12-2/18 Militärwesen (Acta militaria), 16. Jahrhundert bis Ende 19. Jahrhundert Nr. 3930: Unterhalt, Ausrüstung und rückwärtige Sicherstellung der Truppen. Nr. 4798: Militärjustiz. Nr. 6377: Personalakten, Mecklenburg. Nr. 9181: Varia. Bestand 2.12-3/2 Klöster und Ritterorden Nr. 162 Rühn: 1685 Exspektanz zur Aufnahme zweier Töchter des Landmarschalls Hans Albrecht von Plüschow in das Kloster. Nr. 168 Rühn: 1695/1703 Aufnahme der Sophia Magdalene von Plüschow, Tochter des Landrats Hans Albrecht von Plüschow, in das Kloster. Nr. 247 Dobertin: 1819 Zusicherung einer Stelle für Caroline Ernestine Friederike von Wenckstern. Bestand 2.12-4/2 Lehnwesen … (Lehnakten I.) Gut Gülzow. Gut Karcheetz. Gut Lübzin. Gut Schlieven. Gut Teschow.



Quellen- und Literaturverzeichnis

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Bestand 2.22-1 Renterei, Register der Einnahmen und Ausgaben Nr. 210–213: 1705–1706. Nr. 214–217: 1706–1707. Nr. 218–221: 1707–1708. Nr. 222–225: 1708–1709. Nr. 226–229: 1709–1710. Nr. 231–234: 1710–1711. Bestand 2.26-1 Großherzogliches Kabinett I. Nr. 4110: Kinder, natürliche: Allgemein, 1790/93 Abrechnungen aus Belegen zur Schatull-Berechnung Mich.–Weihn., Vol. 291. Nr. 4111: Kinder, natürliche: Allgemein, 1805/20 Gesammelte Rechnungen und Belege, Vol. 291. Nr. 4112: Kinder, natürliche: 1795/1836 gesammelte Belege über für bzw. an Friedrich Mecklenburg, später v. Kleeburg, geleistete Zahlung, Vol. 291. Nr. 4113: Kinder, natürliche: 1807 Domschüler Mecklenburg betr., Vol. 291. Nr. 4114: Kinder, natürliche: 1808/29 Friedrich Mecklenburg bzw. v. Kleeburg, gesammelte Briefe an den Herzog u. a., Vol. 291. Nr. 4115: Kinder, natürliche: 1809/15 Briefe des Rittmeisters v. Mecklenburg Kleeburg, Vol. 291. Nr. 4116: Kinder, natürliche: 1812/18 Oberleutnant Mecklenburg (seit 1813 Rittmeister Mecklenburg v. Kleeburg), Vol. 291. Nr. 4119: Kinder, natürliche: 1818/19 betr. Rittmeister Mecklenburg v. Kleeburg, Vol. 291. Nr. 4124: Kinder, natürliche: 1794/1816 die bei dem Cabinetskopiisten Boldt in die Kost gegebenen Gebrüder Mecklenburg, Vol. 292. Nr. 4125: Kinder, natürliche: 1804/06 General-Rechnung für die beiden Gebrüder Mecklenburg vom Oberförster Weidemann in Wredenhagen, Vol. 292. Nr. 4126: Kinder, natürliche: 1807/11 Gebrüder Friedrich und Franz Mecklenburg, Ausbildung in Zillbach, Briefe, Rechnungen und Belege, Vol. 292. Nr.  4127: Kinder, natürliche: 1820/21/22 Fritz und Franz Mecklenburg und H. Müller auf der Forstakademie in Tharandt, danach (1822) zu ihrem Halbbruder nach Wabel zur Ausbildung, Vol. 292. Nr. 4132: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1815/30 Forst-Practicanten Frd. Mecklenburg zu Wabel betr., Vol. 293. Nr. 4133: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1826/30 Tod und Nachlass des Friedrich Mecklenburg, Vol. 293. Nr. 4135: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1812/26 Pensionszahlungen an Agnes Thiem [gest. Jan. 1814] in Dresden [u. Tochter], Vol. 293. Nr. 4141: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1801 Landreiterfrau zu Doberan, Vol. 293.

