Vernunft und Offenbarung in der Theologie Christoph Wittichs (1625–1687) Eberhardt, Vernunft und Offenbarung/eLib: Prolegomena und Hermeneutik der reformierten Orthodoxie unter dem Einfluss des Cartesianismus [1 ed.] 9783666573125, 9783525573129

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Vernunft und Offenbarung in der Theologie Christoph Wittichs (1625–1687) Eberhardt, Vernunft und Offenbarung/eLib: Prolegomena und Hermeneutik der reformierten Orthodoxie unter dem Einfluss des Cartesianismus [1 ed.]
 9783666573125, 9783525573129

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Kai-Ole Eberhardt

Vernunft und Offenbarung in der Theologie Christoph Wittichs (1625–1687) Prolegomena und Hermeneutik der reformierten Orthodoxie unter dem Einfluss des Cartesianismus

Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie Herausgegeben von Christine Axt-Piscalar, David Fergusson und Christiane Tietz

Band 164

Kai-Ole Eberhardt

Vernunft und Offenbarung in der Theologie Christoph Wittichs (1625–1687) Prolegomena und Hermeneutik der reformierten Orthodoxie unter dem Einfluss des Cartesianismus

Vandenhoeck & Ruprecht

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar. © 2019, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: 3w+p, Rimpar Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISSN 2197-3253 ISBN 978-3-666-57312-5

„[…] nihilque ab ullo credi velim, nisi quod ipsi evidens & invicta ratio persuadebit.“ Descartes: Principia (1644) IV 207 (AT VIII/1 329).

„Inter rationem rectam & mysteria fidei nulla est pugna.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade VIII.3).

„Scripturam aliquando loqui secundum opinionem vulgi non ex rei veritate, cum Polano statuo Syntag. Theol. l.5 c.23.“ Wittich/Posthius: De libero hominis arbitrio (1651) Corollarium II.

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Cartesianismus in der evangelischen Theologie – Fragestellungen und Aufbau der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Zum Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Methodologische und terminologische Vorüberlegungen . . . . . 1.3.1 Werkerschließung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Die Problematik des Orthodoxiebegriffs . . . . . . . . . . . 1.3.2.1 Der Orthodoxiebegriff in der theologischen Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2.2 Der Orthodoxiebegriff in den frühneuzeitlichen Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Das Verhältnis zu Philosophie und Scholastik innerhalb reformiert-orthodoxer Theologie . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3.1 Das Scholastikverständnis der Forschung . . . . . 1.3.3.2 Der Scholastikbegriff in den Quellen der Cartesianismusdebatten . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4 Aristotelismus und Cartesianismus in der Orthodoxie . . . 1.3.5 Gelehrtennetzwerke und theologische Hauptströmungen zwischen Cartesianismus und Coccejanismus, Nadere Reformatie und theologia traditiva . . . . . . . . . . . . . 1.3.6 Der wissenschaftshistorische Kontext der Cartesianismusdebatte: die Bibel und die Astronomie . . . 1.4 Christoph Wittich und die cartesianische Theologie: biographisch-werkgeschichtliche Einführung . . . . . . . . . . . .

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8 2. Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik des 20. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Evangelische Descartesrezeption: Rationalismus, Geschichtsverhältnis, Subjektorientierung und Zweifel als Topoi moderner evangelischer Descarteskritik . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 „Die ‚Vernunft‘ hat keine Väter“: das Descartesbild Adolf Schlatters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Nicht cartesianisch denken! – Karl Barth gegen Descartes . . . . . 2.4 Descartes von neuem lesen: Gerhard Ebelings Gegenüberstellung von Descartes und Luther . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Die Rede von „cartesianischer Theologie“ bei Helmut Thielicke . 2.6 Die cartesianische Zersetzung der Gottesgewissheit: Subjektivitätskritik bei Eberhard Jüngel . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Korrekturen der protestantischen Descarteswahrnehmung bei Wolfhart Pannenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Conclusio: Revision des protestantischen Descartesbildes mit Wittich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie: die Prolegomena im System Christoph Wittichs . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Einleitung: die dogmengeschichtliche Erschließung der Prolegomena cartesianischer Theologie . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Vernunft und Theologie nach der Reformation: Voraussetzungen und Kontext der cartesianischen Theologie . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Theologie als Wissenschaft: scholastische Methodologie und aristotelische Philosophie in der reformierten Frühorthodoxie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Die Prolegomena der reformierten Frühorthodoxie: Theologieverständnis und Wissenschaftsbegriff im Spannungsfeld von Vernunft und Offenbarung . . . . . . . 3.2.2.1 Die Theologie als praktische Wissenschaft . . . . . 3.2.2.2 Der Vernunftbegriff und das Verhältnis zur Philosophie in den Prolegomena der Frühorthodoxie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Theologieverständnis und Vernunftbegriff anticartesianischer Theologen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Vernunftbegriff und Theologieverständnis von Samuel Maresius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Gisbert Voetius und die Philosophie: Prolegomena der Nadere Reformatie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Inhalt

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Inhalt

3.3.3 Differenzen und Gemeinsamkeiten: die Eingrenzung des status controversiae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Wissenschaftsverständnis und Prolegomena der cartesianischen Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Der philosophische Kontext: Wittichs methodologische Grundlagen, wissenschaftstheoretisches Fundament und Dialogpartner der Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.1 Descartes als Vorbild für Wittichs Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.2 Das Philosophieverständnis von Johannes de Raey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.3 Die Rezeption von Claubergs Wissenschaftstheorie auf der Grundlage von Descartes’ Discours . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.3.1 Das Wissenschaftsmodell . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.3.2 Die Defensio Cartesiana . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.3.3 Logik und Hermeneutik . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Der theologische Kontext: Vernunft und Offenbarung bei cartesianischen Theologen aus Wittichs Umfeld . . . . . . 3.4.2.1 Johannes Coccejus: Wegweiser für die Prolegomena cartesianischer Theologie . . . . . . 3.4.2.2 Van Velthuysen, Heidanus und Burman: Gesprächspartner Wittichs innerhalb des cartesianischen Netzwerks . . . . . . . . . . . . . 3.4.2.2.1 Frans Burman: Theologe und Gesprächspartner von Descartes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2.2.2 Abraham Heidanus: Vorreiter cartesianischer Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3 Der philosophische und theologische Kontext Wittichs in der Gesamtschau: Ergebnisse und kritische Anfragen . . . 3.5 Exposition: Wittichs Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie im systematischen Entwurf der Positiones und seinem Römerbriefkommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Das Theologie- und Schriftverständnis in den Positiones . 3.5.1.1 Die erste Dekade als Rahmen der cartesianischen Theologie: Gott, Mensch und Heil im Licht von Philosophie und Offenbarung . . . . . . . . . . . 3.5.1.2 Schriftverständnis (Dekaden II–VII) . . . . . . . .

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Inhalt

3.5.1.3 Wittichs Theologieverständnis im Kontext von Vernunft und Offenbarung (Dekaden VIII–IX) und wissenschaftstheoretischer Exkurs . . . . . 3.5.2 Erkenntnisgewinn und Wissenschaftsverständnis im Römerbriefkommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Trennung von Philosophie und Theologie in Dissertationes Duae und Consensus veritatis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1 Die duplex cognitio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2 Hermeneutische und exegetische Belege für die Emanzipation der Vernunft . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.3 Die theologische Verhältnisbestimmung zur Philosophie: zwischen ancilla theologiae und Separatismus . . . . . . Die Differenzierung von Theologie und Philosophie nach ihren Erkenntnisprinzipien in der Theologia pacifica . . . . . . . . . . Die unsachgemäße Einmischung der Philosophie in die Theologie: „Miscendam non esse Philosophiam cum Theologia ostenditur“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.1 Die Trinitätstheologie als klassisches Beispiel einer unsachgemäßen Einmischung der Philosophie in die Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.2 Die Entwicklung einer adäquaten Verhältnisbestimmung der Wissenschaften – der usus philosophiae . . . . . . . . 3.8.3 Die unsachgemäße Einmischung der Theologie in die Philosophie: „Miscendam quoque non esse Theologiam cum Philosophia […] ostenditur“ . . . . . . . . . . . . . Vernunft und Offenbarung: cartesianische Epistemologie und natürliche Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.1 Der methodische Zweifel in der Theologie Wittichs . . . 3.9.2 Das cartesische Wahrheitskriterium in der Theologie Wittichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.3 Eine rational ausgerichtete Dogmatik? . . . . . . . . . . . 3.9.4 Die göttliche Vernunft und die Sünde: theologische Aspekte der Vernunft in der Theologia pacifica . . . . . . 3.9.4.1 Die Vernunft als Gottesgabe . . . . . . . . . . . 3.9.4.2 Vernunft und Willensfreiheit nach dem Sündenfall in der Darstellung der Theologia pacifica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

3.10 Geist und Glaube – eine theologische Verortung von Vernunft und Erkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.1 Vernunft und Offenbarung – der Versuch einer theologischen Verhältnisbestimmung im Rahmen der Pneumatologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.1.1 Der Vernunftgebrauch nach dem Sündenfall: Darstellung in der Causa Spiritus Sancti victrix und weiteren Schriften . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.1.2 Der hermeneutische Ausblick der Causa Spiritus Sancti victrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.1.3 Die fides historica – die rationale Dimension des Glaubens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.1.4 Die fides salvifica in ihrem Verhältnis zur Vernunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.2 Der Geist der Wahrheit: die Wirkung des Heiligen Geistes in und jenseits der Vernunft . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.3 Der Geist und der Glaube als Mysterium im Verhältnis zur theologischen Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.11 Die exegetische Vergewisserung: Vernunft und Offenbarung im Römerbriefkommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.12 Ergebnisse und kritische Würdigung von Wittichs Vernunft- und Offenbarungsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Hermeneutik als Zentrum cartesianischer Theologie . . . . . . . 4.1 Die Bedeutung der Hermeneutik: Exposition und Vorüberlegungen zur Untersuchung der Hermeneutik . . . . . 4.2 Die Akkommodationstheorie in ihrem geistes- und begriffsgeschichtlichen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Wittichs Akkommodationslehre in der theologischen Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Die Entwicklung der Akkommodations- und Skopuslehre von der Antike bis zur Reformation . . . . . . . . . . . . 4.2.2.1 Antike und Mittelalter: Entstehung und Entfaltung des Akkommodationsgedankens . . . 4.2.2.1.1 Die vielschichtige Entfaltung der Akkommodationslehre in der Alten Kirche . . . 4.2.2.1.2 Die naturwissenschaftliche Engführung der Akkommodation im Mittelalter . . . . . . . . . 4.2.2.2 Die Bedeutung der Hermeneutik von Luther und Calvin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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12 4.2.3 Die Akkommodationslehre bei frühneuzeitlichen Naturforschern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.1 Die allgemeine Verbreitung der Akkommodation in der Philosophie des 16. und 17. Jahrhunderts . 4.2.3.2 Galileo Galilei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.3 Die philosophische Rezeption der Akkommodation in Konfrontation mit der Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4 Descartes und das Akkommodationsargument . . . . . . . 4.2.5 Frühe Reaktionen der reformierten Theologie: Kopernikaner im Diskurs mit Voetius und die naturphilosophisch gefärbte Genesisauslegung . . . . . . . 4.2.6 Ergebnisse und Folgen der vorcartesianischen Hermeneutik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie bei Christoph Wittich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Der formale Zugang: Wittichs Formulierung des opinio-Arguments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1.1 Die Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1.2 Die Variationen des opinio-Arguments bei Wittich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Schrifttheologische Voraussetzungen der Akkommodation : Wort Gottes und Hermeneutik . . . . . 4.3.3 Wittichs Erläuterung der ursprünglichen Formel des opinio-Arguments in den Dissertationes Duae . . . . . . . 4.3.4 Funktionalisierung, Apologie und theologische Entfaltung des opinio-Arguments in den 1650er Jahren: die Hermeneutik von den Dissertationes Duae bis zum Consensus veritatis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.1 Die Funktion der Hermeneutik für die Emanzipation der Vernunft . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.1.1 Der biblische Skopus nach 2Tim 3,14–17: zwischen Schriftverständnis und biblischer Anthropologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.1.2 Fines und Media Scripturae: Heilsvermittlung in der Gegenüberstellung zu Naturphilosophie, Geschichte und Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.2 Die Vorstellung des opinio-Arguments im Consensus veritatis . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Inhalt

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Inhalt

4.3.4.3 Die Ableitung des opinio-Arguments aus Schriftbelegen und Stilanalyse . . . . . . . . . . . 4.3.4.3.1 Die Benutzung umgangssprachlicher Wendungen in der Bibel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.3.2 Die Integrität von Wahrheit und Autorität der Schrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.3.3 Hermeneutische Implikationen der Apologie des opinio-Arguments: Mysterien, Wunder und Naturphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.4.3.4 Ergebnisse zur Hermeneutik in den Frühschriften. 4.3.5 Die Weiterentwicklung der Hermeneutik Wittichs ab 1671 . 4.3.5.1 Hermeneutische Implikationen in der Theologia pacifica und dem Meditationeskommentar: terminologische und schrifttheologische Präzisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5.2 Hermeneutische Prämissen der Causa Spiritus Sancti victrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5.3 Bibelkommentierung: exegetische Reflexionen in der Praefatio der Metalleia . . . . . . . . . . . . . 4.3.5.3.1 Systematische Schriftauslegung: Bedingungen der Bibelkommentierung . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5.3.2 Die Kontextorientierung als zentraler Baustein rationaler Exegese . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.5.3.3 Die Bibel als göttliches Fundament einer fortschrittlichen Theologie . . . . . . . . . . . . . 4.3.5.3.4 Die claritas Scripturae und ihre theologischen Folgen: vom biblischen Stil zum Stil des Theologen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.6 Ergebnisse und kritische Würdigung der Hermeneutik Wittichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Christoph Wittich und der theologische Cartesianismus – Ausblicke und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Untersuchungsfelder der cartesianischen Dogmatik: Ausblicke auf weitere Themenfelder von Wittichs Theologie . . . . . . . . 5.1.1 Anmerkungen zu Wittichs spezieller Gotteslehre . . . . . 5.1.2 Von der Gotteslehre zur Anthropologie: Ausblick auf Providenz und freien Willen . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Die Welt und das Heil: Themen aus Schöpfungslehre, soteriologischer Geschichtstheologie und Eschatologie . .

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Inhalt

5.2 Ergebnisse und kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Die Ergebnisse im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Problemfelder der Theologie Wittichs . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Cartesianisches Wissenschaftsverständnis und reformierte Orthodoxie: eine kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . 6. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Bibliographie der Werke Wittichs . . . . . . . . . . . . 6.1.1.1 Handschriftliche Quellen (Briefe) . . . . . . . 6.1.1.2 Frühneuzeitliche Drucke . . . . . . . . . . . . 6.1.1.2.1 Herborn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1.2.2 Duisburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1.2.3 Nijmegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1.2.4 Leiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1.2.5 Anonyme Veröffentlichungen . . . . . . . . . 6.1.1.2.6 Posthume Veröffentlichungen . . . . . . . . . 6.1.1.3 Nachdrucke, Editionen und Übersetzungen . . 6.1.2 Verzeichnis der Literatur vor 1800 . . . . . . . . . . . . 6.1.2.1 Frühneuzeitliche Drucke . . . . . . . . . . . . 6.1.2.2 Nachdrucke, Editionen und Übersetzungen . . 6.1.2 Verzeichnis der Literatur ab 1800 . . . . . . . . . . . . 6.1.3 Datenbanken und Onlineressourcen . . . . . . . . . . . 6.2 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Gliederungen ausgewählter Schriften Wittichs . . . . . . . . . 6.5.1 Gliederung der Dissertationes Duae . . . . . . . . . . . 6.5.2 Grobgliederung der Consideratio . . . . . . . . . . . . . 6.5.3 Gliederung des Consensus veritatis und Synopse zu den Dissertationes Duae und der Consideratio . . . . . . . . 6.5.4 Grobgliederung der Theologia pacifica . . . . . . . . . 6.5.5 Gliederung der Causa Spiritus Sancti . . . . . . . . . . 6.5.6 Gliederung der Causa Spiritus Sancti victrix . . . . . . 6.5.7 Grobgliederung des Anti-Spinoza . . . . . . . . . . . . 6.5.8 Gliederung der Positiones . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit beinhaltet eine detaillierte Untersuchung von Wissenschafts- und Theologieverständnis, Vernunft- und Offenbarungsbegriff sowie Bibelhermeneutik des cartesianisch beeinflussten reformierten Theologen Christoph Wittich (1625–1687). Sie stellt den zweiten Teil meiner Dissertation dar, die von 2010 bis 2015 in Münster und Osnabrück entstanden ist. Sie ist für die Drucklegung geteilt und leicht überarbeitet worden.1 Der erste Teil ist unter dem Titel „Christoph Wittich (1625–1687): Reformierte Theologie unter dem Einfluss von René Descartes“ 2018 in Göttingen erschienen. Darin werden Biographie und Werk Christoph Wittichs im Kontext der niederländischen Descartesrezeption detailliert erschlossen. Eine Übersicht über die Ergebnisse der Untersuchung bieten die einleitenden Kapitel des vorliegenden Bandes, so dass dieser für sich stehen kann und nur an wenigen Stellen für vertiefende Betrachtungen auf den ersten Teil verwiesen werden muss. Beide Bände bilden gleichsam ein Diptychon zu der cartesianischen Theologie der Niederlande im Allgemeinen und ihrem zentralen Vertreter Christoph Wittich im Besonderen. Während der erste, biographisch und werkgeschichtlich orientierte Teil von einem kirchen- und theologiegeschichtlichen Schwerpunkt geprägt wird, ist der vorliegende Band stärker auf systematisch-theologische Fragestellungen ausgerichtet. Aus den einleitenden Passagen des ersten Bandes sind hier wesentliche Elemente der methodologischen Vorüberlegungen, insbesondere die Klärung zen1 Die Überabreitung betrifft insbesondere die Umstellung eines Kapitels. Während hier die Cartesianismuswahrnehmung in der Theologie des 20. Jahrhunderts die Untersuchung eröffnet, stand sie in der ursprünglichen Fassung am Ende. Ursache der Umstellung ist vor allem die daraus resultierende Schärfung des systematisch-theologischen Blicks auf die Theologie Wittichs. Außerdem sind einleitende Passagen, die zum Teil die Ergebnisse des ersten Bandes rekapitulieren, sowie das Fazit teilweise neu verfasst worden. Einige Passagen der Einleitung, konkret der forschungsgeschichtliche Überblick und wesentliche Abschnitte der methodischen und terminologischen Vorüberlegungen, sind identisch mit den entsprechenden Kapiteln in der Veröffentlichung des ersten Teiles der Dissertation, da sie für beide Bände von derselben Relevanz sind. Vgl. Eberhardt, Wittich, 22–55.

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Vorwort

traler Termini sowie der forschungsgeschichtliche Überblick, noch einmal aufgenommen. Diese Passagen, die der Klärung des Orthodoxie- und Scholastikverständnisses gewidmet sind, haben eine hohe Relevanz nicht nur für Biographie und Werkgeschichte, sondern auch für die Analyse von Wissenschaftsverständnis und Prolegomena Wittichs. Sie flankieren daher mit gleicher Berechtigung beide Teile der Untersuchung. Für die Entstehung des Buches ließen sich auch die Danksagungen, die dem ersten Teil vorangestellt sind, nahezu vollständig wiederholen. Noch einmal hervorheben und unterstreichen möchte ich aber den Dank an meine lieben Eltern Heide und Rolf-Axel Eberhardt für die beständige Unterstützung. Sie umfasste neben Beistand und Zuspruch auch die großzügige Mitfinanzierung dieser Publikation. Eine erneute Erwähnung gebührt sodann Prof. Dr. Marco Hofheinz für die Anregungen der Teilung der Dissertation sowie für seine stetige großartige Beratung und Förderung. Er gehört zu den besten Kennern der reformierten Theologie, die ich habe treffen dürfen und ist ein exzeptioneller Forscher und Lehrer. Inzwischen wurde meine Dissertation mit dem Hanns-Lilje-Preis der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 2018 ausgezeichnet. Diese Würdigung beider Teile des nun vollständig vorliegenden Diptychons ehrt mich sehr und ich bedanke mich herzlich für diese hohe Anerkennung. Herrn Christoph Spill, der bereits das Erscheinen des ersten Bandes mit kundiger Hand für V&R betreut hatte, bin ich für die erneute gute Zusammenarbeit dankbar. Eine Dankeswiederholung verdienen schließlich die finanziellen Förderer der Publikation. Die Veröffentlichung des Bandes wäre ohne die erneute Zuwendung durch die EKD und die UEK sowie durch die Hannoversche Landeskirche nicht so leicht möglich gewesen. In den Kreis der Förderer hat sich zudem die Karl Barth-Gesellschaft eingereiht, deren Vorsitzender Prof. Dr. Georg Plasger sich bereits im Vorfeld mit wertvollem Rat für den Abschluss der Arbeit eingesetzt hatte. Für die erneute Geduld, das fortwährende Verständnis und die Ermutigungen im Verlauf der Drucklegung danke ich schließlich von Herzen meiner Ehefrau Sabrina. Münster, im November 2018

Kai-Ole Eberhardt

1.

Einleitung

1.1

Cartesianismus in der evangelischen Theologie – Fragestellungen und Aufbau der Untersuchung

Der polnische Theologieprofessor Christoph Wittich (1625–1687) gehört zu den wichtigsten Rezipienten der Philosophie von René Descartes (1596–1650) im 17. Jahrhundert. Nach seiner Ausbildung an niederländischen Universitäten wirkte er in Herborn, Duisburg, Nijmegen und Leiden als akademischer Lehrer und Autor cartesianisch beeinflusster theologischer Schriften. In seinem umfangreichen Oeuvre widmet er sich vor allem einer theologischen Entfaltung und Verteidigung des Cartesianismus gegen Angriffe der mehrheitlich descarteskritischen Vertreter der reformierten Orthodoxie. Für Wittich erweist sich die cartesische Philosophie als produktive Gesprächspartnerin der Theologie, als Garant für ihre adäquate, biblisch fundierte wissenschaftliche Entfaltung und als zentrales Hilfsmittel für die Verteidigung der Orthodoxie gegen Häresien, Rationalismus und Spinozismus. Wittich erweist sich damit als Apologet und Fürsprecher einer Gruppe von reformierten Theologen und Intellektuellen, die dem Cartesianismus gegenüber gegen die ausdrücklichen Vorbehalte gewichtiger Stimmen der reformierten niederländischen Theologie und Kirche aufgeschlossen waren. Die frühneuzeitliche reformierte Orthodoxie der Niederlande stand dem Cartesianismus trotz einer gewissen anfänglichen Euphorie grundsätzlich kritisch gegenüber. Vertreter einer aristotelisch oder ramistisch geprägten Universitätstheologie, konservative kirchliche Kreise und insbesondere Anhänger des einflussreichen Gisbert Voetius (1589–1676)1 sahen im Cartesianismus eine grundsätzliche Gefährdung für die biblische Autorität. 1 Der von Utrecht aus agierende Voetius, das Haupt der Nadere Reformatie, gehört zu den bedeutendsten niederländischen Anticartesianern. Vgl. zu Voetius vor allem van Ruler, Art. Voetius, Gisbertus (1589–1676). DSECDP 2 (2003) 1030–1039 und Mühling, Art. Voetius, Gisbert (1589–1676). TRE 35 (2003) 181–184 sowie die Monographien von Duker, Voetius (1897–1915), Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy (2006) und Beck, Voetius (2007).

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Einleitung

Der methodische Zweifel und das scheinbar gegen biblische Aussagen vertretene cartesianische Weltbild führten ihrer Auffassung nach letztlich zu einer Infragestellung Gottes. Die umfassende, wirkmächtige Kritik an der nova philosophia und insbesondere an ihrer theologischen Rezeption bedeutete für die Karriereverläufe der cartesianisch geprägten Theologen ein erhebliches Hindernis. Die Frage nach der Haltung zum Cartesianismus wurde ein Politikum an den niederländischen Universitäten. Wittich hatte daher zusammen mit anderen procartesianischen Professoren und Intellektuellen ein Netzwerk zur gegenseitigen Unterstützung gebildet, in dem der Cartesianismus diskutiert, weiterentwickelt und verteidigt worden ist. Zusammen mit anderen Theologen und in ständiger Auseinandersetzung mit Cartesianismuskritikern arbeitete er an einer Dogmatik auf der Grundlage des cartesianischen Wissenschaftsverständnisses. Die von ihren Gegnern sogenannten cartesianische Theologie stellte Wittich durch eine ausführliche Behandlung der Prolegomena auf ihr ebenso biblisches wie cartesianisches Fundament. Er begegnete den zahlreichen Angriffen der Anticartesianer in der Überzeugung, dass die orthodoxe Theologie sich gerade durch Impulse aus dem Cartesianismus frei entfalten und zu sich selbst kommen könne. Als Gefährdung für die Orthodoxie empfand er gerade nicht die neue Philosophie, sondern vielmehr das überkommene Korsett der aristotelischen Scholastik. Er legte daher mit dem Verweis auf den theologischen Nutzen des Cartesianismus in umfangreichen Verteidigungsschriften seine Rechtgläubigkeit dar und trat für die Harmonisierbarkeit von cartesianischer Philosophie und reformierter Theologie ein. Von einem radikalen Rationalismus grenzte er sich hingegen konsequent ab. Stattdessen strebte er eine Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie an, die von einem gegenseitigen Nutzen geprägt sein sollte, ohne dass sich dadurch ein Hemmnis der freien Entfaltung einer der beiden Wissenschaften einstelle. Die Philosophie könne dadurch frei von biblizistischen Denkverboten arbeiten und sich ihrer Beanspruchung durch die Theologie als „Dienstmagd“ (ancilla) entledigen, während die Theologie nicht mehr von aristotelisch-scholastischer Terminologie und Methodologie überformt werde und dadurch zu ihren biblischen Wurzeln zurückfinden könne. Gerade aufgrund seiner apologetischen Ausgangslage bewegt sich Wittichs Oeuvre in besonderer Weise an dieser Schnittstelle von Philosophie und Theologie. Eine theologisch adäquate Verhältnisbestimmung der Vernunft- und der Offenbarungswissenschaft gehört daher zu den wichtigsten Herausforderungen, denen Wittich sich im Rahmen des Cartesianismusstreits stellt. Den Anfangspunkt seines Nachdenkens bildet dabei die Aufgabe, die sich der Theologie durch die kopernikanische Wende ergeben hat. Das von Descartes in seine Physik überführte und weiter entfaltete heliozentrische Weltbild wurde zusammen mit der Lehre von der Erdbewegung von der Orthodoxie als eine der biblischen

Fragestellungen und Aufbau der Untersuchung

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Botschaft widersprechende Anfechtung empfunden.2 Ein Ja zu Descartes drohte zu einem Nein gegenüber der biblischen Autorität zu werden. Für Wittich und die gegenüber der neuen Philosophie aufgeschlossenen Theologen wurde die Anerkennung der naturphilosophischen Entwicklungen damit zu einer exegetischen Aufgabe, die sie mittels hermeneutischer Methoden zu lösen versuchten. Insbesondere der Akkommodationsgedanke, die Annahme also, dass biblische Aussagen an die Auffassungsgabe der Leserschaft angepasst seien, steht dabei besonders im Fokus. Wittich strebte in seinem umfassenden Oeuvre eine biblische Theologie auf der Höhe des wissenschaftlichen Fortschritts an und gehört zu den frühen Wegbereitern einer historisch-kritischen Exegese. Er rezipierte in umfassender Weise das cartesianische Wissenschaftsverständnis. Seine Methodologie und sein Wahrheitsbegriff orientieren sich an den rein rationalen Kriterien des cartesianischen Systems und werden auf die Theologie angewendet, die als Wissenschaft vernunftorientiert, aber gleichzeitig von der Philosophie emanzipiert sein soll. Gleichzeitig bleibt die Theologie dem Anspruch Wittichs nach grundsätzlich auf die göttliche Offenbarung und die Glaubensmysterien ausgerichtet sowie von der Autorität der Bibel bestimmt. Wittichs Versuch, Philosophie und Theologie in ein harmonisches Nebeneinander zu bringen, ist wegweisend für die Rezeption des Cartesianismus im 17. Jahrhundert. Er legitimiert die philosophische Arbeit ohne biblizistische Schranken, ermöglicht den Dialog von Theologie und Philosophie und eröffnet der Orthodoxie einen Zugang zu einem modernen Wissenschaftsverständnis. Spannungs- und widerspruchsfrei konnte das jedoch nicht erfolgen, so dass die theologische Descartesrezeption von Anfang an und bis heute unter scharfer Kritik steht. Unter Wittichs Kritikern findet sich eine Reihe von scharfsinnigen Denkern, die ein Problembewusstsein für das Verhältnis der reformierten Theologie zur Philosophie entwickelt haben. Ihr Protest gegenüber dem Versuch, ausgerechnet mittels des Cartesianismus einen Ausweg aus den philosophischen Verfremdungen der Theologie zu suchen und dabei biblische Aussagen auf naturphilosophische Erkenntnisse hin umzuinterpretieren, ist nachvollziehbar. Dem Vernunft- und Erkenntnisoptimismus des Cartesianismus wurden die biblische Autorität und die Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung in reformiert-orthodoxer Tradition entgegengehalten. Die teilweise sehr heftig und persönlich geführten Debatten schärften Wittichs Argumentation und führten zu feinsinnigen Abwägungen bei der Entfaltung seiner Prolegomena. Durch eine Analyse der Hauptargumente dieser Debatte gewinnt 2 Während Descartes Kopernikus rezipierte und sein Weltbild in sein astronomisches System integriert hat, schlossen die orthodoxen Theologen aufgrund von Bibelstellen wie Jos 10,12f. oder Ps 19,5–7, die eine Sonnenbewegung um die Erde nahelegten, ein heliozentrisches Weltbild kategorisch aus und sahen durch die naturphilosophischen Modelle die Autorität der biblischen Offenbarung infrage gestellt.

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Einleitung

man einen tiefen Einblick in die Konstituierung der neuzeitlichen Theologie, die aufgrund der Konfrontation mit dem wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt um ihre Identität ringt. Der Konflikt von naturwissenschaftlicher Erkenntnis und biblischem Wahrheitsanspruch wird anhand der daraus folgenden theologischen Entscheidungen von Pro- und Anticartesianern konkret fassbar. Während das cartesianische Netzwerk ihn mittels einer Anerkennung des Fortschritts und einer Modernisierung von Exegese und Dogmatik zu lösen versuchte, spielten Wittichs Gegner die Autorität der Bibel gegen den Erkenntnisfortschritt aus, um diese vor einer vermeintlichen Überformung durch die Philosophie zu beschützen. Dieses Ringen vollzog sich anhand der Fragen nach Vernunft und Wahrheit, Bibel und Offenbarung sowie nach der angemessenen Form der Schriftauslegung. Eine Analyse der Begegnung des Cartesianismus mit der reformierten Orthodoxie muss daher vor allem die Prolegomena in den Fokus nehmen. Erst ihre ausführliche Untersuchung schafft die Voraussetzung, auch die entfalteten dogmatischen Systeme der Epoche adäquat zu verstehen. Diese Arbeit will dazu einen Beitrag leisten, indem Wittichs Oeuvre, das sich aufgrund einer entsprechenden Schwerpunktsetzung mustergültig dafür anbietet, daraufhin analysiert werden soll. Notwendige Grundlagen für die dogmengeschichtliche Untersuchung der reformierten Orthodoxie in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts werden so geschaffen. Der theologische Cartesianismusstreit zeigt auf, wie sich die Orthodoxie den Anforderungen der Neuzeit stellt. Er verweist uns dabei auf die Problemgeschichte des Konflikts der Theologie mit Naturwissenschaft und Erkenntnisfortschritt. Die wachsende Autonomie der Vernunft und die Infragestellung der biblischen Autorität durch die Zunahme an menschlichen Erkenntnissen über die Welt begründen nicht nur die zentrale Herausforderung der Theologie am Übergang der Neuzeit. Bis in die Gegenwart hinein ist dieser Konflikt spürbar. Ganz im Duktus mancher Anticartesianer des 17. Jahrhunderts reagieren heute z. B. Vertreter des Kreationismus, wenn sie die biblische Autorität gegen Evolutions- und Weltentstehungstheorien ausspielen. Wittich und das cartesianische Netzwerk waren ihrerseits darum bemüht, die Erkenntnisse des Cartesianismus und den naturwissenschaftlichen Fortschritt auf eine theologisch verantwortbare Weise aufzunehmen und für die Entwicklung von Theologie und die Schriftauslegung nutzbar zu machen. Dabei erkannten sie, dass Theologie als Wissenschaft sich auf der Höhe der Zeit bewegen muss, indem sie den aktuellen Anforderungen an Wissenschaftlichkeit gerecht wird. Sie erkannten aber auch die Risiken, die daraus dem Gegenstand der Theologie erwachsen und ihr Versuch, die aus den beiden Anforderungen an Theologie erwachsende Spannung zu reflektieren, ist wesentlicher Untersuchungsgenstand dieser Arbeit. Die cartesianischen Theologen bekannten ihre

Fragestellungen und Aufbau der Untersuchung

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Orthodoxie in der dialektischen Spannung der Ansprüche von Vernunft und Offenbarung und legten damit den Grundstein einer modernen Theologie. Wittichs Ansatz zur Vermittlung von Theologie und Philosophie lenkt den Fokus vor allem auf die Hermeneutik. An der Frage der richtigen Interpretation der Bibel und der adäquaten Bewertung ihrer Autorität entscheiden sich die Möglichkeiten, die Souveränität der Theologie zu entfalten und gleichzeitig die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse anzuerkennen. Eine doppelte Wahrheit durch ein Nebeneinander von Bibel und Wissenschaft lässt sich nach Wittich durch eine der Bibel gemäßen Exegese vermeiden, die an Akkommodations- und Skopuslehre orientiert sei. Auf diese Weise erklärte er die Schriftauslegung zur Bewährungsprobe cartesianischer Theologie. Sie bedarf daher einer ausführlichen Analyse. Mit Wittichs Theologie wird zugleich ein zentrales Kapitel der Geschichte der Descartesrezeption in den Blick genommen. Wittich gehört zu den ersten Theologen, die sich systematisch und über eine oberflächliche Polemik hinaus mit der Philosophie von Descartes auseinandersetzen. Seine Lehrergeneration bot ihm dafür zwar bereits einige Vorbilder, aber erst Wittich entfaltete systematisch und als Inhaber einer theologischen Professur eine Dogmatik, die den Cartesianismus umfassend rezipiert. Es ist aufschlussreich zu beobachten, wie Wittich und das cartesianische Netzwerk sowie auch ihre Gegner mit Descartes umgehen und welche Folgen sich dadurch für ihre Theologie ergeben. Die Interpretation und Bewertung der cartesischen Philosophie von zeitgenössischen Pro- und Anticartesianern gewähren tiefe Einblicke in die Wirkung von Descartes, werfen dabei aber auch die Frage auf, ob die evangelische Theologie heute einen angemessenen Blick auf den Cartesianismus hat. Denn die Deutung von Descartes im 17. Jahrhundert weicht in entscheidenden Punkten von der heutigen ab. Während Descartes in der Theologie der Gegenwart vor allem aufgrund seines subjektivistischen Ansatzes gleichsam zum Begründer der neuzeitlichen Philosophie erklärt und dafür in der Regel zugleich harsch kritisiert wird, haben Wittich und das cartesianische Netzwerk Wissenschaftssystem und Wahrheitsverständnis, Methodenlehre und naturphilosophische Erkenntnisse in das Zentrum ihrer Descartesrezeption gestellt. Eine vermeintliche Wende zum Subjekt spielte weder bei ihnen noch bei ihren Kritikern eine entscheidende Rolle. Eine Gemeinsamkeit zwischen frühneuzeitlichen und modernen Cartesianismuskritikern scheint hingegen der Rationalismusvorwurf zu sein. Zwischen der relativ pauschal erscheinenden Beurteilung des Cartesianismus durch die evangelische Theologie der Gegenwart und der differenzierten und umfangreichen Diskussion der Theologen des 17. Jahrhunderts besteht insgesamt eine große Diskrepanz. Die Besprechung des Cartesianismus in der gegenwärtigen evangelischen Theologie erscheint bedenkenswert oberflächlich und einseitig zu verlaufen. Eine differenzierte und quellengestützte Beurteilung findet sich dort nicht mehr.

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Einleitung

Vielmehr scheint Cartesianismus dort zu einem bloßen Synonym für eine subjektivistische oder rationalistische Herangehensweise an Gottes Offenbarung erstarrt zu sein. Blickt man daher als an der neueren evangelischen Dogmatik geschulter Theologe auf den Cartesianismus und die Anliegen des cartesianischen Netzwerkes, kann sich kein vorurteilsfreies Bild einstellen. Der Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung als einer dogmen- und problemgeschichtlichen Analyse der sog. cartesianischen Theologie macht es notwendig, hier Klärung und Präzisierungen zu schaffen. Denn der Weg zu einer adäquaten theologischen Analyse des Cartesianismus und insbesondere seiner theologischen Rezeption scheint unter diesen Bedingungen bislang verstellt. Ganz im Sinne von Descartes selbst gilt es daher, die Vorurteile und überkommenden Meinungen, die seine Rezeptionsgeschichte begleiten, zu überwinden. Dabei kann es nicht darum gehen, eine detaillierte Rezeptionsgeschichte des Cartesianismus, die philosophische, katholische und evangelische Positionen von vier Jahrhunderten berücksichtigen müsste, der Analyse Wittichs vorzuschalten.3 Es kann auch nicht das Ziel sein, die Rezeptionslinien des Cartesianismus naiv auszuklammern oder zu widerlegen. Sie haben richtiges erkannt und ihre Berechtigung bereits dadurch, dass sei ein Problembewusstsein für Weichenstellungen des Cartesianismus schaffen helfen, über das die Autoren des 17. Jahrhunderts schlicht nicht verfügt haben. Für eine objektive Analyse der Dogmatik Wittichs und seiner Zeitgenossen muss jedoch zunächst gezeigt werden, an welchen Punkten die bisherige Wahrnehmung des Cartesianismus in der Theologie zu einseitig verläuft. Dazu müssen zumindest die heute wirkmächtigen Positionen der evangelischen Theologie exemplarisch beleuchtet werden. Aus diesen Vorüberlegungen ergeben sich für die Auseinandersetzung mit Wittichs Theologie für die evangelische Dogmatik folgende Zielsetzungen für die folgende Untersuchung: 1. Die Analyse der Dogmatik Wittichs bedarf der vorherigen Klärung der theologischen Rezeptionsgeschichte der cartesianischen Philosophie. Der Schwerpunkt kann dabei auf die evangelische Theologie des 20. Jahrhunderts gelegt werden. 2. Im Zentrum der Untersuchung müssen die Prolegomena von Wittichs Theologie stehen. Dort wird die Kernfrage des Verhältnisses von Theologie und Philosophie sowie von Offenbarung und Vernunft verhandelt. Damit soll ein Verständnis für die Grundlagen der reformierten Orthodoxie in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts geschaffen werden, die weiterführende dogmengeschichtliche Analysen ermöglicht. Zugleich wird ein wesentlicher 3 Eine solche Untersuchung wäre durchaus aufschlussreich, wäre aber ein eigenständiges und umfangreiches Unterfangen. Für die theologische Analyse Wittichs genügt es zunächst, die neuere evangelische Dogmatik kritisch zu beleuchten.

Fragestellungen und Aufbau der Untersuchung

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Beitrag für die Erforschung des Cartesianismus und die Genese der Frühen Neuzeit geleistet. 3. Einleitend müssen der theologische und philosophische Kontext erschlossen werden. Während historische Vorabreiten zu Wittichs Biographie und dem Cartesianismusstreit im Wesentlichen geleistet sind,4 bedürfen Vernunft- und Offenbarungsverständnis der reformierten Orthodoxie der Niederlande einer genauen Erschließung. Vertreter des Netzwerks um Wittich und seine Gegner sind ebenso wie Descartes selbst ausführlich zu behandeln, um Wittichs Position adäquat beurteilen zu können. 4. Ausgehend von der Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie sind die Hauptschriften Wittichs auf folgende Themen hin zu untersuchen: a. Philosophie- und Theologieverständnis – und die damit zusammenhängenden Fragen nach Wissenschaftsverständnis, Vernunft und Offenbarung, Erkenntnismethode, Schriftverständnis, Wahrheitsbegriff sowie nach den Folgen für Glaubensverständnis und Pneumatologie –, b. die cartesianische Hermeneutik und ihre Folgen für die Exegese (Akkommodationslehre und Skopusexegese), c. materialdogmatische Entfaltungen cartesianischer Theologie im Ausblick. Daraus ergibt sich für die Untersuchung folgende Gliederung: Nachdem einleitend ein forschungsgeschichtlicher Überblick sowie biographische und historische Grundlagen zu Wittich und dem Cartesianismusstreit rekapituliert worden und durch methodische und terminologische Vorüberlegungen – jeweils in enger Anlehnung an die bereits geleisteten Untersuchungen zu Wittich – ergänzt worden sind (Kapitel 1)5, kann in einem ersten Schritt die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik des 20. Jahrhunderts betrachtet werden (Kapitel 2). Die Aufarbeitung der Rezeptionsgeschichte schafft die Basis für eine Analyse der cartesianisch beeinflussten reformierten Orthodoxie. Das Beispiel Wittichs lenkt den Blick dabei auf die theologischen Grundlagen. Sein Oeuvre ermöglicht detaillierte und facettenreiche Einblick in die Prolegomena der cartesianischen Theologie und verweist auf den Schwerpunkt der Hermeneutik. Im Hauptteil der vorliegenden Untersuchung stehen daher diese beiden Themenbereiche. Für die Analyse der Prolegomena Wittichs (Kapitel 3) müssen ausgehend von methodologischen Vorbemerkungen (Kapitel 3.1) zunächst auch 4 Vgl. bes. Eberhardt, Wittich. Vgl. auch Kapitel 1.2 (Zum Stand der Forschung). 5 Das Kapitel zur Forschungsgeschichte (Kapitel 1.2) ist ebenso wie das Methodenkapitel (Kapitel 1.3) in weiten Teilen der Untersuchung des Verfassers von Wittichs Biographie und Werk entnommen. Die Kapitel sind von derselben Relevanz für beide Arbeiten zu Wittich und seiner Theologie. Das biographisch-werkgeschichtliche Kapitel (Kapitel 1.4) stellt im Wesentlichen eine Zusammenfassung des ersten Teils der Dissertation des Verfassers dar. Vgl. Eberhardt, Wittich.

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Einleitung

dessen Vorbilder, Gesprächspartner und Gegner in den Blick genommen werden. Dies geschieht ausgehend vom Theologieverständnis in der reformierten Orthodoxie vor dem Cartesianismusstreit (Kapitel 3.2) mit Blick auf Wittichs Gegner (Kapitel 3.3) und Positionen innerhalb des cartesianischen Netzwerkes (Kapitel 3.4). Dann werden die verschiedenen Aspekte von Wittichs Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie – unter besonderer Berücksichtigung von Vernunft- und Offenbarungsbegriff, Schriftverständnis, Erkenntnislehre und Wahrheitsbegriff sowie unter Bezugnahme auf Pneumatologie und Glaubenslehre – im Detail besprochen (Kapitel 3.5–3.12). Im Anschluss daran wird Wittichs Hermeneutik behandelt (Kapitel 4). Ausgehend von Wittichs Schwerpunkten Akkommodations- und Skopuslehre müssen auch hier im Anschluss an eine Exposition (Kapitel 4.1) zunächst historische Vorbilder und die zentralen Gesprächspartner Wittichs vorgestellt werden (Kapitel 4.2), bevor Wittichs Hermeneutik detailliert entfalten werden kann (Kapitel 4.3). Die Untersuchung schließt mit einem Ausblicks- und Ergebniskapitel (Kapitel 5). Ausgehend von den Ergebnissen des Hauptteils der Arbeit werden zentrale dogmatische Untersuchungsfelder der cartesianischen Theologie Wittichs skizziert (Kapitel 5.1). Diese werden nicht mehr im Detail entfaltet, bereiten aber eine Erschließung der materialdogmatischen Thesen Wittichs auf der Basis der Prolegomena vor und verstehen sich als Impulse für weitere Forschungsvorhaben. Die Ergebnisse der Arbeit werden im Rahmen einer kritischen Würdigung abschließend rekapituliert (Kapitel 5.2).

1.2

Zum Stand der Forschung6

Die biographisch-werkgeschichtliche Erschließung Wittichs und des historischen Kontextes seines Wirkens bildet die Voraussetzung des Verstehens seiner fundamentaltheologischen und dogmatischen Ansätze. Sie ist im Wesentlichen geleistet, die Ergebnisse finden sich in der ersten Arbeit des Verfassers, „Christoph Wittich (1625–1687). Reformierte Theologie unter dem Einfluss von René Descartes“.7 Darin enthalten ist auch eine Übersicht zur Forschungsgeschichte

6 Dieses Kapitel entspricht im Wesentlichen dem forschungsgeschichtlichen Überblich von Eberhardt, Wittich, 22–27. 7 Vgl. Eberhardt, Wittich und ergänzend Bordoli, Art. Wittichius, Christophorus (1625–87). DSECDP 2 (2003) 1083–1086 sowie Eberhardt, Art. Wittich, Christoph. BBKL XXXVII (2016) 1493–1507 mit weiterer Literatur.

Zum Stand der Forschung

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der theologischen Descartesrezeption in den Niederlanden und insbesondere zu Christoph Wittich.8 Sie wird hier im Folgenden wiedergegeben: Ein kurzer Blick auf die Forschungsgeschichte zeigt deutlich, dass die niederländische cartesianische Theologie bis vor wenigen Jahren noch relativ wenig Beachtung gefunden hat und bisweilen stärker in philosophischer als in theologischer Literatur untersucht worden ist. Goudriaan, der zu den wichtigsten Erforschern des niederländischen theologischen Cartesianismus gehört (Goudriaan [1996], [1999], [2003], [2006]), konstatiert, dass sie „noch kaum beschrieben“9 worden ist. Dasselbe gilt für eine umfassende Darstellung des Coccejanismus,10 den Wittich ebenfalls vertreten hat. Tiefergehende Auseinandersetzungen mit Wittich sind, trotz der Verdienste von Goudriaan und anderen, auch heute noch entsprechend spärlich. Ausführliche biographische Informationen haben lange Zeit allein ältere Lexika wie Zedlers Universal-Lexikon11 oder die ADB12 geboten.13 In zentralen kirchen- und dogmengeschichtlichen Entwürfen über die reformierte Orthodoxie wird er kaum berücksichtigt.14 Eine Dissertation über Wittichs Anti-Spinoza ist von Pape (1910) Anfang des 20. Jahrhunderts erschienen: Biographische und kirchengeschichtliche Informationen finden sich dort nur in rudimentärer Form, Paraphrasen des Anti-Spinoza machen den Hauptteil der Arbeit aus. Sodann findet sich eine besondere Würdigung von Wittichs Gotteslehre in der Geschichte der neueren evangelischen Theologie von Emanuel Hirsch (1949).15 Auch sie stützt sich lediglich auf den Anti-Spinoza. Eine Edition von Wittichs Werken fehlt nahezu vollständig. Lediglich einige Briefe sind im Rahmen eines Aufsatzes herausgegeben und seine Antrittsrede an der Universität von Nijmegen übersetzt worden. Diese Zugänge erfolgten jeweils im Rahmen der Erforschung der Stadt- und Universitätsgeschichte von Nijme8 Vgl. Eberhardt, Wittich, 22–27 und dazu die Bibliographie bei Eberhardt, Art. Wittich, Christoph. BBKL XXXVII (2016) 1493–1507. 9 Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 3. 10 Vgl. van der Wall, Cartesianism and Cocceianism, 447: „A study of Cocceian theologians in the later seventeenth and eighteens centuries – let alone of their relationship with Cartesianism – is still lacking.” 11 Vgl. Zedler, Art. Wittich, (Christoph). Universallexicon 57 (1748) 1889. 12 Vgl. Cuno, Art. Wittich, Christoph. ADB 43 (1898) 631–635. 13 Über den deutschen Sprachraum hinaus sei auch auf das Biographisch woordenboek der Nederlanden verwiesen: Vgl. van der Aa, Art. Wittichius (Christophorus). BWN 20 (1877) 401. 14 Eine Berücksichtigung Wittichs bei Heppe/Bizer, Dogmatik der evangelisch-reformierten Kirche (21958), wird in deren Einleitung bereits bemängelt. Vgl. Heppe/Bizer, Dogmatik der evangelisch-reformierten Kirche, XVII. Überaus spärlich sind die Bezugnahmen auf Wittich in dem vierbändigen Opus Magnum zur reformierten Dogmatik von Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics II, 137.139. 15 Vgl. Hirsch, Geschichte der neueren evangelischen Theologie I, 182–188.

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Einleitung

gen.16 Der wesentliche Teil seines Œuvres liegt in nicht edierten frühneuzeitlichen Drucken vor.17 Durch die fortschreitende Digitalisierung von Archiv- und Bibliotheksbeständen sind diese allerdings oftmals online verfügbar.18 Von fundamentaler Bedeutung für die zentralen Problemstellungen der cartesianischen Theologie und insbesondere Wittichs Frühschriften ist der immer noch lesenswerte Aufsatz von Bizer (1958). Diese wichtigste theologische Arbeit zu Wittich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts führte dazu, dass Thielicke (1968) Wittich aus der Reihe früher cartesianischer Theologen besonders hervorhebt.19 In der deutschsprachigen theologischen Literatur verdienen darüber hinaus besonders Bohatec (1966), der die cartesianische Theologie und ihr Verhältnis zur Scholastik untersucht und dabei Wittich behandelt hat, und Althaus (1967), der sich in seiner Wittichdarstellung kritisch von Bohatec absetzt, Erwähnung.20 Scholder (1966) würdigt Wittichs bibelhermeneutischen

16 Die Briefe wurden von Bots (Témoignages sur l’ancienne université de Nimègue 1992) im Rahmen eines Aufsatzes ediert, die Rede von Willem van der Kuijlen anlässlich des neunzigjährigen Jubiläums der philosophischen Fakultät der Radboud Universiteit Nijmegen 2013. Aalderink, Anti-Spinoza, 132–140 bietet zudem eine Übersetzung des Anfangs des Anti-Spinoza. Christoph Wittich: Het Gelderse Gibea – Apologie voor de Nijmeegse universiteit anno 1656. Door Christoph Wittich. Vertaling Vincent Hunink, inleiding Willem van der Kuijlen. Uitgeverij Vantilt/Radboud Universiteit. Nijmegen 2013. 17 Diesem Manko ist eine ausführliche Besprechung seiner Hauptschriften im Rahmen des biographischen Teils dieser Arbeit geschuldet. 18 Vgl. bes. die Sammlung der Post-Reformation Digital Library. 19 Thielicke, Der evangelische Glaube I, 19f. stellt fest, dass Wittich im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen bereits eine Ahnung für die anthropozentrische Subjektorientierung gehabt habe, die durch den Cartesianismus eingeleitet worden sei. 20 Einen kurzen forschungsgeschichtlichen Überblick über die Erschließung der Orthodoxie und die sog. Reformierte Scholastik geben van Asselt/Dekker, Reformation and Scholasticism, 14–21. In eine Linie mit Althaus und Bohatec gehört auch die Arbeit von Hans Emil Weber, der trotz seines Schwerpunktes auf der lutherischen Orthodoxie und einer damit einhergehenden bewussten Vernachlässigung der niederländischen Descartesrezeption Grundlegendes für die Orthodoxieforschung leistete und dementsprechend rezipiert wurde. All diese Autoren stehen auch auf dem Fundament theologiegeschichtlicher Darstellungen der Orthodoxie aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, bes. von August Tholuck, Ernst Troeltsch und Emanuel Hirsch. Vgl. zu diesen Grundlagen der Orthodoxieforschung z. B. Barth, Atheismus und Orthodoxie, 15–17. Die Positionen von Isaak August Dorner, Alexander Schweizer und Wilhelm Gaß werden ebenso wie die auffallenden Lücken in der Geschichtsschreibung des Cartesianismus besprochen bei Bohatec, cartesianische Scholastik, 1–12 und van Asselt/Dekker, Reformation and Scholasticism, 14–15. Insbesondere Gaß (Geschichte der protestantischen Dogmatik 1857) behandelt die cartesianische Theologie relativ ausführlich und wurde wiederholt rezipiert. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 129–132 u. ö. verweist auf die mitunter verfälschenden Voraussetzungen von Althaus (Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik 1967) (mangelnde Berücksichtigung der Reflexion orthodoxer Theologen über ihre principia und ihr Verhältnis zur Philosophie), Heppe/Bizer (Dogmatik der evangelisch-reformierten Kirche 21958)

Zum Stand der Forschung

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Ansatz. Diese Zugänge zu Wittichs Leben, Werk und geistesgeschichtlichem Kontext sind in vielerlei Hinsicht überholt.21 Neueren Datums sind diverse philosophische Untersuchungen zu Wittich. Als Vertreter der Skopusmethode und der Akkommodationstheorie wird er auch in jüngerer Literatur der Hermeneutikforschung berücksichtigt.22 Aus philosophischer Perspektive wurden Wittich und andere cartesianische Theologen in der internationalen Fachliteratur behandelt. Der Franzose Dibon (1993a und b) hat wichtige Bausteine zum Cartesianismus in der Philosophie des 17. Jahrhunderts für die Reihe Grundriss der Geschichte der Philosophie verfasst und auch auf Französisch zu diesem Thema veröffentlicht.23 Eine Reihe philosophischer Untersuchungen entstanden in den Niederlanden (Thijssen-Schoute [1989], Sassen [1959]) und in Italien (Scribano [1988] mit einer besonders breiten Berücksichtigung des Œuvres Wittichs, Mori [1990], Pesce [1992], Agostini [2000; 2010], Savini [2000a und b; 2002; 2011], Del Prete [2001; 2002; 2006; 2011]). Specht (1966) verortet Wittich innerhalb der Entstehungsgeschichte des Okkasionalismus.24 Für die Untersuchung der theologischen Auseinandersetzung mit dem Cartesianismus ist insbesondere die Arbeit von van Ruler (1995) zentral. Die Geschichte der deutschen Descartesrezeption, auf die Wittich besonders in den 1650er Jahren großen Einfluss genommen hat, gilt nichtsdestoweniger als relativ unerschlossen.25 Ein weiteres ergiebiges Feld für Wittich und die Prosopographie früher Cartesianer insgesamt stellt die schul- und universitätsgeschichtlich orientierte Forschung dar. Sie hat zahlreiche Informationen über Wittich zutage gefördert

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(Auswahlautoren und Darstellung des dogmatischen Systems entsprechen einander oftmals nicht) und von weiteren Darstellungen der reformierten Orthodoxie. Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus (1958) bleibt nach wie vor lesenswert, muss aber in einigen Punkten präzisiert werden. Die Darstellungen von Bohatec (cartesianische Scholastik 1966) und Althaus (Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik 1967) diskutieren in allzu ideologischer Manier Fragen ihres eigenen Theologieverständnisses anhand der cartesianischen Theologie. Ihre Werke sind zu stark kontextgebunden. Ihr Ansatz kann mit der neuen Orthodoxieforschung als überwunden gelten. Scholder, Bibelkritik, wiederum bietet bedenkenswerte Ergebnisse zu Wittich als Wegbereiter der historisch-kritischen Methode, aber seine Darstellung Wittichs ist insgesamt zu lückenhaft und überholt. Vgl. z. B. Savini, Methodus cartesiana, De Angelis, Anthropologien, und die zahlreichen Beiträge von Danneberg (Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens 2000, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie 2009a, Kontrafaktische Imaginationen 2009b, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie 2010a, accommodatio ad captum vulgi 2010b u. ö.). Vgl. Dibon, Regards sur la Hollande. Vgl. auch Janssen, Art. Okkasionalismus. TRE 25 (1995) 211. Vgl. zu einer Bewertung der Cartesianismusforschung für Deutschland Trevisani, Cartesianismus an der Universität Duisburg, 85 und vor allem den forschungsgeschichtlichen Überblick bei Trevisani, Descartes in Deutschland, 13–19.

28

Einleitung

(Frijhoff/Spies [1999], Sassen [1962] und weitere Veröffentlichungen des Vereins Numaga, Menk [1985], Trevisani [2011]). Die reformierte Orthodoxie wird in den letzten Jahren wieder vermehrt in der Forschung berücksichtigt. Zentrale Veröffentlichungen jüngster Zeit waren u. a. die beiden historischen Monographien zur Geschichte der niederländischen Republik und der Aufklärungsphilosophie von Israel (1995 und 2001). Sie ersetzen in vielerlei Hinsicht die Dissertation von McGahagan (1976), der es ursprünglich gelungen war, erste Breschen in ein weites Themenfeld zu schlagen, dabei aber passagenweise wegen unzureichenden Quellenstudiums auch unzuverlässig bleiben musste. Theologische Lexika behandeln Wittich nur in knapper Form oder überhaupt nicht; während die RGG ihn berücksichtigt, fehlt ein TREEintrag.26 Die aktuellsten Lexikonartikel zu Wittich stammen zum einen vom Verfasser im BBKL (2016)27 und zum anderen von Bordoli (2003)28 in dem von van Bunge (2003) herausgegebenen Dictionary of the 17th and 18th-Century Dutch Philosophers, das auch sonst überaus ergiebig für die Erschließung der Descartesrezeption und die Orthodoxieforschung ist.29 Für die neue Erforschung der Orthodoxie grundlegend sind die wegbereitenden theologischen Studien von Muller (22003) und van Asselt/Dekker (2001). In diesem Kontext sind von van der Wall (1996), Verbeek (1992 u. ö.) und anderen bereits Arbeiten über Cartesianismus und Coccejanismus entstanden. van Asselt (2001a) hat sich besonders der Theologie von Johannes Coccejus gewidmet und aktualisiert damit Forschungsanliegen von Schrenk (1967) und Faulenbach (1973). Der einflussreiche Gegner des Cartesianismus Gisbert Voetius und dessen Theologieverständnis und Gotteslehre werden von Beck (2007) neu erschlossen, der damit die Ergebnisse wichtiger niederländischer Literatur präsent macht und maßgeblich weiterführt. Hier wird ausdrücklich der „Nachholbedarf an Monographien zu individuellen Theologen des 17. Jahrhunderts“30 betont. Dem insbesondere von van Asselt/Dekker, Muller und Beck etablierten Weg einer neuen Orthodoxieforschung (New School) fühlt sich auch diese Arbeit in vielen Punkten verpflichtet.31 Tagungen und Forschungsprojekte zur reformierten 26 Die RGG behandelt Wittich bereits seit ihrer zweiten Auflage: Schrenk, Art. Wittich, Christoph (1625–1687). RGG2 4 (1931) 1992f., Goeters, Art. Wittich, Christoph. RGG3 6 (1962) 1786, Strohm, Art. Wittich, Christoph RGG4 8 (2005) 1671. 27 Eberhardt, Art. Wittich, Christoph. BBKL XXXVII (2016) 1493–1507. 28 Bordoli, Art. Wittichius, Christophorus (1625–87). DSECDP 2 (2003) 1083–1086. 29 Es ersetzt die Recherche in veralteten aber in Einzelfällen durchaus noch informativen Lexikoneinträgen wie z. B. bei Jöcher (1750/1751), in der ADB (1875–1912), dem NNBW (1911– 1937) etc. 30 Beck, Voetius, 15. 31 Vgl. dazu van Asselt/Dekker, Reformation and Scholasticism, 11–43 und Beck, Voetius, 21–25. Vgl. Kapitel 1.3.3 (Das Verhältnis zu Philosophie und Scholastik innerhalb reformiertorthodoxer Theologie).

Zum Stand der Forschung

29

Orthodoxie, wie z. B. unter der Leitung von Jan Rohls in München, bestätigen die Bedeutung der Epoche für die Dogmengeschichte und Wittichs Einfluss auf die theologischen Entwicklungen der Zeit.32 Rohls betont dies auch in seiner Ideengeschichte des Christentums.33 Ein zunehmendes Interesse an Wittich bei der Erforschung der Orthodoxie und Descartesrezeption wird durch aktuelle Veröffentlichungen belegt: Vermij (2002) hat Wittich und seine Auseinandersetzung mit dem kopernikanischen Weltbild besonders gewürdigt und seine Frühschriften besprochen. Goudriaan (1999; 2006) hat sich bei seiner philosophisch motivierten Auseinandersetzung mit der Dogmatik der reformierten Orthodoxie schlaglichtartig auch Wittich zugewendet. Schwerpunkt seiner Untersuchungen ist Wittichs Gotteslehre.34 Aalderink (2004; 2011), van Bunge (2004) und Douglas (2015) widmen sich der Aufarbeitung Wittichs mit Blick auf das Verhältnis von Cartesianismus und Spinozismus. Die italienische Philosophiegeschichte35 hat vor allem die Descartesrezeption und Wittichs hermeneutische Implikationen vertieft zu erforschen begonnen. Del Prete beklagt das Fehlen einer umfassenden und detaillierten Analyse der Verwendung der cartesischen Philosophie von Theologen in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts ausdrücklich.36 Der überwiegend philosophische Schwerpunkt bei der bislang so unvollständigen Erforschung Wittichs, die sich besonders auf Hermeneutik und Spinozarezeption konzentriert, zeigt das Desiderat einer theologischen Betrachtung eindrücklich.

32 Vgl. Rohls, Descartes und die reformierte Theologie. 33 Vgl. Rohls, Offenbarung, Vernunft und Religion, 349–365, bes. 357f. und Rohls, Schrift, Tradition und Bekenntnis, 417–422. 34 Ähnlich verhält es sich auch bei den italienischen Cartesianismusforschern wie Agostini (onnipresenza 2000 und L’idea di Dio 2010) und Mori (Tra Descartes e Bayle 1990). Ersterer untersucht den Unendlichkeitsbegriff im Cartesianismus und die Rezeption von Descartes’ Vorstellung der Gottesidee in den Meditationes, die Wittich kommentiert hat, letzterer behandelt Wittich und andere cartesianische Theologen (mit Blick auf das Gottesbild) in einer Untersuchung der Theodizee des französischen Mystikers und Philosophen Pierre Poiret Naudé (1646–1719). Wie Mori, Tra Descartes e Bayle, hat auch Scribano, Da Descartes a Spinoza, dabei die Frage nach dem freien Willen und der Prädestination im Blick. 35 Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich (1992), Savini, Methodus cartesiana (2000a) und Publication de L’Anti-Spinoza (2000b) sowie Del Prete, Tra Galileo e Descartes (2001); Ermeneutica cartesiana (2002); Exégèse biblique et physique cartésienne (2006); Oltre Descartes (2011). 36 Vgl. Del Prete, Oltre Descartes, 26 (Anm. 1).

30

1.3

Einleitung

Methodologische und terminologische Vorüberlegungen

Die vorliegende Untersuchung knüpft unmittelbar an die methodischen und terminologischen Vorüberlegungen der biographisch-werkgeschichtlichen Untersuchung des Verfassers zu Wittich an.37 Diese werden daher hier zu weiten Teilen noch einmal aufgegriffen.38 Der Fokus beider Arbeiten liegt auf der Cartesianismusrezeption innerhalb der reformierten Orthodoxie. Sie setzen dieselben Zugänge zu Wittichs Oeuvre voraus und bedürfen derselben Reflexion zentraler Leitbegriffe der Forschung. Lediglich die Schwerpunktverschiebung der vorliegenden Darstellung – weg von biographischen Fragen hin zu den Wechselwirkungen von Cartesianismus und reformierter Orthodoxie in den Prolegomena Wittichs – ist dabei neu berücksichtigt worden.

1.3.1 Werkerschließung39 Die theologische Auseinandersetzung mit Descartes bestimmt die Schwerpunktsetzung bei der Auswertung des hier zum ersten Mal vollständig berücksichtigten Œuvres Wittichs. Im Vordergrund der Untersuchung stehen daher vor allem seine wichtigsten apologetischen Schriften des Cartesianismus. Eine erste Debatte wird in seinen drei Frühschriften, Dissertationes Duae (1653), Consideratio (1656) und Consensus veritatis (1659) geführt.40 Sie enthalten we37 Vgl. dazu das Methodenkapitel bei Eberhardt, Wittich, 27–55. Vgl. zu methodologischen Vorüberlegungen darüber hinaus besonders Beck, Voetius, 19–25 auf den Grundlagen der Arbeiten von Willem van Asselt und Richard Muller. Diese Arbeit schließt sich den dort vorgestellten methodischen Grundsätzen zur Erforschung der reformierten Orthodoxie grundsätzlich an, da sie ermöglichen, den Autoren dieser Epoche unter der Berücksichtigung ihres Selbstverständnisses und ohne Vernachlässigung des historischen Kontextes weitgehend gerecht zu werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die methodologischen Hauptpunkte bei Beck, Voetius, 22f. zu verweisen. 38 Unter der Überschrift „Werkerschließung“ (Kapitel 1.3.1) werden dieselben methodologischen und terminologischen Vorüberlegungen herangezogen wie bei Eberhardt, Wittich, 27–55. Lediglich der biographische und universitätsgeschichtliche Fokus der Untersuchung wird zugunsten einer Vertiefung der theologischen Fragestellungen aufgegeben. Noch einmal abgedruckt sind Ausführung zu Orthodoxie- und Scholastikbegriff (Kapitel 1.3.2 und 1.3.3), dem Verhältnis von Aristotelismus und Cartesianismus (Kapitel 1.3.4) sowie einleitende Überlegungen zu Gelehrtennetzwerken (Kapitel 1.3.5) und dem wissenschaftshistorischen Kontext (Kapitel 1.3.6). 39 Dieses Kapitel entspricht im Wesentlichen den Vorbemerkungen in Eberhardt, Wittich, 27– 29. 40 Christoph Wittich: Dissertationes duae quarum prior De S. Scripturae in rebus philosophicis abusu, examinat, 1. An Physicae genuinum Principium sit Scriptura? 2. An haec de rebus naturalibus loquens accuratam semper veritatem, an potius sensum & opinionem vulgi saepius sequatur? Altera Dispositionem & ordinem totius universi & principalium ejus

Methodologische und terminologische Vorüberlegungen

31

sentliche Aussagen zur Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie sowie zur biblischen Hermeneutik unter cartesianischem Vorzeichen. Einen besonderen Stellenwert in Wittichs Œuvre nimmt sodann seine Verteidigung des Cartesianismus gegen Samuel Maresius (1599–1673) ein. Sie wird mit der Theologia pacifica (1671) eröffnet.41 Trotz des apologetischen Rahmens werden in dieser Hauptschrift Wittichs viele Elemente einer cartesianischen Dogmatik sehr systematisch entfaltet. Sie wird daher intensiv besprochen, während die Folgeschriften der Debatte, in denen die wesentlichen Argumente lediglich verteidigt und vertieft werden, nur ergänzend berücksichtigt werden. Eine besondere Betrachtung verdienen schließlich die im Diskurs mit der Leidener Universität zusammen mit Abraham Heidanus (1597–1678) und Burchard de Volder (1643–1709) entwickelten Consideratien (1676), die aufgrund ihres Status als Gemeinschaftsprojekt, ihrer hohen öffentlichen Wahrnehmung und ihrer Folgen für den niederländischen Cartesianismus einen hohen Stellenwert haben.42 Eine zweite Gruppe von Schriften Wittichs stammt aus dem universitären Lehrkontext. Neben den Disputationen sind hier insbesondere auf aus dem Unterricht entstandene Kommentare und die Positiones (1692), eine systematische Thesenreihe für Wittichs Unterricht, zu verweisen.43 Wittichs Bibelkommentare können nur insofern berücksichtigt werden, als dass sie für die Biographie oder die Entwicklung seines Schriftverständnisses von Belang sind. Rein philosophische Werke werden der theologischen Perspektive der Arbeit entsprechend nur am Rande behandelt. corporum tradit, sententiamque Nobilissimi Cartesii, de vera Quietate et vero motu Terrae defendit, Conscriptae a Christophoro Wittichio S.S. Theol. Profess. Ordinario in illustri Duisburgensi Lyceo, ibidemque Ecclesiae Pastore. Amstelodami: Elzevir 1653. Ders. [Präses], Iacobus Lehnhof [Respondent]: Disputatio Theologica De Stylo Scripturae Quem adhibet cum de rebus naturalibus sermonem instituit. Quam Favente Divinia Gratia Praeside Admodum Reverendo & Clarissimo Viro Dn. Christophoro Wittichio, S.S. Theologiae in Illustri Academia Duisburgensi Professore ordinario. Publico examine subjicit. Iacobus Lehnhof Duisburgensis, Ad diem 5. Iunii hora locoque consueto. Teutopoli: Ravins 1655. Ders.: Christophori Wittichii Consensus Veritatis In Scriptura Divina Et Infallibili Revelatae Cum Veritate Philosophica A Renato Des Cartes Detecta, Cujus occasione Liber II. & III. Principiorum Philosophiae dicti des-Cartes maximam partem illustrantur: cum Indice, Editio secunda a multis mendis emaculata & non parum aucta. Lugduni Batavorum: Boutesteyn/ Lever 1682. 41 Christoph Wittich: Christophori Wittichii Theologia pacifica, in qua varia problemata theologica inter reformatos theologos agitari solita ventilantur, simul usus philosophiae Cartesianae in diversis theologiae partibus demonstratur, & ad dissertationem celeberrimi viri, Samuelis Maresii, de abusu philosophiae Cartesianae in rebus theologicis & fidei, modeste respondetur. Lugduni Batavorum: Doude 1671. 42 Abraham Heidanus [Hrsg.]: Abrahami Heidani Consideratien, over eenige saecken onlanghs voorgevallen in de universiteyt binnen Leyden. Leyden: Doude 1676. 43 Christoph Wittich: Christoph. Wittichii Investigatio Epistolae Ad Hebraeos, Et Positiones Sive Aphorismi universam Theologiam adumbrantes. Amstelaedami: Wolters 1692.

32

Einleitung

Das posthum veröffentlichte Spätwerk Wittichs wird auszugsweise analysiert. Insbesondere für die Cartesianismusdebatte zentrale Passsagen des bedeutenden Anti-Spinoza (1690) werden ausführlich besprochen.44 Der Schwerpunkt der Untersuchung bleibt dabei allerdings streng orientiert an der Rekonstruktion cartesianischer Theologie. Wittichs Abgrenzung vom Spinozismus wird dabei skizziert, aber nicht vertieft. Die Arbeit legt so das Fundament für eine umfassende Erschließung des theologischen Cartesianismus der Niederlande in seinem historischen Kontext. Das umfangreiche Œuvre Wittichs wird gemäß der spezifischen Fragestellungen selektiv erschlossen. Es bietet sich freilich für weitere Untersuchungen unter anderen Schwerpunktsetzungen an, für die hier die Grundlagen gelegt werden. Dies gilt insbesondere für den Anti-Spinoza (1690), der im Kontext der frühen Spinozarezeption eine herausragende Rolle spielt und eine eigene Untersuchung verdiente. Allein die Darstellung von Spinozas Position und die Verortung Wittichs in der Debatte um den Spinozismus stellen für sich bereits so komplexe Forschungsfelder dar, dass sie im Rahmen dieser ohnehin schon umfangreichen Untersuchung nur angedeutet werden können und zugunsten des Schwerpunktes auf die theologischen Implikationen von Wittichs Schriften und die Auseinandersetzung mit dem Cartesianismus weiteren Arbeiten überlassen bleiben.45 Die bisherigen Forschungen zur Theologie der reformierten Orthodoxie haben gezeigt, dass sich bei der Analyse eine Reihe von Missverständnissen, Irrwegen und terminologischen Schwierigkeiten ergeben haben. Insbesondere in den frühneuzeitlichen Quellen auftauchende grundlegende Begriffe, die das Selbstverständnis der Theologen des 17. Jahrhunderts und ihre Methoden und Schultraditionen zum Ausdruck bringen, bedürfen einer Reflexion, zumal sie in der Forschungsliteratur aufgegriffen und umgedeutet wurden. In Anknüpfung an diese Diagnose ergeben sich einige Vorüberlegungen und Aufgaben für eine angemessene Analyse von Wittichs Theologie.46

44 Christoph Wittich: Christoph. Wittichii Anti-Spinoza Sive Examen Ethices Benedicti de Spinoza, Et commentarius de Deo et ejus attributis. Amstelaedami: Wolters 1690. 45 Wittich unterzieht Spinoza einer Kritik aus cartesianischer Perspektive und bespricht dabei seine gesamte Ethik. Wesentliche Grundlagen für eine Analyse des Anti-Spinoza werden hier bereits gelegt, jedoch bedarf sie eines eigenen Forschungsansatzes, der weniger von der Frage der Entstehung cartesianischer Theologie herkommend, die Entstehung des Spinozismus und dessen theologische Folgen vertieft. Auf der Grundlage des in der vorliegenden Untersuchung Geleisteten wird dies relativ leicht möglich sein. 46 Vgl. zu dieser Beobachtung auch Beck, Voetius, 22f.

Methodologische und terminologische Vorüberlegungen

33

1.3.2 Die Problematik des Orthodoxiebegriffs47 Der Terminus Orthodoxie hat sich bei der Betrachtung der Forschungsgeschichte und im Rahmen des Quellenstudiums als so facettenreich erwiesen, dass er einer kritischen Betrachtung bedarf. 1.3.2.1 Der Orthodoxiebegriff in der theologischen Forschung In der Forschungsliteratur dienen der Terminus Orthodoxie und das zugehörige Adjektiv ebenso als Epochenbegriff der Kirchengeschichte wie als Ausdruck zur Bezeichnung des Selbstverständnisses der Theologen des 17. Jahrhunderts bzw. der inhaltlichen Charakterisierung ihrer Theologie.48 Zwischen Reformation und Übergangstheologie steht die reformierte Orthodoxie als eine Epoche, die von 1564, dem Todesjahr Johannes Calvins (1509–1564) bis zum ersten Quartal des 18. Jahrhunderts reicht.49 Eine genauere, aber noch immer recht grobe Periodisierung trennt eine Frühorthodoxie ab 1564 von der Hochorthodoxie ab, die sich von 1619 bis 1680 erstreckt hat und damit die Wirkungszeit Wittichs fast vollständig erfasst. Wittich hätte demnach die zweite Hälfte der Hochorthodoxie mitgeprägt und stünde am Übergang zur Spätorthodoxie.50 47 Dieser Abschnitt entspricht dem gleichnamigen Kapitel bei Eberhardt, Wittich, 30–33. 48 Vgl. Beck, Voetius, 25f. Dabei wird zwischen lutherischer und reformierter Orthodoxie differenziert. Vgl. dazu z. B. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 2f. 49 Vgl. Fatio, Art. Orthodoxie II. Reformierte Orthodoxie. TRE 25 (1995) 485. Vgl. auch Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 3f. mit Bezugnahme auf Richard Muller. Das Ende der Epoche wird zwischen 1725, als in Genf der Geltungsanspruch der Dordrechter Synode aufhörte verbindlich zu sein, und 1775 (nach der Einteilung von Richard Muller) angesetzt und somit durch die Dekonfessionalisierung bestimmt. Mit einbezogen sollte bei der Bestimmung der Epochengrenze das Einsetzen der sog. Übergangstheologie werden, was für die frühere Datierung spricht. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 4 spricht sich jedoch mit Blick auf die Niederlande für die spätere Datierung aus, um alle Ausläufer der Theologie von Gisbert Voetius (1589–1676) in die Orthodoxie integrieren zu können. 50 Vgl. Fatio, Art. Orthodoxie II. Reformierte Orthodoxie. TRE 25 (1995) 488 und analog Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, 446f. Eine abweichende und feinere Einteilung bietet Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 30–32: Die Frühorthodoxie beginnt nach ihm 1565 (Tod zentraler Reformatoren) und erstreckt sich bis 1640. Eine Zäsur erfährt die Epoche 1618 mit dem Beginn der Dordrechter Synode. Die Hochorthodoxie umfasst einen Zeitraum von 1640 bis 1725. Auch hier nimmt Muller eine Zweiteilung vor und sieht im Jahr 1685 einen deutlichen Einschnitt. Die Spätorthodoxie beginnt nach ihm dann 1725. Dieser Einteilung nach wäre Wittich dann zur ersten Phase der Hochorthodoxie zu zählen, die sein gesamtes Wirken umfasst. Eine Periodisierung, die Wittichs Wirken genauer beschreiben kann, bietet Israel, Radical Enlightenment, 20, der mit der „crisis of European mind“ einen Zeitraum von 1650 bis 1680 als „the prelude before the Enlightenment“ treffend charakterisiert. Er umfasst die Hauptwirkungszeit Wittichs im Cartesianismusstreit nahezu vollständig. Einen Epocheneinschnitt durch diese Begriffsbil-

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Einleitung

Gleichzeitig ist Orthodoxie als dogmengeschichtlicher Terminus eine theologische Beurteilung der Epoche. Sie wird zusammengefasst als eine Systematisierung der Theologie der Reformation. Mitunter wird der Begriff in diesem Zusammenhang stark wertend benutzt. Man unterstellt der Orthodoxie einen vermeintlich rationalistischen und rein ordnenden Zug, als sei der lebendige Geist der Reformation hier verloren gegangen.51 Von einer pejorativen Nuancierung des Begriffs sieht die aktuelle Orthodoxieforschung jedoch weitgehend ab. Im Zuge der Entfaltung, Ordnung und Bestimmung der reformierten Theologie werden vor allem die starken polemischen bzw. apologetischen Bestrebungen wahrgenommen, die sich auch im literarischen Werk von Christoph Wittich niedergeschlagen haben.52 Ein entscheidender Faktor der historischen Analyse der orthodoxen Theologie ist die Beobachtung einer relativ starken Kontinuität theologischer und formaler Leitlinien vom Mittelalter über die Reformationszeit bis hin zur späten Orthodoxie.53 Unterschiede und neue Nuancierungen dürfen dabei nicht vernachlässigt werden. Insgesamt macht das polyvalente Orthodoxieverständnis die Verwendung des Begriffs als Epochenbezeichnung höchst problematisch. Zudem steht er in deutlicher Spannung zu den Quellen, in denen er in einem eigenen Sinn benutzt wird.

1.3.2.2 Der Orthodoxiebegriff in den frühneuzeitlichen Quellen Von der historischen Perspektive abzugrenzen ist das Selbstverständnis der Autoren der Epoche. Der Begriff Orthodoxie findet innerhalb der frühneuzeitlichen Quellen grundsätzlich Anwendung zur Bezeichnung der eigenen Rechtgläubigkeit und einer Theologie im Konsens mit den reformierten Bekenntnisschriften.54 ‚Orthodox‘ ist damit kein theologisches Selbstverständnis neben anderen, sondern vielmehr Ausdruck einer conditio sine qua non jedweder an-

51 52 53 54

dung festzulegen erscheint sinnvoll, weil die Frühe Neuzeit zu weit gefasst ist und ihre Anfänge je nach Forschungsperspektive oftmals noch eher als ausklingendes Mittelalter empfunden werden. Einen Neueinsatz mit der Wirkung des Cartesianismus und anderer philosophischer Strömungen im Kontrast zur kirchlichen Tradition, die sich nach den großen Religionskriegen des 17. Jahrhunderts entfalten kann, zu bestimmen, ist eine überzeugende, und für die Untersuchung Wittichs ergiebige Alternative. Vgl. für diese Einschätzung z. B. auch Pannenberg, Theologie und Philosophie, 142. Israels Terminus ist freilich über den Begriff der Krise bereits sehr spezifisch auf seine Epochenanalyse zugespitzt und tendenziell wertend. Er hat sich nicht durchsetzen können. Vgl. Fatio, Art. Orthodoxie II. Reformierte Orthodoxie. TRE 25 (1995) 485. Vgl. Fatio, Art. Orthodoxie II. Reformierte Orthodoxie. TRE 25 (1995) 485f. Vgl. dazu van Asselt/Dekker, Reformation and Scholasticism, 28–33 Beck, Voetius, 21–25 (positive Kontinuitätstheorie). Neben inhaltlichen Bezügen fällt auch die Kontinuität methodischer, institutioneller und systematisierender Aspekte auf. Vgl. dazu Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 3f. mit Bezugnahme auf die Vorarbeiten von Richard Muller.

Methodologische und terminologische Vorüberlegungen

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erkannten Theologie. Gerade die Infragestellung des orthodoxen Charakters eines Denkansatzes soll diesen in grundsätzlicher Weise abwerten. Die notwendige Übereinstimmung mit der in Bekenntnissen und Bibel fokussierten christlichen Lehre kommt hier zum Ausdruck. Der Begriff erhält so eine tragende Funktion innerhalb der polemischen Kontroverse und wird zur Beschreibung der Selbstwahrnehmung ebenso wie zur Diskreditierung theologischer Gegner verwendet. Die Inanspruchnahme der Zugehörigkeit zur Orthodoxie bzw. ihre Bestreitung ist damit von entscheidender Bedeutung für die Bewertung theologischer Systeme. Auf diese Weise wird der Begriff auch in der Cartesianismusdebatte angewendet. Ob cartesianische Theologie auf dem Boden der Orthodoxie steht, ist die entscheidende Frage von Wittich und seinen Gegnern. Was genau gilt den reformierten Autoren des 17. Jahrhunderts als orthodox? Anders als im durch die Konkordienformel von 1577 und dem Konkordienbuch von 1580 klar bestimmten und weitgehend einigen Luthertum war es zunächst im Rahmen der Konfessionalisierung zu keiner verbindlichen und abschließenden Bekenntnisbildung reformierter Theologie gekommen.55 Stattdessen fand sich eine Vielzahl von regional gültigen Bekenntnisschriften.56 Nichtsdestoweniger ist man von einem grundsätzlichen Kernkonsens der verschiedenen reformierten Bekenntnisse ausgegangen und hat sich auf diesen, ohne dabei ins Detail zu schauen, berufen, um die eigene Orthodoxie zu unterstreichen. In der Auseinandersetzung mit den Remonstranten erhielten dann die auf der Dordrechter Synode (1618–1619) entstandenen Dordrechter Canones (1619) einen in den Niederlanden besonders verbindlichen Charakter als dogmatische Richtschnur.57 Die Dordrechter Canones wurden neben anderen tragenden Bekenntnissen als 55 Vgl. Rohls, Theologie der Neuzeit, 51f. 56 Vier große Linien stellt Rohls, Theologie der Neuzeit, 52f. heraus: eine gemäßigte ZwingliInterpretation in der Confessio Helvetica Posterior (1561; Heinrich Bullinger), den zwischen Zwingli, Calvin und dem Philippismus vermittelnden Heidelberger Katechismus (1563; Zacharias Ursinus und Caspar Olevian), die Linie der rein calvinistischen Confessio Gallicana (1559; Antoine de la Roche-Chandieu) und der Confessio Belgica (1561; Guido de Bray), schließlich die in Ungarn als Bekenntnis angenommene Confessio christianae fidei (1559; Theodor Beza). Insbesondere die Confessio Belgica ist von hoher Bedeutung für den niederländischen Protestantismus. Vgl. ausführlich auch Wirsching, Art. Bekenntnisschriften. TRE 5 (1980) 501–503. Der Versuch einer einheitlichen Bekenntnisbildung führt zwar zu der Harmonia confessionum fidei (1581), in der auch das für deutsche Reformierte aufgrund des damit verbundenen Konfessionsschutzes zentrale Augsburger Bekenntnis mitberücksichtigt wird, jedoch handelt es sich dabei lediglich um eine gegenseitige Anerkennung der bereits bestehenden Bekenntnisschriften, ohne dass damit eine völlig verbindliche einheitliche Lehrnorm hergestellt werden konnte. Vgl. Rohls, Theologie der Neuzeit, 53f. 57 Verbindlich festgelegt wird damit vor allem die von Jacob Arminius (1560–1609) und seinen Anhängern kritisierte doppelte Prädestination: Das Heilshandeln Christi wird allein auf die erwählten Gläubigen bezogen und eine menschliche Mitwirkung bei der Entstehung des Glaubens kategorisch ausgeschlossen. Vgl. Rohls, Theologie der Neuzeit, 79. Vgl. überblicksartig auch van Dooren, Art. Dordrechter Synode. TRE 9 (1982) 140–147.

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Einleitung

Charakteristikum orthodoxen Denkens oft angeführt. Gleichzeitig betonte die Dordrechter Synode die Geltung der calvinistisch geprägten Confessio Belgica (1561) für den niederländischen Protestantismus. Als orthodox gilt ein Theologe im Sinne der niederländischen Reformierten der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts also, wenn er in Übereinstimmung mit der Bibel, den reformierten Bekenntnissen und der Synode von Dordrecht argumentiert, also in „bewusste[r] Übereinstimmung mit einem konfessionellen Standard“58. Dieser Rahmen wurde auch von Wittich als klar definiert wahrgenommen und als Fundament der cartesianischen Theologie verteidigt.59 Trotz des im Vergleich zum Luthertum weniger verbindlichen Bekenntnisrahmens der reformierten Orthodoxie verbirgt sich hinter ihr also durchaus eine Institutionalisierung von Lehrnormen im akademischen Kontext. Orthodoxie steht daher für die systematische Entfaltung und irenische oder polemische Verteidigung eines durch Bekenntnisschriften konsolidierten Rahmens dogmatischer Theologie zur Sicherung des reformatorischen Erbes des Protestantismus.60

58 Beck, Voetius, 25. 59 Vgl. z. B. Wittich: Theologia pacifica (1671), Praefatio [xiv]. Seine Schrift diene dem Beweis seiner orthodoxen Haltung: „Sequor ego Scripturam Sacram tanquam unicam regulam & normam fidei & vitae, firmiter adhaereo formulis consensus inter Reformatos receptis, Catechesi Heidelbergensi, Confessio Belgicae, Synodi Dordracenae canonibus aliisque Confessionibus Reformatorum.“ [„Ich folge der Heiligen Schrift gleichsam als der einzigartigen Regel und Norm des Glaubens und Lebens; fest hänge ich an den überlieferten Formeln des Konsenses unter den Reformierten, dem Heidelberger Katechismus, der Confessio Belgica, den Dordrechter Canones und den anderen Bekenntnissen der Reformierten]. Vgl. auch Wittich: Theologia pacifica, (1671) Praefatio [ii–v], wo von Wittich die Glaubensfundamente der Orthodoxie als zu bewahrende Grundlagen auch für neue Ergebnisse der Theologie ernstgenommen werden. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671), Praefatio [xix]. 60 Vgl. dazu bes. die Definition von Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 33. Eine besonders für den Cartesianismus zentrale Entwicklung innerhalb der reformierten Konsensbildung war die Verabschiedung des Consensus Helveticus 1675. Grundsätzlich war das Bekenntnis gegen theologische Neuerungen gerichtet, insbesondere gegen die Schule von Saumur. Es stand ganz in der Linie der theologia traditiva der reformierten Orthodoxie, betonte die Verbalinspiration der Bibel und bekräftigte die Prädestinationslehre und Gnadentheologie. Der in dieser letzten Bekenntnisformel der reformierten Orthodoxie maßgeblich wirkende Genfer Theologe Francois Turretini (1623–1687) war selbst Vertreter einer aristotelischen Philosophie, doch beinhaltete das Bekenntnis trotz seines konservativen Geistes keine explizite Verurteilung von Coccejanismus und Cartesianismus. Die cartesianische Theologie konnte es daher mittragen und sich dadurch bekräftigt fühlen, innerhalb des theologischen Rahmens der Orthodoxie weiterzuarbeiten. Vgl. dazu Rohls, Theologie der Neuzeit, 108. Ein Verweis auf das Bekenntnis gegen Kritiker cartesianischer Theologie lässt sich für Wittich allerdings nicht nachweisen.

Methodologische und terminologische Vorüberlegungen

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1.3.3 Das Verhältnis zu Philosophie und Scholastik innerhalb reformiert-orthodoxer Theologie61 Zentral für die Etablierung einer cartesianischen Theologie innerhalb der reformierten Orthodoxie und ein Schwerpunkt von Wittichs theologischem Arbeiten ist die adäquate Verhältnisbestimmung von Philosophie und Vernunft zur Theologie. Dementsprechend wird sich ein großer Teil der dogmatischen Analyse von Wittichs Theologie auch mit wissenschaftstheoretischen Fragen zu beschäftigen haben. Eng verbunden mit diesem Themenkomplex, um den man im theologischen Diskurs des 17. Jahrhundert massiv gerungen hat, war der Umgang mit dem Erbe der scholastischen Tradition. Deren formale Bestimmung muss einleitend geklärt werden, da der Terminus Scholastik in der Forschungsgeschichte nicht einheitlich und nicht wertfrei Verwendung findet und gleichzeitig im Selbstverständnis der frühneuzeitlichen Theologen eine ähnlich kontroverse Rolle spielt.

1.3.3.1 Das Scholastikverständnis der Forschung Die Bezeichnung „Scholastik/scholastisch“62 verweist neutral auf eine gründliche wissenschaftliche und damit rational nachvollziehbare Durchdringung und Darstellung eines Stoffes sowie auf die Bindung an einen schulisch-universitären Kontext. In der älteren Sekundärliteratur findet der Scholastikbegriff (ähnlich wie der Terminus Orthodoxie) in oberflächlicher und wertender Weise Anwendung, um einen theologischen Ansatz als zu rational bestimmt zu kritisieren. Die neuere Forschung bemüht sich demgegenüber um eine differenzierte Definition der Scholastik als Phänomen der Theologie von Mittelalter und Früher Neuzeit. Ein pejorativer Charakter des Begriffs wird dabei abgelehnt. Unproblematisch kann die neue Schule der Orthodoxieforschung von einem Reformed Scholasticism sprechen, um die Theologie der reformierten Orthodoxie zu beschreiben.63 Während klassische Zugänge zur Scholastik deren Einfluss mit der Reformation im Wesentlichen für beendet erklärt haben, lösen neue Ansätze ihre Bestimmung von engen inhaltlichen Kriterien und attestieren der Schultheologie scholastisches Denken bis in die Aufklärung hinein.64 Die Begriffsbestimmung wird dabei allerdings sehr weit gefasst und bleibt dadurch vage. Der Etymologie 61 62 63 64

Dieser Abschnitt entspricht dem gleichnamigen Kapitel bei Eberhardt, Wittich, 34–42. In den Quellen: scholasticus, -a, -um; philosophia scholastica etc. Vgl. bes. den Sammelband von van Asselt/Dekker (Reformation and Scholasticism 2001). Einen Überblick bietet hier Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie (1995), der scholastische Denker ausgehend vom Frühmittelalter und unter expliziter Berücksichtigung auch von Wittich und anderen orthodoxen Theologen bis ins 18. Jahrhundert hinein nachzuweisen bemüht ist.

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entsprechend lässt sich einleitend nur feststellen: „Historisch brauchbar ist der Terminus ‚Scholastik‘ zur Abgrenzung der im Schulbetrieb entstandenen und vermittelten Philosophie und Theologie.“65 Scholastische Theologie wäre somit zusammengefasst die an den Bildungsstätten vermittelte Schultheologie bzw. die Theologie einer bestimmten theologischen Schule, die sich gegen andere Formen der Theologie abgrenzt. In dieser allgemeinen Form ist der Begriff jedoch nahezu inhaltsleer. Überzeugend wurde herausgearbeitet, dass eine inhaltliche Bestimmung der Scholastik nicht ergiebig ist. Eine Reduzierung des Begriffs auf die mittelalterliche Theologie wird den von den frühneuzeitlichen Autoren selbst als scholastisch bezeichneten nachreformatorischen Phänomenen in Theologie und Philosophie nicht gerecht. Unter dem Terminus ‚Scholastik/scholastisch‘ versteht man daher gemäß der Arbeiten der neuen Schule der Orthodoxieforschung lediglich wissenschaftliche (und nicht allein auf die Theologie beschränkte) Methoden der Forschung und Lehre, an die aber nicht zwingend bestimmte theologische oder philosophische Inhalte gekoppelt seien.66 Eine gewisse Kontinuität der Terminologie lasse sich aber feststellen.67 Unter dem Begriff Scholastik 65 Leinsle, Art. Scholastik. I. Scholastik/Neuscholastik. TRE 30 (1999) 361. 66 Vgl. zusammenfassend für die sog. Neue Schule der Erforschung der Orthodoxie Beck, Voetius, 22–24 (vgl. auch van Asselt/Dekker, Reformation and Scholasticism, 39). Problematisch scheint hier die dem sehr differenzierten Ansatz von Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 12–15 widersprechende Annahme, dass Scholastik sich nicht per se auf die Vernunft stütze. Muller, Dictionary, 8 geht von einem relativ allgemeinen Scholastikbegriff aus, wenn er feststellt, dass Scholastik und Orthodoxie zwei Seiten derselben Medaille seien, wobei ein methodischer Zugang zu der entsprechenden Theologie sie als scholastisch und eine inhaltlich-dogmatische Perspektive sie als orthodox bewerte. Vgl. dann differenzierter Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 35f. Diese Gleichsetzung gelingt nur durch eine starke Verallgemeinerung des Scholastikbegriffs und widerspricht dem Selbstverständnis der frühneuzeitlichen Autoren. Selbst wenn man von einem allgemeinen Scholastikverständnis ausgeht, kann nicht davon abgesehen werden, dass es bei dieser Methode gerade um die rationale Erschließung und wissenschaftlich-didaktische Ordnung und Durchdringung von Lehrinhalten geht. Die Vernunftorientierung muss hier grundlegend sein. Dass zumindest dem Anspruch nach deswegen nicht die Vernunft auch das erste Erkenntnisprinzip der frühneuzeitlichen Theologie ist, steht dazu nicht im Gegensatz. Bedenkenswert, aber letztlich nicht überzeugend ist die Bestreitung der Existenz einer bestimmbaren scholastischen Methode durch Blumenberg, Legitimität der Neuzeit, 573, der betont, dass die Anwendung des Methodenbegriffs auf die „formalen Rezept[e] für die Disputation und die Abfassung von Traktaten“ anachronistisch sei. Eine eigentliche Erkenntnismethode mit dem Ziel von Erkenntnisfortschritt liege dem nicht zugrunde. Der Methodenbegriff ist jedoch nach allgemeinem Forschungskonsens ohne weiteres auch auf das Mittelalter anwendbar. Eine differenzierte Begriffsanalyse bietet Arndt, Art. Methode V. Neuzeit. HWP 5 (1980) 1314–1323. 67 Vgl. derartige Definitionsversuche in der Übersicht bei Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 7f. Ausdruck einer einheitlichen Terminologie in der Theologie der Frühen Neuzeit als Folge ihres scholastischen Charakters ist ein entsprechendes Wörterbuch von Muller, Dictionary (1985).

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werden nun Charakteristika der Schultheologie der Universitäten in ihrem jeweiligen historischen Kontext subsummiert. Eine von der älteren Forschung suggerierte grundsätzlich notwendige Verbindung von Scholastik und Aristotelismus wird dabei explizit bestritten.68 Nichtsdestoweniger bleibt man sich der Tatsache bewusst, dass der Aristotelismus sehr häufig in scholastischer Darstellungsweise begegnet und auch die Terminologie und die Methoden der Scholastik maßgeblich mitgeprägt hat. Mitunter wird dabei jedoch unterbetont, dass die in den Vordergrund gerückten formalen Kriterien auch inhaltlich nachwirken mussten: Sie bilden den Rahmen und die Strukturen des theologischen Arbeitens. Es ist daher fraglich, ob sich die radikale Trennung der scholastischen Methode von einem theologischen oder philosophischen Inhalt tatsächlich durchhalten lässt. Es kommt hinzu, dass auch die konkrete Bestimmung dieser scholastischen Methoden Schwierigkeiten bereitet.69 Von einer Identität der Scholastik des Mittelalters und der Frühen Neuzeit sollte in keinem Fall ausgegangen werden.70 Die methodische Ausgestaltung variiere trotz widerkehrender gemeinsamer Motive ebenso wie die inhaltliche und müsse innerhalb des historischen Kontextes jeweils neu bestimmt werden.71 Innerhalb der einzelnen Phasen scholasti68 Vgl. hierzu Beck, Voetius, 22f., Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 1f. und Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 34–37. 69 Vgl. Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 8f., der auf die Abhängigkeit der in den Quellen relativ wenig reflektierten Methoden über den jeweiligen Wissenschaftsbegriff verweist. 70 Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 35f.39f. 71 Für die Orthodoxie betont Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 39f. daher ausdrücklich, dass es ein großes Missverständnis ist, einen Rückfall der Orthodoxie in die mittelalterliche Scholastik zu attestieren, nachdem die Reformatoren diese zuvor überwunden hätten. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 34f. verweist darauf, dass es gegen die Gewohnheit einiger Forscher nicht angemessen ist, die Theologie des 17. Jahrhunderts grundsätzlich als scholastisch zu beschreiben. Es gibt das Bedürfnis, sich von der scholastischen Methode zu distanzieren, und zwar auch in akademischen Kreisen. Die Scholastik steht vor allem für eine Methode zur Entwicklung eines theologischen oder philosophischen Systems auf der Basis von sorgfältigen Bestimmungen seiner einzelnen Teile, ihren Definitionen und Ausdifferenzierungen. Exegetische, katechetische oder didaktische Schriften sind daher durchaus nicht scholastisch, auch wenn sie z. B. die aristotelischen Grundlagen orthodoxer Theologie rezipieren. Die scholastische Methode ist nicht durch ihre Inhalte bestimmt. Sie hat des Weiteren im Laufe ihrer Geschichte von Mittelalter über Renaissance bis in die Frühe Neuzeit Veränderungen durchgemacht, über die in der Theologie des 17. Jahrhunderts durchaus reflektiert worden ist. Vgl. für eine knappe Charakterisierung der Scholastik der reformierten Orthodoxie Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 34–37. Darüber hinaus diskutiert Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 132–146 kritisch die Versuche, die gesamt Orthodoxie als eine Form des Rationalismus zu interpretieren. Die korrekte Bestimmung des Begriffs Rationalismus führt hierbei zu einer besseren Differenzierung. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 132 versteht den philosophischen Rationalismus gerade als Abwehrbewegung gegen die christliche Aristotelesrezeption der Frühorthodoxie und gegen die scholastische Methode. Die Scholastik

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schen Denkens lassen sich „in Forschung wie Lehre ein festes System von Begriffen, Unterscheidungen, Propositionsanalysen, Argumentationstechniken und Disputationsmethoden“72 ausfindig machen. Es ergeben sich allgemeine Charakteristika, die eine Denkrichtung als scholastisch klassifizieren: • Scholastik beschreibt das rationale Unternehmen der schulmäßigen Ordnung und Darstellung eines wissenschaftlichen Gegenstandes. Sie hat ihren Platz an Schulen und Universitäten, an denen sie in Forschung und Unterricht zum Einsatz kommt. Sie entfaltet sich dabei im Rahmen bestimmter Schulen, Strömungen oder Netzwerke.73 • Scholastische Theologie oder Philosophie orientiert sich an einem bestimmten zeitgebundenen Wissenschaftsbegriff und Rationalitätsstandard.74 Sie folgt dabei terminologischen Vorgaben und entwickelt daraus ein eigenes Begriffssystem.75 In der Frühen Neuzeit orientierte man sich dabei stark, jedoch nicht ausschließlich am Aristotelismus. • Scholastisches Arbeiten, d. h. das ‚schulmäßige‘, sorgfältige Bearbeiten eines Themenkomplexes, stellt mit Blick auf die Theologie lediglich eine Facette des wissenschaftlichen Arbeitens dar. Als wissenschaftliche Methode unterliegt Scholastik der Vernunft. Jedoch eine völlige Reduzierung der sich scholastischer Elemente bedienenden Theologie auf Rationalismus und Praxis- und Lebensferne ist keine notwendige Folge daraus. • Die Orientierung am Text als Bezugspunkt wissenschaftlichen Arbeitens in Form von spezifischer Interpretations- und Kommentierungsmethode zeichnet scholastisches Arbeiten aus. Bei ihrem Gegenstand kann es sich um

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als Methode zu verstehen, den Rationalismus als einen philosophischen Standpunkt in Bezug auf die menschlichen Erkenntnismöglichkeiten, ist für die Differenzierung ausschlaggebend: So waren die wenigsten Rationalisten Scholastiker (gegen Bohatec, cartesianische Scholastik). Vgl. auch Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 9.14f. So der Mediävist Lambertus M. de Rijk, zitiert nach Beck, Voetius, 26. Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 34 und bes. Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 9f. Letzterer betont, wie problematisch diese Eigenschaft aber bereits dadurch bleibt, dass es verschiedene Schulen innerhalb der einzelnen Epochen scholastischen Denkens gibt. Hier spiegelt sich die Problematik des allgemeinsten Definitionsversuchs der Scholastik zur Abgrenzung der Lehrgebäude im Schul- und Universitätsbetrieb vom außerschulischen Kontext wider. Vgl. Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 10f., der vermutet, dass „gerade in der Rezeption des entsprechenden Wissenschaftsbegriffes in den theologischen Schulen jenes Moment, das die scholastische Form von Theologie als schulmäßige, wissenschaftlichrationale Durchdringung des Glaubensgutes mit einer speziellen Technik und Darstellungsform in Abhebung von anderen Formen charakterisiert“ (S. 10), liegt. Sowohl Wissenschaftsbegriff als auch angewendete Methoden sind dabei jeweils nicht genuin theologisch, sondern stammen aus anderen Wissenschaftsbereichen. Sie werden von der Theologie aber in angepasster Form rezipiert. Vgl. zur frühneuzeitlichen theologischen Terminologie bes. Muller, Dictionary, 9f.

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philosophische und dogmatische Schriften der Lehrtradition ebenso handeln wie um die Bibel.76 Die Methode der Frage (Quaestio-Verfahren, Disputation, Thesenbildung) und der durch Mittel der Logik erwiesene und rational nachvollziehbare Wahrheitsanspruch ihrer Antworten ist Kennzeichen der Scholastik.77 Scholastische Denker systematisieren ihren Gegenstand: Die Scholastik bringt komplexe Systeme und große Lehrgebäude hervor.78 Scholastische Theologie entsteht infolge der Ausprägung eines wissenschaftlichen Selbstbewusstseins und Selbstverständnisses. Die Abgrenzung von konkurrierenden Linien ist dafür eine zentrale Ausdrucksform.79 Dementsprechend gehören neben umfangreichen systematischen Entwürfen auch die Streitschriften und Apologetik zum Repertoire scholastischer Literatur.

Diese allgemeinen Elemente lassen sich in unterschiedlich starker Ausprägung problemlos in der Theologie der reformierten Orthodoxie und insbesondere auch in der cartesianischen Theologie und bei Christoph Wittich wiederfinden. Ausgehend von dieser Beobachtung lässt sich der nicht unumstrittene von Bohatec (1966) ausgehende Begriff einer cartesianischen Scholastik durchaus rechtfertigen.80 Einzelne Strömungen oder gar die ganze Epoche der Orthodoxie deshalb jedoch per se als scholastisch zu bestimmen, wie es auch die neue Schule der Orthodoxieforschung tut, ist problematisch.81 Gerade die cartesianischen Theologen wollen nämlich gerade nicht als Scholastiker verstanden werden und benutzen den Begriff selbst oft in pejorativer Form. Der neuen Orthodoxieforschung ist es somit zwar gelungen, sich durch eine sachliche Bestimmung der Scholastik von den problematischen Begrifflichkeiten früherer Ansätze wie der Bohatec-Debatte zu emanzipieren, jedoch berücksichtigt sie das Selbstverständnis der zu untersuchenden Theologen zu wenig. Die 76 Vgl. Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 11f. 77 Vgl. Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 12f. 78 Die Ordnung der dogmatischen loci zu einheitlichen Systemen ist sowohl Ausdruck der Verbindung der Scholastik zu Schule und Universität als auch ihrer der wissenschaftlichrationalen Durchdringung. Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 34f. 79 Vgl. Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 13. 80 Vgl. mit Bezug auf Bohatec, cartesianische Scholastik, Mori, Tra Descartes e Bayle, 15f. Kritisiert wird der Ansatz von Bohatec (cartesianische Scholastik 1966) bereits von Althaus (Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik 1967). Die Debatte wird aber von einem ideologisch aufgeladenen Scholastikbegriff dominiert. 81 Vgl. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 4, der mit Richard Muller darauf hinweist, dass der Orthodoxie-Begriff oft auch eine Übereinstimmung mit der institutionalisierten Schultheologie und ihrer Methoden, die unter dem Begriff Scholastik subsummiert werden, impliziere. Die grundsätzliche Identifizierung von Scholastik und Orthodoxie, die die Neue Schule der Orthodoxieforschung suggeriert, bleibt jedoch mit Blick auf den Scholastikbegriff frühneuzeitlicher Autoren problematisch.

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Unterstellung einer scholastischen Theologie in der Orthodoxie gelingt mitunter nur durch die ungenauen und changierenden Definitionen des Terminus. Unbestreitbar bleibt, dass cartesianische Autoren und auch Descartes selbst ihre Positionen und Methoden in der Auseinandersetzung mit dem unter dem Begriff der Scholastik subsummierten System entwickeln. Dabei werden je nach Autor Elemente mehr oder weniger stark übernommen, selbst wenn eine Abgrenzung von bestimmten Charakteristika der Scholastik angestrebt wird.82 Daraus folgt, dass sorgfältig zwischen dem Scholastikverständnis der verschiedenen Phasen der Forschung und der als scholastisch bezeichneten Autoren differenziert werden muss.

1.3.3.2 Der Scholastikbegriff in den Quellen der Cartesianismusdebatten Autoren der reformierten Orthodoxie reden seit dem 16. Jahrhundert mitunter durchaus positiv von Scholastik, um ihre eigene Theologie zu beschreiben und gegen andere abzugrenzen.83 Der Begriff ist nicht zwangsläufig negativ konnotiert. Dennoch überwiegt in der reformierten Orthodoxie und insbesondere innerhalb der Schriften der Cartesianismusstreitigkeiten ein stark pejorativer Charakter des Terminus. Es lässt sich ein deutliches Streben nach Emanzipation von scholastischen Traditionen beobachten, ebenso bei Christoph Wittich wie auch bei seinen Gegnern (z. B. Samuel Maresius) und theologischen Verbündeten (z. B. Johannes Coccejus).84 In Anknüpfung an die Scholastikkritik der Reformation ist der Begriff zu einem polemischen Ausdruck geworden, um gerade die Formen von Theologie und Philosophie zu diskreditieren, zu denen man sich in Opposition befindet. Während er ursprünglich ein positives Selbstbewusstsein der Schultheologie zum Ausdruck brachte, dient er nun oft der Distanzierung gegenüber einem als unangemessenen empfundenen Umgang mit der Vernunft. Scholastik wurde so als ein undifferenzierter Sammelbegriff, der ein falsches Verhältnis zur Philosophie 82 Eine auf fundierte Quellenarbeit gestützte Verhältnisbestimmung bietet auch Ariew (Descartes and the First Cartesians 2014), der Descartes in Beziehung zu den späten Scholastic textbooks setzt, die er exemplarisch auswertet und so eine Linie von der sog. Scholastik über Descartes zu frühen Cartesianern ziehen kann. 83 Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 34f. Als Beispiel für ein positives Verhältnis zur Scholastik innerhalb der reformierten Orthodoxie sei z. B. Johann Heinrich Alsted (1588–1638) genannt. Vgl. Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 299– 302. Am bedeutendsten für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts ist die Beobachtung, dass Gisbert Voetius mit einem wertneutralen Scholastikbegriff in seinen wissenschaftstheoretischen und methodologischen Überlegungen arbeitet. Vgl. Beck, Voetius, 426–428. 84 Dies macht van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 94–105 am Beispiel von Coccejus gut deutlich. Formal lassen sich scholastische Elemente in seinen Schriften ebenso nachweisen wie die explizite Scholastikkritik.

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zum Ausdruck brachte, verwendet. Er stand synonym für eine Vermischung von Theologie und Philosophie, die man zu meiden bemüht war.85 Bei vielen Theologen des 17. Jahrhunderts geht eine Untersuchung des Scholastikbegriffs nicht tiefer.86 Eine differenzierte Betrachtung der scholastischen Theologie liefert Gisbert Voetius, der unter dem Begriff einerseits Form und Methode der Theologie des Thomas von Aquin (ca. 1224–1274) und Petrus Lombardus (ca. 1095–1160) versteht, andererseits aber einen davon abgegrenzten und zu bevorzugenden Scholastikbegriff entwickelt. Die (richtig angewendete) scholastische Methode und das Studium scholastischer Theologen über Epochen- und Konfessionsgrenzen hinweg hält er für empfehlenswert.87 In der Analyse von Voetius zeigt sich, dass es in der reformierten Orthodoxie durchaus auch ein Bewusstsein für das Entstehen dogmatischer Traditionen gegeben hat, spiegeln sich doch insbesondere im 13. Jahrhundert, an das Voetius mit seiner Bezugnahme auf Thomas von Aquin anknüpft, Entwicklungen wider, die die Vernunft- und Methodenfrage, die mit dem Ausdruck Scholastik zusammengefasst wird, prägten. So wurden die hier vorgenommenen Weichenstellungen, die das Verhältnis von Theologie und Philosophie bestimmten und die Subordination letzterer als ancilla theologiae veranlassten, kritisch rezipiert.88 Eine reflektierte Auseinandersetzung mit dem scholastischen Erbe fand also mitunter durchaus statt. Die von Voetius beschriebene Tradition entspricht jedoch grundsätzlich

85 Vgl. bereits Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 13. 86 Vgl. dazu auch Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 3f. Die epochenübergreifende Perspektive der neuen Schule der Orthodoxieforschung findet sich hier nicht. 87 Vgl. Beck, Voetius, 27f. mit Nachweisen bei Voetius. 88 Vgl. einleitend zu der ancilla-Figur: Kluxen, Art. Ancilla theologiae. HWP 1 (1971) 294f. Gerade im 13. Jahrhundert, in dem die europäische Universität sich zu entfalten beginnt, die Theologie sich als Wissenschaft neu definieren und aufgrund der Aristotelesrenaissance zu Philosophie und Wissenschaftsverständnis positionieren muss, lassen sich auffällig viele Parallelen finden zu der Auseinandersetzung mit dem Cartesianismus. So benannten konsequente Aristotelesexegeten Widersprüche des Stageriten zu christlichen Vorstellungen und die Kirche setzte an der Universität von Paris eine Lehrverurteilung durch. Die Philosophie emanzipierte sich durch den Widerspruch zur Theologie jedoch ein stückweit von dieser. Eine doppelte Wahrheit, die ein Nebeneinander von einander widersprechenden philosophischen und theologischen Aussagen zugelassen hätte, wurde explizit ausgeschlossen. Vgl. Hödl, Art. Doppelte Wahrheit. HWP 2 (1972) 285–287. „Man kann sagen, daß mit dieser Anerkennung der Philosophie des Aristoteles die Philosophische Fakultät geboren wird, nämlich ihre Selbstständigkeit gegenüber der Theologie“; Höffe, Aristoteles, 291. Auch das ancilla-Verhältnis zur Philosophie, das maßgeblich Thomas von Aquin mitentwickelt hatte, würdigt ihre grundsätzliche Eigenständigkeit. Vgl. zur Aristotelesrezeption im 13. Jahrhundert zusammenfassend auch Leppin, Geschichte des mittelalterlichen Christentums, 362–366. Vgl. zu Voetius’ Philosophieverständnis und der Vorstellung der ancilla theologiae auch Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 32f.

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wiederum einem Scholastikbegriff, von dem sich die cartesianische Theologie distanziert hat.89 Das bedeutet freilich nicht, dass diese Theologie nicht auf Methoden, Argumentationsfiguren und auch Inhalte zurückgreifen kann, die im Lichte der modernen Forschung als scholastisch bezeichnet werden müssen. Am Beispiel von Johannes Coccejus (1603–1669) ist gezeigt worden, wie ein antischolastisches Selbstbewusstsein nur bestimmte Elemente scholastischer Theologie auszuschließen bemüht ist und nichtsdestoweniger unproblematisch scholastische Elemente in das eigene Denken integriert.90 Eine gewisse Berechtigung des Scholastikbegriffs ergibt sich zudem aus der Tatsache, dass die Theologie der reformierten Orthodoxie in maßgeblicher Weise durch universitäre Zentren geprägt und entwickelt wurde, so dass ihre Bezüge zum Lehrkontext ein wesentliches formales Charakteristikum ausmachen. Die Konsequenz dieser Beobachtung darf es jedoch nicht sein, dass theologische Entwürfe vorschnell gegen ihre Selbstwahrnehmung als scholastisch klassifiziert werden. Dies wäre in der Tat nur unter Vernachlässigung des Scholastikverständnisses gerade der vermeintlichen Scholastiker möglich.91 Das Verdienst der neuen Scholastikfor89 Wenn die neue Schule der Orthodoxieforschung es in ihren Grundsätzen formuliert, dass die Definition, die Scholastiker selbst für ihre Methoden anführen, ernstgenommen werden müssen (Vgl. van Asselt/Dekker, Reformation and Scholasticism, 39 und Beck, Voetius, 22), darf dies auch für ein dezidiert antischolastisches Bekenntnis gelten. 90 van Asselt, Cocceius Anti-Scholasticus?, 227–251 untersucht die antischolastischen Aussagen des Coccejus, die sich einerseits als konsequenter erweisen als bei seinen Kollegen wie Samuel Maresius oder Gisbert Voetius und mit der Forderung nach einer stärkeren Bibelorientierung der Theologie verbunden sind, andererseits aber nicht ausschließen, dass scholastische Elemente auch in seiner eigenen Theologie durchaus präsent sind. Die Scholastikkritik des Coccejus richtet sich vor allem gegen den Einsatz der Disputationen und einer der Bibel gegenüber nicht adäquaten Terminologie an den Universitäten. Van Asselt kommt jedoch zu dem Schluss, dass allgemeine Charakteristika scholastischer Theologie durchaus bei Coccejus präsent sind. Seine Ablehnung richte sich gegen eine sehr eng bestimmte Scholastik, während seine Theologie gleichzeitig viele Ähnlichkeiten mit derjenigen seiner Kollegen aufweise, die von der Neuen Schule der Orthodoxieforschung als scholastisch bestimmt wird. Wiederum zeigt sich: Die verschiedenen Definitionen der Scholastik entscheiden über die Kategorisierung der Theologen als scholastisch oder antischolastisch. Das Selbstverständnis der Theologen erscheint jedoch gewichtiger als die Etablierung eines allzu verallgemeinernden Scholastikbegriffs gegen dieses Selbstverständnis. Vgl. auch van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 101–105. „Given Cocceius’ view on the right use of reason and philosophy and the principium cognoscendi theologiae, we may conclude that if the term ‚scholasticism‘ is employed in a strict and narrow sense of a polemical elaboration of theological points found in such works as Voetius’ Disputationes, then the anti-scholastic element is certainly predominate in Cocceius’ thought. Nevertheless, if ‚scholasticism‘ denotes the more general phenomenon of a logically-consistent theology, the fundamental theological reflections of Cocceius are quite congruent with the views which were adopted by his orthodox contemporaries.“ (van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 104f.). 91 Dies widerspricht auch den Prämissen der neuen Schule der Orthodoxieforschung aus-

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schung besteht gerade darin, Identifizierungskriterien für scholastische Elemente innerhalb theologischer Entwürfe der reformierten Orthodoxie zu liefern. Eine Klassifizierung der gesamten Epoche als Scholastik mittels eines inhaltlich unspezifischen Scholastikbegriffs verbietet sich dadurch.92 Dieser bleibt wertvoll für die Erforschung von Methodologie, Verhältnisbestimmung von philosophischem Vernunfturteil und biblischer Offenbarung innerhalb der cartesianischen Theologie.

1.3.4 Aristotelismus und Cartesianismus in der Orthodoxie93 Während sich mit dem verallgemeinernden Begriff der Scholastik zunächst rein äußerlich Form und Methode der Schultheologie sowie ihr Verhältnis zu Wissenschaftlichkeit und Philosophie bündeln lassen, wurde klassischer Weise inhaltlich die philosophische Prägung der Theologie, das Wissenschaftssystem und die Philosophie in der Orthodoxie mit Aristoteles verbunden. Diese Verbindung wurde als so eng empfunden, dass man gerade der frühorthodoxen Schultheologie ein Bekenntnis zu Aristoteles unterstellte (lediglich eingeschränkt durch die ramistische Tradition).94 Weitgehend war die Scholastik der reformierten Orthodoxie in ihren Anfängen eine aristotelische. Ursächlich für die Abkehr von der ursprünglichen reformatorischen Aristoteleskritik war vor allem die Aristotelesrezeption Philipp Melanchthons (1497–1560), der durch seinen Einfluss auf die Systematisierung der Theologie und die Entwicklung der Universitäten und Hohen Schulen auch im reformierten Europa nachhaltig wirkte.95

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drücklich, die dafür plädiert, die Scholastiker selbst definieren zu lassen, was Scholastik bedeutet. Vgl. van Asselt/Dekker, Reformation and Scholasticism, 39 und Beck, Voetius, 22. Dementsprechend setzt z. B. Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, 446 den Begriff Scholastik in Anwendung auf die reformierte Orthodoxie auch in Anführungszeichen. Dieser Abschnitt entspricht dem gleichnamigen Kapitel bei Eberhardt, Wittich, 42–48. So z. B. Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 11f. Vgl. zum Ramisus Strohm, Art. Ramus, Petrus (Pierre de la Ramée) (1515–1572). TRE 28 (1997) 129–133. Vgl. Trevisani, Clauberg e l’Aristotele riformato: Die Aristotelesrenaissance war vor allem bedingt durch das Bedürfnis nach einer Methodologie, der sich daraus ergebenen Aufwertung der Philosophie als propädeutische Wissenschaft der Theologie. Getragen wurde diese Entwicklung auch durch den Humanismus und die Rhetorikrezeption. In Abgrenzung der thomistischen Tradition begann man in den Niederlanden und den deutschen Territorien nach dem ‚wahren‘ Aristoteles zu forschen und konnte den Neuansatz so rechtfertigen. Die Konkurrenz mit dem Katholizismus machte das Aristotelesstudium zu einer Notwendigkeit. Diese Konkurrenz erstreckte sich auch auf die Pädagogik. Vgl. zur Aristotelesrezeption in der Frühorthodoxie auch Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 283–287.

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Die von der älteren Forschung vorschnell vorgenommene und grundsätzlich zu kritisierende Identifizierung von Scholastik und Aristotelismus hat also durchaus eine nachvollziehbare Ursache. Hinzu kommt ein ähnlich undifferenzierter oder zumindest wenig transparenter Umgang mit den Termini Scholastik, Aristotelismus und Philosophie bei vielen Autoren der Hochorthodoxie.96 Aristoteles als philosophische Autorität der reformierten Orthodoxie wird wirkmächtig von dem einflussreichen Utrechter Theologen Gisbert Voetius in Anspruch genommen und dabei gerade Descartes gegenübergestellt. Gerade Voetius ist besonders bemüht darum, Aristoteles für die protestantische Theologie in Bezug auf den Diskurs um ihre eigene Wissenschaftlichkeit fruchtbar zu machen und einen produktiven Umgang mit der scholastischen Tradition zu etablieren.97 Auch sonst ist Aristoteles eine allgemein präsente Größe sowohl in den cartesianischen als auch descarteskritischen Lagern der Orthodoxie. Wittichs cartesianischer Lehrer Johannes de Raey (1622–1707) legt Aristoteles konsequent cartesianisch aus und bemüht sich um eine Harmonisierung beider Ansätze.98 Allerdings kann aus der auffälligen Bezugnahme auf Aristoteles’ Namen nicht abgeleitet werden, dass den Theologen dessen Schriften immer vor Augen gestanden hätten. Grundsätzlich greifen die reformierten Theologen der Hochorthodoxie auf Autoritäten zurück, nicht um sich ihren tatsächlichen Positionen anzuschließen, sondern um ihr Ansehen für den eigenen Text zu instrumentalisieren und sie vom eigenen Denkrahmen her zu interpretieren. Das gilt für die Rezeption von Aristoteles und Descartes ebenso wie für die Bezugnahme auf theologische Autoritäten und mitunter sogar für den Verweis auf die biblische Autorität. Aristoteles wird dadurch oft zu einem bloßen Medium der „Artikulation des common sense“99. Gleichzeitig findet sich tendenziell eine starke Ablehnung der paganen Philosophie durch die Theologie, die ihrerseits einer Nutzung der Philosophie nicht im Wege stand.100 Vielfach ist die frühneuzeitliche Philosophie dadurch nicht genuin aristotelisch, sondern bedient sich bestimmter bewährter Motive. In der Regel ist sie eklektisch und nicht einem 96 So richtet sich, wie noch zu zeigen sein wird, die Scholastikkritik Wittichs insbesondere gegen die unkritische theologische Rezeption einer aristotelisch geprägten und als scholastisch bezeichneten Philosophie, die zu einer unangemessenen Vermischung von Theologie und Philosophie geführt habe. Wenn andererseits Wittichs Gegner Maresius die Scholastik kritisiert, hat er eine Verfälschung der Aristotelesauslegung im Blick, ohne sich von Aristoteles selbst distanzieren zu wollen. 97 Vgl. van Ruler, Crisis of Causality, 317. 98 Vgl. z. B. Verbeek, De vrijheid van de filosofie, 4. Ariew, Descartes and the First Cartesians, XV. 99 Verbeek, Descartes and the Dutch, 7. Vgl. zur auctoritas Beck, Voetius, 20f., der in seiner Untersuchung die Vorstellung der autoritativen Absicherung des common sense zugrunde legt. 100 Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 360f.367–382 zum Verhältnis der reformierten Orthodoxie zum Aristotelismus.

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exakten aristotelischen Quellenstudium verpflichtet.101 Das an Universitäten und Hohen Schulen vermittelte philosophische Lehrgebäude, das sich auf Aristoteles beruft, aber diesen inzwischen weitergedacht und stark an die eigenen Bedürfnisse angepasst hat, soll durch die Inanspruchnahme von dessen Autorität verteidigt und legitimiert werden. Die grundsätzliche Orientierung an Aristoteles fungierte zugleich als ein Bindeglied für scholastische Methodik und spezifische Terminologie und hat damit einen auch inhaltlich nicht zu vernachlässigenden Einfluss gewonnen und das Wissenschaftsverständnis der Frühen Neuzeit maßgeblich mitbestimmt. Descartes erscheint dabei als eine Gegenfigur zur tradierten Philosophie; durch die Bezugnahme auf ihn wird die Ablehnung des common sense ermöglicht oder unterstellt. Er selbst war von der Hoffnung getragen, „dass seine Philosophie die aristotelische Schulphilosophie als Propädeutik der katholischen Theologie ersetzen könne.“102 Die Descartesrezeption der reformierten Orthodoxie in den deutschen Territorien und den Niederlanden folgte diesem Bestreben, indem der Cartesianismus zu einem Fundament theologischen Denkens gemacht wurde. Am Beispiel von de Raey zeigt sich aber deutlich, dass ein Antagonismus zu Aristoteles daraus nicht notwendigerweise resultierte. Auch wenn in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts Descartes oft als antiaristotelisch dargestellt wird,103 hindert das die Cartesianer keineswegs daran, positiv auf Aristoteles zurückzugreifen. Publikationen und Unterricht der Cartesianer zeigen zudem, dass scholastische Elemente mit den methodischen Ansätzen von Descartes verbunden werden konnten. Am Beispiel von Wittich, der wie so viele Cartesianer vor seiner Descartesrezeption ein herkömmliches philosophisches Grundlagenstudium absolviert hat, lässt sich dies exemplifizieren.104 Auch hier ist der vermeintliche Gegensatz zur Scholastik also weit weniger radikal, als es mitunter von den frühneuzeitlichen Theologen betont wird. Ein eklektischer Mittelweg zwischen Descartes und den herkömmlichen philosophischen Schultraditionen wird häufig eingeschlagen.105 Insofern ist nicht nur auf die Unterschiede cartesianischer Theologen zu ihren Gegnern zu achten, sondern auch auf gemeinsame Elemente, die eine deutliche Kontinuität insbesondere innerhalb der akademischen Methoden markieren, die in der Forschung mitunter als ‚cartesianische 101 Ein extremes Beispiel dafür bietet z. B. Wittichs Lehrer Adriaan Heereboord. Vgl. zu diesem Verbeek, Art. Heereboord, Adriaan (1614–61). DSECDP 1 (2003) 395–397. 102 Rohls, Offenbarung, Vernunft und Religion, 354. Darauf zielt z. B. sein Widmungsschreiben der Meditationes an die theologische Fakultät der Sorbonne. Vgl. Rohls, Descartes und die reformierte Theologie, 27 und Descartes: Meditationes (1641) Widmungsbrief (AT VII 2– 11). 103 Vgl. Rohls, Offenbarung, Vernunft und Religion, 354. 104 Vgl. exemplarisch den Umgang Wittichs mit Aristoteles anhand des Index des Consensus veritatis in Wittich: Consensus (21682) Index, Art. Aristoteles [unpaginiert]. 105 Vgl. Ariew, Descartes and the First Cartesians, XIV–XV.

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Scholastik‘ wahrgenommen worden ist.106 Die cartesianische Philosophie ist ähnlich heterogen wie die aristotelische Philosophie. Nicht alle Autoren, die sich zu Descartes bekennen oder von Kritikern als Cartesianer bezeichnet werden, übernehmen dieselben Elemente von Descartes’ Philosophie. Viele ihrer charakteristischen Elemente werden zumindest von einigen Cartesianern infrage gestellt.107 Der theologische Cartesianismus, der sich bei Wittich und in seinem Umfeld findet, lässt sich allerdings durchaus weiter spezifizieren. Zu einer näheren Bestimmung ‚der‘ cartesianischen Theologie gehört ein Bewusstsein für ihre Vielschichtigkeit. Greifbarer verspricht sie daher zu werden, wenn man von konkreten Beispielen ausgeht und sodann nach Gemeinsamkeiten im Umfeld bedeutender Vertreter wie Wittich Ausschau hält. Die frühen niederländischen Cartesianer erweisen sich nämlich als extrem gut vernetzt.108 Ihre Gelehrtennetzwerke befinden sich dabei auch im Austausch mit anderen geistesgeschichtlichen Bewegungen der Zeit. Abschließend sind einige präzisierende Bemerkungen zu der Bezeichnung Cartesianer/cartesianische Theologie notwendig: Bereits in der Einleitung ist darauf hingewiesen worden, dass sich die Vertreter eines theologischen Cartesianismus nicht selbst als Cartesiani bezeichnet haben. Es handelt sich dabei vielmehr um eine vielerorts nachweisbare polemische Fremdbezeichnung. Wenn in der vorliegenden Untersuchung der Begriff ‚Cartesianer‘ auf Wittich und andere der neuen Philosophie gegenüber aufgeschlossenen Theologen angewendet wird, wenn von cartesianischer Theologie oder einem theologischen Cartesianismus gesprochen wird, geschieht das unter diesem Vorbehalt. Zur Markierung der historischen Distanz und insbesondere infolge der Sprachgewohnheit der Forschungsliteratur hat sich der Terminus allerdings durchgesetzt.109 Im Sinne einer aufgeschlossenen Haltung gegenüber Descartes bei 106 Auf der Grundlage der methodischen und formalen Kontinuität ist diese Begriffsbildung nicht ohne Berechtigung. Sie bleibt aber insbesondere wegen ihres Kontextes in der historisch zu unsauber geführten Debatte von Bohatec (cartesianische Scholastik 1966) und Althaus (Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik 1967) problematisch. Der Begriff ist insgesamt eine allzu unspezifische und nicht sorgfältig genug bestimmte Beschreibung des eklektischen Zuges der cartesianischen Theologen. Aber neueren Forschern wie van Sluis, Röell, 15 oder Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 303–306 gelingt durchaus eine überzeugende Anlehnung an diesen Sprachgebrauch, um zu beschreiben, dass die cartesianische Theologie sich formal an ihren Vorgängern und an der Aristotelesrezeption ihrer Zeit ebenso anlehnen kann wie an Descartes und dabei ein eigenes Lehrsystem innerhalb der herkömmlichen Scholastik errichtet. 107 Vgl. Ariew, Descartes and the First Cartesians, XVI. 108 Vgl. Kapitel 1.3.5 (Gelehrtennetzwerke und theologische Hauptströmungen) und vertiefend Eberhardt, Wittich, 207–217. 109 Vgl. exemplarisch für die Forschung des 20. und 21. Jahrhunderts mit Wendungen wie cartesianische Scholastik, cartesianische Theologie, cartesianische Dogmatik, theologischer Cartesianismus o. ä. Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus (1958), Bohatec (cartesiani-

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gleichzeitiger Orientierung an der Orthodoxie soll in der vorliegenden Untersuchung von cartesianischer Theologie gesprochen werden.110 Die für den Cartesianismus aufgeschlossenen Gelehrten des 17. Jahrhunderts haben sich von dieser Bezeichnung in der Regel distanziert und sich immer primär als Theologen im Rahmen der reformierten Orthodoxie verstanden.111 Cartesianer wurden im 17. Jahrhundert vor allem von den Gegnern cartesianischer Philosophie so genannt, und zwar als ein Synonym für Skeptiker, Neuerer, Atheist oder Häretiker.112 Keineswegs war es die Selbstbezeichnung der sog. cartesianischen Theologen und auch Wittich distanziert sich davon noch in seinen Spätschriften.113 Man sah den Glauben an die Offenbarung durch den Cartesianismus gefährdet, da scheinbar auf der Grundlage von Philosophie und Naturwissenschaft überkommene Dogmen und die Schriftautorität infrage gestellt wurden. Gleichzeitig darf ebenso nicht davon ausgegangen werden, dass anticartesianische Theologen strikt einem starren Aristotelismus gefolgt wären. Man hatte sich im Gegenteil durchaus auf die nova philosophia, als deren Vertreter Descartes in einer Reihe

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sche Scholastik 1966), Althaus (Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik 1967), Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes (1999), Rohls, z. B. Philosophie und Theologie (2002), Beck, Voetius (2007). Der Terminus erweist sich als historisch sinnvoll und tragfähig. Er sollte aber nicht in einem weiteren Sinne und losgelöst von seinem historischen Kontext verwendet werden, um Verwirrungen und Missverständnisse zu meiden. Diesen Weg geht leider z. B. Helmut Thielicke, der „cartesianische Theologie“ als einen Kampfbegriff auch gegen seine zeitgenössischen Gegner benutzen möchte. Die apologetischen Texte Wittichs exemplifizieren diese Tendenz gut. Bereits in der Praefatio zu den Dissertationes Duae heißt es: „[…] adeoque Cartesius vulgo Atheus, Scepticus, haereticae et insanae philosophiae author fuerit habitus, Cartesiana etiam dogmata similibus titulis quibus eorum author fuerint insignita. Quemadmodum ergo qui olim aliquem Lutheranum aut Calvinianum vocitabat, putabat summae ignominae notam se ipsi inusisse: ita nunc, qui Cartesianum quem proclamat, sibi videtur compendio quasi omnia convitia in ipsum ejecisse“. Wittich: Dissertationes Duae (1653) Praefatio [iv]. Die Schüler von Descartes jedoch verteidigten die zu Unrecht in Verruf gebrachte Philosophie zugunsten der Wahrheit und somit auch zum Ruhme Gottes. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) Praefatio [iv]. Die Unterstellung, Cartesianus zu sein, in Verbindung mit dem Vorwurf einer pythagoreisch anmutenden Fixierung auf die Autorität des Meisters, wird hingegen entschieden zurückgewiesen, „cum […] non auctoritate, sed rationibus a Cartesio monstratis et a nobis recte perceptis ducamur, nemoque minus auctoritatibus humanis in scientiarum studio tribuat, quam dicti Cartesiani […]“. Wittich: Consensus (21682), Praefatio ad lectorem cordatum 11. Das Thema der polemischen Fremdbezeichnung ‚Cartesianer‘ findet sich auch sonst im Consensus veritatis, beginnend bei Wittich: Consensus (21682), Praefatio ad lectorem cordatum 2: „Cartesius & Cartesiani odii & probri erant vocabula.” Vgl. für die Abgrenzung cartesianischer Theologen gegen diese Bezeichnung auch Wittich: Theologia pacifica (1671), Praefatio [xiv–xvi]. Besonders am Beispiel von Maresius’ Kritik an Wittich wird dies deutlich. Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 259–313. Vgl. Wittich: Metalleia (1685), Praefatio [xviii].

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mit einer Vielzahl anderer neuzeitlich orientierter Denker stand,114 eingestellt und Aristoteles zu modernisieren versucht. Descartes jedoch empfand man aus einer Reihe von Gründen immer mehr als eine direkte und ernstzunehmende Bedrohung. Denn die terminologische und methodische Grundlage der scholastisch geprägten Theologie blieb auch nach der Reformation aristotelisch. Descartes wurde als ein völliger Bruch mit dieser Traditionslinie empfunden. Man befürchtete, die Theologie verliere durch eine Öffnung zum Cartesianismus ihre Grundlagen. Die philosophia Cartesiana stellt ein einheitliches und komplexes philosophisches System mit eigener Methodologie dar, das viele lose Ansätze der nova philosophia zu einem stimmigen Ganzen vereint hat und so tatsächlich mit dem Aristotelismus konkurrieren konnte und eine echte Alternative darzustellen begann.115 Wenngleich Descartes selbst auch Einmischungen in den Bereich der Theologie zu vermeiden gesucht hatte, geriet durch die Rezeption seines gesamten Systems und seiner rationalen Methode die Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie zunehmend in eine Krise. Die naturwissenschaftlichen Neuerungen der nova philosophia, die das cartesianische System transportierte, wurden zur Grundlage der Dogmen- und Bibelkritik; das bedeutete aus der Sicht vieler orthodoxer Theologen eine Verdrehung der Verhältnisse und eine Infragestellung der Autorität der Offenbarung zugunsten der Vernunft. Was als Philosophie vielfach toleriert werden konnte, wurde in dem Moment problematisch, als es unmittelbare Auswirkungen auf die Theologie zu entfalten begann. Insbesondere die naturwissenschaftlichen Innovationen des 17. Jahrhunderts erschütterten das Selbstverständnis der Kirche und stellten konservative Kräfte innerhalb der Orthodoxie vor die Aufgabe, Aristotelismus und Scholastik an die Anforderungen der Zeit anzupassen. Die Ausformung der neoscholastischen Philosophie, maßgeblich gefordert von Voetius, bemühte sich daher um einen modernisierten Aristotelismus – besonders durch die Rezeption von Francisco Suarez (1548–1617) – unter Wahrung der Dominanz der Theologie über die Philosophie.116 Im Einzelfall bereitet die Differenzierung der oftmals 114 Zu einer Charakterisierung der nova philosophia vgl. z. B. Röd, Philosophie der Neuzeit I, 11–19. Neben einem zunehmenden Praxisbezug in der Philosophie wurden die Ansätze des Platonismus (bes. in England) und des Aristotelismus zu modernisieren versucht, alternative Systeme zur Scholastik mussten entworfen werden, das Individuum rückte mehr und mehr in den Vordergrund, Mechanismus, Naturalismus und Empirismus wurden prägend. 115 Die Verurteilung des Cartesianismus weist einige Parallelen zu dem in seinen Anfängen ebenso hart bekämpften Ramismus auf, der sich an einigen Schulen und Universitäten durchzusetzen versuchte. 116 „There can be no doubt that Voetius introduced neo-Aristotelianism mainly as a system to protect the purity of Reformed dogma, and as a fence to ward off the attacks of all kinds of heretics and unbelievers. Attacking the philosophical presuppositions of the whole system was therefore tantamount to attacking the purity of faith itself.” Vermij, Calvinist Copernicans, 161.

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vielschichtigen jeweiligen theologischen und philosophischen Ausrichtung eines Gelehrten ‚konservativer‘ Prägung aber immer gewisse Schwierigkeiten, da viele Thesen, solange sie den Bereich der Philosophie nicht verlassen, diskutierbar erschienen und rezipiert werden konnten.117 Bereits im Laufe der 1650er Jahre begann sich eine eklektische Kompromisshaltung, die sowohl die Verdienste von Aristoteles als auch von Descartes anerkannte, soweit der Rahmen der reformierten Dogmen und der kirchliche Einfluss dies zuließen, bei einem nicht geringen Teil der theologischen Gelehrten und Pfarrer auszubreiten.118 Es bildete sich eine Reihe von Strömungen innerhalb der niederländischen Gelehrtenwelt heraus, die sich zwischen radikalem Rationalismus und konservativer Theologie facettenreich bewegte.

1.3.5 Gelehrtennetzwerke und theologische Hauptströmungen zwischen Cartesianismus und Coccejanismus, Nadere Reformatie und theologia traditiva119 Durch Descartes’ Disput mit den niederländischen Universitäten und die Kontroverse seiner Rezeption ist die Frage nach dem Verhältnis reformierter Orthodoxie zur Philosophie neu gestellt und forciert worden. Die Haltung gegenüber einer theologischen Descartesrezeption und die Beurteilung der neuen Philosophie ist von der Forschung zu einem Kriterium erklärt worden, um verschiedene theologische Strömungen innerhalb der niederländischen Universitäten und Kirche sowie der gelehrten Öffentlichkeit zu bestimmen. Scholder (1966) hat mit dem nicht unproblematischen Begriff von einer „cartesianischen Mittelpartei“ versucht, den theologischen Cartesianismus innerhalb der reformierten Orthodoxie zu verorten.120 Er grenzt diese Gruppe von radikalen Cartesianern, die sich für ihre philosophische Position auch gegen die Orthodoxie stellen, ebenso ab wie gegen Cartesianismusgegner. Sinnvoller als von einer Partei lässt sich von einem Netzwerk cartesianischer Gelehrter sprechen. Dieses 117 Vgl. McGahagan, Cartesianism in the Netherlands, 2–18. Ein gutes Beispiel ist dafür die Position von Voetius selbst, der zwar als prominentester und entschlossenster Bekämpfer der philosophia Cartesiana auftrat, aber durchaus in anderen Zusammenhängen kopernikanische Thesen tolerieren konnte. Nach Vermij, Calvinist Copernicans, 162f. behauptete Voetius später von sich, schon seit Studienzeiten ein überzeugter Antikopernikaner gewesen zu sein; 1634 betont er im Corollarium einer Utrechter Disputation de praejudiciis Verae Religionis, dass die Erdbewegung Schriftaussagen entgegenstehe und ist so zum ersten Mal als Antikopernikaner nachweisbar. 118 Vgl. Vermij, Calvinist Copernicans, 180. 119 Dieser Abschnitt entspricht dem gleichnamigen Kapitel bei Eberhardt, Wittich, 48–53. 120 Scholder, Bibelkritik, 146.

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„network of Cartesians“121 wird über bestimmte herausragende Gelehrte oder Universitätskollegien zusammengehalten und ist durch einen gegenseitigen brieflichen Austausch seiner Mitglieder, die Organisation eines geschlossenen öffentlichen Auftretens, die gegenseitige Unterstützung bei akademischen, politischen oder kirchlichen Anfeindungen, die Unterstützung von Schülern, strategische Überlegungen bei der Berufungspolitik etc. charakterisiert. Eine derartige Vernetzung lässt sich anhand von Wittichs Biographie gut nachweisen.122 Wenn im Folgenden vom cartesianischen Netzwerk gesprochen wird, ist vor allem an Wittichs Kontaktpersonen gedacht. Genaugenommen gibt es mehrere cartesianische Netzwerke, jeweils um herausragende Gelehrte oder universitäre Zentren herum.123 Der Begriff bezeichnet im Folgenden sowohl die Vernetzung cartesianischer Gelehrter in den Niederlanden als auch im Speziellen Wittichs Beziehungen. Innerhalb der niederländischen gelehrten Welt sind Wittichs Kontakte durchaus weitreichend und repräsentativ. Einflussreiche Cartesianer der ersten und zweiten Generation gehörten dazu. Ihre gute Vernetzung untereinander ist auch ihren Gegnern aufgefallen. So berichtet Samuel Maresius, Wittichs akademischer Lehrer und späterer Gegner, über die cartesianischen Theologen in der Praefatio zu seiner ersten gegen Wittich verfassten Schrift: Er [scil. Wittich] flößte mir den Wunsch ein, das öffentlich zu machen, was ich dazu meinte, dass sich diese cartesianischen Herren durch das Band einer unerlaubten Sekte auch unter dem Namen Söhne des Lichts, wie sie von sich sagen, solidarisieren. Und dies tun sie nicht nur auf eine einzige Weise. Denn sie schicken sich gegenseitig ihre Manuskripte zu, um sie zu verfeinern, damit sie schließlich zu einem vollen Konsens kommen […].124 121 Verbeek, Descartes and the Dutch, 70. 122 Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 207–217. Verbeek, Descartes and the Dutch, 70.81 artikuliert die Vorstellung eines network of Cartesians in der neueren Forschung auch in allgemeiner Form. Ihm scheint es sogar gerechtfertigt, von einer cartesianischen Schule zu sprechen. Dibon, Philosophieunterricht in den Niederlanden, 55 lehnt den Begriff der Schule in diesem Zusammenhang noch ab. Für einen kurzen Zeitraum von ca. 1650–1680 ist er diskutierbar, der Netzwerkgedanke erweist sich aber als tragfähiger. Die Beobachtung eines cartesianischen Netzwerkes ist nicht neu: Bereits frühe Untersuchungen zur Universität Utrecht und dem dort gebildeten Collegie der Scavanten durch Jan Hartog (Collegie der Scavanten 1876) weisen es grundsätzlich nach. Verbeek, Descartes and the Dutch, 75 (Anm. 170) kennt diese Untersuchung. 123 Die Vernetzung reicht zwar oft über die Landesgrenzen hinaus, jedoch gibt es regionale Schwerpunkte. Ein cartesianisches Netzwerk in Frankreich wird z. B. von Popkin, Cartesianism and Biblical Criticism, 63 benannt. 124 Maresius: De abusu (1670), Praefatio [v]: „Animos mihi adjecit ad haec evulganda, quod sentirem istos Dominos Cartesianos, illicitae factionis vinculo, etiam sub nomine, ut ajunt, filiorum lucis, inter se colligari; idque non uno modo; Nam sua manuscripta sibi mutuo missitant expolienda, ut tandem ad plenum consensum deveniant; […].“ (Kursiv nach Maresius.)

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Die Entstehung dieses Netzwerkes transparent zu machen ist ein wesentlicher Bestandteil der biographisch-prosopographischen Untersuchung des Verfassers zu Wittich. Die Forschung beobachtet bereits seit langem, dass es eine enge Verbindung zwischen Cartesianismus und der Theologie von Johannes Coccejus gibt. Viele cartesianische Theologen, auch Wittich stellt hier keine Ausnahme dar, rezipierten Coccejus. Coccejo-Cartesianer (mitunter auch Cartesio-Coccejaner) ist daher eine gängige Bezeichnung für cartesianische Theologen. Bereits während des tatsächlichen Diskurses um den Cartesianismus haben die Anticartesianer diese Verbindung von Cartesianismus und Coccejanismus bemerkt und kritisiert.125 Über die komplexen Ursachen der Verbindung der beiden Strömungen gibt es eine Reihe von Untersuchungen.126 Sowohl Coccejaner als auch Cartesianer hatten in der theologischen Landschaft einflussreiche Gegner, insbesondere Voetius und seine Anhänger. Dieser äußere Druck forcierte letztlich den Schulterschluss stärker als die inhaltlichen Gemeinsamkeiten. Beide Ansätze verband zusätzlich eine dezidierte Kritik am herkömmlichen Verhältnis der Theologie zur Philosophie. Die Coccejaner plädierten vor allem für eine von der aristotelischen Schulphilosophie unbeeinflusste biblische Theologie, während die Cartesianer die Emanzipation der Philosophie von biblischer Reglementierung erstrebten. Über die coccejanische Bundestheologie entsteht ein ähnlicher Bezug zur Geschichtlichkeit wie durch das cartesianische Fortschrittsdenken. Eine grundsätzliche Identifizierung von Coccejanern und Cartesianern ist freilich irreführend. Coccejus selbst war nie Cartesianer, stand der Bewegung aber wohlwollend gegenüber und förderte sie. Weder löste er sich jedoch von der Vorstellung, dass die Philosophie als ancilla theologiae zu fungieren habe, noch 125 Vgl. dazu z. B. die Schrift von Valentin Alberti: Diplun Kappa, Quod est, Cartesianismus Et Cocceianismus: Belgio hodie Molesti, Nobis suspecti […] In Panegyrin Doctoralem Theologicam XVII. Sept. A. MDCLXXIIX. Adducti, Et qua Errores Nostraeque Ecclesiae Interesse Examinati a L. Valentino Alberti […]. Lipsiae: Hahnius 1678. Vgl. zu Albertis Schrift De Angelis, Anthropologien, 302f. und 309–317. Die vieldiskutierte Verbindung wird auch von den cartesianischen Theologen kommentiert. Vgl. zu einer Wittich nahen Perspektive vor allem Heidanus: Consideratien (1676) 17f. und dazu Eberhardt, Wittich, 352–369. 126 Sehr übersichtlich stellt Beck, Voetius, 92 Hauptargumente zusammen. Eine einführende aber zu unkonkrete Untersuchung bietet van der Wall, Cartesianism and Cocceianism. Vgl. für kurze Darstellungen auch Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 347f. und Rohls, Offenbarung, Vernunft und Religion, 359. Aufschlussreich ist die fundierte Untersuchung des Verhältnisses von Philosophie und Theologie bei Coccejus durch van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, bes. 76–86. Er denkt die wichtigsten Ansätze für die Verhältnisbestimmung von Cartesianismus und Coccejanismus überzeugend weiter, nämlich Cramer, Heidanus en zijn Cartesianisme, bes. 5–7 und McGahagan, Cartesianism in the Netherlands, bes. 366–368. Erstem folgt er, während McGahagan, der eine Gemeinsamkeit im Glaubensbegriff beider Ansätze zu belegen versucht, überzeugend verworfen wird.

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war er blind gegenüber den Problemen des Cartesianismus für die Theologie.127 Es lassen sich weitreichende wechselseitige Bezüge beider Ansätze innerhalb des cartesianischen Netzwerkes um Wittich nachweisen. Sowohl der Schulterschluss mit der coccejanischen Theologie als auch die starke Vernetzung der cartesianischen Theologen ist auch als ein Ergebnis des großen Einflusses von Voetius und seinen Anhängern zu verstehen. Die von Voetius maßgeblich bestimmte Nadere Reformatie stellt die wichtigste und für weite Teile des 17. Jahrhunderts einflussreichste theologische Strömung der Niederlande dar. Die reformierte Frömmigkeitsbewegung stand unter dem Einfluss des Puritanismus und weist starke Parallelen zum Pietismus auf. Sie zeichnet sich vor allem durch eine sittenstrenge Ethik und eine konservative theologische Haltung aus.128 Die Vernetzung der Voetianer war ebenfalls sehr gut. Anders als die Cartesianer hatten sie dadurch zudem einen großen Rückhalt in der Kirche. So konnten sie stimmungsbildend wirken sowie die Synoden im Kampf gegen ihre theologischen Gegner instrumentalisieren. Die Auseinandersetzung von Cartesianern und Anticartesianern hat auch eine politische Dimension. Auf die Politik konnte über die Kirche Druck ausgeübt werden, die Politik wiederum beeinflusste zusammen mit der Kirche auch die Universitätskuratorien. Insbesondere in Bezug auf Berufungsverhandlungen und Erlasse von Descartesverboten war dies folgenschwer. Die Einbeziehung von Staatsapparat, Universitäten und Kirche gilt es in der vorliegenden Untersuchung daher sorgfältig zu berücksichtigen. Die Voetianer setzten sich grundsätzlich für ein konservatives politisches Programm ein. Sie hatten unter der Herrschaft von Willem II. van Oranje (Haus Oranien-Nassau; 1626–1650) einen hohen Einfluss auf die niederländische Innenpolitik. So forderten sie z. B. das gesetzliche Verbot gewisser ihnen als unchristlich geltender gesellschaftlicher Phänomene (wie öffentliches Fluchen, bestimmte öffentliche Tänze, Theatervorführungen etc.). Sie setzten sich dafür ein, dass höhere politische Ämter nur von reformierten Christen besetzt werden sollten.129 Gleichzeitig wollte man die Souveränität der Kirche als eigenständigen Machtbereich verteidigen. Das politische Programm der Oranier bemühte sich daher solidarisch um die Wahrung der kirchlichen Interessen durch eine Akzeptanz der Trennung von Kirche und Staat.130 127 Vgl. dazu van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 73–77. 128 Vgl. dazu vor allem van den Berg, Frömmigkeitsbestrebungen, 57–112. 129 Für das Verhältnis von Kirche und Staat in den Niederlanden bis 1650 zusammenfassend Vermij, Calvinist Copernicans, 273f. 130 Vgl. z. B. Vermij, Calvinist Copernicans, 276. Die reformierte Kirche war in den Niederlanden nicht als Staatskirche eingerichtet worden, sondern verdankte ihre privilegierte und dabei vom Staat recht unabhängige Position ihrer Unterstützung der Obrigkeit im Widerstand gegen das katholische Spanien. Die lokalen Umstände und nicht theologische Kon-

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In den 1650er und 1660er Jahren gab es in den Niederlanden politische Machtkämpfe zwischen den Oraniern und den Republikanern, die unmittelbar mit der Cartesianismusdebatte verbunden waren. Nach dem Tod von Willem II., dem amtierenden Stadhouder der Provinzen, nutzte die republikanische Opposition die Gunst der Stunde und etablierte eine neue Regierungsform, die ohne die personelle Bindung eines Großteils der politischen Macht an den Stadhouder auskam. Die erste Groote vergadering gestaltete die Regierung in zentralen Punkten neu. In dieser ersten statthalterlosen Zeitperiode (1650–1672) war auch der Einfluss der Kirche, die sich von den Oraniern traditionell begünstigt sah, geschwächt worden. Unter dem maßgeblichen Einfluss von dem Ratspensionär Johan de Witt (1625–1672) wurde das politische Programm der Republikaner unter dem Schlagwort Ware Vrijheid, das säkulare Strömungen und damit auch die cartesianische Philosophie förderte, gegen die Widerstände der Sympathisanten der Oranier, unter denen sich auch zahlreiche Voetianer fanden, durchgesetzt. De Witt und seine politischen Freunde waren in ihrer Studienzeit von der philosophia nova beeinflusst worden und hingen nicht mehr an dem traditionellen akademischen System.131 Viele Kirchenvertreter, wohl auch Voetius selbst, strebten daher die Restauration des alten Systems an,132 während das Auftreten der Kirche bei den Republikanern den Verdacht umstürzlerischer Absichten aufkommen ließ. Eine Verstärkung antiklerikaler Tendenzen in Regierungskreisen, die nicht theologisch, sondern vor allem politisch motiviert war, war die Folge.133 Die Kirche wurde angehalten, sich ihrer politischen Einmischung zu enthalten.134 Für die cartesianische Theologie war die Zeit unter de Witt för-

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zeptionen bestimmten de facto die Beziehung der Kirche zu der Regierung. Verkompliziert wurde das Verhältnis dadurch, dass die Arminianer – wohl auch aus politischem Kalkül – dafür eintraten, die Kirche auf ihre spirituelle Aufgabe zu beschränken, während die ContraRemonstranten die Unabhängigkeit der Kirche in allen Bereichen in Opposition zu den Arminianern verstärkt einforderten. Auf dieser Grundlage entstand bald die Vorstellung einer eigenständigen kirchlichen Regierung in einer eigenen, vom Staat unabhängigen Sphäre und die alleinige Bindung der Gemeinde an das dort geltende ius Dei. Die Forderung, dass man der Regierung Zugeständnisse in kirchlichen Angelegenheiten machen solle, war schnell mit dem Vorwurf des Arminianismus verbunden. Versuchen der Regierung, die Unabhängigkeit der Kirche zu beschneiden, begegnete man offen mit der Drohung eines geschlossenen kirchlichen Widerstands und dem Vorwurf, die reformierte Religion zu unterdrücken. Vgl. z. B. Frijhoff/Spies, Nederlandse Cultur, 316f. Vgl. Vermij, Calvinist Copernicans, 276. Vgl. dazu prägnant Vermij, Calvinist Copernicans, 275–277, besonders deutlich am Beispiel der Konflikte um Voetius in Utrecht 277–280. Interessiert verfolgte man parallele europäische Entwicklungen, insbesondere die Erfolge der Puritaner in England und das Vorgehen ihrer Gegner. Trotz seiner monarchischen Stoßrichtung rezipierte man in niederländischen Regierungskreisen verstärkt Thomas Hobbes (1588–1679) und seine Beurteilung der Kirche. Vgl. Vermij, Calvinist Copernicans, 276f.

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derlich, da der öffentliche Druck z. B. durch das Verbot von Descartes’ Schriften an einzelnen Universitäten weit weniger konsequent durchgesetzt wurde. Das Ende der Ära de Witt bedeutete wiederum härtere Suppressionen des Cartesianismus, die auch Wittich direkt zu spüren bekam.135 Neben den Befürwortern des Cartesianismus und den Voetianer finden sich diverse weitere Facetten theologischer Positionen. So gab es Coccejaner, die dem Cartesianismus gegenüber kritisch eingestellt waren, radikale Anhänger des Cartesianismus, die dem Rahmen reformierter Orthodoxie keinen Wert beimaßen und vor allem eine Reihe von Theologen, die keiner bestimmten Richtung angehörten, sondern sich im Wesentlichen innerhalb des Konsenses reformierter Orthodoxie bewegten. Diese lassen sich unter der Kategorie der theologia traditiva zusammenfassen. Auch hier lassen sich Einzelpersonen benennen, die extrem gut vernetzt und einflussreich sind, wie z. B. Wittichs Lehrer Samuel Maresius. Es finden sich in dieser Kategorie sowohl Befürworter als auch Kritiker des Cartesianismus.

1.3.6 Der wissenschaftshistorische Kontext der Cartesianismusdebatte: die Bibel und die Astronomie136 Eine der wesentlichen Triebfedern der cartesianischen Theologie im Allgemeinen und der Theologie Wittichs im Besonderen waren die neuen wissenschaftlichen Entdeckungen insbesondere auf dem Feld der Astronomie und Physik. Sie motivierten gleichzeitig die theologischen Gegner des Cartesianismus zu ihrer radikalen Kritik, da sie durch die neuen Erkenntnisse den biblischen Autoritätsanspruch gefährdet sahen. In Fragen der Weltentstehung oder der Bewegung der Erde und der Sonne standen biblische und philosophische Aussagen scheinbar in direkter Opposition. Was in der Frühen Neuzeit als Teil der Philosophie behandelt wurde und erst ab dem 18. Jahrhundert in den Naturwissenschaften zum Inhalt gemacht wird, nennt Wittich in der Regel naturalis philosophia. Im Sinne der Naturphilosophie als Vorform der Naturwissenschaft wird daher auch im Folgenden dieser Begriff benutzt.137 Synonym wird hier von Naturwissenschaft unter historischem Vorbehalt als Erforschung der Natur im Kontext des 17. Jahrhunderts gesprochen, so dass der Begriff eine Vorstufe oder die Anfänge des modernen Wissenschaftsverständnisses bezeichnet. Die neuen Erkenntnisse der Naturphilosophie waren ein vielbehandeltes Thema der wis135 Vgl. dazu auch Eberhardt, Wittich, 352–369. 136 Dieser Abschnitt entspricht dem gleichnamigen Kapitel bei Eberhardt, Wittich, 53–55. 137 So verfahren z. B. auch Beck, Voetius, 77 u. ö. und Titzmann, Hermeneutik in der Frühen Neuzeit, 119.

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senschaftlichen Literatur des 17. Jahrhunderts. Wittich informiert sich darüber nicht nur über sein Descartesstudium.138 Seine Rezeption neuer naturphilosophischer Erkenntnisse als Theologe wurde vielfach kritisiert und zum Anlass zentraler Kontroversen. Widersprüchlichkeit gegenüber der Bibel und eine Begünstigung atheistischer Tendenzen wurden der cartesianischen Philosophie, sowohl in Bezug auf ihre Methode als auch auf ihre Physik und Astronomie unterstellt.139 Die Astronomie war lange Zeit nur ein Thema für Mathematiker gewesen und wurde von der aristotelisch geprägten Philosophie nur am Rande berücksichtigt; auch die Theologie stand diesem Wissenschaftsbereich relativ neutral gegenüber, zumal ihr oftmals die Bibel als die eigentliche Quelle naturwissenschaftlichen Wissens galt.140 Die daraus abgeleitete physica Mosaica oder Christiana wurde auf Grundlage der Verbalinspirationslehre sowie der Autorität und Unfehlbarkeit biblischer Offenbarung entwickelt. Sie war in weiten Kreisen als die gängige physikalische Lehre anerkannt.141 Es wurden nicht grundsätzlich Physik und Naturforschung auf biblischer Grundlage betrieben, aber vor der Zuspitzung der Debatte mit dem Cartesianismus war es zumindest relativ unproblematisch gewesen, Offenbarungswissen als Grundlage für Naturforschung anzusehen und die Vereinbarkeit von biblischen Aussagen über die Natur und philosophischen Erkenntnissen anzunehmen.142 Somit stießen die Entdeckungen des Nicolaus Kopernikus (1473–1543) auch bei den Reformatoren auf Ablehnung.143 Konnte man die naturphilosophischen Entwicklungen vor Descartes noch in den meisten Fällen ignorieren, ja sogar als Theologe durchaus eine Diskussion einzelner Elemente des kopernikanischen Weltbildes wagen, spitzte sich durch die starke Rezeption der Principia philosophiae (1644) von Descartes ein Konflikt zwischen der Schriftautorität und dem wissenschaftlichen Fortschritt zu. Die philosophische Rechtfertigung der in der cartesischen Physik vertretenen kopernikanischen Thesen zum Heliozentrismus und der Lehre der Erdbewegung um die Sonne und die eigene Achse stieß mit der theologisch motivierten üblichen Praxis der Ableitung naturwissenschaftlicher Erkenntnis aus der Bibel aufeinander. Die Cartesianer befanden sich im Widerspruch zur biblischen und aristotelischen Kosmologie gleichermaßen, auch wenn Descartes nicht in allen 138 Vgl. dazu auch Eberhardt, Wittich, 130–138. 139 Vgl. dazu auch Barth, Atheismus und Orthodoxie, 123–126. 140 Für eine ausführliche und sehr gut recherchierte Analyse des Verhältnisses von Kopernikanismus, Cartesianismus und reformierter Theologie vgl. vor allem die Monographie von Vermij, Calvinist Copernicans (2002). 141 Vgl. dazu in Kürze Böhl/Haury, Bibel, 203f. und ausführlich Vermij, Calvinist Copernicans. 142 Vgl. Popkin, Cartesianism and Biblical Criticism, 64. 143 Vgl. Wright/Balserak, Wissenschaft, 444–446.

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Einleitung

Punkten Kopernikus gefolgt war.144 Dabei war Descartes selbst vorsichtig genug gewesen, gerade die Theorien, die der biblischen Lehre zu widersprechen schienen, als bloße Hypothese darzustellen und ihren Wahrheitsgehalt infrage zu stellen. Seine Erklärung der Weltentstehung wollte er nicht im Widerspruch zum biblischen Schöpfungsbericht verstanden wissen, sondern präsentierte sie als ein bloßes Erklärungsmodell. Seine Rezipienten nahmen dann aber oftmals diese Einschränkung zumindest in einzelnen Punkten wieder zurück.145 Durch Descartes und die Rezeption seines heliozentrischen Weltbildes war man somit gezwungen, sich auch theologisch mit diesem Themenkomplex auseinanderzusetzen. Da das kopernikanische Weltbild mit biblischen Aussagen im Widerspruch stand, das ptolemäische System sich aber nach und nach als unhaltbar erwies, wurden alternative Modelle diskutiert. Besonders die Mittelposition von Tycho Brahe (1546–1601) fand häufig Akzeptanz bei den bibelorientierten Denkern.146 Innerhalb der emanzipatorischen Tendenzen der Philosophie von der propädeutischen ancilla theologiae zu einer voll anerkannten Wissenschaft spielte dann die cartesianische Physik eine große Rolle. Durch ihr eigenes neues Programm („a new program of learning“147), das eine vollwertige Alternative zum System des Aristotelismus und auch dem philologisch-humanistischen Wissenschaftsverständnis darstellte, bewirkte die philosophia Cartesiana eine Stärkung der philosophischen Fakultät insgesamt sowie der naturwissenschaftlichen Fragestellungen in dieser.148 Die kopernikanische Frage, die sich ausgehend von ihrer philosophischen Rezeption nun auch der Theologie – primär in apologetischer Hinsicht – aufzwang, stand dabei exemplarisch für die Emanzipation der nova philosophia von der Tradition ihrer Fakultät und der Theologie gleichermaßen. Die naturphilosophische Debatte stellt für Wittich den Anfangspunkt seines theologischen Schaffens dar. Sie ist von herausragender Bedeutung für das Verständnis seines Œuvres und wird bei der historischen Analyse vertieft berücksichtigt werden. Gleichzeitig verweist sie auch auf die zentralen dogmatischen Fragestellungen, die im Rahmen der Untersuchung an Wittich zu stellen sind, nämlich das Verhältnis von Theologie und Philosophie sowie die Frage nach 144 Das Weltall ist nach Descartes unendlich und damit auch ohne ein festzumachendes Zentrum. Als ein solches hatte Kopernikus die Sonne bestimmt. Jeder Stern repräsentiert für Descartes eine Sonne und wird von einem Wirbel umgeben, der die Planeten in der Umlaufbahn trägt. Die Planeten ihrerseits bilden eigene kleinere Wirbel aus, die ihre Eigenrotation bewirken und Trabanten wie den Mond in der Umlaufbahn halten. Vgl. zusammenfassend Vermij, Calvinist Copernicans, 139–142. 145 Vgl. z. B. Vermij, Calvinist Copernicans, 141. Vgl. zu Wittichs Relativierung des Hypothesencharakters auch Eberhardt, Wittich, 145f. und 297f. 146 Vgl. dazu z. B. Vermij, Calvinist Copernicans, 120–126.178–180. 147 Vgl. Vermij, Calvinist Copernicans, 156–169. 148 Vgl. bes. Vermij, Calvinist Copernicans, 158.

Christoph Wittich und die cartesianische Theologie

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einer adäquaten Bibelhermeneutik im Gegenüber zum naturwissenschaftlichen Fortschritt. Damit ist der Bogen der vorliegenden Untersuchung gespannt.

1.4

Christoph Wittich und die cartesianische Theologie: biographisch-werkgeschichtliche Einführung

Eine adäquate Analyse und Bewertung der Theologie Wittichs setzt eine Kenntnis von dessen Leben und Werk voraus. Christoph Wittichs vita lässt sich gut anhand der von Jacobus Gronovius (1645–1716; Klassischer Philologe und Prof. in Leiden) auf ihn gehaltenen Leichenpredigt (Laudatio funebris vom 24. Juni 1687) rekonstruieren.149 Briefe, Universitätsakten, autobiographische Aussagen aus Wittichs Oeuvre und frühe Darstellungen seiner Vita runden den insgesamt soliden Quellenbefund ab. Basierend auf diesem Material und diversen Vorarbeiten150 ist Wittichs Leben und Werk bereits umfassend dargestellt worden und bedarf an dieser Stelle lediglich einer überblicksartigen Rekapitulation.151 Christoph Wittich (Christopherus Wittichius) wurde am 7. 10. 1625 in Brieg (dem heutigen Brzeg; Niederschlesien) geboren. Sein Vater stammte aus Liegnitz (heute Legnica) und trug ebenfalls den Namen Christoph (1588–1649). Er hat von 1606–1612 in Frankfurt/Oder, Heidelberg, Rostock und Wittenberg studiert und wirkte zunächst als lutherischer Pastor. Direkt nach dem Studium hatte er Anna Guthner (Probus; ?–1633) geheiratet. 1616 wurde er Hofdiakon in Liegnitz, scheint bei der Geburt seines Sohnes 1625 bereits in Brieg tätig gewesen zu sein und wurde dort 1628 zweiter Hofprediger. Im Rahmen seines Wechsels nach Brieg konvertierte er mit seiner Familie zur reformierten Konfession und wurde schließlich 1639 zum erster Hofprediger und Vizesuperintendet befördert.152 149 Jacob Gronovius: Jacobi Gronovii Laudatio Funebris recitata post obitum Venerandi Et Ervditissimi Viri Christophori Wittichii Philosophiae & Theologiae Doctoris, & hujus primum in Teutoburgica, mox Neomagensi, denique Lugduno-Batava Academia Professoris, a. d. VIII Calendas Julii MDCLXXXVII. Leiden 1687. 150 Unter den einschlägigen deutschen Lexika bietet nur die RGG (seit ihrer zweiten Auflage) einen Eintrag zu Wittich. Vgl. in aktuellster Auflage Strohm, Art. Wittich, Christoph. RGG4 8 (2005) 1671. Unter den älteren, aber durchaus noch lesenswerten Artikeln ist hervorzuheben Cuno, Art. Wittich, Christoph. ADB 43 (1898) 631–635. Zentrale Lexikonartikel außerhalb des deutschen Sprachraums bieten Nauta, Art. Wittichius, Christophorus. BLGNP 2 (1983) 461–463 und vor allem Bordoli, Art. Wittichius, Christophorus (1625–87). DSECDP 2 (2003) 1083–1086. 151 Vgl. Eberhardt, Art. Wittich, Christoph. BBKL XXXVII (2016) 1493–1507 und Eberhardt, Wittich. Umfassende Belege in Quellen und Sekundärliteratur finden sich dort. 152 Bahlcke/Dingel, Die Reformierten in Schlesien, 102 bestätigen, dass Wittich Senior zunächst ab 1616 Hofdiakon in Liegnitz gewesen ist. Ab 1628 folgte dann die Konversion zusammen mit dem Antritt der Stelle als zweiter Hofprediger in Brieg. Ab 1639 wurde er

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Sein Sohn Christoph, das mittlere von drei Kindern, besuchte von 1633/34 bis 1641 die Lateinschule in Brieg. Am 29. März 1642 trug er sich in die Matrikel des Gymnasium illustre zu Bremen ein. Auf Wunsch des Vaters begann Wittich eine juristische Ausbildung, unterbrach diese infolge einer Krankheit noch im ersten Studienjahr und kam zu dem Schluss, dass er einer theologischen Laufbahn den Vorzug geben wollte. Vermutlich bereits in Bremen lernte er Johannes Clauberg (1622–1665)153 kennen, mit dem er bis zu dessen Tod 1665 befreundet war und der für ihn einer der wichtigsten Kollegen und Gesprächspartner innerhalb des sich herausbildenden Netzwerkes cartesianischer Gelehrter wurde.154 Beide wechselten 1644 nach Groningen. Wittich studierte hier zunächst bis 1646 Theologie und Philosophie. Er disputierte abschließend in der Philosophie unter Martin Schoock (1614– 1669), der eine bedeutende Rolle als Gegner des Cartesianismus spielte155. Neben Schoock hat er auch den für den Cartesianismus aufgeschlossenen Tobias Andreae (1604–1676)156 kennengelernt, wenngleich sein Studium noch ganz in den

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erster Hofprediger und Vizesuperintendet oder Administrator des Fürstentums. Vgl. zudem Gronovius: Laudatio (1687) 7 und ebenso auch Nauta, Art. Wittichius, Christophorus. BLGNP 2 (1983) 461. Vgl. zu Clauberg Scheib, Art. Clauberg, Johannes (1622–65). DSECDP 1 (2003) 210–212 und Verbeek, Johannes Clauberg, 181–199. Der aus Solingen stammende Clauberg war zwar etwas älter als Wittich, ihre Studien- und Karriereverläufe entwickelten sich allerdings auffällig parallel. Anders als Wittich wechselte Clauberg nach dem Studium in Bremen und Groningen nicht direkt nach Leiden, sondern schloss vorher eine peregrinatio academica nach Paris und England an. Er ging dann von Leiden aus als Professor für Philosophie Wittich an die Hohe Schule von Herborn voraus. 1651 wurden beide aufgrund ihres cartesianischen Unterrichts wieder entlassen, wurden im Folgejahr nach Duisburg berufen und bauten dort zusammen bis 1655 die Universität auf. Während Wittich danach in die Niederlande wechselte, blieb Clauberg bis zu seinem Tod 1665 Professor in Duisburg und gehörte zu den wichtigsten Cartesianern an einer deutschen Universität. Oft wird sonst in der Literatur die Begegnung von Clauberg und Wittich erst in der Groninger Zeit vermutet. Vgl. z. B. Scheib, Art. Clauberg, Johannes (1622–65). DSECDP 1 (2003) 210 oder Verbeek, Johannes Clauberg, 181. Aber die Studienzeit der beiden überschneidet sich bereits in Bremen, so dass zumindest von einer ersten Bekanntschaft ausgegangen werden darf. Vgl. zu seiner Vita vor allem Krop, Art. Schoock, Martinus (1614–69). DSECDP 2 (2003) 890–895 und Dibon, Philosophieunterricht in den Niederlanden, 64f.: Schoock stammte gebürtig aus Utrecht. Wie Wittich begann er zuerst Jura zu studieren, wechselte dann aber sein Ausbildungsziel und widmete sich in Franeker und Leiden der Philosophie und Theologie. 1635 wurde er Lehrer an der illustren Schule in Utrecht und später, als diese den Status einer Universität erlangte, von Gisbert Voetius in Philosophie promoviert. 1638 lehrte er am Athenaeum in Deventer und wurde schließlich 1640 Professor für Physik und Logik in Groningen. Vgl. zu Andreae vor allem van Sluis: Art. Andreae Sr, Tobias (1604–76). DSECDP 1 (2003) 37f. Als Griechisch- und Geschichtsprofessor wird Andreae, der 1635 nach Groningen berufen worden war, sicherlich im öffentlichen Unterricht wenige Möglichkeiten gehabt haben, seinen Studenten Descartes näher zu bringen. Ob Wittich seine privaten Kollegs bereits in

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Bahnen der klassischen, aristotelisch geprägten Philosophie verlaufen sein dürfte. Sein wichtigster theologischer Lehrer wurde Samuel Maresius (1599– 1673)157. Wittichs Beziehung zu ihm nahm, wie noch zu zeigen sein wird, einen geradezu tragischen Verlauf. Während er in der Zeit von 1644–1646 lediglich die praelectiones publicae und einführende Veranstaltungen des Maresius besucht haben dürfte, entstand während eines zweiten Studienaufenthaltes in Groningen 1648–1650 ein enges Lehrer-Schüler-Verhältnis.158 Zuvor jedoch war Wittich für dieser Zeit besucht hat, ist nicht nachweisbar, aber für den Zeitraum zwischen 1644 und 1646 eher unwahrscheinlich. Als Freund von Descartes war Andreae aber bekannt und sein Einfluss auf Clauberg ist ebenfalls unumstritten. Kontakt hatten die Studenten zu ihm auch dadurch, dass er von 1640 bis 1668 Bibliothekar der Universität gewesen ist. Wittichs anfängliche philosophische Prägung war sicherlich noch klassisch und daher zumindest tendenziell descarteskritisch. Spätestens während seines zweiten Groningenaufenthalts stand Wittich dann aber Descartes und damit auch Andreae als philosophischem Lehrer aufgeschlossen gegenüber. Andreae wird bereits in den ältesten Darstellungen der Geschichte des Cartesianismus als wichtigster Verteidiger von Descartes erwähnt. Vgl. Johannes Tepelius: M. Johannis tepelii, P.L.C. Historia Philosopiae Cartesianae. Norimbergae: Andreae & Endteri Junioris Haeredes 1674, hier S.55–57. Vgl. ebenso Balthasar Bekker: Balthasaris Bekker V.D.M. S.T.D. De philosophia cartesiana admonitio candida & sincera. Vesaliae: ab Hoogenhuysen 1668, hier II §7,29. Scheib, Art. Clauberg, Johannes (1622–65). DSECDP 1 (2003) 210 geht ohne Berücksichtigung der Orientierung Wittichs an der klassischen Philosophie davon aus, dass Wittich und Clauberg zusammen Andreae gehört haben. Wittich selbst gibt zwar in der Praefatio zu seinen Dissertationes Duae darüber Auskunft, dass Andreae sein Lehrer in Groningen gewesen ist, aber wahrscheinlich bezieht er sich dabei vor allem auf seine Rückkehr an die Groninger Universität ab 1648. Vgl. Wittich: Dissertationes duae (1653) Praefatio [v]. 157 Vgl. zu Maresius insbesondere den Überblick von Knetsch, Art. Maresius, Samuel (1599– 1673). DSECDP 2 (2003) 677–680 sowie Strohm, Art. Maresius (des Marets), Samuel. RGG4 5 (2002) 791f. und Schurr, Art. Maresius (des Marets), Samuel. BBKL 5 (1993) 794–797. Vgl. die Monographie von Nauta, Maresius (1935) für eine ausführliche Darstellung. Maresius wurde am 9. August 1599 in Oisemont/Frankreich als Sohn eines Richters geboren. Er hat seine Ausbildung in Paris (Akademie von Saumur) und in Genf erhalten. Maresius begann seine kirchliche Laufbahn 1620 als Pfarrer in der reformierten Kirche von Laon; sein schon damals deutliches kontroverstheologisches Talent setzte er in der Hugenottenfrage ein. Vermutlich im Kontext eines heftigen Streits mit katholischen Missionaren wurde ein Anschlag auf ihn verübt und er verließ schließlich die Stadt. Nach einer kurzen Predigertätigkeit in Falaise wirkte er ab 1624 in Sedan. An der dortigen Akademie übernahm er parallel zu seinem Kirchenamt 1625 eine Professur. Er wurde in Leiden am 8. Juli 1625 unter Andreas Rivet (1572–1651) promoviert. In Sedan heiratete Maresius und wurde Vater von drei Kindern. Er beteiligte sich 1631 am Feldzug von Stadholder Friedrich Heinrich von Oranien (1584–1647) gegen Spanien als Militärgeistlicher. Nach der Eroberung von Maastricht 1632 wurde er dort Vorsteher der wallonischen Kirche. 1636 wurde er Pfarrer und Professor am Gymnasium illustre von s’Hertogenbosch. Er lehrte Geschichte und Philosophie und zwar gemäß der aristotelisch-scholastischen Tradition (vgl. dazu Knetsch, Art. Maresius, Samuel [1599–1673]. DSECDP 2 [2003] 678). Maresius sympathisierte ursprünglich mit Descartes, ohne seine Philosophie direkt zu rezipieren. Mit dem Cartesianismus entzweite er sich im Verlauf der 1660er Jahre zusehends. 158 Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [x–xi]: „Fateor libenter & publice, me iteratis

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die Zeit von 1646–1648 nach Leiden gewechselt. Dort wurde er Zeuge der Hochphase der dortigen Cartesianismuskrise und setzte sich zum ersten Mal intensiv mit der neuen Philosophie auseinander. Insbesondere Johannes de Raey (1622–1707)159 bot systematisch cartesianische Veranstaltungen an, die Wittich besuchte. Dort traf er nicht nur Clauberg wieder, sondern lernte auch den Leidener Theologiestudenten Frans Burman (1628–1679)160 kennen. Die Leidener Studenten avancierten bald darauf zu bedeutenden Vertretern des Cartesianismus. Die Universität Leiden erweist sich damit als Ursprungsort eines der wichtigsten cartesianischen Gelehrtennetzwerke.161 Aber auch mit zentralen Gegnern des Cartesianismus, unter ihnen auch der Regent des Leidener Statencollege, Jacob Revius (1586–1658)162, gegen dessen Cartesianismuskritik Wittich und Clauberg später wiederholt veröffentlichen sollten, machten die jungen Gelehrten hier Bekanntschaft. Wittich schloss seine Ausbildung durch einen zweiten Studienaufenthalt in Groningen von 1648–1650 ab. Maresius, den eine gewisse Sympathie mit Descartes verband, ohne dass seine Theologie davon überformt worden wäre, wurde nun sein prägender Förderer. Mit einer Disputation unter Maresius beendete Wittich schließlich 1650 seine Studien der reformierten Theologie. Danach strebte Wittich eine akademische Laufbahn an und wurde 1651 durch Mitwirkung des bereits dort lehrenden Clauberg an die Johannea nach Herborn

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vicibus Groningae studiis operam dantem, primo biennio diligentem auditorem fuisse publicarum ejus [scil. Maresius] praelectionum, postea, cum intercessisset alterum biennium, Leida reducem iterum & publicis & privatis ejus laboribus novo biennium fuisse usum, singulari ejus promtitudine, dexteritate & institutionis facilitate, cum indefessa diligentia conjuncta, ita me adjutum, ut ei praecipue debeam quicquid eruditionis Theologiae ex Academiis retuli.“ Vgl. Zu diesem Schuurman, Art. Raey, Johannes de (1621–1702). DSECDP 2 (2003) 813– 816. Vgl. zu Burman: van Sluis, Art. Burman I, Frans (1628–1679) DSECDP 1 (2003) 190f. sowie die Einleitung von Hans Werner Arndt in seine Ausgabe des Gesprächs mit Burman (1982). Vgl. auch Broeyer (Burman, een coccejaan 1994 und Burman, een collega 2001) sowie Thijssen-Schoute, Nederlands cartesianisme, 443f. Der gebürtige Leidener Burman hatte sich 1643 in Leiden immatrikuliert, wurde dann 1650 Prediger in Hanau, 1661 Subregent des Statencollege in Leiden und 1662 Theologieprofessor in Utrecht. Er war seit 1665 mit der Tochter von Abraham Heidanus verheiratet und so auch familiär an die Coccejo-Cartesianer gebunden. Durch die Publikation seines Gespräches mit Descartes, das am 16. April 1648 in Egmond stattgefunden und dessen Protokoll von Clauberg redigiert worden sein dürfte, prägte er die cartesianische Theologie maßgeblich, Auch seine Synopsis theologiae (zuerst 1671) war einflussreich. Er war der Gründer des Collegie der Scavanten (Kollegium der Gebildeten), der Utrechter Zelle des cartesianischen Netzwerkes. Vgl. zu diesem „network of Cartesians“ neben Eberhardt, Wittich, 207–217 bes. Verbeek, Descartes and the Dutch, 70 (mit Zitat) und mit bes. Blick auf Utrechter Cartesianer Jan Hartog, Collegie der Scavanten (1876). Vgl. zu diesem Goudriaan, Art. Revius, Jacobus (1586–1658). DSECDP 2 (2003) 830–833.

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berufen. An der Hohen Schule war man bemüht, wieder an die Blütezeit der Johannea anzuknüpfen. Der von Clauberg und Wittich vertretene Cartesianismus schien hohe Studentenzahlen und öffentliche Aufmerksamkeit zu garantieren und man erhoffte sich davon die Möglichkeit des Ausbaus der Schule zur Universität. Allerdings führte die offensiv cartesianische Unterrichtsgestaltung von Wittich und Clauberg bereits nach kürzester Zeit zu einem Streit innerhalb des Kollegiums der Johannea. Wittich hielt auf seiner Mathematikprofessur philosophisch und theologisch ausgerichtete Kollegs und ließ auch entsprechend disputieren. U. a. lässt sich eine Disputation mit dem Titel De libero hominis arbitrio (1651) nachweisen.163 In den zugehörigen Corollaria finden sich bereits Elemente von Wittichs cartesianisch geprägter Theologie wieder. Vor allem taucht bereits hier seine exegetische Hauptfigur auf, für die er im Verlauf der 1650er Jahre berühmt werden sollte und der gemäß die Schrift manchmal „secundum opinionem vulgi [gemäß der allgemeinen Meinung] non ex rei veritate“ spreche (im Folgenden: opinio-Argument).164 Theologische und philosophische Widerstände gegen die Cartesianer begannen schnell zu überwiegen, so dass 1651 eine regelrechte Cartesianismuskrise in Herborn entstand.165 Die Einmischungen des Grafenhauses und der akademischen Öffentlichkeit in die schulinternen Streitigkeiten zogen internationale Aufmerksamkeit nach sich. Für eine Entscheidung über den Umgang mit dem Cartesianismus forderte man in Herborn bei den führenden niederländischen Universitäten Gutachten an. Die Fragen nach den Gefahren und Stärken der nova philosophia und insbesondere nach ihrer Verbindung zu Atheismus und Skeptizismus mussten nun in öffentlichem Rahmen diskutiert werden. Damit waren die Universitäten zu offiziellen Stellungnahmen genötigt worden, die man zuvor vermieden hatte, um dem Cartesianismus flexibler begegnen zu können. Die Gutachten fielen in der Regel kritisch aus, aber waren mitunter differenzierter als erwartet.166 Im Zuge der Debatte wurde der Cartesianismus in Herborn verboten

163 Christoph Wittich [Präses], Johannes Fridericus Posthius [Respondent]: Disputatio Theologica De libero hominis arbitrio, Cujus veritatem Deo faciente Moderatore Clarissimo, Acutissimo, Doctissimo Dn. Christophoro Wittichio in illustri Herbornaea Professore Pro tenui ingenii modulo ad d. 26. Julii publice propugnandam suscipiet Johannes-Fridericus Posthius Herbornensis Nassovius. Herbornae Nassoviorum 1651. 164 Vgl. Wittich/Posthius: De libero hominis arbitrio (1651) Corollarium II: „Scripturam aliquando loqui secundum opinionem vulgi non ex rei veritate, cum Polano statuo Syntag. Theol. l.5 c.23.“ [Dass die Schrift sich bisweilen gemäß der allgemeinen Meinung ausdrückt, nicht nach der Wahrheit eines Sachverhaltes, behaupte ich mit Polanus, Syntagma Theologiae, Buch 5, Kapitel 23.]. 165 Vgl. dazu auch den ausgezeichneten Aufsatz von Menk, Cartesianismus an der Hohen Schule Herborn und den Ausstellungskatalog von Störkel, Herborner CartesianismusStreit. 166 Vgl. zu den Gutachten im Einzelnen McGahagan, Cartesianism in the Netherlands, 270–

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und Wittich und Clauberg mussten die Johannea verlassen. Die literarische Aufarbeitung des Herborner Cartesianismusstreits begleitete sie allerdings und wurde zu einer bleibenden und prägenden Aufgabe. Ihre Gegner aus dem Professorenkollegium, Johannes Heinius (Hein; 1610–1686; seit 1642 Professor für Philosophie und ab 1650 Professor für Theologie) und Cyriacus Lentulus (Lenz; ?–1678; seit 1650 Professor für Politik, Geschichte und praktische Philosophie),167 hatten Streitschriften gegen sie verfasst, denen es zu begegnen galt. Clauberg und Wittich wechselten nach Duisburg, wo man ganz ähnliche Pläne wie ursprünglich in Herborn verfolgte, diese aber (auch gegen kirchliche Widerstände) konsequent umsetzte.168 Clauberg erhielt einen Posten als Philosophieprofessor, Wittich wurde zum Theologieprofessor berufen. Durch den cartesianischen Unterricht florierte die Schule und den beiden gelang es bis 1655 das Duisburger Gymnasium illustre zur Volluniversität auszubauen. Die Zeit in Duisburg war prägend für Wittichs Leben und Karriereverlauf gleichermaßen. 1653 heiratete er Anna Justina le Maire (gest. 1675), die Ehe blieb kinderlos. Im selben Jahr wurde er auch zum Prediger ordiniert. Vor allem aber widmete er sich mit der Veröffentlichung seines ersten Hauptwerkes, den Dissertationes Duae (1653), einer wohlkonzipierten Antwort auf die Anfragen an den theologischen Cartesianismus auf der Grundlage der Erfahrungen in Herborn.169 In weichenstellender Weise verteidigte er den Rückgriff der Theologie auf die cartesianische Philosophie und antwortete damit auf diverse Streitschriften aus dem Herborner Kontext.170 Gegen seine Kritiker legte er über die cartesianische Physik ebenso

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272, Dibon, Cartesianismus in den Niederlanden, 362f., Verbeek, Descartes and the Dutch, 83–86 und Frijhoff/Spies, Nederlandse Cultur, 281–283. Vgl. zu ihnen neben Eberhardt, Wittich, 104–119 auch Menk, Cartesianismus an der Hohen Schule Herborn, 140 und die Darstellung von Störkel, Herborner CartesianismusStreit, 22–24 (Ausstellungskatalog). Vgl. einleitend Schmidt-Biggemann, Schulphilosophie, 436f. Vgl. auch grundlegend die Universitätsgeschichte von Rodens (Universität Duisburg 1968) und die für die deutsche Descartesrezeption grundlegende Arbeit von Trevisani, Descartes in Deutschland, dort besonders zur Universitätsgründung, der Berufung von Wittich und Clauberg und dem Rahmen des cartesianischen Unterrichts Trevisani, Descartes in Deutschland, 21–38. Christoph Wittich: Dissertationes duae quarum prior De S. Scripturae in rebus philosophicis abusu, examinat, 1. An Physicae genuinum Principium sit Scriptura? 2. An haec de rebus naturalibus loquens accuratam semper veritatem, an potius sensum & opinionem vulgi saepius sequatur? Altera Dispositionem & ordinem totius universi & principalium ejus corporum tradit, sententiamque Nobilissimi Cartesii, de vera Quietate et vero motu Terrae defendit, Conscriptae a Christophoro Wittichio S.S. Theol. Profess. Ordinario in illustri Duisburgensi Lyceo, ibidemque Ecclesiae Pastore. Amstelodami: Elzevir 1653. Eine Gliederung der beiden in dieser Schrift zusammengestellten Dissertationen findet sich im Anhang. Für eine Übersicht der zentralen Schriften vgl. Dibon, Cartesianismus in den Niederlanden, 363–365. Eine detaillierte Untersuchung zentraler Argumente aus den Schriften der Vorgeschichte zu den Dissertationes Duae bietet Savini, Clauberg (2011).

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Rechenschaft ab wie über das Verhältnis der geoffenbarten Bibel zur Philosophie als Vernunftwissenschaft. Den Cartesianismus erklärte er dabei zum adäquaten wissenschaftlichen Fundament der Theologie, betonte aber die grundsätzliche Trennung der beiden Wissenschaften über ihre Erkenntnisprinzipien Vernunft und Offenbarung. Insbesondere die Frage, wie sich biblische Aussagen zu dem von den Cartesianern vertretenen kopernikanischen Weltbild verhielten, diskutierte er unter Bezugnahme auf die Akkommodationslehre. In diesem Kontext entfaltete er das opinio-Argument detailliert. Der Heilige Geist habe sich bei der Vermittlung der Heilsbotschaft dem antiken Weltbild der biblischen Autoren und ihrer Leser angepasst. In Bezug auf nicht heilsrelevante Themen spreche er daher nicht immer gemäß der exakten Wahrheit, sondern könne sich auch der allgemeinen Meinung (opinio vulgi) anpassen. Die Dissertationes Duae stießen auf ein breites öffentliches Interesse und lösten eine relativ heftig geführte Debatte aus, in der sich Sympathisanten des Cartesianismus und cartesianismuskritische Kreise aus Kirche und Theologie gegenüberstanden. Wittich übernahm als Vertreter des cartesianischen Netzwerkes mit weiteren Schriften die akademische Verteidigung des Cartesianismus aus theologischer Perspektive. Die Debatte nahm ihn innerhalb der Dekade der 1650er Jahre stark in Anspruch. Er verfasste in dieser Zeit seine Consideratio de Stylo Scripturae (1656)171 und den die gesamte Debatte akribisch zusammenfassenden Consensus veritatis (1659)172. Andere Sympathisanten der neuen Philosophie wie Lambert van Velthuysen (1622–1685)173 oder Abraham Heidanus

171 Christoph Wittich: Christophori Wittichii Phil. & Theol. D. eiusdemque Professoris Consideratio Theologica De Stylo Scripturae: Quem adhibet cum de rebus naturalibus sermonem instituit. Lugd. Batavorum: Wyngaerden 1656. Eine Gliederung der Schrift findet sich im Anhang. 172 Christoph Wittich: Christophori Wittichii Consensus Veritatis In Scriptura Divina Et Infallibili Revelatae Cum Veritate Philosophica A Renato Des Cartes Detecta, Cujus occasione Liber II. & III. Principiorum Philosophiae dicti des-Cartes maximam partem illustrantur: cum Indice, Editio secunda a multis mendis emaculata & non parum aucta. Lugduni Batavorum: Boutesteyn/Lever 1682. Eine Gliederung der Schrift, in der auch Passagen der Dissertationes Duae und von De Stylo aufgenommen sind, findet sich im Anhang. 173 Vgl. zu diesem van Bunge, Art. Velthuysen, Lambert van (1622–85) DSECDP 2 (2003) 1017– 1020. Nach seinem Studium in Utrecht und in Leiden wurde van Velthuysen Arzt in seiner Heimatstadt Utrecht. Er war Parteigänger Johan de Witts (1625–1672) und schlug eine politische Laufbahn ein. Er wurde 1667 Mitglied der Utrechter vroedschap, bis der Triumph der Oranier ihm weitere Karrieremöglichkeiten verbaute. In philosophischer Hinsicht orientierte er sich neben Descartes besonders an Thomas Hobbes. Mit Wittich und anderen cartesianischen Theologen war er eng verbunden, insbesondere als Mitglied im Collegie der Scavanten, einer procartesianischen Gelehrtenvereinigung in Opposition zu Gisbert Voetius. Er verfasste zahlreiche Schriften zur Philosophie und stand mit den bedeutenden Gelehrten der Zeit in Kontakt.

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(1597–1678)174 veröffentlichten öffentlichkeitswirksam ihre Apologien in Pamphleten.175 Wittich musste sich wegen der Dissertationes Duae gegenüber reformierten Synoden verantworten. Er blieb auch kirchlicher Kritik ausgesetzt, als er 1655 nach Nijmegen berufen wurde. An der dort neugegründeten Hohen Schule wurde er Professor für Theologie und Hebräisch. Man berief ihn sowohl aufgrund seines cartesianischen Profils als auch wegen seiner Erfahrung im Aufbau einer Universität, die in Nijmegen ehrgeizig geplant wurde. Wie in Duisburg, wo man Wittich 1655 mit dessen Promotion zum Doktor der Philosophie und Theologie verabschiedete, setzte man auch hier auf den Cartesianismus, um sich hohe Studentenzahlen zu sichern. Das Konzept ging zunächst auf. Bereits 1656 wurde aus der Hohen Schule die Kwartierlijke Academie. Wittich gestaltete maßgeblich die Berufungspolitik und machte die neue Universität zu einem Zentrum des Cartesianismus.176 Die Kwartierlijke Academie hatte allerdings von Anfang an einen schweren Stand. Zum einen fehlte ihr eine vollständige Anerkennung, da sie politisch nicht gewollt war. Die Universität der Region befand sich eigentlich in Harderwijk. Da Nijmegen eine eigene Universität gründete und gleichzeitig Subventionszahlungen an Harderwijk einstellte, wurden Graduierungen der Kwartierlijke Aca174 Vgl. zu diesem vor allem van Ruler: Art. Heidanus, Abraham (1597–1678). DSECDP 1 (2003) 397–402 und die noch immer beachtenswerte Monographie von Cramer, Heidanus en zijn Cartesianisme. Abraham Heidanus stammte aus einer Familie protestantischer Pastoren. Geboren wurde er in Frankenthal (Pfalz). Seine Kindheit verbrachte er in Amsterdam und studierte seit 1617 Theologie in Leiden. 1618 arbeitete er als Prediger in wallonischen Gemeinden und begab sich 1619 auf eine peregrinatio academica nach Heidelberg, Basel, Genf und Paris. Heidanus arbeitete ab 1623 als Pastor in Naarden, dann seit 1627 in Leiden. Er wurde durch die (kinderreiche) Ehe mit der Amsterdamer Kaufmannstochter Sara Loten relativ wohlhaben. Seit 1648 hatte er in Leiden eine theologische Professur inne. Im Cartesianismusstreit positionierte er sich früh auf der Seite von Descartes und war für eine theologische Rezeption seiner Philosophie offen. In die hitzigen Debatten an der Universität Leiden mischte er sich allerdings erst relativ spät aktiv ein. Als seit 1650 Johannes Coccejus in Leiden Theologieprofessor wurde und eine liberalere Position stützte, beteiligte er sich zusammen mit dem Kollegen an Debatten gegen die Voetianer. In den 1650er Jahren bekam Heidanus den Ruf, führender Kopf des cartesianischen Netzwerkes in Leiden zu sein. Das zeigte sich in Berufungspolitik, Veröffentlichungen, der anonymen Beteiligung am cartesianischen Pamphletenstreit, aber auch privat: Frans Burman wurde sein Schwiegersohn. 175 Vgl. zu dem Pamphletenstreit auch Thijssen-Schoute, Nederlands cartesianisme, 35–41, McGahagan, Cartesianism in the Netherlands, 270–320, Dibon, Regards sur la Hollande, 693–719 und Cartesianismus in den Niederlanden, 364–367, Frijhoff/Spies, Nederlandse Cultur, 323–334, Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 485–500, Vermij, Calvinist Copernicans, bes. 258–267 und Beck, Voetius, 77–86. 176 Vgl. zur Geschichte von Hoher Schule und Universität in Nijmegen bes. Bots/Kerkhoff, De Nijmeegse Pallas, Bots, Témoignages sur l’ancienne université de Nimègue, die Einführung von van der Kuijlen in die Edition von Wittichs Rede zur Universitätseinweihung in Wittich: Het Gelderse Gibea (1656), Sassen, Kwaterlijke Hogeschool und Lemmens/van Meerkerk, Kunst, religie en cultuur, bes. 451–453.

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demie nicht überall anerkannt. Gleichzeitig ging die kirchliche Kritik an Wittich und dem cartesianischen Profil der Universität phasenweise so weit, dass man Theologiestudenten offiziell abriet, bei Wittich überhaupt Unterricht zu nehmen. Nichtsdestoweniger blieb in den Anfangsjahren der Universität der Erfolg nicht aus. Neben Wittichs apologetischen Schriften in der Folge der Dissertationes Duae entstanden in Nijmegen im Rahmen seiner Lehrtätigkeiten die Vorarbeiten für die wichtigsten Kommentare Wittichs zu Römer- und Hebräerbrief sowie zu den Meditationes von Descartes, an deren Herausgabe er am Ende seiner Karriere arbeiten sollte. Zunehmend rezipierte Wittich die biblische Theologie von Johannes Coccejus, mit dem er sich seit 1659 in einem freundschaftlichen Austausch befand, was nicht ohne Einfluss auf seine biblischen Kommentare blieb. Die Philosophie- und Scholastikkritik des Coccejus sowie sein Anspruch, Theologie von der Schriftauslegung her entfalten zu müssen, wurden zu Leitideen des cartesianischen Netzwerkes, das mitunter als ein coccejo-cartesianisches Bündnis wahrgenommen wurde.177 Die 1660er Jahre stellten für Wittich eine Dekade der Lehre dar, in der er sich bemühte, die Cartesianismusstreitigkeiten weitgehend zu meiden. 1665/1666 grassierte die Pest in Nijmegen. Kollegen starben, Studenten verließen die Stadt und der Universitätsbetrieb kam zeitweise zum Erliegen. Die Kwartierlijke Academie sollte sich von dieser Krise nicht wieder erholte. Wittich selbst verließ 1671 die stagnierende Universität. Ihm wurde eine Berufung an die renommierte Universität von Leiden zuteil, die den Höhepunkt seiner Karriere darstellte. Wittichs Wechsel nach Leiden wurde von der auch persönlich sehr belastenden Entzweiung mit seinem Lehrer und Förderer Samuel Maresius überschattet, die zugleich eine erneute Zuspitzung des Cartesianismusstreits nach sich zog und Wittich zu neuen zentralen Veröffentlichungen nötigte.178 Die ursprüngliche Sympathie von Maresius für den Cartesianismus schlug durch eine Reihe von Faktoren in offene Feindschaft um. Descartes selbst galt ihm nach wie vor als Freund, da dieser 1643 öffentlich Partei für Maresius gegen Gisbert Voetius ergriffen hatte.179 Im Verlauf der 1660er Jahre distanzierte sich Maresius allerdings zunehmend von der cartesianischen Philosophie, insbesondere aufgrund der 177 Vgl. dazu neben Eberhardt, Wittich, 208–210 auch van der Wall, Cartesianism and Cocceianism. Vgl. zu Coccejus allgemein van Asselt, Art. Cocceius (Coccejus), Johannes (1603–1669). DSECDP 1 (2003) 216–218 und Faulenbach, Art. Coccejus, Johannes (1603– 1669). TRE 8 (1981) 132–140. 178 Vgl. dazu neben Eberhardt, Wittich, 259–313 auch Nauta, Maresius und Del Prete, Oltre Descartes, bes. 27–29, 179 Maresius war in eine Kontroverse mit Voetius über die Beurteilung des Beitritts reformierter Christen zu einer karitativen aber katholischen Vereinigung, der Confraternitas Mariana, in s’Hertogenbosch geraten und Descartes hatte in seiner Epistola ad Voetium von 1643 die Position des Maresius verteidigt.

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Radikalisierung cartesianisch beeinflusster Denker. Die 1666 anonym von Lodewijk Meyer (1629–1681) veröffentlichte Schrift Philosophia Sacrae Scripturae interpres180, in der die biblische Offenbarung der Vernunft klar untergeordnet wird, machte für ihn und viele andere Theologen eine positive Bewertung der nova philosophia ebenso unmöglich wie der aufkommende Spinozismus.181 Eine theologische Rezeption erschien unmöglich. Hinzu kam eine persönliche Fehde mit Wittich, der das bedeutende dogmatische Lehrbuch des Maresius, das Collegium theologicum, sive Breve Systema universae theologiae (im Folgenden Systema),182 in seinen Lehrveranstaltungen ohne dessen Wissen kritisch und cartesianisch kommentiert hatte. Wittich hatte seine Kommentare Studenten diktiert und sie kamen so ohne sein Wissen auch außerhalb seiner eigenen Lehrveranstaltungen in Umlauf. Überraschend stieß Maresius persönlich auf sie, als sie von seinen eigenen Studenten in Groningen benutzt wurden. Davon fühlte sich Maresius so beleidigt, dass er mit Wittich und 180 [Lodewijk Meyer:] Philosophia S. Scripturae Interpres. Exercitatio paradoxa, in qua, veram philosophiam infallibilem S. Literas interpretandi normam esse, apodictice demonstratur, & discrepantes ab hac sententiae expenduntur, ac refelluntur. Eleutheropoli, anno 1666 [Anonym publiziert; fingierter Druckort]. 181 Vgl. für die Verbindung von Philosophia S.S. Interpres und dem Kurswechsel des Maresius auch Bordoli, Ragione e scrittura tra Descartes e Spinoza, 371–394 und Israel, Radical Enlightenment, 209. Vgl. zu Meyer einführend Steenbakkers, Art. Meyer, Lodewijk (1629–81). DSECDP 2 (2003) 694–699 und Israel, Radical Enlightenment, 197–203. Vgl. für einen Überblick aktuellerer Darstellungen Sdzuj, Reaktionen der reformierten Orthodoxie, 157f. Vgl. für eine theologische Perspektive auch Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics II, 136f. (mit Blick auf die Schriftlehre), Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 329–333 und die umfassende Arbeit von Bordoli, Ragione e scrittura tra Descartes e Spinoza (1997). Meyer hatte in Leiden Philosophie und Medizin studiert und gehörte seit den späten 1650er Jahren dem Kreis um Spinoza an. Er studierte mit ihm in Leiden, stand mit ihm auch darüber hinaus in engem Kontakt und edierte seine posthum erschienenen Werke. Die beiden Gelehrten berieten sich nachweislich über ihre Veröffentlichungen. Meyer war nicht nur philosophischer Schriftseller, sondern auch Arzt, Theatermann und Lexikograph. Mit Leidener Cartesianern wie de Raey war er bekannt. Nachdem er 1660 in seinen beiden Fächern promoviert worden war, lebte er in Amsterdam. Meyer gehörte zu den bekennenden Sympathisanten des Cartesianismus und berief sich immer wieder auf dessen Ergebnisse. Er ist ein überzeugter Rationalist gewesen, aber kein Cartesianer im eigentlichen Sinne: So lehnte er z. B. die Lehre von den zwei Substanzen und die cartesianische Willenslehre ab und kritisiert den Philosophen mit Spinoza. Insbesondere in methodischer Hinsicht rezipierte er Descartes jedoch stark und setze ihn dem scholastischen Ansatz entgegen. Radikaler Zweifel und mathematische Beweisführung werden von ihm als essenziell bewertet und konsequent auf die Theologie, insbesondere auf die Bibelexegese, angewendet. 182 Samuel Maresius: Collegium Theologicum: Sive Breve Systema Universae Theologiae, Comprehensum Octodecim Disputationibus privatum habitis in Academia Provinciali Ill. Ord. Groningae et Omlandiae / à Samuele Maresio SS. Theologiae Doctore et Professore ordinario ac p. t. Academiae Rectore. Opdracht aan de Staten van Gron. en Oml.; gedateerd: 17 Febr. 1645 Ad Lectorem. – Groningae: Nicolai 1645. Vgl. Für die weiteren Auflagen des Lehrbuches Nauta, Maresius, 11–13.

