Volkswirtschaftlicher Kurzkommentar: Vertragliche Grundlagen der Europäischen Währungsunion [1 ed.] 9783428496556, 9783428096558

Elf europäische Staaten haben ihre nationalen Währungen aufgegeben und eine einheitliche europäische Währung, den Euro,

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Volkswirtschaftlicher Kurzkommentar: Vertragliche Grundlagen der Europäischen Währungsunion [1 ed.]
 9783428496556, 9783428096558

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CLAUS KÖHLER

Vertragliche Grundlagen der Europäischen Währungsunion

VOLKSWIRTSCHAFfLICHER KURZKOMMENTAR

Vertragliche Grundlagen der Europäischen Währungsunion

Von

Claus Köhler

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahrne Köhler, Clans: Volkswirtschaftlicher Kurzkommentar: Vertragliche Grundlagen der Europäischen Währungsunion I von Claus Köhler. - Berlin : Duncker und Hurnblot, 1999 ISBN 3-428-09655-X

Alle Rechte vorbehalten

© 1999 Duncker & Hurnblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISBN 3-428-09655-X

Vorwort Mit Beginn des Jahres 1999 wurde in Europa eine Europäische Währungsunion EWU geschaffen. In ihr haben sich zunächst elf Staaten der Europäischen Union zusammengeschlossen. Damit wurden elf nationale Währungen von einer einheitlichen Währung, dem Euro, abgelöst. Für die Stabilität dieser Währung sorgt die Europäische Zentralbank EZB. Die elf nationalen Zentralbanken, die zusammen mit der EZB das Europäische System der Zentralbanken ESZB bilden, beschränken sich weitgehend darauf, die vom EZB-Rat gefaßten Beschlüsse umzusetzen. Das Währungssystem in Europa ist damit grundlegend geändert worden. Um sicherzustellen, daß das ESZB die Stabilität des Euro garantieren kann, mußten vom Europäischen Rat, den Staats- und Regierungschefs der EU, Rahmenbedingungen beschlossen werden. Das geschah vor allem im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) und im Vertrag zur Europäischen Union (EU-Vertrag), der auch das Protokoll über die Satzung des ESZB und der EZB enthält. Diesen Rahmen zu schaffen, war Voraussetzung für eine erfolgreiche Geld- und Kreditpolitik in Europa. Mit den Vereinbarungen zur EWU ist ein wohldurchdachtes System von monetärem Ziel, Aufgaben, Befugnissen und Organisation entstanden. Darin muß man sich zurechtfinden. Das zu erleichtern, ist der Sinn dieses Kurzkommentars, der die vertraglichen Grundlagen der Europäischen Währungsunion aus gesamtwirtschaftlicher Sicht beleuchtet. Auch bei dieser Arbeit hat mich meine Frau, Dr. Ingeborg Köhler-Rieckenberg, wohlwollend und kritisch begleitet. Kronberg im Taunus, Januar 1999

Claus Köhler

Inhalt A. Der Weg zur Europäischen Währungsunion . . . . . . . . . . . . . . . ..

13

I. Die Gründung der Europäischen Währungsunion .........

13

11. Die Notwendigkeit der Schaffung einer Europäischen Währungsunion ...................................... 17 1. Elektronische Revolution und globale Märkte ......... 2. Die Vollendung des Binnenmarktes .................. 3. Die Wahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften gegenüber Amerika und Asien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Wiederherstellung geld- und kreditpolitischer Handlungsfähigkeit ..................................... 5. Andere Gründe, die eine einheitliche Währung in Europa nahelegten ................................. B. Das Europäische System der Zentralbanken ................

17 17

19 21 23 25

I. Die Zweistufigkeit des ESZB .......................... 25

11. Ziele des ESZB ...................................... 26 1. Preisstabilität ...................................... 2. Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Der Wirtschafts- und Finanzausschuß ................ ill. Änderung der Ziele nationaler Zentralbanken in der EWU ..

26 28 32 33

IV. Grundlegende Aufgaben des ESZB ..................... 35 1. Festlegung und Ausübung der Geldpolitik der Gemeinschaft ............................................ 2. Das Problem des elektronischen Geldes . . . . . . . . . . . . . .. 3. Statistiken für die Geld- und Kreditpolitik ............ 4. Die Devisengeschäfte des ESZB ..................... a) Geld- und devisenmarktpolitische Aspekte ......... b) Die Dominanz des Europäischen Rates in Wechselkursfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Wechselkursvereinbarungen mit Drittländern ....... d) Das Europäische Währungssystem EWS ...........

35 40 41 43 43 44 44 45

8

Inhalt e) Festlegung von Modalitäten und gemeinsamer Standpunkte ......................................... f) Die offiziellen Währungsreserven ................. 5. Das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme .. V. Die Emission von Banknoten und Münzen ..............

49 50 53 55

1. Die Emission von Banknoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 55 2. Die Emission von Münzen .......................... 58 VI. Bankenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 59 Vll. Beratende Funktion ................................... 62

vrn.

Anordnungen des ESZB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 62

IX. Die Beschlußorgane .................................. 64 1. Die drei Beschlußorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Der EZB-Rat ................................... . .. 3. Das Direktorium. .. . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Der Erweiterte EZB-Rat ............................ X. Informationspflicht ...................................

64 65 68 71 72

XI. Der institutionelle Rahmen zur Sicherung der Stabilität des Euro ................................................ 76 1. Die Unabhängigkeit des ESZB ...................... 2. Das geld- und kreditpolitische Instrumentarium . . . . . . .. a) Die Offenmarktpolitik ........................... b) Die ständigen Fazilitäten ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Das Mindestreserveinstrument .................... d) Sonstige geldpolitische Instrumente ............... 3. Die Herrschaft des ESZB über die Zentralbankgeldschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Das Verbot der Kreditgewährung an den Staat ...... b) Das Aussetzen von Devisenmarktinterventionen .... c) Das Problem der Innertages- und der Übemachtkredite ......................................... XIT. Die Bedeutung öffentlicher Defizite und Schulden .......

77 79 79 83 85 88

1. Geringe Bedeutung für die Geld- und Kreditpolitik .... 2. Bedeutung für die Flexibilität öffentlicher Haushalte ... 3. Problematische Definition des Ausnahmetatbestandes .. XITI. Das Kapital der EZB und die Gewinnverteilung im ESZB . .

97 98 101 104

89 89 92 94 97

1. Die Zeichnung des Kapitals der EZB ............ . . . . . 104 2. Die Ergebnisverteilung im ESZB .................... 107

Inhalt

9

XIV. Kriterien für die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten ........ 110 XV. Partizipierende Staaten ................................ 117 1. Europa ........................................... 2. Afrika ............................................ 3. Pazifik ........................................... XVI. Das Problem der Vertragstreue .........................

117 117 119 120

XVII. Gültigkeit des Vertrages ............................... 121 Zitierte Veröffentlichungen ................................... 123 Anhang I

Auszüge aus dem EG-Vertrag .................... 129

Anhang 11

Auszüge aus dem EU-Vertrag und Protokolle ....... 155

Anhang III

Die Satzung des ESZB und Protokolle ............ 160

Sachregister ................................................ 191

Abkürzungen AFfA

Asiatische Freihandelszone (Asean Free Trade Area)

APEC

Asiatisch-pazifische wirtschaftliche Kooperation (Asean Pacific Econornic Cooperation)

BBkG

Bundesbankgesetz

EAG

Europäische Atomgemeinschaft (Euratom)

ECU

Europäische Währungseinheit (European Currency Unit)

EEA

Einheitliche Europäische Akte

EGKS

Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion)

EGV

EG-Vertrag (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft)

E-Koord

Entscheidung des Europäischen Rates über die wirtschaftspolitische Koordinierung in der dritten Stufe der WWU und zu den Artikeln 111 (ex 109) und 113 (ex 109b) des EG-Vertrages

ESZB

Europäisches System der Zentralbanken

EU

Europäische Union

EUV

EU-Vertrag (Vertrag über die Euwpäische Union - Maastricht-Vertrag)

EWI

Europäisches Währungsinstitut

EWS

Europäisches Währungssystem

EWU

Europäische Währungsunion

EZB

Europäische Zentralbank

G 10

Group of Ten

GASP

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

IWF

Internationaler Währungsfonds

MFI

Monetäre finanzielle Institute

Abkürzungen

11

NAFTA

Nordamerikanische Freihandelszone (North American Free Trade Area)

NZB

Nationale Zentralbank(en)

OSZE

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

P-Dk

Protokoll über einige Bestimmungen betreffend Dänemark

P-EUV

Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit

P-F

Protokoll betreffend Frankreich

P-Kk

Protokoll über die Konvergenzkriterien nach Artikel 109j des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

P-UK

Protokoll über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland

RTGS

Real Time Gross Settlement System

S

Protokoll über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank

SVR

Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung

SZR

Sonderziehungsrechte

TARGET Trans-European Automated Real Time Gross Settlement Express Transfer System (Transeuropäisches Überweisungssystem)

UNO

Vereinte Nationen (United Nations Organisation)

WWU

Wirtschafts- und Währungsunion

A. Der Weg zur Europäischen Währungsunion I. Die Gründung der Europäischen Währungsunion Am 1. Januar 1999 haben sich elf der 15 Staaten der Europäischen Union zu einer Währungsunion zusammengeschlossen. Mitglieder der Europäischen Währungsunion EWU sind Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Österreich, die Niederlande, Portugal und Spanien. Vorerst nicht beigetreten sind die EU-Staaten Dänemark, Griechenland, Großbritannien und Schweden. Mit der Schaffung der EWU ist ein wesentliches Ziel des Integrationsprozesses in Europa erreicht worden, nämlich die "Errichtung eines Gemeinsamen Marktes und einer Wirtschaftsund Währungsunion" (Art. 2 EGV). Ein solches Ziel zu erreichen verlangt Zeit. Man näherte sich ihm Schritt für Schritt in einem Prozeß von Fortschritten und Rückschlägen und erneuten Fortschritten. Dieser Prozeß nahm 47 Jahre in Anspruch. Die EWU umfaßt elf der 15 Mitgliedstaaten der EU. Damit wurde von Bestimmungen Gebrauch gemacht (Art. 11 - exArt. 5 a - EGV), die es einer Mehrheit der Mitgliedstaaten (Art. 43 - ex-Art. K 15 EUV) gestatten, im Integrationsprozeß voranzuschreiten. Sie können zu diesem Zweck verstärkt zusammenarbeiten und die im EG-Vertrag vorgesehenen Organe, Verfahren und Mechanismen in Anspruch nehmen. Die Integrationsbemühungen in Europa begannen 1952. Damals wurde die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl EGKS, die Montanunion, gegründet. Man strebte an und verwirklichte einen gemeinsamen Markt für Kohle, Stahl, Eisenerz und Schrott. Gründungsmitglieder waren Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Ein weiterer wesentlicher Integrationsschritt war die Unterzeichnung der sogenannten Römischen Verträge vom 25. März

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A. Der Weg zur Europäischen Währungsunion

1957 durch die sechs Montanunionsländer. Sie traten am 1.1. 1958 in Kraft. Durch diese Verträge wurde eine Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWG geschaffen. Zur damaligen Zeit waren die internationalen wirtschaftlichen Transaktionen noch stark reguliert. So war es das Ziel der EWG "vier Freiheiten" zu verwirklichen: den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Mit den Römischen Verträgen wurde ferner die Europäische Atomgemeinschaft EAG, Euratom, ins Leben gerufen. Sie übernahm die Kontrolle und Koordination bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie und Kernforschung. Das betraf die Bereiche Biologie, Medizin, Umweltschutz und Reaktorsicherheit. Diese drei europäischen Integrationsorganisationen wurden 1967 durch einen Fusionsvertrag zusammengefaßt. Aus den Verträgen zur Gründung der EGKS, der EWG und der EAG wurde der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) EGV. Im Jahre 1979 wurde ein Europäisches Währungssystem EWS geschaffen. Seine Hauptaufgabe war es, die Wechselkurse zwischen den Mitgliedsländern der EU möglichst konstant zu halten und übermäßige Wechselkurs schwankungen zu vermeiden. Das System sah Paritäten zwischen den nationalen Währungen und dem Währungskorb ECU (European Currency Unit) und damit feste Kurse zwischen den Währungen der Mitgliedsländer vor. Diese festgelegten Kurse konnten von den Marktkursen überschritten oder unterschritten werden, jedoch nicht mehr als ursprünglich 2,5 %, später 15 % oberhalb und unterhalb der Paritätskurse. Wurden die Höchst- oder Niedrigstkurse, d. h. die Interventionspunkte erreicht, mußten die betroffenen nationalen Zentralbanken unlimitiert intervenieren. Der nächste wesentliche Integrationsschritt war die Unterzeichnung der sogenannten Einheitlichen Europäischen Akte EEA am 28. Februar 1986. Die EU-Mitgliedsländer waren sich einig, daß die Gemeinschaft die erforderlichen Maßnahmen trifft, "um bis zum 31. Dezember 1992 ... den Binnenmarkt schrittweise zu verwirklichen" (Art. 13 EEA). Dieses Ziel wurde erreicht.

I. Die Gründung der Europäischen Währungsunion

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Die sich abzeichnende Vollendung des europäischen Binnenmarktes veranlaßte die Mitgliedsländer am 7. Februar 1992, einen Vertrag über die Europäische Union EUV (Vertrag von Maastricht) zu unterzeichnen, der am 1. Januar 1993 in Kraft trat. Dieser Vertrag ging auf eine Initiative der Staatschefs zurück, die sie auf einer Konferenz in Maastricht im Dezember 1991 ergriffen hatten. In diesem Vertrag wurden die EWU und die Politische Union vorangebracht, und zwar auf den Gebieten der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik GASP sowie der Innen- und Rechtspolitik. Im Jahre 1997 wurde der EGVertrag und der EU-Vertrag vor allem im Hinblick auf die Politische Union weiter ergänzt (Vertrag von Amsterdam). Es wurden Fortschritte erzielt in der Innen- und Rechtspolitik, der Außen- und Sicherheitspolitik, den institutionellen Reformen der EU, aber auch in der Sozial- und Beschäftigungspolitik. Die Europäische Gemeinschaft gewann im Laufe der Zeit zunehmend an Interesse. Weitere Staaten traten ihr bei. Zu den sechs Gründungsmitgliedern Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden kamen 1973 Dänemark, Großbritannien und Irland, 1981 Griechenland, 1982 Portugal und Spanien und schließlich 1995 Finnland, Österreich und Schweden. Wirtschaftlich sah der Vertrag von Maastricht vor allem die Schaffung einer Europäischen Währungsunion in drei Stufen vor: Die Stufe 1 begann am 1. 7.1990 und endete am 31.12.1993. In dieser ersten Stufe wurde die Koordinierung der Geldpolitik gefördert und das Europäische Währungssystem überwacht. Das geschah in einem Ausschuß der Zentralbankpräsidenten, der sich monatlich, meist in der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel, traf. "Eine zusätzliche Aufgabe erwuchs 1992 aus dem vom Europäischen Rat erteilten Mandat, den Übergang in die zweite und dritte Stufe der WWU vorzubereiten." (Ausschuß der Präsidenten (1993), S. 55). Die Stufe 2 begann am 1.1.1994 und endete am 31.12.1998. Zu Beginn dieser Stufe wurde das Europäische Währungsinstitut EWI in Frankfurt a. M. gegründet und nahm seine Tätigkeit

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A. Der Weg zur Europäischen Währungsunion

auf. Es war die Aufgabe des EWI, ein Europäisches System der Zentralbanken vorzubereiten und die Geld- und Kreditpolitik zwischen den Mitgliedsländern verstärkt zu koordinieren. Entscheidungen wurden von einem Rat getroffen, dem der Präsident des EWI und die Präsidenten der nationalen Zentralbanken angehörten. Die Beschlüsse wurden von einem Direktorium ausgeführt. Gegen Ende dieser 2. Stufe, am 3. Mai 1998, haben die Staats- und Regierungschefs den Kreis der Teilnehmerländer festgelegt Außerdem haben sie die bilateralen Wechselkurse unwiderruflich und unveränderbar fixiert, die mit dem Beginn der dritten Stufe galten. Eine im Vorfeld der 3. Stufe denkbare Devisenkursspekulation wurde dadurch entmutigt, daß erklärt wurde, diese bilateralen Leitkurse notfalls durch angemessene Maßnahmen zu verteidigen. Damit wurde sichergestellt, daß zu Beginn der EWU die bilateralen Leitkurse den Marktkursen entsprachen. Das EWI schloß Ende Mai 1998 seine vorbereitende Arbeiten ab und beendete seine Tätigkeit. Anfang Juni 1998 wurde die EZB gegründet. Der EZB-Rat hat von diesem Termin an, auf der Basis der vom EWI geleisteten Vorarbeiten, Beschlüsse gefaßt, die für den Start der EWU notwendig waren. Die 3. Stufe begann am 1.1.1999. An diesem Tage wurden die Wechselkurse zwischen dem Euro und den Währungen der an der EWU teilnehmenden Ländern von den Regierungschefs festgelegt. Damit war die einheitliche Währung geschaffen. Der Druck einheitlicher Noten und die Prägung einheitlicher Münzen ist nur noch ein technischer Prozeß, der allerdings drei Jahre bis 2002 in Anspruch nimmt. Vom 1.1.1999 an wurde die Geld- und Kreditpolitik in den Mitgliedsländern nicht mehr durch die nationalen Zentralbanken wahrgenommen, sondern durch das Europäische System der Zentralbanken, in dessen Mittelpunkt die Europäische Zentralbank steht.

11. Die Notwendigkeit einer Europäischen Währungsunion

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11. Die Notwendigkeit der Schaffung einer Europäischen Währungsunion 1. Elektronische Revolution und globale Märkte Der Integrationsprozeß in Europa war nicht nur vom Willen der beteiligten Länder abhängig, sondern wurde auch von der elektronischen Revolution vorangetrieben. Es war die stürmische Entwicklung des Infonnationssystems, der Automatisierung der Produktionsprozesse und der modemen Verkehrssysteme, die die Grenzen nationaler Volkswirtschaften wirtschaftlich überwanden. Nationale Märkte entwickelten sich zu internationalen Märkten und wurden auf vielen Gebieten globale Märkte. Viele wirtschaftliche Probleme waren auf nationaler Ebene nicht mehr lösbar und verlangten nach europäischen Antworten. Mit der Einführung einer einheitlichen Währung in Europa wurde die Wirtschaftspolitik vor allem drei Herausforderungen gerecht: Der Vollendung des Binnenmarktes, der Wahrung der internationalen Wettbewerbsfahigkeit der europäischen Volkswirtschaften und der Wiederherstellung geld- und kreditpolitischer Handlungsfahigkeit. 2. Die Vollendung des Binnenmarktes Im EG-Vertrag ist der Binnenmarkt definiert als ein "Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital .. . gewährleistet ist. " (EGV Art. 14 - ex-Art. 7a - Abs. 2). Diese Fonnulierung läßt nicht den Umfang an Bemühungen und Regelungen erkennen, der in dem Zeitraum von 1957 bis 1993 notwendig war, um einen solchen Binnenmarkt zu errichten.

Der freie Warenverkehr erforderte die Schaffung einer Zollunion, d. h. die Beseitigung der Zölle innerhalb der Union und die Inkraftsetzung eines einheitlichen Zolltarifs gegenüber Drittländern. Mengenmäßige Begrenzungen im Handelsverkehr zwischen den EU-Ländern wurden verboten. Dazu gehörten auch handelshemmende gesundheitspolizeiliche und veterinärpolizeiliche Maßnahmen zwischen den Mitgliedsländern der 2 Köhler

18

A. Der Weg zur Europäischen Währungsunion

EU. Die Freizügigkeit des Personenverkehrs bedeutet, daß sichergestellt werden mußte, daß Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates in der gesamten EU arbeiten, selbstständige Tätigkeiten ausüben sowie Unternehmen gründen und leiten können. Für Personen, aber auch für Unternehmen wurde Niederlassungfreiheit garantiert. Eine solche Regelung setzt voraus, daß Diplome und Zeugnisse, die man in einem Mitgliedsland erwirbt, in allen anderen EU-Ländern grundsätzlich anerkannt werden. In einem EU-Land erworbene Rentenansprüche müssen in allen EU-Ländern anrechenbar sein. Die Freizügigkeit im Wirtschaftsverkehr kann durch Kartelle und Monopole eingeschränkt werden. Eine Europäische Wettbewerbspolitik sorgt mit Hilfe von Wettbewerbsregeln dafür, daß eine marktbeherrschende Stellung nicht mißbräuchlich ausgenutzt wird oder Beihilfen nicht den Wettbewerb verzerren. Eine Europäische Sozialpolitik ist bemüht, die Arbeitsumwelt zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer sowie die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Sie fördert den sozialen Dialog zwischen den Sozialpartnern und trägt dazu bei, daß die Arbeitnehmer in den Betrieben angemessen unterrichtet und angehört werden. Außerdem ist die Europäische Sozialpolitik bestrebt, Chancengleichheit von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt und Gleichbehandlung am Arbeitsplatz durchzusetzen. Das Instrument, dem sich der Rat und die Kommission bedienen, sind verbindliche Mindestvorschriften, die schrittweise angewandt werden. Stärkere Unterschiede im Lebensstandard zwischen EU-Mitgliedsländern und Regionen in der EU werden durch eine Europäische Strukturund Regionalpolitik gemildert. Zu diesem Zwecke wurden drei Strukturfonds geschaffen: der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, der Europäische Sozialfonds und der Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft. Dazu kommt noch das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei. Ein vierter Fonds, der Kohäsionsfonds, wurde für Länder eingerichtet, deren Sozialprodukt pro Kopf weniger als 90 vH des Gemeinschaftsdurchschnitts beträgt. Mit diesem Fonds sollen Vorhaben auf den Gebieten Umwelt und Verkehrsinfrastruktur unterstützt werden.

11. Die Notwendigkeit einer Europäischen Währungsunion

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Von grundlegender Bedeutung bei der Schaffung einer Währungsunion ist die völlige Freizügigkeit des Geld- und Kapitalverkehrs. Der EG-Vertrag sieht daher vor, daß grundsätzlich alle Beschränkungen des Kapital- und des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten sowie zwischen den Mitgliedsstaaten und dritten Ländern verboten" sind (Art. 56 - exArt. 73 b - EGV). Privatpersonen und Unternehmen können also in jedem EU-Land und in jedem Drittland, wenn dortige Bestimmungen das erlauben, Einlagen bilden, Kredite aufnehmen und Beträge überweisen. Wenn auf einem Binnenmarkt ein so hoher Grad an Freizügigkeit erreicht ist, dann bedarf es einer einheitlichen Währung. Die Bundesrepublik Deutschland ist für sich genommen ebenfalls ein Binnenmarkt mit völliger Freizügigkeit aller wirtschaftlichen Transaktionen. Sie wäre das nicht, wenn in Norddeutschland noch der Schilling, in Süddeutschland noch die Krone und Ostdeutschland noch der Groschen gültige Währungen wären, deren Wechselkurse schwanken könnten. Die Notwendigkeit, in einem Raum ohne Binnengrenzen eine einheitliche Währung zu haben, hat der damalige Präsident des EWI folgendermaßen ausgedrückt: "Mit der vollständigen Liberalisierung des Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs haben wir den Rubikon überschritten. Sicher können wir einige Jahre mit dem jetzigen Zustand leben, ... Aber danach gibt es für mich nur eine einzige richtige Lösung: Der Binnenmarkt muß durch eine Währungsunion ergänzt werden." (Alexandre Lamfalussy (1995), S. 6).

3. Die Wahrung der internationalen Wettbewerbsfabigkeit der europäischen Volkswirtschaften gegenüber Amerika und Asien

Auf vielen Gebieten der Wirtschaft, auf denen Unternehmen sich globalen Märkten gegenübersehen, wird ein erheblicher Kapitaleinsatz und eine hochentwickelte Technik benötigt. Unternehmen werden durch die Marktentwicklung gezwungen, sich zu größeren Einheiten zusammenzuschließen. Erst dadurch

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A. Der Weg zur Europäischen Währungsunion

wird es möglich, den Herausforderungen der Automatisierung des Produktionsprozesses und der technischen Entwicklung gerecht zu werden. Beispiele für Produktionen, die hohe Anforderungen an Kapital und Organisation stellen, sind der Flugzeugbau, die Erschließung des Weltraums und modeme Verkehrssysteme. In Europa ist kein Land allein auf sich gestellt in der Lage, auf diesem Gebiet mit wirtschaftlichen Großräumen wie den USA, Japan, China und Rußland zu konkurrieren. Der Airbus, die Trägerrakete Ariane und die Verkehrssysteme werden daher grenzüberschreitend verwirklicht. Dabei hatte Europa einen erheblichen Nachteil. Die gemeinsame Produktion von HochtechnologieErzeugnissen vollzog sich in einem Raum mit 15 Währungen. Die Unternehmen mußten mit Wechselkursschwankungen und Paritätsänderungen rechnen. Das verlangte von ihnen, daß sie die Wechselkursrisiken minimierten, d. h. Devisentermingeschäfte abschlossen. Das aber verursacht Kosten. Auf einem globalen Markt, auf dem Europa mit den USA z. B. im Flugzeugbau oder mit China und Rußland im Bau und Betrieb von Trägerraketen, die Nutzlasten in den Weltraum befördern, in Konkurrenz steht, werden Unternehmen in Europa durch solche Kosten für die Minimierung des Wechselkursrisikos im internationalen Wettbewerb benachteiligt. Mit der einheitlichen Währung Euro ist dieser Wettbewerbsnachteil beseitigt. Die Einführung des Euro schafft grundsätzlich weder mehr Arbeitsplätze noch vernichtet sie Arbeitsplätze. Die Ablösung einer nationalen Währung durch eine europäische Währung löst weder die strukturellen noch die konjunkturellen Probleme, die in Europa zu der hohen Arbeitslosigkeit geführt haben. Da die Einführung des Euro aber weitgehend Wettbewerbsgleichheit gegenüber Amerika und Asien herstellt, werden Arbeitsplätze in Europa gesichert, die ohne eine einheitliche europäische Währung mangels ausreichender Wettbewerbsfähigkeit gefährdet gewesen wären. Die Deutsche Bundesbank sieht längerfristig durchaus Chancen für ein höheres Wirtschaftswachstum und eine erhöhte Beschäftigung. In ihrer Stellungnahme zur Konvergenzlage in

11. Die Notwendigkeit einer Europäischen Währungsunion

21

der EU stellt sie fest: "Die erwartete Intensivierung des Wettbewerbs dürfte den Einsatz der Produktionsfaktoren verbessern und die Effizienz der Finanzmärkte steigern, so daß längerfristig die Wachstumsspielräume, Innovationspotentiale und Beschäftigungschancen in der europäischen Wirtschaft stärker ausgeschöpft werden können." (Deutsche Bundesbank (1998), S. 1). In diesem Zusammenhang ist die Tatsache zu beachten, daß auch in Amerika und in Asien der Integrationsprozeß vorangetrieben wird. In Amerika ist das durch Gründung der NAFTA, der Nordamerikanischen Freihandelszone geschehen. In ihr haben sich die USA, Kanada und Mexiko zusammengeschlossen. Mehrere amerikanische Präsidenten haben erklärt, daß sie eine Freihandelszone von Alaska bis Feuerland anstreben. In Asien besteht eine Freihandelszone, die AFTA im Rahmen der sogenannten ASEAN-Staaten. Ihr gehören Brunei, Indonesien, Laos, Malaysia, MY3:nmar (Burma), die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam an. Darüber hinaus wurde die APEC gegründet, die Asiatisch-Pazifische Wirtschaftliche Zusammenarbeit. Ihr gehören neben den ASEAN-Staaten u. a. die USA, Japan und Australien an. Der Integrationsraum Europa wird mit Integrationsräumen in Amerika und Asien konfrontiert.

4. Wiederherstellung geld- und kreditpolitischer Handlungsfähigkeit Mit der Globalisierung, insbesondere der monetären Märkte, verloren die nationalen Zentralbanken zunehmend ihre Herrschaft über die nationalen Geld- und Kapitalmärkte. Wenn eine nationale Zentralbank vor der Globalisierung z. B. restriktiv eingriff, dann verringerte sie die Bankenliquidität und erhöhte auf diesem Wege die Geldmarktzinsen. Die dadurch verteuerte Refinanzierung veranlaßte die Banken, von den Kreditnehmern höhere Zinsen zu verlangen. Der Wettbewerb zwischen Banken ließ dann aber auch die Einlagenzinsen steigen. Verringerte Bankenliquidität läßt die Banken aber auch weniger Werpapiere nachfragen. Die Kurse am Rentenmarkt sanken und die Rendi-

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A. Der Weg zur Europäischen Währungsunion

ten stiegen. Ein restriktiver Einfluß der nationalen Zentralbank am Geldmarkt führte somit zu Zinssteigerungen auf allen monetären Märkten. Das änderte sich mit der Globalisierung der monetären Märkte. Wenn eine nationale Zentralbank versuchte, restriktiv einzugreifen und die Geldmarktzinsen anhob, dann wurde diese Maßnahme durch internationale Transaktionen häufig abgeschwächt oder sogar durchkreuzt. Eine Anhebung der Geldmarktsätze signalisierte ausländischen Investoren, daß dieses Land bereit war, die Stabilität seiner Währung zu sichern. Dies stellte einen Anreiz für ausländische Investoren dar, in diese Währung "zu gehen". Das bedeutete aber stets, daß diese Investoren an den Rentenmärkten Wertpapiere kauften. Deren Kurse stiegen, d. h. die Renditen sanken. So führten Zinserhöhungen an den Geldmärkten zu Zinssenkungen an den Rentenmärkten. Die Herrschaft der nationalen Zentralbank über ihre monetären Märkte wurde eingeschränkt. Sie wurde konterkariert, wenn auf diesem Wege inverse Zinsstrukturen entstanden. Unterhalb der kurzfristigen Zinsen liegend~ langfristige Zinsen bremsten nicht die wirtschaftlichen Aktivitäten, sondern stimulierten sie. Ursache dieser die Handlungsfähigkeit nationaler Zentralbanken störenden gegenläufigen Zinsentwicklungen waren die umfangreichen grenzüberschreitenden Kapitaltransaktionen. Der überwiegende Teil dieser Transaktionen spielte sich zwischen europäischen Märkten ab. Mit der Schaffung einer Europäischen Zentralbank änderte sich das. Kapitaltransaktionen, die durch geld- und kreditpolitische Maßnahmen der Europäischen Zentralbank ausgelöst werden und die monetäre Politik negativ beeinflussen können, sind nur noch Transaktionen mit Ländern und Märkten außerhalb der Europäischen Währungsunion. Der Anteil internationaler Geld- und Kapitaltransaktionen am Sozialprodukt der Länder der EWU ist deutlich niedriger als er vorher, jeweils gemessen am Sozialprodukt der nationalen Volkswirtschaften, war. Damit aber besitzt die EZB völlige Handlungsfähigkeit und ist in der Lage, eine wirksame Geldund Kreditpolitik im europäischen Währungsraum zu betreiben.

II. Die Notwendigkeit einer Europäischen Währungsunion

23

5. Andere Gründe, die eine einheitliche Währung in Europa nahelegten Venneidung wechselkursbedingter Störungen innerhalb der EU: Vor der Schaffung einer EWU schwankten die Wechselkurse der Währungen innerhalb der EU, meist ausgelöst durch spekulative Transaktionen, erheblich. Wertete eine EU-Währung gegenüber den anderen EU-Währungen auf, dann beeinträchtigte das die Ausfuhr in den EU-Raum und führte zu Beschäftigungseinbußen. Wertete eine solche Währung ab, dann führten die verteuerten Einfuhren zu einer Beschleunigung des Preisauftriebs. Derartige Störungen entfallen bei einer einheitlichen Währung im EU-Raum. Entlastung von Zahlungsbilanzproblemen: Vor der EWU mußten Leistungen, die ein EU-Land in anderen EU-Ländern in Anspruch nahm, mit Devisen bezahlt werden. Die Bundesrepublik Deutschland z.B. mußte im Tourismus mit den Ländern der EWU 1997 41 Mrd. DM begleichen. Seine Einfuhren aus dem EWU-Raum betrugen 1997 338 Mrd. DM (Deutsche Bundesbank (1998 III) S. 18 und S. 26). Mit der Schaffung der EWU müssen solche Zahlungen nicht mehr in fremder Währung geleistet werden, sondern in der heimischen Währung Euro. In einer Währungsunion gibt es keine nationalen Zahlungsbilanzen mehr, sondern nur noch eine Zahlungsbilanz aller Länder des EWU-Raumes. Erhöhte Planungssicherheit der Unternehmen im EWURaum: Mit dem Fortfall von Wechselkursrisiken müssen Unternehmen nicht mehr mit Überraschungen rechnen. Immer wieder kam es vor, daß erfolgreiche Anstrengungen von Unternehmen, durch Produktivitätsfortschritt und Rationalisierung international wettbewerbsfähig zu werden, durch unerwartete Wechselkursschwankungen zunichte gemacht wurden. Solche Planungsunsicherheiten entfallen in einer Währungsunion. Private Haushalte profitieren von der Intensivierung des Wettbewerbs: Mit der Schaffung der EWU sind im Währungsraum Preise für Waren und Dienstleistungen direkt und damit leichter als vorher vergleichbar. Die Transparenz an den Märk-

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A. Der Weg zur Europäischen Währungsunion

ten nimmt zu. Das bedeutet einen intensiveren Wettbewerb. Davon aber profitiert der Konsument. Darüber hinaus müssen Private keine Gebühren mehr für Reisezahlungsmiuel entrichten, wenn sie durch den Euro-Raum reisen. Schließlich hat die Einführung einer einheitlichen Währung in Europa auch einen wichtigen politischen Aspekt. Sie hilft, den Frieden zu sichern. Kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Ländern mit einer einheitlichen Währung sind unmöglich. Die nationalen Währungen in Europa zu entnationalisieren stärkt das friedliche Miteinander dieser Staaten. Der deutsche Bundeskanzler Kohl hat diese Gedanken auf der Gipfelkonferenz der OSZE am 2. Dezember 1996 in Lissabon dargelegt. "Überkommene nationalstaatliche Kategorien, Spiele mit Koalitionen und Gegenbündnissen gehören der Vergangenheit an. Nur der beharrliche Ausbau zwischenstaatlicher Kooperation und gesamteuropäischer Integration kann auf lange Sicht Frieden schaffen." (Kohl (1996), S. 2).

B. Das Europäische System der Zentralbanken I. Die Zweistufigkeit des ESZB Die Erfahrung lehrt, daß man den Vorgang der Geld- und Kreditschöpfung in einer Volkswirtschaft oder in einem Währungsraum nicht sich selbst überlassen kann. Dann bestünde nämlich keine Gewähr, daß die Kreditgewährung und die Geldmengenentwicklung den realen Angebotsmöglichkeiten entsprechen. Es bedarf einer Steuerung monetärer Aggregate, um vor allem die Stabilität des Geldwertes sicherzustellen. Daher steht auch im Mittelpunkt der EWU eine Europäische Zentralbank als Teil des Europäischen Systems der Zentralbanken. An. 8 (ex-An. 4a) EGV: Nach dem in diesem Venrag vorgesehenen Verfahren werden ein Europäisches System der Zentralbanken (im folgenden als "ESZB" bezeichnet) und eine Europäische Zentralbank (im folgenden als "EZB" bezeichnet) geschaffen, die nach Maßgabe der Befugnisse handeln, die ihnen in diesem Venrag und der beigefügten Satzung des ESZB und der EZB (im folgenden als "Satzung des ESZB" bezeichnet) zugewiesen werden. An. 1.1. S: Das Europäische System der Zentralbanken ("ESZB") und die Europäische Zentralbank ("EZB") werden gemäß Anikel 8 (ex-An. 4a) dieses Venrags errichtet; sie nehmen ihre Aufgaben und ihre Tätigkeit nach Maßgabe diesen Venrags und dieser Satzung wahr. An. 1.2. S: Das ESZB besteht nach Artikel 107 (ex-An. 106) Absatz 1 dieses Vertrags aus der EZB und den Zentralbanken der Mitgliedstaaten ("nationale Zentralbanken"). Das Luxemburgische Währungsinstitut wird die Zentralbank Luxemburgs sein.

Im Mittelpunkt der EWU steht die Europäische Zentralbank mit Sitz in Frankfurt am Main. Ihre Beschlußorgane bestimmen die Geld- und Kreditpolitik in der EWU. Daneben besteht in jedem Mitgliedsland der EWU eine nationale Zentralbank. Diese nationalen Zentralbanken werden vor allem bei der

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Durchführung geld- und kreditpolitischer Maßnahmen eingeschaltet. Art. 14.3. S: Die nationalen Zentralbanken sind integraler Bestandteil des ESZB und handeln gemäß den Richtlinien und Weisungen der EZB. Der EZB-Rat trifft die notwendigen Maßnahmen, um die Einhaltung der Richtlinien und Weisungen der EZB sicherzustellen, und kann verlangen, daß ihm hienu alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt werden.

Die EZB und die nationalen Zentralbanken zusammen bilden das ESZB. Das ESZB ist also zweistufig konzipiert. Ein Mitgliedsland, das Großherzogtum Luxemburg, besaß keine eigene Zentralbank. Luxemburg war seit Jahrzehnten mit Belgien in einer Währungsunion verbunden. Die Geldversorgung Luxemburgs und die Geld- und Kreditpolitik in dieser Währungsunion wurde grundsätzlich von der Zentralbank Belgiens wahrgenommen. In Luxemburg bestand nur ein sogenanntes Währungsinstitut. Zusammen mit der Gründung der EZB hat das Großherzogtum eine eigene Zentralbank errichtet, die Mitglied des ·ESZB geworden ist.

11. Ziele des ESZB 1. Preisstabilität Der EG-Vertrag und die Satzung des ESZB bestimmen, daß das ESZB als vorrangiges Ziel die Preisstabilität zu gewährleisten habe. Art. 105.1. (ex-Art. 105) EGV: Das vorrangige Ziel des ESZB ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft, um zur Verwirklichung der in Artikel 2 festgelegten Ziele der Gemeinschaft beizutragen. Das ESZB handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und hält sich dabei an die im Artikel 4 (ex-Art. 3 a) genannten Grundsätze. Art. 2 S: Nach Artikel 105 Absatz 1 dieses Vertrags ist es das vorrangige Ziel des ESZB, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit

11. Ziele des ESZB

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dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft, um zur Verwirklichung der in Artikel 2 dieses Vertrags festgelegten Ziele der Gemeinschaft beizutragen. Das ESZB handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und hält sich dabei an die im Artikel 4 (ex-Art. 3 a) dieses Vertrags genannten Grundsätze.

Das Ziel des ESZB, die Preisstabilität zu gewährleisten, wirft zwei Fragen auf: Was ist unter Preisstabilität zu verstehen? Und ist eine Zentralbank in der Lage, allein Preisstabilität zu gewährleisten? Die Antwort auf die erste Frage lautet: Preisstabilität bedeutet im EG-Vertrag und in der Satzung des ESZB Preisniveaustabilität. Nicht gemeint ist Preisstabilität im Sinne einer Stabilität der Einzelpreise. Das geht aus der Formulierung hervor, daß das ESZB im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb handelt, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird. Es ist gerade Kennzeichen der freien Marktwirtschaft, daß die Flexibilität der einzelnen Preise das Was, Wo und Wie der Produktion steuern. Die Wettbewerbspolitik in einer freien Marktwirtschaft soll diese Flexibilität daher aufrechterhalten. Das ESZB hat somit nicht die Aufgabe für Stabilität der Einzelpreise zu sorgen, sondern für die Stabilität des Durchschnitts aller Preise, also für die Stabilität des Preisniveaus. Die Frage, ob eine Zentralbank in der Lage ist, allein mit den ihr gegebenen Befugnissen Preisstabilität zu sichern, hat der Gesetzgeber in der Bundesrepublik Deutschland bei der Formulierung des Bundesbankgesetzes skeptisch beurteilt: "Es kommt hinzu, daß nicht allein die Notenbank für die Sicherung der Währung verantwortlich ist. Ihre Währungspolitik ist zwar von wesentlicher Bedeutung, aber ihr Erfolg ist letzten Endes nur garantiert bei einer gleichgerichteten, also die Sicherung der Währung fördernden oder doch jedenfalls nicht gefährdenden Politik der Regierung und aller sonst verantwortlichen Instanzen, insbesondere auf dem Gebiet der Lohn-, Preis-, Handels- und Sozialpolitik. Deshalb ist eine gute Zusammenarbeit

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

aller verantwortlichen Instanzen unter Einschluß der Notenbank nicht minder wichtig als deren noch zu behandelnde Unabhängigkeit von anderen Instanzen. ... Diesen Beispielen folgt der vorliegende Entwurf mit der bewußt allgemein gefaßten Formel: ,Die Währung nach innen und außen zu sichern"'. (Deutscher Bundestag (1956) S. 23) Die Formulierung "die Preisstabilität zu gewährleisten" basiert auf der theoretischen Vorstellung, daß eine angemessene Geldmengensteuerung notwendige und hinreichende Bedingung für Preisstabilität sei. In der Volkswirtschaft hat sich aber immer wieder gezeigt, daß monokausale Erklärungen, wie z. B. der Satz, Veränderungen der Geldmenge bestimmen Veränderungen der Preissteigerungsraten, in der Wirklichkeit unzureichend sind. Die Vielfalt der Einflüsse, neben Geldmengenveränderungen, muß beachtet werden. Angemessene Geldmengenveränderungen sind eine notwendige, aber keinesfalls eine hinreichende Bedingung für Preisstabilität. Hinreichend ist das erst, wenn alle, die wirtschaftliche Macht ausüben können, neben der Zentralbank die übrige Wirtschaftspolitik, die Gewerkschaften und auch große Unternehmen, sich strategiegerecht verhalten.

2. Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft Das ESZB hat die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft zu unterstützen, sofern das nicht das Ziel der Preisstabilität beeinträchtigt. Damit soll das ESZB dazu beitragen die in Artikel 2 EGV festgelegten Ziele der Gemeinschaft zu verwirklichen. Diese Ziele sind eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz, die Gleichstellung von Männern und Frauen, ein beständiges, nichtinflationäres Wachstum, ein hoher Grad an Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz der Wirtschaftsleistungen, ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität, die Hebung des Lebensstandards und der

11. Ziele des ESZB

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Lebensqualität, der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten. Wirtschaftspolitisch bedeutsam sind dabei die Ziele hohes Beschäftigungsniveau, ein beständiges nichtinflationäres Wachstum und die Konvergenz der Wirtschaftsleistungen. Diese wirtschaftspolitischen Ziele werden nur zu verwirklichen sein, wenn alle wirtschaftspolitischen Institutionen, also auch das ESZB, auf der Basis einer einheitlichen wirtschaftspolitischen Strategie zielgerichtet zusammenwirken. Der Vertrag sieht daher vor: Art. 4.1. (ex-Art. 3a) EGV: Die Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 umfaßt ... die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die auf einer engen Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, dem Binnenmarkt und der Festlegung gemeinsamer Ziele beruht und dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist.

Die Wirtschaftspolitik wird grundsätzlich nationalstaatlich durchgeführt. So kommt der Koordinierung ein hoher Stellenwert zu. Der Vertrag widmet daher auch diesem Thema größere Aufmerksamkeit. Er legt fest, Art. 99.1. (ex-Art. 103): Die Mitgliedstaaten betrachten ihre Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamen 1nteresse und koordinieren sie im Rat ....

Dabei ist folgendes Prozedere vorgesehen: Der Rat, im allgemeinen die Wirtschafts- und Finanzminister, erstattet dem Europäischen Rat, also den Staatschefs, unter Mitwirkung der Kommission einen Bericht über die vorgesehenen Grundzüge der Wirtschaftspolitik. Der Europäische Rat zieht daraus seine wirtschaftspolitischen Schlußfolgerungen, auf deren Grundlage den Mitgliedsländem Grundzüge der Wirtschaftspolitik empfohlen werden. Der Rat überwacht anhand von Berichten der Kommission die wirtschaftliche Entwicklung der Mitgliedstaaten und bewertet in regelmäßigen Abständen, ob deren Wirtschaftspolitik mit den wirtschaftspolitischen Grundzügen vereinbar ist. Der Rat kann einzelnen Mitgliedstaaten Empfehlungen geben, wenn die Wirtschaftspolitik dieses Mitgliedstaates mit den wirtschaftspolitischen Grundzügen der Gemeinschaft nicht vereinbar ist.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Bei einem derartigen Koordinierungsverfahren ist es unerläßlich, neben den allgemein formulierten wirtschaftspolitischen Grundsätzen auch einen quantitativen Rahmen vorzugeben. Er soll dazu beitragen, daß die Finanzpolitik und die Geldpolitik bei ihrer Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik auf gleicher quantitativer Basis operieren. Die quantitativen Vorgaben sollen aber auch den Sozialpartnern eine Orientierungshilfe bieten, um sich strategiegerecht zu verhalten. Bewährt hat sich in der Bundesrepublik Deutschland eine von der Deutschen Bundesbank praktizierte potentialorientierte Geldund Kreditpolitik. Es ist zweckmäßig, eine solche Potentialorientierung für die gesamte Wirtschaftspolitik in der EU anzuwenden. Der Kemgedanke der Potentialorientierung ist, die Angebotsmöglichkeiten zu ermitteln und die volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage diesen Angebotsmöglichkeiten anzupassen. Die Wachstumsrate des Produktionspotentials wird in der EU, also in Industrieländern, neben den Bevölkerungsveränderungen in erster Linie vom technischen und organisatorischen Fortschritt bestimmt, der sich in einer Zunahme der Arbeitsproduktivität niederschlägt. Das Ziel eines hohen Beschäftigungsgrades soweit er noch nicht erreicht ist - kann man nur dann realisieren, wenn die Wachstumsrate des Produktionspotentials verwirklicht und dazu der Auslastungsgrad des Produktionspotentials erhöht wird, ohne dabei Preissteigerungsgefahren auszulösen. Beides, die Wachstumsrate des Produktionspotentials und der höhere Auslastungsgrad, ergibt die Angebotsmöglichkeiten, d. h. die anzustrebende Zuwachsrate des realen Sozialprodukts wyr'. Sie ist eine Zielgröße der Wirtschaftspolitik. Eine zweite Zielgröße ist die unvermeidliche Preissteigerungsrate wpu • Sie muß in der Zielperiode - sofern nicht schon Preisstabilität gegeben ist - niedriger sein als die aktuelle Preissteigerungsrate. Bei der Bemessung dieser Zielgröße ist darauf zu achten, daß der zur Zielerreichung notwendige restriktive Einfluß nicht so stark ist, daß er das Wachstumsziel, die anzustrebende Zuwachsrate des realen Sozialprodukts, gefahrdet. Die Summe aus Zuwachsrate des realen Sozialprodukts und der unvermeidlichen Preissteigerungsrate ergibt die anzustrebende

11. Ziele des ESZB

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Zuwachsrate des nominalen Sozialprodukts w yn '. Somit enthält dieser Ansatz implizit ein nominales Einkommensziel.

Gelingt es der Wirtschaftspolitik, diese wirtschaftspolitischen Zielgrößen zu erreichen, dann wird ein angemessenes Wirtschaftswachstum bei höherem Grad an Preisstabilität als vorher verwirklicht. Durch die bessere Auslastung des Produktionspotentials steigt die Beschäftigung und vermindert sich die Arbeitslosigkeit. Zur Zielerreichung trägt einmal die Finanzpolitik bei. Entsprechend den Zielgrößen hat sie die Zuwachsrate öffentlicher Ausgaben w/ festzulegen, die den Zielgrößen adäquat ist. Dabei muß sie den Erfahrungswert der Elastizität des nominalen Sozialprodukts in Bezug auf öffentliche Ausgaben Cy,F berücksichtigen. Wyr'

+ W pu

=

w/ Ey,F

Die Geld- und Kreditpolitik kann zum angemessenen Wirtschaftswachstum und zur Preisstabilität beitragen, in dem sie die Zuwachsraten der monetären Aggregate, z. B. die Zuwachsrate der Geldmenge WM', den anzustrebenden wirtschaftspolitischen Zielgrößen anpaßt. Sie hat dabei die Veränderungsrate der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes W v zu beachten.

