Vereinbarkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung mit Art. 87d GG [1 ed.] 9783428524112, 9783428124114

Die "Kapitalprivatisierung der Flugsicherung" ist erklärtes politisches Ziel von Bundesregierung, Bundestag un

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Vereinbarkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung mit Art. 87d GG [1 ed.]
 9783428524112, 9783428124114

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DIE VERWALTUNG Zeitschrift für Verwaltungsrecht und Verwaltungswissenschaften

Beiheft 6

Vereinbarkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung mit Art. 87d GG

Von Friedrich Schoch

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

FRIEDRICH SCHOCH

Vereinbarkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung mit Art. 87d GG

DIE VERWALTUNG Zeitschrift für Verwaltungsrecht und Verwaltungswissenschaften

Herausgegeben von Wilfried Berg, Stefan Fisch Johannes Masing, Matthias Ruffert Friedrich Schoch, Helmuth Schulze-Fielitz

Beiheft 6

Vereinbarkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung mit Art. 87d GG

Von Friedrich Schoch

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0946-1892 ISBN 3-428-12411-1 978-3-428-12411- 4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die sog. Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung GmbH ist ein politisches Anliegen, das während der 15. Wahlperiode des Deutschen Bundestages von allen im Parlament vertretenen Fraktionen verfolgt worden ist. Zu einem entsprechenden Gesetz ist es damals nicht gekommen. Gleich zu Beginn der 16. Wahlperiode des Deutschen Bundestages hat die Bundesregierung die Thematik erneut aufgegriffen und mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung (BT-Drs. 16 / 240) die Voraussetzungen für eine Kapitalprivatisierung der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH zu schaffen versucht. Der Bundestag hat am 7. April 2006 – auf der Grundlage einer Empfehlung des zuständigen BT-Ausschusses (BT-Drs. 16 / 1161) – den Gesetzesbeschluss zur Neuregelung der Flugsicherung gefasst (BR-Drs. 274 / 06), der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 19. Mai 2006 keinen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gestellt (BR-Plenarprotokoll 822 S. 155). Das Gesetz trat dennoch nicht in Kraft, da der Bundespräsident am 23. Oktober 2006 entschied, das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung wegen „evidenter Verfassungswidrigkeit“ nicht auszufertigen (BT-Drs. 16 / 3262). Damit vollzog sich ein verfassungsrechtlicher Vorgang, der eine gewisse Parallele in dem (ersten) Versuch zur Organisationsprivatisierung der Flugsicherung 1990 / 1991 findet. Damals hatte der Bundespräsident das von Bundestag und Bundesrat beschlossene Zehnte Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes wegen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz nicht ausgefertigt (BT-Drs. 12 / 67). Daraufhin kam es zur Änderung des Grundgesetzes (BGBl. I 1992 S. 1254), so dass auf der Grundlage des neu gefassten Art. 87d Abs. 1 GG die Änderung des Luftverkehrsgesetzes zwecks Organisationsprivatisierung der Flugsicherung doch noch vorgenommen werden konnte (BGBl. I 1992 S. 1370). Die Entscheidung des Bundespräsidenten vom 23. Oktober 2006 wurde auf der Grundlage des geltenden Art. 87d Abs. 1 GG getroffen. Zuvor hatte der Bundespräsident externen juristischen Rat eingeholt. Die hier der interessierten (Fach-)Öffentlichkeit zur Verfügung gestellte Publikation basiert auf dem Rechtsgutachten, das ich dem Bundespräsidenten im Oktober 2006 erstattet habe. Angesichts zahlreicher Nachfragen nach der Expertise wurde entschieden, das Rechtsgutachten zu veröffentlichen. Der Text dieser Publikation stimmt mit dem Text des Gutachtens überein; die Nachweise sind geringfügig aktualisiert. In der Sache leistet die Untersuchung einen

6

Vorwort

Beitrag zu allgemeinen Fragestellungen der Privatisierung von Staatsaufgaben; ein besonderer Reiz liegt in der Verzahnung zwischen Öffentlichem Recht und Gesellschaftsrecht. Bestehen spezifische verfassungsrechtliche Anforderungen für einen Privatisierungsvorgang, zeigt sich die Abhängigkeit verwaltungsrechtlicher Ingerenzbefugnisse von dem Hinzutreten gesellschaftsrechtlicher Ingerenzmöglichkeiten, um den verfassungsrechtlich geforderten Staatseinfluss auf das Privatisierungssubjekt gewährleisten zu können. Vor diesem Hintergrund kann die Studie auch als Beitrag zur Konturierung des (neu entstehenden) Gewährleistungsverwaltungsrechts verstanden werden. Freiburg i. Br., im November 2006

Friedrich Schoch

Inhaltsverzeichnis I. Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Entscheidungen der gesetzgebenden Körperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Ziele einer Neuregelung der Flugsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

a) Anpassung des nationalen Rechts an das EG-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

b) Beteiligung privater Kapitalgeber an der Flugsicherungsorganisation

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3. Flugsicherung als hoheitliche Aufgabe des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

a) Flugsicherung als sonderpolizeiliche Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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b) Gewährleistungsverantwortung des Bundes bei Teil-Privatisierung der Flugsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

aa) Beteiligung des Bundes an der DFS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

bb) Beleihung der Privatrechtsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

cc) Verwaltungsrechtliche Ingerenzrechte des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Verfassungsrechtliche Problematik und Gutachtenauftrag . . . . . . . . . . . . . . . .

24

II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . .

27

1. Rechtliche Qualifizierung der „Kapitalprivatisierung“ der Flugsicherungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

a) Privatisierungsmodelle und gesetzliche Gestaltungsbefugnisse . . . . . . . .

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b) Funktionale Privatisierung und Teil-Vermögensprivatisierung der DSF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Das verfassungsrechtliche Auslegungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

a) Normenwiderspruch in Art. 87d Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

b) Gebot harmonisierender Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

c) Normativer Gehalt des Art. 87d Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Art. 87d Abs. 1 GG als Grund und Grenze von Privatisierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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a) Verfassungswortlaut: Privatrechtliche Organisationsformen als funktionales Äquivalent zur bundeseigenen Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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8

Inhaltsverzeichnis b) Entstehungsgeschichte: Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG als „Maßnahmegesetz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

aa) Ermöglichung der Organisationsprivatisierung als Regelungsziel

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bb) Beibehaltung einer bundeseigenen Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

cc) Wahrung der entstehungsgeschichtlichen Aussagekraft . . . . . . . . . . .

40

c) Verfassungssystematik: Einpassung der privatrechtlich organisierten Flugsicherung in die Bundesverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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aa) Binnensystematik des Art. 87d Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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bb) Privatisierungsentscheidungen im 8. Abschnitt des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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d) Sinn und Zweck: Sicherung des staatlichen Bestimmungsrechts . . . . . .

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4. Zwischenergebnis: Privatisierungsmöglichkeiten gemäß Art. 87d Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung bei einer Kapitalprivatisierung der Flugsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Verfassungsrechtlich notwendige Ingerenzrechte des Bundes . . . . . . . . . . . . .

47

a) Sicherung demokratisch legitimierter Steuerung und Kontrolle . . . . . . .

48

b) Gewährleistung des jederzeitigen Bundeseinflusses und seiner praktischen Durchsetzbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Ingerenzbefugnisse des Bundes bezüglich der kapitalprivatisierten DFSGmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

a) Funktionaler Zusammenhang zwischen verwaltungsrechtlichen Ingerenzrechten und gesellschaftsrechtlichen Ingerenzmöglichkeiten . . .

50

b) Öffentliches Recht: Sicherungen und Defizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

aa) Effizienzverluste staatlicher Aufsicht im Vergleich mit bundeseigener Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

bb) Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörde von Flugsicherungsorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

cc) Unterbeauftragung eines Dritten durch den Beliehenen . . . . . . . . . . .

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dd) Verlagerung der DFS-Hauptbetriebsstätte in das Ausland . . . . . . . .

55

ee) Rückholoptionen des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

c) Privatrecht: Begrenzung staatlicher Ingerenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

aa) Bedeutung des Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

bb) Notwendigkeit staatlicher Mehrheitsbeteiligung an einer GmbH

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cc) Rechtliche Bedeutung einer Sperrminorität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

dd) Minderung des Bundeseinflusses bei einer mitbestimmten GmbH

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ee) Befristung der Bundesbeteiligung an der DFS-GmbH . . . . . . . . . . . . .

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3. Ergebnis zur verfassungsrechtlichen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

Inhaltsverzeichnis

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IV. Europarechtliche Determinanten für die Organisation der Flugsicherung . .

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V. Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anhang: Dokumente zum Gesetzgebungsverfahren zur Neuregelung der Flugsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung (in der von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Fassung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

II. Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung (BT-Drs. 16 / 240) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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III. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 16 / 240 – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung (BT-Drs. 16 / 1161) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 IV. Schreiben des Bundespräsidenten an den Präsidenten des Deutschen Bundestages zur Nichtausfertigung des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung (BT-Drs. 16 / 3262) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

I. Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung 1. Entscheidungen der gesetzgebenden Körperschaften Am 7. April 2006 hat der Deutsche Bundestag in seiner 33. Sitzung den Gesetzesbeschluss zu dem von der Bundesregierung eingebrachten „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung“1 gefasst2. Der Bundesrat hat in seiner 822. Sitzung am 19. Mai 2006 entschieden, zu dem „Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung (Drucksache 274 / 06)“ einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht zu stellen3. Damit fand das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren seinen Abschluss (Art. 78 GG). Das „Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung“ liegt nun dem Bundespräsidenten – nach erfolgter Gegenzeichnung durch die Bundeskanzlerin, den Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, den Bundesminister des Innern und den Bundesminister der Finanzen – zur Ausfertigung vor. Ausgefertigt werden vom Bundespräsidenten gemäß Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG allerdings nur die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze. Der Bundespräsident hat erhebliche Zweifel, ob diese Voraussetzung bei dem „Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung“ erfüllt ist; er stützt seine (durchgreifenden) Bedenken auf Art. 87d Abs. 1 GG.

2. Ziele einer Neuregelung der Flugsicherung Bei jenem Gesetzeswerk handelt es sich um ein Artikelgesetz. Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung4 enthält das (neue) Flugsicherungsgesetz (FSG); Art. 2 ff. nehmen Änderungen bestehender Gesetze vor. Von herausragender rechtlicher Bedeutung ist insoweit Art. 2 Nr. 19; mit dieser Vorschrift wird § 31b LuftVG aufgehoben und damit der Weg frei gemacht für das wichtigste politische Ziel der Neuregelung der Flugsicherung: die sog. Kapitalprivatisierung5. 1

BT-Drs. 16 / 240 (vom 14. 12. 2005). – Abgedruckt im Anhang sub II. Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht zur 33. Sitzung, Plenarprotokoll 16 / 33, S. 2791 (D); BR-Drs. 274 / 06. 3 Bundesrat, Stenografischer Bericht zur 822. Sitzung, Plenarprotokoll 822, S. 155 (C). 4 Abgedruckt in Anhang sub I. 5 Vgl. dazu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16 / 240, S. 31. 2

12

I. Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung

Darin liegt zugleich das verfassungsrechtliche Risiko: die Vereinbarkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung mit Art. 87d Abs. 1 GG, der an sich von einer Organisation der Luftverkehrsverwaltung (und damit auch der Flugsicherung) in „bundeseigener Verwaltung“ ausgeht (Satz 1) und davon abweichend unter noch zu klärenden Voraussetzungen lediglich eine andere „Organisationsform“ zulässt (Satz 2). Unabhängig hiervon ist das Gesetz juristisch in erster Linie durch das Europarecht veranlasst [a)]; politisch wurde der danach bestehende Anpassungsbedarf zum Anlass genommen, um weiter reichende ökonomische Ziele zu verwirklichen [b)].

a) Anpassung des nationalen Rechts an das EG-Recht Zum rechtlichen Ausgangspunkt betonen die Gesetzesmaterialien6 zutreffend, dass das deutsche Flugsicherungsrecht geänderten europarechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen ist. Der Anpassungsbedarf besteht auf Grund der vier am 20. April 2004 in Kraft getretenen Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft7, die auf die Errichtung eines einheitlichen europäischen Luftraums zielen und durch die Festlegung einheitlicher Standards innerhalb der Europäischen Union eine Harmonisierung der Ordnung und Nutzung des Luftraums anstreben8. Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft beanspruchen allgemeine Geltung, sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (Art. 249 Abs. 2 EGV). Anders als EG-Richtlinien (Art. 249 Abs. 3 EGV) lösen EG-Verordnungen in der Regel keinen Umsetzungsbedarf im nationalen Recht aus. Abweichend von diesem Normalfall enthalten die SES-Verordnungen Regelungsaufträge für die nationale Gesetzgebung, so dass im innerstaatlichen Recht Anpassungsbedarf besteht. 6 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16 / 240, S. 1 und S. 18; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (15. Ausschuss), BT-Drs. 16 / 1161, S. 1 und S. 12 (abgedruckt im Anhang sub III.); Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss), BT-Drs. 16 / 1178, S. 1. 7 Verordnung (EG) Nr. 549 / 2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 zur Festlegung des Rahmens für die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums („Rahmenverordnung“), ABlEU Nr. L 96 / 1 vom 31. März 2004; Verordnung (EG) Nr. 550 / 2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 über die Erbringung von Flugsicherungsdiensten im einheitlichen europäischen Luftraum („Flugsicherungsdienste-Verordnung“), ABlEU Nr. L 96 / 10 vom 31. März 2004; Verordnung (EG) Nr. 551 / 2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 über die Ordnung und Nutzung des Luftraums im einheitlichen europäischen Luftraum („Luftraum-Verordnung“), ABlEU Nr. L 96 / 20 vom 31. März 2004; Verordnung (EG) Nr. 552 / 2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 über die Interoperabilität des europäischen Luftverkehrsmanagementnetzes („Interoperabilitäts-Verordnung“), ABlEU Nr. L 96 / 26 vom 31. März 2004. 8 Anknüpfend an das Ziel der Schaffung eines „Single European Sky“ wird das Verordnungspaket mittlerweile mit dem Kürzel „SES-Verordnungen“ belegt; Scherer, EuZW 2005, S. 268.

2. Ziele einer Neuregelung der Flugsicherung

13

Im vorliegenden Zusammenhang sind allein die Vorgaben des EG-Rechts zur Organisationsstruktur der nationalen Luftverkehrsverwaltung von Interesse. Die insoweit maßgeblichen Direktiven werden von der „Rahmenverordnung“ gesetzt9. Sie gebietet die Trennung von Aufsicht („nationale Aufsichtsbehörden“) und Betrieb („Flugsicherungsorganisationen“)10. Diesem Konzept liegt ersichtlich die – auch aus anderen Rechtsbereichen bekannte – generelle Leitvorstellung des EG-Rechts zu Grunde, zwischen regulativen und operativen Aufgaben zu unterscheiden. In diesem Modell versteht das EG-Recht (bei funktionaler Betrachtung) die Flugsicherung als operative Dienstleistung. Die Vorgaben des Art. 4 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 VO 549 / 2004 / EG werden durch § 2 und § 3 FSG umgesetzt. Die Aufsichtsfunktionen werden dem neu zu bildenden Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) zugewiesen (§ 2 Abs. 1 FSG). Die operativen Aufgaben der Flugsicherung können nach Maßgabe des § 3 FSG einem Beliehenen übertragen werden. b) Beteiligung privater Kapitalgeber an der Flugsicherungsorganisation Das zweite (Haupt-)Ziel des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung besteht in der Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Beteiligung privater Kapitalgeber an der bundeseigenen Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS). Die privatrechtlich organisierte DFS ist aus der früheren Bundesanstalt für Flugsicherung hervorgegangen11. § 31b Abs. 1 Satz 1 LuftVG, der die entsprechende Verordnungsermächtigung enthält, schreibt ausdrücklich vor, dass eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Flugsicherungsunternehmen für die Wahrnehmung von Aufgaben nach § 27c LuftVG eingesetzt werden kann, wobei „deren Anteile ausschließlich vom Bund gehalten werden“. Die „Phase der Organisationsprivatisierung“ soll nun beendet werden, indem „die Voraussetzungen für eine Kapitalprivatisierung der Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) geschaffen werden“12. Die entscheidende Voraussetzung für eine Kapitalprivatisierung der DFS-GmbH besteht in der Aufhebung des § 31b Abs. 1 Satz 1 LuftVG. Denn die gesetzliche Festschreibung einer Eigengesellschaft des Bundes schließt die Beteiligung privater Kapitalgeber an dieser Gesellschaft aus. 9 Art. 4 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 VO 549 / 2004 / EG bestimmt: „Die nationalen Aufsichtsbehörden sind von den Flugsicherungsorganisationen unabhängig. Diese Unabhängigkeit ist durch eine ausreichende Trennung – zumindest auf funktionaler Ebene – zwischen nationalen Aufsichtsbehörden und Flugsicherungsorganisationen sicherzustellen.“ 10 Scherer, EuZW 2005, S. 268 (271); Droege, DÖV 2006, S. 861 (862). 11 Errichtet und mit der Wahrnehmung der Flugsicherungsaufgaben nach § 27c Abs. 2 LuftVG betraut wurde die DFS durch die „Verordnung zur Beauftragung eines Flugsicherungsunternehmens“ vom 11. November 1992, BGBl. I S. 1928. 12 So der 15. BT-Ausschuss, BT-Drs. 16 / 1161, S. 12.

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I. Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung

Folglich bedarf es zur Erreichung des politisch angestrebten Ziels der Aufhebung jener Vorschrift. Dies wird durch Art. 2 Nr. 19 des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung vorgenommen. Die Begründung der Bundesregierung zur Streichung des § 31b LuftVG bezeichnet Art. 2 Nr. 19 als „eigentliche Kernvorschrift des vorliegenden Gesetzentwurfs“13. Damit wäre in der Tat rechtlich der Weg frei, um die bundeseigene DFS-GmbH von einer Eigengesellschaft zu einem gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen fortentwickeln zu können. Die angestrebte Kapitalprivatisierung stellt eine politische Entscheidung dar14. Sie beruht weder auf einer verfassungsrechtlichen Vorgabe (wie bei Post und Telekommunikation nach Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG) oder Option (wie beim Eisenbahnwesen nach Art. 87e Abs. 3 GG) noch auf einer Verpflichtung des EG-Rechts. Die SES-Verordnungen schreiben dem nationalen Recht nur die erwähnte Trennung von Aufsichtsaufgaben und operativen Aufgaben zwingend vor, enthalten sich jedoch wettbewerbsrechtlicher Direktiven an die Mitgliedstaaten bezüglich der Ausgestaltung der Flugsicherung15. Diese Rechtslage wird von der Bundesregierung gesehen und ausdrücklich anerkannt16. Mit der Kapitalprivatisierung sollen die Flexibilität und Marktorientierung erhöht und dadurch die Leistungsfähigkeit und Effizienz der DFS-GmbH für die Zukunft gesichert werden; darin liege auch eine Stärkung des Luftverkehrsstandorts Deutschland17. Ausdrücklich wird in den Gesetzesmaterialien betont, mit der Kapitalprivatisierung werde „privaten Investoren die für die Weiterentwicklung der DFS notwendige unternehmerische Handlungsfreiheit eingeräumt“18. Wie diese Zielsetzung des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung mit Art. 87d Abs. 1 GG in Einklang steht, wird in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung nicht dargelegt. Politisch stellt die Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen zur Kapitalprivatisierung der DFS-GmbH die Umsetzung entsprechender fraktionenübergreifender parlamentarischer Anträge dar19. Geplant war – soweit ersichtlich – von Anfang an eine Beteiligung privater Investoren an der 13

BT-Drs. 16 / 240, S. 31. Die Umsetzung der Kapitalprivatisierung würde gemäß § 15 GmbHG durch die Veräußerung von Geschäftsanteilen des Bundes an der DFS-GmbH erfolgen. 15 Monopolkommission, 16. Hauptgutachten, BT-Drs. 16 / 2460, Tz. 80. – Näher zu der Thematik unten IV. 16 Vgl. BT-Drs. 16 / 240, S. 2: „Die SES-Verordnungen verpflichten nicht zur Eröffnung des Wettbewerbs von Flugsicherungsdiensten, bieten jedoch die Möglichkeit hierzu.“ 17 BT-Drs. 16 / 240, S. 39. 18 BT-Drs. 16 / 240, S. 20. 19 Vgl. nur z. B. aus der 15. Wahlperiode des Deutschen Bundestags die Anträge der Fraktionen SPD, CDU / CSU, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und FDP, BT-Drs. 15 / 2393 und BT-Drs. 15 / 5342. 14

3. Flugsicherung als hoheitliche Aufgabe des Bundes

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DFS-GmbH in Höhe von 74,9 % der Geschäftsanteile; zur Sicherung des Bundeseinflusses müsse ein Geschäftsanteil des Bundes in Höhe von 25,1 % bei der DFS-GmbH aufrechterhalten werden20. Überlegungen einer auch nur befristeten Beibehaltung einer Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der DFS-GmbH trat die Bundesregierung schon zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens entgegen; das „Ziel der Kapitalprivatisierung, eine optimale Position der DFS im geänderten europäischen Flugsicherungsumfeld zu sichern“, dürfe nicht gefährdet werden21. Über den erwarteten Erlös aus der Veräußerung von Geschäftsanteilen der DFS-GmbH machen die Gesetzesmaterialien keine genauen Angaben. Anlässlich der zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung im Deutschen Bundestag haben Parlamentarier immerhin gewisse Größenordnungen genannt22. Genauere Zahlenangaben wurden während der Parlamentsdebatte nicht gemacht. Die 25,1 %-Beteiligung des Bundes an der DFS-GmbH, die zunächst mehrfach lediglich als rechtlich unverbindliche Absichtserklärung genannt worden war, fand schließlich doch noch Eingang in das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung (§ 16 Abs. 3 Satz 1 FSG). 3. Flugsicherung als hoheitliche Aufgabe des Bundes Die angestrebte Teil-Privatisierung der DFS-GmbH findet auf dem Aufgabenfeld der Flugsicherung (§ 27c LuftVG) statt, die Teil der Luftverkehrsverwaltung gemäß Art. 87d Abs. 1 GG ist23. Die Flugsicherung dient – nach altem wie nach dem geplanten neuen Recht – „der sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs“ (§ 27c Abs. 1 LuftVG; § 1 Abs. 1 Satz 1 FSG). Die Klärung der verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Verfasstheit der Flugsicherung im deutschen Recht [a)] sowie die Analyse des im Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung vorgesehenen Konzepts zur Wahrnehmung der Flugsicherung durch ein Privatrechtssubjekt [b)], an dem der Bund nur noch als Minderheitsgesellschafter beteiligt sein soll, machen die verfassungsrechtliche Brisanz des dem Bundespräsidenten zur Ausfertigung vorliegenden Gesetzes deutlich.

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BT-Drs. 16 / 240, S. 19. BT-Drs. 16 / 240, S. 39. 22 Abg. Beckmeyer (SPD), Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht zur 33. Sitzung, Plenarprotokoll 16 / 33, S. 2782 (B): drei- bis vierstelliger Millionenbetrag; Abg. Königshofen (CDU / CSU), ebd., S. 2785 (C): zehnstelliger Eurobetrag. – Tams, NVwZ 2006, S. 1226, vermutet „auch handfeste finanzielle Erwägungen“ für den geplanten Verkauf bundeseigener Anteile an der DFS-GmbH. 23 Henneke / Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 87d Rn. 2a; Hermes, in: Dreier, GG III, Art. 87d Rn. 12; Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87d Rn. 11. 21

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a) Flugsicherung als sonderpolizeiliche Aufgabe In Bezug auf die rechtliche Qualifizierung der Flugsicherung besteht weithin Einigkeit darüber, dass es sich dabei um eine sonderpolizeiliche Aufgabe handelt24. Dies gilt auch aus der verfassungsrechtlichen Perspektive des Art. 87d Abs. 1 GG25 und wurde 1991 vom verfassungsändernden Gesetzgeber ausdrücklich hervorgehoben26. Das Bundesverfassungsgericht betont, zur Verwaltungskompetenz des Bundes für die Luftverkehrsverwaltung nach Art. 87d Abs. 1 GG zähle auch die „sonderpolizeiliche Aufgabe“ der Abwehr von Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs durch die Luftfahrtbehörden27. Die rechtliche Qualifizierung der Flugsicherung als „Sonderpolizei“ ist verschiedentlich kritisiert worden28, doch wird sogleich eingeräumt, dass der Staat die Kompetenz habe, bestimmte Aufgaben in den Rang von Staatsaufgaben zu erheben und dass der Bund dies im Luftverkehrsgesetz getan habe29. Die Bundesregierung spricht in ihrer Stellungnahme vom 1. August 2006 zur Vereinbarkeit des Flugsicherungsgesetzes mit Art. 87d GG von der „Staatsaufgabe Flugsicherung“ und betont, Kern der Luftverkehrsverwaltung nach Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG sei die „sonderpolizeiliche Aufgabe Flugsicherung“30. An dieser Rechtslage soll sich durch das geplante Flugsicherungsgesetz nichts ändern. Konsequenz dieser Aufgabenqualifizierung ist die hoheitliche Wahrnehmung der Flugsicherungsaufgaben31. In seiner Eurocontrol-Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, „Luftverkehrs-Sicherungsdienste sind öffentliche Aufgaben hoheitlicher Natur; sie werden auch im deutschen innerstaatlichen Bereich hoheitlich vollzogen“32. In nahtloser 24 BGHZ 69, 128 (131 f.); Pabst / Schwartmann, DÖV 1998, S. 315 (317); Droege, DÖV 2006, S. 861 (864); Giemulla, in: ders. / Schmid, LuftVG, § 31b Rn. 2; Hofmann / Grabherr, LuftVG, § 27c Rn. 11; Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 111 f.; Wieland, Rechtsgutachten, S. 32, 44. 25 Bull, in: AK-GG, Art. 87d Rn. 4; Henneke / Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 87d Rn. 1. 26 BT-Drs. 12 / 1800, S. 3: „Die Tätigkeit der Flugsicherung wird gemeinhin trotz technischer Besonderheiten ihrer Rechtsnatur nach als sonderpolizeiliche Aufgabe („Luftpolizei“) und damit im Kern als hoheitliche Ausübung öffentlicher Gewalt gegenüber Dritten verstanden.“ 27 BVerfGE 97, 198 (223). 28 Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 74 (jedoch unter Anerkennung der gesetzlichen Festlegung gemäß § 27c LuftVG); Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 293 ff.; ders., DVBl. 2006, S. 332 (334). 29 Baumann, DVBl. 2006, S. 332 (335), der im Übrigen für eine Verfassungsänderung plädiert, um die Erbringung von Flugsicherungsleistungen als „reine Privatangelegenheit“ zu ermöglichen. 30 Stellungnahme der Bundesregierung, S. 1. 31 LG Konstanz, Urt. v. 27. Juli 2006 – 4 O 234 / 05 H – UA S. 48. 32 BVerfGE 58, 1 (31).