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seiner cartesianischen Theologie in einer umfangreichen Veröffentlichung abrechnete. Der Streit ließ sich zu Wittichs Bedauern bis zum Tode des Maresius 1673 nicht beilegen und führte zur Veröffentlichung einer Reihe polemischer Schriften.183 Unter ihnen ragt Wittichs erster Beitrag zu der Debatte, die Theologia pacifica von 1671, ganz besonders hervor. Die letzte Veröffentlichung des nur vom Tod des Maresius beendeten Streits war dessen Neuauflagen seines Systema (71673), die er nun mit einem eigenen, dezidiert gegen den Cartesianismus und Wittich gerichteten Apparat von Annotationen versehen hatte. Das zwang Wittich dazu, seinen eigenen dogmatischen Unterricht, dem er das Lehrbuch von Maresius zugrunde gelegt hatte, umzustrukturieren und eine eigene Übersicht über die Loci communes zu erstellen. Diese Synopsis Theologiae ist zusammen mit Wittichs Hebräerbriefkommentar posthum veröffentlicht worden und trägt den Titel Positiones sive Aphorismi universam theologiam adumbrantes.184 Wittich lies die Debatte Zeit seines Lebens nicht mehr los. Er veröffentlichte 1675 eine Neuauflage der Theologia pacifica und arbeitete bis zu seinem Tod an einer ausführlichen Aufarbeitung des Streits. Sie wurde erst posthum unter dem Titel Theologia pacifica defensa veröffentlicht.185 Zusätzlich wurde die konstante 183 Maresius eröffnete den Streit, dessen wichtigste Schriften hier nur kurz aufgelistet werden sollen, mit Samuel Maresius: De abusu philosophiae cartesianae. Surrepente et vitando in rebus theologicis et fidei dissertatio theologica. Premessa di Giulia Belgioioso. Introduzione di Igor Agostini e Massimiliano Savini. Groningen 1670. Reprint: Hildesheim 2009. Christoph Wittich: Christophori Wittichii Theologia pacifica, in qua varia problemata theologica inter reformatos theologos agitari solita ventilantur, simul usus philosophiae Cartesianae in diversis theologiae partibus demonstratur, & ad dissertationem celeberrimi viri, Samuelis Maresii, de abusu philosophiae Cartesianae in rebus theologicis & fidei, modeste respondetur. Lugduni Batavorum: Doude 1671. Eine Gliederung der Schrift findet sich im Anhang. Samuel Maresius: Indiculus Praecipuarum Controversiarum Theologicarum, Quas D. Samueli Maresio, Insistenti receptis hactenus inter Reformatos sententiis, ultro movit Clarissimus D. Christ. Wittichius, Novae Theologiae Noviomagi, Professor Cartesianus Celeberrimus, tam in suis Reprehensionibus continuis per plures annos repetitis & dictatis ad ilius Systema, quam in grandi suo opera nupero, illis propugnandis destinato, quod inscripsit Theologiam pacificam. Praemittitur Judicium de eadem Theologia Eristico-Pacifica ad ejus Praefationem. Groningae: Huysman 1671. 184 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429–434. Vgl. die Gliederung im Anhang. Vgl. zu den an Maresius und Coccejus orientierten, nach Dekaden geordneten Thesenreihen Wittichs neben Eberhardt, Wittich, 322–327 vor allem Sepp, Godgeleerd Onderwijs in Nederland, 249–252. Eine Gliederung der Positiones findet sich im Anhang. Christoph Wittich: Christoph. Wittichii Investigatio Epistolae Ad Hebraeos, Et Positiones Sive Aphorismi universam Theologiam adumbrantes. Amstelaedami: Wolters 1692. 185 Christoph Wittich: Christophori Wittichii Appendix ad Theologiam pacificam: sive modesta responsio ad celeberrimi D. Samuelis Maresii Indiculum controversiarum, qua ostenditur, statum controversiarum in plerisque esse perperam ab eo positum; & varia, quae in Theo-

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Auseinandersetzung mit der Verteidigung der theologischen Cartesianismusrezeption durch zahlreiche weitere Anlässe wachgehalten, so dass sie sich ausgehend von der Herborner Krise zu Wittichs Lebensthema entwickelte. Zu den alten Gegnern aus der Herborner Zeit hatten sich neben Maresius auch mehrere Schüler des Voetius gesellt. Unter ihnen ragt bes. Petrus van Mastricht (1630– 1706) hervor, der in den 1670er Jahren zu einem der einflussreichsten Schuloberhäupter der Voetianer in Utrecht avancierte.186 Neben der Maresiusdebatte war es vor allem die Universitätspolitik in Leiden, die Wittich zu einer weiteren Apologie cartesianischen Denkens herausforderte. Mit dem politischen Umschwung in den Niederlanden nach dem Rampjaar 1672 hatte der Cartesianismus an Rückhalt verloren. Cartesianismuskritiker innerhalb des heterogenen Kollegiums in Leiden bekamen dadurch Aufwind. Sie setzten 1676 zusammen mit dem Kuratorium die Verabschiedung einer anticartesianischen Resolution durch, die die Lehre und Publikationen von Wittich und seinen Gesinnungsgenossen unmöglich zu machen drohte. Gemeinsam mit seinen

logia pacifica brevius fuerant dicta, plenius declarantur & deducuntur. Editio secunda. Lugduni Batavorum: Doude 1675. Christoph Wittich: Christoph. Wittichii Theologia Pacifica Defensa: In Qua Theologiae Pacificae Capita, quae Celeberrimus Samuel Maresius In Annotationibus ad Systematis sui Theologici editionem novam impugnavit, singula vindicantur, & veritates non paucae aliae istis affines eruuntur atque illustrantur. Amstelaedami: Wolters 1689. 186 Nachdem dieser bereits als Gegner von Wittichs Dissertationes Duae aufgetreten war und seine Vindiciae veritatis et authoritatis Sacrae Scripturae gegen ihn publiziert hatte, veröffentlichte er 1677 die wirkmächtige Schrift Novitatum cartesianarum gangraena [Der Wundbrand der cartesianischen Neuerungen]. Vgl. zu diesem Goudriaan, Art. Mastricht, Petrus van (1630–1706). DSECDP 2 (2003) 687f. und die ältere Darstellung von Zedler, Art. Mastricht, (Peter von). Universallexicon 19 (1739) 2003f. Vgl. zu seiner Rolle im Cartesianismusstreit auch Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 357–362. Der aus Köln stammende van Mastricht hatte in Duisburg bereits die Lateinschule besucht. Nach seinen Studien in Utrecht, Leiden und Heidelberg war er Vikar in Xanten geworden. Damit gehörte er in den Amtsbereich der klevischen Provinzialsynode, die auch über Duisburg gesetzt war, so dass er Wittich besondere Aufmerksamkeit bereits aufgrund der gemeinsamen kirchlichen Verwaltung widmete. Unverzichtbar für die Analyse seiner Auseinandersetzung mit der cartesianischen Theologie ist Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy (2006). Ebenfalls zentral ist Neele, Petrus van Mastricht (2009). Petrus van Mastricht: Petri van Mastricht Vindiciae veritatis et authoritatis Sacrae Scripturae in rebus philosophicis adversus Dissertationes D. Christophori Wittichii. Ultrajecti: Waesberg 1655. Petrus van Mastricht: Novitatum Cartesianarum Gangraena: Nobiliores plerasque Corporis Theologici Partes arrodens & exedens, Seu Theologia Cartesiana Detecta / Auctore Petro van Mastricht, S. Literarum in Ecclesia & Academia Duisburgensi Doctore & Professore. Amstelodami: Jansson 1677. Eine kurze Paraphrase des Argumentationsgangs bietet Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 357–362. Unter thematischen Schwerpunkten paraphrasiert auch Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy.

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Kollegen Abraham Heidanus und Burchard de Volder (1643–1709)187 arbeitete Wittich eine kritische Stellungnahme und Widerlegung zu der Resolution aus. Diese Consideratien (1676)188 veröffentlichten sie unter dem Namen von Heidanus, der kurz vor der Emeritierung stand, so dass die beiden jüngeren Kollegen nicht in die Verantwortung für die Schrift genommen werden konnten. Tatsächlich folgte auf die Publikation umgehend die vorzeitige Entlassung von Heidanus. Wittich hielt sich fortan mit klar cartesianisch ausgerichteten Publikationen zurück. Statt den Cartesianismus offensiv gegen seine Kritiker zu verteidigen bemühte er sich nun, dessen Nutzen für die Theologie subtiler zu beweisen. Dazu veröffentlichte Wittich gegen Theologen und Philosophen, die häretische oder zumindest der Orthodoxie problematisch erscheinende Positionen vertraten, und versuchte dabei zu zeigen, dass eine Theologie auf dem Fundament des cartesianischen Wissenschafts- und Wahrheitsverständnisses sowie der cartesianischen Methodologie einen idealen Schutz für die reformierte Orthodoxie darstellte. Zuerst widerlegte er ausführlich die Pneumatologie des Antitrinitariers Christoph Sand (Christopherus Christopheri Sandius/Christopher Sandius Jr. 1644–1680)189, der 1678 das sozianisch gefärbte Problema paradoxa de Spiritu Sancto; an non per illum Sanctorum Angelorum Genus intelligi possit? verfasst und darin den Heiligen Geist auf eine Ebene mit den Engeln

187 Vgl. zu de Volder Gerhard Berthold Wiesenfeldt: Volder, Burchard de (1643–1709). DSECDP 2 (2003) 1041–1044. Vgl. auch Otterspeer, Leidse universiteit 1673–1775, 54– 57.346–348 u. ö.: Der gebürtige Amsterdamer de Volder hatte zwischen 1659 und 1664 Philosophie und Medizin in Utrecht und Leiden studiert. Nach einer Tätigkeit als Arzt in Amsterdam wurde er 1670 Philosophieprofessor in Leiden. Bis zum Leidener Krisenjahr 1676 hatte er sich als ein überzeugter Vertreter des Cartesianismus gezeigt. Er hielt eine rational fundierte Metaphysik für ein notwendiges Medium zur Verteidigung des christlichen Glaubens und setze sich für eine Trennung von Theologie und Naturphilosophie anhand von der cartesianischen Unterscheidung von res cogitans und res extensa ein. 188 Abraham Heidanus [Hrsg.]: Abrahami Heidani Consideratien, over eenige saecken onlanghs voorgevallen in de universiteyt binnen Leyden. Leyden: Doude 1676. 189 Sand wurde von seinem Vater, Christoph Sand sen. (1611–1686), in den Arianismus eingeführt. Der gebürtige Königsberger bereiste weite Teile Europas und arbeitete u. a. als Editor und Übersetzer. Als kirchenhistorischer Autor bekannte er sich zum Arianismus als der Klimax der Theologie der Alten Kirche. Obgleich er selbst den Sozianismus in letzter Konsequenz ablehnte, stand er in engem Kontakt mit sozianischen Denkern. Er war außerdem ein Anhänger und enger Bekannter von Spinoza. Vgl. zu Sand Jr. vor allem Szczucki, W kregu spinozjanskim, 289–311 und zu Vater und Sohn z. B. Jöcher (1751) 4, Art. Sand 112f. Einflussreich war seine posthum erschienene Bibliotheca Anti-Trinitariorum sive Catalogus Scriptorum et succincta narratio de vita eorum Auctorum, qui praeterito et hoc seculo, vulgo receptum dogma de tribus in unico Deo per omnia aequalibus personis vel impugnarunt vel docuerunt solum Patrem D.N. J. Christi esse illum verum seu altissimum Deum. Freistadii (d.i. Amsterdam) 1684. Vgl. für den bibliographischen Nachweis der Schriften des Streits zwischen Wittich und Sandius Jr. auch Visser, Bibliographia Sociniana, 135 (Nr. 3125f.).215f. (Nr. 4410f.).

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gestellt hatte.190 Der Causa Spiritus Sancti (1678 und 1682) widmete er zwei Veröffentlichungen,191 wofür er 1678 von der Synode von Südholland gelobt wurde. Zudem bereitete Wittich eine umfangreiche Widerlegung der Ethik Spinozas auf der Grundlage des Cartesianismus vor. Zusammen mit Briefen und einem Entwurf gegen die Gotteslehre Spinozas wurde dieses Traktat posthum unter dem Titel Anti-Spinoza (1690)192 veröffentlicht. Diese Schrift stellt die erste systematische Auseinandersetzung mit Spinozas Ethik dar. In seinen letzten Lebensjahren arbeitete Wittich neben der Theologia pacifica defensa an der Ausarbeitung seiner exegetischen Kollegs zu Bibelkommentaren. 1685 brachte er den Römerbriefkommentar nebst einer kurzen Einführung in seine exegetische Methode heraus.193 Allerdings musste Wittich infolge seines schwachen Gesundheitszustandes 1686 emeritiert werden und konnte zahlreiche Arbeiten nicht mehr beenden. Er verstarb am 19. Mai 1687 infolge eines Schlaganfalls. Seine Schüler edierten eine Reihe posthumer Werke. Neben dem genannten Hebräerbriefkommentar (1692) und der darin mitveröffentlichten Synopsis theologiae seien besonders die Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688)194 genannt. Diese vollständige Kommentierung der cartesischen Meditationen zeigt auch die philosophische Bedeutung von Wittichs Oeuvre. Sein Einfluss im späten 17. Jahrhundert wird untermauert durch die Übersetzungen seiner Hauptschriften ins Niederländische durch Abraham van 190 Christoph Sand: C. C. S: Problema paradoxum de Spiritu Sancto. An non per illum sanctorum Angelorum genus intelligi possit? Una cum refutatione opinionis Socinianorum, Spiritum Sanctum personam esse negantium. Coloniae: Nicolai 1678. Der Druckort ist fingiert, erschienen ist die Schrift vermutlich in Rotterdam. Vgl. Visser, Bibliographia Sociniana, 135 (Nr. 3125). 191 Christoph Wittich: Causa Spiritus Sancti, personae divinae, eiusdem cum patre & filio essentiae, contra C.C.S. Problema paradoxa de Spiritu Sancto, An non per illum Sanctorum Angelorum Genus intelligi poßit? asserta & defensa a Christophoro Wittichio. Lugduni Batavorum: Doude 1678. Christoph Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix. Demonstrata a Christophoro Wittichio. Lugd. Batav.: Boutesteyn 1682. Eine Gliederung der Schriften findet sich im Anhang. 192 Christoph Wittich: Christoph. Wittichii Anti-Spinoza Sive Examen Ethices Benedicti de Spinoza, Et commentarius de Deo et ejus attributis. Amstelaedami: Wolters 1690. Eine Gliederung der Schrift findet sich im Anhang. 193 Christoph Wittich: Christophori Wittichii Metalleia Sive Investigatio Epistolae Ad Romanos Ab Apostolo Paulo exaratae: Una Cum Paraphrasi. Lugduni Batavorum: Boutesteyn 1685. 194 Christoph Wittich: Christophori Wittichii P.M. Philosophi acutissimi & Theologi solidissimi Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes: In quibus methodi celeberrimi Philosophi succincta redditur ratio, nec non dubia solvuntur, difficiliora enodantur, obscuriora illustrantur, puriorque Philosophia adversus Quorundam objectiones solidissime asseritur, confirmatis ubique primis ejus fundamentis. Opus posthumum ex trium exemplarium collotione in usum studiosorum diligenter erutum: quod publice non invidendum rarus omnibus veritatem amantibus communicat. Salomon van Til Ecclesiae Dordracenae Pastor, & in Illustri ibidem gymnasio Professor. Dodrechti: Caspari/Goris 1688.

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Poot (Lebensdaten nicht ermittelt).195 Eine Übersetzung der Exercitationes, einer Sammlung zentraler Disputationen Wittichs aus dem Jahr 1682196, wurde 1686 zusammen mit der niederländischen Fassung der Sandius-Schriften veröffentlicht.197 Hinzu kommen Übersetzungen des Römerbriefkommentars (1687)198 und des Anti-Spinoza (1695)199. Wittichs Hermeneutik wurde u. a. von Balthasar Bekker (1634–1698)200 und Baruch de Spinoza (1632–1677) rezipiert. Noch Piere Bayle (1647–1706) und 195 Der in Amsterdam ansässige Mediziner Abraham van Poot hatte sich um die Übersetzung verschiedener prominenter Vertreter der coccejo-cartesianischen Richtung, die er selbst vertrat, verdient gemacht. Vgl. zu van Poot Thijssen-Schoute, Nederlands cartesianisme, 431 und van der Aa, Art. Poot (Abraham van). BWN XV (1872) 418f. 196 Christoph Wittich: Christophori Wittichii Exercitationes Theologicae: I. Deus Mundi Rector, II. Christus Humilis, et Altus, III. Fides Sanctorum Perseverans et Certa, IV. Fucata Gentium Virtus, V: Veritates et Errores Fundamentales cum Annexis. Editae cura & studio ipsius Auctoris, multis quoque in locis auctae. Accessit Oratio Inauguralis De Oraculorum divinorum Veritate & Gentilium Falsitate. Lugdunum Batavorum: Boutesteyn 1682. 197 Christoph Wittich: Godgeleerde oeffeningen, Bestaande in verscheidene verhandelingen / In het Latijn beschreven Door … Christoph Wittichius, Professor der Godgeleerdheid tot Leiden, Vertaald door Abraham van Poot. De ordre der Verhandelingen word op het nevensgaande Blad, even achter de Vorreden, aangewesen. Leiden: Luchtmans 1686. Christoph Wittich: De Saake des Heiligen Geestes, Een Goddelik persoon, van de selve wezendheid met de Vader en Soon, Tegens het wonderlik voorstel van C.C.S. Of niet door den Heiligen Geest het geslachte der engelen verstaan worden? Beweerd en verdedigd door Christophorus Wittichius, Professor der Godgeleerdheid tot Leiden.Als mede desselfs Saake des Heiligen Geestes over winnaresse. Uit het Latijn vertaald door Abraham van Poot, Med. Doct. Tot better verstand van de Leser is het Wonderlik Voorstel selve, als mede de Brief door de Kanttekenaar aan de Heer Wittichius geschreven, hier bygevoegd. Leiden: Luchtmanns 1686. 198 Christoph Wittich: Uitlegginge over den brief van Paulus aan den Romeinen.: Met een voor af gaande korte verklaringe / door den heer Christophorus Wittichius, in sijn leven Professor der Godgeleerdheid tot Leyden: Nevens eenige aanmerkelikke plaatsen uit de schriften van de Hr. Coccejus Sal: die hier niet allenelik aangetrokken, maar ook geheel en in haar samenhang uitgedrukt worden. Uit het Latijn vertaald Door Abraham van Poot. M.D. Leyden: Luchtmans 1687. Van Poot hat die Übersetzung um eine Vorrede ergänzt. 199 Christoph Wittich: Ondersoek van de zede-konst van Benedictus de Spinoza, en een verhandelinge van God en desselfs eigenschappen.: In het Lateyn beschreeven door de Hr. Christophorus Wittichius.: Vertaald door Abraham van Poot, Amsterdam: van Waesberge 1695. 200 Vgl. zu Balthasar Bekker (1634–1698), einem der meistgelesenen cartesianischen Theologen, den Artikel von Fix, Art. Bekker, Balthasar (1634–98). DSECDP 1 (2003) 74–77, ders., Fallen Angels, van Bunge, Balthasar Bekker’s Cartesian Hermeneutics (1993) und bes. die Monographie von Nooijen, Bekker (2009). Er machte keine akademische Karriere, sondern wirkte zunächst als Lateinschullehrer in Franeker, studierte parallel an der dortigen Universität Theologie und beteiligte sich mit seiner Apologie De philosophia Cartesiana admonitio candida et sincera (1668) am Cartesianismusstreit. Später wurde er nach mehreren Zwischenstationen Prediger in Amsterdam, litt jedoch aufgrund seiner cartesianischen Position unter heftigen Anfeindungen bis hin zur Suspendierung vom kirchlichen Amt und der Anwendung der Kirchenzucht. Durch sein Hauptwerk, De Betoverde Wereld: Zijnde een Grondig Ondersoek Van ’t gemeen gevoelen aangaande de Geesten, derselver Aart en Ver-

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Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) kennen Wittich und beziehen sich auf ihn. Aufgrund des baldigen Bedeutungsverlustes des Cartesianismus wurde er ab dem Beginn des 18. Jahrhunderts allerdings nur noch wenig gelesen. Implizit wird Wittichs Akkommodationsthese jedoch noch in der Hermeneutik Johann Salomo Semlers (1725–1791) rezipiert.201

mogen, Bewind en Bedrijf […]; In twee Boecken ondernomen. Leeuwarden 1691, wurde die cartesianische Hermeneutik einflussreich. 201 Vgl. zur Rezeptionsgeschichte ausführlich Eberhardt, Wittich, 387–405.

2.

Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik des 20. Jahrhunderts

Die Betonung der Bedeutung von Descartes und der Rezeption des Cartesianismus für die Fundierung der Neuzeit und die Vorbereitung der Aufklärung ist ein wesentlicher Bestandteil der geistesgeschichtlichen Erschließung des 17. Jahrhunderts.1 Descartes gilt als eine der zentralen Gründerfiguren neuzeitlichen Denkens. Die gängigen Epochenkonzeptionen stellen ihm mitunter Luther und die Reformation direkt an die Seite. Die Konstituierung der Neuzeit lasse sich wesentlich auf die beiden Phänomene Protestantismus und Cartesianismus zurückführen.2 Christoph Wittich wiederum repräsentiert die erste Ge1 Eine wirkmächtige philosophische Darstellung, die viele dieser Stränge bündelt, stellt Blumenbergs Legitimät der Neuzeit dar. Blumenberg, Legitimität der Neuzeit, 159 fasst – zumindest für die spätere Wirkungsgeschichte – treffend zusammen, dass Descartes durch seine Kategorien des methodischen Zweifels und des „absoluten, nur in sich selbst gegründeten Anfangs“ der bevorzugte Gesprächspartner bei der Darstellung des Ursprungs der Neuzeit sei. 2 Vgl. für eine Übersicht entsprechender philosophischer Positionen (Feuerbach, Heidegger, Blumenberg) zu dieser These Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 144–147 und dessen eigenes Votum aus theologischer Perspektive in Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 139 sowie die kritischen Beobachtungen zu Epochenkonzeptionen bei Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 142– 144. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 144 geht davon aus, dass die von ihrem Ursprung her bipolare Neuzeit sehr selten als Konfrontation von Luther und Descartes nachgezeichnet werde. Synthetische Modelle, die von einem gemeinsamen Charakter beider Strömungen ausgehen, überwögen. Eine prägende theologische Aktualisierung hatte die philosophiegeschichtliche These von dem einen neuzeitlichen Geist in Protestantismus und Cartesianismus, ausgehend von Hegels Lutherrezeption, auch im Kulturprotestantismus erhalten. Vgl. dazu anhand des für die Beschreibung der Neuzeit zentralen Begriffs der Subjektivität Cosmann s.v. Subjektivität III. HWP 10 (1998) 470. Uneinigkeit bei der Konstituierung der neuzeitlichen Epoche besteht darin, ob Reformation und cartesische Philosophie sich zueinander antithetisch verhalten oder Ausdruck einer gemeinsamen Denkbewegung sind. Auch anhand von Wittichs Position wird diese Spannung deutlich. Er selbst sieht die notwendige Verbindung beider Strömungen, muss ihre Synthese jedoch gegen starke äußere Widerstände herstellen und verteidigen. Der Idealismus tendiert zu einer Betonung der Verwandtschaft von Protestantismus und Cartesianismus. Diese entfaltet noch Feuerbach ausführlich. Vgl. dazu Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 144f. Blumenbergs, Legitimität der Neuzeit, bes. 143f., wirkmächtige Darstellung neuzeitlichen Denkens vertritt am eindrücklichsten ein Bild von Luther und Descartes als Antagonisten. Blumenberg, Legitimität der Neuzeit, 203 beschreibt die

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Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik

neration evangelischer Theologen, in der beide Ansätze in expliziter Form miteinander vereint werden. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass der cartesianischen Theologie insgesamt so wenig Beachtung geschenkt worden ist. Denn in den Systemen der cartesianischen Theologen wird die Synthese aus reformatorischer Theologie und cartesianischer Philosophie zum ersten Mal bewusst vollzogen und reflektiert, so dass sie einen besonderen Stellenwert für die Entwicklung neuzeitlichen Denkens einnehmen. Bereits die cartesianischen Theologen im 17. Jahrhundert entwickeln die Vorstellung, dass Descartes’ Philosophie geradezu eine Fortsetzung der reformatorischen Theologie sei. Daraus entwickelt sich in der historischen Wahrnehmung eine enge Verbindung der beiden Strömungen. Der Cartesianismus wird mitunter als die philosophische Form des protestantischen Geistes präsentiert, beide Ansätze ließen sich auf eine Denkbewegung zurückführen. Schon Wittich hatte z. B. auf die Gemeinsamkeiten in der Überwindung der Scholastik verwiesen und die Anknüpfung cartesianischer Theologie an die Reformatoren betont.3 Als verbindende Elemente werden dann im 18. und 19. Jahrhundert z. B. der Protestcharakter gegen Autoritäten oder die Hinwendung zum Subjekt herausgearbeitet und als Grundzug neuzeitlichen Denkens dargestellt.4 Die protestantische Theologie hat sich mit diesen Epochenkonzeptionen und dem prägenden Einfluss von Descartes auf das neuzeitliche Denken intensiv auseinandergesetzt. Während die grundsätzliche Bedeutung von Descartes für einen Epochenwechsel anerkannt wird, ist die Bewertung der auf ihn zurückgeführten Entwicklungen und seiner Philosophie ambivalent. So stehen sich positive und Entstehung der Neuzeit aus dem Spannungsfeld des „theologischen Absolutismus“ Luthers, demnach der Mensch aus eigener Kraft nichts vermöge, und dem „Atheismus und Anthropotheismus“ von Descartes. Vgl. zu Descartes als Gründervater der Neuzeit auch Pannenberg, Theologie und Philosophie, 142f. 3 Vgl. z. B. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xvi–xvii]: Wie die Reformatoren setzten die Cartesianer sich für die Trennung von Philosophie und Theologie ein. Oder vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §12,10f.: Die Theologie werde vom Ballast des Aristotelismus und der Scholastik befreit, so dass die Cartesianer ganz im Sinne der Reformatoren handelten. 4 Vgl. zum Reform- und Protestcharakter, der Descartes mit Reformation bzw. Protestantismus verbinde, die Beispiele von Rodis-Lewis, René Descartes, 329 seit dem 18. Jahrhundert. Die katholische Descarteskritik kann daran anknüpfen. Im cartesischen Zweifel verdichtet sich der Protestcharakter des Cartesianismus. Der Topos der Subjektivität wird im Folgenden ausführlich besprochen. Als Wesensbeschreibung des Protestantismus hat bes. Ferdinand Christian Baur (1792–1860) auf der Basis von Hegel das Prinzip der Subjektivität aus theologischer Perspektive diskutiert und von Descartes und Spinoza hergeleitet. Vgl. dazu Hornig s.v. Protestantismus. HWP 7 (1989) 1531 und Cosmann s.v. Subjektivität III. HWP 10 (1998) 470f. In Hegels Protestantismuswahrnehmung hatte sich das Bild von der die Subjektivität als konstitutivem Element von Reformation und Cartesianismus wirkmächtig verdichtet. Eine detaillierte Untersuchung zur protestantischen Wahrnehmung der Neuzeit und der damit verbundenen Kontroverse um die Subjektivität hat Cosmann, Protestantische Neuzeitkonstruktion, erarbeitet.

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kritische Stimmen gegenüber, letztere dominieren jedoch in der gegenwärtigen evangelischen Theologie. Ein Blick auf die Cartesianismusdebatten des 17. Jahrhunderts zeigt, dass viele Hauptgegner von Descartes aus dem Protestantismus hervorgegangen sind. Entsprechende Formen evangelischer Kritik am Cartesianismus lassen sich durch dessen gesamte Rezeptionsgeschichte beobachten.5 Diese muss auffällig häufig als eine Geschichte der Ablehnung und Abgrenzung von Descartes beschrieben werden. Descartes gehört trotz seiner Wahrnehmung als Wegbereiter der Neuzeit und der grundsätzlichen Anerkennung seiner Leistungen zu einer der am härtesten kritisierten Größen der Philosophie und hat starken Widerspruch evoziert.6 Daher stellt sich die Frage nach den Gründen für die nachhaltige Descarteskritik in der evangelischen Theologie ebenso wie nach ihrer Sachgemäßheit und Berechtigung. Diese Fragen verschärfen sich vor dem Hintergrund, dass die inhaltlichen Kritikpunkte im Verlauf der Geschichte durchaus Änderungen und Neuakzentuierungen unterworfen waren. Diese machen es fraglich, ob die Kritik dem cartesianischen Ansatz immer gerecht wird. Zwar finden sich kontinuierlich auch Gemeinsamkeiten zu den Anticartesianern des 17. Jahrhunderts, wie z. B. die Diskussion des cartesischen Zweifels und der rationalistischen Tendenzen des Cartesianismus. Aber heute haben sich darüber hinaus weitere Kritikpunkte am Cartesianismus etabliert, die Aspekte in den Vordergrund stellen, für die weder Descartes noch Wittich und das cartesianische Netzwerk noch ihre zeitgenössischen Gegner in derselben Form ein Problembewusstsein gehabt hätten. Dies gilt insbesondere für den Subjektivitätsvorwurf, der sich als ein dominanter Topos der modernen Descarteskritik fest etabliert hat und auch eine tragende Rolle in der Darstellung von Descartes als Gewährsmann neuzeitlichen Denkens spielt, während er im 17. Jahrhundert kein Diskussionsschwerpunkt gewesen ist.7 5 Vgl. die exemplarischen Belege bei Rodis-Lewis, René Descartes, 329f. und die sich anschließende detaillierte Untersuchung in ihrem Beitrag zu Descartes im Grundriss der Geschichte der Philosophie. Vgl. zudem die zahlreichen Debatten Wittichs, die aufgearbeitet sind in Eberhardt, Wittich. 6 Vgl. die Rezeptionsgeschichte bei Rodis-Lewis, René Descartes, 322–348, die auf 346 zu demselben Urteil kommt. Neben den zeitnahen Schmähungen im 17. Jahrhundert und der Kritik als Wegbereiter des Spinozismus fällt bes. ab dem 19. Jahrhundert eine regelrechte Beleidigung von Descartes auf. Vgl. dazu Rodis-Lewis, René Descartes, 339. Vgl. auch das Votum von Specht, Descartes, 44f. 7 Die zentralen Topoi moderner Descarteskritik können durchaus an cartesianische und anticartesianische Quellen anknüpfen, verlagern aber die Schwerpunkte massiv. Dies zeigt die Gegenüberstellung mit den frühen Widerlegungen von Descartes schnell. Eine gute Referenz für die Themen der frühen Descarteskritik bietet bereits Schoocks Admiranda Methodus (1643). Die Schrift zeigt in der Gegenüberstellung mit den Anfechtungen Wittichs eine Generation später, welche Kritikpunkte die Debatte bestimmt und sich im 17. Jahrhundert durchgesetzt haben. Das Werk, dessen Entstehung auf das Vorgehen von Voetius gegen Descartes zurückgeführt werden kann, besteht sowohl aus polemischen Teilen als auch aus phi-

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Derartige Weichenstellungen innerhalb der theologischen Descarteswahrnehmung verstellen einen objektiven Zugang zu der Theologie Wittichs und seiner Kollegen. Daher muss zumindest für die evangelische Theologie des 20. Jahrhunderts transparent gemacht werden, warum und an welcher Stelle Fehlurteile über die Descartesrezeption der reformierten Orthodoxie getroffen worden sind, damit im Anschluss daran Kritik und Würdigung der Theologie Wittichs vorurteilsfreier möglich ist. Für die Analyse der modernen evangelischen Descartesrezeption werden im Folgenden maßgebliche Arbeiten der protestantischen Dogmatik des 20. Jahrhunderts in den Blick genommen. In ihnen findet sich die Grundlage des gegenwärtigen Descartesbildes in der evangelischen Theologie. Die Ablehnung cartesischer Gedanken ist mitunter in wirkmächtigen dogmatischen Systemen verankert, die teilweise schulbildend gewirkt haben. Sie wird dort in der Regel plausibel entfaltet und bringt konstruktive Impulse in die Dogmatik ein. Inwieweit diese Ablehnung jedoch den zugrunde gelegten Quellen tatsächlich gerecht wird und inwieweit sie nur ein Ergebnis ihrer Wirkungsgeschichte und einer einseitigen Descarteslektüre ist, lässt sich an der Gegenüberstellung mit der Selbstwahrnehmung von Descartes und den durch Wittich repräsentierten Cartesianern transparent machen. Wittichs im Folgenden zu entfaltende Descartesrezeption lädt zu einem Vergleich mit der modernen protestantischen Wahrnehmung des Philosophen ein und ruft zu dessen Relektüre auf. Dabei wird deutlich, inwieweit die moderne evangelische Descarteskritik auch Wittich und die cartesianische Theologie zu treffen vermag. Es lässt sich vor allem aber zeigen, in welchen Punkten sie eine sachliche Berechtigung hat und wo sie sich zu allgemeinen Klischees und Topoi eines einseitigen Descartesbildes hat verleiten lassen. Descartes mit ‚Wittichs Brille‘ zu lesen, ist besonders aufgrund der historischen Nähe der beiden Denker zueinander dafür aufschlussreich.

losophischen Argumenten gegen das cartesische Wahrheitskriterium, den methodischen Zweifel, die Bedeutung der Wahrnehmung für die Erkenntnis und den aus den Meditationes abgeleiteten Täuschergott. Vgl. Verbeek, Descartes and some Cartesians, 172–174 und Beck, Voetius, 70f. mit weiteren Angaben. Vgl. zu der Schrift auch Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 103–159. Die Schrift eignet sich vorzüglich für eine Analyse der frühen Descarteskritik. Vgl. dazu die Thesenübersicht in Schoock: Admiranda methodus (1643) Syllabus [unpaginiert]. Martin Schoock: Admiranda methodus novae philosophiae Renati Des Cartes. Utrecht 1643.

Rationalismus, Geschichtsverhältnis, Subjektorientierung und Zweifel

2.1

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Evangelische Descartesrezeption: Rationalismus, Geschichtsverhältnis, Subjektorientierung und Zweifel als Topoi moderner evangelischer Descarteskritik

Die wesentlichen Kritikpunkte, die in der evangelischen Dogmatik des 20. Jahrhunderts gegen Descartes und den Cartesianismus vorgebracht werden, lassen sich in vier Kategorien bündeln. Sie werden im Folgenden anhand der chronologischen Analyse repräsentativer evangelischer Descartesbilder hergeleitet und auf ihr Verhältnis zur cartesianischen Selbstwahrnehmung und der Descarteskritik des 17. Jahrhunderts ebenso untersucht wie auf ihre Angemessenheit gegenüber Descartes’ Intention und ihre theologische Relevanz.8 Alle Motive der Cartesianismuskritik stehen in engem Zusammenhang mit der cartesischen Erkenntnislehre. Entweder werden einzelne Elemente aus dieser problematisiert, wie z. B. Zweifel und cogito ergo sum, oder es wird in verallgemeinernder Form die Denkbewegung des Cartesianismus aus ihr abgeleitet und kritisiert. Ein erstes Motiv der Kritik stellt der Rationalismusverdacht dar. Vernunftorientierung und Erkenntnisoptimismus cartesischen Denkens beschreiben einen zentralen Komplex der theologischen Descarteskritik vom 17. Jahrhundert bis heute. Sie sind auch für die Wahrnehmung Descartes’ als Wegbereiter des neuzeitlichen Geistes und der Aufklärung besonders relevant. Das Verhältnis von Cartesianismus und Geschichtlichkeit bildet eine zweite Kategorie. Anlagen eines Fortschritts- und Geschichtsbewusstseins lassen sich zwar für Wittich nachweisen, jedoch nicht als Schwerpunkt seines Denkens. Es wird in der allgemeinen Rationalismuskritik der Theologie gerne aufgenommen, ist aber in vielen dezidierten Descartesdarstellungen eher ein Nebenthema. Ganz im Gegensatz dazu dominiert der dritte Punkt nahezu alle evangelischen Stimmen zu Descartes. Es handelt sich dabei um die Verlagerung des Denkens auf das Subjekt. Die hohe Bedeutung, die diesem Punkt aus theologischer Perspektive zugesprochen wird, ist auffällig. Zwar wird bereits von Schoock in seiner Admiranda Methodus kritisch bemerkt: „Ratio, quam jactat Cartesius, non est ratio abstractive, sed subjective, in eo ipso scilicet considerata“9. Jedoch ist dies lediglich ein Teilelement der Rationalismus- und Methodenkritik und gewinnt im 8 Die Philosophie des 20. Jahrhunderts diskutiert Descartes freilich ebenso, kann hier aber nicht vertieft in den Blick genommen werden. Sie steht natürlich aber im Austausch mit der Theologie. Exemplarisch sei auf die Diskussion der Wende zum Subjekt durch Descartes bei Martin Heidegger oder Hans Blumenberg verwiesen. Vgl. zu Heidegger Cosmann s.v. Subjektivität III. HWP 10 (1998) 471. Vgl. bes. Blumenberg, Legitimität der Neuzeit, 202–204: Descartes’ Ansatz wird hier als direkte Gegenposition zu Luther aufgefasst, in dem sich der Mensch an die Stelle setze, die nach Luther Gott gebühre. 9 Schoock: Admiranda methodus (1643) II 7,117. Das gesamte Kapitel verhandelt diese Beobachtung. Vgl. Schoock: Admiranda methodus (1643) II 7,117–122.

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17. Jahrhundert keine so große Bedeutung, wie das moderne Descartesbild erwarten ließe.10 Ein eigentliches Bewusstsein für die Konsequenzen eines subjektorientierten Denkansatzes ist nur in Grundzügen nachweisbar und die Rezeption dieses nur oberflächlich entfalteten Kritikpunktes ist zunächst verhalten. Mitunter wird er auch durch den Vorwurf des Pelagianismus in Bezug auf die cartesische Erkenntnislehre ausgedrückt, so z. B. von Maresius.11 Bei Wittich begegnet die Frage der Subjektorientierung vor allem in der Aufforderung, sich von der Evidenz eines Sachverhaltes immer selbst zu überzeugen. Im Nachvollzug der Klarheit und Deutlichkeit der Erkenntnis wird diese an das Subjekt gebunden.12 Die Anticartesianer kritisieren demgegenüber das Fehlen eines allgemein nachvollziehbaren Erkenntniskriteriums. Maresius stellt im Rahmen des Pelagianismusvorwurfs vor allem infrage, dass die eigene Vernunft nach dem Sündenfall so leistungsfähig sei, wie die Cartesianer beanspruchen. Eng verbunden mit der Kritik an Rationalismus und Subjektorientierung ist der vierte Topos, die Figur des Zweifels. Sie ist von Anfang an prägend für die theologische Descarteskritik gewesen, wird aber in der Moderne anders akzentuiert. Vom ursprünglichen Anhaltspunkt für den Atheismusverdacht in den frühen Diskussionen steht sie heute stellvertretend für die anthropozentrische Wende im Denken Descartes’. Diese Zuspitzung kommt erst im 18. Jahrhundert auf und ist phasenweise in der evangelischen Theologie durchaus positiv aufgenommen worden. Die heutige Skepsis gegenüber Descartes ist auch als Abgrenzung gegen derartige positive Rezeptionslinien z. B. in der liberalen Theologie zu verstehen. Nicht immer wird im Rahmen evangelischer Cartesianismuskritik reflektiert, dass Descartes und die ersten Cartesianer wohl die Gefahren von Zweifel und Rationalismus diskutiert haben, jedoch die anthropozentrische und subjektive Dimension der neuen Philosophie nicht intendiert und nachvollzogen wurde. Selbst wenn dieser Sachverhalt vielen modernen Kritikern durchaus bewusst ist, verweisen sie höchstens formal darauf. Eine differenzierte Auslegung von Descartes, Cartesianismus und Wirkungsgeschichte bleibt aber in der Regel aus.

10 Die Abkehr von der Tradition und die Notwendigkeit einer skeptischen Haltung als Folge des cartesischen Ansatzes rahmen dementsprechend die Kritik Schoocks. Sie bleibt mitunter auf der Ebene reiner Polemik und zeigt kein Bewusstsein für die Folgen eines subjektorientierten Grundansatzes. Er spricht dem cartesischen Wahrheitskriterium lediglich eine allgemeine Überzeugungskraft ab und setzt Descartes mit einem neuen Narziss gleich. Vgl. Schoock: Admiranda methodus (1643) II 7,118f. 11 Vgl. so z. B. bei Maresius: abusu (1670) §15,8. Vgl. dazu Wittich: Theologia pacifica (1671) III §31,24f. 12 Vgl. z. B. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xx–xxi] und Wittich: Theologia pacifica (1671) III §30,23.

Das Descartesbild Adolf Schlatters

2.2

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„Die ‚Vernunft‘ hat keine Väter“13 : das Descartesbild Adolf Schlatters

Im 20. Jahrhundert formiert sich in der evangelischen Theologie eine sehr kritische Descartesauslegung. Sie ist auch als Abgrenzung gegenüber einer als einseitig empfundenen positiven Rezeption des Philosophen zu verstehen. Insbesondere im 19. Jahrhundert wurde Descartes’ Wende zum Subjekt auch innerhalb der evangelischen Theologie und vor allem im Neuprotestantismus als Sieg über die starre katholische Scholastik empfunden und entsprechend verklärt.14 Diese Rezeptionslinie setzt sich besonders im Kulturprotestantismus weiter fort, in dem der Cartesianismus zur philosophischen Konsequenz der Reformation stilisiert werden kann.15 In Anknüpfung daran werden procartesianische Positionen auch in der liberalen Theologie vertreten.16 Diese bleiben nicht ohne deutlichen Widerspruch. Aus dem protestantischen Lager haben sich zuerst Adolf Schlatter (1852–1938) und dann Vertreter der dialektischen Theologie gegen sie positioniert.17 Diese Kritiker erarbeiten die Grundlage der bis in die Gegenwart reichenden Ablehnung von Descartes und Cartesianismus in der Theologie. Der Neutestamentler und Systematiker Schlatter hat mit einer Arbeit zur Philosophiegeschichte am Anfang des 20. Jahrhunderts zentrale Weichenstellungen für die theologische Descartesrezeption vorgenommen. Bereits der Titel seiner Schrift, Die philosophische Arbeit seit Cartesius (1906), macht deutlich, dass Schlatter mit dem Auftreten von Descartes eine starke Zäsur in der Philosophie verbindet.18 Diese habe auch die Auflösung der Verbindung von Philosophie und Theologie nach sich gezogen.19 Das gerade auch für Wittich zentrale Anliegen der Verhältnisbestimmung der beiden Wissenschaften rahmt seine Cartesianismuskritik. Wenn Schlatter über Descartes hinaus Vertreter des 13 14 15 16

Schlatter, Die philosophische Arbeit, 39. Vgl. Cosmann s.v. Subjektivität III. HWP 10 (1998) 471. Vgl. Cosmann s.v. Subjektivität III. HWP 10 (1998) 470. Exemplarisch sei auf Georg Wobbermin (1869–1943) verwiesen, den auch Karl Barth neben anderen als Beispiel für die negativen Folgen einer theologischen Descartesrezeption anführt. Vgl. Barth, KD I/1 203.223.228. 17 Wirkmächtig für die philosophische Descarteskritik ist z. B. Wilhelm Dilthey (1833–1911). Er setzt sich sowohl von Rationalismus als auch Subjektorientierung mit dem Verweis auf die Bedeutung des Erlebens ab. Vgl. auch Rodis-Lewis, René Descartes, 342f. 18 Sein Descarteskapitel überschreibt Schlatter, Die philosophische Arbeit, 28 zudem mit „Der neue Anfang des Denkens bei Descartes“. 19 Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 24f. Die beiden Überlieferungsströme der auf Aristoteles gestützten Philosophie und der auf der Bibel fußenden Theologie waren nach Schlatters Darstellung zuvor in der Kirche verbunden worden. Mit der Renaissance sei die Auflösung dieser Bindung eingeleitet, mit Descartes vollends ins Schwanken gebracht worden.

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Cartesianismus berücksichtigt, stammen diese aus England und Frankreich. Der niederländische Cartesianismus ist ihm nur durch Spinoza präsent, so dass er die meisten Aspekte cartesianischer Theologie, wie sie uns innerhalb von Wittichs cartesianischem Netzwerk begegnen, nicht zur Kenntnis nimmt.20 Die cartesische Philosophie beschreibt Schlatter bereits anhand von drei für das 20. Jahrhundert typischen Topoi, nämlich dem des „Zweifel[s]“, „der Konzentration des Denkens auf sich selbst“ und der Ausrichtung auf das „rein[e] Denken“21. Das Verhältnis zur Geschichte wird, obwohl es keinen eigenen Gliederungspunkt erhält, ebenfalls detailliert besprochen. Dabei zeigt sich, dass Schlatter sein eigenes, vom Positivismus geprägtes Geschichtsverständnis in erheblichem Maße in seine Descartesexegese einfließen lässt. Dadurch müssen seine Analysen die Aussageabsicht von Descartes teilweise verfehlen, sie wirken aber dessen ungeachtet über das gesamte 20. Jahrhundert fort. Schlatter behauptet, dass alle drei von ihm herausgestellten Bereiche als neue Entwicklung wahrgenommen worden seien, die sofort einen Diskurs hervorgerufen hätten.22 Für die niederländische Cartesianismusdebatte lässt sich das aber nur zum Teil bestätigen. Es lässt sich zeigen, dass der Zweifel von den Anticartesianern aufgegriffen, von Wittich jedoch stark relativiert worden ist, dass die rationalistischen Tendenzen von beiden Lagern durchaus als Problem wahrgenommen und diskutiert wurden, dass aber der Subjektorientierung keine so epochale Rolle zugesprochen wurde, wie die Rezeptionsgeschichte suggeriert.23 Der Zweifel ist nach Schlatters Darstellung ein Phänomen der Abnormität, das von Descartes zu einem „unentbehrliche[n] Glied der wissenschaftlichen Methode“ erhoben wurde.24 Insgesamt erweise er sich als Dreh- und Angelpunkt des cartesianischen Denkens, der dessen positive und negative Folgen gleichermaßen 20 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 46–55 widmet den religiösen Aspekten des Cartesianismus ein eigens Kapitel, berührt aber die Themenfelder cartesianischer Theologie, wie sie sich am Beispiel Wittichs zeigen, nur marginal. Nur die englische und französische von Descartes beeinflusste Philosophiegeschichte nimmt er in den Blick. Er behandelt die religiöse Deutung der klaren Erkenntnis und zeigt, dass Malebranche (1638–1715) die empfundene Klarheit als Gottes Wirken interpretiert hat. Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 46f. Sodann diskutiert er die theologischen Aspekte der Theorie des Sehens anhand von Malebranche und Berkeley (1685–1753). Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 47– 49. Ausführlich bespricht er die durch das cartesianische Naturverständnis problematisierte Theodizeefrage in Schlatter, Die philosophische Arbeit, 49–51 und schließlich die ethischen Impulse des Cartesianismus. Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 51–55. 21 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 28. Der Zweifel wird besprochen in Schlatter, Die philosophische Arbeit, 29f., die Subjektorientierung in Schlatter, Die philosophische Arbeit, 30–32 und die rationalistischen Tendenzen in Schlatter, Die philosophische Arbeit, 32–36. 22 Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 29. 23 Vgl. dazu bes. Kapitel 3.9 (Vernunft und Offenbarung). 24 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 29.

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bedinge.25 Auch wenn er Descartes’ Absicht, den Zweifel eigentlich zu überwinden, anerkennt, sieht er in seiner Radikalisierung ein Vorzeichen der Philosophie, das letztlich in prägender Weise bestehen bliebe. Treffend erfasst Schlatter die hohe Bedeutung, die dabei dem Begriff des Vorurteils zukommt, die sich auch in der Untersuchung Wittichs bestätigen lässt.26 Schlatter geht jedoch zu weit, wenn er die Überwindung des Vorurteils bereits unter dem Vorzeichen der Subjektivität deutet. Descartes und die Cartesianer strebten nach der Überwindung von Vorurteilen durch Wahrheitserkenntnis, die zwar individuell nachvollzogen werden soll, an sich aber objektiv verstanden wird. Schlatter verkürzt demgegenüber das cartesische Wahrheitskriterium auf eine subjektorientierte Deutung, wenn er die klare und deutliche Erkenntnis als eine bloße „Begründung […] in uns selbst“ deutet.27 So verbindet Schlatter bereits im Grundansatz das Motiv des Zweifels mit dem der Subjektivität. In ihr habe nämlich Descartes das Mittel zur Überwindung des Zweifels gefunden.28 Im Kontext der Subjektivität verhandelt Schlatter auch das Verhältnis des cartesianischen Denkens zur Geschichte. Denn für ihn ist der Rückbezug auf das Ich im Akt des Zweifelns und Denkens bei der Wahrheitssuche gleichzeitig eine Isolierung von Geschichte, Tradition, Lehrern, Gemeinschaft und Erlebnissen, kurz dem „Gesamtleben“29. Auf die cartesianische Theologie lässt sich diese Zuspitzung Schlatters, der Descartes als Eremiten und solipsistisches Genie vor Augen zu haben scheint, nicht anwenden. Diesem Bild steht klar die gute Vernetzung der Cartesianer gegenüber, die sich auch für Wittich nachweisen ließ. Das Gelehrtennetzwerk befand sich im gegenseitigen Austausch und hat arbeitsteilig oder in Form von Gemeinschaftsprojekten Philosophie und Theologie betrieben. Dabei wurden auch die theologische und philosophische Tradition und die eigene historische Situation mitreflektiert.30 Auch die Diagnose, dass die Cartesianer einen konsequenten „Protest gegen die Geschichte“ vollzögen und sich insbesondere von der Antike distanziert hätten, lässt sich nicht aufrechterhalten.31 Wittich kann sich in verschiedenen Kontexten auf theologische oder philosophische Autoritäten be25 Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 35f. 26 Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 29f. Vgl. zum Vorurteil bei Wittich bes. Kapitel 3.6 (Die Trennung von Philosophie und Theologie) und 3.9 (Vernunft und Offenbarung). 27 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 29. 28 Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 30. Der theologische Cartesianismus würde dem die Überwindung des Zweifels durch Wahrheits- und Gotteserkenntnis entgegenhalten und das Subjekt nicht so stark betonen. 29 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 30. Daher sei die nachcartesische philosophische Arbeit durch einzelne Persönlichkeiten bestimmt und die entsprechende Philosophiegeschichtsschreibung durch Einzelbiographien. Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 31. 30 Schlatter gesteht einen grundsätzlichen Austausch durchaus zu, ohne die dadurch entstehende Spannung zu seiner These aufzulösen. Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 31f., wo die Bildung cartesianischer „Schulen“ zur Kenntnis genommen wird. 31 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 32.

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rufen, auch wenn er andernorts das Ungenügen dieses Vorgehens unterstreicht. Seine Akkommodationstheorie zeigt zudem deutlich, dass er die eigene Position innerhalb des Verlaufs der Geschichte reflektiert und Vergangenheit und Zukunft gegenübergestellt hat.32 Auch die cartesianische Fortschrittsidee basiert auf der Reflexion der eigenen historischen Situation und widerlegt die These von den Cartesianern als intellektuellen Eremiten. Schlatters Kritik am Rationalismus, als dessen Begründer er Descartes versteht, ist ebenfalls auf das Motiv der Subjektivität zugespitzt. Dem cartesischen Wahrheitskriterium der klaren und deutlichen Vorstellung spricht er die Objektivität ab, „denn über das, was ‚klar‘ sei, urteilt das Subjekt“, wobei der Erkennende auf sein „Empfindungsvermögen“ und unser „Überzeugungsgefühl“ verwiesen sei.33 Diese Diagnose Schlatters ergibt sich aus der Descarteskritik des Idealismus und hat wirkungsgeschichtlich ihre Berechtigung. Im 17. Jahrhundert hat man Descartes so aber nicht verstanden. Für Descartes ist zwar der individuelle Nachvollzug der Erkenntnis, das Überzeugt-Sein, wichtig, aber er geht davon aus, dass das, was wahr ist, nicht vom Subjekt konstituiert werde, sondern sich selbst dem Erkennenden in eindeutiger Weise als wahr erweise. Die Wahrheit erschließt sich nach Descartes unmittelbar selbst.34 Mit dieser Auffassung steht Descartes ganz in der Tradition der Metaphysik seiner Zeit.35

32 Vgl. dazu Kapitel 4.3 (Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie). 33 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 33. 34 Vgl. dazu Kapitel 3.9.2 (Wahrheitskriterium) und die Erklärung des Wahrheitskriteriums bei Descartes: Principia (1644) I 45 (AT VIII/1 21f.). 35 Schlatter kritisiert im weiteren Verlauf seiner Darstellung die ethischen Folgen und Plausibilität des cartesischen Ansatzes. Zum einen thematisiert er die vermeintlichen ethischen Folgen der cartesianischen Vernunftorientierung. Diese verdichtet sich für ihn in der mathematischen Methode und stehe in Opposition zu dem auf Affekte ausgerichteten Handeln der Kirche. Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 32f. Das Vernunftprinzip fordere zudem zu einer Relativierung der sittlichen Ordnung auf, da auch Institutionen wie Staat, Familie und Sitte nicht als gegebenes hingenommen werden dürften, sondern an ihm zu prüfen seien. Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 34. Darüber hinaus sei das Fundament der catesischen Erkenntnislehre überhaupt nicht vollständig erschlossen. Das cogito ergo sum sei alles andere als ein klarer Satz. Er sei vielmehr auf seine Bestandteile hin weiter zu untersuchen. Zudem werde das Verhältnis vom Einzelnen zur Geschichte und Gemeinschaft nicht hinreichend reflektiert. Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 34f. Während Schlatters ethische Bedenken relativ pauschal erscheinen und teilweise Vorbehalte der kirchlichen Descarteskritik im 17. Jahrhundert widerspiegeln, die sich z. B. in der Positionierung der Nadere Reformatie gegen die Republik de Witts verdichtet haben und vor einer Aufhebung der Sittlichkeit warnten, sind seine Beobachtungen über die Tragfähigkeit der Bausteine des cogito ergo sum überzeugender. Sie sind freilich aus der historischen Distanz ausgesprochen und stehen für eine Reflexionsebene, die Descartes und die frühen Cartesianer nicht hätten einnehmen können. Die Gegenüberstellung von Ich und Geschichte hingegen scheint von einer Antithese auszugehen, die von Descartes nicht expliziert und von seinen Rezipienten weder behauptet noch gelebt worden ist.

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Schlatters wirkmächtige Analyse leidet daran, dass sie die Entstehung einer cartesianischen Theologie zu wenig in den Blick nimmt. Er beobachtet stattdessen nur die Zurückhaltung von Descartes, sich zu Fragen der Religion zu äußern, und sieht in der Entwicklungsgeschichte des Cartesianismus ausschließlich die Aufspaltung von Offenbarung und Vernunft bis über Kant hinaus. Er konstruiert zudem auf der Grundlage seines unvollständigen Verständnisses von Descartes’ Verhältnis zur Geschichte einen Gegensatz zwischen der nachcartesischen Philosophie, die sich nicht mehr mit der kontigenten und empirischen Wirklichkeit beschäftige, und der Theologie, deren Stoff geschichtlich sei.36 Auch hier muss sich Schlatter, der seinen eigenen Geschichtsbegriff an Descartes zu messen scheint und dabei zu einer verfremdeten Auslegung kommt, von Wittich und dem cartesianischen Netzwerk korrigieren lassen. Schlatter widmet sich sodann zwei speziellen Bereichen der cartesischen Philosophie, zum einen der Gotteslehre und zum anderen der Naturerforschung. Die cartesische Gotteslehre gibt ihm Anlass, um weiter über das cartesianische Geschichtsverhältnis und die Beziehung von Theologie und Philosophie nachzudenken. Die Funktion der Gottesbeweise der Meditationes führt er zunächst auf einen notwendigen Akt des Glaubens als Antwort auf den Zweifel, der alles Erkennen relativiert habe, zurück. Descartes habe das Vertrauen auf Gott nötig, um den radikalen Zweifel zu überwinden. Es drücke sich in der Anerkennung der Denknotwendigkeit Gottes als vollkommenes Wesen aus.37 Schlatter beobachtet, dass Descartes nichtsdestoweniger „als Rationalist“ argumentiere, weil er die historische Dimension des Gottesbewusstseins völlig aus seiner Darstellung ausgeschlossen habe.38 Er bestreitet demgegenüber die Vorstellung einer eingeborenen Gottesidee und verweist darauf, dass das Gottesbewusstsein historisch verursacht sei.39 Die Historizität des Handelns Gottes betont er wiederum aufgrund seiner eigenen theologischen Prägung gegen Descartes. Dessen solipsistische Denkhaltung wird als Antithese zu einem historischen Bewusstsein gedeutet. Der die philo36 Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 35–37. 37 Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 37–39. Der ontologische Gottesbeweis wird von Schlatter zu einem Glaubensakt erklärt. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 38f. setzt für den Beweis dieser These bei Descartes’ Annahme an, dass die Erkenntnis der eigenen Unvollkommenheit im Zweifel eine Vorstellung von Vollkommenheit voraussetze, die wir in der Gottesidee vorfinden. „Das Dasein der Gottesidee ist der Gottesbeweis“ (38; kursiv nach Schlatter). Denn Descartes verbindet die Vollkommenheit Gottes notwendigerweise mit dessen Existenz und das „zeigt deutlich, daß er den Gottesgedanken mit einer geschlossenen, völligen Bejahung erfaßt, d. h. geglaubt hat. Wer den ontologischen Beweis für genügend hält, gibt die Erklärung ab, daß es ihm unmöglich sei, Gott als nicht seiend zu denken […].“ Schlatter, Die philosophische Arbeit, 39. Schlatter reflektiert bei seiner Argumentation zu wenig, dass Descartes in den Meditationes zwei Gottesbeweise anführt und es bei der Bejahung des ontologischen Arguments nicht belässt. 38 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 38. 39 Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 38.

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sophische Tradition ignorierende, auf sein eigenes Denken fixierte Descartes folge der Auffassung: „Die ‚Vernunft‘ hat keine Väter.“40 Schlatter erkennt zwar an, dass Descartes an Gott glaube, innerhalb seines philosophischen Systems messe er ihm aber nur die Rolle „ein[er] notwendig[en] Hilfskonstruktion zur Weltanschauung“41 bei. Diese These ist in der theologischen Descarteskritik weit verbreitet und sehr problematisch. Denn damit dürfte weniger die Aussageabsicht von Descartes getroffen sein als vielmehr ein nachträglicher und durch die Wirkungsgeschichte vorgeprägter Eindruck. Die Gotteslehre von Descartes darf von Schlatter nicht unsachgemäß auf den Gottesbeweis der dritten Meditation reduziert zu werden. Nicht nur die cartesianische Theologie, sondern auch ihre Gegner sowie moderne Descartesausleger wie Wolfhart Pannenberg haben die Bedeutung Gottes im Denken von Descartes ausdrücklich gewürdigt.42 Schlatter sieht in der Art und Weise, wie Descartes auf die Gewissheit Gottes zurückgegriffen habe, die Ursache für eine merkwürdige Verschiebung und Verwirrung im Verhältnis von Philosophie und Theologie. Erst jetzt seien zwei Sorten von Theologie entstanden, die rationale natürliche und die historische, auf die Offenbarung gestützte. Die vorherige, aristotelisch geprägte Unterscheidung zwischen natürlicher und geoffenbarter Theologie habe keine wirkliche Trennung bedeutet. Erst Descartes erzeuge eine radikale Gegensätzlichkeit. Ihm nach sei die natürliche Theologie dadurch bestimmt, dass sie dem Menschen diene, indem Gott lediglich für das Weltverständnis instrumentalisiert werde und der Denker sich über die Religion stelle. Demgegenüber diene der Mensch in der christlichen Theologie Gott, dessen Bejahung sie zum Endzweck und nicht zu einem bloßen Mittel erklärte. Eine harmonische Koexistenz von natürlicher und geoffenbarter Theologie, die letztlich das Zentrum von Wittichs Bemühungen ausmacht, hält er wegen des absoluten Anspruchs beider gegensätzlicher Ansätze auf das menschliche Denken für unmöglich.43 Auch wenn Schlatter bei seiner Beobachtung von falschen Voraussetzungen auszugehen scheint, kommt er zu bedenkenswerten Ergebnissen. Denn anhand von Wittichs Theologie lässt sich durchaus beobachten, dass der philosophisch dominierte Zugang zur Gotteslehre für ihre theologische Entfaltung deutliche Schwierigkeiten bedeutet. Insofern lässt sich die radikalere Isolierung der Philosophie von allen anderen Wissenschaften, wie sie Johannes de Raey in seinem Wissenschaftsverständnis entwickelt hat, auch vor den Überlegungen Schlatters

40 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 39. 41 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 40. 42 Vgl. für die Descarteskritiker die Würdigung des Gottesbeweises bei Maresius: abusu (1670) §§7f.,4 und dazu Eberhardt, Wittich, 280–284. Vgl. für eine moderne Stimme das Kapitel 2.7 (Pannenberg). 43 Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 40f.

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als der konsequentere Cartesianismus verstehen.44 Bei Wittich bleiben, wie im Folgenden gezeigt werden wird, in der Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung unaufgelöste Spannungen bestehen, jedoch bestätigt sich ein völliges Auseinanderdriften von reinem Denken und natürlicher Gotteslehre auf der einen und einer historisch verankerten Offenbarungstheologie auf der anderen Seite gerade nicht. Dies will er vermeiden, gerade insofern Theologie Wissenschaft ist. Daher kann auf die Akkommodationslehre verwiesen werden, die bei Wittich beide Elemente zusammenhält und miteinander konstruktiv in Dialog treten lässt. Dass Wittich darum ringen muss, durch den Bezug auf den Cartesianismus die Wissenschaftlichkeit der Theologie zu sichern und dass dadurch Probleme für sein Verständnis von Glaube, für die Beziehung von Mysterien und Vernunfterkenntnissen und für die Gotteslehre entstehen, sei unbestritten. Jedoch gelingt es der cartesianischen Theologie durchaus – und das scheint ganz in Descartes’ Sinn zu sein, wie u. a. auch die Analyse des Gesprächs mit Burman oder des Widmungsbriefes der Meditationes zeigen können –, Theologie und cartesische Philosophie in ein konstruktives Verhältnis zu setzen. Die meisten cartesianischen Beiträge zur Gotteslehre sind gegenüber dem Vorwurf, Gott auf eine Platzhalterstelle zu reduzieren, unverdächtig.45 Schlatter führt mit Malebranche und Pascal Gewährsleute für den Cartesianismus an, die versuchen, den christlichen und den cartesianischen Ansatz zu vereinen, und attestiert beiden einen daraus resultierenden tiefen Konflikt. Malebranche habe die christliche Frömmigkeit als prinzipiell selbstgenügsam dargestellt, jedoch gefordert, dass der Fromme, wenn er denke, cartesianisch denken müsse.46 Darin finden sich auch Bezüge zu Wittich wieder. Treffend

44 Vgl. dazu Kapitel 3.4.1.2 (Das Philosophieverständnis von de Raey). 45 Schlatters Vernachlässigung der niederländischen und deutschen cartesianischen Theologie macht sich insgesamt dadurch bemerkbar, dass er auch bei seinen historischen Urteilen zu falschen Ergebnissen kommt. So diagnostiziert er, dass aufgrund der Tatsache, dass sich die Philosophie mit dem Gottesbeweis ein religiöses Element bewahrt habe, noch kein Kampf zwischen Naturforschung und Religion ausgebrochen sei. Genau diesen Kampf diskutiert die cartesianische Theologie aber intensiv, wie anhand von Wittich gezeigt worden ist. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 41 stützt sich bei seinem Urteil nur auf den Naturbegriff, der erst am Ende des 18. Jahrhunderts einen Gegensatz zum Religiösen bewirkt habe. Jedoch ist gerade die theologische Auseinandersetzung mit der Naturforschung ein Hauptthema der niederländischen Theologie des 17. Jahrhunderts und die Gefahr eines Antagonismus zwischen Naturphilosophie und Theologie wird explizit verhandelt. Der cartesianischen Naturlehre widmet Schlatter, Die philosophische Arbeit, 43–46 ein vertiefendes Kapitel. Auch hier kommt er zu dem Ergebnis, dass es zunächst als unproblematisch empfunden worden sei, die vom Cartesianismus aufgenommenen neuen Entdeckungen der Physik und Astronomie in der Theologie zu übernehmen und blendet aus, dass gerade dadurch der niederländische Cartesianismusstreit eskaliert ist. 46 Vgl. Schlatter, Die philosophische Arbeit, 41. Schlatter relativiert seine Kritik an diesem Ansatz dadurch, dass er die rationale Prägung auch der traditionellen Dogmatik anerkennt,

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Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik

beobachtet Schlatter, dass durch die Emanzipation des Denkens von Autoritäten und damit der Emanzipation der Philosophie implizit ein neues Abhängigkeitsverhältnis entsteht: Die Beweiskraft der Philosophie entautorisiert nämlich nicht nur die Tradition, sondern die Theologie selbst. Gerade mit dieser Entwicklung ringt Wittich intensiv, wenn er die biblische auctoritas zu bestimmen versucht und sich gegen den Vorwurf abgrenzt, dass die Cartesianer die Theologie zur ancilla philosophiae machten. Schlatter geht davon aus, dass der durch Descartes vorbereitete Antagonismus von rationaler Wissenschaft und historisch verankerter Religion bis in seine Gegenwart nachwirkt: „Skepsis soll als Grund des Glaubens dienen, ein christliches Herz einen heidnischen Kopf bei sich haben und atheistische Wissenschaft und Religion sich irgendwie nebeneinander im Menschen zusammenfinden.“47 Nun hat Wittich bereits früh einen Versuch geboten, diese Synthese theologisch verantwortbar zu leisten. Wenn man anerkennt, dass Gott von Descartes und den Cartesianern keineswegs auf eine Lückenbüßerrolle reduziert wird, sondern konstruktiv in ihr Weltverständnis eingebunden bleibt, muss man die Härte von Schlatters Kritik relativieren. Unabhängig von seinen aus der zeitgebundenen Descartesexegese entstandenen Missverständnissen in Bezug auf Subjektivität und Geschichtsverständnis benennt er allerdings zutreffend die Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung als Problemfeld der Cartesianer und die maßgebliche Aufgabe der neuzeitlichen Theologie gleichermaßen. Dass diese bereits in der ersten Generation cartesianischer Theologie sehr ernst genommen und theologisch redlich zu lösen versucht wurde, zeigt Wittichs Lebenswerk aber eindrücklich.

2.3

Nicht cartesianisch denken! – Karl Barth gegen Descartes

Der von Schlatter maßgeblich vorbereitete kritische Kurs gegen Descartes wird dann durch Karl Barth (1886–1968) besonders eindrücklich und nachhaltig fortgesetzt. Dabei tauchen mit Rationalismus und Subjektorientierung dieselben maßgeblichen Topoi in anderer Zuspitzung wieder auf.48 Während Schlatter das Verhältnis von Cartesianismus und Theologie nach Malebranche mit der Formel zusammenfasst „wenn der Fromme denkt, dann muß er cartesianisch denken“49 und diese Weichenstellung auch als Problem seiner eigenen Zeit scharf kritisiert, formuliert Barth in der Kirchlichen Dogmatik (im Folgenden: KD) eine entführt diesen Gedanken jedoch nicht weiter. Vgl. zur Pascal-Kritik Schlatter, Die philosophische Arbeit, 42. 47 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 42. 48 Den Geschichtsbegriff bespricht Barth nicht anhand des Cartesianismus, Zweifel, Rationalismus und Subjektorientierung analysiert er hingegen ausführlich. 49 Schlatter, Die philosophische Arbeit, 41.

Karl Barth gegen Descartes

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sprechende Gegenthese gegen die Cartesianer: „Man kann in der Theologie jedenfalls nicht cartesianisch denken.“50 Grundsätzlich wendet Barth sich gegen jede philosophische oder ideologische Überformung der Theologie. Als Zugang fremder Einflüsse bestimmt er vor allem die Anforderungen der Wissenschaftlichkeit. Insofern ist die Verhältnisbestimmung von Theologie und Wissenschaft für ihn zentral. Dabei berücksichtigt er auch die Ergebnisse der reformierten Orthodoxie. So kann er sich u. a. auf Frans Burman beziehen, wenn er in der Orthodoxie ein Gespür für die „Notwendigkeit der Dogmatik als Forschung“ beobachtet.51 Er selbst löst das Dilemma zwischen zeitgemäßem wissenschaftlichen Anspruch und Authentizität der Theologie mit einem deutlichen Votum zugunsten des Primats der Bibel und unterstreicht die Verpflichtung der Theologie gegenüber ihrem Gegenstand, nämlich dem Gott des Evangeliums. Barth bündelt diese These in seiner Einführung in die evangelische Theologie konzis. Methodisch wie inhaltlich folgt für ihn aus der theologischen Verpflichtung gegenüber Gott die konsequente Unterordnung jeder Erkenntnislehre und Philosophie unter das Evangelium: Natürlich arbeitet die Theologie als eine menschliche Wissenschaft wie alle anderen immer und überall mit den jeweils in ihrer Zeit und Situation teils überkommenen, teils neu aufkommenden Anschauungen, Begriffen, Bildern, Sprachmitteln. Anders vollzog sich also das Erkennen in der ausgehenden Antike, anders im Mittelalter, anders in den Zeiten des Barocks, der Aufklärung, des Idealismus, der Romantik. Sie kann sich aber in keiner Zeit und Situation einladen, geschweige denn verpflichten lassen, irgendeine jeweils herrschende oder herrschen wollende allgemeine Anschauungs-, Begriffs-, Bildund Sprachregelung, ob sie nun im Namen des Aristoteles oder des Cartesius, Kants, Hegels, oder Heideggers proklamiert sei, als ein sie bindendes Gesetz anzuerkennen. Sie kann das nicht nur darum nicht tun, weil hinter jeder derartigen Regelung eine bestimmte Philosophie und Weltanschauung zu stehen pflegt, deren Konzeption sie dabei zum Schaden ihrer Sachlichkeit mit in Kauf nehmen müsste.52

Barths Auseinandersetzung mit dem Cartesianismus reicht über das Problemfeld einer möglichen Verfremdung der Theologie weit hinaus. In der KD findet sich eine dezidierte Kritik gegenüber der cartesianischen Theologie. Wittich berücksichtigt er dabei zwar nicht, wohl aber Abraham Heidanus. Viele Aussagen lassen sich problemlos sachgemäß auf die cartesianische Theologie im Allgemeinen übertragen.53 Barth artikuliert auch eine spezielle Kritik an den ratio50 51 52 53

Barth, KD I/1 203. Vgl. auch Rodis-Lewis, René Descartes, 330. Barth, KD I/1 16. Barth, Einführung in die evangelische Theologie, 101. Vgl. bes. die Kritik an Heidanus bei Barth, KD I/2 311. Obwohl auch Burman mehrfach als Vertreter reformierter Orthodoxie zitiert wird, problematisiert Barth bei ihm nicht explizit seine Haltung zum Cartesianismus. Obgleich Wittich Barths Anliegen, den Gegenstand der Theologie ohne philosophische Beeinflussung und frei zu verhandeln, durchaus selbst vertreten hat, ist er von einer Überformung durch den Cartesianismus, wie Barth sie kritisiert,

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Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik

nalistischen Tendenzen der Theologie im 17. Jahrhundert und bezieht sich dabei sowohl auf die cartesianisch ausgerichteten Theologen als auch auf ihre aristotelischen Gegner. In der altprotestantischen Orthodoxie beobachtet er zusammengefasst ein Zuviel der philosophischen Anleihen.54 Die Descarteskritik hat dabei aber einen eigenen, allgemeineren Stellenwert. Denn vor allem nimmt Barth Descartes als Gewährsmann des subjektorientierten Denkens wahr, von dem er sich bereits in seiner theologischen Frühzeit distanziert.55 Cartesianismus beschreibt für Barth in Übereinstimmung mit der Theologie und Philosophie seiner Zeit ein Paradigma des neuzeitlichen Menschen, das auf der Grundlage der cartesischen Meditationes im cogito ergo sum des menschlichen Subjekts die Basis aller Erkenntnis sieht und die Selbstgewissheit des Menschen der Gottesgewissheit überordnet.56 Barths Kritik am cartesianischen Ansatz findet sich nicht frei. Barth macht deutlich, dass die Trennung von Theologie und Philosophie und die Bestimmung ihres gegenseitigen Verhältnisses den cartesianischen Theologen nicht gänzlich ohne Schaden an ihrem Gegenstand gelungen seien. Barth fordert einen Blick von der Bibel her auf die Philosophie seiner Zeit, der Theologie Wissenschaftlichkeit verleiht, aber gleichzeitig ihre Freiheit von der Vereinnahmung durch philosophische Systeme bewahrt. Der Bezug zur Philosophie müsste demnach ein formaler bleiben. Es stellt sich allerdings die Frage, ob dies tatsächlich möglich ist. Wittich setzt zumindest ähnliche Rahmenbedingungen für die Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie fest, kann ihnen aber nicht immer gerecht werden. Erschwert wird sein Ansatz dadurch, dass er als Apologet oft aus der philosophischen Perspektive argumentieren muss. Anders als Barth bestimmt er über sein Konzept des gegenseitigen Nutzens die Schnittmenge beider Wissenschaften so großzügig, dass eine inhaltliche Beeinflussung der Theologie unvermeidbar bleibt. Barth blickt auf derartige Gefahren einer philosophischen Vereinnahmung der Theologie und formuliert strenge Grenzen gegenüber der Philosophie noch einmal neu. Er bemüht sich um eine strikte Orientierung am Wort Gottes und kann sein Theologieverständnis gegen die neuzeitliche säkulare Wissenschaftlichkeit abgrenzen. Auch er ist dabei aber der Gefahr ausgesetzt, dass seine Bestimmung formal bleibt. Denn er selbst ist von einem philosophischen Einfluss auf seine Theologie, z. B. durch den Neukantianismus, nicht frei. 54 Als vorbildlich bezeichnet er allerdings die daraus resultierende Gründlichkeit und Genauigkeit. Verhängnisvoll erscheint ihm aber die damit verbundene Systematisierung und Verfügbarmachung der Offenbarung. Vgl. Barth, KD I/2 536. 55 Beintker, Fides quaerens intellectum, 82–85 stellt die wichtigsten Zeugnisse Barths zu seiner Auseinandersetzung mit dem Cartesianismus zusammen. Er bietet u. a. Belege aus dem zweiten Römerbriefkommentar (1922), der Christlichen Dogmatik im Entwurf (1927) und der Pariser Rede Offenbarung, Kirche, Theologie von 1934. Sodann weist er die Schrift Fides quaerens intellectum (1931) als einen Höhepunkt in der Auseinandersetzung mit dem cartesianischen Denken nach. Die in der Schrift reflektierte „Begegnung mit der Theologie Anselms hat die Absage an das cartesianische Paradigma in der Theologie nicht verursacht, aber sie hat zur theologischen Fundierung dieser Absage beigetragen. Ja, sie hat Barth zu einer zuvor nie erreichten Qualität dieser theologischen Fundierung verholfen.“ Beintker, Fides quaerens intellectum, 85. Vgl. zu Barths Absage an den Cartesianismus mit weiteren Belegen auch Beintker, Dialektik, 188–196. 56 Vgl. auch Beintker, Fides quaerens intellectum, 82. Dass diese Definition des Cartesianismus der Position des 17. Jahrhunderts nicht gerecht wird, sondern eine Diagnose über ihrer Wirkungsgeschichte ist, wurde gezeigt. Zur philosophischen Descartesdeutung hat im Üb-

Karl Barth gegen Descartes

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bereits implizit in seiner grundsätzlichen Distanzierung vom anthropozentrischen Denken und entwickelt sich zu einem Wesenszug seiner gesamten Theologie. Seit dem ersten Römerbriefkommentar plädiert Barth für einen Denkansatz von Gott her und nicht vom Menschen.57 Vor allem in der Auseinandersetzung mit Anselm von Canterbury arbeitet Barth in seiner Schrift Fides quaerens intellectum (1931) die theoretischen Grundlagen seiner Kritik an der Subjektorientierung heraus.58 Sie verdichtet sich in der direkten Auseinandersetzung mit Descartes. Innerhalb der KD thematisiert er sie wiederholt. Anstoß erregt vor allem dessen Gottesbeweis auf der Grundlage der menschlichen Selbstgewissheit. Barth kritisiert liberale Theologen und Religionsphilosophen für die positive Rezeption des auf die Subjektivität hin gedeuteten Descartes.59 Dieser erweist sich in seiner Engführung auf eine subjektorientierte Deutung geradezu als ein Antagonist zu Barths eigenem dogmatischen Ansatz. Der von Descartes abgeleiteten Anthropozentrik setzt er seine Theozentrik entgegen, der Subjektivität des Menschen die Subjektivität Gottes. Eine cartesianische Haltung kann ihm zu einem Synonym dafür werden, die Offenbarung infrage zu stellen und dem Menschen eine eigenständige Fähigkeit zur Erkenntnis des Wortes Gottes zuzusprechen.60 Die Subjektorientierung des Cartesianismus veranschaulicht Barth in der KD anhand seiner Auslegung der Meditationes. Wenn man Descartes die Widersprüchlichkeit der Annahme einer souveränen Existenz Gottes und ihrer Konstituierung durch das denkende Ich nachweist, lässt sich die Überzeugungskraft seines Gottesbeweises negieren und die Abhängigkeit der Gottesidee vom IchBewusstsein belegen. Dies unternimmt Barth durch die Betonung der gängigen Motive vom Zweifel und vom cogito ergo sum und taucht dabei deutlich tiefer in die Exegese der Meditationes ein als Schlatter.61 Er macht durchaus klar, dass

57 58 59

60 61

rigen auch Barths Bruder einen Beitrag geleistet, der Descartes ebenfalls als Denker der Subjektivität versteht. Der Philosoph Heinrich Barth (1890–1965) hat 1913 seine Berner Dissertation zu dem Thema Descartes’ Begründung der Erkenntnis veröffentlicht. Die Wende zum Subjekt in Descartes’ cogito wird ausführlich thematisiert. Vgl. auch Beintker, Dialektik, 190, der auch auf den Antagonismus dieses Ansatzes zu „der von Descartes eingeleiteten Grundhaltung der Neuzeit“ verweist. Vgl. Beintker, Fides quaerens intellectum, 82–85. Vgl. zur Rolle des Anselmbuches bei der Entfaltung dieses Zentrums Barthscher Theologie auch Beintker, Dialektik, 191–196. Vgl. die Kritik an Wobbermin, Heinrich Scholz (1884–1956) und Erich Schaeder (1861–1936) bei Barth, KD I/1 203.223.228. Die kritische Position mag Barth u. a. neben der theologischen Rationalismuskritik in der Auseinandersetzung mit Kierkegaard gewonnen haben, dessen Position zu Descartes prägnant Rodis-Lewis, René Descartes, 339 zusammenfasst. Barth bietet einen kurzen Kommentar zu den Meditationes, der weiteren Aufschluss über sein Verständnis von Descartes gibt. Vgl. Barth, KD III/1 401–415. Vgl. Barth, KD I/1 204–206. Vgl. die ausführliche Kritik der Meditationes durch Barth, KD III/1 408–415. Sie muss hier nicht detailliert besprochen werden.

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Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik

Descartes selbst in seinen Absichten nicht getroffen wird, wenn man die Subjektivität in seiner Philosophie so stark betont. Jedoch seien die Defizite, die sich aus der Rezeption seines Ansatzes ergeben, unabhängig davon unbedingt zu bedenken.62 Daher veranschaulicht Barth seine Kritik unmittelbar an Descartes, den er durch die Brille der modernen Rezeptionsgeschichte liest. Der historische Vorbehalt einer eigenständigen Position Descartes’ wird in die Deutung nicht konstruktiv integriert. Das Gottesbild des Descartes erklärt Barth auch deshalb als defizitär, weil der cartesische Gott sich nicht offenbare, sondern dem Menschen als eine angeborene Idee gegenübertrete, die letztlich jedem verfügbar sei. Schlatters Diagnose, dass Descartes’ Gottesbeweis letztlich ein Glaubensakt sei, teilt er nicht. Wohl versteht er das ontologische Argument Anselms als Glaubensaussage, stellt diesem aber den subjektorientierten Ansatz von Descartes antithetisch gegenüber.63 Auf der Basis menschlicher Selbstgewissheit stehe die Gottesgewissheit in Abhängigkeit und Verantwortung des Menschen.64 Der cartesianische Ansatz hat sich für ihn damit als völlig unangemessen für die Theologie erwiesen. Für Barth ist es daher auch undenkbar, Reformation und Cartesianismus als zwei Bewegungen desselben Geistes zu verstehen.65 Er fordert mit Blick auf Descartes, dass Philosophie, wenn sie von Gott rede, immer zur Theologie werden müsse.66 Gerade seine respektvolle Zurückhaltung gegenüber der Theologie und die damit verbundene Relativierung seiner metaphysischen Aussagen über Gott werden Descartes damit nach dem Votum Barths, der einer philosophischen Gotteslehre so grundsätzlich ihre Berechtigung abspricht, zum Fehler. Mit dieser Kritik ist die cartesianische Theologie Wittichs durchaus mitgetroffen, denn den Ursprung ihrer Gotteslehre weist Wittich selbst als philosophisch aus.67 Das Fundament der Theologie kann diese sich nach Barths Anspruch aber gerade nicht von der Philosophie diktieren lassen. Die Analyse von Wittichs Theologie wird zeigen, dass cartesianische Theologie auf der Gratwanderung zwischen Vernunft und Offenbarung um ihr Wesen ringt und dabei am dominanten philosophischen Einfluss zu scheitern droht. Wittich hat durch diese Konstellation letztlich sein eigenes ausdifferenziertes Offenbarungsver62 Vgl. Barth, KD III/1 411–414. 63 Dies zeigt Beintker, Fides quaerens intellectum, 82–85 für die Schrift Fides quaerens intellectum (1931). 64 Vgl. Barth, KD III/1 412f. und in Bezug auf weitere Schriften Barths Beintker, Fides quaerens intellectum, 83f. 65 Vgl. den Beleg bei Beintker, Fides quaerens intellectum, 84 aus Barths Christlicher Dogmatik im Entwurf. 66 Vgl. Barth, KD III/1 413. 67 Vgl. für Wittich die Einleitungsthese der Positiones in Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429 (Dekade I.1). Die Entfaltung der Gotteslehre geschieht bei Wittich dementsprechend zuallererst im Rahmen natürlicher Theologie.

Gerhard Ebelings Gegenüberstellung von Descartes und Luther

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ständnis, das im Ansatz durchaus ein entsprechendes Problembewusstsein aufweist, schlicht unterboten. Unter der gegebenen Voraussetzung ist Gott aber nicht der geoffenbarte Gott der Bibel, die Wittich sonst als Prinzip der Theologie hervorheben kann, und auch nicht der menschgewordene Gott in Jesus Christus, sondern ein metaphysisches Konstrukt.68 Hierin erweist sich Barths Kritik am Cartesianismus auch mit Blick auf die Quellen des 17. Jahrhunderts also als durchaus berechtigt. Seine Bedenken treffen auf Wittich umso mehr zu, da andere cartesianische Theologen wie Heidanus und Burman durchaus zurückhaltender mit philosophischen Anleihen in ihrer Dogmatik zu sein scheinen. Es stellt sich heraus, dass sich die Rationalismuskritik Barths direkt auf die cartesianische Theologie anwenden lässt. Das Motiv der Subjektivität wiederum trifft, wie schon bei Schlatter beobachtet, nicht Descartes und die frühen Cartesianer, sondern versteht sich erst von ihrer Wirkungsgeschichte her. Für ein umfassendes Verständnis der Arbeiten des 17. Jahrhunderts ist es hinderlich und unangemessen, wenn die Subjektorientierung nicht differenziert und quellennah besprochen wird. Auch wenn Barth auf den Unterschied von Descartes’ Aussageabsicht und seiner Wirkung hinweist, ist seine Auslegung der Meditationes vor allem von den Topoi der Descarteskritik geleitet. Es ist vor allem seine Distanz vom Rationalismus und subjektorientiertem Denken, die sich in der Erkenntnis Barths ausdrückt: „Man kann in der Theologie jedenfalls nicht cartesianisch denken.“69 In diesem Sinne hat sie ihre Berechtigung. Für die theologische Analyse des Cartesianismus kann sie in ihrer Pauschalität aber nicht als das letzte Wort gelten. Die cartesianischen Theologen befanden sich in einem ernstzunehmenden Ringen um die wissenschaftliche Verantwortung ihres Glaubens, die jeweils eine eigene Betrachtung, Würdigung und Kritik verdient.

2.4

Descartes von neuem lesen: Gerhard Ebelings Gegenüberstellung von Descartes und Luther

In seinem Aufsatz Gewißheit und Zweifel aus dem Jahr 1967 analysiert Gerhard Ebeling das reformatorische und philosophische Fundament neuzeitlicher protestantischer Theologie anhand ihrer beiden wegbereitenden Denker Luther und 68 Diese Beobachtung deckt sich mit Barths genereller Kritik am Gottesbild der Orthodoxie und dessen Konsequenzen für Prädestinationslehre, Schöpfung und Vorsehung. Sie leide trotz des formalen Christusbekenntnisses an einer regelrechten Christusvergessenheit zugunsten einer Orientierung an Aristoteles und Descartes. Vgl. Barth, KD III/1 476. Es sind nicht nur die cartesianischen Einflüsse, sondern allgemeine Weichenstellungen, die die Orthodoxie insgesamt einer nachvollziehbaren Metaphysikkritik Barths unterwerfen. 69 Vgl. zu einer kurzen Würdigung dieser Auffassung auch Beintker, Fides quaerens intellectum, 84.

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Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik

Descartes.70 Für ihn erweist sich Descartes vor allem als Begründer des modernen wissenschaftlichen Denkens. Er geht bei seiner Analyse deutlich differenzierter vor als Schlatter und Barth. Neben der üblichen Rationalismus- und Subjektivitätskritik bietet Ebeling eine ausdrückliche Würdigung. Er arbeitet auch die Stärken des cartesianischen Ansatzes und seine Gemeinsamkeiten mit dem Anliegen Luthers heraus. Ebeling verbindet Luther und Descartes in ihrer Rolle als Begründer der Neuzeit und in ihrem Ringen um Gewissheit durch deren Konfrontation mit Anfechtung bzw. Zweifel.71 Der heutigen Theologie sei es oft nicht hinreichend bewusst, dass sie auf dem Fundament beider Denker fuße. Während ihre offensichtliche Verbindung zu Luther reflektiert werde, werde Descartes als Impulsgeber für das eigene wissenschaftliche Denken vergessen und stattdessen aufgrund seiner rationalistischen und subjektorientierten Ansätze pauschal verurteilt. Ebeling plädiert demgegenüber mit Blick auf die gängigen Neuzeitkonzeptionen dafür, sich vom traditionellen Bild von Luther und Descartes zu lösen und ihre Texte „selbst mit eigenen Augen von neuem zu lesen und sich […] der Vielfalt schlichter Wahrnehmungen […] anzuvertrauen.“72 Indem Ebeling den cartesischen Zweifel mit Luthers Anfechtung vergleicht, wird jener als klassischer Kritikpunkt an Descartes relativiert. Stattdessen ermöglicht Ebeling einen konstruktiven Dialog von Theologie und Philosophie gerade anhand dieses umstrittenen Begriffs. Die von Barth betonte Antithese von Protestantismus und Cartesianismus wird dabei zurückgenommen, obgleich Ebeling sich mit Barth darin einig ist, dass die Theologie durch die Öffnung gegenüber cartesianischen Einflüssen ihren Gegenstand nicht riskieren dürfe. Ebeling verweist auf die Wichtigkeit der Emanzipation von gängigen Deutungsmodellen der Neuzeit, in denen die Differenz von Protestantismus und Cartesianismus einseitig überbetont werde. Demgegenüber entfaltet er Gemeinsamkeiten von Luther und Descartes anhand von fünf Punkten. Unter dem Schlagwort „erlebte Erkenntnis“ betont er erstens die existentielle, biographisch bedingte Motivation zur Erkenntnissuche beider Denker.73 Letztlich werden dadurch sowohl Luther als auch Descartes zu Gewährsleuten einer Verschiebung des Denkens auf das Subjekt erklärt. Durch eine weitere Gemeinsamkeit, die Überbietung von Autoritäten, bestärkt er dieses Bild. Luther wie Descartes lehnten in grundsätzlicher Weise eine Hörigkeit gegenüber menschlichen Autoritäten bei der Suche nach Gewissheit ab. Luther breche mit der theologischen 70 Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, zuerst veröffentlicht in ZThK 64 (1967) 282–324. 71 Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 138–141. Der cartesische Zweifel und Luthers Anfechtung sind inhaltlich freilich anders bestimmt. Ebeling stellt die Verbindung über das Ringen um Gewissheit her. Bereits Schlatter, Die philosophische Arbeit, 29 hat aber den cartesischen Zweifel mit dem Begriff der Anfechtung assoziiert. 72 Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 148. 73 Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 149–151.

Gerhard Ebelings Gegenüberstellung von Descartes und Luther

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Tradition, Descartes mit den menschlichen Vorurteilen und beide richteten sich darin gegen Scholastik und Aristotelismus. Sie etablierten einen neuen Maßstab für ihr Denken: Luther richte sich an der Autorität Gottes aus, Descartes an der Autorität der Evidenz.74 Die Geschichte des Protestantismus zeige, wie sehr die Theologie auf die cartesische Evidenz als Wissenschaftskriterium bezogen bleibe. Ebeling betont daher die Wichtigkeit einer differenzierten Verhältnisbestimmung und Harmonisierung beider Ansätze und diagnostiziert, dass die evangelische Theologie auf eine Auseinandersetzung mit Descartes angewiesen sei. Die Berufung auf das Wort Gottes als letzte Autorität bedürfe nämlich auch einer entsprechenden Reflexion, um der eigenen Verantwortung und Gewissenserfahrung entsprechen zu können. Insbesondere hermeneutische Herangehensweisen und die dadurch erfolgende Verifikation theologischer Aussagen erwiesen sich dafür als essentiell.75 Die Auseinandersetzung mit dem Zweifel,76 ein Gespür für die Grenzen des Gewissheitsanspruchs in Form eines „verantwortungsvollen Vorbehalts“77 und ein entsprechendes Bewusstsein „folgenschwerer Gewissheit“78 sind weitere von Ebeling beobachtete Berührungspunkte von Luther und Descartes. Insbesondere die Konsequenzen des Gewissheitsanspruchs beider Denker verbindet Ebeling mit noch heute relevanten Problemen der Theologie, gerade in Bezug auf das Verhältnis von Religion und Wissenschaft.79 Treffend beobachtet er, dass sie bis heute antithetisch gegenübergestellt werden, und führt dies auf den vermeintlichen Antagonismus von Cartesianismus und Reformation zurück. Ebeling stellt Descartes mit seinem Streben nach rationaler Gewissheit als den „Begründer neuzeitlicher Wissenschaftlichkeit“80 dar, während Luthers Glaubensgewissheit ihm dazu dient, die Bedingungen des Glaubens zu fokussieren.81 74 75 76 77 78 79 80 81

Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 151–153. Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 152f. Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 153–156. Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 156–159. Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 159–161. Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 160. Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 161f. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 164–175 aktualisiert dann eigenständig die Gewissheitsthematik aus theologischer Perspektive über Luthers conscientia-Begriff. Gewissheit bestimmt er mit Luther als über die conscientia erfahrbare Heilsgewissheit. Diese entstehe über den rechtfertigenden Glauben und nicht intellektuell. Auf der wissenschaftlich nachvollziehbaren Seite des Cartesianismus stehe dem die fides historica gegenüber. Mag diese als noch so gewiss empfunden werden, echte Glaubensqualität hat sie nicht. Die evangelische Gewissheit erweist sich im Gegensatz zur cartesianischen als an das extra nos gebunden. Vgl. bes. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 170–175. Indem Ebeling für seine Beschreibung auf die klassisch dogmatische Klassifizierung der fides zurückgreift, lädt er umso mehr zu einem Dialog mit der Orthodoxie ein. Die Verhältnisbestimmung der fides historica mit echter Heilsgewissheit hat auch Wittich verhandelt, wie wir in Kapitel 3.10.1.3 (fides historica) und 3.10.1.4 (fides salvifica) gesehen haben.

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Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik

Wittich, der mit seinem Rekurs auf Descartes die zeitgemäße Wissenschaftlichkeit der Theologie sicherstellen wollte, erweist sich vor diesem Hintergrund durch seine Synthese von Protestantismus und Descartes als ein genuin neuzeitlicher Theologe. Ebeling zeigt in der Schlussreflexion seiner Ausführungen, dass Luther und Descartes trotz der historischen Distanz und über ihre explizite Rezeption weit hinaus prägend für unser heutiges theologisches Nachdenken sind.82 Wittich gehört zur ersten Generation derjenigen Denker, die beide miteinander verbinden. Wir dürfen ihn daher – mit einem gebührenden Abstand gegenüber Luther und Descartes in Bezug auf seine historische Bedeutung – als eines der ersten Glieder in der theologiegeschichtlichen Kette von der Konstituierung der Neuzeit bis heute verstehen. Über die Verbindung der gegenwärtigen Theologie mit der Entstehung der Neuzeit urteilt Ebeling: Was wir der Gegenwart in eigener Verantwortung schuldig sind, ist allerdings nicht unmittelbar von Menschen des 16. und 17. Jahrhunderts her zu beziehen. Hat sich doch gerade durch deren Wirkungsgeschichte die Problemlage in einer Weise verändert, die eine Repristination verbietet. Wir haben deshalb primär auch gar nicht mit ihnen selbst zu tun, sondern mit ihren geschichtlichen Folgeerscheinungen: dem Protestantismus einerseits, der neuzeitlichen Wissenschaft andererseits.83

Er mahnt die Theologie, aus diesen beiden Phänomenen keinen Antagonismus abzuleiten, und relativiert damit in erfrischender Weise den einseitig kritischen Blick auf Descartes und den frühen Cartesianismus. Die Konfrontation der beiden so disparaten Gewissheitsarten von Protestantismus und neuzeitlicher Wissenschaft erweist er als wesentliche Aufgabe der Theologie.84 Ebeling abstrahiert seinerseits von der Auseinandersetzung mit Luther und Descartes sowie der Frage nach Gewissheit des Glaubens und der Wissenschaft die grundsätzliche Notwendigkeit, dass „die Glaubensgewissheit sich dem Feuer des intellektuellen Zweifels aussetzt“85, um die Menschen der Gegenwart zu erreichen. Das Votum für die konsequente Wissenschaftlichkeit und Weltzugewandheit der Theologie aus dem Glauben heraus konkretisiert Ebeling gerade anhand von Luthers Gewissheitsbegriff, den er in Gottes-, Heils- und Weltgewissheit entfaltet, und stellt so heraus, dass der Gegenstand der Theologie den Anforderungen der Wissenschaftlichkeit nicht preisgegeben werden dürfe. Die Perspektive Ebelings auf Descartes und Luther lädt somit dazu ein, Wittich als ein historisches Beispiel für einen Lösungsansatz einer Aufgabe zu lesen, die sich auch der modernen Theologie nach wie vor stellt.86 Reformatorische Theologie und cartesianische 82 83 84 85 86

Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 175f. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 175f. Vgl. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 176. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 177. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 178f. zeigt auf, dass die Gottesgewissheit durch den Au-

Die Rede von „cartesianischer Theologie“ bei Helmut Thielicke

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Philosophie werden in expliziter Weise in seinem Denken in Beziehung gesetzt. Brennglasartig lassen sich die daraus resultierenden Probleme ebenso benennen wie die Stärken dieses Ansatzes. Aufgrund der historischen Distanz zu uns und der historischen Nähe zu Descartes eignet Wittich sich dazu, Ebelings Aufforderung, Descartes neu zu lesen und sich dabei von der anticartesianischen Perspektive der protestantischen Theologie zu emanzipieren, freilich ohne ihre sachlich berechtigten Einwände zu vergessen.

2.5

Die Rede von „cartesianischer Theologie“ bei Helmut Thielicke

Während Ebeling die von Descartes ausgehenden Impulse über die einseitige Perspektive der Wirkungsgeschichte hinaus konstruktiv mit der neuzeitlichen Theologie ins Verhältnis setzt, verdichtet sich bei Helmut Thielicke, ausgehend von der Descarteskritik Schlatters und Barths, der pejorative Charakter des Begriffs „cartesianische Theologie“87. Die theologische Kritik, die den Cartesianismus zum Synonym eines rationalistischen Subjektdenkens erklärt, wird von ihm toritätsverlust des Wortes Gottes neuen Bedingungen unterstellt ist. Luther selbst hatte durch die Relativierung der alten Autoritäten letztlich die Entwicklung mitgetragen, durch die sich das Individuum mehr und mehr emanzipiert hat. Wittichs Hermeneutik stellt einen weiteren Schritt in dieser Entwicklung dar, insofern er die Autorität des Wortes Gottes aus den soteriologischen Skopus bewusst beschränkt. Die Aufgabe für die moderne Theologie sieht Ebeling daher vor allem darin, über den Wirklichkeitsbezug des Wortes ‚Gott‘ Rechenschaft zu geben. Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 179–182 stellt sodann dar, dass die Heilsgewissheit aufgrund des neuzeitlichen Geschichtsbewusstseins, das die Geschichte durch ihre Erforschung und Gestaltung verfügbar erscheinen lässt, neue Anforderungen an die Theologie stellt. Auch auf Wittichs Hermeneutik lässt sich Ebelings Kritik vom Verfügbarmachen von Heils- und Offenbarungsgeschichte durchaus anwenden. Sie erweist sich damit als Wegbereitung für die historisch-kritische Methode. Gerade die Reflexion von Glaube und Geschichtlichkeit, die in der Differenzierung in eine fides justificans und eine fides historica verfehlt sei, sieht Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 181 als zentrale Aufgabe gegenwärtiger Theologie. Wittichs Stimme hilft, das Entstehen dieses Dilemmas zu verstehen. Unter dem Aspekt der Weltgewissheit zeigt Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 182f. schließlich, dass es in der christlichen Verantwortung liege, die heutige Weltsituation als Situation des Glaubens zu erkennen, zu artikulieren und mitzugestalten, anstatt Christsein entweder aus der Welt herauszuheben oder im Vergessen der eigentlichen Inhalte zu einem „Weltverbesserungsprogramm“ verkommen zu lassen. 87 Vgl. zu den Ursprüngen dieser Redeweise Barth, KD I/1, 220 und Barth, KD I/1, 223f.228. Vgl. zu Thielickes Schlatterrezeption die von ihm besorgte Ausgabe von Adolf Schlatter: Die philosophische Arbeit seit Descartes. Ihr ethischer und religiöser Ertrag (1906). Vierte Auflage. Mit einem Geleitwort von Helmut Thielicke. Stuttgart 1959 (Kleinere Schriften von Adolf Schlatter Band 1). Vgl. zudem die ausdrückliche Würdigung dieses Buches mit Bezug auf die Descartesdarstellung in Thielicke, Der evangelische Glaube I, 397. In seiner Dogmatik belegt er sein Descartesbild allerdings nicht explizit mit Schlatter.

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Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik

in prägender Weise vertieft. Ähnlich wie Wittichs zeitgenössische Kritiker benutzt Thielicke den Begriff als Fremdbezeichnung zur Charakterisierung einer Theologie mit einem problematischen anthropologischen und rationalen Fokus. Dabei spielen weder historische Nähe noch die tatsächliche Bezugnahme auf die Quellen eine Rolle. Sein Ansatz „wendet sich gegen eine Theologie, die sich allzu ausgiebig mit Situationsanalysen des modernen Menschen befaßt, die ständig den Zeitgenossen ortet, nach der Möglichkeit seines Verstehens fragt und laut Thielicke unter der Hand von den Bedingungen dieses Verstehens abhängig wird. Eine derartige Theologie, für die die Subjektivität des modernen Menschen faktisch zum Kriterium der Offenbarung wird, bezeichnet Thielicke als cartesianisch.“88 Das Verständnis „moderner“ theologischer Konzepte als „Varianten“ cartesianischer Theologie bringt seiner Einschätzung nach einen verbindenden essentiellen Schwerpunkt am besten zum Ausdruck, nämlich eine mit Descartes’ cogito ergo sum begründete Denkbewegung, die ihren Anfang beim „Ich als dem Subjekt der Erfahrung und des Verstehens“ nimmt.89 Die hohe Bedeutung, die der Abgrenzung von der cartesianischen Subjektorientierung in seinem Denken zukommt, betont Thielicke bereits durch eine Reihe seiner Dogmatik vorangestellter Zitate, die Antithesen zum cartesischen cogito bilden.90 Thielicke reflektiert für seine Verwendung des Begriffs ‚cartesianisch‘ durchaus seinen historischen Ursprung. Wie Barth erkennt er die historische Differenz zwischen den Absichten von Descartes und seiner Wirkung an.91 Dabei

88 Rohls, Theologie der Neuzeit II, 816. Dagegen setzt er eine Theologie, die sich nicht in Anthropologie überführen lasse, sondern stattdessen die Pneumatologie weitaus stärker betont. Dementsprechend spielt der Offenbarungsbegriff zu Beginn seines dogmatischen Entwurfes eine große Rolle. 89 Thielicke, Der evangelische Glaube I, 18. Beispiele neuzeitlicher cartesianischer Theologie bieten seiner Einschätzung nach neben anderen Schleiermacher, Spener, Dorner, Troeltsch und dann besonders Bultmann und Tillich. Vgl. Thielicke, Der evangelische Glaube I, 26– 41. Die beiden letzteren werden im weiteren Verlauf von Thielickes Entwurf detailliert behandelt. Eine ausführliche Besprechung von Descartes als Initiator der Säkularisierung durch die Wende zum Subjekt bietet Thielicke, Glauben und Denken in der Neuzeit, 57–86. Aufschlussreich ist seine hier vorgenommene Gegenüberstellung von Descartes’ Zweifel und Luthers Anfechtung in Thielicke, Glauben und Denken in der Neuzeit, 61f. Sie erinnert stark an Ebeling, Gewißheit und Zweifel, ohne dass dieser zitiert würde. 90 Das „Cogito ergo sum“ wird hier begleitet von den Wendungen „Cogitor ergo sum“ (nach dem Philosophen Franz von Baader [1765–1841], inhaltlich aber auch ganz im Sinne Karl Barths) und „Est – ergo cogito“ (nach dem aufklärungskritischen Philosophen Johann Georg Hamann [1730–1788]): Thielicke, Der evangelische Glaube I, III [unpaginiert]. Vgl. zu der Wendung cogitor ergo sum mit Bezug auf Barths Antwort auf Descartes auch Beintker, Fides quaerens intellectum, 85 bzw. Beintker, Dialektik, 191. 91 Thielicke, Der evangelische Glaube I, 18f. führt aus, dass bei Descartes das Ich noch abstrakt und konturlos gedacht werde. Jedoch bahne er den Weg dafür, das erkennende Ich in den Mittelpunkt des Denkens zu stellen. In „nahtloser Folgerichtigkeit“ resultiere aus seinem Ansatz die Frage nach dem „wer oder was“ des Ichs und dies sei die eigentliche „geistesge-

Die Rede von „cartesianischer Theologie“ bei Helmut Thielicke

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fällt sein Blick auch auf die theologische Cartesianismusdebatte des 17. Jahrhunderts. Wohl lediglich vermittelt durch die Arbeit von Bizer (1958)92 beobachtet er überrascht, dass auch die „theologischen Zeitgenossen Descartes’ zwar das Erdbeben registrierten, das von seiner Philosophie ausgelöst wurde, daß sie aber seinen eigentlichen Herd – eben jenes Ich-Bewußtsein – nicht erkannt haben.“93 Thielicke macht von dieser an sich richtigen Einschätzung eine überraschende Ausnahme. Er sieht in Wittichs Akkommodationslehre „leise Andeutungen“, „Spurenelement[e]“94, von einem Gespür und einer Ahnung für die Bedeutung des in der Folge von Descartes aufkommenden Ich-Bewusstseins und hebt ihn damit aus der Masse der anderen Vertreter eines theologischen Cartesianismus heraus. „Denn bei Wittig [sic] geht es zwar nicht um das Ich-Bewußtsein des jetzt Glaubenden, doch wird immerhin auf das zeit-, situationsund erkenntnisgebundene Ich der biblischen Verfasser reflektiert; […].“95 Anhand der von Descartes übernommenen Erkenntnislehre, die bei den praejudicia ansetzt, werde eine Differenz von vorläufiger Erkenntnis und gegenwärtigem Glaubensstand erzeugt, der sich an der exegetisch zu bestimmenden reinen Wahrheit ausrichten müsse. In Wittichs Erkenntnis des Unterschieds von der Subjektsituation in der Antike und zu seiner eigenen Zeit sieht Thielicke eine Vorbereitung der prinzipiellen Orientierung am Ich.96 Dem ist nur unter dem Vorbehalt zuzustimmen, dass Wittich sich dessen in vollem Umfang und in seiner Konsequenz nicht bewusst war. Die historische Analyse der Akkommodationslehre zeigt, dass sie auch ohne den cartesianischen Hintergrund Wittichs z. B. bei Galileo Galilei (1564–1642) fassbar ist.97 Thielicke, der weder Wittich noch die Akkommodationslehre sorgfältig zu untersuchen beansprucht, bleibt in seinem Urteil zu Recht zurückhaltend. Auch für Wittich gilt, dass die Konsequenzen einer in Descartes’ Philosophie angelegten Anthropozentrik der Theologie für ihn nicht absehbar sind.98 Eine gewisse Ahnung dafür aus dem Consensus veritatis abzuleiten, wie Thielicke es – wohl ohne Quellenstudium – versucht, erscheint problematisch. Dass Thielicke damit jedoch nicht völlig irrt,

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schichtliche Zäsur, die Descartes’ Name bedeutet“. Ihre programmatische Entfaltung erfahre sie durch Kant. Vgl. Thielicke, Der evangelische Glaube I, 19f. Thielicke, Der evangelische Glaube I, 19. Er verweist am Beispiel von Petrus van Mastricht auf die stattdessen erfolgte Kritik am angeblichen Atheismus, am methodischen Zweifel und die allgemeinen Folgen der cartesischen Philosophie für die Dogmatik. Thielicke, Der evangelische Glaube I, 19. Thielicke, Der evangelische Glaube I, 19. Vgl. Thielicke, Der evangelische Glaube I, 19. Vgl. Kapitel 4.2.2 (Entwicklung der Akkommodations- und Skopuslehre). Wie die Wende zum Subjekt und die Akkommodationslehre aufeinander bezogen werden können, zeigt Thielicke, Glauben und Denken in der Neuzeit, 226–237 am Beispiel von Johann Salomo Semler (1725–1791) und Siegmund Jakob Baumgarten (1706–1757). Vgl. dazu auch Kapitel 4.3.6 (Ergebnisse und kritische Würdigung der Hermeneutik Wittichs).

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Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik

wird das Gesamtbild von Wittichs Akkommodationslehre, insbesondere mit Blick auf seinen Römerbriefkommentar, belegen.99 Thielicke kann dabei auch Wittichs historisches Bewusstsein würdigen, während Schlatter den Cartesianern noch pauschal einen fehlenden Bezug zur Geschichte attestiert hatte. Seine verallgemeinernde Subjektivitätskritik bewegt sich jedoch insgesamt wieder einmal ganz auf der vom Klischee geprägten Bahn der Rezeptionsgeschichte des Cartesianismus. Thielicke trägt weiter dazu bei, dass die Rede von der cartesianischen Theologie in einem polemischen und historisch letztlich nicht verantwortbaren Sinn zur Beschreibung eines theologischen rationalen Subjektdenkens geläufig wird. Das erscheint umso problematischer, weil Thielicke durchaus um das Ringen der reformierten Orthodoxie mit dem Cartesianismus weiß. Er entfremdet den Begriff ‚cartesianische Theologie‘ für seine eigenen argumentativen Zwecke und blickt dabei z. B. auf Rezipienten liberaler Theologie und die Bultmannschule. Seine Klassifizierung mag für die polemische Abgrenzung und gleichzeitige theologische Standortbestimmung von gewissem Nutzen sein. Historisch betrachtet ist sie aber eine Fehlbildung, da sie die sog. cartesianische Theologie des 17. Jahrhunderts inhaltlich letztlich nicht trifft, deren angemessener Wahrnehmung hinderlich ist und gegenüber den Quellen eine einseitige, allein von den Topoi der Wirkungsgeschichte getragene Simplifizierung darstellt. Tragbar ist sie nur insofern, als dass sie auch damals als eine polemische Fremdbezeichnung verwendet wurde, von der sich die betroffenen Theologen zu distanzieren wussten. Wie der Umgang Ebelings mit Descartes gezeigt hat, gäbe es andere Möglichkeiten, das Erbe cartesianischer Theologie zu aktualisieren. Inhaltlich hat die kritische Stoßrichtung Thielickes ihre Berechtigung, theologiegeschichtlich darf aber eingefordert werden, dass Cartesianismus nicht als bloßes Synonym für Rationalismus und Subjektorientierung verstanden wird. Seiner Erforschung würden sonst unnötige Hindernisse in den Weg gelegt.

2.6

Die cartesianische Zersetzung der Gottesgewissheit: Subjektivitätskritik bei Eberhard Jüngel

Eberhard Jüngel folgt in seinem einflussreichen Werk Gott als Geheimnis der Welt (1977) in vielen Punkten der Descartes- und Metaphysikkritik Barths. Ausführlich reflektiert er die problematischen Folgen eines allzu metaphysisch ausgerichteten Gottesbildes für die moderne Theologie und führt dieses vor allem auf Descartes zurück.100 Auch von ihm wird Descartes zum Wegbereiter der 99 Vgl. Kapitel 4.3.6 (Ergebnisse und kritische Würdigung der Hermeneutik Wittichs). 100 Vgl. bes. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 16–44.

Subjektivitätskritik bei Eberhard Jüngel

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Neuzeit erklärt, die er wiederum als die Zeit bestimmt, „in der der Mensch sich als Beziehungspunkt alles Seienden neu entdeckt.“101 Jüngel wählt für seine Descarteskritik denselben Zugang wie schon Schlatter und Barth über den ersten Gottesbeweis der Meditationes. Anthropozentrismus, Subjektorientierung und Rationalismus als Charakteristika der Neuzeit mit entsprechendem Einfluss auf die Theologie führt er exemplarisch auf Descartes’ cogito ergo sum zurück.102 Aus dem Anthropozentrismus resultiere wiederum die grundsätzliche Infragestellung der Notwendigkeit Gottes für den Menschen.103 Denn Gott werde in den Meditationes lediglich als Stütze des im Zentrum des Denkens stehenden cogito ergo sum instrumentalisiert. „Ist Gott erst einmal im Zusammenhang der Selbstbegründung des Menschen als notwendig thematisiert, so ist er bereits so im Horizont des Menschen und seiner Welt angesetzt, daß es dann nur noch ein Schritt ist bis zur Infragestellung der Notwendigkeit Gottes.“104 Mit der anthropozentrischen Wende der Neuzeit gerät nach Jüngels Darstellung die Denkbarkeit Gottes überhaupt in eine Krise.105 Den Grundstein für die Selbstbegründung des menschlichen Denkens in der Neuzeit und damit der Auflösung einer metaphysisch begründbaren Gottesgewissheit lege wiederum das cogito des Descartes.106 Treffend erkennt Jüngel an, dass Descartes durchaus darum bemüht ist, die Notwendigkeit des Gottesgedankens zu beweisen und gerade nicht zu zersetzen. Dass die Destruktion Gottes dennoch die Folge seiner Überlegungen sei, belegt er mittels einer Analyse des cartesischen Zweifels und Gottesbeweises. Im Akt des Zweifelns, dem Jüngel die Funktion eines hermeneutischen Prinzips zuschreibt, und der daraus resultierenden Erkenntnis des cogito ergo sum, dem 101 Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 16. 102 Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 18. 103 Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 18f. Vgl. zur Diskussion der Frage nach der Notwendigkeit Gottes ausführlich Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 19–44. 104 Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 23. Ein Leben ohne Gott als neuzeitliche Möglichkeit wird von Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 24f. prinzipiell anerkannt, einer intendierten Forderung nach der Notwendigkeit ohne Gott zu leben müsse hingegen Widerstand geleistet werden. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 25–26 betont, dass das klassisch-metaphysische Gottesbild der Neuzeit Schwierigkeiten bereite, es aber nicht adäquat sei. Dem allmächtigen Gott setzt er den liebenden Gott der Bibel entgegen. 105 Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 138–146. 106 Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 143f. 146–167. Das Gottesbild der Metaphysik ist nach Jüngel besonders durch die Prämisse zu charakterisieren, dass Gottes existentia und essentia zusammenfielen und ihre Differenzierung lediglich ein Zugeständnis an die beschränkte menschliche Vernunft sei. Es könne nicht mehr in Geltung bleiben, wenn das menschliche Denken sich auf sich selbst begründe. Denn wenn das Denken nicht mehr aus einem höheren intellectus divinus abgeleitet werde, sondern sich aus sich selbst herleite, sei es nicht mehr möglich, sich auf die Übervernünftigkeit Gottes zu berufen, für die andere Gesetze zu gelten hätten als für die menschliche Vernunft. Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 140–142. Die aus der subjektiven Perspektive resultierende Krise des metaphysischen Gottesgedankens verdichte sich darin, dass Gott seine Einheit verlöre.

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„archimedischen Punkt“ von Descartes’ System, weist er den subjektiven Tenor von Descartes’ Erkenntnislehre nach.107 Die Überwindung des Zweifels vollziehe sich in der Erkenntnis des cogito ergo sum. Damit diese nicht in jedem Denkakt von neuem aktualisiert werden müsse, greife Descartes auf Gott zurück. Der Gottesgedanke sichere die Kontinuität der Existenzgewissheit in verlässlicher und grundsätzlicher Form.108 Die Sicherung der Existenz des Zweifelnden werde dann zum Kriterium aller wahren Erkenntnis, die sich im cartesischen clare & distincte verdichte.109 Das cartesische Wahrheitskriterium gelte solange, bis sich eine klare und deutliche Erkenntnis als falsch erweise. Der Gottesgedanke werde von Descartes nun dafür eingesetzt, dass dies nicht geschehen könne. Gott erscheint so für Jüngel als Descartes’ Wahrheitsgarant.110 Maßstab und Fixpunkt der Gottesidee sei aber der Mensch selbst. Dieser benötige Gott als den Vollkommenen, um den eigenen Zweifel auszuschalten. Der Zweifel werde zur Voraussetzung des Gottesbeweises, Gott werde zur bloßen Rückversicherung des Menschen gegen den eigenen Zweifel erklärt.111 Gott erscheint damit vor allem als derjenige, der im Gegensatz zum Menschen vollkommen sei. Aus diesem Gott lässt sich dann das allgemeine cartesische Wahrheitskriterium ebenso ableiten wie die menschliche Selbsterkenntnis als endliches Wesen.112 Detailliert zeigt Jüngel, wie die Gottesidee in Abhängigkeit vom Subjekt gerate und in welche Aporien sie dadurch gestürzt werde: Der seinem Wesen nach souveräne und allmächtige Schöpfer erscheine seiner Existenz nach abhängig vom Ich.113 Es sei 107 Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 148–151.Vom archimedischen Punkt spricht Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 151: Im cogito ergo sum fallen Wesen und Existenz des Menschen in eins. Die eigene Existenz wird bewiesen, indem der Mensch seinem Wesen als res cogitans nach handelt, also denkt. 108 Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 152–158. 109 Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 153f. 110 Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 154–156. Argumentativ werde dies auch durch die Diskussion des genius malignus erhärtet. 111 Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 157f. 112 Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 160f. schlussfolgert daraus, dass die Notwendigkeit Gottes hier lediglich methodisch gegeben sei. Indem aber die Gottesidee selbst dem Zweifel ausgesetzt werden müsse, unterstellt er Descartes eine atheistische Anlage seines Denkens. 113 Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 161–167: Die Gottesgewissheit geht so durch die Instrumentalisierung der Gottesidee verloren. Gottes Vollkommenheit werde nur deshalb thematisiert, um die relative Unvollkommenheit des Menschen zu übersteigen. Das Verhältnis von Gott und Mensch werde dadurch umgekehrt, Gott durch den Menschen relativiert. So werde Gott in Abhängigkeit von dem Bedürfnis menschlicher Unvollkommenheit heraus zum Wesen ohne jede Schwäche und ohne jeden Mangel stilisiert. Gerade darin erweise er sich aber durchaus mangelhaft und vom Menschen abhängig. Mit Gott in Christus sei diese Vorstellung nicht kompatibel. Sodann werde auch die klassische Gottesidee der Metaphysik, nach der in Gott seine Existenz und Essenz zusammenfallen, zersetzt. Die Gewissheit des Wesens Gottes und die Gewissheit seiner Existenz würden fundamental unterschieden. Dies geschehe gerade dadurch, dass das Ich im cogito ergo sum als unbezweifelbar seiend empfunden werde und den ontologischen Anfangspunkt des Denkens

Subjektivitätskritik bei Eberhard Jüngel

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gerade diese in der Anthropozentrik begründete Auflösung des metaphysischen Gottesbildes, die den Anfang der Neuzeit markiere. Dabei setze die cartesische Erkenntnislehre nur das traditionelle metaphysische Gottesbild voraus. Der biblische Gott der Niedrigkeit und Liebe sei dagegen nicht kompatibel mit den Prämissen cartesianischer Theologie.114 Diese Diagnose Jüngels wird in gewisser Weise durch die Schwierigkeiten bestätigt, die der philosophische Ausgangspunkt von Wittichs Dogmatik für die Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung nach sich gezogen hatte. Jüngel leitet aus seinen Beobachtungen zu Descartes ähnlich wie Ebeling, dessen Aufsatz er kennt,115 eine wichtige Schlussfolgerung für die Theologie insgesamt ab. Sie könne den neuzeitlichen Entwicklungen nur mit dem Verweis auf die Offenbarung begegnen. Sie dürfe aber nicht Offenbarung und Glaube als bloße „Ersatzlösung“ dem Denken gegenüberstellen: „Es geht hier darum, zu denken, was wir glauben.“116 Jüngel lehnt daher mit Ebeling die bloße Antithese von Glaube und Zweifel ab. Für seine Beurteilung von Descartes und dem Cartesianismus hat das endlich keine Konsequenzen, wohl aber für die Analyse ihres Gottesbildes im Gegenüber zu seiner eigenen Gotteslehre. Sein Grundanliegen, „das Verhältnis von Glauben und Denken so umsichtig wie nur irgend möglich zu bestimmen“117, hatte sich auch für Wittich als Themenschwerpunkt erwiesen, den die Auseinandersetzung mit dem Cartesianismus einfordert. Für ihn hat es sich als unproblematisch gezeigt, eine philosophische Gotteslehre zur Basis seiner Theologie zu machen. Insofern sich in Jüngels Blick auf das 17. Jahrhundert Metaphysik- und Subjektivitätskritik verbinden, sind seine Beobachtungen auch für eine theologische Bewertung Wittichs hilfreich. Er zeigt eindrücklich, wie sich die Einwände gegen den cartesianischen Ansatz vom Gottesbild her präzisieren lassen. Die klassischen Kategorien des Zweifels, des Rationalismus und der Subjektivität verbindet Jüngel dabei so, dass der cartesische Gott als eine Gegenfigur zum protestantischen Gottesbild erscheint, und folgt damit der Interpretation Barths. Seine Auseinandersetzung mit dem Geschichtsbezug der Theologie führt er nicht primär anhand von Descartes. Wohl aber sieht er in der cartesischen Subjektorientierung die Erkenntnis der eigenen Endlichkeit und Vergänglichkeit als

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ausmache. Gott könne sich nur durch den Bezug auf dieses Ich überhaupt als existierend erweisen. „Der Mensch verantwortet Gott.“ (165). Dies widerspricht aber dem absoluten und souveränen Wesen Gottes, so dass der Gottesbegriff zur Aporie werde: Dem Wesen nach bleibe Gott zwar der allmächtige, absolute Schöpfer, seiner Existenz nach hänge er jedoch vom Ich ab, insofern seine Existenz nur als „Sein durch und für das Subjekt“ verstanden werden könne (165). Vgl. bes. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 162f. Vgl. z. B. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 148 (Anm. 2). Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 144 (Kursiv nach Jüngel). Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 146.

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Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik

menschliche Existenzbedingung begründet.118 Sie leitet seine Diskussion über Gott „in der Dimension geschichtlicher Tätigkeit“ ein.119

2.7

Korrekturen der protestantischen Descarteswahrnehmung bei Wolfhart Pannenberg

Während bislang die kritischen Stimmen zu Descartes zu Wort gekommen sind, gebührt der abschließende Blick einem Vertreter dezidiert ‚neuzeitlicher‘, Thielicke würde sagen: ‚cartesianischer‘, Theologie, nämlich Wolfhart Pannenberg.120 Auch er widmet in seinem Œuvre Descartes eine kurze Besprechung und rezipiert ihn vor allem in Bezug auf dessen philosophische Gotteslehre.121 In diesem Zusammenhang ist er auch darum bemüht, die Vorstellung von Descartes als Begründer des subjektorientierten Denkens, in direkter Abgrenzung von der Barthschule, zu relativieren. Er stellt dar, dass Descartes die Priorität der Idee des Unendlichen, die Gott im cartesischen System zuvorderst verkörpere, vor allen übrigen Vorstellungen des Menschen betone. Daraus werde ersichtlich, dass er Gott keineswegs dem Menschen unterordne. Der Gedanke des eigenen Ich, der im cogito zum Ausdruck gebracht werde, sei in die Unendlichkeit der Gottesidee mit eingeschlossen. Eine subjektorientierte Interpretation cartesischer Philosophie müsse sich durch eine Berücksichtigung der tragenden Rolle Gottes korrigieren lassen.122 Dieser Gedanke ist an und für sich nicht neu. Barth, Jüngel und andere protestantische Descarteskritiker erkennen durchaus an, dass Descartes selbst keineswegs auf die Dekonstruktion Gottes zugunsten eines anthropozentrischen Denkansatzes gezielt hat. Jedoch wird in den jeweiligen kritischen Darstellungen oftmals vereinfachend darüber hinweggesehen. Das Bedürfnis, sich von den Anlagen der Subjektorientierung von Descartes’ Denken zu distanzieren, überwiegt. Am deutlichsten wird dies bei Thielickes Rede von der 118 Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 250–253. 119 Vgl. bes. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 254–256 (Zitat 254). 120 Pannenberg reflektiert ausführlich die Metaphysik, Wissenschaftstheorie und die natürliche Theologie. Er widmet den Begriffen Vernunft und Offenbarung sowie besonders dem Verhältnis von Offenbarung und Geschichte großen Raum in seinem Œuvre. Sein Denken ist zudem stark von einer anthropologischen Perspektive geprägt. 121 Er betont besonders die Gleichsetzung Gottes mit der intuitiven Idee des Unendlichen im Menschen als Anfang aller Erkenntnis. Vgl. z. B. Pannenberg, Theologie und Philosophie, 145f. 122 Vgl. Pannenberg, Theologie und Philosophie, 143–145 (mit einer groben Skizze der Rezeption von Descartes als Begründer des subjektorientierten Denkens und einer Widerlegung dieses Ansatzes) und Pannenberg, Metaphysik und Gottesgedanke, 22f.34f. Vgl. auch die Darstellung in seiner Systematischen Theologie in Pannenberg, Systematische Theologie I, 127, 380f. (hier in direkter Widerlegung der Subjektivitätsvorwürfe gegen Descartes durch Jüngel); Systematische Theologie II, 116; Systematische Theologie III, 186f.

Korrekturen der protestantischen Descarteswahrnehmung bei Wolfhart Pannenberg

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cartesianischen Theologie. Das gibt Pannenbergs historischer Korrektur des Descartesbildes, die er u. a. auf die philosophischen Arbeiten Wolfgang Hübeners stützt, durchaus eine Berechtigung.123 Nichtsdestoweniger erkennt Pannenberg an, dass sich bei Descartes eine anthropologische Wende vollzieht. Auch er zeigt das ebenso wie andere protestantische Theologen am Gottesbeweis. Ihre Ursache bestimmt er darin, dass Descartes eine Ableitung Gottes aus der Welterfahrung aufgrund des Problems des infiniten Regresses, wie es sich z. B. bei Thomas von Aquins kosmologischer Argumentation finde, unbedingt vermeiden wollte. Seine Alternative sei das Denken des Einzelnen gewesen.124 Dies erinnert an Schlatters Kritik des cartesischen Geschichtsverhältnisses. Pannenberg legt dar: Als Gefahr für den Gottesgedanken, wie z. B. Jüngel sie beschreibt, habe Descartes seinen Ansatz selbst nicht wahrgenommen. Er betone vielmehr, dass Gott nicht als Idee vom Menschen hervorgebracht werde, da er den menschlichen Geist durch seine Unendlichkeit übersteige. Pannenberg verweist allerdings darauf, dass Descartes’ Kritiker die Überzeugungskraft dieses Arguments teilweise bereits unmittelbar infrage gestellt hätten. Der „anthropologische Gottesbeweis“ von Descartes habe also von Anfang an als unsicher gegolten. Descartes habe durch ihn eine subjektorientierte Lesart seines Ansatzes vorbereitet, obwohl weder er noch die orthodoxe Descartesrezeption ihn nachvollzogen haben.125 Betrachtet man also die Ausrichtung von Descartes’ Philosophie und auch seine Rezeption bei Wittich und der sog. cartesianischen Theologie, muss man mit Pannenberg die Identifikation von Cartesianismus und Subjektivität scharf bestreiten, wie sie sich z. B. im polemischen Sprachgebrauch barthianischer Theologie findet. Es erscheint zumindest undifferenziert, wenn Barth in Bezug auf anthropozentrische theologische Modelle pauschal von cartesianischer Theologie oder indirektem Cartesianismus spricht.126 „Im 17. und frühen 18. Jahrhundert galt Descartes nicht als der Begründer einer anthropozentrischen, auf dem cogito aufbauenden Philosophie, sondern als Erneuerer der philosophischen Gotteslehre durch den Neuansatz bei der Intuition des Unendlichen als der obersten Bedingung aller 123 Vgl. zur Hübenerrezeption Pannenberg, Theologie und Philosophie, 144. 124 Vgl. mit Belegen bei Descartes Pannenberg, Systematische Theologie I, 101. 125 Vgl. mit Belegen Pannenberg, Systematische Theologie I, 101f. und für die Klassifikation von Descartes’ Ansatzes als anthropologischer Gottesbeweis Pannenberg, Systematische Theologie I, 104f. Hier verweist Pannenberg auch auf die subjektorientierte und anthropozentrische Lesart des Gottesbeweises seit Fichte. 126 Vgl. Pannenberg, Systematische Theologie I, 118, der sich kritisch von Barth, KD I/1, 220 abgrenzt, wo dieser es „direkte[n] Cartesianismus“ nennt, wenn man „das menschliche Subjekt zum Schöpfer seiner Bestimmtheit durch Gott machen“ wolle. Vgl. ergänzend Barth, KD I/1, 223f.228, wo Barth eine Theologie, die ihren Ausgang vom glaubenden Ich nimmt, als indirekten Cartesianismus bezeichnet. Thielicke führt diesen Sprachgebrauch dann konsequent fort. Vgl. Kapitel 2.5 (Thielicke).

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anderen Inhalte unseres Bewußtseins.“127 Dieses Rezeptionsverhalten zeigt sich auch bei Wittich. Eine Orientierung am Subjekt findet nicht statt. Die Kritik an Tendenzen zur Subjektivität findet sich im 17. Jahrhundert aber nur als Randerscheinung. Dafür wird allerdings der wissenschaftstheoretische und methodologische Einfluss der cartesischen Philosophie gar nicht hoch genug bewertet werden können.

2.8

Conclusio: Revision des protestantischen Descartesbildes mit Wittich

Die evangelische Position zu Descartes stützt sich im 20. Jahrhundert trotz ihrer wichtigen Problemanzeigen in der Regel zu pauschal auf eine Kritik von Rationalismus und Subjektorientierung. Die Fundierung ihres Descartesbildes vollzieht sich in Anknüpfung an die Motive von Zweifel und cogito. Viele Theologen orientieren sich im Wesentlichen nur an der Wirkungsgeschichte und der Abgrenzung ihrer eigenen theologischen Positionen von dem, wofür Descartes zu stehen scheint.128 Descartes und die frühen Cartesianer werden durch die Brille des Idealismus gelesen und einer einseitigen Subjektivismuskritik unterzogen. Das gilt selbst dann, wenn an den Quellen intensiver gearbeitet und verstanden wurde, dass die eigentliche Aussageabsicht von Descartes und cartesianischen Theologen sich von ihrer allgemeinen Deutung unterscheidet. Für Wittich und das cartesianische Netzwerk kann ebenso wie für Descartes selbst beansprucht werden, dass mit einer subjektorientierten und rationalistischen Lesart ihre Selbstwahrnehmung nicht getroffen ist. Weder wird von ihnen eine anthropozentrische Wende zur Subjektivität intendiert noch überhaupt als Gefahr wahrgenommen, wie Pannenberg für Descartes betont hat. Die Untersuchung Wittichs wird dieses Ergebnis bestätigen. Auch die Kritiker der Cartesianer, die gerade den Zweifel intensiv besprechen, verkürzen ihre Kritik in der Regel auf einen pauschalen Skeptizismus- und Atheismusvorwurf und nehmen wenig Anstoß an dem in der Moderne diagnostizierten Ich-Bewusstsein.129 In Bezug auf 127 Pannenberg, Theologie und Philosophie, 150 (kursiv nach Pannenberg). 128 Das trifft auf Schlatter, Barth, Thielicke und Jüngel zu, während Ebeling eine differenziertere Descarteswahrnehmung vorbereitet und Pannenberg sich klar von der Deutungsrichtung der erstgenannten Theologen abgrenzt. 129 Die anthropozentrische Wende muss ebenso wie die von Jüngel beobachtete Zersetzung des metaphysischen Gottesbildes als eine Folge der Descartesrezeption nach dem 17. Jahrhundert betrachtet werden. Sie ist bei Descartes zweifelsohne angelegt, aber ihm nicht voll bewusst gewesen. Die Zersetzung des metaphysischen Gottesbildes war allerdings grundsätzlich in sich selbst schon vorbereitet. Vgl. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 266f. Insofern lassen sich Descartes und die cartesianische Theologie auch als wichtige Etappen auf dem Weg der Korrektur einer problematischen Gottesvorstellung verstehen.

Conclusio: Revision des protestantischen Descartesbildes mit Wittich

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das cogito wird dem Cartesianismus zwar eine narzisstische Grundhaltung vorgeworfen, das Fehlen einer Vermittelbarkeit des subjektiven Wahrheitsempfindens der klaren und deutlichen Erkenntnis wird bemängelt und die Vernunftorientierung unter Pelagianismusverdacht gestellt. Diese Vorwürfe erscheinen aber nur als untergeordnete Teilaspekte einer viel breiter angelegten Methodenkritik mit anderen Schwerpunkten. In den Systemen der Cartesianer ist Gott dem Menschen konsequent vorgeordnet und das auch unabhängig von Descartes stark metaphysisch geprägte Gottesbild der Orthodoxie bleibt im Bewusstsein der frühen Descartesrezeption weitestgehend unangetastet.130 Erst in der Folge von Kant und Hegel wird eine im Cartesianismus nur angelegte Subjektorientierung eigentlich bewusst und reflektiert. Sie entwickelt sich dann aber zu einem der meistdiskutierten Aspekte der cartesischen Philosophie.131 Die moderne Descarteskritik steht damit unter den Vorzeichen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Ausgehend von der Auslegung durch Kant und dem Idealismus wird Descartes zum Wegbereiter der Moderne und untrennbar mit der Ausbildung des Rationalismus und Subjektorientierung verbunden.132 Auch wenn das Descartesverständnis des 17. Jahrhunderts teilweise andere Schwerpunkte setzt und dadurch dazu mahnt, das cartesische cogito nicht gegen die Intention von Descartes einseitig auszulegen, ist die Perspektive auf seine langfristige Wirkung natürlich von hoher Wichtigkeit. Sie darf aber den Blick auf die dem frühen Cartesianismus eigenen Denkformen nicht verschließen. Die Differenzierung zwischen den Intentionen des „‚wahren‘ Descartes“133 und seiner tatsächlichen Wirkung begleitet die Auslegungsgeschichte des Philosophen. Anders als die Subjektivitätsfrage werden die Gefahren des Rationalismus und des Zweifels den frühen Cartesianern allerdings vor Augen geführt. Sie setzen sich mit diesem Problemfeld intensiv auseinander und verurteilen rationalistische Tendenzen, die Bibel und Orthodoxie schaden könnten, ausdrücklich. Diese Motive der Descarteskritik gehören von Anfang an zur Auseinandersetzung mit dem Cartesianismus. Das Motiv der Geschichtlichkeit schließlich spielt eine sekundäre Rolle.134 Nichtsdestoweniger kann den Cartesianern ein historisches 130 Seine von Jüngel diagnostizierte Zersetzung wird nicht in ihrer Komplexität wahrgenommen und findet lediglich im Diskurs um den vermeintlichen Atheismus der Cartesianer Anknüpfungspunkte. 131 Vgl. dazu Cosmann s.v. Subjektivität III. HWP 10 (1998) 470f. 132 Vgl. mit Verweis auf Kant und vor allem Fichte und Schelling Rodis-Lewis, René Descartes, 336f. Descartes wird sodann als Verantwortlicher für den Spinozismus kritisch diskutiert. Vgl. mit besonderem Augenmerk auf Leibniz, der in Spinoza die Vollendung des cartesischen Ansatzes wiederfindet und damit prägend auf die Rezeption von Descartes einwirkt, Rodis-Lewis, René Descartes, 331f.338. 133 Rodis-Lewis, René Descartes, 346. 134 Nur Schlatter thematisiert es ausführlich anhand von Descartes. Geschichtlichkeit ist auch ein zentrales Thema der Theologie Barths und Jüngels, wird von beiden aber nicht

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Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik

Bewusstsein gegen Schlatter nicht pauschal in Abrede gestellt werden, wie ihre Verbindung zur coccejanischen Bundestheologie ebenso zeigt wie die Akkommodationslehre und das Fortschrittsdenken. Das innerhalb des theologischen Cartesianismus entwickelte Geschichtsbild ist vor allem für die historisch-kritische Exegese wegbereitend. Grundsätzlich erweisen sich also aus historischer Perspektive von den vier klassischen Topoi der modernen Descarteskritik der Zweifel und der Rationalismusverdacht als besonders anwendbare Kategorien für die Quellenanalyse. Es müssten allerdings in ihrer Zuspitzung die zeitgenössischen Diskurse und ihre Abhängigkeit von der Auslegungsgeschichte stärker mitberücksichtigt werden. Eine Problematisierung des Geschichtsverhältnisses und der Subjektivität ist in der Form, wie sie seit Schlatter immer wieder vorgebracht wird, nur mit Einschränkungen tragbar. Sie spiegelt vor allem Positionen der Rezeptionsgeschichte und des auf Descartes zurückgeführten neuzeitlichen Zeitgeistes wider. Der langfristigen Bedeutung von Descartes wird diese Perspektive somit durchaus gerecht, sie muss sich aber von Descartes’ Selbstverständnis, dem Rezeptionsverhalten Wittichs und der Cartesianismusdiskussion des 17. Jahrhunderts dahingehend korrigieren lassen, dass sie wesentliche Aspekte der cartesischen Philosophie aufgrund dieser spezifischen und oft auch nicht wertfreien Herangehensweise nicht in den Blick nimmt. Im Sinne der Problemanzeige Pannenbergs und besonders der Ermahnung Ebelings, der für eine Relektüre Descartes’ mit eigenen Augen und unabhängig von den neuzeitlichen Deutungsmodellen plädiert, regt die Auseinandersetzung mit Wittich dazu an, den theologischen Cartesianismus und die darin entfaltete Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung noch einmal neu zu betrachten. Die Subjektivitätsfrage darf dann nicht in derselben Form gestellt werden, wie es im 20. Jahrhundert geschehen ist. Sie bliebe freilich angelegt in den Impulsen, die cartesischer Vernunftbegriff, Erkenntnislehre und Anthropologie in die Theologie eintragen.135 Es ist durchaus eine große Stärke der protestantischen Descartesprimär in Auseinandersetzung mit Descartes diskutiert. Thielicke hat den Vorwurf mangelnden Geschichtsbezugs cartesianischen Denkens in seiner historischen Analyse anhand von Wittich relativiert. 135 Es ist zutreffend, dass sich diese Impulse zu einer anthropozentrischen Lesart im Cartesianismus verdichten. Sie kommen jedoch erst in der von Kant vorbereiteten und im Idealismus vertieften Deutung zur Entfaltung. Zudem muss bedacht werden, dass der Ansatzpunkt der Gotteserkenntnis beim Menschen grundsätzlich kein Novum ist. Als didaktischen Zugang zur Gottesidee ist er z. B. bereits im Platonismus angelegt, man denke nur an den Aufstieg zur Gotteserkenntnis über die Idee des Schönen. Auch hier ist keine Destruktion des metaphysischen Gottesgedanken aus dem Ansatz der Gotteserkenntnis beim Menschen die Folge. Natürlich ist die Konstellation von cogito und Gottesbeweis bei Descartes eine andere. Es ist aber evident, dass im Bewusstsein der Philosophie und Theologie des 17. Jahrhunderts die Konsequenzen ihrer Wirkungsgeschichte in Aufklärung und

Conclusio: Revision des protestantischen Descartesbildes mit Wittich

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analyse des 20. Jahrhunderts, dass sie betont, wie leicht aus einem rationalistischen Grundansatz auch eine Ausrichtung auf Subjektivität folgen kann, und die theologischen Folgen dieser Entwicklung entfaltet. Diese Erkenntnis wird freilich überbetont, wenn eine solche anthropozentrische Wende bei Descartes als bereits vollzogen dargestellt wird. Für ein exaktes Quellenstudium ist dies hinderlich, mit Blick auf den rezeptionsgeschichtlichen Gesamtzusammenhang und die Folgen des Cartesianismus für die Theologie jedoch zentral. Auffälligerweise schaut die moderne protestantische Descarteskritik, sofern sie überhaupt eine tiefere Quellenanalyse betreibt (wie Barth und Jüngel), vor allem auf die Entfaltung des Zweifels, seine Überwindung im cogito und den ersten Gottesbeweis der Meditationes. Neben dem rezeptionsgeschichtlichen Vorverständnis mag dieser Fokus zu dem mitunter einseitigen Descartesbild beigetragen haben. Abgesehen von dem kurzen und bei weitem nicht hinreichend ausgewerteten Zugang Thielickes vernachlässigt die protestantische Theologie des 20. Jahrhunderts bei ihrem Blick auf Descartes die Impulse der cartesianischen Theologie in den deutschen und niederländischen Territorien. Die Berücksichtigung von Wittich und anderen Mitgliedern des cartesianischen Netzwerkes könnte aber die theologische Descartesrezeption präzisieren helfen und einen produktiven Diskurs mit Descartes ermöglichen. Eine Reihe von modernen Problemanzeigen haben sie bereits selbst unter ihren eigenen historischen Bedingungen reflektiert. Die Perspektive der cartesianischen Theologen darf freilich lediglich als Ergänzung verstanden werden, die in unmittelbarer historischer Nähe Wege der Harmonisierung von Protestantismus und Cartesianismus zeigt. Die wesentlichen theologischen Anfragen des 20. Jahrhunderts an Descartes, den Cartesianismus und das neuzeitliche Denken werden dadurch relativiert und in ein anderes Licht gerückt, jedoch keinesfalls grundsätzlich aufgehoben. Sie sind als Teil der dogmatischen Arbeit an Descartes zu verstehen, die nach wie vor wertvolle Impulse in die Theologie einbringt. Eine neue Perspektive auf dieses Arbeitsfeld ist jedoch als notwendig erwiesen worden und der Beitrag dazu, den die Betrachtung Wittichs und des niederländischen theologischen Cartesianismus zu leisten vermag, verspricht weitere Aspekte in die Diskussion zu integrieren, um diese historisch genauer zu führen und zu verdichten.

Idealismus nicht bewusst gewesen sein können. Erst im Verlauf dieser Wirkungsgeschichte wird die Wende zum Subjekt nachvollzogen und dann an Descartes verdeutlicht.

3.

Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie: die Prolegomena im System Christoph Wittichs

3.1

Einleitung: die dogmengeschichtliche Erschließung der Prolegomena cartesianischer Theologie

Nicht unzutreffend hat Hans Blumenberg die Auseinandersetzung der reformatorischen Theologie mit dem kopernikanischen Weltbild als Konkurrenz von Wahrheitsbegriffen beschrieben.1 Die Zuspitzung der neuen Astronomie im Gewande des Cartesianismus wird in besonderem Maße als eine Infragestellung der orthodoxen Wahrheit wahrgenommen. Das rationale Wahrheitsprinzip der klaren und deutlichen Erkenntnis steht dem Wahrheitsanspruch der Bibel gegenüber, so dass der Streit um die eine Wahrheit nicht nur ein Streit der Wissenschaftsmodelle, sondern auch der Hermeneutik wird. In dieser Form begegnet er uns auch bei Wittich. Für die Erschließung von Wittichs Œuvre ergeben sich aus dieser Problemanzeige eine Reihe von grundlegenden Aufgaben, die im Folgenden bearbeitet werden, um seinen dogmatischen Ansatz zu verstehen und um eine Basis für die weitere Erforschung cartesianischer Theologie am Beispiel von Wittich zu schaffen. Aus der Analyse der Cartesianismuskontroverse hat sich dabei als wesentlicher Fragekomplex die Untersuchung des cartesianischen Charakters seiner Theologie herausgestellt. Dabei ist auch sein Verhältnis zu anderen Spielarten orthodoxer Theologie auf der einen Seite und zu einem radikalen Rationalismus auf der anderen Seite in den Blick zu nehmen. Damit eng verbunden sind Wittichs Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie und sein Wissenschaftsbegriff. Ausgehend von einer Rekonstruktion des dogmengeschichtlichen Kontextes und des unmittelbaren Umfeldes Wittichs2 werden daher Theologie- und Philosophieverständnis, Wissenschaftssystem und 1 Vgl. Blumenberg, Genesis der kopernikanischen Welt, 371 mit Bezug auf Osiander, Rhetikus und Melanchthon. 2 Vgl. Kapitel 3.2 (Vernunft und Theologie nach der Reformation) bis Kapitel 3.4 (Wissenschaftsverständnis und Prolegomena der cartesianischen Theologie).

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

Methodologie, Offenbarungs- und Vernunfterkenntnis anhand von Wittichs Schriften umfassend besprochen.3 Die Schnittstelle von Theologie und Cartesianismus in Wittichs System ist über die Hermeneutik zu bestimmen. Anhand der Frage der adäquaten Schriftauslegung wird bereits seit den Dissertationes Duae das Verhältnis zu Astronomie und Cartesianismus diskutiert. Vertiefend muss gefragt werden, wie Wittich das opinio-Argument, den Akkommodationsgedanken und weitere hermeneutische Elemente entfaltet, um ein orthodoxes Schriftverständnis mit der cartesianischen Philosophie zu harmonisieren. Ausgehend von einer historischen Analyse der hermeneutischen Hauptfiguren Wittichs4 werden daher seine Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie detailliert besprochen.5 Anhand dieser Themenfelder werden so die Prolegomena Wittichs in umfassender Weise erschlossen.

3.2

Vernunft und Theologie nach der Reformation: Voraussetzungen und Kontext der cartesianischen Theologie

„Das Problem der recht unterscheidenden Inbeziehungsetzung von Philosophie und Theologie haftet wesenhaft dem Christentum an als die unaufhebbare, vom Christen nicht etwa abzuschüttelnde, sondern ihm auferlegte Spannung von Wissen und Glauben, Vernunft und Offenbarung.“6 Nach der Reformation stellte sich die Aufgabe des Dialogs mit der Philosophie auf den Grundlagen der reformatorischen Erkenntnisse sowie der entstandenen Bekenntnisschriften einmal mehr neu. Das Ergebnis war die Etablierung dogmatischer Systeme im Kontext eines wissenschaftlichen Theologieverständnisses, das auch für die cartesianische Theologie und ihr Selbstverständnis das Fundament und einen wesentlichen Bezugspunkt bildete. Daneben standen die Impulse, die das Œuvre von Descartes und damit verbunden die rationalistische Philosophie des 17. Jahrhunderts mit ihren naturwissenschaftlichen Entdeckungen an die Theologie herantrugen. Wie ein theologisches System aufgebaut werden soll, wie sich die Theologie zu den anderen Wissenschaften und insbesondere zur Philosophie verhält und sich dabei selbst versteht, welche Methoden die Theologie benutzt und welcher Stellenwert Vernunft und Offenbarung beigemessen werden müssen, klärte sich 3 Vgl. Kapitel 3.5 (Exposition) bis Kapitel 3.12 (Ergebnisse und kritische Würdigung von Wittichs Vernunft- und Offenbarungsverständnis). 4 Vgl. Kapitel 4.2 (Akkommodationstheorie in ihrem geistes- und begriffsgeschichtlichen Kontext). 5 Vgl. Kapitel 4.3 (Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie). 6 Ebeling, Luther, 86f. Vgl. für den grundsätzlichen Zusammenhang von Theologie und Philosophie Ebeling, Luther, 83–87.

Vernunft und Theologie nach der Reformation

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in der Frühorthodoxie in maßgeblicher Weise. Die dort erarbeiteten Ergebnisse waren wesentlicher Ausgangspunkt der theologischen Descartesrezeption. Unbestreitbar gab es bereits in der Phase vorcartesianischer Theologie eine starke Beeinflussung der reformierten Orthodoxie durch rationalistische Strömungen.7 Die intensive Auseinandersetzung mit der Scholastik durch die Theologen seit der Reformation gibt davon ebenso Zeugnis wie deren gegenwärtige Erforschung, die von der Schwierigkeit geprägt ist, die scholastischen, methodologischen und rationalistischen Elemente innerhalb der reformierten Orthodoxie angemessen zu beschreiben.8 Die Erschließung von Wittichs Theologieverständnis setzt eine überblicksartige Darstellung der Auseinandersetzung der Frühorthodoxie und der Zeitgenossen Wittichs mit Wissenschaft, Methodologie, Vernunft und Philosophie voraus.9 Dabei zeigt sich, wie deutungsoffen das reformiert-orthodoxe Theologieverständnis für den Dialog mit der Philosophie ist, was den Dialog mit dem Cartesianismus trotz aller äußeren Widerstände klar begünstigt hat.

3.2.1 Theologie als Wissenschaft: scholastische Methodologie und aristotelische Philosophie in der reformierten Frühorthodoxie Betrachtet man die Entfaltung frühorthodoxer Dogmatik, zeigt sich auf den ersten Blick die starke Abhängigkeit des dort entwickelten Theologieverständnisses von der Bestimmung von Vernunft und Philosophie in ihrem Verhältnis zur Offenbarung. Diese Abhängigkeit besteht auf verschiedenen Ebenen und die Auseinandersetzung mit der theologischen Tradition sowohl der Reformation als auch der mittelalterlichen Scholastik formt ihre Basis: Reformation, universitäre Schultheologie, Scholastik und Aristotelismus bilden zusammen mit den reformierten Bekenntnisschriften, insbesondere der Dordrechter Synode, den historischen Rahmen für die Systematisierung einer reformierten Theologie als Wissenschaft im universitären Kontext. Auf dieses Fundament bezieht sich die reformierte Theologie am Anfang des 17. Jahrhunderts bei der Ausformung des 7 Vgl. dazu die Darstellung von Bizer, Frühorthodoxie und Rationalismus (1963) zu Frühorthodoxie und Rationalismus sowie die Ergebnisse der neuen Schule der Orthodoxieforschung, die sich exemplarisch bei v. Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 95–101 im Kontext der Forschungsgeschichte nachvollziehen lassen. 8 Vgl. dazu die ausführliche Darstellung in der Einleitung: Kapitel 1.3.3 (Das Verhältnis zu Philosophie und Scholastik innerhalb reformiert-orthodoxer Theologie). 9 Eine grundlegende Darstellung dieses Zusammenhangs bietet Richard Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, der als Impulsgeber für die neue Orthodoxieforschung die Ansätze von Althaus (Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik 1967), Heppe/Bizer (Dogmatik der evangelisch-reformierten Kirche 21958), Weber (Reformation, Orthodoxie und Rationalismus 21966) und anderen bündelt, korrigiert und erweitert.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

eigenen Selbstverständnisses. Der bewusste oder unausgesprochene Rückgriff auf philosophische Strömungen, insbesondere der aristotelischen Scholastik, war für die frühneuzeitlichen Theologen als Wissenschaftskriterium notwendig. Dementsprechend gewann die Diskussion über Wissenschaftstheorie und Methodologie zunehmend an Bedeutung. Ein Problembewusstsein für die Folgen der wissenschaftlichen Systematisierung und Entfaltung der Theologie lässt sich anhand expliziter Reflexionen über Vernunftgebrauch und Philosophieverhältnis nachweisen10. Die Legitimation rationaler Methoden in der Theologie bei Argumentationen, Exegese und Polemik, die Einordnung der natürlichen Theologie und die Bewertung der Vernunft, schließlich der Nutzen der Philosophie als Instrumentaldisziplin und ancilla theologiae sind Themen, die entweder in den entstehenden Prolegomena dezidiert verhandelt wurden oder implizit vorausgesetzt werden. Infolge der Reformation war die Frühorthodoxie vor die Aufgabe gestellt, die Theologie der Reformatoren und die auf der Grundlage ihrer Arbeit entwickelten Bekenntnisinhalte zu systematisieren, um eine Basis für die Lehre und ihre praktische Umsetzung, die Apologetik und Kontroverstheologie sowie schließlich das eigenständige theologische Weiterdenken zu schaffen. Der grundlegende Schritt der Systematisierung war bereits die Bekenntnisbildung selbst. Man stand jedoch bei der Ausbildung der Dogmatik nun vor der Herausforderung, eine adäquate Wissenschafts- und Methodenlehre zu finden. Dazu bediente man sich wiederum der zeitgenössischen Philosophie, die ihrerseits de methodo zu reflektieren begonnen hatte. Das Aufgabenfeld der reformierten Theologie und ihrer wissenschaftlichen Entfaltung weist starke Parallelen zu der Entfaltung der Theologie als universitäre Disziplin im 13. Jahrhundert und vorreformatorische Problemstellungen auf.11 Als äußerst wirkmächtig für die Ausbildung des Wissenschaftsverständnisses reformierter Theologie erweisen sich drei Säulen: erstens die Arbeiten von Philipp Melanchthon (1497–1560), dessen Topik und Loci-Methode ihrerseits unter aristotelischem Einfluss standen; zweitens die philosophische Aristotelesrezeption, die insbesondere in der Schule von Padua (z. B. unter Jacopo Zabarella [1533–1589]) wirkmächtig war und auch in der katholischen Theologie weitergeführt wurde;12 drittens die (Abwehr oder Rezeption der) Dialektik des 10 Vgl. Kapitel 3.2.2 (Prolegomena der reformierten Frühorthodoxie). 11 Vgl. dazu z. B. das Votum von Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 114 mit Bezugnahme auf die Prolegomena von Polanus: „[…] virtually all of the scholastic questions concerning theology as a discipline have reappeared, now interpreted through a distinct protestant glass.“ 12 Einflussreich war hier insbesondere die jesuitische Scholastik von Francisco Suaréz (1548– 1617); um der katholischen Scholastik begegnen zu können, musste man sie und ihre Grundlagen studieren.

Vernunft und Theologie nach der Reformation

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Petrus Ramus (1515–1572).13 Eine aristotelische Prägung dominierte die Schultheologie, einerseits durch die notwendige Anschlussfähigkeit an die katholische Scholastik, andererseits durch den Anspruch, der früheren, als verfälscht empfundenen Aristotelesdeutung ein der Theologie adäquates Korrektivum entgegenstellen zu können. Auch aufgrund der Wirkung des Humanismus wurde ein philosophisches Studium aristotelischer Prägung gestärkt. Zwangsläufig wirkte der Aristotelismus über die Methodologie und Terminologie hinaus dadurch auch inhaltlich weiter: Die Metaphysik wurde (gegen mitunter heftige Widerstände) in die reformierten Lehrpläne zu Beginn des 17. Jahrhunderts wieder integriert und theologisch rezipiert.14 Dabei führten die Ablehnung mittelalterlicher Scholastik und die Ausrichtung am reformatorischen Erbe zu der Etablierung einer eigenen Darstellungsform systematischer Theologie, die sich im Aufbau der dogmatischen Systeme und ihrer methodischen und inhaltlichen Gestaltung niederschlug.15 Wichtig ist dabei die von der jüngeren Forschung gemachte Bobachtung, dass die reformierte Orthodoxie dabei eigene Wege ging und einen aristotelischen oder thomistischen Wissenschaftsbegriff weiterzudenken wusste.16 Als ein wesentlicher Motor der Diskussion der Wissenschaftsordnung und Methodenlehre erweist sich schließlich die von protestantischer und katholischer Seite gleichermaßen notwendige Auseinandersetzung mit dem naturwissenschaftlichen Fortschritt, der sich in Wittichs Descartesrezeption ebenso zeigt wie bereits im 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts in der Diskussion des kopernikanischen Weltbildes und seiner Rezeption durch Galileo Galilei.17 13 Vgl. dazu Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 284–286: Das Philosophieverständnis der Melanchthonschule mit ihrem eklektischen, die Metaphysik ausklammernden Aristotelismus (Schwerpunkt: Logik, Ethik, Physik) ließ sich leicht in die Theologie integrieren. Loci-Sammlungen sind ein typisches Kennzeichen ihres Einflusses. Der Ramismus ist vor allem durch seine ablehnende Haltung gegenüber herkömmlicher scholastischer Methodik und Metaphysik gekennzeichnet. Die Methodologie stand im Vordergrund der Didaktik von Ramus („universale Definitions- und Dispositionsmethode begriffslogischer Natur“; Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 285). Sie wurde jedoch schnell auch mit aristotelischen Elementen verbunden (wie das Beispiel der Herborner Schule gezeigt hat). Der Aristotelismus von Padua schließlich ist besonders durch seinen Rückgriff auf Aristoteles’ Analytiva posteriora bestimmt. Charakteristisch für die aristotelische Methode sind Argumentationsverfahren und syllogistische Beweisgänge entsprechender Prägung. 14 Für die reformierte Konfession waren hierin Vorreiter Clemens Timpler (1563/64–1626) am Steinfurter Arnoldinum und Johann Heinrich Alsted (1588–1638) in Herborn. Vgl. auch Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 286. 15 Bereits in der Terminologie wurde dies deutlich: Titel wie Methodus, Systema oder Syntagma für die Darstellung der Theologie etablieren sich. Vgl. dazu mit weiterführender Literatur Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 287. 16 Gegen Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, hält dies grundlegend Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 339 fest. 17 Vgl. dazu vor allem die Einleitung und Quellensammlung von Bieri, Streit um das koper-

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

3.2.2 Die Prolegomena der reformierten Frühorthodoxie: Theologieverständnis und Wissenschaftsbegriff im Spannungsfeld von Vernunft und Offenbarung Ausgangspunkt der Entwicklung reformierter Prolegomena im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert war zunächst die allgemeine Bestimmung der Theologie und ihres Verhältnisses zur Wissenschaft auf der einen und ihres Erkenntnisprinzips der Heiligen Schrift auf der anderen Seite.18 Eine hohe Bedeutung schreibt die Forschung dabei Franz Junius Senior (Franciscus; 1545–1602) und seiner Schrift De vera theologia (1594) ebenso zu wie Amandus Polanus von Polansdorf (1561–1610) und seinem Syntagma theologiae (1609).19 Gerade bei Polanus sind die für orthodoxe Dogmatiken wesentlichen Fragen der Prolegomena zur Sprache gebracht und systematisiert, ein dezidiertes Theologieverständnis entwickelt und die Weichenstellung für die Arbeit der Hochorthodoxie gestellt worden. Auf dieser Grundlage wird im Fortgang reformierter Orthodoxie auch die Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie eigens diskutiert, die bei Polanus und Junius noch nicht im Vordergrund gestanden hatte.20 Maßgeblich Bartholomäus Keckermann (1572– nikanische Weltsystem. Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 15–18 verweist zunächst auf die katholische Kontroverse um Kopernikus, bevor er sich im weiteren Verlauf seines Werkes ausführlich der Debatte um Galilei widmet. 18 Vgl. für eine Darstellung der Entstehung der reformiert-orthodoxen Prolegomena mit Blick auf Vernunft- und Methodenfrage Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 110– 113: Anlehnungen bei Melanchthons Loci-Methode, der scholastischen Tradition, Zarabella und die Entstehung des Ramismus sind wesentliche Stationen des späten 16. Jahrhunderts. Als Prinzip der Theologie wird in der Regel die Bibel bestimmt. Offenkundig griff man bei der Abgrenzung der Theologie gegenüber anderen Wissenschaften gerne auf wissenschaftstheoretische Standardtexte zurück, deren maßgeblicher Einfluss auf die Entfaltung reformierter Dogmatik immer wieder hervortritt, so z. B. auf die Summa Theologica des Thomas von Aquin oder Schriften der aristotelischen oder ramistischen Logik. Beck, Voetius, 143 verweist auf ein wachsendes Interesse an den Prolegomena sowohl in der lutherischen als auch in der reformierten Frühorthodoxie seit Ende des 16. Jahrhunderts, während dieses Thema bei den Reformatoren selbst vernachlässigt worden sei. 19 Diese Perspektive gibt vor allem die maßgebliche Arbeit von Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, vor. 20 Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 113–115. Die allgemeine Frage nach der Vernunft und der Offenbarung als Erkenntnisprinzip der Theologie war noch nicht so stark auf die Frage nach dem Verhältnis der zugehörigen Wissenschaften Philosophie und Theologie zugespitzt worden. Polanus wurde auch von Wittich nachweislich gelesen und diskutiert. Vgl. Eberhardt, Wittich, 109f., 141 und für den entscheidenden Beleg des Einflusses von Polanus Wittich/Posthius: De libero hominis arbitrio (1651) Corollarium II: „Scripturam aliquando loqui secundum opinionem vulgi non ex rei veritate, cum Polano statuo Syntag. Theol. l.5 c.23.“ [Dass die Schrift sich bisweilen gemäß der allgemeinen Meinung ausdrückt, nicht nach der Wahrheit eines Sachverhaltes, behaupte ich mit Polanus, Syntagma Theologiae, Buch 5, Kapitel 23.]. Wittich greift hier für den Akkommodationsge-

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1608) und Johann Heinrich Alsted (1588–1638) haben sich am Anfang des 17. Jahrhunderts mit dieser Frage beschäftigt und einen grundsätzlichen Nutzen der Philosophie für die Theologie bestimmt.21 An den Begriff des Nutzens kann später Wittich in maßgeblicher Weise anknüpfen, um die nach cartesianischem Verständnis grundsätzlich getrennten Wissenschaften in einen Austausch zu bringen.22 Die Philosophie fungierte in den frühorthodoxen Prolegomena insgesamt noch immer als Grundlagenwissenschaft der Theologie, jedoch in deutlicher Abgrenzung von der mittelalterlichen Tradition. So wollte man sich nicht mehr das aristotelisch-thomistische Wissenschaftsverständnis aufoktroyieren lassen und rang mit einer selbstständigen Bestimmung der Theologie. Nichtsdestoweniger bediente man sich im Rahmen der Systematisierung der reformatorischen Theologie wiederum der Philosophie als Instrumentalwissenschaft und der alten Formen und Termini, jedoch mit dem Ziel, diese neu zu akzentuieren.23 Als methodologisches Korrektivum diente die häufig gepflegte und reformatorisch vorgeprägte Kritik an der mittelalterlichen Scholastik. Inhaltlich sorgte die Entfaltung einer natürlichen Theologie für einen kritischen Dialog und Rezeptionsvorgang der aristotelischen Metaphysik. Parallel dazu unternahm auch der Ramismus den Versuch, sich methodisch und inhaltlich stärker von einem aristotelischen Wissenschaftsverständnis zu emanzipieren: Gegen die herkömmliche Scholastik plädierte man für ein von der Metaphysik unabhängiges Wissenschaftsverständnis, griff für die Logik stärker auf Sokrates oder Cicero zurück und maß der Rhetorik einen höheren Stellenwert bei.24 Noch vor ihrem Verhältnis zur Philosophie ist die Theologie der Frühorthodoxie bemüht ihr Selbstverständnis zu klären. Dies vollzieht sich in engem Zusammenhang mit der Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung und den Grenzen der menschlichen Erkenntnis. So trifft man häufig auf eine

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danken auf theologische Traditionslinien zurück, indem er auf Polanus: Syntagma (1615) 5,23,301f. verweist. Amandus Polanus von Polansdorf: Syntagma Theologiae Christianae. Ab Amando Polano a Polansdorf. Juxta leges ordinis Methodici conformatum, atque in libros decem digestum, iamq; demum in unum volume compactum. Accurata Auctoris industria novißime emendatum atq. Interpolatum, innumerisq; locis auctum. Editio numeris omnibus absolutissima … Hanoviae: Aubrius 1615. Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 115f. mit weiterführender Literatur. Der Schwerpunkt der Forschung auf Keckermann und Alsted muss als Folge der Rezeption von Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, gewertet werden. Vgl. dazu grundsätzlich Kapitel 3.4 (Wissenschaftsverständnis und Prolegomena der cartesianischen Theologie) und die detaillierte Untersuchung des Vernunftbegriffs bei Wittich in Kapitel 3.5 (Exposition) bis Kapitel 3.12 (Ergebnisse und kritische Würdigung von Wittichs Vernunft- und Offenbarungsverständnis). Vgl. auch Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 114–116. Vgl. Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 24–26.

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Unterscheidung zwischen der eigentlichen, archetypischen Theologie Gottes und der ektypischen, an den Menschen akkommodierten, aber auch vorläufigen Theologie in der Welt. Wiederum erweist sich Polanus hier als einer der bedeutenden Wegbereiter.25 Während die Vorstellung einer Anpassung der Offenbarung an den Menschen in diesem Kontext in einer umfassenden Form auf die gesamte Theologie angewendet wird, findet sie sich konkret auch im Schriftverständnis wieder: Akkommodation beschreibt nicht nur die notwendige Anpassung an die menschliche Natur, sondern auch die konkrete Anpassung des biblischen Textes an sein historischen Kontext und Bildungsstand seiner Adressaten. Diese hermeneutische Zuspitzung ist in der Frühorthodoxie weit verbreitet, Spielarten des opinio-Arguments Wittichs begegnen zumindest formal vielfach und werden auch von seinen Zeitgenossen stark rezipiert.26

3.2.2.1 Die Theologie als praktische Wissenschaft Insbesondere durch die Wirkung von Bartholomäus Keckermann etablierte sich in der Frühorthodoxie im Rückgriff auf mittelalterliche Diskurse ein (auch am Ende des 17. Jahrhunderts nicht unangefochtenes) Verständnis der Theologie als praktische Wissenschaft.27 Der praktische Charakter ergab sich aus der Bestimmung der soteriologischen Zielsetzung der Theologie. Sie lasse sich daher eigentlich nicht mehr als Wissenschaft, sondern eher als eine prudentia religiosa ad salutem perveniendi bezeichnen.28 Sie beinhalte nichtsdestoweniger ein spezifisches theoretisch-wissenschaftliches Fundament.29 Dieser Zweiteilung der Theologie in theoretische Grundlagenwissenschaft mit praktisch ausgerichtetem Überbau ließ viele der reformiert-orthodoxen Theologen über die Frühortho25 Vgl. dazu Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 224–227.260–267. 26 Vgl. Kapitel 4.2 (Akkommodationstheorie in ihrem geistes- und begriffsgeschichtlichen Kontext) zur Verbreitung der Akkommodation in Frühorthodoxie (am Beispiel des Polanus) und ihrer Entwicklung von der Antike bis zur cartesianischen Theologie. 27 Vgl. dazu ausführlich Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 26–40 und mit aufschlussreichen Beobachtungen zur Verbindung der Theologie mit Metaphysik und Logik im Kontext der Frage nach ihrem praktischen Charakter Trevisani, Clauberg e l’Aristotele riformato. 28 So Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 26f. und Muller, PostReformation Reformed Dogmatics I, 331 mit Keckermann. Auch Wittich nimmt beide Elemente, die Beschreibung der Theologie als klassische Wissenschaft und als Weisheit, auf. Vgl. Kapitel 3.5 (Exposition). Praktisch ist die Theologie auch für Coccejus, Leydekker, Burman, Heidanus und zahlreiche weitere Protagonisten der Cartesianismusstreitigkeiten. Vgl. Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 36 (Anm.2). Ebenso bestimmt Gisbert Voetius die Theologie grundsätzlich als praktisch. Vgl. dazu Beck, Voetius, 175–181. 29 Nach Keckermann geschieht dies durch die Unterscheidung von Theosophie als der eigentlichen Heilsweisheit und der Theologie, die als theoretische Grundlagenwissenschaft dient. So paraphrasiert Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 29f.

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doxie hinaus zu dem Schluss kommen, der Theologie ausdrücklich einen Mischcharakter zuzusprechen (so z. B. Johann Heinrich Alsted, Amandus Polanus oder später auch Samuel Maresius und Petrus van Mastricht).30 Von einer grundsätzlichen Einheit der Theologie wurde dadurch nicht abgerückt.31 Auffällig häufig blieben jedoch Theologen aus dem coccejo-cartesianischen Kreis bei einer Bewertung der Theologie als praktisch, so auch Wittich.32 Die reformierte Orthodoxie war sich der Tatsache bewusst, dass die Theologie aufgrund ihres Gegenstandes (Gott), ihrer Ziele (z. B. der Ehre Gottes und dem Heil der Kirche) und ihres einzigartigen Erkenntnisprinzips (nämlich der Bibel, Gottes Wort auf der Grundlage des Glaubens o. ä.) von anderen Wissenschaften grundlegend unterschieden ist. Obwohl man bestrebt war, sie im Kontext der universitären Wissenschaften fest zu verankern, vermied man eine einfache Beschreibung der Theologie als scientia.33 Das genus theologiae genauer zu bestimmen war daher ein zentrales Unterfangen, bei dem man sich wiederum dem aristotelischen Wissenschaftsverständnis bediente. Das von Keckermann vorgestellte genus der prudentia wirkte zwar z. B. auch bei cartesianischen Theologen wie Wittich oder Burman nach34, stand jedoch nicht unangefochten neben

30 Vgl. Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 36–40 und Muller, PostReformation Reformed Dogmatics I, 352f. Zu Maresius vgl. Maresius: Systema (71673) 6f. (Locus 1 § XII). 31 Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 331f. Ausführlich wird die Charakterisierung der Theologie als theoretisch (d. h. nicht unbedingt als spekulativ, sondern als kontemplativer Selbstzweck und Ausdruck der frutio Dei), praktisch oder Mischgattung diskutiert bei Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 340–354. Er berücksichtigt auch Keckermanns Wurzeln und zeigt, dass sich dieser von dem Verständnis des Praxis- und Theoriebegriffs seiner Vorgänger emanzipiert hat. Dessen Bedeutung für die Ausbildung des Theologieverständnisses auch in Hoch- und Spätorthodoxie wird betont. Die Bevorzugung einer Kategorisierung als theoretisch und praktisch bei vielen Theologen wird aufgezeigt. 32 Vgl. Barth, KD I/1 199f. zum Theologieverständnis der Orthodoxie. Vgl. auch Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 344.349.353 mit den Beispielen Coccejus, Burman, Johann Heinrich Heidegger (1633–1698) und Heidanus. Muller sieht hierin den Einfluss der Föderaltheologie und des englischen Ramismus, führt die Grundsatzentscheidung aber zurück auf Johannes Duns Scotus (1266–1308). Vgl. zu Coccejus vertiefend vor allem die Darstellung von van Asselt (The federal theology of Johannes Cocceius). Vgl. zu Wittich Kapitel 3.5 (Exposition). Keine große Rolle für Wittichs Theologiebegriff spielt hingegen die Bezugnahme auf die archetypische Theologie Gottes und der Antwort des Menschen in der ektypischen Theologie. Vgl. dazu allgemein Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 225–238 und für Konkretisierungen die Ausführungen von Beck, Voetius, 144–148 zu Gisbert Voetius und die Bemerkungen von van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 66.102 zu Coccejus. 33 Vgl. dazu ausführlich und grundlegend Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 328–340, der die Debatte im Kontext von Thomas von Aquin: STh Ia q.1 betrachtet. 34 Vgl. zur Theologie als prudentia Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 328f.331f. In der Regel wird der Begriff als Teilbeschreibung verwendet, eine besondere Hervorhebung erfährt er bei Keckermann. Vgl. zur Theologie als prudentia bei Wittich Ka-

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

Klassifizierungsversuchen als sapientia35, scientia36 oder ars37. Eine große Zahl reformiert-orthodoxer Theologen berief sich auf die Unangemessenheit all dieser Begriffe, da diese einen habitus intellectualis beschrieben und den Glaubenscharakter der Theologie vernachlässigten.38 Um die Theologie und ihren besonderen Charakter adäquat zu beschreiben, charakterisierten die Eigenschaften der genera sie nur in Analogie. Eine umfassende Wesensbeschreibung könne keiner der Begriffe leisten. Neben die Überbietung herkömmlicher Kategorien trat auch der Versuch, die Theologie durch die Kombination mehrerer Begriffe zu beschreiben.39 In jedem Fall übertraf die Theologie aufgrund ihres besonderen Charakters die anderen Wissenschaften, so dass diese wissenschaftstheoretisch legitimiert von ihr in den Dienst genommen werden konnten, während sie selbst an der Spitze der Wissenschaftshierarchie stehen musste. Der Status der Philosophie als ancilla theologiae leitete sich dadurch ab. Auf diese Weise war neben dem Führungsanspruch der Theologie auch die Möglichkeit mitbegründet, die rationalen Methoden der Philosophie mitzubenutzen.40 Gleichzeitig blieb die Theologie aber nicht an die Bedingungen einer rationalen Wissenschaft gebunden, sondern bewahrte sich die Freiheit, souverän an ihrem Erkenntnisprinzip, der Offenbarung des Wortes Gottes in der Heiligen Schrift, als Grundlage festzuhalten und einen praktischen Charakter in ihrem Selbstverständnis zu etablieren, der auch in den verschiedenen Klassifizierungen zum Ausdruck kommen sollte.41

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pitel 3.5.1.3 (Wittichs Theologieverständnis im Kontext von Vernunft und Offenbarung [Dekaden VIII–IX] und wissenschaftstheoretischer Exkurs). Vgl. zur Theologie als sapientia Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 335–338: exklusiv wird diese Kategorie z. B. von Junius und Polanus verwendet. Insgesamt gehört sie zu den weitverbreitetsten Klassifizierungen. Vgl. zur Theologie als scientia Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 333–335 mit einer Reihe von Vertretern dieser Klassifizierung. Vgl. zur Theologie als ars Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 331f. Diese Bestimmung findet sich besonders bei den englischen Ramisten. So weist bereits Keckermann in bewusster Abgrenzung vom Thomismus darauf hin, dass Theologie sich nicht auf nacktes Wissen, sondern auf Glaubensfragen bezieht, woraus sich sowohl ihre Beschreibung als Weisheit als auch ihr praktischer Charakter herleitet. Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 344. Vgl. zusammenfassend Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 338f. und für ein eindrückliches Beispiel der Überbietung der einzelnen genera durch die Theologie Maresius: Systema (71673) 6 (Locus 1 § X). Sei es, dass man das Verhältnis der Theologie zu ihnen als Analogie beschreibt, sei es als Überbietung, ein direkter Gegensatz war so vermieden. Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 338. Es wird zu untersuchen sein, wie Wittich den Nutzen der Philosophie für die Theologie begründet hat. Vgl. dazu Kapitel 3.8.2 (Die Entwicklung einer adäquaten Verhältnisbestimmung der Wissenschaften – der usus Philosophiae) und Kapitel 3.10.1.2 (Der hermeneutische Ausblick der Causa Spiritus Sancti victrix). Eine Parallele zu Fragen der Theologie zu der Zeit von Thomas von Aquin ist offensichtlich: Man diskutiert über Theologie als Wissenschaft, die Frage der praktischen Wissenschaft bzw.

Vernunft und Theologie nach der Reformation

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3.2.2.2 Der Vernunftbegriff und das Verhältnis zur Philosophie in den Prolegomena der Frühorthodoxie Ein Ringen um die angemessene Positionierung der Vernunft in einem vom Schriftprinzip dominierten dogmatischen Lehrgebäude war den orthodoxen Theologen als Aufgabe von den Reformatoren gestellt worden, die (insbesondere im Kontext der Frage einer natürlichen Gotteserkenntnis) ebenfalls dieses Anliegen verfolgt hatten. Die natürliche Theologie etablierte sich dabei als ein zentraler Bestandteil innerhalb der reformierten Systeme.42 Dabei stand nicht das Problem der Fehlbarkeit menschlicher Vernunft im Vordergrund der frühen Orthodoxie, sondern eher der propädeutische und apologetische Nutzen einer philosophischen Grundbildung für die Theologie mit Anwendungsmöglichkeiten auf die Offenbarungswahrheiten. Wittichs Lehrer Adriaan Heereboord gehörte ebenso wie Johann Heinrich Alsted zu den Autoren, die daher ein philosophisches Curriculum für die Theologenausbildung propagierten. Besonders die Institutionalisierung einer orthodoxen Schultheologie an Universitäten und Hohen Schulen am Anfang des 17. Jahrhunderts machte dies auch notwendig.43 Damit vollzog sich eine deutliche Akzentverschiebung zu einer insgesamt weitaus positiveren Bewertung der menschlichen Vernunft als die Reformatoren es nahegelegt hatten.44 So schreiben sowohl Autoren der Früh- als auch der Hochorthodoxie der Vernunft die grundlegende Fähigkeit zu, z. B. Gottes Existenz und seine Verehrungswürdigkeit zu erkennen, die Unsterblichkeit der Seele nachzuweisen oder die Belohnung eines tugendhaften Lebens zu belegen.45 Andere, wie Bartholomäus Keckermann, gingen weiter, indem sie die Übung der Vernunft als ein legitimes Unterfangen klassifizierten, der göttlichen Ebenbildlichkeit nach dem Sündenfall wieder gerecht zu werden. Es zeigen sich hier zentrale Anknüpfungspunkte für die theologische Cartesianismusrezeption. Der Vernunftoptimismus ist auch für hermeneutische Fragen von hoher Bedeutung. Es ergab sich nicht nur ein intensiver Austausch mit der philosophischen Herme-

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ihren Mischcharakter, die Theologie als Weisheit, die Philosophie als ancilla theologiae, die Einheit der Theologie etc. Barth, KD I/1 199f. verweist darauf, dass man in der Orthodoxie diese Fragen von Thomas und Duns Scotus her gestellt und oft zugunsten des letzteren beantwortet hat. Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 270–272. Vgl. für die Rolle der natürlichen Theologie im Denken Johannes Calvins Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 273–276 (gegen eine barthianische Lesart Calvins). Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 272f. Eine vermittelnde Position kam dabei nach Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 276–279 vor allem Pietro Mariano Vermigli (1499–1562) zu. Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 278f.

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neutik, sondern auch eine systematische Auseinandersetzung mit Bibelaussagen und Naturphilosophie sowie eine Systematisierung der Exegese.46 Mit der Aufwertung der Vernunft einher ging die Ablehnung der Vorstellung einer doppelten Wahrheit: Dass eine Erkenntnis in der Theologie als wahr und in der Philosophie als falsch gelten könne, wurde bestritten.47 Konkret kam diese Wertschätzung der Vernunft wiederum in der Etablierung dogmatischer Methoden zum Ausdruck. So lobt Keckermann z. B. die Leistungen der Logik für die Theologie48 und entwickelt ebenso wie Alsted seine Wissenschaftslehre und dementsprechend auch sein Theologieverständnis eng an Aristoteles.49 In der Auseinandersetzung mit Arminianern und Sozianern war die frühorthodoxe Theologie allerdings gezwungen, die positive Bewertung der Vernunft auch einzuschränken. Zusammenfassend lässt sich die Funktion der natürlichen Theologie so beschreiben, dass sie erstens dazu dient, die Sünde des Menschen allgemeingültig und unentschuldbar zu machen, da jeder die Möglichkeit zur Einsicht in das göttliche Gesetz habe, und sie zweitens eine Vorbereitung für die übernatürliche, geoffenbarte Theologie darstellt. Weder hängt diese jedoch von der natürlichen Theologie ab, noch kann die natürliche Theologie selbst zum Erlösungsgeschehen beitragen. So lässt sich allgemein festhalten, dass die natürliche Theologie kein fester Locus innerhalb der offenbarten Theologie der reformierten Orthodoxie war, sondern eher in Abgrenzung und Gegenüberstellung zu dieser analysiert wurde.50 Nichtsdestoweniger ergeben sich hier zahlreiche Anknüpfungspunkte für die theologischen Hauptlinien Wittichs. So entspricht die Trennung und Gegenüberstellung von Philosophie und Theologie grundsätzlich dem Geist frühorthodoxer Theologen, auch wenn diese sie nicht so konsequent eingefordert haben, wie die Cartesianer. Nichtsdestoweniger diente das von ihnen aufrecht erhaltene hierarchische Verhältnis der Wissenschaften einem ähnlichen Zweck, nämlich der Etablierung einer gewissen Souveränität der Wissenschaften in ihrem jeweiligen Bereich. Beide Modelle, die Hierarchie wie die Autonomie, leiden in ihrer Durchführung jedoch an dem Problem einer gegenseitigen Abhängigkeit von Philosophie und Theologie. Auch die Unterscheidung der beiden Erkenntnisprinzipien, der Schrift für die (übernatürliche, geoffenbarte) Theologie und der Vernunft für die natürliche Theologie bzw. Philosophie, die nicht eigenständig zu heilsrelevantem Wissen gelangen kann, ist ein Element, auf dass die cartesianische Theologie zurück46 Vgl. dazu den Exkurs zu Akkommodation und Skopus in Kapitel 4.2 (Akkommodationstheorie in ihrem geistes- und begriffsgeschichtlichen Kontext). 47 Vgl. dazu mit den entsprechenden belegen Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 279 und Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 14. 48 Vgl. Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 18f. 49 Vgl. Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 20–24. 50 Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 279f.

Theologieverständnis und Vernunftbegriff anticartesianischer Theologen

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greifen kann. Auch der für Wittich zentrale Gedanke, dass es Erkenntnisse gebe, die in den Bereich der Vernunft gehörten und andere, die sich allein durch die Offenbarung der Bibel erschlössen, wobei es eine Schnittmenge gebe, die sowohl aus dem einen als auch aus dem anderen Prinzip abgeleitet werden könne, findet sich ebenso wie die Annahme eines grundsätzlichen Nutzens (usus) der Vernunft und Philosophie (bes. der Logik) für die Theologie bereits bei frühorthodoxen Theologen.51 Es dominierte jedoch die Vorstellung, dass die natürliche Theologie, gerade als Form der Theologie und nicht als die von ihr getrennte Philosophie, ihre Grundlage in der (natürlichen) Offenbarung habe und insofern auch Teil des theologischen Diskurses sei. Die Emanzipation der Philosophie als eigenständige Wissenschaft aus ihrem ancilla-Verhältnis, wie sie uns bei Wittich und anderen cartesianischen Theologen begegnet, war von der frühorthodoxen Diskussion daher nicht in den Blick genommen, aber durchaus vorbereitet worden. Jedoch bleibt fraglich, wie konsequent die Autonomie der Wissenschaften von den Cartesianern tatsächlich aufrechterhalten werden konnte.52 Ein wesentlicher Verbindungspunkt zwischen frühorthodoxer und cartesianischer Theologie ist schließlich die zwischen natürlicher und übernatürlicher Offenbarung vermittelnde Vorstellung von der eingeboren Erkenntnis (cognitio insita/innata) und der Offenbarung Gottes in der Natur, die hier allerdings noch die Unterordnung der Philosophie unter die Theologie mitbegründet.53

3.3

Theologieverständnis und Vernunftbegriff anticartesianischer Theologen

In der Mitte des 17. Jahrhunderts lassen sich zwei Entwicklungslinien beobachten: Während eine Gruppe von Theologen, so z. B. Franciscus Gomarus (1563– 1641), den Prolegomena keinen großen Raum in ihren Systementwürfen mehr gewährte, legte die Nachfolgegeneration, und darunter oftmals die für den Cartesianismusstreit so zentralen Autoren wie Samuel Maresius, Johannes Coccejus, Frans Burman, Abraham Heidanus oder Petrus van Mastricht, den Fokus verstärkt auf die Einleitungswissenschaft. Die Grundsatzfrage der Frühorthodoxie nach der Fähigkeit des menschlichen Geistes hatte sich nun konkretisiert und stärker zugespitzt auf die Diskussion des Verhältnisses von 51 Vgl. dazu Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 280f. und Althaus, Prinzipien der deutschen reformierten Dogmatik, 15–17. 52 So kennt auch Wittich die Verankerung von Vernunfterkenntnis im Offenbarungsgeschehen und letztlich legt der Cartesianismus einen solchen Gedanken durch seinen Rückgriff auf die Existenz Gottes als Garant der wahren Erkenntnisse auch nahe. Vgl. dazu bes. Kapitel 3.9 (Vernunft und Offenbarung: Cartesianische Epistemologie und natürliche Theologie). 53 Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 281–287.

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Theologie und Philosophie.54 Auch Wittichs Ansatz wird in erster Linie von dieser Fragestellung aus zu verstehen sein, insofern sie sich als essentiell für die Existenzberechtigung einer theologia Cartesiana innerhalb der reformierten Orthodoxie erweist. Wittich bestimmt von ihr her die Erkenntnisprinzipien der Wissenschaften und die Rolle der Vernunft innerhalb der Theologie. Diese Aufgabe stellte sich der cartesianischen Theologie in besonderer Weise neu, da Descartes, ausgehend vom Discours de la méthode einen Neuansatz in der Methodendiskussion unternommen hatte, der hier aufgegriffen wurde. Gerade dadurch stand Descartes aber auch in der Kritik reformierter Theologen. Während die Einordnung der Philosophie als ancilla theologiae in das Lehrgebäude der Wissenschaften im 13. Jahrhundert im Umfeld von Thomas von Aquin letztlich eine erste Emanzipierung der Philosophie als eigenständige Wissenschaft ermöglicht hatte, nahm man sie im 17. Jahrhundert in rationalistisch beeinflussten Kreisen mehr und mehr als Hemmschuh wahr. Gerade die revolutionären Entdeckungen im naturwissenschaftlichen Bereich drängten nach einer freieren Entfaltung. Eine neue, weitreichendere Emanzipierung der Philosophie wurde angestrebt. Als Ausgangspunkt dieser Diskussion lässt sich jedoch ein gemeinsamer Konsens der Hauptströmungen orthodoxer Theologie feststellen: Über die grundsätzliche Unterscheidung von Theologie und Philosophie, über die Differenzierung ihrer Erkenntnisprinzipien, über den Nutzen der Philosophie für die Theologie und schließlich über eine Kritik an der unsachgemäßen Vermischung der beiden Wissenschaften und die Ablehnung einer doppelten Wahrheit herrschte weitgehende Einigkeit.55 So stellt sich nicht nur die Frage, wie sich die Kritiker eines theologischen Cartesianismus gegen die Einflüsse der neuen Philosophie abgrenzen, sondern vor allem, wie sie selbst Vernunft und Philosophie ins Verhältnis zu Theologie und Offenbarung setzen. Nur so lassen sich die eigentlichen Streitpunkte zwischen ihnen und den cartesianischen Theologen überhaupt benennen. Für die Erschließung von Wittichs Theologie ist die zumindest grundlegende Betrachtung der Gegenpositionen daher notwendig, um den status controversiae genauer zu ermitteln. Für eine Einordnung der Position Wittichs empfiehlt sich daher die exemplarische Skizzierung von Philosophie- und Vernunftverständnis der Anticartesianer. Hierfür bieten sich Samuel Maresius und Gisbert Voetius in besonderer Weise an.56

54 Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 117f. 55 Vgl. mit breit gestreuten Belegen bes. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 367 und Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 382–387. 56 Die einzelnen Darstellungen orientieren sich an der jeweiligen Forschungslage. Wo es geeignete Voruntersuchungen in der Literatur gibt, wird diesen gefolgt. Ergänzend werden die zentralen Primärquellen hinzugezogen.

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3.3.1 Vernunftbegriff und Theologieverständnis von Samuel Maresius Aus der Betrachtung von Wittichs Biographie ist hervorgegangen, welch große Bedeutung Samuel Maresius sowohl für Wittich als sein Mentor und Kontrahent als auch für die gesamte reformierte Theologie als Universitätslehrer, Lehrbuchautor, Ireniker und Kontroverstheologe gespielt hat.57 Daher liegt es nahe, gerade ihn auf sein Theologieverständnis und seinen Vernunftbegriff hin zu befragen und die bereits erbrachten Ergebnisse zu seiner Position zu vertiefen. Seine Doppelrolle als Lehrer und Gegner von Wittich und seine Bedeutung für die theologia traditiva machen eine Erschließung seines Theologieverständnisses besonders zentral. Maresius’ Beurteilung von Vernunft und Philosophie hat sich während seiner Entwicklung zum Anticartesianer und persönlichen Gegner Wittichs nicht zuletzt aufgrund seines streitbaren Wesens deutlich radikalisiert. Die Auffassung des späten Maresius im Rahmen der Streitigkeiten der frühen 1670er Jahre ist im Wesentlichen bereits geschildert worden: Die Philosophie will er als ancilla theologiae verstanden wissen, die Vernunft bewertet er aufgrund der Folgen des Sündenfalls als nicht verlässlich, eine Einflussnahme auf die theologische und exegetische Arbeit auf philosophischer Grundlage lehnt er ab.58 Über die polemische Debatte mit Wittich hinaus gibt es jedoch einige grundlegende systematische Darstellungen des Maresius zu Vernunft und Philosophie, die das Bild abrunden. Neben dem Systema ist besonders seine Groninger Inauguralrede von 1643 zu nennen,59 die sich mit dem „Gebrauch und Missbrauch der Vernunft in theologischen und Glaubens-Angelegenheiten“ (de usu et abusu rationis in rebus theologicis & fidei) befasst. Die fortlaufende Bedeutung der verhältnismäßig frühen Schrift wird durch den wiederholten Abdruck im Anhang des Systema unterstrichen.60 Dies macht deutlich, dass Maresius von seiner grundsätzlichen theologischen Beurteilung der Vernunft auch später nicht abweicht. Die Vernunft ist nach dieser Darstellung von Maresius infolge des Sündenfalls stark eingeschränkt,61 nichtsdestoweniger aber das Wesensmerkmal des Men-

57 Vgl. Eberhardt, Wittich, 69–74, 98f.,103, 259–313, 332–342 u. ö. 58 Vgl. dazu detailliert Eberhardt, Wittich, 259–304. 59 Samuel Maresius: Oratio inauguralis de usu et abusu rationis in rebus theologicis & fidei. Groningen 20. Januar 1643. Abgedruckt in Maresius: Systema (61662) 547–566. 60 Die folgende Paraphrase stützt sich neben dem Quellentext auch auf Nauta, Maresius, 198f. Die Rede ist stilistisch mitunter überladen von gelehrten Vergleichen und Verweisen auf die antike Literatur. 61 Der Verlust der Gottesebenbildlichkeit kommt für ihn darin zum Ausdruck, wenn ratio definiert als „quicquid superest luminis naturalis in homine post lapsum et residua illa imaginis quondam divinae in illius mente rudera, ex quibus jacturae nostrae magnitudinem intelligimus.“ Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 547.

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schen als animal rationale.62 Die Theologie basiere daher grundsätzlich auf dem geoffenbarten Wort Gottes und nicht auf der Vernunfterkenntnis. Insofern stehe sie zu der scholastischen Wissenschaft in klarer Opposition. Das bedeutet für Maresius jedoch nicht, dass Theologie an der Vernunft vorbei operiere. Das Verhältnis der geglaubten Offenbarung zur Vernunft beschreibt er metaphorisch: Wie das Auge des Geistes die Sinneswahrnehmung lenke, so lenke das Auge des Glaubens das Auge des Geistes. Theologische Arbeit vollziehe sich durchaus mittels der Vernunft, jedoch lasse sich diese vom Glauben leiten und korrigieren.63 Die Vernunft untersteht damit dem Primat der Offenbarung. In erster Linie sei dem Wort Gottes Glauben zu schenken. Die Offenbarung erweist sich für Maresius so als „Wetzstein der Vernunft“ („coticula Rationis“).64 Daraus ergibt sich für Maresius der „richtige Vernunftgebrauch in der Theologie“ („rectae Rationis usus in Theologia“)65. Wenngleich die Glaubensmysterien die Vernunft übersteigen, stehe die Vernunft nie gegen die in ihnen ausgedrückte Wahrheit.66 Gott habe die Offenbarung der Glaubensmysterien mittels Anpassung („accommodando“) an die menschliche Auffassungsgabe vollzogen, so dass die Vernunft ein adäquates Mittel ihrer Erschließung darstelle.67 Die Offenbarung setze die Vernunft im Menschen und ihren Gebrauch also voraus. Nichtsdestoweniger verbiete sich dem Menschen eine allzu neugierige Suche nach den nicht in die Offenbarung miteingeschlossenen Zusammenhängen („δίοτι“) über die geoffenbarten Tatsachen („ὅτι“) hinaus.68 Für Maresius ergeben sich daher vier Hauptpunkte des Vernunftgebrauchs (usus) in der Theologie: Sie beweist („arguit“), folgert („infert“), vergleicht („confert“) und verdeutlicht („illustrat“)69. Diese Vernunftoperationen erläutert Maresius jeweils im Detail.70 62 Vgl. Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 547f. Die Besprechung der Verwendung der Vernunft innerhalb der Theologie beginnt Maresius mit einer Darstellung von Irrtümern, angefangen bei den Kirchenvätern bis hin zu Sozianern und Remonstranten, die rationale Argumente unzulässiger Weise gegen Bibelbelege ausspielten. Vgl. Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 549–551. Diesem Rationalismus stellt Maresius lutherische und katholische Positionen gegenüber, die seiner Einschätzung nach den Vernunftgebrauch in der Theologie zu sehr einschränkten. Vgl. Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 551f. Seine eigene Position ist somit als der richtige Mittelweg des adäquaten Umgangs mit Vernunft und Offenbarung entfaltet. 63 Vgl. Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 552. 64 Vgl. Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 552f. (Zitat 553.) 65 Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 553. 66 Vgl. Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 554f. Auch Maresius geht von der widerspruchsfreien einen Wahrheit aus, wenn er festhält: „Nec umquam fiet Theologice faslum esse quod Philosophice verum, vel e contrario.“ Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 555. 67 Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 554. 68 Vgl. Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 554f. (Zitat 554.) 69 Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 555. 70 Das Beweisen schütze die Theologie vor Irrtümern und diene ihrer Verteidigung gegen Hä-

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Maresius bestimmt sein Verhältnis zu Philosophie und Vernunft innerhalb seines theologischen Systems und im Kontext seines Theologieverständnisses noch genauer im Systema.71 Maresius entfaltet Offenbarung und Vernunft hier noch stärker vom Theologiebegriff her. Ausgehend von einer begriffsgeschichtlichen Analyse grenzt Maresius die Theologie der heidnischen Antike, anderer Konfessionen und häretischer Positionen ab von der wahren Theologie, die ihrerseits in archetypische und ektypische Theologie zu unterscheiden sei. Letztere bestehe wiederum als theologia viatorum aus der natürlichen und der geoffenbarten Theologie, wobei erstere ausdrücklich als nicht ausreichend für das Heil betrachtet werden müsse.72 Als Prinzip der theologia revelata wird konsequenterweise die göttliche Offenbarung ausgewiesen, wobei Maresius die eigentlich vernunftbestimmte natürliche Theologie deshalb nicht ausschließt, sondern als Teil der Theologie integrieren will.73 Maresius setzt dann die Theologie in Beresien. In Bezug auf die Glaubensmysterien könne die Vernunft hier zumindest ihre Glaubwürdigkeit untermauern und zeigen, dass diese nicht vernunftwidrig sind. Vgl. Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 555–557. Die Schlussfolgerung wiederum stelle eine Möglichkeit dar, rational aus den biblischen Offenbarungswahrheiten weitere Erkenntnisse „per consequentiam“ abzuleiten. Auch die Entlarvung falscher Schlussfolgerungen gehört in diesen Einsatzbereich. Vgl. Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 557f. Der dritte Nutzen der Vernunft, der Vergleich, wird vielschichtig bestimmt. Er bündelt zum einen die exegetische Dimension: Verglichen werden sollen verschiedene Bibelstellen oder einzelne biblische Aussagen mit dem jeweiligen Kontext. Auch die Rekonstruktion des richtigen Urtextes über den Vergleich der Textzeugen ist hier mitberücksichtigt. Der Vergleich diene dann der Erschließung des genauen Textsinnes. Darüber hinaus müssten Aussagen der Bibel und der Tradition untereinander und miteinander verglichen werden. So lasse sich über den Vergleich des AT mit Aussagen des NT die Einheit der Bibel ebenso erweisen, wie die Einheit der Kirche über den Vergleich orthodoxer Theologen mit Denkern der Tradition. Durch die Gegenüberstellung der Positionen kämen dabei auch Häresien ans Licht. Überhaupt könne so eine Systematisierung und Hierarchisierung von theologischen Positionen und Glaubensinhalten vorgenommen werden. Schließlich und vor allem ermögliche der Vergleich die Überprüfung der Lehre auf die Übereinstimmungen von Bekenntnissen, Lehrentscheidungen, Synodenbeschlüssen etc. mit dem Wort Gottes. Vgl. Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 558–561. Der letzte Nutzen der Vernunft schließlich, die Verdeutlichung, erschließt nach Maresius die Glaubensmysterien durch das Hinzuziehen von Gleichnissen aus der menschlichen Lebenswelt, also der Natur, der Philologie, Philosophie oder der Geschichte. Vgl. Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 561–563. Das Ende der Rede paraphrasiert Nauta, Maresius, 199. 71 Fragen der Prolegomena verhandelt er im ersten Locus, der sich dem Themenkomplex De Scriptura widmet. 72 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §§1–4,1–3. In den Annotationen zu §4 kritisiert Maresius die Legitimation einer natürlichen Gotteserkenntnis durch die Cartesianer mit dem Verweis auf eine dem Menschen inhärente Idee Gottes. Vgl. Maresius: Systema (71673) I §4,5 (Ann. c). 73 Sie sei als ein kleiner Bestandteil der ihr übergeordneten Offenbarung. Vgl. Maresius: Systema (71673) I §5,3. In der Ann. a macht Maresius noch deutlich, dass er deshalb nicht von einer Unterteilung der Offenbarung in eine besondere und eine natürliche ausgehe, sondern von einer doppelten Erscheinungsweise Gottes, zum einen in der Offenbarung, zum anderen in der Natur. Natur und Gnade müssten jedoch unvermischt bleiben.

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ziehung zur Religion und zur Wissenschaft. Er unterscheidet zwischen einer systematischen Erschließung der Theologie, die einer bestimmten wissenschaftlichen Methode folgt, wie z. B. der Scholastik, und einem habituellen, also an einem bestimmten inneren Zustand orientierten Zugangsweise.74 Der adäquate Habitus des Theologen wird als übernatürlich und von Gott gegeben bezeichnet. Er umfasse und übersteige die in Scholastik und Frühorthodoxie gebotenen Beschreibungsweisen der Theologie nach den fünf aristotelischen Kategorien prudentia, intelligentia, sapientia, ars und scientia.75 Theologie habe sodann einen Mischcharakter, sie trage sowohl praktische als auch spekulative Züge.76 Sie arbeitet nach Maresius trotz der Voraussetzung ihres eigenen Prinzips auch argumentativ,77 Schlussfolgerungen hätten jedoch in ihr in der Regel eine eingeschränkte Gültigkeit, würden sie doch überwiegend autoritativ belegt und nicht durch wissenschaftliche Beweisverfahren.78 Auf diesen Voraussetzungen ruht für Maresius der Gebrauch der Vernunft in der Theologie. Bei seiner Bestimmung weicht er nicht wesentlich von den Gedanken seiner Inauguralrede ab.79 Im Rückgriff auf die vier usus der Vernunft bestimmt er den ersten, das Beweisen (arguere), als Hauptzweck (usus principalis), die anderen drei als dienend (ministerialies & organici).80 Maresius entfaltet nun zunächst die drei untergeordneten usus,81 bevor er die Hauptfunktion der Vernunft in der Theologie bestimmt. Hier finden sich wesentliche Elemente der Inauguralrede wieder. Maresius betont ausdrücklich die Unterordnung der Vernunft als ancilla. In seiner Annotation von 1673 führt Maresius das ancilla-Verhältnis polemisch 74 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §§8f.,4–6. Systematische Zugänge neben einem positiven und scholastischen sind der didaktische Ansatz und der polemische Ansatz. Insbesondere in der Auseinandersetzung mit Häretikern und Gegnern müsse man gezwungener Maßen auf philosophische Termini zurückgreifen, um die orthodoxe Theologie darzustellen. 75 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §§10f.,6. 76 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §12,6f. 77 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §13,7. 78 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §14,7f. 79 Er bestätigt die Vorrangstellung der Offenbarung über die Vernunft, betont aber auch die Widerspruchsfreiheit der recta ratio mit der revelatio. Es dürfe auf jene innerhalb der Theologie nicht völlig verzichtet werden. Vgl. Maresius: Systema (71673) I §15,8f. Gegen die cartesianischen Theologen bringt Maresius zudem in der zugehörigen Ann. c vor, dass diese sträflicher Weise die Vernunft zum eigentlichen Prinzip der Religion erklärten und die recta ratio mit der Offenbarung auf dieselbe Stufe stellten. (Vgl. auch Maresius: Systema [71673] Syllabus 1047.) Maresius verweist auf die grundsätzliche Verderbnis der Vernunft des Menschen und ihre Beschränkung auf den Bereich der Natur, den die Offenbarung allein übersteige. Des Weiteren wirke der Heilige Geist auf die Vernunft ein, so dass sie dem Wort Gottes diene. In Annotation d kritisiert er die Anwendung der Vernunft auf die Exegese bei den Cartesianern und stellt diese mit der Philosophia S.S. Interpres auf dieselbe Stufe. 80 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §16,9f. Die Annotationen führen weitere Aspekte, die in der Inauguralrede entfaltet worden sind, erläuternd an. 81 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §§16–18,9f.

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gegen die cartesianische Theologie weiter aus. Eine Leugnung des ancilla-Verhältnisses hält er für fatal. Einen von Wittich behaupteten Nutzen der Theologie für die Philosophie, der scheinbar die Verhältnisse umkehre, lehnt er ebenso ab.82 Zusammenfassend zeigt Maresius, dass die Hauptargumente der Theologie aus der Offenbarung stammen müssen und die Vernunft gleichsam wie die Hilfstruppen zur Hauptarmee nur im Bedarfsfall hinzugezogen werden solle. Sie binde zum einen die Christen noch enger an die Offenbarung und zeige zum anderen ihren Gegnern, die außerhalb der Offenbarung stünden, ihre Irrtümer auf.83 Im Zuge dieser Darstellung macht Maresius ein beachtliches Zugeständnis an die Ratio. Aus dem (aristotelischen) Satz der Widerspruchslosigkeit, der Tatsache also, dass Wahres zu Wahrem nicht im Widerspruch stehe, leitet Maresius axiomatisch (axiomate) ab, dass im Glauben nichts zugestanden werden dürfe, was mit der eingegebenen Vernunftmaxime (insito rationis dictamine) unvereinbar sei.84 Ausdrücklich bestätigt er diese Position noch 1673 durch eine Annotation: Zwar können man keinen Glaubensartikel allein aus der Vernunft belegen, jedoch könne das, was fälschlicherweise voreilig für einen Glaubensartikel gehalten werde, allein durch das Licht der Natur und die Maxime des allgemeinen Sinnes (solo naturae lumine & sensus communis dictamine) zurückgewiesen werden.85 Gegen lutherische Positionen will Maresius mit diesem Axiom den bei bestimmten Gelegenheiten (occasionaliter) hilfreichen Dienst der Prinzipien von Vernunft und Philosophie für den Heiligen Geist unterstreichen, ohne dass daraus eine Mischung von Philosophie und Theologie resultiere.86 Es zeigt sich, dass selbst der späte Maresius ein grundsätzlich positives Verhältnis zur Vernunft innerhalb der Theologie vertreten hat. Er weist sie als Erkenntnisprinzip der natürlichen Theologie zu, der der Glaube an das Wort Gottes als Prinzip der geoffenbarten bzw. christlichen Theologie gegenübersteht.87 Letztere ist auch die Theologie des Heils, für welche die Offenbarung und gerade nicht die Vernunft als entscheidend dargestellt wird.88 Die Bedeutung der Ver82 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §19,11. Vgl. auch Maresius: Systema (71673) Syllabus 1047. 83 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §20,11. 84 „[A]xiomate hoc, quod cum verum vero non contradicat, id non sit in fide admittendum, quod cum insito rationis dictamine nullo modo conciliari potest.“ Maresius: Systema (71673) I §20,11. 85 „Quamvis enmim nullus fidei articulus ex sola ratione probandus sit, tamen quae pro articulis fidei falso obtruduntur, solo naturae lumine & sensus communis dictamine refutari possunt.“ Maresius: Systema (71673) I §20 (Ann. a),11. 86 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §20,11f (mit ann. c). In der Ann. c weist Maresius die Vernunftargumente dem Bereich der natürlichen Theologie zu, die ihrerseits im Allgemeinen mit der Offenbarung übereinstimme. 87 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §§21–24,12–14. 88 Vgl. Maresius: Systema (71673) I §§25f.,14. Von der Betrachtung der Offenbarung als notwendiges Prinzip der theologia salutaris geht Maresius dann über zu einer dogmatischen Analyse der Bibel.