Eine Kooperation zwischen den Mitgliedsländern der EWU in der Finanzpolitik und mit der EZB auf einer solchen abgestimmten quantitativen Basis wird die Erfolgsaussichten der Wirtschaftspolitik erheblich verbessern. Eine wichtige Rolle bei der Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der EU ist dem ECOFIN-Rat, dem Rat der Wirtschafts- und Finanzminister , zugedacht.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Pkt. 6 E-Koord.: Der ECOFlN-Rat ist gemäß dem Vertrag das zentrale Gremium für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und befugt, in den entsprechenden Bereichen tätig zu werden. Der ECOFIN-Rat ist insbesondere das einzige Gremium, das befugt ist, die Grundzüge der Wirtschaftspolitik, die das Hauptinstrument der wirtschaftspolitischen Koordinierung darstellen, zu formulieren und zu yerabschieden.

Der ECOFIN-Rat kann sich auch informell treffen, um Fragen zu erörtern, die im Zusammenhang mit der gemeinsam getragenen Verantwortung für den Euro stehen. Solche Gespräche werden zusammen mit einem Vertreter der Kommission und gegebenenfalls mit einem Vertreter der EZB geführt.

3. Der Wirtschafts- und Finanzausschuß Der EG-Vertrag sieht einen Wirtschafts- und Finanzausschuß vor. Dieses Gremium ist geeignet, die Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft zu fördern. Art. 114.2. (ex-Art. 109c) EGV: Mit Beginn der dritten Stufe wird ein Wirtschafts- und Finanzausschuß eingesetzt. ...

Der Ausschuß kann bei 15 Mitgliedstaaten der EU maximal 34 Mitglieder umfassen. Jeder Mitgliedstaat sowie die Kommission und die EZB ernennen jeweils höchstens zwei Mitglieder. Der Rat hat das Recht, im einzelnen festzulegen, wie sich der Ausschuß zusammensetzt. Der Wirtschafts- und Finanzausschuß hat einmal Aufgaben (Art. 114,2 EGV), die er regelmäßig erfüllen muß. Dazu

gehört, "die Wirtschafts- und Finanzlage der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft zu beobachten und dem Rat und der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu erstatten, insbesondere über die finanziellen Beziehungen zu dritten Ländern und internationalen Einrichtungen." Solange es noch Mitgliedstaaten der EU gibt, die nicht Mitglied der EWU sind, hat der Ausschuß auch noch die Aufgabe, "die Währungs- und Finanzlage sowie den allgemeinen Zahlungsverkehr der betreffenden Mitgliedstaaten zu beobachten und dem Rat und der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu erstatten." (Art. 114.4 EGV).

III. Änderung der Ziele nationaler Zentralbanken

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Darüber hinaus kann der Ausschuß von sich aus Stellungnahmen an den Rat oder die Kommission abgeben. Er hat damit die Möglichkeit, zu einer befriedigenden Kooperation im Bereich der Wirtschaftspolitik, so auch zwischen der EZB und ihrer Geldpolitik sowie den Mitgliedstaaten und ihrer Finanzpolitik beizutragen. Stellungnahmen muß der Ausschuß auch abgeben, wenn der Rat oder die Kommission ihn darum ersucht. Bei bestimmten Aktivitäten des Rates oder der Kommission hat der Ausschuß das Recht mitzuwirken. Bei der Koordination der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft geschieht dies, wenn die Grundzüge der Wirtschaftspolitik (Art. 99,2 - 5 - exArt. 103 - EGV) erstellt und später überwacht werden. Eingeschaltet ist der Ausschuß ebenfalls bei der Überwachung der Haushaltslage der Mitgliedstaaten (Art. 104 - ex-Art. 104c EGV). Auch bei anderen möglichen Aktivitäten des Rates wirkt der Ausschuß mit. Das gilt z.B. für Schutzmaßnahmen im Kapitalverkehr mit Drittländern, die die Gemeinschaft oder einzelne Mitgliedsländer ergreifen wollen, wenn schwerwiegende Störungen vorliegen (Art. 59 u. 60 - ex-Art. 73f u. 73g - EGV). Bei der Übertragung von aufsichtsrechtlichen Befugnissen über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute an die EZB (Art. 105,6 EGV), bei Maßnahmen des Rates, mit denen die Stücklung und die Merkmale von Münzen in der EWU harmonisiert werden sollen (Art. 106,2 - ex-Art. 105 a - EGV) oder bei Änderungen der Satzung des ESZB (Art. 107,5 - ex-Art. 106 - EGV) ist das Votum des Wirtschafts- und Finanzausschusses gefragt.

ill. Änderung der Ziele nationaler Zentralbanken in der EWU Vor der Errichtung der EWU hatten die nationalen Zentralbanken die Aufgabe, das in dem betreffenden Land umlaufende Geld in seinem Wert stabil zu halten. Das Ziel, das die Deutsche Bundesbank anstrebte, lautete: § 3 BBkG (1992): Die Deutsche Bundesbank regelt mit Hilfe der währungspolitischen Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen, den Geldumlauf und die Kreditversorgung der Wirtschaft mit 3 Köhler

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

dem Ziel, die Währung zu sichern, und sorgt für die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Inland und mit dem Ausland.

Mit der Gründung der EWU wird das Ziel Preisstabilität bzw. Währung sichern von der EZB wahrgenommen. Das bedeutete, die Mitgliedstaaten der EWU hatten die Gesetze und Satzungen ihrer nationalen Zentralbanken entsprechend anzupassen. Art. 109 (ex-Art. 108) EGV: Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, daß spätestens zum Zeitpunkt der Errichtung des ESZB seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften einschließlich der Satzung seiner Zentralbank mit diesem Vertrag sowie mit der Satzung des ESZB im Einklang stehen.

Der Konvergenzbericht, den das EWI nach Artikel l09j (neu 121) des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Ende März 1998 vorlegen mußte, enthält einen Anhang "Vereinbarkeit der innerstaatlichen Rechtsvorschriften einschließlich der Satzungen der nationalen Zentralbanken (NZBen) mit dem Vertrag / der Satzung unter besonderer Berücksichtigung der Anpassungen nach Artikel 108 (neu 109) des Vertrags im Hinblick auf Stufe drei." Dort wird für jedes Mitgliedsland beschrieben, welche Rechtsvorschriften und wie sie dem EG-Vertrag angepaßt wurden. (EWI (1998)). Im Falle der Bundesrepublik Deutschland lautet z.B. das Ziel der Deutschen Bundesbank nunmehr: § 3 BBkG (1997): Die Deutsche Bundesbank ist als Zentralbank der Bundesrepublik . Deutschland integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken. Sie wirkt an der Erfüllung seiner Aufgaben mit dem vorrangigen Ziel mit, die Preisstabilität zu gewährleisten, und sorgt für die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Inland und mit dem Ausland. Sie nimmt darüber hinaus die ihr nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften übertragenen Aufgaben war.

Die Deutsche Bundesbank ist damit in das ESZB eingebunden. Deren Zielsetzung ist ausdrücklich in das Bundesbankgesetz übernommen worden. Der Hinweis auf darüber hinaus gehende Aufgaben betreffen z. B. die Beteiligung der Deutschen Bundesbank an der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich oder ihre Mitwirkung bei der nationalen Bankenaufsicht.

IV. Grundlegende Aufgaben des ESZB

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IV. Grundlegende Aufgaben des ESZB Neben dem Ziel des ESZB, vorrangig Preisstabilität zu gewährleisten und die allgemeine Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft zu unterstützen, ohne das Ziel der Preisstabilität zu gefährden, überträgt der EG-Vertrag dem ESZB noch einige grundlegende Aufgaben. Art. 105.2. (ex-Art. 105) EGV und sinngemäß Art. 3 S: Die grundlegenden Aufgaben des ESZB bestehen darin, - die Geldpolitik der Gemeinschaft festzulegen und auszuführen, - Devisengeschäfte im Einklang mit Artikel 111 (ex-Art. 109) durchzuführen, - die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten, - das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.

1. Festlegung und Ausübung der Geldpolitik der Gemeinschaft Im Mittelpunkt der Tätigkeit des ESZB steht eine Geldpolitik, die auf das vorrangige Ziel der Preisstabilität ausgerichtet ist. Eine Geldpolitik erfolgreich zu führen verlangt eine monetäre Strategie, an der sich die geld- und kreditpolitischen Maßnahmen orientieren. Um eine solche Strategie festzulegen, sind Erfahrungen mit den Zusammenhängen relevanter Größen, wie z. B. zwischen Geldmengenveränderung und Preisentwicklung oder Zinsveränderungen und der Preisentwicklung, erforderlich. Diese Erfahrungen muß der EZB-Rat erst noch machen. Das erfordert Zeit. Im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten für das ESZB durch das EWI wurden verschiedene Strategien diskutiert, die Preisstabilität herbeiführen und sichern sollen: "die Vorgabe eines Wechselkursziels, eines Zinsziels, eines (nominalen) Einkommensziels, eines Geldmengenziels und das direkte Ansteuern eines Inflationsziels." (EWI (1997 I), S. 8). Ein Wechselkursziel wurde verworfen, weil es zwar für kleine Volkswirtschaften geeignet ist, nicht jedoch für den großen europäischen Wäh3'

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

rungsraum. Ebenfalls verworfen wurde das Zinsziel. Man sah keine ausreichende Möglichkeit, den realen Gleichgewichtszins zu bestimmen, der mit Preisstabilität vereinbar ist. Nicht akzeptabel erschien dem EWI auch die Festlegung eines Ziels für das nominale Einkommen. Man argumentierte, daß die nominalen Einkommen schwierig zu kontrollieren seien, es zu Fehlinterpretationen des Endziels des ESZB kommen könnte und unter Umständen beträchtliche Datenrevisionen des nominalen Einkommens notwendig seien. Die Vorarbeiten des EWI legten mithin nahe, daß zwei monetäre Strategien empfehlenswert seien; "zum einen die Verfolgung eines Geldmengenziels und zum anderen ein direktes Inflationsziel. " (EWI (1997 I), S. 8). Zu einem gleichen Ergebnis kam die Deutsche Bundesbank: "Offensichtlich kommen für die Europäische Zentralbank nur die Geldmengenpolitik und das direkte Inflationsziel als ernsthafte Kandidaten in Frage." (Deutsche Bundesbank (1997 I), S. 6). Eine Empfehlung, welcher der beiden Strategien der Vorzug gegeben werden sollte, wurde weder vom EWI noch von der Bundesbank gegeben. Dabei wies die Bundesbank darauf hin, daß die nationalen Erfahrungen über die Wirkungen von geldpolitischen Maßnahmen in der Vergangenheit nicht automatisch auf Europa übertragen werden könnten. Außerdem seien die geldpolitischen Wirkungsmechanismen in der EWU nicht einfach ein Durchschnitt der nationalen Erfahrungen. Wesentlich ist der Hinweis im Bericht des EWI, daß die Anwendung der Geldmengenregel oder des direkten Inflationsziels gezeigt habe, "daß es mehrere Varianten gibt, die Elemente beider Strategien enthalten." (EWI (1997 I), S. 8). Eine solche Strategie sollte auch das ESZB anstreben. Im Abschnitt B. ll. 2 "Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft" wurde ein potentialorientierter wirtschaftspolitischer Ansatz vorgestellt. Sein Ziel ist es, die Kooperation in der Wirtschaftspolitik der Europäischen Union und damit auch in den EWU-Mitgliedstaaten zu erleichtern. In diesem Ansatz enthalten war einmal das wirtschaftspolitische Ziel angemessenes Wirtschaftswachstum, d. h. eine anzustre-

IV. Grundlegende Aufgaben des ESZB

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bende Zuwachsrate des realen Sozialprodukts wy / . die dazu beiträgt. die Beschäftigung zu erhöhen und die Arbeitslosigkeit zu verringern. Zum anderen enthielt der potentialorientierte Ansatz das Ziel Preisstabilität in der Fonn einer, unvenneidlichen Preissteigerungsrate wpu • Aufgabe der Geld- und Kreditpolitik der EZB ist es. die monetäre Größe Zuwachsrate der Geldmenge WM. unter Berücksichtigung des Erfahrungswertes der Veränderung der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes W v • den Zielgrößen anzupassen.

Ein solcher Ausdruck ennöglicht der EZB sowohl die Preissteigerungsrate als auch die Geldmenge als geld- und kreditpolitisches Ziel ihrer Politik zugrunde zu legen.

Wird ein Preisziel. z. B. eine Preissteigerungsrate von 2 vH. angesteuert. dann hat die Zentralbank bei konstanter Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes darauf zu achten. daß die Zuwachsrate der Geldmenge die Wachstumsrate des anzustrebenden realen Sozialprodukts um nicht mehr als 2 vH übersteigt. Eine positive oder negative Veränderungsrate der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes führt zu einer entsprechenden Verringerung oder Erhöhung der Zuwachsrate der Geldmenge. Setzt sich das ESZB dagegen ein Geldmengenziel

dann muß die EZB dafür sorgen. daß die Zuwachsrate der Geldmenge der Zuwachsrate des anzustrebenden realen Sozialprodukts zuzüglich der unvenneidlichen Preissteigerungsrate entspricht. Sie hat dabei die Veränderungsrate der Umlaufs geschwindigkeit des Geldes zu berücksichtigen. Das ESZB wird zunächst nur auf der Basis einfacher monetärer Ansätze operieren können. Erst wenn das gesamte wirtschaftliche Umfeld der EWU bekannt ist. die Stringenz der

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Zusammenhänge wirtschaftlicher Größen geprüft und die Wirkungsmechanismen der Geldpolitik in der EWU deutlich werden, kann an Ansätze, wie z. B. die potentialorientierte Geld- und Kreditpolitik, gedacht werden. Die vom EZB-Rat beschlossene monetäre Strategie gibt der Geldmenge eine "herausragende Rolle" (EZB (1998 VI), S. 1). So legt der EZB-Rat seiner Geldpolitik einen Referenzwert für das Wachstum der Geldmenge zugrunde. Er geht davon aus, daß eine solche Zuwachsrate der Geldmenge hilfreich ist, das eigentliche Ziel des ESZB, Preisstabilität, zu erreichen. Preisprognosen wird die EZB nicht veröffentlichen. Der EZB-Rat war sich von Anfang an klar darüber, daß die Verwirklichung einer bestimmten von ihm festgelegten Zuwachsrate der Geldmenge zwar eine notwendige, aber keinesfalls eine hinreichende Bedingung für die Zielerreichung ist. "Zwar enthalten die Geldmengenaggregate wichtige und relevante Informationen für die geldpolitischen Entscheidungen, doch spiegelt die monetäre Entwicklung nicht die Gesamtheit der Informationen über die Wirtschaft wider, die für die Festlegung einer angemessenen Geldpolitik notwendig sind." (EZB (1998 V), S. 8). Daher hat er seine geldpolitische Strategie über die Geldmenge hinaus auf eine breitere Basis gestellt. Um abschätzen zu können, ob Gefahren für die Preisstabilität bestehen, sind viele Einflüsse zu berücksichtigen. Dazu gehören neben der Geldmengenentwicklung die Kreditgewährung, die Wechselkursbewegungen des Euro gegenüber dem US-Dollar und dem Yen, die Lohnabschlüsse, das Verhalten öffentlicher Haushalte, die Veränderungen der terms of trade und Veränderungen in der Leistungs- und Kapitalbilanz des EWU-Raumes gegenüber der übrigen Welt. Es "besteht eindeutig die Notwendigkeit, auch andere Indikatoren zu berücksichtigen. Parallel zur Analyse des Geldmengenwachstums in Relation zum Referenzwert wird daher eine auf breiter Basis erfolgende Beurteilung der Aussichten für die Preisentwicklung und der Risiken für die Preisstabilität im Euro-Währungs gebiet in der Strategie des ESZB eine wichtige Rolle spielen. Für diese Beurteilung wird ein breites Spektrum wirtschaftlicher und finanzieller

IV. Grundlegende Aufgaben des ESZB

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Größen als Indikatoren der künftigen Preisentwicklung herangezogen." (EZB (1998 V), S. 8). Nicht allein die Abweichung des Geldmengenwachstums vom festgelegten Referenzwert bestimmt das geldpolitische Handeln der EZB. Vielmehr ist es das Ergebnis der Analyse aller relevanten Faktoren, das Geldmengenwachstum eingeschlossen, die den Ausschlag für zu ergreifende oder zu unterlassende Maßnahmen gibt. "Abweichungen des aktuellen monetären Wachstums vom Referenzwert würden - unter normalen Bedingungen - Risiken für die Preisstabilität anzeigen. Das Konzept eines Referenzwertes bedeutet jedoch keine Verpflichtung zu einer mechanischen Korrektur von Abweichungen auf kurze Sicht." (EZB (1998 VI), S. 3). Die Strategie der EZB ist nicht auf kurze Sicht angelegt. Vielmehr ist sie mittelfristig orientiert. So wird die EZB weder auf kurzfristige Ausschläge der Zuwachsrate der Geldmenge mit geld- und kreditpolitischen Eingriffen reagieren, noch auf kurzfristige Preisschwankungen. Die EZB betont, "daß die Geldpolitik eine vorausschauende, mittelfristige Orientierung haben muß. Sie trägt zugleich der Existenz kurzfristiger Preisschwankungen Rechnung, die von der Geldpolitik nicht gesteuert werden können." (EZB (1998 V), S. 7). Die monetäre Strategie des ESZB ist darauf gerichtet, die wirtschaftliche Entwicklung zu verstetigen, um mittelfristig Preisstabilität zu gewährleisten. Das Ziel des ESZB, Preisstabilität, hat der EZB-Rat definiert. Von den vielen möglichen Preiskategorien legt er seinem Ziel die Verbraucherpreise zugrunde. Nur die Verbraucherpreise waren zu Beginn der EWU ausreichend harmonisiert. Ein Harmonised Index of Consumer Prices war verfügbar. Auch quantitativ hat der EZB-Rat das Ziel Preisstabilität umrissen: "Preisstabilität wird definiert als Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von unter 2% gegenüber dem Vorjahr" (EZB (1998 VI), S. 1 f.). Die Geld- und Kreditpolitik wirkt stets auf den gesamten einheitlichen Währungsraum. Sie ist nicht regionalisierbar. Daher benutzt die EZB auch einen Preisindex, der die Preisentwick-

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

lung des gesamten EWU-Raumes widerspiegelt. "Mit der Konzentration auf den HVPI ,für das Euro-Währungsgebiet' macht der EZB-Rat deutlich, daß er seine Entscheidungen auf die monetäre, wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung im gesamten Euro-Währungs gebiet stützen wird. Die einheitliche Geldpolitik wird auf das gesamte Euro-Währungs gebiet ausgerichtet. Sie wird nicht auf bestimmte regionale oder nationale Entwicklungen reagieren." (EZB (1998 VI), S. 2).

2. Das Problem des elektronischen Geldes Zentralbanken sind besorgt über die Entwicklungen im Bereich des elektronischen Geldes, dem sogenannten E-Geld. Dazu zählen die vorausbezahlten multifunktionalen Karten (Prepaid Cards) ebenso wie die Zahlungsmittel im Computernetzwerk (Internet-Geld). Das besondere Problem besteht darin, daß dieses E-Geld nicht nur von Kreditinstituten, sondern auch von Nichtbanken ausgegeben wird. Die Gefahr ist, daß den Zentralbanken durch diese Nichtbanken-Emissionen die Herrschaft über die Geld- und Kreditschöpfung langsam entgleitet. Daher hat sich schon das EWI frühzeitig mit dem E-Geld befaßt und im März 1998 dazu Stellung genommen: "Die Ausgabe von elektronischem Geld wird sich voraussichtlich in Zukunft erheblich auf die Geldpolitik auswirken. Aus diesem Grund erachten es die EU-Zentralbanken als wichtig, eindeutige Regeln über die Ausgabe von E-Geld festzulegen." (EWI (1998 11), S. 82). Das EWI stellte dabei Forderungen auf, die zukünftig erfüllt werden sollten. Zu diesen Anforderungen zählen, u. a.: E-Geld muß klar definiert und statistisch erfaßt werden. Es muß der Bankenaufsicht und der Mindestreservepflicht unterliegen. E-Geld ähnelt Sichteinlagen. Es muß daher, wenn das gewünscht wird, in Zentralbankgeld umgewandelt werden können. Ein Weg, diese Forderungen zu erfüllen, wäre, die Ausgabe von E-Geld auf Kreditinstitute zu beschränken. Man könnte aber auch verlangen, daß Emittenten von E-Geld, die heute

N. Grundlegende Aufgaben des ESZB

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Nichtbanken sind, den EU-Richtlinien über Banken (Erste Bankenrechtskoordinierungsrichtlinie) unterworfen werden. E-Geldprobleme, insbesondere Fragen des Internet-Geldes, lassen sich allein im EU-Raum nicht lösen. Es ist daher notwendig, in diesem Bereich international zu kooperieren. Welche große Bedeutung dem Thema des E-Geldes beigemessen wird, geht daraus hervor, daß die EZB bereits im August 1998 ihrerseits einen Bericht über elektronisches Geld vorgelegt hat. Sie erhebt dort dieselben Forderungen; die das EWI erhoben hatte. Die EZB schlägt eine Übergangslösung vor, die zunächst keine Mindestreservepflicht vorsieht. Nichtbankenemittenten von E-Geld können weiterhin Zahlungsverkehrsdienstleistungen im Geweiligen) Inland anbieten. "Es sollte behördlicherseits sichergestellt werden, daß E-Geld-Systeme die in dem Bericht festgelegten Mindestanforderungen erfüllen. Zwei Funktionen, nämlich die Überwachung der Zahlungssysteme durch die Zentralbanken und die Bankenaufsicht, werden zur Erreichung dieses Ziels beitragen." EZB (1998), S. 3).

3. Statistiken für die Geld- und Kreditpolitik Keine wirtschaftspolitische Institution ist in ihrer Aufgabenerfüllung so stark von verläßlichen Statistiken abhängig wie eine Zentralbank. Das ist der Grund, daß man der EZB gestattet, Statistiken zu erheben. Art. 5.1. S: Zur Wahrnehmung der Aufgaben des ESZB holt die EZB mit Unterstützung der nationalen Zentralbanken die erforderlichen statistischen Daten entweder von den zuständigen nationalen Behörden oder unmittelbar von den Wirtschaftssubjekten ein . ... " Art. 5.2. S: Die in Artikel 5.1 bezeichneten Aufgaben werden soweit wie möglich von den nationalen Zentralbanken ausgeführt.

Die EZB wird in der Satzung des ESZB aufgefordert, bei der Erhebung von Statistiken mit den Organen und Einrichtungen der Gemeinschaft, den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder dritter Länder sowie mit internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten. Bestimmungen und Gepflogenheiten auf dem Gebiet der Erhebung sollen harmonisiert werden.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Die Kompetenz der EZB, Statistiken zu erheben, ist eine Ausnahme in der EU. In allen anderen Fällen Art. 285.1. (ex-Art. 213a) EGV: ... beschließt der Rat gemäß dem Verfahren des Artikels 251 (ex-Art. 189b) Maßnahmen für die Erstellung von Statistiken, wenn dies für die Durchführung der Tätigkeiten der Gemeinschaft erforderlich ist.

Die statistische Erfassung des monetären Sektors verlangt eine Definition der Unternehmen und Einrichtungen, von denen monetäre Statistiken anzufordern sind. Diese Unternehmen und Einrichtungen werden als "Monetäre Finanzielle Institute (MFI)" bezeichnet. Zu ihnen "gehören die Zentralbanken und diejenigen Institute, die nach Gemeinschaftsrecht als "Kreditinstitute" gelten. Dazu kommen einige andere finanzielle Institute, die Einlagen des Publikums entgegennehmen oder - als den Einlagen nahestehende Substitute - verbriefte Verbindlichkeiten emittieren und Kredite - auch in Form des Wertpapierkaufs - gewähren. Nach dieser Definition ... sind beispielsweise Geldmarktfonds zu den MFI zu zählen." (Deutsche Bundesbank (1996), S. 12). Eine bestimmte Geldmengendefinition wird bei der statistischen Erhebung nicht von vornherein festgelegt. Vielmehr werden verschiedene Laufzeitkategorien erfaßt. Der EZB-Rat kann dann daraus die ihm zweckmäßig erscheinenden monetären Aggregate zusammenstellen. Ganz allgemein stellte er fest: "Die Geldmenge enthält den Bargeldumlauf sowie die monetären Verbindlichkeiten (Einlagen und andere Finanzinstrumente, die Einlagensubstitute im engeren Sinne sind) der MFI' s." (EZB (1998 II) S. 99). In der EWU gibt es keine nationalen Zahlungsbilanzen mehr, sondern nur eine Zahlungsbilanz des EWU-Raumes mit der übrigen Welt. Für die statistische Erfassung war es notwendig, gleiche Konzepte und Definitionen zu entwickeln, um vergleichbare Daten von den nationalen Volkswirtschaften und damit eine zuverlässige Zahlungsbilanz für den Währungsraum zu erhalten.

IV. Grundlegende Aufgaben des ESZB

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4. Die Devisengeschäfte des ESZB a) Geld- und devisenmarktpolitische Aspekte

Eine der grundlegenden Aufgaben des ESZB ist es, Devisengeschäfte im Einklang mit Artikel 111 (ex-Art. 109) EGV durchzuführen. Die Satzung des ESZB räumt der EZB, aber auch den nationalen Zentralbanken, einen großen Spielraum für Transaktionen an den Devisenmärkten ein. Art. 23 S: Die EZB und die nationalen Zentralbanken sind befugt, - mit Zentralbanken und Finanzinstituten in dritten Ländern und, soweit zweckdienlich, mit internationalen Institutionen Beziehungen aufzunehmen; - alle Arten von Devisen und Edelmetalle per Kasse und per Termin zu kaufen und zu verkaufen; der Begriff "Devisen" schließt Wertpapiere und alle sonstigen Vermögenswerte, die auf beliebige Währungen oder Rechnungseinheiten lauten, unabhängig von deren Ausgestaltung ein; - die in diesem Artikel bezeichneten Vennögenswerte zu halten und zu verwalten; - alle Arten von Bankgeschäften, einschließlich der Aufnahme und Gewährung von Krediten, im Verkehr mit dritten Ländern sowie internationalen Organisationen zu tätigen.

Diese Befugnisse, die der EZB und den nationalen Zentralbanken übertragen wurden, haben einen geld- und kreditpolitischen und einen devisenmarktpolitischen Aspekt. Der geld- und kreditpolitische Aspekt betrifft ein von Zentralbanken eingesetztes geld- und kreditpolitisches Instrumentarium, die Devisenswappolitik. Um z. B. zusätzlich Zentralbankgeld dem Geldmarkt zuzuführen, kaufen die Zentralbanken per Kasse von den Banken Devisen, meist US-Dollar. Diese Geschäfte sehen vor, daß die Kreditinstitute nach einer festgelegten Frist, also per Termin, die Dollar zum ursprünglichen Devisenkurs wieder zurückkaufen. Die Banken werden durch einen von der Zentralbank zu zahlenden Swapsatz an solchen Abschlüssen interessiert. Der devisenmarktpolitische Aspekt des Artikels 23 der Satzung des ESZB ist, daß die EZB, wenn erforderlich, an den Devisenmärkten intervenieren kann. Sie kann Devisen aus dem

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Markt nehmen oder ihm zuführen. Sie kann mit beteiligten dritten Zentralbanken kooperieren. Das ESZB ist befugt, mit internationalen Institutionen Beziehungen aufzunehmen. Das ist bedeutsam vor allem im Hinblick auf die Rolle des Internationalen Währungsfonds. Das ESZB wird in ständigem Kontakt mit dem IWF stehen, zu desssen Aufgaben es gehört, die Weltwährungsordnung zu überwachen. b) Die Dominanz des Europäischen Rates in Wechselkurs/ragen

Der Artikel 105,2 EGV und der Artikel 3 der Satzung des ESZB sehen vor, daß die Devisengeschäfte "im Einklang mit Artikel 111 (ex-Art. 109)" des EG-Vertrages durchzuführen sind. In diesem Artikel wird klargestellt, daß die Festlegung von Wechselkurs-Abkommen grundsätzlich in die Verantwortung des Europäischen Rates fällt. Der Artikel 111 (ex-Art. 109) EGV gestattet dem Rat, Vereinbarungen zu treffen - über ein Wechselkurssytem für den Euro gegenüber Drittwährungen, - die Euro-Leitkurse innerhalb des EWS festzulegen, zu ändern oder aufzugeben, - allgemeine Orientierungen für die Wechselkurspolitik aufzustellen und - über die Modalitäten bei der Aushandlung von Vereinbarungen mit anderen Staaten oder internationalen Organisationen. - Der Rat legt den einheitlichen Standpunkt der Gemeinschaft auf internationaler Ebene fest. c) Wechselkursvereinbarungen mit Drittländern

Der Rat kann nach An. 111.1. (ex-An. 109) EGV: ... förmliche Vereinbarungen über ein Wechselkurssystem für die ECU [Euro] gegenüber Drittlandswährungen treffen. ... .

IV. Grundlegende Aufgaben des ESZB

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Art. 111.2. (ex-Art. 109) EGV: Besteht gegenüber einer oder mehreren Drittlandswährungen kein Wechselkurssystem nach Absatz 1, so kann der Rat . .. allgemeine Orientierungen für die Wechselkurspolitik gegenüber diesen Währungen aufstellen. ...

Die durch Punkte angedeuteten Fortlassungen im Vertragstext betreffen Verfahrensregelungen, von denen einige für die Arbeit des ESZB wesentlich sind. So hat die EZB das Recht, Vereinbarungen über ein Wechselkurs system zu empfehlen. Sie hat damit einen Einfluß auf das zu etablierende Wechselkurssystem mit Drittländern. Das gleiche Recht steht der Kommission zu. Empfiehlt die Kommission eine bestimmte Vereinbarung, so muß die EZB angehört werden, "in dem Bemühen, zu einem mit dem Ziel der Preisstabilität im Einklang stehenden Konsens zu gelangen". Andere Regelungen dienen dazu, das Verfahren bei Wechselkursvereinbarungen gegenüber dem sonst üblichen Vorgehen entsprechend Artikel 300 (ex-Art. 228) EGV zu vereinfachen. Geregelt wird ferner, in welchen Fällen einstimmige Entscheidungen oder Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit erforderlich sind und das Europäische Parlament anzuhören ist. Sofern Wechselkurs vereinbarungen mit Drittländern nicht bestehen, kann der Rat Orientierungen für die Wechselkurspolitik aufstellen. Auch das kann auf Empfehlung der EZB oder der Kommission geschehen. Werden solche Wechselkursorientierungen von der Kommission empfohlen, muß die EZB angehört werden. Ausdrücklich bestimmt der Vertrag: "Diese allgemeinen Orientierungen dürfen das vorrangige Ziel des ESZB, die Preisstabilität zu gewährleisten, nicht beeinträchtigen." d) Das Europäische Währungssystem EWS

Mit der Schaffung der EWU werden 11 europäische Währungen zu einer Währung zusammengefaßt. Die EU aber besteht aus 15 Mitgliedsländern. Das bedeutet, in der EU gibt es vier Staaten, die nicht der EWU angehören. Der EG-Vertrag spricht von diesen Ländern als EU-Länder mit Ausnahmeregelung (Art. 122 (ex-Art. 109k) EGV). Deren Währungen sind die Dänische Krone, die Griechische Drachme, das Englische

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Pfund Sterling und die Schwedische Krone. Auf der Tagung des Europäischen Rats am 13. Und 14. Dezember 1996 in Dublin haben die Staats- und Regierungschefs einen Bericht gutgeheißen, der die "Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und den anderen Mitgliedstaaten in Stufe 3" beschreibt (Europäischer Rat (1996), S. 197ff.). Er hat damit den Rahmen für ein neues Europäisches Währungssystem EWS abgesteckt. Es ist Nachfolger des bis 31. Dezember 1998 in Kraft gewesenen EWS (alt). Das EWS verlangt eine enge Kooperation der EU-Länder in Wechselkursfragen. Dies war auch bereits der Fall im EWS (alt). Daher bestimmte der EG-Vertrag in der Übergangszeit von der ersten bis zur dritten Stufe der EWU: Art. 124.1. (ex-Art. 109m) EeV: Bis zum Beginn der dritten Stufe behandelt jeder Mitgliedstaat seine Wechselkurspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamen Interesse . .... "

Diese intensive Zusammenarbeit in Wechselkursfragen innerhalb der EU zwischen den elf Ländern der EWU und den vier Staaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, ist auch nach Schaffung der EWU notwendig. Art. 124.2. (ex-Art. 109m) EeV: Mit Beginn der dritten Stufe sind die Bestimmungen des Absatz 1 auf die Wechselkurspolitik eines Mitgliedstaats. für den eine Ausnahmeregelung gilt. für die Dauer dieser Ausnahmeregelung sinngemäß anzuwenden.

Das EWS basiert auf einem Abkommen zwischen der EZB und den nationalen Zentralbanken jener Mitgliedstaaten der EU, für die eine Ausnahmeregelung gilt. Kern dieses Systems ist ein Wechselkursmechanismus. Er besteht aus Leitkursen, Bandbreiten, Interventionsverpflichtungen und Kreditfazilitäten. Art. 111.1. (ex-Art. 109) EeV: Der Rat kann ... die ECU[EuroJLeitkurse innerhalb des Wechselkurssystems festlegen, ändern oder aufgeben . ...

Zwischen dem Euro und den Währungen der EU-Länder mit Ausnahmeregelung werden bilaterale Leitkurse festgelegt. Daneben werden im Einvernehmen mit den zuständigen Ministern, der EZB und den jeweiligen nationalen Zentralbanken "weitgefaßte" Standard-Bandbreiten bestimmt. Sie betragen

IV. Grundlegende Aufgaben des ESZB

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15 vH. Das bedeutet, die tatsächlichen Wechselkurse können von den festgelegten Leitkursen nach oben und unten jeweils um 15 vH abweichen. Erst wenn sie den oberen oder unteren Interventionspunkt erreicht haben, ist die EZB und sind die nationalen Zentralbanken verpflichtet, am Devisenmarkt zu intervenieren. Sie müssen dann eine noch bestehende Nachfrage zum oberen Interventionskurs aus ihren Währungsreserven befriedigen oder ein noch bestehendes Angebot zum unteren Interventionskurs aus dem Markt nehmen. Es sind auch intermarginale Interventionen möglich. Das sind Interventionen, die bereits innerhalb der Bandbreite vorgenommen werden. Es hat sich häufig gezeigt, daß eine spekulative Welle einsetzt, wenn eine Währung an die Interventionskurse stößt. Um das zu verhindern, intervenieren Zentralbanken gelegentlich bereits zu Kursen, die unterhalb des oberen oder oberhalb des unteren Interventionspunktes liegen. Für solche Interventionen genügt das Einvernehmen zwischen EZB und der jeweiligen nationalen Zentralbank. Interventionen können die Geld- und Kreditpolitik der Zentralbank erheblich stören. Wenn die EZB gezwungen ist, zum unteren Interventionskurs Devisen aus dem Markt zu nehmen, dann kann dadurch die Bankenliquidität übermäßig zunehmen und zusätzliche Preissteigerungen können ausgelöst werden. Die EZB und die nationalen Zentralbanken haben in einem solchen Fall das Recht, ihre Interventionen einzustellen. "Sowohl die EZB als auch die teilnehmenden, nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden nationalen Zentralbanken können die automatischen Interventionen jedoch aussetzen, wenn diese ihrem vorrangigen Ziel der Gewährleistung der Preisstabilität zuwiderlaufen sollten." (EZB (1998 III), S. 1 f.). Der Europäische Rat hat dazu festgestellt: "Bei der Entscheidung über eine Anwendung dieser Schutzklausel würde die EZB oder eine nicht dem Euro-Währungsraum angehörende NZB sämtliche maßgeblichen Faktoren gebührend berücksichtigen, insbesondere die Notwendigkeit der Wahrung der Preisstabilität und das glaubwürdige Funktionieren des neuen Wechselkursmechanismus. ... und dabei gegebenenfalls auch die Schlußfolgerungen

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

anderer zuständiger Gremien einbeziehen. " (Europäischer Rat (1996), S. 205). Wenn sich die Preissteigerungsraten, die Zinssätze und die Defizite sowie der Schuldenstand öffentlicher Haushalte eines Landes oder der Länder mit Ausnahmeregelung den entsprechenden Größen der EWU-Länder annähern, dann kann die Standardbandbreite für Wechselkurs schwankungen von +/- 15 % verringert werden. "Nach Maßgabe der Entschließung des Europäischen Rates kann die wechselkurspolitische Zusammenarbeit noch enger gestaltet werden, z. B. durch Ermöglichung einer entsprechend engeren Wechselkursanbindung zwischen dem Euro und anderen Währungen irp. Wechselkursmechanismus, wenn und soweit dies im Lichte der erzielten Konvergenzfortschritte angemessen erscheint." (EZB (1998 III), S. 2). Am Wechselkursmechanismus des EWS II nehmen von den vier EU-Ländern mit Ausnahmeregelung nur zwei Länder, Dänemark und Griechenland, teil. Für die griechische Drachme gilt die Standardbandbreite von +/- 15%. Für die dänische Krone dagegen wurde eine Bandbreite von +/- 2,25 % festgesetzt, da die wirtschaftliche Entwicklung Dänemarks beachtlich mit der des EWU-Raumes konvergiert. Großbritannien und Schweden nehmen am Wechselkursmechanismus des EWS II nicht teil.

Im Verhältnis der EU-Länder mit Ausnahmeregelung untereinander können bilateral individuelle Bandbreiten festgelegt und Interventionsvereinbarungen getroffen werden. Auch diese Zentralbanken haben das Recht, ihre Interventionen auszusetzen, wenn das Ziel Preisstabilität durch die Eingriffe an den Devisenmärkten gefährdet erscheint. Ob und wann auf den Devisenmärkten interveniert wird, legt die EZB fest. Diese Interventionen können zentral durchgeführt werden oder dezentral. Darüber entscheidet der EZB-Rat. Entscheidet er sich für zentrale Interventionen, dann tritt nur die EZB am Devisenmarkt als Anbieter oder Nachfrager in Erscheinung. Bei dezentraler Intervention übernehmen die nationalen Zentralbanken diese Aufgabe. Sie unterliegen dabei den Weisungen der EZB.

IV. Grundlegende Aufgaben des ESZB

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Das Funktionieren des EWS wird überwacht. Die Leitkurse sollen, wenn Spannungen z. B. infolge unterschiedlicher Preissteigerungsraten zwischen dem Euro-Raum und EU-Volkswirtschaften, für die eine Ausnahmeregelung gilt, vorhanden sind, rechtzeitig angepaßt werden. Zu diesem Zweck hat die EZB und haben alle Vertragsparteien das Recht, streng vertrauliche Verfahren einzuleiten, um die Leitkurse zu überprüfen. Die Teilnahme am Wechselkursmechanismus des EWS ist für die EU-Länder mit Ausnahmeregelung freiwillig; ,jedoch kann von EU-Mitgliedstaaten mit einer Ausnahmeregelung erwartet werden, daß sie dem Mechanismus beitreten, sobald sie ein befriedigendes Maß an wirtschaftlicher Konvergenz erreicht haben." (EWI (1997), S. 25). Mit dieser Formulierung weist das EWI, das die Techniken der Währungsunion vorzubereiten hatte, auf ein Problem hin. Im EWS (alt) gab es Länder, die zwar Mitglied des EWS waren, jedoch am Wechselkursmechanismus mit allen seinen Regeln nicht teilnahmen. e) Festlegung von Modalitäten und gemeinsamer Standpunkte

Wenn die Gemeinschaft mit dritten Staaten oder mit internationalen Organisationen Vereinbarungen abschließt, dann muß sichergestellt werden, daß die Gemeinschaft einen einheitlichen Standpunkt vertritt. Daher wurde bestimmt: Art. 111.3. (ex-Art. 109) EGV: Wenn von der Gemeinschaft mit einem oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen Vereinbarungen im Zusammenhang mit Währungsfragen oder Devisenregelungen auszuhandeln sind, beschließt der Rat . .. die Modalitäten für die Aushandlung und den Abschluß solcher Vereinbarungen . ....

Selbstverständlich wird die EZB gehört, wenn solche Vereinbarungen ausgehandelt und abgeschlossen werden sollen. Für grundsätzliche Währungsfragen und Devisenregelungen ist nicht das ESZB zuständig, sondern der Rat. So Art. 111.4. (ex-Art. 109) EGV: befindet der Rat ... über den Standpunkt der Gemeinschaft auf internationaler Ebene zu Fragen, die von besonderer Bedeutung für die Wirtschafts- und Währungspolitik sind .... 4 Köhler

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Beschlüsse über den Standpunkt der Gemeinschaft in Wirtschafts- und Währungsfragen, die besonders bedeutsam sind, binden alle Mitgliedsländer. Daneben ist es den Mitgliedsstaaten erlaubt, mit internationalen Gremien zu verhandeln und Vereinbarungen zu treffen: Art. 111.5. (ex-Art. 109) EGV: Die Mitgliedsländer haben das Recht, unbeschadet der Gemeinschaftszuständigkeit und der Gemeinschaftsvereinbarungen über die Wirtschafts- und Währungsunion in internationalen Gremien Verhandlungen zu führen und internationale Vereinbarungen zu treffen.

j) Die offiziellen Währungsreserven

Wenn eine Zentralbank das Recht und, soweit das mit dem Ziel der Preisstabilität vereinbar, im EWS auch die Pflicht hat, an den Devisenmärkten zu intervenieren, dann benötigt sie Devisemeserven. Die Satzung des ESZB sieht daher vor, die EZB mit Devisemeserven auszustatten. Dafür ist grundsätzlich ein Betrag von 50 Mrd. Euro vorgesehen. Art. 30.1. S: Unbeschadet des Artikels 28 wird die EZB von den nationalen Zentralbanken mit Währungsreserven, die jedoch nicht aus Währungen der Mitgliedstaaten, ECU, lWF-Reservepositionen und SZR gebildet werden dürfen, bis zu einem Gegenwert von 50 Milliarden ECU [zu verstehen als Euro] ausgestattet. Der EZB-Rat entscheidet über den von der EZB nach ihrer Einrichtung einzufordernden Teil sowie die zu späteren Zeitpunkten einzufordernden Beträge. Die EZB hat das uneingeschränkte Recht, die ihr übertragenen Währungsreserven zu halten und zu verwalten sowie für die in dieser Satzung genannten Zwecke zu verwenden. Art. 30.4. S: Die EZB kann ... über den im Artikel 30.1 festgelegten Betrag hinaus innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 42 festlegt, die Einzahlung weiterer Währungsreserven fordern.

Sollte die EZB Währungsreserven benötigen, die 50 Mrd. Euro überschreiten, dann können diese zusätzlichen Beträge ebenfalls von den nationalen Zentralbanken angefordert werden. Allerdings ist das nur möglich, wenn der Rat, d. h. die zuständigen Minister der Mitgliedstaaten, dem zustimmen. Dabei legt der Rat die Grenzen, d. h. die zusätzlichen Wäh-

IV. Grundlegende Aufgaben des ESZB

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rungsbeträge fest, die die EZB von den nationalen Zentralbanken einfordern kann. Das Verfahren nach Artikel 42 verlangt, daß das Europäische. Parlament und die Kommission dazu anzuhören sind. Übertragen nationale Zentralbanken Währungsreserven auf die EZB, dann hat die übertragende nationale Zentralbank eine Forderung gegenüber der EZB und die EZB eine Verbindlichkeit gegenüber der nationalen Zentralbank. Die Satzung des ESZB gestattete es dem EZB-Rat festzulegen, in welcher Währung diese Forderungen zu denominieren seien. Er entschied sich für Euro. Die Satzung sieht ferner vor, daß diese Forderungen zu verzinsen seien. Er beschloß, daß der Zinssatz dem monatlichen Durchschnitt der Geldmarktsätze entspricht. Währungsreserven im Bestand einer Zentralbank können nur Gold und/oder Währungen dritter Staaten sein. Die EZB kann daher neben Gold vor allem US-Dollar oder - was bisher nicht der Fall ist - andere Währungen wie z.B. Yen oder auch die Währung des nicht der EWU angehörenden Großbritanniens, Pfund Sterling, halten. In die Währungsreserven der EZB dürfen Reservepositionen des Internationalen Währungsfonds und Sonderziehungsrechte nicht aufgenommen werden. Nach wie vor bleiben nämlich die Mitgliedstaaten der EWU Mitglieder des IWF mit allen Rechten und Pflichten. Sie behalten daher grundsätzlich auch ihre Reserveposition gegenüber dieser internationalen Organisation und die damit verbundenen Bestände an Sonderziehungsrechten. Allerdings könnte sich das in Zukunft ändern. Jedenfalls ist vorgesehen: Art. 30.5. S: Die EZB kann IWF-Reservepositionen und SZR halten und verwalten sowie die Zusammenlegung solcher Aktiva vorsehen.

Der Artikel 30.1 der Satzung des ESZB, der die Ausstattung der EZB mit Währungsreserven regelt, beginnt mit den Worten: "Unbeschadet des Artikels 28 ... ". Dieser Artikel regelt die Fragen im Zusammenhang mit dem Eigenkapital der EZB. Dort heißt es: An. 28.3. S: Der EZB-Rat bestimmt . .. in welcher Höhe und in welcher Form das Kapital einzuzahlen ist. 4"

52

'B. Das Europäische System der Zentralbanken

Der EZB-Rat hätte beschließen können, daß die Kapitaleinzahlungen in Währungsreserven zu leisten sind. In einem solchen Fall wäre dieser Betrag noch zu den Währungsreserven hinzugekommen, mit denen die nationalen Zentralbanken entsprechend der Satzung des ESZB die EZB mit Währungsreserven auszustatten hatten. Das ist aber nicht geschehen. Die Satzung des ESZB regelt einmal die Höhe der von den nationalen Zentralbanken an die EZB zu übertragenden Währungsreserven. Sie regelt aber auch, wie diese zu übertragenden Gesamtbeträge auf die nationalen Zentralbanken aufzuteilen sind. An. 30.2 S: Die Beiträge der einzelnen nationalen Zentralbanken werden entsprechend ihrem jeweiligen Anteil am gezeichneten Kapital der EZB bestimmt.

Der Anteil einer nationalen Zentralbank am Kapital der EZB richtet sich nach dem Anteil des jeweiligen Mitgliedstaats an der Bevölkerung der Gemeinschaft und seinem Anteil am Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen der Gemeinschaft. Beide Anteile zusammengezählt und dann halbiert, bestimmen den Prozentsatz der Währungsreserven, den eine nationale Zentralbank gemessen an den gesamten bei der EZB einzuzahlenden Währungsreserven, einzahlen muß. Gezeichnet wurde das Kapital der EZB allerdings von allen EU-Zentralbanken, also auch denen, die nicht der EWU angehören. Währungsreserven übertragen mußten aber nur die Zentralbanken der EWU-Länder. Deren Anteile am Kapital der EZB betragen zusammen 78,9 vH. Von den vorgesehenen 50 Mrd. Euro Währungsreserven wurde mithin dieser Anteil übertragen. Das waren 39,46 Mrd. Euro. Der überwiegende Teil davon, nämlich 85 vH, d. h. 33,54 Mrd. Euro, wurde in Devisen, überwiegend in US-$, geleistet, der Rest - 5,92 Mrd. Euro - in Gold. Da die nationalen Zentralbanken nur einen Teil ihrer Währungsreserven an die EZB zu übertragen hatten, verbleiben ihnen Gold und Devisen. Die Satzung gestattet es ihnen, Geschäfte mit internationalen Organisationen, z. B. dem Internationalen Währungsfonds oder der Weltbank abzuschließen, um

IV. Grundlegende Aufgaben des ESZB

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ihre Verpflichtungen gegenüber diesen Organisationen zu erfüllen. Art. 31.2. S: Alle sonstigen Geschäfte mit den Währungsreserven ... bedürfen oberhalb eines bestimmten, im Rahmen des Artikels 31.3 festzulegenden Betrags der Zustimmung der EZB, damit Übereinstimmung mit der Wechselkurs- und der Währungspolitik der Gemeinschaft gewährleistet ist.