286 Anhang Nr. 4142: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1803/26 Friedrich Mecklenburg (geb. 1788 Febr. 7 in Schwerin) Sohn der Maria Christina Klockow, später Forstschreiber in Zickhusen, Vol. 293. Nr. 4145: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1831/36 im Schreibpulte S. R. H. des Großherzogs gefundene Verhandlungen die Ehrcke’schen Eheleute betr., Vol. 293. Nr. 4147: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1785/1830 einige Akten­ stücke der am 10. Nov. 1829 verstorbenen Müller, Vol. 294. Nr.  4153: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1829/38 Acta betr. das ­Absterben der Madame Gerlach geb. Müller und deren Nachlass, Vol. 295. Nr. 4159: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1831 Acta betr. die Regulierung der Verlassenschaft der Ehefrau des Schauspielers Gerlach geb. Müller, Vol. 296. Nr. 4161: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1812/34 Ludwig Mecklenburg, Vol. 297. Nr. 4164: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1818/28 gesammelte Belege über Doris Müller und Fritze Mecklenburg, seit 1821 zusammen bei Witwe Böcler in Rostock, seit 1825 in Neubrandenburg, Vol. 297. Nr. 4165: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1818/35 Friedericke Mecklenburg, Tochter der Müller, 1831 verheiratet mit dem Cammer Musikus Eichhorst, Vol. 297. Nr. 4171: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1798/1808 Acta betr. Demoiselle Saal, Vol. 298. Nr. 4174: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1801/37 Belege der Privatkasse Friedrich Franz I. betr. Zahlungen an Madmoiselle. Saal, Vol. 299. Nr. 4185: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1831 das Begräbnis der Madame Bode betr. (voranliegend einige Stücke von 1820–1829), Vol. 300. Nr. 4187: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1831 Inventarium von dem Nachlass der Madame Bode, Vol. 300. Nr. 4191: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1793/1816 Engagement einer Amme bei der Demoiselle Saalen und versch. Belege, Vol. 301. Nr. 4192: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1807/35 Schatullbelege und Briefe, Vol. 301. Nr. 4193: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1808/31 Louise v. Kleinow, älteste Tochter der Madame Saal, verehelicht 1815 mit dem Hauptmann du Trossel, Vol. 301. Nr. 4197: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1809/33 Friederike, Vol. 301. Nr. 4198: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1787/1805 Belege, 1816/24 Postrath Friedrich Franz Adolf Kentzler zu Wismar, Vol. 302. Nr.  4199: Mütter natürlicher Kinder und ihre Kinder: 1797/1834 gesammelte ­Belege und Briefe über ihren Sohn Franz Mecklenburg, Vol. 302.



Quellen- und Literaturverzeichnis

287

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288 Anhang Nr. 221: 1714/1911 Landtagsbeschlüsse und Vorschriften in Einschreibungsangelegenheiten. Nr. 243: 1791/1913 Mecklenburgische Adelsfamilien mit Anrecht auf Eintritt in die Landesklöster. Nr. 246: 1796/1819 Nachweis der Stiftsfähigkeit eingeschriebener Fräulein anhand nachgereichter Ahnentafeln u. a. Nr. 282: Ahnentafeln zu den Einschreibungen 201–400. Nr. 290: 1735/80 Einschreibung adliger Damen in die Klosterliste Nr. 201–300. 4.11-1 Mecklenburg-Strelitzer Staatsministerium und Landesregierung (1701–1908) Nr. II/309: D: Landtag und Landständische Verfassung; Verfassung und Verfassungsreform 1808/09. Bestand 2.26-1 Großherzogliches Kabinett II. Nr. 208: Militärwesen: 1821/64 von Kleeburg, Oberst und Regimentskommandeur. Nr. 1364: 1835 Einladung zur Geburtstagsfeier der Großherzogin Alexandrine, enthält: u. a. Gästeliste. Bestand 5.2-1 Großherzogliches Kabinett III. Nr. 2794: Einzelne Postämter, Postvereine und Postbeamte: 1813/1933 Gesuche und Eingaben von Postbeamten auf Unterstützung in anderen persönlichen Angelegenheiten, F–J. Nr. 2915/1: 1825/78 Mecklenburg, F. F., Oberlanddrost in Wittenburg. Nr. 3276: Einzelne Personen: 1822/76 Mecklenburg Oberforstmeister in Wabel. Bestand 11.3-1/4 Familiengeschichtliche Sammlung Rodde Nr. 159: Bergholtz. Nr. 1163: Kleinow. Nr. 1436: Mecklenburg. Nr. 2259: Wedemann. Bestand 11.3-1/7 Genealogische Sammlung Kasten 34: Archivsammlung, Mecklenburg. Kasten 41: Standeserhöhungen und Adelszeugnisse, Mecklenburg.