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nunft für die Theologie wird von Maresius in Inauguralrede und Systema klar aus theologischer Perspektive und sehr systematisch und präzise bestimmt. Sie ist eindeutig der Offenbarung untergeordnet und von ihr aus und auf sie hin entfaltet. Das Modell der ancilla theologiae spielt keine dominante Rolle, wird aber vorausgesetzt und dann gegen das Philosophieverständnis der Cartesianer betont und verteidigt. Bereits in seiner Inauguralrede hat Maresius eine eigene usus-Lehre der Vernunft geboten, die für Wittichs eigene Entfaltung ein zentraler Bezugspunkt gewesen sein dürfte.89 Auch wenn das Verhältnis von Theologie und Philosophie von Maresius klassisch bestimmt wird, zeigt sich die hohe Bedeutung der Vernunft innerhalb seines theologischen Denkens. Selbst so rationalistisch anmutende Thesen wie die Überprüfung von Glaubensaussagen mittels der Vernunft bietet er noch in seinem anticartesianisch ausgerichteten Spätwerk. Es lassen sich also selbst hier noch zahlreiche Parallelen zu den grundanliegen cartesianischer Theologie ausmachen.

3.3.2 Gisbert Voetius und die Philosophie: Prolegomena der Nadere Reformatie Neben Samuel Maresius gehört Gisbert Voetius als schulbildender Theologe mit einem sehr großen Schülerkreis zweifelsohne zu den einflussreichsten anticartesianischen Autoren. Noch Voltaire (1694–1778) sieht sich genötigt, seinen Atheismusvorwurf gegen Descartes zu widerlegen.90 Als Vertreter der Nadere Reformatie ist sein Vernunftbegriff klar gegen rationalistische Strömungen gerichtet. Seine Theologie gehört zu den am besten erforschten Positionen der reformierten Orthodoxie und kann hier im Wesentlichen anhand der überzeugenden und quellensicheren Aufarbeitung von Bizer (1958) Goudriaan (2006) und Beck (2007) nachgezeichnet werden.91 Im Anschluss an die Diskussionen des Theologieverständnisses in der der Frühorthodoxie beschreibt Voetius die Theologie als wetenschap/scientia im 89 Vgl. dazu bes. Kapitel 3.8.2 (Die Entwicklung einer adäquaten Verhältnisbestimmung der Wissenschaften – der usus philosophiae). 90 Vgl. Rodis-Lewis, René Descartes, 333. 91 Vgl. Beck, Voetius, 143–183 und Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 36–53. Es wird eine umfassende Quellenauswertung geboten. Sie legen hauptsächlich zugrunde: Gisbert Voetius: Syllabus problematum theologicorum (1643), Disputationes De Atheismo (1639/1648), Diatribae de Theologia, Philologia, Historia et Philosophia sacra (1668) und Disputationes selectae (1648–1669), greifen aber auch darüber hinaus auf das Œuvre des Maresius zurück. Die zentrale Forschungsliteratur zu Voetius wird ebenso berücksichtigt, so besonders die Ergebnisse von Verbeek und van Asselt sowie die wichtige Monographie von van Ruler, Crisis of Causality. Vgl. mit besonderer Berücksichtigung von De Atheismo auch Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 314–326. Vgl. grundlegend die dreibändige Voetiusdarstellung von Duker, Voetius (1897–1915).

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Sinne einer Erkenntnis und Wissenschaft Gottes.92 Er klassifiziert sie als praktische Wissenschaft und lehnt eine Mischklassifizierung trotz des theoretischreflektierenden Anteils der Theologie ausdrücklich ab.93 Formal bewegt er sich in scholastischen Bahnen und weist die methodologischen Neuerungen des Cartesianismus als gefährlich zurück.94 Voetius differenziert die Theologie (wie auch Maresius) in die von Gott selbst ausgeübte theologia archetypa und die von der Schöpfung praktizierte, auf Gott ausgerichtete und von ihm gestiftete theologia ectypa. Diese klassische Unterscheidung spielt in Wittichs Schriften keine besondere Rolle, für Voetius ist sie (auch mit Blick auf seine Haltung zum Rationalismus) zentral. Die Selbsterkenntnis des trinitarischen Gottes in der archetypischen Theologie spiegelt sich seiner Darstellung nach in kommunizierender Weise in Form eines Urbild-Abbild-Verhältnisses in der den Vernunftwesen vermittelten ektypischen Theologie wider.95 Der Mensch habe an der Theologie durch die Gnade der Offenbarung Anteil. Seine theologia viatorum lässt sich wiederum in übernatürliche und natürliche Theologie differenzieren.96 Zwar konzentriert sich auch bei Voetius die Offenbarung Gottes in der Heiligen Schrift, jedoch wird die natürliche Theologie ebenfalls explizit als Gottesgabe verstanden, insofern Gott sich auch in der Natur offenbare. Die grundsätzlich beibehaltene Differenzierung der beiden Aspekte der Theologie nach ihren Erkenntnisprinzipien, dem Wort Gottes für die geoffenbarte Theologie und die richtig eingesetzter Vernunft für die natürliche Theologie, dient Voetius daher nicht zur Begründung ihrer Trennung, sondern ist für ihn der Ausgangspunkt 92 Vgl. Beck, Voetius, 144f. 93 Vgl. Beck, Voetius, 175–181. Grundlage dieser Bestimmung ist die Glaubensperspektive der geoffenbarten Theologie. Diese dürfe sich nicht mit Spekulationen begnügen, sondern sei auf die „Praxis der Gottseligkeit“ ausgerichtet. Vgl. mit Belegen Beck, Voetius, 175. Die theoretische Erkenntnis sei durchaus zentraler Teil dieser Wissenschaft. Doch als spezifische Theologie der Christen müsse sie als Ganze auf die Praxis ausgerichtet bleiben. Die Theologie gliedere sich demnach in die Dogmatik, die sich mit den Glaubensinhalten (credenda) auseinandersetze und der Moraltheologie (theologia moralis), die sich mit der Glaubenspraxis (facienda) beschäftige und die in Ethik, Asketik und Kirchenrecht untergliedert wird. Der starke Fokus auf die Praxis bringt ein Hauptanliegen des Programms der Nadere Reformatie in den universitären Kontext. Vgl. dazu mit weiteren Belegen Beck, Voetius, 176f. Vgl. zu der Ablehnung der Beschreibung der Theologie als spekulative oder gemischte Wissenschaft bes. Beck, Voetius, 177–179. 94 Dies wird anhand De Atheismo bereits von Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 315–318 dargestellt. 95 Vgl. Beck, Voetius, 145–147. Voetius ordnet die ektypische Theologie weiterhin nach ihren Empfängern und der Beziehung zum Archetyp: An erste Stelle steht als Mittler zwischen Gott und Schöpfung Christus, der durch persönliche Vereinigung mit Gott an der archetypischen Theologie teilhat. Darauf folgen die Engel, die durch die Gnade des Anschauens (per gratiam visionis) einen Zugang zum göttlichen Wissen erhalten. Schließlich kommuniziert Gott die Theologie den Menschen durch die Gnade der Offenbarung. 96 Diese schematische Entwicklung der Theologie geht zurück auf die mittelalterliche Scholastik und wurde Voetius wohl vor allem über Franciscus Junius vermittelt. Vgl. Beck, Voetius, 147f.

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einer engen Synthese von Offenbarung und Vernunft. Eine Trennung erfolge hingegen lediglich durch die Anwender der Theologie, nämlich in Abhängigkeit von ihrem Glauben oder Unglauben.97 Voetius wechselt nämlich bei der Beschreibung der Theologie zwischen einem allgemeinen Theologieverständnis, demzufolge die Unterscheidung der Bereiche der Vernunft und des Glaubens konsequent eingehalten wird, und einem engeren Verständnis, in dem aus der Perspektive des Glaubens heraus auch die natürliche Theologie als von Gott gestiftet aufgefasst wird. Eigentlich sei die Vernunft, so Voetius, Subjekt sowohl des Glaubens als auch des Erkennens.98 So stehe die theologia supernaturalis nur den glaubenden Menschen offen. Sie wird ihrem Wesen nach als völlig auf das Heil ausgerichtet verstanden und beinhalte dabei auch Elemente natürlicher Theologie. Die natürliche Theologie selbst sei demgegenüber eine allen Menschen gegebene Möglichkeit, jedoch per se nicht heilswirksam. Während also der heidnische Philosoph durchaus natürliche Theologie betreiben könne, ohne dadurch den christlichen Heilsweg zu erkennen, erweise sie sich für den Christen als Teilbereich der Offenbarungstheologie. Ihre jeweiligen Wahrheiten beschreibt Voetius als nur formal voneinander unterschieden. Auch die Erkenntnisse der natürlichen Theologie entfalteten einen soteriologischen Zug und würden immer auf das eigentliche Erkenntnisprinzip des Wortes Gottes bezogen. Bei Ungläubigen hingegen könne die theologia naturalis nur in unvollkommener Form Anwendung finden. Sie ist nach Voetius also nicht an sich minderwertig, sondern nur aufgrund der Sündhaftigkeit der sich ihr bedienenden Menschen ungenügend. Grundsätzlich jedoch habe sie einen sehr hohen Gewissheitsgrad. Theologie und Philosophie kann Voetius auf dieser Grundlage eng miteinander verbinden. Indem er eine grundsätzliche Kluft zwischen Glauben und Denken verneint, positioniert er sich ausdrücklich gegen die konsequente Trennung der Fakultäten, wie Wittich und die Cartesianer sie vertreten.99 Die abgeschwächte Erkenntnisqualität der natürlichen Theologie in ihrer Abhängigkeit vom Glauben erklärt er mit der Erbsünde, durch welche die Vernunft verdorben worden sei. Sie werde jedoch infolge der göttlichen Gnade zumindest teilweise wieder hergestellt, bis sie im Eschaton eine vollständige Heilung erfahre.100 Die natürliche Theologie wird von Voetius 97 Aufgrund der Überordnung des Glaubens über die Vernunft kann diese nicht das primäre Erkenntnisprinzip der Theologie sein. Vgl. dazu Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 37–41, der eine Paraphrase von Voetius’ Disputatio De ratione humana in rebus fidei (1636) bietet, in der das Verhältnis von Vernunft und Glaube erläutert wird. Gleichzeitig wäre aber die Leugnung der natürlichen Theologie eine Form des Atheismus. Vgl. mit Beleg Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 315. 98 Vgl. Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 187. 99 Vgl. Beck, Voetius, 149–153. 100 Vgl. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 40f. mit Bezug auf Gisbert Voetius: De ratione humana in rebus fidei (1636).

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keineswegs als eine bloße Vorstufe zur geoffenbarten Theologie verstanden: Für Nichtchristen stellt sie eine Möglichkeit begrenzter Gotteserkenntnis auf der Grundlage der Vernunft dar. Für Christen ergeben sich aus ihr bereits tiefere Erkenntnisse, die von ihnen aus der Vernunft als sekundärem Erkenntnisprinzip entwickelt werden könnten, de facto aber bereits in den Erkenntnissen aus dem Wort Gottes als dem ersten Prinzip angelegt sind. Eine rationale Erkenntnis ist dabei für Voetius keineswegs Voraussetzung der Offenbarungstheologie. Vielmehr schließe diese die Wahrheiten mit ein, die auch auf natürlichem Weg erkannt werden könnten.101 Ausführlich differenziert Voetius, grade auch in seiner Auseinandersetzung mit Remonstranten, Sozianern und Cartesianern, die natürliche Theologie weiter, indem er die klassische Unterscheidung einer angeborenen oder miterschaffenen (theologia naturalis innata seu congenita) und einer erworbenen (acquisita) natürlichen Theologie aufgreift. Dabei verteidigt Voetius die Annahme einer eingeborenen Gottesidee, versteht sie allerdings nicht als eine durch die Vernunft zu aktualisierende Grundlage der Gotteserkenntnis, sondern ganz im Sinne Calvins als einen natürlichen Sinn für das Göttliche (sensus divinitatis)102. Für den Menschen bestehe durch sie die Möglichkeit, Gottes Existenz auch ohne rationale Herleitung als selbstevident zu erfassen, ihre Leugnung führe demgegenüber nicht zu einer dauerhaften Gewissensruhe. Die erworbene natürliche Theologie sei im Vergleich dazu äußerlich und bezeichne das zusätzliche Erwerben von Wissen über Gott, indem man seine Schöpfung betrachte.103 Die Philosophie ordnet sich anhand von Voetius’ Vernunftbegriff notwendigerweise der Theologie unter, beinhaltet aber, wie es auch bei Maresius der Fall ist, einen Nutzen für die Theologie.104 Eine Ablehnung der Vernunft in der Theologie liegt Voetius also fern.105 Ihre Bedeutung wird jedoch maßgeblich durch die Verderbnis der Ursünde eingeschränkt. Anders als Maresius geht Voetius nicht von einer Beschädigung der Vernunft im Menschen aus, sondern einer Beeinträchtigung des menschlichen Verhältnisses zu ihr. Nach Voetius ist dabei die Ursünde kein Teil des menschlichen Wesens oder ein Habitus, sondern ein akzidenteller schlechter Einfluss bzw. eine schädliche Disposition der Natur 101 Das bedeutet nicht, dass im Umkehrschluss Offenbarungswahrheiten allein aus der Vernunft ableitbar wären (vgl. Beck, Voetius, 156–159), wohl aber, dass es zwischen Vernunftund Offenbarungswahrheit, die beide von Gott gestiftet würden, keinen Widerspruch geben könne. Vgl. Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 187f. 102 Vgl. Calvin: Institutio (1559) I 3,1–3. 103 Vgl. Beck, Voetius, 159–174.182. Die Gottesbeweise gehörten zu dieser Kategorie. 104 Vgl. auch Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 36 mit Verweis auf van Ruler, Crisis of Causality. 105 Ähnlich wie Maresius positioniert er sich mit einer mittleren Haltung zwischen dem Rationalismus der Sozianer und der vernunftkritischen Haltung, die sich z. B. bei katholischen Theologen findet. Vgl. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 37.

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(affectio mala seu maligna naturae dispositio).106 In erster Linie nehme sie Einfluss auf Intellekt und Willen, sodann auch auf die niederen Seelenfähigkeiten oder die Sinnlichkeit (sensualitas). In einer Abgrenzung gegen die Cartesianer, die ihm in dieser Entfaltung der Sündenlehre teilweise folgen, betont Voetius, dass nicht nur die Sinneserfahrungen, sondern die gesamte Verstandestätigkeit dadurch beeinträchtigt sei. Das diskursive Denken werde in seiner Gesamtheit durch die Ursünde in Mitleidenschaft gezogen.107 Daher müsse die Vernunft der Offenbarung in der Bibel untergeordnet und auf diese bezogen werden. Dabei komme ihr eine wichtige Rolle zu, nämlich die Schriftauslegung und die argumentative Verteidigung des christlichen Glaubens. Wohlgemerkt, die Bibel bleibt bei diesen Operationen Richtschnur und Leitprinzip, so dass keineswegs über die rationale Exegese die Vernunft gegen die Offenbarung ausgespielt werden könnte. An der Bibel orientiere sich auch jedwede Form eklektischer Philosophierezeption. Die Dominanz des Schriftprinzips stellt Voetius gerade in seinen methodologischen Disputationen ausdrücklich heraus.108 Die Vorstellung einer allgemein gültigen und zuverlässigen Methode zur exakten Wahrheitserkenntnis lehnt er letztlich ab. Dem cartesianischen Vernunft- und Fortschrittsoptimismus setzt er sein Konzept einer docta ignorantia entgegen: die Erkenntnis der und Orientierung an den Grenzen menschlichen Erkenntnisfähigkeit als Ausgangsbasis wissenschaftlichen Arbeitens.109 Trotz der grundsätzlichen Funktion der Vernunft bei der Erläuterung und Verteidigung der Bibel und ihrer Autorität steht für Voetius eindeutig fest, dass die Glaubwürdigkeit der Bibel in ihr selbst liegt. Sie selbst erweise ihren göttlichen Charakter und sei somit das externe Prinzip ihrer eigenen Autorität, während die Zustimmung des Menschen zu ihr von dessen Erleuchtung durch den Heiligen Geist als dem internen Prinzip biblischer Autorität abhängig sei. Gott mache seine Glaubwürdigkeit keinesfalls vom menschlichen Zeugnis abhängig.110 Die Vernunft könne lediglich einen vorbereitenden Beitrag leisten, indem sie von einigen der biblischen Wahrheiten schriftunabhängig zu überzeugen vermöge. Sie etabliere jedoch weder die biblische Autorität noch sei sie bei der Ausbildung eines heilswirksamen Glaubens beteiligt.111 Aufgrund der Fehl106 Darüber hinaus handelt es sich bei ihr um eine moralische Verderbnis. Vgl. dazu die Darstellung von Voetius’ De Propagatione peccati originalis (1636) bei Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 41f. (Anm.51) 107 Vgl. mit Belegen Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 42–44. 108 Vgl. mit Belegen Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 44f. 109 Vgl. dazu mit Belegen Savini, Methodus cartesiana, 330f. Gottesbeweise werden über den cartesianischen Ansatz hinaus aber durchaus gebilligt, der cartesische Zweifel wird demgegenüber problematisiert. Vgl. mit Belegen Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 318– 320. 110 Vgl. mit Belegen Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 45–47. 111 Vgl. mit Belegen Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 49f.

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barkeit der menschlichen Vernunft müsse auch ihre Rolle bei der Schriftauslegung eingeschränkt werden: Die Schrift als ihre eigene Auslegerin bzw. der Heilige Geist stehe über jeder menschlichen Exegese. Die Vernunft komme bei der Interpretation der Bibel durchaus zum Einsatz, insbesondere im Rückgriff auf andere Wissenschaften wie Philologie, Geschichtswissenschaft oder Philosophie, dürfe aber nicht zur Auslegungsnorm erklärt werden. Daher sei der cartesische Zweifel ebenso abzulehnen wie eine Hermeneutik, die die physica Mosaica infrage stelle. Dies sei nach Voetius jedoch nicht nur bei Lodewijk Meyers Philosophia S.S. Interpres der Fall, sondern auch in der cartesianischen Theologie, die er anhand von Lodewijk Wolzogens (1633–1690)112 gegen eine rationalistische Theologie ausgerichtete Schrift De Scripturam interprete dafür kritisiert, dass sie Bibel und Vernunft mindestens gleichordne.113 Aber „[d]er Theologe braucht die Philosophie nur, um auf Grund der von der Bibel selbst vermittelten Prinzipien dem Glauben eine logische und systematische Form zu geben“, lediglich als ein „formales Prinzip“114. Eine adäquate Form natürlicher Theologie werde vom Cartesianismus mit ernster schädlicher Wirkung zerstört.115 Voetius’ Position wirkte schulbildend und wurde von der Nachfolgegeneration aufgenommen, erweitert und insbesondere in der Auseinandersetzung mit cartesianischer Theologie, Rationalismus und Spinozismus eingesetzt.116 Sie ist in vielen Punkten konsensfähig, mitunter auch für cartesianische Theologen. Als besonderer Vertreter der voetianischen Theologie sei hier besonders auf Voetius’

112 Vgl. zu diesem Bordoli, Art. Wolzogen, Lodewijk (1633–90). DSECDP 2 (2003) 1091–1093 und Bordoli, Ragione e scrittura tra Descartes e Spinoza, 288–310. Als Mitglied des Utrechter Collegie der Scavanten gehörte Wolzogen zu den wichtigsten Vertretern des cartesianischen Netzwerkes. 113 Vgl. mit Belegen Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 50–53, Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 321f. und Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 187– 190. Lodewijk Wolzogen: Ludovici Wolzogen De Scripturarum Interprete Adversus Exercitatorem Paradoxum Libri Duo. Accessere de occasione huius scripti Epistolae Duae. Ultrajecti: Ribbius 1668. – [2] Bl., 274 S., [5] Bl.; 12°. 114 Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 189. 115 Vgl. Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 324f. 116 Vgl. Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 188, der allerdings die Cartesianer von diesem Konsens ausnehmen möchte. Für ihn bleibt ihre Rolle ambivalent. Vgl. Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 190. Die gemeinsame Bekenntnisgrundlage orthodoxer Theologie schuf eine große Gemeinsamkeit auch im Vernunft- und Schriftverständnis. Wo die spezifischen Unterschiede insbesondere von Wittichs Position liegen, die ja aus der Perspektive anderer Theologen durchaus als geradezu heterodoxe Abweichungen von der eigenen Position empfunden wurden, wird zu zeigen sein. Vgl. Kapitel 3.12 (Ergebnisse und kritische Würdigung von Wittichs Vernunft- und Offenbarungsverständnis).

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Nachfolger in Utrecht und Wittichs direkten Gegner Petrus van Mastricht verwiesen.117

3.3.3 Differenzen und Gemeinsamkeiten: die Eingrenzung des status controversiae Samuel Maresius und Gisbert Voetius bieten zwei repräsentative Zugänge zu Theologie- und Philosophieverständnis sowie theologischer Vernunftbestimmung in Opposition zum cartesianischen Netzwerk. In vielfacher Hinsicht erweisen sich die Positionen dieser Descarteskritiker trotz einiger zentraler Differenzen als durchaus kompatibel mit Wittichs Ansatz. Cartesianische Theologie setzt eigene Akzente bei der Entfaltung ihres Vernunftbegriffs und der Hermeneutik.118 Auf den ersten Blick überwiegen aber zumindest mit Blick auf die Hauptlinien und zentralen Motive Gemeinsamkeiten mit ihren Gegnern. Das ist insbesondere dem theologischen Rahmen geschuldet, der beide Parteien auf das Interesse verpflichtet, mit ihrer Theologie dem biblischen Zeugnis und den re117 Vgl. zu dessen Position vor allem Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 54–65: Van Mastricht spricht sich ebenfalls für einen eklektischen Gebrauch des Aristoteles in der Theologie aus, wehrt sich jedoch gegen dessen Verabsolutierung ebenso, wie gegen den überbetonten Vernunftoptimismus der Cartesianer, Spinozisten und Sozianer. Die Bibel ist für van Mastricht die Norm und das Leitprinzip auch der menschlichen Vernunft. Diese könne schon deshalb nicht selbst zum Erkenntnisprinzip werden, da sie infolge des Sündenfalls korrumpiert sei. Die Theologie als Wissenschaft der Bibel stehe somit auch über der Philosophie. Wie Voetius bestimmt van Mastricht die Philosophie jedoch als ein sekundäres und instrumentales Prinzip der Theologie: Sie assistiere bei der Schriftauslegung (instrumentelle Vernunft) und verteidige biblische Wahrheiten in der Apologetik (argumentative Vernunft), habe jedoch als normatives Prinzip in der Theologie keinen Platz, wie van Mastricht analog zu Voetius biblisch zu begründen weiß (vgl. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 54–57). In seiner Auseinandersetzung mit dem Cartesianismus, der Novitatum cartesianarum gangraena (1677), kritisierte er besonders die Trennung von Philosophie und Theologie, die er als Hauptursache für den radikalen Rationalismus der Philosophia S.S. Interpres und des Spinozismus betrachtete. Das etablierte ancilla-Verhältnis hält er für notwendig, die Überlegenheit der Theologie und die höhere Sicherheit theologischer Erkenntnisse sei von Descartes noch anerkannt, aber von dessen Anhängern ignoriert worden. Thesen wie die Ableitung der Philosophie aus der Offenbarung Gottes, die van Mastricht Wittich und anderen Cartesianern zuschreibt, widerlegt er. Gerade das opinioArgument sieht er als einen zentralen Schritt auf dem Weg der Etablierung einer philosophischen Herrschaft über die Theologie an. Die Auffassung, dass die richtig eingesetzte Vernunft nicht irre, lehnt er mit Rekurs auf die Ursünde ab. (vgl. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 57–62). Die Anerkennung der göttlichen Autorität der Bibel führt van Mastricht ausdrücklich nicht auf Vernunftargumente, sondern das Zeugnis des Heiligen Geistes zurück (vgl. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 62–65). 118 Vgl. für eine idealtypische Hermeneutik der orthodoxen Theologie das von Titzmann, Hermeneutik in der Frühen Neuzeit, rekonstruierte verallgemeinerte Modell.

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formierten Bekenntnisschriften im Rahmen der Schultheologie zu entsprechen. Auch die Cartesianern beanspruchen, orthodoxe Theologie zu entwickeln. Auch Maresius’ Einfluss auf seinen Schüler Wittich ist nicht zu unterschätzen. Konzepte wie die Akkommodationslehre, insbesondere auch als Legitimation der Vernunftanwendung im Offenbarungskontext, oder die Bestimmung der theologischen Bedeutung der Vernunft über eine ausführliche usus-Lehre sind zentrale Elemente in Wittichs Theologie und zugleich ein fester Bestandteil im theologischen System noch des späten Maresius. Die Distanz zu Voetius ist insgesamt deutlich größer. Dieser argumentiert viel stärker vom Offenbarungsglauben her und betont die Distanz zwischen Vernunft und Offenbarung deutlicher. Auch er bedient sich allerdings einiger Motive und Argumente, z. B. ebenfalls der usus-Lehre und der Beschreibung des Einflusses der Erbsünde auf die Vernunft, an die Wittich anknüpfen kann. Insofern er sie jedoch in eine harsche Opposition zu Rationalismus und cartesianischem Wissenschaftsverständnis stellt, gewinnt sein System eine andere, hierarchisch bestimmte Gestalt in Bezug auf das Verhältnis von Theologie und Philosophie. Gerade darin liegen auch die wesentlichen Differenzen der Anticartesianer: Die Bedeutung der Philosophie ergibt sich aus ihrer Rolle als ancilla theologiae. Auch wenn sie also mit dem cartesianischen Netzwerk den Grundsatz teilen, dass die Vernunft umfassend in der Theologie verwendet werden und zugleich der Offenbarung erkenntnistheoretisch untergeordnet werden müsse, liegt gerade in dem Maß, in welchem dies erfolgt, der Hauptunterschied der beiden theologischen Richtungen. Dabei markiert folglich die Frage nach dem Verhältnis der beiden Erkenntnisprinzipien (gemeinsam mit allen daraus resultierenden Themenkomplexen, z. B. den Begriffen des Glaubens und Zweifelns, der Anthropologie etc.) den wesentlichen Streitpunkt in der Auseinandersetzung zwischen theologia traditiva und cartesianischer Theologie. Die Gefahr einer rationalistischen Überformung der Theologie und die Angst vor ihrem Bedeutungsverlust durch eine erstarkte Philosophie bildeten, neben den mit der Cartesianismusfrage verbundenen politischen und wissenschaftstheoretischen Impulsen, die maßgebliche Triebfeder der Kritik durch die Anticartesianer. Am Umgang mit der Bibel, also der hermeneutischen Frage, spitzte sich die Problemstellung zu. Wittichs theologische Publikationen setzten gerade an diesem Punkt an, indem er Aussagen von Bibel und Naturwissenschaft in ein adäquates Verhältnis zu setzen anstrebte. Insbesondere die Frage des Heliozentrismus war zur Ursache für eine tiefe Entzweiung cartesianischer und konventioneller Hermeneutik geworden.119 Gerade an dem naturwissenschaftlichen Impuls der Hermeneutik formierte sich der Vorwurf, Bibelexegese an die menschliche Vernunft gegen die 119 Vgl. z. B. Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 190f. auf der Grundlage von Vermij, Calvinist Copernicans.

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Offenbarung anzupassen. Ganz unabhängig davon, ob die Cartesianismuskritiker selbst eine physica Mosaica zu verteidigen bestrebt waren, manifestierte sich für sie darin ein Autoritätsverlust der Bibel als Wort Gottes.120 Wittich und andere cartesianische Theologen reagierten auf das Problem durch die Trennung von Philosophie und Theologie und den Zuschnitt des biblischen Skopus auf den Bereich der Theologie allein. Ihre Gegner hingegen waren in der Debatte gezwungen, auf die naturphilosophische Autorität der Bibel zu verweisen.121 Für alle Beteiligten der Cartesianismusdebatte waren diese Fragestellungen keineswegs marginale Punkte, die man mit Blick auf Gemeinsamkeiten vernachlässigen könnte, sondern sie wurden als essentiell trennend wahrgenommen.

3.4

Wissenschaftsverständnis und Prolegomena der cartesianischen Theologie

Gerade Wittich hat sich als apologetisches Sprachrohr des cartesianischen Netzwerks mit dessen Gegnern auf intensive Weise auseinandergesetzt. Geprägt wurde er bei der Entfaltung seiner Theologie jedoch nicht nur von dieser Frontstellung oder der Ausbildung bei Maresius und anderen Kritikern des Cartesianismus, sondern vor allem auch durch seine Gesinnungsgenossen und Freunde. Anhand ihrer engen Vernetzung wird deutlich, dass gerade im gegenseitigen Austausch die zentralen wissenschaftstheoretischen, theologischen und philosophischen Impulse für die Entwicklung cartesianischer Theologie zu suchen sind. Da sich nachweisen lässt, dass man in Krisen arbeitsteilig vorgegangen war,122 vor Veröffentlichungen Manuskripte füreinander gelesen und beratend eingegriffen hat und die Veröffentlichungen der Kollegen in seinem eigenen Argumentieren voraussetzt und einbezieht,123 erweist sich das Wissenschaftsverständnis cartesianischer Theologie, dem Wittich sich aus theologischer Perspektive besonders gewidmet hat, als ein gemeinsames Anliegen des gesamten

120 Vgl. Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 191. 121 So versuchte z. B. Voetius bereits 1640 in seiner Auseinandersetzung mit Descartes dessen Theorien durch den Rekurs auf die physica Mosaica zu diskreditieren. Vgl. Beck, Voetius, 64. 122 Zu denken ist etwa an die klar zu unterscheidende und sich ergänzende theologische Perspektive Wittichs und die philosophische Perspektive Claubergs, die sich ausgehend von der gemeinsam erlebten Herborner Krise nachzeichnen lässt. Ebenso könnte das Vorgehen von Wittich und van Velthuysen im Pamphletenstreit genannt werden, in dem Wittich als Apologet im akademischen Kontext und van Velthuysen als anonymer Verfasservon Pamphleten für eine breitere Öffentlichkeit arbeitsteilig den Cartesianismus verteidigen. Vgl. dazu mit Belegen Eberhardt, Wittich, 108, 179f. 123 Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 207–217.

Wissenschaftsverständnis und Prolegomena der cartesianischen Theologie

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Netzwerkes. Die entsprechenden Verbindungslinien exemplarisch aufzuzeigen, ist Aufgabe des vorliegenden Kapitels. Dabei bietet sich eine Trennung der Einflüsse auf Wittich in zwei Gruppen an: Neben die theologischen Entwürfe treten hier nämlich mit besonderer Relevanz die rein philosophischen Ansätze von Descartes und seinen Rezipienten. Zwar befanden sich diese in einem engen gegenseitigen Austausch, wie die Position Wittichs ebenso zeigt wie Kategorisierungsversuche durch die externen Begriffsbildungen ‚cartesianische Theologie‘ bzw. ‚Coccejo-Cartesianismus‘. Ganz im Sinne der für diese Bewegung typischen Differenzierung von Theologie und Philosophie, die sich auch in einer gewissen Tendenz zur ‚Arbeitsteilung‘ zeigt, lassen sich jedoch die Diskurse gut für sich betrachten und so jeweils für eine Analyse ihrer Wirkung auf Wittichs Theologieverständnis zugänglicher machen. Im Folgenden werden daher zunächst die wichtigsten philosophischen und dann die theologischen Gesprächspartner Wittichs auf ihre Impulse für seine Prolegomena hin befragt. In diesem Kontext lassen sich zudem die methodologischen und wissenschaftstheoretischen Grundlagen von Wittichs Theologie darlegen, die philosophische und theologische Positionen verbinden. Vor allem die „Seperation Thesis“, die unbedingte Trennung von Philosophie und Theologie, verteidigen die Cartesianer als gemeinsames Anliegen.124 Auf die Bezüge zu Wittich wird im Folgenden bei der Paraphrase der verschiedenen Autoren immer wieder vorauszuweisen sein.

3.4.1 Der philosophische Kontext: Wittichs methodologische Grundlagen, wissenschaftstheoretisches Fundament und Dialogpartner der Philosophie Der philosophische Neuansatz, den Descartes wagte, wirkt nicht nur unmittelbar auf das Wissenschaftsverständnis der ihn rezipierenden Theologen ein, sondern führte zunächst zu einer Reihe wissenschaftstheoretischer und methodologischer Einzeldebatten, die in grundsätzlicher Weise die Frage nach dem Wesen der Philosophie und Theologie neu stellen ließen. Ursächlich dafür war eine Reihe von Weichenstellungen, die Descartes vorgegeben hatte. Sein Ansatz erschien als eine echte, tragfähige Alternative zur überkommenen Philosophie, d. h. den üblichen Formen des Aristotelismus und dem scholastischen Methodenkatalog.125 Bereits der Ramismus hatte gezeigt, dass es durchaus möglich war, die ausgetretenen Pfade der aristotelischen Scholastik zu verlassen. Die Idealisierung 124 Vgl. dazu Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 36–63. 125 Das gilt unabhängig von der Frage, wie viel Scholastik und wie viel Aristotelismus in Descartes’ Denken tatsächlich enthalten war.

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der mathematischen Methode (more geometrico) in den Wissenschaften, die ihren Ausgang von Descartes genommen hat, ohne dass dieser sie konsequent eingefordert oder verabsolutiert hätte,126 und der Anspruch, im Vertrauen auf eine richtig angewendete, von Vorurteilen befreite Vernunft zu absolut verlässlichen Ergebnissen zu kommen, schuf einen starken Erkenntnisoptimismus. Ein Bestreben um eine einheitliche Methode aller Wissenschaften wurde zu einem besonderen Kennzeichen des Cartesianismus, dem sich auch seine theologische Rezeption stellt.127 Innovativ war auch die Orientierung am Subjekt bei der Erkenntnisgewinnung: Nicht mehr das tradierte Bücherwissen oder „unkontrollierte Sinnlichkeit“128 sollten Grundlage der Philosophie sein, sondern das individuell nachvollzogene Urteil auf der Grundlage klarer und deutlicher Erkenntnisse. Auch wenn die in der Rezeptionsgeschichte immer wieder behauptete Wende Descartes’ zum Subjekt bei den cartesianischen Theologen nur verhalten aufgegriffen wurde, hat man durchaus die Notwendigkeit der eigenen Urteilsbildung stark betont.129 Sodann brachten die neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, die der Cartesianismus rezipierte und mit seinem Neuansatz verband, die überkommene Philosophie in die Defensive. Sie fungierten gerade auch bei Wittich als Initialzündung des wissenschaftlichen Umdenkens gerade im Blick auf die Dominanz der Theologie, wie seine Dissertationes Duae zeigen.130 Die cartesische Philosophie selbst hatte ihren Anfang in einer wissenschaftlichen Methodologie mit einem universellen Anspruch genommen. Sowohl Descartes’ Regulae als auch sein Discours geben davon Zeugnis, dass Descartes eine Methode entwickeln wollte, mit der zuverlässige Wahrheitserkenntnis und Fortschritt in allen Wissensbereichen ermöglicht werden sollte.131 Für die 126 Vgl. dazu Risse, Logik der Neuzeit II, 44f.55f. 127 Vgl. zum Methodenverständnis von Descartes und seinen Rezipienten Arndt s.v. Methode V. Neuzeit. HWP 5 (1980) 1314–1320. 128 So Specht, Commercium mentis et corporis, 105, der darauf hinweist, dass die reformierte Theologie aus dem sinnlichen Ansatz des Aristotelismus einen Vorwurf der Beförderung von Konkupiszenz ableite, dem die cartesische Meditation und Methode die Rückkehr zu Gotteserkenntnis und Wahrheitsorientierung entgegensetzen könne. Specht, Commercium mentis et corporis, beobachtet diese Argumentationsfigur auch bei Wittich und Clauberg, belegt sie aber vor allem bei Heidanus. 129 Sie wird bei Wittich insbesondere gegen eine Orientierung an theologischen und philosophischen Autoritäten hervorgehoben. Dies äußert sich u. a. auch in der dezidierten Ablehnung der Bezeichnung als Cartesianer, die er wiederholt zum Ausdruck bringt. Vgl. pointiert Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xviii]. 130 Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 135–151. 131 Bereits die erste Regel der Regulae bringt diesen Anspruch deutlich zum Ausdruck. In ihrer Erklärung entfaltet Descartes zudem die völlige Verknüpfung aller Wissenschaften, so dass man sich bei der Suche nach der Wahrheit nicht auf eine einzelne beschränken dürfe. Vgl. Descartes: Regulae (1628) I 1 (AT X 359–361). Vgl. dazu z. B. Risse, Logik der Neuzeit II, 31. Vgl. für eine Zusammenfassung der cartesischen Methodologie bes. Risse, Logik der Neuzeit II, 31–47 und Arndt s.v. Methode V. Neuzeit. HWP 5 (1980) 1314f.

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Cartesianer wurde die cartesische Methodologie damit zu einem grundsätzlichen Wissenschaftskriterium, dem sich auch die Theologie, insofern sie Wissenschaftlichkeit beanspruchte, zu stellen hatte. Daher war es für Wittich und die Mitglieder des cartesianischen Netzwerkes notwendig, Elemente der Methodenlehre des Descartes auf ihren Einsatz in der Theologie hin zu prüfen. Nur so konnte sich die Theologie ihrem Anspruch nach auf der Höhe der Zeit bewegen. Der Gedanke, in der Wahrheitserkenntnis voranzuschreiten, wurde zu einem bestimmenden Moment auch der cartesianischen Theologie und bildet einen Hintergrund für die Apologie des Neuen innerhalb der Orthodoxie. Denn Fortschrittsbestreben (profectus) und Neuheit (novitas) wurden von konservativen Theologen, denen gerade das Alte als Würdeprädikat galt, skeptisch betrachtet.132 Notwendig blieb für die Cartesianer nichtsdestoweniger die weiterhin offene Auseinandersetzung mit dem scholastisch-aristotelischen Erbe: Die Methode des Descartes war relativ minimalistisch, ihr fehlte zudem eine detaillierte Logik. Durch die Rezeption der bewährten Methoden der Scholastik und die Aufnahme ramistischer Impulse in einen cartesianischen Rahmen wurde diesem Defizit begegnet.133 Die cartesianische Schulphilosophie, die ihren Anfang bei Johannes de Raey und Tobias Andreae nahm, betonte zwar die Überlegenheit der cartesischen Methode gegenüber der aristotelischen Logik, rezipierte diese jedoch in cartesianischem Gewand weiterhin. Dabei erfuhren hypothetische und vorläufige Aussagen von Descartes zudem eine gewisse Dogmatisierung.134 Durch die Abgrenzung der auf Offenbarung gestützten Theologie vom Vernunftprinzip war dem rationalen wissenschaftlichen Zugang zur Theologie eine Grenze gesetzt. In der Tat lässt sich in den cartesianischen Dogmatiken daher oftmals auch keine Erneuerung der Argumentations- und Darstellungsform gegenüber anticartesianischen Dogmatiken beobachten. Die Auseinandersetzung mit der cartesischen Methode hatte in gewisser Weise einen sehr formalen Charakter: Man diskutierte eher ihre theologischen Voraussetzungen und Implikationen, besonders anhand der Frage des methodischen Zweifels, bediente sich der erkenntnisoptimistischen Grundhaltung in allgemeiner Form und wendete einzelne ihrer Elemente formal an, z. B. die Ordnung des Wissensstoffes. Eine konsequente ‚Mathematisierung‘ der Theologie oder eine Revolution der logischen Argumentationsform blieben aber aus.135 Dem Anspruch des Descartes, über einen Gegenstand dieselbe Gewissheit erlangen zu müssen wie bei

132 Vgl. zu Neuheiten und Fortschritt bei Wittich bes. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [i–iv] und Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [ii]. 133 Vgl. z. B. Risse, Logik der Neuzeit II, 47 und Arndt s.v. Methode V. Neuzeit. HWP 5 (1980) 1314f. 134 So Risse, Logik der Neuzeit II, 54f. 135 Vgl. auch Risse, Logik der Neuzeit II, 47–51.

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arithmetischen oder geometrischen Beweisen,136 stand der Wahrheitsgehalt der Offenbarung gegenüber, deren Verlässlichkeit unabhängig davon, dass sie dem vernünftigen Beweisverfahren entzogen ist, durch Gottes Autorität garantiert wird.137 Insofern war ein völliger Neuansatz der theologischen Methodenlehre auch nicht nötig, sofern man in Bezug auf die göttlichen Mysterien die natürliche Grenze der Vernunft anerkannte. Innerhalb des Vernunftbereiches war dann ein Descartes entsprechendes aber auch vor ihm nicht unübliches deduktives Vorgehen für Wittich unproblematisch. Einen methodentheoretischen Referenztext dafür stellt der Beginn des Anti-Spinoza dar, der die Kernbegriffe von Descartes’ Methodologie, wie sie sich in der Zweiten Erwiderung auf die Meditationes finden, in gebündelter Form bietet.138 Beweisverfahren müssen demnach mathematisch erfolgen. Konkretisieren lässt sich die Anwendung der mathematischen Methode für die Theologie nach Wittichs Descartesverständnis nur durch das analytische Argumentieren. More geometrico argumentieren heißt für Wittich (nach Descartes) „Analysis“139. Die cartesianische Methode arbeite a priori und beginne bei der Definition der Dinge. Ausgehend von klaren Erkenntnissen erarbeite sie sich Schritt für Schritt Axiome und weitere Postulate. Im Gegensatz dazu stehe die Synthesis. Die synthetische Methode setzte bereits bestimmte Axiome und Postulate voraus, ohne dass sorgfältig deren Richtigkeit nachvollzogen werde. So überzeuge sie lediglich in rhetorischer Manier, biete demnach keine Wahrheitsgarantie, sondern leide an einer gewissen Anfälligkeit für Irrtümer. Die Analyse führt also zu sorgfältig und transparent entwickelten, in jedem Schritt notwendigen Definitionen der Einzeldinge, von denen ebensolche Axiome und Propositionen entwickelt werden.140 Wittich verpflichtet sich damit zu einem Vorgehen, wie es Descartes in seinen Meditationes vorzumachen beanspruche: Ausgehend von a priori entwickelten Definitionen soll jeder Erkenntnisschritt nachvollzogen werden, als habe man ihn selbst erfunden, so dass man Argumentationsgänge genau verstehen könne und jeden Schritt als wahr anerkennen müsse.141 Mit dem Rekus auf die Analyse lässt sich Wittichs Methodologie in den typischen Parametern des 17. Jahrhunderts verorten142 und 136 137 138 139 140

Vgl. Descartes: Regulae (1628) II 6 (AT X 366). Vgl. auch hierzu bereits Descartes: Regulae (1628) III 9 (AT X 370). So beobachtet auch Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 126. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 1 (Examen: De Methodo demonstrandi). Vgl. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 1–6 (Examen: De Methodo demonstrandi) und dazu Aalderink, Anti-Spinoza, 130f. und Douglas, Wittich’s Anti-Spinoza. Wittich unterscheidet die „demonstrandi ratio apud Mathematicos […] recepta” in das synthetische Verfahren Spinozas, das unsauber Voraussetzungen treffe, ohne diese zu prüfen, und das akkurate analytische Vorgehen, das er bei Descartes findet. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 1 (Examen: De Methodo demonstrandi). 141 Vgl. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 1f. (Examen: De Methodo demonstrandi). 142 Vgl. Arndt s.v. Methode V. Neuzeit. HWP 5 (1980) 1314: „Der M[ethoden]-Begriff im 17.

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folgt zugleich einer Linie, die Descartes selbst vorgegeben hat.143 Allerdings zeigt eine detaillierte Betrachtung von Wittichs Verständnis der Begriffe a priori und a posteriori, dass er in seiner Descartesdeutung möglicherweise stärker der mittelalterlichen Interpretationslinie folgt als derjenigen von Descartes, die sich an dieser Stelle nicht leicht erschließen lässt.144 Wittich versteht unter der analytischen Methode jedenfalls eine der natürlichen Ordnung der Dinge folgende, deduktive Argumentationsführung, die in der synthetischen Methode zugunsten einer leichteren Darstellungsform aufgegeben worden sei. Spinoza folgt diesem Verständnis jedenfalls nicht.145 Dass Wittich um die Umsetzung der methodischen Vorgaben von Descartes bemüht ist, belegt sein Œuvre deutlich.146 Wie Descartes selbst jedoch mit der Abfassung der Principia zeigt, ist eine synthetische Darstellung für die Breitenwirkung mitunter besser geeignet und so auch für Wittich legitim. Gerade im apologetischen Kontext, in dem sich Wittich überwiegend bewegt, muss er von einer stringenten Durchführung der analytischen Methode absehen.147 Auch der subjektive Zugang zur Erkenntnis, der von Descartes propagierte individuelle Nachvollzug jedweder Erkenntnis, wird nur in diesem methodologischen Kontext aufgenommen, hier jedoch auch explizit genannt.148 Einen etwas höheren Stellenwert erhält er bei der Aufarbeitung des methodischen Zweifels,

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und 18. Jahrhundert wird bestimmt durch die zentrale Stellung des Begriffspaars ‚Analyse/ Synthese‘.“ Vgl. zu Descartes sehr übersichtlich Ariew u. a., Dictionary of Descartes (2003) s.v. Analysis 16f. und Ariew, Descartes and the First Cartesians, 114–117, der belegt, dass Descartes in der Diskussion der Meditationes (und dem Gespräch mit Burman) die Unterscheidung von Analyse und Synthese diskutiert. Während die Principia nach Descartes’ eigener Einschätzung synthetische Züge aufwiesen, seien die Meditationes klar analytisch angelegt. Die analytische Methode entspreche der Argumentation more geometrico. In Descartes: Responsio ad secundas objectiones (1641) 164f. Wohlers (AT VII 155f.) definiert Descartes die Begriffe und bestimmt ihre Vor- und Nachteile ganz analog zu Wittichs Ausführungen. Vgl. dazu ausführlich Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 126–141, der mit Bezug auf die Vorarbeiten von Verbeek zeigen will, dass Spinoza gegen Wittichs Kritik durchaus cartesianisch argumentiert, während Wittich selbst in seinem Descartesverständnis zu sehr den schulphilosophischen Voraussetzungen seiner Zeit verhaftet sei. Die Interpretationsschwierigkeiten erstreckten sich auch auf Wittichs Verständnis der notiones secundae. Vgl. Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 131–136. Vgl. mit Belegen Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 126–141. Beispiele für eine Orientierung an der analytischen Methode bieten die deduktive Argumentationsform am Anfang der Positiones oder die den Leser zur eigenen Denkbewegung einladende Verwendung der 1. Person im Anti-Spinoza. In den Dissertationes Duae erklärt Wittich Descartes selbst auf diese Weise, wenn er dessen Physik in Form von Propositionen und Hypothesen zusammenfasst. Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429 (Dekade I) sowie Eberhardt, Wittich, 145–147 und 378f. Vgl. Ariew, Descartes and the First Cartesians, 114 mit Verweis auf das Gespräch mit Burman für Descartes‘ Beurteilung der Principia als synthetisch. Vgl. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 1f. (Examen: De Methodo demonstrandi).

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der für die Theologen jedoch die Gefahr barg, allzu viel Anstoß zu erregen und von Wittich nicht in den Vordergrund gerückt wurde. Wittichs Schriften zeugen stattdessen nach wie vor von einer starken Orientierung am argumentum ab auctoritate, und verzichten oftmals auf die Meditation der dargelegten Argumente.149 Die apologetische Grundsituation cartesianischer Theologie erklärt dies zwar, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der revolutionäre Impuls der cartesischen Subjektorientierung in der frühen Rezeption kaum umgesetzt worden ist. Wittich kann allerdings seinen Autoritätsbezug durchaus ironisieren, indem er ihn als Zugeständnis an die Gegnerschaft darstellt.150 3.4.1.1 Descartes als Vorbild für Wittichs Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie René Descartes selbst hat, obwohl er sich dezidiert theologischer Aussagen in der Regel enthalten wollte,151 eine Reihe von Anmerkungen in seinen Veröffentlichungen und Briefen hinterlassen, die eine systematische Verhältnisbestimmung von orthodox-reformierter Theologie und cartesianischer Philosophie vorbereitet haben. Descartes erweist sich in dieser Hinsicht durchaus als „religious thinker“152. Seine Philosophie ist grundsätzlich auf eine Kompatibilität mit der Theologie ausgerichtet und entfaltete sich als Konkurrenz zur aristotelischem Scholastik. So unterscheidet Descartes die kirchliche Lehre polemisch von den Meinungen der Doctores der theologischen Fakultäten, die ihre Thesen auf eine schlecht gesicherte, d. h. aristotelische, Physik stützten.153 Gegen einen theologisch legitimierten Aristotelismus und die scholastische Schultheologie grenzt Descartes sich durchaus kritisch ab.154 Die Trennung von Philosophie und Theologie, die Descartes vertritt, mag ihren Ursprung darin gehabt haben, dass er den aristotelisch geprägten Theologen die Mitsprache in philosophischen Angelegenheiten verwehren wollte und damit zeigte, für wie überholt er die Verbindung des tradierten Aristotelismus und der Theologie hielt.155 Seinen eigenen 149 Es finden sich aber durchaus Bezugnahmen auf den individuellen Nachvollzug der Argumente, z. B. in seinen sporadischen Bemerkungen zum Zweifel und zur Urteilsenthaltung. Vgl. z. B. Kapitel 3.9.1 (Der methodische Zweifel). 150 Vgl. die gewitzte Wendung, er akkommodiere sich dadurch an seine Gegner, in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 4 §12,64f. 151 Vgl. zu Descartes und der Theologie z. B. Ariew u. a., Dictionary of Descartes (2003) s.v. Theology, 240f. und Specht, Descartes, 31–45, der sich vor allem mit der katholischen Position auseinandersetzt. 152 Vgl. mit Verweisen auf die französische Descartesforschung Popkin, Cartesianism and Biblical Criticism, 62. 153 Vgl. Descartes, Brief an Mesland (1645 oder 1646) AT IV 347. Vgl. auch Descartes: Meditationes (1641) Widmungsbrief (AT VII 2–11). 154 Vgl. Specht, Descartes, 31–33.36f. 155 Vgl. Specht, Descartes, 40.

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Ansatz verstand als einen alternativen Gesprächspartner für die Theologie. Neben der offenen Kritik an ihrer philosophischen Prägung lassen sich auch Tendenzen ausmachen, seinen philosophischen Neuansatz subtiler mit der Theologie ins Gespräch zu bringen und ihm so Gültigkeit zu verschaffen.156 In der Auseinandersetzung mit der reformierten Theologie hat er schließlich, wie die Utrechter Krise gezeigt hat, durchaus auch offene Konfrontationen gewagt. Die Autorität der Offenbarung hat er dabei jedoch immer anerkannt. Gegenstand seiner Kritik war lediglich die Benutzung von Vernunft und Philosophie in der Theologie.157 Grundsätzlich ist die Vernunft für Descartes etwas von Gott Gegebenes.158 Richtig angewendet kann sie daher seiner Meinung nach nicht irren. Die Ablehnung dieser erkenntnisoptimistischen These beschreibt Descartes als unangemessenen Argwohn gegenüber Gott als unserem Schöpfer, der den Menschen allzu unvollkommen gemacht hätte, wenn die Vernunft grundsätzlich unzuverlässig wäre.159 Die genaue Unterscheidung der Erkenntnisprinzipien Vernunft und Offenbarung ist Descartes selbstverständlich.160 Eine Harmonisierung der Vernunft mit den christlichen Glaubenswahrheiten war ihm ein zentrales Anliegen, die Autorität der Theologie und Heiligen Schrift hat er ausdrücklich anerkannt. Pointiert bringt er am Ende des ersten Buches seiner Principia zum Ausdruck:161 Vor allem aber ist unserem Gedächtnis als oberste Regel einzuprägen, dass das, was von Gott offenbart wird, für das Sicherste von allem zu halten ist. Und auch wenn das Licht der Vernunft uns vielleicht etwas anderes als unüberbietbar klar und evident vorspielen mag, erscheint es dennoch geboten, eher der göttlichen Autorität als unserem eigenen Urteil Vertrauen zu schenken. Bei dem hingegen, über das das Gottvertrauen uns nichts lehrt, schickt es sich keineswegs, wenn der weise Mensch für wahr hält, was er niemals als wahr durchschaut hat […].162

156 Vgl. Specht, Descartes, 40f. 157 Vgl. mit einer guten Übersicht an zentralen Stellen in Descartes Œuvre auch Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 488–490. 158 Vgl. z. B. Descartes: Discours (1637) 3,5 (AT VI 27): „[…] car Dieu nous ayant donné à chacun quelque lumière pour discerner le vrai d’avec le faux […]“ und Descartes: Meditationes (1641) IV 3–9 (AT VII 54–59). Vgl. analog Wittich: Theologia pacifica (1671) III §31,23f. auf der Grundlage von Descartes’ vierter Meditation. 159 Vgl. Descartes: Principia (1644) III 43 (AT VIII/1 99). 160 Vgl. z. B. Descartes: Principia (1644) III 2 (AT VIII/1 80): Vernunft und Offenbarung führt er hier als alternative Erkenntnisprinzipien an. 161 Vgl. aber bereits Descartes: Discours (1637) 3,6 (AT VI 28), wo Descartes den Glaubenswahrheiten (les vérités de la foi) den ersten Platz unter seinen Überzeugungen zuspricht. 162 Descartes: Principia (1644) I 76 (AT VIII/1 39). „Praeter caetera autem, memoriae nostrae pro summa regula est infigendum, ea quae nobis a Deo revelata sunt, ut omnium certissima esse credenda. Et quamvis forte lumen rationis, quam maxime clarum & evidens, aliud nobis suggerere videretur, soli tamen authoritati divinae potius quam proprio nostro judicio

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Wo seine philosophischen Ausführungen den Bereich der Theologie berührt haben, hat er sie untergeordnet. Ein eindrückliches Beispiel ist die Darstellung seiner Kosmogonie als Hypothese, um eine Wahrheitskonkurrenz mit der Genesis zu vermeiden.163 Gleichzeitig erscheinen ihm aber bestimmte Themenbereiche wie die Gottes- oder Seelenlehre besser durch die Philosophie als durch die Theologie zu erschließen zu sein, da diese allgemeingültige, glaubensunabhängige Aussagen zu treffen im Stande sei.164 Descartes folgt dabei der üblichen Trennung von theologia naturalis und revelata.165 Allein der theologia revelata und damit der Offenbarung zu überlassen sind nach Descartes Themenbereiche wie das Mysterium der Trinität und der Inkarnation des Sohnes166 oder die Frage nach der Natur des Menschen vor dem Sündenfall.167 Eine kurze Stellungnahme zum Verhältnis von Philosophie und Theologie, die auch Wittich offenkundig seinen eigenen Ausführungen zugrunde gelegt hat, bietet Descartes in seinen Notae in programma quoddam (1648). Er unterscheidet hier (anders als an vielen anderen Stellen seines Œuvre) wie Wittich in seiner Theologia pacifica168 zwischen drei Kategorien von wissenschaftlichen Fragen („tria genera quaestionum esse hic distinguenda“169). Eine Gruppe sei dem Glauben zuzuordnen. Sie gehört damit in den Bereich der theologia revelata. Eine zweite Gruppe beschäftige sich auch mit Glaubensgegenständen, sei aber auch durch die natürliche Vernunft zu erschließen. Unter Berufung auf orthodoxe Theologen rechnet Descartes zu diesem Bereich die Existenz Gottes und die

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fidem esse adhibendam. Sed in iis, de quibus fides divina nihil nos docet, minime decere hominem philosophum aliquid pro vero assumere, quod verum esse numquam perspexit; […].“ (Übersetzung Wohlers). Vgl. bes. Descartes: Principia (1644) III 44f. (AT VIII/1 99f.). Bereits bei der Darstellung der Theologia pacifica war auch auf den Hypothesencharakter verwiesen worden, den Descartes für seine Weltentstehungslehre behauptet, um einen Konflikt mit dem biblischen Zeugnis zu meiden. Wittich folgt dem in seinen frühen Veröffentlichungen, versteht ab der Theologia pacifica die Hypothese aber als Tatsache. Vgl. zum Hypothesenbegriff bei Descartes differenziert auch Ariew, Descartes and the First Cartesians, 137–141. Vgl. Descartes: Meditationes (1641) Widmungsbrief (AT VII 2f.). Dementsprechend setzt auch Wittich in den Positiones bei einem natürlichen Gottesbegriff als Ursprung theologischen Denkens an. Vgl. Ariew u. a., Dictionary of Descartes (2003) s.v. Theology, 240f. und z. B. Descartes: Brief an Mersenne, 15. April 1630 (144 AT I) – den Hinweis verdanken wir den Anmerkungen von Arndt zu Descartes: Gespräch (1648) zu VI 550,108 (Arndt), hier 167 Anm. 137. Vgl. Descartes: Principia (1644) I 25 (AT VIII/1 14) und Descartes: Notae in programma quoddam (1648) 288 (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII/2 353f.). Vgl. Descartes: Gespräch (1648) zu VI 575,116 (Arndt). Vgl. dazu bes. Kapitel 3.8.2 (Die Entwicklung einer adäquaten Verhältnisbestimmung der Wissenschaften – der usus Philosophiae). Descartes: Notae in programma quoddam (1648) 288 (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII2 353).

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Seelenlehre.170 Schließlich gebe es einen Bereich, der allein vom menschlichen Denken zu behandeln sei. Anders als Wittich, der hier die Naturphilosophie verortet, nennt Descartes vorsichtiger keineswegs naheliegende Beispiele wie die Quadratur des Kreises und die alchemistische Herstellung von Gold.171 Ausdrücklich verurteilt er in diesem Zusammenhang die Einmischung in den philosophischen Bereich auf biblischer Grundlage ebenso wie die philosophische Herleitung von Glaubensfragen. Allerdings bestimmt er es in Übereinstimmung mit dem orthodoxen Lehrkonsens als Aufgabenfeld der Theologie, die Widerspruchsfreiheit von Glaubens- und Vernunftwahrheit zu beweisen. „Denn da wir zuerst Menschen gewesen sind, ist es nicht glaubhaft, daß wir, zu Christen geworden, ernsthaft diejenigen Meinungen annehmen, die wir als der wahren Vernunft, die den Menschen ausmacht, entgegengesetzt halten, um den Glauben anzunehmen, durch den wir Christen geworden sind.“172 Zu Themen der geoffenbarten Theologie hat Descartes aber in der Regel bewusst nicht Stellung bezogen.173 In seinem Gespräch mit Burman vom April 1648, das insbesondere mit Blick auf die theologischen Implikationen der cartesischen Philosophie geführt wurde, äußerte Descartes, dass kausale Argumentationsketten prinzipiell auch in der Theologie zum Einsatz kämen.174 Da diese jedoch in Abhängigkeit von der Offenbarung stehe, könne sie nicht in derselben Weise durchschaut werden wie die Philosophie.175 Rein theologische Folgerungen aus der Philosophie zu ziehen, hält

170 Vgl. Descartes: Notae in programma quoddam (1648) 288 (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII2 353). 171 Diese Beispiele haben allerdings auch einen gewissen Mysteriencharakter und sind dadurch besser mit denen der ersten Gruppe vergleichbar. Zu ihnen findet sich zudem nichts in der Bibel, so dass Descartes hier – anders als Wittich – eine Konfrontation mit Vertretern einer physica Mosaica meidet. Vgl. Descartes: Notae in programma quoddam (1648) 288 (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII2 353). Während Wittich die separaten Bereiche von Theologie und Philosophie im Sinne des französischen Philosophen bestimmt, fällt auf, dass er den Mischbereich, in dem sich Vernunft und Offenbarung gleichermaßen äußerten, viel weiter fasst als Descartes, der es andernorts oft auch bei einer bloßen Zweiteilung der Wissensbereiche belässt. Vgl. Del Prete, Oltre Descartes, 31 und Kapitel 3.8.2 (Die Entwicklung einer adäquaten Verhältnisbestimmung der Wissenschaften – der usus Philosophiae). 172 Descartes: Notae in programma quoddam (1648) 288f. (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII2 353f.) 173 Eine Ausnahme ist die an Descartes herangetragene Frage der Vereinbarkeit seiner Philosophie mit der Transsubstantiation, die Descartes dazu gebracht hat, ein Abendmahlsverständnis zu propagieren, das weitaus stärkere Bezüge zum Calvinismus aufweist als zum Katholizismus. Vgl. für eine gute Zusammenfassung der Debatte den Aufsatz von Nadler, Arnauld, Descartes, and Transubstantiation. 174 Vgl. Arndts Einleitung zu Descartes: Gespräch (1648) xi–xii und Rohls, Offenbarung, Vernunft und Religion, 356f. 175 Vgl. Descartes: Gespräch (1648) zu VI 550,108 (Arndt).

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er ausdrücklich für missbräuchlich.176 Theologie solle (zugunsten ihrer besseren Vermittelbarkeit) einfach (simplex) gehalten sein. Descartes bekräftigt die eine gemeinsame Wahrheit aller Wissenschaften, verbietet jedoch eine Prüfung der Theologie durch die Philosophie. Eine fehlerhafte Vermischung der beiden Wissenschaften attestiert er der scholastischen Theologie.177 „Descartes wendet sich sowohl gegen die augustinische Aufhebung der Grenzen von Philosophie und Theologie, wie gegen das thomistisch-scholastische Verfahren argumentativer Behandlung theologischer Fragen.“178 Theologie ist für ihn dabei nicht die natürliche Theologie, die als Teil der Metaphysik der philosophischen Erschließung offen steht, sondern Wissenschaft der Offenbarung, die mit der Philosophie nicht vermengt werden soll. Entsprechend versuchte nun Wittich die cartesianische Methodologie auch in der Theologie soweit zu etablieren, dass die Mysterien der theologia revelata unberührt blieben, die Theologie als Ganze aber philosophisch fundiert war. Die cartesische Methode wurde den Cartesianern zum eigentlichen Wissenschaftskriterium, so dass sich die Theologie in der Summe aus natürlicher und geoffenbarter Theologie vor ihrer Rezeption nicht verschließen konnte.

3.4.1.2 Das Philosophieverständnis von Johannes de Raey Sehr einflussreich für die cartesianische Theologie sind die wissenschaftstheoretischen Überlegungen von Johannes de Raey, mit dem Wittich seit seinem Studium immer wieder in Kontakt stand und der sich bis in die 1680er Jahre mit ihm und anderen Coccejo-Cartesianern über die Frage des Charakters der Philosophie und anderer Wissenschaften intensiv ausgetauscht hatte.179 De Raey, der bereits während der Studienzeit von Wittich und Clauberg auf diese maßgeblich 176 „Et si sciret auctor aliquem ex sua Philosophia ratiocinia deducturum in Theologia, et in eum modum sua Philosophia abusurum, eum operae suae paeniteret.“ Descartes: Gespräch (1648) zu VI 550,108 (Arndt). 177 Vgl. Descartes: Gespräch (1648) zu VI 550,108 (Arndt). 178 Arndt zu Descartes: Gespräch (1648) zu VI 550,108 (Arndt), hier 167 Anm. 137. Mysterien des Glaubens zu erkennen bleibt auch bei Descartes eine Frage der göttlichen Gnade. Dieser Voraussetzung hatte sich auch Wittich angeschlossen, wie die Theologia pacifica zeigt: Vgl. mit Belegen Eberhardt, Wittich, 294. 179 Vgl. die Antrittsvorlesung von Verbeek, De vrijheid van de filosofie, und Trevisani, Descartes in Deutschland, 79. De Raeys Wissenschaftstheorie ist bes. dargelegt in Johannes de Raey: Cogitata de interpretatione quibus natura humani sermonis et illius rectus usus, tum in communi vita et disciplinis ad vitae usum spectantibus, tum in philosophia, ab hujus seculi errore et confusione vindicantur. Amsterdam 1692. Ein zentrales Anliegen von de Raey, das auch die Veröffentlichung seines Briefes an Wittich von 1680 zur Folge hatte, war die Abgrenzung der Cartesianer von radikalen Rationalisten, dem Spinozismus und Meyers Philosophia S.S. Interpres. Vgl. dazu Douglas, Spinoza and the Dutch Cartesians, und Verbeek, Descartes and some Cartesians, 188–194.

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Einfluss genommen und eine hohe Bedeutung innerhalb des Netzwerks hatte,180 entfaltete die für die Cartesianer so grundlegende „Seperation Thesis“ von der Trennung der Philosophie von der Theologie weiter.181 Mit Wittich und anderen teilt er die Auffassung, dass es nicht die Aufgabe der Naturphilosophie sein könne, vermeintliche Fehler der Bibel zu korrigieren; ebenfalls war man einig darüber, dass die Philosophie sich durch die Ausbildung klarer und deutlicher Erkenntnisse auszeichnen müsse.182 De Raey ging das jedoch nicht weit genug. Während Wittich die philosophischen Neuerungen von Descartes für die Theologie nutzbar machte, betonte er die Exklusivität der Philosophie.183 De Raey kam zu dem Schluss, dass die Philosophie nicht nur von der Theologie, sondern von allen anderen Wissenschaften, auch den unter ihr gemeinhin subsummierten, zu trennen sei. Das etablierte und auch von Wittich besonders für die Trennung der Wissenschaften stark gemachte Gliederungskriterium der Wissenschaften nach Erkenntnisprinzipien hält er für ungenau. De Raey orientiert sich stattdessen an einem anderen Unterscheidungsmerkmal der Wissenschaften aus dem Kontext der klassischen wissenschaftstheoretischen Frage des 13. Jahrhunderts, nämlich daran, ob es sich bei einer Wissenschaft um eine scientia practica oder theoretica handle. Nur die Philosophie sei als theoretische Wissenschaft zu bezeichnen. Er betont daher die Unabhängigkeit der reinen theoretischen Philosophie von allen anderen, praktischen Wissenschaften anhand ihres Gegenstands, den absoluten Ideen des Intellekts. Die Theologie sei durch ihren Bezug auf Bibel und Glauben auf ein erfahrungsbezogenes Erkenntnisprinzip angewiesen.184 So steht sie im Kontext des Kontingenten, während die Philosophie die abstrakte Wahrheit untersuche. Eine natürliche Theologie muss er konsequenterweise ablehnen.185 De Raey geht bei seiner Separation der Philosophie so weit, dass er zwei Seiten des Intellekts im Menschen annimmt, 180 Vgl. z. B. Trevisani, Descartes in Deutschland, 51. 181 Vgl. für den Begriff Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 36–63. 182 Vgl. Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 41–49. Douglas suggeriert in seiner Darstellung mitunter, dass die radikale Durchführung der Trennung von Philosophie und Theologie eine Mehrheitsposition des Netzwerkes gewesen sei. Das stimmt jedoch, wie sich an ihrer wirkmächtigen Verhältnisbestimmung Wittichs zeigt, nur mit Einschränkungen. Insbesondere die von de Raey erarbeitete Ablehnung einer natürlichen Theologie teilt Wittich definitiv nicht. 183 Ausgangspunkt dafür mag u. a. die Überlegung gewesen sein, dass praktische Wissenschaften wegen ihres Lebensweltbezugs es sich gar nicht leisten könnten, immer klare und deutliche Erkenntnisse auszuarbeiten. Die konkreten Anwendungsmöglichkeiten, die Notwendigkeit zum spontanen Handeln oder die Berücksichtigung von individuell verschiedenen Kontexten machten dies schwer möglich. Vgl. dazu Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 45. 184 Vgl. Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 46. 185 Die Theologie sei auf die praktische Frage nach dem Heil zu beschränken. Vgl. mit Belegen Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 43.

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von denen eine der Philosophie und die andere den weiteren Wissenschaften zuzuordnen sei.186 Die Philosophie erhält bei ihm eine exponierte Stellung als die einzige wirklich theoretische Wissenschaft, indem er alle praktischen Elemente aus seinem Philosophieverständnis streicht. Dadurch entfernt er sich durchaus von Descartes, der seine Studien mit dem Ziel unternommen hatte, gerade eine praktische Philosophie zu entwickeln187 sowie die verschiedenen Wissenschaften als Einheit auf die Grundlage einer einzigen Methode zu stellen.188 Während de Raey auf der Grundlage von Descartes’ Wissenschafts- und Methodenlehre frei weitergearbeitet hatte, orientierte sich Wittich insgesamt enger an den cartesischen Grundlagen: Inwieweit die von Descartes universell angelegte Methodologie in die Theologie übertragen werden kann, diskutiert Wittich nicht explizit, macht jedoch deutlich, dass der Bereich der Mysterien der Offenbarungstheologie von einer rationalen Erschließung ausgenommen ist. Wittich bewahrt daher trotz der Trennung von Philosophie und Theologie also ganz im Sinne von Descartes ein Wissenschaftsbild, das die Einheit der Wissenschaften über die gemeinsame vernünftige Methode aufrechterhält, jedoch die Theologie, insofern sie sich als theologia revelata auf ein anderes Erkenntnisprinzip stützt, absondert, während de Raey die Philosophie von allen anderen Wissenschaften separiert. Wittich hat de Raeys Ansatz nachweislich mit ihm diskutiert.189 Die grundsätzliche Emanzipation der Philosophie ist ihnen ein gemeinsames Anliegen. Die Differenzierung zwischen einer philosophischen Sprache und der lebensprakti186 Vgl. Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 43–49 und dazu auch Douglas, Spinoza and the Dutch Cartesians, der den cartesianischen Charakter dieser These infrage stellt und weitere Belege anführt. 187 Vgl. Descartes: Discours (1637) 6,2 (AT VI 62). Vgl. mit weiteren Unterschieden Verbeek, Descartes and some Cartesians, 193–196 und De vrijheid van de filosofie, 8–13. Jedoch kann de Raey sich an der cartesianischen Unterscheidung zwischen Theorie auf der Basis von klaren und deutlichen Erkenntnissen und Praxis auf der Basis von Sinneserfahrungen orientieren. Vgl. Verbeek, Descartes and some Cartesians, 190. Zu Recht betont Verbeek, Descartes and some Cartesians, 195 jedoch, dass Descartes den Begriff „praktisch“ in Anwendung auf seine Philosophie nicht so versteht, dass diese eine mit anderen praktischen Wissenschaften wie der Medizin oder Ethik auf derselben Stufe stünde. Sie sei insofern praktisch, als dass sie die Natur hinter den praktischen Problemen verständlich mache. Sie klärt also die Natur des Körpers als Grundlage für eine medizinische Diagnose und erbringt diese nicht selbst; sie erklärt die Natur der Seele als Grundlage für ethische Überlegungen etc. Denn Descartes selbst grenzt unmittelbar bevor er sich das Ziel setzt, eine praktische Philosophie zu entwickeln, dieses Vorhaben ab von der Reform der Lebenspraxis, über die kein Konsens herstellbar sei. Vgl. Descartes: Discours (1637) 6,2 (AT VI 62). Die allgemeinen Grundbegriffe der Wissenschaft zu finden ist sein eigentliches Ziel. 188 Insofern ist die cartesische Philosophie ursprünglich eng auf wissenschaftstheoretische Überlegungen bezogen, wie die Regulae, an denen Descartes bis 1628 gearbeitet hat, ebenso zeigen wie der Discours de la méthode. 189 Greifbar wird ein Briefwechsel zu diesem Thema durch den von de Raey veröffentlichten Brief an Wittich von 1680 (vgl. dazu auch Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 47).

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schen Umgangssprache, den Wittich besonders in seiner Consideratio entfaltet hatte, findet sich in ähnlicher Form auch bei de Raey. Dieser sieht darin jedoch die Verschiedenheit der abstrakten Philosophie von praktischen Wissenschaften, zu denen auch die Theologie gezählt werden müsse, vorgegeben.190 Der einzigartige Charakter der Philosophie macht ihren von Wittich ausdrücklich vertretenen Nutzen für andere Wissenschaften nach de Raey unmöglich. Dies gelte besonders auch für die Theologie, die sich mit der Bibel auf einen umgangssprachlichen Text beziehe, so dass die Philosophie nicht von ihr herangezogen werden könne.191 Wittich betont demgegenüber zwar die Trennung von Philosophie und Theologie, in Übereinstimmung mit Descartes lehnt er aber ihre völlige Beziehungslosigkeit ab.192 Die Theologie gilt ihm als praktische Wissenschaft.193 Wittichs Wissenschaftsbild folgt den Überlegungen von de Raey nicht, sondern bleibt Descartes verpflichtet.

190 Vgl. Verbeek, De vrijheid van de filosofie, 5f. De Raey macht die philosophische Sprechweise im Gegensatz zur Umgangssprache zu einem maßgeblichen Unterscheidungskriterium der Philosophie von allen anderen Wissenschaften. 191 Medizin, Ethik oder Politik seien ebenso von der Philosophie zu trennen. Die physica integriert de Raey jedoch in die Philosophie, da diese im Gegensatz zu den praktischen Wissenschaften ebenfalls auf den Methoden der Mathematik und des cartesianischen Zweifels beruhe, nicht auf einem hermeneutischen und praktischen Zugang zur Wahrheit. Philosophische Wahrheit könne nicht in der Sprache der Theologie oder anderer Wissenschaften ausgedrückt werden. Je wahrhaftiger eine Philosophie sei, als desto unbrauchbarer erweise sie sich für die anderen Wissenschaften. De Raey verabsolutiert die wahre Philosophie und verweist sie auf den intelligiblen Bereich ohne jedweden praktischen Bezug. Vgl. mit Belegen Verbeek, Descartes and some Cartesians, 189–194 und De vrijheid van de filosofie, 5–8. In Übereinstimmung mit Wittich diskutiert de Raey insbesondere die Trennung von Philosophie und Medizin. Vgl. Ioannis de Raei philosophi, ad Christophorum Wittichium Theologum, Epistola familiaris, 12. August 1680,655 (Anm. 1) und ThijssenSchoute, Nederlands cartesianisme, 129. Grundsätzlich betont Wittich immer wieder, dass Wissenschaften wie Ethik oder Naturphilosophie bzw. physica Teile der Philosophie seien, eben weil sie die Vernunft als Erkenntnisprinzip zugrunde legen. Auch Descartes schließt (abgesehen von einer späten Bemerkung: vgl. Verbeek, De vrijheid van de filosofie, 11) ausdrücklich nicht die Medizin von der Philosophie aus. Dass Wittich de Raey in seiner Differenzierung von Philosophie und Medizin gefolgt ist, bedürfte einer genaueren Betrachtung. Es ist jedenfalls anzunehmen, dass er nicht in derselben Weise argumentiert hat wie de Raey, sondern lediglich eine Ausdifferenzierung der vernunftbestimmten Wissenschaften befürwortet hat, in welcher der Medizin ein eigener Platz zugesprochen wird. Die Quellen schweigen sich darüber jedoch aus. 192 Vgl. zu Descartes und der Theologie z. B. Ariew u. a., Dictionary of Descartes (2003) s.v. Theology, 240f. Vgl. auch Verbeek, De vrijheid van de filosofie, 9 mit weiteren Verweisen. De Raeys Ansatz einer rigorosen Trennung der Wissenschaften läuft Gefahr, eine Zweiteilung der Wahrheit und Methodologie nach sich zu ziehen, die mit Descartes und auch der cartesianischen Theologie nicht vereinbar ist. Vgl. Verbeek, Descartes and some Cartesians, 191 und De vrijheid van de filosofie, 10. 193 Vgl. Kapitel 3.5 (Exposition).

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3.4.1.3 Die Rezeption von Claubergs Wissenschaftstheorie auf der Grundlage von Descartes’ Discours Johannes Clauberg erweist sich aufgrund des gemeinsamen Lebensweges mit Wittich als einer seiner zentralen Dialogpartner, gerade in Bezug auf die Descartesauslegung. Seine eigenen philosophischen und logischen Schriften werden von Wittich in ihrem Entstehungsprozess begleitet, gelesen und theologisch rezipiert. Eine gemeinsame Position zu Descartes, Wissenschaftsverständnis, kopernikanischem Weltbild und dessen Harmonisierung mit der Bibel hatten beide Gelehrte spätestens 1651 in ihrer Herborner Zeit ausgebildet.194 In ihr spiegelt sich das Fundament für die Entfaltung eines cartesianischen Systems wider. Das Œuvre von Descartes weist große Leerstellen in Bereichen auf, die für die Schulphilosophie und -theologie der Zeit von hoher Relevanz waren. Fragen der Logik und Ethik müssen z. B. über Descartes hinausgehend, mitunter gar gegen Descartes, angegangen werden, während Physik und Metaphysik ausführlich von ihm diskutiert worden sind.195 Sucht man nach den philosophischen Grundlagen von Wittichs Theologie, findet man sie vor allem bei Clauberg. Die beiden Gelehrten haben sich in Herborn und Duisburg philosophische und theologische Zugänge zum Cartesianismus regelrecht aufgeteilt.

3.4.1.3.1 Das Wissenschaftsmodell Clauberg kann das Verhältnis der Wissenschaften mit der dafür seit der Antike gebräuchlichen Metapher eines Baums beschreiben. Es besteht eine große Verwandtschaft von Wittichs Wissenschaftsbild zu dem Modell des arbor scientiarum, wie es Johannes Clauberg in einer Weiterführung von Descartes entworfen hat. Die ‚Wurzel‘ der Philosophie gilt hier in Anlehnung an das klassische Universitätsstudium als Grundlage derjenigen höheren Fakultäten, die sich auf die Vernunft stützen, während die geoffenbarte Theologie unabhängig davon be-

194 Es lässt sich gut belegen, nicht nur anhand der arbeitsteiligen schriftstellerischen Tätigkeit der beiden, sondern auch anhand eines Briefes Claubergs an den Dillenburger Hof vom 3. Juli 1651. Clauberg bietet hier gegen Heinius dieselbe hermeneutische Grundüberzeugung, die Wittich später im opinio-Argument verteidigt. Er führt dazu dieselben Gewährsleute, namentlich Polanus und Calvin, an. Vgl. zu dem Brief Menk, Cartesianismus an der Hohen Schule Herborn, 150–152. Polanus ist Wittichs Quelle bei seiner ersten nachweislichen Erwähnung des opinio-Arguments in Wittich/Posthius: De libero hominis arbitrio (1651) Corollarium II. Vgl. exemplarisch für die engen Bezüge Wittichs zu Clauberg Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 484–522. Wittich strebt ein Kolleg zu Claubergs Logik in Nijmegen an. Vgl. Eberhardt, Wittich, 219. 195 Vgl. dazu Ariew, Descartes and the First Cartesians, XVII–XVIII u. ö. Vgl. zu Descartes’ kritisches Verhältnis zu Logik bes. Ariew, Descartes and the First Cartesians, 107–112.

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trachtet wird.196 Bereits Descartes verwendete im Lettre-Préface zur französischen Ausgabe seiner Principia (1644) die klassische Metapher des Baumes, um sein Wissenschaftsverständnis zu veranschaulichen.197 Der Baum repräsentiert bei ihm die Gesamtheit der Philosophie, wobei die Metaphysik die Wurzeln bildet, die Physik den Stamm und die übrigen Wissenschaften, namentlich die Medizin, die Mechanik und die Ethik, die Äste. Clauberg greift dieses Bild auf und überträgt es auf das Universitätscurriculum seiner Zeit. Das Modell sollte die cartesianische Wissenschaftslehre und insbesondere Claubergs eigene Logik, die er dem Ramismus und herkömmlichen Aristotelismus entgegenstellte, veranschaulichen. Die Logik, die namentlich in dem Modell gar nicht auftaucht, macht Clauberg zur eigentlichen Voraussetzung allen Philosophierens. Die Ordnung der Wissenschaften stellt er frei um: Die Philosophie diene dem Baum der Wissenschaften als Wurzel und führe erst zu der Ausformung der ‚Äste‘ Medizin, Jurisprudenz und (natürliche) Theologie.198 Diese gegenüber Descartes vorgenommene Umstellung soll zum Ausdruck bringen, dass die in dessen Modell einzeln benannten Bereiche Physik, Ethik und Mechanik alle als Teile der einen Philosophie zu verstehen seien.199 Auf der Grundlage der cartesianischen Philosophie erwartete Clauberg aufgrund der überlegenen Methodologie, die wie196 De Raey hatte sich mit seinem ehemaligen Schüler Clauberg in Fragen der Wissenschaftstheorie und Logik in einem Disput befunden. Vgl. Verbeek, De vrijheid van de filosofie, 13. 197 Die Ordnung der Philosophie nach den einzelnen Teilen des Baumes ist nicht nur in scholastischen Lehrbüchern verbreitet, wie Ariew, Descartes and the First Cartesians, 107 weiß, sondern findet sich bereits in der Antike. Der ursprüngliche Ansatz von Descartes ist von so formalen Ortsbestimmungen der Wissenschaft eigentlich frei. Unabhängig von der Zugehörigkeit einzelner Bereiche zu bestimmten Wissenschaften hatte er angekündigt, die Erkenntnisreihenfolge zum einzigen Ordnungsprinzip der Wissensgegenstände zu machen. Damit bliebe die Methode das eigentliche Kriterium der Systematisierung des Wissens. Damit gibt es nur eine einzige Wissenschaft. Vgl. Descartes: Discours (1637) 2,11 (AT VI 19f.) und dazu Poser, René Descartes, 46–48. Für den Universitätsunterricht ist dieser Ansatz freilich nicht praktikabel, so dass die Cartesianer von der Vorstellung einer einzigen Wissenschaft mit einheitlicher Methode über alle Wissensbereiche abwichen. Der grundsätzliche Fortschritt von der einfachen Erkenntnis zu den komplexeren wird aber beibehalten und kommt auch innerhalb der cartesianischen Theologie zum Einsatz. Dabei steht dann jedoch nicht mehr die Reihenfolge des Wissensstoffs im Vordergrund, sondern die Etablierung eines wirklich verlässlichen und wahren Erkenntnisweges: Jede Ebene müsse erst klar und deutlich erfasst worden sein, bevor man auf dieser Grundlage zu weiteren Erkenntnissen übergehe. Vgl. z. B. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §33,25. Zu Recht weist zudem Ariew, Descartes and the First Cartesians, 106 darauf hin, dass Descartes selbst der in seiner Baummetapher abgebildeten Philosophie einen vorbereiteten allgemeinen Erkenntnisprozess in moralischen und logischen Fragen propädeutisch voranstellt. 198 Vgl. zu Claubergs Adaption des Modells von Descartes und seiner didaktischen Motivation Trevisani, Descartes in Deutschland, 78f. und Trevisani, Clauberg e l’Aristotele riformato. Clauberg äußert sich dazu in seinen Disputationes I, 7 (nach Trevisani, Descartes in Deutschland, 78). 199 Inwiefern dies auch für die Medizin gelten könnte, wurde später zu einem Diskussionspunkt der Cartesianer mit de Raey. Vgl. Kapitel 3.4.1.2 (Das Philosophieverständnis von de Raey).

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derum auf alle Wissenschaften anzuwenden sei, sichere Erkenntnisse und Fortschritt in allen Wissensbereichen.200 Damit bringt er gleichzeitig zum Ausdruck, dass all diese Wissenschaften denselben Prinzipien folgten und letztlich von der Rationalität der Philosophie durchdrungen seien.201 Auch Wittich geht von einer konsequenten Einteilung der Wissenschaften nach dem Vernunftprinzip bis in die Grenzbereiche der Theologie hinein aus. Claubergs Bild des arbor scientiarum passt vollständig zu seinem Ansatz. Dem Wissenschaftsgeflecht steht die Offenbarungstheologie bei Wittich völlig separiert gegenüber, während Ethik, Physik und natürliche Theologie als Teilgebiete der Philosophie verstanden werden können.202 Es ist anzunehmen, dass Wittich Clauberg in weiten Teilen bei der Reflexion seines Wissenschaftsverständnisses gefolgt ist. Dies entspricht dem arbeitsteiligen Vorgehen bei der Entwicklung ihres gemeinsamen Ansatzes: Während Clauberg die Wissenschaftstheorie und Logik (sowie in diesem Kontext auch eine von Wittich berücksichtigte hermeneutica generalis) erschlossen und einen philosophischen Schwerpunkt gesetzt hat, widmete sich Wittich stärker der biblischen Hermeneutik sowie der theologischen Descartesrezeption und Apologetik.203 Allerdings bietet Clauberg im Rahmen der internen Ordnung der Philosophie auch eine alternative Verortung natürlicher Theologie, die allerdings nicht im Widerspruch zu seinem arbor scientiarum zu verstehen ist. In Anlehnung an Descartes bekommt die natürliche Theologie notwendigerweise eine zentrale Rolle in der prima philosophia, also dem Anfang jeder Denkbewegung. Gemäß dem subjektiven Ansatz und der ordo cognoscendi des Cartesianismus setzt Clauberg bei dem an, was der denkende Geist als erstes erkennt, nämlich den eigenen Verstand und Gott. Allerdings hat die natürliche Theologie hier einen unvollständigen und vorläufigen Charakter. Da die Fundamente der sicheren Erkenntnis gelegt werden sollen, kann eine eigentliche Untersuchung Gottes und seiner Attribute nach Claubergs Ansatz erst am Ende der Philosophie erfolgen, wie es seinem Wissenschaftsmodell entspricht. Nichtsdestoweniger hat diese Fragestellung eine grundlegende Funktion für das gesamte philosophische Sys-

200 Vgl. Trevisani, Descartes in Deutschland, 78f. mit Belegen. 201 Vgl. Trevisani, Descartes in Deutschland, 84, der in diesem Zusammenhang von einer Isomorphie der Wissenschaften spricht. 202 Vgl. zu Wittichs Subsummierung verschiedener Wissenschaften unter dem Begriff Philosophie und seinen wissenschaftstheoretischen Voraussetzungen Kapitel 3.7 (Die Differenzierung von Theologie und Philosophie nach ihren Erkenntnisprinzipien in der Theologia pacifica). 203 Vgl. dazu auch Danneberg, Die hermeneutica generalis Johann Claubergs. Wittich verweist auch regelmäßig in philosophischen Fragen auf Claubergs Schriften. Clauberg seinerseits hat der Hermeneutik eine eigenständige Rolle innerhalb der Logik zugewiesen und diese aus philosophischer Perspektive intensiv bearbeitet.

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tem204 und auch dieser Aspekt findet bei Wittich Anklänge, allerdings nur in seinen philosophischen Arbeiten. So lassen sich entsprechende Parallelen zwischen Claubergs Exercitationes Centum (1656) und Wittichs Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes nachweisen.205 3.4.1.3.2 Die Defensio Cartesiana Bedeutend für die Etablierung einer cartesianischen Theologie sind besonders Claubergs Reflexionen über die cartesische Methode, mit denen er bereits in der Herborner Zeit in Auseinandersetzung mit Lentulus und Revius begonnen hatte. Die aus diesem Kontext stammende Defensio Cartesiana (1652)206 bietet eine Einführung in die Grundlagen cartesianischer Philosophie und ihrer Methodologie,207 die Wittich in ihrem Entstehungsprozess hatte begleiten können.208 Clauberg verweist hier darauf, dass die viel kritisierten Meditationes von Descartes eine akroamatische und daher oftmals unverstandene Schrift seien.209 Ein 204 Vgl. dazu Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 40f. 205 Vgl. dazu mit Belegen bei Clauberg, in Descartes’ Gespräch mit Burman und bei Wittich Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 41–43 (Anm. 35), der eine Parallele in der Beantwortung der Frage, wie sich die Erkenntnis des endlichen Ichs zur Erkenntnis des unendlichen Gottes verhält, aufzeigt. Die Erkenntnis der eigenen Begrenztheit und Unvollkommenheit setze die Erkenntnis der Gottesidee voraus, so dass sich bei der Etablierung sicherer Erkenntnisse der Verstand zunächst selbst erkenne. Bevor er jedoch seine Unvollkommenheit erfasse, müsse die Gotteserkenntnis als Kontrast vorangehen. 206 Johannes Clauberg: Joh. Claubergii In publico Teutoburgensi ad Rhenum Atheneae Professoris Defensio Cartesiana Adversus Jacobum Revium Theologum Leidensem, et Cyriacum Lentulum Professorem Herbornensem: Pars prior Exoterica, in qua Renati Cartesii Dissertatio De methodo vindicatur, simul illustria Cartesianae Logicae & Philosophiae Specimina exhibentur. Amstelodami: Elzevir 1652. 207 Eine Analyse der Defensio Cartesiana bietet auch Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 201–232. 208 Vgl. zur Entstehung der Schrift im Kontext der Herborner Krise auch Eberhardt, Wittich, 130–132. Als erste grundlegende Reflexion der cartesianischen Philosophie durch Clauberg wird diese Schrift hier exemplarisch in den Blick genommen. Sie ist als grundlegend zu betrachten, weil sie am Anfang auch von Wittichs Schaffen entstanden und von diesem in ihrer Entstehung mit Sicherheit wahrgenommen worden ist. Zudem vermittelt sie einen guten Eindruck der Rezeption cartesischer Methodenlehre innerhalb des cartesianischen Netzwerkes. Eine vollständige Analyse des Œuvres Claubergs auf seine theologischen Implikationen kann hier nicht geboten werden und muss der weiteren Forschung überlassen bleiben. Eine besondere Behandlung verdienten neben der Defensio und der im Folgenden betrachteten Logik z. B. auch die Exercitationes Centum und die auf Deutsch verfasste Abhandlung „Unterscheid zwischen der Cartesianischer, und der sonst in Schulen gebräuchlicher Philosophie [sic!]“. Vgl. weiterführend auch Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 326–483 oder Savini, Clauberg, bes. 197–268. 209 Die Unterscheidung zwischen akroamatischen und exoterischen Schriften steht ganz im Kontext der Herausbildung von Wissenseliten in der Frühen Neuzeit und wird in der Hermeneutik der cartesianischen Theologie aufgenommen. Sie spielt auch für die Bibelauslegung eine wichtige Rolle, die von Wittich als eine exoterische Schrift belegt werden soll.

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besserer Einstieg in die cartesische Philosophie stellt seiner Meinung nach der Discours de la méthode dar, dessen Auslegung die Schrift gewidmet ist.210 Anhand des Discours entfaltet er grundlegende Termini und Konzepte der cartesianischen Philosophie, die auch für die theologische Descartesrezeption von Bedeutung sind.211 Neben einer Analyse des cartesischen Stils und der biographischen Passagen des Discours212, in der er auch Defizite des cartesischen Ansatzes benennt,213 widmet er sich explizit auch dem Verhältnis von Descartes zur Theologie. Dabei verteidigt er ihn zunächst gegen eine Kritik an seinem katholischen Glauben214 und betont seine Ablehnung, sich mittels der menschlichen Vernunft den von Gott geoffenbarten Wahrheiten zuzuwenden.215 Die fromme Zurückhaltung von Descartes wird dabei kritisch den Ansätzen der scholastischen Theologie gegenübergestellt und setzt so Descartes’ eigenen Kurs konsequent fort.216 Clauberg führt drei Begründungen für Descartes’ Enthaltung theologischer Aussagen an. Zunächst sei die Frage des Heilsweges unabhängig von Gelehrsamkeit und wissenschaftlicher Analyse.217 Zweitens entzögen sich die Gegenstände der Offenbarung der Einsichtsfähigkeit der Vernunft. Ihnen könne nur glaubend begegnet werden.218 Drittens sei die Interpretation der Offenbarung

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Vgl. dazu Kapitel 3.6.1 (duplex cognitio) und Danneberg, Kontrafaktische Imaginationen, 396 (Anm. 380) und Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 267. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) I 1–6. Dass Clauberg diese Differenzierung ableitet aus der üblichen Einteilung des Œuvres von Aristoteles, zeigt bereits einleitend, dass er sich bei seiner Descartesinterpretation durchaus an der herkömmlichen Philosophie orientieren will. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) I 1. Auch im weiteren Verlauf des Werkes wird an einigen Stellen explizit auf Aristoteles Bezug genommen. Clauberg folgt weitgehend dem Aufbau des Discours und beginnt die Erläuterung seines Anfangs mit der Klärung der Begriffe bona mens und recta ratio. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) II 1. Er erläutert sodann grundlegende Regeln der Meinungs- und Urteilsbildung. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) II 2–8. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) III (die Bescheidenheit der Darstellung von Descartes) und IV sowie VI–IX (zum biographische Rahmen: Beurteilung des Descartes zu Studieninhalten und Philosophie, die peregrinatio von Descartes im Verhältnis zu seinen Thesen). Vgl. dazu mit Belegen Risse, Logik der Neuzeit II, 59: Der Discours sei nach Clauberg eine populäre Schrift, die die historische Genese der cartesischen Philosophie vermittle, aber diese nicht eigentlich systematisch lehre. Trotz eines kritischen Verhältnisses zur Logik werde diese von Descartes nicht verworfen, sondern lediglich in ihren Exzessen bloßer dialektischer Diskussionspraktik kritisiert. Clauberg unterstelle Descartes eine positive Rezeption mit Blick auf ihre subjektive Seite, also die eigene Vernünftigkeit, während er die allgemeingültigen Elemente der Logik ausspare. Das System Claubergs verstehe sich insofern hier als eine – zwingend notwendige – systematisierende Ergänzung. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) V 1–5. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) V 6–9. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) V 6. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) V 7. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) V 8. Im weiteren Verlauf des Kapitels werden sodann konkrete Vorwürfe von Revius und Lentulus gegen Descartes widerlegt. Seine grundsätzliche

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etwas Außerordentliches und grundsätzlich abhängig von der Gnade Gottes. Descartes habe sich dazu nicht berufen gefühlt.219 Als Philosoph untermauert Clauberg hier zunächst also die Distanz zur Theologie. In allgemeiner Form entfaltet er des Weiteren die cartesianische Methodenlehre und ihre Bedeutung für die Wissenschaft anhand der im Discours vorgestellten vier Grundregeln der cartesischen Methode.220 Indem er die Regeln exemplifiziert, Präzisierungen vornimmt und jeweils für jede Regel auf zentrale Punkte hinweist, aus denen ihre Übertretung resultiere, kann er die Regeln durch einen umfangreichen Methodenkatalog erweitern.221 Anwendungsmöglichkeiten für die Theologie nimmt er dabei überwiegend nicht in den Blick. Insofern die Theologie sich jedoch als Wissenschaft versteht, muss sie sich auch den hier christliche Gesinnung wird verteidigt. Die gegenwärtige theologische Descartesrezeption wird als Beleg seiner Rechtgläubigkeit angeführt. Vgl. bes. Clauberg: Defensio (1652) V 22. 219 Vgl. Clauberg: Defensio (1652) V 9. 220 Vgl. bes. Clauberg: Defensio (1652) XI.XIV–XVI zu den einzelnen Regeln und für eine Gesamtbewertung und zur Anwendung Clauberg: Defensio (1652) XVII–XVIII. Vgl. Descartes: Discours (1637) 2,7–10 (AT VI 18f.) und dazu auch Risse, Logik der Neuzeit II, 36f. 221 Clauberg analysiert systematisch und über seinen Bezugstext hinausgehend die Ursache von Vorurteilen und leitet aus der cartesischen ersten Regel, der Bindung an eine evidente Wahrheitserkenntnis, zentrale Voraussetzungen für die Etablierung sicherer Urteile ab. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XI 4–15, wo er zwölf Ursachen für ihre Entstehung auflistet. Ein eigenes Kapitel widmet er der Neigung, bei der Urteilsbildung zu angeeigneten Meinungen Zuflucht zu nehmen, wofür er wiederum zehn Gründe nennt. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XII. Ausführlich thematisiert er zudem die Neigung, Urteile über Dinge zu fällen, die den Erkenntnisstand übersteigen („Non esse plus judicandum quam perceperis.“), wofür er zehn Beispiele anführt. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XIII. Die zweite Regel, nach welcher Probleme in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden müssen, wendet Clauberg auf das Modell der Wissenschaften an: Während Gott nur einen Zugang zur Fülle der Wirklichkeit benötige, teile der Mensch sich die Erkenntniswege durch die verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen ein. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XIV 3. Auch hier zeigt Clauberg in zehn Punkten Gefahren der Regelübertretung auf und präzisiert so die Anwendungsmöglichkeiten der cartesischen Methode. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XIV 9–18. Die Regel drei, nämlich immer einer bestimmten Ordnung vom Einfachen zum Komplexen zu folgen, exemplifiziert Clauberg anhand des cartesischen Erkenntnisweges, durch welchen in der ersten Philosophie das Fundament bei der eigenen Geistes- und Gotteserkenntnis gelegt wird, bevor man sich im Rahmen der Physik der körperlichen Welt anhand des Materiebegriffs zuwende, der wiederum von den beiden einfachen Prinzipien Ausdehnung und Bewegung her entfaltet werde. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XV 6. Zehn Gefahren der Regelübertretung benennt er in Clauberg: Defensio (1652) XV 11–20. Auf die Rolle natürlicher Theologie für die Entfaltung der Philosophie, die Clauberg hier wiederum beschreibt, war bereits hingewiesen worden. Vgl. dazu neben den oben genannten Stellen auch Clauberg: Defensio (1652) XXIII 5 im Kontext des Verhältnisses von Metaphysik und Physik. Die letzte Regel, durch die sich der Cartesianer bei seiner Untersuchung auf Vollständigkeit und allgemeine Übersichtlichkeit verpflichtet, verteidigt Clauberg u. a. gegen den Vorwurf der Hybris, als wolle sich der Philosoph mit diesem Anspruch zu göttlicher Allwissenheit aufschwingen. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XVI 4 und für neun Gefahren der Regelübertretung XVI 6–14.

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formulierten Anforderungen stellen. Clauberg bespricht die ethischen Regeln, die Descartes sich für seinen philosophischen Neuansatz gegeben hatte. Diese werden mit der Bekundung von Descartes’ Absicht eingeleitet, an der Religion festzuhalten. Clauberg verzichtet auch dazu auf theologische Ausführungen.222 Stattdessen betont er, dass Descartes mit seiner Philosophie keineswegs das Fundament einer neuen Theologie lege, denn die Schlussfolgerungen von Descartes seien identisch mit traditionellen Ansätzen natürlicher Theologie. Lediglich der Argumentationsweg sei neu.223 Dies verdeutlicht Clauberg an den Thesen von Descartes, die gewöhnlich von der Theologie angefochten werden: Er beginnt mit der Klärung der Beziehung von Mensch und Gott in der cartesischen Erkenntnislehre. Den Zusammenhang von Selbst-und Gotteserkenntnis am Anfang der cartesischen Denkbewegung leite Descartes nicht mathematisch her, ebenso wenig jedoch mache er diesen Gedankengang anfällig für die Annahme, er sei Produkt menschlicher Einbildung. Clauberg verweist auf die Parallele des Beginns der Institutio Calvins, die ebenfalls von der Selbst- zur Gotteserkenntnis überleite.224 Auch mit Augustinus befinde er sich grundsätzlich im Konsens.225 Die Offenbarungen Gottes bestimme er als absolut sicher und fordere Glauben für sie ein. Die übernatürliche Theologie schließe die natürliche Theologie mit ein,226 die von Descartes entfaltete rationale Gotteserkenntnis stehe auf biblischem Boden.227 Den cartesischen Zweifel verteidigt Clauberg gegen theologische Kritik mit dem Verweis darauf, dass bereits bei Augustinus die Frage nach der rational beweisbaren Existenz Gottes gestellt sei und nicht der Zweifel daran, sondern der Gottesbeweis das Fundament der cartesischen Philosophie ausmache.228 Insofern stünden Metaphysik und Physik in einem engen Verhältnis innerhalb des Cartesianismus.229 Zu einer Reihe von Bibelstellen, die Wittich im Rahmen seiner Dissertationes Duae vor dem Hintergrund der Akkommodation der Bibel an die wissen222 Vgl. dazu nur Clauberg: Defensio (1652) XIX 6 und zu der moralischen Fundierung von Descartes Philosophie Ariew, Descartes and the First Cartesians, 149–153. Auch die Gotteslehre und andere Aspekte metaphysischer Überlegungen meidet er. Eine Darstellung der Metaphysik von Descartes will Clauberg am Beispiel des Discours ohnehin nicht leisten. Jedoch äußert er sich diesbezüglich gegenüber einer Reihe von Vorwürfen des Lentulus. Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XXII 5. 223 Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XXII 7. 224 Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XXII 8. Vgl. Calvin: Institutio (1559) I 1,1–3. 225 Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XXII 10. 226 Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XXII 11. 227 Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XXII 12 (mit Apg 17,27f.). 228 Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XXII 14. 229 Clauberg: Defensio (1652) XXIII 6f. Am Ende seiner Arbeit bietet Clauberg eine ausführliche Behandlung gängiger Vorurteile. Große Partien sind hier der cartesianischen Physik gewidmet, aber auch Vorurteile mit Blick auf Gotteserkenntnis und -verehrung werden in einem eigenen Kapitel behandelt.

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schaftlich ungebildete Leserschaft anführt, findet sich hier eine ausführliche naturwissenschaftliche Erklärung.230 Clauberg differenziert bei der Begründung sachlicher Unstimmigkeiten in der Bibel zwischen Fehlern, die aus der Erbsünde und der Wirkmacht des Teufels resultierten, welche er nicht behandeln wolle, und solchen, die auf ein unmittelbares menschliches Verschulden, nämlich eben in der Kindheit angeeignete Vorurteile, zurückgehen.231 Darunter fielen besonders die anthropomorphe Gottesvorstellung und der damit verbundene Komplex von Irrtümern einer tatsächlichen Körperlichkeit Gottes, deren Entstehung und verschiedene Ausformungen, besonders in paganen Kulten und der antiken Philosophie, Clauberg ausführlich bespricht und den er philosophisch widerlegt.232 Eine ausformulierte Akkommodations- und Skopuslehre entfaltet er nicht, bietet hier jedoch Fundamentales für Wittichs Analyse von Stil und Akkommodation in der Bibel, von Vorurteilen und der menschlichen Erkenntnis.233 Die Betrachtung der Defensio Cartesiana macht deutlich, dass Clauberg wesentliche theologische Problemfelder der cartesianischen Philosophie bewusst sind. Er spart sie weitgehend aus, ist sich ihrer Bedeutung jedoch scheinbar bewusst. Dieses Vorgehen ist für die Interpretation der Frühschriften Wittichs und das Verhältnis der beiden Gelehrten aufschlussreich. Es erhärtet nämlich die Annahme einer Arbeitsteilung von Wittich und Clauberg anhand der Scheidelinie von Theologie und Philosophie. Clauberg liefert als Philosoph Antworten auf die kontroversen Fragen der Methodologie, der Rolle der Theologie innerhalb der rationalen Wissenschaft und der naturwissenschaftlichen Anfechtungen der biblischen Wahrheit und verteidigt Descartes aus dieser Perspektive. Wittich vollzieht denselben Schritt von der Warte des Theologen aus.

3.4.1.3.3 Logik und Hermeneutik Anhand der Logik präsentiert Clauberg eine cartesianische Methodologie weitaus detaillierter. Diese versteht er zusammenfassend als eine Medizin, die Krankheit und Defizite des Geistes, konkret Vorurteile, Irrtümer und Zweifel, heilen kann. Wittich hat eben diese Vorstellung der cartesianischen Methode vor Augen, wenn er die Theologie als Wissenschaft cartesianisch entfaltet. Die wis230 Vgl. z. B. Clauberg: Defensio (1652) XXXI und dazu mit Bezug auf Wittichs Erklärungen zu Pred 1,7 De Angelis, Anthropologien, 305. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §10,5. 231 Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XXXIV 2. 232 Vgl. Clauberg: Defensio (1652) XXXIV. Das Kapitel schließt zudem mit zusätzlichen Corollaria und Anmerkungen. 233 Vgl. z. B. den Verweis auf die Defensio Cartesiana bei Wittich: Consideratio (1656) §50,36f. oder darauf zurückgreifend Wittich: Consensus (21682) I §17,21. Vgl. auch Wittich: Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 9 und III §45,33.

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senschaftliche Methodologie, der adäquate und konsequente Einsatz der Vernunft bei der Urteilsbildung in Exegese und Systematik, wird auch bei ihm ein Heilmittel gegen die Mängel der anthropologischen Bestimmtheit des Menschen.234 Claubergs Logik erweist sich damit als zentral für die Beantwortung der Methodenfrage, insbesondere mit Blick auf theologische Implikationen und Wittichs Rezeption.235 Bei Clauberg bündeln sich über den cartesianischen Ansatz hinaus auch aristotelische und ramistische Bezüge. So ist u. a. der Einfluss von Gerhard de Neufville (1590–1648) und Johannes Wille (1575–1640), den Bremer Professoren, bei denen auch der junge Wittich gehört hatte, spürbar.236 Claubergs durch eklektischen Aristotelesbezug angereicherte cartesianische Logik ist bestimmt durch ihre Ausrichtung auf sicheren Erkenntnisgewinn, folgt ansonsten aber in den wesentlichen Punkten herkömmlichen Bahnen.237 Die grundsätzliche Anschlussfähigkeit an aristotelische Logik ist der Grund dafür, warum man in der Forschung bei der Betrachtung der Philosophie und Theologie des cartesianischen Netzwerkes gerne von cartesianischer Scholastik zu sprechen pflegte. Dabei wird mitunter der innovative Zug Claubergs, Wittichs und anderer Cartesianer unterbewertet. Bereits der Name von Claubergs Entwurf, Logica vetus & nova, bringt seine Anschlussfähigkeit an die Tradition und ihre Öffnung für neue Impulse aus dem Cartesianismus zum Ausdruck.238 Er ist als Univer-

234 Vgl. dazu Savini, Methodus cartesiana, 322 und Le développement de la méthode cartésienne 512. Vgl. zu Wittichs Anwendung der Methode bes. seine Ausführungen zur Epistemologie, konkret der Überwindung von vorurteilsbehafteten Erkenntnissen durch eine stringente Vernunftanwendung (vgl. bes. Kapitel 3.6.1 [duplex cognitio]) und seine Ausführungen zur Erbsünde (vgl. bes. Kapitel 3.9.4 [Die göttliche Vernunft und die Sünde] und Kapitel 3.10.1.1 [Der Vernunftgebrauch nach dem Sündenfall]). 235 Vgl. zu Claubergs Logik und Hermeneutik vor allem: De Angelis, Anthropologien, 325– 328, Savini, Le développement de la méthode cartésienne, und Clauberg, Detel, Hermeneutik Claubergs, Risse, Logik der Neuzeit II, 58–62, Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation und – mit weiteren Literaturangaben – Danneberg, Die hermeneutica generalis Johann Claubergs. Vgl. für die Einordnung von Claubergs Logik in ihren historischen Kontext Danneberg, Auslegungslehre des Christian Thomasius, 287–297 (trotz einiger Unstimmigkeiten mit Blick auf Wittichs Verhältnis zu Clauberg auf 292) und Jung/Moritz/ Schlette, Philosophie, 494–503. Savini, Methodus cartesiana, belegt die Bedeutung von Claubergs Hermeneutik und Methodologie für Wittich überzeugend. Vgl. ergänzend auch Savini, Le développement de la méthode cartésienne 512–521. 236 Vgl. dazu Trevisani, Clauberg e l’Aristotele riformato. Vgl. zu de Neufville und seinen wissenschaftstheoretischen Überlegungen auch De Angelis, Anthropologien, 268–275. 237 Vgl. Risse, Logik der Neuzeit II, 58f. 238 Vgl. Danneberg, Die hermeneutica generalis Johann Claubergs, der die wesentlichen Stichpunkte der Begründung des Verhältnisses der Cartesianer zum Aristotelismus nennt und Claubergs Logik darin verortet. Vgl. auch Detel, Hermeneutik Claubergs, 3 für eine Würdigung der Eigenarten der claubergschen Hermeneutik in ihrem historischen Kontext. Vgl. für die Frage der Verbindung von Logik, Dialektik, Hermeneutik in ihrer historischer Entwicklung Danneberg, Auslegungslehre des Christian Thomasius, 258–297. Vgl. für die

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sitätslehrbuch gestaltet und somit ein gutes Beispiel für die Durchsetzung des Cartesianismus im akademischen Unterricht.239 Das von Clauberg entwickelte logische System arbeitet „gewissermaßen als Seelenmedizin“240 eine cartesianische Erkenntnislehre der Irrtumsvermeidung und Etablierung vernünftigen Denkens aus. Logik ist für Clauberg die Kunst des richtigen Vernunftgebrauchs (ars ratione recte utendi).241 Insofern entfaltet, systematisiert und vermittelt sie genau das, was Wittich und andere Cartesianer zur Grundlage ihres Denkens machen: die clare & distincte perceptio als Voraussetzung einer richtigen Urteilsbildung. Ein Spezifikum von Claubergs Logik ist die ausführliche Behandlung der Hermeneutik und gerade damit bietet er auch zahlreiche Implikationen für Wittichs Bibelauslegung. Die Akkommodation gehört zu den Prinzipien der cartesianischen Logik.242 Die enge Zusammenarbeit von Clauberg und Wittich in Herborn und Duisburg und ihr freundschaftlicher Kontakt bis zum Tode Claubergs machen plausibel, wie einflussreich Claubergs Methodologie für Wittichs Adaption der cartesianischen Methode innerhalb seiner Theologie gewesen ist.243 Clauberg teilt die Logik in zwei Hauptbereiche: Die Genetik (genetica) gibt dem Menschen auf der Grundlage cartesianischer Epistemologie ein Instrumentarium an die Hand, eigene Gedanken richtig zu entwickeln. Die Analytik (analytica) soll demgegenüber das Verständnis fremder Gedanken systematisch ermöglich. Zur Analytik gehört als zentraler Bestandteil auch die Hermeneutik, die Clauberg im dritten Teil seiner Logica vetus & nova unter dem Titel de vero orationis obscurae sensu investigando244 entfaltet, wobei unter oratio hier jede Textform verstanden werden kann. Claubergs Hermeneutik beansprucht ausdrücklich allgemeine Geltung für alle Wissenschaften, d. h. sie soll nicht nur in der Philosophie oder Philologie Anwendung finden, sondern auch in der Rechtswissenschaft oder eben der Theologie. Gerade die Erschließung der Bibel berücksichtigt Clauberg bei der Erklärung seiner Methode immer wieder expli-

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Bezüge der Hermeneutik Claubergs zu Descartes bes. Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 466–470. Vgl. die Gegenüberstellung scholastischer und cartesianischer Lehrbücher bei Ariew, Descartes and the First Cartesians, bes. die Zusammenfassung auf 205f. Vgl. zu Clauberg auch Ariew, Descartes and the First Cartesians, 161f. Risse, Logik der Neuzeit II, 60. Zitiert aus Claubergs anonym veröffentlichter und viel gelesener Logica contracta (zuerst in zweiter Auflage 1659 nachweisbar) 1 nach Risse, Logik der Neuzeit II, 62. Vgl. Savini, Methodus cartesiana, 322f. Zu diesem Ergebnis kommt auch Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 192. Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 1–14 §§1–104,250–326.

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zit.245 Er scheut sich anders als in der Defensio auch nicht, theologische Konsequenzen aus seiner Hermeneutik abzuleiten.246 Die Notwendigkeit, eine Methodologie für die Texterschließung zu entwickeln diktiere ein „moralische[r] Imperativ“247: Man werde den Gedanken anderer nicht gerecht, wenn man sie nicht versteht und ihnen eine falsche Aussageabsicht unterstellt.248 Für eine Ersterschließung empfiehlt Clauberg eine Annäherung an den Text durch eine geschlossene Lektüre des Textes und eine anschließende Untersuchung. Die Quelle steht für Clauberg grundsätzlich im Vordergrund der Interpretation. Allerdings erfolge ihre Deutung durchaus unter der kritisch reflektierten Berücksichtigung der Sekundärliteratur („libri secundarii“249). Bei der Erklärung des Textsinnes stellt sich die Aufgabe der Ermittlung der ratio Authoris. Neben dem Text selbst sei dazu u. a. auch auf den Titel sowie den Adressatenkreis und sein Verhältnis zum Autor zu blicken.250 Vor der eigentlichen Interpretation werden also die äußeren Kontexte und Bedingungen betrachtet.251 Clauberg entwickelt dafür ein entsprechendes Schema für eine schrittweise Analyse. Die Person des Autors müsse zuerst in den Blick genommen werden. Bereits Claubergs Einleitungsfrage spiegelt dabei die theologische Dimension seiner Hermeneutik wieder. Er fordert nämlich am Anfang jeder Beschäftigung mit dem Autor zu der Vergewisserung auf, ob es sich bei diesem um Mensch oder Gott handle.252

245 Vgl. zusammenfassend mit Belegen Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 194 und die Beispiele in diesem Kapitel. 246 Vgl. dazu bes. Danneberg, Grammatica, rhetorica und logica sacra, 152–155, der Claubergs Auslegung der Einsetzungsworte des Abendmahls bespricht. Die Hermeneutik ist in der Frühen Neuzeit ganz maßgeblich auf die Bibelauslegung bezogen, so dass dieser Bezug auf die Ursprünge der Disziplin nicht verwundert. Vgl. Titzmann, Hermeneutik in der Frühen Neuzeit, 119 und Savini, Methodus cartesiana, 326. 247 Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 193. Vgl. auch De Angelis, Anthropologien, 327. 248 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 1 §3,252f. Nach Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 193 bezieht Clauberg sich dabei auf die von Missverständnissen geprägte Kontroverse zwischen Voetius und Descartes ebenso wie auf seine Herborner Dispute. Auch Wittich verweist auf die Notwendigkeit eines richtigen Verständnisses eines Textes im Rahmen der Auseinandersetzung mit Maresius. Vgl. z. B. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xiv]. 249 Clauberg: Logica (1658) III 2 Synopse 254f. Dazu zählt Clauberg Handbücher, Auszüge und Kommentare vom Autor selbst oder anderen Gelehrten. Diese müssten aber zu der Lektüre des Primärtextes unterstützend hinführen und dürften diese nicht ersetzen. Aufgrund der großen Fülle an Büchern dürfe man sich jedoch nur der besten bedienen, diese jedoch solle man wiederholt lesen. Vgl. dazu auch Detel, Hermeneutik Claubergs, 8. 250 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 3 §§12–16,259–263. Vgl. für eine Paraphrase auch Detel, Hermeneutik Claubergs, 4 (Anm. 17). 251 Vgl. bes. Clauberg: Logica (1658) III 3 §12,260. 252 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 3 §13,260f. Gott lasse sich dementsprechend „ex notis

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Die Analyse der Adressaten empfiehlt Clauberg als zweiten Schritt. Zur Verdeutlichung bedient er sich neben allgemeinen Verweisen biblischer Beispiele und zeigt dadurch wiederum, dass er die Anwendung seiner Hermeneutik in der Bibelexegese ausdrücklich im Blick hat.253 Wittichs hermeneutischer Ansatz steht dazu in engem Bezug.254 Clauberg greift nämlich durch einen Verweis auf die Anpassung eines Textes an den Adressatenkreis direkt auf die Akkommodationstheorie zurück und bezieht sie auf die biblische Sprache: So muss man zwischen Redeweisen über Gott unterscheiden, die an die Wahrnehmung der Allgemeinheit (ad vulgi sensum) angepasst sind und die eine auf die Menschen allgemein bezogene Wahrheit enthalten, welche die Heiligen Schriften zu benutzen pflegen, wenn sie Gott menschliche Affekte zuschreiben, sowie anderen Redeweisen, die mehr die nackte Wahrheit ausdrücken und nicht an die menschliche Allgemeinheit angepasst sind, welche man in der Metaphysik benutzen muss, um die Söhne dieser Wissenschaft zu unterrichten.255

Daraus ergebe sich eine Grundregel bei der Sinnfindung in den Worten Gottes, nämlich die Notwendigkeit, anthropomorphe Aussagen über Gott als Anpassung an den Menschen zu verstehen.256 Der Hermeneutikforscher Lutz Danneberg hat Wittich mit im Blick, wenn er in Bezug auf diese Aussagen Claubergs die Akkommodation als das wichtigste Thema für die cartesianische Hermeneutik darstellt.257 Ausgehend von den Bedingungen der Personen empfiehlt Clauberg in einem eigenen Kapitel eine engere Annäherung an den Text durch die Betrachtung des genauen Kontextes der Abfassung. Damit verbunden sind auch die Fragen des Skopus und der Akkommodation, die zentralen Aspekte auch von Wittichs Hermeneutik, sowie die Berücksichtigung von Sprache und Stil. Auch die historischen Umstände werden zu diesem Untersuchungsschritt herangezogen.258

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divinitatis“ aus der Bibel selbst als Autor nachweisen. Nicht alle biblischen Aussagen würden jedoch von der „ipsa S. Scriptura“ gesprochen, so Clauberg: Logica (1658) III 3 §13,261. Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 3 §16,262f. Als Beispiel dienen Clauberg die Reden Jesu, die jeweils nach seinen Gesprächspartnern unterschiedlich beurteilt werden müssten. Vgl. auch Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 194 und Danneberg, Die hermeneutica generalis Johann Claubergs. Clauberg: Logica (1658) III 3 §16,263. Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 3 §16,263. Vgl. Danneberg, Die hermeneutica generalis Johann Claubergs. Vgl. zu der Akkommodation in der cartesianischen Theologie dann bes. Kapitel 4.2 (Die Akkommodationstheorie in ihrem geistes- und begriffsgeschichtlichen Kontext). Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 4 §§17–25,263–270: „Ita distinguendum est inter modos loquendi de Deo ad vulgi sensum accommodatos, & veritatem ad homines promiscue relatam continentes, quibus Sacrae Literae uti solent, humanos affectus Deo adscribentes, & alios magis nudam veritatem, nec ad vulgus hominem relatam, exprimentes, quibus utendum est in Metaphysicis ad erudiendos scientiae hujus filios.“ (Kursiv nach Wittich.) Vgl. für eine Paraphrase zentraler Paragraphen auch Detel, Hermeneutik Claubergs, 4f. (Anm. 17).

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In diesem Zusammenhang ergibt für ihn als dritter Schritt der Textanalyse die Reflexion des Gegenstandes (materia, res), der in einem Text besprochen wird und seine Gestalt maßgeblich präge.259 Auf dieser Grundlage soll dann viertens nach dem Motiv des Autors für die Textabfassung gefragt werden und damit nach dem Ziel und Skopus des Textes. Diesen Punkt entfaltet Clauberg vor dem Hintergrund von Wittichs Schriften aus dem Kontext der Herborner Diskussion von 1651. Wittichs ausführliche Auseinandersetzung mit der Spannung von biblischer Offenbarung und cartesianischer Naturphilosophie wirkt hier nach. Exemplarisch bestimmt Clauberg zunächst den Skopus der Bibel analog zu Wittich. Ihr Ziel sei es, uns auf das Heil in Christus hin zu unterrichten. Daher sei es kein Wunder, dass sich in der Bibel zu physikalischen Fragen und anderen Bereichen, deren Erkenntnis auch der Vernunft offenstehe, nur bruchstückhaft geäußert werde oder dass Mose wenig über die Weltentstehung aber viel über das die Kirche repräsentierende Tabernakel schreibe.260 Fünftens müsse man nach der Einstellung des Autors (animus & affectus) fragen.261 Danach schließt sich sechstens die Stil- und Sprachanalyse an.262 Die Frage nach dem Wann und Wo der Abfassung beachtet Clauberg im siebten und letzten Arbeitsschritt der externen Analyse.263 Auf dieser Grundlage entfaltet er die Interpretation der Rede selbst. Die Wortanalyse leitet diesen Bearbeitungsschritt ein.264 In diesem Kontext bestimmt Clauberg im Rückgriff auf Augustinus eine zentrale hermeneutische Grundregel: Der Wortsinn sei bei der Interpretation immer zu bevorzugen, werde jedoch durch eine tropische, übertragene Interpretation ersetzt, sobald ein guter Grund zwingend dazu rate.265 Die gebotene Notwendigkeit, die zu einer übertragenen 259 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 4 §17,264: „Animadvertendum est, quid author loquatur, h.e. res de qua agitur inspicienda, cum verba, ut habet canon Hermeneuticus, intelligenda sint secundum subjectam materiam.“ Für die Abhängigkeit der Darstellung vom behandelten Thema bringt Clauberg dieses Mal Paulus als zentrales Beispiel und verweist auf 1Kor 9,22: Paulus nehme mit Blick auf seine Botschaft bei seinen Adressaten jeweils eine angemessene Rolle ein. 260 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 4 §18,265. Im folgenden Paragraphen beschreibt Clauberg Wege zur Ermittlung des Skopus. Vgl. auch Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 194. 261 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 4 §21,266f. 262 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 4 §§22–24, 267–269. Hierbei gelte es zu beachten, den Autor möglichst in seiner Muttersprache zu lesen und zudem äußere Rahmenbedingungen wie Motive, historischen Kontext etc. mit zu berücksichtigen. 263 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 4 §25,270. 264 Aufschlussreich zu diesem Abschnitt sind die Beobachtungen von Detel, Hermeneutik Claubergs, 5f. Zu betrachten sind hierbei zunächst die Wortbedeutungen zentraler Begriffe des Textes. Die Philologie als Hilfswissenschaft ist dafür hinzuzuziehen und ermöglicht eine Betrachtung der Lexik, Grammatik und Rhetorik (hier insbesondere der Tropen). Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 5 §§26–31, 271–276. 265 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 5 §30,274f. Dieser Verweis auf die bona ratio wird einerseits durch einen Augustinverweis belegt, andererseits wiederum durch einen Rekurs auf einen

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Deutung zwinge, ergibt sich für ihn aus der natura des behandelten Gegenstandes. Wenn diese der biblischen Darstellung nicht entspreche, müsse vom sensus litteralis abstrahiert werden.266 In diesem Kontext stehen auch zentrale semiotische Überlegungen Claubergs.267 Von der Wortinterpretation geht er über zu einer zusammenhängenden Betrachtung des Untersuchungstextes, bei der zunächst zu klären sei, ob es einen einzigen, einheitlichen Textsinn gebe oder einen vielschichtigen.268 Bei der tiefergehenden Interpretation müsse dann zuerst die vom Autor selbst aufgezeigte Deutung nachvollzogen werden.269 Clauberg nimmt hier den auch in der Theologie so maßgeblichen Grundsatz von der S.Sciptura sui ipsius interpres auf und erklärt ihn zu einem grundsätzlichen hermeneutischen Schlüsselprinzip.270 Der alte Rechtgrundsatz „optimus interpres verborum quisque suorum“ wird zitiert. Er spielt für die Hermeneutik cartesianischer Theologie, z. B. gegen den radikalen Rationalismus eines Lodewijk Meyer, eine bedeutende Rolle.271 Clauberg bietet eine ausführliche Anleitung für das Verfahren, einen Text aus sich selbst heraus verständlich zu machen. So könne die Intention des Autors dadurch erschlossen werden, dass man die zu interpretierende Textstelle zuerst textkritisch und sprachlich untersucht, dann mit Blick auf die Kohärenz der Gedankenführung in ihrem Kontext. Der Blick auf

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juristischen Grundsatz. Clauberg zitiert Augustin gegen den Eindruck seines Verweises nicht wörtlich, sondern bezieht sich wohl auf eine Zusammenfassung. Daher konnte Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 208 die Aussage dem Wortlaut nach nicht bei Augustin nachweisen. Vorlage dürfte jedoch Augustinus (397): De doctrina christiana 3,15,23 gewesen sein: „Servabitur ergo in locutionibus figuratis regula huiusmodi, ut tam diu versetur diligenti consideratione quod legitur, donec ad regnum caritatis interpretatio perducatur. Si autem hoc iam proprie sonat, nulla putetur figurata locutio.“ Man beachte bereits hier auch die Orientierung am Skopus. Vgl. zu der Bevorzugung des Wortsinnes in der hermeneutica sacra zusammenfassend Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 240–245. Vgl. dazu neben Clauberg: Logica (1658) III 5 §30,274f. auch Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 245. Die Begriffsanalyse wird durch die Gegenüberstellung der bezeichneten Sache (signatum) mit ihrer Bezeichnung (signum) und einem Vergleich der Begriffsverwendung in anderen Kontexten fortgesetzt. Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 6 §§32–35, 276–280 und dazu Savini, Methodus cartesiana, 326–328 mit Bezug auf Wittich und insgesamt Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 464–483.515f. Sie mündet schließlich in einer Bestimmung des Wortgebrauches (formal oder material; äquivok oder univok). Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 7 §§36–43, 280–286. Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 8 §§44–50, 286–291. Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 9 §§51–61, 291–299. Vgl. dazu auch Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 194f. und Detel, Hermeneutik Claubergs, 6f. Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 9 §51,292. So zitiert z. B. Ludwig Wolzogen in seiner Schrift gegen Meyer De scripturam interprete dieselbe Wendung, die auf einen alten römischen Rechtsgrundsatz zurückgeht. Vgl. mit Nachweisen Sdzuj, Interpretationsmethodologie der frühen Neuzeit, 79.

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die vorangehenden und folgenden Elemente einer Perikope wird auch von Wittich immer wieder hervorgehoben.272 Danach könne man sie mit anderen, womöglich verständlicheren Textstellen vergleichen, ein Verfahren, das sich wiederum gut anhand der Bibel exemplifizieren lässt.273 In einem eigenen Kapitel widmet sich Clauberg der Lösung des Problems, dass widersprüchliche Aussagen von demselben Autor auftauchen können.274 In diesem Kontext verhandelt Clauberg auch die bei Wittich auf die Exegese angewendete logische Folge (consequentia): Ein logisches Weiterdenken der Aussagen eines Textes billigt Clauberg ausdrücklich als zentrales Interpretationsmittel. Dies gelte gerade auch für die Bibel, bei der logische Folgerungen aus ihren Aussagen Aufschluss über Gottes Absichten gäben.275 Wenn nach diesem hermeneutischen Verfahren der Text noch unverständlich bleiben sollte, rät Clauberg dazu, eine Reihe allgemeiner und spezieller Regeln anzuwenden. Seine allgemeine Herangehensweise lässt sich zusammenfassen als die Maxime einer wohlwollenden (benignus) Auslegung. „Man muss sich an die Regel halten, die die Gesetze der Menschlichkeit, die Klugheit des Rechts und die christliche Liebe benennen, nämlich dass eine zweifelhafte Stelle in ihrem besseren Sinne aufgenommen werden muss und dass der Sinn vorzuziehen ist, der

272 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 9 §53,292f. Vgl. zu Wittichs Betonung der Kontextanalyse zusammenfassend Kapitel 4.3.6 (Ergebnisse und kritische Würdigung der Hermeneutik Wittichs). 273 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 9 §54,293f. Im weiteren Verlauf des Kapitels bietet Clauberg eine Reihe von Anwendungsmöglichkeiten des Verfahrens, meist mit biblischen Beispielen. 274 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III10 §§62–70, 299–307. In der Bibel stoße man z. B. auf den Gegensatz von Gesetz und Evangelium. Der gute Interpret bemühe sich dabei jeweils um eine Auflösung der vermeintlichen Gegensätze. Vgl. Clauberg: Logica (1658) III10 §§62f., 299– 301. Im weiteren Verlauf des Kapitels bietet Clauberg eine Reihe von weiteren Strategien für den Umgang mit Widersprüchen: Sind beide Aussagen wirklich als Meinung des Autors dargestellt? Hat der Autor z. B. im Laufe der Zeit seine Meinung geändert und eigene Fehler eingesehen? Ergibt sich der Widerspruch durch andere Adressaten, z. B. die Gegenüberstellung öffentlicher und akroamatischer Schriften? Werden die Worte z. B. durch Gesten näher erläutert? etc. Vgl. Clauberg: Logica (1658) III10 §§64–68, 301–304. 275 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III10 §69,304f.: „[…], ideo omnia illa in S. Scriptura Deus sentire judicandus est, quae ex illa per bonam consequentiam deducuntur.“ Ein weiterer Aspekt dieser These beinhaltet die Frage, ob man einem Autor eine Ansicht zuschreiben darf, der diese nicht explizit äußert oder gar an anderer Stelle ablehnt. Beides hält Clauberg für möglich, wenn es sich als völlig evident erweisen lässt. Vgl. auch Detel, Hermeneutik Claubergs, 7f. In einem weiteren Schritt empfiehlt Clauberg schließlich, die Interpretationen anderer, wie z. B. von Schülern, Kommentatoren, Gegnern etc. – jeweils mit entsprechenden Vorbehalten – für die Texterklärung hinzuzuziehen. Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 11 §§71–78, 307–311. Für einen Vergleich des Untersuchungstextes mit anderen Positionen seien zudem auch unterschiedliche Begriffe heranzuziehen, die aber dieselbe Bedeutung haben (aequipollentes, insbesondere Synonyme). Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 12 §§79– 85, 311–316.

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keine Ungereimtheit beinhaltet.“276 Besonders in polemischen Kontexten ist dieser Regelkomplex von Bedeutung für die Theologie. Die spezielle Analyse klärt demgegenüber die grundsätzliche Ausrichtung von Texten: Müssen sie in einem eigentlichen Sinn oder figurativ verstanden werden? Haben sie Aussagecharakter bzw. sind sie deskriptiv oder nicht? etc.277 Damit schließt der hermeneutische Teil seiner Logik. Clauberg hat mit seiner Hermeneutik eine systematische Methode für den Umgang mit Texten entworfen, die im Rahmen der cartesianischen Theologie sowohl in der Exegese als auch mit Blick auf die Kontroverstheologie einsetzbar ist. Er hat sie dadurch als wissenschaftliche Methode etabliert.278 Einen expliziten Bezug auf Descartes nimmt Clauberg nur selten,279 jedoch lassen sich seine Ausführungen durchaus als Anwendung und Entfaltung der cartesischen Methodologie, wie sie z. B. in den Regeln des Discours repräsentiert werden, auf einen Text verstehen.280 Bei der Adaption des Cartesianismus für die Entfaltung einer komplexen Wissenschaftslehre mussten jedoch Descartes’ Voraussetzungen erweitert werden. Die Verortung der Hermeneutik innerhalb der Logik macht klar, dass es Clauberg in ihr in der Tat um „Wahrheitsforschung“281 geht. Clauberg setzt durch sein Vorgehen bei Autor und Text eine grundsätzliche Rationalität voraus, die ein Leitmotiv seines Interpretationsschemas ist.282 Diese „Rationalitätsunterstellung“283 kommt z. B. darin zum Ausdruck, dass Claubergs Wortuntersuchungen einen konsistenten Wortgebrauch grundsätzlich annehmen und er davon ausgeht, dass auch der Text konsistent konzipiert ist, so dass 276 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 13 §§86–89, 316–320. Zitat in §86,317: „Tenenda regula, quam & humanitatis leges, & prudentia juris, & Christiana charitas dictant, dubium in meliorem partem esse accipiendum, atque eum sensum praeferendum, qui nullam involvit absurditatem […].“ Wie bereits zuvor ist auch dieser hermeneutische Grundsatz der juristischen Tradition entlehnt. Vgl. Detel, Hermeneutik Claubergs, 3 (Anm. 11). Detel, Hermeneutik Claubergs, 9 hat die einzelnen Schritte dieses „Prinzips der Nachsicht“ zusammengefasst: „(i) Stehen mehrere Interpretationen zur Verfügung, wähle die gütigeren; (ii) berücksichtige alle Auslegungsgründe; (iii) lasse mehrere Bedeutungen des Textes gelten, wenn sie gleich wahrscheinlich sind; (iv) verurteile den Text nicht ohne guten Grund und bestrafe einen geringen Irrtum nicht durch eine überscharfe Zurückweisung.“ 277 Vgl. Clauberg: Logica (1658) III 14 §§90–103, 320–327. 278 Vgl. auch Detel, Hermeneutik Claubergs, 4. 279 Wohl wird sein Name selten innerhalb der Logik genannt, jedoch steht er im Hermeneutikabschnitt nie an prominenter Stelle. Weder wird er zitiert noch unmittelbar als Vordenker herausgestellt. 280 Für Descartes wären solche detaillierten Überlegungen zur Hermeneutik nicht relevant gewesen. Erkenntnis gewinnt man seinem Ansatz nach nicht primär durch die Auslegung von Schriften. Insofern ist die Entwicklung einer cartesianischen Hermeneutik durchaus spannungsvoll. Vgl. Danneberg, Die hermeneutica generalis Johann Claubergs und z. B. Descartes: Discours (1637) 1,6–15 (AT VI 6–12). 281 Detel, Hermeneutik Claubergs, 4. 282 Diese These legt überzeugend Detel, Hermeneutik Claubergs, 5–10 dar. 283 Detel, Hermeneutik Claubergs, 5 u. ö.

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z. B. eine tropische Interpretation nur dann zum Einsatz kommen darf, wenn der Autor dies intendiert und durch Widersprüche oder Mehrdeutigkeit auf der wörtlichen Ebene angezeigt hat.284 Die Interpretation eines Textes dient gemäß der claubergschen Methodologie geradezu dem Nachweis der Konsistenz eines Textes, indem Widersprüchen z. B. mit allegorischer Auslegung begegnet werden soll.285 Diese Argumentationsstrategie ist für die Akkommodationstheorie im Rahmen der biblischen Exegese Wittichs von entscheidender Bedeutung, denn sie sichert die biblische Autorität. Es wird nicht infrage gestellt, ob die Bibel Wahres oder Falsches aussage, sondern ausgehend von der unanfechtbaren Wahrheit der Heiligen Schrift muss nur noch nach der richtigen Interpretationsweise der jeweiligen Perikopen gesucht werden.286 Nach der cartesianischen Hermeneutik kann man also so lange wie möglich am Literalsinn der Bibel festhalten, jedoch bei logischen Widersprüchen auf übertragende Deutungen oder das Akkommodationsargument zurückgreifen. Ein solcher Widerspruch kann jedoch, wie im Falle der Kopernikanismusdebatte, auch von der Philosophie an die Bibel herangetragen werden.287 Clauberg tendiert dazu, Texten eine große Sinnfülle (sensus latus) zuzugestehen.288 Danneberg geht davon aus, dass sich darin seine coccejanische Prägung widerspiegelt. Die cartesianische Naturphilosophie diene Clauberg dabei dazu, seine auf Bedeutungsvielfalt ausgerichteten Auslegungsregeln zu begründen: Wie sich das Universum immer weiter ausdehne, so auch die Bibel, solange sich keine Grenzen ergäben.289 Die Bedeutungsfülle der Bibel wird auch von anderen Cartesianern, wie z. B. Burman, vertreten.290 Claubergs Hermeneutik ist nicht nur für die exegetischen Überlegungen Wittichs eine Grundlage. In der Apologie des Cartesianismus greift Wittich immer wieder auch auf den Vorwurf zurück, dass seine Gegner Descartes oder seine eigenen Schriften nicht richtig verstanden hätten, falsche Schlussfolgerungen daraus zögen und einer missgünstigen Deutung folgten.291 Insofern ist die Etablierung und konsequente Anwendung einer soliden Hermeneutik auch ein wesentliches apologetisches Anliegen der cartesianischen Theologie.

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Vgl. Detel, Hermeneutik Claubergs, 5f. Vgl. Detel, Hermeneutik Claubergs, 7. Vgl. De Angelis, Anthropologien, 325f. Vgl. De Angelis, Anthropologien, 327f. Vgl. dazu auch De Angelis, Melanchthon in der Frühaufklärung, 178. Vgl. dazu mit Belegen über die Logik hinaus die Beobachtungen von Danneberg, Säkularisierung in den Wissenschaften, 304. 290 Vgl. mit Beleg Danneberg, Säkularisierung in den Wissenschaften, 304. 291 Vgl. bes. die Praefatio zur Theologia pacifica.

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3.4.2 Der theologische Kontext: Vernunft und Offenbarung bei cartesianischen Theologen aus Wittichs Umfeld Wittich gehörte zu den Architekten eines cartesianischen Wissenschaftsverständnisses. Das cartesianische Netzwerk kommunizierte über dieses Thema intensiv und teilweise auch kontrovers. Die Überführung der methodologischen und wissenschaftstheoretischen Debatte in den theologischen Kontext war insbesondere Wittichs Verdienst. Auch aus der theologischen Perspektive bewahrte er aber eine große Nähe zu den philosophischen Grundanliegen. Andere Theologen des cartesianischen Netzwerkes wählten eigene Wege, aus evangelischer Verantwortung heraus für eine cartesianische Theologie Prolegomena zu gestalten. Ihre Positionen gilt es daher im Folgenden als weiteren wesentlichen Bezugspunkt und Impulsgeber für Wittichs Theologie zu skizzieren. Dabei sind die beiden folgende Fragen wegweisend für die weitere Untersuchung. Erstens, wie bestimmen andere cartesianische Theologen die Theologie als Wissenschaft? Und zweitens, welche Rolle weisen sie der Vernunft, bzw. Philosophie oder natürlicher Theologie als den der Vernunft zugeordneten Wissenschaften, gegenüber der geoffenbarten Theologie zu? Schlaglichtartig wird in diesem Kontext auch auf die damit verbundenen Themenbereiche Schriftverständnis, Hermeneutik und Glaubensbegriff Bezug zu nehmen sein, insbesondere wenn sich dort Anknüpfungspunkte Wittichs nachweisen lassen. Schließlich muss auch die Frage nach der Form der Umsetzung der Prämissen cartesianischer Theologie in den Blick genommen werden. Für die Erschließung der Theologie des cartesianischen Netzwerkes seien drei Positionen exemplarisch vorgestellt. Ein gutes Bild vom intellektuellen Kontext und der Dialogsituation, in der Wittich seine Theologie entfaltetet, spiegeln die Synopsis theologiae Frans Burmans und das Corpus theologiae christianae von Abraham Heidanus wider. Im Unterschied zu Wittichs apologetisch geprägter und viel näher an der Schnittstelle zur cartesianischen Philosophie argumentierenden Theologia pacifica stellen diese Werke wirkmächtige in sich geschlossene dogmatische Entwürfe dar. Sie nehmen keinen Bezug auf die Cartesianismuskontroverse und können sich dadurch theologisch freier entfalten. Neben wenigen anderen Autoren292 gewähren Burman und Heidanus die besten Einblicke in Theologieverständnis und Vernunftbegriff der cartesianischen Theologie. Sie sind zudem mit Wittich gut bekannt und bieten sich für eine exemplarische Darstellung dadurch umso mehr an. Ergänzend wird auch auf die Schriften von Lambert van Velthuysen verwiesen. Dieser ist kein Theologe, aber als Sprachrohr des Netzwerkes ergänzt er die theologischen Stimmen maßgeb292 Zu nennen wären hier z. B. Lodewijk Wolzogen, Balthasar Bekker mit seiner De philosophia Cartesiana admonitio candida & sincera (1668) und Herman Alexander Röell (1653–1718).

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lich. Er bietet besonders hermeneutisch relevante Überlegungen, die wir vor dem Hintergrund seines ‚Bündnisses‘ mit Wittich in der Heliozentrismusdebatte der 1650er Jahre als die populärwissenschaftliche, auf öffentliche Wirksamkeit ausgerichtete Apologie der Position verstehen dürfen, die auch Wittich im Kern teilt und in seinen Schriften akademisch entfaltet. Wittich und er hatten zeitweilig ihre Veröffentlichungen so koordiniert, dass Wittich die akademische und van Velthuysen die öffentliche Verteidigung des Cartesianismus übernehmen sollten.293 Wirkmächtiger Vordenker der Theologie der Coccejo-Cartesianer ist der viel gelesene und mit Wittich ebenfalls in Kontakt stehende Johannes Coccejus. Er gehört, auch wenn er nicht eigentlich als Cartesianer bezeichnet werden kann, aufgrund der Affinität seines theologischen Ansatzes zur cartesianischen Theologie in die Reihe der Theologen, mit denen Wittich nicht nur in Austausch war, sondern die er intensiv studiert hat. Aufgrund seiner besonderen Rolle innerhalb einer cartesianisch orientierten Entfaltung der Orthodoxie, die nicht zuletzt durch ihre Benennung als Coccejo-Cartesianismus deutlich wird, steht sein Einfluss neben demjenigen von Descartes an exponierter Stelle. Auf die grundsätzlichen Impulse seiner dogmatischen Überlegungen, so der betonte Bibelbezug gerade auch gegen eine Orientierung an philosophischen Traditionen, die damit verbundene Forderung der Trennung von Philosophie und Theologie, die Coccejus mit Descartes verbindet, oder die Prägung theologischer Entwürfe durch föderaltheologische Schwerpunktsetzung ist wiederholt hingewiesen worden.294 3.4.2.1 Johannes Coccejus: Wegweiser für die Prolegomena cartesianischer Theologie Johannes Coccejus vermittelt als zentraler Dialogpartner der cartesianischen Theologie sein Theologieverständnis und zentrale Elemente seiner Prolegomena besonders im ersten Kapitel seiner Summa Theologiae (1662) De Theologia & ejus tradendae Methodo.295 Er bestimmt Theologie hier als die Erkenntnis und Rede 293 Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 179f. Vgl. auch Howell, God’s Two Books, 170–173 und Vermij, Calvinist Copernicans, 281–294. 294 Vgl. van Bunge, Bekker’s Cartesian Hermeneutics, 66f. 295 Die Darstellung stützt sich im Wesentlichen auf die Analyse der coccejanischen Theologie durch van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 63–135. Im Vordergrund stehen Coccejus’ Summa Theologiae ex Scripturis repetita (1662) und seine Aphorismi per Universam Theologiam breviores & prolixiores. Sie sind enthalten in Johannes Coccejus: Johannis Cocceji S.S. Th. Doct. Ac Prof. in Acad. Lugd. Batava. Opera Omnia Theologica, Exegetica, Didactica, Polemica, Philologica, Divisa In Decem Volumnia. Editio Tertia, auctior & emendatior. Tomus Sextus: Aphorismi per Universam Theologiam breviores & prolixiores. Summa Doctrinae de Foedere & Testamento Dei. Summa Theologiae ex

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des Theologen. Nach etymologischer Analyse ist der Theologe jemand, der über, aus und vor Gott und zu seiner Verehrung spricht.296 Diese Definition entfaltet Coccejus sodann trinitätstheologisch, insofern der Theologe dieses Sprechen in Christus vollzieht und dessen Identität mit Gott nur im Geist erkenne. Dabei erklärt er den liebenden Glauben zur Voraussetzung für die Theologie als ein menschliches Unterfangen der Wahrheitserkenntnis. Als Geschöpf Gottes sei der Mensch wesenhaft auf dessen Erkenntnis hin ausgerichtet. Dies drücke sich in seinem Streben nach dem höchsten Guten aus. Seine Wahrheitserkenntnisse nähmen demnach alle ihren Anfang in der Gotteserkenntnis.297 Coccejus unterscheidet die menschliche Gotteserkenntnis qualitativ von Gottes eigener Erkenntnis (theologia viae und patriae): Jene sei unvollkommen, könne jedoch im Leben weiterentwickelt werden. Trotz ihrer Unvollkommenheit verfüge sie aber über den entscheidenden Nutzen, dass sie denjenigen, die das Heil erlangen, durchaus eine wahre Gotteserkenntnis, durch welche sie gerettet würden, vermittle.298 Als Ziel der Theologie bestimmt Coccejus die Gottesverehrung (gloria Dei),299 ihre wissenschaftliche Ausrichtung fasst er daher als praktisch.300 Das Prinzip der Theologie ist bei Coccejus ausführlich entfaltet. Die Gotteserkenntnis in der Welt vollziehe sich durch ein duplex medium: die Schöpfung und das verbum Dei. Hieraus ergibt sich die Unterscheidung in eine natürliche Gotteserkenntnis aus der Schöpfung mittels der Vernunft und einer Erkenntnis mittels der Offenbarung, die den alleinigen Zugang zu den göttlichen Mysterien darstelle. Wahre Theologie bindet er ausdrücklich an die Voraussetzung des Glaubens.301 Die Offenbarung als notwendiges Erkenntnisprinzip der Theologie begründet Coccejus bundestheologisch. Nach dem Sündenfall habe Gott einen Rahmen für das Heil der Menschen gestiftet und ein anderer Weg zur Gottes-

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Scripturis repetita. Commentarius in Catechesin Heydelbergensem. Disputationes Selectae. Orationes. Consilia. Epistolae & ex Epistolis excerpta. Amstelodami: Blaev 1701. Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §1 und van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 65. Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §§1f. und van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 65. Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §§3–6 und van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 66. Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §7. Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §8. Die praktische Ausrichtung jeder theologischen Erkenntnis exemplifiziert Coccejus am Beispiel der Erkenntnis der Existenz Gottes. In Übereinstimmung mit dem praktischen Charakter der Theologie betont er zudem die mit ihr verbundene Ausbildung von sapientia. Coccejus unterscheidet allgemein zwischen dem natürlich erreichbaren Wissen und der von der Offenbarung abhängigen Weisheit des Menschen. Vgl. van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 70. Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §§9–11 und van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 66f.

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erkenntnis als die Offenbarung sei dem Menschen nun versperrt.302 Erstens könne man nun nicht mehr von der natürlichen Gotteserkenntnis auf eine Sicherheit der Sündenvergebung schließen.303 Zweitens könne der Sünder ohne die Erleuchtung des Geistes und den Glauben mit seiner Vernunft nicht zu einer Einsicht der Dinge gelangen, die über Gott und Heil geoffenbart sind. Explizit führt Coccejus hier die Naturphilosophen als Beispiel an, die sich um die Erkenntnis der Weltentstehung bemühten aber sorgfältig die Vorstellung Gottes als Schöpfer mieden.304 Coccejus geht hier von einer Synergie von Vernunft und Offenbarung aus, die sich im glaubenden Menschen vollziehe.305 Drittens gebe es in den mit der Sünde behafteten Menschen die Bestrebung, die ihnen von Gott selbst angetragenen Erkenntnisse zu meiden und der jedem Menschen noch verbliebenen Gotteserkenntnis stattdessen die weltliche Weisheit entgegenzusetzen.306 Coccejus ergänzt: Erst die Offenbarung lehre, was die (rational verfügbare) Erkenntnis von der Existenz Gottes tatsächlich bedeute und dass Gott auch ein Gott für die Sünder sein könne. Ergebnis der Offenbarung seien daher der Glaube und die damit verbundene Erkenntnis Gottes und der eigenen Sündhaftigkeit mit der Konsequenz der Gottesverehrung.307 Die natürliche Theologie und die geoffenbarte Theologie unterschieden sich in der Form ihrer Gotteserkenntnis darin, dass erstere nur Gott als Schöpfer erkenne, nicht jedoch auch als Gott der Sünder.308 Das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung wird auch in Coccejus’ sonstigem Œuvre immer wieder behandelt. Anlässlich der Differenzierung zwischen einer vernunftgestützten theologia naturalis und einer theologia revelata auf der Grundlage des geoffenbarten Wortes bestimmt er die Leistungen der Vernunft näher. Die natürliche Theologie vermittle die Erkenntnis der notwendigen 302 Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §§12–17 und van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 66–68. 303 Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §15 und van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 67f. 304 Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §16. Vgl. auch van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 70f. 305 Dieser Gedanke wird auch in Wittichs Pneumatologie zentral. Vgl. Kapitel 3.8.2 (Die Entwicklung einer adäquaten Verhältnisbestimmung der Wissenschaften – der usus philosophiae). 306 Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §17 und van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 68. 307 Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §18 und van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 68. 308 Vgl. das Resümee von van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 69. Das Kapitel mündet in einen kurzen bundestheologischen Abriss über die Entwicklung der Offenbarung von ihrer ungeschriebenen Form im Paradies über das AT hin zum NT. Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §§19–26. Abschließend folgt ein synoptischer Überblick der in der Summa Theologiae entfalteten Loci. Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) I §§27–67.

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Existenz Gottes und seiner zentralen Eigenschaften wie Allmacht, Ewigkeit etc. Ein natürliches Wissen über Gott bestehe auch nach dem Sündenfall in jedem Menschen grundsätzlich fort und resultiere aus der menschlichen Vernunft, dem Gewissen und den Werken Gottes. Daraus folgt, dass dieses Wissen von der Offenbarung nicht grundsätzlich getrennt werden kann. Gott wirke in beiden Formen der Erkenntnis mit. Die natürliche Gotteserkenntnis gilt aber als weniger vollkommen: Sie werde vom Menschen eigenmächtig zu meiden und umzuinterpretieren versucht, sie münde vor allem nicht in der notwendigen Gottesverehrung und verfehle so den Heilsweg.309 Es deutet sich an, dass sich aus den Überlegungen zu Vernunft und Offenbarung ein Verhältnis zur Philosophie ergibt, das mit der cartesianischen Trennung der Wissenschaften sehr kompatibel ist. Eine systematische Entfaltung dieser Frage bietet Coccejus allerdings ebenso wie eine dezidierte Reflexion seines Wissenschaftsverständnisses nirgends.310 Formal schließt er sich aber der Prämisse an, dass die Philosophie als ancilla des Wortes Gottes zu fungieren und sich von diesem wie eine Schülerin zu belehren lassen habe.311 Keinesfalls dürfe man sich von der Philosophie her an die Schrift wenden und auf die Bestätigung seiner eigenen Thesen hoffen.312 Einen Wahrheitsbegriff aus der Philosophie zu entlehnen, hält Coccejus für unangemessen. Hier sollte gemäß seinen Prolegomena die Bibel als Richtschnur herangezogen werden. Ausgehend von der theologischen Wahrheit sieht er die Aufgabe der Philosophie vor allem darin, logische Schlussfolgerungen aus dieser abzuleiten und sie in kontroverstheologischem und apologetischem Kontext zu verwenden.313 Ebenso misst Coccejus der logischen und rhetorischen Ausbildung einen hohen Wert für die Exegese zu, da die Bibel auch auf die formale Logik zurückgreife.314 Hierbei war deutlich 309 Vgl. für diese Paraphrase van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 69–71 mit Belegen aus Disputationen des Coccejus und den Aphorismi per Universam Theologiam breviores & prolixiores. 310 Vgl. van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 73. 311 Vgl. van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 73 mit Belegen aus der Korrespondenz von Coccejus mit Tobias Andreae. Weitere Aussagen zu diesem Themenkomplex bietet eine Responsio ad quaestionem an Theologiae Studiosus prius Philosophia discenda, an vero linguae Sancta. Den Beleg bietet van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 73. 312 Vgl. Howell, God’s Two Books, 167f. und van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 73 mit Belegen aus der Korrespondenz von Coccejus mit Tobias Andreae. Weitere Aussagen zu diesem Themenkomplex bietet eine Responsio ad quaestionem an Theologiae Studiosus prius Philosophia discenda, an vero linguae Sancta. Den Beleg bietet van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 73. 313 Vgl. van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 73f. 314 Vgl. van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius 74. Van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 74f. betont bei der Analyse von Coccejus’ pragmatischem Umgang mit der Philosophie Parallelen zu Petrus Ramus. Vgl. zum Verhältnis von Coccejus

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geworden, dass die Bibel der Dreh- und Angelpunkt coccejanischen Theologie sein sollte und eben nicht die Philosophie.315 Eine dezidierte Schriftlehre entfaltet Coccejus daher ausführlich. Insbesondere seine Ausführungen zur biblischen perspicuitas sind aufschlussreich. Ohne hier einen ausführlichen Überblick über die coccejanische Hermeneutik bieten zu können316 sei darauf verwiesen, dass Coccejus, im Kontext der grundsätzlichen claritas der Bibel eine ausführliche Theorie der Bibelinterpretation bietet, in der natürlich ein rational-systematischer Zugang geboten wird, allerdings ohne vertieft auf die der Vernunft entlehnte Grundlage der wissenschaftlichen Texterschließung einzugehen. Vor allem betont er demgegenüber die Notwendigkeit der Erleuchtung des Interpreten durch den Geist.317 Die Bibel erweist sich für Coccejus als ein harmonisches Zusammenspiel von Altem und Neuem Testament, deren Einheit er heilsgeschichtlich entfaltet. Dabei greift er auch auf den Akkommodationsgedanken zurück. Coccejus geht davon aus, dass sich die Bibel heilsgeschichtlich bedingt weiterentwickle. Nachfolgegenerationen seien daher nicht auf das beschränkt, was für ihre Vorgänger Gültigkeit besessen habe.318 Damit ist er näher an einem komplexen, relationalen Verständnis von Akkommodation, wie es uns z. B. bei Calvin begegnet, als bei ihrer hermeneutischen Engführung.319 Er spricht dabei von einem einheitlichen System und bemüht auch den für Wittichs Hermeneutik so zentralen Begriff des Skopus. Die Schriften der Bibel „unum habent

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und Descartes van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 76ff. und Eberhardt, Wittich, 50, 208f. u. ö. Nichtsdestoweniger bewertet van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 101– 105 selbst Coccejus als durchaus scholastisch geprägt. Vgl. dazu van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 106–135 auf der Grundlage der Summa Theologiae und unter Berücksichtigung des Œuvres des Coccejus. Vgl. auch die kurze Darstellung von Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics II, 119–123 u. ö. Der Vernunftbegriff spielt eine untergeordnete Rolle, auch wenn Coccejus von der Notwendigkeit einer exegetischen Ausbildung ausdrücklich ausgeht. Vgl. bes. Coccejus: Summa Theologiae (1662) VI §22 und van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 109f. Als das Ziel des Unterrichts (scopus institutionis) bestimmt Coccejus letztlich wiederum, dass es sich der Hörer des Bibelauslegers gefallen lässt, sich von Gott belehren zu lassen. Die richtige Interpretation der Bibel wird damit selbst zum Produkt des Geistes und erhält Offenbarungscharakter. Vgl. Coccejus: Summa Theologiae (1662) VI §43 und van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 112. Vgl. dazu Danneberg, Säkularisierung in den Wissenschaften, 301f., der auch darauf verweist, dass in der Rezeption des Coccejus dieses Auslegungsprinzip zu einer Übersteigerung der im Bibeltext intendierten Aussagen geführt habe. Coccejus beabsichtigte, die biblische Autorität auch von Passagen des AT aufrecht zu erhalten, wenn das NT ihnen widerspricht. In seinem Rückgriff auf die Akkommodation etablierte er dabei einen Spielraum von Verbindlichkeit und Bedeutungsfülle biblischer Aussagen. Unter den principia Cocceji habe man jedoch im 18. Jahrhundert die Möglichkeit zusammengefasst, das Bedeutungsspektrum von Bibelstellen unsachgemäß aufzuladen. Vgl. Kapitel 4.2.2.2 (Hermeneutik von Luther und Calvin).

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scopum & nucleum; unum systema faciunt.“320 Coccejus gestaltet die Skopusexegese im Kontext seiner Bundestheologie als Fundament seiner Hermeneutik und wirkt damit nicht nur auf Wittich, sondern die gesamte reformierte Orthodoxie maßgeblich ein.321 Die Sicherung der biblischen Autorität gegen den Wahrheitsanspruch der Naturphilosophie gelingt ihm durch eine Zuspitzung und Engführung ihres Geltungsbereichs.322 Zur Erschließung der biblischen Heilswahrheit entwickelt er eine philologia sacra als Fundament seiner Theologie, die eine Bibellektüre für eine breitere Masse ermöglichen sollte, einen subjektiven Zugang zur Wahrheit der Schrift, gestützt auf eine wissenschaftliche Hermeneutik zum Schutz vor willkürlicher Auslegung: Die Gewissheit der Glaubenserkenntnis des Einzelnen bekommt dabei einen hohen Stellenwert.323 Auch dadurch ist Coccejus’ Hermeneutik mit dem cartesischen Ansatz kompatibel.

3.4.2.2 Van Velthuysen, Heidanus und Burman: Gesprächspartner Wittichs innerhalb des cartesianischen Netzwerks Im Rahmen des Pamphletenstreits, insbesondere der zweiten Phasen von 1655– 1656, hat Lambert van Velthuysen die öffentliche Verteidigung des cartesianischen Netzwerkes und damit auch der cartesianischen Theologie maßgeblich getragen, bis Wittich und Andere systematische Entwürfe und Apologien abgefasst haben. Aufgrund der aktuellen Problemstellung, die sich in den Dissertationes Duae wirkmächtig zugespitzt hatte, war auch für van Velthuysen die Trennung von Philosophie und Theologie bei gleichzeitiger Bewahrung der Schriftautorität ein wesentliches Anliegen, so dass er sowohl wissenschaftstheoretische als auch hermeneutische Kernpositionen vertreten hat, die sich in engem Diskurs mit Wittichs eigenen Auflassungen befinden.324 Aufschlussreich für seine Hermeneutik ist bereits in seinem zentralen anonymen Pamphlete von 1655, dem Bewys, der Versuch, den Rekurs auf die Bibel gegen Descartes und Kopernikus zu unterbinden. Er fordert eine Unterscheidung zwischen Textintention und ihrer Ausdrucksweise für die Schriftexegese. Während die vermittelte Lehre des Textes bedingungslos wahr sei, dürfe man keine voreiligen Schlüsse aus den zu ihrer Vermittlung verwendeten Ausdrücken ziehen. Nicht immer sei der buchstäbliche Sinn vom Heiligen Geist intendiert. Die Inspiration 320 Zitiert nach Danneberg, Säkularisierung in den Wissenschaften, 301 aus Johannes Coccejus: Prophetae duodecim minores versione latina et commentario illustrata Prophetae duodecim minores. Lugduni Batavorum 1652, Praefatio [unpaginiert]. 321 Vgl. mit zahlreichen Belegen Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics II, 218f. 322 Vgl. auch Howell, God’s Two Books, 173. 323 Vgl. dazu De Angelis, Melanchthon in der Frühaufklärung, 180–183. 324 Vgl. dazu auch Del Prete, Oltre Descartes, 34–27.

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der Schrift beziehe sich auf ihre Aussageabsicht, nicht aber auf ihre Ausdrucksweise. Die Bibel lehre und dogmatisiere nicht in jedem einzelnen Buchstaben und Ausdruck. Man dürfe die Interpretation einzelner Passagen daher nicht überspannen und infolge dieser Grundannahme erledigten sich auch alle Einwände hinsichtlich der kopernikanischen Frage.325 Eine Verwandtschaft zu Wittichs Argument secundum vulgi opinionem ist deutlich zu erkennen: Indem man zwischen Inhalt und Ausdrucksform unterscheidet, kann die Inspiration und Autorität der Bibel gewahrt bleiben und die antikopernikanische Exegese widerlegt werden. Jedoch betont Velthuysen, dass er nicht darauf hinaus wolle, dass sich die Schrift in ihrer Ausdrucksweise „naar het gevoelen van de gemene man“326 richte; zwar legt er eine kritische Position gegenüber der Vorstellung von der Schrift als Lehrbuch naturphilosophischer Inhalte dar,327 argumentiert aber anders als Wittich nicht im Kontext einer Akkommodationstheorie und erkennt zudem an: „Waar de bijbel zich wel‘ met klare, en naakte woorden’ uitspreekt over natuurkundige kwesties, daar moet zij onvoorwaardelijk worden geloofd.“328 Diese Position variiert van Velthuysen sodann in der Auseinandersetzung mit dem Leidener Pfarrer Jacob du Bois (1607–1661), der zu den bedeutendsten Anticartesianer der Zeit gehört,329 zur Verteidigung gerade auch von Wittich. Du Bois hatte die traditionelle Auffassung von der Philosophie als ancilla theologiae massiv forciert und darum gerade gegen die Cartesianer das Problem der Erdund Sonnenbewegung zu einem theologischen erklärt. Van Velthuysen stützt seine Erwiderungen dagegen nun dezidiert auf das von Wittich vorbereitete Akkommodationsargument. Die Freiheit der Philosophie ist sein zentrales Beweisziel. Der Streit erfährt dabei von beiden Seiten eine hermeneutische Zu325 Vgl. Vermij, Calvinist Copernicans, 281 und Howell, God’s Two Books, 170–173. Vgl. auch Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 200, der in van Velthuysens Ansatz eine Alternative zu Wittichs Hermeneutik sieht, da dieser eine phänomenale oder metaphorische Deutung der Bibelstellen zur Sonnenbewegung zuspricht. Das scheint aber eine mit Wittich stark kompatible Herangehensweise und kein Sonderweg zu sein. Dasselbe gilt für hermeneutische Bemerkungen von Henricus Regius (1598–1679). 326 Van Velthuysen: Bewys (1655) 9. Vgl. dazu Frijhoff/Spies, Nederlandse Cultur, 324. 327 Vgl. auch McGahagan, Cartesianism in the Netherlands, 283. 328 Van Velthuysen: Bewys (1655) 25. Vgl. dazu Frijhoff/Spies, Nederlandse Cultur, 325. 329 Vgl. zur Biographie von du Bois vor allem Coppens, Art. Bois, Jacobus du (1607–61). DSECDP 1 (2003) 125–128. Du Bois wirkte seit 1646 als Pastor in Leiden und war mathematisch und astronomisch gebildet. Er stand in brieflichem Kontakt zu Descartes. 1653 veröffentlichte er seinen Dialogus theologico-astronomicus, in dem er einen Kopernikaner von einem Befürworter der biblischen Autorität in astronomischen Fragen widerlegen ließ. Vgl. dazu auch Dibon, Cartesianismus in den Niederlanden, 364. Jacobus du Bois: Jacobi Du Bois Ecclesiastae Leydensis Dialogus theologico-astronomicus, in quo ventilatur quaestio astronomica, An terra in centro universi quiescat, et sol aliaque luminaria coelestia circa eam moveantur: an vero, sole quiescente, terra circa eam feratur. Lugduni Batavorum: Leffen 1653.

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spitzung.330 Van Velthuysen bereitete dadurch eine Reihe von Argumenten vor, die von den Theologen des cartesianischen Netzwerkes vertiefend aufgegriffen werden konnten. Insbesondere die Vereinbarkeit von cartesianischen Kernvorstellungen wie dem Wahrheitsbegriff und der Methodologie mit der orthodoxen Theologie präsentiert bereits van Velthuysen. Aus einer stärker philosophischen Perspektive betont auch er, dass es mittels der Vernunft möglich sei, klar und deutlich die eigentliche Bedeutung der biblischen Worte zu ermitteln. Die Vernunft könne vermeintliche Widersprüche in der Bibel leicht auflösen, indem sie clare & destincte den Sinn einer Textstelle ermitteln helfe und die eindeutige Wahrheit aufzeige. Der Stil des Heiligen Geistes setze voraus, dass man die eigentliche Lehre eines Textes nicht unmittelbar aus dem Wortlaut entnehmen könne. Ursache dafür sei besonders der Kontext der Abfassung.331 Van Velthuysens hermeneutische Impulse werden von Wittich neben den Einflüssen der anderen Vertreter des cartesianischen Netzwerkes aufgenommen. Sie bleiben in ihrer kontextgebundenen Gestalt innerhalb der Pamphlete oberflächlich – Clauberg z. B. bietet eine viel differenziertere Hermeneutik mit denselben Elementen (Kontext, Differenzierung von Wortsinn und Aussageabsicht etc.) –, werden aber von den cartesianischen Theologen systematisch erweitert und entfaltet.332 Van Velthuysen erweist sich als Stimme des cartesianischen Netzwerkes gegenüber einer breiten Öffentlichkeit. Dabei ist er immer auch Dialogpartner der Theologen. Diese gehen jedoch innerhalb ihrer Fachdisziplinen jeweils eigene, weiterführende Wege.333

3.4.2.2.1 Frans Burman: Theologe und Gesprächspartner von Descartes Frans Burmans theologisches Hauptwerk gehört zu den bedeutendsten Dogmatiken, die das Collegie der Scavanten hervorgebracht hat.334 In seiner Synopsis Theologiae, deren erste Auflage aus demselben Jahr stammt wie Wittichs Theologia pacifica, entfaltet er sein Theologieverständnis ausführlich, indem er 330 Vgl. dazu die Zusammenstellung bei Eberhardt, Wittich, 176–179. 331 Vgl. zur Hermeneutik von van Velthuysen überblicksartig Howell, God’s Two Books, 170– 173 und die Paraphrasen seiner Schriften bei Vermij, Calvinist Copernicans, 281–294. 332 Eine detaillierte Aufbereitung der Argumente von van Velthuysen erübrigt sich damit, zumal insbesondere Vermij, Calvinist Copernicans, 281–294 dazu Wesentliches geleistet hat. 333 Van Velthuysen setzt sich allerdings 1668 intensiv mit der Hermeneutik Meyers und 1671 mit der Hermeneutik Spinozas auseinander und vertieft hier seine Position. Vgl. dazu den Aufsatz von Walther, Biblische Hermeneutik. 334 Lodewijk Wolzogen und Lambert van Velthuysen haben sich aus diesem Kreis ebenfalls zur Rolle der Vernunft in theologischen Fragen geäußert, können hier jedoch nicht ausführlich berücksichtigt werden. Vgl. für einen Überblick über ihre Position (mit aufschlussreichen Bezügen auch zu Wittichs Position) Del Prete, Oltre Descartes, 34–37. Vgl. zu Velthuysen auch Howell, God’s Two Books, 170–173.

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es von seinem Religionsbegriff herleitet. Burman geht davon aus, dass jedes vernunftbegabte Geschöpf von Gott auf dessen Verehrung hin geschaffen ist. Aus dieser Disposition resultiere die religio, die richtige Methode der Gotteserkenntnis und -verehrung.335 Diese wiederum differenziert er aus in eine natürliche Religion, die aufgrund der Sündhaftigkeit des Menschen nicht heilswirksam sein könne und die wahre Religion, die sich allein auf die biblische Offenbarung stützt und die natürliche Erkenntnis des Menschen übersteigt.336 Klassische Elemente der bereits besprochenen dogmatischen Ansätze der Orthodoxie werden hier also aufgenommen und bilden den Rahmen des Werkes. In der Offenbarung richte sich Gott unmittelbar oder mittelbar an den Menschen und gebe ihm sein Heilsversprechen, göttliche Vorschriften und den Kultus.337 Gegen stärker rational ausgerichtete Positionen der Remonstranten und Sozianer betont Burman dabei die Bedeutung des Glaubens, der auf die bloße Kenntnis der Offenbarungsinhalte folgen müsse: Würden Mysteriencharakter und die Glaubensdimension aus dem Heilsgeschehen eliminiert, reduziere man diese auf eine Philosophie oder moralische und ethische Disziplin.338 Burman bestimmt die Theologie als diejenige Lehre, die die wahre Religion behandelt.339 Theologie differenziert Burman u. a. durch die Unterscheidung einer äußeren, systematischen Perspektive, die sich an der Methodenfrage orientiert, und einer inneren, habituellen Perspektive, die nach dem Ziel und damit dem praktischen oder spekulativen Charakter der Theologie fragt. Mit Blick auf die theologia systematica erinnern seine Ausführungen an Maresius: Burman bietet eine Gegenüberstellung von polemischer und didaktischer Theologie, bzw. positiver und scholastischer Theologie. Der erste Begriff verkörpert für ihn die Analyse und Interpretation biblischer Texte, während er den zweiten als die systematische Ordnung der biblischen Aussagen nach dogmatischen Loci versteht.340

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Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §§1–4,3f. Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §§10–13,4f. Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2§§15f.,5f. Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §17,6f. Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §30,9. Er präzisiert diese Definition im Rückgriff auf biblische Belege und die Etymologie des Wortes. Theologie sei demnach die Erkenntnis und Rede des Theologen, der Theologe hingegen jemand, „qui Deum, ex Deo, coram Deo, ad gloriam ejus dicit.“ (Burman: Synopsis Theologiae [1699] I 2 §34,10. Coccejus und Maresius haben bei ihrer Definition jeweils ganz ähnlich angesetzt. Analog zu diesen schließt auch Burman die Differenzierung in archetypische und ektypische Theologie an. Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §§36–39,10f. Wichtig für Burman ist jedoch das Festhalten an der Einheit der Theologie, die sich lediglich durch verschiedene Erkenntnisgrade unterscheide. 340 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §§40–42,11. Vgl. zu Maresius’ Differenzierung in systematische und habituelle Theologie Kapitel 3.3.1 (Vernunftbegriff und Theologieverständnis von Samuel Maresius).

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Während Burman in der Frage nach dem systematischen Charakter der Theologie Maresius folgt, bestimmt er sie habituell in Übereinstimmung mit der cartesianischen Linie als rein praktisch.341 Theologie sei auf das höchste Gut des Menschen ausgerichtet und gehe im eigentlichen Sinne über eine bloße notitia der göttlichen Dinge hinaus: Sie bedürfe der fiducia und sei insofern ein Geschenk des Heiligen Geistes.342 Der Gegenstand (objectum) der Theologie wird von Burman zweifach bestimmt. Inhaltlich (circa quod) beschreibt er ihn als das Leben des Menschen in Ausrichtung auf die Verehrung Gottes, formal als Wort Gottes, bzw. die Offenbarung.343 Diese wird auch als Prinzip der Theologie festgelegt, wohingegen die Gotteserkenntnis, die aus der Vernunft gewonnen werden könne, im eigentlichen Sinne nicht als Theologie bezeichnet werden dürfe. Diese natürliche Theologie bewertet Burman als Teil der Philosophie.344 Die von Burman zum Ausdruck gebrachte konsequente Scheidung von Theologie und Philosophie nach ihren Erkenntnisprinzipien Offenbarung und Vernunft ist eine Gemeinsamkeit cartesianischer Theologen. Während Wittich seine Bestimmung der Vernunft innerhalb der Theologie im Rahmen einer ausführlichen Begründung argumentativ entfaltet, bringt Burman diese in einer Reihe von stärker theologisch entwickelten Thesen zum Ausdruck – allerdings kommt er zu vergleichbaren Ergebnissen. So legitimiert er den Vernunfteinsatz in der Theologie: Sie habe einen dianoetischen bzw. argumentativen Charakter, der bei der Widerlegung theologischer Gegner und bei der Aufstellung von Schlussfolgerungen im Umgang mit der Offenbarung zum Ausdruck kommt.345 341 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §§40–51,11–14. Das Ziel (finis) der Theologie bestimmt Burman entsprechend, und zwar im Rückgriff auf ihr Verhältnis zur religio: Diese umfasse auf der einen Seite die richtige Wahrnehmung Gottes (sensus), auf der anderen Seite dessen Verehrung (cultus). Insofern müsse sich das Ziel der Theologie, in der die religio reflektiert werde, nach Burman definieren lassen als die Hinführung des Menschen zu Gott und damit letztlich als dessen Verehrung (glorificatio Dei). Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §§69–72,17f. Daher lasse sich auch mit Blick auf das spirituelle Leben die Theologie zweiteilen, nämlich in den Bereich der Kenntnis und des Glaubens auf der einen, und den Bereich des Gehorsams und der Liebe auf der anderen Seite. Glaube und Gehorsam erweisen sich damit als die Konkretisierung des Ziels der Theologie im Leben des Christen. Diese beiden Bereiche entfaltet Burman auch bundestheologisch unter den Schlagworten Gesetz und Evangelium. Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §§72,18. 342 Vgl. bes. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §51,14. 343 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §§52f.,14. 344 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §§54f.,14f. 345 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §§58,15. Vgl. zu diesem Nutzen der Vernunft in der Theologie bei Wittich Kapitel 3.8.2 (Die Entwicklung einer adäquaten Verhältnisbestimmung der Wissenschaften – der usus philosophiae) und die folgenden Kapitel zur Analyse von Vernunft und Offenbarung. Aufschlussreich wäre ein Vergleich der Argumente von Burman mit Wittichs Position in Bezug auf Evidenz (evidentia) und Gewissheit (certitudo) theologischer Schlussfolgerungen. Burman begründet diese nämlich theologisch über ihre Verbindung zu Glaube und Offenbarung, während Wittich bei der cartesianischen Methode ansetzt. Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §§59–68,15–17.

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Im Rahmen des ersten Locus seiner Synopsis Theologiae erläutert Burman sein Schriftverständnis im Rahmen einer Eigenschaftslehre der Bibel ausführlich.346 In diesem Kontext kommt er immer wieder auch auf das Verhältnis der Bibel, der Konkretisierung der Offenbarung und damit dem Prinzip der Theologie, zur Vernunft zu sprechen.347 So ergebe sich die Notwendigkeit (necessitas) der Bibel bereits grundsätzlich aus der begrenzten Erkenntnis des menschlichen ingenium.348 Burman betont die perspicuitas und claritas der Bibel aus sich selbst heraus ausdrücklich.349 Unter anderem argumentiert er mit dem biblischen Skopus, der besonders durch Coccejus, Clauberg und Wittich eine entscheidende Rolle in der cartesianischen Hermeneutik spielt.350 In diesem Zusammenhang ergibt sich aber auch die Frage nach der Interpretationsbedürftigkeit der Bibel. Das Kapitel „De Scripturae Interpretatione“351 nutzt Burman für die Erörterung der Rolle der Vernunft in diesem Kontext.352 Dabei greift er auf zwei Motive zurück, die auch für Wittichs Vernunftbegriff typisch sind. Die Vernunft als vollwertiges Erkenntnisprinzip der Philosophie erhält – in Übereinstimmung auch mit anderen Vertretern der Orthodoxie – einen instrumentalen Charakter in der Theologie, der sich im Begriff des Nutzens (usus) zusammenfassen lässt. Zudem bestimmt Burman (mit Descartes und Wittich) einen gemeinsamen Bereich der beiden Wissenschaften.353 Er schreibt: „Wenn ein Gegenstand so aus der Offenbarung erkannt wird, dass er, nachdem er offenbart wurde, auch durch die natürliche Vernunft gezeigt werden kann, dann hat er eine vermischte Natur, weil er durch Glaube und Vernunft gleichermaßen erkannt wird.“354 Auffallend bei 346 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 3–13,18–88. Vgl. dazu auch die zahlreichen Anmerkungen von Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics II. 347 Auch darin erweist sich Burman im Vergleich zu Wittich als der stärker theologisch argumentierende Coccejo-Cartesianer. Seine föderaltheologische Schriftlehre ist der Grundstein seines dogmatischen Systems und hier hat die Vernunft einen untergeordneten und auf die Bibel hin ausgerichteten Platz. 348 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 3 §3,19. 349 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 10,61–67. 350 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 3 §8,63. Vgl. die Verbindung zu Coccejus nach Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics II, 219. Vgl. zu Wittichs Skopuslehre zusammenfassend Kapitel 4.3.6 (Ergebnisse und kritische Würdigung der Hermeneutik Wittichs). 351 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12,70–87. 352 Die Exegese Burmans fußt auf der Differenzierung einer Sach- und einer Worterklärung sowie der Annahme eines mehrfachen Schriftsinns (bes. Literalsinn und mystischer Sinn). Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §1–3,87. Burman präsentiert zum mehrfachen Schriftsinn eine Reihe von Aphorismen in Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §8– 16,71f. 353 Vgl. dazu auch Del Prete, Oltre Descartes, 36. 354 Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §38,77: „ Si vero res ita revelatione cognoscitur, ut postquam revelata est, ratione naturali quoque demonstrari possit, tum mixtae naturae est, quia fide et ratione simul cognoscitur”.

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dieser Bestimmung Burmans ist die durch die zeitliche Folge suggerierte Hierarchie der Erkenntniswege. Erst nachdem die Erkenntnis durch die Offenbarung nachvollzogen ist, kann dem Erkenntnisgegenstand eine vermischte Natur zugesprochen werden. Einer ‚Eisegese‘ einer Vernunfterkenntnis in die Bibel soll dadurch vorgebeugt werden. Die Vernunft darf nach Burman nicht zum theologischen Erkenntnisprinzip gemacht werden und die Bibel selbstständig auslegen. Ihre rein instrumentale Bedeutung ergibt sich für ihn aus der Tatsache, dass sie es ist, die dem Menschen Ideen und Begrifflichkeiten natürlicher Dinge zur Verfügung stellt, von der die Bibel wohl spricht, die sie aber nicht zu entfalten beansprucht. Der Nutzen der Vernunft bezieht sich demnach auf das allgemeine Verständnis von in der Bibel verwendeten Begriffen und Redeweisen. Nur an den Stellen, an denen diese in besonderer Weise verwendet werden, müssten sie durch die Offenbarung inhaltlich bestimmt werden. Das sei dann der Fall, wenn Gott den Menschen neue Ideen offenbare. Hier soll die Vernunft dann bei der Deutung unterstützend herangezogen werden.355 Der Nutzen der Vernunft in der Theologie wird von Burman schließlich weiter entfaltet durch ihre Differenzierung in einen vierfachen instrumentalen Nutzen und einen prinzipiellen Nutzen.356 Große Abweichungen von Maresius und anderen Vertretern der usus-Lehre finden sich nicht.357 Ausdrücklich betont Bur355 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §40,77. Das Zusammenspiel von der Offenbarung als Erkenntnisprinzip und der Vernunft als Werkzeug verdeutlicht Burman anhand der Zwei-Naturen-Lehre. So sei es durch die Vernunft, auf der Grundlage der natürlichen Ideen, bekannt, was Mensch und Gott seien. Die biblische Offenbarung jedoch leite die Vernunft an, beide Begriffe in der Natur des θεάνθρωπος zu verbinden. Das Urteil über diese Verbindung fälle daher nicht die Vernunft, sondern der Glaube. Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §41,77f. 356 Vgl. dazu auch Del Prete, Oltre Descartes, 37. 357 Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §§42–45,78. Den usus instrumentalis bezieht er erstens auf das Einsehen und Verstehen (percipere) der Glaubensdinge aus ihrer Offenbarung in Wort und Rede Gottes, zweitens auf die Erklärung (illustrare) der Mysterien in ihren Grenzen, drittens den Vergleich (conferre) von Schriftstellen und religio oder falschen und wahren Lehraussagen, viertens die Aufstellung von Schlussfolgerungen (consequentiae) zur Untermauerung der Wahrheit oder der Verwerfung von Irrtümern. Gerade in Bezug auf die Schlussfolgerungen ist es Burman wichtig zu betonen, dass deren Gewissheit (certitudo) letztlich nicht in der menschlichen Vernunft, sondern der göttlichen Offenbarung begründet sei. Die Vernunft bleibt ein bloßes Instrument des Glaubens: „Denn wir glauben nicht aufgrund der Vernunft, sondern mittels der Vernunft.“ (Burman: Synopsis Theologiae [1699] I 12 §46,78: „[…] non enim propter rationem, sed per rationem credimus.”) Neben diesen verschiedenen dienenden bzw. instrumentalen Anwendungsmöglichkeiten der Vernunft kann sie nach Burman auch einen principalis usus entfalten. Mit diesem Terminus bringt Burman zum Ausdruck, dass die Vernunft dabei auf sich selbst gerichtet ist (se habet per modum principii, Burman: Synopsis Theologiae [1699] I 12 §48,78). Dies hat dann seine Berechtigung, wenn der Theologe (z. B. in kontroverstheologischem Kontext) gezwungen ist zu beweisen (arguere). Die Vernunft stelle hier aus ihrem eigenen Schatz Gründe für den Glauben zur Verfügung, das heißt, sie belegt die Glaubwürdigkeit der theologischen Prin-

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man, dass aus der instrumentalen Rolle der Vernunft nicht ein grundsätzliches ancilla-Verhältnis der anderen Wissenschaften zur Theologie abgeleitet werden dürfe und spricht sich gegen die Subordination der Wissenschaften in grundsätzlicher Weise aus. Er betont die Selbstständigkeit von Philosophie und Theologie und beschreibt deren Verhältnis als einander zugeordnet (scientiae coordinatae), so dass sie einander auf der Grundlage der ihnen je eigenen Prinzipien unterstützend und beratend zur Verfügung stünden, ohne ihre Souveränität aufgeben zu müssen.358 Die ancilla-Frage erweist sich damit als ein verbindendes und bedeutendes Thema der cartesianischen Theologie und insbesondere des Collegie der Scavanten.359 Burman behandelt schließlich in aufschlussreicher Weise die These Lodewijk Meyers von der Philosophie als Schriftauslegerin. Nicht die bei den gemäßigten Cartesianern ohnehin übliche Ablehnung, sondern seine Begründung ist hier interessant. Nicht die Philosophie sei Scripturae interpres, sondern der Glaube, bzw. die „Vernunft, die durch das effektive Wirken des Heiligen Geistes erleuchtet ist; das heißt, von ihren Vorurteilen und anderen Fehlern befreit, so dass sie das Licht, das in der Schrift erstrahlt, sehen und schriftgemäß urteilen kann.“360 Der Heilige Geist bedient sich demnach bei der Schriftauslegung der Vernunft des Glaubenden, indem er sie dazu bringt, von sich selbst abzusehen und der Offenbarung zu vertrauen.361 Vernunft und Offenbarung können nach Burman also zusammenwirken, zumal sie – trotz der Grenzen der Vernunft – nicht in einem widersprüchlichen Verhältnis stehen, sondern beide einen Zugang zu der einen Wahrheit darstellen.362

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zipien oder verteidigt theologische Schlussfolgerungen, die auf deren Grundlage erhoben wurden. Dasselbe Ergebnis, das der Glaube aus der Schrift gewinnt, liefere die Vernunft hier auf der Grundlage der Wissenschaft. Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §48,78f.: „[…] Ita ut eadem conclusion quatenus ex Scriptura probatur, fide, quatenus autem ex ratione demonstratur, scientia apprehendatur.” Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §48,79. Vgl. dazu auch Del Prete, Oltre Descartes, 39. Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §49,79: „[…] ratio efficaci Sp. S. operatione illuminata, hoc est, praejudiciis suis aliisque vitiis liberata ut lumen quod in Scriptura radiat videre, atque ita secuindum Scripturam judicare possit.“ Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §49,79. Auf der Grundlage dieses Verständnisses vom Zusammenwirken von Glaube und Vernunft ergibt sich dann für Burman die Ablehnung sowohl der radikalen Rationalisten als auch einer Überbetonung oder Unterbetonung der Vernunft in der Theologie. Vgl. dazu Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §50,79. Vgl. besonders zu einer Überbetonung der Vernunft bei den Sozianern Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §§52–54,80. Vgl. dazu Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 12 §51,79f.

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3.4.2.2.2 Abraham Heidanus: Vorreiter cartesianischer Theologie Abraham Heidanus hat als einer der frühesten Vordenker coccejo-cartesianischer Theologie bereits im Rahmen des Pamphletenstreits Richtungsweisendes zum Verhältnis von Philosophie und Theologie ausgesagt, das in den Dogmatiken verschiedener cartesianischer Theologen aufgenommen und weitergedacht wurde. Er selbst hat dann im Rahmen seines Unterrichts in Leiden Theologieund Vernunftverständnis weiter entfaltet und diese Ergebnisse in seine posthum veröffentlichte Dogmatik Corpus theologiae christianae (1686) einfließen lassen. Entscheidend für Wittichs Antwortversuche auf die sich aus der Descartesrezeption ergebenden Fragen war natürlich auch die Zusammenarbeit der beiden Theologen in Heidanus’ letzten Lehrjahren, die in die Abfassung der Consideratien (1676) gemündet war, die zwar Heidanus als ihren Autor ausweist, tatsächlich aber die theologische Handschrift Wittichs mindestens in gleicher Weise trägt.363 Im Pamphletenstreit verteidigt Heidanus unter dem Pseudonym des Irenaeus Philalethius nicht nur die Trennung von Theologie und Philosophie, sondern bestimmt auch deren Verhältnis dezidiert. Die für die cartesianische Theologie typischen Grundmuster – erstens die Trennung der beiden Wissenschaften, zweitens deren Begründung über die voneinander unabhängigen Erkenntnisprinzipien Vernunft und Offenbarung und drittens die aus der jeweiligen Souveränität resultierende Auflösung des überkommenen ancilla-Verhältnisses zu beiderseitigem Vorteil – bietet Heidanus damit bereits 1656. Weder sollte dadurch die Philosophie durch die Theologie eingeschränkt, noch die Theologie durch die Philosophie inhaltlich überformt werden.364 Im Rahmen des stark bundestheologisch geprägten Corpus theologiae christianae365 bietet er sodann in einem vollständigen theologischen Entwurf eine dezidierte Verhältnisbestimmung von Theologie und Offenbarung zu Philosophie und Vernunft. Ausgehend von der natürlichen Erkennbarkeit Gottes, die Heidanus hier und andernorts voraussetzt,366 nimmt er zu Theologieverständnis und Rolle der Vernunft ähnlich wie Burman in seinem einleitenden Locus De Theologia et S. Scriptura Stellung.367 Auch er entfaltet zunächst den Theologie363 Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 353f. 364 Vgl. z. B. Goudriaan, Rezeption des cartesischen Gottesgedankens, 166f. und Beck, Voetius, 81f.85. 365 Die erst 1686 posthum unter der Mitwirkung von Burman und Wittich veröffentlichte Dogmatik repräsentiert die Theologie des Heidanus während seiner Leidener Lehrtätigkeit. Auf die zahlreichen Bezüge zu Descartes verweisen z. B. Arndt (1982) XXVf. und am Beispiel des Gottesbeweises Goudriaan, Rezeption des cartesischen Gottesgedankens. 366 Vgl. dazu zusammenfassend Goudriaan, Rezeption des cartesischen Gottesgedankens, 196f., der auch auf die zahlreichen Aporien der Descartesrezeption des Heidanus hinweist. 367 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 1–52.

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begriff in einem für die Orthodoxie völlig typischen Rahmen, nämlich in historischer, etymologischer und biblischer Hinsicht. Dabei bespricht er verschiedene Zugangsweisen wie z. B. die Unterscheidung in archetypische und ektypische Theologie.368 Zentral für die Frage der Beurteilung der Vernunft ist Heidanus’ Unterscheidung zwischen einer theologia naturalis und supernaturalis. Jener schreibt er die Vernunft als Erkenntnisprinzip zu und bemerkt kritisch, dass die in diesem Kontext erlangte Gotteserkenntnis nicht einhergehe mit der notwendigen Verehrung und Dankbarkeit gegenüber Gott. Daher müsse sie eitel und fruchtlos bleiben.369 Nur die übernatürliche Theologie ist für Heidanus im eigentlichen Sinne Theologie. Sie wird zwingend an die ihr eigentliches Wesen ausmachende göttliche Offenbarung gekoppelt.370 Hierin ist er sich mit Burman völlig einig. Die Frage, inwieweit der Theologe auch ein vollständig Glaubender sein muss, beantwortet Heidanus mit Verweis auf empirische Erfahrung allerdings negativ. Erstens sei die Theologie keine Voraussetzung für das Entstehen des Glaubens und zweitens verliere ein Theologe, der durch seine Sünden den Heiligen Geist von sich abschüttele, dadurch nicht sofort auch seine Erkenntnis der Mysterien. Damit begründet Heidanus, dass der Habitus der Theologie zumindest vom rechtfertigenden Glauben, einer fides salvifica, durchaus getrennt werden könne. Allein die fides acquisita, also ein erworbener ‚Glaube‘, der lediglich die Kenntnisse des Heilsweges umfasst, ohne zu einer inneren Zustimmung zu den Glaubensinhalten zu führen, sei die Voraussetzung der Theologie.371 Die Reflexion über die fides salvifica und acquisita als Voraussetzung der Theologie spielt auch in Wittichs Theologieverständnis eine Rolle.372 Die Vorstellung, dass im Zweifelsfall lediglich eine (rationale) Erkenntnis der Offenbarung für die Theologie ausreichend sein könnte, erscheint säkular. Theologie erweist sich dadurch als eine rational bestimmte Wissenschaft. Dabei bleibt die Offenbarung zwar ihr bestimmendes Erkenntnisprinzip, aber nur insofern, als dass der rein kognitiv 368 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 1f. 369 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 2. 370 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 2f. Heidanus unterteilt die Theologia supernaturalis wiederum in zwei Aspekte. Zum einen könne man darunter lediglich die für jeden Christen notwendige Kenntnis der Glaubensartikel bzw. des Heilsweges subsummieren („simplex cognitio articulorum fidei, sive eorum quae ad salutem necessaria sunt“), was die Grundlage des rechtfertigenden Glaubens sei. Zum anderen sie damit auch die darauf aufbauende wissenschaftliche Lehre gemeint, also die Erläuterung, argumentative Entfaltung und Verteidigung des erkannten und geglaubten Heilsweges. In diesem zweiten Sinne, als doctrina, ist die Theologia supernaturalis die eigentliche Theologie. 371 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 3. Den Theologen, die eines vollen Glaubens ermangelten, sei zwar ihr Handwerk zu nichts nütze, der Kirche aber werde von ihnen durch die Unterweisung der Glaubenden durchaus ein wichtiger Dienst erwiesen. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 3. Vgl. dazu kritisch Barth, KD I/1 19. 372 Vgl. Kapitel 3.10.3 (Geist und Glaube).

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erschlossene Offenbarungsinhalt Gegenstand und Richtschnur der wissenschaftlichen Argumentation zu sein hat. Für Heidanus ist also entscheidend, dass Theologie nicht eine Frage des bloßen Habitus von Glaube und Erkenntnis – sei er angeeignet, sei er eingegeben – sei, sondern eine Frage der mit Fleiß und Arbeit vollzogenen wissenschaftlichen Ausbildung.373 Diese bestimmt er u. a. näher durch Inhalte der cartesianischen Erkenntnislehre, insbesondere dem Wahrheitskriterium der klaren und deutlichen Erkenntnis und entsprechenden Regeln der Urteilsbildung.374 Auf der Grundlage dieser Vorüberlegungen entwickelt Heidanus eine Definition der Theologie als „die von Gott geoffenbarte Lehre der göttlichen Dinge, die ein wahres Verständnis von Gott und eine richtige Gottesverehrung, was diesem Verständnis zugeordnet ist, beinhaltet.“375 Die Frage nach der Klassifikation der Theologie als Wissenschaft, Weisheit, Kunst oder Lehre tut Heidanus als belanglos ab, da alle diese Kategorien gleichermaßen ihre Berechtigung hätten. Explizit warnt er jedoch vor einer „philosophischen Deutung“376 dieser Begriffe. Das deduktive (und von den Cartesianern im Wesentlichen geteilte) 373 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 3. Dementsprechend widmet er sich ausführlich der Frage, welche Voraussetzungen der Hörer theologischer Lehrveranstaltungen mitbringen müsse und welche Charaktereigenschaften für einen angehenden Theologen entscheidend seien. An einer solchen Analyse innerhalb der Prolegomena sieht man deutlich, dass Heidanus auch in seiner Dogmatik als erfahrender akademischer Lehrer schreibt. Theologiestudenten dürfen für ihn nicht mit Katechumenen verwechselt werden, „neque enim Christianos facimus, sed Theologos instituimus“ (Heidanus: Corpus [1686] I 3). Sie bedürfen einer soliden Bibelkenntnis und einer gewissen Kompetenz in Philologie und Philosophie. Gelehrigkeit, Anstand und Fleiß (docilitas, probitas, sedulitas) machen weiterhin den guten Theologiestudenten aus. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 3f. Diese Eigenschaften werden weiterhin detailliert beschrieben und mit dem Kontext des universitären Unterrichts verbunden. Vgl. die sehr ausführliche Darstellung der docilitas bei Heidanus: Corpus (1686) I 4–6 und die kurze Behandlung von probitas und sedulitas bei Heidanus: Corpus (1686) I 6. Einschübe zu Didaktik, Studiensituation oder formaler Gestaltung des Universitätsunterrichts finden sich z. B. auch im Systema von Maresius. Vgl. dazu Eberhardt, Rahmenbedingungen des Theologieunterrichts. 374 So verweist Heidanus bei der Entfaltung der Gelehrsamkeit (docilitas) als Grundeigenschaft des Theologiestudenten u. a. darauf, dass dazu auch Vorurteilsfreiheit gehöre. Dies nutzt er zu einer typisch cartesianischen Erläuterung von Urteil und Vorurteil. Das Urteil beschreibt er als Ergebnis einer klaren und deutlichen Erkenntnis („clare & distincte percipimus“), ohne die auch richtige Einschätzungen immer nur Meinung (opinio) bleiben und nicht die Qualität von tatsächlichem Wissen (scientia) erreichen. Vorurteile bestimmt er entsprechend als Meinungen, die sich ohne ein Urteil in den Geist eingeprägt haben. Diese abzuschütteln stehe dem menschlichen Willen frei und erfordere eine Urteilsenthaltung bis zu einer genauen Prüfung der Dinge. Bis dahin müssten sie bezweifelt werden. Heidanus zeigt sodann exemplarisch Vorurteile der Katholiken auf. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 5f. 375 Heidanus: Corpus (1686) I 6: „[…] doctrina rerum divinarum, a Deo revolata [sic], continens verum de Deo sensum, & quid ad sensum istum componitur rectum Dei cultum.“ 376 Heidanus: Corpus (1686) I 6: „At cavendum, ne philosophico sensu haec vocabula accipiantur.“

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Wissenschaftsverständnis der Philosophie, demnach eine Wissenschaft Schlussfolgerungen aus Prinzipien ableite, werde nämlich von der Theologie überboten, insofern die Prinzipien und Schlussfolgerungen selbst zu ihren Gegenständen gehörten. Theologie gilt Heidanus daher als Kunst der Künste, als Wissenschaft der Wissenschaften, und erhält dadurch an dieser Stelle trotz der grundsätzlichen Trennung von Philosophie und Theologie – insbesondere in Abgrenzung zur Logik – doch eine gewisse Vorrangstellung und besondere Würde.377 Die Frage nach dem praktischen Charakter der Theologie beantwortet Heidanus zwar insgesamt positiv, weil es das Ziel der Theologie sei, immer in Gottesverehrung und Dankbarkeit zu münden und gerade nicht bei einer spekulativen Metaphysik stehenzubleiben. Allerdings hält er auch diese Klassifizierung letztlich für unnötig, da Theorie und Praxis in der Regel einander bedingten.378 Die Bestimmung der Theologie durch das Erkenntnisprinzip der Offenbarung erklärt Heidanus als ihr wesentliches Charakteristikum. Daran zeige sich die Abhängigkeit der theologischen Erkenntnis des Menschen von einer ihm unverfügbaren und aus eigener Kraft nicht erreichbaren Instanz.379 Die Offenbarung wiederum stütze sich wesentlich auf die Autorität Gottes. Um diese zu sichern und dem Menschen nachvollziehbar zu machen, dient nach Heidanus die natürliche Gotteserkenntnis. Denn es müsse sichergestellt werden, dass man die Offenbarung Gottes nicht mit etwas Falschem verwechsle. Daher sei dem Menschen die Möglichkeit gegeben, seine Existenz auch rational herzuleiten und zu wissen, dass es ein von ihm autorisiertes Wort gebe, das sich in der Bibel finde. Daraus wiederum ließe sich dann ableiten, dass alles, von dem feststeht, dass Gott es offenbart habe, unzweifelhaft wahr, glaubwürdig und zu befolgen sei.380 Dieser 377 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 6. 378 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 6f. 379 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 7f.: Heidanus beschreibt die Unverfügbarkeit der Theologie dadurch, dass ihr Inhalt nicht durch unsere Sinne produziert werden könne und sie sich daher der selbstständigen Aneignung des Menschen entziehe („[…] non potest dici acquisita“). Dies begründet er durch die Unfassbarkeit des unendlichen Gottes, die Jenseitigkeit des von der Theologie behandelten höchsten Guten und der Feststellung, dass nur Gott selbst wissen könne, wie er angemessen verehrt werde. 380 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 8. Ausführlich entfaltet und verteidigt Heidanus sodann klassische Elemente der Gottesbeweise und deren cartesische Rezeption und leitet aus der natürlichen Gotteserkenntnis, deren Inhalte und Grenzen er sowohl rational als auch auf der Grundlage von Röm 1 bestimmt, die Entstehung der Religion ab. Auf eine Paraphrase muss an dieser Stelle verzichtet werden. Explizit greift er das ontologische Argument Anselms auf und bringt auch Elemente der thomasischen quinque via. Auch biblische Argumente für die Existenz Gottes führt er an. Vgl. die Aufarbeitung der cartesischen Elemente seiner Darstellung (insbesondere die Vorstellung einer eingeborenen Gottesidee) bei Goudriaan, Rezeption des cartesischen Gottesgedankens, 169–177. Vgl. insgesamt Heidanus: Corpus (1686) I 8–13. Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 41 (Anm. 19) verweist zudem darauf, dass es auffällig ist, dass Heidanus nicht ausschließlich cartesianisch

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Überlegung entspricht das bei Wittich wiederholt auftauchende Motiv, dass man klar und deutlich erkennen müsse, ob etwas von Gott geoffenbart sei.381 Wiederum wird hier ein deutlich rationaler Zug des Ansatzes von Heidanus sichtbar, der aus seinem ernsthaften Ringen um die Wissenschaftlichkeit der an sich unverfügbaren Theologie resultiert.382 In einem zweiten Teil des einleitenden Locus belegt Heidanus die Bibel als Zeugnis der göttlichen Offenbarung ausführlich mit äußeren und schriftinternen Argumenten und leitet daraus auch die Eigenschaftslehre der Bibel her.383 Aus der Göttlichkeit der Bibel leite sich ihre Autorität ab.384 Der nun folgenden Untersuchung der Bibel wird insgesamt eine hohe Aufmerksamkeit gewidmet. Sie umfasst auch Akkommodations- und Skopuslehre.385 Für die Beurteilung der Rolle der Vernunft in der Theologie von Heidanus ist dabei ein Passus über die perspicuitas der Bibel zentral.386 Seine Position entfaltet Heidanus hier als einen Mittelweg, der eine grundsätzliche Klarheit der Bibel zugrunde legt, deren ei-

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argumentiert. Mit Blick auf Röm 1,19f. geht er davon aus, dass durchaus Gottesargumente aus der Schöpfung ableitbar sind, so dass der kosmologische Beweis neben dem auf die innere Denkbewegung konzentrierten cartesischen Beweis bestehen müsse. Wittich argumentiert in diesem Problemzusammenhang im Übrigen so, dass Röm 1,19f. bereits voraussetze, dass im menschlichen Geist eine Gottesidee vorhanden sei. Ohne diese wäre eine contemplatio operum Dei nicht effektiv. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §132,102f. Ausdrücklich lehnt Heidanus in diesem Zusammenhang die Auffassung ab, dass man deshalb die richtig angewendete Vernunft (recta ratio) zur Richtschnur (norma) der Ursprungsreligion erklären könne: Auch hier sei der Glaube das bestimmende Element der Religion gewesen, denn die Verirrung des Götzendienstes zeige ebenso wie alttestamentliche Belege die Abhängigkeit des Menschen von Gottes Wort. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 13f. Heidanus bettet seine Darstellung in eine Auseinandersetzung mit dem Arminianer Simon Episcopius (1583–1643) ein. Heidanus kann damit zeigen, dass trotz der Möglichkeiten natürlicher Gotteserkenntnis die Offenbarung das bestimmende theologische Prinzip sein müsse, weil sie über die Vernunfterkenntnis hinausgehe. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 14f. Vgl. dazu bes. Kapitel 3.9.2 (Das cartesische Wahrheitskriterium in der Theologie Wittichs). Vgl. auch die kurze Betrachtung der Consideratien weiter unten in diesem Kapitel. Vgl. zu diesem Ringen bei Heidanus auch Barth, KD I/1 21f. Vgl. im Einzelnen die Argumente bei Heidanus: Corpus (1686) I 18–26. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 26–29. Insbesondere gegen die katholische Position, die demgegenüber eine Autorität der Kirche stark macht, wird hier argumentiert. Auch die Sicherung des biblischen Kanons wird in diesem Zusammenhang diskutiert. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 29–33. Das umfasst auch die Frage nach den Ursprachen, Übersetzung und der Art und Weise der Bibellektüre. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 33–39. Die Profilierung der eigenen Ausführungen nimmt Heidanus dabei durch die kontroverstheologische Auseinandersetzung mit katholischen und anderen Positionen vor. Diesen Stil behält er bis zum Ende des Kapitels bei. In dessen letztem Teil nimmt Heidanus u. a. auch das opinio-Argument und den Skopusgedanken in einer eigenen Fassung auf. Heidanus: Corpus (1686) I 41f. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 49–52. Heidanus betont die perspicuitas der Bibel in Abgrenzung gegen Katholiken und Remonstranten. Während jene eine Klarheit der Bibel leugneten, um die Schriftdeutung von der Kirche abhängig zu machen, betonten diese die völlige Erschließung der Bibel allein durch die Vernunft.