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Übereinstimmung hiermit hatte zuvor der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache „LTU“ zur Flugverkehrskontrolle durch Eurocontrol (im Luftraum über den Benelux-Staaten und dem nördlichen Teil der Bundesrepublik Deutschland) festgestellt, Eurocontrol sei „als eine in Ausübung hoheitlicher Befugnisse handelnde Behörde anzusehen“33. Später hat der Gerichtshof in seiner Eurocontrol-Entscheidung zu dieser Europäischen Organisation für Flugsicherung zusammenfassend erklärt34: „In ihrer Gesamtheit hängen die Tätigkeiten von Eurocontrol ihrer Art, ihrem Gegenstand und den für sie geltenden Regeln nach mit der Ausübung von Vorrechten zusammen, die die Kontrolle und die Überwachung des Luftraums betreffen; dies sind typischerweise hoheitliche Vorrechte. Sie weisen keinen wirtschaftlichen Charakter auf, der die Anwendung der Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrags rechtfertigen würde.“

Das Flugsicherungsgesetz steht ganz in der Kontinuität dieser Rechtsprechung35. Die Bundesregierung ordnet die Flugsicherung in ihrer Gesetzesbegründung sogar verfassungsrechtlich dem „Kernbereich staatlicher Aufgaben“ zu36. Diese rechtliche Kategorisierung, der nicht zu widersprechen ist, hat Konsequenzen für die Zulässigkeit der Privatisierung der Flugsicherung [vgl. unten III. 1.] und, falls diese (jedenfalls in bestimmten Formen) zulässig sein sollte, für die Anforderungen an die rechtliche Ausgestaltung der Beziehungen des Bundes zu dem privaten Rechtsträger [vgl. unten III. 2. b)] sowie für die Anforderungen an das Organisationsstatut dieses Rechtsträgers [vgl. unten III. 2. c)].

b) Gewährleistungsverantwortung des Bundes bei Teil-Privatisierung der Flugsicherung Die gesetzliche Beibehaltung der Flugsicherung als hoheitliche Aufgabe des Bundes (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FSG) bei gleichzeitiger Übertragung der Aufgabenwahrnehmung auf ein Privatrechtssubjekt (in Form der GmbH), an dem der Bund nur noch mit 25,1 % beteiligt ist, deutet bereits an, dass ein anspruchsvolles Rechtsregime vonnöten sein wird, um die sich abzeichnenden Zielkonflikte [vgl. unten III. 1. a)]37 in Ausgleich bringen zu können. 33

EuGH, Slg. 1976, 1541 = NJW 1977, S. 489 – Tz. 4 und 5. EuGH, Slg. I 1994, 43 = EuZW 1994, S. 248 – Tz. 30. 35 § 1 Abs. 2 Satz 1 FSG bestimmt: „Flugverkehrsdienste werden . . . als hoheitliche Aufgabe des Bundes durchgeführt.“ – Der (neue) Gesetzesbegriff „Flugverkehrsdienste“ entstammt der „Rahmenverordnung“ (Art. 2 Abs. 11 VO 549 / 2004 / EG) und kennzeichnet den Kern der Flugsicherung, Baumann, DVBl. 2006, S. 332 (334 Fn. 27). 36 BT-Drs. 16 / 240, S. 2 und S. 18; ähnlich der Bundesrat, ebd., S. 36. 37 BT-Drs. 16 / 240, S. 2, ordnet die Flugsicherung dem „Kernbereich staatlicher Aufgaben“ zu und erklärt einen Absatz später, durch die neue Rechtslage werde „die erstmalige Beteiligung privater Kapitalgeber an der DFS sowie Wettbewerb bei der Durchführung von Flugsicherungsdiensten ermöglicht“. Demgegenüber bringt die 34

2 Die Verwaltung, Beiheft 6

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Unter verfassungsrechtlichen Vorzeichen muss darauf hingewiesen werden, dass sich die Wahrnehmung hoheitlich verfasster Staatsaufgaben einerseits und privatwirtschaftliches Handeln unter Wettbewerbsgesichtspunkten nach den Eigenrationalitäten des Marktes andererseits jedenfalls im juristischen Ausgangspunkt deutlich unterscheiden: Die verwaltungsmäßige Aufgabenerfüllung (bis hin zur Ausübung hoheitlicher Zwangsbefugnisse), die im geplanten neuen Flugsicherungsrecht in Bezug auf die Flugsicherungsorganisationen ausdrücklich vorgesehen ist (§ 7 Abs. 1 FSG), unterliegt grundrechtlichen, sonstigen verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Bindungen (Art. 1 Abs. 3 und 20 Abs. 3 GG); privatwirtschaftliches Agieren im Wettbewerb ist grundrechtlicher Freiheitsgebrauch auf Grund individueller, gewillkürter Zwecksetzungen (Art. 2 ff. und 19 Abs. 3 GG)38. Wird eine bestimmte Aufgabe – hier: die Flugsicherung mit den Flugverkehrsdiensten als Kernelement – gesetzlich im Einklang mit der Verfassung als hoheitliche Aufgabe des Bundes festgelegt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FSG), behält der Bund unabhängig von der Ausgestaltung der Aufgabenwahrnehmung rechtlich die Aufgabenverantwortung. Dokumentiert wird damit die staatliche Verantwortung für das Gemeinwesen, wenn und soweit sie (bereichsspezifisch) verfassungsrechtlich verankert ist39. Im Falle der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte hat sich hierfür der Begriff der „staatlichen Gewährleistungsverantwortung“ eingebürgert40. Dieser Terminus bringt das rechtlich einzufordernde Konzept bei der Einbeziehung Privater in die Erfüllung staatlicher Aufgaben anschaulich auf den Begriff. Juristisch entscheidend zur Beurteilung konkreter Fallgestaltungen ist allerdings immer die normative Verankerung jenes Modells; diese ist im vorliegenden Zusammenhang in eindeutiger Weise durch Art. 87d Abs. 1 GG erfolgt: Satz 1 bringt die fortbestehende Verantwortung des Bundes für die Flugsicherung (als dem wesentlichen Element der Luftverkehrsverwaltung, s. o. I. 3. vor a) zum Ausdruck, Satz 2 steht für die Option der durch ein Privatrechtssubjekt vorzunehmenden Aufgabenerfüllung. Das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung repräsentiert einschränkungslos das vorstehend skizzierte Modell (vgl. §§ 2 bis 4 FSG) und aner„Flugsicherungsdienste-Verordnung“ der EG eine klare rechtliche Rangfolge zum Ausdruck: „Die Erbringung von Flugverkehrsdiensten gemäß dieser Verordnung hängt mit der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen zusammen, die keinen wirtschaftlichen Charakter aufweisen, der die Anwendung der Wettbewerbsregeln des Vertrags rechtfertigen würde.“ (VO 550 / 2004 / EG Erwägungsgrund [5]). – Droege, DÖV 2006, S. 861 (863), sieht „noch notwendige Grenzen“, die der Wettbewerbsgedanke im Kernbereich der Flugsicherung finde; die EG erkenne an, „dass Flugsicherung mit der Ausübung von hoheitlichen Zwangsbefugnissen einhergeht, die sich nicht wettbewerblich organisieren lassen“. 38 Wieland, Rechtsgutachten, S. 41 f. 39 Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 (268 f.). 40 Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 (284, 307 ff.); Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 3. Kap. Rn. 114 ff. – jeweils m. w. Nachw.

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kennt – ausweislich der Gesetzesbegründung – ohne Abstriche die fundamentalen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die rechtsfehlerfreie Umsetzung des Konzepts. Die Bundesregierung hat insoweit zutreffend festgestellt41: „Da der Staat auch nach der Beleihung eine Garantenstellung für die Gewährleistung der Erfüllung der Aufgaben hat, ist eine verfassungsrechtliche Vorgabe jeder Beleihung, dass die zu beleihende Flugsicherungsorganisation eine hinreichende Gewähr für die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben bietet.“ Die konkrete rechtliche Umsetzung dieses Gewährleistungskonzepts, das ganz im Dienste des (Haupt-)Ziels der Gesetzgebung („Kapitalprivatisierung“) steht, erfolgt in drei Schritten: (aa) Überführung der bundeseigenen DFS-GmbH in ein gemischt-wirtschaftliches Unternehmen mit einem 25,1 %-Geschäftsanteil des Bundes, (bb) Beleihung dieses (neuen) Unternehmens zur Gewährleistung der effektiven Wahrnehmung der verfassungsrechtlichen Hoheitsbefugnisse des Bundes und (cc) Schaffung sog. Ingerenzrechte zur Sicherung ausreichender Kontroll- und Steuerungsrechte des Bundes gegenüber der (neuen) Flugsicherungsorganisation in Privatrechtsform42.

aa) Beteiligung des Bundes an der DFS Sowohl bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs zum Flugsicherungsgesetz als auch im Rahmen der parlamentarischen Beratungen hat die Beteiligung des Bundes an der DFS-GmbH eine erhebliche Rolle gespielt, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen zum notwendigen Bundeseinfluss auf die Flugsicherung zu genügen. Die Gesetzesbegründung der Bundesregierung betont, zusätzlich zu den verwaltungsrechtlichen Ingerenzrechten werde „der Bundeseinfluss dadurch gesichert, dass ein Geschäftsanteil von 25,1 v. H. bei der DFS aufrechterhalten wird. Die Aufrechterhaltung eines solchen Geschäftsanteils bedeutet für den Bund die Garantie, dass damit eine nach dem Gesellschaftsrecht mögliche Änderung des Gesellschaftszwecks einer privatisierten DFS verhindert werden kann“43.

Nicht dargelegt wird in der Gesetzesbegründung, ob die rechtliche Garantie einer Verhinderung möglicher Änderungen des Gesellschaftszwecks der neuen DFS-GmbH verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen zu den operativen Maßnahmen der Privatrechtsorganisation genügt [dazu unten III. 2. c) cc)]. Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bundestages hat die zitierte Rechtsauffassung der Bundesregierung bestä41 42 43

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BT-Drs. 16 / 240, S. 24. BT-Drs. 16 / 240, S. 18 f. So BT-Drs. 16 / 240, S. 19.

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tigt und zusätzlich folgende Erwägung zu dem – erst vom 15. BT-Ausschuss entwickelten – § 16 Abs. 3 FSG angestellt44: „Um auszuschließen, dass durch bloße Änderung der Absicht der Bundesregierung das gesellschaftsrechtlich begründete Kontrollinstrumentarium für den Bund durch eine vollständige Kapitalprivatisierung vor Ablauf des Übergangszeitraums bei der DFS entfällt, bedarf es daher einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung und Klarstellung, dass die durch § 16 Abs. 3 eingeräumten Exklusivrechte nur einer Gesellschaft gewährt werden, wo der Bund noch mindestens 25,1 % der Geschäftsanteile besitzt.“

§ 16 Abs. 3 FSG wird demnach als Vorschrift zur Sicherung des notwendigen Bundeseinflusses in der DFS-GmbH verstanden. Nicht geprüft wurde, ob nach Ablauf der in § 16 Abs. 3 FSG vorgesehenen Übergangsfrist eine vollständige Kapitalprivatisierung – sei es durch Entscheidung der Bundesregierung oder sei es durch Gesetzesakt – verfassungsrechtlich zulässig ist [dazu unten III. 2. c) ee)]. Nicht dargelegt ist ferner, warum – abweichend vom geltenden § 31b Abs. 1 Satz 1 LuftVG – darauf verzichtet wird, für das Flugsicherungsunternehmen eine bestimmte gesellschaftsrechtliche Rechtsform (z. B. GmbH) gesetzlich vorzuschreiben. Auch bei den weiteren parlamentarischen Beratungen des Flugsicherungsgesetzes ist zur Rechtfertigung seiner Verfassungsmäßigkeit (in Verbindung mit den verwaltungsrechtlichen Ingerenzbefugnissen) wiederholt auf die zu 25,1 % fortbestehende Beteiligung des Bundes an der DFS-GmbH hingewiesen worden. Auffällig ist in diesem Zusammenhang die durchgehende Verwendung des Begriffs „Sperrminorität“45. Den Parlamentariern war also bewusst, dass der Bund an der DFS-GmbH nach Inkrafttreten des Flugsicherungsgesetzes nur noch Minderheitsgesellschafter sein sollte. Gleichwohl herrschte die einhellige Auffassung vor, eine „Sperrminorität“ des Bundes genüge verfassungsrechtlichen Anforderungen zur Sicherung des notwendigen Bundeseinflusses in der DFS-GmbH. 44

BT-Drs. 16 / 1161, S. 26 f. Abg. Manzewski (SPD), Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Rechtsausschuss, Protokoll der 9. Sitzung am 5. April 2006, S. 21: Der hinreichende Einfluss des Bundes auf die von der Privatgesellschaft vorzunehmende Verwaltungstätigkeit werde sowohl durch die Sperrminorität gewährleistet als auch durch die Möglichkeit, in einem Konfliktfall dem Bund die übertragenen Teile erneut zu übertragen; Abg. Kröning (SPD), ebd. S. 24: Insbesondere die Kombination aus Kapitalprivatisierung mit Sperrminorität auf der einen Seite und Beleihung auf der anderen Seite sowie jederzeitiger Rückholbarkeit in beiden rechtlichen Strängen durch das Gesetz spreche für die vorliegende Lösung; Abg. Manzewski (SPD), ebd. S. 26 f., unterstrich abschließend die Auffassung seiner Fraktion, dass durch den Gesetzentwurf ein hinreichender Einfluss des Bundes auf die Verwaltungstätigkeit gewahrt bleibe, insbesondere durch die Sperrminorität und die Einflussmöglichkeiten in Krisensituationen. – Ganz ähnlich lauten einige Debattenbeiträge bei der zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung; vgl. Abg. Beckmeyer (SPD), Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 16 / 33, S. 2782 (C); Abg. Königshofen (CDU / CSU), ebd. S. 2785 (C); Abg. Hermann (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN), ebd. S. 2788 (D). 45

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bb) Beleihung der Privatrechtsorganisation Ein Privatrechtssubjekt kann grundsätzlich nur in den Entscheidungsund Handlungsformen des Zivilrechts agieren. Das gilt auch, wenn der Staat an einer privatrechtlich organisierten juristischen Person (z. B. GmbH) beteiligt ist. Die Ausübung der Flugsicherung stellt indes (nach geltendem und geplantem künftigen Recht) hoheitliches Handeln dar46. Für diese Kategorisierung ist es rechtlich unerheblich, ob die Maßnahmen zur Gewährleistung eines sicheren, geordneten und flüssigen Luftverkehrs (§ 1 Abs. 1 Satz 1 FSG) der Eingriffsverwaltung oder der Leistungsverwaltung zugeordnet werden; entscheidend ist, dass die Flugsicherung einseitig-verbindliche Maßnahmen treffen kann und damit hoheitliche Befugnisse in Anspruch nimmt47. Dies ist in der deutschen Rechtsordnung nur nach Maßgabe des Öffentlichen Rechts möglich und zulässig. Das probate Rechtsinstrument, das das Privatrechtssubjekt zur selbstständigen Erfüllung staatlicher Aufgaben mittels hoheitlicher Maßnahmen befähigt, ist die Beleihung48. Sie bewerkstelligt eine Art sonderrechtliche Rechtsstellung: Der Beliehene ist funktional als Behörde im Sinne des § 1 Abs. 4 VwVfG zu qualifizieren, ohne statusmäßig der Staatsorganisation zugerechnet werden zu können49. Das gilt auch im Rahmen des Art. 87d Abs. 1 GG50. Konsequenterweise macht § 3 FSG von der Möglichkeit der Beleihung Gebrauch51. Die funktionale Behördeneigenschaft beliehener Flugsicherungsorganisationen kommt in § 7 Abs. 1 FSG zum Ausdruck; anzuwenden sind das Verwaltungsverfahrensgesetz, das Verwaltungskostengesetz, das Verwaltungszustellungsgesetz und das Verwaltungsvollstreckungsgesetz, soweit das Flugsicherungsgesetz nicht etwas anderes bestimmt. Auf der anderen Seite führt die Beleihung rechtlich dazu, dass der Beliehene bei der Ausübung seiner Hoheitsbefugnisse den Bindungen des Verfas46 LG Konstanz, Urt. v. 27. Juli 2006 – 4 O 234 / 05 H – UA S. 19; ausführlich Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 74 ff. – Vgl. auch bereits oben I. 3. a). 47 Baumann, ZLW 2001, S. 304 (311); ausführlich ders., Private Luftfahrtverwaltung, S. 26 ff.; ähnlich Tams, NVwZ 2006, S. 1226 (1227). 48 Schulze-Fielitz, in: GVwR I, § 12 Rn. 106; Groß, ebd., § 13 Rn. 89; Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 84 f.; Burgi, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 24. 49 BremStGH, NVwZ 2003, S. 81 (83); Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 51; ausführlich Traumann, Die Organisationsgewalt im Bereich der bundeseigenen Verwaltung, S. 324 ff. – Aus dem Blickwinkel des Art. 86 GG Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 86 Rn. 68; Burgi, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 86 Rn. 55. 50 Hermes, in: Dreier, GG III, Art. 87d Rn. 25. 51 Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16 / 240, S. 2 und S. 23) stellt die Normierung der Beleihung von Flugsicherungsorganisationen „den Kern der gesetzlichen Regelung“ des Flugsicherungsgesetzes dar; bekräftigend der 15. BT-Ausschuss, BT-Drs. 16 / 1161, S. 12.

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sungs- und Verwaltungsrechts unterliegt52. Vor diesem Hintergrund erfüllen die im Flugsicherungsgesetz (vor allem in § 3 Abs. 4 ff., § 6 FSG) getroffenen Regelungen die verfassungsrechtlichen Anforderungen. Zu § 4 FSG, der die Voraussetzungen und die Durchführung der Beleihung regelt, wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich anerkannt, dass die Gewährleistungsverantwortung des Bundes fortbesteht53. Die im Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung geschaffenen Beleihungstatbestände (als solche) können daher nachfolgend außer Betracht bleiben, zumal den Anforderungen des institutionellen Gesetzesvorbehalts durch die Ermächtigungsgrundlage des § 3 Abs. 1 FSG Rechnung getragen ist54.

cc) Verwaltungsrechtliche Ingerenzrechte des Bundes Die Übertragung staatlicher Aufgaben auf ein mit Hoheitsbefugnissen beliehenes Privatrechtssubjekt macht – schon aus Gründen der demokratischen Legitimation des Beliehenen – rechtliche Vorkehrungen zur inhaltlichen Steuerung und Kontrolle des Privatrechtssubjekts durch die Exekutive, die ihrerseits der parlamentarischen Kontrolle unterliegt, erforderlich55. Die Gesetzesbegründung zur Neuregelung der Flugsicherung erkennt dies und sieht darin zutreffend ein verfassungsrechtliches Problem56: „Die wesentliche Regelungsproblematik zur Herstellung der Voraussetzungen einer Kapitalprivatisierung besteht in der Sicherstellung der Verantwortlichkeit des Bundes im Bereich der Flugsicherung. Da die Flugsicherung der Sicherheitsgewährleistung im Luftraum dient und verfassungsrechtlich mithin dem Kernbereich staatlicher Aufgaben zuzuordnen ist (Artikel 87a und 87d des Grundgesetzes), gilt es Sorge dafür zu tragen, dass sie auch weiterhin in Übereinstimmung mit den öffentlichen Interessen durchgeführt wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Flugsicherung zugleich auch ein unverzichtbares Element für die Einsatzbereitschaft und Funktionsfähigkeit der Bundeswehr darstellt . . . Aus dem verfassungsrechtlichen Strukturvorbehalt als Strukturvorgabe staatlichen Handelns in diesem Bereich folgt, dass dem Bund gegenüber den Flugsicherungsorganisationen ausreichende Kontroll- und Steuerungsrechte (sog. Ingerenzrechte) 52 Groß, in: GVwR I, § 13 Rn. 90. – Dogmatisch nicht ganz korrekt BT-Drs. 16 / 240, S. 19: „Beleihung bedeutet die Eingliederung privatrechtlicher natürlicher oder juristischer Personen in den Organisationsbereich eines zuständigen Verwaltungsträgers.“ Hier unterbleibt die wichtige Unterscheidung zwischen „Organisation“ und „Funktion“ bei der rechtlichen Charakterisierung des Beliehenen; vgl. BremStGH, NVwZ 2003, S. 81 (83): Als Verwaltungsbehörde im funktionalen Sinne ist der Beliehene der Verwaltung „nicht eingegliedert“, „jedoch angegliedert“. 53 BT-Drs. 16 / 240, S. 24, stellt fest, dass der Staat „auch nach der Beleihung eine Garantenstellung für die Gewährleistung der Erfüllung der Aufgaben hat“, denn dies „ist eine verfassungsrechtliche Vorgabe jeder Beleihung“. 54 BremStGH, NVwZ 2003, S. 81 (82), betont, dass der institutionelle Gesetzesvorbehalt nicht einen Gesetzesbeschluss für den einzelnen Beleihungsakt gebietet, sondern eine Beleihungsermächtigung an die Exekutive genügen lässt. 55 BremStGH, NVwZ 2003, S. 81 (83); Bull, in: FS Maurer, S. 545 (561). 56 BT-Drs. 16 / 240, S. 18.

3. Flugsicherung als hoheitliche Aufgabe des Bundes

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verbleiben müssen, sofern die Flugsicherungsorganisationen Tätigkeiten im hoheitlichen Kernbereich ausüben.“

Grundvoraussetzung für die Sicherstellung hinreichender Ingerenzrechte des Staates gegenüber dem beliehenen Privatrechtssubjekt ist die Unterwerfung des Beliehenen unter die staatliche Rechts- und Fachaufsicht57. Das ist durch § 3 Abs. 4 Satz 1 FSG ausdrücklich erfolgt. Danach unterliegt eine beliehene Flugsicherungsorganisation bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach § 3 Abs. 1 und 2 FSG der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung. Dies stellt eine notwendige, jedoch noch keine hinreichende Sicherung der Ingerenzrechte des Bundes dar. Bei der Ergänzung des vormaligen Art. 87d Abs. 1 GG um den neuen Satz 2 hat der verfassungsändernde Gesetzgeber zutreffend betont58: „Aufsicht ist qualitativ etwas anderes als eigene Verwaltung.“ Entscheidend kommt es zur Sicherstellung des verfassungsrechtlich gebotenen Einflusses des Bundes auf die DFS [dazu unten III. 1.] auf die Ausgestaltung der exekutiven Kontroll- und Weisungsbefugnisse gegenüber dem beliehenen Privatrechtssubjekt an. Dazu verweist die Bundesregierung insbesondere auf umfassende Auskunftspflichten der beliehenen Privatrechtsorganisation sowie Anweisungsrechte, die Möglichkeit der Ersatzvornahme durch das Bundesamt für Flugsicherung und das „Zwangsmittel“ Warnungsgeld (§ 3 Abs. 4 FSG), das Recht zur Betretung der Anlagen- und Betriebsräume der beliehenen Flugsicherungsorganisation sowie zur Ingewahrsamnahme von Gegenständen und geschäftlichen Unterlagen (§ 3 Abs. 5 FSG), das Recht, die Abberufung der Geschäftsführer der Flugsicherungsorganisation zu verlangen (§ 5 Abs. 2 FSG), den entschädigungslosen Widerruf der Beleihung (§ 10 FSG) und die Option einer (Rück-)Übertragung von Geschäftsanteilen der beliehenen Flugsicherungsorganisation auf den Bund (§ 11 FSG)59. Eine rechtliche Prüfung dahingehend, ob und inwieweit diese Ingerenzrechte gegenüber dem beliehenen Privatrechtssubjekt, die sich verfassungsrechtlich als Ingerenzpflichten darstellen, mit den Ingerenzmöglichkeiten nach Gesellschaftsrecht (hier: dem GmbH-Gesetz und dem Mitbestimmungsgesetz) kompatibel sind60 und damit auch effektiv durchgesetzt werden können61, wurde weder seitens der Bundesregierung 57 BremStGH, NVwZ 2003, S. 81 (84); Pabst / Schwartmann, DÖV 1998, S. 315 (317); Burgi, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 29. – Groß, in: GVwR I, § 13 Rn. 90, weist auf den Sachkonflikt hin, dass die Fachaufsicht „schwerlich mit dem Ziel vereinbar ist, die Eigeninitiative des Privaten zu nutzen“. Das mag sein, dispensiert aber nicht von verfassungsrechtlichen Vorgaben. 58 BT-Drs. 12 / 1800, S. 3, mit ergänzendem Hinweis darauf, die notwendigen Weisungs- und Durchgriffsrechte des Staates seien „jedoch zwangsläufig eingeschränkt, wenn eine Organisationsform des Privatrechts gewählt wird“. 59 BT-Drs. 16 / 240, S. 19, 23 f., 39. 60 Zu diesem Zusammenhang Bull, in: FS Maurer, S. 545 (561). 61 Vgl. BremStGH, NVwZ 2003, S. 81 (84): „Aufsichts- und Weisungsrechte . . . gegenüber den Beliehenen können nur effektiv sein, wenn ihnen nicht Hindernisse aus

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I. Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung

noch von Bundestag oder Bundesrat vorgenommen. An Stelle einer qualitativ-inhaltlichen Rechtsprüfung erfolgte bei den abschließenden Beratungen des FSG-Entwurfs eine eher quantitative Auflistung staatlicher Eingriffsbefugnisse gegenüber der beliehenen Flugsicherungsorganisation62. Es wird zu prüfen sein, ob eine solche Auffassung verfassungsrechtlich haltbar ist [unten III. 2. c)].

