Versicherung für Rechnung wen es angeht [Reprint 2020 ed.] 9783112382066, 9783112382059

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Versicherung für Rechnung wen es angeht [Reprint 2020 ed.]
 9783112382066, 9783112382059

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Die „Hamburger Rechtsstudien" erscheinen in zwangloser Folge und sind « n f l n käuflich

Bisher sind erschienen: H e f t 1: Der Begriff des Versicherunggfalles in der Seeversicherung. Von Dr. F. Alexander Bene. Groß-Oktav. 75 Seiten. 1928. RM 4.S0 H e f t 2: Die Bedeutung des Interesses f ü r die Veräußerung der versicherten Sache. Von Dr. Hermann Heinrich Elkan. Groß-Oktav. 58 Seiten. 1928. RM 4.— H e f t 3: Aktiensonderdepot und Legitimation«Übertragung. Von Dr. Günther Frohner. Groß-Oktav. 121 Seiten. 1929. RM 7.— H e f t 4: Die Gewinnversicherung. Von Dr. iur. Helmut Winkler. GroßOktav. 31 Seiten. 1930. RM 2.— H e f t 5: Der Konnossement-Teilschein. Von Dr. iur. Heinz Behielt. Groß-Oktav. 79 Seiten. 1930. RM 5.— Heft 6: Die Order-Polize. Von Dr. iur. Alexander N. Tsirintanis. GroßOktav. 95 Seiten. 1930. RM 6.— H e f t 7: Reine Konnossemente gegen Revers. Von Dr. Robert Lion. Groß-Oktav. 78 Seiten. 1930. RM 5.— H e f t 8: Versicherung für Rechnung, wen es angeht. Von Dr. Helmuth Embden. Groß-Oktav. 39 Seiten. 1930. RM 3.—

Versicherung für Rechnung wen es angeht voll

Dr. iur. Helmuth Embden

Hamburg Friederichsen, de Gruyter & Co. m. b. H. 1930

Diese Arbeit ist als Doktordissertation von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Hamburgischen Universität angenommen worden

Drack von J . J . Augustin ¡0 G l f l c k s u d t and Hamborg

Inhalt. A. Einleitung B. Kapitel I : Das versicherungsrechtliche Interesse und die Bedeutung dieses Begriffs für das Versicherungsrecht I. Der Begriff 1. Das subjektive Interesse 2. Das objektive Interesse 3. Der objektive Wert des Interesses II. Die Folgen der subjektiven Lehre 1. Ausschluß der Wettversicherung 2. Der grundsätzlich persönliche Charakter der Versicherung 3. Individualisierung des Interesses als Grundlage der Schadensberechnung Kapitel I I : Die Versicherung für Rechnung wen es angeht I. Einleitung: Das Ziel der Untersuchung II. Abgrenzung des Versicherungsvertrages für Rechnung n en es angeht von der Versicherung für fremde Rechnung mit unbenanntem Versicherten ••• III. Das historische Verhältnis der Versicherung für Rechnung wen es angeht zu den Vorschriften über den Übergang der Versicherung auf den Erwerber der versicherten Sach e . . . . IV. Übersicht über die Wirkungsmöglichkeiten der Klausel 1. Versicherung alternativer Interessen .... 2. Versicherung kumulativer Interessen 3. Versicherung successiver Interessen V. Untersuchung der Einzelfälle. Die rechtliche Konstruktion der Versicherung für Rechnung wen es angeht 1. Die Versicherung alternativer Interessen 2. Die Versicherung kumulativer Interessen a) Gleichartige Interessen b) Ungleichartige Interessen 3. Die Versicherung successiver Interessen VI. Die Versicherung für Rechnung wen es angeht beimi cif-Geschäft VII. Das Zustandekommen des Versicherungsvertrages fiiir Rechnung wen es angeht 1. Einigung der Parteien darüber, daß die Frage, ob' eigenes oder fremdes und gegebenenfalls welches Interesse versichert werden soll, unentschieden bleiben soll 2. Die Folgen •• a) Unbeachtlichkeit etwaiger Vorstellungen der IParteien über die Person des Versicherten

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Inhalt

b) Unbeachtlichkeit eines vorliegenden Auftrags zur Versicherung VIII. Die Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsverträge für Rechnung wen es angeht 1. Die Rechte gegen den Versicherer 2. Die Pflichten und Obliegenheiten des Versicherungsnehmers und des Versicherten a) Die Pflicht zur Zahlung der Prämie b) Die Erfüllung der Obliegenheiten C. Schluß: Die Versicherung für Rechnung wen es angeht als Standardvertrag

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Literaturverzeichnis. B e n e c k e , System de» Assekuranz- und Bodmereiwesens usw. (Benecke) Hamburg 1805—1810. B r u c k , in Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben. Festgabe der juristischen Fakultäten zum 50jährigen Bestehen des Reichsgerichts. Bd. 4, Berlin, Leipzig 1929. (Bruck, Festgabe). Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag nebst dem zugehörigen EinfÜhrungsgesetz vom 30. Mai 1908, 6. Aufl. 1929. (Bruck.) E h r e n b e r g , Das Interesse im Versicherungsrecht. München-Leipzig 1915. (Ehrenberg, Interesse.) Versicherungsrecht I. Leipzig 1893. (Ehrenberg, Versicherungsrecht.) E l k a n , Die Bedeutung des Interesses für die Veräußerung der versicherten Sache. Hamburg 1928. (Elkan). G e r h a r d - H a g e n , Kommentar zum deutschen Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag. Berlin 1908. H a g e n , in Ehrenbergs Handbuch, Bd. 8, 1. Abtig. H e l m e r , Die Geschichte der privaten Feuerversicherung in den Herzogtümern Schleswig und Holstein. Berlin 1925. (Helmer.) JoBef, Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag. Berlin 1908. K i s c h , Handbuch des Privatversicherungsrechts. München 1922. (Kisch.) L e n n e , Das Versicherungsgeschäft für fremde Rechnung. Marburg 1911. (Lenni.) R i t t e r , Das Recht der Seeversicherung, ein Kommentar zu den Allgemeinen Deutschen Seeversichemngsbedingungen. Hamburg 1922. (Ritter.) S c h n e i d e r , Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag. Berlin 1908. S p r i n z , Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag. Berlin 1926. W e y g a n d , Die Grundzüge der Kundenversicherung, (Generalversicherung der Speditionsund Lagergüter) mit einer Einleitung über das Interesse als Element der Sachversicherung. Berlin 1914. (Weygand.)

Materialien und Zeitschriften. Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen von 1919. (ADS.) Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. (PrALR.) Der Stadt Hamburg Assecuranz und Haverey-Ordnung von 1731. Hamburg 1807. Bürgerliches Gesetzbuch. (BGB.) Handelsgesetzbuch. (HGB.) HansGZ. = Hanseatische Gerichtszeitung. HansRZ. = Hanseatische Rechtszeitschrift. HansRGZ. = Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift. Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts. ( J h . Jb.) Juristische Rundschan für die Privatversicherung. ( J R . ) Juristische Wochenschrift. (JW.) Leipziger Zeitschrift für deutsches Recht. (LZ.) Materialien zu den ADS., herausgegeben von Bruck, Hamburg 1919. Protokolle zum ADHGB. Würzburg 1858. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. (RG.) Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts. (ROHG.) Seufferts Archiv für Entscheidungen der Obersten Gerichte in den Deutschen Staaten. (Seuff. Arch.) Urteilssammlung des Hamburgischen Seminars für Versicherungswissenschaft. Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung. (VA.) Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1908. ( W G . ) Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft. (Z. f. ges. V. W.) Zeitschrift für Versicherungswesen. (Z. f. V. Wes.)

Literaturverzeichnis. B e n e c k e , System de» Assekuranz- und Bodmereiwesens usw. (Benecke) Hamburg 1805—1810. B r u c k , in Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben. Festgabe der juristischen Fakultäten zum 50jährigen Bestehen des Reichsgerichts. Bd. 4, Berlin, Leipzig 1929. (Bruck, Festgabe). Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag nebst dem zugehörigen EinfÜhrungsgesetz vom 30. Mai 1908, 6. Aufl. 1929. (Bruck.) E h r e n b e r g , Das Interesse im Versicherungsrecht. München-Leipzig 1915. (Ehrenberg, Interesse.) Versicherungsrecht I. Leipzig 1893. (Ehrenberg, Versicherungsrecht.) E l k a n , Die Bedeutung des Interesses für die Veräußerung der versicherten Sache. Hamburg 1928. (Elkan). G e r h a r d - H a g e n , Kommentar zum deutschen Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag. Berlin 1908. H a g e n , in Ehrenbergs Handbuch, Bd. 8, 1. Abtig. H e l m e r , Die Geschichte der privaten Feuerversicherung in den Herzogtümern Schleswig und Holstein. Berlin 1925. (Helmer.) JoBef, Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag. Berlin 1908. K i s c h , Handbuch des Privatversicherungsrechts. München 1922. (Kisch.) L e n n e , Das Versicherungsgeschäft für fremde Rechnung. Marburg 1911. (Lenni.) R i t t e r , Das Recht der Seeversicherung, ein Kommentar zu den Allgemeinen Deutschen Seeversichemngsbedingungen. Hamburg 1922. (Ritter.) S c h n e i d e r , Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag. Berlin 1908. S p r i n z , Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag. Berlin 1926. W e y g a n d , Die Grundzüge der Kundenversicherung, (Generalversicherung der Speditionsund Lagergüter) mit einer Einleitung über das Interesse als Element der Sachversicherung. Berlin 1914. (Weygand.)

Materialien und Zeitschriften. Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen von 1919. (ADS.) Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. (PrALR.) Der Stadt Hamburg Assecuranz und Haverey-Ordnung von 1731. Hamburg 1807. Bürgerliches Gesetzbuch. (BGB.) Handelsgesetzbuch. (HGB.) HansGZ. = Hanseatische Gerichtszeitung. HansRZ. = Hanseatische Rechtszeitschrift. HansRGZ. = Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift. Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts. ( J h . Jb.) Juristische Rundschan für die Privatversicherung. ( J R . ) Juristische Wochenschrift. (JW.) Leipziger Zeitschrift für deutsches Recht. (LZ.) Materialien zu den ADS., herausgegeben von Bruck, Hamburg 1919. Protokolle zum ADHGB. Würzburg 1858. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. (RG.) Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts. (ROHG.) Seufferts Archiv für Entscheidungen der Obersten Gerichte in den Deutschen Staaten. (Seuff. Arch.) Urteilssammlung des Hamburgischen Seminars für Versicherungswissenschaft. Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung. (VA.) Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1908. ( W G . ) Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft. (Z. f. ges. V. W.) Zeitschrift für Versicherungswesen. (Z. f. V. Wes.)

A. Einleitung Die verschiedenen Gebiete des Rechts sind nicht in gleichem Maße der Veränderung unterworfen. Die Schnelligkeit der Entwicklung der durch Rechtsnormen geregelten Lebensvorgänge beruht auf mannigfachen Ursachen, die hier nicht zu untersuchen sind. Eine überall zu beobachtende Tatsache ist es nun, und das ist sehr verständlich, daß die Praxis, der Verkehr, vor allen Dingen gerade die Wirtschaft mit ihren schnell wechselnden Bedürfnissen nach Ablauf gewisser Zeit über ein Gesetz hinauswächst; daß daher das Gesetz nicht mehr auf die seit seinem Erlaß veränderten Verhältnisse paßt. Diese unvermeidliche Folge zwingt zu größter Einschränkung in dem Erlaß von Gesetzesvorschriften, die naturgemäß von dem Augenblick ihres Entstehens ab schon zu altern beginnen und so über kurz oder lang zur Fessel der gesunden Entwicklung werden können. Hier erwächst der Wissenschaft ihre größte Aufgabe. Sie entwickelt sich mit dem dauernd veränderten Leben weiter (oder sollte es doch wenigstens) und ist daher in der Lage, neuen Gedanken und Erscheinungen sofort Rechnung zu tragen und sie unter Umständen von Anfang an in vernünftige und zweckmäßige Bahnen zu lenken. Nicht immer aber ist es so, daß das Leben über im Gesetz erstarrte Anschauungen hinauswächst. Nicht überall ist es das positive Recht, das der Praxis gegenüber ins Hintertreffen gerät. Zuweilen kann man die Beobachtung machen, daß die Rechtslehre wertvolle Ideen neu entwickelt, die von der Praxis als gut und richtig anerkannt werden, und doch ist es die Praxis, die in alten eingefahrenen Bahnen verharrt und sich dem Fortschritt gegenüber passiv verhält. Dies ist im Versicherungsrecht der Fall. Die Einführung des Interessebegriffs, die für das Versicherungsrecht den Übergang von der Kasuistik zur Systematik und damit zu seiner organischen Entwicklung und zu seinem rechten Verständnis bedeutete, ist gerade in der Praxis auf Widerstand gestoßen, der zwar nicht bewußt, aber doch tatsächlich vorhanden ist. Das zeigt sich gerade am Beispiel der Versicherung für Rechnung wen es angeht. Die Praxis des geschäftlichen Verkehrs ist hier der Entwicklung nicht gefolgt, obschon sie deren grundlegende Thesen anerkennt. Das Prinzip des versicherungsrechtlichen Interesses ist tatsächlich in der Versicherung für Rechnung wen es angeht nicht in allen Konsequenzen durchgeführt. Dies nachzuholen hat sich diese Arbeit zur Aufgabe gemacht. Bei der nicht allzu großen praktischen Bedeutung der Probleme ist zwar nicht zu erwarten, daß sich für die Praxis Veränderungen gegenüber dem bisherigen Zustand ergeben werden, doch tut dies dem theoretischen Wert einer solchen Untersuchung keinen Abbruch. Die Praxis wird auch weiterhin konservativ bleiben. Alte eingeführte Geschäftsformen ändert man nicht gern, wenn sie auch inzwischen überholt und überflüssig geworden sind, wie z. B. der § 2 Abs. 1 Satz 2 ADS.. 1

Embdeo

B. Kapitel I :

Das versicherangsrechtliche Interesse und die Bedeutung dieses Begriffs für dasVersicherungsrecht. Das moderne Versicherungsrecht beginnt mit der Einführung des Interessegedankens. Hier ging die Seeversicherung führend voran, während die Binnenversicherung nur zögernd folgte. 1 ) Erst mit der gesetzlichen Sanktionierung im W G . war der Sieg des Interessegedankens für das gesamte Recht der Schadensversicherung besiegelt. Heute bedarf es daher keines Beweises mehr, daß nicht die Sache, das Vermögensgut Oberhaupt, den Gegenstand des Versicherungsvertrages bildet. Unser ganzes Versicherungsrecht ist auf dieser Erkenntnis aufgebaut. Unter einem anderen Gesichtsp u n k t aber gewinnt der Interessebegriff f ü r uns Bedeutung.

I. Der Begriff. Als Ausgangspunkt wählen wir die Begriffsbestimmung des versicherungsrechtlichen Interesses, wie sie im Versicherungsrecht allgemein anerkannt ist. Auf Abweichungen in der Formulierung gehen wir nicht ein. Sie sind fast ohne praktische Bedeutung und beruhen darauf, daß je nach dem Gesichtspunkt, unter dem man den Interessebegriff untersucht, diese oder jene Funktion mehr in den Vordergrund t r i t t . I m Wesentlichen herrscht aber Übereinstimmimg. Das Interesse ist die Beziehung eines Menschen zu einem Vermögensgut, einem Gegenstand, einem Recht, einer Anwartschaft oder Ahnlichem, die für das Vermögen des betreffenden Menschen, bei dem sie besteht, von wirtschaftlicher Bedeutung ist. 2 ) Auf die Formulierung des Relativsatzes legen wir kein Gewicht. Wichtig f ü r uns ist nur die Tatsache, daß es sich um eine Beziehung zwischen Mensch u n d Gegenstand handelt, die f ü r die betreffende Person wirtschaftlich gesehen ein Aktivum bedeutet, durch deren Verlust also eine Minderung des Vermögens eintritt. Gegen die Möglichkeit eines durch solchen Verlust entstehenden Vermögensschadens soll die Versicherung schützen. ' ) Das H G B . führte den Interessegedanken nur für die Seeversicherung durch. H G B . § 778. H G B . Protokolle S. 3657£f. Für die Binnenversicherung vor dem VVG. siehe z. B. HansOLG. v. 10. 5. 89. Seuff. Arch. 45, 452 und dazu Ehrenberg in J h . J b . 30. 4. 35 Anm. 16a; vgl. auch Kisch, Bd. 3, S. 26ff. § 4. 2 ) Vgl. Kisch, J h . J b . 63, S. 361; Hagen in E h . Hdb. Bd. 8 1. Abt. S. 370; Ehrenberg, Versicherungsrecht § 1 S. 8; ders. Interesse S. 5; vgl. auch Bruck, Festgabe S. 123ff.; Bruck, a. a. O. sieht das Interesse ausschließlich von der nützlichen Seite, Hagen dagegen definiert es als Möglichkeit, Schaden zu erleiden. Siehe hierzu S. 30ff. der Arbeit. Val. femer Kisch, B d . 3 S. 9ff.