Österreichisches Staatsarchiv Bestand AVA Adel HAA Akten (1600–1918) Kleeburg



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Sondersammlung Universität Rostock Bestand Mss. Meckl. B.703 (8) 32: Handschriften, Curieuse Zeitungen aus Wismar. B.707: Handschriften, Les anecdotes du Roi des Obotrites tirées de deux lettres ecrites par M.L.B.D.B. á M.L.B.D.B, Wien 1721. Bestand Familienpapiere v. Mecklenburg. v. Wolfradt.

Landeskirchliches Archiv Außenstelle Schwerin Bestand Kirchenbuch Nr. 69072: Bad Doberan. Nr. 69132: Grabow. Nr. 69145: Gressow. Nr. 69199: Hagenow. Nr. 69322: Ludwigslust. Nr. 69392: Neukloster mit Bäbelin. Nr. 69380: Neuburg. Nr. 69554: Schweriner-Schlosskirche.

Stadtarchiv der Hansestadt Wismar StAW, Testamente und Nachlassregelungen Abt. II, Repos. 1 B., S. 23. 21/10: Ratsakte, Carl Leopold.

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290 Anhang Behr, Matthias Johann von: Les anecdotes du Roi des Obotrites tirées de deux lettres ecrites par M.L.B.D.B. á M.L.B.D.B., Wien 1721. Beust, Friedrich von: Kinder der Liebe deutscher Fürsten, Lübben 1811. Böhmerus, Iustus Henningius: Argvmenta Ivris Ecclesiastici Convenienti Methodo Disposita Exhibens, Halle 1733. Campe, Joachim Heinrich: Väterlicher Rath für meine Tochter. Ein Gegenstück zum Theophron, Braunschweig 1796 (1997) (Quellen und Schriften zur Geschichte der Frauenbildung 3). Cramer, Friedrich: Denkwürdigkeiten der Gräfin Maria Aurora Königsmark; Bd. 1, Leipzig 1836. d’Alembert, Jean LeRond: Encyclopédie, ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, par une société des gens de lettres; Bd. 1, Faks.-Dr. der Ausg. 1751–1776, New York 1969. Der adeliche Hofemeister oder wahrhafftige und deutliche Vorstellung, was ein adelicher Hofemeister vor Eigenschafften an sich haben … solle …, Frankfurt 1693. Fleming, Hannss Friedrich von: Der vollkommene teutsche Soldat, welcher die gantze Kriegs-Wissenschaft, insonderheit was bey der Infanterievorkommt, ordentlich und deutlich vorträgt. Faksimiledruck der Ausgabe Leipzig 1726 (Osnabrück 1967) (Bibliotheca rerum militarium: Quellen und Darstellung zur Militärwissenschaft und Militärgeschichte 1). Franck, David: Des Alt- und Neuen Mecklenburgs Sechzehendes Buch. Von Mecklenburgs Vergleichen und daraus entstandenen Irrungen, worin die Historischen Umstände der Recesse des Hertzogs Friderich Wilhelm … zu finden, Güstrow u. a. 1756. Francke, Gotthilf August: Hertzliebe Mama. Briefe aus Jenaer Studientagen 1719–1720, Halle 1997. Freimüthiges Abendblatt 8 (24.2.1826), 373 (http://books.google.de/books?id=uRUBA AAAMAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_ summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false, 25.11.2011). Fürst-Brüderlicher Unions-Vergleich, Ratione Juris Primo geniturae, & Apanagii Des regierenden Herrn Herzogs Friderich Wilhelms zu Mecklenb: Und Dero Herren Gebrüdere Herzogs Carl Leopolds Und Herzogs Christian Ludwigs Durchl. … De dato Schwerin, d. 31. Jan. A. 1707. Gauhe, Johann Friedrich: Des Heil. Röm. Reichs genealogisch-historisches Adels-Lexicon: darinnen die heut zu Tage florirende älteste und ansehnlichste adeliche, freyherrliche und gräfliche Familien nach ihrem Alterthum und Ursprunge, Vertheilungen in unterschiedene Häuser &c. nebst den Leben derer daraus entsprossenen berühmtesten Personen, insonderheit Staats-Ministern, mit bewährten Zeugnissen vorgestellet werden, nebst einer nöthigen Vorrede, Anhange und Register, Leipzig 1719. Großherzoglich-Mecklenburg-Schwerinscher Staats-Kalender, Schwerin 1828. Grotius, Hugo: Von Kriegs- Und Friedens-Rechten; Bd. II., Frankfurt am Main 1709. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland: Textausgabe; Stand Januar 2007, Art. 6, Abs. 5 (http://www.bundestag.de/parlament/funktion/gesetze/gg_jan2007.pdf, 19.11.2008).