4. Verfassungsrechtliche Problematik und Gutachtenauftrag Im Rahmen der vorstehenden Analyse zu den wesentlichen rechtlichen Sicherungsmechanismen des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung bezüglich der Gewährleistungsverantwortung des Bundes für die Flugsicherung – Minderheitsbeteiligung an der DFS-GmbH mit einem Geschäftsanteil von 25,1 %, Normierung verwaltungsrechtlicher Ingerenzrechte für den Bund gegenüber der beliehenen Flugsicherungsorganisation – sind am Ende des jeweiligen Abschnitts entscheidende verfassungsrechtliche Fragen bereits formuliert worden. Die Kernfrage lautet: Welche Anforderungen sind an das Bundesgesetz, das eine privatrechtliche Organisationsform der Flugsicherung vorsieht (Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG), zu stellen, wenn die Luftverkehrsverwaltung – zu deren Kernbestandteil die Flugsicherung zählt – in „bundeseigener Verwaltung“ zu führen ist? Ist der verfassungsrechtliche Maßstab ermittelt, bedarf das dem Bundespräsidenten zur Ausfertigung vorliegende Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung in den hier relevanten Teilen der Detailüberprüfung anhand der verfassungsrechtlichen Anforderungen; dabei sind auch gesellschaftsrechtliche Determinanten zu den Ingerenzmöglichkeiten eines Minderheitsgesellschafters zu untersuchen. Es genügt keinesfalls, wie dies im Gesetzgebungsverfahren (und auch noch danach seitens der Bundesregierung) verschiedentlich erfolgt ist, abstrakte Aussagen vor allem aus der Kommentarliteratur zu zitieren, auf Meinungsdivergenzen im juristischen Schrifttum hinzuweisen und anschließend zu erklären, die im Flugsicherungsgesetz enthaltenen Strukturelemente zur Sicherstellung der Gewährleistungsverantwortung des Bundes stellten eine verfassungsrechtlich vertretbare Lösung dar. Es wird zu zeigen sein, dass das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung nicht der Kategorie „verfassungsrechtlich (noch) vertretbar“ zugeordnet werden kann, sondern bezüglich seiner Verfassungsmäßigkeit bzw. Verfassungswidrigkeit einem eindeutigen Ergebnis zugeführt werden muss. der Rechtssphäre der in der Regel in den Formen des Gesellschaftsrechts verfassten beliehenen Unternehmen entgegenstehen.“ 62 Vgl. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Rechtsausschuss, Protokoll Nr. 9 S. 28; Stellungnahme der Bundesregierung, S. 7: „Diese Ingerenzen erlauben in ihrer Kumulation einen wirksamen Eingriff in das Verwaltungsverhalten der beliehenen Flugsicherungsorganisation.“

4. Verfassungsrechtliche Problematik und Gutachtenauftrag

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Die nachfolgenden Ausführungen sind einer strikt verfassungsrechtlichen Prüfung verpflichtet. Verfassungspolitische oder gar allgemeinpolitische Gesichtspunkte finden keinen Eingang in den Prüfungsmaßstab. Selbstverständlich wird gesehen, dass die Kapitalprivatisierung der DFSGmbH politisch beinahe unbedingt gewollt ist [vgl. oben I. 2. b)]. Daraus mag sich erklären, dass in einer ministeriellen verfassungsrechtlichen Erläuterung zur Vereinbarkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung mit Art. 87d Abs. 1 GG abschließend gesagt wird, die DFS „muss“ mit Hilfe privater Investoren darauf vorbereitet werden, sich als Unternehmen erfolgreich um die Übertragung der Zuständigkeit für die Flugsicherung auch im europäischen Ausland bewerben und behaupten zu können63. Die politische Zielsetzung zur Kapitalprivatisierung der DFS-GmbH könnte auch der Grund dafür sein, dass die Darlegungen des Bundeskanzleramtes zu den Bedenken bezüglich der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzeswerks dort enden, wo die eigentlichen verfassungsrechtlichen Probleme erst beginnen64. Bemerkenswert für den Stellenwert des Verfassungsrechts im (bisherigen) Gesetzgebungsverfahren ist auch die Haltung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gegenüber den massiven verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesrechnungshofes zur Entwurfsfassung des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung. Der Präsident des Bundesrechnungshofes hatte in seiner Funktion als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung (BWV) in einer detaillierten Stellungnahme dargelegt, dass die im Gesetzentwurf für den Bund vorgesehenen Durchgriffs- und Einwirkungsrechte gegenüber dem beliehenen Privatrechtssubjekt nicht ausreichten, um den von Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG geforderten Bundeswillen durchzusetzen65; das Verkehrsministerium hat darauf nach dem Bericht des 15. BT-Ausschusses mit der Äußerung reagiert, die Auffassung des BWV sei „nicht nachvollziehbar“66. Die Gefahr einer Verquickung rechtlicher und politischer Argumente wird an der Haltung des Bundesministeriums der Justiz in der Sitzung des Rechtsausschusses am 5. April 2006 besonders deutlich. Das Ausschussprotokoll zitiert das BMJ dahingehend, nicht vergessen habe man – neben der verfassungsrechtlichen Prüfung des Gesetzentwurfs – „die politische Zielsetzung der Bundesregierung, die Privatisierung durchzuführen. Dieses Ziel habe die verfassungsrechtliche Bewertung nicht determiniert, aber möglicherweise werde es für die Entscheidung des Rechtsausschusses eine Rolle spielen“67. Nach Art. 20 Abs. 3 GG sind Verfassungsrecht und politi63 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung, S. 5. 64 Vgl. Stellungnahme der Bundesregierung, S. 7. 65 Stellungnahme des BWV vom 26. Juli 2005, S. 2 ff. 66 Vgl. BT-Drs. 16 / 1161, S. 14. 67 Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Rechtsausschuss, Protokoll Nr. 9 S. 25.

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I. Kapitalprivatisierung der Deutschen Flugsicherung

sche Zielsetzungen keine kommensurablen Größen, die sich wie „kommunizierende Röhren“ zueinander verhalten. Politische Gestaltung, sei sie in ihrer Zielsetzung in der Sache noch so überzeugend, ist nach dem Grundgesetz nur innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens erlaubt. Darauf hat der (frühere) Bundespräsident mit großer Deutlichkeit hingewiesen, als er die Ablehnung der Ausfertigung des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes68 begründete69: „Sachliche Notwendigkeit und fachlich-technische Abläufe haben ihr großes Gewicht; aber zum Maßstab oder gar zum ausschlaggebenden Gesichtspunkt für die verfassungsrechtliche Beurteilung dürfen sie nicht werden. Vielmehr ist umgekehrt die geltende Verfassung der Maßstab für die Rechtmäßigkeit einer vorgesehenen Regelung. Jedes Verfassungsorgan ist strikt an die Verfassung gebunden. Sie kann ihre Aufgabe nur erfüllen, wenn sie auch dort der Maßstab bleibt, wo dies aus guten sachlichen Gründen unbequem ist.“

Für die folgende verfassungsrechtliche Prüfung gilt, dass die Vorgaben des Art. 87d Abs. 1 GG strikte Beachtung verlangen. Auch wenn es für die geplante Kapitalprivatisierung der DFS-GmbH gute sachliche Gründe geben mag, was hier nicht zu beurteilen ist, könnten diese verfassungsrechtlich keine Berücksichtigung finden, falls das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung den Anforderungen des Art. 87d Abs. 1 GG nicht entspricht.

68

Vgl. BT-Drs. 11 / 6745, 11 / 6779, 11 / 7339. BT-Drs. 12 / 67, S. 2, mit dem abschließenden Hinweis des Bundespräsidenten: „Auch nach meiner Überzeugung gibt es gewichtige Gründe für eine Privatisierung der Flugsicherung. Sie kann aber ohne eine Änderung des Grundgesetzes in verfassungsrechtlich zulässiger Weise nicht erreicht werden.“ 69

II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG Die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der im Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung vorgesehenen Kapitalprivatisierung setzt auf der Ebene des Prüfungsmaßstabs die Ermittlung des normativen Gehalts von Art. 87d Abs. 1 GG voraus. Dies gelingt, wenn zunächst der Verfassungswortlaut ernst genommen und der – aussagekräftigen – Entstehungsgeschichte des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG der ihr gebührende Stellenwert eingeräumt wird. Sodann ist der verfassungssystematischen Interpretation entscheidende Bedeutung beizumessen; sie entfaltet das Sinnpotenzial der Verfassungsvorschrift und macht klar, dass das zu ermittelnde Ergebnis ein eindeutiges (und nicht nur ein „vertretbares“) sein wird. Die strikt verfassungsdogmatische Untersuchung wird überdies zeigen, dass die von der Bundesregierung zitierten Auffassungen zur Deutung des Art. 87d Abs. 1 GG70 in Bezug auf das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung zu identischen Ergebnissen kommen müssen, so dass auf der abstrakten Ebene der Verfassungsauslegung gar nicht entschieden werden muss, welche der Rechtsauffassungen (im Fall von Divergenzen) vorzugswürdig ist; auch bei einem weiten Verständnis des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG kommt es auf der Ebene der Subsumtion „zum Schwur“.

1. Rechtliche Qualifizierung der „Kapitalprivatisierung“ der Flugsicherungsorganisation Die Anwendung des Verfassungsrechts setzt Klarheit über den Gegenstand der Prüfung voraus. Durchgesetzt hat sich im vorliegenden Zusammenhang der Begriff der „Kapitalprivatisierung“. Im Rechtssinne ist dieser Terminus wenig brauchbar, da konturenarm. Er macht eigentlich nur deutlich, dass privates Kapital in eine vom Staat gehaltene oder beherrschte oder mitgetragene, privatrechtlich verfasste Organisation fließen soll; der Aufgabenbezug, um den es vorliegend geht, wird durch den Begriff „Kapitalprivatisierung“ nicht klar71.

70 71

Stellungnahme der Bundesregierung, S. 2 ff. Baumann, DVBl. 2006, S. 332 (335).

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II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG

a) Privatisierungsmodelle und gesetzliche Gestaltungsbefugnisse Zur Privatisierung von Staatsaufgaben haben sich mittlerweile mehrere Varianten herausgebildet, die sich idealtypisch in eine rechtlich handhabbare Kategorisierung bringen lassen: Bei der Organisationsprivatisierung (formelle Privatisierung) bleibt die Aufgabe als solche eine staatliche, lediglich zur Aufgabenwahrnehmung bedient sich der Staat durch Schaffung einer Eigengesellschaft (in der Regel GmbH oder AG) einer privatrechtlichen Organisationsform; demgegenüber stellt die materielle Privatisierung (Aufgabenprivatisierung) eine echte Aufgabenverlagerung in den privaten Sektor dar, indem sich der Staat der Aufgabe völlig entledigt; bei der Vermögensprivatisierung (Eigentumsprivatisierung) wird staatliches Eigentum (z. B. an öffentlichen Unternehmen) auf Private übertragen; im Falle der funktionalen Privatisierung (z. T. auch „Verfahrensprivatisierung“ genannt) verbleibt die Aufgabe als solche (wie bei der Organisationsprivatisierung) im staatlichen Sektor und damit in staatlicher Verantwortung, allerdings bedient sich der Staat für die Aufgabenerledigung eines echten Privatrechtssubjekts72. Diese vier Typen zu Erscheinungsformen der Privatisierung von Staatsaufgaben stellen idealtypische Grundmodelle dar. Sie beanspruchen jedoch weder rechtlich noch faktisch Exklusivität. Deshalb sind bloße Teilprivatisierungen, Mischformen, Kombinationen der Modelle und weitere Ausdifferenzierungen rechtlich grundsätzlich zulässig und in der Praxis vielfach geläufig73. So wird die funktionale Privatisierung häufig dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem in die Aufgabenwahrnehmung eingeschalteten Privatrechtssubjekt im Rechtssinne um einen Verwaltungshelfer handelt74. Zwingend ist das keineswegs; ist die Übertragung staatlicher Aufgaben zur selbstständigen Wahrnehmung durch Private mit der Ermächtigung zur Ausübung von Hoheitsbefugnissen verbunden, erfolgt die Einschaltung des Privaten in die funktionale Privatisierung im konkreten Fall mittels Beleihung75. In Bezug auf das Privatisierungspotenzial und die Ausgestaltung eines konkreten Privatisierungsmodells ist der Bundesgesetzgeber demnach – vorbehaltlich des Eingreifens spezifischer verfassungsrechtlicher Schranken – grundsätzlich frei, die bundeseigene DFSGmbH von einer staatlichen Eigengesellschaft in eine andere privatrechtliche Gestalt zu transformieren. 72 Schoch, DVBl. 1994, S. 962 f.; Di Fabio, JZ 1999, S. 585 ff.; Baumann, ZLW 2001, S. 304 (305 ff.); Schulze-Fielitz, in: GVwR I, § 12 Rn. 108 ff.; Schuppert, in: GVwR I, § 16 Rn. 82 ff. 73 Schoch, DVBl. 1994, S. 962 (963); Bauer, VVDStRL 54 (1995), S. 243 (252). 74 Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 145 ff.; ders., in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 31 f. 75 BVerwG, DVBl. 2006, S. 840 (841) = DÖV 2006, S. 651 = NVwZ 2006, S. 829 (830); Baumann, ZLW 2001, S. 304 (307); Weisel, Das Verhältnis von Privatisierung und Beleihung, S. 49.

1. Rechtliche Qualifizierung

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b) Funktionale Privatisierung und Teil-Vermögensprivatisierung der DSF Die rechtliche Einordnung der geplanten „Kapitalprivatisierung“ der DFS-GmbH lässt sich vor dem skizzierten Hintergrund unzweideutig vornehmen: Um eine formelle Privatisierung kann es sich schon deshalb nicht handeln, weil die bestehende DFS-GmbH mit dem Bund als Alleingesellschafter das Produkt einer bereits erfolgten Organisationsprivatisierung ist (§ 31b Abs. 1 Satz 1 LuftVG i. V. m. § 1 FS-AuftragsV)76. Eine materielle Privatisierung der Flugsicherungsorganisation kommt nicht in Betracht, weil Flugverkehrsdienste auch weiterhin als hoheitliche Aufgabe des Bundes durchgeführt werden (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FSG); die echte Aufgabenprivatisierung war und ist mit dem Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung auch nicht intendiert77. Im Schrifttum wird die Kapitalbeteiligung Dritter an der bislang im alleinigen Eigentum des Bundes stehenden DFS-GmbH als funktionale Privatisierung qualifiziert78. Das ist insoweit zutreffend, als einerseits die Staatsaufgabenqualität der Luftverkehrsverwaltung in Bezug auf die Flugsicherung (Flugverkehrsdienste) unangetastet bleibt und andererseits ein echtes Privatrechtssubjekt, an dem der Bund nur noch zu 25,1 % beteiligt sein will, mit der Aufgabenwahrnehmung betraut werden soll. Ergänzend muss allerdings festgehalten werden, dass mit der funktionalen Privatisierung durch die Veräußerung von Geschäftsanteilen des Bundes an der DFS-GmbH an private Kapitalgeber eine Vermögensprivatisierung verknüpft ist; insoweit findet durch die geplante Veräußerung eines Anteils von 74,9 % die TeilPrivatisierung eines Bundesunternehmens statt. Dagegen ist aus dem Blickwinkel des „Privatisierungsrechts“ nichts einzuwenden. Die Kombination aus funktionaler Privatisierung und Teil-Vermögensprivatisierung ist aber verfassungsrechtlich bedeutsam, weil das verwaltungsrechtliche Teilelement des Gesamtmodells, die in Form der Beleihung ausgestaltete funktionale Privatisierung, auf ein gesellschaftsrechtliches Teilelement mit einer 76

Vgl. BT-Drs. 12 / 1800, S. 3 und BT-Drs. 12 / 1801, S. 19. Die Bundesregierung betont (BT-Drs. 16 / 240, S. 39): „Eine Aufgabenprivatisierung findet nicht statt.“; bekräftigend Stellungnahme der Bundesregierung, S. 5: Es werde „mit der Kapitalprivatisierung keine materielle Überführung einer sonderpolizeilichen Aufgabe in private Hände ermöglicht“. Ebenso Abg. Königshofen (CDU / CSU), Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht zur 33. Sitzung am 7. April 2006, Plenarprotokoll 16 / 33 S. 2785 (C): „Die Kapitalprivatisierung bedeutet nicht, wie vielleicht befürchtet wird, eine Aufgabenprivatisierung. Die DFS bleibt ein mit staatlichen Aufgaben beliehenes Unternehmen.“ – Damit sind erste verfassungsrechtliche Bedenken ausgeräumt; vgl. Hofmann / Grabherr, LuftVG, § 27c Rn. 11: „Für die Flugverkehrskontrolle scheidet wegen ihrer Zuordnung zur hoheitlichen Luftaufsicht auf Grund des insoweit zum Tragen kommenden Staatsvorbehalts eine Aufgabenprivatisierung aus.“ Ähnlich Droege, DÖV 2006, S. 861 (864), sowie Tams, NVwZ 2006, S. 1226 (1228). 78 Baumann, DVBl. 2006, S. 332 (335); Droege, DÖV 2006, S. 861 (864); Tams, NVwZ 2006, S. 1226 (1227); Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 93. 77

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II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG

bloßen Minderheitsbeteiligung des Bundes an der DFS-GmbH prallt, das gegenüber der Durchsetzung des Bundeswillens zumindest teilweise rechtlich resistent sein könnte.

2. Das verfassungsrechtliche Auslegungsproblem Selbst bei isolierter Heranziehung des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG, wonach über die öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Organisationsform – der Luftverkehrsverwaltung des Bundes – durch Bundesgesetz entschieden wird, lässt sich verfassungsrechtlich nicht eindeutig feststellen, ob die vom Bundesgesetzgeber konkret beabsichtigte Privatisierung der Flugsicherungsorganisation (Rückzug des Bundes bei der DFS auf einen 25,1 %-Anteil, Beleihung der neuen DFS-GmbH) verfassungsrechtlich zulässig ist. Denn die Begrenzung der Entscheidungsbefugnis des Bundesgesetzgebers auf die Organisations„form“ könnte bedeuten, dass die Luftverkehrsverwaltung als solche, d. h. die Organisation, in der Hand des Bundes verbleiben muss. In seiner vollen Schärfe entsteht das Auslegungsproblem durch widersprüchliche Aussagen von Satz 1 und Satz 2 des Art. 87d Abs. 1 GG.

a) Normenwiderspruch in Art. 87d Abs. 1 GG Nach Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG wird die Luftverkehrsverwaltung in „bundeseigener Verwaltung“ geführt. Damit ist ein bestimmter Verwaltungstypus in Bezug genommen, der in Art. 86 Satz 1 Alt. 1 GG seine Grundlegung erfährt und als Alternative zur Ausführung der Gesetze seitens des Bundes „durch bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts“ steht. Der Verfassungsbegriff „bundeseigene Verwaltung“ wird im 8. Abschnitt des Grundgesetzes mehrfach verwendet (z. B. Art. 87 Abs. 1 Satz 1, 87b Abs. 1 Satz 1, 87e Abs. 1 Satz 1, 87f Abs. 2 Satz 2 GG). Verfassungsrechtlich gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Begriff „bundeseigene Verwaltung“ in Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG einen anderen Inhalt haben könnte als in den sonstigen Grundgesetzbestimmungen, die diesen Begriff verwenden79. Deshalb spricht alles dafür, in Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG eine Bezugnahme auf Art. 86 Satz 1 Alt. 1 GG mit der Folge zu sehen, dass der dortige Begriff „bundeseigene Verwaltung“ für die Organisation(sform) der Luftverkehrsverwaltung rezipiert wird80. Dies hat fassbare Konsequenzen: „Bundeseigene Verwaltung“ meint – wie schon die Gegenüberstellung mit Art. 86 Satz 1 Alt. 2 GG deutlich macht – die Gesetzesausführung durch Organisationseinheiten des Bundes ohne 79

Hesse, Rechtsgutachten, S. 8. Tams, NVwZ 2006, S. 1226 (1228); Hermes, in: Dreier, GG III, Art. 87d Rn. 17; Horn, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 87d Rn. 7. 80

2. Das verfassungsrechtliche Auslegungsproblem

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eigene Rechtspersönlichkeit, d. h. durch eigene Verwaltungsbehörden des Bundes81. Folglich bedeutet „bundeseigene Verwaltung“ auch in Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG: Gesetzesausführung im Wege der unmittelbaren Bundesverwaltung durch eigene Organisationseinheiten des Bundes ohne selbstständige Rechtspersönlichkeit82. Danach wäre nicht einmal eine Organisationsprivatisierung zulässig. Ist durch Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG i. V. m. Art. 86 Satz 1 Alt. 1 GG somit ein bestimmter Verwaltungstypus für die Luftverkehrsverwaltung des Bundes an sich strikt vorgegeben, trifft Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG eine gegenteilige Aussage. Indem nach dieser Vorschrift über die öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Organisationsform – erst – durch Bundesgesetz entschieden wird83, weicht Satz 2 gleich in doppelter Hinsicht von Satz 1 des Art. 87d Abs. 1 GG ab: Zunächst wird verlautbart, dass der Verwaltungstypus für die Luftverkehrsverwaltung doch nicht in Gestalt der bundeseigenen Verwaltung verfassungsrechtlich festgeschrieben ist; sodann findet sich auch noch die Ermächtigung für den Bundesgesetzgeber, zwischen öffentlichrechtlichen und privatrechtlichen Organisationsformen zu wählen. Es ist offensichtlich, dass Art. 87d Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GG, jeweils isoliert verstanden, miteinander nicht vereinbar sind. Eine „bundeseigene Luftverkehrsverwaltung“ (Art. 87d Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 86 Satz 1 Alt. 1 GG) in einer „privatrechtlichen Organisationsform“ (Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG) gibt es nach geltendem Verfassungsrecht nicht84.

b) Gebot harmonisierender Auslegung Der Normenkonflikt kann bei der Rechtsanwendung nicht einfach dadurch gelöst werden, dass sich der Rechtsanwender – konkret: der Gesetzgeber des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung – für die Heranziehung des Satzes 1 oder des Satzes 2 von Art. 87d Abs. 1 GG entscheidet. Beide Bestimmungen stellen vollgültiges Verfassungsrecht dar, an das der Gesetzgeber nach Art. 20 Abs. 3 GG gebunden ist. Eine Hierarchie zwischen beiden Vorschriften oder eine Vorrangregel (z. B. lex specialis-Satz) gibt es nicht. Insbesondere ist an der Verfassungsmäßigkeit des erst 1992 in das 81 Lerche, in: FS Klein, S. 527 (528); Henneke / Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 86 Rn. 1; Sachs, in: ders., GG, Art. 86 Rn. 13. 82 Bull, in: AK-GG, Art. 87d Rn. 4a. 83 Eine gewisse (erste) Harmonisierung zwischen Satz 1 und Satz 2 des Art. 87d Abs. 1 GG ließe sich darin sehen, dass es ohne ein Bundesgesetz nach Satz 2 bei der Organisationsform der bundeseigenen Verwaltung für die Luftverkehrsverwaltung bleibt; Hömig, in: Seifert / Hömig, GG, Art. 87d Rn. 2. 84 Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87d Rn. 34, spricht von einem „Systembruch“; Horn, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 87d Rn. 8, erkennt einen „Normenwiderspruch“; Droege, DÖV 2006, S. 861 (864), konstatiert einen „normimmanenten Widerspruch“.

