Verordnungen über die Erfordernisse zur Anstellung im Pfarramte der Kirche Augsburgischer Confession in Elsass-Lothringen: nach amtlichen Quellen herausgegeben [Reprint 2021 ed.] 9783112459966, 9783112459959

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Verordnungen über die Erfordernisse zur Anstellung im Pfarramte der Kirche Augsburgischer Confession in Elsass-Lothringen: nach amtlichen Quellen herausgegeben [Reprint 2021 ed.]
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Verordnungen über

die Erfordernisse zur

Anstellung im D^aernmte der Kirche Angsburgischer Confession in

Elsatz-Lothringen.

Aach amtlichen Vuellen lserauegegebeu.

—----------

Slraßöurg. Verlag von Karl I. Trübner.

1873.

Verordnungen iibit

die Erfordernisse zur

Anstellung im D^arramte der Zkirche Augsburgischer Confessio« in

Elsatz-Lot hvingen.

Aach amtlichen Quellen heraurgegebm.

— —----- -

Straßburg. Verlag von Karl I. Trübner. 1873.

Inhalt.

Abiturienten-Exainen......................................................................... 3

Prüfung der Pfarramis-ILandidalen

.

------------ :t--------------

14

Nr. 1.

Verordnung, betreffend die Prüfung nach der Vollendung der Gym­ nasial- und Kealgymnasiat-Studien (Abiturienten-Gxainen). Vom 6. Juni 1872. Nachdem durch das Gesetz vom 28. April 1872 die Faculte

des lettres und die Faculte des Sciences aufgehoben worden

sind und ihre Lehrthätigkeit eingestellt haben, wodurch die ex amen s du baccalaureat äs-lettres und es-sciences weg­

gefallen sind, wird die Prüfung nach der Vollendung der

Gymnasial- und Realgymnasial-Studien geordnet, wie folgt: § 1.

Die Prüfung

findet Statt bei den Kaiserlichen Lyceen

und bei denjenigen höheren öffentlichen Lehranstalten, welchen die Berechtigung dazu vom Ober-Präsidenten von

Elsaß-

Lothringen beigelegt wird.

§ 2. Die Prüfung findet der Regel nach nur einmal im Jahr

und zwar im Laufe der Monate Juli.und August statt. § 3.

Die Abhaltung der Prüfung liegt der bei jeder dazu

berechtigten

Anstalt

eingesetzten

Prüfungs-Kommission

welche besteht aus dem Direktor und dem

ob,

Conrektor, den

Lehrern der Anstalt, welche den Unterricht in den obersten Klassen

ertheilen,

und

dem

Regierungs-Kommissar.

Der

Letztere, welcher den Vorsitz in der Kommission führt und die

ganze Prüfung zu leiten hat, wird von dem Ober-Präsidenten ernannt.

4

Abiturienten-Examen. § 4. Die Abiturienten haben im Laufe des Monats Juni dem

Direktor ein schriftliches Gesuch um Zulassung zur Prüfung

nebst beigefügtem Lebenslauf zu überreichen. 8 5.

Das

der

Gesuch

Schüler

um

Zulassung zur Prüfung

darf erst dann erfolgen, wenn dieselben mit dem Schluß des Schuljahres

zwei

volle Jahre

der Prima angehört haben.

Ausnahmen können auf motivirten Antrag des Lehrer-Colle­ giums vom Ober-Prüsidenten genehmigt werden. 8 6. Wer die Prüfung bestehen will, ohne einer zur Abhaltung

derselben berechtigten Lehranstalt anzugehören, hat sich bei dem Direktor eines dcr drei Lyceen schriftlich zu melden. Meldung ist

ein

deutsch

Mit der

geschriebener Lebenslauf und

der

Nachweis über die sittliche Führung und wissenschaftliche Aus­

bildung

des

Abiturienten

einzureichen.

Prüfungs-Gebühr die Summe

an den Rendanten des Lyceums zu zahlen. Summe wird

bei günstigem

Zugleich

ist

als

von Einhundert Franken

Die Hälfte dieser

Erfolge der Prüfung zurück­

erstattet. 8 7. Gegenstände der Prüfung sind: 1) Sprachen und zwar: die deutsche, lateinische, grie­

chische und französische, auf Wunsch auch die hebräische; 2) Geschichte und Geographie;

3) die mathematischen und die Naturwissenschaften. 8 8.