I. Der Begriff

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1. Da es sich um eine Beziehung handelt, die Gegenstand und Person miteinander verknüpft, scheint es selbstverständlich, daß der Interessebegriff die Existenz einer Person voraussetzt, in der die Beziehung zu dem Gegenstand besteht. Die Beziehung muß für das Vermögen e i n e r P e r s o n bedeutsam sein.1) Ohne Bezeichnung der Person ist eine Kennzeichnung der Beziehimg nicht möglich. Es ist eine andere Frage, wie die Person, zu deren Vermögen das Interesse gehört, bezeichnet wird. Hier genügen objektive Kriterien, sodaß die Person jederzeit bestimmbar, also objektiv bestimmt ist. Eine Abstraktion aber von der Person des „Trägers" des Interesses ist logisch nicht möglich.2) Die Beziehung, das Interesse, ist in dem Sinne subjektiv, daß es immer an ein bestimmtes Subjekt, den Träger, anknüpft, wie es auf der anderen Seite an das Vermögensobjekt, die Sache, das Recht, oder was es sei, sich knüpft. Die Beziehung zu einem Vermögensgut beruht, abgesehen von der speziell versicherungsrechtlichen, Interesse genannten, auf der Tatsache, daß das Individuum sich gewisse Vorstellungen über das Gut macht, auf denen dann wieder die Art seiner Verwendung oder die Einrichtung der wirtschaftlichen Dispositionen in Bezug auf das Gut beruht. 3 ) Diese inneren Vorstellungen des Individuums können entweder ganz persönlich für das eine Individuum auf Grund einer gewissen Beteiligung des Gemütes bestehen. (So z. B . das Interesse an der Locke einer Geliebten.) Die innere Vorstellung, die sich an einen Gegenstand knüpft, kann sich aber auch allgemeiner Wertschätzung erfreuen. Durch sie bekommt der Gegenstand dann einen materiellen Wert. D.h. dieWertschätzung eines mehr oder weniger großen Kreises von Menschen gibt die Möglichkeit, die Beziehung zu diesem Gegenstand in Geld zu beziffern. Das ist dann der Wert des Interesses. 4 ) Versicherungsrechtlich von Belang sind nun nur solche Interessen, die auf einer wirtschaftlichen Basis beruhen und in Geld schätzbar sind. Es sind also nicht alle möglichen Beziehungen versicherbar, wohl aber sind alle versicherbaren Interessen Beziehungen, und zwar Beziehungen besonderer wirtschaftlicher Art. Als Beziehungen setzen sie begrifflich einen „Träger", ein Individuum voraus, bei dem sie bestehen. Sie sind subjektiv. 2. Man hat nun viel Mühe darauf verwendet, von diesem, den Gegenstand des Versicherungsvertrages bildenden Interessebegriff einen zweiten zu unterscheiden, um ihn dann als für die Versicherung ungeeignet abzulehnen.6) Es handelt sich um den Begriff vom objektiven Interesse. Man pflegt hierunter die Beziehung zu einem Gegenstande zu verstehen, losgelöst von der Person des Individuums, bei dem sie besteht, betrachtet. Die Beziehung ') Kisch, J h . J b . 63 S.361 ff.; ders. Bd. 3 S . 7 ; Ehrenberg, Versicherungsrecht § 1 S. 8 ; de». Interesse S. 5; Hagen, Eh. Hdb. Bd. 8 1. Abt. S. 368ff.; Ritter S. 49ff.; Brack, Vorb. 2 u. 3 zu § 51 ; ders. Festgabe insbes. S. 125. *) Ritter, a. a. O. hat auf diesen wichtigen Punkt als Erster mit Nachdruck hingewiesen. 3 ) Kisch, Bd. 3 S. 61 ff. *) Siehe Anm. 3 S. 5 der Arbeit. ») Vgl. Bruck Vorb. 3 § 51. Für das objektive Interesse nur Ehrenberg, Versicherungsrecht Band 1 S. 309f.; ders. Interesse S. 55; vgl. auch Kisch, J h . J b . 63 S. 362ff.; ders. Bd. 3 S. 34ff. und die dort angeführte Literatur. 1*

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Kapitel I: Das versicherangsrechtliche Interesse

an sich, n u r bestimmt durch den Gegenstand, an den sie sich k n ü p f t , soll das Interesse im objektiven Sinne sein. Wissenschaft und Praxis haben es abgelehnt, diesen Begriff als Gegenstand des Sachversicherungsvertrages anzuerkennen. Man hat dagegen eingewandt, d a ß gerade die Einführung des objektiven Interessebegriffs alle durch die Entwicklung des Begriffs vom Interesse erreichten Vorteile wieder zunichte mache. Bei Anerkennung des objektiven Interesses als Gegenstand des Versicherungsvertrages werde der Interessebegriff überh a u p t überflüssig. 1 ) Diese Einwendungen sind sachlich berechtigt, n u r treffen sie nicht den Kern des Problems. Um zur Ablehnung der Versicherbarkeit des sogenannten objektiven Interesses zu gelangen, bedurfte es nicht rechtspolitischer Zweckmäßigkeitserwägungen. Das Hauptgewicht m u ß auf den logischen Widersinn gelegt werden, der in diesemBegriff enthalten ist. Es gibt nämlich kein objektives Interesse. 2 ) Logisch ist es undenkbar. Entweder ist eine Beziehung vorhanden, d. h. Objekt und Subjekt sind durch die Beziehung miteinander verbunden, oder es fehlt an einem der beiden verknüpften Elemente, dann fällt auch die Beziehung. Das Subjekt ist, wie das Objekt, Voraussetzung f ü r das Bestehen einer Beziehung. Objektives Interesse ist also eine contradictio in adjecto. Wir brauchen nur an den Versicherungsfall zu d e n k e n : Der Versicherer verspricht f ü r den Fall der Beeinträchtigung oder des völligen Untergangs des versicherten Interesses Ersatz des dadurch entstehenden Schadens. Wie fällt das Interesse w e g ? Dadurch, daß das befürchtete Ereignis eintritt und das Vermögensgut ganz oder teilweise zerstört. 3 ) Weil der Gegenstand zerstört wird, geht das an ihn anknüpfende Interesse unter. Wenn man also einsieht, daß durch Untergang des Gegenstandes das Interesse verschwindet, muß m a n ebenso auch anerkennen, daß die Existenz der Person Voraussetzung f ü r das Bestehen eines Interesses ist. Eine Abstraktion ist hier so wenig wie dort möglich. Wir brauchen also die Unversicherbarkeit eines Begriffes, den es nicht geben kann, auch nicht zu beweisen. Eine erkenntnistheoretische Erforschung des Begriffs von der abstrakten Beziehung als solcher k a n n f ü r die logische Betrachtung des Versicherungsrechts keinen Nutzen bringen. Gegenstand des Versicherungsvertrages ist also das Interesse in seinem einzigen, logischen, subjektiven Sinn. 3. Der Versicherer soll nach dem Versicherungsvertrag einen Schaden ersetzen, der dadurch entsteht, daß das Interesse durch die Gefahr, gegen die die Versicherung genommen worden ist, beeinträchtigt wird. Das Interesse m u ß Geldeswert haben. Der objektive Wert des Interesses, wie der einer jeden Sache, beruht darauf, daß bei der Ähnlichkeit der menschlichen Bedürfnisse und Verhältnisse die Beziehung zu einem Vermögensstück für das Individuum A gleichartig ist der Beziehung des Individuums B zu dem Gegenstand. A und B können, wenn sie sich in der gleichen Beziehung zu einer Sache befinden, gleichen wirtschaftlichen Nutzen mit ihr erzielen. Insofern also, als es den Wert des Interesses, seine Bezifferbarkeit in Geld ») Bruck, Festgabe S. 124ff.; Kisch Bd. 3 S. 36ff. *) Darum ist „subjektives Interesse" eine Tautologie. Ritter S. 51. a ) Bruck, § 49 A. 10.

I. Der Begriff

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angeht, muß man objektivieren. 1 ) Hier, bei der Ermittlung der Schadensmöglichkeit, die die Möglichkeit des Eintritts einer Lücke im Vermögen des Interessenten an der Stelle ist, die das Interesse innehatte, während es bestand, muß man darauf sehen, ob und wie die Schätzung der Allgemeinheit für eine solche Beziehung sich verhält. Besteht sie garnicht (beim reinen Affektionsinteresse), so ist das Interesse unversicherbar, weil durch Geld unersetzbar; denn Ersatz des Yermögensschadens in Geld verspricht der Versicherer. Er bewirkt, daß der Gesamtwert des Vermögens nach Eintritt des Versicherungsfalles der gleiche wie vorher bleibt. Das Interesse selbst kann auch der Versicherer nicht wieder erstehen lassen. Nur die Mittel dazu, sich eine gleichartige Beziehung neu zu schaffen, gibt er dem Versicherten in die Hand. Geschützt ist also nicht das Interesse 2 ), sondern das Vermögen des Interessenten. Das Interesse wird nur soweit ersetzt, als es Geldeswert hatte, weil nur soweit das Vermögen beschädigt ist. Der kostbare Ring, der zugleich ein teures Andenken ist, wird nur nach seinem materiellen, nicht nach dem ideellen Wert, den er nur für den Geschädigten hatte, ersetzt. Das pretium affectionis, das möglicherweise beim Besitzer überwogen hat, aber keinen Vermögenswert darstellte, bleibt verloren. Diese Objektivierung zur Beurteilung der Frage der Versicherbarkeit ist aber grundsätzlich verschieden von jener anderen, die wir zuerst besprachen. Diese dient der Einschränkung der Versicherbarkeit der an sich möglichen Interessen unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Sinnes des Versicherungsvertrages. Jene kommt einer Versicherung der Sache gleich und ist vom Standpunkt der Interessenversicherung aus abzulehnen. Zwischen objektivem Interesse einerseits und objektivem Wert des (subjektiven) Interesses andererseits muß also streng unterschieden werden. 3 ) Obgleich der Ausdruck „objektiver Wert" scheinbar einen logischen Widerspruch enthält, ist er doch erlaubt. Man kann auch im strengsten Sinne von einem objektiven Wert sprechen. Ein Wert ist zwar, wie sich aus der oben angedeuteten Definition (als communis opinio) ergibt, nur eine Summe von subjektiven Einzelurteilen. Durch die Wertschätzung einer ungewissen Anzahl von Individuen entsteht aber die Tatsache, daß für einen Gegenstand ein gewisser Preis, der Ausdruck für seinen Wert ist, gebildet wird. Wir haben die Tatsache, daß die Allgemeinheit einen Gegenstand „bewertet", als objektive Tatsache vor uns. Der Wert ist so gewissermaßen eine Funktion der Allgemeinheit. Er verliert dadurch allein noch nicht seine Eigenschaft als subjektiver Begriff, allein wir haben uns mit Recht daran gewöhnt, Äußerungen des Kollektivums, der Allgemeinheit, als objektive Tatsachen hinzunehmen. Das Kollektivum hat eine Art von Eigenleben und als Funktion dieses Eigenlebens ergibt sich die Tatsache, daß einer Sache ein Wert beigemessen 1) Kisch, Bd. 3 § 9 S. 61ff., besond. S. 67; Bruck, Festgabe S. 127 oben; ders. Vorb. 4b zu § 51. § 778 H G B . § 1 Abs. 1 ADS. § 1 Abs. 1 Satz 1 VVG. „Vermögensschaden". 2 ) RG. v. 5. Juni 1903 V. A. 1904. S. 39 Nr. 33; Bruck, Festgabe S. 137. 3 ) Die Begriffe „objektives Interesse" und „objektiver Wert des Interesses" werden be Kisch Bd. 3 S. 35 II nicht genügend unterschieden. Ebenso macht Hagen, Eh. Hdb. Bd. 8 Abtl. 1 S. 691 denselben Fehler. Richtig: Bruck, Festgabe S. 127. Ehrenberg, Vers. Recht, Bd. 1. S. 295.

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Kapitel I: Das versichenmgsrechtliche Interesse

wird. An dieser Tatsache ändert dann auch die abweichende Einstellung des Einzelnen nichts mehr, jene steht neben der einzelnen subjektiven Ansicht und verdient damit die Bezeichnung als objektiv.

II. Die Folgen der subjektiven Lehre. Wir haben noch kurz die Konsequenzen der Lehre vom Interesse als Grundlage des Schadensversicherungsvertrages zu betrachten. Womit rechtfertigt sich die Einführung dieses Begriffes ? Welches sind seine Vorteile f ü r das Versicherungsrecht ?*) 1. Dadurch, daß ein Interesse an dem zu versichernden Gegenstand beim Versicherten bestehen muß, werden die sogenannten Wettversicherungsverträge ohne besondere Verbotsbestimmungen, wie sie f r ü h e r nötig waren, 2 ) aus dem Begriff des Versicherungsvertrages ausgeschieden. Die Wettversicherung ist im Gegensatz zu der richtigen Versicherung ein Vertrag, den der Versicherungsnehmer mit dem Versicherer abschließt, obwohl ein den Gegenstand beeinträchtigendes Ereignis ihm keinen Schaden bringen würde. Sein Interesse an dem Schicksal des Gegenstandes entsteht erst durch den Abschluß des Versicherungsvertrages. Anders ist es bei der richtigen Versicherung. Hier besteht ein Interesse an dem Gegenstand, das durch Verwirklichung der drohenden Gefahr beeinträchtigt werden und so zu einem Schaden für den Interessenten führen kann. Gegen die Folgen dieser Beeinträchtigung eines bestehenden Interesses schützt die Versicherung. Der Bestand des Interesses wird also vorausgesetzt. E r ist Vorbedingung f ü r den Abschluß eines gültigen Versicherungsvertrages. 2. Gleichzeitig ergibt sich aus dem Interesseprinzip der grundsätzlich persönliche Charakter der Versicherung. Damit soll gesagt sein, daß eine von einem Interessenten für sein Interesse genommene Versicherung grundsätzlich nur dieses sein Interesse schützt. Ein Interesse an einem Gegenstand kann zwar in ähnlicher Weise bei verschiedenen Personen bestehen. Dem tragen auch die Vorschriften über den Übergang der Versicherung auf den Erwerber bei Veräußerung der versicherten Sache Rechnung. Das eine versicherte Interesse besteht aber immer nur in der einen Person des Versicherten. Nur dieses Interesse des einen bestimmten Versicherten ist durch die Versicherung geschützt. Wird die Sache, auf die sich das Interesse und daher die Versicherung bezieht, aus dem Vermögen des Versicherten entfernt, so ist damit auch das Interesse verschwunden. Die Versicherung hat keinen Gegenstand mehr. Grundsätzlich also, abgesehen von der anderslautenden positivrechtlichen Regelung müßte der Versicherungsvertrag ') Ausführliche Darlegungen bei Ehrenberg, Vers. Recht Bd. 1 S. 286ff, bes. S. 293; Kisch, Jh. Jb. 63 S. 368ff; ders. Bd. 3 S. 31 ff.; Bruck, Festgabe S. 123ff. ') z. B. Assecuranz und Havarey-Ordnung von 1731, Tit. II Art. 3. Daher findet sich in der neueren Gesetzgebung ein solches Verbot nicht mehr. Aber ADS. § 2 Abs. 1 Satz 2. Die Praxis ist konservativ. Sie sichert sich lieber durch positive Abmachungen, als daß sie auf juristische Konstruktionen vertraut.

II. Die Folgen der subjektiven Lehre

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hinfällig sein, w e n n der Versicherte die versicherte Sache v e r ä u ß e r t hat. 1 ) W e n n durch die V e r ä u ß e r u n g m i t d e m Schwinden des Interesses b e i m Versicherten gleichzeitig ein gleichartiges Interesse beim E r w e r b e r der Sache n e u e n t s t e h t , so ist dies Interesse doch ein anderes. E s ist m i t d e m des versicherten Veräußerers n i c h t identisch. Versichert war aber n u r das Interesse des Veräußerers. Dies Interesse k a n n nicht übergehen, 2 ) es k a n n n u r erlöschen b e i m Ü b e r g a n g der Sache aus d e m einen Vermögen in das a n d e r e . D a ß dennoch d e m E r w e r b e r aus p r a k t i s c h e n G r ü n d e n der Genuß der Versicherung, die der V e r ä u ß e r e r g e n o m m e n h a t , e r h a l t e n bleibt, ist lediglich durch die positiven Vorschriften der Gesetze, 3 ) die insofern eine D u r c h b r e c h u n g des Interesseprinzips e n t h a l t e n , erreicht worden. 3. Schließlich ermöglicht die Zugrundelegung des Interessebegriffs eine sichere u n d gerechte B e r e c h n u n g des d e m Versicherten d u r c h den Versicherungsfall e n t s t a n d e n e n Schadens. D e r Schaden e n t s t e h t d u r c h teilweise oder völlige Zerstörung des Interesses d u r c h das Gefahrereignis. 4 ) E r ist also der Z u s t a n d , der als d u r c h d e n Versicherungsfall v e r u r s a c h t e Minderung oder gänzliche V e r n i c h t u n g des Interesses u n d d a h e r des Vermögens des Versicherten erscheint. Aus der A r t , d e m U m f a n g , d e m W e r t des beeint r ä c h t i g t e n Interesses also ergibt sich die H ö h e des e n t s t a n d e n e n Schadens. U b e r h a u p t ermöglicht der Interessebegriff erst die U n t e r s c h e i d u n g verschiedener Möglichkeiten, d u r c h Beschädigung ein u n d desselben Gegens t a n d e s S c h a d e n zu erleiden. 5 ) Diese Fälle sind i m täglichen L e b e n sehr h ä u f i g . Die Gefahr, S c h a d e n zu erleiden, b e r u h t auf der Möglichkeit verschiedenartiger wirtschaftlicher Beziehungen m e h r e r e r P e r s o n e n zu demselben Vermögensstück. D e r E i g e n t ü m e r , gleichzeitig der Pfandgläubiger, N i e ß b r a u c h e r , Mieter usw. k ö n n e n d u r c h U n t e r g a n g einer Sache geschädigt werden. D u r c h Versicherung seines b e s o n d e r e n Interesses k a n n ein j e d e r v o n i h n e n sich gegen d e n Schaden schützen, den i h m - d e r U n t e r g a n g des Gutes v e r u r s a c h e n w ü r d e . Aus der A r t des Interesses, aus der B e d e u t u n g , die seine wirtschaftliche Beziehung zu d e m versicherten G u t f ü r j e d e n Einzelnen h a t t e , ergibt sich also die Größe des einem j e d e n e n t s t a n d e n e n Schadens. Der Interessebegriff ermöglicht ein differenzierteres E i n g e h e n auf die p r a k t i s c h e n Bedürfnisse des Einzelnen. Bei diesen grundsätzlichen E r w ä g u n g e n , die einen A n s p r u c h auf Vollständigkeit nicht erheben, die jedoch f ü r die V o r b e r e i t u n g der U n t e r s u c h u n g d e r Versicherung f ü r R e c h n u n g wen es a n g e h t n o t w e n d i g sind, a b e r auch genügen, soll es b e w e n d e n . !) Kisch, Jb. Jb. 63 S. 368; ders. Bd. 3 S. 264ff.; Bruck, Festgabe S. 132 u. S. 136 § 3 ders. Vorb. 2 zu § 69 VVG.; Kisch, Bd. 3 S. 334, III, 2. verkennt das Wesen des Übergangs des Vertrages, weil er die Art der Leistung des Versicherers (Gefahrtragung, nicht aber Schadensersatz selbst) verkennt. Das zeigt sich auch S. 335f. 2 ) Daher falsch die Unterscheidung von Hagen in Eh. Hdb. Bd. 8 S. 371. Ein Interesse kann begrifflich nur individuell sein. 3 ) § 899 H G B ; § 69 V V G . ; § 49 A D S . 4 ) Bruck, Festgabe S. 125. 5 ) Aufzählung solcher Möglichkeiten z. B . bei Weygand, S. 19ff.; Kisch, Bd. 3 S. 32ff.; Bruck, Festgabe S. 125; ders K o m m . Vorbem. 5 u. 6 zu § 51. Wegen der Unterscheidung der Begriffe „Interesse" und „Wert des Interesses" siehe oben S. 4 ff. der Arbeit. Die von Weygand a. a. O. vertretene Ansicht kann daher nicht gebilligt werden.

Kapitel I I .

Die Versicherung für Rechnung wen es angeht. I. Einleitung. Über die Bedeutung des Interesseprinzips f ü r das Versicherungsrecht besteht Klarheit. Für die Eigenversicherung bietet seine Durchführung im Einzelnen keine Schwierigkeiten. Besondere, speziell durch die Vertragsform als Versicherung eigenen Interesses entstandene, Probleme begegnen uns hier nicht. Die zweite der zu unterscheidenden Formen des Versicherungsvertrags dagegen, die Versicherung f ü r fremde Rechnung, wird durch die Einführung des Interessebegriffs überhaupt erst ermöglicht. 1 ) Von ihr bekommen wir erst ein bestimmtes Bild, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß das Interesse die Grundlage des Versicherungsvertrages bildet, und es überhaupt erst auf Grund dieses Gedankens möglich ist, daß ein anderer als der Eigentümer die Sache u n t e r Versicherung bringt. 2 ) Aufgabe dieser Arbeit ist es weder, der Durchführung des Interesseprinzips in der Eigenversicherung noch derjenigen in der Fremdversicherung zu dienen. Diese Arbeit will, von den Grundregeln des gesamten Versicherungsrechts, zu denen in erster Linie das Prinzip des Interesses gehört, ausgehend, die Vertragsform untersuchen, die zwischen der Versicherung für eigene Rechnung und der Versicherung für fremde Rechnung steht. Die Versicherung f ü r Rechnung wen es angeht birgt gerade durch diese ihre Zwischenstellung eine Reihe von Zweifelsfragen. I m Wege logischer Entwicklung der einzelnen Probleme wollen wir versuchen, zu einer Lösung zu kommen, die sich in das Versicherungsrecht einfügt und außerdem praktische, den Bedürfnissen des wirtschaftlichen Verkehrs gerecht werdende Ergebnisse zeitigt.

II. Abgrenzung des Versicherungsvertrages für Rechnung wen es angeht von der Versicherung für fremde Rechnung mit unbenannten Versicherten. Ganz kurz soll vorher noch auf den grundsätzlichen Unterschied zwischen der Versicherung f ü r Rechnung wen es angeht und einer Sonderform der Versicherung für fremde Rechnung, nämlich der Versicherung f ü r fremde Kisch, B d . 3 S. 33 Ziff. 6; Bruck, Vorb. 2 zu § 74. Daß die Versicherung für fremde Rechnung ihren Ursprung in der Seeversicherung hat, beweist, daß sie den Interessebegriff voraussetzt. Dieser war in der Seeversicherung weit eher anerkannt, als in der Binnenversicherung. Erst die Einführung des Interessebegriffs in die Binnenversicherung ermöglichte auch hier die Versicherung für fremde Rechnung. Siehe Anm. 2 S. 2. *) Die Ansicht Ehrenbergs, J h . J b . 30 S.422ff., beruht auf der Tatsache, daß Ehrenberg diese Erwägungen nicht bis zu Ende durchgeführt hat. Er nahm deshalb Kommission a n . Vgl. Bruck, Vorb. 3a vor § 74.