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gentliches Verständnis er jedoch sowohl von der Vernunft als auch einer Erleuchtung des Menschen durch den Heiligen Geist abhängig macht.387 Zum einen präsentiere die Bibel die in ihr überlieferten Mysterien dem Menschen grundsätzlich nicht in durchschaubarer Form.388 Die Mysterien sind demnach nicht nur von der Offenbarung abhängig und der natürlichen Erkenntnis verschlossen, sondern lassen sich darüber hinaus auch trotz der biblischen Offenbarung rational nur unter Mitwirkung des Heiligen Geistes nachvollziehen.389 Zum anderen sei auch die tradierte Deutung der Mysterien, wie z. B. die Entfaltung der Trinität, nicht immer biblisch ableitbar. So gebe es Bibelstellen, die nicht eindeutig und selbsterklärend seien, z. B. aufgrund der überrationalen Inhalte oder der Unkenntnis des historischen Kontextes. Trotz dieser Einschränkungen des menschlichen Zugangs zur perspicuitas der Bibel bekennt Heidanus, dass der Wille Gottes in allen glaubensnotwenigen Punkten für die Christen deutlich und in ausreichendem Maße erkennbar sei.390 Gegen den Erkenntnisoptimismus der Remonstranten verweist Heidanus nicht nur auf die Schwierigkeit der Deutung mit einer richtig angewendeten, d. h. vorurteilsfreien, nicht durch Affekte oder Unkenntnis beeinträchtigten Vernunft, sondern auch auf die Unterscheidung von Verstehen (intelligentia/intelligere durch die ratio) und Glaube (fides/credere, also die innere Zustimmung zu den Erkenntnisinhalten). Über die Vernunft könne zwar ein richtiges Verständnis der Bibelstellen unter Umständen erreicht werden, für den Glauben reiche die Vernunft aber nicht aus, sondern es bedürfe auch eines „animum probum et docilem“391 und insgesamt der Mitwirkung des Heiligen Geistes.392 In den Consideratien haben sich die Positionen von Wittich und Heidanus vollends angenähert und können keinem Autor sicher zugeordnet werden.393 Darum verkörpert die hier entfaltete Position in besonderer Weise den Kontext, in dem auch Wittichs weitere Schriften stehen. In den Consideratien findet sich bereits einleitend wiederum der ausdrückliche Verweis auf die Trennung von 387 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 49f. Auf die Bedeutung des Geistes bei Heidanus verweist mit weiteren Belegen auch Barth, KD I/2 581. 388 Das sei aber keine Einschränkung ihrer perspicuitas, sondern der Auffassungsgabe des Menschen. Dunkel seien die Stellen nur für uns, wie auch die Klarheit der Sonne nicht durch die Tatsache infrage gestellt werde, dass es Blindheit gebe. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 49. 389 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 49. 390 Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 49. 391 Heidanus: Corpus (1686) I 50. 392 Die Gegenposition der Remonstranten und Katholiken wird dann jeweils anhand einer Thesenreihe diskutiert. Dabei betont Heidanus gegen die Remonstranten die Differenzierung des Bibelverständnisses in eine rein rationale Erschließung auf der einen und eine Interpretation aus der Glaubenssituation heraus auf der anderen Seite. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 51f. 393 Auch auf die Mitarbeit von Burchard de Volder ist hinzuweisen. Vgl. zu der Entstehung der Schrift Eberhardt, Wittich, 353f.

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Philosophie und Theologie, mit welchem dem Vorwurf begegnet wird, ein Coccejaner müsse immer auch ein Cartesianer sein. Heidanus betont, dass von beiden Perspektiven her die grundsätzliche Trennung der beiden Wissenschaften geboten sei. Die klassische Bestimmung des ancilla-Verhältnisses wird kritisiert. Er begegnet insbesondere dem Verdacht, der Cartesianismus habe es nicht aufgehoben, sondern umgekehrt, um die Theologie zu unterjochen. Daher stellt er dem Begriff der Magd den der Freundschaft gegenüber.394 Folge des klassischen Dienstmagdverhältnisses sei in der Tat dessen Umkehrung gewesen, jedoch gerade nicht durch den Cartesianismus: Die peripatetische Philosophie habe sich der Theologie bemächtigt, sie geschwängert und mit ihr einen Bastard hervorgebracht; das Ergebnis sei die scholastische Theologie. Die Theologie könne durchaus auf eine richtige, auf gesunde Vernunft gestützte Philosophie zurückgreifen, weder dürften jedoch gegenseitige Einmischung noch Missbrauch das Verhältnis der souveränen Wissenschaften beeinträchtigen. „[…] een goede unie en verbandt“395 müsse zwischen ihnen bestehen. Sie strebten beide als Töchter des einen Gottes und Vaters zu derselben Wahrheit und müssten dabei einander helfen.396 Bei der Besprechung der einzelnen Thesen der Leidener Lehrverurteilung spielt zudem die Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie immer wieder eine Rolle. Besonders sind die Thesen zehn und zwanzig hervorzuheben. These Zehn beginnt mit der Behauptung, dass jede Philosophie ohne religiösen Bezug sei (religionis expertem/sonder Godtsdienst)397. Heidanus bietet zwei Deutungsmöglichkeiten dieser Aussage an: Zum einen sei darunter die selbstverständliche und von der Universität Leiden autorisierte Auffassung zu verstehen, dass die Philosophie inhaltlich von Religion, Theologie, Glaube und Offenbarung unterschieden werden müsse. Die Alternative zu diesem Verständnis stelle die als lächerlich bewertete Behauptung dar, dass ein Philosoph kein religiöser Mensch sein könne.398 In Abgrenzung der cartesianischen Theologie von Meyers Philosophia S.S. Interpres im Rahmen der Kommentierung der 20. These betont Heidanus ausdrücklich die Grenzen der Philosophie und der Vernunft. Die für die Cartesianer so zentrale Trennung von Philosophie und Theologie werde in der Tat von Meyer aufgehoben, indem der gesamte Offen394 Vgl. Heidanus: Consideratien (1676) 17f. 395 Heidanus: Consideratien (1676) 18. 396 Vgl. Heidanus: Consideratien (1676) 18. Vgl. dazu auch Howell, God’s Two Books, 167f. Seine Darstellung ist grundsätzlich richtig, jedoch wird die Metapher der ancilla in der Quelle stärker relativiert, als er suggeriert. 397 Vgl. Eberhardt, Wittich, 363 und Heidanus: Consideratien (1676) 87–91. 398 Vgl. Heidanus: Consideratien (1676) 87–89. Heidanus spitzt diese Behauptung darauf zu, dass demnach auch die Vertreter anderer Wissenschaften und Berufe keine Christen sein könnten.

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barungsinhalt zum Gegenstand rationaler Erkenntnis gemacht werde. Denn Kriterium für die Klassifikation einer Aussage als Offenbarung sei für Meyer ihre inhaltliche Übereinstimmung mit philosophisch nachvollziehbarer Erkenntnis. Weder auf die Glaubensmysterien noch den Heilsweg treffe das jedoch zu.399 Mit Descartes belegt Heidanus daher die Begrenztheit des menschlichen Verstandes und die Notwendigkeit der Offenbarung.400 Die Offenbarung bleibt so zwar das eigentliche Prinzip der Theologie und wird in ihrer Priorität anerkannt, jedoch treten in der Integration der natürlichen Gotteserkenntnis cartesianischer Prägung in die Dogmatik notwendig rationalistische und zum Offenbarungsanspruch widersprüchlich erscheinende Tendenzen zutage.

3.4.3 Der philosophische und theologische Kontext Wittichs in der Gesamtschau: Ergebnisse und kritische Anfragen Der philosophische und wissenschaftstheoretische Kontext, in dem Wittich seine Theologie entfaltet und der Philosophie gegenüberstellt, erweist sich als vielschichtig und dialogisch.401 Zum einen stellte sich das cartesianische Netzwerk der Aufgabe, über Wissenschafts- und Methodenreflexion eine Synthese aus Schulphilosophie und den neuen Impulsen des Cartesianismus zu schaffen, zum anderen versuchten die Theologen des Netzwerkes ausgehend von dieser Synthese und in Bezugnahme auf die Orthodoxie, systematisch zu entfalten, wie sich Theologie zum Cartesianismus in Beziehung setzen kann. Die grundsätzliche Trennung von Philosophie und Theologie kristallisiert sich dabei als ein einheitliches Grundanliegen heraus. In tiefergehenden Fragen, wie nach dem praktischen Charakter der Philosophie oder der Bestimmung ihres Verhältnisses zur Theologie, war man sich jedoch bereits nicht mehr völlig einig. Idealerweise versuchte man sich so zu positionieren, dass die methodische und inhaltliche Öffnung der beiden Disziplinen füreinander unter Würdigung ihrer grundsätzlichen Verschiedenheit betont bleibt. Dabei bietet sich den cartesianischen Theologen eine Vielzahl von Anknüpfungsmöglichkeiten an den orthodoxen Rahmen, den sie auch mit ihren Kritikern teilen. Die Entfaltung des Philosophieverhältnisses über den Begriff des usus ist hierfür ebenso ein Beispiel wie die 399 Vgl. Heidanus: Consideratien (1676) 138. 400 Vgl. Heidanus: Consideratien (1676) 138f. mit Zitat von Descartes: Principia (1644) I 24f. (AT VIII/1 14). 401 Risse, Logik der Neuzeit II, 51 bemerkte bereits die „Unübersichtlichkeit“ der Descartesrezeption, als diese sich im Kontext einer von Johannes Coccejus geprägten reformierten Theologie verselbstständigte. Sie resultiert daher, dass die Rezeption partikular erfolgte, während das Gesamtsystem von Descartes auf verschiedene Weise gleichzeitig kritisiert wurde.

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zentralen Elemente des Theologieverständnisses, das durch die Berührung mit Rationalismus und cartesischer Philosophie keineswegs revolutioniert zu werden brauchte. Eine wesentliche Aufgabe der cartesianischen Theologie war die Bestimmung ihrer Inhalte, die sich gemäß der bereits von Descartes vorgegebenen Differenzierung auf die Offenbarung sowie einen Mischbereich von Vernunftund Offenbarungserkenntnis erstrecken. Diesen näher zu bestimmen und dabei die Souveränität des rein philosophischen Bereiches zu bewahren macht eine wesentliche Aufgabe cartesianischer Dogmatik aus. Wie bereits Descartes selbst sehen sich die cartesianischen Theologen, einschließlich Wittich, dabei vor allem mit zwei Inkonsequenzen konfrontiert. Zum einen müssen sie sich dem Vorwurf stellen, dass die cartesianische Philosophie der Offenbarung methodische Grundentscheidungen diktiert. Werden so nicht zumindest indirekt die Wissenschaften aufs Neue vermischt? Zum anderen lässt sich die Dominanz der Offenbarung über die Vernunft, die von allen cartesianischen Theologen grundsätzlich eingefordert wird, nicht überzeugend begründen. Wenn die Offenbarung das autonome Prinzip der Theologie sein soll, ist damit nicht plausibel begründet, inwiefern sie auch Ergebnisse der Philosophie einzuschränken vermag.402 Vermittelnd sollte hier der eine Wahrheitsbegriff als Regulativ wirken, was jedoch im Ergebnis fraglich erscheinen lässt, ob der cartesianische Ansatz gegenüber dem klassischen Weg der Orthodoxie wirklich einen Vorteil für die Autonomie der Wissenschaften mit sich bringt. Karl Barth hat am Beispiel von Heidanus und Burman gezeigt, dass die cartesianische Theologie darum bemüht sei, Calvin und Cartesius in sich zu vereinen und dabei zu merkwürdigsten Nebeneinanderstellungen genötigt sei. In der Analyse offenkundige Widersprüchlichkeiten seien von den Autoren gar nicht empfunden worden, zumal die an Calvin orientierte Dimension ihrer Theologie, also die Seite der Offenbarung, immer die dominante bleibe.403 An dieser grundsätzlich richtigen Beobachtung zeigt sich ein klares Defizit des gesamten Ansatzes cartesianischer Theologie. Die Versöhnung von Offenbarung und Vernunft bereitet große Schwierigkeiten. Sie war aber eine drängende Aufgabe der reformierten Orthodoxie, die der Notwendigkeit entsprang, Theologie als Wissenschaft zu definieren und der man sich auch konsequent in irenischen Schriften und dogmatischen Entwürfen stellte.404 Wittichs grundsätzliches Anliegen, das ihn bereits in den Dissertationes Duae bestimmt hatte, nämlich die Etablierung einer Unabhängigkeit objektiver philosophischer Forschung auf der einen und einer gegenüber dem rationalen Weltbild verantwortungsvollen Würdigung der Bibel 402 Vgl. dazu bereits die Beobachtungen von Goudriaan, Rezeption des cartesischen Gottesgedankens, 166–168 in Bezug auf Abraham Heidanus. 403 Vgl. Barth, KD I/2 311–313. 404 Vgl. mit Verweis auf das Theologieverständnis von Burman und Coccejus Barth, KD I/1 12.

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auf der anderen Seite, wird von seinen cartesianisch geprägten Gesprächspartnern der Philosophie geteilt. Ihre Auffassung versucht Theo Verbeek (1992) folgendermaßen zusammenzufassen: „Whereas philosophy tries to find the principles of natural being and has as its object the world, theology’s concern is to interpret a certain text whose truth is not primarily of a philosophical but of practical nature.“405 Jedoch so eindeutig lässt sich die Grenze zwischen den Wissenschaften innerhalb des cartesianischen Netzwerkes nicht ziehen. In der Konfrontation mit den Quellen zeigt sich, dass die Scheidelinie nicht so sauber verläuft. Anders als Johannes de Raey scheinen Wittich und andere Cartesianer die Philosophie wohl nicht für ausschließlich theoretisch zu halten. Die Trennung der beiden Wissenschaften ist nicht vollständig, sie stehen weiterhin in Beziehung. Wittich misst den philosophischen Teildisziplinen (mit Clauberg) vermutlich einen praktischen Charakter zu. Die starke Rezeption der Vorstellung eines Nutzens der Philosophie für praktische Wissenschaften wie die Theologie lässt einen anderen Schluss nicht zu. Theologie erschöpft sich keineswegs in der Bibelauslegung und gerade für sie benötigt sie zudem das Instrumentarium der Hermeneutik, die im Dialog mit der Logik entwickelt wird. Es bleibt also ein drängendes Dilemma des cartesianischen Netzwerks, wie Philosophie und Theologie als zwei selbstständige Wissenschaften unter Bewahrung ihrer Unabhängigkeit in den Dialog zu bringen sind. Es hat sich gezeigt, dass die Frühorthodoxie zwei Strategien für die Verhältnisbestimmung ihrer Erkenntnisprinzipien, Vernunft und Offenbarung, ausgebildet hatte. Die eine und von der scholastischen Tradition her dominierende Strategie subordiniert den Vernunftansatz der Philosophie der Offenbarungswissenschaft Theologie, die andere reguliert die Beziehung der Wissenschaften mittels des Nutzens. Die Hochorthodoxie nimmt beide Stränge auf, wobei die cartesianische Theologie sich bemüht, das ancilla-Verhältnis aufzulösen und den Begriff des Nutzens weiterverfolgt. In der theologia traditiva wirkt sich demgegenüber die Subordination der Philosophie stärker aus.406 Sowohl für die philosophischen als auch die theologischen Ansätze des cartesianischen Netzwerkes kann die herkömmliche Formel der Philosophie als ancilla der Theologie – ganz im Gegensatz zu der Position der Anticartesianer – zumindest formal als überwunden gelten, auch 405 Verbeek, Descartes and the Dutch, 74f. 406 Anticartesianische Autoren wie Maresius haben versucht, die Subordination der Philosophie weiter aufrechtzuerhalten und den Vernunftgebrauch in Glaubensfragen zu begrenzen. Teilweise verstanden sie sich in ihrer anticartesianischen Position zugleich als Advokaten eines christlichen Aristotelismus. Demgegenüber betonen die cartesianischen Autoren nicht mehr nur Grenzen und relativen Nutzen der Vernunft, sondern etablieren mit ihrer Trennung von Philosophie und Theologie die Vernunft als ein eigenständiges Erkenntnisprinzip neben der Offenbarung. Auch wenn sie aus philosophischer Perspektive die Autonomie der Vernunft fordern, müssen sie als Theologen ihr Verhältnis zur Offenbarung in einer einschränkenden Weise begründen und geraten hier in Widerspruchsgefahr.

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wenn sie bei Coccejus noch auftaucht. Doch wenn Wittich und andere cartesianische Theologen der Ablehnung der Subordination der Wissenschaften folgen, nehmen sie dabei einen Ansatz auf, den bereits Johannes Coccejus vorgegeben hatte, wenn er die Unabhängigkeit der Theologie von philosophischen Termini und Denkstrukturen eingefordert hat. Die ‚Herrin Theologie‘ war zu abhängig von ihrer vermeintlichen Dienerin geworden und musste sich um ihrer selbst willen die eigene Unabhängigkeit neu erarbeiten. Bereits bei den Voruntersuchungen ist aber deutlich geworden, dass der Rückgriff auf den Cartesianismus dabei die Gefahr barg, in eine neue Form der Abhängigkeit zu geraten oder theologische und rationalistische Elemente spannungsvoll nebeneinander stehen lassen zu müssen. Abraham Heidanus’ Denken weist innerhalb der Extreme einen stärkeren Erkenntnis- und Vernunftoptimismus auf, während Frans Burman sich weit weniger auf cartesianische Elemente in seiner Theologie einlässt und die Souveränität der Offenbarung zu wahren bemüht ist. Für Wittich wird die philosophische Färbung seiner Theologie daher besonders in den Blick zu nehmen sein. Wie viel Descartes steckt in den theologischen Entwürfen des cartesianischen Netzwerkes? In ähnlicher Weise wie Frans Burman steht Wittich sehr exponiert genau an der Scheidelinie von Philosophie und Theologie. Anders als Burman, der in klar differenzierter Weise einerseits als Philosoph, andererseits als Theologe schreiben kann, ist sein Œuvre jedoch bewusst auf diese Grenze hin ausgerichtet. Ein Kernthema und wiederkehrendes Motiv dieser Scheidelinie ist der Wahrheitsbegriff, der sich leicht sowohl theologisch als auch mit Descartes bestimmen lässt. Neben der Aufnahme des clare & destincte percipere wird auch die Vorstellung der eingeborenen Ideen, die sowohl Descartes auch die orthodoxen Systeme bieten, aufgenommen. Sie gilt als vom Schöpfer gesetzte anthropologische Konstante und stellt das zentrale theologische Verbindungsglied innerhalb des cartesianischen Ansatzes dar. Die damit verbundene Gewissheit der Erkenntnisse muss als objektives Wissenschaftskriterium auch für die Theologie gelten, erlaubt aber zugleich eine theologische Deutung von Vernunft und Erkenntnissicherheit. Trotz des stark methodologisch geprägten Neuansatzes des Cartesianismus, der bereits in Descartes’ Œuvre vorbereitet war und dann in Form von Weiterentwicklungen der Wissenschaftstheorie und Logik philosophisch wirkmächtig wurde, fand offenbar keine Umwälzung der Argumentationsformen, des Disputationenswesens oder der grundsätzlichen Darstellungsweise in der cartesianischen Theologie statt. Trotz der Neubestimmung von Theologie und Philosophie blieben beide Fakultäten weiterhin eng verwoben, da der universelle Ansatz der cartesianischen Erkenntnislehre eine einheitliche, rationale Methode als Wissenschaftskriterium zugrunde legte. So drohten Trennung und Neuordnung der Wissenschaften gegen die explizierten Befürchtungen der Anticarte-

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

sianer nur dann eine neue Theologie zu erzeugen, wenn man sich von der reformierten Bekenntnistradition entfernte und den in Descartes angelegten Rationalismus radikal auf die Theologie übertrug.407 Tatsächlich hat sich so eine Entwicklung nur am Rande abgespielt, wie z. B. in der Philosophia S.S. Interpres, jedoch freilich in wirkmächtiger Weise. Tatsächlich kam es aber überwiegend zu einer eklektischen Rezeption aristotelischer Logik, der cartesianischen Philosophie und der überkommenen Dogmatik der Frühorthodoxie. Scholastische Formen blieben unter cartesianischem Rahmen erhalten, bereits die Universität als Kontext von Lehre und Forschung machte dies formal notwendig, insofern das Disputationswesen sich darauf stützte. Auch Wittich hatte, wie wir gesehen haben, eine entsprechende Ausbildung (bes. bei dem Aristoteliker Martin Schoock) genossen und seinen eigenen Unterricht trotz einiger Neuansätze, die in seinen aus dem Disputationswesen hervorgegangen Schriften und der Abfassung einer eigenen theologischen Synopse sichtbar werden, grundsätzlich nicht revolutioniert. Es bleibt die kritische Frage an Wittichs Umfeld bestehen, was genau nun cartesianisch an ihrer Theologie ist. Verwiesen werden kann auf die analytische Methode sowie die Einflechtung am Subjekt orientierter Argumentationsformen im Stil der Meditationes. Gerade in formaler Hinsicht finden sich in den Dogmatiken der großen Theologen des cartesianischen Netzwerkes aber keine bemerkenswerten Abweichungen gegenüber den Schultheologen ihrer Zeit. Als Spezifikum dient vor allem die Bezugnahme auf einzelne Elemente von Descartes wie den Zweifel, die analytische Argumentationsform more geometrico oder den Wahrheitsbegriff. Sie greifen auch auf einige didaktische Überlegungen zurück, die sich aus der cartesianischen Wissenschaftslehre und Psychologie ergeben, rezipieren aber ungebrochen auch Argumentationsformen, die die Forschung auch als scholastisch bezeichnen kann. Dieser Eindruck verstärkt sich dadurch, dass auch in der nichtcartesianischen Logik ähnliche Umstellungen vorgenommen und Themen diskutiert werden, wie bei den Cartesianern.408 Die Cartesianer konstruieren im Ergebnis also „a Neo-Scholastic logic, a Neo-Stoic ethics, and extended and modified parts of Descartes’ metaphysics and physics, producing what was considered as the Cartesian ‚system‘ of philosophy to be taught in the Schools instead of what the Scholastics offered.“409 Ein Methodenkatalog, der allen Cartesianern gemein wäre, lässt sich dabei nicht ausmachen. Verschiedene Autoren greifen auf verschiedene Elemente des Cartesianismus zurück.410 Bereits bei ihrem Verständnis von dem, was Methode ist, un-

407 408 409 410

Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 119f. mit Verweis auf Voetius. Vgl. Ariew, Descartes and the First Cartesians, 164f. Ariew, Descartes and the First Cartesians, 209. Vgl. dieselbe Diagnose (mit Blick auf vornehmlich den französischen Cartesianismus, aber auch Clauberg) bei Ariew, Descartes and the First Cartesians, XVI.

Exposition: Wittichs Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie

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terscheiden sie sich.411 Die Betonung und Würdigung der Vernunft gegenüber der Offenbarung sind aber Weichenstellungen, die insbesondere in hermeneutischer Perspektive von hoher Tragweite für die Orthodoxie sind und wegbereitend für die Entstehung einer historischen Theologie im 18. Jahrhundert wirken. Für Wittich und Clauberg sowie ihr Netzwerk lässt sich die methodische Rezeption etwas enger fassen. Bei ihnen bildet sich eine Synthese aus der aristotelisch geprägten Logik und den Neuansätzen von Descartes, die vor allem von de Raey programmatisch vermitteltet wird und in Claubergs Logica vetus et nova exemplarisch greifbar ist. Sie verleiht gerade der Hermeneutik einen besonderen Zug.412 Der cartesianische Charakter theologischer Entwürfe lässt sich also insgesamt nur unzureichend über formale Kriterien bestimmen. Insbesondere der in den Prolegomena abgesteckte Rahmen zeigt, was reformierte Theologen zu Cartesianern macht: Die Bestimmung der Vernunft, der Wahrheitsbegriff und die Verortung der Theologie im System der Wissenschaften. Auch in weiteren dogmatischen Loci, z. B. der Anthropologie, zeigt sich die Descartesrezeption gerade inhaltlich.

3.5

Exposition: Wittichs Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie im systematischen Entwurf der Positiones und seinem Römerbriefkommentar

Wie die anderen Theologen des cartesianischen Netzwerkes entfaltet Christoph Wittich von Descartes und Coccejus her im Kontext der orthodoxen Dogmatik seiner Zeit eine Theologie im Spannungsfeld von Vernunft und Offenbarung. Das Besondere seines Ansatzes ist jedoch die durch seine apologetische Grundstellung gebotene Gratwanderung zwischen der philosophischen Analyse von Descartes aus der Perspektive des Theologen und dem Weiterdenken von dessen Philosophie im Kontext eines eigenen dogmatischen Systems. Als Ireniker entfaltet er sein System besonders in der argumentativen Auseinandersetzung mit den Cartesianismuskritikern, bleibt auf dieser Ebene jedoch nicht stehen. Von besonderem Wert sind das Nebeneinander der von seinen Gegnern an ihn herangetragenen Diskussionen mit stark philosophisch ausgerichteten Anfragen an seine Theologie und der dezidiert theologischen Arbeiten außerhalb des Cartesianismusstreits. Auch wenn ein vollständiger dogmatischer Entwurf von ihm

411 Vgl. zu diesem Urteil mit Bezug auf die Logik Ariew, Descartes and the First Cartesians, 159. 412 Vgl. exemplarisch Ariew, Descartes and the First Cartesians, 161f. für das Urteil, dass Clauberg in seiner Logik Descartes’ Gedanken in den traditionellen scholastischen Rahmen überführt.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

nicht verfasst worden ist, lässt sich ein eigenständiges System cartesianischer Theologie aus der Fülle seiner Schriften entwickeln. Wittichs Theologiebegriff ist geprägt vom frühneuzeitlichen Erkenntnisoptimismus und Streben nach Fortschritt im Kontext der Impulse orthodoxer Prolegomena.413 Er und die cartesianische Theologie standen vor der Aufgabe, ihr Theologie- und Vernunftverständnis trotz ihrer starken Orientierung am Cartesianismus in evangelischer Verantwortung und im Kontext der Orthodoxie zu entfalten. Die kritischen Impulse der Anticartesianer galt es dabei nicht nur apologetisch, sondern auch produktiv zu berücksichtigen. Der reformierte Bekenntnisstand durfte dem Selbstverständnis Wittichs nach nicht der Descartesrezeption geopfert werden. Die Frage, inwieweit die Philosophie von Descartes sich für die reformierte Orthodoxie als kompatibler erwiesen hat als der Aristotelismus, die Analyse der Descartesrezeption und der Charakter der reformierten Theologie unter diesem Einfluss ist nun in den Blick zu nehmen. Die chronologische Werkerschließung hat gezeigt, dass Wittichs grundlegende Voraussetzung dabei von Anfang an die prinzipielle Trennung von Vernunft und Offenbarung ist, die er mit dem cartesianischen Netzwerk teilt.414 Er widmet sich ihr ausgehend von der Kontroverse um die cartesianische Adaption des heliozentrischen Weltbildes. Deren Ablehnung durch große Teile der Orthodoxie auf der Grundlage biblischer Argumente war für Wittich eine Grenzüberschreitung theologischer Kompetenz. Von seinen Gegnern fordert er: „[…] in causa philosophica armis agant philosophicis.“415 Auch wenn Wittich keine vollständige Dogmatik ausgearbeitet hat, bietet er doch einen systematischen thesenartigen Gesamtentwurf seiner Theologie in den Positiones. Dieser vermittelt nicht nur einen ersten Zugang zu seinen Prolegomena, sondern hilft auch, diese in Beziehung zu anderen dogmatischen Loci zu setzen. Von besonderem Wert ist diese Schrift aus dem Universitätsunterricht aufgrund der Tatsache, dass Wittich hier eine eigenständige Ordnung der Dogmatik bietet, die seine irenischen Ausführungen zu Theologie und Vernunft beziehungsreich ergänzt, gerade weil sie aus der Perspektive des theologischen Lehrers und nicht allein des cartesianischen Apologeten verfasst ist. Die apologetischen Hauptschriften Wittichs bieten dann für die weitere Untersuchung detaillierte Kommentare und Erweiterungen zu dem in den Positiones angelegten Theologie- und Philosophieverständnis.416 Eine gerade für die Bestimmung des

413 Vgl. dazu bereits z. B. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [ii–iv]. Vgl. auch sehr explizit Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [ii und xxxiii]. 414 Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §1,1. 415 Wittich: Consideratio (1656) §12,12. 416 Tatsächlich lässt sich gerade die Theologie pacifica passagenweise regelrecht als Kommentar der Positiones lesen.

Exposition: Wittichs Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie

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Wissenschaftsbegriffs präzisierende Exposition findet sich zudem in der Einleitung zu seinem Römerbriefkommentar. In der Tat zeigt sich bereits in der Gestaltung der Positiones, dass Wittich seinen Theologiebegriff immer im Gegenüber mit der Philosophie und den die beiden Wissenschaften jeweils dominierenden Prinzipien Schriftoffenbarung bzw. Vernunft bestimmt. Wittichs Denken bleibt auch in seiner systematischen Entfaltung nachhaltig geprägt von der apologetischen Stoßrichtung seiner Frühschriften, steht also zumindest mittelbar im Kontext seiner wissenschaftstheoretischen und exegetischen Überlegungen zur Begründung der Trennung von Philosophie und Theologie. Diese Perspektive ergibt sich nicht nur durch die Voraussetzungen des cartesianischen Ansatzes, sondern auch durch die Schwerpunkte, die ihm bereits seine frühen Gegner wie z. B. Schoock aufgezwungen haben.417 Die Beziehung von Theologieverständnis, Vernunftbegriff und Wittichs Verhältnis zur Philosophie gilt es im Folgenden zu untersuchen und zu klären.

3.5.1 Das Theologie- und Schriftverständnis in den Positiones Eine Definition von Theologie ist in Wittichs systematisch-didaktischem Entwurf nicht Voraussetzung oder Einleitungsthese, sondern wesentliches Ergebnis der Prolegomena, die er in den Dekaden I–IX ausführlich entfaltet.418 Dabei werden neben Theologieverständnis, Vernunft und Offenbarung, natürlicher Theologie und Schriftlehre ausführlich auch biblischen Einleitungsfragen behandelt. 3.5.1.1 Die erste Dekade als Rahmen der cartesianischen Theologie: Gott, Mensch und Heil im Licht von Philosophie und Offenbarung Die Dekade I thematisiert Gott und Mensch, die göttliche Weltlenkung und die menschliche Erkenntnis, im Spannungsfeld von Vernunft und Offenbarung. In ihrem Zentrum stehen Grundfragen der Soteriologie. Insofern bringt sie in nuce zentrale Elemente der Theologie rahmenartig zur Sprache. Dass Wittich nach der der Dekade zugrundeliegenden Ordnung auch seinen Unterricht gestaltet hat, ist durchaus plausibel. Die Dekade besteht aus den folgenden zehn Thesen: 1. Die Philosophie vermittelt dem Theologen folgenden Grundsatz: dass Gott einzig ist und dass allen an dessen korrekter Verehrung gelegen sein muss. Es 417 Vgl. z. B. die peripatetisch geprägten wissenschaftstheoretischen und epistemologischen Überlegungen in Schoocks De Scepticismo, paraphrasiert bei Del Prete, Against Descartes, bes. 143f. 418 Vgl. zu Entstehung und Gliederung des Werkes Eberhardt, Wittich, 322–327 und die Übersicht im Anhang.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

gibt also nicht zwei Prinzipien, ein gutes und ein böses, was sich die Manichäer einbilden. 2. Dieser einzige Gott regiert alles im Kosmos; insbesondere regiert er die vernunftbegabten Geschöpfe und gerade den Menschen auf die Weise, die mit deren Natur übereinstimmt. 3. Daher hat er in diese anfängliche Ideen gelegt, die Idee Gottes, des Geistes und des Körpers. Wenn sie sich diesen zuwenden, können sie die Natur des Ehrbaren und Schändlichen sowie die Natur von dem, was sich gehört und nicht gehört, erkennen. 4. Auf diese Herrschaft Gottes bezieht sich das Bewusstsein und Gewissen (conscientia) und gerade auf die Zuteilung von Belohnungen und Strafen und es wird in allen Menschen ein Gewissen gefunden, das sie wegen einer vernachlässigten Pflicht anklagt. 5. Bewusst ist der Mensch sich auch der Unsterblichkeit seiner Seele, dass sie gerade dadurch nicht vergeht, wodurch der Körper vergeht. 6. Gott will die Seele auch nicht zerstören. 7. Die Seele, die sich der Pflichtversäumnis bewusst ist, fürchtet Strafen. 8. Ob Gott die Sünde vergeben will oder nicht, kann aus der Vernunft allein nicht sicher erkannt werden. Auch kann der Wille über diese Angelegenheit Gottes nicht besser dazulernen als aus der Offenbarung. 9. Diese liegt uns nun eingefasst in den Büchern des Alten und Neuen Testaments vor. 10. Die Autorität aller dieser Bücher ist göttlich und unfehlbar.419

419 Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429 (Dekade I): 1. Philosophia tradit Theologo hoc axioma: Deum esse unicum, de quo recte colendo omnes oportet esse sollicitos: Non ergo sunt duo principia, alterum bonum, alterum malum, quod somniarunt Manichaei. 2. Unicus hic Deus omnia in Mundo regit; speciatim regit creaturas rationales, adeoque hominem eo modo, qui congruit earum naturae. 3. Hinc posuit in iis ideas primaevas, Dei, mentis, & corporis, ad quas si attendant, naturam honesti & turpis, ejus quod se deceat, & quod non deceat, possunt cognoscere. 4. Ad istud regimen Dei pertinet conscientia, adeoque distributio praemiorum & poenarum, reperiturque in omnibus hominibus conscientia accusans ob neglectum officium. 5. Conscius quoque est homo animae suae immortalitatis, quod non intereat eo ipso, quo interit corpus. 6. Nec Deus vult animam destruere. 7. Anima conscia neglecti officii metuit poenas. 8. An Deus velit remittere peccatum nec ne, ex sola ratione non potest certo cognosci; nec melius Dei hac de re voluntas potest addisci, quam ex revelatione. 9. Eam nunc habemus comprehensam in libris Veteris & Novi Testamenti. 10. Horum omnium autoritas est divina & infallibilis.

Exposition: Wittichs Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie

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Das betont erste Wort der Positiones, lautet „Philosophie“. Die Dekade schließt demgegenüber mit der Bedeutung der Bibel als Offenbarungszeugnis und entwirft so den Rahmen von Wittichs Dogmatik im Spannungsfeld der beiden Erkenntnisprinzipien Vernunft und Offenbarung. Es ist die Bedeutung der Heiligen Schrift als Erkenntnisprimat der Theologie, die auch die Behandlung der biblischen Einleitungsfragen im Folgenden rechtfertigt. Ausgehend von einem philosophischen Gottesbegriff entwickelt Wittich die Grundlagen menschlicher Erkenntnis auf der Basis einer cartesianisch gefärbten Vorstellung der eingeborenen Ideen und des Gewissens. Daran knüpfen sich zentrale Aussagen zum Leib-Seele-Dualismus, Schuld und Vergebung sowie der göttlichen Offenbarung in der Bibel an, so dass die ersten zehn Thesen die Grundbausteine des im Folgenden zu entfaltenden Systems darstellen. Die Philosophie ist es nach Wittich, die der Theologie den Begriff des einzigartigen Gottes vermittle (I.1). Der Gottesbegriff der Vernunft bildet also den Anfang der Theologie. Auch die Notwendigkeit seiner Verehrung ergebe sich aus dem philosophischen Gottesbegriff. Diese Argumentationsfigur bewegt sich, auch wenn sie symptomatisch für Wittichs cartesianischen Ansatz ist, grundsätzlich völlig im Rahmen der orthodoxen Theologie, in der die Denkbewegung einer Theologie ‚von unten‘, die von der menschlichen Erkenntnis zu Gott hin entwickelt wird, durchaus ihren Platz hat.420 Ähnliche Gedanken finden sich jedoch auch bei René Descartes.421 Der Gottesbegriff bringt Wittich zum göttlichen Weltregiment, als dessen primäres Objekt der vernunftbegabte Mensch bestimmt wird (I.2). These Drei entfaltet die Vorstellung der dem Menschen eingeborenen Ideen als Grundlage seiner Erkenntnisfähigkeit.422 Wenngleich wiederum auch die Orthodoxie diese Figur kennt,423 bezieht sich Wittich klar auf Descartes, wenn er neben einer Gottesidee die Idee von Geist und Körper als grundlegende Bausteine menschlichen Erkennens nennt. Hierin liegt nämlich 420 Im Rahmen der natürlichen Theologie, wie sie besonders der descarteskritische Gisbert Voetius für die reformierte Orthodoxie prägend entfaltet hat, werden ebenfalls Gotteserkenntnis und Wissen um die richtige Gottesverehrung verbunden. Vgl. dazu Beck, Voetius, 62.167–170 mit Bezugnahme auf Hans Martin Barth (Atheismus und Orthodoxie 1971). Bereits Heppe/Bizer, Dogmatik der evangelisch-reformierten Kirche, 1 haben das natürliche Bewusstsein des Menschen über Gottes Existenz und Verehrungswürdigkeit als Konsens der Orthodoxie festgehalten (Als Referenz werden Calvin, Burman und der Voetianer Leonhard van Rijssen (1631–1716) angeführt: Heppe/Bizer, Dogmatik der evangelischreformierten Kirche, 4). 421 Vgl. z. B. Descartes: Meditationes (1641) III 39 (AT VII 52) und Passiones (1649) II 83 (AT XI 390). 422 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429 (Dekade I.3). 423 Sie gehört in der Orthodoxie in den Kontext der Gotteserkenntnis und dient nicht der Absicherung einer allgemeinen Erkenntnislehre. Vgl. Heppe/Bizer, Dogmatik der evangelisch-reformierten Kirche, 1. Am Beispiel des Voetius zeigen dies Beck, Voetius, 62 und Savini, Methodus cartesiana, 318f.

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die Grundlage für den cartesischen Leib-Seele-Dualismus, dem Descartes’ Substanzbegriff der res cogitans und der res extensa zugrunde liegt.424 Eine ausführliche Entfaltung dieser Thesen mit Fokus auf die natürliche Gotteslehre, die durch die eingeborene Gottesidee legitimiert wird, Konstanten der cartesischen Metaphysik übernimmt und mit der reformierten Theologie ins Gespräch bringt, bietet Wittich im Anti-Spinoza.425 Erkannt würden nun durch die Zuwendung zu diesen Ideen vor allem ethische Wahrheiten. Die Frage nach dem Ehrbaren und Schändlichen nutzt Wittich zu einer Bezugnahme auf Gewissen und göttliche Weltregierung. Hieraus ergibt sich der Blick auf die Heilsgeschichte. Lohn und Strafe in Bezug auf die Pflichten vor Gott sowie die Unsterblichkeit der Seele sind die tragenden Elemente (I.3–7). Damit erweist sich die Frage nach der Sündenvergebung als bestimmend, jedoch komme die Vernunft hier an ihre Grenzen. Stattdessen sei der Mensch für die Beantwortung soteriologischer Fragen ganz auf die göttliche Offenbarung angewiesen, die sich in der von Gott autorisierten Bibel niedergeschlagen habe (I.8–10).426 Erst mit der Sünde bringt Wittich eine rein theologische Perspektive ins Gespräch mit seinem Fundament natürlicher Theologie. Es ist erkennbar, dass die Thesenreihe einen reformierten Charakter hat, der auch noch in der ausführlichen Entfaltung des philosophischen Grundansatzes im Anti-Spinoza zugrunde liegt:427 Ausgehend von der Selbsterkenntnis und der Verzweiflung an der Sünde wird der Mensch an das Heilsversprechen Gottes im geoffenbarten Evangelium verwiesen.428 3.5.1.2 Schriftverständnis (Dekaden II–VII) Mit der zweiten Dekade widmet sich Wittich vor allem der Schriftlehre und leitet einen umfangreichen Komplex innerhalb der Prolegomena ein, der deutlich macht, welch hohen Stellenwert die Orientierung an der Bibel in Wittichs Theologie einnimmt. Im Mittelteil der Prolegomena nimmt er eine Bewertung 424 Vgl. dazu z. B. Descartes: Principia (1644) I 14 und 53f. (AT VIII/1 10 und 25f.). 425 Vgl. den Commentarius de Deo im Anti-Spinoza bzw. dessen Gliederung im Anhang und die Kurzbetrachtung in Kapitel 5.1.1 (Spezielle Gotteslehre). 426 Der Zusammenhang von Gewissen als Mittel der natürlichen Theologie und Schulderkenntnis des Menschen ist wiederum eine typische Figur reformierter Orthodoxie. Vernunft und Gewissen werden auf die notitia Dei insita angewendet und bilden so die Grundlage der natürlichen Theologie. Das Gewissen lehrt den Menschen, dass der gute und gerechte Gott die Sünden des Menschen ahnden müsse. Vgl. Heppe/Bizer, Dogmatik der evangelischreformierten Kirche, 1. 427 Vgl. dazu bes. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 337–341 (De Deo §§1–4) und die Einschätzung von Hirsch, Geschichte der neueren evangelischen Theologie I, 183. 428 Vgl. den Zusammenhang zwischen Selbsterkenntnis und Gotteserkenntnis im Heidelberger Katechismus oder Calvins Institutio. Auch im Anti-Spinoza erkennt der Mensch seine eigene Begrenztheit durch die Konfrontation mit der eingeborenen Gottesidee. Vgl. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 338–341 (De Deo §§2–4) und 342–345 (De Deo §§7f.).

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der Vernunft vor und setzt sie ins Verhältnis zur Bibel als dem Erkenntnisprinzip der Theologie. Die für Wittichs Ansatz so wesentliche Akkommodationslehre führt in die Darstellung ein. Die Thesen II.1–4 gehören in diesen Kontext: 1. Gott hat Worte sowie Ausdrücke und Wendungen, mit denen die Heiligen Schriftsteller die göttlichen Dinge verkündet haben, so eingegeben und gelenkt, dass in diesen nichts enthalten ist, was keinen Nutzen für die Aussage (significatio) hat, jedoch so, dass er sich oft an deren Stil angepasst hat, obwohl der Stil vielleicht schauderhafter war und gemessen an den kanonischen Grammatikern nicht so genau, weil sie freilich das geschrieben haben, was sie selbst verstanden haben. 2. Denn man darf von ihnen nicht glauben, dass sie jedes Detail von dem, was sie geschrieben haben, verstanden hätten. 3. Diese göttliche Offenbarung und Inspiration bewirkt ganz entschieden, dass sie in Sachen von größerer Wichtigkeit und bei Themen, die für das Heil notwendig oder nützlich sind, niemals irren. 4. Ob es sich aber ereignen könnte ohne dass die göttliche Offenbarung oder Inspiration es verhindert, dass sie [scil. die biblischen Autoren] bei bestimmten Dingen des Drumherums und dem geschichtlichen Rahmen gestrauchelt sind, wird unter Gelehrten diskutiert. Aber es erweist sich kein Argument als schlüssig für die Verteidigung einer bejahenden Ansicht.429 Wittich differenziert in bekannter Manier zwischen dem Inhalt der göttlichen Botschaft sowie der Sprache und dem Verständnisvermögen der biblischen Autoren (II.1f.). In seiner Formulierung knüpft er zwar an wesentliche Elemente des seit 1653 in den Dissertationes Duae dafür herangezogenen opinio-Argumentes an,430 bleibt aber zurückhaltend und führt es nicht in den bekannten Formen aus. In Bezug auf die heilsrelevanten Inhalte der Bibel betont er ihre durch die „revelatio divina & inspiratio“ gesicherte Irrtumsfreiheit (II.3).431 Der 429 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429f. (Dekade II): 1. Deus verba & voces atque phrases, quibus Scriptores sacri res divinas enunciarunt, ita suggessit ac direxit, ut nihil sit in iis, quod non usum ad significationem habeat, ita tamen ut saepe se ad eorum stylum accommodaverit, quamvis forte horridior esset & ad Grammaticae Canones examinatus non adeo accuratus, quando nimirum ea scripserunt, quae ipsimet intellexerunt. 2. Non enim omnia & singula, quae scripserunt, intelexisse sunt censendi. 3. Ista revelatio divina & inspiratio hoc plane effecit, ut in rebus majoris momenti, & ad salutem necessariis, vel utilibus nunquam erraverint. 4. An vero non obstante divina revelatione sive inspiratione, potuerit contingere, ut in circumstantiis quibusdam & modis rerum gestarum caespitarent, disputatur inter doctos: sed nulla videtur ratio esse stringens, ad affirmativam sententiam tuendam. 430 Vgl. zum opinio-Argument Kapitel 4.3.1 (Wittichs Formulierung des opinio-Arguments) sowie Eberhardt, Wittich, 139–142 und 190–192. 431 Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 430 (Dekade II.3).

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Ausschluss des Irrtums, sonst im cartesianischen Kontext das Ergebnis der richtig angewendeten Vernunft bei vorurteilsfreien Urteilsschlüssen, wird hier auf die Autorität Gottes zurückgeführt. Wittich lässt demgegenüber ausdrücklich offen, ob bei Themen ohne soteriologische Relevanz Fehler auch trotz göttlicher Inspiration möglich sind: Ein Streitfall, der kontrovers diskutiert werde, aber ungeklärt sei (II.4). Diese These überrascht durch ihre ganz undogmatische und diplomatische Art. Aus seinen apologetischen Schriften ist freilich bekannt, dass Wittich insbesondere mit Blick auf naturwissenschaftliche Problemstellungen zahlreiche Irrtümer innerhalb der biblischen Schriften für erwiesen hält. In der Lehre jedoch vermeidet er offenbar eine Positionierung gegen seine theologischen Gegner. Aufschlussreich wären hier Einblicke in die verlorengegangene Kommentierung der Positiones,432 denn in anderen Schriften bringt Wittich seine Meinung zu diesem Thema eindeutig zur Geltung. Die Zurückhaltung im Unterrichtskontext mag didaktisch oder auch hochschulpolitisch motiviert gewesen sein, denn cartesianische Lehrinhalte waren nach wie vor umstritten. Die Dekade II schließt mit der Darlegung der Heiligen Schrift als Glaubensrichtschnur in göttlicher Autorität. Die Dekaden III–VIII beschäftigen sich dann mit verschiedenen Aspekten der Bibelauslegung und Einleitungswissenschaft. Zentral für unsere Fragestellung sind dabei vor allem Wittichs exegetischen Grundsatzentscheidungen der Dekaden VI, VII und VIII. Hier verweist Wittich auf den jeweils kontextgebundene Wahrheitsgehalt einzelner Schriftstellen (VI.3)433, auf die Möglichkeit eines mehrfachen Schriftsinnes (VI.4)434, durch den eine Schriftstelle verschiedene Wahrheiten zum Ausdruck bringen könne und die Durchsichtigkeit (perspicuitas) der Bibel mit Blick auf heilsnotwendiges Wissen (VI.7)435. Wittich benennt sodann eine Reihe von Methoden der Schriftauslegung in These VII.2: Es gibt verschiedene Wege und Mittel der Schriftauslegung: Die genaue Kenntnis der Sprachen, die Untersuchung des Skopus, der Kontext, der geschichtliche Rahmen, die Kenntnis der Riten, der Vergleich paralleler Schriftstellen, der Vergleich des Sinns mit der richtig angewendeten Vernunfterkenntnis (recta ratio), so dass der Sinn verworfen werden kann, der etwas offenkundig Absurdes und Widersprüchliches einträgt etc. Wenn jemand dies alles die Richtschnur der Schriftauslegung (normam interpretandi) 432 Vgl. dazu auch Eberhardt, Wittich, 327. 433 „Non omnes veritates scripturae in quovis loco significantur, sed hae demum, quas significari circumstantiae textus permittunt.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 431 (Dekade VI.3). 434 „Saepe plures veritates, uno in loco significantur, verbaque a Deo sapientissimo proposita, tam late debent accipi, quam late accipi possunt.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 431f. (Dekade VI.4). 435 „Scriptura in multis est perspicua, inprimis vero in iis omnibus, quae ad salutem cognitu sunt necessaria, quae propterea ex scriptura sufficienter addisci possunt.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VI.7).

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nennen will oder dies zusammenfassen will unter dem allgemeinen Sprachgebrauch oder bestimmten Regeln des Sprechens, die zum Gebrauch aller, die diese oder jene Sprache sprechen, empfangen wurden, irrt er unserem Urteil nach nicht.436

Sprachanalyse, Skopusmethode, die historisch-religionsgeschichtliche Untersuchungen, Schriftstellenvergleich und in allgemeinster Form die Beurteilung der Bibel anhand der Vernunft (recta ratio) bilden das Instrumentarium seiner Exegese. All diese Methoden ließen sich als Deutungs-Richtschnur (norma interpretandi) bzw. unter allgemeinen Sprachgesetzen zusammenfassen. Das Ziel des Methodenkatalogs ist die Ermöglichung einer – dieses Mal rational gesicherten – irrtumsfreien Urteilsbildung im Umgang mit der Offenbarung in der Bibel.437 In einem nächsten Schritt grenzt Wittich sich jedoch zugleich von einer radikal-rationalistischen Schriftdeutung ab: Philosophie bzw. Vernunft seien nicht die unfehlbaren Deuterinnen der Bibel, wie er mit Bezug auf den Titel des vieldiskutierten Werkes Philosophia S. Scripturae Interpres unterstreicht (VII.3), sondern mit dem reformierten Konsens bekennt er die Schrift als Deuterin ihrer selbst („interpretem sui ipsius“; VII.4)438. Zusätzlich zu den von ihm vorgestellten exegetischen Methoden betont Wittich außerdem die Notwendigkeit des Heiligen Geistes für die Schriftauslegung (VII.5)439. Auch der Laie („quilibet fideles“) sei schließlich zur Auslegung der Bibel befähigt, wenn er sich an diese exegetischen Richtlinien der norma interpretandi halte (VII.8)440, und insofern die Bibel ihrerseits die einzige Richtlinie („judex sive norma aut regula“) für die Auslegung von Kontroversen in Glaubensangelegenheiten sei (VII.9)441, sei der Laie auch hier zu einer Meinungsbildung befähigt (VIII.1).

436 „Viae & media interpretandi Scripturam varia sunt: Linguarum exacta cognitio, scopi inspectio, antecedentium & consequentium nexus, historia temporis & rituum cognitio, collatio locorum parallelorum, collatio sensus cum recta ratione, ut is rejiciatur sensus, qui aliquod manifeste absurdum & contradictorium infert &c. quae Omnia, si quis velit normam interpretandi scripturam appellare, vel ea comprehendere sub usu loquendi, aut certis loquendi legibus usu omnium hac vel illa lingua loquentium receptis, nostro judicio non aberraverit.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.2). 437 Diese hermeneutischen Methodenlisten tauchen gehäuft in den Dogmatiken der Orthodoxie auf. Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 31 (Anm. 6) bietet eine Übersicht und verweist auf Flacius, Junius, Rivet und Glassius. 438 Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.4). 439 „Spiritus Sancti illuminatio ad Scripturae intellectum requiritur, ut tollat nimium rerum terrenarum amorem, & delectationem in iis, quae usu hujus vitae terminantur. Sicque homo ad res caelestes & spirituals, quae ei in Scriptura amplectendae proponuntur, attendat, easque fide Salvifica recipiat“.Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.5). 440 Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.8). 441 Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.9).

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Insgesamt entspricht Wittichs Darstellung der Schriftauslegung seinem auch sonst vertretenen methodischen Ansatz. Die Schrift wird als souveränes einziges Prinzip der Theologie präsentiert,442 die Vernunft müsse in systematischer Form deutend und interpretierend auf die biblische Offenbarung angewendet werden, aber bedürfe doch der Erleuchtung des Heiligen Geistes dabei. Die Rolle, die der Vernunft bei der biblischen Auslegung zugesprochen wird, ist Ansatzpunkt für weitere Beobachtungen zu Wittichs Hermeneutik.443 Bereits jetzt lässt sich jedoch sagen, dass sie mit Bedacht in das theologische System integriert wird. Problematisch erscheint, dass sie an zentralen Stellen zur letzten Beurteilungsinstanz der Offenbarung erklärt wird, was das Schriftprinzip auszuhöhlen droht. Dieser Gefahr einer rationalistischen Theologie begegnet Wittich mit dem Verweis auf das Wirken des Heiligen Geistes. Dass sich dahinter mehr verbirgt, als eine rein formale Absicherung eines sonst rationalistischen Ansatzes, wird die weitere Untersuchung zeigen müssen.

3.5.1.3 Wittichs Theologieverständnis im Kontext von Vernunft und Offenbarung (Dekaden VIII–IX) und wissenschaftstheoretischer Exkurs Zum Abschluss der Prolegomena kommt Wittich nun in den Dekaden VIII und IX zu einer Bestimmung des Theologiebegriffs. Seine Klärung entwickelt er über die Verhältnisbestimmung der beiden Erkenntnisprinzipien Vernunft und Offenbarung. Die Vorbereitung dazu erfolgt in Dekade VIII: 2. Wenn die Glaubenden dieses Urteil ausüben, benötigen sie Vernunftprinzipien, deren Nutzen (usus) in Angelegenheiten von Theologie und Glaube wir zugestehen. 3. Zwischen richtiger Vernunft und Glaubensmysterien gibt es keinen Widerstreit. 4. Wir haben nicht die Vernunft als Prinzip [scil. der Theologie], sondern allein das Wort Gottes.444 Als Richtschnur der theologischen Urteilsbildung spielt nach Wittich die Vernunft (in Anwendung auf die Bibel und Theologie) für den Glaubenden die zentrale Rolle (VIII.2). Diese wird (gemäß einer für die Orthodoxie konsensfä442 Vgl. dazu z. B. auch Wittich: Theologia pacifica (1671) I §1,1 und Wittich: Causa Spiritus Sancti (1678) Praefatio [i–ii]. 443 Vgl. Kapitel 4.3 (Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie). 444 Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade VIII): 2. Quod judicium dum exercent fideles, opus habent principiis rationis, quorum usum in rebus Theologicis & fidei admittimus. 3. Inter rationem rectam & mysteria fidei nulla est pugna. 4. Non habemus rationem pro principio, sed solum verbum Dei.

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higen Figur) über den Begriff des Nutzens bestimmt. Sie bleibt aber der Bibel ausdrücklich als dem Wort Gottes und Prinzip der Theologie nachgeordnet (VIII.4), wobei sie mit den Glaubensmysterien nie in Widerspruch gerate (VIII.3). Durch die Widerspruchsfreiheit kann Wittich die logische Folge als legitimen Beweisgrund in der Theologie und in Anwendung auf die Bibel grundsätzlich für die Bildung von Dogmen zulassen (VIII.7).445 Das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung bestimmt er nicht nur über den usus-Gedanken, sondern auch hierarchisch. Mit Blick auf seine apologetischen Schriften, insbesondere die Theologia pacifica, wird deutlich, dass die Hierarchisierung innerhalb der Theologie ihre Berechtigung hat, aus ihr jedoch gerade nicht die klassische Abwertung der Philosophie zur bloßen ancilla theologiae abgeleitet werden soll.446 Die Wissenschaften sind für Wittich und andere cartesianische Theologen seiner Zeit jeweils mit eigenem Erkenntnisprinzip ausgestattet, aus dem sich ihr Verhältnis und ihre Grenzen ableiten lassen, auf deren Grundlage sie aber souverän und unabhängig voneinander zu agieren hätten. Zum Abschluss der Prolegomena kommt Wittich nun in den Dekaden VIII und IX zur eigentlichen Bestimmung des Theologiebegriffs. In Dekade VIII.10 heißt es: „Die Lehre über Gott und die Einrichtung von dessen Verehrung, so wie sie in Abhandlungen und Schriften überliefert wird, wird Theologie genannt.“ (VIII.10).447 Damit bestimmt er die Theologie zunächst über Inhalt sowie den schriftlich fixierten Diskurs und die Tradition, in der sie steht. Eine Theologie im Sinne der philosophischen Spekulation der heidnischen Antike grenzt Wittich historisch von einem christlichen Theologieverständnis ab (IX.1).448 Im Rahmen der Diskussion um die Rolle der Vernunft hatte er bereits die natürliche Theologie definiert. Sie gilt ihm als die Herleitung theologischer Wahrheiten durch die Verwendung der Vernunft, so als sei diese das maßgebliche Erkenntnisprinzip (VIII.5).449 Konkret unterscheidet er diese nun von der geof-

445 „Ea vero, quae per legitimas consequentias fuerunt probata, & deducta ex Scripturis, sunt habenda pro fidei dogmatibus.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade VIII.7). Analog hatte auch Descartes: Gespräch (1648) zu VI 550,108 (Arndt) die kausalen Folgen und Verknüpfungen trotz des Offenbarungsprinzips für die Theologie bejaht. 446 Vgl. auch mit Bezug auf Wittich: Theologia pacifica defensa (1689) IV §48,54 Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 350. 447 „Doctrina de Deo & ejus cultu instituendo, prout in Scholis & Scripturis traditur, Theologia appellatur.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade VIII.10). 448 Er referiert die auf Marcus Terentius Varro (116–27 v. Chr.) zurückzuführende und in der Antike breit rezipierte Einteilung der Theologie, nach der die natürliche Theologie (Theologia Naturalis) neben dem Mythos (Theologia Fabularis) und dem öffentlichen Kultus (Theologia Civilis) steht. 449 „Quae vero ex ratione, tamquam ex principio, probantur conclusiones, pertinent ad

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fenbarten Theologie: Deren genus sei der Glaube, während die natürliche Theologie in den Bereich der Wissenschaft angesiedelt werden müsse (IX.2).450 In der Diskussion um den Wissenschaftscharakter der Theologie positioniert Wittich sich damit so, dass er das Glaubensfundament dem Wissenschaftsbegriff gegenüberstellt. Hierbei geht es Wittich nicht darum, der christlichen Theologie auf der Grundlage der Offenbarung den Wissenschaftscharakter abzusprechen. Dies stünde gegen alle Bestrebungen, die die Voruntersuchung zum Anliegen des Cartesianismus ergeben haben. Wittich bringt hier jedoch ein Problembewusstsein zum Ausdruck. Die Theologie im eigentlichen Sinne ist theologia revelata. Als solche entzieht sie sich gerade der Vernunft und damit auch einer wissenschaftlichen Erschließung. In Wittichs cartesianischer Theologie zeigt sich also ein Gespür für die Unabhängigkeit geoffenbarter Theologie von Rationalität und Wissenschaftlichkeit. Die an den Universitäten in Forschung und Lehre entfaltete Theologie muss sich mit dieser Grenze konfrontieren lassen. Die cartesianische Methode und damit der Anspruch von Wissenschaftlichkeit nehmen daher ihren Anfang bei der natürlichen Theologie. In dieser ist tatsächlich die Vernunft das Erkenntnisprinzip, wie Wittich mit der Zuweisung des genus scientia unterstreicht, während der Glaube Grundlage der in der Bibel überlieferten theologia revelata ist. Wittich weiß also darum, dass sich die Glaubensmysterien nicht wissenschaftlich herleiten lassen. Dem entspricht seine Bestimmung der theologia revelata als „tota practica“451 und daher als prudentia im Sinne einer praktischen, d. h. ziel- und handlungsorientierten Klugheit, die Wittich in Dekade IX.3 vornimmt. Mit dieser Charakterisierung der Theologie folgt er nicht nur der cartesianische Wissenschaftstheorie, sondern ist auch mit Blick auf seine Bestimmung des biblischen Skopus konsequent: Theologie ist Lehre vom Heil, da auch das Heil allein im

Theologiam Naturalem.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade VIII.5). 450 „Theologia Revelata recte distinguitur a Naturali, illiusque genus est fides, hujus scientia.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.2). Vgl. zum allgemeinen Begriffsverständnis auch Muller s.v. Theologia, Dictionary (1985) 298f. Vgl. mit Verweis auf die Behandlung der natürlichen Theologie im Anti-Spinoza auch Aalderink, Anti-Spinoza, 130. 451 „Estque illa [scil. Theologia Revelata], prout in Scriptura traditur, tota practica, unde & prudentia apellari meretur.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.3). Wittich unterscheidet an anderer Stelle zwischen einer prudentia theoretica und einer prudential practica. Vgl. Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 17 (Ann. n zu Med. I §3 18 AT VII). Der Begriff wird aber im Rahmen seiner Theologie nicht weiter entfaltet. Vgl. dazu Muller s.v. prudentia, Dictionary (1985) 252. Vgl. zu der Bestimmung der Theologie als praktisch auch Muller s.v. Theologia, Dictionary (1985) 298f. und s.v. practicus, -a, -um, Dictionary (1985) 233.

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Blick der biblischen Verkündigung steht, während philosophische, d. h. theoretische Wahrheiten dort nicht vermittelt werden.452 In seinem Meditationes-Kommentar hat Wittich ausdrücklich auf den Unterschied zwischen Glauben (fides) und dem der Wissenschaft zugehörigen Wissen (scire) verwiesen: Der Glaube, ein geradezu unwissenschaftlicher Willensaffekt, bedürfe keiner Beweise, sondern Zeugen.453 Das Wissen hingegen sei im eigentlichen Sinne immer wissenschaftlich und auf Beweise gestützt. Dabei betont Wittich, dass das Wissen ein Erkennen durch das Licht des Glaubens (cognoscere per fidei lumen) keineswegs negiere.454 Bereits in den Dissertationes Duae liegt eine derartige Unterscheidung von Theologie und Philosophie anhand des praktischen Charakters der Theologie zugrunde.455 Wittich schließt seine Thesen zum Theologieverständnis mit einer Kritik der Scholastik (IX.4). Aufschlussreich ist seine Begründung ihrer Ablehnung. Unabhängig von ihrer Fehlerhaftigkeit, die auch ihren didaktischen Einsatz verwehre, sei die scholastische Theologie durchaus hilfreich für die Klärung der katholischen Terminologie in der Kontroverstheologie. Dieser zugestandene Nutzen für die Elenchtik überzeugt Wittich jedoch nicht. Da die reformierten Theologen ohnehin ihre eigenen Begrifflichkeiten zu erklären pflegten, solle man sich lieber dem Schriftstudium als den terminologischen Debatten widmen. Die Hinwendung von der Fachterminologie zur Bibel entspricht ganz der Linie von Johannes Coccejus und seiner Philosophiekritik.456 Dieser Zug tritt auch in der letzten These zutage, die den Prolegomena zuzurechnen ist und sich mit der Terminologie der theologischen Überlieferung beschäftigt (IX.5). Nach Wittich ist es nötig, sich terminologisch immer primär an der Bibel zu orientieren, solange ihre Ausdrucksweisen verständlich sind. Von ebenso verständlichen und allgemein gebräuchlichen menschlichen Wendungen müsse man jedoch deswegen nicht vollständig absehen.457 Wittich selbst greift tatsächlich zur Erklärung seiner Theologie immer wieder auf cartesianische Termini zurück. Er beschränkt sich hierbei jedoch gemäß seines Zugangs zur Bibel über den Skopus immer auf 452 Vgl. bereits Verbeek, Descartes and the Dutch, 74f. 453 Vgl. Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) Epistola [vi] (Ann. c zu Epistola 1 AT VII). In Fragen der Religion kommen ergänzend auch Fachautoritäten hinzu. Vgl. Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) Epistola [xiii] (Ann. hh zu Epistola 5 AT VII). 454 Vgl. Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 12 (Ann. e zu Med. I §9 20 AT VII). 455 Entsprechend deutet Verbeek, Descartes and the Dutch, 74f. Wittichs Position im Kontext der Ausführungen von Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §3,8f. 456 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.4). Vgl. zu Coccejus’ Philosophieverständnis van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 73–77 und Kapitel 3.4.2.1 (Coccejus: Wegweiser für die Prolegomena cartesianischer Theologie). 457 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.5).

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die Bereiche, zu denen die Vernunft und damit die Philosophie auch etwas beizusteuern habe. So kann er z. B. in der Theologia pacifica über die cartesische Anthropologie und in ganz unbiblischer Sprache unproblematisch die Wirkung der Sünde erklären. Nur die eigentliche Theologie, d. h. der Bereich der Mysterien, ist also seinem Verständnis nach der biblischen Ausdrucksweise verpflichtet. An dieser Stelle leitet Wittich die Dekade über zu dem nächsten großen Themenkomplex der Positiones: der Gotteslehre.458 Wie bereits die erste Dekade verdeutlicht hatte, wird an einer natürlichen Gotteserkenntnis als Ausgangspunkt der Theologie ausdrücklich festgehalten (IX.6): „Eine natürliche Gotteserkenntnis wird gebilligt und diese gibt es als eine doppelte: als angeborene und als dazu erworbene.“459 Gut cartesianisch ist Gott schließlich der Ausgangspunkt aller sicheren Erkenntnis. Wittich wendet diese Figur auch auf die Theologie, d. h. den Zugang des Menschen zur Offenbarungserkenntnis an. Die Anerkennung der Schriftautorität macht er nicht allein zu einer Glaubensfrage, sondern zu einer Folge aus der natürlichen Gotteserkenntnis (IX.7): „Wenn diese Erkenntnis nicht festgesetzt wird, könnte keine göttliche Schriftautorität erkannt werden, weil diese [Erkenntnis] jedoch gebilligt ist, kann auch aus der Schrift selbst heraus Gott erkannt werden.“460 Erst infolge der natürlichen Gotteserkenntnis kann die Bibel als zuverlässige Vermittlerin der Wahrheit erkannt werden. Insofern ist das von ihm anerkannte Erkenntnisprinzip der Theologie, die Heilige Schrift (VIII.4), in den Schatten der Vernunft gestellt. Hier schließt sich der Ring seines vernunftorientierten Entwurfes zur Einleitungsthese I.1. Wittich beschreibt hierbei nicht die absolute Autorität der Bibel, sondern die menschliche Zugangsmöglichkeit zu ihr. Diese verläuft in einem ersten Schritt über die Vernunft allein. Welche Rolle der Glaube dabei spielt, lässt Wittich hier offen. Auch hierauf wird die weitere Untersuchung also ein kritisches Auge haben müssen.

458 In dieser Dekade wird besonders deutlich, dass die Einteilung der Thesen in Dekaden nicht systematisch erfolgt zu sein scheint. Der Übergang von Prolegomena zu Gotteslehre ist auffällig. 459 „Datur cognitio Dei Naturalis, eaque duplex Insita & Acquisita.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.6). 460 „Nisi ea cognitio statuatur, nulla poterit cognosci Scripturae Auctorita divina, qua tamen probata etiam ex ipsa Scriptura Deus cognosci potest.“ Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.7).

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3.5.2 Erkenntnisgewinn und Wissenschaftsverständnis im Römerbriefkommentar Bereits in den Positiones ist Wittichs Wissenschaftsverständnis in Grundzügen deduzierbar. Eine systematisierende Bündelung bietet ein Exkurs in der Einleitung seines Römerbriefkommentars.461 Dort bestimmt er in kritischer Abgrenzung von einer Orientierung an menschlichen Autoritäten – wie sie auch die polemische Fremdbezeichnung ‚Cartesianer‘ unterstelle – drei Strategien menschlicher Erkenntnisbildung. Die cognitio humana könne entweder auf Sinneswahrnehmungen (sensus), der Vernunft (Lumen rationis) oder der Autorität (Auctoritas, sive divina sive humana) basieren. Erkenntnis auf der Basis der Vernunft definiert er als Wissenschaft (Scientia): „[…] durch diese verstehen wir jede Erkenntnis, die sich auf sichere und unbezweifelbare Fundamente stützt und die mittels einer langen oder kurzen Reihe von Schlussfolgerungen und Beweisen ohne einen Bruch aus dem Licht der Vernunft deduktiv abgeleitet ist.“462 Im Gegensatz dazu bezeichnet Wittich eine Erkenntnis, die sich auf Autoritäten stützt, als Glauben (fides). Den Begriff der fides benutzt er hier und auch in anderen Kontexten zunächst in einer allgemeinen Form im Sinne einer bloßen Zustimmung zu einem Zeugnis und ohne theologische Konnotation.463 Gilt sie dem Zeugnis von Menschen (oder auch Engeln), sei sie fehlbar.464 Bezieht sich die Zustimmung allerdings auf das unfehlbare göttliche Zeugnis der Bibel, der Quelle der Heilswahrheiten, muss sie ebenfalls als sicher und unbezweifelbar gelten. Die Erkenntnis der Wahrheiten des Heils auf der Grundlage der Bibel als ihrem Erkenntnisprinzip bezeichnet Wittich – ganz im Duktus der Positiones – als geoffenbarte Theologie (theologia revelata), die er von einer natürlichen Gotteserkenntnis, die auch durch die Vernunft möglich sei, unterscheidet.465 „Haec Theologia revelata est Fides divina, quod testimonio divino sit innixa.“466 Die Möglichkeit menschlichen Autoritäten zu folgen, hält Wittich grundsätzlich offen, schränkt sie aber ein. Grundsätzlich fordert er, dass Menschen (und Engeln) nur Zustimmung verdienen, wenn ein Irrtum ausgeschlossen werden kann. Bei Tatsachenberichten (res facti) gilt ihm dies als möglich und 461 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xvii–xx]. 462 Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xviii]: „[…], per quam intelligimus omnem cognitionem certis & indubitatis fundamentis nixam, atque, sive brevi sive longa ratiocinationum & demonstrationum serie sine ullo hiatu, ex lumine rationius deductam.“ 463 Vgl. auch Kapitel 3.10.1.3 (fides historica) für eine ähnliche Argumentation in der Theologia pacifica. Vgl. Kapitel 3.10.1.4 (fides salvifica) zu der theologischen Konnotation des Glaubensbegriffs, die hier Zweck einer allgemeinen Hinführung von Wittich bewusst außer Acht gelassen wird. 464 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xviii–xix]. 465 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xviii–xix]. 466 Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xix].

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überprüfbar. Dazu muss einerseits die Vertrauenswürdigkeit der Menschen gewährleistet sein, d. h. Täuschungsabsicht und -möglichkeit können ausgeschlossen werden, andererseits sollten nach Möglichkeit alternative, voneinander unabhängige Berichte berücksichtigt werden. Insbesondere Kenntnisse über historische Fakten könnten so zuverlässig gewonnen werden. Eine autoritativ gestützte Erkenntnisgewinnung verbietet sich für Wittich allerdings bei der Urteilsbildung, z. B. über die Bestimmung von Natur oder Eigenschaften bestimmter Dinge (res juris). Hier sei jeder auf das eigene Wissen (scire) verwiesen, für dessen Erlangung die Autoritäten lediglich hilfsweise herangezogen werden können. Der eigene Nachvollzug eines Beweisganges ist die Voraussetzung für die Zustimmung. Ein bloßer Autoritätenglaube (fides) verbiete sich in Fragen, die dem eigenen Verständnis offenstehen. So lasse sich z. B. für die Erklärung des Magnetismus und unzähliger anderer Beispiele eine Theorie nicht lediglich mit dem Namen des Philosophen begründen, der sie vertreten habe. Diesen Grundsatz wissenschaftlicher Redlichkeit macht Wittich zur Grundhaltung der sog. Cartesianer und wendet ihn auch auf die Autorität von Descartes explizit an.467 Es wird deutlich, dass die Theologie im eigentlichen Sinn nicht als Wissenschaft bezeichnet werden kann. Wissenschaft ist gebunden an Vernunfterkenntnis, das Leitprinzip der Philosophie. Aufgrund der Offenheit zentraler Fragen der Theologie, z. B. in der Gotteslehre, für die Vernunft gibt es aber eine Schnittmenge zwischen Glaube und Bibel als den Prinzipien der theologia revelata und der Vernunft als dem Prinzip von Philosophie, natürlicher Gotteserkenntnis und Wissenschaftlichkeit. Das Wesen der Theologie im engeren Sinne, die auf die Offenbarung in der Bibel gestützte Heilslehre, erweist sich aber einem streng wissenschaftlichen Zugang als verschlossen. Ist daher die an den Universitäten vermittelte Theologie lediglich eine Form von Philosophie, während die eigentliche Theologie auf die persönliche Ebene des Glaubens verwiesen ist? Kann also nur die natürliche Theologie Gegenstand der Wissenschaften sein? Eine Lösung der Antithese zwischen Wissenschaft und Offenbarung scheint der Begriff der cognitio zu bieten, die sowohl ein Ergebnis der vernünftigen Urteilsbildung als auch des Glaubens an die biblische Autorität sein kann. Mit Erkenntnis kann wiederum unabhängig von ihrer Entstehung rational und damit wissenschaftlich operiert werden. Die Entfaltung von Wissenschafts- und Theologieverständnis sowie der Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung nimmt Wittich vor allem in seinen apologetischen Schriften vor. Insbesondere anhand von den Frühschriften im Kontext des Herborner Cartesianismusstreits sowie der Theologia pa-

467 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xix–xx].

Trennung von Philosophie und Theologie in Dissertationes Duae und Consensus veritatis 211

cifica bietet er die Möglichkeit einer vertiefenden Analyse der Ergebnisse der Exposition.

3.6

Die Trennung von Philosophie und Theologie in Dissertationes Duae und Consensus veritatis

Bereits Wittichs erste Veröffentlichung, die Dissertationes Duae, lässt sich als einen Versuch beschreiben, Philosophie und Theologie in ein angemessenes Verhältnis zu setzen. Wittichs Ausgangspunkt ist die exegetische Frage nach der Deutung biblischer Offenbarung in ihrem Verhältnis zum Wahrheitsanspruch der Naturphilosophie. Zentrales Beweisziel der ersten der Dissertationes Duae und ebenso des ersten Teils des Consensus veritatis ist die Trennung von Theologie und Philosophie.468 Wittichs Argumentation erfolgt hierbei in einer stark hermeneutisch zugespitzten Form. Sie zielt vor allem auf die Abwehr einer naturphilosophisch ausgerichteten Exegese. Die Emanzipation der Vernunft als eigenständiges Erkenntnisprinzip erweist sich als eine konsequente Fortführung dieses Ansatzes und wird gerade als Argument gegen eine physica Mosaica zum zentralen Motiv in den Schriften. Wittich entfaltet jedoch hier nicht systematisch sein Theologie- und Wissenschaftsverständnis, sondern orientiert sich immer primär an dieser exegetischen Fragestellung. Auch hier erweist sich wie im Römerbriefkommentar der Begriff der Erkenntnis als entscheidend.

3.6.1 Die duplex cognitio Dissertationes Duae und Consensus veritatis leitet Wittich mit der Entwicklung des opinio-Arguments ein. Im Consensus veritatis entfaltet er in enger Anlehnung an die cartesische Epistemologie seine Beobachtungen zur Entstehung von Vorurteilen und ihrer Verankerung in der Sprache, wie wir sie vor allem in der Consideratio kennengelernt haben.469 Obwohl diese starke Einbindung eines 468 Die folgende Darstellung orientiert sich an den ausführlicheren, überarbeiteten Argumenten des Consensus veritatis. Eine Synopse der beiden Schriften bieten Eberhardt, Wittich, 238–251 sowie die Gliederung des Consensus veritatis im Anhang. Nur bei aussagekräftigen Abweichungen wird zusätzlich aus den Dissertationes Duae zitiert. Wesentliche Überlegungen sind auch in der Consideratio vorbereitet worden. Vgl. dazu die Paraphrase bei Eberhardt, Wittich, 162–166. 469 Vgl. dazu die Paraphrase der Consideratio bei Eberhardt, Wittich, 162–166 und des Consensus veritatis bei Eberhardt, Wittich, 238–251. Einen guten Überblick bieten auch Savini, Methodus cartesiana, 316–322 und Le développement de la méthode cartésienne, 500–513 sowie Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 139–145.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

dezidiert cartesianischen Argumentationsmusters in den Dissertationes Duae bereits angedeutet wurde, ist sie in ihrer Entfaltung ein Produkt der Apologie von Wittichs Ausgangsüberlegungen.470 Die auf Sinneswahrnehmungen und Vorurteilen beruhende notitia vulgaris stellt er sicherem Wissen, das auf der Grundlage adäquater, philosophisch reflektierter (und daher cartesianischer) Methoden gewonnen wurde, eine notitia accurata, entgegen. Wie in den Positiones bietet Wittich auch hier einen zunächst ganz rationalen Einstieg in seine Theologie. Er wählt einen anthropologischen Ausgangspunkt, der stark vom cartesianischen Erkenntnisoptimismus geprägt ist: Aufgrund seiner anima rationalis sei der Mensch in der Lage, clare & distincte zu erkennen, jedoch ergreife er diese Möglichkeit aufgrund seiner Seinsbedingungen nicht konsequent. Daher käme es auch zu Erkenntnissen, die nicht vollkommen und rein seien, sondern aufgrund der Vermischung mit unreflektierten Irrtümern obscure & confuse gebildet worden seien.471 Für die Urteilsbildung müsse die „regula communis“ gelten, nichts als wahr anzuerkennen, was nicht klar und deutlich erkannt werde.472 Diese Regel beziehe sich jedoch auf die natürliche Erkenntnis, die der Mensch durch die Natur erlangen könne. In Glaubensfragen hingegen gelte die göttliche Offenbarung bereits aufgrund des Zeugnisses Gottes als klar und deutlich.473 470 Die auf Descartes zurückgehende Epistemologie (vgl. Descartes: Principia [1644] I 45–50 [AT VIII/1 21–24] u. ö.) wird in den Dissertationes Duae vorbereitet. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 7 §7,102. Vgl. zu der Differenz von Dissertationes Duae und Consensus veritatis mit Blick auf die Bedeutung cartesianischer Elemente vor allem Del Prete, Tra Galileo e Descartes, 720–723. 471 Vgl. Wittich: Consensus (21682) I §1,18: Wittich bestimmt das Wesen des Menschen als „anima nempe rationali praeditus“ und leitet daraus seine grundsätzliche Fähigkeit zu einer vollständigen, klaren und deutlichen Erkenntnis ab. Der vergängliche Mensch habe aber Teil am Nichtsein und insofern sei ihm eine bestimmte Unvollkommenheit beigemischt. Vgl. dazu Savini, Methodus cartesiana, 316, der auf die Bezüge zu Descartes: Gespräch (1648) zu VII 428,6–9 (Arndt) hinweist. Nach Wittich: Consensus (21682) I §2,18 setzt sich die Erkenntnis aus Urteilsfähigkeit, also der Fähigkeit, Beziehungen zwischen den Erkenntnisobjekten herzustellen, und der Fähigkeit zusammen, allem, was der Intellekt einem vorsetzt, zu folgen oder es zu meiden. Vgl. zu dieser Differenzierung der facultas percipiendi in eine facultas judicandi und eine facultas prosequendi vel fugiendi auch Savini, Methodus cartesiana, 316.324 und Le développement de la méthode cartésienne, 503f. Schließlich legt er in Wittich: Consensus (21682) I §§3f.,18f. die notwendige Orientierung an klaren und deutlichen Erkenntnissen zur Irrtumsvermeidung dar, kurz: das cartesianische Wahrheitskriterium. Vgl. hierzu Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich, 62 sowie Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 503–506 und die Bezüge zu Descartes: Meditationes (1641) IV 8 (AT VII 57). Wittich nimmt hier – mit Descartes – durchaus Elemente der aristotelischen Epistemologie auf. Vgl. dazu Savini, Methodus cartesiana, 318. Vgl. für die Bezüge zu Claubergs Logik zudem Savini, Methodus cartesiana, 323–325 und Le développement de la méthode cartésienne, 512–515. 472 Vgl. Wittich: Consensus (21682) I §4,18f. 473 Vgl. Wittich: Consensus (21682) I §5,19: „At in fide loco istius clarae et distinctae perceptionis rei credendae est revelatio divina, cui fides innititur, cum sit assensus & judicium, quo aliquid affirmatur vel negatur propter testimonium divinum.”

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Damit etabliert Wittich bereits im ersten Paragraphen des Consensus veritatis auch das cartesianische Wahrheitskriterium des clare & distincte percipere in der Theologie, dessen Entfaltung insbesondere in der Theologia pacifica diskutiert wird.474 Die Paraphrase der hier aufgenommenen Paragraphen der Consideratio hatte gezeigt, dass für Wittich der Nachweis einer cognitio vulgaris auf der Grundlage von Sinneswahrnehmungen und Vorurteilen (praejudicia) in der Bibel eine apologetische Funktion hat.475 Gegen die Schlussfolgerung, dass die Bibel lüge, wenn sie keine exakte naturphilosophische Wahrheit ausdrücke, betont Wittich den Erkenntnischarakter auch der allgemeinen Vorstellungen zu Naturphänomenen, auch wenn er hinter der philosophischen Erkenntnis (und damit auch hinter dem cartesischen Wahrheitsbegriff) zurückbleibt. Die allgemeine Erkenntnis gelte aber zumindest teilweise durchaus als richtig. Nicht immer führe der Zugang über die Sinneswahrnehmung zu Fehlurteilen. Sie bleibe aber im wahrsten Sinne des Wortes oberflächlich, insofern sie sich nur auf die Phänomene nicht aber ihr inneres Wesen und ihre Natur bezieht.476 Die duplex cognitio ist zwar eine künstlich anmutende hierarchische Differenzierung der Erkenntnis und insofern eine Relativierung des absoluten Wahrheitsbegriffs, jedoch kann das opinio-Argument so nicht mehr gegen die biblische Autorität ausgespielt werden. Sowohl die weniger exakte, vorurteilsbehaftete Form der cognitio vulgaris/communis als auch die exakte, deduktiv ermittelte cognitio accurata/philosophica sind nach Wittich als Erkenntnis ernst zu nehmen.477 Überhaupt ist es sein wesentliches Beweisziel, die Würdigung der biblischen Autorität durch Descartes und die cartesianische Methodologie herauszustellen.478 Wittichs Unterteilung in cognitio communis und philosophica steht nicht nur im Kontext seiner Akkommodationslehre, sondern auch des Wissenschaftsverständnisses der rational ausgerichteten Gelehrten, wie z. B. Galileo Galilei.479 Ihre Tragweite geht damit weit über eine bloße Legitimation der Akkommodations-

474 Vgl. dazu Kapitel 3.8 (Unsachgemäße Einmischung der Philosophie in die Theologie). 475 Vgl. zur Entstehung der cognitio vulgaris auch Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 507–509. 476 Vgl. z. B. Wittich: Consensus (21682) IV §57,38. 477 Vgl. bes. Wittich: Consensus (21682) I §§13–15,20f. Vgl. zur Verwendung der cognitio vulgaris im biblischen Stil Wittich: Consensus (21682) I §§22–24,24f. Vgl. zur Überlegenheit der philosophischen Erkenntnis auch Savini, Methodus cartesiana, 319. 478 Vgl. dazu bes. Wittich: Consensus (21682) XX §446–449,204f., auch mit Belegen bei Descartes. Vgl. die Bezüge zu Descartes’ Principia und dem Schlusskapitel von Claubergs Defensio Cartesiana bei Savini, Methodus cartesiana, 319f. (Anm. 62). 479 Vgl. zu dieser Beobachtung Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 266–268.

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figur, zu deren Verteidigung sie vorgestellt wird, hinaus.480 Wittich bezieht sich ausdrücklich auf die wissenschaftstheoretische Rezeption cartesischer Epistemologie und Phänomenologie bei Clauberg.481 Die Differenzierung der duplex cognitio steht im Kontext einer betonten Emanzipation von Expertenwissen, die sich z. B. auch in der vom Œuvre des Aristoteles übernommenen Unterscheidung von akroamatischen und esoterischen Schriften und Ausdrucksweisen zeigt.482 Gerade Wittichs Charakterisierung der Bibel als exoterisch, in Abgrenzung zu den esoterischen, der Wahrheit näher stehenden Erkenntnis der Cartesianer, bringt ein neues Selbstbewusstsein der Vertreter der philosophischen Wissenschaft zum Ausdruck.483 Die besondere Qualität des Cartesianismus zeichnet sich durch die Überwindung der Vorurteile und eine absolut gewisse Wahrheitserkenntnisse in den naturphilosophischen Fragen aus. Damit suggeriert Wittich, dass die Cartesianer ein genaues naturphilosophisches Wissen entwickeln. Ein solcher Expertenstatus wird den Theologen dadurch zumindest implizit abgesprochen. Gerade darum mag das opinio-Argument, ohne dass Wittich und die cartesianischen Theologen dies intendiert hätten, im Kontext der Cartesianismusdiskussion als Provokation empfunden worden sein. Dieser Eindruck erhärtet sich vor dem Hintergrund der von Wittich angeführten biblischen Legitimation seiner Auffassung von der notitia communis. Diese liefert ihm das Buch Prediger. So übersetzt Wittich Pred 3,18 mit „Dixi ego in animo meo juxta rationem filiorum hominum“ und deutet die Berücksichtigung der menschlichen Ratio, dem menschlichen Erkenntnisweg, als eine Orientierung an der beschränkten, von Sinneserfahrungen und äußerlichen Eindrücken abhängigen Urteilsbildung. Pred 3,19f. („Denn es geht dem Menschen wie dem Vieh: wie dies stirbt, so stirbt auch er […], und sie haben alle einen Odem, und der Mensch hat nichts voraus vor dem Vieh […]“) zeige dann die Parallelität von Mensch und Tier gerade in dieser Beschränkung.484 Beiden sei derselbe Geist (spiritus) gemein und damit die notitia communis als von Sinneseindrücken gebildete Erkenntnis. Um sich aus diesem Zustand zu befreien, böten sich dem Mensch zwei Wege: Die 480 Die Bedeutung der duplex cognitio scheint Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 139 zu unterschätzen. 481 Vgl. Wittich: Consensus (21682) I §17,21 mit Verweis auf Claubergs Defensio Cartesiana. Vgl dazu auch Savini, Methodus cartesiana, 321f. und Le développement de la méthode cartésienne, 511–517. 482 Auch bei Clauberg begegnet diese Differenzierung. Vgl. dazu dessen Charakterisierung cartesischer Schriften in Clauberg: Defensio (1652) I 1–6,1–3, Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 513f. und Kapitel 3.4.1.3.2 (Defensio Cartesiana). 483 Vgl. mit Erläuterungen und Definition Wittich: Consensus (21682) XXXII §§700–702,318f. Vgl. dazu auch Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 212 und Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 267f. 484 Vgl. Wittich: Consensus (21682) I §20,23 (mit Zitat).

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notitia communis in Bezug auf das Seelenheil wird überwunden durch den Heiligen Geist, der dem niederen Geist von Mensch und Tier gegenübergestellt wird. In der Heilsfrage könnten auch die Vernunft und notitia philosophica nicht viel helfen. In allen anderen Dingen, die die Fassungskraft der Vernunft nicht übersteigen, mache jedoch gerade die Vernunft den entscheidenden Unterschied und überbiete die notitia communis.485 So erweisen sich je nach ihrem Bereich einerseits der Heilige Geist, andererseits Vernunft bzw. wissenschaftliche Methodologie als die Möglichkeit der Verbesserung (emendatio) der notitia communis zur wahren Erkenntnis.486 Die Trennung von Theologie und Philosophie erweist sich als programmatisches Anliegen Wittichs.487

3.6.2 Hermeneutische und exegetische Belege für die Emanzipation der Vernunft Wittich folgert zunächst schlicht aus seiner Beobachtung, dass der allgemeine Stil der Bibel der Vermittlung von cognitiones philosophicae entgegenstehe und sich in naturwissenschaftlichen Fragen an der vorurteilsbehafteten allgemeinen Erkenntnis ausrichte. In der Umgangssprache, so das Ergebnis insbesondere der Consideratio, haben sich Vorurteile der allgemeinen Erkenntnis fest verankert. Das Lumen rationis als Prinzip der Philosophie wird der Bibel als eigenständige Erkenntnisquelle gegen die Vorstellung einer physica Mosaica gegenübergestellt.488 Der erste Hauptteil des Consensus veritatis widmet sich sodann in Anlehnung an die Dissertationes Duae den einzelnen Argumenten für die Trennung von Philosophie und Theologie. Die ersten beiden Belege dafür liefern ihm Akkommodations- und Skopuslehre. Sie werden im Rahmen der hermeneutischen Analyse vertieft behandelt.489 Das dritte Argument leitet Wittich nicht mehr hermeneutisch, sondern direkt aus der Bibel ab. Sie selbst verbiete ausdrücklich ihre naturphilosophische Auslegung. Die Bibel lehre, dass „non quaerandam in se […] sapientiam humanam sive Philosophicam.“490 Wittich beweist dies anhand der Paulusexegese von Pareus, der 1Kor 1,22f.; 2,6f.12 anführt und unter der antithetisch abgelehnten Weisheit der Welt auch die Naturphilosophie ver-

485 Vgl. Wittich: Consensus (21682) I §20,23, der auch Pred 12,7. Vgl. zu Wittichs Argumentation auch Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich, 62f. 486 Vgl. auch Savini, Methodus cartesiana, 329. 487 Vgl. auch Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 504f. 488 Vgl. bes. Wittich: Consensus (21682) II §§25–27,26. 489 Vgl. Kapitel 4.3.4 (Hermeneutik von den Dissertationes Duae bis zum Consensus veritatis). 490 Wittich: Consensus (21682) IV §55,37.

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standen wissen will.491 Der biblische Skopus, Christus, stehe den philosophischen Inhalten entgegen.492 In den folgenden beiden Argumenten widmet sich Wittich biblischen Autoren, deren weltliche Gelehrsamkeit als unumstritten gilt, die aber nach Gottes Willen darauf verzichtet hätten, dieses Wissen in ihren Schriften zu vermitteln. An erster Stelle nennt er Mose, der in seinem Schöpfungsbericht nur über das Notwendigste spreche und naturwissenschaftlich relevantes nur sehr unvollständig erzähle.493 Mose enthalte sich allem, was über das Sichtbare und Gott als causa prima hinausgehe. „Itaque non scientifice res naturales tractantur.“494 Wissenschaftskriterium ist für Wittich hier die Aufstellung von Prinzipien, auf deren Grundlage auch die Natur der behandelten Dinge erklärt werden kann.495 Derartige Informationen böten weder Mose noch der Prophet Daniel, dessen philosophische Bildung ebenfalls belegt sei, aber sich in der Bibel nicht zeige.496 In einem eigenen Argumentationspunkt wird dann Salomon in seiner Rolle als Philosoph diskutiert. Auch seine Bildung ist deutlich bezeugt. Von ihm habe Gott aber nicht einmal zugelassen, dass seine durchaus belegten außerbiblischen Schriften zur Naturphilosophie erhalten bleiben sollten, denn dies hätte bei einem kanonischen Autor ein Zeichen gegen den biblischen Skopus gesetzt.497 Wittichs sechstes Argument stellt die konkrete Widerlegung naturphilosophischer Exegese dar, die er am Beispiel von Lambert Danaeus’ (1530–1595) Entwurf einer physica Mosaica durchführt.498 Er schließt seinen Beweisgang mit der Bezug491 Vgl. Wittich: Consensus (21682) IV §55,37. Den Geist der Welt deutet Wittich als „rationem naturalem sive spiritum naturalis intelligentiae“. Vgl. auch die Verteidigung dieser Deutung mit weiteren Exegeten in Wittich: Consensus (21682) IV §60,39. 492 Wittich: Consensus (21682) IV §55,38. Der christologische Skopus wird hier auf Augustinus zurückgeführt. 493 Er beschränke sich z. B. auf die Erschaffung sichtbarer Dinge (so der Erde, aber ohne die Beschreibung der in ihr enthaltenen Metalle), verzichte auf die Erklärung ihres Wesens etc. Vgl. Wittich: Consensus (21682) V §64,40f. Hier führt er wiederum eine Reihe von Exegeten an, u. a. Pareus und Calvin, die Wittichs These belegen und auch auf das opinio-Argument in ihrer Genesisauslegung verweisen. 494 Wittich: Consensus (21682) V §65,42. Vgl. auch Wittich: Consensus (21682) V §66,42f. Wittich betont hier, dass Mose nur eine allgemeine Wahrheit entfalte und sich vorurteilsbehafteter sprachlicher Wendungen bediene. 495 Vgl. Wittich: Consensus (21682) V §70,41. Vgl. dazu ergänzend auch Wittich: Consensus (21682) VIII §§95–98,56. 496 Vgl. Wittich: Consensus (21682) V §§71–74,41f. 497 Wittich: Consensus (21682) VI §§75–80,45–47. Wittichs Gegner bemerken deutlich die Schwäche dieses Arguments e silentio. 498 So sei bereits Danaeus aufgefallen, welch große Lücken die biblischen Texte in der Physik offenlassen. Zudem ließen sich zahlreiche Aussagen von Daneus nicht etwa in der Bibel, sondern bei den von ihm konsultierten Philosophen nachweisen. Zweitens gelinge es Danaeus nicht, physikalische Prinzipien unmittelbar aus der Bibel herzuleiten. Drittens gelinge auch der Nachweis nicht, dass in der Bibel Eigenschaften und Wirkweisen der natürlichen Dinge auf der Grundlage philosophisch anerkannter Prinzipien gezeigt würden.

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nahme auf einen Gewährsmann für die unbedingte Trennung von Philosophie und Theologie: Francis Bacon (1561–1626). Dieser sieht gerade in der Exegese eine lange Tradition der unsachgemäßen Vermischung der Fakultäten. Er fasst zusammen: „Quemadmodum enim Theologiam in Philosophia quaerere, perinde est, ac si vivos quearas inter mortuos. Ita e contra Philosophiam in Theologia quaerere non aliud est quam mortuos quaerere inter vivos.“499 Wittich fügt mit seinem Bremer Lehrer de Neufville eine weitere Autorität hinzu, die sich dezidiert gegen jede Form von naturphilosophischer Exegese ausspricht.500 Hier zeigt sich, wie bereits an der Darstellung der Position des Maresius, dass Wittich für die Grundlagen seiner Theologie gut bei seinen akademischen Lehrern anknüpfen kann.

3.6.3 Die theologische Verhältnisbestimmung zur Philosophie: zwischen ancilla theologiae und Separatismus Wittich widmet sich sodann 13 Einwänden gegen seine These vom Verbot naturphilosophischer Exegese. Neben der Zuspitzung bereits dargestellter Thesen und der Widerlegung von vernachlässigbaren Argumenten auf der Basis von Bibel- und Kirchenväterzitaten wird hier das Verhältnis von Theologie zur Philosophie noch genauer bestimmt. Grundsätzliche Elemente von Wittichs systematisch entfalteter Verhältnisbestimmung in der Theologia pacifica werden hier bereits vorgegeben, insbesondere die zentrale Frage nach dem adäquaten Nutzen der Philosophie durch die Theologie. Zunächst zeigt Wittich, in welchem Maße und zu welchem Zweck überhaupt philosophisch relevante Themen in der Bibel vorkommen und dass sie gerade nicht auf philosophische Weise, sondern inhaltlich wie sprachlich auf dem Niveau der Allgemeinheit vermittelt werden, nicht weil die biblischen Autoren oder gar der Geist Gottes es nicht exakter hätten tun können, sondern weil es so dem biblischen Skopus besser zuarbeite.501 Auch das populäre Motiv der Bewertung der Philosophie als ancilla theologiae wird Überhaupt sei viertens der Schriftbezug von Danaeus oftmals sehr vage. Fünftens blieben seine Ergebnisse oftmals auf der Ebene einer allgemeinen Erkenntnis und genügten philosophischen Anforderungen nicht. Schließlich erweisen sich auch zahlreiche Schlussfolgerungen von Danaeus sowohl aus naturwissenschaftlicher als auch exegetischer Perspektive als grundlegend falsch. Vgl. Wittich: Consensus (21682) VII §§81–86,47–50. Descartes verteidigt Wittich in der Diskussion seiner Ausführungen, als jener mit demselben Vorwurf, die Ursachen von Naturereignissen aus seinen Prinzipien nicht zu erklären, konfrontiert wird, und zwar in Wittich: Consensus (21682) VII §89,51f. 499 Wittich zitiert aus Bacons De Augmentis Scientiarum (1623) und zuvor bereits aus De verulamio novum organum scientiarum (1620). Vgl. Wittich: Consensus (21682) VII §87,50. 500 Vgl. Wittich: Consensus (21682) VII §87,50f. Vgl. auch Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 132. 501 Vgl. Wittich: Consensus (21682) VIII §§91f.,52–55.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

hier thematisiert. Hierbei kommt es zu einer interessanten Erweiterung des ursprünglichen Textes aus den Dissertationes Duae. Während dort nämlich in der Auseinandersetzung Wittichs mit Cyriacus Lentulus das klassische ancilla-Verhältnis formal noch nicht aufgegeben wird,502 findet im Consensus veritatis eine Relativierung der Aussage seiner Vorlage statt. In Wittichs Neubearbeitung bringt er gegenüber den Dissertationes Duae die völlige Überwindung des klassischen ancilla-Verhältnisses in konsequenter Fortführung der Ergebnisse aus der Auseinandersetzung mit Lentulus zum Ausdruck. Die dort entwickelte Erwiderung auf dessen Verweis auf ein Recht der Theologie auf ihre ancilla nimmt Wittich wortwörtlich auf, erweitert sie aber um folgende Erkenntnis: „Obwohl sie der Theologie einen gewissen Nutzen gewährt, darf die Philosophie nicht mehr als eine Dienstmagd der Theologie bezeichnet werden als die Medizin oder Rechtswissenschaft, oder auch die Theologie verdient es, mit dem Titel Magd bezeichnet zu werden, weil sie der Philosophie dient und nützlich ist.“503 Wittich begründet diese Konsequenz mit der Beobachtung, dass das ancilla-Verhältnis gleichsam als ein Fenster (fenestra) diene, um beliebige Hirngespinste in die Bibel hineinzulesen.504 Damit sind die Ausführungen der Theologia pacifica vorbereitet, die sich als Ausdifferenzierung und Weiterführung von Wittichs 502 Lentulus, so referiert Wittich in den Dissertationes Duae, begründet im Rückgriff auf die Bestimmung der Philosophie als ancilla die Autorität biblischer Aussagen naturwissenschaftlichen Inhalts. Nach Lentulus stehe es der Schrift frei, die Philosophie zu benutzen, um ihren primären Inhalt, die Heilslehre, argumentativ zu stützen. Niemandem werde es verboten, den Dienst seiner Magd in Anspruch zu nehmen, so auch nicht der Theologie. Zudem könnten diese Inhalte auch ohne unmittelbaren Nutzen und geradezu als Zeitvertreib dargestellt werden, um die Bibel für eine größere Leserzahl interessanter zu machen. Vgl. die ausführlichere Paraphrase der Thesen des Lentulus von Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §1,121f. bzw. Consensus (21682) VIII §91,52f. Gegen dieses stilistische Argument wendet Wittich an dieser Stelle ein, dass der Heilige Geist nicht daran gebunden sei, in seinem Rückgriff auf philosophische Themen exakt zu bleiben; ebenso könne er aus denselben Gründen den Vorurteilen der Sinneswahrnehmung folgend argumentieren. Das ancilla-Verhältnis der Philosophie zur Theologie bestätigt Wittich hier grundsätzlich. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §2,124 bzw. Wittich: Consensus (21682) VIII §92,53, wo er noch ganz von seinem Anliegen her argumentiert, eine naturwissenschaftliche Interpretation der Bibel zu widerlegen, so dass er dieses Zugeständnis machen kann. Denn aus der Tatsache, dass die Theologie die Philosophie „wie eine Magd“ benutzen könne, lasse sich nicht ableiten, dass die Bibel philosophische Inhalte verbindlich lehre. Vielmehr bestehe der Nutzen der Philosophie für die Theologie darin, dass sie jene zu argumentativen Zwecken gegen Gegner nutzen könne, die sich auf Vernunftgründe berufen, wobei sie selbst aber ihr Glaubensfundament aus der Schrift beziehe. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §2,124 bzw. Wittich: Consensus (21682) VIII §92,53. 503 Wittich: Consensus (21682) VIII §92,53f.: „[…] quamvis propter usum quem praebet Theologiae non magis Philosophia Theologiae ancilla vocari debet, quam vel Medicina vel Jurisprudentia, vel etiam Theologia, quia Philosophiae inservit & utilis est, nomine ancillae insigniri meretur.” 504 Vgl. Wittich: Consensus (21682) VIII §92,54.

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ursprünglichem Ansatz und insgesamt prägend für die cartesianische Theologie erweisen.505 Den theologischen Nutzen der Philosophie, der auch ohne das ancilla-Verhältnis bestehen bleibe, will Wittich bereits in den Dissertationes Duae allerdings ausdrücklich gewahrt wissen. Gegen den Einwand, dass Gott als allwissender Schöpfer am kompetentesten über die Natur belehren könne, zeigt Wittich, dass es nicht Gottes Absicht sei, dies in der Bibel auch zu tun. Vielmehr, so betont er, habe er dem Menschen für die philosophischen Fragen die Vernunft gegeben. Ganz im Sinne Descartes’ zeigt Wittich, dass damit nicht die Autorität von Offenbarung und Philosophie gegeneinander ausgespielt werden, sondern der Mensch in diesem Bereich lediglich selbst angehalten sei, sich um Erkenntnis zu bemühen.506 Wittichs Gegner Danaeus folgert aus Wittichs These, dass Physik nicht aus der Bibel abgeleitet werden darf, da sie demnach keinen Nutzen (usus) für die Theologie hätte. Wittich widerspricht dem mit einem Verweis auf den grundsätzlichen Nutzen, den sich verschiedene Wissenschaften gewähren. Er belegt dies zunächst anhand von Ethik und Physik, bietet aber auch ein Beispiel für die Theologie. So gebe es eine stillschweigende Voraussetzung bestimmter philosophischer Erkenntnisse, auf die Theologen zurückgriffen, z. B. die Unterscheidung von Körper und Geist. Nichtsdestoweniger gebe es viele philosophische Fragen, die für einen Theologen vernachlässigbar seien, z. B. die der Erdbewegung.507 Des Weiteren unterscheidet Wittich zwischen dem, was ein Theologe grundsätzlich wissen müsse – und hier sei die Philosophie weithin entbehrlich – und dem, was ein guter Theologe wissen müsse. Wittich verweist hier – nicht ohne eine gewisse Selbstironie – auf die besonderen philosophischen Anforderungen von apologetischen oder kontroverstheologischen Disputationen, gerade gegen Opponenten, die in missbräuchlicher Weise auf physikalische Argumente Bezug nähmen.508 Schließlich, so Wittich, dürfe von der Einschränkung der Exegese nicht darauf geschlossen werden, dass auch die Theologie frei von Philosophie sein müsse. Ein sekundärer Rückgriff auf Argumente, die über

505 Vgl. dazu die Exposition in Kapitel 3.7 (Differenzierung von Theologie und Philosophie nach ihren Erkenntnisprinzipien in der Theologia pacifica) und die folgenden Kapitel. 506 Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §3f.,127f., bzw. Wittich: Consensus (21682) VIII §93f.,55f. Wittich verweist hier auf die Erforschung der „notitias menti insitas”, die mit den Dingen verglichen werden müssen. Die Belehrung durch andere müsse zudem immer durch die klare Beweisführung ihrer Aussagen begleitet sein. 507 Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §34,132, bzw. Wittich: Consensus (21682) VIII §102f.,57: „[…] Terrae motum sive delationem ignorare quis potest & tamen bonus esse Theologus.” 508 Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §34,132f., bzw. Wittich: Consensus (21682) VIII §103,57f. „[…] non quidem est cognitio Physicae necessaria ad τὸ esse: sed utilis ad τὸ bene esse [scil.Theologus].”

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die Bibel hinaus der Vernunft entlehnt würden, sei üblich.509 Anstatt sich bei philosophischen Uneinigkeiten und fehlenden Erkenntnissen an die Bibel zu wenden, fordert Wittich eine saubere Klärung durch die Philosophie selbst und verweist schließlich selbstbewusst darauf, dass viele derartige Probleme mit Descartes eindeutige Lösungen finden dürften.510 Das Motiv der Trennung von Philosophie und Theologie taucht auch im weiteren Verlauf des Consensus veritatis wiederholt auf. Neben der Begründung mit dem biblischen Skopus und den Erkenntnisprinzipien der beiden Wissenschaften kann Wittich auch auf deren Gegenstände verweisen und sich dabei der Metaphern vom Buch der Natur (volumen mundi) und der Bibel (liber scripturae) bedienen. Die ausdrückliche Wahrung der Grenze der beiden Bereiche erklärt er zum Charakteristikum cartesianischen Philosophierens.511 Mit direkten Zitaten aus Descartes’ Prinzipienschrift zeigt er jedoch auch, dass dabei der Autorität der Bibel gegen die Vernunft ggf. zu folgen sei. In Bereichen jedoch, über die Gott in der Bibel nichts offenbart, sei der Mensch an die Ergebnisse der Vernunft verwiesen.512 Aufgrund der eingeborenen Ideen über Gott ist durchaus auch die natürliche Theologie legitimiert, jedoch nicht auf der Grundlage philosophischer Autoritäten, sondern nur der selbstständigen Erforschung eben dieser Ideen.513 Das letzte Wort behalte jedoch grundsätzlich die Bibel. Wittich erhärtet diese Prämisse als konstitutives Element cartesianischen Theologisierens mit einem persönlichen Bekenntnis zur Schriftautorität und geht dabei über die Zitate des Philosophen hinaus. Er erklärt sich bereit, alles zu widerrufen, was auf der Grundlage der Bibel überzeugend widerlegt werde und setzt die Autorität und Unfehlbarkeit der Heiligen Schrift ausdrücklich über die Vernunft. Von theologischer Bedeutung ist hier jedoch eine hermeneutische Zuspitzung, die Wittich 509 Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §34,133, bzw. Wittich: Consensus (21682) VIII §103,58. 510 Vgl. Wittich: Consensus (21682) VIII §104,58. 511 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §447,204. Vgl. Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich, 64f. 512 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §447,204: Wittich zitiert erstens Descartes: Principia (1644) I 25 (AT VIII/1 14). Descartes betont hier, dass einer Offenbarung Gottes unbedingt zu glauben sei, auch wenn sie die eigenen Geisteskräfte übersteige. Zweitens bringt Wittich ein Zitat aus Descartes: Principia (1644) I 76 (AT VIII/1 39). Hier verweist Descartes darauf, dass die göttliche Autorität seinen Ausführungen vorzuziehen sei. Das betont er als die oberste Regel am Ende des ersten Buches seiner Schrift, deren Geltung er auch dann aufrechterhalten wolle, wenn das Licht der Vernunft absolut evident Gegensätzliches aussagt. Gleichzeitig verurteilt Descartes allerdings hier auch jeden, der sich weigert, in Dingen, die Gott nicht lehrt, der Vernunft zu folgen. 513 Vgl. Wittich: Consensus (21682) VIII §94,55. Einen über Descartes hinausgehenden Weg der natürlichen Gotteserkenntnis bietet Wittichs Spätwerk, der Commentarius de Deo im AntiSpinoza. Auch hier ist die eingeborene Gottesidee Voraussetzung, um überhaupt natürliche Theologie treiben zu können. Vgl. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 337–341 (De Deo §1–4).

Differenzierung von Theologie und Philosophie nach ihren Erkenntnisprinzipien

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als Theologe formulieren muss. Über die Schriftauslegung bestehe Uneinigkeit und das biblische Zeugnis, „also die richtig verstandenen Schriftworte, müssen durch die richtig angewendeten Auslegungsmethoden erkannt werden“514. Dieser Gedanke, der sich durchaus als rationalistisch auslegen ließe, taucht ebenfalls in der Theologia pacifica wieder auf.515 Auch die pneumatologische Dimension des Theologie- und Wissenschaftsverständnis wird bereits im Consensus veritatis berührt. Der Heilige Geist verdiene in allem, was er bezeugt (testatur) oder lehrt (docet), Glauben. Diesen definiert Wittich hier als ein „assensus exhibitus testimonio divino“516 und stellt ihn der Wissenschaft gegenüber, die als ein „assensus propter demonstrationem perceptam“517 zu verstehen sei. Somit verweist der Glaube auf eine Ebene, die wissenschaftlich nicht eingeholt werden kann. Die Parallelität der assensus-Figur zu Wittichs oben geschildertem Erkenntnisbegriff aus dem Römerbriefkommentar ist offensichtlich.518

3.7

Die Differenzierung von Theologie und Philosophie nach ihren Erkenntnisprinzipien in der Theologia pacifica

In der Theologia pacifica bietet Wittich eine tiefergehende Begründung und Entfaltung seines Theologieverständnisses und seiner Verhältnisbestimmung von Vernunft und Philosophie gegenüber Theologie und Offenbarung. Mit ihrer Gegenüberstellung leitet er das Werk ein. Wittich setzt zunächst axiomatisch mit der Beobachtung der beiden sicheren Erkenntnisquellen des Menschen ein: Vernunft und Offenbarung stünden als zwei Wege der Erkenntnis gleichberechtigt nebeneinander.519 Getragen ist seine Darstellung von einem deutlichen Er-

514 Wittich: Consensus (21682) XX §448,205: „[…] (quod sunt verba Scripturae rite intellecta) per media interpretandi rite adhibita est cognoscendum.“ 515 Vgl. dazu Kapitel 3.7 (Differenzierung von Theologie und Philosophie nach ihren Erkenntnisprinzipien in der Theologia pacifica). 516 Wittich: Consensus (21682) XL §774,348. Ein testimonium liege immer dann vor, wenn eine biblische Aussage auch dem Skopus entspreche. 517 Wittich: Consensus (21682) XL §775,349. 518 Vgl. Kapitel 3.5.2 (Erkenntnisgewinn und Wissenschaftsverständnis im Römerbriefkommentar). 519 Nicht nur in der reformierten Orthodoxie (vgl. Kapitel 3.3 [Theologieverständnis und Vernunftbegriff anticartesianischer Theologen]), sondern auch bei Descartes werden Vernunft und göttliche Offenbarung als voneinander unabhängige Erkenntnisquellen dargestellt. Wittichs Unterscheidungskriterium von Philosophie und Theologie ist nicht nur eine spezifische Ausformung der theologischen Konvention seiner Zeit, sondern lässt sich gut mit Descartes belegen. Vgl. Kapitel 3.4.3 (Philosophischer und theologischer Kontext Wittichs). Beide Strömungen nimmt Wittich auf, setzt sie in Beziehung und kommt zu einer

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

kenntnisoptimismus. Auch wenn dieser später ein stückweit relativiert wird, prägt er seine einleitenden Worte: „Jede sichere und unbezweifelbare Erkenntnis des Menschen stützt sich entweder auf das Licht der Vernunft oder auf eine Autorität und ein Zeugnis, das glaubwürdig ist, d. h. dem wir mit Sicherheit glauben können.“520 Die Entfaltung ebendieser These dominiert Wittichs Schaffen seit seinen Frühschriften.521 Während Wittich in den Dissertationes Duae noch bereit gewesen war, der klassischen Bestimmung der Philosophie als ancilla theologiae (ähnlich wie sein Lehrer Samuel Maresius, aber auch wie Johannes Coccejus) zumindest formal zuzustimmen,522 hat er, ausgehend vom Consensus veritatis, in der Theologia pacifica eine ausdifferenzierte Verhältnisbestimmung der beiden Wissenschaften als voneinander grundsätzlich unabhängige Erkenntniswege vorgenommen.523 Als Ergebnis dieser Entwicklung wird der Anspruch an die cartesianische Methode formuliert, die rational hergeleitete Gewissheit (certitudo) der Erkenntnisse auch in der Theologie zu gewährleisten, ohne dabei den Wahrheitsanspruch der Offenbarung zu relativieren. In dem Einleitungssatz der Theologia pacifica stellt Wittich seinen Glaubensbegriff ohne theologische Wertigkeit als ein bloßes ‚Fürwahrhalten‘ vor. So ein Vorgehen zeigte auch die Analyse seines Erkenntnisbegriffs in der oben besprochenen Einleitung des Römerbriefkommentars.524 Dieses Glauben setzte aber Sicherheit (tuto fidere) voraus, die neben der Vernunft auch durch eine verlässliche Autorität hergestellt werden kann. Wittich differenziert diese weiter aus in eine menschliche Autorität, die ihre Glaubwürdigkeit aufgrund von Sachverstand und Wohlwollen erhält,525 und in diejenige Gottes, dessen Wesen (natura) sowohl

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eigenen Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie und ihrer Erkenntnisprinzipien. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §1,1: „Omnis hominum cognitio certa & indubitata vel lumine rationis nititur, vel auctoritate & testimonio fide digno, hoc est, cui tuto fidere possumus.“ Vgl. bereits Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §§1f.,1f. und dazu Eberhardt, Wittich, 139f. Vgl. z. B. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §§1f.,122.124. Vgl. dazu Wittich: Consensus (21682) VIII §92,53f., der einen neuen Exkurs bietet, der in die wörtliche Aufnahme der ursprünglichen Darstellung von Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 9[8] §§1f.,121–126 eingebettet ist. Vgl. Kapitel 3.6.3 (Die theologische Verhältnisbestimmung zur Philosophie: zwischen ancilla theologiae und Separatismus). Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xviii] und Kapitel 3.5 (Exposition). Die genauere Bestimmung des Glaubensbegriffs im Gegensatz zum Wissen der Wissenschaft bringt Wittich aber an anderer Stelle: Vgl. z. B. Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) Epistola [vi] (Ann. c zu Epistola 1 AT VII) und die Kapitel 3.10.1.3 (fides historica) und Kapitel 3.10.14 (fides salvifica). Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §1,1: „Haec autem auctoritas, vel tantum est humanum, fundata in eo, quod nec fallere nos possit hujusmodi homo, utpote rem, de qua testatur, habens satis perspectam & exploratam, nec velit, cum animum ab omi malitia gerat alienum; de qua ut prolixius agamus, non permittit nostrum institutum.“ [„Diese Autorität

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223

Irrtum als auch Täuschung (deceptio) ausschließt:526 „Gestützt auf dessen [scil. Gottes] Wort und Offenbarung pflegt Kenntnis unter dem Begriff der Theologie einherzugehen. Aber jedes Wissen, das das Licht der Vernunft als seine Basis hat, können wir mit dem allgemeinen Begriff der Philosophie erfassen.“527 So bilden die unterschiedlichen Erkenntnisprinzipien das entscheidende Differenzierungsmerkmal von Theologie und Philosophie. Die Bestimmung und Bewahrung der je spezifischen Erkenntnisprinzipien gilt Wittich als eine Notwendigkeit bei der Konstituierung der Wissenschaften und als Grundlage sicherer Erkenntnisgewinnung.528 Wittich verweist darauf, dass, insofern Theologie im allgemeinen Sprachgebrauch jedwede Kenntnis von Gott bezeichne, es zu einer Überschneidung zwischen Philosophie und Theologie käme, da auch die Vernunft Aussagen über aber, zumal sie nur eine menschliche ist, ist darauf gegründet, dass uns ein Mensch dieser Art (scil. ein Mensch, dem man sicher glauben kann) nicht täuschen kann, wie als ob er den Sachverhalt, über den er Zeugnis ablegt, hinreichend durchschaut und erforscht hat, und auch nicht täuschen will, weil er über eine Gesinnung verfügt, der jedwede Böswilligkeit fremd ist. Darüber ausführlicherer zu handeln verbietet unser Vorhaben.“] Ein derartiges Vertrauen auf menschlicher Ebene schließt Wittich auffälliger Weise nicht grundsätzlich aus, obgleich der cartesische Erkenntnisweg sich gerade von menschlichen Autoritäten emanzipiert. Vgl. dazu mit Blick auf religiöse Autoritäten auch Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) Epistola [xiii] (Ann. hh zu Epistola 5 AT VII). Descartes lehnt das Vertrauen gegenüber menschlichen Autoritäten grundsätzlich ab. Vgl. z. B. Descartes: Meditationes (1641) I 3 (AT VII 18; mit der Anmerkung der Ausgabe von Gäbe); Principia (1644) I 5 (AT VIII/1 6). Auch Wittich plädiert im Sinne von Descartes für die autoritätsunabhängige, selbstständige Urteilsbildung, nimmt aber die Orientierung an Autoritäten als eine menschliche Möglichkeit der Erkenntnisbildung ernst. Legitimieren wird er sie letztlich nur im Fall der biblischen Autorität. Vgl. dazu übersichtlich Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xviii]. 526 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §1,1. Der Verweis auf die deceptio geschieht in Anspielung auf Descartes’ Hypothese von Gott als deceptor, die eine harsche Kritik aus den Reihen der Theologen nach sich gezogen hatte. Vgl. Descartes: Meditationes (1641) I 12 (AT VII 22). 527 „Alia auctoritas est ejus, cujus naturae omnis error, omnisque deception repugnant, supremi Dei, cujus verbo & revelatione nixa notitia, Theologiae nomine venire solet. At scientiam omnem, quae lumen rationis habet pro fundamento, generali nomine Philosophiae comprehendere possumus.“ [„Eine andere Autorität ist die desjenigen, dessen Wesen jeder Irrtum und jede Täuschung widerstrebt; gestützt auf dessen Wort und Offenbarung pflegt die Erkenntnis unter dem Begriff der Theologie einherzugehen. Aber jedes Wissen, welches das Licht der Vernunft als seine Basis hat, können wir mit dem allgemeinen Begriff der Philosophie erfassen.“] Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §1,1. 528 „Summae est necessitatis, ut in scientiarum constitutione non tantum propria & vera cognoscendi principia, quibus scientia innitatur, & ex quibus Conclusiones suas deducat, habeamus perspecta: Sed & insuper iis ita utamur, ut sola genuina acceptemus, aliena iis non admiscendo, si cognitionem solidam acquirere allaboremus.“ Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §§1f.,1. Im Folgenden wird dieses Argument aus der philosophischen Perspektive benutzt, um die Einmischung biblischer Aussagen in die Naturphilosophie abzuwehren. Vgl. dazu bereits Descartes: Gespräch (1648) zu VI 550,108 (Arndt).

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

Gott treffe. Im eigentlichen Sinne will er Theologie sehr eng verstanden und streng am Offenbarungsprinzip orientiert wissen. Die natürliche Theologie zählt Wittich – wie bereits in den Positiones deutlich geworden ist – nach seinem Unterscheidungskriterium daher konsequent zur Philosophie und stellt ihr als die eigentliche Theologie die theologia revelata, die er hier definiert als Erkenntnis Gottes und der göttlichen Themen (cognitio Dei & rerum divinarum) auf der Grundlage göttlicher Prophezeiungen (oraculis; hier synonym zu Offenbarung verwendet), entgegen.529 Die Abgrenzung der Theologie als theologia 529 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §2,1f. „[…] soleat dispesci Theologia in Revelatam, quae est cognitio Dei & rerum divinarum ex divinis oraculis, & Naturalem, spectantem ea, quae de Deo ex lumine rationis cognocismus; haec tamen commodius ad Philosophiam refertur & tanquam pars ejus considerari debet.“ Sofern ein Wissensbereich dieses Kriterium nicht erfüllt, zählt Wittich ihn zur Philosophie. Diese wird damit zu einem Sammelbegriff; sie umfasst neben den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und der natürlichen Theologie z. B. auch die philosophische Ethik, zumindest wenn man sie von einer auf die Offenbarung gestützten theologia practica abzugrenzen wünscht. Beide Bereiche wären dann unterschiedlich profiliert: Die Philosophie entfaltet die pagane Tugendethik, die Bibel den christlichen Tugendkatalog als gemäß des biblischen Skopus heilsrelevanten Teil der Offenbarung. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 7 §§8f.,103–105. Vgl. parallel Wittich: Consensus (21682) III §48,34f. Allerdings zeigt Wittich selbst sich mit dieser Trennung von Ethik und praktischer Theologie nicht einverstanden. Er bevorzugt ein alternatives Verständnis der Ethik, demnach sie als Disziplin nicht separat behandelt, sondern insgesamt der Theologie zugeordnet werden müsse und begründet dies u. a. mit 2Tim 3,17. Vgl. zur Differenzierung von Ethik und Theologie bes. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 7, §§8f.,103–105 bzw. Consensus (21682) III §48,34f. Vgl. auch das entsprechende Kapitel 4.3.4.1 (Funktion der Hermeneutik für die Emanzipation der Vernunft) zu 2Tim 3,17. Wittich richtet sich hier gegen einen Einwand, den Danaeus gegen seine These vorbringt, dass die Bibel keine Naturphilosophie vermitteln wolle. Wenn die Bibel aber Ethik, einen anderen Teil der Philosophie, beinhalte, warum nicht auch die Physik? Wittich argumentiert dagegen ausgehend von zwei verschiedenen Ethikbegriffen, weil er das Problem, die Ethik zu definieren, an dieser Stelle meiden möchte. Es führe vom Thema ab. Zuerst geht er davon aus, dass man Ethik und Theologie nicht trennen könne. Es würden dieselben Themenbereiche behandelt, nur mit unterschiedlicher Vollkommenheit. Eine strikte Trennung in zwei Disziplinen wäre dann aber sinnlos. Wittich scheint diese Option zu bevorzugen: Im Gegensatz zur Physik erweist sich die Ethik für Wittich als Teil der Theologie, die damit ebenfalls dem Skopus der Heilsvermittlung unterliegt. In einem zweiten Argument greift Wittich auf die verbreitete Vorstellung zurück, dass Ethik und Theologie zwei verschiedenen Disziplinen seien. Wittich stellt dann der philosophischen Ethik die theologia practica gegenüber. Beide brächten spezifische Tugenden hervor und seien durch die zugrundeliegenden unterschiedlichen Erkenntnisprinzipien Vernunft und Offenbarung klar voneinander zu trennen. Insofern werde in der Bibel als Offenbarung überhaupt keine (säkulare, vernunftbestimmte) Ethik thematisiert. Vgl. zum Verhältnis christlicher und philosophischer Ethik bes. auch Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Fucata gentium virtus I– LXXII 282–354. Vgl. zu dem Komplex im Consensus veritatis auch De Angelis, Anthropologien, 338–344, der lediglich Wittichs zweites Argument behandelt und dabei ignoriert, dass es nicht Wittichs eigenes Ethikverständnis widerspiegelt, sondern ein argumentatives Zugeständnis an seine Gegner darstellt. Wittich scheint die Vorstellung einer theologieunabhängigen ethischen Disziplin abzulehnen und verbindet Theologie und Lebensführung

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revelata gegenüber dem Konglomerat vernunftbestimmter Wissenschaften vollzieht sich bei Wittich seit seinen Frühschriften vor allem anhand der Exegese. Einer vertieften Behandlung der Differenz der einzelnen Wissenschaften wendet er sich immer dann zu, wenn er biblische Aussagen, in denen Informationen aus Bereichen der Naturwissenschaft, Philosophie oder der Geschichtsschreibung geboten werden, diskutiert. Deren Wahrheitsgehalt ist er nämlich gezwungen zu relativieren: Der für Wittichs Schriftverständnis grundlegende Skopusgedanke wird hier zum Entscheidungskriterium für die Bewertung derartiger Schriftaussagen.530 Ausgehend von seiner Ablehnung einer biblisch fundierten Physik entwickelt er damit einen Zugang zur Bibel, der diese als Autorität von Heilsoffenbarung und Grundlage der Theologie ernst nimmt, aber eine Vorstellung der Bibel als wissenschaftlichem Universallehrbuch strikt zurückweist. Eine Vermischung der beiden Erkenntnisprinzipien, die Wittich sowohl in der Geschichte als auch der Gegenwart der reformierten Theologie beobachtet, hält er für höchst problematisch. Bereits in der Praefatio der Theologia pacifica macht er jedoch deutlich, dass z. B. mit Blick auf den gemeinsamen Gegenstand von Theologie und Philosophie beide Disziplinen einander durchaus etwas zu sagen haben: Bei der Erklärung des Titels des Werkes legt er ein Verständnis des Begriffs theologia zugrunde, das ganz im Sinne des Einleitungssatzes weitaus stärker den Dialog der beiden Disziplinen herausgestellt als ihre Differenz betont.531 Der Begriff Theologie erweist sich demnach als ambivalent. Einerseits lässt er sich nach der Praefatio in einem allgemeineren Sinn so verstehen, dass er jede Lehre umfasst, „aus der heraus Gott, das Heilige, die Werke Gottes und seine Gunsterweise gegenüber den Geschöpfen, insbesondere den vernunftbegabten, richtig erkannt werden, sei es, dass sie aus der Offenbarung, sei es, dass sie aus dem Licht

über 2Tim 3,17. Auch die Verschränkung von Akkommodation und kirchlichen Handlungen (konkretisiert anhand der Zulassung der Beschneidung zur Zeit des Urchristentums aber auch dem Umgang mit katholischen Bräuchen in der Kirche seiner Zeit) legt diese Haltung nahe. Aus dem purum verbum Dei leitet Wittich an anderer Stelle (bes. Wittich: Consensus [21682] XXXVI §740,335) nicht nur Glaubens-, sondern auch Handlungsnotwendigkeit ab. Vgl. dazu Kapitel 4.3.4.2 (Vorstellung des opinio-Arguments im Consensus veritatis). Die philosophische Ethik erscheint eher als eine Vorstufe, die von der Vernunft nur unvollkommen bearbeitet werden könne. Vgl. die trotz seines Missverständnisses nichtsdestoweniger aufschlussreichen Überlegungen von De Angelis, Melanchthon in der Frühaufklärung, 183–186 zu den Beziehungen zwischen Wittichs Ansatz und dem Gesetzesverständnis von Melanchthon. Vgl. auch De Angelis, Pufendorf und der Cartesianismus, 167–170. 530 Vgl. dazu zusammenfassend Kapitel 4.3.6 (Ergebnisse und kritische Würdigung der Hermeneutik Wittichs). 531 Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 289f. Theologie ist nach Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xxix] zunächst jede Form der Gotteserkenntnis, unabhängig davon, ob sie aus der Offenbarung oder der Vernunft resultiert.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

der Vernunft entlehnt werden.“532 Andererseits kann er eng gefasst und dann eigentlich nur auf die theologia revelata bezogen werden, der die Philosophie gegenübersteht, unter der jedwede Vernunfterkenntnis subsummiert wird. Als reine theologia revelata jedoch entzöge sich die Theologie, wie das Expositionskapitel gezeigt hat, einer wissenschaftlichen Erschließung: Sie wird lediglich über den Zugriff auf die cognitio, die aus der Offenbarung entsteht, möglich, gelangt aber nicht darüber hinaus.533 Wittich selbst macht sich diese Ambivalenz des Theologiebegriffs allerdings zunutze, wenn er im Folgenden eine verfälschende Vermischung der Erkenntnisprinzipien gegen einen produktiven gegenseitigen Nutzen abgrenzt. Dies zeigt sich bereits in den Positiones. Eine strikte Trennung von theologia revelata und naturalis führt Wittich bei der Gliederung seines dogmatischen Systems nämlich nicht durch. Er nimmt die Ergebnisse der Philosophie bzw. der theologia naturalis sogar zu seinem Ausgangspunkt und Fundament und bringt sie mit der biblischen Offenbarung als Korrektivum und ergänzendem Überbau in Dialog.534 Die theoretische Grundlage dieses Vorgehens ist in seiner Lehre vom Nutzen der beiden Wissenschaften füreinander zu suchen, die in der Theologia pacifica entfaltet wird.535 Auf das Vernunftprinzip darf und muss die Theologie demnach zurückgreifen. Die von ihm als philosophisch klassifizierten Disziplinen der natürlichen Theologie und der Ethik werden dadurch dialogisch in den theologischen Gesamtentwurf integriert.536 So kann Wittich auch darauf verzichten, eine eigene Ethik zu entfalten. Sie gehört für Wittich dem theologischen Sprachgebrauch nach zur theologia practica. Ohnehin ist für ihn aber die gesamte Theologie per se praktisch.537 532 Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xxix]: „[…] ut intelligatur omnis doctrina, ex qua Deus, res divinae, Dei operationes & beneficia creaturis imprimis rationalibus exhibita recte cognoscuntur, sive ea ex revelatione sive ex lumine rationis depromatur.“ 533 Vgl. die Aussagen der Positiones in Kapitel 3.5.1.3 (Wittichs Theologieverständnis im Kontext von Vernunft und Offenbarung) und der Metalleia in Kapitel 3.5.2 (Erkenntnisgewinn und Wissenschaftsverständnis im Römerbriefkommentar). 534 Vgl. die Gliederung im Anhang und bei Eberhardt, Wittich, 325. 535 Vgl. Kapitel 3.8.2 (Die Entwicklung einer adäquaten Verhältnisbestimmung der Wissenschaften – der usus philosophiae). 536 Die Physik bzw. Naturphilosophie wird nur in untergeordneter Rolle berücksichtigt, nämlich zur Bewertung biblischer Aussagen als opinio vulgi. Überhaupt spielt das Vernunftprinzip für die Exegese eine große Rolle. Vgl. Kapitel 4.3 (Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie). 537 Vgl. Kapitel 3.5 (Exposition). Die Differenzierung zwischen Ethik und einer ‚sogenannten‘ theologia practica im Sinne einer theologischen Tugendlehre (praecepta vitutum) nimmt auch Burman vor. Vgl. Burman: Synopsis Theologiae (1699) I 2 §56,15. Bei Wittich werden statt einer eigenen Ethik ethische Themenfelder in einer Reihe von Schriften im Rahmen von Anthropologie (z. B. Tugendlehre) und Bundestheologie (z. B. im Kontext des Dekalogs) mit abgehandelt, vor allem in den Positiones und der Theologia pacifica. Er orientiert sich dabei weitgehend an Descartes’ Passiones animae (vgl. bes. Wittich: Theologia pacifica [1671] VI).

Die unsachgemäße Einmischung der Philosophie in die Theologie

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Es zeigt sich, dass in den Positiones die Ergebnisse der Theologia pacifica zugrunde gelegt worden sind. Das Ergebnis der Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung ist eine Theologie, die sich von der Philosophie emanzipiert, aber von dieser souverän und orientiert an der Offenbarung Gebrauch macht. Auch wenn die Positiones passagenweise stark rationale Züge aufweisen, betonen auch sie grundsätzlich die Offenbarung als das bestimmende Erkenntnisprinzip der Theologie und bringen die zentralen Inhalte des reformierten Glaubens unter Wahrung ihres Mysteriencharakters zur Entfaltung. Wie genau stellt sich Wittich nun den adäquaten Zugriff des Theologen auf die Philosophie vor?

3.8

Die unsachgemäße Einmischung der Philosophie in die Theologie: „Miscendam non esse Philosophiam cum Theologia ostenditur“538

Unmittelbar an die Bestimmung der Erkenntnisprinzipien von Philosophie und Theologie schließt Wittich in der Theologia pacifica eine Kritik an ihrer Vermischung an. Bevor er den richtigen Umgang der beiden Wissenschaften miteinander entfaltet, diagnostiziert er Missverhältnisse in Geschichte und Gegenwart. Ausgehend von seiner theologischen Perspektive stigmatisiert er zunächst die folgenschwere philosophische Überformung der Theologie. Eine Einmischung der Philosophie in die Theologie liege dann vor, „wenn jemand das, was nur aus der Offenbarung des göttlichen Wortes geschöpft werden kann, also die Mysterien der Inkarnation, der Trinität und ebenso viele andere, die vom göttlichen Willen allein abhängen, wagt aus dem Licht der Natur zu zeigen und von dort gefasste Argumente gebraucht.“539 Die Theologie werde dadurch entstellt zu einem Mischwesen ähnlich dem Zentaur. Unter anderem die Scholastik des Petrus Lombardus (1095–1160) gäbe davon ein eindrückliches Zeugnis, die Kritik der Reformatoren und Frühorthodoxie habe auf diesen immer wieder zu beobachtenden Missstand bereits deutlich hingewiesen.540 Die Auseinandersetzung mit Spinozas Ethik ist nicht primär ethisch relevant, sondern eine methodologische und metaphysische Kritik. 538 Wittich: Theologia pacifica (1671) I Synopse 1. 539 Wittich: Theologia pacifica (1671) I §3,2: „Confuditur & miscetur Philosophia cum Theologia, siquis ea, quae tantummodo ex verbi divini revelatione queunt hauriri, cujusmodi sunt mysteria Incarnationis, Trinitatis, multa item alia, quae sola divina voluntate dependent, conetur demonstrare ex lumine naturae, & argumentis inde acceptis utatur.“ 540 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §3,2 mit Lutherzitaten zum Beleg des schädlichen Einflusses der Vermischung der katholischen Theologie mit Aristoteles. Vgl. weiterhin Wittich: Theologia pacifica (1671) I §4,2–4 mit Belegen aus der Frühorthodoxie (Wittichs

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

Wittich beschreibt die Gegenstände der theologia revelata als mysterium. Darin folgt er dem üblichen Sprachgebrauch der Orthodoxie. Im Rahmen der apologetischen Schriften exemplifiziert er Mysterien auffällig häufig mit denselben Inhalten wie es auch Descartes tut: Die zentralen Mysterien sind bei beiden die Trinität und die Inkarnation Christi.541 Es finden sich jedoch noch weitere Themenbereiche, wie die Ursünde und ihre Folgen oder die Natur des Heiligen Geistes, die Wittich als Mysterien betrachtet und daher als der Vernunft verschlossen darstellt. Dazu gehört jedoch nicht die Abendmahlslehre, die Wittich rein symbolisch entfaltet.542 Theologie kann auch über die Kategorie der Mysterien bestimmt werden, also nicht nur über ihr Erkenntnisprinzip – die Offenbarung –, sondern auch ihren Gegenstand. So zeichnen sich zwei Kriterien für die Trennung von Philosophie und Theologie ab. Wittichs Annahme, dass die Mysterien in der biblischen Offenbarung vermittelt werden, gehört zu den Grundannahmen seines Theologiebegriffs seit den Dissertationes Duae.543 Sie entspricht dem orthodoxen Verständnis544, bekommt bei ihm aber über den Begründungszusammenhang der Trennung von Philosophie und Theologie eine cartesianisch profilierte Zuspitzung. Für seine Hermeneutik wird sie anhand des Skopusgedankens ausgestaltet. Insbesondere in der Auseinandersetzung mit Spinoza wird die Vermittlung von Mysterien in der Bibel infrage gestellt.545 Mysterien entziehen sich grundsätzlich aber einer rationalen Erschließung. Nur weil sie in der Bibel in ihrer Faktizität vermittelt würden, dürfe man nicht daraus ableiten, dass man sie auch verstehen könne. Das adäquate Verhältnis ihnen gegenüber ist der Glaube. Die Anwendung der Philosophie auf diesen Bereich erweist sich für ihn als unsachgemäß.546

541 542 543 544 545 546

Gewährsleute sind hier Antoine de Chandieu [Antonius Sadeelis; 1534–1591], Lambertus Danaeus und Zacharias Ursinius [1534–1583]). Vgl. die Mysterien bei Descartes: Principia (1644) I 25 (AT VIII/1 14). Vgl. dazu Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 456f. (Dekade XLVI.2– 10), Wittich: Causa Spiritus Sancti (1678) §1,1. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §7,7. Vgl. dazu auch Kapitel 3.3 (anticartesianische Theologie) und Kapitel 3.4 (Wissenschaftsverständnis und Prolegomena). Vgl. dazu Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 95–101. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §3,8 und Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 98f.

Die unsachgemäße Einmischung der Philosophie in die Theologie

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3.8.1 Die Trinitätstheologie als klassisches Beispiel einer unsachgemäßen Einmischung der Philosophie in die Theologie Wittich veranschaulicht die Einmischung der Philosophie am Beispiel der auch von Descartes in diesem Zusammenhang genannten Trinitätslehre.547 Er beschreibt, wie die Scholastici und Leute unter ihrem Einfluss, die Erzeugung und Hervorbringung der trinitarischen Personen verstehen548 und verweist auf seine Kritik an dieser rein rationalen Auffassung der opera ad intra in seinen Annotationen zum Systema des Maresius.549 Die Erklärungsversuche der Trinitätslehre von Maresius, die er dort vorgefunden hatte, konnte Wittich nicht billigen, „[d]a ich […] zu dem Urteil kam, dass das Mysterium der Trinität von uns nicht aus dem Licht der Vernunft, sondern in Gänze allein aus der Schrift gelernt werden muss […].“550 Maresius hatte auf Wittichs Kritik an den Erklärungsversuchen der Trinität mit dem Vorwurf des Antitrinitarismus und Sozianismus reagiert, wohingegen Wittich betont, dass es sich der menschlichen Einsicht (intelligere) entziehe, dass „es nur einen Gott, aber dennoch drei Personen gebe“551. Das Mysterium der Trinität sei auf der Grundlage der klaren Offenbarung nicht zu leugnen, obgleich nicht jeder von der Vernunft empfundene Widerspruch dagegen plausibel aufgelöst werden könne.552 547 Wittich: Theologia pacifica (1671) I §§5–10,4–9 zeigt exemplarisch das Problem der Einmischung rational-philosophischer Argumente in den Bereich des Mysteriums am Beispiel der Trinitätslehre im Diskurs mit Maresius. Trinität und Inkarnation Christi nennt Descartes: Principia (1644) I 25 (AT VIII/1 14) im selben Zusammenhang. 548 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §5,4: Der Vater forme durch Selbstbetrachtung ein Abbild von sich, das der Sohn sei. Von diesem gehe eine wechselseitige Liebe zueinander aus, die der Heilige Geist sei. 549 In den folgenden Paragraphen eröffnet Wittich seine Verteidigung gegen Maresiusvorwürfe zu seinen Annotationen, die er hier zum ersten Mal zitiert. Sie brauchen hier nicht vertieft zu werden, bieten aber Einblicke in die trinitätstheologische Debatte der beiden Gelehrten. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §§5–10,4–9. Konkret kritisiert Wittich die Differenzierung der Hervorbringung von Sohn und Geist, insbesondere anhand der Behauptung, dass es nur dem Vater zukomme, ein Bild seiner Person zu zeugen, den anderen beiden Personen aber nicht. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §5,4. Maresius entwickelt seinen Einwand anhand der Vorstellung, dass die eine göttliche Essenz (und damit die Unendlichkeit) des Vaters an die anderen Personen weitergegeben werde. Hierin sieht Wittich einen spekulativen Eingriff in das Mysterium, das sich jedoch der Erklärung entziehe. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §6,4–6. 550 Wittich: Theologia pacifica (1671) I §6,4f.: „Quoniam vero mysterium Trinitatis non ex lumine rationis, sed ex sola Scriptura nobis totum addiscendum judicavi […].“ 551 Wittich: Theologia pacifica (1671) I §6,6: „An enim dicet Vir Venerandus, se intelligere, quomodo unus tantum sit Deus & tamen sint tres personae?“ 552 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §6,6. Ein tatsächlicher Widerspruch zwischen Vernunft und Offenbarung besteht nach Wittich jedoch nicht. Derartige Widersprüche bestünden nur scheinbar und resultierten aus der begrenzten Vernunft des Menschen. In diesem Kontext zeigt Wittich auch konkret, welchen Nutzen nichtsdestoweniger der

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Wittich kehrt mit seiner Scholastikkritik den Rationalismusvorwurf des Maresius gegen die cartesianische Theologie um. Sein eigener Ansatz verkörpere dementsprechend keineswegs eine neue Theologie, wie von den Anticartesianern vorgeworfen, oder gar einen reinen Cartesianismus unter dem Deckmantel der Theologie, sondern habe die Erforschung der eigentlichen biblischen Lehre ohne nachträgliche philosophische Verfälschungen zum Ziel.553 Dieses Anliegen entspricht auch der grundsätzlichen Haltung des Coccejanismus. Als problematisch für Wittichs Modell erweist sich im Rahmen der Trinitätsdiskussion die Bestimmung des Grenzbereiches, zu dem sowohl Theologie als auch Philosophie einen Beitrag leisten dürften. Während Maresius mit anderen die Trinität diesem Bereich zuordnet, besteht Wittich auf ihren reinen Mysteriencharakter und entfaltet seine Kritik auf der Grundlage dieser Vorentscheidung.554 Cartesianismus für die trinitätstheologische Debatte habe. Die rationale Durchdringung der Trinität anhand von Spekulationen über den modus subsistendi der göttlichen Personen verbiete sich nämlich auf der Grundlage der cartesischen Philosophie. Descartes hatte die Anwendung des modus-Begriffs auf Gott zugunsten des Begriffs des Attributs abgelehnt, da jener Veränderlichkeit impliziere. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §7,6 verweist dazu auf Descartes: Principia (1644) I 36, meint jedoch offensichtlich Descartes: Principia (1644) I 56 (AT VIII/1 26). Infrage stellt er damit eine von der Alten Kirche etablierte Redeweise von Gott, die jedoch keine Grundlage in der Bibel habe. Vgl. die Diskussion mit Maresius nach Wittich: Theologia pacifica (1671) I §§7–10,6–9. Eine ausführliche Gegenüberstellung von Modus und Attribut bietet Descartes zudem in Descartes: Notae in programma quoddam (1648) 283–286 (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII/2 348–351). Der Text war Wittich bekannt: vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §36,28. 553 Vgl. auch Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [ii–iv.xiv]. 554 Vgl. die Bewertung der Trinität als ein nur der Schriftoffenbarung zugängliches Mysterium in Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.1 und 6). Vgl. auch Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 350. Auch wenn an dieser Stelle dazu keine vertiefte Betrachtung erfolgen kann, sei nicht verschwiegen, dass Wittich nichtsdestoweniger trinitätstheologische Überlegungen angestellt hat. Insbesondere mit Blick auf die Inkarnation Christi, einem weiteren ausdrücklich als Mysterium aufgefassten Bereich, hat er sowohl in den Positiones (bes. in den Dekaden XIV und XXXI) als auch in der Theologia pacifica (in Kapitel XII) dezidiert trinitätstheologische Aussagen getroffen und diese in Abgrenzung zu Maresius und auf cartesianischer Grundlage entfaltet. Dabei bemüht er sich jedoch das Glaubensgeheimnis zu wahren, insbesondere also die dem scholastischen Ansatz seiner Gegner geschuldeten philosophischen Einfärbungen der Trinität zu tilgen. Melchior Leydekker kritisiert seinen trinitätstheologischen Ansatz ausdrücklich. Den Hinweis auf Leydekkers Kritik, die sich gegen Wittichs nicht erhaltene Kommentierung seiner Positiones richtet, verdanken wir Sepp, Godgeleerd Onderwijs in Nederland, 350. Leydekkers 1690 gedruckte Exercitatio Theologica De S. Scripturae Authoritate ad Conscientiam adstruenda wendete sich gegen eine rationalistische exegetische Methode, durch welche die Bibel von der Vernunft abhängig gemacht werde. Die Schrift ist Teil seiner Melchioris Leydeckeri Synopsis controversiarum de foedere et testamento Dei (1690). Die Schrift schließt mit einer Mantissa zu Abraham Heidanus’ Auseinandersetzung mit den Sozianern. Wittich dient ihm in diesem Kontext zur Verdeutlichung der Folgen eines rationalen exegetischen Ansatzes für die Praxis Vgl. Leydekker: Synopsis (1690) 204: „Caput XVIII. Periculum ostensum ex ipsa Recentiorum praxi“. Das Kapitel schließt unmittelbar an die Auseinandersetzung mit der

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3.8.2 Die Entwicklung einer adäquaten Verhältnisbestimmung der Wissenschaften – der usus philosophiae Die Gefahren einer Vermischung von Theologie und Philosophie führen für Wittich allerdings keineswegs dazu, der Philosophie – bei richtigem und angemessenem Gebrauch – nicht trotzdem einen Nutzen für die Theologie zuzusprechen. Den orthodoxen Topos des usus philosophiae nimmt er, wie bereits die Positiones zeigten, konstruktiv auf. Die Reflexion des adäquaten Nutzens der Philosophie war Wittich durch die Kritik von Samuel Maresius unter dem Titel De abusu philosophiae cartesianae (1670) dabei gewissermaßen zur Aufgabe gemacht worden. Grundvoraussetzung für ihren Nutzen sei, dass die Philosophie frei von Vorurteilen, Fehlern und verwirrender Terminologie sei und ihre Ergebnisse transparent herzuleiten vermöge. Diese Kriterien erfülle nun gerade die herkömmliche Philosophie, der scholastische Aristotelismus, nicht, wie bereits eine entsprechende Kritik durch die frühorthodoxe Theologie gezeigt hätte. Die Philosophie von René Descartes hingegen verzichte auf eine verkomplizierende Sprache und basiere auf deutlichen Prinzipien und evidenten Kenntnissen („ex claris principiis & evidentibus notionibus“) und einer nachvollziehbaren Methode, während der bisherige Einfluss der ungenügenden Philosophie lediglich zur Verwirrung der Theologie beigetragen habe.555 Eine explizite Entfaltung der Methodologie cartesianischer Theologie bietet Wittich an dieser Stelle nur in sehr allgemeiner Form, indem er auf die mathematische Methode und die klare und deutliche Erkenntnis verweist. Er macht aber deutlich, dass die cartesianische Methode sich für die Theologie nutzen lässt.556 Wittich gibt sich erstaunt über die Kritik des Maresius, der den Cartesianern vorwirft, in unverantwortlicher Weise die herkömmlichen scholastisch-theologischen Termini gleichsam „auszumisten“ (effurcillare) zugunsten neuer Idiome, Philosophia S.S. Interpres an und stellt somit Wittichs Position unter ein entsprechendes Vorzeichen. Vgl. auch Scribano, Da Descartes a Spinoza, 124–126. Vgl. zu Wittichs Gottesund Trinitätslehre auch den Ausblick in Kapitel 5.1.1 (Spezielle Gotteslehre). Melchior Leydekker: Melchioris Leydeckeri Synopsis controversiarum de foedere et testamento Dei quae hodie in Belgio moventur. Accedit Apologetus, quo ad Iniquas D. Johannis Wajeni Censuras modeste respondetur: Nec non Exercitatio Theologica de S. Scriptura authoritate ad conscientiam adstruenda. Trajecti ad Rhenum: Halma 1690. 555 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §11,9f. Wittichs fasst seinen Anspruch an die Philosophie mit der Charakterisierung als gesund und männlich zusammen („mascula & sana Philosophia“). 556 Dies gilt zunächst einmal für den Bereich der natürlichen Theologie. Vgl. zur Methodologie vor allem Kapitel 3.4 (Wissenschaftsverständnis und Prolegomena der cartesianischen Theologie). Inwieweit die cartesianische Methode auch in die Offenbarungstheologie hineinwirkt und von Wittich instrumentalisiert wird, ist ein entscheidendes Kriterium für die Beurteilung seines Ansatzes als rationalistisch. Vgl. dazu Kapitel 3.12 (Ergebnisse und kritische Würdigung von Wittichs Vernunft- und Offenbarungsverständnis).

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mit denen man weder in der Lage zur kontroverstheologischen Auseinandersetzung sei noch den theologischen Inhalten gerecht werde.557 Wittich erwidert auf diese Kritik, dass die Theologie tatsächlich viel verständlicher würde, wenn die doppeldeutigen und schwer verständlichen Ausdrücke der Philosophie getilgt würden. Tatsächlich führe die Befreiung von dem scholastischen Ballast zu einer Restaurierung der biblischen Theologie im Sinne der Reformatoren.558 Die Fähigkeit zum theologischen Diskurs werde zudem gerade durch die Orientierung an den Begriffen, die der Heilige Geist in der biblischen Offenbarung verwendet habe, sichergestellt.559 Zusammen mit der scholastischen Terminologie verwirft Wittich auch die Stoßrichtung ihres spekulativen Fragens und setzt ihr als eigentliche Aufgabe der Theologie die Erforschung der Bibel entgegen. Hierin zeigt sich auch die coccejanische Prägung von Wittichs Ansatz deutlich. Coccejus hatte auf die Verwendung einer biblischen Sprache gegen die Verwendung der philosophischen Terminologie (durchaus mit kritischem Blick auch auf Descartes) insistiert und eine biblische Theologie zu entwerfen versucht.560 In diesem Sinne sind die Coccejo-Cartesianer ihrem Selbstverständnis nach evangelisch und gerade nicht scholastisch. Nicht nur die Gestaltung der Philosophie, sondern auch ihr Verhältnis zur Theologie kritisiert Maresius an Wittich. Er hält im Gegensatz zu diesem an einer hierarchischen Verhältnisbestimmung anhand des ancilla-Begriffes fest. Während Wittich die Notwendigkeit einer beiderseitigen Unabhängigkeit betont, fürchtet Maresius eine Dominanz der Philosophie über die Theologie durch den cartesianischen Ansatz: Sowohl die neue Unabhängigkeit der Philosophie als auch besonders der cartesianische Erkenntnisoptimismus gefährdeten die Theologie. Wittich bestimmt in seiner Antwort auf diese Kritik den Rahmen des von ihm vertretenen Wissenschaftsverständnisses klar theologisch. Eine philosophische Lehre, die dem biblischen Zeugnis tatsächlich widerspreche, müsse sich der Autorität der Heiligen Schrift unterwerfen. Neben der Schriftautorität, deren Verbindlichkeit jeder christliche Philosoph anerkenne, lehre die Bibel selbst, dass sie Kraft und Möglichkeit habe, einen ihr widersprechenden Fehlschluss zu widerlegen.561 Die Bibel bleibt also trotz der grundsätzlichen Trennung der Wissenschaften höchste Autorität, die Offenbarung erhält eine Vorrang557 Dieser Kritikpunkt wird auch aus der didaktischen Perspektive vorgebracht. Maresius denkt an die Probleme einer Theologenausbildung ohne Aristotelesstudium. 558 Vgl. dazu auch Del Prete, Oltre Descartes, 28f. 559 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §12,10f. 560 Vgl. dazu van der Wall, Orthodoxy and skepticism, 127.132, van Asselt, The federal theology of Johannes Cocceius, 73–77 und Kapitel 3.4.2.1 (Coccejus: Wegweiser für die Prolegomena cartesianischer Theologie). 561 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §13,11. Wittich beruft sich für sein Schriftverständnis (wie bereits in den Dissertationes Duae) auf 2Tim 3,15–17. Vgl. dazu Kapitel 4.3.4.1.1 (Der biblische Skopus nach 2Tim 3,14–17).

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stellung vor der Vernunft. Das Wort Gottes ist immer auch das letzte Wort. Wenn man darüber hinaus den Philosophen argumentativ widerlegen muss, könne man ihm durch die cartesianische Theologie in einer klaren und unmissverständlichen Sprache und außerhalb des terminologischen Dickichts der Scholastiker begegnen.562 Es sei schließlich für die Theologie angemessener, den von der Heiligen Schrift abgeirrten Philosophen nicht autoritativ unter Berufung auf das ancilla-Verhältnis zur Ordnung zur rufen, sondern ihm anhand der Bibel seine Irrtümer genau aufzuzeigen.563 Hier zeigt sich Wittichs Übereinstimmung mit der cartesischen Methodenlehre: Anstatt einer autoritativen Anordnung ist der persönliche Nachvollzug der Erkenntnis anzustreben, der mit klaren, vorurteilsfreien Argumenten überzeugt. Die Angst, dass sich die Philosophie zur ‚Herrin‘ über die Theologie emporhebt, ist nach Wittichs Diagnose ein Ergebnis der Wissenschaftshierarchie scholastischer Systeme, in welchem Machtverhältnisse umgekehrt werden könnten. De facto habe sich die Philosophie bereits versucht über die Theologie zu erheben, indem sie ihre Spekulationen und Termini in die Schultheologie eingetragen habe. Wittich folgert: Jede von beiden Wissenschaften ist ein Geschenk Gottes, jede von beiden stützt sich jeweils auf ihre Prinzipien, obwohl jede den Rat der anderen benutzen und sie einander gegenseitig ihren Nutzen leihen können. […] Denn jede Disziplin besteht für sich selbst und obwohl die eine der anderen Nutzen verschaffen kann, darf man nicht deshalb die, die Nutzen gewährt, gleichsam für die Dienende halten. So könnte man nämlich auch die Theologie selbst, wenn sie der Philosophie Nutzen bringt, als deren Dienstmagd bezeichnen. Die Disziplinen beraten sich gegenseitig und helfen sich gegenseitig, eine jede hält jedoch in ihrem eigenen Bereich ihre Vollkommenheit inne und hängt nicht zur Gänze von der anderen ab.564

So schadet also die alte hierarchische Verhältnisbestimmung der beiden Wissenschaften ihrer jeweiligen Autonomie und freien Entfaltung. Sie begrenzt einerseits die Erkenntnis der Philosophie durch eine unsachgemäße Bibelauslegung, andererseits die Theologie durch eine terminologische Überformung und Verzerrung ihres Bezugs zur Offenbarung. Mit dem Begriff des Nutzens ver562 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §14,11f. 563 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §15,12. 564 Wittich: Theologia pacifica (1671) I §15,12f.: „Utraque Scientia est donum Dei, utraque nititur suis principiis, quamvis quaevis alterius consiliis queat uti, mutuamque sibi invicem faenerari utilitatem. […] Quaelibet enim disciplina se sola subsistit, & quamvis altera alteri possit usum praebere, non tamen propterea ea qaue usum praebet, tanquam ancillans debet considerari.Sic enim etiam ipsa Theologia, cum usum praebeat Philosophiae, ejus ancilla posset appellari. Consulunt sibi mutuo disciplinae, & se mutuo juvant, quaelibet tamen in suo genere suam perfectionem obtinet, neque ab altera tota dependet.“ Die von Wittich kursiv gesetzte Passage ist als Zitat aus den Annotationen zum Systema (Locus I §19) gekennzeichnet. Vgl. zu dem Gedankengang auch van der Wall, Cartesianism and Cocceianism, 451.

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mittelt Wittich auf alternative Weise zwischen Theologie und Philosophie und rezipiert dabei die von Descartes in seinen Notae in programma quoddam bestimmten drei Kategorien – Vernunftbereich, Offenbarungsbereich und gemeinsamer Bereich beider Prinzipien – als Bezugspunkte der Wissenschaften.565 Dabei fällt auf, dass er die Schnittmenge von Philosophie und Theologie genauer und – z. B. über die explizite Integration der Naturphilosophie – großzügiger bestimmt als sein philosophisches Vorbild.566 Wittich kommt dazu, wie seine Frühschriften gezeigt haben, auf der Grundlage seines Schriftverständnisses.567 Die biblische Offenbarung vermittelt in seinem Modell den Menschen vor allem das Heil. Alles darüber Hinausgehende bedarf letztlich einer Absicherung durch die Vernunft.568 Wittich bestimmt dementsprechend einen vielfaltigen generellen Nutzen (im Plural „generales usus“569) der cartesianischen Philosophie für die Theologie, den ausführlich zu belegen ein Hauptargumentationsziel der Theologia pacifica ist, in den Bereichen Erkenntnistheorie und Methodologie: Die philosophia Cartesiana lehrt die Entwicklung klarer und distinkter Erkenntnisse und sie gewöhnt den Geist an ein umsichtiges und vorsichtigeres Urteil. Die Verwendung der Vernunft für die Entfaltung exegetischer und dogmatischer Methodik bieten auch die anderen orthodoxen Dogmatiken. Wittich hebt dabei hervor, dass insbesondere die Grenzen der Vernunft durch den cartesianischen Ansatz erkannt werden: Die Vernunft müsse in Glaubensfragen zurückgehalten werden, der Mensch solle hier der Offenbarung vertrauen. Neben diesem grundsätzlichen Nutzen weist Wittich der Philosophie zudem spezielle Einsatzmöglichkeiten („speciales usus“570) zu. Es gäbe nämlich Bereiche, auf die sich sowohl die Offenbarung als auch die Vernunft bezögen. Ergebnisse beider Disziplinen seien hier bedenkenswert. Wittich nennt hier die Existenz Gottes, seine Eigenschaften, Macht und Wirkweisen gegenüber der Schöpfung, dann die Seelen- und Affektlehre, das Wesen von Körper und Raum, die Unsterblichkeit der Seele und verweist auf weitere Punkte, die er im Zuge seiner Schrift näher bestimmen wolle. Er nimmt damit eine viel detailliertere Bestimmung dieses Bereiches vor, als sie sich bei Descartes findet. Über diesen geht er auch deutlich hinaus, wenn er es als 565 Vgl. Descartes: Notae in programma quoddam (1648) 288f. (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII/2 353f.). Descartes verweist hier ausdrücklich darauf, dass christliche Lehren mit der Vernunft nicht im direkten Widerspruch stehen können. Da man in erster Linie Mensch sei, überzeuge die Forderung nicht, dass man, um Christ zu werden, die Meinungen annehmen müsse, die der Vernunft als dem Wesen des Menschen zuwider sei. Vgl. dazu auch Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 176 (Anm. 23). 566 Vgl. Del Prete, Oltre Descartes, 30f. und Kapitel 3.4.1.1 (Descartes als Vorbild). 567 Vgl. dazu Kapitel 4.3 (Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie). 568 Vgl. auch Del Prete, Oltre Descartes, 31. 569 Wittich: Theologia pacifica (1671) I §16,13. 570 Wittich: Theologia pacifica (1671) I §16,13.

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einen usus specialis der Vernunft bestimmt, von geoffenbarten Sachverhalten mittels Analogiebildung zu philosophischem Wissen und Schlussfolgerungen zur Bildung klarer und deutlicher Begriffe („claros & distinctos […] conceptos“) zu gelangen. Dieser Nutzen der Vernunft findet sich auch in den nichtcartesianischen Dogmatiken in dieser Form nicht.571 Im Rahmen seines späteren Œuvres wird diese Bestimmung, wie noch zu zeigen sein wird, mehr und mehr verfeinert. Insbesondere die Exegese erweist sich als zentraler Bezugspunkt der Vernunft auf die Offenbarung.572 Trotz der grundsätzlichen Trennung der Wissenschaften lässt Wittich nun aufgrund der Bestimmung einer gemeinsamen Schnittmenge von Philosophie und Theologie sowie der Betonung des Nutzens der Philosophie die Frage nach der Konsequenz und Durchführbarkeit seines Ansatzes offen. Zwischen Vernunft- und Offenbarungsprinzip befindet sich nun eine Grauzone gemeinsamer Inhalte, die im Zweifelsfall jedoch nach dem Offenbarungsprinzip zu klären sei.

3.8.3 Die unsachgemäße Einmischung der Theologie in die Philosophie: „Miscendam quoque non esse Theologiam cum Philosophia […] ostenditur“573 Wittich problematisiert nicht nur die Einmischung der Philosophie in die Theologie, sondern auch umgekehrt die unsachgemäße theologische Einflussnahme auf die Philosophie und berührt hier den zentralen Streitpunkt seiner Frühschriften.574 Denn eine solche Einmischung konkretisiert sich für ihn in der Ableitung eines naturphilosophischen Systems aus der Heiligen Schrift im Sinne einer physica Mosaica bzw. der Korrektur naturphilosophischer Erkenntnisse mittels der Bibelexegese. Zur Widerlegung dieser Vorstellung verweist er (auf der Grundlage des Consensus veritatis) auf den Skopus der Heiligen Schrift und das 571 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §16,13. Das erste Kapitel der Theologia pacifica schließt mit dem Satz: „Quin etiam in multis, quae pendent a sola revelatione, spectantibus hominem, angelos, aut Deum, supposito τῷ ὅτι ex revelatione, Philosophia ex natura Dei & hominis & mentis humanae, cujus eadem est essentia, quae angelicae, ea depromit, quae inserviunt, ut claros & distinctos de illis conceptus formare queamus, cujus specimina in sequentibus reperientur.“ Vgl. dazu auch die Interpretation von Del Prete, Oltre Descartes, 32f. 572 Vgl. dazu auch Kapitel 3.10.1 (Vernunft und Offenbarung) und Kapitel 4.3 (Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie). 573 Wittich: Theologia pacifica (1671) II Synopse 13. 574 Vgl. das explizite Beweisziel des Consensus veritatis, in dem Wittich zeigen will, dass die Bibel nicht dazu gegeben ist, die Welt zu erschließen. Zu diesem Zweck habe Gott dem Menschen die Vernunft gegeben. Vgl. Wittich: Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 5.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

opinio-Argument.575 Die grundsätzliche Unabhängigkeit philosophischer Arbeit vom biblischen Zeugnis nimmt Wittich als Ergebnis seiner Frühschriften als belegt an. Nichtsdestoweniger sieht er auch einen Nutzen der Theologie für die Philosophie. Ohne diesen vertiefen zu wollen, verweist er dazu vor allem auf die von der Theologie kommunizierte und auch von Descartes vorausgesetzte Grunderkenntnis, dass der dreieinige Gott die „erste und einzige Ursache aller Dinge“ sei, der „am Anfang der Zeit alles aus Nichts geschaffen und hervorgebracht hat, jenes Ganze, was wir als Universum ansehen, zusammen mit alle Kreaturen, die sich darin befinden.“576 Auch die göttliche Bewahrung und Erhaltung der Schöpfung könne von der Philosophie als argumentative Stütze aus der Theologie entlehnt werden.577

3.9

Vernunft und Offenbarung: cartesianische Epistemologie und natürliche Theologie

Von der Verhältnisbestimmung der Wissenschaften geht Wittich über zu einer innertheologischen Fragestellung und bietet damit in der Theologia pacifica eine detaillierte Gegenüberstellung von Vernunft und Offenbarung. Während er dafür anhand seines Schriftverständnisses bereits in seinen Frühschriften mit dem Skopusgedanken ein theologisches Kriterium geboten hat, das ihm erlaubte, die von Descartes entworfenen Grundlagen des Wissenschaftsverständnisses nicht nur zu adaptieren, sondern noch deutlich zu erweitern,578 bietet er in der Theologia pacifica eine stärker philosophische Argumentation auf der Basis der cartesianischen Erkenntnislehre. Die Verbindung zwischen philosophischer und theologischer Wissenschaft gelingt ihm durch das Axiom der einen und widerspruchsfreien Wahrheit. Da (über Konfessionsgrenzen hinweg und seit der Antike immer wieder betont579) gilt, dass es nur eine Wahrheit geben kann, wie auch 575 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) II §17f.,13f. Im weiteren Verlauf des Kapitels wendet sich Wittich gegen weitere Einwände, die Maresius in De abusu gegen seine Akkommodationslehre vorgebracht hatte, insbesondere im Rahmen der Auslegung von Jos 10. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) II §§19–21,14–17. Vgl. zur Rolle der Theologia pacifica in Wittichs Hermeneutik Kapitel 4.3.5.1 (Hermeneutische Implikationen in der Theologia pacifica und dem Meditationeskommentar). 576 Wittich: Theologia pacifica (1671) II §24,19: „[…] causam omnium rerum prima & unicam esse Deum Ter Opt. Max. qui initio temporis Omnia ex nihilo creaverit & produxerit, totum illud quod videmus Universum, una cum omnibus quae in eo sunt creaturis […]”. 577 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) II §24,19. 578 Vgl. dazu Kapitel 4.3 (Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie). 579 Vgl. dazu z. B. Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 236f., der den Grundsatz treffend auf Aristoteles zurückführt.

Cartesianische Epistemologie und natürliche Theologie

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die anticartesianischen Theologen und die Tradition lehren,580 kann Wittich das cartesianische Wahrheitskriterium – „illud omne esse verum, quod valde clare & distincte percipio“581 – ebenso in die Theologie integrieren, wie die damit verbundene Methode des die Wahrheit ermittelnden Zweifels.582 Diese beiden zentralen Prinzipien der cartesianischen Epistemologie bekommen dadurch eine grundlegende methodologische Funktion für Wittichs Theologie. Neben dem Leib-Seele-Dualismus gehören diese zu den Konstanten der theologischen Descartesrezeption in den Niederlanden.583 Vorbereitet ist dieses cartesianische Fundament bereits in Wittichs Schriften der 1650er Jahre, in denen er im Kontext der duplex cognitio die zentralen epistemologischen Begrifflichkeiten bis zum cartesianischen Wahrheitskriterium bereits eingeführt hat. Nichtsdestoweniger lässt Wittichs Theologiebegriff, und darin insbesondere seine Differenzierung von theologia naturalis und revelata, nur den Schluss zu, dass die Ergebnisse auf dieser Grundlage zumindest einer gewissen Vorläufigkeit und Unvollständigkeit unterliegen müssen: Noch in der Theologia pacifica bietet Wittich seinem Leser überwiegend Erkenntnisse auf der Ebene der natürlichen Theologie. Für diese kann er Gültigkeit beanspruchen, muss sie aber aus der Glaubensperspektive heraus ergänzen. Diese wird im Anschlusskapitel in den Blick zu nehmen sein.

3.9.1 Der methodische Zweifel in der Theologie Wittichs Die cartesische Erkenntnislehre ruht auf zwei Säulen: Ausgehend vom methodischen Zweifel gelangt sie zu dessen Überwindung im cogito ergo sum. Erst auf dieser Basis werde sichere Erkenntnis möglich.584 Wittich betrachtet diesen Erkenntnisweg lediglich als eine Voraussetzung seiner eigenen Ausführungen und bespricht sie, obgleich gerade der methodische Zweifel zu den zentralen Punkten 580 Vgl. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 30 mit dem Beispiel des Voetius. 581 Vgl. Descartes: Meditationes (1641) III 2 (AT VII 35): „[…] ac proinde jam videor pro regula generali posse statuere, illud omne esse verum, quod valde clare & distincte percipio.“ Vgl. dazu zusammenfassend auch Ariew u. a., Dictionary of Descartes (2003) s.v. Clarity and Distinctness 54f. und Gabriel s.v. Klar und deutlich. HWP 4 (1976) 846. Diese bereits vor Descartes in der Scholastik auftauchende Figur wird von Descartes als entscheidendes Wahrheitskriterium zu einem zentralen Pfeiler seines Systems (vgl. mit Verweis auf Suarez Eisler s.v. Klarheit [Luzidität] (1904) 382). 582 Vgl. zum cartesischen Zweifel zusammenfassend Ariew u. a., Dictionary of Descartes (2003) s.v. Doubt 89f. und Lorenz s.v. Zweifel. HWP 12 (2004) 1521f. 583 Vgl. van Sluis, Röell, 14. 584 Die Entfaltung der cartesianischen Epistemologie ist umfassend besprochen worden und wird hier nicht näher erläutert. Die Entwicklung von Descartes’ Discours (1637) zu den Meditationes (1641) und die Ergänzungen seines Ansatzes in den Principia (1644) werden im Folgenden lediglich mit unmittelbarem Bezug zu Wittichs Ausführungen vertieft.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

der theologischen Descarteskritik zählt, verhältnismäßig kurz.585 Der für Descartes so zentrale methodische Zweifel bekommt in der theologischen Rezeption von Wittich eine eher untergeordnete Funktion zugewiesen: Er werde im Rahmen der Descarteslektüre von dessen Anhängern nachvollzogen, könne aber dann prinzipiell als erledigt gelten.586 Weder für die anticartesianische Kritik noch die Argumentation Wittichs spielt hier dementsprechend das cartesische cogito als Ergebnis des radikalen Zweifels eine große Rolle.587 Das cartesische Wahrheitskriterium hingegen, aus dem Wittich einen universellen Erkenntnisoptimismus ableitet, hat für ihn eine unmittelbare theologische Bedeutung und steht im Vordergrund seines Rekurses auf die cartesianische Epistemologie: Der erste Nutzen, den die Philosophie des Descartes dem Theologen bietet, besteht darin, dass sie sehr oft dieses Axiom geltend macht, man dürfe nicht urteilen außer über klar und deutlich Erkanntes, und uns zeigt, dass wir mit Sicherheit die Wahrheit in jenen Urteilen erreichen werden, die wir über klar und deutlich Erkanntes bilden und er selbst zeigt dies anhand von Beispielen, die über sein ganzes Œuvre verteilt sind.588

Diese Schwerpunktsetzung ist aus cartesianischer Perspektive durchaus sinnvoll, denn mit dem einmal vollzogenen und überwundenen Zweifel ist die Grundlage der Wissenschaften gelegt, so dass diese auf einem gesicherten Fundament und unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse weitergeführt werden können. Dies gilt dann auch für die Theologie, insofern sie sich der Vernunft bedient. Denn Vernunft (ratio) bestimmt Wittich als das Seelenvermögen, das den Menschen in Bezug auf die geistige Anschauung nur über das urteilen lässt, was er klar und deutlich erkannt hat, und ihn in Bezug auf die unverzüglich 585 Dementsprechend setzt Wittich auch seinen Schwerpunkt innerhalb des dritten Kapitels der Theologia pacifica. Die Denkbewegung vom Zweifel zum cogito, mit dem ausdrücklichen Ziel der Überwindung des Zweifels und dem Ergebnis absolut sicherer Erkenntnis, zeichnet Wittich in aller Kürze nach in Theologia pacifica (1671) III §26,20f., wo er Descartes für seine Entdeckung lobt. 586 Vgl. dazu Del Prete, Oltre Descartes, 29f. 587 Wittich bringt das cogito-Argument kurz im Rahmen seiner allgemeinen Erläuterung der cogitatio. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §28,21f. Da Maresius Descartes aber in diesem Punkt grundsätzlich zustimmt und Wittichs theologische Argumentation davon nicht tangiert wird, führt Wittich die Überlegungen nicht weiter aus. Vgl. dazu auch Wittich: Theologia pacifica (1671) V §§40f.,31f. Eine ausführlichere Stellungnahme Wittichs dazu liefert seine Meditationes-Analyse in den Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688). Auch hier bleibt er aber auf einer rein philosophischen Ebene. Vgl. zu der Rolle des cogitos auch Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 174–194. Bei Röell wird das cogito-Argument mit seiner Lehre vom Bewusstsein (conscientia) entfaltet und weiterentwickelt. Vgl. van Sluis, Röell, 51. 588 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §25,20: „Primarius Usus, quem Philosophia Cartesii praebet Theologo, est, quod inculcate saepissime hoc axioma, Non esse judicandum nisi de clare & distincte perceptis, atque ostendit nos certo veritatem assecuturos, in illis judiciis, quae formamus de clare & distincte perceptis, idque ipsum exemplis per totum suum corpus diffusis ostendit.“ (Kursiv nach Wittich.)

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erfolgenden Handlungen, die keine gründliche Urteilsbildung zulassen, auf die Erkenntnisse verweist, die am wenigsten dunkel sind.589 Auch an Wittich wird jedoch die übliche anticartesianische Kritik am radikalen Zweifel herangetragen, und zwar in seiner Auseinandersetzung mit Samuel Maresius. Der Zweifel stand grundsätzlich in Verdacht, Skeptizismus und Atheismus herbeizuführen. Schon in frühen Auseinandersetzungen stand der Vorwurf im Raum, die cartesianische Methode lehrte den Zweifel an Gott.590 Wittich selbst erscheint die dubitatio an Wahrheit oder Sinn der göttlichen Anordnungen als der wahrscheinlichste Ursprung der Sünde Adams.591 Doch geht es den Cartesianern bekanntlich gerade um die Überwindung jedweden Zweifels. In der Praefatio seiner Theologia pacifica wehrt Wittich, bewegt durch die direkte Kritik von Maresius, die herkömmlichen Einwände gegen den cartesischen Zweifel, den er sonst wenig thematisiert, in größerem Zusammenhang ab.592 Wittich differenziert hier zwischen drei Arten des Zweifelns innerhalb von Descartes’ Philosophie. Erstens nennt er die dubitatio vulgaris, unter der er eine Urteilsenthaltung (suspensio judicii) bei Fragen versteht, die noch nicht hinreichend erkannt worden sind.593 Als solcher beschreibt er eine Haltung, die eigentlich jeder Mensch in der Situation der Unkenntnis einzunehmen pflege. Da dem Menschen seine Unkenntnis oft jedoch nicht bewusst sei, käme es zu vielen Irrtümern, die eine sorgfältige Beachtung dieses Zweifels (in Verbindung mit der Prüfung der eigenen vermeintlichen Erkenntnisse) auszuschalten im Stande wäre. Die Bewusstmachung der eigenen Unwissenheit und die Anwendung der dubitatio vulgaris entsprechen daher dem grundlegenden methodischen Anspruch cartesianischer Wissenschaftslehre.594 Eine zweite Kategorie des Zweifels sei das Aufgeben überkommender Meinungen, um sie durch sichere Erkenntnisse zu ersetzen.595 Wittich verweist hier 589 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XII §129,99: „Ratio, dico, non tantum pertinet ad intellectum, sed est aliquid concretum, atque in eo constitit, ut non judicemus nisi de clare & distincte perceptis in rebus contemplandis, in rebus autem agendis, quando res non patitur moram, judicium sequatur eam perceptionem, quae saltem minus est obscura […].“ (Kursiv nach Wittich.) 590 Bereits im Rahmen der frühen Cartesianismuskrisen der niederländischen Universitäten setzte die theologische Kritik an diesem Punkt an. Vgl. z. B. bereits die Kritik Schoocks und dazu Eberhardt, Wittich, 80. 591 Dies geschieht im Rahmen der Positiones: vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 444 (Dekade XXVII.2). Dieses Argument findet sich auch in der gängigen theologischen Kritik am cartesianischen Zweifel. Vgl. van Sluis, Röell, 15. 592 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xvii–xxii]. Für eine ausführliche Behandlung des Themas verweist er allerdings auf die Schriften von Clauberg und Johannes Theodoor Braun (1628–1708). 593 Vgl. Descartes: Discours (1637) 2,7 (AT VI 18). 594 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xvii–xviii]. 595 So erfolgt die Herleitung der cartesischen Methode bei Descartes: Discours (1637) 1,14–2,3

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zwar auf die Unzuverlässigkeit von kindlichen Vorurteilen und der Autoritäten der scholastischen Philosophie, die eine derartige Haltung notwendig mache. Er betont aber demgegenüber den moralischen Kompass, an dem Descartes selbst sich nach eigener Aussage während dieses Zweifels orientiert hat und dessen erste Regel die christliche Religion ausdrücklich vom Zweifel ausnimmt.596 Für die Theologie kann dieser Zweifel also nur bedingt eingesetzt werden. Die dritte Art des Zweifels sei schließlich der in der ersten Meditation des Descartes dargelegte radikale Zweifel an allem auf Sinneserfahrung basierenden Wissen unter der Berücksichtigung der Hypothese vom genius malignus.597 Um die Rolle des Zweifels in der Theologie zu bestimmen, argumentiert Wittich mit Blick auf die empirische Lebenswirklichkeit praktisch und didaktisch, nämlich mit Blick auf seine Studenten. Theologiestudenten hätten in der Regel durch Erziehung und Schule eine Vorbildung auf der Grundlage der reformierten Bekenntnisschriften genossen. Diese basierten nicht auf Vorurteilen und Sinneserfahrungen, sondern auf dem unanfechtbaren Wort Gottes. Der radikale, dritte Zweifel sei hier also bereits nicht mehr angemessen. Die göttliche Offenbarung bedürfe keiner Prüfung durch die Vernunft auf ihren Wahrheitsgehalt. Den radikalen Zweifel will Wittich nicht auf die Theologie anwenden, da ihr Fundament, die Offenbarung Gottes in der Schrift, per se von Irrtümern frei sein muss. Ebenso wenig will Wittich aus demselben Grund die zweite Kategorie des Zweifels in der Theologie einsetzen: Eine völlige Infragestellung des gesamten Systems der Theologie und ihrer Tradition sei nicht notwendig. Stattdessen sei es die Aufgabe der Theologie, die Grundlagen der christlichen Religion weiter zu verfeinern und zu vervollkommnen, sozusagen an Einzelfragen weiterzuarbeiten und Irrtümer zu überwinden. Hierfür genüge seiner Meinung nach der erstgenannte Zweifel. Dieser fordert allerdings im konkreten Forschen durchaus auch zu einer Prüfung der Tradition und der scholastischen Voraussetzungen der Theologie auf. Wittich geht jedoch zunächst so weit zu behaupten, dass jemand, dessen religiöses Fundament umfassend gelegt und richtig verstanden ist, überhaupt nicht auf das Zweifeln zurückgreifen müsse. Im Studium jedoch gehe man über das Fundament hinaus und wolle zu einem richtigen Verständnis der theologischen Lehrinhalte gelangen. Nicht nur der Glaube allein, sondern auch seine wissenschaftliche Analyse beschäftigt den Theologen. Um dabei nicht in (AT VI 9–14). Wittich selbst verweist auf die Grundhaltung, die Descartes sich während seiner neunjährigen Reise im Discours (1637) 3,6 (AT VI 29f.) zuschreibt. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xviii]. 596 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xviii]. Die Gültigkeit der Religion unabhängig vom Zweifel betont Descartes als erste moralische Regel im Discours (1637) 3,2 (AT VI 24). 597 Vgl. bes. Descartes: Meditationes (1641) I (AT VII 17–23). Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xviii–xix].

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Irrtümer zu verfallen, müsse zwangsläufig alles sorgfältig geprüft werden. Dafür sei die dubitatio vulgaris ein unabdingbares Hilfsmittel. Der Zweifel im Sinne der Urteilsenthaltung wird also zu einem Kriterium der Wissenschaftlichkeit auch der Theologie erhoben.598 Sein Ziel ist die Etablierung klarer und deutlicher Erkenntnisse. Der radikale Zweifel wird von Wittich also nur in Bezug auf das Descartesstudium und nicht als Teil der Theologie vorgestellt. Thematisieren muss Wittich ihn trotzdem. Einerseits ist diese Bezugnahme apologetisch motiviert, insofern der radikale Zweifel grundsätzlich als problematisch empfunden wurde, zum anderen ist er aber auch das Fundament der klaren und deutlichen Erkenntnisse. Denn an diese müsse der Geist nach cartesischer Lehre gewöhnt werden. Dazu sein ein individueller, einmalig vollzogener radikaler Zweifel zur Beseitigung der eigenen Vorurteile sinnvoll.599 Der radikale Zweifel schaffe sodann in seiner Überwindung durch das cogito eine verlässliche Grundlage für sichere Erkenntnis und nur in diesem antiskeptischen Sinne will Wittich den cartesischen Zweifel verstanden wissen. Den Vorwürfen des Maresius, insbesondere der vermeintlichen Leugnung der Existenz Gottes, widerspricht Wittich ausdrücklich.600 Mit dem eigenen Bekenntnis von Descartes belegt Wittich, dass dieser die ihm unterstellten zentralen Irrlehren niemals vertreten habe, nämlich einen grundsätzlichen Zweifel an allem, die Leugnung der Existenz Gottes und eine Täuschung des Menschen durch Gott.601 598 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xix–xx]. 599 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §34,26. Eine philosophische Definition des Aktes des Zweifelns und seine Verteidigung gegen den dagegen oftmals vorgebrachten Skeptizismusvorwurf bietet Wittich in Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 1 (Ann. b und d zur Synopse AT VII 12) insbesondere in der Auseinandersetzung mit seinem Lehrer Schoock. 600 Die Vorwürfe von Maresius gegenüber dem cartesischen Zweifel sind zusammengefasst von Wittich: Theologia pacifica (1671) III §36,27f. Nach Maresius basiere der Cartesianismus damit auf dem Skeptizismus. Der methodische Zweifel sei selbstwidersprüchlich, da der Schüler auch an der Aufforderung des Lehrers, er solle an allem zweifeln, zu zweifeln habe. Descartes selbst habe aus dem Zweifel keine allgemeine Methode machen wollen. Der Zweifel sei auch auf die Existenz Gottes bezogen. Vgl. dazu auch van der Wall, Cartesianism and Cocceianism, 450 und Del Prete, Oltre Descartes, 29f. Vgl. aber auch Danneberg, Kontrafaktische Imaginationen, 393–399 zu Wittichs Descartesrezeption und dem Zweifel an Gott mit Bezug auf Wittichs Anti-Spinoza: Auch Descartes fordere den Leser nur zum Nachvollzug, nicht aber zum Mitvollzug des Zweifels auf und sei sich der Gefahr des Gotteszweifels bewusst. 601 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §36,28. Vgl. das Zitat aus Descartes: Notae in programma quoddam (1648) 301 (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII2 366f.). Zu Descartes’ Hypothese von einer Täuschung durch Gott vgl. bes. Wittich: Annotationes Ad Renati DesCartes Meditationes (1688) 26f. (Ann. d und e zu Med. I §12 AT VII 22): Wittich betont, dass Descartes von einem genius spricht und nicht von Gott. Vgl. aber Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 179f., der derartige Relativierungen als unglaubwürdig darstellt.

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Wittichs Verweis auf die prinzipiell rein philosophische Bedeutung des methodischen Zweifels und auf Descartes’ eigene Versicherung, Religion und Existenz Gottes durch diesen nicht anzutasten, bleibt angreifbar, denn natürlich hatten die Anticartesianer richtig festgestellt, dass der in den Meditationes beschriebene Erkenntnisweg sich mit dem Erkenntnisprinzip der Theologie, also der Offenbarung Gottes in der Bibel, nicht vereinbaren lässt. Zweifele man an der sinnlichen Welt, so verschließe sich einem auch die lediglich über die Sinnesorgane zugängliche Bibel. Biblische Lehrinhalte, wie z. B. die Erkennbarkeit Gottes aus der Schöpfung, würden entwertet.602 Die cartesianische Theologie lässt einen Zweifel an Aussagen der Heiligen Schrift grundsätzlich auch zu, insofern sie den Themenbereich betreffen, der neben der Offenbarung auch der Philosophie offensteht.603 Ähnlich problematisch verhält sich die cartesianische Theologie zu der Frage, ob Descartes an Gott gezweifelt habe.604 Ein derartiger Zweifel lässt sich z. B. anhand von Meditationes und Principia durchaus belegen, auch wenn Descartes selbst an anderer Stelle, wie z. B. in den von Wittich zitierten Notae in programma quoddam behauptet, nie an Gottes Existenz gezweifelt zu haben. Das Ziel seiner Philosophie sei vor allem der Beleg von Gottes Existenz.605

602 Diese Problemstellung diskutiert ausführlich und mit zahlreichen Belegen Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 175–178. In der Tat lassen sich über die von Wittich angeführten Belege hinaus eine Reihe von Stellen bei Descartes ausmachen, in denen dieser die Glaubenswahrheiten vom Zweifel ausdrücklich ausnimmt. Hinzu komme, dass sich der Zweifel allein auf der theoretischen Ebene der ersten Philosophie bewege und damit praktische Wissenschaften wie die Theologie gar nicht direkt beträfe. Doch stellten bereits Descartes’ frühe theologische Kritiker (Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 175–178 nennt z. B. Voetius und Revius) fest, dass damit die Bibel und die in ihr offenbarten Erkenntniswege Gottes infrage gestellt würden. Gegen Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 177f. ist zu betonen, dass die Akkommodationslehre nicht zu einem Zweifel an der biblischen Wahrheit führen muss. Allerdings ist genau diese Entwicklung von den Anticartesianern befürchtet und in der Philosophia S.S. Interpres auch vollzogen worden. Das Motiv einer therapeutischen oder pädagogischen Lüge diskutiert Wittich daher. Vgl. dazu Kapitel 4.3.4.1 (Funktion der Hermeneutik für die Emanzipation der Vernunft). 603 Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 178 (Anm. 31) führt Abraham Heidanus als Vertreter einer derartigen Position an und verweist auf dessen Corpus theologia christianae (1687) I 266. Sie steht in Übereinstimmung mit Wittichs Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie: Logischerweise kann der für die Philosophie zugängliche Themenbereich der Theologie auch mit philosophischen Methoden, zu denen der radikale Zweifel gehört, erschlossen werden. Vgl. Kapitel 3.4.2.2.2 (Heidanus). 604 Vgl. zum Zweifel in der cartesianischen Theologie auch den guten Überblick von van der Wall, Orthodoxy and scepticism. 605 Wittich betont auch in Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 30 (Ann. e zu Med. II §3 AT VII 24), 56 (Ann. gg zu Med. III §4 AT VII 36), dass Descartes nicht an Gott zweifle, insbesondere da er allein auf der Vernunftebene und nicht über den Glauben argumentiere. Dass Descartes durchaus an der Existenz Gottes zweifelt, dies jedoch z. B. in den Notae in programma quoddam in apologetischer Absicht zu relativieren versucht, belegt

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Die aus dem cartesischen Ansatz erwachsenen Probleme für die Theologie revelata werden jedoch nicht gesehen. Hier dient Wittich die grundsätzliche Trennung von Philosophie und Theologie als Schutz des cartesianischen Ansatzes. Natürlich kann die Philosophie theoretisch die Geltung und Existenz Gottes und seiner Offenbarung infrage stellen, jedoch verließe sie mit diesen Aussagen den ihr zugewiesenen Bereich. Vor allem aber sind ihre Aussagen grundsätzlich der Offenbarung unterzuordnen. Wittich, Heidanus und andere gemäßigte cartesianische Theologen lehnten einen Zweifel an der Existenz Gottes grundsätzlich ab und nahmen auch Descartes unter Berufung auf dessen apologetische Äußerungen gegen den Vorwurf der Gottesleugnung in Schutz. Sie betonten, dass die cartesianische Theologie derartiges nicht lehrte.606 Je stärker jedoch eine rationale Begründung der Existenz Gottes und der Glaubenswahrheiten vertreten wird, desto weniger haltbar wird dieser Vorbehalt.607

3.9.2 Das cartesische Wahrheitskriterium in der Theologie Wittichs Wittich sieht in Descartes’ Entdeckung der klaren und deutlichen Erkenntnis die wichtigste Leistung des Philosophen, da durch sie eine sichere und unbezweifelbare Wahrheitserkenntnis verfügbar geworden sei. Die Enthaltung der Zustimmung zu etwas, was noch nicht als klar und deutlich erweisen worden ist, sichere verlässlich die Vermeidung von Irrtümern.608 Diese Erkenntnis sei das zentrale Ergebnis des methodischen Zweifels und seiner Überwindung im cogito.609 Wittich übernimmt mit seinem Rekurs auf das clare & distincte percipere den philosophischen Wahrheitsbegriff von Descartes: Was clare & distincte erfasst werden kann, bestimmt Descartes als wahr.610 Indem Wittich dieses Axiom an-

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mit weiteren Stellenangaben Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 178– 183. Vgl. Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 181f. (Anm. 51), der auf Heidanus: Consideratien (1676) 131–133 verweist, wo dieser zurückhaltend über einen Widerspruch von Descartes in Bezug auf den Gotteszweifel nachdenkt und schließlich zugesteht, dass Descartes doch an Gott gezweifelt haben könnte, dass diese Meinung aber nicht von der cartesianischen Theologie geteilt werde. Aufgrund der engen Mitarbeit Wittichs an dieser Schrift sind diese Erwägungen auch ihm zuzuschreiben. Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 182 (Anm. 52) verweist mit van der Wall, Orthodoxy and skepticism, 132.138 in diesem Zusammenhang auf Frans Burman, der ebenso wie Petrus Allinga (?–1692) eine solide Basis für die Gotteserkenntnis fordere und damit eine rationale Gotteserkenntnis stark macht, die ohne den methodischen Zweifel nicht auskomme. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §25,20. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §26,20f. Das Evidenzkriterium formuliert Descartes bereits in der ersten methodischen Regel im

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erkennt, ist Wahrheit für ihn damit zuallererst ein philosophischer, erkenntnistheoretischer Begriff. Seine theologische Dimension, z. B. im Sinne der Wahrheit als Gottesprädikat, entfaltet er an dieser Stelle nicht.611 In Übereinstimmung mit seinen zuvor festgelegten Prämissen ist der Bereich der Offenbarung per se der Vernunfterkenntnis und damit auch der cartesianischen Epistemologie verschlossen. Eine unmittelbare Anwendung auf die mysteria verbiete sich für die klare und deutliche Erkenntnis.612 Das gilt insofern, als dass Glaubensmysterien eben nicht an sich klar und deutlich erkannt werden können. Als wahr erkannt werden kann nach Wittich jedoch die Tatsache, dass eine biblische Aussage als Offenbarungswahrheit anzuerkennen sei. Wenngleich also Offenbarungsinhalte nicht rational untersucht werden können, hält Wittich es nicht nur für unproblematisch, sondern für notwendig, dass man sich einer gläubigen Zustimmung zu allem enthalten müsse „außer zu dem, von dem wir klar und deutlich erkennen, dass wir es von Gott empfangen haben“613. Es „entscheidet damit ein philosophisches Kriterium darüber, was als geoffenbart anzunehmen ist“614, auch

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Discours (1637) 2,7 (AT VI 18). Wahrheit muss sich evidenter Maßen als wahr erweisen. Die unbezweifelbare Wahrheit muss „klar und deutlich“ erkannt sein. Die Wahrheitsdefinition geht von einer unmittelbaren Selbsterschließung der Wahrheit aus, die Descartes auch als intuitio bezeichnet. Vgl. dazu z. B. Poser, René Descartes, 36f. Wittich erläutert die einzelnen Elemente des Wahrheitsbegriffs in Wittich: Theologia pacifica (1671) III §§27f.,21f. näher. Er verweist u. a. auf Descartes: Principia (1644) I 45 (AT VIII/1 21f.): „Klar [claram] nenne ich jene [scil. perceptio], die dem aufmerksamen Geist gegenwärtig und zugänglich ist: Ebenso wie wir das von uns klar gesehen nennen, das, während es dem betrachtenden Auge gegenwärtig ist, es hinreichend kräftig und offenkundig erregt. Deutlich hingegen nenne ich jene, die, weil sie klar ist, von allen anderen so unterschieden und umrissen ist, dass sie schlichtweg nichts anderes als das, was klar ist, in sich enthält“ (Übersetzung Wohlers). Wittich wendet sich damit gegen den Vorwurf des Maresius, der cartesianische Wahrheitsbegriff sei nicht angemessen hergeleitet und erklärt. Darüber hinaus betont Wittich den intuitiven Charakter des Evidenzkriteriums anhand einer Analyse der cogitatio. Diese sei oftmals gerade nicht klar und deutlich und fungiere dann als Ursache für Irrtümer. Das Bewusstsein einer klaren und deutlichen Erkenntnis komme jedoch unmittelbar durch ihr Zustandekommen auch zu Bewusstsein. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §28,21f. Vgl. auch Wittich: Theologia pacifica (1671) III §33,25, wo die Vermittelbarkeit klarer und deutlicher Erkenntnisse und die Entwicklung der Erkenntnisse in fehlerfreien Schritten verteidigt werden. Eine theologische Entfaltung des Wahrheitsbegriffs anhand der biblischen Identifizierung der Wahrheit mit Christus und dem Heiligen Geist bietet Wittich jedoch in seiner Causa Spiritus Sancti. Vgl. dazu bes. Kapitel 3.10.2 (Der Geist der Wahrheit). Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §29,22. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §29,22f.: „[…] usus tamen istius axiomatic hic quoque est evidens, ut non assentiamur, neque fide divina quid recipiamus, nisi quod revelatum a Deo clare & distincte perceperimus.“ (Kursiv nach Wittich.) Bereits im Consensus veritatis findet sich diese Auffassung. Vgl. Wittich: Consensus (21682) I §5,19. Vgl. auch Del Prete, Oltre Descartes, 42f. Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 304.

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wenn dieses Kriterium theologisch entfaltet und über den Gottesbegriff verbunden wird.615 Ein Vernunfturteil geht also dem Glauben (divina fide) an die Offenbarung Gottes voraus. In der Theologie „non debemus habere pro divinitus revelatis, quae non clare & distincte perceperimus“616. Zwar macht Wittich nicht die Philosophie zur Deuterin der Schrift, wie Lodewijk Meyer es 1666 in seinem gleichnamigen skandalumwitterten Buch getan hatte. Der Glaube hat ihm nach auch Dinge anzunehmen, die der menschliche Verstand nicht zu erfassen vermag, wenn sie nachweislich mit göttlicher Autorität ausgesagt werden.617 Aber Wittich versteht den Menschen, den Adressaten der Offenbarung, als ein rationales Wesen, das sich der Offenbarung durch die Vernunft gewiss werden muss. Die klare und deutliche Erkenntnis ist seinem Ansatz nach ein gemeinsamer Bestandteil von Theologie und Philosophie: „So wie in theologischen Fragen auch keine Gewissheit bestehen kann, wenn ihr nicht eine klare und deutliche Erkenntnis der Offenbarung vorangeht, so ist es auch in philosophischen Fragen nötig, dass eine klare und deutliche Erkenntnis eben der Sache vorangeht, der wir unsere Zustimmung gewähren.“618 Dahinter verbirgt sich freilich eine Aussage über die Offenbarung selbst. Wittich setzt offenbar voraus, dass sie auch entsprechend als solche mittels der Vernunft erkennbar sein muss. Er etablierte diese Auffassung nachhaltig in der cartesianischen Theologie.619 Vorsichtiger spricht er in seinen Positiones von „Revelationibus divinis certae quaedam […] adjunctae notae“620, die ihre Unterscheidung von falschen Aussagen ermöglichten. Wittich bekennt sich zudem mit dieser These auch zu einem Bild vom Menschen als animal rationale.621 Gott wendet sich an sein Geschöpf mittels einer Offenbarung, die dem vernünftigen Menschen eben aufgrund seiner Vernunft zugänglich ist.622 615 Auch Descartes hat darüber hinaus sein Wahrheitskriterium letztlich auf die Wahrhaftigkeit Gottes gestützt. Vgl. mit Belegen Risse, Logik der Neuzeit II, 38. 616 Wittich: Theologia pacifica (1671) Synopse von Kapitel 3,20. 617 Vgl. auch Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 304. 618 Wittich: Theologia pacifica (1671) III §29,23: „Ut ita in Theologicis quoque nulla possit esse certitudo, nisi praecesserit clara & distincta perceptio revelationis, sicut in Philosophicis praecedere oportet Claram & Distinctam perceptionem Rei ipsum, cui assensum praebemus.“ (Kursiv nach Wittich.) 619 Wittichs Schüler Herman Alexander Röell lehrt analog, dass Gott immer so zu dem Menschen spreche, dass dieser es mittels der Vernunft als Offenbarung Gottes erkennen kann. Vgl. zusammenfassend van Sluis, Röell, 160. Petrus Allinga folgt Wittich in dieser Annahme ebenso. Vgl. dazu van der Wall, Cartesianism and Cocceianism, 454.Vgl. Filser, Dogma, Dogmen, Dogmatik, 271f. und Del Prete, Tra Galileo e Descartes, 42f. 620 Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 452 (Dekade XL.3). 621 Vgl. auch Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §9,14. 622 Dieser Gedanke findet sich bereits bei Maresius. Vgl. Kapitel 3.3.1 (Vernunftbegriff und Theologieverständnis von Samuel Maresius).

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Auf dem Fundament dieser Annahme fußt eine (relativ schwache) biblische Legitimation für sein Axiom. Wittich sieht in der cartesianischen Methode ein probates Mittel gegen die Unmündigkeit und die Anfälligkeit für die Verführung durch windige und unbeständige Lehren, vor der Eph 4,14 warnt. Derartigen Lehren hingen seine Kritiker an, da sie den Menschen von der sicheren Wahrheitserkenntnis ausschlössen.623 Der Erkenntnisoptimismus bietet Anknüpfungspunkte für eine subjektorientierte Deutung des Cartesianismus auch bei Wittich: Zentrales Anliegen der Cartesianer sei es nicht, ihre klaren und deutlichen Erkenntnisse als dogmata aufzudrängen, sondern jeden aufzufordern, selbst zu prüfen und dieselbe Erkenntnis auch nachzuvollziehen.624 Dabei betont Wittich die Selbstevidenz des Axioms von der Wahrheit klarer und deutlicher Erkenntnis. Eine konsequente Subjektorientierung wird aber weder angestrebt noch problematisiert. Im Gegenteil wird die Evidenz als etwas Objektives betont und auf die eine Wahrheit zurückgeführt, die sich jedem einzelnen bei ihrem Nachvollzug plausibel erschließe.625 Die Ausbildung klarer und deutlicher Erkenntnisse ist Wittichs allerdings erklärtes Ziel für seinen universitären Unterricht und ein Maßstab für den Lernfortschritt seiner Studenten.626

3.9.3 Eine rational ausgerichtete Dogmatik? Den Stellenwert, den Wittich bei seiner Apologie des Cartesianismus der Vernunft gegenüber der Offenbarung beimisst, provoziert die Frage, ob er sich damit auf dem schmalen Grat zwischen Rationalismus und Orthodoxie nicht zu sehr vom cartesianischen Erkenntnisoptimismus hat leiten lassen. Die Anerkennung der Offenbarung durch den Menschen gilt klassischerweise als Werk des Heiligen Geistes und nicht der menschlichen Vernunft.627 Tritt in Wittichs Vorstellung 623 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §30,23 (mit Verweis auf die μεθοδείᾳ τῆς πλαίης in Eph 4,14). Vgl. Eph 4,11–14: „11 Und er selbst gab den Heiligen die einen als Apostel, andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, 12 damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes. Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden, 13 bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Menschen, zum vollen Maß der Fülle Christi, 14 damit wir nicht mehr unmündig seien und uns von jedem Wind einer Lehre bewegen und umhertreiben lassen durch das trügerische Würfeln der Menschen, mit dem sie uns arglistig verführen.“ (Revidierte Lutherbibel 2017.) 624 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §30,23. 625 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §§33f.,25f. 626 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [v]. 627 Vgl. z. B. Heppe/Bizer, Dogmatik der evangelisch-reformierten Kirche, 2, der hierfür sogar den cartesianischen Theologen Johann Heinrich Heidegger als Referenz anführt. Auch Wittich schließt sich dieser Grundüberzeugung durchaus an. Vgl. zu dem Zusammenspiel von Vernunft und Wirken des Geistes Kapitel 3.10 (Geist und Glaube).

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nicht ein externes, rein philosophisch bestimmtes Kriterium zwischen die Bibel und ihren Leser und stellt so den evangelischen Charakter seiner Hermeneutik infrage?628 Wittich hält es für beweisbar, welche biblischen Aussagen göttliche Offenbarungswahrheiten zum Ausdruck bringen. Er erklärt darüber hinaus das cartesische Wahrheitskriterium zu der einzigen Möglichkeit, zu sicheren Erkenntnissen der Offenbarung zu gelangen.629 Obwohl Wittich in seiner grundsätzlichen Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie Vernunft und Offenbarung voneinander abgegrenzt hat, bleibt gerade in der Theologia pacifica weitgehend undurchsichtig, ob er damit die Souveränität der Offenbarung tatsächlich wahren kann und wie er das Wirken des Heiligen Geistes und die Entstehung des Glaubens im Verhältnis zur Vernunft bewertet. Das liegt allerdings vor allem daran, dass Wittich in dieser Schrift primär den Cartesianismus verteidigt und sich dementsprechend über Themen äußert, zu denen seiner Meinung nach die Philosophie auch einen Beitrag zu leisten habe. Wenn er dabei jedoch festhält, dass der allgemeine Zweifel dem Theologen dazu diene, grundsätzlich alles einer Vernunftprüfung zu unterziehen, bevor er darüber urteilt, und er das damit verbundene Kriterium der klaren und deutlichen Erkenntnis auch auf die Anerkennung von Offenbarungsinhalten anwendet, verlässt er scheinbar den Boden der reformierten Tradition. Glaube und Vernunfterkenntnis rücken bei ihm immer wieder sehr eng zusammen. Bei der Erforschung der Heiligen Schrift und dem ewigen Heil hält er die Erlangung einer absoluten Gewissheit für unerlässlich. Wenn diese nicht durch die sichere Anerkennung der göttlichen Autorität gewährleistet ist, verweist er auf die beständige Prüfung der Heilsfrage durch die Vernunft. Dabei suggeriert er, dass die Autorität Gottes als solche rational erkennbar sei. Die Bibel als Zeugnis seiner Offenbarung wiederum unterwirft er gleichfalls der Prüfung durch die Vernunft im Rahmen einer methodischen Exegese, die sich an Skopus- und Kontextanalyse orientiert.630 Wittich bringt diese Gedanken im Zusammenhang mit seiner Besprechung des Zweifels in der Praefatio der Theologia pacifica auf den Punkt, indem er wiederum aus didaktischer Perspektive spricht: Wenn nun aber jemand, der sich an das theologische Studium macht und sich die Fundamente der christlichen Religion eher mit dem Vermögen des Gedächtnisses als mit einem sicheren Urteil aneignet und nicht von der Autorität des göttlichen Wortes durch irgendein sicheres Argument überzeugt ist, dieser kann in der Tat unmöglich 628 So problematisiert auch Del Prete, Oltre Descartes, 42f. 629 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §29,23: „Ut ita in Theologica quoque nulla possit esse certitudo, nisi praecesserit clara & distincta perceptio revelationis, sicut in Philosophicis praecedere oportet Claram & Distinctam perceptioneom Rei Ipsius, cui assensum praebemus.”(Kursiv nach Wittich.) 630 Vgl. dazu detailliert Kapitel 4.3 (Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie).