Der Maßstab für die Prüfung soll derselbe sein, welcher dem Unterrichte in den obersten Klassen der Lyceen zu Grunde

liegt, und bei

der Schlußberathung über den Ausfall der

Prüfung soll nur dasjenige Wissen und Können und nur

diejenige Bildung der Schüler entscheidend sein, welche ein wirkliches Eigenthum derselben geworden ist. § 9.

Die Prüfung zerfällt in eine schriftliche und eine münd­

liche, mit jener wird der Anfang gemacht. § 10.

Die schriftlichen Prüfungsarbeiten bestehen:

1) in einem prosaischen in der Muttersprache abzu­

fassenden Aufsatz,

welcher

die Gesammtbildung der

Examinanden, vorzüglich die Bildung des Verstandes und der Phantasie, wie auch den Grad der stilistischen

Reife in Hinsicht auf Bestimmtheit und Folgerichtig­

keit der Gedanken, sowie auf planmäßige Anordnung und Ausführung des Ganzen in einer

natürlichen,

fehlerfreien, dem Gegenstände angemessenen Schreibart

beurkunden soll. Als Muttersprache

ist

vorläufig

nach Wahl des

Examinanden die ^deutsche oder die französische anzu­ sehen.

2) in einer Uebertragung eines Abschnittes aus der Mut­

tersprache in die andere der beiden genannten Spra­

chen, also aus dem Deutschen tn’§ Französische oder umgekehrt.

Dazu kommt für Gymnasial-Abiturienten: 3) ein lateinischer Aussatz, 4) eine Uebersetzung aus dem Deutschen in's Lateinische

von angemessener Schwierigkeit, zur Erprobung der grammatischen Korrektheit und stilistischen Gewandtheit;

5) eine kurze und einfache Uebersetzung aus dem Deut­ schen in's

Griechische,

welche

zur Ermittelung der

Sicherheit des Abiturienten in der griechischen Formen­

lehre und Syntax dient

6) eine mathematische Arbeit, deren Gegenstand die Lö­

sung zweier geometrischen und zweier arithmetischen

Aufgaben aus den verschiedenen in den Kreis des Schul­ unterrichts fallenden Theilen der Mathematik fein soll.

Dagegen

treten

für

Abiturienten

der

Real-Ab-

theilung ein:

3) eine Übersetzung aus dem Lateinischen in's Deutsche oder Französische nebst angehängter Formenanalyse; 4) eine Übersetzung aus der Muttersprache in’§ Englische,

5) die Lösung von 4 mathematischen Aufgaben: a. aus

dem Gebiete dsr Gleichungen zweiten Grades, b. aus

dem Gebiete der Planimetrie

oder der analytischen

Geometrie, c. aus der ebenen Trigonometrie, d. aus

der Stereometrie oder den Kegelschnitten; 6) die Lösung einer Aufgabe aus der angewandten Ma­

thematik (Statik oder Mechanik), einer physikalischen Aufgabe (Optik oder Wärmelehre) und einer Aufgabe

aus der Chemie.

§ 11. Die Themata zu den schriftlichen Arbeiten werden von

dem

Regierungs-Kommissar

ausgewählt,

versiegelt

an

die

Direktoren gesandt und jedesmal vor den zur Arbeit ver­

sammelten Schülern eröffnet.

Die Anfertigung der schrift­

lichen Arbeiten findet in allen Lehranstalten gleichzeitig statt.

Die für dieselben zu gewährende Zeit beträgt für den

deutschen, beziehungsweise französischen und für den lateinischen

Aufsatz fünf Stunden, für die französische, beziehungsweise deutsche Uebersetzung drei Stunden, für die lateinische, bezie­

hungsweise englische Uebersetzung drei Stunden, für die grie­

chische Uebersetzung zwei Stunden, für die mathematische Arbeit

fünf Stunden und für die physikalisch-chemische Arbeit eben­ falls fünf Stunden, wobei die auf Dictate verwandte Zeit in

Abrechnung zu bringen ist.

Die schriftlichen Arbeiten für Mathematik und Natur­

wissenschaften dürfen in französischer Sprache abgefaßt werden § 12. Die Anfertigung der schriftlichen Prüfungsarbeiten ist auf

die Dauer einer Woche zu Vertheilen.

Die Aufsicht wird

von den zur Prüfungs-Kommission gehörigen Lehrern geführt,

in einer von dem Direktor zu. bestimmenden Folge und Ab­ wechslung.

Der die Aufsicht führende Lehrer ist dafür ver­

antwortlich, daß die ertheilten Vorschriften in allen Stücken genau befolgt werden, insbesondere auch, daß keine Benutzung

unerlaubter Hülfsmittel stattfinde.