III Das historische Verhältnis der Versicherung

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Rechnung mit unbenanntem Versicherten, hingewiesen werden. Hierbei ergibt sich gleichzeitig die Gelegenheit, sich klarzumachen, was unter Versicherung für Rechnung wen es angeht zu verstehen ist. Der Unterschied ergibt sich schon aus der Definition der Versicherung für Rechnung wen es angeht. Sie ist die Versicherung, bei der es unbestimmt bleibt, ob eigenes oder fremdes Interesse versichert wird.1) Wenn dies unbestimmt bleibt, versteht es sich von selbst, daß der Versicherte nicht benannt wird. Könnte oder wollte man ihn benennen, so könnte es ja geschehen, und man brauchte nicht Versicherung für Rechnung wen es angeht zu nehmen. Der Unterschied liegt also darin, daß bei der Versicherung für fremde Rechnung mit unbenanntem Versicherten der Charakter der Versicherung als Versicherung eines fremden Interesses feststeht. Sollte sich später zeigen, daß das Interesse dem Versicherungsnehmer selbst gehört, so wäre die Versicherung unwirksam,2) weil ein fremdes Interesse nicht vorhanden ist, ein eigenes des Versicherungsnehmers aber nach ausdrücklicher Vereinbarung nicht durch den Versicherungsvertrag gedeckt werden sollte. Anders ist es bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht. Hier ist nicht nur die Person des Versicherten unbenannt, sondern darüber hinaus noch nicht einmal darüber eine Vereinbarung getroffen, ob das versicherte Interesse ein eigenes des Versicherungsnehmers oder ein fremdes sein soll.3) Es ist also noch zweifelhaft, ob Versicherung für eigene Rechnung oder für fremde Rechnung vorliegt. Auch der Charakter der Versicherung also, der bei der Versicherung für fremde Rechnung mit unbenanntem Versicherten feststeht, wenn auch dessen Person unbekannt ist, wird bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht unbestimmt gelassen.

I I I . Das historische Verhältnis der Versicherung für Rechnung wen es angeht zu den Vorschriften über den Ubergang der Versicherung auf den Erwerber der versicherten Sache. Wir haben heute positiv-rechtliche Regeln über den Übergang der Versicherung auf den Erwerber bei Veräußerung der versicherten Sache.4) Da nun die Klausel für Rechnung wen es angeht schon aus dem alten Versicherungsrecht übernommen worden ist 5 ), liegt der Gedanke nahe, zu vermuten, sie könne überhaupt bedeutungslos geworden sein, da an ihre Stelle die Vorschriften über den Ubergang der Versicherung getreten sein könnten. Man könnte versucht sein, zu vermuten, die Klausel für Rechnung wen es angeht sei zu einer Zeit nötig und nützlich gewesen, als noch kein Gesetz den Übergang der Versicherung auf den Erwerber der versicherten Sache kannte und ermöglichte. Vom rein versicherungsrechtlichen Standpunkt aus waren nun aber >) ») 3) *) 5)

§ 80 Abs. 2 VVG; § 781 Abs. 2 HGB.; § 52 Abs. 3 ADS. § 68 Abs. 1 VVG.; §§ 895 mit 778 HGB.; § 2 Abs. 1 Satz 1 ADS.; Kisch, Bd. 3 S. 586. § 80 Abs. 2 VVG.; § 781 Abs 2 HGB.; § 52 Abs. 3 ADS. §§ 69ff. VVG.; § 899 HGB.; §§ 49ff. ADS. Siehe z. B. Benecke, Bd. 2 S. 47ff.

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Kapitel I I : Die Versicherung für Rechnung wen es angeht

positive Vorschriften zu einer Zeit, in der man noch die Sache für den Gegenstand des Versicherungsvertrages hielt, nicht erforderlich. Es war j a die Sache selbst versichert, 1 ) den Schutz der Versicherung genoß also der jeweilige Eigentümer. Wurde die Sache veräußert, so war mit dem Erwerbe des Rechtes an der Sache auch das Recht aus dem Versicherungsvertrage auf den Erwerber fibergegangen. Jedenfalls ließ sich ein solcher Übergang durch Cession der Ansprüche des Veräußerers gegen den Versicherer an den Erwerber der Sache ermöglichen. Dafür bedurfte es keiner ausdrücklichen Gesetzesbestimmung. Der Versicherte war der Gläubiger des Versicherers und dieser h a t t e an der Person des Versicherten kein durch die Rechtsordnung berücksichtigtes Interesse. Daher r ü h r t es, daß das Schicksal der Versicherung im Falle der Veräußerung der versicherten Sache f ü r das alte Versicherungsrecht kein Problem bildete. Nur ein Fall verdient noch der Erwähnung, in dem auch die Person des Interessenten, wie wir es heute nennen würden, eine Rolle gespielt h a t . Das war der Fall bei den alten holsteinischen Brandgilden 2 ). W e n n die Bewohner eines Dorfes unter sich eine Brandgilde gebildet h a t t e n , die neben den rein feuerversicherungsrechtlichen auch noch gesellschaftliche Verpflichtungen mit sich brachte, so begann auch die Person des einzelnen Versicherten eine gewisse Rolle zu spielen. Es sei hier nur daran erinnert, daß nicht n u r die anderen Gildenmitglieder den Abgebrannten und seine Familie und Habe bei sich aufnehmen mußten, — eine Leistung, die zwar rein versicherungsrechtlich zu werten ist, jedoch schon stark persönlichen Charakter hat, — sondern auch, daß die Gilde ihre regelmäßigen Feste gab. Bei diesen Festen t r a t die versicherungsrechtliche Funktion hinter der bürgervereinsmäßigen stark zurück. Daß auch diese außerordentlich ernst genommen wurde, beweisen die alten Statuten, die solche Mitglieder, die bei dem Gildenfest sich schlecht aufführten, kurzerhand mit dem Ausschluß aus der Gilde bestraften. 3 ) Dem Betreffenden wurde also der Versicherungsschutz entzogen, wenn er seine persönliche schlechte Qualifikation auch bei einer Gelegenheit gezeigt h a t t e , die in keinem direkten Zusammenhang mit dem eigentlichen Zweck der Brandgilde stand. Die Bedeutung, die man den persönlichen Eigenschaften des einzelnen Versicherten beilegte, h a t nun auch dazu geführt, daß die Gildenstatuten wohl die ältesten Vorschriften über den Übergang der Versicherung auf den Erwerber der versicherten Sache enthalten. 4 ) Es ist demnach also keineswegs so, daß die Vorschriften der §§ 69 W G . , 49 ADS., 899 H G B . die Versicherung für Rechnung wen es angeht überflüssig gemacht haben. Vielmehr war früher grundsätzlich der Übergang der Versicherung vom versicherungsrechtlichen S t a n d p u n k t aus unbedenklich. Erst in dem Augenblick, in dem die Person des Versicherten z. B. Pr. ALR. I I , 8 §§ 193411. bes. § 1952. *) Hierüber siehe Helmer Bd. 1 S. 431 und bes. S. 433. Danach enthalten schon die aus dem Jahre 1696 stammenden Satzungen der Büsumer Brandhornbede Bestimmungen über den Eintritt des Erwerbers in den Versicherungsvertrag des Veräußerers. Vgl. auch daselbst Bd. 2 S. 181 ff. 3 ) Vgl. Helmer a. a. 0 . 4 ) Siehe Anm. 2.

IV. Übersicht über die Wirkungsmöglichkeiten der Klausel

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eine Rolle zu spielen, beginnt, (bei der Brandgilde und bei der Einführung des Interessebegriffs aus ganz verschiedenen Gesichtspunkten) stellen sich auch Bestimmungen über den Ubergang der Versicherung auf den Erwerber der versicherten Sache im Falle der Veräußerung ein. Wir werden noch sehen, daß beide Fälle, die Versicherung für Rechnung wen es angeht und der Ubergang der Versicherung auf den Erwerber beider Veräußerung nichts miteinander zu tun haben, sondern sich gegenseitig ergänzend nahe nebeneinander herlaufen.

IV. Übersicht über die Wirkungsmöglichkeiten der Klausel. Ebensowenig wie aus der Geschichte des Versicherungsrechts ist eine Lösung des Problems der Versicherung für Rechnung wen es angeht in den vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen zu finden. Jede vertretene Meinung findet in dem Wortlaut der spärlichen positiven Regeln eine Stütze. 1 ) Für diese Untersuchung müssen deshalb auf den Wortlaut des Gesetzes oder der Bedingungen gegründete Argumente fortfallen. Die richtige Lösung muß zwar mit den bestehenden Vorschriften im Einklang stehen, kann sich aber für den Beweis ihrer Gültigkeit nicht auf deren Wortlaut berufen. Wenn wir uns jetzt der eigentlichen Hauptaufgabe der Arbeit zuwenden, müssen wir zunächst versuchen, uns ein Bild von den verschiedenen Fällen zu machen, in denen die Versicherung für Rechnung wen es angeht Bedeutung gewinnen könnte. Wir können theoretisch drei Gruppen von Tatbeständen unterscheiden, für die Kisch 2 ) die anschaulich bezeichnete Einteilung in Versicherung subjektiv unbestimmter (alternativer), gehäufter (kumulativer), und subjektiv wechselnder (successiver) Interessen eingeführt hat. 1. Zunächst einmal ist eine Interessenlage denkbar, in der über die „Zuständigkeit" des zu versichernden Interesses Ungewißheit herrscht. 3 ) Die Beteiligten sind sich über den Gegenstand, auf den sie Versicherung nehmen wollen, über die Art des Interesses und auch über die Gefahr im Klaren. Nur darüber, für wen sie die Versicherung zu nehmen haben, können sie eine Einigung nicht herbeiführen, weil sie nicht wissen, zu wessen Vermögen der zu versichernde Gegenstand und also das zu versichernde Interesse gehört. Versicherungsrechtlich ausgedrückt wissen sie nicht, wer von ihnen Interessent ist, weil sie sich über das Recht oder die wirtschaftliche Beziehung aus der das zu versichernde Interesse fließen soll (z.B. das Eigentum), streiten. Ihnen ist zu raten, eine Versicherung unter der Klausel „für Rechnung wen es angeht" zu schließen. Sie brauchen sich dann bei Abschluß des Vertrages über die Person des Interessenten noch nicht zu erklären. Versichert ist dann derjenige, dem das Interesse an der Sache zusteht. Wer ) So hält sich z. B . Ritter S. 66 ebenso eng an den Wortlaut, wie Kisch Bd. 3 S. 586, 590. ) Kisch, J h . J b . 63, S. 400; ders. Bd. 3 S. 586ff. Im Anschluß an Kisch: Möller in J . R. 1928 S. 337. 3 ) Kisch, Bd. 3 S. 586 I I I . 1

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Kapitel II: Die Versicherung für Rechnung wen es angeht

das ist, kann nun in Ruhe unter ihnen ausgemacht werden. Jedenfalls nehmen sie dem Versicherer auf diese Weise den Einwand, die Versicherung sei ungültig, weil in der Person dessen, der als Versicherter bezeichnet sei, ein Interesse nicht bestehe. Hier bedeutet die Versicherung für Rechnung wen es angeht eine wesentliche Erleichterung. Gäbe es diese Einrichtung nicht, so wären zwar theoretisch zwei andere Wege denkbar, auf denen man zu einer Versicherung des Interesses gelangen könnte, die man aber nur zu erwähnen braucht, um ihre Unbegehbarkeit zu zeigen. Entweder alle eventuell als Interessenten in Frage Kommenden nehmen Versicherung für eigene Rechnung. Nach Klärung der Interessenlage hätte dann nur der eine Vertrag des wahren Interessenten Gültigkeit, während die anderen storniert werden müßten. Dieses Verfahren ist gänzlich unwirtschaftlich, weil der Versicherer für alle ungültigen Verträge eine Geschäftsgebühr verlangen kann. Die andere theoretische Möglichkeit, ohne die Versicherang für Rechnung wen es angeht 'auszukommen, wäre die, daß man einen unbeteiligten Dritten als Vertrauensmann bestellte und diesen eine Versicherung für fremde Rechnung mit unbenanntem Versicherten nehmen ließe. Auf beide Möglichkeiten hinweisen heißt, sie als praktisch undurchführbar erkennen. Für den Fall also der subjektiven Ungewißheit über die Zuständigkeit eines zu versichernden Interesses bedeutet die Versicherung für Rechnung wen es angeht eine unentbehrliche Einrichtung. Daß derartige Fälle nicht allzu häufig vorkommen werden, schadet der Anerkennung der Nützlichkeit der Institution als solcher nicht. 2. In dem eben behandelten Fall sollte die Versicherung für Rechnung wen es angeht die Möglichkeit geben, ein Interesse auch dann unter Versicherung zu bringen, wenn es subjektiv unbestimmt war, wer Interessent ist. Jetzt ist an den Fall zu denken, daß entweder das eine bestehende Interesse sich auf verschiedene Personen verteilt, oder daß an einer Sache mehrere verschiedenartige Interessen einer oder mehrerer Personen bestehen -1) Der eine Fall kann eintreten, wenn an dem zu versichernden Gegenstand Rechte mehrerer Personen bestehen, also z. B. die Sache im Eigentum mehrerer steht. Der zweite und wirtschaftlich bedeutsamere Fall ist der, daß die Versicherung für Rechnung wen es angeht vom Versicherungsnehmer unter dem Gesichtspunkt genommen wird, daß auch er selbst an der fremden Sache ein des Versicherungsschutzes besonders bedürftiges Interesse hat. Wir denken hier vor allem an den Fall der sogenannten Kundenversicherung.2) Bei ihr liegt die Interessenlage so, daß einerseits der Kunde ein schutzbedürftiges Eigentümerinteresse hat, andererseits aber auch der Spediteur z. B. ein Pfandgläubigerinteresse für seine Provision oder die Fracht haben kann. Es muß untersucht werden, ob die Versicherung für Rechnung wen es angeht geeignet ist, hier alle durch das Geschäft entstehenden Interessen auf einen Schlag unter Versicherung zu bringen. Sollte dies möglich sein, so würde das eine große Ersparnis an Arbeit und Spesen bedeuten, weil andernfalls alle Interessen einzeln versichert werden müßten, was unrationall erscheint. ') Kisch, Bd. 3 S. S87ff. II, 3. Die Bezeichnung stammt von Weygand. Siehe S. 16 der Arbeit.

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V. Untersuchung der Einzelfälle

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In diesem Falle wäre die Bedeutung der Klausel für Rechnung wen es angeht eine ganz andere als in den bisher erwähnten Fällen. Zu der zuerst behandelten Bedeutung, die auch hier gegeben wäre, käme dann noch eine zweite hinzu, nämlich die, daß die Verwendung der Klausel nicht bloß die Nennung des Interessenten, sondern auch die Einzelaufzählung der versicherten Interessen überflüssig machte. 3. Als letzte denkbare Interessenlage, und hier liegt das Hauptproblem der Versicherung für Rechnung wen es angeht, ist der Fall der Bewegung des Interesses zu behandeln.1) Wie haben eingangs erwähnt, daß die subjektive Natur des Interesses es begrifflich unmöglich mache, von „Bewegung" im Sinne von „Übergang11 des Interesses auf eine andere Person zu sprechen. Wir wollen aber der Kürze halber den Fall, in dem der versicherte Gegenstand aus einem Vermögen in ein anderes übergeht, ein Interesse erlischt und ein gleichgeartetes beim Erwerber entsteht, als „Interessenübergang" bezeichnen. Wir sind uns aber klar darüber, daß es einen Übergang des Objekts und Untergang des Interesses auf der einen Seite bei gleichzeitigem Neuentstehen auf der anderen Seite bedeutet. Ob die Versicherung für Rechnung wen es angeht hier überhaupt irgendwelche Bedeutung hat, kann erst nach der Durchführung ihrer rechtlichen Konstruktion entschieden werden. Hier ist nur auf das Problem hinzuweisen. Mit dieser Aufzählung sind die theoretischen Möglichkeiten erschöpft. Alle im Verkehr auftretenden Fälle lassen sich unter eine dieser Kategorien subsumieren, wobei Variationen und Kombinationen aller Art vorkommen. Bei der theoretischen Erörterung, wie wir sie vorhaben, interessieren aber nur die reinen Formen.2) V. Untersuchung der Einzelfälle. Die rechtliche Konstruktion der Versicherung für Rechnung wen es angeht. Was man von der Versicherung für Rechnung wen es angeht erwarten könnte, haben wir gesehen. Wie weit tatsächlich den Erwartungen entsprochen wird, soll jetzt gezeigt werden. Wir gehen dabei den Weg vom Einfacheren zum Komplizierteren. Unstreitig und ohne größere Schwierigkeiten ist der erste der drei zu trennenden Hauptfälle. Schwieriger ist der zweite, und Gegenstand lebhaftesten Streites schließlich der dritte. 1. Der einfachste Tatbestand liegt, wie oben schon erwähnt, so, daß über die persönliche Zuständigkeit des zu versichernden Interesses Ungewißheit herrscht. Die Rechtslage ist hier klar. 3 ) Die als Interessenten in Betracht kommenden Personen können gemeinschaftlich oder einzeln mit dem Ver•) Kisch, Bd. 3 S. 587 II 2. s ) Kisch, Bd. 3 S. 589f. III. 3 ) Literatur und Rechtsprechung sind in diesem Punkt einig. RC. 13, 99; Kisch, Bd. 3 .S. 590ff. § 92. u. a.