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II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG

Grundgesetz aufgenommenen Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG85 nicht zu zweifeln. Trotz des Widerspruchs, den Satz 2 gegenüber dem bereits zuvor in Kraft befindlichen Satz 1 verursacht hat, stellt Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG kein verfassungswidriges Verfassungsrecht dar, da Art. 79 Abs. 3 GG nicht verletzt ist86. Dies zwingt den Verfassungsinterpreten, eine kohärente Auslegung vorzunehmen, die einerseits das Gesamtsystem der Art. 86 ff. GG unbeschädigt lässt und andererseits dem Sinngehalt sowohl des Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG als auch des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG dergestalt Rechnung trägt, dass beide Vorschriften zu möglichst optimaler Wirkung gelangen87.

c) Normativer Gehalt des Art. 87d Abs. 1 GG Das Bemühen um eine kohärente Auslegung der in Art. 87d Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GG getroffenen Regelungen (nachf. 3.) setzt voraus, dass Klarheit über den rechtsnormativen Gehalt der Bestimmungen herrscht. Dazu lässt sich ein eindeutiges Ergebnis erzielen, wenn der Verfassungswortlaut und die Verfassungssystematik beachtet werden. Eine Kontroverse ist dennoch darüber entstanden, ob Art. 87d Abs. 1 GG nur einen kompetenzrechtlichen Gehalt aufweist, indem eine Zuständigkeitsordnung im Bund-Länder-Verhältnis auf dem Gebiet der Luftverkehrsverwaltung vorgenommen wird, oder ob Aussagen auch zum Verwaltungstypus getroffen werden. Vor allem in der Kommentarliteratur wird – allerdings ohne (eingehende) Begründung – die Auffassung vertreten, Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG grenze lediglich die Verwaltungskompetenzen von Bund und Ländern gegeneinander ab, regele aber nicht die Organisationsform der Bundesverwaltung88. Daraus soll sich dann ergeben, dass unter „bundeseigener Verwaltung“ auch die mittelbare Bundesverwaltung durch bundesunmittelbare Körper85

Vgl. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 14. Juli 1992, BGBl. I S. 1254. BVerwG, NVwZ-RR 1997, S. 648 (649); Henneke / Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 87d Rn. 2a; Horn, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 87d Rn. 11 Fn. 15; Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87d Rn. 35. 87 Vgl. Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 70 ff., zu den Prinzipien der Verfassungsinterpretation: Einheit der Verfassung (Rn. 71), praktische Konkordanz (Rn. 72), integrierende Wirkung (Rn. 74), optimale Wirkungskraft von Verfassungsnormen (Rn. 75). 88 Uerpmann, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 87d Rn. 8; Umbach, in: ders. / Clemens, GG, Art. 87d Rn. 15; ebenso nun Droege, DÖV 2006, S. 861 (865); unklar Horn, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG , Art. 87d Rn. 10, der dieser Auffassung vorwirft, ein „erheblicher Ruck vom Wortlaut hinweg“ werde vorgenommen, dann aber meint, es gehe nur um die Bewahrung der Verwaltungskompetenz des Bundes; demgegenüber stellt Horn, a. a. O., Rn. 7, fest, wegen der Bezugnahme auf die bundeseigene Verwaltung in Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG „kann der eindeutige Wortlaut der Vorschrift zu keiner anderen Auslegung führen, als dass die Bundesluftfahrtverwaltung nur in unmittelbarer Bundesverwaltung stattfinden darf, kehrseitig jede Organisationsform mittelbarer Bundesverwaltung ausgeschlossen ist“. 86

2. Das verfassungsrechtliche Auslegungsproblem

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schaften und Anstalten zu verstehen sei89; dabei dürfe die mittelbare Bundesverwaltung als bundeseigene Verwaltung im weiteren Sinne, wie Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG klarstelle, auch in privater Rechtsform wahrgenommen werden90. Die Bundesregierung hat sich diese Auffassung zu eigen gemacht91. Den vorstehend skizzierten Begriffsverwirrungen und freien Rechtsschöpfungen eines Teils des Schrifttums ist aus verfassungsdogmatischen Gründen entschieden zu widersprechen. Auch ist einer Methode entgegenzutreten, die einen „erheblichen Ruck vom Wortlaut hinweg“ propagiert. Zunächst ist mit dem Bundesverfassungsgericht festzuhalten, dass Art. 86 ff. GG – selbstverständlich – vielfach (neben den Kompetenzregelungen zum Bund-Länder-Verhältnis) organisationsrechtliche Gehalte aufweisen und damit (neben ihrer föderativen Orientierung) wichtige Aussagen zur Bundesverwaltung treffen92. Das gilt auch für Art. 87d Abs. 1 GG, und zwar gleich dreifach: Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG knüpft, wie bereits erwähnt, ausdrücklich an das allgemeine Verständnis bundeseigener Verwaltung (Art. 86 Satz 1 Alt. 1 GG) an93 und schreibt damit „notwendigerweise . . . öffentliche Aufgabenwahrnehmung in Verwaltungsform“ vor94; durch den Begriff „bundeseigene Verwaltung“ ist die Organisation der Luftverkehrsverwaltung in mittelbarer Bundesverwaltung durch Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG zwangsläufig ausgeschlossen95. Die zweite organisationsrechtliche Aussage trifft Art. 87d Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 GG; danach kann über die öffentlichrechtliche Organisationsform 89 Uerpmann, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 87d Rn. 8; Hömig, in: Seifert / Hömig, GG, Art. 87d Rn. 2; Henneke / Ruge, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, Art. 87d Rn. 1; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 87d Rn. 1; Umbach, in: ders. / Clemens, GG, Art. 87d Rn. 15. 90 Hömig, in: Seifert / Hömig, GG, Art. 87d Rn. 2. 91 Stellungnahme der Bundesregierung, S. 3. 92 BVerfGE 14, 197 (210); 63, 1 (34, 40); ebenso z. B. Hesse, Rechtsgutachten, S. 1; Stern, Staatsrecht II, S. 816; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 117; Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, S. 66. 93 Hermes, in: Dreier, GG III, Art. 87d Rn. 17; Horn, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 87d Rn. 7; Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87d Rn. 15. – So übrigens auch das Verfassungsverständnis des früheren Bundespräsidenten von Weizsäcker, BT-Drs. 12 / 67, S. 2: „Artikel 87d Abs. 1 GG weist die Staatsaufgabe ,Luftverkehrsverwaltung‘ und damit die Flugsicherung der staatlichen bundeseigenen Verwaltung im Sinne des Artikels 86 GG zu.“ Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat sich dem angeschlossen, vgl. BT-Drs. 12 / 1800, S. 3. 94 So Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 50. 95 Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87d Rn. 13 ff., 28; pointiert Horn, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 87d Rn. 23: „Der eindeutige und unüberwindbare Wortlaut des Art. 87d Abs. 1 S. 1 GG steht in Bezug zur allgemeinen Regelung des Art. 86 und benennt daher die bundesausschließliche Verwaltung in der Form der unmittelbaren Bundesverwaltung.“ Ähnlich Maunz, in: ders. / Dürig, GG, Art. 87d Rn. 14: „Nach der hier eindeutigen Terminologie des Grundgesetzes kann die Luftverkehrsverwaltung nur in unmittelbarer Bundesverwaltung geführt werden.“

3 Die Verwaltung, Beiheft 6

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II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG

durch Bundesgesetz entschieden werden. Der dritte organisationsrechtliche Gehalt kommt schließlich in Art. 87d Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GG zum Ausdruck, wonach ebenfalls durch Bundesgesetz über eine privatrechtliche Organisationsform für die Luftverkehrsverwaltung entschieden werden kann. Die Behauptung, Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG weise keinen organisationsrechtlichen Gehalt auf, ist demnach ohne verfassungsrechtlichen Bezug. Zutreffend ist das glatte Gegenteil: Gerade weil die Vorschrift durch die Bezugnahme auf Art. 86 Satz 1 Alt. 1 GG eine organisationsrechtliche Festlegung trifft, bedurfte es der Ergänzung des Art. 87d Abs. 1 GG um Satz 2, um auch andere Organisationsformen als die bundeseigene Verwaltung für die Luftverkehrsverwaltung zu ermöglichen96. Die eindeutige Begrifflichkeit des Grundgesetzes, die darauf basierende Systematik seines 8. Abschnitts und der hiermit verknüpfte Sinngehalt der einzelnen Organisationsformen können auch nicht durch willkürliche literarische Begriffsschöpfungen wie z. B. „bundeseigene Verwaltung im engeren Sinne“ und „bundeseigene Verwaltung im weiteren Sinne“97 verunklart werden. Derartige Termini kennt die Verfassung nicht. „Bundeseigene Verwaltung“ im Sinne des geltenden Verfassungsrechts umfasst allein die Behörden und sonstigen, rechtlich unselbstständigen Verwaltungsstellen des Bundes (unmittelbare Bundesverwaltung, Art. 86 Satz 1 Alt. 1 GG); hinzu tritt nach der Systematik des Grundgesetzes die Verwaltung durch bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des Öffentlichen Rechts (mittelbare Bundesverwaltung durch rechtsfähige Verwaltungsträger, Art. 86 Satz 1 Alt. 2 GG); als Oberbegriff fungiert der in der Überschrift des 8. Abschnitts des Grundgesetzes verwendete Terminus „Bundesverwaltung“98. Privatrechtliche Organisationen, die Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (z. B. Eigengesellschaften des Bundes) sind ebenfalls der mittelbaren Staatsverwaltung zuzuordnen99. Von dieser durch Verfassungswortlaut und Verfassungssystematik festgelegten Struktur der Art. 87d Abs. 1, 86 Satz 1 GG ist auszugehen, wenn nun Grund und Grenzen einer funktionalen Privatisierung der Luftverkehrsverwaltung mittels eines beliehenen Privatrechtssubjekts, an dem der Bund zu 25,1 % beteiligt ist, ermittelt werden.

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Windthorst, in: Sachs, GG, Art. 87d Rn. 15. Hömig, in: Seifert / Hömig, GG, Art. 86 Rn. 2 und Art. 87d Rn. 2; Umbach, in: ders. / Clemens, GG, Art. 87d Rn. 15. 98 Badura, Staatsrecht, G Rn. 61; Hesse, Verfassungsrecht, Rn. 247 f.; Maurer, Staatsrecht I, § 18 Rn. 19; Stern, Staatsrecht II, S. 814 ff. 99 Burgi, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 17. 97

3. Art. 87d Abs. 1 GG als Grenze von Privatisierungsmaßnahmen

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3. Art. 87d Abs. 1 GG als Grund und Grenze von Privatisierungsmaßnahmen Dass im Bereich der Luftverkehrsverwaltung des Bundes Privatisierungsmaßnahmen überhaupt zulässig sind, ergibt sich aus Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG. Es ist der Zweck dieser 1992 in das Grundgesetz aufgenommenen Vorschrift, eine rechtliche Entkoppelung der Organisation der Flugsicherung von der Vorgabe des Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG (Luftverkehrsverwaltung in „bundeseigener Verwaltung“) zu erreichen, nachdem der Bundespräsident seinerzeit die Organisationsprivatisierung unter Hinweis auf Art. 33 Abs. 4 GG und Art. 87d Abs. 1 GG (a. F.) abgelehnt hatte100. Die Intention des verfassungsändernden Gesetzgebers ist in diesem Punkt eindeutig101: „Die allseits für notwendig gehaltene sogenannte Organisationsprivatisierung der Flugsicherung wird von Artikel 33 Abs. 4 und Artikel 87d Abs. 1 GG nicht getragen. Denn einerseits sind nach Artikel 33 Abs. 4 GG die hoheitsrechtlichen Befugnisse der Flugsicherung im Regelfall von Beamten auszuüben, was bei einer Wahrnehmung der Aufgabe der Flugsicherung durch eine Gesellschaft privaten Rechts nur in Ausnahmefällen der Fall wäre. Andererseits weist Artikel 87d Abs. 1 GG die Staatsaufgabe ,Luftverkehrsverwaltung‘ und damit die Flugsicherung der staatlichen bundeseigenen Verwaltung im Sinne des Artikels 86 GG zu und schließt damit eine Organisationsprivatisierung aus.“

Die 1953 errichtete Bundesanstalt für Flugsicherung wurde als wenig tauglich angesehen, um den wachsenden Anforderungen des Flugverkehrs gerecht zu werden. Die Gründe hierfür sah der Gesetzgeber in der mangelnden Flexibilität des öffentlichen Dienst- und Haushaltsrechts im Personalund Investitionsbereich. Die Organisation der Flugsicherung in der Rechtsform einer GmbH werde „eine größere Attraktivität und Motivation des Personals und größere Handlungsspielräume bei der Entlohnung und bei den Investitionsentscheidungen“ ermöglichen102. Es ging also gezielt darum, durch eine Organisationsprivatisierung der Flugsicherung die „Fesseln“ des öffentlichen Dienst- und Haushaltsrechts abzustreifen. Zugleich stellt Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG notwendigerweise eine Ausnahmevorschrift zum Beamtenvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG dar, da ein privatrechtlich organisierter Rechtsträger, der Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, keine Dienstherrnfähigkeit hat103. 100 Vgl. das Schreiben des Bundespräsidenten an die damalige Präsidentin des Deutschen Bundestages, BT-Drs. 12 / 67. 101 So BT-Drs. 12 / 2450, S. 1 (Beschlussempfehlung und Bericht des BT-Rechtsausschusses); ähnlich die Begründung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Art. 87d Abs. 1 GG, BT-Drs. 12 / 1800, S. 3. 102 So BT-Drs. 12 / 1801, S. 19 (Begründung zu § 31b LuftVG). 103 Kämmerer, Privatisierung, S. 291 f.; Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 3; Hermes, in: Dreier, GG III, Art. 87d Rn. 25; Horn, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 87d Rn. 36; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 87d Rn. 1; Hömig, in: Seifert / Hömig, GG, Art. 87d Rn. 2; Uerpmann, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 87d Rn. 12.

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II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG

Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG konnte somit die in der Sache zutreffenden Bedenken des Bundespräsidenten gegen die Organisationsprivatisierung der Flugsicherung nach der früheren Verfassungsrechtslage (Art. 33 Abs. 4 GG, Art. 87d Abs. 1 GG a. F.) beseitigen104. Noch keine Antwort ist damit auf die weitergehende Frage gegeben, ob Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG auch tiefgreifendere Privatisierungsmaßnahmen zur Flugsicherung erlaubt und, falls dies zutreffen sollte, unter welchen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen derartige Maßnahmen getroffen werden können.

a) Verfassungswortlaut: Privatrechtliche Organisationsformen als funktionales Äquivalent zur bundeseigenen Verwaltung Der Wortlaut des Art. 87d Abs. 1 GG gibt nur begrenzt Auskunft zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Privatisierung der Flugsicherung, die über die Organisationsprivatisierung hinausgeht. Die Ursache hierfür liegt in dem beschriebenen Normenwiderspruch zwischen Satz 1 und Satz 2 des Art. 87d Abs. 1 GG [oben II. 2. a)]; denn privatrechtliche Organisationsformen können nicht der „bundeseigenen Verwaltung“, wie sie Art. 86 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 GG versteht, zugeordnet werden. Die Formulierung des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG ist demnach misslungen, weil sie den Eindruck erweckt, „bundeseigene Verwaltung“ im strengen Sinne der Art. 86 ff. GG könne durch eine privatrechtliche Organisationsform wahrgenommen werden105. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat das verfassungsrechtlich Gewollte offensichtlich sprachlich nicht korrekt zum Ausdruck gebracht. Unabhängig davon muss der mit dem Verfassungstext konfrontierte Interpret zur Kenntnis nehmen, dass Satz 2 des Art. 87d Abs. 1 GG aus sich heraus nicht verständlich ist. Die Formulierung „Über die öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Organisationsform wird durch Bundesgesetz entschieden.“

in Satz 2 des Art. 87d Abs. 1 GG erhält einen normativen Sinn allein durch den Rückbezug auf den vorangehenden Satz 1; denn erst dadurch wird verständlich, was Gegenstand der „Organisationsform“ ist. Verwiesen ist damit auf die (an sich) in bundeseigener Verwaltung zu führende Luftverkehrsverwaltung. Dies legt den Schluss nahe, dass Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG dem Bundesgesetzgeber die Organisation der Luftverkehrsverwaltung in privatrechtlicher Form (und damit abweichend von Art. 86 Satz 1 Alt. 1 GG) erlaubt, wenn die privatrechtliche Organisation in der Sache als „bundes104 Konsequenterweise hat der Bundespräsident das Zehnte Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes mit dem neuen § 31b LuftVG ausgefertigt, vgl. BGBl. I 1992, S. 1370, 1378. 105 Traumann, Die Organisationsgewalt im Bereich der bundeseigenen Verwaltung, S. 94, 95; Bull, in: AK-GG, Art. 87d Rn. 4a.

3. Art. 87d Abs. 1 GG als Grenze von Privatisierungsmaßnahmen

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eigen“ qualifiziert werden kann106. Denn die Kompetenzzuweisung an den Bundesgesetzgeber in Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG erschöpft sich in der Entscheidung über die (öffentlichrechtliche oder privatrechtliche) „Organisationsform“107; alle anderen verfassungsrechtlichen Direktiven zur Ausgestaltung der Luftverkehrsverwaltung sind in Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG enthalten. Das aber bedeutet, dass der Wortlaut des Art. 87d Abs. 1 GG ein Verfassungsverständnis nahe legt, das zwar eine der Form nach privatrechtlich organisierte Luftverkehrsverwaltung des Bundes erlaubt, in der Sache aber am Sinngehalt einer „bundeseigenen“ Organisation108 festhält109. Eine am Wortsinn orientierte Auslegung des Art. 87d Abs. 1 GG spricht damit dafür, dass die Luftverkehrsverwaltung des Bundes nur einer Organisationsprivatisierung unterzogen werden darf oder allenfalls eine Privatrechtsorganisation erlaubt ist, die dem Bund mehrheitlich gehört.

b) Entstehungsgeschichte: Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG als „Maßnahmegesetz“ Diese vom Wortsinn nahegelegte Interpretation des Art. 87d Abs. 1 GG könnte durch die Entstehungsgeschichte des 1992 geschaffenen Satzes 2 gestützt werden. Der Entstehungsgeschichte kommt im vorliegenden Zusammenhang für das Verständnis des Art. 87d Abs. 1 GG eine besondere 106 Wieland, Rechtsgutachten, S. 36. – Methodisch schon im Ansatz verfehlt daher der Versuch von Horn, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 87d Rn. 11, der behauptet, Satz 2 von Satz 1 des Art. 87d Abs. 1 GG entkoppeln zu können, aber nicht fragt, ob Satz 2 bei isolierter Betrachtung überhaupt einen verständlichen Sinngehalt aufweist. 107 Baumann, DVBl. 2006, S. 332 (335), mit Hinweis darauf, dass der Bundesgesetzgeber nur über die organisatorische „Einkleidung“ von Funktionseinheiten zu entscheiden habe, die das Merkmal „bundeseigen“ erfüllten. 108 Dass Rechtsformen der Organisation nicht nur formal Organisationsstrukturen aufweisen, sondern mit einem spezifischen normativen Sinngehalt verknüpft sind (z. B. bezüglich Steuerung, Kontrolle, Verantwortung, Rechtsschutz, Haftung), ist unbestritten; vgl. nur etwa Bull, in: FS Maurer, S. 545 (552 ff.); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 109. 109 Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 66, mit zutreffendem Hinweis darauf, dass damit die Eigentumsverhältnisse an der juristischen Person des Privatrechts verfassungsrechtliche Bedeutung erlangen: „Private, auf die der Bund nicht ,von innen her‘ beherrschenden Einfluss nehmen kann, erfüllen das Merkmal ,eigen‘ aber bereits begrifflich nicht.“ – Auch Wieland, Rechtsgutachten, S. 38, erkennt, dass Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG normativen Gehalt nur bezüglich der „Organisationsform“, über die der Bundesgesetzgeber zu entscheiden hat, aufweist, die weiteren verfassungsrechtlichen Anforderungen aber Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG zu entnehmen sind; danach könne nur eine vollständig oder doch mehrheitlich im Eigentum des Bundes stehende Gesellschaft als „bundeseigene Verwaltung“ angesehen werden. – Ergänzend kann darauf hingewiesen werden, dass der Text des Grundgesetzes explizit deutlich macht, auf welchen (vormals als staatliche Verwaltungstätigkeit wahrgenommenen) Gebieten im Zuge der Privatisierung Wirtschaftsunternehmen betrieben oder privatwirtschaftliche Dienstleistungen erbracht werden, vgl. Art. 87e Abs. 3 GG und Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG; Tams, NVwZ 2006, S. 1226 (1229).

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II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG

Bedeutung zu, weil sie in der Sache aussagekräftig ist und dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers bei vergleichsweise jungen Normen für die Verfassungsinterpretation ein erhebliches Gewicht zukommt110. Außerdem wurde jene Verfassungsänderung damals aus einem konkreten Anlass vorgenommen, so dass der dokumentierte Wille des verfassungsändernden Gesetzgebers auch aus diesem Grund besondere Beachtung verdient111.

aa) Ermöglichung der Organisationsprivatisierung als Regelungsziel Die Begründung zu Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG beginnt mit den Worten „Die allseits für notwendig gehaltene sog. Organisationsprivatisierung der Flugsicherung . . .“ und wird im zweiten Satz mit der Aussage fortgesetzt: „Durch die Organisationsprivatisierung soll erreicht werden, dass die Flugsicherungsaufgaben künftig von einer Gesellschaft des privaten Rechts (GmbH) wahrgenommen werden, deren Geschäftsanteile alle vom Bund gehalten werden“112. Es folgen unter Übernahme der Argumentation des Bundespräsidenten 113 verfassungsrechtliche Darlegungen zu Art. 33 Abs. 4 GG und Art. 87d Abs. 1 GG (a. F.), wonach die – längst geplante114 und am Bundespräsidenten gescheiterte – Organisationsprivatisierung der Flugsicherung unzulässig war. Anschließend werden die rechtspolitischen Konsequenzen gezogen: „Die somit notwendige Änderung des Artikels 87d Abs. 1 GG“,

heißt es weiter, „beruht auf folgenden Erwägungen: – Der bundesstaatliche Gehalt des Artikels 87d GG wird nicht verändert. Die Luftverkehrsverwaltung bleibt Sache des Bundes. Die Möglichkeit, nach Artikel 87d Abs. 2 GG Bundesauftragsverwaltung zu begründen, bleibt bestehen. – Durch Anfügung des neuen Satzes 2 in Artikel 87d Abs. 1 GG wird im Grundsatz die Form der bundeseigenen Verwaltung für den Bereich des Luftverkehrs beibehalten. Es wird jedoch die Möglichkeit geschaffen, durch Bundesgesetz auch andere Organisationsformen zu wählen. Dies schließt ein, juristische Personen des Privatrechts zu bilden, ihnen einige oder alle Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung zu übertragen und die Befugnis einzuräumen, diese Aufgaben im eigenen Namen in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts wahrzunehmen . . .“115 110 BVerfGE 106, 62 (142); Lerche, in: FS Klein, S. 527 (538); Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 32. 111 Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 31 f. 112 So BT-Drs. 12 / 1800, S. 3. 113 BT-Drs. 12 / 67. 114 BT-Drs. 11 / 6745, 11 / 6779, 11 / 7339. 115 So BT-Drs. 12 / 1800, S. 3 f.