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326 Anhang

8.5 Personenregister A Adolf Friedrich I., Herzog von Mecklenburg(-Schwerin) (1588–1658) 51, 58f., 89, 100–102, 134, 142f., 165, 191, 247, 253, 259, 272f. Albrecht VII., Herzog von Mecklenburg (-Schwerin), gen. Albrecht der Schöne, (1486–1547) 223 Altenbockum, Ursula Katharina, spätere Reichsfürstin von Teschen (1680–1743) 169 Andreas, Johann 133, 227 Anna Iwanowna, Großfürstin von Russland, verw. Herzogin von Kurland und Semgallen, spätere Kaiserin von Russland (1693–1740) 48 Anna, Prinzessin von Brandenburg verh. Herzogin von Mecklenburg-Schwerin (1507–1567) 223 Auguste, Herzogin zu Mecklenburg (-Güstrow), gen. „Prinzessin von Dargun“ (1674–1756) 107 B Ballenstedt, Wilhelmine Charlotte von (1683–1740) 233 Bärenfeld, Friedrich (1712–1758) und Karl Leopold (1717–1769) Fürsten von 233 Barner verh. von Stralendorff bzw. von Mecklenburg, Anna von 176, 248, 260, 272 Bassewitz, Henning Friedrich von (1680–1749) 193 Behr, Samuel von (um 1575–1621) 134, 143, 193 Bergholtz verh. von Mecklenburg, Sophia Charlotte von (1705–1742) 113, 249, 274 Bergholtz, Georg Friedrich von 113, 261 Bergholtz, Melchior von (1670–1750) 73, 113, 170–173, 275 Bernard, Joseph 247, 272 Bernstorff, Andreas Gottlieb Freiherr von (1649–1726) 202

Bevernest, Dietrich von 166 Birkholtz, Alexander Wilhelm Moritz von, gen. Alexander von der Mark (1779–1787) 227 Blandow, Johann David (1760–1826) 150 Bode, Carl Friedrich 71, 160 Bojanowsky verh. Zarnow, Margarethe Elisabeth 78, 124–126, 277 Bojanowsky, Johann Heinrich (–1821) 56, 78f., 126, 277 Boje, N.N. 261 Boldt, Christian Ludwig 80, 114, 126f., 145–149, 230f., 263, 277 Borgia, Cesare (um 1475–1507) 9, 40 Both, Ludwig Hartwig von (1748–) 125 Both, N.N. von, Brigade-Chef General­ leutnant 187 Brockmöler, August Hinrich (1714–) 181, 276 Buchenwald, Carl von 241 Buchwald verh. von Bergholtz, Olga Benedicta von (um 1680–) 73–75, 249, 275 Bull, Sophia 160, 280 Bülow, Curd Hans von (1696–1775) 258, 261 Bülow, Frau N.N. von 121–123, 156, 274 Bülow, Hartwig von 125 Bülow, Vollrath Joachim Helmuth von (1771–1840) 125 C Campe, Joachim Heinrich (1746–1818) 160 Carl August Christian, Herzog zu Mecklenburg (-Schwerin) (1782–1833) 95–98, 109 Carl Leopold, Herzog von Mecklenburg (-Schwerin) (1678–1747) 17, 51, 54, 57, 61–67, 73f., 82–85, 90f., 99, 103–108, 112f., 123, 129, 131, 133, 156–158, 167, 170–173, 181–184, 197–210, 225f., 232, 241, 249–251, 275f.

Personenregister

Carl, Herzog von Mecklenburg (1540–1610) 15, 58f., 72, 77, 85, 88, 89, 100f., 112, 123, 129, 133, 142, 152, 163–166, 170–175, 179f., 223, 246–248, 254, 259, 260, 272 Christian III., Pfalzgraf und Herzog von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld (1674–1735) 139 Christian Ludwig II., Herzog von Mecklenburg(-Schwerin) (1683–1756) 17, 103–108, 141, 167, 170f., 190–192, 198, 201–207, 210 Christine Wilhelmine, Landgräfin von Hessen-Homburg verh. Herzogin von Mecklenburg-Schwerin (1653–1722) 52, 157f., 168 Colbert, Jean-Baptiste, Marquis de Torcy (1665–1746) 138 Cosel, Anna Constantia Reichsgräfin von (1680–1765) 12, 61, 169, 230 Cotta, Johann Heinrich (1763–1844) 149, 195f. Cramon, Carl Friedrich von 125 D Deelen, Anna 58f., 72, 74, 77, 123, 154, 223, 234, 272 Deters, Christina Maria 75, 148, 278 Döring verh. Thiem, Agnes (–1814) 79, 279 Döring, Christina Sophia (–1829) 79, 279 E Eberhard Ludwig, Herzog von Württemberg (1676−1733)  153, 230 Eggerß, Hans Christian 195 Ehrcke, Andreas Carl Heinrich 279 F Föhse spätere Reichsgräfin von Anhalt, Anna Luise (1677–1745) 233f. Frey, Joachim Ernst 151, 279 Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen, verh. Markgräfin von BrandenburgBayereuth (1709–1758) 41 Friedrich August I., Kurfüst von Sachsen, gen. August der Starke (1670–1733) 9, 41, 61, 168–170, 184, 227, 230, 233