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Kapitel I I : Die Versicherung für Rechnung wen es angeht

sicherer vertraglich vereinbaren, daß der Versicherer im Schadensfall an den einen oder an den andern, je nachdem, wer ihm nachweist, d a ß er Interessent gewesen, also Geschädigter ist, die Versicherungsleistung bewirken soll. Wer von ihnen als Vertragsgegner des Versicherers a u f t r i t t , oder ob sie alle gemeinsam mit dem Versicherer kontrahieren, ist einerlei. Der Vertrag unterscheidet sich von einem gewöhnlichen Versicherungsvertrag dadurch, d a ß vereinbart wird, daß es unschädlich sein soll, wenn s t a t t A oder B X Interessent ist. Versicherter ist vom ersten Augenblick an immer derjenige, der tatsächlich Interessent ist. Besteht im Augenblick des Vertragsschlusses oder, bei Versicherung zukünftigen Interesses, im maßgeblichen Zeitpunkt bei niemandem ein Interesse, so ist der Versicherungsvertrag auch hier ungültig, weil ihm kein Interesse zugrunde liegt. 1 ) Aber wenn nur überhaupt ein Interesse der im Vertrage bezeichneten Art bei irgendwem besteht, so ist es auch geschützt und der betreffende Interessent ist der Versicherte. Der Abschluß eines Versicherungsvertrages unter der Klausel f ü r Rechnung wen es angeht bedeutet in dem Fall der Ungewißheit über die Zuständigkeit des versicherten Interesses also: Es wird ein Versicherungsvertrag geschlossen, bei dem bestimmt ist die Art des zu schützenden Interesses, die Sache, an die das Interesse sich k n ü p f t und die Gefahr, gegen die Versicherung genommen werden soll.2) Es ergibt sich hieraus (von der nur der Vollständigkeit wegen erwähnten Gefahr kann abgesehen werden, sie spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle) eine Gleichung, in der die einzige Unbekannte die Person des Interessenten ist. Diese Gleichung ist immer zu lösen, unter Umständen mit Hilfe des Prozesses, in dem festzustellen ist, wem das Interesse zusteht. J e nachdem ob die Lösung ergibt, daß der Versicherungsnehmer Interessent ist, oder daß ein Dritter das Interesse hat, liegt Versicherung für eigene Rechnung oder Versicherung für fremde Rechnung vor. Es handelt sich hier aber nicht um eine Versicherung des sogenannten objektiven Interesses in dem Sinne, daß das Interesse als solches Gegenstand des Versicherungsvertrages sein soll. 3 ) Versichert ist von Anfang an einzig und allein derjenige, der im Augenblick des Beginnes der Versicherung Interessent ist. Er ist durch die Aufstellung der oben erwähnten Gleichung eindeutig bestimmt. 4 ) Er und nur er k a n n der Versicherte sein. Der Charakter der Versicherung als Eigen- oder Fremdversicherung bestimmt sich also allein danach, ob der Versicherungsnehmer oder ein anderer bei Abschluß des Vertrages Interessent ist. Fällt der formelle und der materielle Versicherungsbeginn auseinander, weil ein zukünftiges Interesse versichert werden soll,5) so muß es auf den Augenblick ankommen, in dem das Interesse entsteht. Von dem Fall, daß später nach Vertragsschluß die versicherte Sache in andere Hände übergeht, ist später zu handeln. ») § 68 Abs. 1 W G . ; § 895 mit 778 H G B . ; § 2 Abs. 1 ADS. ) Vgl. Kisch, Bd. 3 S. 591 ff. I. 2—5. ) Kisch in J h . J b . 63 S. 361 ff. ' ) Kisch, Bd. 3 S. 598. Übereinstimmend nur im Resultat, nicht in der Begründung. Richtig Ritter, S. 65 unten, S. 66ff. ») Bruck, Festgabe S. 133. l

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V. Untersuchung der Einzelfälle

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2. Haben wir eben festgestellt, daß die Klausel für Rechnung wen es angeht die Parteien der Notwendigkeit überhebt, schon beiVertragsabschluß festzulegen, ob der Vertrag f ü r eigene Rechnung des Versicherungsnehmers oder f ü r fremde Rechnung gehen soll, so kommen wir jetzt zu der zweiten Bedeutung der Klausel. I n dem besprochenen Fall wurde die Frage nach dem Charakter der Versicherung offen gelassen, weil man ihn nicht bestimmen konnte oder wollte. I n dem jetzt zu behandelnden Fall liegt es etwas komplizierter. Es handelt sich hier nämlich nicht mehr bloß u m e i n Interesse, das den Gegenstand des Versicherungsvertrages bildet, sondern u m mehrere Interessen. Ihre Zahl, ihre Art und ihre Zuständigkeit kann hier unbekannt oder wenigstens unbenannt sein. Gibt es einen Vertrag, der sie alle auf einen Schlag unter Versicherungsschutz bringen kann, und ist dieser, falls es ihn gibt, der Versicherungsvertrag f ü r Rechnung wen es angeht ? Wenn dies der Fall ist, bedeutet hier die Klausel f ü r Rechnung wen es angeht nicht nur Versicherung eines Interesses ohne ausdrückliche Vereinbarung seiner persönlichen Zuständigkeit, sondern sie wäre außerdem auch eine Versicherung für eigene und gleichzeitig f ü r fremde Rechnung. 1 ) Auch hier gehen wir wieder davon aus, daß wir uns einen praktischen Fall denken, der das Bedürfnis nach einem Vertrag der geschilderten Art zu Tage treten läßt. Hierbei sind, wie schon gesagt wurde, zwei Untergruppen zu unterscheiden. Die Interessen können ihrer Art nach gleiche und verschiedene sein und je wieder einer oder mehreren Personen zugehören. a) Gleichartige Interessen einer Person interessieren hier weniger. H a t jemand das Eigentümerinteresse z. B. an mehreren Gegenständen, so kann er es auch für Rechnung wen es angeht, das bedeutet dann für eigene Rechnung, unter Versicherung bringen. Dies k a n n er natürlich auch in einem Vertrage, vielleicht sogar auch einmal ohne ausdrückliche Benennung der einzelnen Gegenstände, wie etwa bei der Versicherung des Hausrats. Besondere Probleme entstehen hier noch nicht. Dasselbe gilt, wenn die Interessen ihrer Art nach verschieden sind. Auch hier können sie, wenn ein praktischer Grund dafür gegeben ist, in einem Vertrage, der dann nur eine Zusammenfassung mehrerer Versicherungsverträge ist, versichert werden. Tatsächlich liegt in den geschilderten Fällen immer eine reine Eigenversicherung oder, wenn ein anderer die Versicherung f ü r den Interessenten nimmt, eine reine Fremdversicherung vor, ohne daß die Entscheidung über die Wirkung der Verträge etwas anderes als reine Tatfrage wäre. Problematisch wird die Rechtslage erst, wenn das oder die Interessen mehreren Interessenten gehören. Dann erst entstehen die Probleme, die jetzt zu behandeln sind. Die Interessen können wieder gleich- oder verschiedenartig sein. Sind sie gleichartig, so ist die Rechtslage nicht wesentlich verschieden von der oben behandelten, wo ein Interesse entweder dem einen oder dem anderen gehörte 2 ) Als Beispiel diene der Fall, daß mehrere Personen an einer Sache das Eigentümerinteresse haben, z. B. die Sache steht im Miteigentum. Versichert ist dann bei der Versicherung für Rech') Die interessante und noch ganz ungeklärte Frage nach der Versicherung der sog. Nebeninteressenten fällt aus dem Rahmen dieser Arbeit heraus. ») Ritter S. 69; Kisch, Bd. 3 S. 593 II. 597.

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Kapitel II: Die Versicherung für Rechnung wen es angeht

wen es angeht jeder, der ein Interesse der im Vertrage bezeichneten Art an der Sache hat. Der Wert des Interesses richtet sich danach, ob die Sache z. B. im Gesamthandseigentum oder im Bruchteilseigentum der Interessenten steht. Wie beim Eigentümerinteresse kann es auch bei jedem beliebigen Interesse anderer Art liegen. Die Klausel bedeutet hier wieder nur, daß nicht oder nicht nur der Versicherungsnehmer oder ein bestimmter Dritter versichert sein soll, sondern der oder die Interessenten, die ein Interesse der vereinbarten Art nachweisen. b) Wir kommen schließlich zu dem Fall der Versicherung verschiedenartiger Interessen mehrerer Personen an dem Gegenstand. In der Praxis spielt er die Hauptrolle der Versicherung für Rechnung wen es angeht als die sogenannte Kundenversicherung. Weygand, 1 ) von dem diese Bezeichnung stammt, versteht hierunter eine laufende Versicherung für Rechnung wen es angeht, die ein Spediteur, Lagerhalter, Kommissionär oder Frachtführer für die durch seine Hände gehenden Güter seiner Kunden schließt. Wir wählen sie als Beispiel und untersuchen später noch die Frage, ob sich bei der Einzelversicherung Abweichungen zeigen. Wir werden sehen, daß es sich hier wieder um Tatfragen handelt, für deren rechtliche Beurteilung es auf die Verkehrsanschauung ankommt. Wenden wir uns also der Kundenversicherung zu, so sehen wir, daß an den Gütern, die den genannten Personen zur Behandlung übergeben werden, die verschiedensten Kombinationen verschiedener Interessen bestehen.2) Nach Art und Zuständigkeit sind sie je nach dem Geschäft, für das die Versicherung geschlossen ist, typisch. Das rührt daher, daß die Interessen aus typischen Rechtsverhältnissen entspringen, wie sie stets bei Geschäften der genannten Art zu entstehen pflegen. Bei der Untersuchung der Rechtslage in der Kundenversicherung wollen wir unterscheiden zwischen zwei Gruppen von Interessen. Unter die Versicherung können einmal die Interessen des Versicherungsnehmers selbst und dann Interessen des Kunden, der der Auftraggeber des Versicherungsnehmers und oft Eigentümer der Güter ist, fallen. Um mit den letztgenannten zu beginnen, so liegt es im Hinblick auf sie relativ einfach. Der Spediteur bekommt Güter seines Kunden zum Versand übergeben. Er deklariert sie auf seine laufende Police.3) Es wird nicht angegeben, für welche Interessen die Versicherung genommen wird, also spricht die Vermutung für das Eigentümerinteresse.4) Eigentümerinteressent ist der Kunde, also ist er auch bezüglich des Eigentümerinteresses nach den oben gefundenen Regeln Versicherter, die Versicherung insoweit eine Versicherung für fremde Rechnung. Doch ist damit die Funktion der Klausel noch nicht erschöpft. Neben dem Eigentümerinteresse entsteht nämlich an den Gütern, und das ist das Charakteristische dieses Geschäfts, eine ganze Reihe von Interessen, die alle durch die wirtschaftliche und Illing

Weygand S. 23ff. Definition a. a. O. S. 38. Kisch, Bd. 3 S. 591; Weygand, S. 47 ff. Dieser Zeitpunkt ist bei der Versicherung zukünftiger Interessen maßgebend für die Entscheidung, ob Eigen- oder Fremdversicherung vorliegt. 4 ) § 80 Abs 1 W C . ; § 781 Abs. 3 HGB.; § 52 ADS. 2) 3)

V. Untersuchung der Einzelfalle

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rechtliche Konstellation des Geschäfts bedingt sind. 1 ) Diese Interessen aber sind nicht solche des Kunden, sondern sie sind Interessen des Versicherungsnehmers selbst, also z. B. des Spediteurs oder Lagerhalters. Es muß untersucht werden, ob auch auf diese Interessen sich die genommene Versicherung bezieht. Die Möglichkeit, d a ß auch die zweite Gruppe von Interessen unter die Versicherung fallen könnte, läßt sich nicht leugnen, da es unbezweifelbar ist, d a ß mehrere Interessen Gegenstand eines Versicherungsvertrages sein können. 2 ) Die Versicherung f ü r Rechnung wen es angeht wird hier, wie schon erwähnt, u n t e r typischen Verhältnissen abgeschlossen. So entstehen z. B. durch die Spedition der Güter typische Interessenlagen und so können wir überhaupt f ü r die jeweilige Geschäftsart charakteristische Interessengruppen unterscheiden. Sie alle werden durch den Untergang der Güter, auf die sie sich beziehen, hinfällig. Nun wäre es natürlich möglich, daß der Spediteur eine Versicherung f ü r jedes einzelne Interesse nähme. Diese Versicherung könnte unter der Klausel f ü r Rechnung wen es angeht geschlossen werden u n d so wäre dann jedes der ausdrücklich versicherten Interessen unabhängig davon, ob es dem Kunden, dem Spediteur oder einem Dritten gehörte, versichert. 3 ) Eine so große Zahl von Versicherungsverträgen einzeln in jedem Fall zu schließen, ist ganz unpraktisch. Hier greift die Versicherung f ü r Rechnung wen es angeht in der Form der Kundenversicherung ein. N u n aber h a t die Klausel in erster Linie eine ganz andere uns neue Bedeutung. Wenn ein Spediteur laufende Versicherung f ü r Rechnung wen es angeht nimmt, weiß der Versicherer, daß er dies für sein Geschäft, also f ü r die Güter seiner K u n d e n t u t , an denen durch den Speditionsvorgang eben die erwähnten für das Geschäft typischen Interessengruppen entstehen werden. Diese verschiedenartigen Interessen will der Spediteur unabhängig davon, ob sie eigene oder fremde sind, versichern. Dem Versicherer gegenüber wird dies zwar nicht expressis verbis, aber doch unmißverständlich klar zum Ausdruck gebracht. Dies geschieht schon durch die Tatsache, daß der Spediteur die Versicherung für seinen Geschäftsbetrieb nimmt. Die Klausel f ü r Rechnung wen es angeht hat hier eine Doppelbedeutung. Einmal wieder stellt sie in der bekannten Weise die Versicherung unabhängig davon, ob sie eigenes oder fremdes Interesse des Versicherungsnehmers decken soll.4) Dann aber h a t sie jene zweite Wirkung, daß sie gewissermaßen einen Pauschalversicherungsvertrag bildet. So wie die Transportversicherung gegen jede Gefahr ohne Einzelaufzählung pauschal schützt, so schützt die Kundenversicherung pauschal zwar nicht jedes, aber doch jedes f ü r das Geschäft, f ü r welches sie geschlossen ist, typische Interesse. Die Gleichung, die hier stets die Unbekannten zu bestimmen gestattet, ist in diesem Fall aus der Art des wirtschaftlichen Vorganges, f ü r den die Versicherung genommen wird, zu entnehmen. Die Kundenversicherung ermöglicht also die Versicherung mehrerer ver') Ausführliche Darlegungen bei Weygand, S. 47 ff. *) Jedenfalls bestehen dagegen keinerlei rechtliche Bedenken. Kisch Bd. 3 S. 596; anderer Meinung ist Weygand, a. a. O. 3 ) Es lttge dann der Fall 1. S. 13 f. der Arbeit für jeden einzelnen Vertrag vor. 4 ) Siehe oben S. 14. 2

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schiedenartiger Interessen mehrerer Personen durch einen einzigen Versicherungsvertrag. Wie weit diese Wirkung im Einzelfall geht, ist Tatfrage. Gedeckt ist durch die Kundenversicherung ein Interesse dann, wenn es zu den typischen des betreffenden Geschäftsvorganges gehört. 1 ) Daraus ergibt sich, daß zur Deckung atypischer Interessen ein besonderer Versicherungsvertrag notwendig ist. I m Einzelfall zu entscheiden, welches Interesse typisch und welches atypisch ist, fällt nicht schwer. Alle auf allgemeinen Geschäftsbedingungen beruhenden Interessen sind typisch (also z. B. diejenigen, die gewöhnlich bei der Spedition nach den Allgemeinen deutschen Spediteurbedingungen zu entstehen pflegen). Jedenfalls also fällt das Pfandrechtsinteresse des Spediteurs für seine Provision und Aufwendungen an F r a c h t usw. unter die Versicherung. Auch sein Haftpflichtinteresse, wenn er nicht überhaupt jede H a f t u n g ausgeschlossen h a t , gehört hierher. Der Versicherungsvertrag für Rechnung wen es angeht, der zur Deckung dieser Summe typischer Interessen geschlossen ist, ist also, wie wir erkennen, n u r die Zusammenfassung mehrerer einzelner Verträge. Darüber, welche dies im Einzelfall sind, entscheidet die Verkehrsanschauung. Daraus, daß der wirkliche Versicherungswert aller von der Kundenversicherung gedeckten Interessen höher ist als der Wert des Eigentümerinteresses ergibt sich, daß in der Deklaration eines höheren Wertes als desjenigen des Eigentümerinteresses nicht ohne weiteres eine Überversicherung zu sehen ist. Überversicherung entsteht erst, wenn der wahre, praktisch allerdings k a u m feststellbare Versicherungswert aller Interessen geringer wird als die Versicherungssumme. 2 ) Die Ansicht Weygands steht mit der hier vertretenen grundsätzlich im Widerspruch. Weygand geht von falschen oder wenigstens unbewiesenen Grundlagen aus und kommt daher zu einer ganz gekünstelten Konstruktion. Die Voraussetzung, aus deren Unbeweisbarkeit sich der ganze Fehler Weygands erklärt, ist die, daß nur ein Interesse unmittelbarer Gegenstand eines Versicherungsvertrages sein könne. Es ist garnicht einzusehen, warum nicht ebenso gut mehrere Interessen durch einen Vertrag unter Versicherung gebracht werden können sollen. 3 ) Weygand aber hält dies für unzweckmäßig und sucht nun eine Konstruktion, mit der er allen bei der Kundenversicherung vorliegenden schutzbedürftigen Interessen doch noch zu dem Schutz des Versicherungsvertrages verhilft, der eigentlich seiner Ansicht nach nicht in der Lage sein soll, mehr als eines von ihnen zu decken 4 ). Hierzu wird der mittelbare Versicherungsschutz eingeführt. Weygand unterscheidet zwischen Haupt- und Nebenvertrag. 5 ) Der H a u p t vertrag wird vom Spediteur mit dem Versicherer abgeschlossen, der NebenWeygand S. 86. ') Auf die Frage, die sich hier bezüglich der Bedeutung der Angabe einer Versicherungssumme ergibt, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Nicht so sehr die Frage der Überversicherung bereitet hier Schwierigkeiten, als vielmehr die Frage, ob und wann evtl. Unterversicherung resp. Versicherung auf erstes Risiko vorliegt. 3 ) Dies geschieht immer bei der sog. Kollektivversicherung, die zwar meistens Versicherung nach dem System der Personenversicherung ist. Aber vgl. Bruck A. 7 zu § 30. *) Weygand S. 101 ff., insbes. S. 102. 5 ) Weygand S. 122 ff. Die Erwägungen, die hier zu der Einteilung führen, sind keineswegs überzeugend.

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vertrag mit dem Kunden. Voraussetzung für die Zahlungspflicht des Versicherers aus dem Hauptvertrag ist, daß der Spediteur aus dem Nebenvertrag dem Kunden zur Ersatzleistung verpflichtet ist. Direkter Gegenstand des Hauptvertrages sind nur eigene Interessen des Spediteurs, die Sekundärinteressen, während das Primärinteresse des Kunden bloß mittelbar den Schutz der Versicherung auf Grund des Nebenvertrages genießt. Nichts zwingt dazu, eine so gekünstelte Konstruktion anzuerkennen.1) Eine überzeugende Konstruktion dieses mittelbaren Versicherungsschutzes läßt sich nicht finden. Sie versagt in den Fällen, in denen der Kunde seinen Anspruch aus dem Nebenvertrag verwirkt hat, oder ein Nebenvertrag garnicht abgeschlossen worden ist. Weygand will sich hier mit einer Fiktion helfen.2) Er fingiert das Versichertsein des Primärinteresses, also das Vorliegen eines wirksamen Nebenvertrages. Mit dieser „Konstruktionshilfe" will er die Schwierigkeiten überwinden. Diese Fiktion ist ganz willkürlich. Wann darf man das Versichert6ein des Primärinteresses fingieren und wann nicht ? Für unsere Konstruktion ist der Kunde, soweit es auf die Interessen des Spediteurs ankommt, Dritter. Er kann daher den eigenen Ansprüchen des Spediteurs gegen den Versicherer nie schaden. Die Konstruktion Weygands zeigt an dieser Stelle am deutlichsten, wie wenig sie zu gebrauchen ist. Mit Fiktionen läßt sich alles und garnichts beweisen. Die Theorie Weygands scheitert also. Sie vermag den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht zu werden, außer mit einer ganz willkürlichen Konstruktion, die der Überzeugungskraft entbehrt. Weygands großes Verdienst ist, daß er als guter Kenner der Praxis die Kundenversicherung als Sonderfall von Bedeutung erkannt hat. Die rechtliche Konstruktion aber ist ihm nicht gelungen. Zu erledigen ist noch die schon erwähnte Frage, ob die eben geschilderten Grundsätze unverändert und in demselben Umfange auch für den Fall gelten, daß nicht eine laufende Versicherung, sondern ein Einzelversicherungsvertrag geschlossen worden ist. M. a . W : I s t jede einzelne Transportversicherung für Rechnung wen es angeht, auch wenn sie vom Kunden geschlossen wurde, nach gleichen Grundsätzen zu behandeln ? Die Antwort läßt sich aus den das jeweilige Geschäft beherrschenden tatsächlichen Umständen unschwer finden. Daß die Erwägungen, die zu der für die Kundenversicherung entwickelten Konstruktion geführt haben, hier nicht oder wenigstens nicht ohne Weiteres in gleicher Weise gelten können, ist einleuchtend. Gerade auf die besonderenUmstände, die dieseVersicherungsform begleiten, war ja ihre Konstruktion aufgebaut worden. Wir müssen für die Versicherung kumulativer Interessen also, soweit sie nicht Kundenversicherung ist, wieder von den Tatumständen, die das Geschäft beherrschen und für seine juristische Ausdeutung ausschlaggebend sind, ausgehen. Im Wesentlichen muß es auf die Frage ankommen, von wessen Seite die Versicherung genommen wird. Daß eine vom Kunden genommene Versicherung nicht die Interessen der andern Seite, des Spe*) Siehe Anm. 1 S. 15 der Arbeit. ») So S. 138, 141 ff. 2*