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nicht, wenn er sich richtig um sich kümmern will, in Unruhe darüber sein, dass er über das, was auf das ewige Heil hinblickt, die größtmögliche Gewissheit sucht, denn wenn irgendwo, dann ist es hier gefährlich zu schwanken und sich in fundamentale Fehler zu verwickeln und es ist mit dem Verlust des ewigen Heils verbunden. Bis er also solche Argumente findet, die ihn selbst sicher von der göttlichen Autorität der Schrift überzeugen, muss er alles genau und sorgfältig betrachten und seine Zustimmung so lange aufschieben, bis diese deutlich erkannt sind; ähnlich muss man auch bezüglich der Schriftzeugnisse verfahren, mit denen die Grundlagen der christlichen Religion gefestigt werden, so dass deren wahrer Sinn erreicht wird. Da ist es nötig auf den Skopus der Rede und auf die umliegenden Textstellen genau zu achten, damit man diesen nicht eher einen sicheren Sinn zuschreibt, als man davon völlig überzeugt ist. Wenn wir dieses Enthalten des Urteils bis zur Durchführung dieser Prüfung mit dem Begriff des Zweifelns bezeichnen wollen, sehe ich nicht, wie irgendjemand, der seine Vernunft richtig gebraucht, demjenigen absprechen wird, der Fundamente und Grundlagen der christlichen Religion noch nicht durchschaut hat, dass er über diese Dinge zweifeln muss.631

Unabhängig von der hermeneutischen Frage, wie genau der Exeget zu seiner Beurteilung der Offenbarung gelangt,632 ergibt sich hier ein Anlass kritischer Anfragen an Wittichs Theologie, der sich bereits bei der Analyse der Positiones abgezeichnet hatte.633 Seine Ausführungen vermitteln scheinbar eine Vorstellung, nach der die Vernunft nicht nur ein vorläufiger Ersatz für das Anerkennen der göttlichen Autorität darstellt, sondern dass durch sie diese Autorität argumentativ hergeleitet werden könnte. Wenn Wittich weiterhin in Dekade IX.7 der Positiones schreibt, dass die natürliche Gotteserkenntnis – sowohl in dem 631 Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xx–xxi]: „Quod si vero quis ad studium Theologicum accedens fundamenta religionis Christianae potius ope memoriae quam certo judicio addidicerit, neque de auctoritate Verbi divini certo ullo argumento sit persuasus, is profecto non potest non, si sibi recte consulere velit, solicitus esse, ut de his, quae spectant salute aeternam, certitudinem, quantum potest acquirat maximan, cum, si ullibi, hic sane fluctuare vel fundamentalibus erroribus implicari sit periculosum & cum aeternae salutis detrimento conjunctum. Donec ergo talia argumenta reperiat, quae de auctoritate divina Scripturae ipsi certo persuadeant, omnia accurate & solicite oportet circumspicere & assensum tamdiu suspendere, donec ea fuerint comperta; similiter quoque agendum circa Scripturae testimonia, quibus stabiliuntur rudimenta religionis Christianae, ut eorum sensum verum assequatur; ubi ad scopum sermonis & circumstantias textuum accurate ut attendatur est necessarium, ut ita non prius certum sensum iis assignes, quam de eo plene fueris persuasus. Quam suspensionem judicii, donec istud examen fuerit peractum, si nomine dubitionis insignire vellimus, non video, quomodo ullus ratione recte utens sit negaturus, ei qui nondum explorata habuerit fundamenta & rudimenta religionis Christianae, de iis esse dubitandum.” Vgl. dazu auch entsprechende Thesen in den Positiones: Wittich/ Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.2), 433 (Dekade VIII.2) und dazu die Kapitel 3.5.1.2 (Schriftverständnis) und Kapitel 3.5.1.3 (Wittichs Theologieverständnis im Kontext von Vernunft und Offenbarung). 632 Vgl. dazu detailliert Kapitel 4.3 (Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie). 633 Vgl. Kapitel 3.5.1.3 (Wittichs Theologieverständnis im Kontext von Vernunft und Offenbarung).

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Menschen eingegebener als auch in von ihm erworbener Form – die Voraussetzung für die Anerkennung der Schriftautorität sei, scheint er die Vernunft geradezu zur Glaubensgrundlage zu erklären.634 Wittichs Descartesrezeption an dieser Stelle bereits als rationalistische Überformung der evangelischen Theologie zu beurteilen wäre jedoch verfrüht. Die Aussagen, die wir bis jetzt untersucht haben, sind immer mit Blick auf den Bezug zur Philosophie getroffen worden. Wittich bewegt sich hier auf einer formalen, methodologischen, rein wissenschaftlichen Ebene, die seinem eigenen Anspruch nach der theologia relevata nicht voll gerecht wird. Die Vorbehalte, die sich daraus ergeben, verweisen aber auf die Ebene des Glaubens, die Wittich hier gar nicht detailliert entfalten will. Anticartesianer wie du Bois oder van Mastricht haben das Problem einer rationalistischen Überformung jedoch empfunden und Wittich damit konfrontiert. In der Auseinandersetzung mit seinen Kritikern macht er daher (bereits vor dem rationalistischen Krisenjahr 1666) deutlich, dass er ein Problembewusstsein für die Folgen seines Ansatzes hat. Im Consensus veritatis distanziert er sich gegen die Kritik von du Bois ausdrücklich davon, dass der Sinn der Schriftworte von der philosophischen Wahrheit abhänge.635 Wittich bleibt auf der Ebene der Vernunft nicht stehen, sondern nimmt auch die Dimension des Glaubens an anderer Stelle durchaus in den Blick. An den meisten Stellen der Theologia pacifica und der im Rahmen seines Streits mit Maresius verfassten Schriften wird diese genuin theologische Dimension jedoch nur gestreift: Wittich scheint sie als selbstverständlich vorauszusetzen und geht auf sie vielfach nicht weiter ein, zumal er sich – und zwar mit klarer Ankündigung – in dieser Auseinandersetzung überwiegend auf philosophisch-rationaler Ebene bewegt.636 Diese Selbsteinschätzung Wittichs muss durchaus ernst genommen werden und ist das entscheidende Vorzeichen für die Interpretation seiner Ausführungen über die Vernunft. Es wird daher zu prüfen sein, ob Wittich in weiteren Schriften die Entstehung des Glaubens und das Wirken des Geistes so entfaltet, dass die beobachteten Vorbehalte relativiert werden. Denn auch in seinen Positiones entwickelt Wittich seine Dogmatik von der natürlichen Theologie aus und arbeitet zunächst rational. Die Betrachtung des Glaubens folgt nach und wirkt daher zunächst unterbetont. Das liegt vor allem daran, dass er seine Theologie dezidiert wissenschaftlich und damit rational nachvollziehbar ent634 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.6 und 7): 6. Datur cognitio Dei Naturalis, eaque duplex Insita & Acquisita. 7. Nisi ea cognitio statuatur, nulla poterit cognosci Scrpturae Auctoritas divina, qua tamen probata etiam ex ipsa Scriptura Deus cognosci potest. 635 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXIII §718,325: „[…] nec ullibi dixerim, sensum Scripturae verborum dependere a veritate Philosophica.” Vgl. mit Stellennachweis bei du Bois und zu van Mastricht Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 35. 636 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671), Praefatio [ix–x] und Wittich: Appendix (1672) §3,2.

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faltet. Als Cartesianer folgert er aus diesem Anspruch, dass eine grundsätzliche Zustimmung an jeden Sachverhalt konsequent an eine klare und distinkte Erkenntnis gebunden werden müsse. Eine Differenzierung zwischen einem rationalen und einem auf Glauben gestützten Erkenntnisweg gibt es dabei nicht. Am Ende der Principia schließt Descartes seine Ausführungen mit einer Bemerkung, die geradezu als Leitlinie Wittichs erscheinen könnte: „Und ich möchte, dass nichts von irgendjemandem geglaubt werde außer dem, was ihm die Vernunft als evident und überzeugend dartun wird.“637 Die Dimension des Glaubens und der der Vernunft verschlossenen Mysterien berührt Wittich in den bisher herangezogenen Schriften an exponierten Stellen kaum. Gerade nach ihr wird also im Folgenden zu fragen sein.

3.9.4 Die göttliche Vernunft und die Sünde: theologische Aspekte der Vernunft in der Theologia pacifica Wittich skizziert im weiteren Verlauf der Theologia pacifica auch die theologische Dimension des Vernunftbegriffs. Diese gilt es im Folgenden herauszuarbeiten. Für ein vollständiges Bild der ratio in der Theologie Wittichs müssen allerdings die weiteren Schriften Wittichs mitberücksichtigt werden. Dies erfolgt im anschließenden Kapitel. 3.9.4.1 Die Vernunft als Gottesgabe Der Erkenntnisoptimismus und rationale Wahrheitsanspruch der Cartesianer muss sich auch mit einer dezidiert theologischen Detailkritik auseinandersetzen. So verweist Samuel Maresius darauf, dass Wittich, da der Mensch sich ihm nach allein auf die Vernunft stütze, pelagianisch argumentiere. Dabei bedenke Wittich nicht, dass die Vernunftfähigkeit durch den Sündenfall des Menschen getrübt worden und nicht mehr verlässlich sei.638

637 Descartes: Principia (1644) IV 207 (AT 329): „[…] nihilque ab ullo credi velim, nisi quod ipsi evidens & invicta ratio persuadebit.“ Ein theologischer Kontext der Aussage ergibt sich durch den vorangehenden Satz, in welchem Descartes dem Bescheidenheitstopos folgend seine Thesen der Autorität der katholischen Kirche unterordnet. Vgl. zu der Deutung auch Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 176 (Anm. 23). 638 Vgl. die Vorwürfe bei Wittich: Theologia pacifica (1671) III §31,23. Vgl. zur Vernunft in der Theologie nach der Sünde analog die Bemerkungen von Voetius, zusammengestellt von Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 39–44. Wittich äußert sich auch in anderen Zusammenhängen zu dieser grundsätzlichen Kritik an einer rational gestützten Theologie, so in seiner Auseinandersetzung mit Sandius in Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §§14–25. Auch in der Theologia pacifica reflektiert er ausführlich über die

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Auf beide Vorwürfe geht Wittich in der Theologia pacifica wiederholt ein. Gegen den Pelagianismusvorwurf betont er in Auslegung der vierten Meditation von Descartes, dass die Erkenntnisfähigkeit des Menschen als göttliche Gabe zu verstehen sei.639 Wittich verweist darauf, dass durch den Sündenfall nicht die gottgegebene Vernunft selbst beeinträchtigt wurde. Im Gegenteil halte sie den von Gott für den Menschen vorgesehenen Weg zu einer verlässlichen Erkenntnis bereit. Wäre die Vernunft selbst fehlerhaft, müsste man Gott als ihren Stifter für die menschlichen Irrtümer zur Verantwortung ziehen. Stattdessen sei aber der Mensch im Zustand der Sünde lediglich so beeinträchtigt, dass er die untadelige Vernunft nicht mehr richtig gebrauche, d. h. auf Dinge anwende, die er nicht verstehe und deswegen irre. Descartes’ vierte Meditation wird in dem gesamten Argumentationszusammenhang von Wittich sehr gründlich rezipiert.640 Dem Hang zum Irrtum sei der Mensch gerade dank der Vernunft nicht vollständig ausgeliefert. Ein richtiger Vernunftgebrauch zeigt sich für Wittich an der Befolgung der cartesianischen Grundregel, keine Urteile über Dinge zu fällen, die man noch nicht klar und deutlich erkannt hat. Insofern erweise sich die cartesianische Methode als adäquate Reaktion auf die menschliche Schwäche, als das bestmögliche Gegenmittel (remedium) gegen den Hang zum Irrtum. Da Gott die Quelle der Erkenntnis sei, könne die von ihm gestiftete Vernunft, wie Descartes dargelegt hat, grundsätzlich nicht in die Irre führen.641 menschliche Vernunft unter dem Einfluss der Ursünde und zeigt den Wert des cartesianischen Systems für die Erklärung dieses Gegenstandes der Theologie. 639 Ergänzend bietet Wittich eine ausführliche Besprechung der vierten Meditation in Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 89–111. Trotz des philosophischen Schwerpunktes finden sich hier auch aufschlussreiche theologische Anmerkungen. Vgl. zu Gott als Urheber der klaren und deutlichen Erkenntnis bereits Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 11 (Ann. c zu Synopse 15 AT VII). Wittich geht mit Descartes’ fünfter Meditation davon aus, dass die Gotteserkenntnis dem Menschen viel leichter fiele, wenn dieser nicht von Vorurteilen abhängig und auf das Sinnliche ausgerichtet wäre. Daher kann er folgern, dass dem Menschen vor dem Sündenfall die Gotteserkenntnis viel leichter möglich war. Vgl. dazu Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 199 (Anm. 119) und Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 125 (Ann. l zu Med. V §12 69 AT VII). 640 Vgl. Descartes: Meditationes (1641) IV 9 (AT VII 59). 641 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §§31f.,23–25: „An enim negabimus rectum usum facultatis judicandi, qui est idem quod recta ratio, esse a Deo? An dicemus, etiam, dum recte utimur facultate judicandi, nos errare posse? An non si hoc audeamus asserere dicendum nobis erit, Deum fontem veritatis potius fontem esse omnis erroris & fallaciae? XXXII. […]. Sufficit ei, si ostendat, errores omnes nostros inde ortum habere, quod facultatem judicandi extendamus ultra perceptionem, etsi non simul edisserat, unde sit ista proclivitas. Remedium vero quod praescribit, utique optimum est, ut nimirum assuefaciamus nos claris & distinctis perceptionibus, atque ubi eas acquisivimus, non dubitemus pro vero habere id omne, quod ita clare & distincte percepimus; […]. Det ergo nobis Vir Clarissimus exemplum alicujus, quod clare & distincte percipitur, quod tamen verum non sit. Ostendit nobis aliud quoddam κριτήριον veritatis ab hoc distinctum, nisi velit in profundum barathrum Scepti-

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Dementsprechend hält Wittich es nicht für möglich, dass eine klare und deutliche Erkenntnis als falsch nachgewiesen wird. Das wäre gemäß seiner Wahrheitsdefinition widersprüchlich.642 Unabhängig davon, dass Descartes als Philosoph argumentiert und daher Fragen wie die Entstehung der Sünde nicht bedenken müsse, kann Wittich sich an der allgemeinen Ablehnung einer doppelten Wahrheit orientieren, um dessen Wahrheitskriterium in der Theologie aufrechtzuerhalten und einen Gegensatz von Vernunft- und Glaubenserkenntnis auszuschließen.643 Damit ist eine ausführliche Beantwortung der Frage nach dem Einfluss der Sünde aufgeschoben, aber inhaltlich vorbereitet: Nicht an der Vernunft, sondern an ihrem menschlichen Einsatz werden die Auswirkungen der Sünde zu untersuchen sein.644 In diesem Zusammenhang betont Wittich noch einmal unmissverständlich seine konsequente Ausrichtung auf das Schriftprinzip. Er führt aus, dass man dem geoffenbarten Wort Gottes ggf. auch gegen das Vernunfturteil Glauben schenken müsse. Es sei der Vernunft aufgrund der menschlichen Unvollkommenheit und Begrenztheit des Intellekts vorzuordnen. Diese Einsicht belegt er wiederum unmittelbar mit Descartes.645 Sie erweist sich allerdings für ihn als formal: Einen tatsächlichen Widerspruch zwischen klarer und deutlicher Er-

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cismi nos praecipitare.“ („Denn werden wir leugnen, dass der richtige Gebrauch der Erkenntnisfähigkeit, der dasselbe ist wie eine richtige Vernunft, von Gott stammt? Oder werden wir sagen, dass wir, auch wenn wir die Urteilsfähigkeit richtig gebrauchen, irren können? Oder werden wir nicht sagen müssen, wenn wir es wagen, dies zuzugeben, dass Gott, die Quelle der Wahrheit, eher die Quelle allen Irrtums und jedes Fehlers sei? […]. Es genügt ihm [scil. Descartes], wenn er zeigt, dass all unsere Irrtümer davon ihre Entstehung haben, dass wir unser Urteilsvermögen über unsere Fassungskraft hinaus ausdehnen, auch wenn er nicht ausführlich erörtert, woher diese Neigung dazu kommt. Das Heilmittel [remedium] jedoch, welches er vorschreibt, ist bei weitem das Beste: Natürlich dass wir uns an klare und deutliche Erkenntnisse gewöhnen und wir dort, wo wir diese erlangen, nicht daran zweifeln müssen, dies alles für wahr zu halten, was wir so klar und deutlich erkannt haben. […] Es soll also der hochberühmte Mann [scil. Maresius] uns ein Beispiel von etwas geben, was klar und deutlich erkannt wird, was dennoch nicht wahr ist. Er soll uns ein anderes κριτήριον der Wahrheit geben, das sich von diesem unterscheidet, wenn er uns nicht in die Tiefe des Abgrunds des Skeptizismus herabstürzen will.“) Vgl. die Zitate von Descartes: Meditationes (1641) IV 3 (AT VII 53f.), 8 (AT VII 57f.) und 17 (AT VII 62). Vgl. bereits Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §2,1f. für einen Verweis darauf, dass Gott die Vernunft den Menschen von der ersten Schöpfung an (und damit vor dem Sündenfall) eingegeben habe und im pneumatologischen Kontext Wittich: Consensus (21682) XXXV §§735f.,331f. (mit einer Entsprechung in Dissertationes Duae [1653] I 5 §11f.,76–79). Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) III §32,24f. Vgl. dazu auch van der Wall, Cartesianism and Cocceianism, 451f. u. a. mit Verweis auf Abraham Heidanus (1597–1678). Vgl. dazu das folgende Kapitel 3.9.4.2 (Vernunft und Willensfreiheit nach dem Sündenfall). Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) IV §37,28f. Wittich zitiert Descartes: Principia (1644) I 25 (AT VIII/1 14), Principia (1644) I 28 (AT VIII/1 16) und Principia (1644) I 76 (AT VIII/1 39). Gegen Maresius nimmt Wittich zudem die Vorordnung der Offenbarung gegen eine Widerlegung des Wahrheitskriteriums in Schutz.

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kenntnis und der Offenbarung hält Wittich für eine höchst unwahrscheinliche Hypothese, eigentlich für undenkbar (casum impossibilem), was bereits aus der Darstellung von Descartes selbst hervorgehe.646 Bei einem vermeintlichen Widerspruch zieht er die Annahme vor, dass die menschliche und eo ipso beschränkte Erkenntnis die Qualität des clare & distincte nicht erreicht habe und damit das Ausspielen der relevatio gegen ratio und eine Gegenüberstellung von menschlicher und göttlicher Wahrheit verhindert. Wittich setzt dabei unbedingt voraus, dass man die Trennung der Erkenntnisbereiche wahrt und nicht versucht, mit der Vernunft Mysterien zu erkennen.647 Jedoch macht die Überzeugung, dass Offenbarung und Vernunft aus derselben Quelle, nämlich von Gott her, stammen, ein Ausspielen der Theologie gegen die Philosophie, wie es sich auch im klassischen ancilla-Verhältnis wiederfindet, ganz und gar unangemessen.648 3.9.4.2 Vernunft und Willensfreiheit nach dem Sündenfall in der Darstellung der Theologia pacifica Wittich beurteilt die Folgen des Sündenfalls für die Vernunft als diejenige Verderbnis, aufgrund welcher der Mensch seine Aufmerksamkeit von jener Güte abgewendet hat, auf die hin er in Adam geschaffen wurde. Daraus resultiere, dass der Mensch voreilige Urteile treffe und auf klare und deutliche Erkenntnis verzichte.649 Wittich führt, wiederum in Übereinstimmung mit Descartes,650 weiter 646 Wittich verweist hier auf den Sprachgebrauch von Descartes: Principia (1644) I 76 (AT VIII/1 39). Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) IV §37,29. 647 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) IV §§37–39,28–30. Vgl. dazu auch Del Prete, Oltre Descartes, 41f., die betont, dass Wittich hier den Ausführungen von Descartes zu Philosophie und Theologie in den Notae in programma quoddam folgt und nicht eigentlich den zitierten Principia, in denen eine klare Grenze von Philosophie/Vernunft und Theologie/ Offenbarung gezogen wird und der Zwischenreich des gegenseitigen Nutzens nicht im Blick ist. 648 Vgl. dazu auch Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 350f. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §15,12f. und van der Wall, Cartesianism and Cocceianism, 451. 649 Vgl. dazu noch einmal Wittich: Theologia pacifica (1671) III §§31f.,23–25 und prägnant Wittich: Theologia pacifica (1671) V §42,32f.: „Sed peccaminosa corruptio, qua ab illa bonitate, ad quam in Adamo eramus conditi, deviamus, avertit nostram attentionem, efficit ut praecipitemus judicium, atque assentiamur iis, quae non habemus plane explorata. Etsi enim habeamus hanc facultatem & libertatem, ut non repugnet nobis, sicque possimus assensum cohibere ab iis, quae non plae explorata nobis sunt, habemus tamen quoque hanc imperfectionem, ut possimus assentiri nondum clare & distincte perceptis, quam imperfectionem peccatum adjuvat, simul nos inclinando ad res terrestres & caducas, atque in iis nostram attentionem occupando. Gratia vero Christi medicinalis efficit in nobis attentionem ad suavitatem rerum spiritualium, sicque inclinat efficaciter voluntatem, ut ad eas amplectendas promti & proni reddamur.“ („Sondern eine sündhafte Verderbnis, durch die wir von jener Güte, zu der wir in Adam geschaffen worden waren, abirren, wendet unsere

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aus, inwiefern es sich dabei nicht um einen unausweichlichen Zwang zum Irrtum handle. Die Freiheit der Urteilsenthaltung sei zwar im menschlichen Willen fest verankert, jedoch sei der Mensch durch seine wesenhafte Unvollkommenheit dazu geneigt, Irrtümern unreflektiert zustimmen.651 Der grundsätzlich freie Wille des Menschen werde ebenso wie die an sich zuverlässige Vernunft schlicht nicht bei der Urteilsbildung angewendet. Die Sünde verstärke und begünstige diese Aufmerksamkeit ab, bewirkt, dass wir voreilige Urteile treffen und dem zustimmen, was wir nicht völlig erkundet haben. Auch wenn wir nämlich diese Fähigkeit und Freiheit haben, dass sie uns nicht Widerstand leistet und wir so unsere Zustimmung verweigern können zu dem, was nicht völlig von uns erkundet wurde, haben wir dennoch auch diese Unvollkommenheit, dass wir noch nicht klar und deutlich gewordenen Erkenntnissen zustimmen können; die Sünde unterstützt diese Unvollkommenheit zugleich dadurch, dass sie uns geneigt macht zu den irdischen und vergänglichen Dingen und dafür unsere Aufmerksamkeit beansprucht. Die heilsame Gnade Christi aber bewirkt in uns eine Aufmerksamkeit für die Süße der spirituellen Dinge und so neigt sie wirkmächtig unseren Willen, so dass wir bereit und geneigt gemacht werden, um diese zu umarmen.“) Dieser Gedanke wird durch eine anthropologische Analyse von Wille und Freiheit vorbereitet: In einem Rückgriff auf die sichere Erkenntnisgrundlage des cogito zur Überwindung des radikalen Zweifels erläutert Wittich, inwiefern die Vernunfterkenntnis unter dem Einfluss der Sünde getrübt worden ist. Dabei spielt die Frage nach der Willensfreiheit eine zentrale Rolle. Mit ihr verbindet er das cartesische Wahrheitskriterium. Gäbe es die Freiheit nicht, so Wittich, könne selbst das von Descartes entwickelte cogito infrage gestellt werden. Denn Freiheit bestimmt Wittich hier als die Fähigkeit zur Urteilsenthaltung gegenüber nicht klar und deutlich Erkanntem, die man mit derselben Unmittelbarkeit (immediate) wie das Wahrheitskriterium selbst erfasse. Verfüge man nicht über diese Freiheit zur Urteilsenthaltung, müsse man glauben, was immer einem z. B. der von Descartes hypothetisch angenommene Täuscher nahelege. Der Freiheit zur Urteilsenthaltung stünde also eine Notwendigkeit (necessitas) zum Glauben an unsichere Annahmen oder ein Zwang (coactio), der der Natur unseres Willen widerspräche, entgegen. Selbst das cogito sei dann nicht mehr verlässlich, statt der Selbsterkenntnis könne auch ein Nichts (nihil) suggeriert werden. Nun finden sich im Menschen aber beide Kräfte, die Freiheit der Urteilsenthaltung und eine natürliche Notwendigkeit oder Zwanghaftigkeit (necessitas naturalis & coactio), an Irrtümern festzuhalten. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) V §§40f.,31f. Die Freiheit bestimmt Wittich als Wesen des menschlichen Willens. Insofern sei sie von der Sünde nicht grundsätzlich aufgehoben. Wittich unterscheidet zwischen der wesenhaften Freiheit (essentialis) im Willen und der Form der Freiheit, die der Knechtschaft entgegengesetzt sei. Diese hebe die Sünde auf, während erstere Bestand haben müsse, insofern sie den Unterschied von Mensch und Automat ausmache. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) V §42,32. Die Vereinbarkeit von cartesianischer Willenslehre mit der orthodoxen Auffassung von Freiheit und Determination sowie der unwiderstehlichen Stiftung des Glaubens durch die göttliche Gnade verhandelt Wittich im selben Kapitel der Theologia pacifica. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) V §§43–53,33–41. Vgl. zur Frage nach dem freien Willen bei Wittich die Untersuchung von Scribano, Da Descartes a Spinoza, bes. 22–26 (zum Pelagianismusvorwurf) 39–42 (in Bezug auf die Frage der Determination). 650 Vgl. z. B. Descartes: Meditationes (1641) IV 4f.8 (AT VII 54f.55–58). 651 Insoweit folgt Wittich im Wesentlichen der philosophischen Analyse der Entstehung des Irrtums von Descartes, der jedoch nicht die Sünde des Menschen zur Erklärung herangezogen hat, sondern lediglich betont, dass Gott nicht für den menschlichen Irrtum verantwortlich zu machen sei. Vgl. Descartes: Principia (1644) I 32–38 (AT VIII/1 17–19).

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Disposition zur Unvollkommenheit dadurch, dass sie den Menschen zu den irdischen und vergänglichen Dingen hinwende und seine Aufmerksamkeit dafür beanspruche. Demgegenüber bewirke jedoch die heilsame Gnade Christi, dass die Aufmerksamkeit wieder auf die geistigen Dinge gelenkt werde, so dass sie den menschlichen Willen auf das Annehmen der Gnade ausrichte.652 Die mit Descartes angenommene grundsätzliche Freiheit des menschlichen Willens steht dabei nicht im Widerspruch zu der Annahme, dass der Mensch durch seine sündhafte Disposition und das göttliche Gnadenwirken beeinflusst werde. Sie wird allgemeiner bestimmt.653 Die genaue Wirkweise der Ursünde bestimmt Wittich detailliert anhand der cartesischen Psychologie. In Anknüpfung an die in den Passions de l’âme (1649) entwickelte Affektlehre verweist er darauf, dass die vernünftige Seele (anima) und die körperlichen Lebensgeister (spiritus animales) im Menschen um den Einfluss auf die Zirbeldrüse rängen. Er stellt dar, dass Gott dem ersten Menschen die Justitia originialis verliehen habe, die er ebenfalls als ein Einwirken auf die Zirbeldrüse interpretiert. Mit ihrer Hilfe dominiere die vernunfthafte Seele den Einfluss der Lebensgeister auf die Zirbeldrüse, so dass diese nicht die Entstehung unvernünftiger Affekte durchsetzen könnten.654 652 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) V §42,32. 653 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) V §§43–53,33–41. Vgl. auch Descartes: Principia (1644) I 40f. (AT VIII/1 20). So macht Wittich z. B. deutlich, dass seine cartesianische Auffassung mit der orthodoxen Lehre, dass man der Hervorrufung des Glaubens durch die Gnade nicht widerstehen könne, durchaus übereinstimmt, wobei aber die grundsätzliche menschlichen Freiheit den Unterschied zwischen Mensch und Automat plausibel mache und die Aussage erlaube, dass der Mensch unter Einwirkung der Gnade erst wahrhaftig frei handle. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) V §44,33. 654 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) VI §58,43f.: „Philosophia docet, glandulam pinealem posse pelli ab una parte per animam, ab altera per spiritus animales, illasque duas impulsiones saepe esse contrarias: at eadem quoque docet, quod quando aeque fortis est determinatio motus ab utraque causa, nullus sequitur motus, adeoque nullus effectus in anima. Tum demum vero oritur lucta in anima, quando contingit, ut aliquando praevaleant spiritus animales, excitentque in anima v. gr. passionem metus ad tempus, paulo post vero praevaleat ratio, sive anima, quae contrariam excitet inclinaionem. Etiam hoc Philosophia non negat, Deum posse hominis intima cogitationis ita disponere per suam gratiam, ut propendeat in bonum. Sed Theologia docet, hoc ipsum quoque fecisse Deum respectu Primi hominis, ut Justitia Originali ejus mentem ornaverit, qua sane posita, potuit praevalere anima, ad glandulam pinealem sic impellendam, ut nulli affectus, nisi cum ratione convenientes excitarentur, sicque omnis pugna omnino evitaretur.” („Die Philosophie lehrt, dass die Zirbeldrüse von einer Seite durch die Seele angestoßen werden kann, von der anderen durch die Lebensgeister und dass jene beiden Impulse einander oft entgegengesetzt sind. Aber dieselbe lehrt auch, dass, wenn die Bestimmung der Bewegung von beiden Ursachen gleich stark ist, keine Bewegung folgt und so auch keine Wirkung in der Seele. Dann entsteht schließlich aber ein Ringen in der Seele, wenn es gelingt, dass die Lebensgeister einmal stärker sind, und sie in der Seele z. B. die Leidenschaft der Furcht für eine Zeit anstacheln, bald darauf aber die Vernunft stärker ist oder die Seele, die die gegensätzliche Neigung anregt. Auch dies leugnet die Philosophie nicht, dass Gott durch seine Gnade das Innerste

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Aus dem peccatum originale resultiere jedoch der Verlust der der Menschennatur ursprünglich zu eigen gewordenen Justitia originalis und damit einhergehend ein Habitus zum Sündigen.655 Ohne die göttliche Einwirkung sei der Mensch nun dem Kampf um die Zirbeldrüse schutzlos ausgesetzt, durch den Einfluss der Sünde werde die Entstehung unvernünftiger Affekte zusätzlich begünstigt, da der körperliche Einfluss gegenüber dem seelischen verstärkt worden sei.656 Diese Verbindung von medizinischer Theorie und Theologie findet sich auch an anderen Stellen von Wittichs Œuvre.657 des Denkens eines Menschen so disponieren kann, dass er zum Guten fortschreitet. Aber die Theologie lehrt, dass Gott ebendies getan hat im Hinblick auf den ersten Menschen, so dass die Justitia originalis dessen Geist geschmückt hat, durch die, als sie eingesetzt worden war, die Seele freilich stärker sein konnte, um die Zirbeldrüse so anzustoßen, dass keine Affekte außer in Übereinstimmung mit der Vernunft erregt wurden und so jeder Kampf ganz und gar vermieden wurde.”) Vgl. zur Zirbeldrüsentheorie bes. Descartes: Passiones (1649) I 47 (AT XI 67–71). Wittich verteidigt die cartesische Psychologie gegen die Kritik des Maresius in Wittich: Theologia pacifica (1671) VI §§55f.,41f. Zudem weist er ihren Nutzen für die Theologie, insbesondere in Bezug auf die Erklärung der Erbsündenlehre, nach in Wittich: Theologia pacifica (1671) VI §§53–59,42–44. Die Zirbeldrüse ist im Cartesianismus das entscheidende Bindeglied zwischen geistiger und körperlicher Substanz. In diesem Zusammenhang ist in der Forschung diskutiert worden, inwieweit sich bei Wittich bereits eine okkasionalistische Position nachweisen lässt. Wittich wird (in einem Atemzug mit Clauberg) mitunter zu einem zentralen Wegbereiter des Okkasionalismus erklärt, also einer Position, nach der Gott, wenn das menschliche Verhalten dazu Anlass (occasio) bietet, die Koordination der nach Descartes dualistisch differenzierten Bereiche von Leib und Seele übernimmt. Vgl. dazu z. B. Janssen s.v. Okkasionalismus. TRE 25 (1995) 210–216, bes. 210.212. Bei genauer Betrachtung, für die sich u. a. Stellen zur cartesischen Psychologie anbieten, findet sich bei Wittich darauf kein expliziter Hinweis. Vgl. dazu Kapitel 5.1.3 (Die Welt und das Heil). Zum Status des Menschen vor der Sünde äußert Wittich sich auch in gebündelter Form innerhalb der Positiones. Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 441 (Dekade XXII.5–9): Er betont hier, dass die Gottesebenbildlichkeit des Menschen zum Ausdruck komme in der Natur der Seele und ihrer geistigen und unsterblichen Essenz sowie ihrer Ausstattung mit Intellekt und Willen. Die Weisheit und Justitia originalis waren dem Menschen zusätzlich als Teil der Ebenbildlichkeit und als Teil der eigenen Natur zu eigen. Daraus resultierte eine Orientierung des Menschen an Heiligkeit und göttlichem Willen. 655 So schreibt Wittich aus der rein theologischen Perspektive der Positiones in Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 444 (Dekade XXVII.9). 656 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) VI §59,44. Wittich diskutiert diesen Gedanken im Kontext der Entstehung der Ursünde im Menschen durch Zeugung. Er betont, dass sie durch die Bibel verbürgt sei und sowohl einen seelischen als auch einen körperlichen Aspekt habe. Die Seele eines jeden Menschen wird in Adam, aus dem das ganze Menschengeschlecht entfaltet worden sei, angesiedelt und somit von der Ursünde affiziert. Gott der Richter habe ihr die Justitia originalis vorenthalten. Sie sei mit Intellekt und Willen geschaffen, jedoch mit dem Körper verbunden. Dieser habe bestimmte ungeordnete Bewegungen (motus quosdam inordinatos) in sich eingeprägt, die von den jeweiligen Eltern abgeleitet seien. (Die ungeordneten Bewegungen erläutert Wittich später als Ausdruck der verfehlten Begierde nach körperlichen Dingen. Vgl. Wittich: Theologia pacifica [1671] VI 60,45.) Der Körper ziehe die Seele zu sich hin und habe somit eine dominantere Rolle. Die körperliche Fixierung von

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So verortet Wittich die cartesianische Epistemologie im Kontext von Harmatologie und Soteriologie. Die Systematisierung der orthodoxen Lehrinhalte erhält einen philosophischen Rahmen. Dabei ist auffällig, dass die rationale Erkenntnis auf epistemologischer Ebene in gewisser Weise mit der Gnade korrespondiert und ihr sozusagen zuarbeitet. Der Cartesianismus erweist sich zumindest auf der Ebene der Erkenntnisgewinnung als ein Weg zur Überwindung der Sündendisposition des Menschen. Bereits Wittichs Kritiker Maresius hatte infrage gestellt, dass Wittich hier noch theologisch argumentiere. Er tut es nach eigener Auffassung nur bedingt: Wittich bewegt sich hier bewusst auf der Ebene der Vernunft. Er bespricht theologische Inhalte, die mittels der Philosophie erschlossen werden dürfen. Und er tut dies, um die cartesianische Theologie als nützlich für die Theologie zu erweisen.658

3.10 Geist und Glaube – eine theologische Verortung von Vernunft und Erkenntnis Bereits bei der Verteidigung seiner Akkommodationstheorie in den 1650er Jahren war Wittich auf die pneumatologischen Implikationen seiner Theologie aufmerksam gemacht worden.659 Wichtige Ergänzungen zu seinem theologischen Vernunft- und Glaubensverständnis bietet eine weitere polemische Schrift, in der er selbst als Ankläger fungiert, indem er als cartesianischer Theologe die Orthodoxie gegen Folgen des Rationalismus verteidigt. Die Rede ist von der Causa Spiritus Sancti Victrix (1682), die sich zudem aufgrund ihrer Thematisierung des Heiligen Geistes zu behandeln empfiehlt. Dessen fehlende Erwähnung im Kontext der Offenbarungserkenntnis hatte Fragen nach Wittichs Pneumatologie aufgeworfen.660 Stärker als in der Theologie pacifica stehen Wittichs Ausführungen hier in einem dezidiert theologischen Kontext.

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Kindern belege dies. Eine Distanz zu Gott komme durch die Fixierung auf den Körper zum Ausdruck. In der Tat hat Wittich ein Grundlagenwissen in Medizin. Vgl. mit Bezug auf den Consensus veritatis De Angelis, Pufendorf und der Cartesianismus, 161f.168. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) VI §61,45f. Wittich hält dem Vorwurf seine Bezugnahme auf die Justitia originalis und die Sünde in Adam entgegen. Er biete hier eine philosophische Erklärung für das, was die Schrift als theologisch relevante Tatsache offenbare. Die cartesianische Erklärung der Weitergabe der Sünde bei der Zeugung versucht er als plausibler zu erweisen als das Modell des Maresius. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) VI §§62f.,46f. Vgl. bes. Wittich: Consensus (21682) XXXIV §§726–734,328–330 und Wittich: Consensus (21682) XXXV §§735–738,331–333. Vgl. zu der Schrift Eberhardt, Wittich, 372–374 und die Gliederung im Anhang. Vgl. zu den Anfragen an Wittichs Pneumatologie Kapitel 3.9.3 (Eine rational ausgerichtete Dogmatik?).

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3.10.1 Vernunft und Offenbarung – der Versuch einer theologischen Verhältnisbestimmung im Rahmen der Pneumatologie Wittich sieht sich in der Causa Spiritus Sancti Victrix zu einer Thematisierung der Vernunft genötigt, da seine Gegner in ihrem Rekurs auf diese ein angemessenes Verhältnis zur Offenbarung verfehlten.661 Wittich verbindet demgegenüber die Ebene Vernunft mit der Pneumatologie und folgt dabei drei Fragestellungen. Erstens: Was ist die Vernunft und in welchem Zustand befindet sie sich in den Nachkommen Adams? Zweitens: Wie ist die Offenbarung einzuschätzen und welche Geltung hat sie, insofern sie in der Bibel enthalten ist? Drittens: In welchem Verhältnis stehen Vernunft und Offenbarung und wie können sie bestmöglich miteinander verbunden werden?662 Bei der Beantwortung dieser Fragen knüpft Wittich unmittelbar an seine Ergebnisse aus der Theologia pacifica an, geht dann jedoch über diese hinaus und entfaltet ihre theologische Dimension dezidierter.

3.10.1.1 Der Vernunftgebrauch nach dem Sündenfall: Darstellung in der Causa Spiritus Sancti victrix und weiteren Schriften Wittich definiert bei der Beantwortung der ersten Frage die Vernunft auch in der Causa Spiritus Sancti victrix nach cartesianischem Vorbild, verknüpft seine Darstellung aber mit allgemeineren Elementen. Er geht (wie bereits zu Beginn des 661 Vgl. die Diagnose des Missverhältnisses in Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §8,9– 14: An seine Beobachtung, dass es der Vernunft widerspreche, den Geist einerseits als vom Vater unterschiedene Person zu bestimmen, andererseits aber an der einen Gottheit festzuhalten, knüpft Sandius die Aussage, dass auch die Autorität der Offenbarung von der Gewissheit der Wissenschaft abhänge. So oft geschähe es, dass das von Gott gegebene Licht der Vernunft gerade das auf den Kopf stelle, was von der Tradition übernommen worden sei. Wittich wirft hier ein, dass es nicht sinnvoll sei, Vernunft und Tradition grundsätzlich gegeneinander auszuspielen. Da alle von Gott dieselbe Weisheit (sapientia/sapere = veritatem quaerere) erhalten hätten, seien die Menschen der Gegenwart ihren Vorgängern gegenüber nicht im Vorteil. Nichtsdestoweniger dürfe man auch nicht blind den Vorfahren folgen. Eine Orientierung am eigenen Vernunfturteil sei also durchaus vorzuziehen. Es stehen sich nach der Darstellung von Sandius mit der Tradition und der Vernunft zwei konkurrierende Autoritäten gegenüber, die ihrerseits der Bibel als höhergeordnetem Prinzip folgen müssten. Nun sei aber die Trinitätslehre der Tradition in der Bibel überhaupt nicht eindeutig belegbar. Biblische Aussagen seien durchaus an der Vernunft zu messen, wie man in Übereinstimmung mit der Tradition z. B. die anthropomorphe Gottesdarstellung als bildhafte Ausdrucksweise interpretiere oder ein symbolisches Abendmahlsverständnis aus den Worten Jesu ableite. Analog müsse man mit trinitarischen Aussagen der Bibel verfahren. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §9,14 sieht in diesen Gedanken eine Mischung von wahren und falschen Aussagen und nimmt daher eine genaue Bestimmung des Verhältnisses von Vernunft und Offenbarung vor. 662 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §9,14.

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Consensus veritatis) davon aus, dass Vernunft das allgemein anerkannte Unterscheidungskriterium von Mensch und Tier sei und bestimmt den Menschen als animal rationale. Die Vernunft stellt er als menschliches Seelenvermögen der Erkenntnis und Urteilsbildung dar, die anima rationalis garantiert Wittich die Fähigkeit jedes Menschen, clare & destincte erkennen zu können.663 In Kürze verweist er auf die cartesianische Epistemologie und Anthropologie, um Erkenntnisgewinn sowie die Entstehung von Abneigung und Zuneigung zu erklären.664 Mit diesen philosophischen Prämissen führt Wittich dann aus, inwiefern die Vernunft in den Nachkommen Adams beeinträchtigt sei. Dazu unterscheidet Wittich einleitend zwischen einer Verderbnis (corruptio) der Seele und ihrer Unvollkommenheit (imperfectio): Während jene eine Beraubung (privatio) der Seele von dem zum Ausdruck bringe, was sie eigentlich haben müsste, entspreche diese dem Willen des Schöpfergottes, demnach das eine Geschöpf mehr, das andere weniger Vollkommenheit besäße.665 Die grundsätzliche Unvollkommenheit der Seele bestehe darin, dass keine in der Lage sei, wirklich alles klar und deutlich zu erkennen. Von ihrer Verderbnis jedoch, der Disposition zu Irrtümern, könne die Seele sich befreien: Wie bereits in der Theologie pacifica ausgeführt, sei die Urteilsenthaltung hier das Mittel der Wahl. Wittich sieht darin einen Weg, der der Seele offenstehe, um sich gegen Irrtum und Sünde (!) zu immunisieren.666 Wittich bietet hier eine theologische 663 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §9,14. So urteilt er bereits in Wittich: Consensus (21682) I §1,18. Vgl. aber auch Descartes: Meditationes (1641) II 5 (AT VII 25). Vernunft sei die Fähigkeit des Menschen zur Erlangung einer klaren Erkenntnis (clara quarundam rerum perceptio) und Urteilsbildung. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §10,15: Wittich geht hierbei von klaren Sinneserfahrungen aus. Das Urteil differenziert er in einfach (simplex) und zusammengesetzt (compositum), je nachdem, ob eine einzige Erfahrung oder mehrere für die Urteilsbildung herangezogen werden müssen. Das zusammengesetzte Urteil wird Vernunftschluss (ratiocinatio) genannt. 664 Deutlich werde eine klare Vorstellung (conceptus clarus) einer Sache, wenn die Seele diese von dem unterscheide, was sie nicht über eine Sache erkannt habe. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §11,15f. Dies entspricht Descartes: Principia (1644) I 45 (AT VIII/1 21f.). Vgl. weiterhin Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §11,16f.: Die Seele komme zum Urteil der Bejahung oder Ablehnung einer Sache, unabhängig davon, ob dieses Urteil auf klaren und deutlichen Erkenntnissen fuße. Die Möglichkeit zur Urteilsenthaltung wird dargestellt. Die Entstehung von Liebe oder Hass aus einem bejahenden oder ablehnenden Urteil wird thematisiert. Wittich greift hier in vereinfachter Form auf Elemente der Passions de l’âme zurück. 665 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §12,17f. Vgl. Zur Ursünde als privatio auch die Positiones in Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 444 (Dekade XXVIII.2). Den Begriff der Privation oder des Defekts in Bezug auf den Irrtum benutzt bereits Descartes, allerdings ohne Entfaltung des Sündenkontextes: Vgl. Descartes: Meditationes (1641) IV 4f. (AT VII 54). Vgl. zu Sünde, Privation und defectus im Kontext der Prädestinationslehre auch Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector CVIII–CXIII 98–103 u. ö. 666 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §12,18: „Nulla Anima est, quae omnia clare

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Weiterführung cartesischer Anthropologie. Descartes beschreibt den Menschen als ein Zusammengesetzes aus Nichts und Sein („compositi partim ex nihilo partim ex ente“667), beide Anlagen wirken sich gnoseologisch aus. Das Sein strebt zur Wahrheitserkenntnis, das Nichts entspricht der menschlichen Unvollkommenheit und bedingt die Tendenz zu Fehlurteilen.668 Auch die Verbindung von Irrtum und Sünde ist bereits bei Descartes vorgegeben, ohne dass sie von ihm theologisch entfaltet wird.669 Wittich lehrt trotz dieser Anklänge grundsätzlich nicht eine vom Menschen eigenmächtig erreichbare Überwindung der Sünde durch die Vernunft. Im Gegenteil ordnet er das Wirken des Heiligen Geistes den menschlichen Möglichkeiten ausdrücklich vor. Die Vernunft kann jedoch ein Medium göttlicher Einflussnahme auf den Menschen repräsentieren.670 Wie bereits in der Theologia pacifica gezeigt, kann der Mensch grundsätzlich mittels der ihm zur Verfügung stehenden Vernunft klare und deutliche Erkenntnisse erlangen.671 Die Verderbnis der Vernunft bestehe gerade nicht in ihrer Abwesenheit, d. h. im Fehlen von Akt oder Potenz (vel actus, vel potentia) des Erkennens, Verstehens, Urteilens, der Urteilsenthaltung, des Wollens oder NichtWollens.672 Verdorben sei die Vernunft nicht in ihrer grundsätzlichen Funktion, sondern in Bezug auf das Ausbleiben ihrer konsequenten und andauernden

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& distincte percipit; haec universalis est imperfectio, qua posita potest nihilominus a Defectu seu Privatione esse libera; quae enim non clare & distincte percipit, de iis ut suspendat judicium non repugnat; sic immunis foret ab errore, atque adeo immunis quoque esset a peccato.“ („Es gibt keine Seele, die alles klar und deutlich erfasst. Dies ist die universelle Unvollkommenheit. Obwohl man diese zugrunde legen muss, kann die Seele trotzdem von ihrem Defekt oder ihrer Privation frei sein. Die Unvollkommenheit steht nämlich der Urteilsenthaltung zu dem, was sie nicht klar und deutlich erfasst hat, nicht entgegen. So wäre die Seele immun gegen Irrtum und auch immun gegen die Sünde.“) Descartes: Gespräch (1648) zu VII 428,6 (Arndt). Vgl. Descartes: Gespräch (1648) zu VII 428,6 (Arndt). Vgl. auch Savini, Methodus cartesiana, 316. Vgl. Descartes: Meditationes (1641) IV 9 (AT VII 59). Derselbe Vernunftoptimismus wie bei Wittich kommt auch in Claubergs Logik zum Ausdruck. Vgl. Kapitel 3.4.1.3 (Rezeption von Claubergs Wissenschaftstheorie). In der cartesianischen Theologie wird dies zum Teil auch dadurch ausgedrückt, dass dem Mensch die Möglichkeit abgesprochen wird, aus eigener Kraft die von Descartes geforderten Meditationen zu vollziehen. Am Beispiel des Heidanus zeigt dies Specht, Commercium mentis et corporis, 108. Vgl. dazu bes. Kapitel 3.9.2 (Das cartesische Wahrheitskriterium). Vgl. auch Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §29,37. Das Fehlen auch nur einer dieser Aspekte der Vernunft bedeute ihre völlige Abwesenheit. Diese wiederum widerspreche dem Wesen des Menschen, der als animal rationale immer über ratio verfügen müsse. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §12,18. Vgl. zu dem Komplex von Willensausrichtung, Fehlurteilen und Sünde auch Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector CXLVIII 127f. XLIf. 130f. u. ö. sowie das Fazit der Disputation in Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector CCVIf. 187– 191.

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Anwendung. Aufgrund der Einwirkung der Sünde werde der Geist (mens) abgelenkt von der Aufmerksamkeit und der eigentlich notwendigen Untersuchung der ihm vorgelegten Gegenstände, so dass es zu einer Bildung von Vorurteilen ohne vorherige klare und deutliche Erkenntnis komme. Im status corruptionis entstünden Irrtümer häufig durch die aus der Ablenkung resultierende unaufmerksame Vermischung von Wahrem mit Falschem.673 Analog beschreibt Wittich auch die Entstehung der Sünde im Kontext seiner in den Exercitationes entfalteten Prädestinationslehre. Anschaulich betont er am Beispiel von Menschen, die sich ihren Leidenschaften hingeben, dass sie sich von der Gotteserkenntnis abund der Welt zuwendeten. Gott habe ihre mens verdorben und ihre Fähigkeit zur richtigen Urteilsbildung eingeschränkt.674 Aus allgemeinerer Perspektive beschreibt Wittich diese Disposition zur Ablenkung, von der wir bereits in der Theologia pacifica erfahren haben, dass sie aus dem Entzug der justitia originalis und dem Einwirken der Sünde resultiere, in seinen Positiones als die concupiscentia pravi oder einen appetitus mali, der sich im peccatum actuale dann auf verschiedene Weise manifestiere.675 Der für die Vernunft relevante Defekt bestehe darin, dass diese nicht grundsätzlich klare und deutliche Erkenntnisse ausarbeite, weder über den intelligiblen Bereich, noch über den Körperlichen, noch über Gott. Daraus resultierten falsche Urteilsbildungen und auch eine Verderbnis des Willens: Der Mensch fälle Urteile über nicht klar und deutlich Erkanntes und wisse zudem nicht, dass Gott das höchste Gute sei, so dass die Seele auch in Bezug auf Gottesverehrung und Heilsweg im Unklaren bleibe. Zusammengefasst: „Der seelische Mensch erkennt die Dinge des Geistes nicht“676. Das Wirken des Heiligen Geistes scheint sich demgegenüber nicht nur auf den rational nicht fassbaren Bereich des Glaubens, sondern auch auf eine Korrektur der Verderbnis der Vernunft zu beziehen. Diese ihrerseits sei jedoch auch unter dem Einfluss der Sünde prinzipiell völlig zuverlässig, so dass die logische Folge ein probates und untrügliches Mittel für die menschliche Erkenntnis bleibt. Der resignierte Rückzug zum Skeptizismus dürfe aus der Verderbnis der Vernunft gerade nicht resultieren.677 Wenn nämlich die Vernunft richtig angewendet werde und sie rechtmäßige Folgerungen (legitimae consequentiae) hervorbringe, seien diese im Gegenteil als unfehlbar (infallibilis) einzuschätzen.678 Diesen Erkennt673 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §29,37f. 674 Vgl. Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector CLXXXI 164f. 675 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 444f. (Dekade XXVIII.3, 6 und 10). 676 Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §13,19: „Animalis homo non percipit ea, quae sunt Spiritus.“ 677 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §29,38. 678 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §30,38. Dazu äußert sich Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §31,40f. ausführlicher: Der fehlbare Mensch könne durchaus richtige Schlüsse ziehen. Seine grundsätzliche Unvollkommenheit dürfe nicht gegen die

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nisoptimismus findet Wittich bereits bei Descartes vorgebildet, der die Verlässlichkeit der Vernunft von Gott als dem Schöpfer der Menschen herleitet.679 Im Rahmen der zweiten Frage, die sich auf die Offenbarung bezieht, betont Wittich, dass der Mensch aufgrund der Verderbnis der Ratio auf Gottes Beistand angewiesen sei. Gott komme der beeinträchtigten menschlichen Vernunft durch die Offenbarung zur Hilfe und enthülle ihm in der Bibel den Heilsweg, den die verdorbene Vernunft auf keine Weise erfassen könne. Ohne eine ausführliche Darstellung zum Schriftverständnis bieten zu wollen, verweist Wittich darauf, dass selbst die rationalistischen Sozianer die göttliche Autorität der Bibel und die Vernunft übersteigende Offenbarung unmissverständlich anerkennen. Er stellt fest, dass die in der Bibel ausgesagten Sachverhalte (τὸ ὅτι) Glauben verdienten, auch wenn der Mensch keinen Einblick in Gründe und Ursachen (τὸ διότι) nehmen könne, wie er es von Maresius gelernt hat.680 Um sich diesem Diktum anschließen zu können, müssten jedoch zunächst Gott und die Autorität der Bibel als seine Offenbarung anerkannt werden.681 Anders als zuvor beschreibt Wittich diesen Akt nun nicht mehr rein rational: Sie sei zwar eine Folge der natürlichen Gotteserkenntnis, diese bestimmt er nun aber als ein Zusammenspiel von Vernunft und Glaube. Wittich macht bei der Beantwortung der dritten Frage, die sich aus dem Verhältnis der soeben entwickelten Begriffe von Vernunft und Offenbarung ergibt, deutlich, wie er sich dieses Zusammenspiel vorstellt und erklärt die immer wieder beteuerte Vorordnung der Offenbarung über die Vernunft genauer. Die Vernunft dürfe keineswegs als der Schlüssel zur Offenbarung verstanden werden. Aus der Tatsache, dass sie in die Zusammenhänge der offenbarten Sachverhalte keinen Einblick hat, leitet sich nach Wittich (wie bereits in der Theologia pacifica gezeigt) kein Widerspruch zwischen Vernunft und Offenbarung ab, sondern die menschliche Begrenztheit gegenüber der göttlichen Unbegrenztheit.682 Das be-

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Möglichkeit zum richtigen Vernunftgebrauch ausgespielt werden. „Homo fallibilis potest tamen recte ratiocinari“. Voraussetzung dafür sind lediglich wahre Voraussetzungen für die Bildung der Folgen und Urteile. Auch mathematische Operationen könne der Mensch trotz seiner Fehlbarkeit richtig und verlässlich durchführen. Vgl. Descartes: Principia III 43 (AT VIII/1 99). Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §14f.,19–22. Dieses Motiv findet sich bereits bei Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §3,7–9. Vgl. auch Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §21,29. Vgl. mit Blick auf die Offenbarung der Trinität konkret Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §§20f.,27–29. Vgl. zu dem Gedanken bei Maresius Kapitel 3.3.1 (Vernunftbegriff und Theologieverständnis von Samuel Maresius). Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.6f.). Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §16,22f. Vgl. bes. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §16,23: „Cogitandum hic nobis semper & sedulo est, nos esse finitos, Dei vero naturam esse infinitam, infinitum ejus esse intellectum & sapientiam, non itaque mirum nobis videri debere, si aliqua nobis revelentur credenda, quae finite nostra ratione capere non possumus; praesertim cum & finitum istud lumen nostri intellectus, vel rationis

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deutet: Nicht weil die Vernunft der Verderbnis der Sünde unterliegt, sondern weil sie an sich unvollkommen im Menschen vorhanden ist, benötigt dieser die Offenbarung. Als menschliche Vernunft kann sie den Bereich der Mysterien grundsätzlich nicht erkennen. Das sei keine Folge der Sündenverderbnis. Das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung präzisiert Wittich weiterhin durch eine Analogie. Offenbarung verhalte sich zu Vernunft wie Vernunft zu Sinneserfahrungen. Die Sinneserfahrungen kämen zu klaren Erkenntnissen, blieben aber dabei verworren. So könnten z. B. klar verschiedene Farben erkannt werden, jedoch erschlösse sich ihre eigentliche Verschiedenheit nur unter Bezugnahme auf die diskursive Vernunft. Wo die Sinne begrenzt seien, sei es die Vernunft nicht. Ebenso sei die Vernunft in Bezug auf die Einsicht z. B. in die Trinität begrenzt und bedürfe der Offenbarung, die ihr zugänglich sei, wenn sie sich auf die Schrift beziehe und diese in Übereinstimmung mit Kontext und Skopus auslege.683 Wenn man Wittich auf diesen Vergleich festlegen darf, muss jedoch gefolgert werden: Notwendig ist die Vernunft für den adäquaten Zugang des Menschen zu den Glaubensmysterien durchaus. Sie erhält an sich sogar göttliche Qualität, die jedoch wegen der Begrenztheit des Menschen nicht entfaltet werden könne, so dass die Offenbarung dem Menschen zur Hilfe kommen müsse. 3.10.1.2 Der hermeneutische Ausblick der Causa Spiritus Sancti victrix Auch in der Causa Spiritus Sancti victrix stößt Wittich seine Leser auf die Frage: Wie erkennt man eine biblische Aussage als göttliche Offenbarung? Der in den Positiones ebenso wie in der Theologia pacifica gebotene Verweis auf die Vernunft684 drängt sich auch hier auf, jedoch fügt er aufschlussreiche theologische Details zu seiner Erörterung des Vernunftgebrauchs hinzu. Ausgehend von der Voraussetzung, dass der Offenbarung zu glauben ist, auch wenn sie nicht von der Vernunft bestätigt werde, verweist Wittich darauf, dass Offenbarungsinhalte die Vernunft überstiegen, ohne dass daraus ein Widerspruch zwischen Vernunft und admodum sit corruptum […].” („Wir müssen an dieser Stelle fortwährend und fleißig daran denken, dass wir begrenzt sind, die Natur Gottes jedoch unbegrenzt ist, ebenso wie sein Intellekt und seine Weisheit. Daher darf es uns nicht als verwunderlich erscheinen, wenn uns irgendetwas als Glaubensgegenstand offenbart wird, was wir mit unserer begrenzten Vernunft nicht erfassen können; besonders weil auch dieses Licht unseres Intellekts begrenzt ist, das Licht unserer Vernunft sogar verdorben […].“) Vgl. zur Widerspruchsfreiheit von Vernunft und Offenbarung auch Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §23,31 und §33,44. 683 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §22,29f. Dieses Bild bietet bereits Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 552, der es allerdings auf den Glauben anwendet und nicht auf die Offenbarung. Vgl. zu Maresius’ Verwendung der Metapher Maresius: Oratio inauguralis (1643) in Systema (61662) 552 und Kapitel 3.3.1 (Vernunftbegriff und Theologieverständnis von Samuel Maresius). 684 Vgl. dazu Kapitel 3.9.3 (Eine rational ausgerichtete Dogmatik?).

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Offenbarung entstehe.685 Bei der Beurteilung dessen jedoch, was als Offenbarung zu gelten habe, spiele die Vernunft wiederum eine Rolle: „Non tamen temere dicendum est, aliquid esse revelatum.“686 Man müsse hinreichend von dem Offenbarungscharakter überzeugt sein. Dabei sei gerade nicht die Übereinstimmung der biblischen Aussagen mit der Vernunft das entscheidende Kriterium, da diese die göttliche Wahrheit nicht kenne, sondern man müsse allein darauf achten, welche Deutung mit der Aussageabsicht der biblischen Texte, hinter denen der Heilige Geist stehe, übereinstimme. Der Skopus der Bibel als Wort Gottes wird von Wittich zur Auslegung einzelner Textstellen herangezogen. Hier arbeitet die wissenschaftliche Exegese als Instrumentarium der Vernunft auf das Verständnis der Offenbarung hin: Unter Berücksichtigung des Kontextes und des Stils und durch den Vergleich mit anderen biblischen Aussagen zu derselben Wahrheit könne die göttliche Offenbarung ausfindig gemacht werden.687 Auch in der Causa Spiritus Sancti victrix erweist sich also der Rückgriff auf die rationalen Methoden der Hermeneutik als legitim, um Offenbarungsaussagen in der Bibel auszumachen. In der Causa Spiritus Sancti victrix wird der Zusammenhang von Vernunft und biblischer Offenbarung weiter konkretisiert, indem Wittich an den ususGedanken anknüpft. Den Nutzen der Vernunft für die Anerkennung der biblischen Offenbarung bestimmt Wittich zweifach. Zum einen sei es möglich, Bibelstellen mit Aussagen aus dem Bereich, der sowohl Offenbarung als auch der Vernunft offensteht, mit wissenschaftlichen Argumenten klarer auszulegen.688 Ein Beispiel hierfür stellt seine Behandlung der Sündenlehre in der Theologia pacifica dar. Zum anderen komme der Vernunft eine allgemeine instrumentale Funktion bei der Untersuchung des wahren Sinns der Schrift zugute: Sie diene der Erklärung der biblischen Aussagen und biete die notwendigen Auslegungsmethoden.689 Theologische Methodologie und insbesondere wissenschaftliche Exegese skizzieren den Ort der Vernunft innerhalb der Theologie. Wittich führt 685 686 687 688

Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 22f. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 23 (Kursiv nach Wittich). Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §17,23f. und die Parallelen. Diesen Gedanken behandelt Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §26,33–35 ausführlicher. Dabei müsse zunächst aus den Worten der Bibel bewiesen werden, dass die widervernünftig erscheinende Deutung nicht im Sinne des Heiligen Geistes gewesen sei. Als ein klassisches Beispiel hierfür führt Wittich die Abendmahlsdeutung an, in der er einem symbolischen Verständnis folgt. Dass die Einsetzungsworte Jesu metonymisch gemeint seien, könnten zunächst die Exegese der sakramentalen Wendungen und die Berücksichtigung des biblischen Kontextes ergeben. In einem zweiten Schritt könne dies dann mit Vernunftargumenten, z. B. durch den Verweis auf die unterschiedliche Substanz von Brot und Körper, belegt werden. Ein zweites Beispiel bietet die anthropomorphe Gottesdarstellung in der Bibel: Sowohl ihre eigentliche Aussageabsicht als auch die Vernunft belegten, dass diese nicht eigentlich vertreten werde. 689 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §17,24f. und §29,37.

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aus, dass damit die vernunftbestimmte Exegese durchaus die Aufgabe habe, biblische Aussagen als Offenbarungswahrheiten zu erweisen und zu verteidigen. Der Vernunft diese Rolle zuzugestehen, sei notwendig für das richtige Schriftverständnis.690 Hierzu gehört auch der Einsatz der logischen Schlussfolgerung (consequentia). Wittich sagt, dass derjenige mit heiliger Gewissenhaftigkeit (sancte) der Offenbarung verhaftet sei, der keiner Sache zugestehe, dass sie im Glauben angenommen werden müsse (fide credendum), außer er habe erfasst (deprehendere), dass sie göttlich geoffenbart sei und wenn er, um sie zu erfassen, oder eher, um dies anderen zu beweisen, logische Schlussfolgerungen benutze (consequentiis utatur).691 Die dem cartesianischen Erkenntnisoptimismus entsprechende Unfehlbarkeit der Vernunftoperation bei korrekten Grundlagen und richtigem Vernunftgebrauch nimmt Wittich auch für die Exegese in Anspruch.692 Insbesondere ermögliche die Vernunft auch die inhaltliche Verbindung der biblischen Offenbarungswahrheiten, so dass man von der einen auf andere schließen könne und deren Widerspruchslosigkeit sicherstelle. Ohne dass Wittich diesen Gedanken weiter ausführt, besteht hier auch eine Verbindung von Exegese und systematischer Theologie. So verweist uns die Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung auf die Analyse von Wittichs Hermeneutik.693 Dass diese sich als rationale Methode der Texterschließung auf der Basis cartesianischer Logik präsentieren wird, hat sich mehrfach angedeutet. Die eigentliche Brücke zum Offenbarungsbegriff wird nicht hier geschlagen. So muss

690 Darauf bezieht sich Wittich immer wieder in der Causa Spiritus Sancti victrix mit Blick auf die Trinität. Gegen Sandius gilt es für ihn nämlich vor allem anhand der Exegese zu erweisen, dass diese Offenbarungsinhalt der Bibel sei. Allgemein stellt Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §§27f.,35–37 daher dar, dass das Mysterium der Trinität von der Vernunft nicht erkannt werde, sondern ausschließlich mit der Schrift zu belegen sei. Dazu sei es jedoch nötig, Bedeutung und Gebrauch der biblischen Aussagen zu untersuchen und sie in ihren Kontext einzuordnen. Dass die Bibel die Trinität als Offenbarungswahrheit lehre, könne dann auch klar und deutlich erkannt werden. So ist es Sache der vernunftbestimmten Exegese, die göttlichen Offenbarungswahrheiten zu ermitteln. Diesen ist dann wiederum mit Gehorsam zu begegnen, die Vernunft ist ihnen unterzuordnen. 691 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §30,39f.: „Sancte inhaeret revelatis, qui nihil fide credendum admittit, nisi quod deprehendit, divinitus esse revelatum, etsi, ad deprehendum istud, vel potius ad id aliis demonstrandum utatur consequentiis; […].“ („Derjenige ist mit heiliger Gewissenhaftigkeit den Offenbarungsinhalten verhaftet, der keiner Sache zugestehet, dass sie im Glauben angenommen werden muss, außer er hat erfasst, dass sie göttlich geoffenbart ist und wenn er, um sie zu erfassen, oder eher, um dies anderen zu beweisen, logische Folgen benutzt.“) 692 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §32,42. Das bedeutet, dass man grundsätzliche Fehler innerhalb der exegetischen Operationen nachweisen müsste, um gegen Wittich biblische Aussagen als Offenbarungswahrheiten zu erweisen oder zu verwerfen. Cartesianisch gesprochen: Man muss bei der Exegese zeigen, wo aus nicht klar und deutlich erkannten Voraussetzungen Urteile abgeleitet wurden. 693 Vgl. dazu Kapitel 4.3 (Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie).

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

vor der hermeneutischen Untersuchung die noch offene Frage nach dem Glaubensverständnis in Wittichs Theologie in den Blick genommen werden.

3.10.1.3 Die fides historica – die rationale Dimension des Glaubens Die eigentliche Verbindung der rational-wissenschaftlichen Ebene der Theologie auf cartesianischer Grundlage und dem Mysteriencharakter der Offenbarungswahrheiten leistet Wittich über den Begriff des Glaubens, dem er sich von den Leistungen und Grenzen der Vernunft her annähert. Grundsätzlich gilt für ihn seit seinen Frühschriften, dass fides die Erkenntnis der Mysterien (mysteriorum cognitio) darstellt und der scientia, die sich z. B. auf naturphilosophische Erkenntnis bezieht, entgegengestellt ist.694 In der Causa Spiritus Sancti victrix bezieht er in differenzierter Weise beide Ebenen aufeinander und stößt in ihren Grenzbereich vor. Da trotz der Verderbnis der Vernunft klare und deutliche Erkenntnis sowie richtige Urteilsbildung möglich seien, müsse auch bei der Schriftauslegung auf sie zurückgegriffen werden. Unbestreitbar stünde auch den Nichtglaubenden über die cartesianische Epistemologie damit ein zuverlässiges Medium der Auffindung des Sinnes der Bibel zur Verfügung. Wittich geht davon aus, dass in demjenigen, der jenen vorgeschriebenen Weg gewissenhaft einhalte, eine fides historica entstehe.695 So bekommt die Vernunft bei der Beurteilung der Offenbarung einen theologisch präziser zu verortenden Platz. Die Auslegung der Bibel umfasst nach Wittich die Beurteilung von Schriftaussagen mit Blick auf ihren Charakter als Offenbarungswahrheit. Dies geschieht nach wissenschaftlicher Methode und somit auf der Ebene der Vernunft. Sie bleibt aber nur vordergründig das entscheidende Kriterium für die Annahme der biblischen Aussagen als Offenbarung. Wäre die Vernunft die einzige Bedingung für die Erschließung der Of694 Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §4,9: „[…] quod mysteriorum cognitio sit fidei, quae propterea debebant in Scriptura tradi & quamvis essent difficilia, tamen fide admitti debeant: at res naturales pertinent ad scientiam, & citra salutis periculum possunt ignorari.“ 695 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §17,24f.: „Ad veritates naturales legitime cognoscendas opus est, ut viam eligamus rectam, ut deponamus praejudicia, ut accurate attendamus ad res, de quibus nobis est judicandum, ut non formemus judicia ante claram & distinctam perceptionem; eadem via nobis incedendum est in sensu Scripturae legitime assequendo, quem etiam assequi posse hominem irregenitum nulli dubitamus, ad id, ut Fides in eo excitetur historica, si illam praescriptam viam sedulus observet.“ („Um die natürlichen Wahrheiten regelgerecht zu erkennen, ist es nötig, dass wir den richtigen Weg wählen, so dass wir Vorurteile ablegen, genau an die Sachen herangehen, über die wir urteilen müssen und keine Urteile vor einer klaren und deutlichen Erkenntnis bilden. Denselben Weg müssen wir beschreiten, um den Sinn der Bibel regelgerecht zu erlangen, von dem keiner von uns bezweifelt, dass auch ein nicht wiedergeborener Mensch ihn erlangen kann, und zwar darauf hin, dass eine Fides historica in ihm geweckt wird, wenn er jenen vorgeschrieben Weg fleißig beachtet.“)

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fenbarung, müsste der Theologie Wittichs ein harscher Rationalismus unterstellt werden. Über den Rückgriff auf den scholastisch geprägten Terminus der fides historica, also eines vernunfterworben Glaubens, der lediglich eine Anerkennung von Fakten bezeichnet, allerdings nicht die persönliche Annahme ihrer Heilswirksamkeit, wird die Rolle der Vernunft jedoch eingeschränkt und dem eigentlichen Glauben, der sich gerade nicht in der fides historica erschöpft, untergeordnet.696 Die Vernunft entscheidet nach Wittich nicht über Glaube und Unglaube, sondern stellt lediglich einen Zugang zur biblischen Botschaft über die Vermittlung von deren richtiger Kenntnis (notitia) dar. Sie klärt die Frage, von welchen Textpassagen die Bibel beansprucht, göttliche Offenbarung zu sein, ohne dass daraus jedoch die persönliche Annahme dieser Offenbarungen als Wahrheiten für den Exegeten folgen müssten. Hier zeigt sich deutlich, dass Wittichs Ausführungen das Wirken des Heiligen Geistes und die Entstehung des Glaubens im eigentlichen Sinne bisher nur gestreift haben. Dieser für die reformierte Orthodoxie nicht unübliche Zugang zum Glaubensbegriff resultiert aus dessen Zweiteilung. Von dem historischen Glauben wird die persönliche, innere Haltung zum Evangelium im Sinne eines sicheren heilswirksamen Glaubens unterschieden. Mitunter führt diese Zweiteilung bis zu dem Zugeständnis, dass Theologie im Sinne einer bloßen Religionswissenschaft rein formal und ohne innere Überzeugung praktiziert werden könne.697 Es ist jedoch bemerkenswert, dass Wittich der rational zugänglichen fides historica durchaus eine partikuläre Heilswirksamkeit zusprechen kann. Dies wirft die Frage nach ihrem Verhältnis zur fides salvifica auf.

3.10.1.4 Die fides salvifica in ihrem Verhältnis zur Vernunft Die fides historica ist eine äußerlich erworbene Glaubensform, die Wittich entsprechend als fides acquisita beschreibt. Diese klassifiziert er nicht als Glauben im eigentlichen Sinne, sondern als dessen Fundament. Über einen grundlegenden Charakter reicht die Vernunft für Wittich nicht hinaus: Allein das Wirken des 696 Vgl. zur Fides historica z. B. Mühling-Schlapkohl s.v. Fides historica. RGG4 3 (2000) 113f. Für die Orthodoxie bündelt Melanchthon unter diesem Begriff den bloß erworbenen Vernunftglauben der fides acquisita und den Glauben ohne folgende Werke (fides infusa informis). Im eigentlichen Sinne handelt es sich dabei nicht um Glauben, sondern eher eine Kenntnis (notitia). Als Kenntnis ist sie zwar durchaus relevant für den eigentlichen Glauben, hat selbst jedoch keine rechtfertigende Wirkung. 697 Vgl. dazu die kritische Analyse bei Barth, KD I/1 19. Die Orthodoxie differenziere oftmals zwischen dem objektiven habitus des Theologen und dessen Glauben. Für Heidanus belegt er die Unterscheidung dieses habitus theologiae von der fides salvifica. Vgl. für eine detaillierte Untersuchung des Theologieverständnisses von Wittichs Dialogpartnern Kapitel 3.4.2.2 (Van Velthuysen, Heidanus und Burman: Gesprächspartner Wittichs innerhalb des cartesianischen Netzwerks) und für Heidanus bes. Kapitel 3.4.2.2.2 (Heidanus).

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Geistes bringe den Menschen zu einem sicheren heilswirksamen Glauben, der fides salvifica. Dafür erweist sich die fides historica als ein möglicher, aber keineswegs notwendiger Anknüpfungspunkt. Bei Kleinkindern z. B. vermittle der Geist die notwendigen Kenntnisse zunächst selbst.698 Der Glaube der Kleinkinder hat aber eine Gemeinsamkeit mit der fides historica. Beide sind heilswirksam, beiden fehlt es jedoch an dauerhafter Gewissheit (certitudo). Diese vorläufigen Glaubensformen könnten verloren gehen und mit ihnen auch das Heil.699 Eine Bestimmung der fides historica bietet Wittich bereits in den Positiones. Die fides historica ist nur von rein zeitlicher Bedeutung (temporaria). Sie unterscheidet sich von dem Glauben an die Wunder und der fides salvifica.700 Die genaue Kenntnis (notitia), die im Rahmen der fides historica erarbeitet wird, sei für die fides salvifica grundlegend. Eine notitia implicata, die verallgemeinernd dem zustimmt, was die Kirche glaubt (‚Köhlerglaube‘) könne eine rationale Durchdringung der Glaubensinhalte nicht ersetzen. Zumindest in Bezug auf die heilsnotwenigen Dinge müsse die Kenntnis expliziert werden.701 Man muss also verstehen, was man im Glauben bekennt. Ausführlicher differenziert Wittich seinen Glaubensbegriff in der Theologia pacifica und in der Disputation Fides Sanctorum aus den Exercitationes.702 Auch in der Theologia pacifica folgt er der scholastischen Konvention der Klassifizierung des genus des Glaubens in verschiedene species, nämlich die fides historica und temporaria sowie die fides miraculorum & salvifica, betont jedoch grundsätzlich die Einheit der jeweiligen Glaubensbereiche und kritisiert eine zu spitzfindige Differenzierung als nicht zielführende Eigenart der Scholastik. Wittich reduziert die verschiedenen Glaubensbegriffe auf eine Zweiteilung in historischen und heilswirksamen Glauben. Bei der Ausformung des Glaubens in verschiedene species seien diese nicht in einem univoken Sinne als Glaube zu verstehen, sondern analog. Es besteht also keine Bedeutungsidentität, aber eine Gemeinsamkeit bestimmter Merkmale. Aus diesen entwickelte Wittich bereits in seinen Annotationen zum Systema eine 698 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §137,106f. 699 Vgl. zum Glauben der infantes Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §137,106f. 700 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 449 (Dekade XXXV.6): „Distinguitur Fides in Historicam (cujus gradus est ea, quae dicitur Tempora) in fidem Miraculorum & Salvificiam, eaque est distinctio generis in species.” („Der Glaube wird unterschieden in einen historischen [dessen Rang als zeitlich bezeichnet wird], in einen Glauben an Wunder und in den heilswirksamen Glauben. Dies ist die Unterscheidung der Gattung in seine Spezies.“) 701 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 449 (Dekade XXXV.7): „Ad fidem Salvificam non sufficit implicita notitia ejus, quod credit Ecclesia, sed requiritur notitia explicita eorum, quae ad salutem sunt necessaria.“ („Für den heilswirksamen Glauben genügt nicht die implizierte Kenntnis von dem, was die Kirche glaubt, sondern er bedarf einer expliziten Kenntnis der Dinge, die zum Heil notwendig sind.“) 702 Vgl. bes. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI und Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum I–LI 248–279.

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allgemeine Glaubensdefinition im Sinne eines Gattungsbegriffs. Unter Glauben versteht er eine derartige Disposition der Seele, durch die wir der Wahrhaftigkeit der Gottesrede oder ihrer höchsten Vertrauenswürdigkeit Zustimmung gewähren, weil das, was gesprochen ist, unfehlbar sei.703 Auf die fides historica kann diese Definition nicht vollständig angewendet werden, da die völlige innere Zustimmung zu der rational erschlossenen biblischen Botschaft hier noch ausbleibt. Als die eigentliche Form des Glaubens bestimmt Wittich daher die fides salvifica, die er in verschiedene Glaubensakte zergliedert und mit den species des Glaubens ins Verhältnis setzt:704 Ihre Ausgangsstufe sei die glaubensvolle Zusage (assensus fiducialis) zu der Wahrheit, dass Christus der hinreichende Retter all derer sei, die bei ihm Zuflucht suchen. Dies beträfe auch jeden persönlich, sofern man sich aus einem eigenen Streben nach Gerechtigkeit heraus Christus zuwende.705 Auf die glaubensvolle Zusage folge die Liebe Christi (amor Christi), die sich unmittelbar einstelle und aus der heraus Christus erkannt werde.706 Wittich fasst diese beiden Glaubensakte (actus fidei) zusammen mit einem dritten, dem sicheren Vertrauen (fiducia), durch das der Mensch überzeugt sei, dass er sichere Hilfe von Christus empfangen werde. Sie alle bilden die sog. wesentlichen Glaubensakte (actus fidei essentiales), denen die bloße Kenntnis (notitia) der Offenbarung, also die fides historica, als Vorstufe (actus fidei antecedens) nur 703 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §136,105f.: „Rationem hanc adduxi in dictatis ad §. 21. System. Loc. XI. quia potest formari generalis fidei conceptus, qui his speciebus applicari potest: hic scilicet, quod fides sit talis animae dispositio, qua assensum praebemus dicentis Dei veracitati, aut fidelitati summae, quod ea quae loquitur infallibilia sint: […].“ („Dieses Argument habe ich in meinen Diktaten zu §21 von Locus XI des Systema angefügt: Denn man kann einen allgemeinen Glaubensbegriff bilden, der auf diese Gestalten des Glaubens angewendet werden kann: Hier gilt nämlich, dass Glaube eine derartige Disposition der Seele ist, durch die wir der Wahrhaftigkeit der Gottesrede oder ihrer höchsten Vertrauenswürdigkeit Zustimmung gewähren, weil das, was gesprochen ist, unfehlbar ist.“) (Kursiv nach Wittich.) 704 Vgl. zum Folgenden die ausführliche Darstellung in Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §§137f.,106–109, wo Wittich einen umfangreichen Abschnitt aus seinen Annotationen zum Systema (Locus XI §27.31.36.41) zur Glaubenslehre zitiert. 705 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §138,107: „Hic assensus fiducialis spectat generatim istam veritatem, quod Christus sit sufficiens Salvator omnibus ad se confugientibus, adeoque etiam mihi serio sitienti & desideranti justitiam, atque ad eum confugere volenti, quod qui ad se confugiant sanctificet: […].” (Als Zitat der Annotationen kursiv nach Wittich.) Vgl. auch Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §138,108 (Zitat der Annotationen zu Systema, Locus XI §36). 706 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §138,107 (Zitat der Annotationen zu Systema, Locus XI §31): „Item, Post hunc aßensum fiducialem sequitur amor Christi sincerus, qui statim oritur, ex quo Christus est cognitus tanquam objectum nobis conveniens atque ita apprehensus per assensum istum fiducialem; tunc enim Christum statim nobis voluntate jungimus, & nos consideramus sine eo tamnquam imperfectos.” (Als Zitat der Annotationen kursiv nach Wittich.) Vgl. auch Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §138,108 (Zitat der Annotationen zu Systema, Locus XI §36).

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beigeordnet wird.707 Mit Blick auf die bisherige Untersuchung ist es erstaunlich, dass Wittich hier den vernunftbestimmten Zugang zur Offenbarung so klar vom eigentlichen Glauben abgrenzt. Die Verwendung des Glaubensbegriffs erweist sich demnach in seinen Schriften als ambivalent und wird hier in einer Form präzisiert, durch die der rationalen Erschließung der Bibel lediglich ein vorbereitender Charakter zugesprochen werden darf. Von den eigentlichen Glaubensakten unterscheidet Wittich zudem akzidentelle Glaubensakte (actus fidei accidentales), die mit dem Glauben auftreten, aber nicht notwendig mit ihm verbunden sind.708 707 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §138,108 (Zitat der Annotationen zu Systema, Locus XI §36): „Actus Fidei varii sunt, pro quorum diversitate etiam fidei diversa objecta sunt assignanda, 1. Actus fidem antecedens est notitia revelationis. 2. Actus fidei essentialis primus est assensus tum genralis omnibus revelatis, tum specialis huic veritati, quod Christus sit sufficiens Salvator omnibus ad se confugientibus, adeoque etiam mihi, si serio desiderem justitiam, atque ad Christum confugere velim. 3. Secundus Actus fidei est amor Christi sincerus, de quo antea dictum. 4. Tertius est fiducia, qua nobis persuademus auxilium certum divinum a Christo Salvatore […].“(Als Zitat der Annotationen kursiv nach Wittich.) 708 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §138,108 (Zitat der Annotationen zu Systema, Locus XI §36): „Actus vero fidei accidentales, & quisolum fidei corroborata conveniunt, sunt, 1. Fiducia de remissione peccatorum a Deo impetrata, 2. Gaudium ex illo sensu ortum solidum; 3. Pax & tranquilitas conscientiae.“ (Als Zitat der Annotationen kursiv nach Wittich.) Aus dieser Liste fällt der erste Punkt stark auf. Der Christ müsse nach Wittich nicht notwendigerweise Vertrauen in die Sündenvergebung setzen, um zu glauben. Diese Auffassung steht in einer deutlichen Spannung zu der grundsätzlich hohen Bedeutung, die der Frage der Sündenvergebung in der reformierten Tradition zugemessen wird. Wittich vertritt diese Auffassung aufgrund der Beobachtung, dass Leute, die unsicher über ihren Glauben sind, tatsächlich aufgrund ihres Strebens nach der Gerechtigkeit den wahren Glauben oftmals bereits hätten: Vgl. dazu Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §138,107 (Zitat der Annotationen zu Systema, Locus XI §31):„[…] atque hic observandum, ad fidei salvifica essentiam sive rationem formalem non require fiduciam remissionis peccatorum sive in praeterito sive in future, sed esse effectum fidei magis corroboratae & plenae. Experientia enim docet, infirmos quosdam fideles revera habere fidem, quia habent famem & sitim justitiae, qui tamen nondum possunt sibi propter suam imbecillitatem persuadere, quod habent vel sint consecuturi remissionem peccatorum.“ (Als Zitat der Annotationen kursiv nach Wittich.) Rechtfertigungstheologisch deutet Wittich sein Glaubensverständnis so, dass der erste Glaubensakt, also der bloße assensus fiducialis bereits zur Rechtfertigung führt. Dies belegt er mit Röm 1,17 in Wittich: Metalleia (1685) I 41 (zu Röm 1,17): „Qui habet primum actum fidei is justus est, & habet jus petendi vitam ex justificatione a Deo accepta.“ Das Verhältnis dieser These zu Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429 (Dekade I.8) bereitet Schwierigkeiten. Wie bereits in Kapitel 3.5.1.1 (Die erste Dekade als Rahmen der cartesianischen Theologie) dargelegt, markieren hier für Wittich gerade die Angst des Menschen um sein Seelenheil und das allein durch die Offenbarung zugängliche Vertrauen auf die Sündenvergebung den Übergang von Philosophie zu Theologie: „An Deus velit remittere peccatum nec ne, ex sola ratione non potest certo cognosci; nec melius Dei hac de re voluntas potest addisci, quam ex revelatione.“ Vgl. zu Wittichs Glaubens- und Rechtfertigungsverständnis auch Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 352f., der eine Übereinstimmung mit der reformierten Bekenntnistradition und der Position des Maresius

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In den Exercitationes zeigt Wittich mit der Disputation Fides Sanctorum, dass der Glaube immer mit der Gabe des Heiligen Geistes verbunden ist.709 Es zeigt sich dabei aber, dass die Trennung zwischen fides historica und fides salvifica nicht so grundsätzlich ist, wie die Ausführungen der Theologia pacifica vermuten lassen könnten. So geht er davon aus, dass auch die noch nicht Wiedergeborenen (irregeniti) über den historischen Glauben durchaus Anteil an der Inspiration des Geistes und anderen Charismen haben könnten: Die fides historica habe eine soteriologisch relevante Wirkung.710 Den Unterschied der beiden Glaubensakte macht er vor allem an ihrer Gewissheit fest. Dies wird an seinen Überlegungen zur Ausdauer (perseverantia) im Glauben deutlich. Wittich fragt, ob es zur Sünde und zum Abfall auch bei den Wiedergeborenen, den Christen mit fides salvifica, kommen kann. Dazu verweist er darauf, dass eine bloße fides historica et temporaria wohl eine wirkmächtige, aber keine sichere und dauerhafte Glaubenshaltung darstelle, während dem wahrhaft Glaubenden, selbst wenn er strauchele, der Samen Gottes (semen Dei) bewahrt bliebe.711 Es scheint so, als könne die bloße fides historica nur eine potentielle Heilswirksamkeit entfalten. Letztlich muss sie zu wahrem Glauben werden. Dessen Unerschütterlichkeit im Kontext von Prädestination, Christologie, Anfechtungen etc. zu erklären ist Zielsetzung des weiteren Verlaufs der Disputation.712 Es bleibt festzuhalten: Wittich trennt grundsätzlich Glaube und Wissen an der Scheidelinie der Mysterien. Er verweist seine Leser im Verlauf der Theologia pacifica nichtsdestoweniger auf die Vernunft als Zugang zum Glauben, entwi-

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diagnostiziert, aber diese Stellen nicht berücksichtigt. Eine detaillierte Untersuchung muss weiteren Forschungen vorbehalten bleiben. Vgl. Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum III 250; VIII 252f.; XIII 255 u. ö. Vgl. Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum VII–IX 252f. In Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum IX 253f. wird den Irregeniti die Möglichkeit zur fides historica zugeschrieben. Diese gebe durchaus Anteil an Christus und seiner Freiheit vom Gesetz. Im Gegensatz zur fides historica stehe die fides salvifica jedoch für eine vollkommene Einigung mit Christus und ein entsprechendes Vertrauen auf Sündenbefreiung. Im weiteren Verlauf der Disputation wird auf die Unerschütterlichkeit zumindest des Samens dieses eigentlichen Glaubens verwiesen. Vgl. Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum XIII 255. Bis Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum XXV 262 behandelt er die perseverantia, danach die certitudo des Glaubens der Heiligen. In diesem Zusammenhang bezieht sich Wittich noch einmal auf eine rationale Komponente des Glaubens. Bei der certitudo will er eine formale Gewissheit (certitudo formalis), die auf eine klare und deutliche Erkenntnis des Geistes zurückgeht, unterschieden wissen von einer certitudo adhaesiva fidei, die auf göttliche Offenbarung zurückzuführen und von allen Bezügen zu nicht klar und deutlich Erkanntem befreit sei. Vgl. Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum XXVIII–XXXI 263f. Eine theologische Entfaltung des Glaubensverständnisses Wittichs über die erkenntnistheoretische Fragestellung hinaus kann hier ansetzen. Vgl. auch Wittich: Metalleia (1685) I 39–41 (zu Röm 1,17) für eine genauere Erläuterung der Wirkweise des Evangeliums im Zusammenspiel mit dem Glauben.

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ckelt daraus dann aber die grundsätzliche Unabhängigkeit des eigentlichen Glaubens von der fides historica. Der Charakter der bloßen Vorläufigkeit, den er dem historischen Glauben zuspricht, wird nach dem Zeugnis der Exercitationes lediglich an der fehlenden Gewissheit in Heilsfragen festgemacht, ohne dass eine rechtfertigende Wirkung oder die Teilhabe am Heiligen Geist der fides historica grundsätzlich abgesprochen wird. Damit bleiben Glaube und Heilsoffenbarung mit der Vernunft nach wie vor eng verbunden. Dass jedoch in Bezug auf den Glauben die certitudo der Vernunft abgesprochen wird, obwohl dieser Begriff aus dem cartesianischen Kontext heraus eng mit der richtig angewendeten Vernunft verbunden ist, fällt auf. Der cartesianische Erkenntnisoptimismus wird hier scheinbar letztlich in die Offenbarung überführt. Wie nun die Verbindung von vernünftig entwickelter fides historica zum Heilsglauben aussehen kann und wie nach Wittichs Vorstellung der Glaube genau entsteht, bleibt zu fragen.

3.10.2 Der Geist der Wahrheit: die Wirkung des Heiligen Geistes in und jenseits der Vernunft Die hohe Bedeutung der Vernunft für die Entstehung des Glaubens will Wittich aus der These ableiten, dass sie als Gottesgabe nicht nur in einer instrumentalen Beziehung zur Offenbarung steht. Die richtig angewendete Vernunft (recta ratio) stellt er in der Theologia pacifica als mögliche Form der Offenbarung dar. „Man muss es als richtig erachten, dass Gott uns das, was wir durch die richtig angewendete Vernunft innerlich erkennen, geoffenbart hat, insofern er natürlich der Urheber dieses Gebrauchs der richtig angewendeten Vernunft ist.“713 Wittich sieht sich aufgrund dieser These mit dem Vorwurf konfrontiert, dem Rationalismus der Philosophia S.S. Interpres nahezukommen, worauf er mit dem Verweis reagiert, dass sie in Röm 1,19 biblisch belegt sei.714 Wenn es dort heißt: „Was man von Gott erkennen kann, ist offenbar (manifestum); denn Gott hat es ihnen offenbar gemacht“, dann sei nicht von einer Offenbarung mittels der Bibel die Rede. Hier werde stattdessen auf ein Offenbarmachen Gottes durch die richtig angewendete Vernunft verwiesen.715 Das bedeutet freilich nicht eine Ermächti713 Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §133,104: „Ration enim recta aeque pendet a Deo ac revelatio, imò quae per rectam rationem cognoscimus interne, censendus est Deus nobis revelare, utpote qui auctor est istius usus rectae rationis.“ (Kursiv nach Wittich.) Bereits im Consensus veritatis verweist Wittich darauf, dass der Heilige Geist Urheber der Vernunft und der Wissenschaft ist. Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXV §735,331. 714 In seinem Kommentar zum Römerbrief bietet Wittich eine entsprechende ausführliche Auslegung der Perikope in ihrem Kontext. Vgl. zur Auslegung von Röm 1,19 Wittich: Metalleia (1685) I 45f. Vgl. dazu auch Kapitel 3.11 (Vernunft und Offenbarung im Römerbriefkommentar). 715 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §133,104.

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gung der Vernunft über das Schriftzeugnis. Die Vernunft ist, wie wir gesehen haben, von Wittich theologisch grundsätzlich beschrieben als eine der Offenbarung untergeordnete Erkenntnisform. Sie ist daher mit ihr nicht gleichzusetzen. Vor allem sind Offenbarung und Vernunft unterschieden durch ihre Objekte: Die Vernunft ist auf die Inhalte der natürlichen Theologie und des historischen Glaubens anwendbar. Insofern sie Wahrheit vermittelt, stammt sie von Gott. In diesem Sinne muss die Beziehung der recta ratio auf die Offenbarung verstanden werden. Die Mysterien hingegen sind einzig und allein Objekt der Schriftoffenbarung. Es wird deutlich: Wittich schreibt (von Descartes herkommend) mit diesen Ausführungen der natürlichen Theologie eine große Bedeutung zu, aber er bemüht sich um ihre strikte Unterordnung unter das Offenbarungsprinzip. Dass sie sich jedoch nicht verselbstständigen kann, ist für ihn mitunter schwer zu begründen und muss an den Inhalten, durch die letztlich auch Philosophie und Theologie voneinander getrennt werden, festgemacht werden. Immerhin erhält die Vernunft selbst Offenbarungscharakter, indem sie zur Wahrheitsvermittlerin erklärt wird und Gott ihre Richtigkeit garantiert.716 Auch die im Folgenden noch zu thematisierende Schlüsselstellung der Hermeneutik in Wittichs System, welcher er die rationale Erschließung des biblischen Offenbarungszeugnisses zuweist, wird darauf zurückgeführt, dass der Heilige Geist sich in seinem Wirken gezielt an die Vernunft wende.717 Der Mensch als Adressat der Bibel ist in seiner Bestimmung als Vernunftwesen vom Heiligen Geist ernst genommen. Der Geist passt sich der menschlichen Natur soweit an, dass er seine Offenbarung der vernünftigen Erschließung öffnet. Eine vernunftbestimmte Bibellektüre ist daher aufgrund dieser Akkommodation eine der Offenbarung angemessene Zugangsweise.718 Wenn sich der hohe Stellenwert der Vernunft in der Theologie Wittichs aus dem Akkommodationsgedanken ableiten lässt, ist auch der theologische usus der Philosophie legitimiert. Wittich betont, dass die Gewissheit (certitudo) der Ergebnisse der Theologie nicht danach zu differenzieren seien, ob sich eine Erkenntnis auf die Bibel oder auf die Vernunft stütze. Beide Erkenntnisformen seien rational auswertbar: „Menschliche Schlussfolgerungen, sofern sie richtig durchgeführt werden, erzeugen denselben Grad an Gewissheit, sei es, dass sie auf der Vernunft basieren, sei es, dass sie auf der Schrift basieren. Aber wenn sie falsch durchgeführt werden, wie es fortwährend bei denen zu geschehen pflegt, die über Dinge urteilen, die sie nicht verstehen, haben sie überhaupt keine Ge-

716 Vgl. auch Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 304. 717 Vgl. Kapitel 4.3.2 (Schrifttheologische Voraussetzungen der Akkommodation). 718 Vgl. dazu Wittich: Consensus (21682) XXXVI §740,335 sowie Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 517f. und Kapitel 4.3.2 (Schrifttheologische Voraussetzungen der Akkommodation).

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wissheit.“719 Auf diese Weise unterscheidet Wittich zwischen der theologischen wissenschaftlichen Arbeit, die er grundsätzlich als rationale Operation versteht, und ihren Prinzipien. Neben der Schriftoffenbarung ist die Vernunft ein legitimes wissenschaftstheologisches Prinzip, sofern sie sich nicht auf Bereiche bezieht, die ihr versperrt sind. Damit schließt sich ein Kreis zu dem anfänglich skizzierten Gedanken der cognitio aus der Metalleia: Unabhängig davon, ob der Mensch eine Erkenntnis aus der Schriftoffenbarung oder anders gewinne, mit der Erkenntnis als solcher könne rational operiert werden.720 Wenn man hingegen in der Theologie unwissenschaftlich arbeitet, also die Vernunft nicht auf die Schrift anwende, komme man trotz Anerkennung der biblischen Offenbarung und ganz unabhängig von der persönlichen Glaubenssituation zu Fehlurteilen. In einem allgemeinen Sinne hat Wittich die Theologie zu Beginn der Theologia pacifica übergreifend als „supremi Dei, cujus verbo & revelatione nixa notitia“721 definiert. Seine notitiae kann der Mensch wissenschaftlich auswerten. Theologie erfordert also neben dem Prinzip der Offenbarung eine richtige Anwendung der Vernunft. Für Wittich konkretisiert sich diese in der Orientierung an der cartesianischer Methode und ihrem Wahrheitsbegriff.722 Glaube und Wahrheit sind Begriffe, die theologisch mit dem Wirken des Heiligen Geistes verbunden werden müssen. Die Pneumatologie hat Wittich in weiten Teilen seines Œuvres nicht in den Vordergrund gestellt. Er macht jedoch an bestimmten Stellen wiederholt deutlich, dass Glaube und die völlige Annahme der Offenbarung und der göttlichen Gnade nicht auf die Vernunft oder eine andere menschliche Leistung zurückzuführen sein können, sondern auf den Heiligen Geist. Während Wittich die fides historica aus der Vernunft herleitet, hält er in den Positiones fest: „Der Urheber des heilswirksamen Glaubens ist der Heilige Geist […].“723 Den Glaubensakt siedelt er innerhalb der Seele nicht im Intellekt, sondern im Willen an, erklärt den actus intellectus aber zur Vorbedingung des Glaubens.724 In der Causa Spiritus Sancti und der Causa Spiritus Sancti victrix 719 Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §134,104: „Ratiocinia humana recta eandem generant certitudinem sive fundentur in ratione, sive in Scriptura, sed si perperam procedunt; ut solet passim fieri ab iis, qui judicant de iis, quae non intelligent, nullam plane habent certitudinem”. 720 Vgl. Kapitel 3.5.2 (Erkenntnisgewinn und Wissenschaftsverständnis im Römerbriefkommentar). 721 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §1,1. 722 Vgl. dazu auch die Problematisierungen dieses Ansatzes von Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 351f. 723 Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 449 (Dekade XXXVI.1): „Autor fidei salvificae est Spiritus Sanctus […].“ 724 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 449 (Dekade XXXVI.2). Dies entspricht der Voraussetzung, dass die fides historica grundlegend für die fides salvifica sei,

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bindet er sich an eine Pneumatologie, die dem Heiligen Geist selbstverständlich glaubensstiftende und inspirierende Wirkung zuspricht. Die Inspiration erläutert Wittich besonders an der alttestamentlichen Wendung von der Schaffung eines neuen Herzens,725 aber auch anhand des inspirierenden Wirkens des Geistes in Noah und anderen prophetischen Menschen.726 Der Geist erweist sich sodann als Stifter des Glaubens für Wittich vor allem im Kontext der Taufe. Hier zeige er sich als dominus bzw. als magister fidei: Er erweise sich anhand der Schriftexegese klar und deutlich als primam causam & originem fidei.727 Beide Wirkweisen bündelt Wittich darüber hinaus in der Gleichsetzung des Heiligen Geistes mit der Wahrheit und bietet dabei eine theologische Entfaltung dieses aus philosophischer Perspektive so zentralen Begriffes der cartesianischen Theologie. Der Geist forme die Gedanken unseres Herzens und das Herz selbst. Er sei der Geist der Wahrheit und die Wahrheit selbst, d. h. der Urheber alles Wahren.728 Er mache die göttlichen Gebote einsichtig, verankere sie im Menschen und erleichtere ihre Erfüllung.729 Ähnliche Motive kommen bereits in den Frühschriften Wittichs vor – insbesondere die Vorstellung vom Geist als Urheber der Wahrheit und Sicherung der biblischen Autorität – werden dort aber nicht so breit ausgeführt.730

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ohne selbst in vollem Umfang heilswirksam zu sein. Vgl. die weiteren Punkte der Dekade für die Verhältnisbestimmung von Glaube und Rechtfertigung. Das Wirken des Heiligen Geistes als Glaubensstifter und damit als Grund für Gnade und Rechtfertigung wird anhand der unverzeihlichen Sünde wider den Heiligen Geist zum Ausdruck gebracht in Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 450 (Dekade XXXVII.2). Vgl. Mt 12,31f. und dazu ausführlich Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §51–53,71–79. Ebenso nachdrücklich wird dies durch die Bezeichnung des Geistes als „Regenerationis & Sanctificationis Auctor“ hervorgehoben. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 450 (Dekade XXXVII.9). Als Grundlage für gute Werke gilt schließlich, dass sie den Heiligen Geist als Urheber haben müssen. Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 451 (Dekade XXXVII.10). Damit ist Wittich in den Positiones deutlich klarer als in den Exercitationes, wo eine eingeschränkte Heilswirksamkeit auch der fides historica zugesprochen wird. Vgl. dazu Kapitel 3.10.1.4 (fides salvifica). Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §38,51f. Vgl. auch Wittich: Causa Spiritus Sancti (1678) §9,15. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §39,52–54. Vgl. auch Wittich: Causa spiritus sancti (1678) §9,14–16. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §57,85 und die ausführliche Diskussion in Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §54–65,79–95. Vgl. auch Wittich: Causa Spiritus Sancti (1678) §15,34–36 und §18,46. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §65,95f. Vgl. auch Wittich: Causa Spiritus Sancti (1678) §10,16–22, wo der Geist der Wahrheit als Stifter des Bundes Gottes mit Israel und die damit verbundene Heiligung des Menschen entfaltet wird. Vgl. zum Geist der Wahrheit auch Wittich: Causa Spiritus Sancti (1678) §16,40f. und §23,59. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti (1678) §23,58. So verhandelt Wittich z. B. den Einwand seiner Gegner, dass das opinio-Argument im Widerspruch zum Geist der Wahrheit stünde (mit Bezug auf Joh 13,13: Vgl. Wittich: Consensus

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

Im Rahmen seiner Verteidigung der Trinitätslehre bemüht sich Wittich zu zeigen, inwiefern Vater, Sohn und Geist jeweils mit der Wahrheit identifiziert werden müssen. Bindeglied ist hierfür neben der biblischen Offenbarung das gemeinsame göttliche Wesen. So belegt Wittich zunächst, dass Gott der Urheber aller Wahrheit sei: Gott wird als der Bildner der Ideen dargestellt, von denen wiederum die geschaffenen Dinge abhängig sind. Sie erhielten ihr Sosein daher, dass Gott sie derartig denke und stimmten daher mit den von Gott geformten Ideen überein.731 Die Wahrheit, an der Geschöpfe in ihrem Denken teilhaben, entstehe wiederum durch die Übereinstimmung ihrer Begriffe und Urteile mit Gottes Ideen und sei insofern abhängig von diesem. Es sei unmöglich, eine einzige Wahrheitserkenntnis isoliert von der ganzen Wahrheit selbst hervorzubringen. Der Heilige Geist ist als Urheber bestimmter Wahrheiten in den Menschen biblisch erwiesen, so dass er zwangsläufig auch Urheber aller Wahrheiten sein müsse. Aus der Tatsache also, dass der Heilige Geist eine bestimmte Wahrheit in das menschliche Herz legen und es erleuchten kann, ließe sich ableiten, dass ihm die allmächtige Tätigkeit zuzuschreiben sei, jede Wahrheit in die Seele eines jeden Menschen zu legen. In diesem Sinne sei der Heilige Geist der Geist der Wahrheit, also ihre Erstursache.732 Das Wirken des Heiligen Geistes beschränkt sich nach Wittich dabei nicht auf die äußere Offenbarung der Bibel, sondern vollziehe sich in Form einer inneren Offenbarung. Durch diese könne der Heilige Geist den Geist der Menschen unmittelbar erleuchten, ihm die Wahrheit eingeben und von ihr überzeugen.733 Den Akt der inneren Offenbarung hatte Wittich zuvor in der Theologia pacifica zur Beschreibung der recta ratio verwendet.734 Wittich will nicht das Wirken des Geistes durch die Funktion der Vernunft ersetzen, sondern Vernunftoperationen theologisch verorten. Die göttliche Souveränität wahrt er, ihr Wirken jedoch lässt sich nun psychologisch und epistemologisch erklären. Daher betont Wittich das freie Offenbarungs- und Gnadenhandeln Gottes gegenüber dem menschlichen Willen und seiner Vernunft.735 Eng verbunden mit der Bezeichnung des Geistes als Urheber der Wahrheit ist ferner seine Allwissenheit, die ihm als göttliche Person zukommt. Die Glaubenden würden durch ihn unterwiesen und erhielten so erst die Möglichkeit

731 732 733 734 735

(21682) XXXIV §§726–734,328–330 und die korrespondierenden Passagen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 5 §§9f.,73–76 und Consideratio (1656) §82,68f. und §86,73. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §66,96f. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §66,97f. Der Teufel sei demgegenüber Geist der Lüge und damit ihr Urheber. Vgl. auch Wittich: Causa Spiritus Sancti (1678) §14,32, wo der Heilige Geist als Macht gegen Dämonen und Teufel dargestellt wird. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §66,98. Vgl. Kapitel 3.10.2 (Der Geist der Wahrheit). Vgl. auch Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 304.

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einer tieferen Gotteserkenntnis. Diese sei nämlich im Menschen tatsächlich nur unvollständig: Die menschlichen Wissenschaften seien begrenzt, die Wissenschaft Gottes jedoch unbegrenzt.736 Wittich schränkt hier also den rationalen Erkenntnisoptimismus, den er aus philosophischer Perspektive gerade mit Blick auf die Gottesfrage immer wieder betont, deutlich ein und hebt die spirituelle Dimension der Gotteserkenntnis von der vernünftigen ab. So ist Erkenntnis für Wittich nicht nur etwas, das man durch die cartesianische Methode erreicht, sondern worum man beten muss, und zwar immer dann, wenn sich der Erkenntnisgegenstand der Vernunft entzieht, also zu den Mysterien gehört.737

3.10.3 Der Geist und der Glaube als Mysterium im Verhältnis zur theologischen Wissenschaft Der Heilige Geist hat aufgrund seiner Göttlichkeit die Einsicht in die Tiefe Gottes.738 Insofern kann er zwischen dem animal rationale Mensch und der Wirklichkeit Gottes über Inspiration und Stiftung und Versiegelung des Glaubens vermittelnd wirken. Wie genau dies geschieht, inwiefern z. B. das Wissen des Geistes mit dem menschlichen Wissen zusammenwirkt, führt Wittich nicht explizit aus. Das entspricht auch dem Respekt vor dem Gegenstand: Die glaubensund erkenntnisstiftende, erleuchtende Wirkung des Geistes lässt sich biblisch mannigfach belegen.739 Die Entstehung des Glaubens durch den Geist wird von ihm, wie die Trinität selbst, in den Bereich des Mysteriums gerückt, der anzuerkennen aber nicht nach seinen Ursachen zu befragen ist.740 In dem Verzicht der rationalen Zergliederung des Wirkens des Heiligen Geistes bewahrt sich seine 736 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §87,124–126. 737 Vgl. bes. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §88,126f. Vgl. auch den weiteren Verlauf der Ausführungen in Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §89–94,127–137. Vgl. schließlich Wittich: Causa Spiritus Sancti (1678) §912,25–28, wo u. a. die Verbindung des inkarnierten Christus mit dem Heiligen Geist als Ursache für die Weisheit der Gotteserkenntnis und für die Klugheit der Erkenntnis des Guten in seiner menschlichen Natur dargestellt wird. 738 Vgl. bes. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §91,130–132. 739 Vgl. neben den bisher genannten Stellen auch Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §129f.,195–198, wo die Gaben (dona) des Heiligen Geistes thematisiert werden: Durch den Heiligen Geist werden Weisheit, Einsicht und Wissenschaft eingesehen. In demselben Kontext stehe auch die paulinische Charismenlehre, vgl. z. B. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §155,236 und Wittich: Causa Spiritus Sancti (1678) §22,54f. Nicht zu verwechseln sind bei der inspirierenden Wirkung des Geistes Gaben und Geber. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §170f.,258–262. 740 Diese Prämisse hat er anhand der Gegenüberstellung von ὃτι, dem im Glauben anzuerkennenden Sachverhalt, und dem nicht nachvollziehbaren Ursachenzusammenhang, διότι, mehrfach verdeutlicht.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

cartesianische Theologie einen Charakter, der mit der Bibel und der reformierten Tradition grundsätzlich konform bleibt. Wenn Wittich voller Erkenntnisoptimismus von den Möglichkeiten der cartesianischen Epistemologie auch für die Theologie spricht, bezieht er sich auf einen den Menschen und seiner Vernunft offenstehenden Bereich. Die Unverfügbarkeit des Glaubens und einer tieferen Gotteserkenntnis erkennt er durch ihre Zuordnung zu den Mysterien grundsätzlich an. Nichtsdestoweniger fußt der allein der Offenbarung zugängliche Bereich auf einem Fundament, das der cartesianischen Anthropologie angepasst ist. Wittich scheut sich z. B. nicht, das Wirken Gottes innerhalb der menschlichen Seele genau zu verorten und zu beschreiben. So hält er den Willen als Sitz der fides salvifica fest741 und bestimmt das Zusammenspiel Gottes und des menschlichen Willes bei der Bekehrung, wohlgemerkt jedoch immer nur von menschlicher, und damit rational beschreibbarer Seite.742 Fassen wir zusammen: Wenn Wittich davon spricht, dass die Vernunft des Menschen über den Charakter einer Schriftstelle als Offenbarungswahrheit entscheidet, bezieht er sich auf die rein exegetische Analyse der Bibel. Diese bringe durch Übersetzung, Kontexteinordnung, Vergleiche und Interpretation hervor, welche Schriftstelle wörtlich, welche metonymisch verstanden werden soll. Die Charakterisierung der recta ratio als Form der Offenbarung über die Verbindung Gottes mit der Wahrheit und den Akkommodationsgedanken macht dies möglich. Damit sind weder die innere Bejahung dieser Schriftaussage noch ihre Annahme im Glauben verbunden: Es handelt sich um eine rein wissenschaftliche Interpretation, zu der sich der Exeget neutral verhalten kann. Wittich beschreibt den Bereich des vernünftigen Umgangs mit der Bibel mit scholastischer Terminologie als fides historica. Der Glaube ist davon nur insofern betroffen, als auch dieser die reine Sachkenntnis und Durchdringung seiner Inhalte benötigt. Eine Rationalisierung des Glaubens- und Offenbarungsbegriffes leugnet Wittich jedoch. Stattdessen macht er deutlich, dass man nur in einem höchst uneigentlichen Sinn in Bezug auf notitia, wie sie der fides historica zugrunde liegen, überhaupt von Glauben sprechen kann.743 Eine Kenntnis (notitia) ist aber

741 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §128,97f. 742 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §130,100f. Da Wittich den Willen des Menschen als grundsätzlich frei und aktiv bestimmt, betont er neben der Passivität des Menschen bei der Bekehrung durch die göttliche Gnade auch eine aktive Seite. Vgl. zudem Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §138,108: Stellt sich im Rahmen der fides salvifica die Liebe Christi ein, wird dieser sofort im Willen des Menschen verankert. Der Zustand der fiducia ist nach Wittich ein motus animi, der eine Mischung aus der Bewegung des Begehrens (der Hilfe Christi) und der Freude (über ihre Zusicherung) sei. 743 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI 128,97f. Gegen Maresius, der eine Berücksichtigung auch des intellectus für den Glaubensbegriff fordert, hält Wittich hier fest, dass man zwar eine Erkenntnis (notitia) dem Glauben voranstellen müsse, dass diese aber nicht

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noch nicht der eigentliche Glaube, sondern nur dessen (nicht einmal immer notwendige) Voraussetzung. Gleichzeitig ist aber die fides historica nicht beziehungslos zum Heil. Sie ist potentiell offen für das Wirken des Geistes, kann eine temporäre rechtfertigende Wirkung entfalten und ist über die in ihr enthaltene Wahrheit mit Gottes Offenbarung verbunden. Dieses Ergebnis klärt auch Wittichs Bestimmung der wissenschaftlichen Theologie genauer. Es zeigt sich nun, warum Wittich bei seinen Darstellungen, seien es Lehrschriften, Apologien des Cartesianismusstreits oder theologische Darstellungen, immer von der natürlichen Theologie ausgeht, bevor er sich der geoffenbarten Theologie annähert. Sie vermittelt die rational fassbare Grundlage des Glaubens. Die Mysterien hingegen können lediglich bekannt werden. Nur sehr vorsichtig erlauben sich hier weitere Erläuterungen durch Analogien und Folgen. Sie selbst tiefergehend zu analysieren verbietet sich. Rational bearbeitet werden können aber die Erkenntnisse der Offenbarung. Die klassische scholastische Zergliederung des Glaubens wird dabei von Wittich zugleich kritisiert und für seine Inanspruchnahme des Cartesianismus für die Theologie instrumentalisiert. Er macht klar, dass die grundsätzliche Trennung von Philosophie und geoffenbarter Theologie, bei der er in der Theologia pacifica angesetzt hatte, in der cartesianischen Theologie konsequent durchgehalten werden soll. Im Glaubensbegriff kann er trotzdem einen Berührungspunkt von Vernunft und Offenbarung bestimmen. Dies gelingt ihm über den Wahrheitsbegriff. Theologie und Philosophie bleiben grundsätzlich durch ihre unterschiedlichen Objekte, Wissenschaft und Mysterien, voneinander getrennt, der Nutzen der Philosophie ist aber für den Umgang mit den aus der Offenbarung resultierenden Erkenntnissen legitim. Erst an dieser Stelle ist die Theologie Wittichs seinem Anspruch nach ‚cartesianisch‘. Wie die Darstellung der fides acquisita als einzig notwendige Grundlage der Theologie bei Abraham Heidanus gezeigt hat,744 stellte sich den cartesianischen Theologen durchaus die Frage, inwieweit ein Theologe überhaupt noch glauben muss, um Zugang zur Offenbarung und zur Theologie zu erhalten und seine Wissenschaft auszuüben. Auch wenn sich nach Wittich die Theologie als Wissenschaft überwiegend auf der Ebene der fides historica bewegt, setzt er aber den Glauben für einen Theologen selbstverständlich voraus. Die Anerkennung der Offenbarung ist Grundvoraussetzung theologischen Arbeitens und darf als der vorausgesetzte Regelfall angenommen werden. Dass dies jedoch eine gewisse Problematik beinhalten kann, wird deutlich, wenn noch einmal Wittichs Darstellung des Ringens eines Theologiestudenten um die Anerkennung der Autoeigentlich als Teil des Glaubens betrachtet werden dürfe. Der eigentliche Glaube sei nur im Bereich des Willens anzusiedeln. 744 Vgl. Kapitel 3.4.2.2.2 (Heidanus) und dazu Heidanus: Corpus (1686) I 3.

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rität der Bibel als Wort Gottes in den Blick genommen wird.745 Diese Anerkennung macht eigentlich das Wesen der fides salvifica aus746 und ist damit unverfügbar. Was Wittich im Falle des fehlenden Glaubens empfiehlt, ist die Schaffung einer fundierten fides historica. Sie schlägt die Brücke zum heilsstiftenden Glauben, doch nur der Heilige Geist kann sie dahin überführen. Wie das geschieht, wird angemessener Weise in den Bereich des Mysteriums zu verlagern sein. Dadurch kann Wittich seine Position insgesamt im Rahmen der Orthodoxie zu verorten versuchen, jedoch dominieren sein Œuvre Betonungen einer vernünftigen Seite des Glaubens deutlich.

3.11 Die exegetische Vergewisserung: Vernunft und Offenbarung im Römerbriefkommentar Dem coccejanischen Ansatz von Wittichs Theologie entspricht es, sein Vernunftverständnis biblisch abzuleiten. Die biblische Verankerung wird in Wittichs verschiedenen Schriften unterschiedlich stark betont. In den Positiones bleibt er eine biblische Begründung weitgehend schuldig, wird sie aber möglicherweise in seinen Annotationen und im Unterricht geboten haben. Genauso verhält es sich in dem primär philosophisch ausgerichteten Commentarius de Deo im AntiSpinoza, der den Offenbarungsbegriff überhaupt nicht in den Blick nimmt und den vernünftigen Gottesbegriff natürlicher Theologie allein über die eingeborene Gottesidee legitimiert. In seinen Frühschriften der 1650er Jahre und den Schriften der Maresius-Auseinandersetzung, werden Bibelstellen bedarfsmäßig herangezogen. Sie stehen jedoch selten im Zentrum der Argumentation, auch wenn z. B. Indices in Consensus veritatis und Theologia pacifica über die diskutierten Bibelstellen betont Auskunft geben. In der Debatte um die Causa Spiritus Sancti spielen biblische Belege eine deutlich größere Rolle zur Untermauerung der Argumentation, wie es auch Wittichs Beweisziel entspricht. Eine exegetisch abgeleitete Vernunftbestimmung bietet aber vor allem Wittichs Römerbriefkommentar. Das erste Kapitel des Römerbriefs (Röm 1,16–25) gehört zu den zentralen Texten, in denen die Möglichkeiten einer natürlichen Theologie thematisiert werden.747 Wittich bündelt in seinem Kommentar zu der Textstelle die bisherigen Überlegungen und legt Paulus im Kontext cartesianischer Theologie aus.

745 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xx–xxi]. 746 Vgl. noch einmal die Definition der fides salvifica in Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §138,107f. 747 Wittich selbst zitiert Röm 1,19 z. B. in Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §133,104.

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Er leitet seine Kommentierung versweise erstens durch eine lateinische Übersetzung und zweitens eine interpretierende Wiedergabe in eigenen Worten ein, bevor er eine philologisch-theologische Analyse anschließt. Eine grundsätzliche Überordnung der Offenbarung gegenüber der Vernunft erklärt für ihn bereits Röm 1,16: „Denn es [scil. das Evangelium] ist die wahre Weisheit und diese ist jeder menschlichen vorzuziehen, weil sie den Menschen in dieser Lehre unterrichtet, die sich als geeignet erweist, für Menschen das ewige Heil zu gewinnen.“748 Der von Gott gewirkte Glaube überwinde das Unvermögen der Menschen, aus eigener Weisheit einen Weg zu Rechtfertigung und Heil zu ersinnen. Gott habe der menschlichen Weisheit mit der göttlichen Weisheit geholfen, indem er durch sein Evangelium dem Menschen den Heilsweg geoffenbart habe, so dass diese sich die Gerechtigkeit im Glauben aneignen könnten.749 Die Wirkmacht des Evangeliums unterliegt jedoch nach Wittich einer Beschränkung. Nicht in allen, die es hörten, erweise es sich als heilswirksam. Er betont hier die Bedeutung des Glaubens für einen adäquaten Zugang zur Offenbarung. Der Glaube hingegen hänge, wenngleich er mittels des Evangeliums geweckt werden könne, ganz von Gottes Wirken ab. Ausdrücklich bemerkt Wittich in seinem Kommentar, dass Gott gewollt habe, dass diese seine Macht nicht mit der Philosophie, sondern mit dem Evangelium verbunden sei.750 In Röm 1,18 wird sowohl Juden als auch Heiden Gottes Zorn dafür verheißen, dass sie sich der Wahrheit Gottes in ihrer Ungerechtigkeit entgegenstellten. Wittich will anhand des Verses aufzeigen, dass Paulus eine Wahrheitserkenntnis voraussetzt, die neben der Offenbarung auch durch das natürliche Licht der Vernunft zugänglich sei.751 An die Möglichkeit einer natürlichen Wahrheitserkenntnis legt Wittich das cartesianische Deutungsschema an. Zwar führe das Fehlen klarer und deutlicher Erkenntnisse zu einem letztlichen Scheitern der Vernunftanwendung, jedoch habe der menschliche Geist alle notwendigen Voraussetzungen für die Erkenntnis Gottes. Denn alles, was man über Gott durch die richtig angewendete Vernunft erkennen kann, und was in Bezug auf seine Natur klar und offenkundig ist, erstrahlt in ihren Geistern durch sein Licht. Dieses Licht hat Gott persönlich in sie gelegt, damit sie gezwunge-

748 Wittich: Metalleia (1685) I 9 (zu Röm 1,16): „Vera enim sapientia & omni humanae praeferenda est ea, quae informat hominem ea doctrina, quae salutem aeternam homini conciliare apta nata est; […].“ 749 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) I 9f. (zu Röm 1,16f.). Ausdrücklich betont Wittich, dass die Lehre des Evangeliums nicht von der Art ist, dass sie „ex cerebro humana fuerit producta.“ Wittich: Metalleia (1685) I 10 (zu Röm 1,17). 750 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) I 38f. (zu Röm 1,16). Vgl. auch Wittich: Metalleia (1685) I 39f. (zu Röm 1,17) für eine genauere Erläuterung des Evangeliums und seiner Wirkweise im Zusammenspiel mit dem Glauben. 751 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) I 10f. (zu Röm 1,18).

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nermaßen aus ihrem Geist die Gotteserkenntnis hervorholen müssen und sie sie so oft hervorholen, wie sie ihre Augen nicht vor diesem offenkundigen Licht verschließen.752

Mit Röm 1,20 belegt Wittich, dass Gott die Menschen zu seiner Erkenntnis aus der Schöpfung heraus selbst antreibe, insofern Sinne und Intellekt sich beständig mit Gottes Werken auseinandersetzen müssten, die wiederum auf ihren Schöpfer verwiesen.753 Wittich sieht dabei in den Worten des Paulus eine deutliche Absage an den seiner Auffassung nach den Atheismus begünstigenden Sensualismus und verweist auf die Vorordnung der Vernunfterkenntnis.754 In der Auslegung des Verses betont er, dass Gott die Menschen von Anbeginn der Schöpfung zu seiner Erkenntnis antreibe und knüpft dies an die Gabe des Geistes (mens), in dem die Idee Gottes als Idee „entis summe perfecti“755 angelegt sei.756 Die natürliche Gotteserkenntnis bleibe jedoch insofern mangelhaft, als dass sie den Menschen nicht zur Ehre Gottes zu führen vermöge, was besonders in Röm 1,21 genauer ausgeführt werde. Aufgrund dieses Mangels werde ihre vermeintliche Weisheit zur Torheit. Von ihrem Geist und ihrer richtig angewendete Vernunft seien sie im Stich gelassen.757 Um von der Gotteserkenntnis zu einer angemes752 Wittich: Metalleia (1685) I 11 (zu Röm 1,19): „Omne enim quod de Deo per rectam rationem potest cognosci, & quod calrum & apertum est sua natura, radiat in eorum mentibus luce sua, quam lucem Deus ipse in illis posuit, ut non possint non elicere ex mente sua Dei cognitionem, & eliciant toties, quoties non claudunt oculos suos ad hanc apertam lucem.“ Vgl. auch im Kontext textkritischer Überlegungen Wittich: Metalleia (1685) I 45f. (zu Röm 1,19), wo u. a. betont wird, dass allen Menschen die Fähigkeit zu klarer Erkenntnis gegeben ist. 753 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) I 11f. (zu Röm 1,20): Eine Gotteslehre in nuce wird geboten, zusammengefasst unter den beiden Begriffen aeterna Potentia, in der sich Gutheit, Gnade, Erbarmen, Zorn, und Gerechtigkeit zusammenfassen lassen, sowie aeterna Divinitas, die alle übrigen göttlichen Vollkommenheit bündelt, namentlich: Unendlichkeit, absolute Herrschaft, Unabhängigkeit, Allwissenheit, Heiligkeit und Wahrhaftigkeit. Vgl. auch Wittich: Metalleia (1685) I 48f. (zu Röm 1,20). 754 Die Auslegungstradition des Verses zu einer Etablierung natürlicher Theologie ist hierfür zentral. Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, zeigt, dass eine aristotelisch geprägte Deutung der Textstelle eine Erkennbarkeit Gottes ab ejus effectibus belegt sieht. Wenn man annimmt, den Schöpfer anhand seiner Werke erkennen zu können, wird ein kausaler Zusammenhang von Schöpfung und Schöpfer für die Gotteserkenntnis genutzt. Voetius und andere setzten sich dafür ein und auch bei den Cartesianern hat dieses Argument Gewicht. Mit Verweis auf Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §132,103 belegt Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 264, dass Wittich „[…] den Paulustext und die cartesische Idee durch die These zu verbinden gesucht [hat], daß die Betrachtung der Werke Gottes den Menschen eben dadurch zur Erkenntnis der Existenz Gottes bringt, daß er auf die Idee Gottes achtet.“ 755 Wittich: Metalleia (1685) I 47. (zu Röm 1,20). 756 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) I 47f. (zu Röm 1,20). Eine Deutung des Verses, nach der die sichtbare Schöpfung Voraussetzung einer natürlichen Gotteserkenntnis sei, die ausschließlich über die Sinneswahrnehmung vermittelt werde, will er vermeiden. 757 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) I 12f. (zu Röm 1,21f.). Aus dieser Perspektive heraus verfehlten sie auch eine adäquate Entfaltung der Gotteslehre, wie in Röm 1,23f. beschrieben werde.

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senen Gottesverehrung zu gelangen, sei Glaube notwendig.758 Jedoch genüge die natürliche Gotteserkenntnis nach Wittich so weit, dass man Gott aus seiner Vollkommenheit als das höchste Gute ableiten müsse und seiner eigenen Unvollkommenheit gewahr werde.759 Wittich greift bei seiner Darstellung auf theologische Kategorien zurück, so dass er das potentielle Wissen der Heiden um die eigene Unvollkommenheit mit einem Sündenbewusstsein ohne weitere Begründung gleichsetzt. Daraus sei die Notwendigkeit, das menschlichen Strebens auf Gott allein auszurichten, ebenfalls rational ableitbar, zumal Gott als freundlich und langmütig erkannt werde. Die Ausrichtung des Lebens an den Vorschriften Gottes erweise sich als Schlüssel zum eigenen Glück. Jedoch erkenne die Vernunft nicht zuverlässig, wie der Mensch dazu Zugang erhalte und vor Gott Gnade finden könne. Die Hoffnung auf Gottes Gnade sei zwar zu belegen, jedoch fehle mit dem Glauben dabei letzte Gewissheit. Weiterhin bleibe unklar, ob Gott dem Menschen seine Verfehlungen ohne Strafe vergebe. Jedoch genüge die natürliche Erkenntnis, um zu wissen, dass der Mensch Gott darum bitten müsse, ihm diese der Vernunft verschlossenen Inhalte zu offenbaren und ein Mittel zur Versöhnung mit ihm aufzuzeigen.760 Dieser natürliche Erkenntnisweg sei jedoch faktisch nie vollzogen, der richtige Vernunftgebrauch dementsprechend nicht ausgeübt worden, was Wittich der allgemeinen Verderbtheit (corruptio universalis) infolge des Sündenfalls zuschreibt, dessen Wirkung in Röm 1,21 beschrieben sei. Diese habe jedoch der Apostel noch nicht im Blick, wenn er in Röm 1,20 die Heiden anklagt. Er verweise stattdessen in einem ersten Schritt ausdrücklich auf die physikalische Möglichkeit (possibilitatem physicam) der umfassenden Gotteserkenntnis, durch deren Verfehlung der Mensch schuldig werde.761 Im folgenden Vers zeige er dann erstens, inwiefern sich der Mensch zusätzlich durch eine unangemessene Gottesverehrung versündige762, und zweitens, warum der Mensch nicht in der Lage sei, die Vernunft richtig anzuwenden und zu der vollen natürlichen Gotteserkenntnis

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Insbesondere die Körperlichkeit Gottes werde irrtümlich angenommen. Vgl. Wittich: Metalleia (1685) I 13f. (zu Röm 1,23f.). Vgl. Wittich: Metalleia (1685) I 48 (zu Röm 1,20): genauer muss man sagen, ein über die fides historica hinausgehender Glaube. Vgl. dazu die Beobachtungen in Kapitel 3.10.1.4 (fides salvifica). Dieser in Wittich: Metalleia (1685) I 48–50. (zu Röm 1,20) entfaltete Gedankengang wird im Folgenden noch ergänzt durch Wittich: Metalleia (1685) I 52f. (zu Röm 1,21). Hier zeigt Wittich die Mängel der antiken Ethik und ihrer Erkenntnis des höchsten Guten auf. Vgl. Wittich: Metalleia (1685) I 48–50. (zu Röm 1,20). An anderer Stelle kann Wittich jedoch darauf verweisen, dass sich Gewissheit der Vernunft- und der Glaubenserkenntnis nicht unterscheiden lassen. Vgl. mit Belegen aus der Theologia pacifica defensa (1689) XI Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 351. Vgl. Wittich: Metalleia (1685) I 51f. (zu Röm 1,20). Die Heiden hätten Gott höchstens wie einen Menschen verehrt und nicht seinem Wesen gemäß. Vgl. Wittich: Metalleia (1685) I 52. (zu Röm 1,21).

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zu gelangen. Wie Wittich bereits in seinen früheren Schriften entfaltet hat, sei der Geist des Menschen in seiner Urteilskraft getrübt, einerseits durch die Vorurteile, denen er verhaftet sei, andererseits durch die Affekte, die ihn verwirrten. So gewöhne ihn bereits von Kindesbeinen an seine Ausbildung daran, Fehlurteile zu akzeptieren. Denn wenn der Mensch sich nicht an klare und deutliche Erkenntnisse gewöhnt und dennoch nicht von seinen Gedanken ablassen kann, dann behaupten sich notwendigerweise verworrene Erkenntnisse, durch welche Finsternis in unserem Geist entsteht, die Gott, der seinem gerechten Urteil gemäß einschreitet, noch vermehrt, indem er durch seine gerechte Strafe das entfernt, was an Licht noch übrig war. So gehen sie fehl und irren mehr und mehr vom rechten Weg ab.763

Das Verhängnis der Erbsünde macht demnach einen richtigen Vernunfteinsatz schwierig, ohne Glauben erscheint er unmöglich. Das belegt nach Wittich nicht nur die Empirie, sondern wird von ihm auch anthropologisch und theologisch hergeleitet: Während der Mensch sich durch Vorurteile, Affekte und Gewöhnung an Fehlurteile selbst beschränke, stehe Gott selbst in Reaktion auf die Sünde einer eigenständigen Entwicklung des Heilsweges außerhalb seiner Gnade entgegen. Erst der Glaube eröffne diese Perspektive der Vernunft wieder. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die zuvor beobachtete Vorläufigkeit der fides historica noch einmal deutlich:764 Der Mensch hat nach Wittich bis zu einem gewissen Grad die Möglichkeit, richtige Vernunfterkenntnisse über Gott zu gewinnen, scheitert aber ohne Gebet und vom Geist geschenkten Heilsglauben früher oder später daran und verwirkt sein Heil.

3.12 Ergebnisse und kritische Würdigung von Wittichs Vernunftund Offenbarungsverständnis In Wittichs Œuvre entfaltet sich eine wohldurchdachte Verhältnisbestimmung von Vernunft und Erkenntnis, Offenbarung und Glaube, Wahrheit, Geist und Theologie. Sie wird im Laufe der Zeit von Wittich weiterentwickelt und verfeinert und je nach Anlass seiner Schriften spezifiziert. Die in der frühen Orthodoxieforschung auftauchende These, dass Wittich seine Position von einer strikten und konsequenten Form der Trennung von Philosophie und Theologie in den 763 Wittich: Metalleia (1685) I 53. (zu Röm 1,21): „Cum enim homo non assuefeit [sic] claris & distinctis perceptionibus, cum tamen absque cogitationibus esse nequeat, necessario locum obtinent perceptiones confusae, quo facto tenebrae in mente nostra oboriuntur, quas Deus justo suo judicio interveniens auget, auferendo id, quod reliquum erat luminis, per justam vindictam. Sic Aberrantes magis magisque a recta via deviarunt.“ 764 Vgl. Kapitel 3.10 (Geist und Glaube).

Ergebnisse und kritische Würdigung

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Dissertationes Duae zu einer milderen Auffassung entwickelt habe, die in der Theologia pacifica zum Ausdruck komme, bestätigt sich nicht.765 Wittichs Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung versucht sowohl die Unantastbarkeit der Offenbarung aufrechtzuerhalten, als auch die klassische Hierarchisierung des ancilla-Modells aufzubrechen. Ausgangspunkt seines Wissenschaftsmodells ist die grundsätzliche Abgrenzung der biblischen Offenbarung als Prinzip der Theologie von der Vernunft als Prinzip der Philosophie. Ihnen werden spezifische Inhaltsbereiche, nämlich die Mysterien und der Heilsweg auf der einen und den rational erschließbaren mundus auf der anderen Seite, zugeordnet. Für den theologischen Umgang mit der Vernunft und die Etablierung der natürlichen Theologie ist aber die Betonung eines gemeinsamen Erkenntnisbereiches ausschlaggebend. So entsteht ein Rahmen für die detaillierte Verortung der Vernunft innerhalb der Theologie unter expliziter Bewahrung der geoffenbarten Mysterien als einem der Vernunft verschlossenen Themenkomplex. Die Vernunft wird als Garant der (cartesianischen) Wissen765 Vgl. bereits Bohatec, cartesianische Scholastik, 26–29, der in Bezug auf die Dissertationes Duae noch von einer rigorosen Trennung der Theologie von der Philosophie spricht, während der Consensus veritatis bereits eine gemäßigtere Haltung widerspiegele, jedoch die Theologia pacifica zu einer unwillkürlichen Vermischung der Grenzen der Wissenschaften darstelle. Vgl. die jüngere Position von Trevisani, Descartes in Deutschland, 14f., der auf der Grundlage von Althaus zu der Auffassung gelangt ist, dass Wittich „von einer rigorosen separatistischen Position zu einer versöhnlichen Theorie, in der Cartesianismus und föderative Theologie nebeneinander existieren“, gelangt sei. Dem ist zu widersprechen. Bereits der Anlass der Dissertationes Duae lässt sich auf die Notwendigkeit einer Verhältnisbestimmung von Naturphilosophie und Schriftverständnis zurückführen, allerdings im sehr konkreten Kontext der Herborner Debatte. Erst im Zuge des Consensus veritatis und dann noch elaborierter in der Theologia pacifica wird Wittich Ansatz mit zunehmendem Selbstbewusstsein systematisiert und im Zusammenhang entfaltet. Dass dabei die ursprüngliche Position aufgegeben und relativiert würde, lässt sich nicht beobachten. Sie wird lediglich differenzierter und souveräner dargestellt. Ein wesentlicher Entwicklungsschritt stellt dabei der Consensus veritatis dar. Hier positioniert Wittich sich explizit gegen die Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie über das ancilla-Verhältnis. Dieses weicht nun vollständig dem Begriff des Nutzens (usus), auch wenn er noch nicht systematisch entfaltet wird. Diese Entwicklung war aber in den Dissertationes Duae bereits angelegt. Es zeigt sich eine deutliche Linie von seinem Erstlingswerk hin zur Theologia pacifica: Wittich emanzipiert sich hier von dem stark kontextbezogenen exegetischen Grundproblem und entfaltet das Verhältnis von Theologie und Philosophie systematisch. Von einem ursprünglich rigorosen Separatismus, der sich später relativiere oder gar durch Inkonsequenzen aufgeweicht würde, kann dabei nicht die Rede sein. Auffälliger Weise ist seine Darstellung in diesen Schriften aber an den Anfeindungen der cartesianischen Philosophie orientiert. Von seiner Position weicht Wittich auch nicht ab, wenn er den Vernunftbegriff im Rahmen der Causa Spiritus Sancti in einen pneumatologischen Kontext stellt. Die Kontinuität der Position Wittichs zeigt sich schließlich darin, dass die Theologia pacifica defensa dieselben Motive der Theologia pacifica relativ unverändert weiterträgt und – dem Titel der Schrift gemäß – in der Tat lediglich verteidigt. Vgl. für Nachweise die Darstellung von Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 349f.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

schaftlichkeit der Theologie bestimmbar. Unter Offenbarung ist demgegenüber die Vermittlung der Mysterien und des Heilswissens zu verstehen. Sie ist Ursprung der Bibel. Die Art und Weise des theologischen Zugriffs auf die Philosophie bestimmt die usus-Lehre näher. Als usus generales der Vernunft bzw. Philosophie in der Theologie nennt Wittich drei Punkte: Die cartesianische Methodologie stellt für ihn ein adäquates Instrumentarium theologischen Arbeitens dar. Dieses grenzt er gegenüber der dafür ungeeigneten scholastischen Philosophie ab. Die richtig angewendete Vernunft garantiert zweitens die Evidenz theologischer Aussagen. Klare und distinkte Erkenntnisse auch in der Theologie garantieren Wittich Fortschritt und Irrtumsfreiheit. Schließlich schafft die cartesianische Philosophie ein Bewusstsein der Grenzen der Vernunft und sensibilisiert damit für die Offenbarung.766 Diesen grundsätzlichen Bestimmungen schließen sich speciales usus der Philosophie an. Insbesondere der gemeinsame Erkenntnisbereich von Theologie und Philosophie (bes. Gotteslehre, Psychologie, Beschreibung von Kosmos und Schöpfung) kann von Seiten der Vernunft ergänzend erschlossen und bearbeitet werden. Darüber hinaus erlaubt die Theologie die Anwendung von Analogiebildungen und rationalen Schlussfolgerungen auch auf Gegenstände der Offenbarung. Hieran kann auch die Bibelhermeneutik anknüpfen, die den am klarsten herausgestellten usus specialis darstellt. Sie dient dem Nachweis von Schriftaussagen als Offenbarungswahrheiten. Bibelstellen werden demnach unter Berücksichtigung des Kontextes, des Skopus und des Stils sowie durch den Vergleich mit anderen Schriftstellen ausgelegt. Ist das Ergebnis der Auslegung eine heilsrelevante Aussage, postuliert Wittich ihren Wahrheitsgehalt, während andernfalls auch von Akkommodation ausgegangen werden kann. Dies gilt auch, wenn außertheologische Erkenntnisse dies nahelegen. Logische Folgen, Kausalschlüsse auch in Bezug auf die Mysterien und Evidenz sichern für Wittich Ergebnissicherheit, Fortschritt und Wahrheitsgehalt theologischer Arbeit. Wittich bestimmt mit Descartes Wissenschaftlichkeit als ein verbindendes Prinzip der verschiedenen Fachbereiche, deren Einheit (trotz inhaltlicher Unabhängigkeit) über die gemeinsame Methode hergestellt wird: Ein einheitliches Wissenschaftssystem ist das Fundament von Wittichs Theologie.767 Der mit seinem Wissenschaftsbegriff verbundene vernunftorientierte Erkenntnis- und Fortschrittsoptimismus erweist sich im Verlauf der Kirchengeschichte als wieder-

766 Vgl. dazu auch die aufschlussreiche Analyse von Blumenberg, Legitimität der Neuzeit, 159f., der die Vernunft bei Descartes als absolutes Organ des Weltverhältnisses einerseits von jedem Legitimatioszwang entbindet, anderseits aber auch ihre Grenze abzustecken weiß. Vernunft verweigere sich Fragen jenseits ihrer Fassungskraft. 767 Vgl. auch Del Prete, Oltre Descartes, 45.

Ergebnisse und kritische Würdigung

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kehrendes Motiv rationaler Theologie.768 Dabei sind Wissenschaftsverständnis und Methodologie cartesianisch geprägt, während die scholastische Tradition formal als unzuverlässig und aufgrund der verkomplizierenden und den Sprachduktus der Bibel verfälschenden Terminologie insgesamt als ungeeignet abgelehnt wird. Jedoch gelingt es Wittich nicht vollständig, sich aus diesem Traditionszusammenhang zu lösen. Die richtig eingesetzte Vernunft ist ebenso verlässlich wie die Offenbarung selbst, wie Wittich auch theologisch in Bezug auf die Sündenlehre und Anthropologie zu begründen weiß. Der Begriff der fides historica dient ihm dabei als Vermittlungspunkt zwischen Vernunfterkenntnissen und der durch den Heiligen Geist allein gestifteten Glaubenswirklichkeit. Die eine Wahrheit garantiert die Widerspruchsfreiheit der Erkenntnis aus Philosophie und Offenbarung und kann sowohl philosophisch als auch theologisch ausgedeutet werden. Insgesamt bleibt Wittich dabei trotz seiner Hochschätzung von Bibel und Offenbarung als Prinzip der Theologie und seiner Anerkennung der reformierten Bekenntnisschriften ein stark rational geprägter Theologe. Seine Exegese von Röm 1 hat gezeigt, dass er sich von seinem philosophischen Grundansatz auch bei der Schriftauslegung massiv leiten lässt und ein entsprechendes Deutungsschema mit cartesianischer Terminologie zugrunde legt. Seinen Gegnern hat er ein solches Vorgehen zum Vorwurf gemacht. Ausgehend von der menschlichen Vernunft entwirft er in seiner Theologie ein von Erkenntnisoptimismus geprägtes System. Die durchaus rationalistische Prägung Wittichs wirkt sich deutlich bis in theologische Einzelfragen hinein in seiner Dogmatik aus. Aufgrund der großzügigen Bestimmung des Mischbereichs von Theologie und Philosophie ergibt sich dieser Einschlag zwangsläufig, ermöglicht ihm dies doch, den Anfang der Theologie im Gottesbegriff der Vernunft zu bestimmen. Mag auch der Heilige Geist auf die Vernunft einwirken, mag die Vernunft als Gottesgabe theologisiert worden sein, mag schließlich die Gotteserkenntnis selbst eine Folge der Offenbarung Gottes in der Vernunft und des schöpferischen Handelns Gottes am Menschen sein: Wittichs dogmatische Entfaltung bleibt damit rational.769 Auch wenn die cartesianische Basis Wittichs diese Tendenzen verschärfen mag, im Grunde bereitet der Rahmen der reformierten Orthodoxie dies vor und Wittich erweist sich dabei ebenso als ihr Vertreter wie als Vertreter des Cartesianismus. Indem Offenbarung als ein Prinzip verstanden wird, erscheint sie verfügbar. Die Entfaltung von Theologie als einem rationalen, wissenschaftlichen System der Offenbarung lässt sich als ein grundsätzliches Manko

768 Man denke z. B. an Kant, Schleiermacher oder die liberale Theologie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. 769 Vgl. auch die Diagnose von Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 351f.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

reformierter und lutherischer Orthodoxie des 17. Jahrhunderts beschreiben.770 Allein der Bereich der Mysterien, zu der auch die Stiftung der fides salvifica gehört, entzieht sich dem rationalen Zugriff. Insofern die Offenbarung aber deren Erkenntnis vermittelt, kann auch rational mit ihnen gearbeitet werden. Es ist theologisch höchst bedenklich, dass Wittich die cartesische clara et distincta perceptio auch zur Wahrheitsnorm der Theologie erklärt. Derartige Aussagen sind nicht lediglich dem philosophischen Argumentationskontext geschuldet, sondern entsprechen einem völlig unbiblischen Wahrheitsverständnis. Keinesfalls ist sein Standpunkt dadurch vergleichbar mit dem Rationalismus eines Lodewijk Meyer oder Baruch de Spinoza, aber nichtsdestoweniger ist er von seinen philosophischen Voraussetzungen so stark geprägt, dass er theologische Entscheidungen von philosophischen Vorentscheidungen abhängig macht. Dabei ist nicht die Adaption der cartesianischen Anthropologie, des Zweifels oder des Wahrheitskriteriums das Hauptproblem, obgleich auch hierdurch bereits entsprechende Weichenstellungen erfolgen, sondern vordergründig die hohe Stellung, die Wittich in seinem Erkenntnisoptimismus der Vernunft insgesamt einräumt. Das Unbehagen, das innerhalb der Theologie zu so großen Widerständen gegen den Cartesianismus geführt hat, beruht letztlich gerade darauf. Die Gewissheitsfrage wird, verdichtet im cartesischen „Rationalitätskriterium“771 clare & distincte percipere, von der Vernunft beantwortet, so dass diese in letzter Konsequenz doch in Konkurrenz zur Bibel treten muss, selbst wenn der Offenbarung dieselbe certitudo zugesprochen wird wie der recta ratio.772 Die Ursache für diese Entwicklung ist für Wittich und den theologischen Cartesianismus allerdings der durchaus notwendige und theologisch redlich geführte Diskurs um die Wissenschaftlichkeit von Theologie. Wittich fehlt es jedoch an entscheidenden Punkten an theologischem Fingerspitzengefühl. Auch wenn seine apologetische Situation dazu verleiten mag, ist die Entfaltung des rein theologischen Überbaus seiner Dogmatik im Vergleich zu dem Mischbereich von Vernunft und Offenbarung auffallend unterbestimmt. Theologie benötigt ein aus ihr selbst heraus entwickeltes Kriterium, wenn sie sich damit begnügen soll, auf die Mysterien zu verweisen und in den anderen Bereichen auf die Philosophie zurückgreifen. Der Rekurs auf den cartesianischen Wissenschaftsbegriff reicht dazu nicht aus. Im Gegensatz zu Wittich arbeitet z. B. Frans Burman an diesen theologisch so essentiellen Schnittstellen weitaus sorgfältiger und zwar vor allem aufgrund seiner Souveränität als Theologe, die Wittich durch seine enge Orientierung am Cartesianismus an entscheidenden 770 Vgl. dazu z. B. die Diagnose Karl Barths in Barth, KD I/2 536. 771 Rohls, Offenbarung, Vernunft und Religion, 353. 772 Vgl. die kurze Diagnose von Blumenberg, Legitimität der Neuzeit, 20, der im cartesischen Wahrheitsbegriff die Säkularisierung der christlichen Heilsgewissheit zusammengefasst sieht.

Ergebnisse und kritische Würdigung

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Punkten eingebüßt hat. Bei der Behandlung der Sünde und ähnlichen essentiellen Themen mit nicht nur hoher theologischer, sondern glaubenspraktischer, existentieller Bedeutung erscheinen seine Ausführungen trotz formaler Plausibilität den evangelischen Anspruch, dezidiert biblische Theologie sein zu wollen, zu verfehlen.773 Dafür wurde Wittich dann insbesondere von Samuel Maresius auch entsprechend scharf kritisiert. Und zumindest die Wirkung Wittichs innerhalb der cartesianischen Theologie der zweiten Generation gibt den Bedenken seiner Kritiker durchaus recht: Die Radikalität der Sünde und die Bedeutung des Heiligen Geistes werden bei Theologen wie Hermann Alexander Röell (auch Roëll; 1653–1718), der Ende der 1670er Jahre bei Wittich in Leiden studiert hatte,774 zugunsten der Aufwertung der Vernunft weiter marginalisiert.775 Auf der anderen Seite muss anerkannt werden, was Wittich überhaupt mit seinen Ausführungen gerade in den apologetischen Schriften leisten will und auf welcher Ebene sich seine Argumentation bewegt. Bestimmte zentrale Glaubensinhalte setzt er stillschweigend voraus und erkennt sie implizit an. Seine anticartesianischen Kritiker scheinen immer wieder zu vergessen, dass Wittich den Cartesianismus als für die Theologie nützlich erweisen will und darum bestimmte Bereiche der Offenbarung gerade aus seinem Bewusstsein für ihre Relevanz und Wertigkeit heraus gar nicht berühren kann. Man muss weiterhin bedenken: Sowohl Wittichs Differenzierung zwischen Philosophie und Theologie als auch von Vernunft und Offenbarung sind ebenso wenig ein genuines Charakteristikum der cartesianischen Theologie wie die theologische Benutzung von Philosophie. Dabei handelt es sich vielmehr um Gemeinsamkeiten aller orthodoxen Theologen.776 Während jedoch anticartesianische Autoren wie Maresius und Voetius versuchten, die Subordination der Philosophie aufrechtzuerhalten und den Vernunftgebrauch in Glaubensfragen zu begrenzen, betonten die Cartesianer nicht mehr nur Grenzen und relativen Nutzen der Vernunft, sondern etablierten mit der konsequent eingeforderten Trennung von Philosophie und Theologie die Vernunft als ein eigenständiges und gleichwertiges Erkenntnis773 Verwiesen sei hier nicht nur auf die allgemeine Bestimmung der Vernunft im Kontext der Sünde, sondern vor allem auf die Auffassung Wittichs, dass die Sündenvergebung kein notwendiger Inhalt des Glaubens sein müsse. Vgl. Kapitel 3.10.1.4 (fides salvifica). 774 Röell, der neben Wittich auch Burman zu seinen Lehrern zählte, war 1679 Prediger am Herforder Hof, seit 1680 in Leeuwarden und seit 1682, verbunden mit einem Lehrauftrag an der dortigen Hohen Schule, in Deventer. Hier führte er bes. in coccejanische Theologie ein. 1686 wurde er Philosophie- und Theologieprofessor in Franeker, 1704 Theologieprofessor in Utrecht. Vgl. zu Röell neben der bedeutenden Arbeit von van Sluis, Röell, Knipscheer, Art. Röell (Hermann Alexander). NNBW 10 (1937) 821–823 und van Sluis, Art. Röell, Hermann Alexander (1653–1718). DSECDP 2 (2003) 848–852. 775 Vgl. zusammenfassend van Sluis, Röell, 160. 776 Der grundsätzliche Nutzen der Philosophie für die Theologie ist für die Orthodoxie bestimmend. Vgl. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 29f.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

prinzip neben der Offenbarung. Für die Theologie ergeben sich dadurch grundsätzliche Veränderungen bereits in der Methodenfrage. Maresius’ Furcht vor den novatores resultierte aus der Erkenntnis, dass Theologie und Philosophie derart eng verwoben waren, dass die Trennung der beiden Wissenschaften eine ganz neue Theologie zu erzeugen drohte.777 Tatsächlich hat sich durch das einende Band der reformierten Kirche so eine Entwicklung nur am Rande abgespielt, wie z. B. bei der erwähnten radikalen rationalistischen Schrift Lodewijk Meyers.778 Denn aus der Sicht der cartesianischen Theologen mussten ihre Neuerungen darauf abzielen, das Wort der Offenbarung und die reformierten Bekenntnisschriften zur Geltung zu bringen. Gerade der coccejanische Einschlag ihrer Theologie betont dieses Anliegen. Ihr Dissens mit den aristotelisch geprägten Theologen bestand vor allem in Fragen der philosophischen, terminologischen und methodologischen Grundlagen. Aus der Perspektive der Cartesianer war man in theologischer Hinsicht weitestgehend einig, bis auf den Unterschied, dass ihre Gegner nicht wüssten, worin Theologie im Unterschied zur Philosophie eigentlich bestehe. Kritisch muss jedoch angefragt werden, ob Wittich und andere cartesianische Theologen nicht denselben Fehler begingen wie ihre aristotelischen Gegner und schlichtweg den Aristotelismus scholastischer Prägung durch cartesianische Philosophie ersetzten, so dass das eigentliche Anliegen der Theologie der Frühen Neuzeit, nämlich eine adäquate Bestimmung der Theologie als Wissenschaft in ihrem Verhältnis zur rationalen Philosophie, nicht vom Wesen der Theologie her bearbeitet wurde. Neben dem für den Cartesianismus typischen Vernunftpositivismus finden sich in Wittichs System ein expliziter Offenbarungs- und Schriftpositivismus. Selbst die Verwendung der Vernunft im kontroverstheologischen Kontext, der allgemein üblich in der Orthodoxie war, möchte Wittich beschränken, wenn dadurch nur der Offenbarung zugängliche Mysterien berührt werden.779 Die Vernunft bleibt auf den Mischbereich beschränkt: „Dort aber, wo sich bestimmte Aussagen sowohl theologisch als auch philosophisch begründen lassen, führt bereits die Philosophie zu einer absolut gewissen Erkenntnis, da sich Vernunft und Offenbarung hinsichtlich ihres Gewissheitsgrades nicht voneinander unterscheiden.“780 Das Wahrheitskriterium bleibt in beiden Fällen gut cartesianisch die klare und deutliche Erkenntnis. Vernunft und Offenbarung können daher – wie im Falle der Gotteslehre – in bestimmten Bereichen zu denselben Ergebnis-

777 Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 119f. mit Verweis auf Voetius. 778 Vgl. Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics I, 120f. 779 Vgl. z. B. mit Del Prete, Oltre Descartes, 32 die Behandlung sozianischer Äußerungen zur Trinität bei Wittich. Gerade die Causa Spiritus Sancti gibt darüber hinaus von dieser Rationalismuskritik Wittichs ein klares Zeugnis. 780 Rohls, Theologie der Neuzeit I, 109. Vgl. auch Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 351.

Ergebnisse und kritische Würdigung

291

sen kommen.781 Sie basieren auf unterschiedlichen, aber qualitativ letztlich gleichwertigen Prinzipien, die sich vor allem durch ihren Anwendungsbereich unterscheiden und grundsätzlich nicht zu widersprüchlichen Ergebnissen kommen. Das herkömmliche ancilla-Verhältnis wird ersetzt durch eine gleichberechtigte Freundschaft von Philosophie und Theologie.782 Die rein coccejanischen Theologen hätten es stattdessen bevorzugt, beide Wissenschaften strikt zu trennen und die Bibel selbst stärker ins Zentrum der Theologie zu rücken, und zwar auch in formaler und terminologischer Hinsicht. De Raey hat dasselbe Anliegen aus philosophischer Perspektive vertreten. Die coccejo-cartesianische Linie folgte jedoch oftmals Wittichs Weg. Anders als für den philosophiekritischen Johannes Coccejus folgt für Wittich aus der Trennung von Theologie und Philosophie nicht primär eine Fixierung auf den biblischen Text, der dogmatisches Arbeiten fast auf dieselbe Stufe wie Exegese rückt, sondern die Schaffung eines klar umrissenen Einsatzfeldes philosophischer Methoden und Erkenntnisse innerhalb der Dogmatik. „Apparently the boundaries between theology and philosophy were not as clear and distinct as the Cocceians wished them to be.“783 Rationalistische Einflüsse wirken auf alle Strömungen innerhalb der Orthodoxie maßgeblich ein. Der cartesianische Ansatz ist ein Versuch von vielen, durch die adäquate Verhältnisbestimmung von Rationalität und Hermeneutik eine zeitgemäße Dogmatik im Sinne der Reformation und der reformierten Bekenntnisschriften zu entwickeln. Wie die anderen Strömungen droht sie daran zu scheitern. Insofern ist der Einschätzung Ulrich Leinsles (1995) zuzustimmen, der über Wittich urteilt: Die ‚scholastischen‘ Fragestellungen der reformierten Orthodoxie werden hier auf der Grundlage einer neuen Philosophie durchdacht, die gewiß nicht alle Fragen in gewohnter Weise löst, andererseits durch ihre Eigenart als dualistische und voluntaristische Metaphysik den grundsätzlichen Rahmen des Selbstverständnisses der ‚scholastischen‘ protestantischen Theologie nicht sprengt.784

Diese Fragestellungen werden allerdings auch nicht befriedigend gelöst. Der rationale Anspruch und Erkenntnisoptimismus der cartesianischen Theologie werden zu ihrem schärfsten Kritiker. Die Dialektik von Vernunft und Offenba781 Vgl. Rohls, Theologie der Neuzeit I, 109. 782 Überhaupt ist die amicitia veritatis ein klassisches Motiv cartesianischer Argumentation, das immer wieder begegnet, wenn anerkannte Autoritäten eines Irrtums bezichtigt werden. Es ist ein gebräuchlicher Topos im 17. Jahrhundert, vom „amicus Plato, amicus Aristotelis, sed magis amica veritas“ zu sprechen. De Angelis, Melanchthon in der Frühaufklärung, 171f. sieht darin zu Recht eine Ausdrucksweise der Freiheit des Denkens im Sinne der libertas philosophandi. Die Wendung wird als rhetorische Formel belegt von Danneberg, Säkularisierung in den Wissenschaften, 166. 783 Van der Wall, Cartesianism and Cocceianism, 454. 784 Leinsle, Einführung in die scholastische Theologie, 306.

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Vernunft und Offenbarung in der cartesianischen Theologie

rung bleibt als Problem der Frühen Neuzeit bestehen. Noch im 18. Jahrhundert wird die Vermittlung von Vernunft und Offenbarung, von Naturphilosophie und Bibeltheologie zu der zentralen Aufgabe Theologie und eine Hauptaufgabe der Hermeneutik.785 Auch Wittich verweist uns immer wieder auf die Schlüsselstellung der Hermeneutik, durch die Vernunft und Offenbarung aufeinander bezogen werden. Der Heilige Geist hat die Offenbarung an das Vernunftwesen Mensch angepasst und dadurch auch rational erschließbar gemacht: Akkommodation steht dadurch in einem pneumatologischen Kontext. Freilich muss die Vernunft richtig, das heißt für Wittich cartesianisch, angewendet werden. Seine Auslegungslehre und ihre Bedeutung für die cartesianische Dogmatik muss daher im folgenden Abschnitt in den Blick genommen werden.

785 Vgl. dazu die Wirkungsgeschichte von Wittichs Theologie bei Eberhardt, Wittich, 396– 405.

4.

Die Hermeneutik als Zentrum cartesianischer Theologie

In der Praefatio zur Theologia pacifica betont Wittich die Bedeutung der Schriftauslegung für den theologischen Fortschritt. In Anlehnung an Ps 1,2 fordert er Hochachtung für denjenigen, der „sich ganz dem Durchsuchen der Schrift hingegeben hat und das Gesetz Gottes Tag und Nacht meditiert [vgl. Ps 1,2] und daraus Wahrheiten hervorbringt“1. Seine cartesianische Theologie beansprucht ein biblisches Zentrum, ihr Motor soll die intensive Auseinandersetzung mit der Bibel auch über den wissenschaftlichen Zugang hinaus sein.

4.1

Die Bedeutung der Hermeneutik: Exposition und Vorüberlegungen zur Untersuchung der Hermeneutik

Die Untersuchung von Wittichs Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung mündet in die Frage nach seiner Bibelhermeneutik. Die Anwendung der Vernunft auf die Bibel hat sich nicht nur als theologisch legitim, sondern als notwendig erwiesen. Wie konkret soll sie aber erfolgen? Die usus-Lehre hat bislang lediglich formal auf die Hermeneutik verwiesen, die Werkerschließung hat ergeben, dass Akkommodations- und Skopusgedanke darin eine tragende Rolle spielen und sie aus der Apologie der kopernikanischen Naturphilosophie und der cartesianischen Logik entwickelt wird. Denn nicht nur für orthodoxe Theologie, sondern auch Cartesianismus und Naturphilosophie erweist sich die bibelhermeneutische Fragestellung im 17. Jahrhundert als existentiell. In einer Zeit, in der Erkenntnisfortschritt und Wissenschaftlichkeit ganz wesentlich ab1 Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [iii–iv]: „Proficiendum est utique nobis, sicut in studio charitatis, in quo utinam magis proficeremus, ita quoque in studio veritatis. Qui Scripturae scrutinio totus deditus meditatur legem Dei die & nocte, atque ex ea elicit veritates, eandem antiquitatem cum Scriptura habentes, quamvis, quia hactenus deprehensae non sunt, novae apellari queant, easque modeste cum fratribus communicat, ut sic secum progrediantur & crescant in cognitione, is profecto omni laude mactandus, & virtutis encomio alii quoque ad aemulationem alliciendi.“

294

Die Hermeneutik als Zentrum cartesianischer Theologie

hängig sind von der Harmonisierung neuer Ideen mit der Tradition, wird die Hermeneutik zur Schlichterin des so folgenreichen „Wissenskonflikt[es] zwischen (Natur-) Philosophie und (Bibel-) Theologie“2. Gerade die auch bei Wittich so zentrale Akkommodationslehre, die in Theologie und Philosophie gleichermaßen herangezogen wird, um diese Aufgabe in der Heliozentrismusdebatte zu erfüllen, spielt dabei eine große Rolle.3 Die hermeneutische Frage steht im Zentrum von Wittichs theologischen Überlegungen. Sie bildet, gerade auch in der Ausrichtung auf die Problemstellungen der cartesianischen Naturphilosophie, die Grundlage seiner Exegese. Ausgehend von der Trennung von Theologie und Philosophie hat Wittich dafür plädiert, den genuin philosophischen Streit um das cartesio-kopernikanische Weltbild nicht unsachgemäß mit der Bibel zu bearbeiten. Die Begründung dafür ist in weiten Teilen eine hermeneutische. Als eigentlich theologischer Streitpunkt mit seinen Gegnern der 1650er Jahre erweist sich für Wittich die Einzelexegese der vermeintlich naturphilosophisch relevanten Bibelstellen.4 Wittichs Hermeneutik ist über eine exegetische Funktion hinaus Ausgangspunkt und Fundament seines Theologie- und Wissenschaftsverständnisses. Die zeitgemäße, fortschrittliche Methodologie des Cartesianismus und die Autorität der Bibel werden über die Hermeneutik miteinander harmonisiert. Schon in den Dissertationes Duae hat er mit dem im opinio-Argument zusammengefassten Akkommodationsgedanken einen bibelhermeneutischen Schlüssel etabliert, um orthodoxe Theologie und Cartesianismus in ein konstruktives Verhältnis setzen zu können. Erst auf diesem Fundament entwickelt er dann den in den vorherigen Kapiteln entfalteten Vernunftbegriff der Theologia pacifica und der Causa Spiritus Sancti, der seinerseits eindringlich auf das Problem verweist, wie die Vernunft als Mittel zur Wahrheitserkenntnis unter Mitwirkung des Heiligen Geistes das Wort Gottes auslegt. Die hermeneutische Frage hat sich im Laufe seines Schaffens vom Ausgangs- zum Dreh- und Angelpunkt der cartesianischen Theologie Wittichs entwickelt und ist zum bestimmenden Ordnungsprinzip und Zentrum seines Ansatzes geworden. Insbesondere De Angelis (2010) weist darauf hin, wie sehr Wittichs exegetisches Prinzip der Akkommodation und des biblischen Skopus – ausgehend von der Verortung der Physik und Astronomie im Verhältnis zur Bibel – sein gesamtes Wissenschaftsbild bestimmt hat.5 Die 2 Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 231. 3 Vgl. dazu die ausführlichen Darstellungen von Danneberg, der sensus accommodatus am Beginn des 17. Jahrhunderts und Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a). 4 Vgl. dazu auch Savini, Methodus cartesiana, 306–308. 5 Vgl. De Angelis, Anthropologien, 339f. Die grundsätzliche Diagnose der herausragenden Stellung der Akkommodation in der Theologie Wittichs trifft bereits Scholder, Bibelkritik, 150.

Exposition und Vorüberlegungen zur Untersuchung der Hermeneutik

295

Darstellung der wittichschen Hermeneutik ist auch vor dem Hintergrund der Rationalismuskritik, der seine Theologie ausgesetzt ist, zentral. Erst über die Harmonisierung von biblischen Aussagen und cartesischen Thesen war es möglich (und notwendig), die ursprüngliche Zurückhaltung von Descartes gegenüber theologischen Konsequenzen seines Ansatzes hinter sich zu lassen.6 Kann ein konsequenter Cartesianismus mit einer entsprechenden Hermeneutik Wissenschaftsprinzip einer biblischen Theologie sein? Wenn Lodewijk Meyer 1666 eine Schrift mit dem Titel Philosophia Sacrae Scripturae Interpres veröffentlicht und damit im Rahmen der Rationalismusdebatte des 17. Jahrhunderts die Bibel anhand einer hermeneutischen Prämisse unter die Philosophie unterordnet, wird deutlich, welche hohe Bedeutung der hermeneutischen Frage beizumessen und welche Vorsicht dabei walten zu lassen ist.7 Die Tragweite seines Ansatzes war Wittich und seinen Dialogpartnern ebenso bewusst wie seinen Gegnern. Im Raum steht schnell der besonders von Maresius betonte Vorwurf gegenüber Wittich, mit seinem opinio-Argument der Wegbereiter für rationalistische Thesen wie diejenigen von Meyer oder Spinoza gewesen zu sein.8 Mit der Erschließung des theologischen und philosophischen Kontextes und der Analyse von Wittichs Vernunftbegriff sind bereits die wesentlichen Voraussetzungen geschaffen, seine Hermeneutik systematisch zu entfalten und innerhalb der coccejo-cartesianischen Theologie zu verorten.9 Für eine detaillierte Analyse der Hermeneutik des opinio-Arguments stellt sich aber darüber hinaus die Aufgabe, die theologiegeschichtlichen und philosophischen Linien der Akkommodationslehre in einem Exkurs zu skizzieren. Die Entfaltung von Wittichs Hermeneutik erfolgt sodann chronologisch anhand seiner Früh- und Hauptschriften. Den ersten Block von Wittichs Veröffentlichungen bilden dabei Dissertationes Duae, Consideratio und Consensus veritatis, die insbesondere in Bezug auf die Debatte um die cartesianische Naturphilosophie die Grundlagen von Wittichs Hermeneutik darlegen. Bewährung und weitere Entfaltung von Schriftverständnis und Exegese zeigen dann einerseits die apologetischen Schriften der 1670er Jahre und die Bibelkommentare. Im Vorwort zum Römerbriefkommentar erläutert Wittich seine exegetische Methode in nuce. Der 1685 6 Descartes selbst hatte viele kontroverse Aspekte noch leicht ignorieren können. Vgl. Verbeek, De vrijheid van de filosofie, 180f. 7 So schlussfolgert auch Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 329. 8 Vgl. Maresius: De statu afflicto (1672) 12f. und dazu Eberhardt, Wittich, 338f. 9 Aufschlussreich wären über das bereits Geleistete hinaus erstens eine vertiefte Gegenüberstellung mit der Hermeneutik von Coccejus und zweitens eine Verortung Wittichs im Kontext rationalistischer Positionen, zum einen mit Blick auf die Debatte um die Philosophia S.S. Interpres, zum anderen mit Blick auf die Bezüge Spinozas zu Wittich. Diese Untersuchungen können hier nicht vorgenommen werden. Vgl. zu der Philosophia S.S. Interpres und Spinozas Tractatus theologico-politicus im hermeneutischen Kontext z. B. Titzmann, Hermeneutik in der Frühen Neuzeit, 150–154.

296

Die Hermeneutik als Zentrum cartesianischer Theologie

veröffentlichte Entwurf spiegelt seine Position am Lebensende wieder. Eine kritische Synopse und Würdigung seiner Hermeneutik beschließt die Darstellung.

4.2

Die Akkommodationstheorie in ihrem geistes- und begriffsgeschichtlichen Kontext

Einleitend sei auf die aus der Werkerschließung Wittichs bereits herausgearbeiteten Kernelemente seiner Hermeneutik verwiesen, um diese auf ihre historische Entwicklung und geistesgeschichtlichen Kontext zurückführen zu können. Sie weist besonders zwei leitende Elemente auf: Im opinio-Argument bündelt sich zum einen eine ausgeprägte Akkommodationstheorie, die wiederum anhand der Orientierung am soteriologischen Skopus der Bibel entfaltet wird. Beginnend mit seinem ersten uns erhaltenen Zeugnis, einer Herborner Disputation von 1651, setzt Wittich sich damit auseinander, in welchem Maße die Bibel an Wahrheitsaussagen gebunden ist. Dort formuliert er in einem Corollarium folgendermaßen: „Scripturam aliquando loqui secundum opinionem vulgi non ex rei veritate, cum Polano statuo Syntag. Theol. l.5 c.23.“10 Wenngleich Wittich sein opinio-Argument terminologisch verändert und dem späteren synodalen Druck angepasst hat, lässt sich beobachten, dass er Zeit seines Lebens inhaltlich demselben hier auf Polanus zurückgeführten Akkommodationsprinzip folgt. Es wird in der Zuspitzung auf naturwissenschaftliche Irrtümer in der Bibel in nahezu allen wichtigen Veröffentlichungen des Cartesianismusstreits thematisiert. Als evangelischer Theologe betreibt Wittich in seinen Veröffentlichungen immer auch Schriftauslegung und bindet diese konsequent an ein von der Akkommodationslehre bestimmtes hermeneutisches Prinzip. Dort wo Bibel und Naturphilosophie in ihren Aussagen kollidieren, wie z. B. in der Frage der Erdbewegung und des kopernikanischen Weltbildes, sei seinen Ergebnissen nach immer der Philosophie zu folgen. Denn die Bibel will ihrem Skopus nach kein naturwissenschaftliches Lehrbuch sein, sondern spricht von den Mysterien und besonders dem Heil. Die Entwicklung einer biblischen Physik, einer physica Mosaica oder Christiana, aus der Bibel sei daher strikt abzulehnen. Theologisch stellt sein Ansatz ihn auch vor das Problem der Schriftautorität, die er nicht aufzugeben gewillt ist und über den Skopus-Gedanken bewahren kann. Neben Polanus, auf 10 Vgl. Wittich/Posthius: De libero hominis arbitrio (1651) Corollarium II: „Dass die Schrift sich bisweilen gemäß der allgemeinen Meinung ausdrückt, nicht nach der Wahrheit eines Sachverhaltes, behaupte ich mit Polanus, Syntagma Theologiae, Buch 5, Kapitel 23.“ Vgl. dazu auch Eberhardt, Wittich, 109f.

Akkommodationstheorie in ihrem geistes- und begriffsgeschichtlichen Kontext

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den im Folgenden noch zurückzukommen sein wird,11 führt Wittich seit den Dissertationes Duae zahlreiche weitere Gewährsleute, überwiegend Theologen, für seine Hermeneutik an. Gleichzeitig steht sie, vielfach unausgesprochen, in philosophischen Kontexten. Diese Traditionen, derer Wittich sich explizit oder stillschweigend bedient, bilden sein Fundament von Schriftverständnis und exegetischer Methodologie.12

4.2.1 Wittichs Akkommodationslehre in der theologischen Tradition Wittich betont selbst immer wieder, dass die Akkommodationslehre kein Proprium der Cartesianer ist und auch die Elemente des opinio-Arguments in den theologischen Entwürfen von Zeitgenossen und vor allem Größen der Frühorthodoxie und Alten Kirche präsent sind. Er folgt damit der im 17. Jahrhundert allgemein verbindlichen (und ganz und gar nicht cartesischen) Konvention des argumentum ab auctoritate und belegt seinen Ansatz ausführlich mit der theologischen Tradition.13 Dementsprechend entwirft Wittich an verschiedenen Stellen selbst ein Bild von der Bedeutung der Akkommodationslehre in der Orthodoxie und verweist auf ihre weite Verbreitung. Neben dem frühesten Verweis des opinio-Arguments von 1651 mit Bezug auf Polanus bietet er in den Dissertationes Duae (1653) eine sehr ausführliche Liste von Theologen, die seine Akkommodationslehre stützen.14 In der Consideratio 11 Vgl. Kapitel 4.2.5 (Frühe Reaktionen der reformierten Theologie). 12 Eine vollständige Geschichte der Akkommodation kann bei dem folgenden Überblick dieser Traditionslinien ebenso wenig geboten werden wie eine detaillierte Analyse der exegetischen Grundsätze von Wittichs Gewährsleuten Vgl. für die Erforschung der Akkommodation vor allem die zahlreichen Arbeiten von Lutz Danneberg im Literaturverzeichnis. 13 Vgl. dazu am Beispiel Galileis Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a) 234. Im apologetischen Kontext kann auf diesen Argumentationsweg nicht verzichtet werden: Rechtgläubigkeit entscheidet sich auch an der Übereinstimmung mit der theologischen Tradition. Wittich ironisiert die Notwendigkeit, so argumentieren zu müssen, allerdings mitunter, so in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 4 §12,64f. 14 Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 4 §12,64–66. Er fasst in dieser Liste bereits in seinem bisherigen Argumentationsverlauf zitierte Theologen zusammen und ergänzt weitere (auch über Konfessionsgrenzen hinaus). Genaue Stellennachweise fehlen noch in den Dissertationes Duae, werden aber in der Wiederaufnahme der Liste innerhalb des Consensus veritatis zu jedem Theologen ergänzt. Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXI §674,302f. Die Liste umfasst folgende Namen: Johannes Chrysostomos, Johannes Calvin, Moses Maimonides, Andreas Rivet (1572–1651), David Pareus (1548–1622), Johannes Mercerus (Jean Mercier; ca. 1510– 1570), Johannes Piscator (1546–1625), Polanus, Johann Heinrich Alsted (1588–1638), die niederländische Exegeten („Belgae Interpretes“; wohl die Kommentatoren der kirchlich autorisierten niederländischen Bibelübersetzung), Augustinus Marloratus (Augustin Marlorat du Pasquier; 1506–1562), Thomas Cartwright (1535–1603), Franciscus Junius d.Ä. (1545–1602), Andreas Musculus (1514–1581), Abraham Scultetus (1566–1624), Zacharias

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Die Hermeneutik als Zentrum cartesianischer Theologie

folgt eine Kurzfassung der Liste.15 Im Consensus veritatis erweitert Wittich sie schließlich maßgeblich und legt dabei Wert auf genaue Textnachweise, die er zuvor vernachlässigt hatte.16 Wittich schließt hier mit dem Kommentar, dass aufmerksame Leser überall auf weitere Gewährsleute für seine These stoßen müssten und erklärt sie zu einem grundsätzlichen Bestandteil der Schriftauslegung.17 Ursinus (1534–1583), die von Andreas Rivet herausgegebene und die an der Universität Leiden vertretene Dogmatik verkörpernde Synopsis purioris theologiae Professorum Leydensium und schließlich Wiliam Perkinsius (1558–1602). Abgerundet wird die Liste in den Dissertationes Duae mit einigen ausführlicheren Belegen ausgewählter Theologen, die ihrerseits im Consensus veritatis teilweise weiter ergänzt und gegen Einwände verteidigt werden. Wittich beginnt mit einem Zitat des in der Liste bereits genannten David Pareus, der die Akkommodation als Begründung dafür anführt, dass Mose in der Genesis nicht von der Erschaffung der Engel berichtet habe. Pareus beruft sich seinerseits dazu auf Johannes Chrysostomos und Basilius von Cäsarea. Im Consensus veritatis ergänzt Wittich unterstützende Zitate von Pareus und Rivet. Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXI §675,303. Zudem erklärt er die Stoßrichtung des Arguments bei einer Verteidigung gegen einen Einwand. Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXI §681,309. Danach führt Wittich John Rainolds (Reinholdus; 1549–1607) an, der mit Bezug auf die jüdische Auslegungstradition postuliert, dass in der Bibel Begriffe nicht „ex VERITATE, SED EX OPINIONE“ gewählt würden. Zitiert nach Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 4 §12,65f. Wittich verteidigt das Arguments gegen einen Einwand zudem in Wittich: Consensus (21682) XXXI §682,309f. Es folgen Zitate der Lutheraner Salomo Glassius (1593–1656) und Caspar Finck (1578–1631). Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 4 §12,65f. und Consensus (21682) XXXI 675,303f. 15 Er nennt jeweils mit (nicht ausgewiesenem) Zitat die Theologen Mercerus, Polanus, Pareus, zwei Mal Rainoldus, Scultetus, Piscator, die Leidener Theologen, Glassius und Finck. Vgl. Wittich: Consideratio (1656) §§66,52f. 16 Beispiele, in denen von der Wahrheit abweichender Meinungen die biblischen Autoren bestimmt hätten, bietet Wittich anhand von Autoren wie dem Anglikaner Jeremiah Dyke (1639 gestorben), Petrus Ravanellus (gestorben 1680), Daniel Chamier (1565–1621) und Robert Parker (1569–1614), vor allem aber anhand von Friedrich Spanheim d.Ä. (1600–1649). Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXI §676,304f. mit ausführlichen Belegen. Er zitiert zudem aus der Widerlegung, die Johannes Piscator (Fischer; 1546–1625) gegen Conrad Vorstius (Konrad von der Vorst; 1569–1622) verfasst hat. Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXI §677,305f. mit ausführlichen Belegen. Der Lutheraner Matthias Flacius (Matja Vlacˇic´; 1520–1575) liefert neben seinen eigenen Ausführungen eine Reihe altkirchlicher Belege, so von Augustinus, Hilarius von Poitiers und Hieronymus. Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXI §678,306–308 mit Belegen. Es folgen Wiliam Twisse (1577/78–1646), Heinrich Möller (1530–1589), noch einmal Chamier, Hugo Grotius (1583–1645) und auch ein Auszug aus einem Psalmkommentar von Coccejus. Der spanische Scholastiker Rodrigo de Arriaga (1592–1667) rundet die Übersicht ab. Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXI §678,308. Während er die bereits in den Dissertationes Duae angeführten Zitate von Pareus und Rainolds noch gegen Einwände verteidigt, misst er den anderen ein ausreichendes Gewicht bei, um auch ohne Stellungnahme seine Position hinreichend zu bekräftigen. Vgl. die Verteidigungen in Wittich: Consensus (21682) XXXI §681f.,309f. und das Schlusswort in Wittich: Consensus (21682) XXXI §683,310. 17 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXI §678,308. Für den apologetischen Kontext der Schrift sind die weiteren Paragraphen des Kapitels noch aufschlussreich. Zunächst stellt Wittich klar, was er durch die Anwendung des opinio-Arguments in der Exegese erreicht: Auch wenn dadurch noch nicht bewiesen ist, dass Wittichs Auslegung der Bibelstellen zur Erdbewegung

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Die in Dissertationes Duae und Consensus veritatis aufgestellte Ordnung der Theologen scheint nicht systematisch zu sein. Es fällt eine starke Orientierung an der Frühorthodoxie auf, die meisten Personen wirkten im 16. Jahrhundert. Erwartungsgemäß dominieren reformierte Theologen, aber Lutheraner und Katholiken werden durchaus auch herangezogen. Von den Lutheranern wird insbesondere Glassius von Wittich offensichtlich über die bloße Zitierung hinaus rezipiert. Jener hatte eine fünfbändige Philologia Sacra (1623–1636) verfasst, die für die Bibelhermeneutik von großer Bedeutung war, zahlreiche Neuauflagen erlebte und Wittich Anknüpfungspunkte bot, das opinio-Argument als rhetorische Figur zu entfalten.18 Die Alte Kirche wird nur gestreift und oft über Nachweise anderer orthodoxer Theologen mit einbezogen, das Mittelalter fast völlig ignoriert. Berücksichtigt man Wittichs Argumentationsverlauf innerhalb der Schriften, fällt auf, dass einige Theologen häufig genannt werden und besondere Autorität zugesprochen bekommen. Dies gilt insbesondere für Calvin, aber z. B. auch für Polanus, Pareus oder Rivet. Calvins Auslegung der für die Verbreitung des Akkommodationsgedankens so bedeutenden Stelle Gen 1,16 wird auffällig oft herangezogen.19 Coccejus spielt in den Dissertationes Duae keine Rolle, seine Ergänzung im Consensus veritatis ist daher wichtig, auch wenn er nicht exponiert genannt wird. Auch auf direkte Gegner Wittichs, so Maresius und Voetius, wird mitunter Bezug genommen. In der Tat spielt der Gedanke der Akkommodation bei Maresius durchaus eine wesentliche Rolle im Verhältnis von Vernunft und Offenbarung, so dass Wittich von ihm während seines Studiums möglicherweise wichtige Impulse erhalten hat.20 Trotz des breiten Fundaments, auf dem Wittich seine Hermeneutik gründen kann, bemühen auch seine Gegner das argumentum ex autoritate und verweisen z. B. darauf, dass dieser Ansatz auch bei Häretikern wie den Valentinianern, Markioniten, Wiedertäufern und anderen dazu benutzt werde, die menschliche Natur Christi zu leugnen. Daher sei Wittichs Auslerichtig ist, verlagert sich dadurch die Diskussion schlicht auf die Anwendung des opinioArguments auf diese Stellen. Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXI §679,308. Die Ergebnisse der Philosophie erhalten dadurch ein größeres Gewicht für die Diskussion. 18 Vgl. zu Glassius’ Schrift vor allem Danneberg, Grammatica, rhetorica und logica sacra und die Darstellung von Jung, Das Ganze der Heiligen Schrift. Vgl. zu seiner Bedeutung innerhalb von Wittichs Argumentation Kapitel 4.3.3 (Erläuterung der ursprünglichen Formel des opinio-Arguments in den Dissertationes Duae). 19 Der Index des Consensus veritatis, der sehr lückenhaft ist, gibt keine ausreichende Orientierung über bedeutendere Gewährsleute, zeigt aber bereits, dass eine Reihe von ihnen mehrfach auch innerhalb der Argumentation herangezogen werden. So sind die niederländischen Exegeten oder Junius relativ häufig genannt, wiederholt spielen auch Piscator oder Perkins eine Rolle. Andere Gelehrte wie Rivet werden zwar häufiger berücksichtigt, dies kommt im Index aber nicht zum Ausdruck. Vgl. zur Auslegungstradition von Gen 1,16 Kapitel 4.2.2.2 (Hermeneutik von Luther und Calvin) und Kapitel 4.2.5 (Frühe Reaktionen der reformierten Theologie). 20 Vgl. auch Kapitel 3.3.1 (Vernunftbegriff und Theologieverständnis von Samuel Maresius).

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gungsmethode in der kirchlichen Tradition abgelehnt worden. Aufgrund der zahlreichen positiven Zitate, die Wittich demgegenüber für seine Hermeneutik aus der Theologiegeschichte anführen konnte, liegt auf diesem Einwand jedoch nicht viel Gewicht.21 In der Theologia pacifica verweist Wittich dann vor allem auf die Argumente des Consensus veritatis, setzt dessen Ergebnisse voraus und entwickelt seine Akkommodationslehre nicht mehr in der dort gebotenen Ausführlichkeit.22 Auffälliger Weise wird aber in dieser verhältnismäßig kurzen Diskussion seiner Hermeneutik der Verweis auf deren häretisches Potential noch einmal aufgenommen, da Maresius ebenfalls auf Parallelen zu den Markioniten verwiesen hatte und die Liste der Gegner des opinio-Arguments zudem um katholische Theologen erweitert hatte.23 In den unter dem Namen von Heidanus veröffentlichten Consideratien rekurriert er wiederum auf die zahlreichen Theologen aus den Dissertationes Duae und dem Consensus veritatis.24 In seinem gesamten Œuvre bedient Wittich sich zwar auch explizit der Werke von Philosophen, neben Descartes und Clauberg durchaus auch Aristoteles, Suarez und anderer, naturwissenschaftlich orientierter Gelehrter wie Brahe oder Kepler, jedoch spielt ihre Autorität für die Untermauerung der Akkommodationslehre eine untergeordnete Rolle. Aufgrund der Notwendigkeit, eine dezidiert theologische Apologie bieten zu müssen, haben ihre Namen ein geringeres Gewicht. Mitunter machte ein Verweis auf sie sogar angreifbarer, wie Del Prete (2001) für das Beispiel Galileis vermutet.25 Daher darf aus fehlender Erwähnung nicht abgeleitet werden, dass Wittich ihre Positionen seinen Überlegungen nicht zugrunde gelegt hätte. In hermeneutischem Kontext kann er relativ unproblematisch auf den allgemein anerkannten Aristoteles zurückgreifen.26 Naturphilosophen, die das Akkommodationsargument umfassend entfalten, zitiert er in theologischen Zusammenhängen aber nie namentlich. Die starke Parallelität geradezu Galileis Argumentation ist jedoch offensichtlich.27 Auch sonst verlaufen einzelne Passagen ähnlich zu den Argumentationsgängen der nachweislich von 21 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXVII §§752–757,339–341. 22 Vgl. bes. Wittich: Theologia pacifica (1671) II §17,14. 23 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) II §21,16f. Wittich begegnet dem Vorwurf mit einem Verweis auf den Consensus veritatis und seine Anerkennung der biblischen Autorität. 24 Vgl. Heidanus: Consideratien (1676) 75–77. Eine Reihe von Belegen wird auch mit Zitaten untermauert. 25 Vgl. Del Prete, Tra Galileo e Descartes, 726f. 26 Vgl. die Argumentation mit der Topik von Aristoteles in Wittich: Consensus (21682) XXII §468,216 und dazu das Kapitel 4.3.4.3.1 (Benutzung umgangssprachlicher Wendungen in der Bibel). 27 Vgl. dazu ausführlich Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich und Del Prete, Tra Galileo e Descartes, 723–725. Vgl. auch Scholder, Bibelkritik, 153, der eine Orientierung Wittichs an Kepler beobachtet, wenn er sich der Einzelinterpretation umstrittener Bibelstellen zuwendet.

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ihm verwendeten Schriften des niederländischen Astronoms Philip van Lansbergen (1561–1632)28, dessen Verteidigung des heliozentrischen Weltbildes sehr einflussreich war, und anderer Autoren wie van Lansbergens Sohn Jacob (1590– 1657)29 sowie Anton Deusing (1612–1666) oder Paolo Antonio Foscarini (1565– 1616).30 Im Einzelnen muss oftmals offen bleiben, wie intensiv Wittich Größen aus dem Bereich der Astronomie wie Galilei, Daniel Lipstorp (1631–1684) oder Philip und Jacob van Lansbergen tatsächlich ausgewertet hat.31 Seine Kenntnis ihrer Positionen wird jedenfalls durch Anspielungen nahe gelegt und durch den Bestand seiner privaten Bibliothek (bekannt aus dem Auktionskatalog aus seinem Todesjahr) untermauert.32 Auch die kritische theologische Diskussion der Kopernikaner und Cartesianer, so z. B. in den Schriften von Schoock und du Bois, bezieht sich mitunter auf die Akkommodation und ihre Anwendung von prominenten Naturphilosophen. Sie bieten damit ein weiteres Indiz dafür, dass Wittichs sehr gute Kenntnis der kopernikanischen Argumente hatte.33

28 Vgl. zu van Lansbergen vor allem Vermij, Calvinist Copernicans, 73–99 und Vermij s.v. Lansbergen, Philips (1561–1632). DSECDP 2 (2003) 589f. Er hatte sich nicht nur der Mathematik und Astronomie, sondern auch der Theologie intensiv gewidmet. Sein theologischer Hintergrund führte auch zu einer religiösen Färbung seiner Theorien, allerdings nicht im Sinne der reformierten Kirche, sondern durchzogen mit neoplatonistischen und alchemistischen Spekulationen. Vgl. Vermij, Calvinist Copernicans, 88. 29 Vgl. z. B. Savini, Methodus cartesiana, 309f. 30 Sie alle zitiert Wittich auch bereits in den Dissertationes Duae. Vgl. dazu auch Del Prete, Tra Galileo e Descartes, 719.726 und Ermeneutica cartesiana, 132 sowie Roling, Physica Sacra, 180–204. Bezüge und Parallelen zu Galilei, Kepler, Philip und Jacob van Lansbergen und Foscarini weist auch Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 33 (Anm. 11) nach. Eine exemplarische Analyse bietet sie für Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §5,3. Vgl. zu Foscarini, der auch eine Akkommodationslehre entfaltet, auch Savini, Methodus cartesiana, 309 und Le développement de la méthode cartésienne, 493 sowie Roling, Physica Sacra, 188.191.197.208.211, der die starke Parallelität Wittichs zu ihm wiederholt betont. 31 Vgl. Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich (mit besonderem Blick auf Galilei) und Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne. Del Prete, Tra Galileo e Descartes, 723f. hält es für wahrscheinlich, dass Wittich bereits bei der Abfassung der Dissertationes Duae die Schriften Galileis bekannt gewesen sein dürften. Vgl. zu Lipstorp und Lansbergen auch Eberhardt, Wittich, 132–135. 32 Vgl. z. B. den Eintrag zu „Galilaeus Galilaei de Systemati Mundi, Lugduni 1641“ Hackius: Catalogus (1687) 13 (Nr. 3). Vgl. zu Lipstorp Hackius: Catalogus (1687) 28 (Nr. 436). Diverse weitere naturphilosophische Titel lassen sich finden. Jacobus Hackius: Catalogus instructissimae bibliothecae D. Christophori Wittichii, S.S. Theol. ac Phil. Doctoris, & in Acad. Lugd. Bat. (dum viveret) S.S. Theol. Professoris ordinarii, dignissimi. Quorum auctio habebitur in officina Jacobi Hackii, ad diem 29. Septembr. 1687. Stylo Novo. Lugd. Batavorum: Hackius 1687. Vgl. dazu auch Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 33.37. 33 Vgl. mit einem Beispiel aus Schoocks De Septicismo Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 37 und zu Schoock und du Bois Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 497–500.

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Es ergeben sich damit zwei Traditionslinien für die Etablierung von Wittichs Hermeneutik: Zum einen die theologische, die quantitativ über zahlreiche Theologen der Frühorthodoxie bestimmt ist, inhaltlich aber eine besondere Zuspitzung durch Calvin, Coccejus und Hermeneutikexperten der Zeit erhält,34 zum anderen die philosophische, die sich über die im Diskurs mit Descartes stehende Heliozentrismusdebatte ebenso erschließt wie über das Aristotelesstudium und natürlich die hermeneutischen Arbeiten des engen Freundes und Mitarbeiters Clauberg.35

34 Vgl. zu Wittichs Zeitgenossen und den zentralen Entwicklungslinien auch Kapitel 3.3 (anticartesianische Theologie) und Kapitel 3.4 (Wissenschaftsverständnis und Prolegomena) sowie für eine ausführliche Darstellung der Entwicklung des Schriftverständnisses in der reformierten Orthodoxie Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics II. Ein abstrahiertes Modell der frühneuzeitlichen Hermeneutik entwickelt Titzmann, Hermeneutik in der Frühen Neuzeit, auf der Grundlage der Schriften von Flacius, Wolfgang Franzius (1564– 1628), Glassius, Rivet und Johann Conrad Dannhauer (1603–1666). Aufschlussreiche Bemerkungen bietet auch Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 132–135 (mit Bezügen zu Junius, Flacius u. a.). Sie verweist u. a. auch auf das Ringen um die Legitimation, vom Literalsinn abzuweichen und die Zuspitzung einer Gegenüberstellung von Vernunft- und Schriftautorität sowie das Bewusstsein einer historischen Distanz zum Bibeltext und die Ermittlung des Schriftsinns mittels Parallelstellen. Insbesondere auf ihre herausragende Rolle des Skopus bei Coccejus als dem zentralen Dialogpartner cartesianischer Theologie sei hier jedoch noch einmal erinnert. Vgl. auch Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics II, 218–223. In der Bundestheologie finden Skopus und Akkommodation Anwendung in ihrem ursprünglichen, relationalen Kontext, indem das Verhältnis der beiden Testamente maßgeblich über sie bestimmt und soteriologisch ausgedeutet wird. Vgl. zu den verschiedenen Aspekten der Akkommodation verallgemeinernd Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 251f.253–255: Sie klärt nicht nur die verschiedenen Bundesschlüssel, sondern allgemein die Anpassung der Bibel an die historisch bedingten Grenzen und Bedürfnisse der jeweiligen Adressaten der biblischen Schriften. Neben der immer in diesem Zusammenhang diskutierten Frage nach der anthropomorphen Gottesdarstellung wird auch die bereits bei Augustin begegnende Frage der Anpassung ethischer Vorschriften (z. B. am Beispiel der Erzväter) erklärt. 35 Die Sonderstellung Claubergs für Wittichs Hermeneutik muss hier betont werden. Vgl. auch hier Kapitel 3.4.1.3 (Rezeption von Claubergs Wissenschaftstheorie). Vgl. für die Abgrenzung Claubergs zu theologischen Positionen wie von Flacius und Polanus, beide ebenfalls für Wittich zentrale Autoren, Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 472–474 und für einen Vergleich mit Dannhauer Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 474–480.

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4.2.2 Die Entwicklung der Akkommodations- und Skopuslehre von der Antike bis zur Reformation Die verschiedenen theologischen Spielarten von Akkommodation und der mit ihr verbundenen Skopustheorie in der Bibelhermeneutik sind historisch vorzüglich aufgearbeitet.36 Die Rezeptionslinien ihrer altkirchlichen Wurzeln bündeln sich in besonderer Weise in der komplexen Akkommodationslehre von Calvin, auf den sich die reformierte Orthodoxie maßgeblich bezieht. Für eine Verortung von Wittichs Ansatz ist ein kurzer Blick auf die facettenreiche Geschichte seiner hermeneutischen Hauptfiguren ertragreich.

4.2.2.1 Antike und Mittelalter: Entstehung und Entfaltung des Akkommodationsgedankens Die Akkommodationslehre hat ihre Wurzeln bereits in der Antike. Auch wenn Wittich sich auf Gewährsleute dieser Epoche in seinen hermeneutischen Überlegungen wenig beruft, sind sie für Entstehung und Interpretation gerade des opinio-Arguments zentral. Einerseits zeigt sich hier bereits, dass die Akkommodation im philosophisch-rhetorischen Kontext verankert ist, anderseits verweist ihre dezidiert theologische Entfaltung als accommodatio Dei bei den Kirchenvätern auf die zahlreichen Facetten der Figur, die über eine hermeneutische Engführung weit hinausreichen und an denen sich auch Wittichs Theologie messen lassen muss. Akkommodation ist ursprünglich ein Element der Dialektik und Rhetorik. Die Notwendigkeit der Anpassung von Aussagen an allgemeine Vorstellungen der Menge reflektiert z. B. bereits Aristoteles im Rahmen seiner Topik.37 Wittich 36 Vgl. zu den Ursprüngen der Akkommodation bes. Huijgen, Divine Accommodation, 47– 105. Huijgens Begründung für den historischen Exkurs kann vorbehaltlos auch in Bezug auf Wittich zugestimmt werden. Vgl. Huijgen, Divine Accommodation, 47–49: Erstens kann so trennschärfer gezeigt werden, in welchen Punkten Wittich traditionell argumentiert und wo er innovativ ist, zweitens wird der starke Bezug auf Autoritäten deutlich, der einer auch im 17. Jahrhundert üblichen Ablehnung von Neuerungen in der Theologie entspricht, drittens macht der systematische Zugang zur Theologie Wittichs eine historische Fundierung notwendig. Vgl. zur Akkommodation insgesamt auch Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, und den kurzen Überblick von Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 261–264. Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, ergänzt sehr gut die Erforschung der Akkommodation bei Galilei und Vermij, Calvinist Copernicans, bietet wertvolle Ergänzungen für die niederländische Kopernikus-Rezeption. Weniger ergiebig ist der Eintrag des HWP, der erst mit dem 16. Jahrhundert einsetzt. Vgl. Hornig s.v. Akkommodation. HWP 1 (1971) 125f. Eine wertvolle Arbeit mit Schwerpunkt auf jüdischer und christlicher Akkommodation in Gegenüberstellung hat Benin, The footprints of God, geliefert. 37 Vgl. z. B. Aristoteles: Topik B 2 110 a14–22.

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selbst kann auf dieses und andere Vorbilder verweisen, wenn er Aspekte seines opinio-Arguments verteidigt.38 Der Terminus accommodare (anpassen) ist dementsprechend ursprünglich in der lateinischen Rhetorik verankert. Er bringt die grundsätzliche Anpassung der Rede und Vortragsweise an eine bestimmte Adressatengruppe oder Situation zum Ausdruck, ist aber kein eindeutiger und fester Bestandteil der antiken rhetorischen Systeme. Die für die theologische Adaption zentrale Anpassung einer Rede an das Publikum ist nur ein untergeordneter Aspekt des Bedeutungsfeldes von accommodare, so dass eine direkte Abhängigkeit der theologischen Akkommodationslehre von der antiken Rhetorik nicht anzunehmen ist.39 Die damit verbundene Grundidee wird gerade im theologischen Kontext auch anders ausgedrückt, z. B. mit der Vorstellung, dass Gott sich herablässt, sich klein macht etc.40 Neben Akkommodation lässt sich im Rückgriff auf den Terminus condescendere auch von Kondeszendenz sprechen.41 Die philosophische Logik und die Theologie haben rhetorische Termini (insbesondere accommodare) und Grundideen aufgenommen und ausgehend von diesem „begriffliche[n] Gemeingut“42 frei weiterentwickelt. Der Begriff des Skopus (σκοπός bzw. finis/fines) taucht ebenfalls bereits in antiken Auslegungstheorien auf. Auch sein Bedeutungsfeld geht über den hermeneutischen Bezug weit hinaus. Er lässt sich in hermeneutischem Sinne aber ebenso für platonische Kommentare wie für Cicero belegen. Die Kirchenväter nehmen den Begriff in seiner Bedeutungsvielfalt auf und wenden ihn auch auf die

38 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXII §468,216. Wittich zitiert die Topik von Aristoteles hier in der Deutung von Johannes Neldel (Neldelius; 1554–1612), der den Unterschied zwischen einer analytischen, der exakten Wahrheitsaussage verpflichteten, und einer dialektischen, der Anpassung an die allgemein verbreitete Meinung gegenüber offenen Argumentationsweise darstellt. 39 Huijgen, Divine Accommodation, 57: „[…] accommodare functioned as a technical term […] although it is not more than a second-class technical term.“ Huijgen steht damit in einer gewissen Spannung zu den Beobachtungen von Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 202, jedoch ist seinen ausführlichen Darstellungen zu folgen: Vgl. Huijgen, Divine Accommodation, 49–57. Die griechische Rhetorik wird von ihm allerdings nicht behandelt. Der von Huijgen, Divine Accommodation, 51f. schwerpunktmäßig behandelte Cicero wird von Wittich ebenfalls gelesen und zitiert, allerdings nicht zur Untermauerung der Akkommodationslehre herangezogen. Vgl. zu dem Komplex – ebenfalls mit Schwerpunkt auf Cicero – auch Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 262f. Belege bei Cicero (De oratore II 159) und Quintilian (Institutio VIII 2.6 und IX 1.15) bietet auch Savini, Methodus cartesiana, 308. 40 Vgl. für diese alternativen Ausdrucksweisen Balserak, Accommodatio Dei, 367: „attemperare, humano more dicere, se demittere oder balbutire“. Vgl. zu balbutire (Lallen) auch Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 264. 41 Vgl. Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 59. 42 Balserak, Accommodatio Dei, 367.

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Bibelauslegung an, während die Bibel selbst ihn in einem ethischen Sinne als Lebensziel verwendet.43

4.2.2.1.1 Die vielschichtige Entfaltung der Akkommodationslehre in der Alten Kirche Akkommodation wird im theologischen Kontext grundsätzlich verstanden als die Anpassung Gottes an den Verstehenshorizont des Menschen. Ihre inhaltliche Ausarbeitung erfuhr die Akkommodationslehre bei den Apologeten und Kirchenvätern in umfassender Form über die gesamte Antike hinweg: sowohl im lateinischen als auch im griechischen Sprachraum.44 Dabei ist die Ausgestaltung der Lehre durchaus heterogen und ihre Gewichtung nicht immer gleich, aber sie lässt sich als dominantes Konzept altkirchlicher Theologie anhand der entsprechenden Termini (accommodatio, dispositio, συγκατάβασις, οι᾿κονομία),45 Metaphern (die Anpassung von Gott dem Vater an seine Kinder, von Gott dem Lehrer an seine Schüler und von Gott dem Arzt an seine Patienten)46 oder theologischer Inhalte nachweisen.47 Auch in der antiken jüdischen Exegese wird der Akkommodationsgedanke entfaltet. Ausgehend von einer juristischen Deutungsfigur wird er zu einem exegetischen Leitmotiv, das sich bis ins Mittelalter in der jüdischen Theologie als bestimmend erweist.48. Der für die früh43 Vgl. mit Nachweisen Seils s.v. Skopus. HWP 9 (1995) 985f. 44 Akkommodation wird bei den griechischen Kirchenvätern z. B. unter den Begriffen συγκατάβασις oder οι᾿κονομία behandelt. Vgl. Huijgen, Divine Accommodation, 89. 45 Vgl. Huijgen, Divine Accommodation, 89. 46 Vgl. Huijgen, Divine Accommodation, 89f. Die medizinische Metapher ist charakteristisch für die drei Kappadokier und Augustinus, die anderen Kirchenväter stellen eher die pädagogischen Zugänge in den Vordergrund. 47 So die Zusammenfassung von Huijgen, Divine Accommodation, 89. 48 Vgl. für eine Gegenüberstellung jüdischer und christlicher Spielarten der Akkommodationslehre im Mittelalter Funkenstein, Scripture. Vgl. auch die kurzen Verweise bei Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 201 und Balserak, Accommodatio Dei, 367. Die verschiedenen theologischen Aspekte antiker Akkommodationslehre werden von Huijgen übersichtlich zusammengefasst. Vgl. Huijgen, Divine Accommodation, 90: Nur Chrysostomos verwendet tatsächlich alle von Huijgen herausgearbeiteten Aspekte. Für die Rezeptionsgeschichte der Akkommodation bis hin zu Wittich ist ein fünfter, sog. paulinischer Aspekt, demnach sich der Mensch in der Nachfolge Christi an seine Mitmenschen anpassen solle, nicht relevant. Vgl. auch die Einzelbetrachtungen von Justin, Tertullian und Irenaeus bei Huijgen, Divine Accommodation, 59–62, von Klemens von Alexandria und Origenes bei Huijgen, Divine Accommodation, 62–69, von Athanasius bei Huijgen, Divine Accommodation, 69–72, den Kappadokiern bei Huijgen, Divine Accommodation, 73f., von Johannes Chrysostomos bei Huijgen, Divine Accommodation, 75– 84 und von Augustinus bei Huijgen, Divine Accommodation, 84–88. Vgl. Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 250–255, für eine alternative Kategorisierung des Anwendungsspektrums von Akkommodation mit Blick auf die Entwicklungslinien bis in die Frühe Neuzeit.

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neuzeitliche Rezeption und damit für Wittichs Akkommodationslehre zentrale Aspekt ist der hermeneutische.49 Akkommodation dient in diesem Sinne in der Alten Kirche insbesondere zur Deutung anthropomorpher Gottesdarstellungen und anderer biblischer Aussagen, die dem Wesen Gottes zu widersprechen scheinen.50 Andere Aspekte bringen den tieferen theologischen Gehalt der Akkommodation als Beziehungsbegriff und Beschreibung des Gottesverhältnisses weitaus stärker zum Ausdruck. So lassen sich unter dem pädagogischen Aspekt die Anpassungen Gottes an die Bedürfnisse der Menschen im Verlauf der Heilsgeschichte zusammenfassen. Diese Linie steht auch in engem Zusammenhang mit der Bundestheologie und ist daher im Kontext des Coccejanismus für Wittich greifbar. Er hat starke hermeneutische Bezüge aufgrund einer Relevanz für die soteriologische Beurteilung und Verhältnisbestimmung des biblischen Kanons.51 Ein dritter Aspekt trägt der Transzendenz Gottes Rechnung: Da Gottes Wesen für seine Schöpfung nicht erfassbar ist und selbst seine Offenbarung übersteigt, muss diese unter dem grundsätzlichen Vorbehalt der Akkommodation betrachtet werden. Viertens birgt die Akkommodationslehre ein starkes christologisches Moment, demnach die Inkarnation des Sohnes als die intensivste Form von Gottes Anpassung an die Menschen gedeutet wird.52 Akkommodation ist in der Alten Kirche ein facettenreicher, relationaler Begriff zur Beschreibung des Umgangs Gottes mit den Menschen und reicht über seine hermeneutische Funktion weit hinaus. In dieser Form findet er sich auch bei den antiken Gewährsleuten, die Wittich oder auch Clauberg anführen, z. B. Augustinus, Basilius von Cäsarea, Hilarius von Poitiers, Hieronymus und Johannes Chrysostomos.

49 Allerdings verweist Wittich wenig auf die Kirchenväter, oft auch nur indirekt durch Zitate reformierter Theologen, die sich an der Alten Kirche orientiert haben Eine gewisse Rolle für seine Argumentation spielen aber Augustinus, Johannes Chrysostomos und Basilius von Cäsarea. 50 Vgl. Huijgen, Divine Accommodation, 90 und zum Anthropomorphismusproblem in der Antike und in der neuzeitlichen Hermeneutik Jüngel, Anthropomorphismus. 51 Er findet sich zumindest in Grundzügen bei den meisten Kirchenvätern, wird aber besonders von Irenäus zu einer umfassenden Theorie entwickelt. Eine besondere Facette dieser Form der Akkommodationstheorie entfaltet sich im Zusammenhang mit dem Begriff der Ökonomie, der göttlichen Hausverwaltung von Universum und Offenbarung. Vgl. dazu Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 261f. Das pädagogische Element ist u. a. bei Augustinus, der auch in der Frühen Neuzeit ein wesentlicher Gewährsmann für die Akkommodationslehre ist, stark ausgeprägt. Insbesondere die Anpassung Gottes an die Bedürfnisse und den Verständnishorizont historischer Epochen bringt er zum Ausdruck. Vgl. mit ausgewählten Belegen Huijgen, Divine Accommodation, 86 und Benin, The footprints of God, 94–112. 52 Vgl. Huijgen, Divine Accommodation, 90–92.