327

Friedrich Franz I., Großherzog von Mecklenburg(-Schwerin) (1756–1837) 15, 22–24, 52, 55f., 67–78, 80, 85, 91–98, 109, 114–117, 120, 124–129, 144–153, 158f., 173–179, 185–190, 193–196, 226f., 229, 234, 237f., 242f., 251–253, 258, 260–262, 265–270, 276 Friedrich I., Herzog zu Mecklenburg (1638–1688) 15, 55, 273 Friedrich I., Landgraf von Hessen-Kassel, später König von Schweden (1720–1751) 173, 230 Friedrich IV., Herzog von SchleswigHolstein-Gottorf (1671–1702) 103, 168, 186 Friedrich Ludwig, Herzog von Mecklenburg (-Schwerin) (1778–1819) 14, 86, 96, 262 Friedrich Wilhelm, Herzog von Mecklenburg(-Schwerin) (1675–1713) 15, 23, 52, 55f., 61–63, 70, 72–77, 82, 89f., 103–108, 112, 114, 119–121, 129–141, 156, 163, 166–173, 177, 179, 201, 224f., 229, 236, 249, 254, 260, 273 Friedrich, Herzog von Mecklenburg (-Schwerin), gen. Friedrich der Fromme (1717–1785) 99, 108, 141, 211 G Georg, Herzog von Mecklenburg (1528–1552) 223 Gerdessen, N.N. 207–209 Gerlach, Eduard (1804–1853) 69–70 Gersdorf, Carl August Ludwig von 125 Gerversche, N.N. 122 Grävenitz spätere Reichsgräfin von Würben und Freudental, Christina Wilhelmina von (1686–1744) 12, 61, 157 Grävenitz, N.N. Oberhofmeister 158 Greler (Gretler), Margarethe Dorothea 56, 62, 67, 73, 83, 90, 275 Grünenberg, Johann Peter (1668–1712) 134 Gustav Adolf I., Herzog von Mecklenburg (-Güstrow) (1633–1695) 15, 101–103, 189, 224, 248, 273

328 Anhang Gustav Wilhelm, Prinz von Mecklenburg (-Schwerin) (1781–1851) 97, 109 Gustave Caroline von Mecklenburg-­Strelitz verh. von Mecklenburg-­Schwerin (1694–1748) 107 H Hahn auf Basedow, Hans von 166 Halberstadt, Magdalena 101 Halberstadt verh. von Mecklenburg, Catharina Dorothea von (1616–1665) 102f., 189, 192, 248, 273 Hedwig Sophie von Nassau-Dietz verh. Herzogin von Mecklenburg(-Schwerin) (1690–1734) 51 Heidenheim, N.N. 92 Heinrich Borwin I., Fürst zu Mecklenburg (–1227) 240 Helen, Elisabeth 122 Hessenstein, Friedrich Wilhelm (1735–1808) und Karl Eduard (1737–1769) Grafen von 173, 230, 233 Heydeck, Carl August Graf von, später Fürst von Bretzenheim (1768–1823) 173, 233 Hoese, Johann Friedrich 149, 153 Hohenfels, Maria Josepha Karolina Gräfin von (1720–1797) 230 Holnstein, Franz Ludwig von (1723–1780) 230 J Jagemann, Caroline (1777–1848) 68 Jasmund, N.N. von (?) 261 Jean, N.N. du 123, 156, 274 Johann Albrecht II., Herzog von Mecklenburg(-Güstrow) (1590–1636) 15, 55, 89, 99, 100, 101, 135, 142f., 154, 165, 180f., 189, 224, 247, 259, 272f. K Karl Albrecht von Bayern, späterer Kaiser Karl VII. (1697–1745) 230 Karl Alexander, Herzog von Württemberg (1684–1737) 241