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diteurs oder wer es sei, ohne Weiteres deckt, leuchtet ein. Für den Kunden liegt auch kein Grund dazu vor, ein anderes als sein Eigentümerinteresse zu versichern. Der Kunde hat vielmehr, und darüber ist auch der Versicherer nicht im Zweifel, stets nur sein Interesse, Eigentümer- oder Gewinninteresse im Auge, wenn er Transportversicherung für seine Güter nimmt. Ihn interessiert es nicht, was aus den eventuell sonst noch bestehenden Interessen anderer wird. Der einzige Fall, in dem etwas anderes denkbar wäre, ist der, daß der Kommissionär Eigentümer der Güter geworden ist, die er für seinen Kunden gekauft hat. Er hat aber in den Fällen, in denen der Schutz anderer als Eigentümerinteressen in Frage kommt, Schutz durch die Kundenversicherung, die keineswegs nur in dem Fall gilt, in dem der Versicherungsnehmer nicht Eigentümerinteressent ist. Die Versicherung kumulativer Interessen in den Fällen, die nichtKundenversicherung sind, ist gewöhnlich eine Versicherung gleichartiger Interessen mehrerer Personen.1) Die Fälle der Versicherung verschiedenartiger Interessen mehrerer Personen sind praktisch so gut wie immer Fälle, die unter die Kundenversicherung fallen. Auch nach den gleichen Gesichtspunkten wie die Kundenversicherung zu behandeln sind die Fälle von Einzelversicherung, die in Bezug auf die durch das Geschäft bedingte typische Interessenlage gleich liegen, nur nicht auf laufende Police geschlossen werden. Entscheidend für die Frage bleibt also die Auffassung der am Geschäft beteiligten Kreise. Es ist immer Tatfrage, wie man die inhaltlich gleichlautenden Verträge je nach den Umständen und den Zwecken, zu denen sie geschlossen worden sind, im Einzelfall zu deuten hat. Entweder wird ausdrücklich vereinbart, der Vertrag geht für die und die Interessen und zwar für Rechnung wen es angeht, d. h. für die einzelnen Interessen zur Zeit des Abschlusses und für die für diese Interessen in diesem Zeitpunkt in Frage kommenden Interessenten. In diesen Fällen ist nur die Person des Interessenten unbestimmt. Der Fall ist oben unter 1. behandelt. Oder die Interessen sind auch unbenannt, dann ist es Auslegungsfrage, welche Interessen und also welche Interessenten durch die Versicherung geschützt werden. Jedenfalls ist es in allen diesen Fällen ein Pauschalvertrag, der zur zusammenfassenden Versicherung vieler einzelner oft aber nicht einzeln benennbarer Interessen dient. 3. Der letzte und umkämpfteste Fall der Versicherung für Rechnung wen es angeht ist schließlich die Versicherung successiver Interessen. 2 ) Eingangs haben wir darauf hingewiesen, daß es einen Übergang von Interessen nicht geben kann. Wir haben festgelegt, was unter dem Ausdruck „Übergang eines Interesses" in dieser Arbeit zu verstehen ist. Daran denken wir, wenn wir jetzt untersuchen, ob eine für Rechnung wen es angeht geschlossene Versicherung im Falle des Übergangs des Interesses auf den Erwerber mit übergeht. Genauer heißt das, ob nun der Erwerber des Interesses unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag Versicherter ist, oder ob die Versicherung sein Interesse nur kraft der Vorschriften über den Über') s. o. S. 15 f. der Arbeit. ) Kisch. Bd. 3 S. 587

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gang der Versicherung auf den Erwerber der versicherten Sache deckt. Beide Ansichten werden vertreten. 1 ) Bei der ersten, die besagt, daß jeder Interessent, der während der Dauer des Versicherungsvertrages das Interesse erwirbt, gleichzeitig damit auch Versicherter wird, lassen sich noch zwei Untergruppen der rechtlichen Konstruktion unterscheiden, die aber im Grunde dasselbe sagen. Die eine dieser scheinbar verschiedenen Meinungen sagt: Versichert ist n u r der, der bei E i n t r i t t des Versicherungsfalls Interessent ist. Hierbei ist also im Falle, daß eine Veräußerung überhaupt stattgefunden hat, die Versicherung f ü r Rechnung wen es angeht stets eine Versicherung zukünftigen Interesses. Die andere Meinung besagt, versichert ist jeder, der Interessent ist f ü r die Dauer des Bestehens seines Interesses. Beide Formulierungen sagen dasselbe. Wenn der der unmittelbar Versicherte ist, der bei Eintritt des Versicherungsfalls das Interesse hat, ist auch jeder Interessent f ü r die Dauer seines Interesses versichert, denn versichert sein bedeutet, bei Eintritt des Gefahrereignisses die Entschädigungsleistung des Versicherers beanspruchen können. Das kann jeder, wenn während der Zeit, in der er Interessent ist, der Versicherungsfall eintritt. Auch nach der Ansicht, die besagt, daß der Versicherte nur der Interessent bei Eintritt des Versicherungsfalls sei, ist es also jeder Interessent f ü r die Dauer seines Interesses. Es genügt, daß derjenige, während dessen Interesse der Versicherungsfall eingetreten ist, die Tatsache des Eintritts und seinen Schaden beweise. Das ist gerade das, was unter Versicherung des objektiven Interesses verstanden wird. 2 ) Zur Untersuchung des Problems der Versicherung successiver Interessen müssen wir etwas weiter ausholen. Der Versicherer übernimmt im Versicherungsverträge gegen Zahlung der Prämie eine einem Interesse des Versicherten drohende Gefahr. Diese Gefahr ist für seine Kalkulation von wesentlicher Bedeutung. Ihre Beschaffenheit, die Wahrscheinlichkeit, mit der mit ihrer Verwirklichung zu rechnen ist, muß er möglichst genau kennen. 3 ) Die vom Versicherer zu übernehmende Gefahr ist das Produkt einer Reihe von (äußeren und inneren) gefahrerheblichen Umständen. J e genauer und vollständiger der Versicherer die einzelnen Gefahrumstände kennt, desto besser kann er das übernommene Risiko abschätzen und desto eher rechtzeitig helfend eingreifen. Auf der Richtigkeit seiner Abschätzung, der Einkassierung des zu übernehmenden Risikos, beruht die Rentabilität des Versicherungsgeschäfts. Wenn der Versicherer die Gefahr zu groß einschätzt, so m u ß er zu hohe Prämien fordern und verliert damit seine Konkurrenzfähigkeit. Schätzt er sie zu gering, so genügt die Prämieneinnahme nicht, um die tatsächlich eintretenden Schäden zu decken. Die Wichtigkeit der richtigen Risikoeinschätzung wird dem Versicherungs') Einerseits: Kisch, Bd. 3 S. 601ff; Hagen, Eh. Hdb. Bd. 8 Abtlg. 1 S.690; Schneider, Z. f. ges. VW. 1905 S. 222, der die Versicherung für Rechnung wen es angeht für Versicherung des objektiven Interesses hält. a. A: Ritter S.65ff., S. 742ff.; Weygand S. 130; Bruck S. 365. A. 3 zu § 80; und Festgabe S. 123ff. Vgl. Möller, J . R. 1928, S. 340. A. 20. *) Siehe Anm. 5 S. 3 der Arbeit. 3 ) Vgl. z. B. Bruck, A. 4 zu § 6.

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Kapitel II: Die Versicherung für Rechnung wen es angeht

n e h m e r gegenüber in d e m Vertrage d u r c h Vereinbarung besonderer Obliegenheiten z u m A u s d r u c k gebracht. D e m Versicherungsnehmer wird d u r c h Auferlegung einer Anzahl v o n Obliegenheiten ein ganz b e s t i m m t e s Verh a l t e n zur P f l i c h t gemacht. 1 ) E b e n s o m u ß er bei Abschluß des Vertrages auf G r u n d der vorvertraglichen Anzeigepflicht spezifizierte auf die Gefahr bezügliche A n g a b e n m a c h e n . D a h e r k o m m t es, d a ß p r a k t i s c h alle Obliegenheiten auf die Charakterisierung des zu ü b e r n e h m e n d e n u n d auf die E r h a l t u n g des einmal charakterisierten G e f a h r z u s t a n d e s gerichtet sind. A n die Verletzung der Obliegenheiten sind deshalb b e s t i m m t e Sanktionen g e k n ü p f t . Bei der Mehrzahl der f ü r die Gefahr wesentlichen Obliegenheiten ist a n die Verletzung die Folge der V e r w i r k u n g des Versicher u n g s a n s p r u c h s g e k n ü p f t . I h r e E r f ü l l u n g ist zur Voraussetzung f ü r die Leistungspflicht des Versicherers gemacht. 2 ) D u r c h die ausdrückliche Aufn a h m e derartiger B e s t i m m u n g e n in den Versicherungsvertrag ist a u c h d e m Versicherungsnehmer gegenüber z u m A u s d r u c k gebracht, w e l c h e B e d e u t u n g die richtige E r f ü l l u n g der Obliegenheiten f ü r den Versicherer h a t . D e r Versicherungsnehmer w a h r t auf diese Weise n u r sein eigenes Interesse, w e n n er die Obliegenheiten erfüllt, weil n u r u n t e r der Voraussetzung ihrer E r füllung i m Schadensfall die E r s a t z p f l i c h t des Versicherers gegeben ist. Aus der eigenartigen Rolle, die die Obliegenheiten f ü r die Versicherungsp r a x i s spielen, ergibt sich n a c h allgemein herrschender u n d richtiger Ansicht, d a ß der Versicherte in der F r e m d v e r s i c h e r u n g ebenso wie der Versicherungsnehmer gehalten ist, die Obliegenheiten zu erfüllen, 3 ) d a ß er also seinen A n s p r ü c h e n gegen den Versicherer durch Verletzung v o n Obliegenheiten ebenso schadet, wie wenn die Verletzung v o m Versicherungsnehmer selbst v o r g e n o m m e n wäre. Gehen wir n u n v o n der n o r m a l e n Folge, die a n die Verletzung v o n Obliegenheiten g e k n ü p f t ist, aus, so f i n d e n wir gleichzeitig den Schlüssel f ü r die K o n s t r u k t i o n der Versicherung f ü r R e c h n u n g w e n es angeht. Der Versicherer h ö r t auf, die Gefahr zu t r a g e n , er wird v o n der Verp f l i c h t u n g zur Leistung frei, weil die Voraussetzungen, u n t e r denen zu leisten er versprochen h a t , nicht m e h r bestehen. B e s t e h t die Verletzung der Obliegenheiten in einer Ä n d e r u n g des G e f a h r z u s t a n d e s , wie es sehr h ä u f i g der Fall sein wird, so ist dies Freiwerden des Versicherers a u c h noch auf einem i m G r u n d e n u r wenig a n d e r e n Wege erklärlich. Die Gefahr, die der Versicherer ü b e r n a h m , als der V e r t r a g geschlossen wurde, b e s t e h t nicht m e h r . Sie ist v o m Versicherungsnehmer willkürlich durch eine andere ersetzt worden u n d gegen diese andere h a t der Versicherer seinen Schutz nicht zugesagt. Oder, diese D e u t u n g a n g e w a n d t auf die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht: Die Gefahr, gegen die der Versicherer seinen Schutz versprochen h a t , h a t das Interesse, auf das sich die Versicherung bezieht, nie b e d r o h t . Infolgedessen b e s t e h t eine Leistungspflicht des Versicherers in diesen Fällen nicht. 4 ) Vgl. Bruck Anm. 5 zu § 6 und die dort angeführten Beispiele. ) So die jetzt völlig herrschende Ansicht. Vgl. Bruck § 6 Anm. 3. 3 ) Vgl. Kisch, Bd. 3 S. 394, 431; Lenne, Z. f. ges. V. W. 1912, S. 1236ff.; Bruck, JW. 1927 S. 280ff.; ders. HRZ. 1925, S. 177ff.; Schneider, Z. f. ges. V. W. 1905, S. 252; Ritter mit anderer Begründung S. 409, 559, 737ff.; R G . 95, 253. 4 ) Vgl. Bruck Anm. 2 Abs. 2 zu § 68. 2

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Betrachten wir diesen Fall jetzt bei der Versicherung für Rechnung wen es angeht. Objektiv bestehen bei Abschluß des Vertrages zwei Möglichkeiten : 1. Das zu versichernde Interesse ist ein eigenes des Versicherungsnehmers, 2. das zu versichernde Interesse ist, resp. bei Versicherung zukünftigen Interesses, wird ein fremdes. Für uns ist nur der zweite Fall von Bedeutung. Nach der hier zu widerlegenden Ansicht 1 ) wird aus der Versicherung in dem Augenblick, in dem der Versicherungsnehmer nach Abschluß des Versicherungsvertrages die Güter veräußert, eine Versicherung für fremde Rechnung. Da in dieser der Versicherer auch immer frei wird, wenn der Versicherungsnehmer Obliegenheiten verletzt, an deren Verletzung die Folge der Verwirkung des Versicherungsanspruchs geknüpft ist, so ist der Fall, in dem der Versicherungsnehmer selbst den Versicherungsanspruch verwirkt, als Argument unbrauchbar, weil hier die Leistungspflicht des Versicherers in jedem Fall ihr Ende erreicht. Wir gehen also zu dem zweiten Fall über. Versicherter ist der Käufer der Güter (ob er sie vor oder nach Abschluß der Versicherung erworben hat, spielt im Augenblick keine Rolle). Er verletzt jetzt eine Obliegenheit, an deren Verletzung die Verwirkungsfolge geknüpft ist. Damit hört der Versicherer auf, die Gefahr zu tragen. 2 ) Er wird frei von der Leistung. Nach geschehener Verwirkung des Versicherungsanspruchs veräußert der Versicherte, oder jetzt genauer der versichert Gewesene, die Güter weiter an einen Dritten. Der Dritte, der jetzt das Eigentümerinteresse an den Gütern erwirbt, wird nach Ansicht Kisch's 3 ) nun direkt auf Grund des Versicherungsvertrages Versicherter. Gleichgültig ist, wer inzwischen schon Interessent gewesen ist. Der dritte Erwerber ist derjenige, zu dessen Gunsten jetzt die Versicherung geschlossen worden ist. Er ist der unmittelbar Begünstigte. Das Interesse des neuen Interessenten ist aber wegen der von seinem Vorgänger vorgenommenen Gefahränderung einer ganz anderen Gefahr ausgesetzt, als dies im Versicherungsvertrage anfänglich vorgesehen war. Gleichwohl soll jetzt die Versicherung automatisch wieder in Kraft treten. Das bedeutet: durch die Willkür der Parteien wird dem Versicherer der davon nichts ahnt, eine Gefahr aufgedrängt, die von der übernommenen ganz verschieden ist und die er nicht zu übersehen vermag. Da der neue Interessent die Grundlage des Versicherungsvertrages, wie sie durch die Erfüllung der vorvertraglichen Anzeigepflicht geschaffen worden ist, nicht kennt, ist die Unterlassung einer Anzeige bei ihm auch nicht schuldhaft, sodaß der Versicherer im Schadensfall haften muß. Hier muß bemerkt werden, daß die im Folgenden geltend gemachten Bedenken im Wesentlichen im Gebiete der Versicherung im Rahmen des VVG. gelten. Die A D S . sind durch die Praxis stark beeinflußt und knüpfen die Verwirkungsfolge bei dem Hauptverstoß der Gefahränderung schon an Kisch, J h . J b . 63 S. 416ff.; ders. Bd. 3 S. 415 u. 596; Ebenfalls vertreten von Hagen, Eh. Hdb. Bd. 8 1. Abtlg. S. 690; Schneider, Z. f. ges. V. W. 05 S. 222; Möller, J R . 1928 S. 337ff., siehe auch dort Anm. 20 S. 340; Lenne S. 96. 2 ) Siehe S. 22 Anm. 3. der Arbeit. 3 ) Vgl. Anm. 1, und Bruck, Festgabe S. 132.

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den objektiven Verstoß gegen eine Obliegenheit. 1 ) Dieses hat seine Ursache vielleicht darin, daß die in der Praxis vielfach anerkannte Theorie Kisch's sonst zu gefährlichen Ergebnissen führen würde, denen man auf diese Weise vorbeugt. In den Fällen also, in denen nur an schuldhafte Verletzung von Obliegenheiten die Verwirkungsfolge geknüpft ist, trägt der Versicherer, der inzwischen schon eine Zeitlang mit dem Risiko nicht mehr zu rechnen brauchte, jetzt nach Veräußerung sogar ein ganz anderes, für ihn garnicht berechenbares. Das führt dazu, daß der für Rechnung wen es angeht Versicherte, der seine Ansprüche gegen den Versicherer verwirkt hat, die versicherten Güter nur zu veräußern braucht, um auf dem Umwege über einen guten Freund den Versicherer an einen Vertrag zu binden, wie er ihm, dem Versicherten, bequem ist. J a , darüber hinaus, kann man dem Versicherer eine Gefahr aufbürden, die er bisher nicht getragen hat, von der er auch nichts weiß, deren Bestehen er also in seiner Prämienberechnung nicht beachtet hat. Denn wollte der Versicherer die Gefahr, daß alle Obliegenheiten illusorisch werden, übernehmen, so würde sein Risiko derartig wachsen, daß er nicht mehr die Möglichkeit hätte, tragbare Prämien zu fordern. Ebenso wäre die Folge dieser Ansicht, daß jede vom Versicherten vorgenommene Verfügung über den Versicherungsanspruch mit einer Veräußerung der versicherten Sache hinfällig würde. Verpfändung der Versicherungsforderung, selbst Kündigung des Vertrages durch den im Besitze der Police befindlichen Versicherten würde plötzlich wirkungslos werden. 2 ) Der Versicherer wäre also nie sicher, ob die Rechtslage stabil ist, bis der Versicherungsfall eingetreten wäre. Schon dies Ergebnis zeigt, daß so die Wirkung der Klausel für Rechnung wen es angeht nicht sein kann. Noch ein zweiter Umstand kommt hinzu. Wäre tatsächlich jeder, der das Interesse erwirbt, eo ipso aus dem Vertrage für Rechnung wen es angeht versichert, so käme dies praktisch einer Versicherung des objektiven Interesses, oder, im Ergebnis dasselbe, einer Versicherung der Sache gleich. Mit dem Erwerb des Eigentums an der Sache ginge der Erwerb der Rechte aus dem Versicherungsvertrage Hand in Hand.-1) Der Begriff der Versicherung des Interesses würde hier nur pro forma mitgeführt. Er wäre lediglich ein leerer Ausdruck. Der Gewinn, den die Einführung des subjektiven Interessebegriffs gebracht hat, wäre verloren. Gerade die Interessenversicherung kennt aber einen solchen beliebigen freien Wechsel des Versicherten grundsätzlich nicht. Die Sachversicherung bedarf aber nicht einer Klausel für Rechnung wen es angeht in dem eben besprochenen Sinne. Für sie wäre jede Versicherung eine solche für Rechnung wen es angeht in diesem Sinne. Wenn also heute noch die Rechtsprechung und ein erheblicher Teil gerade der Praktiker zu der besprochenen Ansicht hinneigt, 4 ) so kann man hierin nur eine Nachwirkung alter überholter Rechtsansichten sehen. Früher als §§ 23, 24 ADS. ») Möller, J . R . 1928 S. 341. 3 ) Vgl. Bruck, Festgabe S. 125. unten. *) R G . 13. 99 und die oben Anm. 1. u. 3. S. 23 angeführten.