Der Gebrauch von Wör­

terbüchern und Grammatiken ist nicht gestattet; nur bei der

mathematischen Arbeit dürfen die Logarithmentafeln und bei dem lateinischen Aufsatze das lateinisch-deutsche, bezw. latei­

nisch-französische Wörterbuch angewandt werden.

Jede Arbeit muß auf ganze, aber gebrochene Bogen in

einer leserlichen Handschrift geschrieben werden, die Unrein­ schrift ist außerdem beizulegen.

Ueber den Verlauf der schrift­

lichen Prüfung wird ein besonderes Protokoll geführt.

§ 13. Die schriftlichen Arbeiten der Examinanden werden von

den betreffenden Lehrern genau durchgesehen, verbessert und

censirt.

Zur schließlichen Werthbezeichnung dienen die vier

Prädikate: vorzüglich, gut, befriedigend, ungenügend.

§ 14. Ein Abiturient,

dessen

schriftliche

Leistungen sämmtlich

oder der Mehrzahl nach als „ungenügend" bezeichnet worden

sind, ist von der mündlichen Prüfung auszuschließen, falls nicht die Prüfungs-Kommission nach seinen seitherigen Lei­ stungen die Zulassung einstimmig beschließt. Die Ausschließung von der mündlichen Prüfung wird

dem Examinanden am Tage derselben von dem Regierungs-

Kommissar mitgetheilt.

§ 15. Den Tag der mündlichen Prüfung bestimmt der Regie­

rungs-Kommissar.

Die Abiturienten werden einzeln geprüft

in alphabetischer Reihenfolge.

Für jeden Examinanden wird

eine Durchschnittszeit von fünfviertel Stunden angenommen. Nach jeder Einzelprüfung wird sogleich das Resultat über die einzelnen Prüfungsgegenstände festgestellt.

§ 16. Sämmtliche Mitglieder der Prüfungs-Kommission, sowie auch die Lehrer des Lyceums oder Collegiums, welche nicht zu derselben gehören (mit Ausnahme der Tages-Aufseher),

sollen bei der mündlichen Prüfung anwesend sein; die Mit­ glieder der Local-Schulbehörde sind jedesmal von dem Di­

rektor besonders einzuladen.

Im Uebrigen ist die Prüfung nicht öffentlich, jedoch werden einzelne Personen (z. B. Gemeinderathsmitglieder, Geistliche, Lehrer u. s. w.) auf ihren dem Direktor ausge­ drückten Wunsch in mäßiger Zahl als Zuhörer zugelassen.

§ 17. Die mündliche Prüfung liegt den Lehrern ob, welche den

Unterricht in den betreffenden Gegenständen in Prima ertheilt haben, wofern nicht der Regierungs-Kommissar andere Exa­ minatoren zu

bestellen

sich veranlaßt findet.

Die

Lehrer

müssen bei der Prüfung jedem Examinanden Gelegenheit, sich klar

und

zusammenhängend

auszusprechen,

gewähren

und

überhaupt die Prüfung so einrichten, daß fich der Grad seines

Wissens bestimmt ergiebt.

Dem Regierungs-Kommissar steht

es frei, nicht nur durch Instruktion der Lebrer und nähere

Bestimmung der Gegenstände der jedesmaligen Prüfung die

ihm zweckdienlich scheinende Richtung zu geben, sondern auch, wenn er es für nöthig erachtet, in einzelnen Gegenständen selbst die Prüfung zu übernehmen.

§ 18. Die Gegenstände der mündlichen Prüfung

sind:

das

Deutsche, das Lateinische, das Griechische, das Französische^ die Mathematik nebst Physik und Chemie, die Geschichte und

Geographie.

Die Prüfung hat zu konstatiren, ob die erfor­

derlichen Kenntnisse ein sicherer, mit eigenem Urtheil verbun­ dener Besitz des Examinanden geworden, nicht eine nur zum Zweck der Prüfung in das Gedächtniß aufgenommene Samm­ lung vereinzelter Notizen sind.

8 19. In der deutschen Sprache und Literatur werden

nur diejenigen Abiturienten geprüft, welche den schriftlichen Aufsatz nicht in deutscher, sondern in französischer Sprache

abgefaßt haben, sowie auch diejenigen, deren Arbeit zwar in deutscher Sprache geschrieben, aber hinsichtlich der gramma­ tischen Korrektheit und des Stils ungenügend befunden war.