3. Art. 87d Abs. 1 GG als Grenze von Privatisierungsmaßnahmen

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Nach dieser Begründung besteht kein Zweifel daran, dass die Schaffung des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG die Intention und das Ziel hatte, die schon seit geraumer Zeit für notwendig erachtete und angestrebte Organisationsprivatisierung der Flugsicherung116 verfassungsrechtlich zu ermöglichen117. Es handelt sich in der Tat um eine „besondere Fallbezogenheit einer Verfassungsänderung“118. Man kann durchaus von einem verfassungsändernden „Maßnahmegesetz“ sprechen. Konsequenterweise spricht die Begründung zum Zehnten Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes, das Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG gleichsam „umsetzt“, ausdrücklich nur von der „Organisationsprivatisierung der Flugsicherung“119.

bb) Beibehaltung einer bundeseigenen Organisation Besonders aufschlussreich ist die Entstehungsgeschichte des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG in Bezug auf das Verhältnis zu Satz 1. Dazu hatte der verfassungsändernde Gesetzgeber klare inhaltliche Vorstellungen. Die parallel zur Verfassungsänderung (BT-Drs. 12 / 1800 vom 11. 12. 1991) an demselben Tag auf den Weg gebrachte „Begleitgesetzgebung“ (BT-Drs. 12 / 1801 vom 11. 12. 1991) bietet mit § 31b LuftVG einen geradezu „authentischen Verfassungsvollzug“120. In der Begründung zu § 31b LuftVG heißt es121: „Die Hoheitsaufgaben der Flugsicherung können damit auf eine privatrechtliche Organisation übertragen werden. Wegen der Beschränkung in Artikel 87d Abs. 1 GG (bundeseigene Verwaltung) ist der Bund Alleingesellschafter der GmbH. Damit ist der jederzeit mögliche und im Einzelfall notwendige Durchgriff des Bundes in die Aufgabenerfüllung bei der Gesellschaft gewährleistet.“

Unmissverständlich wird zweierlei klar gemacht: „Bundeseigen“ ist eine verfassungsrechtliche Anforderung auch für die Organisationsform nach Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG; in der Sache gewinnt diese Direktive ihre innere Rechtfertigung daraus, dass dem Bund der Durchgriff in die Aufgabenerfüllung der GmbH „jederzeit“ möglich sein muss. Treffend ist vor diesem Hintergrund die Schlussfolgerung gezogen worden, „dass der Bund Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung lediglich formal durch Privatrechtssubjekte wahrnimmt, das Substrat gleichwohl bundeseigen bleibt“122. Ob 116

Vgl. BT-Drs. 11 / 6745, S. 1, 13, 20. Lerche, in: FS Klein, S. 527 (537): Organisationsprivatisierung als „fassbare Absicht des verfassungsändernden Gesetzgebers“; ähnlich Tams, NVwZ 2006, S. 1226 (1229); Kämmerer, Privatisierung, S. 283; Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 65; Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 32; Wieland, Rechtsgutachten, S. 39. 118 So Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 33 f. 119 BT-Drs. 12 / 1801, S. 15. 120 Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 32, erklärt das einfache Gesetz zu einem „Teil des historisch dokumentierten Willens des verfassungsändernden Gesetzgebers“. 121 BT-Drs. 12 / 1801, S. 19. 122 Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 65. 117

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II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG

eine künftige 25,1 %-Beteiligung des Bundes an der DFS-GmbH (nach einer erfolgten Kapitalprivatisierung) mit den Vorstellungen des verfassungsändernden Gesetzgebers noch in Einklang zu bringen ist, muss bezweifelt werden.

cc) Wahrung der entstehungsgeschichtlichen Aussagekraft Im Gesetzgebungsverfahren zur Neuregelung der Flugsicherung ist verschiedentlich versucht worden, der vorstehend dokumentierten Entstehungsgeschichte des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG durch selektive Wahrnehmung von Einzelelementen des Entstehungsprozesses einen zum Teil abweichenden Bedeutungsgehalt zuzuschreiben. Diesen Versuchen ist – bei allem Respekt vor den gesetzgebenden Verfassungsorganen und den Bundesministerien – ebenso entschieden wie offen entgegenzutreten. Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat die These aufgestellt, aus der 1991 / 1992 angestrebten und verwirklichten Organisationsprivatisierung ergebe sich nicht, dass der Gesetzgeber der Auffassung gewesen sei, es müsse notwendig dabei bleiben, dass der Bund Alleingesellschafter der DFS sei. „Im Vordergrund stand nämlich nicht die Abwehr privaten Kapitals, sondern die Abwehr von Gefahren für die Aufgabenerfüllung der Deutschen Flugsicherung (BT-Drucks. 12 / 1801, S. 19)“123. Zutreffend ist diese These nicht. Im Gegenteil, die zitierte Stelle macht – wenn sie vollständig zur Kenntnis genommen wird [vgl. das Zitat vorstehend bb), am Ende] – unmissverständlich klar, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber allein eine Eigengesellschaft des Bundes für verfassungskonform hielt124. Schwer verständlich ist auch die seitens des BMJ aufgestellte Behauptung, die Begründung in den Drucksachen zeige, dass es nicht das Hauptziel der Verfassungsänderung gewesen sei, dem Bund das alleinige Eigentum an der DFS-GmbH einzuräumen125. Die Bundesregierung meint, da BT-Drs. 12 / 1800, S. 3, von anderen Organisationsformen, die nach Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG gewählt werden könnten, spreche, könne nicht eine Beschränkung des gesetzgeberischen Wahlrechts auf die Organisationsprivatisierung angenommen werden126. Das behauptet indessen ernsthaft niemand, spricht doch schon der Verfassungstext von einer öffent123 Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Rechtsausschuss, Protokoll Nr. 9 S. 28; wiedergegeben auch in BT-Drs. 16 / 1161, S. 13. 124 BT-Drs. 12 / 1801, S. 19: „Wegen der Beschränkung in Artikel 87d Abs. 1 GG (bundeseigene Verwaltung) ist der Bund Alleingesellschafter der GmbH.“ 125 Vgl. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Rechtsausschuss, Protokoll Nr. 9 S. 26, mit dem Zusatz, Kern und Ziel der Änderung des Art. 87d Abs. 1 GG sei es gewesen, den jederzeit möglichen und im Einzelfall notwendigen Durchgriff des Bundes gegenüber der DFS zu gewährleisten. Dies ist rechtlich indes nur die Folge des Alleineigentums des Bundes an der DFS; so auch BT-Drs. 12 / 1801, S. 19. 126 Stellungnahme der Bundesregierung, S. 5.

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lichrechtlichen oder privatrechtlichen Organisationsform. Das lässt sich unschwer so deuten, dass die Luftverkehrsverwaltung in bundeseigener Verwaltung oder durch eine bundesunmittelbare juristische Person des Öffentlichen Rechts oder durch eine juristische Person des Privatrechts, die im Bundeseigentum steht, geführt werden darf. Praktisch war unter diesen Optionen allein die Organisationsprivatisierung von Interesse127, womit deutlich gemacht wurde, dass der Bundesgesetzgeber nach Art. 87d Abs. 1 GG nur über die Form der Organisation der Flugsicherung sollte entscheiden können, nicht jedoch über die materielle Zuordnung der Organisation zur Bundesverwaltung128. Es bleibt dabei: Die Entstehungsgeschichte des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG ist in einem geradezu ungewöhnlichen Sinne mit großer Eindeutigkeit aussagekräftig129; die verfassungsrechtlichen Hindernisse für die damals schon lange angestrebte Organisationsprivatisierung der Flugsicherung sollten ausgeräumt werden130.

c) Verfassungssystematik: Einpassung der privatrechtlich organisierten Flugsicherung in die Bundesverwaltung Lässt sich der Wille des verfassungsändernden Gesetzgebers somit ohne verbleibende Restzweifel feststellen, bleibt dennoch die rechtsdogmatisch und verfassungssystematisch unausweichliche Feststellung, dass das Gewollte juristisch nicht korrekt artikuliert worden ist131. Nicht die Zuordnung der privatrechtlich (in Form einer GmbH) organisierten Flugsicherung zur bundeseigenen Verwaltung, sondern zur Bundesverwaltung hätte vorgenommen werden müssen, wenn die Systematik der Art. 83, 86 ff. GG beachtet worden wäre. Damit stellt sich dem Verfassungsinterpreten die Auf127 BT-Drs. 12 / 1800, S. 3, spricht zweimal von „Organisationsprivatisierung“; BTDrs. 12 / 1801, S. 13, präferiert „nur ein GmbH-Modell“, bei dem die Anteile der Gesellschaft „ausschließlich vom Bund gehalten“ werden, S. 15 betont die „Organisationsprivatisierung der Flugsicherung“ und S. 19 erklärt die Organisationsprivatisierung zu der allein mit Art. 87d Abs. 1 GG vereinbaren privatrechtlichen Organisationsform. 128 Wieland, Rechtsgutachten, S. 40. – Lerche, in: FS Klein, S. 527 (537), bemerkt treffend, Absicht des verfassungsändernden Gesetzgebers sei die Ermöglichung der Organisationsprivatisierung gewesen, wobei er die „fortdauernde Zugehörigkeit zur Bundesverwaltung“ für die neue Organisation gewollt habe. – Zutreffend auch Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 112: Die Beweggründe zu Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG „zielten von vornherein nicht auf die Beteiligung echter Privatpersonen, sondern waren in erster Linie dienst-, besoldungs- und haushaltsrechtlicher Natur“. 129 Verkannt von Droege, DÖV 2006, S. 861 (865), der die Entstehungsgeschichte nicht vollständig zur Kenntnis nimmt. 130 Tams, NVwZ 2006, S. 1226 (1228 f.). 131 Lerche, in: FS Klein, S. 527 (537), spricht von einem „Fehltritt des verfassungsändernden Gesetzgebers“.

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II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG

gabe, eine verfassungssystematisch sinnvolle Zuordnung der privatrechtlich organisierten Flugsicherung in das Modell der Bundesverwaltung vorzunehmen, dabei den normativen Gehalt des Art. 87d Abs. 1 GG [vgl. oben II. 2. c)] zu wahren, dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers möglichst weitgehend Rechnung zu tragen und die „Architektur“ des 8. Abschnitts des Grundgesetzes gleichwohl nicht zu beschädigen.

aa) Binnensystematik des Art. 87d Abs. 1 GG Es ist bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG dem Bundesgesetzgeber nur die Entscheidung über die Form der Organisation der Luftverkehrsverwaltung zuweist, die Organisation materiell aber „bundeseigen“ bleiben muss. Der systematische Zusammenhang zwischen Satz 1 und Satz 2 des Art. 87d Abs. 1 GG bestätigt diese Einsicht. Die Zugehörigkeit der Luftverkehrsverwaltung zur Bundesverwaltung ist durch Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG strikt angeordnet und nicht disponibel132. Die Verkoppelung der Formenwahlmöglichkeit nach Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG mit dem Gebot bundeseigener Verwaltung gemäß Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG zwingt zu dem Schluss, dass die privatrechtliche Organisation der Flugsicherung verfassungsrechtlich nur insoweit zulässig ist, wie die zu schaffende Privatrechtsorganisation den – abgesehen von der Organisationsform – rechtlichen Anforderungen an die bundeseigene Verwaltung entspricht133. Das ist immer dann der Fall, wenn der Wille der demokratisch legitimierten Staatsorgane wie in einer Bundesbehörde durchgesetzt werden kann134. Voraussetzung hierfür ist, dass die Privatrechtsorganisation dem Bund im Sinne einer bundesausschließlichen Verwaltung zugerechnet werden kann, also vom Bund – sei es allein oder sei es (was an dieser Stelle offen bleiben kann) mittels einer Mehrheitsstellung an der Privatrechtsorganisation – getragen ist135. Ganz in diesem Sinne war die Schaffung des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG vom historischen Gesetzgeber verstanden worden: Schaffung einer bundeseigenen Flugsicherungs-GmbH, weil nur in diesem Fall das funktionale Äquivalent zur „bundeseigenen Verwaltung“ besteht, indem der Bund als 132 Horn, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 87d Rn. 31, betont, auf Grund dieser Vorgabe müsse die nach Satz 2 des Art. 87d Abs. 1 GG zulässige Organisation „als legitime Alternative zur Bundeseigenverwaltung gelten“ können „und dieser gegenüber als verfassungsrechtlich gleichwertig zu erachten sein“. 133 Baumann, ZLW 2001, S. 304 (309). 134 Pabst / Schwartmann, DÖV 1998, S. 315 (321); Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 314. 135 Lerche, in: FS Klein, S. 527 (538); ders., in: Maunz / Dürig, GG, Art. 86 Rn. 52; Traumann, Die Organisationsgewalt im Bereich der bundeseigenen Verwaltung, S. 293 f.

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Alleingesellschafter den jederzeitigen Durchgriff auf die GmbH vornehmen könne136. Mit diesem durch Art. 87d Abs. 1 GG geschaffenen System dürfte eine Kapitalprivatisierung der DFS-GmbH zu 74,9 % nur schwer vereinbar sein. bb) Privatisierungsentscheidungen im 8. Abschnitt des Grundgesetzes Dem verfassungsändernden Gesetzgeber sind im Bereich der Art. 86 ff. GG die verschiedenen Formen der Privatisierung [vgl. oben II. 1.] durchaus geläufig und er sagt in Bezug auf die Ausführung der Bundesgesetze durch Privatrechtsorganisationen, also abweichend von den öffentlichrechtlichen Grundtypen des Art. 86 Satz 1 GG, ausdrücklich, welcher Privatisierungstyp in Betracht kommt und wie weit eine Privatisierungsmaßnahme gehen darf. Eingeschlossen ist darin auch die Kapitalprivatisierung. Die Einbindung des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG in das System graduell abgestufter Privatisierungsmöglichkeiten verspricht einen weiteren Erkenntnisgewinn, wenn man die verfassungsrechtlichen Privatisierungsoptionen ehemals in bundeseigener Verwaltung (Art. 87 Abs. 1 GG a. F.) betriebener Unternehmen analysiert. Eisenbahnen des Bundes werden nach dem 1993 in das Grundgesetz aufgenommenen Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG137 als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt. Nach dieser Grundentscheidung trifft Art. 87e Abs. 3 Satz 2 und 3 GG eine Aussage zur Kapitalprivatisierung: Die in Privatrechtsform organisierten Eisenbahnen stehen im Eigentum des Bundes, soweit es um bestimmte Tätigkeiten geht; veräußert der Bund Unternehmensanteile, gilt, dass die Mehrheit der Anteile an den Eisenbahnunternehmen beim Bund verbleiben muss. Zum Postwesen und zur Telekommunikation bestimmt der 1994 in das Grundgesetz aufgenommene Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG, dass Dienstleistungen in jenen Bereichen als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht werden138. Hier hat sich der verfassungsändernde Gesetzgeber für eine materielle Privatisierung der Post- und TK-Dienstleistungen entschieden und die bundeseigene Verwaltung im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation durch Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG auf echte Hoheitsaufgaben zurückgeführt (z. B. Frequenzverwaltung, Erteilung von Genehmigungen). 136

BT-Drs. 12 / 1801, S. 19. Zur Entstehungsgeschichte vgl. BT-Drs. 12 / 5015, S. 7; BT-Drs. 12 / 4610, S. 7; BT-Drs. 12 / 6280, S. 5 und S. 8. 138 Zur Entstehungsgeschichte vgl. BT-Drs. 12 / 6717, S. 4; BT-Drs. 12 / 7269, S. 5; BT-Drs. 12 / 8108, S. 3 und S. 6. 137

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II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG

Der verfassungssystematische Vergleich zeigt die Unterschiede der verfassungsrechtlich zulässigen Privatisierungsmaßnahmen deutlich auf: Art. 87d Abs. 1 GG erlaubt lediglich die bundesgesetzliche Entscheidung über eine privatrechtliche Organisationsform; Art. 87e Abs. 3 GG ermöglicht eine Kapitalprivatisierung, wobei der Bund allerdings Mehrheitseigentümer der in Privatrechtsform geführten Unternehmen bleiben muss; Art. 87f Abs. 2 GG schreibt eine Aufgabenprivatisierung vor und reduziert die bundeseigene Verwaltung auf bestimmte Hoheitsaufgaben. Vor allem der Kontrast zwischen Art. 87d Abs. 1 GG und Art. 87e Abs. 3 GG zeigt, dass nichts dafür spricht, in dem Merkmal „privatrechtliche Organisationsform“ die Ermächtigung für eine Kapitalprivatisierung erblicken zu können139. Das gilt um so mehr, wenn die Gegenstände der unterschiedlichen Privatisierungsmaßnahmen betrachtet werden: Wenn schon der Dienstleistungsbereich des Eisenbahnwesens für eine Kapitalprivatisierung mit differenzierenden verfassungsrechtlichen Vorgaben reglementiert ist, kann in Bezug auf eine sonderpolizeiliche Aufgabe, die vom Gesetzgeber selbst zum Kernbereich der Staatstätigkeit gerechnet wird [vgl. oben I. 3. a)], kaum angenommen werden, dass eine gezielt für die Organisationsprivatisierung der Flugsicherung geschaffene Ermächtigung zur bloßen Formenwahl [vgl. oben II. 3. b)] eine Kapitalprivatisierung der betreffenden Organisation zu 74,9 % soll rechtfertigen können140.

d) Sinn und Zweck: Sicherung des staatlichen Bestimmungsrechts Wortlaut, Entstehungsgeschichte und systematische Stellung des Art. 87d Abs. 1 GG haben bereits deutlich gemacht, welche Funktion – unabhängig von der Organisationsform der Flugsicherung – der Vorschrift zukommt: Die Sicherstellung der jederzeitigen Durchsetzung des staatlichen Willens bei der Wahrnehmung sonderpolizeilicher Aufgaben141. Auch von Vertretern einer „undogmatisch“ weiten Deutung des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG wird eingeräumt, dass dies die entscheidende Voraussetzung für die Installierung eines gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens für die Flugsicherung ist: Bei Mischformen privater und öffentlicher Kapitalbeteiligung an der (Privatrechts-)Organisation sei entscheidend, dass der Einfluss des Bundes auf die Tätigkeit der Organisation jederzeit gewährleistet sei; nur dann sind in der Tat die Anforderungen des Art. 87d Abs. 1 Satz 1 GG an 139 Tams, NVwZ 2006, S. 1226 (1229), der sogar einen Umkehrschluss aus Art. 87e Abs. 3 Satz 1, 87f Abs. 2 Satz 1 GG zieht. 140 Ähnlich die Monopolkommission, BT-Drs. 16 / 2460, Tz. 81: Nachdem Art. 87e Abs. 3 GG einer Privatisierung im Eisenbahnwesen von mehr als 49 % entgegenstehe, sei nicht ersichtlich, wieso das Bedürfnis für eine staatliche Einflussnahme im Bereich des Luftverkehrs geringer einzuschätzen sei. 141 BT-Drs. 12 / 1801, S. 19; Pabst / Schwartmann, DÖV 1998, S. 315 (321).

4. Privatisierungsmöglichkeiten gemäß Art. 87d Abs. 1 GG

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das funktionale Äquivalent zur bundeseigenen Verwaltung gewahrt142. Dies macht deutlich, dass die Entscheidung zu Gunsten der sonderpolizeilichen Verfasstheit der Flugsicherung ihren organisationsrechtlichen Preis hat. Die Besinnung auf die Funktion des Art. 87d Abs. 1 GG zeigt zudem, wie der vom Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung nur mühsam überdeckte Zielkonflikt zwischen der Ausführung von Sonderpolizeirecht und privatwirtschaftlichem Unternehmertum143 im Zweifel zu lösen ist: Eine Ausrichtung der Flugsicherung an privatwirtschaftlichen Zielen (z. B. Rentabilitätsinteressen) ist – im Unterschied zu Art. 87e Abs. 3 Satz 1 GG und Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG – nach Art. 87d Abs. 1 GG unzulässig144. Das Europäische Recht hat in diesem Punkt – wie in anderem Zusammenhang bereits betont – klar Position bezogen, die Ausübung von Hoheitsbefugnissen bei der Flugsicherung hervorgehoben und den wirtschaftlichen Charakter für vernachlässigenswert eingestuft, so dass auch das EG-Wettbewerbsrecht nicht anwendbar sei (VO 550 / 2004 / EG Erwägungsgrund [5]).

4. Zwischenergebnis: Privatisierungsmöglichkeiten gemäß Art. 87d Abs. 1 GG Die Interpretation des Art. 87d Abs. 1 GG führt auf der Grundlage der anerkannten, auch für das Verständnis des Verfassungsrechts maßgeblichen Auslegungsmethoden zu folgendem Zwischenergebnis: a) Bei strikter Orientierung an der Entstehungsgeschichte des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG und strenger Beachtung der Verfassungssystematik erlaubt die Verfassungsvorschrift lediglich eine Organisationsprivatisierung der Flugsicherung145. Jede weitergehende Privatisierungsmaßnahme ist verfassungsrechtlich danach unzulässig146. 142 Uerpmann, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 87d Rn. 12; Droege, DÖV 2006, S. 861 (865, 866). 143 Vgl. BT-Drs. 16 / 240, S. 18 einerseits und S. 20 andererseits; kritisch Wieland, Rechtsgutachten, S. 47 f. 144 Uerpmann, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 87d Rn. 12; Hermes, in: Dreier, GG III, Art. 87d Rn. 23; Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 322 f. 145 Tams, NVwZ 2006, S. 1226 (1229); Hermes, in: Dreier, GG III, Art. 87d Rn. 23; Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 112; Wieland, Rechtsgutachten, S. 36 ff., 43. 146 Baumann, DVBl. 2006, S. 332 (336); allg. Wißmann, in: GVwR I, § 15 Rn. 67. – Dabei muss in rechtsdogmatischer Hinsicht gesehen werden, dass die auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 Satz 1 LuftVG vorgenommene und (noch) bestehende Organisationsprivatisierung notwendigerweise mit einer Beleihung verbunden ist, da die DFS-GmbH zur Ausübung von Hoheitsbefugnissen ermächtigt ist (§ 31b Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 27c i. V. m. § 29 LuftVG). Art. 87d Abs. 1 GG schließt eine funktionale Privatisierung möglicherweise nicht zwingend aus, wohl aber eine – hier jedoch nicht zur Diskussion stehende – materielle Privatisierung und setzt einer Kapitalprivatisierung, wie zu zeigen sein wird, rechtliche Grenzen.

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II. Zulässigkeit der Kapitalprivatisierung nach Art. 87d Abs. 1 GG

Das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung ist demzufolge wegen Verstoßes gegen Art. 87d Abs. 1 GG verfassungswidrig. b) Wird der Entstehungsgeschichte des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG nur indizielle Bedeutung beigemessen, der Verfassungssystematik lediglich eine gewisse Rahmenfunktion zuerkannt und stärker auf Sinn und Zweck der Verfassungsvorschrift abgestellt, ist ein über die Kapitalprivatisierung zu schaffendes gemischt-wirtschaftliches Unternehmen zulässig, sofern der verfassungsrechtlich notwendige Einfluss des Bundes auf das Unternehmen gewährleistet ist147. Daraus folgen nun allerdings nicht sogleich Einschätzungsprärogativen und Abwägungsoptionen für den Gesetzgeber. Zunächst müssen vielmehr die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den notwendigen Bundeseinfluss auf das Unternehmen geklärt werden. Anschließend ist das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung daraufhin zu überprüfen, ob es den verfassungsrechtlichen Vorgaben standhält. Wird der verfassungsrechtliche Maßstab eindeutig beachtet oder klar verfehlt, stellen sich „reine“ Wertungsfragen nicht. Die nachfolgende Untersuchung geht zu Gunsten des Bundesgesetzgebers davon aus, dass das „Ob“ einer Kapitalprivatisierung der Flugsicherung – entgegen der zitierten (wohl herrschenden) Rechtsauffassung – durch Art. 87d Abs. 1 GG nicht ausgeschlossen ist148. Sollte zum „Wieweit“ der Privatisierung allerdings ebenfalls ein negatives Ergebnis erzielt werden müssen, braucht nicht entschieden zu werden, welcher Rechtsauffassung zur Deutung des Art. 87d Abs. 1 GG letztlich zu folgen ist.

147 Uerpmann, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 87d Rn. 12; Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 67. 148 Unbrauchbar ist in diesem Zusammenhang die Gesetzesbegründung der Bundesregierung, BT-Drs. 16 / 240, S. 19, mit der schlichten Bemerkung, Art. 87d Abs. 1 GG bestimme, „dass durch Bundesgesetz über die öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Organisationsform der Luftverkehrsverwaltung entschieden wird.“. Kritisch zu dieser unreflektierten Wiedergabe des Verfassungstextes Baumann, DVBl. 2006, S. 332 (335); Tams, NVwZ 2006, S. 1226 (1228).

III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung bei einer Kapitalprivatisierung der Flugsicherung Auf Grund der vom Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung gewählten Konzeption, die an der rechtlichen Qualifizierung der Flugverkehrsdienste als hoheitliche Aufgabe des Bundes festhält (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FSG) und den Weg zur Kapitalprivatisierung frei macht (Art. 2 Nr. 19 des Gesetzes), um anschließend eine Beleihung des neu entstehenden Privatrechtssubjekts vornehmen zu können (§ 3 FSG), steht die Gewährleistungsverantwortung des Bundes für die Flugsicherung dem Grunde nach fest und wird auch von den gesetzgebenden Organen anerkannt [vgl. oben I. 3. b)]. Entscheidend kommt es für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes auf die konkrete rechtliche Ausgestaltung dieser Gewährleistungsverantwortung an.

1. Verfassungsrechtlich notwendige Ingerenzrechte des Bundes Die staatliche Gewährleistungsverantwortung kann nur wahrgenommen werden, wenn der Bund ausreichende Ingerenzrechte (Steuerungs- und Kontrollrechte) gegenüber der privatrechtlich organisierten Flugsicherungsorganisation hat149. Bei der Ermittlung des hierfür erforderlichen rechtlichen Niveaus dürfen keine Illusionen bestehen. Im Vergleich zu den Ingerenzmöglichkeiten bei der bundeseigenen Verwaltung führt die Einschaltung eines Privatrechtssubjekts in die Aufgabenerfüllung unweigerlich zu staatlichen Steuerungs- und Kontrollverlusten150; denn entsprechende Maßnahmen werden an das Privatrechtssubjekt gleichsam „von außen“ herangetragen, während der Bund im Falle der bundeseigenen Verwaltung „von innen her“ beherrschenden Einfluss auf die Flugsicherung nehmen 149 Die Gesetzesbegründung der Bundesregierung spricht von einem „verfassungsrechtlichen Staatsvorbehalt als Strukturvorgabe staatlichen Handelns“, BT-Drs. 16 / 240, S. 18. – Ähnlich das Schrifttum, z. B. Pabst / Schwartmann, DÖV 1998, S. 315 (317); Wieland, Rechtsgutachten, S. 37; sogar Horn, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 87d Rn. 17, 31, 33 (wie damit eine vollständige Aufgabenprivatisierung vereinbar sein soll, Rn. 18, bleibt indes rätselhaft). 150 Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 (320 f.), sieht darin die „eigentliche Achillesferse des Gewährleistungsverwaltungsrechts“. – Bereits bei der Organisationsprivatisierung der Flugsicherung betonte BT-Drs. 12 / 1800, S. 3, im Lichte der Erkenntnis, dass Aufsicht qualitativ etwas anderes ist als eigene Verwaltung: Die Ingerenzrechte seien zwangsläufig eingeschränkt, wenn eine Organisationsform des Privatrechts für die Aufgabenwahrnehmung der Flugsicherung gewählt werde.