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noch die Sache Gegenstand des Versicherungsvertrages war und man einen Interessebegriff im heutigen Sinne nicht kannte, war ein solcher freier Wechsel des Versicherten versicherungsrechtlich denkbar. Daß dies heute nicht mehr so ist, daß die Einführung des Interessebegriffs gerade hier Wandel geschaffen hat, wird vielfach übersehen. Dieser Vorwurf trifft die Rechtsprechung in gleicher Weise wie die genannten Schriftsteller. Es ist aber seit der Einführung des Interessebegriffs in das Versicherungsrecht anders geworden. Die Klausel für Rechnung wen es angeht, die früher, wie auch heute noch, nur dazu diente, dem Versicherer einen eventuellen Einwand aus der Person des Versicherten von vornherein abzuschneiden, hat im modernen Versicherungsrecht sehr wohl ihre Bedeutung. Diese Bedeutung ist aber nicht die, die sie auch früher nicht hatte, die aber damals auf den geltenden Rechtsanschauungen nicht von der Klausel für Rechnung wen es angeht, sondern von der rechtlichen Konstruktion der Versicherung überhaupt fußte. Die Versicherung für Rechnung wen es angeht ist heute das einzige Mittel, das es ermöglicht, einen Versicherungsvertrag zu schließen, ohne sich bezüglich der Frage, ob Eigenversicherung oder Fremdversicherung geschlossen werden soll, zu präjudizieren und ohne den Interessenten mit Namen zu nennen. Gerade das Interessenprinzip kennt nur eine in diesem Sinne streng persönliche Versicherung. Eine Versicherung der Sache gibt es nicht mehr. Der Sinn der Klausel ist heute also: Versichert soll der augenblickliche Interessent sein ohne Rücksicht darauf, ob es der Versicherungsnehmer oder ein anderer ist. Daraus ergibt sich, daß eine Bestimmung darüber, ob die Versicherung für eigene oder für fremde Rechnung geht, nicht ausdrücklich getroffen werden kann. Tatsächlich ist sie zwar nicht ausdrücklich, aber doch eindeutig und unabänderlich schon bei Vertragsschluß getroffen. J e nachdem, ob der Versicherungsnehmer oder ein Dritter Interessent ist, geht die Versicherung für eigene oder für fremde Rechnung.1) Dies ist auch nicht anders, falls die Versicherung für ein zukünftiges Interesse genommen wird, der materielle Versicherungsbeginn also dem formellen nachfolgt. Nur gilt sinngemäß die Abmachung in diesem Fall für den Zeitpunkt der Entstehung des zu schützenden Interesses. Nicht anders ist bei der sog. Rückwärtsversicherung zu entscheiden,2) bei der es auf den Zeitpunkt des Beginns der versicherten Unternehmung ankommen muß. Den einmal erworbenen Charakter behält der Versicherungsvertrag bei, solange er besteht. Wird die Versicherung also während der Dauer des Interesses des Versicherungsnehmers genommen und dann das versicherte Gut veräußert, so bleibt sie Versicherung für eigene Rechnung. Der Erwerber tritt in den Vertrag nur kraft der positiv-rechtlichen Vorschriften über den Übergang der Versicherung auf den Erwerber der versicherten Sache ein.3) Er tritt also auf jeden Fall in ihn ein, muß daher alle gegen 1 ) S. o. S. 13 ff. der Arbeit. Eine Veräußerung der Sache hat nach Vertragsschluß noch nicht stattgefunden. *) Bruck, Festgabe S. 133 unter b) am Ende. 3 ) So Bruck, Anm. 3 zu § 80; ders Festgabe S. 130ff. 135; Waldstein, HRZ. 1927 S. 6ff.; Weygand S 130; Ritter S. 66, 67; ROHG. 14, 122. A. M. Kisch, Jh. J b . 63 S. 413; ders. Bd. 3 S. 593; Hagen in Eh. Hdb. Bd. 8 1. Abtlg. S. 691. Hagen kann genau so wenig wie

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seinen Vorgänger entstandenen Einwendungen gegen sich gelten lassen, wie auch die besonderen an die Veräußerung geknüpften Bestimmungen gelten. Er tritt nur an die Stelle des bisherigen Versicherten. Der Vertrag geht auf ihn über als Versicherungsvertrag für eigene Rechnung. War das Interesse bei Abschluß des Vertrages oder, bei Versicherung zukünftigen Interesses, im Augenblick der Entstehung schon ein fremdes, so liegt Versicherung für fremde Rechnung von Anfang an vor. Veräußert jetzt der Versicherte die Güter, so tritt auch hier der Erwerber nur an seine Stelle, auch hier gehen alle Mängel des Versicherungsverhältnisses mit auf ihn über. Ohne daß es irgend einen Einfluß auf die Versicherung hätte, tritt auch hier nur ein anderer Interessent an die Stelle des bisherigen. War also der Anspruch schon verwirkt, so bleibt er es. Der Versicherer leistet nur dann, wenn keiner der Interessenten gegen eine Obliegenheit verstoßen hat. Dem Versicherer gegenüber bilden also die sämtlichen Versicherten eine Einheit, ohne daß aber der Charakter der Versicherung dadurch irgendwie berührt wird. Die Wirkung der Klausel erschöpft sich bereits im Augenblick des Vertragsabschlusses. 1 ) Den Verfechtern der Ansicht, daß die Versicherung für Rechnung wen es angeht geeignet sei, successive Interessen zu decken und daß sie hierbei ihren Charakter in der Weise wechsele, daß sie bald für eigene und bald für fremde Rechnung gehe, kommt ein Scheinargument zu Hilfe. Sie könnten darauf hinweisen, daß bei der Orderpolice der Versicherer doch an den legitimierten Inhaber leiste, auch wenn ein etwaiger Vorgänger schon den Versicherungsanspruch während des Bestehens seines Interesses verwirkt habe. Das ist unrichtig. Weil es ein objektives Interesse nicht gibt, kann auch die Orderpolice nicht dazu dienen, praktisch doch zu einer Versicherung des objektiven Interesses zu kommen. Darum braucht selbst bei der Orderpolice der Versicherer nur dann an den legitimierten Inhaber zu leisten, wenn der Versicherungsanspruch nicht schon von einem früheren Interessenten verwirkt worden ist. Ist dies aber geschehen, hat auch hier der Versicherer die Möglichkeit, den Verstoß dem späteren Erwerber gegenüber geltend zu machen. Dem steht auch § 364 H G B . nicht entgegen. Die Transportfunktion schließt persönliche Einreden aus der Person des Vormannes aus, nicht aber Einreden, die auf dem Rechte beruhen, das das in der Urkunde niedergelegte Rechtsgeschäft beherrscht. Zu letzteren gehört aber die Einrede der Verletzung von Obliegenheiten. Den Einreden aus dem Wechselrechte im Sinne des Art. 82 WO., d. h. also aus den Rechtsgrundsätzen, wie sie das Rechtsgebiet als solches beherrschen, entsprechen bei der Orderpolice die Einreden aus dem Versicherungsrecht, d. h. solche Einreden, die auf den das Versicherungsrecht beherrschenden Grundsätzen beruhen. Daher bleiben die Einreden aus der Verletzung von Obliegenheiten Kisch überzeugend nachweisen, daß die Versicherung nicht das objektive Interesse deckt, wenn man seiner Ansicht folgt. Der Hinweis auf die subjektive Natur des Entschädigungsanspruchs trifft nicht das Versicherungsverhältnis. 1 ) Aber nicht wie Ehrenberg J h . J b . 30 S. 447 meint, in der Weise, daß die Versicherung nur gültig wäre, wenn bei Abschluß Verkäufer oder Käufer Interessent ist. Die Versicherung deckt jeden Interessenten, der später das Interesse erwirbt, auf Grund der Vorschriften über den Übergang der Versicherung auf den Erwerber der versicherten Sache.

V. Untersuchung der Einzelfälle

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auch späteren Indossataren gegenüber zulässig. Die Police beurkundet einen Vertrag, nach dem der Versicherer zur Leistung nur unter derVoraussetzung der Erfüllung der Obliegenheiten verpflichtet ist. Es liegt hier also keine Durchbrechung der Transportfunktion vor. Der Versicherer kann einwenden, den Versicherungsanspruch als solchen habe der Vorgänger bereits durch sein Verhalten präjudiziell. Der legitimierte Inhaber könne daher Deckung des Schadens nicht mehr fordern. Das ist keine Einrede aus der Person des Vormannes, sondern aus dem Versicherungsverhältnis als solchem. Die objektiven Voraussetzungen des Anspruchs, wie sie in der Urkunde fixiert sind und bei deren Vorliegen allein der Versicherer zu zahlen verpflichtet ist, sind nicht gegeben. Der Erwerber hat daher Versicherungsschutz trotz Indossierung der Police auf ihn nicht erwerben können. Es hieße also denselben Fehler wiederholen, wollte man sich dieser Konstruktion der Orderpolice verschließen. Eine, aber bloß scheinbare, Ausnahme von der Regel, daß die Versicherung ihren Charakter vom ersten Augenblick an beibehalten muß, bleibt zu erwähnen: Wenn der Versicherungsnehmer, der die Versicherung zu einer Zeit genommen hat, in der ein anderer Interessent war, die Güter nachträglich selbst erwirbt, fallen nun Versicherungsnehmer und Versicherter in einer Person zusammen. Aus der Versicherung für fremde Rechnung wird dann eine Eigenversicherung. Man könnte nun darüber streiten, ob bei abermaliger Veräußerung der Güter die Versicherung eine Versicherung für eigene Rechnung bleibt oder ob sie wieder zur Versicherung für fremde Rechnung wird. An der Entscheidung dieser Frage ist wenig gelegen. Wenn man sie dennoch der Vollständigkeit halber entscheiden möchte, so kann man diese Entscheidung nur in dem Sinne treffen, daß die Versicherung wieder eine Versicherung für fremde Rechnung wird. Wenn auch die Person des Versicherten mit der des Versicherungsnehmers vorübergehend zusammenfiel, so war diese Personalunion doch rein zufällig. Trennen die beiden Funktionen sich wieder, so bleibt der bisherige Versicherungsnehmer auch weiter Versicherungsnehmer. Er kommt also nicht auf dem Wege, daß er die versicherten Güter erwirbt und wieder veräußert, aus seiner bisherigen Position heraus. Nur die Versicherteneigenschaft wandert, während die Versicherungsnehmereigenschaft bei der Versicherung für fremde Rechnung konstant bleibt. Auch hier also ändert sich der Charakter des Versicherungsvertrages im Laufe des Vertragsverhältnisses nicht oder doch nur scheinbar. Wenn wir zusammenfassen, so müssen wir feststellen, daß die Versicherung für Rechnung wen es angeht sich nicht bezüglich ihres Charakters, ob Eigen- oder Fremdversicherung, während ihres Laufes ändert. Der Charakter bestimmt sich vielmehr nur nach der Interessenlage beim materiellen Beginn der Versicherung. Der Nutzen der Versicherung für Rechnung wen es angeht liegt darin, daß es dem Versicherungsnehmer erspart bleibt, sich bezüglich des Charakters der Versicherung zu früh festzulegen. Es wird eine Versicherung „für die augenblickliche Interessenlage" geschlossen, ohne daß diese genauer analysiert wird. Objektiv aber liegt sie fest. Es bleibt während des ganzen Vertragsverhältnisses so, wie es bei Abschluß gewesen ist.

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Kapitel I I : Die Versicherung für Rechnung wen es angeht

V I . Die Versicherung für Rechnung wen es angeht beim cif-Geschäft. Aus diesem Prinzip rühren die Schwierigkeiten her, die häufig gerade beim Überseegeschäft vorkommen. Der Exporteur verkauft Güter cif nach Ubersee. 1 ) Im Augenblick der Versicherungsnahme wird die Interessenlage in fast allen Fällen die sein, daß die Ubergabe der Dokumente an den Käufer noch nicht erfolgt ist. Eigentümer der zu verschiffenden Güter ist noch der Verkäufer, der sie meistens auf seine laufende Police deklariert. Der Käufer tritt dann also in die Versicherung für eigene Rechnung des Verkäufers ein. Mit Übergang des Interesses, — wann dieses erfolgt, wird noch zu behandeln sein, — wird der Käufer Versicherter, vorher ist es der Verkäufer. Tritt später der Käufer vom Kaufvertrag zurück, so liegt Rückübertragung, also Neuerwerb des Interesses durch den Verkäufer vor, die ihm auch den Versicherungsschutz wiederbringt 2 ). Ficht der Käufer aber den Kaufvertrag an, so ist der Erwerb des Interesses durch ihn von vornherein nichtig gewesen, ebenso wie das Kaufgeschäft selber durch die Anfechtung ex tunc nichtig wird. Der Verkäufer ist also immer Versicherter gewesen, weil ein Ubergang des Interesses, also auch der Versicherung auf den Käufer garnicht stattgefunden hat. Anders ist es, wenn der Käufer zu der Zeit, als der Verkäufer die Versicherung nahm, schon Eigentümer 3 ) der Güter geworden war, oder wenigstens das Interesse schon erworben hatte. Die Versicherung ist in diesem Falle Versicherung für fremde Rechnung. Tritt nun später der Käufer vom Kaufvertrage zurück, so erwirbt der Verkäufer die Güter von ihm, und, da auch dieser Erwerb auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes 4 ) vor sich geht, geht auch die Versicherung mit auf den Verkäufer über. Dieses folgt aus der Vertragsnatur des Rücktritts. Ficht in diesem Falle der Käufer den Kaufvertrag nachträglich an, so tritt Unwirksamkeit des Vertrages ex tunc ein. Diese Unwirksamkeit ergreift aber nur das obligatorische Kaufgeschäft. Eigentümer und/oder Eigentümerinteressent bleibt der Verkäufer, der nach Bereicherungsgrundsätzen zur Herausgabe der Güter resp. des Eigentümerinteresses verpflichtet ist. Wird nur das obligatorische Geschäft angefochten, so wird der Verkäufer erst wieder Interessent der Güter im versicherungsrechtlichen Sinne, wenn der Verkäufer ihm das Interesse wieder verschafft. Hier also geht die Versicherung auch erst in diesem Zeitpunkt und zwar nach den Grundsätzen des § 69 VVG. wieder auf den Verkäufer über. Wird dagegen auch das dingliche Übereignungsgeschäft angefochten, so zeigt sich, daß tatsächlich der Käufer ein Eigentümerinteresse nie erworben hatte, die Versicherung also nicht eine Versicherung für fremde Rechnung, wie es ursprünglich den Anschein hatte, sondern von Anfang an eine Versicherung 1 ) Für das Folgende siehe: Möller in J R . 1928, S. 337ff.; Bruck, Festgabe; Elkan, S. 26ff.; Waldstein in HRZ. 1927 S. 4 ff.; Leo in HRZ. 1918 S. 379ff.; Christoph in HRZ. 1917 S. 145ff. 2 ) Bruck, Festgabe S. 140 unten. Der Begriff der Veräußerung hat im versicherungsrechtlichen Sinn eine spezielle Bedeutung. Vgl. Bruck, a. a. O. S. 137, 139f. 3 ) Oder nur die Kaufgefahr trägt. Siehe unten S. 32 der Arbeit. Nach Übergang des Interesses geht die Versicherung jedenfalls für Rechnung des Erwerbers. 4 ) Wie vor Anm. 2 (Bruck).

VI. Die Versicherung beim cif- Geschäft

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für eigene Rechnung des Verkäufers gewesen ist. Auf die Frage, wie dieser Fall zu beurteilen ist, wenn der Käufer zwar schon das Interesse, aber noch nicht das Eigentum an den Gütern erworben hatte, werden wir in anderem Zusammenhange noch zurückkommen. Abzulehnen ist im Falle der Veräußerung der versicherten Sache die Unterscheidung zwischen einem aktuellen und einem eventuellen Eigentümerinteresse. Das Reichsgericht1) hat sich zu dieserKonstruktion bekannt um mit ihr im Falle der Veräußerung des versicherten Interesses die Frage zu lösen, wer in jedem Zeitpunkt der auf Grund der Versicherung für Rechnung wen es angeht Versicherte sei. Waldstein2) hat mit Recht dagegen eingewandt, daß eine solche Unterscheidung nicht durchführbar sei. Desgleichen hat Bruck 3 ) darauf hingewiesen, daß die Versicherung des eventuellen Interesses im Grunde dasselbe ist, wie Versicherung des objektiven Interesses. Dem ist zuzustimmen, nach der Ansicht des Reichsgerichts soll der Verkäufer solange, als nicht definitiv entschieden ist, ob der Vertrag perfekt ist und bleibt, noch ein eventuelles Interesse an den verschifften Gütern haben, während das eigentliche Eigentümerinteresse, das sogenannte aktuelle Interesse, beim Käufer sein soll. Das eventuelle Interesse des Verkäufers soll in all den Fällen, in denen der Käufer eine vorschriftsmäßige Abwicklung des Kaufvertrages verhindert, weil er die Ware zur Verfügung stellt oder den Vertrag anficht oder von ihm zurücktritt, wieder aktuell werden und, da das aktuelle Gegenstand des Versicherungsvertrages sei, wieder das versicherte werden. Diesen Erfolg soll der Versicherungseinnehmer durch einseitige Erklärung herbeiführen können. Diese Unterscheidung ist irreführend. Es mag richtig sein und kommt häufig vor, daß der Verkäufer nach Begebung der Dokumente noch ein Interesse, das auf dem Kaufvertrage beruht, hat. Dieses ist immer dann der Fall, wenn er auf Kredit verkauft hat, also nicht Zug um Zug gegen Hergabe des Interesses bereits die Bezahlung erhält. Dies Interesse ist aber nicht identisch mit dem Eigentümerinteresse an den Gütern, das er aufgegeben hat, sondern es ist ein neues Interesse und zwar ein reines Kreditinteresse.4) Dieses fällt nicht unter die Transportversicherung der Güter. Das sogenannte Eventualinteresse des Verkäufers als Rest eines Eigentümerinteresses an den Gütern besteht überhaupt nicht. Es ist natürlich möglich, daß der Verkäufer später wieder ein Eigentümerinteresse an diesen Gütern erwirbt. Jedoch ist es nicht ein Wiederaufleben eines im Verborge!) R G . 13, 101; ebenso Christoph, H. G. Z. 1917 S. 146ff.; Hagen in Eh. Hdb. Bd. 8 Abtlg. 1 S. 620. 2 ) Waldstein in H. R . Z. 1927 S. 4ff. Ebenso Bruck, Festgabe S. 140. W. laßt die Versicherung erst mit dem Eigentum auf den Käufer übergehen. Dieser habe bis dahin ein versicherbares Interesse auf der Grundlage seines Anspruchse auf Lieferung. („Quasieigentümerinteresse".) Eine Versicherung dieser Art hat jedoch nichts mit der Versicherung des Eigentümerinteresses an den Gütern zu tun. 3 ) Festgabe S . 128 ff. «) Bruck, Festgabe S. 140 und S. 129ff. unter II. Elkan, S. 28 mit Anm. 2. Bruck weist a. a. 0 . mit Recht auf die Unterscheidung zwischen Eigentümer- und Eigentumsinteresse hin.