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4.2.2.1.2 Die naturwissenschaftliche Engführung der Akkommodation im Mittelalter Die Akkommodationslehre wird im Mittelalter insbesondere in ihrer hermeneutischen Zuspitzung aufgenommen. Gerade die naturwissenschaftlich orientierten Gelehrten bereiteten im Rückgriff auf die Theologie eine entsprechende Engführung der Akkommodation auch im theologischen Rahmen vor. Auch sie spielen in Wittichs Argumentation namentlich keine besondere Rolle, sind aber als Bindeglied der Akkommodationslehre von Antike zu Reformations- und Neuzeit wesentlich.53 Sowohl die relevanten naturphilosophischen als auch theologischen Impulse stützen sich maßgeblich auf die Aristotelesrezeption.54 Die naturkundliche Forschung und die Aristotelesrezeption fanden in einem Milieu statt, das theologische Bildung und Kenntnis der jeweils zugänglichen antiken Literatur voraussetzte. Philosophie und Theologie standen so in einem spannungsvollen Dialog. Spätestens mit der Entstehung der europäischen Universität ergab sich die Notwendigkeit, Philosophie und Theologie, rein rationale und biblische Wahrheit, in ein angemessenes Verhältnis zu setzen.55 53 Wittich rekurriert auch auf so prominente Autoren des Mittelalters wie Thomas von Aquin nicht. Moses Maimonides ist der einzige mittelalterliche Exeget, den er als Gewährsmann aufführt. Möglicherweise meidet Wittich die Anbindung an die scholastische Tradition dadurch. Vgl. zu Maimonides und dem Akkommodationsargument Benin, The footprints of God, 147–162. 54 Die Überlieferungslinie der Naturphilosophie lässt sich von Aristoteles über Aristarch von Samos, Archimedes zu Ptolemäus und seinem mathematisch fixierten heliozentrischen Weltbild nachzeichnen sowie parallel über die Aristotelesauslegung von Plotin, Simplikios und anderen, die schließlich in der scholastischen Theologie mündet und mit Albertus Magnus, Thomas von Aquin et al. verbunden ist. Vgl. für eine kurze Übersicht Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 30–45. Parallel zu einem aufkommenden Interesse an naturkundlichen Fragestellungen wurde die Akkommodationslehre von der Alten Kirche herkommend in der Theologie weiter rezipiert. Exemplarisch sei hier verwiesen auf Abelards (1079–1142) Römerbriefkommentar und dessen Beschreibung des biblischen Stiles als sermo humilis. Vgl. mit Belegen Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 202. Weitere Vertreter der Akkommodation im Mittelalter sind die jüdischen Exegesen Moses Maimonides und Moeses ibn Esra. Vgl. bes. zu letzterem Funkenstein, Scripture. Vgl. zur jüdischen Tradition der Akkommodationslehre vor allem Benin, The footprints of God. Erwähnenswert ist auch der jüdische Konvertit und spätere Bischof Paulus von Burgos (Paulus de Santa Maria; ca. 1352–1435). Vgl. mit Belegen die Einleitung in Rheticus’ Epistola de Terrae motu von Hooykaas (1984) 34. 55 Dies geschah vor allem in der Bestimmung der Theologie als universitäre Wissenschaft. Im Verlauf der im 13. Jahrhundert viel diskutierten Frage nach dem Stellenwert und der Erlaubnis der Aristotelesrezeption wurden biblische und philosophische Aussagen einander gegenübergestellt. Die Debatte forderte ein Abwägen einzelner Aussagen ohne besondere Berücksichtigung des Kontextes, was bei der Bibelexegese dazu führte, dass der Akkommodationsgedanke in pragmatischer Weise hermeneutisch angewendet wurde und in der Vielschichtigkeit, die er bei einzelnen Kirchenvätern durchaus hatte, verloren zu gehen drohte. Auch wenn die Frage des Heliozentrismus im 13. Jahrhundert nicht diskutiert wurde, da Aristoteles und Bibel ein weitgehend kompatibles astronomisches Weltbild zu vertreten

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Thomas von Aquin (1224/25–1274) repräsentiert in besonderem Maße die Schnittstelle zwischen biblischer Theologie und philosophischen Fragestellungen im Kontext der Entstehung der Universität und der Entfaltung der Theologie als universitäre Wissenschaft. So wundert es nicht, dass Thomas die Akkommodationslehre, obgleich sie keine zentrale Rolle in seiner Theologie spielt, verschiedentlich rezipiert und sie benutzt, um die naturphilosophischen Thesen des Aristoteles mit vermeintlich widersprüchlichen biblische Aussagen zu harmonisieren. Er nimmt dabei bis in terminologische Feinheiten Wittichs Formulierung des opinio-Arguments geradezu vorweg, ohne dass dieser sich direkt auf ihn bezöge. Im Rahmen seiner Besprechung des Sechstagewerkes in der Summa Theologica legt Thomas Gen 1,6–8, die Scheidung der Wasser durch das Firmament, aus und vertieft im zweiten Artikel von Quaestio 68 die Frage, ob es über der Himmelsfeste Wasser geben könne. Dabei gerät er in einen Konflikt zwischen biblischem und aristotelischem Weltbild.56 Thomas verweist mit Augustinus darauf, dass das Verständnis der Bibelstelle die menschliche Vernunft übersteige, jedoch auf der Grundlage der biblischen Autorität als Faktum zu glauben sei, auch wenn die Ursachen rational nicht nachvollziehbar erschienen.57 Im dritten Artikel interpretiert er die Himmelsfeste auf der Grundlage seiner Aristotelesstudien mittels der Akkommodationsthese. Er stellt zunächst eine „oberflächliche und buchstäbliche [superficie tenus litteram]“58 Interpretation des Textes als ebenso unplausibel dar wie das Hinzuziehen bestimmter antiker Kosmologien für das Textverständnis.59 Die Annahme einer tatsächlichen Scheidung der Wasser stimme mit der Wahrheit nicht überein. Er folgert: „Weil

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schienen, etablierten sich so das hierarchische Verhältnis von Theologie und Philosophie sowie eine Kultur des Umgangs mit Widersprüchen zwischen Bibel und Naturwissenschaft: Abweichungen von biblischen Aussagen wurden nicht akzeptiert und standen unter dem Häresievorwurf. Vgl. dazu Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 45–50. Vgl. Thomas von Aquin: Summa Theologica (1274) I q.68,2 (Deutsche Thomasausgabe 5,67– 72). Den Verweis auf die Stelle bieten bereits Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 202 (Anm. 32) und Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 61. Vgl. Thomas von Aquin: Summa Theologica (1274) I q.68,2 resp. (Deutsche Thomasausgabe 5,68): „[…] sicut dicit Augustinus [De Genesi ad litteram 2,5], major est Scripturae hujus auctoritas quam omnis humani ingenii capacitas. Unde quoque modo et qualeslibet aquae ibi sint, eas tamen ibi esse minime dubitamus‘.“ Aufgrund der Schriftautorität erkennt Thomas das Vorhandensein der Wasser über der Feste als Faktum an. Wie jedoch Wasser und Feste zu bestimmen sind, sei eine Streitfrage, wie die altkirchliche Diskussion darüber zeige. Thomas diskutiert verschiedene Alternativen, auch im Rückgriff auf die aristotelische Physik, ohne eine endgültige naturphilosophische Antwort zu geben. Diese schließt sich im folgenden Artikel an. Vgl. Thomas von Aquin: Summa Theologica (1274) I q.68,2 resp. (Deutsche Thomasausgabe 5,69f.). Thomas von Aquin: Summa Theologica (1274) I q.68,3 resp. (Deutsche Thomasausgabe 5,73). Vgl. Thomas von Aquin: Summa Theologica (1274) I q.68,3 resp. (Deutsche Thomasausgabe 5,73f.).

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aber diese Annahme durch wahre Gründe als falsch erwiesen wird, darf man nicht sagen, dies sei der Sinn der Schrift. Sondern man muss bedenken, dass Mose zum ungebildeten Volk sprach, indem er sich auf ihr beschränktes Niveau herabließ [condescendens], und dass er ihnen nur das vorlegte, was sich offenkundig der Sinneswahrnehmung zeigt.“60 Thomas geht also von einem an die naturkundlichen Hypothesen des Aristoteles gebundenen Wahrheitsbegriff aus, dem auch die Bibel gerecht werden müsse. Mit dem Begriff der Kondeszendenz bedient er sich dabei einer üblichen Gestalt der Akkommodationslehre, um eine Abweichung seiner Deutung vom Literalsinn zu begründen.61 Einen weiteren Rückgriff auf den Akkommodationsgedanken bietet Thomas im Verlauf der Summa Theologica bei der Besprechung des Gesetzes.62 Hier bietet er dieselbe Terminologie, die auch Wittich für die Entfaltung des opinio-Arguments verwendet. Um seine Auffassung, dass das Gesetz von Gott über Engel vermittelt wurde, zu erhärten, entkräftet Thomas den Einwand, dass die Bibel eine unmittelbare Begegnung von Gott und Mose bezeuge, damit, dass hier eine Akkommodation an die Vorstellung des Volkes vorliege: „[…] secundum opinionem populi loquitur Scriptura, qui putabat Moysen ore ad os loqui cum Deo […].“63 Eine naturwissenschaftliche Frage der Spätscholastik, die unmittelbar im Kontext der kopernikanischen Theorie steht, dreht sich um die Erdrotation. Besonders die Aristoteleskommentierung des Bischofs und Naturforschers Nikolaus von Oresme (1320/25–1382) setzt sich damit auseinander. Auch wenn dieser und seine Diskussionspartner die Erdrotation letztendlich ablehnen, werden hier zentrale Weichen für die Rezeption der Akkommodationslehre gestellt, wie sie sich bei Galileo Galilei, aber auch bei Wittich finden.64 Auch Nikolaus geht davon aus, dass die Heilige Schrift sich der gewöhnlichen mensch-

60 Thomas von Aquin: Summa Theologica (1274) I q.68,3 resp. (Deutsche Thomasausgabe 5,74): „Sed quia ista positio per veras rationes falsa deprehenditur, non est dicendum hunc esse intellectum Scripturae. Sed considerandum est quod Moyses rudi populo loquebatur, quorum imbecillitati condescendens, illa solum eis proposuit, quae manifeste sensui apparent.“ 61 Vgl. insgesamt auch Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 59f. und für die aristotelisch geprägten Argumente Thomas von Aquin: Summa Theologica (1274) I q.68,2f. (Deutsche Thomasausgabe 5,67–76). Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 135 (Anm. 215) verweist darauf, dass die Kondeszendenz des Moses an ein rudis populus wiederholt vorkommt, so z. B. auch in Thomas von Aquin: Summa Theologica (1274) I q.66,1; 67,4 und 70,1. 62 Vgl. den Kontext bei Thomas von Aquin: Summa Theologica (1274) I–II q.90–105. 63 Thomas von Aquin: Summa Theologica (1274) I–II q.98,3 ad 2 (Deutsche Thomasausgabe 13,156). Vgl. dazu auch Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 201f. mit weiteren Stellen bei Thomas und innerhalb der jüdischen Exegese. Vgl. auch Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 135 (Anm. 215). 64 Vgl. Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 51–53.

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lichen Sprechweise angepasst habe.65 Ähnlich wie bereits Thomas bietet er damit ein wesentliches Element des opinio-Arguments. Deutlicher als dieser tut er es aus der Perspektive des Naturforschers und etabliert Akkommodation im Kontext einer naturwissenschaftlich orientierten Exegese. Als problematisch erweisen sich für ihn trotz des Verweises auf die angepasste Redeweise Bibelstellen wie Jos 10,12–14 und Ps 93,1 [Vulgata Ps 92,1], in denen dem Wortsinn nach der Erdrotation explizit widersprochen wird. Nikolaus stellt fest, dass es wahrscheinlicher wäre, wenn Gott die Erde rotieren bzw. anhalten ließe, anstatt die Sonne, und argumentiert mit der Ökonomie der notwendigen Kräfte. Dem biblische Zeugnis ordnet er sein Wahrscheinlichkeitsargument jedoch unter.66 Damit folgt er einer allgemein üblichen Strategie scholastischer Philosophie zur Meidung der Annahme einer doppelten Wahrheit. Das Akkommodationsargument wiegt für ihn nicht stark genug, um die biblischen Aussagen offen zu übergehen. In der Frühen Neuzeit wird dieser Kurs beibehalten. Wo man, wie im Falle von Descartes, nicht mit dem Begriff der Wahrscheinlichkeit operieren wollte, wurden kopernikanische Grundsätze als Hypothese und Erklärungsmodelle dargestellt.67 Nichtsdestoweniger war die Figur der Akkommodation im Mittelalter bereits für eine Engführung als hermeneutischer Schlüssel zur Abgrenzung der Bibel von der Naturforschung vorbereitet worden. Im Gegensatz zur Antike wird sie nicht mehr als eine allgemeine, für alle Menschen notwendige Anpassung Gottes betrachtet, sondern im Rahmen der Exegese auch als eine Anpassung für einen bestimmten Personenkreis, in Abhängigkeit von Bildung, Wissen und historischer Situation. Dieser Aspekt der Akkommodation war auch 65 Nikolaus stellt in seiner Analyse von Aristoteles’ De caelo die Erdrotation um die eigene Achse entgegen (und bleibt damit hinter der Komplexität des kopernikanischen Systems, in dem Zusätzlich die Bewegung der Erde um die Sonne erkannt wurde, zurück). Er kommt zu dem Ergebnis, dass lediglich Wahrscheinlichkeitsargumente diese These be- oder widerlegen können. Ergebnisse von Naturbeobachtungen relativiert er ebenso wie rationale Argumente, zu denen auch der Schriftbeweis gehört. In diesem Argumentationsschritt greift Nikolaus auf die Akkommodationsfigur zurück, die er als studierter Theologe kennt. Er entkräftet in seiner Auseinandersetzung mit rationalen Einwänden auch biblische Stellen, die gegen die Erdrotation zu sprechen scheinen. Diese erklärt er über die stilistsische Anpassung an menschliche Redeweise. Vgl. Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 205, der Nikolaus’ Schrift von 1377 Le Livre du ciel et du monde II, XXV, 276 zitiert („la manière de commun parler humain“). Vgl. auch Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 53–55. 66 Vgl. Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 205, Danneberg, , Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 255f. und Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 55. 67 Für Descartes ist eine Orientierung am Wahrscheinlichen nicht zu bevorzugen. Sein Erkenntnisweg setzt damit an, alles Wahrscheinliche zunächst für nahezu falsch zu halten. Vgl. Descartes: Discours (1637) 1,12 (AT VI 9). Wenn man allerdings die wahre Ansicht nicht erkennen könne, solle man auch nach Descartes die wahrscheinlichste verfolgen. Vgl. Descartes: Discours (1637) 3,3 (AT VI 25).

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in der Alten Kirche bekannt, aber nicht dominant. Gerade dieses Moment wird aber für die Frühe Neuzeit das bestimmende.68 So entwickelt sich die Akkommodationslehre im Mittelalter zu einer möglichen Brücke zwischen säkularer und theologischer Wissenschaft und bereitet dabei eine systematische rationale Exegese maßgeblich vor.69 4.2.2.2 Die Bedeutung der Hermeneutik von Luther und Calvin Sowohl Luther und seine Nachfolger als auch Calvin standen der kopernikanischen Astronomie ablehnend gegenüber, ohne dass sie sich vertieft mit ihr auseinandergesetzt hätten.70 Als Schrifttheologen greifen sie jedoch auf die hermeneutische Tradition der Akkommodation und des Skopus zurück. Sie werden als Protagonisten der Reformation zu Wegbereitern für die Bibelhermeneutik der Orthodoxie. Dabei entwickeln sie Konzepte, die es ermöglichen, naturwissenschaftlichen Theorien ihre Geltung unabhängig von Schriftaussagen zuzusprechen. Während die Akkommodationslehre über humanistische und altkirchliche Strömungen bei Calvin stark rezipiert wird, taucht sie bei Luther nur als Randerscheinung auf. Sie ist in bestimmten Kontexten zu einem allgemein verbreiteten Motiv geworden, das Luther aufnimmt, ohne es weiter zu entfalten.71 Das prominenteste Beispiel für einen derartigen Rückgriff auf die Akkommodation stammt nicht zufällig aus dem Kontext der Gegenüberstellung von Bibel und Naturwissenschaft. In der Auslegung des vierten Schöpfungstages nach Gen 1,16 spricht Luther (mit der Auslegungstradition) der Bibel die faktische Beschrei68 Vgl. zu der Beobachtung dieser Akzentverschiebung auch Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 264f. mit Belegen für Kopernikus, Kepler und Galilei. 69 Vgl. auch die Diagnose von Funkenstein, Scripture, 101. 70 Vgl. z. B. Wright/Balserak, Wissenschaft, 447f. mit Schwerpunkt auf Calvin. Für Luther, der die astronomische Diskussion scheinbar nahezu überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat und sich nur einmal in den Tischreden gegen das kopernikanische System mit Verweis auf Jos 10,12f. bekennt, vgl. z. B. Hirsch, Geschichte der neueren evangelischen Theologie I, 204 mit dem Beleg bei Luther: Tischreden vom 4./5. Juni 1539 in WA Tischreden IV 4638. Vgl. auch Blumenberg, Genesis der kopernikanischen Welt, 375–377, der weitere Passagen der Tischreden einbezieht. Luthers Ablehnung der neuen Astronomie, die er nur als Nebenthema beachtet, steht durch den Josua-Bezug unmittelbar in hermeneutischem Zusammenhang. Blumenberg, Genesis der kopernikanischen Welt, 373–375 weist im Übrigen darauf hin, wie viel verheerender noch das Nein Melanchthons zu Kopernikus’ System gewesen sei. 71 Vgl. auch die These von Korsch, Theologische Prinzipienfragen, 362, der aus Luthers theologischer Prinzipienlehre folgert, dass sie der Theologie eine „rhetorische“ Gestalt gebe, die gerade nicht im Sinne einer Anpassung an die menschlichen Erkenntnisgrenzen zu verstehen sei, sondern eine reale Dimension des Hörens und Glaubens des Wortes Gottes widerspiegele.

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bung des Kosmos ab und verweist auf die Anpassung des Mose an den Schein und die beschränkte Auffassungsgabe der Menschen.72 Bedeutender ist für Luther jedoch der Skopusgedanke.73 Seine christozentrische Theologie erklärt Jesus Christus zur Mitte der Schrift. Die Bibel, das vollständige Offenbarungswort, lässt sich mit Gott identifizieren, Christus und Wort Gottes sind für ihn untrennbar. So lässt sich Christus auch als hermeneutischer Schlüssel der Bibel bestimmen. Insbesondere garantiert für Luther der biblische Skopus, auf Christus ausgerichtet zu sein und das Heil vermitteln zu wollen, die claritas scripturae interna.74 Allerdings zeigt sich in Luthers Verständnis vom Wort Gottes eine vielschichtige und relationale Dimension, die sich einer Reduzierung auf die Hermeneutik verschließt.75 Der für Wittich nicht nur aufgrund seiner Konfession, sondern auch aufgrund dessen umfassender Akkommodationslehre bedeutendere Gewährsmann ist Johannes Calvin. Insbesondere über den Einfluss von Augustinus und Johannes Chrysostomos, aber auch vermittelt durch Erasmus von Rotterdam76 erlangte die Akkommodationslehre in dessen Theologie einen besonderen Platz. Er hat sich „mit der Akkommodation Gottes wahrscheinlich ausführlicher befasst als irgendein anderer christlicher Denker.“77 Calvin arbeitet mit einem vielschichtigen Akkommodationsbegriff und bringt seine theologische Fülle gegen eine naturwissenschaftlich orientierte Engführung deutlich zum Ausdruck. Der Einsatz der Akkommodation zur Abgrenzung der Theologie gegenüber dem naturphilosophischen Fortschritt, wie er uns bei Wittich begegnet, gehört nicht zu seinen zentralen Anliegen. Im Gegenteil vertritt er keine strikte Trennung von Philo-

72 Vgl. den Hinweis von Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 254f. auf Luthers Bemerkung zum Schöpfungsbericht in Luther: Tischreden (Nachschrift Mathesius 1940), WA TR 5, 34 (Nr. 5259). Nach den beiden Lichtern von Gen 1,16 gefragt verweist Luther hier auf die verlässlichen mathematicae rationes: „Quare credo Mosen locutum esse ad captum nostrum, quia nobis ita videatur.“ 73 Vgl. auch zusammenfassend und mit Nachweisen Seils s.v. Skopus. HWP 9 (1995) 986. 74 Vgl. dazu Beutel, Wort Gottes, 368 mit Belegen. Vgl. z. B. die Diskussion Luthers mit Erasmus über die claritas scripturae in Luther: De servo arbitrio (1525): WA 639 u. ö. 75 Vgl. zusammenfassend Beutel, Wort Gottes. 76 Vgl. für die Akkommodation bei Erasmus von Rotterdam Huijgen, Divine Accommodation, 92–103. 77 Balserak, Accommodatio Dei, 366. Vgl. auch van Bunge, Bekker’s Cartesian Hermeneutics, 64f. Die beste Analyse seiner Akkommodationslehre bietet Huijgen, Divine Accommodation, der darüber hinaus die auch für die Beurteilung Wittichs zentrale Frage stellt, inwieweit die Akkommodation ein adäquates Motiv ist, um Offenbarung zu beschreiben und welche Stärken und Schwächen dieser Ansatz mit sich bringt. Diese Frage wird im Ergebniskapitel 4.3.6 (Ergebnisse und kritische Würdigung der Hermeneutik Wittichs) aufzugreifen sein. Huijgen, Divine Accommodation, 318 gliedert seine Untersuchung in die Aspekte der religious certainty, personal relevation und hermeneutical plausibility, von denen besonderes letztes für Wittichs Ansatz bedeutsam ist.

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sophie und Theologie, wie Wittich in seiner Calvinrezeption suggeriert.78 Aus seinem Studium der Kirchenväter übernimmt er vor allem den pädagogischen Aspekt und den Transzendenzaspekt der Akkommodationslehre und bestimmt auch das Verhältnis von AT und NT durch sie.79 Bei ihm ist Akkommodation vor allem Ausdruck der Gottesbeziehung und kein eindimensionaler hermeneutischer Schlüssel.80 Demgegenüber ist es bemerkenswert, wie sehr die Fragestellung nach dem Verhältnis der Wissenschaften und der Schriftautorität gegenüber der Naturwissenschaft im Laufe des 17. Jahrhunderts zu einer umfassenden Aufgabe der Theologie geworden ist, während sie bei Calvin nur marginal vorkommt.81 Nichtsdestoweniger wird Calvin zu dem wichtigsten Gewährsmann der Akkommodation für die reformierte Theologie und gilt auch als entscheidender Multiplikator der Akkommodationsfigur für ihre frühneuzeitliche Rezeption in Theologie und Philosophie.82 Er verwendet ebenfalls den Skopus als Richtschnur für die Akkommodation.83 Von Erasmus und Luther herkommend kann Calvin die Bibel auf einen einzigen, einheitlichen Sinn oder Skopus reduzieren, nämlich 78 Howell, God’s Two Books, 177f. verweist auf die von Calvin vertretenen zentralen Implikationen der Theologie für philosophische Fragen, insbesondere in Bezug auf die Moral. 79 Vgl. Kapitel 4.2.2.1.1 (Akkommodationslehre in der Alten Kirche) und zusammenfassend Huijgen, Divine Accommodation, 259f. und Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics II, 238.301. Vgl. zu der „intrabiblischen“ Anwendung der Akkommodation, die bei Erasmus von Rotterdam eine besondere Betonung erfahren hat, Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 250f. (Anm. 45). 80 Balserak, Accommodatio Dei, 368–372: So kommt Gott bei seiner Unterweisung der Menschen deren Auffassungsgabe grundsätzlich entgegen, um den eigentlich unüberbrückbaren Graben zu seiner Unendlichkeit zu überwinden, was in seiner Offenbarung zum Ausdruck kommt. Ebenso habe er sich bei der Verkündigung des alttestamentlichen Gesetzes an die Möglichkeiten der Israeliten angepasst und seine Erwartungen gesenkt. Auch der von Gott gestiftete Gottesdienst habe sich den „Altersstufen der Kirche“ angepasst. Die Prüfung und Züchtigung der Menschen durch Gott erfolge nach Calvin individuell in Anpassung an die Eigenschaften der Menschen. In der Inkarnation Christi zeigt sich die Akkommodation Gottes ebenfalls auf vielfältige Weise. Gott verzichte schließlich auf die Ausübung seiner potentia absoluta bei der Bewahrung der Erde, um sich an die Vergesslichkeit des Menschen anzupassen und durch die Ordnung der Natur zu wirken, so dass man sich seiner erinnere: Statt die Erde dauerhaft zu befeuchten, wie er es im Garten Eden getan habe, habe er sich entschlossen, regelmäßig Regen zu schicken (potentia ordinata). 81 Vgl. Huijgen, Divine Accommodation, 388f. Calvin hat sich mit dem kopernikanischen System nicht ausdrücklich auseinandergesetzt, aber den Heliozentrismus ausdrücklich abgelehnt. Vgl. Wright/Balserak, Wissenschaft, 445f. und Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 497 mit dem Beleg bei Calvin in einer Predigt über 1Kor 10,19–24 (Vgl. CO XLIX 677). Er hat jedoch die Akkommodationslehre nicht systematisch auf naturphilosophische Fragestellungen angewendet. Vgl. dazu Huijgen, Divine Accommodation, 222f. und Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 202–204 (bes. Anm. 40 mit wesentlicher Literatur für die Debatte). 82 Vgl. z. B. Savini, Methodus cartesiana, 310f. 83 Vgl. Calvin: Johanneskommentar (CO XLVII 125) mit Belegen De Angelis, Anthropologien, 307, Howell, God’s Two Books, 176f. und Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 213.

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Jesus Christus.84 Das Brennglas der calvinischen accommodatio ist nicht die bloße Exegese, sondern die Offenbarung in umfassender Form, d. h. nicht nur im Rahmen der Lehrvermittlung, sondern der höchstmöglichen Anpassung Gottes an den Menschen durch seine Menschwerdung in Jesus Christus.85 Das hermeneutische Motiv der Anpassung der biblischen Sprache an den laienhaften Leser kennt Calvin nichtsdestoweniger und macht dies besonders in seinem Genesiskommentar verschiedentlich deutlich. Bei der Erklärung von Stellen wie Gen 1,16 wendet Calvin die Akkommodation in Bezug auf eine naturwissenschaftliche Frage an.86 Er verweist darauf, dass Mose zwar den Mond zu den großen Lichtern zähle, Astronomen jedoch wüssten, dass der Saturn größer sei und nur aufgrund der großen Entfernung zur Erde so klein erscheine. „Hoc interest, quod Moses populariter scripsit, quae sine doctrina et literis omnes Idiotae, communi sensu percipiunt: illi autem [scil. Astronomi] magno labore investigant, quicquid humani ingenii acumen assequi potest.“87 Mose wolle ein Lehrer für Gebildete und Ungebildete sein und habe sich so zu einer primitiveren Methode der Unterweisung herabgelassen. Ähnlich hatte sich bereits Thomas von Aquin über Mose geäußert. Auch in der Alten Kirche war man auf der Grundlage außerbiblischen Wissens davon ausgegangen, dass es sich hier nicht um eine adäquate Bestimmung der Größenverhältnisse von Gestirnen handeln könne.88 Die Auslegung von Gen 1,16 erweist sich über mehrere Jahrhunderte hinweg als Paradebeispiel für die Anwendung der Akkommodationstheorie im naturphilosophischen Kontext. Calvin mutmaßt, dass die Ungebildeten komplizierte wissenschaftliche Beschreibungen des Mose sonst als Entschuldigung dafür genommen hätten, dass dessen Lehre für sie zu schwierig sei. Der Geist wolle hier aber für alle Menschen verständlich sprechen und richte sich nach dem allgemeinen

84 Vgl. mit Belegen Seils s.v. Skopus. HWP 9 (1995) 986. 85 Vgl. zusammenfassend Huijgen, Divine Accommodation, 316–318, der auch darauf hinweist, dass Calvins Rekurs auf die vermeintlich allgemein anerkannte Körperlosigkeit und Freiheit von Reue und Veränderung Gottes bei der Deutung anthropomorpher Gottesdarstellungen in der Bibel gegenüber seiner sonstigen Anwendung des Akkommodationsgedankens oberflächlich und unausgeglichen wirken kann. 86 Gen 1,16 ist ein prominentes Beispiel. Dieselbe Argumentationsfigur böte z. B. auch Calvins Auslegung von Gen 1,7. Vgl. dazu z. B. Vermij, Calvinist Copernicans, 244. 87 Calvin: Commentarii in quinque libros Mosis (1554) = CO XXIII 22–23 (ad Gen 1,16): „Hier liegt der Unterschied, dass Mose in allgemeinverständlichem Stil das beschreibt, was jeder Laie mit einer gewöhnlichen Auffassung ohne wissenschaftliche Bildung versteht, jene aber mit großer Mühe erforschen alles, was der Scharfsinn menschlicher Begabung nur erreichen kann.“ Vgl. mit weiteren Stellen aus dem Genesiskommentar Wright/Balserak, Wissenschaft, 447f. 88 Vgl. mit Belegen für Johannes Chrysostomos Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 254.

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Sprachgebrauch.89 Wittich nimmt im Rahmen seiner Apologie des opinioArguments auf diese Calvinstelle direkt Bezug.90

4.2.3 Die Akkommodationslehre bei frühneuzeitlichen Naturforschern Im Rahmen der reformierten Orthodoxie wurde der hermeneutische Aspekt der Akkommodation in der Auseinandersetzung mit der neuen Philosophie stark betont. Die Akkommodationslehre fungierte vor allem als exegetisches Werkzeug, wie es uns auch in Wittichs opinio-Argument begegnet, wurde besonders auf Calvin zurückgeführt, aber ihr Stellenwert und ihre Bedeutung wurde im Vergleich zum Reformator verschoben.91 Nicht unwesentlich für diese Form der Calvinrezeption ist die bereits seit dem Mittelalter nachweisbare naturphilosophische Adaption des Akkommodationsgedankens, die genuin ein stärkeres Interesse hat, Philosophie und Theologie voneinander abzugrenzen und naturwissenschaftliche Aussagen gegen biblische Zeugnisse aufrechtzuerhalten. Der Kontext, in den Wittich seit den Dissertationes Duae die Akkommodationslehre stellt, ist durch den starken Rückgriff auf Descartes und das kopernikanische Weltbild besonders an dieser philosophischen Linie orientiert. Bei den renommierten Vertretern eines heliozentrischen Weltbildes taucht das Akkommodationsargument daher sowohl über theologische als auch naturkundliche Einflüsse kontinuierlich auf und entfaltet sich im 17. Jahrhundert stark mit naturwissenschaftlichem Bezug. Die hermeneutischen Umwälzungen der Frühen Neuzeit sind mitunter stärker durch diese Impulse beeinflusst als durch die Reformation.92 89 Vgl. Calvin: Commentarii in quinque libros Mosis (1554) = CO XXIII 22–23 (ad Gen 1,16): Zwar sei der Saturn größer als der Mond, doch dem menschlichen Auge stelle sich der Sachverhalt anders dar: „Ergo Moses ad usum [scil. den alltäglichen Sprachgebrauch] potius se convertit.“ Vgl. zu Calvins Verhältnisbestimmung von Naturwissenschaft und Schöpfungsbericht auch die Würdigung bei Beintker, Kontroverse um die Evolutionslehre, 10. 90 Vgl. zuerst Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §1,6f. und I 4 §5,53f. und die entsprechende Parallele im Consensus veritatis. 91 Huijgen, Divine Accommodation, 384f. kommt zu dem Ergebnis, dass eine Etablierung der accomodatio Dei im Diskurs von Theologie und Naturwissenschaft nicht im Sinne von Calvins Akkommodationslehre sein kann. Die Verhältnisbestimmung zwischen Theologie und Philosophie über die Akkommodation, den Wittich in den Dissertationes Duae, wie wir sehen werden, ausdrücklich geht, hält er für verfehlt, „for it serves as an ever regressive principle, often with a rationalist or naturalist outcome“. Huijgen, Divine Accommodation, 384. Nichtsdestoweniger ist Calvin – teils mit, teils ohne namentliche Erwähnung, einer der zentralen Vordenker auch der naturphilosophischen Adaption der Akkommodationslehre. Vgl. mit Verweisen auf Edward Wright (1558–1615), Philip van Lansbergen (1561–1632) und Kepler Benin, The footprints of God, 195f. 92 So diagnostiziert Jeanrond, Wie hermeneutisch ist die Theologie?, 31f.

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Die Hermeneutik als Zentrum cartesianischer Theologie

4.2.3.1 Die allgemeine Verbreitung der Akkommodation in der Philosophie des 16. und 17. Jahrhunderts Der Mathematiker, Naturforscher und Kopernikusschüler Georg Joachim Rheticus (1514–1574) harmonisierte in den 1650er Jahren im Rückgriff auf Augustinus die Theorie seines Lehrers mit der Bibel, indem er sich der Akkommodation bediente. Er blickte dabei bereits auf eine Reihe von Vorbildern.93 Danneberg hält das 1600 erschienene Buch De magnete von William Gilbert (1540–1603) und hierin insbesondere das Vorwort von dem Mathematiker Edward Wright (1558–1615) für den entscheidenden Multiplikator des Akkommodationsgedankens in der naturwissenschaftlich orientierten philosophischen Literatur der Frühen Neuzeit. Dieser bietet den auch für Wittich typischen Argumentationszusammenhang Erdrotation, Akkommodation und ihre Legitimation trotz der Schriftautorität auf der Grundlage des Skopus.94 Über die Konfessionsgrenzen hinweg wird im 16. und 17. Jahrhundert immer wieder die Trennung von naturphilosophischen Ergebnissen und biblischen Aussagen betont.95 Dabei findet die Akkommodationslehre, teils nur dem Gedanken nach, teils auch unter Verwendung des Begriffs accommodare und der Termini des opinio-Arguments, häufig Verwendung, um eine buchstäbliche Bibelauslegung gegen philosophische Erkenntnisse zu entkräften.96 Ihre Anwendung zur Legitimation der kopernikanischen Theorie stößt immer auch auf Widerstände.97 Grundsätzlich findet sie aber auch Anwendung bei Vertretern gegensätzlicher Kosmologien, wie bereits die Beispiele von Thomas oder Calvin gezeigt haben.98 Zugunsten kopernikanischer Theorien setzten sie prominent

93 Vgl. mit weiterführender Literatur van Bunge, Bekker’s Cartesian Hermeneutics, 65f. und Danneberg, Die Auslegungslehre des Christian Thomasius, 269f. (Anm. 74) und die umfassende Darstellung in der kommentierten Textausgabe von Hooykaas. Das grundsätzliche Problem der Vereinbarkeit von Heliozentrismus und Bibel diskutierten aus naturphilosophischer Perspektive eine Reihe von Astronomen. Vgl. z. B. Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 129f. für eine Übersicht. Vgl. zu Rheticus auch Blumenberg, Genesis der kopernikanischen Welt, 396–415, zu Rheticus’ Verhältnis zu Osiander Blumenberg, Genesis der kopernikanischen Welt, 341–370 und zu seinem Verhältnis zu Melanchthon Blumenberg, Genesis der kopernikanischen Welt, 371–395. 94 Vgl. Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 206 mit weiteren Verweisen und Belegen. Vgl. auch Benin, The footprints of God, 195f. 95 Vgl. auch Del Prete, Tra Galileo e Descartes, 722 mit Belegen zu Christoph Rothmann, Brahe, Rheticus, Kepler, Foscarini und den beiden Lansbergens. Vgl. mit Belegen zu Galilei, Foscarini, den beiden Lansbergens, Libertus Fromondius (Libert Froidmont; 1587–1653) Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 491–496. 96 Vgl. Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 207. 97 Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 207 zeigt dies zudem am prominenten Beispiel von Johann Amos Comenius (Komensky; 1592–1670). 98 Vgl. dazu Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 204f.

Akkommodationstheorie in ihrem geistes- und begriffsgeschichtlichen Kontext

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Giordano Bruno (1548–1600),99 Johannes Kepler (1571–1630) und der kopernikanische Theologe Paolo Antonio Foscarini ein, insbesondere jedoch Galileo Galilei (1564–1642).100 4.2.3.2 Galileo Galilei Galilei verteidigte anfänglich die kopernikanische Lehre vor allem gegen die Lehrtradition der Aristoteliker, bis ihm die theologische Dimension seiner Forschungen bewusst wurde, als seine Gegner auf Schriftbeweise zurückgriffen, um ihn zu widerlegen.101 Selbst auf die richtige Bibelauslegung zu rekurrieren war nach dem Konzil von Trient 1546, das Nichttheologen eine eigenmächtige Bibelauslegung ausdrücklich untersagte, höchst problematisch, so dass Galilei zurückhaltend argumentieren musste.102 In seinen Briefen an seinen Schüler Benedetto Castelli (1577/78–1643) und an Christine von Lothringen (Cristina di Lorena; 1565–1636) versuchte er daher zu belegen, dass die Fragen der Kosmologie nicht in der Bibel beantwortet würden und diese nur formal dem aristotelisch-ptolemäischen Weltbild folge, da sich der Heilige Geist der Auffassung seiner Adressaten angepasst habe. Die vermeintlichen Widersprüche zwischen Bibel und den kopernikanischen Entdeckungen im Einzelnen müsse sodann die Theologie auflösen.103 Der Akkommodationsgedanke wurde seit dem Brief an 99 Vgl. den Nachweis zu Bruno, der in seinem La cena de la ceneri (1584) Mose eine Anpassung an die Redeweise und Vorstellungen der Menge und die Zurückhaltung seiner Weisheit nachsagt, bei Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 203f. Vgl. zum Fall Bruno auch Titzmann, Hermeneutik in der Frühen Neuzeit, 130f. 100 Kepler und Galilei tauschen sich dazu aus. Vgl. Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 58f. zu Kepler mit Beleg. Vgl. z. B. auch die kurzen Darstellungen von Scholder, Bibelkritik, 68f. (zu Kepler) und 73 (zu Galilei), Hornig s.v. Akkommodation. HWP 1 (1971) 125 und Huijgen, Divine Accommodation, 29.223f. Durch die Arbeiten von Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, und Danneberg (bes. Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie 2009 und 2010a) ist das Beispiel Galileis sehr gut erforscht und gerade auf seine hermeneutischen Bezüge im Kontext der hermeneutica sacra und der Akkommodation hin untersucht worden. Hier wird lediglich anhand einer anschaulichen Schrift Galileis Hermeneutik entfaltet. Vgl. zu Galileis Gewährsleuten Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 234. Vgl. zu Galilei, den theologischen Provokationen seiner Thesen und seinem Einfluss auf die Hermeneutik auch sehr übersichtlich Titzmann, Hermeneutik in der Frühen Neuzeit, 131–147. 101 Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 28 knüpft diese Erkenntnis an eine Konfrontation mit biblischen Argumenten, die Galileis Schüler Benedetto Castelli (1577/78– 1643) seinem Lehrer in einem Brief vom 14. Dezember 1613 berichtete. Vgl. für eine Zusammenfassung zu Galileis Entwicklung zum Kopernikaner Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 19–27. 102 Vgl. das Zitat des Konzildekrets bei Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 29. 103 Vgl. die Zusammenfassung bei Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 29, den Brief an Benedetto Castelli vom 21. Dezember 1613 (mit Einleitung und Übersetzung) bei Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 124–145, in welchem zum ersten Mal das

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Castelli von 1613 zu Galileis Hauptargument.104 Beide Briefe sind seit 1636 in lateinischer Übersetzung der gelehrten Öffentlichkeit zugänglich.105 Die kirchliche Frontstellung Galileis ist ebenso wie seine Argumentation in vielfacher Hinsicht parallel zu Wittich. Wie dieser sah sich auch Galilei dem Vorwurf ausgesetzt, seine Thesen seien häretische Neuerungen.106 Eine biblisch fundierte Invektive gegen die kopernikanische Weltvorstellung wird von Galilei als scheinheilig dargestellt. Die Autorität der Bibel werde dabei benutzt, um das Unvermögen seiner Gegner, ihn auf dem eigentlich angemessenen, philosophischen Weg zu widerlegen, zu kaschieren.107 Sie seien gewillt, „gegen die Absicht der Heiligen Schrift und der Kirchenväter, ihre Autorität auszuweiten, um nicht zu sagen, zu missbrauchen, so dass man auch bei Folgerungen, die rein natürlich und nicht de Fide sind, die Wahrnehmung und die Beweisgründe gänzlich aufgeben müsste, irgendeiner Stelle der Schrift zuliebe, obwohl diese bisweilen unter dem vordergründigen Wortlaut eine ganz andere Meinung enthalten kann.“108 Auch die Grundüberzeugung, dass die Bibel keine naturwissenschaftlichen Aussagen machen wolle, teilt Wittich also mit Galilei, der sich für diese Erkenntnis seinerseits auf Kopernikus beruft.109 Wie Wittich bekennt Galilei sich dabei grundsätzlich zur Schriftautorität und muss daher erklären, wieso Bibel-

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Akkommodationsargument in seinem Werk auftaucht, und den darauf aufbauenden und mit theologischen Belegen angereicherten Brief an Cristina, Großherzogin Mutter von Toscana, vom Sommer 1615 bei Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 279–393. Theologischer Gewährsmann für Galilei, der seine Übereinstimmung mit theologischen Auslegungstraditionen zu belegen bemüht ist, ist dabei immer wieder Augustinus’ De Genesi ad litteram, wie es auch bei Thomas der Fall gewesen war. Vgl. Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 56.282, Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 493 und Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 234. Galileis Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass Augustinus eine naturwissenschaftliche Frage offenlässt und darauf verweist, dass man bei der Bibelauslegung nicht auf gut Glück eine dunkle Sache glauben dürfe, damit man sich nicht gegen die Wahrheit stelle. Vgl. Galilei an Cristina (1615) §4f. (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 288–291). Es ist bemerkenswert, dass Galilei in seinem Brief an Castelli dieselben Argumente, die er an Cristina schreibt, auch ohne Belege bei den Kirchenvätern entfalten kann, so dass diese als ein argumentativer Zusatz bewertet werden können, um die Tradition seiner Auslegung nachträglich zu belegen. Vgl. dazu Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 234. Vgl. für eine Inhaltsangabe die Einleitung von Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 282–287. Vgl. Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 130. Vgl. Galilei an Cristina (1615) §1f.,6 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 288– 291). Vgl. bes. Galilei an Cristina (1615) §11 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 294f.). Galilei an Cristina (1615) §18 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 300f.). Übersetzung aus dem Italienischen und Kursivsatz nach Bieri. Vgl. Galilei an Cristina (1615) §19f. (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 300– 303).

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stellen seinen naturwissenschaftlichen Thesen widersprechen. Wie Wittich greift er dazu auf die Analyse biblischen Stils, konkret das Akkommodationsargument („accomdarsi alla capacità del vulgo assai rozo e indisciplinato“), zurück.110 Wie Wittich verbindet er Akkommodation mit dem biblischen Skopus als Deutungsrichtschnur. Eine exakte naturwissenschaftliche Beschreibung der Schöpfung sei nicht die Absicht der Bibel. Sie sei auf die Verehrung Gottes und das Seelenheil ausgerichtet.111 Den Skopus umschreibt Galileo im Brief an Cristina mit Verweisen auf Aussagen „de Fide“ oder im Brief an Castelli „in rebus fidei et morum“112. Die Bestimmung des biblischen Skopus steht einerseits in einer deutlichen Parallele zu Aussagen des Tridentinums, wird aber bereits von Kepler vorgegeben.113 Galileis von der Akkommodationslehre bestimmte Hermeneutik stützt sich auf Kirchenväter, theologiegeschichtliche und exegetisch-stilistische Überlegungen.114 Dabei behandelt er auch die Frage des Wissenschaftsver110 Vgl. Galilei an Cristina (1615) §17f. (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 304– 307 mit Zitat). Dass ein wortwörtliches Verharren bei jedweder biblischen Aussage irreführend sei, belegt Galilei zunächst mit dem Verweis auf die anthropomorphe Gottesdarstellung. Vgl. Galilei an Cristina (1615) §28 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 306f.). Diese deutet er als eine Anpassung an die Aufnahmefähigkeit der groben und ungebildeten Menge, wobei Exegeten diese Ursache aufdeckten und den wahren Sinn der Bibelstellen herausarbeiteten. Vgl. Galilei an Cristina (1615) §29 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 306f.). Davon ausgehend überträgt er die Akkommodation durch die biblischen Autoren auf naturwissenschaftlich relevante Aussagen: Sie hätten sich angepasst, um das Volk nicht zu verwirren und so nicht unnötigen Widerstand gegen die Lehren der Glaubensmysterien zu erzeugen. Vgl. Galilei an Cristina (1615) §30 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 306f.). Gerade die Nebensächlichkeit der Naturbeobachtungen im Vergleich zu Aussagen über Gott mache es plausibel, dass die Bibel hier Zugeständnisse mache. Vgl. Galilei an Cristina (1615) §31 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 308f.). 111 Vgl. Galilei an Cristina (1615) §32 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 308f.). Vgl. auch Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 257 zum Skopus („primario instituto/ l’ intenzion primaria“) bei Galilei. 112 Vgl. auch Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 258. 113 Vgl. mit Belegen Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 258f. Fragen der Natur seien für Galilei nicht mit der Schriftautorität zu beantworten, sondern mit der Sinneserfahrung und zwingenden Beweisen. Akkommodation sei für die Bibelexegese notwendig, nicht jedoch in der Naturuntersuchung. Vgl. Galilei an Cristina (1615) §§33–36 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 308–311). Vgl. dazu auch Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 269f. Die Naturforschung müsse notwendige, zwingende Argumente liefern, auf deren Grundlage eine Abweichung in der Exegese vom Literalsinn bedingt werde. Vgl. dazu auch Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 248 und dieselbe Argumentation auch bei Clauberg, wie im Kapitel 3.4.1.3.3 (Logik und Hermeneutik) belegt. Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 248 geht davon aus, dass Galilei ein solches notwendiges Argument für die kopernikanische Theorie eigentlich nicht liefert. 114 Stichpunktartig sei auf die wichtigsten Argumente in seiner Darstellung verwiesen, die

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ständnisses. Die Theologie als Königin der Wissenschaft dürfe seiner Auffassung nach nicht so verstanden werden, dass die Theologie alle Wissensgegenstände umfasse und autoritativ lehre, sondern in dem Sinne, dass ihr Gegenstand die Würde anderer Bereiche überrage, da sie sich ausgehend von der göttlichen Offenbarung mit dem Heil der Seele beschäftige.115 Zentrales Kriterium Galileis für die Deutung einer Schriftstelle als Akkommodation ist der Rekurs auf klare naturwissenschaftliche Beweise. Vermutungen genügten nicht.116 Die sich aus einem zwingenden Beweis ergebende Notwendigkeit als Voraussetzung der Anwendung der Akkommodationstheorie war auch bei Clauberg begegnet.117 Für diesen ergibt sich die Bedingung aus dem cartesianischen Wahrheitsanspruch. Mit dieser Einschränkung der Akkommodation kann zugleich einer willkürliche Infragestellung des Literalsinnes ein Riegel vorgeschoben werden, durch welche die Bibel völlig unglaubwürdig erscheinen würde, da jede Sachaussage oder auch Wunder und Mysterien relativiert werden könnten.118 Danneberg, der gegenwärtig zu den sorgfältigsten Beobachtern der frühneuzeitlichen Hermeneutik gehört, hält die Entwürfe von Kepler und Galilei für die ersten Versuche, die Akkommodationslehre zu einem zentralen Lehrstück emporzuheben, das tragfähig für die Schlichtung des Wissenskonflikts von Theologie und Naturphilosophie sein soll. Clauberg und Wittich leisten ihm nach

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ebenfalls bei Wittich auftauchen: Wollte die Bibel Astronomie lehren, wäre sie ausführlicher thematisiert worden (Vgl. Galilei an Cristina [1615] §39 [Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 312f.]). Mit Augustinus lässt sich belegen, dass die biblischen Autoren sich in naturwissenschaftlichen Fragen wohl ausgekannt hätten, jedoch auf Wunsch des Heiligen Geistes ihr Wissen zurückgehalten hätten, da es für das Heil nutzlos sei (Vgl. Galilei an Cristina [1615] §40f. [Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 312–315]) und dass naturwissenschaftliche Fragen nicht an die Bibel gestellt werden dürften, die zu erforschen mühsam und nicht Aufgabe des Theologen sei (Vgl. Galilei an Cristina [1615] §42f. [Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 314f.]). Die Welt ist den Menschen zur immer weiter fortschreitenden Erforschung von Gott gegeben (Vgl. Galilei an Cristina [1615] §51 [Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 320f.]). Die Frage der Unbeweglichkeit der Sonne und Erdbewegung ist seit der Antike ein philosophisches Streitthema (Vgl. Galilei an Cristina [1615] §52–54 [Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 320–323]). Auf der Grundlage von Augustins Genesisauslegung und weiteren Zitaten der Kirchenväter und des Thomas von Aquin legt er die Akkommodation bei Fragen, die nicht de Fide sind, als gängiges rhetorisches Mittel der Bibel dar. Vgl. Galilei an Cristina (1615) §§93–103 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 348–357). Vgl. Galilei an Cristina (1615) §§63–74 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 328–335). Vgl. Galilei an Cristina (1615) §§75–92 (Bieri, Streit um das kopernikanische Weltsystem, 334–349). Vgl. dazu auch Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 205f. Vgl. Kapitel 3.4.1.3.3 (Logik und Hermeneutik). Vgl. dazu die auf Galilei gestützten Überlegungen von Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 259–261.

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den entsprechenden Transfer in Logik und Theologie.119Trotz auffallend großer Parallelen bleibt es schwierig, bei Wittich eine direkte Abhängigkeit von den Galilei-Briefen nachzuweisen, alle Indizien sprechen jedoch dafür.120 Unabhängig davon ist festzuhalten, dass das Akkommodationsargument sich innerhalb des Wissenschaftskontextes gewissermaßen verselbstständigt, so dass Wittich seine Entfaltung der Akkommodationslehre im opinio-Argument verallgemeinernd den „Copernici“ zuschreiben kann.121 Um welche Philosophen es sich dabei im Einzelnen handelt, ist sekundär.122 Eine stärkere Verankerung seiner Hermeneutik in der naturphilosophischen Tradition strebt Wittich in seiner an Theologen gerichteten Argumentation nicht an. Unbestritten bleibt, dass Wittich diese Tradition sehr gut kannte und seine Hermeneutik von dem philosophischen Traditionszweig abhängig ist. 4.2.3.3 Die philosophische Rezeption der Akkommodation in Konfrontation mit der Theologie Ungeachtet der grundsätzlichen Akzeptanz der Akkommodation wird ihre Anwendung auf naturwissenschaftliche Aussagen im 17. Jahrhundert von einer Reihe Theologen problematisiert, während die naturwissenschaftlich orientierte Philosophie sie gleichzeitig immer selbstverständlicher rezipiert. Die Kontroverse Wittichs steht daher in einem größeren Zusammenhang, durch den sich Fronten verhärtet und Argumentationsmuster verselbständigt haben. Der Erkenntnisoptimismus des Rationalismus verschärft zwangsläufig die Gegenüberstellung von wissenschaftlichen und biblischen Aussagen. Dass es sich dabei um eine allgemeine Denkentwicklung des 17. Jahrhunderts handelt, die sich in relativer Unabhängigkeit von der konkreten Frage des Kopernikanismus oder des Cartesianismusstreits entfaltet hat, zeigt die Tatsache, dass sie auch bei Gelehrten wie Samuel von Pufendorf (1632–1694) und Thomas Hobbes (1588–1679) 119 Vgl. Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 249. Vgl. für eine Gegenüberstellung von Galilei und Wittich vor allem die Arbeit von Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich, bes. 63–68. 120 Vgl. die in Kapitel 4.2.1 (Wittichs Akkommodationslehre in der theologischen Tradition) zugrunde gelegte Argumentation für eine Abhängigkeit Wittichs von Galilei nach von Del Prete, Tra Galileo e Descartes, 723–727. 121 Wittich bezeichnet sein opinio-Argument als „loquendi ratio a Copernicanis frequentata“ in Wittich: Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 3. Analog hat sich z. B. bereits 1654 die Provinzialsynode zu Kleve ausgedrückt, die Wittich für die theologische Untermauerung einer kopernikanischen Argumentationsfigur kritisierte. Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 164. Vgl. zudem Wittich: Consideratio (1656) §65,51f., wo das opinio-Argument als Copernicana formula präsentiert wird. Vgl. auch Wittich: Consideratio (1656) §69,56 („Copenicana phraseologia“) und Wittich: Consensus (21682) XX §455,208 („formula a Copernicanis usurpata“). Vgl. dazu auch Scholder, Bibelkritik, 150. 122 Neben Galilei ist besonders an Philip van Lansbergen zu denken.

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begegnet, die der Bibel Autorität nicht nur in naturwissenschaftlichen, sondern z. B. auch juristischen Fragen absprechen.123 Ebenso wird nun die Bibel als historisches, geographisches oder ethnologisches Lehrbuch infrage gestellt.124 Auch wenn diese Impulse, die alle zu einer Deutung der Bibel nach ihrem soteriologischen Skopus führen, aus verschiedenen Bereichen kommen, entwickelt sich die Kopernikanismusdebatte zum prominentesten Anstoß in dieser Entwicklung.125 Auf den für die niederländische Kopernikusdebatte bedeutenden Philip van Lansbergen und seinen Sohn Jacob ist bereits verwiesen worden.126 Auch bei ihnen findet sich der Rekurs auf die Akkommodation, um biblische Einwände abzuwehren. Dabei darf vorausgesetzt werden, dass sie Keplers und Galileis Argumente aufgenommen, aber relativ frei weiterentwickelt haben. Sie zeigen u. a., dass die biblischen Autoren ihr Wissen über die Natur nicht vom Heiligen Geist, sondern von den Heiden bezogen hätten. Sie verteidigen die Unabhängigkeit der Naturphilosophie von Schriftaussagen und weisen entsprechende Unstimmigkeiten in der Bibel nach. Bei Jacob van Lansbergen heißt es z. B., der Heilige Geist habe sich den falsis hominum opinionibus angepasst und mit Calvin ließe sich belegen, dass David in den Psalmen ex communi vulgi errore spreche. Wittich setzt sich explizit mit ihnen auseinander, so dass die Parallelität in den Formulierungen der Akkommodation nicht verwundert.127 Die Lansbergens verkörpern wie niemand sonst den Auftakt des cartesianisch akzentuierten Koperniskanismusstreits.

123 Vgl. mit Belegen De Angelis, Anthropologien, 284–291. Pufendorf erweist sich bei De Angelis als Rezipient von Wittichs Akkommodationslehre. 124 Vgl. für diesen Problemhorizont bes. die 1655 anonym veröffentlichten Praeadamitae von Isaac La Peyrére (1594/96.1676), dessen Beobachtungen historischer Widersprüche in der Bibel zu der These führten, das Adam nicht der erste Mensch, sondern lediglich der Stammvater Israels gewesen sei. Vgl. dazu Böhl/Haury, Bibel, 204f. Vgl. auch Titzmann, Hermeneutik in der Frühen Neuzeit, 147–149 und Popkin, Cartesianism and Biblical Criticism, 64–66. 125 Vgl. zusammenfassend Böhl/Haury, Bibel, 203–205. 126 Vgl. Vermij, Calvinist Copernicans, 248f., Savini, Methodus cartesiana 309f. und Eberhardt, Wittich, 132–135. 127 Vgl. mit Belegen der Zitate in der Apologia von Jacob van Lansbergen Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 139 und Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 495. Vgl. auch Howell, God’s Two Books, 174. Dieser sieht Wittichs Kurs als eine direkte Fortsetzung der Impulse von van Lansbergen und dessen Sohn. Vgl. zu der Auseinandersetzung mit den Lansbergens auch die Beobachtungen von Savini, Methodus cartesiana, 311.315 und Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne.

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4.2.4 Descartes und das Akkommodationsargument René Descartes selbst, der grundsätzlich zurückhaltend in der Konfrontation mit der Theologie gewesen ist und seine naturphilosophischen Aussagen mitunter bewusst als Hypothese formuliert hat, um einen Widerspruch mit der Bibel zu vermeiden, hat sich in anderem Zusammenhang der Akkommodationslehre ebenfalls bedient. So findet sich in den Responiones ad secundas objectiones gegen den Vorwurf, dass er zu Unrecht behaupte, dass Gott nicht der Lüge fähig sei, die folgende Antwort: Es gebe durchaus Bibelstellen, nach denen Gott die Unwahrheit sage. Diese seien aber ebenso zu bewerten wie die Passagen, die Gott Affekte wie Zorn zusprächen. Denn allen Leuten ist die Unterscheidung bekannt zwischen den Redeweisen über Gott, die dem gemeinen Menschenverstand angepasst sind und die zwar eine gewisse, aber gleichsam auf die Menschen zugeschnittene Wahrheit enthalten, und den anderen Weisen, die eher die nackte und nicht auf den Menschen zugeschnittene Wahrheit ausdrücken. Die ersteren werden gewöhnlich in der Heiligen Schrift verwendet, während die letzteren zum Philosophieren verwendet werden müssen.128

Descartes greift hier auf den hermeneutischen Aspekt der Akkommodation zurück, allerdings zur Verteidigung seiner Metaphysik, nicht zur Legitimation seiner Naturphilosophie. Wie bereits bei Galilei wird der Umgang mit der anthropomorphen Gottesdarstellung zum Beleg der Akkommodation auch in weiterem Sinne herangezogen. Auch wenn Wittich ganz andere Schwerpunkte bei seiner Akkommodationslehre setzt, zitiert er die cartesische Fassung der Akkommodation in seinem Consensus veritatis, allerdings nur um zu belegen, dass Descartes die Bibelautorität anerkenne.129 An weniger prominenter Stelle, nämlich in seinen Briefen, verweist Descartes auf die Akkommodation auch mit Blick auf die Kopernikusdiskussion und die Schöpfungsdarstellung der Genesis.130 Die Akkommodationslehre spielt aber insgesamt keine große Rolle in seiner Argumentation. Eine Auseinandersetzung mit dem biblischen Zeugnis, die ihren Einsatz notwendig gemacht hätte, meidet er.131 Stattdessen erkennt er 128 Descartes: Responsio ad secundas objectiones (1641) AT VII 142: „Omnibus enim est nota distinctio inter modos loquendi de Deo ad vulgi sensum accommodatos, & veritatem quidem aliquam, sed ut ad homines relatam, contninentes, quibus Sacrae literae uti solent; atque alios magis nudam veritatem nec ad homines relatam exprimentes, quibus omnes inter philosophandum esse debent; […]”. 129 Vgl. auch Frijhoff/Spies, Nederlandse Cultur, 313 und die Bezugnahme Wittichs auf das Zitat in Wittich: Consensus (21682) XX §449,205. 130 Vgl. den Brief an N.N. (1644), AT V 550,22–28 (Kontext Kopernikus) und an Chanut (6. Juni 1647), AT V 54,6–13 (Kontext Genesis). Die Stellen nennt bereits Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 177f. (Anm. 29). 131 Die ausdrückliche Anerkennung der biblischen Autorität durch Descartes kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sein Ansatz ihren Geltungsanspruch durchaus gefährdet. Im

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die biblische Autorität grundsätzlich an und verweist bei Widersprüchen, wie etwa bei der Frage der Kosmogenese, auf die rein hypothetische Geltung seiner Aussagen als ein bloßes Erklärungsmodell.132 Dieses Vorgehen entspricht einem Deutungsweg, der bereits im 15. Jahrhundert für die Verteidigung der kopernikanischen Theorie angewendet wurde. Im Vorgriff auf diesen Instrumentalismus hatte der Lutheraner Andreas Osiander (1498–1552) in einem anonymen Vorwort zu Kopernikus’ De revolutuionibus orbium coelestium (1543) darauf verwiesen, dass dessen Theorie nicht Wahrheits- oder Wahrscheinlichkeitsanspruch fordere, sondern als Instrument der Veranschaulichung mathematischer Überlegungen zu verstehen sei.133 Demgegenüber beharrten Kepler und Galilei durchaus auf eine realistische Deutung ihrer Ausführungen.134 Wittichs Ansatz ist in diesem Punkt gegen Descartes gerichtet. Er stellt Descartes’ HypothesenModell die Akkommodation entgegen und kann so in der Theologia pacifica die Faktizität der cartesischen Theorien behaupten, während er sich in seinen vorherigen Schriften noch formal an Descartes’ hypothetischer Formulierung orientiert und Akkommodation und instrumentalistische Deutung parallel verwendet hatte.135

4.2.5 Frühe Reaktionen der reformierten Theologie: Kopernikaner im Diskurs mit Voetius und die naturphilosophisch gefärbte Genesisauslegung Bereits vor der Etablierung cartesianischer Theologie haben die Diskussion über das kopernikanische Weltbild und der Rekurs auf das Akkommodationsargument in der Konfrontation von biblischer Autorität mit Naturphilosophie,

132 133 134 135

Kontext des cartesischen Weges zur Gotteserkenntnis, die Descartes gerade nicht über die Autorität der Bibel, sondern den Zweifel erreicht, zeigt sich, dass Descartes den Zweifel an der Bibel aus philosophischer Perspektive für legitim zu halten scheint. Auch sie gehört ja zu der äußeren, der möglichen Täuschung unterworfenen Wirklichkeit. Sie ist kein Bezugspunkt für die Etablierung sicherer Erkenntnis. Als Quelle der Offenbarung scheidet die Bibel für ihn nach dem radikalen Zweifel der Meditationen damit unausgesprochen aus – freilich unter dem Vorbehalt der rein philosophischen Perspektive. Der Weg zur Gotteserkenntnis über den Zweifel suggeriert – trotz der grundsätzlichen Anerkennung der Religion nach den moralischen Regeln des Discours –, dass auch an der Bibel, sofern sie über die Sinne zugänglich ist, zuerst gezweifelt werden müsste. Vgl. zu diesem Gedankengang die aufschlussreiche Analyse von Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 174– 183. Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 146. Vgl. Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 209. Osiander und seiner Wirkung widmet sich auch Blumenberg, Genesis der kopernikanischen Welt, 341–370. Vgl. Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 209f. Vgl. dazu auch Eberhardt, Wittich, 297f.

Akkommodationstheorie in ihrem geistes- und begriffsgeschichtlichen Kontext

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Astronomie und Medizin in der niederländischen reformierten Kirche Wellen geschlagen.136 Gisbert Voetius, der hier als prominenter Vordenker exemplarisch herausgegriffen sei, beginnt z. B. bereits 1634 gegen den Kopernikanismus zu schreiben, indem er in einem Corollarium den Gegensatz zwischen Schriftaussagen und der Erdbewegung betont: „Coelum quiescere, terram motu diurno rotari, saltem ex Scriptura probari non potest, quin immo non obscure ei repugnat“137. Voetius akzeptierte nichtsdestoweniger grundsätzlich die Notwendigkeit der accommodatio Dei zur Überbrückung der Kluft zwischen dem unendlichen Gott und dem begrenzten Menschen.138 Die theologischen Rezeptionslinien der Akkommodationslehre zur Bestimmung der Hermeneutik und allgemein des Verhältnisses von ektypischer und archetypischer Theologie sorgen für ihre grundsätzliche Akzeptanz und Verbreitung in der reformierten Orthodoxie.139 In seiner Auseinandersetzung mit dem Remonstranten Jacobus Johannes Batelier (1593–1672)140 von 1635 legte Voetius dar, dass der Kopernikanismus zwar als Hypothese akzeptabel sei, sie jedoch aufgrund des Widerspruchs durch Bibelstellen abgelehnt werden müsse. Die Akkommodation könne hier die Bibelstellen nicht glätten, denn eine Anpassung der Schrift an offensichtliche naturphilosophische Fehlurteile erscheint Voetius unsinnig. Die Schrift hätte dazu z. B. auch gar keine Aussagen machen müssen, statt für ihre Aussageabsicht irrelevante Fehler zu verbreiten. Batelier bringt das auch für Wittich zentrale Element des Skopus in die Debatte, indem er Voetius entgegenhält, dass die Bibel religiöse Themen darstellen wolle, während andere Themen weniger akkurat behandelt würden.141 Voetius hält diesem Argument die exegetische Tradition ebenso entgegen wie die daraus folgende Schwächung der biblischen Autorität: Die Glaubwürdigkeit der Bibel will er nicht aufgeben, und 136 Vgl. dazu zusammenfassend Vermij, Calvinist Copernicans, 247–251. Vgl. auch Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 37 mit Verweis auf die Impulse für Wittichs Hermeneutik. Vgl. auch den Entstehungshorizont der Dissertationes Duae bei Eberhardt, Wittich, 135–138. 137 Zitiert nach Vermij, Calvinist Copernicans, 163 und Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 126 in Anm. 173: Voetius/van Boxtel (1934) Corollarium vi (In: Thersites heautontimorumenos 347): „Dass der Himmel ruht und sich die Erde in täglicher Bewegung dreht, kann zumindest aus der Schrift nicht belegt werden, ja widerspricht ihr sogar offenkundig.“ Voetius führt dazu Ps 19 und 104 sowie Pred 1,4f. an und bezeichnet von anderen angeführte Ausnahmen pauschal als absurd. 138 Vgl. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 135. 139 Vgl. dazu z. B. Muller s.v. accommodatio. Dictionary (1985) 19 und Huijgen, Divine Accommodation, 33f. 140 Vgl. zu diesem van Bunge s.v. Batelier (Batalerius, Watelier), Jacobus Johannes. BLGNP 4 (1998) 25f. 141 Auch der fast zeitgleich mit Wittich veröffentlichende Daniel Lipstorp (1631–1684) argumentiert für das kopernikanische Weltbild gegen das Schriftzeugnis mit dem Skopus. Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 132–135.

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durch derartige Einschränkungen sieht er sie insgesamt infrage gestellt.142 Denselben Kurs verfolgen die Gegner der cartesianischen Theologen. So kann z. B. Martin Schoock 1652 in seiner anticartesianischen Schrift De scepticismo darauf verweisen, dass Akkommodation in der Bibel ebenso richtig beobachtet werde wie eine Orientierung an ihrem auf Heilsvermittlung ausgerichteten Skopus. Die Akkommodation vollziehe sich jedoch nicht so, dass die Bibel „mit den Lügnern lüge und mit den Irrenden in die Irre gehe“143. Dasselbe Argument greift auch Maresius auf und wendet es direkt gegen Wittich.144 Die Akkommodation bleibt nichtsdestoweniger ein klassisches Motiv orthodoxer Exegese. Als ein Paradebeispiel für die allgemeine Verbreitung des Akkommodationsgedankens in seiner hermeneutischen Engführung hat sich auch in der Frühen Neuzeit die Genesisauslegung herauskristallisiert. Es findet sich seit der Reformation nicht leicht ein Kommentar, in dem nicht mit einem Verweis auf die Akkommodation von der wörtlichen Deutung von Bibelstellen wie Gen 1,16 abgesehen wird.145 Daran knüpft auch Wittich unmittelbar an, wie seine Bezugnahme auf Calvin und die reformierte Tradition verdeutlicht. Das Syntagma Theologiae Christianae von Polanus, auf das Wittich in seinem Herborner Corollarium das opinio-Argument zurückgeführt hat, gibt ein anschauliches Beispiel für diese Rezeption in einer Dogmatik.146 Der ebenso wie Wittich aus Schlesien stammende, einflussreiche reformierte Theologe war kein Vertreter des Heliozentrismus, sondern argumentierte in naturphilosophischen Fragen im Sinne einer mosaischen Physik. Insbesondere im Rahmen des fünften Buches 142 Vgl. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 136–138 mit dem Nachweis der Stellen und Beck, Voetius, 61. 143 Schoock: De scepticismo (1952) IV 19,406: „Accommodat quidem Scriptura sese nostro captui & infirmitati, sic tamen ut non desinat esse veritatis spiritus, quo elogio sane condecorari non posset, si sic sese dimitteret ad nostram infirmitatem, ut cum mentientibus mentiretur, & cum errantibus erraret.” Den Hinweis auf die Stelle erbringt Vermij, Calvinist Copernicans, 251. Über Bezüge von Wittichs Akkommodation zu Schoocks De scepticismo mutmaßt auch Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 37. Sie verweist in Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 131 auf die hermeneutischen Vorgaben von Schoock, die eine interpretatorische Abweichung vom Literalsinn der Bibel in naturphilosophischen Fragen ablehnen. Zudem zeigt sie eine ähnliche Position für Voetius. 144 Vgl. Vermij, Calvinist Copernicans, 321f. mit Beleg. Vgl. auch allgemein zu dem Problemkomplex Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 177. 145 Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 255 kann keinen einzigen Kommentar im 16. und 17. Jahrhundert ausmachen. Bereits im Mittelalter und in der jüdischen Auslegungstradition lässt sich eine derartige Deutung nachweisen. Vgl. dazu Funkenstein, Scripture, 95. Auch in der naturphilosophischen Rezeption des Akkommodationsgedankens, z. B. bei Jacob van Lansbergen, findet sie sich mit einem Calvinverweis. Vgl. Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 501. 146 Vgl. zu diesem Kuhn s.v. Polanus von Polansdorf, Amandus. RGG4 6 (2003) 1438. Vgl. zu seinem Schriftverständnis insgesamt die zahlreichen Anmerkungen bei Muller, Post-Reformation Reformed Dogmatics II.

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seiner Dogmatik, das von der Schöpfung handelt, zeigt sich dies. Die Akkommodationslehre hat in seinem dogmatischen System ebenso wie die Orientierung am Skopus einen festen Platz als Interpretationsmittel biblischer Texte. Sie dient ihm aber auch als homiletische Methode, um die Verkündigung des Evangeliums an die Zuhörer der Predigt anzupassen.147 Die von Wittich besonders beachtete und in seinem Corollarium zitierte Anwendungsmöglichkeit der Akkommodation entfaltet Polanus wiederum anhand von Gen 1,16. Hier stellt er Betrachtungen über die Sonne, den Mond und andere Gestirne an. Dass in Gen 1,16 die beiden großen Lichter Sonne und Mond noch einmal differenziert werden in ein großes und ein kleines Gestirn, deutet er folgendermaßen: Jene großen Lichter sind Sonne und Mond. Diese werden groß genannt nicht im Hinblick auf die Masse ihrer Substanz, denn obgleich die Sonne im Hinblick auf die Größe ihres Körpers alle übrigen Gestirne übertrifft, sind jene dennoch in Bezug auf ihre Masse bei weitem größer als der Mond. Sondern [sie werden so genannt] teils im Hinblick auf die Größe ihrer Wirksamkeit und ihres Nutzens, der sich auf die Dinge hier unter ihnen bezieht. Denn die Wirksamkeit und der Nutzen von Sonne und Mond sind auf dieser unter ihnen befindlichen Welt größer als diejenigen von anderen Gestirnen, teils im Hinblick auf die allgemeine Meinung des Volkes, weil es über die Dinge nicht spricht wie sie sind, sondern wie sie zu sein scheinen und für dessen Fassungskraft hielt es der Heilige Geist für angemessen sich in diesen Dingen anzupassen.148

Tatsächlich sind also auch bei Polanus die wesentlichen Elemente von Wittichs opinio-Argument bereits enthalten: Die accommodatio an die verbreitete Meinung des Volkes, die Gegenüberstellung von Sachverhalt und Schein und vor allem die Anwendung der Akkommodationslehre auf das Verhältnis von Bibelaussage und naturphilosophischer Erkenntnis. All dies stand Wittich bereits 1651 147 Vgl. dazu übersichtlich Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 251f. mit Belegen bei Polanus: Syntagma (1615) 1,45,314f. und 332. Die Akkommodation wird hier zu einem wesentlichen Aspekt der interpretatio synthetica, während Skopusexegese die interpretatio analytica bestimmt. Dabei steht der Anwendungscharakter (usus) des Bibeltextes, d. h. konkret auch seine Vermittlung in der Predigt, im Zentrum der synthetischen Interpretation. Die Prinzipien des Bibeltextes auf die Zielgruppe hin anzupassen beschreibt Polanus als Akkommodation an die Auffassungsgabe der Zuhörer. Vgl. zu der für die cartesianische Methodologie zentrale Differenzierung zwischen analytischer und synthetischer Methode auch Kapitel 3.4.1 (Der philosophische Kontext: Wittichs methodologische Grundlagen, wissenschaftstheoretisches Fundament und Dialogpartner der Philosophie). 148 Polanus: Syntagma (1615) 5,23,301f.: „Magna illa luminaria sunt Sol & Luna: quae magna dicuntur non quoad quantitatem substantiae; nam tametsi Sol magnitudine corporis reliquas omnes stellas superet, tamen illae longe majores sunt quantitate quam Luna: sed partim quoad magnitudinem effectiorum & ultilitatum [sic] ad has res inferiores pertinentium. Solis enim & Lunae effectiones atque utilitates sunt majores in inferiore hoc mundo, quam aliarum stellarum; partim quoad δόξαν seu opinionem commune vulgi, quod de rebus loquitur non ut sunt, sed ut videntur esse, & ad cujus captum Spiritus Sanctus in his talibus sese accommodare dignatur.“

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vor Augen. Polanus weiß (wie bereits Calvin) z. B., dass es Sterne gibt, die größer sind als der Mond und mutmaßt, dass der Heilige Geist sich nichtsdestoweniger anpasst an die Wahrnehmung der Menschen, die in den Nachthimmel blicken.149 Trotz der weiten Akzeptanz der Akkommodationslehre in der reformierten Orthodoxie ziehen sich die Gegner des cartesio-kopernikanischen Weltbildes in der Konfrontation, die gerade durch Wittichs konsequente Zuspitzung der Akkommodationsidee forciert wird, jedoch immer wieder auf Konzepte der physica Mosaica zurück, um die Folgen von Fehlaussagen in der Bibel möglichst zu meiden.

4.2.6 Ergebnisse und Folgen der vorcartesianischen Hermeneutik Die zahlreichen Spuren, die Akkommodation- und Skopusexegese bei Schlüsselfiguren in Theologie- Wissenschafts- und Philosophiegeschichte hinterlassen haben, zeigen die vielfältigen Wege, auf denen sie auch in der frühneuzeitlichen Theologie in unterschiedlichem Maße Verbreitung finden und allgemeinen Einfluss entfalten konnte. Wittichs einleitend zitierte Liste von Vertretern der Akkommodationslehre belegt ihre grundsätzliche Akzeptanz und Verbreitung in der Frühorthodoxie und eine entsprechende Rezeptionslinie in seiner Hermeneutik.150 Das hermeneutische Grundproblem, eine vernunftbestimmte Deutung mit dem Autoritätsanspruch der Offenbarung zu harmonisieren, hat auch eine rein innertheologische Tradition in der reformierten Theologie, z. B. im Rahmen der Auseinandersetzung mit Arminianern und Sozianern.151 Dabei spielt die Zurückweisung eines konsequent literalen Bibelverständnisses eine große Rolle.152 Hinzu tritt eine philosophische Linie der Akkommodation, die vor allem

149 Vgl. auch das allgemeine Urteil von Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 136f. zur Verbreitung von figurativen Deutungsmöglichkeiten der Bibel bei naturphilosophischen Fehlern. 150 Die Schlüsselfunktion des Akkommodationsarguments in der frühneuzeitlichen Hermeneutik unterstreicht Titzmann, Hermeneutik in der Frühen Neuzeit, 126–129. Für die weite Verbreitung des soteriologischen Skopus als Orientierungspunkt reformiert-orthodoxer Exegese vgl. z. B. Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 32. 151 Vgl. z. B. Del Prete, Ermeneutica cartesiana,132f. 152 Vgl. dazu die an Balthasar Bekker orientierten Beobachtungen von Fix, Fallen Angels, 10–12, der die Akkommodationstheorie mit der Opposition gegen den von Voetius und anderen vertretenen „Calvinist confessionalism“ in den Niederlanden verbindet. Es scheint mir allerdings eine zu einseitige Engführung zu sein, wenn Lee, Biblical Accommodation Debate, 4, 19 u. ö. die Akkommodationslehre cartesianisch geprägter Theologen wie Wittich oder Bekker als eine Rezeption der Hermeneutik von Faustus Socinus (1539–1604) versteht. Zwar findet sich in dessen De Auctoritate Sacrae Scripturae (1588) durchaus eine ähnliche Akkommodationslehre, allerdings eben nicht nur dort. Zudem wäre die Polemik gegen die

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über die von Wittich sorgfältig studierte frühneuzeitliche Naturphilosophie und cartesianische Schriften, allen voran die Hermeneutik Claubergs, zu Wittichs Hermeneutik führt. Aufgrund der Fülle an Rezeptionslinien des Akkommodationsgedankens ist er im 17. Jahrhundert gerade in seiner hermeneutischen Zuspitzung über Wittichs konkrete Gewährsleute hinaus durchaus auch als ein Allgemeinplatz zu bewerten, auf den man sich offensichtlich gerne berief. Es ließ sich zudem feststellen, dass die Verbreitung von Skopusexegese und Akkommodation nicht grundsätzlich an konfessionelle Grenzen gebunden ist. Wenn Wittich deutlich mehr reformierte Gewährsleute anführt, liegt die Ursache darin, dass er und seine Adressaten reformierten Bekenntnisses sind, nicht aber an einer Dominanz dieser hermeneutischen Konzepte in der reformierten Theologie. Wittich selbst nennt auch zentrale Namen aus der lutherischen Tradition sowie anglikanische Theologen und streift zumindest das katholische Lager.153 Auch unabhängig von ihrer Haltung zu physica Mosaica, Cartesianismus oder Kopernikanismus finden sich die einzelnen hermeneutischen Figuren bei verschiedenen Autoren.

cartesianische Hermeutik sonst deutlich stärker darauf aus, diese als sozianisch zu überführen. 153 Vgl. zum Skopus außerhalb der reformierten Theologie z. B. Danneberg, Säkularisierung in den Wissenschaften, 251 und Seils s.v. Skopus. HWP 9 (1995) 986. Vgl. zur Akkommodationslehre Hornig s.v. Akkommodation. HWP 1 (1971) 125 und Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 202 (Anm. 36). Vgl. zur Hermeneutik in der lutherischen Orthodoxie auch die Darstellung von Jung, Das Ganze der Heiligen Schrift. Von besonderer Bedeutung ist zweifelsohne der von Wittich ausdrücklich zitierte Flacius, dessen Clavis Scripturae eine ausführliche Hermeneutik bietet, die bei Luther und Melanchthon zwar angelegt, aber nicht in dieser systematischen Form ausgeführt wird. Schon im Titel des Werkes wird ja auf die Notwendigkeit eines hermeneutischen „Schlüssels“ zur Bibelinterpretation verwiesen. Skopus und Akkommodation werden dabei wesentlich mitbehandelt. Die Hermeneutik des ebenfalls von Wittich zitierten Glassius untersuchen ausführlich Jung, Das Ganze der Heiligen Schrift, und Danneberg, Grammatica, rhetorica und logica sacra, u. a. auch in Gegenüberstellung mit Claubergs Hermeneutik und unter Berücksichtigung der Akkommodationslehre. Die Parallelen Wittichs zu Glassius und Flacius beobachtet auch Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 31 (Anm. 6f.). Titzmann, Hermeneutik in der Frühen Neuzeit, zeigt die Rezeptionslinien der Akkommodationslehre im lutherischen und katholischen Raum mit Schwerpunkt auf den Übergang vom 16. zum 17. Jahrhundert (mit stärkerem Gewicht auf die protestantische Perspektive). Besondere Erwähnung verdient sein Verweis auf Johann Conrad Dannhauer (1603–1666), der 1654 in seiner Hermeneutica sacra in deutlicher Parallele zu Wittich schreibt: „Scriptura sacra saepe non tam ad rei existentiam ipsam, quam ad hominum opinionem sermonem accomodat.“ Zitiert nach Titzmann, Hermeneutik in der Frühen Neuzeit, 127. Eine katholische Position zur Akkommodation, die Wittich explizit zitiert und zur Präzisierung des opinio-Arguments verwendet, bietet z. B. der führende Vertreter der Schule von Salamanca Melchior Cano (Canus; 1509–1560). Wittich verweist auf ihn in Wittich: Consensus (21682) XX §455,208f.

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Die besondere Situation der Niederlande, in der die reformierte Theologie zu einem Diskurs mit säkularen Strömungen und der neuen Philosophie in besonderer Weise gezwungen war, begünstigte die Cartesianismusrezeption.154 Vor den Cartesianern haben bereits andere, insbesondere Remonstranten wie Hugo Grotius, Gegenentwürfe zu einer biblischen Naturphilosophie vertreten.155 Es zeigt sich, dass mit einer Offenheit für naturphilosophische Entwicklungen die Notwendigkeit einhergeht, sich gegen biblische Einwände abzugrenzen. Die Akkommodation erweist sich dazu als das Mittel der Wahl. Dieser Tendenz verdankt sich die hermeneutische Engführung ihres ursprünglich relationalen Konzepts, das jedoch z. B. in der Theologie des Coccejus weiterhin bewusst bleibt. Nun drängt aber die Auseinandersetzung mit Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie im cartesianischen Netzwerk auf die Etablierung von Kriterien der Unterscheidung von Theologie und Philosophie. Dieses veränderte Problembewusstsein strebt nach Grundsatzentscheidungen. Während die Akkommodation als allgemeines Prinzip in der Theologie bekannt und von Fall zu Fall auch als hermeneutischer Schlüssel angewendet wurde, eignete sie sich nun vorzüglich für die Etablierung eines allgemein gültigen Kriteriums zur Trennung der Fakultäten und ihrer Wissensbereiche. Die Klärung des Verhältnisses von Philosophie und Offenbarungstheologie erstreckt sich so wesentlich auch auf bibelhermeneutische Fragestellungen, dass die Akkommodation hier eine feste Funktion erhalten konnte.156 Diese Funktion ist immer auch eine apologetische, denn die Akkommodation verteidigt in theologischer Perspektive im Wesentlichen Autorität und Verbalinspiration der Bibel gegen rationale Wahrheitsansprüche.157 Dieser Hintergrund erweist sich als Ursache dafür, dass Akkommodation bei Wittich nicht eine bloße Methode, sondern theologisches Zentrum werden muss. Auch als hermeneutischer Denker bleibt er vor allem Apologet. 154 Es scheint zudem erwägenswert, ob das evangelische Bekenntnis (trotz der grundsätzlichen Verbreitung der Akkommodation über Konfessions- und Wissenschaftsgrenzen hinweg) die Entwicklung von Wittichs Hermeneutik besonders befördert hat. In der protestantischen Bibelauslegung haben sich, ausgehend von Luther, die hermeneutischen Prinzipien sola scriptura und scriptura sui ipsius interpres etabliert. Insgesamt entstand dadurch eine größere Auslegungsfreiheit im Vergleich zur katholischen Theologie. Tendenziell lässt sich beobachten, dass es vor dem Hintergrund der protestantischen Exegese grundsätzlich einfacher erscheint, eine physica Mosaica hinter sich zu lassen und offen säkulares Wissen der Bibel gegenüberzustellen, auch wenn der starke Rückgriff auf die scholastische Methode in der Frühorthodoxie dem entgegenwirkt. Vgl. dazu Vermij, Calvinist Copernicans, 243f. Allerdings kann der hohe Stellenwert der Bibel gegenüber der Tradition durchaus auch verkomplizierend wirken. Am Literalsinn wird mitunter stärker festgehalten, der Autoritätsverlust der Bibel mag schneller befürchtet werden. 155 Vgl. Vermij, Calvinist Copernicans, 245f. 156 Vgl. zu diesen Überlegungen Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 211. 157 Vgl. auch Hornig, Anfänge der historisch-kritischen Theologie, 214.

Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie bei Christoph Wittich

4.3

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Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie bei Christoph Wittich

Die wesentlichen Elemente von Wittichs Hermeneutik, nämlich Akkommodation und Skopusexegese in der Bündelung des opinio-Arguments, vertritt er in allen Phasen seines Schaffens, von den ersten apologetischen Schriften des Cartesianismusstreits bis hin zu der Synopse seiner dogmatischen Leitgedanken in den Positiones und den exegetischen Grundsatzüberlegungen in seinem späten Römerbriefkommentar. Ihre Entfaltung und Begründung geben Auskunft über den hohen Stellenwert der Hermeneutik in Wittichs theologischem System. Sie bildet die Grundlage seiner Trennung von Theologie und Philosophie. Die genuin theologische Frage nach der adäquaten Beurteilung und Interpretation der Bibel behandelt Wittich gerade in seinen Frühschriften ganz im Kontext der Verhältnisbestimmung der beiden Wissenschaften und damit in großer Offenheit für die philosophische Perspektive. Vordergründig scheinen dezidiert theologischen Aussagen erst an zweiter Stelle seiner Darstellungen zu stehen. Erst nachdem er gezeigt habe, dass die Rezeption cartesianischer Astronomie in den Bereich der Philosophie gehöre, so dass Bibelstellen nicht gegen sie ins Feld geführt werden dürften, erweist sich für ihn der eigentlich theologische status controversiae als die Deutung derjenigen Schriftverweise, die in den Augen seiner Gegner ein heliozentrisches Weltbild widerlegten.158 Die historische Analyse hat gezeigt, dass die Version der Akkommodationslehre, die uns in Wittichs opinio-Argument begegnet, auf eine breite Tradition blickt, die sich sowohl aus theologischen als auch naturphilosophischen Quellen speist. Die Hermeneutik verbindet daher in Wittichs Œuvre den philosophischen und theologischen Ansatz seines wissenschaftlichen Systems und seiner Argumentationslinien. Weder erweisen sich dabei ihre Verbindung mit dem Skopus als neu, noch die von ihm dafür gewählten Formulierungen. So bieten sich für Wittich formale Anknüpfungspunkte aus der Tradition, die jedoch hinter der inhaltlichen Bedeutung zurückbleiben, die er der Akkommodation in seinen Schriften beimisst. Denn Wittich sieht in ihr nicht nur ein Argument für die Trennung von Naturphilosophie und Theologie, wie es sich in der Frühen Neuzeit verbreitet wiederfindet. Vielmehr entwickelt er sie zum charakteristischen Zentrum seiner Theologie. Wittichs Hermeneutik ist die Mitte seiner Theologie, weil er mit ihr nicht nur den Rahmen für die theologische Descartesrezeption abstecken kann, sondern weil er über sie Vernunft und Offenbarung in ein produktives Gespräch setzen und damit theologisches Nachdenken legitimieren und profi158 Vgl. dazu auch Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 490 mit Verweis auf Wittich: Consideratio (1656) §12,12.

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lieren kann. Die Entwicklung seiner Schriften macht ersichtlich, dass hermeneutische Fragestellungen den Anfang seiner theologischen Überlegungen ausmachen, wie es sich insbesondere an den Veröffentlichungen der 1650er Jahre zeigt. Dieses Fundament seines Denkens hat er in weiteren Veröffentlichungen immer weiter ausgestaltet. Besonderheiten und theologische Funktion der wittichschen Hermeneutik und ihrem Zentrum, der Vereinigung von Akkommodation und Skopus im opinio-Argument, müssen daher sorgfältig nachgezeichnet werden. Danneberg diagnostiziert, dass Wittich „vermutlich der erste Inhaber eines theologischen Lehrstuhles, der die Akkommodationsannahme offensiv entfaltet“159 gewesen sei und bezieht sich damit auf ihren Einsatz zugunsten des kopernikanisch-cartesianischen Weltbildes. Mit seiner dezidiert theologischen Rezeption eines weit verbreiteten Motivs in der Heliozentrismusdebatte verschieben sich die Akzente dieses hermeneutischen Ansatzes. Trotz des hohen Stellenwertes der Akkommodation in Wittichs Theologie wird sie ausgehend vom hermeneutischen Problem und damit auch aus der Perspektive des Naturforschers gedacht und nicht wie z. B. bei Calvin grundsätzlich von der Gottesbeziehung her. Als (stark angefochtener) Theologe kann Wittich diese Dimension aber auch nicht ignorieren, wenn er sein dogmatisches Denken von der Akkommodation her entwickelt. Es stellt sich also die Frage, wie es ihm gelingt, eine Figur, die als ein zentrales Argument zur Emanzipation der Philosophie von der Bibel dient, zum Ausgangspunkt seines Theologie- und Wissenschaftsverständnisses zu machen. Denn Wittichs Ausgangspunkt ist nicht der relationale Ansatz der Akkommodation der Alten Kirche oder eines Calvin. So gilt es auch zu untersuchen, ob er trotzdem eine ähnliche Vielschichtigkeit in seiner cartesianischen Theologie bietet, die eine Beschreibung des Verhältnisses nicht nur der Wissenschaften, sondern auch von Gott und Mensch in wechselseitiger Beziehung möglich macht.

4.3.1 Der formale Zugang: Wittichs Formulierung des opinio-Arguments Wittichs Hermeneutik lässt sich am besten vom opinio-Argument her nachvollziehen. Dessen Form erweist sich als prinzipiell variabel, was vor allem dem synodalen Druck gegen die ursprüngliche Fassung der Dissertationes Duae geschuldet ist. Auch wenn Wittich herausstellt, dass seine hermeneutische Hauptthese nicht abhängig von ihrer Formulierung ist, scheint ihm das in der kirchlichen Tradition vorfindliche secundum vulgi opinionem loqui die ideale Ausdruckweise für Akkommodation zu sein. Diese Formulierung findet in den 159 Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 211.

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ursprünglichen Formen des opinio-Arguments Anwendung und wird auch später immer wieder verteidigt, nachdem er zu einer Umformulierung genötigt worden war. 4.3.1.1 Die Übersetzung Der für die Akkommodation gerade im hermeneutischen Kontext weit verbreite Ausdruck opinio vulgi, die ‚Meinung der Leute‘ bzw. ‚der Menschen-‚ oder ‚Volksmenge‘, muss verstanden werden als die allgemein verbreitete und unreflektierte Auffassung der breiten Masse, als die gewöhnliche Meinung. Das vulgus steht für die Laien bzw. ungebildeten Menschen und verweist so auf die in der Gesellschaft verbreiteten und nicht hinterfragten Überzeugungen.160 In diesem Sinne lässt sich der Ausdruck auch als common sense bzw. sensus communis verstehen.161 Das Bedeutungsspektrum dieser Wendung ist jedoch zu vielschichtig, um als adäquate Übersetzung zu dienen. Gerade im theologischen Kontext missverständlich ist auch die Wiedergabe mit dem Begriff ‚Volksglaube‘162. Von der ‚Meinung‘, die adäquat den Gegensatz zum sicheren, von Vorurteilen befreiten Wissen ausdrückt, kann bei einer deutschen Übertragung nicht abgesehen werden, insbesondere nicht mit Blick auf den cartesianischen Kontext Wittichs, weil der Begriff auch bei Descartes in diesem Sinne eine zentrale Rolle spielt.163 Der Status der opinio wird von Wittich im Verlauf seines Œuvre dementsprechend vor dem Hintergrund der cartesianischen Epistemologie reflektiert. Als tragfähigste deutsche Übersetzung erweist sich daher die einfach gehaltene Wiedergabe ‚allgemeine Meinung‘164. Diese versteht Wittich im Sinne 160 Das Bedeutungsspektrum des Wortes beinhaltet durchaus auch eine pejorative Konnotation. Wittich will diese in ihrer Zuspitzung, z. B. im Sinne von Pöbel, nicht zum Ausdruck bringen. Wohl aber ist eine Abgrenzung des Studierten, Gebildeten oder Experten intendiert. Vgl. dazu auch Georges (2013) s.v. vulgus. 161 Diese Überlegung erweist sich als zutreffend im Kontext seiner frühneuzeitlichen Verwendung, ist aber aufgrund der großen Deutungsfülle des Terminus zu präzisieren. Er ist im 17. Jahrhundert zum Teil negativ konnotiert und bezeichnet banale, allen Menschen verfügbare Erkenntnisse. Daneben findet sich auch eine scholastisch-psychologische Anwendung zur Bezeichnung des Zentrums der fünf Sinne. Bei Francis Bacon erscheint er in einer dem opinio-Argument völlig entsprechenden Bedeutung. Er bezeichnet hier im Sinne eines „popular reason“, eines „Verstandes der Menge“, ein vorurteilsbehaftetes und unmittelbares Verständnis, das im Gegensatz zum wissenschaftlichen Fortschritt steht. Vgl. mit Belegen von der Lühe s.v. Sensus communis III. Neuzeit. HWP 9 (1995) 642. 162 Volksglaube kann im Sinne der Auffassung der Unerfahrenen und Ungebildeten im Volk verstanden werden. Vgl. Georges (2015) s.v. Volksglaube. 163 Der Begriff Glauben wird auch im Kontext der cartesianischen Theologie freilich dieser Antithese nicht gerecht. Specht, Descartes, 36f. verweist darauf, dass Descartes’ Ablehnung der opinio gegenüber der Wahrheit eine Provokation darstellte, weil die Scholastik die Positionen von Lehrautoritäten auch als opiniones zu bezeichnen pflegte. 164 Inhaltlich wären ‚Meinung der Leute‘ oder ‚Menschen‘ gleichwertig, aber die Konstruktion

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Die Hermeneutik als Zentrum cartesianischer Theologie

seiner cartesianischen Epistemologie als ein vorurteilsbehaftetes oder von Sinneseindrücken abhängiges Halbwissen.165

4.3.1.2 Die Variationen des opinio-Arguments bei Wittich Die in dem Corollarium von 1651 auftauchende Wendung „Scripturam aliquando loqui secundum opinionem vulgi non ex rei veritate, cum Polano statuo Syntag. Theol. l.5 c.23.“166 findet sich 1653 nahezu deckungsgleich auch in den Dissertationes Duae wieder. Dort heißt es: „[…] dicimus Scripturam saepissime loqui de rebus naturalibus, secundum opinionem vulgi, non secundum accuratam rei veritatem […].“167 Wittich spitzt hier in Bezug auf die Cartesianismuskontroverse die Akkommodation auf naturphilosophische Inhalte zu.168 Beiden Fassungen ist die antithetische Struktur von Bibel und allgemeiner Meinung auf der einen und der Wahrheit auf der anderen Seite gemeinsam. Gerade vor dem Hintergrund der Verwendung der Figur im Streit um die Kopernikus- und Descartesrezeption wirkte das opinio-Argument dadurch in der Debatte der 1650er Jahre deutlich offensiver. Klare Konsequenz der biblischen Anpassung sind Aussagen, die aus philosophischer Sicht als error bewertet werden müssen. Anders als zuvor wurde die Formulierung nun als Infragestellung des biblischen Wahrheitsanspruchs empfunden. Die Anpassung des Heiligen Geistes in der Schrift schien den Cartesianismuskritikern daher so weit zu gehen, dass es den Anschein erwecke, als ob er die Unwahrheit lehren, ja schlichtweg lügen solle. In dieser Zuspitzung widerspräche sie der klassischen Eigenschaftslehre der Bibel, schwächte die Schriftautorität und stellte die gesamte altprotestantische Lehre von der Schriftinspiration infrage.169 Die unverblümte Zuspitzung der Akkommodation auf Irrtum und Fehler der in der Bibel ausgedrückten Meinung provozierte (trotz des üblichen Rückgriffs auf die Ak-

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ist dadurch sperrig, dass sie die Frage impliziert, um wen es sich bei den ‚Leuten‘ handeln könnte. Die zentralen Aspekte der mangelnden Reflexion, Oberflächlichkeit, Vorläufigkeit und allgemeinen Verbreitung bei den Ungebildeten kommen adäquat zum Ausdruck. ‚Volk‘ hingegen ist wegen der politischen Konnotation weniger passend. Vgl. dazu detailliert: Kapitel 4.3.4 (Hermeneutik von den Dissertationes Duae bis zum Consensus veritatis) und Kapitel 3.6.1 (duplex cognitio). Vgl. Wittich/Posthius: De libero hominis arbitrio (1651) Corollarium II: „Dass die Schrift sich bisweilen gemäß der allgemeinen Meinung ausdrückt, nicht nach der Wahrheit eines Sachverhaltes, behaupte ich mit Polanus, Syntagma Theologiae, Buch 5, Kapitel 23.“ Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §§6f.,3f. In §5 wird als Beweisziel die These „quod Scripturae saepissime loquatur secundum opinionem vulgi” festgelegt, in §6 findet sich dann die oben zitierte vollständige These. Insofern relativieren sich auch die adverbialen Bestimmungen „aliquando“ bzw. „saepissime“. Vgl. De Angelis, Anthropologien, 294. Vgl. auch Pannenberg, Systematische Theologie I, 44f.

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kommodationslehre sogar in naturphilosophischem Kontext) erheblichen Widerstand. In solcher Schärfe begegnete die Akkommodation in der Regel bisher nicht, auch wenn die Bestandteile von Wittichs Formulierung sich in der kirchlichen Tradition nachweisen lassen.170 Als primäre Gewährsleute der Formulierung werden nicht mehr Theologen wahrgenommen, sondern vielmehr kopernikanische Philosophen, auf die sich Wittich für das opinio-Argument auch unter dem Sammelbegriff „Copernici“ wiederholt und an exponierter Stelle berufen hat.171 Die theologischen Gegner der Kopernikaner wie Schoock oder Voetius haben in der vorherigen Diskussion anhand des kopernikanischen Rekurses auf die Akkommodationsfigur bereits deutlich gemacht, dass sie der Vorstellung einer Anpassung der Bibel an Fehlvorstellungen nicht zustimmen. Wittich muss diese Grenzlinie in der Debatte bekannt gewesen sein und hoffte wohl, durch seine Erklärungen den offensiven Charakter der Formulierungen zu mildern.172 Als Wittich in den nichtsdestoweniger provozierten synodalen Streitigkeiten von 1654/55 gezwungen wird, das Argument formal anzupassen, bemüht er sich um inhaltliche Kontinuität in den Varianten.173 Ein allgemein verbreitetes Unbehagen gegenüber dem opinio-Argument kam aber selbst noch zum Ausdruck, als Wittich die klassische Formulierung nicht mehr verwendet hat. Dies zeigt z. B. die Leidener Resolution von 1676, gegen die Heidanus mit Wittichs Mithilfe die Consideratien verfasst.174 Wittich und Heidanus bemühen sich hier, eine direkte Gegenüberstellung von 170 Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 139 bemerkt, dass trotz der Verbreitung der Akkommodation die Konsequenz einer Anpassung Gottes an der Wahrheit widersprechende Fehler selten ausdrücklich gezogen worden sei. In derselben Schärfe findet sie sich aber z. B. auch bei dem höchst umstrittenen Jacob van Lansbergen. In der Apologia (1633) 50f. spricht er von der Anpassung des Heiligen Geistes an die falsis hominum opinionibus. Jacob Lansbergen: Iacobi Lansbergi Medicinae Doctoris Apologia, Pro Commentationibus Philippi Lansbergii in Motum Terrae Diurnum & Annuum: Adversvs Libertvm Fromondvm Theologum Lovaniensem; & Joan. Baptistam Morinvm, Doct. Med. & Parisiis Mathematum Professorem Regium. Middelburgi Zelandiae: Roman 1633. 171 Vgl. zu der „formula a Copernicanis usurpata“ (Wittich: Consensus [21682] XX §455,208) Kapitel 4.2.3.2 (Galileo Galilei). 172 Vgl. mit Belegen bei Schoock und der Debatte von Voetius und Batelier Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 139. 173 Vgl. dazu die Auseinandersetzung mit der klevischen Provinzialsynode 1654/55 in der Darstellung von Eberhardt, Wittich, 190–195. Vgl. zu dem Vergleich der Versionen des opinio-Arguments auch Del Prete, Tra Galileo e Descartes, 720 (mit Verweis auf Parallelen zu Galileis Brief an Castelli) und Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 138f. 174 In der siebten Lehrverurteilung formulieren die Leidener Autoren gegen das opinio-Argument auf der Grundlage der Theologia pacifica „Scripturam loqui secundum erronea vulgi praejudicia“. Hier werden Bibel und Irrtum wieder stark aufeinander bezogen. Die Wendung entspricht zwar Wittichs ursprünglicher These durchaus, ist aber in der gebotenen Form eine starke Verkürzung des Textes der Theologia pacifica und augenscheinlich so formuliert, dass Wittich mit den Vorwürfen der 1650er Jahre wieder angreifbar wird. Vgl. dazu Heidanus: Consideratien (1676) 78–82 und dazu Eberhardt, Wittich, 362f.

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Bibel und Irrtümern zu meiden. Die Neuformulierung der Formel verzichtet auf die Antithese von opinio und veritas und rekurriert stärker auf die stilistische Ebene der Akkommodation, indem auf die überlieferten Wendungen und gebräuchlichen Phrasen verwiesen wird, auf die die Bibel zurückgreife. Wittich verpflichtet sich dabei auf die mit der klevischen Synode vereinbarten Wendungen: „Scripturam fuisse usam formulis receptis etsi niterentur opinionibus erroneis“, oder: „Scripturam usurpare phrases phenominis sive apparentiis convenientes“175. Die Consideratio gibt weiteren Aufschluss über Wittichs Umgang mit der Kritik am opinio-Argument. In dieser Verteidigung seiner Dissertationes Duae, aus denen er seine alte Formulierung immer wieder zitieren kann, hält er folgende wesentliche Punkte fest: Erstens sei der Akkommodationsgedanke nicht an die opinio-Formulierung gebunden. Er könne leicht auch anders ausgedrückt werden.176 Die Formulierung sei zweitens unproblematisch, wie ihre Verwendung in der Theologiegeschichte und selbst bei Wittichs direkten Kritikern belege.177 Drittens gebe es auch inhaltlich eine grundsätzliche Akzeptanz der Akkommodation, so dass lediglich kontrovers sei, ob sie auf die in naturphilosophischen Fragen und insbesondere für den Kopernikanismus relevanten Bibelstellen angewendet werden müsse.178 Nichtsdestoweniger erkennt Wittich zumindest formal die Vorbehalte gegen seine ursprüngliche Formulierung an und bietet den Unzufriedenen eine mit dem synodalen Konsens konforme Alternative: Stylum Scripturae de Phaenomenis loquentis esse vulgarem iis formulis expressum, quibus ea tum a vulgo tum a Physicis tum ab Astronomis exponi solent, adeoque usurpare phrases phaenominis sive apparentiis convenientes, quae quidem veritatem aliquam, sed relatam ad homines, ac infantiae sensuumque praejudiciis obvolutam contineant.179

175 „Die Schrift habe überlieferte Wendungen verwendet, auch wenn sie sich auf irrtümliche Meinungen stützen“ oder „Die Schrift verwende Redensarten, die mit den äußeren, sichtbaren Erscheinungen übereinstimmen.“ Vgl. das Protokoll zur klevischen Provinzialsynode vom 25.–26. Mai 1655 bei Petri, Die reformierten klevischen Synoden im 17. Jahrhundert, 61f. §8,2. Vgl. auch Cuno s.v. Wittich, Christoph. ADB 43 (1898) 631f. sowie Vermij, Calvinist Copernicans, 299f. Vgl. dazu auch die Darstellung von Wittich: Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 6. 176 Vgl. Wittich: Consideratio (1656) §65,51f. 177 Wittich bezieht sich hier auf seinen Utrechter Kritiker, den Studenten von Andreas Essenius, Arnoldus Niepoort. Vgl. Wittich: Consideratio (1656) §§66f.,52–55. 178 Vgl. Wittich: Consideratio (1656) §68,55f. 179 Wittich: Consideratio (1656) §69,57: „Dass der Stil der Bibel, wenn sie über Erscheinungen spricht, allgemein ist, kommt durch die Wendungen zum Ausdruck, mit denen die Erscheinungen bald vom ungelernten Volk, bald von den Physikern, bald von den Astronomen ausgedrückt zu werden pflegen und sie Formulierungen benutzen, die so eng auf die Phänomene oder Erscheinungen bezogen sind, dass sie zwar eine gewisse Wahrheit enthalten, aber auf die Menschen bezogen und eingehüllt in die Vorurteile von Kindern und Sinnes-

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Die Kernaussage des opinio-Arguments bleibt, die Formulierung wirkt jedoch weniger anstößig. Die mit Bedacht gewählte Formel erscheint aber deutlich sperriger und konstruierter. Sie ist nicht mit derselben Deutlichkeit in der theologischen oder philosophischen Tradition vorgebildet. Wittich hält seine Anpassungen im Consensus veritatis180 und in der Theologia pacifica181 aufrecht. So macht er sich weniger angreifbar, obgleich er sich weiterhin klar zu seiner ursprünglichen Formulierung bekennt und dies besonderes mit der Benutzung der Wendung bei anderen Theologen verteidigt.182

4.3.2 Schrifttheologische Voraussetzungen der Akkommodation: Wort Gottes und Hermeneutik Zentrale Bestandteile von Wittichs Schriftverständnis sind bereits anhand der Positiones (Dekaden II–VII) im Rahmen der Gegenüberstellung von Vernunft und Offenbarung kurz vorgestellt worden.183 Die Akkommodationslehre zeigt sich in diesem Werk in der verhältnismäßig umfangreichen Behandlung der Schriftlehre in auffällig zurückhaltender, diplomatisch präsentierter Form. Nichtsdestoweniger leitet sie exponiert die Dekaden zum Schriftverständnis ein. Wittich verweist an dieser Stelle sehr allgemein darauf, dass in der Bibel Ausdrucksweisen und Sprachformen bewusst eingesetzt seien und deren Inhalten ein grundsätzlicher Nutzen zugesprochen werden müsse, der die intendierte Aussageabsicht unterstreiche. In dem Kontext beschreibt er eine allgemeine Anpassung Gottes an den Stil der biblischen Autoren. Irrtümer in Bezug auf zentrale Themen (gemeint ist der soteriologische Skopus der Bibel) werden ausgeschlossen, Irrtümer in Bezug auf sekundäre Themen (gemeint, aber wiederum unausgesprochen, ist insbesondere die Naturphilosophie) werden lediglich als diskussionswürdige Möglichkeit dargestellt. Die Trennung von Philosophie und Theologie werden im Kontext des Übergangs von natürlicher zur ge-

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wahrnehmungen.“ Vgl. dazu auch Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 513f., der die Parallelität zu Claubergs Hermeneutik zeigt. Vgl. für die Vorstellung des opinio-Arguments im Consensus veritatis Wittich: Consensus (21682) III §34,28: „Si Scriptura loquens de rebus naturalibus promiscue utitur formulis receptis, sive eae veritatem nudam exprimant, sive talem, quae ad hominum sensus sit relata & preajudiciis atque erroribus involutae: E. non potest cognitio Philosophica rerum naturalium ex Scriptura peti […].“ Vgl. bereits zuvor Wittich: Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 6. Vgl. bes. Wittich: Theologia pacifica (1671) II §§17f.,14 für das opinio-Argument in der Theologia pacifica. Wittich bietet hier keine thesenartige Formel mehr, sondern beschreibt die Akkommodationsfigur in Bezug auf die Trennung von Philosophie und Theologie. Er verweist lediglich auf seine eigenen Ausführungen im Consensus veritatis. Vgl. z. B. Wittich: Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 3. Vgl. Kapitel 3.5.1.2 (Schriftverständnis).

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offenbarten Gotteserkenntnis zwar deutlich thematisiert, aber nicht im Detail begründet. Die hermeneutischen Leitthemen seiner Theologie der 1650er Jahre, opinio-Argument und Skopusexegese, treten dementsprechend nicht in den Vordergrund, werden sogar mit Blick auf die Konfrontation mit der physica sacra als nicht eindeutig zu klärende Forschungsdiskussion relativiert.184 Die Grundstimmung seiner Thesen lässt aber das cartesianische Fundament erahnen, auf dem sie entstanden sind. Dementsprechend tritt die Akkommodationslehre als bestimmendes Element seines hermeneutischen Konzepts dann im Kontext der Exegese hervor. Ihre subtilere Einführung ist vor allem einem durch anticartesianische Strömungen bedingten Toleranzkurs in der Lehre geschuldet. Wittich kann seine weiteren hermeneutischen Leitgedanken in den Positiones in einem weit gefassten Methodenkatalog verankern. Die für ihn zentralen Elemente des Skopus und der Kontextanalyse stehen hier neben anderen Elementen. Derartige Kataloge finden sich vielfach in der orthodoxen Auslegungstradition, so dass Wittich damit seine theologische Anschlussfähigkeit unterstreicht. Dabei bleibt er andererseits offen für die cartesianische Methodologie. In konsequenter Umsetzung führen die vorgestellten Methoden direkt zu Wittichs hermeneutischen Prämissen.185 Innerhalb der üblichen anerkannten Methoden der Exegese setzt Wittich (ebenso wie Clauberg) deutliche Schwerpunkte, die eine Zuspitzung der Hermeneutik zugunsten cartesianischer und kopernikanischer Vorstellung ermöglichen.186 Insgesamt bleibt Wittichs Hermeneutik in den Positiones aufgrund seiner Zurückhaltung und der thetischen Form unpräzise. Als Gliederungsprinzip seiner Theologie ist sie hier nicht zu erkennen. Ihr innerer Zusammenhang und ihre Zentralstellung kristallisiert sich viel deutlicher mit Blick auf ihre apologetische Entfaltung in den Schriften der 1650er Jahren und ihren Einsatz in den Haupt- und Spätschriften Wittichs heraus. Das zentrale Vorzeichen, unter das Wittich bereits seit den Dissertationes Duae seine Akkommodationslehre zu stellen pflegt, ist ein klares Bekenntnis zur uneingeschränkten Schriftautorität. Gemäß der Konvention der reformierten Orthodoxie ist die Bibel als Heilige Schrift auch für Wittich das Wort Gottes und unmittelbares Offenbarungszeugnis. Der Heilige Geist spricht durch sie, die 184 Vgl. Kapitel 3.5.1.2 (Schriftverständnis) zu Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 430 (Dekade II.1–4). 185 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.2). Weitere in dem Katalog genannte Kriterien für eine vernünftige Exegese sind Sprachkenntnis, Berücksichtigung des geschichtlichen Rahmen, die Kenntnis der Riten, der Vergleich paralleler Schriftstellen, der Vergleich des Sinns mit der richtig angewendeten Vernunfterkenntnis (recta ratio), so dass der Sinn verworfen werden kann, der etwas offenkundig Absurdes und Widersprüchliches einträgt. Vgl. Kapitel 3.5.1.2 (Schriftverständnis) und den Verweis von Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 31 (Anm. 6) auf ähnliche hermeneutische Methodenlisten in den Schriften von Flacius, Junius, Rivet und Glassius. 186 Vgl. auch Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 136 (Anm. 30).

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Verbalinspiration wird zum Beleg des verlässlichen biblischen Wahrheits- und Autoritätsanspruchs. Diese Unmittelbarkeit der biblischen Offenbarung wird jedoch durch Wittichs Akkommodationslehre relativiert. Das opinio-Argument knüpft dabei an die Vorstellung der Unzulänglichkeit des Menschen gegenüber Gott an, jedoch vor allem in Anbetracht seiner nicht voll ausgebildeten Vernunfterkenntnis. Diese leitet Wittich zum einen allgemein erkenntnis- und sprachanalytisch mit Blick auf die Vorurteile des Menschen her, zum anderen aus dem historischen Kontext der biblischen Schriften. Das Resultat des opinioArguments besteht darin, dass die biblischen Bücher nicht das purum verbum Dei enthielten, sondern eine dem Menschen angepasste Form des Wortes Gottes. Akkommodation vollzieht sich bei Wittich in der Bibel auf zwei Ebenen. Erstens macht Wittichs philologische Analyse auf der Grundlage cartesianischer Epistemologie deutlich, dass sie an die vorurteilsbehaftete menschliche Sprechweise angepasst sei. Diese allgemeine Anpassung verschärft Ungenauigkeiten zusätzlich durch die Berücksichtigung der Erkenntnisgrenzen der Entstehungszeiten der biblischen Texte.187 Die Differenz von Sprachform und Aussageabsicht, und damit die Möglichkeit der Abweichung von Literalsinn, entfaltet er gestützt auf die cartesianische Logik von Clauberg, die wesentliche Elemente von Wittichs Ansatz bereits vorbereitet.188 Clauberg hat die Möglichkeiten einer tropologischen Auslegung, die er insbesondere anhand der Differenz von „signum“ und „signatum“, dem zu bezeichnenden Inhalt und der verwendeten Bezeichnung, in seinem Hermeneutikkapitel umfassend besprochen.189 Wittich nimmt diese Überlegungen in abgewandelter Terminologie auf. Nach Wittichs Konzept ist in der Exegese zu unterschieden zwischen den res enunciatae und dem modus enunciandi. Die res enunciatae müssen als (reines) Wort Gottes geglaubt und umgesetzt werden. Der modus enunciandi sei zwar auch als Wort Gottes zu bezeichnen, insofern der Wortlaut der Bibel als inspiriert zu verstehen sei, jedoch gelte dies nur in eingeschränkter Weise, insofern die Redeweise angepasst sei. Es handle sich mit Blick auf den modus enunciandi, der durch die Akkommodation charakterisiert sei, daher nicht um das reine Wort Gottes. Zweitens hat die Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung bereits ergeben, dass sich der Heilige Geist nach Wittichs Ansatz in noch viel grundlegenderer Form in der Bibel an die Natur des Menschen angepasst hat („[…] cum se accomodare voluerit ad hominum naturam […]“190), nämlich insofern sich die 187 Vgl. De Angelis, Anthropologien, 294f. mit Bezug auf Wittich: Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 12. Vgl. ausführlich zum Problem der puritas Wittich: Consensus (21682) XXXVI §§739–751,334–338. 188 Vgl. Verbeek, Probleme der Bibelinterpretation, 194. 189 Vgl. dazu Clauberg: Logica (1658) III 6 §§32–35,276–280 und Savini, Methodus cartesiana, 326–328 und Kapitel 3.4.1.3.3 (Logik und Hermeneutik). 190 Wittich: Consensus (21682) XXXVI §740,335.

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Offenbarung an ein Vernunftwesen richtet und so die Bibel für eine rationale Erschließung öffnet. Daraus lassen sich sowohl eine rationale Exegese als auch der Gebrauch der Vernunft in der Theologie aus dem Akkommodationsgedanken ableiten.191 Die Vermittlung zwischen dem relativierenden opinio-Argument und dem biblischen Wahrheitsanspruch gelingt über den Skopus. Wittich redet bevorzugt von der finis oder den fines Scripturae, bringt aber auch den gräzisierten Begriff. Der Skopus ist, ähnlich wie bei Clauberg, das Kriterium, das die Abweichung vom Literalsinn reguliert. Der Wechsel zwischen literaler und übertragener Bibeldeutung erweist sich auch als der zentrale Kritikpunkt der Anticartesianer, so dass Wittich immer wieder auf den Skopus verweist, um sich vor dem Vorwurf einer Auslegung nach Willkür oder rein philosophischen Prinzipien zu schützen, wenn er seine Akkommodationslehre entfaltet.192 Der Skopus ist zudem, wie bereits im theologiegeschichtlichen Exkurs deutlich wurde, bei Calvin und anderen Theologen ebenso wie in der naturphilosophischen Verteidigung des Kopernikanismus traditionell mit der Akkommodation eng verbunden. Er wird bereits in den Dissertationes Duae im Kontext des opinio-Arguments herausgestellt und als eigener Themenkomplex vom Akkommodationsgedanken her entfaltet.193 Es gehört für Wittich zum Fundament der Scripturae authoritas, dass die Bibel die heilsnotwendige Kenntnis über Gott und die heiligen Dinge („salutarem de Deo & divinis notitiam“) vollständig und absolut zuverlässig beinhalte.194 Im Consensus veritatis tritt der Skopus als entscheidender Bestandteil der cartesianischen Hermeneutik noch exponierter hervor.195 Auch in der Theologia pacifica leitet der Skopusbegriff in die hermeneutische Frage ein.196 Er ist der hermeneutische Garant für die adäquate Trennung von Philosophie und Theologie. Wittichs Beweisziel ist die Aufrechterhaltung der Schriftautorität bei gleichzeitiger Etablierung einer souveränen Naturphilosophie. Dies gelingt ihm über die beiden Elemente seiner Hermeneutik, den soteriologischen Skopus und die Akkommodationstheorie. Die übersichtliche Zusammenfassung der Schriftlehre in den Positiones hat gezeigt: Als Mitte der Schrift erweist sich die 191 Vgl. dazu bes. Wittich: Consensus (21682) XXXVI §740,335. Vgl. auch Savini, Methodus cartesiana, 327f. und Le développement de la méthode cartésienne, 515–518 sowie Kapitel 3.10.2 (Geist der Wahrheit). 192 Vgl. zu dem Vorwurf zusammenfassend auch Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 35 und für die Diagnose des Problems und die Claubergrezeption Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 136. 193 Vgl. bes. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §5,3; I 5 §7,71 und I 7 §§3–12,98–111. 194 Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §4,3. 195 Vgl. Wittich: Consensus (21682) III §§34f.,28: opinio-Argument und Skopus werden als die beiden hermeneutischen Leitthesen vorgestellt und belegen zusammen mit anderen Argumenten die Trennung von Theologie und Philosophie. 196 Vgl. bes. Wittich: Theologia pacifica (1671) II §17,14.

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Vermittlung des Heilsweges, die Bibel ist das Prinzip der Theologie, ihre Auslegung vollzieht sich mittels des Heiligen Geistes, aber auch eines Methodenkataloges, der neben den wesentlichen hermeneutischen Prämissen auch konkrete exegetische Regeln wie historische und philologische Analysen in enger Verschränkung mit der Schriftlehre beinhaltet.197 Die exponierte Rolle des Schriftverständnisses in den im Rahmen der Positiones entfalteten Prolegomena und ihre Einleitung durch die Akkommodation unterstreichen, bei aller Zurückhaltung, noch einmal nachdrücklich die Bedeutung der vom opinio-Argument her entwickelten Hermeneutik für Wittichs theologisches System. Dessen Ausrichtung auf die Hermeneutik im Akkommodationsgedanken und dann vor allem dessen Bündelung im biblischen Skopus lassen sich als die wesentliche theologische Leistung Wittichs bewerten.198

4.3.3 Wittichs Erläuterung der ursprünglichen Formel des opinio-Arguments in den Dissertationes Duae Die ursprüngliche Fassung des opinio-Arguments, von der Wittich nach den synodalen Auseinandersetzungen abweichen musste, hat eine Reihe von Vorteilen gegenüber ihren Varianten. Sie ist nicht nur in ihren Bestandteilen in der Theologiegeschichte nachweisbar, sondern in ihrer Klarheit auch präziser auszulegen als die spätere Formulierung. Wittich selbst bietet eine Erläuterung im ersten Kapitel der Dissertationes Duae. Im Consensus veritatis, der die meisten Passagen der Dissertationes Duae übernehmen und erweitern kann, muss gerade auf das erste Kapitel der Schrift verzichtet werden, weil Wittich die Formel nicht mehr verwenden darf. Für sein Verständnis der Akkommodation ist die ursprüngliche Erklärung jedoch aufschlussreich, auch wenn in der sich anschließenden Untersuchung aufgrund der Umgestaltung der Formel durch die Kontroverse vom Consensus veritatis ausgegangen werden muss, um seine Hermeneutik zu entfalten.199 In aller Prägnanz legt Wittich im ersten Kapitel der ersten der Dissertationes Duae die Hauptthese dar, die den Rahmen seiner Theologie bildet: Philosophie 197 Vgl. zusammenfassend die Schriftlehre in Wittichs Positiones bei Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 430 (Dekade II) 432 (Dekade VI.7). und Kapitel 3.5.1.2 (Schriftverständnis). 198 So urteilen vor allem Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 347, Scholder, Bibelkritik, 152 und De Angelis, Anthropologien, 339f. 199 Der Consensus veritatis verbindet Dissertationes Duae, Consideratio, die wichtigsten kritischen Stimmen gegen Wittichs Ansatz und neue Überlegungen in einer geschlossenen Darstellung. Er wurde von den Zeitgenossen viel gelesen und stellt auch in der modernen Forschungsliteratur den häufigsten Zugang zu Wittichs Hermeneutik dar.

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und Theologie seien zu trennen und gerade darum verbiete sich die Herleitung einer physica Mosaica aus der Bibel.200 Er polemisiert gegen zwei Gruppen, einerseits gegen die expliziten Vertreter der physica Mosaica und andererseits gegen solche Theologen, die aufgrund ihres Schriftverständnisses zumindest direkte biblische Aussagen über naturphilosophische Dinge als Tatsachen verstehen, da es dem Heiligen Geist nicht entspreche, sich an einer allgemeinen, auf Sinneswahrnehmungen gestützten Meinung (communis opinio a sensibus hausta) und nicht an der accurata veritas zu orientieren.201 Wittich hält beiden Auffassungen zuerst seine Bindung an die Autorität der Bibel und ihre Verlässlichkeit in Bezug auf Heilsaussagen, dann das opinio-Argument entgegen.202 Dessen einzelne Elemente will er richtig verstanden wissen.203 Daher nimmt er vier Präzisierungen vor. Erstens erklärt Wittich, dass er mit der vulgi opinio nicht ausschließlich eine bei der ungebildeten Masse verbreitete Auffassung bezeichnen wolle. Die Meinung sei, unabhängig davon, ob sie unter gelehrten Experten oder in der Gesellschaft verbreitet sei, eine Auffassung, die sich auf Sinneswahrnehmungen, den äußerlichen Anschein und Vorurteile gründet.204 Durch die Ausweitung der opinio vulgi über das vulgus hinaus bereitet er seine sprachanalytischen Überlegungen vor und nimmt auch seine gebildeten Leser zugleich in die Pflicht, sich auf ihre Vorurteile hin zu befragen. Die zweite Erläuterung Wittichs bezieht sich auf den Ausdruck loqui und dient der Explikation des biblischen Stils.205 Die Redeweise der Bibel gemäß der allgemeinen Meinung bezieht Wittich auf die Verwendung von allgemein verbreiteten Ausdrucksweisen. Er betont, dass der Heilige Geist sich durch die Verwendung von gewöhnlich gebräuchlichen und umgangssprachlichen Wendungen nicht die darin enthaltenen Vorstellungen zu Eigen mache. Auch Astronomen bedienten sich mitunter der allgemeinen Sprachformen, ohne die damit implizierten Vorurteile zu ihren eigenen zu machen (z. B. wenn sie vom Sonnenaufgang sprächen).206 Zudem wolle der Heilige Geist überhaupt keine Wahrheitsaussagen über naturphilosophische Themen machen. Die Frage der Harmonisierung biblischer Aussagen

200 201 202 203 204 205

Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §§1–4,1–3. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §4,2. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §5,3. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §7,3. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §7,4. Dieses Thema wird später in der Auseinandersetzung mit Consideratio und Consensus veritatis ausführlich behandelt werden. Vgl. dazu Kapitel 4.3.4.3 (Ableitung des opinioArguments aus Schriftbelegen und Stilanalyse). 206 Dieses Argument taucht sowohl in Consideratio als auch Consensus veritatis wieder auf. Vgl. auch Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 141f. Vgl. Kapitel 4.3.4.2 (Vorstellung des opinioArguments im Consensus veritatis).

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mit der Naturphilosophie bleibe den Fachleuten überlassen. „Gott spricht also mit der Allgemeinheit, aber denkt nicht mit ihr […].“207 Die biblische Sprechweise erklärt Wittich drittens als rhetorische Figur, nämlich als Metonymia adjuncti.208 Dazu beruft er sich auf die Hermeneutik von Glassius, die einen wesentlichen Orientierungspunkt von Wittichs Akkommodationslehre darstellt. Eine Form des opinio-Arguments bietet Glassius ins seinem Tropologiekapitel.209 Glassius formuliert: „In sacris literis res saepe nomi-

207 Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §8,5: „Loquitur igitur Deus cum vulgo, sed non cum eo sentit […].” Wittich stützt diese Sentenz auf ein allgemeines Sprichwort und auf Aristoteles. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §8,4f. Das Sprichwort lautet: „Loquendum cum multis, sed sentiendum cum doctis & sapientibus.“ Es lässt sich – mit wenig Gewissheit – bereits wie das folgende Zitat auf Aristoteles zurückführen. Zwar findet es sich in den maßgeblichen kritischen Fragmentsammlungen zu Aristoteles nicht, wird ihm aber mitunter zugeschrieben, z. B. von Bacon: Advancement of Learning IV 1 (Kiernan). Wittich zitiert sodann Aristoteles, der in Topik 2,2 110a darauf verweist, dass man die Dinge mit den Namen bezeichnen müsse, die die Menge benutzt. Francis Bacon: The Advancement of Learning (1605). Edited by Michael Kiernan. Oxford 2002. 208 Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §9,5. Die Metonymie, die Wittich hier als rhetorischen Tropus mit Glassius belegt, ist die von ihm am häufigsten herangezogene Deutungsfigur. Sie wird im Consensus veritatis weiter ausgeführt, findet aber z. B. auch in der Causa Spiritus Sancti Verwendung. Vgl. Kapitel 3.10 (Geist und Glaube) und Kapitel 4.3.4.3.2 (Integrität von Wahrheit und Autorität der Schrift). 209 Im letzten Teil seiner Philologia Sacra, dem fünften, Rhetorica Sacra genannten Buch, entfaltet Glassius in einem ersten Traktat die Tropen. An erster Stelle steht hier die Metonymie, der die ersten vier Paragraphen gewidmet sind. Glassius unterscheidet in eine Metonymia Causae (Kapitel I) und eine Metonymia Effectus (Kapitel II). Sodann bespricht er die Metonymia Subjecti (Kapitel III) und die Metonymia Adjuncti (Kapitel IV). Vgl. Glassius: Philologia Sacra (1713) V 1,1425f. Als Metonymie („Namensvertauschung“) bezeichnet man die Übertragung eines sachlich verwandten Gegenstandes auf einen Begriff. Für alle vier Klassifikationen von Metonymien bringt Glassius zahlreiche Beispiele und vor allem Bibelstellen. Eine Ursachen-Metonymie stellt z. B. die Nennung des Heiligen Geistes oder der Seele anstelle ihrer Wirkung dar („Persona efficiens pro re effecta“). So deutet Glassius z. B. den lebendig machenden Geist von 2Kor 3,6 (Vgl. Glassius: Philologia Sacra [1713] V 1,1,1452). Bei der Effekt-Metonymie verhält es sich genau andersherum: Ein Ergebnis wird anstelle des Urhebers genannt. Die Subjekts-Metonymie beschreibt die Nennung einer Eigenschaft, eines Ortes, einer Person etc., bezeichnet aber die damit verbundenen Eigenschaften (z. B. stehe die Erkenntnis der Nacktheit von Gen 3,7 demnach für die Erkenntnis der daraus resultierenden Scham und Begierde: Vgl. Glassius: Philologia Sacra [1713] V 1,3,1457f.). Wieder anders ist die Eigentümlichkeits-Metonymie bestimmt. Zu ihr gehört als eine eigene Unterkategorie das opinio-Argument („Opinio hominum pro ipsa re ponitur“; vgl. Glassius: Philologia Sacra [1713] V 1,4,1490–1493). Salomon Glassius: Salomonis Glassii, SS. Theol. D. & Ecclesiarum in Ducatu Saxo-Gothano Superintendentis, Philologia Sacra: Qua Totius SS. Veteris Et Novi Testamenti Scripturae Tum Stylus Et Literatura, Tum Sensus Et Genuinae Interpretationis Ratio Et Doctrina Libris Quinque expenditur ac traditur; qui absolvuntur Philologia B. Auctori speciatim sic dicta, Grammatica & Rhetorica Sacra. Editio Nova, a plurimis erroribus, qui in omnes editiones priores irrepserant, sedulo repurgata, emendatissimisque Indicibus instructa. Accedit huic

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natur & describitur, uti est φαινομένως καὶ κατὰ δόξαν, non κατὰ τὸ εἶναι καὶ ἀλήθειαν; seu, qualis hominibus videtur esse, non qualis est in sua natura.“210 Die Gegenüberstellung von opinio und Wahrheit wird hier also ebenfalls vollzogen. Glassius spricht auch davon, dass die Bibel sich der opinio vulgi anpasse („accommodat“211). Neben zahlreichen anderen Beispielen wendet bereits Glassius die Metonymie auf die Deutung naturphilosophischer Aussagen (allerdings ohne Bezug auf das kopernikanische Weltbild) an.212 Dieselben Stellen tauchen später in Wittichs tiefergehender Argumentation auf. Eine deutliche Entsprechung des opinio-Arguments bis in Einzelformulierungen hinein ist also auch über Glassius in der Tradition verankert. Im Rahmen der Explikation des opinio-Arguments verweist Wittich schließlich viertens auf eine allgemeine Bedingung der Akkommodation. Wenn die Menge zu naturphilosophischen Themen auf der Grundlage ihrer Sinneseindrücke zu Vorurteilen gekommen sei, passe sich der Heilige Geist in der Bibel an. Wenn die Bibel jedoch derartige Themen berühre, zu denen die Menge kein allgemeines Urteil gebildet habe, könne sie auch wahrheitsgemäße Aussagen aus dem Bereich der Naturphilosophie treffen.213 Durch dieselbe Argumentationsstruktur kann Wittich zudem sicherstellen, dass uneigentliche Aussagen in Bezug auf Heil und Mysterien nicht gemacht würden. Da die Menschen dazu keine aus sichtbaren Phänomenen gewonnenen Vorurteile hätten, an die sich Sprache und damit dann auch die Ausdrucksweise der Bibel hätten anpassen müssen, sind sie von der Akkommodation ausgenommen.214 An diesen Begründungsschritt knüpft im Folgenden die Einführung des Skopus an.

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editioni Praefatio Jo. Francisci Buddei, SS. Theol. D. & in Academia Ienensi P. P. O. – Lipsiae: Gleditsch 1713. Glassius: Philologia Sacra (1713) V 1,4,1490. Glassius: Philologia Sacra (1713) V 1,4,1492. Glassius nennt Jud 13, wo von den stellae erraticae gesprochen wird, wohingegen er mit Aristoteles belegt, dass es sich dabei nicht um Sterne handle. Vgl. Glassius: Philologia Sacra (1713) V 1,4,1492. Mit Verweis auf Apg 23,23 erwähnt er auch die Ausdrucksweise, dass sich Land nähere, während es tatsächlich das Schiff tue. Vgl. Glassius: Philologia Sacra (1713) V 1,4,1493. Die Rede von der extremitas coelorum, die der allgemeinen Vorstellung einer Himmelskuppel entspringe, die Größenverhältnisse der Gestirne und die Vorstellung von Bergen als fundamentum coelorum und columnae caeli sind auch bei Wittich wichtige Beispiele. Vgl. Glassius: Philologia Sacra (1713) V 1,4,1493. Als Beispiel verweist Wittich auf die naturphilosophisch stichhaltige Darstellung des Ursprungs von Flüssen nach Pred 1,7. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §10,5. Vgl. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §4,9. Vgl. auch Verbeek, Descartes and the Dutch, 74.

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4.3.4 Funktionalisierung, Apologie und theologische Entfaltung des opinio-Arguments in den 1650er Jahren: die Hermeneutik von den Dissertationes Duae bis zum Consensus veritatis Mit dem Consensus veritatis, einem „Markstein in der Geschichte der biblischen Hermeneutik“215, bietet Wittich eine ausführliche Entfaltung seines exegetischen Ansatzes im Kontext der Cartesianismusdiskussion. Als ‚Neuauflage‘ der Dissertationes Duae unter Berücksichtigung auch der Consideratio bietet die Schrift eine systematisierte und umfassende Entfaltung des opinio-Arguments im Kontext cartesischer Physik und biblischer Stilanalyse.216 Sie bleibt auf die Fragestellung der adäquaten Exegese naturphilosophischer Bibelaussagen ausgerichtet. Dabei bezieht Wittich auch zu Fragen des Schriftverständnisses dogmatisch Position, wenngleich eine Einbettung in eine voll entfaltete Schriftlehre aufgrund der Zielsetzung des Consensus veritatis mitunter defizitär bleibt. (Diese Lücke können spätere Schriften zu einem großen Teil aber schließen.) Wittichs Consensus veritatis bietet nichtsdestoweniger den besten Zugang zu einer detaillierten Betrachtung seiner Akkommodationslehre und ihren Bezügen zu seiner Dogmatik, auch wenn sie sich aufgrund ihrer apologetischen Stoßrichtung als sehr redundant und mitunter unsystematisch erweist.217

4.3.4.1 Die Funktion der Hermeneutik für die Emanzipation der Vernunft Im Consensus veritatis führt Wittich das opinio-Argument infolge der Analyse des biblischen Stils ein. Gemäß der Differenzierung der menschlichen duplex cognitio in eine noch vorurteilsbehaftete cognitio vulgaris bzw. communis und eine reflektierte, klare und deutliche cognitio philosophica bzw. accurata kann er einerseits die Akkommodation der Bibel an den allgemeinen, naturphilosophisch unreflektierten Erkenntnisstand ihrer Leser herleiten und andererseits die biblische Autorität bewahren.218 Wittich bereitet dabei vor allem 215 Rohls, Schrift, Tradition und Bekenntnis, 419. 216 Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 233–254. 217 Bereits in der Praefatio macht Wittich dies anhand seiner Beweisziele selbst deutlich. Vgl. Wittich: Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 5. Insofern ist das Urteil von Del Prete, Tra Galileo e Descartes, 720.723 zu bestätigen, die auf die Klarheit der Dissertationes Duae verweist, weil diese noch nicht durch die lange Kontroverse belastet sind, wie der Consensus veritatis. Jedoch weist sie auch darauf hin, dass die cartesianische Philosophie in den Dissertationes Duae nur „in modo molto discreto“ (720) herangezogen wird (abgesehen von der Darstellung der Physik und Astronomie in der zweiten Dissertatio), so dass für die Untersuchung der cartesianischen Einflüsse der Diskurs der 1650er Jahre eher präzisierend wirkt. 218 Vgl. Wittich: Consensus (21682) I und Kapitel 3.6.1 (duplex cognitio).

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Ergebnisse der Consideratio systematisch auf, die ihrerseits bereits bei Galilei219 und natürlich Descartes und Clauberg vorgebildet sind. Indem Wittich die biblischen Aussagen durch die Charakterisierung als cognitio vulgaris trotz der in ihnen enthaltenen Irrtümer als Erkenntnisse beschreibt, muss er die Bibel nicht als eine Vermittlerin von Lügen darstellen. Sie biete lediglich eine unvollständige Form von Wissen.220 Die bereits in der cartesischen Epistemologie zentrale Beobachtung von vorurteilsbehafteter, auf Sinneserfahrungen und einer Mischung aus richtigen und falschen Urteilen basierenden Erkenntnis dient Wittich dazu, zu belegen, dass die Bibel nicht in allen Aussagen völlig präzise sein müsse. Es wäre missverständlich, dies auf den tatsächlichen Erkenntnisstand und Wahrheitsgehalt der Bibel zu beziehen. Vielmehr sei es ein Charakteristikum biblischen Stils. Die cartesianische Epistemologie wird von Wittich auf die Sprachentstehung und von dort auf die philologische Stilanalyse übertragen. Die Entstehung der Sprache fußt nach Wittich auf der notitia vulgaris und damit einer vorurteilsbehafteten Erkenntnis.221 Dies gelte in insbesondere für naturphilosophische Aussagen: Gerade Phänomene der Astronomie, die in besonderer Weise von den Sinneserfahrungen abhängig seien, seien für die Verankerung von Vorurteilen in der Sprache prädestiniert.222 Er folgert daher, wie bereits Clauberg, dass die Interpretation von Texten zwangsläufig der Akkommodationsannahme zur Vermittlung der drei Ebenen von Sprachformen, Aussageziel und exakten Sachverhalten bedürfe. Sprache bekommt dadurch einen bloß instrumentalen, nicht völlig exakten Charakter und steht im Spannungsfeld der Meinung des Autors, der Wahrheit und ihrer von der Tradition geprägten Form. Daher muss der Leser mittels der eigenen Vernunft Texte auf diesen drei Ebenen prüfen.223 Diesen Bedingungen sei auch die Bibel unterworfen. Sie wolle nicht die exakte Erkenntnis zu naturwissenschaftlichen Sachverhalten darstellen und bediene sich daher ganz selbstverständlich eines Stils, der eine eingeschränkte, „an uns an219 Vgl. bes. Wittich: Consideratio (1656) §§37–56,29–44 und dazu die Paraphrase in Eberhardt, Wittich, 162–166. Eine direkte Abhängigkeit von Galilei, der zwischen den Sinnen zugänglichen und einer verborgenen Wahrheit differenziert, lässt sich nicht nachweisen. Der Gedanke war über Galilei in naturphilosophischem Kontext verbreitet. Vgl. dazu Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich, 66f. 220 Bereits in der Consideratio macht Wittich mit Augustinus klar, dass Lügen ohnehin eine voluntas fallendi voraussetzen, die dem Heiligen Geist nicht unterstellt werden kann Vgl. Wittich: Consideratio (1656) §86,73. Vgl. dazu auch Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 142. 221 Vgl. dazu bes. Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 510f. 222 Vgl. Wittich: Consensus (21682) I §18,21f. und Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 513f. 223 Vgl. auch Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 512–515. Hier wird gezeigt, dass Clauberg zwischen einem sermo externus, der an die Sprachformen gebunden ist, und einem sermo internus, den eigentlichen Gedanken des Autors, unterscheidet.

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gepasste und allgemeine Wahrheit [quidem veritatem, sed ad nos relatam & generalem]“224 vermittle. Ihre Wendungen enthielten Vorurteile, weil sie aus der Umgangssprache und Redeweise der einfachen Leute stammten. Andernfalls stifteten die biblischen Texte zu viel Verwirrung und es bestünde die Gefahr, damit den Ungebildeten den biblischen Heilsweg zu verstellen.225 Die Berücksichtigung von Akkommodation und Skopus müsse daher die Exegese bestimmen. Dem aus dem opinio-Argument erwachsenen Vorwurf, die Schriftautorität zu ignorieren, begegnet Wittich, indem er seinen Gegnern ein mangelndes Verständnis für den biblischen Sprachstil unterstellt.226 Bereits in der Consideratio beschreibt Wittich ausführlich die Notwendigkeit des Heiligen Geistes, sich an die verschiedenen Bildungssituationen der Mensch anzupassen und verweist dabei auch auf die verschiedenen Kulturstufen der Völker, die der Heilsvermittlung nicht im Wege stehen dürften.227 Wittichs Stilanalyse verweist schließlich auch auf die Ausdrucksweise der Menschen in Kontexten, in denen wissenschaftliche Genauigkeit unerheblich ist. Jeder, sei er Philosoph oder nicht, benutze umgangssprachliche Wendungen, wenn es ihm nicht um exakte Aussagen gehe. Wittich verweist dazu wiederholt auf das Beispiel des Astronomen, der im nichtwissenschaftlichen Kontext (wenn er nicht „ex professo“ rede) wie jeder andere die Irrtümer der Umgangssprache in Kauf nehme, z. B. wenn er vom Sonnenaufgang spreche.228 Das Fundament der Akkommodationstheorie bekommt durch ihre epistemologische Grundlage einen deutlich cartesianischen Charakter. Dies wird auch von Wittichs Gegnern erkannt und explizit abgelehnt.229

224 Wittich: Consensus (21682) I §22,24. 225 Vgl. Wittich: Consensus (21682) I §23,24f. Vgl. auch Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich, 63 und Savini, Methodus cartesiana, 320f. 226 Vgl. Wittich: Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 6–8. 227 Vgl. bes. Wittich: Consideratio (1656) §72,59–61. 228 Vgl. z. B. Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §8,4; Consideratio (1656) §53,38f. §78,64f. (Zitat 65); Consensus (21682) XX §§458–460,210–212. Vgl. dazu auch Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 140f. 229 Vgl. mit Belegen bei du Bois: Veritas et authoritas sacra in naturalibus et astronomicis asserta et vindicata (1655) Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 502.

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4.3.4.1.1 Der biblische Skopus nach 2Tim 3,14–17: zwischen Schriftverständnis und biblischer Anthropologie Die duplex cognitio und die darauf fußende biblische Stilanalyse werden von Wittich zur Untermauerung seiner Hauptthese, der Trennung von Philosophie und Theologie, angewendet.230 Der erste Hauptteil des Consensus veritatis widmet sich in Anlehnung an die Dissertationes Duae dem Beleg dieser These und führt dazu sieben Argumente an. Exponiert sind Akkommodations- und Skopuslehre als die beiden ersten nebeneinandergestellt („primum a formulis loquendi Scripturae usitatis, & secundum a Scripturae finibus“231). Die Hermeneutik wird hier also in erster Linie für die Begründung des cartesianischen Grundanliegens der Trennung von Philosophie und Theologie instrumentalisiert.232 Dies zeigt sich auch anhand des unmittelbaren Kontextes der beiden Argumente, der ganz auf dieses Beweisziel zugespitzt ist. Während Wittich einleitend lediglich eine kurze Formel des Akkommodationsgedankens im Rahmen eines logischen Beweises für die Unmöglichkeit einer philosophisch orientierten Exegese bietet und für die Erörterung auf den dritten Hauptteil der Schrift verweist, der das opinio-Argument eigens würdigt,233 entfaltet er den Skopus ausführlicher. Bereits in der Praefatio hatte er deutlich gemacht, dass nicht alle Wahrheiten zum fundamentum salutis gehörten und zwischen nebensächlichen Themen wie der Naturphilosophie und den eigentlichen Offenbarungsinhalten zu differenzieren sei.234 Seiner bereits in den Dissertationes Duae dafür zusammengetragenen Übersicht biblischer Belegstellen stellt er im Consensus veritatis ein längeres Zitat aus dem Genesiskommentar des Coccejus voran. Dieser bestimmt den biblischen Skopus als den Glauben an Gott, die Quelle von Gerechtigkeit und Leben.235 Unter den Bibelstellen hebt Wittich 2Tim 3,16f. hervor:236 „(16) Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre [ad doctrinam], zur Zurechtweisung [ad redargutionem], zur Besserung [ad correctionem], zur Erziehung in der Gerechtigkeit [ad disciplinam in Justi230 Vgl. bes. Wittich: Consensus (21682) II §§25–27,26. Vgl. dazu auch Kapitel 3.6.1 (duplex cognitio). 231 Wittich: Consensus (21682) III Synopse 26. 232 Vgl. zu den anderen Argumenten auch Kapitel 3.6 (Die Trennung von Philosophie und Theologie in Dissertationes Duae und Consensus veritatis). 233 Vgl. Wittich: Consensus (21682) III §34,28. 234 Vgl. Wittich: Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 8 und De Angelis, Anthropologien, 307f. 235 Da die Bibel sowohl für Gebildete als auch für Ungebildete gedacht sei, wolle Gott bei der Darstellung der Schöpfung nicht das Wesen der geschilderten Dinge erläutern. Vgl. Wittich: Consensus (21682) III §35,28. Das Zitat stammt aus Coccejus: Curae Posteriories in Genesin I §17,98 (Opera omnia I). 236 Weitere Stellen sind Dtn 6,2f., Röm 15,4 und Joh 20,31. Vgl. Wittich: Consensus (21682) III §35,28 und dazu Douglas, Spinoza & Dutch Cartesianism, 40f.

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tiam], (17) dass der Mensch Gottes vollkommen sei, zu allem guten Werk geschickt“237. Wittich erläutert die vier hier genannten Nutzen der Bibel knapp, ihm geht es aber vor allem darum zu zeigen, dass die Vermittlung philosophischen Wissens, die gerade nicht als Nutzen der Bibel aufgeführt wird, nicht zu ihren Zielen gehört.238 Er schließt seine Argumentation ringkompositorisch, indem er mit 2Tim 3,15 die christologisch-soteriologische Essenz der Skopusexegese den zuvor zitierten einzelnen Aspekten des Nutzens der Bibel zusammenfassend gegenüberstellt.239 2Tim 3 dient Wittich auch über Dissertationes Duae und Consensus veritatis hinaus zur Untermauerung seiner Hermeneutik: Hier zeige sich für ihn das Potential der Bibel, ihre fehlerhafte Deutung selbst zu korrigieren. Sie erweist sich als sui ipsius interpres.240 Wittich beschreibt den Skopus sodann auch mit Blick auf den Adressaten: Die Bibel wolle ihre Leser zum homo Dei machen, einem Menschen, der sich voll und ganz um die göttlichen Dinge bemühe. Eine zusätzliche Vermittlung der natürlichen Dinge des Philosophen, des homo mundi, sei dazu nicht nötig. Statt wissenschaftstheoretischer Ausdifferenzierung der Fakultäten zeigt er hier eine Scheidelinie von Philosophie und Glaube, die durch den Menschen selbst verläuft. Da die naturphilosophische Belehrung keinen zwingend notwendigen Beitrag zur Heilsvermittlung leiste, dürfe sie auch nicht in der Bibel gesucht werden. Sie beinhalte nicht mehr und nicht weniger als das, was zu Erkenntnis und Erlangung des Heils notwendig sei.241 Auch ihre Autorität endet daher notwendigerweise, wenn sie keine heilsrelevanten Aussagen trifft. So wird der Mensch qua homo Dei von der Bibel angesprochen, während die Philosophie auf den Bereich des homo mundi verwiesen wird. Das Motiv wird auch im Rahmen der Einleitung von Wittichs Römerbriefkommentar benutzt, auf 2Tim 3,17 zurückgeführt und konkretisiert. Der homo Dei wird demnach durch die Auseinandersetzung mit dem Gesetz des Glaubens (lex Dei oder lex fidei) gestärkt. Diese

237 In Wittich: Theologia pacifica (1671) I §13,11 verwendet er dieselbe Stelle um zu belegen, dass die Bibel Fehler, die ihr widersprechen, widerlegt. 238 Dazu zitiert er analoge Beobachtungen aus der Schrift De utilitate Philosophiae ad Theologiam des Philosophie- und Theologieprofessors aus Saumur Etienne Gaussen (Stephanus Gaussenius; gest. 1675). Physikalische Gegebenheiten stünden demnach nicht der eigentlichen Wahrheit gemäß in der Bibel, sondern seien an dem orientiert, was den Menschen wahr erscheine. Vgl. Wittich: Consensus (21682) III §35,29. 239 Vgl. 2Tim 3,14f.: „[14] Du aber bleibe bei dem, was du gelernt hast und was dir anvertraut ist; du weißt ja, von wem du gelernt hast [15] und dass du von Kind auf die Heilige Schrift kennst, die dich unterweisen kann zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus.“ Vgl. Wittich: Consensus (21682) III §35,29. 240 Vgl. auch Wittich: Consensus (21682) IV Synopse 37 sowie Wittich: Theologia pacifica (1671) I §13,11. 241 Vgl. Wittich: Consensus (21682) III §35,29. Vgl. bereits Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §5,3.

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Vorstellungen stehen zumindest in der von Wittich hier gebotenen Form in deutlicher Spannung zur reformatorischen Theologie.242 4.3.4.1.2 Fines und Media Scripturae: Heilsvermittlung in der Gegenüberstellung zu Naturphilosophie, Geschichte und Ethik Ausgehend vom soteriologischen Skopus der Bibel kann Wittich in der Auseinandersetzung mit seinen Kritikern ausdrücklich den Stellenwert von anderen Wissensbereichen neben dem Heilsweg relativieren. Diese seien in keiner Weise als Skopus (fines/Ziel) der Bibel zu verstehen. Deutungsmöglichkeiten der Naturphilosophie als gleichberechtigter Skopus neben dem Heil oder als sekundärer Skopus werden ausgeschlossen. Stattdessen müssten naturphilosophische Aussagen als media verstanden werden. Ihrer bediene sich die Bibel als Mittel zur Erreichung ihres eigenglichen Ziels. Damit gesteht Wittich durchaus eine biblische Behandlung naturphilosophischer Themen zu, nur befinde sich diese eben nicht auf dem Niveau philosophischer Erkenntnis, sondern unterliegen den Bedingungen der Akkommodation. Dem Skopus der Heilsvermittlung sei es zuträglicher, sich in diesem Bereich auf die allgemeine, nicht wissenschaftliche Erkenntnisebene zu beschränken.243 Aufgrund dessen verbietet es sich nach Wittich, es als sekundäres Ziel der Bibel zu bezeichnen, den Menschen „eruditus in Physicis“ zu machen.244 242 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [iv]. Die anthropologische Differenzierung des Menschen in homo Dei und homo mundi lässt sich nicht hinreichend ableiten aus der existentiellen Zuspitzung der menschlichen Situation in reformatorischer Theologie zwischen Welt und Gott. Wittich verweist hier nicht auf die spannungsvolle Situation des Menschen als simul justus et peccator oder erklärt die Theologie zur Wissenschaft des Evangeliums und die Philosophie zur Wissenschaft des Gesetzes. Lediglich eine thematische Engführung der Bibel soll ausgedrückt werden: Sie beschäftigt sich mit dem Heil und spricht den Menschen daher als homo Dei an, während die Philosophie weltliche Belange thematisiere. Im Römerbriefkommentar berichtet Wittich, er habe seine Studenten täglich ermahnt, die in der Bibel offenbarte Lex Dei zu durchforschen. Darunter will er das Gesetz des Glaubens verstanden wissen (nicht etwa das atl. Gesetz), so dass er besonders den Römerbrief zur Lektüre empfiehlt. Das Ergebnis dieser Studien sei, dass sie in guten Werken unterwiesen seien wie homines Dei. Bereits in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1 §5,3 spricht er vom Ziel der Bibel, den Menschen zum „homo Dei […] perfectus ad omne bonum opus instructus“ zu machen. Eine Diskrepanz dieser Verbindung von Paulusexegese und der guten Werke bzw. des Begriffs Lex Dei empfindet Wittich nicht. Auch in seinem Glaubensverständnis (Lex Dei = Lex fidei) entfernt er sich mitunter von einem reformatorischen Paulusverständnis und revitalisiert ungewollt katholische Elemente. Anknüpfungspunkt mag der tertius usus legis sein, jedoch vertieft Wittich diese ethischen Überlegungen nicht. 243 Vgl. Wittich: Consensus (21682) III §36,29f. 244 Wittich: Consensus (21682) III §44,32. Vgl. auch Wittich: Consensus (21682) III §47,33f. (principalis finis des Heils und andere „minus principales”). Wittich sieht sich wiederholt genötigt zu zeigen, dass nicht grundsätzlich falsch sein muss, was die Bibel zu natürlichen Phänomenen aussagt. Es bleibt jedoch auf dem Niveau einer allgemein zugänglichen, sin-

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Auch Fragen der Geschichte und Chronologie beantworte die Bibel nur mit Blick auf das Heil und daher in ihrer Faktizität unzuverlässig „ut media“245. Alle media seien nicht heilsnotwendig, sie beträfen nicht das Wesen des Glaubens. Sie hätten ihre Funktion aber in der Veranschaulichung, Erklärung und Verteidigung der eigentlichen Botschaft. Sie alle seien der Akkommodation unterworfen und richteten sich immer dann nach irrtümlichen Vorstellungen, wenn sonst Verwirrung entstünde.246 Ein komplexeres Problem stellt die Behandlung ethischer Themen dar. Lasse sich darin aufgrund des engen Bezugs zum Heil nicht ein sekundäres Ziel der Bibel ausmachen? Wittich begegnet diesem Einwand mit rhetorischer Flexibilität gegenüber dem Ethikverständnis seiner Gegner, ohne sich an einen eigenen Ethikbegriff binden zu wollen. Verstehe man die Ethik als genuinen Bestandteil der Theologie, habe sie einen legitimen Platz in der biblischen Verkündigung und lasse sich nicht mit der Physik vergleichen. Bestehe man auf einer eigenständigen Disziplin der philosophischen Ethik, müsse zugestanden werden, dass diese in der Bibel nicht als Skopus, sondern nur instrumentalisiert und akkommodiert verhandelt werde. Allerdings stünde der philosophischen Ethik die Behandlung der moralischen Regeln gegenüber, die Teil der Offenbarung sind und in der theologia practica thematisiert werden. Aus beiden Ansätzen ergebe sich kein sekundärer Skopus der Bibel, sondern die Zugehörigkeit der christlichen Lebensweise zum Heilsweg. Wittich tendiert zu einer Betonung der Zugehörigkeit der Ethik zur Theologie.247 Einen Beleg dafür bietet wiederum 2Tim 3,17, wo der Einfluss der Bibel auf die Lebensweise betont wird.248 Wenn Wittich im dritten Hauptteil des Consensus veritatis die Akkommodation ausführlich entfaltet, bleibt der Skopus ihr bestimmendes Vorzeichen.

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nesbestimmten und darum vorurteilsbehafteten Erkenntnis. Vgl. bes. Wittich: Consensus (21682) III §§43–46,32f. Vor allem ist jede derartige Wissensvermittlung dem Skopus untergeordnet und erhält keinen eigenständigen Wert. Das Risiko, dass eine naturwissenschaftliche Wissensvermittlung ungebildete Bibelleser abschrecken könnte, schätzt Wittich als zu hoch ein. Vgl. auch Wittich: Consensus (21682) III §47,34. Wittich: Consensus (21682) III §38,31. Die Geschichtsschreibung sei auch deswegen unproblematisch, weil sich diese beziehe „ad vulgarem notitiam tantum & ad τὸ ὃτι, non ad τὸ διότι“. Vgl. Wittich: Consensus (21682) III §50,35f. Vgl. Wittich: Consensus (21682) III §48,34f. Vgl. dazu die Bemerkungen zur Ethik im Kapitel 3.7 (Differenzierung von Theologie und Philosophie nach ihren Erkenntnisprinzipien in der Theologia pacifica). Vgl. Wittich: Consensus (21682) III §49,35.

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4.3.4.2 Die Vorstellung des opinio-Arguments im Consensus veritatis Vor allem Kapitel 20 ist der Darstellung des opinio-Arguments gewidmet. Für das Schriftverständnis zentral ist sein Kontext, die Harmonisierung cartesianischer Methodologie mit der Schriftautorität.249 Ausgehend von der Darstellung der Position Descartes’ zur Überordnung der biblischen Offenbarung über die Vernunft und die erneute Bekräftigung der Trennung von Philosophie und Theologie (mit ihren je spezifischen, nicht zu vertauschenden Gegenständen, dem Buch der Welt und dem Buch der Schrift) betont Wittich wiederum eindringlich die Bindung der cartesianischen Theologie an die auctoritas und infallibilias Scripturae, allerdings dieses Mal unter der Prämisse, dass die Bibel auch adäquat ausgelegt werde. Sein Bekenntnis zur Schriftautorität erfährt also eine hermeneutische Zuspitzung. Über die Schriftauslegung bestehe Uneinigkeit und das biblische Zeugnis, „also die richtig verstandenen Schriftworte, müssen durch die richtig angewendeten Auslegungsmethoden (media interpretandi rite adhibita) erkannt werden“250. Diese hier nicht konkretisierten Auslegungsmethoden sind für Wittich vor allem Stilanalyse unter Berücksichtigung der Akkommodation, Skopusexegese und Kontextanalyse. Zwar finden sich an verschiedenen Stellen in seinem Œuvre immer wieder auch andere Methoden, auf die er verweist, doch erscheinen sie als austauschbar. Mit ihnen bündelt er jeweils exemplarisch den Methodenkatalog der Exegese seiner Zeit, bestimmt ihn inhaltlich aber mit seinen drei hermeneutischen Leitgedanken: Der Akkommodation als dem eigentlichen hermeneutischen Schlüssel zur Exegese und Skopus- und Kontextanalyse als Mittel ihrer Beschränkung und zielgerichteten Einsatzmöglichkeiten.251 Um ein angemessenes Schriftverständnis zu erreichen, setzt Wittich das opinio-Argument voraus, welches er hier anders als bisher unmittelbar aus einem Zitat von Descartes ableitet und in einer neuen Variante formuliert: Allgemein 249 Vgl. dazu auch Kapitel 3.6.3 (Die theologische Verhältnisbestimmung zur Philosophie: zwischen ancilla theologiae und Separatismus). 250 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §448,205: „[…] illudque ejus [scil. Scripturae] testimonium (quod sunt verba Scripturae rite intellecta) per media interpretandi rite adhibita est cognoscendum.“ Vgl. auch Kapitel 3.6.3 (Die theologische Verhältnisbestimmung zur Philosophie: zwischen ancilla theologiae und Separatismus) und Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich, 64f. 251 Auslegungsmethoden werden z. B. in den Positiones überblicksartig aufgezählt. Wittich/ Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.2) und Kapitel 3.5.1.2 (Schriftverständnis). Auch im Consensus veritatis nennt er media interpretandi, konkret „die Berücksichtigung des Skopus, des Kontextes etc.“ („ […] sensum scripturae verborum debere per media interpretandi cognosci, qualia sunt scopi consideratio, antecedentium et consequentium collatio, etc. […]“). Wittich: Consensus (21682) XXXIII §718,325. Vgl. dazu auch Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 31.36 Vgl. schließlich Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [vii] für den Verweis, dass die richtige Anwendung der media interpretandi auf die Bibel zu verbindlichen Aussagen führe, die absoluten Glauben verdienen.

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anerkannt seien „mod[i] loquendi […] ad sensus vulgi accomodati“ in der Bibel.252 Die Verwendung der unreflektierten Umgangssprache sei eine Stileigenheit der Bibel, die nicht im Widerspruch zu ihrer Autorität und Unfehlbarkeit stehe. Mit einem Verweis auf die zu Beginn des Consensus veritatis dargestellte notitia vulgaris und deren Einfluss auf die Sprachentwicklung beschreibt er die Akkommodation als wesentliches Element des biblischen Stils.253 Das opinioArgument formuliert Wittich dann wie folgt: „Statuimus ergo, Scripturam de rebus naturalibus loquentem sermone vulgari uti, sive nudam veritatem exprimat, sive ad homines eorumque sensus relatam atque praejudiciis & erroribus involutam.“254 Eine von seinen Gegnern behauptete Selbstkorrektur der Schrift, durch die dem Volksmund entlehnte aber nicht exakte Wendungen immer richtig gestellt und zu philosophischen Wahrheiten verändert würden, lehnt Wittich in diesem Zusammenhang ausdrücklich ab.255 Wittich erläutert im Folgenden den biblischen Stil und seine Wirkung genauer. Er beschreibt noch einmal den eingeschränkten, allgemeinen Wahrheitsgehalt (veritas tantum generalis) der notitia vulgaris in der biblischen Sprache an Beispielen wie der Wendung vom Sonnenauf- und -untergang im Gegensatz zur bloßen (nuda), vorurteils- und fehlerfreien Wahrheit.256 Die unkommentierte Verwendung der entsprechenden Phrasen durch den Heiligen Geist, der selbst weder Irrtümern noch Vorurteilen unterworfen sein kann, zeige,

252 Wittich: Consensus (21682) XX §449,205. Während das Descarteszitat die Redeweisen auf Gott bezieht, überträgt Wittich sie gemäß seines Kontextes auf die Naturphänomene. Das zugrunde gelegte Descarteszitat lautet: „Omnibus est nota distinctio inter modos loquendi de Deo ad sensus vulgi accomodatos, & veritatem quidem aliquam, sed ut ad homines relatam continentes, quibus Sacrae literae uti solent; atque alios nudam magis veritatem, nec ad homines relatam exprimentes, quibus omnes inter Philosophandum uti debent.“ [„Denn allen Leuten ist die Unterscheidung bekannt zwischen den Redeweisen über Gott, die dem gemeinen Menschenverstand angepasst sind und die zwar eine gewisse, aber auf die Menschen zugeschnittene Wahrheit ausdrücken, und den anderen Weisen, die eher die nackte und nicht auf den Menschen zugeschnittene Wahrheit ausdrücken. Die ersteren werden gewöhnlich in der Heiligen Schrift verwendet, während die letzteren zum Philosophieren verwendet werden müssen.” – Übersetzung Wohlers (2006) 152]. Wittich zitiert hier einen Auszug aus Descartes’ Antwort auf die Zweite Erwiderung gegen die Meditationen, in der dieser sich für seine Aussage rechtfertigt, dass Gott nicht lügen könne. Vgl. Descartes: Responsio in objectiones secundas (1641) AT VII 142. Vgl. zu dem Zitat mit Verweisen auf Bezüge zu Claubergs Hermeneutik auch Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 142 (Anm. 48). 253 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §450,205. 254 Wittich: Consensus (21682) XX §451,205f.: „Wir stellen also fest, dass die Schrift, wenn sie über natürliche Dinge spricht, eine unwissenschaftliche Sprechweise verwendet, sei es, dass sie die nackte Wahrheit ausdrückt, sei es, dass sie eine an die Menschen und deren Sinne angepasste und in Vorurteile und Irrtümer gehüllte Wahrheit ausdrückt“. 255 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §451,205f. 256 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §452,206. Vgl. auch Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 142.

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dass diese für seinen Skopus nicht von Belang seien.257 Als Beleg für seine stilistische Analyse führt Wittich die Schriften seiner Gegner an, die ihm grundsätzlich darin zustimmen, dass der Heilige Geist auf umgangssprachliche Wendungen zurückgreift.258 Vor diesem Hintergrund verweist er auf die inzwischen synodal geächtete Formulierung seines opinio-Arguments. Bereits dort sei hinreichend klar gewesen, dass dem Heiligen Geist nicht ein Abweichen von der Wahrheit und die Lehre von Irrtümern unterstellt werde.259 Dies belegt er anhand einer Reihe von Zitaten aus den Dissertationes Duae ausführlich, vor allem anhand der Differenzierung von der tatsächlichen Auffassung eines Sprechers und den durch Ausdrucksformen implizierten notitiae vulgares.260 U. a. an dem gerne von Wittich gebrachten Motiv des fachkundigen Astronomen, der sachliche Fehler in den sprachlichen Wendungen kennt, sie aber trotzdem im nichtwissenschaftlichen Kontext benutzt, präzisiert er dies auch gegen neue Einwände seiner Gegner.261 Die theologisch so problematisch erscheinenden errores in der Heiligen Schrift seien nicht ein Spezifikum der Bibel, sondern erweisen sich als eine Notwendigkeit der Sprache. Wittichs Darstellung des opinio-Arguments sei also bereits in den Dissertationes Duae eigentlich unproblematisch gewesen. Aber aufgrund des Anstoßes, den seine kopernikanischen Formulierungen erregt hätten, werde er sich im Weiteren an die Neuformulierungen des Arguments halten.262 4.3.4.3 Die Ableitung des opinio-Arguments aus Schriftbelegen und Stilanalyse Das Zentrum des dritten Teils des Consensus veritatis bildet der theologische, philologische und exegetische Beleg des opinio-Arguments, das Wittich auf die Basis von zwei Thesen stellt. Diese basieren auf den Dissertationes Duae I 2–4 und besagen, dass erstens „die Bibel Redewendungen aus der Umgangssprache verwenden müsse, auch wenn diese sich auf Vorurteile stütze und sie die Wahrheit 257 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §453,206f. Vgl. dazu auch Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich, 65f. und Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 39. 258 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §454,207f. Ähnlich konnte Wittich bereits in der Consideratio argumentieren. 259 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §455,208f. Nach Wittich gibt es zwei Möglichkeiten, von jemandem auszusagen, dass er secundum vulgi erroneam opinionem rede: Einerseits in dem Sinne, dass nur die Redewendungen gebraucht werden, um eine generelle Wahrheit auszudrücken, wie Wittich es dem Geist zuschreibt, andererseits mit einer absoluten Zustimmung zu der unreflektierten Meinung, die dem Heiligen Geist nicht nachgesagt werden darf. Wittich beruft sich dazu auf Melchior Canos De Locis Theologicis. Vgl. für eine Gegenüberstellung der Position Wittichs mit Galilei Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich, 67–69. 260 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §456,209. 261 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §§458–460,210–212. 262 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XX §457,209f.

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nur in mit ihnen verhüllter Form wiedergebe“263 und dass zweitens diese Beobachtung „nicht im Konflikt mit Autoritäts- und Wahrheitsanspruch der Bibel steht“264. 4.3.4.3.1 Die Benutzung umgangssprachlicher Wendungen in der Bibel Wittich belegt in grundsätzlicher Weise die Verwendung der Umgangssprache und damit die Abhängigkeit von Vorurteilen und einem unreflektierten Erkenntnisstand durch die Bibel bzw. den Heiligen Geist in vier Schritten. Ein erstes Argument liefert ihm (die lateinische Übersetzung von) Jes 8,1, wo an Jesaja der Befehl ergeht, in menschlicher Ausdrucksweise zu schreiben („ut stylo humano scriberet“265). Er versteht darunter unter Berufung auf die niederländischen Exegeten einen Stil, der von jedermann gelesen werden könne, der also der gebräuchlichen Sprechweise bzw. einer allgemeinen und üblichen Ausdrucksweise entspreche. Die Verwendung einer allen Menschen verständlichen Umgangssprache stehe also keineswegs im Gegensatz zur Inspiration durch den Heiligen Geist, sondern werde sogar eingefordert.266 Als weiteres prominentes Beispiel neben Jesaja wird das bekannte Beispiel des Mose angeführt, der sich nach Calvins Kommentar zu Gen 1,16 auch dem Sprachstil ungebildeter Hörer angepasst habe, um von allen verstanden werden zu können.267 Der umgangssprachliche Stil wird noch einmal ausdrücklich mit Verweis auf das Einleitungskapitel des Consensus veritatis in Abhängigkeit der notitia communis gesetzt. Die durch Sinneseindrücke entstehenden irrtümlichen Vorstellungen dieser Erkenntnisstufe werden mit Beispielen illustriert. Ausgehend von den Nachweisen wird ein entsprechender „menschlicher Stil“ auf der Grundlage der etablierten Wendungen und Redeweisen dem Heiligen Geist auch in allen anderen biblischen Büchern zugeschrieben.268 263 „Scripturam uti debere formulis usu tritis, etsi praejudiciis eae innitantur atque veritatem iis involutam referant“, Wittich: Consensus (21682) XXI Synopse 212. 264 „Sententiam de Usu formularum receptarum veritatem aliquam praejudiciis involutam referentium non pugnare cum Auctoritate & Veritate Scripturae“, Wittich: Consensus (21682) XXV Synopse 251. 265 Zitiert nach Wittich: Consensus (21682) XXI §461,212. Vgl. dazu auch Howell, God’s Two Books, 177. 266 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXI §461,212. 267 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXI §461,212f. 268 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXI §461,213. Dabei geht Wittich über den Textbestand der Dissertationes Duae hinaus und präzisiert deren Darstellung im Rückgriff auf die Ergebnisse der Consideratio. Bei der Entkräftung von Einwänden gegen das Argument im Folgenden macht Wittich noch einmal deutlich, dass es durchaus möglich ist, dass umgangssprachliche Wendungen mit tatsächlichen Sachverhalten übereinstimmen, es aber nichtsdestoweniger unmöglich bleibe, eine immer exakte Beschreibung nur in der allgemein verständlichen Umgangssprache zu liefern. Ein Abweichen von der Umgangssprache jedoch würde die

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Für sein zweites Argument bedient Wittich sich der Logik. Fußend auf der Auslegung der aristotelischen Topik durch den Leipziger Logiker Johannes Neldel (1554–1612) verweist er auf die Trennung von dialektischer und analytischer Argumentation: Erstere ziele auf allgemeine Verständlichkeit und bediene sich daher der Umgangssprache, letztere beschäftige sich mit der Natur der Dinge und erfordere einen streng wissenschaftlichen Stil. Die biblischen Autoren verwendeten bei der Darstellung von Naturphänomenen immer einen dialektischen Stil. Das Wesen der Naturerscheinungen wollten sie gerade nicht darstellen, so dass ein Rückgriff auf die Umgangssprache geboten sei.269 In einem dritten Schritt verweist Wittich dann auf zahlreiche Bibelstellen, in denen sich umgangssprachliche Wendungen eindeutig nachweisen lassen.270 Wittich präferiert in diesem umfangreichen Abschnitt Formulierungen mit Bezug zu Naturphänomenen und ihrer allgemeinen, unwissenschaftlichen Erschließung, wie z. B. den Ausdruck von den Enden des Himmels (extremitates coeli; Dtn 30,4, Jes 13,5, Jer 49,36). Hier werde ein Bild assoziiert, dass auf die antike Vorstellung einer Scheibenwelt unter der Himmelskuppe zurückgehe: Ein Produkt der unkritischen und somit vorurteilsbehafteten Sinneswahrnehmung. Wittich verweist bei seiner Analyse verschiedener Bibelstellen mitunter auch auf die Parallelen zur Dichtersprache, besonders bei Homer.271 Wittichs letztes Argument geht über die Untersuchung von Redewendungen und den bloßen hermeneutischen Kontext hinaus. Es passt daher nicht gut in den sprachanalytischen Duktus, sondern belegt Akkommodation in einem umfassenderen Sinne und leitet daraus auch ekklesiologische Entscheidungen ab. Akkommodation lasse sich in der Bibel auch anhand des Umgangs der Apostel mit der Beschneidung nachweisen. Die Anpassung beziehe sich hier auf das Bedürfnis der vom jüdischen Zeremonialgesetz geprägten Menschen der Zeit. Schrift schwerer verständlich machen. Die Bezugnahme auf Calvin wird näher erläutert. Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXI §§462–467,213–215. 269 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXII §468,216 und für die Präzisierung und Verteidigung des Arguments vgl. Wittich: Consensus (21682) XXII §§469–474,216–218. Vgl. dazu auch Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 144. 270 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXIII §§475–541,219–247. Grundlage ist Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 4. 271 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXIII §475,219. Weitere Formulierungen, die Wittich anführt, sind: fundamenta & columnae Coelorum (Hi 26,11, 2Sam 22,8, Ps 18,8) in Consensus (21682) XXIII §480,221, fines terrae (Ps 2,8. 22,28. 48,11 mit einer gegenüber dem Material der Dissertationes Duae stark erweiterten Analyse) in Consensus (21682) XXIII §493,225– 228, Aquilo super inane (Hi 26,7) in Consensus (21682) XXIII §497,229f., die vielfach diskutierte, sachlich falsche Größenbeschreibung von Sonne und Mond in Gen 1,16 in Consensus (21682) XXIII §502,231–233, der aus der Perspektive von Seeleuten verwendete Ausdruck des sich nähernden Landes (Apg 27,27) in Consensus (21682) XXIII §525,242, die Beschreibung von Planeten als stellae erraticae (herumirrende Sterne; Jud 13) in Consensus (21682) XXIII §530,243f.

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Trotz der Annahme, dass die Beschneidung durch Christus unnütz geworden sei und sie von Paulus mitunter als heilsgefährdend dargestellte werde, sei sie vom Heiligen Geist zugelassen worden, um Juden nicht vom Heil in Christus abzuschrecken. Der biblische Skopus wirkt hier unmittelbar auf die kirchliche Praxis ein. Unter der Prämisse der Heilsvermittlung sei die oberflächliche naturwissenschaftliche Auffassung der Menschen akzeptiert worden. Die Bibel meide die Gefahr, durch verwirrende Richtigstellungen in nicht heilsrelevanten Bereichen Gläubige abzuschrecken.272 Der historische Exkurs zur Akkommodationslehre hatte gezeigt, dass die Verwendung der accommodatio Dei zur Klärung des Verhältnisses von ATund NT zu ihren zentralen Einsatzbereichen gehört. Wittich wendet auch hier die Argumentationsfigur an, um den Widerspruch von cartesianischem Weltbild und biblischer Aussage aufzuheben, bezieht ihn aber darüber hinaus auf praktische Fragen der Ökumene. Zugeständnisse an die Meinungen anderer zur Vermeidung von Verwirrung und Abschreckung vom Wesentlichen, dem Heil, sei auch sinnvoll bei der Frage nach der Duldung von Bildnissen in Kirchen, der Beibehaltung gewisser katholischer Bräuche etc.273 Eine völlige Einheit in allen Fragen dürfe man nicht suchen.274 4.3.4.3.2 Die Integrität von Wahrheit und Autorität der Schrift Auch seine zweite These, die bleibende Geltung biblischer Autorität, belegt Wittich durch Schriftnachweise: Anhand von sechs Beispielen zeigt er eine deutliche Diskrepanz zwischen biblischen Ausdrucksformen und wissenschaftlichen Tatsachen, die nicht gegen die Schriftautorität ausgespielt werden könne.275 Zuerst weist Wittich nach, dass die Aussage, dass das Herz der Sitz der Seele sei, in der Bibel wiederholt vorkommt (Ps 24,4, Mt 6,21, Spr 2,10.8,7.15,14) und zeigt auf, dass dies eine irrtümliche allgemeine Meinung sei. Als Cartesianer kann er demgegenüber wissenschaftlich den Bezugspunkt von Seele und Körper in der Zirbeldrüse bestimmen.276 Nun habe das ursprüngliche Vorurteil aber die Umgangssprache maßgeblich geprägt, was Wittich sprachübergreifend nachweist. Genau auf derartige Wendungen stütze sich die Bibel, wenn sie suggeriere, dass 272 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXIV §542,247f. 273 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXIV §542,248. Wittich verweist dazu auf Ausführungen von Maresius zur Situation der Kirche von Ungarn. 274 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXIV §544,248f. 275 Vgl. die Einleitung in Wittich: Consensus (21682) XXV §554,251f. 276 Vgl. zu der medizinischen Widerlegung der biblischen Auffassung Wittich: Consensus (21682) XXV §555,252: Wittich zitiert zunächst nicht Descartes, sondern führt andere Gewährsleute für die Bestimmung des Gehirns als Sitz der Seele an. Die cartesische Auffassung von der glandula pinealis paraphrasiert er ohne Beleg. Erst in der Diskussion mit seinen Gegnern verweist er dann auch direkt auf Descartes’ ausführliche Darstellung in den Passiones animae. Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXV §560,254.

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das Herz mit der Seele, dem Intellekt oder dem Willen gleichzusetzen sei. Der Verweis auf das Herz sei stilistisch zu verstehen und entspreche einer Metonymia subjecti pro adjuncto. Dadurch verlören die intendierten biblischen Aussagen jedoch nicht ihren Wahrheitsgehalt.277 In einem zweiten Schritt weist Wittich nach, dass die Bibel sich in moralischen und historischen Belangen (de rebus moralibus et practicis) an den äußeren Schein und die allgemeine, irrtümliche Meinungen angepasst habe, ohne dass dies ihre Wahrheit und Autorität beeinträchtigte.278 Wittich fasst hier Bibelstellen zusammen, in denen moralische Beurteilungen, Titel und Eigenschaften einer Person zugesprochen werden, obwohl sie sachlich nicht zutreffend sind. Er bezieht sich hier z. B. auf Verse, in denen die Bibel Menschen gerecht nennt, obwohl diese nur gerecht zu sein scheinen oder zu Unrecht so eingeschätzt werden.279 Dieselbe irrtümliche, auf dem Schein basierende Einschätzung lässt sich für die Bezeichnungen Jungfrau280, Prophet281 oder König282 nachweisen. Weitere Beispiele gehen stärker auf den stilistischen Aspekt uneigentlicher Ausdrucksweisen ein, wenn z. B. Paulus den Teufel in 2Kor 4,4 als den Gott dieser Welt bezeichnet, obwohl er nicht Gott ist283 oder die Gemeinde von Galatien beschuldigt, sich einem „anderen Evangelium“ (Gal 1,6) zugewendet zu haben, obwohl es nur ein Evangelium gibt.284 Eine dritte Gruppe von Bibelstellen beinhalte Unstimmigkeiten in historischen Berichten.285 Insgesamt trägt Wittich 13 Beispiele zusammen und belegt seine Deutung jeweils mit exegetischen Kommentaren gegen seine Gegner. Nicht nur der allgemeinen Meinung, sondern auch dem lückenhaften Kenntnisstand der Menschen passe sich die Bibel an, wie Wittich in seinem dritten Argument anhand von Hebr 7,3 zeigt. Die hier dargebotene Beschreibung des Priesters Melchisedek, dem die Bibel Geburt und Tod abspricht, sei nicht wörtlich zu verstehen. Die Bibel stelle ihn so nur dar, weil uns über 277 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXV §555f.,252f. Auch mit Bezug auf andere antike Texte wird die Ausdrucksweise als Tropus dargestellt. Die Metonymie dürfte wiederum der Klassifikation von Glassius entnommen sein. Vgl. Kapitel 4.3.3 (Erläuterung der ursprünglichen Formel des opinio-Arguments in den Dissertationes Duae). 278 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXVI §566,256. Vgl. auch Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich, 72f. 279 Vgl. mit zahlreichen biblischen Belegen und Rekurs auf exegetische Autoritäten Wittich: Consensus (21682) XXVI §568,257f. 280 Vgl. mit Bezug auf Spr 30,18f. Wittich: Consensus (21682) XXVI §577,260. 281 Vgl. mit Bezug auf Jer 28,1 (Hannanja ist kein echter Prophet.) Wittich: Consensus (21682) XXVI §580,262. 282 Vgl. mit Bezug auf Mk 6,14 (Herodes war kein König.) Wittich: Consensus (21682) XXVI §583,262f. 283 Vgl. mit Bezug auf 2Kor 4,4 (Der Teufel, bezeichnet als Gott dieser Welt, ist kein Gott.) Wittich: Consensus (21682) XXVI §587,265. 284 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXVI §589,266. 285 Vgl. z. B. mit Bezug auf Jos 2 Wittich: Consensus (21682) XXVI §591,266f.

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Beginn und Ende seines Lebens nichts bekannt sei, nicht jedoch, weil sie Melchisedek zum Unsterblichen erklären wolle. So wie sich die Bibel bei den obigen Beispielen unserer Meinung angepasst habe, passe sie sich hier unserem Kenntnisstand an (ita sese hic accommodat ad nostram cognitionem).286 Wittichs vierter Punkt basiert auf biblische Redepassagen, die ad hominem formuliert sind. Dabei sei nicht der Bibelleser im Blick, sondern die Akkommodation müsse im Kontext der innerbiblischen Erzählsituation interpretiert werden. Ein Beispiel bietet z. B. seine Auslegung von Mt 19,16f., wo Jesus auf die Anrede als guter Lehrer abwehrend reagiert und fordert, das Gute nur Gott zuzuschreiben. Damit negiere er nicht seine eigene Göttlichkeit, sondern passe sich der Tatsache an, dass sein Gegenüber ihn nicht als Gott erkannt habe.287 Die Gotteslehre als eines der prominentesten Anwendungsbereiche der Akkommodation führt Wittich als fünften Beleg an. Unter Bezugnahme auf die Akkommodationslehre bei Mose Maimonides und seine eigene Erkenntnis- und Sprachanalyse im Einleitungskapitel des Consensus veritas zeigt er kleinschrittig, in welcher Diskrepanz biblische Aussagen über Gott, insbesondere die anthropomorphe Darstellung, zu einer sachgemäßen Darstellung stehen.288 Die Anpassung an die menschlichen Meinungen bergen Gefahren für gravierende Missverständnisse. Wenn jedoch, so Wittichs Argument, die Bibel bei so etwas Zentralem und Folgenschweren wie der Gotteslehre zu Anpassungen bereit sei, dann doch erst recht bei den vergleichsweise unbedeutenden naturphilosophischen Themen.289 Das für die Diskussion der Akkommodation von Anfang an zentrale 286 Wittich: Consensus (21682) XXVII §615,275. 287 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXVIII §§621–623,277–280. Ein weiteres Beispiel bietet 1Kor 15,29. 288 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXIX §§632–636,282–284. Wittich markiert die einzelnen Argumentationsschritte zusätzlich zur Paragraphenzählung. Einleitend verweist er darauf, dass eine allgemeine Gotteserkenntnis zunächst nicht bei Sein und Wesen anknüpfen kann, sondern sich an den für die Menschen bekannten, körperlichen Dingen orientieren müsse (a). Die körperlichen Attribute beinhalten jedoch eine gewisse, Gott nicht treffende Unvollkommenheit (b). Insbesondere werde Gott motus (Bewegung/Veränderung) zugeordnet, weil es allgemein nicht vorstellbar sei, wie ohne Bewegung etwas leben (vivere) könne. Bewegung gehöre aber nicht zum Wesen des Lebens, die vita Dei werde von der Bibel nur wegen der allgemeinen Meinung trotzdem so vorgestellt (c). Gott werden Sinneswahrnehmungen zugewiesen, nicht nur aufgrund der allgemeinen Meinung, sondern auch aufgrund der Erkenntnislehre empirischer Philosophen, die davon ausgingen, dass Sinneswahrnehmung grundsätzlich den Anfang der Erkenntnis ausmache, was auch auf Gott angewendet werden könne (d). Während die drei kontaktlosen Sinne des Hörens, Sehens und Riechens Gott zugeschrieben werden, gilt das nicht für die kontakterfordernden Sinne des Fühlens und Schmeckens, da Gott nicht in direkten körperlichen Kontakt trete (e). Schultern und Verdauungsorgane werden Gott in der anthropomorphen Darstellung konsequenterweise auch nicht zugesprochen (f). Die Bibel zeichne so ein Bild von Gott als sei er ein homo mutabilis & fexibilis, z. B. durch seinen Umgang mit Gebeten (g). 289 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXIX §636,284.

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Problem des Anthropomorphismus ist bei Wittich auffälliger Weise nur ein Teilaspekt. Wittich schließt seine Belege mit dem Verweis darauf, dass innerhalb des NT die gegenüber dem überlieferten hebräischen Text fehlerhafte LXX-Übersetzung des AT zugrunde liege und sich damit die Schrift an die übliche Version ihres Sprachraumes angepasst habe, in dem wiederum eine korrigierende Übersetzung zu Widerständen geführt haben könnte. Wittich stützt sich dabei auf ein ausführliches Zitat von Rivet: Die Abweichungen hätten keine heilsnotwendigen Inhalte verfälscht und ein Abweichen vom gebräuchlichen Text hätte schlimmere Folgen gehabt als die Akzeptanz der falschen Übersetzung. Als Beispiel für daraus resultierende Irrtümer wird die fälschliche Nennung Kains im Stammbaum Jesu in Lk 3,36 angeführt. Der Geist gibt einem publicus error nach, wenn er, wie auch bei naturwissenschaftlichen Fragen, nicht von der Wahrheit des Glaubens abweicht.290 4.3.4.3.3 Hermeneutische Implikationen der Apologie des opinio-Arguments: Mysterien, Wunder und Naturphilosophie Wittich lässt die Entfaltung des opinio-Arguments mit der Widerlegung von insgesamt 27 Einwänden ausklingen, die vor allem die Vereinbarkeit seines hermeneutischen Ansatzes mit der Schriftautorität belegen soll. Die wesentlichen Inhalte von Wittichs Hermeneutik werden hier lediglich noch einmal auf konkrete Kritikpunkte zugespitzt, eine ausführliche Paraphrase erübrigt sich damit.291 Lediglich auf einige zentrale Passagen sei kurz verwiesen. Wittich macht gegenüber dem Vorwurf, dass das opinio-Argument Bibel und Heiligen Geist zu Vermittlern von Falschem mache, aus philologischer Perspektive deutlich, dass die Verwendung umgangssprachlicher, überlieferter Wendungen letztlich alternativlos sei, wenn man nicht eine neue Sprache erfinden wolle. Gerade weil diese Wendungen gebräuchlich seien, würden sie von der Bibel verwendet. Dabei solle nicht all das, worauf man die Aussagen beziehen könne, auch vermittelt werden, sondern ihr Skopus, was aus der Berücksichtigung des jeweiligen Kontextes und der sprechenden Personen auch hinlänglich deutlich werde. Wittich betont, dass ein und derselbe Ausdruck je nach Kontext ganz unterschiedliche Aussageintentionen beinhalte. Die Bibel verzichte sinnvollerweise auf eine Präzisierung und Korrektur der Ausdrucksweisen.292 Gegen 290 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXX §§661–665,295–299. 291 Vgl. für eine Übersicht die Gliederung der Schrift im Anhang. 292 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXII §684,310f. Beispiele für unterschiedliche Deutungskontexte bietet Wittich mit der Taufe, die im Judentum lediglich die Aufnahme in die Religionsgemeinschaft versinnbildliche, im Christentum aber zugleich die Vermittlung des Heiligen Geistes bedeute, sodann mit der Krone, deren Aufsetzen manchmal Freude,

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den Vorwurf, einer willkürlichen Bibelauslegung den Weg zu ebnen (der Bibel die sprichwörtliche wächserne und daher beliebig veränderbare Nase, „nasum cereum“, zu unterstellen), beruft Wittich sich auf eine systematische Exegese unter Berücksichtigung des Kontextes und des soteriologischen Skopus („ex circumstantiis textus & scopo Spiritus Sancti“) als Regulativ.293 In Bezug auf Glaubensaussagen erweise sich die biblische Sprache als zuverlässig, da sich in einem Bereich, der Sinnen und Vernunft verborgen bliebe, auch keine Vorurteile ausbilden und in der Sprache verankern könnten. Hier spreche sie exakt, eine Akkommodation erübrige sich.294 Auch die Mysterien, die sich einer vernünftigen Durchdringung verschlössen, und die zahlreichen schwer verständlichen Bibelstellen gerade der Prophetenbücher widerlegten die grundsätzliche Anpassung der Bibel an die Menschen nicht. Die Mysterien, konkret Trinität und Inkarnation Christi, stellen einen Bereich dar, der nicht von Vorurteilen belastet sei und der seiner Faktizität nach (τὸ ὃτι) aufgrund der biblischen Autorität Glauben verlange, ohne dass dazu Einblicke in die Hintergründe und Zusammenhänge (τὸ διότι) gegeben werden müssten. Die Übervenünftigkeit der Sachverhalte bedinge diesen besonderen Umstand. Das menschliche Unwissen werde hier akzeptiert, während im naturwissenschaftlichen Bereich die eigenen Meinungen gegen biblische Aussagen gestellt werden könnten. Das Verständnis schwer zugänglicher Textstellen wiederum sei grundsätzlich nicht heilsrelevant und könnte leicht von den ungebildeten Lesern ignoriert werden. Die Mysterien stellen somit einen Sonderbereich in Wittichs Beschreibung biblischer Inhalte dar. Sie sind nicht identisch mit dem Skopus der Bibel, stehen mit ihm aber in engem Zusammenhang und sind für ihn von Belang. Daher forderten sie Glauben ein, während andere Inhalte, die im Gegensatz zu den Mysterien im Bereich der Vernunft und der Wissenschaft lägen, auch an diese verwiesen seien. So zeigt sich für Wittich die Weisheit des Heiligen Geistes darin, nicht heilsrelevante, aber unter Umständen verwirrende Themen zu übergehen oder in unpräziser Form stehenzulassen, statt zu riskieren, dass Menschen von der Offenbarung abgebracht würden, indem ihr intellektuelles Fassungsvermögen in für das Heil irrelevanten Bereichen überansprucht werde.295 Impliziert wird damit auch die besondere Stellung der theologischen Wissenschaft, die sich allein auf Vernunft manchmal einen Sieg oder anderes veranschauliche. Die Bezeichnung der Wochentage nach heidnischem Vorbild habe heute nicht mehr den Bezugsrahmen wie noch bei ihren Erfindern etc. 293 Wittich: Consensus (21682) XXXIII §704,320. Die Metapher der wächsernen Nase zur Beschreibung der willkürlichen Auslegung nach dem Gutdünken des Exegeten ist bereits im Mittelalter weit verbreitet und findet sich z. B. auch bei Luther vielfach. 294 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXIII §704,320. Vgl. auch Wittich: Consensus (21682) XXXIX §764,344f. 295 Vgl. auch Wittich: Consensus (21682) XXXIX §§764–766,344–346.

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und Glaube stützen kann. Nur wenn der Heilige Geist seinem Skopus gemäß ein testimonium divinum ablegt, wird auch der Bereich des Glaubens berührt. Eine solche Lehraussage der Bibel habe immer Glauben verdient, während die naturwissenschaftlichen Themen die Glaubwürdigkeit des Heiligen Geistes nicht beträfen.296 Zwischen dem biblischen Skopus und den nebensächlichen Aussagen stehen die biblischen Wundergeschichten, die nach einer eigenen hermeneutischen Klärung verlangten und in den Bereich des Glaubens hineinragten.297 Wittich bestimmt die Funktion von Wundererzählungen in der Bekräftigung von Glaube und Autorität des göttlichen Wortes. Da Wunder sich lediglich auf der Ebene der Sinneswahrnehmungen abspielten, sei für ihr Verständnis eine Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Themen aber nicht notwendig. Auch die allgemeine Meinung reiche aus, um die Veränderung des cursus naturae durch das Wunder als solches zu erkennen, so dass aus dem Vorhandensein von Wundern nicht auch eine naturkundliche Schulung durch die Bibel geschlussfolgert werden dürfe.298 Die Mirakel seien also selbst als übernatürlich zu beschreiben, stünden aber nicht einer naturwissenschaftlich exakten Beschreibung der Welt entgegen, die bei den biblischen Autoren aufgrund unzureichender Kenntnisse nicht möglich war.299 Nachdem Wittich sein hermeneutisches Modell dargestellt und verteidigt hat, geht er dazu über, dessen Anwendbarkeit auf jedwede Bibelstelle zu überprüfen, die im Kopernikanismusstreit relevant erscheint. Damit verlagert er, wie besonders in der Consideratio gefordert, den Streit auf ein rein exegetisches und damit theologisch relevantes Problem, wozu die philosophische Frage der Erdrotation gerade nicht gehöre. 4.3.4.3.4 Ergebnisse zur Hermeneutik in den Frühschriften Ausgehend von der Trennung von Vernunft und Offenbarung dienen die Frühschriften Wittichs der Absicherung der hermeneutischen Fundierung seines Theologie- und Philosophieverständnisses aus der Perspektive des Bibeltheologen. Skopus und opinio-Argument sind dabei die zentralen Elemente des Schriftverständnisses und werden mit der unangefochtenen Bibelautorität har296 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XL §§774f.,348f. Vgl. auch Kapitel 3.6.3 (Die theologische Verhältnisbestimmung zur Philosophie: zwischen ancilla theologiae und Separatismus) und die Zusammenfassung von Wittichs Hermeneutik bei Pesce, Consensus Veritatis di Christoph Wittich, 74f. 297 In der direkten Argumentation mit seinen Gegnern stellt Wittich sich hier dem Vorwurf, dass Wunder, die eine Übersteigung der natürlichen Dinge darstellen, auch voraussetzen, dass sich die vorurteilsbehafteten Menschen mit den eigentlichen Naturphänomenen auseinandersetzen müssen. Vgl. Wittich: Consensus (21682) XLI §777,350. 298 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XLI §§777f.,350f. 299 Vgl. auch Roling, Physica Sacra, 191–193.

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monisiert. Wittich belässt es aber nicht dabei, die Vernunft auf einen ihr eigenen Bereich zu verweisen und der Bibel antithetisch gegenüberzustellen. Er misst ihr vielmehr eine entscheidende Funktion für die Exegese zu. Die in den Positiones zusammengestellten methodischen Anforderungen an eine gute Exegese, Skopus, Berücksichtigung des unmittelbaren Textzusammenhanges und Akkommodation, finden sich bereits im frühen Stadium von Wittichs Theologie. Die Voraussetzung der richtigen, vernunftgemäßen Auslegung der Bibel wird für ihr Verständnis eingefordert. So ergeben sich aus den hermeneutischen Überlegungen zahlreiche Folgerungen für Wissenschafts- Theologie- und Schriftverständnis. Im Hintergrund der Hermeneutik ist steht dabei immer wieder Claubergs Logik.300 Wittich kann auf dieser Grundlage der Bibel eine didaktische Struktur unterstellen: Akkommodation wird dabei ein Prinzip des Verzichts auf exakte, autoritative Wahrheitsaussagen in banalen Bereichen zugunsten einer eindeutigen Vermittlung des Skopus, des Heils in Christus.301

4.3.5 Die Weiterentwicklung der Hermeneutik Wittichs ab 1671 Die in den Frühschriften geschaffene Basis von Wissenschaftsverständnis und Hermeneutik wird in Wittichs weiteren Werken – je nach ihrer Zielsetzung – vorausgesetzt, entfaltet oder verteidigt. Dabei bewährt sich sein Ansatz in verschiedenen Konfliktstellungen jeweils neu. In der Theologie pacifica bildet er das Fundament der Verteidigung cartesianischer Theologie, in der Causa Spiritus Sancti wird die pneumatologische Ebene der Bibelauslegung weiterentwickelt und in den Bibelkommentaren die exegetische Umsetzung gezeigt. Die Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes geben Zeugnis von der Anwendung der Hermeneutik außerhalb des theologischen Kontextes und ermöglichen eine Präzisierung ihrer wesentlichen Termini.

4.3.5.1 Hermeneutische Implikationen in der Theologia pacifica und dem Meditationeskommentar: terminologische und schrifttheologische Präzisierungen In Wittichs Hauptwerk, der Theologia pacifica, spielt die Hermeneutik eine untergeordnete Rolle. Zwar werden Akkommodation und Skopus vorgestellt, doch statt einer systematischen Entfaltung wird dazu vor allen auf die Frühschriften verwiesen. Trotz neuer Akzentsetzungen sind die wesentlichen Er300 Vgl. die bündige Darstellung von Savini, Methodus cartesiana, 322–330. 301 Vgl. auch Del Prete, Exégèse biblique et physique cartésienne, 40f.

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gebnisse daher bekannt.302 Bereits in der Praefatio wird darüber hinaus die Tragweite der Hermeneutik im Umgang mit der Offenbarung betont, wenn Wittich auf die Notwendigkeit verweist, biblische Aussagen anhand des Skopus und der sorgfältigen Berücksichtigung des Kontextes – also auf der Grundlage exegetischer Methoden – daraufhin zu prüfen, ob es sich bei ihnen um Offenbarungsaussagen handle.303 Im Zusammenhang mit der Verteidigung des cartesianischen Zweifels erfährt zudem der Begriff der opinio eine Zuspitzung, 302 In der Theologia pacifica wird die theologische Funktion der Hermeneutik trotz ihrer geringen Thematisierung durchaus gewürdigt. Für die Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie behält sie auch im weiteren Verlauf der Schrift ihre zentrale Schlüsselstellung. Es finden sich zum einen grundlegende Bemerkungen zum Schriftverständnis: Wittich erkennt, dass die von ihm geforderte Emanzipation der Philosophie von der Theologie Furcht vor einer Umkehrung der Verhältnisse, einer Herrschaft der Philosophie über die Theologie, auslöse. Dieser Befürchtung setzt er seine Zuversicht in die Durchsetzungs- und Überzeugungskraft der Bibel entgegen. Auf der Grundlage der bereits in Wittichs Frühschriften betonten Aussage von 2Tim 3,15–17 kann er Autorität und Korrekturfähigkeit der Bibel unterstreichen: Philosophische Aussagen, die mit der Schrift im Widerspruch stünden, ließen sich leicht mittels der Bibel als Irrtum nachweisen. „Dies nämlich ist die Kraft und Macht der Schrift, dass sie einen Fehler, der ihr widerspricht, widerlegen kann […]“ („Ea enim vis est Scripturae atque potentia, ut queat errorem sibi contradicentem redarguere, 2Tim III. 15,16,17.”) Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) I §13,11 (Zitat ebd.). Konkret stellt er sodann opinio-Argument und Skopus als entscheidende Regulative vor, um eine unsachgemäße Einmischung der Theologie in die Philosophie zu verhindern, die sich vor allem in den physicae Mosaicae & Christianae und der Ableitung von Wesensaussagen der Dinge aus der Bibel manifestiere. Vgl. dazu auch Kapitel 3.8.3 (Die unsachgemäße Einmischung der Theologie in die Philosophie). Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) II Synopse und §§17–21,13–17. Die hermeneutischen Überlegungen der Frühschriften werden dazu in stark reduzierter Form und mit nur unwesentlichen neuen Aspekten wiederholt. Der Kontext bleibt derselbe: Naturphilosophische Schlussfolgerungen über das Wesen der Dinge auf der Grundlage der Bibel verböten sich, da die Bibel zu einem bestimmten Ziel (scopus) von diesen Dingen spreche, für das eine allgemeine Kenntnis (notitia communis) auf der Basis der Sinneserfahrungen ausreiche. Auffälliger Weise bestimmt Wittich hier den Skopus nicht so eindeutig wie sonst. Als ein Beispiel nennt er – ohne den sonst stark betonten unmittelbar soteriologischen Bezug – die Verdeutlichung der göttlichen Providenz und Macht, bleibt ansonsten aber unspezifisch und verweist für weitere Erklärungen auf den ersten Hauptteil des Consensus veritatis. Wittich schneidet das Problem der kosmologischen Debatte zwischen Ptolemäus und Kopernikus kurz an, um es zu verdeutlichen, verweist aber auch hierbei lediglich auf seine Widerlegungen von du Bois im Consensus veritatis. Besonders betont Wittich, dass aus dem opinio-Argument („statuamus Scripturam loquentem de rebus naturalibus retinuisse sermonem reeptum, etsi praejudiciis inniteretur, quatenus iste sermone veritatem communem denotabat“) nicht eine willkürliche Bibelauslegung folge und erinnert an das Bild von der wächsernen Nase in Wittich: Consensus (21682) XXXIII §704,320. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) II §17f.,14 (mit Zitat). Wittich fügt einen kurzen Schlagabtausch mit Maresius über die Frage der Auslegung von biblischen Sonnenwundern (Jos 10,12 und Jes 38,8) an, ohne dass hermeneutisch relevante neue Erkenntnisse geboten würden. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) II §§19– 21,14–17. 303 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xx–xxi] und Kapitel 3.9.3 (Eine rational ausgerichtete Dogmatik?).

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indem Wittich ihn im Kontext von Descartes Erkenntnislehre als defizitäre Stufe der Vorurteile und Irrtümer präzisiert.304 Die Termini des opinio-Arguments und der Erkenntnislehre gewinnen weiter an Profil, wenn man den Meditationeskommentar Wittichs betrachtet. Die opinio wird hier dem Begriff der scientia entgegengesetzt. Jene werde vom wahren Philosophen überwunden und durch das sichere Wissen ersetzt. Wissen stütze sich auf eine demonstratio. Außerdem müsse man Wissen (scire), das Wittich rein rational bestimmt, und Erkennen (cognoscere), das auch durch den Glauben möglich sei, differenzieren.305 Aufschluss gibt die Kommentierung schließlich über Wittichs Verwendung des Begriffs vulgus, den er, wie im opinio-Argument ersichtlich wird, im Sinne von „non accurate“ versteht.306 Einen neuen Beitrag zum Schriftverständnis bietet das neunte Kapitel der Theologia pacifica, wo Wittich auf die Grenze menschlicher Erkenntnis zu sprechen kommt. Über die vielfachen Verweise auf die Notwendigkeit der Offenbarung für die Erkenntnis der die Vernunft übersteigenden Mysterien hinausgehend setzt Wittich hier nicht nur der philosophischen Wahrheitssuche eine Grenze, sondern auch der Exegese. Da er diese – trotz der durchaus betonten Bedeutung des Heiligen Geistes – vor allem als vernunftgeleitete, wissenschaftliche Methode dargestellt hat, ist dieser Schritt konsequent. Wittich argumentiert hier in grundsätzlicher Weise gegen ein unangemessenes Forschen (scrutatio) nach den Zielen und Plänen Gottes (Fines & consilia Dei).307 Den Terminus scrutatio oder scrutari benutzt Wittich an anderen Stellen durchaus in einem positiven Kontext für die intensive Auseinandersetzung mit der Bibel, so dass die nur hier ausdrücklich betonte Einschränkung des exegetischen Forscherdranges auffällig ist.308 Dem Duktus der Theologia pacifica folgend beginnt Wittich seine Argumentation bei Descartes, der aus der Begrenztheit und Endlichkeit des Menschen gegenüber Gottes Vollkommenheit und Unendlichkeit ableitet, dass 304 Vgl. zum Zweifel in der Praefatio der Schrift Kapitel 3.9.1 (Der methodische Zweifel) und Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [xvii–xx]. 305 Auf den Zusammenhang von Glaube und Erkenntnis ist bereits hingewiesen worden. Vgl. bes. Kapitel 3.10.1.3 (fides historica). Theologisch bedeutsam ist zudem die Beobachtung Wittichs, dass Descartes die Existenz Gottes als eine vetus opinio beschreibe. Wittich erklärt dies damit, dass sie vom homo naturalis und nicht vom verus philosophus und daher nicht als Wissen ausgesagt werde. Die Aussage selbst sei jedoch deswegen kein Zweifel an Gott. Vgl. Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 22 (Ann. b,c und e zu Med. I §9 20 AT VII mit Zitat). 306 Vgl. Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 47 (Ann. r zu Med. II §12 31 AT VII) u. ö. 307 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) IX Synopse 75. 308 Vgl. für eine positive Verwendung des Begriffs z. B. den Appell an seine Studenten in Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [viii–ix]. Vgl. die biblisch abgeleitete Forderung zum Schriftstudium im Duktus von Ps 1 bei Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [iii–iv]. Vgl. schließlich das Kapitel 4.3.5.3 (Exegetische Reflexionen in der Praefatio der Metalleia).