Karl August, Großherzog von Sachsen-­ Weimar-Eisenach (1757–1828) 68 Karl der Große (747/748–814) 222 Karl Friedrich, Fürst von Anhalt-Bernburg (1668–1721) 233 Karl Ludwig Friedrich, Herzog von Mecklenburg(-Strelitz), gen. „Prinz von Mirow“ (1708–1752) 107 Karl Theodor, Pfalzgraf und Kurfürst von Bayern (1724–1799) 173, 233 Karl XII. von Schweden (1682–1718) 104, 205 Karl, Herzog zu Mecklenburg (1626–1670) 102, 143f., 273 Katharina Iwanowna, Großfürstin von Russland, verh. Herzogin von Mecklen­ burg-Schwerin (1691–1733) 48, 64 Kentzler, Friedrich Adolph 75, 124f., 196, 229, 277 Kentzler, Friedrich Franz Adolph gen. Fritz (1789–1824) 75, 87, 93, 124f., 174, 178, 196, 229, 252, 277 Klein, Johann, später von Klein (1659–1732) 134 Kleinow verh. du Trossel, Louise ­Friederica Charlotte von (1793–1839) 68, 78, 82, 85–87, 109, 114–117, 124–127, 149, 158–161, 173–177, 229, 238, 242, 252, 262f., 278 Kleinow verh. Wenkstern, Friederike Louise Charlotte von (1794–1849) 68, 78, 85–87, 93, 109, 114–117, 124–127, 149, 158–161, 173–177, 229, 238, 242, 252, 262f., 278 Klockow verh. Krieg, Maria Christina 80, 87, 276 Königsmarck, Marie Aurora Gräfin von (1662–1728) 61f., 76 Krull, Christian Gottlieb (1690–) 244 L La Tour, N.N. de 138 La Vallière, Louise Françoise de (1644–1710) 227 Ladiges verh. Mecklenburg, Agnese 252, 277 Lange, Matthias 158f.

Personenregister

Leetzen, Friedrich Wilhelm 181, 225, 275 Leetzen, Ilsabe 275 Leopold Eberhard, Herzog von Württemberg-Mömpelgard (1670–1723) 230 Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau, gen. „Der Alte Dessauer“ (1676–1747) 233f. Lepel, Christine Dorothea von (1692–1728) 56f. Lettow verh. Ehrcke, Marie Dorothea Elisabeth, gen. Maianne (1812–) 94, 229, 279 Lichtenau geb. Enke, Wilhelmine Gräfin von (1753–1820) 12, 227 Löwen, Georg von 82 Lowtzow verh. von Mecklenburg, Marga­ retha Hedwig von 248, 273 Ludewig, Johann Peter von (1668–1743) 27, 37 Luise, Prinzessin von Sachsen-Gotha-Altenburg, Herzogin von Mecklenburg (1756–1808) 55 Luther, Martin (1483–1546) 51, 53 M Marschalk, Nikolaus (–1525) 239 Mecklenburg verh. Bernard, Anna Sophia von 101, 107, 154f., 165–167, 223, 247, 272 Mecklenburg verh. Eichenhorst, Friedericke Ulrike Christine (1813–) 68, 71, 159, 175–177, 279f. Mecklenburg verh. von Grabow, Gustava Magdalena (–1703) 224, 273 Mecklenburg verh. von Moltzahn, Sophie Hedwig von (1673–1746) 248 Mecklenburg verh. von Plessen und von Stralendorff, Juliana von 85, 91, 108, 157f., 177, 203–212, 241f., 251, 261, 275f. Mecklenburg verh. von Plessen, Margarethe von 154, 165–167, 223, 246, 259, 272 Mecklenburg verh. von Weissmantel, Friederica Louisa von 75, 113, 157, 173, 225, 249, 261, 275