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Kapitel I I : Die Versicherung für Rechnung wen es angeht

nen weiter existierenden alten Eigentümerinteresses, sondern es ist ein ganz nener Erwerb eines neuen mit dem alten inhaltsgleichen Eigentümerinteresses. Das alte Eigentümerinteresse ist und bleibt mit der Veräußerung der Güter für den Verkäufer erloschen. Interessent, und zwar alleiniger Eigentümerinteressent, ist von dem Augenblick des Überganges des Interesses ab der Käufer. Hiermit steht auch nicht im Widerspruch unsere Entscheidung für den Fall, daß das dingliche Übereignungsgeschäft angefochten werden sollte. Damit, daß durch die Anfechtung der Verkäufer ex tunc wieder Eigentümer der Güter wird, ist an sich über das Interesse noch nichts gesagt. Wir haben aber festgestellt, daß in diesem Fall die Fiktion der ex tuncWirkung der Anfechtung ausgedehnt werden muß auf das Versicherungsverhältnis, so daß also hier so zu entscheiden ist, als ob das Interesse immer beim Verkäufer geblieben wäre. Daher schadet in diesen Fällen ein vom Käufer vorgenommener den Versicherungsanspruch präjudizierender Verstoß dem Verkäufer nicht. Nun liegen die Dinge häufig nicht in jedem Augenblick so klar und übersichtlich auf der Hand, wie es bisher vorausgesetzt gewesen ist. Vielmehr pflegt während des Überganges des Interesses von einer Partei auf die andere ein Zwischenstadium einzutreten, in dem sich die Interessenlage in der Schwebe befindet. Dies folgt daraus, daß der Übergang des Interesses und der Übergang des Eigentums grundsätzlich voneinander unabhängig erfolgen.1) Es gibt eine große Zahl von Fällen, in denen derEigentumsübergang erst später erfolgt als der Übergang des Interesses auf den Käufer. Z. B. ist der Fall denkbar, daß der Verkäufer die Ware abgeladen hat und der Käufer deshalb schon die Gefahr trägt (§ 447 BGB.). Das bedeutet, daß er den Kaufpreis unter allen Umständen zahlen muß, unabhängig davon, ob die Güter die Reise überstehen werden oder nicht. Das eigentliche Eigentümerinteresse hat der Käufer in diesem Falle oft noch nicht, d. h. er kann über die Ware in dem Augenblick, in dem sie abgeladen ist, noch nicht wie ein Eigentümer verfügen. Die Lage, die wir „Eigentümerinteresse haben" nennen, also die Lage, in der sich der Käufer in jeder Hinsicht in einer derartigen Beziehung zu den Gütern befindet, wie sie gewöhnlich ein Eigentümer hat, tritt erst später ein, meist erst mit dem Erwerb der Dokumente. (Dies nicht etwa deshalb, weil nun erst der Käufer juristisch Eigentümer wird, sondern weil Verfügungen jeder Art über die Güter erst mit dem Erwerb der Papiere praktisch durchführbar werden.) Der Käufer befindet sich während dieser Zwischenzeit in einer prekären Lage. Seinem Vermögen droht Schaden dadurch, daß er den Kaufpreis selbst dann zahlen muß, wenn das von ihm dafür eingehandelte Äquivalent ihn nicht erreicht. Andererseits besteht für ihn noch nicht die Möglichkeit, mit den Gütern gewinnbringend zu verfahren, da er sie ohne Dokumente nicht verkaufen kann. M. a. W. er befindet sich in einer Lage, die bezüglich der Gefährdung bereits die des Eigentümers ist, hinsichtlich der vorteilhaften Seite aber, des verfügbaren Vermögens im positiven Sinne, befindet er sich in einer ungünstigen Lage. Da er überdies von diesen tatsächlichen Verhältnissen im Augenblick meistens noch garnicht weiß, kann er auch Bruck, Festgabe S. 131 u. 137ff.; Elkan S. 21 ff.

VI. Die Versicherung beim cif-Geschäft

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nicht in irgend einer Weise prophylaktisch tätig werden. Seihst wenn er unterrichtet wäre, ist ein Fall kaum denkbar, in dem er diese Möglichkeit hätte. Der Käufer befindet sich also bezüglich der Gefährdung der Güter bereits in der Lage des Eigentümers und des Eigentümerinteressenten. Bezüglich des Nutzens dagegen, den diese Lage normalerweise mit sich bringt, befindet er sich im Nachteil. Die Lösung dieses Problems liegt darin, daß man auf den Sinn des Versicherungvertrages zurückgeht. Die Versicherung hat den Zweck, das Vermögen des Versicherten gegen gewisse Gefahren zu schützen. Diese Gefahren bedrohen bestimmte Vermögensstücke. Die Summe der einzelnen Vermögensstücke, die nicht nur körperliche Sachen, sondern wirtschaftliche Güter im weitesten Sinne sind,1) bildet das Vermögen im Ganzen. Dies Vermögen wird bedroht durch die Gefahren, die jedem einzelnenVermögensstück für sich drohen. Die Seegefahr z. B. bedroht das Gesamtvermögen des Interessenten von denjenigen Vermögensstücken aus, die ihr gerade ausgesetzt sind, usw. Die Versicherung bezweckt nun, wie wir im Anfang der Arbeit gesehen haben, die Gesamtsumme des Vermögens auf ihrem ursprünglichen Stand zu erhalten, auch wenn die Gefahr sich an einem einzelnen Vermögensstück verwirklicht, dieses also aus dem Gesamtvermögen ausscheidet. Der Vorteil, den die Zugehörigkeit des einzelnen Stücks zum Vermögen dem Vermögenden vermittelt, soll erhalten bleiben. Dringt die verwirklichte Gefahr in den geschützten Interessenkreis ein und vernichtet ein Stück von ihm, so füllt der Versicherer diese Lücke, eben den durch den Versicherungsfall entstandenen Schaden, wieder aus. Es ist zwar das Gefährdetsein nicht Essentiale des versicherungsrechtlichen Interesses, wohl aber interessiert für die versicherungsrechtliche Betrachtungsweise in unserem Zusammenhang nur das gefährdete Interesse.2) So gut also als man das .Vermögensstück als Vermögensgut, also als Positivum werten kann, kann man es auch vom Gesamtvermögen aus gesehen als locus minoris resistentiae des Vermögens gegenüber drohenden Gefahren auffassen. Auf dem Wege über das einzelne gefährdete Vermögensstück bedroht die Gefahr mittelbar das Gesamtvermögen. Wenn also, um auf unseren Fall zurückzukommen, auch das Gut dem Vermögen noch nicht eigentlich hinzugefügt worden ist, das Vermögen also noch nicht um das Gut, den Wert de» Interesses, vermehrt worden ist, so wird doch schon ein neuer Angriffspunkt für die Gefahren auf das Vermögen desjenigen, der das Interesse erwerben soll, geschaffen. Das um das Gut noch nicht vermehrte Vermögen wird schon durch dieses Gut in seinem Bestand bedroht. Diese Bedrohung auf sich zu nehmen ist des Versicherers Aufgabe. Hat also der cif-Verkäufer Versicherung für Rechnung wen es angeht genommen und die Güter verladen, so muß der Käufer auch dann schon alsVersicherter angesehen werden, wenn er die Dokumente noch nicht in Händen hat. Ein etwa eintretender Schaden träfe bereits sein Vermögen. Das Interesse des Verkäufers an den Gütern hört zwar mit dem Augenblick, in dem die Gefahr l

Bruck, Festgabe S. 123; Möller, J R . 1928 S. 337. ) Bruck, Festgabe S. 139.

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K a p i t e l I I . Die Versicherang für Rechnung wen es angeht

im kaufrechtlichen Sinne auf den Käufer übergegangen ist, noch nicht auf; wenn aber Nutzen und Last des Interesses für den Interessenten sich trennen, müssen wir den Belasteten schützen, nicht den, der nur noch den Nutzen ohne die Last hat. Zwar hat der Verkäufer theoretisch noch die Möglichkeit, anders als ursprünglich vorgesehen, über die Güter zu verfügen, er kann sie auch noch an einen anderen Ort beordern, er hat also noch das Eigentümerinteresse. Sollte aber er dem Vertrag entgegen die Güter anderweitig verkaufen oder umdirigieren, so hat auch der Käufer kein Interesse an ihnen, da ein nun etwa eintretender Schaden nicht ihn, sondern den Verkäufer oder den jetzigen Käufer der Güter trifft. Läuft das Geschäft aber normal ab, verfügt also nach der Verladung der Güter der Verkäufer nicht mehr anderweitig, so träfe jeder Schaden an den Gütern das Vermögen des cif-Käufers. Wenn jetzt der Verkäufer trotzdem die Versicherungssumme für eigene Rechnung einzieht, kann der Käufer nur noch auf dem Wege des § 281 B G B . Ausgleich erlangen. Wir kommen daher zu dem Ergebnis, daß eine für Rechnung wen es angeht durch den cif-Verkäufer geschlossene Versicherung von dann ab für Rechnung des Käufers geht, wenn die Güter schon verladen sind, der Käufer also die Gefahr im kaufrechtlichen Sinne trägt. 1 ) Geschieht die Versicherung schon in dem Augenblick, in dem die Güter noch beim Verkäufer lagern, also noch nicht abgeladen sind, so geht die Versicherung für eigene Rechnung des Verkäufers. Der Käufer bekommt dann erst den Versicherungsschutz, wenn er dessen bedarf, d. h. mit der Abladung. Praktisch wird die Versicherung daher fast immer für Rechnung des Käufers gehen, weil der Verkäufer erst bei der Verladung also bei Beginn der versicherten Unternehmung die Güter deklariert. Auf diesem Wege erreichen wir, daß schon sofort in jedem Augenblick festzustellen ist, wer der Versicherte ist. Hierin liegt der Vorteil gegenüber jener anderen Meinung, die den Übergang der Versicherung auf den cifKäufer erst dann als erfolgt ansehen will, wenn das Interesse auch in seinem positiven Sinn wirklich völlig restlos übergegangen ist, d. h. also erst dann, wenn er die Dokumente und damit das Eigentum an den Gütern erhalten hat. Bei dieser Konstruktion liegt das Versicherungsverhältnis in der Zwischenzeit zwischen Abladung und Begebung der Dokumente in der Schwebe. Erwirbt der Käufer endgültig die Dokumente, so soll die Versicherung rückwirkend von Anfang an den Käufer gedeckt haben, also Versicherung für fremde Rechnung gewesen sein. 2 ) Erwirbt er sie aber nicht, soll die Versicherung beim Verkäufer geblieben sein. Die Parteien können dies aber nicht vorher übersehen und wissen infolgedessen nicht, wie sie sich in der Zwischenzeit verhalten sollen. Richtig ist, daß in dem Falle, in dem das Geschäft nach der Verladung nicht abgewickelt wird, der Käufer die So E l k a n S. 25; Christoph, H G Z . 1917 S. 146; Leo, H R Z . 1918 S. 379; a. M. Waldstein, H R Z . 1927 S. 10. W. faßt hier „ E i g e n t u m " zu eng auf. E s kommt auf das juristische Eigentum keinesfalls an. Dazu siehe Bruck, Festgabe S. 137; ders. Z. f. ges. V. W. 1916 S. 199; vgl. R G . 89, 37; 94,302. Vgl. auch Hagen in E h . Hdb. B d . 8 1. Abtlg. S. 690ff. — Hagen vertritt die Ansicht Kisch's, läßt die Versicherung aber auch mit der Gefahr auf den K ä u f e r übergehen. 2 ) B r u c k , Anm. 3 zu § 80 S. 366; ders. Festgabe S. 136.

VII, Da« Zustandekommen des Versicherungsverträge«

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Dokumente nicht aufnimmt, oder der Verkäufer nachträglich die Güter umdirigiert, das Interesse doch nicht auf den Käufer übergegangen ist, die Versicherung also für eigene Rechnung des Verkäufers lief. In den normal verlaufenden Fällen ergäbe sich bei Annahme einer Rückwirkung die Schwierigkeit, daß man bis zur endgültigen Perfektion des Geschäftes nicht weiß, ob diese Rückwirkung nun eintreten wird oder nicht. Auch die von Bruck 1 ) vorgenommene Unterscheidung kann nicht befriedigen, weil auch nach der von Bruck vertretenen Ansicht der Käufer den Schutz der Versicherung zu spät erwerben muß. Wir sagen dagegen: Nicht rückwirkend, sondern gleich mit der Verladung und dem kaufrechtlichen Gefahrübergang wird es klar, daß die Versicherung für Rechnung des Käufers geht. Läuft das Geschäft planmäßig ab, so bleibt es dabei. Geht es aber nicht glatt, so zeigt sich nachher, daß der Verkäufer Interessent geblieben ist, die Versicherung also auch für seine Rechnung lief. Da er auf jeden Fall die Obliegenheiten zu erfüllen hat, und ihm ein gegen Obliegenheiten verstoßendes Verhalten des Käufers als Verhalten eines Dritten unschädlich ist, kann bei Annahme dieser Art von Rückwirkung kein Schaden eintreten. Der Vorteil aber ist, daß für den Fall des glatten Ablaufs des Geschäfts jederzeit sofort klar ist, wie die Verhältnisse liegen. Daß der Käufer schon während der Schwebezeit Obliegenheiten erfüllen muß, wird später zu zeigen sein. Es mag noch erwähnt werden, daß die hier behandelten Probleme nicht nur speziell solche des Versicherungsgeschäfts für Rechnung wen es angeht sind, sie gehören in den Komplex der mit der Veräußerung der versicherten Sache zusammenhängenden Probleme und bilden nur insofern auch einen Bestandteil der in die Versicherung für Rechnung wen es angeht fallenden Probleme. Die Frage des Interessenübergangs und die hiermit zusammenhängenden Fragen sind beiden Gebieten gemeinsam. Die hier gefundene Lösung der Probleme wird jedenfalls dem Wesen der Versicherung beim cif-Geschäft weit besser gerecht als diejenige, die an den Übergang des juristischen Eigentums an den versicherten Gütern anknüpfen will,2) damit zwar auch stets klare Verhältnisse erzielt, aber dem Wesen des Interessebegriffs als eines rein wirtschaftlichen in keiner Weise gerecht werden kann und daher zu wirtschaftlich widersinnigen Ergebnissen führen muß.

VII. Das Zustandekommen des Versicherungsvertrages für Rechnung wen es angeht. Die rechtliche Konstruktion der Versicherung für Rechnung wen es angeht ist mit dem Gesagten zu Ende geführt. Zu untersuchen bleibt noch das Zustandekommen eines Versicherungsvertrages für Rechnung wen es angeht und die Untersuchung der Konsequenzen der oben durchgeführten Theorie in ihren Einzelheiten. ') Festgabe S. 140 oben. *) In starrer Anlehnung an den Wortlaut der Gesetze (vgl. Anm. 1 S. 71). Christoph, HGZ. 1917 S. 146; RG. 117, 270; 114, 316; 84, 411; 73,141; ROHG. 25, 40. 3

Embden

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Kapitel I I : Die Versicherung für Rechnung wen es angeht

1. Zunächst einmal müssen die Parteien sich darüber einigen, daß sie für Rechnung wen es angeht versichern wollen.1) Es kommt nicht darauf an, wie sie diesen Willen bekunden, also ist nicht die Verwendung einer der gebräuchlichen Klauseln notwendig. Immerhin müssen sie ihren Willen so klar zum Ausdruck bringen, daß die für das Vorliegen einer Versicherung für eigene Rechnung sprechende Vermutung 2 ) ausgeschaltet wird. Es muß also die Einigkeit der Parteien darüber, daß die Frage, für wessen Rechnung die Versicherung gehen soll, offen gelassen wird, zum Ausdruck gebracht werden. Die Parteien müssen die Kriterien angeben, aus denen sich der Interessent im Augenblick des Beginnes der Versicherung ergibt. Bei Versicherung des Eigentümerintere8ses also genügt es, daß sie sich darüber einig sind, den augenblicklichen Eigentümer versichern zu wollen. Ins Einzelne gehende Regeln kann man hier nicht geben. Es genügt jedenfalls immer die Angabe des Verhältnisses, in dem sich der zu Versichernde zu dem zu versichernden Gegenstand befinden soll. Diese Beziehung braucht keine Rechtsbeziehung zu sein, weil die Versicherung auf die rein wirtschaftliche Beziehung gestellt ist. Bei der Versicherung kumulativer Interessen kommt in den Fällen der Kundenversicherung die Angabe des Geschäfts, für das die Versicherung genommen werden soll, hinzu. Einzelbenennung der Interessenten oder Interessen, für die die Versicherung genommen werden soll, ist überflüssig, praktisch auch unmöglich und entspricht garnicht dem Sinn des Kundenversicherungsvertrages. Sind die Interessen gleichartig, so braucht etwas Besonderes darüber, daß mehrere Interessenten das gleiche Interesse haben, nicht gesagt zu werden. Miteigentümer also sind ohne weiteres durch eine Versicherung für Rechnung wen es angeht gedeckt. In den übrigen Fällen der Versicherung kumulativer Interessen ist Benennung der einzelnen Interessen erforderlich, ohne Benennung der Person der einzelnenlnteressenten. Hier liegt also nur eine Zusammenfassung mehrerer Versicherungsverträge zur Deckung alternativer Interessen in einem Vertrage vor. Für jedes einzelne Interesse ist dann der Interessent im Zeitpunkt des materiellen Versicherungsvertrages maßgebend. Der Fall der Versicherung successiver Interessen bedarf hier keiner besonderen Besprechung mehr, da wir gesehen haben, daß Successive Interessen nicht durch die Versicherung für Rechnung wen es angeht in ihrer Eigenschaft als solcher, sondern nach den Vorschriften über den Übergang der Versicherung auf den Erwerber im Falle derVeräußerung der versicherten Sache geschützt wird. Ganz allgemein genügt also Einigkeit der Parteien darüber, daß sie eine Bestimmung über die Person des Interessenten und unter Umständen auch über die zu versichernden Interessen nicht ausdrücklich treffen wollen, sondern daß darüber die tatsächlichen Verhältnisse des Falles zur Zeit des Vertragsabschlusses oder zur Zeit des materiellen Beginns der Versicherung entscheiden sollen. 2 a) Daraus folgt, daß es ohne Bedeutung ist, ob und wenn die Parteien sich schon bei Vertragsschluß irgendwelche Vorstellungen von der Person des Interessenten gemacht haben. 3 ) Selbst wenn dieser Vorstellung Aus>) Bruck, Anm. 2 zu § 80; Kisch, Bd. 3 S. 590; ders. J h . J b . 63 S. 405. ») § 80 Abs. 1 W G ; § 781 Abs. 3 HGB.; § 52 Abs. 1 ADS. ) Hagen, Eh. Hdb. Bd. 8 Abt. 1 S. 389 Anm. 3; Kisch, Bd. 3 S. 592f. unter 2.

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VIII. Die Rechte und Pflichten aas dem Versicherungsverträge

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druck verliehen worden ist, genügt die Vereinbarung der Versicherung für Rechnung wen es angeht, um außer dem Benannten auch jedem anderen den Schutz der Versicherung zu beschaffen, falls nicht der Genannte, sondern ein anderer im maßgeblichen Zeitpunkt Interessent gewesen sein sollte. Ich kann also auch eine Versicherung z. B. „für Herrn X oder wen es angeht", schließen. Ist dann nicht X , sondern Y Interessent, so schadet das der Wirksamkeit des Vertrages nicht. Denn diese Möglichkeit ist ausdrücklich im Vertrage vorgesehen und durch die Klausel für Rechnung wen es angeht in die Vereinbarung einbezogen worden. Die Benennung des Versicherten ist dann unverbindlich und ohne Präjudiz für die Versicherungsform erfolgt. b) Da es nicht auf die Vorstellung der Parteien und auch nicht auf die Benennung einer Person als Interessent ankommt, wenn nur der Vertrag unter der Klausel für Rechnung wen es angeht geschlossen worden ist, spielt auch die Erteilung eines Auftrages zum Abschluß der Versicherung keine Rolle. Wie häufig dieser Fall vorkommt, kann man sich vorstellen, wenn man daran denkt, daß in einem jeden cif-Kauf dieser Auftrag enthalten ist. Es ist nicht etwa so, daß eine jede auf Grund der in der cifKlausel enthaltenen Verpflichtung zur Eingehung eines Versicherungsvertrags genommene Versicherung eine Versicherung für fremde Rechnung, nämlich des cif-Käufers, wäre.1) Der Verkäufer ist vielmehr nur verpflichtet, eine Versicherung zu nehmen, die geeignet ist, den Käufer für die Dauer und den Umfang seines Interesses zu schützen. Ob der Käufer unmittelbar oder als Rechtsnachfolger des Versicherungsnehmers in dem Versicherungsvertrage geschützt wird, ist gleichgültig. Nur muß ihm der Versicherungsschutz so beschafft werden, wie es der Verkehrsanschauung entspricht. Sollte also der Versicherungsnehmer eine Versicherung für eigene Rechnung geschlossen haben, in die der Käufer eintritt, so darf er sich nicht so verhalten, daß der Versicherer Einwendungen aus seiner Person gegenüber dem vom Käufer gestellten Entschädigungsverlangen geltend machen kann. Auch die Erteilung eines Auftrages zur Versicherung ändert also nichts an der Tatsache, daß es unbestimmt bleibt, wer Versicherter sein soll. Versichert ist der Interessent zur Zeit des Abschlusses des Vertrages oder einem anderen ausdrücklich bezeichneten Zeitpunkt ohne Rücksicht auf irgendwelche durch die Klausel für Rechnung wen es angeht als unverbindlich gekennzeichnete anderweitige Bestimmungen.