Die Satzung des ESZB ennuntert den EZB-Rat, einen solchen quantitativen Rahmen nicht zu eng zu ziehen. Art. 31.3. S: Der EZB-Rat erläßt Richtlinien mit dem Ziel, derartige Geschäfte zu erleichtern.

Das ist geschehen, "Der EZB-Rat einigte sich auch auf eine Leitlinie für die Verwaltung der Währungsreserven durch die nationalen Zentralbanken und für die Transaktionen der Mitgliedstaaten in ihrem Fremdwährungsarbeitsguthaben." (EZB (1998 IV), S. 7).

5. Das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme Der EG-Vertrag nennt eine weitere grundlegende Aufgabe des ESZB: das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme. Die einheitliche Währung allein kennzeichnet noch nicht einen einheitlichen Währungsraum. Es muß auch noch sichergestellt werden, daß Zahlungen in der einheitlichen Währung ohne Zeitverzögerung im gesamten Währungsraum sowie in die Drittländer und von Drittländern geleistet werden können. Es bedarf daher eines einheitlichen Zahlungssystems. "Es soll die sichere Umsetzung der gemeinsamen Geldpolitik innerhalb der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) gewährleisten und allgemein eine rasche und effiziente Abwicklung von grenzüberschreitenden Zahlungen ennöglichen." (Deutsche Bundesbank (1996 11), S. 19). Die EZB hat ein solches Zahlungs system, zusammen mit den nationalen Zentralbanken, entwickelt: das TARGET, das TransEuropean Automated Real-Time Gross Settlement Express Transfer System. Ein Real Time und Gross Settlement System bedeutet, daß Zahlungsbeträge sofort dem Auftraggeber unwi-

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

derruflich belastet und sofort und vorbehaltslos dem Empfänger gutgeschrieben werden. "TARGET ist ein Überweisungsverfahren der Zentralbanken der EU, in dem grenzüberschreitende Großzahlungen sicher taggleich einschließlich der Gutschrift auf dem Konto des begünstigten Kreditinstituts bei der empfangenen Zentralbank abgewickelt werden. TARGET verbindet über ein sogenanntes Interlinking-System die nationalen Echtzeit-Bruttozahlungssysteme (in Deutschland den EIL-ZV) der EU-Zentralbanken (RTGS-Systeme). Die Verarbeitung der Zahlungen erfolgt transaktionsorientiert, das heißt auf Einzelbasis, in Echtzeit." (Deutsche Bundesbank (1998 IV), S. 12). Bei einem solchen Vorgehen kommt es immer wieder vor, daß der Auftraggeber - das sind Kreditinstitute - über kein ausreichendes Guthaben bei der Zentralbank verfügt. Er benötigt dann einen sehr kurzfristigen Überbrückungskredit. Der Teilnehmer an einem solchen Zahlungsverkehr muß daher bei der Zentralbank über Sicherheiten, d. h. ein Wertpapierdepot verfügen. Auch gleichtägige Repo-Geschäfte sind möglich. Der Auftraggeber einer Überweisu?g würde der Zentralbank im Falle einer Unterdeckung Wertpapiere "verkaufen", die er am nächsten Tag wieder zurückkauft. Vor der Währungsunion konnten, aber auch danach können Überweisungen von einem Auftraggeber über die nationale Zentralbank zur nationalen Zentralbank des Landes des Gutschriftempfängers laufen, von dort zu einer Korrespondenzbank und dann zum Gutschriftempfänger. Ein solches System ist relativ langsam. Grundsätzlich aber nutzt das TARGET die nationalen Verrechnungssysteme. Soweit diese nicht vorhanden waren, mußten die nationalen Systeme in Echtzeit-Brutto-Zahlungssysteme umgewandelt werden, d. h. in sogenannte RTGSSysteme: Real-Time Gross Settlement Systems. Es kam also darauf an, diese RTGS's durch ein Interlink-System miteinander zu verbinden. Dadurch wird es möglich, daß die nationalen Systeme sowohl national als auch grenzüberschreitend Zahlun-. gen abwickeln können. Um gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen, mußte vereinbart werden, wann Zahlungen über TARGET beginnen

V. Die Emission von Banknoten und Münzen

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und wann sie am Tagesende eingestellt werden. Man hat sich auf Betriebszeiten von 7,00 Uhr bis 18,00 Uhr Frankfurt Ortszeit geeinigt. Das bedingt, daß auch alle RTGS-Systeme der Zentra1banken der Mitgliedsländer der EWU diese Zeiten grundsätzlich einhalten. Ein Beispiel für die Vielzahl zu bewältigender technischer Probleme sind die Feiertage. Es gibt nur drei Tage, an denen alle EU-Länder einen Feiertag haben; das Weihnachtsfest und Neujahr. Zählt man die in den einzelnen EU-Ländern festgelegten Feiertage zusammen, die nicht einheitlich in der EU gelten, kommt man auf ca 50 Tage. Nur an Sonnabenden, Sonntagen, zu Weihnachten und Neujahr bleibt das TARGET geschlossen. An allen anderen Tagen, so hat man sich verständigt, steht TARGET für Überweisungen zur Verfügung, auch wenn einige nationale RTGS-Systeme an nationalen Feiertagen schließen. Nach wie vor gibt es private Zahlungs- und Verrechnungssysteme, die ebenfalls in die Abwicklung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs eingeschaltet sind. Um Wettbewerbsgleichheit zu sichern, verlangt das TARGET von seinen Auftraggebern einen einheitlichen, kostendeckenden Preis für seine Leistungen. Das Gleiche gilt für die nationalen RTGS-Systeme. Jedes Land legt dabei die Preise in eigener Verantwortung fest. Den nationalen Zentral banken ist aufgegeben, darauf zu achten, daß die Preise für TARGET-Zahlungen und für nationale Zahlungen nicht zu weit voneinander abweichen.

v.

Die Emission von Banknoten und Münzen 1. Die Emission von Banknoten

In einer modemen Wirtschaft kann man Zahlungen auf verschiedenen Wegen leisten, so z. B. durch Überweisungen, durch Scheckzahlungen und mit Hilfe von Kreditzahlungen. All das sind Surrogate des eigentlichen, nämlich des gesetzlichen Zahlungsmittels. Dieses gesetzliche Zahlungsmittel sind Banknoten. Banknoten auszugeben ist das auschließliche Recht der jeweiligen Zentralbank. Das gilt auch für Euro-Banknoten.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

An. 106.1. (ex-An. 105a) EGV und sinngemäß An. 16 S: Die EZB hat das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Banknoten zu genehmigen. Die EZB und die nationalen Zentralbanken sind zur Ausgabe von Banknoten berechtigt. Die von der EZB und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Gemeinschaft als gesetzliches Zahlungsmittel gelten.

Banknoten müssen gestaltet werden. Sicherheitsmerkmale sind einzubringen und das Aussehen der Noten muß festgelegt werden. Letztlich ist es die EZB, die die Ausgabe dieser Banknoten zu genehmigen hat. Allerdings ist dabei eine enge Kooperation mit den nationalen Zentralbanken selbstverständlich. Das geht auch aus einer Formulierung hervor, die aus dem Text des Artikels 106 (ex-Art. 105 a) EGV und aus der Satzung des ESZB im Art. 16 S folgt. An. 16 S: Die EZB berücksichtigt soweit wie möglich die Gepflogenheiten bei der Ausgabe und der Gestaltung von Banknoten.

Es wurde der Wunsch von Mitgliedsländern geäußert, die zu emittierenden Banknoten teilweise selbst zu gestalten. So war daran gedacht, jedem Mitgliedsland zu gestatten, auf einer Seite der Banknoten nationale Symbole abzudrucken. Diesem Wunsch wurde jedoch nicht gefolgt. Der EZB-Rat beschloß, "daß die Euro-Banknoten keine nationalen Merkmale aufweisen werden." (EZB (1998 IV), S. 7). Ausgegeben werden Banknoten zu 5, 10, 20, 50, 100, 200 und 500 Euro. Eine quantitative Begrenzung des Banknotenumlaufs ist nicht vorgesehen. Damit folgt man der Erkenntnis, daß sich dieser Umlauf administrativ nicht begrenzen läßt. Sein Umfang und seine Veränderung sind nämlich abhängig von der Höhe und der Veränderung des gesamtwirtschaftlichen Einkommens und den Zahlungsgewohnheiten der privaten Haushalte und der Unternehmen. Jedem, der ein verfügbares Bankguthaben besitzt oder Kredit aufnehmen kann, ist erlaubt, die Valuta in Banknoten, d. h. in gesetzlichen Zahlungsmitteln, in Empfang zu nehmen. Veränderungen des Banknotenumlaufs sind geldpolitisch bedeutsam. Sie verändern nämlich den Umfang der Bankenliquidität, d. h. den Umfang an Zentralbankgeld der Banken bei der Zentralbank. Wenn z. B. private Haushalte Banknoten benöti-

v.

Die Emission von Banknoten und Münzen

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gen, dann wenden sie sich an ihre Bank, die ihnen die Banknoten zur Verfügung stellt und das Bankkonto dieser Kunden entsprechend belastet. Da eine Bank Banknoten nicht selbst schaffen kann, muß sie diese Banknoten von der Zentralbank erwerben. Die Zentralbank stellt der Bank diese Banknoten zur Verfügung und belastet das Konto der Bank bei der Zentralbank. Damit hat sich die Bilanz der Bank folgendermaßen geändert: Die Einlagen sind in Höhe des Wertes der abgerufenen Banknoten gesunken. Die liquiden Mittel der Bank bei der Zentralbank haben sich um denselben Betrag vermindert. Ein Zunahme des Banknotenumlaufs führt also zu einer Verringerung der Bankenliquidität. Eine Verringerung des Banknotenumlaufs, durch Rückgabe und Gutschrift von Banknoten, führt umgekehrt zu einer Zunahme der Bankenliquidität. Wenn solche Veränderungen der Bankenliqidität durch Änderungen des Banknotenumlaufs unerwünscht sind, muß die Zentralbank dem u. U. durch ihr liquiditätspolitisches Instrumentarium entgegenwirken. Der EG-Vertrag und die Satzung des ESZB enthalten keine Deckungsvorschriften für die Euro-Banknoten. In früheren Jahrzehnten war man der Auffassung, eine Deckung des Banknotenumlaufs, z.B. durch Gold, Devisen und/oder Handelswechsel würde die Stabilität einer Währung fördern. Die Erfahrungen haben gelehrt, daß Deckungsvorschriften zur Stabilität einer Währung nicht beitragen, sondern daß sie eher eine Ursache für Störungen der Stabilität sind. Nach heutiger Erkenntnis wird der Wert einer Währung stabil gehalten, d. h. Preisstabilität gewahrt, wenn die monetären Aggregate, Kredite und Geldmenge, den realen Angebotsmöglichkeiten angepaßt sind. Das kann eine Zentralbank hinreichend mit Hilfe ihres geld- und kreditpolitischen Instrumentariums verwirklichen. Häufig muß eine Zentralbank am Devisenmarkt intervenieren und Devisen ankaufen. Dadurch nimmt die Bankenliquidität zu und die Geldmenge steigt. Bei einer Deckungsregel wäre man beruhigt. Der erhöhten Geldmenge stünden ja ausreichend Devisen gegenüber. Tatsächlich aber kann man nicht beruhigt sein, denn die monetäre Expansion als Folge der Devisenankäufe birgt Preissteigerungsgefahren in sich. Die den Angebotsmöglichkeiten angepaßte Steuerung der monetären Aggregate ist bedeu-

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

tend wichtiger als eine wie immer gestaltete Deckung der umlaufenden Banknoten oder der Geldmenge.

2. Die Emission von Münzen Während die EZB und die nationalen Zentralbanken das Recht haben, Banknoten auszugeben, liegt das Recht Münzen auszugeben - das Münzregal -, bei den Mitgliedstaaten. Damit folgt die Organisation der Ausgabe von Bargeld in der EU dem vor der EWU üblichen Vorgehen in allen Mitgliedstaaten. Art. 106.2 (ex-Art. 105a) EGV: Die Mitgliedstaaten haben das Recht zur Ausgabe von Münzen, wobei der Umfang dieser Ausgabe der Genehmigung durch die EZB bedarf. Der Rat kann ... Maßnahmen erlassen, um die Stückelung und die technischen Merkmale aller für den Umlauf bestimmten Münzen soweit zu harmonisieren, wie dies für deren reibungslosen Umlauf innerhalb der Gemeinschaft erforderlich ist.

Der Umfang des Münzumlaufs ist geldpolitisch ebensowenig zu steuern wie der Banknotenumlauf. Auch hier bestimmen Höhe der Einkommen und Zahlungsgewohnheiten, wieviel Münzen sich die Menschen in ihre Portemonnaies stecken. Allerdings besteht ein Anreiz der Mitgliedstaaten, möglichst viel Münzen in den Umlauf zu bringen. Der Staat läßt die Münzen in Münzanstalten prägen. Die Herstellungskosten sind weit geringer als der Nominalwert der Münzen. Werden Münzen in den Umlauf gebracht, dann erzielt der Staat einen Münzgewinn, die sogenannte Seigniorage. Um z. B. zu verhindern, daß der Staat zu viele Münzen prägen läßt, die ja zunächst von der Zentralbank in ihren Bestand genommen werden, muß die EZB die Ausgabe von Münzen genehmigen. Stückelung und technische Merkmale der Münzen waren zu harmonisieren. Das ist geschehen. Der Rat hat die Stückelung der Euro-Münzen - 1, 2, 5, 10, 20 und 50 Cent sowie 1 und 2 Euro - festgelegt. Die Seite der Münze mit der "Zahl" ist in allen Mitgliedstaaten dieselbe. Die Rückseite konnte von jedem Mitgliedstaat individuell mit nationalen Symbolen gestaltet werden. In der Bundesrepublik Deutschland gab es vor der

VI. Bankenaufsicht

59

EWU ähnliches. Die 2 DM-Münze zeigte auf der Rückseite entweder das Portrait des Bundeskanzler Adenauer, des Bundespräsidenten Heuss, des ehemaligen Bayrischen Minsterpräsidenten Strauss oder des früheren SPD-Vorsitzenden Schumaeher. Die Formulierung läßt es zu, daß einzelne Mitgliedstaaten auch in Zukunft Gedenkmünzen prägen lassen können, die an nationale historische Ereignisse oder Persönlichkeiten erinnern. Solche Münzen werden weitgehend gesammelt und gehen nur zu einem geringen Teil in den Umlauf. Eine übermäßige Emission solcher Münzen kann die EZB durch ihr Genehmigungsrecht verhindern.

VI. Bankenaufsicht Die Aufsicht über Banken und andere Finanzinstitute obliegt grundsätzlich den Aufsichtsbehörden der einzelnen Mitgliedstaaten, nicht jedoch der EZB. Sie hat in Fragen der Bankenund Finanzmarktaufsicht nur eine beratende Funktion. Art. 25.1. S: Die EZB kann den Rat, die Kommission und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in Fragen des Geltungsbereichs und der Anwendung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft hinsichtlich der Aufsicht über die Kreditinstitute sowie die Stabilität des Finanzsystems beraten und von diesen konsultiert werden.

Einmal kann die EZB die Initiative ergreifen und den Rat, die Kommission oder die nationalen Bankaufsichtsbehörden beraten. Umgekehrt können diese Institutionen die EZB um Rat ersuchen. Diese Ratschläge betreffen nicht nur die Bankenaufsicht, sondern auch die Aufsicht über die Finanzmärkte. Hier gebührt der Stabilität auf den internationalen Finanzmärkten die besondere Aufmerksamkeit. Neben der beratenden Aufgabe kann die EZB auch noch besondere Aufgaben wahrnehmen: Art. 105.6 (ex-Art. 105) EGV und sinngemäß gleich Art. 25.2 S: Der Rat kann ... der EZB besondere Aufgaben im Zusammenhang mit

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von Versicherungsuntemehmen übertragen.

Eine solche Übertragung von besonderen Aufgaben an die EZB im Rahmen der Bankenaufsicht bietet sich an. Die EZB und die nationalen Zentralbanken verfügen nämlich durch ihre statistischen Erhebungen über umfangreiche quantitative Angaben, die für die Bankenaufsicht genutzt werden können. So kann die EZB bankaufsichtliche Analysen der einzelnen Kreditinstitute durchführen und die Ergebnisse den nationalen bankaufsichtlichen Behörden bereitstellen. Sie beurteilen diese Analysen und entscheiden in gegebenen Fällen, ob etwas und was zu tun ist. Eine solche besondere Aufgabe ist nicht allein von der EZB wahrzunehmen. Der EG-Vertrag macht zur Auflage, daß das gesamte ESZB die Bankenaufsicht unterstützen soll. Art. 105.5 (ex-Art. 105) EGV: Das ESZB trägt zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei.

Die nationalen Zentralbanken werden hinzugezogen. Sie nämlich verfügen zu allererst über das statistische Material der Kreditinstitute und Finanzmärkte ihres Landes, das sie ihren nationalen Aufsichtsbehörden bereitstellen können. Es liegt nahe, daß es notwendig ist, organisatorisches Vorgehen und Maßnahmen auf dem Gebiet der Banken- und Finanzmarktaufsicht zwischen der EZB und den nationalen Zentralbanken abzustimmen. Es ist daher ein Bankenaufsichtskomitee geschaffen worden, das diese Koordinierungsaufgaben wahrnimmt. Um die Banken und die Finanzmärkte wirksam zu beaufsichtigen, war es im Hinblick auf die verwirklichte Freizügigkeit im internationalen Geld und Kapitalverkehr schon vor Gründung der EWU notwendig, bankaufsichtliche Maßnahmen zu koordinieren. Initiativ wurden die Länder der sogenannten Group of 10. Dieser G 10 gehören elf Länder an: Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, die Niederlande, Schweden, die USA und die Schweiz. Als die G 10 im Jahre 1962 gegründet wurde, zählte sie zehn Mit-

VI. Bankenaufsicht

61

glieder. Die Schweiz wurde erst 1984 in die G 10 aufgenommen. Der Name G 10 blieb unverändert. Im Jahre 1974 schuf die G 10 einen Ausschuß, der den Namen "Basler Ausschuß für Bankenaufsicht" trägt. Auch Luxemburg wurde in diesen Ausschuß aufgenommen. Er umfaßt also zwölf Mitglieder. Teilnehmer sind die Vertreter der nationalen Bankenaufsichtsbehörden und teilweise auch Vertreter der nationalen Notenbanken. Sie treffen sich regelmäßig bei der BIZ, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel. Basis für die Arbeit des Ausschusses sind, später ergänzte, Regeln über die Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden aus dem Jahre 1975 (Basler Konkordat). Da Harmonisierungsbedürfnisse nicht nur zwischen den G IO-Ländern bestehen, sondern auch gegenüber Drittländern, besteht ein reger Austausch von Plänen und Erfahrungen mit anderen Ländern. Alle zwei Jahre findet unter maßgeblichem Einfluß des Basler Ausschusses eine internationale Konferenz über Probleme der Banken- und Finanzmarktaufsicht statt, an der weit mehr Staaten als nur die der G 10teilnehmen. Der Ausschuß hat im Laufe seiner Arbeit Regeln für die Beaufsichtigung der Banken auf konsolidierter Basis entwikkelt, Mindestanforderungen an die Eigenkapitalausstattung international tätiger Banken gestellt sowie Richtlinien erlassen, um Marktrisiken im Wertpapierhandel und im Derivategeschäft zu begrenzen. Ähnliche Regeln stellte er für die Minimierung von Marktrisiken auf, die sich aus Wechselkurs- und Zinsschwankungen ergeben. Große Aufmerksamkeit widmete der Ausschuß der bankinternen Risikokontrolle. Auch hier wurden Grundsätze erarbeitet. Die Vorschläge und Empfehlungen des Basler Ausschusses richten sich grundsätzlich an die großen international operierenden Kreditinstitute. Tatsächlich finden die Empfehlungen des Ausschusses weltweite Beachtung. So werden diese Vorschläge und Empfehlungen in fast allen Ländern beachtet. Die Arbeit dieses Basler Ausschusses wurde auch nach Gründung der EWU fortgesetzt. "Wenngleich der Ausschuß weder über Aufsichtskompetenzen auf internationaler Ebene verfügt noch verbindliche Vorgaben machen kann, stellt die auf dem Konsensprinzip beruhende Kooperation dennoch

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

sicher, daß die Mitgliedstaaten den gemeinsam gezogenen Schlußfolgerungen Rechnung tragen." (Deutsche Bundesbank (1997 III), S. 191).

VII. Beratende Funktion Unabhängig von einzelnen Problemen, bei deren Lösung die EZB eingeschaltet werden muß, gehört zu ihren Aufgaben eine allgemeine beratende Funktion. Art. 105.4 (ex-Art. 105) EGV und sinngemäß Art. 4 S: Die EZB wird gehört - zu allen Vorschlägen für Rechtsakte der Gemeinschaft im Zuständigkeitsbereich der EZB - von den nationalen Behörden zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften im Zuständigkeitsbereich der EZB . ... Die EZB kann gegenüber zuständigen Organen und Einrichtungen der Gemeinschaft und gegenüber den nationalen Behörden Stellungnahmen zu in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Fragen abgeben.

Diese Bestimmung stellt sicher, daß keine Rechtsakte der Gemeinschaft oder nationaler Behörden, die den Zuständigkeitsbereich der EZB berühren, erlassen werden können, ohne daß die EZB dazu gehört wurde. Darüber hinaus hat die EZB das Recht, Stellungnahmen gegenüber der Gemeinschaft und den nationalen Behörden abzugeben, wenn sie durch Tätigkeiten oder andere Maßnahmen den Eindruck gewinnt, daß Fragen in ihrem Zuständigkeitsbereich berührt werden. Diese Bestimmung ist wesentlich für das ESZB, um ihre Unabhängigkeit zu wahren. Sie vermeidet, daß die EZB durch Rechtsakte vor vollendete Tatsachen gestellt wird.

VID. Anordnungen des ESZB Eine Zentralbank kann die ihr gesetzten Aufgaben nur erfüllen, wenn ihr die Möglichkeit eingeräumt wird, auf den ihr übertragenen Gebieten Maßnahmen anzuordnen, die von ihr als

Vill. Anordnungen des ESZB

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notwendig angesehen werden. Der EG-Vertrag hat ihr dieses Recht eingeräumt. Art. 110.1 (ex-Art. 108a) EGV: Zur Erfüllung der dem ESZB übertragenen Aufgaben werden von der EZB gemäß diesem Vertrag und unter den in der Satzung des ESZB vorgesehen Bedingungen - Verordnungen erlassen ... , - Entscheidungen erlassen ... , - Empfehlungen und Stellungnahmen abgegeben.

Verordnungen des ESZB haben allgemeine Geltung und sind in jedem Mitgliedstaat in allen ihren Teilen anzuwenden. Da dem ESZB ein so weitgehendes Recht eingeräumt wird, wurden im Vertrag allerdings die Gebiete umrissen, auf denen das ESZB Verordnungen erlassen kann. Das ist möglich bei der Erfüllung der im Vertrag genannten grundlegenden Aufgaben, bei den geldpolitischen Instrumenten - genannt wird ausdrücklich die Mindestreservepolitik -, bei der Errichtung und Durchführung eines zuverlässigen Zahlungs systems innerhalb der Gemeinschaft und im Verkehr mit dritten Ländern sowie bei der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzierungsinstitute. Versicherungen sind davon ausgenommen. In der Satzung des ESZB ist an mehreren Stellen vorgesehen, daß der Rat Bestimmungen erlassen oder ändern kann. Bei deren Umsetzung kann das ESZB Verordnungen erlassen. Entscheidungen, die das ESZB trifft, sind nicht allgemein gültig, sondern richten sich an bestimmte Gruppen, so z. B. an einzelne Gruppen von Kreditinstituten. Diese Entscheidungen sind für diejenigen, an die sie gerichtet sind, verbindlich. Der EG-Vertrag gibt allgemein dem ESZB das Recht, Entscheidungen zu treffen, die zur Erfüllung der dem ESZB übertragenen Aufgaben erforderlich sind. Schließlich kann das ESZB Empfehlungen und Stellungnahmen abgeben. Diese sind nicht verbindlich. Allerdings kann man davon ausgehen, daß die Marktteilnehmer, die von einer solchen Empfehlung oder Stellungnahme angesprochen werden, ihr auch folgen. Einmal ist es das Prestige einer Zentralbank, das zu einem solchen Verhalten der Marktteilnehmer beiträgt. Zum

64

B. Das Europäische System der Zentralbanken

anderen weiß man an den monetären Märkten, daß eine Zentralbank zur Durchsetzung einer Empfehlung letztlich auch Entscheidungen fällen oder Verordnungen erlassen kann. Schließlich sind sich die Marktteilnehmer auch bewußt, daß bei den schnell wechselnden Marktgegebenheiten eine Zentralbank flexibel auf Änderungen reagieren sollte. Das ist mit Empfehlungen leichter möglich als durch Entscheidungen oder Verordnungen. Verordnungen und Entscheidungen müssen befolgt werden. Es kann aber vorkommen, daß ein Verpflichteter die Verordnung oder Entscheidung nicht beachtet. In einem solchen Fall muß das ESZB in der Lage sein, Sanktionen zu verhängen. Der EG-Vertrag ermöglicht das. Nach Art. 110.3 (ex-Art. J08a) EGV und Art. 34.3 S: ... ist die EZB befugt. Unternehmen bei Nichteinhaltung der Verpflichtungen. die sich aus ihren Verordnungen und Entscheidungen ergeben. mit Geldbußen oder in regelmäßigen Abständen zu zahlenden Zwangsgeldern zu belegen.

Der Rat der zuständigen Minister setzt dazu den Rahmen und die Bedingungen fest, innerhalb der sich die EZB bewegen kann, wenn sie Sanktionen festlegt. Die Initiative zu solchen Schritten kann von der Kommission oder der EZB ausgehen. Bevor der Rat beschließt, müssen das Europäische Parlament und die EZB bzw. das Europäische Parlament und die Kommission angehört werden.

IX. Die Beschlußorgane 1. Die drei Beschlußorgane Eine wirksame Geld- und Kreditpolitik verlangt Beschlüsse über die einzuschlagende monetäre Strategie und über die einzusetzenden Instrumente. Diese Beschlüsse werden vom Zentralbankrat der Europäischen Zentralbank, dem EZB-Rat, gefaßt. Sie müssen durchgeführt werden. Dafür verantwortlich ist das Direktorium der EZB. Beide Organe bilden also die "Legislative" und die "Exekutive" der ESZB.

IX. Die Beschlußorgane

65

Art. 107.3 (ex-Art. 106) EGV: Das ESZB wird von den Beschlußorganen der EZB. nämlich dem EZB-Rat und dem Direktorium. geleitet.

Solange nicht alle Mitgliedstaaten der EU auch Mitglieder der EWU sind, besitzt das ESZB noch ein drittes Organ, den Erweiterten EZB-Rat. Dun gehören die Zentralbankpräsidenten aller EU-Staaten an, also auch der Länder, für die eine Ausnahmeregelung gilt. Die EU-Staaten haben es für zweckmäßig angesehen, diesen Erweiterten EZB-Rat in bestimmten Fragen entscheiden zu lassen. Im EG-Vertrag wird unterstrichen, daß allein der EZB-Rat und das Direktorium geld- und kreditpolitische Maßnahmen zu treffen haben. Nichtmitglieder der EWU haben bei diesen Fragen kein Mitspracherecht.

2. Der EZB-Rat Der EG-Vertrag hat dem ESZB grundlegende Aufgaben übertragen. So muß die Geldpolitik der Gemeinschaft festgelegt und ausgeführt werden. Das ESZB kann Devisengeschäfte durchführen. Die dem ESZB übertragenen Devisenreserven der Mitgliedstaaten sind von ihm zu verwalten. Der EZB-Rat hat dafür zu sorgen, daß das Zahlungs system innerhalb der EWU und gegenüber Drittstaaten reibungslos funktioniert. Art. 12.1. S: Der EZB-Rat erläßt die Leitlinien und Entscheidungen. die notwendig sind. um die Erfüllung der dem ESZB nach diesem Vertrag und dieser Satzung übertragenen Aufgaben zu gewährleisten . ...

In diesem Zusammenhang unterstreicht die Satzung die Kompetenz des EZB-Rates für die Geldpolitik. Sie betont ausdrücklich, daß der EZB-Rat über Zwischenziele der Geld- und Kreditpolitik, über Leitzinssätze und über die Bereitstellung von Zentralbankgeld entscheiden kann. Wenn der EZB-Rat Zwischenziele festlegt, dann entscheidet er über die geld- und kreditpolitische Strategie. Beschlüsse über die Zinspolitik und über die Versorgung der Banken mit Zentralbankgeld (Liquiditätspolitik) betreffen in erster Linie die aktuelle Geldpolitik. Art. 12.1. S: ... Der EZB-Rat legt die Geldpolitik der Gemeinschaft fest. gegebenenfalls einschließlich von Entscheidungen in bezug auf 5 Köhler

66

B. Das Europäische System der Zentralbanken

geldpolitische Zwischenziele, Leitzinssätze und die Bereitstellung von Zentralbankgeld im ESZB, und erläßt die für ihre Ausführung notwendigen Leitlinien.

Die Satzung stellt klar, daß es auch zu den Obliegenheiten des EZB-Rates gehört, die nach dem EG-Vertrag der EZB übertragene beratende Funktion wahrzunehmen. So äußert sich der EZB-Rat zu allen Vorschlägen und Rechtsakten der Gemeinschaft und nationaler Behörden, die in den Zuständigkeitsbereich der EZB fallen. Auch wenn in diesen Angelegenheiten gegenüber der Gemeinschaft oder gegenüber nationalen Behörden Stellung genommen werden soll, entscheidet darüber der EZB-Rat. Außerdem betont die Satzung, daß der EZB-Rat alle Entscheidungen trifft, die die internationale Zusammenarbeit der EZB betreffen. Der EZB-Rat umfaßt gegenwärtig 17 Mitglieder. Es wurde nämlich festgelegt: Art. 112.1 (ex-Art. J09a) EGV: Der EZB-Rat besteht aus den Mitgliedern des Direktoriums und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken.

Die EWU umfaßt elf Mitgliedstaaten. Mithin sind elf Präsidenten der nationalen Zentralbanken im EZB-Rat vertreten. Hinzu kommen sechs Mitglieder des Direktoriums. Der Rat muß mindestens zehnmal im Jahr zusammentreten. Tatsächlich tagt er grundsätzlich alle 14 Tage. Den Vorsitz im EZB-Rat führt der Präsident oder, wenn er verhindert ist, der Vizepräsident. Der Präsident oder eine von ihm benannte Person vertritt die EZB nach außen. Im EZB-Rat können nur die persönlich anwesenden Mitglieder abstimmen. Das ist sinnvoll, da die Diskussion in einem solchen Gremium eine wesentliche Basis für Entscheidungen ist. Wäre eine Stimmenvertretung oder überhaupt eine Vertretung zugelassen, was grundSätzlich nicht der Fall ist, dann blieben dem nicht Erschienenen Argumente verborgen, die entscheidungsrelevant sein können. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Art. 10.2. S: ... Soweit in dieser Satzung nichts anderes bestimmt ist, beschließt der EZB-Rat mit einfacher Mehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag. ...

IX. Die Beschlußorgane

67

Diese Regelung gilt für alle geld- und kreditpolitischen Entscheidungen. Für eine Reihe von sonstigen möglicherweise zu fassenden Beschlüssen gilt diese Regelung nicht. Sie gilt nicht, wenn zu entscheiden ist über die Festsetzung des Kapitals der EZB, über den Schlüssel, der bei Kapitaleinzahlungen anzuwenden ist, über die Übertragung von Währungsreserven von nationalen Zentralbanken auf die EZB, über die Verteilung der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken und über die Verteilung der Nettogewinne oder Nettoverluste der EZB. Für alle diese Beschlüsse Art. 10.3. S: ... werden die Stimmen im EZB-Rat nach den Anteilen der nationalen Zentralbanken am gezeichneten Kapital der EZB gewogen. Die Stimmen der Mitglieder des Direktoriums werden mit Null gewogen. Ein Beschluß, der die qualifizierte Mehrheit der Stimmen erfordert, gilt als angenommen, wenn die abgegebenen Ja-Stimmen mindestens zwei Drittel des gezeichneten Kapitals der EZB und mindestens die Hälfte der Anteilseigner vertreten.

Die wirtschaftspolitischen Ziele Preisstabilität, angemessenes Wirtschaftswachstum und ein hoher Beschäftigungsstand lassen sich gleichzeitig nur erreichen, wenn die Geld- und Kreditpolitik und die übrige Wirtschaftspolitik zusammenwirken. Die im EGVertrag verankerte Pflicht des ESZB, die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft zu unterstützen, wenn dadurch die Preisstabilität nicht beeinträchtigt wird, zielt in diese Richtung. Damit der Rat und die Kommission über Schritte auf monetärem Gebiet stets informiert sind, bestimmt der Vertrag: Art. 113.1 (ex-Art. 109b) EGV: Der Präsident des Rates und ein Mitglied der Kommission können ohne Stimmrecht an den Sitzungen des EZB-Rates teilnehmen.

Dem Präsidenten des Rates wird auch das Recht eingeräumt, einen Antrag zu stellen und ihn im EZB-Rat beraten zu lassen. Diese Möglichkeit hat das Kommissionsmitglied nicht. Wenn der Rat der Minister monetäre Probleme auf seiner Tagesordnung hat, wird umgekehrt der Präsident der EZB zu den Beratungen hinzugezogen. Art. 113.2 (ex-Art. 109b) EGV: Der Präsident der EZB wird zur Teilnahme an den Tagungen des Rates eingeladen, wenn dieser Fragen im Zusammenhang mit den Zielen und Aufgaben des ESZB erörtert.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

3. Das Direktorium Das Direktorium der EZB besteht grundsätzlich aus sechs Mitgliedern. Art. 112.2a) (ex-Art. 109a) EGV und sinngemäß Art. 11.1 S: Das Direktorium besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren Mitgliedern.

Diese Direktoriumsmitglieder werden von den Staats- und Regierungschefs, die der EWU angehören, einvernehmlich ausgewählt und ernannt. Ihre Ernennungen beruhen auf Empfehlungen des Ministerrates, der seinerseits das Europäische Parlament und den EZB-Rat anhört. Bei den Direktoriumsmitgliedern muß es sich um Persönlichkeiten handeln, die in Währungs- und Bankfragen anerkannt sind. Der EG-Vertrag sieht in Artikel 112 Absatz 2b) vor, daß nur Staatsangehörige der Mitgliedstaaten Mitglieder des Direktoriums werden können. Unter Mitgliedstaaten sind hier alle Länder der EU, nicht nur die der EWU, zu verstehen. Es hätten also wohl auch Staatsbürger Dänemarks, Griechenlands, Großbritanniens und Schwedens, die der EWU nicht angehören, in das Direktorium berufen werden können. Hiervon ist bei der Berufung der Direktoriumsmitglieder aber kein Gebrauch gemacht worden. Alle Direktoriumsmitglieder sind Staatsangehörige der EWU-Länder. Solange es EU-Länder gibt, die nicht Mitglied der Währungsunion sind, hätten die Staats- und Regierungschefs auch beschließen können, bis zu zwei Direktoriumssitze für diese Länder, für die eine Ausnahmeregelung gilt, zu ,,reservieren". Art. 123.1 (ex-Art. 1091) EGV: ... Bestehen für Mitgliedstaaten Ausnahmeregelungen, so kann sich das Direktorium aus weniger Mitgliedern als in Artikel 11.1 der Satzung des ESZB vorgesehen zusammensetzen; auf keinen Fall darf es jedoch aus weniger als 4 Mitgliedern bestehen. ...

Auch von dieser Möglichkeit haben die Staats- und Regierungschefs keinen Gebrauch gemacht. Es wurden sechs Direktoriumsmitglieder ernannt.

IX. Die Beschlußorgane

69

Der EG-Vertrag bestimmt: Art. 112.2b) (ex-Art. 109a) EGV: ... Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre; Wiederernennung ist nicht zulässig ...

Mit dieser Regelung soll die Unabhängigkeit der EZB untermauert werden. Wenn in Währungs- und Bankfragen anerkannte Persönlichkeiten ungestört von politischen Einflüssen ihren Aufgaben nachgehen können, dann ist ein Optimum ihrer Bemühungen zu erwarten. Das gilt um so mehr, als eine Wiederernennung nicht möglich ist. Denkbare geldpolitische "Gefälligkeiten", um wieder ernannt zu werden, entfallen. Werden Direktoriumssitze vor Ablauf der Amtszeit eines Direktoriumsmitgliedes frei, dann ernennen die Staats- und Regierungschefs ein neues Mitglied, ebenfalls für acht Jahre. Bei der erstmaligen Ernennung der Mitglieder des Direktoriums mußte eine andere Lösung gefunden werden. Wären alle Direktoriumsmitglieder auf acht Jahre ernannt worden, dann hätte es später an Kontinuität im Direktorium ermangelt, weil alle Mitglieder zum gleichen Datum ausgeschieden wären. Daher war vorgesehen: Art. 50 S: ... Der Präsident des Direktoriums wird auf acht Jahre ernannt. Abweichend von Artikel 11.2 werden der Vizepräsident für vier Jahre und die weiteren Mitglieder des Direktoriums für eine Amtszeit zwischen 5 und 8 Jahren ernannt. Wiederernennung ist in keinem Falle zulässig. ...

Besonders wichtig für die erste Zeit der Tätigkeit des ESZB ist es, daß der Präsident von vornherein eine volle Amtszeit von acht Jahren ausübt. Formal ist dem entsprochen worden. Der niederländische Präsident wurde für acht Jahre ernannt. Er hat aber erklärt, daß er aus Altergründen früher als 2006, wahrscheinlich nach Einführung der Euro-Noten und Euro-Münzen, das wäre im Jahre 2002, sein Amt niederlegen werde. Die Staats- und Regierungschefs haben beschlossen, daß in diesem Fall ein französischer Präsident für die volle Amtszeit von acht Jahren ernannt wird. Die "Besetzungsstruktur" geht aus der Tabelle hervor. Die Aufgaben, die das Direktorium zu erfüllen hat, werden mit dem Satz umschrieben: Art. 11.6 S: Das Direktorium führt die laufenden Geschäfte der EZB.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Das Direktorium der EZB Periode

Präsident Vizepräs. Dir.Mitgl. Dir.Mitgl. Dir.Mitgl. Dir.Mitgl.

1998 - 02 NiederLa) Frankr. 2002 - 03 Frankr.b) NN

Finnl.

Span.

Ital.

Dtschl.

Finnl.

Span.

Ital.

Dtschl.

Frankr.

NN

NN

Span.

Ital.

Dtschl.

2004 - 05

Frankr.

NN

NN

NN

Ital.

Dtschl.

2005 - 06

Frankr.

NN

NN

NN

NN

Dtschl.

2006 -10 Frankr.

NN

NN

NN

NN

NN

2003 - 04

a) Der niederländische Präsident wurde ernannt bis 2006; er wird aber wegen Alters wahrscheinlich vorzeitig ausscheiden. b) Frankreich erhielt Jahre.

da~

Recht, den Nachfolger zu stellen, und zwar für acht

Das bedeutet, das Direktorium hat vor allem die Beschlüsse des EZB-Rates umzusetzen. Es führt die erforderlichen, vom EZB-Rat beschlossenen liquiditäts- und zinspolitischen Maßnahmen durch. Es sorgt für die reibungslose Abwicklung des Zahlungsverkehrs innerhalb der EWU und nach außen. Es ist auch zuständig für die Koordinierung und Abwicklung der Verwaltung und des Personalwesens im ESZB. Der Einfluß des Direktoriums auf geld- und kreditpolitische Entscheidungen des EZB-Rates resultiert aus einer anderen Aufgabe. Art. 12.2 S: Die Vorbereitung der Sitzungen des EZB-Rates obliegt dem Direktorium.

In der Praxis bedeutet das, daß das Direktorium Analysen der gesamtwirtschaftlichen Lage, insbesondere auf monetärem Gebiet erstellt und darauf basierende Beschlußvorlagen vorbereitet. Sie bilden die Diskussionsgrundlage im EZB-Rat. Das Direktorium entscheidet in den von ihm behandelten Angelegenheiten mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Direktoriumsmitglieder können nur abstimmen, wenn sie persönlich anwesend sind. Stimmenübertragung oder Vertretung ist nicht erlaubt.

IX. Die Beschlußorgane

71

4. Der Erweiterte EZB-Rat Solange es EU-Staaten gibt, die nicht Mitglieder der EWU sind, besteht nach dem EG-Vertrag ein drittes Beschlußorgan: der Erweiterte EZB-Rat. Art. 123.3 (ex-Art. 1091) EGV: Sofern und solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, wird unbeschadet des Artikels 107 (ex-Art. 106) Absatz 3 der in Artikel 45 der Satzung des ESZB bezeichnete Erweiterte Rat der EZB als drittes Beschlußorgan der EZB errichtet.

Dieser Erweiterte EZB-Rat hat allerdings begrenzte Funktionen. Die Verantwortlichkeiten, die dieser Erweiterte Rat wahrnehmen kann, sind, wie die Satzung des ESZB betont, vollständig im Artikel 47 dieser Satzung aufgeführt. Er kann sich also nicht durch Beschlüsse zusätzliche Aufgaben geben. Der Erweiterte EZB-Rat faßt Beschlüsse, wenn bei einem EU-Mitgliedsland die noch bestehende Ausnahmeregelung aufgehoben werden soll, wenn also dieser Staat Mitglied der EWU werden will. Das schließt auch die dann zu regelnden Wechselkursfragen ein. Wenn die EZB zu Vorschlägen über Rechtsakte der Gemeinschaft oder nationaler Behörden im Zuständigkeitsbereich der EZB gehört werden soll oder die EZB in diesem Zusammenhang Stellungnahmen abgeben will, wird der Erweiterte EZB-Rat konsultiert. Das gleiche gilt, wenn die EZB von der Kommission oder nationalen Behörden mit Fragen der Aufsicht über Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems befaßt. wird. Der Erweiterte EZB-Rat wirkt ferner mit bei den Berichtstätigkeiten der EZB. Das gilt auch bei der Erhebung statistischer Daten, denn wenn Staaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, später der EWU beitreten, haben sie die Anforderungen an statistische Meldungen in der EWU sofort zu erfüllen. Wenn im Rahmen der Jahresabschlüsse des ESZB Vorschriften für die Standardisierung erlassen werden, wirkt der Erweiterte EZB-Rat mit. Ebenso wird er eingeschaltet, wenn es um die Veränderung des Schlüssels für die Kapitalzeichnung bei der EZB geht. Der Erweiterte EZB-Rat wirkt ferner mit, wenn die Beschäftigungsbedingungen für das Personal der EZB festgelegt werden. Schließlich wird der Erweiterte EZB-Rat

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

vom Präsidenten der EZB über die Beschlüsse des EZB-Rates unterrichtet. Der Erweiterte EZB-Rat wird also mit Problemen befaßt, die Nichtmitglieder der EWU direkt betreffen, wie z. B. Fragen der Bankenaufsicht oder die für die Nichtmitglieder der EWU bei einem späteren Beitritt bedeutsam sind. Teilnehmer an den Sitzungen des Erweitertes EZB-Rates sind die Mitglieder des Direktoriums und die Präsidenten aller Zentralbanken der EU-Mitgliedstaaten sowie der Präsident des Rates und ein Mitglied der Kommission. Den Vorsitz führt der Präsident der EZB. Er bereitet auch die Sitzungen des Erweiterten EZB-Rates vor. Die Direktoriumsmitglieder, außer Präsident und Vizepräsident, besitzen kein Stimmrecht. Das dürfte darauf beruhen, daß man die Meinung vertritt, daß Direktorium hätte bereits bei der Vorbereitung der Sitzungen des EZB-Rates sein Votum abgegeben, so daß dies im Erweiterten Rat nicht mehr erforderlich ist. Kein Stimmrecht in den Sitzungen des Erweiterten Rates haben der Präsident des Rates und das Mitglied der Kommission. Der Erweiterte Rat trifft sich vierteljährlich, und zwar jeweils an einem Tage, an dem auch der EZBRat tagt. .

X. Informationspflicht Eine Zentralbank, so auch die EZB, hat einen erheblichen Einfluß auf die wirtschaftliche Entwicklung ihres Währungsraumes. Sie beeinflußt die Zinssätze an den monetären Märkten und damit die monetären Aggregate, wie Kredite und Geldmenge. Sie hat die Möglichkeit, die nominalen Größen weitgehend zu beeinflussen und kann damit, ihrem Ziele entsprechend, zu Preisstabilität beitragen. Wenn die Wirtschaft mehr oder weniger Kredite in Anspruch nimmt, über eine höhere oder weniger hohe Geldmenge verfügen kann und höhere oder niedrigere Zinsen zu zahlen hat, dann wird davon auch die reale Sphäre der Wirtschaft, wie Investitionen und Kapazitätsauslastung berührt. Die EZB kann bei ihren geld- und kreditpolitischen Maßnahmen unabhängig von politischen oder anderen Einflüssen handeln. Eine Institution, die über soviel Macht

x.

Infonnationspflicht

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in der Wirtschaft verfügt, muß über ihre Maßnahmen Rechenschaft in der Öffentlichkeit ablegen. Die Öffentlichkeit muß in der Lage sein, die verfolgte geld- und kreditpolitische Strategie und das Handeln der EZB nachzuvollziehen. Der EG-Vertrag und die Satzung des ESZB geben hierfür einen Rahmen. Zunächst bestimmt der EG-Vertrag, daß Organe der EU, nämlich das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission, zu informieren sind. Art. 113.3 (ex-Art. J09b) EGV: Die EZB unterbreitet dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission sowie auch dem Europäischen Rat einen Jahresbericht über die Tätigkeit des ESZB und die Geld- und Währungspolitik im vergangenen und im laufenden Jahr. Der Präsident der EZB legt den Bericht dem Rat und dem Europäischen Parlament vor, das auf dieser Grundlage eine allgemeine Aussprache durchführen kann.