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der Mensch keinen Einblick in die Endursachen der geschaffenen Dinge (causas finales rerum creaturum) nehmen könne.309 Descartes’ begründete Einsicht in die Grenzen der menschlichen Erkenntnismöglichkeiten verkörpern für Wittich einen zentralen Nutzen der Philosophie für die Theologie, die eben derselben Beschränkung unterworfen ist. Die Theologie lerne hier Mäßigkeit (sobrietas) im Umgang mit den geoffenbarten göttlichen Mysterien und werde auf die Notwendigkeit verwiesen, sich auch dann am Glauben zu orientieren, wenn ein Verständnis der Ursachen und Ziele der Offenbarungsinhalte nicht möglich ist.310 Was sich mit Descartes philosophisch entfalten lässt, findet Wittich sodann auch in der Bibel und der Theologie vor. So beruft er sich zuerst auf den Römerbrief, um die Grenzen menschlicher Erkenntnis biblisch herzuleiten. Wittich rekurriert auf die Entfaltung der Prädestinationslehre in Röm 9–11. Er hebt den Verweis des Paulus in Röm 9,20 hervor, mit dem dieser die Darstellung der Abhängigkeit des Menschen von Gottes Gnade abschließt, indem er folgert, dass das Geschöpf den Schöpfer nicht fragen kann, warum es so geschaffen sei, wie es ist. Der richtige Umgang mit dem unergründlichen Element der Ratschlüsse Gottes verdichtet sich für Wittich in Röm 11,33–36, wo Paulus seine Ausführungen mit einem Lobpreis der unbegreiflichen und unerforschlichen Entscheidungen Gottes schließt.311 So erkenne Paulus zwar die Ehre der Weisheit Gottes, seiner Gerechtigkeit und seines Erbarmens, aber leugne, dass man die einzelnen Gründe für seine Taten und Ratschlüsse wiedergeben könne. Auch die reformierten Theologen bestätigten, dass man wohl erkenne, dass Gottes Handeln in der Prädestination der Ehre seines Erbarmens und seiner Gerechtigkeit entsprächen, ohne dass man Einblick in die Gründe seines Handelns nehmen könne.312 Auch wenn die Offenbarung den Menschen Dinge erschließt, die sie allein aus der Vernunft nicht erkennen können, ist sie nicht allumfassend. In ihrem Verständnis unterliegt der Mensch Grenzen. Neben Prädestination und den Ratschlüssen Gottes ist diese Grenze auch in Bezug auf die inneren Zusammenhänge der Mysterien bedeutsam, die zu glauben sind, auch wenn ihre inneren Zusammenhänge sich dem Menschen nicht erschließen.313 309 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) IX §103,75f. mit Zitaten aus Descartes: Principia (1644) I 24 (AT VIII/1 14) und 28 (AT VIII/1 15) sowie Descartes: Meditationes (1641) IV 6 (AT VII 55) (fälschlich zitiert als Med. III). 310 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) IX §103,76. 311 Wittich zitiert Röm 11: „33. O profundas divitias tum sapientiae tum cognitionis Dei! Quam imperscrutabilia sunt ejus judicia, & ejus viae impervestigabiles! 34. Quis enim cognovits mentem Domini? Aut quis fuit ei a consilio? 35. Aut quis prior dedit ei, & retribuetur ei? 36. Nam ex eo, & per eum, & in ipsum sunt Omnia. Ipsi sit Gloria in saecula, Amen.” Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) IX §104,76. (Kursiv nach Wittich.) 312 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) IX §104,76f. 313 Dieser Aspekt ist für die Rezeption der exegetischen Methode Wittichs relevant, weil er mit Blick auf die Rationalismusvorwürfe gegen die Cartesianer oft übersehen wird. Leydekker

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Im Rahmen seiner Verteidigung cartesischer Thesen im Diskurs mit der Schöpfungslehre verdeutlicht Wittich diese Grenze an einem Beispiel, das auch einen Bezug zur Astronomie hat. In seinem Kommentar zu Maresius’ Systema hatte Wittich spekuliert, dass es durchaus möglich sei, dass der Mond ähnlich wie die Erde beschaffen und von Menschen bewohnt sein könne. Gegen die Einwände des Maresius verdeutlicht er, dass die Bibel keine Antwort auf diese Frage biete. Von hermeneutischer Relevanz ist seine grundsätzliche Ablehnung von Negativschlüssen. Nur weil die Bibel etwas nicht erwähne, dürfe daraus nicht abgeleitet werden, dass es nicht existiere. Wenn die Schrift etwas nicht lehrt, müsse es auf einem anderen Wege, nämlich der Vernunft, erkannt werden. Falls das nicht möglich ist, müsse das Urteil in der Schwebe bleiben.314 So verweist Wittich den Bibelleser in Bezug auf die Naturphänomene an die Philosophie und in Bezug auf die Mysterien auf den bloßen Glauben ihrer Faktizität.

4.3.5.2 Hermeneutische Prämissen der Causa Spiritus Sancti victrix Die weitreichendste hermeneutische Aussage der Theologie pacifica, die Behauptung der Möglichkeit, eine biblische Aussage als Offenbarungswahrheit mittels der Vernunft zu bestimmen und von anderen abzugrenzen, wurde bisher nur sehr allgemein mit dem Verweis auf eine skopus- und kontextorientierte Exegese begründet. Im Rahmen der Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung innerhalb der Causa Spiritus Sancti victrix, wo derselbe Gedanke entwickelt wird, finden sich dazu wesentliche Ergänzungen. Sie stehen ganz im Kontext der im Kapitel zu Vernunft und Glaube dargestellten Ergebnisse, insbesondere der aus dem Sündenfall resultierenden Erkenntnisschwierigkeiten des Menschen.315 Gott komme der menschliche Seele durch sein Offenbarungshandeln zur Hilfe: Was sie nicht mehr selbst lernen könne, nämlich den Heilsweg (via verweist in seiner Kritik an Wittichs exegetischer Praxis exemplarisch auf Trinitäts- und Zwei-Naturen-Lehre in den Positiones. Die Einschränkung menschlicher Erkenntnis bei Wittich ignoriert er. Allerdings hindert diese Wittich auch nicht daran, selbst Themen aus dem Bereich der Mysterien zu diskutieren. Das wird für ihn notwendig vor dem Hintergrund der Aussagen der theologischen Tradition, die mit Descartes relativiert werden müssen. Vgl. zu der Kritik an den Positiones Eberhardt, Wittich, 327 und zur Frage der Mysterien Kapitel 3.10 (Geist und Glaube). 314 Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) VII §70,51f. 315 Vgl. dazu Kapitel 3.10.1 (Vernunft und Offenbarung). Wittich hatte hier den Mangel (Defectus) der menschlichen Seele infolge des Sündenfalls näher bestimmt und daraus abgeleitet, dass die Seele zahlreiche Dinge de facto nicht klar und deutlich erkenne, so insbesondere Gott und den Heilsweg, „die Dinge des Geistes“. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 19: „Animalis homo non percipit ea, quae sunt Spiritus.” Analog fälle der Mensch diesbezüglich auch falsche Urteile und es ergebe sich eine Verderbtheit des Willens. Richtig wäre es demgegenüber, sich des Urteils über Dinge, die er nicht erkenne, zu enthalten. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 19.

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salutis), enthülle er den Menschen in der Bibel.316 Dies entspricht konsequent Wittichs Bestimmung des biblischen Skopus. Auf die Frage, wie der Mensch die Offenbarung als solche erkenne, antwortet Wittich hier und andernorts mit dem Verweis auf die Vernunft.317 Diese schlägt sich in der wissenschaftlichen Exegese nieder. Ganz falsch wäre die Schlussfolgerung aus Wittichs Vernunftverweis, dass man sich für die Beurteilung einer Offenbarungswahrheit daran orientieren müsste, was inhaltlich mit der Vernunft übereinstimme und sich aus ihr ergebe. Denn die natürliche Erkenntnis wird ja durch die biblische Offenbarung gerade überstiegen. Wittich verweist vielmehr auf ein bibelhermeneutisches Kriterium, so dass er die übervernünftigen Mysterien Gottes unangetastet als Glaubensgegenstände stehen lassen kann: „[…] ausschließlich darauf muss man hier achten, was mit Geist und Absicht des Sprechers übereinstimmt; das, was dem Sprachgebrauch, dem vorhergehenden und folgenden Kontext und dem entspricht, was der Heilige Geist an anderen Schriftstellen über dieselbe Wahrheit sagt, muss von uns anerkannt werden.“318 Gemäß seiner Differenzierung der wissenschaftlichen Wissensbereiche berücksichtigt Wittich auch solche Wahrheiten, die sich sowohl aus Vernunft als auch aus der Bibel erschlössen. Gerade in diesen Fällen sei es legitim, mittels der Vernunft den Sinn von dunkleren Schriftstellen zu erschließen. Der usus philosophiae kommt hier zum Tragen. Für die Exegese erweist sich die Vernunft als ihre legitime und notwendige Basis zur Findung der offenbarten Wahrheit.319 4.3.5.3 Bibelkommentierung: exegetische Reflexionen in der Praefatio der Metalleia In der Praefatio zu seinem Römerbriefkommentar reflektiert Wittich ausführlich über Form und Funktion biblischer Kommentare und über seine exegetische Methode. Er entwirft dabei ein allgemeingültiges Auslegungskonzept. Anhand 316 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 19f. Auf eine Klärung zahlreicher Fragestellungen, die mit diesem Themenkomplex zusammenhängen, müsse Wittich an dieser Stelle verzichten. Er verweist jedoch auf die Notwendigkeit, der Offenbarung zwingend zu folgen und belegt dies gerade mit Aussagen des Socinus. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 20–22. 317 Vgl. dazu Kapitel 3.10.1 (Vernunft und Offenbarung). Vgl. hier bes. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 23. 318 Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 23f.: „[…] unice hic attendendum est, quid conveniat menti & intentioni dicentis, quae ex usu sermonis, ex antecedd. & conseqq. nexu, ex illis, quae aliis in locis de eadem veritate dicit Sp. Sanctus, nobis est aestimanda.“ 319 Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 24. Im Folgenden fasst Wittich noch einmal zusammen, dass die Verderbnis der Vernunft nicht zu Skeptizismus führen dürfe. Der Mensch sei durchaus erkenntnisfähig. Der Weg zur Vermeidung von Fehlurteilen und zur Erlangung von klaren und deutlichen Erkenntnissen sei unbedingt auch auf die Exegese anzuwenden. Vgl. Wittich: Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 24f.

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dieser Leitlinien der Bibelkommentierung, denen Wittich grundsätzlich auch in seinem Kommentar zum Hebräerbrief und bei Einzelexegesen folgt, zeigen sich die Hauptpunkte seines Schriftverständnisses sowie wiederum die zentrale Stellung von Skopus- und Kontextorientierung in der Exegese. Verbunden mit seiner Darstellung ist eine aufschlussreiche Analyse des paulinischen Stils, aus der er analoge Maßregeln für Formen von Theologie und Predigt ableitet. Die praktisch-theologische bzw. methodologische Konsequenz der Stilanalyse ist für ihn die Übertragung der biblischen Akkommodation in die Theologie seiner Zeit. 4.3.5.3.1 Systematische Schriftauslegung: Bedingungen der Bibelkommentierung Rückblickend auf die lange Tradition der Bibelkommentare diskutiert Wittich ein zentrales Problem ihrer Abfassung vor dem Hintergrund des Erkenntnisfortschritts: Aufgrund der Fülle von wertvollen Kommentaren aus der Alten Kirche sei es von Hieronymus bis zu Wittichs Zeit üblich geworden, in neuen Veröffentlichungen lediglich eine Sammlung und Auswahl der Anmerkungen der Kirchenväter zusammenzustellen und nur wenig Eigenes zu ergänzen.320 Daher orientiert Wittich sich an einem alternativen Verfahren zur Bibelkommentierung, das auf derartige Wiederholungen weitestgehend verzichtet und sich auf das Anführen neuer Erkenntnisse („quae propria meditatione observaverant, & ab aliis non fuerant animadversa“321) in Form von Annotationen beschränkt.322 So werde der Leser nicht durch die ständige Repetition von bekanntem oder zumindest überall verfügbarem Wissen belastet, sondern die Kommentare trügen zu einem tatsächlichen Fortschritt in der Wahrheitsfrage („profectus in veritate“323) bei. Theologen hingegen, die jedweder novitas gegenüber kritisch gegenüberstünden, machten einen Fortschritt unmöglich, so dass ihre Kommentare nicht lesenswert erscheinen. Am Ende der Praefatio kann Wittich daher – nicht nur als Schriftausleger, sondern auch aus der Perspektive des Systematikers und cartesianischen Theologen – zusammenfassen: „Proficere studeo in cognitione veritatis quae est secundum pietatem.“324 320 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [i–ii]: Wittichs Überblick über neutestamentliche Kommentare beginnt bei Melito und verweist auf Theophilus Antiochenus, Origenes, Basilius den Großen, Gregor v. Nazians (Theologus) und Hieronymus. 321 Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [ii]. 322 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [ii]: Wittich verweist auf Kommentare von John Doughtie (Johannes Dougtejus; ca. 1598–1672), Alexandre Morus (1616–1670) und des englischen Politikers Norton (Northonus) Knachtbull (1602–1685). 323 Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [ii]. 324 Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xxxiii]. Wittich spricht den Ergebnissen der Tradition durchaus seine Hochachtung aus. Als Exeget und Cartesianer fühlt er sich jedoch zu einer genauen Prüfung des Wahrheitsgehalts ihrer Aussagen verpflichtet. Ein unkritisches und

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Ein weiteres gravierendes Problem der Schriftauslegung erkennt Wittich in dem üblichen Verfahren, Bibelstellen auf eine bestimmte theologische Wahrheit hinzudeuten, ohne dass diese dem Skopus der Stelle, ihrem Kontext und anderen Auslegungskriterien entspricht. Die immer wieder kritisierte Verwechslung von Exegese und ‚Eisegese‘, durch die die Bibel zum ‚Steinbruch‘ für Belegstellen dogmatischer Thesen missbraucht werde, ist ihm also geläufig.325 Gerade dieses Vorgehen verbindet Wittich mit den Irrwegen der rationalistischen Bibelauslegung, die er in der Philosophia S.S. Interpres repräsentiert sieht. Der Anspruch, man könne jede Wahrheit in bestimmten Stellen der Schrift wiederfinden, reduziere die Theologie auf einen bloßen Rationalismus. Denn die Bibel selbst werde auf diese Weise nicht mehr gelesen. Was aus der Vernunft entwickelt wird, übertrage man sekundär auf die Bibel. Die jede Vernunft übersteigenden Mysterien würden verdrängt und das Evangelium, das Wittich im Trost des Sünders durch den Weg zum Heil zusammenfasst, werde nicht mehr erkannt, wenn man es sich von der Vernunft erwarte.326 4.3.5.3.2 Die Kontextorientierung als zentraler Baustein rationaler Exegese Aufgrund der Bedürfnisse seiner Studenten, für die seine Kommentare ursprünglich konzipiert waren, musste Wittich seine eigenen kritischen Vorgaben einschränken und eine fortlaufende Kommentierung bieten, die auch zentrale Vorarbeiten berücksichtigt. Diese werden aber einer sorgfältigen Prüfung unterzogen und ggf. korrigiert. Als Richtschnur dafür benennt er wiederum explizit den Skopus, hebt jedoch zu dessen Bestimmung auch die Berücksichtigung des Kontextes der Bibelstellen ausdrücklich hervor. Damit erfährt die Hermeneutik eine wesentliche Erweiterung gegenüber den Frühschriften. Diese hatten die Kontextanalyse zwar auch benannt, jedoch erschien sie dort eher als ein selbstverständlicher Teil der exegetischen Methodenkataloge. Hier steht der Kontext neben dem Skopus. Auf beide Elemente weist er auch im weiteren Verlauf der Schrift beständig hin und verbindet sie in der Akkommodation.327 Die hohe Bedeutung des Kontextes, der „connexio antecedd. & conseqq.“328, habe Wittich genötigt, seinen Studenten eine geschlossene Darstellung der paulinischen Gedanken zu bieten, da sie sonst keinen Überblick über die Zusammenhänge des Briefes hätten gewinnen können. Diese präsentiert er in seinem Römerbriefkommentar in Form einer den Zusammenhang herstellenden Textparaphrase.

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blindes Rezipieren allgemein anerkannter Meinungen beobachtet er grundsätzlich mit Missfallen. Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [ii–iii]. Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [iii]. Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [iii]. Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [iv–vi]. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [iv].

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Die Wichtigkeit der Kontextorientierung betont er mit einer Analogie zum mathematischen Beweisverfahren: Paraphrase und Kommentar verhielten sich wie eine propositio (Satz/Theorem) zur demonstratio (Beweis).329

4.3.5.3.3 Die Bibel als göttliches Fundament einer fortschrittlichen Theologie Auch im Römerbriefkommentar betont Wittich, dass die Bibel Gottesrede darstelle und als solche ausgelegt werde.330 Die Legitimation seiner Theologie resultiert aus dieser Betonung ihres biblischen Fundamentes. Als Exeget bemühe er sich um eine korrekte Untersuchung der Gedanken (mens) Gottes, der in der Bibel spreche. Für seine daraus abgeleiteten theologischen Wahrheiten will er sodann mit Jes 58,14 beanspruchen können: „Hoc os Dei locutum est.“331 Wittich eröffnet so die Möglichkeit, die Autorität der Bibel mittels einer exakten biblischen Deutung auf die eigene Theologie zu übertragen und bestimmt damit einen idealtypischen Zusammenhang von Exegese und Systematischer Theologie. Die wissenschaftliche Auslegung schlägt damit eine Brücke zwischen Offenbarung und Vernunft. Die Bibel sei auf der einen Seite direktes Selbstzeugnis Gottes und heilige Offenbarung, auf der anderen Seite eine Sammlung von Quellen (fontes), die sich über die Bestimmung des Skopus, des Kontextes und weiterer Auslegungsmethoden, die auch auf profane Texte angewendet werden, erschlössen.332 Wittich benennt als hermeneutische Grundregel: „Ich halte das für wahr, was mich alle Interpretationsmittel widerspruchsfrei als Verständnis des durch die Schrift sprechenden Gottes lehren.“333 Die Zuversicht, mit der Wittich den vernunftgemäßen Schlussfolgerungen aus dem biblischen Zeugnis dieselbe Autorität zuspricht wie die Bibel selbst, ist bemerkenswert und nicht unproblematisch. Sie entspricht freilich dem cartesianischen Vernunftoptimismus: Wenn Schlussfolgerungen auf der Grundlage der Offenbarung legitim sind und richtig durchgeführte Vernunftoperationen nicht zu Irrtümern führen können – so das Ergebnis der Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offen329 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [v–vi]. Die Exegese wird von Wittich dabei mit einer Darstellung bei Euklid verglichen. Der mathematische Wahrheitsanspruch cartesianischer Wissenschaftlichkeit wird dadurch betont. Im Kommentar zum Hebräerbrief findet sich allerdings keine entsprechende Kontexterschließung, möglicherweise aufgrund der posthumen Herausgabe. 330 Eine Einschränkung ihres Charakters als verbum Dei durch die Akkommodation nimmt er hier nicht vor. Vgl. die Betrachtung zum purum verbum Dei und der Bibel im Consensus veritatis in Kapitel 4.3.2 (Schrifttheologische Voraussetzungen). 331 Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [vii]. 332 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [vii]. 333 Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [vii]: „Hoc semper usus sum argumento: Quem media interpretandi omnia nullo contradicente me docent esse sensum Dei per Scripturam loquentis eum pro vero habeo.“

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barung – ergibt sich daraus eine absolute Souveränität der (richtigen) Theologie. „Eine Wahrheit also, die ich so aus der Bibel abgeleitet habe, nehme ich im Glauben an und unterwerfe mich ihr vollständig, als sei sie göttlich geoffenbart worden […].“334 Gemäß den vorherigen Prämissen gilt das natürlich auch, wenn diese Wahrheit selbst über einen rationalen Zugang erhaben und nicht verstehbar ist. Die Akzeptanz der Überbietung der Vernunft durch die Offenbarungswahrheiten erklärt Wittich – wiederum besonders mit Blick auf die Philosophia S.S. Interpres – zur notwendigen Voraussetzung der evangelischen Theologie.335 Die sich der vollständigen vernünftigen Erschließung entziehenden Wahrheiten biblischer Autorität stellt er sodann einer Orientierung an menschlichen Autoritäten, seien es Kirchenväter, renommierte Theologen und Kommentatoren, Konzile oder Synoden, gegenüber. Die menschlichen Instanzen sind nach Wittich wohl zu berücksichtigen und zu prüfen, von ihnen muss aber ggf. abgewichen werden, wohingegen die biblische Autorität als unanfechtbar gilt. So sei der Exeget allein dem Fortschritt in der Wahrheitsfrage verpflichtet, was Wittich als konsequente Folge der Reformation und der Gottesfurcht interpretiert.336 Die Bibel wird, wie bereits in der Praefatio der Theologia pacifica, als ein unerschöpflicher Schatzhort dargestellt, in dem nach immer weiteren Wahrheiten gesucht werden muss.337 Die in jener Schrift noch problematisierte scrutatio der Bibel wird dabei als die Pflicht nicht nur des Gottesfürchtigen, sondern insbesondere des Theologen dargestellt.338 Die Mitarbeit am (theologischen) Erkenntnisfortschritt sei Ausdruck der Gottesverehrung, auf die hin der Mensch geschaffen sei. Dieser Fortschritt entstehe zwar zum einen durch die Erforschung des „theatrum naturae“ und die Introspektive, zumal im Menschen die natürliche Gotteserkenntnis angelegt sei, wie Wittich gut cartesianisch darstellt.339 Vor allem jedoch entstehe er in der Auseinandersetzung mit der Bibel. Dies verdeutlicht Wittich an der Bezugnahme der Bibel auf Gottes Wirken in der Welt, das sich insbesondere in der Geschichte der Kirche zeige. Historischer Fortschritt und ein immer tieferes Verständnis der 334 Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [vii]: „Quam igitur veritatem sic ex Scripturis hausi eam fide suscipio, eique tanquam divinitus revelatae me totum subjicio […].“ 335 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [vii–viii]. Wenn Wittich fordert, dass diesem Argument „omnes Scripturae Interpretes“ zustimmen müssen, spielt er auf den Titel der Philosophia S.S. Interpres an und stellt sich gegen einen radikalen Rationalismus. 336 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [viii]. 337 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [viii–ix]. Vgl. auch Wittich: Theologia pacifica (1671) Praefatio [iii–iv]. 338 Vgl. Kapitel 4.3.5.1 (Hermeneutische Implikationen in der Theologia pacifica und dem Meditationeskommentar) zur ambivalenten Verwendung des Ausdrucks scrutatio. 339 So verweist Wittich darauf, „nicht nur das Theater der Natur zu durchwandeln, sondern auch das, was die Natur und wir selbst auch in uns zur Verfügung stellen, um seine [scil. Gottes] Allwissenheit, Allmacht, Allgegenwart und die Unbegrenztheit anderer göttlicher Eigenschaften zu erkennen.“ Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [ix].

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Offenbarung lassen sich so aufeinander beziehen. Die Geschichte sei von den Propheten in vielen Punkten vorausgesagt worden, als hätten sie eine „historia […] futura“ verfasst.340 Die Notwendigkeit des Schriftstudiums zeige sich nach Wittich im Schicksal der Juden, denen aufgrund eines unzureichenden Verständnisses des Alten Testaments Jesus nicht als Messias, das Neue Testament nicht als Erfüllung des Alten erschienen sei. Die Erforschung der Bibel selbst beschreibt Wittich dabei aber auch in ihrer Angewiesenheit auf Gottes fortlaufendes Offenbarungshandeln. Der Fortschritt in der Exegese liegt also nicht beim Menschen allein.341

4.3.5.3.4 Die claritas Scripturae und ihre theologischen Folgen: vom biblischen Stil zum Stil des Theologen Mit diesen Grundsatzüberlegungen leitet Wittich (unter Bezugnahme auf den katholischen Exegeten Richard Simon [1638–1712]) zu einer Entfaltung der claritas der Schrift über.342 Es wäre ein Missverständnis, diese dahingehend zu deuten, dass die Bibel sich in allen Teilen von selbst erschlösse. Man dürfe der Bibel jedoch dieselbe Deutlichkeit unterstellen wie anderen, von Menschen verfassten Büchern. Sie sei frei von nebulösen und dunklen Passagen, deren Sinn sich grundsätzlich dem Menschen verschließen müsste. Ihrer claritas sei bereits durch ihren Skopus bedingt: Gott wolle die Menschen mittels der Bibel über den Heilsweg unterrichten. Daher müssten alle Informationen, die zum Heil notwendig sind, klar formuliert sein und könnten von jedem leicht verstanden werden. In diesem Bereich kommt der Grundsatz der Selbstinterpretation der Bibel zum Tragen. Mag auch eine Stelle dunkel erscheinen, werde durch parallele Stellen absolut deutlich, was heilsnotwendig ist. Dieser Aspekt biblischer Klarheit bestätige sich dadurch, dass Bibelinterpreten, Übersetzer und Kommentatoren bei so vielen Stellen einig seien, dass sie heilsnotwendiges Wissen enthielten.343 Wittich verteidigt dann konkret am Beispiel des Paulus die biblische Klarheit gegen ihre Infragestellung. Ihre Kritiker können sich auf 2Petr 3,16, wo den Paulusbriefen nachgesagt wird, sie enthielten schwer verständliche Passagen, ebenso berufen wie auf vermeintlich dunkle Stellen z. B. der Prophetenbücher. Für Wittich ist das grundsätzlich zunächst eine Frage sorgfältiger Interpretation 340 Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [ix]. 341 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [ix]. 342 Simon gilt als Vorreiter der Bibelkritik und hatte in seiner viel diskutierten Histoire critique du Vieux Testament (1678) beobachtet, dass die protestantische Exegese der Bibel keine uneingeschränkte claritas zuschreiben könne. Man sei vielmehr in eine Reihe von Deutungsschwierigkeiten verstrickt, die sich nicht einfach auflösen ließen. Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [x]. 343 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [x].

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unter Berücksichtigung des Kontextes. Am Beispiel des Paulus lasse sich leicht zeigen, dass er keineswegs dunkel oder zweideutig formuliert hat. Im Gegenteil sei sein schlichter und einfacher Stil vorbildhaft auch für Wittichs eigenen Kommentar. Von Paulus schließt Wittich sodann auf den Stil der gesamten Bibel. Anknüpfungspunkt für diese Stilanalyse ist 1Kor 2,4, wo Paulus selbst seinen Stil beschreibt und sich von den „überredenden Worten menschlicher Weisheit“ zugunsten des Heiligen Geistes distanziert. Ausdrucksweise und Weisheit der Philosophen und Redner dieses Zeitalters relativiert Wittich durch den Verweis auf Paulus. Im Duktus von 1Kor 1f. konkretisiert er die paulinische Antithese von Weisheit und Torheit bzw. weltlicher und göttlicher Weisheit. Die darin implizierte Rhetorik- und Philosophiekritik nimmt er positiv auf und betont, dass die in den Worten des Paulus angelegte Charakterisierung des Evangeliums von den Theologen auch bei ihrer eigenen Arbeit zu berücksichtigen sei, sei es bei der Predigt, sei es beim tieferen Forschen nach der Wahrheitsfrage.344 Wittich fordert damit ein Bemühen um claritas in Rede und Schrift jedes Theologen und kritisiert eine irreführende Verkomplizierung zugunsten philosophischer oder rhetorischer Gelehrsamkeit. Dies verdeutlicht er durch eine ausführliche Gegenüberstellung der Weltweisen und des Apostels.345 Weltlich ausgerichtete Philosophen und Theologen zielten auf die Weckung eines Glaubens an diese Welt. Sie unterwiesen das Volk in menschlicher Weisheit und orientierten sich dabei an ethischen Themen, nämlich der Vermittlung von Moral und dem Ideal der vita beata. Ausführlich und sehr kritisch betrachtet Wittich diese Rhetoren auf der Grundlage breit zitierter antiker Gewährsleute (bes. Cicero) und anhand entsprechender historischer Beispiele. Er verweist insgesamt auf den Stereotyp des Sophisten, der kein Interesse für die Wahrheitsfrage habe, sondern lediglich um der Worte willen rede oder als Demagoge das Volk aufwiegle, indem er Affekte in ihm provoziere. Die einfache, klare Rede des Paulus wird von der Rhetorik der Sophisten abgegrenzt, deren Beliebigkeit des Inhalts einer Liebe zur Wahrheit gegenübergestellt wird. Die antike Rhetorikkritik interpretiert Wittich dabei cartesianisch, wenn er folgert, dass eine derartige Redeweise Wahres mit Falschem vermische, Vorurteile befördere und ausnutze und die Menschen den Affekten unterwerfe.346 Der Skopus des Apostels wird in Abgrenzung dazu sodann anhand einer Exegese von 1Kor 2,7 entwickelt. Paulus ziele auf die Verkündigung des Evangeliums im Kreuz. Daher unterschieden sich auch seine Mittel, denn er wolle Verborgenes enthüllen. Er betont, dass Paulus dem menschlichen Mittel der Rhetorik den Heiligen Geist entgegensetzt. Die Wirkung der Worte menschlicher Weisheit bleibe nur oberflächlich, indem sie Affekte 344 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xi–xii]. 345 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xii–xvi]. 346 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xii–xiv].

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bewirkten und bloße Meinungen in den Zuhörern erzeugten. Der Heilige Geist jedoch dringe ins Innere der Menschen vor. Dort hebe er die Vorurteile der Menschen auf, ohne dabei Affekte zu erzeugen, durch die die Seele an der Wahrheitserkenntnis gehindert würde. Stattdessen unterwerfe der Geist den Menschen dem Gehorsam des Evangeliums, erleuchte den Verstand zur Erkenntnis der himmlischen Güter, beuge den Willen zu deren Bejahung, vertrauensvoller Annahme und beständigem Festhalten.347 Aus Skopus und Redeweise des Apostels ergeben sich für Wittich entscheidende Vorgaben für die Arbeit des Theologen. Er sei angehalten, nach paulinischem Vorbild seine Rede einfach und durch die Verwendung vertrauter Ausdrücke verständlich zu halten, denn dadurch bleibe sie für das Gnadenwirken Gottes offen. Seine Redeweise soll nicht gekünstelt und der Stil insgesamt einer gewöhnlichen Ausdrucksweise angepasst sein. Und hier schließt sich der Kreis von Wittichs exegetischer Leitfigur zu den Anforderungen an die Theologie in Wissenschaft und Predigtpraxis: Theologie wird bestimmt durch Akkommodation. In der Orientierung an den Vorgaben des Apostels und damit ‚des‘ biblischen Stils, soll auch die theologische Ausdrucksweise sich den Adressaten anpassen.348 Die Übertragung der Akkommodation von einem exegetischen zu einem (aus der Bibel abgeleiteten) homiletischen Prinzip ist in der theologischen Tradition vorgebildet.349 Wittich verdeutlicht: „Aber welche Hilfe des Heiligen Geistes versprechen sich denn heute in ihren Predigten diejenigen, die ihre Stimme, ihren Stil, ihr Hand- und Gebärdenspiel nur auf Pomp und Zurschaustellung ausrichten, eher den Komödianten und Schauspielern ähnlich als den Hirten der Kirche?“350 Wittich verurteilt eine übertriebene rhetorische Stilisierung der Predigt und das affektierte, vor dem Spiegel geübte Einsetzen von Gestik harsch, insbesondere weil dieser rhetorische Schmuck zulasten von Lektüre und Meditation der Bibel, der gesamten spirituellen und theologischen Grundlage des Pastors, gehe. Derartig gestaltete Predigten brächten der Gemeinde keinen

347 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xiv–xvi]. Wittich diskutiert Paulus’ Ablehnung der menschlichen Mittel, der „überredenden Worte“ in 1Kor 2,4 – recht sperrig für eine Praefatio – auch anhand von Fragen der Textkritik und Begriffsanalysen. 348 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xvi]: „Ad id obtinendum ministri Dei, cum quibus Deus junxit suam gratiam efficacem, utebantur simplici & familiari sermone, qui non erat affectatus, quem sponte suggerebat consuetudo, sive stylus, cui quilibet adsueverat, id quod clarissimum est in scriptoribus sacris, quorum sytlo Spiritus Sacntus se voluit accommodare.“ 349 Polanus, dessen Akkommodationslehre Wittich gut kennt, entfaltet z. B. einen ähnlichen Gedanken. Vgl. Kapitel 4.2.5 (Frühe Reaktionen der reformierten Theologie). 350 Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xvi]: „Quodnam vero Spiritus Sancti auxilium hodie sibi promittent in concionibus suis, qui vocem, stylum, manus, gestus formant tantum ad pompam, & ostentationem, comoedis potius &histrionibus similes, quam Ecclesiae pastoribus?“

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Fortschritt in der Wahrheitserkenntnis.351 Sein Gegenbild ist das Ideal der Einfachheit (simplicitas). Wittich verweist dementsprechend auf die Arbeit an der Wahrheitsfrage als eigentliche Aufgabe des Theologen und seine eigene, cartesianische Theologie. Der Apell zu Einfachheit mündet in eine Verteidigung des cartesianischen Ansatzes in der Theologie.352 Was Wittich hier apologetisch aus seiner Stilanalyse für das Abfassen theologischer Schriften und in Erweiterung dessen auch für das Halten von Predigten abgeleitet hat, steht implizit auch im Kontext seiner Kritik an dem theologischen Umgang mit der (aristotelischen Schul-)Philosophie und dem Stil scholastisch geprägter Theologie. Die Kritik an der Verkomplizierung und Verfälschung der Theologie durch das Eintragen scholastischer Terminologie und Konzepte ist ein wiederkehrendes Motiv seiner Schriften. Damit setzt er konsequent auch den Ansatz von Descartes fort, der seinerseits ohne Rückgriff auf die vertrackten philosophischen Lehrgebäude der Vorgängergenerationen zu wahrer Erkenntnis anleiten will und dem die Schulung der Urteilsbildung des Subjekts entgegensetzt. So erklärt Wittich die Hinwendung zur simplicitas, Vernünftigkeit und Akkommodation der Theologie auf der Grundlage von Bibellektüre und richtiger Urteilsbildung zum wesentlichen Zug des theologischen Cartesianismus. Den subjektiven Zugang zur Erkenntnis, der sich in Descartes’ cogito ergo sum wiederfindet, erfasst Wittich im Prinzip der Akkommodation, ohne das ihm die dem Cartesianismus nachgesagte Wende zum Subjekt dabei tatsächlich vollständig bewusst gewesen wäre.353 Die Methode des Heiligen Geistes zur Vermittlung des Verständnisses des Heilsweges für die antiken Menschen lasse sich auch zur Sicherung der Verständlichkeit für die zeitgenössische Theologie einfordern. Wittich leitet dies jedoch im Römerbriefkommentar nicht wie Descartes durch die Etablierung einer rationalen Methodologie ab, sondern aus der Bibel. Mit dem Anspruch allgemeiner Vermittelbarkeit ist die Theologie gezwungen, auf scholastische Systembildungen zu verzichten und sich an Vernunft und Bibellektüre zu orientieren. Eine Differenzierung zwischen Predigt, Verständnis des Pastors und akademischer Fachdiskussion wird dabei freilich künstlich aufgehoben.

351 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xvi–xvii]. 352 Vgl. Wittich: Metalleia (1685) Praefatio [xvii–xxxii]. 353 Dass Akkommodation eine starke Subjektbetonung nach sich zieht, zeigt Thielicke, Der evangelische Glaube I, 227–230 am Beispiel von Baumgarten und Semler. Thielicke, Der evangelische Glaube I, 19 erkennt explizit auch in Wittichs Hermeneutik ein Gespür für das Ich-Bewusstsein des Cartesianismus. Vgl. dazu Kapitel 2.5 (Thielicke).

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4.3.6 Ergebnisse und kritische Würdigung der Hermeneutik Wittichs Die Analyse von Wittichs Hermeneutik und seines Schriftverständnisses bestätigt dessen formalen Anspruch, nicht als cartesianisch, sondern als biblisch gelten zu wollen, auch inhaltlich. Als cartesianische Theologie muss sein Ansatz nichtsdestoweniger bezeichnet werden, weil sein methodischer Zugang zur Bibel von den philosophischen Voraussetzungen nicht zu trennen ist. Dieser Zugang wird in Wittichs Akkommodationslehre gebündelt, die sich nicht nur als sein wichtigstes exegetisches Werkzeug, sondern auch als wesentliches Gliederungselement seiner Theologie erweist.354 Sie dominiert von Anfang an die Leitthesen und den Argumentationsgang seiner frühen Hauptschriften und erweist sich in den späteren Werken als charakteristisches, seiner Argumentation zugrundeliegendes theologisches Arbeitsmittel.355 Fundament von Wittichs Hermeneutik sind Traditionslinien orthodoxen Schriftverständnisses, naturphilosophische und kontroverstheologische Schriften im Kontext der Heliozentrismusdebatte und die cartesianische Logik. Wittich entwickelt diese verschieden Zugänge zur Bibel im Dialog mit dem Coccejanismus und dem cartesianischen Netzwerk weiter. Die philosophische Perspektive erweist sich als der dominantere Ausgangspunkt seiner Überlegungen, der sich besonders anhand der starken Rezeption von Clauberg zeigt. Die media interpretandi der Orthodoxie, die ihm in Methodenkatalogen vorliegen, in denen u. a. auch Skopus- und Kontextanalyse ihren festen Platz haben, akzentuiert er vor dem Hintergrund der hermeneutischen Überlegungen Claubergs und unter Einbeziehung des Cartesianismus neu. So sind z. B. Bedingungen zur Abweichung vom Literalsinn, der Skopusgedanke, die Kontextanalyse und natürlich die Akkommodation in Bezug zu Claubergs Logik entfaltet.356 Cartesianische Hermeneutik ist für Wittich zunächst eine allgemeine Methode und Wissenschaftskriterium. Sie findet bei ihm auch außerhalb des theologischen Kontextes, konkret in der Descarteskommentierung, Anwendung und begründet die relative Unabhängigkeit der Philosophie von der Theologie. Die 354 Damit bestätigt sich die einleitend erwähnte Beobachtung von De Angelis, Anthropologien, 339f., der mit Blick auf die Frühschriften Wittichs darauf verwiesen hat, dass dieser seine Theologie anhand des Skopus ordnet, für seine gesamte Theologie. 355 Nach Dissertationes Duae und Consensus veritatis tritt je nach Zielsetzung von Wittichs Schriften die Akkommodation mitunter in den Hintergrund. Konkret geschieht das z. B. in den Positiones (durch den universitären Kontext) oder in der Theologia pacifica und ihren Folgeschriften (durch die Verschiebung des status controversiae). Aus den expliziten oder impliziten Bezügen zu seinem Œuvre geht hervor, dass sie auch hier als ein Hauptmotiv seiner Theologie und Exegese sowie als wesentliches Bindeglied von Philosophie und Theologie anerkannt werden muss. 356 Vgl. dazu die Gegenüberstellung von Wittich und Clauberg bei Savini, Methodus cartesiana, 322–330.

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Ausarbeitung und Weiterentwicklung cartesianischer Logik zu einer dezidiert theologischen Hermeneutik für die Bibelexegese ist sein wesentliches Anliegen.357 Der Anspruch der Entfaltung einer Schrifttheologie ist in Wittichs Selbstverständnis reformatorisches Erbe, das vor dem Hintergrund des Coccejanismus noch an Schärfe gewinnt und dem er in seiner hermeneutischen Schwerpunktsetzung gerecht zu werden beansprucht. Eine grundsätzliche Offenheit für den Dialog mit der Logik in der Orthodoxie, den gerade Coccejus in seinem Schriftverständnis grundsätzlich betont hat, bietet die Voraussetzung der theologischen Cartesianismusrezeption. Gewährsmann für die Akkommodationsfigur ist für Wittich vor allen anderen Autoritäten Calvin, dessen Position er allerdings in einer hermeneutischen Zuspitzung rezipiert. In der Gesamtschau ist diese Engführung gegenüber dem umfassenden relationalen Charakter der accommodatio Dei des Reformators zur Bestimmung der Beziehung Gottes zum Menschen durchaus defizitär. Sie entspricht allerdings dem Zeitgeist. Auch andere Theologen und Philosophen haben sich der Akkommodation in dieser Engführung bedient und die insbesondere von Calvin ausgearbeitete Lehre damit zum Teil auch gegen ihren Kontext instrumentalisiert.358 Die mit der fortschreitenden Erschließung des Kosmos einsetzende Säkularisierung, die durch die medizinische, astronomische und philosophische Entwicklung getragen wurde, relativierte die für Calvin selbstverständliche Offenheit der Welt für Gottes Wirken an seiner Schöpfung. Die Fragestellungen des 17. Jahrhunderts an die Bibel waren durch die rationale Durchdringungen der Welt andere geworden. Aus der hermeneutischen Engführung der Akkommodation heraus entfaltet Wittich sie jedoch in einer bemerkenswerten Komplexität, die über eine bloße Rechtfertigung einer souveränen Philosophie und eine Abwehr der physica Mosaica weit hinausgeht. Durch die Beziehung des opinio-Arguments – nicht nur auf den historischen Kontext der Bibeltexte oder das philosophische Erkenntnisniveau des Menschen, sondern ausdrücklich auch auf die menschliche Natur mit ihrem defizitären Hang zu Vor- und Fehlurteilen und der Bestimmung des Menschen als Vernunftwesen – ist nach wie vor sichtbar, aus welchem umfassenden Bedeutungsspektrum der Akkommodationsgedanke in die naturphilosophische Debatte eingetragen wurde. Auch bei Wittich hat die Akkom357 So ermittelt Wittich bei seiner Descarteskommentierung immer wieder auch den Skopus des Philosophen. In direkter Aufnahme des von Descartes selbst gesetzten „scopus“ des gesamten Werkes geschieht das in Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 12 (Ann. d zu Synopse 16 AT VII; mit Zitat). Vgl. dann für Einzelstellen z. B. Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 14 (Ann. c zu Med. I §9 20 AT VII) oder 32 (Ann. aa zu Med. II §3 25 AT VII). 358 Vgl. dazu noch einmal Huijgen, Divine Accommodation, 374f.: Für Calvin stellte sich die Frage nach der Naturphilosophie noch nicht in derselben Form wie für Wittich und seine Zeitgenossen. Eine Bedrohung der Schriftautorität durch den wissenschaftlichen Fortschritt wurde noch nicht empfunden.

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modationslehre daher das Potential, Aussagen über Gottesbeziehung und Menschsein zu treffen. Sie wird aufgrund des cartesianisch-anthropologischen Schwerpunktes nicht voll entfaltet, bleibt aber auch nicht beschränkt auf ihre sprachphilosophischen oder historischen Komponenten. Tatsächlich hat Wittich die Bedingungen des Menschseins ebenso im Blick wie die historische Situation der biblischen Autoren. Er entfaltet sie ausgehend von der cartesianischen Anthropologie sündentheologisch weiter. Die Akkommodation dient dabei der Verbindung biblischer Autorität mit der Erkenntnisfähigkeit des Menschen als Vernunftwesen unter cartesianischem Vorzeichen.359 Sie bleibt nichtsdestoweniger klar reformiert akzentuiert, und zwar über die grundsätzliche Bindung an die Bibel als Prinzip der Theologie, die Orientierung am sola scriptura und schließlich über die Eigenschaftslehre der Bibel, die Wittich vor allem auf die claritas Scripturae und ihre Auslegung durch sich selbst konzentriert.360 Die Akkommodation behält bei ihm durchaus dialogischen Charakter: Sie vermittelt zwischen Offenbarung und Vernunft auf mehreren Ebenen, bei der Exegese und Predigt und vor allem bei der Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie. Gemeinsamkeiten und Grenzen der beiden Wissenschaften lassen sich anhand der Akkommodationslehre veranschaulichen und begründen. Dabei ist Wittich bei aller Offenheit für anthropozentrische und vernunftorientierte Konsequenzen des cartesischen Ansatzes noch weit entfernt von einer subjektorientierten Theologie des Ich-Bewusstseins, wie es mit dem Cartesianismus im Verlauf des 18. Jahrhunderts verbunden wird.361 Nichtsdestoweniger betont er die Beziehung der Offenbarung zum vernünftigen, erkennenden Subjekt und entspricht damit in der Tendenz einer Denkungsart, die als wegbereitend für Auf-

359 Vgl. für die Verankerung der Akkommodation im rationalen Denken im Gegensatz zu einem dezidiert historischen Zugang Scholder, Bibelkritik, 153. 360 Wittichs Schriftverständnis lässt sich mit Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 144 durchaus auf das (auch gegen ein katholisches Schriftverständnis abgegrenzte) sola scriptura zurückführen, das die grundsätzliche Unabhängigkeit des Bibellesers von Autoritäten und Experten jenseits der Bibel im Blick hat. Die cartesianische Hermeneutik drückt dies auch mit der Bezeichnung der Bibel als eine dialektische Schrift aus. Vgl. Kapitel 4.3.4.3.1 (Die Benutzung umgangssprachlicher Wendungen in der Bibel). In reformierter Tradition kann Wittich denselben Gedanken mit dem Verweis auf die claritas Scripturae vermitteln, wie er uns vor allem in der Praefatio zum Römerbriefkommentar begegnet. Die theologische Entfaltung der Figur macht den dezidiert reformierten Zug der cartesianischen Hermeneutik Wittichs aus, die auch Grundlage für Abweichungen von der Argumentationsweise eines Galilei oder Descartes ist. Vgl. dazu auch Del Prete, Tra Galileo e Descartes, 725f. 361 Gegen Thielicke, Der evangelische Glaube I, 18–20 ist zu betonen, dass Wittichs Ansatz zwar Cartesianismus und Akkommodationslehre verbindet, dies jedoch nicht durch eine Ahnung für die Bedeutung des aufkommenden Ich-Bewusstseins motiviert sein dürfte. Vgl. zu Thielicke und anderen Cartesianismuskritikern der Moderne Kapitel 2 (Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik des 20. Jahrhunderts).

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klärung und als typisch für die Wende zur Neuzeit empfunden wird.362 Die Akkommodationslehre ist gerade in ihrer exegetischen Engführung dadurch bestimmt, dass sie die Autoren und Leser der Bibel in ihrer jeweiligen historischen Situation und ihrem Menschsein würdigt. Dies gilt zwar auch vor Wittich und außerhalb des cartesianischen Kontextes, z. B. bei Galilei, aber durch den cartesianischen Rahmen erhält ein Element der Akkommodation eine besondere Betonung, das später auch in der Neologie wieder aufgegriffen und für die Bibelhermeneutik wegweisend wird. Der Bibelleser wird im Gegenüber zur Offenbarung als Vernunftwesen ernstgenommen und steht in der Verantwortung, Wahrheitsanspruch und Aussageabsicht des an ihn ergehenden Wort Gottes selbst zu beurteilen.363 Durch eine von der Akkommodationslehre maßgeblich bestimmte Theologie nötigt Wittich implizit dazu, über die historische Situation der biblischen Autoren zu reflektieren und diese in Bezug zu der eigenen Geschichtlichkeit zu setzen. Das besondere seiner geistesgeschichtlichen Position, nämlich die theologische Verarbeitung der kopernikanischen und cartesianischen Neuansätze, war dementsprechend Ausgangspunkt seiner Überlegungen. Durch Wittichs Ausrichtung der Akkommodation auf die Bibel als dem Prinzip der Theologie wird mit dem opinio-Argument das Verhältnis der Wissenschaften aus der Perspektive der Dogmatik bestimmt.364 Obwohl Wittichs Überlegungen vom Cartesianismusstreit angeregt sind und er gerade in seinen Frühschriften eine philosophische Haltung zu verteidigen beabsichtigt, erweist er sich konsequent als theologischer Autor. Das ist keine apologetische Strategie, sondern ein Anliegen seines orthodoxen Bekenntnisses. Die Gefährdung der Bibel durch ihre Instrumentalisierung in einem philosophischen Streit empfindet Wittich als grundlegendes theologisches Problem. Darum setzt er sich mit der Emanzipation der Philosophie und der Verteidigung der libertas philosophandi in erster Linie für die Freiheit der Bibel von zu Unrecht an sie herangetragenen Fragestellungen ein. „Wittich’s approach to the problem of Scripture and natural philosophy consistently sought to frame any discussion in a spirit of mutual good for both disciplines.“365 Der Akkommodationsgedanke unterstützt damit auch Wittichs 362 Vgl. zur Verbindung von Cartesianismus, Rationalismus und Subjektorientierung Kapitel 2 (Die cartesianische Theologie im Spiegel der evangelischen Dogmatik des 20. Jahrhunderts). 363 Diese Konstellation findet sich dann in der Akkommodationslehre bei Baumgarten und Semler mit einer stärker explizierten Subjektorientierung wieder. Vgl. Thielicke, Glauben und Denken in der Neuzeit, 229 und 230–237. 364 Vgl. auch De Angelis, Anthropologien, 339f. 365 Howell, God’s Two Books, 174. Dem entsprechen auch die Urteile von Scholder, Bibelkritik, 152 und darauf basierend von Huijgen, Divine Accommodation, 30 (Anm. 98), die betonen, dass Bekker oder van Velthuysen daran interessiert waren, der Philosophie zu einem angemessenen Platz im Wissenschaftssystem zu verhelfen, während Wittichs Anliegen darin bestand, gerade vor diesem Hintergrund der Theologie zu ihrem Recht zu verhelfen.

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Kritik an scholastischer Theologie und ihrer Verschmelzung mit dem Aristotelismus maßgeblich. Wittichs Akkommodationstheorie in Reaktion auf die naturphilosophischen Entwicklungen seiner Zeit lässt sich als eine partielle Entautorisierung der Bibel beschreiben, um ihre Autorität und ihren Wahrheitsanspruch in toto erhalten zu können.366 Den Weg, der Bibel auf der Grundlage ähnlicher hermeneutischer Überlegungen die Autorität in der Wahrheitsfrage abzusprechen, geht in der Tat Spinoza, der Wittichs Arbeiten sicher zugrunde gelegt hat.367 Tatsächlich ist damit aber Wittichs eigentliche Absicht nur sehr oberflächlich getroffen. Nicht eine Einschränkung der Autorität, sondern das Herausarbeiten der Aussageabsichten der Bibel ist das Ergebnis seines hermeneutischen Ansatzes. Damit ist ein Fortschritt in der exegetischen Disziplin erreicht worden, nämlich ein Bewusstsein für die Notwendigkeit kontextueller Exegese und für die Entfaltung der Soteriologie als dem eigentlichen Skopus der Bibel. Die Verabschiedung von der Vorstellung, dass die Bibel in allen Fragen und für alle Wissenschaften die einzige Richtschnur sei, ist ein Gewinn, der unmittelbar aus der Debatte um die heliozentrische Astronomie hervorgeht und noch im 17. und 18. Jahrhundert keine Selbstverständlichkeit erlangen wird. Mit der cartesianischen Theologie beginnt ein neues Bibelverständnis, das neben der Befreiung von naturphilosophischen Vorurteilen auch den Zwang der Annahme des mythischen Weltbildes der Bibel

366 Vgl. De Angelis, Melanchthon in der Frühaufklärung, 174 und Anthropologien, 289. 367 Vgl. zur Orientierung die Darstellung der Hermeneutik Spinozas von Jüngel, Anthropomorphismus, 111–125. In seinem Tractatus theologico-politicus nimmt Spinoza die reformatorisch klingenden hermeneutischen Regeln von der Scriptura sui ipsius interpres und der sola scriptura auf, allerdings um daraus abzuleiten, dass sie moralische Wahrheiten lehre, die auch aus der Vernunft allein abgeleitet werden könnten. Unter dem Begriff historia Scripturae bündelt er u. a. die Orientierung am historischen und inhaltlichen Kontext, trennt jedoch die so zu ermittelnde Aussageabsicht der biblischen Autoren ausdrücklich von der tatsächlichen Wahrheit. Wie Wittich will er eine allgemeine Methode etablieren, die auf Naturerklärung ebenso anzuwenden sei wie auf die Schrifterklärung. In der Methodendiskussion im Anti-Spinoza hatte sich bereits gezeigt, dass Wittich sich kritisch mit seinem Anspruch, more geometrico zu arbeiten, auseinandersetzt. Vgl. Kapitel 3.4.1 (Der philosophische Kontext: Wittichs methodologische Grundlagen, wissenschaftstheoretisches Fundament und Dialogpartner der Philosophie). Spinoza erklärt wie Wittich die Vernunft zur Grundlage biblischer Auslegung, jedoch ohne die pneumatologische Dimension und den Glauben dabei mitzudenken. Prophetie und Offenbarung setzt er mit der Vernunfterkenntnis gleich. Auch Wittich kann Vernunfterkenntnis Offenbarung nennen, weil auch diese von Gott abhängig gedacht werden müsse. Für ihn erschließt sich aber Spinozas Konsequenz, dass darum alle Offenbarung auch über die Vernunft erschlossen werden könne, nicht. Die Folge der Annahme eines soteriologischen Skopus der Bibel und ihrer umfassenden Akkommodation ist bei Spinoza, der diese Figuren in auffälliger Parallelität zu Wittich einführt, die Ursache für die Erklärung der meisten Bibelstellen als wahrheitsirrelevant.

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Die Hermeneutik als Zentrum cartesianischer Theologie

überwinden hilft.368 Wenn man mitunter in der Geschichte der Exegese auf die Bemerkung stößt, dass Spinoza der erste Vertreter der historisch-kritischen Methode sei, muss auch an die Hermeneutik Wittichs erinnert werden. Spinozas Ansatz wäre ohne diese nicht denkbar, doch Wittich beansprucht im Unterschied zu Spinoza, die rationalistische These von einer totalitären Bestimmung der Bibelinterpretation durch die Vernunft abzuwehren, indem er dieser einen konkreten, aber dadurch auch begrenzten Nutzen in der Theologie und eine weitreichende Zuständigkeit in der Wissenschaft zuspricht. So kann er gleichzeitig einen Bereich für Glaube und Offenbarung in der Schriftauslegung definieren und offen halten.369 Auch der mit seinem Wissenschaftsverständnis verbundene Fortschrittsoptimismus wird bibelhermeneutisch weitergeführt. Die Offenbarung könne nur durch die adäquate exegetische Methode erschlossen werden, so dass – innerhalb der mitreflektierten menschlichen Grenzen – immer neue Erkenntnisse zutage gefördert würden. Eine aus diesem Ansatz erwachsenden Hybris ist durch die Anerkennung der Mysterien aber eine klare Grenze gesetzt. Die Frage, ob Wittich dem Anspruch gerecht wird, die Selbstständigkeit der Bibel gegenüber der Vernunft und Philosophie zu bewahren, kann mit Einschränkungen positiv beantwortet werden. Dieses Urteil ergibt sich vor allem mit Blick auf seine Skopusorientierung. Denn gut reformatorisch befragt er sie nach ihrer Mitte, nach dem Evangelium Jesu Christi, dessen Vermittlung er als ihr einziges Ziel deutlich herausarbeitet. Für die Frage, ob eine Textstelle im Sinne der Akkommodation ausgelegt werden darf, gibt es durch den soteriologischen Skopus ein festes Kriterium. Durch seine dogmatische Fundierung ist es grundsätzlich nicht willkürlich. Das hindert Wittich allerdings nicht daran, über den Mischbereich von Theologie und Philosophie cartesianische Inhalte in seine dogmatischen Überlegungen einzutragen, exegetisch abzusichern und dadurch seine eigenen Prämissen infrage zu stellen.370 Hier ruft Wittichs Ansatz zum Einspruch auf, der von seinen Gegnern auch erhoben wurde. Auch die generelle Vernunftbestimmtheit der Exegese hat mitunter kritische Anfragen hervorgerufen, jedoch spiegelt sich darin einerseits lediglich die konsequente Forderung nach einer wissenschaftlichen Exegese, die auch heute ihre Gültigkeit hat und 368 Vgl. dazu mit Bezug auf die naturphilosophischen Vertreter dieses Bibelverständnisses und Balthasar Bekker Hirsch, Geschichte der neueren evangelischen Theologie I, 204–217. 369 Vgl. dazu auch Verbeek, Descartes and the Dutch, 74f. Vgl. zu Spinoza als erstem Vertreter einer historisch-kritischen Methode kritisch Jüngel, Anthropomorphismus, 115. 370 So kritisiert Huijgen, Divine Accommodation, 32: „In Wittichius, the criterion to distinguish between the scopus and praejudicia seems somewhat arbitrary; at least it does not solve the question, for the criterion itself asks for a criterion to distinguish between scopus and world view.“ Ein derartiges Kriterium liegt aber mit der inhaltlichen und dezidiert theologisch entwickelten Bestimmung des Skopus durchaus vor.

Bibelhermeneutik und Akkommodationstheorie bei Christoph Wittich

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andererseits zeigt sich immer wieder auch ein Bewusstsein Wittichs für das Wirken des Heiligen Geistes bei der Schriftauslegung. Seine strikte Forderung nach einer wissenschaftlichen Exegese steht dazu nicht im Widerspruch. Selbst wenn er – teilweise in einer unaufgehobenen Spannung zu seinem Bekenntnis der Geistinspiration bei der Bibellektüre – das Schriftverständnis allein von den media interpretandi rite adhibita abhängig macht, ist dies auf einer rein wissenschaftlichen Ebene unproblematisch. Er selbst macht im Consensus veritatis (und damit im Übrigen noch weit vor der Veröffentlichung der Philosophia S.S. Interpres 1666) unmissverständlich deutlich, dass die Forderung nach einer adäquaten Exegese nicht gleichbedeutend sei mit der Unterwerfung der Bibel unter die philosophische Wahrheit.371 Bei einer sachgemäßen Interpretation der Bibel bleibt er als Christ jedoch – anders als Meyer oder Spinoza – nicht stehen. Sein Bestreben ist es, eine allgemeine wissenschaftliche Hermeneutik auf die Bibel anzuwenden, diese sodann aber mit der genuin christlichen Perspektive des Glaubens ins Gespräch zu bringen. Wittichs Hermeneutik macht deutlich, dass er ein Wegbereiter der Theologie in die Neuzeit ist, ohne dass sie sich von ihrer Verankerung in der Orthodoxie schon gelöst hätte. Von seinen beiden Wurzeln, der reformierten Orthodoxie und Descartes, herkommend etabliert Wittich ein auf Rationalität gestütztes Wissenschaftskriterium in der Schriftauslegung. Dies entfaltet er in einer Weise, die Anknüpfungspunkte für die anthropozentrischen und subjektorientierten Zugänge zur Bibel etabliert und das Streben nach Erkenntnisfortschritt bei der Wahrheitssuche zum Ausdruck bringt. Damit werden Leitmotive der Bibelhermeneutik nach der Aufklärung bereits klar vorgebildet.

371 Vgl. Wittich: Consensus (21682) XXXIII §718,325.

5.

Christoph Wittich und der theologische Cartesianismus – Ausblicke und Ergebnisse

5.1

Untersuchungsfelder der cartesianischen Dogmatik: Ausblicke auf weitere Themenfelder von Wittichs Theologie

Mit der ausführlichen Analyse der Prolegomena und der Hermeneutik Wittichs sind die Grundlagen für eine weiterführende Erforschung seines Œuvres und der sog. cartesianischen Theologie gelegt. Daraus hat sich eine Reihe theologischer Forschungsfelder ergeben, die im Folgenden skizziert und schlaglichtartig weiterverfolgt werden. Die Auswahl orientiert sich an der Relevanz für die Beurteilung der Descartesrezeption und Wirkungsgeschichte. Hierzu gehören vor allem die Gotteslehre, aber auch Wittichs Überlegungen zu concursus und Willensfreiheit. Der systematische Ertrag der bisherigen Untersuchung hat zudem ergeben, dass der theologische Cartesianismus ein vielversprechendes Untersuchungsfeld darstellt, dessen Vernachlässigung in der evangelischen Theologie auffällig erscheint. Die Ursachen dafür sind auch in der skizzierten Wahrnehmung von Descartes und des Cartesianismus in der neueren protestantischen Theologie zu suchen. Durch die eingangs geleistete Analyse sind hinderliche Vorurteile überwunden worden. Die folgenden Ausführungen zeigen nun Anknüpfungspunkte an die geleistete Arbeit für weitere Forschungen. Denn die cartesianische Theologie hat sich bereits mit Blick auf ihre Prolegomena und in ihrer Engführung auf Wittich als ein facettenreiches Untersuchungsfeld erwiesen. Sie bewegt sich an der Schnittstelle von reformierter Orthodoxie und einer Philosophie, die weichenstellend für das neuzeitliche Denken ist. Zu beiden Seiten hin ist sie offen und in einem Austausch befindlich. So wirken die wissenschaftlichen und vernunftorientierten Impulse auf die orthodoxe Theologie stark ein und sind wegbereitend für die lange Entwicklung zu einer historischkritischen Bibelexegese und einer am wissenschaftlichen Standard orientierten Theologie. Auf der anderen Seite bringt sie theologische Anfragen in die frühneuzeitlichen philosophischen Debatten ein und beeinflusst auch rationalistische Denker wie Meyer oder Spinoza maßgeblich. Nachdem nun durch die

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Christoph Wittich und der theologische Cartesianismus – Ausblicke und Ergebnisse

Untersuchung ihrer Prolegomena eine solide Basis für eine Entfaltung der weiteren Elemente von Wittichs Theologie geschaffen worden ist, lässt sich ihre Bedeutung für die Orthodoxie und Philosophie anhand einer Reihe von weiteren Themenfeldern vertiefend darstellen. Diese seien im Folgenden ausblicksartig vorgestellt.1

5.1.1 Anmerkungen zu Wittichs spezieller Gotteslehre Das Gottesbild der cartesianischen Theologie ist aufgrund der Impulse, die sich aus Descartes’ philosophischem Gottesbegriff ergeben, stark abhängig von der Metaphysik. Für Wittich gilt dies im besonderen Maße. Auf dem Feld der natürlichen Gotteslehre hat Descartes eine große Rezeptionswirkung erzielt.2 Gerade darum ist dieser Locus auch ein idealer ‚Testfall‘ für Wittichs Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung. Von theologischer Seite wäre zu prüfen, ob die Synthese eines biblisch-reformierten Gottesbildes mit der cartesianischen Metaphysik gelingt.3 Wittich bietet dazu zahlreiche Quellen, so bereits in einer Reihe von Bemerkungen in seinen Frühschriften, dann ausführlich in seinen Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes, in diversen Passagen der Theologia pacifica (bes. Kapitel XIV–XVI) und ihrer Verteidigung, in den entsprechenden Thesen der Positiones (bes. Dekaden IX–XVII) und einigen Disputationen, besonders die wirkmächtige De Providentia Dei actuali.4 In der zeitgenössischen Debatte finden sich zudem entsprechende Passagen bei Maresius und eine ausführliche Kritik an Wittichs trinitätstheologischen Überlegungen in den Positiones durch Melchior Leydekker (1642–1721).5 Auch die 1 Eine erste Skizze weiterer Aspekte von Wittichs Theologie hat schon Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus (1958) geboten. Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 352f.356 zeigt u. a., dass Wittich in seiner Heilsgeschichte eng Coccejus folgt und zeichnet Elemente seiner Rechtfertigungslehre nach. 2 Vgl. exemplarisch Pannenberg, Theologie und Philosophie, 150. 3 Dies wird hier nur vorbereitet und muss für eine endgültige Klärung späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben. 4 Alternativ kann auch die Fassung der Disputation in den Exercitationes herangezogen werden. Weitere Disputationen mit Bezügen zu Trinität oder Christologie sind aus der Leidener Zeit überliefert. Vgl. Eberhardt, Wittich, 318–322 und die Bibliographie im Anhang. Auch in exegetischen Schriften, z. B. Wittich: Metalleia (1685) I 11f. (zu Röm 1,20) u. ö., finden sich relevante Ausführungen für die Gotteslehre. 5 Vgl. den entsprechenden Hinweis in Kapitel 3.8.1 (Trinitätstheologie). Melchior Leydekker war der formelle Nachfolger von Gisbert Voetius auf dessen Utrechter Lehrstuhl, den er 1676 übernommen hatte und stand auch in seiner theologischen Ausrichtung gegen die CoccejoCartesianer seinem Vorgänger in nichts nach. Vgl. zu diesem van Asselt, Art. Leydekker (Leydecker, Leidekker), Melchior. BLGNP 4 (1998) 307–310. Vgl. zu seiner Rolle im Cartesianismusstreit auch Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 363–371.

Ausblicke auf weitere Themenfelder von Wittichs Theologie

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Forschung hat neben Wittichs Hermeneutik immer wieder auch seine Gotteslehre in den Blick genommen. Die philosophische Perspektive überwiegt und hat wertvolle Arbeiten hervorgebracht (Agostini, Goudriaan, Scribano). Dies wird dem Ansatz Wittichs durchaus gerecht, der konsequent von einem philosophischen Gottesbegriff ausgeht und darum zentrale Impulse für die Erforschung der Rezeption der cartesischen Metaphysik bietet. Für ihn ist der Bereich der natürlichen Gotteserkenntnis so zentral, weil er, wie bei der Analyse seines Vernunftverständnisses erläutert, im philosophischen Gottesbegriff den Anfang wissenschaftlicher Theologie begründet sieht.6 Dementsprechend ist die Schnittstelle von philosophischem Gottesbegriff und seiner theologischen Entfaltung besonders aufschlussreich für die Bestimmung cartesianischer Theologie. Für die Erkenntnis Gottes ist dies bereits zu weiten Teilen geleistet worden, die eigentliche Gotteslehre soll nun ergänzend noch mit einigen Problemanzeigen umrissen werden. Dazu wird ein wirkmächtiger, an der natürlichen Theologie ausgerichteter Entwurf Wittichs zugrunde gelegt: Wittichs Commentarius de Deo ejusque Natura & Essentia im Anti-Spinoza bietet eine systematische Darlegung der Gotteslehre. Dieser ist von Hirsch in seiner Geschichte der evangelischen Theologie besprochen worden, ohne dass die Komplexität des 70 Paragraphen umfassenden Entwurfs voll erfasst werden konnte.7 Eine ausführliche zusammenhängende Besprechung ist ein Forschungsdesiderat von Gewicht.8 Der im Anti-Spinoza enthaltene Commentarius de Deo nimmt die kritischen Anfragen Spinozas an die Theologie konstruktiv auf und stellt ihnen einen cartesianischen Gegenentwurf gegenüber. Die Schrift lässt sich grob in drei Hauptabschnitte gliedern: Einleitend werden Möglichkeiten der natürlichen Gotteserkenntnis reflektiert (§§1–7), dann werden dem Titel der Schrift entsprechend Natura und Essentia Gottes und sein Schöpferwirken besprochen (§§8–42),9 6 Vgl. dazu die Analyse von Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429 (Dekade I) in Kapitel 3.5.1 (Theologie- und Schriftverständnis in den Positiones). 7 Vgl. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 337–415. (De Deo §§1–70). Vgl. auch Eberhardt, Wittich, 379f. und die Gliederung im Anhang. Vgl. Hirsch, Geschichte der neueren evangelischen Theologie I, 182–188. 8 Das gilt sowohl für eine philosophische als auch eine theologisch orientierte Auswertung der Schrift. Eine ergänzende Gegenüberstellung des Textes mit der – allerdings deutlich umfangreicheren – Disputation De Providentia Dei actuali, in der ein Zugang zur Gotteslehre über die Auseinandersetzung mit der Antike und aus stärker theologischer Perspektive gewählt wird, schiene zudem ergiebig. Der Commentarius de Deo müsste für eine vollständige Erschließung des Themenkomplexes noch sorgfältiger ausgelegt werden, als es an dieser Stelle geschehen kann. Eine Untersuchung des Spinozismus, von Wittichs Wahrnehmung von Spinozas Schriften und von seinem Kommentar zu Spinozas Ethik wäre dazu notwendig. Auch eine konsequente Auswertung der früheren Schriften Wittichs mit Blick auf die Gotteslehre wäre vonnöten. 9 Insbesondere zu diesem Teil wäre eine ergänzende Analyse der Annotationes Ad Renati DesCartes Meditationes Wittichs aufschlussreich, um die Terminologie (z. B. essentia, existentia

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Christoph Wittich und der theologische Cartesianismus – Ausblicke und Ergebnisse

schließlich kommt eine stärker theologische Perspektive in den Fokus, wenn Wittich das Verhältnis von Schöpfung und Schöpfer näher zu bestimmen versucht (§§43–70). Insgesamt dominiert der rationale Zugang zur Gotteslehre. Ausgehend von der Frage nach der Erkenntnis Gottes interpretiert Wittich Elemente, die ihm die Meditationes von Descartes geliefert haben. Auf ihrem Fundament wolle er, wie bereits Descartes, die Gotteserkenntnis klar und deutlich beschreiben.10 Hirsch bezeichnet Wittichs Entwurf als „eine an Des Cartes lose anknüpfende geniale philosophische Interpretation der reformatorischen Gottesidee in ihrer reformierten Ausprägung“11. Trotz des philosophischen Schwerpunktes sind theologische Themen in die spekulativen Passagen eingewoben (bes. ab §43). Als reformiert erweist sich dabei vor allem der Bezug von Selbst- und Gotteserkenntnis, wie ihn der Heidelberger Katechismus oder der Beginn von Calvins Institutio bereits ins Zentrum stellen12. In einer Parallelität auch zu der Selbsterforschung am Beginn der cartesischen Meditationes, die auch stilistisch ein spürbares Vorbild des Commentarius sind,13 setzt Wittich bei der Selbsterkenntnis des Menschen als denkende Existenz an und verbindet damit zugleich dessen Unzulänglichkeiten. Der Mensch erfasse sich als zweifelnd, wenig wissend, ohnmächtig unvollkommen und abhängig. Aus Wittichs Betonung des Abhängigkeitsgefühls leitet Hirsch eine Vorwegnahme von Friedrich Schleiermachers (1768–1834) Religionsbegriff ab und sieht in diesem Komplex auch den reformierten Kern von Wittichs Gottesbegriff.14 In der Gegenüberstellung dieser Selbsterkenntnis mit der eingeborenen Gottesidee erweise sich Gott sodann als das vollkommene Gegenüber des Menschen.15 Wittich beschreibt die Gottesbeziehung ganz im Sinne von Descartes so, dass man von menschlichen, unvollkommenen Eigenschaften auf Eigenschaften Gottes zu schließen vermöge. Das ist nicht unproblematisch und wird von ihm entsprechend anhand der klassischen drei Wege philosophischer Gotteserkenntnis (via Negationis, Causalitatis und Eminentiae) sorgfältig reflektiert und mit der Vorstellung der eingeborenen Idee von Gott verbunden. Grenzen der Erkenntnis böten jedoch Vollkommenheit und Ewigkeit Gottes, die dem un-

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etc.) Wittichs klarer im cartesianischen System zu verorten und mit Descartes in ein direktes Gespräch zu bringen. Vgl. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 337 (De Deo §1). Vgl. zu Descartes’ Bestimmung der Gottesidee als ‚klar und deutlich‘ die zentralen Stellen bei Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 223 (Anm. 86f.). Hirsch, Geschichte der neueren evangelischen Theologie I, 183. Vgl. z. B. Calvin: Institutio (1559) I 1,1–3. Auch wenn Wittich immer wieder in erörternde Passagen übergeht, ist der Traktat von der Perspektive der ersten Person bestimmt und nimmt den Leser im Sinne der Meditationes so mit auf den Weg der subjektiven Überprüfung der Thesen Wittichs. Vgl. Hirsch, Geschichte der neueren evangelischen Theologie I, 182f. Vgl. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 337f. (De Deo §1).

Ausblicke auf weitere Themenfelder von Wittichs Theologie

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vollkommenen, zeitlich gebundenen Menschen und seinen entsprechenden Erkenntnismöglichkeiten gegenüberstehen. Ein Analogieschluss scheint ihm aber trotzdem zulässig, weil der Mensch seine eigenen Eigenschaften so als begrenzt erfährt und von dieser Begrenzung in gewissem Maße abstrahieren kann. Legitimation für die Transzendenz der eigenen Unvollkommenheit bietet für Wittich die eingeborene Gottesidee, die affirmative Aussagen über Gottes Unendlichkeit ermögliche.16 Diesen Erkenntnisweg umreißt Wittich auch an anderer Stelle seines Œuvres, zumal die Vorstellung einer eingeborenen Gottesidee in der Orthodoxie viel diskutiert wird. Besonders seine Annotationes Ad Renati DesCartes Meditationes zeigen, dass er dabei den Meditationes von Descartes folgt.17 Auch in der apologetischen Situation der Consideratien und damit an einer besonders öffentlichkeitswirksamen Stelle, verteidigt Wittich (zusammen mit de Volder und Heidanus) die natürliche Gotteserkenntnis mittels der eingeborenen Idee Gottes.18 Die besondere Bedeutung von Descartes’ Begriff der Unendlichkeit 16 Die eingeborene Gottesidee versteht Wittich auch sonst als die von Gott in der menschlichen Natur angelegte Möglichkeit zur Gotteserkenntnis. Präzise erklärt er mit Bezug auf Descartes’ dritte Meditation den Begriff „Innata: ut cum ipsa mea natura mihi sit indita facultas a Deo cogitatione attingendi ipsum“. Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 87 (Ann. h zu Med. III §37 51 AT VII). Vgl. dazu mit Verweis auf eine Parallele bei Clauberg Agostini, onnipresenza, 145. Vgl. sodann grundlegend Wittich/Wittich: AntiSpinoza (1690) 338–341 (De Deo §2–4) und zum Gegensatz von Vollkommenheit und Unvollkommenheit bes. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 377f. (De Deo §39). Dieselbe Problemstellung verhandelt auch Descartes. Vgl. mit Stellenangaben Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 237–239. 17 Die Rezeption von Descartes’ Thesen zur Idee Gottes in Wittichs und Claubergs Kommentierung der Meditationes analysiert Agostini, onnipresenza. Vgl. zu dem Komplex mit weiteren Belegen auch Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 195–197. Er nimmt den Anti-Spinoza nicht zur Kenntnis, sondern geht von den Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes aus. Er zeigt in Bezug auf das Gespräch mit Burman, wie Wittich insbesondere die dritte Meditation Descartes’ interpretiert und das auch Clauberg denselben Interpretationsweg geht. Wittich und Clauberg folgen der ordo rationum, die Descartes seiner Erkenntnislehre zugrunde legt. Ausgangspunkt ist dabei die Erkenntnis des Ich. Diese bleibt unvollständig, bis die Gottesidee in den Blick kommt. Erst im Vergleich zu ihr erfährt der Mensch sich als unvollkommen. Genau hier bieten sich auch Anknüpfungspunkte für die reformierte Antwort auf die Frage der Selbst- und Gotteserkenntnis, wie sie uns z. B. bei Calvin begegnet. Der Commentarius de Deo folgt derselben Reihenfolge der Erkenntnis, die Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 196f. für Clauberg und Wittichs Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes nachweist. Hier wird „[…] das cogito, sum früher als Gott, und die Vollkommenheit Gottes früher als die Unvollkommenheit des Ich erkannt […]“. Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 197 (Kursiv nach Goudriaan). Gegen Descartes wird die Möglichkeit einer Gotteserkenntnis aus der Schöpfung über das Kausalitätsargument des kosmologischen Gottesbeweises von cartesianischen Theologen offen gehalten, insbesondere weil die Bibel dies in Röm 1 und Apg 17 lehrt, wie Goudriaan, Rezeption des cartesischen Gottesgedankens, 169–177 am Beispiel des Heidanus in einer profunden Gegenüberstellung mit Descartes zeigt. 18 Eine ausführliche und fundierte Analyse bietet Goudriaan, Rezeption des cartesischen Gottesgedankens, 177–184. Die Leidener Lehrverurteilung hat mit ihrer These 19 („Die

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für die philosophische und orthodoxe Gotteslehre betont bereits Pannenberg. Seine Rezeptionsanalyse ließe sich bei einer detaillierten Betrachtung des Gottesverständnisses der cartesianischen Theologie vertiefen.19 Im weiteren Verlauf der Darstellung überträgt Wittich die menschlichen Seelenbestandteile Wille (velle/voluntas) und Intellekt (intellectus/intelligere) auf Gott und bestimmt so dessen Wesen und Attribute näher. Dabei folgt er zusammen mit anderen Cartesianern wie besonders van Velthuysen und Burman der cartesischen These, Gott als Denken zu bestimmen.20 In Gott bilden nach Wittich Wille und Intellekt gemeinsam mit dem Sein eine vollkommene Einheit. Auch hierin folgt er im Wesentlichen Descartes.21 Davon ausgehend kann er Gottes Handeln in Schöpfung, Welterhaltung und Heilsgeschichte bestimmen. Hirsch fasst Wittichs Darstellung des Schöpferhandelns so zusammen, dass Gott sich im Akt der Selbstbejahung und Selbsterkenntnis zugleich auf die in seiner Vollkommenheit und Unendlichkeit enthaltenen Geschöpfe ausrichten müsse. Diese würden ebenso von ihm gedacht und bejaht und so erschaffen.22 Damit bleibt er noch hinter der Komplexität von Wittichs Ansatz zurück, der in Anlehnung an die cartesische Erforschung des menschlichen Denkens ein Bild von Gottes Denken als Schöpfungsakt nachzeichnet.23 In dieser Denkfigur spielen für Wittich eine Reihe von Problemfeldern eine zentrale Rolle, die sich vor allem um

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Menschen haben eine adäquate Idee über Gott.“) die Ablehnung davon zum Ausdruck gebracht, dass Gott durch eine Idee erkannt werde, diese Idee als die klarste und deutlichste Idee gelte und ein positiver Begriff von Gott gebildet werde. Goudriaan, Rezeption des cartesischen Gottesgedankens, 179f. belegt die Kritik an diesen Vorstellungen bei einer Reihe anticartesianischer Autoren und ordnet die Lehrverurteilung überzeugend in diese Linie ein. Heidanus stimmt zwar der von den Kritikern angeführten Position von Descartes zu, bestätigt also, dass die Gottesidee klar und deutlich ist, hält aber die Bezeichnung der Gottesidee als adäquat nicht für treffend, da diese eine vollständige Erfassung Gottes impliziere. Die Gottesidee des Menschen umfasse aber nicht alles in Gott und werde darum auch bei Descartes „sub quadam confusione“ erkannt. Vgl. mit Belegen und Zitat bei Heidanus Goudriaan, Rezeption des cartesischen Gottesgedankens, 182f. Vgl. z. B. Pannenberg, Systematische Theologie I, 427f. Für die These, dass für Descartes „die Intuition des infinitum Bedingung aller Erkenntnis von Endlichem ist” und gerade darin das Neue in seinem philosophischen Ansatz liege, Pannenberg, Theologie und Philosophie, 146 (Kursiv nach Pannenberg). Vgl. mit Belegen bes. Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 243f.: Bes. Burman erkläre Willen und Erkennen zu den „inneren Attributen Gottes“, während alle anderen Attribute nur „äußerliche Benennungen“ seien. Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 244 (Anm.59) verweist auch auf Grundlagen von Wittichs These von Gott als Denken in Wittich: Theologia pacifica (1671) X §122,91. Vgl. mit Belegen bei Descartes Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 255. Pannenberg, Theologie und Philosophie, 150 weist darauf hin, dass hier eine auffällige Parallelität zwischen Descartes und Wilhelm von Ockham bestehe. In der Einfachheit Gottes werde die Differenz von Wille und Intellekt aufgehoben. Vgl. Hirsch, Geschichte der neueren evangelischen Theologie I, 184. Vgl. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 343–345 (De Deo §8) u. ö.

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die Verhältnisbestimmung von Schöpfer und Geschöpf und die damit verbundenen Wirk- und Erkenntnismöglichkeiten drehen. Dazu gehören die Gegenüberstellung von Vollkommenheit, Unendlichkeit und Ewigkeit des Schöpfers mit der begrenzten und an die Zeitlichkeit gebundenen Schöpfung. Auch die Frage nach Notwendigkeit, Indifferenz, Möglichkeit, Freiheit und Kontingenz in Bezug auf Gott und sein Handeln werden thematisiert.24 Da in Gott Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit zusammenfielen, kann Wittich die konkrete Form der erschaffenen Wirklichkeit vollständig als Folge des göttlichen Willens beschreiben. Es ergibt sich geradezu ein ähnliches Bild der Schöpfung wie bei Leibniz’ Motiv der bestmöglichen Welt: Nur in der gegebenen Form gilt Wittich die Welt als dem absoluten Gott entsprechend.25 Wittich gelingt hier die Vereinigung klassischer Gottesvorstellungen der reformierten Orthodoxie mit dem cartesianischen Ansatz. Er nimmt dabei Präzisierungen zu seinem Gottesbegriff in der Theologia pacifica vor, die durch van Mastrichts Gangraena nötig geworden waren.26 Insgesamt bietet Wittich mit seiner Spekulation konkrete Ein24 Vgl. auch die Paraphrase von Hirsch, Geschichte der neueren evangelischen Theologie I, 184–186. Vgl. zum Problem der Unendlichkeit Gottes mit einer sehr nützlichen Übersicht verschiedener Positionen aus dem cartesianischen und anticartesianischen Lager Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 237–241. Zum Gebrauch des Unendlichkeitsbegriffs in Dissertationes Duae, Consensus veritatis, Theologia pacifica und Theologia pacifica defensa vgl. Agostini, L’idea di Dio, 370–378, der auf die Verhältnisbestimmung einer infinitas Dei und der infinitas mundi in der cartesianischen Astronomie sowie den Zusammenhang von infinitas und perfectio bei Wittich im Diskurs mit Revius, du Bois und Maresius verweist. Vgl. Agostini, onnipresenza, 75–77.82.98.233.237 mit Verweis auf Wittichs Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes zum Komplex Vollkommenheit und Idee Gottes. Mori, Tra Descartes e Bayle, 39 verweist auf Wittich: Theologia pacifica (1671) XIV §202,173, wo Wittich das Problem der Ausdehnung von Gottes Allmacht auf logische Widersprüche (contradictoria) bespricht. Vorarbeiten zu dem gesamten Problemfeld hatte bereits Scribano, Da Descartes a Spinoza, bes. 107–139, geleistet. 25 Vgl. bes. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 347f. (De Deo §11). Anders als Leibniz stützt Wittich sich bei dieser Vorstellung auf Descartes’ Lehre von der Schöpfung ewiger Wahrheiten, die in der cartesianischen Theologie in der These von Gottes Willen als Ursprung der Möglichkeit und Unmöglichkeit der Dinge rezipiert wurde, wie Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 256 für Burman, aber auch Petrus Allinga und eben Wittich: Theologia pacifica (1671) XIII §§187–189,158–162 nachweist. Vgl. zu dem Komplex auch Mori, Tra Descartes e Bayle, 42, der Wittichs Reflexion über Gottes Beurteilung der Schöpfung als sehr gut und die Frage der Vollkommenheit in Bezug auf die Schöpfung in Wittich: Theologia pacifica (1671) XVI §233,205 bespricht. Auch Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 354 verweist auf die Nähe Wittichs zur Behauptung von der besten aller Welten und belegt dies anhand der Theologia pacifica defensa. 26 Vgl. zu Problemstellung und van Mastrichts Kritik Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 253f. Der Kontext ist die Frage, ob Gott, dessen Wille auf das Gute ausgerichtet ist, auch zur Lüge fähig sei, was Descartes nicht ausschließen will und ihm bei dem Zusammenfallen von velle, posse und esse im Gottesbegriff bzw. der Differenzierung von Wille und Macht Gottes logische Schwierigkeiten bereitet. Logische und theologische Problemstellungen des cartesischen Götterbildes hatte bereits Maresius aufzudecken versucht, so dass die

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blicke in die ‚göttliche Psychologie‘. Seine Gotteslehre ist darum nicht unbegründet der Kritik durch anticartesianische Theologen wie Maresius, van Mastricht oder Leydekker unterzogen worden. Dass der menschliche Wille Unendlichkeitscharakter habe und sich auch mit allen Objekten des göttlichen Willens befassen könne, entfaltet er bereits in der Theologia pacifica und in deren Appendix.27 Er befindet sich damit jedoch auf einer Linie mit Descartes. Ähnlich argumentiert auch Heidanus.28 Wittichs Œuvre durchzieht zudem die Diskussion der Frage nach Gottes Ubiquität und den spatia imaginaria, deren Existenz er als cartesianischer Theologe ablehnt.29 Theologisch besonders relevante Impulse bietet die Reflexion über Gottes Zweck (finis) mit der Schöpfung, die zu heilsgeschichtlichen Thesen überleitet und dabei Gottes Güte in verschiedenen Attributen (Gnade, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit etc.) ebenso entfaltet wie sein Verhältnis zur Sünde und Strafe.30 Immer wieder grenzt Wittich sich bei seinem Entwurf vom Gottesbild Spinozas ab.31 Hirsch bezeichnet Wittich daher als den Theologen, der als einziger vor Schleiermacher der Denkaufgabe, die Spinoza der Theologie gestellt hat, mit Tiefgang begegnen konnte.32 Eine besondere Rolle für die theologische Beschreibung Gottes spielt die Trinitätslehre. Im Commentarius De Deo wird sie

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Paragraphen der Theologia pacifica zur Gotteslehre aufschlussreich für das Gesamtbild von Wittichs Gottesbegriff sind. Sie systematisch zu untersuchen muss weiteren Arbeiten vorbehalten bleiben. Neben Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, hat z. B. auch Mori, Tra Descartes e Bayle, Passagen der Schrift ausgewertet. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) XI §125,94f. und dazu Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 222f. mit weiteren Belegen. Vgl. mit Belegen Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 222. Besonders aufschlussreich ist Heidanus’ Verweis auf die Ebenbildlichkeit Gottes, die sich auf den menschlichen Willen beziehe. Vgl. Heidanus: Corpus (1686) I 338f. Vgl. zu Gotteserkenntnis und Gottesbeweisen in der cartesianischen Theologie am Beispiel des Heidanus bes. Goudriaan, Rezeption des cartesischen Gottesgedankens, der zudem auch eine Bestimmung von Wesen und Attributen (Allgegenwart, Allmacht, Vernunft und Wille) Gottes nach Heidanus bietet. Die unfruchtbare Diskussion, ob Gottes Allgegenwart auch auf imaginäre Räume bezogen sein müsse, veranschaulicht, wie stark die theologische Debatte in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts noch von spekulativen Detailfragen geprägt ist. Imaginäre Räume, ein nicht lokalisierbares ‚Irgendwo‘, dienen z. B. der Beantwortung der Frage, wo Gott vor der Schöpfung gewesen ist. Während Voetius die Theorie der spatia imaginaria bejaht, sind sich Descartes und die cartesianischen Theologen in der Ablehnung dieser Vorstellung mit Maresius einig. Vgl. dazu unter Berücksichtigung von Wittich bes. Beck, Voetius, 255–257 und Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 101f.105f. (mit bes. Bezug auf Wittichs Consensus §87). Das Thema der Allgegenwart beschäftigt Wittich bes. in der Theologia pacifica (Kap. XV), aber z. B. auch in seiner Leidener Inauguralrede von 1671, worauf Thijssen-Schoute, Nederlands cartesianisme, 43 verweist. Vgl. neben der thematischen Übersicht in der Gliederung im Anhang auch Hirsch, Geschichte der neueren evangelischen Theologie I, 186f. Entsprechende Verweise bietet die Gliederung im Anhang. Vgl. Hirsch, Geschichte der neueren evangelischen Theologie I, 187f.

Ausblicke auf weitere Themenfelder von Wittichs Theologie

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auffälliger Weise nicht vertieft behandelt. Damit wird unterstrichen, dass diese Schrift sich auf einer philosophischen Argumentationsebene bewegt und den Bereich der Mysterien nicht berührt. Wittich präsentiert seine Trinitätstheologie aber übersichtlich in den Positiones. Wittich betont dort einleitend, dass die Trinität – im Unterschied zur Lehre vom einen Gott – in den Bereich der Theologie gehöre und allein aus der Offenbarung der Bibel gewonnen werden könne.33 Dieser Gedanke wird innerhalb derselben Dekade noch einmal wiederholt und zugespitzt: Trinität sei Glaubensmysterium und der Vernunft verschlossen,34 wenngleich sie nicht im Widerspruch zu dieser stehe.35 Zur Beschreibung der trinitarischen Personen greift Wittich nichtsdestoweniger auf die scholastische Differenzierung zwischen einer distinctio realis (eines tatsächlichen Unterschieds) und einer distinctio rationis (Vernunftunterscheidung) zurück. Die trinitarischen Personen unterschieden sich demnach eigentlich nicht, aber Gott werde in trinitarischer Form rational erfasst.36 Wittich formuliert hier zurückhaltend. Die Schrift spreche über die Personen nicht so sehr im Sinne einer realen Unterscheidung, sondern mehr im Sinne einer Vernunftunterscheidung, so als ob (tanquam) es sich um drei Personen handle. Dem autoritativen Zeugnis der Bibel müsse der Glaube Folge leisten.37 Wittich entfaltet im Folgenden die klassische Ausformung der immanenten Trinität, also die ewige Zeugung des Sohnes durch den Vater und das Hervorgehen des Geistes aus den beiden anderen Personen. Grundlage der trinitarischen opera ad intra sei wiederum allein die Schriftautorität.38 Die Dekade schließt mit einem Verweis auf die grundlegende Bedeutung der Trinitätslehre für das Verständnis der Soteriologie.39 Auch im Rahmen der Christologie bezieht sich Wittich auf trinitätstheologische Fragen, insbesondere um die Zwei-Naturen-Lehre zu entfalten.40 Dabei lässt er sich weitaus stärker auf die scholastischen spekulativen Feinbestimmungen ein. Die Verbindung von göttlicher und menschlicher Natur Jesu zum θεάνθρωπος

33 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.1). Vgl. zur Besprechung der Trinitätstheologie in der Theologia pacifica auch Kapitel 3.8.1 (Trinitätstheologie). 34 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.6). 35 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.7). 36 Vgl. zu dieser scholastischen Differenzierung Muller s.v. distinctio, Dictionary (1985) 93f. 37 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.2): „Eadem discrimen docet [scil. scriptura] inter hos tres, minus quam reale, majus quam rationis, deque iis loquitur tanquam de Tribus distinctis Personis, quod proin discrimen personale, propter ejus auctoritatem, nos pie credimus.“ 38 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.3f.). 39 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.8f.). 40 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 446 (Dekade XXXI).

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Christoph Wittich und der theologische Cartesianismus – Ausblicke und Ergebnisse

erklärt er in Analogie zu der Verbindung von Seele und Körper.41 Diese ist für Wittich klar cartesianisch bestimmt. Der Rückgriff auf die Anthropologie von Descartes macht seine Ausführungen theologisch problematisch. Entsprechend wird dieser Ansatz für Melchior Leydekker zum Negativbeispiel für die Folgen rationalistisch ausgerichteter Theologie. Mit dieser Diskussion, der sich Wittich aufgrund seiner philosophischen Anleihen zwangsläufig stellen muss, wird sein christologischer Ansatz freilich nicht voll getroffen. Mit Descartes betont er vielfach den Mysteriencharakter der Inkarnation des Sohnes, was seine rationale Entfaltung relativiert.42 Die Pneumatologie, die von Wittich in den Schriften zur Causa Spiritus Sancti sehr ausführlich behandelt wird, bietet naturgemäß ebenfalls zahlreiche trinitätstheologische Bezüge. Auch hier bewegt sich Wittich aufgrund der Auseinandersetzung mit dem rationalistischen Ansatz seines Gegners Sandius an der Schnittstelle von Vernunft und Offenbarung und betont den Mysteriencharakter der Trinität.43 Wittichs Œuvre bietet somit eine sorgfältig elaborierte Gotteslehre an der Schnittstelle von Cartesianismus und Orthodoxie, die sich für eine eigenständige Untersuchung empfiehlt. Der hier gewonnene Eindruck der Descartesrezeption bietet Vergleichsmöglichkeiten zum Wirken des cartesischen Gottesbegriffs bei Spinoza, Henry More, Malebranche

41 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 446 (Dekade XXXI.2f.). Kern der auf die Positiones bezogenen Kritik ist Wittichs Verwendung des Hypostasen- und Subsistenzbegriffs, den Leydekker für unvereinbar mit der immanenten Trinität hält. Auf die Probleme, die aus der Analogie zum cartesianischen Leib-Seele-Dualismus hervorgehen, bezieht er sich allerdings nicht. Die Details der Argumentation sind an dieser Stelle irrelevant. Vgl. dazu Leydekker: Synopsis (1690) 204–211. Da die Annotationen, die Wittich zu seinen Thesen geboten hatte, nicht überliefert sind, müsste für die Analyse der Kritik Leydekkers, der diese voraussetzt, behelfsmäßig Wittichs Position durch andere Schriften ergänzt werden. Besonders die Theologia pacifica (Kap. XII und XVI) böte sich an. Leydekker schließt seine Kritik mit dem Verweis auf die Unterstellung Wittichs, dass die herkömmliche scholastische Methode von Schrift und Gott entfremde und auf menschlicher Autorität gegründet sei. Diesen Vorwurf überträgt Leydekker auf die cartesianische Theologie, in der die (menschliche) Philosophie nicht mehr ancilla theologiae sei. Vgl. Leydekker: Synopsis (1690) 208f. Anhand der Gnadentheologie, die er ebenfalls aus den Positiones Wittichs darstellt (vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos [1692] 448 [Dekade.XXXIV.3]) und einem allgemeinen Rekurs auf klassische Themenfelder der cartesianischen Theologie (Zweifel, Ideenlehre, Wahrheitsbegriff, Erkenntnisoptimismus etc.) schließt er seine Kritik von Wittichs cartesianischem Theologieunterricht ab. Mit Voetius folgert er, dass die Bescheidenheit des Descartes in dessen Schule verlorengegangen sei. Vgl. Leydekker: Synopsis (1690) 209–211. 42 Freilich muss er sich dann fragen lassen, warum er überhaupt so detaillierte Aussagen auf cartesianischer Grundlage trifft. Vgl. zu dem Mysteriencharakter der Christologie bereits Kapitel 3.8 (Einmischung der Philosophie in die Theologie). Wittichs Œuvre enthält eine ausgearbeitete Christologie. Ihre Analyse bleibt späteren Arbeiten vorbehalten. 43 Vgl. die Gliederungen im Anhang und Kapitel 3.10 (Geist und Glaube). Wittichs Œuvre bietet eine ausgearbeitete Pneumatologie. Ihre Analyse bleibt späteren Arbeiten vorbehalten.

Ausblicke auf weitere Themenfelder von Wittichs Theologie

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oder Leibniz.44 Es stellt sich die Frage, ob die starken Anleihen an der natürlichen Gotteslehre für eine cartesianisch beeinflusste Theologie wirklich nötig sind. Burman oder Heidanus erweisen sich in ihren Darstellungen als weitaus ‚theologischer‘. Diese Beobachtung ist nicht allein dem Sachverhalt geschuldet, dass Wittich im Commentarius De Deo gegen Spinoza und dabei auf philosophischer Ebene argumentiert. Vielmehr ist Wittichs Auffassung nach der natürliche Zugang grundsätzlich auch der erste Zugang des Theologen zur Gotteslehre.

5.1.2 Von der Gotteslehre zur Anthropologie: Ausblick auf Providenz und freien Willen Aus den cartesianischen Elementen von Wittichs Theologie ergeben sich sodann, ausgehend von der Gotteslehre, anthropologische Fragestellungen. Sie hängen eng zusammen mit seiner Soteriologie, die auch aufgrund der Coccejusrezeption Wittichs bedenkenswert ist. An der Schnittstelle von Gotteslehre und Anthropologie steht die bei Wittich ausführlich thematisierte Frage nach der göttlichen Providenz und dem freien Willen.45 Zu dem Komplex von freiem Willen und Prädestination bei Wittich und Descartes gibt es bereits einige wenige (philosophisch orientierte) Forschungsbeiträge.46 Die grundlegenden Quellen für diese Fragestellung entsprechen denen zur Gotteslehre.47 Bei Descartes ist die Annahme eines im Wesentlichen freien Willens ein wichtiger Bestandteil seiner Erkenntnislehre. Trotz der Betonung der Autonomie des Menschen verweist er zugleich auf die notwendige Akzeptanz der Providenz und lässt diese offensichtliche Spannung zur Theologie, in deren Bereich er sich in der Regel nicht einmischt, formal bestehen.48 Die cartesianische Theologie folgt diesem Ansatz in

44 Vgl. Pannenberg, Theologie und Philosophie, 150. 45 Ihr widmete er u. a. die Leidener Disputationsreihe De Providentia Dei Actuali, die von Leibniz in seiner Theodicée kritisch besprochen wird und die Wittich in leicht modifizierter Form in den Exercitationes unter dem Titel Deus Mundi Rector neu herausgegeben hat. Vgl. Eberhardt, Wittich, 320f. 46 Vgl. bes. Scribano, Da Descartes a Spinoza, 15–26.39–42 und Mori, Tra Descartes e Bayle, 51–57. Vgl. aber bereits auch mit theologischer Perspektive Bizer, Orthodoxie und Cartesianismus, 356f. 47 Vgl. bes. Wittich: Theologia pacifica (1671) V. VI (bes. 53f., 40f.) und XVII. Wittich/Wittich: Anti-Spinoza (1690) 383–285 (De Deo §43). Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 437f.441 (Dekade XIV–XVII.XXIII). Weniger ergiebig scheinen Wittichs Anmerkungen im Meditationes-Kommentar zu Descartes’ Aussagen zur Willensfreiheit. 48 Diese Diskrepanz beobachtet bereits Leibniz. Vgl. Leibniz: Theodicée (1710) III 292,304f. Vgl. für eine Übersicht zu Descartes’ Freiheitsverständnis, das durchaus in seiner Betonung der Prädestination changiert, Ariew u. a., Dictionary of Descartes (2003) s.v. Freedom/Indifference 106f. Demnach lässt sich eine Betonung des Gnadenwirkens z. B. in der vierten

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Christoph Wittich und der theologische Cartesianismus – Ausblicke und Ergebnisse

einer relativierenden Weise. Ein liberum arbitrium wird dem Menschen zugesprochen, es wird jedoch vom Prädestinationsaspekt her interpretiert, so dass die cartesische Willensfreiheit deutlich zurückgenommen wird. Wittich stellt sowohl in der Theologia pacifica als auch in der Dissertatio Deus Mundi Rector aus den Exercitationes die Willensfreiheit zwar zuerst ganz im Duktus der cartesianischen Anthropologie dar, macht sie dann aber von der Prädestination abhängig. Die engen Bezüge zu Descartes’ Passiones animae sind evident, die Rezeption wird jedoch in einem möglichst orthodoxen Rahmen gehalten. Wittichs Freiheitsbegriff muss daher die Spannung aushalten, dass die menschliche Abhängigkeit vom Schöpfer diesem nicht widersprechen darf.49 In der Synthese aus Orthodoxie und Cartesianismus gerät er in eine Aporie. Ausgehend vom Verhältnis von Gotteslehre zu Anthropologie wäre auch noch einmal auf die Frage nach dem Bewusstsein für Subjektivität in Wittichs Theologie zurückzukommen. Denn das cogito ergo sum als Garant der Erkenntnisgewissheit hat auch bei Wittich eine klar anthropologische Komponente.50 Die Freiheit des Menschen zur Urteilsenthaltung ist, wie gezeigt wurde, ein zentraler Baustein seiner Gnoseologie.51 Sie wird so zur Bedingung eines Erkenntnisfortschritts. Jedoch tritt das Ich bei Wittich, wie bei Descartes selbst, nicht betont aus dem Komplex von Gottes- und Erkenntnislehre hinaus. Wohl unterstreicht er aber die Wichtigkeit des individuellen Erkenntnisvollzugs.52 Mit Descartes stellt Wittich damit zwar die Weichen für eine Subjektorientierung in der Theologie. Wie jenem ist ihm das aber nur unzureichend bewusst, so dass sie von ihm nicht vollzogen wird.53

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Meditation stärker zeigen, während in der Prinzipienschrift und den Briefen die Betonung der Freiheit überwiegt. Vgl. ergänzend Poser, René Descartes, 93–98. Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) Synopse von Kapitel 11,93f. und bes. XI §127,96–98. Vgl. zum freien Willensvermögen Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector LV–LXXI 49–64. Auch im weiteren Verlauf der Disputation spielen die Überlegungen zur Prädestination immer wieder eine Rolle für die anthropologische Perspektive. Trotz der Interpretation des cartesischen Willens- und Freiheitsverständnisses aus der Perspektive reformierter Orthodoxie übernimmt Wittich durchaus die wesentlichen Elemente der Anthropologie und Psychologie aus Descartes’ Passiones Animae. Vgl. bes. Wittich: Theologia pacifica (1671) V und VI. Vgl. z. B. Wittich: Theologia pacifica (1671) V §40f.,31f. Vgl. Kapitel 3.9.1 (methodischer Zweifel) und Kapitel 3.9.2 (Wahrheitskriterium). Vgl. z. B. Wittich: Theologia pacifica (1671) III 30,23. Vgl. dazu z. B. die Darstellung der entsprechenden Passagen in der Kommentierung der zweiten Meditation in Wittich: Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 32 (Ann. q zu Med. II §3 25 AT VII).

Ausblicke auf weitere Themenfelder von Wittichs Theologie

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5.1.3 Die Welt und das Heil: Themen aus Schöpfungslehre, soteriologischer Geschichtstheologie und Eschatologie Als Ausgangspunkt und Motivation für Wittichs Eintreten für den Cartesianismus und seine Mitarbeit an der Etablierung einer cartesianischen Theologie hat sich vor allem der naturwissenschaftliche Fortschritt, den Descartes mitgetragen hat, erwiesen. Die für die Orthodoxie problematischen Impulse, die aus der von Descartes vertretenen Physik und Astronomie hervorgehen, sind bei weitem nicht in der Frage nach der Erdbewegung erschöpft. Auf die empfundene Infragestellung der biblischen Schöpfungslehre ist bereits ausführlich hingewiesen worden. Hier ließe sich weiterfragen, welchen Einfluss diese Entwicklung auf die Entfaltung der Schöpfungslehre in cartesianisch geprägten Dogmatiken hat.54 Ausgehend von der Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie stellt sich die Frage nach der theologischen Bewertung der grundsätzlich unabhängig von den Restriktionen des biblischen Weltbildes entwickelten Naturphilosophie. Wie deuten cartesianisch geprägte Theologen die von Descartes beobachteten physikalischen Prozesse und Naturkonstanten schöpfungstheologisch? Wittich scheint, auch in seinen von der Diskussion um die cartesianische Physik weitestgehend befreiten Positiones darum bemüht zu sein, den dogmatischen Rahmen der Schöpfungslehre so zu gestalten, dass die naturphilosophischen Erkenntnisse mit ihr im Dialog bleiben und dabei die Aspekte des ‚Wie‘ der Schöpfung vermitteln.55 Descartes hat in seinem System dafür selbst theologische Anknüpfungspunkte mittels der Vorstellung einer Creatio continua integriert, deren Rezeption zu untersuchen aufschlussreich zu sein verspräche.56 Die Gotteslehre von Descartes, insbesondere seine Diskussion des Problems, Gottes 54 Diverse theologische und philosophische Implikationen, die ihren Ausgangspunkt bei Descartes’ Kosmogonievorstellungen nehmen, skizziert Blumenberg, Legitimität der Neuzeit, 234–240. Die Relativierung der Anthropozentrik des Kosmos setzt er in direkten Zusammenhang mit der Suche nach Wahrheitserkenntnis und Offenbarungsverständnis. 55 Indem Wittich das Schöpfungshandeln Gottes als „productio rei novae per imperium“ bestimmt, ist es zunächst auf einer anderen Ebene als die Naturphilosophie angesiedelt. Jedoch beschränkt er die creatio nicht auf die creatio ex nihilo (Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos [1692] 438 [Dekade XVII.3]). Er betont Gottes Souveränität als Schöpfer und weiß die ganze Welt in ihrem Bestand von seinem Schöpfungshandeln abhängig (Wittich/ Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos [1692] 438 [Dekade XVII.5]). Er macht die naturphilosophischen Prozesse damit theologisch deutbar. Auch die Beobachtung, dass er sich wohl an das biblische Zeugnis vom Sechstagewerk bindet, jedoch betont, dass die Entwicklungen eines jeden Tages nicht auf einmal, sondern prozesshaft zustande gekommen seien, zeigt, dass er die Weltentstehung trotz ihrer naturphilosophischen Erschließung als Theologe beschreiben kann (Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos [1692] 438 [Dekade XVII.10]). Vgl. dazu auch Vgl. Wittich: Theologia pacifica (1671) Synopse von Kapitel 7,47. 56 Vgl. für eine kurze Darstellung der creatio continua bei Descartes z. B. Pannenberg, Systematische Theologie II, 55f., der auch Parallelen zur lutherischen Orthodoxie verzeichnet. Vgl. bes. auch Descartes: Meditationes (1641) III 31 (AT VII 49).

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Christoph Wittich und der theologische Cartesianismus – Ausblicke und Ergebnisse

Allmacht und Unveränderlichkeit mit der Creatio continua zu verbinden, war zentral für die Entwicklungen der cartesianischen Naturphilosophie.57 Im Dialog mit diesen und den physikalischen Thesen von Descartes steht die Entwicklung der Concursus-Lehre. Die cartesianische Lesart des Concursus ist ein besonders philosophiegeschichtlich relevantes Untersuchungsfeld, das sich unmittelbar aus Fragen der Freiheit und Prädestinationslehre ergibt, aber auch in Schöpfungs- und vor allem Welterhaltungstheologie überleitet.58 Wittich verbindet mit dem Komplex von Creatio continua und Concursus auch die Soteriologie.59 Die philosophische Forschung hat Wittich zusammen mit Clauberg mit Blick auf diese Themenfelder als zentralen Vordenker des Okkasionalismus wahrgenommen.60 Als eine Spielart des dualistischen Cartesianismus bietet der Okkasionalismus eine Möglichkeit, das Zusammenspiel von körperlichem und geistigem Wirklichkeitsbereich zu erklären. Descartes’ Zirbeldrüsentheorie, die bei Wittich ebenfalls Aufnahme findet, tut dies nur sehr unzureichend und auch seine Lehre von den Zweitursachen lässt Fragen offen. Die Antwortversuche der okkasionalistischen Theorien, die das Wirken Gottes dazu heranziehen, um ein stimmiges Zusammenspiel von geistigem und materiellem Bereich zu erklären, ohne einen unmittelbaren Kausalzusammenhang annehmen zu müssen, sind per se theologisch geprägt und machen die Souveränität Gottes gegenüber Naturgesetzen und menschlicher Autonomie wieder stark. Sie werden auffällig oft im Kontext der reformierten Orthodoxie entwickelt.61 Die Betonung des alleinigen Wirkens Gottes im Okkasionalismus entspricht der theologischen Akzentsetzung reformierter Orthodoxie. Wittich und Clauberg repräsentieren Vorstufen radikal-okkasionalistischen Denkens. Wittich behält sowohl die Vorstellung von Zweitursachen (wenn auch mit stark eingeschränktem Einfluss) als auch das Konzept, dass in allen Kausalzusammenhängen die vermeintlichen Ursachen nur Anlässe (occasiones) darstellen, während tatsächlich Gott die alles koordinierende Wirkmacht ist, bei.62 Ausführlich sind beide Denker von Specht (1966) auf 57 Vgl. Pannenberg, Theologie und Philosophie, 150f. 58 Vgl. für die Concursus-Vorstellungen bei Wittich z. B. Wittich: Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector LXXII–LXXV 65–68; LXXIX–LXXXI 72–74 u. ö. 59 Vgl. Wittich/Hassel: Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 441 (Dekade XXIII.1f.). 60 Die Bezeichnung Occasionalismus/Okkasionalismus ist eine späte Bildung. Auch wenn sie Vorläufer hat, kann sie im eigentlichen Sinne nur in Bezug auf cartesianische Strömungen angewendet werden. Vgl. Specht s.v. Occasionalismus. HWP 6 (1984) 1090. Für Wittich und Clauberg handelt es sich lediglich um Konzepte zur Harmonisierung der Vorstellungen des Cartesianismus mit theologischen Prämissen von Gottes Weltlenkung, also der Anwendung von Prädestiantions- und Concursus-Lehre. Gegen diese terminologische Engführung auf die cartesianischen Konzeptionen entwickeln Perler/Rudolph, Occasionalismus, einen historisch umfassenderen Okkasionalismusbegriff seit dem 8. Jahrhundert, allerdings ohne Berücksichtigung von Wittich und Clauberg. 61 Vgl. Janssen s.v. Okkasionalismus. TRE. 25 (1995) 211f. 62 Vgl. Janssen s.v. Okkasionalismus. TRE. 25 (1995) 212. Vgl. zu der Abgrenzung von aus-

Ausblicke auf weitere Themenfelder von Wittichs Theologie

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ihre okkasionalistischen Tendenzen hin und in Gegenüberstellung mit Descartes untersucht worden.63 Wiederum zeigt die Forschung hier vor allem, wie eng verschachtelt Theologie und Philosophie bei Wittich sind und wie zwangsläufig die philosophische Perspektive auf sein Œuvre sofort auch theologische Fragen aufwirft. Aus dem Umstand, dass Wittich und Clauberg eher dem okkasionalistischen Weg der Descartesrezeption folgen, ergibt sich zugleich ihre kritische Haltung gegenüber Spinoza. Während der Okkasionalismus den Dualismus von res extensa und res cogitans über das Wirken Gottes aufzulösen bemüht ist, hatte geprägten okkasionalistischen Systemen auch Specht s.v. Occasionalismus. HWP 6 (1984) 1090f. Dieser betont, dass die bloße Betonung der Passivität von Naturursachen eine Grundthese der cartesianischen Physik darstellten und noch keinen Okkasionalismus. Die res extensa sind letztlich nicht selbstbewegt, sondern werden von Gott bewegt. Diese Vorstellung findet sich bei Wittich und Clauberg dementsprechend selbstverständlich. Doch „O. liegt erst dann vor, wenn – anders als bei Descartes – die Passivität auch des Geistes behauptet wird, d. h. wenn ihm die Fähigkeit, bei willkürlicher Bewegung die Richtung der Zirbeldrüse zu ändern und Ideen oder gar Willensakte aus sich hervorzubringen, im Sinne der Alleinwirksamkeit Gottes abgesprochen wird; […]. CLAUBERG darf in diesem Sinne kaum als Okkasionalist bezeichnet werden, denn er bestreitet lediglich die a priori-Erkennbarkeit des kausalen Nexus und führt die Zuordnung bestimmter Ursachen zu bestimmten Wirkungen auf einen göttlichen Willensakt zurück, läßt aber die Frage nach den Urheberschaften offen.“ Specht s.v. Occasionalismus. HWP 6 (1984) 1090f. Zu demselben Urteil kommt auch Trevisani, Clauberg e l’Aristotele riformato. 63 Ausführlich analysiert Specht, Commercium mentis et corporis, 96–124, in welchen Punkten Clauberg und Wittich über Descartes hinausgehen, kommt jedoch zu dem Schluss, dass sie keinen Okkasionalismus vertreten, auch wenn sie ihn vorbereiten: Dabei berücksichtigt er auch ihre Lehrer wie Heereboord und Heidanus. Am Beispiel von Heidanus und Wittich zeigt er u. a. die notwendige Ablehnung der substantiellen Formen bei den cartesianischen Theologen. Vgl. Specht, Commercium mentis et corporis, 103f. Rohls, Offenbarung, Vernunft und Religion, 360 betont demgegenüber ausdrücklich die okkasionalistischen Tendenzen bei Clauberg. Wesentliche Elemente von Claubergs okkasionalistischen Ansätzen finden sich bei Specht, Commercium mentis et corporis, 108–117. Vgl. zu Claubergs okkasionalistischen Theorien auch Röd, Philosophie der Neuzeit I, 126–129. Wittich, den Specht, Commercium mentis et corporis, 118–123 bespricht, entwickelt seine okkasionalistischen Vorstellungen im Kontext der Concursus-Lehre, wie anhand von Conesensus veritatis, Theologia pacifica, Meditationeskommentar und Anti-Spinoza gezeigt wird. Specht belegt überzeugend, dass Wittich darin eng Clauberg folgt. Er vertrete in Anknüpfung an die Zirbeldrüsentheorie „eine aktualistische Vereinigungslehre“ von Seele und Körper und geht dabei deutlich über Descartes hinaus, nach welchem Seele und Körper gerade nicht vereinigt werden konnten. (Specht, Commercium mentis et corporis, 118). Nach Wittich böten die Sinnesobjekte dem Geist eine Ursache (occasio) für das Hervorbringen von Ideen. Diese könnten zwar im Körper keine Bewegungen erzeugen, jedoch bereits vorhandene Bewegungen determinieren (Vgl. Specht, Commercium mentis et corporis, 119). Kontinuierlich betont Wittich die Abhängigkeit von Mensch und Welt gegenüber Gott, was Specht, Commercium mentis et corporis, 20f. allerdings als theologischen Topos verstanden wissen will. Diskussionswürdig ist dann die Entfaltung des Concursus unter dieser Prämisse und insbesondere seine Rezeption und Weiterführung der Ursachenlehre. Vgl. dazu Specht, Commercium mentis et corporis, 120–123. Vgl. auch in Erweiterung zu Specht, Commercium mentis et corporis, die Anmerkung von Scribano, Da Descartes a Spinoza, 74 (Anm. 123).

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Christoph Wittich und der theologische Cartesianismus – Ausblicke und Ergebnisse

Spinoza die beiden Substanzen in ihre ursprüngliche Einheit in Gott überführt und damit die Hauptgedanken der cartesianischen Theologie in grundsätzlicher Weise unterlaufen.64 Die theologische Funktion der Concursus-Lehre besteht vor allem darin, die Erhaltung der Schöpfung und Mitwirkung Gottes an den weltlichen Entwicklungen zu erklären, um seine grundsätzliche Souveränität trotz der naturphilosophischen Erschließung der Welt aufrechtzuerhalten. Sie war ursprünglich hamartiologisch bestimmt, denn so kann zugleich dem Geschöpf die Eigenverantwortlichkeit für die Sünde zugesprochen werden. Im Kontext der naturphilosophischen Entwicklungen des 17. Jahrhunderts jedoch hatte sich die Funktion des Concursus verschoben. Er dient nun der Absicherung göttlichen Wirkens in einer Welt, die durch eine mechanistische Physik „einer gänzlichen Verselbstständigung“65 zu verfallen drohte. Der Ansatz von Descartes, der Gottes erhaltende Wirkung grundsätzlich anerkannt, aber unter Verweis auf die Unveränderlichkeit Gottes die innerweltlichen Entwicklungen allein auf die physikalischen Prinzipien innerhalb der Schöpfung zurückführen wollte, reduzierte die Einflussnahme Gottes derart, dass er mitunter unter Atheismusverdacht gestellt wurde.66 So wäre es aufschlussreich zu untersuchen, wie Wittich und andere Theologen des cartesianischen Netzwerkes ihre Concursus-Lehre entwerfen und in welcher Weise sie dabei auf Descartes zurückgreifen. Vom Wirken Gottes in der Welt ließe sich schließlich der Blick auf die Frage der Geschichtstheologie und Eschatologie bei Wittich und in seinem Umfeld lenken. Hierbei müsste vor allem der Einfluss der coccejanischen Bundestheologie mitberücksichtigt werden. Das Fundament von Wittichs Weltverständnis zwischen Orthodoxie und Cartesianismus ist im Kontext der Werkerschließung und der Analyse der Prolegomena erläutert worden, verdiente aber eine tiefergehende Untersuchung. Die Erschließung nicht nur der Theologie von Coccejus, die in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht hat, sondern auch der Systeme anderer cartesianischer Theologen neben Wittich, wie z. B. Burman oder Abraham Gulich (1642–1679)67 und anderer Vertreter der Theologia pro-

64 Vgl. dazu Pannenberg, Theologie und Philosophie, 152–154. 65 Pannenberg, Systematische Theologie II, 65. 66 Vgl. mit Belegen für diese Einschätzung durch Buddeus und Newton die Darstellung von Pannenberg, Systematische Theologie II, 65f., der auch die entsprechenden Stellen im Œuvre von Descartes bietet. Vgl. bes. Descartes: Principia (1644) II 37–40 (AT VIII/1 61–65). Vgl. ergänzend und mit weiteren Belegen Pannenberg, Systematische Theologie I, 472 und zur Rezeption Pannenberg, Theologie und Philosophie, 151–156. 67 Vgl. zu diesem herausragenden Schüler Wittichs van Asselt, Art. Gulichius, Abraham (1642–79). DSECDP 1 (2003) 375f., Zekl, Logik-Unterricht in Hamm, bes. S. 111f. und Hellekamps/Musolff, Aufklärung in Hamm, bes. 126–130 sowie die Beiträge des Verfassers in Hellekamps/Musolff, Lehrer an westfälischen Gymnasien.

Ergebnisse und kritische Würdigung

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phetica,68 müssten für ein umfassendes Bild mitberücksichtigt werden. Für die ersten Eindrücke zu Wittichs Position bieten sich neben entsprechenden Passagen der Theologia pacifica vor allem die übersichtlichen Positiones an. Eine Würdigung des Geschichtsverständnisses von Wittich wäre nicht nur vor der Frage seiner Coccejusrezeption von Bedeutung, sondern auch für die Wirkungsgeschichte des cartesianischen Fortschrittsgedankens, der verschiedentlich bei Wittich begegnet.69 Daraus ergäben sich Implikationen für die Verortung cartesianischer Theologie im frühneuzeitlichen Denken.70 Einzelthemen der Theologie Wittichs scheinen sich besonders in seinen Disputationen zu erschließen. Trotz der auch hier vorfindlichen philosophischen Bezüge cartesianischer Theologie treten theologische Themen verstärkt in den Vordergrund. Dies belegen z. B. die Exercitationes eindrücklich. Für ein tiefergehendes Bild von Wittich als Theologe wäre daher ein Blick auf die erhaltenen Disputationen sehr ergiebig. Im Œuvre Wittichs finden sich zu den wesentlichen dogmatischen loci auch Aussagen, die ein vollständiges theologisches System rekonstruierbar machen.

5.2

Ergebnisse und kritische Würdigung

Gerhard Ebeling kommt bei seiner Auseinandersetzung mit Luther und Descartes zu der Schlussfolgerung: Es „verpflichtet das Erbe Luthers, sich dem Erbe Descartes’ zu stellen.“71 Die Analyse von Leben, Werk und Dogmatik Wittichs ist dieser Verpflichtung nachgegangen und bestätigt ihre Geltung. Die cartesianische Theologie Wittichs hat sich als ein früher, aber entscheidender Schritt auf dem Weg der Entwicklung neuzeitlicher Theologie erwiesen. Wittich gehört zu den ersten Theologen, die die Aufgabe, die sich mit Descartes an die Theologie stellt und die Ebeling so deutlich artikuliert, ernstgenommen haben und ihr nachgegangen sind. In seiner cartesianischen Theologie liegt uns der Versuch 68 Vgl. dazu z. B. van der Wall, Orthodoxy and skepticism, 125f. 69 Vgl. z. B. am Beispiel der Hermeneutik Kapitel 4.3.5.3.3 (Die Bibel als göttliches Fundament einer fortschrittlichen Theologie). 70 Blumenberg, Legitimität der Neuzeit, 35–45, bes. 41f. diskutiert den Fortschrittsgedanken als einen Säkularisierungsprozess der Eschatologie unter bes. Berücksichtigung von Descartes. Gerade in der Gegenüberstellung mit dem Prozesshaften der coccejanischen Föderaltheologie böte sich hier wohl ein ertragreiches Untersuchungsfeld cartesianischer Theologie. Insbesondere die hier gesammelten Ergebnisse zu ihrem Wissenschaftsverständnis dürften dafür eine gute Grundlage bilden, da sich für Descartes Fortschritt vor allem in der Vervollkommnung wissenschaftlicher Erkenntnis erweist. Für Blumenberg ist dementsprechend auch die Dominanz der Methode im Cartesianismus bes. prägend für das frühneuzeitliche Geschichtsbewusstsein. Vgl. Blumenberg, Legitimität der Neuzeit, 412.440f. 71 Ebeling, Gewißheit und Zweifel, 153.

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Christoph Wittich und der theologische Cartesianismus – Ausblicke und Ergebnisse

einer Synthese von reformatorischem und cartesischem Erbe vor. Das Ergebnis ist einer der ersten Entwürfe dezidiert neuzeitlicher Dogmatik: Streng rationale und weltoffene Wissenschaftlichkeit und im Rahmen reformierter Orthodoxie verantworteter Glaube an die Offenbarung werden von Wittich aufs engste miteinander verbunden.

5.2.1 Die Ergebnisse im Überblick Anhand der Detailanalyse von Wittichs Prolegomena, die sich auf der Grundlage biographischer und werkgeschichtlicher Untersuchungen besonders für einen Zugang zur cartesianischen Theologie empfohlen hat,72 ließen sich die einzelnen Bestandteile seines theologischen Fundaments aufzeigen. Sie ermöglichten eine Introspektive in die Art und Weise, wie Wittich Cartesianismus und Orthodoxie aufeinander bezogen hat und welche theologischen Folgen sich daraus ergeben haben. Die ausführliche Berücksichtigung des Traditionszusammenhanges und des Diskurses mit zeitgenössischen Gegenpositionen und der Impulse der wichtigsten Mitglieder des cartesianischen Netzwerkes ermöglichte eine exakte Bestimmung der Theologie Wittichs im Kontext seiner Zeit, so dass ein umfassendes Bild der verschiedenen Spielarten orthodoxer Theologie und frühneuzeitlicher Philosophie entstanden ist und mit Wittich in Bezug gesetzt wurde. Das Verhältnis von Philosophie und Theologie, und damit einhergehend von Vernunft und Offenbarung, hat sich als zentrales Problemfeld cartesianischer Theologie erwiesen, das sich für Wittich aus der Konfrontation der Bibel mit den naturphilosophischen Entwicklungen des Cartesianismus ergeben hat. Es konnte gezeigt werden, dass Wittich auf der Grundlage wissenschaftstheoretischer und methodologischer Reflexionen einen facettenreichen Ansatz dieser Verhältnisbestimmung erarbeitet hat. Die Frage nach dem cartesianischen Charakter seiner Theologie ließ sich dabei nicht nur inhaltlich beantworten, sondern anhand der Bemühungen um die Verbindung der mathematischen Methode von Descartes mit der Schultheologie auch in formaler Hinsicht. Die cartesianische Methodologie erweist sich dabei trotz grundsätzlicher Scholastikkritik als ein Kompromiss zwischen Tradition und nova philosophia. Wittichs Prolegomena lassen sich auf der Grundlage der geleisteten Analysen wie folgt zusammenfassen: Auch wenn Wittich sich mit dem Verweis auf sein reformiertes Bekenntnis ausdrücklich von der Bezeichnung ‚cartesianische Theologie‘ distanziert, sind die Bezüge zur Philosophie Descartes’ in seiner Dogmatik sehr dominant. Wittichs Theologie folgt dem Erkenntnisweg von Descartes und nimmt ihren Ausgangspunkt nicht bei Gott, sondern bei der 72 Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 409f. u. ö.

Ergebnisse und kritische Würdigung

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natürlichen Erkenntnis des Menschen. Der auf diesem Weg gewonnene Gottesbegriff der cartesianischen Epistemologie bildet für ihn das Fundament der Theologie. Erst über die Frage der Soteriologie wird der Mensch an die Offenbarung verwiesen. In Auseinandersetzung mit dem Wissenschaftsverständnis von Descartes und seines Netzwerkes hat Wittich aber zunächst die grundsätzliche Unabhängigkeit von Theologie und Philosophie zugunsten beider Wissenschaften über zwei gängige Differenzierungskriterien entwickelt, nämlich ihre Inhalte und Prinzipien. Während er der Philosophie die Vernunft und den inhaltlichen Bereich der wissenschaftlichen Welterschließung zuordnen konnte, hat sich ihm die Theologie als die Wissenschaft der Offenbarung mit dem Inhalt der heilsrelevanten, übervernünftigen Glaubensmysterien erwiesen. Natürliche Gotteserkenntnis gehört demnach in den Bereich der Philosophie, die jedoch keine heilsrelevanten Erkenntnisse hervorbringen könne. Bei einer rigorosen Abgrenzung von Philosophie und Theologie bleibt Wittich jedoch nicht stehen. Eine vollkommene Trennung der Theologie von der Vernunft hätte weder seinem Wissenschaftsverständnis noch Vernunftbegriff entsprochen. Gleichzeitig hat es sich als sein zentrales Anliegen erwiesen, einen Rückfall in die klassische Vorstellung der Philosophie als ancilla theologiae zu vermeiden. Wittich löst dieses Dilemma mittels der Anknüpfung an die auch sonst in der Orthodoxie gebräuchliche usus-Lehre: Ein gegenseitiger Nutzen von Philosophie und Theologie wird zugestanden, indem ein Mischbereich gemeinsamer Themen erarbeitet und klare Grenzen der Geltung der beiden Wissenschaften definiert werden. Demnach kann nur die Theologie sich zu den Mysterien äußern, während die natürliche Welterschließung alleinige Aufgabe der Philosophie bleibt. Gleichzeitig wird über die theologische Bestimmung der Vernunft in ihrem Verhältnis zu Glaube und Offenbarung die Möglichkeit eröffnet, wissenschaftliche Methoden auf die Theologie anzuwenden, ohne die Souveränität des Glaubens infrage zu stellen. Dies gelingt über die Annahme einer einheitlichen, widerspruchsfreien Wahrheit und die pneumatologische Deutung von Vernunft und Offenbarung, die im Zusammenspiel von fides historica und fides salvifica aufeinandertreffen. Die Mysterien können demnach nur als geoffenbartes Faktum anerkannt werden, eine inhaltliche diskursive Näherbestimmung verböte sich jedoch. Theologie als vernünftige Wissenschaft ist zudem dadurch möglich, dass sowohl Vernunft als auch Offenbarung göttlichen Ursprungs sind und beide Erkenntnisse hervorbringen. Eine Erkenntnis wiederum ist unabhängig von ihrem Ursprung offen für rationale Operationen. Die Tatsache, dass sich die Offenbarung überhaupt mittels der Vernunft erschließen lässt, wertet Wittich als ein wesentliches Anliegen des Heiligen Geistes. Für eine Kommunikation mit dem Vernunftwesen Mensch, das Gott zum Heil führen will, passt er seine Botschaft diesem an und gestaltet sie bewusst so, dass der Mensch einen vernünftigen Zugang zu ihr finden kann. Damit verweist die Verhältnisbestimmung von Vernunft und Of-

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fenbarung bereits in den hermeneutischen Komplex von Wittichs Theologie. Die Hermeneutik hat sich in ihrer Zuspitzung auf Akkommodation und Skopus als Dreh- und Angelpunkt von Wittichs Dogmatik erwiesen. Die Anpassung des Heiligen Geistes an die Menschen vermittelt zwischen göttlicher Offenbarung und Vernunft. Dabei basiert Wittichs Hermeneutik auf der cartesianischen Erkenntnislehre und ihrer Ausdifferenzierung in der Logik, wie sie besonders Clauberg vorgenommen hat. Seit Wittichs Frühwerk findet seine Hermeneutik im opinio-Argument eine profilierte Zusammenfassung. Die historische Analyse der Akkommodationsfigur hat ergeben: Die Bestandteile von Wittichs Hermeneutik – Akkommodation, Skopus und andere methodische Schwerpunkte wie die Kontextberücksichtigung – sind für sich betrachtet wenig innovativ. Ihre Einflechtung in die Dogmatik und ihre cartesianische Zuspitzung sowie insbesondere ihre „prinzipielle Bedeutung“73 für Wittichs Wissenschafts- und Theologieverständnis geben ihr jedoch einen bemerkenswerten Charakter. Wittich macht seine auf die Akkommodation hin zugespitzte Hermeneutik zu einem wesentlichen Ordnungsprinzip seines gesamten theologischen Denkens.74 Wittichs Leistung besteht darin, die allgemeine cartesianische Hermeneutik nicht nur auf die Bibel anzuwenden und in die exegetischen Methoden der Zeit zu integrieren, sondern vielmehr auf ihrer Grundlage das Verhältnis von Offenbarung und Vernunft zu bestimmen. So zeigt er, wie die cartesianische Philosophie ein zentrales Werkzeug für eine dezidiert biblische Theologie bereithält.75 In seinem theologischen Denken durchdringt die Akkommodation die verschiedenen Ebenen seiner in Kontroverse und Lehre entwickelten Fragestellungen. Von der allgemeinen Verhältnisbestimmung der Wissenschaften bis hin zu exegetischen Detailfragen reguliert sie die zentralen Elemente seines Systems. Die von der Akkommodation ermöglichte Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung begründet für Wittich die Theologie als Wissenschaft auf eine Weise, die sowohl die Souveränität von Theologie und Schriftautorität als auch die Selbstständigkeit der Philosophie stärkt. Dabei kann er unter dem Anspruch der Wissenschaftlichkeit cartesianische Elemente in die Theologie überführen, sie besonders im Rahmen einer vernünftigen Schriftauslegung konkret anwenden und teilweise beanspruchen, sie parallel aus der Bibel selbst abzuleiten. Zugleich kann er den Akkommodationsgedanken als theologische Aufgabe ernstnehmen und aus dem biblischen Vorbild die Aufforderung ableiten, sich auch als Lehrer und Prediger an sein Publikum anzupassen. Für die Exegese 73 Scholder, Bibelkritik, 150. 74 Vgl. auch Jeanrond, Wie hermeneutisch ist die Theologie?, 33. Dies führt zu einer gegenseitigen Beeinflussung von Hermeneutik und Theologie. Auf dieser Grundlage fußt letztlich auch der Dialog von Theologie und Philosophie in Wittichs System. 75 Vgl. zu einem ähnlichen Urteil auch Savini, Le développement de la méthode cartésienne, 519–521.

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leistet Wittichs Akkommodationslehre besonders die Etablierung eines Bewusstseins der Kontextualität der biblischen Autoren und ihrer Leser. Diese Vorstellung verbindet er mit dem Fortschrittsgedanken des Cartesianismus und kann über die Orientierung am soteriologischen Skopus der Bibel ihre Autorität in einer Welt gewährleisten, die sich wissenschaftlich weiterentwickelt. Gleichzeitig wird die Bibel dadurch von ihrem Anspruch, unfehlbares Universallehrbuch in allen Wissensbereichen sein zu müssen, entbunden. Die Entwicklung hin zu einer historisch-kritischen Exegese wird durch die Akkommodationslehre maßgeblich vorangebracht. Sie führt zu einer Fokussierung auf den Menschen in seiner Rolle als erkennendes und geschichtliches Subjekt und der Etablierung der Rationalität und des Fortschrittsdenkens in der Bibelauslegung. Ihre Bedeutung kommt in ihrer Wiederaufnahme im 18. Jahrhundert zum Ausdruck. Mit Wittichs Hermeneutik kann der Mensch als Subjekt in seiner jeweiligen historischen Situation und unter den Bedingungen seines Menschseins dem sich in der Geschichte offenbarenden Wort Gottes gegenübergestellt werden. Die Zuversicht der Cartesianer, einen kontinuierlichen Erkenntnisgewinn sowohl innerhalb der Wissenschaft als auch für den einzelnen Menschen zu ermöglichen, führt zu einem Fortschrittsoptimismus in der Exegese, die als scrutatio des biblischen Schatzhortes verstanden wird. „Was auf der epistemologischen Ebene gilt, wird auch auf die hermeneutische Ebene übertragen, wo es um das korrekte Verstehen des biblischen Textes geht.“76 Auch wenn die Akkommodationslehre bei Wittich nicht mehr dieselbe theologische Komplexität besitzt wie bei einigen Kirchenvätern oder bei Calvin, kommt ihr dennoch eine herausragende und vielschichtige Funktion in seinem theologischen Entwurf zu, die weit über eine rein hermeneutische Engführung hinausgeht, wie sie sonst zu Wittichs Zeit verbreitet war.

5.2.2 Problemfelder der Theologie Wittichs Wenn man sich mit den Beobachtungen der evangelischen Theologie des 20. Jahrhunderts zum Cartesianismus noch einmal an Wittichs cartesianisch geprägte Entfaltung reformatorischer Orthodoxie wendet, entsteht ein ergiebiger Ausgangspunkt für eine ausdifferenzierte Kritik und Würdigung seines Ansatzes. Die klassischen Anfragen an den Cartesianismus, nämlich nach Zweifel, Subjektivität, Geschichtsbewusstsein und Rationalität,77 sind in unterschiedlichem Maße auch an Wittichs Werk zu stellen. So zeigen seine apologetischen Schriften deutlich, dass er die Gefahr einer rationalistischen Überformung 76 De Angelis, Melanchthon in der Frühaufklärung, 175. 77 Vgl. Kapitel 2.8 (Conclusio: Revision des protestantischen Descartesbildes mit Wittich).

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wahrgenommen und diskutiert hat, dass seine Antwortversuche auf diese Gefährdung im eigenen theologischen Nachdenken jedoch auch auf Grenzen gestoßen sind. Vor einer rationalistischen Überformung schützt ihn jedoch seine enge Bindung an den Rahmen der reformierten Orthodoxie. Den Diskurs um das Problem des Zweifels kennt er gut, er spielt in seinem eigenen Nachdenken aber eine untergeordnete Rolle, obgleich er die cartesische Erkenntnislehre detailliert bespricht und für sein Wissenschaftsverständnis rezipiert. Auch bei ihm sind die Gefahren der neuzeitlichen anthropozentrischen Wende klar erkennbar: Seine Theologie hat durch ihr philosophisches Fundament anthropozentrische Züge, sein Glaubensbegriff leidet unter dem hohen Stellenwert, den die Vernunft in seiner Theologie einnimmt, insgesamt scheint das Verhältnis Offenbarung und Vernunft für einen evangelischen Entwurf zu stark auf letztere ausgerichtet zu sein. Eine dezidierte Subjektorientierung weist sein Denken allerdings kaum auf. Anlagen für ein neuzeitliches Geschichtsbewusstsein und Fortschrittsdenken lassen sich beobachten. Sie prägen vor allem sein Wissenschaftsbild und die exegetische Methode. Insgesamt ist seine Theologie durch die Auseinandersetzung mit dem Cartesianismus philosophisch stark vereinnahmt. So lässt sich Wittich an die erste Stelle einer langen Reihe von Theologen einordnen, die sich am von Descartes her bestimmten Geist der Neuzeit orientieren und die jeweils wechselseitig mit ihren Kritikern die Entwicklung der Theologie bis heute prägen. Die cartesianische Theologie ist durch die große Bedeutung ihres philosophischen Impulsgebers auf der einen und ihrer relativ kurzen Blütezeit auf der anderen Seite ein ausgezeichnetes Lernfeld, an dem sich Stärken und Schwächen, Chancen und Probleme eines Ansatzes beobachten lassen, der sich von säkularen Entwicklungen seiner Zeit leiten lässt. Wittichs Synthese aus reformierter Theologie und cartesianischer Philosophie war kontinuierlicher Kritik ausgesetzt. In der Tat bereitet sie eine Reihe von theologischen Schwierigkeiten und Folgeproblemen, die im Rahmen der Untersuchung aufgefallen sind. Diese sind teilweise Zuspitzungen von Grundsatzproblemen der neuzeitlichen Theologie überhaupt, teilweise spezifische Konsequenzen aus Wittichs Lösungsansatz für die Harmonisierung von Vernunft und Offenbarung mittels der Hermeneutik. Sie lassen sich in vier Thesen bündeln: Erstens: Der Cartesianismus ist eine die biblische Theologie überformende Voraussetzung von Wittichs Denken. Wittichs konsequente Orientierung am Cartesianismus, seinen Methoden, seiner Terminologie, seinem Menschenbild und Erkenntnisbegriff, wirkt sich verengend auf seine Theologie aus. Nicht nur methodisch, sondern auch inhaltlich bekommt sie einen Charakter, der allein seinen philosophischen Voraussetzungen geschuldet ist. Er bemüht sich dabei um eine große Kompatibilität mit den Dogmen der Orthodoxie und dem von Coccejus her bestärkten Anspruch

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einer biblischen Theologie. So entspricht sie augenscheinlich den Bedingungen evangelischen Denkens, gleichzeitig wirkt sie aber auch sehr formal, systematisiert und starr. Das Ergebnis ist eine akademische Lehrbuchtheologie, die an entscheidenden Stellen Gefahr läuft, die für die Theologie notwendige Dynamik, Lebendigkeit und Relationalität zu verlieren. Sowohl die dialogische Ebene als auch die persönliche und existentielle Dimension vom Glauben an Kreuz und Auferstehung können so oft nicht artikuliert werden. Die Unverfügbarkeit des Glaubens wird allerdings bekannt und reflektiert. In vielerlei Hinsicht entsprechen diese Defizite einem Grundproblem orthodoxer Dogmatik, denn sie entstehen unabhängig davon, ob Descartes oder Aristoteles das philosophische Fundament der Theologie bilden.78 Die cartesianische Hermeneutik steht aber vielen Impulsen im Weg, die aus einer bibliozentrischen Theologie heraus diesen Tendenzen entgegengesetzt werden könnten. Wittich entfaltet – ganz in diesem Duktus – seine Theologie nicht zuerst von der Bibel aus, sondern vom Menschen und seiner Vernunft. Wo er beansprucht, Akkommodation als von der Bibel selbst nahegelegte Hermeneutik zu belegen, argumentiert er einseitig. Trotz der kritischen Anfragen seiner Zeitgenossen reflektiert Wittich dieses Problemfeld letztlich nur unvollständig. Dem Anspruch des Coccejanismus wird er daher nicht gerecht. Seine Theologie wird insgesamt zu Recht als cartesianisch bezeichnet. Zweitens: Wittich erklärt den Cartesianismus zu einer Bedingung der Theologie. Wittich propagiert den Cartesianismus gemäß seiner Überzeugung als ein überlegenes philosophisches System mit dem Anspruch wissenschaftlicher Allgemeingültigkeit. Daher ist aus seiner Perspektive auch die Theologie, die auf den Cartesianismus zurückgreift, die angemessenere. Für den nichtwissenschaftlichen Kontext, konkret die Bibellektüre des glaubenden Christen, spielt dies für ihn keine Rolle. Außerhalb des akademischen Kontextes kann er die opinio vulgi zugestehen, an die sich die Bibel angepasst hat, der auch die Predigt folgen soll und die der Heilsvermittlung nicht im Wege steht. Insofern schützt der Akkommodationsgedanke vor der Fehlentwicklung zu einem elitären Christentum der Gelehrten. Die entscheidende Wahrheit des Christseins, Jesus Christus, erkennt man klar und deutlich auf der Grundlage der biblischen Autorität. Für die Theologie als Wissenschaft erscheint in Wittichs Darstellung die Bindung an den Cartesianismus aber alternativlos zu sein. Das Bild des Theo78 Diese Diagnose zur Orthodoxie hat pointiert Barth entfaltet. Vgl. Barth, KD I/2 536 und Kapitel 2.3 (Barth). Der Hang der Orthodoxie zu einem streng systematischen Zugang zur Dogmatik, zu spekulativen und scholastischen Elementen macht es schwierig, in ihrem Kontext ein Gespür für das Unaussagbare der Theologie zu entfalten und die Anfechtungen und dialektischen Spannungen adäquat zu berücksichtigen, denen man im Glauben ausgesetzt ist.

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logen wird dadurch dem cartesianischen Erkenntnisideal unterworfen. Es ist fraglich, ob man aus Wittichs Perspektive ein guter Exeget sein kann, ohne Schulung in cartesianischer Philosophie und zumindest den Grundlagen auch des Expertenwissens in Astronomie, Medizin und anderen Fachbereichen. In grundsätzlicher Weise propagiert Wittich die Voraussetzung des Cartesianismus für richtige Urteilsbildung. Die Formulierung des opinio-Arguments und die mit ihr verbundene duplex cognitio legt nahe, dass die cognitio vulgaris und die in ihr enthaltenen Irrtümer und Vorurteile von den Theologen durchschaut werden müssen. Die Cartesianer beanspruchen dies zu leisten. Gerade in der alternativlosen Propagierung des Cartesianismus mag bereits eine Ursache des Anstoßes gelegen haben, den die ursprüngliche Fassung des opinio Arguments in der Fachwelt erregt hatte.79 Die enge Verbindung von cartesianischer Wahrheitserkenntnis und richtiger Urteilsbildung zu einem adäquaten Bibelverständnis wirkt rationalistisch. Dieser Eindruck wird noch verstärkt, wenn Wittich die Regeln der cartesianischen Urteilsenthaltung sündentheologisch ausdeutet. Wittichs hermeneutisches Konzept bleibt trotz aller Vorbehalte nichtsdestoweniger gerade dadurch theologisch verantwortbar, dass er die Unverfügbarkeit des Glaubens und des Heils betont. Es würde Wittich daher nicht gerecht, mit Maresius eine direkte Linie von ihm zu Meyer und Spinoza zu ziehen.80 Jedoch bereitet Wittichs konsequente Ausrichtung auf eine systematische, cartesianisch gefärbte Erschließung der Theologie als Offenbarungswissenschaft eine derartige Entwicklung durchaus vor und insofern ist Maresius’ kritisches Gespür durchaus berechtigt.81 Denn über die Verbindung 79 Das opinio-Argument droht denjenigen Theologen, die nicht an Descartes geschult sind, nicht nur den Expertenstatus in naturphilosophischen Fragen zu entziehen, sondern auch ihre exegetische Kompetenz einzuschränken, insofern ihnen die Fähigkeit abgesprochen wird, zwischen cognitio vulgaris und philosophica innerhalb des biblischen Stils zu unterscheiden. Wittichs Gegner fühlen sich möglicherweise auf die Ebene des vulgus herabgestuft, von dem sich die cartesianischen Theologen selbstbewusst abheben können. Auch wenn Wittich diesen Gedanken polemisch nicht ausreizt, mag die Ablehnung seiner Akkommodationslehre aus dem Eindruck resultiert sein, als handle es sich bei der accommodatio Dei um eine Anpassung, die die cartesianische Elite eigentlich nicht bedürfe. Vgl. dazu auch Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 212.219f. und Danneberg, Hermeneutik zwischen Theologie und Naturphilosophie (2010a), 267f. 80 Mit Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 144f. gegen Laplanche, Bible, sciences et pouvoirs au XVIIe siècle, 98–104. Betrachtet man allerdings einen Überblick der hermeneutischen Überlegungen, die Spinoza im Tractatus theologico-politicus anstellt, fällt die deutliche Parallelität zu Wittich klar ins Auge. Der evangelische Rahmen von Wittichs Hermeneutik erweist sich damit in vielen Punkten als verzichtbar, ohne dass Wittich dies beabsichtigt hätte. Vgl. für eine gute und systematisch-theologisch reflektierte Übersicht über Spinozas Hermeneutik z. B. Jüngel, Anthropomorphismus, 111–125. 81 Die Gefahr, die Philosophie zur Auslegerin der Bibel zu erklären, wird dann real, wenn man, wie Meyer und Spinoza, die Trennung von Theologie und Philosophie auf der Grundlage von zwei Erkenntnisprinzipien bei einer einzigen Wahrheit für inkonsequent hält. Auch Spinozas

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der Theologie mit den cartesianisch bestimmten Anforderungen von Wissenschaftlichkeit entsteht eine Abhängigkeit des Theologen vom Cartesianismus, die von außen an sie herangetragen wird. Der usus der Philosophie wird für die Theologie zu einem notwendigen Aspekt erklärt. Es ist ein Urteil der Vernunft, die sich durch die Anwendung einer philosophisch geprägten Hermeneutik zeigt, das darüber entscheidet, welche Bibelstelle als akkommodiert zu betrachten ist. Und dadurch kann die Philosophie zur Auslegerin der Bibel werden, wie Meyer sagt, auch wenn Wittichs Intention damit freilich völlig missverstanden wäre.82 Drittens: Eine prinzipienhafte Akkommodation beschränkt die Theologie. Trotz aller Offenheit für den Cartesianismus ist es Wittichs erklärtes Ziel, die Schriftauslegung vor einem radikalen Rationalismus zu schützen. Den entscheidenden Unterschied zwischen cartesianischen Theologen und radikalen Rationalisten macht für Wittich und die cartesianische Theologie die Betonung der Differenz zwischen Philosophie und Theologie in Bezug auf ihre Erkenntnisbereiche aus. Mysterien und Heil sind der reinen Vernunft grundsätzlich verschlossen. Die Akkommodation trägt die Trennung der Wissenschaften maßgeblich mit. Doch gerade in diesem Zusammenhang erweist sich Wittichs Verständnis der Akkommodation als hermeneutischer Schlüssel als folgenreich, und zwar zunächst unabhängig von den Konsequenzen ihrer cartesianischen Prägung. Anders als bei seinen theologischen Vorgängern (und Gegnern) ist für Wittich die Akkommodationslehre nicht mehr anwendbar von Fall zu Fall bei der Auslegung der in ihrer Autorität unangefochtenen Bibel. Die mit dem Rationalismus und den Ergebnissen der Naturphilosophie einsetzende veränderte Problemwahrnehmung fordert Grundsatzentscheidungen. Im Falle Wittichs konkretisiert sich das in der generellen Relativierung des Wahrheitsanspruchs der Schrift in naturphilosophischen Fragen. Wenn die Akkommodationslehre auf diese grundsätzliche Weise die Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie reguliert, wird sie ein starres Prinzip. Während sie früher nur nach Bedarf und vor allem intertextuell genutzt wurde, um Aussagen der Bibel miteinander zu harmonisieren, erscheint sie jetzt als ein primär philosophisch bestimmter hermeneutischer Schlüssel.83 Gerade dadurch werden auch ihr relationaler Charakter und ihre flexible Einsatzmöglichkeit eingeschränkt. Annahme, dass die Bibel für die Wahrheitsfrage letztlich irrelevant sei, ist durch die Abhängigkeit ihrer Auslegung von Vernunftentscheidungen vorbereitet. Vgl. zur Akkommodation bei Spinoza auch Huijgen, Divine Accommodation, 377f. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen klar rationalistischen Positionen und Wittich ist aber in dessen Bekenntnis zu den biblischen Mysterien und der Unverfügbarkeit des Heils zu suchen. 82 Vgl. zusammenfassend Huijgen, Divine Accommodation, 374. 83 Vgl. Danneberg, Schleiermacher und das Ende des Akkommodationsgedankens, 211–213 und Huijgen, Divine Accommodation, 374f.

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Viertens: Die Akkommodation unterläuft sowohl die Trennung von Philosophie und Theologie als auch die Abgrenzung gegenüber dem Rationalismus. Die Thesen zwei und drei lassen die Frage stellen, ob die von Wittich vorgenommene Grenzziehung zwischen Theologie und Philosophie tatsächlich gewährleistet ist. Wenn die Bibellektüre von einer so dezidiert philosophischen Hermeneutik abhängt, ist Wittichs eigene Grenzziehung des usus der Vernunft überschritten. Dieses Defizit haben die Kritiker Wittichs immer wieder moniert.84 Die aus Descartes’ Phänomenologie abgeleitete duplex cognitio und das cartesische Wahrheitskriterium dominieren die Akkommodation als exegetisches Prinzip und gefährden so die Bibelauslegung durch rationalistische Tendenzen. Der allgemeine Anspruch, mittels einer absolut zuverlässigen Methode exakte Wahrheitserkenntnis zu ermitteln, wird dabei allzu leichtfertig auch auf die Interpretation biblischer Texte übertragen. Nicht nur die Bibel, sondern auch die konkrete Bibeldeutung wird dadurch mit einem Absolutheitsanspruch vollständiger Richtigkeit versehen. Die vermeintlich richtige Bibeldeutung genießt für Wittich dann dieselbe Autorität wie die Offenbarung selbst. Die Vernunft wird zu einem archimedischen Punkt, von dem aus der Exeget bei der Bibellektüre eine eindeutige Wahrheitserkenntnis herausarbeitet. Eine differenziertere Akkommodationslehre böte demgegenüber Spielraum für ein relativierendes Moment, wie es in ihrem Verständnis als Ausdruck der Gottesbeziehung auch zum Tragen kommt, z. B. im Sinne einer biblischen Wahrheit, die in jeder Epoche oder für jeden Bibelleser neu zum Sprechen gebracht werden muss. Für Wittich ist die Akkommodation in der Bibel aber vor allem ein stilistisches und didaktisches Ausdrucksmittel, das erkannt, entschlüsselt und geradezu überwunden werden muss, um die eine und eindeutige Wahrheit dahinter zu entdecken. Die von Wittich bekannte eine Wahrheit des Heiligen Geistes wird von der korrekten – und d. h. cartesianisch entwickelten – Urteilsbildung geradezu abhängig. Nur unzureichend kann dies durch die theologische Reflexion der Vernunft aufgefangen werden.85 Akkommodation bietet anhand des mit ihr verbundenen Skopus einen Deutungsschlüssel für biblische Texte mit Aussagen, die nicht heilsrelevant sind. Diese drohen so zu einem stilistisch funktionalen, aber inhaltlich nicht relevanten Beiwerk zu verkommen. Akkommodation als eine Beschreibung der Anpassung Gottes an den in seiner Sündhaftigkeit blinden Menschen wird nicht mehr verstanden als Wesensaussage über Gott, Mensch und ihre Kommunikation, sondern muss mittels der cartesianischen Philosophie durchschaut und dekodiert werden. Die existentielle Notsituation des Menschen – seine Blindheit 84 Über die Diskussion mit Maresius und anderen hinaus sei z. B. auch auf die katholische Kritik an Wittich bei Riccioli verwiesen. Vgl. dazu De Angelis, Anthropologien, 297. 85 Vgl. dazu Kapitel 3.10 (Geist und Glaube).

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gegenüber der Wahrheit – wird zu großen Teilen relativierbar, auch wenn Wittich die Heilswahrheit von der Vernunfterkenntnis formal ausnimmt.86 Wittichs Skopusorientierung läuft Gefahr, die Bibel auf eine dogmatisch bestimmte Zentralaussage zu verkürzen. Die eigenständige Bedeutung der vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten der biblischen Botschaft tritt in den Hintergrund. Es muss demgegenüber betont werden, dass die Bibel mehr bietet, als die formelhafte Zusammenfassung von Kreuz und Auferstehung, die sich aus ihr mittels der Skopusexegese ableiten ließe. Die Darstellungsformen des Evangeliums können nicht überwunden und auf ein stilistisches Mittel reduziert werden. Spinozas Hermeneutik zeigt mögliche Folgen einer solchen Reduzierung der Bibel.87 Das Bewusstsein für die Unvollkommenheit eines solchen Bibelverständnisses hat dazu geführt, dass die bloße Skopusexegese, so wichtig sie auf dem Weg der Etablierung einer historisch-kritischen Exegese auch war, von den biblischen Fächern ihrerseits überwunden werden musste, um die Bibel in ihrer Gesamtheit würdigen zu können. Der biblische Skopus allein ist eben nicht der Ort der Begegnung des Menschen mit Gott. Er wird von der viel umfassenderen Weise der Bibel, den Menschen anzusprechen, die sich in der Mitteilung von Heilsinformationen bei weitem nicht erschöpft, weit überboten.

5.2.3 Cartesianisches Wissenschaftsverständnis und reformierte Orthodoxie: eine kritische Würdigung Diese Problemanzeigen verweisen uns auf das Ringen Wittichs um eine wissenschaftlich verantwortbare Reflexion des Glaubens, dem er sich bei der Ausarbeitung und Verteidigung seiner Werke gestellt hat. Gerade darin liegt der Reiz seiner Theologie. Über seine strikte Bindung an Descartes als Gewährsmann für fortschrittliche Wissenschaftlichkeit und an den damit verbundenen Vernunftoptimismus sind ihm dabei wesentliche Weichen bereits gestellt, aus denen Stärken und Schwächen seines Ansatzes resultieren. Die Untersuchung der Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie hat ergeben, dass der Mischbereich, zu dem sowohl Theologie als auch Philosophie Ergebnisse zu liefern im Stande seien, von Wittich relativ großzügig (und über Descartes hinaus) zugunsten der Philosophie bestimmt worden war.88 Mit der Öffnung des Bereiches für die Philosophie geht aber auch eine Einschränkung der Theologie einher. In Bezug auf die naturphilosophische Welterschließung war das beab86 Vgl. dazu auch Del Prete, Ermeneutica cartesiana, 141f. 87 Vgl. dazu insgesamt Jüngel, Anthropomorphismus. 88 Vgl. Kapitel 3.8 (Die unsachgemäße Einmischung der Philosophie in die Theologie) und dazu auch Del Prete, Oltre Descartes, 30–32.

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sichtigt, doch ist Wittichs Vorgehen hier folgenreicher. Wittich hat in der Theologia pacifica neben der Gotteslehre weitere Themenfelder, besonders aus den Bereichen der Psychologie und Anthropologie, für Philosophie und Theologie grundsätzlich geöffnet. All diese behandelt er in der Regel primär aus philosophischer und nicht aus biblisch-theologischer Perspektive. Das Ergebnis ist dann mitunter eine völlig von seinen philosophischen Voraussetzungen getragene Interpretation dogmatischer Loci. Es ist nicht etwa so, dass Philosophie und Theologie beide zu denselben Ergebnissen kämen, sondern es entstehen Vermischungen wie z. B. die von der cartesianischen Anthropologie völlig abhängige Erklärung der Sündenwirkung über die Zirbeldrüsentheorie. Die Verlässlichkeit der biblischen Aussagen innerhalb des Mischbereichs wird dabei durchaus relativiert und die Skopuslehre begünstigt diese Tendenz noch, weil sie die Theologie stärker auf den ihr eigenen Bereich der Mysterien verweist. Der Mischbereich scheint demgegenüber immer stärker an der vernünftigen Erschließbarkeit gemessen zu werden, weniger an einer biblisch fundierten Entfaltung. Dieser Eindruck entspricht nicht Wittichs Absicht. Er macht nicht den Fehler, durch eine explizite Verkürzung des soteriologischen Skopus die Theologie bewusst einzuschränken. Philosophisch und theologisch relevante Fragen wie nach Gottes Macht oder der Unsterblichkeit der Seele gelten ihm als soteriologisch relevant und können theoretisch aus der Vernunft und aus der Offenbarung verlässlich abgeleitet werden. Eine Reduzierung der Theologie auf die Heilslehre und eine gleichzeitige Abhängigkeit von der Philosophie will er keinesfalls erreichen. Ein solches Missverständnis seines Ansatzes ist aber in seinen Prolegomena durchaus als mögliche Konsequenz angelegt. Will man dies vermeiden, muss der soteriologische Skopus daher weit gefasst werden, um eine Verkürzung der Theologie auf ein bloßes Bekenntnis zu den Mysterien auszuschließen: Er umfasst neben dem Zentrum Jesu am Kreuz auch Gotteslehre, Seelenlehre, trinitätstheologische und christologische Dogmen etc. Durch die von Wittich zugrunde gelegte Offenheit des Mischbereichs von Theologie und Philosophie entsteht nichtsdestoweniger eine (von Maresius und anderen Kritikern auch benannte) Gefahr der rationalistischen Weiterführung seines Ansatzes über die Grenzen der Orthodoxie hinaus. Wittichs streng cartesianisches Fundament vergrößert dieses Problem. Es erscheint plausibel, anthropologische Aussagen für soteriologisch relevant zu erklären. Doch was passiert, wenn keine biblische Anthropologie zugrunde gelegt wird? Die cartesianische Seelenlehre, wie Wittich sie voraus- und auch in seiner Soteriologie einsetzt, ist offensichtlich kein Ergebnis biblischer Exegese. Trotz Wittichs festen Bekenntnisses zur reformierten Konfession und seiner ausdrücklichen Anerkennung der Übervernünftigkeit der Glaubensmysterien unterliegt seine Theologie durch die cartesianische Basis also einer starken Anfechtung durch ihre Offenheit für eine rationalistische Interpretation, wie sie sich z. B. in der Philosophia S.S. Interpres

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konkretisiert. Der beanspruchte evangelische und biblische Charakter von Wittichs Theologie wird dadurch deutlich eingeschränkt.89 Es ist bereits im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem Kopernikanismus deutlich geworden, dass bei dem Versuch, Vernunft und Offenbarung über die Akkommodationslehre als hermeneutisches Prinzip zu differenzieren, die Gefahr besteht, dass die Offenbarung nachgeordnet werden muss. Dies geschieht vor allem dann, wenn ein Bewusstsein für die Komplexität und grundsätzliche Unverfügbarkeit des Evangeliums einem allzu formalen und systematisierenden Zugang geopfert wird. Ob der wittichsche Skopusgedanke in der dargebotenen Form ein dynamisches und lebendiges Verhältnis zur Bibel schaffen kann, bleibt fraglich. Er wirkt mitunter wie ein bloßes philologisches Entscheidungskriterium darüber, welche Schriftstellen mittels der Akkommodation zu deuten sind und welche nicht. Zumindest unterschwellig wird die Akkommodation zu einer Messlatte für die Vernünftigkeit biblischer Aussagen. Der Bereich der Mysterien muss demgegenüber immer bewusst ausgenommen und betont werden. Gerade aus solchen Ansätzen heraus entwickelt sich die 1666 in der Philosophia S.S. Interpres entfaltete Idee, die Philosophie zur Auslegerin der Heiligen Schrift zu erklären. Die Akkommodationslehre hat so in der Tat die Infragestellung der Wahrheit der Bibel vorbereitet.90 Naturphilosophische Erkenntnisse erlaubten dann die Revision biblischer Aussagen. Welche Bedeutung zöge dies aber für die Beurteilung von Wundererzählungen oder gar dem Auferstehungsgeschehen nach sich, deren Gültigkeit Wittich noch ausdrücklich verteidigt? In Wittichs Hermeneutik müsste genauer bestimmt werden, was genau in einer Bibelstelle angepasst ist: die Sprache, das Bild oder der Aussageinhalt.91 Wittich klärt dies unzureichend, wenn er lediglich auf die Auslegung jeder Einzelstelle verweist, was auch zu dem erheblichen Umfang des Consensus veritatis beigetragen hat. Als Schutz der Bibel vor einem Missbrauch als naturphilosophisches Lehrbuch kann die Akkommodationstheorie Wittichs wirken. Als exegetisches Werkzeug kann sie jedoch nur dann als angemessen gelten, wenn sie in ihrer Gesamtheit erfasst wird, nämlich als Modell der Erklärung der Beziehung von Gott und Mensch, in einem relationalen Kontext. Schon in Wittichs hermeneutischer Engführung erweist sie sich in vielerlei Hinsicht eher als eine dogmatische Vorentscheidung der Exegese. Wittich zeigt sich trotz seiner Ausrichtung der Akkommodation auf die Verhältnisbestimmung von Philosophie und Bibeltheologie aber prinzipiell offen für mehrdimensionale Impulse der Akkommodation. Er erkennt aus seiner historischen Situation heraus die Tragweite seines Ansatzes allerdings nur un89 Vgl. auch Del Prete, Oltre Descartes, 43–45. 90 Vgl. auch Goudriaan, Gotteserkenntnis bei Suárez und Descartes, 177. 91 Vgl. für diese kritische Betrachtung der Akkommodation im 17. Jahrhundert Huijgen, Divine Accommodation, 375f.

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zureichend. So unterbietet er sowohl seine theologischen Wurzeln, wenn man ihm die Akkommodationslehre Calvins gegenüberstellt, andererseits bleibt er hinter den hermeneutischen Konsequenzen, die derselbe Ansatz im 18. Jahrhundert entfalten wird, noch zurück: Die neuzeitlichen Elemente des Geschichtsbewusstseins und des Ich-Bewusstseins werden nur angedeutet. Wittichs Theologie erweist sich so durch die cartesianische Hermeneutik ebenso wie die Rahmenbedingungen orthodoxer Theologie eingeschränkt. Trotzdem kann er, auch wenn er die Akkommodation vor allem in der Engführung auf die Hermeneutik entfaltet, immer wieder auf das Potential des Akkommodationsgedankens verweisen und so über die im naturphilosophischen Kontext übliche Verkürzung der Figur hinausgehen.92 Der Dialog zwischen Gott und Mensch, der in der Akkommodation zum Ausdruck gebracht werden kann, findet in Wittichs Modell im Dialog von Offenbarung und Vernunft statt. Über die Entfaltung von Glaube und Geist gelingt es ihm, den besonderen Charakter der Theologie gegenüber der Philosophie herauszuarbeiten und rationalistische Tendenzen letztlich immer hinter sich zu lassen. Seine Hermeneutik steht an der Schnittstelle von reformierter Orthodoxie und neuzeitlicher Theologie. Sie vereint Stärken und Schwächen beider Perspektiven in sich und erweist sich als ein zentraler Schritt auf dem Weg zur historisch-kritischen Exegese. Vor aller Kritik muss daher auch auf die historischen Linien verwiesen werden, die Wittichs Theologie mit der heutigen verbinden. Seine Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung und die damit verbundenen hermeneutischen Überlegungen haben die Voraussetzung für moderne Bibelkritik mitgestaltet. Aus den Rahmenbedingungen der Akkommodationstheorie ergibt sich ein Wissenschaftsmodell, das auf einer souveränen Philosophie als Erforscherin der Weltwahrheiten mittels der Vernunft und einer souveränen Theologie als Erforscherin der biblischen Wahrheit mittels einer auf die Offenbarung ausgerichteten Vernunft fußt. Bibelkritik wird durch die Akkommodation- und Skopusexegese nicht nur möglich, sondern auch prinzipiell begründbar (nach Scholder zum ersten Mal seit der kopernikanischen Wende), und zwar ohne den grundsätzlichen Verlust der Autorität der Bibel oder der Hochachtung vor ihr. Ebenso wird ein fruchtbarer Dialog der Theologie mit den Naturwissenschaften und der Philosophie auf Augenhöhe fundiert.93 Die Möglichkeiten dazu hat trotz der grundsätzlich langen Tradition der Akkommodationslehre erst ihre Aktualisierung durch Wittichs Eingreifen in die naturphilosophische Debatte geschaffen. Die starken Anleihen Wittichs bei Descartes wurden durch die Themenschwerpunkte der vorliegenden Untersuchung besonders hervorgehoben und 92 Vgl. dazu auch Howell, God’s Two Books, 176f. 93 Vgl. dazu Jeanrond, Wie hermeneutisch ist die Theologie?, 33 und Scholder, Bibelkritik, 148–150.

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konnten auch über die Prolegomena hinaus am Beispiel von Gotteslehre, Schöpfungslehre, Anthropologie und Soteriologie angedeutet werden. Nun hat aber die Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung durchaus ergeben, dass Wittich einen dezidiert theologischen Themenbereich bestimmt hat und sich mit diesem auch in einer Reihe von Schriften auseinandersetzt, die an dieser Stelle nicht umfassend behandelt werden konnten. Daraus resultiert die Empfehlung einer weiteren Untersuchung seiner Theologie auf entsprechende Elemente über die Descartesrezeption hinaus. Insbesondere in den Disputationen scheinen sich entsprechende Abhandlungen zu finden.94 Die Auseinandersetzung der cartesianischen Theologie mit dem Spinozismus und insbesondere eine umfassende Analyse des Anti-Spinoza haben sich ebenfalls als Forschungsdesiderat erwiesen. Die einleitende Gegenüberstellung von Wittichs Descartesrezeption mit dem Verständnis des Cartesianismus in der modernen Theologie hat zudem dazu beigetragen, ein allzu einseitiges Descartesbild zu relativieren. Insbesondere die Reduzierung von Descartes auf die Subjektorientierung seines Denkens hat sich als problematisch herausgestellt. Aus der Untersuchung Wittichs kann abschließend gefolgert werden, dass eine Relektüre von Descartes aus theologischer Perspektive sich als ergiebig erweisen wird und die Geschichte des theologischen Cartesianismus maßgebliche Impulse für die Entstehung neuzeitlicher Theologie bereithält. Aus der Erforschung Wittichs ergibt sich somit ein breites Spektrum an weiteren Aufgaben für die theologiegeschichtliche Forschung.

94 Eine systematische Auswertung gerade der Exercitationes erscheint daher ein ergiebiges Unterfangen zu sein.

6.

Anhang

Hier nicht nachgewiesene Abkürzungen finden sich bei Hans Dieter Betz u. a. (Hrsg.): Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Vierte, völlig neu bearbeitete Auflage. Band 1. Tübingen 1998. BWN DLCPT DSECDP o.Vf. PRDL RAA

VD 17

6.1

Biographisch woordenboek der Nederlanden. The Digital Library of Classic Protestant Texts. The Dictionary of Seventeenth and Eighteenth-Century Dutch Philosophers. ohne Verfasser. Post Reformation Digital Library. Repertorium Alborum Amicorum. Internationales Verzeichnis von Stammbüchern und Stammbuchfragmenten in öffentlichen und privaten Sammlungen. Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts.

Literatur

6.1.1 Bibliographie der Werke Wittichs Die Bibliographie ist chronologisch geordnet. Disputationsreihen und Neuauflagen werden nach dem Erscheinungsdatum des ersten Titels bzw. der ersten Auflage sortiert und einzelnen Disputationen vorgeordnet.1 Innerhalb eines Jahres werden die Monographien und Disputationsreihen den Einzeldisputationen vorgeordnet. Wenn Disputationen innerhalb eines Jahres nicht genauer datiert werden können, werden sie alphabetisch nach den Respondenten ange1 Im Falle von Einzeldisputationen desselben Jahres ist, anders als bei Reihentiteln, eine chronologische Ordnung oft nicht möglich, so dass hier die alphabetische Sortierung nach Respondentennamen angewendet wird.

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Anhang

fügt. Alle bis Juli 2015 nachweisbaren Titel sind aufgenommen und mit einem der Bibliotheksstandorte ausgewiesen. Falls Digitalisate zu einem Titel online verfügbar sind, ist ebenfalls mindestens eines angegeben.2 Nicht in den Bibliothekskatalogen nachweisbare und rekonstruierte Disputationen werden durch eckige Klammern gekennzeichnet. Einige Disputationen lagen mir nicht in allen Auflagen vor oder konnten nicht bezogen werden. Ein entsprechender Hinweis ist jeweils beigefügt. Die handschriftlichen Quellen sind vorangestellt. Da es sich ausschließlich um Korrespondenzen handelt, sind sie alphabetisch nach Wittichs Briefpartnern sortiert. 6.1.1.1 Handschriftliche Quellen (Briefe) Zahlreiche Briefe sind ediert worden von Hans Bots: Témoignages sur l’ancienne université de Nimègue (1655–1671). In: Roegiers, Jan; Bots, Hans u. a. (Hrsg.): Lias (Sources and Documents relating to the early modern history of ideas) 19. Amsterdam/Maarssen 1992, S. 215–253. (Digitalisat: http://webdoc.ubn.kun.nl/ tijd/l/lias/. Abgerufen im November 2018) Briefwechsel von Christoph Wittich und Johannes Braun: Brief von Christoph Wittich an Johannes Braun, Leiden 1681. (Universitätsbibliothek Leiden FAC UB A 220) Brief von Christoph Wittich an Johannes Braun, Leiden 18. November 1681. (Universitätsbibliothek Leiden FAC UB A 220) Brief von Christoph Wittich an Johannes Braun, Leiden 9. März 1682. (Universitätsbibliothek Leiden BPL 246) Brief von Christoph Wittich an Johannes Braun, Leiden 26. März 1682. (Universitätsbibliothek Leiden FAC UB A 220) Brief von Christoph Wittich an Johannes Braun, Leiden 12. Juli 1682. (Universitätsbibliothek Leiden FAC UB A 220) Brief von Christoph Wittich an Johannes Braun, Leiden 7. August 1682. (Universitätsbibliothek Leiden FAC UB A 220) Brief von Christoph Wittich an Johannes Braun, Leiden 30. September 1682. (Universitätsbibliothek Leiden FAC UB A 220) Brief von Christoph Wittich an Johannes Braun, Leiden 6. Juli 1683. (Universitätsbibliothek Leiden BPL 246) Brief von Christoph Wittich an Johannes Braun, Leiden 30. Dezember 1683. (Universitätsbibliothek Leiden BPL 1961) Briefwechsel von Christoph Wittich und Johannes Clauberg:

2 In der Regel ist das digitalisierte Exemplar nicht dasselbe wie das in den Bibliotheken ausgewiesene, inhaltlich jedoch identisch.

Literatur

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Brief von Christoph Wittich an Johannes Clauberg, Nijmegen 13. November 1657. (ediert von Bots [1992] 231) Brief von Christoph Wittichs an Johannes Clauberg, Nijmegen 11. September 1660. (ediert von Bots [1992] 232–234) Briefwechsel Johann Friedrich Gronovius: Brief von Samuel Tennulius an Johann Friedrich Gronovius, Nijmegen 19. September 1666. (ediert bei Bots [1992] 240) Brief von Christoph Wittich an Johann Friedrich Gronovius, Nijmegen 22. Februar 1667. (ediert bei Bots [1992] 244) Brief von Johann Friedrich Gronovius an Tanaquillus Faber, Deventer 17. August 1655. (ediert bei Bots [1992] 224–226) Brief von Christoph Wittich an die Kuratoren der Universität Leiden, Nijmegen 26. August 1671. (ediert bei Bots [1992] 252f.) Briefwechsel von Christoph Wittich und Samuel Tennulius: Brief von Samuel Tennulius an Christoph Wittich, Deventer 1. Oktober 1676. (Universitätsbibliothek Leiden GRO 100:1) Brief von Samuel Tennulius an Christoph Wittich, Ort und Datierung unklar. (Universitätsbibliothek Leiden GRO 100:1) Brief von Samuel Tennulius an Christoph Wittich, Ort und Datierung unklar. (Universitätsbibliothek Leiden GRO 100:1) Briefwechsel von Christoph Wittich und Lambert van Velthuysen: Brief von Christoph Wittich an Lambert van Velthuysen, Nijmegen 28. Februar 1656. (Universitätsbibliothek Leiden BPL 750) Brief von Christoph Wittich an Lambert van Velthuysen, Nijmegen 6. Juli 1657. (ediert von Bots [1992] 230) Brief von Christoph Wittich an Lambert van Velthuysen, Nijmegen 1. September 1660. (ediert von Bots [1992] 231f.) Brief von Christoph Wittich an Lambert van Velthuysen, Nijmegen 22. November 1660. (ediert bei Bots [1992] 234f.) Brief von Christoph Wittich an Lambert van Velthuysen, Nijmegen 2. Februar 1661. (ediert bei Bots [1992] 236) Brief von Christoph Wittich an Lambert van Velthuysen, Nijmegen 7. September 1661. (Universitätsbibliothek Leiden BPL 750) Brief von Christoph Wittich an Lambert van Velthuysen, Leiden 14. April 1680. (Universitätsbibliothek Leiden BPL 750)

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6.1.1.2 Frühneuzeitliche Drucke 6.1.1.2.1 Herborn Wittich, Christoph [Präses], Posthius, Johannes Fridericus [Respondent]: Disputatio Theologica De libero hominis arbitrio, Cujus veritatem Deo faciente Moderatore Clarissimo, Acutissimo, Doctissimo Dn. Christophoro Wittichio in illustri Herbornaea Professore Pro tenui ingenii modulo ad d. 26. Julii publice propugnandam suscipiet Johannes-Fridericus Posthius Herbornensis Nassovius. Herbornae Nassoviorum, 1651. – 12 S.; 12°. – Hofbibliothek Aschaffenburg.

6.1.1.2.2 Duisburg Wittich, Christoph [Präses], Engel, Isaac [Respondent]: Disputatio Theologica de Peccato Primo quam D.O.M.A. sub tutela Reverendi, Clarissimi acutissimiq; viri Dn. Christophori Wittichii, S.S. Theologiae in illustri Duisburgensium Lyceo Professoris. Publice discutiendam, examinandam atq; veritatis lance pensitandam subjicit Isaacus Engel Aquisgranensis. Ad 28. Diem Decembris hora 9. locoq; solito. Teutoburgi: Schilling 1652. – [5] Bl.; 4° – Universitätsbibliothek Duisburg-Essen. Wittich, Christoph: Dissertationes duae quarum prior De S. Scripturae in rebus philosophicis abusu, examinat, 1. An Physicae genuinum Principium sit Scriptura? 2. An haec de rebus naturalibus loquens accuratam semper veritatem, an potius sensum & opinionem vulgi saepius sequatur? Altera Dispositionem & ordinem totius universi & principalium ejus corporum tradit, sententiamque Nobilissimi Cartesii, de vera Quietate et vero motu Terrae defendit, Conscriptae a Christophoro Wittichio S.S. Theol. Profess. Ordinario in illustri Duisburgensi Lyceo, ibidemque Ecclesiae Pastore. Amstelodami: Elzevir 1653. – [8] Bl., 306 S.; 8° – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). Wittich, Christoph [Präses], Weierman, Ioannes [Respondent]: Disputatio Theologica de Conversione hominis in genere spectata quam Deo ter opt. Max. Duce, fautore, Tutore, Sub praesidio Reverendi admodum, Clarissimi, Doctissimique viri, Dn. Christophori Wittichii SS. Theologiae in Athenaeo Teutoburgensi Professoris ordinarij Publica Adversariorum ventilationo proponit Ioannes Weierman Rheyda Iuliacensis, SS: theologiae Studiosus. Die 8. Augustis horis & loco solito. Teutoburgi: Schilling 1654. – [6] Bl.; 4° – Universitätsbibliothek Duisburg-Essen. Wittich, Christoph: Qvis [Quis] occupavit te calor igneus, […] Haec vovebat amica mente & calamo Christophorvs VVittichivs SS. Theol. Prof. Ordinarius. In: Hochzeit-Gedicht, zu sonderlichen Ehren, wolgefallen und glückwünschung des … Wolfgang Christoph Coleri, Getrewen Dieners am wort Gottes zu Oberwinter, Flammersheim und Bülleßheim etc. als Bräutigamb: wie auch der […] Catharinen Bruls, des […] Nicolaus Bruls Sel. gewesenen Kauffman in Achen Eheleiblichen Tochter als Braut. – Dußberg: Ravens 1655. – [2] Bl. – Universitätsbibliothek Duisburg-Essen. Wittich, Christoph [Präses], Lehnhof, Iacobus [Respondent]: Disputatio Theologica De Stylo Scripturae Quem adhibet cum de rebus naturalibus sermonem instituit. Quam Favente Divinia Gratia Praeside Admodum Reverendo & Clarissimo Viro Dn. Chris-

Literatur

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tophoro Wittichio, S.S. Theologiae in Illustri Academia Duisburgensi Professore ordinario. Publico examine subjicit. Iacobus Lehnhof Duisburgensis, Ad diem 5. Iunii hora locoque consueto. Teutopoli: Ravins 1655. – [14] Bl. – Universitätsbibliothek DuisburgEssen. Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Phil. & Theol. D. eiusdemque Professoris Consideratio Theologica De Stylo Scripturae: Quem adhibet cum de rebus naturalibus sermonem instituit. Lugd. Batavorum: Wyngaerden 1656. – [1] Bl., 82 S.; 12° – Universitätsbibliothek Greifswald.

6.1.1.2.3 Nijmegen Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Philosoph. & Theolog. Doct. eiusdemque Prof. Ord. Gibea Gelrica. Sive oratio, Qua convenientia inter Gibeam Benjaminis & Neomagum demonstratur, in Templo Majori habita, cum Recturam Magnificam in celeberrimum virum Dn. Petrum de Greve ictum transferret Die 3. Maji 1656. Noviomagi: ab Hervelt 1656. – 4°. – Regionaal Archief Nijmegen. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018).3 [Wittich, Christoph: Disputationes theologicae sexdecim de regula credenda contra Valerianum magnum, Nijmegen 1656. – 8°. – Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachweis bei Sassen (1962) 106 und Kok s.v. Wittichius (Christoffel). Vaderlandsch Woordenboek 33 (1795) 19.] Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Consensus Veritatis In Scriptura Divina Et Infallibili Revelatae Cum Veritate Philosophica A Renato Des Cartes Detecta , Cujus occasione Liber II. & III. Principiorum Philosophiae dicti des-Cartes maximam partem illustrantur: cum Indice, Editio secunda a multis mendis emaculata & non parum aucta. Lugduni Batavorum: Boutesteyn/Lever (1659) 1682. – [4] Bl., 422 S., [24] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Leiden. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018).4 [Wittich, Christoph: Disputationes sex de fundamento verae religionis, Nijmegen 1662. – 8°. – Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachweis bei Sassen (1962) 106 und Kok s.v. Wittichius (Christoffel). Vaderlandsch Woordenboek 33 (1795) 19.] [Wittich, Christoph: De certitudine fidelium. Nijmegen 1663:5] [Wittich, Christoph [Präses], van Haren, Petrus [Respondent]: Disputatio theologia de certitudine fidelium prima. Noviomagi: ab Hervelt 1663. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen ohne Bibliotheksangabe von Boom/Driessen (1983) 81.263. 3 Vgl. auch Titelblatt, Anlass und Datierung in Begheyn/Peters, Gheprint te Nymeghen, 110f. (Nr. 9.68). Eine wissenschaftliche Edition und Übersetzung der Rede findet sich unter dem entsprechenden Gliederungspunkt der Bibliographie: Wittich, Christoph: Het Gelderse Gibea – Apologie voor de Nijmeegse universiteit anno 1656. Door Christoph Wittich. Vertaling Vincent Hunink, inleiding Willem van der Kuijlen. Uitgeverij Vantilt/Radboud Universiteit. Nijmegen 2013. 4 Zur ersten Auflage von 1659 vgl. das Deckblatt bei Begheyn/Peters, Gheprint te Nymeghen, 44.117 (Nr. 11.1): Der Druckort Nijmegen ist dort angegeben, kann aber bezweifelt werden. Vgl. dazu auch Eberhardt, Wittich, 212. Vgl. den Nachweis der Schrift bei VD 17: 39:156645Y (www.vd17.de. Abgerufen im Juli 2017). 5 Der Reihentitel wird in Leiden noch einmal aufgegriffen.

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Nach Boom/Driessen (1983) 81 verteidigte van Haren die Disputation am 2. Mai 1663.] [Wittich, Christoph [Präses] Pittenius, Johan [Respondent]: Disputatio theologia de certitudine fidelium secunda. Noviomagi: ab Hervelt 1663. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen ohne Bibliotheksangabe von Boom/Driessen (1983) 130.265. Nach Boom/Driessen (1983) 130 hat die Disputation vorgelegen.] [Wittich, Christoph: De statu Christi hamiliationis [sic] et exaltationis. Nijmegen 1663:6] [Wittich, Christoph [Präses], van Gent, Willem [Respondent]: Disputatio theologica de statu Christi hamiliationis [sic] et exaltationis prima. Noviomagi: ab Hervelt 1663. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen und scheinbar noch eingesehen in Düsseldorf von Boom/Driessen (1983) 68.262.] [Wittich, Christoph [Präses], van Gent, Petrus Johannides [Respondent]: Disputatio theologica de statu Christi hamiliationis [sic] et exaltationis secunda. Noviomagi: ab Hervelt 1663. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen und scheinbar noch eingesehen in Düsseldorf von Boom/Driessen (1983) 67.263.] Wittich, Christoph: Schöpfer ganzer welt […]. In: Hund, Martin: Oratio Funebris In Obitum Reverendi … Viri, Johannis Claubergii SS. Theol. & Philosoph. Doctoris, earundemque Facultatum in Academia Teutoburgensi Professoris Primarii: Habita die VI. Febr. A. C. MDCLXV a Martino Hundio. SS. Theol. Doctore & Professore p. T. Academiae Rectore. Duisburgi ad Rhenum: Sas 1665. Hier S.33–35. – 44 S.; 4°. Universitätsbibliothek Heidelberg. Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Oratio Funebris In Obitum Viri Clarissimi & Doctissimi Johannis Schultingii, Elegantiorum Lit. Historiarum in Acad. Neomagensi Professoris, dum viveret, Celeberrimi, Habita Neomagi IV Id. Jan. CIƆ IƆCLXVII. Noviomagi: Smetii 1667. – [1] Bl., 34 S., [7] Bl. – Universitätsbibliothek Leiden. [Wittich, Christoph [Präses], Straetman, Theodorus [Respondent]: Titel unbekannt. Nijmegen. Datum unbekannt. Nachgewiesen von Boom/Driessen (1983) 157. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar.]

6.1.1.2.4 Leiden Wittich, Christoph: Christophori Witichii S. Theologiae Doctoris & Professoris Oratio Inauguralis De Oraculorum divinorum Veritate et gentium Falsitate, habita Lugduni Batavorum in Auditorio Theologico a. d. IX Novembris Anni 1671. – [8], 22, [2] S.; 4°. – Universitätsbibliothek Leiden. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). Auch abgedruckt in Christoph Wittich: Exercitationes (1682) 396–414. Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Theologia pacifica (und Appendix ad Theologiam pacificam) 1671–1683: Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Theologia pacifica, in qua varia problemata theologica inter reformatos theologos agitari solita ventilantur, simul usus philosophiae Cartesianae in diversis theologiae partibus demonstratur, & ad dissertationem celeberrimi viri, Samuelis Maresii, de abusu philosophiae Cartesianae in rebus theologicis & fidei, modeste respondetur. Lugduni Batavorum: Doude 1671. – [35] 318 S. – Universitätsbibliothek Mainz. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). 6 Der Reihentitel wird in Leiden noch einmal aufgegriffen.

Literatur

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Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Theologia pacifica, in qua varia problemata theologica inter reformatos theologos agitari solita ventilantur, simul usus philosophiae Cartesianae in diversis theologiae partibus demonstratur, & ad dissertationem celeberrimi viri, Samuelis Maresii, de abusu philosophiae Cartesianae in rebus theologicis & fidei, modeste respondetur. Editio secunda. Aucta Indice rerum & verborum copiosissimo. Accedit Ejusdem Appendix Ad Theologiam Pacificam. Lugduni Batavorum: Doude 1675. – 8°. – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Digitalisat: 1. PRDL. 2. DLCPT (Abgerufen im November 2018). Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Theologia Pacifica, In Qua Varia Problemata Theologica inter Reformatos Theologos agitari solita ventilantur, Simul Usus Philosophiae Cartesianae in diversis Theologiae partibus demonstratur, & ad Dissertationem Celeberrimi Viri, Samuelis Maresii, De abusu Philosophiae Cartesianae in rebus Theologicis & fidei, Modeste Respondetur. Editio Tertia. Aucta Indice rerum & verborum copiosissimo. Accedit Ejusdem Appendix Ad Theologiam Pacificam. Lugduni Batavorum: Boutesteyn 1683. – [18] Bl., 328 S., [7], [1] Bl., 180 S. Druckerm. (Holzschn.) 4°. – Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). Wittich, Christoph: Appendix ad Theologiam pacificam 1672–1675: Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Appendix ad Theologiam pacificam: sive modesta responsio ad celeberrimi D. Samuelis Maresii Indiculum controversiarum, qua ostenditur, statum controversiarum in plerisque esse perperam ab eo positum; & varia, quae in Theologia pacifica brevius fuerant dicta, plenius declarantur & deducuntur. Lugduni Batavorum: Doude 1672. – [2], 180 S.; 4° – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Appendix ad Theologiam pacificam: sive modesta responsio ad celeberrimi D. Samuelis Maresii Indiculum controversiarum, qua ostenditur, statum controversiarum in plerisque esse perperam ab eo positum; & varia, quae in Theologia pacifica brevius fuerant dicta, plenius declarantur & deducuntur. Editio secunda. Lugduni Batavorum: Doude 1675. – [2], 180 S.; 4°. – Cambridge University Library. Auch enthalten in der zweiten und dritten Auflage der Theologia pacifica. Wittich, Christoph: De Providentia Dei. Disputationes XXII. Leiden 1672–1673 und 1681:7 Wittich, Christoph [Präses], Hoet, Simon [Respondent]: Disput. Theol. de Providentia dei actuali, Resp.: Simon Hoet Medenblicenses, Leiden 1672. – 4° – Zentralbibliothek Zürich, Alte Drucke. [Wittich, Christoph [Präses], Eperjesi, Michael [Respondent]: Disputatio Theologica Secvnda, De Providentia Dei Actuali. Quam Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Clarissimi ac Doctissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd. Batava Professoris ordinarii dignissimi ventilandam proponit Michael Eperjesi, Transylvanus. A. d. … Maji, loco horisque solitis. Lvgdvni Batavorvm, Apud Viduam & Haeredes Johannis Elsevirii, Academine Typograph. 1672. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar 7 Mir lag die Reihe nur in ihren beiden letzten Fassungen vor, zum einen dem von Wittich nicht autorisierten Druck aus den Dissertationes Variae 1681, zum anderen in Form von Wittichs Neubearbeitung in den Exercitationes (1682). Dort trägt sie den Titel Deus Mundi Rector (s. u.).

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Könyvtár, 15 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 318.] Wittich, Christoph [Präses], Schmidt, Johann [Respondent]: Dissertatio Academica de Providentia dei actuali. Leiden 1673. – [6] Bl. – Stadtarchiv Soest. Wittich, Christoph [Präses], van Zueren, Casparus [Respondent]: Disputatio theologica vigesima-secunda & ultima de providentia dei actuali. Leiden: Elsevier 1673. – University of Aberdeen. Wittich, Christoph: Dissertatio Academica De Providentia Dei Actuali. Leiden 1681. Die Disputation wird als Teil des ohne Wittichs Wissen herausgegebenen Sammelbandes Dissertationes Variae neu veröffentlicht.8 Dieser wird unten eigens bibliographisch erfasst. Diese Version der Disputation wird auch nachgewiesen bei VD 17: 3:002211R. (www.vd17.de. Abgerufen im Juli 2017). [Wittich, Christoph [Präses], Szegi, Johannes [Respondent]: Disputationis theologicae bipartitae. Leiden 1672]: [Wittich, Christoph [Präses], Szegi, Johannes [Respondent]: Disputationis theologicae bipartitae pars prima, in qua dubia quaedam circa materiam calicis eucharistici ex relationibus Hyacinthi Choqueti Ordinis Praedicatorum suborta, proponuntur. Gehalten am 2. März in Leiden 1672. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 318.] [Wittich, Christoph [Präses], Szegi, Johannes [Respondent]: Disputationis theologicae bipartitae pars secunda, in qua dubia quaedam circa materiam calicis eucharistici ex relationibus Hyacinthi Choqueti Ordinis Praedicatorum suborta, proponuntur. Gehalten am 23. März in Leiden 1672. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 318.] Wittich, Christoph [Präses], Eperjesi, Michael [Respondent]: Disputatio Theologica De Unius Dei Patris Filli & Spiritus Sancti cognitione ad pietatem & salutem necessaria. Pars Prima / Quam Favente Deo Opt. Max. Sub Prasidio D. Christophori Wittichii, … ventilandam proponit Michael Eperjesi, Transylv. Author, (Resp. Michael Eperjes) Leiden 1672. – 4° – Universitätsbibliothek Duisburg-Essen. [Wittich, Christoph [Präses], a Leesten, Theodorus [Respondent]: Responsiones ad dyodecada quaestionum pontificiarum, Leiden 1674. – 12°. – Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Trevisani, Descartes in Deutschland, 354.]9 Wittich, Christoph: De perseverantia fidelium. Leiden 1675:10 Wittich, Christoph [Präses], Knevels, Isaacus [Respondent]: Disputatio theologica de perseverantia fidelium, prima: qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … publice ventilandam proponit Isaacus Knevels. Lvgdvni Batavorvm: Elsevier 1675. – [11] Bl.; 4°. – Universiteit van Amsterdam, Centrale Bibliotheek. Wittich, Christoph [Präses], ab Hekeren, Gerhardus [Respondent]: Disputatio theologica de perseverantia fidelium, secvnda: Qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … publice ventilandam proponit Gerhardus ab Hekeren. Lvgdvni Batavorvm: Elsevier 1675. – [12] Bl.; 4°. – Universiteit van Amsterdam, Centrale Bibliotheek. 8 Vgl. dazu Eberhardt, Wittich, 319f. 9 Die Disputation ist auch in den Sammelband Dissertationes academicae, Leiden 1681 aufgenommen worden. Eine andere Ausgabe lag mir nicht vor. 10 Die Disputation ist auch in den Sammelband Dissertationes academicae, Leiden 1681 aufgenommen worden. Eine andere Ausgabe lag mir nicht vor.

Literatur

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Wittich, Christoph: De certitudine fidelium. Leiden 1675:11 [Wittich, Christoph [Präses], N.N. [Respondent]: Disputatio theologica de certitudine fidelium, prima. Resp.: ? Lvgdvni Batavorvm: Elsevier 1675. Nicht als Einzeldisputation erhalten und mittels der Reihendisputation rekonstruiert.] Wittich, Christoph [Präses], de Koning, Cornelius [Respondent]: Disputatio theologica de certitudine fidelium, secunda. Quam favente Deo opt. max. sub praesidio clarissimi ac doctissimi viri, D. Christophori Wittichii, S. S. theol. & phil. doct. illiusque in academia Lugd. Batava professoris ordinarii dignissimi, publice ventilandam proponit Cornelius De Koning, Rotterod. Batav. Ad diem 30. oct. loco horisque solitis, ante merid., Lvgdvni Batavorvm: Elsevier 1675. – Bibliothèque interuniversitaire de la Sorbonne. Wittich, Christoph [Präses], Leermannus, Samuel [Respondent]: Disputatio theologica peri tou gno¯stou tou theou: qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … publice ventilandam proponit Samuel Leemannus, Lvgdvni Batavorvm: Elsevier 1675. – [18] Bl.; 4°. – Universiteit van Amsterdam, Centrale Bibliotheek.12 Wittich, Christoph [Präses], Nagyari (Nagiari), Josephus [Respondent]: Disputatio Theologica De Εμπυρισμω Seu Inflammatione Sacrificiorum per ignem coelestem. Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd. Batava Professoris Ordinarii Celeberrimi. Publice ventilandam proponit Josephus Nagyari, Hungarus, Auct. & Resp. Ad diem 15 Iulii loco horisque solitis, ante merid. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Johannis Elsevirii, Academiae Typograph 1676. – 16 [Bl.] – Universitäts- und Landesbibliothek Halle.13 Wittich, Christoph [Präses], Baesermenyi, Johannes Ra´tz [Respondent]: Disputatio theologica de gloria templi secundi seu Zorobabelis: qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … publice ventilandam proponit Johan. Ra´tz Baesermenyi [Johannes Rácz Böszörményi]. Lvgdvni Batavorvm: Elsevier 1676. – [16] Bl.; 4°. –Universiteitsbibliotheek Leiden.14 Wittich, Christoph [Präses], Dellius, Gottfried [Respondent]: Dissertationes academicae de bonorum operum veritate, Resp.: Dellius, Gottfried, Leiden 1676. – 12° – Universiteitsbibliotheek Leiden.15 [Wittich, Christoph [Präses], Nagyari (Nagiari), Josephus [Respondent]: Disputatio Theologica περἱ τῆς ἀσθενείας καὶ ἀδυναμίας τοῦ σαρκός, etc. Rom. 5. v. 7. 8. Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd. Batava Professoris ordinarii Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Josephus Nagiari, Hungarus. Die 11 Die Disputation ist auch in den Sammelband Dissertationes academicae, Leiden 1681 aufgenommen worden. Eine andere Ausgabe lag mir nicht vor. 12 Die Disputation lag mir nicht vor. 13 Die Disputation wird bibliographisch erfasst von Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 80 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 318. 14 Die Disputation wird bibliographisch erfasst von Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 80f. und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 318. Letzterer verweist darauf, dass sie am 11. Juli 1676 gehalten wurde. 15 Die Disputation ist auch in den Sammelband Dissertationes academicae, Leiden 1681 aufgenommen worden. Eine andere Ausgabe lag mir nicht vor.

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Anhang

6. Sept. loco horisque solitis, ante meridiem, Lvgdvni Batavorvm, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elsevirii, Academiae Typograph 1677. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 102f. und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 319.] Wittich, Christoph: Causa Spiritus Sancti, personae divinae, eiusdem cum patre & filio essentiae, contra C.C.S. Problema paradoxa de Spiritu Sancto, An non per illum Sanctorum Angelorum Genus intelligi poßit ? asserta & defensa a Christophoro Wittichio. Lugduni Batavorum: Doude 1678. – [8] Bl., 234 S.; 8°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). [Wittich, Christoph [Präses], Verveolgyi (Vérvölgyi), Andreas [Respondent]: Disputatio Theologica De πληροφορίᾳ τῆς ἐλπίδος, Seu Plena Persuasione Spei, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarifsimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd. Batava Professoris ordinarii Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Andreas Verveolgyi, Ungarus. A. & R. Ad diem 3. Septembr. loco horisque solitis, ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Johannis Elsevirii, Academiae Typograph. 1678. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 135f. und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 319.] [Wittich, Christoph [Präses], Almasi, Michael [Respondent]:Disputatio Theologica De Intergerino Pariete, Eph. 2 14. Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd. Batava Professoris ordinarii Celeberrimi Publice ventilandam proponit Michael Almasi, Ungarus, A. & R. Ad diem 7. Septembr. loco horisque solitis, ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Johannis Elsevirii, Academiae Typograph. eb. 1678. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 135 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 319.] Wittich, Christoph [Präses], Szenczi, Johannes [Respondent]: Disputatio theologica peri te¯s koino¯nias to¯n hagio¯n, 1. Joh. I. v.3. de communione sanctorum,: qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … publice ventilandam proponit Johannes Szenczi, Lugduni Batavorum: apud viduam & heredes Johannis Elsevirii 1678. – [24] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam.16 [Wittich, Christoph [Präses], Szenczi, Johannes [Respondent]: Disputatio Theologica De Sacrosancta Trinitate, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarifsimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd. Batava Professoris ordinarii Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Johannes Szenczi, Ungarus. Auct. & Resp. Ad diem 23. Novembr. loco horisque solitis ante meridiem, Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Johannis Elsevirii, Academiae Typogr. 1678. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 135 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 319.] Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Oratio Funebris in Obitum Magni & Incomparabilis Theologi Abrahami Heydani, Senioris in Acad. Lugd. Batava Theol. Professoris: 16 Nach Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 319 wurde die Disputation am 12. November 1678 gehalten.

Literatur

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Dicta post funus deductum Lugduni Batavorum a. d. XX. Octobris MDCLXXVIII. Lugduni Batav[orum]: Doude 1679. [30] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Heidelberg. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). [Wittich, Christoph [Präses], Rozgoni, Johannes P. [Respondent]: Disputationis Theologicae. Prima Pars. De Imagine Dei, Prout ea se habet in statu Integritatis, Defectionis, Restitutionis & Perfectionis, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd. Batava Professoris ordinarii Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Johnnes (sic) P. Rozgoni, Transylvano- Ungarus. A. & R. Ad diem 25. Martii loco horisque solitis, ante meridiem. Lvgdvni Batavorvm, Apud Viduam & Heredes Johannis Elsevirii, Academiae Typogr. 1679. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 161f. und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 319.]17 Wittich, Christoph [Präses], Zilahi, Stephanus [Respondent]: Disputatio theologica peri te¯s hupakoe¯s tou Christou de meritoria Christi obedientia,: quam … sub praesidio … Christophori Wittichii … publice ventilandam proponit Stephanus Zilahi, Lvgdvni Batavorvm: apud viduam & heredes Johannis Elsevirii 1679. – [32] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam.18 [Wittich, Christoph [Präses], Zilahi, Stephanus [Respondent]: Disputatio Theologica De Vero Et Typico Elijah. Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd. Batava Professoris ordinarii Celeberrimi Publice ventilandam proponit Stephanus Zilahi Sylvanus Ung. A. & D. Ad diem 29. April. loco horisque solitis, antemeridiem. Lvgdvni Batavorvm, apud Viduam & Haeredes Johannis Elsevirii, Academi Typogr. 1679. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 163 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 320.]19 [Wittich, Christoph [Präses], Tolnai, Georgius F. [Respondent]: Disputatio Theologica De Fide, & Sancta Patrum Ἀγαλλίασει Quae fuit ante specialem Foederis Mosaici Occonomiam [sic] S. V. T. Prima. Quam Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Acad. Lugd. Batava Professoris ordinarii Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Georgius F. Tolnai, Pan. Ungarus. A. & R. Ad diem 8. Iul. loco horisque solitis, ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Heredes Johannis Elsevirii, Academiae Typogr. 1679. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/

17 Der zweite Teil wurde vom selben Respondenten 1679 in Utrecht unter dem Präses Frans Burman gehalten und ist in der Universitätsbibliothek Heidelberg nachweisbar als Disputationis Theologicae Pars Postrema, De Imagine Dei : Prout ea se habet, in statu Restitutionis & Perfectionis / Quam … Sub Praesidio … Francisci Burmanni … Publicè ventilandam proponit Johannes P. Rozgoni, Transylvano-Ungar. Utrecht 1679. 18 Die Disputation wird bibliographisch erfasst von Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 162f. und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 320. Nach letzterem wurde die Disputation am 1. Juli 1679 gehalten. 19 Vgl. zur Pars II und Pars III Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 163 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 320.

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Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 162 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 320.]20 Wittich, Christoph [Präses], Belteki, Johannes [Respondent]: Disputatio theologica de reditu hominis ad Deum, in quo Christius & ton hode¯gon & ipsam hodon per ipsum redire anhelantibus se sistit. Joh. 14:6. 10:4.: Qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … publice ventilandam proponit Johannes Belteki. Lvgdvni Batavorvm: apud viduam & heredes Johannis Elsevirii 1679. – [32] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam.21 Wittich, Christoph: Causa Spiritus Sancti victrix 1680–1682: Wittich, Christoph [Präses], Bock, Petrus [Respondent]: Disputatio Theologica Prima, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Petrus Bock, Juliacensis. Ad diem 10. Iulii loco horisque solitis, ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1680. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Schalbruch, Johannes Theodor [Respondent]: Disputatio Theologica Secunda, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Joh. Theod. Schalbruch, Teutob. Clivus. A. d. …. Octobris, loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1680. – [6] Bl.; 4° – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Schalbruch, Johannes Theodor [Respondent]: Disputatio Theologica Tertia, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Joh. Theod. Schalbruch, Teutob. Clivus. A. d. …. Novembris, loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1680. – [6] Bl.; 4° – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Duyvelaer, Johannes [Respondent]: Disputatio Theologica Quarta, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Joh. Duvelaer, Mediob-Zeland. A. d. 29. Ianuarii, loco

20 Der zweite Teil wurde vom selben Respondenten 1679 in Utrecht unter dem Präses Frans Burman gehalten und ist in der Universitätsbibliothek Heidelberg nachweisbar als Disputationis Theologicae Pars Postrema, De Imagine Dei : Prout ea se habet, in statu Restitutionis & Perfectionis / Quam … Sub Praesidio … Francisci Burmanni … Publice ventilandam proponit Johannes P. Rozgoni, Transylvano-Ungar. Utrecht 1679. 21 Die Disputation wird auch bibliographisch erfasst von Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 161 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 320. Nach letzterem wurde die Disputation am 6. September 1679 gehalten.

Literatur

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horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1681. – [6] Bl.; 4° – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Duyvelaer, Johannes [Respondent]: Disputatio Theologica Quinta, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Joh. Duvelaer, Mediob-Zeland. A. d. 29. Ianuarii, loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1681. – [6] Bl.; 4° – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Janzonius, Joannes [Respondent]: Disputatio Theologica Sexta, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Joannes Janzonius, Ouderkerko-ad-Izalam-Batav. Ad diem … Frebruarii, loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1681. – [6] Bl.; 4° – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Bondely, Emmanuel [Respondent]: Disputatio Theologica Septima, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Emmanuel Bondely, Helvetio-Bernas. Ad diem … Martii, loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1681. – [6] Bl.; 4° – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Biermannus, Johannes Augustus [Respondent]: Disputatio Theologica Octava, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Joh. August Biermannus, Brigensis-Silesius. Ad diem … Martii, loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum: Elzevier 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Biermannus, Johannes Augustus [Respondent]: Disputatio Theologica Nona, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Joh. August Biermannus, Brigensis-Silesius. Ad diem … Martii, loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum: Elzevier 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Persoon, Adamus [Respondent]: Disputatio Theologica Decima, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Adamus Persoon, Clivo–Vesalus. Ad diem … Martii, loco

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Anhang

horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Nemethi, Samuel [Respondent]: Disputatio Theologica Undecima, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clariffimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Profefforis ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Samuel Nemethi, Szatthmarino-Ungarus. Ad diem … Aprilis loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover.22 Wittich, Christoph [Präses], Banyai, Petrus D. [Respondent]: Disputatio Theologica Duodecima, Causam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Petrus D. Felso-Banyai, Ungarus. Ad diem … Aprilis loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph, 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Szathmári Pap, János [Respondent]: Dispvtatio Theologica Tertia Decima, Caufam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max, Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Johannes Pap Szathmári, Ungarus. Ad diem … Aprilis loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover.23 Wittich, Christoph [Präses], Crollius, Johannes [Respondent]: Dispvtatio Theologica Quarta Decima, Caufam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max, Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Johannes Crollius, Sylva-Ducensis. Ad diem … Maji loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Peltzer, Matthias [Respondent]: Dispvtatio Theologica Quinta Decima, Caufam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max, Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Matthias Peltzer, Stolberga Juliacensis. Ad diem 14. Maji, hora octava, ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes 22 Die Disputation wird bibliographisch auch erfasst von Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 209 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 322. 23 Die Disputation wird bibliographisch auch erfasst von Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 209 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 322.