VIII. Die Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrage für Rechnung wen es angeht. Wer den durch den Versicherungsvertrag vom Versicherer verspro chenen Schutz genießt, bestimmt sich also lediglich nach der objektiven Sachlage im maßgeblichen Augenblick. Es bleibt aber noch die Frage zu entscheiden, wem die Rechte aus dem Versicherungsverträge unmittelbar zustehen und wer zu ihrer Geltendmachung berechtigt ist. ») RG. 89, 38. 3*

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Kapitel I I : Die Versicherung für Rechnung wen es angeht

1. Wir haben zu unterscheiden zwischen Rechten, also Ansprachen gegen den Versicherer einerseits, und Pflichten und Obliegenheiten der Versicherungsnehmerseite andererseits. Die Frage beantwortet sich ohne Schwierigkeit. Wir haben festgestellt, daß je nachdem, ob das zu versichernde Interesse zur Zeit des Beginns der Versicherung beim Versicherungsnehmer oder bei einem Dritten befand, die Regeln über die Versicherung für eigene Rechnung oder die Versicherung für fremde Rechnung Anwendung zu finden haben. Wenn die Regeln über Eigenversicherung anzuwenden sind, der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluß Interessent war, hat er allein die Rechte gegen den Versicherer aus dem Vertrag. Selbstverständlich ist daher, daß auch er nur zu ihrer Geltendmachung befugt ist. Wir betonen hier nochmals, daß die Entscheidung unabhängig davon ist, ob die versicherten Güter nach Versicherungsbeginn veräußert worden sind oder nicht. Der einmal gegebene Charakter der Versicherung bleibt für ihren ganzen Lauf erhalten. Wenn also der erste Versicherungsnehmer später die Rechte seines Kunden gegen den Versicherer geltend macht, so kann er dies nur kraft besonderer ihm erteilter Vollmacht und nur für den Kunden, nicht im eigenen Namen tun. Liegt der formelle Beginn der Versicherung später als der Erwerb des Interesses durch den Käufer, so liegt Versicherung für fremde Rechnung vor. Nach den auf diese anzuwendenden Bestimmungen der §§ 75 W G . , 53 ADS. und 886 HGB. stehen dem Versicherten also die Rechte aus dem Versicherungsvertrage zu. Er kann jedoch selbständig nur über sie verfügen, wenn er sich im Besitz des Versicherungsscheines befindet, 1 ) oder der Versicherungsnehmer zustimmt. Der Versicherungsnehmer kann eigenen Namens über die Rechte des Versicherten verfügen. 2 ) Die Regelung ergibt sich für jeden Fall aus den zitierten Gesetzesstellen. 2 a) Bei der Frage, wer für die Erfüllung der Vertragspflichten haftet und von wem die Obliegenheiten erfüllt werden müssen, finden wir nur für die Erfüllung der Prämienzahlung eine klare Antwort im Gesetz. Der Fall der Versicherung für eigene Rechnung bedarf hier wieder keiner besonderen Erörterung. Der Versicherungsnehmer haftet immer für die Prämie, auch, wenn er die Güter inzwischen veräußert hat. 3 ) In diesem Falle haftet er als Gesamtschuldner neben dem Erwerber. Bei wiederholter Veräußerung haften alle, durch deren Ilände die Sache und also auch die Versicherung gegangen ist. Bei der Versicherung für fremde Rechnung haftet für die Prämie allein der Versicherungsnehmer. Der Versicherte muß sich nur im Schadensfall die Aufrechnung mit der noch ausstehenden Prämie durch den Versicherer gefallen lassen.4) Hierfür kommt im Falle, daß die Güter vom Versicherten veräußert worden sind, immer nur der Versicherte in Frage, der zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles Interessent war, gegen dessen Schadensforderung also der Versicherer aufrechnen kann. Vorgänger verschwinden bezüglich der Prämie spurlos aus dem Versicherungsverhältnis. ) ) 3) 4) 1

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§ 75 Abs. 2 VVG.; § 886 Abs. 2 HGB.; § 53 Abs. 2 ADS. § 76 VVG.; § 887 HGB.; § 54 ADS. § 69 VVG.; § 899 HGB.; § 49 ADS. § 78 VVG.; § 890 HGB.; § 56 ADS.

VIII. Die Rechte and Pflichten ans dem Versicherungsvertrage

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b) Anders liegt die Frage bei der Erfüllung der Obliegenheiten. Dies ergibt sich aus ihrer Rechtsnatur und den tatsächlichen Verhältnissen der Versicherung. Zunächst besteht wieder im Falle der Versicherung für eigene Rechnung kein Zweifel. Die Obliegenheiten muß der Versicherungsnehmer, der in seiner Person auch Versicherter ist, erfüllen. Im Falle der Veräußerung der versicherten Sache tritt der Nachfolger in das Versicherungsverhältnis so ein, wie es sich gerade befindet. Eine Vernachlässigung z. B. einer Anzeigepflicht, die der Vorgänger begangen hat, schadet auch dem Nachfolger. Falls die Versicherung für fremde Rechnung geht, haben wir die Antwort auf die Frage, von wem die Obliegenheiten erfällt werden müssen, um im Schadensfalle die Voraussetzungen für den Anspruch zu schaffen, schon vorweg genommen.1) Wie schon gesagt, geht die überwiegende und richtige Meinung dahin, daß in der Versicherung für fremde Rechnung auch der Versicherte2) nach den Umständen des einzelnen Falles und unter Berücksichtigung des Zwecks der einzelnen Obliegenheiten gehalten sein soll, diese zu erfüllen. Das bedeutet, daß unter Umständen der Versicherer seine Leistung auch dann verweigern kann, wenn der Versicherungsnehmer sich ein Verschulden bei Verletzung der Obliegenheiten nicht hat zuschulden kommen lassen. (Vorausgesetzt, daß nur bei verschuldeter Verletzung Leistungsfreiheit eintritt. Nur dann kommt es auf diese Frage an.) Er kann sich also, wenn dies nach dem Sinn der Obliegenheiten sich rechtfertigt, auch auf das Verschulden des Versicherten bei Nichterfüllung einer Obliegenheit berufen. Der Versicherte muß selbst, soweit dies für ihn möglich, und ihm billigerweise zumutbar ist, die Voraussetzungen für seinen Anspruch schaffen und erhalten. Aus Billigkeitsgründen muß man vom Versicherten auch schon zu einem Zeitpunkt, in dem er in die Versicherung noch nicht eingetreten ist, die Erfüllung von Obliegenheiten verlangen.3) Der cif-Käufer weiß, daß er demnächst das Interesse erwerben wird und muß sich deshalb schon von dem Augenblick an so verhalten, als ob er versichert wäre, seit dem er mit dem Erwerb des Interesses rechnen muß. Wann dies im einzelnen Fall ist, läßt sich generell nicht festlegen. Man muß aber erwarten, daß der Käufer schon in dem Augenblick sich wie ein Versicherter verhält, in dem die Möglichkeit besteht, daß er bereits Interessent geworden ist, wenn er es auch noch nicht erfahren hat. Es ist deshalb wenigstens theoretisch der Fall denkbar, daß der Versicherer seine Leistung verweigern kann wegen eines Verstoßes gegen Obliegenheiten, die von einem Dritten ausgehen, der genau gesehen noch nicht Interessent war, das Interesse aber bald nach dem Verstoß erworben hat. Da wir auf dem Standpunkt stehen, daß der Erwerber der versicherten Sache in das Versicherungsverhältnis nur kraft der Vorschriften über den !) Siehe S. 22ff. der Arbeit. ') Beratungen der VII. Kommission. Drucksachen 12. Legisl. Per. I. Session 1907, § 106. Begründung zu §79 W G . ; Lenne, Z. f. ges. V. W. 12, S. 1248ff.; Bruck Vorb. 4b zu §74; ders. HRZ. 1925, S. 177; ders. Festgabe S. 134; Kisch, Bd. 2 S. 57; ders. Bd. 3 S. 431 ff. u. 594f.; Ritter S. 409 u. 737; RG. 95,253 u. a. 3 ) Vgl. Anm. 2.

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Kapitel I I : Die Versicherung für Rechnung wen es angeht

Übergang der Versicherung auf den Erwerber im Veräußerungsfall eintritt, schadet also ein Verstoß eines Vorgängers auch dem Nachfolger. Gerade im Hinblick auf die sonst bestehende Möglichkeit, dem Versicherer unübersehbare und unerwünschte Gefahren aufzubürden, gegen die dieser sich nicht schützen könnte und f ü r die er auch keine Bezahlung erhält, sind wir j a zu unserer Ansicht vom Wesen der Versicherung f ü r Rechnung wen es angeht gelangt. Hier genüge also der Hinweis auf früher Gesagtes und auf die Gründe, die dazu geführt haben, auch den Versicherten in der Versicherung f ü r fremde Rechnung f ü r die Erfüllung der Obliegenheiten mit verantwortlich zu machen.

C. Schluß. Als praktisches Ergebnis läßt sich feststellen, daß die Versicherung für Rechnung wen es angeht für die Wirtschaft von sehr großer Bedeutung ist, daß aber die Probleme, wie sie in dieser Arbeit behandelt worden sind, selten zu Streitigkeiten Anlaß geben, weil § 281 BGB. für den wirtschaftlichen Ausgleich sorgt und weil man sich im täglichen Geschäftsverkehr über diese Dinge keine großen Sorgen zu machen pflegt. Immerhin bleibt als Ergebnis die Feststellung, daß der Versicherungsvertrag für Rechnung wen es angeht als Standardvertrag auf alle Fälle paßt und daß die laufende Versicherung, die heute eine bedeutende Rolle spielt, ohne das Institut der Versicherung für Rechnung wen es angeht überhaupt nicht denkbar wäre. Gerade bei der angespannten Lage der Wirtschaft, wie sie nach dem Kriege herrscht, drängt alles zur Rationalisierung. Auf diesem Wege ist auch die Versicherung für Rechnung wen es angeht bedeutsam, weil sie Ersparnis an Arbeit ermöglicht, da die Parteien die Möglichkeit haben, einen gültigen Versicherungsvertrag zu schließen, ohne sich mit allzu genauen Feststellungen der Einzelheiten aufzuhalten. Auf der anderen Seite wird vermieden, daß durch Abschluß eines Versicherungsvertrages für einen falschen Interessenten unnütze Kosten für den Versicherungsnehmer entstehen. Dem Versicherer aber bleibt stets die Möglichkeit, in den Fällen, in denen er seinen Kontrahenten nicht des erhöhten Vertrauens, das der Abschluß eines Vertrages für Rechnung wen es angeht erfordert, für würdig hält, einen Vertrag zu schließen, in dem alle Einzelheiten festgelegt werden. In allen übrigen Fällen aber, in denen die Parteien das erforderliche Vertrauen, das immer Voraussetzung gerade beim Abschluß laufender Versicherungen ist, haben, kann die Versicherung für Rechnung wen es angeht wegen ihrer Anpassungsfähigkeit an alle Interessenlagen zu einer bedeutenden Vereinfachung des Versicherungsgeschäfts beitragen. Auf diesen Erwägungen beruht auch ihre große Verbreitung.

Werke aus dem Verlag von

(Ps)

Berlin W10

und

Walter

de Gruyter

& Co.

Leipzig

Das deutsche Seeversicherungsrecht.

Kommentar zum zehnten Abschnitt des vierten Buches des Handelsgesetzbuches. Bearbeitet von Dr. G u s t a v S i e v e k i n g , Rechtsanwalt in Hamburg. Lexikon-Oktav. 218 S. 1912. RM 5.—, geb. 6.80 „ D e r K o m m e n t a r r u h t auf e i n e r v o r t r e f f l i c h e n G r u n d l a g e u n d zeigt sich auch in s e i n e m I n h a l t e dieser G r u n d l a g e d u r c h a u s w ü r d i g . E r ersetzt e i n L e h r b u c h u n d k a n n d a h e r a u c h z u r E i n f ü h r u n g in das Seev e r s i c h e r u n g s r e c h t e m p f o h l e n werden. 1 * Leipziger Zeitschrift für deutsches Recht.

Die Transportversicherung.

Teil I: Die Seeversicherung. Systematische Darstellung des Seeversicherungswesens. Von E u g e n v o n L i e b i g . Groß-Oktav. RM 5.— V I I I , 226 Seiten. 1914. „ D a s B u c h ist n i c h t b l o ß f ü r d e n J u r i s t e n u n d V e r s i c h e r u n g s t e c h n i k e r , s o n d e r n v o r a l l e m flir d e n K a u f m a n n s e h r zu e m p f e h l e n , w e l c h e r sich m i t d e r T r a n s p o r t v e r s i c h e r u n g g e n a u e r b e f a s s e n will.** Die Seeversicherung.

Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. Mai 1901. Textausgabe mit Anmerkungen und Sachregister. Von Dr. j u r . h . c . H e i n r i c h K o e n i g e . Dritte, umgearbeitete Auflage von Dr. jur. h. c. H e i n r i c h K o e n i g e , Senatspräsident am Reichsgericht i. R . , und A. P e t e r s e n , Oberregierungsrat, Ständiges Mitglied des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung. Taschenformat. 856 Seiten. 1927. Geb. RM 20 — ( G u t t e n t a g e c h e S a m m l u n g D e u t s c h e r Reichsgesetze B d . 62.) „ D e r Verfasser h a t es m e i s t e r h a f t v e r s t a n d e n , r e i c h e L i t e r a t u r u n d J u d i k a t u r zu d e m wichtigen G r u n d g e s e t z d e r P r i v a t v e r s i c h e r u n g m i t s e i n e r eigenen s e l b s t ä n d i g e n Auffassung von d e r B e d e u t u n g d e r Gesetzesb e s t i m m u n g e n in V e r b i n d u n g zu b r i n g e n . F ü r T h e o r i e u n d P r a x i s d e r P r i v a t v e r s i c h e r u n g wird das W e r k d a d u r c h zu e i n e m u n e n t b e h r l i c h e n H i l f s m i t t e l . u Deutsche Versicherten-Zeitung.

Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag

n e b s t dem zugehörigen Einführungsgesetz v o m 30. Mai 1908. Sechste Auflage von Dr. E . B r u c k , Geh. Regierungsrat, o. Professor für Versicherungswissenschaft an der Universität Hamburg. Taschenformat. 708 Seiten. 1929. Geb. RM 14.—

( G u t t e n t a g s c h e S a m m l u n g D e u t s c h e r Reichsgesetze B d . 83.) „ B e i der B e l i e b t h e i t dieses K o m m e n t a r s e r ü b r i g t sich e i n W o r t d e s L o b e s . E i n u n g e h e u r e r Stoff ist h i e r v e r a r b e i t e t . Noch m e h r zu b e w u n d e r n ist daa Geschick, w o m i t er in d e n k b a r k n a p p s t e u n d ü b e r s i c h t l i c h e A n m e r k u n g e n z u s a m m e n g e d r ä n g t ist. D i e P r a x i s findet h i e r alles, was sie b r a u c h t ; die W i s s e n s c h a f t k a n n es d a n k b a r b e g r ü ß e n , m i t w e l c h e m T a k t u n d K ö n n e n a u s R e c h t s p r e c h u n g u n d S c h r i f t t u m das W e s e n t l i c h e gegeben ist. I n d e n P r o b l e m e n ist ü b e r a l l k u r z u n d a n r e g e n d S t e l l u n g g e n o m m e n . " Deutsche Juristen-Zeitung.

Veröffentlichungen des Reichs-Aufsichtsamts für Privatversicherung. Groß-Oktav. Jahrg. 1—2, je RM 2.50. Jahrg. 3—16, je RM 6.—. Jahrg. 17—21, je RM 7.50. Jahrg. 22, RM 15.—. Jahrg. 23, RM 18.—. Jahrg. 24, RM 21.—. Jahrg. 25, RM 50.—. Jahrg. 26, RM 51.50. Jahr. 27, Heft 1—3, RM 28.—. Jahrg. 28, H e f t 1, RM 6; 2, RM 13.— ; 3, RM 9 — Gesamtregister für die Jahrgänge I — X . 1902—1911. 62 und 32 Seiten. 1913. RM4.—• Gesamtregister für die J a h r g ä n g e X I — X X V . 1912 bis 1926. 93 Seiten. 1928. R M 1 4 . — „ E i n äufierst sorgfältiges u n d u m f a s s e n d e s statistisches W e r k ü b e r alle V e r h ä l t n i s s e d e r in D e u t s c h l a n d arbeitenden Versichernugsunternehmungen.M Leipziger Zeitschr f . H a n d e l s - , K o n k u r s - u . V e r s i c h e r u n g s r e c h t .

Das deutsche Seerecht,

nebst Erläuterungen zu den seerechtlichen Nebengesetzen. Von Reichsgerichtsrat Dr. G e o r g S c h a p s . Nach dem Tode des Verfassers fertiggestellt von Dr. M a x M i t t e l s t e i n , Senatspräsident am Hanseatischen Oberlandesgericht, Vorsitzender des Prisengerichts Hamburg, Professor an der Universität, und Dr. J u l i u s S e b b a , Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Königsberg i. Pr. Zweite, vollständig umgearbeitete Auflage. I. Band (Handelsgesetzbuch: Viertes Buch). Groß-Oktav. IV, 1041 Seiten. 1921. RM 25.—, geb. 28.— II. Band (Seerechtliche Nebengesetze). Bearbeitet von J. S e b b a . Groß-Oktav. X V I , 1108 Seiten. 1929. RM 52.—, geb. 55.— „ D i e a l t e , auf d e r S t 8 u b s c h e n K o m m e n t i e r u n g s m e t h o d e b e r u h e n d e A u f l a g e e r f r e u t e sich m i t Recht schon g r o ß e n A n s e h e n s . I n diesen b e w ä h r t e n B a h n e n leistet d i e zweite A u f l a g e an V o l l s t ä n d i g k e i t , Ü b e r s i c h t l i c h k e i t u n d G e n a u i g k e i t das H ö c h s t e , was W i s s e n s c h a f t u n d P r a x i s n u r w ü n s c h e n können. 4 * Juristische Wochenschrift.

Friederfdisen, de Gruyfer & Co. m.b.H., Hamburg 1

Das Redif der Seeversidierung Ein K o m m e n f a r zu den Allgemeinen Deuisdien Seeversidierungs-Bedlnöungen (Herausgegeben Im Jahre 1919 von den deutschen Seeverticherern nach Beratungen mit deutsdien Handelskammern und FadiverbSnden unter Vorsitz der Handelskammer Hamburg)

Von D r . Carl Riller Scnafspr&sldcnf am Hanseatischen Oberlandestfcrlcbl 2 Bande, Gro6 8°, 1494 Seiten, in Leinen gebunden RM. 1 0 0 . -

Allgemeine Deutsche Seeversicherungs-Bedingungen

Im Jahre 1919 herausgegeben von den deutschen Seeversicherern nadi Beratung mit deutsdien Handelskammern und Fadiverbfinden unter Vorsitz der Handelskammer Hamburg. 16.—20. Tausend RM. 2 . -

General Rules of Marine Insurance 1919

adopted by the German Underwriters. Authorised Translation by Dr. Alfred Sieveking, lawyer In Hamburg. 1920 RM. 3 . -

Hamburger Rechtsstudien

Heft 1, 2, 4, 7 und 8 siehe Seite II dieses Heftes

Materialien zu den Allgemeinen Deutsdien SeeversicherungsBedingungen. Im Auftrage der vereinigten Handelskammern herausgegeben von Prof. Dr. Jur. E. Bruck. 2 Bfinde. 1920

RM 1 0 . -

Martin, Dr. Rudolf;

Die Haftung des Versicherers für Gflter aus deutsdien Schiffen in italienischen und portugiesisdien Hfifen. 1918 RM. 4 . -

Mohr, Dr. Wilhelm,

Die Frachtversicherung. 1927

Plass, Generaldirektor, F.,

RM. 3 -

Geschichte der Assekuranz und der hanseatischen Seeversidierungsbörsen Hamburg, Bremen, Labeck. 1902 RM. 2 0 . -