Basis der Information ist ein Jahresbericht. Da er gewöhnlich in den ersten Monaten eines Jahres erscheint, erläutert er einmal die ergriffenen geld- und kreditpolitischen Maßnahmen des vergangenen Jahres vor dem Hintergrund der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Zum anderen gibt er eine Vorschau über das geld- und kreditpolitische Konzept, das im laufenden Jahr verfolgt werden soll und das man mit Hilfe der dem ESZB übertragenen geld- und kreditpolitischen Befugnisse zu erreichen sucht. Da der Präsident der EZB diesen Bericht dem Europäischen Parlament und dem Rat vorlegt, haben beide Gremien die Möglichkeit zu einer ausgiebigen und kritischen Diskussion. Der Jahresbericht steht selbstverständlich auch der Öffentlichkeit zur Verfügung. Die Organe der EU und die Öffentlichkeit haben aber auch ein Recht, über die geld- und kreditpolitischen Schritte der EZB innerhalb des Jahres informiert zu werden. Die EZB hat die Pflicht, diese Informationen zu geben. Hierfür sieht die Satzung des ESZB vor: Art. 15.1. S: Die EZB erstellt und veröffentlicht mindestens vierteljährlich Berichte über die Tätigkeit des ESZB. Art. 15.2. S: Ein konsolidierter Ausweis des ESZB wird wöchentlich veröffentlicht.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Diese Verpflichtung der EZB stellt sicher, daß Organe der EU und die Öffentlichkeit laufend über die Tätigkeit des ESZB unterrichtet werden. Das gilt vor allem für ihr geld- und kreditpolitisches Handeln im Rahmen der vom EZB-Rat festgelegten monetären Strategie. Im Mittelpunkt dieser Strategie steht ein Referenzwert für das Wachstum der Geldmenge. Darüber hinaus berücksichtigt der EZB-Rat eine Vielzahl von Indikatoren, mit denen er die wirtschaftliche Entwicklung analysiert. Die monetäre Strategie wird "die Transparenz der Entscheidungsfindung des ESZB und seine öffentliche Kontrolle gewährleisten. Gestützt auf seine Strategie wird der EZB-Rat die Öffentlichkeit regelmäßig und ausführlich über seine Einschätzung der monetären, wirtschaftlichen und finanziellen Lage im Euro-Währungs gebiet sowie die Gründe für seine kontreten Beschlüsse informieren." (EZB (1998 V), S. 8) Während der Präsident des Rates und ein Vertreter der Kommission an den Verhandlungen im EZB-Rat teilnehmen können, ist das Europäische Parlament allein auf die publizierten Informationen der EZB angewiesen. Um dem Europäischen Parlament einen tieferen Einblick in die geld- und kreditpolitischen Probleme zu ermöglichen, sieht der EG-Vertrag vor: Art. 113.3 (ex-Art. 109b) EGV: Der Präsident der EZB und die anderen Mitglieder des Direktoriums können auf Ersuchen des Europäischen Parlaments oder auf ihre Initiative hin von den zuständigen Ausschüssen des Europäischen Parlaments gehört werden.

Der Sinn dieser Bestimmung ist es, dem Europäischen Parlament zu ermöglichen, zusätzliche Informationen über den monetären Bereich zu erhalten, wenn das Parlament dies wünscht. Ein regelmäßiges Auftreten des Präsidenten der EZB und der anderen Mitglieder des Direktoriums sieht diese Bestimmung nicht vor. Umgekehrt wird das Parlament immer wieder Gesetzesentwürfe diskutieren, die den Zuständigkeitsbereich des ESZB berühren. In solchen Fällen kann die EZB das Europäische Parlament bitten, dazu angehört zu werden. Die Vorstellungen des Europäischen Parlaments gehen allerdings darüber weit hinaus. Es hat Anfang April 1998 einen

X. Informationspflicht

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Bericht verabschiedet, in dem es "die Einleitung eines Dialogs über Aspekte der Wirtschafts- und Währungspolitik zwischen dem Europäischen Parlament und der zukünftigen EZB" fordert, "dessen Rahmen in einer gegenseitigen Übereinkunft bekräftigt werden sollte." (EP (1998), S. 5). Dabei denkt das Parlament an vierteljährliche Treffen mit dem Präsidenten der EZB, auf denen über die wirtschaftlichen und währungspolitischen Entwicklungen diskutiert werden soll. (EP (1998), S. 6). Regelmäßige Treffen des Präsidenten der EZB mit dem Parlament, bei denen er die momentane wirtschaftliche Lage und eventuell zu ergreifende monetäre Maßnahmen der EZB kommentiert, sind im Hinblick auf Marktreaktionen problematisch. Das wird in den USA deutlich. Wenn der Präsident des Federal Reserve Systems vor dem dortigen Parlament Stellungnahmen abgibt, dann wird jeder Satz an den Märkten auf die Goldwaage gelegt. Wenn man aus Formulierungen herausliest, Zinsen oder andere Größen könnten sich ändern, reagieren die Märkte heftig. Es entstehen Volatilitäten. Die Feststellung des Europäischen Parlaments: "Der monetäre Dialog ... muß regelmäßig stattfinden und jegliche die Märkte und Spekulation negativ beeinflussende Aufgeregtheiten vermeiden" (EP (1998), S. 14f.), ist unrealistisch. Die EZB hat allerdings den Wunsch nach regelmäßigen Treffen akzeptiert. Ein besonders heikles Problem ist die Veröffentlichung von Protokollen mit Angabe des Abstimmungsverhaltens der Mitglieder. Zwar will das Europäische Parlament in der "ersten Phase" der EWU davon noch absehen (EP (1998), S. 15), verlangt aber, "daß spätestens 5 Jahre nach der Sitzung vollständige Protokolle mit allen Einzelheiten veröffentlicht werden." (EP (1998), S. 6). Es würde dann das Abstimmungsverhalten einzelner Direktoriumsmitglieder bekannt werden, die - bei einer Amtszeit von acht Jahren - noch an künftigen Entscheidungen teilnehmen. Einmal würde das gegen die Vertraulichkeit verstoßen, die dem EZB-Rat aufgegeben ist. Veröffentlicht werden sollten nur Ergebnisprotokolle, aus denen das Abstimmungsverhalten nicht ersichtlich ist.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Art. 10.4. S: Die Aussprachen in den Ratssitzungen sind vertraulich. Der EZB-Rat kann beschließen, das Ergebnis seiner Beratungen zu veröffentlichen.

Wird das Abstimmungsverhalten der einzelnen Mitglieder des EZB-Rates veröffentlicht, ist zu befürchten, daß damit die Unabhängigkeit des ESZB gefährdet wird. In der Praxis der Deutschen Bundesbank hat sich gezeigt, daß Mitglieder bei verschiedenen Abstimmungen keinesfalls einem bestimmten "Lager" zuzurechnen waren. Wird aber das Abstimmungsverhalten einzelner Mitglieder bekannt, dann ist die Solidarisierung mit einem "Lager" unausweichlich. Die sachliche Diskussion leidet. Die EZB wird diesem Wunsch des Parlaments daher nicht folgen. Gedacht ist an eine Veröffentlichung wörtlicher Aufzeichnungen nach 16 Jahren, d.h. acht Jahre nach dem Ausscheiden von Zentralbankratsmitgliedern. Damit würde die Gefahr einer sachlich nicht erwünschten Gruppensolidarisierung nicht mehr bestehen. Gelegentlich haben auch nationale Parlamente der Mitgliedstaaten der EWU gewünscht, den Präsidenten der EZB über Geld- und Währungsprobleme anzuhören. Bei elf Mitgliedstaaten ist das sowohl dem Präsidenten wie den Direktoriumsmitgliedern schon zeitlich unmöglich. Wenn nationale Parlamente aus erster Hand unterrichtet werden möchten, dann stünde hierfür sicher der jeweilige Präsident der nationalen Zentralbank zur Verfügung. Er nimmt an den Sitzungen des EZB-Rates teil und kennt somit auch alle Hintergründe der Entscheidungen dieses Gremiums.

XI. Der institutionelle Rahmen zur Sicherung der Stabilität des Euro Eine Zentralbank kann nur erfolgreich sein, wenn sie über einen institutionellen Rahmen verfügt, der einen Erfolg ermöglicht und nicht etwa mangels ausreichender Befugnisse unwahrscheinlich macht. Zu einem solchen Rahmen gehört in erster Linie eine klare Zielsetzung. Sie ist beim ESZB gegeben: "Das vorrangige Ziel des ESZB ist es, Preisstabilität zu gewährlei-

XI. Der Rahmen zur Sicherung der Stabilität des Euro

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steno Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft, "." (Artikel 105 Absatz 1 EGV). Bei einer Zentralbank, die erfolgreich sein will, müssen noch drei andere Voraussetzungen gegeben sein. Erstens muß sichergestellt sein, daß die Mitglieder des Zentralbankrates bei ihren Aufgaben unabhängig von politischen und anderen Einflüssen entscheiden. Zweitens muß die Zentralbank über ein ausreichendes geld- und kreditpolitisches Instrumentarium verfügen, mit dem es ihre Aufgaben erfüllen kann und drittens muß die Zentralbank die alleinige Herrschaft über die Zentralbankgeldschöpfung besitzen. 1. Die Unabhängigkeit des ESZB

Änderungen, oft gravierende Änderungen, an den monetären Märkten ergeben sich häufig in wenigen Stunden. Kapitalzuflüsse aus anderen Währungsräumen oder Kapitalabflüsse in das Ausland können sehr rasch die Zinssätze, die Bankenliquidität und damit die Basis für die Geld- und Kreditschöpfung beeinflussen. Solche Veränderungen können die Bemühungen einer Zentralbank, das Preisniveau stabil zu halten, empfindlich stören. Schäden werden nur vermieden, wenn in solchen Fällen unverzüglich durch einen entsprechenden Einsatz des geld- und kreditpolitischen Instrumentariums gehandelt wird. Ein so rasches Handeln aber ist nur möglich, wenn geld- und kreditpolitische Entscheidungen auf die Beschlußorgane einer Zentralbank begrenzt sind. Wäre das nicht der Fall und politische Gremien hätten zuzustimmen, dann wären einer Zentralbank die Hände gebunden, die notwendigen Maßnahmen rasch zu verwirklichen. Der EG-Vertrag sieht daher die Unabhängigkeit des ESZB bei der Anwendung ihrer währungspolitischen Befugnisse vor. Art. 108 (ex-Art. 107) EGV und sinngemäß Art. 7 S: Bei der Wahrnehmung der ihnen durch diesen Vertrag und die Satzung des ESZB übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichten, darf weder die EZB noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Beschlußorgane Weisungen von Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft. Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen. Die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichten sich. diesen Grundsatz zu beachten und nicht zu versuchen. die Mitglieder der Beschlußorgane der EZB oder der nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.

Die Unabhängigkeit des ESZB umfaßt nicht nur die geldpolitischen Befugnisse, also die Anwendung des geld- und kreditpolitischen Instrumentariums. Die Beschlußorgane der EZB sind auch unabhängig in Entscheidungen, die andere Aufgaben, wie z.B. den reibungslosen Ablauf des Zahlungsverkehrs und die Devisengeschäfte, betreffen. Auch in seinen Pflichten, so in den Berichtspflichten, ist das ESZB unabhängig. Bei der Konstruktion des zweistufigen Zentralbanksystems in Europa reichte es nicht, die Unabhängigkeit der Organe der EZB zu gewährleisten. Die Unabhängigkeit mußte auch für die nationalen Zentralbanken gelten. Mitglieder des EZB-Rates sind neben dem Direktorium die Präsidenten der nationalen Zentralbanken. Entscheidungen im EZB-Rat wären nicht unabhängig, wenn die nationalen Zentralbanken von ihren nationalen Regierungen abhängig wären. Daher bestimmt der EG-Vertrag, daß jeder Mitgliedstaat seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften einschließlich der Satzung seiner Zentralbank an die Bestimmungen des EG-Vertrages und der Satzung des ESZB anzupassen habe (Art. 109 (ex-Art. 108) EGV). Es wurde ausdrücklich festgestellt, daß weder die Gemeinschaft, noch eine nationale Regierung oder eine andere Stelle die Beschlußorgane anweisen darf. Die Beschlußorgane wurden verpflichtet, solche Weisungen weder einzuholen noch entgegenzunehmen. Die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft sowie die Regierungen der nationalen Staaten haben sich verpflichtet, diese Unabhängigkeit zu beachten und die Beschlußorgane der EZB sowie die nationalen Zentralbanken nicht zu beeinflussen. Damit ist eine wesentliche Bedingung für sachbezogene Entscheidungen gegeben.

XI. Der Rahmen zur Sicherung der Stabilität des Euro

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2. Das geld- und kreditpolitische Instrumentarium a) Die Offenmarktpolitik

Geld- und Kreditpolitik bedeutet, daß die Zentralbank den Banken Zentralbankgeld zur Verfügung stellt, um damit ein Kreditvolumen und eine Geldmenge zu induzieren, deren Umfang mit dem Ziel der Zentralbank, Preisstabilität zu sichern, kompatibel ist. Mit der Zentralbankbereitstellung an Banken, gelegentlich auch einern Zentralbankgeldabzug, wird eine angemessene Kreditgewährung ermöglicht und damit eine Finanzierung wirtschaftlicher Aktivitäten, die sich in einer für tolerabel angesehenen Zunahme der Geldmenge widerspiegeln. Eine Zentralbank hat dabei aber nicht nur auf die Menge des bereitzustellenden Zentralbankgeldes zu achten, sondern auch auf die Veränderung des Tagesgeldsatzes. Er ist im geld- und kreditpolitischen Konzept des ESZB der entscheidende, signalgebende Zinssatz, d. h. der Leitzins. Gesteuert wird die Bankenliquidität und der Leitzins durch die EZB fast ausschließlich mit der Offenmarktpolitik. Die EZB und die nationalen Zentralbanken haben dafür eine ausreichende rechtliche Grundlage. Sie können Art. 18.1. S: ... auf den Finanunärkten tätig werden, indem sie auf Gemeinschafts- oder Drittlandswährungen lautende Forderungen und börsengängige Wertpapiere sowie Edelmetalle endgültig (per Kasse oder Termin) oder im Rahmen von Rückkaufsvereinbarungen kaufen und verkaufen oder entsprechende Darlehensgeschäfte tätigen.

Um den Leitzins, den Tagesgeldsatz, zu bestimmen, setzt die EZB ihr "Hauptrefinanzierungsinstrument" ein. Das sind Offenmarktgeschäfte, die wöchentlich angeboten werden und eine Laufzeit von zwei Wochen haben. "Mit ihnen beziehungsweise ihrem Zinssatz wird die geldpolitische Grundlinie des ESZB vorgegeben." (Deutsche Bundesbank (1997 IV), S. 5). Um den sich aus diesen Geschäften ergebenden Leitzins nicht größeren Schwankungen auszusetzen, werden diese Operationen weitgehend als Mengentender ausgeführt. Hier bestimmt die EZB die

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Höhe des Zinssatzes und erwartet die Bietungen der Banken. Das Volumen dieser Bietungen wird im allgemeinen repartiert. Gäbe es nur das "Hauptfinanzierungsinstrument", dann müßten wöchentlich erhebliche Beträge im kurzfristigen Offenmarktgeschäft umgewälzt werden. Das ist nicht erforderlich, denn in einem gewissen Umfang wird eine Basisfinanzierung gegeben. Auch das geschieht durch Offenmarkttransaktionen. Diese "längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte" werden monatlich einmal durchgeführt und haben eine Laufzeit von drei Monaten. Da mit diesen Geschäften kein Leitzins bestimmt werden soll, werden sie größtenteils als Zinstender angeboten. Die Banken selbst bestimmen den Zinssatz, zu dem sie Dreimonatsgeld aufzunehmen bereit sind. Die EZB wählt dann die Menge, die sie in Form von Zentralbankgeld dem Markt zuführen will und bestimmt auf diese Weise den von ihr akzeptierten Dreimonatszinssatz. Bei den kurzfristigen und den längerfristigen Transaktionen handelt es sich um Offenmarktgeschäfte mit Rücknahmeverpflichtung. Die Zentralbank kauft von den Banken Wertpapiere, die die Kreditinstitute nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit zurückkaufen müssen. Das hat den Vorteil, daß die Börse von diesen Geschäften nicht berührt wird. Unerwünschte Börsenreaktionen werden dadurch vermieden. Die EZB muß damit rechnen, daß unerwartete, ihre Geld- und Kreditpolitik störende Einflüss~ auftreten, die die Bankliquidität und die Zinssätze unerwünscht verändern. Sie muß in solchen Situationen schnell reagieren. Auch das geschieht weitgehend durch Offenmarktgeschäfte. Während die Tender für das "Hauptrefinanzierungsinstrument" und für die "längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte" - sogenannte Standardtender - von ihrer Ankündigung bis zur Bestätigung der Zuteilung 24 Stunden erfordern, werden die Tender für Feinsteuerungsmaßnahmen sogenannte Schnelltender - innerhalb einer Stunde durchgeführt. Dem ESZB steht eine Reihe von "Feinsteuerungsinstrumenten" zur Verfügung. Dazu gehören Wertpapierpensionsgeschäfte mit einer Laufzeit von wenigen Tagen. Die EZB kann in diesem Rahmen von Banken Wertpapiere kaufen, um dem

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Geldmarkt Zentralbankgeld zuzuführen oder Wertpapiere an Banken verkaufen, um dem Geldmarkt Zentralbankgeld zu entziehen. Gleiche Geschäfte kann sie mit Devisen durchführen. Das geschieht durch Devisenswaps. Die EZB kauft von den Banken Devisen, wenn sie dem Markt Zentralbankgeld zuführen will. Sie verkauft den Banken Devisen, um Liquiditätsüberhänge am Geldmarkt zu beseitigen. Im allgemeinen werden Devisenswaps eingesetzt, um dem Geldmarkt Liquidität zuzuführen. Auch bei diesen Käufen und Verkäufen von Devisen werden Rückkaufsvereinbarungen abgeschlossen. Der Swappartner muß nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit dieser Geschäfte die verkauften Devisen wieder zurücknehmen. Vereinbart wird dabei ein Swapsatz. Er deckt die Refinanzierungskosten, d. h. die Kosten für einen Anschlußswap der die Devisen verkaufenden Bank und beläßt ihr einen Gewinn. Devisenswapgeschäfte sind reine Geldmarktgeschäfte. Sie tangieren den Devisenmarkt grundsätzlich nicht. Wenn z. B. die EZB von Banken US-Dollar auf dem Swapwege erwirbt, dann nehmen in der Regel die Banken am amerikanischen Geldmarkt US-Dollar gegen Rücknahmeverpflichtung auf (Anschlußswap). Sie geben die aufgenommenen US-Dollar im Rahmen des Swapgeschäftes an die EZB und erhalten dagegen Zentralbankgeld. Am Ende der Laufzeit wird das Geschäft in umgekehrter Reihenfolge abgewickelt. Die Banken kaufen von der EZB die US-Dollar zurück und wickeln ihren Anschlußswap am amerikanischen Geldmarkt ab. Wenn es notwendig ist, dem Geldmarkt rasch Zentralbankgeid zu entziehen, dann kann das EZB Schnelltender durchführen, mit denen sie Termineinlagen von den Banken hereinnimmt. Die Laufzeit dieser Einlagen wird von Fall zu Fall von der EZB festgelegt. Sie ist im allgemeinen kurz. Neben den offenmarktpolitischen Operationen, die regelmäßig durchgeführt werden, um die Liquidität der Banken und den Tagesgeldsatz zu beeinflussen und neben Schnelltendem zu Feinsteuerung des Geldmarktes besitzt die EZB auch Instrumente für "strukturelle Operationen". Ein wichtiges Instrument 6 Köhler

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dafür sind Emissionen von EZB-Schuldverschreibungen. "Schuldverschreibungen werden begeben, um die strukturelle Position des ESZB gegenüber dem Finanzsektor in der Weise zu beeinflussen, daß am Markt ein Liquiditätsbedarf herbeigeführt oder vergrößert wird." (EZB (1998 11), S. 14). Diese EZB-Schuldverschreibungen werden als Diskontpapiere ausgestattet. Der Zins ist in der Differenz zwischen dem Emissionskurs und dem Rücknahmekurs enthalten. Auch diese Papiere werden im Tenderverfahren begeben. Ihre Laufzeit liegt unter 12 Monaten. Sowohl bei Feinsteuerungsinstrumenten als auch bei strukturellen Operationen kann die EZB "definitive Käufe oder Verkäufe" refinanzierungsfähiger Aktiva, meist Wertpapiere, einsetzen. Die Wertpapiere werden endgültig, ohne Rückgabeverpflichtung, erworben. Es ist daran gedacht, diese Geschäfte über die Börsen oder Marktvermittler abzuwickeln. Bisher fehlt es an Erfahrungen mit solchen definitiven Käufen und Verkäufen. In der Praxis sind solche Transaktionen meist schwer zu verwirklichen. Die Ankündigung der EZB, Wertpapiere über einen Tender zu erwerben, kann an der Börse dazu führen, daß sich die Händler zurückhalten und dadurch die Renditen steigen. Die EZB bekäme schlechte Konditionen. Bei allen Offenmarktoperationen wendet das EZB Tenderverfahren an. Sie kann dabei alle Kreditinstitute im EWU-Raum ansprechen. Sie kann aber auch den Kreis aufzufordernder Banken begrenzen. Gestattet ist es ihr ferner, bilateral Geschäfte mit Banken abzuschließen. Standardtender und Schnelltender können zeitlich rasch abgewickelt werden, weil die Kreditinstitute im ESZB Sammeldepots unterhalten, auf denen sich Wertpapiere befinden. Die von den Banken hinterlegten Wertpapiere dienen als Sicherheiten im Offenmarktgeschäft und bei anderen Auslei hungen der EZB an Banken. Zu diesen Wertpapieren zählen einmal marktfähige Schuldtitel, die besondere in der EWU einheitlich geltende Zulassungskriterien erfüllen, wie festverzinsliche Staatsschuldtitel (Kategorie I-Sicherheiten). Zum anderen akzeptiert die EZB als Sicherheiten andere marktfähige Titel

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sowie nicht marktfähige Schuldtitel, die für die nationalen Finanzmärkte und Bankensysteme von besonderer Bedeutung sind (Kategorie 2-Sicherheiten). Ob solche Sicherheiten notenbankfähig sind, darüber entscheidet die jeweilige nationale Zentralbank, und zwar im Rahmen von Leitlinien der EZB. In Deutschland gehören zu den Kategorie 2-Sicherheiten z. B. Handelswechsel. Sie bildeten vor Bestehen der EWU das wichtigste Refinanzierungsinstrument im Rahmen der Rediskontkontingente. Sie werden von der EZB weiterhin als Sicherheiten akzeptiert, nunmehr im Rahmen von Offenmarktoperationen. Die Deutsche Bundesbank ist noch einen Schritt weiter gegangen. Ihr wurde zugestanden als Kategorie 2-Sicherheiten auch Kreditforderungen der Banken gegenüber Nichtbanken zu akzeptieren. Handelswechsel und Kreditforderungen werden von der Deutschen Bundesbank auf der Basis von Unternehmensbilanzen bonitätsmäßig geprüft. Dadurch erhofft sich die Deutsche Bundesbank aus den ihr zugänglichen Unternehmensinformationen ihre vor der EWU erarbeitete Unternehmensstatistik aufrechterhalten und eventuell sogar ausbauen zu können. Allerdings ist die Bonitätsprüfung von Handelswechseln und Kreditforderungen ein recht umständliches Verfahren. Die Deutsche Bundesbank rechtfertigt eine so arbeitsintensive Tätigkeit mit Vorteilen zugunsten der Banken. Die Banken können "marktfähige und hochliquide Wertpapiere um so stärker für ihr kommerzielles Geschäft, etwa am Kassa-, Futures- oder auch Repomarkt nutzen, je mehr Wechsel und/oder Wirtschaftskredite sie zur Ersteigerung von Zentralbankgeld einsetzen." (Deutsche Bundesbank (1997 I), S. 16).

b) Die ständigen Fazilitäten Die EZB hat zwei "Ständige Fazilitäten" eingerichtet, eine "Spitzenrefinanzierungsfazilität" und eine "Einlagefazilität". Beide dienen dazu, am Tage offen gebliebene Salden auf den Zahlungskonten der Banken im ESZB auszugleichen. Damit wird verhindert, daß eine starke Nachfrage nach oder ein star6"

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

kes Angebot an Zentralbankgeld am Tagesende zu errartischen Zins bewegungen führt. Wenn eine Bank am Ende des Geschäftstages einen Soll saldo auf ihrem Konto beim ESZB aufweist, dann kann sie diesen Saldo ausgleichen, in dem sie einen Übernachtkredit zu einem von der EZB festgelegten Zinssatz aufnimmt. Die Laufzeit dieses Kredits beträgt also einen Tag. Quantitativ ist die Inanspruchnahme der Spitzenrefinanzierungsfazilität nicht begrenzt. Die EZB bietet den Banken sogar einen automatischen Ausgleich solcher Sollsaiden an. "Am Tagesende offen gebliebene Innertages-Sollsalden der Geschäftspartner auf ihrem Zahlungsausgleichskonto bei den nationalen Zentralbanken werden automatisch als Antrag auf Inanspruchnahme der Spitzenrefinanzierungsfazilität betrachtet." (EZB (1998 11), S. 18). Umgekehrt können Banken, die am Tagesende einen Habensaldo auf ihrem Zahlungskonto beim ESZB aufweisen, diese Mittel als Übernachtliquidität in der Einlagefazilität festlegen. Diese Gelder werden zu einem von der EZB festgelegten Zinssatz verzinst. Beide ständige Fazilitäten stehen den Banken grundsätzlich immer zur Verfügung. Allerdings kann die EZB nicht garantieren, daß quantitativ unbegrenzte Fazilitäten jederzeit bereitstehen. Sie hat daher festgestellt: "Der Zugang zur Fazilität wird nur gemäß den Zielen und allgemeinen geldpolitischen Erwägungen der EZB gewährt. Die EZB kann die Bedingungen der Fazilität jederzeit ändern oder sie aussetzen." (EZB (1998 11), S. 19 und 21). Die ständigen Fazilitäten üben aber noch eine andere wichtige Funktion aus. Sie begrenzen die Zinsschwankungen am Geldmarkt. Mit dem von der EZB festgesetzten Zinssatz für Übernachtkredite wird eine Zinsobergrenze am Geldmarkt festgelegt. Banken gleichen nämlich Liquiditätsfehlbeträge am Geldmarkt nur aus, wenn dort die Zinssätze niedriger sind als der Zinssatz für Übernachtkredite. Auf der anderen Seite fixiert die EZB mit dem von ihr festgelegten Zinssatz für Übernachteinlagen eine Zinsuntergrenze am Geldmarkt. Banken werden nämlich Übernachtliquidität nur am Geldmarkt anlegen, solange

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die Geldmarktsätze höher sind als der Zinssatz für Übernachteinlagen.

c) Das Mindestreserveinstrument

Die EZB kann von den Kreditinstituten verlangen, daß ihre Konten bei der EZB und den nationalen Zentralbanken Guthaben in bestimmter Höhe, d. h. Mindestreserven, aufweisen. Die EZB kann, auf der Basis eines Beschlusses des EZB-Rates, Art. 19.1. S: ... zur Verwirklichung der geldpolitischen Ziele verlangen, daß die in den Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstitute Mindestreserven auf Konten bei der EZB und den nationalen Zentralbanken unterhalten . ...

Eine erfolgreiche monetäre Steuerung verlangt, daß die Kreditinstitute eng an die Zentralbank gebunden sind. Das ist gegeben, wenn die Tätigkeit der Banken davon abhängt, daß die Zentralbank ihnen das erforderliche Zentralbankgeld bereitstellt. Sind die Banken dagegen von Zentralbankgeld der Zentralbank unabhängig, dann greift das geld- und kreditpolitische Instrumentarium nicht. So kann es sein, daß die saisonalen Schwankungen des Notenumlaufs die Banken zeitweise - wenn Noten zur Zentralbank zurückfließen - vom Zentralbankkredit unabhängig machen, denn ein Notenrückfluß erhöht die Bankenliquidität. Einen solchen Markteinfluß kann eine Zentralbank nicht verhindern. Es ist daher zweckmäßig, einen ständigen Zentralbankgeldbedarf der Banken gleichsam künstlich aufrecht zu erhalten. Das Instrument, das dies ermöglicht, sind Mindestreserven. "Das Mindestreservesystem des ESZB erleichtert die Herbeiführung oder Vergrößerung einer strukturellen Liquiditätsknappheit. Dies könnte dazu beitragen, das ESZB besser in die Lage zu versetzen, in effizienter Weise als Liquiditätsbereitsteller zu operieren." (EZB (1998 11), S. 53). Die Mindestreserve ist ferner bedeutsam für die Zinssteuerung monetärer Aggregate. Wenn es zu einer stärkeren von der Zentralbank nicht gern gesehenen Kreditgewährung und damit zu einer stärkeren Zunahme der Geldmenge kommt, steigt sofort der Bedarf der Banken an zusätzlichem Zentralbankgeld,

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

um das Mindestreservesoll zu erfüllen. Hält sich die Zentralbank bei der zusätzlichen Mittelbereitstellung zurück, dann steigen die Geldmarktsätze. Sie dämpfen die begonnene monetäre Expansion. Anders ausgedrückt: "Das Mindestreservesystem des ESZB kann zur Geldmengensteuerung insbesondere durch die Erhöhung der Zinselastizität der Geldnachfrage beitragen." (EWI (1997 11), S. 51). Das Mindestreservesystem des ESZB ist so konstruiert, daß es auch geeignet ist, die Zinsentwicklung am Geldmarkt zu glätten. Die Banken brauchen nämlich ihr Mindestreservesoll nicht täglich zu erfüllen, sondern innerhalb eines Monats im Tagesdurchschnitt. Fehlen einmal einer Bank kurzfristig liquide Mittel, dann braucht diese Bank sie nicht am Geldmarkt aufzunehmen, wodurch die Zinssätze steigen könnten, sondern kann die fehlenden Mittel ihrer Mindestreserve entnehmen. Die Bank muß nur dafür sorgen, daß im Tagesdurchschnitt eines Monats das Mindestreserveguthaben das Mindestreservesoll erreicht. "Um die angestrebte Stabilisierung der Zinssätze zu erreichen, ist es den Instituten im Rahmen des Mindestreservesystems des ESZB gestattet, von den Bestimmungen über die Durchschnittserfüllung Gebrauch zu machen, d. h. ihre Mindestreservepflicht unter Zugrundelegung der tagesdurchschnittlichen Reserveguthaben innerhalb einer einmonatigen Erfüllungsperiode zu erfüllen." (EWI (1997 11), S. 6). Die Mindestreserveperiode, in der die Mindestreserve zu erfüllen ist, reicht vom 24. eines Monats bis zum 23. des nächsten Monats. Die Höhe der Mindestreserven wird durch einen Prozentsatz (Mindestreserve satz) bestimmt, der an den mindestreservepflichtigen Verbindlichkeiten (Mindestreservebasis) gemessen wird. "Die Reservesätze werden von der EZB vorbehaltlich der in der Verordnung des EU-Rats über die Anwendung der Mindestreserven durch die Europäische Zentralbank festgelegten Höchstgrenze bestimmt. Die EZB schreibt einen einheitlichen Reservesatz, der größer als Null ist, für die meisten in die Reservebasis einbezogenen Positionen vor." (EZB (1998 11), S. 55). Festgelegt wurde zunächst ein Korridor von 1,5 % bis

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2,5 %, der den Rahmen für den festzulegenden Mindestreservesatz absteckt. Der EZB-Rat hat bestimmt, daß die Kreditinstitute eine Mindestreserve von 2 %, gemessen an ihren mindestreservepflichtigen Verbindlichkeiten, beim ESZB zu halten haben. Der Mindestreserve unterworfen wurden folgende Verbindlichkeitenkategorien: "täglich fällige Einlagen, Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu zwei Jahren, Einlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von bis zu zwei Jahren, Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren sowie Geldmarktpapiere. " (EZB (1998 VII), S. H.). Darüber hinaus ist die EZB berechtigt, Verbindlichkeiten aus bilanzunwirksamen Positionen in die Mindestreservebasis aufzunehmen. Davon hat sie jedoch zunächst keinen Gebrauch gemacht. Reservepflichtig sind nur Positionen, die eine Laufzeit bis zu zwei Jahren haben. Zwar sind auch die länger laufenden Verbindlichkeiten in die Mindestreservebasis einbezogen, jedoch wurde für Verbindlichkeiten mit einer vereinbarten Laufzeit von mehr als zwei Jahren ein Reservesatz von 0% festgelegt. Betroffen von der Mindestreservepflicht sind grundsätzlich Verbindlichkeiten der Banken gegenüber Nichtbanken. Mindestreserven sind daher nicht zu halten für Geldmarktverbindlichkeiten und Verbindlichkeiten gegenüber dem ESZB. Kleine Kreditinstitute wollte der EZB-Rat von der Mindestreservepflicht entlasten. Er beschloß daher für alle Kreditinstitute einen pauschalen Freibetrag von 100.000 Euro. Er wird vom Mindestreservesoll eines jeden mindestreservepflichtigen Kreditinstituts abgezogen. Die Mindestreserven, die die Kreditinstitute im ESZB halten müssen, werden verzinst. Der gewährte Zinssatz ist der Durchschnitt der ESZB-Sätze, die sich innerhalb der Mindestreserve-Erfüllungsperiode bei den Offenmarktoperationen ergeben haben. Zugrunde gelegt werden dabei die Sätze des sogenannten Hauptfinanzierungsinstruments. Das sind die Sätze, die sich bei der wöchentlich durchgeführten Offenmarktgeschäften mit einer Laufzeit von grundsätzlich zwei Wochen ergeben.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Wenn Kreditinstitute ihrer Reservepflicht nicht oder nicht ganz nachkommen, dann ist die EZB befugt, Sanktionen zu verhängen. Dazu gehören Strafzinsen, die ein Vielfaches des Spitzenrefinanzierungssatzes betragen sowie unverzinsliche Einlagen bis zum Dreifachen des Mindestreservefehlbetrages. Verstößt ein Kreditinstitut nachhaltig gegen die Mindestreserveregelungen, dann kann ihm der Zugang zu den ständigen Fazilitäten und zu den Offenmarktoperationen verweigert werden. Die ESZB kann außerdem verlangen, daß die betroffene Bank ihr Mindestreserve-Soll täglich und nicht im Monatsdurchschnitt hält.

d) Sonstige geldpolitische Instrumente Das ESZB ist keineswegs nur auf die drei geld- und kreditpolitischen Instrumente, die Offenmarktpolitik, die ständigen Fazilitäten und die Mindestreservepolitik, festgelegt. Vielmehr besitzt der EZB-Rat die Möglichkeit, wenn er es für zweckmäßig hält, weitere Instrumente einzuführen und anzuwenden. Art. 20 S: Der EZB-Rat kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen über die Anwendung anderer Instrumente der Geldpolitik entscheiden, die er bei Beachtung des Artikel 2 für zweckmäßig hält.

Der Artikel 2 verweist auf die Ziele des ESZB, nämlich Preisstabilität zu gewährleisten und, soweit dies ohne Beeinträchtigung der Preisstabilität möglich ist, die allgemeine Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft zu unterstützen. Auch bei den bestehenden geld- und kreditpolitischen Instrumenten besitzt die EZB einen erheblichen Spielraum: "Der EZB-Rat kann die Instrumente, Konditionen, Zulassungskriterien und Verfahren für die Durchführung von geldpolitischen Geschäften des ESZB jederzeit ändern." (EZB (1998 11), S. 5). Ähnlich wie das bei der Mindestreserve der Fall ist, hat der Ministerrat einen Vorbehalt gemacht. Sobald durch neue kreditpolitische Instrumente Dritte verpflichtet werden, legt der Ministerrat den Anwendungsbereich solcher Instrumente fest.

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3. Die Herrschaft des ESZB über die Zentralbankgeldschöpfung a) Das Verbot der Kreditgewährung an den Staat

Eine der wesentlichen Bedingungen für eine stabile Währung ist, daß die Zentralbank die alleinige und uneingeschränkte Herrschaft besitzt, Zentralbankgeld den Banken und damit dem Geldmarkt zuzuführen. In der Vergangenheit, bevor der Euro eingeführt wurde, war das in vielen Ländern nicht gegeben. Dort waren die Zentralbanken verpflichtet, begrenzt oder unbegrenzt, dem Staat Mittel, meist in Form von Krediten zur Verfügung zu stellen. Jede dieser Mittelbereitstellungen führte dem Bankensystem zusätzlich Zentralbankgeld zu. Da ZentralbankgeId die Basis der Kredit- und Geldschöpfung der Kreditinstitute ist, wurde in vielen Fällen der monetäre Mantel übermäßig erweitert. Preissteigerungen waren die Folge. Auch die Deutsche Bundesbank stellte solche Kredite dem Staat zur Verfügung. Nach dem damals gültigen Bundesbankgesetz (BBG (1990), § 20.1) waren Kredite an den Bund, die Bundesbahn, die Bundespost, den Ausgleichsfonds und das ERP-Sondervermögen auf insgesamt 7,25 Mrd. DM begrenzt. Hinzu kamen Kreditlinien an die Länder, und zwar an die Flächenstaaten in Höhe von 40 DM je Einwohner und an die Stadtstaaten in Höhe von 80 DM je Einwohner. Das damalige Bundesbankgesetz sagte, die Bundesbank "darf' öffentlichen Verwaltungen kurzfristige Kredite gewähren. Sie war also nicht zur Kreditvergabe verpflichtet. In der Praxis wurde aber ein Wunsch nach einem Kassenkredit kaum versagt. Zwar war in Deutschland die Kreditvergabe an öffentliche Haushalte limitiert, jedoch wurde die Herrschaft der Bundesbank über die bereitzustellende Zentralbankgeldmenge durch eine solche Regelung eingeschränkt. Diese offene Flanke der Zentralbanken bei ihrer Zentralbankgeldbereitstellung wurde im ESZB geschlossen. Eine Mittelbereitstellung gleichgültig welcher Art an die öffentliche Hand ist der EZB und den nationalen Zentralbanken verboten.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Art. 101.1 (ex-Art. 104) EGV und sinngemäß Art. 21.1 S: Überziehungs- oder andere KreditJazilitäten bei der EZB oder den Zentralbanken der Mitgliedstaaten ... für Organe oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten sind ebenso verboten wie der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die EZB oder die nationalen Zentralbanken.

Das Verbot einer Kreditgewährung bezieht sich also auf alle Ebenen öffentlicher Haushalte: die EU, die Zentralregierungen - in Deutschland den Bund -, die regionalen Gebietskörperschaften - in der Bundesrepublik die Bundesländer - und die lokalen Gebietskörperschaften, also die Kommunen. Das Verbot trifft auch alle sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten. Gestattet ist es der EZB und den nationalen Zentralbanken für die in Artikel 101 (ex-Art. 104) Absatz 1 EG-Vertrag bzw. Artikel 21 Absatz 1 der Satzung des ESZB genannten Institutionen als Fiskalagent tätig zu sein. Art. 21.2. S: Die EZB und die nationalen Zentralbanken können als Fiskalagent für die in Artikel 21.1 bezeichneten Stellen tätig sein.

Das ESZB führt in diesen Fällen Transaktionen im Auftrag und für Rechnung der genannten Institutionen durch. Hierfür ist eine Deckung durch Einlagen vorhanden. Auf den Konten dieser Stellen dürfen bei diesen Transaktionen keine Defizite entstehen, da Kreditgewährungen ausgeschlossen sind. Das Kreditverbot an öffentliche Unternehmen führte bei den Vertrags verhandlungen über die Ergänzung des EG-Vertrages zu Unklarheiten. Besonders in Deutschland befinden sich Banken, vor allem Sparkassen und Landesbanken, im Eigentum der öffentlichen Hand. Bei strikter Auslegung des Artikel 101 (ex-Art. 104) Absatz 1 EG-Vertrag bestand die Gefahr, daß man diese öffentlichen Banken von jeder Refinanzierung hätte ausschließen müssen. Es wurde daher noch ein Absatz 2 hinzugefügt.

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Art. 101.2 (es-Art. 104) EGV und sinngemäß Art. 21.3 S: Die Bestimmungen des Absatzes 1 gelten nicht für Kreditinstitute in öffentlichem Eigentum; diese werden von der jeweiligen nationalen Zentralbank und der EZB. was die Bereitstellung von Zentralbankgeld betrifft. wie private Kreditinstitute behandelt.

Der EG-Vertrag verbietet der EZB und den nationalen Zentralbanken nicht nur die Kreditgewährung an öffentliche Stellen, man ging sogar noch einen Schritt weiter. Es sollte sichergestellt werden, daß alle öffentlichen Institutionen an den monetären Märkten als gleichberechtigte Partner im Wettbewerb mit privaten Unternehmen und Institutionen auftreten. Daher verbot man den bevorrechtigten Zugang öffentlicher Haushalte zu diesen Finanzinstituten. Art. 102.1 (ex-Art. 104a) EGV: Maßnahmen. die nicht aus aufsichtsrechtlichen Gründen getroffen werden und einen bevorrechtigten Zugang der Organe oder Einrichtungen der Gemeinschaft. Zentralregierungen. regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften. sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen der Mitgliedstaaten zu den Finanzinstitutionen schaffen. sind verboten.

Ob der einschränkende Hinweis auf aufsichtsrechtliche Gründe je praktisch bedeutsam wird, ist schwer zu beurteilen. Das Bevorzugungsverbot bedeutet geld- und kreditpolitisch, daß unterschiedliche Zinsniveaus für bevorzugte und nicht bevorzugte Kreditnehmer ausgeschlossen sind. Bedeutsam für die EZB ist auch die Regelung, daß die Gemeinschaft nicht für die Verbindlichkeiten von Mitgliedstaaten haftet und die Mitgliedstaaten nicht für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten haften. Art. 103.1 (ex-Art. 104b) EGV: Die Gemeinschaft haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen. der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften. sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen von Mitgliedstaaten und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; ... Ein Mitgliedstaat haftet nicht für Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

oder öffentlicher Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; ...

Eine solche Bestimmung ist geeignet, Mitgliedsländer in ihrem finanziellen Gebaren vorsichtig sein zu lassen, da sie nicht mit der finanziellen Hilfe der Gemeinschaft oder anderer Mitgliedstaaten rechnen können. Ohne eine solche Regelung hätte die Gefahr bestanden, daß man zur Regulierung von fälligen Verbindlichkeiten den Wunsch gehabt hätte, auf das ESZB zurückzugreifen.

b) Das Aussetzen von Devisenmarktinterventionen Der Euro des europäischen Währungsraums ist mit Drittwährungen auf zweierlei Weise verbunden. Einmal im EWS durch Leitkurse. Die im EWS befindlichen Währungen können von diesen Leitkursen nach oben und unten um 2,5 vH (dänische Krone) bzw. um 15 vH (griechische Drachme) abweichen. Erreichen sie diese Interventionspunkte, dann muß in unbegrenztem Umfange an den Devisenmärkten interveniert werden. Entsprechend wird dem Geldmarkt Zentralbankgeld entzogen oder fließt ihm zu. Mit allen anderen Ländern bestehen keine Devisenkursvereinbarungen. Die Wechselkurse des Euro mit den Währungen dieser Länder schwanken frei. Freie Devisenkurse gibt es auch gegenüber zwei EU-Mitgliedstaaten, nämlich Großbritannien und Schweden. Die wichtigsten, ebenfalls sich frei bewegenden Devisenkurse sind die gegenüber dem US-Dollar und dem japanischen Yen. Vor allem dem Dollarkurs widmen Zentralbanken ihre besondere Aufmerksamkeit. Starke Schwankungen des Dollarkurses beeinträchtigen die wirtschaftliche Entwicklung. Abwertungen des US-Dollar führen zu dämpfenden Einflüssen auf die eigene Volkswirtschaft und Aufwertungen des US-Dollars möglicherweise zu Preissteigerungen. Daher kommt es immer wieder zu Interventionen der Zentralbanken, um die Dollarkurs-Entwicklung zu glätten. Zu diesem Zweck kann der Rat allgemeine Orientierungen für die Wechselkurspolitik aufstellen. Sie haben zur Folge, daß

XI. Der Rahmen zur Sicherung der Stabilität des Euro

93

das ESZB an den Devisenmärkten möglicherweise intervenieren muß, um der vorgegebenen Orientierung gerecht zu werden. Wird an den Devisenmärkten interveniert, gleichgültig ob die EZB durch die Vereinbarungen im EWS dazu verpflichtet ist oder ob Wechselkurs-Orientierungen dazu auffordern oder ob Wechselkursbewegungen ohne Verpflichtungen geglättet werden sollen, dann fließt Zentralbankgeld zu den Banken oder von den Banken weg. Das kann die Geld- und Kreditpolitik erheblich stören. Wie der Artikel 111 (ex-Art. 109) ESV Absatz 1 und 2 betont, dürfen Vereinbarungen über ein Wechselkurssystem oder Wechselkurs-Orientierungen das vorrangige Ziel des ESZB, die Preisstabilität zu gewährleisten, nicht gefahrden. Das gleiche gilt für Interventionen im Rahmen des EWS und für sonstige Interventionen. "Die EZB und die nicht zum EuroWährungsraum gehörenden teilnehmenden NZBen [nationalen. Zentralbanken] können allerdings Interventionen und deren Finanzierung aussetzen, wenn diese das vorrangige Ziel der Wahrung der Preisstabilität gefahrden sollten. Bei der Entscheidung über die Anwendung dieser Schutzklausei berücksichtigt die EZB oder eine nicht zum Währungsraum gehörende NZB alle maßgeblichen Faktoren, vor allem die Notwendigkeit der Wahrung der Preisstabilität und das glaubwürdige Funktionieren des neuen Wechselkursmechanismus." (EWI (1997), S. 26). Die offene Flanke Devisenmarktinterventionen bei der Herrschaft der EZB über die Zentralbank-Geldmengenströme ist somit geschlossen. Das ESZB muß nicht befürchten, daß seine Geld- und Kreditpolitik durch Devisenmarktinterventionen nachhaltig gestört wird. In der Vergangenheit hatte sich immer wieder gezeigt, daß vereinbarte Leitkurse im EWS nicht rechtzeitig angepaßt wurden, wenn sich die für die Bewertung einer Währung grundlegenden Daten geändert hatten. Wenn z. B. in einem Staat die Preise schneller steigen als in einem anderen Land, dann müssen die Leitkurse angepaßt werden. Zuständig dafür waren und sind die nationalen Regierungen, also auch die EU, und nicht die EZB. So entscheidet auch in der EWU der Mini-

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

sterrat der EU auf Empfehlung der Kommission über das Wechselkurssystem des Euro gegenüber Drittlandswährungen und über Festlegung, Änderung und Aufgabe der Leitkurse im EWS. In jedem Fall wird die EZB vor solchen Entscheidungen angehört. In der EWU hat nun aber auch die EZB das Recht, dem Ministerrat zu empfehlen, Leitkurse festzulegen, zu ändern oder aufzugeben. Art. 111.1 (ex-Art. 109) EGV: Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Empfehlung der EZB ... in dem Bemühen, zu einem mit dem Ziel der Preisstabilität im Einklang stehenden Konsens zu gelangen, die ECU-Leitkurse [Euro-LeitkurseJ innerhalb des Wechselkurssystems festlegen, ändern oder aufgeben. ...

Sollte die Kommission bei veränderten Rahmenbedingungen zögern, erforderliche Leitkursänderungen vorzunehmen, dann kann die EZB die Initiative für eine solche Maßnahme ergreifen. Diese Bestimmungen des EG-Vertrages können praktisch bedeutsam werden im EWS, in dem der Euro mit der dänischen Krone und der griechischen Drachme verbunden ist. Gegenüber den anderen beiden EU-Währungen, die nicht dem EWS angehören, dem englischen Pfand Sterling und der schwedischen Krone könnte neben der Kommission auch die EZB allgemeine Orientierungen für die Wechselkurspolitik anregen. c) Das Problem der Innertages- und der Übemachtkredite

Eine Zentralbank hat für die reibungslose Abwicklung des Zahlungsverkehrs zu sorgen. Dazu ist es im allgemeinen notwendig, daß sie Banken Innertageskredite zur Verfügung stellt. Wenn bei einer Bank die Zahlungseingänge geringer sind als die zu leistenden Zahlungen, dann kommt es zu Liquiditätsengpässen. Dadurch könnten Zahlungen zunächst nicht geleistet werden. Das aber will das in der EU angewandte Zahlungssystem TARGET vermeiden. Die nationalen Zentralbanken stellen daher in solchen Fällen "Intertageskredite zur Verfügung (d.h. Kredite, die während des Tages gewährt, aber vor dem Ende des Tages zurückgezahlt werden), ... " (EWI (1997), S.37).