Die Prüfung erstreckt sich alsdann auf die Grammatik im engeren Sinne und auf die genauere Kenntniß

Stücken

unter

den

folgenden

Hauptwerken

Literatur: Lessing's Minna von Barnhelm, Emilie Galotti,

Nathan der Weise; Göthe's Egmont,

Iphigenie, Tasso, Wahrheit und Dichtung,

Hermann und Dorothea; Schiller's Don Carlos,

Wallenstein, Jungfrau von Orleans,

Maria Stuart,

Wilhelm Tell.

der

von drei deutschen

Ueber die von dem Examinanden freigewählten drei Werke

werden demselben solche Fragen vorgelegt, deren Beantwor­

eingehende

eitle

tung

Bekanntschaft

mit

den

betreffenden

Schriften zu bekunden geeignet ist.

§ 20. Im Lateinischen

und Griechischen sollen bei Gymnasial-

Abiturienten bis zum Schluß des Jahres 1874 nur Schrift­

stellen

aus

solchen

Dichtungen

und

Prosaikern

vorgelegt

werden, welche im Laufe des zweijährigen Aufenthalts in der

Prima gelesen und

Die Prüfung hat

erklärt worden sind.

hier nachzuweisen, daß ein gründliches Verständniß nicht nur der

Worte

und

auch

Sätze, sondern

des

ganzen

inneren

Zusammenhanges des gelesenen Schriftstückes erreicht worden

ist.

Bei der Erklärung sind geeigneten Orts Fragen aus

der Metrik, Mythologie und Alterthumskunde anzuknüpfen; ebenso ist hier den

Schülern

Gelegenheit

zu

geben,

ihre

Geübtheit im Lateinsprechen zu zeigen.

Die externen Abiturienten haben ein von dem Vorsteher ihrer Lehranstalt oder ihrem Privatlehrer beglaubigtes Ver-

zeichniß der von ihnen in den letzten zwei Jahren gelesenen Schriftstücke einzureichen.

Ergiebt sich hieraus ein zu geringer

Umfang ihrer Lektüre, so kann schon darnach das Ergebniß

der Prüfung als ungenügend bezeichnet werden. 1875

ab

wird

zum

Bestehen

dieser

Vom Jahre

Prüfung regelmäßig

erfordert werden eine Kenntniß sämmtlicher Oden des Horatius und der Ilias und Odyssee Homers in ihrem ganzen Um­

fange, dergestalt, daß der Examinand jede vorgelegte Stelle,

falls sie nicht von besonderer Schwierigkeit ist, sofort über­ setzen und erläutern kann. für

das

Griechische

Daneben wird der Prüfungsstoff

vorzugsweise

aus

den

leichteren

und

bekannteren Reden des Demosthenes, für das Lateinische aus

solchen des Cicero entnommen werden.

Von

den

Abiturienten

der

Realabtheilung werden

im

Lateinischen nur diejenigen Kenntnisse erfordert, welche dem

Lehrplane

ihrer

Klasse

entsprechen;

in' der

Regel werden

schon gelesene Abschnitte aus Caesar, Sallustius, Livius oder Virgilius vorgelegt.

Die Prüfung im Griechischen für die­

selben fällt weg.

§ 21. In der Geschichte hat jeder Abiturient eine ihm von dem

betreffenden Lehrer oder dem Regierungs-Kommissar gestellte

Aufgabe, welche entweder aus der griechischen oder der römi­

schen

oder der

deutschen

Geschichte

zu

entnehmen

ist,

in

zusammenhängendem Vortrage zu lösen; außerdem sind einzelne Fragen zu stellen,

aus deren Beantwortung ersehen werden

kann, ob die Schüler die wichtigsten Thatsachen und Jahres­

zahlen der allgemeinen Weltgeschichte inne haben.

Bei der

geschichtlichen Prüfung ist stets auch die Geographie zu berück­ sichtigen.

§ 22. Die Prüfung in der französischen Sprache findet nur für

diejenigen Schüler statt, welche den Aufsatz in deutscher Sprache geschrieben

haben.

Es wird eine hinreichende Kenntniß der

Grammatik verlangt und

die Fähigkeit, sich über bekannte

Gegenstände einigermaßen richtig auszudrücken.

§ 23. In der Mathematik erstreckt sich die Prüfung auf die im Lehrplan

einerseits für die gymnasiale, andererseits für die

realistische Abtheilung der Lyceen vorgeschriebenen Gegenstände. Für die Schüler der realistischen Abtheilung kommt noch eine kurze Prüfung in der Physik und Chemie hinzu.