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III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung der Flugsicherung

kann151. Das bedeutet nicht, dass die verfassungsrechtlich geforderten Ingerenzrechte für den Bund nicht geschaffen werden könnten; aber die Einsicht in die ohnehin in Kauf zu nehmenden Steuerungs- und Kontrollverluste des Staates macht deutlich, dass es Grenzen für den Rückzug des Staates aus der kraft Gesetzes hoheitlich verfassten Flugsicherung gibt.

a) Sicherung demokratisch legitimierter Steuerung und Kontrolle Der in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung in Erinnerung gerufene „verfassungsrechtliche Staatsvorbehalt“ deutet bereits an, dass sich die inhaltlichen Anforderungen an die Qualität der Ingerenzrechte aus dem Demokratiegebot ergeben152. Das in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG verankerte Demokratiegebot verlangt einen Ausgleich für den Verlust unmittelbarer parlamentarischer Kontrolle, der mit der Übertragung der Aufgabenwahrnehmung auf ein Privatrechtssubjekt verbunden ist. Denn unkontrollierte exekutivische Freiräume werden verfassungsrechtlich nicht akzeptiert. Deshalb muss das Handeln der privatrechtsförmigen Organisation so beeinflusst werden können, dass die Letztentscheidung eines dem Parlament verantwortlichen Amtswalters stets gesichert ist153. Das gilt auch und gerade im Falle der Beleihung, die ja auf die Ausübung von Hoheitsgewalt durch das Privatrechtssubjekt zielt154. Denn jedes amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter, das sich als Ausübung von Staatsgewalt darstellt, bedarf der demokratischen Legitimation155. Von daher ist der von der Bundesregierung beschriebene Regelungsbedarf im Flugsicherungsgesetz zutreffend erkannt, wenn die „Sicherstellung der Verantwortlichkeit der Exekutive im Bereich der Flugsicherung für die Aufgaben, die in ihrem Hoheitsbereich der parlamentarischen und gerichtlichen Kontrolle unterliegen“, als Voraussetzung der Kapitalprivatisierung bezeichnet wird156.

151 Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 66; Wieland, Rechtsgutachten, S. 44 und S. 47. 152 Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 36 f.; Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 99. 153 Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 314; Wollenschläger, Effektive staatliche Rückholoptionen bei gesellschaftlicher Schlechterfüllung, S. 68 f. 154 Burgi, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 29; ausführlich Freitag, Das Beleihungsrechtsverhältnis, S. 85 ff. – In Fällen der funktionalen Privatisierung erklärt der BremStGH, NVwZ 2003, S. 81 (83), die Bindung der hoheitlich handelnden Amtsträger – wobei der Beliehene als Verwaltungsbehörde im funktionalen Sinne gemäß § 1 Abs. 4 VwVfG verstanden wird – an den Willen und die Weisungen einer parlamentarisch verantwortlichen Regierung für unabdingbar nach dem demokratischen Prinzip. 155 BVerfGE 83, 60 (73); 93, 37 (68); 107, 59 (87). 156 BT-Drs. 16 / 240, S. 19.

1. Verfassungsrechtlich notwendige Ingerenzrechte des Bundes

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b) Gewährleistung des jederzeitigen Bundeseinflusses und seiner praktischen Durchsetzbarkeit Es besteht weithin Einigkeit darüber, dass diese entscheidende Voraussetzung nur dann erfüllt ist, wenn die dem Bund vorbehaltenen Ingerenzrechte diesem jederzeit den Durchgriff auf die Tätigkeit der Privatrechtsorganisation ermöglichen, um den Bundeseinfluss zu sichern. Diese – bereits bei der Schaffung des Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG erkannte – Voraussetzung157 ist (nahezu) allgemein anerkannt158. Auf diese verfassungsrechtliche Anforderung hatte auch der Präsident des Bundesrechnungshofes in seiner Stellungnahme vom 26. Juli 2005 gegenüber dem Bundesverkehrsminister, die am 3. August 2005 auch dem (damaligen) Chef des Bundeskanzleramtes übermittelt worden ist, mit großer Klarheit hingewiesen159: Es sei „zwingend erforderlich, dass die kodifizierten Ingerenzrechte des Bundes dem in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG verankerten Demokratieprinzip genügen. Maßstab für deren verfassungsgemäße Ausgestaltung muss dabei die Frage sein, ob der Bundeswille, wie er im zuständigen Bundesministerium formuliert wird, praktisch jederzeit durchsetzbar ist.“ Diese juristisch korrekte Stellungnahme weist nicht nur auf die verfassungsrechtliche Grundlage der notwendigen Ingerenzrechte des Bundes hin, sondern macht ebenso zutreffend auf die notwendige praktische Wirksamkeit des Rechts bei der gesetzlichen Ausgestaltung einer privatisierten Flugsicherung aufmerksam: Sowohl in Bezug auf die verwaltungsrechtlichen Aufsichtsbefugnisse des Bundes als auch hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Beherrschungsmöglichkeiten muss der Bundeswille praktisch jederzeit durchsetzbar sein, weil nur dann von einer effektiven Wahrnehmbarkeit der Ingerenzrechte gesprochen werden kann160. Auf der Grundlage der vorstehend herausgearbeiteten verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung der Ingerenzrechte gegenüber einer kapitalprivatisierten DFS-GmbH ist die seitens des BMJ am 5. April 2006 im Rechtsaus157 BT-Drs. 12 / 1801, S. 19, mit der treffenden Formulierung: Zu gewährleisten sei „der jederzeit mögliche und im Einzelfall notwendige Durchgriff des Bundes in die Aufgabenerfüllung bei der Gesellschaft“. 158 Uerpmann, in: von Münch / Kunig, GG, Art. 87d Rn. 12: Es müsse „der Einfluss des Bundes . . . jederzeit gewährleistet“ sein; ähnlich Droege, DÖV 2006, S. 861 (865, 866) und Wieland, Rechtsgutachten, S. 37; Pabst / Schwartmann, DÖV 1998, S. 315 (317), wählen die Formulierung „jederzeitige Durchsetzung der staatlichen Führungsrolle“; Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 315, verlangt für die Durchsetzung der bundeseigenen Willensbildung „die jederzeitige Kontrollierbarkeit privatrechtsförmiger Administration und nötigenfalls die Korrektur ihrer Betätigung“. 159 BWV, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung, S. 2 f. 160 Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 100 f. – Hofmann / Grabherr, LuftVG, § 27c Rn. 11, fordern die „uneingeschränkte Durchsetzung des Bundeswillens“, um eine Beteiligung Privater an der DFS-GmbH verfassungsrechtlich überhaupt in Betracht ziehen zu können. – Allg. Wollenschläger, Effektive staatliche Rückholoptionen bei gesellschaftlicher Schlechterfüllung, S. 70.

4 Die Verwaltung, Beiheft 6

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III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung der Flugsicherung

schuss des Deutschen Bundestages getroffene Aussage, „geboten sei, dass Einfluss auf ,strategische‘ Entscheidungen genommen werden könne“161, nicht zutreffend. Den verfassungsrechtlichen Anforderungen ist vielmehr nur dann Rechnung getragen, wenn der Bund „über operative Einwirkungsmöglichkeiten verfügt“162. Dies stellt, wie zu zeigen sein wird, einen erheblichen rechtlichen Unterschied zu einer bloß strategischen Einflussnahme des Bundes auf die Tätigkeit der DFS-GmbH dar. Die Bundesregierung hat die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ingerenzrechte letztlich akzeptiert. In ihrer Stellungnahme gegenüber dem Bundespräsidialamt vom 1. August 2006 wird anerkannt, dass nach Art. 87d Abs. 1 GG der Einfluss des Bundes auf die Tätigkeit einer kapitalprivatisierten Flugsicherungsorganisation „jederzeit“ gewährleistet sein muss; daher seien die Ingerenzrechte so auszugestalten, „dass der Bundeswille im Ergebnis effektiv durchsetzbar ist“163. Diesem Maßstab müssen die im Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung normierten Ingerenzrechte des Bundes standhalten.

2. Ingerenzbefugnisse des Bundes bezüglich der kapitalprivatisierten DFS-GmbH a) Funktionaler Zusammenhang zwischen verwaltungsrechtlichen Ingerenzrechten und gesellschaftsrechtlichen Ingerenzmöglichkeiten Eine kapitalprivatisierte Flugsicherungsorganisation kann dem verfassungsrechtlich notwendigen Bundeseinfluss sowohl verwaltungsrechtlich als auch gesellschaftsrechtlich unterworfen werden. Dies ist auch das Konzept des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung [vgl. oben I. 3. b)]. Für die verfassungsrechtliche Überprüfung des Gesetzes bedeutet dies zunächst, dass die öffentlichrechtlichen und die privatrechtlichen Ingerenzrechte daraufhin untersucht werden müssen, ob und inwieweit sie dem Bund jederzeit praktisch wirksame Durchgriffsbefugnisse einräumen. Die rechtliche Prüfung darf dabei jedoch nicht stehen bleiben und lediglich die Annahme formulieren, die vorgesehenen Ingerenzen erlaubten „in ihrer Kumulation einen wirksamen Eingriff in das Verwaltungsverhalten der beliehenen Flugsicherungsorganisation“164. Das rechtliche Konzept der Gewährleistungsverwaltung ist komplexer und damit anspruchsvoller: Öffent161

Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Rechtsausschuss, Protokoll Nr. 9 S. 20. So zutreffend die Monopolkommission, BT-Drs. 16 / 2460, Tz. 83. 163 Stellungnahme der Bundesregierung, S. 6. – Auch der BT-Rechtsausschuss stellt fest, die „Einwirkungsbefugnisse müssen eine jederzeitige Einflussnahme ermöglichen“; Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Rechtsausschuss, Protokoll Nr. 9 S. 20; auch wiedergegeben in BT-Drs. 16 / 1161, S. 13. 164 So aber die Stellungnahme der Bundesregierung, S. 7; ähnlich Droege, DÖV 2006, S. 861 (866). 162

2. Ingerenzbefugnisse des Bundes

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liches Recht und Privatrecht sind funktional aufeinander bezogen, stehen in einem Ergänzungsverhältnis und können nur in ihrem Zusammenwirken die verfassungsrechtlich geforderten Steuerungs- und Kontrollleistungen erbringen165. Dies zeigt bereits ein Blick auf die Diskussion um die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Standards bei der bestehenden, im Alleineigentum des Bundes stehenden DFS-GmbH. Verbreiteter Auffassung nach ist die geltende Gesetzeslage durch die Verbindung des Mangels gesellschaftsrechtlicher Ingerenzrechte mit unzureichenden Aufsichtsbefugnissen des Bundes verknüpft166. Wenn aber schon die jetzige gesetzliche Ausgestaltung der Organisationsprivatisierung der DFS-GmbH eine derartige verfassungsrechtliche Kritik hervorruft, muss die im Privatisierungsgrad viel weiterreichende Kapitalprivatisierung der DFS-GmbH besonders sorgfältig daraufhin untersucht werden, ob das im Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung vorgesehene Modell die verfassungsrechtlich geforderten staatlichen Ingerenzmöglichkeiten überhaupt erlaubt. Die dem Verfassungsrecht geschuldeten Ingerenzpflichten, die verwaltungsrechtlich in entsprechende Befugnisse des Bundes zu transformieren sind, müssen mit den Ingerenzmöglichkeiten des Gesellschaftsrechts in Deckung gebracht werden können, um praktisch wirksam zu sein. Die beschlossene Kapitalprivatisierung der DFS-GmbH ist demnach dahingehend rechtlich zu analysieren und zu befragen, ob die staatlichen Befugnisse nach Verwaltungsrecht und die bundesrechtlich normierten unternehmensinternen Steuerungsmechanismen nach Gesellschaftsrecht in ihrem Zusammenwirken ausreichen, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die verfassungsrechtlichen Ingerenzpflichten des Bundes zu genügen167. Das bedeutet nicht, dass das Gesellschaftsrecht von vornherein als „Hindernis“ für die jederzeitige Durchsetzbarkeit des Bundeswillens erachtet werden muss. Juristisch zu verlangen ist auch nicht, dass es schon selbst eine effektive Steuerung und Kontrolle seitens des Bundes garantiert. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 87d Abs. 1 GG darf das hier maßgebliche Gesellschaftsrecht (GmbH-Gesetz, Mitbestimmungsgesetz) allerdings einer wirksamen (verwaltungs)rechtlichen Steuerung und Kontrolle durch den Bund nicht entgegenstehen, so dass der jederzeitige Bundeseinfluss und seine praktische Durchsetzbarkeit gewährleistet sind [vgl. oben III. 1. b)]. Sollte das Gesellschaftsrecht eine allzu große „juristische Resistenz“ gegenüber verwaltungsrechtlichen Aufsichtsmaßnahmen aufweisen, könnte die beliehene Flugsicherungsorgani165 Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 (309 f.); Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Kap. 3 Tz. 117. 166 Pabst / Schwartmann, DÖV 1998, S. 315 (321 ff.); Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 322 f.; Bull, in: AK-GG, Art. 87d Rn. 7. 167 In diesem Sinne auch die Monopolkommission, BT-Drs. 16 / 2460, Tz. 69.

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III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung der Flugsicherung

sation (im Sinne eines funktionalen Äquivalents) kaum „als ,bundeseigene Verwaltung‘ i. S. d. Art. 87d Abs. 1 GG“168 qualifiziert werden.

b) Öffentliches Recht: Sicherungen und Defizite Die öffentlichrechtlichen Vorkehrungen für eine wirksame Steuerung und Kontrolle der (geplanten) kapitalprivatisierten DFS-GmbH sind beachtlich [vgl. oben I. 3. b) cc)]. Insbesondere die gesetzlich vorgesehene Rechts- und Fachaufsicht, die staatlichen Unterrichtungs-, Beanstandungs- und Weisungsrechte, ferner die Möglichkeit der Ersatzvornahme und der Verhängung eines Warnungsgeldes sowie das Betretungs- und Aktenzugangsrecht und auch die Vorkehrung für den Fall der Insolvenz der GmbH sind wichtige rechtliche Elemente zur Sicherstellung der den Bund treffenden Gewährleistungsverantwortung [dazu oben I. 3. b) vor aa)]. Ob eine kapitalprivatisierte DFS-GmbH allerdings damit schon „wie eine Behörde“ vom Bund geführt werden kann169, hängt von weiteren Faktoren des öffentlichrechtlichen Rechtsregimes ab. Zu deren rechtlicher Würdigung bedarf es einer Einzelanalyse möglicher kritikwürdiger Punkte.

aa) Effizienzverluste staatlicher Aufsicht im Vergleich mit bundeseigener Verwaltung Die Monopolkommission bezweifelt die praktische Wirksamkeit der dem Bund nach dem Flugsicherungsgesetz zustehenden Ingerenzrechte schon deshalb, weil diese im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung durch den Beliehenen „nur mit einer erheblichen Zeitverzögerung angewendet werden“ könnten, so dass ein „massives Gefahrenpotenzial“ entstehen könne170. An dieser Kritik ist zutreffend, dass eine gewisse zeitliche Verzögerung der Steuerung und Kontrolle bei einer „Auslagerung“ der Aufgabenwahrnehmung auf eine Privatrechtsorganisation unvermeidlich ist, da Aufsicht eben etwas qualitativ anderes darstellt als bundeseigene Verwaltung. Verfassungsrechtlich durchschlagend ist die Kritik allerdings nicht. Der Verzicht auf jegliche Zeitverzögerung bei der Wahrnehmung der Flugsicherung (als verfassungsrechtliche Forderung) würde organisationsrechtlich bedeuten, dass diese überhaupt nur in bundeseigener Verwaltung geführt werden darf, weil ansonsten immer „Reibungsverluste“ auftreten (können); von Art. 87d Abs. 1 Satz 2 GG wird eine gewisse Steuerungs- und Kontroll168

So die zutreffende Prämisse in der Stellungnahme der Bundesregierung, S. 1. So die verfassungsrechtlich begründete Forderung von Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 314. 170 Monopolkommission, BT-Drs. 16 / 2460, Tz. 81. 169

2. Ingerenzbefugnisse des Bundes

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schwäche aber zwingend in Kauf genommen, weil die Vorschrift anderenfalls keinen Sinn ergibt. Zudem ist das Ausmaß möglicher Ingerenzverluste vornehmlich eine Frage des Gesetzesvollzugs und weniger der Rechtsetzung. Auch von daher können gegen die im Flugsicherungsgesetz normierten staatlichen Ingerenzbefugnisse als solche keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken geltend gemacht werden.

bb) Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörde von Flugsicherungsorganisationen Das EG-Recht schreibt nicht nur die strukturelle Trennung zwischen staatlicher Aufsicht und Flugsicherung vor [vgl. oben I. 2. a)], sondern legt den EG-Mitgliedstaaten zudem auf, dafür zu sorgen, „dass die nationalen Aufsichtsbehörden ihre Befugnisse unparteiisch und transparent ausüben“ (Art. 4 Abs. 2 Satz 3 VO 549 / 2004 / EG). Die Monopolkommission sieht durch die Übernahme bisheriger Beschäftigter der DFS-GmbH in die neu zu schaffende Aufsichtsbehörde (Bundesamt für Flugsicherung – BAF –, § 2 Abs. 1 FSG) eine unabhängige Fachaufsicht nicht gewährleistet. Denn wenn bisherige Beschäftigte der DFS nun im BAF ihre früheren Kollegen überwachen sollten, werde eine wirksame Aufsicht erheblich erschwert171. Hintergrund der Kritik ist die in Art. 9 des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung vorgesehene Regelung. Sie wird mit praktischen Notwendigkeiten begründet: Da das BAF die bisher von der DFS wahrgenommenen Regulierungs- und Aufsichtsaufgaben übernehme, werde das bei der DFS vorhandene und mit diesen Aufgaben betraute Personal für die künftige Aufgabenwahrnehmung benötigt; nur dieses Personal verfüge über die speziellen Erfahrungen und Kenntnisse, die zur sachgerechten Wahrnehmung der dem BAF künftig obliegenden Aufgaben benötigt würden172. Ob die europarechtlich begründeten Bedenken auch verfassungsrechtliche Substanz haben, kann unentschieden bleiben. Die Besorgnisse der Monopolkommission sind rechtlich nur schwer fassbar. Um eine wirkliche Gefährdung einer effektiven Aufsicht annehmen zu wollen, müsste von der Unterstellung ausgegangen werden, dass beim Aufsichtspersonal im Konfliktfall letztlich kollegiale (frühere) Beziehungen über die Gesetzesbindung bei der Aufgabenwahrnehmung die Oberhand gewinnen werden. Verfassungsrechtlich valide ist eine solche Annahme in ihrer Pauschalität 171

Monopolkommission, BT-Drs. 16 / 2460, Tz. 82. BT-Drs. 16 / 1161, S. 30 f.; kritisch dazu Monopolkommission, BT-Drs. 16 / 2460, Tz. 82: Statt Einbußen in der Effektivität der Aufsichtsbehörde um einer raschen Privatisierung willen billigend in Kauf zu nehmen, solle mit dem Privatisierungsprogramm erst dann fortgefahren werden, wenn hinreichend qualifiziertes und unbefangenes Personal für die Überwachung durch das BAF zur Verfügung stehe. 172

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III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung der Flugsicherung

kaum. Soweit im Einzelfall Bedenken an einer unparteiischen Amtsführung auftreten, dürften §§ 20, 21 VwVfG Lösungsmöglichkeiten bereit halten.

cc) Unterbeauftragung eines Dritten durch den Beliehenen Nach Art. 10 Abs. 1 VO 550 / 2004 / EG können Flugsicherungsorganisationen die Dienste anderer in der Europäischen Gemeinschaft zertifizierter Dienstleister in Anspruch nehmen; bei Flugverkehrsdiensten ist jedoch die Zustimmung des betreffenden Mitgliedstaates erforderlich (Art. 10 Abs. 3 Satz 1 VO 550 / 2004 / EG). Der Dritte unterliegt nicht der Rechtsund Fachaufsicht des Bundes173. § 3 Abs. 6 Satz 2 FSG bestimmt, dass jene (Dritt-)Dienstleister im Namen und im Auftrag der beliehenen Flugsicherungsorganisation handeln, sie treten jedoch nicht in die Rechte und Pflichten der beliehenen Flugsicherungsorganisation gegenüber dem Bundesamt für Flugsicherung ein. Vielmehr ist die beliehene Flugsicherungsorganisation gehalten, im Umfang der ihr obliegenden Pflichten die ordnungsgemäße Diensterbringung durch andere Dienstleister sicherzustellen (§ 3 Abs. 6 Satz 3 FSG). Bei nicht ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung durch einen Dritten kann das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung von dem Beliehenen die unverzügliche Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Dritten verlangen (§ 3 Abs. 6 Satz 4 FSG). Diese Konstruktion hat beim Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung verfassungsrechtliche Bedenken hervorgerufen. Da die Erbringung von Flugverkehrsdiensten unstreitig die Ausübung hoheitlicher Befugnisse darstelle, dürfe die Unterbeauftragung des Dritten nur durch einen staatlichen Beleihungsakt und nicht durch eine privatrechtliche Unterbeauftragung erfolgen. Werde die Flugverkehrskontrolle über deutschem Hoheitsgebiet durch einen anderen europäischen Dienstleister ausgeübt, bedürfe es einer staatsrechtlichen Vereinbarung; die Zustimmung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung reiche nicht174. Dies sind gewichtige verfassungsrechtliche Einwände, letztlich durchschlagend sind sie aber nicht. Was zunächst die „privatrechtliche Unterbeauftragung“ betrifft, ist diese durch den innerstaatlich unmittelbar verbindlichen (vgl. Art. 249 Abs. 2 EGV) Art. 10 Abs. 1 VO 550 / 2004 / EG erlaubt, kann also vom nationalen Recht nicht ausgeschlossen werden. Im Übrigen kann in § 3 Abs. 6 Satz 1 FSG die gesetzliche Grundlage für die Übertragung von Hoheitsrechten gesehen werden. Dass nur das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung zustimmen muss, ist vielleicht ein „Schönheitsfehler“. Immerhin untersteht diese Bundesbehörde unmittelbar der 173

BT-Drs. 16 / 240, S. 24. BWV, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung, S. 9 f. 174

2. Ingerenzbefugnisse des Bundes

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Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FSG). Die Ministerverantwortlichkeit in Verbindung mit der gesetzlich durch § 3 Abs. 6 Satz 1 FSG zum Ausdruck gebrachten sachlich-inhaltlichen Legitimation der Heranziehung anderer zertifizierter Dienstleister dürfte den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine hinreichende staatsrechtliche Steuerung der Beleihung noch genügen. Ob ein anderes Modell zweckmäßigerweise wäre, ist keine Verfassungsrechtsfrage.

dd) Verlagerung der DFS-Hauptbetriebsstätte in das Ausland Nach § 16 Abs. 6 Satz 1 FSG ist die DFS-GmbH für die Dauer von 20 Jahren verpflichtet, neben ihrem eingetragenen Sitz auch ihre Hauptbetriebsstätte im Inland aufrechtzuerhalten. Um langfristigen Fortentwicklungen des einheitlichen europäischen Luftraumes und der Weiterentwicklung der europäischen Flugsicherungsorganisationen Rechnung tragen zu können, sind von jener Bestimmung jedoch Ausnahmen zugelassen. Eine Verlagerung der Hauptbetriebsstätte der DFS-GmbH in das europäische Ausland bedarf der Zustimmung der Bundesregierung (§ 16 Abs. 6 Satz 2 FSG), die jedoch vor einer Erteilung ihrer Zustimmung die Einwilligung des Bundestages einholen muss (§ 16 Abs. 6 Satz 4 FSG). Voraussetzungen für die Zulassung einer Hauptbetriebsstättenverlagerung sind „dringende Gründe der Flugsicherung“ und die Gewährleistung der ordnungsgemäßen und sicheren Erfüllung der Aufgaben der Flugsicherung sowie die Sicherstellung einer den Anforderungen des Flugsicherungsgesetzes entsprechenden Beaufsichtigung (§ 16 Abs. 6 Satz 2 FSG)175. Außerdem kann die Zustimmung der Bundesregierung mit Nebenbestimmungen verbunden werden (§ 16 Abs. 6 Satz 3 FSG). Unabhängig von den Bestimmungen zur vorzeitigen Verlagerung der Hauptbetriebsstätte der DFS-GmbH in das europäische Ausland (§ 16 Abs. 6 Satz 2 bis 4 FSG) fällt auf, dass die Grundsatzregelung (§ 16 Abs. 6 Satz 1 FSG) eine Verpflichtung zum „Inlandssitz“ nur für die Dauer von 20 Jahren festschreibt. Nach Ablauf dieser Frist kann die Betriebsstätte der DFS-GmbH in das Ausland verlagert werden, ohne dass irgendeine gesetzliche Voraussetzung hierfür oder für die Wahrnehmung der Ingerenzrechte des Bundes normiert wäre176. Die Gesetzesbegründung bemerkt zu einem derartigen Vorgang177: „In einem solchen Fall wäre die Bundesaufsicht über die Tätigkeit der Flugsicherungsorganisation ohne entsprechende Vorkehrungen und Maßnahmen erheblich 175 176 177

Erläuternd dazu BT-Drs. 16 / 1161, S. 28. Wieland, Rechtsgutachten, S. 45. BT-Drs. 16 / 1161, S. 27.