XI. Der Rahmen zur Sicherung der Stabilität des Euro

95

Wenn das Abrechnungssystem im ESZB um 18 Uhr Frankfurter Zeit schließt, dann werden Banken im Zahlungsverkehr noch Salden aufweisen. Auch sie werden ausgeglichen, und zwar im ESZB durch eine Spitzenrefinanzierungsfazilität. In diesem Fall wird Übernachtkredit gewährt. "Diese Kreditlinie ist zur Abdeckung eines vorübergehenden Liquiditätsbedarfs der Geschäftspartner bestimmt." (EWI (1997), S. 18). In der EU war dieser Saldenausgleich nun allerdings zu einem Problem geworden. Zentralbanken von Mitgliedstaaten der EU, die nicht Mitglieder der EWU sind, begehrten selbst einen solchen Saldenausgleich in Euro, also in einer fremden Währung, vornehmen zu können. Das wäre ungewöhnlich gewesen, weil es bedeutet hätte, daß Drittländer eine Geld- und Kreditschöpfung in Euro hätten vornehmen können. Die Herrschaft der EZB über die Zentralbankgeldbereitstellung wäre gefahrdet. Allerdings ergibt sich dabei die Frage, was eigentlich ein Kredit ist. Innertageskredite werden nicht unbedingt als Kredit gewertet. Von einem Kredit kann man grundsätzlich erst sprechen, wenn er über Nacht gewährt wird. Ein Ein-Tageskredit ist nicht am Tage der Mittelaufnahme zurückzuzahlen, sondern am nächsten Tag. So läuft auch ein Sieben-Tagekredit über sieben Nächte. Der Innertageskredit ist demnach kein Kredit, der Übemachtkredit dagegen ist es. So ist es weniger bedenklich, den Zentralbanken von EU-Staaten, die nicht zur EWU gehören, zu ermöglichen ihren Kreditinstituten, Innertageskredite zu gewähren. Es mußte allerdings verhindert werden, "daß Innertageskredit, falls er NZBen [nationalen Zentralbanken] außerhalb des Euro-Währungsraums gewährt würde, in Übernachtkredit überschwappt" (EWI, (1997), S. 38). Solche Übernacht-Kredite dritter Zentralbanken sind in der Satzung des ESZB nicht vorgesehen. Bei diesem Problem der Bereitstellung von Euro durch dritte Zentralbanken geht es nicht um definitorische Fragen, sondern um den Grundsatz, daß Zentralbankgeld in einer bestimmten Währung nur von der Zentralbank bereitgestellt werden darf, die für die Stabilität dieser Währung zuständig ist. Daher wird

96

B. Das Europäische System der Zentralbanken

das Problem des Saldenausgleichs in fremden Währungen stets dadurch gelöst, daß die betroffenen Kreditinstitute rechtzeitig am Geldmarkt des betreffenden Landes Mittel aufnehmen. Das EWI hatte vorgeschlagen, daß diese Zentralbanken das Zahlungsverkehrsgeschäft zeitlich vor der Schlußzeit im EuroRaum abschließen, so daß früh genug erkannt werden kann, in welchem Umfang sie Mittel am Euro-Geldmarkt aufnehmen müssen. Auch die Bundesbank sprach sich dafür aus, "daß Zentralbanken außerhalb des Euro-Währungsraums nur auf Guthabenbasis am TARGET teilnehmen. Damit würde auch ein mögliches "Überschwappen" von Innertageskrediten in Übernachtkredite außerhalb des Euro-Währungsraums vermieden." (Deutsche Bundesbank (1997 11), S. 8). Der EZB-Rat hat in diesem Sinne entschieden. EU-Zentralbanken außerhalb der EWU dürfen Übernachtkredite in Euro nicht gewähren. Innertageskredite können die nationalen Zentralbanken ihren Kreditinstituten gegen Sicherheiten bereitstellen, und zwar auf der Basis von Einlagen, die die nationalen Zentralbanken außerhalb der EWU als Teil ihrer Devisenreserven beim ESZB halten. Diese Einlagen sind allerdings quantitativ begrenzt. Für die Bank von England gilt eine Obergrenze von 3 Mrd. Euro und für die anderen EU-Zentralbanken außerhalb der EWU jeweils 1 Mrd. Euro. Diese Einlagen werden verzinst, und zwar zu dem Satz, den der EZB-Rat für die Einlagenfaziliät festgelegt hat. Kreditinstitute in EU-Ländern, die nicht zur EWU gehören, können Innertageskredite bei ihrer Zentralbank gegen Sicherheiten maximal bis 1 Mrd. Euro erhalten. Ab 17 Uhr, also eine Stunde vor Abrechungsschluß im TARGET können diese Kreditinstitute Zahlungen in Euro nur leisten, wenn sie über entsprechende Guthaben verfügen. Sie müssen sich erforderlichenfalls diese Guthaben am Geldmarkt beschaffen. Sollte es trotz der vorbeugenden Maßnahmen der EZB vorkommen, daß Innertageskredite in Übernachtkredite überschwappen, dann müssen diese Kreditinstitute Strafzinsen zahlen. Sie liegen 5 %Punkte über dem Zinssatz, den der EZB-Rat für die Spitzenfinanzierungs-Fazilität verlangt.

XII. Die Bedeutung öffentlicher Defizite und Schulden

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Xß. Die Bedeutung öffentlicher Defizite und Schulden 1. Geringe Bedeutung für die Geld- und Kreditpolitik

Der EWU konnten nur Länder beitreten und neue Mitglieder können nur aufgenommen werden, sofern die Kandidaten bestimmte Kriterien erfüllen. Eines dieser Kriterien lautet: ,,- eine auf Dauer tragbare Finanzlage der öffentlichen Hand ... ". (Artikel 121.1 EG-Vertrag). Der EG-Vertrag hat die Entscheidung darüber, ob eine auf Dauer tragbare Finanzlage eines Mitgliedskandidaten gegeben ist, allein der Entscheidung des Rates überlassen. Quantitative Vorgaben hat er dafür nicht gemacht. Art. 104.6 (ex-Art. l04c) EGV: Der Rat entscheidet mit qualifizierter Mehrheit auf Empfehlung der Kommission und unter Berücksichtigung der Bemerkungen, die der betreffende Mitgliedstaat gegebenenfalls abzugeben wünscht, nach Prüfung der Gesamtlage, ob ein übermäßiges Defizit besteht.

Quantitative Vorgaben eines Defizits und des Schuldenstands waren und sind für die Stabilität einer Währung grundsätzlich nicht erforderlich. Eine solide Haushaltslage hilft jedoch, Spannungen an den monetären Märkten und damit negative Rückwirkungen auf den Wirtschaftskreislauf zu vermeiden. Bei einem hohen Defizit öffentlicher Haushalte kann die erhöhte Nachfrage an den Kredit- und Rentenmärkten zu Zinssteigerungen führen. Dies kann private Investoren entmutigen, Investitionen durchzuführen. Daß es nicht zu einem derartigen crowding out der privaten Wirtschaft kommt, daran ist auch die Geldund Kreditpolitik interessiert. Ein höheres oder geringeres Defizit öffentlicher Haushalte kann die Zentralbank nicht hindern, die monetären Aggregate so zu steuern, daß sie dem Ziel der Preisstabilität adäquat sind. Ein deutliches Beispiel dafür bot die Bundesrepublik Deutschland in den Jahren nach der Wiedervereinigung mit den ostdeutschen Bundesländern. In diesen Jahren kamen erhebliche finanzielle Anforderungen auf die Haushalte von Bund und Ländern zu. Ihnen war nur durch eine höhere Verschuldung zu entsprechen. Das Defizit gemessen am Bruttoinlandsprodukt 7 Köhler

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

stieg in der Abgrenzung des Maastricht-Vertrags bis auf 3,4 vH (1996) an. Der Schuldenstand, der 1991 gemessen am Bruttoinlandsprodukt noch 41,4 vH betrug, erreichte Ende 1997 61,3 vH. (Deutsche Bundesbank (1998 I), S. 54*). Diese starke Zunahme der Verschuldung konnte die Bemühungen der Deutschen Bundesbank, Preisstabilität zu sichern, nicht beeinträchtigen. Gelegentlich zu hörende Thesen, daß öffentliche Defizite von mehr als 3,0 vH gemessen am Bruttoinlandsprodukt die Geldwertstabilität gefahrden, sind unzutreffend.

2. Bedeutung für die Flexibilität öffentlicher Haushalte Wenn im EG-Vertrag quantitative Regelungen für öffentliche Defizite und öffentliche Schuldenstände getroffen wurden, die die Mitgliedstaaten zu beachten haben, dann liegt ihre Bedeutung vor allem im Bemühen, eine möglichst hohe Flexibilität in den Haushalten aufrechtzuerhalten. Es soll vermieden werden, daß infolge einer hohen öffentlichen Schuld der Schuldendienst in den öffentlichen Haushalten so hoch wird, daß für notwendige öffentliche Investitionen und andere wichtige Ausgaben weniger Raum zur Verfügung steht. Um zu verhindern, daß die öffentlichen Schulden zu stark steigen, sieht der EG-Vertrag quantitative Regeln vor. Sie stehen nicht im Kapital Währungspolitik, in dem die für das ESZB und damit für die Geld- und Kreditpolitik wichtigen Bestimmungen enthalten sind, sondern im Kapital Wirtschaftspolitik. Sie sind nicht Vorbedingung für die Aufnahme von Mitgliedern in die EWU, sondern Kriterien zur laufenden Haushaltsüberwachung der Mitgliedsländer durch die Kommission. Art. 104.2 (ex-Art. 104c) EGV: Die Kommission überwacht die Entwicklung der Haushaltslage und der Höhe des öffentlichen Schuldenstands in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Feststellung schwerwiegender Fehler. Insbesondere prüft sie die Einhaltung der Haushaltsdisziplin an Hand von zwei Kriterien, nämlich daran, a) ob das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizits zum Bruttoinlandsprodukt einen bestimmten Referenzwert überschreitet, ...

Xll. Die Bedeutung öffentlicher Defizite und Schulden

99

b) ob das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum Bruttoinlandsprodukt einen bestimmten ReJerenzwert überschreitet, ...

Diese Referenzwerte sind im "Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit", das im Anhang zum EU-Vertrag veröffentlicht ist, festgelegt. Art. 1 P-EUV: Die in Artikel 104 Absatz 2 dieses Vertrags genannten ReJerenzwerte sind. - 3 % für das Verhältnis zwischen dem geplanten oder tatsächlichen

öffentlichen Defizit und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen, - 60 % für das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Schuldenstand und dem Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen.

Überschreitet der erste Referenzwert 3 %, dann wird das toleriert, wenn dieser Wert erheblich und laufend zurückgegangen ist und einen Wert in der Nähe des Referenzwertes erreicht hat. Ohne Konsequenzen bleibt auch, wenn die 3 %-Grenze nur ausnahmsweise und vorübergehend überschritten wird. Der Wert muß dann in der Nähe des Referenzwertes bleiben. Ausnahmen sind auch beim zweiten Referenzwert - der 60 %-Regel - möglich. Das ist dann der Fall, wenn das Verhältnis hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert. Um zu beurteilen, ob das Verhältnis hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert von 60 % nähert, sollte man sich über den Zusammhang zwischen Höhe des Schuldenstands, der Zunahme des Sozialprodukts und der Höhe des öffentlichen Defizits bewußt sein. Aufgezeigt wird dieser Zusammenhang durch das Theorem der Tragbarkeit. Der deutsche Sachverständigenrat hat dieses Theorem dargestellt: "In einem Konzept des Primärbudgets (Haushaltsvolumen ohne Zinsausgaben) wird, ausgehend von einer gegebenen Schuldenstandsquote, eine Finanzpolitik als tragbar bezeichnet, die diese Quote nicht erhöht. Tragbar ist eine Defizitquote, die kleiner oder gleich dem Produkt aus der Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts ... und der Schuldenstandsquote ... ist." (SVR (1994), Z. 183). Die Partner des EG-Vertrages haben einen Schuldenstand von 60 % gemessen am nominalen Bruttoinlandsprodukt gewählt. 7"

100

B. Das Europäische System der Zentralbanken

Diese Rate erschien ihnen offenbar als noch tolerierbares Maximum' um zu verhindern, daß der Kapitaldienst in den öffentlichen Haushalten so umfangreich wird, daß die öffentlichen Haushalte inflexibel werden. Wenn in einem Land das nominale Bruttoinlandsprodukt um 5 % zunimmt, dann bleibt - dem Theorem der Tragbarkeit entsprechend - die Schuldenstandsquote von 60 % unverändert, wenn der Schuldenstand ebenfalls um 5 % steigt. Das bedeutet, daß dann das Defizit öffentlicher Haushalte 5 % von 60 %, d. h. 3 % betragen darf. Anders ausgedrückt, die Schuldenstandsquote von 60 % bleibt unverändert, wenn bei einer als normal angesehenen Zunahme des nominalen Sozialprodukts von 5 % (3 % reales Wachstum und 2 % Preissteigerungen) das Defizit 3 % beträgt. Die beiden Referenzwerte im EG-Vertrag von 3 % Defizit und 60 % Schuldenstand stehen also in engem Zusammenhang. Sie sind komplementär miteinander verbunden. Dieser Zusammenhang zeigt aber auch einen Maßstab auf, um die Frage zu beurteilen, ob das Verhältnis Schuldenstand zu nominalen Bruttoinlandsprodukt hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert. Wesentlich ist dabei, daß die Defizitregel von 3 % eingehalten wird. In diesem Fall nähert sich, bei einer Zunahme des nominalen Sozialprodukts von 5 %, ein Schuldenstand, der über dem Referenzwert liegt, mit dem vom EG-Vertrag verlangten hinreichenden Tempo dem Wert von 60%. Im Vorfeld der Gründung der EWU zu hörende Forderungen, Belgien und Italien, die Schuldenstände von über 100 % gemessen am nominalen Bruttoinlandsprodukt aufwiesen, müßten ihn bis zum Beitritt in die EWU auf 60 % zurückführen, waren nicht nur unrealistisch, sondern gingen auch an den geschilderten Zusammenhängen vorbei. Der EG-Vertrag sieht ein abgestuftes Verfahren vor, wenn ein Mitgliedsland gegen die Haushaltskriterien verstößt. Der Maßnahmenkatalog sieht zunächst "Empfehlungen" an das betreffende Mitgliedsland vor. Er endet mit Geldbußen in angemessener Höhe. Die Bundesrepublik Deutschland schlug vor, diese Bestimmungen noch zu verschärfen. Die übrigen EU-Mitglieder folgten diesem Vorschlag.

XII. Die Bedeutung öffentlicher Defizite und Schulden

101

Pkt. 21. (Europäischer Rat (19961), S. 199f.): Jeder Mitgliedstaat wird sich verpflichten, mittelfristig einen nahezu ausgeglichenen oder einen Überschuß aufweisenden Haushalt anzustreben. Dies wird es ermöglichen, die automatischen Stabilisatoren gegebenenfalls über den gesamten Konjunkturzyklus ohne Überschreitung des Referenzwerts von drei Prozent für das Defizit wirken zu lassen. ...

Eine solche Verpflichtung ist wirtschaftlich wenig zweckmäßig. Sie bedeutet, daß auch alle Investitionsausgaben öffentlicher Haushalte im gleichen Jahr durch Einnahmen zumindest auszugleichen sind. Öffentliche Investitionen, wie Autobahnen oder Krankenhäuser haben eine lange Lebensdauer. Entsprechend dieser Lebensdauer können Investitionen auch mit Krediten finanziert werden. Eine Verschuldung des öffentlichen Haushalts z. B. mit langlaufenden Anleihen ist sinnvoll. Die Forderung nach einem Haushaltsausgleich bedeutet, daß man die gegenwärtige Generation voll mit dem finanziellen Aufwand für Investitionen mit langer Lebensdauer belastet. Gerecht wäre es, wenn auch kommende Generationen, die ebenfalls in den Genuß solcher Investitionen kommen, anteilsmäßig an der Finanzierung beteiligt würden. Verschärft wurden auf dem Gipfeltreffen in Dublin 1996 auch die Sanktionen. Überschreitet ein Defizit die 3 %-Grenze, dann muß eine Stabilitätseinlage bei der Kommission gehalten werden. Sie hat einen festen Bestandteil von 0,2 % des nominalen Bruttoinlandsprodukts. Hinzu kommt ein variabler Bestandteil, der 0,1 % der 3 % überschreitenden Prozentpunkte beträgt. Die gesamte Stabilitätseinlage ist auf 0,5 % des nominalen Bruttoinlandsprodukts begrenzt. Ist das übermäßige Defizit nach zwei Jahren nicht auf die geforderten 3 % zurückgeführt, dann wird die Stabilitätseinlage in eine Geldbuße umgewandelt. 3. Problematische Definition des Ausnahmetatbestandes Die Bestimmungen über die 3 %-Regel im Artikel 104 (exArt. 104c) Absatz 2 EGV tolerieren unter bestimmten Bedingungen Überschreitungen. Das ist der Fall, wenn das Verhältnis Defizit zu nominalem Bruttoinlandsprodukt erheblich und laufend zurückgegangen ist oder wenn der Referenzwert nur aus-

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

nahmsweise und vorübergehend überschritten wird. Die Staatsund Regierungschefs hat die Frage, was man unter ausnahmsweise zu verstehen hat, mehrmals beschäftigt. Sie kamen zu folgendem Schluß: Pkt. 27. (Europäischer Rat (1996 I), S. 200): Ein öffentliches Defizit jenseits des Referenzwerts von drei Prozent wird dann als Ausnahme angesehen, wenn es auf ein außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht und erhebliche Auswirkungen auf die Finanzlage des Staates hat, oder einen schwerwiegenden Wirtschaftsrückgang zurückzuführen ist.

Der Begriff außergewöhnliches Ereignis verursachte keine weiteren Probleme. Wenn z.B. die UNO beschließt, daß ihre Mitglieder zu friedenserhaltenden oder friedenschaffenden Maßnahmen beitragen sollen, dann kann das die öffentlichen Haushalte der Mitgliedsländer erheblich belasten. Solche zusätzlichen Ausgaben wären unter außergewöhnliche Ereignisse zu subsumieren. Schwieriger war es, die Frage zu beantworten, was unter einem schwerwiegenden Wirtschaftsrückgang zu verstehen ist. Der Europäische Rat beschloß: Die Kommission wird ... Pkt. 28. (Europäischer Rat (1996 I), S. 200): ... eine Überschreitung des Referenzwertes infolge eines Wirtschafts rückgangs in der Regel nur dann als Ausnahme einstufen, wenn auf lahresbasis ein realer BIP-Rückgang von mindestens zwei Prozent zu verzeichnen ist.

Man war sich offenbar durchaus bewußt, daß ein Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um 2 % eine überaus scharfe Rezession bedeutet. Daher wird es unter besonderen Umständen auch als tolerabel angesehen, wenn die 3 %-Grenze bei einem Rückgang des Sozialprodukts von weniger als 2 % überschritten wird. Pkt. 30. (Europäischer Rat (1996 I), S. 200): Wenn der Rat ... entscheidet, ob ein übermäßiges Defizit besteht, so berücksichtigt er bei seiner Gesamtbeurteilung etwaige Bemerkungen des betreffenden Mitgliedstaats, die zeigen, daß ein realer BIP-Rückgang von weniger als zwei Prozent auf lahresbasis unter Berücksichtigung weiterer stützender Beweise, die sich insbesondere auf die Plötzlichkeit des Rückgangs oder auf die kumulierten Produktionseinbußen

XIT. Die Bedeutung öffentlicher Defizite und Schulden

103

im Vergleich zu früheren Trends beziehen, dennoch als Ausnahme anzusehen ist.

Mit der Fonnulierung dieser Ausnahme von der Ausnahme blieb die Frage offen, wie letztlich die Fonnulierung schwerwiegender Wirtschaftsrückgang in Punkt 27 auszulegen ist. Auch hierzu haben sich die Staats- und Regierungschefs geäußert. Pkt. 37. (Europäischer Rat (1996 I), S. 201): Die Mitgliedstaaten werden bei der Prüfung der Frage, ob der Wirtschaftsrückgang schwerwiegend ist, in der Regel als Referenzpunkt einen Rückgang des realen EIP um mindestens 0,75 Prozent auf lahresbasis zugrunde legen.

Diese Regelungen bedeuten, daß das öffentliche Defizit grundsätzlich 3 % nicht überschreiten darf, auch wenn die Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukt negativ ist. Eine solche Regelung ist problematisch. Angenommen das reale Bruttoinlandsprodukt nimmt um 2 % ab. Bei einer Preissteigerungsrate von 2 % stagniert dann das nominale Bruttoinlandsprodukt (0 %). Soll die Schuldenstandsquote von 60 % eingehalten werden, darf überhaupt kein Defizit im öffentlichen Haushalt gemacht werden. Die 3 %-Regelung ist in solchen Fällen mit der 60 %-Regelung nicht konsistent. Wie die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland in der Vergangenheit zeigte, wird man bei einem schwerwiegenden Wirtschaftsrückgang mit einer Defizitquote von 3 % kaum aus dem Abschwung herauskommen. In jeder der rezessiven Phasen in der Bundesrepublik Deutschland stieg das Defizit öffentlicher Haushalte stark an. Das war für die Preisentwicklung bedeutungslos, da die rezessiven Einflüsse Preissteigerungen verhinderten. Als man in den neunziger Jahren trotz der Rezession und zweistelliger Arbeitslosenzahlen das öffentliche Defizit zurückführte, ging das auch zu Lasten öffentlicher Investitionen. Dadurch wurde der wirtschaftliche Einbruch verschärft und verlängert. Die wirtschaftlichen Probleme in Europa, insbesondere die hohe Arbeitslosigkeit, haben strukturelle Ursachen. Um sie zu bekämpfen, erfordert das aber auch, wie im Abschnitt IT. 2. "Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Gemein-

104

B. Das Europäische System der Zentralbanken

schaft" dargelegt wurde, eine potentialorientierte Finanzpolitik. Die Ausgaben öffentlicher Haushalte müssen sich dabei nach den Angebotsmöglichkeiten der Wirtschaft bei Preisstabilität richten, auch wenn das vorübergehend zu Defiziten führt, die 3 % übersteigen. Eine solche Finanzpolitik hilft, die Wirtschaft zu beleben und führt damit auch wieder zu höheren Steuereinnahmen und somit zu einer Verringerung des Defizits.

Xli. Das Kapital der EZB und die Gewinnverteilung im ESZB 1. Die Zeichnung des Kapitals der EZB Die EZB ist mit einem Anfangskapital von 5 Mrd. Euro ausgestattet worden. Art. 28.1. S: Das Kapital der EZB bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit beträgt 5 Milliarden ECU [Euro].

Dieses Kapital kann, wenn das später erforderlich werden sollte, erhöht werden. Nachdem der EZB-Rat darüber mit qualifizierter Mehrheit entschieden hat, empfiehlt er die Erhöhung dem Rat. Dieser kann der Bitte entsprechen; zuvor hört er das Europäische Parlament und die Kommission an. Gezeichnet wird das Kapital der Bank von allen Zentralbanken der EU, also nicht nur von den nationalen Zentralbanken der EWU. Art. 28.2. S: Die nationalen Zentralbanken sind alleinige Zeichner und Inhaber des Kapitals der EZB.

Jede Zentralbank zeichnet einen Teil dieses Kapitals. Die Höhe des Anteils, den eine einzelne nationale Zentralbank übernimmt, richtet sich nach einem Schlüssel, der sich aus zwei Komponenten (Gewichtsanteilen) zusammensetzt: dem Anteil der Bevölkerung an der Bevölkerung der Gemeinschaft und dem Anteil des Bruttoinlandsprodukts zu Marktpreisen am Bruttoinlandsprodukt der Gemeinschaft. Art. 29.1. S: Nach Errichtung des ESZB und der EZB ... wird der Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals der EZB festgelegt. In

XIII. Das Kapital und die Gewinnverteilung im ESZB

105

diesem Schlüssel erhält jede nationale Zentralbank einen Gewichtsanteil, der der Summe folgender Prozentsätze entspricht: - 50 % des Anteils des jeweiligen Mitgliedstaats an der Bevölkerung der Gemeinschaft im vorletzten Jahr vor der Errichtung des ESZB; - 50 % des Anteils des jeweiligen Mitgliedstaats am Bruttoinlandsprodukt der Gemeinschaft zu Marktpreisen in den fünf Jahren vor dem vorletzten Jahr vor der Errichtung des ESZB.

Alle fünf Jahre wird dieser Schlüssel der tatsächlichen Entwicklung angepaßt. Anteile der EU-Zentralbanken am Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals der EZB EWU-Zentralbanken

Nicht-EWU-Zentralbanken

Deutsche Bundesbank ....... 24,4

....... Sveriges Riksbank ...... Bank of Greece ........

Banque de France

......... . ............. . Banco de Espaiia ........... De Nederlandsche Bank .....

16,9

Banca d'Italia

15,0

Banque Nationale de Belgique

2,9

Österreichische Nationalbank

2,4

8,8

1,9

Suomen Pankki .............

1,4

.....

0,8

Central Bank of Ireland

Danmarks Nationalbank

14,7 2,7 2,1 1,7

4,3

..........

Banco de Portugal

Bank of England

Banque central du Luxembourg 0,1 insgesamt .................. 78,9

insgesamt .............. 21,2

Dies ist derselbe Schlüssel, der auch bei der Ausstattung der EZB mit Währungsreserven angewendet wurde (siehe Abschnitt B. IV.4. f) "Die offiziellen Währungsreserven"). Dieser Schlüssel wird ferner zugrunde gelegt, wenn für bestimmte Beschlüsse, so z. B. für die Erhöhung des Kapitals der EZB, eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. In diesen Fällen werden die Stimmen der Vertreter der nationalen Zentralbanken im EZB-Rat mit den Gewichtsanteilen, die für die Zeichnung

106

B. Das Europäische System der Zentralbanken

des Kapitals der EZB ennittelt wurden, gewichtet. Die Direktoriumsmitglieder haben in diesen Fällen kein Stimmrecht. Die Satzung formuliert das freundlicher: "Die Stimmen der Mitglieder des Direktoriums werden mit Null gewogen." (Art. 10.3 S). Ein Vorschlag ist mit qualifizierter Mehrheit angenommen, wenn die abgegebenen Ja-Stimmen mindestens zwei Drittel des gezeichneten Kapitals der EZB und mindestens die Hälfte der Anteilseigner umfassen. Es ist nicht erforderlich, daß das gezeichnete Kapital auch eingezahlt wird. Über die Höhe der Einzahlung, aber auch über die Form entscheidet der EZB-Rat. Art. 28.3. S: Der EZB-Rat bestimmt mit der in Artikel 10.3 vorgesehenen qualifizierten Mehrheit, in welcher Höhe und welcher Form das Kapital einzuzahlen ist.

Zu einer Kapitaleinzahlung sind nur die nationalen Zentralbanken, die dem ESZB angehören, berechtigt und verpflichtet. Die nationalen Zentralbanken, die nicht dem ESZB angehören, zeichnen zwar das Kapital der EZB, aber zahlen es grundsätzlich nicht ein. Art. 48 S: ... Abweichend von Artikel 28.3 zahlen Zentralbanken von Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, das von ihnen gezeichnete Kapital nicht ein, ...

Von dem im Juni 1998 gezeichneten Kapital der EZB von 5 Mrd. Euro entfielen 78,9 % auf die EWU-Zentralbanken. Sie zahlten 3,9 Mrd. Euro ein. Allerdings kann der Erweiterte EZB-Rat beschließen, daß von den Zentralbanken, die nicht dem ESZB angehören, ein Mindestprozentsatz einzuzahlen ist. Damit sollen auch sie zur Deckung der Betriebskosten der EZB beitragen. Art. 48 S: ... es sei denn, daß der Erweiterte Rat mit der Mehrheit von mindestens zwei Dritteln des gezeichneten Kapitals der EZB und zumindest der Hälfte der Anteilseigner beschließt, daß als Beitrag zu den Betriebskosten der EZB ein Mindestprozentsatz eingezahlt werden muß.

Der Erweiterte Rat hat beschlossen, daß die Länder, für die eine Ausnahmeregelung gilt, 5 % ihres gezeichneten Eigenkapitals der EZB einzahlen müssen. So haben Dänemark, Griechen-

XIll. Das Kapital und die Gewinnverteilung im ESZB

107

land, Großbritannien und Schweden Mittel von zusammen 0,05 Mrd. Euro an die EZB übertragen. "Der aus diesem Betrag ... erzielte Ertrag stellt ihren Beitrag zu jenen Betriebskosten dar, die aus ihrer Teilnahme an einigen Aktivitäten der EZB entstanden sind." (EZB (1998 11), S. 9). Die Einzahlungen aller EU-Mitgliedsländer auf das Kapital von 5 Mrd. Euro betragen damit 4 Mrd. Euro. Der Umfang der Einzahlung ist insofern bedeutsam, da nur das eingezahlte Kapital an der Gewinnausschüttung beteiligt wird. 2. Die Ergebnisverteilung im ESZB

Eine Zentralbank erzielt im allgemeinen Gewinne. Die Passivseite einer Zentralbankbilanz umfaßt den Notenumlauf und Sichteinlagen. Das sind Verbindlichkeiten, für die die Zentralbank keine Zinsen aufzuwenden hat. Auf der Aktivseite einer Zentralbankbilanz erscheinen vor allem die Forderungen gegenüber Banken z. B. aus Offenmarktgeschäften. Für diese Mittelbereitstellung haben die Banken Zinsen zu zahlen. Auch auf die Währungsreserven im Bestand der Zentralbanken, die meist in Form von Wertpapieren gehalten werden, entfallen Zinsen. Verzinsliche Aktiva und unverzinsliche Passiva führen zu relativ hohen Gewinnen. So wird das auch bei den nationalen Zentralbanken im ESZB sein. Das Spitzeninstitut, die EZB verwaltet Währungsreserven. Daraus erzielt sie Zinseinkünfte. Es kann aber zumindest zeitweise durchaus sein, daß die Aufwendungen der EZB, z. B. Zinszahlungen für die Einlagenfazilität, höher sind als die Erträge. Verluste sind bei der EZB nicht auszuschließen. Bei der Verteilung der Überschüsse bzw. Verluste wird im ESZB getrennt zwischen dem Gesamtergebnis der nationalen Zentralbanken und dem Ergebnis der EZB. Beide werden grundsätzlich nicht zusammengelegt. Die Ergebnisse der nationalen Zentralbanken, hier werden stets Gewinne anfallen, werden unter ihnen aufgeteilt. Die Überschüsse der EZB werden, nach der Dotierung eines Reservefonds der EZB, an ihre Anteilseigner, die nationalen Zentralbanken ausgeschüttet.

108

B. Das Europäische System der Zentralbanken

Die Satzung spricht bei den nationalen Zentralbanken nicht von Gewinnen, sondern von "monetären Einkünften". Das sind die ,jährlichen Einkünfte aus Vennögenswerten, die sie als Gegenposten zum Bargeldumlauf und zu ihren Verbindlichkeiten aus Einlagen der Kreditinstitute hält." (Art. 32.2 S). Diese monetären Einkünfte werden an die nationalen Zentralbanken im ESZB verteilt. Zugrunde gelegt wird der Schlüssel, der für die Zeichnung des Kapitals der EZB verwendet wurde. Art. 32.5. S: Die Summe der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken wird ... unter den nationalen Zentralbanken entsprechend ihren eingezahlten Anteilen am Kapital der EZB verteilt.

Kapitalanteile der EZB wurden grundsätzlich nur von den nationalen Zentralbanken der EWU-Staaten eingezahlt. So fließen auch die Gewinne nur diesen zu. Die Zentralbanken von EU-Ländern, die nicht Mitglieder des ESZB sind, partizipieren daran nur marginal. Gewinne, die bei der EZB anfallen, werden zunächst dazu verwendet, einen allgemeinen Reservefonds der EZB zu dotieren. Wie hoch der Betrag ist, der dem Reservefonds aus den Gewinnen zugeführt werden soll, entscheidet der EZB-Rat. Ihm sind allerdings Grenzen vorgegeben. So darf er nicht mehr als 20 % eines Jahresgewinnes diesem Fonds zukommen lassen. Erreicht der Reservefonds die Höhe des Kapitals der EZB, dann sind weitere Zuführungen nicht mehr gestattet. Der verbleibende Gewinn wird an die nationalen Zentralbanken, entsprechend ihren Anteilen am Kapital der EZB, ausgeschüttet. EU-Zentralbanken, die nicht Mitglieder des ESZB sind, erhalten grundsätzlich keine Gewinnanteile. Art. 33.1. S: Der Nettogewinn der EZB wird in der folgenden Reihenfolge verteilt: a) Ein vom EZB-Rat zu bestimmemder Betrag, der 20 % des Nettogewinns nicht übersteigen darf, wird dem allgemeinen Reservefonds bis zu einer Obergrenze von 100% des Kapitals zugeführt; b) der verbleibende Nettogewinn wird an die Anteilseigner der EZB entsprechend ihren eingezahlten Anteilen ausgeschüttet.

Sollten bei der EZB Verluste entstehen, dann werden sie mit Hilfe des allgemeinen Reservefonds der EZB ausgeglichen.

XIII. Das Kapital und die Gewinnverteilung im ESZB

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Allerdings könnte der EZB-Rat auch beschließen, die Verluste aus den Gewinnen der nationalen Zentralbanken zu decken. In der Praxis würde das wohl nur in Frage kommen, wenn der Reservefonds nicht ausreicht, die Verluste der EZB zu kompensieren. Art. 33.2 S: Falls die EZB einen Verlust erwirtschaftet, kann der Fehlbetrag aus dem allgemeinen Reservefonds der EZB und erforderlichenfalls nach einem entsprechenden Beschluß des EZB-Rates aus den monetären Einkünften des betreffenden Geschäftsjahrs im Verhältnis und bis zur Höhe der Beträge gezahlt werden, die nach Artikel 32.5 an die nationalen Zentralbanken verteilt werden.

Eigentümer der nationalen Zentralbanken sind die jeweiligen Mitgliedstaaten der EWU. Die den nationalen Zentralbanken zufließenden Gewinnanteile werden daher weitgehend diesen Mitgliedstaaten zukommen. Die Regelung über die Gewinnverteilung im ESZB wurde in der öffentlichen Diskussion teilweise als ungerecht angesehen. Kritik wurde in Staaten wie der Bundesrepublik Deutschland geäußert, in denen man annimmt, daß der von der nationalen Zentralbank erwirtschaftete Gewinnanteil größer ist als der dieser Zentralbank zufließende ausgeschüttete Gewinnanteil. Kurzfristig mag das der Fall sein. Der EZB-Rat ist grundsätzlich bereit, darauf Rücksicht zu nehmen. So wird er bei der Gewinnermittlung für die Jahre 1999 bis 2001 den Bargeldumlauf ausklammern. Refinanzierungserträge aus dem Bargeldumlauf verbleiben somit den nationalen Zentralbanken der EWU-Mitgliedsländer. Die Deutsche Bundesbank z. B. hat einen relativ hohen Bargeldumlauf zu refinanzieren, weil D-Mark-Noten auch im Ausland, vor allem in den mittel- und osteuropäischen Ländern, umlaufen. Da der Anteil des Bargeldumlaufs der Deutschen Bundesbank am gesamten Bargeldumlauf der EWU höher liegt, als ihr Anteil am Kapital der EZB, der für die Gewinnermittlung grundsätzlich maßgebend ist, verbleiben der Deutschen Bundesbank in den vorgesehenen drei Jahren höhere Gewinne. Zwar bestimmt die Satzung des ESZB, daß die monetären Einkünfte, die aus der Refinanzierung des Bargeldumlaufs und

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

der Einlagen (Mindestreserven) der Kreditinstitute resultieren, zu verteilen sind (Artikel 32.2 der Satzung des ESZB), jedoch sind Ausnahmen, wie sie für die Jahre 1999 bis 2001 vorgesehen sind, rechtlich möglich. Art. 32.3 S: Wenn nach dem Übergang zur dritten Stufe die Bilanzstrukturen der nationalen Zentralbanken nach Auffassung des EZBRates die Anwendung des Artikels 32.2 nicht gestatten, kann der EZB-Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließen, daß die monetären Einkünfte für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren abweichend von Artikel 32.2 nach einem anderen Verfahren bemessen werden.

Die Gewinnverteilung richtet sich gewöhnlich nach den eingezahlten Anteilen am Kapital der EZB. Diesen Anteilen liegen Bevölkerungsanteile und Sozialproduktanteile zugrunde. Längerfristig ist damit zu rechnen, daß die Refinanzierung als Haupteinnahmequelle der nationalen Zentralbanken sich in ihrem Umfang weitgehend parallel zu diesen Schlüsselgrößen entwickeln wird.

XIV. Kriterien für die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten Mitglied der EWU können und sollten alle Mitgliedstaaten der EU sein. Allerdings haben sie dazu Voraussetzungen zu erfüllen. Dazu gehört, daß diese Länder ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften den monetären Regelungen des EG-Vertrages und der Satzung des ESZB anpassen. So müssen die Staaten z. B. dafür sorgen, daß ihre Zentralbanken unabhängig sind. Besonderer Wert wird darauf gelegt, daß ein hoher Grad an Konvergenz zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung der EWU-Staaten und der beitretenden Länder gegeben ist. Nur wenn in den Mitgliedsländem der EWU und den Staaten, die der EWU beitreten wollen, die wirtschaftliche Entwicklung weitgehend gleichgerichtet ist, werden wirtschaftliche Spannungen im gemeinsamen Währungsraum vermieden. Maßstab für einen hohen Grad an dauerhafter Konvergenz ist die Erfüllung von vier Kriterien:

XIV. Kriterien für die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten

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Das erste Beitrittskriterium betrifft die Preisentwicklung. Art. 121.1 (ex-Art. J09j) EGV: - Erreichung eines hohen Grades an Preisstabilität, ersichtlich aus einer Inflationsrate, die der Inflationsrate jener - höchstens drei - Mitgliedstaaten nahekommt, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben.

Es kommt den Vertragspartnern darauf an, einen hohen Grad an Preisstabilität zu erreichen. Das bedingt u. a., daß die Differenzen der Preissteigerungsraten im EWU-Raum und den potentiellen Beitrittsländern nicht zu groß sind. Maßstab für die Konvergenz in der Preisentwicklung ist die durchschnittliche Inflationsrate der drei preisstabilsten Länder. Einzelheiten dazu sind in einem "Protokoll über die Konvergenzkriterien nach Artikel 109 j des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft" (P-Kk) geregelt. Danach darf die Differenz der Preissteigerungsraten eines Beitrittskandidaten gegenüber den drei preisstabilsten Ländern nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte betragen. Art. 1 P-Kk: Das ... genannte Kriterium der Preisstabilität bedeutet, daß ein Mitgliedstaat eine anhaltende Preisstabilität und eine während des letzten Jahres vor der Prüfung gemessene durchschnittliche Inflationsrate aufweisen muß, die um nicht mehr als 1.5 Prozentpunkte über der Inflationsrate jener - höchstens drei - Mitgliedstaaten liegt, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben. ...

Das zweite Beitrittskriterium liefert einen Maßstab für solide öffentliche Finanzen. Art. 121.1 (ex-Art. 109j) EGV: - eine auf Dauer tragbare Finanzlage der öffentlichen Hand, ersichtlich aus einer öffentlichen Haushaltslage ohne übermäßiges Defizit im Sinne des Artikels 104 (exArt. 104 c) Absatz 6.

Betont werden müssen hier die Worte "auf Dauer". Im Vorfeld zur Gründung der EWU wurde immer wieder auf die Kriterien zur Überwachung der öffentlichen Haushaltslage hingewiesen, die ein Defizit grundsätzlich von nicht mehr als 3 % und einen Schuldenstand von grundsätzlich nicht mehr als 60 % jeweils gemessen am nominalen Bruttoinlandsprodukt als Maßstäbe setzen. Quantitative Vorgaben sind bei dem Beitrittskriterium einer soliden Haushaltslage im Vertrag nicht enthalten. Ob bei einem Beitrittskandidaten eine auf Dauer tragbare Finanz-

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

lage gegeben ist, unterliegt daher der Beurteilung durch den Ministerrat bzw. die Staats- und Regierungschefs. Dies wird durch den Hinweis auf Artikel 104 (ex-Art. 100c) Absatz 6 unterstrichen. Dort heißt es, An. 104.6 (ex-An. J04c) EGV: Der Rat entscheidet mit qualifizierter Mehrheit . .. nach Prüfung der Gesamtlage, ob ein übermäßiges Defizit besteht.

Auch das Protokoll über die Konvergenzkriterien, das eigentlich noch Details festlegen sollte, wiederholt nur die Regelung des EG-Vertrags. An. 2 P-Kk: Das ... genannte Kriterium der Finanzlage der öffentlichen Hand bedeutet, daß zum Zeitpunkt der Prüfung keine Ratsentscheidung nach Anikel104 (ex-An. 104c) Absatz 6 dieses Venrages vorliegt, wonach in dem betreffenden Mitgliedstaat ein übermäßiges Defizit besteht.

Das dritte Beitrittskriterium verlangt die Mitgliedschaft im EWS und die Teilnahme am Wechselkursmechanismus dieses Systems. An. 121.1 (ex-An. 109j) EGV: - Einhaltung der normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems seit mindestens zwei Jahren ohne Abwenung gegenüber der Währung eines anderen Mitgliedstaats.

Bevor die EWU gegründet wurde, waren die meisten Währungen der EU-Staaten im EWS, dem EWS I, durch Leitkurse miteinander verbunden. Nachdem die EWU gegründet worden ist, besteht das EWS 11 (siehe Abschnitt B. IV.4. d) "Das Europäische Währungssystem EWS"). Aufbau und Regeln des EWS 11 entsprechen weitgehend denen des EWS I. Zwischen dem Euro und der dänischen Krone sowie der griechischen Drachme, Währungen von EU-Staaten, die nicht der EWU angehören, sind Leitkurse festgelegt, die, wenn erforderlich, geändert werden können (Stufenflexibilität). Die am Devisenmarkt notierten Devisenkurse können diese Leitkurse unteroder überschreiten, und zwar bis zu den Interventionspunkten. Das Band zwischen den Interventionspunkten ist breit. Es liegt um 15 % (Dänemark 2,25 %) unterhalb und oberhalb der Leitkurse. Diese Bandbreite wird als normale Bandbreite im Sinne des EG-Vertrages interpretiert. Werden die Interventionspunkte

XlV. Kriterien für die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten

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von den am Devisenmarkt notierten Kursen erreicht, intervenieren die beteiligten Zentralbanken automatisch und grundsätzlich unbegrenzt. Die neben Dänemark und Griechenland ebenfalls nicht der EWU angehörenden Länder Großbritannien und Schweden nehmen am Wechselkursmechanismus des EWS nicht teil. Der Sinn, eine Teilnahme der Beitrittskandidaten am EWS und seinem Wechselkursmechanismus zu fordern, ist die Erkenntnis, daß feste Wechselkurse eher als flexible zu einer gleichgerichteten wirtschaftlichen Entwicklung führen. Daher gestattet die EZB es den Teilnehmerländern, die nicht der EWU angehören, untereinander auch geringere Bandbreiten zu vereinbaren. Die Teilnahme am EWS fördert also die Konvergenz der wirtschaftlichen Entwicklung. Wenn ein Mitgliedstaat der EU, für den eine Ausnahmeregelung gilt, früher oder später beabsichtigt, der EWU beizutreten, dann ist die Einhaltung der normalen Bandbreite im Wechselkursmechanismus des EWS über einen Zeitraum von minimal zwei Jahren ein wichtiges Instrument für ein solches Land, seinen Willen zu anhaltender Konvergenz der wirtschaftlichen Entwicklung zu beweisen. "Ein politisch und/oder wirtschaftlich bedingtes Abseitsstehen stünde jedenfalls im Widerspruch zu dem für die WWU-Teilnahme vertraglich festgelegten Kriterium der Wechselkurs stabilität, das eine spannungsfreie Mitgliedschaft im System ohne eigene Währungsabwertungen während einer Mindestfrist von zwei Jahren vorsieht. Unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Gleichbehandlung aller EULänder muß die Erfüllung aller Konvergenzkriterien einschließlich stabiler Wechselkurse im gemeinschaftlichen Wechselkurssystem auch von den Mitgliedstaaten gefordert werden, die den Euro erst nach 1999 einführen." (Deutsche Bundesbank (1996 I), S.6). Das Protokoll über die Konvergenzkriterien wiederholt weitgehend den Text im EG-Vertrag. Es betont, daß die Bandbreiten ohne starke Spannungen eingehalten worden sein müssen. Ein Beitrittskandidat darf in den letzten zwei Jahren vor dem Beitritt zur EWU seine Währung gegenüber der Währung eines anderen Mitgliedstaates nicht abgewertet haben, jedenfalls darf das nicht auf Initiative des Beitrittslandes geschehen sein. 8 Köhler

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Art. 3 P-Kk: Das ... genannte Kriterium der Teilnahme am Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems bedeutet, daß ein Mitgliedstaat die im Rahmen des Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems vorgesehenen normalen Bandbreiten zumindest in den letzten zwei Jahren vor der Prüfung ohne starke Spannungen eingehalten haben muß. Insbesondere darf es den bilateralen Leitkurs seiner Währung innerhalb des gleichen Zeitraums gegenüber der Währung eines anderen Mitgliedstaats nicht von sich aus abgewertet haben.

Das vierte Beitrittskriterium zielt auf konvergierende Zinssätze Art. 121.1 (ex Art. l09j) EGV: - Dauerhaftigkeit der von dem Mitgliedstaat erreichten Konvergenz und seiner Teilnahme am Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems, die im Niveau der langfristigen Zinssätze zum Ausdruck kommt.

Eine gleichgerichtete und zwischen den Mitgliedstaaten wenig differierende Entwicklung der langfristigen Zinssätze wird hier als Ergebnis erreichter wirtschaftlicher Konvergenz und der Teilnahme am Wechselkursmechanismus des EWS angesehen. Hier wird noch einmal unterstrichen, daß feste Wechselkurse eine wirtschaftliche Konvergenz und damit die der Zinssätze, fördern. Im Protokoll über die Konvergenzkriterien wird quantifiziert, um welchen Prozentsatz die langfristigen Zinsen im EWURaum und in den beitrittswilligen Ländern differieren können. Das sollten nicht mehr als 2 Prozentpunkte sein, und zwar, ebenso wie schon beim Preiskriterium, 2 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der Zinssätze der drei preis stabilsten Länder im EWU-Raum. Der Berechnung der langfristigen Zinssätze werden hauptsächlich die Renditen langfristiger Staatsschuldverschreibungen oder vergleichbarer Wertpapiere zugrunde gelegt. Art. 4 P-Kk: Das ... genannte Kriterium der Konvergenz der Zinssätze bedeutet, daß im Verlauf von einem Jahr vor der Prüfung in einem Mitgliedstaat der durchschnittliche langfristige Nominalzinssatz um nicht mehr als 2 Prozentpunkte über dem entsprechenden Satz in jenen - höchstens drei - Mitgliedstaaten liegt, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben.