In allen

diesen Gegenständen ist besonders darauf zu sehen, ob der Examinand den mathematischen Beweis entwickeln, die physi­

kalische Beobachtung aus dem Naturgesetz erläutern kann und

ob seine Grundbegriffe sicher und klar sind.

§ 24. Die Prüfung über das Deutsche wird in deutscher, die­ jenige über das Französische in französischer Sprache gehalten.

Die Prüfung für das Lateinische und Griechische kann in

den Jahren 1872 und 1873 auf Verlangen in französischer

Sprache erfolgen, vom Jahre 1874 an wird sie nur noch in deutscher Sprache gehalten, außer bei denjenigen Schülern, deren Eltern ihren ständigen Wohnsitz in den rein oder über­

wiegend französisch redenden Gemeinden haben. Dasselbe gilt von der Prüfung in der Geschichte und Geographie. Die Prüfung in den mathematischen

und Naturwissen­

schaften kann bis auf Weiteres nach Wahl in deutscher oder französischer Sprache abgelegt werden.

Ueberall aber muß der Examinand im Stande sein, die Frage des deutschredenden Examinators zu verstehen.

§ 25. Eine Dispensation von der mündlichen Prüfung ist nicht

zulässig, wohl aber eine Abkürzung für einzelne Fächer auf

Grund der früheren Leistungen des Abiturienten und der

vorliegenden schriftlichen Arbeiten, falls die Prüfungs-Kommis­ sion darüber einig ist.

§ 26. Ueber den

ganzen mündlichen

Prüfungsakt

wird

ein

genaues Protokoll geführt, welches vor der Schlußberathung von allen Mitgliedern der Prüfungs-Kommission genehmigt

und unterzeichnet werden, muß. § 27.

Bei der Berathung über das Endresultat jeder Einzel­

prüfung ist es zulässig, geringere Kenntnisse in dem einen

Fache durch erhöhte Leistungen in einem andern auszugleichen. Im Wesentlichen hat die Kommisson auf Grund der schrift­

lichen und mündlichen Leistungen und des Gesammteindrucks derselben, sowie nach Maßgabe des von dem Direktor und

den Lehrern über die ganze friihere Haltung des Abiturienten abzugebenden Urtheils sestzustellen, ob derselbe zu einem solchen Umfange der wissenschaftlichen Kenntnisse, zu einer derartigen

Klarheit des Urtheils und zu derjenigen Reife des Charakters gelangt sei, daß er das Universitätsstudium voraussichtlich mit

Nutzen beginnen werde. nanden,

Die etwaige Erklärung des Exami­

daß er sich einem anderweitigen Berufe und nicht

dem Universitätsstudium widmen wolle, darf keine Berück­

sichtigung finden. Bei der Prüfung, externer Abiturienten kann nur

Maßstab

der

in der

Prüfung

der

selbst zu Tage getretenen

Kenntnisse und des in der Prüfung bewiesenen Urtheils zu Grunde gelegt werden. Wenn sich über die Reife eines Schülers unter den Mit­

gliedern der Kommission verschiedene Ansichten geltend machen, so wird abgestimmt.

Bei Stimmengleichheit entscheidet der

Regierungs-Kommissar. Findet sich derselbe in der Minorität, so hat er das Recht, die Bekanntmachung des Beschlusses der

Prüfungskommission auszusetzen und die vorhandenen Akten dem Ober-Präsidenten zur Entscheidung vorzulegen.

§ 28. Nach Feststellung des Ergebnisses der Berathung wird den Geprüften das Urtheil über Reife oder Unreife durch den Regierungs-Commissarius verkündigt.

Diejenigen, welche

nicht für reif erklärt sind, können sich zu einem der folgenden Termine

wiederum melden.

Nach zweimaligem Mißlingen

tritt die unbedingte Zurückweisung ein.

§ 29. Das Zeugniß der Reife wird von sämmtlichen Mitgliedern

der Prüfungs-Kommission unterzeichnet und

den Geprüften

durch den Direktor beim Schulfchluß des Jahres unter ent­ sprechender Entlassungs-Feierlichkeit eingehändigt. Den Externen

wird dasselbe durch die Post zugefertigt.

.§ 30. Ueber die Prüfung wird

eine

Notiz in

das

jährliche

Programm der Anstalt ausgenommen, wobei die Namen der

für reif Erklärten veröffentlicht werden.

Straßburg, den 6. Juni 1872. Der Ober-Präsident von Elsaß-Lothringen:

gez. v. Möller.

Nr. 2.

Reglement,

betreffend die Befähigung ;ur Anstellung im Pfarramte

der Kirche Augsburgischer Confefkon. Vom 30. Oktober 1872.