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III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung der Flugsicherung erschwert, wenn nicht sogar ausgeschlossen, und die Anwendung der im Gesetz für den Bund vorgesehenen Ingerenzrechte stark beeinträchtigt.“

Diese Einlassung stellt nichts anderes dar als das gleichsam offizielle Eingeständnis dafür, dass die effektive Aufsicht des Bundes nach 20 Jahren nicht mehr sichergestellt wird, obwohl dies verfassungsrechtlich unabdingbar ist178. Art. 87d Abs. 1 GG ist indessen nicht eine Art „Zeitgesetz“. Kann sich die DFS-GmbH nach Ablauf von 20 Jahren den Ingerenzrechten des Bundes entziehen, kann der Staat seine Gewährleistungsverantwortung nicht mehr in dem verfassungsrechtlich gebotenen Maße wirksam wahrnehmen. Das aber führt zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes. Da sämtliche Steuerungs- und Kontrollrechte von der Befristung einer gesetzlichen Sicherung des notwendigen Bundeseinflusses auf die DFS-GmbH betroffen sind und der Bundespräsident nicht etwa § 16 Abs. 6 Satz 1 FSG isoliert für unwirksam erklären kann, ist das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung insgesamt verfassungsrechtlich nicht zu halten. Politisch vermutete längerfristige Entwicklungen im europäischen Luftraum bei den Flugsicherungsorganisationen sind nicht geeignet, geltendes Verfassungsrecht zu ignorieren. Europäische Perspektiven der Flugsicherung sind juristisch nur in dem Maße beachtlich, wie sie geltendes EGRecht geworden sind. Ausdruck hierfür sind die SES-Verordnungen. Diese lassen die Anforderungen des Art. 87d Abs. 1 GG unberührt. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Sicherstellung wirksamer verwaltungsrechtlicher Ingerenzbefugnisse des Bundes gegenüber der DFS-GmbH gelten daher zeitlich unbefristet. Deshalb ist jede gesetzliche Regelung, die die Gewährleistungsrechte des Bundes gegenüber der beliehenen Flugsicherungsorganisation „beendet“, mit Art. 87d Abs. 1 GG nicht vereinbar. Die verfassungswidrige zeitliche Limitierung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung schlägt notwendigerweise auf das gesamte Gesetz durch. Daher ist das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung insgesamt mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

ee) Rückholoptionen des Bundes Nach § 10 Abs. 1 FSG kann die Beleihung entschädigungslos widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen der Beleihung entfallen sind, insbesondere der Beliehene nicht mehr die Gewähr bietet, seine Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Ferner kann nach § 11 Abs. 1 FSG – falls keine weniger einschneidenden Maßnahmen in Betracht kommen – die Rückübertragung 178 Darauf hatte bereits der BWV, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung, S. 4, hingewiesen: Die Aufsicht des Bundes sei verfassungskonform nur gewährleistet, wenn gesetzlich vorgeschrieben werde, „dass die beliehene Flugsicherungsorganisation ihre Hauptbetriebsstätten innerhalb des deutschen Staatsgebietes legt und belässt“.

2. Ingerenzbefugnisse des Bundes

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der Geschäftsanteile an der beliehenen Flugsicherungsorganisation auf den Bund angeordnet werden, wenn so erhebliche Pflichtverletzungen des Beliehenen vorliegen, dass die innere und äußere Sicherheit in höchstem Maße gefährdet ist. Es ist zweifelhaft, ob diese Rückholoptionen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung „retten“ können. Als realistische Handlungsoption kommen derartige Rückfallklauseln zur Sicherstellung der staatlichen Gewährleistungsverantwortung nur in Betracht, wenn der Staat mehr oder weniger „ad hoc“ in der Lage ist, die Aufgabe (wieder) selbst oder durch beauftragte Dritte zu erfüllen179. Die Monopolkommission hat bereits darauf hingewiesen, dass der Bund im Falle einer tatsächlichen Rückübertragung vor dem Problem stehe, die Leistung entweder selbst oder von einem anderen Flugsicherungsunternehmen erbringen zu lassen; die erste Variante könne allenfalls durch eine Übernahme der zivilen Flugsicherung seitens der Bundeswehr verwirklicht werden, bezüglich der zweiten Möglichkeit existierten keine Wettbewerber im deutschen Luftraum, die die Aufgabe übernehmen könnten180. Schon dies zeigt, dass die Rückfallklauseln keine sehr effektiven Instrumente zur Sicherstellung der Gewährleistungsverantwortung des Bundes sind; sie sind notwendig, aber in ihrem „Drohpotenzial“ doch begrenzt. Und da die Funktionsfähigkeit der Flugverkehrsdienste von der ununterbrochenen Tätigkeit der Flugsicherung abhängt, bleiben die in § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 FSG normierten Optionen etwas theoretisch. Eine weitere Schwächung dieser Instrumente dürfte sich im Falle einer durchgeführten Kapitalprivatisierung der DFS-GmbH einstellen. Da die Veräußerung der Geschäftsanteile i. H. v. 74,9 % – soweit ersichtlich – rechtlich nicht kanalisiert werden soll, könnte eine Streuung der Geschäftsanteile bei privaten Anlegern weit über die Bundesrepublik Deutschland hinaus einsetzen, die bestimmte Entwicklungen praktisch unumkehrbar macht181. Die Rückholoptionen des Bundes nach § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 FSG sind insgesamt so schwache Ingerenzrechte, dass sie keinen verfassungsrechtlich entscheidenden Beitrag zur notwendigen Stabilisierung der Gewährleistungsverantwortung des Bundes zu leisten vermögen.

c) Privatrecht: Begrenzung staatlicher Ingerenzen Im Gesetzgebungsverfahren zur Neuregelung der Flugsicherung hat die verbleibende Beteiligung des Bundes an der DFS-GmbH i. H. v. 25,1 % 179 Voßkuhle, VVDStRL 62 (2003), S. 266 (326), bemerkt hierzu, dies sei „bei längerer Aufgabenabstinenz indes kaum zu erwarten“. 180 Monopolkommission, BT-Drs. 16 / 2460, Tz. 83. 181 Wieland, Rechtsgutachten, S. 45: „Entwicklung nicht mehr rückholbar“.

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III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung der Flugsicherung

zunehmend an Bedeutung gewonnen [vgl. oben I. 3. b) aa)]. Regierungsvertreter und Parlamentarier sehen darin eine wirksame und rechtlich (mit-) entscheidende Vorkehrung zur Sicherung der notwendigen Ingerenzrechte des Bundes über eine kapitalprivatisierte DFS-GmbH.

aa) Bedeutung des Gesellschaftsrechts Das deutsche Gesellschaftsrecht dient in erster Linie dem Schutz des Unternehmens (Sicherung von Handlungsfreiheit, Anlegerschutz etc.)182. Es hat einen rechtsnormativen Selbststand und steht daher nicht etwa zur „Disposition“ des Verwaltungsrechts, das – ausgehend von seiner Zielsetzung der Gemeinwohlverpflichtung – bestimmte Steuerungsleistungen in und mit einer Privatrechtsorganisation, an der der Staat beteiligt ist, erreichen möchte. Die Zusammenschau des staatsorientierten Öffentlichen Rechts und des privatrechtlich fundierten Gesellschaftsrechts zeigt, dass verwaltungsrechtlich normierte Ingerenzrechte des Staates gegenüber einem in einer Privatrechtsorganisation verfassten beliehenen Rechtssubjekt nur (so) effektiv sein können, wenn und soweit ihnen „nicht Hindernisse aus der Rechtssphäre der in der Regel in den Formen des Gesellschaftsrechts verfassten beliehenen Unternehmen entgegenstehen“183. Es ist deshalb juristisch nicht zutreffend, wenn gesagt wird, im Flugsicherungsgesetz vorgesehene öffentlichrechtliche Befugnisse gegenüber dem Beliehenen könnten „die im Zuge der Kapitalprivatisierung sicherlich reduzierten gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten . . . mehr als kompensieren“184. Verwaltungsrecht und Gesellschaftsrecht befinden sich nicht in einem System kommunizierender Röhren; eventuelle gesellschaftsrechtliche Grenzen für öffentlichrechtliche Ingerenzmöglichkeiten können daher nicht etwa „übersprungen“ und gesellschaftsrechtliche Steuerungsdefizite durch ein Übermaß an verwaltungsrechtlichen Befugnissen (über)kompensiert werden. Der zitierten Auffassung des Bundesverkehrsministeriums liegt möglicherweise das Modell der Beleihung einer natürlichen Person zu Grunde. Dann kann in der Tat durch öffentlichrechtliche Maßnahmen eine weitgehende unmittelbare Steuerung des Beliehenen erreicht werden. Handelt es sich bei dem zu steuernden Privatrechtssubjekt jedoch um eine juristische Person, ist die effektive Steuerung und Kontrolle durch den oder die öffentlichen Anteilseigner rechtlich anspruchsvoller: Willensbildung, Entscheidung und deren Umsetzung unterliegen den Regeln des Gesellschafts182

Bull, in: FS Maurer, S. 545 (561). So zutreffend BremStGH, NVwZ 2003, S. 81 (84). 184 So Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung, S. 4 f.; ähnlich Droege, DÖV 2006, S. 861 (867). 183

2. Ingerenzbefugnisse des Bundes

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rechts, bei einer GmbH also des GmbH-Gesetzes; schon das Gesetzmäßigkeitsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gebietet, dass die privatrechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Ist die Inanspruchnahme der privatrechtlichen Organisationsform mit den öffentlichrechtlichen (insbesondere: verfassungsrechtlichen) Vorgaben nicht vereinbar, muss der Staat die Nutzung der privaten Rechtsform – auch wenn dies nicht opportun erscheint – unterlassen und die zur Verfügung stehenden Organisationsformen des Öffentlichen Rechts in Anspruch nehmen185. Was juristisch indessen nicht angeht, ist die Ausblendung und Ignorierung des einschlägigen Gesellschaftsrechts186. Und in der Sache muss – auch wenn dies politisch wenig opportun ist – zur Kenntnis genommen werden, dass das privatrechtlich verfasste Gesellschaftsrecht anderen Handlungsrationalitäten folgt als das primär der Gemeinwohlsicherung verpflichtete Öffentliche Recht. Verfassungsgerichtlich ist daher zutreffend darauf hingewiesen worden, dass bei privater Beteiligung an einer beliehenen Gesellschaft, also bei einem gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen, die Interessen der Gesellschaft mit der staatlichen Gemeinwohlorientierung der Beleihung in Widerspruch geraten können. Hänge die Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht von den Entscheidungen staatlicher Amtswalter, sondern von der Willensbildung in den Organen der Gesellschaft ab, wäre dies mit dem Gebot demokratischer Legitimation der Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht vereinbar187. Die Regeln des Gesellschaftsrechts sind also – ungeachtet bestehender verwaltungsrechtlicher Ingerenzbefugnisse – durchaus in der Lage, die Aufgabenverantwortung des Staates und seine daraus folgende Garantenstellung für die Aufgabenerfüllung durch eine beliehene Privatrechtsorganisation zu beeinträchtigen. Es stellt deshalb eine verkürzte rechtliche Würdigung dar, wenn im luftverkehrsrechtlichen Schrifttum ohne Prüfung des Gesellschaftsrechts schlicht behauptet wird, auf Grund der luftverkehrsrechtlichen Ingerenzbefugnisse könne der Bund als Alleingesellschafter der DFS-GmbH den im Einzelfall notwendigen Durchgriff auch gesellschaftsrechtlich vornehmen188. Solchen Thesen liegt eine Verkennung der rechtsnormativen Geltungskraft des Gesellschaftsrechts zu Grunde. Vorliegend kommt verschärfend 185 Wollenschläger, Effektive Rückholoptionen bei gesellschaftlicher Schlechterfüllung, S. 135; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 78 (m. w. Nachw.); ausführlich Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 132 ff. 186 Zutreffend Rupp, JZ 2006, S. 1033 (1034), der auf die „prekäre Frage nach dem Status einer gesellschaftsrechtlich nach GmbH-Recht gesteuerten Bundeseigenverwaltung“ aufmerksam macht. 187 BremStGH, NVwZ 2003, S. 81 (84); – Ausführlich zu der Problematik Wollenschläger, Effektive staatliche Rückholoptionen bei gesellschaftlicher Schlechterfüllung, S. 127 ff. 188 So z. B. Hofmann / Grabherr, LuftVG, § 31b Rn. 4; ähnlich Schwenk / Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts, S. 80 f.

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III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung der Flugsicherung

hinzu: Die gesellschaftsrechtlichen Ingerenzmöglichkeiten eines (Minderheits-)Gesellschafters einer GmbH, die als gemischt-wirtschaftliches Unternehmen konzipiert ist, decken sich nicht notwendigerweise mit den verwaltungsrechtlich vorbehaltenen Ingerenzbefugnissen dieses (der Staatsorganisation zugehörenden) Gesellschafters.

bb) Notwendigkeit staatlicher Mehrheitsbeteiligung an einer GmbH Auf dieser Grundlage kann kein Zweifel daran bestehen, dass die verfassungsrechtlich geforderte jederzeitige Durchsetzbarkeit des staatlichen Willens in einer GmbH nur sichergestellt ist, wenn der Staat entweder Alleingesellschafter ist oder über eine Mehrheitsbeteiligung verfügt. Dies ist auch und gerade in Bezug auf die DFS-GmbH – soweit ersichtlich – in der rechtswissenschaftlichen Literatur unstrittig189. Erst das Zusammenwirken von öffentlichrechtlichen Ingerenzbefugnissen und gesellschaftsrechtlichen Ingerenzmöglichkeiten sichert die jederzeitige Durchsetzbarkeit des Bundeswillens und macht den Bundeseinfluss in einer kapitalprivatisierten DFS-GmbH ähnlich wirksam wie in einer bundeseigenen Behörde. Es ist deshalb nicht richtig, wenn die Bundesregierung meint, auf die Eigentumsverhältnisse in der DFS-GmbH komme es zur Gewährleistung des notwendigen staatlichen Einflusses nicht an190. Nur wenn der Bund als Alleingesellschafter oder als Mehrheitseigner der GmbH auftritt, verfügt er über die verfassungsrechtlich geforderten operativen Einwirkungsmöglichkeiten. Dies zeigt sich am Beispiel der Steuerung der Geschäftsführung. Geschäftsführer einer GmbH sind weisungsabhängig (§ 37 Abs. 1 GmbHG). In der GmbH sind die Gesellschafter das höchste Organ. Sie entscheiden auch über die Bestellung, Abberufung und Entlassung der Geschäftsführer (§ 46 Nr. 5 GmbHG); ferner obliegt ihnen die Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung (§ 46 Nr. 6 GmbHG). Treffend wird davon gesprochen, die Herrschaft über die GmbH liege bei den Anteilseignern; das Management einer GmbH liege in der Hand des Mehrheitsgesellschafters191. Es bedarf keiner weiteren Begründung was dies für die operative Verwaltungstätigkeit einer beliehenen GmbH bedeutet. Die juristischen Unterschiede zwischen der Effektivität verwaltungsrechtlicher Ingerenzen auf eine beliehene GmbH und der unmittelbaren 189 Pabst / Schwartmann, DÖV 1998, S. 315 (321); Trampler, Verfassungs- und unternehmensrechtliche Probleme der bundesdeutschen Flugsicherung, S. 111 ff.; Traumann, Die Organisationsgewalt im Bereich der bundeseigenen Verwaltung, S. 295; Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 88, 100 ff.; Wieland, Rechtsgutachten, S. 43; ferner Monopolkommission, BT-Drs. 16 / 2460, Tz. 81. 190 Stellungnahme der Bundesregierung, S. 5 f. 191 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 33 V 2a und § 36 I 2a.

2. Ingerenzbefugnisse des Bundes

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Wirksamkeit gesellschaftsrechtlichen Handelns können bis in die Details verdeutlicht werden. So wurde behauptet, die öffentlichrechtlichen Befugnisse insbesondere nach § 5 FSG entsprächen der Befugnis eines GmbHAlleingesellschafters – was der Bund nach erfolgter Kapitalprivatisierung der DFS-GmbH allerdings nicht mehr wäre –, nach § 38 GmbHG jederzeit die Bestellung des Geschäftsführers widerrufen zu können192. Juristisch korrekt ist das nicht. Nach § 38 Abs. 1 GmbHG kann die Bestellung des Geschäftsführers jederzeit widerrufen werden. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 FSG kann die Abberufung von zur Geschäftsführung berechtigten Personen vom Bundesamt für Flugsicherung nur „verlangt“ werden und dies erst dann, wenn trotz Verwarnung fortgesetzt Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt werden oder andere Voraussetzungen für die Abberufung gegeben sind. Sogar wenn die öffentliche Sicherheit seitens der Geschäftsführung der GmbH „erheblich gefährdet“ wird, kann die sofortige Abberufung vom Bund lediglich „verlangt“ (§ 5 Abs. 2 Satz 5 FSG), nicht aber selbst herbeigeführt werden. Nach § 5 FSG ist demnach – im Unterschied zu § 38 Abs. 1 GmbHG – die Abberufung von Geschäftsführern weder vom Bund direkt noch jederzeit noch voraussetzungslos zu bewerkstelligen.

cc) Rechtliche Bedeutung einer Sperrminorität Einer deutlichen Fehleinschätzung im Gesetzgebungsverfahren unterlag die gesellschaftsrechtliche Bedeutung einer Sperrminorität des Bundes an der DFS-GmbH i. H. v. 25,1 % [vgl. dazu oben I. 3. b) aa)]. Noch in der Sitzung des BT-Rechtsausschusses am 5. April 2006 wurde ausweislich des Protokolls seitens des BMJ die Auffassung vertreten, dass eine solche Sperrminorität „auch Einfluss auf das operative Geschäft der beliehenen Flugsicherung habe“193. Rechtlich zutreffend ist das nicht. Abgestimmt wird nach geltendem Recht unter den Gesellschaftern einer GmbH nach den Geschäftsanteilen, und zwar grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 47 Abs. 1 GmbHG)194. Eine Sperrminorität von 25,1 % in einer GmbH kommt lediglich einer – defensiv ausgerichteten – Vetoposition gleich, taugt aber rechtlich nicht für effektive Einflussnahmen auf das operative Geschäft der GmbH. Mit dem 25,1 %-Anteil an einer kapitalprivatisierten DFS-GmbH könnte der Bund allenfalls Entscheidungen der Gesellschafter verhindern, die eine qualifizierte Mehrheit erfordern (z. B. eine Änderung des Gesellschaftszwecks)195. Eine Abänderung 192 So Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung, S. 3 (mit der Einschränkung, dass das Widerrufsrecht im Falle einer mitbestimmten GmbH auf einen „wichtigen Grund“ beschränkt sei); ähnlich Droege, DÖV 2006, S. 861 (866). 193 Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Rechtsausschuss, Protokoll Nr. 9 S. 20. 194 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 36 III 2 c.

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III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung der Flugsicherung

des Gesellschaftsvertrags („Satzungsänderung“) bedarf nach § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG einer Mehrheit von drei Vierteilen der abgegebenen Stimmen. 25,1 % der Geschäftsanteile stellen von daher eine Vetoposition dar. Eine Minderheitsbeteiligung an einem beliehenen Unternehmen ist vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich notwendigen Ingerenzmöglichkeiten des Staates nur dann unschädlich, wenn die effektive Steuerung und Kontrolle des Handelns des beliehenen Unternehmens durch andere gesellschaftsrechtliche Instrumente gewährleistet sind. Die Rechtsprechung nennt dazu beispielhaft das Erfordernis doppelter Mehrheiten, Stimmrechtsbindungsverträge, aufgabenspezifische Kooperationsverträge zwischen dem Staat und dem beliehenen Unternehmen sowie die Schaffung von Kooperationsorganen196. Derartige Instrumente sind im Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung nicht vorgesehen.

dd) Minderung des Bundeseinflusses bei einer mitbestimmten GmbH Die DFS-GmbH verfügt nach eigenen Angaben augenblicklich über etwa 5.300 Mitarbeiter197. Damit unterliegt die DFS-GmbH nach § 1 Abs. 1 MitbestG – da einer der Ausnahmetatbestände nicht eingreift – den Vorschriften des Mitbestimmungsrechts198. Folge der dadurch eröffneten Arbeitnehmermitbestimmung ist die Bildung eines Aufsichtsrates (§ 6 Abs. 1 MitbestG), der paritätisch mit Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer besetzt ist (§ 7 Abs. 1 MitbestG). Die volle Parität wird dadurch vermieden, dass der regelmäßig aus den Reihen der Anteilseigner kommende Aufsichtsratsvorsitzende (§ 27 MitbestG) im Falle der Stimmengleichheit bei einer erneuten Abstimmung zwei Stimmen hat (§ 29 Abs. 2 Satz 1 MitbestG). Gegenüber dem „normalen“ GmbH-Recht besteht die wichtigste Änderung der GmbH-Verfassung in der Kompetenz des Aufsichtsrates für die Besetzung der Unternehmensleitung199. In einer mitbestimmten Flugsicherungs-GmbH entscheiden nicht die Gesellschafter über die Geschäftsfüh195 BWV, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung, S. 4 und S. 15; Monopolkommission, BT-Drs. 16 / 2460, Tz. 81. – Dies wird im Grunde bereits in der Begründung des FSG-Regierungsentwurfs eingeräumt, wenn es dort heißt (BT-Drs. 16 / 240, S. 19), die Aufrechterhaltung eines 25,1 %-Geschäftsanteils an der DFS-GmbH bedeute „für den Bund die Garantie, dass damit eine nach dem Gesellschaftsrecht mögliche Änderung des Gesellschaftszwecks einer privatisierten DFS verhindert werden kann“. Dazu muss mit Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 23 bemerkt werden: Veto-Positionen ermöglichen keine positiven Entscheidungen. 196 BremStGH, NVwZ 2003, S. 81 (84 f.). 197 www.dfs.de (Abruf am 26. September 2006). 198 Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 325 f. 199 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 36 IV 2 b.

2. Ingerenzbefugnisse des Bundes

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rung, sondern hierüber befindet der Aufsichtsrat200. Denn nach §§ 25, 31 MitbestG ist der mitbestimmte Aufsichtsrat für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer zuständig. Selbst bei einer im Alleineigentum des Bundes stehenden Flugsicherungs-GmbH erfährt die Durchsetzbarkeit des Gesellschafterwillens empfindliche Einschränkungen und die verfassungsrechtlich geforderte jederzeitige Durchsetzbarkeit des Bundeswillens „wie in einer bundeseigenen Behörde“ ist nicht mehr garantiert: Schon das Bestellungs- und Abberufungsverfahren der Geschäftsführung ist zeitaufwändig (§ 31 Abs. 1 bis 3 und 5 MitbestG) und kann unter Umständen – sofern alle Mitglieder der Anteilseignerseite überhaupt anwesend sind – erst mit dem Zweitstimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden (§ 31 Abs. 4 MitbestG) beendet werden; damit ist die Durchsetzung des demokratisch legitimierten Staatswillens Unsicherheiten ausgesetzt, zumal die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrates bereits bei Teilnahme der Hälfte seiner Mitglieder an der Beschlussfassung besteht (§ 28 MitbestG); die Aufsichtsratsmitglieder sind zudem gesellschaftsrechtlich bei ihrem Abstimmungsverhalten keinen Weisungen unterworfen (§ 25 MitbestG)201. Die Bedeutung der Geschäftsführung wird sofort ersichtlich, wenn bedacht wird, dass z. B. fachaufsichtliche Maßnahmen des Bundes der Umsetzung durch die Geschäftsleitung der GmbH bedürfen. Die gesellschaftsrechtlichen Defizite der Unternehmenssteuerung werden auch nicht durch das Öffentliche Recht „kompensiert“ (falls dies juristisch überhaupt möglich wäre). Nach § 65 Abs. 6 BHO „soll“ das zuständige Ministerium lediglich darauf „hinwirken“, dass die „auf Veranlassung“ des Bundes gewählten oder entsandten Mitglieder der Aufsichtsorgane von Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist, „auch“ die besonderen Interessen des Bundes „berücksichtigen“. Daraus wird deutlich, dass der Bund – unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Wirksamkeit – haushaltsrechtlich kein (umfassendes) Weisungsrecht gegenüber den von ihm bestellten Aufsichtsratsmitgliedern in der mitbestimmten GmbH hat. Dies gilt für alle Entscheidungen, die dem Aufsichtsrat obliegen. Die Konsequenzen dieser Rechtslage sind eindeutig. Die Rechtsform der mitbestimmten GmbH ist untauglich zur Gewährleistung der verfassungsrechtlich gebotenen Ingerenzen des Bundes gegenüber dem beliehenen Privatrechtssubjekt. Überwiegend wird dies bereits für eine FlugsicherungsGmbH angenommen, bei der der Bund Alleingesellschafter ist202; jedenfalls 200 Trampler, Verfassungs- und unternehmensrechtliche Probleme der bundesdeutschen Flugsicherung, S. 111. 201 Pabst / Schwartmann, DÖV 1998, S. 315 (321 f.); Trampler, Verfassungs- und unternehmensrechtliche Probleme der bundesdeutschen Flugsicherung, S. 113 ff.; Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 327 f. 202 Pabst / Schwartmann, DÖV 1998, S. 315 (322 f.); Baumann, Private Luftfahrtverwaltung, S. 328 f.