XIV. Kriterien für die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten

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Über die Aufnahme von EU-Mitgliedstaaten in die EWU entscheiden die Staats- und Regierungschefs. Zunächst beurteilen die Kommission und die EZB, ob die vier Kriterien eingehalten worden sind. Sie äußern sich auch darüber, wie die aufzunehmenden Währungen sich im Verhältnis zum Euro und wie sich die Leistungsbilanzen, die Lohnstückkosten und andere Preisindizes entwickelt haben. Nachdem das Europäische Parlament angehört wurde, entscheiden die Staats- und Regierungschefs mit qualifizierter Mehrheit über die Aufnahme. Für EU-Staaten, die nicht Mitglieder der EWU sind, gilt eine Ausnahmeregelung. Sie bedeutet, daß eine Reihe von Bestimmungen des EG-Vertrages auf diese Länder nicht anzuwenden ist. Das betrifft in erster Linie alle Vereinbarungen über das ESZB. Ferner werden bei einem übermäßigen öffentlichen Defizit öffentlicher Haushalte weder die Bestimmungen über Fristensetzungen noch die über Sanktionen angewendet. Zu den EU-Mitgliedstaaten, die nicht der EWU angehören, weil sie die Kriterien nicht erfüllten, zählen Griechenland und Schweden. Griechenland verfehlte alle Kriterien und Schweden gehörte nicht dem Wechselkursmechanismus des EWS an. Diese Länder können aber grundsätzlich jederzeit, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen, Mitglieder der EWU werden. Art. 122.2 (ex-Art. 109k) EGV: Mindestens einmal alle zwei Jahre bzw. auf Antrag eines Mitgliedstaats, für den eine Ausnahmeregelung gilt, berichten die Kommission und die EZB dem Rat nach dem Verfahren des Artikels 121 Absatz 1. Der Rat entscheidet ... in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs ... mit qualifizierter Mehrheit, welche der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, die auf den Kriterien des Artikels 121 Absatz 1 beruhenden Voraussetzungen erfüllen, und hebt die Ausnahmeregelungen der betreffenden Mitgliedstaaten auf

Für zwei weitere Mitgliedstaaten gilt ebenfalls die Ausnahmeregelung, nämlich für Großbritannien und Dänemark. Bei Abschluß der den EG-Vertrag ergänzenden Vereinbarungen von Maastricht haben beide Länder erklärt, daß sie sich das Recht vorbehalten, nicht der EWU beizutreten (opting out). Andererseits sind sie berechtigt, jederzeit auch beizutreten (opting in),

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

wenn sie die Beitrittskriterien erfüllen. Beide Länder sind 1999 der EWU nicht beigetreten. Im "Protokoll über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland" (P-UK) wurde das folgendermaßen geregelt. 1. P-UK: ... Sofern das Vereinigte Königreich dem Rat nicht notifiziert, daß es zur dritten Stufe überzugehen beabsichtigt, ist es dazu nicht verpflichtet. 10. a) P-UK: Das Vereinigte Königreich hat das Recht, zur dritten Stufe überzugehen, sofern es die notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Der Rat entscheidet auf Antrag des Vereinigten Königreichs unter den Bedingungen und nach dem Verfahren des Artikels 109k (neu-Art. 122) Absatz 2 dieses Vertrags, ob das Vereinigte Königreich die notwendigen Voraussetzungen erfüllt.

Dänemark hat im "Protokoll über einige Bestimmungen betreffend Dänemark" (P-Dk) ähnliche Vorbehalte gemacht. 2. P-Dk: Falls notifiziert wird, daß Dänemark nicht an der dritten Stufe teilnehmen wird, gilt für Dänemark eine Freistellung. Die Freistellung hat zur Folge, daß alle eine Ausnahmeregelung betreffenden Artikel und Bestimmungen dieses Vertrags und der Satzung des ESZB auf Dänemark Anwendung finden. 4. P-Dk: Zur Aufhebung der Freistellung wird das Verfahren nach Artikel 109k (neu-Art. 122) Absatz 2 nur dann eingeleitet, wenn Dänemark einen entsprechenden Antrag stellt.

Der Artikel 122 (ex-Art. lO9k) Absatz 2 sieht eine zweijährige Überprüfung vor, inwieweit Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die EWU erfüllen. Das betrifft Griechenland und Schweden. Für Großbritannien und Dänemark, die eine opting in-Klausel vereinbart haben, ist eine solche Überprüfung im Abstand von zwei Jahren nicht erforderlich. Ein möglicher späterer Beitritt dieser beiden Staaten ist von einem Antrag, den diese Länder stellen müssen, abhängig.

xv.

Partizipierende Staaten

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XV. Partizipierende Staaten 1. Europa Im Mai 1998 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der 15 EU-Staaten, die EWU zu gründen. Sie einigten sich auf elf EU-Mitgliedsländer, die in dieser ersten Runde den Euro in ihren Ländern einführten. Mit diesem Beschluß läuft nun allerdings der Euro in 15 Staaten um. Zu den elf EWU-Mitgliedstaaten treten nämlich noch vier Staaten, die nicht der EU und damit auch nicht der EWU angehören. Das ist einmal Andorra. Vor der Währungsunion war der Französische Franc das Hauptzahlungsmittel. Neben Spanischen Peseten liefen in geringem Umfang dort auch eigene Banknoten um. Ihr Volumen ist im Verhältnis zur gesamten Geldmenge im Euro-Raum jedoch bedeutungslos. In Monaco ist der Euro ebenfalls Umlaufswährung. Es gehörte vor der EWU de facto zum französischen Währungsgebiet. Dort liefen also französische Noten um. Ein drittes nicht EU-Mitgliedsland mit dem Euro als Umlaufswährung ist San Marino. Vor der EWU gehörte dieser Staat zum italienischen Währungsgebiet. Last not least ist der Vatikanstaat viertes, nicht zur EU gehörendes Land, in dem der Euro Zahlungsmittel ist. Auch im Vatikanstaat liefen, bevor die EWU gegründet wurde, Italienische Lira um.

2. Afrika Die Währungen von 15 afrikanischen Staaten waren seit vielen Jahres durch feste Wechselkurse an den Französischen Franken gebunden. Das sind einmal die acht Länder der Westafrikanischen Währungsunion (Union Monetaire Ouest Africaine). Dazu gehören Benin, Bukina Faso, Elfenbeinküste, Guinea-Bissau, Mali, Niger, Senegal und Togo·. Die Währungsunion hat eine Zentralbank, die Banque Centrale des Etats de l' Afrique de I'Ouest. Sie emittiert Banknoten, die man als CFA-Franc (Franc de la Communaute Financiere Africaine) bezeichnet.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

Durch feste Wechselkurse verbunden war auch der Französische Franken mit sechs Währungen in der Gemeinschaft Zentralafrikanischer Staaten. Auch diese Staaten - Äquatorialguinea, Gabun, Kamerun, Kongo, Tschad und die Zentralafrikanische Republik - bedienen sich eines gemeinsamen Emissionsinstituts, der Banque des Etats de I' Afrique Centrale. Die von dieser Bank emittierten Banknoten werden ebenfalls als CFA-Franc bezeichnet. Die Banknoten beider afrikanischer Währungsgebiete stehen im Verhältnis 1: 1. Schließlich bestanden feste Wechselkurse auch noch zwischen der Währung der Komoren, dem Komoren-Franc (Franc comorien) und dem Französischen Franken. Die Devisenkurse zum Französischen Franc waren festgesetzt mit 75 FC: 1 FF und 100 F-CFA: 1 FF. (Deutsche Bundesbank (1998 II), S. 20, 22 und 29). Diese Festkurse wurden von Frankreich garantiert. Frankreich will feste Wechselkurse nunmehr zwischen dem Euro einerseits und dem CFA-Franc sowie dem Franc comorien beibehalten. Sie werden wie bisher von Frankreich garantiert. Frankreich ist durch die Satzung des ESZB dazu befugt. Sie gestattet nationalen Zentralbanken, mit Zentralbanken und Finanzinstituten in dritten Ländern Beziehungen aufzunehmen (Art. 23 S). Wesentlich aber ist, daß diese Vereinbarungen keine Rückwirkungen auf das ESZB und die Höhe des umlaufenden Geldes in der EWU haben. In Frankreich ist für die Aufrechterhaltung fester Wechselkurse zwischen den CFA-Ländern und dem Euro das französische Finanzministerium zuständig, nicht aber die Banque de France. Die drei Zentralbanken, die CFA-Franc bzw. Franc comorien emittieren, unterhalten Konten beim französischen Finanzministerium. Käme es zu einem Abwertungsdruck auf den F-CFA und/oder den FC, dann würde das französische Finanzministerium intervenieren. Es müßte den drei Zentralbanken Euro zur Verfügung stellen. Diese erhält es aber nur durch Mittelaufnahme am Kredit- oder Rentenmarkt, denn der Banque de France ist es nicht gestattet, einer öffentlichen Institution Kredite zu gewähren. Die Zentralbankgeldmenge, die das ESZB zur Steuerung der monetären Entwicklung in den Kreis-

XV. Partizipierende Staaten

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lauf gibt, wird von der Aufrechterhaltung fester Wechselkurse zwischen Euro und den Währungen Französischer Territorien daher nicht beeinflußt. Auch Portugal hat, erst im Jahre 1998, mit den Kap Verden ein Abkommen geschlossen, das vorsieht, den Cabo Verde Escudo KEsc durch einen festen Wechselkurs von 1 Esc = 0.55 KEsc an den Portugiesischen Escudo Esc und das heißt ab 1999 an den Euro zu binden. Allerdings übernimmt Portugal keine Garantie, den vereinbarten Kurs im Falle einer stärkeren Anspannung auch zu verteidigen. Auch in diesem Fall wird das ESZB, d. h. der Euro-Zentralbankgeldstrom nicht berührt. 3. Pazifik Der Französische Franc war noch mit einer anderen von Frankreich betreuten Währung verbunden, dem CFP-Franc. Er ist Umlaufswährung auf vielen Inseln des Paziftks, die in Volksabstimmungen statt der Unabhängigkeit den Status von Überseeterritorien (territoires d'outre-mer T.O.M.) wählten. Es handelt sich dabei um drei größere Gebiete: relativ nahe zu Australien Neukaledonien, etwas weiter östlich Wallis und Futuna und schließlich hinter der Datumsgrenze FranzösischPolynesien mit der Hauptinsel Tahiti. Auch hier gab es einen festen Wechselkurs zum Französischen Franc, nämlich 18,1818 CFP-Franc : 1 FF. Der Name CFP stammt noch aus der Kolonialzeit (Colonies Fran~aises du Pacifique). Das Kürzel wird im Zusammenhang mit Franc weiter benutzt (Deutsche Bundesbank (1998 11), S. 78). Frankreich wird auch mit der Währung der Überseeterritorien, dem CFP-Franc, feste Wechselkurse aufrechterhalten. Dieser Wunsch war aber nicht mehr durch Artikel 23 der Satzung des ESZB gedeckt, da es sich bei den Überseeterritorien Frankreichs nicht um "dritte Länder" handelt. Daher hat Frankreich sich in den Vertragsverhandlungen zur EWU das Recht ausbedungen, in diesen Übersee-Territorien Geldzeichen auszugeben und Paritäten festzulegen. Das wurde im "Protokoll betreffend Frankreich" (P-F) im EU-Vertrag festgehalten.

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

P-F: ... Frankreich behält das Recht, nach Maßgabe seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften in seinen Übersee-Territorien Geldzeichen auszugeben und ist allein befugt, die Parität des CFP-Franc festzusetzen.

Das französische Finanzministerium legt auch in diesem Fall die Wechselkurse fest und garantiert grundsätzlich, sie auch aufrechtzuerhalten. Die Abwicklung im Falle von Abwertungstendenzen des CFP-Franc entspricht den Maßnahmen, die in solchen Situationen für den CFA-Franc oder dem Franc comorien vorgesehen sind. Davon wird die Zentralbankgeldbereitstellung in der EWU nicht beeinträchtigt.

XVI. Das Problem der Vertragstreue Die EWU ist am 1. Januar 1999 ins Leben gerufen worden. Die Menschen in den elf Teilnehmerstaaten mußten auf die gewohnte nationale Währung verzichten. Sie erhielten eine neue gemeinsame europäische Währung, den Euro. Noch hat die Bevölkerung in den Mitgliedstaaten der EWU kein rechtes Verhältnis zu dem neuen Geld. Sie muß erst Vertrauen in den Euro gewinnen. Vor allem das ESZB muß alles tun, ein solches Vertrauen zu schaffen. Aber zu diesem Bemühen gehört auch Vertragstreue der EU-Mitgliedländer. Wenn die Bevölkerung sieht, daß man es mit den erst jüngst geschlossenen Vereinbarungen über die EWU nicht so genau nimmt, ist Vertrauen der neuen Währung gegenüber nur schwer zu erringen. Drei Ereignisse machen hellhörig. Schweden unterzeichnete die Verträge von Maastricht ohne Wenn und Aber. Das bedeutete, ein solches Land erklärte sich einverstanden, der EWU beizutreten, wenn es die Vorbedingungen, die Beitrittskriterien, erfüllt. Die schwedische Regierung aber erklärte nach der Unterzeichnung, daß das Land nicht beitreten werde. Oe facto war das ein Vertragsbruch. Diese Haltung wurde nur deshalb nicht als Vertragsbruch gewertet, da Schweden nicht dem Wechselkursmechanismus des EWS angehörte. Alle anderen Kriterien hatte es erfüllt. Der nicht vollzo-

XVII. Gültigkeit des Vertrages

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gene Beitritt zur EWU signalisierte den ersten laxen Umgang mit dem EG-Vertrag. Der zweite Fall war die Berufung des Präsidenten der EZB. Dem EG-Vertrag entsprechend beträgt die Amtszeit des Präsidenten acht Jahre. Während des Berufungsverfahren kristallisierten sich zwei Kandidaten heraus. Der Kompromiß bestand darin, daß grundsätzlich die Amtszeit geteilt wurde. Beide Kandidaten kommen zum Zuge. Der Vertragsbruch wurde nur dadurch vennieden, daß der erstberufene Kandidat auf acht Jahre ernannt wurde. Er erklärte, daß er aus Altersgründen früher ausscheiden werde. Er wolle zumindest im Amt bleiben, bis die Euro-Noten und Euro-Münzen in den Verkehr gebracht seien. Den Zeitpunkt seines Ausscheides bestimme er. Damit war der Form Rechnung getragen. Ein laxer Umgang mit dem EG-Vertrag war auch das. Der dritte Fall kündigt sich an. Großbritannien zeigt Interesse an der EWU. Ein Beitritt in einigen Jahren ist möglich. Der EG-Vertrag und das Großbritannien zugestandene Protokoll des opting out und opting in verlangen, daß die Kriterien als Voraussetzung des Beitritts erfüllt werden. Großbritannien aber kündigt an, daß es nicht beabsichtigt, dem Wechselkursmechanismus des EWS beizutreten. Vielleicht gibt es auch hier einen Weg, den offenen Vertragsbruch zu vermeiden. Ein laxer Umgang mit dem EG-Vertrag wäre das aber ebenfalls. Der Euro muß sich in Europa erst noch bewähren. Den Bemühungen des ESZB hilft man nicht, wenn man als Unterzeichner des EG-Vertrags und des EU-Vertrags Vertragstreue vennissen läßt.

XVII. Gültigkeit des Vertrages Der EG-Vertrag, der auch für die EWU den rechtlichen Rahmen absteckt, ist nicht befristet. Art. 312 EGV: Dieser Vertrag gilt auf unbegrenzte Zeit.

Etwas anderes zu vereinbaren ist auch nicht möglich. Nationale Währungen abzuschaffen und durch eine einheitliche euro-

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B. Das Europäische System der Zentralbanken

päische Währung zu ersetzen, ist ein Ereignis, das man nicht rückgängig machen kann. Alle Beteiligten haben das Beste daraus zu machen.

Zitierte Veröffentlichungen Ausschuß der Präsidenten (1993): Ausschuß der Präsidenten der Zentralbanken der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, Jahresbericht 1992, April 1993 BBkG (1990): Gesetz über die Deutsche Bundesbank in der geltenden Fassung, Stand 1. Juli 1990, Mitteilungen der Deutschen Bundesbank Nr. 1000/90 BBkG (1992): Gesetz über die Deutsche Bundesbank in der Fassung vom 22. Oktober 1992, Mitteilungen der Deutschen Bundesbank Nr. 1005/92 BBkG (1997): Sechstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank vom 22. Dezember 1997, Mitteilungen der Deutschen Bundesbank Nr. 1001198 Deutsche Bundesbank (1996): "Harmonisierte monetäre Statistiken Grundlage für eine erfolgreiche Geldpolitik in der Währungsunion", Informationsbrief zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion Nr. 2, Oktober 1996 Deutsche Bundesbank (1996 I): ,,Das Europäische Währungssystem in der WWU-Endstufe", Informationsbrief zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion Nr. 2, Oktober 1996 Deutsche Bundesbank (1996 ll): "TARGET - ein WWU-weites Echtzeit-Brutto-Zahlungssystem der Zentralbanken", Informationsbrief zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, Nr. 1, September 1996 Deutsche Bundesbank (19971): "Geldpolitische Strategie und Instrumentarium des Europäischen Systems der Zentralbanken", in: Informationsbrief zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, Nr. 4, Februar 1997 Deutsche Bundesbank (1997 ll): "Stand der Vorbereitungsarbeiten für das WWU-weite Echtzeit-Brutto-Zahlungssystem TARGET", in: Informationsbrief zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, Nr. 8, Juli 1997 Deutsche Bundesbank (1997 ill): "Weltweite Organisationen und Gremien im Bereich von Währung und Wirtschaft", April 1997

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Zitierte Veröffentlichungen

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Zitierte

Veröffentlichunge~

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EWI (1997 II): "Die einheitliche Geldpolitik in Stufe 3 - Allgemeine Regelungen für die geldpolitischen Instrumente und Verfahren des ESZB", September 1997 EWI (1998): "Konvergenzbericht - Nach Artikel 109j des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorgeschriebener Bericht", März 1998 EWI (1998 II): "Jahresbericht 1997", Mai 1998 EZB (1998): "Bericht über elektronisches Geld", Pressemitteilung, 31.8.1998 EZB (1998 II): "Die einheitliche Geldpolitik in Stufe 3 - Allgemeine Regelungen für die geldpolitischen Instrumente und Verfahren des ESZB", September 1998 EZB (1998 III): "Vereinbarungen und Verfahren für den neuen Wechselkursmechanismus (WKM II)", Pressemitteilung, 11. 9.1998 EZB (1998 N): "Einleitende Bemerkungen des Präsidenten", Pressemitteilung, 11. 9.1998 EZB (1998 V): "Einleitende Bemerkungen des Präsidenten", Pressemitteilung, 13.10.1998 EZB (1998 VI): ,,Eine stabilitätsorientierte geldpolitische Strategie für das ESZB", Pressemitteilung, 13.10.1998 EZB (1998 VII): "Die Anwendung eines Mindestreservesystems des Europäischen Systems der Zentralbanken in der dritten Stufe - endgültige Ausgestaltung", Pressemitteilung, 13.10.1998 Kohl (1996): "In Lissabon ein optimistischer Auftakt und ein Disput über die NATO-Ost-Erweiterung", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.12.1996, Nr. 282, S. 2 Lamfalussy, Alexandre (1995): "Möglichkeiten und Grenzen des EWI als Motor der Währungsunion", in: Deutsche Bundesbank, Auszüge aus Presseartikeln, Nr. 27, 7. April 1995 SVR (1994): "Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung," 1994/95, Stuttgart

Anhang

ANHANG 1

Auszüge aus dem EG-Vertrag Artikel 2 (ex-Artikel 2)

Aufgabe der Gemeinschaft ist es, durch die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes und einer Wirtschafts- und Währungsunion sowie durch die Durchführung der in den Artikeln 3 und 4 genannten gemeinsamen Politiken und Maßnahmen in der ganzen Gemeinschaft eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz, die Gleichstellung von Männern und Frauen, ein beständiges, nichtinflationäres Wachstum, einen hohen Grad von Wettbewerbsflihigkeit und Konvergenz der Wirtschaftsleistungen, ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität, die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern. Artikel 4 (ex-Artikel 3a) (1) Die Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 umfaßt nach Maßgabe dieses Vertrags und der darin vorgesehenen Zeitfolge die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die auf einer engen Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, dem Binnenmarkt und der Festlegung gemeinsamer Ziele beruht und dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist. (2) Parallel dazu umfaßt diese Tätigkeit nach Maßgabe dieses Vertrags und der darin vorgesehenen Zeitfolge und Verfahren die unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse im Hinblick auf die Einführung einer einheitlichen Währung, der ECU, sowie die Festlegung und Durchführung einer einheitlichen Geld- sowie Wechselkurspolitik, die beide vorrangig das Ziel der Preisstabilität verfolgen und unbeschadet dieses Zieles die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft unter Beachtung des Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb unterstützen sollen. 9 Köhler

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(3) Diese Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft setzt die Einhaltung der folgenden richtungsweisenden Grundsätze voraus: stabile Preise, gesunde öffentliche Finanzen und monetäre Rahmenbedingungen sowie eine dauerhaft finanzierbare Zahlungsbilanz. Artikel 8 (ex-ArtikeI4a)

Nach den in diesem Vertrag vorgesehenen Verfahren werden ein Europäisches System der Zentralbanken (im folgenden als ,,ESZB" bezeichnet) und eine Europäische Zentralbank (im folgenden als ,,EZB" bezeichnet) geschaffen, die nach Maßgabe der Befugnisse handeln, die ihnen in diesem Vertrag und der beigefügten Satzung des ESZB und der EZB (im folgenden als "Satzung des ESZB" bezeichnet) zugewiesen werden. Artikel 11 (ex-Artikel 5 a) (1) Die Mitgliedstaaten, die beabsichtigen, untereinander eine ver-

stärkte Zusammenarbeit zu begründen, können vorbehaltlich der Artikel 43 und 44 des Vertrags über die Europäische Union ermächtigt werden, die in diesem Vertrag vorgesehenen Organe, Verfahren und Mechanismen in Anspruch zu nehmen, sofern die beabsichtigte Zusammenarbeit a) keine in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fallenden Bereiche betrifft; b) die Gemeinschaftspolitiken, -aktionen oder -programme nicht beeinträchtigt; c) nicht die Unionsbürgerschaft betrifft und auch keine Diskriminierung zwischen Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten bedeutet; d) die der Gemeinschaft durch diesen Vertrag zugewiesenen Befugnisse nicht überschreitet und e) keine Diskriminierung oder Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellt und die Wettbewerbsbedingungen zwischen diesen nicht verzerrt. (2) Die Ermächtigung nach Absatz 1 wird vom Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments erteilt. Erklärt ein Mitglied des Rates, daß es aus wichtigen Gründen der nationalen Politik, die es auch nennen muß, die Absicht hat, eine mit

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qualifizierter Mehrheit zu erteilende Ermächtigung abzulehnen, so erfolgt keine Abstimmung. Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit verlangen, daß die Frage zur einstimmigen Beschlußfassung an den in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs tagenden Rat verwiesen wird. Die Mitgliedstaaten, die beabsichtigen, eine verstärkte Zusammenarbeit nach Absatz I zu begründen, können einen Antrag an die Kommission richten, die dem Rat einen entsprechenden Vorschlag vorlegen kann. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, so unterrichtet sie die betroffenen Mitgliedstaaten und gibt ihre Gründe dafür an. (3) Jeder Mitgliedstaat, der sich der Zusammenarbeit nach diesem Artikel anschließen will, teilt dem Rat und der Kommission seine Absicht mit; die Kommission legt dem Rat binnen drei Monaten nach Eingang der Mitteilung eine Stellungnahme dazu vor. Innerhalb von vier Monaten vom Tag der Mitteilung an gerechnet beschließt die Kommission über den Antrag und über die spezifischen Regelungen, die sie gegebenenfalls für notwendig hält. (4) Die für die Durchführung der Tätigkeiten im Rahmen der Zusammenarbeit erforderlichen Rechtsakte und Beschlüsse unterliegen allen einschlägigen Bestimmungen dieses Vertrags, sofern in diesem Artikel und in den Artikeln 43 und 44 des Vertrags über die Europäische Union nichts anderes bestimmt ist. (5) Dieser Artikel läßt das Protokoll zur Einbeziehung des SchengenBesitzstands in den Rahmen der Europäischen Union unberührt. Artikel 56 (ex-Artikel 73 b) (1) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.

(2) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten. Artikel 57 (ex-Artikel 73c) (1) Artikel 56 berührt nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Ländern, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitio9*

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nen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestehen. (2) Unbeschadet der anderen Kapitel dieses Vertrags sowie seiner Bemühungen um eine möglichst weitgehende Verwirklichung des Zieles eines freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern kann der Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit Maßnahmen für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten beschließen. Maßnahmen nach diesem Absatz, die im Rahmen des Gemeinschaftsrechts für die Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern einen Rückschritt darstellen, bedürfen der Einstimmigkeit. Artikel 58 (ex-Artikel 73 d) (1) Artikel 56 berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten,

a) die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln, b) die unerläßlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute, zu verhindern, sowie Meldeverfahren für den Kapitalverkehr zwecks administrativer oder statistischer Information vorzusehen oder Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind. (2) Dieses Kapitel berührt nicht die Anwendbarkeit von Beschränkungen des Niederlassungsrechts, die mit diesem Vertrag vereinbar sind. (3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen und Verfahren dürfen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 56 darstellen. Artikel 59 (ex-Artikel 73f) Falls Kapitalbewegungen nach oder aus dritten Ländern unter außergewöhnlichen Umständen das Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion schwerwiegend stören oder zu stören drohen, kann der Rat

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mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der EZB gegenüber dritten Ländern Schutzmaßnahmen mit einer Geltungsdauer von höchstens sechs Monaten treffen, wenn diese unbedingt erforderlich sind. Artikel 60 (ex-Artikel 73 g)

(1) Fall ein Tätigwerden der Gemeinschaft in den in Artikel 301 vorgesehenen Fällen für erforderlich erachtet wird, kann der Rat nach dem Verfahren des Artikels 301 die notwendigen Sofortmaßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs mit den betroffenen dritten Ländern ergreifen. (2) Solange der Rat keine Maßnahmen nach Absatz 1 ergriffen hat, kann jeder Mitgliedstaat unbeschadet des Artikels 297 bei Vorliegen schwerwiegender politischer Umstände aus Gründen der Dringlichkeit gegenüber dritten Ländern einseitige Maßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs treffen. Die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten sind über diese Maßnahmen spätestens bei deren Inkrafttreten zu unterrichten. Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission entscheiden, daß der betreffende Mitgliedstaat diese Maßnahmen zu ändern oder aufzuheben hat. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament über die betreffenden Entscheidungen des Rates. Artikel 98 (ex-Artikel 102a)

Die Mitgliedstaaten richten ihre Wirtschaftspolitik so aus, daß sie im Rahmen der in Artikel 99 Absatz 2 genannten Grundzüge zur Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 beitragen. Die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft handeln im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und halten sich dabei an die in Artikel 4 genannten Grundsätze. (1) Die Mitgliedstaaten betrachten ihre Wirtschaftspolitik als eine

Angelegenheit von gemeinsamen Interesse und koordinieren sie im Rat nach Maßgabe des Artikels 98. (2) Der Rat erstellt mit qualifizierter Mehrheit auf Empfehlung der Kommission einen Entwurf für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft und erstattet dem Europäischen Rat hierüber Bericht.

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Der Europäische Rat erörtert auf der Grundlage dieses Berichtes des Rates eine Schlußfolgerung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft. Auf der Grundlage dieser Schlußfolgerung verabschiedet der Rat mit qualifizierter Mehrheit eine Empfehlung, in der diese Grundzüge dargelegt werden. Der Rat unterrichtet das Europäische Parlament über seine Empfehlung. (3) Um eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik und eine dauerhafte Konvergenz der Wirtschaftsleistungen der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, überwacht der Rat anhand von Berichten der Kommission die wirtschaftliche Entwicklung in jedem Mitgliedstaat und in der Gemeinschaft sowie die Vereinbarkeit der Wirtschaftspolitik mit den in Absatz 2 genannten Grundzügen und nimmt in regelmäßigen Abständen eine Gesamtbewertung vor. Zum Zwecke dieser multilateralen Überwachung übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission Angaben zu wichtigen einzelstaatlichen Maßnahmen auf dem Gebiet ihrer Wirtschaftspolitik sowie weitere von ihnen für erforderlich erachtete Angaben. (4) Wird im Rahmen des Verfahrens nach Absatz 3 festgestellt, daß die Wirtschaftspolitik eines Mitgliedstaats nicht mit den in Absatz 2 genannten Grundzügen vereinbar ist oder das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion zu gefährden droht, so kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Empfehlung der Kommission die erforderlichen Empfehlungen an den betreffenden Mitgliedstaat richten. Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschließen, seine Empfehlungen zu veröffentlichen. Der Präsident des Rates und die Kommission erstatten dem Europäischen Parlament über die Ergebnisse der multilateralen Überwachung Bericht. Der Präsident des Rates kann ersucht werden, vor dem zuständigen Ausschuß des Europäischen Parlaments zu erscheinen, wenn der Rat seine Empfehlungen veröffentlicht hat. (5) Der Rat kann nach dem Verfahren des Artikels 252 die Einzelheiten des Verfahrens der multilateralen Überwachung im Sinne der Absätze 3 und 4 festlegen. Artikel 100 (ex-Artikel103a) (1) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission unbeschadet der sonstigen in diesem Vertrag vorgesehenen Verfahren einstimmig über die der Wirtschaftslage angemessenen Maßnahmen entscheiden, insbeson-

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dere falls gravierende Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren auftreten. (2) Ist ein Mitgliedstaat aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht, so kann der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission beschließen, dem betreffenden Mitgliedstaat unter bestimmten Bedingungen einen finanziellen Beistand der Gemeinschaft zu gewähren. Sind die gravierenden Schwierigkeiten auf Naturkatastrophen zurückzuführen, so beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament über den Beschluß. Artikel 101 (ex-Artikel 104) (1) Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten bei der EZB oder den Zentralbanken der Mitgliedstaaten (im folgenden "nationale Zentralbanken" bezeichnet) für Organe oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlichen Unternehmen der Mitgliedstaaten sind ebenso verboten wie der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die EZB oder die nationalen Zentralbanken.

(2) Die Bestimmungen des Absatzes 1 gelten nicht für Kreditinstitute in öffentlichem Eigentum; diese werden von der jeweiligen nationalen Zentralbank und der EZB, was die Bereitstellung von Zentralbankge1d betrifft, wie private Kreditinstitute behandelt. Artikel 102 (ex-Artikel l04a) (1) Maßnahmen, die nicht aus aufsichtsrechtlichen Gründen getroffen werden und einen bevorrechtigten Zugang der Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft, der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen der Mitgliedstaaten zu den Finanzinstituten schaffen, sind verboten.

(2) Der Rat legt vor dem 1. Januar 1994 nach dem Verfahren des Artikels 252 die Begriffsbestimmungen für die Anwendung des in Absatz 1 vorgesehenen Verbots fest.

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Anhang I Artikel 103 (ex-Artikel 104 b)

(1) Die Gemeinschaft haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen von Mitgliedstaaten und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens. Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlichrechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein; dies gilt unbeschadet der gegenseitigen finanziellen Garantien für die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens.

(2) Der Rat kann erforderlichenfalls nach dem Verfahren des Artikels 252 Definitionen für die Anwendung der in Artikel 101 und in diesem Artikel vorgesehenen Verbote näher bestimmen. Artikel lQ4 (ex-Artikel 104c) (1) Die Mitgliedstaaten vermeiden übermäßige öffentliche Defizite.

(2) Die Kommission überwacht die Entwicklung der Haushaltslage und der Höhe des öffentlichen Schuldenstands in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Feststellung schwerwiegender Fehler. Insbesondere prüft sie die Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhand von zwei Kriterien, nämlich daran, a) ob das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizits zum Bruttoinlandsprodukt einen bestimmten Referenzwert überschreitet, es sei denn, daß - entweder das Verhältnis erheblich und laufend zurückgegangen ist und einen Wert in der Nähe des Referenzwerts erreicht hat - oder der Referenzwert nur ausnahmsweise und vorübergehend überschritten wird und das Verhältnis in der Nähe des Referenzwerts bleibt, b) ob das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum Bruttoinlandsprodukt einen bestimmten Referenzwert überschreitet, es sei denn, daß das Verhältnis hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert.

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Die Referenzwerte werden in einem diesem Vertrag beigefügten Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit im einzelnen festgelegt. (3) Erfüllt ein Mitgliedstaat keines oder nur eines dieser Kriterien, so erstellt die Kommission einen Bericht. In diesem Bericht wird berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats. Die Kommission kann ferner einen Bericht erstellen, wenn sie ungeachtet der Erfüllung der Kriterien der Auffassung ist, daß in einem Mitgliedstaat die Gefahr eines übermäßigen Defizits besteht. (4) Der Ausschuß nach Artikel 114 gibt eine Stellungnahme zu dem Bericht der Kommission ab. (5) Ist die Kommission der Auffassung, daß in einem Mitgliedstaat ein übermäßiges Defizit besteht oder sich ergeben könnte, so legt sie dem Rat eine Stellungnahme vor. (6) Der Rat entscheidet mit qualifizierter Mehrheit auf Empfehlung der Kommission und unter Berücksichtigung der Bemerkungen, die der betreffende Mitgliedstaat gegebenenfalls abzugeben wünscht, nach Prüfung der Gesamtlage, ob ein übermäßiges Defizit besteht. (7) Wird nach Absatz 6 ein übermäßiges Defizit festgestellt, so richtet der Rat an den betreffenden Mitgliedstaat Empfehlungen mit dem Ziel, dieser Lage innerhalb einer bestimmten Frist abzuhelfen. Vorbehaltlich des Absatzes 8 werden diese Empfehlungen nicht veröffentlicht.

(8) Stellt der Rat fest, daß seine Empfehlungen innerhalb der gesetzten Frist keine wirksamen Maßnahmen ausgelöst haben, so kann er seine Empfehlungen veröffentlichen. (9) Falls ein Mitgliedstaat den Empfehlungen des Rates weiterhin nicht Folge leistet, kann der Rat beschließen, den Mitgliedstaat mit der Maßgabe in Verzug zu setzen, innerhalb einer bestimmten Frist Maßnahmen für den nach Auffassung des Rates zur Sanierung erforderlichen Defizitabbau zu treffen. Der Rat kann in diesem Fall den betreffenden Mitgliedstaat ersuchen, nach einem konkreten Zeitplan Berichte vorzulegen, um die Anpassungsbemühungen des Mitgliedstaats überprüfen zu können.

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(10) Das Recht auf Klageerhebung nach den Artikeln 226 und 227 kann im Rahmen der Absätze 1 bis 9 dieses Artikels nicht ausgeübt werden.

(11) Solange ein Mitgliedstaat einen Beschluß nach Absatz 9 nicht befolgt, kann der Rat beschließen, eine oder mehrere der nachstehenden Maßnahmen anzuwenden oder gegebenenfalls zu verschärfen, nämlich - von dem betreffenden Mitgliedstaat verlangen, vor der Emission von Schuldverschreibungen und sonstigen Wertpapieren vom Rat näher zu bezeichnende zusätzliche Angaben zu veröffentlichen, - die Europäische Investitionsbank ersuchen, ihre Darlehenspolitik gegenüber dem Mitgliedstaat zu überprüfen, - von dem Mitgliedstaat verlangen, eine unverzinsliche Einlage in angemessener Höhe bei der Gemeinschaft zu hinterlegen, bis das übermäßige Defizit nach Ansicht des Rates korrigiert worden ist, - Geldbußen in angemessener Höhe verhängen. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament von den Beschlüssen. (12) Der Rat hebt einige oder sämtliche Entscheidungen nach den Absätzen 6 bis 9 und 11 so weit auf, wie das übermäßige Defizit in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Ansicht des Rates korrigiert worden ist. Hat der Rat zuvor Empfehlungen veröffentlicht, so stellt er, sobald die Entscheidung nach Absatz 8 aufgehoben worden ist, in einer öffentlichen Erklärung fest, daß in dem betreffenden Mitgliedstaat kein übermäßiges Defizit mehr besteht. (13) Die Beschlußfassung des Rates nach den Absätzen 7 bis 9 sowie 11 und 12 erfolgt auf Empfehlung der Kommission mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gemäß Artikel 205 Absatz 2 gewogenen Stimmen der Mitgliedstaaten mit Ausnahme der Stimmen des Vertreters des betroffenen Mitgliedstaats. (14) Weitere Bestimmungen über die Durchführung des in diesem

Artikel beschriebenen Verfahrens sind in dem diesem Vertrag beigefügten Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit enthalten. Der Rat verabschiedet einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments sowie der EZB die geeigneten Bestimmungen, die sodann das genannte Protokoll ablösen. Der Rat beschließt vorbehaltlich der sonstigen Bestimmungen dieses Absatzes vor dem 1. Januar 1994 mit qualifizierter Mehrheit auf Vor-

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schlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments nähere Einzelheiten und Begriffsbestimmungen für die Durchführung des genannten Protokolls. Artikel 105 (ex-Artikel 105) (1) Das vorrangige Ziel des ESZB ist es, die Preisstabilität zu gewähr-

leisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft, um zur Verwirklichung der in Artikel 2 festgelegten Ziele der Gemeinschaft beizutragen. Das ESZB handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und hält sich dabei an die in Artikel 4 genannten Grundsätze. (2) Die grundlegenden Aufgaben des ESZB bestehen darin, - die Geldpolitik der Gemeinschaft festzulegen und auszuführen, - Devisengeschäfte im Einklang mit Artikel 111 durchzuführen; - die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten, - das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern. (3) Absatz 2 dritter Gedankenstrich berührt nicht die Haltung und Verwaltung von Arbeitsguthaben in Fremdwährungen durch die Regierungen der Mitgliedstaaten. (4) Die EZB wird gehört - zu allen Vorschlägen für Rechtsakte der Gemeinschaft im Zuständigkeitsbereich der EZB, - von den nationalen Behörden zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften im Zuständigkeitsbereich der EZB, und zwar innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 107 Absatz 6 festlegt. Die EZB kann gegenüber den zuständigen Organen und Einrichtungen der Gemeinschaft und gegenüber den nationalen Behörden Stellungnahmen zu in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Fragen abgeben. (5) Das ESZB trägt zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei.

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(6) Der Rat kann durch einstimmigen Beschluß auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung der EZB und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments der EZB besondere Aufgaben in Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen übertragen. Artikel 106 (ex-Artikel 105a)

(1) Die EZB hat das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Banknoten innerhalb der Gemeinschaft zu genehmigen. Die EZB und die nationalen Zentralbanken sind zur Ausgabe von Banknoten berechtigt. Die von der EZB und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Gemeinschaft als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. (2) Die Mitgliedstaaten haben das Recht zur Ausgabe von Münzen, wobei der Umfang dieser Ausgabe der Genehmigung durch die EZB bedarf. Der Rat kann nach dem Verfahren des Artikels 252 und nach Anhörung der EZB Maßnahmen erlassen, um die Stückelung und die technischen Merkmale aller für den Umlauf bestimmten Münzen so weit zu harmonisieren, wie dies für deren reibungslosen Umlauf innerhalb der Gemeinschaft erforderlich ist. Artikel 107 (ex-Artikel 106) (1) Das ESZB besteht aus der EZB und den nationalen Zentralbanken.

(2) Die EZB besitzt Rechtspersönlichkeit. (3) Das ESZB wird von den Beschlußorganen der EZB, nämlich dem EZB-Rat und dem Direktorium, geleitet. (4) Die Satzung des ESZB ist in einem diesem Vertrag beigefügten Protokoll festgelegt. (5) Der Rat kann die Artikel 5.1, 5.2, 5.3, 17, 18, 19.1,22,23,24,26, 32.2, 32.3, 32.4, 32.6, 33.1. a und 36 der Satzung des ESZB entweder mit qualifizierter Mehrheit auf Empfehlung der EZB nach Anhörung der Kommission oder einstimmig auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung der EZB ändern. Die Zustimmung des Europäischen Parlaments ist dabei jeweils erforderlich. (6) Der Rat erläßt mit qualifizierter Mehrheit entweder auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der EZB oder auf Empfehlung der EZB und nach Anhörung des

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Europäischen Parlaments und der Kommission die in den Artikeln 4, 5.4, 19.2,20,28.1, 29.2, 30.4 und 34.3 der Satzung des ESZB genannten Bestimmungen.

Artikel 108 (ex-Artikel 107) Bei der Wahrnehmung der ihnen durch diesen Vertrag und die Satzung der ESZB übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichten darf weder die EZB noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlußorgane Weisungen von Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen. Die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichten sich, diesen Grundsatz zu beachten und nicht zu versuchen, die Mitglieder der Beschlußorgane der EZB oder der nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.

Artikel 109 (ex-Artikel 108) Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, daß spätestens zum Zeitpunkt der Errichtung des ESZB seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften einschließlich der Satzung seiner Zentralbank mit diesem Vertrag sowie mit der Satzung des ESZB im Einklang stehen.

Artikel 110 (ex-Artikel 108 a) (1) Zur Erfüllung der dem ESZB übertragenen Aufgaben werden von der EZB gemäß diesem Vertrag und unter den in der Satzung des ESZB vorgesehenen Bedingungen - Verordnungen erlassen, insoweit dies für die Erfüllung der in Artike13.1 erster Gedankenstrich, Artikel 19.1, Artikel 22 oder Artikel 25.2 der Satzung des ESZB festgelegten Aufgaben erforderlich ist; sie erläßt Verordnungen ferner in den Fällen, die in den Rechtsakten des Rates nach Artikel 107 Absatz 6 vorgesehen werden, - Entscheidungen erlassen, die zur Erfüllung der dem ESZB nach diesem Vertrag und der Satzung des ESZB übertragenen Aufgaben erforderlich sind, - Empfehlungen und Stellungnahmen abgegeben. (2) Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

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Die Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich. Die Entscheidung ist in allen ihren Teilen für diejenigen verbindlich, an die sie gerichtet ist. Die Artikel 253 bis 256 des Vertrags gelten für die Verordnungen und Entscheidungen der EZB. Die EZB kann die Veröffentlichung ihrer Entscheidungen, Empfehlungen und Stellungnahmen beschließen. (3) Innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 107 Absatz 6 festlegt, ist die EZB befugt, Unternehmen bei Nichteinhaltung der Verpflichtungen, die sich aus ihren Verordnungen und Entscheidungen ergeben, mit Geldbußen oder in regelmäßigen Abständen zu zahlenden Zwangs geldern zu belegen. Artikel 111 (ex-Artikel 109) (1) Abweichend von Artikel 300 kann der Rat einstimmig auf Emp-

fehlung der EZB oder der Kommission und nach Anhörung der EZB in dem Bemühen, zu einem mit dem Ziel der Preisstabilität im Einklang stehenden Konsens zu gelangen, nach Anhörung des Europäischen Parlaments gemäß den in Absatz 3 für die Festlegung von Modalitäten vorgesehenen Verfahren förmliche Vereinbarungen über ein Wechselkurssystem für die ECU gegenüber Drittlandswährungen treffen. Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Empfehlung der EZB oder der Kommission und nach Anhörung der EZB in dem Bemühungen, zu einem mit dem Ziel der Preisstabilität im Einklang stehenden Konsens zu gelangen, die ECU-Leitkurse innerhalb des Wechselkurssystems festlegen, ändern oder aufgeben. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament von der Festlegung, Änderung oder Aufgabe der ECU-Leitkurse. (2) Besteht gegenüber einer oder mehrerer Drittlandswährungen kein Wechselkurssystem nach Absatz 1, so kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit entweder auf Empfehlung der Kommission und nach Anhörung der EZB oder auf Empfehlung der EZB allgemeine Orientierungen für die Wechselkurspolitik gegenüber diesen Währungen aufstellen. Diese allgemeinen Orientierungen dürfen das vorrangige Ziel des ESZB, die Preisstabilität zu gewährleisten, nicht beeinträchtigen. (3) Wenn von der Gemeinschaft mit einem oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen Vereinbarungen im Zusammenhang mit Währungsfragen oder Devisenregelungen auszuhandeln sind,

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beschließt der Rat abweichend von Artikel 300 mit qualifizierter Mehrheit auf Empfehlung der Kommission und nach Anhörung der EZB die Modalitäten für die Aushandlung und den Abschluß solcher Vereinbarungen. Mit diesen Modalitäten wird gewährleistet, daß die Gemeinschaft einen einheitlichen Standpunkt vertritt. Die Kommission wird an den Verhandlungen in vollem Umfang beteiligt. Die nach diesem Absatz getroffenen Vereinbarungen sind für die Organe der Gemeinschaft, die EZB und die Mitgliedstaaten verbindlich. (4) Vorbehaltlich des Absatzes 1 befindet der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der EZB mit qualifizierter Mehrheit über den Standpunkt der Gemeinschaft auf internationaler Ebene zu Fragen, die von besonderer Bedeutung für die Wirtschafts- und Währungsunion sind, sowie einstimmig über ihre Vertretung unter Einhaltung der in den Artikeln 99 und 105 vorgesehenen Zuständigkeitsverteilung. (5) Die Mitgliedstaaten haben das Recht, unbeschadet der Gemeinschaftszuständigkeit und der Gemeinschaftsvereinbarungen über die Wirtschafts- und Währungsunion in internationalen Gremien Verhandlungen zu führen und internationale Vereinbarungen zu treffen. Artikel 112 (ex-Artikel 109a) (1) Der EZB-Rat besteht aus den Mitgliedern des Direktoriums der EZB und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken.

(2) a) Das Direktorium besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren Mitgliedern. b) Der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Mitglieder des Direktoriums werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs auf Empfehlung des Rates, der hierzu das Europäische Parlament und den EZB-Rat anhört, aus dem Kreis der in Währungsoder Bankfragen anerkannten und erfahrenen Persönlichkeiten einvernehmlich ausgewählt und ernannt. Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre; Wiederernennung ist nicht zulässig. Nur Staatsangehörige der Mitgliedstaaten können Mitglieder des Direktoriums werden.

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Artikel 113 (ex-Artikel W9b) (1) Der Präsident des Rates und ein Mitglied der Kommission können ohne Stimmrecht an den Sitzungen des EZB-Rates teilnehmen.