Auf Grund der Vorschläge des Ober-Consistoriums und des Direktoriums der Kirche Augsburgischer Confession ver­

ordne hiermit was folgt: Art. 1. Die Befähigung zur Anstellung im Pfarramte der Kirche Augsburgischer Confession wird durch ein vierjähriges Studium

der protestantischen Theologie und durch die Ablegung der protestantisch-theologischen Candidaten-Prüfung erworben.

Art. 2.

Von der vierjährigen theologischen Studienzeit sind wenig­ stens sechs Semester auf einer Hochschule zuzubringen,

an

welcher in deutscher Sprache gelehrt wird. Das Direktorium der Kirche Augsburgischer Confession ist befugt, mit Genehmigung des Ober-Präsidenten von Elsaß-

.§ 30. Ueber die Prüfung wird

eine

Notiz in

das

jährliche

Programm der Anstalt ausgenommen, wobei die Namen der

für reif Erklärten veröffentlicht werden.

Straßburg, den 6. Juni 1872. Der Ober-Präsident von Elsaß-Lothringen:

gez. v. Möller.

Nr. 2.

Reglement,

betreffend die Befähigung ;ur Anstellung im Pfarramte

der Kirche Augsburgischer Confefkon. Vom 30. Oktober 1872.

Auf Grund der Vorschläge des Ober-Consistoriums und des Direktoriums der Kirche Augsburgischer Confession ver­

ordne hiermit was folgt: Art. 1. Die Befähigung zur Anstellung im Pfarramte der Kirche Augsburgischer Confession wird durch ein vierjähriges Studium

der protestantischen Theologie und durch die Ablegung der protestantisch-theologischen Candidaten-Prüfung erworben.

Art. 2.

Von der vierjährigen theologischen Studienzeit sind wenig­ stens sechs Semester auf einer Hochschule zuzubringen,

an

welcher in deutscher Sprache gelehrt wird. Das Direktorium der Kirche Augsburgischer Confession ist befugt, mit Genehmigung des Ober-Präsidenten von Elsaß-

Prüfung der Pfarramts-Candidaten.

15

Lothringen von der theologischen Studienzeit mit Rücksicht auf ein vorangegangenes Universitäts-Studium in einer anderen

Wissenschaft einen Theil zu erlassen und auch ein längeres als einjähriges Studium auf Hochschulen, an welchen

nicht in

deutscher Sprache gelehrt wird, gut zu heißen. Auf die Studienzeit kommen die bis zum Schluffe dieses Semesters nach den bisherigen Bestimmungen gültig zurück­ gelegten Studiensemester in Anrechnung.

Art. 3.

Nach Vollendung der akademischen Studien haben sich die

Studirenden alsbald zur Candidaten-Prüfung zu stellen.

Zu

einem längern als zweijährigen Aufschub ist die Genehmigung des Direktoriums der Kirche Augsburgischer

Confession er­

forderlich. Art. 4.

Die Candidaten-Prüfung erfolgt vor der protestantisch­ theologischen Prüfungs-Commission in

Straßburg.

Diese

besteht aus einem vom Ober-Präsidenten ernannten StaatsCommisiar

als Vorsitzenden und vier Mitgliedern, nämlich

zwei Examinatoren für die wissenschaftliche Theologie, einem für die Philosophie und einem für die praktischen Fächer. Die Mitglieder werden im Einverständniß mit dem Direk­ torium der Kirche Augsburgischer Confession von dem OberPräsidenten von Elsaß-Lothringen auf zwei Jahre ernannt,

jedes Jahr treten zwei aus. Art. 5.

Die Candidaten-Prüfungen werden jährlich zweimal, bald nach Ostern und im Herbste, abgehalten. Die Festsetzung der Prüfungstage erfolgt durch die Prü­ fungs-Commission nach vorgängiger Zustimmung des Direk­

toriums der Kirche Augsburgischer Confession.

Art. 6.