329

Mecklenburg verh. von Wolffradt, Friederica Wilhelmina von (1702–) 61–69, 75, 81–84, 105, 108, 113, 121f., 156, 171, 204, 207–209, 225, 232, 274f. Mecklenburg von Kleeburg, Friedrich Johann Ernst (1790–1864) 78f., 85, 87, 91–93, 96–98, 109, 114, 116, 124–127, 149–151, 173f., 178f., 185–187, 237, 242, 251, 262f., 270, 277f. Mecklenburg, Albrecht von 89, 101, 133, 165–167, 176, 179, 188, 223, 248, 259, 272 Mecklenburg, Carl Christian von 275 Mecklenburg, Carl Christoph von 260 Mecklenburg, Carl Friedrich von (1733– 1782) 252, 262 Mecklenburg, Carl Jürgen von (–1657) 57–59, 88f., 100, 133–135, 142, 165–167, 176, 179–184, 240, 253, 259, 272 Mecklenburg, Carl Ludwig von (1732–1789) 257 Mecklenburg, Carl Ludwig von (um 1694–1752) 82, 90, 105–108, 112f., 116, 132, 135–142, 168–171, 179–184, 190–192, 197, 225, 229, 241, 249–251, 254–257, 260–262, 273f. Mecklenburg, Carl von (um 1710) 172, 275 Mecklenburg, Christian Ludwig von (1729–1786) 262 Mecklenburg, Christina Maria von (–1738) 85, 91, 108, 157f., 177, 203–212, 225, 275 Mecklenburg, Christine von 275 Mecklenburg, Dietrich Friedrich Wilhelm von (1769–1814) 262 Mecklenburg, Dietrich Hermann Albrecht (1742–1806) 262 Mecklenburg, Eleonore Maria von 224, 273 Mecklenburg, Elisabeth von (1787–1815) 262 Mecklenburg, Franz Ernst Ludwig Johann gen. Franz (1802–1882) 77, 124f., 195f., 278f. Mecklenburg, Friedrich Franz (1808–) 78, 91–93, 96f., 124, 149–153, 174, 196–203, 253, 279

330 Anhang Mecklenburg, Friedrich Johann Christian gen. Friedrich (1788–1849) 87, 93, 114, 124, 145–148, 174, 177, 194f., 226, 230f., 252, 260, 276f. Mecklenburg, Friedrich Wilhelm (II.) von (1729–1775) 257 Mecklenburg, Friedrich Wilhelm Adolf gen. Franz (1788–1866) 93, 95f., 114, 117, 125, 145–148, 174–179, 194, 226, 231, 252, 260, 276f. Mecklenburg, Friedrich Wilhelm von (um 1693–1741) 70, 82, 90, 105–108, 112f., 116, 132, 135–142, 168–172, 179–192, 197–203, 225, 249–251, 260f., 273f. Mecklenburg, Georg von (–1675) 55, 101f., 135, 142–144, 189, 191, 236, 248, 272 Mecklenburg, Immanuel Leopold von 63, 84, 232f., 275 Mecklenburg, Johann Friedrich (1796–1826) 86, 114f., 145, 148, 278 Mecklenburg, Louisa Charlotte von (–1779) 85, 91, 108, 157f., 177, 203–212, 225, 275 Mecklenburg, Louise (1810–) 79, 279 Mecklenburg, Ludwig Christian Helmuth gen. Louis (1811–) 68, 71, 85f., 124f., 175–177, 190, 279 Mecklenburg, Ludwig Hermann (1757–1812) 262 Mecklenburg, Magdalena Sophie von (um 1710) 275 Mecklenburg, Maria Elisabeth von (um 1665–) 273 Mecklenburg, Maria Sybilla vom 273 Mecklenburg, Maria von 273 Mecklenburg, Philipp Ludwig Claes von (1778–1841) 236f. Metelmann verh. Mecklenburg, Louise (1802–1878) 252, 277 Metelmann, Johann Joachim (1759–1811) 252 Moltzahn verh. von Mecklenburg, Magdalena Louisa von (1695–1732) 249, 256, 274

Moltzahn, Axel Albrecht II. von (1693–1781) 261 Moltzahn, Carl Friedrich von (1700–1771) 261 Moltzahn, Gustav Adolph von (1698–1766) 236 Montespan, Françoise Athénaïs de (1640–1707) 227 Müller verh. Gerlach, Anna Elisabeth Magdalena, gen. Louise (1785–1829) 56, 68–75, 78, 85f., 124f., 148, 279 Müller verh. Wulfleff, Elisabeth Christina Dorothea, gen. Doris (1806–) 159, 279 Müller, Christoph Heinrich Elias, gen. Heinrich (1803–) 148 N Neudorff, N.N. 225 Nikolaus II., Fürst zu Mecklenburg (–1225) 240 P Peltz, Franz 276 Peltz, Heinrich 276 Plessen verh. von Mecklenburg, Wilhelmine Juliane von (1703–1779) 274 Plessen, Christian Georg von 125 Plessen, Fräulin N.N. von 55f. Plessen, Helmuth von (1699–1761) 261 Plessen, Leopold Engelke Hartwig von (1769–1837) 97 Plessen, Otto Detlev von (1709–1749) 251 Plessen, Sievert (Siegried) von 118, 246, 259, 272 Plessen, Sophia Elisabeth von 272 Plüskow, Hans Albrecht von (–1698) 56, 76, 82, 169, 254, 272 Plüskow, Sophia Magdalena von (1676–1703) 72 Preen, Hartwig von 260 Preen, Juliana von 260 Pressentin verh. Kentzler, Friederika Franziska von (1795–1847) 252, 277 Pribislaw, Herr zu Mecklenburg (–1187) 42