Der Präsident des Rates kann dem EZB-Rat einen Antrag zur Beratung vorlegen. (2) Der Präsident der EZB wird zur Teilnahme an den Tagungen des Rates eingeladen, wenn dieser Fragen im Zusammenhang mit den Zielen und Aufgaben des ESZB erörtert. (3) Die EZB unterbreitet dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission sowie auch dem Europäischen Rat einen Jahresbericht über die Tätigkeit des ESZB und die Geld- und Währungspolitik im vergangenen und im laufenden Jahr. Der Präsident der EZB legt den Bericht dem Rat und dem Europäischen Parlament vor, das auf dieser Grundlage eine allgemeine Aussprache durchführen kann. Der Präsident der EZB und die anderen Mitglieder des Direktoriums können auf Ersuchen des Europäischen Parlaments oder auf ihre Initiative hin von den zuständigen Ausschüssen des Europäischen Parlaments gehört werden. Artikel 114 (ex-Artikel W9c) (1) Um die Koordinierung der Politiken der Mitgliedstaten in dem für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Umfang zu fördern, wird ein Beratender Währungsausschuß eingesetzt. Dieser hat die Aufgabe, - die Währungs- und Finanzlage der Mitgliedstaten und der Gemeinschaft sowie den allgemeinen ZahlUllgsverkehr der Mitgliedstaaten zu beobachten und dem Rat und der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu erstatten; - auf Ersuchen des Rates oder der Kommission oder von sich aus Stellungnahmen an diese Organe abzugeben; - unbeschadet des Artikels 207 an der Vorbereitung der in Artikel 59, Artikel 60, Artikel 99 Absätze 2, 3, 4 und 5, Artikel 100, Artikel 102, Artikel 103, Artikel 104, Artikel 116 Absatz 2, Artikel 117 Absatz 6, Artikel 119, Artikel 120, Artikel 121 Absatz 2 sowie Artikel 122 Absatz 1 genannten Arbeiten des Rates mitzuwirken; - mindestens einmal jährlich die Lage hinsichtlich des Kapitalverkehrs und der Freiheit des Zahlungsverkehrs, wie sie sich aus der Anwen-

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dung dieses Vertrags und der Maßnahmen des Rates ergeben, zu prüfen; die Prüfung erstreckt sich auf alle Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Kapital- und Zahlungsverkehr; der Ausschuß erstattet der Kommission und dem Rat Bericht über das Ergebnis dieser Prüfung. Jeder Mitgliedstaat sowie die Kommission ernennen zwei Mitglieder des Währungsausschusses. (2) Mit Beginn der dritten Stufe wird ein Wirtschafts- und Finanzausschuß eingesetzt. Der in Absatz I vorgesehene Währungsausschuß wird aufgelöst. Der Wirtschafts- und Finanzausschuß hat die Aufgabe, - auf Ersuchen des Rates oder der Kommission oder von sich aus Stellungnahmen an diese Organe abzugeben; - die Wirtschafts- und Finanzlage der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft zu beobachten und dem Rat und der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu erstatten, insbesondere über die finanziellen Beziehungen zu dritten Ländern und internationalen Einrichtungen; - unbeschadet des Artikels 207 an der Vorbereitung der in Artikel 59, Artikel 60, Artikel 99 Absätze 2,3,4 und 5, Artikel 100, Artikel 102, Artikel 103, Artikel 104, Artikel 105 Absatz 6, Artikel 106 Absatz 2, Artikel 107 Absätze 5 und 6, Artikel 111, Artikel 119, Artikel 120 Absätze 2 und 3, Artikel 122 Absatz 2, Artikel 123 Absätze 4 und 5 genannten Arbeiten des Rates mitzuwirken und die sonstigen ihm vom Rat übertragenen Beratungsaufgaben und vorbereitenden Arbeiten auszuführen; - mindestens einmal jährlich die Lage hinsichtlich des Kapitalverkehrs und der Freiheit des Zahlungsverkehrs, wie sie sich aus der Anwendung dieses Vertrags und der Maßnahmen des Rates ergeben, zu prüfen; die Prüfung erstreckt sich auf alle Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Kapital- und Zahlungsverkehr; der Ausschuß erstattet der Kommission und dem Rat Bericht über das Ergebnis dieser Prüfung. Jeder Mitgliedstaat sowie die Kommission und die EZB ernennen jeweils höchstens zwei Mitglieder des Ausschusses. (3) Der Rat legt mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der EZB und des in diesem Artikel genannten Ausschusses im einzelnen fest, wie sich der Wirtschaftsund Finanzausschuß zusammensetzt. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament über diesen Beschluß. \0 Köhler

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Anhang I

(4) Sofern und solange es Mitgliedstaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung nach den Artikeln 122 und 123 gilt, hat der Ausschuß zusätzlich zu den in Absatz 2 beschriebenen Aufgaben die Währungs- und Finanzlage sowie den allgemeinen Zahlungsverkehr der betreffenden Mitgliedstaaten zu beobachten und dem Rat und der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu erstatten. Artikel 115 (ex-Artikel 109d)

Bei Fragen, die in den Geltungsbereich von Artikel 99 Absatz 4, Artikel 104 mit Ausnahme von Absatz 14, Artikel 111, Artikel 122 und Artikel 123 Absätze 4 und 5 fallen, kann der Rat oder ein Mitgliedstaat die Kommission ersuchen, je nach Zweckmäßigkeit eine Empfehlung oder einen Vorschlag zu unterbreiten. Die Kommission prüft dieses Ersuchen und unterbreitet dem Rat umgehend ihre Schlußfolgerungen. Artikel 121 (ex-Artikel 109j) (1) Die Kommission und das EWI berichten dem Rat, inwieweit die Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion ihren Verpflichtungen bereits nachgekommen sind. In ihren Berichten wird auch die Frage geprüft, inwieweit die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten einschließlich der Satzung der jeweiligen nationalen Zentralbank mit Artikel 108 und Artikel 109 dieses Vertrags sowie der Satzung des ESZB vereinbar sind. Ferner wird darin geprüft, ob ein hoher Grad an dauerhafter Konvergenz erreicht ist; Maßstab hierfür ist, ob die einzelnen Mitgliedstaaten folgende Kriterien erfüllen:

- Erreichung eines hohen Grades an Preisstabilität, ersichtlich aus einer Inflationsrate, die der Inflationsrate jener - höchstens drei Mitgliedstaaten nahekommt, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben; - eine auf Dauer tragbare Finanzlage der öffentlichen Hand, ersichtlich aus einer öffentlichen Haushaltslage ohne übermäßiges Defizit im Sinne des Artikels 104 Absatz 6; - Einhaltung der normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems seit mindestens zwei Jahren ohne Abwertung gegenüber der Währung eines anderen Mitgliedstaats;

Auszüge aus dem EG-Vertrag

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- Dauerhaftigkeit der von dem Mitgliedstaat erreichten Konvergenz und seiner Teilnahme am Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems, die im Niveau der langfristigen Zinssätze zum Ausdruck kommt. Die vier Kriterien in diesem Absatz sowie die jeweils erforderliche Dauer ihrer Einhaltung sind in einem diesem Vertrag beigefügten Protokoll näher festgelegt. Die Berichte der Kommission und des EWl berücksichtigen auch die Entwicklung der ECU, die Ergebnisse bei der Integration der Märkte, den Stand und die Entwicklung der Leistungsbi1anzen, die Entwicklung bei den Lohnstückkosten und andere Preisindizes. (2) Der Rat beurteilt auf der Grundlage dieser Berichte auf Empfehlung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit, - ob die einzelnen Mitgliedstaaten die notwendigen Voraussetzungen für die Einführung einer einheitlichen Währung erfüllen, - ob eine Mehrheit der Mitgliedstaaten die notwendigen Voraussetzungen für die Einführung einer einheitlichen Währung erfüllt, und empfiehlt seine Feststellungen dem Rat, der in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs tagt. Das Europäische Parlament wird angehört und leitet seine Stellungnahme dem Rat in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs zu. (3) Unter gebührender Berücksichtigung der Berichte nach Absatz 1 sowie der Stellungnahme des Europäischen Parlaments nach Absatz 2 verfährt der Rat, der in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs tagt, spätestens am 31. Dezember 1996 mit qualifizierter Mehrheit wie folgt: - er entscheidet auf der Grundlage der in Absatz 2 genannten Empfehlungen des Rates, ob eine Mehrheit der Mitgliedstaaten die notwendigen Voraussetzungen für die Einführung einer einheitliche Währung erfüllt; - er entscheidet, ob es für die Gemeinschaft zweckmäßig ist, in die dritte Stufe einzutreten; sofern dies der Fall ist, - bestimmt er den Zeitpunkt für den Beginn der dritten Stufe. (4) Ist bis Ende 1997 der Zeitpunkt für den Beginn der dritten Stufe nicht festgelegt worden, so beginnt die dritte Stufe am 1. Januar 1999. Vor dem 1. Juli 1998 bestätigt der Rat, der in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs tagt, nach einer Wiederholung des in den Absätzen 1 und 2 - mit Ausnahme von Absatz 2 zweiter Gedan-

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Anhang I

kenstrich - vorgesehenen Verfahrens unter Berücksichtigung der Berichte nach Absatz 1 sowie der Stellungnahme des Europäischen Parlaments mit qualifizierter Mehrheit auf der Grundlage der Empfehlungen des Rates nach Absatz 2, welche Mitgliedstaaten die notwendigen Voraussetzungen für die Einführung einer einheitlichen Währung erfüllen. Artikel 122 (ex-Artikel 109k)

P) Falls der Zeitpunkt nach Artikel 121 Absatz 3 bestimmt wurde, entscheidet der Rat auf der Grundlage der in Artikel 121 Absatz 2 genannten Empfehlungen mit qualifizierter Mehrheit auf Empfehlung der Kommission, ob - und gegebenenfalls welchen - Mitgliedstaaten eine Ausnahmeregelung im Sinne des Absatzes 32 gewährt wird. Die betreffenden Mitgliedstaaten werden in diesem Vertrag als "Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt" bezeichnet. Falls der Rat nach Artikel 121 Absatz 4 bestätigt hat, welche Mitgliedstaaten die notwendigen Voraussetzungen für die Einführung einer einheitlichen Währung erfüllen, wird den Mitgliedstaaten, die die Voraussetzungen nicht erfüllen, eine Ausnahmeregelung im Sinne des Absatzes 3 gewährt. Die betreffenden Mitgliedstaaten werden in diesem Vertrag ebenfalls als "Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt" bezeichnet. (2) Mindestens einmal alle zwei Jahre bzw. auf Antrag eines Mitgliedstaats, für den eine Ausnahmeregelung gilt, berichten die Kommission und die EZB dem Rat nach dem Verfahren des Artikels 121 Absatz 1. Der Rat entscheidet nach Anhörung des Europäischen Parlaments und nach Aussprache im Rat, der in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs tagt, auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit, welche der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, die auf den Kriterien des Artikels 121 Absatz 1 beruhenden Voraussetzungen erfüllen, und hebt die Ausnahmeregelungen der betreffenden Mitgliedstaaten auf. (3) Eine Ausnahmeregelung nach Absatz 1 hat zur Folge, daß die nachstehenden Artikel für den betreffenden Mitgliedstaat nicht gelten: Artikel 104 Absätze 9 und 11, Artikel 105 Absätze 1, 2, 3 und 5, Artikel 106, Artikel 110, Artikel 111 sowie Artikel 112 Absatz 2 Buchstabe b. Der Ausschluß des betreffenden Mitgliedstaats und seiner Zentralbank von den Rechten und Verpflichtungen im Rahmen des ESZB wird in Kapitel IX der Satzung des ESZB geregelt. (4) In Artikel 105 Absätze 1, 2 und 3, Artikel 106, Artikel 110, Artikel 111 sowie Artikel 112 Absatz 2 Buchstabe b bezeichnet der Aus-

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druck "Mitgliedstaaten" die Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung gilt. (5) Das Stimmrecht der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, ruht bei Beschlüssen des Rates gemäß den in Absatz 3 genannten Artikeln. In diesem Fall gelten abweichend von Artikel 205 und Artikel 250 Absatz 1 zwei Drittel der gemäß Artikel 205 Absatz 2 gewogenen Stimmen der Vertreter der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung gilt, als qualifizierte Mehrheit; ist für die Änderung eines Rechtsakts Einstimmigkeit vorgeschrieben, so ist die Einstimmigkeit dieser Mitgliedstaaten erforderlich. (6) Artikel 119 und Artikel 120 finden weiterhin auf Mitgliedstaaten Anwendung, für die eine Ausnahmeregelung gilt. Artikel 123 (ex-Artikel 1091) (1) Unmittelbar nach dem gemäß Artikel 121 Absatz 3 gefaßten Beschluß über den Zeitpunkt für den Beginn der dritten Stufe bzw. unmittelbar nach dem 1. Juli 1998

- verabschiedet der Rat die in Artikel 107 Absatz 6 genannten Bestimmungen; - ernennen die Regierungen der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung gilt, nach dem Verfahren des Artikels 50 der Satzung des ESZB den Präsidenten, den Vizepräsidenten und die weiteren Mitglieder des Direktoriums der EZB. Bestehen für Mitgliedstaaten Ausnahmeregelungen, so kann sich das Direktorium aus weniger Mitgliedern als in Artikel 11.1 der Satzung des ESZB vorgesehen zusammensetzen; auf keinen Fall darf es jedoch aus weniger als 4 Mitgliedern bestehen. Unmittelbar nach Ernennung des Direktoriums werden das ESZB und die EZB errichtet und von diesen Vorkehrungen für die Aufnahme ihrer vollen Tätigkeit im Sinne dieses Vertrags und der Satzung des ESZB getroffen. Sie nehmen ihre Befugnisse ab dem ersten Tag der dritten Stufe in vollem Umfang wahr. (2) Unmittelbar nach Errichtung der EZB übernimmt diese erforderlichenfalls die Aufgaben des EWI. Dieses wird nach Errichtung der EZB liquidiert; die entsprechenden Einzelheiten der Liquidation werden in der Satzung des EWI geregelt. (3) Sofern und solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, wird unbeschadet des Artikels 107 Absatz 3 der in

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Anhang I

Artikel 45 der Satzung des ESZB bezeichnete Erweiterte Rat der EZB als drittes Beschlußorgan der EZB errichtet. (4) Am ersten Tag der dritten Stufe nimmt der Rat aufgrund eines einstimmigen Beschlusses der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung gilt, auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der EZB die Umrechnungskurse, auf die ihre Währungen unwiderruflich festgelegt werden, sowie die unwiderruflich festen Kurse, zu denen diese Währungen durch die ECU ersetzt werden, an und wird die ECU zu einer eigenständigen Währung. Diese Maßnahme ändert als solche nicht den Außenwert der ECU. Der Rat trifft ferner nach dem gleichen Verfahren alle sonstigen Maßnahmen, die für die rasche Einführung der ECU als einheitlicher Währung dieser Mitgliedstaaten erforderlich sind. (5) Wird nach dem Verfahren des Artikels 122 Absatz 2 beschlossen, eine Ausnahmeregelung aufzuheben, so legt der Rat aufgrund eines einstimmigen Beschlusses der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung gilt, und des betreffenden Mitgliedstaats auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der EZB den Kurs, zu dem dessen Währung durch die ECU ersetzt wird, fest und ergreift die sonstigen erforderlichen Maßnahmen zur Einführung der ECU als einheitliche Währung in dem betreffenden Mitgliedstaat. Artikel 124 (ex-Artikel 109m) (I) Bis zum Beginn der dritten Stufe behandelt jeder Mitgliedstaat

seine Wechselkurspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse. Er berücksichtigt dabei die Erfahrungen, die bei der Zusammenarbeit im Rahmen des Europäischen Währungssystems (EWS) und bei der Entwicklung der ECU gesammelt worden sind, und respektiert die bestehenden Zuständigkeiten. (2) Mit Beginn der dritten Stufe sind die Bestimmungen des Absatzes 1 auf die Wechselkurspolitik eines Mitgliedstaats, für den eine Ausnahmeregelung gilt, für die Dauer dieser Ausnahmeregelung sinngemäß anzuwenden. Artikel 146 (ex-Artikel 123)

Um die Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitskräfte im Binnenmarkt zu verbessern und damit zur Hebung der Lebenshaltung beizutragen, wird nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ein Europäischer Sozialfonds errichtet, dessen Ziel es ist, innerhalb der Gemeinschaft die berufliche Verwendbarkeit und die örtliche und berufliche

Auszüge aus dem EG-Vertrag

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Mobilität der Arbeitskräfte zu fördern sowie die Anpassung an die industriellen Wandlungsprozesse und an Veränderungen der Produktionssysteme insbesondere durch berufliche Bildung und Umschulung zu erleichtern.

Artikel 158 (ex-Artikel l30a) Die Gemeinschaft entwickelt und verfolgt weiterhin ihre Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts, um eine harmonische Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes zu fördern. Die Gemeinschaft setzt sich insbesondere zum Ziel, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete oder Inseln, einschließlich der ländlichen Gebiete, zu verringern.

Artikel 159 (ex-Artikel l30b) Die Mitgliedstaaten führen und koordinieren ihre Wirtschaftspolitik in der Weise, daß auch die in Artikel 158 genannten Ziele erreicht werden. Die Festlegung und Durchführung der Politiken und Aktionen der Gemeinschaft sowie die Errichtung des Binnenmarkts berücksichtigen die Ziele des Artikels 158 und tragen zu deren Verwirklichung bei. Die Gemeinschaft unterstützt auch diese Bemühungen durch die Politik, die sie mit Hilfe der Strukturfonds (Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft - Abteilung Ausrichtung, Europäischer Sozialfonds, Europäischer Fonds für regionale Entwicklung), der Europäischen Investitionsbank und der sonstigen vorhandenen Finanzierungsinstrumente führt. Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Wirtschafts- und Sozialausschuß und dem Ausschuß der Regionen alle drei Jahre Bericht über die Fortschritte bei der Verwirklichung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und über die Art und Weise, in der die in diesem Artikel vorgesehenen Mittel hierzu beigetragen haben. Diesem Bericht werden erforderlichenfalls entsprechende Vorschläge beigefügt. Falls sich spezifische Aktionen außerhalb der Fonds und unbeschadet der im Rahmen der anderen Politiken der Gemeinschaft beschlossenen Maßnahmen als erforderlich erweisen, so können sie vom Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments, des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen einstimmig beschlossen werden.

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Anhang I Artikel 160 (ex-Artikel 130c)

Aufgabe des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ist es, durch Beteiligung an der Entwicklung und an der strukturellen Anpassung der rückständigen Gebiete und an der Umstellung der Industriegebiete mit rückläufiger Entwicklung zum Ausgleich der wichtigsten regionalen Ungleichheit in der Gemeinschaft beizutragen. Artikel 161 (ex-Artikel 130d)

Unbeschadet des Artikels 162 legt der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments sowie nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen einstimmig die Aufgaben, die vorrangigen Ziele und die Organisation der Strukturfonds fest, was ihre Neuordnung einschließen kann. Nach demselben Verfahren legt der Rat ferner die für die Fonds geltenden allgemeinen Regeln sowie die Bestimmungen fest, die zur Gewährleistung einer wirksamen Arbeitsweise und zur Koordinierung der Fonds sowohl untereinander als auch mit den anderen vorhandenen Finanzierungsinstrumenten erforderlich sind. Ein vom Rat nach demselben- Verfahren errichteter Kohäsionsfonds trägt zu Vorhaben in den Bereichen Umwelt und transeuropäische Netze auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur finanziell bei. Artikel 162 (ex-Abschn. 130e)

Die den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung betreffenden Durchführungsbeschlüsse werden vom Rat gemäß dem Verfahren des Artikels 251 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen gefaßt. Für den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Ausrichtung, und den Europäischen Sozialfonds sind die Artikel 37 bzw. 148 weiterhin anwendbar. Artikel 251 (ex-Artikel 189b) (1) Wird in diesem Vertrag hinsichtlich der Annahme eines Rechtsakts

auf diesen Artikel Bezug genommen, so gilt das nachstehende Verfahren.

Auszüge aus dem EG-Vertrag

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(2) Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag. Nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments verfährt der Rat mit qualifizierter Mehrheit wie folgt: - Billigt er alle in der Stellungnahme des Europäischen Parlaments enthaltenen Abänderungen, so kann er den vorgeschlagenen Rechtsakt in der abgeänderten Fassung erlassen; - schlägt das Europäische Parlament keine Abänderungen vor, so kann er den vorgeschlagenen Rechtsakt erlassen; - anderenfalls legt er einen gemeinsamen Standpunkt fest und übermittelt ihn dem Europäischen Parlament. Der Rat unterrichtet das Europäische Parlament in allen Einzelheiten über ihren Standpunkt. Hat das Europäische Parlament binnen drei Monaten nach der Übermittlung a) den gemeinsamen Standpunkt gebilligt oder keinen Beschluß gefaßt, so gilt der betreffende Rechtsakt als entsprechend diesem gemeinsamen Standpunkt erlassen; b) den gemeinsamen Standpunkt mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder abgelehnt, so gilt der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen; c) mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen an dem gemeinsamen Standpunkt vorgeschlagen, so wird die abgeänderte Fassung dem Rat und der Kommission zugeleitet; die Kommission gibt eine Stellungnahme zu diesen Abänderungen ab. (3) Billigt der Rat mit qualifizierter Mehrheit binnen drei Monaten nach Eingang der Abänderungen des Europäischen Parlaments alle diese Abänderungen, so gilt der betreffende Rechtsakt als in der so abgeänderten Fassung des gemeinsamen Standpunkts erlassen; über Abänderungen, zu denen die Kommission eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat, beschließt der Rat jedoch einstimmig. Billigt der Rat nicht alle Abänderungen, so beruft der Präsident des Rates im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments binnen sechs Wochen den Vermittlungsausschuß ein. (4) Der Vermittlungsausschuß, der aus den Mitgliedern des Rates oder deren Vertretern und ebenso vielen Vertretern des Europäischen Parlaments besteht, hat die Aufgabe, mit der qualifizierten Mehrheit der Mitglieder des Rates oder deren Vertretern und der Mehrheit der Vertreter des Europäischen Parlaments eine Einigung über einen gemeinsamen Entwurf zu erzielen. Die Kommission nimmt an den Arbeiten

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Anhang I

des Vermittlungsausschusses teil und ergreift alle erforderlichen Initiativen, um auf eine Annäherung der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des Rates hinzuwirken. Der Vermittlungsausschuß befaßt sich hierbei mit dem gemeinsamen Standpunkt auf der Grundlage der vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Abänderungen. (5) Billigt der Vermittlungsausschuß binnen sechs Wochen nach seiner Einberufung einen gemeinsamen Entwurf, so verfügen das Europäische Parlament und der Rat ab dieser Billigung über eine Frist von sechs Wochen, um den betreffenden Rechtsakt entsprechend dem gemeinsamen Entwurf zu erlassen, wobei im Europäischen Parlament die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen und im Rat die qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. Nimmt eines der beiden Organe den vorgeschlagenen Rechtsakt nicht innerhalb dieser Frist an, so gilt er als nicht erlassen. (6) Billigt der Vermittlungsausschuß keinen gemeinsamen Entwurf, so gilt der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen. (7) Die in diesem Artikel genannten Fristen von drei Monaten bzw. sechs Wochen werden auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates um höchstens einen Monat bzw. zwei Wochen verlängert. Artikel 285 (ex-Artikel 213a) (1) Unbeschadet des Artikels 5 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank beschließt der Rat gemäß dem Verfahren des Artikels 251 Maßnahmen für die Erstellung von Statistiken, wenn dies für die Durchführung der Tätigkeiten der Gemeinschaft erforderlich ist.

(2) Die Erstellung der Gemeinschaftsstatistiken erfolgt unter Wahrung der Unparteilichkeit, der Zuverlässigkeit, der Objektivität, der wissenschaftlichen Unabhängigkeit, der Kostenwirksarnkeit und der statistischen Geheimhaltung; der Wirtschaft dürfen dadurch keine übermäßigen Belastungen entstehen. Artikel 312 (ex-Artikel 240)

Dieser Vertrag gilt auf unbegrenzte Zeit.

ANHANG 11

Auszüge aus dem EU-Vertrag und Protokolle Artikel 2 (ex-Artikel B)

Die Union setzt sich folgende Ziele: - die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und eines hohen Beschäftigungsniveaus sowie die Herbeiführung einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung, insbesondere durch Schaffung eines Raumes ohne Binnengrenzen, durch Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und durch Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion, die auf längere Sicht auch eine einheitliche Währung nach Maßgabe dieses Vertrags umfaßt; - die Behauptung ihrer Identität auf internationaler Ebene, insbesondere durch eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, wozu nach Maßgabe des Artikels 17 auch die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte; - die Stärkung des Schutzes der Rechte und Interessen der Angehörigen ihrer Mitgliedstaaten durch Einführung einer Unionsbürgerschaft; - die Erhaltung und Weiterentwicklung der Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem in Verbindung mit geeigneten Maßnahmen in bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, das Asyl, die Einwanderung sowie die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität der freie Personenverkehr gewährleistet ist; - die volle Wahrung des gemeinschaftlichen Besitzstands und seine Weiterentwicklung, wobei geprüft wird, inwieweit die durch diesen Vertrag eingeführten Politiken und Formen der Zusammenarbeit mit dem Ziel zu revidieren sind, die Wirksamkeit der Mechanismen und Organe der Gemeinschaft sicherzustellen. Die Ziele der Union werden nach Maßgabe dieses Vertrags entsprechend den darin enthaltenen Bedingungen und der darin vorgesehenen Zeitfolge unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips, wie es in Artikel 5

156

Anhang 11

des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft bestimmt ist, verwirklicht. Artikel 43 (ex-Artikel K. 15) (1) Die Mitgliedstaaten, die beabsichtigen, untereinander eine verstärkte Zusammenarbeit zu begründen, können die in diesem Vertrag und im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorgesehenen Organe, Verfahren und Mechanismen in Anspruch nehmen, sofern die Zusammenarbeit

a) darauf ausgerichtet ist, die Ziele der Union zu fördern und ihre Interessen zu schützen und ihnen zu dienen; b) die Grundsätze der genannten Verträge und den einheitlichen institutionellen Rahmen der Union beachtet; c) nur als letztes Mittel herangezogen wird, wenn die Ziele der genannten Verträge mit den darin festgelegten einschlägigen Verfahren nicht erreicht werden konnten; d) mindestens die Mehrheit der Mitgliedstaaten betrifft; e) den Besitzstand der Gemeinschaft und die nach Maßgabe der sonstigen Bestimmungen der genannten Verträge getroffenen Maßnahmen nicht beeinträchtigt; t) die Zuständigkeiten, Rechte, Pflichten und Interessen der nicht an

der Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt; g) allen Mitgliedstaaten offensteht und es ihnen gestattet, sich der Zusammenarbeit jederzeit anzuschließen, sofern sie dem Grundbeschluß und den in jenem Rahmen bereits gefaßten Beschlüssen nachkommen; h) je nach Bereich den spezifischen zusätzlichen Kriterien nach Artikel 11 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und Artikel 40 dieses Vertrags genügt und vom Rat nach den darin festgelegten Verfahren genehmigt wird. (2) Die Mitgliedstaaten wenden, soweit sie betroffen sind, die Rechtsakte und Beschlüsse an, die für die Durchführung der Zusammenarbeit, an der sie sich beteiligen, angenommen wurden. Die Mitgliedstaaten, die sich an dieser Zusammenarbeit nicht beteiligen, stehen deren Durchführung durch die daran beteiligten Mitgliedstaaten nicht im Wege.

Auszüge aus dem EU-Vertrag und Protokolle

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Artikel 44 (ex-Artikel K. 16)

(1) Für die Annahme der Rechtsakte und Beschlüsse, die für die Durchführung der Zusammenarbeit nach Artikel 43 erforderlich sind, gelten die einschlägigen institutionellen Bestimmungen dieses Vertrags und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Alle Mitglieder des Rates können an den Beratungen teilnehmen, jedoch nehmen nur die Vertreter der an der Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten an der Beschlußfassung teil. Als qualifizierte Mehrheit gilt derselbe Anteil der gewogenen Stimmen der betreffenden Mitglieder des Rates, der in Artikel 205 Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft festgelegt ist. Die Einstimmigkeit bezieht sich allein auf die betroffenen Mitglieder des Rates. (2) Die sich aus der Durchführung der Zusammenarbeit ergebenden Ausgaben, mit Ausnahme der Verwaltungskosten der Organe, werden von den beteiligten Mitgliedstaaten finanziert, sofern der Rat nicht einstimmig etwas anderes beschließt. Artikel 45 (ex-Artikel K. 17)

Der Rat und die Kommission unterrichten das Europäische Parlament regelmäßig über die Entwicklung der durch diesen Titel begründeten verstärkten Zusammenarbeit.

Protokoll über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter Einrichtungen und Dienststellen der Europäischen Gemeinschaften sowie des Sitzes von Europol DIE VERTRETER STAATEN -

DER

REGIERUNGEN

DER

MITGLIED-

GESTÜTZT auf Artikel 216 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Artikel 77 des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und Artikel 189 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, GESTÜTZT auf den Vertrag über die Europäische Union, EINGEDENK UND IN BESTÄTIGUNG des Beschlusses vom 8. April 1965, jedoch unbeschadet der Beschlüsse über den Sitz künftiger Organe, Einrichtungen und Dienststellen -

158

Anhang 11

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über die Europäische Union und den Verträgen zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften beigefügt sind: Einziger Artikel

a) Das Europäische Parlament hat seinen Sitz in Straßburg; dort finden die 12 monatlichen Plenartagungen einschließlich der Haushaltstagung statt. Zusätzliche Plenartagungen finden in Brüssel statt. Die Ausschüsse des Europäischen Parlaments treten in BrüsseI zusammen. Das Generalsekretariat des Europäischen Parlaments und dessen Dienststellen verbleiben in Luxemburg. b) Der Rat hat seinen Sitz in Brüssel. In den Monaten April, Juni und Oktober hält der Rat seine Tagungen in Luxemburg ab. c) Die Kommission hat ihren Sitz in Brüssel. Die in den Artikeln 7, 8 und 9 des Beschlusses vom 8. April 1965 aufgeführten Dienststellen sind in Luxemburg untergebracht. d) Der Gerichtshof und das Gericht erster Instanz haben ihren Sitz in Luxemburg. e) Der Rechnungshof hat seinen Sitz in Luxemburg. f) Der Wirtschafts- und Sozialausschuß hat seinen Sitz in Brüssel.

g) Der Ausschuß der Regionen hat seinen Sitz in Brüssel. h) Die Europäische Investitionsbank hat ihren Sitz in Luxemburg. i) Das Europäische Währungsinstitut und die Europäische Zentralbank haben ihren Sitz in Frankfurt. j) Das Europäische Polizeiamt (Europol) hat seinen Sitz in Den Haag.

37. Erklärung zu öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten in Deutschland Die Konferenz nimmt die Auffassung der Kommission zur Kenntnis, daß die bestehenden Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft es zulassen, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, welche die in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute erfüllen, sowie ihnen zum Ausgleich für die mit diesen Leistungen verbundenen Lasten gewährte Fazilitäten voll zu berücksichtigen. Dabei bleibt es der Organisation dieses Mitgliedstaats überlassen, auf welche Weise er insoweit den Gebietskörperschaften die Erfüllung

Auszüge aus dem EU-Vertrag und Protokolle

159

ihrer Aufgabe ermöglicht, in ihren Regionen eine flächendeckende und leistungsfähige Finanzinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Diese Fazilitäten dürfen die Wettbewerbsbedingungen nicht in einem Ausmaß beeinträchtigen, das über das zur Erfüllung der besonderen Aufgaben erforderliche Maß hinausgeht und zugleich dem Interesse der Gemeinschaft entgegenwirkt. Die Konferenz erinnert daran, daß der Europäische Rat die Kommission ersucht hat, zu prüfen, ob es in den übrigen Mitgliedstaaten vergleichbare Fälle gibt, auf etwaige vergleichbare Fälle dieselben Maßstäbe anzuwenden und dem Rat in der Zusammensetzung der Wirtschafts- und Finanzminister Bericht zu erstatten.

ANHANG III

Die Satzung des ESZB und Protokolle

Protokoll über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN IN DEM WUNSCH, die in Artikel 4 a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorgesehene Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festzulegen,

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt sind:

Kapitel I Errichtung des ESZB Artikel} Das Europäische System der Zentralbanken 1.1. Das Europäische System der Zentralbanken (',ESZB") und die

Europäische Zentralbank ("EZB") werden gemäß Artikel 4a dieses Vertrags errichtet; sie nehmen die Aufgaben und ihre Tätigkeit nach Maßgabe dieses Vertrags und dieser Satzung wahr. 1.2. Das ESZB besteht nach Artikel 106 Absatz 1 dieses Vertrags aus der EZB und den Zentralbanken der Mitgliedstaaten ("nationale Zentralbanken"). Das Luxemburgische Währungsinstitut wird die Zentralbank Luxemburgs sein.

Die Satzung des ESZB und Protokolle

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Kapitel II Ziele und Aufgaben des ESZB

Artikel 2 Ziele

Nach Artikel 105 Absatz 1 dieses Vertrags ist es das vorrangige Ziel des ESZB, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft, um zur Verwirklichung der in Artikel 2 dieses Vertrags festgelegten Ziele der Gemeinschaft beizutragen. Das ESZB handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und hält sich dabei an die in Artikel 3 a dieses Vertrags genannten Grundsätze.

Artikel 3 Aufgaben

3.1. Nach Artikel 105 Absatz 2 dieses Vertrags bestehen die grundlegenden Aufgaben des ESZB darin, - die Geldpolitik der Gemeinschaft festzulegen und auszuführen, - Devisengeschäfte im Einklang mit Artikel 109 dieses Vertrags durchzuführen, - die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten, - das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern. 3.2. Nach Artikel 105 Absatz 3 dieses Vertrags berührt Artikel 3.1 dritter Gedankenstrich nicht die Haltung und Verwaltung von Arbeitsguthaben in Fremdwährungen durch die Regierungen der Mitgliedstaaten. 3.3. Das ESZB trägt nach Artikel 105 Absatz 5 dieses Vertrags zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei. 11 Köhler

Anhangill

162

Artikel 4 Beratende Funktionen Nach Artikel 105 Absatz 4 dieses Vertrags a) wird die EZB gehört - zu allen Vorschlägen für Rechtsakte der Gemeinschaft im Zuständigkeitsbereich der EZB; - von den nationalen Behörden zu allen Entwürfen für Rechtsvorschriften im Zuständigkeitsbereich der EZB, und zwar innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 42 festlegt; b) kann die EZB gegenüber den zuständigen Organen und Einrichtungen der Gemeinschaft und gegenüber den nationalen Behörden Stellungnahmen zu in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Fragen abgeben.

ArtikelS Erhebung von statistischen Daten

5.1. Zur Wahrnehmung der Aufgaben des ESZB holt die EZB mit Unterstützung der nationalen Zentralbanken die erforderlichen statistischen Daten entweder von den zuständigen nationalen Behörden oder unmittelbar von den Wirtschaftssubjekten ein. Zu diesem Zweck arbeitet sie mit den Organen und Einrichtungen der Gemeinschaft und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder dritter Länder sowie mit internationalen Organisationen zusammen. 5.2. Die in Artikel 5.1 bezeichneten Aufgaben werden soweit wie möglich von den nationalen Zentralbanken ausgeführt. 5.3. Soweit erforderlich fördert die EZB die Harmonisierung der Bestimmungen und Gepflogenheiten auf dem Gebiet der Erhebung, Zusammenstellung und Weitergabe von statistischen Daten in den in ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen. 5.4. Der Kreis der berichtspflichtigen natürlichen und juristischen Personen, die Bestimmungen über die Vertraulichkeit sowie die geeigneten Vorkehrungen zu ihrer Durchsetzung werden vom Rat nach dem Verfahren des Artikels 42 festgelegt.

Die Satzung des ESZB und Protokolle

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Artikel 6 Internationale Zusammenarbeit 6.1. Im Bereich der internationalen Zusammenarbeit, die die dem ESZB übertragenen Aufgaben betrifft, entscheidet die EZB, wie das ESZB vertreten wird. 6.2. Die EZB und, soweit diese zustimmt, die nationalen Zentralbanken sind befugt, sich an internationalen Währungseinrichtungen zu beteiligen. 6.3. Die Artikel 6.1 und 6.2 finden unbeschadet des Artikels 109 Absatz 4 dieses Vertrags Anwendung. Kapitel m Organisation des ESZB

Artikel 7 Unabhängigkeit Nach Artikel 107 dieses Vertrags darf bei der Wahrnehmung der ihnen durch diesen Vertrag und diese Satzung übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichten weder die EZB noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlußorgane Weisungen von Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen. Die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichten sich, diesen Grundsatz zu beachten und nicht zu versuchen, die Mitglieder der Beschlußorgane der EZB oder der nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen. ArtikelS AUgemeiner Grundsatz

Das ESZB wird von den Beschlußorganen der EZB geleitet. Artikel 9 Die Europäische Zentralbank 9.1. Die EZB, die nach Artikel 106 Absatz 2 dieses Vertrags mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist, besitzt in jedem Mitgliedstaat die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die juri-

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AnhangID stischen Personen nach dessen Rechtsvorschriften zuerkannt ist; sie kann insbesondere bewegliches und unbewegliches Vennögen erwerben und veräußern sowie vor Gericht stehen.

9.2. Die EZB stellt sicher, daß die dem ESZB nach Artikel 105 Absätze 2, 3 und 5 dieses Vertrags übertragenen Aufgaben entweder durch ihre eigene Tätigkeit nach Maßgabe dieser Satzung oder durch die nationalen Zentralbanken nach den Artikeln 12.1 und 14 erfüllt werden. 9.3. Die Beschlußorgane der EZB sind nach Artikel 106 Absatz 3 dieses Vertrags der EZB-Rat und das Direktorium. Artikel 10 Der EZB-Rat 10.1. Nach Artikel 109 a Absatz 1 dieses Vertrags besteht der EZBRat aus den Mitgliedern des Direktoriums der EZB und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken. 10.2. Vorbehaltlich des Artikels 10.3 sind nur die persönlich anwesenden Mitglieder des EZB-Rates stimmberechtigt. Abweichend von dieser Bestimmung kann in der in Artikel 12.3 genannten Geschäftsordnung vorgesehen werden, daß Mitglieder des EZBRates im Wege einer Telekonferenz an der Abstimmung teilnehmen können. In der Geschäftsordnung wird ferner vorgesehen, daß ein für längere Zeit an der Stimmabgabe verhindertes Mitglied einen Stellvertreter als Mitglied des EZB-Rates benennen kann. Vorbehaltlich der Artikel 10.3 und 11.3 hat jedes Mitglied des EZB-Rates eine Stimme. Soweit in dieser Satzung nichts anderes bestimmt ist, beschließt der EZB-Rat mit einfacher Mehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag. Der EZB-Rat ist beschlußfabig, wenn mindestens zwei Drittel seiner Mitglieder an der Abstimmung teilnehmen. Ist der EZBRat nicht beschlußfabig, so kann der Präsident eine außerordentliche Sitzung einberufen, bei der für die Beschlußfabigkeit die Mindestteilnehmerquote nicht erforderlich ist. 10.3. Für alle Beschlüsse im Rahmen der Artikel 28, 29, 30, 32, 33 und 51 werden die Stimmen im EZB-Rat nach den Anteilen der nationalen Zentralbanken am gezeichneten Kapital des EZB gewogen. Die Stimmen der Mitglieder des Direktoriums werden

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mit Null gewogen. Ein Beschluß, der die qualifizierte Mehrheit der Stimmen erfordert, gilt als angenommen, wenn die abgegebenen Ja-Stimmen mindestens zwei Drittel des gezeichneten Kapitals der EZB und mindestens die Hälfte der Anteilseigner vertreten. Bei Verhinderung eines Präsidenten einer nationalen Zentralbank kann dieser einen Stellvertreter zur Abgabe seiner gewogenen Stimme benennen. 10.4. Die Aussprachen in den Ratssitzungen sind vertraulich. Der EZB-Rat kann beschließen, das Ergebnis seiner Beratungen zu veröffentlichen. 10.5. Der EZB-Rat tritt mindestens zehnrnal im Jahr zusammen. Artikel 11 Das Direktorium 11.1. Nach Artikel 109 a Absatz 2 Buchstabe a dieses Vertrags besteht das Direktorium aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren Mitgliedern. Die Mitglieder erfüllen ihre Pflichten hauptamtlich. Ein Mitglied darf weder entgeltlich noch unentgeltlich einer anderen Beschäftigung nachgehen, es sei denn, der EZB-Rat erteilt hierzu ausnahmsweise seine Zustimmung. 11.2. Nach Artikel 109 a Absatz 2 Buchstabe b dieses Vertrags werden der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Mitglieder des Direktoriums von den Regierungen der Mitgliedstaaten auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs auf Empfehlung des Rates, der hierzu das Europäische Parlament und den EZB-Rat anhört, aus dem Kreis der in Währungs- oder Bankfragen anerkannten und erfahrenen Persönlichkeiten einvernehmlich ausgewählt und ernannt. Thre Amtszeit beträgt acht Jahre; Wiederernennung ist nicht zulässig. Nur Staatsangehörige der Mitgliedstaaten können Mitglieder des Direktoriums sein. 11.3. Die Beschäftigungsbedingungen für die Mitglieder des Direktoriums, insbesondere ihre Gehälter und Ruhegehälter sowie andere Leistungen der sozialen Sicherheit, sind Gegenstand von Verträgen mit der EZB und werden vom EZB-Rat auf Vorschlag eines Ausschusses festgelegt, der aus drei vom EZB-Rat und drei vom Rat ernannten Mitgliedern besteht. Die Mitglieder des Direkto-

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Anhangill riums haben in den in diesem Absatz bezeichneten Angelegenheiten kein Stimmrecht. .

11.4. Ein Mitglied des Direktoriums, das die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat, kann auf Antrag des EZB-Rates oder des Direktoriums durch den Gerichtshof seines Amtes enthoben werden. 11.5. Jedes persönlich anwesende Mitglied des Direktoriums ist berechtigt, an Abstimmungen teilzunehmen, und hat zu diesem Zweck eine Stimme. Soweit nichts anderes bestimmt ist, beschließt das Direktorium mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag. Die Abstimmungsmodalitäten werden in der in Artikel 12.3 bezeichneten Geschäftsordnung geregelt. 11.6. Das Direktorium führt die laufenden Geschäfte der EZB. 11.7. Freiwerdende Sitze im Direktorium sind durch Ernennung eines neuen Mitglieds nach Artikel 11.2 zu besetzen. Artikel 12 Aufgaben der Beschlußorgane 12.1. Der EZB-Rat erläßt die Leitlinien und Entscheidungen, die notwendig sind, um die Erfüllung der dem ESZB nach diesem Vertrag und dieser Satzung übertragenen Aufgaben zu gewährleisten. Der EZB-Rat legt die Geldpolitik der Gemeinschaft fest, gegebenenfalls einschließlich von Entscheidungen in bezug auf geldpolitische Zwischenziele, Leitzinssätze und die Bereitstellung von Zentralbankgeld im ESZB, und erläßt die für ihre Ausführung notwendigen Leitlinien. Das Direktorium führt die Geldpolitik gemäß den Richtlinien und Entscheidungen des EZB-Rates aus. Es erteilt hierzu den nationalen Zentralbanken die erforderlichen Weisungen. Ferner können dem Direktorium durch Beschluß des EZB-Rates bestimmte Befugnisse übertragen werden. Unbeschadet dieses Artikels nimmt die EZB die nationalen Zentralbanken zur Durchführung von Geschäften, die zu den Aufgaben des ESZB gehören, in Anspruch, soweit dies möglich und sachgerecht erscheint.

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12.2. Die Vorbereitung der Sitzungen des EZB-Rates obliegt dem Direktorium. 12.3. Der EZB-Rat beschließt eine Geschäftsordnung, die die interne Organisation der EZB und ihrer Beschlußorgane regelt. 12.4. Der EZB-Rat nimmt die in Artikel 4 genannten beratenden Funktionen wahr. 12.5. Der EZB-Rat trifft die Entscheidungen nach Artikel 6. Artikel 13 Der Präsident 13.1. Den Vorsitz im EZB-Rat und im Direktorium der EZB führt der Präsident oder, bei seiner Verhinderung, der Vizepräsident. 13.2. Unbeschadet des Artikels 39 vertritt der Präsident oder eine von ihm benannte Person die EZB nach außen. Artikel 14 Nationale Zentralbanken 14.1. Nach Artikel 108 dieses Vertrags stellt jeder Mitgliedstaat sicher, daß spätestens zum Zeitpunkt der Errichtung des ESZB seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften einschließlich der Satzung seiner Zentralbank mit diesem Vertrag und dieser Satzung im Einklang stehen. 14.2. In den Satzungen der nationalen Zentralbanken ist insbesondere vorzusehen, daß die Amtszeit des Präsidenten der jeweiligen nationalen Zentralbank mindestens fünf Jahre beträgt. Der Präsident einer nationalen Zentralbank kann aus seinem Amt nur entlassen werden, wenn er die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat. Gegen eine entsprechende Entscheidung kann der betreffende Präsident einer nationalen Zentralbank oder der EZB-Rat wegen Verletzung dieses Vertrags oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm den Gerichtshof anrufen. Solche Klagen sind binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Entscheidung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Entscheidung Kenntnis erlangt hat.

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AnhangllI

14.3. Die nationalen Zentralbanken sind integraler Bestandteil des ESZB und handeln gemäß den Richtlinien und Weisungen der EZB. Der EZB-Rat trifft die notwendigen Maßnahmen, um die Einhaltung der Richtlinien und Weisungen der EZB sicherzustellen, und kann verlangen, daß ihm hierzu alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt werden. 14.4. Die nationalen Zentralbanken können andere als die in dieser Satzung bezeichneten Aufgaben wahrnehmen, es sei denn, der EZB-Rat stellt mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen fest, daß diese Aufgaben nicht mit den Zielen und Aufgaben des ESZB vereinbar sind. Derartige Aufgaben werden von den nationalen Zentralbanken in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung wahrgenommen und gelten nicht als Aufgaben des ESZB. Artikel 15 Berichtspflichten 15.1. Die EZB erstellt und veröffentlicht mindestens vierteljährlich Berichte über die Tätigkeit des ESZB. 15.2. Ein konsolidierter Ausweis des ESZB wird wöchentlich veröffentlicht. 15.3. Nach Artikel 109b Absatz 3 dieses Vertrags unterbreitet die EZB dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission sowie auch dem Europäischen Rat einen Jahresbericht über die Tätigkeit des ESZB und die Geld- und Währungspolitik im vergangenen und im laufenden Jahr. 15.4. Die in diesem Artikel bezeichneten Berichte und Ausweise werden Interessenten kostenlos zur Verfügung gestellt. Artikel 16 Banknoten Nach Artikel 105 a Absatz 1 dieses Vertrags hat der EZB-Rat das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Banknoten innerhalb der Gemeinschaft zu genehmigen. Die EZB und die nationalen Zentralbanken sind zur Ausgabe von Banknoten berechtigt. Die von der EZB und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Noten, die in der Gemeinschaft als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. Die EZB berücksichtigt soweit wie möglich die Gepflogenheiten bei der Ausgabe und der Gestaltung von Banknoten.