Die Meldungen

zur Prüfung sind bei dem Direktorium

der Kirche Augsburgischer Konfession wenigstens sechs Wochen

vor dem ersten Prüfungstage schriftlich einzureichen. Der Meldung sind beizufügen:

1. das Zeugniß der Reife zu den akademischen Studien; 2. die vollständigen Studienzeugnisse über den ganzen

aka­

demischen Kursus, aus welchen es erhellen muß, daß der

Kandidat über alle Hauptfächer der Theologie: Dogmatik,

Moral, Kirchen- und Dogmen-Geschichte, Bibelwissenschaft

und Exegese über mehrere Theile des alten und neuen Testaments, Homiletik und Katechetik, nebst praktischen

Uebungen, sowie auch Kirchenrecht, Pädagogik und Phi­ losophie Vorlesungen besucht hat; 3. eine Abhandlung über einen Gegenstand der wissenschaft­ lichen Theologie, dessen Wahl dem Kandidaten freisteht,

den er aber zuvor unter Angabe einiger Details über Plan und

Hülfsmittel der

Prüfungs-Commission zur

Genehmigung vorgelegt haben muß;

4. die Reinschrift

einer

wirklich

gehaltenen Predigt

mit

Bescheinigung des Geistlichen, in dessen Gegenwart die­ selbe vorgetragen ist;

5. im Falle die Prüfung nicht unmittelbar nach Vollendung der akademischen Studien gemacht wird, Zeugnisse zu­

verlässiger Personen über die Führung und Beschäftigung des Aspiranten während der Zwischenzeit.

Art. 7.

Findet das Direktorium der Kirche Augsburgischer Kon­ fession gegen die Zulassung des Aspiranten nichts zu erinnern,

so übersendet dasselbe

die Meldung nebst Beilagen an den

Vorsitzenden der Prüfungs-Commission.

Dieser vertheilt die der Meldung beiliegenden Zeugnisse und Arbeiten an die Mitglieder der Commission. Diese geben

Prüfung der Pfarramts-Kandidaten.

17

ihre Bota über die Zulassung des Aspiranten schriftlich ab,

und nachdem die Vota bei sämmtlichen Mitgliedern der Com­

mission circulirt haben, beschließt die letztere über die Zulassung. Dieser Beschluß wird, mit Angabe des Prüfungstages, dem

Aspiranten durch Vermittlung des Direktoriums

der Kirche

Augsburgischer Confession zugestellt.

Art. 8. Es dürfen in der Regel nicht mehr als sechs Aspiranten zusammen geprüft werden. Hat sich eine größere Anzahl von

Aspiranten gemeldet, so werden dieselben durch die Commission

in mehrere Gruppen vertheilt, welche unmittelbar nach einander an die Reihe kommen, so zwar, daß mit der zweiten erst be­ gonnen wird, wenn die Prüfung der ersten beendigt ist.

Art. 9.

Die Prüfung

begreift in der nachstehend

angegebenen

Reihenfolge

1. schriftliche Klausurarbeiten,

2. eine mündliche Prüfung, 3. praktische Leistungen. Art. 10.

Die Klausur Arbeiten Vertheilen sich auf 4 Tage, jedesmal für höchstens 4—5 Stunden. Jeden Tag führt ein Mitglied

der Commission nach vorheriger Verabredung die Aufsicht und legt den Aspiranten die für den Tag gestellten Fragen vor.

Bücher werden keine zugelassen, als Grundtext und hebräi­ sches Lexikon, und diese werden von der Commission selbst

verabfolgt.

Wer sonstige Hülfsmittel, als Hefte, Excerpte rc.

benutzt, wird ohne

Weiteres zurückgestellt.

Die gefertigten

Arbeiten werden sofort dem voraus bezeichneten Referenten eingehändigt, der sie schriftlich zu begutachten hat.

Von den vier Arbeiten, welche leserlich und sauber ein­ gereicht werden müssen, betrifft die eine einen Gegenstand aus 2

dem Bereiche des alten Testaments, eine andere einen neu« testamentlichen, eine dritte einen kirchengeschichtlichen, die vierte philosophischen Theologie; die

einen aus dem Gebiete der

Reihenfolge derselben wird jedesmal von der Commission be­ stimmt.

Für jede Arbeit werden von derselben drei Fragen

oder Aufgaben gestellt, unter welchen jeder Aspirant sich eine

zur Behandlung auswählt.

Gegenstände bloßer Erudition,

z. B. hebräische Philologie, oder reine Gedächtniß-Sachen, Nomenklatur, Bibliographie werden vermieden.

Doch soll in

den biblischen Fächern, ohne Ausschließung des historischen und theologischen Elements, die eigentliche Exegese nicht außer Acht

gelassen werden. Art. 11.

Die mündliche Prüfung findet statt nach einem zweitägigen Zwischenraum und wird für jede Gruppe von Aspiranten auf

höchstens zwei Tage beschränkt.

Sämmtliche Mitglieder der

Commission wohnen der Prüfung gleichzeitig bei und soll

jedem Examinator für jeden Aspiranten eine halbe Stunde zur Verfügung stehen.