Literatur

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Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Rollandus, Nicolaus [Respondent]: Dispvtatio Theologica Sexta Decima, Caufam Sp. S. Victricem demonstrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max, Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Nicolaus Rollandus, Scoto-Britannus. Ad diem … Iunii, hora locoque, solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Szerencsi, Gerson P. H. [Respondent]: Disputatio Theologica Septima Decima, Caufam Sp. S. Victricem demonftrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Gerson P. H. Szerencsi, Ungarus. Ad diem 7. Iunii, hora locoque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzivirii, Academiae Typograph, 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover.24 Wittich, Christoph [Präses], Haas, Samuel [Respondent]: Disputatio Theologica Octava Decima, Caufam Sp. S. Victricem demonftrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Samuel Haas, Berna-Helvetius. Ad diem 18. Iunii, hora locoque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzivirii, Academiae Typograph, 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Mintert, Petrus [Respondent]: Disputatio Theologica Nona Decima, Caufam Sp. S. Victricem demonftrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Petrus Mintert, Meursensis. Ad diem … Iunii, hora locoque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzivirii, Academiae Typograph, 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Wittich, Christoph [Präses], Sylvius, Johannes [Respondent]: Disputatio Theologica Vigesima et Ultima, Caufam Sp. S. Victricem demonftrans, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Johannes Sylvius, Joh. Fil. Ad diem 28. Iunii, hora locoque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzivirii, Academiae Typograph, 1681. – [6] Bl.; 4°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover.

24 Die Disputation wird bibliographisch auch erfasst von Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 209f. und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 322.

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Anhang

[Wittich, Christoph [Präses], Tornyi, Georgius [Respondent]: Disputatio Theologica De Vocatione Abrahami, variisque apparitionibus Dei, ad eundem factis. Qvam Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd. Batav. Professoris Ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Georgius Tornyi, Ungarus. Ad diem 26. Iunij, loco horisque solitis, ante meridiem. Lvgdvni Batavorvm, Apud Viduam & Haeredes Johannis Elsevirii, Academiae Typogr. 1680. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 184 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 321.] [Wittich, Christoph [Präses], Kecskeméti, Johannes Selymes [Respondent]: Disputatio Theologica De Anno Beneplaciti Jehovae, Qvam Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd. Batav. Professoris Ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Johannes Selymes Kecskeméti Ungarus. Ad diem 6. Iulij, loco horisque solitis, ante meridiem. Lvgdvni Batavorvm, Apud Viduam & Heredes Johannis Elsevirii, Academiae Typogr. 1680. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 182 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 321.] Wittich, Christoph [Präses], Pathai, Stephanus K. [Respondent]: Disputatio theologica de gemellis Isaaci, Jacobo et Esavo, fratribus, ingenio virtutibus et sorte multùm disparibus: priori, gratiosissimae Electionis divinae; posteriori, justissimae Reprobationis, typis, exemplis et speciebus, Respondent: Stephanus K. Pathai, Lugd. Bat.: apud vid. et her. Joh. Elsevirii 1680. – 4° – Universiteitsbibliotheek Leiden.25 [Wittich, Christoph [Präses], Wizaknai (Vizaknai), Michael U. [Respondent]: Disputatio Theologica De Gravioribus Legis, seu, de iis, quae Matth. 23: 23. Τὰ βαρύτερα τοῦ νόμου dicuntur. Pars Prima. Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd. Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Michael U. Wizaknai. Transylvano- Ungarus. A. & R. Ad diem 13. Iulii, loco horisque solitis, post meridiem. Lvgdvni Batavorvm, Apud Viduam Haeredes Johannis Elsevirii, Academiae Typogr. 1680. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 184f. und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 321.]26 [Wittich, Christoph]: Christophori Wittichii Professoris Ordinarii Celeberrimi Dissertationes Variae in Theologia; I. De Providentia dei actuali; II. De humiliatione et exaltatione Christi; III. de perseverantia et certitudine fidelium; IV. ad duodecada quaestionum pontificiarum; V. de bonorum operum veritate. Lugdum Batavorum apud Jacobum Moukee 1681. [Anonym und ohne Autorisation durch Wittich publizierter

25 Die Disputation ist auch nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 182 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 321 und nach diesem am 13. Juli 1680 gehalten worden. 26 Vgl. zur Pars II unter Präses Spanheim und Pars III unter Präses le Moyne Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 185 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 321.

Literatur

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Disputationssammelband] – 98, 386, 58, [2], 64, [2], 124 S.; 8°. – Bodleian Library Oxfort.27 [Wittich, Christoph [Präses], Warallyai (Varaljai), Daniel [Respondent]: Disputatio Theologica De Distinctione praeceptorum Dei, Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Daniel Warallyai, Transylvano. Ungarus. A. & R. Ad diem … Mártii loco horisque solitis ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Johannis Elzevirii Academiae Typograph. 1681. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 210 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 322.]28 [Wittich, Christoph [Präses], Medgyessi, Matthias L. [Respondent]: Disputatio Theologica De Lege Iram operante, & Peccatum imputante, Pars Prima, Qvam, Favente Deo Opt. Max, Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris Ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Matthias L. Medgyessi, Saxo Transsylv. Ad diem … Maji, loco horisque solitis, ante meridiem. Lugduni Batavorum, Apud Viduam & Haeredes Joannis Elzevirii, Academiae Typograph. 1681. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 208 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 322.]29 [Wittich, Christoph [Präses], Derecskéi (Dereeskei), Paulus [Respondent]: Disputationis Theologicae, De Justificatione hominis, in foro Dei, & conscientiae, Pars Prima. Qvam, Favente Deo Opt. Max. Sub Praesidio Admodum Reverendi ac Clarissimi Viri, D. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Academia Lugd.-Batava Professoris ordinarii, Celeberrimi, Publice ventilandam proponit Paulus Derecskéi (Dereeskei) de Debrecen, Ungar. A. & R. Ad diem 5. Iulii, hora locoque solitis ante meridiem. Lvgdvni Batavorvm. Apud Abrahamum Elzevier, Academiae Typograph. 1681. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 206 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 285.]30 Wittich, Christoph: Causa Spiritus Sancti victrix. Demonstrata a Christophoro Wittichio. Lugd. Batav.: Boutesteyn 1682. – [4], 284 S.; 8° – Universitätsbibliothek Mannheim. 27 Teilweise sind die über die digitalen Bibliothekskataloge und VD 17 recherchierbaren Teildisputationen diesem Band entnommen, ohne dass dies kenntlich gemacht worden wäre. Vgl. z. B. zu Wittichs De Providentia dei actuali VD 17: 3:002211R und zu De humiliatione et exaltatione Christi VD 17 : 3:002209 V (www.vd17.de. Abgerufen im Juli 2017). Vgl. zu den Responsiones ad dyodecada quaestionum pontificiarum (Leiden 1681) auch den Nachweis im Katalog der Universitätsbibliothek Leiden. Der Titel ist zudem von Trevisani, Descartes in Deutschland, 354 als Einzeldisputation des Respondenten Theodorus a Leesten von 1674 nachgewiesen. Diese beiden Exemplare lagen mir nicht vor. 28 Vgl. zur Pars altera Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 210 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 322. 29 Vgl. zur Pars altera Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 208 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 322. 30 Vgl. zur Pars II bis IV Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 206 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 323.

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Anhang

Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). (Identisch mit den gleichnamigen 20 Disputationen Wittichs des Jahres 1680–1681). Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Exercitationes Theologicae: I. Deus Mundi Rector, II. Christus Humilis, et Altus, III. Fides Sanctorum Perseverans et Certa, IV. Fucata Gentium Virtus, V: Veritates et Errores Fundamentales cim Annexis. Editae cura & studio ipsius Auctoris, multis quoque in locis auctae. Accessit Oratio Inauguralis De Oraculorum divinorum Veritate & Gentilium Falsitate. Lugdunum Batavorum: Boutesteyn 1682. – [6] Bl., 414 S., [1] gef. Bl. Druckerm. (Holzschn.), 1 Portr. (Kupferst.); 4° – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018).31 Wittich, Christoph: Disputatio theologica de mysteriis. Leiden 1682: Wittich, Christoph [Präses], Scholtz, Johannes Fridericus [Respondent]: Disputatio theologica de mysteriis, cujus partem priorem: … sub praesidio … Christophori Wittichii … / publicae ventilationi submittit Johannes Fridericus Scholtz. Lvgdvni Batavorvm. Apud Abrahamum Elzevier 1682. – [8] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam. Wittich, Christoph [Präses], Scholtz, Johannes Fridericus [Respondent]: Disputatio theologica de mysteriis, cujus partem posteriorem: … sub praesidio … Christophori Wittichii … / publicae ventilationi submittit Johannes Fridericus Scholtz. Lvgdvni Batavorvm. Apud Abrahamum Elzevier 1682. – [8] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam. Wittich, Christoph: Disputationes I–XVIII continens paraphrasin epistolae Pauli ad Romanos. Leiden 1682 (?)–1684 [teilweise rekonstruiert]:32 [Wittich, Christoph [Präses], N.N. [Respondent]: Disputationes I–VIII. continens paraphrasin epistolae Pauli ad Romanos, Qvam […] sub Praesidio […] Christophori Wittichii […] publicae ventilationi submittit ?. Lvgdvni Batavorvm: Elsevier (?) 1682 (?)–1683. Nicht erhalten und mittels der belgbaren Reihendisputationen rekonstruiert.] Wittich, Christoph [Präses], Kisfalvi, Samuel P. [Respondent]: Disputatio V. Continens Paraphrasin Epistolae Pauli ad Romanos. Qvam, Deo Auxiliante Sub Praesidio Admodum Reverendi & Clarissimi Viri, Dn. Christophori Wittichii, S. S. Theol. & Phil. Doct. illiusque in Acad. Lugd. Batava Profess. Ordinarii, Celeberrimi, Publicae ventilationi submittit Samuel P. Kisfalvi, Ungarus. Die 14. Iulii horis locoque solitis. Lugduni Batavorum, Apud Abrahamum Elzevier, Academiae Typograph. 1683. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 230 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 323.] Wittich, Christoph [Präses], Langenhert, Casparus [Respondent]: Disputatio VI. Continens Paraphrasin Epistolae Pauli ad Romanos. Qvam […] sub Praesidio […] Christophori Wittichii […] publicae ventilationi submittit Casparus Langenhert. Leiden 1683. Kein erhaltenes Exemplar auffindbar. Nachgewiesen bei van Bunge s.v. LANGENHERT, Caspar (1661–c. 1730) DSECDP 2 (2003) 588. [Wittich, Christoph [Präses], N.N. [Respondent]: Disputationes VII–VIII. continens 31 Eine niederländische Übersetzung ist 1686 von Abraham van Poot veröffentlicht worden. Vgl. unten Wittich: Godgeleerde oeffeningen (1686). 32 Die Reihendisputation wird 1685 geschlossen als Wittichs Kommentar zum Römerbrief veröffentlicht. Vgl. Wittich: Metalleia (1685).

Literatur

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paraphrasin epistolae Pauli ad Romanos, Qvam […] sub Praesidio […] Christophori Wittichii […] publicae ventilationi submittit ?. Lvgdvni Batavorvm: Elsevier (?) 1683– 1684 (?). Nicht erhalten und mittels der belgbaren Reihendisputationen rekonstruiert.] Wittich, Christoph [Präses], Witteboll, Petrus [Respondent]: Disputatio IX. continens paraphrasin epistolae Pauli ad Romanos. Qvam […] sub Praesidio […] Christophori Wittichii […] publicae ventilationi submittit Petrus Witteboll. Lugduni Batavorum: apud Abrahamum Elzevier 1684. – [8] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Utrecht. [Wittich, Christoph [Präses], N.N. [Respondent]: Disputationes X–XI. continens paraphrasin epistolae Pauli ad Romanos, Qvam […] sub Praesidio […] Christophori Wittichii […] publicae ventilationi submittit ?. Lvgdvni Batavorvm: Elsevier (?) 1684. Nicht erhalten und mittels der belgbaren Reihendisputationen rekonstruiert.]. Wittich, Christoph [Präses], de Haan, Petrus Johannes [Respondent]: Disputatio XII. continens paraphrasin Epistolae Pauli ad Romanos. Qvam […] sub Praesidio […] Christophori Wittichii […] publicae ventilationi submittit Petrus Johannes de Haan. Lugduni Batavorum: apud Abrahamum Elzevier 1684. – 4°. – British Library.33 [Wittich, Christoph [Präses], N.N. [Respondent]: Disputatio XIII. continens paraphrasin epistolae Pauli ad Romanos, Qvam […] sub Praesidio […] Christophori Wittichii […] publicae ventilationi submittit ?. Lvgdvni Batavorvm: Elsevier (?) 1684. Nicht erhalten und mittels der belgbaren Reihendisputationen rekonstruiert.]. Wittich, Christoph [Präses], Füsi, Laurentius [Respondent]: Disputatio XIV. continens paraphrasin Epistolae Pauli ad Romanos. Qvam […] sub Praesidio […] Christophori Wittichii […] publicae ventilationi submittit Laurentius Füsi. Lugduni Batavorum: apud Abrahamum Elzevier 1684. – 4°. – British Library.34 [Wittich, Christoph [Präses], N.N. [Respondent]: Disputationes XV–XVI. continens paraphrasin epistolae Pauli ad Romanos, Qvam […] sub Praesidio […] Christophori Wittichii […] publicae ventilationi submittit ?. Lvgdvni Batavorvm: Elsevier (?) 1684. Nicht erhalten und mittels der belgbaren Reihendisputationen rekonstruiert.]. Wittich, Christoph [Präses], Musnai, Michael [Musnai, Mihály (ca. 1658–1687), Respondent]: Disputatio XVII. continens paraphrasin epistolae Pauli ad Romanos. Qvam […] sub Praesidio […] Christophori Wittichii […] publicae ventilationi submittit Michael Musnai. Lugduni Batavorum: apud Abrahamum Elzevier 1684. – 4°. – British Library.35 [Wittich, Christoph [Präses], N.N. [Respondent]: continens paraphrasin epistolae Pauli ad Romanos, Qvam […] sub Praesidio […] Christophori Wittichii […] publicae ventilationi submittit ?. Lvgdvni Batavorvm: Elsevier (?) 1684 ( ?). Nicht erhalten und mittels der belgbaren Reihendisputationen rekonstruiert.36].

33 Die Disputation lag mir nicht vor. 34 Die Disputation wird bibliographisch auch erfasst von Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 268f. und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 323. Dort wird sie auf den 11. November 1684 datiert. Die Disputation lag mir nicht vor. 35 Die Disputation wird bibliographisch auch erfasst von Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 269 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 323. Dort wird sie auf den 13. Dezember 1684 datiert. Die Disputation lag mir nicht vor. 36 Die Disputation muss das letzte Kapitel des Römerbriefes behandeln und dürfte den Abschluss der Reihe bilden, sofern das Kapitel nicht auf zwei Disputationen verteilt war.

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Wittich, Christoph: Disputatio theologica de veritate Verbi Divini contenti in libris, qui vulgo Canonici nuncupantur. Leiden 1683: Wittich, Christoph [Präses], Bertscheus, Abrahamus [Respondent]: Disputatio theologica I. De veritate Verbi Divini contenti in libris, qui vulgo Canonici nuncupantur.: Qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … / publicae ventilationi submittit Abrahamus Bertscheus, Lvgdvni Batavorvm. Apud Abrahamum Elzevier 1683. – [12] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam. Wittich, Christoph [Präses], Bertscheus, Abrahamus [Respondent]: Disputatio theologica II. De veritate Verbi Divini contenti in libris, qui vulgo canonici nuncupantur.: Qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … / publicae ventilationi submittit Abrahamus Bertscheus, Lvgdvni Batavorvm. Apud Abrahamum Elzevier 1683. – [16] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam. Wittich, Christoph: Disputatio theologica de conscientia illibata. Leiden 1684: Wittich, Christoph [Präses], Stossius, Johannes Rodolphus [Respondent]: Disputatio theologica I. De conscientia illibata.: Qvam … praeside … Christophoro Wittichio … / in palaestra critica ventilandam exhibet Joh. Rodolphus Stossius, Lvgdvni Batavorvm. Apud Abrahamum Elzevier 1684. – [16] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam. Wittich, Christoph [Präses], Stossius, Johannes Rodolphus [Respondent]: Disputatio theologica II. De conscientia illibata.: Qvam … praeside … Christophoro Wittichio … / in palaestra critica ventilandam exhibet Joh. Rodolphus Stossius, Lvgdvni Batavorvm. Apud Abrahamum Elzevier 1684. – [20] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam. Wittich, Christoph: Christophori Wittichii Metalleia Sive Investigatio Epistolae Ad Romanos Ab Apostolo Paulo exaratae: Una Cum Paraphrasi. Lugduni Batavorum: Boutesteyn 1685. – [19] Bl., 640 S. Druckerm. (Holzschn.) 4°. – Universitäts- und Landesbibliothek Münster. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). Wittich, Christoph: Disputatio theologica de characteribus beatitudinis a Christo designatis Matth. V: 3–12. Leiden 1685: Wittich, Christoph [Präses], Gromme, Mauritius [Respondent]: Disputatio theologica de characteribus beatitudinis a Christo designatis Matth. V: 3–12 prima.: Qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … / publicae ventilationi submittit Mauritius Gromme. Lugduni Batavorum: apud Abrahamum Elzevier 1685. – [16] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam. Wittich, Christoph [Präses], Gravius, Johannes [(1664–1707) Respondent]: Disputatio theologica de characteribus beatitudinis a Christo designatis Matth. V: 3–12 secvnda.: Qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … / publicae ventilationi submittit Johannes Gravius … Lvgdvni Batavorvm: apud Abrahamum Elzevier 1685. – [8] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam. Wittich, Christoph [Präses], Musnai, Michael [Musnai, Mihály (ca. 1658–1687), Respondent]: Disputatio theologica de decreto sive consilio Dei in genere.: Qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … / publicae ventilationi submittit Michael Musnai. Lvgdvni Batavorvm. Apud Abrahamum Elzevier 1685. – [16] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam.37

37 Die Disputation wird bibliographisch auch erfasst von Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 323. Dort wird sie auf den 19. Mai 1685 datiert. Die Disputation lag mir nicht vor.

Literatur

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Wittich, Christoph [Präses], Snethlage, Rudolphus [Respondent]: Disputatio theologica de antiquitate sacrorum Israëlitarum et Aegyptiorum: Qvam … sub praesidio … Christophori Wittichii … / publice ventilationi submittit Rudolphus Snethlage. Lugduni Batavorum: apud Abrahamum Elzevier 1685. – [12] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam. Wittich, Christoph [Präses], Apati, Nicolaus [Miklos Apati (1662–1724), Respondent]: Disputatio theologico-critica tripertita, naturae τῶν ‫ דהמים אורום‬Urim et Thummim ad mentem Scripturae Sacrae, superatis heterogeneis opinionibus enucleandae consecranea.: Quam … sub praesidio … Christophori Wittichii … / Publicae eruditorum subjicit censurae Nicolaus Apati. Lugduni Batavorum: apud Abrahamum Elzevier 1686. – [28] Bl.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam.38

6.1.1.2.5 Anonyme Veröffentlichungen Heidanus, Abraham [zusammen mit Wittich, Christoph und de Volder, Burchard]: Abrahami Heidani Consideratien, over eenige saecken onlanghs voorgevallen in de universiteyt binnen Leyden. Leyden: Doude 1676. – [4] Bl., 144 S.; 4°. – Koninklijke Bibliotheek, Nationale bibliotheek van Nederland. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). Vgl. die weiteren Auflagen und die lateinische Übersetzung der Schrift im Quellenverzeichnis unter dem Herausgeber Heidanus.

6.1.1.2.6 Posthume Veröffentlichungen Wittich, Christoph: Godgeleerde oeffeningen, Bestaande in verscheidene verhandelingen / In het Latijn beschreven Door … Christoph Wittichius, Professor der Godgeleerdheid tot Leiden, Vertaald door Abraham van Poot. De ordre der Verhandelingen word op het nevens-gaande Blad, even achter de Vorreden, aangewesen. Leiden: Luchtmans 1686. – [4] Bl., 415 S.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam. Digitalisat: Hochschul- und Landesbibliothek Fulda (http://fuldig.hs-fulda.de/viewer/image/PPN230772455/9/. Abgerufen im Juli 2017). Wittich, Christoph: De Saake des Heiligen Geestes, Een Goddelik persoon, van de selve wezendheid met de Vader en Soon, Tegens het wonderlik voorstel van C.C.S. Of niet door den Heiligen Geest het geslachte der engelen verstaan worden? Beweerd en verdedigd door Christophorus Wittichius, Professor der Godgeleerdheid tot Leiden. Als mede desselfs Saake des Heiligen Geestes over winnaresse. Uit het Latijn vertaald door Abraham van Poot, Med. Doct. Tot better verstand van de Leser is het Wonderlik Voorstel selve, als mede de Brief door de Kanttekenaar aan de Heer Wittichius geschreven, hier bygevoegd. Leiden: Luchtmanns 1686. – [4] Bl., 274, 55 S.; 4°. – Univer38 Die Disputation wird bibliographisch auch erfasst von Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 302 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 323. Dort wird sie auf den 6. November 1686 datiert. Die Disputation lag mir nicht vor. Vgl. zu Pars II und III unter Präses Galliard Szabó/Hellebrant, Régi Magyar Könyvtár, 302 und Bozzay, Peregrination ungarländischer Studenten, 324.

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sitätsbibliothek Amsterdam. Digitalisat: Hochschul- und Landesbibliothek Fulda (http://fuldig.hs-fulda.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:hebis:66:fuldig-561161. Abgerufen im Juli 2017). Wittich, Christoph: Uitlegginge over den brief van Paulus aan den Romeinen.: Met een voor af gaande korte verklaringe / door den heer Christophorus Wittichius, in sijn leven Professor der Godgeleerdheid tot Leyden: Nevens eenige aanmerkelikke plaatsen uit de schriften van de Hr. Coccejus Sal: die hier niet allenelik aangetrokken, maar ook geheel en in haar samenhang uitgedrukt worden. Uit het Latijn vertaald Door Abraham van Poot. M.D. Leyden: Luchtmans 1687. – [8] Bl., 696 S.; 4°. – Universitätsbibliothek Amsterdam. Wittich, Christoph: Christophori Wittichii P.M. Philosophi acutissimi & Theologi solidissimi Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes: In quibus methodi celeberrimi Philosophi succincta redditur ratio, nec non dubia solvuntur, difficiliora enodantur, obscuriora illustrantur, puriorque Philosophia adversus Quorundam objectiones solidissime asseritur, confirmatis ubique primis ejus fundamentis. Opus posthumum ex trium exemplarium collotione in usum studiosorum diligenter erutum: quod publice non invidendum rarus omnibus veritatem amantibus communicat. Salomon van Til Ecclesiae Dordracenae Pastor, & in Illustri ibidem gymnasio Professor. Dodrechti: Caspari/Goris 1688. – [11] Bl., 167 S.; 4°. – Universitätsbibliothek Leiden. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). Wittich, Christoph: Christoph. Wittichii Theologia Pacifica Defensa: In Qua Theologiae Pacificae Capita, quae Celeberrimus Samuel Maresius In Annotationibus ad Systematis sui Theologici editionem novam impugnavit, singula vindicantur, & veritates non paucae aliae istis affines eruuntur atque illustrantur. Amstelaedami: Wolters 1689. – [4] Bl., 1104 S. Verl.-sign. (Holzschn.); 4°. – Bayrische Staatsbibliothek München. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). Wittich, Christoph: Christoph. Wittichii Anti-Spinoza Sive Examen Ethices Benedicti de Spinoza, Et commentarius de Deo et ejus attributis. Amstelaedami: Wolters 1690. – [7] Bl., 424 S.; 4°. – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). Wittich, Christoph: Christoph. Wittichii Investigatio Epistolae Ad Hebraeos, Et Positiones Sive Aphorismi universam Theologiam adumbrantes. Amstelaedami: Wolters 1692. – [8] Bl., 464 S.; 8°. – Bayrische Staatsbibliothek München. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018). Wittich, Christoph: Ondersoek van de zede-konst van Benedictus de Spinoza, en een verhandelinge van God en desselfs eigenschappen.: In het Lateyn beschreeven door de Hr. Christophorus Wittichius.: Vertaald door Abraham van Poot, Amsterdam: van Waesberge 1695. – [16] Bl., 576 S.; 4°. – Universitätsbibliothek Groningen. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im November 2018).

Literatur

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6.1.1.3 Nachdrucke, Editionen und Übersetzungen Bots, Hans: Témoignages sur l’ancienne université de Nimègue (1655–1671). In: Roegiers, Jan; Bots, Hans u. a. (Hrsg.): Lias (Sources and Documents relating to the early modern history of ideas) 19. Amsterdam/Maarssen 1992, S.215–253. Digitalisat: http:// webdoc.ubn.kun.nl/tijd/l/lias/. (Abgerufen im November 2018). Wittich, Christoph: Het Gelderse Gibea – Apologie voor de Nijmeegse universiteit anno 1656. Door Christoph Wittich. Vertaling Vincent Hunink, inleiding Willem van der Kuijlen. Uitgeverij Vantilt/Radboud Universiteit. Nijmegen 2013. Digitalisat: http://www.vincenthunink.nl/gibea.htm. (Abgerufen im November 2018).

6.1.2 Verzeichnis der Literatur vor 1800 6.1.2.1 Frühneuzeitliche Drucke [o.Vf.] Epistola ad D. Christophorum Gittichium [= Wittichium], Professsorem Lugdunensem, Qua gratiae ei habentur, Pro Eruditissimis ipsius, In Problema de Spiritu Sancto Animadversionibus, Scripta a Socio Authoris Problematis Paradoxi, Per qua errores suos rejicere coactus est. Coloniae [= Rotterdam]: Nicolai sine anno [ca. 1679]. – 32 S.; 8°. – Bayerische Staatsbibliothek München (Signatur: Polem 2190). VD17: 27:735138Q (mit Digitalisat) und 12:110129Z. [o.Vf.] Jugements de plusieurs Professeurs et Docteurs en Theologie, de Nimmegue, de Leyde, de Franeker, d’Utrecht, de Groningue et de Deventer, qui prononcent unanimement Orthodoxe Le Livre de Louys de Wolzogue, De l’Interprete de l’Ecriture. Utrecht: Ribbius 1669. – 78 S.; 4°. – Bibliothèque nationale de France (aufgenommen nach Dibon, Cartesianismus in den Niederlanden, 349 Nr. 405). Alberti, Valentin: Diplun Kappa, Quod est, Cartesianismus Et Cocceianismus: Belgio hodie Molesti, Nobis suspecti […] In Panegyrin Doctoralem Theologicam XVII. Sept. A. MDCLXXIIX. Adducti, Et qua Errores Nostraeque Ecclesiae Interesse Examinati a L. Valentino Alberti […]. Lipsiae: Hahnius 1678. – [24] Bl.; 4°. – Niedersächsische Staatsund Universitätsbibliothek Göttingen. Digitalisat: Deutsche Digitale Bibliothek (https:// www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/R7RJRVM7VRM6XNSVFHEFI2I MOY6AN2Z7. Abgerufen im Juli 2017). Bekker, Balthasar: Balthasaris Bekker V.D.M. S.T.D. De philosophia cartesiana admonitio candida & sincera. Vesaliae: ab Hoogenhuysen 1668. – [10] Bl., 141 S.; 12°. – Universitätsbibliothek Halle. Digitalisat: PRDL. (Abgerufen im Juli 2017). Burman, Frans: Francisci Burmanni S. Theol. Doctoris & Professoris Synopsis Theologiae & speciatim Oeconomiae FOEDERVM DEI, ab initio saeculorum vsque ad consummationem eorum. TOMVS PRIOR. Praecipue complectitur Oeconomiam VETERIS TESTAMENTI. Trajecti ad Rhenum: Jacobi 1671. – [36], 772 S.; 4°. – Stadtbibliothek Wuppertal. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). –: Francisci Burmanni S. Theol. Doctoris & Professoris Synopsis Theologiae & speciatim Oeconomiae FOEDERVM DEI, ab initio saeculorum vsque ad consummationem eorum.TOMUS POSTERIOR, Complectens OECONOMIAM NOVI FOEDERIS. Cui ac-

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ceßit Consilium de STVDIO THEOLOGICO feliciter instituendo. Trajecti ad Rhenum: Jacobi 1672. – [12], 690 [4] s.; 4°. – Stadtbibliothek Wuppertal. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). Clauberg, Johannes: Joh. Claubergii In publico Teutoburgensi ad Rhenum Atheneae Professoris Defensio Cartesiana Adversus Jacobum Revium Theologum Leidensem, et Cyriacum Lentulum Professorem Herbornensem: Pars prior Exoterica, in qua Renati Cartesii Dissertatio De methodo vindicatur, simul illustria Cartesianae Logicae & Philosophiae Specimina exhibentur. Amstelodami: Elzevir 1652 – [6] Bl., 631 S.; 12°. – Universitäts- und Landesbibliothek Münster. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). –: Unterscheid Zwischen der Cartesianischer, und der sonst in Schulen gebräuchlicher Philosophie.Beschrieben durch Iohann Clauberg, Der H. Schrift und Weißheit Lehrer / in der Hohen Schule zu Duißburg. Duisbug: Wyngarten 1657. – [1] Bl., 67 S.; 8°. – Universitätsbibliothek Duisburg-Essen. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). –: Johannis Claubergii Logica vetus & nova, Modum inveniendae ac tractendae veritatis, in Genesi simul & Analysi, facili method exhibens. Editio secunda mille locis emendate novisque Prolegomenis aucta. Amstelaedami: Elzevir 1658. – [8], 463, [21] S.; 12°. – Stadtarchiv Soest. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). –: Johannis Claubergii opera omnia philosophica; Ante quidem separatim, nunc vero conjunctim edita, multis partibus auctiora et emendatiora. Quibus accessere praeter Indicem locupletissimum, Opuscula quaedam Nova, nunquam antehac edita: Quorum omnium seriem proxima post Elogia pagina exhibet. Cura Joh. Theod. Schalbruchii. Amstelodami: Blaev 1791. – [20] Bl., 1278 S., [27] Bl.: Druckerm., 4°. – Stadtarchiv Soest. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). Coccejus, Johannes: Johannis Cocceji S.S. Th. Doct. Ac Prof. in Acad. Lugd. Batava. Opera Omnia Theologica, Exegetica, Didactica, Polemica, Philologica; Divisa In Decem Volumnia. Editio Tertia, auctior & emendatior. Amstelodami: Blaev 1701. – Universitätsund Landesbibliothek Münster. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). du Bois, Jacobus: Jacobi Du Bois Ecclesiastae Leydensis Dialogus theologico-astronomicus, in quo ventilatur quaestio astronomica, An terra in centro universi quiescat, et sol aliaque luminaria coelestia circa eam moveantur: an vero, sole quiescente, terra circa eam feratur. Lugduni Batavorum: Leffen 1653. – 66 S.; 4°. – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. –: Veritas et Authoritas Sacra In Naturalibus et Astronomicis asserta et vindicata: Contra Christophori Wittichii Dissertationes Duas, de S. Scripturae in Philosophicis abusu; Adiuncta refutatione argumenti ab eodem authore ex Cartesii Principiis pro Motu Terrae desumpti. Opera et studio Jacobi du Bois. Utrecht: Waesberge, 1655. – [19] Bl., 305 S., [2] Bl.; 12°. – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). Galilei, Galileo: Lettera a Christina di Lorena/Brief an Christine von Lothringen. 1615. In: Bieri, Hans: Der Streit um das kopernikanische Weltsystem im 17. Jahrhundert. Galileo Galileis Akkommodationstheorie und ihre historischen Hintergründe. Quellen-Kommentare-Übersetzungen unter Mitarbeit von Virgilio Masciadri. 2. Auflage. Bern 2007. (Freiburger Studien zur Frühen Neuzeit 9) Glassius, Salomon: Salomonis Glassii, SS. Theol. D. & Ecclesiarum in Ducatu Saxo-Gothano Superintendentis, Philologia Sacra,: Qua Totius SS. Veteris Et Novi Testamenti Scrip-

Literatur

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turae Tum Stylus Et Literatura, Tum Sensus Et Genuinae Interpretationis Ratio Et Doctrina Libris Quinque expenditur ac traditur; qui absolvuntur Philologia B. Auctori speciatim sic dicta, Grammatica & Rhetorica Sacra. Editio Nova, a plurimis erroribus, qui in omnes editiones priores irrepserant, sedulo repurgata, emendatissimisque Indicibus instructa. Accedit huic editioni Praefatio Jo. Francisci Buddei, SS. Theol. D. & in Academia Ienensi P. P. O. – Lipsiae: Gleditsch 1713. – [8] Bl., 32 S., [8] Bl., 2138 Sp., [53] Bl. – Bayrische Staatsbibliothek München. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). Gronovius, Jacob: Jacobi Gronovii Laudatio Funebris recitata post obitum Venerandi Et Ervditissimi Viri Christophori Wittichii Philosophiae & Theologiae Doctoris, & hujus primum in Teutoburgica, mox Neomagensi, denique Lugduno-Batava Academia Professoris, a. d. VIII Calendas Julii M D C LXXXVII. Lvgd. Batavorum: Verbessel 1687. – 39 S.; 4°. – Universitäts- und Landesbibliothek Münster. Hackius, Jacobus: Catalogus instructissimae bibliothecae D. Christophori Wittichii, S.S. Theol. ac Phil. Doctoris, & in Acad. Lugd. Bat. (dum viveret) S.S. Theol. Professoris ordinarii, dignissimi. Quorum auctio habebitur in officina Jacobi Hackii, ad diem 29. Septembr. 1687. Stylo Novo. Lugd. Batavorum: Hackius 1687. – 55 S.; 4°. – Universitätsbibliothek Leiden. Heidanus, Abraham [zusammen mit Wittich, Christoph und de Volder, Burchard]: Abrahami Heidani Consideratien, over eenige saecken onlanghs voorgevallen in de universiteyt binnen Leyden. Leyden: Doude 1676. – [4] Bl., 144 S.; 4°. – Koninklijke Bibliotheek, Nationale bibliotheek van Nederland. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). – [zusammen mit Wittich, Christoph und de Volder, Burchard]: Abrahami Heidani Consideratien, over eenige saecken onlanghs voorgevallen in de universiteyt binnen Leyden. Den tweeden Druck verbetert. Leyden: Doude 1676. – 171 S.; 4°. – British Library. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). – [zusammen mit Wittich, Christoph und de Volder, Burchard]: Abrahami Heidani Consideratien, over eenige saecken onlanghs voorgevallen in de universiteyt binnen Leyden.: Den derden Druck; Is achter by-gevoegt een Extract uyt de Resolutie van de Curateuren volde Universiteyt en Burgermeesteren der Stadt Leyden; Van den 5. May, Anno 1676. Amsterdam: van Someren 1676. – [2] Bl., 172 S. , 8 S.; 4°. – Staatsbibliothek Berlin. Digitalisat: Early Modern Pamphlets Online (http://tempo.idcpublishers.info/ protected/adobepdf/H-2500–11435/11435.pdf. Abgerufen im Juli 2017). – [zusammen mit Wittich, Christoph und de Volder, Burchard]: Abrahami Heidani S.S. Th. D. ac Prof. & Ecclesiastae Leidensis Considerationes Ad res quasdam nuper gestas in Academia Lugduno-Batava: Cum triplici Appendice, cuius seriem sequens pagina exhibet; Libellus perutilis, nec minus hoc tempore necessarius. … Hamburgi: Groote 1678. – [4] Bl., 234 S., [1] Bl 8°. – Bayrische Staatsbibliothek München. –: Corpus theologiae Christianae in quindecim locos digestum: Quorum Conspectum aversa pagina exhibit. Tomus primus. Lugduni Batavorum: de Vivié & Luchtmans 1686. – [14] Bl., [22] Bl., 616 S.; 4°. – Bayrische Staatsbibliothek München. Digitalisat: DLCPT (Abgerufen im Juli 2017). –: Corpus theologiae Christianae in quindecim locos digestum: Quorum Conspectum aversa pagina exhibit. Tomus primus. Lugduni Batavorum: de Vivié & Luchtmans 1686. – [26] Bl., 636 S.; 4°. – Bayrische Staatsbibliothek München. Digitalisat: DLCPT (Abgerufen im Juli 2017).

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Hund, Martin: Oratio Funebris In Obitum Reverendi, Clarissimi, acutissimique Viri, Johannis Claubergii SS. Theol. & Philosoph. Doctoris, earundemque Facultatum in Academia Teutoburgensi Professoris Primarii: Habita die VI. Febr. A.C. MDCLXV. / a Martino Hundio SS. Theol. Doctore & Professore p.t. Academiae Rectore. Duisburgi ad Rhenum: Sas 1665. – 44 S.; 4°. – Staatsbibliothek Berlin.39 Kuratoren der Universität Leiden: Extract uyt de Resolutien, Van de Curateuren over de Universiteyt en Burgermeesteren der Stadt Leyden, genomen tegen de schadelijcke Nieuvvigheden. Den 16. Ianuary, Anno 1676. Met Aenwysinge van d’Auteuren, Boecken, Pagien, ende eygene Woorden, gestelt in’t Latyn, en in Duytsch vertaelt; in ende by de welcke de verbodene Positien syn te vinden. Leiden 1676. British Library. Abgedruckt bei Heidanus: Consideratien (1676) 145–170. Digitalisat: Early Modern Pamphlets Online (http://tempo.idcpublishers.info/protected/adobepdf/H-2500–11424/11424.pdf. Abgerufen im Juli 2017). van Lansbergen, Jacob: Iacobi Lansbergi Medicinae Doctoris Apologia, Pro Commentationibus Philippi Lansbergii in Motum Terrae Diurnum & Annuum: Adversvs Libertvm Fromondvm Theologum Lovaniensem; & Joan. Baptistam Morinvm, Doct. Med. & Parisiis Mathematum Professorem Regium. Middelburgi Zelandiae: Roman 1633. – [8] Bl., 131 S.: graph. Darst. (Holzschn.); 4°. – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Digitalisat: Wolfenbütteler Digitale Bibliothek (http://diglib.hab.de/drucke/24–11quod-7/start.htm. Abgerufen im Juli 2017). Leydekker, Melchior: Melchioris Leydeckeri Synopsis controversiarum de foedere et testamento Dei quae hodie in Belgio moventur. Accedit Apologetus, quo ad Iniquas D. Johannis Wajeni Censuras modeste respondetur: Nec non Exercitatio Theologica de S. Scriptura authoritate ad conscientiam adstruenda. Trajecti ad Rhenum: Halma 1690. – [80] Bl., 222 S., [1] Bl.; 8°. – Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha. Maresius, Samuel: Oratio inauguralis de usu et abusu rationis in rebus theologicis & fidei. Groningen 1643. Abgedruckt in Maresius: Systema (61662) 547–566. –: Collegium Theologicum: Sive Breve Systema Universae Theologiae, Comprehensum Octodecim Disputationibus privatum habitis in Academia Provinciali Ill. Ord. Groningae et Omlandiae / a Samuele Maresio SS. Theologiae Doctore et Professore ordinario ac p. t. Academiae Rectore. Opdracht aan de Staten van Gron. en Oml.; gedateerd: 17 Febr. 1645 Ad Lectorem. – Groningae: Nicolai, 1645. – [9] Bl., 364 S., [2] Bl.; 4°. – Staatsbibliothek Berlin. –: Collegium Theologicum: Sive Breve Systema Universae Theologiae, Comprehensum Octodecim Disputationibus collegialiter habitis in Academia Provinciali Ill. Ord. Groningae & Omlandiae / a Samuele Maresio, SS. Theologiae Doctore, eiusdemque Facultatis Professore primario. Opdracht aan de Curatoren; gedateerd: XIV Julij 1649. Editio secunda, priori multo accuratior & duplo fere auctior, ut ex immediatè sequenti indiculo patebit. Groningae: Nicolai, 1649. – [16] Bl., 615 S.; 4°. – Universitätsbibliothek Leipzig. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). –: Collegium Theologicum; Sive Systema Breve Universae Theologiae,: Comprehensum Octodecim Disputationibus Collegialiter olim habitis in Academia Provinciali Ill.Ord.Groningae & Omlandiae, à Samvele Maresio S.S. Theol. Doctore, ejusdemque

39 Wittich gehört zu den Beiträgern der Leichenrede.

Literatur

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Facultatis Professore primario, Historiae Ecclesiasticae Ordinario, & Pastore Gall. Ecclesiae. – Editio tertia, praecedentibus multo accuratior & priori duplo ferè auctior, ut ex Collatione & Indiculo post Epistolas liminares legendo patebit. – Groningae: Bronchorst, 1656. – 41 S., 665 S.; 4°. – Universitäts- und Landesbibliothek Münster. –: Collegium Theologicum, Sive Systema Breve Universae Theologiae;: Comprehensum Octodecim Disputationibus Collegialiter olim habitis in Academia Provinciali Illustrium ac PP. Ordinum Groningae & Omlandiae, A Samuele Maresio, S.S. Theol. Doctore, ejusdemque Facultatis Professore Primario, Historiae Ecclesiasticae Ordinario, & Pastore Gallicae Ecclesiae. – Groningae: Bronchorst, 1659. – [14] Bl., 364 S.; 4°. – Heidelberg, Bibliothek des Praktisch-Theol. Seminars. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). –: Collegivm Theologicvm, Sive Systema Breve Vniversae Theologiae;: Comprehensvm Octodecim Dispvtationibus, Collegialiter olim habitis in Academia Provinciali Illustrium ac PP. Ordinum Groningae & Omlandiae; A Samvele Maresio, SS. Theol. Doctore, Eivsdemqve Facultatis Professore Primario, Historiae Ecclesiasticae Ordinario, & Pastore Gallicae Ecclesiae. Genevae: Tournes 1662. – [19] Bl., 576 S., [3], [1] Bl., 53 S.; 4°. – Universiteitsbibliotheek Groningen. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). –: Systema Theologicum cum Annotationibus.: Samuelis Maresii, S.S. Th. Doct. ejusdemque Profess. Prim. in Acad. Provinciali Ill. & PP. Ord. Groningae & Omlandiae,. Summa Privilegii; datiert: Nonis Aprilis 1673. Groningae: Spinneker, 1673. – [5] Bl., 1057, 79 S.; 4°. – Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017).40 –: Indiculus Praecipuarum Controversiarum Theologicarum, Quas D. Samueli Maresio, Insistenti receptis hactenus inter Reformatos sententiis, ultro movit Clarissimus D. Christ. Wittichius, Novae Theologiae Noviomagi, Professor Cartesianus Celeberrimus, tam in suis Reprehensionibus continuis per plures annos repetitis & dictatis ad ilius Systema, quam in grandi suo opera nupero, illis propugnandis destinato, quod inscripsit Theologiam pacificam. Praemittitur Judicium de eadem Theologia EristicoPacifica ad ejus Praefationem. Groningae: Huysman 1671. – [14] Bl., 55 S.; 4°. – Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). van Mastricht, Petrus: Novitatum Cartesianarum Gangraena: Nobiliores plerasque Corporis Theologici Partes arrodens & exedens, Seu Theologia Cartesiana Detecta / Auctore Petro van Mastricht, S. Literarum in Ecclesia & Academia Duisburgensi Doctore & Professore. Amstelodami: Jansson 1677. – [14] Bl., 560 S., [8] Bl.; 4°. – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). [Meyer, Lodewijk:] Philosophia S. Scripturae Interpres. Exercitatio paradoxa, in qua, veram philosophiam infallibilem S. Literas interpretandi normam esse, apodictice demonstratur, & discrepantes ab hac sententiae expenduntur, ac refelluntur. Eleutheropoli, anno 1666. [Anonym publiziert; fingierter Druckort]. – Amsterdam 1666. – [12], 105, [11] S.; 4°. – Universitätsbibliothek der Eberhard Karls Universität Tübingen. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017).

40 Vgl. für die weiteren Auflagen des Lehrbuches die Bibliographie von Nauta, Maresius, 11–13.

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Anhang

Polanus von Polansdorf, Amandus: Syntagma Theologiae Christianae. Ab Amando Polano a Polansdorf. Juxta leges ordinis Methodici conformatum, atque in libros decem digestum, iamq; demum in unum volume compactum. Accurata Auctoris industria novißime emendatum atq. Interpolatum, innumerisq; locis auctum. Editio numeris omnibus absolutissima … Hanoviae: Aubrius 1615. – [12] Bl., 699 S., [24] Bl.; 2°. – Staatsbibliothek Berlin. Digitalisat: Münchener Digitalisierungszentrum (http://daten. digitale-sammlungen.de/~db/0001/bsb00014667/images/. Abgerufen im Juli 2017). de Raey, Johannes: Ioannis de Raei philosophi, ad Christophorum Wittichium Theologum, Epistola familiaris; Wittichio absente, tradenda Gualtero Boudaen hospiti: Absens ab urbe 1680. 12. Augusti raptim scripsi hanc Epistolam belgice, quae sic Latine sonat. – Abgedruckt in de Raey: Cogitata de interpretatione (1692) 654–661. –: Cogitata de interpretatione quibus natura humani sermonis et illius rectus usus, tum in communi vita et disciplinis ad vitae usum spectantibus, tum in philosophia, ab hujus seculi errore et confusione vindicantur. Amstelaedami: Wetstenius 1692. – [11] Bl., 676 S.; 4°. – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Digitalisat: Koninklijke Bibliotheek, Nationale bibliotheek van Nederland. (https://archive.org/details/ned-kbn-all00005143–001. Abgerufen im Juli 2017). Rheticus, Georg Joachim: „Epistola de Terrae Motu”. G. J. Rheticus’ Treatise on Holy Scripture and the motion of the earth with transl., annotations, commentary and additional chapters on Ramus-Rheticus and the development of the problem before 1650. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Reijer Hooykaas. Amsterdam/Oxford/New York 1984. (Verhandelingen der Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen, Afd. Letterkunde; Nieuwe Reeks, Deel 124) Sand, Christoph: C. C. S: Problema paradoxum de Spiritu Sancto. An non per illum sanctorum Angelorum genus intelligi possit? Una cum refutatione opinionis Socinianorum, Spiritum Sanctum personam esse negantium. Coloniae: Nicolai [fingiert = Köln] 1678. – 62 S.; 8°. – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover. Digitalisat: Münchener Digitalisierungszentrum (http://reader.digitale-sammlungen.de/resolve/dis play/bsb10775774.html. Abgerufen im Juli 2017). Schoock, Martin: Admiranda methodus novae philosophiae Renati Des Cartes. Utrecht 1643. – [38] Bl., 273 S. [3] Bl.: Druckerm. (Holzschn.), 12° – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). –: Martini Schoockij De Scepticismo Pars Prior, Sive Libri Quatuor: Quibus, qua antiquorum, qua recentiorum Scepticorum deliria, ex suis principijs solide discutiuntur, atque certitudo non minus disciplinarum universalium, quam Philosophiae Theoreticae asseritur. Groningae: Lussinck 1652. – [8] Bl., 473 S., [1] Bl.; 8°. – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). Tennulius, Samuel: Ad C. Wittichium. Deventer 1679. – [1] Bl. – British Library. Tepelius, Johannes: M. Johannis tepelii, P.L.C. Historia Philosopiae Cartesianae. Norimbergae: Andreae & Endteri Junioris Haeredes 1674. – [24] Bl., 96 S.; 12°. – Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Digitalisat: PRDL und Münchener Digitalisierungszentrum (http://reader.digitale-sammlungen.de/resolve/display/bsb10047142.html. Abgerufen im Juli 2017). van Velthuysen, Lambert: Disputatio De Finito Et Infinito, In Qua Defenditur Sententia Clarissimi Cartesii, De Motu, Spatio, & Corpore. Amstelodami: Elzevirius, 1651. – [4]

Literatur

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Bl., 80 S: Druckerm. (Holzschn.), 12°. – Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/ Gotha. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). [–]: Bewys, dat het gevoelen van die genen die leeren der sonne stilstandt, en des aertrycks beweging niet strydich is met Godts-woort. s.l. 1655. [anonym publiziert]. – 31 S.; 4°. – Franckesche Stiftungen; Studienzentrum August Hermann Francke. Digitalisat: Early Modern Pamphlets Online (http://tempo.idcpublishers.info/protected/adobepdf/H2500–07712/07712.pdf. Abgerufen im Juli 2017). –: Bewys, Dat noch de Leere van der Sonne stilstant, En des Aertryx bewegingh, Noch de gronden vande Philosophie van Renatus Des Cartes strijdig oijn met Godtowoort: Gestelt tegen een Tractaet van J. Du Bois … Door L[ambertus] v. Velthuysen, Med. Doct. Utrecht: van Ackersdijck 1656. – [7] Bl., 114 S.; 8°. – British Library. Digitalisat: Early Modern Pamphlets Online (http://tempo.idcpublishers.info/protected/adobepdf/H2500-07794 A/07794 A.pdf. Abgerufen im Juli 2017). Voetius, Gisbert [Präses], Couterelius, Lucas [Respondent]: De ratione humana in rebus fidei. Resp. Lucas Couterelius, Hag. Commit. Batav. Utrecht 1636. Abgedruckt in Voetius: Disputationes selectae (1648–1669) Band 1 (1648) Nr. 01, 1–12. – [Präses], de Bruyn, Gualterus [Respondent]: De Atheismo. Resp. Gualterus de Bruyn Amisfurtensis. Pars I–IV. Utrecht 1639. Abgedruckt in Voetius: Disputationes selectae (1648–1669) Band 1 (1648) Nr. 09–12, 114–226. –: Syllabus problematum theologicorum. Quae pro re nata proponi aut perstringi solent in privatis publicisque Disputationum, examinum, collationum, consultationum exercitiis. Pars prior [tantum]. Ultrajecti 1643. – 4°. – Universitätsbibliothek Leiden. –: Gisberti Voetii … Selectarum disputationum theologicarum pars I–V. [Disputationes selectae] Ultrajecti: apud Joannem a Waesberge, 1648–1669. – 5 Bände; 4°. – Universitätsbibliothek der Eberhard Karls Universität Tübingen. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). –: Gisberti Voetii Diatribae de theologia, philologia, historia & philosophia, sacra: cum indice locorum quorundam Script. Et Syllabo mater. Ac quaestion. Philosophicotheologicarum. Rheno-Tralecti: Apud Simonem de Vries 1668. – [3] Bl., 136 S., [22] Bl.; 8°. – Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. Digitalisat: PRDL (Abgerufen im Juli 2017). Wolzogen, Lodewijk: Ludovici Wolzogen De Scripturarum Interprete Adversus Exercitatorem Paradoxum Libri Duo. Accessere de occasione huius scripti Epistolae Duae. Ultrajecti: Ribbius 1668. – [2] Bl., 274 S., [5] Bl.; 12°. – Sa¨ chsische Landesbibliothek – Staats- und Universita¨ tsbibliothek Dresden.

6.1.2.2 Nachdrucke, Editionen und Übersetzungen Augustinus: Sancti Aurelii Augustini De doctrina christiana, De vera religione, ed. J. Martin. Turnhout 1962. (CCHr.SL 32,1–167) –: Die christliche Bildung (De doctrina christiana). Übersetzung, Anmerkungen und Nachwort von Karla Pollmann. Stuttgart 2002. Aristoteles: Aristotelis Topica et Sophictici Elenchi. Recensuit brevique adnotatione critica instruxit W. D. Ross. Oxford 1958.

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Anhang

Bacon, Francis: The Advancement of Learning (1605). Edited by Michael Kiernan. Oxford 2002. Calvin, Johannes: Ioannis Calvini opera quae supersunt omnia, hg. von Baum, G.; Cunitz, E.; Reuss, E., 59 Bände, Nachdr. der Ausgabe Braunschweig 1863–1900, New York 1964. (CO) –: Unterricht in der christlichen Religion – Institutio Christianae Religionis. Nach der letzten Ausgabe von 1559 übers. und bearb. von Otto Weber, bearb. und neu herausgegeben von Matthias Freudenberg. 3. Auflage. Neukirchen-Vluyn 2012. Cicero: Libros de oratore tres continens. In: M. Tulli Ciceronis Rhetorica Band 1. Recognovit brevique adnotatione critica instruxit A. S. Wilkins. 13. Auflage. Oxford (1901) 1988. Descartes, René: Adam, Charles; Tannery, Paul (Hrsg.): Œuvres de Descartes. 11 Bände. Paris 1897–1913. (digital verfügbar über die philosophische Fakultät der University of California: http://philosophyfaculty.ucsd.edu/faculty/ctolley/texts/descartes.html. Abgerufen im November 2018) –: Die Leidenschaften der Seele. Herausgegeben und Übersetzt von Klaus Hammacher. Französisch – Deutsch. 2., durchgesehene Auflage. Hamburg 1996. (Philosophische Bibliothek 345) –: Die Prinzipien der Philosophie. Mit Anhang: Bemerkungen René Descartes’ über ein gewisses in den Niederlanden gegen Ende 1647 gedrucktes Programm. Übersetzt und erläutert von Artur Buchenau. 7. Auflage. Unveränderter Nachdruck der vierten Auflage 1922. Hamburg 1965. (Philosophische Bibliothek 28) –: Discours de la méthode pour bien conduire sa raison, et chercher la verité dans les sciences [1637]. Von der Methode des richtigen Vernunftgebrauchs und der wissenschaftlichen Forschung. Übersetzt und herausgegeben von Lüder Gäbe. Durchgesehen und mit neuem Register sowie einer Bibliographie von George Heffernan. Französisch – deutsch. 2., verb. Auflage. Hamburg 1997. (Philosophische Bibliothek 261) –: Gespräch mit Burman [1648]. Übersetzt und herausgegeben von Hans Werner Arndt. Lateinisch – Deutsch. Hamburg 1982. (Philosophische Bibliothek 325) –: Meditationen [1641]. Mit sämtlichen Einwänden und Erwiderungen.Übersetzt und herausgegeben von Christian Wohlers. Hamburg 2009. (Philosophische Bibliothek 598) –: Meditationes de prima philosophia [1641]. Meditationen über die Grundlagen der Philosophie. Auf Grund der Ausgabe von Artur Buchenau neu herausgegeben von Lüder Gäbe. Durchgesehen von Hans Günter Zekl. Mit neuem Register und Auswahlbibliographie versehen von Georg Heffernan. Lateinisch-Deutsch. 3. Auflage. Hamburg 1992. (Philosophische Bibliothek 250a) –: Principia philosophiae/Die Prinzipien der Philosophie [1644]. Übers. u. hrsg. v. Wohlers, Christian. Hamburg 2005. (Philosophische Bibliothek 566) –: Regulae ad directionem ingenii. Regeln zur Ausrichtung der Erkenntniskraft. Kritisch revidiert, übersetzt und herausgegeben von Heinrich Springmeyer, Lüder Gäbe und Hans Günter Zekl. Lateinisch – Deutsch. Nachdruck der Ausgabe von 1973. Hamburg 1993. (Philosophische Bibliothek 262a) Leibniz, Gottfried Wilhelm: Versuche in der Theodicée über die Güte Gottes, die Freiheit des Menschen und den Ursprung des Übels [1710]. Übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Arthur Buchenau. Hamburg (1925) 1996. (Philosophische Werke in vier

Literatur

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Bänden in der Zusammenstellung von Ernst Cassirer. Band 4. Philosophische Bibliothek 499) Luther, Martin: D. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe, Weimar 1883ff. Maresius, Samuel: De abusu philosophiae Cartesianae. Surrepente et vitando in rebus theologicis et fidei dissertatio theologica. Premessa di Giulia Belgioioso. Introduzione di Igor Agostini e Massimiliano Savini. Nachdr. d. Ausg. Groningen 1670. Hildesheim 2009. Meijer, Lodewijk: Philosophy as the Interpreter of Holy Scripture [1666]. Translated by Shirley, Samuel. With Introduction and Notes by Rice, Lee C. Milwaukee 2005. Quintilian: Marcus Fabius Quintilianus. Ausbildung des Redners. Zwölf Bücher. Lateinisch und deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Helmut Rahn. 5. Auflage 2011. de Spinoza, Baruch: Spinoza opera. Im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hrsg. von Carl Gebhardt. Band 3: Tractatus theologico-politicus, Adnotationes ad Tractatum theologico-politicum, Tractatus politicus. Heidelberg 1925. –: Theologisch-politischer Traktat (1670). Neu übersetzt, herausgegeben, mit Einleitung und Anmerkungen versehen von Wolfgang Bartuschat 3. Hamburg 2012. (Philosophische Bibliothek 93; Spinoza: Sämtliche Werke 3) –: Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt (1677). Lateinisch-Deutsch. Neu übersetzt, herausgegeben, mit einer Einleitung versehen von Wolfgang Bartuschat. 3., verbesserte Auflage. Hamburg 2010. (Philosophische Bibliothek 92; Spinoza: Sämtliche Werke 2) Thomas von Aquin: Summa Theologica. In: Die Deutsche Thomas-Ausgabe (DThA): Thomas von Aquin. Vollständige, ungekürzte deutsch-lateinische Ausgabe der Summa Theologica. Übersetzt von Dominikanern und Benediktinern Deutschlands und Österreichs. Graz/Wien/Köln 1933ff.

6.1.2 Verzeichnis der Literatur ab 1800 van der Aa, Abraham Jacob: POOT (Abraham van). In: van der Aa, Abraham Jacob (Hrsg.):Biographisch woordenboek der Nederlanden. Deel 15. Haarlem 1872, S. 418f. (Digitalisat: http://www.dbnl.org/tekst/aa__001biog18_01/aa__001biog18_01_0977. php#p0976. Abgerufen im Juli 2017). –: WITTICHIUS (Christophorus). In: van der Aa, Abraham Jacob (Hrsg.): Biographisch woordenboek der Nederlanden. Deel 20, Haarlem 1877, 399–401. (Digitalisat: http:// www.dbnl.org/tekst/aa__001biog24_01/aa__001biog24_01_0808.php#w0805. Abgerufen im Juli 2017). Aalderink, Mark: Spinoza en Wittichius over essentie en existentie. In: Coppens, Gunther (Hrsg.): Spinoza en het Nederlands cartesianisme. Leuven 2004, S.79–94. –: CHRISTOPH WITTICH, Anti-Spinoza (1690). In: van Bunge, Wiep; Krop, Henri, Steenbakkers, Piet; van de Ven, Jeroen: The Continuum Companion to Spinoza. London/ New York 2011, S.129–140. Agostini, Igor: Sull ‘onnipresenza di Dion el cartesianismo. In: Sulpizio, Fabio: Studi Cartesiani. Atti de Seminario Primi lavori cartesiani. Incontri e discussion Lecce, 27–28 settembre 1999. Lecce 2000, S. 11–87.

448

Anhang

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463

westfälischen Gymnasien 1600–1750. Münster 2009, S.102–123. (Westfalen in der Vormoderne. Studien zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Landesgeschichte 3)

6.1.3 Datenbanken und Onlineressourcen Stand: November 2018. Alexander Street Press: The Digital Library of Classic Protestant Text (DLCPT) (http://solo mon.tcpt.alexanderstreet.com/) Columbia University, The Electronic Text Service: Graese, Johann Georg Theodor: Orbis Latinus (1909). Lexikon lateinischer geographischer Namen des Mittelalters und der Neuzeit (http://www.columbia.edu/acis/ets/Graesse/contents.html) Digitalisat von Graese, Johann Georg Theodor: Orbis Latinus. Grossausgabe, bearb. und hrsg. von Helmut Plechl unter Mitarbeit von Sophie-Charlotte Plechl. Braunschweig 1972. Deutsche Nationalbibliothek: Personennamendatei der Deutschen Nationalbibliothek (PND) (http://www.dnb.de) Forschungsstelle für Personalschriften der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz: Thesaurus Locorum. Datenbank frühneuzeitlicher Ortsnamen (THELO). (http://www.personalschriften.de/startseite.html) –: Thesaurus professionum. Datenbank frühneuzeitlicher Berufsbezeichnungen (THEPRO). (http://www.personalschriften.de/startseite.html) Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts (VD 17). (http://www.vd17.de) Junius Institute for Digital Reformation Research of Calvin Theological Seminary: Post Reformation Digital Library (PRDL). (http://www.prdl.org/index.php) OCLC Online Computer Library Center: The World’s Largest Library Catalog (WorldCat). (www.worldcat.org) Wijnhoven, Josef: Duisburger Universitätsmatrikel. Digitale Neuedition. 2. Überarbeitung 2004. (http://www.uni-due.de/collcart/matrikel/dumat00.htm) Universitätsbibliothek Leiden: Digital Special Collections (Porträtsammlung). (http:// www.library.leiden.edu/special-collections/prints/intro-portraits.html)

6.2 Personenregister

(Nicht aufgenommen sind die in nahezu allen Kapiteln relevanten René Descartes und Christoph Wittich)

Alberti, Valentin 53 Allinga, Petrus 243, 245, 391 Alsted, Johann Heinrich 42, 115–122, 297 Althaus, Paul 26f., 41, 48f., 113–123, 285 Andreae, Tobias 60f., 141, 173 Anselm von Canterbury 90–92, 186 Aristoteles 39, 43–51, 81, 89, 93, 114f., 122, 136, 156, 160, 214, 227, 232, 236, 300–310, 343f., 407 Augustinus 158, 164f., 216, 298, 305– 308, 312, 316–320, 346 Bacon, Francis 217, 333, 343 Barth, Karl 81, 88–94, 97–109, 119, 121, 184, 187f., 191, 267, 288, 407 Batelier, Jacobus Johannes 325, 335 Baumgarten, Siegmund Jakob 99, 376, 380 Bayle, Pierre 73 Bekker, Balthasar 61, 73, 169, 328, 380, 382 Blumenberg, Hans 38, 75f., 79, 111, 286, 288, 311, 316, 324, 397, 401 Brahe, Tycho 58, 300, 316 Braun, Johannes 239 Burman, Frans 62, 66, 87, 89, 93, 118f., 123, 168f., 175–184, 191, 193, 199, 226, 243, 288f., 390f., 395, 400 Calvin, Johannes 33, 35, 121, 133, 152, 158, 174, 191, 199f., 216, 297–303, 311– 316, 322, 326, 328, 332, 340, 355f., 378, 388f., 405, 414

Cano, Melchior 329, 354 Cicero, Marcus Tullius 117, 304, 374 Clauberg, Johannes 60–64, 138, 140, 148, 152–168, 177, 180, 192–195, 212– 214, 239, 256, 260, 300, 302, 306, 319f., 329, 337–340, 346, 353, 363, 377, 389, 398f., 404 Coccejus, Johannes 28, 42, 44, 53, 66f., 69, 118f., 123, 170–175, 178, 180, 190– 195, 207, 222, 232, 291, 295, 298–302, 330, 348, 378, 386, 395, 400f., 406 Danaeus, Lambert 216f., 219, 224, 228 Dannhauer, Johann Conrad 302, 329 de Neufville, Gerhard 160, 217 de Raey, Johannes 46f., 62, 68, 86, 141, 148–153, 192, 195, 291 de Volder, Burchard 31, 71, 188, 389 de Witt, Johan 55f., 65 du Bois, Jacob 176, 249, 301, 347, 364, 391 Duns Scotus, Johannes 119, 121 Ebeling, Gerhard 75, 93–100, 103, 106, 108, 112, 401 Erasmus von Rotterdam 312f. Fichte, Johann Gottlieb 105, 107 Flacius, Matthias 203, 298, 302, 329, 338 Foscarini, Paolo Antonio 301, 316f. Galilei, Galileo 99, 115f., 213, 297–303, 309, 311, 316–324, 335, 346, 354, 379f.

466 Glassius, Salomo 203, 298f., 302, 329, 338 Gomarus, Franciscus 123 Gronovius, Jacobus 59 Grotius, Hugo 298, 330 Gulich, Abraham 400 Heereboord, Adriaan 47, 121, 399 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 75f., 89, 107 Heidanus, Abraham 31, 62, 65f., 71, 89, 93, 118f., 123, 140, 169, 175, 183–193, 230, 242f., 252, 260, 267, 279, 300, 335, 389–395, 399 Heidegger, Johann Heinrich 119, 246 Heidegger, Martin 75, 79, 89 Heinius, Johannes 64, 152 Hieronymus 298, 306, 369 Hilarius von Poitiers 298, 306 Hirsch, Emanuel 25f., 200, 311, 382, 387–392 Hobbes, Thomas 55, 65, 321 Johannes Chrysostomos 297f., 305f., 312, 314 Jüngel, Eberhard 100–109, 306, 381f., 408, 411 Junius Senior, Franz 116, 120, 131, 203, 297, 299, 302, 338 Kant, Imanuel 85, 89, 99, 107f., 287 Kappadokier 298, 305f., 369 Keckermann, Bartholomäus 116–122 Kepler, Johannes 300f., 311, 315–324 Kopernikus, Nicolaus 19, 57f., 116, 175, 303, 311, 316, 318, 322–324, 334, 364 Leibniz, Gottfried Wilhelm 74, 391, 395 Lentulus, Cyriacus 64, 155f., 158, 218 Leydekker, Melchior 118, 230f., 366, 386, 392, 394 Lipstorp, Daniel 301, 325 Lombardus, Petrus 43, 227 Luther, Martin 75f., 79, 93–98, 227, 311–313, 329f., 361, 401

Anhang

Maimonides, Moses 297, 307, 359 Malebranche 82, 87f., 394 Maresius, Samuel 31, 42, 44–49, 52, 56, 61f., 67–70, 80, 86, 119f., 123–138, 162, 178–181, 185, 192, 217, 222, 229–252, 256f., 262f., 270, 278, 280, 289f., 295, 299f., 326, 357, 364, 367, 386, 391f., 408, 410, 412 Melanchthon, Philipp 45, 111, 114–116, 225, 267, 311, 316, 329 Mercerus, Johannes 297f. Meyer, Lodewijk 68, 135, 148, 165, 177, 182, 189f., 245, 288, 290, 295, 383, 385, 408f. Neldel, Johannes 304, 356 Niepoort, Arnoldus 336 Nikolaus von Oresme 309 Origenes 305, 369 Osiander, Andreas 111, 316, 324 Pannenberg, Wolfhart 86, 104–108, 334, 390, 397, 400 Pascal, Blaise 87f. Pareus, David 215, 298 Paulus 164, 280–282, 357f., 366, 373–375 Philalethius, Irenaeus (Pseudonym) 183 Piscator, Johannes 297–299 Polanus von Polansdorf, Amandus 63, 114–120, 152, 296–302, 326–328, 334, 375 Ptolemäus 307, 364 Ramus, Petrus 115, 173 Regius, Henricus 176 Revius, Jacob 62, 155f., 242, 391 Rheticus, Georg Joachim 307, 316 Rivet, Andreas 61, 203, 297–299, 302, 338, 360 Röell, Hermann Alexander 48, 169, 238, 245, 289 Sandius, Christoph C. 71, 73, 250, 258, 265, 394 Schlatter, Adolf 81–88, 91–94, 97, 100f., 105–108

467

Personenregister

Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst 98, 287, 388, 392 Schoock, Martin 60, 77–80, 194, 197, 239, 241, 301, 326, 335 Scultetus, Abraham 297f. Semler, Johann Salomo 74, 99, 376, 380 Sokrates 117 Spanheim, Friedrich (Senior) 298 Spinoza, Baruch de 29, 32, 68, 71–73, 76, 82, 107, 142f., 177, 227f., 288, 295, 381– 387, 392–395, 399f., 408f., 411 Suarez, Francisco 50, 114, 237, 300 Thielicke, Helmut 26, 49, 97–100, 104– 109, 376, 379f. Thomas von Aquin 43, 105, 116, 119– 121, 124, 186, 307–310, 314–320 Timpler, Clemens 115 Ursinius, Zacharias van Lansbergen, Jacob 335 van Lansbergen, Philip

228 301, 322, 326, 301, 315, 321f.

van Mastricht, Petrus 70, 99, 119, 123, 136, 249, 391f. van Poot, Abraham 73 van Rijssen, Leonhard 199 van Velthuysen, Lambert 65, 138, 169f., 175–177, 380, 390 Vermigli, Pietro Mariano 121 Voetius, Gisbert 17, 28, 33, 42–46, 50– 55, 60, 65, 67, 70, 77, 118f., 124, 130–138, 162, 194, 199, 237, 242, 250, 282, 289f., 299, 324–328, 335, 386, 392, 394 Voltaire (François–Marie Arouet) 130 von Pufendorf, Samuel 321 Wille, Johannes 160 Willem II. van Oranje 54f. Wittich, Anna (geb. Guthner; Mutter Chr. Wittichs) 59 Wittich, Anna Justina (geb. le Maire; Ehefrau Chr. Wittichs) 64 Wittich, Christoph (Senior; Vater Chr. Wittichs) 59f. Wobbermin, Georg 81, 91 Wolzogen, Lodewijk 135, 165, 169, 177

6.3 Sachregister

Abendmahlslehre 147, 162, 228, 258, 264 Akkommodation (accommodare) 65, 74, 112, 118, 137, 158–163, 168, 174, 176, 187, 201, 213, 215, 225, 236, 242, 257, 273, 278, 286, 292–383, 404–414 – accommodatio Dei siehe s.v. Gott – in der Cartesianismuskritik des 20. Jh. 84, 87, 99f., 108 Affekt (affectus) 84, 163f., 188, 207, 234, 255f., 284, 323, 374f. ancilla siehe s.v. Philosophie Angelologie (Engel) 71, 131, 209, 235, 298, 309 Apologie/Apologetik 31, 34, 41, 58, 66, 70, 90, 114, 121, 136, 138, 141–144, 154, 168, 170, 173, 195–197, 212f., 219, 241– 246, 288f., 293, 297–300, 330f., 338, 345, 376, 380, 389, 405 argumentum ab auctoritate 144, 297, 299 argumentum e silentio 216 Aristotelismus (aristotelisch; peripatetisch, philosophia Aristotelica) 30, 36, 39– 53, 57–61, 76, 86, 90, 95, 113–119, 128f., 139–144, 153, 160, 189–197, 212, 231, 282, 290, 308f., 317, 356, 376, 381 – Aristoteleskritik/antiaristotelisch 43–47 (siehe auch s.v Scholastik/antischolastisch) Arminianismus/Arminianer 55, 122, 187, 328 Astronomie (astronomisch) 19, 56f., 87, 111f., 176, 294, 301, 307, 311–316,

320, 325, 331, 336, 342–347, 354, 367, 378, 381, 391, 397, 408 Atheismus (atheistisch; Atheus) 49, 57, 63, 76, 80, 88, 99, 102, 106f., 130–132, 239, 282, 400 Aufklärung 28, 37, 75, 79, 89, 98, 108, 383 Bekenntnis/Bekenntnisschrift 34–36, 112–114, 127, 135, 137, 194, 196, 240, 270, 287, 290f., 329, 330, 402, 412 Bewegung (motus), Rotation und cartesianische Bewegungslehre 58, 157, 359 – Bewegung der Erde 18, 51, 56f, 219, 296, 298, 309f., 316, 320, 325, 362, 397 – Bewegung Gottes 359 – Bewegung von Planeten und Gestirnen 58, 356 – Bewegung der Sonne 19, 176 – delatio/Eigenbewegung 58, 219 – seelische Bewegung 255f., 278, 399 – Stillstand der Sonne/des Himmels 320, 325 Bibel (biblisch) und Heilige Schrift (Scriptura Sacra) Das umfassende Begriffsfeld findet nur eklektisch Berücksichtigung (siehe auch s.v. Offenbarung) – Altes Testament 127, 172, 174, 187, 198, 275, 302, 313, 357, 360, 373 – Ausdruck, Stil und Sprache der Bibel 63, 116, 151, 158f., 163f., 175– 177, 201f., 207f., 213–217, 258, 264, 286f., 296, 307–314, 319f., 323, 332–337,

Sachregister







– –



– –

342–348, 352–360, 363, 369, 373f., 408– 411 Autorität (auctoritas) der Bibel 17– 21, 46, 49f., 56f., 88, 97, 134–138, 142, 145, 168, 174–176, 187, 198, 200, 202, 208–213, 218–225, 232, 247–249, 262, 275, 279f., 294, 296, 300, 302, 308, 313, 316–364, 371f., 378f., 381, 393, 404–414 Bibel als Erkenntnisprinzip 65, 81, 89, 93, 116, 119–137, 145, 149f., 171–187, 190f., 197–201, 204, 208–210, 221–228, 233, 235, 242, 252, 258, 274, 285, 287, 290, 341, 367, 379f. Bibelexegese und Schriftauslegung 19–23, 63, 67f., 72, 108, 112, 114, 122, 134–137, 155, 160–168, 173–176, 180– 182, 187, 202–204, 211, 215–221, 225f., 230–235, 242–247, 258, 262–266, 270– 278, 286f., 291–311, 314, 318–320, 326– 331, 338–340, 345–352, 361–374, 377– 385, 404f., 410–414 – media interpretandi 203, 221, 352, 371, 377, 383 – Schrift als ihre eigene Auslegerin (scriptura sui ipsius interpres) 135, 165, 203, 330, 349, 353, 373, 381 – philologia sacra 175 – Richtschnur der Schriftauslegung (norma interpretandi) 68, 134– 136, 173, 202f. Bibelhermeneutik siehe s.v. Hermeneutik Bibelkommentar 31, 67–73, 90f., 100, 197, 209, 211, 221f., 272, 280f., 295, 298, 307, 313f., 326, 331, 348–350, 355, 358, 363, 368–379 biblische Offenbarung siehe s.v. Offenbarung – Eigenschaftslehre 180, 187, 334, 364, 379 – Mitte der Schrift 312, 340 – Neues Testament 127, 172, 174, 198, 302, 313, 357, 360, 369, 373 Bibel als Norm 35f., 134–136 claritas/perspicuitas 174, 180, 187f., 202, 312, 367, 373–379

469 – Schriftverständnis/Schriftlehre 23f., 31, 68, 112, 118, 135, 169, 174, 180, 188, 197–208, 225, 232f., 236, 262, 265, 285, 295, 297, 302, 326, 328, 337, 340–352, 362–365, 369, 377–383, 408, 411 – Scrutatio 365, 372, 405 – Skopus siehe s.v. – sola Scriptura 229, 330, 379, 381 – Unfehlbarkeit (infallibilias) der Bibel 57, 198, 201, 209, 220, 269, 352f., 405 – Verbalinspiration siehe s.v. – Verhältnis zur Vernunft siehe s.v. Vernunft – Wahrheit und Lüge/Fehler (error) sowie Widersprüche in der Bibel 111, 149, 159, 168, 175, 177, 182, 202, 208f., 213, 223, 251, 309, 322–328, 334–337, 346, 353–355, 360, 364, 372, 409, 413 Bundestheologie siehe s.v. Föderaltheologie Calvinismus (calvinistisch; Calvinianus) 35f., 39, 49, 147, 328 – Calvinist confessionalism 328 Cartesianismus/Cartesianer (cartesianisch; cartesianus, -a, -um/Cartesiani) Das umfassende Begriffsfeld findet nur eklektisch Berücksichtigung – Anticartesianer/Cartesianismus- und Descartesgegner/-kritiker 17–21, 36, 46, 49–54, 61f., 65, 70, 76–86, 90–97, 101, 104, 107–109, 123–138, 141, 176, 192, 195f., 199, 230, 237–242, 249, 289, 326, 334, 338, 340, 379, 390–392 – cartesianische Methode und Wissenschaftsverständnis 21, 42, 44, 47, 50, 57, 68, 71, 79, 102, 106f., 124, 131, 139– 144, 148–162, 167–169, 177–179, 190– 195, 206, 212, 222, 231–234, 246, 251, 266, 274, 277, 286f., 294, 327, 338, 352, 369, 376, 401–406, 410 – cartesianisches Netzwerk (network of Cartesians) siehe s.v. Netzwerk – cartesianische Philosophie (philosophia Cartesiana) 17, 21f., 48, 55, 57, 64,

470 67, 76, 99, 105, 112, 153, 155f.,159, 169, 191, 194, 196, 220, 231, 234, 238f., 285f., 290, 345, 404, 410 (siehe auch s.v. Philosophie/philosophia nova) – cartesianische Scholastik siehe s.v. Scholastik – cartesianische Theologie (theologia Cartesiana) 18, 22–27 , 35–37, 41, 44f., 48f., 55f., 62, 69f., 76, 78, 83–89, 92f., 97, 100, 105f., 109, 112, 122, 124, 129, 135f., 139, 141, 148, 151, 153, 155, 167–170, 175, 182f., 189–193, 196, 219, 230, 233, 242f., 245, 257, 260, 275, 278f., 289–295, 322, 333, 352, 376f., 381, 385f., 390–403, 406, 409, 415 – Cartesianismuskrise/-streit 18, 20, 23f., 33, 42, 51, 62–67, 70f., 73, 87, 111, 118, 123, 125, 145, 169, 195f., 210, 239, 279, 296, 321, 331, 334, 380, 386 – cartesio-kopernikanisch siehe s.v. Kopernikanismus – Coccejo-Cartesianismus 53, 62, 67, 73, 119, 139, 148, 170, 180, 183, 232, 291, 295, 386 – Descartes- und Cartesianismusverbot 50, 54, 56, 63, 70f., 189, 335, 389f. Cartesisch 17, 21, 29, 57, 72–108, 134f., 140f., 144, 147–150, 155–158, 167, 175, 183, 186f., 191, 200, 208, 211–214, 223, 230, 233, 237–243, 247, 254–256, 260, 282, 288, 295, 297, 323f., 345f., 357, 367, 379, 387–396, 402, 406, 410 Christus /Christologie 35, 93, 102, 131, 163f., 171, 216, 244, 246, 253–255, 258, 264, 269–271, 277f., 305f., 312, 314, 349, 357–360, 363, 373, 382, 386, 393f., 407, 412 – Inkarnation 93, 146, 227–230, 277, 306, 313f., 361, 394 – Zwei-Naturen-Lehre 181, 299, 367, 393f. Coccejanismus/Coccejaner (coccejanisch; Cocceiani) 25, 28, 36, 53–56, 108, 168, 170, 174, 189, 230, 232, 280, 289– 291, 306, 377f., 395, 400f., 407

Anhang

– Coccejo-Cartesianismus siehe s.v. Cartesianismus/Coccejo-Cartesianismus cogito 79, 84, 90f., 98–109, 237f., 241, 243, 254, 376, 389, 396 Collegie der Scavanten 52, 62, 65, 135, 177, 182 Deduktion 142f., 185, 209, 213 (siehe auch s.v. Methode/more geometrico) Dordrechter Synode 33, 35f., 113 Engel – siehe s.v. Angelologie Erkenntnis (cognitio, notitia) und erkennen (percipere) (in Auswahl) 20, 40, 78, 80, 83–91, 94, 99, 101–104, 108, 112, 117, 121–123, 126, 132–134, 142f., 153– 155, 159f., 167, 170–175, 178–181, 184, 188, 190, 193, 199, 207–214, 245, 251, 257–261, 266–274, 278, 283, 339f., 365– 368, 378f., 389, 402–411 (siehe auch s.v. Gewissheit) – cognitio philosophica/accurata 212f., 222, 337, 345 – duplex cognitio 208–215, 237, 249, 345, 348, 408, 410 – eingeboren (insita/innata) 85, 123, 133, 186, 193,199f., 208, 219f., 249, 280, 282, 388f. – Epistemologie/epistemologisch und Erkenntnislehre 79f., 84, 89, 99, 102f., 108, 137, 158–161, 185, 193, 197, 199, 211–214, 234–238, 244, 257, 259, 266, 276, 278, 330, 333f., 339, 346f., 359, 365, 389, 395f., 403–406 – Erkenntnisfähigkeit (facultas percipiendi) 134, 199, 212, 251f., 379 – Erkenntnisfortschritt siehe s.v. Fortschritt – Erkenntnisoptimismus 19, 79, 140– 142, 188, 193, 196, 212, 221f., 232, 238, 246, 250, 260–265, 272, 277f., 286–288, 291, 321, 394 – Erkenntnisprinzip 38, 65, 116, 119f., 122, 124, 129, 131–133, 136f., 145, 149–

Sachregister

151, 154, 171, 179–186, 192, 199, 201, 204–211, 220–228, 242, 289f., 351, 408 – Gewissheit siehe s.v. – Gotteserkenntnis siehe s.v. Gott – klar und deutlich (clare et distincte) 80–84, 102, 107, 111, 140, 142, 149f., 153, 161, 177, 185, 187, 212, 231, 234, 237– 247, 250–254, 259–261, 265f., 271, 281, 284, 286, 290, 345, 367f., 388, 390, 407 – notitia vulgaris und cognitio vulgaris/ communis 212–215,345f., 353, 355, 364, 408 – Selbsterkenntnis siehe s.v. – sichere Erkenntnis 154f., 160, 208, 221, 223, 237–239, 241, 247, 254, 324 – Wahrheitserkenntnis 83, 134, 140f., 157, 171, 209, 214, 243, 246, 260, 276, 281, 294, 375f., 397, 408, 410 Erde (terra), Gestirne (lumina) und Planeten (planetae) 19, 56, 58, 176, 216, 219, 310, 313f., 325–328, 344, 356, 367 (siehe auch s.v. Bewegung) Ethik 54, 82, 84, 115, 131, 150–154, 158, 178, 194, 200, 219, 224–227, 283, 302, 305, 350f., 374 (siehe auch s.v. Moral) Evidenz (evidentia) 80, 95, 133, 145, 157, 166, 179, 231, 243–246, 250, 286 Exegese siehe s.v. Bibel Föderaltheologie/Bundestheologie 53, 108, 119, 170–172, 175, 179f., 183, 226, 285, 302, 306, 400 Freiheit (libertas) 18, 182, 233, 253f., 271, 314, 391–398 – freier Wille/Willensfreiheit 29, 185, 253–257, 278, 385, 395f. (siehe auch s.v. Wille) – Freiheit der Philosophie (libertas philosophica oder philosophandi) 176, 291 , 380 – Freiheit der Theologie 76, 89f., 120, 219, 232 – Ware Vrijheid 55 Fortschritt (profectus) 19f., 53, 57, 59, 79, 84, 108, 115, 140f., 154, 196, 256, 286,

471 293, 312, 333, 369, 372f., 378, 397, 401, 405f. – Erkenntnisfortschritt 20, 38, 153, 293, 369, 372, 376, 383, 396 – Fortschrittsoptimismus 134, 286, 382, 405 – wissenschaftlicher Fortschritt siehe s.v. Wissenschaft Geist 156, 198f., 214–216, 219, 256, 261, 282, 398f. – Heiliger Geist (oft spiritus) 65, 71, 128f., 134–136, 171–179, 182, 184, 188, 203f., 215, 217f., 221, 228f., 232, 244– 249, 257–261, 264, 267f., 271–280, 284, 287, 289, 292, 294, 314, 317, 320, 322, 326–328, 334–347, 353–368, 374f., 383, 393, 403f., 410, 414 (siehe auch s.v. Natur und s.v. Pneumatologie) – Lebensgeist 255 – menschlicher Geist (oft mens) 105, 123, 126, 154, 159, 185, 187, 215, 234, 241, 244, 256, 261, 271, 276, 281f., 284 (siehe auch s.v. Körper) Gerechtigkeit ( justitia) 200, 255–257, 261, 269f., 281–284, 348, 358, 366, 392 Geschichte/Geschichtsverständnis/-verhältnis 53, 79, 82–85, 88, 97, 100, 103–108, 127, 201f., 338, 351, 373, 380, 400f., 405f., 414 Gewissen (conscientia) 95, 133, 173, 198–200, 238, 270 Gewissheit (certitudo) 94–96, 132, 141, 179, 181, 209, 245–248, 258, 271–274, 288, 290 – Gottes- und Selbstgewissheit 86, 90– 92, 96, 101f. – Heils- und Glaubensgewissheit 95– 97, 145, 172, 247f., 268, 271f., 283, 288, 290 – Vernunft- und Weltgewissheit 95– 97, 193, 222, 271, 274, 283, 288, 290, 396 Glaube (fides) 35f., 40, 49, 85–88, 92–99, 103, 119f., 126–137, 145–149, 156, 158, 169–172, 175, 178–192, 202–212, 218–

472 230, 234, 237, 240–257, 261–289, 333, 348–352, 360–368, 372, 381–383, 393, 402f., 406–408, 411f., 414 (siehe auch s.v. Erkenntnis, s.v. Geist, s.v. Gewissheit, s.v. Mysterium und s.v. Vertrauen) – fides acquisita 184, 267, 279 – fides historica 95, 97, 266–275, 278– 280, 283f., 287, 403 – fides salvifica 184, 267–269, 271, 278, 280, 288, 403 – Glaube als motus animi 278 Gnade (gratia) 36, 127, 131f., 148, 157, 253–257, 274–278, 282–284, 366, 375, 392–395 Gott /Gotteslehre (Deus) 79–108, 118f., 127, 131–134, 142, 145f., 154, 162, 166, 185–187, 197–200, 208, 216, 251, 255f., 271f., 276, 306, 313, 343, 359, 366, 386– 403, 412 (siehe auch s.v. Trinität) – accommodatio Dei siehe s.v. Akkommodation und bes. 126, 303–307, 325, 357, 378, 410 – Allgegenwart 372, 392 – Allmacht 101–103, 173, 372, 391, 398 – Allwissenheit 157, 219, 276, 282, 372 – anthropomorphes Gottesbild 159, 163, 258, 264, 302, 306, 314, 319, 323, 359f. – Eigenschaftslehre/Gottesattribute 173, 230, 372f., 282, 388–392 – Existenz (existentia) 101, 121, 123, 133, 146, 158, 171–173, 199, 234, 241– 243, 365 – Gott als Urheber des Glaubens 278, 281 – Gott als Urheber der Vernunft 252f., 258, 261f., 273, 287 – Gottesbeweis 85–87, 91f., 101f., 105, 108f., 133f., 158, 183, 186f., 389, 392 – Gottesebenbildlichkeit 121, 125, 256, 392 – Gotteserkenntnis 83, 108, 121, 127, 133, 140, 154–158, 162f., 171–173, 178f., 183–186, 190, 199f., 208–210, 220, 225, 243, 248, 251, 261f., 276–278, 281–284,

Anhang

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– –



– –





323, 359, 372, 387–389, 403 (siehe auch s.v. Erkenntnis) Gottesgewissheit siehe s.v. Gewissheit Gottesidee 29, 85, 91, 102, 104, 108, 127, 133, 155, 186f., 198–200, 220, 280, 282, 388–390 Offenbarung Gottes siehe s.v. Offenbarung und s.v. Bibel Schöpfer 102f., 145, 172, 193, 219, 236, 259, 262, 282, 287, 366, 388, 390f., 396f. Täuschergott (deus deceptor/genium malignum) 78, 102, 222f., 240f., 254, 323, 353, 391 Unendlichkeit (infinitas) 104f., 155, 186, 229, 262, 282, 313, 325, 365, 389–391 Verehrung 121, 158, 171–173, 178f., 184–186, 197, 199, 205, 261, 282f., 314, 319, 372 Wesen und Natur (auch: essentia und natura) 101, 103, 222, 229, 235, 249, 262f., 282, 306, 387f. (siehe auch s.v. Natur) Zweifel an Gott siehe s.v. Zweifel und s.v. Atheismus sowie bes. 239–243

Homiletik 327, 369, 374–376, 379 Häresie (häretisch; haereticus, -a, -um) 17, 49, 71, 127f., 299f., 308, 318 Heil 119, 127, 132, 164, 171, 178, 201, 206, 234, 247f., 268, 279, 281, 284, 296, 312, 351, 357, 370, 373, 403, 409 – Heilsgeschichte 174, 200, 306, 386, 390, 392 – Heilsgewissheit siehe s.v. Gewissheit – Seelenheil siehe s.v. Seele Heliozentrismus 18f., 57f., 137, 170, 196, 294, 301f., 307, 313–316, 326, 331f., 377, 381 Hermeneutik (hermeneutica) 27–29, 111, 135–137, 220f., 247, 263–266, 273, 291–383, 404–414 (siehe auch s.v. Akkommodation, s.v. Bibel, s.v. Methode, s.v. opinio-Argument) – antike und mittelalterliche Hermeneutikansätze 300–311

473

Sachregister

– Bibelhermeneutik im Speziellen 59, 112, 137, 154, 163, 166, 175, 247, 264, 286, 299, 311, 330, 368, 377–383, 404, 407 – cartesianische Hermeneutik (allgemein) 163–168, 180, 195, 293–296, 323f., 329, 340, 377–383, 404, 407 – hermeneutica sacra 165, 317, 329 – Hermeneutik Claubergs 154, 159– 169, 180, 195, 302, 338f., 363, 377 – Hermeneutik Coccejus’ 174f., 180, 302, 306, 330, 377f. – Hermeneutik der Orthodoxie (allgemein) 118, 121, 324–330, 343, 378, 383 – Hermeneutik der Reformatoren 302, 311–315, 378, 414 – Hermeneutik von van Velthuysen 169f., 175–177 – naturphilosophische Hermeneutikansätze 300–302, 315–323 – Rezeption cartesianischer Hermeneutik 73f., 195, 380, 414 Intellekt/Verstand (intellectus/intelligentia/intelligere) 101, 120, 125, 128, 134, 149, 151, 154, 188, 203, 212, 216, 221, 229, 239, 245, 252, 256, 262f., 274, 278, 282, 309, 352, 358, 375, 390 (siehe auch s.v. Vernunft) Irrtum (error) 129, 142, 159, 202, 209, 212, 223, 233, 239–243,248, 251, 254, 259–261, 296, 322, 334–337, 346f., 353f., 357, 360, 365, 371, 408 – Irrtumsfreiheit 201, 203, 240, 286 – Irrtumsvermeidung 161, 212 Jura (Jurisprudenz) 305, 322

60, 153, 161, 218,

Katholizismus 22, 45, 47, 76, 81, 114f., 156, 207, 299f., 329, 357, 373 Kirche 43, 50f., 54f., 64–67, 119, 144, 164, 268, 290, 318, 325, 332, 335, 357, 372 – Alte Kirche 297–306, 311, 314, 332, 369 – Ekklesiologie 356

Kontroverstheologie 114, 125, 167, 173, 207, 219, 232, 290, 377 Kosmos/Kosmologie (mundus) 57, 105, 146, 198, 220, 285f., 308, 312, 316f., 324, 349, 378 (siehe auch s.v. Welt) Kopernikanismus (kopernikanisch; 29, 57f., 65, 111, 115f., Copernici) 152, 168, 176, 293, 296, 301, 303, 309– 325, 329, 334–340, 344, 354, 362, 380, 413 (siehe auch s.v. Kopernikus) – Antikopernikaner 51, 176 – cartesio-kopernikanisch 294, 328, 332 – kopernikanische Wende 18, 414 Körper 150, 159, 198f., 219, 234, 238, 255–257, 261, 264, 283, 314, 357, 359, 394, 398f. (siehe auch s.v. res extensa und s.v. Geist sowie zum Leib-SeeleDualismus s.v. Seele) – Leib-Seele-Dualismus 199f., 237, 394 (siehe auch s.v. Okkasionalismus) Logik (Logica) 41, 116f., 122f., 141, 152, 173, 186, 192–195, 265, 293, 304, 321, 356, 377f., 404 – Claubergs Logik 152–156, 159–168, 195, 212, 260, 321, 339, 363, 377 Mathematik 57, 63, 141, 176, 262, 301, 307, 312, 316, 324, 371 – Mathematische Methode siehe s.v. Methode Meinung (opinio) 144, 147, 185, 234, 298, 318, 333f., 342, 346, 354, 357, 359, 361 – allgemeine Meinung (opinio vulgi) 63, 65, 116, 176, 226, 239, 296, 304, 327, 332–334, 342, 344, 357–359, 362, 370, 375, 407 – irrige/fehlerhafte Meinung (erronea opinio) 336, 354, 357f. (siehe s.v. Irrtum) – opinio-Argument 63, 65, 112, 118, 201, 211–214, 236, 294–300, 303f., 308– 310, 315f., 321, 326f., 331–348, 352–354, 360–362, 365, 378, 380, 404, 408

474 Medizin (medicina) 153, 159, 218, 256, 325, 378, 408 Mensch (homo) 117–123, 126–128, 131– 137, 145–149, 156–163, 171–173, 178– 181, 185–190, 207–210, 219–226, 234f., 238–241, 245f., 249–263, 268–288, 292, 299, 305–315, 320–325, 332f., 336, 339, 344–382, 388–399, 403–415 – animalis homo 367 – animal rationale 126, 245, 259–261, 277 – Anpassung und Ansprache an den Menschen 118, 163, 178, 314 – Anthropologie 98, 105, 108, 137, 160, 193, 195, 208, 212, 259f., 278, 284, 287f., 379, 394–396, 412, 415 – Anthropozentrik 26, 80, 91, 99, 101, 103–109, 379, 383, 397, 406 – Erkenntnis des Menschen 40, 117, 134, 159, 178, 180, 186, 197–200, 209, 214, 222, 261, 311, 365–367, 388, 403 – in der Cartesianismuskritik des 20. Jh. 86–95, 101f., 104–107 Metaphysik 84, 92f., 100–103, 107, 115, 117, 148, 152f., 158, 163, 186, 194, 200, 291, 323, 386f. Methode/Methodologie (methodus) 19, 21, 32, 89, 112–117, 120, 122, 128, 134, 227, 290, 381 – analytische Methode (Analysis) 143, 194, 327 – cartesianische Methode siehe s.v. Cartesianismus – demonstratio 142, 180, 182, 209, 221, 227, 265, 365, 371 – exegetische Methode siehe s.v. Bibel/ Bibelexegese – historisch-kritische Methode 19, 27, 97, 108, 382, 405, 411, 414 – mathematische Methode/Mathematik 68, 84, 140–142, 151, 158, 231, 371, 402 – methodischer Zweifel 75, 78, 82, 99, 141, 143, 151, 237–243 (siehe auch s.v. Zweifel)

Anhang

– more geometrico 140–143, 194, 381 (zur deduktiven Methode siehe s.v. Deduktion) – philosophische Methode siehe s.v. Philosophie/philosophische Methode – propositio 40, 142f., 371 – Schlussfolgerung (consequentia) siehe s.v. – scholastische Methode siehe s.v. Scholastik/scholastische Methode – Skopusmethode 27, 203, 329 (siehe auch s.v. Skopus) – synthetische Methode (Synthesis) 142f., 327 Modern/moderne Theologie 21, 50, 56, 77–80, 86, 92–100, 106–109, 414f. Moral (moralisch; moralis) 162, 178, 240, 351, 358, 374 – Moraltheologie (theologia moralis) 131 Mysterium/Glaubensmysterium (mysterium) 19, 87, 126f., 142, 146–150, 171, 178, 184, 188, 190, 204–208, 227–230, 244, 250, 253, 263, 266, 271, 273, 277– 280, 285–290, 296, 320, 344, 361, 365– 370, 382, 393f., 403, 409, 412f. Nadere Reformatie 17, 54, 130f. Natur 56f., 123, 129, 131, 198, 210, 212f., 216, 219, 227, 322, 356 – Buch der Natur 220 – menschliche Natur 118, 133, 146, 254, 256, 273, 299, 339, 378, 393 – Natur des Heiligen Geistes 228 – Naturgesetz (naturae lex) 398 – Natur Gottes 263, 281, 393 – Naturphilosophie (naturphilosophisch; naturalis philosophia) siehe s.v. Philosophie – Naturwissenschaft (naturwissenschaftlich) siehe s.v. Wissenschaft – vermischte Natur 180f. Netzwerk (network of Cartesians) 18– 24, 40, 48, 51–54, 60, 62, 65, 67, 77, 82–85, 106, 109, 136–141, 149, 160, 169, 175, 177, 190–196, 330, 377, 400, 402f.

Sachregister

Neuheit (novitas) und Neuerer (novator, -es; neoterici) der Philosophie/Theologie 49f., 105, 131, 141, 149, 290, 318 – neue Philosophie (philosophia nova) 18, 49f., 55, 58, 63, 68, 402 Neuzeit/neuzeitlich (bes. Frühe Neuzeit) 17–26, 32–41, 46f., 50, 56, 75– 79, 88–104, 108f., 114, 155, 162, 196, 290, 292, 302–307, 310–316, 320, 326–333, 380–385, 401f., 406, 414f. Nutzen (usus) der Philosophie/Vernunft 18, 71, 114, 117, 121–133, 137, 151, 180f., 190, 192, 204f., 217–219, 226, 231–238, 264, 272f., 279, 286, 289, 293, 366, 368, 382, 403, 409f. – Nutzen der Theologie/Bibel 129, 226, 233, 337, 349, 403 – usus generales 234, 286 – usus principalis 128 – usus specialis 235, 286 Offenbarung (revelatio) (in Auswahl) 19–24, 57, 86–93, 112f., 150, 154, 197– 212, 221–236, 240–248, 253, 257f., 262– 293, 299, 306, 314, 328, 339f., 361, 364– 373, 393, 402–414 (siehe auch s.v. Bibel) – cartesianisches Offenbarungsverständnis (allgemein) 137, 141–148, 191– 196, 212 – cartesianisches Offenbarungsverständnis im 20. Jh. 86f., 92f., 98, 103 – biblische Offenbarung 120, 131,134, 187, 197, 199, 203, 206, 210, 224, 230, 240, 242, 247, 257f., 262–267, 272–276, 286f., 312, 324, 338, 371–373, 393 – natürliche Offenbarung 123f. 224, 235, 273 – Offenbarungsprinzip – Offenbarungstheologie 87, 132f., 150, 154, 330 – Offenbarungsverständnis der Orthodoxie (allgemein) 117–123, 137f., 195 – Offenbarungsverständnis von Burman 178–181, 184, 193 – Offenbarungsverständnis von Clauberg 156f., 164

475 – Offenbarungsverständnis von Coccejus 171–173 – Offenbarungsverständnis von Heidanus 183–190 – Offenbarungsverständnis von Maresius 126–130, 137 – Offenbarungsverständnis von Voetius 131–134, 137 – Offenbarungswahrheit 121, 244, 247, 265f., 278, 286, 367f., 372 – Verhältnis zur Vernunft 19, 21, 49f., 65, 68, 112f., 117, 137, 145, 172f., 182f., 191–199, 204f., 210, 219, 221, 227, 235f., 247, 258, 262–265, 279, 285, 288–293, 299, 331, 337, 339, 362, 367, 371, 379f., 382, 386, 394, 402–406, 413–415 Okkasionalismus/occasio 27, 256, 398f. Orthodoxie (orthodoxia); orthodox (orthodoxus, -a, -um) 33–51, 56, 71, 78 ,90, 107, 111–113, 119f., 124, 137, 147, 170, 175, 190f., 195f., 228, 246, 257, 291, 315, 338, 377, 383–386, 396–398, 402, 406f., 411–414 – Dordrechter Orthodoxie 35f., 113 – Frühorthodoxie 33, 39, 45, 113f., 116–118, 121–123, 128, 130, 192, 194, 227, 231, 297, 299, 302, 328, 330 – Hochorthodoxie 33, 46, 116, 121, 192 – lutherische Orthodoxie 26, 33, 35f., 49, 116, 126, 129, 288, 299, 329, 397 – Orthodoxieforschung 26–28, 34, 37f., 41, 284, insbes. new school/neue Schule 28, 37f., 41–44, 113 – Spätorthodoxie 33, 119 Pamphletenstreit 66, 138, 175, 183 Pelagianismus 80, 107, 250f. Philosophie (philosophisch; philosophia/ philosophy) Das umfassende Begriffsfeld findet nur eklektisch Berücksichtigung (Siehe auch s.v. Erkenntnis, s.v. Nutzen, s.v. Rationalsimus, s.v. Scholastik, s.v. Vernunft) – antike Philosophie 83, 89, 99, 127, 159, 205, 236, 303–310, 356

476 – aristotelische Philosophie siehe s.v. Aristotelismus – Aufklärungsphilosophie siehe s.v. Aufklärung – cartesianische Philosophie (philosophia cartesiana) siehe s.v. Cartesianismus – cartesische Philosophie siehe s.v. cartesisch – Freiheit der Philosophie (libertas philosophica oder philosophandi) siehe s.v. Freiheit – Naturphilosophie (naturphilosophisch; naturalis philosophia) 19–21, 56–58, 122 138, 147, 149, 164, 168, 172, 175f., 211–217, 234f., 266, 292–301, 307f., 312–316, 320–350, 359, 377f., 381, 397– 402, 409–414 – neue Philosophie (nova Philosophia) siehe s.v. Neuheit – Philosophie als Auslegerin der Heiligen Schrift siehe s.v. Bibel und Stellenregister L. Meyer – Philosophie als Dienstmagd/ancilla theologiae 18, 43, 53, 58, 88, 114, 120, 123–130, 137, 173, 176, 182f., 189, 192, 205, 217–219, 222, 232f., 253, 285, 291, 403 – Philosophie als Herrin über die Theologie 193, 233 – philosophische Methode (ratio/methodus philosophandi) 39, 242, 291 (siehe auch s.v. Methode) – Trennung von Philosophie und Theologie 65, 117, 122f., 132, 138, 144, 149–151, 170–175, 183, 186–193, 197, 211–236, 243, 273, 279, 284, 289–291, 294, 312f., 316, 330f., 337, 340–342, 348, 352, 356, 362, 377, 403, 409f. – Seperation Thesis 139, 149 – Vermischung von Theologie und Philosophie 43, 124, 148, 191, 217, 227– 236, 412 Physik/physikalisch 56f., 151–154, 219, 224, 283, 336, 351, 400 – aristotelische Physik 144, 308

Anhang

– biblische Physik (Mosaica physica/physica Christiana/physica sacra) 57, 135, 138, 147, 164, 211, 215f., 219, 225, 235, 294, 296, 326–329, 338, 342, 378 – cartesische Physik 18, 57, 143, 152, 345, 397f. – cartesianische Physik 58, 64, 158, 397–399 Platonismus 50, 108, 301, 304 Pneumatologie 71, 98, 172, 221, 252, 257f., 274f., 285, 292, 363, 381, 394, 403 (siehe auch s.v. Geist) Polemik (polemisch) 21, 34–36, 42, 48, 69, 100, 105, 114, 125, 128, 144, 167, 178, 209, 257, 342 Politik (politisch) 18, 52, 54f., 64, 66, 70, 137, 202 Prädestination 29, 35f., 93, 259, 261, 271, 366, 395–398 Prolegomena 18–20, 114–117, 123, 169f., 173, 195–197, 200, 204–207, 341, 402, 412 (vgl. detailliert Kapitel 3) Protestantismus 35f., 46, 75–78, 81, 93– 97, 103, 108f., 291, 385 ptolemäisch 58, 317 (siehe auch s.v. Ptolemäus) Ramismus/ramistisch 17, 45, 50, 115– 120, 139, 141, 153, 160 Rationalismus (rationalistisch) 17f., 22, 34, 39f., 51, 77, 82, 88, 100–103, 106–113, 124, 130f., 135–137, 165, 190–194, 203f., 221, 246, 249, 257, 267, 272, 287–291, 321, 370, 382, 394, 405–414 – Rationalismusverdacht/ -vorwurf und -Kritik 21, 79f., 84, 91–94, 108, 230, 290, 295, 366 – Rationalist 68, 85, 148, 182, 262, 385, 409 Rationalität/rational 19, 37, 40f., 50, 71, 86, 88, 95–100, 111, 114, 120, 133f., 141, 150, 158f., 178, 184–190, 193, 206, 210, 222, 227–229, 243–250, 257, 264–279, 283–292, 307f., 311, 330, 340, 365, 372, 376, 378, 383, 388, 400, 403, 405

Sachregister

Rechtfertigung 184, 267, 270, 272, 275, 279, 281, 386 Religion (religio) 85–88, 95, 118, 128, 144, 158, 178–181, 187, 189, 240, 242, 247f., 325 Remonstranten 35, 55, 126, 133, 178, 187f., 325, 330 res cogitans 71, 102, 200, 399 res extensa 71, 200, 399 Säkularisierung/säkular 55, 90, 98, 184, 224, 288, 311, 330, 378, 401, 406 Schlussfolgerung/Folge (consequentia) 127f., 166, 173, 179–182, 186, 205, 209, 235, 261, 265, 273, 286, 371 (siehe auch s.v. Methode) Scholastik (scholastisch; scholasticus, -a, -um; scholasticism) 37–45, 113–115, 131, 141, 178, 192, 231, 240, 267f., 278, 290f., 309f., 393, 402 – antischolastisch/Scholastikkritik 42–46, 67, 76, 95, 115, 117, 126, 139, 144, 148, 156, 189, 207, 227–233, 240, 286f., 376, 381, 402 – aristotelische Scholastik 18, 39, 45– 47, 50, 61, 95, 114, 128, 139, 144, 189, 231, 290 – cartesianische Scholastik 26, 41–48, 76, 95, 160, 178, 194 – katholische/mittelalterliche Scholastik 39, 81, 113–117, 131, 207 – Neoscholastik/Neuscholastik 50, 194 – reformierte Scholastik (Reformed scholasticism) 26, 37 – scholastische Methode 38–45, 50, 113–117, 128, 131, 139, 141, 330, 394 Schöpfung 131, 133, 171, 187, 234, 236, 242, 282, 286, 306, 319, 327, 367, 378, 388–392, 397–400, 415 – creatio continua /Concursus/Providenz 385, 395–400 – creatio ex nihilo 397 – Gott als Schöpfer siehe s.v. Gott – Schöpfungsbericht 58, 216, 311f., 315, 323

477 Schrift/Heilige Schrift (Scriptura Sacra) siehe s.v. Bibel Seele (anima; substantia cogitans) 134, 150, 161, 198, 212, 238, 255–261, 269, 274–278, 357f., 367, 375, 390, 412 (siehe auch s.v. Geist) – Seelenheil 215, 270, 319f. (siehe auch s.v. Heil) – Seelenlehre/Psychologie 146f., 234 – Unsterblichkeit 121, 198, 200, 234, 412 – Verhältnis von Körper/Leib und Seele/ Geist siehe s.v. Körper, bes. aber 198– 200, 255, 357, 394, 399 Selbsterkenntnis 102, 131, 154, 157f., 200, 254, 388–390 Skeptikzismus (Skepsis, Skeptiker; skeptisch; Scepticus) 49, 63, 80, 88, 106, 141, 239, 241, 261 (siehe auch s.v. Zweifel) Sinn (sensus) 129, 133, 263 – Sinneswahrnehmung/Sinnlichkeit 126, 134, 140, 150, 163, 209, 212–214, 218, 240, 242, 251, 259, 263, 282, 309, 319, 324, 334, 342, 344, 346, 355f., 359, 362 – Textsinn siehe s.v. Skopus (σκοπός bzw. finis/fines scripturae) 138, 159, 163f., 174f., 180, 187, 202–207, 215–217, 220, 225, 228, 235f., 247f., 263f., 286, 293–296, 303f., 311– 332, 337–354, 357, 360–378, 404f., 410– 414 – finis 179, 304, 340, 350, 365, 392 – Skopusmethode siehe s.v. Methode Sonne 19, 56–58, 176, 183, 310, 320, 327, 342, 347, 353, 356, 364 – siehe auch s.v. Bewegung – siehe auch s.v. Heliozentrismus Soteriologie 97, 118, 132, 197, 200, 202, 257, 271, 296, 302, 306, 322, 328, 337, 340, 349f., 361, 364, 381f., 393–398, 403, 405, 412, 415 Sozianismus/Sozianer 71, 122, 126, 133, 136, 178, 182, 229f., 262, 290, 328f. spatia imaginaria 392

478 Spinozismus/Spinozisten 17, 29, 32, 68, 77, 107, 135f., 148, 387, 415 Subjekt/Subjektivismus/Subjektorientierung 21f., 26, 75–84, 88–109, 132, 140, 143f., 154, 175, 194, 246, 376, 379, 383, 396, 405f., 415 Sünde (peccatum) 122, 172, 184, 198, 200, 208, 239, 250–263, 270f., 283f., 289, 370, 379, 392, 400, 408, 412 – corruptio/defectio/imperfectio/privatio 253, 259–261, 283, 367 – Erb- oder Ursünde (peccatum originale)/Erbsündenlehre 132–134, 137, 159, 228, 255f., 259, 284 – simul justus et peccator 350 – Sündenfall 80, 121, 125, 136, 146, 171–173 , 250–253, 283, 367 – Sündenlehre 134, 264, 287 Teufel 159, 276, 358 Text-, Schrift- oder Wortsinn 127, 162– 168, 175, 177, 180, 202, 248f., 264, 266, 302, 309f., 319f., 339f., 368 Theologie (theologisch; theologia; theologicus, -a, -um) Das umfassende Begriffsfeld findet nur eklektisch Berücksichtigung. – archetypisch (archetypa) 118f., 127, 131, 178, 184, 325 – cartesianische Theologie siehe s.v. Cartesianismus – coccejanische Theologie siehe s.v. Coccejanismus – dialektische Theologie 81 118f., 127, 131, – ektypisch (ectypa) 178, 184, 325 – genus theologiae 119, 146 – liberale Theologie 80f., 91, 100, 287 – natürliche Theologie (naturalis) 86, 104, 114, 117, 121–135, 146–149, 153f., 158, 169, 172, 179, 184, 197, 200, 205f., 210, 220, 224, 226, 236–257, 273, 279f., 285, 387 – Klugheit (prudentia) 118f., 128, 206 – Kunst (ars) 120, 128, 185f.

Anhang

– Offenbarungstheologie 87, 132f., 150, 154, 231, 330 – scholastische Theologie siehe s.v. Scholastik – Schultheologie 37–42, 45, 113, 115, 121, 137, 144, 194, 233, 402 – theologia moralis 131 – theologia patriae 171 – theologia practica 120, 206 – theologia revelata 122, 146–150, 172, 206, 209f., 224–228, 237, 243 – theologia salutaris 129 – theologia traditiva 36, 56, 125, 137, 192 – theologia viatorum/viae 127, 131, 171 – Theologiegeschichte 15, 26, 96, 100, 295, 300, 319, 336, 340f. – Übernatürliche Theologie (theologia supernaturalis) 122f., 128, 131f., 158, 184 – Verhältnis und Trennung von Theologie und Philosophie siehe s.v. Philosophie – Weisheit (sapientia) 118–121, 128, 185 – Wissenschaft (scientia) 18, 20, 40, 45f., 65, 71, 81, 87, 89, 93, 95f., 112–126, 131, 138f., 141, 146, 148f., 153–159, 169, 182– 187, 190f., 195, 206, 210f., 221, 236, 240, 249, 266, 279, 286–290, 308, 311, 320, 375, 387, 403f., 407–409 – praktisch/practica 118, 149, 151, 171, 192, 224, 226, 351 – keine Wissenschaft 210, 221, 226 – theoretica 149 Thomismus 45, 115, 117, 120, 148 Trinität 131, 146, 171, 188, 227–231, 258, 262f., 265, 276f., 290, 361, 367, 386, 392– 394, 412 – Antitrinitarier 71, 229 Umgangssprache 151, 215, 342, 347, 353–357, 360 Universum (universum) 168, 236 Urteil 45, 84, 140, 145, 156f., 160f., 182, 185, 202–204, 210–214, 223, 234, 238f.,

Sachregister

245, 247, 251–254, 258–261, 266, 273, 284, 344, 367, 376, 408–410 – Fehlurteil 213, 260, 274, 284, 346, 367f., 378 (siehe auch s.v. Irrtum) – Urteilsenthaltung (suspensio judicii) 144, 156, 185, 239–244, 248, 254, 259f., 367, 396, 408 – Vorurteil siehe s.v. Verbalinspiration 36, 57, 162f., 330, 334, 339 Vernunft (ratio) Das umfassende Begriffsfeld findet nur eklektisch Berücksichtigung. (siehe auch s.v. Scholastik und s.v. Philosophie) – animal rationale siehe s.v. Anthropologie – anima rationalis 212, 259 – bona ratio/recta ratio 128, 156, 164, 187, 202f., 251, 272–278, 288, 338 – Gegenmittel (remedium) gegen Irrtum/ Sünde 160, 251f., 260 – Göttlichkeit der Vernunft siehe s.v. Gott – Übervernünftigkeit 101, 368, 403, 412 – Verhältnis zur Bibel 121, 126f., 134– 137, 149, 151, 173, 177, 180–182, 187f., 203–205, 208, 215, 230, 258, 262–267, 270, 273f., 278, 288, 293–295, 302, 308, 340, 363, 368, 370, 376, 382 – Verhältnis zur Offenbarung siehe s.v. Offenbarung – Vernunft als Erkenntnisprinzip 38, 65, 84, 116, 122–137, 141, 145, 154, 179– 185, 192, 197, 199, 204–206, 210f., 215, 224–227, 274, 285, 289f. – Vernunfterkenntnis 87, 112, 126, 181, 202, 210, 226, 244, 247, 282–287, 339, 411 – Vernunft als Norm 135, 187, 202f. – Vernunftoptimismus 121, 136, 193, 260, 371, 411 – Widerspruchsfreiheit zur Offenbarung 126, 128, 147, 202, 205, 231, 236, 263, 287, Verstand siehe s.v. Intellekt

479 Vertrauen (fiducia) 85, 145, 179, 182, 234, 269–271, 278 Voetianismus (voetianisch) 54–56, 66, 70, 135, 199 Vorurteil (praejudicium) 83, 95, 99, 140, 159, 182, 185, 188, 211–218, 231, 233, 240f., 261, 266, 284, 333–336, 339–347, 353–357, 361, 364f., 374f., 381f., 408 – Vorurteilsfreiheit 140, 185, 188, 202, 233, 333, 353 Wahrheit (veritas) 19f., 41, 65, 71, 83f., 99, 107, 111, 132f., 142–149, 163, 167– 177, 182, 191–195, 202–211, 222, 239f., 243–246, 250–253, 264, 273–279, 286– 288, 296, 307–310, 320, 323, 334, 344, 347f., 353–355, 369–376, 380–383, 403, 407–414 – cartesisches Wahrheitskriterium 78–84, 102, 185, 212f., 237f., 245, 247, 252, 254, 288, 290, 410 – eine oder doppelte Wahrheit 21, 43, 111, 122, 124, 126, 147f., 189, 236, 246, 287, 310 – Freundschaft zur Wahrheit (amicitia veritatis) 291 – Glaubenswahrheit 145, 147, 242f., 360 – Offenbarungswahrheit 121, 142, 156, 244, 247, 265–267, 278, 286, 367f., 372 – Wahrheitserkenntnis 83, 134, 140f., 157, 171, 209, 214, 243, 246, 260, 276, 281, 294, 375f., 408, 410 – Wahrheit und Lüge in der Bibel siehe s.v. Bibel Wahrscheinlichkeit 167, 310, 324 Welt (mundus) 20, 96f., 101, 216, 285, 327, 352, 362, 391, 403, 411 (siehe auch s.v. Kosmos) – bestmögliche Welt 391 – göttliche Weltordnung 197–200, 390, 398, 400 – Weltall 58 – Weltbild 18, 29, 57, 65, 86–89, 111, 115, 152, 191, 196, 294, 296, 301, 307f.,

480 315–318, 324f., 328, 331f., 344, 357, 381, 397, 400 – Weltentstehung 20, 56, 58, 146, 164, 172 Wille (voluntas oder volentia; wollen; velle) 68, 134, 188, 198, 207, 216, 227, 254–261, 274–278, 358, 367, 375, 390– 392 , 399 – Willensfreiheit siehe s.v. Freiheit Wissen (scire) 112, 122, 133, 173, 202, 207, 210, 214, 216, 235, 277, 310, 322, 333, 346, 365, 369, 373 Wissenschaft (wissenschaftlich) 19, 21, 58, 87–89, 95f., 113–131, 149–153, 157, 159, 163, 169, 184–186, 191, 207, 210, 234, 236, 277, 279, 290, 308, 311, 375, 382, 403–407 (siehe auch s.v. Cartesianismus, s.v. Offenbarung, s.v. Philosophie, s.v. Theologie und s.v. Vernunft) – Fortschritt 19f., 57, 59, 115 – Naturwissenschaft (naturwissenschaftlich) 20f., 49f., 56–59, 112, 115, 124,

Anhang

137, 140, 159, 202, 215f., 225, 296, 300, 307–322, 346, 357, 360–362, 397, 414 – Wissenschaftsverständnis 18f., 23, 43, 47, 56, 58, 86, 114, 117, 119, 137–139, 152–154, 169, 173, 186, 209, 211, 213, 221, 232, 236, 287, 294, 332, 363, 382, 403, 406, 411 Wunder 268, 320, 362, 364, 413 Zirbeldrüse 255f., 357, 398f., 412 Zweifel (dubium/dubitatio; zweifeln; dubitare) 79–85, 91, 94–98, 102f., 106– 109, 137, 159, 194, 237–244, 247f., 288, 324, 365, 388, 394, 405f. – cartesischer/cartesianischer Zweifel 76f., 94, 101, 134f., 151, 158, 237, 241, 364 – dubitatio vulgaris 239, 241 – radikaler/methodischer Zweifel 18, 68, 75, 78, 85, 99, 141, 143, 237–243, 254 (siehe auch s.v. Methode)

6.4 Stellenregister

1. Bibelstellen Genesis(-auslegung) 146, 216, 298, 314, 320, 323, 326, 348 Gen 1,6–8 308 Gen 1,7 314 Gen 1,16 299, 311f., 314f., 326f., 355f. Gen 3,7 343 Dtn 6,2f. Dtn 30,4

348 356

356

Mt 6,21 357 Mt 12,31f. 275 Mt 19,16f. 359 Mk 6,14

358 356

Psalmen(-auslegung) Ps 1 365 Ps 1,2 293 Ps 2,8 356 Ps 18,8 356 Ps 19 325 Ps 19,5–7 19 Ps 22,28 356

356 356

Prediger 214 Pred 1,4f. 325 Pred 1,7 159, 344 Pred 3,18 214 Pred 3,19f. 214 Pred 12,7 215

Jes 8,1 355 Jes 13,5 356 Jes 38,8 364 Jes 58,14 371 Jer 28,1 Jer 49,36

Spr 2,10 357 Spr 8,7 357 Spr 15,14 357 Spr 30,18f. 358 Hi 26,7 Hi 26,11

Josua 311 Jos 2 358 Jos 10 236 Jos 10,12 364 Jos 10,12f. 19, 311 Jos 10,12–14 310 2Sam 22,8

Ps 24,4 357 Ps 48,11 356 Ps 93,1 [Vulgata Ps 92,1] Ps 104 325

Lk 3,36 298, 322

Joh 13,13 Joh 20,31

358 360 275 348

Apg 17 389 Apg 17,27f. 158 Apg 23,23 344 Apg 27,27 356 Röm 1 186, 287, 389 Röm 1,16 281

310

482

Anhang

Röm 1,16f. 281 Röm 1,16–25 280 Röm 1,17 270f., 281 Röm 1,18 281 Röm 1,19 272, 280, 282 Röm 1,19f. 187 Röm 1,20 282f., 386 Röm 1,21 282–284 Röm 1,21f. 282 Röm 1,23f. 282f. Röm 9–11 366 Röm 9,20 366 Röm 11,33–36 366 Röm 15,4 348

Discours (1637) 1,6–15 (AT VI 6–12) 167 Discours (1637) 1,12 (AT VI 9) 310 Discours (1637) 1,14–2,3 (AT VI 9–14) 239f. Discours (1637) 2,7 (AT VI 18) 239, 243f. Discours (1637) 2,7–10 (AT VI 18f.) 157 Discours (1637) 2,11 (AT VI 19f.) 153 Discours (1637) 3,2 (AT VI 24) 240 Discours (1637) 3,3 (AT VI 25) 310 Discours (1637) 3,5 (AT VI 27) 145 Discours (1637) 3,6 (AT VI 28) 145 Discours (1637) 3,6 (AT VI 29f.) 240 Discours (1637) 6,2 (AT VI 62) 150

1Kor 1f. 374 1Kor 1,22f. 215 1Kor 2,4 374f. 1Kor 2,6f. 215 1Kor 2,7 374 1Kor 2,12 215 1Kor 9,22 164 1Kor 10,19–24 313 1Kor 15,29 359 2Kor 3,6 2Kor 4,4 Gal 1,6

Epistola ad Voetium

Gespräch mit Burman 143, 147, 155, 389 Gespräch (1648) zu VI 550,108 (Arndt) 146–148, 205, 223 Gespräch (1648) zu VI 575,116 (Arndt) 146 Gespräch (1648) zu VII 428,6 (Arndt) 260 Gespräch (1648) zu VII 428,6–9 (Arndt) 212

343 358 358

Eph 4,11–14 246 Eph 4,14 246 2Tim 3 349 2Tim 3,14f. 349 2Tim 3,14–17 348f. 2Tim 3,15 349 2Tim 3,15–17 232, 364 2Tim 3,16f. 348 2Tim 3,17 224f., 349, 351 Hebr 7,3 Jud 13

358 356

2. Stellenregister Descartes Discours de la méthode 158, 167, 237, 324

67

124, 140, 156–

Meditationes 29, 67, 85, 87, 90–93, 101, 109, 142f.,155, 194, 237, 242, 260, 324, 388f. Meditationes (1641) Widmungsbrief (AT VII 2f.) 146 Meditationes (1641) Widmungsbrief (AT VII 2–11) 47, 144 Meditationes (1641) I (AT VII 17–23) 240 Meditationes (1641) I 3 (AT VII 18) 223 Meditationes (1641) I 12 (AT VII 22) 223 Meditationes (1641) II 5 (AT VII 25) 259 Meditationes (1641) III 2 (AT VII 35) 237

483

Stellenregister

Meditationes (1641) III 31 (AT VII 49) 397 Meditationes (1641) III 39 (AT VII 52) 199 Meditationes (1641) IV 3 (AT VII 53f.) 252 Meditationes (1641) IV 3–9 (AT VII 54– 59) 145 Meditationes (1641) IV 4f. (AT VII 54) 259 Meditationes (1641) IV 4f. (AT VII 54f.) 254 Meditationes (1641) IV 6 (AT VII 55) 366 Meditationes (1641) IV 8 (AT VII 55– 58) 254 Meditationes (1641) IV 8 (AT VII 57) 212 Meditationes (1641) IV 8 (AT VII 57f.) 252 Meditationes (1641) IV 9 (AT VII 59) 251, 260 Meditationes (1641) IV 17 (AT VII 62) 252 Notae in programma quoddam 146, 234, 242, 253 Notae in programma quoddam (1648) 283–286 (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII/2 348–351) 230 Notae in programma quoddam (1648) 288 (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII/2 353) 146f. Notae in programma quoddam (1648) 288 (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII/2 353f.) 146 Notae in programma quoddam (1648) 288f. (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII2 353f.) 147, 234 Notae in programma quoddam (1648) 301 (Buchenau: Prinzipien) (AT VIII2 366f.) 241 Passiones animae/ Les Passions de l’âme 226, 255, 259, 357, 396 Passiones (1649) I 47 (AT XI 67–71) 256

Passiones (1649) II 83 (AT XI 390)

199

Principia philosophiae 57, 143, 145, 153, 213, 220, 237, 242, 250, 396 Principia (1644) I 5 (AT VIII/1 6) 223 Principia (1644) I 14 (AT VIII/1 10) 200 Principia (1644) I 24 (AT VIII/1 14) 366 Principia (1644) I 24f. (AT VIII/1 14) 190 Principia (1644) I 25 (AT VIII/1 14) 146, 220, 228f., 252 Principia (1644) I 28 (AT VIII/1 15) 366 Principia (1644) I 28 (AT VIII/1 16) 252 Principia (1644) I 32–38 (AT VIII/1 17– 19) 254 Principia (1644) I 40f. (AT VIII/1 20) 255 Principia (1644) I 45 (AT VIII/1 21f.) 84, 244, 259 Principia (1644) I 45–50 (AT VIII/1 21– 24) 212 Principia (1644) I 53f. (AT VIII/1 25f.) 200 Principia (1644) I 56 (AT VIII/1 26) 230 Principia (1644) I 76 (AT VIII/1 39) 145, 220, 252f. Principia (1644) II 37–40 (AT VIII/1 61– 65) 400 Principia (1644) III 2 (AT VIII/1 80) 145 Principia (1644) III 43 (AT VIII/1 99) 145, 262 Principia (1644) III 44f. (AT VIII/1 99f.) 146 Principia (1644) IV 207 (AT 329) 250 Regulae ad directionem ingenii 140, 150 Regulae (1628) I 1 (AT X 359–361) 140 Regulae (1628) II 6 (AT X 366) 142 Regulae (1628) III 9 (AT X 370) 142 Responsio/Zweite Erwiderung

142, 173

484

Anhang

Responsio ad secundas objectiones (1641) VII 142 323, 353 Responsio ad secundas objectiones (1641) 164f. Wohlers (AT VII 155f.) 143 3. Stellenregister Wittich (Disputationen in Auswahl; ohne Briefe) Annotationen zum Systema zu Locus I §19 233 zu Locus XI §21 269 zu Locus XI §27 269 zu Locus XI §31 269f. zu Locus XI §36 269f. zu Locus XI §41 269

229, 268

Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 72, 155, 238, 363, 386, 389, 391 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) Epistola [vi] (Ann. c zu Epistola 1 AT VII) 207, 222 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) Epistola [xiii] (Ann. hh zu Epistola 5 AT VII) 207, 223 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 1 (Ann. b und d zur Synopse AT VII 12) 241 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 11 (Ann. c zu Synopse 15 AT VII) 251 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 12 (Ann. d zu Synopse 16 AT VII) 378 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 12 (Ann. e zu Med. I §9 20 AT VII) 207 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 14 (Ann. c zu Med. I §9 20 AT VII) 378 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 17 (Ann. n zu Med. I §3 18 AT VII) 206 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 22 (Ann. b,c und e zu Med. I §9 20 AT VII) 365

Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 26f. (Ann. d und e zu Med. I §12 AT VII 22) 241 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 30 (Ann. E zu Med. II §3 AT VII 24) 242 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 32 (Ann. aa zu Med. II §3 25 AT VII) 378 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 32 (Ann. q zu Med. II §3 25 AT VII) 396 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 47 (Ann. r zu Med. II §12 31 AT VII) 365 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 56 (Ann. gg zu Med. III §4 AT VII 36) 242 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 87 (Ann. h zu Med. III §37 51 AT VII) 389 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 89–111 251 Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes (1688) 125 (Ann. l zu Med. V §12 69 AT VII) 251 Anti-Spinoza (1690) 25, 32, 72f., 142f., 200, 206, 241, 280, 381, 387, 399, 415 Anti-Spinoza (1690) 1 (Examen: De Methodo demonstrandi) 142 Anti-Spinoza (1690) 1f. (Examen: De Methodo demonstrandi) 142f. Anti-Spinoza (1690) 1–6 (Examen: De Methodo demonstrandi) 142 Anti-Spinoza (1690) 337 (De Deo §1) 388 Anti-Spinoza (1690) 337f. (De Deo §1) 388 Anti-Spinoza (1690) 337–341 (De Deo §§1–4) 200, 220 Anti-Spinoza (1690) 337–415. (De Deo §§1–70) 387 Anti-Spinoza (1690) 338–341 (De Deo §§2–4) 200, 389

Stellenregister

Anti-Spinoza (1690) 342–345 (De Deo §§7f.). 200 Anti-Spinoza (1690) 343–345 (De Deo §8) 390 Anti-Spinoza (1690) 347f. (De Deo §11) 391 Anti-Spinoza (1690) 377f. (De Deo §39) 389 Anti-Spinoza (1690) 383–285 (De Deo §43) 395 Appendix ad Theologiam pacificam (1672) 69, 392 Appendix (1672) §3,2 249 Causa Spiritus Sancti (1678) 72, 244, 274, 280, 285, 290, 294, 343, 363, 394 Causa Spiritus Sancti (1678) Praefatio [i– ii] 204 Causa Spiritus Sancti (1678) §1,1 228 Causa Spiritus Sancti (1678) §9,15 275 Causa Spiritus Sancti (1678) §10,16– 22 275 Causa Spiritus Sancti (1678) §14,32 276 Causa Spiritus Sancti (1678) §15,34– 36 275 Causa Spiritus Sancti (1678) §16,40f. 275 Causa Spiritus Sancti (1678) §18,46 375 Causa Spiritus Sancti (1678) §22,54f. 277 Causa Spiritus Sancti (1678) §23, 58 275 Causa Spiritus Sancti (1678) §23, 59 275 Causa Spiritus Sancti (1678) §912,25– 28 277 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 72, 257f., 263–266, 274, 367 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §8,9– 14 258 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §9,14 245, 258f.

485 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §10,15 259 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §11,15f. 259 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §11,16f. 259 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §12,17f. 259 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §12,18 259f. Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §13,19 261 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 19 367 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 19f. 368 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §14f.,19–22 262 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 20– 22 368 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 23 368 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 23f. 368 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 24 368 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 24f. 368 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 14– 25 250 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §16,22f. 262 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 22f. 264 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §16,23 262 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) 23 264 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §17,23f. 264 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §17,24f. 264, 266 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §§20f.,27–29 262 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §21,29 262

486 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §22,29f. 263 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §23,31 263 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §26,33–35 264 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §§27f.,35–37 265 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §29,37 260, 264 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §29,37f. 261 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §29,38 261 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §30,38 261 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §30,39f. 265 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §31,40f. 261 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §32,42 265 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §33,44 263 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §38,51f. 275 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §39,52–54 275 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §51– 53,71–79 275 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §54– 65,79–95 275 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §57,85 275 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §65,95f. 275 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §66,96f. 276 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §66,97f. 276 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §66,98 276 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §87,124–126 277 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §88,126f. 277

Anhang

Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §89– 94,127–137 277 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §91,130–132 277 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §129f.,195–198 277 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §155,236 277 Causa Spiritus Sancti victrix (1682) §170f.,258–262 277 Consensus veritatis 30, 65, 99, 211–222, 235, 259, 280, 285, 295, 298–300, 323, 337, 340f., 345, 348–355, 359, 383, 413 Consensus (21682), Praefatio ad lectorem cordatum 2 49 Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 3 321, 337 Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 5 235, 345 Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 6 336f. Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 6–8 347 Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 8 348 Consensus (21682) Praefatio ad lectorem cordatum 9 159 Consensus (21682), Praefatio ad lectorem cordatum 11 49 Consensus (21682), Praefatio ad lectorem cordatum 12 339 Consensus (21682) I 345 Consensus (21682) I §1,18 212, 259 Consensus (21682) I §2,18 212 Consensus (21682) I §§3f.,18f. 212 Consensus (21682) I §4,18f. 212 Consensus (21682) I §5,19 212, 244 Consensus (21682) I §§13–15,20f. 213 Consensus (21682) I §17,21 159, 214 Consensus (21682) I §18,21f. 346 Consensus (21682) I §20,23 214f. Consensus (21682) I §22,24 347 Consensus (21682) I §§22–24,24f. 213 Consensus (21682) I §23,24f. 347

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Consensus (21682) II §§25–27,26 215, 348 Consensus (21682) III Synopse 26 348 Consensus (21682) III §34,28 337, 348 Consensus (21682) III §34f.,28 337, 340 Consensus (21682) III §35,28 348 Consensus (21682) III §35,29 349 Consensus (21682) III §36,29f. 350 Consensus (21682) III §38,31 351 Consensus (21682) III §§43–46,32f. 351 Consensus (21682) III §44,32 350 Consensus (21682) III §45,33 159 Consensus (21682) III §47,33f. 350 Consensus (21682) III §47,34 351 Consensus (21682) III §48,34f. 224, 351 Consensus (21682) III §49,35 351 Consensus (21682) III §50,35f. 351 349 Consensus (21682) IV Synopse 37 Consensus (21682) IV §55,37 215f. Consensus (21682) IV §55,38 216 Consensus (21682) IV §57,38 213 Consensus (21682) IV §60,39 216 Consensus (21682) V §64,40f. 216 Consensus (21682) V §65,42 216 Consensus (21682) V §66,42f. 216 Consensus (21682) V §70,41 216 Consensus (21682) V §§71–74,41f. 216 Consensus (21682) VI §§75–80,45–47 216 Consensus (21682) VII §§81–86,47–50 217 Consensus (21682) VII §87,50 217 Consensus (21682) VII §87,50f. 217 Consensus (21682) VII §89,51f. 217 Consensus (21682) VIII §91,52f 218 Consensus (21682) VIII §§91f.,52–55 217 Consensus (21682) VIII §92,53 218 Consensus (21682) VIII §92,53f. 218, 222 Consensus (21682) VIII §92,54 218 Consensus (21682) VIII §93f.,55f. 219 Consensus (21682) VIII §94,55 220

487 Consensus (21682) VIII §§95–98,56 216 Consensus (21682) VIII §102f.,57 219 Consensus (21682) VIII §103,57f. 219 Consensus (21682) VIII §103,58 220 Consensus (21682) VIII §104,58 220 Consensus (21682) XX §446–449,204f. 213 Consensus (21682) XX §447,204 220 Consensus (21682) XX §448,205 221, 352 Consensus (21682) XX §449,205 323, 353 Consensus (21682) XX §450,205 353 Consensus (21682) XX §451,205f. 353 Consensus (21682) XX §452,206 353 Consensus (21682) XX §453,206f. 354 354 Consensus (21682) XX §454,207f. Consensus (21682) XX §455,208 321, 335 Consensus (21682) XX §455,208f. 329, 354 Consensus (21682) XX §456,209 354 Consensus (21682) XX §457,209f. 354 Consensus (21682) XX §§458–460,210– 212 347, 354 Consensus (21682) XXI Synopse 212 355 Consensus (21682) XXI §461,212 355 Consensus (21682) XXI §461,212f. 355 Consensus (21682) XXI §461,213 355 Consensus (21682) XXI §§462–467,213– 215 356 Consensus (21682) XXII §468,216 300, 304, 356 Consensus (21682) XXII §§469–474,216– 218 356 Consensus (21682) XXIII §475,219 356 Consensus (21682) XXIII §§475–541,219– 247 356 Consensus (21682) XXIII §480,221 356 Consensus (21682) XXIII §493,225– 228 356 Consensus (21682) XXIII §497,229f. 356

488 Consensus (21682) XXIII §502,231– 233 356 Consensus (21682) XXIII §525,242 356 Consensus (21682) XXIII §530,243f. 356 Consensus (21682) XXIV §542,247f. 357 Consensus (21682) XXIV §542,248 357 Consensus (21682) XXIV §544,248f. 357 Consensus (21682) XXV Synopse 251 355 Consensus (21682) XXV §554,251f. 357 Consensus (21682) XXV §555,252 357 Consensus (21682) XXV §555f.,252f. 358 357 Consensus (21682) XXV §560,254 Consensus (21682) XXVI §566,256 358 Consensus (21682) XXVI §568,257f. 358 Consensus (21682) XXVI §577,260 358 Consensus (21682) XXVI §580,262 358 Consensus (21682) XXVI §583,262f. 358 Consensus (21682) XXVI §587,265 358 Consensus (21682) XXVI §589,266 358 Consensus (21682) XXVI §591,266f. 358 Consensus (21682) XXVII §615,275 359 Consensus (21682) XXVIII §§621– 623,277–280 359 Consensus (21682) XXIX §§632–636,282– 284 359 Consensus (21682) XXIX §636,284 359 Consensus (21682) XXX §§661–665,295– 299 360 Consensus (21682) XXXI §674,302f. 297 Consensus (21682) XXXI §675,303 298 Consensus (21682) XXXI §675,303f. 298 Consensus (21682) XXXI §676,304f. 298

Anhang

Consensus (21682) XXXI §677,305f. 298 Consensus (21682) XXXI §678,306– 308 298 Consensus (21682) XXXI §678,308 298 Consensus (21682) XXXI §679,308 299 Consensus (21682) XXXI §681,309 298 Consensus (21682) XXXI §681f.,309f. 298 Consensus (21682) XXXI §682,309f. 298 Consensus (21682) XXXI §683,310 298 Consensus (21682) XXXII §684,310f. 360 Consensus (21682) XXXII §§700– 702,318f. 214 Consensus (21682) XXXIII §704,320 361, 364 Consensus (21682) XXXIII §718,325 249, 352, 383 Consensus (21682) XXXIV §§726– 734,328–330 257, 275f. Consensus (21682) XXXV §735,331 272 Consensus (21682) XXXV §§735f.,331f. 252 Consensus (21682) XXXV §§735– 738,331–333 257 Consensus (21682) XXXVI §§739– 751,334–338 339 Consensus (21682) XXXVI §740,335 225, 273, 340,339 Consensus (21682) XXXVII §§752– 757,339–341 300 Consensus (21682) XXXIX §764,344f. 361 Consensus (21682) XXXIX §§764– 766,344–346 361 Consensus (21682) XL §774,348 221 Consensus (21682) XL §§774f.,348f. 362 Consensus (21682) XL §775,349 221 Consensus (21682) XLI §777,350 362 Consensus (21682) XLI §§777f.,350f. 362

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Consensus (21682) Index, Art. Aristoteles [unpaginiert] 47 [Anonyme Beteiligung an Abraham Heidanus:] Consideratien (1676) 31, 71, 183, 188, 300, 335, 38 Consideratien (1676) 17f. 53, 189 Consideratien (1676) 18 189 Consideratien (1676) 75–77 300 Consideratien (1676) 78–82 335 Consideratien (1676) 87–89 189 Consideratien (1676) 87–91 189 Consideratien (1676) 131–133 189 Consideratien (1676) 138 189 Consideratien (1676) 138f. 189 Consideratio De Stylo scripturae (1656) 30, 65, 151, 211, 213, 215, 295, 297, 336, 345–347, 362 Consideratio (1656) §12,12 196, 331 Consideratio (1656) §§37–56,29–44 346 Consideratio (1656) §50,36f. 159 Consideratio (1656) §53,38f. 347 Consideratio (1656) §65,51f. 321, 336 Consideratio (1656) §66,52f. 298 Consideratio (1656) §§66f.,52–55 336 Consideratio (1656) §68,55f. 336 Consideratio (1656) §69,56 321 Consideratio (1656) §69,57 336 Consideratio (1656) §72,59–61 347 Consideratio (1656) §78,64f. 347 Consideratio (1656) §82,68f. 276 Consideratio (1656) §86,73 276, 346 Disputatio Theologica De libero hominis arbitrio (1651) 63 De libero hominis arbitrio (1651) Corollarium II 63, 116, 152, 296, 334 Dissertationes Duae (1653) 30, 64–67, 112, 140, 158, 175, 191, 201, 207, 211f., 215, 218f., 222, 228, 285, 294–300, 315, 332–341, 345, 348f., 354 Dissertationes Duae (1653) Praefatio [iv] 49 Dissertationes duae (1653) Praefatio [v] 61

489 Dissertationes Duae (1653) I 1 §1,1 196 Dissertationes Duae (1653) I 1 §§1f.,1 223 Dissertationes Duae (1653) I 1 §§1f.,1f. 222 Dissertationes Duae (1653) I 1 §§1–4,1– 3 342 Dissertationes Duae (1653) I 1 §2,1f. 252 Dissertationes Duae (1653) I 1 §4,2 342 Dissertationes Duae (1653) I 1 §4,3 340 Dissertationes Duae (1653) I 1 §5,3 301, 340, 342, 349f. Dissertationes Duae (1653) I 1 §§6f.,3f 334 Dissertationes Duae (1653) I 1 §7,3 342 Dissertationes Duae (1653) I 1 §7,4 342 Dissertationes Duae (1653) I 1 §8,4 347 Dissertationes Duae (1653) I 1 §8,4f. 343 Dissertationes Duae (1653) I 1 §8,5 343 Dissertationes Duae (1653) I 1 §9,5 343 Dissertationes Duae (1653) I 1 §10,5 159, 344 Dissertationes Duae (1653) I 2–4 354 Dissertationes Duae (1653) I 2 §1,6f. 315 Dissertationes Duae (1653) I 2 §3,7–9 262 Dissertationes Duae (1653) I 2 §3,8 228 Dissertationes Duae (1653) I 2 §3,8f. 207 Dissertationes Duae (1653) I 2 §4,9 266, 344 Dissertationes Duae (1653) I 2 §7,7 228 Dissertationes Duae (1653) I 4 356

490 Dissertationes Duae (1653) I 4 §5,53f. 315 Dissertationes Duae (1653) I 4 §12,64f. 144, 297 Dissertationes Duae (1653) I 4 §12,64– 66 297 Dissertationes Duae (1653) I 4 §12,65f. 298 Dissertationes Duae (1653) I 5 §7,71 340 Dissertationes Duae (1653) I 5 §§9f.,73– 76 276 Dissertationes Duae (1653) I 5 §11f.,76– 79 252 Dissertationes Duae (1653) I 7 §§3–12,98– 111 340 Dissertationes Duae (1653) I 7 §7,102 212 Dissertationes Duae (1653) I 7 §§8f.,103– 105 224 Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §1,121f. 218 Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §1,122 222 Dissertationes Duae (1653) I 9[8] §§1f.,121–126 222 Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §2,124 222 Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §2,124 218 Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §3f.,127f. 219 Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §34,132 219 Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §34,132f. 219 Dissertationes Duae (1653) I 9 [8] §34,133 220 Exercitationes Theologicae (1682) 73, 224, 261, 268, 271f., 386, 395f., 401 Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector LV–LXXI 49–64 396 Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector LXXII–LXXV 65–68 398

Anhang

Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector LXXIX–LXXXI 72–74 398 Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector CVIII–CXIII 98–103 259 Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector CXLVIII 127f. 260 Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector XLIf. 130f. 260 Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector CLXXXI 164f. 261 Exercitationes Theologicae (1682) Deus mundi rector CCVIf. 187–191 260 Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum I–LI 248–279 268 Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum III 250 271 Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum VII–IX 252f. 271 Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum VIII 252f. 271 Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum IX 253f. 271 Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum XIII 255 271 Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum XXV 262 271 Exercitationes Theologicae (1682) Fides Sanctorum XXVIII–XXXI 263f. 271 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos und Positiones Sive Aphorismi universam Theologiam adumbrantes (1692) 67, 69, 72, 369 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429–434 69 Positiones 31, 69, 196–202, 208f., 212, 224–227, 231, 245, 248f., 261, 263, 268, 274, 280, 331, 337–341, 363, 386, 393, 397, 401 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429 (Dekade I) 143, 198, 387 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429 (Dekade I.1) 92

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Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429 (Dekade I.3) 199 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429 (Dekade I.8) 270 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 430 (Dekade II) 341 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 429f. (Dekade II.1–4) 201, 338 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 430 (Dekade II.3) 201 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 431 (Dekade VI.3) 202 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 431f. (Dekade VI.4) 202 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VI.7) 202, 341 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.2) 203, 248, 338, 352 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.4) 203 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.5) 203 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.8) 203 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 432 (Dekade VII.9) 203 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade VIII.2) 248 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade VIII.2–4) 204 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade VIII.5) 206 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade VIII.7) 205 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade VIII.10) 205 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.2) 206 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.3) 206 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.4) 207 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.5) 207

491 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.6) 208, 249, 262 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 433 (Dekade IX.7) 208, 249, 262 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 437f. (Dekade XIV–XVII) 395 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.1) 230, 393 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.2) 393 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.3) 393 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.4) 393 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.6) 230, 393 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.7) 393 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.8) 393 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 436 (Dekade XIV.9) 393 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 438 (Dekade XVII.3) 397 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 438 (Dekade XVII.5) 397 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 438 (Dekade XVII.10) 397 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 441 (Dekade XXII.5–9) 256 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 441 (Dekade XXIII) 395 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 441 (Dekade XXIII.1) 398 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 441 (Dekade XXIII.2) 398 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 444 (Dekade XXVII.2) 239 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 444 (Dekade XXVII.9) 256 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 444 (Dekade XXVIII.2) 259

492 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 444 (Dekade XXVIII.3) 261 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 444 (Dekade XXVIII.6) 261 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 445 (Dekade XXVIII.10) 261 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 446 (Dekade XXXI) 393 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 446 (Dekade XXXI.2) 394 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 446 (Dekade XXXI.3) 394 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 448 (Dekade XXXIV.3) 394 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 449 (Dekade XXXV.6) 268 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 449 (Dekade XXXV.7) 268 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 449 (Dekade XXXVI.1) 274 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 449 (Dekade XXXVI.2) 274 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 450 (Dekade XXXVII.2) 275 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 450 (Dekade XXXVII.9) 275 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 451 (Dekade XXXVII.10) 275 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 452 (Dekade XL 3) 245 Investigatio Epistolae Ad Hebraeos (1692) 456f. (Dekade XLVI.2–10) 228 Metalleia (1685) 67, 72f., 197, 209, 211, 221f., 274, 280, 295, 331, 349, 368–371, 376 Metalleia (1685) Praefatio [i–ii] 369 Metalleia (1685) Praefatio [ii] 141, 196, 369 Metalleia (1685) Praefatio [ii–iii] 370 Metalleia (1685) Praefatio [iii] 370 Metalleia (1685) Praefatio [iv] 350, 370 Metalleia (1685) Praefatio [iv–vi] 370 Metalleia (1685) Praefatio [v–vi] 371

Anhang

Metalleia (1685) Praefatio [vii] 352, 371f. Metalleia (1685) Praefatio [vii–viii] 372 Metalleia (1685) Praefatio [viii] 372 Metalleia (1685) Praefatio [viii–ix] 365, 372 Metalleia (1685) Praefatio [ix] 372f. Metalleia (1685) Praefatio [x] 373 Metalleia (1685) Praefatio [xi–xii] 374 Metalleia (1685) Praefatio [xii–xvi] 374 Metalleia (1685) Praefatio [xii–xiv] 374 Metalleia (1685) Praefatio [xiv–xvi] 375 Metalleia (1685) Praefatio [xvi] 375 Metalleia (1685) Praefatio [xvi–xvii] 376 Metalleia (1685) Praefatio [xvii–xx] 209 Metalleia (1685) Praefatio [xvii–xxxii] 376 Metalleia (1685), Praefatio [xviii] 49, 140, 209, 222f. Metalleia (1685) Praefatio [xviii–xix] 209 Metalleia (1685) Praefatio [xix] 209 Metalleia (1685) Praefatio [xix–xx] 210 Metalleia (1685) Praefatio [xxxiii] 196, 369 Metalleia (1685) I 9 (zu Röm 1,16) 281 Metalleia (1685) I 9f. (zu Röm 1,16f.) 281 Metalleia (1685) I 10 (zu Röm 1,17) 281 Metalleia (1685) I 10f. (zu Röm 1,18) 281 Metalleia (1685) I 11 (zu Röm 1,19) 282 Metalleia (1685) I 11f. (zu Röm 1,20) 282, 386 Metalleia (1685) I 12f. (zu Röm 1,21f.) 282

Stellenregister

Metalleia (1685) I 13f. (zu Röm 1,23f.) 283 Metalleia (1685) I 38f. (zu Röm 1,16) 281 Metalleia (1685) I 39f. (zu Röm 1,17) 281 Metalleia (1685) I 39–41 (zu Röm 1,17) 271 Metalleia (1685) I 41 (zu Röm 1,17) 270 Metalleia (1685) I 45f. (zu Röm 1,19) 272, 282 Metalleia (1685) I 47. (zu Röm 1,20) 282 Metalleia (1685) I 47f. (zu Röm 1,20) 282 Metalleia (1685) I 48. (zu Röm1,20) 283 Metalleia (1685) I 48f. (zu Röm 1,20) 282 Metalleia (1685) I 48–50. (zu Röm 1,20) 283 Metalleia (1685) I 51f. (zu Röm 1,20) 283 Metalleia (1685) I 52. (zu Röm 1,21) 283 Metalleia (1685) I 52f. (zu Röm 1,21) 283 Metalleia (1685) I 53. (zu Röm 1,21) 284 Theologia pacifica (1671) 31, 69, 146, 168f., 177, 205, 208, 213, 217–222, 225– 227, 234, 236f., 239, 247, 249–251, 258, 260–264, 268, 271f., 274, 276, 279f., 285, 293f., 300, 324, 337, 340, 363–365, 372, 386, 391f., 396, 401, 412 Theologia pacifica (1671) Praefatio [i– iv] 141 Theologia pacifica (1671) Praefatio [ii– iv] 196, 230 Theologia pacifica, (1671) Praefatio [ii– v] 36 Theologia pacifica (1671) Praefatio [iii– iv] 293, 365, 372

493 Theologia pacifica (1671) Praefatio [v] 246 Theologia pacifica (1671), Praefatio [ix– x] 249 Theologia pacifica (1671) Praefatio [x– xi] 61 Theologia pacifica (1671), Praefatio [xiv] 36, 162, 230 Theologia pacifica (1671), Praefatio [xiv– xvi] 49 Theologia pacifica (1671) Praefatio [xvi– xvii] 76 Theologia pacifica (1671) Praefatio [xvii– xviii] 239 Theologia pacifica (1671) Praefatio [xvii– xx] 365 Theologia pacifica (1671) Praefatio [xvii– xxii] 239 Theologia pacifica (1671) Praefatio [xviii] 240 Theologia pacifica (1671) Praefatio [xviii–xix] 240 Theologia pacifica (1671), Praefatio [xix] 36 Theologia pacifica (1671) Praefatio [xix– xx] 241 Theologia pacifica (1671) Praefatio [xx– xxi] 80, 248, 280, 364 Theologia pacifica (1671) Praefatio [xxix] 225f. Theologia pacifica (1671) I Synopse 1 227 Theologia pacifica (1671) I §1,1 204, 222f., 274 Theologia pacifica (1671) I §2,1f. 224 Theologia pacifica (1671) I §3,2 227 Theologia pacifica (1671) I §4,2–4 227 Theologia pacifica (1671) I §5,4 229 Theologia pacifica (1671) I §§5–10,4– 9 229 Theologia pacifica (1671) I §6,4f. 229 Theologia pacifica (1671) I §6,4–6 229 Theologia pacifica (1671) I §6,6 229 Theologia pacifica (1671) I §7,6 230

494 Theologia pacifica (1671) I §§7–10,6– 9 230 Theologia pacifica (1671) I §11,9f. 231 Theologia pacifica (1671) I §12,10f. 76, 232 Theologia pacifica (1671) I §13,11 232, 349, 364 Theologia pacifica (1671) I §14,11f. 233 Theologia pacifica (1671) I §15,12 233 Theologia pacifica (1671) I §15,12f. 233, 253 Theologia pacifica (1671) I §16,13 234f. Theologia pacifica (1671) II Synopse 13 235, 364 Theologia pacifica (1671) II §17,14 300, 340 Theologia pacifica (1671) II §17f.,13f. 236 Theologia pacifica (1671) II §§17f.,14 337, 364 Theologia pacifica (1671) II §§17–21,13– 17 364 Theologia pacifica (1671) II §§19–21,14– 17 236, 364 Theologia pacifica (1671) II §21,16f. 300 Theologia pacifica (1671) II §24,19 236 Theologia pacifica (1671) Synopse von Kapitel 3,20 245 Theologia pacifica (1671) III §25,20 238, 243 Theologia pacifica (1671) III §26,20f. 238, 243 Theologia pacifica (1671) III §§27f.,21f. 244 Theologia pacifica (1671) III §28,21f. 238, 244 Theologia pacifica (1671) III §29,22 244 Theologia pacifica (1671) III §29,22f. 244

Anhang

Theologia pacifica (1671) III §29,23 245, 247 Theologia pacifica (1671) III §30,23 80, 246, 396 Theologia pacifica (1671) III §31,23 250 Theologia pacifica (1671) III §31,23f. 145 Theologia pacifica (1671) III §31,24f. 80 Theologia pacifica (1671) III §§31f.,23– 25 251, 253 Theologia pacifica (1671) III §32,24f. 252 Theologia pacifica (1671) III §33,25 153, 244 Theologia pacifica (1671) III §§33f.,25f. 246 Theologia pacifica (1671) III §34,26 241 Theologia pacifica (1671) III §36,27f. 241 Theologia pacifica (1671) III §36,28 230, 241 Theologia pacifica (1671) IV §37,28f. 252 Theologia pacifica (1671) IV §§37–39,28– 30 253 Theologia pacifica (1671) IV §37,29 253 Theologia pacifica (1671) V 395f. Theologia pacifica (1671) V §§40f.,31f. 238, 254, 396 Theologia pacifica (1671) V §42,32 254f. Theologia pacifica (1671) V §42,32f. 253 Theologia pacifica (1671) V §§43–53,33– 41 254f. Theologia pacifica (1671) V §44,33 255 Theologia pacifica (1671) VI 395f.

226,

495

Stellenregister

Theologia pacifica (1671) VI §§53–59,42– 44 256 Theologia pacifica (1671) VI §§55f.,41f. 256 Theologia pacifica (1671) VI §58,43f. 255 Theologia pacifica (1671) VI §59,44 256 Theologia pacifica (1671) VI 60,45 256 Theologia pacifica (1671) VI §61,45f. 257 Theologia pacifica (1671) VI §§62f.,46f. 257 Theologia pacifica (1671) Synopse von Kapitel 7,47 397 Theologia pacifica (1671) VII §70,51f. 367 Theologia pacifica (1671) IX Synopse 75 365 Theologia pacifica (1671) IX §103,75f. 366 Theologia pacifica (1671) IX §103,76 366 Theologia pacifica (1671) IX §104,76 366 Theologia pacifica (1671) IX §104,76f. 366 Theologia pacifica (1671) X §122,91 390 Theologia pacifica (1671) XI 268 Theologia pacifica (1671) Synopse von Kapitel 11,93f. 396 Theologia pacifica (1671) XI §125,94f. 392 Theologia pacifica (1671) XI §127,96– 98 396 Theologia pacifica (1671) XI §128,97f. 278 Theologia pacifica (1671) XI §130,100f. 278 Theologia pacifica (1671) XI §132,102f. 187 Theologia pacifica (1671) XI §132,103 282

Theologia pacifica (1671) XI §133,104 272, 280 Theologia pacifica (1671) XI §134,104 274 Theologia pacifica (1671) XI §136,105f. 269 Theologia pacifica (1671) XI §137,106f. 268 Theologia pacifica (1671) XI §§137f.,106– 109 269 Theologia pacifica (1671) XI §138,107 269f. Theologia pacifica (1671) XI §138,107f. 280 Theologia pacifica (1671) XI §138,108 269f., 278 Theologia pacifica (1671) XII 394 Theologia pacifica (1671) XII §129,99 239 Theologia pacifica (1671) XIII §§187– 189,158–162 391 Theologia pacifica (1671) XIV §202,173 391 Theologia pacifica (1671) XV Theologia pacifica (1671) XV

392 394

Theologia pacifica (1671) XVI §233,205 391 Theologia pacifica (1671) XVII

395

Theologia pacifica defensa (1689) 69, 72, 283, 285, 391 Theologia pacifica defensa (1689) IV §48,54 205 Theologia pacifica defensa (1689) XI 283 4. Register zentraler frühneuzeitlicher Quellen (in Auswahl und ohne detaillierten Stellennachweise) F. Burman: Synopsis theologiae (1699) 169, 177–182, 226 J. Calvin: Institutio (1559) 133, 158, 388

496 J. Clauberg: Defensio Cartesiana (1652) 155–159, 162, 213f. J. Clauberg: Logica vetus & nova (1658) 160–167, 195, 339 J. Coccejus: Summa Theologiae (1662) 171–174 A. Heidanus: Corpus (1686) 183–188, 279, 392 S. Maresius: Systema (1645ff.) 68f., 119f., 125–130, 185, 229, 233, 263, 367

Anhang

S. Maresius: de abusu (1670) 52, 69, 231, 236 S. Maresius: Indiculus (1671) 69 S. Maresius: de statu afflicto (1672) 295 L. Meyer: Philosophia Sacrae Scripturae Interpres (1666) 68, 128, 135f., 148, 189, 194, 203, 231, 242, 272, 295, 370, 372, 383, 412f.

Gliederungen ausgewählter Schriften Wittichs

6.5

497

Gliederungen ausgewählter Schriften Wittichs

6.5.1 Gliederung der Dissertationes Duae I. Praefatio [unpaginiert] II. Dissertatio prior De S. Scripturae in rebus philosophicis abusu A: Status controversiae, Thesen und Gegner 1. Caput I: Ponitur status controversiae in sequentibus decidendae a. Bestimmung des status controvesiae und der Argumentationsziele (§§1–4) (1) Die Differenzierung von Theologie und Philosophie (§§1f.) (2) Themenangabe und Beschreibung der Gegner (§§3f.) b. Das opinio-Argument (§§5–10) (1) Schriftautorität (§5) (2) Das opinio-Argument als Hauptthese (§6) (3) Die opinio vulgi (§7) (4) Das loqui des Heiligen Geistes (§8) (5) Umgangssprache als Metonymie (§9) (6) Das opinio-Argument im Kontext der Akkommodation (§10) B: Das opinio-Argument: Herleitung und Beleg in acht Argumentationsgängen 2. Caput II: Aliquot argumentis sententiae nostrae veritas ostenditur a. Argumentum 1: Der stylus humanus des Jesaja und die Akkommodation bei Moses nach Calvin (§§1–10) (1) Darlegung (§1) (2) Einwand gegen die Akkommodationstheorie aufgrund der Existenz schwer verständlicher Bibelstellen und Widerlegung (§§2–4) (3) Einwände aus dem Kontext der Pneumatologie und Wunder (§§5–8) (4) Gegen die Beschränkung der Akkommodation auf unverständliche Themen (§§9f.) b. Argumentum 2: Die Tolerierung der Beschneidung (§11) c. Argumentum 3: Die biblische Verwendung der LXX (§12) d. Argumentum 4: Die Akkommodation der Bibel in der anthropomorphen Gottesdarstellung und Gleichnisrede (§§13–15) (1) Darlegung (§13) (2) Auseinandersetzung mit Schoock (§§14f.) e. Argumentum 5: Das argumentum ad hominem in der Bibel (§§16f.) f. Argumentum 6: Umgangssprache als Ausdruck des dialektischen Charakters der Bibel (§18) 3. Caput III: Ostenditur multis locis scripturae, qui circa res Practicas et morales locutiones continent secundum opinionem hominum a veritate recedentem g. Argumentum 7: Von der Wahrheit abweichende Darstellung von Sachverhalten im praktisch-moralischen Bereich (§§1–15) (1) Darlegung des Arguments anhand der Bezeichnung justus (§§1f.) (2) Die Bezeichnung virgo (§3) (3) Die Bezeichnung Hananjas als Prophet nach Jer 28,1 (§4) (4) Die Bezeichnung von Herodes als König nach Mk 6,10 (§5) (5) Die Bezeichnung Deus (§6) (6) Die Bezeichnung Evangelium nach Gal 1,6 (§7) (7) Die Beschreibung Melchisedeks in Hebr 7,3 (§8) (8) Die Kundschafter in Jos 2 (§9) (9) Nekromantie (§§10f.) (10) Das Selbstzeugnis Christi in Joh 5,31 (§12)

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Anhang

(11) Uneigentliche Einschätzung des Schädlichen als lucra in Phil 3,7 (§13) (12) Die Bezeichnung Prophet in Tit 1,12 (§14) (13) Das Gottesverhältnis der Pseudopropheten in 2. Petr 2,1 (§15) 4. Caput IV: Producuntur Testimonia Scripturae de rebus naturalibus, eaque accipienda esse secundum vulgi opinionem, non secundum rei veritatem ostenditur h. Argumentum 8: Umgangssprachliche Darstellung von Naturphänomenen in der Bibel (§§1–12) (1) Darlegung des Arguments am Beispiel der extremitates caeli (§1) (2) Die Rede von den columnae oder fundamenta terrae (§2) (3) Die Rede von den fines oder extremitates terrae (§3) (4) Die Rede vom Aquilo super inane in Hi 26,7 (§4) (5) Die Bewertung von Sonne und Mond in Gen 1,16 (§5) (6) Widerlegung alternativer Deutungen von Gen 1,16 (§§6f.) (7) Der Ausdruck regionem appropinquare in Apg 27,27 (§8) (8) stellae erraticae nach Jud 13 (§9) (9) Das Herz als Metapher (§10) (10) Ergebnisse und Nachweis der Akkommodationslehre bei zentralen Theologen (§§11f.) C: Widerlegung zentraler Einwände 5. Caput V: Objectiones quaedam huic nostrae assertioni oppositae refutantur a. Widerlegung des ersten Einwandes: Aus dem opinio-Argument folgt nicht, dass die Bibel das Falsche lehre (§§1–5) b. Widerlegung des zweiten Einwandes (du Bois): Aus dem opinio-Argument folgt nicht, dass Schriftauslegung willkürlich sei (§§6–8) c. Widerlegung des dritten Einwandes (Schoock): Das opinio-Argument stellt nicht die Wahrheit der Schrift in Frage (§§9f.) d. Widerlegung des vierten Einwandes (Schoock): Aus dem opinio-Argument entsteht kein Widerspruch zur Lehre von einem allmächtigen und tröstenden Gott (§§11f.) e. Widerlegung des fünften Einwandes (Schoock): Die Bibel ist kein universales Lehrbuch (§§13f.) f. Widerlegung des sechsten Einwandes (Schoock): Das opinio-Argument stellt weder Reinheit noch Autorität der Schrift in Frage (§§15–17) g. Widerlegung des siebten Einwandes (Schoock): Die exegetische Methode Wittichs ist nicht häretisch (§§18f.) 6. Caput VI: Aliae quaedam objectiones discutiuntur et refutantur h. Widerlegung des achten Einwandes (Schoock): Die Verwendung der Umgangssprache durch die Bibel bedeutet keine Aufwertung nichtiger Aussagen (§§1f.) i. Widerlegung des neunten Einwandes (Valesius): Gott will durchaus, dass der Mensch naturwissenschaftliche Erkenntnisse erlangt, jedoch nicht aus der Bibel (§§ 3f.) j. Widerlegung des zehnten Einwandes (Revius): Der Schöpfungsbericht wird durch Wittich nicht in Frage gestellt (§§5f.) k. Widerlegung des elften Einwandes (Lentulus): Da das opinio-Argument nicht auf Glaubensinhalte angewendet wird, ebnet es auch nicht den Weg für Atheismus (§§7f.) l. Widerlegung des zwölften Einwandes (Lentulus): Das opinio-Argument ist nicht aufgrund seiner angeblichen Neuheit abzulehnen (§§9f.) D: Ablehnung der Bibel als Erkenntnisquelle der Naturwissenschaften 7. Caput VII: Argumentis aliquot probatur Physicam ex Sacris Literis non esse hauriendam

Gliederungen ausgewählter Schriften Wittichs

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a. Einleitung in die neue Fragestellung: Die Bibel ist keine naturwissenschaftliche Erkenntnisquelle (§1) b. Argumentum 1: Das opinio-Argument gilt für naturphilosophische Aussagen (§2) c. Argumentum 2: Der biblische Skopus (§3–11) (1) Darlegung (§3) (2) Einwand und Widerlegung von Revius (§§4f.) (3) Einwand und Widerlegung von Schoock (§§6f.) (4) Einwand und Widerlegung von Danaeus (§§8f.) (5) Einwand und Widerlegung von du Bois (§§10f.) d. Argumentum 3: Die Gegenüberstellung von Philosophie und Offenbarung durch Paulus (§12) e. Argumentum 4: Den philosophisch gebildeten biblischen Autoren war die Niederschrift ihres Wissens verboten (§§13–16) (1) Darlegung (§13) (2) Einwand und Widerlegung von Danaeus (§§14f.) (3) Zusätzliche Belege (§16) f. Argumentum 5: Verzicht auf die Überlieferung von Salomons weltlicher Weisheit (§17) g. Argumentum 6: Mängel der physica Mosaica von Vallesius und Danaeus (§18) h. Argumentum 7 corollarii loco: Trennung von Philosophie und Theologie (§19) 8. Caput VIII: Objectiones in contrarium adductae solvntur et refutantur a. Widerlegung des grundsätzlichen Einwandes von Lentulus: Exakte Naturphilosophie findet sich nicht in der Bibel (§§1f.) b. Widerlegung des ersten konkreten Einwands (Danaeus): Auch wenn der allwissende Schöpfergott am besten über die Naturzusammenhänge aufklären könnte, tut er es doch nicht in der Bibel (§§3f.) c. Widerlegung des zweiten Einwands (Danaeus): Hebr 11,3 ist keine Legitimation für die Benutzung der Bibel als naturphilosophische Quelle (§§5f.) d. Widerlegung des dritten Einwands (Danaeus): Die Schöpfungsgeschichte wird durch die Leugnung naturphilosophischer Aussagen in der Bibel nicht relativiert (§§7f.) e. Widerlegung des vierten Einwands (Danaeus): Spr 8,22f. ist keine Legitimation für die Benutzung der Bibel als naturphilosophische Quelle (§§9f.) f. Widerlegung des fünften Einwands (Danaeus): Pred 7,22 und SapSal 7,22 sind keine Legitimation für die Benutzung der Bibel als naturphilosophische Quelle (§11) g. Widerlegung des sechsten Einwands (Danaeus): Das Zeugnis der Kirchenväter ist keine Legitimation für die Benutzung der Bibel als naturphilosophische Quelle (§12) h. Widerlegung des siebten Einwands: die Folgerung, dass die Physik für die Theologie nicht von Nutzen sei, wenn sie aus der Bibel ausgeschlossen wird, ist falsch (§§13f.) i. Widerlegung des achten Einwands (Vallesius): Die Philosophie bedarf nicht der Bibel für die Wahrheit, sondern muss lediglich Uneinigkeit mit ihr durch die richtige Methode vermeiden, um zu sicherer Wahrheitserkenntnis zu gelangen (§15) III. Dissertatio Altera Dispositionem & ordinem totius universi & principalium ejus corporum tradit, sententiamque Nobilissimi Cartesii, de vera Quietate et vero motu Terrae defendit 1. Caput I: De mundi sive universi extremis a. Die Fragestellung: Begrenzung und Form des Kosmos (§1)

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b. Unendlichkeit und Formlosigkeit des Kosmos (§§2f.) c. Widerlegung der Einwände gegen die cartesianische Vorstellung eines unendlichen Kosmos (§§4–17) (1) Widerlegung allgemeiner Einwände gegen die Vorstellung einer unendlichen Ausdehnung des Kosmos (§§4f.) (2) Widerlegung der von Revius gegen Descartes vorgebrachten Einwände (§§7– 15) (3) Widerlegung der Einwände von Lentulus (§§16f.) d. Widerlegung der Argumente für einen begrenzten Kosmos (§§18–29) 2. Caput II: De medio sive centro mundi, nec non circumvolutione planetarum a. These: ein Zentrum des Kosmos lässt sich nicht bestimmen, die Sonne ist das Zentrum der Planetenumläufe (§§1f.) b. Widerlegung der Einwände von Vertretern des geozentrischen Weltbildes (§§3– 28) (1) Die Widerlegung von zehn philosophischen Einwänden (§§3–22) (2) Die Widerlegung von Schrifteinwänden (§§23f.) (3) Die Widerlegung von Einwänden des Revius coronidis loco (§§25–28) 3. Caput III: De situ et ordine praecipuorum mundi corporum inter se. Aditus porro fit ad quaestionis de motu Terrae decisionem per enarrationem Autorum, qui hanc sententiam, quam nos tuabimur, asseruerunt a. Die Gegenüberstellung der Weltmodelle von Ptolemäus, Brahe und Kopernikus (§§1–6) b. Historischer Überblick über das heliozentrische Weltbild (§§7–13) (1) Von Pythagoras zu Kopernikus und Descartes (§§7–12) (2) Die Entstehung des geozentrischen Weltbildes über Ptolemäus bis zu Brahe (§13) 4. Caput IV: Termini quaestionum propositarum explicantur; ostenditur quid terrae nomine veniat, quid itidem per motum intelligamus a. Der Terminus terra (§1) b. Darlegung und Verteidigung der Bewegungslehre nach Descartes (§§2–24) (1) Widerlegung der aristotelischen Bewegungslehre (§2) (2) Die Bewegungslehre von Descartes nach Principia II 25 (§3) (3) Argumentative Untermauerung der cartesianischen Bewegungslehre (§§4– 10) (4) Die Bewegungslehre von Descartes nach Principia II 26 (§11) (5) Argumentative Untermauerung und Verteidigung gegen Einwände des Lentulus (§§12–19) (6) Die Bewegungslehre von Descartes nach Principia II 27–30 (§§20–23) (7) Zum Sprachgebrauch des Begriffs motus (§24) 5. caput V: Demonstratur, Terram deferri circa Solem annua delatione, et circa axem suum diurna a. Darlegung und Verteidigung von Descartes’ Beschreibung der Erdbewegung (§§1–4) b. Die Hauptlinien von Descartes’ Physik dargestellt in Propositionen (§§5–8) (1) Propositionen nach Pricipia II (§5) (2) Hypothesen nach Principia III (§§6f.) (3) Propositionen nach Principia III (§8) c. Ergebnis: Ablehnung des Brahe-Modells (§9) d. Widerlegung des Widerstands von du Bois (§10) 6. Caput VI: Objectiones ex Scriptura contra sententiam nostram allatae discutiuntur et solvuntur

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a. Die biblische Aussage über die Sonnenbewegung und ihre Bewertung gemäß der ersten Dissertation (§§1f.) b. Widerlegung des ersten Einwands: Der Verweis auf die Selbstkorrektur der Schrift entbindet nicht vom opinio-Argument in naturwissenschaftlichen Fragen (§§3–5) c. Widerlegung des zweiten Einwands: Jos 10,12f. (§§6–11) d. Widerlegung des dritten Einwands: Jes 38,8 (§§12f.) e. Widerlegung des vierten Einwands: Ps 19,5–7 (§§14–25) f. Widerlegung des fünften Einwands: Ps 93,1 und 104,5 (§§26f.) g. Widerlegung des sechsten Einwands: Ps 104,19 und Mt 5,46 (§§28f.) h. Widerlegung des siebten Einwands: Pred 1,4f. (§§30f.) 7. Caput VII: Objectiones reliquae, quae videntur a sensu et rationi depromi posse, refutantur a. Einleitung: Nach den biblischen Einwänden bleiben noch Einwände der Sinneserfahrungen und der Vernunft (§1) b. Einwände der Sinneserfahrungen (§§2–11) (1) Die Sinne suggerieren eine Sonnenbewegung (§§2f.) (2) Die Erdbewegung ist nicht wahrnehmbar (§§4f.) (3) Beobachtung der Berge belegt Erdbewegung nicht (§§6f.) (4) Beobachtung von Wolken und Vögeln belegt Erdbewegung nicht (§§8f.) (5) Durch die Erdbewegung entsteht kein Fahrtwind (10f.) c. Einwände der Vernunft (§§12–32) (1) Größenverhältnisse der Planeten (§§12–15) (2) Umgangssprachliche Ausdrücke (§§16f.) (3) Erklärung astronomischer Phänomene (§§18f.) (4) Die Erde als Planet (§§20f.) (5) Einwandserie von Lentulus (§§22–24) (6) Bewegungsprinzipien der Erde (§§25f.) (7) Die Bewegungsgeschwindigkeit (§§27f.) (8) Schwerkraft (§§29f.) (9) Flugexperimente (§§31f.) d. Verteidigung von Descartes gegen Lentulus corollarii loco (§§33f.) e. Schlusswort (§35)

6.5.2 Grobgliederung der Consideratio I. Einleitung (§§1–11) II. Apologie I: erste Widerlegung der Essenius-Thesen und Bemerkungen zu weiteren Gegnern (§§12–36) III. Protreptischer Hauptteil I: Genese und Analyse der Umgangssprache in der Heiligen Schrift und Legitimation des opinio-Argumentes (§§37–56) IV. Protreptischer Hauptteil II: Widerlegung eines naturphilosophischen Wahrheitsanspruches der Heiligen Schrift (§§57–70) V. Apologie II: zweite Widerlegung der Essenius-Thesen (§§71–89) – Reduzierung des Streitpunktes auf die Exegese naturphilosophischer Schriftaussagen und Beleg der biblischen auctoritas

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VI. Ergebnis: die naturphilosophische Lösung des naturphilosophischen Problems (§§90–95)

6.5.3 Gliederung des Consensus veritatis und Synopse zu den Dissertationes Duae und der Consideratio I. Praefatio42 II. Teil I: Die Trennung von Naturphilosophie und Schriftoffenbarung (I–VIII) 1. Exposition: Die doppelte menschliche Erkenntnis (I) a. Die klare und deutliche Erkenntnis als Wahrheitskriterium (I §§1–4) b. Offenbarung und Glaube (I §5) c. Vorurteile, notitia communis und notitia philosophica (I §§6–24) Entsprechungen in Wittich: Consideratio (1656) §§39–54 2. Status controversiae: Die Bibel als unzureichende Quelle philosophischer Naturerkenntnis (II) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 1,4 und I 7 sowie Consideratio (1656) §58 3. Sieben Argumente gegen eine naturwissenschaftliche Exegese (III–VII) a. Opinio-Argument und Skopus-Exegese (III) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 7 §§2–11 b. Die Gegenüberstellung von Philosophie und Offenbarung durch Paulus (IV) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 7 §12 c. Verbot der Niederschrift naturwissenschaftlichen Wissens in biblischen Texten (V) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 7 §§13–16 d. Verzicht auf die Überlieferung von Salomons weltlicher Weisheit (VI) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 7 §17 e. Mängel der physica Mosaica und die Trennung von Philosophie und Theologie (VII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 7 §§18f. 4. Widerlegung von Einwänden (VIII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 8 III. Teil II: Darstellung und Verteidigung der cartesianischen Physik (IX–XIX) 1. Die cartesische Kosmologie und ihre Verteidigung (IX–XIII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) II 1 2. Kopernikanisches Weltbild und cartesianische Bewegungslehre (XIV–XVII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) II 1–4 3. Die Darstellung der Erdbewegung anhand von Descartes’ Principia (XVIII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) II 5 42 Der Consensus veritatis ist so arrangiert, dass er im ersten Hauptteil die Dissertationes Duae I 7 und 8 aufarbeitet. Daran schließt sich im zweiten Teil Dissertationes Duae II nahezu vollständig an. Lediglich Dissertationes Duae II 6 wird ausgenommen und bildet den Schluss des Consensus veritatis, dem jedoch Dissertationes Duae I 2–6 vorangehen, die den dritten Hauptteil bilden. Dissertationes Duae I 1 wird nahezu überhaupt nicht berücksichtigt. Die Consideratio wird wenig zitiert, inhaltlich aber berücksichtigt, so z. B. besonders zu Beginn des Consensus veritatis. Vgl. im Einzelnen die Anmerkungen bei Eberhardt, Wittich, 238– 251 für eine detaillierte Gegenüberstellung des Consensus mit Dissertationes Duae und Consideratio.

Gliederungen ausgewählter Schriften Wittichs

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4. Die Widerlegung von Einwänden gegen die cartesianische Kosmologie (XIX) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) II 7 IV. Teil III: Hermeneutik – Autorität und Stil der Heiligen Schrift (XX–XLIII) 1. Status controversiae: Die Autorität der Bibel in der cartesianischen Theologie und das opinio-Argument (XX) 2. Umgangssprachliche Wendungen in der Bibel in vier Argumenten (XXI–XXIV) a. Der stylus humanus des Jesaja (XXI) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §1 b. Umgangssprache als Ausdruck des dialektischen Charakters der Bibel (XXII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §18 c. Umgangssprachliche biblische Wendungen im naturwissenschaftlichen Kontext (XXIII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I §4 d. Die Tolerierung der Beschneidung (XXIV) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §11 3. Die Vereinbarkeit von opinio-Argument und Schriftautorität in sechs Argumenten (XXV–XXX) a. Die Herz-Metapher in der Bibel (XXV) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 4 §10 b. Biblische Beispiele aus dem praktisch-moralischen Bereich (XXVI) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I §3 c. Die Anpassung der Bibel an die begrenzte Erkenntnisfähigkeit des Menschen am Beispiel des Melchisedek in Hebr 7,3 (XXVII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 3 §8 d. Das argumentum ad hominem in der Bibel (XXVIII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §§16f. e. Anthropomorphe Gottesdarstellungen in der Bibel (XXIX) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §§13.15 f. Die biblische Verwendung der LXX (XXX) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §12 4. Konsens zentraler Theologen in der Akkommodationslehre (XXXI) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 4 §12 5. Widerlegung von 27 Einwänden gegen Wittichs Akkommodationslehre (XXXII– XLIII) a. Aus dem opinio-Argument folgt nicht, dass die Bibel das Falsche lehre (Argument 1) (XXXII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 5 §§1f. b. Aus dem opinio-Argument folgt nicht, dass Schriftauslegung willkürlich sei (Argument 2) (XXXIII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 5 §§6f. c. Das opinio-Argument steht nicht im Widerspruch zum Geist der Wahrheit (Joh 13,13; Argument 3) (XXXIV) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 5 §§9f. und Consideratio (1656) §§82,68f. und 86,73. d. Aus dem opinio-Argument entsteht kein Widerspruch zur Pneumatologie (Argument 4f.) (XXXV) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 5 §§11–14 e. Das opinio-Argument stellt nicht die Reinheit der Schrift in Frage (Argument 6) (XXXVI) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 5 §§ 15–17

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f. Die exegetische Methode Wittichs lässt sich nicht mit den Häretikern gegen die menschliche Natur Christi einsetzen (Argument 7) (XXXVII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 5 §§18f. g. Die Einwände aus Dissertationes Duae (1653) I 6 (XXXVIII) h. Schwer verständliche Bibelstellen widersprechen nicht der Akkommodation (Argument 13) (XXXIX) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §§2–4 i. Die Glaubwürdigkeit des Heiligen Geistes (Argument 14) (XL) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §§5f. j. Der Glaube an Wunder (Argument 15) (XLI) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §§7f. k. Gegen die Beschränkung der Akkommodation auf unerklärliche Themen (Argument 16) (XLII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) I 2 §§9f. l. Neue Einwände über die Debatte der Dissertaiones Duae hinaus (Argument 17–27) (XLIII) V. Teil IV: Harmonisierung von cartesianischer Physik und göttlicher Offenbarung (XLIV–L) 1. Die Widerspruchslosigkeit von Bibel und Erdbewegung unter Berücksichtigung von Jos 10 (XLIV) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) II 6 §§6f. und Consideratio (1656) §§71.78 2. Harmonisierung weiterer klassischer Bibelstellen mit der Lehre von der Erdbewegung (XLV–XL) a. Jes 38,8 (XLV) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) II 6 §§12f. b. Ps 19,5–7 (XLVI) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) II 6 §§14f. c. Ps 93,1 und 104,5 (XLVII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) II 6 §§26f. d. Ps 104,19 und Mt 5,45 (XLVIII) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) II 6 §§18f. e. Pred 1,4f. (XLIX) Entsprechungen in Wittich: Dissertationes Duae (1653) II 6 §§30f. f. Gen 1,14 gegen Herbinius und Fazit (L)

6.5.4 Grobgliederung der Theologia pacifica I. Die Verhältnisbestimmung von Theologie und Philosophie (I–II)

Kapitel I: Die Vermischung von Philosophie und Theologie und ihre Folgen, sowie der Nutzen der cartesianischen Philosophie für die Theologie. Kapitel II: Die Vermischung von Theologie und Philosophie und ihre Folgen, sowie der Nutzen der Theologie für die Philosophie.

II. Die Verhältnisbestimmung von Vernunft und Offenbarung (III–IV)

Kapitel III: Erkenntnistheorie und Offenbarung in der Theologie: die Notwendigkeit des clare et distincte und des Zweifels. Kapitel IV: Das Primat der Offenbarung gegenüber der Vernunfterkenntnis.

Gliederungen ausgewählter Schriften Wittichs

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III. Anthropologie: Sündenlehre, Willensfreiheit und Affektenlehre (V–VI)

Kapitel V: Über den Schutz vor Irrtümern unter besonderer Berücksichtigung des Menschen unter dem Zeichen von Sünde und Erlösung und über das Verhältnis von Gnade und Willensfreiheit. Kapitel VI: Theologische Rezeption der cartesianischen Affektenlehre unter besonderer Berücksichtigung des Leib-Seele-Dualismus und der Erbsündenlehre.

IV. Schöpfungslehre (VII–IX)

Kapitel VII: Über den Nutzen der Philosophie für das Verständnis der Schöpfungslehre und die Rolle von Zeit und Sukzession bei der Schöpfung. Die cartesianische Hypothese der Entfaltung der Schöpfung nach Naturgesetzen im Kontext der Schriftauslegung. Kapitel VIII: Größe und Ausdehnung der Welt – die Differenzierung von Unbegrenztheit und Unendlichkeit. Kapitel IX: Über Ziele und Pläne der göttlichen Schöpfung.

V. Die Beschaffenheit von Geist und Seele (X–XIII)

Kapitel X: Der Nutzen des cartesianischen Leib-Geist-Dualismus für die Theologie. Kapitel XI: Die theologische Rezeption des cartesianischen Willensbegriffs im Kontext von Freiheits- und Glaubenslehre. Kapitel XII: Seelenlehre – Lokalisation, Unsterblichkeit und Unkörperlichkeit der Seele und Folgen für die Christologie. Kapitel XIII: Angelologie.

VI. Gotteslehre

Kapitel XIV: Der Nutzen der Philosophie für die Erkenntnis Gottes, seiner Eigenschaften und seiner Verehrung. Kapitel XV: Die Allgegenwart Gottes. Kapitel XVI: Gotteslehre und Christologie im Kontext des Weltverhältnisses Gottes – Einzelfragen zur Gotteslehre und Christologie, zur Freiheit und Rechtfertigungslehre.

VII. Theologische Streitfragen mit Maresius über den Kontext des Cartesianismusstreits hinaus: Kontroversen und exegetische Überlegungen zu Soteriologie, Ekklesiologie, Prädestination und Christologie.

Kapitel XVII: Die Erklärung einiger Schriftstellen und theologischer Problemfragen, insbesondere zu Themenkomplexen der Prädestination und Schöpfung. Kapitel XVIII: Über die Polygamie der Erzväter und die Verhältnisbestimmung von ATund NT. Kapitel XIX: Ekklesiologie – die Herrschaft der Kirche und Ämterlehre. Kapitel XX: Die Erklärung weiterer Schriftstellen, insbesondere zu Christologie, Opfer und Buße, sowie Heils- und Kirchenverständnis. Kapitel XXI: Die Erklärung weiterer Schriftstellen, insbesondere zu den Sakramenten und dem letzten Passahmahl Christi.

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6.5.5 Gliederung der Causa Spiritus Sancti I. II. III. IV.

V.

VI. VII.

Praefatio (ohne Paragraphierung) Vorbemerkungen zum Mysterium der Trinität und der Auseinandersetzung mit Socinus (§§1f.) Die Ambivalenz des Begriffes Spiritus in der Bibel in Bezug auf Gott, Menschen und Engel (§§3–6) Der Erweis des Heiligen Geistes als Gottheit aus der biblischen Geschichte (§§7–26). 1. Einleitung §7 2. Schöpfung §8 3. Vom Sündenfall bis zu Salomon §9 4. Davidszeit und Propheten §§10–13 a. Der Geist als Fels Israels §§10 b. Allgegenwart §11 c. Messiasverweis §12 d. Allmacht §13 5. Evangelien §§14–16 a. Der Geist und die Dämonen sowie die Sünde wider den Geist §14 b. Taufe und Glaube §15 c. Paraklet, Gebet und Wahrheit §16 6. Apostelgeschichte §§17–19 a. Betrug des Geistes: Ananias und Sapphira §17 b. Aussonderung: Barnabas und Saulus §18 c. Der Herr der Kirche §19 7. Briefkorpus §§20–23 a. Der Tempel des Geistes §20 b. Allwissenheit §21 c. Allmacht §22 d. Bezeugung durch den Geist §23 8. Die Schriftbelege der Göttlichkeit des Geistes §24 9. Biblische Argumente gegen die Engelnatur des Geistes §§25f. Die Widerlegung von Sandius (§§27–73) 1. Die Entkräftung der Widerlegung orthodoxer Argumente durch Sandius §§27–29 2. Der Widerlegung von Sandius’ Inanspruchnahme der kirchlichen Tradition §§30– 41 3. Die Widerlegung von 15 Vernunftargumenten des Sandius §§42–72 4. Fazit der Widerlegung von Sandius §73 Die Widerlegung von A. A. (§§74–78) Schlusswort Wittichs (ohne Paragraphierung)

6.5.6 Gliederung der Causa Spiritus Sancti victrix I. II. III.

Praefatio (ohne Paragraphierung) Einleitung: die Vorgeschichte und Zielsetzung der Schrift (§§1–3) Die Apologie der Belege der Causa Spiritus Sancti für die Göttlichkeit des Heiligen Geistes (§§4–102) 1. Die biblische Bedeutung des Begriffs Geist §§4–6 2. Das Vernunftargument gegenüber Tradition und Schriftbeweis bei Sandius §§7f.

Gliederungen ausgewählter Schriften Wittichs

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3. Allgemeine Analyse der Vernunft in ihrem Verhältnis zur Offenbarung §§9–17 a. Die Vernunft im Kontext der Sünde §§9–13 b. Die biblische Offenbarung §§14f. c. Das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung §§16f. 4. Die Widerspruchsfreiheit der Trinitätslehre §§18–25 5. Über das Argumentieren im gemeinsamen Bereich von Vernunft und Offenbarung §§26–33 6. Exegese alttestamentlicher Schriftstellen zum Heiligen Geist §§34–49 a. Schöpfung und Erhaltung §§34–37 b. Inspiration §§38f. c. Der Gottesname §§40–44 d. Allgegenwart und Allgenügsamkeit §§45–47 e. Der Geist als Engel §§48f. 7. Exegese neutestamentlicher Schriftstellen zum Heiligen Geist §§50–86 a. Die Sünde wider den Heiligen Geist §§51–53 b. Die Taufe im Namen des Heiligen Geistes §§54–64 c. Der Geist der Wahrheit §§65–69 d. Opposition gegen den Geist ist Widerstand gegen Gott §§70–74 e. Erwählung durch den Geist §§75–83 f. Der Mensch als Tempel des Heiligen Geistes §§84–86 8. Die Allwissenheit des Heiligen Geistes §§87–94 9. Die Allmacht des Heiligen Geistes §§95–97 10. Die Exegese von 1Joh 5,7 und der Gottesbegriff §§98–102 IV. Die Widerlegung der Argumente der Gegner für die Zuordnung des Geistes zu den Engeln (§§103–108) V. Die Widerlegung biblischer Einwände der Gegner gegen die Göttlichkeit des Geistes (§§109–114) VI. Die Göttlichkeit des Geistes in der Tradition: Argumente auf der Grundlage der Kirchenväter (§§115–121) VII. Widerlegung der Einwände der Gegner aus der theologischen Tradition (Kirchenväter und Reformation) (§§122–128) VIII. Apologie der Antworten Wittichs auf die Einwürfe der Gegner (§§129–181) 1. Die Ausgießung des Geistes §§129f. 2. Die Engel als Wächter §131 3. Trinitarische Formeln, die Engel statt des Geistes nennen (Mk 13,32 u. a.) §§132– 153 4. Der Geist als Fluss (Apk 22,1) §§154–157 5. Der Satan als Geist des Irrtums und der Lüge §§158 6. Der Engel des Herren (Apg 8,26.29.39) ist nicht der Heilige Geist §159 7. Der Geist als göttlicher Gesetzgeber und Schöpfungsteilhaber §§160–168 8. Weissagungen durch den Heiligen Geist (1. Petr 1,21) §§169–174 9. Der Geist als Engel bei Origenes? §§175f. 10. Der Geist als ungeschaffener Bote und Engel §177 11. Fünf abschließende Argumente Wittichs §§178–181 IX. Die Conclusio des Briefes von Sandius (§§182f.) X. Ausstehende Widerlegungen von Sandius’ Socius (§§184–186)

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6.5.7 Grobgliederung des Anti-Spinoza I. Praefatio ad Lectorem [Autor: Herausgeber] [unpaginiert] II. Examen Ethices (1–336)

1. Methodologische Einleitung: De methodo demonstrandi (1–6) [unpaginiert] 2. Kommentierung der Ethik in strenger Orientierung an Spinozas Gliederung (7–336)43

III. Commentarius De Deo, Ejusque Natura & Essentia (337–415)

A Möglichkeiten der natürlichen Gotteserkenntnis (§§1–7) §1 Methodische Vorbemerkungen und das Verhältnis der menschlichen Selbsterkenntnis und Gotteserkenntnis §§2f. Reflexion klassischer Wege natürlicher Gotteserkenntnis (via Negationis, Causalitatis und Eminentiae) und der Möglichkeiten affirmativer Gottesaussagen aufgrund der eingeborenen Gottesidee §§4–7 Der Analogieschluss vom unvollkommenen Mensch auf Gottes Vollkommenheit in intellectus, voluntas und esse unter Einbeziehung der res cogitans und der res extensa B Natura und Essentia Gottes und Gott als Schöpfer (§§8–42) §§8–10 Die von Gott gedachten Ideen als Schöpfungsakt und die Gegenüberstellung göttlicher und begrenzter, menschlicher Erkenntnis §11 Die Einheit von Intellekt, Wille und Sein im göttlichen Handeln §§12f.: Verständnisschwierigkeiten des göttlichen Handelns im Kontext der Zeitlichkeit §§14f. Das esse simpliciter als essentia Dei und die infinitas als Gottes erste Eigenschaft § 16 Gottes Eigenschaft der Notwendigkeit (necessarium) §§17–23 Gottes Eigenschaft der Ewigkeit (aeternitas) in Gegenüberstellung mit der Dauer (duratio) §§24–26 Notwendigkeit und Ewigkeit Gottes in Bezug zum intelligere, velle und esse §§27–30 Die Vollkommenheit des göttlichen Intellekts und Willens und Gottes wahre Ideen §§31f. Gottes aeternus actus voluntatis & intellectus als Schöpfung des Universums in seiner notwendigen und bestmöglichen Gestalt44 §§33f. Gottes Allmacht als Ursprung jedweder Möglichkeit §§35f. Gottes duplex ordo der Schöpfung und ihre Erhaltung §§37f. Gottes Eigenschaft der Freiheit (Libertas) und ihr Verhältnis zur Necessitas45 §§39–42 Die Zergliederung des einen göttlichen Aktes und Folgerungen zu Erkenntnistheorie, menschlicher Urteilsbildung und Gottesverehrung

43 Die fünf Kapitel Spinozas „Über Gott“, „Über die Natur und den Ursprung des Geistes“, „Über den Ursprung und die Natur der Affekte“, „Über die menschliche Knechtschaft oder die Macht der Affekte“ und „Über die Macht des Verstandes oder die menschliche Freiheit“ werden ihren einzelnen Gliederungspunkten nach vollständig behandelt. Auf eine detaillierte Übersicht kann daher mit Blick auf den Untersuchungsschwerpunkt der vorliegenden Arbeit verzichtet werden. 44 § 32 ist fälschlich als §31 ausgewiesen. 45 §37 ist fälschlich als §36 ausgewiesen.

Gliederungen ausgewählter Schriften Wittichs

509

C Gottes Verhältnis zu seiner Schöpfung: theologisch-philosophische Entfaltung (§§43–70) §43–45 Gottes Ziel und seine Mittel in der Schöpfung: Prädestination, Christologie und Heilsgeschichte46 §46 Gottes Wille zum Guten und dessen Entfaltung gegenüber der Schöpfung in Gratia, Misericordia, Favor, Veritas und Justitia §§47–51 Die Sünde in Gottes Schöpfung, ihre Bestrafung und Vergebung §§52–55 Gottes Selbsterkenntnis, Weisheit und Allwissenheit im Kontext der Determination §§56–60 Die Bestimmung der Abhängigkeit der Schöpfung vom göttlichen Willen im Kontext von Ewigkeit und Zeitlichkeit47 §61 Gott und das Übel §62 Kontingenz und Notwendigkeit: Gottes Weltlenkung §§63–66 Das Verhältnis von Schöpfer und Schöpfung und Gottes Ominpraesentia §§67–70 Gottes Unveränderlichkeit (Immutabilitas) mit Blick auf seine Allwissenheit

IV. Briefwechsel (416–424)

1. Einleitende Bemerkung des Herausgebers (416) 2. Epistola I. Viro plurimum Reverendo atque Cleberrimo Christophoro Wittichio. Anonymus [Frederik van Leenhof] (417–419) 3. Epistola II. Christophori Wittichii Responsio ad praecedentem. (420–424)

6.5.8 Gliederung der Positiones I. Prolegomena und biblische Einleitungswissenschaft (I–IX) 1. Der Rahmen der Theologie: Dekade I 2. Schriftverständnis und Grundlagen der Exegese: Dekaden II–VII 3. Theologieverständnis: Dekaden VIII–IX

II. Gotteslehre (IX–XVII)

1. Gottes Wesen: Dekaden IX–XIII 2. Trinitätslehre: Dekade XIV 3. Gottes Wirken, Providenz und Prädestination: Dekaden XIV–XVII 4. Gott als Schöpfer: Dekade XVII

III. Angelologie (XIX–XXI) IV. Anthropologie (XXI–XXII) V. Soteriologie I (XXIII–XXXVIII) 1. Creatio Continua: Dekade XXIII

46 §44 ist fälschlich als 43 ausgewiesen. 47 §58 ist fälschlich als §57 ausgewiesen.

510

Anhang

2. Der Mensch im Paradies und der erste Bund Gottes: Dekaden XXIII–XXVI 3. Die Sünde: Dekaden XXVII–XXVIII 4. Der neue Bund in Christus – Christologie: Dekaden XXIX–XXXIII 5. Gnade, Glaube und Rechtfertigung: Dekaden XXXIV–XXXVIII

VI. Ekklesiologie I: das Wesen der Kirche Christi (XXXVIII–XL) VII. Soteriologie II (XL–XLVII)

1. Die Zeit vor Christi Inkarnation – Gesetz, der Bund des AT und dessen Sakramente: Dekaden XL–XLI 2. Dekalog: Dekaden XLII–XLIII 3. Der Bund des NT – Gesetz und Sakramente: Dekaden XLIII–XLVII

VIII. Ekklesiologie II: das Wirken der Kirche – kontroverstheologische, praktisch-theologische und ethische Thesen (XLVII–LIV) IX. Eschatologie (LIV–LV)

6.6

Zeittafel

1625 1633/4–1641 1642–1645 1642–1644 1643–1648 1644–1646 1646 1646–1648 1648–1650 1649 1650

1651

7. Oktober: Geburt Christoph Wittichs in Brieg Wittich besucht die Lateinschule in Brieg. Utrechter Krise 21. April 1642: Immatrikulation Wittichs an der Hohen Schule Bremen. Studium der Rechtswissenschaften, danach der Theologie und Philosophie Leidener Krise Wittich studiert Theologie und Philosophie in Groningen. Disputatio Physica unter Schoock Wittich studiert Theologie und Philosophie in Leiden. Wittich studiert Theologie und Philosophie in Groningen. Oktober: Johannes Clauberg wird Professor an der Johannea in Herborn. 22. Februar: Tod von René Descartes Theologische Disputation Wittichs unter Widmar Theologische Disputation Wittichs unter Maresius Aufenthalt Wittichs in Brieg Reise Wittichs nach Hessen März: Wittich wird Professor für Mathematik an der Johannea in Herborn (Theologische Privatkollegs). Erste eigenverantwortliche Veröffentlichung Wittichs: Disputatio Theologica De libero hominis arbitrio Cartesianismuskrise von Herborn 7. November: Cartesianismusverbot in Herborn Johannes Clauberg in Duisburg

Zeittafel

1652 1652–1655 1653

1653–1655 1654 1655

1655–1656

1656

1656–1671 1656–1657 1656–1661 1659 1660 1662 1665 1665–1666 1666 1669

1670

1671

511 Aufenthalt Wittichs in Brieg Ab Mai 1652: Wittich wird Professor für Theologie am Gymnasium illustre in Duisburg. 10. April: Ordination Wittichs zum Pfarrer 3. Quartal (?): Veröffentlichung der Dissertationes Duae Hochzeit Wittichs mit Anna Justina le Maire (gest. 1675) in Mülheim Jan de Witt wird Ratspensionär von Holland. Erste Phase des Pamphletenstreits: Akademische Widerstände gegen die Dissertationes Duae 2.–5. Juni: Die Provinzialsynode der reformierten Kirche des Fürstentums Kleve kritisiert Wittichs Akkommodationslehre. 2. Quartal: Übersiedlung Wittichs nach Nijmegen 3. Mai 1665: Gründung der Illustren Schule in Nijmegen 25–26. Mai: Die Provinzialsynode der reformierten Kirche des Fürstentums Kleve akzeptiert Umformulierung des opinio-Arguments. 14. Oktober: Universitätsgründung in Duisburg; Promotion Wittichs 3. Mai 1665: Wittich wird Professor für Theologie und Rektorat an der Illustren Schule in Nijmegen. Zweite Phase des Pamphletenstreits: van Velthuysen und du Bois Resolution der Synode von Südholland Wittich veröffentlicht die Consideratio de Stylo Scripturae. 3. Mai 1656: Gründung der Kwartierlijke Akademie in Nijmegen Wittichs Eröffnungsrede: Gibea Gelrica 3. Mai 1656: Wittich wird Professor für Theologie an der Kwartierlijke Akademie in Nijmegen. Dritte Phase des Pamphletenstreits: Voetius und Heidanus Auseinandersetzung der Synode von Gelderland mit Wittich Wittich veröffentlicht den Consensus veritatis. Universitätsrektorat Wittichs Frans Burman wird Theologieprofessor in Utrecht. Entstehung des Collegie der Scavanten 31. Januar: Tod von Johannes Clauberg Pest in Nijmegen und zeitweilige Schließung der Kwartierlijke Akademie Lodewijk Meyer veröffentlicht anonym seine Philosophia Sacrae Scripturae Interpres. Jugements de plusieurs Professeurs et Docteurs en Théologie, de Nimègue, de Leyde, de Franeker, d’Utrecht, de Groningue et de Deventer, qui prononcent unanimement Orthodoxe Le Livre de Louys de Wolzogue, De l’Interprete de l’Ecriture Spinoza veröffentlicht den Tractatus Theologico-Politicus. Maresius eröffnet mit De abusu philosophiae cartesianae eine Offensive gegen die cartesianische Theologie und Wittich. 1. Quartal: Theologia pacifica Mai: Maresius veröffentlicht seinen Indiculus gegen Wittich. 15. August: Berufung Wittichs zum Theologieprofessor der Universität Leiden

512 1671–1686 1672

1673

1675 1676

1678

1679 ca. 1680 1682

1683 1685 1686

1687 1688 1689 1690 1692 1695

Anhang

Wittich als Theologieprofessor der Universität Leiden ‚Rampjaar‘ – 20. August: Tod Jan de Witts Wittich hat das Dekanat in Leiden inne. Wittich veröffentlicht den Appendix der Theologia pacifica. Maresius hält die anticartesianische Universitätsrede De statu afflicto. 18. Mai: Tod von Samuel Maresius Veröffentlichung einer Neuauflage von Maresius’ Systema mit anticartesianischen Annotationen Cartesianismusstreit an der Universität Leiden zwischen Spanheim und Craanen Zweite Auflage der Theologia pacifica Spinoza veröffentlicht seine Ethik. Anticartesianische Resolution der Universität Leiden Heidanus veröffentlicht die Consideratien in drei Auflagen. Absetzung von Abraham Heidanus Considerationes (Übersetzung der Consideratien) Sandius: Problema paradoxa de Spiritu Sancto; an non per illum Sanctorum Angelorum Genus intelligi possit? Wittich: Causa Spiritus Sancti Schließung der Kwartierlijke Akademie Nijmegen [A. A.] Epistola ad Christ. Gittichium [sic], qua gratiae ei Spiritu Sancto animadversionibus, scripta a Socio Authoris Problematis paradoxi Zweite Auflage des Consensus veritatis Wittich: Exercitationes Wittich:Causa Spiritus Sancti victrix Dritte Auflage der Theologia pacifica Wittich: Metalleia (Römerbriefkommentar) 8. Februar: Emeritierung Wittichs aus gesundheitlichen Gründen Abraham van Poot übersetzt die Exercitationes, die Causa Spiritus Sancti und die Causa Spiritus Sancti victrix. 19. Mai: Tod Christoph Wittichs Abraham van Poot übersetzt die Metalleia. Wittichs Annotationes Ad Renati Des-Cartes Meditationes erscheinen. Wittichs Theologia pacifica defensa erscheint. Wittichs Anti-Spinoza erscheint. Wittichs Investigatio Epistolae Ad Hebraeos erscheint zusammen mit den Positiones. Abraham van Poot übersetzt den Anti-Spinoza.