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Kapitel IV Währungspolitische Aufgaben und Operationen des ESZB

Artikel 17 Konten bei der EZB und den nationalen Zentralbanken Zur Durchführung ihrer Geschäfte können die EZB und die nationalen Zentralbanken für Kreditinstitute, öffentliche Stellen und andere Marktteilnehmer Konten eröffnen und Vennögenswerte, einschließlich Schuldbuchforderungen, als Sicherheit hereinnehmen. Artikel 18 OtTenmarkt- und Kreditgeschäfte 18.1. Zur Erreichung der Ziele des ESZB und zur Erfüllung seiner Aufgaben können die EZB und die nationalen Zentralbanken - auf den Finanzmärkten tätig werden, indem sie auf Gemeinschafts- oder Drittlandswährungen lautende Forderungen und börsengängige Wertpapiere sowie Edelmetalle endgültig (per Kasse oder Termin) oder im Rahmen von Rückkaufsvereinbarungen kaufen und verkaufen oder entsprechende Darlehensgeschäfte tätigen; - Kreditgeschäfte mit Kreditinstituten und anderen Marktteilnehmern abschließen, wobei für die Darlehen ausreichende Sicherheiten zu stellen sind. 18.2. Die EZB stellt allgemeine Grundsätze für ihre eigenen Offenmarkt- und Kreditgeschäfte und die der nationalen Zentralbanken auf; hierzu gehören auch die Grundsätze für die Bekanntmachung der Bedingungen, zu denen sie bereit sind, derartige Geschäfte abzuschließen. Artikel 19 Mindestreserven 19.1. Vorbehaltlich des Artikels 2 kann die EZB zur Verwirklichung der geldpolitischen Ziele verlangen, daß die in den Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstitute Mindestreserven auf Konten bei der EZB und den nationalen Zentralbanken unterhalten. Verordnungen über die Berechnung und Bestimmung des Mindestreservesolls können vom EZB-Rat erlassen werden. Bei Nichtein-

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Anhangill

haltung kann die EZB Strafzinsen erheben und sonstige Sanktionen mit vergleichbarer Wirkung verhängen. 19.2. Zum Zwecke der Anwendung dieses Artikels legt der Rat nach dem Verfahren des Artikels 42 die Basis für die Mindestreserven und die höchstzulässigen Relationen zwischen diesen Mindestreserven und ihrer Basis sowie die angemessenen Sanktionen fest, die bei Nichteinhaltung anzuwenden sind. Artikel 20 Sonstige geldpolitische Instrumente Der EZB-Rat kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen über die Anwendung anderer Instrumente der Geldpolitik entscheiden, die er bei Beachtung des Artikels 2 für zweckmäßig hält. Der Rat legt nach dem Verfahren des Artikels 42 den Anwendungsbereich solcher Instrumente fest, wenn sie Verpflichtungen für Dritte mit sich bringen. Artikel 21 Geschäfte mit öffentlichen Stellen 21.1. Nach Artikel 104 dieses Vertrags sind Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten bei der EZB oder den nationalen Zentralbanken für Organe oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten ebenso verboten wie der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die EZB oder die nationalen Zentralbanken. 21.2. Die EZB und die nationalen Zentralbanken können als Fiskalagent für die in Artikel 21.1 bezeichneten Stellen tätig werden. 21.3. Die Bestimmungen dieses Artikels gelten nicht für Kreditinstitute in öffentlichem Eigentum; diese werden von der jeweiligen nationalen Zentralbank und der EZB, was die Bereitstellung von Zentralbankgeld betrifft, wie private Kreditinstitute behandelt. Artikel 22 Verrechnungs- und Zahlungssysteme Die EZB und die nationalen Zentralbanken können Einrichtungen zur Verfügung steilen und die EZB kann Verordnungen erlassen, um effi-

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ziente und zuverlässige Verrechnungs- und Zahlungssysteme innerhalb der Gemeinschaft und im Verkehr mit dritten Ländern zu gewährleisten. Artikel 23 Geschäfte mit dritten Ländern und internationalen Organisationen Die EZB und die nationalen Zentralbanken sind befugt, - mit Zentralbanken und Finanzinstituten in dritten Ländern und, soweit zweckdienlich, mit internationalen Organisationen Beziehungen aufzunehmen; - alle Arten von Devisen und Edelmetalle per Kasse und per Termin zu kaufen und zu verkaufen; der Begriff "Devisen" schließt Wertpapiere und alle sonstigen Vermögenswerte, die auf beliebige Währungen oder Rechnungseinheiten lauten, unabhängig von deren Ausgestaltung ein; - die in diesem Artikel bezeichneten Vermögenswerte zu halten und zu verwalten; - alle Arten von Bankgeschäften, einschließlich der Aufnahme und Gewährung von Krediten, im Verkehr mit dritten Ländern sowie internationalen Organisationen zu tätigen. Artikel 24 Sonstige Geschäfte Die EZB und die nationalen Zentralbanken sind befugt, außer den mit ihren Aufgaben verbundenen Geschäften auch Geschäfte für ihren eigenen Betrieb und für ihre Bediensteten zu tätigen.

Kapitel V Aufsicht Artikel 25 Aufsicht 25.1. Die EZB kann den Rat, die Kommission und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in Fragen des Geltungsbereichs und der Anwendung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft hin-

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Anhangill sichtlich der Aufsicht über die Kreditinstitute sowie die Stabilität des Finanzsystems beraten und von diesen konsultiert werden.

25.2. Aufgrund von Beschlüssen des Rates nach Artikel 105 Absatz 6 dieses Vertrags kann die EZB besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen wahrnehmen.

Kapitel VI Finanzvorschriften des ESZB Artikel 26 Jahresabschlüsse 26.1. Das Geschäftsjahr der EZB und der nationalen Zentralbanken beginnt am 1. Januar und endet am 31. Dezember. 26.2. Der Jahresabschluß der EZB wird vom Direktorium nach den vom EZB-Rat aufgestellten Grundsätzen erstellt. Der Jahresabschluß wird vom EZB-Rat festgestellt und sodann veröffentlicht. 26.3. Für Analyse- und Geschäftsführungszwecke erstellt das Direktorium eine konsolidierte Bilanz der ESZB, in der die zum ESZB gehörenden Aktiva und Passiva der nationalen Zentralbanken ausgewiesen werden. 26.4. Zur Anwendung dieses Artikels erläßt der EZB-Rat die notwendigen Vorschriften für die Standardisierung der buchmäßigen Erfassung und der Meldung der Geschäfte der nationalen Zentralbanken.

Artikel 27 Rechnungsprüfung 27.1. Die Jahresabschlüsse der EZB und der nationalen Zentralbanken werden von unabhängigen externen Rechnungsprüfern, die vom EZB-Rat empfohlen und vom Rat anerkannt wurden, geprüft. Die Rechnungsprüfer sind befugt, alle Bücher und Konten der EZB und der nationalen Zentralbanken zu prüfen und alle Auskünfte über deren Geschäfte zu verlangen. 27.2. Artikel 188c dieses Vertrags ist nur auf eine Prüfung der Effizienz der Verwaltung der EZB anwendbar.

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Artikel 28 Kapital der EZB 28.1. Das Kapital der EZB bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit beträgt 5 Milliarden ECU. Das Kapital kann durch einen Beschluß des EZB-Rates mit der in Artikel 10.3. vorgesehenen qualifizierten Mehrheit innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 42 festlegt, erhöht werden. 28.2. Die nationalen Zentralbanken sind alleinige Zeichner und Inhaber des Kapitals der EZB. Die Zeichnung des Kapitals erfolgt nach dem gemäß Artikel 29 festgelegten Schlüssel. 28.3. Der EZB-Rat bestimmt mit der in Artikel 10.3. vorgesehenen qualifizierten Mehrheit, in welcher Höhe und welcher Form das Kapital einzuzahlen ist. 28.4. Vorbehaltlich des Artikels 28.5 können die Anteile der nationalen Zentralbanken am gezeichneten Kapital der EZB nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. 28.5. Im Falle einer Anpassung des in Artikel 29 bezeichneten Schlüssels sorgen die nationalen Zentralbanken durch Übertragungen von Kapitalanteilen untereinander dafür, daß die Verteilung der Kapitalanteile dem angepaßten Schlüssel entspricht. Die Bedingungen für derartige Übertragungen werden vom EZB-Rat festgelegt. Artikel 29 Schlüssel für die Kapitalbezeichnung 29.1. Nach Errichtung des ESZB und der EZB gemäß dem Verfahren des Artikels 1091 Absatz 1 dieses Vertrags wird der Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals der EZB festgelegt. In diesem Schlüssel erhält jede nationale Zentralbank einen Gewichtsanteil, der der Summe folgender Prozentsätze entspricht: - 50 % des Anteils des jeweiligen Mitgliedstaats an der Bevölkerung der Gemeinschaft im vorletzten Jahr vor der Errichtung des ESZB; - 50 % des Anteils des jeweiligen Mitgliedstaats am BruttoInlandsprodukt der Gemeinschaft zu Marktpreisen in den fünf Jahren vor dem vorletzten Jahr vor der Errichtung des ESZB. Die Prozentsätze werden zum nächsten Vielfachen von 0,05 Prozentpunkten aufgerundet.

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Anhang

rn

29.2. Die zur Anwendung dieses Artikels zu verwendenden statistischen Daten werden von der Kommission nach den Regeln bereitgestellt, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 42 festlegt. 29.3. Die den nationalen Zentralbanken zugeteilten Gewichtsanteile werden nach Errichtung des ESZB alle fünf Jahre unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Artikels 29.1. angepaßt. Der neue Schlüssel gilt jeweils vom ersten Tag des folgenden Jahres an. 29.4. Der EZB-Rat trifft alle weiteren Maßnahmen, die zur Anwendung dieses Artikels erforderlich sind. Artikel 30 Übertragung von Währungsreserven auf die EZB 30.1. Unbeschadet des Artikels 28 wird die EZB von den nationalen Zentralbanken mit Währungsreserven, die jedoch nicht aus Währungen der Mitgliedstaaten, ECU, IWF-Reservepositionen und SZR gebildet werden dürfen, bis zu einem Gegenwert von 50 Milliarden ECU ausgestattet. Der EZB-Rat entscheidet über den von der EZB nach ihrer Errichtung einzufordernden Teil sowie die zu späteren Zeitpunkten einzufordernden Beträge. Die EZB hat das uneingeschränkte Recht, die ihr übertragenen Währungsreserven zu halten und zu verwalten sowie für die in dieser Satzung genannten Zwecke zu verwenden. 30.2. Die Beiträge der einzelnen nationalen Zentralbanken werden entsprechend ihrem jeweiligen Anteil am gezeichneten Kapital der EZB bestimmt. 30.3. Die EZB schreibt jeder nationalen Zentralbank eine ihrem Beitrag entsprechende Forderung gut. Der EZB-Rat entscheidet über die Denominierung und Verzinsung dieser Forderungen. 30.4. Die EZB kann nach Artikel 30.2. über den in Artikel 30.1. festgelegten Betrag hinaus innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 42 festlegt, die Einzahlung weiterer Währungsreserven fordern. 30.5. Die EZB kann IWF-Reservepositionen und SZR halten und verwalten sowie die Zusammenlegung solcher Aktiva vorsehen. 30.6. Der EZB-Rat trifft alle weiteren Maßnahmen, die zur Anwendung dieses Artikels erforderlich sind.

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Artikel 31 Währungsreserven der nationalen Zentralbanken 31.1. Die nationalen Zentralbanken sind befugt, zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber internationalen· Organisationen nach Artikel 23 Geschäfte abzuschließen. 31.2. Alle sonstigen Geschäfte. mit den Währungsreserven, die den nationalen Zentralbanken nach den in Artikel 30 genannten Übertragungen verbleiben, sowie von Mitgliedstaaten ausgeführte Transaktionen mit ihren Arbeitsguthaben in Fremdwährungen bedürfen oberhalb eines bestimmten, im Rahmen des Artikels 31.3. festzulegenden Betrags der Zustimmung der EZB, damit Übereinstimmung mit der Wechselkurs- und der Währungspolitik der Gemeinschaft gewährleistet ist. 31.3. Der EZB-Rat erläßt Richtlinien mit dem Ziel, Geschäfte zu erleichtern.

derartige

Artikel 32 Verteilung der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken 32.1. Die Einkünfte, die den nationalen Zentralbanken aus der Erfüllung der währungspolitischen Aufgaben des ESZB zufließen (im folgenden als "monetäre Einkünfte" bezeichnet), werden am Ende eines jeden Geschäftsjahrs nach diesem Artikel verteilt. 32.2. Vorbehaltlich des Artikels 32.3 entspricht der Betrag der monetären Einkünfte einer jeden nationalen Zentralbank ihren jährlichen Einkünften aus Vermögenswerten, die sie als Gegenposten zum Bargeldumlauf und zu ihren Verbindlichkeiten aus Einlagen der Kreditinstitute hält. Diese Vermögenswerte werden von den nationalen Zentralbanken gemäß den vom EZB-Rat zu erlassenden Richtlinien gesondert erfaßt. 32.3. Wenn nach dem Übergang zur dritten Stufe die Bilanzstrukturen der nationalen Zentralbanken nach Auffassung des EZB-Rates die Anwendung des Artikels 32.2 nicht gestatten, kann der EZBRat mit qualifizierter Mehrheit beschließen, daß die monetären Einkünfte für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren abweichend von Artikel 32.2 nach einem anderen Verfahren bemessen werden. 32.4. Der Betrag der monetären Einkünfte einer jeden nationalen Zentralbank vermindert sich um den Betrag etwaiger Zinsen, die

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Anhangill von dieser Zentralbank auf ihre Verbindlichkeiten aus Einlagen der Kreditinstitute nach Artikel 19 gezahlt werden. Der EZB-Rat kann beschließen, daß die nationalen Zentralbanken für Kosten in Verbindung mit der Ausgabe von Banknoten oder unter außergewöhnlichen Umständen für spezifische Verluste aus für das ESZB unternommenen währungspolitischen Operationen entschädigt werden. Die Entschädigung erfolgt in einer Form, die der EZB-Rat für angemessen hält; diese Beträge können mit den monetären Einkünften der nationalen Zentralbanken verrechnet werden.

32.5. Die Summe der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken wird vorbehaltlich etwaiger Beschlüsse des EZB-Rates nach Artikel 33.2 unter den nationalen Zentralbanken entsprechend ihren eingezahlten Anteilen am Kapital der EZB verteilt. 32.6. Die Verrechnung und den Ausgleich der Salden aus der Verteilung der monetären Einkünfte nimmt die EZB gemäß den Richtlinien des EZB-Rates vor. 32.7. Der EZB-Rat trifft alle weiteren Maßnahmen, die zur Anwendung dieses Artikels erforderlich sind.

Artikel 33 Verteilung der Nettogewinne und Verluste der EZB 33.1. Der Nettogewinn der EZB wird in der folgenden Reihenfolge verteilt: a) Ein vom EZB-Rat zu bestimmender Betrag, der 20 % des Nettogewinns nicht übersteigen darf, wird dem allgemeinen Reservefonds bis zu einer Obergrenze von 100% des Kapitals zugeführt; b) der verbleibende Nettogewinn wird an die Anteilseigner der EZB entsprechend ihren eingezahlten Anteilen ausgeschüttet. 33.2. Falls die EZB einen Verlust erwirtschaftet, kann der Fehlbetrag aus dem allgemeinen Reservefonds der EZB und erforderlichenfalls nach einem entsprechenden Beschluß des ESZ-Rates aus den monetären Einkünften des betreffenden Geschäftsjahrs im Verhältnis und bis in Höhe der Beträge gezahlt werden, die nach Artikel 32.5 an die nationalen Zentralbanken verteilt werden.

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Kapitel vn Allgemeine Bestimmungen Artikel 34 Rechtsakte 34.1. Nach Artikel 108 a dieses Vertrags werden von der EZB - Verordnungen erlassen, insoweit dies für die Erfüllung der in Artikel 3.1 erster Gedankenstrich, Artikel 19.1, Artikel 22 oder Artikel 25.2 festgelegten Aufgaben erforderlich ist; sie erläßt Verordnungen ferner in den Fällen, die in den Rechtsakten des Rates nach Artikel 42 vorgesehen werden, - die Entscheidungen erlassen, die zur Erfüllung der dem ESZB nach diesem Vertrag und dieser Satzung übertragenen Aufgaben erforderlich sind, - Empfehlungen und Stellungnahmen abgegeben. 34.2. Eine Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich. Eine Entscheidung ist in allen ihren Teilen für diejenigen verbindlich, an die sie gerichtet ist. Die Artikel 190, 191 und 192 dieses Vertrags gelten für die Verordnungen und Entscheidungen der EZB. Die EZB kann die Veröffentlichung ihrer Entscheidungen, Empfehlungen und Stellungnahmen beschließen. 34.3. Innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen, die der Rat nach dem Verfahren des Artikels 42 festlegt, ist die EZB befugt, Unternehmen bei Nichteinhaltung der Verpflichtungen, die sich aus ihren Verordnungen und Entscheidungen ergeben, mit Geldbußen oder in regelmäßigen Abständen zu zahlenden Strafgeldern zu belegen. Artikel 35 Gerichtliche Kontrolle und damit verbundene Angelegenheiten 35.1. Die Handlungen und Unterlassungen der EZB unterliegen in den Fällen und unter den Bedingungen, die in diesem Vertrag vorgesehen sind, der Überprüfung und Auslegung durch den Gerichts12 Köbler

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Anhangill hof. Die EZB ist in den Fällen und unter den Bedingungen, die in diesem Vertrag vorgesehen sind, klageberechtigt.

35.2. Über Rechtsstreitigkeiten zwischen der EZB einerseits und ihren Gläubigem, Schuldnern oder dritten Personen andererseits entscheiden die zuständigen Gerichte der einzelnen Staaten vorbehaltlich der Zuständigkeiten, die dem Gerichtshof zuerkannt sind. 35.3. Die EZB unterliegt der Haftungsregelung des Artikels 215 dieses Vertrags. Die Haftung der nationalen Zentralbanken richtet sich nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht. 35.4. Der Gerichtshof ist für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel zuständig, die in einem von der EZB oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist. 35.5. Für einen Beschluß der EZB, den Gerichtshof anzurufen, ist der EZB-Rat zuständig. 35.6. Der Gerichtshof ist für Streitsachen zuständig, die die Erfüllung der Verpflichtungen aus dieser Satzung durch eine nationale Zentralbank betreffen. Ist die EZB der Auffassung, daß eine nationale Zentralbank einer Verpflichtung aus dieser Satzung nicht nachgekommen ist, so legt sie in der betreffenden Sache eine mit Gründen versehene Stellungnahme vor, nachdem sie der nationalen Zentralbank Gelegenheit zur Vorlage von Bemerkungen gegeben hat. Entspricht die nationale Zentralbank nicht innerhalb der von der EZB gesetzten Frist deren Stellungnahme, so kann die EZB den Gerichtshof anrufen. Artikel 36 Personal 36.1. Der EZB-Rat legt auf Vorschlag des Direktoriums die Beschäftigungsbedingungen für das Personal der EZB fest. 36.2. Der Gerichtshof ist für alle Streitsachen zwischen der EZB und deren Bediensteten innerhalb der Grenzen und unter den Bedingungen zuständig, die sich aus den Beschäftigungsbedingungen ergeben. Artikel 37 Sitz Vor Ende 1992 beschließen die Regierungen der Mitgliedstaaten auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs im gegenseitigen Einvernehmen über den Sitz der EZB.

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Artikel 38 Geheimhaltung 38.1. Die Mitglieder der Leitungsgremien und des Personals der EZB und der nationalen Zentralbanken dürfen auch nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses keine der Geheimhaltungspflicht unterliegenden Infonnationen weitergeben. 38.2. Auf Personen mit Zugang zu Daten, die unter Gemeinschaftsvorschriften fallen, die eine Verpflichtung zur Geheimhaltung vorsehen, finden diese Gemeinschaftsvorschriften Anwendung. Artikel 39 Unterschriftsberechtigte Die EZB wird Dritten gegenüber durch den Präsidenten oder zwei Direktoriumsmitglieder oder durch die Unterschriften zweier vom Präsidenten zur Zeichnung im Namen der EZB gehörig ennächtigter Bediensteter der EZB rechtswirksam verpflichtet. Artikel 40 Vorrechte und Befreiungen Die EZB genießt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften im Anhang zum Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Kapitel vm Änderung der Satzung und ergänzende Rechtsvorschriften Artikel 41 Vereinfachtes Änderungsverfahren 41.1. Nach Artikel 106 Absatz 5 dieses Vertrags kann der Rat die Artikel 5.1, 5.2, 5.3, 17, 18, 19.1, 22, 23, 24, 26, 32.2, 32.3, 32.4, 32.6, 33.1 und 36 dieser Satzung entweder mit qualifizierter Mehrheit auf Empfehlung der EZB nach Anhörung der Kommission oder einstimmig auf Vorschlag der Kommission nach

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AnhangIII

Anhörung der EZB ändern. Die Zustimmung des Europäischen Parlaments ist dabei jeweils erforderlich. 41.2. Eine Empfehlung der EZB nach diesem Artikel erfordert einen einstimmigen Beschluß des EZB-Rates. Artikel 42 Ergänzende Rechtsvorschriften Nach Artikel 106 Absatz 6 dieses Vertrags erläßt der Rat unmittelbar nach dem Beschluß über den Zeitpunkt für den Beginn der dritten Stufe mit qualifizierter Mehrheit entweder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der EZB oder auf Empfehlung der EZB .nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Kommission die in den Artikeln 4, 5.4, 19.2, 20, 28.1, 29.2, 30.4 und 34.3 dieser Satzung genannten Bestimmungen. Kapitel IX Übergangsbestimmungen und sonstige Bestimmungen für das ESZB

Artikel 43 Allgemeine Bestimmungen 43.1. Eine Ausnahrneregelung nach Artikel 109k Absatz 1 dieses Vertrags bewirkt, daß folgende Artikel dieser Satzung für den betreffenden Mitgliedstaat keinerlei Rechte oder Verpflichtungen entstehen lassen: Artikel 3, 6, 9.2, 12.1, 14.3, 16, 18, 19, 20, 22, 23,26.2,27, 30, 31, 32, 33, 34, 50 und 52. 43.2. Die Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für die eine Annahrneregelung nach Artikel 109k Absatz 1 dieses Vertrags gilt, behalten ihre währungspolitischen Befugnisse nach innerstaatlichem Recht. 43.3. In den Artikeln 3, 11.2, 19,34.2 und 50 bezeichnet der Ausdruck "Mitgliedstaaten" gemäß Artikel 109k Absatz 4 dieses Vertrags die ,,Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahrneregelung gilt". 43.4. In den Artikeln 9.2, 10.1, 10.3, 12.1, 16, 17, 18,22,23,27,30, 31, 32, 33.2 und 52 dieser Satzung ist der Ausdruck "nationale Zentralbanken" im Sinne von "Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahrneregelung gilt" zu verstehen. 43.5. In den Artikeln 10.3 und 33.1 bezeichnet der Ausdruck "Anteilseigner" die ,,Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahrneregelung gilt".

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43.6. In den Artikeln 10.3 und 30.2 ist der Ausdruck "gezeichnetes Kapital der EZB" im Sinne von "Kapital der EZB, das von den Zentralbanken der Mitgliedstaaten gezeichnet wurde, für die keine Ausnahmeregelung gilt" zu verstehen. Artikel 44 Vorübergehende Aufgaben der EZB Die EZB übernimmt diejenigen Aufgaben des EWI, die infolge der für einen oder mehrere Mitgliedstaaten geltenden Ausnahmeregelungen in der dritten Stufe noch erfüllt werden müssen. Bei der Vorbereitung der Aufhebung der Ausnahmeregelungen nach Artikel 109 k dieses Vertrags nimmt die EZB eine beratende Funktion wahr. Artikel 45 Der Erweiterte Rat der EZB 45.1. Unbeschadet des Artikels 106 Absatz 3 dieses Vertrags wird der Erweiterte Rat als drittes Beschlußorgan der EZB eingesetzt. 45.2. Der Erweiterte Rat besteht aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der EZB sowie den Präsidenten der nationalen Zentralbanken. Die weiteren Mitglieder des Direktoriums können an den Sitzungen des Erweiterten Rates teilnehmen, besitzen aber kein Stimmrecht. 45.3. Die Verantwortlichkeiten des Erweiterten Rates sind in Artikel 47 dieser Satzung vollständig aufgeführt. Artikel 46 Geschäftsordnung des Erweiterten Rates 46.1. Der Präsident oder bei seiner Verhinderung der Vizepräsident der EZB führt den Vorsitz im Erweiterten Rat der EZB. 46.2. Der Präsident des Rates und ein Mitglied der Kommission können an den Sitzungen des Erweiterten Rates teilnehmen, besitzen aber kein Stimmrecht. 46.3. Der Präsident bereitet die Sitzungen des Erweiterten Rates vor. 46.4. Abweichend von Artikel 12.3 gibt sich der Erweiterte Rat eine Geschäftsordnung. 46.5. Das Sekretariat des Erweiterten Rates wird von der EZB gestellt.

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Artikel 47 Verantwortlichkeiten des Erweiterten Rates 47.1. Der Erweiterte Rat - nimmt die in Artikel 44 aufgeführten Aufgaben wahr, - wirkt bei der Erfüllung der Beratungsfunktionen nach den Artikeln 4 und 25.1 mit. 47.2. Der Erweiterte Rat wirkt auch mit bei - der Erhebung der statistischen Daten im Sinne von Artikel 5; - den Berichtstätigkeiten der EZB im Sinne von Artikel 15; - der Festlegung der erforderlichen Regeln für die Anwendung von Artikel 26 gemäß Artikel 26.4; - allen sonstigen erforderlichen Maßnahmen zur Anwendung von Artikel 29 gemäß Artikel 29.4; - die Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal der EZB gemäß Artikel 36. 47.3. Der Erweiterte Rat trägt zu den Vorarbeiten bei, die erforderlich sind, um für die Währungen der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, die Wechselkurse gegenüber den Währungen oder der einheitlichen Währung der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung gilt, gemäß Artikel 1091 Absatz 5 dieses Vertrags unwiderruflich festzulegen. 47.4. Der Erweiterte Rat wird vom Präsidenten der EZB über die Beschlüsse des EZB-Rates unterrichtet.

Artikel 48 Übergangsbestimmungen ftir das Kapital der EZB Nach Artikel 29.1 wird jeder nationalen Zentralbank ein Gewichtsanteil in dem Schlüssel für die Zeichnung des Kapitals der EZB zugeteilt. Abweichend von Artikel 28.3 zahlen Zentralbanken von Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, das von ihnen gezeichnete Kapital nicht ein, es sei denn, daß der Erweiterte Rat mit der Mehrheit von mindestens zwei Dritteln des gezeichneten Kapitals der EZB und zumindest der Hälfte der Anteilseigner beschließt, daß als Beitrag zu den Betriebskosten der EZB ein Mindestprozentsatz eingezahlt werden muß.

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Artikel 49 Zurückgestellte Einzahlung von Kapital, Reserven und RücksteUungen der EZB 49.1. Die Zentralbank eines Mitgliedstaats, dessen Ausnahmeregelung aufgehoben wurde, zahlt den von ihr gezeichneten Anteil am Kapital der EZB im selben Verhältnis wie die Zentralbanken von anderen Mitgliedstaaten ein, für die keine Ausnahmeregelung gilt, und überträgt der EZB Währungsreserven gemäß Artikel 30.1. Die Höhe der Übertragungen bestimmt sich durch Multiplikation des in ECU zum jeweiligen Wechselkurs ausgedrückten Wertes der Währungsreserven, die der EZB schon gemäß Artikel 30.1 übertragen wurden, mit dem Faktor, der das Verhältnis zwischen der Anzahl der von der betreffenden nationalen Zentralbank gezeichneten Anteile und der Anzahl der von den anderen nationalen Zentralbanken bereits eingezahlten Anteile ausdrückt. 49.2. Zusätzlich zu der Einzahlung nach Artikel 49.1 leistet die betreffende Zentralbank einen Beitrag zu den Reserven der EZB und zu den diesen Reserven gleichwertigen Rückstellungen sowie zu dem Betrag, der gemäß dem Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung zum 31. Dezember des Jahres vor der Aufhebung der Ausnahmeregelung noch für die Reserven und Rückstellungen bereitzustellen ist. Die Höhe des zu leistenden Beitrags bestimmt sich durch Multiplikation des in der genehmigten Bilanz der EZB ausgewiesenen Betrags der Reserven im Sinne der obigen Definition mit dem Faktor, der das Verhältnis zwischen der Anzahl der von der betreffenden Zentralbank gezeichneten Anteile und der Anzahl der von den anderen Zentralbanken bereits eingezahlten Anteile ausdrückt. Artikel 50 Erstmalige Ernennung der Mitglieder des Direktoriums Bei der Einsetzung des Direktoriums der EZB werden der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Mitglieder des Direktoriums auf Empfehlung des Rates und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Rates der EWI von den Regierungen der Mitgliedstaaten auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs einvernehmlich ernannt. Der Präsident des Direktoriums wird für acht Jahre ernannt. Abweichend von Artikel 11.2 werden der Vizepräsident für vier Jahre und die weiteren Mitglieder des Direktoriums für eine Amtszeit zwi-

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sehen 5 und 8 Jahren ernannt. Wiederernennung ist in keinem Falle zulässig. Die Anzahl der Mitglieder des Direktoriums kann geringer sein als in Artikel 11.1 vorgesehen, darf jedoch auf keinen Fall weniger als vier betragen. ArtikelS1 Abweichung von Artikel 32

51.1. Stellt der EZB-Rat nach dem Beginn der dritten Stufe fest, daß die Anwendung von Artikel 32 für den relativen Stand der Einkünfte der nationalen Zentralbanken wesentliche Änderungen zur Folge hat, so wird der Betrag der nach Artikel 32 zu verteilenden Einkünfte nach einem einheitlichen Prozentsatz gekürzt, der im ersten Geschäftsjahr nach dem Beginn der dritten Stufe 60 % nicht übersteigen darf und der in jedem darauffolgenden Geschäftsjahr um mindestens 12 Prozentpunkte verringert wird. 51.2. Artikel 51.1 ist für höchstens fünf Geschäftsjahre nach dem Beginn der dritten Stufe anwendbar. ArtikelS2 Umtausch von auf Gemeinschaftswährungen lautenden Banknoten . Im Anschluß an die unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse ergreift der EZB-Rat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß Banknoten, die auf Währungen mit unwiderruflich festgelegten Wechselkursen lauten, von den nationalen Zentralbanken zu ihrer jeweiligen Parität umgetauscht werden.

ArtikelS3 Anwendbarkeit der Übergangsbestimmungen

Sofern und solange es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, sind die Artikel 43 bis 48 anwendbar.

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Protokoll über die Konvergenzkriterien nach Artikel 109 j des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN IN DEM WUNSCH, die in Artikel 109 j Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft aufgeführten Konvergenzkriterien, welche die Gemeinschaft bei der Beschlußfassung über den Eintritt in die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion leiten sollen, näher festzulegen SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt sind:

Artikel! Das in Artikel 109 j Absatz 1 erster Gedankenstrich dieses Vertrags genannte Kriterium der Preisstabilität bedeutet, daß ein Mitgliedstaat eine anhaltende Preisstabilität und eine während des letzten Jahres vor der Prüfung gemessene durchschnittliche Inflationsrate aufweisen muß, die um nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte über der Inflationsrate jener - höchstens drei - Mitgliedstaaten liegt, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben. Die Inflation wird anhand des Verbraucherpreisindexes auf vergleichbarer Grundlage unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Definitionen in den einzelnen Mitgliedstaaten gemessen.

Artikel 2 Das in Artikel 109 j Absatz 1 zweiter Gedankenstrich dieses Vertrags genannte Kriterium der Finanzlage der öffentlichen Hand bedeutet, daß zum Zeitpunkt der Prüfung keine Ratsentscheidung nach Artikel! 04 c Absatz 6 dieses. Vertrags vorliegt, wonach in dem betreffenden Mitgliedstaat ein übermäßiges Defizit besteht.

Artikel 3 Das in Artikel 109 j Absatz 1 dritter Gedankenstrich dieses Vertrags genannte Kriterium der Teilnahme am Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungssystems bedeutet, daß ein Mitgliedstaat die im Rahmen des Wechselkursmechanismus des Europäischen Währungs-

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systems vorgesehenen normalen Bandbreiten zumindest in den letzten zwei Jahren vor der Prüfung ohne starke Spannungen eingehalten haben muß. Insbesondere darf er den bilateralen Leitkurs seiner Währung innerhalb des gleichen Zeitraums gegenüber der Währung eines anderen Mitgliedstaats nicht von sich aus abgewertet haben.

Artikel 4 Das in Artikel 109 j Absatz 1 vierter Gedankenstrich dieses Vertrags genannte Kriterium der Konvergenz der Zinssätze bedeutet, daß im Verlauf von einem Jahr vor der Prüfung in einem Mitgliedstaat der durchschnittliche langfristige Nominalzinssatz um nicht mehr als 2 Prozentpunkte über dem entsprechenden Satz in jenen - höchstens drei - Mitgliedstaaten liegt, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben. Die Zinssätze werden anband langfristiger Staatsschuldverschreibungen oder vergleichbarer Wertpapiere unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Definitionen in den einzelnen Mitgliedstaaten gemessen.

ArtikelS Die zur Anwendung dieses Protokolls erforderlichen statistischen Daten werden von der Kommission zur Verfügung gestellt.

Artikel 6 Der Rat erläßt auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des EWI bzw. der EZB sowie des in Artikel 109c genannten Ausschusses einstimmig geeignete Vorschriften zur Festlegung der Einzelheiten der in Artikel 109 j dieses Vertrags genannten Konvergenzkriterien, die dann an die Stelle dieses Protokolls treten.

Protokoll über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN IN DER ERKENNfNIS, daß das Vereinigte Königreich nicht gezwungen oder verpflichtet ist, ohne einen gesonderten diesbezüglichen Beschluß

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seiner Regierung und seines Parlaments in die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion einzutreten, IN ANBETRACHT der Gepflogenheit der Regierung des Vereinigten Königreichs, ihren Kreditbedarf durch Verkauf von Schuldtiteln an den Privatsektor zu decken SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt sind:

1. Das Vereinigte Königreich notifiziert dem Rat, ob es den Übergang zur dritten Stufe beabsichtigt, bevor der Rat die Beurteilung nach Artikel 109 j Absatz 2 dieses Vertrags vornimmt. Sofern das Vereinigte Königreich dem Rat nicht notifiziert, daß es zur dritten Stufe überzugehen beabsichtigt, ist es dazu nicht verpflichtet. Wird kein Zeitpunkt für den Beginn der dritten Stufe nach Artikel 109 j Absatz 3 dieses Vertrags festgelegt, so kann das Vereinigte Königreich seine Absicht, zur dritten Stufe überzugehen, vor dem 1. Januar 1998 notifizieren. 2. Die Nummern 3 bis 9 gelten für den Fall, daß das Vereinigte Königreich dem Rat notifiziert, daß es nicht beabsichtigt, zur dritten Stufe überzugehen. 3. Das Vereinigte Königreich wird nicht zu der Mehrheit der Mitgliedstaaten gezählt, welche die notwendigen Voraussetzungen nach Artikel 109 j Absatz 2 zweiter Gedankenstrich und Absatz 3 erster Gedankenstrich dieses Vertrags erfüllen. 4. Das Vereinigte Königreich behält seine Befugnisse auf dem Gebiet der Währungspolitik nach seinem innerstaatlichen Recht. 5. Die Artikel 3a Absatz 2, l04c Absätze 1,9 und 11, 105 Absätze 1 bis 5, 105a, 107, 108, 108a, 109, 109a Absätze 1 und 2 Buchstabe b und 1091 Absätze 4 und 5 dieses Vertrags gelten nicht für das Vereinigte Königreich, und Bezugnahmen auf die nationalen Zentralbanken betreffen nicht die Bank of England. 6. Die Artikel 10ge Absatz 4, 109h und 109i dieses Vertrags gelten auch weiterhin für das Vereinigte Königreich. Artikel 109 c Absatz 4 und Artikel 109 m werden so auf das Vereinigte Königreich angewandt, als gelte für dieses eine Ausnahmeregelung. 7. Das Stimmrecht des Vereinigten Königreichs in bezug auf die Rechtsakte des Rates, auf die in den unter Nummer 5 dieses Protokolls aufgeführten Artikeln Bezug genommen wird, wird ausgesetzt. Zu diesem Zweck bleiben die gewogenen Stimmen des Verei-

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nigten Königreichs bei der Berechnung einer qualifizierten Mehrheit nach Artikel 109 k Absatz 5 dieses Vertrags unberücksichtigt. Das Vereinigte Königreich ist ferner nicht berechtigt, sich an der Ernennung des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der weiteren Mitglieder des Direktoriums der EZB nach den Artikeln 109 a Absatz 2 Buchstabe bund 1091 Absatz 1 dieses Vertrags zu beteiligen. 8. Die Artikel 3, 4, 6, 7, 9.2,10.1,10.3,11.2,12.1,14,16,18,19,20, 22, 23, 26, 27, 30, 31, 32, 33, 34, 50 und 52 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (..die Satzung") gelten nicht für das Vereinigte Königreich. In diesen Artikeln enthaltene Bezugnahmen auf die Gemeinschaft oder die Mitgliedstaaten betreffen nicht das Vereinigte Königreich, und Bezugnahmen auf die nationalen Zentralbanken oder die Anteilseigner betreffen nicht die Bank of England. In den Artikeln 10.3 und 30.2 der Satzung enthaltene Bezugnahmen auf das ..gezeichnete Kapital der EZB" betreffen nicht das von der Bank of England gezeichnete Kapital.

9. Artikel 1091 Absatz 3 di-eses Vertrags und die Artikel 44 bis 48 der Satzung gelten unabhängig davon, ob es Mitgliedstaaten gibt, für die eine Ausnahmeregelung gilt, vorbehaltlich folgender Änderungen: a) Bezugnahmen in Artikel 44 auf die Aufgaben der EZB und des EWI schließen auch die Aufgaben ein, die im Fall einer etwaigen Entscheidung des Vereinigten Königreichs, nicht zur dritten Stufe überzugehen, in der dritten Stufe noch erfüllt werden müssen. b) Zusätzlich zu den Aufgaben nach Artikel 47 berät die EZB ferner bei der Vorbereitung von Beschlüssen des Rates betreffend das Vereinigte Königreich nach Ziffer 10 Buchstaben a und c dieses Protokolls und wirkt an deren Ausarbeitung mit. c) Die Bank of England zahlt das von ihr gezeichnete Kapital der EZB als Beitrag zu den EZB-Betriebskosten auf derselben Grundlage ein wie die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt. 10. Geht das Vereinigte Königr!!ich nicht zur dritten Stufe über, so kann es seine Notifikation nach Beginn dieser Stufe jederzeit ändern. In diesem Fall gilt folgendes:

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a) Das Vereinigte Königreich hat das Recht, zur dritten Stufe überzugehen,' sofern es die notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Der Rat entscheidet auf Antrag des Vereinigten Königreichs unter den Bedingungen und nach dem Verfahren des Artikels 109 k Absatz 2 dieses Vertrags, ob das Vereinigte Königreich die notwendigen Voraussetzungen erfüllt. b) Die Bank of England zahlt das von ihr gezeichnete Kapital ein, überträgt der EZB Währungsreserven und leistet ihren Beitrag zu den Reserven der EZB auf derselben Grundlage wie die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Ausnahmeregelung aufgehoben worden ist. c) Der Rat faßt unter den Bedingungen und nach dem Verfahren des Artikels 1091 Absatz 5 dieses Vertrags alle weiteren Beschlüsse, die erforderlich sind, um dem Vereinigten Königreich den Übergang zur dritten Stufe zu ermöglichen. Geht das Vereinigte Königreich nach den Bestimmungen dieser Ziffer zur dritten Stufe über, so treten die Ziffern 3 bis 9 dieses Protokolls außer Kraft. 11. Unbeschadet des Artikels 104 und des Artikels 10ge Absatz 3 dieses Vertrags sowie des Artikels 21.1 der Satzung kann die Regierung des Vereinigten Königreichs ihre "Ways and Means"Fazilität bei der Bank of England beibehalten, sofern und solange das Vereinigte Königreich nicht zur dritten Stufe übergeht.

Protokoll über einige Bestimmungen betreffend Dänemark DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN IN DEM WUNSCH, einige derzeit bestehende Sonderprobleme im Einklang mit den allgemeinen Zielen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zu regeln, MIT RÜCKSICHT DARAUF, daß die dänische Verfassung Bestimmungen enthält, die vor der Teilnahme Dänemarks an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion in Dänemark eine Volksabstimmung erfordern könnten -

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt sind:

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1. Die dänische Regierung notifiziert dem Rat ihren Standpunkt bezüglich der Teilnahme an der dritten Stufe, bevor der Rat seine Beurteilung nach Artikel 109 j Absatz 2 dieses Vertrags vornimmt. 2. Falls notifiziert wird, daß Dänemark nicht an der dritten Stufe teilnehmen wird, gilt für Dänemark eine Freistellung. Die Freistellung hat zur Folge, daß alle eine Ausnahmeregelung betreffenden Artikel und Bestimmungen dieses Vertrags und der Satzung des ESZB auf Dänemark Anwendung finden. 3. In diesem Fall wird Dänemark nicht zu der Mehrheit der Mitgliedstaaten gezählt, welche die notwendigen Voraussetzungen nach Artikel 109 j Absatz 2 zweiter Gedankenstrich und Absatz 3 erster Gedankenstrich dieses Vertrags erfüllen. 4. Zur Aufhebung der Freistellung wird das Verfahren nach Artikel 109 k Absatz 2 nur dann eingeleitet, wenn Dänemark einen entsprechenden Antrag stellt. 5. Nach Aufhebung der Freistellung ist dieses Protokoll nicht mehr anwendbar.

Protokoll betreffend Frankreich DlE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN IN DEM WUNSCH, einen besonderen Punkt im Zusammenhang mit Frankreich zu berücksichtigen SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt sind: Frankreich behält das Recht, nach Maßgabe seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften in seinen Übersee-Territorien Geldzeichen auszugeben und ist allein befugt, die Parität des CFP-Franc festzusetzen.

Sachregister AFfA 21 Andorra 117 APEC 21 Ausnahmeregelung 45,48f., 113, 115f. Bandbreite 47f., 112ff. - Standard-Bandbreite 46f.,48 Bank f. Internationalen Zahlungsausgleich 15, 61 f. Bankenaufsicht 34,59ff. - Basler Ausschuß 61 - Bankenaufsichtskomitee 60 Beihilfen 18 Beitrittskriterien 11 0 ff., 120 - Überprüfung 116 Beschäftigung 29 f. Bevorrechtigung öffentlicher Haushalte 91 Binnenmarkt 14f., 17ff. crowding out 97 de-facto Mitglieder der EWU 117ff. definitive Käufe und Verkäufe 82 Defizite öffentlicher Haushalte 97ff., 111 Devisengeschäfte 43 f. Devisenswaps 43, 81 - Anschlußswap 81 Direktorium 64, 68 ff., 72 ECOFIN-Rat 31 f. ECU 14

E-Geld 40f. Einheitliche Europäische Akte 14 Einlagefazilität 83 f. Empfehlungen 63 f. Entscheidungen 63 f. Erweiterter EZB-Rat 65,71 f. Euro-Münzen 58 f. - Gedenkmünzen 59 Euro-Noten 55 f. Europäische Atomgemeinschaft 14 Europäische Gemeinschaft 14 Europäische Gemeinschaft f. Kohle und Stahl 13 Europäische Sozialpolitik 18 Europäische Union 15 Europäische Währungsunion 13, 15ff. Europäische Wettbewerbspolitik 18 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 14 Europäische Zentralbank 16, 25ff. Europäischer Fonds f. regionale Entwicklung 18 Europäischer Rat 44 ff., 49 Europäischer Sozialfonds 18 Europäisches System der Zentralbanken 16, 25 ff. - Aufgaben 35 ff. - Zielsetzung 76 f. Europäisches Währungsinstitut 15 f.

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Sachregister

Europäisches Währungssystem 14, 45ff., 112ff., 120f. Euro-Saldenausgleich 95 f. EZB-Rat 16, 64ff. - gewichtete Stimmen 105 f. Fiskalagent 90 Flexibilität öffentlicher Haushalte 98ff. Garantiefonds für die Landwirtschaft 18 Geld- und Kreditpolitik 2lf., 35 ff., 65, 79 ff. Geldmarkt 21 f. Geldmenge 28, 37ff., 74 - Definition 42 - Referenzwert 38 f. Gemeinschaft Zentralafrikanischer Staaten 118 Gewichtsanteile in der EU 104f. Gewinne der nationalen Zentralbanken 107 ff. - Ausnahmeregelung 109f. GewinneNerluste der EZB 107ff. globale Märkte 17 Globalisierung 21 f. Haftung der Mitgliedstaaten 91f. Handelswechsel 83 Hauptrefinanzierungsinstrument 79f. Informationen 72 ff. - an das Europ. Parlament 74ff. Innertageskredit 94 ff. Integrationsprozeß 13, 17 Interlinking-System 54

internationale Wettbewerbsfähigkeit 19ff. Internet-Geld 40f. Interventionen am Devisenmarkt 43 f., 46 ff., 92 ff., 113 - intermarginale Interventionen 47 - zugunsten CFA- und CFPFranc 118 ff. Interventionspunkte 14,47, 112f. Kap Verden Escudo 119 Kapital der EZB 104ff. Kapitaleinzahlung 106f. Kapitalmarkt 2lf. Kapitalschlüssel 104 f. Kapitalverkehr 19 Kartelle 18 Kohäsionsfonds 18 Komoren-Franc 118 Konvergenz 34,48, 110ff. Koordinierung 29 ff. Kredite des ESZB an den Staat 89ff. Kreditforderungen der Banken 83 längerfristige Refinanzierungsgeschäfte 80 Leitkurse 45 ff., 92 ff., 112, 114 Leitzins 79 f. Liquiditätspolitik 65 mengenmäßige Begrenzungen 17 Mengentender 79 f. Mindestreservebasis 86 Mindestreserven 85 ff. - pauschaler Freibetrag 87 - Sanktionen 88 - und Zinsentwicklung 86

Sachregister - Verbindlichkeitenkategorien 87 - Verzinsung 87 Mindestreserveperiode 86 Mindestreservesatz 86 Monaco 117 Monetäre Finanzielle Institute 42 Monopole 18 Montanunion 14 Münzen 16, 58f. Münzregal 58 NAFfA 21 nationale Zentralbanken 25 f., 33f. Niederlassungsfreiheit 18 Noten 16, 55ff. - Deckungsvorschriften 57 f. Offenmarktpolitik 79 ff. - Geschäfte m. Rücknahmeverpflichtung 80 f. - mit Termineinlagen 81 opting out und opting in 115 Paritäten 14 Personenverkehr 18 Planungs sicherheit 23 Potentialorientierung 30 ff. - Finanzpolitik 31, 104 - Geld- und Kreditpolitik 31, 36ff. - Wirtschaftspolitik 30 f. Präsident der EZB 66,69, 72, 121 Preisniveaustabilität 27 Preisstabilität 26ff., 31, 38ff., 111 - Definition 39 Prepaid Cards 40 Produktionspotential 30 f. - Auslastungsgrad 30 13 Köhler

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Referenzwert für die Geldmenge 38f.,74 Referenzwerte für öffentliche Haushalte 99 ff. - Ausnahmetatbestände 101 ff. - Sanktionen bei Verstoß 101 Rentenmarkt 2lf. Reservefonds 108 f. Römische Verträge 13 f. San Marino 117 Schnelltender 80ff. Schuldenstand öffentliche Haushalte 97ff. Schuldverschreibungen 82 Seigniorage 58 Sicherheiten 82 f. Sozialprodukt 30f., 37 Spitzenrefmanzierungsfazilität 83f.,95 Standardtender 80, 82 Ständige Fazilitäten 83 ff. Statistik 4lf. Strategie, monetäre 35 ff. - Zielgröße 35 f., 37, 65 Strategie, wirtschaftspolitische 29ff. - Zielgröße 30 f. strukturelle Operationen 81 f. Strukturfonds 18 Stufenflexibilität 112 TARGET 53ff.,94ff. Tenderverfahren 80ff. Theorem der Tragbarkeit 99 Übemachtkredit 94 ff. Überseeterritorien 119 f. Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes 37 Unabhängigkeit 69,77f. unvermeidliche Preissteigerungsrate 30 f., 37

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Sachregister

Vatikanstaat 117 Verordnungen 63 f. Vertrag von Amsterdam 15 Vertrag von Maastricht 15 Vertragsdauer 121 f. Wachstum 29 Währungskorb 14 Währungsreserven 50 ff., 105 - Gold 5lf. - Reservepositionen IWF und SZR 51 Wechselkurse 14, 16,23, 44ff., 92ff., 112ff. - Wechselkurs-Orientierungen 45,93 Wechselkursrisiko 20 Wertpapierpensionsgeschäfte 80f. Westafrikanische Währungsunion 117f.

Wettbewerb 18, 23 f. Wirtschafts- und Finanzausschuß 32f. Wirtschaftspolitik 28 ff. - gemeinsames Interesse 29 - Ziele 28 f., 36 f. Zahlungsbilanz 23, 42 Zahlungssysteme 53 ff. - Interlinking-System 54 - RTGS-Systeme 54 f. - TARGET 53 ff., 94 ff. Zentralbankgeldschöpfung 89 ff. Zinsobergrenze 84 Zinspolitik 65, 79f. Zinssätze 114 Zinstender 80 Zinsuntergrenze 84 f. Zollunion 17