Gegenstand der Prüfung sind die sämmtlichen- in Art. 6 dieses Reglements namentlich aufgeführten Disciplinen. Wenn

die schriftlichen Arbeiten besonders ausgezeichnet sind, so kann in dem betreffenden Fache die Prüfung kürzer gehalten werden.

Die Commission verabredet zum Voraus die Reihenfolge der Prüfungsgegenstände,

beziehungsweise

die Bertheilung der

Fächer unter die Examinatoren. Den Examinatoren wird zur Pflicht gemacht, bei der Prüfung sich

auf das Fragen zu

beschränken, selbst auf vorkommende Irrthümer nur

durch

weitere leitende Fragen einzugehen, nie aber in das Doziren

zu verfallen, und überhaupt, so viel möglich, den Aspiranten

Gelegenheit zu geben, sich frei und zusammenhängend aus­

zusprechen.

Prüfung der Pfarramts-Candibaten.

19

Art. 12.

Die erforderlichen praktischen Leistungen sind eine Predigt

und eine Katechisation. Zu beiden wird dem Kandidaten bei seiner Einberufung dort der Text, hier das Thema von der

Commission aufgegeben. Die Predigt wird entweder in öffent­

lichem Gottesdienste oder nach Befinden zu einer außerordent­ lichen Stunde — jedenfalls aber in den nächsten Tagen nach dem

Schluffe

Beisein

der

wenigstens

mündlichen Prüfung

zweier- Mitglieder der



gehalten unter

Commission

und

unter Zuziehung der bei der betreffenden Kirche angestellten

Geistlichen. geladen.

Die Theologie Studierenden werden dazu

Das Nähere in dieser Beziehung,

ein­

sowie auch in

Betreff der Katechisation bleibt der Anordnung der Prüfungs­ Commission für jeden einzelnen Fall überlassen.

Art. 13. Nach Beendigung der drei Commission

über

Prüfungs-Stadien

faßt die

das Resultat der Prüfung Beschluß und

erklärt entweder die Aspiranten, unter Ertheilung einer der

Censuren: 1) vorzüglich, 2) gut, 3) genügend, für bestanden, oder weist dieselben zurück.

Die Zurückweisung kann wegen

entschiedener Unzulänglichkeit

der Leistungen

des Aspiranten

auch schon nach Beendigung des ersten oder der beiden ersten Prüfungs-Stadien erfolgen.

Die Prüfungs-Commission faßt ihre Beschlüsse nach Stim­

menmehrheit. Art. 14. .

Ueber die ganze Prüfung wird ein Protokoll ausgenommen und letzteres dem Direktorium der Kirche Augsburgischer Kon­

fession zur Einsicht mitgetheilt. Art. 15.

An Gebühren für die Prüfung sind zum Voraus vierzig Franken zu bezahlen.

Art. 16. Die zurückgewiesenen Aspiranten können sich ohne weitere

Formalitäten als das Zeugniß Art. 6 Nr. 5 noch zwei Mal zur Candidaten-Prüfung melden.

Diese späteren Prüfungen

erfolgen gebührenfrei. Straßburg, den 30. Oktober 1872. Der Ober-Präsident von Elsaß-Lothringen:

v. Möller.

Straßburg. Druck von Friedrich Wolff. — 610

Im Verlage von Karl I. tzrübner in StraßSurg ist erschienen:

Verordnungen und

amtliche Nachrichten für

Ellaß-Lothrinzen aus der Zeit vom Beginn der deutschen Occupation bis Ende März 1872. Herausgegeben vom

Oberpräsidial-Büreau. 8. 636 Seiten (mit alphabetischem Register). Preis 5 Frauken.

„Der Gebrauch des Werkes, das offenbar nicht bloß einem prak­ tischen Bedürfnisse en'.gegenkonunt, sondern auch als übersichtliches Bild der ersten anderthalbjährigen Verwaltungsthätigkeit der deut­ schen Behörden inr neuen Reichslande ein historisches Interesse beanspruchen darf, ist für jenen nächsten Zweck sehr erleichtert ^urch ein neben dem tabellarischen Jnhaltsverzeichniß beigegebenes alpha­ betisches Register. Ein über hundert Seiten starker Anhang enthält sämmtliche zum Friedensschluß zwischen Deutschland und Frankreich gehörenden Aktenstücke in beiden Sprachen." „Straßburger-Zeitung" v. 3. Nov. 1872.

Verordnungen über

die Prüfung der Candidaten des höheren Schulamts in

Klfaß-Lothringen. 8. drosch. Preis 75 Centimes.