Personenregister

R Rabe, N.N., Kammerdirektor 252 Restorff, Curt von 260 Rochaut, Lorenz 273 Rode, Anton 207 Rode, N.N. 207–209 Rohr, Julius Bernhard von (1688–1742) 98 Rousseau, Jean-Jacques (1712–1778) 160 Rutowski, Friedrich August Graf (1702–1764) 184, 230 S Saal verh. Bode, Friederica Louise 68, 70–72, 75, 158–160, 277f. Säbel, Agneta (Agnese) 56, 62f., 73f., 274 Sachsen, Hermann Moritz Graf von, gen. Maréchal de Saxe (1696–1750) 9, 184, 227, 230 Sachsen, Johann Georg von, gen. Chevalier de Saxe (1704–1774) 185, 230 Schmidt, Friedrich von (1779–1864) 273 Schomm verh. Kentzler, Anna Martha 277 Schroeder verh. Peltz, Maria (1787–) 87, 94–97, 115–117, 191, 276 Schulz, verh. Schmidt bzw. Isebarn, Friederica 72, 79, 80, 276 Schwan, Johanna 63, 81f., 121–123, 274 Schwarzenberg, Karl Philipp Fürst zu (1771–1820) 186 Shakespeare, William (1564–1616) 35 Solms-Braunfels, Wilhelm Moritz Graf zu (1651–1724) 168 Sophie von Schleswig-Holstein-Gottorf, verh. Herzogin von Mecklenburg (1569–1634) 100f., 107, 154f., 272 Sophie Agnes, Herzogin von Mecklenburg(Schwerin) (1625–1694) 76 Sophie Charlotte, Herzogin von HessenKassel, verh. Herzogin von Mecklenburg (1678–1749) 55, 107 Spobe, Carl Friedrich Dietrich von 125 Strachwitz verh. Mecklenburg von Kleeburg, Aurora Emilie Charlotte von (1796– 1873) 251, 278 Strachwitz, N.N., Kriegsrat 251

331

Strahl, N.N., Hofmeister 157 Stralendorff, August Friedrich von (1706–1776) 251, 276 Stralendorff, Levin von 248, 272 Streit, Friedrich Wilhelm (1700–um 1760) 63, 74, 170f., 232, 274 Streit, Thomas 74, 170f., 181, 225, 229, 232, 274 Studemund, Christian Friedrich (1748–1819) 125 Stuhr, Friedrich (1867–1945) 92 Suhr verh. Stein Friederika Franziska (1790–) 75, 229, 278 Süßmilch, Johann Peter (1707–1767) 29 T Tegern verh. Suhr, Louise 75, 278 Thielcke, Johann Friedrich 130–141, 274 Thomasius, Christian (1655–1728) 51 Trossel, Franziska Albertina Lousie du (1816–) 258 Trossel, Louis Friedrich Heinrich du (1785–1871) 117, 252, 258, 263, 278 V Viereck verh. Frey, Louise Friderica Charlotte Elvira (1785–) 78, 125f., 279 Vogel, Johann Nicolaus 200f. W Waack, Maria 77, 124f., 278 Wallmoden-Gimborn, Ludwig Georg Thedel Graf von (1769–1862) 185 Wangelin, Joachim von 166 Wedemann, Sophia (–1708) 56, 70, 82, 169, 274 Weissmantel, Erasmus Heinrich Schneider von 113, 177, 275 Wenckstern, Baron Friedrich Bernhard Hanasch von (1786–1867) 252, 263 Wenckstern, Caroline Ernestine Friederike Louise von (1819–1893) 258 Wendessen, Anna Sophia von 83, 90, 157f., 275 Wendessen, Balthasar Henning von (–1755) 64, 207, 209

332 Anhang Wickede, Carl Ludwig Friedrich von (um 1817) 87, 125, 159–161, 278 Wilhelm I., König von England, gen. „William der Eroberer“ (1027/28–1087) 27, 40 Wittstock, Friedrich 127 Wolffradt, Carl Leopold von (um 1720– 1736) 63, 75, 84, 133, 276 Wolffradt, Hermann Christian von (–1723) 63f., 105f., 198f., 206, 274

Z Zeppelin verh. von Wickede, Sophia Charlotte Amalia von (1765–1840) 87, 116, 161, 238 Zöllner, Daniel (1544–1618) 166

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