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III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung der Flugsicherung

ist – soweit ersichtlich – unstreitig, dass dem Bund die verfassungsrechtlich gebotenen Ingerenzmöglichkeiten bei der Beteiligung privater Anteilseigner an der DFS-GmbH verloren gingen203. Sollte die nun geplante DFS-GmbH nach § 1 Abs. 1 MitbestG dem Mitbestimmungsrecht unterliegen, was bei einer Beschäftigung von in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmern der Fall wäre, müsste das Verdikt der Verfassungswidrigkeit aus den genannten Gründen auch die „neue DFS-GmbH“ treffen. Um wenigstens den mitbestimmungsrechtlichen Restriktionen der Ingerenzmöglichkeiten des Bundes zu entkommen, damit jedenfalls von daher der verfassungsrechtlich geforderte jederzeitige Bundeseinfluss in der Flugsicherungs-GmbH gewährleistet werden kann, ist vorgeschlagen worden, für den Fall der Kapitalprivatisierung im Luftverkehrsgesetz eine Ausnahmeklausel bezüglich der Geltung des Mitbestimmungsgesetzes vorzusehen. Ohne eine solche Bereichsausnahme sei eine funktionale Privatisierung durch Beleihung der DFS-GmbH unter Kapitalbeteiligung privater Dritter verfassungsrechtlich unzulässig204. Dem ist aus den genannten Gründen zuzustimmen. Es ist nicht erkennbar, dass das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung oder ein anderes Gesetz eine derartige Bereichsausnahme vorsieht.

ee) Befristung der Bundesbeteiligung an der DFS-GmbH Unabhängig von der Frage, ob eine 25,1 %-Sperrminorität des Bundes an einer kapitalprivatisierten DFS-GmbH den nach Art. 87d Abs. 1 GG geforderten Bundeseinfluss innerhalb der GmbH gewährleisten kann, stellt sich die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Befristung des Bundeseinflusses. Nach § 16 Abs. 3 Satz 1 FSG wird für einen Übergangszeitraum von 20 Jahren für die Streckenkontrolle und von 16 Jahren für bestimmte Flugverkehrsdienste eine Monopolstellung der DFS-GmbH gesetzlich festgeschrieben. Es handelt sich dabei um einen Bestandsschutz zu Gunsten der DFS-GmbH, da diese sich auf die rechtliche Neugestaltung des Flugsicherungswesens nicht habe einstellen können205. Von Bedeutung ist im vorliegenden Zusammenhang nicht die Monopolstellung der DFSGmbH als solche, sondern die Verknüpfung der Beteiligung des Bundes – „mindestens 25,1 Prozent der Geschäftsanteile“ (§ 16 Abs. 3 Satz 1 FSG) – an der DFS-GmbH mit der zeitlichen Begrenzung der Monopolstellung. Das kann nur so verstanden werden, dass die Sperrminorität des Bundes lediglich für eine Übergangszeit gesetzlich festgeschrieben ist206. Nach 203 Trampler, Verfassungs- und unternehmensrechtliche Probleme der bundesdeutschen Flugsicherung, S. 122 f. 204 Di Fabio, Rechtsgutachten, S. 104 f. 205 So die Entwurfsbegründung der Bundesregierung, BT-Drs. 16 / 240, S. 29.

2. Ingerenzbefugnisse des Bundes

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Ablauf des Übergangszeitraums besteht im Flugsicherungsgesetz keine Vorkehrung für eine obligatorische Bundesbeteiligung an der DFS-GmbH. Folglich wäre dann eine Kapitalprivatisierung zu 100 % möglich; der Bund hätte in diesem Fall jeden gesellschaftsrechtlichen Einfluss innerhalb der DFS-GmbH verloren. Dieses Gesetzesverständnis wird durch die Begründung des 15. BT-Ausschusses, der die endgültige Formulierung des § 16 Abs. 3 Satz 1 FSG entwickelt hat, bestätigt. Die Vorschrift solle ausschließen, „dass durch bloße Änderung der Absicht der Bundesregierung das gesellschaftsrechtlich begründete Kontrollinstrumentarium für den Bund durch eine vollständige Kapitalprivatisierung vor Ablauf des Übergangszeitraums bei der DFS entfällt“207. Daraus ist unschwer zu entnehmen, dass nach Ablauf des Übergangszeitraums nach Auffassung des Gesetzgebers ein gesellschaftsrechtliches Kontrollinstrumentarium nicht mehr vorhanden sein muss. Diese Schlussfolgerung findet eine zusätzliche Bestätigung in einer weiteren Überlegung des 15. BT-Ausschusses: Werde vor Ablauf des Übergangszeitraums ein Rückzug des Bundes bei der DFS in Betracht gezogen, bedürfe es dafür einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung; klargestellt sei ferner, dass die durch § 16 Abs. 3 FSG eingeräumten Exklusivrechte „nur einer Gesellschaft gewährt werden, wo der Bund noch mindestens 25,1 % der Geschäftsanteile besitzt“208. Auch daraus wird deutlich, dass die Bundesbeteiligung an einer Flugsicherungs-GmbH an die zeitlich befristete Monopolstellung von 20 bzw. 16 Jahren geknüpft ist. Verschärfend kommt hinzu, dass das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung – anders als das geltende Recht (§ 31b Abs. 1 Satz 1 LuftVG) – die Beleihung von Flugsicherungsorganisationen nicht (und schon gar nicht auf Dauer) von einer bestimmten gesellschaftsrechtlichen Rechtsform (GmbH) abhängig macht. Auch zur Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Bei der Schaffung des geltenden Rechts war noch dargelegt worden, warum „nur ein GmbH-Modell“ für die Neuorganisation der Flugsicherung in Betracht kommt209. Nun ist nach Ablauf der in § 16 Abs. 3 Satz 1 FSG normierten Fristen eine Rechtsformbindung für die Organisation der Flugsicherung nicht mehr gesetzlich vorgesehen. Es bleibt offen, ob nicht auch eine Flugsicherungs-AG entstehen könnte. In einem solchen Fall könnte der Bund sogar als alleiniger Anteilseigner keinen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben; diese läge bei dem rechtlich weitgehend unabhängigen Vorstand. 206 Wieland, Rechtsgutachten, S. 25 und S. 31; auch Droege, DÖV 2006, S. 861 (863), sieht lediglich „für einen Zeitraum von 20 Jahren eine Sperrminorität von 25,1 %“ zu Gunsten des Bundes gesetzlich festgeschrieben. 207 So BT-Drs. 16 / 1161, S. 26. 208 So BT-Drs. 16 / 1161, S. 27. 209 BT-Drs. 12 / 1801, S. 13, ferner S. 19.

5 Die Verwaltung, Beiheft 6

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III. Staatliche Gewährleistungsverantwortung der Flugsicherung

Kontrollbefugnisse des Bundes über den Aufsichtsrat wären bei Geltung des Mitbestimmungsgesetzes erschwert. Die gesellschaftsrechtliche Durchsetzbarkeit des Bundeswillens wäre letztlich kaum noch gesetzlich abgesichert. Unabhängig von derartigen Perspektiven werden bestehende gesellschaftsrechtliche Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten von § 16 Abs. 3 Satz 1 FSG durch bloßen Zeitablauf zunichte gemacht. Mit den von Art. 87d Abs. 1 GG geforderten Ingerenzmöglichkeiten des Bundes in einer Flugsicherungs-GmbH ist eine zeitliche Limitierung nicht vereinbar. Schon der bloße 25,1 %-Anteil an der GmbH („Sperrminorität“) musste als in der Sache verfassungsrechtlich unzureichend qualifiziert werden. Art. 87d Abs. 1 GG verlangt aber nicht nur einen inhaltlich zureichenden Geschäftsanteil an der GmbH zur jederzeitigen Durchsetzbarkeit des Bundeswillens, diese Ingerenzmöglichkeit muss auch zeitlich unbefristet gelten210. Dem steht § 16 Abs. 3 Satz 1 FSG in prinzipieller Weise entgegen. Auch aus diesem Grund ist das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung nicht verfassungsgemäß.

3. Ergebnis zur verfassungsrechtlichen Analyse Unter der Voraussetzung, dass – wogegen es erhebliche verfassungsrechtliche Gründe gibt – eine Kapitalprivatisierung der DFS-GmbH überhaupt verfassungsrechtlich für zulässig erachtet wird, verlangt Art. 87d Abs. 1 GG die gesetzliche Sicherstellung der jederzeitigen Durchsetzbarkeit des Bundeswillens, damit die GmbH im Sinne eines funktionalen Äquivalents zur bundeseigenen Verwaltung „wie eine Behörde“ geführt werden kann. Die Gewährleistung dieser verfassungsrechtlichen Anforderung setzt verwaltungsrechtliche und privatrechtliche Vorkehrungen voraus. Die im Flugsicherungsgesetz vorgesehenen öffentlichrechtlichen Ingerenzbefugnisse des Bundes sind beachtlich. Sie sind an sich geeignet, den „von außen“ gegenüber der Flugsicherungs-GmbH geltend zu machenden Bundeseinfluss sicherzustellen. Verfassungsrechtlich entwertet werden diese Ingerenzbefugnisse aber dadurch, dass eine Verlagerung der Hauptbetriebsstätte der GmbH in das Ausland nicht auf Dauer ausgeschlossen, sondern durch § 16 Abs. 6 FSG sogar nach Ablauf von 20 Jahren ermöglicht wird. In einem solchen Fall wäre die Aufsicht des Bundes zumindest erheblich erschwert, realistischerweise wohl ausgeschlossen. Die verfassungsrechtlich notwendigen Ingerenzrechte des Bundes sind deshalb schon verwaltungsrechtlich nicht hinreichend gesichert. 210 Wieland, Rechtsgutachten, S. 41: „Verfassungsrechtliche Bedenken erledigen sich . . . nicht durch Zeitablauf.“

3. Ergebnis zur verfassungsrechtlichen Analyse

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Die Wirksamkeit öffentlichrechtlicher Ingerenzbefugnisse gegenüber der Flugsicherungs-GmbH hängt entscheidend von den Ingerenzmöglichkeiten des Bundes innerhalb der GmbH ab. Rechtliche Vorkehrungen sind gerade für den Konfliktfall vonnöten. Der Bundeswille kann gesellschaftsrechtlich bei einer Eigengesellschaft und – mangels sonstiger Vorkehrungen – allenfalls bei einer Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der DFS-GmbH jederzeit durchgesetzt werden. Eine Sperrminorität von 25,1 % vermittelt nur eine Vetoposition; Satzungsänderungen können verhindert werden, eine Einflussnahme auf die operative Geschäftsführung der GmbH ist rechtlich nicht möglich. Bei einer mitbestimmten GmbH schwindet der Bundeseinfluss weiter. Selbst die (verfassungsrechtlich zu) geringen gesellschaftsrechtlichen Ingerenzmöglichkeiten des Bundes innerhalb der Flugsicherungs-GmbH werden dadurch vollständig entwertet, dass sie nach Ablauf eines Übergangszeitraums (§ 16 Abs. 3 Satz 1 FSG) gesetzlich nicht mehr festgeschrieben sind. Auch in Bezug auf die notwendigen gesellschaftsrechtlichen Sicherungen für den notwendigen Bundeseinfluss hält das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung den Mindestanforderungen des Art. 87d Abs. 1 GG nicht Stand.

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IV. Europarechtliche Determinanten für die Organisation der Flugsicherung Das auf der Grundlage des deutschen Verfassungsrechts erzielte Ergebnis könnte allenfalls dann noch in Frage zu stellen sein, wenn der Bundesgesetzgeber unter Bezug auf das gegenüber dem innerstaatlichen Recht vorrangige EG-Recht über Gestaltungsmöglichkeiten verfügte, die Art. 87d Abs. 1 GG nicht zulässt. In Betracht kommen insoweit nur die einleitend [oben I. 2. a)] skizzierten SES-Verordnungen. Ihre Geltungskraft im nationalen Rechtskreis basiert auf Art. 249 Abs. 2 EGV. In der Sache treffen die EG-Verordnungen nur wenige organisatorische Regelungen. Auf die Anordnung einer Trennung von Regulierung (nationale Aufsichtsbehörde) und Betrieb (Flugsicherungsorganisation) durch Art. 4 Abs. 2 VO 549 / 2004 / EG, die im Flugsicherungsgesetz umgesetzt wird, wurde bereits hingewiesen. Außerdem ist es nach der Flugsicherungsdienste-Verordnung nicht länger möglich, dass die DFS-GmbH ihre umfassende Alleinstellung behält; die Monopolstellung kann nur noch für die Erbringung von Flugverkehrsdiensten aufrechterhalten bleiben (Art. 8 VO 550 / 2004 / EG), während die sonstigen Flugsicherungsdienstleistungen – mit Ausnahme der Flugwetterdienste, für die ein Monopol geschaffen werden „kann“ (Art. 9 VO 550 / 2004 / EG) – von zertifizierten Flugsicherungsorganisationen (Art. 7 VO 550 / 2004 / EG) unter Wettbewerbsbedingungen erbracht werden211. Weitere organisatorische Vorgaben enthalten die SESVerordnungen nicht. Die Organisationsstruktur der Flugsicherungsdienste bleibt unberührt, so dass die EG-Mitgliedstaaten hierüber autonom zu entscheiden haben212. Damit ist europarechtlich weder vorgegeben, ob die Flugsicherung öffentlichrechtlich oder privatrechtlich organisiert wird, noch ist den EG-Mitgliedstaaten gar eine Kapitalprivatisierung der Flugsicherungsorganisation auferlegt213. Zur rechtlichen Verfasstheit von Flugverkehrsdiensten treffen die SES-Verordnungen keine Aussage. Die Bindungen des Art. 87d Abs. 1 GG gelten demnach uneingeschränkt. Das Europarecht nimmt insoweit keine Einschränkung vor. Damit bleibt es bei der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung. 211

Scherer, EuZW 2005, S. 268 (270); Wieland, Rechtsgutachten, S. 51. Scherer, EuZW 2005, S. 268; Baumann, DVBl. 2006, S. 332 (333); Wieland, Rechtsgutachten, S. 14, 15, 51. 213 Droege, DÖV 2006, S. 861 (867). 212

V. Gesamtergebnis Das dem Bundespräsidenten zur Ausfertigung vorliegende Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Es verstößt gegen Art. 87d Abs. 1 GG. Dieses Ergebnis ist unabhängig davon, welcher der zum Teil divergierenden Auffassungen bei der Interpretation des Art. 87d Abs. 1 GG gefolgt wird. Denn nach allen Auffassungen setzt die Schaffung einer privatrechtlichen Organisationsform für die Luftverkehrsverwaltung (bzw. Teilen von ihr) voraus, dass der Bundeswille gegenüber dem Privatrechtssubjekt jederzeit durchgesetzt werden kann. Ausgehend von diesem Maßstab ist das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung aus mehreren Gründen verfassungswidrig: (1) Die verwaltungsrechtlichen Steuerungs- und Kontrollbefugnisse des Bundes gegenüber dem Privatrechtssubjekt sind wegen § 16 Abs. 6 FSG entgegen Art. 87d Abs. 1 GG nicht auf Dauer gesichert. (2) Gesellschaftsrechtlich kann der verfassungsrechtlich notwendige Bundeseinfluss innerhalb einer Flugsicherungs-GmbH bei einer bloßen Sperrminorität von 25,1 % des Bundes nicht geltend gemacht werden. (3) Bei einer dem Mitbestimmungsrecht unterliegenden FlugsicherungsGmbH ist der Bundeseinfluss innerhalb der GmbH weiter gemindert, da ein paritätisch besetzter Aufsichtsrat einzusetzen ist, der über die Besetzung der Geschäftsleitung der GmbH bestimmt. (4) Nicht einmal die Sperrminorität des Bundes an der DFS-GmbH ist auf Dauer gesichert; die Bundesbeteiligung ist nur zeitlich befristet gesetzlich festgeschrieben (§ 16 Abs. 3 Satz 1 FSG), so dass nach Ablauf des Übergangszeitraums ein Bundeseinfluss innerhalb der GmbH vollständig in Wegfall geraten kann. Jeder einzelne der genannten Rechtsfehler begründet schon für sich die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung. In ihrer Summe bewirken sie, dass das Gesetz die Anforderungen des Art. 87d Abs. 1 GG weit verfehlt. Das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung ist nicht im Sinne des Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommen.

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II. Stellungnahmen zum Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Stellungnahme vom 7. September 2006 zur Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung (nicht veröffentlicht) Bundesregierung: Stellungnahme vom 1. August 2006: Vereinbarkeit der Wahrnehmung der Aufgabe Flugsicherung als Teil der Luftverkehrsverwaltung durch ein beliehenes Flugsicherungsunternehmen nach erfolgter Kapitalprivatisierung mit Art. 87d GG (nicht veröffentlicht) Monopolkommission: Sechzehntes Hauptgutachten der Monopolkommission gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 GWB, veröffentlicht als BT-Drs. 16 / 2460 Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung (BWV): Stellungnahme vom 26. Juli 2005 zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung (nicht veröffentlicht)

Anhang Dokumente zum Gesetzgebungsverfahren zur Neuregelung der Flugsicherung

I. Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung (in der von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Fassung)

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6 Die Verwaltung, Beiheft 6

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II. Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung (BT-Drs. 16 / 240)

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7 Die Verwaltung, Beiheft 6

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8 Die Verwaltung, Beiheft 6

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III. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 16 / 240 – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung (BT-Drs. 16 / 1161)

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IV. Schreiben des Bundespräsidenten an den Präsidenten des Deutschen Bundestages zur Nichtausfertigung des Gesetzes zur Neuregelung der Flugsicherung (BT-Drs. 16 / 3262)

Deutscher Bundestag

Drucksache

16. Wahlperiode

23. 10. 2006

Unterrichtung durch den Bundespräsidenten

Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung – Drucksachen 16/240, 16/1161 –

Der Bundespräsident

16/3262

Berlin, den 23. Oktober 2006

An den Präsidenten des Deutschen Bundestages Herrn Dr. Norbert Lammert Platz der Republik 1 11011 Berlin

Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident, am 12. Juni 2006 ist mir das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung zur Ausfertigung gemäß Artikel 82 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes zugeleitet worden. Im Rahmen der mir verfassungsrechtlich obliegenden Prüfung, ob das Gesetz nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommen ist, bin ich zu dem Ergebnis gelangt, dass die durch das Gesetz vorgesehene Kapitalprivatisierung der Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) mit Artikel 87d Abs. 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar ist. Ich sehe mich daher aus verfassungsrechtlichen Gründen daran gehindert, das Gesetz auszufertigen. Meine Entscheidung möchte ich Ihnen mit folgenden Hinweisen erläutern: Artikel 87d Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes gibt vor, dass die Luftverkehrsverwaltung in bundeseigener Verwaltung zu führen ist. Auch wenn eine bundesgesetzliche Regelung darüber möglich ist, ob dies in öffentlich-rechtlicher oder privat-rechtlicher Form erfolgt, erlaubt Artikel 87d Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes dem Bundesgesetzgeber die Organisation der Luftverkehrsverwaltung in privatrechtlicher Form nur dann, wenn diese in der Sache als „bundeseigen“ qualifiziert werden kann. Bei strikter Orientierung an Wortlaut und Entstehungsgeschichte des Artikels 87d Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes sowie bei strenger Beachtung der Verfassungssystematik erlaubt die Verfassungsvorschrift lediglich eine Organisationsprivatisierung der Flugsicherung. Das Gesetz ist schon deshalb verfassungswidrig.

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Drucksache 16/3262

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Kapitalprivatisierung der Flugsicherung durch Artikel 87d Abs. 1 des Grundgesetzes nicht gänzlich ausgeschlossen wäre, werden die im Gesetz vorgesehenen Regelungen über die Beaufsichtigung einer privatisierten Flugsicherungsorganisation nicht der Gewährleistungsverantwortung gerecht, die der Staat für die hoheitliche Aufgabe der Flugsicherung trägt. Auch nach Auffassung des Gesetzgebers verlangt Artikel 87d Abs. 1 des Grundgesetzes ausreichende Steuerungs- und Kontrollrechte (Ingerenzrechte) gegenüber einer privatrechtlich organisierten Flugsicherungsorganisation (Bundestagsdrucksache 16/240, S. 18; Stellungnahme der Bundesregierung vom 1. August 2006). Daher müssen die dem Verfassungsrecht geschuldeten Ingerenzpflichten, die verwaltungsrechtlich in entsprechende Befugnisse des Bundes zu transformieren sind, mit den Ingerenzmöglichkeiten des Gesellschaftsrechts in Deckung gebracht werden können, um praktisch wirksam zu sein. Dem wird das Gesetz nicht gerecht. Artikel 87d Abs. 1 des Grundgesetzes verlangt die gesetzliche Sicherstellung der jederzeitigen Durchsetzbarkeit des Bundeswillens, damit eine privatisierte Flugsicherungsorganisation im Sinne eines funktionalen Äquivalents zur bundeseigenen Verwaltung geführt werden kann. Die Gewährleistung dieser verfassungsrechtlichen Anforderung setzt verwaltungsrechtliche und gesellschaftsrechtliche Einflussmöglichkeiten voraus. Die im Flugsicherungsgesetz vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Ingerenzbefugnisse des Bundes sind zwar beachtlich. Sie sind an sich geeignet, den „von außen“ gegenüber der Flugsicherungsorganisation geltend zu machenden Bundeseinfluss sicherzustellen. Sie können aber die verfassungsrechtlich gebotene Steuerung und Kontrolle nicht auf Dauer gewährleisten, denn § 16 Abs. 6 Satz 1 des Flugsicherungsgesetzes (FSG) sieht die Möglichkeit vor, die Hauptbetriebsstätte ins Ausland zu verlagern. Nach Ablauf von 20 Jahren kann eine solche Verlagerung in das Ausland erfolgen, ohne dass eine gesetzliche Voraussetzung hierfür oder für die Wahrnehmung der Ingerenzrechte des Bundes normiert wäre. Die Aufsicht über die Tätigkeit der Flugsicherungsorganisation wäre in einem solchen Fall erheblich erschwert, realistischerweise ausgeschlossen. Die Wirksamkeit öffentlich-rechtlicher Ingerenzbefugnisse gegenüber der Flugsicherungsorganisation hängt außerdem entscheidend davon ab, dass ihnen keine gesellschaftsrechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Rechtliche Vorkehrungen sind gerade für den Konfliktfall erforderlich. Der Bundeswille kann gesellschaftsrechtlich bei einer Eigengesellschaft und – mangels sonstiger gesetzlicher Vorgaben – allenfalls bei einer Mehrheitsbeteiligung des Bundes jederzeit durchgesetzt werden. Eine Sperrminorität von 25,1 Prozent vermittelt nur eine Vetoposition. Damit können zwar Satzungsänderungen verhindert werden, die verfassungsrechtlich notwendige Einflussnahme auf die operative Geschäftsführung ist jedoch rechtlich nicht möglich. Unterliegt die privatisierte Flugsicherungsorganisation zudem dem Mitbestimmungsrecht, ist der Bundeseinfluss noch schwächer. Diese (verfassungsrechtlich zu) geringen gesellschaftsrechtlichen Ingerenzmöglichkeiten des Bundes innerhalb einer Flugsicherungsorganisation werden schließlich dadurch gänzlich entwertet, dass nach 16 bzw. 20 Jahren die Flugsicherungsorganisation vollständig privatisiert werden kann (§ 16 Abs. 3 Satz 1 FSG). Der Bund hätte in diesem Fall jeden gesellschaftsrechtlichen Einfluss verloren. Somit hält das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung auch in Bezug auf die notwendigen gesellschaftsrechtlichen Sicherungen für den verfassungsrechtlich erforderlichen Bundeseinfluss den Mindestanforderungen des Artikels 87d Abs. 1 GG nicht Stand.

Anhang IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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Drucksache 16/3262

Dies alles führt zu einer evidenten Verfassungswidrigkeit des mir zur Ausfertigung vorgelegten Gesetzes. Meine Entscheidung richtet sich nicht gegen die Privatisierung einer staatlichen Aufgabe. Diese kann jedoch nur nach Maßgabe des geltenden Verfassungsrechts erfolgen. Mit gleich lautenden Schreiben habe ich die Bundeskanzlerin und den Präsidenten des Bundesrates unterrichtet. Die Öffentlichkeit wird morgen durch eine Presseerklärung informiert. Den Text füge ich zu Ihrer Information bei.1

Mit freundlichen Grüßen Köhler

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11 Die Verwaltung, Beiheft 6